x ee. TI Tl BEST " 8 LA N \ 3 PR LEN! RE m eye“ N ER 7 . u _ a 1 ZA, ABRIASCHERIINM FÜR PHYSIOLOGIE — In Verbindung mit mehreren Gelehrten herausgegeben von Friedrich Tiedemann, Gottfried Reinhold Trediranus und Wudolph Ehristian Trebiranus, DARUSTADE, 1829. Druck und Verlag von Carı WıLHueLm LeEske. > er EN H unit 2 ud er: RS hl ode aormlolad norsrlom Fin 2 eshr-‘ NILBELE AU hen ar, sa: uote? br Sa . Yaale % UNAERIVOHUNERN ÜBER DEN ER: N A BIER DES MENSCHEN, DER THIERE UND DER - PFLANZEN. In Verbindung mit mehreren Gelehrten i herausgegeben von Friedrich Tiedemann, Gottfried Reinhold Trebiranus und Pudelph Ehristian Trebiranus. DRITTER BAND. DARMSTADT, 1829. Druck und Verlag vongCarı WırHneım LEske & "nal unge, N ri } a 2 gas) » ua ER Jr »elnbarshih Pr Mi: Kelr nor ee Bee san dimtiom., RE PT R Brz BR anne meine, RB VEATENUAG Au ie Mens Dr: I ad Im don ah: “ en uhfyr er X - 7 VE vn. Zyil. ‚INHALT DES DRITTEN BANDES. Beobachtungen über die Beschaffenheit des Gehirns und der Nerven in Missgebur- ten von Tiedenann’ ‚My tznyad, ob Zn, audagolk /aab, wawık Wil. Ueber ‘das Gehirn und die Sinneswerkzeuge des Virginischen- Beutelthiers, von GR. Dvenmränmaur. Roy re era She . Ueber die Bereitung des Wachses durch die Bienen, von G. R. Treviranus . IV. . Gehen Flüssigkeiten während dem Leben aus den Arterien in die Venen über? Ein Etwas über die wässrigen Absonderungen blättriger Pflanzentheile, von L. C. Treviranus Beitrag zur Physivlogie des Kreislaufs, von Professor Mayer in Bonn . Versuche, die Schnelligkeit des Blutlaufs und der A RKOndern gen zu bestimmen, von Professor Hering in Stuttgart Versuche über die Wirkung des salzsauren Ammonium auf den thierischen Orga- nismus, nebst einigen daraus gezogenen Folgerungen, von Dr. W. Arnold, Privat- docenten in Heidelberg . .. 2 .2..9 Einige neurologische Beobachtungen von Dr. F. Arnold, Prosector am anatomischen Theater zu Heidelberg . a. Ueber den Blutumlauf der Crustaceen, von G. R. Treviranus . b. Nachtrag zu den Bemerkungen über die Fortpflanzung der Anodonten, von G. R. Treviranus Ueber die Klappen in den kungenvenen, von Professor Mayer in Bonn . Ueber den innern Bau der stachlichten Aphrodite, von G. R. Treviranus . Xu. Ueber die chemische Umwandlung der organischen Verbindungen, von Leopold Gmelin Seite 127 147 152 153 155 157 173 XI. XXI XXIL vI Einige Bemerkungen über den Schädel und dessen sogenannte Näthe, von $. Th. von Sömmering - . Einige Beobachtungen über Nath-Knochen, von Tiedemann . Ueber die Entstehung der geschlechtslosen Individuen bei den Hymenopteren, be- sonders der Bienen, von G. R. Treviranus . Beschreibung des Hirns und Rückenmarks einer Missgeburt mit Uebermass in der Bildung, von Tiedemann. . Drei merkwürdige Doppel-Missgeburten, untersucht und beschrieben von Professor Mayer in Bonn. . v2... . Fernere Untersuchungen über die hintere Extremität der Ophidier und über die Schuppen der Cäcilia, von Professor Mayer in Bonn . - Entwiekelt sich Licht und Wärme beim Leben der Gewächse? Von L. €. Treviranus Ueber die Einwirkung des Moschus auf die Vegetation, von Dr. H. R. Göppert in Breslau . Chemische Untersuchungen über die Frauenmilch, von Dr. Meggenhofen . Anruf an die Humanität der höheren Behörden ‚der Gerechtigkeitspflege in Deutschland, veranlasst durch eine am 22. October 1827 in Heidelberg vollzogene Enthauptung . Seite 209 217 220 235 240 249 _ 257 269 274 233 [ 7 hr: a — ..* _ 1. BEOBACHTUNGEN ÜBER DIE BESCHAFFENHEIT DES GEHIRNS UND DER NERVEN IN MISSGEBURTEN. VON F.. TIEDEMANN. Abermals theilen wir hier eine Reihe von Untersuchungen über die Anord- nung und Beschaffenheit des Nervensystems in Missgeburten mit. Sie reihen sich an die bereits in dieser Schrift (B.I. S.56) bekannt gemachten Beo- bachtungen an. Wir haben einige von anderen Anatomen wahrgenommene Fälle beigefügt, in so weit bei der Zergliederung das Gehirn und die Ner- ven berücksichtigt worden sind; doch ist es durchaus unsere Absicht nicht, alles hierher gehörige beizubringen und zusammenzustellen. Mangelhafte Bildung des Rückenmarks mit Mangel der Gliedmassen verbunden, (Tarzı 1.) Vor einigen Jahren wurde mir ein missgestaltetes, wenige Tage nach der Geburt verstorbenes Kind, weiblichen Geschlechts, zugesendet, dem die obe- ren und, unteren Gliedmassen mangelten. Statt der unteren Extremitäten be- fanden sich seitlich am Becken zwei kleine, weiche, knochenlose Anhänge Zeitschrift £. Physiol. III. 1, 1 2 der Haut (a.a.), gleichsam die Stelle andeutend, wo jene hätten hervor- wachsen sollen. Auch die oberen Gliedmassen fehlten grösstentheils, namentlich die Vor- derarme und Hände gänzlich. Die Schultern mit ihren Knochen und Mus- keln waren vollkommen gebildet. Die Oberarme stellten zwei kurze, zuge- spitzte Stümmel dar, aus denen die dünnen, von der Beinhaut entblössten Öberarmbeine (b.b.) einige Linien weit hervorragten. In der Gegend der Verbindung des Oberarmbeins mit dem Schulterblatte zeigte sich an jeder Seite nach vorn, noch ein kleiner, weicher, zwei Linien langer Anhang der Haut (ec. c.), in dem kein Knochen vorhanden war. Spuren von sonstigen Miss- bildungen waren äusserlich nicht zugegen. | Mein Augenmerk bei der inneren Untersuchung war vor Allem auf die Beschaffenheit des Rückenmarks und seiner Nerven gerichtet. Die Wirbel- säule und Schädelhöhle wurden geöffnet, und das Gehirn und Rückenmark mit den aus denselben entspringenden Nerven bloss gelegt. Zu meinem nicht geringen Erstaunen zeigte sich das Rückenmark ungemein dünn, schmal und nicht ganz zwei Linien breit. Bei einer Vergleichung dieses Rückenmarks mit dem eines neugeborenen ausgebildeten Kindes ergab sich, dass es um mehr als die Hälfte schmaler und dünner war. Die aus dem Rückenmark entspringenden unteren Nackennerven, welche das Arm-Nervengeflecht zusam- mensetzen, waren sehr klein, und das Rückenmark bildete an ihrer Ursprungs- stelle keine Anschwellung, wie es im normalen Zustande der Fall ist. Auch die Lenden- und Heiligenbeins-Nerven erschienen ungewöhnlich dünn. Der in der früheren Zeit des Fötus-Zustandes vorkommende Kanal des Rücken- marks war noch zugegen, und mit etwas Flüssigkeit gefüllt. An dem Hirn nahm ich keine Abweichungen wahr. Auch der sympa- thische Nerv’ wurde untersucht, um auszumitteln, ob derselbe vielleicht dün- ner und zarter: sey; allein er zeigte sich mit den längst der Wirbelsäule lie- genden Gänglien ganz regelmässig gebildet. Das Herz, die Organe des Ath- mens, die Verdauungswerkzeuge, die Harn- und Zeugungs-Organe wären A . f ’ . 3 sämmtlich normal vorhanden. Die Achsel- und Schenkel-Pulsadern waren sehr klein und endigten sich zugespitzt und geschlossen. Mangel der oberen und unteren Gliedmassen ist eine sowohl beim Men- schen als bei Thieren nicht selten vorkommende Missbildung. Beobachtungen von Menschen, denen die Gliedmassen fehlten, haben ReıseL!), ALprecat?), CROMMELIN®), ISENFLAMM?), DupUYTREN®), MORTON®) u.a. mitgetheilt. Meines Wissens ist aber niemals die Beschaffenheit des Rückenmarks bei dieser Mon- strosität untersucht worden. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die geringe Ausbildung des Rückenmarks mit dem Mangel der Gliedmassen in genauer ‚Beziehung stand. Auch Dumeriv’?) fand in dem von ihm zergliederten Marco Catozze, der ohne Ober- und Vorder- Arme, so wie ohne Ober- und Unter- Schenkel, jedoch mit Händen und Füssen versehen, geboren war, die Nerven und Gefässe dieser ungewöhnlich klein. Uebermass in der Bildung des Gehirns und seiner Nerven und damit verbundenes Vorkommen überzähliger Organe. ERSTE BEOBACHTUNG (Tareın I. Fıc. 1 u 2.) Der Kopf eines neugeborenen Kätzchens, weiblichen Geschlechts, zeigte ver- schiedene, einen Excess in der Bildung verrathende Abweichungen. Rechts be- fand sich am gewöhnlichen Orte ein grosses Auge, das aus zwei verschmolzenen Augäpfeln zusammengesetzt war. Neben diesem erschien weiter rückwärts die eine Hälfte einer zweiten Nase (a), in einem kurzen rüsselartigen Vorsprung bestehend. Hinter demselben war noch ein weit vorstehender Augapfel (b) 1) Miscell. Ac. nat, curios. 1689. Dec. 2. Ann. 8. p. 136. Obs. 54. Infans truncus sine artubus, 2) Act. Ac. n. curios. Vol. 5. p. 93. De infante trunco sine artubus. 3) Rozier Journal de phys. 1777. T. 9. p. 139. 4) Isenflamm u. Rosenmüller, Beiträge f. d, Zergliederungskunde. B. 1, $t.2. 5.268 mit einer Abbild, 5) Bulletin de la soc. plhilomat. T. 3. p. 126. 6) London medical and physical Journal, März 1823. 7) Bulletin de la soc. philomat. T. 3. p. 122. e 4 vorhanden, dem die Augenlieder fehlten. Sonst waren nirgends Spuren von abweichender Bildung zugegen. Diese Monstrosität liess einen Excess in der Bildung des Gehirns und seiner Nerven vermuthen, welche Vermuthung durch die Zergliederung voll- kommen bestätigt wurde. Bei der Eröffnung des breiten Schädels kamen drei Halbkugeln des grossen Hirns zum Vorschein (Fig. 2). Das Rückenmark und kleine Hirn waren ganz einfach (a. b), und zeigten nirgends Abweichungen. Aus dem Hirnknoten traten drei Hirnschenkel hervor, welche in die drei He- misphären des grossen Hirns (c.d.e.f) eindrangen. Das hintere Vierhügel- Paar war einfach; vor ihm lagen drei vordere Hügel, die auf der oberen Fläche der drei Hirnschenkel aufsassen, Jede Halbkugel des grossen Hirns bestand aus einem Sehhügel, einem gestreiften Körper und der von vorn und ven der Seite nach innen und hinten umgeschlagenen markigen Schaale, oder Decke, auf der nur schwache, kaum bemerkbare Spuren von Furchen und Windungen vorhanden waren. Es waren auch drei seitliche Hirnkammern zugegen. Das normale Hirn hatte seinen Balken, Bogen und seine Ammons- hörner, so wie einen Hirnanhang und eine Zirbel. Die überzählige dritte Hemisphäre der rechten Seite zeigte nur einen kleinen Hirnanhang; der Bal- ken und die Zirbel dagegen fehlten. Von der umgeschlagenen Decke zog sich eine kleine Marklamelle, das Ammonshorn darstellend, rückwärts und abwärts. Die Nerven des normalen Hirns waren alle regelmässig vorhanden. Aus dem Sehhügel und dem vorderen Vierhügel der überzähligen Halbkugel entsprang ein grosser Sehnerv, der sich zu dem äusseren überzähligen Auge begab, zuvor aber einen Ast zum mittleren Auge abschickte, das aus zwei zusammenge- schmolzenen Augen gebildet war. Ausserdem kam aus diesem Hirn noch ein Augenmuskelnery (Nervus tertius), dersich in Muskeln des überzähligen Aug- apfels verbreitete. Ein Riechnerv war an der überzähligen Halbkugel nicht vorhanden, indem die dritte Nasenhälfte aus einer blossen rüsselartigen Ver- längerung ohne einen Nasengang bestand. Hieraus ergibt sich also offenbar eine Uebereinstimmung der überzähligen Nerven und Hirngebilde mit den im Uebermass gebildeten Organen. ZWEITE BEOBACHTUNG. (Tarzı II. Fıc. 3 u. 4.) Vor einigen Jahren erhielt ich eine Enten-Missgeburt, die eben das Ei verlassen hatte, aber bald darauf gestorben war. Sie bestand aus zwei voll- ständigen am Scheitel verwachsenen Körpern. Das Gehirn war gedoppelt vorhanden, doch waren die beiden Halbkugeln des grossen Hirns der beiden Körper auf der einen ‚Seite vollkommen zu einer Masse verbunden und ver- schniolzen. (a) Die beiden anderen Hemisphären dagegen, so wie die kleinen Hirne; erschienen ‘ganz getrennt. Das doppelte Rückenmark und die Nerven zeigten keine Abweichung. Die Schädelknochen waren in ihrem oberen und mittleren Theil vereinigt. Sonstige Missbildungen kamen nirgends vor. Un- verkennbar ergibt sich, dass diese Missgeburt nicht, wie man wohl ehemals annahm, aus einer Verschmelzung zweier Anfangs getrennten Embryonen ent- standen seyn konnte, indem die Halbkugeln des grossen Hirns auf das innigste verbunden waren. Wir müssen vielmehr annehmen, dass sie sich in einem Keim gebildet habe, und dass die Missbildung von der abnormen Anordnung des Gehirns ausgegangen ist. Eine dieser ähnliche Enten-Missgeburt hat Barkow !) beschrieben und abgebildet. Menschliche Monstrositäten der Art sind von ALBRECHT?), SANNIE®) und Jäger ?) beobachtet worden. Hierher kann auch der merkwürdige von E. Home 5) beschriebene Fall gezählt werden, in dem ein blosser Kopf mit dem Scheitel auf dem eines ausgebildeten Kindes stand. In diesen, so wie in dem von JÄGER müitgetheilten Fall, waren jedoch die Hirne der beiden Köpfe nicht untereinander verbunden und verwachsen. 1) De monstris duplieibus vertieibus inter se junctis. Berolin. 1821. 4. Tab. IV. 2) Commere, literar. Norimberg. 1734. p. 321. Tab. 9. Fig. 10. 3) In den Schriften der Harlemer Gesellschaft. B. 1. S. 282. Taf. 8, Fig. 2. 4) Salzburger medizin. chirurg. Zeitung. 1799. B. 2. Nr. 40. S. 272. Denselben Fall hat Klein auch in Harless Jahrbüchern der deutschen Medizin B. 3. S. 17 wieder beschrieben und abgebildet, 5) Philos. Transact, for the Year 1790. p. 296. Jenen an dem Scheitel verbundenen Missgeburten reihen sich zunächst diejenigen an, bei denen die Vereinigung und Verschmelzung der Schädel am Hinterhaupte statt hat. Einen solchen Fall hat Hermery!) beschrieben, ohne aber das Gehirn untersucht zu haben. Dahin gehört ferner die von Barkow ?) zergliederte Missgeburt der Berliner anatomischen Sammlung. Die Knechen beider Schädel waren am Hinterhaupte so verbunden, dass sie eine gemeinschaftliche Schädelhöhle bildeten. Die beiden in einer’ Höhle enthal- tenen Gehirne zeigten sich aber zu sehr erweicht, um eine genaue Untersu- chung zuzulassen; doch sollen sie beide durch die Gefässhäute und zum Theil auch durch die harte Hirnhaut getrennt gewesen seyn. DRITTE BEOBACHTUNG. i (Tarer 3 u. 4) In der hiesigen anatomischen Sammlung der Universität fand ich eine merkwürdige Missgeburt vor, die aus dem Ende des fünften oder dem An- fange des sechsten Schwangerschafts-Monat ist, ohne weitere Bemerkungen, wo und unter welchen Verhältnissen sie geboren wurde. Dieselbe besteht aus eimem Kopfe, einer Brust, einem Bauch, vier Armen und vier Füssen, Diese Theile sind so mit der gemeinschaftlichen Bauchhöhle verbunden, dass sie fast die Form eines Kreuzes zeigen. Der eine nach oben gerichtete Schenkel des Kreuzes wird durch die Brust mit zwei oberen Extremitäten, dem Hals und Kopf, und der ihm entgegengesetzte untere Schenkel durch zwei abwärts gerich- tete Arme dargestellt. Die seitlichen Schenkel des Kreuzes werden durch die paarweise nebeneinander liegenden Füsse gebildet. In der Mitte des Kreuzes erblickt man an der vorderen Fläche die in einen vortretenden Sack sich verlängernde Bauchhöhle. Dieser Sack wird von dem Bauchfell und einem Ueberzug der Scheide des Nabelstrangs gebildet, welche letztere sich mit den Rändern der allgemeinen Bedeckungen verbindet. Er enthält die Ein- 1) Hist. de V’Acad. des science. 1703. p. 39. 2) A.a.0. S.9. Tab.1. 2. 3. 7? ZZTTT: FIEEL SER D # is E u N- 7 geweide des Unterleibes: und stellt also einen angeborenen Nabelbruch dar. Der einfache Nabelstrang verbindet sich nach unten zwischen den Armen mit dem Bauch, ist: jedoch dicht an diesem abgeschnitten. Zwischen den Schenkeln befindet sich auf jeder Seite eine männliche Ruthe mit dem Ho- densack. An der hinteren Fläche nimmt man die beiden zwischen den Ge- fässhügeln befindlichen After-Mündungen wahr. Die innere Untersuchung begann ich mit der Oeffnung der Bauchhöhle. Der Magen und der bei weitem längere Theil des dünnen Darms war ein- fach. (Taf. 4. Fig. 1. «b.b.) Unten theilte sich der dünne Darm in zwei kurze Stücke (c?c.), die unter einem spitzen Winkel auseinander traten und sich in die Blinddärme (d.d.) einsenkten: Der dicke Darm (e.e.) war voll- ständig doppelt. Jeder machte mehrere‘ Krümmmmngen, trat in eine der Be- ckenhöhlen und endigte sich mit dem Mastdarm und After. Die Leber mit der GallenlJlase, die Milz und das Pankreas waren einfach und wichen weder in der Läge, noch: in der Form von der Regel ab. Ausserhalb des Bauchfells befanden sich in der Bauchhöhle vier gelappte Nieren mit: ihren Nebennieren, die in ihrer Lage der seitlichen Richtung der Becken entsprachen. Von jeder Niere zog sich ein Harnleiter zu den in den Beckenhöhlen gelagerten beiden Harnblasen. Am unteren Ende jeder Niere zeigte sich ein an einer gekrösartigen Verlängerung hängender Hode. Bei der Oeffnung der Brusthöhle erschienen die Lungen in gewöhnli- cher Lage und Form. Die rechte Lunge bestand. aus drei, die linke aus zwei Lappen. Zwischen den Lungen lag das in seiner serösen Haut eingeschlos- sene Herz, mit seinen zwei Vorhöfen und zwei Herzkammern. Die obere und untere Hohlader, die Lungen-Venen und ‚die Lungen-Schlagader ver- hielten sich ganz normal. Die Aorte bildete auf gewöhnliche Weise ihren Bogen, sendete die Kopf- und Schlüsselbein-Schlagadern. ab, stieg dann längst der Wirbelsäule herab und trat durch den Schlitz des Zwerchfells in die Bauchhöhle. Hier gab sie die Gefässe zum Magen, zur Leber, Milz und zum dünnen Darm ab. Dann theilte sie sich unter einem sehr stum- 8 pfen Winkel in zwei Stämme, die sich zu den beiden seitlich gelagerten Körperhälften begaben. Jeder dieser Stämme sendete Aeste zu den Nieren, schickte eine untere Gekrös-Pulsader ab, und theilte sich dann beim Ein- tritt in eine Beckenhöhle in zwei Hüft-Schlagadern. Diese zerfielen auf die gewöhnliche Weise in die Becken- und Schenkel-Schlagadern. Aus je- dem Becken ging von einer Becken-Schlagader eine Nabelarterie ab. An dem unteren Ende des Körpers, wo sich kein Kopf befand, lag noch ein Rudiment eines zweiten kleinen Herzens, bestehend aus einem Venensack und einer Kammer. Aus der Kammer entsprang ein Arterienstamm, der auf leder Seite eine Arm-Schlagader abgab, dann sich an den hier vorkommen- den Wirbeln hinzog, mehrere kleine Zwischenrippenarterien absendete, und hierauf Verbindungen mit den beiden Stämmchen der Aorta der oberen Kör- perhälfte einging. Was die Venen anlangt, so verbanden sich die der beiden Becken mit . einer unteren Hohlader, die sich in den rechten Vorhof des Herzens der obe- ‚ren Körperhälfte begab. Die Nabel-Vene lief auf gewöhnliche Weise zur Leber. Die Arm- und Intercostal-Venen der unteren unvollkommenen Kör- perhälfte senkten sich in den Vorhof des kleinen Herzens. Die Venen der nicht ausgebildeten Körperhälfte anastomosirten in der Bauchhöhle mit denen der oberen Körperhälfte. Sehr gespannt war ich bei dieser sonderbaren Missbildung auf-die Beschaf- fenheit und Anordnung des Nervensystems. Es zeigte sich ein grosses und klei- ncs Hirn, nebst Rückenmark für die obere mit einem Kopf versehene, Hälfte, und ein blosses verkürztesRückenmark für dieuntere unvollkommeneHälfte. (Taf. IL. Fig. 2.) Im eigentlichsten Sinne war also in diesem Körper eine hirnlose Miss- geburt mit einem anderen Körper, in dem sich das Gehirn fand, verbunden. Die Halbkugeln des grossen Hirns (a. a.) waren ganz glatt, ohne Fur- chen und Windungen, wie es bei Fötus dieses Alters immer der Fall ist. Sie bedeckten das kleine Hirn noch nicht, und ihre Seitenhöhlen waren sehr gross. Das kleine Hirn (b.) war durch querlaufende Furchen nur in Lappen 9 getheilt, wie diess gleichfalls in früherer Zeit Regel ist. Das anschlich dicke Rückenmark (c. c. ec.) sendete zu 'beiden Seiten seine Nerven ab.’ Unten krümmte sich die Spitze des Rückenmarks etwas nach der linken Seite, und verschmolz mit der Spitze des Rückenmarks der entgegengesetzten, unvollkom- menen Körperhälfte. Dieses Rückenmark (d. d.) war sehr viel kürzer als das andere. Unten bildete es eine kleine Anschwellung, dann zog es sich gekrümmt nach links. Aus demselben entsprangen zu beiden Seiten gegen sechszehn Nerven. Die ersten Nerven bildeten zu beiden Seiten die Geflechte für die Arme, die darauf folgenden stellten die Brustnerven dar. Die gegen die verschmolzenen Spitzen der beiden Rückenmarke entspringenden Nerven ver- einten sich zu beiden Seiten, liefen in die Lenden- und Heiligenbein - Wir- bel fort, und bildeten die Nerven für die Becken und Füsse. Die sympa- thischen Nerven konnten ihrer Zartheit wegen nicht verfolgt werden. Die Anordnung des Gerippes habe ich, un die merkwürdige Missge- burt nicht ganz zu zerstören, nicht untersucht. An der andern unvollkom- menen Körperhälfte ‘befanden sich bloss einige Hals- und mehrere Brust- Wirbel. An diesen waren kleine Rippen eingelenkt, Das Brustbein fehlte, Einen, dem unsrigen sehr ähnlichen, Fall hat Mauxoik !) beschrieben. Hier waren aber in beiden Becken weibliche Geschlechtstheile vorhanden. Der Nabelstrang zeigte sich einfach. Dem regelmässig gestalteten Kopf war ein Rudiment eines unvollkommenen Kopfes ohne Hirn entgegengesetzt. Der Magen und der obere Theil des dünnen Darms war einfach; letzterer theilte sich aber in zwei Darmkanäle. Das Herz war gleichfalls einfach. Die Aorte theilte sich, nachdem sie durch das Zwerchfell hervorgetreten war, in drei Stämme für die beiden Becken und Füsse, und die untere Körperhälfte mit den beiden Armen. Die vier Nieren waren in zwei zusammengeschmolzen. Sehr beachtungswerth ist, dass auch hier die Enden der Rückenmarke der bei- den Körperhälften sich in der Mitte des Körpers verbanden, und dass die 1) London Medico - chirurgical Transactions. Vol. 7. p. 1. p- 257. Zeitschrift f, Physiol. 111 1. 2 10 Nerven der beiden Becken und der Füsse aus dem verschmolzenen Ende des Rückenmarks entsprangen, ganz wie in unserm Falle. Bei einer sehr flüchtigen Betrachtung dieser Missbildungen ergiebt sich, dass dieselbe von der Anordnung des Nervensystems ausgegangen seyn muss. Der nur anfänglich von der Norm abweichenden Bildung des Rückenmarks mussten die übrigen Theile, die ihre Nerven aus diesem erhalten, sich anbilden. VIERTE BEOBACHTUNG. (Tır. V. VI. VII.) In der anatomischen Sammlung der Universität wird ferner eine Dop- pel-Missgeburt männlichen Geschlechts aufbewahrt, deren Nervensystem ich untersuchte. Sie besteht aus zwei Köpfen, einer gemeinschaftlichen Brust- und Bauchhöhle, zwei oberen vollkommen ausgebildeten Extremitäten, zwei nach hinten gerichteten bis zu den Händen verwachsenen Armen, und zwei unteren Extremitäten. Der zur Mitte der Bauchhöhle tretende Nabelstrang enthält ausser der Vene nur eine Arterie. Der After ist verschlossen. Die beiden Wirbelsäulen neigen sich von der Brust an längs der Bauchhöhle stark gegeneinander und verschmelzen im Heiligenbein. Die vorderen Rippen, von ungewöhnlicher Länge, verbinden sich nach vorn mit einem vollständigen Brustbein. Die nach hinten gerichteten Rippen sind sehr kurz und vereinigen sich mit einander, indem hier kein Brust- bein vorhanden ist. Der Körper jedes Kindes hatte seine Speiseröhre und seinen Magen. Die beiden dünnen oder engen Därme traten am untern Drittheil unter einem spitzen Winkel zusammen und bildeten an der Verei- nigungsstelle eine kleine Erweiterung. Unterhalb dieser trennten sie sich wieder. Der des rechten Kindes verlief einige Zolle lang und stellte dann einen kurzen, blind sich endigenden Anhang dar; während der des linken Kindes sich mit einem Blinddarm verband, der einen wurmförmigen Fort- satz hatte. Der übrige dicke Darm bildete die verschiedenen Windungen des 11 Grimmdarms und senkte sich als Mastdarm in die Beckenhöhle. Hier stellte er eine lange, sehr ausgedehnte und verschlossene, mit Kindspech gefüllte Erweiterung dar. di Die Leber war sehr gross und erschien wie aus zwei zusammengeschmol- zen. An ihrer unteren Fläche lagen zwei Gallenblasen mit ihren Ausfüh- rungsgängen. Auch das Pankreas und die Milz waren gedoppelt vorhanden. Der Apparat der Harnwerkzeuge und Geschlechtsorgane waren einfach. Das einfache Herz lag mitten in der Brusthöhle. Der rechte Venensack erschien ungemein gross und war zugleich mit dem linken Venensack ver- bunden, ohne durch eine Scheidewand abgegränzt zu seyn. In diesen gros- sen gemeinschaftlichen Venensack öffneten sich die oberen und unteren Hohl- adern so wie die Lungenvenen beider Kinder. Aus der rechten, vollständig ausgebildeten Herzkammer entsprang die Lungenpulsader, die sich mittelst des Botallschen Ganges mit der Aorte verband und sich dann in zwei kleine Stämme für die Lungen des rechten und linken Kindes theilte. Aus der lin- ken Herzkammer trat die Aorte hervor, die in zwei Bogen zerfiel, aus denen die Arterien für die Köpfe und Arme entsprangen. Die beiden absteigenden Stämme zogen sich längs den Wirbelsäulen herab und gaben die gewöhnli- chen Aeste ab. Am Becken theilte sich jede Aorte in eine Becken- und Schenkel-Schlagader, Die Lungen waren gedoppelt vorhanden, und die des linken Kindes wa- ren grösser als die des rechten. Jeder der nach aussen gerichteten grösseren Lungenflügel bestand aus drei Lappen, während die nach innen liegenden, sich an dem oberen Theil der Gefässstämme des Herzens heraufziehenden Lungenflügel sehr klein waren. Der eine Lungenflügel des linken Kindes zeigte zwei kleine Lappen und der des rechten Kindes nur einen. Die Thy- mus war sehr gross und aus zweien zusammengeschmolzen. Was nun die Beschaffenheit der Hirne und Nervensysteme anlangt, so waren diese doppelt zugegen. Jedes Kind hatte sein vollständig ausgebildetes grosses und kleines Hirn mit den gehörigen Nervenpaaren. Jedes Rückenmark 2 %* * 12 zeigte aber die Eigenthümlichkeit, dass seine innere Hälfte im Kanal :der Brust- und Bauchwirbel sehr bedeutend, um mehr als die Hälfte, schmaler war, und dass auch die inneren Brust-, Lenden- und Heiligenbein-Nerven, die sich zu den verschmolzenen, nicht ausgebildeten Hälften begaben, sehr viel kleiner und dünner zeigten, als die äusseren, die sich zu den vollkom- men gebildeten Körperhälften begaben. Wir nehmen also auch hier eine genaue Uebereinstimmung zwischen der Anordnung des Nervensystems und der Be- schaffenheit der verschiedenen Theile der Doppel-Missgeburt wahr. Diesem so eben beschriebenen Falle ähnliche Missgeburten sind von RAvger!), FrigE?), SCHLTET®), ScHMUucK®), DEBILS5), BÜCHNER‘), CAcquE?), MOREAU DE LA SArTAR®), PENDLETON 9) u. a. beobachtet worden. Einige Beobachtungen anderer Anatomen. Wir fügen ferner auch einige von anderen Anatomen gemachte Beobach- tungen und Zergliederungen von Missgeburten mit einem Excess in der Bil- dung bei, die gleichfalls beweisen, dass mit Uebermaass in der Bildung von Organen auch ein Excess in der Bildung des Nervensystems verbunden ist, der stets in gerader Beziehung mit der Zahl und Anordnung der überzähligen Gebilde steht. > Beobachtung von BRrUGNONE. !0) BrucnonE hat die Anordnung des Hirns in einer weiblichen Doppel - Missgeburt mit einem wahren Januskopf, zwei vom Kopf bis zum Nabel 1) Abhandlungen der kaiserlichen Akademie der Naturforscher. B. 1. Beobachtung 7. S. 19. 2) Ebendaselbst. B. 3. Wahrnehmung 175. 3) Ebendaselbst. B. 3. Wahrnehmung 224. 4) Fasceiculus admirandorum naturae. Strasb. 1679. 4. Tab. 1. 5) Specimen anatomie. Roterod. 1661. 4. 6) Miscell. physico-medic. Ann. 1727. Febr. p. 128; 7) Rozier Journal de phys. T. 39. p. 65. 8) Description des principales monstruosit&s. Pl. 27. 9) Chapman Philadelphie Journal. Vol. 8. p. 469. 10) Mem. de !’Acad. de Turin 1792, p. 275. 13 verbundenen Körpern, vier Armen und vier Beinen untersucht, deren Nabel- strang vier Arterien und zwei Venen enthielt. Die beiden grossen Hirne wa- ren hier zu einer Masse verbunden, die beiden kleinen Hirne aber und die Rückenmarke waren getrennt. Alle Nervenpaare waren doppelt vorhanden und entsprachen der Anordnung der Organe. Beobachtung von GıuLıo und Rossı. !) GıuLıo und Rossı haben die Missgeburt einer Ziege zergliedert, welche aus zwei in der Brust- und Bauchhöhle verschmolzenen Körpern mit vier vorderen und vier hinteren Extremitäten bestand. Der Kopf war einfach, nach hinten jedoch zeigten sich zwei Hinterhauptslöcher, die mit zwei Wir- belsäulen in Verbindung standen. Das Herz. war einfach. Aus der Lun- genarterie entsprang eine zweite Aorte, die sich längst der einen Wirbelsäule hinzog. Der Magen und Darmkanal, so wie die Leber und Milz waren gleich- falls einfach zugegen. Der Apparat der Harn- und Geschlechtswerkzeuge dagegen war vollkommen gedoppelt. Es zeigten sich vier Nieren mit ihren Harnleitern, zwei Urinblasen und zwei Gebärmütter. Das Nervensystem hatte folgende den vorkommenden Theilen entspre- chende Anordnung. Das grosse und kleine Hirn waren einfach; das verlän- gerte Mark aber theilte sich hinter den Pyramiden und Oliven in zwei Rü- ckenmarke, die sich durch die Kanäle der Wirbelsäulen hinzogen, und auf jeder Seite Nerven absendeten. Es waren nur zwei Lungen-Magen -Nerven, so wie zwei Reihen von Ganglien des sympathischen Nervens vorhanden. Andere Beobachtung von GıuLıo und Rossı. An einem Lanım, dessen Stanım einfach und mit vier Gliedmassen aus- gerüstet war, zeigte sich der Kopf nach vorn doppelt. Es waren vier Augen, zwei Nasen und doppelte Mundhöhlen zugegen. Die grosse Schädelhöhle ent- hielt zwei grosse Hirne und ein kleines Hirn. Das Rückenmark war einfach. Die sieben ersten Hirn-Nervenpaare waren alle doppelt an jedem Hirn. Die 1) Möm. de l’Acad, de Turin. T, 12. p. 37. 14 Gehör-Nerven, Schlundkopf-Nerven, Lungen-Magennerven, Willischen Bei- Nerven und Zungenfleisch-Nerven zeigten sich auf die gewöhnliche Weise. Unverkennbar also entsprach der Anordnung des Gehirns und seiner’ Nerven die Zahl der vorkommenden überzähligen Organe. Beobachtung von PROCHASKA. !) ProcnaskA beschreibt eine männliche zweiköpfige Missgeburt. Jeder Kopf hatte seinen besonderen Hals: Die Brust bestand aus zwei verschmolzenen Höhlen. Der Bauch war einfach. Es waren nur zwei obere und zwei un- tere Gliedmaassen vorhanden. In der Brusthöhle befanden sich vier Lungen und zwei Herzen in besonderen serösen Häuten eingeschlossen. Das Herz der linken Seite war ganz ausgebildet; es bestand aus zwei Venensäcken und zwei Kammern. Aus der rechten Herzkammer entsprang die Lungenarterie, aus der linken’ die Aorte. Das Herz der rechten Seite war nicht ausgebildet, beide Venensäcke bil- deten eine Höhle, eben so auch die beiden Kammern. Die Scheidewand war nur unvollkommen vorhanden. Die Lungenarterie und Aorte waren zugegen. Die Aorten der beiden Herzen verbanden sich nach dem Durchgang durch das Zwerchfell zu einem Stamm. Es war nur eine Nabelarterie vorhanden. Die Speiseröhre und der Magen waren gedoppelt. Beide Zwölffingerdärme vereinigten sich zu einem einfachen Darmkanal. Die Leber war einfach, doch mit zwei Gallenblasen versehen. Eine Milz zeigte sich nur am linken Magen. Das Pankreas war doppelt vorhanden. Dieser Anordnung entsprach auf das genaueste die Beschaffenheit des Nervensystems. Jeder Kopf hatte sein Gehirn mit den gewöhnlichen Nerven- paaren. Das Rückenmark war bis zum vierten, Lendenwirbel doppelt, und hier verbanden sich beide Rückenmarksstränge, zu einem, der dünner wer- dend und in eine Spitze auslaufend sich bis zum Heiligenbein erstreckte. Die Wirbelsäule war so weit doppelt als das Rückenmark. Die äusseren Nerven 1) Descriptio anatomica monsti humani bicipitis monocorporei, in Adnotat. academ, Fase. T. p-45. Tab. 1.2.3. 15 jedes Rückenmarks versorgten den Rumpf und die Extremitäten einer Seite, während die inneren Nerven nur deutlich am Hals bis zur Brust vorkamen, nicht aber in der Brust und im Bauch. Die vier vorhandenen Lungen-Ma- gennerven entsprachen den zwei Kehlköpfen und den vier Lungen, den bei- den Herzen, der doppelten Speiseröhre und den beiden Magen. Der sympa- thische Nerve bildete bis zum Zwerchfell vier Stränge, die längst den beiden Wirbelsäulen herabstiegen. Die beiden inneren Stränge vereinigten sich und verloren sich nach dem Durchgange durch das Zwerchfell. Unverkennbar zeigte sich also ein genauer Zusammenhang zwischen der Zahl der überzäh- ligen Nerven und der im Uebermaass gebildeten Organe. Andere Beobachtung ProcHAskA’s. !) Eine höchst merkwürdige Anordnung der Hirn-Nerven hat ferner Pro- CHASKA in einer anderen menschlichen Missgeburt wahrgenommen, die aus zwei im Kopfe, Hals, Brust und Bauch verschmolzenen Körpern, mit vier Armen und vier Füssen bestand. Die beiden Köpfe waren so zusammenge- fügt, dass ein Antlitz nach der einen, das andere nach der entgegengesetzten Seite gerichtet war, also eine sogenannte Janus-Missgeburt, wie sie von SCHARF, BORDENAVE, ZIMMER, LENTOSSEK u. a. beschrieben und abgebildet worden sind. In der sehr grossen Schädelhöhle befanden sich zwei’ voll- kommen gebildete Gehirne, die mit ihren vorderen Lappen nach Innen zu- sammenstiessen, ohne jedoch verschmolzen zu seyn. Zwischen die Halbku- geln eines jeden grossen Hirns senkte sich der von einem Hinterhauptsbein zum anderen verlaufende Sichelfortsatz. Jedes Hirn hatte sein kleines Hirn und Rückenmark, so wie die gewöhnliche Anzahl von Nervenpaaren. Diese Nerven zeigten aber die höchst merkwürdige Anordnung, dass sie zu ver- schiedenen Köpfen verliefen. Der Riechnerve des einen Hirns begab sich zu dem einen, der andere zu dem entgegengesetzten Antlitz; eben so verhielt es sich mit den Sehnerven, 1) Medizinische Jahrbücher des österreichischen Staates, B. 3. St. 4. $. 108. Taf, t. Fig. 1. 2. _ 16 dem dritten, vierten, fünften, sechsten und den übrigen Nervenpaaren. Jede Hälfte eines Antlitzes und eines Kopfes erhielt also seine Nerven von einem anderen Hirn, oder jedes Antlitz und jeder Kopf empfing seine Nerven von den beiden Hirnen zugleich, rechts von dem einen, links von dem anderen Hirne. Beobachtung von SCHERER. 1) SCHERER theilt die Beschreibung eines missgebildeten Hasenfötus mit, die gleichfalls als ein Beleg für die genaue Uebereinstimmung des Nervensystems mit der Anordnung der im Uebermaass gebildeten Organe angeführt werden kann. Diese Missgeburt hatte nur einen Kopf, der mit einem doppelten Kör- per verbunden war. Beide Körper erschienen jedoch in der Brust und im oberen Theil des Bauches vereint. Es fanden sich zwei Wirbelsäulen, zwei Beckenhöhlen, vier vordere und vier hintere Extremitäten. Das Herz und die Lungen waren normal beschaffen. Der Stamm der Aorte theilte sich in zwei Bogen, die in die längst der Wirbelsäule herabsteigenden Aorten übergingen. Die Speiseröhre und der Magen war einfach. Der dünne Darm theilte sich in zwei Kanäle. Der Blinddarm, Grimmdarm und Mastdarm waren gedoppelt zugegen. Die Leber und Milz zeigte sich einfach. : Dagegen waren vier Nieren, zwei Harnblasen und vollständig doppelte männliche Geschlechtstheile vor- handen. Das Gehirn mit seinem Nerven war bei dem einfachen Kopfe ganz regelmässig... Das Rückenmark aber theilte sich unter dem kleinen Hirn ‚in zwei Stränge, die zu beiden Seiten Nerven zu den vier Vorder- und Hin- terfüssen, so wie zu den vollständig gedoppelt vorhandenen Apparaten der Harnabsonderung und den männlichen Geschlechtstheilen abschickten. Das einfache Vorhandenseyn des Herzens, die gewöhnliche Beschaffenheit der ' Lungen, der Speiseröhre und des Magens scheint hier mit der normalen Be- schaftenheit der Lungen-Magennerven (vagi) in Beziehung zu stehen. '1) Medizinische Jahrbücher des österreichischen Staates, Neue Folge. Wien 1824. B.2. St. 2. S. 263: “" FOLGERUNGEN UND BETRACHTUNGEN. Die hier und in ‘der früheren Abhandlung mitgetheilten eigenen und fremden Beobachtungen beweisen zunächst auf das überzeugendste, dass in ‚den. Missgeburten ‚zwischen der, Beschaffenheit des Nervensystems und der Bildung und Anordnung der übrigen Theile eine genaue Beziehung obwal- tet. Mit dem Mangel an Nerven ist ein Fehlen derjenigen Organe verbun- den, zu denen sich die Nerven im regelmässigen Zustand begeben. Kom- men keine Sehnerven vor, so mangeln die Augen. Gehen die Hörnerven ab, so fehlt das innere Ohr. Gänzlicher Mangel der Riechnerven und der Hilfs. nerven der Nase ist mit einem Fehlen der inneren Nase verbunden, wie dies bei den Cyclopen beobachtet wurde. In mehreren Fällen von Hasenscharten mit doppeltem Wolfsrachen gingen gleichfalls die Riechnerven ab. In einem ‚ohne Arm und Füsse gebornen Kinde war das Rückenmark mit seinen Ner- ven nicht ausgebildet. Dass also in Missgeburten mit mangelnden Theilen oder mit Hemmung in der Bildung das Nervensystem nicht gehörig ausgebil- det ist, lässt sich nicht verkennen; und zwar fehlen die Nerven der man- .gelnden Theile entweder gänzlich, oder sie sind in ihrer Ausbildung zu- rückgeblieben. Hiefür liefern auch die kopflosen Missgeburten einen sprechenden Beweis, Diesen fehlen das Gehirn, das verlängerte Rückenmark und die zwölf Hirn- Nervenpaare, und damit ist Mangel des ganzen Kopfs mit allen Sinnes- Werk- zeugen, und den in demselben vorkommenden Drüsen, Muskeln und Knochen vergesellschaftet. Ferner mangeln auch in der Regel diejenigen Organe am Hals, in der Brust- und Bauch-Höhle, welche Zweige von Hirn -Nervenpaa- ren, den Schlundkopf-Nerven, den Lungen-Magen-Nerven und den Zungen- fleisch-Nerven erhalten, namentlich der Schlundkopf, die Speiseröhre, der Magen, die Leber, der Kehlkopf, die Luftröhre, die Lungen und das Herz. Nur Varrisnıerr und GiLizert. wollen in den von ihnen aergliederten kopf- Zeitschrift f. Physiol. III 1. 3 15 losen Missgeburten das Herz und die Lungen gefunden haben. Sehr wahr- scheinlich waren aber hier auch die Nervi vagi mit dem oberen Theil des Rückenmarks vorhanden, deren aber keine Erwähnung geschieht. Geht diesen Missgeburten auch das Halsstück des Rückenmarks ab, so fehlen die daraus entspringenden Zwerchfells-Nerven und der Zwerchmuskel; es mangeln dann ferner die das Arm-Nervengeflecht bildenden Cervical-Nerven und die obe- ren Gliedmassen. In der Regel sind in den kopflosen Missgeburten die Or- gane nur so weit vorhanden, als das Rückenmark mit seinen Nerven und die Ganglien des sympathischen Nervens zugegen sind. Dem Grade der Ausbil- dung des Nervensystems entspricht ferner das Vorkommen der Organe und die Stufe ihrer Entwickelung. Am beständigsten sehen wir an den kopf- losen Missgeburten die untere Körperhälfte, das Becken und die unteren Extremitäten, so wie das Endstück des Darmkanals, die Harnwerkzeuge und die Zeugungstheile vorkommen. Diesen Theilen entspricht das Vorhanden- seyn des unteren Stücks des Rückenmarks mit seinen Nerven, oder doch die- ser, und das Endstück des sympathischen Nervens. Die zahlreichen von J. F. MEcKEL!) und mir ?2) zusammengestellten fremden und eigenen Beobachtungen über die kopflosen Missgeburten, so wie die seit dem Erscheinen meiner Schrift von L. Brera 3), BECLARD ?), VROLIK 5), G. SANDIFORT ©), EMMERT ?), ELBEN ®), Hay ®) und Kauck !%) bekannt gemachten neueren Fälle beweisen diese Aussage. 1) Handbuch der pathologischen Anatomie. B. I. S. 140. 2) Anatomie der kopflosen Missgeburten. Landshut 1813. Fol. 3) Singolare monstrosita d’un feto umano, in Memorie di Matematica e di Fisica della Societa Italiana. Verona 1815. T. 12. p. 354. 4) M&moire sur les Acephales in Leroux Journal de Med£cine. 1815 u. 1816. 5) Verhandeling over de sonderlinge misvorming einer Vrucht, in de Verhandelingen der Erste Klasse van het Konicklige Nederlandsche Institut te Anısterdam. Deel 3. 1812. p. 247. 6) Ontleedkundige Beschryving en Aanmerkingen over twee hoofdeloze Misgeboorten. Ebend. Decl 5. 1819. p. 151. 7) Ueber einen die hintere Gliedmasse eines Lamms vorstellenden Acephalus, im Deutschen Archiy für die Physiologie. B. 6. S. 1. 8) De acephalis sive monstris corde carentibus. Berolini 1821. 4. j 9) Monstri uniecum pedem referentis descriptio anatomica. Berol. 1824. 4. 10) Monstri acephali humani expositio anatomica. Berol. 1825. 4. 19 st’ BECLARD stellte die Meinung auf, die Acephalie entstehe in Folge eines krankhaften Zustandes, der im Anfange des Fötus-Lebens die Bildung und" das Wachsthum des verlängerten Markes und des oberen Theils des Rückenmarks hemme oder vernichte, und alle nun sich darbieten den Ab- weichungen seien die nothwendigen Folgen dieses krankhaften Ereignisses. Die ‚genaue Uebereinstimmung zwischen dem Grade der Entwickelung und Ausbildung der Glieder, sowie der vorkommenden Eingeweide, mit der Beschaffenheit des Nervensystems nöthige zur Annahme eines ursächlichen, zwischen den Nerven und Organen obwaltenden Verhältnisses. Hiergegen liesse sich indess einwenden, dass angeblich kopflose Missgeburten beobachtet wur- den, in denen gar keine Nerven vorkamen, und folglich die Nerven weder wesentlich nothwendig zu der Bildung der Organe seien, noch das Vorkom- men und die Anordnung der Organe der Beschaffenheit der Nerven entspre- chen müsse. So will CLArke !) in der von ihm zergliederten Kopf- und Brustlosen Missgeburt keine Spur von Nerven gefunden haben. Dies jedoch bezweifele ich sehr, und es scheint, dass er keineswegs eine sorgfältige Zer- gliederung vorgenommen habe; denn es ist sonst kein einziges Beispiel einer Missgeburt vorhanden, in der die Nerven gänzlich gefehlt hätten. Ja es las- sen sich ferner Fälle von ganz ähnlichen und selbst noch einfacher gebilde- ten Missgeburten anführen, als die von CLARKE untersuchte Missgeburt war, in denen sich Nerven zeigten, und zwar stets soweit als Organe gebildet wa- ren. So hat Rogert Brann ?) eine höchst missgestaltete, fast kugelförmige Masse untersucht, die bei der Geburt eines wohlgebildeten Kindes abging, in der sich bloss einige Zweige von Nabelgefässen, ganz ohne Eingeweide fanden, worin aber dennoch eine Spur von Rückenmark mit einigen Nerven vorhanden war. VroLık ®) beschreibt und bildet eine kopflose Missgeburt 1) Philosophical Transactions for the Year 1793. P. 2. p. 154. 2) Philosophical Transact. for the Year 1781. P. 1. p. 363. 3) a. a. O. auch in M&m. sur quelques sujets int&ressans d’anatomie et de physivlogie traduits du Hollan- dois par Fallot. Amsterd. 1822, 4. Pl. IV. V. z# 20 x ab, die eine rundliche Form hatte, ganz ohne Gliedmassen war, in der sich eine Nabel-Arterie und eine Nabel-Vene zeigte, und von Eingeweiden nur ein ganz kleines Stückchen Darm, in der er jedoch ein Stück Rückenmärk mit Nervenzweigen wahrnahm. So hat ‚Terner Hays !) in der Missgeburt einer Ziege, bestehend aus einem blossen Hinterfuss mit einer Hüfte und einem ringförmigen, einem Wirbelbein gleichenden Knochen, Nerven gefunden, die aus einer kleinen in der Höhle des Wirbels liegenden Markmasse hervor- traten und sich in. die Muskeln: und die Haut des Fusses verbreiteten. Auch Emmsrr sah Nerven in dem von ihm zergliederten Monstrum. acephalum ei- nes Lammes, welches gleichfalls aus einer hinteren Extremität bestand. BÜTT- NER, ODHELIUS und Cooper endlich wollen in den von ihnen beschriebenen kopflosen Missgeburten kein Rückenmark wahrgenommen haben, wiewohl OpneLıus die Häute des Rückenmarks antraf; dass aber die Rückmarks- Ner- ven gänzlich gefehlt haben, das wird nicht mit Bestimmtheit ausgesagt. Allerdings also entspricht die Beschaffenheit des Nervensystems in den kopf- losen Missgeburten dem Vorkommen und der Anordnung ihrer Theile. Ferner erhellet aus den von mir erzählten Beobachtungen, dass in den Missgeburten mit überzähligen Theilen stets ein Excess in der Bildung des Nervensystems vorkommt, der den im Uebermass gebildeten Organen ent- spricht. Mit der Anordnung der überzähligen Theile steht die Bildung und Anordnung des Nervensystems in ‘der genauesten und innigsten Verkettung. Dies zeigen nicht nur die von mir in Beziehung auf die Anordnung des Ner- vensystems zergliederten Missgeburten, sondern dies erhellet auch aus den erwähnten von andern veranstalteten Untersuchungen von Missgeburten mit überzähligen Theilen. Kurz in allen Missgeburten mit einem Uebermass in der Bildung zeigt sich eine diesen entsprechende Anordnung des Nervensystems; es mag nun der Excess bloss einzelne Theile betreffen, oder er mag sich über den gan- 1) a. 0. > 2 ca j 21 zen Körper erstrecken; gleichviel ob die Verdoppelung von oben oder unten, von vorn oder hinten, oder von den Seiten ausgeht. Endlich zeigt auch die Anordnung des Nervensystems in den Missgebur- ten, bei denen Organe zusammengeschmolzen sind, dass hier ein genauer Zu- sammenhang zwischen der Art der Verschmelzung der Organe und der Ver- bindung und Vereinigung von Nervengebilden obwaltet, wie dies namentlich die Cyklopen darthun, Da wir also unverkennbar eine genaue Beziehung zwischen der Anord- nung und Beschaffenheit des Nervensystems und dem Vorkommen und der Bildung der Theile in Missgeburten wahrnehmen, so drängen sich uns fol- gende Fragen auf: 1) Ist der Mangel in der. Bildung von Organen die Folge eines Nicht- bildens der Nerven; oder bilden sich die Nerven nicht, weil diejenigen Or- gane nicht vorhanden sind, zu denen sich die Nerven begeben sollten? Und 2) Ist das Uebermass in der Bildung von Organen in einen Excess der Production von Hirngebilden und Nerven begründet; oder entstehen über- zählige Theile des Hirns und mehr Nerven, weil sich überzählige Organe bilden? Die Beantwortung dieser für die Lehre von der thierischen Bildung höchst wichtigen Fragen lässt sich nur aus der Bildungsgeschichte des Fötus und der Lehre von der Zeugung entnehmen; Wir wollen sie in der Kürze versuchen, soweit es bei dem gegenwärtigen, aber freilich noch immer sehr beschränkten Stande dieser Zweige der Naturlehre lebender Körper thunlich ist. Dass die Theile in dem befruchteten weiblichen Zeugungsstoff, sowohl in dem Saamenkorn der Gewächse als im Eie der Thiere, nicht alle mit ein- mal, sondern nach einander in einer regelmässigen Ordnung und in einer gewissen. Zeitfolge entstehen, das hat: schon ArıstoreLes erkannt und ausge- sprochen, und dies hat Harvey durch seine sehr schätzbaren Untersuchungen über das Zeugungs-Geschäüft sattsam erwiesen. Der scharfsinnige CAsPAr FRIEDRICH WOLFF ?!) hat ferner bei seinen trefHli- chen Untersuchungen über die Zeugung und Bildung der organischen Körper zuerst auf die zwischen Pflanzen und Thieren obwaltende Verschiedenheit hin- sichtlich der Entstehungs- und Bildungs- Weise der Theile aus dem befruchteten weiblichen Zeugungsstoff aufmerksam gemacht. Bei den Gewächsen findet mehr ‘eine Entwickelung der Theile aus einander statt, während bei den Thieren jeder Apparat seine ihm eigene Entstehungs- Weise hat und die Ap- parate sich nicht auseinander evolviren. Die Pflanze entwickelt sich aus dem Saamenkorn mit seinen am frühsten erscheinenden Gebilden, der Radicula und Plumula, nach zwei verschiedenen und entgegengesetzten Richtungen, den äusseren Einflüssen und Bedingungen entgegen, von denen das Bestehen der Gewächse abhängig ist. Erstere, die Radicula, senkt sich in den Boden und verzweigt sich hier, die Nahrungsstoffe zur weiteren Ernährung und zum Wachsthum durch Einsaugung anziehend. Die Plumula aber wächst dem Lichte entgegen und entwickelt sich zu dem Stengel, den Zweigen, Blättern und Blüthen, Gebilden, durch die eines Theils die Saftbewegung, das Ath- men, die Aushauchung, die Bereitung des Bildungssafts, und die Ernährung, also Verrichtungen, die sich auf das Bestehen des Einzelwesens beziehen, unterhalten, andern Theils aber die Zeugungs- und Fortpflanzungs- Verrich- tungen, also die Fortdauer der Gattung, bewirkt werden. Es findet hier eine Entwickelung der Theile aus einander statt, und das Leben der Gewächse äussert sich nur durch Erscheinungen des Entwickelns, Bildens, Ernährens, Wachsens und Zeugens. Auf diese Weise erfolgt bei den Thieren das Entstehen und Ausbilden der verschiedenen Theile aus dem befruchteten weiblichen Zeugungsstoff nicht. Es werden zwar an dem Embryo aller aus dem Eie sich bildender Thiere allmählich verschiedene Organe und Apparate sichtbar, und wir neh- men wahr, wie deren Bau immer mehr zusammengesetzt wird, je mehr sie 1) Theoria generationis. Halae 1774. Noy. Commentar. Acad. Petropolit. T. 12. p. 403 T. 13. p. 478. 23 in ihrer Entwickelung fortschreiten; doch geht die Bildung der Apparate, wie WOLFF gezeigt hat, von mehreren Puncten aus, und jeder derselben ent- steht und bildet sich auf seine eigenthümliche Weise. Das Nervensystem, das Blutgefässsystem, der Nahrungskanal, das Athmungs- und Harn-System, die Zeugungsorgane, das Gerippe mit den Muskeln evolviren sich nicht aus- einander, sondern jeder dieser Apparate hat seine eigene Art des Entstehens und erreicht seine Ausbildung auf eine besondere Weise. Hinsichtlich der Zeitfolge, in der die verschiedenen Apparate, in dem befruchteten Eie der höheren oder im Baue zusammengesetzteren Thiere ent- stehen, unterliegt es, nach der über die Bildung des Embryos im Eie der Vögel, Amphibien und Fische angestellten Untersuchungen, keinem Zweifel mehr, ' dass diejenigen Apparate sich zuerst bilden, welche sich durch den ganzen Körper des Embryos verbreiten, und sich in einem ununterbrochenen Zusammenhang befinden, nämlich das Blutgefäss - und Nerven-System. Die Thätigkeits- Aeusserungen dieser ‚beiden Systeme scheinen ferner einen wich- tigen Antheil an dem Hervorbringen und der Entwickelung der übrigen Ap- parate zu haben und sie scheinen bedingend auf dieselben einzuwirken. Welches von jenen beiden Grundsystemen aber in ‘dem aus einer fast flüss- sigen Materie bestehenden und organische Formbestandtheile, Kügelchen, enthaltenden, und in Gestalt der Galba erscheinenden Körperchen des Em- bryo sich zuerst bilde, ob das Blutgefäss- oder Nerven-System, das war län- gere Zeit ein Gegenstand des Streites unter den ausgezeichnetsten Natur- forschern. ARISTOTELES hielt des Herz für den im werdenden Thiere am frühsten entstehenden Theil. Harvey stellte die Behauptung auf, zu allererst bilde sich das Blut, dann das Herz mit den Gefässen, und hierauf erschienen all- mählich die übrigen Theile, und zwar seien sie in ihrem Entstehen abhän- gig vom Leben des Blutes und des Herzens. Harzer, obgleich er als ein eifriger Vertheidiger der Evolutions- oder Einschachtelungs- Theorie, annahm, dass im Keime schon alle Theile ursprünglich, wiewehl unsichtbar, vor- 24 handen 'seien, wollte doch gleichfalls 'bei seinen Untersuehungen über die Bil- dung des Embryos im’ Vogelei, die Anfänge des Blutgefässsystems. und des Herzkanals: vor dem Nervensystem beobachtet haben; ja er meinte. das un- sichtbare Herzchen werde durch die befruchtende ‘oder belebende Wirkung des männlichen Saamens zu allererst zu seinen Thhätigkeits- Aeusserungen auf- geregt, und es bedinge die Evolution der übrigen Theile. Marrıcar !) und Worrr ?) dagegen nahmen bei ihren Beobachtungen des bebrüteten Vogeleis die Anfänge des Rückenmärks und des Hirns vor der Bildung der Blutge- fässe und des Herzkanals wahr. Ersterer sah die Anfänge des Hirns und Rückenmarks gegen die vier und zwanzigste Stunde der Bebrütung, während er Blutgefässe und den Herzkanal erst später erkannte. Gleithes beobach- tete Wolff, und er sagt ausdrücklich, das System, welches zuerst im Embryo entstehe und seine bestimmte, eigenthümliche Gestaltung annehme, sei das Nervensystem. Für diesen Ausspruch hat sich J. F. Mecker 3) erklärt, und hat ihn durch mehrere Gründe unterstützt. Auch Brera °) hat die Ansicht in Schutz genommen, die Bildung des Embryos gehe vom Nervensysteme aus. Mit dieser Lehre endlich stimmen die Untersuchungen Panver’s, Home’s, PrevosrT’s und Dumas vollkommen überein. PAnper ®) erkannte die Anfänge des Rückenmarks im Vogel-Embryo schon in der achtzehnten bis zwanzig- sten Stunde der Bebrütung, während die Spuren von Blutgefässen und der Herzkanal erst gegen die dreisigste Stunde sichtbar ‘waren. ‚Home ®) will selbst schon nach acht Stunden der Bebrütung den Anfang des Rückenmarks 4) De formatione pulli p. 55. fig. 2.,3. Appendix de ovo ineubato p. 78. fig. 18. 23. Dia. a0. 3) Versuch einer Entwickelungs-Geschichte der Centraltheile des Nervensystems in den Säugethieren; im Deutschen Archiv für die Physiologie. B. 1. S. 1. 4), Singolare monstrosita d’un feto umano, e congetture sul primitivo suiluppo deli” embrione ;) in’Memorie di Matematica e di Fisica della societe Italiana. T. 15. 4) Beiträge zur Entwickelungs-Geschichte des Hühnchens im Eie. Würzburg 1817. FoL 6) Observations on the changes the Jegg undergoes during incubation in the common fowl, illustrated by microscopical drawings; in’ Philos, Transact. for the Year 1822. P. 2, p. 339. PL. 33, figi 4, 5.6. 25 und Hirns mit Hülfe des Mikroscops im Hühnerei wahrgenonmen haben, und er äussert, dass diese Theile zu allererst im Embryo erscheinen. Den Herzkanal dagegen konnte er erst nach sechs und dreisig Stunden der Bebrü- tung erkennen. Auch Prevost und Dumas!) sahen die Anfänge des Rücken- marks im Embryo des Hühnereies früher als die des Herzens. Dasselbe beobachteten sie ?), so wie Home ®), bei der Entwickelung der Froschlarven. Aus diesen Untersuchungen erhellet also, dass das Nervensystem, na- mentlich das Rückenmark, das erste Gebilde ist, welches in dem sich gestal- tenden, befruchteten weiblichen Zeugungsstoff oder in der Keimflüssigkeit entsteht, und zwar vor dem Blute und dem Blutgefässsystem, und unabhän- gig von diesen. An die oberen Theile des Rückenmarks reihen sich die Hirntheile an. Von dem Rückenmark und dem Gehirn aus erfolgt die Bil- dung der Nerven, die allmählich gegen die Peripherie des Körpers fortwach- sen und sich mit ihren respectiven, nach und nach. erscheinenden Organen in Verbindung setzen, wie MarrıcHt, MECKEL, CArvs und ich beobachtet haben °). Die sympathischen Nerven mit ihren Ganglien scheinen sich jedoch, nach meinen Beobachtungen, nicht von dem Rückenmark aus zu bilden, sondern die Anfangs verhältnissmässig sehr grossen Nervenknoten entstehen für sich und zwar bald nach dem Rückenmark, Aus den Ganglien wachsen ihre Aeste und Zweige hervor, die sich peripherisch ausbreiten und theils zu ihren respectiven Organen begeben, theils aber mit den Hirn- und Rücken- marks- Nerven Verbindungen eingehen. 1) Dovel©ppement du coeur et formation du sang; in Annales des sciences naturelles. T. 2, p. 96- 2) Second M&moire. de la gen&Gration; ib, 3) Observations on the Changes the ovum of the frog undergoes during the formation of the tadpole; Philosoph. Transact. for the Y. 1825. P. 1. p. 61. 4) Durchaus irrig und keiner Widerlegung werth ist Serres (Anatomie comparbe du ceryeau. Til. p. 244.) aus der Luft gegriffene oder auf falsche. Beobachtungen sich stützende Annahme, dass die Nerven vor dem Gehirn und Rückenmark vorhanden seien, sich von der Peripherie aus bilden und mit dem Gg- him und Rückenmark in Verbindung setzen, indem sie die Häute dieser durchbohren. Zeitschrift f, Physiol, III, 1. 4 EI Später als die ersten Anfänge des Nervensystems, das Rückenmark und Hirn, erscheinen, zufolge der Untersuchungen der oben genannten Autoren, das Blut, die dem Körper des Embryos aus den Eihüllen Blut zuführenden Venen und der Herzkanal. Aus letzterem wachsen die Arterienstämme, die Aorte und Lungenarterie, hervor. Die Aorte vertheilt sich baumartig in dem Körper, senkt ihre Aeste und Zweige in die aus dem befruchteten weiblichen Zeugungsstoff entstehenden ersten Anfänge der verschiedenen Organe, und führt ihnen das Blut, als die Materie zum Bilden, zu. Ueber den Antheil des Bluts, des Herzens und der Blutgefässe an der Bildung des Embryos und seiner Theile waltet unter den Physiologen kein Zweifel ob. Alle sehen das Blut als den Bildungs- uud Ernährungs-Saft an, der durch das Herz und die Blutgefässe im Körperchen des Emhryos vertheilt wird, und woraus die ersten Anfänge der Organe die Materien zu ihrem Wachsthum und zu ihrer weiteren Ausbildung anziehen. Die in den peripherischen Eihüllen mit ihren Wurzeln sich bildenden und zu Zweigen und Aesten zusammenfliessenden Venen, die als die ersten Anfänge des Blutgefässsystems erscheinen, nehmen im Eie der Vögel und Amphibien die von der Mutter dem Keime mitgegebenen Nahrungsmaterien, das Eiweiss und den Dotter auf. Unter dem Einflusse der durch die Proren der Eischale oder der äussersten häutigen Eihülle eindringenden Bestandtheile der atmo- sphärischen Luft erlangen sie die Eigenschaften des Bluts. In dem in der Gebärmutter sich entwickelnden Eie der Säugethiere geschieht die Aufnahme der Nahrungsmaterien aus der mütterlichen Eihaut, welche dahin aus dem Blute von den feinen Arterien der Gebärmutter abgesetzt werden. Venen führen das in den Eihüllen entstehende Blut dem sich gestaltenden Herzkanal zu, der es durch sein bald sich äusserndes lebendes Contractions- Vermögen, mittelst der Arterien, als das Materiale der Ernährung, im Körper vertheilt. Jedes im Schleimstoff des Embryos sich bildende Organ erhält auf diese Weise den Stoff zum Bilden durch das Blutgefässsystem, so wie dieses System auch den einmal entstandnen Organen die Materie zum weiteren Wachsthum zu- a führt. Selbst das Rückenmark, das Hirn und die Nerven empfangen, durch die in diese Gebilde sich verbreitenden Arterien-Zweige, die Ernährungs- Materie zur weiteren Vergrösserung und Ausbildung. Obgleich ihr erstes Entstehen aus der Keimflüssigkeit vor Bildung des Blutgefässsystems erfolgt, so bedürfen sie dennoch des Bluts, als der allgemeinen Ernährungs-Flüssig- keit zu ihrer weiteren Entwickelung. Die Venen des Körpers des Embryos, die nach C. F. WoLrs Untersuchungen später als die Arterien entstehen, füh- ren das venöse Blut aus den Organen, durch ihre Stämmchen, in die Anfangs zu einem verbundnen Venensacke zurück. Dies Blut vermischt sich mit dem durch die Nabelvene neu zugeführten und wird zum Theil wieder durch die Nabel-Arterie in die Gefässhaut des Eies geleitet, wo es in den Eiern der Vögel, Amphibien und Fische unter dem Einflusse des Oxygens der Me- dien, in denen sich die Eier entwickeln, wieder in arterielles verwandelt wird. In dem Eie der Säugethiere scheint die Oxygenation des Fötal-Bluts durch das arterielle Blut der Mutter vermittelt zu seyn. Dieses Arterien-Blut wird in Vermischung mit den aufgesaugten und in Blut verwandelten Nah- rungsmaterien dem Körper des Fötus von Neuem zugeleitet. Das Herz und das Blutgefässsystem enthalten demnach die aus den Eiflüssigkeiten, oder in dem Eie der Säugethiere aus der mütterlichen Eihaut aufgenommene und in Blut verwandelte Eruährungs-Flüssigkeit, und verbreiten oder vertheilen dieselbe zum Behufe des Bildens und Wachsens in dem Körper des Fötus. Nach dem Entstehen der ersten Anfänge der beiden Grundsysteme, des Nerven-Apparats und des die Bildungs-Flüssigkeit enthaltenden Gefässsy- stems, erfolgt in dem formlosen weiblichen Zeugungsstoff die Bildung der übrigen Apparate, von denen jeder seine eigene Art des Entstehens hat, wie WoLr gezeigt hat. Die an den Oeffnungen des Körpers mit der äusseren Haut in Verbindung stehenden Schleimhäute, welche die Grundlage für die Apparate der Verdauung, des Athmens, der Harnabsonderung und der Zeu- gung darstellen, deren Thätigkeits- Aeusserungen sich auf die Ernährungs- und Reproductions-Verrichtungen beziehen, entstehen sämmtlich längst der 4 * 28 beiden Ganglien-Reihen des sympathischen Nervens und an dem Stamme der Aorte und ihrer Hauptäste. An den aus dem Hirn und Rückenmark her- vorwachsenden Nerven bilden sich die Sinnesorgane und die Muskeln. Als erste Grundlage des Gerippes erscheinen zunächst Knochenkerne, welche sich zu den Wirbeln und Schädelknochen verbinden, sich der Centralmasse des Nervensystems und den Nerven, so wie den zum Hirn tretenden Blutge- fässen anhildend.. An die Schädelknochen reihen sich die Knochen des Antlitzes, die sich den Sinnes-Organen anpassen, welche sie einschliessen, Die von den Brustwirbeln aus sich bildenden Rippen wachsen von hinten nach vorn, und umfassen das Herz und die Lungen. Zu beiden Seiten der Kreuzwirbel entstehen die Knochen des Beckens, die einen Theil des Harn- und Generations-Systems, so wie das Endstück des Darmkanals umgeben. Die oberen und unteren Gliedmassen endlich bilden sich zuletzt, als kleine Höcker aus dem Stamme hervorwachsend. Nach und nach erscheinen in ihnen, so wie sie an Grösse zunehmen, Knochen, die in den Gelenken zu- sammentreten, und deren ästige Anordnung mit der ästigen Vertheilung der Haupt-Nerven- und Blutgefäss-Stämme in einer gewissen Beziehung zu ste- hen scheint. Die Muskeln bilden sich successive in der Reihenfolge an das Knochensystem an, wie dies mit seinen verschiedenen Abtheilungen entsteht. Fragen wir nun, nach diesen vorausgeschickien kurzen Bemerkungen über die Reihenfolge, in der die verschiedenen Apparate im Embryo ent- stehen, hat das im befruchteten weiblicheu Zeugungsstoff zu allererst, und selhst vor dem Blute und dem Blutgefässsystem sich bildende und eine bestimmte Gestaltung annehmende Nervensystem an der Bildung und Gestal-- tung, so wie an der gesammten Entwickelung des Embryos gleichfalls eini- gen Antheil? Mehrere Gründe sind vorhanden, die uns nöthigen, diese Frage zu bejahen. Das Nervensystem scheint nämlich, als der zuerst entstehende Apparat, auf die Bildung und Entwickelung des werdenden Embryos regelnd einzuwirken, und das Hervorbringen und Anordnen der übrigen Apparate in ihrer besonderen Form und Lagerung zu bestimmen. Führen wir die 29 Gründe für eine Ansicht an, die manchem vielleicht sehr ‚paradox schei- nen mag. Zuvörderst bemerken wir, dass das Nervensystem derjenige Apparat der thierischen Organismen ist, welcher deren Wesenheit ausmacht und alle die- jenigen T'hätigkeits- Aeusserungen vermittelt, die wir mit dem Namen der thierischen bezeichnen. Alle Theile und Gebilde der Thiere mit ihren man- nichfaltigen Kraft- Aeusserungen beziehen sich auf die Ausübung der Ver- richtungen des Nervensystems, und sie selbst werden wieder durch den leben- den Einfluss dieses Systems in ihren Wirkungen bestimmt, gleichviel ob dies auf eine automatische und bewusstlose, oder auf eine willkührliche uud be- wusste Weise geschieht. Das Nervensystem macht nicht nur die Wesenheit der Thiere aus, sondern es begründet auch in seiner mannichfaltigen Zusam- mensetzung uml Anordnung deren Verschiedenheit. Dieses System ist es vor- züglich, an dem sich in den höchst mannichfaltigen Formen von Thieren eine deutliche Stufenfolge und eine gradweise Zusammensetzung, sowohl in der Anordnung und Combination des Baus als in den Kraft-Aeusserungen, nachweisen lässt. Wir sehen, wie es von seinem ersten Erscheinen oder Her- vortreten in mehreren noch sehr einfach gebildeten Thieren, durch die ver- schiedenen Olassen hindurch bis zu den zusammengeseizteren, in seiner Orga- nisation und Anordnung mehr combinirt ist, und wie es im Menschen die höchste Stufe der Entfaltung und Ausbildung erreicht hat. Gleichzeitig mit dieser stufenweisen Entfaltung des Nervenapparats tritt in den verschiedenen Thier- Gruppen eine grössere Mannichfaltigkeit und Intensität von thierischen oder @nimalen Thätigkeits- Aceusserungen hervor, die im Menschen am mei- sten culminirt erscheinen. Mit der Entwickelung und Combination des Ner- vensystems nimmt in den verschiedenen Abtheilungen der Thiere auch die Zahl und Mannichfaltigkeit aller übrigen Apparate und Gebilde zu. Die Anordnung und stufenweise Zusammensetzung im Baue der Ver- daunngs- Werkzeuge, der Organe des Athmens und der Saftbewegung, der absondernden Gebilde, der Sinnes- und Bewegungs-Organe bezieht sich 30 unläugbar in den Thieren auf die Ausübung der Kraft- Aeusserungen ihres zusammengesetzten, und auf diese oder jene Weise angeordneten Nerven- Apparats. Das Nervensystem bietet ferner in den Classen, Ordnungen, Gattungen und Arten der Thiere in seiner Organisation und Anordnung die grösste Verschiedenheit dar, und in dieser liegen hauptsächlich die wesentlichen und characteristischen Verschiedenheiten der Thiere. Sehr wahr sagt G. R. TREVIRANUS !): das Nervensystem allein begründet nach seiner verschiedenen Beschaffenheit, nach seiner verschiedenen Organisation die Eintheilung der Thiere. Jede Classe der Wirbelthiere besitzt ihre characteristischen Eigen- thümlichkeiten in der Bildung des Gehirns und Rückenmarks. Ja selbst bei jeder Gattung, jeder Art und selbst bei jedem Individuum der Thiere ist im äusseren Habitus die Organisation des Gehirns und der Nerven ausgeprägt. Da das Nervensystem, die Wesenheit der Thiere und deren Verschieden- heit ausmachend und begründend, der zuerst in dem befruchteten weiblichen Zeugungsstoff erscheinende Apparat ist, so können wir nicht umhin in dem- selben auch das bedingende und regelnde Princip der thierischen Bildung für den aus dem befruchteten weiblichen Zeugungsstoff sich gestaltenden und entwickelnden Embryo zu suchen. Das im weiblichen Körper hervorge- brachte Ei enthält die Materie, woraus sich ein neus Wesen bilden soll. Das Agens, welches die der Bildung fähige thierische Materie des Eies, die Keimflüssigkeit, zum Bilden anfacht, und zwar zu einem der Species adä- quaten Bilden bestimmt, ist der befruchtende, die specifike Bildung anregende männliche Saamen, der wie bekannt in vieler Hinsicht der Nervensubstanz, dem Nervenmark, ähnlich ist, und dessen Ergiessung oder Entleerung aus den Saamenbehältern nicht ohne vorhergehende Aufregung und gesteigerte Thätigkeits- Aeusserung des Nervensystems statt findet. Durch die befruch- tende Einwirkung des männlichen Saamens wird in dem Eie die Bildungs- 1) Vermischte Schriften anatomischen und physiologischen Inhalts. B. 3. S.89. Biologie B. 6. Abth. 1. S. 85. 3 thätigkeit erregt, und diese bringt zunächst das Nervensystem hervor, welches in einer bestimmten successiven Bildung und Entwickelung be- griffen ist. Eben dieses System scheint nun auf das weitere Entstehen und die Entwickelung der ührigen Organe und Apparate einen bestim- menden und regelnden Einfluss auszuüben, und die Bildungsthätigkeit in ihren Wirkungen auf eine der Species adäquate Weise zu determiniren. Das in Folge des Befruchtungsactes in dem Eie zunächst entstehende und durch denselben zu seiner successiven Bildung und Entfaltung be- stimmte Nervensystem scheint, einmal entstanden, die fortdauernde An- regung zur weiteren Bildung und Anordnung der übrigen Organe und Apparate zu geben, und determufirend auf deren Bildung zurückzuwir- ken. Da das Nervensystem durch seine verschiedene Anordnung die wesentliche Verschiedenheit der Thiere begründet, so ist es nicht unge- reimt, in ihm auch die Ursache der fortdauernd in den Embryonen der verschiedenen Thiere sich zeigenden Anordnung der Theile und der Orga- nisation zu suchen, adäquat der Organisation derjenigen Thiere, welche die Zeugungsflüssigkeiten bereiteten, und durch die befruchtende, oder die Bil- dung aufregende Wirkung des männlichen Saamens den Impuls zum ersten Entstehen des Nervensystems in einer besonderen Form in dem befruchteten Eie gaben. Das Nervensystem mit seinen ersten Anfängen, dem Rückenmark und Gehirn, stellt gleichsam den Kern, die Grundlage des beginnenden Körpers des Embryos dar, um den sich die übrigen Organe und Gebilde anlegen, anreihen oder anbilden. Das eine symmetrische Bildung zeigende Nerven- system scheint auch die symmetrische Anordnung der nach dem Rücken- mark und Gehirn entstehenden Sinnes- und Bewegungs-Organe zu bestimnien; sowie nämlich die paarig vorhandenen Nerven aus dem Rückenmarke und Gehirne hervorwachsen, gestalten sich an diesen die Organe aus dem Blute, welches durch die fortwachsenden Verzweigungen der Aorta zu derselben geleitet wird. Die Blutgefässe geben nur das Materiale zum Bilden, das aber, 32 was dieses Materiale zum Bilden und Hervorbringen der Organe in einer bestimmten Anordnung und Textur bestimmt, scheint der belebende Einfluss‘ des Nervensystems zu seyn. Als ein weiterer Grund für den Antheil des Nervensystems an der Bil- dung und Entwickelung des Fötus lässt sich auch die Succession oder Stu- fenfolge anführen, die wir in der Bildung des Nerven-Apparats im Fötus wahrnehmen, und die damit gleichzeitig erfolgenden Veränderungen in der Bildung der übrigen Theile. Das Rückenmark und Gehirn erscheinen Anfangs unter einer sehr einfachen Form und sie schreiten erst nach und nach zu einer zusammengesetzteren Bildung fort, wie durch die zahlreich angestellten Untersuchungen über die Bildung und Entwickelung des Nervensystems im Foetus des Menschen und der Thiere sattsam erwiesen ist. Gleichmässig mit dieser fortschreitenden Entfaltung des Nervensystems sehen wir alle übrigen Apparate, die Sinnes- und Bewegungs-Organe, die Verdauungs- Werkzeuge, die Organe für die Blutbewegung, die Absonderungs-Werkzeuge und die Zeugungstheile eine höhere oder zusammengesetztere Ausbildung erreichen, die der des Nerven-Apparats entspricht. Da das Nervensystem früher als die übrigen Organe und Apparate entsteht, so können wir seine successiven Veränderungen in der Bildung und Entwickelung nicht als Wirkungen oder Folgen der der übrigen Organe ansehen, sondern diese scheinen vielmehr als Wirkungen der Entwickelungs- Veränderungen des Nervenapparäts angesehen werden zu müssen. Hiefür sprechen namentlich auch die Veränderungen, welche Heroro !) an dem Nervensystem der Raupe und Puppe, während ih- rer Metamorphose, wahrnahm. Das Nervensystem der ausgewachsenen Raupe des Kohl-Schmetterlings (Papilio brassicae) besteht vor der Verpuppung aus einem grösseren vorderen, dem Hirne entsprechenden Nervenknoten und zwölf kleineren Ganglien, die sich der Länge nach durch den Körper erstrecken und durch Nervenfaden verbunden sind. Diese Ganglien rücken während 1) Entwicklungsgeschichte der Schmetterlinge. Taf. 2, i en; 39 der ‚Verwandlung der Raupe in die Puppe und in den Schmetterling durch Verkürzung der Verbindungsfaden näher aneinander, mehrere der kleineren Ganglien verschmelzen und stellen grössere dar. Gleichzeitig mit dieser wei- terschreitenden Entwickelung des Nervensystems zeigen die verschiedenen Or- gane der Raupe ein Weiterschreiten in ihrer Ausbildung. Vierzehn Tage nach der. Verpuppung nähert sich ‚der zunächst auf das Hirn folgende Ner- venknoten ‚diesem, und aus dem ‚grösser, gewordenen Hirne wachsen die Ner- ven für die zusammengesetzten Augen und die Antennen des Schmetterlings hervor. Ferner schmelzen der vierte nnd fünfte Nervenknoten in eine Masse zusammen. In der Puppe der Winterbrut bleibt das Nervensystem in seiner Entwickelung bis zum Eintritt der Frühlingswärme stehen. Hierauf ver- schwindet der sechste und siebente Nervenknoten, Aus den grösser gewor- denen Ganglien kommen die Nerven für die drei grossen Fusspaare und die Flügel hervor. Auch Renscer ') hat diese Veränderungen am Nervensystem der Puppe wahrgenommen. Er beschreibt sie also: Die Stränge, welche die Nervenkno- ten ‚verbinden, fangen an sich zu verkürzen und werden dadurch etwas dicker. Die Nervenknoten selbst rücken zusammen. Der erste derselben nähert sich um vieles der Basis des Hirnknotens. Zwei Nervenknoten, der dritte und vierte, oder der vierte und fünfte schmelzen in einen. Die zwei hintersten Nervenknoten scheinen sich ganz nach und nach bloss in Nervenstränge auf- zulösen. Diese fortschreitende Entwickelung und grössere Zusammensetzung des Nervensystems scheint auf die an den übrigen Gebilden der Raupe be- merkten Veränderungen und deren weitere Ausbildung einen grossen Einfluss zu haben. Für die Ansicht, dass das Nervensystem der die Bildung des Embryos regelnde Apparat zu seyn scheint, spricht endlich die Beschaffenheit und Anordnung desselben in den Missgeburten, welche in der genauesten Ueber- 1) Physiologische Untersuchungen über die thierische Haushaltung der Insecten. Tübingen 1817. 8. S. 62. Zeitschrift f. Physiol. IIT. 1. 5 34 einstimmung mit der Art der Missbildung stehen, wie die mitgetheilten Beob- achtungen darthun. Unter Verhältnissen, wo sich Nerven nicht bilden, man- geln auch die Organe, zu denen sich diese begeben sollten. Zeigt das Nervensystem im Ganzen oder in einzelnen Theilen einen Excess in der Bil- dung, so entspricht demselben ein Uebermass in den vorkommenden Organen. ©? Weicht das Nervensystem in seiner Anordnung auf irgend eine Weise von der Norm ab, so ist damit auch eine abweichende Bildung in der Organisa- tion des Fötus verbunden, welche mit der Art der regelwidrigen Bildung des Nerven-Apparats in der genauesten Uebereinstimmung steht. Durch diese Ansicht erhält ferner SOEMMERRINGS ') scharfsinnige Bemer- kung, die Natur überlasse sich in der Hervorbringung der Missgeburten nicht einem unbeschränkten und regellosen Spiele, sondern sie verfahre auch hier nach einer gewissen Ordnung und nach bestimmten Gesetzen und Re- geln, ihre Deutung. So werde man keinen Fall aufweisen können, wo Fin- ger an der Stirne, oder ein Auge am Bauch, oder an einer Gliedmasse gesessen habe. Die Wahrheit dieser Aussage wurde von allen Naturforschern erkannt, die sich mit der Untersuchung des Baues der Missgeburten beschäf- tigt haben. Den Grund solcher Gesetze können wir nur in den Bildungs- gesetzen des Nervensystems suchen, als demjenigen Apparat, der sich im Fötus zuerst bildet, und nach dessen Bildung und Anordnung sich die der übrigen Organe und Apparate des ganzen Körpers richtet. Gegen die aufgestellte Meinung, dass das Nervensystem einen wichtigen, wo nicht den vorzüglichsten Antheil an der Bildung und Entwickelung des Fötus habe, könnte man vielleicht die hirnlos gebornen Kinder anführen. In diesen sind meist alle aus dem Hirn entspringenden Nerven, mit den Or- ganen, in die sie sich verbreiten, vorhanden, obgleich das Hirn fehlt. Man sah selbst das Rückenmark mit dem Hirn mangeln, wie die von WEPFER ?), 1) Abbildungen und Beschreibung einiger Missgeburten. Mainz 1791. S. 38, 2) Ephem. Nat: Cur. Dec. I. Ann. 3. Obs, 129. 30 RAYGERr !),, LiTTRe ?2), FAUVEL °), Merr °), Sue 5), MoRGAGNIP) u. a. mitge- theilten Beobachtungen beweisen, ‚und dennoch waren die von diesen Gebil- den abgehenden Nerven zugegen. ‚Ferner kommt Hirnmangel nicht selten bei Missgeburten mit Uebermass in der Bildung oder :in wahren Doppelt-Miss- geburten vor, wie die von HEıLAND 7), CHILIAN ®), SCHELLHASE °), LEDEL 10), BOEHMER !!), SOEMMERRING !?), SCHWEICKHARD ??), LAunaY-HannErT 1%), Zım- MER '5), bekannt gemachten Fälle darthun. Daraus könnte man also folgern, das Hirn und Rückenmark seien nicht. zur Bildung und Entwickelung der Theile nöthig, die es mit Nerven versorgt. Diese Folgerung hätte allerdings dann ihre Gültigkeit, wenn es erwiesen wäre, dass das Hirn und Rücken- mark in jenen Missgeburten von Anfang an gemangelt, oder sich nicht ge- bildet hätten. Dagegen aber hat schon Morgacnı 16) bei der Untersuchung eines ohne Hirn gebornen Kindes die Bemerkung gemacht, das Hirn habe nicht vom Anfang an gefehlt, sondern es sei durch eine krankhafte Abson- derung von Wasser ausgedehnt, aufgelöst und zerstört worden, und das Wasser habe alsdann die ausgedehnten Hüllen des Hirnes zerrissen. Auch 1) Ephem, Nat. Cur. Dec. 2. Ann. 8. p. 107. 2) M&m. de l’Ac. des Sc. 1701. p- 120. BERN = ;-; 474, m38, 4) Hist. de l’Ac. des Sc. 1712. p. 51. 5) Mim.- - - - 1746. p. 61. 6) De sed. et caus. morbor, L. 3. Ep. 48. No. 50 7) Monstr. Hassiacum in Licet. de monstris. 8) Eph. N. C. Dec. 2. Ann. 1. p. 356. DI ame eeli=, ‚= , 3.9: 303. EA ed n = 16: 158. 41) Observ. anat, rar. Fasc. Il. 12) Abbildungen u. Beschr. einiger Missgeburten. Mainz 1791. 13) Beschreibung einiger Missgeburten. Tübingen 1801. 14) Roux Journ. d. Medec. T. 21. p. 4. 15) Physiolog. Untersuchungen über Missgeb. Taf. 5. 16) Epistol. anatı XX. No. 56. 57. De sed. et caus. morbor. L. 1. Ep. 12. No. 6. 5%# 36 HALLER !), SANDIFORT ?), PINADA, KLEim u. a. leiteten den Mangel: des Hirns von mechanischer Verletzung, besonders ''von Hirnwassersucht und dadurch bewirkter Zerstörung des Hirns her. ProcHAska 3) sich stützend auf einen für den Menschen nach der Geburt geltenden Satz, dass das Leben nicht nach Zerstörung des Hirns ‘bestehen könne, stellte die Meinung auf, das Hirn habe sich in diesen Missgeburten gleich von Anfang an nicht gebildet, eine Ansicht, der SOEMMERRING ?), GALL®) u. a. beigetreten sind. Auch ich habe früher diese Meinung gehegt und ich glaubte Gründe''zu haben, 'die sich für- eirien ursprünglichen Mangel des Hirns in den hirnlos gebornen Kindern an- führen liessen 6). Eine neuere Beobachtung nöthigt mich jedoch, die schon von MorGAcNnI aufgestellte und in neuerer Zeit von MEckEL ?), OTTO ®), Ru- DoLpat 9) und B£cLArD vertheidigte Meinung, dass das Hirn in’ hirnlos ge- bornen Kindern oder in den 'Hemicephalen durch eine kräukhafte Abson- derung und Anhäufung von Wasser zerstört sei, anzunehmen; "was auch ein wenig umsichtiger und in der betreffenden Literatur nicht Auer be- . wanderter Schriftsteller !%) dagegen angeführt hat. Vor einigen Jahren erhielt ich ein missgestaltetes Kind männlichen Ge- schlechts (Taf. VII. IX), dem das Schädelgewölbe fehlte. Statt desselben fand sich eine grosse blasenartige Geschwulst vor, die mit einer Flüssigkeit 1) Oper. minor. T. 3. p- 136. 2) Anatome infantis cerebro destitut. Lugd. Bat. 1784. 3) Annotat. academ. Fasc. 3. p. 185. a),2903, 025.55, 5) Recherches sur le systöme nerveux. Paris 1809. p. 269. 6) Anatomie der kopflosen Missgeburten. S. 92. 95- 7) Handbuch der pathologischen Anatomie. B. 1. S.193. Deutsches Archiv f. d. Physiologie. B. 1. S. 29. 8) Monstrorum sex humanorum anatomica et physiologica descriptio. Francof. ad Viadr: 1811. p. 20, 9) Schlegel diss. anatomico-physiologica sistens aencephalorum historiam originemque. Berolin. 1812. und in den Abhandlungen über den Wasserkopf vor der Geburt; in den Schriften der Akademie der Wis- senschaft zu Berlin. 1824. Taf. 1. Fig. 1. 10) Geoffroy St. Hilaire Philosophie anatomique des monstruosit&s humaines. Paris 1822. 8. ag 37 gefüllt war. Die allgemeinen Bedeckungen gingen oberhalb der Augen und Ohren in eine zarte, weisse Haut über, auf der keine Haare vorkamen. Un- ter dieser lag eine deutliche, die harte Hirnhaut, mit den Sichelfortsätzen und dem Hirnzelt darstellende fibröse Haut, welche die Blutleiter des Hirns enthielt. Nach Wegnahme dieser Haut erschien die Gefässhaut des Hirns. Die seröse Haut oder die Arachnoida konnte ich nicht deutlich erkennen. Da ich die Arterien vor der Untersuchung mit feiner Wachsmasse ausgespritzt hatte, so war die Verbreitung der Arterien in der Gefässhaut sehr deutlich sichtbar. Diese in einen Sack ausgedehnte Membran war mit einer trüben, undurchsichtigen, weisslichen und mit Blut untermischten Flüssigkeit gefüllt. Offenbär also war hier Hirnwassersucht vorhanden, und das Hirn war durch krankhaft abgesondertes Wasser aufgelöst und zerstört. Hätte eine Zerreis- sung der Häute des Hirns während der Schwangerschaft statt gefunden, und hätte sich die Flüssigkeit in früherer Zeit dem Fruchtwasser beigemischt, so wäre eine hirnlose Missgeburt geboren worden, die in allen Beziehun- gen den von anderen Autoren beschriebenen Früchten der Art ähnlich ge- wesen wäre. Nachdem ich die Flüssigkeit aus der Gefässhaut entleert hatte, deren Gewicht drei Unzen und eine Drachme betrug, nahm ich die Riechnerven, Sehnerven, Augenmuskelnerven nnd Rolluerven wahr, die mit ihren Ursprün- gen eine weisse, tlockige, aufgelockerte, in der Gefässhaut enthaltene Sub- stanz darstellten. Das verlängerte Rückenmark mit seinen Nerven war vor- handen, und es zeigte sich an seinem oberen Ende in der Schädelhöhle gleichfalls erweicht, aufgelockert und in eine breiartige Masse verflossen. Bemerkenswerth ist noch das Vorkommen von krankhafter Wasser- Ansamm- lung in ‘dem Herzbeutel und den beiden Brustfellsäcken. Die in diesen Häuten enthaltene röthlich-gelbe Flüssigkeit wog drei Unzen, zwei Drach- men und zwei Skrupel. Bei dieser Anhäufung von Wasser waren die Lungen und das Herz in dem Grad in ihrem Wachsthum gehemmt worden, dass sie nur die Grösse hatten, wie in einem Fötus von vier oder fünf Monaten. - 38 Hieraus nun ergibt sich, dass die hirnlos gebornen Kinder keineswegs als ein Einwurf gegen den ursprünglichen Einfluss des Nervensystems auf, die Bildung des Foetus angesehen werden können. Das Hirn mit seinen Nerven ist in früherer Zeit in denselben vorhanden, und mit letztern bilden sich die Organe, in die sie sich verbreiten. Wird das Hirn durch eintretende krankhafte Absonderung von Wasser allmählich zerstört und aufgelöst, ‚so wachsen die einmal vorhandenen und gebildeten Nerven fort, und mit ihnen die respectiven Organe, in deren Zusammensetzung sie eingehen. Demnach scheint wohl das erste Entstehen und Bilden der Nerven des Hirns und Rückenmarks von diesen Theilen auszugehen, und abhängig zu seyn, und sie bilden sich nicht, wenn diese nicht zuvor vorhanden sind. Ihr. weiteres Wachsthum und ihre, Ausbreitung dagegen «scheinen »icht , vom Hirne und Rückenmarke abzuhängen, sondern die Bedingung hierzu scheint in ihnen selbst zu liegen. Sobald sich daher diese Nerven gebildet haben, kann das Hirn und Rückenmark durch krankhafte Entartungen zerstört werden, un- beschadet des weiteren. Fortwachsens der Nerven. Bildet sich aber. von Anfang an in einem werdenden Embyro kein Hirn, so entstehen auch keine Hirnnerven, und nun mangelt der ganze Kopf mit allen Thheilen, die ihre Nerven aus dem Hirne erhalten, und der Fötus wird eine, kopflose Missgeburt. Die angeführten Gründe machen es also sehr wahrscheinlich, dass das zu allererst in dem befruchteten Keim entstehende, und den Kern für den werdenden Embryo bildende Nervensystem, welches durch seine verschiedene Anordnung und Zusammensetzung die Verschiedenheit und Mannichfaltigkeit der Thiere begründet, auch die wichtigste Rolle bei der thierischen Bildung und Entwickelung habe. Die Anordnung der verschiedenen Theile und Apparate scheint sich nach der Anordnung des Nervensystems zu richten, und dieses scheint nicht in seiner Bildung abhängig von jenen zu seyn. Das später als das Nervensystem entstehende Blutgefässsystem scheint nur in so weit für die Bildung und Evolution des Embryos von Wichtigkeit zu seyn, als es die zur Bildung der verschiedenen Organe nothwendige Bildungs-Flüs- 39 sigkeit enthält, und diese im werdenden Embryo unter dem Einfluss des Ner- vensystems vertheilt und verbreitet, ohne aber selbst regelnd und formend auf die Bildung und Entwickelung des Embryos zu influiren. In einer frü- heren Schrift ') habe ich zwar die Vermuthung geäussert, die in dem Eie durch den Befruchtungsact erweckte oder erregte, und in ihrem Wirken determinirte Bildungsthätigkeit bringe zunächst den Bildungs- oder Ernäh- rungs-Saft, das Blut, und die ersten Anfänge des Blutgefässsystems mit dem Herzen hervor. Die aus dem Herzen hervorwachsende und ästig durch das Körperchen des Embryos sich verbreitende Aorta führe die Materie zur weiteren Hervorbringung den verschiedenen Organe zu, und diese reihten sich in gleicher Ordnung an die Aorta an, wie sich die Arterien-Aeste und Zweige für die respectiven Organe bildeten. Ich hegte also die Meinung, die allmähliche Bildung des Embryos und die Hervorbringung aller seiner verschiedenen Organe und Apparate ginge von der successiven Entwickelung und peripherischen Verbreitung des Blutgefüsssystems aus, und dieses System sei der Apparät, durch den die Bildungsthätigkeit, die Bildung und Evolu- tion des Fötus hewirke. Ferner stellte ich die Ansicht auf, die bei der Hervorbringung der Missbildungen von der Norm abweichende Bildungsthätigkeit äussere sich zunächst durch abweichende Production und Anordnung des Blutgefäss- systems im Embryo, denen alsdaun die Beschaffenheit und Anordnung aller übrigen Organe und Apparate in den Missgeburten entspreche. Bilde und entwickele sich das Blutgefässsystem in Embryonen nicht vollständig, in Folge der nicht mit der gehörigen Energie wirkenden Bildungskraft, so entständen Missgeburten mit Hemmung in der Ausbildung und mit Mangel an Theilen. Zeige dagegen das Blutgefässsystem einen Excess in seiner Pro- duction, 'ein zu “üppiges Hervorwachsen von Aesten und Zweigen, bei zu grosser Energie der bilenden Kraft, so würden Missgeburten mit überzäh- 1) Anatomie der kopflosen Missgeburten. S. 104. 40 x ligen Theilen hervorgebracht, Weiche endlich das Blutgefässsystem ander- weitig in der Hervorbringung ‚und ‚Anordnung der Aeste und Zweige .ab,,so seien ‚damit sonstige abweichende Bildungen in der Zahl und Lagerung der Theile vergesellschaftet. Bei ‚genauerer Erwägung sehe ich mich, genöthigt, die Ansicht, dass die Bildungskraft sich zunächst durch das Blutgefässsystem wirksam zeige, und mittelst dieses die regelmässige und regelwidrige.Bil- dung und Entwickelung des Foetus bewirke, als unhaltbar zu verwerfen }), Die nachfolgenden Gründe bestimmen mich hierzu. Erwiesen ist es, dass das Blutgefässstem sich im Embryo erst, nach den Anfängen des Nervensystems bildet; das Entstehen dieses kann also nicht von jenem abhängen. Ferner bemerken wir zwischen der successiven Bil- dung der verschiedenen Organe und: Apparate des Embryos und der Ent- wickelung des Herzens und ‚der Blutgefässe einen weit. weniger genauen Zusammenhang, als wir zwischen ihnen und der Entwickelung des Nerven- systems wahrnehmen. Ausserdem finden wir, dass zwischen der Bildung und Anordnung der verschiedenen Theile des Körpers und der von der Norm abweichenden Bildung und Beschaffenheit des Blutgefässsystems keine. so genaue Beziehung -obwaltet, ; als. zwischen ihnen und der von ‚der Norm abweichenden Bildung. des Nervensystems ‚statt hat. Sehr oft zeigt das Blut- gefässsystem Abweichungen in seiner Anordnung, ohne dass damit Abwei- chungen in der Bildung der übrigen Organe vergesellschaftet sind. So ist das Herz in den an der blauen Krankheit leidenden Kindern in sehr man- nichfaltigen Abstufungen in seiner Ausbildung und Entwickelung gehemmt, ohne ‚dass damit eine abweichende Anordnung oder eine Missbildung der übrigen Organe verbunden ist. Wie viele Abweichungen der sonderbarsten 1) Neuerlichst hat Serres (Anatomie compar&e du ceryeau. Paris 1824. T. 1. 'p. 568. De l’influence du systeme sanguin sur le d&veloppement du systeme nerveux) diese Ansicht aufgegriffen und auf die Bildung des Nervensystems angewendet, wodurch er beweist, wie wenig er mit den neuen Untersu- chungen über die Bildung des Nervensystems im Embryo bekannt ist, und dass er keine eigenen, wenigstens keine gründliche und sorgsame angestellt hat. 4 Art kommen an den Arterien und Venen in allen Theilen des Körpers vor, ohne dass eine’ sonstige Unregelmässigkeit in’ der Lagerung und in dem Bau der Theile zu erkennen ist, an denen die Blutgefässe Varietäten zeigen. Fände ‘also eine innige Beziehung zwischen der Bildung, Anordnung und Verästelung der Blutgefässe und der Bildung und Anordnung der Organe statt, so müss- ten wir immer mit Abweichungen der Blutgefässe auch Abweichungen der Organe’ antreffen, ‘was: aber nicht der 'Fall.ist. Endlich nehmen wir wahr, dass die Beschaffenheit‘ des Herzens und die Anordnung ‘der Blutgefässe in Missgeburten mit der Artı des Missbildens keineswegs in einem so innigen und nothwendigen Zusammenhang steht, als wir diesen in Missgeburten zwi- schen dem Nervensystem und den Theilen nachgewiesen haben. Einige Be- lege mögen zur Bestätigung dieser Behauptung dienen. ' Bropiz !) untersuchte Zwillinge, die im siebenten Monat der Schwangerschaft geboren wären. Das eine Kind war wassersüchtig, und hatte Wolfsrachen, an der rechten Hand fehlte der Daumen, und an der linken Hand war nur ein Finger vorhanden. Das Herz fehlte ‘hier gänzlich, ebenso die Leber, und der Kreislauf des Bluts war allein durch die Gefässe unterhalten worden. Dennoch war das Gehirn mit seinen Nerven zugegen. Hieraus ergibt sich also, dass das Vor kommen des Hirns nicht von dem des Herzens abhängig ist, wie ELBEN ?) irrigerweise annahm; wogegen aber auch spricht, dass in kopflosen Missge- burten zuweilen das Herz vorkommt, wie die Beobachtungen von VoctLı °) und GILIBERT ?) beweisen. Dass ferner die Beschaffenheit und Anordnung des Herzens in den Miss- geburten mit Excess in der Bildung in keinem nothwendigen Zusammenhang stehe, beweisen viele Beobachtungen, indem das Herz in solchen Missgebur- ten nicht selten einfach ist. In dem Monstrum, welches den Gegenstand 1) Philosophical Transactions for the Y. 1809. p. 161. 2) De acephalis sive monstris corde carentibus. Berol. 1821. 4. 3) Vallisnieri von der Erzeugung. $. 94. 4) Adversar. medico-practica. p. 122. Zeitschrift f. Physiol, I11. 1. 6 42 unserer vierten Beobachtung ausmacht, war das Herz einfach. ‘Dies war auch der Fall in der von GıvLıo und 'Rossı beschriebenen Ziegen -Missgeburt, und in der von SCHERER zergliederten Hasen-Missgeburt., Auch Le Car!) sah in einem zweiköpfigen Kalbs-Monstrum ein einfaches: Herz. Ja es sind selbst Fälle vorhanden, wo in Missgeburten mit: Uebermass in der Bildung das Herz in seiner Ausbildung gehemmt war. LEMERY'?) | fand in: einer Miss- geburt mit zwei Köpfen und doppelter Wirbelsäule einHerz, welches‘ nur aus einem Venensack und. einer» Kammer: bestand. Auch LenTiLmws 3) sah in einer aus zwei verbundenen Körpern bestehenden Missgeburt nur ein Herz, welches zwei Venensäcke und eine Kammer enthielt. Endlich können wir Fälle anführen, die beweisen, dass Excess in der Bildung des Herzens nicht sein Uebermass in der Bildung anderer Theile zur Folge hat. Nicht selten findet man in Vögeln bei ganz einfachem Körper zwei Herzen. Dies sahen LıTTR& in einer Henne, D’ARoviLLe ?) in einem Feld- huhn, SoemMeERinG. 5) in einer Gans, und BARZELLOTTI ®) in einer Taube. WınsLow ?) fand, in der einfachen Brust einer Cyclopen-Missgeburt zwei neben einender liegende Herzen, von denen jedes von einem besonderen Herz- beutel umgeben war. Die aus den beiden Herzen entspringenden Arterien- und Venen-Stämmen verbanden sich zu einfachen Stämmen. ÜHAUSSIER ®) sah in einem neugebernen ausgetragenen Kinde, an dem keine sonstigen Missbildungen vorkamen, zwei Herzen, von denen das eine in der Brusthöhle, das andere im Unterleibe lag. Beide Herzen waren durch Blutgefässe ver- bunden. 1) Philos. Transact, No. 489. p. 497. 2) M&m. de l’Acad. des Sc. 1724. p. 63. 3) Commerce. litterar. Noric. Ann. 1731. p. 338. 4) American Transactions. Vol. 2. p. 330. 5) Baillie Anatomie des krankhaften Baus. S. 27. 6) Nuovo Giornale de Lettre Nr. 1. p. 43. 7) Mem. de l’Acad. de Paris. 1743. p. 462. 8) Aus dem Bulletin de la facult€ de m&decine de Paris im London Medical repository. Vol, 3. p. 65. 43 "Das End-Resültat ‚der hier. mitgetheilten Beobachtungen und: angestell- ten ‚Betrachtungen ist die Wahrscheinlichkeit, (mehr jedoch wage ich nicht zu. sagen), däss ‚das in'Folge des 'Acts der Zeugung im Eie zuerst entstehende und in einer fortschreitenden Bildung und Entwickelung begriffene Nerven- system das regelnde und formende Princip der thierischen Bildung ist. In dem bei.-seinem ersten Sichtbarwerden unter einer höchst einfächen ‘Form erscheinenden Embryo sind nicht gleiche vom Anfang an alle Theile und Ge- bilde der Wirklichkeit nach: (actu), sondern nur der Möglichkeit uud Kraft nach (potentia) enthalten. Eben diese von den Zeugenden auf das Zeugungs- Product übergehende Kraft scheint sich zunächst durch die Hervorbringung des Nervensystems in der 'befruchteten Materie des Eies zu äussern, und durch dieses bei der. Bildung der übrigen Theile des Embryos fortzuwirken. "Fragen wir weiter, ‘was aber ist das bei der Hervorbringung des Ner- vensystems thätige und in dem einmal entstandenen Nervensystem sich wirk- sam zeigende Agens? So müssen wir offen bekennen, dass die Beantwortung dieser Frage ausser dem gegenwärtigen Bereiche unseres Wissens liege. Wir können vorläufig nur aus den Wirkungen auf das Daseyn eines solchen Agens schliessen, ohne im Stande zu seyn, das Wesen desselben weiter zu zu bezeichnen. Es ist daher ziemlich gleichgültig, welchen Namen wir ihm beilegen. Ob wir es mit den alten Naturforschern und Aerzten Anima ve- getativa, Vis seu Natura genetrix, Idea operatrix, Flamma vitalis, Vis pla- stica, u. Ss. w., oder mit WOLF Vis essentialis, oder endlich mit BLUMENBACH Nisus formativus nennen. Der Gegenstand wird dadurch nicht weiter auf- gehellt. Dieses Agens sehen wir in den jetzt bestehenden verschiedenen Arten von lebenden Körpern, in seinen specifiken Wirkungen, sich von Generation zu Generation fortsetzen, ohne zu wissen, wann, woher und wie es entstanden ist. In den thierischen Organismen, wenigstens in den zusam- mengesetzteren Formen, scheinen seine Wirkungen zunächst durch das Ner- vensystem vermittelt zu seyn. Soviel ist ferner als gewiss anzunehmen, dass dieses Agens, welches in dem befruchteten Eie das Nervensystem zunächst 6° 44 hervorbringt, und mittelst dieses auf die Bildung, Entwickelung und Anord- nung der übrigen Apparate regelnd zu influiren scheint, auch das Nerven- system und die thierischen Körper zu der Ausübung der eigentlichen Seelen- Aeusserungen befähigt, in so fern als es die Apparate mit solchen Eigenschaften hervorbringt, dass sich die sensorielle Kraft durch sie äussern kann. Auf eine noch bestimmtere Weise hat sich G. R. Treviranus !) hierüber ausgespro- chen, indem er sagt: Dieselbe Kraft, die den Körper aus formloser Materie bildet, wirke nach seiner Bildung als erhaltende und heilende Kraft der Natur, sie äussere sich als Instinet und von geistiger Seite als productive Einbildungskraft und. Erzeugerin der Ideen. Doch hier breche ich ab, um nicht auf die unsichere und schlüpfrige Bahn der Hypothesen zu gerathen. Es genügt mir vorläufig, einige That- sachen angeführt zu haben, welche für den Antheil des Nervensystems an dem Bildungs-Process des Fötus sprechen. 14) Biologie, »B, 6. Abth, 1. 11. ÜBER DAS GEHIRN UND DIE SINNESWERKZEUGE DES VIRGINISCHEN BEUTELTHIERES. VON G R. TREVIRANUS. Hıerzu Tar. X. (EINGESENDET IM MAI 1825.) Wenn man eine grössere Zahl von Thieren aus allen Classen und Familien in Hinsicht auf die Organisation des Gehirns mehr als oberflächlich unter- sucht und mit einander vergleicht, so drängt sich mit jeder neuen Zerglie- derung immer mehr die Ueberzeugung auf, dass eine, auf der Bildung dieses Eingeweides beruhende Eintheilung der Thiere mehr als jede andere, die von der Verschiedenheit eines einzelnen Theils hergenommen ist, mit dem natürlichen System übereinstimmt. Schon vor mehrern Jahren habe ich die Grundzüge einer solchen encephalotomischen Anordnung in meinen Unter- suchungen über den Bau und die Functionen des Gehirns u. s. w. und im sechsten Bande der Biologie bekannt gemacht. Es fehlte mir aber damals noch an hinreichenden Materialien, um diese Classifikation auf alle Familien des Thierreichs ausdehnen zu können. Unter andern war mir der Bau des Gehirns bei den sämmtlichen Beutelthieren noch ganz unbekannt, Diese Lücke wurde mir zwar nachher durch die Beobachtungen über das Gehirn einer Didelphis murina in meines Freundes Tiedemann schätzbaren 46 Icones cerebri Simiarum et quorundam Mammalium rariorum einigermassen ausgefüllt. Mein Freund konnte indess dieses Gehirn blos von der obern Seite untersuchen und sich über mehrere der Puncte, worauf es bei Bestim- mung der encephalotomischen Charactere eines Thiers vorzüglich ankömmt, keine Auskunft verschaffen. In mehreren Stücken blieb daher das Gehirn der Beutelthiere noch immer unbestimmt. | Im Februar des Jahres 1824 war ich so glücklich, ein Männchen der Art dieser Thiere, die von Pennant unter dem Namen des Virginischen Opos- sum beschrieben ist, aus Baltimore zu bekommen, dasselbe einige Monate unterhalten und nachher zergliedern zu können. Die Bemerkungen, die ich hier darüber mittheilen werde, sind die Resultate der Beobachtungen, die ich an dem Gehirn und den Sinnesorganen desselben gemacht habe, und einer Vergleichung dieser Theile mit den gleichartigen anderer Säugthiere. Nimmt man Alles zusammen, was bis jetzt von der äussern Bildung, der Lebensweise, den Aeusserungen der intellectuellen Kräfte und des Instinkts der Beutelthiere bekannt ist, so folgt, dass sie mehreren Familien der Säug- thiere verwandt sind, überhaupt aber unter diesen auf einer sehr. niedrigen Stufe sehen. Diesem Schluss entsprechen die Charactere des Gehirns des Vir- ginischen Opossum. Hiernach steht dasselbe weit tiefer, als die untersten der Carnivoren, neben den mäuseartigen Nagethieren, der Fledermaus, dem Igel und dem Maulwurf. j Das Erste, worauf es bei Bestimmung der Stelle ankommt, die ein Wir- belthier in Hinsicht auf den Hirnbau einnimmt, ist das Verhältniss des ver- längerten Marks, mit Ausschluss der Varolischen Brücke, zum übrigen Gehirn. Dieses lässt sich entweder nach der Masse, oder nach den Dimen- sionen der Hirntheile schätzen. Die Verhältnisse der Massen sind bei den Haupttheilen des Gehirns, die sich genau von einander trennen lassen, die zuverlässigern. Bei den immern Hirnorganen, die mit einander zusammen- fliessen, ohne allenthalben scharf begränzt zu seyn, kann man nicht umhin die Dimensionen zu Hülfe zu nehmen, unter welchen es vorzüglich die grösste 47 Breite des verlängerten Marks ist, deren Verhältniss zur grössten Breite, Länge und Höhe der übrigen Hirnorgane den Verhältnissen der Massen dieser Theile am genauesten entspricht. Wenn man hiernach die Säugthiere ordnet und zugleich die in ihrem Hirnbaue statt findenden Verwandtschaften berück- sichtigt, so erhält man eine Reihe, in deren Mittelpuncte die Fledermäuse stehen, von welchen em natürlicher Uebergang auf der einen 'Seite zum Menschen, auf der andern zu den Cetaceen statt findet. Dass in dieser Reihe die Stelle des Beutelthiers zwischen der Fledermaus und dem Maulwurfe, selbst noch unter dem Igel ist, beweisen die folgenden Beispiele. Reihe einiger Säugthiere nach dem Gewichtsverhältniss des, = 100 gesetzten verlängerten Marks gegen das übrige Gehirn. Cercopithecus Cynomolgus. . » » » 2. . 100 : 433. Canis familiaris. (Junior. Foem. Terrae novae) 100 : 361. a Ss Sb aa ut ie N: {31 1440} Mana Marica (Mas). un NE DEVISE Lutra vulgaris. (Foem) . » -» » 2.2... .100 :: 246. Mustela Foina, (Junior. Foem.) .» » » . . 100 : 195. Erinaceus europaeus (Mas) . .» » . . . 100 : 170. Talpa europaea. (Ma) 2. 09.7100 : 112. Didelphis virginiana. (Mas). . » » . ...100: 81. Vespertilio Myosotis Bechst. . » » .. . 100: 65. Cricetus germanicus. (Mas) » » » » . . . 100 : 103. Dann: Euattda. MMIaRyie a. TE RE OTTO EREFDETWEIROHREBR ee ee Me ROOT 155 Lepas timidus..(Foem) '. . 0... 2.204100 :°174, Capra'Ovis. (Eoem.) '. 7... 2% 74100 :17% Cervus Elaphus. (Foem.) . . » . » .*....100 : 213. BB: Borofa' Biene HD RR TR OD 220. 48 Mit diesen Gewichtsverhältnissen übereinstimmend war beim Beutelthier das Verhältniss der grössten Breite des verlängerten Marks zur grössten Breite des übrigen Gehirns — 100 : 192. hingegen bei drei Maulwürfen im arithme- tischen Mittel — 100 : 231. In, ähnlichem Verhältniss wie gegen das übrige Gehirn steht das ver- längerte Mark, auch gegen das grosse und kleine Gehirn. ‚Beim Beutelthier ist das Gewichtsverhältniss des verlängerten Marks ‚gegen .das' grosse Gehirn = 100 : 683, gegen das kleine Gehirn — 100 : 133. Bei vier Maulwürfen war das erstere im Mittel — 100 : 925, das letztere = 100 : 240. Die relative Ab- und Zunahme der Masse jedes dieser Theile bei der relativen Ab- und Zunahme des Verhältnisses beider zusammen gegen die Masse des verlänger- ten Marks ist aber grösser beim grossen als beim kleinen Gehirn. Bei den Affen, den Carnivoren und den Wiederkäuern schwankt das Gewichtsverhält- niss des kleinen Gehirns zum grossen zwischen 100 : 600 und 100 : 1100. Bei dem Igel, dem Maulwurf, der Fledermaus und deu Nagethieren erhebt sich dasselbe selten über 100 : 600. Beim Eichhorn ist es nur — 100 : 369. Das Beutelthier, wobei ich es = 100 : 512 fand, steht auch hierin neben dem Maulwurf (= 100 : 474) und der Fledermaus (Vespertilio Myosotis, — 100 : 550). Diese ungleichförmige Veränderung beider Theile hat darin ihren Grund, dass die Masse der Schaale (der Windungen) sich in einem grössern Verhält- niss beim grossen, als beim kleinen Gehirn verändert. Mit der Vergrös- serung und Verkürzung des letztern steht die Zunahme und Abnahme der Theile, die den Kern des Gehirns ausmachen, in einem nähern Verhältniss, als mit den Veränderungen der Schaale des grossen Gehirns. Beweise hier- von enthält die unten angehängte Tafel der Dimensionsverhältnisse der Hirntheile des Opossum und einiger auderer Säugthiere. Es ergibt sich . hieraus, dass, wenn 'man’die Dimensionen der gestreiften Körper, der Sehe- hügel, der Vierhügel und der Brücke mit den gleichartigen Dimensionen des grossen Gehirns vergleicht, jene Theile in ihrem Volumen auf den nie= 49 drigern Stufen der Säugthiere nicht, wie im Verhältniss gegen das verlängerte Mark abnehmen, sondern wachsen. Um dies noch deutlicher zu zeigen, habe ich nach der erwähnten Tafel und nach andern, theils von mir ge- machten, theils aus den Dimensionstafeln in Tiedemann’s Icones'' entlehnten Ausmessungen, das Verhältniss der grössten Breite des grossen Gehirns gegen die der Vierhügel für eine grössere Zahl von Säugthieren berechnet. Die- ses ist bei Simia Sphinx . ».: 0. 2.1000: 191. Cercopithecus Cynomolgus . — 1000 : 250. Lemur Mongoz = 1000 : 307. Bradypus didactylus = 1000 : 358. Eelis Lo . . . = 1000 : 272. Canis Vulpes..'. —='1000 : 366. Lutra vulgaris . » 2... = 1000 : 263. Mustela Foina . . . = 1000 : 350. Lotor vulgaris . . 2 2. = 1000 : 354. Erinaceus europaeus . = 1000 : 347. Talpa europaea = 1000 : 203. Didelphis virginiana = 1000 = 573, Mus Rattus . ». » 2 2... = 1000 : 450. Cricetus germanicus, » » —= 1000 : 448. Hystrix eristata . 2» 2»... = 1000: 44. Cavia Cobaya . © 2... = 100: 416. — Agut. 2». —= 1000 : 433. Sciurus vulgaris . = 1000 : 439. Lepus timidus . ... —= 1000 : 434. Capra Ovis . = 1000 : 400. Sus scrofa sinensis — 1000 : 418. In dieser Stufenfolge kommen zwar einzelne Anomalien vor, die in Ei- genthümlichkeiten sowohl der Individuen, als der Arten und Geschlechter Zeitschrift f, Physiol. IIT. 1, Mi 50 ihren Grund haben. Allein im Allgemeinen findet sich das Volumen der Hirnwindungen in Vergleichung mit dem der genannten Kerntheile am gröss- ten bei dem Menschen, kleinere bei den Affen, noch kleiner bei der Makis, dem Faulthier,' den Carnivoren, dem Igel und dem Maulwurf; diesen folgen die Pachydermen und die Wiederkäuer; auf einer noch niedrigern Stufe ste- hen die Nager; auf ‘der alleruntersten befindet sich das Opossum. Diese Stufe und die Verwandtschaften des Beutelthiers verrathen sich auch in der Bildung des Gehirns, Kein Säugthier hat so ‘wenig Spuren von Windungen des grossen Gehirns . (F. 1. 2. A.) als das Opossum. Am näch- sten kommen demselben hierin noch die mäuseartigen Nager. Doch lassen sich bei diesen noch obere und: untere Abtheilungen jenes Hirnorgans und die birnförmigen Lappen, woraus die Markstreifen ‘der Riechfortsätze ent- springen, unterscheiden. Beim Opossum ist selbst‘ hiervon nichts zu bemer- ken. Den mäuseartigen Nagern nähert sich dasselbe ferner in der langen, schmalen Gestalt des grossen Gehirns und der geringen Breite des letztern gegen die der Riechfortsätze. (F. 1. 2. 1/.). Aber auch hierin nehmen die Mäuse noch eine etwas höhere Stelle als das Opossum ein. Mit den unter- sten der Nagethiere und der Carnivoren, mit dem’ Igel und Maulwurf hat dasselbe die länglichrande Gestalt der sehr ausgedehnten grauen Hervorra- gung (Tuber cinereum. (F. 1. t.), die Begränzung dieser Fläche nach vorne durch ein plattes, sich kaum über sie erhebendes und mit ihr sehr eng zu- sammenhängendes (Ohiasnia der Sehnerven (F. 1. €.), den von ihrer Mitte an dem platten Trichter‘, ‘wie an einem kurzen: Bande, herabhängenden platten, scheibenförmigen Hirmanhäng (F. 1. h.), die von dem grossen Gehirn unbe- deckte Lage des grössern Theils der Vierhügel (F. 2. i.'v.), die zu beiden Seiten des kleinen Gehirns hervorragenden, : in ‘eigenen Gruben des Felsen- beins liegenden Flocken (F. 1. 2, r.), ein sehr grosses Träapezium (F. 1. r.) und ein nach hinten sehr schmal. zulaufendes, dem der Vögel ähnliches ver- längertes Mark (F. 1. 2. q.) gemein. Von einer Zirbel und von Markkügel- chen (eminentiae candicantes) fand ich keine Spur. Da jene indess von 51 Tiedemann; (a. a. O. ,p- 35) bei. der. Didelphis ; murina angetroffen, wurde, so kann ich ihre Abwesenheit nicht für gewiss ausgeben. Fragt man, ob es nichts am Gehirne des Bentelthiers gibt, woran sich dessen eigene Fortpflanzungsweise erkennen lässt, so kann ich hierauf ant- worten, dass am kleinen Gehirn dieser Thierart etwas vorhanden ist, ‚wel- ches vielleicht mit jener Eigenthümlichheit in Verbindung steht. Ich fand das vordere Paar der Vierhügel (F. 2. i.) von dem hintern. (F.. 2. v.) so schwach getrennt, dass ich sie auch nach der Erhärtung in Weingeist nicht deutlich von einander zu unterscheiden vermochte. Dies kann indess etwas Individuelles gewesen seyn. Aber zwischen dem hintern Paar, und dem mitt- lern Theil des kleinen Gehirns lag ein markiger Theil (F. 2. x.), der eine ganz ähnliche Gestalt wie jenes Paar hatte. ‚Tiedemann (a. a. ©. Tab. V, F. 9. ff.) hat diesen auch bei Didelphis murina. bemerkt, ihn aber für das hintere, den hingegen, den ich das hintere nenne, für das vordere Paar der Vierhügel angenommen. Mir schien er zum Mittelstück (vermes) des kleinen Gehirns zu gehören und ein vorderer Lappen desselben zu seyn, den ich in gleicher Gestalt bei keinem andern Säugthier angetroffen ‚habe. Wenn ; man die Riechfortsätze und die Nerven des fünften. Paars aus- nimmt, so zeichnen sich keine der Hirnnerven des Opossum durch starke Wurzeln aus. Die riechbaren Eindrücke sind für, dasselbe die, wodurch. es vorzüglich in Thätigkeit gesetzt und im Handeln geleitet wird. Der Grösse jener Fortsätze entspricht die Ausdehnung der Nasenhöhlen,' Die letztern haben bei gleicher Höhe ihres hinteren Endes mit der grössten Höhe des Schädels eine grössere Länge-in Verhältniss zur Länge der Schädelhöhle, wie bei allen übrigen, mir in dieser Hinsicht bekannten Säugthieren, "). 1) Ich fand dieses Verliältwiss beim Opossum wie 10: 4 Harster — 10: 8. Igel — 10: 8 Maulwurf — 10: 10. Hausmarder — 10: 8 Reh -:10: 9. 52 In Betreff des Baues der Riechwerkzeuge steht das Opossum zwischen dem Marder und den mäuseartigen Nagern, zunächst dem Igel. Diese Thiere, und überhaupt die sämmtlichen Carnivoren und Nager, besitzen die Modifikation des Geruchssinnes, die ich im 6. Bande der Biologie als das Vermögen zu spüren bezeichnet habe. Sie müssen durch Einziehen der Luft in die Nasenhöhle auf das Medium der Gerüche wirken, um von diesen afficirt zu werden, während auf die witternden Thiere, zu welchen die Wieder- käuer, die Einhufer und die Pachydermen gehören, Gerüche nur dann lebhafter wirken, wenn ihnen die, mit denselben geschwängerte Luft durch den Wind in die Nasenhöhlen getrieben wird. Die erstern werden mehr von den riechbaren Ausflüssen naher als entfernter Gegenstände gerührt; mit den letztern verhält es sich umgekehrt. Diese Verschiedenheit beruht auf einem verschiedenen Bau der Geruchswerkzeuge. Bei den spürenden Säug- thieren sind die untern Muschelbeine schmale, ästige, dicht an einander liegende und den ganzen untern Raum des vordern Theils der Nasenhöhle so weit ausfüllende Canäle, dass unter ihnen nur ein sehr enger Ranm für den Durchgang der Luft durch den untern Nasengang zur hintern Nasen- öffnung übrig bleibt, und dass bei jedem stärkern Einziehen der Luft in die Nase ein Theil derselben die Gänge jener Knochen durchdringen muss. Am ästigsten sind diese Muscheln beim Bären. Einfacher zeigen sie sich‘ beim Marder. Weniger getheilt findet man sie beim Igel, und am wenigsten bei den meisten Nagethieren. Die witternden Säugthiere besitzen lange, einfache, einer aufgerollten Platte ähnliche untere Muscheln und einen wei- ten untern Nasengang, gegen dessen äussere Oeflnung jene Theile eine solche Lage haben, dass die willkührlich eingezogene Luft zur hintern Nasen- öffnung gelangen kann, ohne die Zwischenräume derselben durchdringen zu müssen. Beiderlei Gattungen, und überhaupt die sämmtlichen vierfüssigen Säugthiere, haben mit einander die dem Menschen und den Affen fehlenden Ethmoidalfortsätze gemein, cylindrisch oder trichterförmig aufgerollte Plat- ten, die, von der Siebplatte des Siebbeins ausgehend, zu beiden Seiten der 53 Nasenscheidewand hervorragen, und von denen der Theil, welcher mit der obern Muschel des Menschen übereinkommt, nur in der grössern Länge ver- schieden ist. Beim Opossum sind die Canäle der untern Muscheln (F. 5. P.) weniger zahlreich und getheilt als beim Marder, doch mehr als beim Hanı- ster, Bieber und andern Nagern. Die langen Ethmoidalfortsätze liegen in vier Reihen (F. 5. a. b. c. d.) über einander. Die der untersten und ober- sten Reihe (F. 5. a. d.) endigen sich nach vorne sehr erweitert. Der ganze Apparat der Riechwerkzeuge des Beutelthiers unterscheidet sich von dem des Igels meist nur in der grössern Länge. Bei Untersuchung der Augen des Opossum (F. 3. 4.) war es mir sehr überraschend, von gewissen Seiten eine so grosse Uebereinstimmung des Baus derselben mit dem der Augen des Hausmarders zu entdecken, wie man selbst unter Arten eines und desselben Geschlechts nur selten antrifft. Aus einer Vergleichung der Zahlen für die Grösse und das Verhältniss der Au- gentheile beider Thiere der unten angehängten Tafel ergibt sich, dass das Opossum bei einer noch grössern Dicke der Hornhaut (F. 3. 4. c.), einer noch grössern Linse (F. 4. 1.) in Verhältniss zum ganzen Auge, einer noch geringern Abweichung der letztern von der kugelförmigen Gestalt, einer geringern Entfernung derselben von der Retina (F. 4.) und daher einer ge- ringern Masse des Glaskörpers (F. 4. v.), als der Hausmarder besitzt, in allen übrigen, sowohl absoluten, als relativen Dimensionen mit diesem so genau übereinkommt, wie bei‘den Schwierigkeiten der genauen Bestimmung dieser Masse nur immer möglich ist. Beide Thiere haben fast einerlei Grösse und Gestalt des Augapfels, einerlei Radius der innern Fläche der Hornhaut, eine gleiche Zahl Grade des grössten Bogens dieser Fläche und beinahe ein gleiches Verhältniss der Sehne dieses Bogens zum Durchmesser des Augapfels. In der kugelförmigen Gestalt der Linse kommt das Opossum 'mit dem Seekalbe (Phoca vitulina) überein. Im Grade des Fernsehens steht dasselbe bei der geringen Entfernung der Linse von der Retina noch unter dem Igel. 54 Die Kurzsichtigkeit bemerkte ich deutlich an dem lebenden Thier; Esswaa- ren, die nur wenige Fuss weit von ihm‘ .hingelegt waren, spürte ‚es immer durch Einziehen der Luft aus. , Geruchlosen Gegenständen ;wich; es beim freien Herumlaufen oft erst aus, wenn- es damit fast in Berührung gekommen war. Diese Myopie muss in einer stärkern Krümmung der vordern Fläche der Horuhaut ihren Grund haben., Nach der Grösse, des Radius der ‚Linse müsste sonst das Opossum. weitsichtiger als der Hausmarder seyn. Die Hornhaut hat vorne eine elliptische, hinten eine kreisförmige Krüm- mung, und ihre Dicke nimmt von der Mitte nach dem Umfange allmählig ab, so dass, wenn ihre beiden Krümmungen kreisförmig wären, die vordere einen kleinern Halbmesser als die hintere haben würde. Bei dem, Menu- schen und vielen andern Thieren ist umgekehrt die vordere Krümmung we- niger convex als die hintere, und die Dicke von der Mitte nach dem Rande zunehmend. Hier, beim Opossum, findet also ein bekannter dioptrischer Lehrsatz seine Anwendung. Es sei a. c.m. (Fig. 6.) ein Bogen einer Ellipse, wovon c. p. die grosse Axe ist und F, £f die Brennpuncte sind, und a.r.m. ein, aus dem Brennpuncte f beschriebener Kreisbogen, dessen Radius r. f. von will- kührlicher Länge seyn, kann, doch kleiner als f,c. seyn muss, Wenn nur t. v. ein, parallel mit der Axe c. p. auf a. c. m. fallender Strahl ist und die Sinus der Brechungswinkel eines solchen Strahls beim Uebergange aus der, Luft in das Medium a..c.m.r. sich wie die grosse Axe' c.p. zur Entfernung F£ der Brennpuncte verhalten, so wird der gebrochene Strahl v. i, gegen den Brenn- punct f gerichtet seyn, also den Kreisbogen a.r.m. in senkrechter Richtung treffen und, ohne von diesem gebrochen zu werden, seinen Weg zum Brenn- puncte f in gerader Richtung fortsetzen. Bei einer solchen Einrichtung 'müs- sen die, aus einer gewissen Entfernung kommenden ‚Strahlen sich aufs voll- kommenste im Innern des Auges vereinigen, und das Gesicht muss für ‚diese Entfernung, doch auch nur für diese, sehr scharf seyn, Dagegen aber 'wer- den von solchen Strahlen, die aus einem Punct h der verlängerten Augenaxe 0. p. divergent auf die vordere Fläche a, c, m. der Hornhaut fallen, diejenigen, 0 welche diese Fläche unweit dem Rande treffen, wie mit h.k. der Fall ist, bei ihrem Durchgange durch die Hornhaut weniger, als bei der entgegen- gesetzten Structur, nach der Augenaxe hingeleitet werden, um sich mit denen, die der Axe zunächst auffallen, vereinigen zu können. Deswegen ist das Verhältniss der vordern Krümmung der Hornhaut zur hintern das entgegen- 8 verschiedenen Entfernungen bestimmt ist. gesetzte von diesem bei denjenigen Thieren, deren Auge zum Schen in sehr 8 2 Die Pupille des Opossum ist rund, die Iris (F. 4. ı. i.) dunkelschwarz. Eine Tapete gibt es hier nicht. Diese fehlt überhaupt den Thieren, die des Nachts ihrer Nahrung ‚nachgehen, aber dabei kurzsichtig sind. Sie findet sich nur bei denen, die bei: dem Vermögen, im Dunkeln zu sehen, fernsich- tige Augen haben., Im Bau der Drüsen, der Bedeckungen und Muskeln des Auges fand ich nichts Ausgezeichnetes. Ueber die Beschaffenheit des Gehörsinns habe ich mir bei dem lebenden Opossum wenig Auskunft verschaffen können. Das Thier schien von keinem Schall und Laüt bedeutend aufgeregt zu werden, ob aber aus Trägheit und Schläfriskeit, older aus Mangel an Schärfe des Gehörs, habe ich nicht aus- machen können. Nach der Grösse des äussern Ohrs zu urtheilen, müsste das Opossum ein sehr gutes Gehör haben. Der Bau des innern Ohrs lässt aber, wenn auch nicht auf das Gegentheil, doch wenigstens auf ein Gehör, das nur eine einseitige Schärfe besitzt, schliessen. Den äussern Gehörgang fand ich blos knorpelis, wie beim Igel. Selbst die Trommelhöhle hatte ur an dem Theil, der das Trommelfell zunächst umgibt, knöcherne, hin- gegen an den übrigen Stellen häutige Wände. Diese Höhle ist geräumig, enthält aber nichts Achnliches von den Platten und Nebenhöhlen, die man bei den meisten Carnivoren und Nagern darin findet, und welche durch Mit- klingen und durch Zurückwerfung des Schalls den Eindruck auf die Hör- nerven sehr verstärken müssen. Das Opossum steht hierin wieder dem Igel nahe, und mit diesem kommt es auch noch darin überein, dass zwischen 56 dem Seitenfortsatz des langen, dünnen Hammers und dessen Mittelstück eine dünne Knochenplatte liegt, die mit dem Trommelfelle zusammenhängt. In Betreff der Schnecke aber ist das Beutelthier von dem Igel sehr verschieden. Bei diesem ist sie kurz und weit; bei jenem findet das Gegentheil statt. Das Spiralblatt derselben schien mir in Rücksicht auf dessen Breite und Gestalt dem des Vespertilio Myosotis schr ähnlich. Wie bei diesem macht jenes drittehalb Windungen. Die Bogengänge aber, obgleich nur klein, sind doch in Verhältniss gegen die Schnecke nicht so klein, wıe bei der Fledermaus. Das Opossum gehört zu den Thieren, die sich sowohl von animalischen als vegetabilischen Substanzen nähren. Doch aber ist demselben die Beschaf- heit der Kost nicht gleichgültig. Das Thier, das ich unterhielt, war sehr begierig auf Fleisch, besonders von Geflügel. Nächst dem frass es auch Obst, doch nur, wenn es Hunger und keine Fleischspeisen hatte. Brod und Gemüse liess es immer unberührt liegen. Durst hatte es ziemlich viel, und das Trinken verrichtete es leckend, wie der Hund. Die Gestalt der Zunge ist auch von ähnlicher Art wie bei diesem Thier. Aber in der Beschaffen- heit der Zungenwärzchen weicht das Opossum von demselben sehr ab. Das vordere Stück des Rückens der Zunge ist mit kleinen kegelförmigen Pupil- len, die knorpelartige, nach hinten gerichtete Scheiden haben, dicht besetzt. Diese Wärzchen werden nach dem Mittelstück hin immer kleiner und ver- lieren sich nach hinten ganz. Zwischen ihnen liegen pilzförmige Pupillen ohne Ordnung und in geringer Zahl. Auf dem hintern Stück stehen drei kelchförmige Wärzchen, und an den Seitenrändern dieses Hintertheils gibt es eine Reihe längerer, fingerförmiger, hin und wieder getheilter, fleischiger Anhänge. Einige, den letztern ähnliche, doch kleinere Fortsätze finden sich auch am vordern Rande der Zunge. Diese Anhänge sind dem Beutelthier vorzüglich eigen. In der Bildung, Zahl und Stellung der Zungenwärz- chen ist dasselbe den Fledermäusen zunächst verwandt. Auch bei diesen gibt es kegelförmige Pupillen mit knorpelartigen Scheiden; pilzförmige, 57 die ohne bestimmte Ordnung liegen, und nur zwei bis drei kelchför- mige Wärzchen '). Die Hautnerven des Opossum habe ich nicht untersuchen können. Ich weiss daher’ nicht, welche Stufe demselben in Betreff des Tastsinns anzuwei- sen ist, wenn man diese nach der Organisation jener Nerven schätzt. Be- kamntlich aber hat jenes Thier getrennte, bewegliche, zum Ergreifen und Umfassen eingerichtete Zehen der Vorderfüsse, einen freien abstehenden Dau- men an den Hinterfüssen und einen Wickelschwanz. Diese Umstände lassen auf eine nicht viel geringere Stufe des Tastvermögens: schliessen, als die ist, auf welcher die Meerkatzen stehen. Demohngeachtet besitzen die Beutel- thiere ein Gehirn, das in jeder Beziehung ungleich weniger ausgebildet ist, als das der Meerkatzen. Es gibt also von’ der Stufe des Tastsinns kein Schluss auf die Stufe der Intelligenz, und es ist eine sehr unrichtige Meinung eini- ger Schriftsteller, dass der geistige Vorzug des Menschen vor den übrigen Thieren von dem höhern Tastvermögen desselben abzuleiten sey. ERKLÄRUNG DER FIGUREN ?) Fig. I. Das Gehirn des Opossum von der untern Seite. A. Das grosse Gehirn. c, Das Chiasma der Sehenerven. t. Die graue Hervorragung (Tuber cinereum). h. Der Hirnanhang mit dem Trichter. p. Die Brücke. r. Das Trapezium. r. Die Flocken des kleinen Gehirns. m. Die Pyramiden. q. Das verlängerte Mark, 1. Die Hiechfortsätze. ‘1’. Das vordere Ende derselben. 2. 3. u. s. w. Die Hirnnerven des zweiten, dritten und fernern Paars, 1) Cuvier (Legons d’Anat. comp. II. 687.) gibt bei den Fledermäusen überhaupt drei kelchförmige Papil- len an. Ich fand ihrer nur zwei bei Vespertilio Myosotis, und Blainville (Princ. d’Anat. comp. I. 255.) sagt ebenfalls, dass die eigentlichen Fledermäuse nur zwei solcher Wärzchen besitzen. 2) Diese haben sämmlich die natürliche Grösse, In den beiden eısten Figuren sind von den gleichartigen Hirntheilen und Nerven blos die der einen Seite mit Zahlen und Buchstaben bezeichnet. Zeitschrift f. Physiol, III. 1. 8 58 ' Fig. II. Dasselbe Gehirn von der obern Seite. A. Das grosse Gehirn. i. Das vordere, v. das hintere Paar der Vierhügel. x. Ein, dem hintern Paar der Vierhügel ähnlicher Lappen des kleinen Gehirns. 8. Das kleine Gehirn. “r. Dessen hervorragende Flocken. a. Adernetz des kleinen Ge- hirns. q. Das verlängerte Mark. 1. Die Hiechfortsätze. _1’. Deren vordere Enden. 10. Eine der Wurzeln des zehnten Hirnnervenpaars. 11. Die Beinerven, ‘Fig. II. Der rechte Augapfel vonder ‚obern Seite. Ist] c. Die Hornhaut. 'o. 0. Schwärzlicher Ring zwischen der Hornhaut und der Sklero- ' tika, worin sich-mit diesen Häuten die Bindehaut verbindet und worunter das Ciliarligament liegt. t. Die Sklerotika. ..n. Der Sehenerve.' z, die Stämme der Giliänaerven. « Fig: WW. Horizontaler Durchschnitt des nämlichen Auges. en Di: Hornhaut, a. Die on Augenkammer. 'ifi. Die Iris. 1. Die: Crystallinse. “ı. Die auf ihrer innern Fläche mit der Choroidea und Retina bedeckte Sklero- tika. v. Der Glaskörper. n. Der Sehenerye. Fig. V. Die linke Hälfte der obern Kinnlade und die zu ihr gehörigen Riechbeine von der inwendigen Seite. i A. Durchschnittsfläche des Nasenbeins. o. Die obere Orieneh. nm. Deren hinteres, aufgebrochenes Ende. P. Die vordere Muschel. .a.'b. e. d. Die Ethmoidalfort- sätze. x. Deruntere Nasencanal. e. Vorderer Zugang zu diesem Canal. C. Durch- schnittsfläche des knöchernen Gaumens. d. Durchschnittsfläche des untern Theils r. der Siebplatte des Siebbeins. VERHÄLTNISSE DER DIMENSIONEN Zu Seite 48. der Hirntheile beim Virginischen Opossum und einigen andern Säugthieren gegen die grösste Breite des verlängerten Marks. Simia Theile des Gehirms. 7 ms (BE FE ‚Grösste Breite des ver]. a IE ee Marks. 1 - Länge desselben.| 1 I) - Höhe desselben. | 60 Breite des gros- s3 sen Gehirns. 470 \ — Länge desselben.| 530 = Höhe desselben. | 300 — Breite des kleinen Gehirns. 290 — Länge desselben. | 180 = Höhe desselben. | 160 - Breite des ge- streift. Körpers. 50 - Länge desselben. | 150 - Breite des Sehe- hügels. 70 | - Länge desselben. | 140 -— Breite der Riech- fortsätze. = -— Länge derselben.) — | - Breite derBrücke.) 140 - Länge derselben. | 90 - Länge des Tra- pezium. _ - Breite der Vier- . hügel. 9% 2 Länge derselben.| 50 1) = 6, 6 Pariser Linien. Eri ina- Talpa Mustela ceus eu-| chro- phis en Mus | Sciurus a vopis; ne. einisie| Era v Nr , 100 hop gem 9%) 95 | 84 |,81' 27, 32 47 \ 40 308 | 230 | 231 |147 204 205 411 | 223 | 216 212 200 | 188 193 | 113 | 107 | 87 | 4107 133 222 | 180 | 148 151 182,175 142 | 100 99 | 74 106 | 118 111 76 68|1|23 85 83 45\|- 30: 158 | 97 42| 25 TLSLT. 001 100.108 8 | 63 62.1. 54 | 41 127 .| 37 | 8 118 |, 65 52.091 95 66 210 | 143 58 ' 96 — 114 162 | 136 | 123 |136 102 88 101 71 753 |— 60 95 61 37 23-127 35 46 26 _ — 123 35 23 108 |, 80 | 47 | 79 | 92 | 90 7\92'!531[15 Io! 8 Didel- Lepus kindidus: va Er R da 100 | 100 85 | 215 71\ 54 230 | 250 234 | 296 97 | 165 191 | 187 121 | 130 101 | 131 32) 4 68 | 89 Tk.\ 80 6s| 9 = 1476 — | 140 94 | 100 43 | 48 30| 21 100 | 109 86 | 73 DIMENSIONEN DES AUGES (in Pariser Linie beim Virginischen Oposs Namen der Thiere. | Entfernung | Radius der | Radius der | Verhältniss | Radius der Linse von! vordern „hintern der Axe der| innernfi der Netzhaut | Krümmung | Krümmung Linse zu deren Krumm in der Augen-| der Linse. der Linse, | Durchmesser. axe, 10:10 1,3" 10:12 2,2. 0,53" 0,89" 1,3" Didelphis virginiana Mustela Foina Zu Seite 53, \D DEREN VERHÄLTNISSE d bein Hausmarder. a a ECT YTLLI0T. Tr. Grade MR TER des grössten | grössten dius der Verhältniss | Verhältniss| Verhält- Verhält- Dicke der derSehne | derSehne | niss der | niss der Bogens der Bogens der/des grössten des grössten) Axe des |; Axe des innern | äussern Bogens der | Bogens der innern Au- it, diese! Krüm- | Krüm- innern äuseern Horn- haut. äussern ges zu des- Auges zu Ammung | mung der | mung der ‚Krümmung Krümmung 'senDurch-| dessen 7 einen Hornhaut. 'Hornhaut.| der Horn- | der Horn- | messer. |Durchmes- is haut zum | haut zum ser, Durchmes- | Durchmes- ser des in-'ser des äus- nern Feten FERN Auges. | a 109%48' | 156°14° | 10:11 10:11 10:11 10: 9 0,8" 10908’ 147° | 10:11 10:11 10:10 10:10 0,6” Ill. ÜBER DIE, BEREITUNG. DES WACHSES DURCH DIE BIENE. VON G:R TREVIRANUS. erslorgigt (EINGESENDET IIM, (APRIL-4887.)14)) ' tumalanolt rsdnnoHl Dis as Wachs aus dem Körper, der.Bienen hervordringt, ist eine hinrei- chend begründete Thatsache. Aber für nicht: so ‘gewiss ist zu halten, was mnn bisher von dem Bau der Absonderungswerkzeuge jener Materie gelehrt hat, und nicht von allen Seiten genug bestimmt sind die Vorstellungen, die man sich von der Art gemacht hat, wie das Wachs von den Bienen verar- > beitet wird. "Es sey mir 'vergönnet) einige Beiträge zur Aufklärung: dieser Puncte mitzutheilen, vorher aber etwas über die ‘Geschichte der Entdeckung des Ursprungs des Wachses zu sagen. Ich fand diese von einem Deutschen schon vor der Mitte des vorigen Jahrhunderts in einem bekannten Werke umständlich vorgetragen. Es soll nicht an mir liegen, wenn diesem nicht der Kranz, der ihm bisher vorenthalten wurde, gereicht wird. Neue Entdeckung, wie das Wachs von den Bienen kömmt, mitgetheilt von MELITTOPHILO THEOSEBASTO. Unter diesem Titel gab ein Hamburger Gelehrter im Jahre 1744, also längst vor denen, die gewöhn- lich für die Entdecker der Absonderung des Wachses durch die untern Bauchdecken der Bienen gelten, im 2. Bande der Hamburgischen ver- mischten Bibliothek, S. 45, einen Aufsatz heraus, worin diese Ent- SU er 63 deckung schon vollständig und selbst mit manchen Umständen, die von spätern Beobachtern übersehen wurden, enthalten ist. Der Verfasser erzählt: Er habe sich in Nebenstunden mit Beobachtung der Bienen beschäftigt und dabei gefunden, ‘dass ‘die Materie, welche die Bienen an den Beinen tragen, weder Wachs sey, noch Wachs werden könne, sondern entweder der Blu- menstaub, oder eine klebrige Materie sey, die sie mit den Fresszeugen von den’ Knospen und jungen Reisern der Birken, Erlen, Eschen und Tannen abschaben. Dann und wann, wenn sie zum Baumwachse kommen könnten, welches die Gärtner gebrauchen, 'nagten sie auch davon ab und gebrauchten es statt jener klebrigen Substanz. Er habe, wie es mit der Hervorbringung des Wachses: durch die’ Bienen eigentlich zugeht, schon vor zwanzig Jahren boobachtet. ‚Vor eiger Zeit'keyrihn erzählt worden, 'ein Probst SrieskLrrz PAsEwALk in’ Preussich Pommern habe'mit ihm die ‘gleiche Entdeckung ge- macht. Die‘Bienen hätten uuter dem Leibe kleine Klappen, die wie Fisch- schuppen über einander lägen und eine ‘gleiche Anzahl kleiner Fächer bil- deten. In diesen Behältern finde man ovale, dünne Scheiben klaren, weissen Wachses. Oft wären sie dünn und zart, wie feine Häute, oft aber auch weit dicker, zuweilen so stark, dass sie aus den Fächern hervorragten und der: Biene ein ganz ungewöhnliches Ansehn gäben. Zu der Zeit, wo die Bienen: In ihren Stöcken emsig arbeiten, sehe man die kleinen Wachsschei- ben unter den Stücken 'häufig liegen, und man: bemerke dabei den Unter- schied, dassoviele’noch unversehrt; «wie sie aus den Fächern gefallen, einige mehr oder weniger angebissen, und von noch andern nur ganz kleine Stücke übrig seien. Es. sei zu verwundern, dass nicht Einer von den ersten der Schriftsteller über die Bienen diese Scheiben beachtet habe. Die Art, wie die‘ Bienen daraussihre,Zellen bauen, sei wahrscheinlich folgende. Sie neh- men die Scheiben ‚. wenn sie’so diek geworden sind, dass’ sie dieselben fassen und'lösen‘ kömien, aus dem ‘Fächern heraus, beissen mit den Fresszangen ein Stück nach dem andern. ab, kleben die einzelnen Stücke an einander und machen das Angeklebte mit den’ Zühnen des Säugrüssels durch öfteres Hin- 64 und Herstreichen eben und glatt. Die Entstehung der Wachsscheiben in den Fächern sei nur auf zweierlei Art denkbar. Entweder sie werden als eine schon zubereitete Materie von aussen durch die Bienen hineingebracht; oder sie sondern sich aus dem Nahrungssaft der Bienen auf’ ähnliche Weise wie das Fett ab. Die erste Voraussetzung sei ganz unstatthaft. Was die Blumen den Bienen liefern, sei kein Wachs, und doch könnten ihnen nur die Blumen den Stoff dazu geben. Dann wären auch die Glieder der Bie- nen gar nicht-dazu eingerichtet, das gesammelte Wachs in die Fächer, so hineinzubringen, dass es darin die Gestalt einer dünnen, das ganze Fach bedeckenden Haut annehmen könne. Nur die zweite Voraussetzung sei also zulässig. Der Honig sei vorzüglich das Nahrungsmittel, wodurch die Bie- nen zur Absonderung des Wachses fähig gemacht würden. Er, der Verfas- ser, könne zwar nicht mit Gewissheit behaupten, dass diese Sekretion nicht auch nach dem Genuss des Bienenbrods erfolge. Aber soviel wisse er ge- wiss, dass man bei den Bienen vorzüglich dann die Wachsscheiben finde und dass sie dann am stärksten arbeiten, wenn sie häufig Honig sammeln, oder reichlich damit gefüttert werden, Die obige Abhandlung erschien in einer Sammlung theologischer, anti- quarischer, philologischer und anderer, meist sehr unbedeutender Aufsätze, worin sie von denen, für die sie Werth haben konnte, nicht gesucht wurde, und obgleich die Herausgeber des Commercium literarium norimbergense durch einen Auszug, den sie aus ihr lieferten, (A. 1735. p. 233.) sie zu verbreiten suchten, so blieb sie doch auch hier unbeachtet. Erst im Jahre 1769 wurde die in ihr enthaltene Entdeckung wieder als neu vorgetragen. Ein Apotheker RıEm, einer der grössten Vielschreiber und Pedanten unter den vielen Schriftstellern über die Oekonomie der Bienen, schrieb zu jener Zeit an BonnET: er habe gesehen, dass das Wachs zwischen den Bauchringen der Arbeitsbienen ausschwitze und dass die Prepolis, deren Ursprung REAu- mur’n unbekannt geblieben war, von diesen Thieren auf den Fichten und 65 Tannen gesammelt werde !). Es ist nicht unwahrscheinlich, dass Rırm die Entdeckung des Hamburgers kennen lernte und sich zuzueignen Lust hatte. Nachher muss er aber doch für besser gehalten haben, sich fremden Guts nicht zu bemächtigen. In einem spätern Briefe an Bonner vom Jahre 1771 sagt er: Das Ausschwitzen des Wachses sei nicht von ihm selber, sondern von andern glaubwürdigen Männern wahrgenonmen. Eben dieser Brief ent- hält aber wieder mehrere Angaben, die aus der Abhandlung des Hamburgers geflossen zu seyn scheinen, Im Jahre 1772 verweiset er endlich Bonner, um sich weiter über die Entstehung des Wachses zu belehren, auf ein, um diese Zeit erschienenes Buch eines gewissen DucHET, das ich mir nicht habe ver- schaffen können, und in ciner der Anmerkungen zu seiner Uebersetzung der Huper’schen Beobachtungen über die Bienen ($. 310) nennet er einen Eng- länder TuorLey und einen Deutschen HoRnBOSTEL als die ersten, die das Aus- schwitzen des Wachses beobachtet hätten. Bonner scheint zu diesen und andern Beobachtungen Rırm’s und der Freunde desselben, die ihm darüber Briefe über Briefe in barbarischem Französisch schrieben, nicht grosses Vertrauen gehabt zu haben. Die Ent- deckung wurde weder von ihm selber, noch von einem andern angesehenen Naturforscher seiner Zeit weiter geprüft und wieder vergessen, bis sie J. Hun- TER im Jahre 1792 noch einmal als neu und als die seinige vortrug ?). Nun erst, nachdem ein Engländer von grossem Namen sie sich zugeeignet hatte, verbreitete sie sich. Sie fand endlich allgemeinen Eingang, als sie von dem jüngern Huper und von Jurıe’s Tochter näher untersucht war °). Hunter’s Abhandlung enthält indess nicht einmal soviel Erfahrungen, als der Aufsatz des Hamburgers. In Huser’s Werke findet man zwar manches Neue, aber auch Manches, was nur Bestätigung der Beobachtungen des Hamburgers ist, . 1) Oeuvres de Bonnet. T. V. P. 1. p. 111 der Ausgabe in 4 2) Observations on the Bees. By J. Hunter. Philos. Transact. Y. 1792. p. 143. 3) Nouvelles Observations sur les Abeilles. Par F. Huber. T, II. p. 35. 54. 463. Zeitschrift $. Physiol, III. 1. 9 66 und Einiges, was nicht für ausgemacht gelten kann. Neu, doch nicht ohne eine Unrichtigkeit, sind die nähern Untersuchungen über die Bildung der Wachshäute. Uebereinstimmend mit des Hamburgers Bemerkungen sind die Beobachtungen über die Nothwendigkeit der Ernährung durch Honig zur Entstehung der Wachsabsonderung, über den Ursprung der Propolis und über die Art, wie die Bienen vermittelst der Hinterfüsse die -Wachstafeln aus den Bauchfächern hervorziehen. Unzureichend aber sind einige chemi- sche Versuche, woraus Hußer schliesst, das rohe Wachs, so wie es aus den Bauchfächern kommt, habe noch nicht die Eigenschaften dessen, welches von den Bienen verarbeitet ist. Nach Huser ist meines Wissens LATREILLE der-Einzige, der etwas über den Ursprung"des Wachses bekannt g: macht hat, das aber blos in allgemei- nen Bemerkungen über Hubers Erfahrungen, ohne eigene Beobachtungen, besteht '). Ich habe die Wachsblättchen auf den Wachshäuten der Arbeitsbienen ebenfalls untersucht. ' Sie zeigten sich mir als weisse, höchst dünne, den feinsten Scheiben des Marienglases zu vergleichende, sehr zerbrechliche, den Wachshäuten ziemlich fest mklebende Scheiben. Die Wachshäute finden sich an den fünf mittlern der untern Bauchschuppen. Sie machen den Vor- dertheil «dersetfben aus und unterscheiden sich von dem Hintertheil durch eine hellere Farbe, eine grössere Weichheit und den Mangel an Haaren. Die Häute der dritten, vierten und fünften Schuppe sind die grössten und, wo nicht die einzigen, doch die vornehmsten Organe der Absonderung des Wachses. Jede von ihnen ist durch eine dünne, aber sehr dehnbare, sich über ihre inwendige Fläche erstreckende Membran mit dem hintern Rand der vorhergehenden dergestalt verbunden, dass der Hintertheil jeder vorher- gehenden Bauchschuppe unbefestigt auf der Wachshaut der folgenden liegt. Es gibt daher zwischen jenem hintern Theil und dieser Wachshaut einen 1) Eclaireissemens, velatifs & Fopinion de M. Huber fils, sur l’origine et lissue exterieuse de la Cire. Par M. Lätreille. M&moires da Museum d’Hist. nat. T. VIII. p. 133. 67 freien Raum, und hierin ist es, wo sich das Wachs ansammelt. Der hintere Theil der Bauchschuppen ist eine steife, nach aussen convexe, mit Haaren besetzte Platte. Jede Wachshaut stellt ein Achteck vor, das durch horn- artige Bogen begränzt und in der Mittellinie des Bauchs durch einen kurzen, der Länge nach liegenden Knorpel, der die hintern und vordern Bogen mit einander verbindet, in zwei Theile von gleicher Gestalt geschieden ist. Diese mittlern Knorpel sind der Arbeitsbiene eigen. Sie bedurfte derselben, weil die Wachshäute nicht steif genug sind, die gewölbte Form des Bauchs zu unterhalten. Bei der männlichen Biene besteht der Vordertheil der untern Bauchschuppen aus einer einzigen, knorpelartigen Platte, die nicht, wie die Wachshäute, zusammensinken kann und also keine Unterstützung nöthig hätte. Die Wachshäute sind fest, elastisch, auswendig von gelblicher Farbe, in- wendig mit der dünnen Membran, die sie unter einander verbindet, und unter dieser mit der Fetthaut bedeckt. Nach den, in Huser’s Werk ent- haltenen, mikroskopischen Beobachtungen des Fräuleins Juris, sieht man in ihnen unter dem Vergrösserungsglase ein Netz mit sechseckigen Maschen. Diese Angabe, worauf Huger und andere Schriftsteller grossen Werth gelegt haben, ist unrichtig. Das Fräulein muss statt eines Stücks der Wachshäute einen Abschnitt des knorpelartigen Hintertheils der untern Bauchschuppen, oder mit einem solchen Stück die Membran, welche die inwendige Fläche jener Häute überzieht, unter das Mikroskop gebracht haben. In diesen Platten und Membranen gibt es freilich ein Netz von feinen, steifen Drät- chen. Ein ähnliches Netz, nur mit länglichern Maschen, fand ich aber auch in den knorpelartigen Platten, welche beim Männchen der Erdhummel (Bom- bus muscorum F.) die Stelle der Wachshäute einnehmen. Ein anderes, das aber engere Maschen und einen zartern Bau hat, entdeckte ich bei der Ar- beitsbiene in der Haut, wodurch die Speisewerkzeuge mit dem Schädel zusammen- hängen. In den Wachshäuten gibt es kein solches Netz und überhaupt keine un- gleichartige Textur. Es scheint also vielmehr die Abwesenheit eines netzarligen Gewebes, als das Gegentheil, an den Wachshäuten characteristisch. zu seyn. g* 63 Dass, wie Hurer sagt, die von den Wachshäuten abgesonderte Materie noch nichs ganz die Beschaffenheit des von den Bienen verarbeiteten Wach- ses hat, ist zwar durch einige vergleichende Versuche, die er mit beiden Substanzen anstellte, wahrscheinlich gemacht, doch nicht ganz erwiesen. Für gewiss kann man aber annehmen, dass die Bienen. jene Materie nicht so, wie sie aus dem Bauche hervorgedrungen ist, verarbeiten, indem sie die Tafeln blos mit den Fresszangen zertheilen und die Stücke an einander drücken, sondern dass sie, nach Zermalmung der Tafeln, einen, aus dem. Rüssel hervordringenden Speichel darauf giessen, der das Wachs auflöst und in eine Art von Kleister verwandelt. Diese Folgerung lässt sich schon aus den Beobachtungen Reaumur’s ziehen, der bei Bienen, die in Wachs arbei- teten, zwischen den Fresszangen und der, unter der Oberlippe, über dem Munde liegenden Zunge eine Materie wahrnahm, welche zwweilen das An- sehen einer schaumigen Flüssigkeit, oft auch einer Art von Brei hatte, und erst von der Zunge, die dabei in der lebhaftesten Bewegung war und ihre Gestalt immerfort änderte, an die gehörige Stelle gebracht, dann aber von den Fresszangen geformt wurde !), Hurer’s Erfahrungen ?) geben hierüber noch mehr Licht. Dieser sah, dass dis Wachstafeln vermittelst der Fress- zangen in kleine Stücke zertheilt, mit einem aus dem Rüssel hervordringen- den Saft befeuchtet und zu einer Art von schmalen Bande gestaltet wurden, wobei sie eine weisse Farbe und eine Undurchsichtigkeit bekamen, die sie vorher nicht hatten. So erscheint das Verfahren der Honigbiene beim Bau ihrer Zellen dem analog, welches andere, ihr verwandte Hymenopteren nnter ähnlichen Umständen zeigen. Die Xylocopa violacea F. klebt mit ihrem Speichel die Holzspähne zusammen, woraus sie ihr Nest verferligt °) und die Megachile muraria Latr. macht vermittelst desselben den Sand, der ihr Baumaterial ist, zu einem Mörtel °). ! 23 Reaumur M&m. pour servir a l’Hist. des Ins. T. V. M&m. 8. p. 423. 2) A. a. ©. p. 105. 3) Reaumur a. a. OÖ. T. VI. Mem. 2. p. 45. 4) Reaumur ebendas. T. VI. Mem. 3. p. 63. 1 ie u 69 Die Quelle dieses Speichels kannte man früher weder bei der Honig- biene, noch bei andern Hymenopteren. RAamponr war der erste, der die Absonderungswerkzeuge jenes Safts bei der Honigbiene entdeckte '). Er erkannte aber blos die beiden, in der Brust liegenden Theile derselben. Dass sie ausser diesen noch zwei vordere Lappen haben, deren Stelle zwi- schen der äussern hornartigen Schale des Kopfs und. dessen innern Organen ist, wurde nieht von ihm bemerkt. Er nahm zwar diese Theile wahr, beobachtete aber nicht ihren Zusammenhang mit den Speichelgefässen. Ich lieferte hierauf eine umständliche, durch Abbildungen erläuterte Beschrei- bung des ganzen Apparats der Speichelwerkzeuge von der Mooshunmel (Bombus muscorum F.) im 2.. Bande .der von meinem Bruder und mir her- ausgegebenen Vermischten Schriften anatom. und physiolog. In- halts, S. 123. »Hiernach gibt es bei den Hummeln und Bienen zwei vor- dere und zwei hintere Speichelorgane. Die vordern füllen den Zwischenraum der Kopfhöhle zwischen dem Gehirne, den Sehenerven und den Muskeln der Fresszangen: aus: "Die hintern liegen im. Vordertheil der Brust zu bei- den Seiten der Speiseröhre. Aus jedem der vordern Organe entstehen zwei Aeste, die ziemlich weit fortgehen, che sie sich zu einem einzigen verei- nigen. Von den beiden hintern Organen hat jedes nur einen Ausführungsgang. Die vier Zweige verbinden sich zu einem einzigen Canal, der sich, schlan- genförmig gekrümmt, unter dem Gehirne zum hintern Ende des Rüssels be- gibt. Sowohl dieser gemeinschaftliche Ausführungsgang, als die Wurzeln desselben bestehen aus steifen, parallel und gedrängt hinter einander liegen- genden, durch eine dünne Haut mit einander verbundenen Ringen. Diese Beschreibung habe ich, seit ich sie herausgab, an mehrern Hum- meln und Bienen verschiedener Arten ven neuem geprüft und’ immer mit ; = Ana . . Fr ) der Natur übereinstimmend gefunden. Nur eine meiner frühern Beobäachtun- 1) Magazin der Gesellsch. naturf. Freunde zu Berlin. Jahrg. 5. Quart. 4. S. 376. Germar’s Magazin (#4. Entomologie. B. 1. H. 1. $. 135. 70 gen finde ich. einer Verbesserung bedürfend. Ich gab. in der angeführten Schrift die speichelabsondernden Massen als aus weissen, den unentwickeln- den Eiern einiger Insecten ähnlichen, zu zahlreichen Lappen vereinigten Kügelchen an: So erschienen sie aber nur im zusammengezogenen Zustande und von Speichel entleert. Wiederholte Untersuchungen haben mich gelehrt, dass sie, gleich allen andern absondernden Organen der Insecten, Conglo- merate von blinden Gefässen sind, die sich in. den erweiterten Ausführungsgang jeder der vier Massen öffnen. Die siebente Figur Taf. X ist eine Darstellung dieser Bildung. A. bezeichnet das eine der in der Brust liegenden Speichel- organe, a. den Ausführungsgang desselben, b. den Ausführungsgang des andern jener Organe, von diesem abgeschnitten, und C. den Canal, worin sich beide Gänge vereinigen. Aehnliche Speichelgefässe traf ich auch bei der Wespe und Hornisse, bei Pepsis arenaria F. und bei,der männlichen Honigbiene an. Sie sind also nicht blos den geschlechtslosen Bienen und Hummeln zur Verarbeitung des Wachses gegeben. Es ist aber zu vermuthen, dass der Saft, den sie bei den Arbeitsbienen absondern, besonders auf das Wachs als auflösend wirkt. Die vorzüglichsten Auflösungsmittel des letztern sind’ bekanntlich Alkalien, und alkalisch ist überhaupt der Speichel der Insecten. Ich sahe die Speichelge- fässe der Arbeitsbienen und geschlechtslosen Hummeln in Essig eine röthliche Farbe annehmen. Diese Röthung scheint zu beweisen, dass sie ein eigenes Alkali enthalten. Von welcher Art dieses ist, wird sich, der Schwierigkeit wegen, den Speichel jener Thiere in einer auch nur sehr geringen Quantität unvermischt zu bekommen, nicht leicht mit einiger Zuverlässigkeit bestim- men lassen. Soviel ergibt sich indess aus dem Obigen, dass, wenn gleich die Absonderung des Wachses oder einer wachsartigen Substanz bei den Ar- beitsbienen und den Geschlechtslosen Hummeln eine, ihnen ganz eigenthum- liche Sekretion ist, die Verarbeitung ihres Baumaterials vermittelst des zugemischten Speichels doch bei ihnen auf ähnliche Art wie bei andern Hymenopteren geschieht. # 71 NA. G:B.8:C: HR, FT. Ich hatte den obigen Aufsatz schon vor längerer Zeit zum Drucke ab- gesandt, als ich aus dem 4. Bande der Krünitz’schen ökonomischen Ency- clopädie erfuhr, dass der, unter dem Namen MELITTOPHILUS THEOSEBASTUS verborgene Entdecker der Absonderung des Wachses durch die Bauchplatten der Arbeitsbienen HERMANN CHRISTIAN HOoRrNBOSTEL, früher Pfarrer zu Dör- vern in der Grafschaft Hoya, nachher Prediger'zu Hamburg, war, und dass der Beweis davon in einem Briefwechel über diesen Gegenstand zwischen ihm und einem Propst STIEGLITZ enthalten ist, der erst nach seinem Tode in den Abhandlungen der oberlausitzischen Bienengesellschaft vom Jahre 1761 herauskam. Bremen. Im November 1827. G. R. TrEvIıRANUS, IV. | ETWAS ÜBER DIE WÄSSRIGEN ABSONDERUNGEN BLÄTTRIGER PFLANZENTHEILE., VON L. 6, TREVIRANUS, PROFESSOR zu BRESLAU. Es ist bekannt, ‚dass ein Theil der Ausdünstungsmaterie, welche besonders im Sonnenscheine von den Blättern und andern grünen Theilen der Gewächse ausgeht, an Körpern von beträchtlicher Wärmecapacität sich als ein Wasser niederschlägt, welches kaum einen Geschmack oder Geruch von der Pflanze hat, wovon es ausgesondert ward; und liegen solche Körper der ausdünsten- den Fläche an, so geschiehet die Verdichtung zu Wasser im Augenblicke des Austretens. Es bedarf jedoch nicht immer solcher niederschlagender Körper, damit Wasser in tropfbarer Gestalt aus den Pflanzen hervortrete: zuweilen geschiehet dieses von selber unter eigenthümlichen Verhältnissen, besonders wenn Pflanzen an der Wurzel reichlich begossen werden, nach- dem sie eine beträchtliche Weile trocken gestanden. Ich stelle mir vor, dass die Spiralgefässe hier das dargebotene Wasser mit solcher Gewalt auf- ziehen, dass es da, wo ihre oberen Endungen den wenigsten Widerstand finden, auszutreten veranlasset wird. Unter solchen Umständen sah ich daher z. B. bei gekeiniter Gerste die Spitze jedes jungen Blattes ein Wassertröpf- chen tragen und das Nämliche bemerkte ich an den sämmtlichen obern Blät- ‘tern einer anderthalb Schuh hohen Staude von Ludolfia glaucescens, 73 während dem sonst, ‚kein Wasser an der ganzen Pflanze wahrzunehmen war. Vermuthlich ‚waren die nämlichen Umstände im Zusammentreffen, als MıL- LER 1) und ‚BiERKANDER ?) Pisangblätter, MuntinG 3) die Blätter eines Arum und Hassxıcar °%) die der Calla aethiopica aus der unverletzten Spitze ein Wasser von sich geben sahen. ‚Nicht zu verwundern ist demnach, dass eine Aussonderung von Wasser an der Oberfläche bei manchen Gewächsen zum: naturgemässen Fortgange der Lebensverrichtungen gehört und bekannt sind in dieser Hinsicht die Arten von Nepenthes, Sarracenia und Cephalotus. (Dass das Wasser in den schlauchförmigen Blattanhängen von Nepenthes destillatoria und ;N. phyllam- phora durch eine Absonderung sich bilde, ist schon daraus ersichtlich, dass es bei der erstgenannten Art nach Grımm’s'°), Beschreibung, bei der zweiten nach Rumrn’s 6) Zeugniss immer klar, süss und erfrischend ist; was bei einem von aussen hereingekommenen, nicht; erneuerten Wasser gewiss nicht der Fall seyn würde, Auch gedenkt Rumr# in seiner Beschreibung der Nep. phyllamphora dass, wenn der Deckel des Schlauches offen, das Wasser sich allmählich bis auf die Hälfte vermindre, welcher Verlust jedoch während der Nacht sich wieder ersetze. Nicht minder bedeutende Gründe für die genannte Art des Ursprungs liefert der Bau des Blattschlauches selber. Bei Nepenthes destillatoria finde ich die Wand desselben von ungemein vielen und nach Verhältniss dicken, anastomosirenden Adern durchzogen, welche eine grosse Menge von wahren Spiralgefässen enthalten. Seine innere Ober- fläche ist in der, oberen Hälfte gefärbt und mit einem blauen Reife bedeckt, wie es Theile zu seyn pflegen, die gegen die Aufnahme und Einwirkung 1) Duhamel Phys. .d. arbres I. 141. 2) Schwed. Abhandl. 1773. 3) Oeffening d. planten. 274. 4) Flora. 1823. 34. 5) Ephem. Nat. Cur. Ann. I. Dec. 11. 6) Herb. Amboin. V. 122. Zeitschrift f, Physiol. III. 1. 10 74 des Wassers geschützt seyn sollen; in der unteren Hälfte hingegen ist sie glänzend und voll kleiner, drüsenartiger, abwärts gerichteter Hügel, welche von der Oberhaut insofern entblösst sind, als diese an jeder solchen Stelle ein rundes, fast schon mit blossem Auge sichtbares Loch hat. Es ist wahr- scheinlich, dass hierdurch die Absonderung des Wassers geschehe und dass nur so weit dieser Bau reicht, also nur bis etwa zur Mitte des Schlauches derselben sich mit Wasser fülle. Merkwürdig ist, dass die innere oder untere Fläche des Deckels einen ähnlichen Bau zeigt; ob aber auch dieser unter gewissen Umständen Wasser absondere, darüber findet sich nichts bei den Beobachtern. E Von den hohlen Blättern der Sarracenien, die immer ein Wasser ent- halten, glaubte Lınn& ') dass, sie das Regenwasser auffangen und aufbewahren, und da er in der natürlichen Anordnung der Gewächse die Gattungen Sarracenia und Nymphaea unzertremnlich hiclt ?), so dünkte es ihm eine weise Fürsorge der Natur, dass hier das platte Nymphäenblatt hohl gebildet sei, um, da die Pflanze ausser dem Wasser wachse, immer Wasser enthalten zu können. Allein J. F. Smith 3), wiewohl er zugibt, dass Sarracenia purpurea einen Bau der Blätter habe, geeignet, das Regenwasser aufzufangen,. hält dieses doch unzulässig bei der Blattbildung von S. flava und S. adunca; welche Arten dennoch ebensowohl ein Wasser in der Höhle ihrer Blätter aufbe- wahren. Er vermuthet daher, dass dasselbe durch eine Absonderung vom Blatte hervorgebracht werde und diese Meinung, welche auch die von ELLioT °) ist, der sämmtliche Arten lebend beobachten konnte, hat bei weitem mehr Wahrscheinlichkeit für sich. Dann dürfte der untere Theil der trichterförmigen Höhle, der bei Sarr. purpurea gefärbt und mit abwärts- gerichteten Härchen besetzt, während der obere von der gewöhnlichen Farbe 1) Syst. nat. ed. 12. Il. 361. 2) Prael. in ord. nat. plant. 316. 3) Introduct. to Bot. 2. ed. 195. 4) Sketch of a Botany of S. Carolina and Georgia II. 12. 79 der Blätter und vollkommen glatt ist, als die wasserabsondernde Fläche zu betrachten seyn; wiewohl ein eigener dieser Bestimmung dienender Apparat, wie bei Nepenthes, hier so wenig, als am Deckel, der übrigens gleichfalls die unterwärts gerichteten Haare an der Innenseite hat, zu bemerken ist. Was endlich Cephalotus betrifft, wo die Schläuche bekanntlich von den Blättern getrennt, so sind jene gewöhnlich zur Hälfte mit einer wässrigen Flüssigkeit von mattsüsslichem Geschmacke erfüllt, welche nach Browns !) Meinung zum Theil aus dem Schlauche selber ausschwitzen mag, wahr- scheinlicher aber'aus blossem Regenwasser besteht, das sich darin gesammelt hat. Für die erste dieser Annahmen spricht jedoch, wie mich dünkt, die Analogie mit Nepenthes auf eine entschiedene Weise. Merkwürdig aber ist, um dieses im Vorbeigehen zu bemerken, dass bei allen genannten Pflanzen das Wasser in den Schläuchen gemeiniglich todte Insecten enthält, die bei den Sarracenien zuweilen an zwei bis drei Zoll hoch den unteren Theil des Schlauehes füllen, Aus den Beobachtungen von MAcBRIDE ?) wissen wir, dass am Rande der Blattschläuche von Sarracenia adunca eine süsse Materie abgesondert wird und Insecten anlockt, welche in den Trichter hinabstei- gend in das Wasser fallen und durch die abwärts gerichteten Härchen am unteren Theile des Trichters verhindert werden, wieder hinaufzuklimmen, so dass sie ertrinken müssen. Was aber bei Nepenthes und Cephalotus dem Wasser in den Schläuchen den süssen Geschmack gibt, dessen die Beobach- ter erwähnen und was hier den Tod der hineingefallenen Insecten herbei- führe, indem nichts sie am Herauskriechen zu hindern scheint, bleibt künf- tiger Untersuchung vorbehalten. Auch an einer Pflanze, welche sich häufig in unsern Treibhäusern findet, und von Zeit zu Zeit blühet, nämlich am Amomum Zerumbet L. (Zingiber Zerumbet Rosc.) habe ich eine Wassererzeugung, wie oben beschrieben, wiewohl mit etwas veränderten Nebenunständen wahrgenommen. Das Ge- 2 Verm. Schriften. I. 147. 2) On the poever of Sarrac, adunca to entrap Insects. Linn, Transact. XII. 48. 10* 76 wächs mit seiner Blüthe ist von Rumpn, JAacQuın, König, MuRrRAY, ROXBURGH beschrieben und von RHEEDE, RumrH, JAacQUın, MuRrrAY mehr oder minder vorzüglich abgebildet worden ; keiner von diesen jedoch erwähnt der Was- serbildung innerhalb der Blüthähre, als nur der einzige MukrAy, welcher davon sagt: »es befindet sich zwischen den Schuppen der Achre eine Menge Wasser (lympha), indem es durch einen gelinden Druck sogleich zum Vor- schein kommt« !). Weiter wird nichts von diesem merkwürdigen Phänomen erwähnt, welches mir doch, da ich es selber beobachtete, eine genauere Beschreibung zu verdienen scheint. Die Blüthähre, welche hier, getrennt von den- Blattstengeln, auf einem besondern, einen bis anderthalb Schuh hohen Schafte, aus der Wurzel kommt, hat die Form und Grösse bald von einem Hühnerei, bald von einem Gänseei und besteht aus einer grossen Anzahl von in die Breite gezogenen vertieften Schuppen, welche aufwärts dachziegelförmig über einander liegen und mit ihrem häutigen Rande genaw auf einander drücken, so dass ein Raum dadurch eingeschlossen wird. Inner- halb jeder Schuppe, welche grau und von lederartiger Consistenz ist, be- findet sich eine kleinere farbenlose von mehr häutiger Beschaffenheit und, von dieser eingeschlossen, eine einzelne Blume, welche, um sıch Öffnen zw können, sich durch den oberen Rand der äusseren Schuppe hervordrängen muss. Bei eben eingetretener Blüthezeit nun findet sich die Aehre voll eines klaren Wassers, welches fast geschmack - und geruchlos ist, durch einen gelinden Druck leicht zwischen den Schuppen hervortritt und, wenn man es am Abend ausgeleert hat, während der Nacht sich zum grössten Theile wieder ersetzt. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass an dem Orte, wo dieses Wasser sich: angesammelt hat, es auch abgesondert worden sei und da der untere Theil der Aehre, wo die Schuppen keine Blüthen enthalten, ebenfalls voll von Wasser ist, so scheint mir ‘dasselbe werde'äm- unteren und: inneren "Theile der Schuppe, da wo ‘diese dem Hauptblüthen“ ch nt a ® ‚et i 1) Nov. Comment. Goett. VI. 30. 17 stengel sich verbindet, ausgeschieden. Auch am unteren Theile der Blu- menkrone von Maranuta gibba habe ich ein ähnliches Vorkommen von reinem geschmacklosen Wasser wahrgenommen, indem solches den drei- blättrigen, aber mit seinen vertieften Blättchen eme Art Röhre bildenden Kelch bis zur Hälfte erfüllte Diese Wasseransammlung übrigens dauerte beim Amomum Zerumbet während der ganzen Blüthezeit d. i. gegen drei Wochen fort; aber das Wasser behielt, während jene fortrückte, nicht mehr seine ursprüngliche Reinheit, sondern nahm eine etwas schleimige Be- schaffenheit und den Geruch der zerriebenen Blätter dieser Pflanze an, jedoch ohne seine Durchsichtigkeit im Mindesten zu verlieren. Ich übergab etwas davon, sowohl aus der früheren, als aus der späteren Periode, mei- nem Freunde und Collegen, dem Dr. GürrerT, welcher folgende Versuche damit anstellte: ® 1) Bei der Verdünnung mit gleichen Theilen des reinsten Wassers trübte sich die gesammte Flüssigkeit und nach Aufhellung derselben, was in unge- fähr einer Viertelstunde erfolgte, hatte ein weisses, etwas fadiges Gewebe sich zu Boden gesetzt. Die nämliche Erscheinung ward bemerkt heim Zu- tröpfeln des reinsten wasserfreien Weingeistes. 2) Beim Zumischen von Jodine um möglichen Stärkegehalt zu prüfen, wurde keine Reaction wahrgenommen. 3) Basisches essigsaures Blei bewirkte eine kleine Trübung und Aus- scheidung einer ähnlichen Substanz..als. in 1 angegeben. 4) Das oxydulirte sowohl, als das oxydirte salpetersaure Quecksilber, so wie neutrale salzsaure Eisensolution, bewirkten schnell die Ausscheidung einer gelblich gefärbten, coagulirten Masse. 5) Eine Auflösung von salzsaurer Kalkerde brachte keine Trübung her- vor und zeigte hiemit die Abwesenheit der Sauerkleesäure, so wie jeder ihrer Verbindungen an. 6) Eben so wenig wurde durch sauerkleesaures Ammonium eine Ver- änderung bewirkt und so die Abwesenheit irgend eines Kalisalzes dargethan.. - 7) Weder geröthetes, noch blaues Lakmuspapier änderte in dieser Flüs- sigkeit seine Farbe und sonach war weder eine Säure noch, ein Alkali darin zu vermuthen. Die bei 3 und 4 angegebene Reaction liess auf das Daseyn. von Schleim und vegetabilischem Faserstoff schliessen; um nun die Anwesenheit des einen oder andern, oder beider zu entdecken, wurde ein Theil der Flüssigkeit filtrirt, wobei auf dem Filtrum eine Substanz zurückblieb, die der durch den Versuch 1 erhaltenen vollkommen ähnlich war, also für vegetabilischen Faserstoff erkannt werden musste. Die durchgeseihte Flüssigkeit war klar und wurde zwar durch die genannten Metallsalze getrübt und sonach die Anwesenheit von Schleim dargethan; jedoch entstand keinesweges jenes Coa- gulum, welches die erwähnten Reagentien sonst in schleimhaltigen Flüssig- keiten hervorzubrigen pflegen; so dass diese Substanz wohl als eine besondere Modifikation des gewöhnlichen Schleimes anzusehen seyn dürfte. Es erhellet aus dieser Analyse, dass die "zwischen den Schuppen der Blüthähre des Amomum Zerumbet befindliche Flüssigkeit ein, bis auf einen Gehalt von Faserstoff und Schleim, der zu verschiedenen Zeiten verschieden ist, völlig reines Wasser war. V. GEHEN FLÜSSIGKEITEN WÄHREND DEM LEBEN AUS DEN ARTERIEN IN DIE VENEN ÜBER? EIN BEITRAG ZUR PHYSIOLOGIE DES RREISLAUFES, VoN Dr. MAYER ın BONN. (EINGESENDET IM SEPTEMBER 1827.) E, gibt Meinungen in der Physiologie, _ welche auf theoretischem Wege unwiderleglich sind. Es sind alle diejenigen, welche zwar keinen Wider- spruch in sich enthalten, aber als blosse Postulate des Fictionsvermögens unseres Geistes nicht bewiesen, somit auch nicht widerlegt werden können, Häufiger sind solche Meinungen noch im Gebiete der Philosophie und der gemeine Menschenverstand richtet gegen sie nichts aus, weil sein Urtheil als zu gewöhnlich verachtet wird, so dass sich selbst Mancher schon geschämt hat, solchen zu besitzen, In den Naturwissenschaften verhält es sich etwas anders. Hier tritt an die Stelle des gemeinen Menschenverstandes Beobach- tung ‚und Experiment, und diese sind ‚es, welche eine irrende Phantasie wie- der zurechte ‚führen. ‚Zu solchen vagen nicht heweisbaren somit unwider- leglichen Meinungen gehört auch die ‘Vorstellung von Professor WILLBRAND, dass beim Kreislaufe kein Uebergang des Blutes aus den Arterien in die Venen statt habe, sondern dass das arteriöse Blut in dem Parenchim der 80 Organe verschwinde und aus dem Parenchim derselben das venöse Blut als neues Erzeugniss entstehe. Dass bei der Ernährung ein Verschwinden der arteriösen Blutelemente in die Substanz der Organe, beim Process der Resorbtion ein Wiederauflösen dieser Substanz in die Elemente des Blutes statt fände, wurde von jeher gelehrt, aber Niemanden fiel es ein, diese organische Metamorphose in die Bahn des Kreislaufes zu versetzen, ‚und einen Vorgang, welcher nur in einem beträchtlichen Zeitraum statt finden kann, jeden Augenblick erneuern zu lassen; oder, ‚den Process, welchen vielleicht eine Blutwelle eingeht, auf die ganze dem ‚Organe, zuströmende Blutmasse auszudehnen. Auf diese Art wurde der einfache Vorgang des Uebertrittes des Blutes aus den Arterien in die Venen zu einem fortwähren- den Schöpfungsacte erhoben, das einfach Begreifliche, Anschaubare, zu einem Wunder umgeschaffen. Wer aber einen Wunderglauben mit in die Naturwissenschaften bringt, ‘der verzichtet auf alle Erklärung und in so fern sollte man ihm gar nicht zu Rede stehen. Wie viel ähnliche Meinungen liessen sich nicht aufstellen, ebenso paradox, ebenso unwiderleglich, Wenn z. B. Jemand behauptete, das Brechmittel, welches ein Patient eingenommen, werde nicht beim Er- brechen wieder ausgeworfen, sondern es sei bei diesem Vorgang das Brech- mittel in die Substanz des Magens übergegangen und aus der Substanz des Magens hätte sich dasjenige Brechmittel neu erzeugt, welches nun der Kranke auswerfe; oder allgemeiner ausgedrückt, es bestehe die Wirkung der Arz- neikörper auf den thierischen Organismus wesentlich darin, dass derselbe die in sich aufgenommenen Arzneisubstanzen vernichte und sodann aus sei- nem Innersten wieder neu erzeuge; die scharfen Stoffe, die Salze, die In- flamabilien, die ätherischen Oele u. s. w., welche wir als Arzneimittel in unsern Körper aufnähmen, verschwänden darin völlig, und gingen nicht in den Urin, den Schweiss und andere Secretionsflüssigkeiten über, sondern die in diesen Secretis beobachteten ähnlichen Stoffe seien neue Erzeugnisse des thierischen Organismus. 4 8 Der kürzeste Weg, solche Meinungen abzufertigen, ist freilich der, dem Urheber: derselben: den! Beweis abzufordern, den. er nie leisten kann. , Wenn iman 'sich aber auf ‚theoretischeni' Wege in; Widerlegungen einlässt, so !kömmt man nicht‘ zum Ziele. Eine Hypothese, kann nicht durch eine andere wi- derlegt ‘werden. Auch kann niemand geistig, gezwungen werden, das blos . Mögliche ‚als Wirkliches. zu ‚betrachten. , Nur. die Erfahrung kann die Hypothese bestätigen oder vernichten. ‚Nur Beobachtung; ‚und Experinent geben über das Wirkliche Aufschluss. Es. ist' also am zweckmässigsten, in solchen Fällen die Erfahrung auf den Kampfplatz zu schicken. Ausser dem Mikroscope ist noch ein zweiter Weg übrig, uns von dem Uebertritt des Blutes aus den Arterien in die Venen und umgekehrt zu vergewissern, nämlich’ das Experiment än lebenden Thieren. Bleiben wir bei der Anklage stehen, es sei nicht erwiesen oder er- weisslich, dass aus den Arterien in die Venen ein unmittelbarer Ueber- gang des Blutes während dem Leben statt habe, und sehen wir, was das Experiment für Beweisse, diesen Uebergang bestätigend, liefert. Gehen, können wir fragen, während dem Leben nicht Ehkdenr mit dem Blute gemischte Flüssigkeiten aus den Arterien in die Venen über? Bereits früher habe ich ein Experiment in dieser Beziehung bekannt gemacht (S. Salzburg. med. chir. Zeitung. Jahrgang 1817. Bd. III. Seite 368.) wo es heisst: »Einem männlichen schwarzen und robusten Kaninchen wurde in die Vena jugularis dextra mittelst eines Quecksilber-Injectionsapparates eine Mi- - mute lang Quecksilber. infundirt. Die Quecksilbersäule war 3 Zoll hoch und übte einen grossen Druck aus, um das Quecksilber in einem con- 'tinuirlichen Strome auszutreiben. Nachdem 3'/, Drachme infundirt worden waren, wurde die Vena jugularis unterbunden. Nach 4 Minuten starb das Thier unter Convulsionen. Zeitschrift £. Physiol. IU. 1. 11 8 Bei der Sektion fand ich’ den grössten Theil'des. Quecksilbers mit dem Blute vermischt in der Venä cäva inferior, wie in den! Lebervenen'und ih’'den Venis hypogastrieis. In dem’rechten Ventrikel sah'ich wenig Quecksilber« kügelchen, aber mehr in der Lungenarterie, "weniger in den Lungenvenen, sehr wenig in dem linken Ventrikel, beträchtlich viel in der Aorta 'thora- eica, einige in’ den Kranzarterien-des Herzens, ‘dem Bauchstück der Aorta, den Nieren- Arterien und selbst 'einige Kügelchen in der linken Hirnpulsader. Nach der Leber enthielt die Lunge am meisten Quecksilberkügelöhen. Der Tod erfolgte wahrscheinlich durch Lähmung des Herzens, die der Druck und. die, Schwere des, Quecksilbers nach und. ‚nach herbeiführten: denn von der Injektionstionsmasse strömte der grösste Theil wieder,‚durch die vena cava inferior aus dem Sinus heraus, so, dass nur eine kleine Menge in den Ventrikel gelangte, wo auch nur wenig sich vorfand, Das Quecksilber konnte also nicht. durch Druck den ‚Uebergang durchs, Capil- largefässsystem verursachen, sondern der Uebergang musste, vom Herzventri- kel aus, und durch seine Zusammenziehung bewirkt worden seyn. Es findet also ein Uebergang des Quecksilbers aus” den Lungenarterien in die "Lun- genvenen auch während des Lebens Statt, oder das Herz ist im Stande, eine beträchtlich schwere Substanz durch das Capillargefässsystem, der Lungen zu treiben, um so leichter also das, Blut... Eine Verwandlung ‚des Blutes in feste Form, eine Metamorphose desselben, wie wir sie beim Ernährungs- process denken müssen, kann also nur ausserhalb des Kreislaufsystems Statt finden, und nicht innerhalb desselben, so lange die Bewegung des Blutes anhält. Eine Versetzung dieser Metamorphose in die Bahn des Kreislaufes, wie es WILLerAnD versuchte, kann nur mit Hülfe überspannter Annahmen, und mit Abläugnung erprobter Thatsachen geschehen. « Ich habe diesen Versuch seither öfters mit demselben Resultate wiederholt. 83 .Da’'man aber ‚dem Gewichte und Drucke des Quecksilbers hierbei den Uebertritt desselben aus den Arterien in die Venen durch. Eröffnung ausser- ordentlicher Wege zuschreiben könnte, so wählte ich in neueren Zeiten ein leichteres Fluidum zu diesem Versuche, nämlich die Milch. Ich liess gewöhnliche Kuhmilch in die Kehlvene von Kaninchen ein- fliessen, Es wird eine Quantität von 3—4 Unzen sehr bald aufgenommen und, ohne Beschwerde ‚ertragen. Tödtet man nach einigen Minuten das Thier, so "findet man nicht allein das Blut im rechten Herzen mit Milch angeschwän- gert;- sondern es zeigt sich die Milch auch im Blute der linken Herz- höhlen, der Aorta und der Pfortader. Merkwürdig ist es, dass man so lange das Blut flüssig ist, fast nichts von der Milch, selbst nicht in dem Blute des rechten Sinus des Herzens bemerkt, und dass sie erst mit der Coagulation des Blutes sich allmählich abscheidet. Lässt man das Thier länger als 15 Minuten leben, so bemerkt man die Milch weniger deutlich, nach einer Stunde schon gar nicht mehr, indem sie grösstentheils namentlich wohl ihr seröser Theil durch den Urin, der bald nach dem Experimente sehr häufig abgeht, ausge- schieden wird. Merkwürdig ist ebenfalls, dass man bei der Section in solchen Fällen die Milz durchaus nicht angeschwollen und von mit Milch geschwängertem Blute strotzend antrifft, was derjenige vermuthen sollte, welcher der Ansicht hul- digt, dass die Milz chylus- und milchähnliche Flüssigkeiten aus dem Blute aufzunehmen, aufzubewahren und zu hämatisiren bestimnt sei. Es geht also eine dem Blute an physicalischen und vitalen Eigenschaften ähnliche Flüssigkeit leicht und unmittelbar aus den Arterien der Lunge in die Venen derselben, von da in das ganze Arteriensystem und von den Arterien wieder in die Venen über. Es sind also offene Kanäle vorhanden, durch wel- che dieser Uebergang geschieht und durch dieselben Kanäle tritt nun auch ungehindert das Blut über. 11 * 84 Am besten gelingt der Versuch, wenn man dem Thiere ‘vor der: Infusion etwas Blut aus den: Adern‘ lässt. _, 5 add Himaıdlal) Ich behalte mir vor, Versuche damit anzustellen, wie lange Thiere noch zu leben im Stande sind, wenn die grösstmögliche Quantität von Milch in ihr Blutsystem gebracht wird. Ich hoffe, aus diesen Versuchen günstige Resultate für den Nutzen solcher Infusionen im kranken Zustande z. B. im letzten Stadium der Phtysis, des Scorbutes, des Typhus putridus, der Hunds- wuth, der Vergiftung durch den Biss des Crotalus und anderer Giftschlan- gen ziehen zu können. [I] v1. VERSUCHE, DIE SCHNELLIGKEIT DES. BLUTLAUFS UND ‚DER ABSONDERUNG ZU BESTIMMEN. VON E. HERING, PROFESSOR .AN DER KÖNIGL. THIER-ARZNEI-SCHULE ZU STUTTGART. (EINGESENDET IM JANUAR 1827.) Unter den verschiedenen Theilen der Physiologie ist wohl keiner von so vielen Seiten beleuchtet, und so oft besprochen worden, als die Lehre vom Blutlauf. Es genügt, auf die neuesten wie 'auf die älteren Handbücher jener Wissenschaft zu verweisen, und auf den Raum, welchen dieser Abschnitt darin einnimmt. An Versuchen über die Existenz der Blutbewegung, über ihre Ursachen und Folgen, ist kein Mangel, und sie werden noch fast täg- lich wiederholt; auch die Chemie hat ihre Beiträge zur Kenntniss der Be- standtheile jener Flüssigkeit geliefert. Nichts desto weniger haben die begründetsten Theorien über den Blutumlauf von Zeit zu Zeit Widerspruch gefunden, und die vielfältigen Analysen haben den Streit, ob das Blut aller Orten im Körper dieselbe oder verschiedene Mischung habe, noch nicht geschlichtet. Bei dieser vielseitigen Betrachtung des Blutumlaufs ist auf die Beobach- tung der Schnelligkeit, mit welcher das Blut sich bewegt, nur wenig Sorg- falt gewendet worden, und die Angaben hierüber sind meist sebr unbestimmt, nicht selten widersprechend. “ . 86 Unter den Physiologen des vorigen Jahrhunderts haben sich besonders Haes, HALLErR und SpaLLanzanı in der Bearbeitung dieses Gegenstandes ausgezeichnet. Die Versuche von Harzs '!) sind mit vieler Genauigkeit und Umsicht angestellt; er misst, wiegt und rechnet dabei unermüdlich. Insbesondere berechnet er die Schnelligkeit des Bluts für den Moment, ‘in welchem es aus dem Herzen in die Aorte gelangt, und gibt die Länge der Blutsäule bei einem Pferd mit 36 Pulsen in der Minute auf 1734,9 Fuss in der Stunde (oder 28,9 Fuss in der Minute) an. Keır’s Rechnung gibt stets eine dreimal grössere Summe, nämlich 5204,7 Fuss in der Stunde, oder 86,7 Fuss in der Minute 2). Für einen Ochsen wird die Länge einer solchen Blutsäule auf 1539 Fuss, und für einem Hammel auf 3449,5 Fuss in der Stunde berechnet 3). Der Blutcylinder eines Menschen (mit 75 Pulsschlägen in der Minute und Einer Unze Inhalt der linken Herzkammer) wäre nach Haes 24,7 Fuss in der Minute, nach Keır dreimal so viel, also 74,1 Fuss; nach Harvey und Lower aber das Doppelte hiervon, (weil sie den Inhalt des linken Ventrikels zu zwei Unzen annehmen) also,.149,2 Fuss.in der Minute, Nach den Ge- setzen der Hydraulik wird die Schnelligkeit des Bluts in den Arterien, weil es aus einem engeren in einen weiteren Raum fliesst, vermindert, und Keır berechnet sie in den kleinsten Arterien zu Y;a3;, oder gleich 0,083 Zoll in der Minute, die Geschwindigkeit des Blutlaufs am Ursprung; der Aorte als Ganzes, und ‚gleich, 149,2 ‚Fuss gesetzt. Der Blutlauf in den Lungen soll noch weit schneller seyn ?). Da durch die Lunge in derselben Zeit ebensoviel Blut passiren muss, als durch den übrigen Körper, indem die linke Herzkammer ihr Blut von der Lunge bekomnit. 1) Haemastatique ou Statique des Animaux. Experiences hydrauliques faites sur des animaux vivans etc. par W. E. Hales. — traduit de l’anglois par Mr. de Sauvages. Geneve 1744 ın 4. 2) a. a. O. Versuch 11]. $..24 und 25. 3) a. a. ©. Versuch IV und V. 4) a. a. 0. Xte Erfahrung $. 5 und 6. 87 Es ist zu bedauern, dass 'bei diesen Arbeiten ohne Untersuchung ange- nommen wurde: ‘die Zusammenziehung des Herzens sei die einzige Trieb- feder der Blutbewegung, die Ventrikel entleeren sich bei jeder Systole völlig, das Blut werde wie eine todte Flüssigkeit durch eine Art doppelter Pumpe getrieben u. s. w. — Voraussetzungen, welche sich bei näherer Be- trachtung nicht richtig gezeigt haben. SauvAGzs !) ist den Ansichten Harrs zugethan und bemerkt in einer Anmerkung seiner Uebersetzung, dass die Geschwindigkeit von 24,7 Fuss in der Minute für junge Leute gelten könne, da die mittlere Schnelligkeit bei erwachsenen ungefähr 30 Fuss sei. In einer Stelle seiner Nosologie ?) gibt er die Geschwindigkeit des Bluts, welches äus der linken Kammer strömt, gleich der Schnelligkeit eines Blutstroms an, welcher ungefähr 7 Fuss hoch herabfällt und dann wagrecht ausfliesst, d. i. gleich ungefähr 20 Fuss in der Secunde. Er behauptet ferner, die Schnelligkeit des Laufs sei im gesunden Zustand in jedem Gefäss gleich der in der Aorte, die Geschwindigkeit des Bluts aber, ‘welches die Hindernisse überwinde oder innerhalb der Gefässe fliesse, sei viel geringer als die, welche es in der Luft erhalten könne; er unterscheidet daher die wirkliche Schnelligkeit von der möglichen; erstere sei gleich dem Ueberschuss der Kraft, welche nach Abzug des auf Besiegung der Hindernisse gerichteten Kraft-Aufwands für die Bewegung des Bluts bleibt, und '/,, der letzteren, so dass also die Schnelligkeit in der Aorte in der That nur auf '/, Fuss in der Secunde gesetzt werden müsse. Harzer hat in einer Abhandlung 3) eine grosse Anzahl von Beobach- tungen über den Blutlauf niedergelegt, deren Resultate den Hypothesen der latromathematiker zum Theil geradezu entgegengesetzt sind. So spricht er 1) a. a. O. p- 33—43. Diese Anmerkung ist in der der deutschen Ausgabe (Statik des Geblüts u. s. w. Halle, 1748) nicht ganz übersetzt. 2) 2r Band. 6. 16 seq. 3) Oper. minor. T. 1. De motu sanguinis sermo, quo experimenta continentur, missus Göttingae ad societatem reg. scient. d. 24. Febr. 1756. 88 sich an mehreren Orten!) gegen die angenommene Verzögerung des Blut- laufs in den kleineren Gefässen, ‚und durch die Winkel: und Biegungen der Gefässe aus, so wie, gegen die von. HaLzs’ berechnete, grosse, Beschleinigung desselben in der Lunge. Indessen lässt er sich nicht auf eine Angabe der Schnelligkeit des Blutlaufs ‚ein ?2), sondern fand denselben sowohl in den Ar- terien als in den Venen nur äusserst schnell, und sehr schwer die.‚Länge des Weges mit der Zeit,zu vergleichen: Diess wird leicht begreiflich, wenn man sich erinnert, dass (die Versuche HarLer’s, beinahe alle an Fröschen nud kleinen Fischen, und mit Hülfe des Mikroskops gemacht wurden. Es scheint mir sehr gewagt, aus diesen Beobachtungen auf gleiches Ver- halten bei den Säugethieren und Vögeln, deren Herz das der kaltblütigen Thiere an Ausbildung so weit übertrifft, zu schliessen; auch kann der Vor- wurf, welcher ‚den experimentirenden Physiologen, besonders der neuern Zeit °), häufig und nicht ohne Grund gemacht wird, ‚dass sie nämlich durch die grausamen Verstümmelungen ‚der Thiere, welche sie benutzen, nur un- ‚sichere Resultate liefern, auf die ‚meisten Versuche HALLER’S angewandt wer- den, und es ist daher zu verwundern, dass man zur Beobachtung des Blut- Taufs mit dem Mikroskope nicht häufiger die Fledermäuse gewählt hat, deren Flügel sich ohne einige Verletzung dazu eignen, und deren innerer Bau weit eher Schlüsse aus. der Analogie zulässt. Die Versuche SpaLLanzanıs und DöLLınger’s haben in Bezug auf die Bemessung der Schnelligkeit des Blutlaufs °) den Stand der Sache nicht geändert; auch findet mehreres über Harzer Gesagte Anwendung auf dieselben, 1) Sectio IV... Corollar I. Non adeo in minoribus ‚ vasis sanguinem retardari, ut vulgo scribunt, cum.et aeque ceieriter in ramis fluet etc. Sectio VI. Corollar I. Fabulosa sunt adeo quae de maxima illa sauguinis in minoribns arterüis retardatione scripta sunt etc. 2) 1. c. tom. 4. p. 199 u. 206. 3) z. B. Dagoumer, un mot sur les experiences de Mr. le Dr. Magendie. Paris 1824. 4) Eine kurze Zusammenstellung des darüber Bekannten findet sich in: Oesterreicher’s Lehre vom Kreislauf des Bluts. Nürnberg 1826. 89 In mehreren neuern Schriften, welche sich über die Geschwindigkeit des Blutlaufs beim Menschen äussern, hat die Methode, sie nach dem Inhalt des einen Herzventrikels, der Blutmenge und der Anzahl der Pulse in einer bestimmten Zeit zu berechnen, sich erhalten, und die Zoophysiologen sind wie gewöhnlich dem bereits betretenen Wege gefolgt. Die Unsicherheit einer solchen Rechnung ist einleuchtend, wenn man bedenkt, dass der eine der Factoren derselben, die Blutmenge, nicht genau bekannt ist, die beiden andern aber, die Zahl der Pulse und die Capacität des linken Ventrikels, bedeutenden Veränderungen, sogar ums Mehrfache unterworfen sind !). Indem ich mir vornahm, über diesen Gegenstand eine Reihe von Ver- suchen anzustellen, musste ich vorerst eine andre, ‘als die bisher befolgte Methode aufsuchen; sie besteht darin, eine unschädliche und im Blute leicht wieder zu findende Flüssigkeit demselben beizumischen, in gewissen Zeit- räumen an einer andern Stelle des Körpers Blut zu nehmen, und sodann durch Untersuchung dieser Preben und Vergleichung der Zeit, welche die Substanz brauchte, um von dem einen Gefäss in das andere zu kommen, mit dem Weg, wie ihn die Anatomie nachweist, eine Vorstellung von der Geschwindigkeit des Blutumlaufs zu erhalten. Eine Auflösung von blau- saurem Eisenoxydalkali entsprach meinen Zwecken aufs beste, da es, wie die Versuche zeigen, in grosser Menge dem Blute beigemischt werden kann, ohne eine störende Wirkung, bei gehöriger Vorsicht, zu äussern, und ver- möge der Reagentien in den meisten Flüssigkeiten und festen Theilen des Körpers, leicht und mit Sicherheit, wieder zu erkennen ist. Bei mehreren früheren Versuchen habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Infusion oder das Einflössen der Flüssigkeiten mittelst eines Trichters, nach Art des Herrer’schen Adertrichters, dem Einspritzen weit vorzuziehen sei. Ich bediente mich daher bei den folgenden Versuchen, welche alle an 1) Ich habe die Capacität der linken Herzkanmer des Pferds um mehr als das dreifache, nämlich von 3—10 Unzen, und die der rechten Kammer sogar um das 9—10fache, von 4 bis 38 Unzen variiren gesehen. Zeitschrift f. Physiol, If. 1. 12 90 Pferden gemacht sind, eines schliessbaren Tubuli, welcher zu einer grossen Injections-Spritze gehört, auf den ich einen 2 Unzen haltenden mes- singenen Trichter schraubte. Ist die Röhre des Tubulus in die Vene eingebracht, so giesse ich die dem Blute beizumischende Flüssigkeit in den Trichter, öffne den Hahn der Röhre und gestatte so derselben das Eindrin- gen, welches, da die Oeffnung des Tubulus federkieldick ist, sehr rasch geschieht. Ist die Flüssigkeit abgeflossen, so wird der Hahn schnell geschlos- sen, um den Zutritt der Luft in die Vene zu verhindern. "Auf diese "Weise konnten die einfachen Versuche ohne grosse Belästigung des Thiers ange- stellt werden, da sich die Verletzungen auf zwei gewöhnliche Aderlass- Oeffnungen beschränkten, und der Blutverlust meistens sehr gering war. Die zu den Versuchen benutzten Thiere mussten früher oder später, 'Behufs der anatomischen Demonstrationen getödtet werden; dies gab Veranlassung, die infundirte Flüssigkeit in den Absonderungs-Organen und ihren Producten zu suchen, und noch eine Reihe hier nicht erwähnter Versuche mit beson- derer Hinsicht auf Resorbtion und Secretion anzustellen. Wenn gleich diese letzteren keine neue Resultate bis jetzt darbieten, sondern blos bereits bekannte T'hatsachen theils bestätigen, theils genauer kennen lernen, so scheinen sie mir doch, in Verbindung mit den folgenden deshalb nicht ohne Interesse, weil sie dazu dienen können, die gar zu mechanischen Ansichten jener Functionen, wie sie in neuerer Zeit aufgestellt werden, zu berichtigen. Ich werde sie bei einer andern Gelegenheit mittheilen. Um das blansaure Kali in dem Blute oder in andern Flüssigkeiten des Körpers zu entdecken, habe ich das schwefelsaure Eisen, dem schwefel- sauren Kupfer und dem salzsauren Eisen vorzuziehen gefunden !). Da aber das schwefelsaure Eisen nur langsam und erst nach vorhergegangener höherer 4) Was Fod&ra in seinen Recherches exp&rimentales sur Yabsorption et l’exhalation. Paris 1824. über die Wirkung dieser Reagentien p. 62 sg. sagt, kann ich bestätigen, nicht aber seine Ansichten von der Absondertung und Einsaugung, 9 Oxydation "einen blauen Niederschlag bildet, so ist es vortheilhaft, nachher etwäs Salzsäure zuzusetzen,' wodurch :das Praecipitat sogleich jene Farbe bekommt. ‘Es lässt sich 'hiedurch das blausaure Kali hei’ 20,000facher Ver- dünnnng mit Serum noch deutlich erkennen. In einem Serum wird der Nie- derschlag weiss, von coagulirtem Eiweiss. Da wegen: der dunkeln Farbe des Bluts sich das blausaure Eisen, besonders in geringer Menge, nicht unterscheiden liesse, 'so habe ich jedesmal die Blutproben einen bis zwei Tage stehen lassen, um klares Serum zu bekommen, von diesem einige Trop- fen auf weisses Papier fallen lassen, sodann zuerst einige Tropfen schwefel- saure Eisensolution (1 Drachme zu 3 Unzen destill. Wasser) und darauf einen Tropfen starke Salzsäure zugefügt, wo sich dann schnell über die Anwe- senheit oder das Fehlen des blausauren Kalı entscheiden liess. Bei Un- tersuchung der häutigen und übrigen Organe ist im Wesentlichen dasselbe Verfahren angewendet worden. ERSTER VERSUCH. den 21. März 1826. Vormittags 10 Uhr. Einem kleinen, braunen, 15—18 Jahre alten einäugigen Wallachen, ohne Zeichen innerer Krankheit, wurde mit der Fliete eine Oeffnung in die linke Vena jugularis gemacht, ein verschlossener Tubulus in die Vene ein- gebracht, und der Trichter darauf gesetzt, sodann durch Eingiessen von etwas lauem Wasser und Oeffnen des Hahns sich davon überzeugt, dass die Flüssigkeit in die Vene laufe. Hierauf wurde eine Auflösung von 2 Drachmen blausaurem Kali in 22 Drachmen destillirtem Wasser, vorher auf + 24° R. erwärmt, eingegossen, ‘wozu 15 Secunden erforderlich waren, der Apparat sodann entfernt, und durch Streichen längs der Vene der Blutlauf befördert. Eine Minute nach vollbrachter Infusion liess man aus der gemachten Oeffnung etliche Unzen Blut in ein Glas fliessen, und wiederholte dieses am Anfang der 2., 3., 4, 5., 6., 7., 8, 9., 11. und #5. Minute. Der hierdurch 12” 92 entstandene Blutverlust mochte 2 Pfund betragen haben. Während des gan- zen Vorgangs war das Thier ruhig, athmete nicht, schneller, und behielt einen normalen Puls, von 46 Schlägen. Es verzehrte das ihm gereichte Fuiter mit Begierde, und liess auch später keine Aenderung in seinem Zu- stande wahrnehmen. Gegen Ein Uhr entleerte das Thier den Harn; man fing ungefähr einen halben Schoppen davon auf und setzte einige Tropfen schwefelsaure Eisensolution hinzu, wodurch ein graubrauner Niederschlag und hellblaue Flocken sich bildeten, welche allmählich eine dunkelblaue Farbe annahmen. Als sich an dem in 11 Gläsern aufgefangenen Blute Serum ausgeschie- den hatte, wurde dasselbe mit jener Auflösung untersucht, und es zeigte sich bei Nr. 1. 2. 4. 5. (Nr. 3 hatte kein klares Serum geliefert) deutlich ein blauer Niederschlag, bei Nr. 6 wurde kaum eine Spur, bei Nr. 7 wie- der etwas mehr, bei Nr. 8 und 9 sehr wenig, und bei Nr. 11 und 15 noch weniger blaue Färbung bemerkt; wie aber etwas Salzsäure zu jeder Probe gesetzt wurde, zeigten alle sogleich deutlich die blaue Farbe. Die Unter- suchung des Serum ist nach 2 und 3 Tagen wiederholt worden, und das Resultat ist sich gleich geblieben. Es hatte diesem zufolge das blausaure Kali den Weg durch die linke Vena jugularis hinab zum rechten Herzen, durch die Lunge zum linken, und durch die Carotis zum Kopf und zurück in dieselbe Vene in weniger als Einer Minute gemacht; es war während einer Viertelstunde im Kreislauf geblieben, ohne denselben zu stören, und zeigte sich nach 3,Stunden im Harn (obwohl es schon viel früher in denselben gelangt seyn muss). ZWEITER VERSUCH. Den 25. März 1826. Nachmittags 4 Uhr. Einer siebenjährigen Fuchs - Stute mittlerer Grösse, mit Verletzung des rech- ten Vorderbeins, wurden beide Venae jugulares mit der Fliete geöffnet, und in 93 die linke eine auf 30° R. erwärmte Auflösung von einer halben Unze blau- saurem Kali in 2 Unzen destillirten Wasser, auf die bereits erwähnte Weise eingeflösst; zu gleicher Zeit wurde aus der rechten Jugularis von 15 zu 15 Se- cunden Blut aufgefangen, so dass man also von der 1. Minute vier Proben er- hielt. Im Verlauf der 2. Minute nach Anfang des Versuchs neigte sich das Thier auf die linke Seite und fiel nach etlichen Secunden nieder. Von dem auf dem Boden liegenden Thiere erhielt man noch Blutproben von der 2., 3. und 4, Mi- nute. Die Vorboten des Todes stellten sich ein, ‘aber durch Eingiessen von etwas Lig. ammon. caust. in die Nase und das Maul wurde das Ende noch eiwas verzögert. Der Puls, welcher vor dem Versuch 36 Schläge in der Minute hatte, war nicht mehr deutlich wahrzunehmen. In der 10. Minute floss ein wenig Harn aus der Scheide. 15 Minuten nach der Infusion bemerkte man keine Spur des Lebens mehr; der Tod war ganz ohne Zuckungen eingetre- ten und das Blut der Jugularis war 'noch flüssig. Es wurde sogleich zur Section geschritten. Bei Oeffnung der Bauchhöhle fand man ‘etliche Pfunde seröse Flüs- sigkeit, die Gedärme in starker Bewegung, keine Spuren von Entzündung, blos an einem Stück des Darms die Venen stark angefüllt, den Magen zusammengeschrumpft (die Temperatur in demselben so wie im‘ Colon war + 30° R.), die Chylus-Gefässe und die Cisterna chyli angefüllt; die Arterie des Colon wie gewöhnlich aneurismatisch. Die Lungen. waren rosen- roth und enthielten viel Luft, das Gewebe derselben war nicht abnorm. Im Herzbeutel fand sich ungefähr 1/, Schoppen Serum ; das Herz war ohne Abwei- chung, und mit flüssigem Blut ziemlich gefüllt. Als die einzelnen Organe anf die bekannte Weise auf blausaures Kali untersucht wurden, reagirte: die Schleimhaut der:rechten Hälfte des Magens (die der linken nicht), die Schleim- haut desDarms, die der Luftröhre ziemlich (zwischen der Muskel- und Schleim- hant stärker), die-Riechhaut stark, ‚die Schleimhaut'.der Zunge wenig, die _ Backen fast garnicht; noch weniger die des Fruchthälters. Die Röhren- substanz der Nieren und das Nierenbecken reagirten stark. 94 Der Uhylus, aus der Cisterne genommen, war milchweiss, coagulirte und wurde nach 2 Stunden Jleischfarbig. Am: andern Tag hätte sich in \die Mitte ein festes Gerinnsel von 'rosenrother 'Farhe gebildet, das 'von einer milchigen Flüssigkeit umgeben ward." Es reagirte bläulich. Das Wasser aus der Bauchhöhle kaum grünlich; das aus dem Herzbeutel etwas stärker. Synovia aus dem hintern Knie-Gelenk: grünlich. Blut, welches bei der Section’ aus der Achselarterie, aus der Lunge, der hintern Hohlvene und aus dem Herzen genommen worden 'war, ‚reagirte stark blau. Die drei erstgenannten Proben brauchten vier Tage, um Serum auszuscheiden, das letztgenannte hatte am meisten gebildet. Das Serum der ersten Probe des Versuchs (von 1—15 Sec.) reagirte nicht; das der 2.. Probe (von 15—30 'Sec.) aber deutlich blau; das: von /, und das von 1 Minute sehr stark;,.so auch die Proben von der %., 3., 4. und 15. Minute. Der Harn hatte sich nach 4 Tagen in eine helle, obere Schicht und einen trüben, zähen Satz geschieden. Beim Zugiessen von etwas schwefelsaurem Eisen und Salzsäure entstand nur‘ eine grünlichbraune Farbe, obgleich. in den ersten Stunden nach dem Versuche sich die blaue Baur bei einer kleinen Probe deutlich gezeigt hatte. Die genannten Flüssigkeiten sind später zu wiederholten Malen mit glei- chem Erfolg untersucht worden. Es hatte demnach das blausaure Kali in den letzten 15 Minuten des Lebens dieser Stute sich in alle Theile des Kör- pers verbreitet. Es ist in dieser Zeit von den Schleimhäuten (da wo sie nicht von dem Epithelium überzogen sind) von den serösen und Synovialhäuten, besonders aber von den Nieren wieder ausgesondert worden. Es hat den Lauf von der linken zur rechten Jugularvene in einer Zeit von 15—30 Se- cunden gemacht. Es ist endlich'‘im Verlauf des Versuchs dem Chylus beige- mischt worden. Die Ursache des unvermutheten Todes des Thiers liegt aller Wahrschemlichkeit nach darin, dass der Hahn der Röhre nach dem Ab- fliessen der Auflösung nicht sogleich ‘geschlossen und ‘damit der Luft der Eintritt in die Vene gestattet wurde: un u Ze a ee 9 Da der vorhergehende Versuch nicht als völlig gelungen angesehen wer- den konnte, so wurden im PA DRITTEN VERSUCH den 3. April 1826, 10'/, Uhr Vormittags. dem braunen Wallächen, der zum ersten Versuch gedient hatte, unter den- selben Umständen wie früher, eine Auflösung von zwei Drachmen blausau- saurem Kali in 2 Unzen destillirtem Wasser in die linke Jugularvene eingeflösst. 15 Secunden, nachdem man den Hahn geöffnet hatte (die Flüssigkeit brauchte aber nur 8—10 Secunden, um in die Vene zu gelangen), fing man an, ‚aus der rechten Jugularis Blut aufzufangen, und fuhr damit bis zur 30. Secunde fort. Das zweite Gefäss nahm das Blut von der 30. bis 45. Secunde auf, das dritte von der 45. Secunde bis 1 Minute, das vierte von 1 Minute bis 1'/,, sodann Nr. 5. nach 1'/, Minuten, = a USE. R ee e a BERN 2 40. | =:94 . - 11. 1%, Stunden nach dem Anfang des Versuchs. a ai uamlite - 13. 5% - -ı.- = = - - 1.8 - -- - ne a Bei der am folgenden Tag vorgenommenen Untersuchung des Serum dieser Blutproben zeigten sich Nr. 1. 2. 3. 4 und 5 dunkelblau; bei Nr. 6. 7 und 8 schien die Farbe etwas heller zu werden; Nr. 9 noch heller, blau- grün; Nr. 10 ebenso. Nr. 11 grünlich, Nr. 12 weniger, Nr. 13 kaum grün- lich, Nr. 14 fast unmerklich. 96 Der Puls des Thiers war vor, während und nach dem,',Versuch gleich auf 36 geblieben. Der Blutverlust betrug im Ganzen ‚bei: 3 Pfund. Der Harn, welchen das Thier 2'/, Stunden nach der Infusion liess, reagirte sowohl gleich als auch 2 Tage später sehr stark blau, und bildete einen deutlichen Niederschlag, was beim Serum nicht der Fall war. Bei diesem Versuch sieht man die Flüssigkeit zwischen 15 und 30 Se- cunden im Gefässsystem vertheilt werden, und durch die entgegengesetzte Jugularvene zurückkommen. Die Ausscheidung des fremden Stoffs muss auch wohl sogleich beginnen, da schon nach etlichen Minuten die Färbung des Serum an Intensität abnimmt. Nach 8 Stunden erscheint das Blut beinahe ganz davon gereinigt. | Man könnte glauben, dass durch Anastomosen zwischen beiden Jugular- venen, oder durch momentanen Rückfluss aus der Cava anterior in die Jugu- lares die Flüssigkeit von der einen Seite auf die andere gelangen könne; allein der Rückfluss, wenn er auch statt fände, kann wegen dem Druck mit den Fingern, welchen man beim Aderlassen an den Pferden stets unterhalb der Oeffnung anbringt, nicht bis zu dieser selbst dringen; und ersteren Zweifel beseitigt der nachfolgende Versuch. VIERTER VERSUCH Den 3. April 1826. Nachmittags. Hierzu diente eine 15jährige Schimmel-Stute, mittlerer Grösse, seit 10 Tagen mit schleichender Hirn-Entzündung, welche bereits Wasser-Er- guss zur Folge gehabt hatte, in der Behandlung, und als unrettbar aufge- geben. Dieses Thier schien seit: einigen Tagen ganz traurig zu seyn. Es stand entweder mit stark auf die rechte Seite gebogenem Halse und Kopfe lange Zeit unbeweglich, oder lief anhaltend im Kreise rechts, und ver- schmähte alle Nahrung. Es war nur mit grosser Anstrengung ungefähr 100 Schritte weit zu bringen. Der Puls war vor und während der Infusion 56 in der Minute. 9% Es wurde die linke Jugularvene geöffnet, dasselbe geschah auch an der rechten Schrankaddr {Vena säpheha imagna) 3-4’ Zoll{üiher dem Sprung- ‚gelenk, ‚darauf wurde eine Anferuus von ? Drachmen eye Kali in zwei Unzen destillirtem Wasser i in die erstgenandite "Vene’ einkeflögdt,," 'was eben ‘so schnell und glücklich ging 3, "als beim vorhergehenden Versuch. Das Thier erhob den Kopf und taumelte einige Schritte zurück. Mit dem Anfang der Fe Wurde ein Kelch“ an ud Schrankader gehalten, und zwar, weil das “A ut nicht sogleich zu Janten anfing, bis‘ zur 20. Secunde. „aD. sind E® In en Zwischenräumen wurden während der ersten Minute noch 3 andre Kelche angebracht. Ein 4ter Kelch nahm das Blut von 1—1'/, Mi- nuten, ein Ster von AA Minuten, ein 6. le, 3 9. und ‚10: je ‚von der a 4. 2 | 6., und 7 Minute "auf. vos De BIER Erbalonen ‚Blutmengen: waren, a „gering ne Theil nur Drachmen); weil das Blut sehr langsam ausfloss, und das Thier stets „hinter sich zu, fallen, drohte. ; Der Verlust an Blut mag AR | Pfund be- Aragen ‚haben. ‚Es ‚war, ‚auffallend hellroth ‚und ‚gerann; ‚bald. ‚Serum, schied ‚sich ‚nach, 24 Stunden ‚noch keines, und, ‚nach 48 Surfer nur; /sehr , wenig „aus. |. ‚(Bei Nr. 4, und,,8 auch dann ‚noch, nicht). an ), . rt 14 A z 111»? "Bei ’der Untersuchung.der Proben reagirte: Nr. 1. (von ‚der 20. Se- ni), ‚grünlich; | Nr. 2:und!3...(von der 20.40. und 60.:Secunde) ziemlich stark; ebenso-.@lle » nachfolgenden; doch nahm 'von Nr. 6. an | (welches. der 3. Minute entspricht) die Färbung ab, so dass Nr. 9. [von der 6. Minute) nur wenig dunk er als Nr, 1 | "war; "Nr. 10 aber’ wieder etwas mehr. Bei diesem . Versuch ergibt. - -sich, as das blausaure Kali innerhalb 20 Secunden von der,. Jinken , Drosselyene ‚durch, die ‚rechte Herzhälfte, die Lungen, linke Herzhälfte,, ‚Aorta, deren ‚Aeste und. ‚Gapillar-Gefässe des Hinterfusses in die rechte Vena saphena ‚gekommen ist, Das Thier schien durch: ‚dieses, Experiment etwas aufgeregt lohn zu seyn, zum wenigsten befand es,sich 2 Tage später nicht schlimmer als vorher. Zeitschrift f. Physiol, III. 1. 13 98 DER: FÜNFTE VERSUCH, el wurde am ‚6.. April an der Schimmelsfute 2 vorigen Vernche gemacht; sie befand sich noch in demselben Zustande und ‚war äusserst schwach, ging aber, nunmehr, links; der Puls war auf 64 gestiegen. Zwei Drachmen blausaures Kali, wurden, in einer Unze destillirtem Wasser aufgelöst und auf die gewöhnliche Weise in die linke Jugularis eingegossen „ wozu nur etliche Secunden nöthig waren. Von dem Moment an, in welchem der Hahn des Tubulus geöffuet worden, liess man aus der rechten Brusthautvene (Sporader, Vena thoracica externa) Blur i in ein Gefäss bis zur 15. Secunde strömen, in ein 2. Geläss bis zur 23. und 'in ein drittes, ‚bis zur ‚30. Secunde. "Das Tier ging nun einige Schritte rückwärts, häumi sich, schlug hinten über, und lag am Boden so nngünstig wid in Zuckungen, dass ich Anf'die' Fortsetzung des Versuchs verzichten musste. "Um seine "Leiden schiiell zu enden, Würde es in der 4. Minute nach Anfang des Versuchs (der Puls war'auf 96 gestie- gen) durch den Geniekstich "setödtet ‚ aabei "von "der Ausströntenden'Binte, so wie einige’ Tropfen schleiniige Flüssigkeit, welche aus’der" Vapina mit lebhafter Bewegung der. Clitoris 'kameh ‚"aufgefängen)"ünd :86 sehuell”als möglich die ‚Section - vorgenommen, "welche von dev 113: «bis 1255» Minute dauerte. (‘Das Verhalten der "Flüssigkeiten 'und‘.fösten Thhäiler! auf iden | Zusatz ‘von schwefelsänrer -Eisensolution 'und‘ Salzsäurezwär folgenltesosnsc) ; June de (slorızat aM £ Serum der" 1. ‚Blutprobe, (von 1-15 “Secunden) ı reagirte, ‚nicht. r N 2. - (Wv on 15—23 Secunden) ebenso. 2 a la At ie , (von Ye 30 Secunden) rünflich. krpat des Blue 'vöm Getckstich (4. Mintite)' am Dars-nebemmnängnns Sorge: Flüssigkeit aus der’ "Bäuchköhle: dünkidhi.l Aal uogmmd - EP Bruisthöhle? ebenso!‘ TEE LEI DE TEE ah aus dem Herzbeutel: bläulich. ulT as e . y! Ar ru Jun) LER Dun a ı P i nIFeBINIW IOUIS „LINIE (NB. war nicht ganz rein von Blut.) a) 111 ‚loreyd MislariioN 99 - 1 Synovia aus (dem Fesselgelenk: unmerklich. -0%/Serum des Bluts /aus der hintern Hohlvene: stark blaugrün. wos - — aus der linken Herzkanmer: ebenso. . Thränen-Flüssigkeit, Humor aqueus, und vitreus, aus dem linken Auge, ‚reagirten nicht. Magen, Darmkanal, Fruchthälter, Eierstock, durchschnittene Muskeln, Schaanı, Luftröhrenstück ‚ Hirn, Nervus ischiatius reagirten weder aussen noch innen; auf den Schleimhäuten brachte das Reagens eine blos weissliche Trü- bung (coagulirten Schleim) hervor. Die hintere Aorte und Hohlvene reagirten innen nicht; die Lungen wurden -bläulich, noch mehr die Speicheldrüsen. In den Nieren reagirte sowohl die Rinden- als Marksubstanz, letztere schön himmelblau; selbst der Schleim im Nierenbecken bläulich, der Harn in der Blase aber nicht. Das. Resultat dieses Versuchs ‚ist: dass das blausaure Kali in der linken Jugularvene dem. Blute beigemischt, "zwisehen ‚23 bis 30 Secunden in der echten ıBrusthautvene "wieder ‚ erscheint, | in ‚welche ‚es durch die Arterien .der Brust und Bauchwände gekommen seyn ımuss. Ferner ist das blausaure Kali innerhalb 4 Minuten (und wenn man die Absonderung noch nach dem Tode fortgehend ‚annimmt, von der 13. Minute, als Zeitpunct der Oeffnung der Brust- und 'Bauchhöhle bis:zur 25. Minute, als dem Ende der Section) in die von den serösen Häuten: des Rumpfs, (nicht aber des Kopfs) abge- sonderten Flüssigkeiten und in den Speicheldrüsen, am meisten aber in die Nieren gelangt, von wo escjedoch: nicht mehr in die Harnblase herab kommen konnte. Dagegen ist dasselbe von den Schleimhäuten noch nicht ab- gesondert worden, und in den-Muskeln, der Schaam und Nervensubstanz. nicht zu finden gewesen, wohl aber in der Lunge. Dass es an der innern. Wand der Blutgefässe nicht nachzuweisen ist, während es doch im Blute dieser Adern sich befand, scheint aus der mangelnden Adhäsion an diese glatten Wände sich erklären zu lassen. 13° 100 Der kranke Zustand des Thiers mag ohne Zweifel Einfluss saufidie Re- sultate des Versuchs gehabt haben.» So scheint der ‚Blutlauf diessmal ‚lang- samer, da das Blut von der Jugularis. bis zur, thoracica externa einen _kürzern Weg hatte, als in vorigen Versuchen, auch der Puls schneller geworden. war. Die Ab- und Aussonderungen hatten seit mehreren Tagen fast völlig. auf- aufgehört; blos bildete sich noch Schaum am Maule. Beim Tödten entleerte das Thier ganz trockenen Mist, und die Blase fand sich ungewöhnlich von Harn ausgedehnt. Die Spuren, welche die Krankheit am Hirn hinterlassen hatte, bestanden in Anfüllung der Venen mit Blut, und der Ventrikel mit Wasser; die Lungen waren schlaff, sonst gesund, ebenso die Organe der Bauchhöhle. . rl belle enter rere NERSSH.C His Dem im ersten und dritten Versuche erwähnten einäugigen braunen Wallachen wurde am'1.'Mai 1826, 3%, Uhr eine: Auflösung von zwei Drach- men 'blausaurem Kali in anderthalb Unzen destillirtem Wasser indie linke Drosselvene eingeflösst, ’ "Vorher ' hatte‘ ich ’ die sogenannte Temporalarterie (eigentlich obere Jochmuskel-Arterie) blos'gelegt und verwundet, die beglei- tende Vene aber unterbunden, damit sich Ihr Blut nicht mit dem der 'Arterie vermische. "Puls und. Athmen waren: vor dem Versuche normal, die Infusion ging gut und schnell von ‚statten, ‚aber ein Umstand 'hinderte mich, nach. dem’ Abfluss der Solution den Hahn sogleich zu 3 und so geschah *, ‘dass’’etwas Luft in die ‘Vene trat. | 15 Secunden nach dem Anfang her Infusion‘ wurdevein Glas an die ver- letzte Arterie' gehalten und“ damitobiszur 30. :Secunde ' fortgefahren; mal bekam nur einet halbe; Unze! bis: 6 Drachmen a ‚und die: Arterie hörte lauf zucblutensol 0 © © ‚sanısh ob ui a 07 or | ' Main hielt! deswegen mit 45 Secunden ein Geläss an die geöffnete‘ Tine Jugularis. ' Inzwischen‘ fing das: 'Thhier: an,’ stark zu 'schnauben, taumelte und stürzte nach einer Minute zu Boden; man erbielt hier noch’ Blutproben aus r 101 der Drosselvene von 13%, /y, 2/1, 3Y1, 3%, und 4 Minuten, Nach einigen vergeblichen Versuchen, aufzustehen, trat der Tod in der 5. Minute ein. ©) Es »wurden’sogleich. Brust- und Bauchhöhle' geöffnet, ' von den: sich vor- findenden Flüssigkeiten Proben genommen und Stücke der nachbenannten Organe ausgeschnitten, um sie auf die gewöhnliche Weise zu untersuchen. Die Resultate sind folgende: Serum aus der Bauchhöhle wurde kaum merklich grün, aus der Brust- höhle etwas deutlicher, aus dem Herzbeutel noch mehr. (Letzteres betrug ungefähr eine halbe Unze und war röthlich). Synovia aus.dem linken Hinterkniegelenk (erst nach 3/, Stunde genom- men) reagirte grünlich. Chylus aus dem Ductus thoracicus, derselbe war lehmfarbig, gelatini- sirte, schied Serum aus und dieses reagirte deutlich grün. Harn aus der Blase (diekflüssig) reagirte nicht. ‚Serum von Blut aus der rechten Herzkammer: stark himmelblau. Serum von Blut aus der linken Herzkammer: etwas heller. (ersteres hatte nach 18 Stunden fast die Hälfte Serum und in der Mitte des Gefässes einen faserstoffigen Zapfen gebildet, letzteres wenig Serum und oben eine opace Haut von geringer Consistenz). Der Magen reagirte aussen nicht, innen in der rechten Hälfte stark, die linke nicht; ‚ebensowenig die innere Fläche des Schlunds; aber die äus- sere Seite der Schleimhaut oder das Gewebe zwischen der Muskel- und Schleimhaut reagirten am Schlund und Magen deutlich blau. (Doch an der linken Hälfte fast nicht). Auf der Schleimhaut des dünnen Darms war die Reaction weniger deutlich als im dicken Darm, auch auf der serösen Haut "war sie nur unbedeutend. Milz und Leber schienen aussen nicht zu reagiren, die Pfortader innen ebensowenig. Die Kinnbackendrüse reagirte im Durch- schnitt deutlich blau; die Schleimhaut der Luftröhre innen nicht; die Mus- kelhaut undeutlich; ‚die Knorpelreife aussen bläulich; die Lunge zeigte aussen ‚bläuliche ‚Streifen,; welche, die Form der: Lungenläppchen nachahmten, im 102 Durchschnitt wurde sie gräulichbraun. Die Lungenarterie. reagirte innen nur schwach, die Venen aber deutlich ‚die Bronchialdrüsen zeigten: im Dursch- schnitt braune Puncte; ebenso die Substanz des Herzens, die äussere Fläche desselben reagirte nur wenig, die innere des linken Ventrikels sehr deutlich, nicht minder der 'rechte Ventrikel; die Kranzarterien innen und die Aorte in ihrem ganzen Verlauf mehr oder weniger deutlich; das Bruststück der hintern: Hohlvene blau; das Zwerchfell auf der vordern Fläche nur wenig, auf der hintern noch weniger; die Nieren in der Rindensubstanz, bestimmter die röhrige Substanz, das Nierenbecken aber ward weiss. Das Serum: der Blutproben sowohl aus der Arter. masseter. (von 15 — 30 Secunden) als aus der Jugularis (von %/,—4 Minuten) reagirten' bei allen deutlich; ‘das erste himmelblau, die andre 'venosen anfangs grünlich blau und später so dunkel, wie die arteriose Probe. Bei diesem Versuch zeigt sich wieder die grosse Schnelligkeit, mit welcher sich das Blut bewegt, da es um von der Jugularvene in die Arterie des Jochmuskels zu kommen, zwischen 15 und 30 Secunden brauchte; auch mit /, Minute, und später wieder in der Drosselvene vorhanden war. Fast ebenso schnell hat das blausaure Kali mittelst der Arterien alle Theile des Körpers durchdrungen, und sich innerhalb höchsens 5 Minuten den Abson- derungen der serösen Häute — und zwar am meisten im Herzbeutel, dann in der Brusthöhle, Bauchhöhle und Gelenkkapsel, also ganz im Verhältniss mit der Entfernung vom Herzen — mitgetheilt. Nicht weniger zeigte es sich auf den Schleimhäuten (da wo sie nicht von der Oberhaut bedeckt sind), am stärksten aber in der Niere, wo es jedoch nicht Zeit gehabt zu haben scheint, in die röhrige Substanz und das Nierenbecken, noch weniger in die Blase überzugehen. Nächst den Nieren warses in den Speicheldrüsen am meisten enthalten. Auffallend aber ist, dass die Substanz der Lunge innen nicht deutlicher reagirt, und 'ebensowenig die Schleimhaut der Luftröhre, da das blausaure Kali doch ohne Zweifel die Lunge mehrmals passiren musste, und sich in 103 dem Herzen und den Gefässen zeigte. Oder wird vielleicht durch die dunkle Farbe der Lunge die blaue Farbe des Niederschlags verwischt und undeut- lich gemacht? Die Anwesenheit in den Lymphdrüsen und im »Chylus beweist auch, dass in diesen die Bewegung nicht so gar langsam seyn muss, und scheint mir auf eine Verbindung zwischen den Arterien und Mena wie sie MAGENDIE annimmt, hinzudeuten. Auch hat in diesem Falle das blausaure Kali die Gefässwände zum Theil beneizt, was im vorhergehenden Versuch nicht statt fand. SIEBENTER VERSUCH. Den 10. Mai 1826. Nachmittags. Ein 4'/,jähriger brauner Hengst, welcher mit Lungenvereiterung behaf- tet, einen Puls von 100 Schlägen in der Minute hatte, und in derselben Zeit 60 mal athmete, war das Object dieses Versuchs. Es wurde ihm, un- ter den gewöhnlichen Vorsichtsmaasregeln eine Auflösung von 2 Drachmen ‚blausaurem Kali, in. 2 ‚Unzen destillirtem, Wasser in ‚die Jinke Jugularvene eingeflösst, und. aus ‚denselben Gefässe der ‚rechten Seite von der 1. bis 8. Secunde, von da bisızur 16.: und wieder von .der 24. zur 30. Secunde Blut genommen. Dabei war das, Thier so, unruhig, dass ungefähr der ‚3. Theil der Auflösung verloren ging; es ‚legte sich zu Boden, und man nahm hier noch in ein viertes Gefäss Blut aus: der linken Jugularis von ‚1Y/a,bis, 13/4 ,Minuten. ‚In der, 3. Minute nach dem Anfang der Infusion wurde das Thier durch den Genickstich getödtet, und in der 5. Minute die, Oeff- nung vorgenommen. hu »4101 NV omvsden erhaltenen; Kiieigkeiken zeagimter ou (eulanon Die Synovia aus dem linken Hinterkniegelenk: unmerklich. Serum aus der Bauchhöhle: deutlich, (aber am: wenigsten von .den serö- sen Flüssigkeiten). — 104 ‘Seruin (aus: der! Britsthöhle: grün’ sion vo lan) mob bus mosell mn) Serum aus ıdem ‚Herzbeutehi.ebenso, un! onnll oil ounınk ob sd Lymphe aus dem Milchbrustgang (röthlich und etwas fettig,.eb mit Blut verunreinigt?) deutlich ‚grünlich\. u. on u Insaownh Si Zäher Schleim: vom. Pylorus: nicht. 1.0. u on 1 0b mn) Braune Jauche' aus der, Lunge: nicht. | 1.1: io V Sad irn Harn aus der Blase: nicht. natrohursii ran are ins 19 ib fa uk hr al ı m louh Hr den festen, Substanzen zeigte sich folgendes Verhaltn io T Der Magen reagirte weder aussen noch innen, aber zwischen der Mus- kel- und Schleimhaut, "besonders: der 'rechten' Hälfte. Dünne und dicke Gedärme: weder aussen noch innen. Schlund: aussen bläulich ; zwischen der Muskel- und Schleimhaut deut- lich, innen aber nicht. eh, a EUGEN 08 Maulhaut und Zunge: nicht, x Cardia: bläuliche Puncte. 1 | aaa u 09 IinN Leber und Milz: nicht bestinimt. lalöwsy mal Hoden: ‘weder Aussen noch innen, ebensöwenig ‘die cavernose Portion des Saamenleiters, die leeren Saamenblasen, und der Saame selbst. zei """ Nieren: in beiden Substanzen stark blau, im Becken grün. Harnblase: weder innen noch in der Muskelhaüt. Luftröhren-Schleimhaut, freie Fläche, nicht: den Knorpeln und derselben: kaum merklich. Lungen ‚' gesundes Stück: aussen fast nicht, innen bläuliche Puncte und Streifen. | Lungen, krankes Stück: deutlicher. Bronchialdrüsen: innen grünlich, aussen bläuliche Streifen, wie ‘kleine Gefässe. nahen ‚2ail Herzbeutel, innen: nicht. amd Hirn: nirgends. i9dy A tn TEE un An u 105 Die Blutproben insgesanmt hatten nach zwei, und selbst nach sechs Tagen noch kein Serum gebildet, und waren inzwischen eingetrocknet; sie wurden zwar mit Wasser ausgekocht, allein es liess sich darin kein blausaures Kali finden, und es ist daher zu vermuthen, dass es durch die anfangende Fäul- niss zerstört worden sei. Man fand bei dem Cadaver das Herz sehr zusam- mengezogen und an den Klappen der Aorte zwei polypenartige Auswüchse; die Lunge grösstentheils vereitert, die Leber thonfarbig u. s. w. Obgleich dieser Versuch kein Resultat über die Geschwindigkeit des Blutlauis gibt, weil das Blut nicht wie gewöhnlich untersucht werden konnte, so zeigt er doch in Uebereinstimmung mit den vorhergehenden Ver- suchen, dass vorzüglich nach den Nieren und den Speicheldrüsen die frem- den im Blute befindlichen Stoffe geleitet werden, die Bewegung vom Nie- renbecken herab entweder langsam geschieht, oder durch den eingetretenen Tod angehalten worden ist; dass die serösen Häute schneller absondern, als die Schleimhäute, indem bei den letztern das blausaure Kali sich erst zwischen der Muskel- und Schleimhaut, aber noch nicht im Schleim selbst findet; ferner dass die mit dem Epithelium überzogenen Parthien der mucosen Häute sehr langsam und wenig secerniren; end- lich dass die fremden Stoffe sehr bald in den lIymphatischen Drüsen dem Milchbrustgang erscheinen, sei es nun durch Resorbtion oder durch eine directe Verbindung mit den Arterien. Dass sich das blausaure Kali in den Flüssigkeiten der Bauch- und Brusthöhle und des Herz- beutels zeigt, ohne dass es auf den, von solchen Häuten überzogenen Organen, wie Darm, Leber u. s. w. zu finden ist, scheint mir leicht erklär- bar, da es auf jenen Flächen in zu geringer Menge vorhanden ist, um bei der dunklen Farbe der Organe deutlich bemerkt werden zu können, wäh- rend das Serum in einem klaren Glase aufgefangen, die Veränderung seiner Farbe leicht wahrnehmen lässt. Zeitschrift £. Physiol. II. 1. 14 106 ACHTER VERSUCH den 10. Juni 1826. Es wurde einer 20jährigen braunen Stute, deren Puls 60 mal in der Mi- nute schlug, und welche in derselben Zeit 27 Athemzüge that, eine erwärmte Auflösung von Einer Drachme blausaurem Kali in 2 Unzen destill. Wasser in die linke Drosselvene infumlirt, und zu gleicher Zeit folgende Blutpro- ben aus der rechten Jugularis gelassen; welche nach 2 und 4 Tagen mit sehwefelsaurem Eisen und Salzsäure untersucht, folgendes Resultat gaben? Nr. 1. Blut von der 1.— 5. Secunde — reagirte nicht. dar ann rn 1os Sesunder— } ; Ba SSR NIE RAS RS | - & = - - 15.—%. Secunde — schien anfangs etwas grünlich zu werden. - >. - 0-20. — 25. Secunde — reagirte deutlich grün. - 6. - + - 235.—30. Secunde — hellblau. - Tr = = - 30% — 35. Seeunde -— dunkel blan. - 8. -.- .- 35.— 40. Secunde — | blau, jedoch weniger als - % - - - 40.— 45. Secunde — Nr. 7. Die Auflösung hatte 8—10 Secunden gebraucht, um ganz in die Vene zu laufen. Puls und Athem blieben unverändert, überhaupt wurde das Thier durch diesen Versuch nicht im mindesten aufgeregt. Hier ist das blausaure Kali wieder aus der einen Drosselvene in die andre, also durch die vordere .Hälfte des grossen und durch den kleinen Kreislauf in 290—25 Secunden gelangt; dabei scheint bereits beim ersten und zweiten Umlaufen ein Antheil in die Absonderungs-Organe gekommen zu seyn, und die Abnahme der Farbe in den beillen letzten Proben daher zu rühren. NEUNTER VERSUCH. den 17. Juni 1826. Einem 12jährigen braunen Wallachen, welcher an Hirn-Entzündung zu sterben im Begriff war, wurde eine Auflösung von Einer Drachme blau- saurem Kali in anderthalb Unzen destillirtem Wasser in die linke Jugularvene eingeflösst, und demselben sogleich Luft in die Vene eingeblasen und das Rückenmark am grossen Hinterhauptsloche abgeschnitten, so dass er eine Minute nach der Infusion keine Lebenszeichen mehr von sich gab. Bei der sogleich vorgenomnienen Oeffnung des Cadavers und bei der nachfolgenden Untersuchung seiner Theile auf die mehrmals erwähnte Weise ergaben sich folgende Resultate: Das Serum aus der Bauchhöhle reagirte nicht. Das Serum aus dem Herzbeutel, (welches durch Blut etwas röthlich gefärbt war) wurde kaum merklich grün. Lymphe aus dem Milchbrustgang (röthlich und gerinnend) reagirte grünlich. Die rechte Niere wurde in beiden Substanzen und im Becken deutlich blau; die linke etwas weniger stark. Harn aus der Blase reagirte nicht. Da das Thier nach der Infusion nur noch eine Minute gelebt hat, vorher aber schon in hohem Grade torporös war, so muss in dieser kurzen Zeit nicht allein das blausaure Kali in dem Körper vertheilt worden seyn, sondern es ist sogar zum Theil von den Nieren und serösen Häuten wieder ausgesondert worden; auch ist seine Ankunft in der Lymphe noch schneller gewesen, als im 2. 6. und 7. Versuch. Die Krankheit hatte die gewöhnlichen Veränderungen an dem Hirn hinterlassen, ausserdem war die linke Lunge mit der Rippen-Pleura an einer Stelle verwachsen, wo früher 2 Rippen gebrochen waren. 14* 108 ZEHNTEN VERSUCH. den 5. Juli 1826. Zwei Drachmen blausaures Kali in 2 Unzen destill. Wasser aufgelöst, wurden einem alten braunen Wallachen, welcher 'vorne überstüzig sonst aber gesund war, bei ruhigem Puls und Athem, in die linke Drosselvene eingeflösst, und gegenüber von 5 zu 5 Secunden Blut genommen. Auf diese Weise bis zur 30. Secunde fortfahrend bekam man 6„Proben, von denen bei späterer Untersuchung die 4 ersten nicht, die 5. (von der 20.—25. Se- cunde) himmelblau, und die 6. (von der 25.—30. Secunde) etwas dunkler reagirten. Kaum waren diese Proben bei Seite gestellt, so wurde (noch im Verlaufe der 1. Minute vom Anfang des Versuchs an) eine Solution von Einer Drachme schwefelsauren Eisens in 2 Unzen destill. Wasser, welchen einige Tropfen Salzsäure zugesetzt worden waren, nachgegossen, welche wie gewöhnlich in wenigen Secunden in die Vene lief. Indessen fing das Thier in der 2. Minute an, mit Anstrengung zu athmen, zog die Bauch- muskeln heftig zusammen, trieb den After weit heraus, ohne Mist abzusetzen, wieherte, taumelte und stürzte nieder; auf dem Boden lag es ohne Zuckun- gen und wurde in der 3. Minute des Versuchs durch Genickstich vollends getödtet. Um diese Zeit flossen etliche Drachmen Harn aus, welche aufge- fangen wurden, aber bei der Untersuchung keine Spur von blausaurem Kali zeigten. Bei der sogleich vorgenommenen Section fand man an den Eingeweiden der Bauchhöhle, mit Ausnahme einiger albuminöser Platten an der Leber, keine krankhafte Veränderung. Die Gedärme waren in lebhafter Bewegung, die Milz blutleer und sehr derb. Die kleinen Blutgelässe waren stark injicirt, in den grössern das Blut fest geronnen. Das Serum aus der Bauchhöhle reagirte durch Zusatz von schwefelsau- rem Eisen und Salzsäure deutlich bläulich; die Lymphe aus dem Ductus thoracicus grünlich; die Nieren aussen, in beiden Substanzen, im Becken, 109 und einige Zoll weit im Harnleiter herab stark blau. Bei Oeffnung der Brust- höhle zeigte sich die Lunge schön rosenroth; in den Zwischenräumen der Lnngenläppchen sah man einige blaue Streifchen, welche noch deutlicher an der Theilung oder den Winkeln der kleinsten Gefässe waren; die Lun- genbläschen enthielten nichts von dieser Farbe, sondern waren zum grössten Theile fast weiss. Die Lymphe aus einem grossen Lymphgefäss der Brust- höhle reagirte grünlich; dunkler das im Herzbeutel befindliche röthliche Wasser, welches beim Erkalten gelatinisirte. Das Herz war ausserordentlich ausgedehnt und strotzend voll Blut, welches wie in den Gefässstämmen hinlänglich fest coagulirt war, um geschnitten werden zu können; daher konnte man den Inhalt der Höhlen genau: angeben: das rechte Atrium ent- hielt 22 Unzen, die rechte Kammer 38 Unzen, das linke Atrium 6, die linke Kammer 10 Unzen, dazu noch 4 Unzen flüssiges Blut zwischen dem coagulirten zertheilt, zusammen also 5 Pfund. _ Ich hatte bei diesem Versuch die Absicht, das blausaure Kali während seines Umlaufs mit dem Blute durch das zugesetzte schwefelsaure Eisen zu zerlegen, und hoffte, das daraus entstehende blausaure Eisen würde in den kleinsten Arterien und Venen, vielleicht auch in den Iymphatischen Ge- fässen nach Art einer feinen Injection erscheinen. Allein die Lunge aus- genommen, (und hier nur äusserst wenig) fand sich nirgends eine Spur von blausaurem Eisen. Hingegen zeigte sich in diesem Versuche das blausaure Kali wieder nach 9—25 Secunden in der entgegengesetzten Jugularvene, ferner wurde es im Verlauf von 3 Minuten in den Nieren wieder ausge- schieden, und ging zum Theil in die Harnleiter über; eben so schnell hat- ten die serösen Häute es aufgenommen und wieder entlassen, und endlich war es in diesem kurzen Zeitraum nicht allein in den Ductus thoracicus, sondern selbst in die eigentlichen Lymphgefässe gelangt. Zugleich erfährt man die Wirkung des schwefelsauren Eisens auf das Blut: es macht es gerinneu, häuft es im Herzen an, bringt Zusammenziehung der Muskeln und Drang zum Misten hervor, und tödtet nach aller Wahr- 110 scheinlichkeit durch die Hemmung des Kreislaufs. Die, besonders von Greve, ° beobachtete Wirkung lange fortgesetzter Eisenmittel auf die Milz der Haus- thiere berechtigt zu der Annahme, dass die bei diesem Versuche bemerkte auffallende Leere und Derbheit dieses Organs auch eine Folge der letzten Infusion gewesen sei. EILETER VERSUCH. den 13. Nov. 18%6. Vormittags 10°/, Uhr. Das Object dieses Versuchs war ein 16jähriger brauner Wallach, wel- cher, ausser einer bedeutenden Verwundung des linken Sprunggelenks, völlig gesund war. Zwei Drachmen einer starken Auflösung von Indigo in Schwe- felsäure, wovon Ein Tropfen hivreichte, um 1 Pfund Wasser deutlich blau zu färben, wurden, nachdem beide Jugularvenen geöffnet waren, in die linke infundirt. Da inzwischen die Oeffnung der rechten Jugularis sich verschoben hatte, so verursachte diess einen kleinen Aufenthalt und man konnte erst von der 30. Secunde an Blut, und zwar wieder aus der linken Jugularvene nehmen. Diess wurde von 5 zu 5 Secunden bis zur 80. Se- cunde nach dem Anfang des Versuchs fortgesetzt. Hierauf wurde das Thier durch Genickstich schnell getödtet und sogleich geöffnet. Allein man fand weder in den Gefässen noch in den häutigen oder drüsigen Organen eine Spur der blauen Farbe; ebensowenig war dieselbe in dem Serum der Blut- proben zu bemerken. Dieser Versuch, welcher in derselben Absicht wie der vorhergehende gemacht wurde, ist noch betimmter verunglückt, und blos desswegen an- geführt worden, um zu zeigen, dass sich der Indigo weit weniger als das blausaure Kali zu diesen Versuchen eignet. ZWÖLFTER VERSUCH. den 11. Nov. 1826. Nachmittags 4 Uhr. Einer 6jährigen braunen Stute, welche verflossenen Sommer eine Hirnentzündung überstanden hatte, in deren Folge aber amaurotisch und ne 111 später sehr schwach im. Kreuze geworden war, wurde Eine Drachme blausaures Kali in Einer Unze Wasser aufgelöst, in die rechte Drosselvene gebracht, und zu gleicher Zeit in Zwischenräumen von 5 Secunden Blut aus der linken Jugularis gelassen, bis zur 40. Secunde. Von den erhaltenen 8 Proben reagirte das Serum der 5 ersten (von 1—25 Secunden) nicht auf blausaures Kali, die sechste hingegen wurde, obgleich sich das Serum nicht ganz rein vom Cruor getrennt hatte, deutlich grün, die siebente stärker und die letzte blau. Der Puls war vor dem Versuch 30, das Athmen 10, nachher war ersterer auf 44 gestiegen, ausserdem aber wurde keine Veränderung an dem Thiere bemerkt, Des andern Tags um 11 Uhr, also nach 19 Stunden, wurde die rechte Jugularis aufs neue geöffnet, um eine Probe Blut zu bekommen, dessen Serum aber keine Spur von blausaurem Kali enthielt, Dieser Versuch nähert sich am meisten dem 8. und 10., nur ist-in die- sen beiden der Blutlauf für denselben Weg etwas schneller gewesen; zugleich zeigt sich, dass der fremde Stoff nach 19 Stunden (ohne Zweifel auch schon früher) aus dem Blut, wo nicht bereits aus dem Körper aus- geschieden gewesen ist. DREIZEHNTER VERSUCH. den 14. Nov. 1826. Vormittags 10 Uhr. Die Absicht bei diesem Versuche war, zu erforschen, ob die schnellere Bewegung des Herzens eine grössere Geschwindigkeit des Blutlaufs zur Folge habe, und welches Verhältniss dabei statt finden möchte. Daher wurde der vorhergehende Versuch, an demselben Thiere, dessen Puls 36 bei ruhigem Athmen war, mit nachfolgender Abänderung wiederholt. Nachdem der Infusionstrichter in die rechte Jugularvene eingebracht war, goss ich durch denselben 2 Drächmen Alcohol mit 2 Unzen Was- ser verdünnt ein, um den Puls dadurch zu beschleunigen; doch diess gelang auch nach einer gleichen Gabe Weingeist mit einer halben Unze 112 Wasser nicht. Durch mehrmaliges Herumtreiben stieg der Puls um etliche Schläge und kam höchstens auf 44. Da die anfängliche Absicht nicht zu erreichen war, wurde blos eine ähnliche Auflösung von blausaurem Kali wie im 12. Versuch infundirt und ebensoviel Blutproben, (nämlich $ in Zeit von 40 Secunden vom Anfang der Infusion) aus der linken Drosselvene ge- nommen. Von dem erhaltenen Serum wurden durch Zusatz von schwefel- saurem Eisen nnd Salzsäure die 4 ersten nicht gefärbt, die 5. (von 0—25 Se- cunden) grünlich, die 6. blau, die 7. und 8. noch mehr. Eine Viertelstunde nach dem Versuch setzte das Thier Mist ah, dessen Oberfläche etwas schleimig war, aber keinen Gehalt an blausaurem Kalı erkennen liess; es scheint, dass diese Schleimschichte schon vor dem Versuch abgesondert gewesen sei. Im Verlauf des Tages wurden nach 3, 5, 7, 9 und 11 Stunden nach dem Versuch, jedesmal einige Unzen Blut aus der rechten Jugularis abge- zapft und später das Serum derselben untersucht. Da dasselbe bei den bei- den ersten Proben sich nicht rein vom Färbestoff schied, und deshalb beim Zusatz von schwefelsaurem Eisen bräunlich wurde, so dass man die Anwe- senheit des blausauren Kali in geringer Menge nicht deutlich erkennen konnte, so wurden diese 2 Proben mit destillirtem Wasser gekocht, die Flüssigkeit über thieriche Kohle mehrmal filtrirt, wodurch sie ganz hell wurde, und nun konnte, selbst nachdem der grösste Theil des Wassers abgedampft war, nur bei der 1. Probe (von 3 Stunden) eine geringe grünliche Färbung, bei der 2. und allen folgenden auch diese nicht mehr wahrgenommen werden. Den folgenden Tag um 9Y, Uhr wurde das ’Thier durch Bruststich getödtet und sowohl die Flüssigkeiten der serösen Häute, als auch die ver- schiedenen Organe der Brust- und Bauchhöhle untersucht, allein das blau- saure Kali war allenthalben verschwunden. Dieser Versuch zeigt, dass das blausaure Kali den Weg von der einen Jugularis zur andern, (durch den kleinen Kreislauf und die vordere Hälfte des grossen) in 20—25 Secunden gemacht habe, was mit den früheren ee a Sr a ER EN 113 Versuchen ‚am ‚meisten übereinstimmt; ‘auch dass es nach, 3, nicht, aber, nach ' 5 Ss den, noch, im Blute_ anwesend, nach 24 Stunden ‚aber ‚selbst, In ‚den festen Theilen, des ‚Körpers. verschwunden sei, Lassäicne, der, bei ‚einem Hund 36 Gran Morphium in die Jugularis injicirt hatte, suchte, dasselbe nach 12 Stunden im Blute, fand es aber nicht, ohne Zweifel, weil er zu spät dazu schritt, (Annales de Chimie et ‚Pharm. XXV. 102). rotıniie \ VIERZEUNTERVVERSUCH oh ser 9 h ib 49j9R Fir Ati li “ den 22. Becamiir 186. Nachmittags 37, Uhr. sahen uie Es wurde einem alten Den Hengst, mit Hufschaden : am a Vorder- fuss, bei 48 Pulsschlägen und 14 Athemzügen i in der Minute, eine Solution von Einer Drachme blausaurem Kali ‚in die rechte, Jugularyene ‚infandirt und 26. Dec. vorgenommenen) Untersuchung die, beigefügten Resultate ‚gaben: Nr., 4, von der 1. bis 8. Secunde z Far i er a2 De u => 15. 3 reagirten nicht. En - re -15..- 9. .- Ri AHA ar TE oe ce hr =. .=- 20. - 24 - , das Serum war nicht ganz rein, da- j her grünlich-braun, - =. - a 2% - gab kein Serum. Be wei urn im 32, m wie Nr. 4. grünbraun., a ar 30.2 = BO, 2ın mu blaugrün, - 8: .-.-.3..- 40. - stärker. - I. - - DM. HH - gab kei Serum. Der Puls war nach dem Versuch 52. Die Schnelligkeit des Blutes für den bekannten Weg ist hier RO—24 Secunden. Auffallend war, dass während der Infusion, 'als man linkerseits die Drosselvene stark comprimirte,. um,das Blut ausfliessen zu,machen, das Blut der rechten Jugularis schnell in den Trichter stieg und somit das Ein= fliessen eines Theils der Auflösung verhinderte. Zeitschrift £, Physiol, II. 1. 15 114 " Däss die meisten Blutproben beinahe’ gar ‚kein Serum bildeten, sondern zip eihem gleichförmigen Kuchen ' erstarften, mag ; vielleicht von der, in jenen Tagen eingetretenen starken. Kälte” herrühren; ‚Indess Sind Andmalieh hierin äusserst Hauke een." Nr = a FUNFZEHNTER VERSUCH. den 27. December 1826. Nachmittags 31), Uhr. Dem vorerwähnten- ‚Hengst, ‚wurde; die,rechte äussere Kinnbackenarterie (A. maxill. ext.) da, wo sie sich am untern Rande. ‚des, Masseter auf die äus- sere Fläche des Hinterkiefers windet , durchschnitten und sodann (bei 15 Athem- zügen und 60 Pulsschlägen i in der Minute) eine Auflösung von Einer Drachme blausaurem Kali i in Einer Unze destillirtem. asser in die linke Drosselvene eingeflösst; zu ‚gleicher Zeit aber aus jener Arterie von 5 zu , Secunden Blut aufgefangen und damit Dis zur 50. 'Secunde fortgefähren. ’ im Verlauf der .'Minate des Versuchs wurde eine Auflösung von einer halben Drachme Eisenvitriol in 1Y/, Unzen Wasser in die Vene nachgegossen. Der Puls stieg schnell auf 70, das Thier setzte mit heftigem Drängen Mist ab, zog die Muskeln des Bauchs und der Flanken stark zusammen, athmete angestrengt und schwankte. In der 3. Minute wurde noch etwas Blut aus’ der Arterie genommen, darauf in der 4. das Thier durch Bruststich getödtet. Von jenen Blutproben reagirte das Serum der beiden ersten (von 1—10 Secunden) nicht, das der 3. (von 10—15 Secunden) deutlich grünlich, das der 4. (15—20 Secunden) hellblau, die 2 folgenden stets dunkler, die hei- den letzten (von 49—50 Secunden) wieder etwas heller. Die 11. Probe (von der 3. Minute) wurde noch heller, Beim Niederstürzen liess das Thier eine kleine Menge einer saamenähnlichen Flüssigkeit (ob liq. prostat.?) ausfliessen, und einige Minuten später noch einmal; beide enthielten kein . blausaures Kali. Bei der Section fand man die Eiugeweide der Brust- und Bauchhöhle ohne bedeutende Abweichung, blos die Milz mit hirsenkornähnlichen Erha- benheiten besetzt, und am Pylorus etliche braune Flecken. 3 u er u En T 115 10 Das Serum’ 'der' Bauchhöhle, ‘die Synovia vom hinterh Fesselgelenk, der in’Menge in ’der Bläse angehäufte‘ Harn reagirten nicht; die Galle wurde Keller grün ;' die Lymphe' aus dem Duetus 'thoracicus deutlich blau. Die seröse Haut der Gedärme zeigte keine Färbung, die Schleimhaut des dünnen Darms wurde grünlich, die der rechten’ Magenhälfte bläulich, die der linken Hälfte dieses’ Organs’ und die des Diekdärms nicht: Zwischen der Schleimhaut und Müskelhaut des Magens glaubte’ man'"Bläuliche Puhcte in den Gefässchen wahrzunehmen. Milz und Leber reagirten undeutlich, die Pfortader grün- lich; das Herz, die hintere Aorte und Hohlvene innen bläulich, die Kranz- gefässe des Herzens grün; die Lunge im Durchschnitt hellbläulich, aussen weniger stark. In den kleinsten Lungengefässchen sah man kleine Puncte und Cylinderchen: von »dieser« Farbe. Die Luftröhren-Schleimhaut reagirte nicht deutlich, durchschnitteneoLymphdrüsen, ‘aus der‘ Brust- und Bauch- höhle, die Speicheldrüsen, ı Hoden und Saamenleiter nicht, ‘aber die Nieren in»beiden Substanzen: und im Becken deutlich ‘grün, » In diesem ‘Fall: hatte dasi ‚blausaure ‚Kali aus 'der Küken Biete? durch Herz und Lungen ‘und: vordere Aorte in. die rechte ‘Maxillararterie nur 10—15 Secunden gebraucht; seine Menge im Blut nahm bereits bei 40 Se- cunden und noch mehr bei 3 Minuten ab. Innerhalb 4 Minuten war es in. den Nieren und auf der ‘Schleimhaut des: Magens ünd ‚Dünndarms wieder ausgeschieden ‘worden, noch nicht 'äuf der des Dickdarms, der Lunge und der Genitälien, ebensowenig von den serösen Häuten'der Bauchhöhle und den Synovialkapseln. Es hatte die innere Haut der Blutgefässe 'benetzt und war in den Milch- brustgang übergegangen, aber‘ nicht durch die Lymiphdrüsen, also höchst wahrscheinlich auf einem kürzern Wege 'als''dürch Resorbtion. Die Infusion von schwofelsaurem Eisen hatte im Wesentlichen: dieselben Wirkungen wie im 10. Versuch, ‘nur weniger heftig und schnell hervorgebracht; von dem dadurch sich bilden sollenden blausaureni‘ Eisen konnten aber blos in der Lunge und an dem Magen’ einige (nicht völlig unzweifelhafte) Spuren gefunden werden. 15* 116 10h Als.Anomalie verdient ‚hier, bemerkt, zu ‚werden, dass ‚die Schleimhäute vor ‚den, serösen,Häuten das blausaure; Kali. ausgesondert; hahen; und jdass; die „Speicheldrüsen,; welche sonst! mächst ‘den, Nieren ‚am. ‚meisten davon zw erhalten schienen,, diessmal frei geblieben ‚sind. tho% Die Vermuthung, dass die Oberfläche der mit starkem ie Kl zogenen Schleimhäute nichts davon! speernire,.hat sich bestätigt, und in:den zeitweise, unthätigen ‚Organen (wie; en scheint sodann dasselbe Statt zu finden. dotliogaba hrrussr and sera SECHSZEHNTER VERSUCH, di den 2 ‚Januar, 1887, „Yormittag 9:]2.Uhr. Isß aa: | Iatbis.. 73 Katar aid Hlinenn es ORREET? ‚gesund tEheinendbn: Stute, „wurde bei; nornta=, lem Puls und. Athmen eine ‚Auflösung von Einer Drachme blausaurem Kali’in Einer Unze ‘Wasser. durch die Imke Jugularvene eingeflösst, ‚und zu. gleicher Zeit Blutproben. aus. der. ‚rechten,‘Drosselvene; und der.grossen Schienbeinarterie/ (A. mietatarsi. 's. plantaris /exterha))/des rechten Hiniterfüsses von. 5: zu ,9.,Secunden:.bisı zur. 30. Secunde genommen. num! bus we I uvm! Hierbei hat sich die !Beobachtung wiederholt, dass durch: zu Hein Druck auf die eine Drosselvene das Blut'in' der. entgegengesetzten zu laufen verhindert, wird, \denn,.es stieg /anfangs' in» den’ Trichter ünd!| verhinderte nicht; nur das, Eintreten,‚der Flüssigkeit fast)"während 5: Marla are machte ‚sogar. den; Trichter: etwas überlaufen. sy. «ariubilsidt zab ah Gleich nach dem Versüch- wurde das Thier ‘von der Seite in die Brust gestochen, ; lief aber: wohl noch 5 Minuten herum, weil blos die Lungen getroffen werden ‚waren, und. so das. Verbluten langsamer zu ‚Stande kam. Bei der Section und: Untersuchung fand, man’ das blausaure ‚Kali aussen; an der Lunge (von der, Berührung mit’Blut), ferner in der: rechten Hälfte. des Magens auf der Schleimhaut und noch stärker zwischen dieser und der Muskelhaut, in, der durchschnittenen Parotis, und Backzahndrüse und in der Niere; wenig bemerklich am Darmcanal jund gar nicht in den Gefässen FE: EG CE He, it ee 117 der Leber und, Milz; selbst, die linke Jugularvene reagirte innen nicht deut=- lich.‘ Die Eingeweide, deg, Brusthöhle, zeigten keine auffallende Abweichung vom; gesunden Zustandet-"aber,/auf,.der äusseren Fläche des ‘dünnen Darms bemerkte man viele gelblich-rothe linsen - und bohnengrosse, Erhabenhei- ten, welche zwischen der Muskel-, und serösen Haut sich gebildet und die Consistenz des geronnenen Faserstoffs hatten; die seröse Haut war dabei ohne Verletzung, sonst würden diese Stellen garı das Aussehen von Pocken gehabt haben; auch die Schleimhaut war innen an solchen Stellen ohne Abweichung. In jeder dieser sonderbaren Excrescenzen fand man beim Durchschneiden ein dünnes, kalkartiges Cylinderchen, welches gegen die Schleiinhaut zu manchmal ' kleine Aeste hatte, und dadurch das Ansehen einer "Coralle"oder’ eines in den Häuten des Darms wurzelnden Gefäss- chens bekam. : Nachdem die, Blutproben Serum gebildet ‚hatten, zeigte sich, dass die 5 ‚ersten. (von 1—25..Secunden) aus der Schienbeinarterie nicht, die 6. aber (von 25—30 Secunden); deutlich ‚blaugrün reagirte; bei denen aus der Jugu- laris genommenen Proben schien selbst die letzte nur zweifelhaft zu reagiren. Es geht daraus hervor, dass das Blut von der linken Drosselvene zu der grossen 'Schienbeinarterie des rechten Hinterfusses nicht länger als 25 —30 Secunden (und bei Berücksichtigung der oben bemerkten Störung des Versuchs, nur. 20—25 Secunden) braucht, also ungefähr dieselbe Zeit, wie sonst um, in ‚die andre; Jugularvene überzugehen. Die Resultate, ‚welche die Secretion betreffen, bestätigen das früher hierüber Angeführte, , SIEBENZEHNTER VERSUCH. c den 15. Januar 1827. juormiltags 9:/, Uhr. ' Es amıräde ‚einem 20 jährigen Wallachen von grossem nnd starkem Kör- en, mit Huffistel und kranken Gelenken an einem Vorder- und beiden Hinterfüssen, bei ruhigem Puls und Athem anderthalb Unzen eimer blau sauren Kali-Auflösung von unbestimmter Stärke in die linke Jugularvene 118 infundirt, nachdem die rechte Arteria maxillaris externa (und die grosse) Schienbeinarterie (A. metatarsi) geöffnet worden waren.‘ ''Da das Thier beim! Oeffnen dieser'Gefässe und beim Einbringen des Trichters sehr unruhig. wary so verstrich eine ziemliche Zeit, "bis man ’die Infusion selbst vornehmen! konnte und es wurde (dadurch ein Blutverlust von "ungefähr 10° Pfund: verursacht. N Die genommenen Blutproben waren. je 6 von Jeden Arterie, und je von 5, .zu 5 Secunden, die 7. Probe aber von 10 Secunden. Bei; der nachfolgenden Untersuchung reagirten die 4 ersten Proben aus der.Art. maxillaris nicht, die 5. (von,20—25 Secunden) hellgrün, die 6. (von 25—30, Secunden), dunkler, die 7. (von 30—40 Secnnden) blau. Aber. von ‚den Proben aus der Art. metatarsi reagirte keine. ” Zwei Minuten nach dem Anfang des Versuchs stach man das Thier in die Brust, worauf es nach 5 Minuten starb. Bei der Section fand man die Fieehräide in gesundem Zustande, blos das Herz fiel durch seine ae und Schwere (8 Pfund 6 Unzen) auf. Die meisten Gelenkflächen der Extremitäten waren durch riechen Ver- lust des Knorpelüberzugs rauh und furchig. Das blausaure Kali zeigte sich auf den Schleimhäuten des Darmcanals nur äusserst schwach, ebenso auf dem Bauchfell; in den grossen Blut- “ gefässen, im Milchbrustgang, wurde es nur sehr undeutlich (oder gar nicht) bemerkt; in den Lymphdrüsen und zwischen der Muskel- und Schleimhaut des Magens etwas deutlicher; in der Lunge, Leber, Milz, Pancreas, Speichel- drüse und selbst in der linken Jugularis fand man keine Spur desselben, Einzig in der Niere war seine Anwesenheit ausser Zweifel, aber nicht der Stamm und die grossen Aeste der Nierenarterie und Vene reagirten, sondern; blos die kleinen und die Rinden und röhrige Substanz, nicht Ki das Ts renbecken. Auch in der Nebenniere war es nicht, 2 119 Obgleich. in diesem Versuche das blansaure' Kali zu der gewöhnlichen Zeit sich in dem Blut der Kinnbackenarterie zeigte, so ist er doch keines- wegs als gelungen und normal anzusehen, da das Thier durch den Blutver- lust vor der Infusion sehr geschwächt worden ist, und die Stärke der Auf- lösung nicht bekannt war. Besonders auffallend bleibt die Anomalie, dass das blausaure Käli innerhalb 40 Secunden nicht in die hintere Schienbein- arterie‘ gekommen ist." Dass es sich, obgleich das Thier nach dem Versuche noch bei 7 Minuten lebte, in dem häutigen Absonderungsorgane und selbst in den Gefässen und Drüsen so wenig oder gar nicht zeigt, glaube ich daraus erklären zu können, dass durch die in der 2. Minute bereits ange- brachte grosse Verletzung der vordern Aorte und Hohlvene und den dadurch verursachten steigenden Blutverlust jenen Organen das nöthige Blut schnell entzogen worden ist, indem der Blutstrom sich nach den grossen Oeffnun- gen hin wendete. Es ist nicht selten, dass die Blutproben von beinahe derselben Zeit und unter den ähnlichsten Umständen genommen, sehr verschiedene Resultate hinsichtlich der frühern oder spätern Trennung, der Menge, der Farbe u. s. w. der nähern Bestandtheile des Blutes zeigen; bei diesem Versuche waren diese Abweichungen sowohl in der einzelnen Reihe von Proben, als eine Reihe gegen die andre gehalten, ungewöhnlich stark. Während das Blut der Schienbeinarterie nach zwei Tagen viel Serum ausgeschieden hatte, lag letz- teres auf dem Blute der Maxillararterie fortwährend als eine opace Gallerte; dabei fand sich in dem einen.Kelch beinahe gar keine Trennung in Pla- centa und Serum, da doch seine beide@Nachbarn sie sehr vollständig hatten. Eine Ausscheidung von faserstoffähnlicher Masse, wie sie auf dem venosen Blute gewöhnlich Statt findet, habe ich bei dem arteriösen nie bemerkt, aber ebensowenig einen Unterschied zwischen dem Blute, welches blausaures Kali enthielt, und dem, bei welchem diess nicht der Fall war. Der Cruor des arteriösen Bluts blieb meistens sehr weich, fast flüssig. ACHTZEHNTER EB indO den er. Januar 1827. 2 r 11912 Jim j ga serrtona Dar m ar Einem Yjährigen kleinen Wallachen,; „. welchem . arliel au früher hei einem Versuche mit Bezug (auf ‚Speichelabsonderung- die, rechte Parotis ver- letzt; worden war, und. den. ausser, ‚einer ‚ziemlichen ‚Schwäche ‚im Kreuze keine inneren Krankheitszeichen; bemerken. liess,. wurde ‚bei. einem. Pulse von 36 und ruhigem Athmen eine, Auflösung von. zwei, Drachmen | blau- saurem Kali in 1‘, Unzen desiillirtem Wasser in. die linke Jugularvene (welche durch Blutpröpfe von mehreren frühern,. Aderlässen fast ‚verstopft war) infundirt. Vorher hatte ‚man. .am rechten ‚ Hinterfuss die „grosse Schienbeinarterie angeschnitten, -und ‚es ‚wurde gleichzeitig mit. dem An- fange der Infusion Blut aus derselben von 5 zu 5 Secunden, aufgefan- gen. Die erhaltenen Proben waren sehr klein, zum Theil ‚nur etliche Tropfen, weil die Arterie sich zurückgezogen hatte und fast aufhörte zu bluten.. Nachdem man bis zur 45. Secunde 9 Proben bekommen hatte, wurde das Thier unruhig und fiel gleich nachher auf die Seite, und wäh- rend es etliche Versuche machte, aufzustehen, wurde es durch Genickstich schnell getödtet, so dass 2 Minuten nach dem Anfang der Infusion keine Spur des Lebens mehr an ihm zu bemerken war. ) Die. Section konnte erst nach. 36 Stunden vorgenommen. werden; ‚man fand bräunliches Serum in der Bauchhöhle, welches nicht reagirte, aber die seröse Haut derselben wurde in etlichen Stellen stark blau (an andern nicht, daher ich vermuthe, dass jene Stellen von Blut befeuchtet gewesen seyn dürften). Die seröse Haut des Herzbeutels und des Herzens reagirten deut- lich; die Aorte innen grün; der Ductus thoracicus ebenso; die Lungen innen nnd aussen mehr braun als blau; die Speicheldrüsen kaum merklich, die Schleimhäute des Darmscanals und der Respirationsorgane nicht; die Lymph- drüsen ebensowenig; die Substanzen der Nieren nur schwach doch deutlich bis ins Nierenbecken; die Nebennieren nicht, Mehrere andere Organe hatten 121 durch das lapge> Liogenzeine dunkle Farbe; anggnommen;,;wodureh ihre Un- tersuchung unsicher wurde. "EM Ps Ira Be H Be lie oh sry lnlam u sul ih a ee | ne die fünfte von’ OL Sbendii) wurde ey diesechste stärker, "die Autappeilen (on 30 > 45 Se- cuinden) bla. moildargen 3er ‚nommor 28 7 uf .(.o} V) sbindargpt. hans. GE nönlvepma htm (I4 el h 1>b Dieser Versuch: zeigt’ eine noch: grössere , Söhndlligkeit des‘ Blutlaufs, als bei dem 16:. Versuche .‚beöbächtetirwdrden! ist; zugleich. dass das Nichtfinden desı Blausauren Kali im Blutesider: Schiembeinarterie: beim’ 17. Versuche als Anomalie anzusehen sei. | “rs (rizsanın Ay stratrh=loserrndool odsd 1b j dt In Beziehung auf die Geschwindigkeit der A beine bestätigt dieser Versuch niehrere,vorhergchende,: besonders : auch darin, »däss. der fremde ins-Blut) gebrachte ‚Stoff eher, auf den serösen Häuten als; auf: den Schleim- membranen ’gefunden wird; und dass er in den Milchhrustgang kommen kann, ohne (die, Lymphdrüsen heit zu haben. bası O6. odosiwrs (|-T1a00 bi Dass irgendeine, Bewegung der Flüssigkeiten, wie. aa, mit der pr sonderung und Resorbtion doch verknüpft'seyn muss, noch’ nach dem Tode, oder dem Aufhören der: willkührlichen Muskelbewegung, ‘des Herzschlags und, des ;Athmens;i statt finde, ‚scheint dieser:Versuch zu verneinen; es müsste sonst 'aller, Wahrscheisilichkeit nach das blausaure Kali sich in den Schleim- häuten ‚den Speichekdrüsenund-den Nieren; wenigstens in $tärkerem Maasse, gezeigt,'halien; denn da‘ das Cadaver 36 Stunden ‚unverletzt/blieb, hätte es an Zeit nicht, gefehlt, , wenn die. Gefässe, ‚wie man glauben machen will, blos.mechanisch bei: der Resorbtion und Secretion wirkten. a Manu “uuldassınl) oh wunstuuolslosnd is: do , Zeitschrift f, Na I. 1, 16 122 "ZUSAMMENSTELLUNG DER ERGEBNISSE. apl 1) Die Zeit, welche eine dem Blut unmittelbar heigemisailr, Vernch den starke Auflösung von blausaurem Eisen Oxydul Kali brauchte, um von der einen Jugularvene des Pferds (durch die vordere Hohlvene, rechte Herz- hälfte, Lungen Arterien und Venen, in die linke Herzhälfte, von da durch die vordere Aorte, die Carotiden und, deren Aeste und, Capillargefässe) in die entgegengesetzte Jugularvene zu kommen, ist zwischen 20 und 25 Se- cunden (s. Vers. 8. 10. 13. 14. 16.) und zwischen 25 und 30 Secunden (V. 12.). Um von der Drosselvene in die Brusthaut-Vene::(V. thoracica externa) der andern Seite zu gelangen, zwischen 23 und 30 Secunden (V. 5). Auf gleiche Weise bis zur Vena saphena magna nur bis- 20 Asian NZ 4); ferner Le: von der Drosselvene in die obere Jochmuskel-Arterie (A. masseter.) zwi- schen 15 und 30 Secunden (V. 6.); von derselben Vene in die Arter. maxill. externa der andern Seite einmal zwischen i0 und 15 Secunden (V, 15), ein andermal zwischen 20 und 25'Se= cunden (V. 17.), i endlich von der Jugularvene in die grosse hintere Schienbeinarterie' (A. me- tatarsi [A. plantaris externa bei SchwaB und Gtrrr.]) zwischen 20 und 25 Secunden (V: 18.), 25 und 30 Secunden (V. 16.) und einmal unbestimmt mehr als 40: Secunden im 17. Versuch. | u ‚be Wenn man zugibt, jene dem Blut beigemischte Eiiwrigllir. hab Ba Bewegung denselben Ursachen zu verdanken, welche das Blut selbst bewes gen, so wird man auch zugeben müssen, dass sie mit dem Blut dem gleichen‘ Weg verfolge und dass beide darin gleiche Schnelligkeit haben. ‘Mau kann‘ somit füglich, die so eben für den Lauf der blausaureı Kali-Solution angegebenen Geschwindigkeiten auch-für das Blut annehmen, so lange nicht durch Versuche jene Voraussetzungen widerlegt werden. — Ich halte..es' nicht für ausgemacht, ob eine Beschleunigung des Herzschlags auch eine hie 13 verhältnissmässize Vermehrung der Geschwindigkeit des Blutlaufs zur Folge habe. Es war bein 8. Versuch der Puls 60, beim 13. zwischen 36 und 4A, beim 14. zwischen 48 und 52: also eine ziemliche Verschiedenheit und doch gleiches Resultat; hingegen beim 12. Versuch, in welchem der Puls nur zwisehen 30 und 44 war, fand sich der Blutlauf um etliche Secunden lang- samer, als in den eben erwähnten Experimenten. In dem einen Fall erschien das blausaure Kali bei nur 56 Pulsen (V. 4) innerhalb 20 Secunden in der “FL ‚saphena magna; in einem ?. Fall bei 60 Pulsen in 10 bis 15 Secunden in der äussern Kinnbackenarterie (V. 15), während es in andern Versuchen zu letzterem Weg 20—25 Secunden (V. 17) und ebensoviel und mehr Zeit brauchte, um in die hintere Schienbeinarterie zu gelangen (V. 16 und 18). Weitere, mit besonderer Berücksichtigung der Frequenz des Pulses ange- stellte Versuche werden hierüber bestimmte Resultate sehen. 2) Die Aussonderung des blausauren Kali geschieht von den serösen Häuten mit besonderer Schnelligkeit, aber nicht in grosser Menge, und zwar folgen sie darin proportional ihrer Entfernung vom Herzen; so, dass unter allen zuerst und am meisten die innere seröse Haut des Herzbeutels, dann die der Brust- und der Bauchhöhle, und endlich die entfernten Gelenk- kapseln den fremden, ins Blut gekommenen Stoff ausscheiden (V. 2. 5. 6.7. 9.). In wenigen Fällen sind bei den vorliegenden Versuchen die Hirnhöhlen geöff- net worden, allein es liess sich dort keine Spur von blausaurem Kali ent- decken und ich würde auf die Meinung gerathen seyn, dass die serösen Häute dieser Höhle hierin bestimmt von den andern abweichen, wenn nicht andere Versuche, welche nicht sowohl Bezug auf die Schnelligkeit des Blutlaufs, als auf die der Absonderung und Resorption hatten, mir das Gegentheil gezeigt hätten. Die Zeit, in welcher das blausaure Kali auf den serösen Häuten gefunden wurde, ist 2 Minuten nach der Infusion desselben (V. 18.), ferner 3 Minuten (V. 7 und 10.), 4 Minuten (V. 5 und 6.), dagegen 2 mal bei 7 und 15 Minuten (V. 17 und 2.) nur schwach, und gar nicht nach 1 Minute (V. 9.) und nach 4 Minuten (V. 15). Die hier angeführten Zeit- 16* 424 fi + punete sind dieselben, in welchen das Thier aufhörte, ‚Spuren des Lebens zu zeigen. Es; ist möglich, dass, die, Absonderung ‚der serösen, Häute auch noch ‚einige Zeit nachher statt, finde; indessen kann, ‚da ‚die Untersuchung gewöhnlich sogleich nach dem, Tode vorgenommen worden ‚ist, ‚der Zeit- unterschied nur etliche Minuten betragen. Mae 3) Die Schleimhäute stehen an, ‚Schnelligkeit der a: den Aal sen Häuten nach; ‚doch ‚bedarf es auch, hei; ihnen, nur ‚einige Minuten, um den fremden Stoff, im Blute ‚auf, ihrer ‚freien Oberfläche, „und. kürzere, Zeit noch, um ihn auf ihrer der- Muskelhaut . Era manÄten. Fläche . zu Finden (V.22.,6. 7: 49: 16 12) 5 Die Schleimhaut der, rechten Hälfte to Migan, übertrifft die, Kuna canals, und diese wieder die. der Respirations- Organe, an Schnelligkeit und. Menge der Excretion des; ‚blausauren; 1 Kali .(V.,6s 15.16. 17.)., Auf,der, Schleimhaut der Genitalien ist aber, Hictenk haandärpnie bedeutend langsamer, da selbst -nach 15 Minuten: (V.:2.) noch. keine Mittheilung, statt; gefunden, hatte; (vielleicht ist sie, wie. die Verrichtung ‚dieser, Organe. ‚remittirend)s, Dasselbe findet bei der Schleimhaut, der, Harnorgane statt, , auf ‚welche. es. den bisherigen Versuchen zufolge: blos durch. ‚die «Nieren gekommen; ist«,, „;r, Auf denen mit einem deutlichen Epithelium überzogenen, Schleimhänten, (wie es beim Pferd in der Maulhöhle, Sehlund, und linken, Magenhälfte, der, Fall ist) hat sich eine Ausscheidung von, ] blausaurem Kali, nie, deutlic} h, wahr-, nehmen lassen und ‚es, ist somit wahrscheinlich, dass „diese, Stellen daug gsamerz, vielleicht gar nieht, ‚absondern. Man findet sie auch nie mit ‚einer wasahn- . lichen Schleimlage bedeckt, wie es die übrigen Schleimhäute sind, sondern, blos von Speichel und anderen vorbeipassirenden F lüssigkeiten befeuchtet. 4) Vonden drüsigten Organen sind mehrere, wie die-Leher, Milz, , Schild, drüse u. s. w. ihrer dunkeln Farbe wegen ‚zur ‚Untersuchung, nicht. geeignet; Die Speicheldrüsen schienen nach einigen, Beobachtungen, einen bedeutenden, Sail an der. Entfernung ‚des blausauren Kali haben, zu, müssen, (Wr Se) „16. 18.). . ar Wehr Ar Bin Y) stell I (.# .r . * / 135 ... 5) Um so stärker und bestimmter ist dem Antheil, welchen die ‘Nieren an der Excretion. der’ fremden in. den Kreislauf gekonimenen Stoffe ‚haben; bei allen. Untersuchungen haben diese Organe entweder blos in. der Rin- den — oder auch in der röhrigen Substanz, und nicht selten bereits im Becken aufs deutlichste reagirt, selbst nachdem das blausaure Kali (wie im 9.:V.) nur erst Eine,Minute im«Körper war! Der invder Blase befindliche Harn muss meistens schon vor dem Versuche abgesondert gewesen seyn, und konnte “daher nieht. daran Theil, nehmen, da: ds sicher ist, däss sein Lauf vom Nie- renbecken in‘ den Harnleiter und die Blase ziemlich langsam ist, Die Beob- achtung, dass die ‘kleineren ‚Blutgefässe der Nieren reagirten, die grössen aber nicht, scheint..darauf hinzudenten dass’ in jehen entweder der. Blutlanf langsamer sei als in diesen,’ oder die: Trennung’ des‘ blausauren Kalı von dem Blut bereits’ hier beginne (V. 17.) -6) In den Lungen findet sich das. blausaure, Kali nicht so deutlich, als man vermuthen sollte; ob die Farbe dieser Organe hinderlich ist, oder ob es zu ‚schnell durch. dieselben strömt; um sie benetzen oder gar ausgesondert ren zu. kötinen, «wage ich, nicht: zu! entscheiden. 7) Manchmal adhärirt' die Auflösung des blausauren Kali an der iinern Wand ‚der. Blutgefässe 'und wird alsdann durch die, Reagentien sehr leicht entdeckt (V. 15. 18.), häufiger aber ist es nicht der Fall (V..5. 16. 17), einmal sogar (V: 6.) fand ‚die Adhäsion in einigen Gefässen statt, in andern nieht. Die Ussache. dieser, Verschiedenheit ist noch auszumitteln. 8) Die kürzeste ‚Zeit, im welcher das blausaure Kalı in den Michbrust- gang gelangt, ist noch nicht bestimmt. Eine Minnte, welche das 'Thier im 9. Versuch nach der Infusion noch ‚lebte, war dazu hinzeichend; in den an- dern Versuchen war das Leben noch 2—5 Minuten rege (V. 18. 10.7. 15. 6. 5.) und es fand sich hier daselbst. Der Versuch 17 macht hierin wie in meh- reren Beziehungen eine Ausnahme. In den Iymphatischen Drüsen findet es sich nicht ganz eben so schnell, denn 2 mal (V. 15 und 18.) war es in denselben nicht zu entdecken, ol) es gleich bereits in der Lyinphe des Milch- 126 brustgangs war; ‘doch brauchte es (V. 10.) nur 3 Minuten, um in die Lymphe eines grossen Lymphgefässes zu gelangen. Diesen Beobachtungen zufolge scheint es, dass nicht nur wie mehrere neuere Anatomen nachgewiesen haben, ” ein Uebergang von Flüssigkeiten aus den Lymphgefässen in die Venen, son- dern auch einer von den Blutgefässen, (wahrscheinlich den Arterien) in die Lymphgefässe statt finde, und dass derselbe sogar mit grosser‘ Leichtigkeit geschehe. a 9) Die ins Blut gebrachten fremden Stoffe werden, ‚wie längst bekannt ist, schleunig wieder aus demselben entfernt, und zwar hauptsächlich durch die Nieren. Diese Abnahme wurde schon nach einigen Minuten bemerklich (V. 3. 4. 8. 15.); ‚das völlige Verschwinden aber erst nach 5—8 Stunden (V. 3. 13.) (In andern hier nicht erwähnten Versuchen ist sogar noch eine kürzere Zeit als diese beobachtet worden.) Nach 24. Stunden war selbst in den festen Theilen jede Spur verschwunden (V. 13.) 10) Endlich ergibt sich aus den angestellten Versuchen, dass das blau- saure Kali bei gehöriger Vorsicht in ziemlicher Menge ohne Nachtheil dem Blute beigemischt werden kann; dass hingegen eine Indigo- Auflösung zu die- sem Zwecke nicht wohl tauge (V. 11.), eine Infusion aber von schwefelsau- rem Eisen das Blut schnell gerinnen mache, und dadurch den Tod herbei- führe (V. 10. 15.) ’). i Es wäre leicht noch eine Reihe von Folgerangnn aus den angeführten Versuchen zu ziehen, welche zur Berichtigung der Theorie des Kreislaufs, der Absonderung und Einsaugung dienen können; ich habe mir vorgenom- men, mich später damit zu beschäftigen, inzwischen aber die Versuche mit Ahänderungen fortzusetzen, um die Ergebnisse mit desto grösserer Sicherheit den Physiologen vorlegen zu können, 1) Bei dem 3. Versuche, welche E. Viborg in YVeterinair Selskabels Skriften 1. Deel p. 74—76 an- führt, war dieses keineswegs der Fall, obgleich die angewandte Solution stärker war. m un un ee \ j 2 i vi. VERSUCHE ÜBER DIE WIRKUNG DES SALZSAUREN AMMO- NIUM AUF DEN THIERISCHEN ORGANISMUS, NEBST EINI- GEN DARAUS GEZOGENEN FOLGERUNGEN. von Dr. J. WILH. ARNOLD, PRIVAT-DOCENT ıx HEIDELBERG, Darch die wichtigen Erfahrungen mehrerer Aerzte über die Kräfte des Salmiaks ‘gegen Verhärtungen, Strieturen, Schleimflüsse und einige andere Krankheiten auf dieses höchst wirksame Mittel aufmerksam gemacht, stellte ich, in der Hoffnung, einige bisher noch bestrittene Puncte aufzuhellen, und somit etwas zur Kenntniss von ‘der Wirkungsart dieses Salzes auf den menschlichen Organismus beizutragen, mehrere Versuche an Thieren an, welche ich, ' da sie mir beachtenswerthe Resultate zu liefern scheinen, mit denen Anderer über diesen Gegenstand hier mittheilen werde. D ERSTER ABSCHNITT. VERSUCHE. 1. Wirkung des in den Magen gebrachten Salmiaks, Versuche von WEINHOLD. Nach WeınuoLo !) soll in Folge starker Gaben des salzsauren Ammonium t ” in wenigen Augenblicken das Herz und die grösseren Gefässe -aneurysmatisch )/ Versuches iber! düs Leben und’ seine Grundkräfte auf dem Wege der Experimehtalphiysiolögie. 8.270 I. 128 ausgedehnt werden, zugleich das Blut eine schwarzrothe Farbe erhalten und die Lungen, immer kürzer athmend, endlich zusammenfallen, ausserdem werde die Leber an Umfang geringer und nehme an der Oberfläche sowohl, als auch an den Rändern eine blassrothe Farbe an; bei Fortsetzung der Ein- spritzung höre die Bewegung des Herzens völlig auf, und der Magen über- ziche sich mit;sehwarzrothen Blutgefässen ; während dieses Vorgangs im/Herzey falle, das Gehirn zusammen, ‚die innere, Substanz, der. Leber nyende; hellbraun und völlig blutleer. — Hieraus ln er,, der Salmiak. sei keineswegs _ ein so indifferentes Mittel, "als man Gewößhlich glaube, denn bei seinem anhal- tenden Gebrauch schade er sehr durch yöllige Zerstörung des rothen Blut- theils u. s. w. — Das Mangelhafte der Wemnouoschen Versuche, so wie. das Einskitige beim Auffassender "kegebenen: Erscheinungen ' ist so -bffehbar, dass es nicht leicht jemanden entgehen möchte; denn wer wird wohl glau- ben, dass der in den Magen gebrachte Salmiak in einigen Augenblicken eine aneurysmatische, Beschaffenheit ‚des: Herzens und! der grösseren, Gefässe- I. wirke! —.;Wo wird. von ‚WEımHoLp, bewiesen, dass ‚das Blutroth..durch die- ses ae rg We aid 2osoih An notieskanı De a tol2, ab. or „los IRLETC Te und unsterete is RIGENE VERSUOHE 5.0 Base, „Diss pi 2 ind ‚motor Y, Einem EL ninalina Kaninchen. 22 amı 3 ‚Januar. 10. Gr: Salmiak in 2 Dr,ıWasser gelöst in ‘den Magen gespritzt, - worauf sich keine) bemerkbaren Erscheinungen einstellten. — Am 12. Januar wurde die Ein- spritzung von 10.Gr. wiederholt; es zeigten sich auch diessmal, einen etwas stärkeren und volleren Herzschlag ausgenommen, keine Zufälle. Am 13. gingen ausser den natürlich beschaffenen Excrementen 6—8 Tropfen v weissen. Schleims ab. — Am 14. bekam das. Thier 15 Gr. Salmiak in 3 Dr. Wasser gelöst. Der Herzschlag wie am 12.; erst einige Zeit nach der Einspritzung frass es wieder, schien aber den ganzen Tag weniger fressbegierig, als. gewöhnlich. Bisher war der Urin, wenn ver einige Zeit «stand, «trübe' und e 129 reägirte alkalisch.‘),; aber der; in ‚der, Nacht vom ‚14, auf.den 15. gelassene blieb ıhell und reagirte auch noch ‚nach längerer Zeitisauer; Oeffnung: spar- sam.‘— Am 15. wurden 20 Gr. eingespritzt; Herzschlag bald darauf stärker und an einem grösseren: Theile der Brust, fühlbar; Respiration tief und 'be- schleunigt; das! Tihier lag einige. Zeit ‘auf. dem Unterleib ausgestreckt und bekam öfters einen Ruck, den ich mir als: eine: Hinneigung zu Convulsionen deutete. .; Diese Erscheinungen verschwanden jedoch, bald, und ‚die Fresslust stellte sich ‘wieder ‚ein. | Bis zum 17. »der-Urin hell und sauer; die Menge des:abgegangenen Kothes weniger bedeutend ‚und. die einzelnen Stücke des- selben kleiner‘ undiinicht «so geründet, als wie gewöhnlich. Diese, Verän- ‚derungen dauerten: bis. zum .27.: Januär, zu welcher. Zeit .die, Verriehtungen desDarmkanals:nınd «der Nieren: wieder: normal wurden. — Auf 25 Gr. Sal- miak, ‘welche ‚nun; in den. Magen! gebracht. wurden, | zeigte sich das Thier sehr angegriffen, und .lag, einige Zeit auf;‘dem Unterleib, ‚indem. es seine Füsse nach beiden Seiten ausstreckte. Nach 12—15 Minuten stellten sich. in den Extremitäten :Bewegungen ein, in ‚denen ‚das, Bestrebeni ‚sich ;‚aufzurichten nieht. zu; verkennen \war,' wodurch das Thier . bald auf die.eine bald auf. die ändere Seite geworfen wurde. . Die schon ‚früher vorhandenen tiefen, be- schleunigten und ‚häufig. stossweisen Athemzüge, ‚so wie ein öfters schnelles Oeffnen und Schliessen ‚des -Mundes ‚dauerten fort. Zuj,gleicher Zeit, zeigte sich. die Pupille, verengert. ‚und die Röthe der Iris ging nach und nach ins Bläuliche ‚über. .Das stossweise Ausathmen "war nach 20. Minuten mit; so tiefem Einathmen wechselnd, dass dadurch die Bauchmuskeln bedeutend ein- gezogen ‚wurden. 24 -Minuten nach der Einspritzung des Salmiaks. erfolgte der Tod oline bedeutende Bewegungen des, Thiers. “ ”) Die Ahırhbe von Vatıq udipa, das ah: Hirn der" Känihlhen 'alkalistherMätur! sei, Fand ich ’wicht in völlig bestätigt, da ich denselben, wenn ich ihn, gleich nachdeni ev gelassen; war, untersuchte, sauer fand, während er sich nach Entwickelung der Kohlensäure durch Stehen an der Luft trübte und alkalisch wurde. Diese Abweichung : ist entwäiler im; der Verschiedenheit der Nahrung, |oder darin "= zu suchen, dass: VA ugqmelin- nur solchen‘Harn untersuchte, ‚der schon einen»Theil seiuer Kohlen- säure verloren hatte. Zeitschrift f. Physiol. II. 1 17 130 ’Die Bröffnung: wurde 'eine Stunde: nach: dem Tode vorgenommen ‚iwobei sich‘ Folgendes fand: Im Magen war letwas Fressen enthalten; die innereiPlä+ che desselben, vorzüglich am: mitlleren Theile entzündet, die Schleimhaut, welche’ Schleim in vermehrter Menge abgesondert 'hatte, "konnte leicht von der Muskelhaut‘ losgelöst werden. An der 'entzündeten Stelle 'viele'«braun- rothe 'Puricte , "von denen 'aus eine‘ dunkelrothe' Materie dem Schleime sich mittheilte, ‘welcher davon wie 'besäet 'sich zeigte. Der dünne Darmı'von Entzündung frei; Ansammlung von Schleim etwas bedeutendervals 'gewöhn- lich; Menge 'des’Kotlis sehr' unbedeutend. Im’ dicken Darm keine: Verän- derung. ‘Das rechte Herz und die grösseren Venen>mit!Blutiangefüllt«!In den ' Lungen etwas mehr' Blur angehäuft, "als-\gewöhnlich ;" aufıderen ‚Ober- fläche mehrere‘ dunkelrothe’ Stellen‘ und ausserdem ‘die ganze Pleuray,'vor- züglich aber der der Lunge angehörige Theil derselben mit‘vielen, kleinen, rorhen ‚Puncten,' wie. Mean besäet. Die serösen Re in 'gehö- iger IMende. 193119 GEr- ni yilzaıs neie abio«d Aosır 9)" Ein nicht sehr stärkes Weibliche Kaninchen erhielt eine halbe Drachmi Salmitik in 3’ Drachmen' Wasser ’gelöst. ' Anfänglich "lief "das: Thier''minter im Stall 'herum, nach’ ‘10 Minuten aber kauerte’es sich’ zusammen, blieb jedoch kaum einige Mitiuten so, denn bald’stellteii’sich' Bewegungen 'in den Bauchmuskeln ein, denen beim Erbrechen ähnlich) welche nach kürzer! Zeit init einem Anfall't) sich endigten, der, durch'Ausstreeken der Extremitäten und’ Rückwärtsbeusen des Kopfes und Schwanzes ‘sich ‘auszeichnend, einige Minuten andauerte und in kurzen Zwischenräumen‘ noch‘ mehrmals sich einstellte. Näch diesem Anfall blieb das Thier unter anfangs sehr "tiefem, nach und nach aber kürzer werdendem 'Athmen ohngefähr "eine 'Viertel= stunde auf der linken Seite liegen. Zu dieser Zeit war ‚es nicht ‚ohne Empfindung, denn es schloss, wenn man mit einem Finger über das Gesicht 1)-Orfila, der in den früheren Ausgaben: seiner Toxicologie nicht ‚das/salzsaure Ammonium‘ erwähnt, theilt in der vor kurzem erschienenen 3. Ausgabe B.ı 1. S. 230—-31 zwei: Versuche an’Hunden mit, in welchen der Salmiak gleichfalls Zuckungen und endlich Starrkrampf bewirkte. / rn, 131 fuhr, die Augen, und bei. vorgehaltener Nahrung bewegte es Lippen und Kiefer; wie (beim Fressen, was es jedoch nicht vermochte. Die Extremitäten waren, hierbei wie: todt, ihrer eigenen Schwere folgend und völlig ohne Bewegung. Das) Oeffnen und Schliessen des Mundes, ‚das bei. jedesmaligem Aus- und Einathmen statt fand, wurde nach und nach so vermindert, dass es; kurz vor dem, durch einen neuen sehr heftigen: tetanischen Anfall verur- ER Tode kaum: noch: bemerkbar war. " Die’Sektion: lehrte Folgendes: Der Magen mi. HERR NER OREHR angefüllt ?); ie Beschaffenheit'der Schleimhaut wie.im ersten Versuch, nur. die meisten Erscheinungen, vorzüglich aber die Entzündung bedeutender, die Zahl’ der braunrothen Puncte viel grösser; am Blindsack und Pförtnerende keine Ent- zündung. Die Schleimhaut des oberen Theils des dünnen Darms nur unbe- dentend, geröthet; in demselben gleichfalls Koth mit vielem Schleim umgeben angesammelt. Im unteren Theil des dünnen Darms Ansammlung von Schleim. In . der | Gallenblase nur wenig concentrirte Galle. Die Anhäufung des Blutes im, rechten Herzen und den Venen war hier ebenfalls bedeutender, wie im ersten Versuch. Nach drei Stunden waren noch Contractionen in den Wan- dungen des rechten Vorhofs und der oberen Hohlader sichtbar. Das Blut im linken Herzen an Menge sehr unbedeutend und dessen Gerinnung unvoll- ständiger, als des im rechten. Die übrigen Erscheinungen von denen im ersten ‚Versuch nur dem Grad nach verschieden. das 3, Einem weiblichen Kaninchen von schwarzer Farbe wurde eine. halbe Drachme Salmiak in Wasser gelöst beigebracht. Nach 5 Minnten die schon beschriebene Lage auf Unterleib |mit nach den Seiten ausgestreckten Glied- massen; die Respiration langsam und tief; der Herzschlag selten und unre- gelmässig, auf‘ einem‘ grossen Theil der Brust wahrnehmbar; zuweilen Pe TA NE F »2l ui 0 .4) Da, um den Grad der Wirkung eines Mittels gehörig bestimmen zu können, die Entziehung der Nah- rung einige Zeit vor dessen Anwendung nothwendig ist, und diese gefrässigen Thiere, um ihr Hunger- gefühl zu stillen, schr bald iliren eigenen Koth verschlingen, so brachte ich später an dem Boden des Behälters eine Vorrichtung an, wodurch diesem Uebelstand abgeholfen wurde 7A 132 Aufschrecken. Nach der 10.'Minute einige Augenblicke lang Convulsionen, wodurch das Thier, wie im 1. Versuch,. hin und. her geworfen wurde, »so dass es bald auf die eine bald auf die‘ andere’ Seite zus hegen' kam, und worauf ein Zeitraum von Ruhe folgte,’ der eine Viertelstunde dauerte, wäh“ rend welchem 'das Athmen kurz und stossweise, so wie der Herzschlag. be- schleunigt sich zeigte. Zu gleicher Zeit hob das Kaninchen öfters’ den Kopf in die Höhe, ja strebte zuweilen sich völlig aufzurichten und vorwärts zu bewegen, besonders wenn es durch Berührung des Körpers dazu aufgeregt wurde.‘ Hierauf verband sich‘ mit’ dem veränderten Athmen ein röchelndes Geräusch, das bis zu dem durch einen starken tetanischen Anfall herbei- geführten Tod anhielt. used Bei Eröffnung des Thiers zeigten. sich ähnliche Umänderungen, wie | bei den früheren Versuchen. Innere Fläche des Magens sehr entzündet, ‚die Röthe dunkel, wahrhaft brandig, die Schleimhaut aufgelockert und an eini- gen Orten zerstört; der Blindsack und Pförtnertheil von Entzündung nicht er- griffen. Der. dünne Darm in seinem Anfang ziemlich stark entzündet, so dass die _Röthe selbst durch längere Berührung mit Wasser nicht ausgezogen wurde. Ausserdem war die Entzündung der Schleimhaut der Luftröhre Br des Randes der Augenlieder, so wie Ansammlung eines schaumigen Schleimes in den Bronchien und einer schleimigen Flüssigkeit zwischen den Augen- liedern hemerkenswerth. Der in diesem Fall genauer untersuchte herum- schweifende und ‚Zirerchfellsnerve, so wie das Rückenmark and) Gehirn waren nicht verändert. Be | 4) Eimem kleinen männlichen Kaninchen wurde ‚die Auflösung. einer halben Drachme Salmiaks in. 3 Drachmen Wasser ‚in den» Magen ‚gespritzt. Schon nach 3 Minuten das Athmen verändert und tief. In der 5.bis-6.-Mi- mute' ‚gelinde Zuckungen in'den Gliedmassen. In der 6. Minute Harnabgang; Le auf Unterleib, wie früher beschrieben wurde, In.der 7. Minute Starr- krampf, worauf in der 8. Minute der. Tod folgte, | u nl N A a * 133 » Eröffnung des’ Thiers: die’ Menge der in dem Magen: enthaltenen Stoffe geringer,‘ als in einem‘ der'früheren Versuche. Die Entzündung 'hatte vor- züglich den blinden Sack und weniger die übrigen Theile des Magens’ergrif- fen, war jedoch 'an' dieser Stelle nicht bloss auf die'Schleimhaut beschränkt, sondern: :hatte‘'sich' der Muskelhaut in ziemlichem' Grade mitgetheilt. Die Veränderungen der übrigen Theile des Körpers weniger "bedeutend, als in den! früheren: Fällen. —''Das schnellere‘ Erfolgen des ‘Todes möchte ‚wohl hier nicht: nur der’ Kleinheit des Thieres, sondern auch der: geringern An= füllang des Magens EEE RI: seyn. e \ 14 "Da Ehe MEchstföleenden Versuche, zur Erforschung der Wirkung des salzsauren. ee auf das Blut angestellt wurden, so mag wohl amı passendsten das Verhalten de Salzes zum Faserstoff hier mitgetheilt wer- den, indem es theils zur Bestätigung, theils aber auch ‚zur r Erklärung jener Versuche ienen kann. H I 3 ‚brachte in >der Erwartung, es werde sich” a Stoff gleich einigen andern ee Stoffen in ‚einer Lösung des salzsauren Ammonium auf- Töden ‚he halbe’ Drächme ech aus Kbeihiue bereiteten Faserstofls mit einer nicht sehr gesättigten Salmiakauflösung in Berührung und liess diese Mischung bei gelinder Wärme ') ruhig u Schon nach einigen Stunden sch\rollen die einzelnen Stückchen Faserstoff etwas auf, nach ohngefähr 14 bis 16 Stiel” äber wär" derselbe’ so erweicht, dass er sich bei geringer Bewegung der Flüssigkeit völlig in derselben löste ?). Die filtrirte Auflösung opalisirte; sie wurde getrübt durch Erhitzen, Galläpfeltinetur, Salzsäure, Salpetersäure und Essigsäure; verdünnte BEBE: gsäure löste die im Anfange uhbetsn tt u bon uousslanse morddiatı | 1) Zu starke Wärme verhindert nicht nur das Auflösen des Faserstofls „sondern, auch der schon, aufgelöste Theil wird dadurch ‚zum, Gerinnen gebracht. 2) Durch die so häufig dem Salıniak anhängende freie Salzsi äure scheint diese Eigenschaft desselben gemindert zu werden. Von dem durch Kochen veränderten Faserstoff wird entweder nichts aufgelöst oder nur eine Spur uch längerer Zeit. 154 gebildete geringe 'Trübung, ‚dureh Zusatz: von ‚einer:grösseren Menge wieder auf., Alkalien, ‚als: Kali,‘ Natron, Kalk, Ammoniak. u. 's. w.: Kerns keikian keine ‚Veränderung in ‚der Auflösung, ı YT | 5) Einem muntern Spitzhunde wurden einige Unzen Blut aus Ba Schen- kelarterie. der einen Seite gelassen, wodurch seine Kräfte und Munterkeit nicht im ‚mindesten ‚litten: Nach völliger ‚Schliessung: der Wunde: erhielt derselbe 'während 10 Tagen 17 :Drachmen !) Salmiak ‚mit: Brod‘ zu Pillen gemacht. Gegen das Ende-dieser Zeit,ifrass. das‘ sehr, schwachsund traurig gewordene Thier wenig und magerte ab. ‚Nachdem nun einige Unzen Blu- tes aus der Schenkelarterie der andern Seite entzogen waren, erhielt das Thbier, da. nicht ferner ‚mit dem ‚Gebrauch. des Salmiaks fortgefahren ‚wurde, bald, ‚seine N Krile und. Munterkeit. wieder; und ER Wunde schloss ‚sich An sehr „ kurzer Veit. “Dieses Blut zeigte mehrere Verschiedenheiten, ‚sowohl von ‘dem früher gelassenen desselben, Hundes, ‚als auch von dem zu ‚gleicher Zeit gelassenen arteriellen Blute eines andern. Es gerann nämlich erst ‚nach einer ‚Viertelstunde, wä rend in ‚den beiden andern, Fällen Eee ‚gesunde, "Blut unter gleichen Verhältnissen weit ‚schneller seine Hüssige Beschaffenheit, ver- lor; das geronnene. Blut, eine. gleichartige Masse N ‚trennte sich später als gewöhnlich in einen festen nnd. flüssigen Theil. Das Verhältnis des Blutkuchens und Blutwassers zu einander war folgendes: d ‚Arterielles Blut des gesunden Hundes. Arter, Blut desselben Hundes, Fr _ dem er Salmiak erhalten hatte, Blackuchen BE rn 46, 52 m: men: mr. mente en 56,65 Blutwasser — m. u 0, AB ot She 7 de 100,00 y - H Dass 100,00 Menge des aus 100 Theilen Blutkuchen erhaltenen und im Wasserbad Ber trockneten Faserstoffs. ; NR —_— — — 04 1) Mehr als eine halbe Draclıme Hunden auf einmal gegeben bewirkt Erbrechen. 155 16) Ein. noch nicht: völlig ausgewachsener, sehr gefrässiger Schäferhund, demswor»!44. Tägen aus der Fechten Schenkelarterie' "mehrere Unzei Blutes entzogen wurdeh, erhielt in einemZeitraun von» 13 Tagen 29) Drachmen Salmiak'mit!Brod; ‘Gegen das Ende''dieser Zeit verlor das Thier seine‘Ge- frässigkeit, ‚wurde‘'traurig, war nur'schwer dazu zw‘bewegen sein Lager zuovdrlassen, und starbo endlich, 'ündem in’ den letzten‘ Tagen die Kräfte'so abnahmen,:'däss’1es sich’ kaum auf den Füssen erhalten konnte; in‘der auf den 13. Tag (von dem Gebrauch »des Salmiaks an gerechnet) folgenden Nacht. - 3. ‚Untersuchung der’ Beiche: des Morgens'um 9 Uhr keine Spur thierischer Wärme; «um 12 Uhr, bei: Eröffnung des Thiers, war die Todesstarre noch nicht eingetreten.’ |Der Magen’ mit‘einer grossen Menge nicht verdauter Spei- sen)ängefüllt; seine innere-Fläche an der kleinen Krümmung ven Entzündung ein wenig. ergriffen; die Drüsen-der Schleimhaut an mehreren Stellen etwas vergrössert, an der Mündung vieler eine, mit; dem reichlich abgesonderten Schleim sich ‚vermischende ‚schwarzröthliehe' Materie'!). Im Dünndarm mit Schleim wermischter_Speisebrei; im Dickdarm, eine grosse Menge mit zähem Schleim ‚umgebener. Koth,.,ı:Leber,, Nieren and.die ‚übrigen! Unterleibsorgane zeigten keine Veränderung, „Mit, concentrirter,)..zäher Galle. war, die |Gallen- blase angefüllt ‘und deren innere Fläche mit Schleim überzogen. Die Harn- blase durch sauer reagirenden Harn ausgedehnt. Die Schleimhäute, mit Ausnahme der des ‚Speisedanals;nichtw verändert: “Im den‘ setösen Häuten, als, Bauchfell ,; Brustfell und ‚Herzbeutel, ‚kaum. eine Spur von Feuchtigkeit, während die der Spinuuwebehaut nicht. vermindert :war. In ‚dem; unterbuu- denen Milchbrustgang ‚sammelte, sich noch eine nicht, geringe Menge, Chylus an, der einige Stunden füssig ‚blieb, bis ‚sich endlich nach, langem Stehen eine ‚kleine,,; hinsichtlich, ihres; Gewichtes ‚wicht. wohl. bestimmbare ‚Menge eines rölhlich, weissen Goagulum absonderte; der »wässerige Theil des Chylus; 1) Der Zusammenhang: dieser Materie mit den vergrösserten Schleimdrüsen, 'hier, der Grösse der Theile wegen, weit deutlicher, als in den früheren Versuchen, macht es mir wahrscheinlich, dass sie ein durch die in ihrer "Thätigkeit veränderten Schleimdrüsemhbgesondertes Blnt sei. 136 wurde durch Wärme getrübt; beim Abdampfen blieben 1316 p. ec. Rückstand, der inicht genauer untersucht: wurde. ‘Das Herz: war schläff,\ der rechte Vorhof zog sich, auf äussere ‚Reize zusammen. Im rechten, Herzen und''den grösseren Venen viel völlig Hüssiges Blut, das, 'nachdem es.sich' schon eine Viertelstunde in einem Glas 'befand, noch nicht geronnen ‘war; nach. einer Stunde: stellte es, eine geronnene: gleichartige, Masse: dar, von der-siohrerst nach einigen ‚Stunden ‚ein/Serum 'absonderte, das; Kein ‚Blutroth'in ‚sich! vers theilt enthielt, und durch: Erhitzen völlig!,gerann.! .\) u. © Nun ‚Ei mab Arterielles Blut; vor den Gebrauch ı. Venöses Blut aus dem rechten!Her- des Salmiaks gelassen. ‘zen nach dem durch den Salnızak ıbe=- - is as20 wirkten. Tod’ erhälten.1o 10041» alas Blutkuchen 1— uni 153,44 © nn on 211445 2046503 Blutwasser ı-. un — 1 456 nm— 2193,97 100,00 il ob a gg Menge des aus 100 Theilen Blutkuchen ER trockenen Faserstoffs."" in organ ggpbzloil nd Inline uinloR »Menge des Rückständes, der aus 100 Theilen’ Blutwässer durch Abdampfei -uo/ hand Trocknen: im Wasserbad‘ erhalten würde.-' Si oe ort ishrgggi dere ie grlütnneninul r \ I a. gr or Iy N esld tosn ‚II. Wirkung des in: ne ein gesprützten ‚Salmiäke) regt. \WiLtıam Courten 1)' war'der erste, "welcher Versuche mit Einspritzung des’ 'Salmiaks in 'das Gefässsystem anstellte. Im October 1678 brachte er 1%, Drachme 'Salmiak in 11/, "Unzen’ lauen Wassers gelöst in die Jugularvene eines Hundes, der alsbald unter den heftigsten Convulsionen starb. b ‚grß "ViRoRg 2) mächte mehrere Versuche an Pferden mit’ Einspritzung des in Wasser gelösten Salzsäturen Ammoniim’in’die Venen. "Die'ersten Erscheinungen 1) Philos. Trans. ın. 335. 1712. ‘Scheel, die Transfusion'des Blutes und Einspritzung der Arzneien in die Adern u..s. w. IT. 184: yumın 2) Nordisches Archiv der Natur- und) Arzueikunde.. 1.|.St. 3: Scheel a. 'a,!0.11E,221. 137 waren’ Steigerung’ aller: Lebensfunetionen, .als ein: lebhaftes und wildes Aus- ‚sehen, kräftiger Puls, tiefes Aınd: heisses Athmen mit erweiterten Nasenlöchern, 'Röthie‘ der ‘Nasenschleimhaut, grössere Wärme der Haut, Kothabgang. Die später'sich einstellenden Erscheinungen, jenen: ersteren gerade entgegengesetzt ‚und von'längerer Dauer, waren: Niederhängen des Kopfes, halbgeschlossene und‘ matie Augen), kleinervund heschleunigter Puls, vermehrtes Athmen' und 'gelinde 'Zuckungen' der: Muskeln, Bee EEE islaeh: nach Verlauf er 12 bis 16 Stunden verschwanden» ln omsann ui | . SPRÖGEL ?) spritzte 1 Se Ammonium in Wasser gelöst i in ie Jugularvene eines 'Hundes;| wodurch. «äusserst | heftige Convulsionen, die -einershalbe Stunde »andauerteny> 'hervorkebracht wurden, ‚nach deren. Ver- ‘schwundenseyn.. keine !|Erscheihung! vom | Uehelbefinden zürückblieb., Eine ‚Drachme desselben Salzes, «4 Tage‘ nachher in die) PREMIER der ‚andern !Seite eingespritzt; bewirktesrkeine Störung. ın.lan me 00: -r) Die eben mitgetheilten; Versuche;' ‚vorzüglich die von ViRoRG mit.so "grosser Genauigkeit‘ angestellten) machten anderweitige iin: dieser. Hinsicht weniger nothwendig,;' he ichiden folgenden‘ der Bestätigung; halber ‚auzustellen' für‘\genü ügendı hielnsıob ohamw sp; oyinio AunlınV 190177) Dem vor'4 Wochen: zus dem fünften: Versuche Hiekmänten Spitzhunde 'entzog ‘ich »zwerst: einige’ Unzen Blutes: atıs:der:Schenkelarterie,, um es mit (denv früheren ‚desselben: Hundes vergleichen‘ zu können 2), 'und-spritzte ihm -hierauf20 | Gran Salmiak «ih 2:Drachmen lauen Wassers gelöst mit Vorsicht ‘in /dieSchenkelvene.. Bald’ nach Vollendung der Einspritzung \schrie ‚das Thier heftig, ‘der Unterleib wurde unter sehr starken Convulsionen bedeu- Itend aufgetrichen und wührendinzugleich statt findendem Einathmen die Brust sausgelehmt..Das auf) diesen. Weftigen: Anfall etwas ruhiger gewordene Thier wankte auf die Erde BER. hin und: dab es stellte ‚sich alsbald Kothab- FE TRRETTL BOT, } P* », Diss. RR ‚im Halleri A, diss, med. pract, T. VI. Scheel a. a, O. II. 256. r m, Dee Blut stimmte in seinen Eigenschaften mit dem zuerst gelassenen vollig überein, folglich war in „> r Zeit alle "Wirkahg des Salzes verschwunden: Zeitschrift £. Physiol. III. 1. 18 158 gang und heltiges Erbrechen: eiiv, ‚so dassıselbsts.nach völliger ‚Entleerung des Magens ein beständiges Würgen and eine: Anstrengung! wiei beim Exhre- chen einige Zeit fortwährte. Es:war zugleich ‚dasıAthmenbeschleunigti uni kurz, anfänglich heiss, zuweilen mit tiefem Einathmen verbunden; der Herz- schlag aussetzend. und selten; ‘die Augen, anfänglich: sehr lebhaft! und glän- zend‘, verloren 'nach 'und.nach ihren«Glanz;! fortwährend leichte Zuckungen in'den Muskeln des "Gesichts und der Extremitäten; hicht. völliger - Verlust (ler Empfänglichkeit für äussere Einflüsse Naehsdiesen Zufällen,) welche obn- sefähr 11%, Stunden währten, trat‘'ein heftiger den ganzen Körper ergrei- fender Schauer ein; der! Herzschlag ‘war: daher weniger ‚unregelmässig und langsam; es versuchte’das Thier, »dasvbisher (auf) der. ‚Seile .Jag, sich-laufzun- richten , Jeckte die Wunde, !irichtete:sichyendlich völlig: iaul‘,, »wankte jedöch sehr und gab‘ durch: hefuiges'Geschrer mitsräuker. Stinnme, wie: es;nur,schieh, bedeutende Schmerzen zu erkennen:rDiese Unruhe minderte 'sich»nach und nach‘; so dass nach einer Stunde, etwasıMattigkeiti.abgerechnet; , keine Er- scheinungen‘'von‘ 'Uebelbefinden mehr'zu bemerken waren) 'und, der. Hund selbst noch. denselben Abendbymit gehörigenwsAppetitr frasssow.lton % uiayr Nach Verlauf einiger Tage wurde derselbe! mittelst>Durchschneidung des verlängerten Rückenmarks getödtet und alsbald die Section, vorgenommen, wobei folgende Erscheinungensich zeigten ::»Im’Magen: geringe ‚Menge: von Speisen; die Schleimhaut‘ sowohl hiery“ als auch {ims Dünndarmısaii einigen Stellen etwas’ entzündet: Das im Herzen: und den :/grösseren: Gefässen, ange- sammelte Blut’ wie) gewöhnlich. : Der' in der Harnblase sich :befindende‘'Urin von sanrer Beschaffenheit; der aus dem Michbrüstgang ‚erhaltene! Chylüs blässer als gewöhnlich und sich’ nur langsam in‘ 9,67'Theile'-Faserstoff und 97,23 Theile Serum. trennend!' Das: durch'!/Wärme> nicht: gefinnende |'Serum liess durch Abdanipfen und Trocknen’ 3,67 P. !C: Rückstand. >.) ".n silanm III. Wirkung des auf das Schleimgewebe angebrachten Salmiaks.- — Aus den Versuchen, welche SmırH# hierüber anstellte, erhellt, dass durch 1Y, bis 2 Drachmen dieses Salzes, auf ‚das Schleimgewebe eines Hundes ayals 139 angebracht, , zuerst, Erhrechen,, dann ; aber grosse Schwäche und endlich der Tod ‚herbeigeführt, wirds}, ‚Bei .der..Section fand. derselbe nicht eine Spur des Salzes an; «ler ‚Stelle,,, wo jes angewandt ‚wurde. Auf der inneren Fläche des, Magens zeigten sich ausser Entzündung an einigen Stellen Geschwüre und brandige Zerstörung‘der Schleimhaut. Magen und Dünndarm enthielten eine‘ schwärzliche, . stinkende, Flüssigkeit. Ausserdem waren: im Darmkanal, Herzen und; in. .den EN F h + hit dei ZWEITER ABSCHNITT. "BETRACHTUNGEN ÜBER DIE WIRKUNGSAI T DES SALZSAUREN ar „ AMMONIUM. ra Re tEIP ECRTEREE DAT FAR a 4al u Okihe lich hans bei die Aufzkklunke der ann Meinungen An- derer aufzuhalten, werde ich num meine Ansicht über die Wirkungsart des Salmiaks mittheilen, welche als Folgerung, sowohl aus den oben angeführten Versuchen an Thieren, > wann aus Beobachtungen am > RSunkenBeie, zu betrachten ist. =». © ae BL HIEOLIE GITTER Folgende Ordnung möchte hierbei wohl die zweckmässigste seyn. BD Wirkung des Salmiaks auf Magen und Dar mkanal. Be Benrtheilung dieser Wirkung verdient sowohl die Menge. des ange- wandten Mittels, ‚als auch ‚die Dauer der Anwendung hauptsächlich beachtet zu werden, In mässiger Gabe nicht zu ‚lange angewandt, erhöht es die Thätjgkeit der hr er Organe des chylopoetischen Systems, vorzüg- lich ‚der der: Schleimabsonderung beyorstehenden, und zwar nicht allein - dadurch, dass seine ‚Ausscheidung „aus ‚dem Blute. hauptsächlich mittelst der Schleimdrüsen ‚geschieht und, es; somit, wie auf die übrigen Schleimhäute auch auf, die dieses Systems, erregend wirkt, ‚sondern auch dadurch, dass es bei ‚seiner Anwendung unmittelbar. mit ‚der Schleimhaut des Magens und 15 * 149 Därnikanals in Berührung kommt! — Wird aber mit’ seinem Gebratiche Tand' gere Zeit Tortdefahren, "so zeigt sich’ Lürch’ Erschlatfüng‘ der Muskelhättt as Darmkanals die Wurmförmire' Bewetin’ desselben’ und'sömir'die 'Fortbewe- gung und Ausstossung der in demselben “enthaltenen Stoffe vermindert, wes-’ wegen man bei Thieren, 'die in Folge längerer "Anwendung dieses’ Salzes’ wnkamen, den Darimkaraltnd'selbst den’ Magen’dürch 'mehr oder weniger umgewandelte Nahrungsstoffe Ausgedehnt findet. "Bringt man’ hingegen auf ein Mal eine verhältnissmässig grosse Menge Salmiak in den Magen, so wird er entweder durch Erbrechen wieder ausgestossen, oder bei verhindertem Erbrechen bewirkt derselbe Entzündung der Schleimhaut, ‚zuweilen a derselben von der unterliegenden Muskelhaut, welche nur bei sehr starker Einwirkung auch entzündet ist, Absonderung von zähem Schleim in vermehr- ter Menge, jal'zuweilen "von ‚Blut durchi die Schleimdrüsen und.endlich in Folge der a auf. das nn FRE N Zufälle und den Tod. 2).V en ge ‚des, Blndes aan ar die Here des salzsquren, Pen Dass der Salmiak in das Blut übergeführt werde, zeigen die durch.ihn bewirkten Veränderungen, desselben; auf, welchem Wege er aber dahin ge- gelange, möchte wohl schwer mit Bestimmtheit darzuthun seyn. Da sich dieses Salz fast in den meisten thierischen ‚Flüssigkeiten findet, so ‚ist es mir höchst wahrscheinlich, ‚dass sowohl die Saugadern als Venen bei dessen Aufnahme thätig siid. EN NORRNCEITE iot Durch die irkiche 5 und 6 wird Zur‘ Genübe bewiesen, dass der Sal- miak, in Folge seines Vermögens den Faserstoff aufzulösen, die Gerinnbarkeit des Blutes zu mindern vermag. Es gerann nämlich in beiden Versuchen‘ das Blut nicht allein weit später, sondern es trennte sich auch die geröhnene Masse erst nach eihiger Zeit in "einen festen und flüssigen’ Theil, ‘ “ wrelche’ Trennung weit langsamer vor sich ging, als bei gesundem Blüte, 'so "dass anfänglich der Blutkuchen im Verhältniss zum Blutwasser viel bedeutender war als gewöhnlich, bis sich endlich nach längerem Stehen noch‘ Serum EDEN RE SER. 141 ‚abschied, weswegen es auch "keineswegs als ein Beweis für das grosse Ueber- gewicht an festen Stoffen zu betrachten ist, wenn im fünften" Versuch das Blut nach der Anwendung'des Salmiäks 56 p- C. Blutkuchen enthielt, wäh- rend vor dessen Gebrauch nür 46° p- ©. darin enthalten waren, was auch offenbar daraus erhellt, dass aus 100 Theilen jenes Blutkuchens nur 0,41 Fa- serstoff erhalten wurden, während 100 Theile dieses 0,48 Faserstoff gaben. Aus denselben Versuchen veht jedoch zugleich hervor, dass der Salmiak keineswegs, wie "vielleicht mancher glauben möchte,‘ die Menge der festen Stoffe'im Blute"nündere, weil er die Gerinnbarkeit desselben mindert, denn obschon im fünften Versuch die Menge des Faserstoffs zum Blutkuchen ver- hältnissnässig” ‘kleiner war nach dem Gebrauch des Sälmiaks als vorher, so zeigt' sich "doch" durch "Berechmuhr, ' dass’ jenes Blut :0,01 p- 'C. Faserstoff mehr ’eiithielt, "ils dieses. Hiergegen scheint anfänglich die geringe Menge dieses Stoffs in dem durch den Salmiak sehr veränderten Blute des sechsten Versuchs zu sprechen, welcher ‘Widerspruch sich jedoch hebt, wenn‘ man beachtet, "dass «die Menge'des Rückstands nach Abdampfung des Serum weit beträchtlicher "wär, 'äls nach Abdampfung des von nicht verändertem Blute erhältenen Serum desselben Hundes, und es zeigt diess nur, dass nach dem Jängeren Gebrauch dieses Mittels der Faserstoff in veränderter Gestalt im Blut‘ enthälten sei, keineswegs aber durch‘ denselben seine Menge vermindert werde. Die Frage, ‘woher "es komme, dass nach dem Gebrauch dieses Salzes die’Menie der festen Stoffe im'Blute nicht'allein nicht'vermindert, sondern im‘ Gegentheil' vermehrt ist, "möchte ‘wohl vorzüglich darin ihre Beantwor- tung finden, dass der Salmiak nicht nur auf Faserstoff und andere organische Stoffe, sondern auch auf. mehrere in den Nahrungsmitteln‘ häufig vor- kommende unorganische Stoffe, "wovon ich hier nur die Kalksalze nennen will, auflösend wirkt, weswegen ‘durch dieses Mittel die im Magen und Darmkanal enthaltene Nahrung mehr aufgelöst und somit ein an festen Stoffen reicherer Chylus und reicheres Blut bereitet wird. 142 .. Ob und welche Veränderungen, das, Blutroth ‚durch dieses Salz ;erleide,. ee ich ‚nicht . anzugehen.. ‚Dass aber, wie WEINHOLD versichert, ı die-, ses Mittel, durch Zerstörung \des rothen Bluttheils sehr. nachtheilig were ist eine willkührliche durchaus.nicht bewiesene Annahme, für die nicht die, geringste Wahrscheinlichkeit spricht, 3) Wirk ung des Er en Aramonium auf mehrer e Secretionsor, gane, und wahrscheinliche /Fege, dur ‚ch die dasselbe aus dem Blute ausgeschieden wird. Da.dem' früheren . gemäss ‚des gewöhnlichste und en Mittel Re ie stimmung derjenigen Organe, durch; welche ein, Stoff. aus „dem' Blute, ausge-, schieden wird, ‚hier ‚nicht wohl angewendet, werden kann, ‚so müssen, wir! uns damit begnügen, : aus der; veränderten Thätigkeit,, der Secretionsorgane, auf deren Antheil an der Ausscheidung des salzsauren m, zu schliessen, Obschon es sehr. wahrscheinlich ist, dass hierbei die meisten der Secre- tionsorgane thätig sind, .so möchte ‚doch: der vorzüglichste, Antheil den, der Schleimahsonderung bevorstehenden Organen zuzuschreiben seyn, wofür, ausser, mehreren ‚bei den obigen Versuchen. sich. zeigenden Erscheinungen, ‚ vorzüg- lich‘ der ‚grosse Nutzen des Salmiaksı gegen einige Krankheiten. der Schleim-. häute, besonders aher. gegen Schleimflüsse angeführt . werden kann. _ Dieses: Mittel, ‚schon längst mit;so grossem. Vortheil, gegen. veränderte ‚Absonderung; der. Schleimhaut der Respirationsorgane benutzt,. wurde ‚erst. in neueren ‚Zei- ten gegen ähnliche Zustände anderer Schleimhäute angewandt. . FıscHer, den, die Kräfte desselben in so mancher-Hinsicht. kennen lehrte, ‚gebrauchte es zuerst; bei blennorrhoischem Zustand der Schleimhaut der Blase) mit gutem Erfolg, welcher durch Cramer und BLUME, ‚so wie einige andere Aerzte. bestätigt wurde.. Einige Zeit nachher bediente sich, Bürrxer ?) dieses Salzes mit Nutzen; gegen Schleimfluss, der Harnröhre °),| ‚Vor ‚ohngefähr einem Jahr;;hatte ich, 1) Rust’s Magazin XI, 284. alt, NVD-AG7. 3) Dass das Ammonium und seine-Salze, wie Cramer glaubt, eine speciflsche Wirkung bei Krankheiten 143 Gelegenheit, dasselbe. bei: vermehrter Absonderung eines zähen, glasigen ;Schleims durch die Schleimhaut des Darmkäanals anzuwenden, worlurch die- ‚ses (ler Kranken sehr. lästige, schon ein- Jahr'andauernde Uebel, gegen wel- ches früher mehrere), hier gerühmte Mittel nutzlos in Gebrauch gezogen wurden, nach vier, Wochen völlig beseitigt war '). "Der Nutzen, den: mehrere Beobachter bei zu starker, so wie bei man- 'gelhäfter Menstruation von dem Gebrauche des salzsauren Ammoniun gesehen haben;, möchte gleichfalls von dessen Wirkung auf die Schleimdrüsen abzu- leiten! seyn; wenigstens kann ich FıscHer in seiner Ansicht nicht beistimmien, der in dieser Hinsicht den Salmiak zu den styptischen Mitteln zählt. Was die Leber anbelangt,,'so: könnte: sich vielleicht «mancher durch WEINHOLD’s und meine Versuche verleiten lassen zu glauben, es äussere der Salmiakı ‚eine besondere Wirkung auf; dieses Organ, was doch ‚keineswegs duixch. ‚dieselben ‘bewiesen wird. da, die Versuche ‚von! /WEInHOLD: noch gar sehr einer Bestätigung bedürfen: und: | die) ‘von mir ‚beobachtete Ansammlung von «Galle hin ‚der! Gallenhlase «nitht: von‘ ıvermehrter Secretion. der Galle, sondern von verminderter ‚Göntraetionskraft:der: Wandungen! ‚der: Gallenblase abzuleiten ist. '% Der Antheil, ‘der den Nieren bei der Ausscheidung des Salmiaks zu- kommt, ist äusserst schwierig zu bestimmen, indem das Vorhandenseyn des salzsauren Ammonium im Harn, so wie die Veränderung, welche sich im „Urin, der. Kaninchen nach dessen ‚Anwendung zeigt, auch davon abgeleitet werden kann, dass der Salmiak durch die Schleimhaut der Harnleiter und Blase abgesondert werde und so in den Harn gelange. der Blase, Vorsteherdrüse und Harnröhre habe, ist eine durchaus nicht begründete Ansicht. Es scheint 75 Amir die, Wirkungsart. des salzsauren: Ammonium naturgemässer erklärt werden zu können, und die Kraft des bernsteinsauren wenigstens durch Cramers Beobachtung nicht dargethan zu seyn,,da er mit dem Bernsteinsauren Arımonium zugleich die Blätter der Bärentraub®, Arhikawurzel, Chinarinde uud Btech- >> 1 Wweinstein|anwandte, ‘welchen ‚Mitteln /doch ebensowohl die Heilung zugeschrieben werden, kann. 4) Die ausführlichere Mittheilung dieser Beobachtung, so wie einiger die Angaben. von Fischer und Büttner bestätigender Fälle, findet sich in‘meiner Inauguralabhandlung: Dissertatio de salis ammo- niaci vi et usu. Heidelbergge MDCCCXXVI. 1197 144 Von der Meinung einiger, ‘dass durch das salzsaure Ammonium die Re- sorptionsthätigkeit der serösen Häute erhöht werde, konnte ich "mich, ‘selbst nachdem ich diese Feuchtigkeit'im' sechsten Versuche in einigen serösen Häu- ten bedeutend vermindert fand, nicht überzeugen, da dieselbe in allen übrigen Versuchen in gehöriger Menge vorhanden war. Ueberhaupt glaube ich nicht, dass ein die Contractilität verminderndes Mittel die Resorption erhöhen könne, und es möchte ‘der im sechsten Versuch beobachtete Mangel am Feuchtigkeit im Sack des Bauchfells, Brustfells und im Herzbeutel eher von’ verminderter Absonderung, (vielleicht in Folge der) vermehrten Thätigkeit der‘Schleim- häute, da die Menge'der Feuchtigkeit in der Epinuneuhrihain nicht ‚geringer war) als 'von'erhöhter 'Aufsaugung abzuleiten ge m sib anf , \ Ins sea Yialsav ro ouigın bar uuonma? Obschion der Salmiak von- vielen 'Aerzten ‘als Schiweiss erregend arige- sehen wird;'so glaube’ ich dech, dass diese. Wirkung meistens: ‘weniger ihm, als andern zugleich angewandten Mitteln zuzuschreiben sei. ' Wenigstens habe ich von demselben, wenn er''gesunden' Menschen gereicht: ‘wurde; !'nie eine besondere Erhöhung ‘der Hautihätigkeit beobachten können. » uor us wor ‚ei notiolnads Welcher Antheil den übrigen Secretionsorganen zukommt, vermag ich nicht zu bestimmen. R| ee - { IT f to Hısa A IB ırGanlse 2 Veränderung der Muskeln in ihrer Thütigkeit GUrCh den Gebräuch des | ! ask im 11551IW fi re ld i s ‚ yamlıı j salzsauren Ainmonium, ‚. Es würde überflüssig seyn, diejenigen Puncte, welche als Beweise für die verminderte Gontractilität angeführt werden könnten, hier zu wieder- holen; ich’ glaube daher in dieser Hinsicht vorzüglich auf die im sechsten Versuche beobachteten Erscheinungen hinweisen zu Ibemientjer welche mir als Belege für das bedeutende ı der FINAESHHRHERAN hinzureichen scheinen. LIDHAM anna 2 10 Fr oh \ 145 vs Ver ve dei Thätigkeit des Nervensyisterhs durch das 'salzsaure doohsl .mmsihrar nobtorr ıs " Ammsnitm. istoy (t aandaf nor 9 euß ib NIE sohn )2 ein fe m iste Aerzte, glauben” a ‚ein Ya Syste m zuschreiben zu, dürfen, "während einige angeben, es ee) = Thä- Salmiak“ keine” org auf dieses seiner 1 Einwirkung ee: das. ‚vegative Pi yuaaalıro eihe unmittelbare Wird u 1 12D0, 1ıla IM: kung a auf dieses System könne” alu aber nicht zugestanden werden.’ — Wenn fi TiasliroV, 19 a9 nun aus ıch von kleinen Gaben a Vapees in er Thsügkeit des Nerven- en li aaa Sterns ‚ gewöhnlich LE na Blei zu erkennen sind, und. diejenigen Umstimmungen 5 Ar durch dee inhaltenden Gebrauch rn gebracht a "aflerälis u dem Einfluss 12% nee Blutes anf dies ses mern. rigen sc ne cite döch"äie "Wirkung des in gr0 I, Ge angewändteh el. 5 noch zu Wenig‘ Böll", seyn. Es en nämlic wa CE erhältnis N sauren Ammonium in den Magen gebracht wird, endhgg” wie bei“der An- wendung des reinen Ammonium, ausser den auf Entzündung des Magens sich beziehenden Erscheinungen ug solche, welche als Zeichen einer bedeu- tenden Aufregung, des Nervensystems und. vorzüglich des Rückenmarks anzu- sehen sind, in den Extremitäten stellen sich heftige Convulsionen und: selbst tetanische” Steifheit ein, die Respiration 'wird tief, selten, unregelmässig, zu- e Iatilf "der Herzschlag voll, auf der ‚: ‚ganzen ‚Brust tnissmässig grosse Mehge ödles' Pan Ins weile en ‚beschleunigt , und "kurz, fühlbar,..gleichfalls. een so eniskahi entweder dreh verhin- derte‘Umwahiliang‘les Blutes in’ den Lungen’ der'Tod“ meist unter erneuerten ) noya”, 75! . tetanischen Z ufällen, oder es" nehmen die angegebenen Erscheinungen nach und nach ab und es sind, etwas Mattigkeit abgerechnet, nahe fernere Er- Scheinungen"des bedeutenden Eingri griffs” mer vorhanden. 6) Einwirkung des salzsauren none auf en Ablagerungen. en ‚Dass der Salmiak nicht nur bei Verhärtungen, sondern auch bei andern Ablagerungen organischer Stoffe von Nutzen seyn könne, zeigen die obigen Zeitschrift £. Physiol. TIT. 1. 19 146 Versuche, ‚dass ‚er es, wirklich ist, die Beobachtungen mehrerer Aerzte,, unter denen die von FıscHer !) vorzüglich: erwähnt zu werden verdienen. Jedoch nicht allein auf ‚Stoffe: aus ‚dem organischen, sondern auch auf mehrere aus dem unorganischen Reich übt dieses Salz seine u flesende ‚Kräfte aus. ‚So werden nach HünerELD, ?) sowohl kohlensaurer als phosphorsanrer Kalk und Bittererde, als auch ‚phosphorsaures | Bittererde- ‚Ammoniak und ‚selbst schwe- felsaurer. und. flusssaurer ‚Kalk durch dieses. Mittel mehr oder weniger leicht aufgelöst. , Hieraus scheint Sm grosser, Vortheil für die Therapie einiger bis- her schwer zu heilender, ja fast unheilbarer Krankheiten zu entstehn, was noch dadurch an Wahrscheinlichkeit gewinnt, dass selbst Knochen, thierische Concremente, ‚Harnsteine u, s.. w., deren Hauptbestandtheil ein ni mehrer der genannten Salze bilden, durch eine Auflösung des. salzsauren Ammonium gleichfalls, gelöst wurden, Er Von Hönerern wurde "dieses Salz selbst in einem Fall von Steinbildung aus pbosphorsauren und ‚harnsauren Salzen 5) mit Nutzen angewendet. i ) BUNDES 19) 1924 JLiIE A ar j ‘ 1) Rust’s Magazin ; ıXT, 284; Hufl. Journ. „1824. Februar, 1823. Ju Juni ı ‚u a. m. ‚a. (07 dla: > 2) Horn’s Archiv 1826. Mai, Juni S. 504. } "re 3) So viel abch' von dem &ebrauche des sälzsadireh Ammonium! "gegen ’ die er der Aus Phosphorsätt- ren Salzen’ bestehenden’ Steine sowohl, als auch! gegen ‚den. hiermit; nach. Prout’s *) Beobachtung häufig vorkommenden blennorroischen Zustand der Blase zu ‚erwarten ist, so" möchte doch die. ‚Bildung der aus harnsauren. Salzen bestehenden Steinen in manchen Fällen durch dieses Mittel nicht nur nicht gemindert, sondern im Gegentheil gesteigert werden; “indem nach’ ger Beelungen von Prout ünd Wetzlar ‘aus dem Harn durch Zusätz von! Salzsäurem Arshioniumi' harnsautes Ammonium. nieder- ‚geschlagen, wird, was nach| den Versuchen von; B. Gpielin "*). daraus zujerklären[ist, dass harngaures Ammonium in: reinem Wasser löslicher ist, als in solchem, das schon Ammonium oder Natronsalze in sich gelöst enthält. Au lt j 9 Di ds ı f *) Untersuchungen über des Wesen und die Behändlung des PRITU Hankitiingk W892. ”) Heidelberger Jahrbücher der Literatur. Eee XVI, S. 759-771. ———— te en Mi u VI. EINIGE NEUROLOGISCHE BEOBACHTUNGEN. ESTTIE) i vor ‚F R. AR Y OL Bi. PROSECTOR AM ANATOMISCHEN THEATER ZU HEIDELBERG. z Int 4 19 3193W i HEIL ; i m. 4 _ s 7 sıi ul; j Unter mehreren neuen Thatsächen, die’ich bei Kohikbetiten Untersuchungen über den Kopftheil des Ganglieiisystems erhalten habe, glaube ich 'einige jetzt schon hier in der Kürze mittheilen zu müssen, indem eine mich gegen+ wärtig beschäftigende Beschreibung dieses Theils, worin das hier Angezeigte ausführlicher angegeben "werden wird, erst nach einiger Zeit erscheinen kann. I) Bei genauer Untersuchung des Theils vom Stinnminerven ‚ welcher sich im zerrissenen Loche befindet, beobachtete ich beständig einen nicht unbe- deutenden Knoten, zu welchem jener Nerve sogleich nach seinem Eintritt in dieses Loch anschwillt. Denselben sah ich anfangs, wie diess auch meine frühere Angabe !) zeigt, als beschrieben und allgemein bekannt an, fand jedoch späterhin bei grösserer Aufnierksamkeit weder in ausführlicheren Hand- büchern der Anatomie noch in den über den Stimmnerven vorhandenen Beschreibungen irgend eine Erwähnung von einem Ganglion an jener Stelle. Selbst Wutzer, welcher ausser dem Knotengeflecht des Stimmnerven noch ein Ganglion oberhalb demselben beschreibt, hat den in Rede stehenden Knoten nicht beobachtet, wie diess sowohl aus der Angabe der Lage ?) als 1) S. das erste Heft des 2. Bandes dieser Zeitschrift S. 159. $. 24 2) Gar. Guil. Wutzer de corporis humani gangliorum fabrica atque usu, monograph. c. tab. aen. Berolini 1817. 4. p. 89 u. 9. 19* 5 2 148 R auch aus der Abbildung !) erhellt. EHRENRITTER ist, soviel ich bisher ge- {unden habe, der einzige, der denselben gekannt hat, Leider besitzen wir keine Beschreibung von ihm selbst, sondern es ist uns seine Beobachtung blos durch eine kurze Mittheilungf if “der Salzb, med. chirurg. Zeitung (1790. Bd. 4. S. 319) hinterlassen worden. Es heisst daselbst also: »In der zweiten Beobachtung wird! auf (lasl kinleilehtendste: bewieseh,)dass'der um- schweifende Ast in seinem Durchgang durch das zerrissene Loch, ja zuweilen noch halb in der Schädelhähle ‚sin, Sanglion bildet, welches Herr ScarpA ganz übersehen, und an Statt ‚dessen tiefer unten an diesem Nerven jene ge- drängte Verflechtung der Fäden, die schon WırLıs und andere nach ihm unter dem Namen plexus ganglioformis angegeben und abgebildet haben, als einen, ‚von..ihny ‚neu ‚enideekten Knojen beschrieben hat, „Dasjenige, was sich ; nun,;aus: ‚meinen ‚Untersuchungen. ‚über, ‚Niesen Kuoten, ergibt, ‚ist kurz Folgendes; Derselbe ist immer. vorhanden, ‚liegt; wie schen, erwähnt, im Anfange des. zerrissenen Loches, so dass man ihn, gewöhnlich, von der Schä- delhöble aus, in demselben ‚erblicken, kann,, wenn, man, den den Stimmneryen hier umgebenden Theil der ‚harten, Hirnhaut,, ‚etwas, Iostpennt. nie: aber sah ich ihn | wie EHRENRITTER moch halb, in der _Schädelhöhle liegend; er ist ferner ‚eiförmig gestaltet; nicht immer gleich gross, zeigt mit den Spinalkno- ten, äusserlich und innerlich sehr ‚grosse Aehnlichkeit, nähert sich aber auch in andern Stücken dem halbmondförmigen Knoten des dreigetheilten Nerven, so dass er von den Spinalknoten zu diesem einen deutlichen Uebergang macht. Mit dem, Beinerven ‚geht. dieses Ganglion durchaus keine Verbindung, ein, sondern es liegt jener Nerye blos an ihm, ähnlich wie die kleinere Portion des fünften Paars der Hirnnerven an dem durch die grössere, gebildeten halbmondförmigen Knoten befindlich is, Mit dem Knoten des neunten Paars steht er durch einen Faden, der in folgender Nummer angegeben wird, in Zusammenhang. Endlich begibt sich zu ihm vom ersten Halsknoten 1) a. 2..0. fig. VI. Dit. r. 2 149 ein Nervenzweig, den ich nie fehlen sah und früher 1) schon beschrie- ben „habe. „l1I) Schon damals, als ich durch dee Grauen, des Kopftheils des eeiersteaus beim Kalb mit dem: Vorhandenseyn eines vom Knoten des Stimmnerven entspringenden und durch den Fallopischen Canal zum äussern Ohr tretenden Nerven ?) bekannt wurde, hegte ich die Vermuthung, dass auch beim Menschen ein ähnlicher Nerve existiren möchte. Gleich im An- fang des verflossenen Winters glückte es mir, beim Menschen einen dem beim Kalb vorkommenden entsprechenden Nerven aufzufinden, den ich als- dann bei spätern Untersuchungen nie vermisste. Es entspringt dieser meistens ziemlich bedeutende Nerve mit einer einfachen "Wurzel von der äussern Flä- che des Nr. 1 beschriebenen Knoten, tritt an der Grube des Schlafbeins für den innern Halsvenenwulst zuerst etwas herab und nimmt dann einige Linien von seiner Ursprungsstelle entfernt ein vom Felsenknoten entsprungenes Fäd- chen auf, so dass man diesen Nerven nicht allein als von dem Knoten des Stimmnerven, sondern auch von dem des Zungenschlundkopfnerven entsprun- gen betrachten kann; hierauf wendet er sich in jener Grube des Schlafbeins nach aussen vom Walst der innern Halsvene nach hinten zum Fallopischen Canal und begibt sich durch ein mehr oder weniger langes Canälchen, das zwischen diesem und dem zerrissenen Loche 1—1'Y, L. oberhalb dem Grif- felzitzenloch befindlich ist, in denselben. Hier geht dieser Nerve eine schwache Verbindung mit dem Antlitzuerven ein, tritt daher seinem grössten Theile nach durch eine seiner Eintrittsstelle entgegengesetzte, an der hintern und äussern Wand des Fallopischen Canals befindliche Oeffnung wieder aus demselben heraus, gelangt in einen durch einen Theil des Zitzenfortsatzes verlaufenden Canal und theilt sich in demselben in zwei Fäden, von denen ‚der schwächere mit dem hintern Ohrnerven sich verbindet, der stärkere zwischen dem Zitzenfortsatze und der hintern untern Wand des äussern Ohr» 1) S. d. a. St. dieser Zeitschrift. 2) $. diese Zeitschrift Bd. 2. Heft 1. S. 146 u. 147. $. 16. 150 canals zum Vorschein kommt und in Verbindung mit einem Aestchen der hintern Ohrschlagader den Ohrknorpel durchbohrt, um mit ihr in der die innere Fläche des äussern Ohrs auskleidenden Haut sich zu verbreiten. Diess ist die gewöhnliche Anordnung eines, so viel mir bekannt ist, noch nicht beschriebenen Nerven, von dem ich späterhin eine noch genauere Be- schreibung und eine Abbildung liefern werde. III) Eine von mir schon früher !) ausgesprochene Vermuthung % die näm- lich der Hauptzweig der sogenannten Jacobsonschen Anastomose sich mit dem von mir entdeckten Knötchen an der innern Seite des dritten Astes vom fünften Paar der Hirnnerven verbinde, hat sich bei meinen fortgesetzten Un- tersuchungen bestätigt. Ich fand nämlich, dass der bedeutendste Zweig des vom Felsenknoten entspringenden und in die Paukenhöhle eintretenden Faden an dem obern Theil dieser Höhle in ein zwischen der Aushöhlung für den Paukenfellspanner und dem Fallopischen Canal befindliches Canälchen sich be- gibt, von ihm aus auf die obere Fläche des Felsentheils vom Schlafbein durch eine nach aussen und vorn von der sogenannten apertura interna canalıs Fal- lopii befindliche Oeffnung gelangt, von hier noch weiter nach aussen und vorn tretend sich alsdann entweder durch das eirunde oder Stachelloch oder eine kleine zwischen beiden vorhandene Oeffnung zu jenem Knötchen begibt. Mehrmals glückte es mir, einen von der Anschwellung. am Knie des Antlitz- nerven entstehenden Verbindungsfaden mit diesem Nerven zu beobachten. IV) Nach meinen bisherigen Untersuchungen ist die gewöhnliche Ver- zweigung des vom Knoten des Zungenschlundkopf-Nerven entspringenden und in die Paukenhöhle sich begebenden Nerven, dem man wohl den Namen Paukenhöhlnerve (n. tympanicus) geben könnte, folgende: Sogleich nach seinem Eintritt in die genannte Höhle oder schon etwas früher gibt dieser zur membrana tympani secundaria einen Zweig ab, erhält alsdann meistens unter einem spitzen Winkel einen Faden aus dem carotischen Canal, schickt 1) a. a. 0. S. 159 u. 160. $. 25. 151 hierauf ein Aestchen nach vorn in die Eustachische Röhre, welches sich in den um die Mundöffnung dieser Röhre angehäuften Schleimdrüsen verliert, sendet nun etwas höher dem eirunden Loche ein feines Zweigchen und theilt sich endlich mehr oder weniger von der obern Wand der Paukenhöhle ent- fernt in zwei Fäden, von denen der eine der Nr. III beschriebene ist, der andere aber unter der Aushöhlung für den Paukenfellspanner nach vorn geht, in einem in der äussern Wand des carotischen Canals befindlichen Canälchen verläuft, in diesen Canal selbst tritt und sich hier mit dem tiefen Zweig des Vidischen Nerven verbindet. V) Dasjenige, was von mir früher !) über den Ursprung des Nerven, der zur harten Hirnhaut geht, angeführt wurde, muss in so fern berichtigt wer- den, als dieser Nerve nicht vom vierten Paar der Hirnnerven, sondern vom ersten Ast des dreigetheilten Nerven entspringt und zwar an der Stelle dieses Astes, wo er Verbindung eingeht mit einem oder einigen von den aus dem ersten Halsknoten entspringenden Fäden. Sogleich nach seinem Ursprung legt sich nun dieser Nerve so genau an jenes Nervenpaar an, dass man leicht zur Meinung bestimmt wird, als verbinde er sich mit ihm. Diesen Irrthum wurde ich erst dann gewahr, als ich einigemal Gelegenheit hatte, den Ner- ven zur’ harten Hirnhaut stärker als gewöhnlich zu beobachten und mich 'so von seinem wahren Ursprung überzeugen konnte. Ausserdem glaube ich noch bemerken zu müssen, dass bei meinen frühern Untersuchungen, denen zufolge ich dem obern Augenmuskelnerven eine knötige Beschattenheit zu- schrieb, eine Täuschung stattgefunden haben musste, indem wiederholte Nachforschungen mich lehrten, dass der genannte Nerve in seinem Verlaufe durchaus keine, auch nicht die mindeste Anschwellung bildet. ‚.4).a. a. 0.8. 165. Kai 2) ah Mair m) ii . In "ÜBER DEN BLUTONLAUR‘ DER CRUSTÄCEEN. von InIER: TREVIRANUS Is2 Is asıl ‚Hubkisy D.: GEER BE in RE äusseren Ongandıh, der. Warerase); (Idootea aquatica.Fabr.) und in den Füssen einer jungen Spinne den Blutumlauf, Ich beobachtete diesen ebenfalls in den Fühlhörnern. der Wasserassel und machte meine Bemerkungen hierüber im 1. Bande der von mir ‚und meinem Bruder herausgegebenen Vermischten Schriften, $. 78, bekannt. Nachher. fand ich, dass diese Bewegung sich in.den Beinen aller jüngern Spinnen, die durch- sichtig genug sind, um das von dem Spiegel des Vergrösserungsglases zurück 'geworfene Licht hinreichend durchzulassen, sehr gut, wahrnehmen lässt. ‚Ich sah’ sie vorzüglich. deutlich in den Beinen einer, jungen Lycosa saccata, ‚die ich, um sie unter dem Mikroskop betrachten. zw können, ‚bis zum Scheintode - unter ‚Wasser. gehalten. hatte.,' Die‘ Bewegung, des venösen; Bluts war, deutli- cher-und! an mehr Stellen als die des. arteriellen ‚zu, unterscheiden. .. Die.Blut- kügelchen: waren sehr in, die Augen fallend. Ich sah aber, blos jihr, Fliessen, „nicht Gefässe,,, wovon sie leingeschlossen waren. Bei der/Durchsichtigkeit,der ‘Theile, lässt sich: jedoch. hiervon kein’ Grund: gegen das Vorhandenseyn, ‚der letztern heruehmen. , Hin und wieder ging von'.einem der rücklaufenden Ströme ein Seitenstrom‘, in den benachbarten über. Soviel ist hiernach.‚ge- wiss, dass es nicht, wie neuerlich Lunp in Oxen’s Isis (J. 1825. H.5. S. 595.) wahrscheinlich zu machen gesucht hat, bei den Crustaceen blos Arterien gibt. Die Rückkehr des Bluts zum Herzen kann bei diesen Thieren durch Canäle ge- schehen, die blosse Zwischenräume zwischen den Häuten, Muskeln u. s. w. sind. Man kann ihnen aber darum das Venensystem nicht ganz absprechen. IX, on NA'CHTRAG "ZU DEN BEMERKUNGEN ÜBER DIE FORTPFLANZUNG DER 'ANODONTEN IM ERSTEN BANDE DER ZEITSCHRIFT FÜR DIE PHYSIOLOGIE, S. 36. 17% VoN G.rıR: TREVIRANUS Seit der Herausgabe dieser meiner Bemerkungen sind gegen die Meinung, -die,ich dort aufstellte, dass bei den Anodonten die Ausleerung der Eier durch den Darmcanal geschehe, von mehreren Seiten Einwendungen gemacht worden. ‚Ich bezweifelte die Richtigkeit der Angabe des nun verewigten Bosanus, dass -esin dem vordern Zwischenraum zwischen den Kiemen und dem Fuss eine Mün- ‘dung des Eierstocks und einen Zugang zu dem, von ihm für die Lunge gehal- tenen Organ gebe. Dagegen erinnert unter andern PFEIFFER in der zweiten Ab- theilung seiner Naturgeschichte Deutscher Land- und Süsswasser- Mokusken, $.10, er habe die erstere dieser Oeffnungen wirklich gefunden, und eine Zeich- nung, worin er sie vorgestellt hat, beweiset freilich die Richtigkeit seiner Wahrnehmung. Wenn ich nach diesem Zeugniss eines unbefangenen Forschers glauben musste, mich geirret zu haben, so war es mir doch unerklärbar, wie mir, der ich mir bewusst war, mit aller Aufmerksamkeit an der, von BoJAnus bezeichneten Stelle nach Oeffnungen gesucht zu haben, diese entgangen seyn konnten. Andere Arbeiten verhinderten mich, früher als erst jetzt, im October 1827, die Untersuchung der Teichmuschel wieder vorzunehmen. Was ich nun gefunden habe, ist, dass es allerdings bei diesem Muschelthier. auf jeder Seite des Fusses zwei Oeffnungen gibt, dass dieselben aber nicht bei allen Anodonten - daliegen, wo Boranus, PFEIFFER und Andere sie gesehen haben. An zwei aus- f Zeitschrift £. Physiol. III. 1, 49 154 sewachsenen, aber nicht trächtigen Exemplaren der Anodonta cygnea, die ich zuerst untersuchte, traf ich nirgends zwischen den Kiemen und dem Fuss auch nur eine Spur von einem Loch oder einer Spalte an. An einem dritten, das ebenfalls ausgewachsen war, ohne Brut zu haben, entdeckte ich auf der einen Seite, indem Winkel zwischen den Kiemen und den, zu beiden Seiten des Mun- des sitzenden, dreieckigen Blättern ein kleines, rundes Loch mit gelblichen, etwas wulstigen Rändern und neben demselben, etwas mehr nach aussen, eine kleine Spalte mit weisslichen Lippen. Auf der andern Seite war nichts Aehn- liches aufzufinden. Bei einer vierten Muschel waren wieder beide Seiten an der erwähnten Stelle undurchbohrt. Nachdem ich aber bei dieser die Kiemen da, wo sie nach vorne mit dem Fuss zusammenhängen, von demselben getrennt hatte, fielen mir an der Stelle der Trennung zwei ähnliche Oeffnungen wie bei der dritten Muschel auf. Die eine zeigte sich als die Mündung einer membra- nösen Höhlung mit ziemlich weiten Zugängen zu Canälen, sich im Eierstock verbreiten, Die andere, mehr nach aussen liegende führte zum Zwischenraum zwischen der angeblichen Lunge und der Wand des Fachs, worin dieselbe ent- halten ist. Wie bei dieser Muschel, so fand ich die Lage der Oeffnungen auch bei allen denen, woran ich noch weiter nachsuchte. Beide waren immer von dem Schleimstoff, durch welchen die Kiemen nach vorne mit dem Fuss zusam- menhängen, bedeckt und erst nach Durchschneidung desselben sichtbar. Meine frühere Vermuthung, dass sich der Eierstock durch den Darmcanal entleere, muss ich also zurücknehmen. Ich glaube aber nicht Ursche zu haben, mich, wie der Ungenannte sich ausdrückt, der sich im 20. Bande der Isis gegen mich ereifert hat, meines Irrthums zu »schämen«, Ich würde noch jetzt glau- ben, dass die Oeffnung, woraus man Eier hervordringen sah, ein blosser Riss gewesen sei, wenn ich sie nicht an einer Stelle gesucht hätte, wo sie. nach den Beschreibungen derer, welche diese Beobachtung gemacht haben, nicht zu finden seyn sollte, ers u rg ee. | Sack gt dan Beh ÜBER DIE KLAPPEN IN DEN LUNGENVENEN. usioV usb mi don EN ET RN (ART Er wage sb un DPROFESSORUMAXER m: BONN. Rio) y f ä all Anıgemein‘ findet man in den Lehrbüchern, der Anatomie den Satz ausge- ‚sprochen, "dass ı die ‘Venen der Lungen ‚gar 'keine'Klappen. besitzen, Es ist wohl überflüssig, dieses-durch eine ‚ausführliche Reihe: von Citaten, zu erwei- seu. Ich will daher nur als ältere Autorität HALLER und als.neueste MECKEL anführen. Harzer (Elementa Physiologiae T. I. p. 145: sagt: Sed, etiam vena pulmonalis absque valvulis est), F. MeckeL (Handbuch. der, menschen Ana- tomie 3. Bd. S. 368) bemerkt: die Lungenblutadern sind gewöhnlich, sehr seltene Ausnahmen abgerechnet, ohne Klappen. Als Ausnahme nämlich wird Kerchs Beobachtung angeführt, welcher einmal vor der einen rechten Lungenblutader eine Klappe fand. Dieser Fall gehört aber überhaupt nieht hieher, weil von Klappen im Verlaufe der Lungenvenen die Rede ist. . Ich wurde zuerst aufmerksam auf die Klappen in den Lungenvenen, als ich die Lungen eines Ochsen genauer untersuchte, und zum Behufe mei- ner anatomischen Demonstrationen präparirte. Bei diesem Thiere sind selbe nicht nur allein sehr zahlreich vorhanden, sondern auch sehr gross. Ich untersuchte gleichzeitig die Lungen eines Schweines, fand aber die Klappen in den Venen der Lungen desselben gänzlich mangeln. Bei der menschlichen Lunge aber erscheinen selbe wieder deutlich gross und zahlreich; so dass es nicht zu begreifen ist, wie selbe dem Auge des Beohachters entgehen konnten. 156 Es findet sich nämlich immer eine Klappe an der Stelle, wo ein Neben- ast unter einem spitzen Winkel in den grössern Stamm der Lungenvene ein- mündet. Je spitzer dieser Winkel ist, nm so deutlicher ist auch die Klappe entwickelt. Es finden sich aber keine Klappen in den Lungenvenen an denjenigen. Stellen; "wo, die Nebenäste ‘unter einem rechten Winkel in den Hauptstamm sich einsenken. Aber dieses ist auch in dem ganzen übrigen Körper, d. h. in dem übrigen Venensystem der Fall. Auch in den Venen des Körpers, z. B, in‘ denen‘ der Extreniitäten ‘befinden sich nur da’ Klappen, wo Acste unter einem spitzigen Winkel in den grössern Stamm eintreten, und niemals da, wo diese Aeste mit dem Stamm einen rechten Winkel bil- den. Es'erklärt sich" daratis sogleich die ‚Erscheinung, dass in den Lungen- \venen die‘'Klappen/ minder zahlreich, Vals in andern Neilan sind, weil, ‚die -Verästelüung der Düngenvenen hauptsächlich: unter: einem rechten Winkel 'geschieht: Diese: Form. ‘der 'Verästlung' der Lungenvenen ist besonders bei ‚dem Schweine sehr auffallend, : daher ’auch bei ihm sich gar keine Ken in den Lungehyenen‘ N {ug ıa:lı . si L, T. . UEBERDENINNERN BAU DER STACHLICHTEN APHRODITE:- (APHRODITA ACULEATA L.) von . GH DINGE MEDSERANN US, (EINGELAUFEN IM JAHR 1825.) Die stachlichte Aphrodite wurde schon von mehreren Naturforschern, be= sonders von Redi, Swammerdamm, Gunner, Pallas;und Home, ihrem in- nern Baue nach untersucht. Sie gehört auch zu den häufigern Wurmar- ten in den meisten europäischen Meeren. Demohngeachtet sind ihre Organe und deren Lebensäusserungen noch keinesweges hinreichend erkannt. Was die bisherigen Schriftsteller von ihrem Athemhohlen, ihrem Blutumlauf, ihrer Fortpflanzungsweise, der Bestimmung ihrer Schuppen, der Wirkungsart ih- rer willkührlichen Bewegungswerkzeuge und noch mehreren anderen, minder wichtigen Punkte gesagt haben, bedarf noch sehr der genauern Prüfung. Es hat mir zwar an Gelegenheit gefehlt, dieses Thier im Zustande des Le- bens zu beobachten, Ich habe aber mehrere frische Exemplare desselben . zergliedert und Manches daran gefunden, was theils mit Vorstellungen, die man sich von dessen innern Bildung machte, nicht ganz übereinstimmte, und theils noch nicht beachtet wurde. Bei der folgenden Mittheilung mei=- ner Bemerkungen werde ich des schon Bekannten nur da erwähnen, wo es nöthig seyn wird, um mich verständlich zu machen. Es sey mir erlaubt, zuerst das Athemhohlen in Betrachtung zu ziehen. Das Medium desselben kann für die Aphrodite nur das Wasser seyn. Sie besitzt aber keine äussern Respirationsorange. Es fragt sich also: Ob und welche Zugänge das Wasser zu ihrem Innern hat? Zeitehrift £. Physiol. TIT. 2, 1 158 Bekannt ich ist dieser Wurm auf dem Rücken mit einem wergartigen Gewebe !), am Bauche mit einer rauhen Haut ?) bedeckt. Man weiss auch, dass unter beiden Bedeckungen eine grosse Höhlung liegt. Es ist aber noch nicht ausgemacht, ob es von aussen Zugänge zu diesen Höhlungen gibt. Swam- merdamm 3) spricht von einer grossen Menge äusserer Oeffnungen, die auf beiden Seiten des Körpers zwischen den Füssen liegen. Solche sind aller- dings vorhanden *), doch nicht in den Zwischenräumen aller, sondern nur der abwechselnden Füsse. Sie wurden unrichtig von Gunner 5) geläugnet und von Pallas®) nicht näher untersucht. Home’) nahm sie wieder wahr, setzte aber ohne weitern Beweis voraus, dass sie zum Innern des Körpers führen. Ich habe gefunden, dass sie wirkliche Zugänge zu diesem sind, und dass es ausser ihnen noch einen andern, blos von Redi 8) beobachteten Eingang zu dem Letztern gibt: eine, nicht weit vom vordern Ende des Körpers ge- legene Querstelle des wergartigen Rückenfells. 9) Doch ehe ich mich hierüber näher erkläre, muss ich einige andere Bemerkungen vorausschicken. Unter dem wergartigen Rückenfell liegen zwei Häute: eine äussere 19) und eine innere 11). Beide sind durchsichtig, aber ziemlich fest, und beide erheben sich auf jeder Seite neben jedem der Füsse zu einem länglichen, querliegenden Hügel !2). Die äussere ist allenthalben mit kleinen knorpeli- gen Punkten besetzt !?), die inwendige ganz glatt. Die erstere hängt weder mit der letzteren, noch mit der wergarligen Decke zusammen. Es gibt da- her einen Zwischenraum zwischen dieser Decke und der äussern Haut, und einen zweiten zwischen der äussern und innern Membran. Zu jenem führt die gedachte Rückenspalte; in die letztere öffnen sich die, zwischen den ab- wechselnden Füssen befindlichen Gänge. 1) F.1.A. 2)F. 2. P. 3) Bibl. Nat. p. 904. 4) F. 8, f. 5) Schriften der Drontheimisehen Gesellsch. Th..3. S. 64. 67. 6) Miscellan. Zoolog. p. 81. 7) Philos. Transact. Y. 1815. p. 260. 264. 8) De animalculis vivis obseryat. p. 281. 9)F.1.r. »-10)F. 3.4 1)F5 22)F.3.45ex 135 (F 4. 7. u 159 Die äussere Rückenhaut geht in die äussere Bauchhaut!) über. Das wergartige Rückenfell setzt sich nicht über die Füsse hinaus fort. Die in- nere Rückenhaut hängt mit einer innern Bauchdecke zusammen, die aus dünnen, nach allen Richtungen sich durchkreuzenden Muskelsträngen besteht und von der äussern Bauchhaut ganz getrennt ist, so dass es auch zwischen den beiden Bauchhäuten einen freien Zwischenraum gibt. Dieser steht mit dem, welchen die beiden Rückenhäute einschliessen, in Verbindung. Das Wasser hat also freien Zutritt zu beiden, zwischen den Bedeckungen des Körpers enthaltenen Höhlungen. Die innere dieser Höhlungen hat aber selbst mit der Bauchhöhle Ge- meinschaft. An der Stelle, wo jede der Seitenöffnungen in den Zwischen- raum zwischen der äussern und innern Haut dringt, befindet sich auf der entgegengesetzten Wand dieses Raums, zwischen den Muskeln, die neben den Füssen liegen, eine zur Bauchhöhle führende Spalte. Das Wasser kann also von aussen selbst bis zu den Eingeweiden gelangen, und es lässt sich nun erklären, was Pallas ?2) nicht zu erklären wusste, auf welchem Wege die Eyer aus der Bauchhöhle hervorkommen. Ich fand dese in dem Raum zwischen der äussern und innern Rückenhaut, wohin sie nur durch die er- wähnten Spalten gekomnien seyn konnten. Mit den abwechselnden Hervorragungen der äussern Rückenhaut sind die Rückenschuppen ®) verbunden. An dem auswendigen Rand jedes der übrigen Hügel, die keine Schuppen tragen, hängt eine kleine in Lappen ge- theilte Membran *). Pallas5) nannte diese Theile Rudimente von Kiemen. Home®) erklärte sie geradezu für Kiemen, ohne ihren Bau näher untersucht zu haben. Ich finde diesen zum Athemhohlen gar nicht geeignet. Sie ent- halten keine Blutgefässe, und sie sind nicht, wie alle blättrige Kiemen, vielfach getheilt, sondern nur am Rande eingeschnitten. Indess ihre Basis ist freilich mit einem dreieckigen Hornblatt ”) verbunden, zu welchem ein 1)F.2,P. 2)A.2.0,p.91. 3) F.3.9. 4)F.3,45.XF.6. m. 5)A.2.0.p. 82. 6)A.a.0, 7) F. 6. y. ) Y 1* 160.3% eigener Muskel geht !). Sie haben alse ohne Zweifel eine ähnliche Bewe- gung wie die Kiemen, und man wird sie daher für Rudimente von Kiemen ansehen können; nur wird man für das eigentliche Athemhohlen andere Or- gane aufsuchen müssen. Welche diese sind, werden wir unten sehen. Swanmerdamm ?) hielt die Rückenschuppen für die Respirationsorgane, aber gegen alle Wahrscheinlichkeit. Ihre Textur ist mehr knorpelartig, als häutig; es zerästeln sich in oder auf ihnen keine Blutgefässe, und sie haben keine Muskeln, wodurch sie bewegt würden. Mir scheinen sie Schwimm- blasen zu seyn. Sie enthalten in ihrer Mitte eine, von allen Seiten ver- schlossene Höhlung, deren Wände man nach dem Tode zuweilen zusam- mengefallen, oft aber auch ausgedehnt findet, und Swammerdamm 3) be- obachtete, dass die Aphroditen im Leben sich durch Luft aufblasen können. Längs der inwendigen Fläche der innern Haut des Rückens und des Bauchs erstrecken sich auf jeder Seite des Körpers vom Kopfe bis zum Af- ter drei muskulöse Binden. Zwei derselben liegen zu beiden Seiten der Mittellinie des Rückens; zwei an den Seiten des Körpers ?), und zwei am Bauche 5). Nach Wegnahme dieser Muskeln zeigt sich die innerste Höh- lung des Körpers, welche die Eingeweide enthält, auf beiden Seiten in so so viele Fächer, als es Fusspaare giebt, abgetheilt. Die Wände dieser Fächer bestehen theils in Fortsetzungen der Häute, welche die Rückenhügel bil- den, theils in musculösen Querbinden 6), die zwischen den längslaufenden Muskelbinden des Rückens und des Bauchs ausgespannt sind. Die Aphroditer haben solche Abtheilungen mit allen den übrigen Würmern, die von La- marck mit dem Namen der Ringelwürmer (Annelides) belegt sind, gemein. In der Mitte des Körpers liegt der Nahrungscanal mit den Stämmen des Systems der Gefässe. Die Seitenfächer enthalten die blinden Anhänge der Darmröhre und die Gefässe dieser Theile. 1) F.5. 2)A. a. 0.p.904. 3) A. a. 0.p.905. M)F.14». 5)F. 14. ce. 6)F. 14. “ h 0001 Der Nahrungscanal !) erstreckt sich in grader Richtung vom Munde bis zum Ende des Magens, bildet dann, indem er sich zurückbiest, einen kur- zen blinden Fortsatz 2), und geht hierauf wieder ohne Krümmung bis zum hintern Ende des Körpers. H Der kurze, blos häutige Schlund 3) besteht aus Fortsätzen der innern und äussern Rückenhaut. Eine schlaffe, faltige Verdoppelung seiner innern Haut) hängt in der Magenhöhle 5) herab und scheint die Stelle einer, den Rücktritt der Speisen verhindernden Klappe zu vertreten. Hinter dieser Duplicatur ist sein hinterer Rand mit einer Reihe kurzer dreiseitiger An- hänge %), die vielleicht Rudimente von Zähnen sind, besetzt. Der Magen ?) ist länglich rund, an den Seiten zusammengedrückt, oben kielförmig, vorne weit, nach hinten schmäler. Ueber seine inwendige und auswendige Fläche setzt sich die innere und äussere Haut des Schlundes fort. Zwischen beiden Häuten liegt eine ihm eigene, dicke, harte, fast knorpelartige, mit ringförmigen Muskelfasern der Queere nach durchwebte Substanz ®). : Seine inwendige Haut hängt mit diesen Fasern fest zusammen und trägt auf jeder der Hervorragungen ihrer ringförmigen Falten eine Reihe rauher Punkte 2), die zur Vermehrung ihrer reibenden Wirkung beitra- gen. Dieser Magen ist also dem Knorpelmagen der hühnerartigen Vögel zu ‚vergleichen, In dem Hintertheile des Magens hat dessen innere Haut mit den er- wähnten Muskelfasern nur einen lockern Zusammenhang und bildet eine klappenartige Duplicatur, hinter welcher der Darmcanal !%) seinen Anfang nimmt. Dieser besteht, wie der Magen, aus einer dreifachen Substanz. Die mittlere aber ist in ihm blos muskulös, und die ringförmigen Fasern derselben sind weit zarter als die des Magens. Er ist auch wie dieser an den Seiten zusammengedrückt, auf der Rückenseite kielförmig und vorne 1) F.9. or. 2)F.9.e. 3)F.7.o 4)F: 40h. 5)R.10.k. 6) tl. mom. 7). 9 k 8) F. 10. 14, aa, 9) F, 10. 11. k. 40) F. 9. 10. nr. 162 x weiter als hinten. Seine Gestalt aber verändert sich, ‘wie.schon Pallas ') erinnert hat, sehr nach der Masse seines Inhalts und nach .der ‚Zusammen- ziehung oder Erschlaffung seiner Fasern. Der blinde Fortsatz seines vordern Endes 2) hat mit ihm einerlei Textur. Von dem verschlossenen Ende dieses Fortsatzes an bis nicht weit von dem After gibt es im Darmcanal auf beiden. Seiten so viele Oeffnungen °), als an ihn gränzende Fächer der Bauchhöhle. Diese Löcher sind die Mün- dungen eben so vieler blinder Anhänge °), von welchen jeder in einem der Fächer seinen Platz hat. Redi zählte ihrer auf jeder Seite 20, Pallas 21. Ich fand die Zahl derselben verschieden von 19 bis 22. Sie ist nicht bei allen Individuen die nämliche, ‚weil die Anhänge nach dem hintern Ende des Darmcanals an Grösse abnehmen und bei einigen näher am After, bei andern ferner davon aufhören. Die Anhänge entspringen mit einem dünnen Anfang aus dem Darmcanal, schwellen etwas an 5), werden wieder enger, geben zackige, einem Hirschgeweihe zu vergleichende Seitenäste, und zwar meist nur auf der einen Seite, ab 6), und endigen sich, indem sie sich von neuem erweitern, in einer länglichrunden Blase 7). Die, welche aus dem blinden Fortsatze des Darmcanals entstehen, gehen divergirend, die übrigen parallel mit der Queerachse des Körpers fort. Auf der Mitte ihres Weges laufen sie zwischen der muskulösen Seitenbinde des Körpers und der inwen- digen Bauchhaut durch ®). Ihre letzten Enden dringen. in die Zwischenräu- me längslaufender Muskelstränge, die zwischen den obern Wänden der Rü- ckenfächer ausgespannt sind, und vereinigen sich mit den queerlaufenden Muskelsträngen dieser Fächer °). Redi1%), der diese Verbindungsart schon wahrnahm, aber ihre eigentliche Beschaffenheit nicht ganz ergründete, glaubte ein fächerförmiges Organ gesehen zu haben, womit jene Enden zu- sammenhingen. Ein solches gibt es freilich nicht. Aber Pallas !1) hatte doch Unrecht zu sagen: „Die Insertion der blinden Darmanhänge in die Rücken- 1) A. a. 0. p. 86. 2) F. 9.10. e. 3) F.10. 4) F. 9.12. iz. 5) F. 9, 12. i. 6) F. 9. 12. X. 7). 9.10, 2. 8) F. 14, o«. 9) F, 15. 16. 10) A! a: O. p. 280. 11) A, a. O. p. 87. BEN N NE u — 161 fächer und die Bildäng der letztern, wie sie von Redi beschrieben sind, sey . ganz erdichtet find 'ertrage keine genauere Prüfnng.“ Die Textur der An- hänge ist die nämliche wie die des Darmcanals; nur sind ihre Häute, be- sonders die mittlere muskulöse, noch. weit zarter als die des letztern. In dem angeschwollenen Theil der Anhänge, der dem Darmcanal zunächst liegt, bildete diese mittlere Haut bei einigen der Aphroditen, die ich zergliederte, Klappen !), die, wenn sie wirklich vorhanden wären, den Rücktritt des Inhalts der Gefässe in den Darm verhindern müssten. Bei andern Exemplaren konnte ich indess diese Valveln nicht entdecken, und da, wo sie zugegen waren, fand immer eine Trennung des Zusammenhangs der Muskelhaut der Anhänge hinter ihnen statt, Es ist mir zweifelhaft geworden, ob nicht von dieser, vielleicht erst nach dem Tode entstandenen Trennung die klappen- artige Struktur herrührte. Rings um die Anhänge liegen allenthalben Knäuel von einsaugenden Gefässen 2), die sich zwar auf keine Weise ent- wickeln lassen, doch aber deutlich auf der ganzen Oberfläche der Anhänge ihre Wurzeln haben, sich zu Zweigen und Stämmen vereinigen und zuletzt in die Zweige der Blutgefässe übergehen. Sie sind auswendig allenthalben mit kurzen Büscheln von Haargefässen besetzt, die frei in der Flüssigkeit der Bauchhöhle schwimmen 3). Von der Struktur des Darmcanals, die ich jetzt beschrieben habe, zeigt sich wohl etwas Aehnliches, aber nichts Gleiches im übrigen Thierreiche. Bei den Phalangien und Milben hat der Darm zwar ebenfalls blinde Seiten- anhänge. Aber es entspringen aus diesen keine solche einsaugende Gefässe, wie bei der Aphrodite. Es gibt nichts, was sich mit diesen Gefässen eini- germassen vergleichen lässt, als die Gallengefässe der Insekten. Nach Pallas °) enthalten die Darmanhänge der Aphrodite eine oliven- braune, oder schwarz-grüne, flüssige, etwas bittere Materie. Man hat diese für Galle und die Darmanhänge für Stellvertreter der Leber gehalten. Da ich keine andere, als in Weingeist aufbewahrte Aphroditen habe untersu- DR1.E Z)F 12%. 3)F.13 )A..0. 164 chen können, so vermag ich nicht, über die Beschaffenheit jener Flüssig- keit etwas zu bestimmen. ‘Wenn die Klappen, die ich 'bei einigen Exem- plaren im Anfange der Darmanhänge bemerkte, durch Zerreissung der Mus- kelhaut dieser Theile 'entstanden waren, ‘so glaube ich’ auch, dass die An- hänge einen gallenartigen Saft absondern. Sind die Klappen aber wirklich vorhanden, so können die Anhänge nur eine, schon assimilirte Materie ent- halten, zu welcher bei keinem Thier noch Galle tritt. Von der letztern scheidet sich immer nach ihrer Zumischung ein Theil ab, der mit den Ex- krementen durch den Mastdarm exeernirt wird. Diese Ausleerung‘ würde aber durch die Klappen verhindert werden. Wie es sich hiermit aber auch verhält, so scheint mir doch gewiss, dass auf der auswendigen Seite der’ Darmanhänge das Athemhohlen vor sich’ geht, und dass dieser Process vorzüglich durch die kurzen Büschel von Haarge- fässen, womit die einsaugenden Gefässe. der Anhänge besetzt sind, vermittelt wird. Man wird mir hierin beistimmen, wenn man sich dessen erinnert, was über den Eintritt des Wassers in das Innerste des Körpers der Aphro- dite oben gesagt ist. Mit dieser Meinung stimmt auch überein, dass die, den Aphroditen sehr nahe verwandten Amphinomen statt der Darmanhänge' äussere Kiemen haben, die von ähnlichem Bau wie diese Theile sind. Es finden sich in den Aphroditen keine Speichelabsondernde Organe, keine Leber und überhaupt keine, zu den Verdauungsorganen gehörigen Drüsen. Sie besitzen aber, was man bisher vergeblich in ihnen suchte, Zeugungstheile. Pallas!) glaubte, der Saamen und die Eyer dieser Thiere erzeugten sich, ohne Vermittelung eigener Organe, in der Bauchhöhle. Er fand im Monat Juni unter einer Menge frischgefangener Aphroditen die Bauchhöhle der kleinern immer mit Eyern von der Grösse eines Sandkorns, welche durch eine zähe Gallerte mit einander zusammenhingen, die der grös- sern hingegen meist mit einem zähen, milchigen Saft angefüllt. Von den Exemplaren, die ich zergliederte, war bei mehreren, und zwar den grössten 1) A. a. 0. p. 91. I Un u 7 2 7% 2 ee en u 165 nicht nur die Bauchhöhle, sondern auch der Raum zwischen der äussern und innern Rückenhaut mit Eyern angefüllt, die in einer zähen Flüssigkeit schwammen. Bei näherer Untersuchung dieser Individuen entdeckte ich im Innersten der Bauchhöhle, am äussern Rande der längslaufenden Bauchmus- keln, auf jeder Seite eben so viele kleine längliche, an dem einen Ende stumpfe, an dem andern zugespitzte Organe ’), als die Bauchhöhle auf je- der Seite Fächer hat. Sie bestehen aus einer dünnen, sehr leicht zerreissbaren Haut?) und enthalten eine gelbliche, fibröse Materie °). Mit ihrem stum- pfen Ende hängt ein häutiger Faden zusammen *), und nicht weit von diesem geht aus ihnen ein häutiger Canal 5) hervor, der ‘sich in der Bauchhöhle verliert. Ob _ der letztere ein Blutgefäss, oder ein Ausführungsgang ist, muss ich unentschieden lassen» Diese. Organe: können schwerlich etwas anders ‚als Eyerstöcke seyn. ‚Die männlichen Geschlechistheile habe ich in- dess noch nicht auffinden können. Ueber das System der Blutgefässe kann ich dem, was schon Pallas darüber bemerkt hat, wenig hinzufügen. Es giht einen doppelten Stamm dieser Gefässe: einen obern und ei- nen untern. Jener geht auf der obern, dieser auf der untern Seite des Nah- rungscanals von dem hintern Ende des Magens bis zum After. Beide geben auf jeder Seite für jede Abtheilung des Körpers einen Ast ab, der mit dem, in dieser Abtheilung liegenden Darmanhange parallel läuft. Die Zweige die- ser Aeste breiten sich vorzüglich an diesen Anhängen und an den Muskeln der Füsse und der Stachelkämme aus. Welcher von beiden Stämmen Vene, und welcher Arterie ist, habe ich aus Mangel an Gelegenheit, lebende Ä oditen zu. beobachten, nicht ausmachen können. , Dass, wie Pallas ©) sagt, Mr Apr, ein Fortsatz des Rückenstamms ist, fand ich nicht be- stätigt. , Ir ’ Aa ' e « 5 | ‚4 2 h I 1) FR 14m. Fr. 0. FR 18 080 2) R.)18 6. 3)0F.48. 0) 4) F. 18 t. 5) FB. ro 6) A. a. O. p. 89. ( Zeitschrift f. Physiol, III. 2. 21 166 Zwischen den beiden mittlern längslaufenden Bauchmuskeln liest der Ganglienstrang '!). Diesen, den schon Redi?) entdeckte, aber, wegen der rothen Farbe desselben, unrichtig für eine Reihe von Herzen hielt, hat Pal- las 3) umständlich beschrieben. Der Letztere schildert ihn der Wahrheit gemäss als abgeplattet, anscheinend aus zwei Strängen zusammengesetzt, 32 bis 34 Kno- ten enthaltend, die eben so vielen Paaren der Bauchfüsse entsprechen, und vorne, hinter dem Schlunde, mit einem dickern, zweischenklichten Knoten anfan- gend. Falsch aber ist es, wenn Pallas angibt, jeder Schenkel dieses Kno- tens setze sich in einen Nerven fort, der um den Rand des Mundes fortgehe und sich in dem vordersten Fühlfaden seiner Seite endige. Die Schenkel *) vereinigen sich in einem rundlichen, ziemlich grossen, auf dem vorderu Ende des Schlundes liegenden Knoten 5), und erst aus diesem entspringen die Nerven der Fühlfäden des Mundes 6). Von jedem der Bauchknoten gehen drei Nervenpaare aus. Ein Paar entsteht aus dem vordern Ende desselben; die beiden übrigen kommen aus dem. Hintertheile desselben hervor.. Die Verbindungsstränge der Knoten haben keine ‚Seitenzweige. Wenn: übrigens Pallas sagt, der Ganglienstrang scheine aus zwei Theilen zu bestehen, so hat es hiermit eigentlich die Bewandniss, dass jeder Knoten mit dem fol- genden durch zwei Fäden verbunden ist, die in einer gemeinschaftlichen Haut eingeschlossen sind. RR Es ist mir noch ührig, Einiges von den willkübrlichen Bewegungsor- ganen der Aphroditen zu bemerken. Dieser. gibt es dreierlei Arten. Zur ersten gehören Theile, die man Stiele (pedunculi) genannt hat; ich weiss nicht, warum nicht Füsse, da sie eine nicht zu verkennende Achnlichkeit mit den Füssen der Skolopender, haben 7), . Sie sind kegelförmig, häutig, unarticulirt, auswendig der Queere,, nach gerunzelt, inwendig hohl, Ihre Spitze hat drei Absätze, von welchen jeder eine Reihe hornartiger Borsten trägt. $) An der Mitte ihrer untern Fläche hängt ein” kleiner dreieckiger 1) F. 14. nn’n”.0:2)'A.:a. O..p. 279% 3), Asta,1O.E 4) Fi119) mi min 5) Fi119.,e,7t6)1F. 49-In. nr (1 N)E2 E817p. F2%-p. 8)F.2 u. Oh 167 fleischiger Anhang, der ohne Zweifel ein Fühlfaden ist '). Es gibt ihrer 40 bis 41 Paare. Die mittelsten sind die längsten und dicksten. Nach dem Munde nehmen sie an Länge zu, nach dem After ab?). Die Bewegungsorgane der zweiten Art hestiehen auf jeder Seite des Körpers in zwei Reihen von Stacheln, die kammförmig aus dem "wergartigen Rückenfell hervorragen °). ‘ Zur dritten Art gehören lange, metallisch glänzende Haare °), von welchen ‚die meisten auf jeder Seite in zwei Büscheln vereinigt sind. Der eine hat neben jedem Fuss, der andere neben jedem Stachelkamm der untern Reihe seine Stelle. Die neben den Füssen sitzenden sind mit einem Büschel kür- zerer, schwärzlicher Haare verbunden. Die Borsten, die aus dem Ende der Füsse hervorragen, dringen durch die Höhlung des Fusses, und ragen, bündelförmig vereinigt, in der Bauch- höhle hervor 5). Diesem Bündel zur Seite liegt eine längere, eylindrische Gräthe ©), deren äusseres Ende mit der Basis des dem Fusse zunächst lie- genden Haarbüschels zusammenhängt und zu dessen Bewegung dient. Beide sind von einer weiten häutigen Scheide 7) umgeben, die eine wässrige Flüs- sigkeit enthält und nach aussen die innere Höhlung des Fusses auskleidet, nach innen über das innere Ende der Gräthe hinausgeht und sich als eine kleine Blase®) endigt. Offenbar wird durch die Ausdehnung der Scheide von ihrer Flüssigkeit der Fuss in Turgescenz versetzt. Es gibt also bei den Aphroditen eine ähnliche Vorrichtung, wodurch das Ausstrecken der will- kührlichen Bewegungswerkzeuge bewirkt wird, wie von Tiedemann bei den Holothurien, Asterien und Seeigeln entdeckt wurde. Die übrigen, den untern Stachelkämmen zunächst stehenden Haarbüschel werden ebenfalls jeder durch eine cylindrische, in die Bauchhöhle drin- gende Gräthe?) in Bewegung gesetzt. Diese hat aber keine Verbindung mit den Stacheln, yad keine solche Scheide, wie die vorige. Die Stacheln jedes obern Kamms treten mit denen des ihnen zunächst liegenden untern zu einem Bündel !°) zusammen, der ebenfalls in der Bauch- 1) F.22.2, 2F.2. 3)F.1.F.8.Pg. 9)F.123 5)F. 2.22% 6) F.21.22.h. 7)F. 22.0, 8) F. 21. 22. a. 9) F. 21. i. 10) F.2t. p. 4 21 168 höhle hervorragt. Sie lassen sich sowohl im Leben, als nach dem Tode der Aphroditen aufrichten und niederdrücken !). Für beide Bewegungen haben sie Muskeln, aber keine Scheiden. An der Basis jedes Bündels fand ich eine kleine durchsichtige Blase ?), die vielleicht einen Saft absondert, wodurch die Stacheln schlüpfrig gemacht werden. ERKLÄRUNG DER FIGUREN. Fig. 1, Die stachlichte Aphrodite von der Rückenseite. A. Das wergartige Rückenfell. r. Querspalte im vordern Theile des Kücken- fells, die zu dem Raume zwischen diesem und der äussern Rückenhaut führt. a. Der After. B. B. Die mit den Haarbüscheln und Stachelkämmen besetzten Seitentheile des Rückens. i. Unpaarer Fühlfaden am vordern Ende des ilückens. Fig. 2. Die stachlichte Aphrodite von der Bauchseite. P. Die äussere Bauchhaut. B. B. Die Haarbüschel der Seitentheile des Rückens, von welchen die Füsse bedeckt sind. An den Füssen sieht man die, aus den Enden derselben hervorragenden Borsten und ihre fles chigen Anhänge. n. n. Die beiden, neben dem Munde sitzenden Fühlfäden. o. Hornarliges Blatt über dem Mund, woran diese Fühlfäden befestigt sind. Fig. 3. Eine stachlichte Aphrodite, woran das wergartige Rückenfell in in der Mittellinie geöffnet und auf der linken ‚Seite zurückgeschlagen, an der rechten mit den Rückenschuppen abgeschnitten ist. Q. Der linke zurückgeschlagene Theil des Rückenfells. q. q. q. Die Rücken- schuppen der linken Seite. m. m. m, Die äussern, unter den Rückenschuppen hervorragenden, abwechselnd mit dem Fell 0 zusammenhängenden Enden der Rückenfächer. x.x.x. Die schuppentragenden Rückenfächer der rechten Seite, deren Schuppen abgeschnitten sind, e. e.e. Die abwechselnd zwischen diesen liegenden, Rudimente von Riemen tragenden Fächer der nämlichen Seite. +: +. f. Die Rudimente von Kiemen. B.a.i. Wie in Fig. t. Fig. 4. Vier vergrösserte, mit ihrer äussern Haut bedeckte Rückenfä- cher der rechten Seite, nach Wegnahme der Rückenschuppen. 1) Bei dem lebenden Thier nach Gunner. A. a. O. S. 54.55. 2) F. 2. v. A 169 Die Zeichen e, X, +, B haben die nämliche Bedeutung wie in Fig. 3. b.b. Die Grundflächen der abgeschnittenen Stacheln, t. t. Die Grundflächen der abgeschnittenen Rückenschuppen. c. c. Der mittlere Theil des Rückens. E. Vier Riückenfächer der linken Seite im Umrisse. Auf den Fächern e, e,x,x sieht man die knorpeligen Punkte ihrer äussern Haut. Fig. 5. Die Fächer der vorigen Figur, nach Wegnahnıe ihrer äussern Haut. Die nehmlichen Theile sind mit den nehmlichen Buchstaben wie in Fig. 4 be- zeichnet, Die auf der Oberfläche der Fächer sichtbaren Streifen sind die unter der innern Haut dieser Fächer liegenden, durchscheinenden Queermuskeln. Fig. 6. Ein stärker vergrösserter Theil der äussern Haut eines der Rü- ckenfächer mit dem daran hängenden Kiemenrudiment. @ 6. Die äussere Haut mit ihren knorpeligen Hervorragungen. N. Das Kiemen- rudiment. 7. Dreieckiges Hornblatt, mit deren Vorderseite das Kiemenrudiment zusammenhängt. Fig. 7. Eine von den knorpeligen Hervorragungen der äussern Rücken- haut, stark vergrössert. Fig. 8. Einer der Zugänge zwischen den abwechselnden Füssen zu dem Raum zwischen der äussern und innern Haut des Körpers. V. Theil des wergartigen Rückenfells. m. Theil der äussern Bauchhaut. p. p. Füsse. q. q. Untere Stachelkämme. P. P. Obere Stachelkämme. c. Fühlfaden, der neben einem der beiden untern Stachelkämme sitzt. f. Zugang zum Raum zwischen der äussern und innern Haut des Körpers. 1, Rinne, die zu diesem Zugange führt. Fig. 9. Der Nahrungscanal von der untern Seite. 0. Der Schlund. k. Der Magen, err/. Der Darmcanal. e. Dessen blinder Fortsatz. i7z. Blinde Seitenanhänge desselben. i. Deren erweiterter Anfangstheil. +. Ihr ästiges Mittelsticck. z. Ihr blasenförmiges Ende. Fig. 10. Der Nahrungscanal von der untern Seite, nach Wegnahme sei- ner Seitenanhänge der Länge nach geöffnet und etwas vergrössert. Die Buchstaben 0, k, e,r r’ bezeichnen die nehmlichen Theile, wie in Fig. 9, aber 1 nr er 70 von der inwendigen Seite, h.In dem Magen herabhängender Fortsatz der innern Haut des Schlundes. a. a. Durchschnittsflächen der innern Substanz der Wände des Magens. Auf der inwendigen Fläche des Magens k. sieht man die ringför- migen, mit harten Hervorragungen besetzten Falten seiner Muskelsubstanz, und auf der nehmlichen Fläche des Darmcanals rr’ die, zu dessen Seitenanhän- gen führenden Löcher. Fig 11. Vergrösserte inwendige Seite des Schlundes und des Vorder- theils des Magens, nach Zurückschlagung des Fortsatzes der innern Haut des Schlundes. o,k, a, a wie in Fig. 10. h. Zurückgeschlagener Fortsatz der innern Schlund- haut. mnm. Kranz von dreiseitigen häutigen Anhängen, der die inwendige Seite der vordern Magenöflnung umsgiebt. ; Fig. 12. Einer der blinden Seitenanhänge des Darmcanals mit dessen einsaugenden Gefässen, vergrössert. i. Der erweiterte Anfang des Anhangs und darin die Theile, die den Schein von Klappen haben. +. Der ästige Theil desselben. z. Sein blasenförmiges Ende. 7 r, Seine einsaugenden Gefässe. Fig. 13. Ein Theil dieser einsaugenden Gefässe, stärker vergrössert. Fig. 14. Eine stachlichte Aphrodite, längs der Mittellinie des Rückens geöffnet und, nach Wegnahme des Nahrungscanals, der blinden Darmanhänge der rechten Seite und der Blutgefässe, so ausgebreitet und zubereitet, dass der grösste Theil des Nervensystems und der Muskeln, die Eyerstöcke und der Verlauf der Darmanhänge der linken Seite sichtbar sind. a. Vorderes Ende des Körpers. p. Hinteres Ende desselben. G G. Die durch- schnittene und ausgebreitete Haut. nn‘n’. Der Ganglienstrang und die daraus entspringenden Nerven. n. Letzter vorderer Bauchknoten, der mit den, auf dem Schlunde liegenden Knoten (dem Gehirne) zusammenhängt. cc. cc. Läfgslau- fende Muskelbinden des Bauchs. xx. xx. Längslaufende Muskelbinden der Sei- tentheile des Körpers. t.t.t.t. Queerlaufende Muskeln, durch welche die Bauch- höhle in Fächer abgetheilt wird. d.d.d.d. Längslaufende Muskelstränge der Rückenfächer. m.m.m.m, Die Eyerstöcke. r.r.r.r, Bänder der Borsten und Grä- a he Zi 171 then der Füsse, von ihren Muskeln bedeckt und in der Bauchhöhle hervorragend. oa. o.c. Mittelstücke der Darmanhänge der linken Seite, die zwischen der Mus- kelbinde xx und der laut weglaufen und, nachdem sie hinter jener wieder hervorgekommen sind, mit ihren lelzten Aesten in die Zwischenräume der Muskelstränge d,d dringen. Fig. 15. Dieser Verlauf eines jener Mittelstücke, stärker vergrössert. xx. Theil der muskulösen Seitenbinde des Körpers. zz. Theil der muskulösen Rückeubinde. t.t’. Zwischen xx und zz enthaltene Theile der muskulösen (Juerbinden, welche die Fächer des Körpers begränzen. d.d. Längslaufende, zwischen diesen Binden liegende Muskelstränge. o«. Mittelstück des Seiten- anhangs, das zwischen xx und der Haut durchgeht und mit ihren Aesten in die Zwischenräume der Muskelstränge dd dringt. Fig. 16. Verbindung der letzten Aeste der Darmanhänge mit den queer- “ laufenden Muskelsträngen des Rückens, vergrössert, 7Y. Queerlaufende Muskelstränge eines der Rückenfächer. ow. Aeusserer, bei o | durchschnittener Theil des Darmanhangs dieses Fachs. e.e.e. Mit den Strängen yy zusammenhängende Aeste des Darmanhangs. Fig. 17. Ein mit Eyern angefüllter Theil des Bauchs, nebst den Eyer- stöcken, vergrössert. | „ AA. Eyer, die in einer zähen Flüssigkeit schwimmen. mm. Rand der durch- schnittenen Bauchhaut. 0.0.0. Die Eyerstöcke von der untern Seite. p.p. Die Füsse. co Haärbüschel. ; Fig. 18. Ein stärker vergrösserter Eyerstock. o. Inwendige Masse des Eyerstocks. h. Häutiger Schlauch, welcher diese Masse einschliesst. r. Gang, der sich in diesen Schlauch öffnet. t. Häutiger, mit dem stumpfen Ende des Schlauchs zusammenhängender Faden. Fig. 19. Das Gehirn mit den drei vordern Bauchganglien. e. Das Gehirn, n.n. Nervenpaar desselben, das zu den Fühlfäden des Mundes geht. ın.m. Verbindungsfäden zwischen dem Gehirn und dem letzten Bauchknoten, die j den Schlund umfassen. rr‘. Die drei vordern Bauchknoten, . 172 Fig. 20. Das Innere der Rückenfächer und die Höhlungen, worin die Wurzeln der Stachelkämme liegen, vergrössert. P. Das hervorragende Rückenfell. q.q.q. Die hervorragenden inwendigen Seiten dreier Rückenschuppen. k—k. Das Innere von sechs hückenfächern, nach Weg- nahme der in ihnen enthaltenen Muskeln, Gefässe und Eingeweide. r.r.r. Drei Höhlungen, welche bündelförmig zusammengelegte Wurzeln von Stachelkämmen enthalten. m— m. Häute, welche die Wurzeln der Füsse und der Haarbüschel be- decken, tr. Rand der durchschnittenen äussern Bauchhäute der einen Seite. c.c. Haarbüschel. b.b. Fussborsten. Fig. 21. Höhlung, welche die Wurzeln zweier Stachelkämme, Jes zu ihnen gehörigen Fusses und der neben ihnen liegenden Haarbüschel enthält, stärker vergrössert, B PP.Haut, welche die Höhlung auskleidet. p. Zu einem Bündel vereinigte Wur- zeln der beiden Stachelkämme. v. Neben diesem Bündel liegendes Bläschen. h.i. Haarbüschel tragende, in der Bauchhöhle hervorragende Gräthen, von wel- chen die innern iunbedeckt, die äussern h, nebst den ihr zunächst liegenden Fuss- borsten, in einer gemeinschaftlichen Scheide eingeschlossen ist, 7. Innere, in diese Seheide enthaltene T'heile der Fussborsten. x. Die äussern Theile dieser Bor- sten. a. Blasenförmiger Anhang der Scheide. Fig. 22. Ein Fuss, seinem äussern und innern Baue nach, stärker vergrössert, ß* Der Fuss. w. Aus den drei Absätzen. : seines äussern Endes hervorragende Bor- sten. 2. Sein fleischiger Anhang. 7.7. Zu. „Bündeln vereinigte Wurzeln der Bor- sten w. h. Die Gräthe des, mit dem Fusse verbundenen, abgeschnittenen Haar- büschels. 9. Häutige Scheide, welche die Bündel =, x und die Gräthe h ein- schliesst, e die innere Höhlung des Fusses auskleidet, a. Blasenförmiger An- hang dieser Scheide. i Taf aU, = 79 Cchufemahl #0. a m u87 N N FF, UI VY {3 S N } } WU rin Sl ee FW Bra a Yu - * (nSufemcht den . #UEBER DIE CHEMISCHE UMWANDLUNG DER 000° ORGANISCHEN VERBINDUNGEN. li r VON {l ir s£ !y = sin uepP. asia LnoPOLD GMELIN. =» WORGELESEN IN’ DER GESELLSCHAFT ‘FÜR NATURKUNDE UND MEDICIN ZU HEIDELBERG Osten , tt «AM 23. JUNI/1827’ UND AM 31 MAI 1828. einouumk „1531 9 alat nJes are \e Löw 19; ee THEORETISCHER THEIL. < r ir 1) Die organischen Verbindungen), welche den wesentlichsten Theil der Pflan- zen und ‘der Thiere ausmachen) werden bloss: ihren Elementen nach vom imorganischen. Reiche Eee ye-us aus- diesen» erst'in den belebten Wesen zusainmengesetzt. " le Miles üs a = Das Bestreben der leniähte) sich’ mit einander zu den einfacheren Ver- bindungen zu vereinen, welche als unorganische unterschieden werden, ist viel grösser als die Kraft, vermöge welcher sie veranlasst werden, zu den Aikailiinendekätiterch, den organischen Verbindungen zusammenzu- treten, Hierin liegt ohne Zweifel der Grund, warum letztere durch Kunst nicht wohl hervorgebracht werden Könnah, Denn indem wir die Elemente zusammenbringen, und die Umstände eintreten lassen, welche, ihre Vereini- gung begünstigen, wie höhere Temperatur, Elektricität u. ss w.so tragen Zeitschrift £. Physiol. 1IL 2. 2 174 die stärkeren Affinitäten den Sieg davon, und es entstehen unorganische Verbindungen. Dennoch scheinen bisweilen auch mittelst der Kunst organische Verbin- dungen hervorgebracht werden zu können. Hierher gehört die zuerst von Proust*) bemerkte, und von Vauque- lin und Berzelius bestätigte Bildung eines übelriechenden Oeles beim Auflösen)'von Gusseisen in. verdünnter 'Sald= oder ‚Schwefel-Säure und die damit verwandte von Berzelius **) beobachtete Bildung; einer braunen dem Ulmin oder Moder ähnlichen Materie beim Auflösen von Gusseisen in einem Gemisch aus Salpetersäure und Schwefelsäure. Nicht minder wichtig ist, die fErzenzung der Kleesäure, welche nach Wöhlers ***) Entdeckung statt findet, wenn man wässriges Ammoniak mit Cyangas sättigt. Da sich das Ammoniak aus, ausgemacht ‚unorganischen Sub- stanzen erhalten lässt, z. B. aus Zinn und'wässriger Salpetersäure, ebenso das Cyan nach Scheele aus Salmiak, Kalk und Reissblei, so müssen sowohl aus diesem Grunde, als, weil sie nur 2 Bestandtheile enthalten, Ammoniak und Cyan als unorgamische Verbindungen: ‚betrachtet werden. Und diese beidemliefern bei ihrem Zusammentreffen eine organische Materie, die Klee- säufei »,Zwar. wird; neuerdings zum. Theil angenommen, ‚die Kleesäure sey keine :organische, Verbindung,. da: sie ebenfalls bloss 2 Bestandtheile, nämlich Kohlenstoff ini -Sänerstoff, enthalte... Allein dieses ist emme Hypothese, denn eine solche nur aus 2 Stoffen bestehende Kleesäure kennen wir nicht für sich‘; "bei: dem: unschickliehen ‚Platz, . den.die Kleesäure zwischen dem: Koh- lenoxyd und. der Kohlensäure; erhalten würde und bei der so sehr grossen sah us ala un9v Jia oda 3 j & be f Nr5ps 113") Journali de; Physisgue, ,T; VI: p./155;/auch Sche un allgem. Jonınal der Chemie ,B. 9, 5.480; auch ’ Gilbert sAnnalen B. 24. S. 293., EN RERT f a Alhandiner: B. 3: Ss. 123; auch” Scherer Bin B. 7.5. ai. £ Si) re, Annalen B. 3. $. 177. Ich habe, der Wichtigkeit der Eee wegen, ER Versleh “nu Vederfätl im kiie "Angabe vallkomthön bestätigt En die Menge der RE 'Kleesäure -ist smichts unbedeutend. ’\) "EIN, er \ 10 A & iv saeinigyäd co 0, ü vrtig * Im 175 Aehnlichkeit zwischen ihr ünd den übrigen Pflanzensäuren scheint es mir geeigneter die Kleesäure als‘ eine ‚organische‘ Säure zw betrachten, und die sogenannteh) trockenen :kleesauren Salze: als eigene’Arten von Kleesäure an- zusehen, in welchen 'der'ider Kleesäure wesentlich angehörende Wasserstoff durch eine proportionale‘ Menge irgend eines Metalls ersetzt ist *). Die Kleesäure bilder’ sich auch zufolge Liebig’s **) und meiner eige- nen ***) Erfahrungen /bei der Bereitung des: Raliums aus geglühten Weinstein, nach der Brunnerschen Methode ***)."Wenm manübrigens die im geglühten Weinstein 'enthaltene Kohle noch 'als etwäs’Organisches betrachtet, so gibt diese Erfahrung keinen vollständigen Beweis, dass aus unorganischen Stoffen durch Kunst eine organische Verbindung erhalten werden kann. -" Um so: mehr muss ich daher auch ‘die bei''dieser Kaliumdarstellung statt habende Bildung der’ Krokonsäure übergehen, da diese Säure zwar" manche -Aehnlichkeit'mit organischen anf aber keinesweges als eine solche erwiesen ist.' n fi AU BT: rind ri ee > we Yiket it: j h er@i \ ") Diese Mucht habe ich 1 autricher eptwichelt in m. . Handbuch der theoretischen Chemie. Ausg. B. 2.5.3 — 18, EUR 0 ann 5 -WyiGeiger Magazin‘ det PhärmacierB. 45. 5. 14. a yet: Journal B. 47. SE 114. 4) Poggendorf Annalen BN7. S.1525l Geiger Magakin! der Phaimacie B. 15.8. 140. ""**) Liebig fand in der vom krokonsauren Kali erhaltenen Mutterlauge neben) dem>kleesauren Kali zu- gleich weinsteinsauves. Letzteres habe ich nicht zu finden vermocht, „An interessantesten ist folgende kurz vor dem Druck digsen Ablagdiung vom Dr. Wöhler (in Poggend, Ann. 12, 255) itgetheilte Entdecku ung von der künstlichen’ "Bildung einer thterfechen Substanz: Wenn man "in der Absicht) eyansalıres Ammoniak‘ darzustellen‘) Warsares Bleioxyd durch Ammoniak zersetzt, so m." erhält man eine ‚Flüssigkeit, ‚ welche, statt cyansauren 'Ammoniaks, reinen Harnstoff enthält. Nach ‚der Analyse‘ von Prout enthält der Harnsiof, 1; Aischtunguer wicht Stickstoff, 1 Kolılenstoff, 2 Was- werstöt und 1 Sanerstöff, öde, doppelt g gehöhhnlen‘ w2 Stickstöft, 2’Kohle 'nstoff, 4 Wasserstoff und 2 nu " Satidrstoff. Dieserbe"yhanlitative Zusammensetzung würde 1 “Mischüngsgewicht cyansaures Aminoniak, 3 mit 1°Mischungsgewicht Wäsker verbunden)‘ ipanka," da das Kae 1 Stickstoff und 3 Wasserstoff, die Cyansäure 1 Stiökstoft, 2Khtensıbir und d Sauerstom, und das Wasser 1 Wasserstoff und 1 Sau- erstoff enthält. "Der Unterschied’ Berulit also nur auf einer andern Art der Zusammenfügung. Da die Affinitäten welche einerseits die Cyansäure, andererseits das Ammoniak zusammenhalten ‚ nicht gross y»3; il 176 Die künstliche Bildung organischer‘ Verbindungen als erwiesen‘ voraus- gesetzt, wie haben wir es uns zu erklären , idass;.hier bein Zusammentreffen „mehrerer Stoffe die schwächeren! chemischen: Kräfte durchowelche‘ solche Verbindungen erzeugt werden,-und nicht»die stänkeren ‚welche auf die! Bil- dung unorganischer Verbindungen hinwirken, befriedigt wurden? Vielleicht giebt folgende Betrachtung zur Lösung dieser ‚Frage,'einen Beitrag: In den angeführten Fällen ist die, Bildung»einer. organischen. Verbindung gleichsam als.ein Nebenact des chemischen: ‚Confliets‘ der.iStoffe, zu. betrachten; denn während sich einige derselben; ‚vermöge'grösseren ‚Affinität 'zulunorganisöhen Verbindungen vereinigen, z. B. das Eisen oder. das. Kalium mit, dem Sauer- stoff des Wassers, ein Theil des Gyans mit denv Wasserstoff des Wassers u. s. £., so bleiben vielleicht einige Stoffe gerade. in. solcher Menge übrig, nach; wel- cher sie eine organische Verbindung zu bilden- im. Stande sind, und) sofern in diesen Fällen die höhere Temperatur fehlt, welche die ee auf bi- näre Verbindungen hinwirkenden Affinitäten erregen würde, und sofern'sich die Stoffe doch, weil sie so eben aus andern Verbindungen in Freiheit tre- ten, in dem Zustand befinden, in- welchem sie geneigt sind, sich mit einander zu vereinigen, so entsteht eine organische Verbindung. a Diese wenigen Thatsachen bei Seite gesetzt, ‚sehen; wir, dass; die orga- nischen Verbindungen nur von belebten Wesen und zwar vorzü Eee ‚von den Pflanzen erzeugt werden... : ‚al NUT 37 Ki sind, so scheint hier aijkäige, Kr nität Kl Bestandtheile, ‚ vermöge Sera der. organische Ham: stoff zusammengesetzt wird, das Uebergewicht zu ‚erhalten. — Ich habe mich beeilt, mich yon der Richtigkeit dieser Mittheilung zu überzeugen. Nachdem ich schon früher , wie bereits erwähnt, die Kleesäurebildung aus Cyan und Ammoniak ‚wiederholt, und die Kleesäure durch Kalkwasser gefällt hatte, so hatte ich aus der, übrigen, Flüssigkeit durch eine genau entsprechende Menge von Kleesäure den überflüssig hinzugefügten, Kalk, entfernt, und ‚sie dann, durch mehrmaliges Filtriren den ‚sich ab- scheidenden braunen Stickkohlenstoft trennend, bis ‚auf wenig abgedampft,, und ‚so ungefähr, 1 Jahr sich selbst überlassen. So blich eine braungelbe Ersstallinieghr Masse, welche,, im Wasser gelöst und vom Stickkohlstof abfiltrirt, mit Salpetersäure sogleich jenen krystallinischen Niederschlag, durch welchen sich der Harnstoff auszeichnet, in reichlicher Menge gab. k 177 Betrachten wir die grosse Zahl ‘und Mannigfaltigkeit der in den Pflan- zen und Thieren vorkommenden organischen Verbindungen, sehen wir, dass ‚einige derselben: verschiedenen unorganischen Verbindungen in ihren Eigen- ‚schaften ähnlich \sind, z.B: die Pflanzensäuren den Mineralsäuren , während ‚andere sehr abweichende Eigenschaften besitzen; betrachten wir die Um- -wandlung einer organischen ‚Verbindung in eine ‚andere oder in eine unor- ganische, und bemerken wir endlich, dass.die Zahl der. Mischungsgewichte, mach welcher ‚ihre Eleniente vereinigt sind, bald’ geringer, bald grösser ist, ‚so: werden |wir nothwendig- auf die Frage 'geleitet, ob’ alle organische Ver- ‚bindungen auf einer gleichen Höhe der organischen Natur stehen, oder ob ‚micht, vielmehr einige derselben eine Zusammensetzung haben, welche noch ‚nehrder--Zusammensetzung der 'wäörganischen Verbindungen verwandt ist, ‚andere eine bedeutend 'abweichendere, kurz, ob es ‚nicht eine Stufenfolge ‚giebt, ‚nach ‚welcher die organischen Verbindungen sich in der Art ihrer ‚Zusammensetzung, immer mehr von den unorganischen entfernen, und nach welcher Ordnung in dieser Beziehung die organischen Verbindungen nach einanderfolgen ? Die Wege, diese Frage zu entscheiden, können folgende seyn: i) °1) Untersuchung der chemischen Ummendlak; Een organischen Verbin- 00. dungen in. den Pflanzen. 2) Untersuchung der chemischen Umwandlung der organischen Verbin- 000 ,,dungen durch Kunst. | 4; 2A ihrer stöchiometrischen Zusammensetzune, “Ir ae n» (Chemische Urevaniiiung der öfglanischel; Verbindungen in den Bis Pflanzen. . Während, die Thiere fast bloss organische Nahrung des Thier- und Pflanzen-Reichs zu sich nehmen, von welcher der grösste Theil durch den „Atlınrungsprocess u. s. w. in unorganische Verbindungen zersetzt, und nur der kleinste in mehr oder weniger umgeändertem "Zustande zurückgehalten wird, so bedürfen die Pflanzen zu ihrem Bestehen und Wachsthum nur einer 178 sehr kleinen Menge von schon zuvor 'gebildeter organischer Verbindung (die niederen vielleicht nicht einmal. der kleinsten Menge derselben) und ausser- dem bloss des Wassers, der Kohlensäure und der atmosphärischen'Luft, um aus ihnen unter Mitwirkung des Sonnenlichts, ohne Zweifel vorzüglich in ihren grünen Theilen, unter Entwickelung des überschüssigen Sauerstoffs in Gasgestalt, ‘die so höchst mannigfachen organischen Verbindungen zu erzeu- gen, welche''wir im ihneu finden. Wo». ln ww lan. Br 12 7777 ‘Da die Natur in der Entwickelung der: er Wesen überall einen successiven Gang befolgt, 'so darf man mit grösster‘ Wahrscheinlichkeit" an- nehmen, dass die Pflanzen aus den ihnen von aussen dargebotenen unorga- nischen Materien nicht sogleich /dureh einen und denselben Act alle die in ihnen vorkommenden organischen‘ Verbindungen erzeugen," sondern dass sie aus den nnorganischen Materien zuerst ‘solche’ organische Verbindungen’ her- vorbringen, welche den 'unorganischen noch am nächsten stehen, und’ dass sie diese durch spätere, auf einander folgende Acte auf eine innmer'höhere'Stufe der organischen Natur erheben. “ . NET Z ' Indem man daher untersucht, wie mit’ dem. Leben einer‘ Pflanze’ irgend eine in ihr enthaltene organische" Verbindung in eine andereumgewandelt wird, und anninımt, dass die später erscheinende organische Verbindung auf einer höheren Stufe der organischen ‘Zusammensetzung steht, "als die früher vorhandene, so lässt sich aus dem Früher- oder Später-Erseheinew'verschie- dener organischen Verbindungen auf ihre niedrere oder "höhere organische Natur schliessen. Wahlenberg ist, so weit mir bekannt, der Erste, wel- cher in seiner) höchst \lehrreichen Abhandlung über ‘den Sitz derünmittel- baren Pilanzenproducte *) diese Ansicht ‘entwickelte und, von ihr geleitet, den Saft der Pfllanzen zu verschiedenen Zeiten ihres Lebens verglich, | Hier- (durch wurde er vorzüglich zu''dem’ Resultat geleitet, dass der ‘Zucker eine niedrigere Verbindungr'sey, als das 'Gummij'dass ‚auf das Gummi das’ Stärk- mehl folge und hierauf endlich die Holzfaser. ' 0. oleninll wh nn " i 0: ’ Pape e En Auge t Hamlene „DA *) Gehlen Journal für Chemie, Physik und Mineralogie. B, 8. $. 92. Abi, 19 in". Der.iZucker, ‚der sich" in: den unreifen ‚Samendes Mais, des'Getreides u.'s.|w, findet, zeigt ‚sich ‚bei der-Reife: in Stärkmehl verwandelt." Die grü- nen! Stängel ‘der: Mäispflanze enthalten Zucker,‘ nicht die ‘reifen, "an Holz- faser reicheren. Der Zucker in der jungen gelben Rübe. scheint später mit dem Holzigwerden derselben in Holzfaser überzugehen. Während der Saft der Malve!in. der Wurzel, wo er noch weniger verarbeitet ist, süss erscheint, 60 zeigt er'sich in den Blättern, :wo er ‘vollständiger verarbeitet ist, 'schlei- auig., Die Sprossen des Spargels sind anfangsı schleimig,, später holzig. » Aus deni Stamm solcher Palmen, welche Frucht tragen, oder solcher, denen man den zuckerhaltigen Saft abgezapft hatte, erhält man kein Mehl. Obgleich hierbei auch angenommen werden könnte, dass sich die zuerst vorkommende organische Verbindzng bloss in einen andern Theil der Pflanze begeben hätte, oder 'zerstört- worden wäre, während aus frischer Nahrung erst die später auftretende organische Verbindung erzeugt würde, so ist doch Schluss, welchen Wahlenberg aus diesen von ihm angeführten Er- fahrungen: zieht, viel naturgemässer, dass nämlich die Producte der Vegeta- tion sucessiv entstehen, und dass es eine bestimmte Productionsreihe gibt, in welcher sich äus der einen organischen Verbindung eine höhere und aus. dieser wieder eine höhere u. s.f. erzeugt. Er gibt hierbei zu, dass die Natur häufig Sprünge macht, dass z. B. aus dem Zucker nicht immer erst Gummi werden muss, wenn er:zu Stärkmehl werden soll, und nicht immer erst Gummi und Stärkmehl, wenn er in Holzfaser übergehen soll. Immer aber gehen die Uniwandlungen in der angezeigten Ordnung vor sich *) Es gibt nur wenige Fälle, in welchen die Umwandlungen dieser 4 für das Pflanzenleben höchst wichtigen organischen Verbindungen in einer von der durch Wahlenberg gefundenen umgekehrten Ordnung erfolgen, näm- lich.besonders beim Keimen. Die Umwandlung des. Stärkmehls in Zucker ———m EM ”) Achnliche We eFungen ergeben ‚sich aus u neuerdings von F&e im Journal de chimie medicale B. 2. 5, 361. über das Vorkommen der organischen Verbindungen in den Monokotyledonen zusam- "mengestellten Erfahrungen. 180 erfolgt‘jedoch im keimenden Samen gerade im Anfang, 'also zu einer Zeit, wo die vegetative Lebensthätigkeit noch sehr werig wirksam ist, und das durch den Zutritt des Wassers und der Luft eingeleitete Affinitätenspiel den- jenigen Erfolg hat, der immer eintritt, wenn die Affinität sich nicht unter der Herrschaft der Lebenskraft befindet. Etwas Aehnliches mag auch bei Krankheiten der Pflanzen und ihrer Theile eintreten.‘ So erfolgt auch:in den von ‘den Pflanzen abgetrennten Pflanzentheilen häufig eine rückschreitende Umwandlung; in den Kartoffeln wird das Stärkmehl bei längerem Liegen zu Zucker, und in harten Birnen, Mispeln u. s. w. scheint beim längeren Auf- bewahren eine der Holzfaser ähnliche Materie ebenfalls in Gummi und Zu- cker überzugehen. Da im unreifen Zustande saure Früchte nach der Reife sich: oft'sehr zuckerhaltig zeigen, so liesse ‚sich hieraus vielleicht (der Schluss ziehen, dass die gewöhnlichen Pflanzensäuren (Weinstein-, Äpfel-, Citronen- und Essig= Säure) noch als niedrigere organische Verbindungen zu betrachten sind, welche erst durch einen weiteren Act der Umwandlung: auf die Stufe des Zuckers erhoben werden. Da jedoch Berard’s Erfahrungen zu 'Folge die absolute Menge der Säure in einer Frucht mit>der: Reife nicht "abnimmt, sondem bloss die relative, sofern die Menge des: Zuckers und‘ Gummis bedeutend vermehrt wird, so lässt sich die Sache ‘nicht als erwiesen ansehen. Dennoch bleibt es wahrscheinlich, dass während des: ganzen Wachsthums einer‘Frücht die Bildung von Säure statt findet, jedoch so, dass der Ueberschuss' derselben durch einen verschiedenen aber gleichzeitig’ erfolgenden Act in Zucker und Gunmi verwandelt wird, daher die Säuremenge sich ungefähr gleich 'blei- ben, der Zucker und das Gummi dagegen’ sich ’immer mehr anhäufen muss. Wollten wir versuchen; ‘dieser Reiheder stärkern Pflanzeisätiren‘; ‘des Zuckers, des Gunmmis, des Stärkmehls und der Holzfaser die übrigenlofga- nischen Verbindungen anzureihen, so fehlen hierüber vor der Hand’ genü- gende Beobachtungen, wenigstens sind sie mir nicht bekannt. Vermuthungs- weise könnte man Fett, flüchtiges Oel und Harz noch über die Holzfaser . 181 setzen. ‘Aber wohin soll man mit denjenigen organischen. Verbindungen, welche ‘Stickstoff enthalten, wie Indig, Bitterstoff, Pflanzenbasen, Ey- weissstoff, Kleber u. s. w.? Diese Schwierigkeit macht es wahrschein- lich, dass mehrere Reihen organischer Verbindungen unterschieden wer- den müssen, dass den Pflanzen das Vermögen zukömmt, "aus der unor- ganischen Nahrung bald'''die‘ niedrigste organische Verbitidung der einen Reihe, bald die der andern’ zu erzeugen,’ vielleicht auch’ beille zugleich, ‚ vielleicht, je nachdem die Nahrung, die Einwirkung des Lichts und der Wärme, nö die Thätigkeit und die Natur eines DiBzERFh eh verschie- den ist. ib, ssalsee saabaj j Kr .d 13.911 + . j E « " j " i N} ( . su 3 il = Deiniohn a der erg V ren durch Kunst, u "" Lässt "man mit örgänischen Verbindüngen, die nicht mehr unter der Botmässigkeit der 'Lebehskraft stehen, ändre 'Mäterien, sie seien wägbare oder unwägbare‘, organische oder unorganische, Zusammentreten, !so “können die hierbei rege werdenden Afhinitäten' bewirken, dass sich die Bestand- theile der organischen Verbindungen nach andern Verhältnissen’ vereinigen, theils zu unorganischen Verbindungen, theils zu organischen von verschie- dener Natur. > , | AIG Der Unterschied zwischen diesen durch Kunst und den durch die Le+ bensthätigkeit der Pflanzen bewirkten Verwandlungen liegt jedoch darin, dass durch erstere eine höhere organische Verbindung meistens in eine nie- drere verwandelt wird, während wir in den lebenden Pflanzen fast allgemein das Gegentheil erfolgen schen. Auch diese ‘Ansicht hatte bereits Wahlenberg, ‚wiewohl die Erfah- rungen über die künstlichen Umwändlungen der organischen Verbindungen damals noch viel beschränkter waren, als heut zu Tage. Nach Kirchhoffs in dieser Hinsicht sehr wichtiger Entdeckung ver- wandelt sich’ das Stärkmehl bei Einwirkung verdünnter "Schwefelsäure zu- Zeitschrift £. Physiol. III. 2. 23 182 an erst in Gummi, dann in, Zucker... Nach Braconnot’s Erfahrungen liefert Holzfaser. bei schicklicher Behandlung mit Schwefelsäure. erst Gummi, dann Zucker. Nach einer unten zu .erzählenden Erfahrung lässt sich auch Stärk- mehl aus der Holzfaser erhalten. , Noch nie hat man dagegen durch Kunst aus Zucker Gummi, Stärkmehl. oder Holzfaser, aus Gummi Stärkmehl oder Holzfaser, und. aus 'Stärkmehl Holzfaser hervorzubringen vermocht. Also wirkt die. Kunst. in vielen. Fällen, der Lebe nsthätigkeit der dem Lichte dargebotenen Pflanzen entgegengesetzt; erstere bringt die organischen Verbindungen 'auf eine niedrigere Stufe, zurück, während letztere sie auf eine höhere Stufe erhebt. Hier bietet sich indnalı sogleich die Frage dar, ob die Kunst immer auf die genannte Weise wirkt, oder ob es nicht auch Fälle giebt, wo durch Kunst aus einer niedrigern organischen Verbindung eine höhere erzeugt wird? Nach dem sogleich zu Entwickelnden und nach den später folgenden Betrachtungen über die Zusammensetzung ‚der organi- schen Verbindungen bin ich, geneigt, das, letztere für wahrscheinlich zu, hal- ten. Es ist kein Zweifel, dass die Kunst in den meisten Fällen: die ‚organi- schen Verbiiidungen bloss erniedrigt; dieses scheint besonders da einzutreten, wo man die Zersetzung einer organischen Verbindung durch Hinzufügen von Sauerstoff ‚oder Wasser. veranlasst, In andern Fällen scheint dagegen eine organische Verbindung; durch Kunst: auf solche. Weise zersetzt zu. werden, dass sich seinerseits eine; sehr niedrige organische Verbindung oder gar eine unorganische erzeugt, und an- dererseits eine desto höhere organische. Wie bei der Bildung organischer Verbindungen aus unorganischen Stoffen, ‚so wäre, auch hier anzunehmen, dass während die stärkeren Affinitäten befriedigt werden, (durch ‘welche ge- wisse Mengen der Elemente sich zu niederen organischen oder zu unorgani- schen Verbindungen vereinigen, andere Mengen dieser Elemente nach einem solchen Verhältnisse übrig bleiben, nach welchen sich eine höhere organi- sche Verbindung erzeugt., Die Bildung: dieser, letzten ist auch hier als der Nebenact zu betrachten, als bedingt durch den gleichzeitig mittelst grösse- D Berafbe I a . WE fl Ri 183 rer Affinität erfolgenden Hauptact, dessen Resultat eine sehr niedrige rga- nische oder eine unorganische Substanz ist. Zu solchen Zersetzungen möch- ten zu zählen seyn: die Zersetzung durch trockene Destillation; die Wein- gährung und die Bildung des Aethers und Weinöls. ‘Während sich die Ele- ‚mente der organischen Verbindungen bei der trockenen Destillation zum Theil zu unorganischen Verbindungen vereinigen, wie die verschiedenen dabei zu erhaltenden Gase, ‚das Wasser, die Blausäure und das Ammoniak sind, so entstehen ausserdem: brenzliche Oele, kampherartige Substanzen, Harze, eigenthümliche Säuren, geistige Flüssigkeiten u. s. w., welche wahr- scheinlich ‚einen höheren Platz in der Reihe der organischen Verbindungen behaupten, als diejenige | Substanz, welche der trockenen Destillation unter- worfen worden war. Während sich bei der, Gährung aus dem Zucker Koh- lensäure erzeugt, so bleiben die übrigen Elemente desselben in einem sol- chen Verhältnisse, dass hieraus der höhere ‚ Weingeist entsteht. Während bei Einwirkung von Vitriolöl auf diesen das unorganische Wasser entsteht, so entsteht zugleich Aether als eine höhere organische Verbindung u. s. w. Nach dieser Ansicht wäre der Brenzessiggeist über die Essigsäure zu stellen, der Brenzholzgeist über die Holzfaser; das brenzliche Oel und die kampherartigen Substanzen über alle die vielen organischen Verbindungen, durch deren Zersetzung in der Hitze sie entstehen; die bei der trockenen Destillation der Wein-, Citronen -, Schleim-, Aepfel- und China-Säure erhal- tenen Säuren über jene, der Weingeist über den Zucker, der Aether über den Weingeist, das Weinöl über den Aether u. s. w. Die Erfahrung, dass verschiedene Farbstoffe, wie Indigo, Lackmus u. 5 w. durch desoxydirende- Stoffe in eine farblose Substanz und durch hin- zutretenden Sauerstoff wieder in eine gefärbte übergeführt werden, ist viel- leicht auf eine ähnliche Weise zu deuten. So lange jedoch der Hergang bei diesen Umwandlungen nicht zuvor ausgemittelt ist, z. B...ob die (desoxydi- renden Mittel Sauerstoff entziehen oder Wasserstoff hinzufügen; ob die oxy- direnden Kohlenstoff, oder Wasserstoff, oder beide entziehen, oder Sauerstolf 23 a 184 % hinzufügen, ob dieser Process unendliche Mal wiederholt werden kann, oder ob jedesmal eine gewisse Menge Farbstoff nothwendiger Weise zersetzt wird, würde jede genauere Entwickelung dieser Thatsache schr gewagt sein. Die meisten durch Kunst bewirkten Umwandlungen der organischen Verbindungen werden durch oxydirende Substanzen und durch das Wasser bewirkt; durch erstere, indem ihr Sauerstoff den Kohlenstoff und Wasser- stoff der organischen Verbindung entzieht, durch Letzteres, indem es seinen Bestandtheilen nach von der organischen Verbindung aufgenommen wird;: und das Resultat dieser Umwandlungen ist die Erniedrigung der organischen Verbindung. Aufdiesen Zersetzungen beruhen die oben erwähnten Umwandlun- gen der Holzfaser in Stärkmehl, Gummi und Zucker, des Stärkmehls m Gummi und Zucker und des Gummi’s in Zucker; dass die Zuckerarten selbst auf einer verschiedenen Stufe stehen, ergiebt sich daraus, dass beim Erhitzen des gemeinen und Krümel-Zuckers Schleimzucker entsteht, und dassder Milchzucker durch Ko- chen mit verdünnter Schwefelsäure in Krümelzucker verwandelt wird. Demnach stände der Schleimzucker unter den übrigen genannten Zuckerarten und der Krümelzucker unter dem Milchzucker. Da die Essigsäure unter andern auch durch Zersetzung vieler organischen Verbindungen mittelst der Salpetersäure hervorgebracht wird, 'so ‚möchte sie unter diese zu stellen seyn, Am nie- drigsten von allen organischen Verbindungen steht die Kleesäure, da sie durch Einwirkung der Salpetersäure fast auf alle ührige organische Verbindun- gen hervorgebracht wird. ‘Die Acpfelsäure, deren Bildung bei der Einwir- kung der Salpetersäure auf die meisten organischen Stoffe, der der Klee- säure vorauszugehen pflegt, scheint keinen viel höheren Rang einzunehmen. So ist die Schleimsäure unter Gummi und Milchzucker zu stellen, aus denen sie durch Salpetersäure erzeugt wird, desgleichen die Korksäure unter den Kork, die Kamphersäure unter den Kampher, die Amberfettsäure unter‘ das Amberfett, und die Gallenfettsäure unter das Gallenfett. Die Ameisensäure, welche durch Zersetzung der Weinsäure mittelst Braunsteins und Schwefel- säure entsteht, steht unter der Weinsäure. » re N aan ne ee 185 Diese wenigen Thatsachen liefern Bruchstücke für die Reihe der stickstofffreien organischen Verbindungen, an deren vollständiger Ausführung bei den täglich sich häufenden Entdeckungen in der organischen Chemie nicht zu zweifeln seyn möchte. ef, Ueber die stickstoffhaltigen Verbindungen sind uns wenigere Erfahrungen bekannt. ° Hier finden wir zuerst, dass bei den meisten, wo nicht bei allen, das letzte Zersetzungsproduct, was aus ihnen durch Ein- | wirkung der Salpetersäure erhalten wird, ebenfalls die Kleesäure ist, neben welcher oft zugleich Essigsäure und Aepfelsäure erzeugt werden. So wahr- scheinlich es ferner auch ist, dass Harnstoff und Harnsäure im thierischen Körper durch einen Process, der sich vielleicht einmal künstlich wird nach- ahmen lassen, aus Eiweissstoff und ähnlichen Matericn entstehn, und dass sie daher niedriger stehn, als diese, *) so ist dieses noch nicht erwiesen; auch ist uns nichts über die Umwandlung von Harnstoff in Harnsäure, oder umgekehrt, bekannt- Dagegen wissen wir, dass aus der Harnsäure durch Salpetersäure Purpursäure erzeugt werden kann. Ferner geht durch Sied- hitze der Kleber in geronnenen Kleber, der Kässtoff (bei Zutritt der Luft) | in geronnenen Kässtoff und der Eyweisstoff in geronnenen Eyweissstoff über - und letzterer ist eine dem Faserstoff sehr verwandte Substanz. Braconnot stellte aus Faserstoff und Wolle durch Schwefelsäure, Leucin, eine dem Os- mazom und eine andere, dem Speichelstoff ähnliche Materie dar. Aus Thier- leim erhielt er mittelst der Schwefelsäure Leucin, Leimsüss und eine dem > Speichelstoff ähnliche Materie. Es lässt sich ferner nach unten zu erzählen- den Versuchen aus geronnenem Eyweissstoff und aus Kleber im papinischen Diyestor eine osmazomartige Materie darstellen. Da der Leim bei langem Kochen ebenfalls eine osmazomartige Materie liefert, so wäre das Osmazom unter den geronnenen Eyweissstoff und unter den Leim zu stellen und wahr- *) Auch die $. 175 Anmerkung erwähnte künstliche Bildung des Harnstoffs spricht für dessen niedrigere Stelle in der organischen Reihe. } | 2 f ? , D 186 W scheinlich noch tiefer das Leucin und das Leimsüss, Wir finden das Osma- zom im Harn, Schweiss und andern Excrementen, und dürfen mit einiger Wahrscheinlichkeit vermuthen, dass es gleich Harnsäure, Harnstoff u. s. w. ein während der verschiedenen Lebensacte aus dem Eyweissstoft, Faserstoff, Leim u. s. w. entstehendes Zersetzungsproduct ist. Es scheinen demnach viele Umwandlungen der organischen Verbindun- gen in den Thieren mit denen zusammen zu fallen, die durch Kunst her- vorgebracht werden. Den Pflanzen kommt also vorzugsweise das Vermögen zu, aus unorganischen Materien und niedern organischen Verbindungen hö- here zu erzeugen. Diese gehen in die Thiere als Nahrung über, und wer- den während der in diesen vor sich gehenden Thätigkeitsäusserungen wie- der in niedrere organische Verbindungen oder in unorgavische Substanzen zersetzt. Bedenkt man, wie viel Eyweisstoff und Kleber in der Pflanzen- nahrung enthalten ist, und stellt man den Kleber uoch über den Eiweiss- stoff, und die leimartige Materie, welche Zellgewebe, Häute, Knorpel u. s. w. der Thiere bildet, unter den Eyweissstoff, Annahmen, die zwar will- kührlich, aber durch keine Thatsache zu widerlegen sind, und. für welche letztere der leichte Uebergang des Leims in Osmazom spricht, so lässt sich aus einer in den Thhieren immer weiter fortschreitenden organischen Ernie- drigung des Klebers die Bildung des Eyweissstoffes, dann des Faserstoffes, dann des Leims, dann des Osmazoms, des Harnstoffs und der Harnsäure ab- leiten. Dass schon während der Verdauung das den Thieren gereichte Stärk- mehl in Zucker und Gummi verwandelt wird, haben bereis frühere Unter- suchungen bewiesen *). . Auch das Pikromel möchte durch organische Erniedrigung des Leims oder Eyweissstoffs entstehen, so wie das dem Pikromel verwandte Leimsüss durch Zersetzung des Leims künstlich erzeugt wird. Die fettigen,Substan- zen der Thiere kommen theils völlig mit denen der Pflanzen überein, so — “ *) Tiedemann und Gmelin, die Verdauung B. 1. S. 180. a ein 187 dass ein Uebergang in unverändertem Zustande aus der Pflanzennahrung in ° das Thier angenommen werden kann, theils zeigen sie, wie das Gallenfett, Verschiedenheiten, welche wahrscheinlich von einer Zurückführung der ‚ Pflanzenfette auf eine niedrere Stufe abzuleiten sind. Ob aber nicht auch durch einige im thierischen Körper statt findende Processe höhere organische Verbindungen aus niedrigeren hervorgebracht werden, und ob wir uns hieraus das Vorkommen des Blutroths, des Farb- stoffs der Galle und des Gallenharzes zu erklären haben, bleibt ferneren Forschungen zur Entscheidung vorbehalten. 3) Quantitative Zusammensetzung der organischen Verbindungen. > Kohlensäure und Wasser sind die vorzüglichsten unorganischen Materia- lien, aus welchen die Pflanzen unter Einwirkung des Lichts die verschiede- nen organischen Verbindungen hervorbringen. Dieses geschieht durch Frei- machung des in der Kohlensäure enthaltenen Sauerstoffs, während der Koh- lenstoff derselben sich mit bestimmten Mengen von Sauerstoff und Wasser- stoff des Wassers zu organischen Verbindungen vereinigt. Je weiter diese organisirende Thätigkeit der Pilanzen auf dargebotene Kohlensäure und Was- ser fortgeschritten ist, um so vollständiger ist 1) der Sauerstoff der Kohlen- säure ausgetrieben und 2) eine um sc grössere Menge von Kohlenstoff ist mit einer um so kleineren Menge von den Bestandtheilen des Wassers verbunden, und bei noch weiter geführter Organisirung ist 3) von den Bestandtheilen des Wassers auch ein Theil des Sauerstofts entweder- unmittelbar ausgetrie- ben, oder er hat sich während der nächtlichen Verrichtungen der Pflanzen mit etivas Kohlenstoff vereinigt und als Kohlensäure entwickelt, so dass organische Verbindungen entstehen, welche neben Kohlenstoff und den Be- standtheilen des Wassers noch einen Ueberschuss von Wasserstoff enthalten. Hiernach zerfallen die stickstofffreien organischen Verbindungen in folgende 3 Abrtheilungen. 188 | > 1) Solche, welche neben Kohlenstoff und Wasser (d. h. Wasserstoff und Sauerstoff nach dem Verhältnisse, in welchem sie Wasser erzeugen) noch eine gewisse Menge von Sauerstoff enthalten. 2) Solche, welche blos aus Kohlenstoff und Wasser (in dem angedeute- ten Sinne) bestehen. 3) Solche, welche neben Kohlenstoff und Wasser (in dem gedachten Sinne) noch überschüssigen Wasserstoff enthalten. Demnach wären die zur ersten Abtheilung gehörenden weniger brennba- ren organischen Verbindungen als die niedersten, die zu der dritten gehö- renden als die höchsten zu betrachten. Vergleichen wir nun das Mischungsverhältniss der genauer analysirten stickstofffreien Pflanzenstoffe, und setzen wir, um die Vergleichung zu er- leichtern, immer die Menge des darin enthaltenen Kohlenstoffs auf 100, 'so 'ergiebt sich folgende Ordnung: Kohlenstoff. Wasser.*) überschüssiger überschüssig, SauekstofR; Wasserstoff. Bei 100°’ getrocknete Kleesäure enthältnach Berzelius 100 — 75: — 200 —. 0 Trockene Ameisensäure nach Berzelius 5 10 — 5 — 13 — 0 Krystallisirte Weinsäure nach Berzelius - 100 — 131,2 — 83,3 — 0 = nn Proud uno Krystallisirte Schleimsäure nach Berzelius . . 100° — 15 266,5 SG ._ —_ — Prout > 100 — 133,3 — 66,6 — 0) Durch längeres Erhitzen getrocknete Citronen- $ säure nach Berzelius . - R k 100 — 10 — 66,6 — 0 Hypothetisch trockeneAepfelsäure nach Fromherz{00 — 185.—-. 8, —.0 _ _ _ — Prout 100. — 112 .— 33,3 — ‘0 Bernsteinsäure nach Berzelius . A - 10 — 75 — 33,3 — 0 Hypothetisch trockene Essigsäurenach Berzelius 10 — 135— 0 — 0 Also Eisessig a - 4 3 - » : 400 = 450° — 0 —-.:.0 *) d. h. Wasser- und ‘Sauerstoff nach dem Verhältnisse, nach welchem sie Wasser bilden. 189 s „r > _ z ” A i ! i . i 1 ä Kohlenstoff Wasser, überschüss, - überschüss. Sauerstofl, Wasserstoff: Honig-, Stärke - und diabetischer Zucker, in der " Kälte durch Vitriolöl getrocknet, nach Prout 100 °— 150 bis 110 —0 — 0 _ ‚Stärkezucker bei 100° getrocknet, nach Saussure 100 — 165 — 3-0 Mannazucker bei 100° getrocknet, nach Saussure 100°— 18 — 0— 0,7 | _ —_ _ —— — Prout 10. — 159. — 0—o0 Kandiszucker bei 100° getrocknet, nach Berzelius 100 — 145 — 0 — 0,5 _ _ —_ — - Pu 10 — 13 — 0—0 Milöhzucker, durch Schmelzen af nach Berzelius . . ... BE NR . 10 — 10% — 0—0 Arabisch Gummi, bei 100° getrocknet, hc 3 BEHRENS N 10 — 183 — 0— 0,9 Erontunsy .,'. SFr. alle 10 — 12 — 0—o0 _ Stärkmehl, bei 100° getrocknet, en Berzelius 100. — 18 — 0-— 2,3 -_-— 1 —_ — Prout . .. 100 — 1336 — 0—o0 —_ bei 150° getrocknet, nach Prout. . 10 — 18 — 0—0 Holz, bei 100° getrocknet, nach Gay Lussac und ‘ Thenard . .... nn. 10 890 0 — 0,9 r — 150° getrocknet, Ei Prout 2.20.10 — 10 ’— 0o—o0 ‚Krystallisirte Gallussäure, nach Berzelius ... 10 — 7 —_ 0o—0 Krystallisirte Benzoesäure, nach Berzelius . 10 — 30 Ei 0.—,33 " Gemeiner Campher, nach Saussure . :.. 10 — 241 — 0 — 11,9 Geigenharz, nach Gay Lussacund Thenard ,. . 10 — 197 — 0 —.12° Oelsäure, nach Cheyreul . . » » 2.....410 — 156 — 0 — 123,8 Talgsäure, nach Chevreul . . . . . .. 10 — 147 — 0— 144 Oel aus Schweineschmalz, nach Ghötrenil +. 10 — 138 — 0 — 15,9 Reiner Talg, nach Chevreul . . .....10 — 35 — 0 — 13,4 + Rosmarinöl, nach Saussure ne. 30000 0 — 10,3 Steinöl, nach Saussure. . . » 2 2....10 — 0 — 0— 13,9 Weingeist . ... ..:. -2e.2 0... 410 5. — 0 — 16,6 N 0 — 16,6 "Zeitschrift f. Physiol, 1IL 2, 24 190 Die organischen Verbindungen folgen in dieser Tabelle nach ihrem Mischungs- verhältniss in der Ordnung auf einander, in, ‚welcher ihr, Gehalt, an Sauer- stoff ab=, und der an Kohlenstoff und‘ Wasserstoff zu- nimmt. Eine ganz ge- naue Ordnung ist wegen des Widersprechenden bei mehreren Analysen nicht möglich. Auch kann der Gehalt der organischen Verbindungen an Wasser verschieden gross angenommen werden, je nachdem man dieselben für tro- cken ansieht, sobald man sie für sich so wasserfrei als möglich dargestellt hat, wie dies bei der krystallisirten Weinsäure und Schleimsäure ‚ der in der Hitze getrockneten Kleesäure und KLitronensäure, der concentrirten Ameisen- säure, dem Eisessig und dem Kandiszucker der Fall ist, ‘oder, je nachdem man diese Stoffe erst dann für trocken nimmt, wenn. man sie nach der Ver- bindung mit Bleioxyd erhitzt, wobei sie noch Wasser entwickeln, welches eben so gut Product (aus dem Sauerstoff des Bleioxyds und dem Wasserstoff. derorganischen Verbindung), als Educt sein kann. Bei Anführung der Zusam- mensetzung derin solchemvöllig trockenen Zustande gedachten organischen Ver- bindungen habe ich diese mit dem Namen der hypothetisch trockenen be- legt. Denn sie sind blos hypothetische Materien und die wahre Zusammen- setzung erhält man höchst wahrscheinlich, wenn man zu den hypothetisch trockenen Verbindungen noch 1 Atom Wasser hinzurechnet. Die so, durch Vergleichung der Zusammensetzung erhaltene Ordnung der organischen Verbindungen fällt in vielen Stücken mit derjenigen zusam- men, die früher aus den Erfahrungen über die Umwandlungen der organischen Verbindungen in den lebenden Pflanzen und über die künstliche Umwandlung derselben abgeleitet worden war. Nach dieser Tabelle hätten wir die stär- keren organischen Säuren als niedrige organische Verbindungen zu betrach- ten, in welchen (mit Ausnahme der Essigsäure) der Sauerstoff mehr beträgt, als zur Sättigung des Wasserstoffs erforderlich ist. Hierauf folgen Essigsäure Zucker, Gummi, Stärkmehl, Holz, Gallussäure, in welchen der Sauerstoff entweder, wie Prout will, ganz genau, older, wie die Versuche von Ber- zelius zeigen, ziemlich genau in dem Verhältnisse vorhanden ist, um mit " 4 191 dem gegebenen Wasserstoff Wasser zu erzeugen. Endlich folgen Benzoe- säure, Campher, Harz, Oelsäure, Talgsäure, Fett und flüchtiges Oel, bei welchen der Wasserstoff weit über den Sauerstoff überwiegend ist, und zwar so, dass der Sauerstoff bei einigen flüchtigen Oelen völlig zu fehlen scheint. Hiernach würden die Pflanzen zuerst stärkere Säuren bereiten, diese dann in Zucker, Gummi, Stärkmehl und Holz überführen, oder auch bei noch weiterer Wirkung in Fett, flüchtiges Oel, Harz u. s. w., eine Ord- nung, welche den früheren Betrachtungen ganz angemessen ist. Auch im‘ Einzelnen entspricht diese Tabelle grösstentheils früheren Schlüssen. Auch nach ihrer Zusammensetzung erscheint die Kleesäure als die niedrigste organische Verbindung; die Ameisensäure, welche aus der Weinsäure erzeugt werden kann, steht unter dieser, eben so die Schleim- säure unter dem Gummi und Milchzucker; der Krümelzucker steht, ver- möge grösseren Wassergehaltes, unter dem Milchzucker und Stärkmehl, aus denen er erzeugt werden kann, und schon Saussure zeigte, dass 100 Theile bei 100° getrocknetes Stärkmehl bei der Behandlung mit verdünnter Schwe- felsäure 110 Theile bei 100° getrockneten Krümelzucker liefern, sofern das Stärkmehl eine gewisse Menge Sauerstoff und Wasserstoft des Wassers mit sich vereinige. Ueberhaupt stehen die Zuckerarten zufolge der meisten Analysen unter Gummi, dieses unter Stärkmehl, und dieses unter Holz. Dieser mannigfachen Uebereinstimmung ungeachtet zeigen sich noch manche Widersprüche. So steht die Essigsäure, die sowohl durch ihr Vor- kömmen in dem rohen Safte der Bäume, als auch dadurch, dass sie aus den meisten übrigen organischen Verbindungen durch Erhitzung, Fäulniss, Schwefelsäure, Salpetersäure u. s. w. erzeugt werden kann, in obiger Ta- belle wegen ihres Mangels an überschüssigem Sauerstoff, weit über den übri- gen Pflanzensäuren, und selbst dann noch {über einigen Zuckerarten, wenn man nicht die Zusammensetzung der hypothetisch trockenen Essigsäure, son- dern die des Eisessigs als die wahre Zusammensetzung der Essigsäure an- sieht. Weitere Untersuchungen müssen lehren, ob man bei Anordnung der p a 192 organischen Verbindungen mehr Gewicht darauf zu legen hat, wie gross die Menge von Wasser ist, “welche mit einer bestinnmten Menge von Koh- lenstoff verbunden ist, oder darauf, wieviel, der überschüssige Sauerstoff oder Wasserstoff beträgt, und wie diese, beiden Verhältnisse am richtigsten zu vereinigen sind. Auf jeden Fall scheint wenigstens in. Bezug auf die stickstofffreien organischen Verbindungen im Allgemeinen gesagt werden: zu können, dass sie um so niedriger stehen, je mehr sie. Sauerstoff, um so hö- her, je mehr sie Kohlenstoff und Wasserstoff. enthalten, Folgerde Tabelle enthält die Zusammensetzung einiger thierischen organi- schen Verbindungen. - Kohlenstoff, Stickstoff. Wasser. überschissiger überschüssig. Sauerstofl, Wasserstoff, Harnsäure, nach Prout » „+. 2.100 78 50,2 22,5 0 Harnstoff, nach Prout „ . . ....:100..— 233 — 150 —_ 0 01 166° Leim, nach Gay Lussac und Thenard 10 — 33 —- 64 — 0 .—:166 Eyweissstoff, nach denselben . . 10 -— 297 — 508. — 0.4. 86 Faserstoff, nach denselben . . . 100 — 392 — 45 — 0. —.85° Käs, nach denselben -. .”.. . . 100° — 36,’ 21,54 — . 0, — 40 Als niedrigste Verbindung erscheint die Harnsäure, in welcher der Sau= erstoff mehr beträgt, als zur Sättigung des Wasserstofls nöthig ist. Die fol- genden Verbindungen halten alle einen Ueberschuss von Wasserstoff. Sie lassen sich ordnen, entweder nach der ‚verschiedenen Menge überschüssigen Wasserstoffs, oder nach der verschiedenen Menge Wasser, welches sich aus. ihren Bestandtheilen erzeugen kann. Die letzte Ordnungsweise ist hier vor- gezogen worden, weil die hiernach entstehende Reihe mit derjenigen zu- sammenstimmt, welche nach den früheren Betrachtungen als wahrscheinlich an gen ommen wurde. Nur kommt hier der Faserstoff wegen geringeren Wassergehalts über en Eyweissstoff zu stehen, während doch mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass derselbe durch eine schwache Gerinnung. des Eyweissstoffes ent-, steht, also etwas unter ihm liegen müsste. Diese ‚Ausnahme erklärt sich 4 | R - 19% wohl daraus, dass Gy RB ussac und Then ard einen hnreinen Eyweissstöff untersuchten, nämlich ’das ‚getrocknete Eyweiss, welche‘ gegen‘ 18 Procent einer ‚nicht geriinbaren, speichelstoffärtigen Märerie enthält.“ Würden die "thierischen Verbindungen’ nicht nach ihrem 'Gehalt an Wasser, sondern an überschüssigem Wasserstoff seordnet, so "würde der. Harnstoff und Leim als die höchste vow ihnen’ erscheinen, während doch wenigstens in Bezug auf den Harnstoff mit" Sieherheit das‘ Gegentheil" augenonmen werden kann. Ohne Zweifel muss: beiteiner"Anorduung dieser 'thierischen Stoffe nach ih- rem Mischungsverhältniss auch auf die Menge des Stickstoffes Rücksicht ge- nonnmen werden, vallein‘ die Zahl der Analysen dieser Körper ist noch zu gering, als dass die‘Art; wie dieser mit'in Anschlag’ zu bringen’ ist, leicht ausfindig gemacht werden kam. Auf jeden Tall'zeigt die Zusammensetzung des. Harnstoffes, ' ‚dass‘ ein grosser. Stickstoffgehalt keiieswegs einen Beweis von hoher organischer Natur ‚abgiebt; im Gegentheil ist‘ leicht einzusehen, dass, wenn eine stickstoffhaltige organische Verbindung ‚durch oxydirenden Einfluss ‚erniedrigt wird; während‘ hierber ‘Kohlenstoff und Wasserstoff ent- zogen ‚werden, die absolute Menge: des» Stickstoffesvund. Sauerstoffes ziem- lich die vorige‘ bleiben, und‘ somit ein niedrigeres- und stickstoffreicheres Zersetzungsproduct entstehen kann. | Die in den «Pflanzenkörpern vorkommenden disc Salzbasen un- terscheiden sich von den eben betrachteten thierischen Stoffen im Durch- schnitt durch einen geringeren Gehalt an Stickstoff und an Wasser. Auch sie enthalten überschüssigen Wasserstoff. Ss oh1l-us® Die hier zusammengestellten Thatsachen und Betrachtungen führen zu _ diesen Folgerungen: 1) Die organischen Verbindungen stehen auf einer verschiedenen Stufe der örganischen Zusammensetzung. 2) In den lebenden Pflanzen werden unter Mitwirkung des Lichtes aus den dargebotenen unorganischen Verbindungen, besonders aus Wasser und 5 % 194 3 Kohlensäure unter, Entwickelung von ‚Sauerstoffgas zuerst niedrere organische Verbindungen erzeugt, und diese durch "weitere Acte‘.der Vegetation, ‚wobei immer mehr Sauerstoff entwickelt wird, in immer höhere übergeführt. 3) Je weniger Sauerstoff eine organische Verbindung enthält, ‚und je mehr Kohlenstoff und Wasserstoff, desto höher'steht sie, ‚ 4) Während. in‘ den Pflauzen vermittelst des in. ihnen vor sich gehen- den. Desoxydationsprocesses immer ‚höhere Verbindungen erzeugt werden, so werden diese umgekehrt in:den Thieren, sofern hier ein beständiger Oxy- dationsprocess gegeben ist, und eben so durch künstliche Einwirkung, ver- mittelst des Hinzutretens von. Sauerstoff oder Wasser, grösstentheils wieder in niedrigere organische Verbindungen, oder in unorganische übergeführt. Es kann jedoch. hiervon Ausnahmen''geben, sofern bei: einigen künstlichen Umwandlungen eine organische Verbindung, einerseits: in ‚eine höhere, 'ander- seits in eine sehr, niedrige organische oder in eine unorganische Verbindung‘ zu zerfallen. scheint, und dasselbe mag auch: im thierischen Körper erfol- gen. Da nun einige. der niedrigsten ‚organischen Verbindungen, wie Klee- säure, Harnstoff u. s. w. aus unorganischen Stoffen künstlich dargestellt werden können, so lässt sich’ wenigstens ‘vor der Hand: nicht die Möglich- lichkeit bestreiten, durch schickliche Zersetzung der künstlich erzeugten niedrigen organischen Verbindungen auch höhere hervorzubringen. 3 ze 0 au erC > “r er ? t brcisd PassunbiilrsV oc m ui h Sn lau V smöhot sn no eher j he Miımar WW. Ein ode *e mob . .mllsı 7 int A Hleidtns Aosisns 70 "end" :jahssaıl air ST eh ‚ed anni tr. 2 19% h* IL. EXPERIMENTALER THEIL. Di meisten Versuche, welche ich’ "tiber" die künstliche Umwandlung der "orgänischen Verbindungen anstellte ; "wurden mittelst des Papinischen' Dige- Atıra ausgeführt. Dass das" über seinen gewöhnlichen Siedpunkt hinaus er- hitzte "Wasser solche Umwandlungen bewirken würde, liess sich nicht bloss insofern voraussehen, als das Stärkmehl schon durch kochendes Wasser eine ‚hemische Veränderutig erleidet, söndern ‘es war auch schon durch. einen älteren Versuch’ Vaugu elins *) erwiesen. Dieser fand, ‘dass, ‘wenn Haare im Papinischen’ Topfe einer mässisen, Hitze ausgesetzt wurden (bei zu ho- her Temperatur erfolgte vollständige Zersetzung unter Bildung von Kohlen- säure, Ammoniak und brenzlichen Oel), sich viel Hydrothionsäure entwi- ckelte, welche das Kupfer des Gefässes schwärzte, und dass die Haare eine dickliche Auflösung ‚bildeten, ‚aus welcher sich ein, je nach der Farbe der Haare verschieden 'gelärbtes Oel zu Boden setzte. Die filtrirte Auflösung erschien fast farblos, wurde durch concentrirte, nicht durch schwächere „Säuren um so stärker getrübt, bei je höherer Temperatur die Auflösung be- worden war, und durch Ueberschuss der Säuren wieder geklärt; sie Bike Niederschläge mit Chlor und mit Galläpfeltinctur, lieferte aber beim Abdampfen und Erkälten keine Gallerte, sondern liess eine. klebrige, bindende Substanz. ey» . Zu den von mir unternommenen Versuchen ' dieser Art, diente ein dem hiesigen physikalischen Cabinette gehörender starker kupferner, mit eiser- nen Reifen umgebener Digestor, welcher ungefähr 600 Gramm Wasser fasste und dessen Deckel, im Umkreise mit wenig Hanf umwickelt, mittelst dreier *) Annales de chimie B. 58, S. 41. Auch Gehlen, Journ, für Physik und Chemie B. 2. S. 222. 196 " Schrauben luftdicht aufgesetzt werden konnte, _ Um bei jedem Versuche un- gefähr dieselbe Temperatur zu erhalten, wurden 5 Gemische aus Wismuth und Zinn nach folgenden- Verhältnissen bereitet: Das erste Gemisch enthielt auf 1 Wismuth ‘1 Zinn; ‘das zweite auf 1 Wismuth 2 Zinn, das dritte 4 Zinn,, das vierte. 8 Zinn und das fünfte. 12" Zinn. Nach Lewis schmilzt das, erste, ‚Gemisch ‚bei: 138° ‚C, ; das ‚zweite, bei. 166° und, das wierte bei 19%. ‚Von, jedem dieser Gemische wurde, 1, Stück auf, den. ‚Deckel des, eine orga- nische Materie und ‚Wasser enthaltenden, ; Topfes, ‚gelegt. Beim Erhitzen des- selben in einem: Wisdofen schmolz. allmälig das ‚erste Gemisch, dann das zweite, dritte und vierte, Hieranf verminderte man; das Feuer, so dass . das fünfte Gemisch micht,.in Fluss kam,, sondern höchstens 'weich wurde. Auf diese Art würde ‚eine nicht ‚viel über ‚200° gehende Teimperätur erhalten. Der ganze Versuch. vom ersten..Erhitzen. an, bis zum Erstarren sämmtlicher Gemische, worauf der Topf mit Wasser, abgekühlt und geöffnet wurde, dauerte ungefähr 1'/, Stunden. *) ' vol Fi 4) Behandlung der Leinwand im Dilektah, i ö 2 Da sich fand, dass Beinwand, mit blossem Wasser im Papinischen Topfe behandelt, keine auffallende Vereine erlitt, ‘so wurde das Wasser mit etwas Schwefelsäure versetzt. 6,42 Gramm gebleichte und gebrauchte Leinwand wurden mit. 300 Gramm Wasser, welchem 8 Gramm, Vitriolöl zugefügt > worden waren, so lange im Digestor erhitzt, _ bis das dritte Me Ige- misch geschmolzen war. Höher liess sich die Hitzönicht bringen; den 5 Schwefelsäure hatte den zwischen dem Gefäss und Deckel befindlichen Hanf ’ Par Zerfressen und dadurch dem Wasserdampfe einen Ausgang verschafft... )) > Die Leinwand war grösstentheils ungelöst geblieben und in . sehr zarten Fasern durch die Flüssigkeit. vertheilt. Dieselben trockneten, auf einem Fl- .*) Bei diesen, grosse An ieköhaet erfordernden Fer uehlnyd so wie bei den darauf folgenden Unter- suchungen.der erhaltenen Decocte , unterstützte mich mein damaliger Zuhörer, der Phärmaceut * Dühring aus dem Mekleuburgischen, mit vorzüglicher Einsicht und Geschicklichkeit. en = no 197 “ tergesammelt und ausgewaschen,zwieiner röthlichen) fest en enne den, nicht ‚weiter »üntersuchten- Mabse Aus ıi 7 uns duilöl 1 -/o°xDas- dabei’ erhaltene‘ Filtrat war; geruchlos »und wenig gefärbt.‘ Nach dem Neutralisirem der: Schwefelsäure mit Kreide; | Riltriren' and) Abdampfen blieb ein braunes Extract, welches Nadeln von Gyps enthielt: |! Wir"behans delten: dasselbe» mit'"Weingeist, der es! mit'Zurücklassung des Gypses'löste. Die 'erhaltene Lösung” dem freiwilligen Verdampfen ‘überlassen, "gab nach einiger’ Zeit “viele | kleitie,)! «denen /Ues'okrümlichen Zuckers !am meister glei= chende» Krystalle,» welche! süss’ BZ mit ae uberdinsen.ui sw bu tyuosı9 19lonsmisllor zusdonN soo zo oaoEsswwär demnach ‘durch die inwirklag sehr verdünnter RAR Auf! Leinwand eine"kleine Menge "Zücker erzeugt"worden. nö 1 © ng sib Abust Yinje arlsraıaV 'nuod sılolaw ‚ib sin dei, daoıl 08 Hılois Aads Inail e3b vsublid ua :2) ‚Behandlung des „Papiers iim. Digestor... 95: natısiseroN 408,4 ‚Gramm wreisses Druckpäpier "wurden niit 18 "Gramm Viiolölttind 300 Gramm Wasser ‘auf dieselbe Weise"behaidelt, wie die' Leinwand. ’ Die Hitze stieg’ regen! des Zerfressens des Hanfs dureh die Schwefekäure fur bis zum Schmelzen des zweiteil'Metalldemisches)nt ion l/ zuniswil uns Das Ergebniss ‚war genau dasselbe, wie bei, der Leinwand. Das Papier war grösstentheils "ingelöst ‚geblieben, , aber "sehr fein’ 'zertheilt. Das Filtrat lieferte nach der Eintferuung der Schwefelsäure (einen 'gypshältenden Rück- stand, aus welchem "durch Ausziehen mit Weitigeist und langsames "Verdam- BEDA© Aükher! FR aa viele’ rg ‚der Welügihraig fähige "Krystalle erhalten wurden. is dis totisıdav. astgoT sb mais) mind um ı 39h | | 18) Bahentülnend dee Stärkmehls. im, ae 7 Er Eine TE 30 Gramm betragende Menge’ Stärkmehl’ wurde mit un- gefähr 300 Grit Wässer"im papinischen' Töpfe!behhndeh.) Es entstand’ eine klare dunkelbraune Auflösung von süsslichehr Geruch! und bitterlich süssem Geschmack. Nach dem Abdampfen derselben "blieb eine dunkelbraune &x- Zeitschrift £. Physiol. IIL. 2. 25 198 tractartige Masse von demselben Geschmack ‚zurück, die sich grösstentheils in Weingeist löslich zeigte. Wiewohl die Auflösung dieser ‚Substanz ‚mit Hefe in 'Weingährung überging ) so. 'war;es doch nicht möglich, ‚aus. dersel- ben gemeinen oder krümlichen: Zucker zu erhalten, BRagenDi ‚sie. blieb im- mer syrupartigi , 2) or. loba/ la tr, serssıcl to, dOHld Das. Stärkmehl wird.’ BEE Bach das vrihere Kehitien, ‚mit blossem Wasser auf eine ähnliche "Weise ‘verändert, |; wie: durch ‚Kochen mit Schwefelsäure haltigem Wasser bei dem, Kirchhoffschen 'Processe;,'nur, geht wegen der /hohen, Temperatur. die Veränderung: noch. weiter, | so: ‚dass, sich statt des krümlichen Zuckers Schleimzucker erzeugt und zwar in dem brau- nen, bitterlichen Zustande, in. welchen er bei starkem Erhitzen überzugehen pflegt. Es ist möglich, ‚dass bei einer gewissen Temperatur, die über 100° liegt, aber nicht so hoch ist, wie die, welche beim Versuche statt fand} die Zersetzung des Stärkemehls nicht so weit, sondern blos bis zur Bildung des krümlichen Zuckers geht und dann möchte sich dieser Process im Grossen sowohl zur Bereitung . des Stärkezuckers eignen,, wodurch, Schwefelsäure, Kreide, Brennmaterial, Filtration, und Zeit erspart, werden würden, als auch zur Bereitung Weingeist haltender Flüssigkeiten. EM 4 Behandlung des Eyweisses im Digestor, Hartgekochtes Eyweiss, welches im frischen Zustande 48 Gramm wog, wurde mit,500 Gramm; Wasser im papinischen, Topfe erhitzt, bis das vierte Metallgemisch ‚völlig, geschmolzen, und. das, ‘fünfte etwas weich geworden war. Beim Oeffnen des Topfes verbreitete sich ein unangenehmer, ekeler- regender und ein wenig brenzlicher Geruch. Die kupfernen Wandungen desselben waren. mit einer schwarzen Lage von Schwefelkupfer bedeckt, und die Eyweissstücke waren verschwunden, ‚und hatten mit, dem, Wasser. eine trübe bräwnlichgelbe; Flüssigkeit erzeugt... Diese, wurde filtrirt, I. Auf dem Filter blieb: eine Materie, die'nach dem Trocknen 0,45 Gramm wog, und ein grauweisses Pulver darstellte. Dieses verhielt sich im Feuer dem Eyweiss u re 1 A 2 Zu = ae u 199 ähnlich, schmolz, blähte sich auf, verbrännte mit lebhafter Flamme und Horngeruch, und liess etwas aus kohlensaurem und phosphorsaurem ‘Kalk "bestehende Asche. ° ll. Das bräunlichgelbe Filtrat'gab beim’ Abdampfen einen braunen, völlig tro- ckenen Rückstand, welcher sich jedoch an der Luft in wenigen ‘Stunden 'inveinester- penthinartige Masse verwandelte. ‚Dies Extraet De mit Weingeist gekocht, wel- cher den grössten Theil löste. nal 1. Der'nicht in’heissem Weingeist lösliche Theil, “welcher eine’ graue Farbe besass, "wurde ‘mit’ Wasser! ausgekocht, welches 'eine geringe Menge aufnahm. A. Der nicht'im Wasser und Weingeist lösliche Theil war ein schwarzgraues Pulver. Es verbrannte'beim Erhitzen mit schwacher Flamme und schwachem Horn- geruch, ohne zu schmelzen’ oder'sich aufzublähen. Die Asche theilte dem Wasser eine Spur eines schwefelsauren‘ SaBasayı mit und‘’bestand übrigens aus köhlenisauireni und phosphorsaurem Kalk.» wis solo m ee) nalk eur girsd sulsie 'B4% Die’ wässerige "Plüssigkeit, nach einiger Göhcdasrkion dem'' freiwilligen ten überlassen, gab einige nadelförmige Krystalle. Die krystallinische Masse entwickelte im ‘Feuer unter: Aufblähen' einen‘ thierisch!'brenzlichen' Geruch’ nebst kohlensaurem !' Ammoniak, >und‘jliess eine Asche) welche‘ ein im'Wässer lösliches salzsaures und‘ schwefelsaures ‚Salz niebst''phosphorsaurem Kalk enthielt. Bei der Auflösung der kryställinischen ‘Materie im''Wässer: blieben‘ viele "Häute zurück; die blassbraune Auflösung 'röthete schwach 'Lakmus, sie’trübte'sich'schwach mit Chlor, stark mit Sublimat und gab starke Niederschläge mit salzsaurem Zinnoxydul, Blei- zucker, salpetersaurem Quecksilberoxydul und Galläpfeltinetur. 2. Die weingeistige Lösung setzte in der Kälte bei mehrtägiger Rinhe eine zu- sammenhängende‘zähe'braune Masse ab, von: welcher) die übrige‘ Flüssigkeit) abge- gossen wurde. A. Die ee Materie zeigte sich in heissem Weingeist löslich, fiel aber beim. Erkalten wieder daraus im unveränderten Zustande nieder. Sie mans mit heissem Wasser behandelt, worin sie sich grösstentheils löste, dann filtrirt. a. Aufdem Filter blieb ein braunes Pulver, welches beim Erhitzen unter Auf- blähen und Verbreitung eines thierisch - brenzlichen Geruchs mit lebhafter Flamme verbrannte, etwas kohlensauren und phosphorsauren Kalk lassend, b. Die heisse wässerige Lösung gab beim Erkalten einen geringen Niederschlag, der wiederum mit heissem Weingeist eine sich in Kälte trübende Lösung bildete. Die von diesem Niederschlage getrennte wässerige Lösung gab beim Abdampfen einen 25* trockenen, nidht:an. der Luft, feucht: werdenden. Hückstand, welcher, wieder.in’ Was- ser gelöst; /mit, salpetersatirem „(Quecksilberoxydul, und. ‚Galläpfeltinctur, ‚einen sehr: starken, 'mit«Bleiessig, Bleizueker, tund.‚Sublimat ıeineij starken, mit ‚salpetersaurem Silberoxyd'einem:sohwachen, Niederschlag erzeugte, und mit wässerigem Chlor eine, geringe Trübung;»die durch. ‚mehr Chlor wieder gehoben; wunde. 9 sinne. B. Die von der, beim Erkalten niedergefallenen ‚ zähen ‚Masse, ‚getwennte, wein- geistige,Lösung: gabı'heim eg" einen trockenen Rückstand; derian.der Luft in sehr kunzer!Zeit klebrig: wurde; ‚und nach ‚mehreren. Stunden: Werpenthinoonsistenz| erhielt... Die wässerige Lösn dieses Extracts; gab! mit wässerigem; Chlor, Bleizucker, Subliinat und: salpetersaurem Silberoxyd einen schwachen; mit salpetersaurem Queck= silberoxydul einen! starken und mit.Galläpfeltinotur.einen:sehr,starken Niederschlag, der-in:der Hitze'zähe;-in der Kälteispröde war... Diese: Materie, welche ee nach am meisten betrug, war also Osmazom oder etwas Aehnliehesauu solang bu Demnach. waren durch ERBEN des en im, Digeso er worden: Ietaien j \ ‚1 7 via ıntısbra V 1): Etwas: wenig; veränderter geronnenen Eyweissstoff ‚zum: Theiktschresut ‚gefärbt. 2)»Eine in-Waässer, nichtlin, Weingeist. lösliche-(speichelstoffantige) thierische Ma-! terie niit Spuren eines-krystallisirbaren Stoffsi und. etwas freien, Säure a1. 10r 3) Eine,in: Wasser und; Weingeist lösliche: (osmazomartige) Materie. 1b vun.uln A 4) Eine. blos in kochendem Weingeist lösliche, ‚balın Erkalten. niederfallende (kin. stoflartige) thierische Materie. Yes 5), Behandlung, des Klebers im ‚Digestor. a 84 Gramm frischer Kleber wurden mit:500 Gramm Nlassers am: Bepinies schen Digestor erhitzt, bis das vierte Metallgemisch zu schmelzen begann '*). Beim Oeffnen des Topfes verbreitete sich ein widriger ekelerregender Ge- ruch; an dessen obern Theil hatte sich ein dunkel ‚grünbraunes schmieriges übelriechendes, Fett abgesetzt. Der, Kleber hatte sich fast, ‚völlig. zu einer trüben bräunlichen Flüssigkeit Beta are terre ee I. Das grünbraune Fett wurde mit Weingeist ausgekocht. ' *) Bei diesem'' Versuche wurde eine krystallinisch 'sublimirten'‘Indig'und Wasser enthaltende’ und) zugeschmölzehe ‚Glasröhre in den: Topf gebracht.’ DetiIndig blieb ıhierbeisunverändert. >» 10 EN 201 5 %./Das nicht Lösliche 'war wenigithierische Materie, beim Verbrennen phosphor: sauren Kalk (nebst Kupferox yd: vom Digestor) lassend, beil9) 2. Die weingeistige Lösung setzte beim Erkalten eine, braune; sälgertige Ma- terie ab, während der davon: abfiltrite' Weingeist beim Abdampfen ein hellbraunes durchsichtiges, halbflüssiges Fett liess. Diese fettigen Materien waren ohne Zweifel schen, in dem. Kleber gebildet ‚enihalten gewesen; da derselbe nicht der a mit! Weingeist, unterwörfen, gewesen war: .|i| hun Us.Die.trübe:bräuhliche; wässerige: Flüssigkeit jur filtrirt. 1. Die auf dem Filter bleibende braune Materie wurde wiederholt: mit ihn dem: Wasser ausgewaschen‘,; welches sehr viel löste. "Au .Das nicht in heissem Wasser Lösliche, eine braune bröckliche Masse dar- stellend, ‚würde mitiWeingeist ausgekocht, ir | au Das nicht:in Weingeist Lösliche war: ein hellbraungraues‘ Pulver. Dieses schmolz im Feuer, blähte sich auf, entwickelte kohlensaures Ammoniack ‚ verbramnte mit Flamme und ihierischem Geruch, und liess erst eine leicht verbrennliche Kohle, dann kohlensauren und phosphorsauren Kalk (nebst Kupferoxyd vom Digestor). Es löste !sich ‚ wenig-in: Salzsäure, leicht in wässerigem Kali zu einer braunen, trüben Flüssigkeit, welche beim Neutralisiren mit Salzsäure dicke gallertartige, das Gemisch steifmachende, nur wenig in überschüssiger Salzsäure lösliche Flocken absetzte. Auch mit concentrirter Essigsäure bildete das braungraue Pulver eine trübe Lösung, welche sich mit Galläpfeltinetur erst beim Verdünnen mit Wasser trübte. Dies war vielleicht ein noch wenig veränderter Kleber. Y bo bu Das weingeistige Decoct setzte beim Erkalten viele grosse: hellbraune Flo- eken:ab, und wurde. deshalb filtrirt. 0" & Diesauf dem Filter bleibenden Blboken stellten nach dem Trocknen eine hellbraune, lose zusammenhängende, pulvrige Masse dar. Dieselbe schmolz in der Hitze, blähte sich auf, entwickelte den Geruch nach verbranntem Horn, verbrannte mit Flamme und liess erst eine sehr aufgeblähte Kohle, dann eine Spur Asche. Die hellbraune Materie löste sich wenig in Salzsäure, leicht in wässerigem Kali, auch in concentrirter Essigsäure und in heissem Weingeist. Die Auflösung in Kali wurde durch Salzsäure gefällt; die'in Essigsäure gab mit Galläpfeltinctur erst bei der'Ver- dünnung mit ‘Wasser einen Niederschlag; die weingeistige Lösung gab mit Wasser eine starke weisse Trübung, darauf mit Galläpfeltinctur eine noch stärkere Fällung. Die Verhältnisse dieser Materie weichen von denen der übrigen thierischen 202 Stoffe, mit Ausnahme des Gliadins, wesentlich ab. Sollte sie’ das im Kleber ent- halten gewesene Gliadin in einem etwas veränderten Zustande seyn, oder ist sie eine eigenthümliche Materie ? . ö | ß. Das weingeistige Filtrat war dunkelbraun, und lieferte beim Abdampfen ein durchsichtiges, dunkelbraunes, zähes Extract. Dieses zeigte im Feuer Aufblä- hen, Flamme und thierischen Geruch, entwickelte kohlensaures Ammoniak, und liess eine aufgeblähte, leicht verbrennliche Kohle, dann eine Spur Asche. Das Ex- tract wurde mit heissem Wasser behandelt, wobei’es undurchsichtig wurde und grösstentheils ungelöst blieb. A. Das hiervon abgegossene Wasser war farblos, röthete Lackmus, trübte sehr schwach salzsaures Zinn und Sublimat, gab einen mässigen Niederschlag mit Gall- äpfeltinctur und einen sehr starken mit salpetersaurem Quecksilberoxydul. Osma- zomartige Materie. Beim Abdampfen’und mern fand sich darin eine Spur eines schwefelsauren Salzes. B. Der nicht im Wasser lösliche Theil des Extracts löste sich wieder völlig im Weingeist. Diese Lösung wurde mit Wasser versetzt, wodurch sie zu einer braunen Milch wurde, aus der sich weiche harzähnliche Flocken ausschieden. Hier- auf ‘wurde Siltrirt. nid a. Der auf dem Filter gesammelte Niederschlag war nach dem Trocknen braun, durchsichtig und fest, jedoch klebrig. Er löste sich wenig in erhitzter Salz- säure, so dass diese dann mit Galläpfeltinctur eine Trübung bewirkte; er löste sich leicht in wässerigem Kali und in concentrirter Essigsäure, wenig und langsam in kaltem, leicht in heissem Weingeist. Die kalische Lösung war ‚hellbraun und schwach getrübt (etwa von etwas Fett?), und gab mit Salzsäure einen sehr starken Niederschlag; die essigsaure Lösung trübte sich wenig mit Wasser, sie wurde nur dann durch Galläpfeltinctur gefällt, und zwar sehr stark, wenn sie mit Wasser ver- dünnt wurde; die heisse weingeistige Lösung liess beim Erkalten unter Trübung einen Theil der Materie ‘fallen, sie wurde durch Wasser stark niedergeschlagen; mit Galläpfeltinetur trübte sie sich, und gab nach einiger Zeit viel grosse braune: Flocken. Also wieder gliadinartige Materie. m b. Das wässerig weingeistige Filtrat war klar und sehr 'blassgelb. Es röthete Lackmus sehr schwach, trübte sehr schwach Sublimat und salpetersaures Queck- silberoxydul, gab mit Galläpfeltinetur einige Flocken und: liess beim Abdampfen wenig braunen mit thierischem Geruch verbrennenden Rest, 203 B.. Das Auswaschwasser der unter II, 1.:auf dem Filter bleibenden braunen’ Materie wurde auf einen kleinen Punct abgedampft, wobei es sich stark trübte und deshalb :nach dem Erkalten filtrirt: a. Es blieb auf dem Filter ein hellbraunes Pulver; dieses zeigte wieder die Verhältnisse der: unter ll, 1, A, b, beschriebenen gliadinähnlichen Materie, b. Aus dem Filtrat schied sich bei weiterem Abdampfen eine harzähnliche Ma- terie ab, die davon getrennt wurde. a. Die harzähnliche Materie war braun, durchscheinend, in der Kälte spröde, und verhielt sich wie die mehrmals erwähnte gliadinähnliche Materie. #.. Das übrige Filtrat, völlig abgedampft, liess ein hellbraunes, durchsichtiges, festes aber zähes Exträct, von süsslichem und bitterlichem Geschmack. Dieses schmolz in der Hitze, blähte sich mit dem Geruch des angebrannten Leims auf, und gab erst eine aufgeblähte schwierig zu verbrennende Kohle, dann sehr wenig Asche. Beim Auflösen des Extracts im Wasser blieben einige unauflöslich gewordene Flocken zu- rück, und dasselbe zeigte sich nach jedesmaligem Abdampfen. Die wässerige Lösung trübte sich schwach mit Salpetersäure und mit Alaun, stark mit Vitriolöl und Sublimat, gab mit Chlor viele zarte Flocken aber ‚nichts fadenförmiges, mit salzsaurem Zinn und Bleizucker sehr starke gelbweisse Flocken, mit salpetersaurem Quecksilber- oxydul ein käsiges braunweisses Gerinnsel und mit Galläpfeltinctur sehr. reichliche braune harzähnliche, klebende Flocken. Die Auflösung dieses Extracts in wenig heissem Wasser gestand beim Erkalten nicht gallertartig; auch wurde dieselbe durch überschüssig zugesetzten Weingeist nicht getrübt. Demnach hat die hier beschrie- bene Materie noch am meisten Aehnlichkeit mit dem Osmazom. 2 Das durch Filtriren der trüben bräunlichen Flüssigkeit erhaltene wässerige Filtrat, welches auch beim Erkalten völlig klar blieb, lieferte beim Abdampfen ein braunes, sehr, zähes, an der Luft zerfliessendes Extract. . Dieses wurde wiederholt mit Weingeist ausgekocht, welcher heiss abfiltrirt wurde. A. Auf dem Filter blieb ein gelbweisses Pulver, welches beim Auswaschen mit Wasser bedeutend an Menge abnahm. a. Das so mit Wasser ausgewaschene Pulver erschien nach dem Trocknen grauweiss; es verkohlte sich im Feuer mit thierischem Geruch, ohne zu schmelzen, und liess viele weisse Asche, welche aus kohlensaurem und phosphorsaurem Kalk bestand. Die Auflösung des ganzen Pulvers in Salzsäure trübte sich, auch nach dem Verdünnen mit Wasser, durch Galläpfeltinctur. 204 b.! Das Waschwasser des Pulvers trübte sich ‚nach einigen: Tagen. Durch Ab- dampfen+und Einäschern' wurde 'phosphorsaurer Kalk: ‚und: einsihs VYasser’ lösliches phosphorsaures Salz nebst einer Spur von salzsaurem! und von:schwefelsaurein Salz erhalten. w s'! sıavini ArTER Ah is 13h] mob Ion dsild al .e B. Die: vom gölbiwreissm Pulver BR weidgeistige: Kbemplırabtee sichteih wenig beim; Erkalten ‚ weshalbisie:aufsPiltersgegeben würde. 1.1 usb au u a. Auf dem Filter blieb ein hellbraunes zusammenhängendes Pulver ‚. welches wieder die Merhältnisse‘der“obennbeschriebenen‘gliadinähnlichen Materie Zeigte. b. Die weingeistige Lösung'«wurde in’ einer (Ketorte' bis: auf einen’ geringen Rückstandıabgedampft und erkältet;, es setzten sich/hierbeitwenige Krystalle Jan die Wandungen der Retorte ab, von welchen’die übrige Flüssigkeit /abgegossen wurde:® © &. Die Krystalle, in heissem Wasser ‘gelöst und abgedampft' liessen ein'‘hell- braunes;'glänzendes, festes, wenig klebendes Extnaot, welches, in wenig Wasser'zu einem Syrup’gelöstiamd "hingestellt, ‘keine ‚Kryställe‘gab, sondern 'wieder zu eihefn hellbraunen durchsichtigen ‚Exträet 'eintrocknete, (| Dieses ‘gah’im Feuer‘ unter Auf: blähen und Entflammung kohlensaures Ammoniak, und; ‚nach‘ Zerstörung ‘der leicht verbrennlichen Kohle, Chlorkalium , schwefelsaures Kali und‘phosphorsauren Kalk, '1,8.J Die von den Krystallen abgegossene Flüssigkeit liess:nach’völligem Abdam: pfen ‘ein braunes,'schärfschmeckendesy:Lackmus'röthiendes Extrack. Dieses, mit’kal- tem Wasser behandelt; 'gab ein trübes’Gemisch ‚ "welches Ailtrirt-wurde. rad Auf dem Filter blieb 'eine dunkelbraune; 'harzglänzende,, zusammenhängende, spröde Masse, welche: sich ‚sowohl im Feuer ‘als gegen Auflösungsmittel wie’ die mehrmals erwähnte gliadinähnliche ‘Materie verhielt. Sie löste sich schwierig‘ in verdünnter' Salzsäure, und die fast farblose Lösungitrübte'sich stark’ init Galläpfel - tinctur ; sie bildete mit wässerigem: Kali eine :hellbraune, durch Salzsäure fällbark Lösung und sowohl mit concentrirter Essigsäure als mit Weingeist'eine'klare braune Lösung, welche bloss beim Verdünnen mit Wasser durch Galläpfeltinctur, und zwar reichlich, gefällt wurde. Die wässerige Flüssigkeit gab durch.'Abdampfen ein: braunes Extraet. Die wässerige Lösung desselben zeigte’folgende Reactionen: ‘Starke Röthung der Lack- mustinetur, schwache Fällung durch Chlor, Salzsäure und Salpetersäure; starke Fäl- lung durch Barytwasser und salpetersaures Silberoxyd; sehr starke durch salzsaures Zinn, salzsaures Eisenoxyd, schwefelsaures Kupferoxyd, Bleizucker, Bleiessig, sal- petersaures Quecksilberoxydul, Sublimat, salzsaures Platinoxyd und durch Galläpfel- a 205 tinctur. Es war also eine osmazomartige Materie, nebst einer freien Säure, viel- leicht Essigsäure. Demnach war aus dem Kleber (ausser dem ohne Zwelfel Draebzistirenden Talg und Oel) erhalten worden: 1) Etwas Kleber in wenig verändertem Zustande. 2) Eine braune, pechartige, in Salzsäure, Essigsäure, Kali und Weingeist lösliche (gliadinähnliche) thierische Materie. 3) Eine in Wasser und Weingeist lösliche (osmazomähnliche) thierische Materie. 6) Behandlung des Leims im MWasserbade. Das filtrirte und concentrirte Decoct von Hausenblase wurde in eine Glasröhre gebracht, welche dann nach dem Zuschmelzen 8 Wochen lang in einem Kessel gelassen wurde, in welchem sich täglich von Morgens 8 Uhr bis Nachmittags 4 Uhr Wasser im Sieden befand. Beim Herausnehmen zeigte sich der Inhalt auch in der Kälte flüssig, war noch so blassgelb wie Anfangs, und zeigte einen Leimgeruch. Nach dem Abdampfen dieser Flüs- sigkeit blieb ein blassbrauner, durchsichtiger, fester Rückstand, welcher an der Luft feucht wurde und Terpentin-Consistenz erhielt. Nachdem er wie- derum in wenig Wasser gelöst worden war, so fügte ich allmälig absoluten Weingeist hinzu, welcher harzartige Flocken fällte, die sich auf dem Boden zu einer zähen Masse vereinigten. 1) Die hiervon abgeschüttete Flüssigkeit liess beim Abdampfen einen durch- sichtigen sehr blassbraunen Rückstand, der sich an der Luft durch Anziehen von Feuchtigkeit in eine terpentinartige. sehr fadenziehende Masse verwandelte. Diese wurde mit kaltem absolutem Weingeist wiederholt durchgearbeitet, wobei sie unter Verlust ihres Wassers fester und weisser wurde, Der trübe gewordene Weingeist . wurde filtrirt. 1) Das Filtrat, welches noch etwas trübe war, liess beim Abdampfen wiederum eine blassbraune Masse, die an der Luft Terpentinconsistenz erhielt, von leimartigem Geruch und Geschmack. o 2) Der nicht in absolutem Weingeist lösliche Theil nahm in Berührung mit Zeitschrift £. Physiol. III. 2. 26 206 kaltem Weingeist von 36° B. zuerst Terpentinconsistenz an, und löste sich dann völlig auf. Der durch Abdampfen erhaltene Rückstand glich dem von 1, ll) Der aus der concentrirten wässerigen Lösung durch absoluten Weingeist gefällte Leim zeigte sich insofern vom frischen Leim verschieden, als seine Bat concentrirte Lösung beim Erkalten durchaus keine Gallerte lieferte. Das Verhalten von I, 1, von I, 2, von Il and von einem frischen Decoct der Hausenblase gegen Reagentien war folgendes: j a7 Hausenblasen- 11. 1.2. u. lösung. Wässeriges Chlor. Erst nach 1 Minute Naeh einigen Augen- Sogleich ziemlich Sehr starke Trübung, schwache Trübung, blicken schwache starke Trübung, über dann weisse dicke, die über ‚Nacht ver- Trübung, über Nacht Nacht viel weisse lockere faserige schwindet. einige weisse Flocken. ' Flocken. Masse. Salzsaures Zinn- Viele kleine weisse ‘ Viele kleine braun- '' Viele grosse braun- “Viele grosse braune oxydul. Flocken. weisse Flocken, weisse Flocken. “ Flocken, Bleiessig. Sehr schwache Trü- SchwacheTrübung. Viele Flocken; über Starke Trübung; über bung, Nacht theilweise Ge- Nacht völlige Gerin- sinnung. nung zu einer festen weissen Masse. Salpetersaures Wenig weisse Flo- Wenig gelbweisse Wie I, 2. doch: ist Sehr viele-käsige Quecksilberoxydul. cken; die Flüssigkeit Flocken, die sich der Niederschlag gelbweisse Flocken, färbt sich über Nacht über Nacht so wie stärker. ' die sich nebst der rosenrolh. die Flüssigkeit roth ‘Flüssigkeit über färben. Nacht röthen. Salzsaures Queck- Wenig weisse Flo- Wenig weisse Flo- Sehr viel gelbweisse Sehr viel käsige silberoxyd. cken. cken. Flocken. weisse‘ Flocken, Salzsaures Platin- Viel gelbe Flocken ; Wie bei I, 1. Wie bei I, 1. Sehr. viel gelbweisse oxyd. über Nacht gesteht Flocken, darauf völ- “ das Gemisch gallert- “ lige Gerinnung. artig. Galläpfeltinetur. Giebt überall sehr dicke braune pechartige Niederschläge. i Aus diesen Versuchen folgt, dass der Leim: bei dem längern Erhitzen mit Wasser bis zu 100° verschieden vollständig in Osmazom, oder eine ‚damit verwandte Materie verwandelt worden ist. Die Materie I, 1. ist vielleicht als reines Osmazom anzusehen. Sie unterscheidet sich vom''Leim durch ihre Zerfliesslichkeit an der Luft, Unfähigkeit zu gelatinisiren, Auflöslichkeit in xKaltem absoluten Weingeist, sehr geringe Fällbarkeit durch Chlor, und ver- hältnissweise geringere Fällbarkeit (dureh ‘die übrigen genannten Reagentien. Das bis jetzt auf ändere Weise därgestellte Osmazonm ist zu sehr mit Salzen und vielleicht noch "andern Stoffen verunreinigt, als dass sich durch Ver- gleichung desselben mit dem aus Leim erhaltenen, über die völlige Einer- leiheit beider etwas entscheiden liesse. Die Materie F, 2. ist ein noch we- niger vollständig ausgebildetes Osmazom, ‘da es zwar in kaltem Weingeist von 36° B:, aber nieht in absohttem löslich ist, und die Materie II ist hin- sichtlich ihrer Unauflöslichkeit in Weingeist' von 36° B. noch dem Leim verwandt, von dem sie sich aber schon (durch die Unfähigkeit eine Gallerte zu bilden und die geringere Fällbarkeit durch Chlor unterscheidet: 7) Behandlung: ‘des Papiers mit Salpetersäure. ' Jeder Chemiker wird bemerkt haben, dass eine Flüssigkeit, welche viel Salpetersäure enthält, nicht wohl durchs Filter geht, weil dieses aufschwillt und sich verstopft. Weisses Druckpapier, mit rauchender Salpetersäure über- gossen, verwandelt sich in eine durchscheinende, aufgeblähte, gallertartige Masse. Diese enthält eine kleine Menge Stärkmehl; denn sie färbt sich beim Uebergiessen mit einer wässerigen Lösung des Iods deutlich blau, während nicht mit Salpetersäure behandeltes Papier, mit wässerigem Iod übergossen, selbst wenn dieses mit Salpetersäure versetzt ist, nichts der Art zeigt. Was- ser entzieht einer solchen gallertartigen Masse die Salpetersäure nebst wenig löslich gewordener organischer Materie und lässt bei weitem den grössten Theil des Papiers als eine Masse, welche, wenn die Salpetersäure kürzere Zeit eingewirkt hatte, noch weiss, faserig und dem angewandten Papier ähn- lich ist, wenn aber die Einwirkung länger dauerte, zu einer durchscheinenden, bräunlichen, diehten und spröden hornartigen Substanz austrocknet. In kei- nem der beiden Fälle bläut sich die mit Wasser ausgewaschene Masse mit Iod; die kleine Menge erzeugten Stärkmehls scheint also mit dem sauren Waschwasser fortgespült worden zu sein, Von der stärker veränderten Masse 26° 208 löst kaltes wässriges Kali einen kleinen Theil mit gelblicher Färbung auf. Dass diese stärker veränderte Masse kein Papier mehr ist, ergibt sich aus ih- rem Verhalten im Feuer; denn sie zeigt hierbei ein -schwaches Erweichen und Aufblähn, entwickelt einen etwas deutlicheren Geruch nach gebranntem Zucker, als Papier und gibt eine glänzende Kohle; sie zeigt also ein ähnli- ches Verhälten, wie das Bassorin. Ein solches Gemisch aus rauchender Salpetersäure und Papier, 1 Jahr lang sich selbst überlassen, stellte eine sehr durchscheinende Gallerte dar, welche sich einem grösseren Theil nach in Wasser löste, und viel Apfelsäure oder eine damit verwandte Säure enthielt. . u en ee er Pe Bee 209 XI. EINIGE BEMERKUNGEN ÜBER DEN SCHEDEL UND DESSEN SOGENANNTE NEHTE *) x VON S. TH. rov SÖMMERRING. Wie im Allgemeinen jede Schilderung der Beschaffenheit des Baues des menschlichen Körpers nicht blos von der Beschaffenheit der Theile nach dem Tode, sondern auch von ihrer Beschaffenheit im Leben entnommen seyn sollte; eben so kann auch insbesondere vom Kopfe des Menschen und der Thiere, nur durch Betrachtung desselben im frischen und lebenden Zu- *) Diese Bemerkungen sind ursprünglich in einer vor dreizehn Jahren niedergeschriebenen und der kö- niglich baierischen Akademie der Wissenschaften zu München vorgelegten Kritik über Spix Cepha- logenesis enthalten, wozu der Herr Verfasser durch ein königliches Rescript aufgefordert wurde. Mein hochverehrter Freund hatte die Gefälligkeit mir jene Kritik, die nicht zur Kenntniss der ge- lehrten Welt gekommen ist, vor einiger Zeit mitzutheilen, Obige darin vorkommende, der Natur getreue und alle Beherzigung verdienende Bemerkungen schienen mir gerade in dieser Zeit, wo so ‘ viel über die Knochen des Kopfes und deren Bedeutung geschrieben wird, ganz vorzüglich der Be- kanntmachung werth. Ich äusserte daher die Bitte, der Herr Verfasser möge sie nicht länger den Auatomen vorenthalten. Meine Bitte wurde gewährt. Gewiss wird es für die Leser dieser Zeitschrift anziehend seyn, die Ansichten des erfahrensten und umsichtigsten Anatomen über diesen Gegenstand kennen zu lernen, und sie werden dem Herrn Verfasser mit mir für die Gewährung meiner Bitte - grossen Dank wissen. Tırvemans. .210 stande, allein ein wahrer, vollständiger nd der Natur getreuer Begriff er- langt werden. Der grosse Albinus stellte daher den, bei anatomischen Schilderungen nie aus den Augen zu lassenden, nie zu vergessenden Grundsatz fest: Die Be- schreibung selbst der starresten Theile, der Knochen, jederzeit so einzurich- ten, dass sie der Beschaffenheit nicht blos des leblosen Gerippes, sondern des Gerippes im lebenden Körper entspräche. Das Knochen-Gerüste des Kopfes macht demnach im Leben Ein zu- sammenhängendes, unzertrenntes Ganze so aus, dass man nur den Unterkiefer, nebst den drei Gehörknöchelchen auf jeder Seite als besondere, durch die Natur ‘von dem übrigen Schedel abgesonderte, einzelne Stücke, in dem Maasse oder nach dem Grundsatze unterscheiden darf, nach welchem man z.B. den Knochen des Oberarms von den Knochen des Unterarms, oder die Knochen eines Fingers von einander unterscheidet, und dem gemäss auch richtig als besondere, für sich bestehende, von der Natur ganz geendigte und abgegränzte Knochen betrachtet. Was nicht ringsum von der Natur als be- sondere Masse geendigt und abgevränzt erscheint, darf nicht für einen be- sonderen abgeschiedenen Theil gelten. ha Die Hirnschale ist in dem nur wenige Wochen alten Embryo ein aus einer einzigen, ungetrennt zusammenhängenden Knorpelmasse, gleichsam aus einem einzigen Gusse von Knorpel bestehender Behälter, in welchem nach und nach durch Umwandlung seiner Knorpel-Mässe in Knochen-Masse sich Knochenstücke so bilden oder erzeugen, dass sie durch Zunahme oder das Wachsthum ihres Umfangs und ihrer Dicke, noch über die Jahre der Mann- barkeit hinaus, an, über und in einander gerathen, und dasjenige zwischen sich bilden, was man bildlich, aber unschicklich genug Nähte, Suturen, nennt. Beständig und ohne alle Ausnahme befindet sich an diesen Stellen der Nähte, zwischen den gedachten Stücken, im frischen gesunden Zustande, die einigende Knorpelmasse. Diese Knochenstücke der Hirnschale gehören auf keine andere Art zu- 21 sammen, als die Ansätze oder Epiphyses irgend eines langen Kuochens, z.B. des Schenkelbeins mit dem Körper oder der Diaphysis desselben zusanımen- gehören. Gerade so wie die Ansätze eines langen Knochens mit dem Körper desselben, mittelst der einigenden Knorpelmasse ein Einziges Ganze, nur Einen Knochen ausmachen; eben so machen die Knochenstücke der Hirnschale, mittelst der einigenden Knorpelmasse der Nähte ein Einziges Ganzes, nur Einen Knochen, nur Einen, aus Einem Stücke bestehenden Hirnbehälter aus. Gerade so wie die zwischen den Ansätzen und dem Körper eines langen Knochens befindliche Knorpelmasse, so lange sie zunimmt, und während ih- rer Zunahme sich zum Theil in Knochen-Masse umwandelt, nur zur Ver- grösserung des langen Knochens dient; eben so: dient die zwischen den An- sätzen.oder Knochenstücken der Hirnschale. ‚befindliche Knorpelmasse, so lange sie zunimmt, oder, während ihrer Zunahme sich’ zum Theil in Knochen - Masse umwandelt, zur Vergrösserung und Erweiterung der Hirnschale. Wie endlich diese zwischen den Ansätzen und dem Körper eines langen Knochens 'befindlich gewesene Knörpel- Masse ‚gänzlich verknöchert, somit -ein solcher langer Knochen das Ziel seiner Grösse erreicht, und endlich selbst die Spur einer’ /Abgränzung des Ansatzes vom Körper verschwindet; eben so erreicht die Hirnschale das Ziel ihrer Grösse, wenn die Knorpel-Masse zwi- schen ihren Ansätzen oder Knochenstücken gänzlich verknöchert. Eben so verschwinden ‚denn auch oft alle Spuren der Nähte der Hirnschale mit dem Verschwinden der Knorpel-Masse in den Nähten. Dieses Verschwinden der Nähte hat noch Niemand, so viel sich der Verfasser erinnert, für etwas wi- dernatürliches, ‚krankhaftes angesehen. : "Das Wachsthum des Schedels kommt also durch diese Einrichtung mit denn ‚Wachsthum ‚aller übrigen langen und breiten Knochen völlig überein. Anfangs nämlich sieht man, durch keine eigentliche Nähte, sondern durch Kuorpel-Streifen, oder knorpelige Säume die Knochen an diesen Stellen, wie zusammengeleimt, oder zusammengehalten und vereinigt. Ausser bei unreifen Kindern, oder Wasserköpfen, an den sogenannten Fontanellen, ist ein solcher 212 . Knorpel-Streifen nie von bedeutender Breite. Indem nun das wachsende Hirn, an diesen Stellen der Nähte den Kopf gleichsam sanft auseinander treibt, nimmt dieser. Knorpel-Streifen zu, und würde breiter werden, wenn nicht zugleich das vorige Stück verknöcherte. Folglich wachsen die Knochen des Schedels wie die langen Knochen, durch Verlängerung ihrer Ränder; nur mit dem Unterschiede, dass an den langen Knochen keine solche Naht zwischen den Ansätzen und dem Mittelstück entsteht. Die Nähte, oder eigentlich die einigenden Knorpel-Streifen sind daher um so weniger kraus und zackig, je jünger das Kind ist. Indem aber mit dem Alter zugleich die Knochen mit dem zunehmenden Hirne auseinander getrieben werden, und an Dicke durchs Ansetzen neuer Knochen-Masse, so- \ wohl nach innen als vorzüglich nach aussen zunehmen, muss nothwendig die Krausheit und das Zackige der Nähte so lange zunehmen, bis sie selbst am Ende das grösste Hinderniss zu einer ferneren Ausdehnung des Schedels durchs Hirn werden. Der Nutzen der Nähte an den Schedelknochen ist folglich nicht sowohl Verbindung, Zusammenhaltung der Schedelknochen, als vielmehr Vermitte- lung des Wachsens des Schedels im Umfange; denn wären die Kopfknöchen bald nach der Geburt nicht mehr mit Knorpel-Streifen versehen, so könnten sie auch nicht wachsen, Falls die Natur nicht eine andere Einrichtung träfe. Sehr sinnreich und treffend nennt daher B. Gibson *) die Nähte secre- tory organs. Wie es bei einem gewissen Stande einer Wissenschaft wohl nicht andlifs seyn kann, als däss bei vorhandenen gleichen Materialien sehr entfernt von einander lebende Gelehrte auf gleiche Gedanken und Entdeckungen gerathen, so kam auch H. Gibson i. J. 1805 auf den vollkommen gleichen Gedanken, *) In seiner gründlichen Abhandlung über den Nutzen der Suturen. an den Thierschedeln; in den Memoirs of the Literary and Philosophical Society of Manchester. Vol. 2. 1813; auch in 79. Ni- cholson’s Journal of Natural Philosophy. Vol. XIII, und in Tilloch Philosophical Magazine. Vol. 24. I. 1806. p. 256. 213 ohne von des Verfassers schon im Jahre 1791 in seiner Knochenlehre $. 250 bekannt gemachten Aeusserungen etwas zu wissen, die nun dadurch um so mehr an Bestätigung gewinnen. Auch die häufigen Erfahrungen, dass die Nähte den Knoch n-Spalten und Knochen-Brüchen von äusserer Gewalt nie im frischen Zustande, noch weniger im Leben Schranken setzen, sondern dass solche Spalten und Brü- che, durch die Nähte gar nicht anfsehalten, von einem Knochen zum an- dern sich erstrecken, dient zum offenbarsten Beweise, dass die Hirnschale ein einziges, ungetrenntes, unbeweglich fest zusammenhaltendes Ganzes aus- macht. Zu keiner Zeit, in keinem Lebensalter, haben die Nähte die Bestim- mung, die Hirnschale in einzelne Knochen abzusondern oder abzutheilen, um sie als einzelne, besondere getrennte Knochen darzustellen, wie unter andern die Knochen der Fingerglieder zu einer Bewegung 2egen einander bestimmt, deshalb auch einzelne, gänzlich von einander geschiedene, nur an einander passende Knochen darstellen. Die knöcherne Hirnschale macht zu jeder Zeit und in jedem Lebensalter ein für sich abgeschlossenes, zu keiner Bewegung ihrer Stücke gegen einander bestimmtes, Ganzes aus. So wenig als zu irgend einer Zeit, in irgend einem Lebensalter, im gesunden Zustande, ein; durch Knorpelmasse mit dem Körper eines langen Knochens vereinigter Ansatz, Beweglichkeit gegen seinen Körper zeigt, son- dern ein einziges, unverrückbares, stätes Ganze ausmacht; eben so wenig ge- statten die durch Knorpel-Masse der Nähte vereinigten Knochen-Stücke der Hirnschale,:zu irgend einer Zeit, in irgend einem Lebensalter, im gesunden Zustande, die mindeste Bewegung gegen einander, sondern sie bestehen als ein unverrückbares, stätes Ganze. Einen überaus vollständigen, anschaulichen, unwiderleglichen Beweis, wie wahr die Behauptung ist, dass die Hirnschale, im frischen Zustande oder während des Lebens, einen vollkommenen ungetrennten, in keinem Zeitschrift £. Physiol, III, 2. 27 214 Stücke von der Natur abgetheilten Behälter darstellt, erhält man,, wenn man.die frische Hirnschale eine gehörige Zeit lang in schwacher Salz- oder Salpeter-Säure erweichen lässt. Indem diese, Säuren den phosphorsauren Kalk der Knochen auflösen, erscheint nun die ganze Hirnschale als ein zu- sammenhängender, an den Nähten ungetrennter, so zu sagen aus einem Gusse bestehender, ganz knorpelicher Behälter. Auch die vergleichende Anatomie beweist die Richtigkeit dieser Ansichten. Die Hirnschale der Thiere, be- sonders die der Vögel, besteht, lange vor ihrer Fortpflanzungs-Fähigkeit, aus einem einzigen Stücke, an welchem man auch nicht die leiseste Spur der ehemaligen, zu ihrem Wachsthum erforderlich gewesenen Nähte wahr- nimmt. Dies dient also zum offenbarsten Beweise, dass die Nähte keine Theilung der Hirnschale in besondere Knochen-Stücke jemals andeuten, son- dern dass die Hirnschale als ein ungetheiltes Ganze, als ein einziger Kno- chen für sich besteht. Dass nach dem Tode, sobald die Fäulniss die Knorpel-Masse vernichtet hat, im ausgetrockneten Zustande der Hirnschale, sich die Sache anders ver- halten müsse, lässt sich wohl nicht anders erwarten. Am ausgetrockneten Schedel zeigen sich freilich alsdann Ritze, Risse, Spalten, Sprünge und Lücken, welche im frischen Zustande oder während des Lebens mit Knor- pel-Masse ausgefüllt, eine aufs festeste vereinigte Masse ausmachten. Diese Stellen haben nun das Ansehen einer Abgränzung nicht nur, sondern selbst einer Trennung oder einer durch und durch sich erstreckenden Abtheilung. Man würde sich aber nicht viel weniger irren, wenn man diese Lücken und Spalten, für auch im Leben unausgefüllte Lücken, oder als wirkliche Spalten existirend ansähe, als wenn man glaubte, die im trockenen Holze sich zeigenden Spalten und Lücken seyen auch schon im frischen, lebenden Zustande des Holzes vorhanden, und die Fasern desselben getrennt, von einander abstehend, nicht zu einer einzigen Masse vereinigt gewesen. Kein Hirnschalen-Knochen ist so von der Natur zu einem für sich be- stehenden, besonderen Knochen geendigt unterschieden als z, B. das Schen- 2 | * 215 kelbein vom Schienbein, oder die Knochen der Finger-Glieder, oder die Gehör - Knöchelchen. "Kurz, die Knorpel-Streifen oder Nähte trennen keineswegs die Knochen, sondern sie vereinigen sie vielmehr zu einem Ganzen. Folglich dürfen auch die Kopf-Knochen eigentlich eben so wenig für besondere Knochen ange- sehen werden, als man die Ansätze, Epiphyses, der langen Knochen als be- sondere Knochen äufzählt und beschreibt. Um sich bei Bestimmung kleine- rer Stellen der Hirnschale zu helfen, und solche leicht und genau angeben zu können, nehmen die Anatomen die Knorpel-Streifen oder Nähte als Ab- gränzungen der Knochen des Kopfs an, und belegen jedes durch solche Knorpel-Streifen oder Nähte ringsum begränzte Knochen-Stück mit einem eigenen Namen. Sie beschreiben demnach diese Knochenstücke gerade so, als wenn sie gleich einem Schenkelbeine oder einem Beine der Finger ab- gesondert für sich beständen, ungeachtet sie doch zur Hirnschale, als einem “für sich bestehenden Ganzen, gerade nur so gehören, wie die Epiphysen zu den Diaphysen. Zur Erleichterung der Schilderung und des Gedächtnisses also benutzte man diese künstliche Abtheilungen, welche freilich wie so oft in der Natur nicht gehörig begründete künstliche Abtheilungen mitunter unrichtige An- sichten, und grobe Irrthümer gebaren, so sehr auch verständige und gründ- liche Physiologen, welche die Ursache solcher Abtheilungen einsahen, sich bemühten durch obige Bemerkungen die Begriffe zu berichtigen und Irr- thümer abzuhalten. Die verständigste und in physiologischer Rücksicht allein brauchbare Ansicht und Schilderung der Hirnschale, so wie der Kopfknochen über- haupt, blieb daher auch immer nur diejenige, welche nach dem herrlichen Muster von Albinus, die Hirnschale und Kopfknochen als ein Ganzes auf- fasste und dem gemäss beschrieb. Gerade so fasst man bei der Normal- Schilderung des ausgebildeten, vollendeten Schenkelheins, es auch nur als ein geschlossenes Ganze auf, und gedenkt bei der Schilderung des kind- - 27% 216 lichen, unvollendeten Schenkelbeins der Epiphysen als Epiphysen, ohne sie deshalb als besondere Knochen aufzuzählen. Diese. aus einem höheren, als dem gemeinen Standpunkte genommene Ansicht der Hirnschale und der Kopfknochen, und eine darnach einzurich- tende Schilderung ist freilich die schwerste, weil sie nicht den trockenen, dürren Knochen eines Gerippes, sondern die. Hirnschale und den übrigen. knöchernen Kopf, wie sie im Leben beschaffen sind, kennen lehrt. Sie g heischt freilich vielgeübten Verstand, und grosse Ueberlegung zur Ersetzung desjenigen, durch mannigfache, geschickt und fein bearbeitete Präparate, und richtige Schlüsse, was dem trockenen Knochen zur Darstellung seiner- wahren Beschaffenheit im Leben abgeht. Aus allem diesem scheint aufs deutlichste zu erhellen, dass je nachdem die Köpfe der Thiere, so wie auch die Häupter der Menschen, unter ein- ander eine sehr verschiedene Gestalt haben, auch die Masse ihrer festesten Stütze, das ist die Masse der Kopfknochen im Ganzen und. im Einzeln ver- schieden gestaltet seyn müsse. Es scheint ferner zu erhellen, wie auch die Erfahrung sattsam beweist, dass die Anzahl der Knochen-Stücke des Kopfs nach der Total-Form des Kopfs verschieden seyn müsse. Es ist daher auch ganz begreiflich, dass Thier-Köpfe, welche dem menschlichen am ähnlich- sten sind, nicht nur in der Form des ganzen Schedels, sondern selbst der zum Wachsthum des Schedels erforderlichen Anzahl seiner Stücke, welche durch Nähte vereinigt werden, und deren Form am nächsten kommen. Wenn daher z. B. der Affen-Schedel ohne Zähne und Gehörknöchelchen etwa aus 59 bis 60 Stücken, wie beim Menschen besteht, so wird der nicht nur von dem Menschen, sondern auch von dem Affen-Schedel, sowohl in der Form des Ganzen als des Einzelnen, so gewaltig verschiedene Krokodil-Schedel aus einer sehr verschiedenen, ja wohl mehr als doppelten Anzahl von Stü- cken bestehen können. An ein numerisches oder Zahlen-Verhältniss der zu einem Ganzen ver- einigten Kopfknochen zu einander ist, wegen ihrer sehr grossen Ungleich- 217 heit an Grösse, Gestalt und Anzahl nicht zu denken. Selten, wenn jemals, besteht auch, nur ein wenig genau genommen, ein Schedel gerade aus eben so vielen Stücken als der andere. - N XIV. EINIGE BEOBACHTUNGEN ÜBER NAHT-KNOCHEN VON TIEDEMANN (Tafel XIV bis XX.) Der vorhergehenden Abhandlung meines hochverehrten Freundes erlaube ich mir einige Fälle von Nahtkuochen beizufügen, die einen bestätigenden Beitrag zu seinen aus der Natur entnommenen Ansichten abgeben. An dem Schedel eines Weibs findet sich zwischen dem Stirnbeine und den Scheitelbeinen ein rundes Knochenstück von ganz ungewöhnlicher Grösse, das durch eine höchst saubere und stark ausgewirkte Naht (Taf. XIV.) ab- gegränzt ist. An einem männlichen Schedel zeigt sich dagegen ein länglich eyförmiges, mit seiner vorderen Spitze weit in das Stirnbein vorspringendes Kuoochenstück (Taf. XV.). Auffallend ist es, die Pfeilnaht ganz verschwun- den zu sehen, während das ungewöhnliche Stück durch eine vollständige Naht getrennt ist. Nahtknochen von solcher Grösse kommen an dieser Stelle nicht oft vor. Stehelin ') sah daselbst einen rautenförmigen Knochen. 1) Theses physico-anatomico-botanicae. Strasburg 1721. 4. Fig. 3. abgedruckt in Halleri. Collect. Diss. anat, Vol. 6. p. 654. 218 Trioen t) bildet einen Schedel mit einem grossen -und kleinen Knochen- stücke ab, und an dem zugleich, wie'in meinem zweiten’Fall, die Pfeilnaht verschwunden ist. Tarin ?2) hat hier einen 'dreieckiven 'Küochen beob- achtet. Auch van Doeveren °) und Sandifort ?) erwähnen einige Bei- spiele der Art. An dem Schedel eines jungen Mannes ist der obere Theil des Schup- penstücks des Hinterhauptbeins, dicht ‚über seiner äusseren Erhabenheit, durch eine Queernaht, in Gestalt eines” grossen Dreiecks (Taf. XVI) abge- schieden. Diese Abweichung, welche ich noch zweimal beohachtet habe, kommt häufig vor, wie die von Vesal, Eustach 5), Ruysch, Al- brecht ®), Albin ?), Schreiber ®), Blumenbach °), Rudolphi 10), J. F. Meckel !!) u. a. aufgezählten Fälle beweisen. Ein anderer Schedel eines Mannes zeist ein ähnliches, nur kleineres Dreieck, welches durch eine schräg laufende Naht in zwei unsymnietrische Stücke getheilt ist (Taf. XVII). Diesem Fall ähnlich sind die von Eschenbach '?, van Doeveren?»), und Sandifort '*) beschriebenen ähnlich. Besonders merkwürdig ist der Schä- del eines Mannes, an, dem bloss auf der rechten Seite ein’ grosser Nahtkno- chen in der Lambdanaht zugegen ist (Taf. XVIH.), nebst: mehreren kleine- 1) Obseryationum medico-chirurgic. Fasciculus. Lugd. Bat. 1743: 4. p. 23. Tab. 2. 2) Osteographie. Paris 1753. Preface p. 16. Pl. 4. J h 3) Specimen observationum academicaruın. Groning. 1765. p. 189. Tab. 7. Fig. 1. Fig. 3. 4) Observation. Anat. patholog. Lib. 3.°C. 10. p. 120. Tab. 9. Fig. 3. 4. 6. 7. | 5) Tabulae anat. Tab. 46. Fig. 8. uronee 6) Nova Acta Nat. Curios. T. 4. p. 69. Tab. 1. Fig. 7. 7) De sceleto. p. 131. 8) Nov. Commentar. Ac. Petropol. T. 3. Tab. 9. 9) Geschichte der Knochen. S. 175. 10) Schwed, Annalen, B. 1. S. 119. 11) Patholog. Anatomie. B. 1. S. 321. 12) Obseryation. rarior, Continuatio. Rostochii 1755. Obs, 11. 13) A. a. O. p. 187. 189. 14) A, a. O. Lib. 3. Tab. 9. Fig. 1. 2. x x [2 r BE uhr en, = ur f N a > . ? 3% - En “ pi E 4 - - f P * 2 £ R » - F - 4 E \ - Pre, 7 > & “= fi 5 3 6 I“ PN E j u . = a De - 3 r- DE ein m. =’ y mt 2 ANTR - an - - 219 ren Zwickelbeinchen zu beiden Seiten. Einen diesem gleichen oder ähnli- chen Fall finde ich in den Schriften der Anatomen nicht aufgezeichnet. An einem anderen männlichen Schedel zeigen sich in der Lambdanaht drei grosse Knochenstücke (Taf. XIX.), die in ihrer Anordnung höchst symme- trisch sind. Einen ganz gleichen Fall der Art hat Schreiber !) und einen anderen Girardi ?) beschrieben und abgebildet, Einzig in seiner Art end- lich scheint ein weiblicher Schädel (Taf. XX.) zu seyn, an dem zwei Naht- knochen vorkommen, die durch den mittleren Theil des Schuppenstücks des Hinterhauptbeins getrennt sind. Einen ähnlichen Fall habe ich in ana- tomischen Werken nicht beschrieben gefunden. 1) A. a..0. T. 7. p. 222. 2) De re anatomica oratio. Parmae 1781. 8. Tab. A. 220 ÜBER DIE ENTSTEHUNG ‚DER. GESCHLECHTSLOSEN INDIVIDUEN BEI DEN HYMENOPTEREN, BESONDERS DEN: BIENEN. T | Von .s \ DER; G. R. TREVIRANUS. Es gibt Gegenstände in der Naturlehre, die eine Zeit lang die Aufmerksam- keit Aller auf sich zogen, dann aber wenig oder gar nicht mehr beachtet wurden, entweder weil man der Beschäftigang mit ihnen müde wurde, oder weil man glaubte, es sey nichts Neues mehr daran zu finden. Zu diesen gehört die Thatsache, dass unter den Hymenopteren, aber auch in keiner andern Familie des ganzen Thierreichs als nur in dieser, Arten vorhanden sind, deren Individuen sich in ihrer Organisation sowohl von den Männ- chen, als von den Weibchen sehr unterscheiden und eigene Kunsttriebe be- sitzen. Ueber die Fragen, was diese Wesen eigentlich sind und woher sie kommen, wurde in den sechsziger und siebenziger Jahren des vorigen Jahr- hunderts viel geredet und gestritten. Der Pfarrer Schirach glaubte damals entdeckt zu haben, die Arbeitsbienen seyen bloss verkümmerte Weibchen; es gebe ursprünglich keinen Unterschied zwischen ihnen und diesen; aus einem und demselben Ey entstehe ein Weibchen in einer geräumigen Zelle und bei einer reichlichen oder mehr reizenden Nahrung, eine Arbeitsbiene \ 221 bei den entgegengesetzten Bedingungen; man könne willkührlich Bienenkö- niginnen, hervorbringen,,, wenn man. Eyer, ‚woraus sonst Arbeitsbienen wer- den würden, in königliche, Zellen lege und die daraus hervorkommenden Larven mit Königskost füttere. Es wurden Zweifel an der Richtigkeit dieser Beobachtungen geäussert, aber auch Versuche bekannt gemacht, die überein- stimmend ‚mit den Schirachschen ausgefallen seyn sollen... Nachdem diese ‚durch spätere Erfahrungen. der beiden Huber noch mehr bestätigt schie- nen, sahe man die Sache für abgemacht an und hörte auf, weiter darüber zu forschen. Mir war dieser Gegenstand immer so wichtig für die Zeugungslehre, dass ich mich gedrungen fühlte, eine neue Untersuchung desselben vorzu- nehmen. Zu eigenen Versuchen darüber an Bienenstöcken fehlte es mir zwar an Gelegenheit. Ich glaubte aber, dass schon eine Sichtung der bis- ‚herigen Beobachtungen und neue genaue Zergliederungen der Hymenopteren von Werth seyn könnten. Die wichtigeren von jenen habe ich geprüft und die Anatomie dieser Insekten, besonders der Bienen, hat mich seit zwanzig Jahren beschäftigt. Ich kann hiernach die Verhandlungen über die ge- schlechtslosen Hymenopteren noch keineswegs für geschlossen ansehen, und lege hier denen, die für Forschungen nach dem Wirken der Kräfte in den sämmtlichen Wesen der serie Natur Sinn haben, die Gründe meiner Ueberzeugung vor. Ai Soviel ist gewiss, dass die geschlechtslosen Hymenopteren an der weib- lichen Natur Theil nehmen. Auf des jüngern Huber’s Veranlassung suchte Jurine’s Tochter nach Eyerstöcken bei den Arbeitsbienen und entdeckte’ wirklich Rudimente dieser Theile, wovon sie auf der 11. Tafel des 2. Ban- des der Huberschen Vowvelles Öbser vations sur les Abeilles eine Abbildung geliefert hat. Ich fand ebenfalls bei einigen Arbeitsbienen Spuren von Ova- rien. Sie zeigten sich mir aber nicht bei allen Individuen und bisher noch nie bei-den geschlechtslosen ‚Eonnieln und Wespen. Zeitschrift ß, Physio), III. 2. 28 22 Diese weibliche Natur’ der Arbeitsbienen' und der ihnen verwändten In- sekten ist auch in manchen ihrer übrigen Theile’ausgedrückt. Jene nähern sich den Weibchen vorzüglich 'darin, ‘dass bei ihnen die zusämmengesetzten Augen kleiner in Verhältniss zum ganzen Kopfe'sind, der mit den einfachen Augen besetzte Raum grösser ist, und die Wurzeln der hintern Beine denen der mittlern näher liegen, als bei den Männchen, und dass sie einen Stachel mit einer Giftblase besitzen, ‘welcher den letztern fehlt. dot Bei einer oberflächlichen Ansicht können hiernach die geschlechtslosen Individuen als blosse ünentwickelte Weibchen erscheinen, und man kann glaublich finden, dass nur eine weniger reichliche, oder weniger kräftige Nahrung, als die Larven der Weibchen erhalten, die Ursache ihrer mängel- haften Entwickelung sey. Allein bei näherer Prüfung ‚zeigt sich diese Mei- nung als unbefriedigend. Im ganzen übrigen Thierreiche hat unvollständige Ausbildung und Schwinden der Eyerstöcke bei einem Weibchen die Folge, dass dieses sich der männlichen Natur sowohl in der Gestalt, als in den Trieben nähert, so wie auf der andern Seite die männliche Natur sich zur weiblichen neigt, wenn die Entwickelung, der Hoden gehemmt wird, oder diese ganz weggenommen werden. Dies ist hier nicht der Fall. Und wenn auch die Arbeitsbiene mehr Aehnlichkeit mit dem Weibchen als mit dem Männchen hat, so steht sie doch in einzelnen Theilen des Körpers 'und-in ihren Trieben eben so fern von jenem als von diesem. Ihre Abweichung von beiden in der Gestalt beschränkt sich nicht bloss auf Unterschiede in der Grösse und im Verhältniss der Gliedmaassen, welche mit keinen höhern Zwecken in Verbindung stehen, den einzigen, die bei allen übrigen Thieren Folgen der reichlichern oder kärglichern, kräftigern oder schwächern Er- nährung sind; sie erstreckt sich auf Veränderungen in der ganzen Organisa- tion, die sich deutlich auf einen veränderten Instinct und auf ein abgeän- dertes Verhältniss zur Aussenwelt beziehen. Die Nahrungsweise hat zwar auf die Naturtriebe Einfluss, und mit der Veränderung dieser Triebe kön- nen sich auch die ihnen entsprechenden Organe verändern. Allein solche 225 Abweichungen von der ursprünglichen Organisation zeigen sich nie gleich bei dem ersten Individuum, sondern immer erst nach einer. Reihe von Ge- nerationen. Man kann sich auch nicht hierbei auf das Beispiel der Missbil- dungen berufen, von denen ohne Zweifel manche erst nach der Erzeugung durch zufällige äussere Einwirkungen auf die, noch im Mutterleibe oder im Ey enthaltene Frucht entstehen. Keine Missbildung hat einen, ausser ihr liegenden Zweck. Wenn: bei der Bildung des Fötus ein störender Einfluss die formende Kraft von ihrem regelmässigen Wirken ablenkt, ohne sie zu schwächen, so wird die Frucht als einzelnes Wesen durch sie immer noch möglichst vollkommen organisirt. Aber nie erstreckt sich die Zweckmässig- keit weiter als auf das individuelle Leben. Zum Beweise ‚dieser Sätze wird es erforderlich seyn, den Unterschied der Form zwischen den dreierlei Individuen der Biene, besonders zwischen dem Weibchen und der Arbeitsbiene, insofern derselbe mit den Functionen dieser Individuen deutlich in Beziehung steht, näher anzugeben, als er in den bisherigen Schriften über die Bienen dargestellt ist. Betrachten wir zuerst die Fühlhörner, so finden wir im Bau dieser Organe: die ‚Arbeitsbiene sowohl von dem Weibchen, als von dem Männchen abweichend. Sie sind bei dem letztern, absolut genommen, weit länger und dicker als bei den beiden erstern. Das Weibchen und die Arbeitsbiene haben sie fast von gleicher Länge und Dicke. Aber das zweite Glied, von der ‚Basis an gerechnet, dessen Verhältniss zu den folgenden vorzüglich wichtig bei der Function der Antennen in der Familie der Bienen zu seyn scheint, ist in Vergleichung mit diesen folgenden länger bei der Arbeitsbiene als bei dem Weibchen, und noch länger als bei dem Männchen *). Diese E *) Man hat auch die Zahl der Glieder an den Fühlhörnern für verschieden bei den verschiedenen Ge- „sehlechtern der. Bienengattung angegeben, Swammerdamm /Biblia nat. p. 387) zühlt deren 15 bei der Arbeitsbiene und 11 bei dem Männchen. Reaumur (Mem. pour servir a U’Hist. des Ins. T, V. p. 327) hat dies mit Recht für irrig erklärt. Aber dieser zählt ebenfalls unrichtig 13 Glieder ‚an den Fühlhörnern des Männchens und nur 12 an denen der Arbeitsbiene. Ich fand eine gleiche 28" 224 Abänderung im Bau der Fühlhörner steht ohne Zweifel damit in Verbin- dung, dass die Arbeitsbiene‘ das Organ, welches ihr bei einer der, ihr aus- schliesslich zukommenden Verrichtungen, bein Einsammeln der Materie zur Bereitung des Wachses und Honigs, von Wichtigkeit ist, den Rüssel, von grösserer Länge als das Männchen und Weibchen hat. Dieser ist nicht nur in Verhältniss zum ganzen Körper, sondern auch absolut, kürzer beim Weibchen und noch kürzer beim Männchen als bei der Arbeitsbiene. Er ist zugleich beim Weibchen an den Seiten und beim: Männchen an der äus- sern Mündung mit längern Haaren besetzt als bei der letztern. Er läuft ferner von der Basis zur Spitze enger zu bei der Arbeitsbiene als beim Weibchen und noch enger als beim Männchen. ; Dass die Arbeitsbiene, und. nur diese, für den Bau der Zellen, für das Einsammeln des Stoffs zum Wachse und Honig, und für die Bereitung des Wachses bestimmt ist, verräth. sich augenscheinlich an der‘ Structur der Kinnbacken, der Speichelgefässe, der Hinterfüsse und der Bauchringe. Bei der Arbeitsbiene sind die Kinnbacken ausgehöhlt, ungezähnt | und am auswendigen Rande mit einer Reihe nach der Höhlung hin gerichteter Haare besetzt. Beim Weibchen und Männchen haben sie auf der auswen- digen Seite einen hervorragenden Zahn. | Die Höhlung ist beim Weibchen weniger tief und unregelmässiger als bei der Arbeitsbiene. Beim Männchen fehlt dieselbe fast ganz. Jenem sowohl; als diesem fehlen auch die nach der Höhlung gerichteten ‚Haare der Arbeitsbiene, obgleich die Kinnbacken sonst an. der Aussenseite stärker beim Weibchen und ‚noch: stärker beim 'Männ- chen 'als bei der letztern behaart sind. . Beim: Weibchen. sind auch. die Kiunbacken nicht grösser und beim Männchen weit kleiner als bei der Ar- beitsbiene. Den beiden ersten können sie nur seyn, was sie gewöhnlich Zahl der Glieder, nämlich 13, bei dem Männchen, dem Weibchen und der Arbeitsbiene, vorausge- setzt, dass die beiden Stücke, welche bei dem Männchen auf das zweite Glied folgen, mit einander articuliren und nicht ein einziges Glied ausmachen. Es hält schwer, sich hierüber Gewissheit zu verschaffen, Wäre das Letztere, so würden die Fühlhörner des Männchens nur 12 Glieder haben. ME En u 2% sind, Mastikationsorgane. Bei der Arbeitsbiene sind sie offenbar mehr zur Aufnahme und Verarbeitung des Wachses: als’ zum Zermalmen der Nahrungs- mittel‘ eingerichtet. Die Höhlungen beider Kinnbacken dieser Biene ver- einigen sich so mit einander, dass sie eine einzige geschlossene Cavität aus- machen, die ganz geeignet ist, das zur Anwendung fertige Wachs zu ent- halten. . Der grösseren Länge des Rüssels entspricht ein weit grösserer Apparat von Speichelgefässen bei der Arbeitsbiene, als beim Männchen und Weib- chen. Ich habe diese Organe schon in zwei anderen Aufsätzen beschrie- ben *), und ‘in dem letzten derselben gezeigt, dass der Saft, den sie bereiten und’ausleeren, das Mittel ist, wodurch das, von den Bauchhäuten secernirte Wachs zur Verarbeitung tauglich (gemacht wird. Als solches dienen sie aber nur der ‘Arbeitsbiene.. Deswegen war dieser ein grösseres Volumen derselben als den übrigen Individuen nothwendig. Die Hinterfüsse sieht man bei jeder, auf Blumen schwärmenden Arbeits- bienel.mit Blumenstaub' beladen. ‘Bei näherer Untersuchung dieser Theile fimdet man auf- der äusseren 'Fläche des’ Schienbeins (tibia) und des ersten Fussgliedes (tarsus) eine längslaufende Vertiefung, und auf auf der inneren Fläche dieses Fussgliedes parallele Queerreihen steifer, gedrängt an einander stehender: Borsten. . Dass diese eine'wirkliche Bürste ausmachen, ‘womit das Insekt den Blumenstäub‘ abstreift, jene Vertiefung zur Aufnahme desselben dient und beide’nur der Arbeitsbiene eigen sind, hat man schon lange be- merkt. Man hat’ aber nicht erwogen, dass zu solchen Abweichungen in der Organisation die Anlage schon im ersten Keim vorhanden seyn muss. Alle Bienen haben sechs untere Bauchplatten **) Diese s d aber von sehr verschiedener Beschaffenheik bei der Arbeitsbiene, dem Weibchen und 9) Vermischte Schriften. von G. R. und L. c. ende B. 2. S. 123. Zeitschrift f. d. Physiologie, “ herausg. von Tiedemann, G. R. und L. C. Treviranus. B. 3. S. 69. "*) Swammerdamm (A. a. O. p. 386.) zählte ihrer sieben. Er hat wahrscheinlich die vordere und hintere Hälfte der letzten Platte für getrennt angesehen. 226 dem Männchen. Bei der ersten sind sie Werkzeuge der Absonderung. des Wachses. Diese Sekretion findet vorzüglich auf den mittleren Platten’ statt. Jede derselben gleicht einem krummlinigen Viereck, wovon die vordere und hintere Seite concav, die rechte und linke convex, und die hintere et- was breiter als die vordere ist. Die vordere, die rechte und die linke Seite ist von knorpeligen Bogen begränzt. Die Haut der Platte besteht aus einer vorderen und hinteren Hälfte, von welchen diese dicker und weniger durch- sichtig als; jene und auswendig behaart ist. Die hintere liegt frei auf dem Vordertheil der folgenden Platte, die erstere zum Theil unter der vorherge- henden. Beim Weibchen und Männchen haben die vier mittleren Bauch- platten bis so weit den nämlichen Bau. Aber die vordere Hälfte ist weit: dünner und schlaffer ‚bei der Arbeitsbiene als beim Weibchen und noch dünner als beim Männchen. Sie hat bei der ersten nicht genug Festigkeit, um ohne Unterstützung ausgespannt erhalten werden zu können. Es ‚gibt deswegen bei der Arbeitsbiene zwei besondere Knorpel, welche diese Haut ausdehnen. Der eine: begränzt den hinteren Rand derselben und liegt. der Qneere nach in der Mitte ‚der Platte. Der‘ andere erstreckt: sich der«Länge nach in der Mittellinie vom vorderen zum: hinteren Rande der Wachshaut. Diese Knorpel fehlen dem Weibchen und dem: Männchen, ‚bei denen die vordere Hälfte der vier erwähnten Platten steif genug ist, keiner Unterstü- tzung zu bedürfen. Auch enthält diese Hälfte beim’ Weibchen und Männ-' chen ein feines, von knorpeligen Drüschen gebildetes Netzwerk; hingegen bei der ‘Arbeitsbiene ist nıchts Aehnliches darin enthalten. Uebrigens unter- scheiden sich die Bauchplatten bei den dreierlei Individuen der Biene auch‘ noch in anderen, minder wichtigen Punkten. Schon der jüngere Huber’ bemerkte den äusseren Uhterschied in der Beschaffenheit dieser Platten bei den verschiedenen Individuen der Biene *). Er berücksichtigte aber nicht, dass derselbe viel zu gross ist, um von der *) Nouy. Obseryat. sur les Abeilles. Par F. Huber. “Ed. 2. T. IL. p.'42. t % 5 i 2 verschiedenen Ernährung der Bienenlarven herrühren zu können. Wäre die Structur und Textur der Platten die nämliche bei der Arbeitsbiene und dem Weibchen, so liesse sich denken, die Wachsabsonderung sey blos Folge des unentwickelten Zustandes der weiblichen Zeugungstheile, und dieser werde durch eine weniger kräftige Nahrung verursacht. Aber es ist nicht denk- bar, dass hiervon die Bildung der Bauchplatten zum Bekufe der Wachsah- sonderung ganz verändert werden könne. Bekanntlich sind bei den Bienen und den, ihnen verwandten Hymenop- teren blos die Weibchen und die geschlechtslosen Individuen mit einem Stachel und einer Giftblase versehen, die Männchen aber unbewaffnet. Swammerdamm*) entdeckte, dass dieser Theil bei den weiblichen Bienen nicht gerade wie bei den Arbeitsbienen, sondern gekrümmt ist. Reaumur **) fand nachher die nämliche Verschiedenheit auch bei den weiblichen und geschlechtslosen Hummeln, und beobachtete, dass die Krümmung des Sta- chels bei dem Weibchen aufwärts gerichtet ist. Ich kann hierzu noch die Bemerkung fügen, dass der Stachel bei der Arbeitsbiene an seinem hinteren Ende auf jeder Seite mit sechs Zähnen besetzt ist, die man schon unter einer, etwa 50mal im Durchmesser vergrössernden Linse sehr deutlich sieht, - hingegen bei dem Weibchen auf jeder Seite nur vier Zähne hat, die man erst unter einer doppelt so starken Linse deutlich wahrnimmt. Dies sind wieder Unterschiede, die mit ganz verschiedenen Lebensverhältnissen beider Indivi- duen in Verbindung stehen und schon in der ursprünglichen Bildung be- gründet seyn müssen. Sie beziehen sich auf die Paarung, die nur bei einem Stachel möglich ist, der eine, nach dem Rücken gekehrte Krümmung und keine stark gezähnte Spitze hat. Es folgt hieraus, dass jede Arbeitsbiene zur Begattung untüchtig ist, und dass bei den Beobachtungen, nach welchen Arbeitsbienen fruchtbar geworden seyn sollen, Täuschungen statt gefunden haben müssen. ”)A 20.7.1 p. 28 28 Ah Zu diesen Gründen kömmt noch ein anderer, der sich yon der; Analogie der Hummeln hernehmen lässt. : Die. Weibchen ‚dieser ‚Insekten legen ihre Eyer nicht einzeln in besondere Zellen, sondern haufenweise in unregelmäs- sige Behälter, die aus der nämlichen Materie hestehen, welche nachher den Maden zur Nahrung dient und von ihnen aus dem Pollen der Blumen be- reitet wird *). Bei ihnen kommen ‚aus Eyern, die; einerlei Nahrungsmittel im Larvenzustande haben, sowohl Weibchen, als geschlechtslose Individuen hervor. ‘Zwischen den weiblichen ‚und. den: geschlechtslosen Hummeln ist aber der Unterschied nicht einmal so gross, als bei den. Bienen zwischen der Königin und den ‘Arbeiterinnen. Es ist also umso wahrscheinlicher, dass auch bei den Bienen dieAnlage zum weiblichen und geschlechtslosen Zustande schon im ersten Keime sich befindet und nicht, erst in der Larve durch eine verschiedene ‚Nahrungsweise bestimmt wird, Die Wahrnehmungen, aus welchen man schloss, einerlei Iagrdh könn- ten sich nach der verschiedenen’ Quantität oder Qualität des Futters und der verschiedenen Grösse der Zellen zu Weibchen oder Arbeitsbienen. ausbilden, so wie die, womit man beweisen wollte, dass’auch Arbeitsbienen fruchtbar werden könnten, erscheinen bei strenger Prüfung als ungenügend, ı Schirach **) wurde auf seine Meinung geleitet, als er vor einem Bie- nenstocke, woraus die Königin entflohen war, am folgenden Morgen 'eine neue Königin und in demselben drei neue königliche Zellen fand, die erst seit der Flucht der Königin von den Arbeiterinnen angefangen und' vollen- det wären. Aus seiner Erzählung geht aber nicht einmal mit völliger Ge- wissheit das Entfliehen der Königin hervor. Man findet keinen Grund darin, nicht vorauszusetzen, dass das Weibchen, welches am anderen Morgen vor dem Eingange des Stocks gefunden wurde, die’ alte Königin war." Und wenn *) Reaumur a. a. OÖ. T. VI. Mem. 1 **) In den Abhandl. der Oberlausitzischen Bienengesellsch. vom J. 1767, und in seiner Kunst, Bienen- schwärme zu erziehen. 299 e4 dies auch}nicht der, Fall gewesen ist, so bleibt doch noch der Einwurf, dass ‚die, ‚Zellen, „worin der Regel nach, Arbeitsbienen oder Männchen ent- stehe», ‚Eyer, mit weiblichen), Keimen, enthalten haben können. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass die, Königin nur gerade soviel weibliche Eyer legen sollte, als königliche Zellen vorhanden sind. Lässt sie doch oft mehrere Eyer in Eine Zelle fallen, wenn nicht genug Zellen fertig sind, alle ihre Eyer einzeln zu, fassen: f). ‚Wenn hiernach die Annahme einer prästabilirten Harmonie, zwischen der; Zahl der Zellen und der Zahl der zu legenden Eyer im. Allgemeinen nicht zulässig ist, so ist es um so weniger glaublich, dass eine solche zwischen‘ der Zahl der Zellen einer bestimmten Art und der Zahl der Eyer, woraus Königinnen, Arbeitsbienen, oder Männchen werden, statt finde, ‚Nachdem Schirach diese Beobachtung gemacht hatte, verschloss er in mehreren Kästchen Wachskuchen, die blos Zellen der kleinsten Art und darin entweder blos Eyer oder blos Maden enthielten, nebst einem Dutzend Ar- beitsbienen. Befanden sich in den Zellen drei bis vier Tage alte Maden, so vereinigten die Arbeitsbienen zwei oder drei Zellen zu einer einzigen, lies- sen nur Eine der Larven dieser Zellen in dem erweiterten Gehäuse am Le- ben und versorgten dieselbe mit Nahrung. Aus dieser wurde dann immer eine Königin. Der Versuch gelang aber nicht, wenn die Zellen blos Eyer oder nur ein— bis zweitägige Maden enthielten. Schirach scheint «ein wahrheitliebender Mann gewesen zu seyn, Man kann um so weniger mit Grunde zweifeln, dass er wirklich gesehen hat, was er gesehen zu haben versichert, da auch Blassiere, der Uebersetzer seiner Kunst, junge Bienenschwärme zu erziehen, in der Einleitung zu dieser Ueber- setzung **) Erfahrungen anführt, die in der Hauptsache mit den seinigen *) Rıtaumur a, a. O. T« V. p. 570. **) Hist. natur, de la Reine des Abeilles, avec l'art de fornier des essaims etc. Par J. J. Blassiere. A la Haye 1771. Zeitschrift f. Physiol, III. 2. 29 250 übereinstimmten. Allein man kann mit Grund voraussetzen, dass bei diesen Versuchen die Königin eine beträchtliche Zahl weiblicher Eyer in Zellen der kleinsten Art legte, und dass immer Maden solcher Eyer sich unter denen befanden, die sich in Königinnen verwandelten. Die nämliche Erin- nerung machte schon Bonnet *). Schirach erwiederte darauf, er habe beim Vergleichen einer Made, für welche die eingeschlossenen Bienen eine grössere Zelle verfertigt hatten, mit den Maden der kleineren Zellen keinen Unterschied zwischen ihr und diesen gefunden, und Bonnet scheint sich hierbei beruhigt zu haben **). Aber auch die Raupen der männlichen und weiblichen Schmetterlinge hielt man nicht für verschieden von einander, obgleich schon Lyonnet sie zergliedert hatte, bis M. Herold in seiner Entwickelungsgeschichte der Schmetterlinge zeigte, dass in jenen schon die Keime der Hoden und in diesen die der Eyerstöcke als verschie- denartige Theile zu erkennen sind. Bei der letzten Erklärung muss man freilich annehmen, dass die Arbeitsbienen die weiblichen Maden von den übrigen zu unterscheiden wissen. Man muss indess, wie man die Bienen auch ansieht, so manches sonderbare Vermögen bei ihnen gelten lassen, dass man ihnen dieses ohne Bedenken zuschreiben darf. Ein anderer Grund, worauf Schirach grosses Gewicht legte, war, dass er den obigen Versuch sechszigmal mit Maden eines und desselben Stocks und immer mit gleichem Erfolg wiederholt habe. Wie war es möglich, fragt er, sechszigmal aus einem einzigen Stock immer ein weihbliches Ey zu erhaschen? Dies war aber allerdings sehr leicht möglich, wenn gerade in dem einzigen Stock die Königin eine grosse Menge weiblicher Eyer gelegt hatte. Entsteht doch von manchen Königinnen in einzelnen Jahren fast blos männliche Brut. Warum sollte also nicht zuweilen auch eine ungewöhnlich grosse Zahl Weibchen erzeugt werden können? Liesse sich jeder Bienen- *) Oeuyres de Bonnet. T. V.P. I. M&m. 1 et 2. **) Gemeinnützige Arbeiten der sächsisehen Bienengesellsch. in der Oberlausitz. [B. 1. S. 51. j stock auf Schirach’s Weise’ nach ‚Belieben .vervielfältigen, so würde längst geschehen seyn, was doch nicht geschehen ‚ist, dass diese Vermehrungsart » bei der Bienenzucht allgemein in Anwendung gebracht wäre. Zu Schirach’s Zeit und nach ihm traten noch andere Schriftsteller mit neuen, vermeinten Erfahrungen und neuen Einfällen über die Entstehung der verschiedenen Bienen auf. Den meisten dieser Leute fehlte es aber so sehr an zootomischen und physiologischen Kenntnissen, und ihre Meinungen sind so ungereimt, dass sie keine Berücksichtigung verdienen. Behauptete doch einer von ihnen *), die Arbeitsbienen seyen zum Theil die eigent- lichen Männchen; ein Zweiter **), die Königin sey das Männchen, die sich mit den Arbeitsbienen paare; ein Dritter ***), die Bienen hätten „eine grosse Nase.“ Eine Ausnahme hiervon machen Huber’s Versuche, die zum Theil sehr scharfsinnig entworfen sind. Aber Huber war blind. Er gebrauchte einen Bedienten zum Beobachten, der oft gesehen haben mag, was der Er- wartung seines Herrn entsprach. Im 4. Briefe seiner Neuen Beobach- tungen über die Bienen ****) sind die Erfahrungen beschrieben, die er mit diesem Gehülfen über Schirach’s Entdeckung machte. Das Verfahren der Bienen, sich eine neue Königin zu verschaffen, wenn sie die alte ver- loren haben, ist hier so mit den kleinsten Umständen erklärt und es sind ihre Absichten bei j ed ihrer Arbeiten so bestimmt angegeben, als wäre Huber selber oder sein Bedienter in eine Biene verwandelt gewesen. Wei- ter erzählt er: er habe zwei Stöcke gehabt, die seit einiger Zeit der Köni- *) F. Herold in seinen wahrscheinlichen Muthmassungen von der Bestimmung und Entstehungsart der Drohnen unter den Bienen. Nürnberg 1774. ”) Ein Ungenannter in einer Schrift: Gedanken über die Geschlechtsgattungen der Bienen, . Bai- reuth 1787, ""*) N. Unhoch in seiner Anleitung zut wahren Kenntniss und zweckmässigsten Behandlungider Bienen München 1823. H. 1. 6. 5. Be I a 02 29% 252 ginnen beraubt gewesen wären, und worin sich doch Eyer a Larven ge- funden hätten. Sein Bedienter habe eilf Tage unausgesetzt darauf verwandt, jede Biene dieser Stöcke. einzeln, und ohne sie vorher in Wasser scheintod zu machen, zu untersuchen. Es sey keine darunter gewesen, die nicht die Kennzeichen der Arbeitsbienen gehabt habe. Man habe darauf jede der- selben, abgesondert von den übrigen, in eine besondere Büchse mit Wachs- kuchen gesetzt, und mehrere von ihnen hätten hier wirklich Eyer gelegt, woraus blos Männchen entstanden wären. Wenn man indess auch gelten lässt, Huber’s Gehülfe habe die Arbeit wirklich so ausgeführt, wie Hu- ber erzählt, so ist es doch viel wahrscheinlicher, dass er sich bei einer eilftägigen Untersuchung, wobei er sich, wie Huber versichert, nur grade so. viel Ruhe gönnte, als zur Erhohlung der Augen nöthig war, zuweilen irrte, als dass er nie ein Weibchen für eine Arbeitsbiene ansah. Zwei je- ner Arbeitsbienen, die angeblich über dem Eyerlegen ertappt wurden, will Huber mit seinem Bedienten zergliedert haben, und es sollen in ihnen _ Eyerstöcke mit entwickelten Eyern, nur kleinere, als man bei den Königin- nen antrifft, vorhanden gewesen seyn. Es ist aber schwer zu glauben, dass der Bediente die Geschicklichkeit hatte, eine Biene zergliedern zu können, und hatte er sie auch, so ist es doch sehr möglich, dass er Stücke der Fetthaut für Eyerstöcke angesehen hat. Nachher fand er noch in andern Arbeitsbienen Eyer, in andern aber auch keine. In Betreff der Frage, wo- her es kömmt, dass bei einigen dieser Bienen sich die weiblichen Ge- schlechtstheile entwickeln, machte sich Huber die Hypothese, die frucht- baren Arbeitsbienen- entständen in der Nähe der königlichen Zellen, indem für die Larven derselben von dem Futter, womit die Larven der Königin- nen ernährt würden, etwas abfiele. Er liess darüber von seinem Bedienten Versuche anstellen, und der Erfolg entsprach ganz seiner Erwartung. ‘Man muss gestehen, Huber hatte ein Glück im Errathen der Räthsel der Natur und sein Bedienter im Experimentiren, dessen sich kein anderer Forscher im Fache der Biologie rühmen konnte. 233 Der: zweite Theil des Huberschen Werks enthält. ;(S. 425.) eine Fort- setzung dieser Untersuchungen, ‚die der ältere Huber gemeinschaftlich mit seinem Sohne machte. Sie fanden im Jahre 1809 an ‚einem Bienenstock eine Bienenart, die das äussere. Ansehen der Arbeitsbienen hatte, aber von schwärzerer Farbe war, ‚mit den: Bienen des Stocks immer im Kampfe lag, und von diesen verjagt, wurde. Sie vermutheten, ‚diese 'Thiere seyen ausge- artete Abkömmlinge des nämlichen Weibchens,; von, welchem ‘die übrigen Individuen. ‚des Stocks herrührten, und, was sie den letztern so verhasst mache, bestehe darin, dass sie mehr weiblicher Natur als diese wären. Um sich hierüber Gewissheit zu verschaffen, liessen sie einige derselben von Jurine’s Tochter zergliedern, die wirklich Eyerstöcke darin entdeckte. Jene Bienen waren aber offenbar nichts Anderes als die bekannten Raub- bienen, und Rudimente von Eyerstöcken findet man ja auch in den gewöhn- lichen Arbeitsbienen. Und gibt es auch eine Mittelart zwischen den Köni- ginnen und den Arbeitsbienen, so folgt daraus doch nichts für Schirach’s Meinung. Wer diese läugnet, kann immerhin einräumen, dass Individuen vorhanden sind, die zwischen den Königinnen und Arbeiterinnen in der “Mitte stehen. Er wird annehmen, die Anlage zur Entstehung dieses Mittel- schlags sey eben so wohl, als die Anlage zur Bildung der Königinnen, der Männchen und der Arbeitsbienen schon im ersten Keim enthalten. Der Schluss aus allen den angeführten Gründen ist also dieser: Die Ar- beitsbienen nähern sich der weiblichen Natur, indem sie Rudimeute von Eyerstöcken, einen Stachel und eine Giftblase besitzen. Sie stehen aber in andern Stücken eben so fern von den Weibchen, als diese von den Männ- chen, und sind unfähig, sich zu begatten und befruchtet zu werden. ‘Die Eigenthümlichkeiten in ihrer Organisation sind so gross und mit den Ver- richtungen, die durch sie und nur durch sie vollzogen werden, so genau verbunden, dass dieselben nicht durch Einflüsse, die erst nach der Geburt auf sie wirken, hervorgebracht werden können, sondern schon ursprünglich vorhanden seyn müssen. Es gibt wahrscheinlich unter den Bienen eine Weibehenärt, die in der“Grösse nicht so'verschieden von den’ Arbeitsbiene 'gjs die) eiyeittliche: Königin ist, und’ welche. entsteht," wenn’ diese''weiblichen ‘Eyer,, in‘ Ermängelumng "einer hinreichenden Zahl grösserer Zellen, in klei- nere legt. In einzelnen Fällen schliessen sich ‘die Bienen eines Stocks nach Verlust ihrer Königin einem solchen Weibchen an und bleiben, ‘wenn das- selbe "Hruchibar geworden ist, damit in Verbindung. Aber’ häufig kann dieser Fall ‘nicht’ seyn. * Es würde sonst nicht geschehen, ‘was gewöhnlich geschieht, ‘dass die Bewohner eines Korbes, die ihre Königin verloren haben, sich zerstreuen und Raubbienen werden. ‚Bremen, im Januar 1829. XVl. BESCHREIBUNG DES HIRNS UND RÜCKENMARKS EINER MISSGEBURT MIT ÜBERMASS IN DER BILDUNG. Von TIEDEMANN. (Tafel XXI und XXI.) Im verflossenen Jahre habe ich wiederum Gelegenheit gehabt, die Anordnung des Hirns und Rückenmarks eines missgebildeten Kindes zu untersuchen. Dasselbe ward von einer, vierundzwanzig Jahre alten, Jüdin geboren, die ein Jahr zuvor zum erstenmale mit einem wohlgebildeten Knaben niederge- kommen war. Das Kind ist aus dem achten Schwangerschafts-Monate, ‘und gehört zu der Gruppe von Missgeburten, bei denen sich das Uebermass in der Bildung an dem Rumpfe und den Gliedmassen, sowie an dem hinteren Theile des Kopfes zeigt. Es wurde lebend geboren, starb aber eine Viertel- stunde nach der Geburt. Der Kopf ist vorn und oben ganz regelmässig gebildet, hinten dagegen (Taf. 21. Fig. 2.) ist er ansehnlich breit und hier findet sich ein überzäh- liges Ohr, welches das Ansehen hat, als wenn es aus zweien, mit ihren äusseren Flächen gegen einander gedrückten und verwachsenen Ohren zu- sanmmengesetzt wäre. Der Hals ist vorn einfach, nur breiter als gewöhnlich. 236° Hinten erscheinen neben dem überzähligen Ohr zwei Nackenflächen, die abwärts aus einander weichend in zwei, ın der Brust und im Bauche ver- 'schmolzene Stämme übergehen. Ausser den beiden Brustwarzen auf der vorderen Seite kommen noch zwei andere an der hinteren Fläche vor. Es sind vier vollkommen ausgebildete Arme zugegen, von denen die hinteren näher aneinandergerückt sind als die vorderen. In der Mitte des sehr gros- sen und breiten Bauchs inserirt sich die Nabelschnur,; welche, fünf; Blutge- fässe, eine Vene und vier Arterien enthält. Unterhalb der Einsenkungs- Stelle dies Nabelstrangs befinden sich zwei nach den Seiten auseinander wei- chende Becken, von denen jedes wohlgebildete weibliche Geschlechtstheile und einen After zeigt. Die vier unteren Gliedmassen sind regelmässig ge- staltet. Nach vorgenommener äusserer Untersuchung des Kindes öffnete ich die Schedelhöhle und die beiden Kanäle der Wirbelsäule, und nahm das Hirn mit dem doppelten Rückenmark und den Nerven-Ursprüngen sorgsam her- aus, welche ich in Alkohol erhärten liess. Ehe ich die Anordnung dieser Theile beschreibe, will ich zuvor den Bau der übrigen Theile angeben. Die Mund- und Nasen-Höhle, die Zunge, das Gaumensegel, der Ra- chen, die Speiseröhre, der Kehlkohf, die Luftröhre, ' die Lungen und das Herz waren einfach vorhanden. Bei der Oeffnung der Bauchhöhle zeigte sich unter dem grossen Zwerchfell eine aus mehreren Lappen bestehende Leber, von bedeutendem Umfange, zu deren unteren Fläche sich die Nabel- Vene begab. Die Gallenblase war einfach vorhanden. Die Speiseröhre er- weiterte sich zu einem sehr kleinen und engen Magen. Der dünne‘Darm theilte sich unterhalb seines mittleren Theils in zwei Darmstücke, von de- nen sich jedes nach mehrfachen Krümmungen mit einem Blinddarm ver- band. Jeder Blinddarm hatte "einen langen wurmförmigen Fortsatz, und ging in ein: weites Darmstück über, das sich gegen den Nabel erhob, hier- auf einige Krümmungen bildete, in eine Beckenhöhle senkte und mit dem Mastdarm endigte. Die Milz und das Pankreas waren einfach vorhanden. . Iapıl AUT. 237 "In der Brusthöhle befand sich eine grosse Thymus, und eine rechte und linke Lunge, die im Verhältniss zur Grösse des Kindes einen grösseren Umfang als gewöhnlich hatten, Jede Lunge bestand aus drei Lappen. Das mitten in der Brusthöhle liegende, vom Herzbeutel umschlossene Herz war einfach, und zeigte sich ebenfalls grösser als bei einem einfachen Kinde des achten Monats. Es bestand aus zwei regelmässig gebildeten Vorhöfen und zwei Herzkammern, die auf die gewöhnliche Weise mit einander verbunden waren. In der Scheidewand der Vorhöfe war das weit offene eyförmige Loch vorhanden. Die Arterien zeigten im Wesentlichen folgende Anordnung, aus dem Bogen der einfachen Aorte entsprangen zwei gemeinschaftliche Ar- terien-Stämme (Truncı anonymi), von denen sich jeder in eine Kopf- und Schlüsselbein-Pulsader theilte. Jede Schlüsselbein-Arterie theilte sich aber- mals in zwei Stämmehen für die beiden Arme einer Seite, und sendete zwei Wirbel-Arterien ab. Die beiden Kopf-Pulsadern verzweigten sich auf nor-- male Weise. Nach Abgabe der beiden Trunci anonymi verlief die Aorte durch die Brusthöhle, trat durch das Zwerchfell und theilte sich unterhalb der Arteria coeliaca in zwei Stämme, die sich an den beiden Wirbelsäulen herabzogen. Aus jedem Stammme entsprangen zwei obere und untere Gekrös- Pulsadern, zwei Nieren-Arterien, die Lenden-Pulsadern und die doppelten Eyerstock-Schlagadern, und dann zerfielen sie in die gemeinschaftlichen Hüft-Pulsadern. Die Lungen-Arterie war mittelst eines Botallischen Gangs mit der Aorte verbunden und theilte sich alsdann in zwei Stämmchen. Die- ser Anordnung der Pulsadern entsprach die der Venen. Die Blutadern der unteren Gliedmassen und der beiden Becken verbanden sich zu zwei unteren Hohladern, welche unterhalb der Leber einen einfachen Stamm bildeten. Die Venen des Kopfs und die der Arme bildeten auf jeder Seite zwei 'Trunci anonymi, die sich zu einer oberen Hohlader vereinten, welche als- ‚dann in den rechten Vorhof einmündete. Die Harn - Werkzeuge waren vollkommen geloppelt zugegen. An jeder Wirbelsäule lagen zwei Nieren, zwei, Nebennieren und zwei Harnleiter, In Zeitschrift £, Physiol, III. 2. 30 238 jedem Becken fand sich eine ‘Harnblase, von deren oberem Ende eine Harnschnur zu dem Nabelstrang aufstieg, Die weiblichen Geschlechts+ theile waren in jedem Becken regelmässig vorhanden. Es zeigten sich näm- lich eine Mutterscheide, eine Gebärmutter, wnd zwei Eyerstöcke und 'Eyer-+ leiter. Dieser Anordnung der Theile entsprach vollkommen die Beschaffenheit des Nervensystems. Das grosse Hirn (Taf. XXI. Fig. 1.) war ganz einfach, und wurde von oben ’der Länge nach’ durch einen tiefen Einschnitt in seine beiden Hemisphären abgetheilt, die mit Furchen und Windungen versehen waren. An’ der Grundfläche zeigte sich ein einfacher Hirnanhang, zwei weisse Hügelchen, und zwei Hirnschenkel. Das kleine Hirn und das Rücken- mark dagegen waren vollkommen ‘doppelt vorhanden. ‘ An jedem’ verlänger- ten Rückenmark erkannte man die Pyramiden, Oliven und‘ striekförmigen Körper, die an der nach aussen gerichteten Hälfte des Rückenmarks- grösser und mehr ausgebildet erschienen als an der inneren Seite. Das kleine Hirn mit allen seinen Theilen war vollkommen doppelt. Auch’ zeigte ‚sich ‚un- ter jedem Hirnlein eine markige Brücke, die sich um‘ die aufsteigenden Pyramidal- und. Olivar-Stränge schlang. Die Vierhügel boten die nor- male Anordnung dar, ebenso alle inneren Theile des: grossen Hirns. Was die Nerven anlangt, so waren die aus dem grossen. Hirn ihren Ursprung nehmenden Riech- und Seh-Nerven, der dritte und vierte‘ Nerve paarig vorhanden. Auch der fünfte und sechste Nerve, der’ Zungen-Schlundkopf- Nerve;: der Lungen-Magen-Nerve, und der Zungen-Fleisch-Nerve erschienen nur gedoppelt,. und: entsprangen aus der äusseren ‚dickeren Hälfte jedes ver- längerten Rückenmarks, während von der inneren dünneren Seite keine solche Nerven abgingen. Ausser den Gehör-Nerven der äusseren Seite, die sich zu .den ausgebildeten ‚Gehörorganen ı begaben, zeigten sich noch zwei kleine, dünne Nerven an der inneren ‚Seite: des verlängerten: Rückenmarks, die sich verbanden und im.das Labyrinth der beiden 'verschmolzenen hinte- ren, überzähligen. Ohren ‚begaben. Die Willisischen Nerven waren auch auf 239 jeder Körper-Hälfte gedoppelt vorhanden. Die Nerven jedes Rückenmarks erschienen paarig, und bildeten die Nerven-Geflechte für die oberen und unteren Gliedmassen. Der sympathische Nerv mit seinen Ganglien zeigte am Halse und in der Brust die normale Anordnung. Im unteren Theile des Bauchs dagegen, sowie in den Becken, kamen noch an der inneren Seite der Wirbelsäule zwei Reihen von Nervenknoten vor, die durch Verbin- dungs-Fäden verkettet waren, und Zweige zu den Nieren, der Urinblase, den beiden dicken Därmen, und den Geschlechtstheilen absendeten. Das Gerippe habe ich nicht genauer untersucht, weil ich die Missge- burt in Weingeist aufzubewahren wünschte. Ueber dasselbe kann ich daher nur Folgendes anführen: die Knochen des Schedels hatten mit Ausnahme des Hinterhauptbeins und der Pyramiden der Schläfenbeine die normale An- ordnung. Das Hinterhauptbein mit seinem Löch für die Aufnahme des ver- längerten Rückenmarks war doppelt zugegen. Zwischen beiden Hinterhaupts- beinen befand sich ferner noch, da wo äusserlich die verschmolzenen über- zähligen Ohren vorkamen, ein Khochehsttlck, ‘das einem Rudiment einer drit- ten Pyramide glich und Spuren eines unvollkommen ausgebildeten Labyrinths enthielt. Die Wirbelsäulen waren gedoppelt, und von den Brust- Wirbeln gingen Rippen’ aus, die nach vorn und hinten durch eine Reihe von Brust- beinen verbunden waren. | Aus dieser kurzen Beschreibung des Baues der Ufinkaebin ‚ergibt sich unverkennbar, dass. die (Hieschaffenheit und Anordnung , des Nervensystems njit/ der ‚abweichenden ‚Bildung , der Theile: in einem genauen Verhältniss steht, Die Zahl‘ der Nerven entspricht vollkommen ‚der Zahl der Organe. Und so dient dieser Fall also gleichfalls zur Bestätigung der im einer frühe- ren Abhandlung ausgesprochenen Behauptung, dass‘ zwischen der. Bildung des!Körpers und, der Bildungs- und EnniekelungemNkeiee des Nervensystems eihe ‚genaue Beziehung obwalte. 30” u XVII. N | DREI MERKWÜRDIGE DOPPELMISSGEBURTEN UNTERSUCHT: UND BESCHRIEBEN | ie kai ER PROFESSOR ZU BONN. 1, u ERSTE BEOBACHTUNG. Ursprung]! Be en Schlüsselbein - SchlAnaen IN ER nase ah i Lungenarterie. IRRIER ET Kiel Die Banane eines völlig ausgetragenen Kalbes,: welches nach der Geburt einige Stunden gelebt re soll, macht den Gegenstand nachfol- gender Untersüchung aus. d; on wi Host A Es‘ ‘wären an der "Missgeburt zwei Köpfe ünd zwei’ 'Hälse vorhanden. Mah fühlte auch, dass der Rückgrat doppelt war, "obwohl die’ zwei Wirbel- säulen sehr nahe zusänimenlagen, so dass der Rückgrat‘ äusserlich einfach erschien. Im’ Becken’ kamen beide Körper endlich zusammen, jedoch 'war noch ein doppelter "Schwanz zugegen. An 'beideh Seiten des Brustkastens findet ‘man zwei vollkommen gebildete vordere Extremitäten. In der Mitte zwischen den beiden Schultern fühlt man ‘unter der Haut verborgen die Rudimente von zwei andern vordern Extremitäten. Die zwei hintern Extre- mitäten sind normal gebaut. Bei späterer Untersuchung des Skeletes ergab 241 es sich, dass die Wirbelsäule vollkommen doppelt vorhanden war. Die beiden Wirbelsäulen näherten sich’ einander immer mehr nach rückwärts. Die Lendenwirbel und beide Ossa sacra berührten sich mit ihren Quer- fortsätzen. Das Becken selbst ist in so fern einfach, als nur zwei Ossa in- nominata zugegen sind. Der Thorax wird gebildet durch die Rippen an der äussern Seite der beiden Wirbelsäulen, welche sich in einem Brustbein. vereinigen. ‘Die Rippen an der innern- Seite der Wirbelsäulen sind- klein, unter einander zu breiten, dem Schulterblatt ähnlichen Massen verwachsen, so dass man nur acht Rippen isolirt, die übrigen fünf aber blos angedeutet in den vorigen erkennen. kann. Diese innern Rippen vereinigen sich nicht in einem Brustbein. '!Die beiden Köpfe waren im Ganzen normal gebaut, nur an der innern' Seite ‘waren beide am Oberkiefer eingebogen, und der Kiefer hier’ kleiner, ‘als auf der entgegengesetzten Seite. Die Organe am Kopfe und Halse' sind, wie 'sieh’ von selbst versteht, doppelt vorhanden. Ich beschränke mich hauptsächlich 'auf die wichtigsten Momente, ohne das- jenige, was man an Doppelmissgeburten der Art antrifft, ausführlich zu be- Schreiben, um ‘nicht zu wäitläufig zu: werden. | a „iu Organe der. Brusthöhle, "An dem‘ Halse der‘ rechten Halbmissgeburt steigt die Luftröhre nach . abwärts 'in die 'Brusthöhle,; und ‘verzweigt sich in eine) rechte ‘und: linke Lunge. * Die rechte Lunge »hat''zwei kleine: und einen‘ grossen Lappen; die linke Lunge hat nur einen Lappen. Die Luftröhre des linken .'Thieres verästelt sich in eine ‘rechte Lunge mit vier Lappen, und eine linke mit zwei Lappen. Die Lungen sind überhaupt ganz klein und dünn. Sie haben gar nicht das Ansehen der Lungen, sondern sind einem drüsigten Körper ähnlich, welcher sich baumartig verästelt. - "Die Thymus ist doppelt vorhanden. } > Es finden sich zwei völlig von einander getrennte Herzen vor. Sie liegen ganz'nach! oben (vorn), unter den’ ersten zwei Rippen gegen den Hals hin, 242 Das Herz des linken Thieres liegt sonst ziemlich rs so das dessen Spitze nach rückwärts gekehrt ist, Das Herz des rechten Thieres dagegen ist seiner Enge je Bildung wegen merkwürdig. Es liegt gauz verkehrt, so dass seine Spitze nach vor- wärts und einwärts, ‚seine Basis nach rückwärts und abwärts gekehrt ist. Die Aorta entspringt wie gewöhnlich, gibt aber keine rechte Schlüsselbein+ Arterie ab, sondern sogleich den gemeinschaftlichen Stamm der beiden Ca+ rotiden, sodann die ganz kleine linke Schlüsselbein-Schlagader. Sie setzt sich nun, wie gewöhnlich, in die absteigende Aorta fort, indem zuvor auch eine Arteria intercostalis prima abgegeben wurde. Die Lungenschlagader verbindet sich durch:| den Botall’schen Gang mit der absteigenden Aorta, und theilt: sich in die rechte” und ‚linke ‚Lungen- Arterie. Aus der ‚rechten Lungenschlagader sieht man die, rechteSchlissel- beinarterie zum Vorschein kommen, welche hinter der aufsteigenden Aorta und der obern Hohlvene nach der rechten rerdben Extremität. hinüber sich begibt. ! zu ruht IT AT yina| Die Vena cava superior nimmt zwar die Pe Jugularis Besie hd Vena subclavia dextra, ferner die Vena azygos dextra auf, aber nicht die gleichnamigen Venen der linken Seite, so dass die Pena jugularis und Vena subclavia sinistri lateris zu dem linken Thiere sich hinüber begeben, und in die Vena cava superior des linken Herzens.'einmünden, , Noch: ist,zu erwähnen, dass die linke Vena azygos in’ die /ena coronaria cordis sich einsenkt. "i nnd alailıaib Die Vertheilung der Aorta eins ist dem Baue der Missbildung entsprechend. j „ii ia Fis e Organe des ers | { a1 or \ Die Speiseröhre, welche vom linken. Halse durch die Brusthöhle: her- abgestiegen war, geht auf dieser Seite in den Panzen über, an welchen sich der Zellmagen, der Omasus, und Abomasus anschliessen, Dei; letztere.ist 243 mit dem der andern rechten Seite oder des rechten. Thieres zusammenge- wachsen, so dass äusserlich nur ein Laabmagen für beide Leiber vorhanden zu seyn scheint. , Innerlich ‚sind aber zwei völlig getrennte Höhlen in dem Abomasus, welche mit zwei nahe aneinander liegenden Pförtnern in das einfache gemeinschaftliche Duodenum übergehen. Von dem rechten Halse sieht man ebenfalls den Oesophagus herabkom- men, sich später in den Panzen das Reticulum, den Psalter und den Abo- masus erweitern, welcher letzterer mit dem der andern Seite, wie be- schrieben, zusammenfliesst. Das Zwerchfell ist zwar vorhanden, aber in seinem sehnigten mittleren Theile befindet sich eine grosse Spalte, durch welche der erste Magen der rechten und linken Seite, so wie auch andere Abdominaleingeweide in die Brusthöhle hinaufgetreten sind. = Die Milz der linken Seite ist einfach, hat ihre gewöhnliche Lage an dem Panzen und befindet sich noch in der Bauchhöhle. Die Milz der rechten Seite fehlt, und an ihrer Stelle findet man nur an der Ingluvies hängend, mit dieser in der Brusthöhle liegend, zwei blauschwarze drüsigte Körper, ‘wovon der' eine länglicht ist, und die Grösse einer Mandel, der andere'kleinere die einer Kirsche besitzt. Gefässe und Nerven verbreiten sich vom Magen aus in diese Körper: Der ganze Darmkanal ist vom Duo- denum an einfach. Einfach ist zuletzt Mastdarm und After. Die Leber bildet zwar nur eine Hauptmasse, doch sind zwei Abtheilungen derselben vorhanden, wovon die kleinere Abtheilung durch die erwähnte Spalte des Zwerchfells in die Brusthöhle vorgefallen ist. Die grössere Abtheilung be- findet sich in der Bauchhöhle. Es ist nur eine Vena umbilicalis vorhanden. Die beiden Gallenblasen' sind zu einem Ganzen zusammengewachsen. Uterus, Ovarien und Tuben sind normal gebildet, eben so die Nieren und Ureteren, Die Nebennieren sind sehr klein. Alle diese letztern Organe sind, so wie ‘sie bei einem einfachen Körper vorkommen, gebildet. Das Gehirn bot nichts normalwidriges dar. 244 ZWEITE BEOBACHTUNG. Ursprung dreier Schlüsselbein-Schlagadern aus der Lungenarterie und Verschmelzung der Höhle des Schlundes und der Luftröhre zu einem Kanale. Durch die Güte des Herrn Hofrathes Bernstein in Neuwied, dem das anatomische Museum zu Bonn so manches Interessante schon verdankt, er- hielt ich eine zur Hälfte ausgetragene doppelte Schaafsmissgeburt zur Un- tersuchung. Diese Missgeburt war im Gegensatze mit der vorher beschriebenen ge- bildet, nämlich hier war nur ein gemeinschaftlicher Kopf vorhanden. Von dem Atlas an war der Rumpf gedoppelt, und besass acht Extremitäten. An dem später verfertigten Skelete bemerkte man, dass alle Schädel- - knochen wie gewöhnlich beschaffen waren, mit Ausnahme der Partes con- dyloidene des Hinterhauptbeines, welche breiter als sonst und durch ein besonderes queer laufendes Knochenstück miteinander vereinigt waren. Jede Pars condyloidea stand mit einem ziemlich vollkommen gebildeten Atlas in Verbindung. Die vorderen und hinteren Extremitäten sind doppelt und nor- mal gebaut. Es zeigt sich ein hinteres und vorderes Brustbein. Das zweite Paar der vorderen Extremitäten liegt auf dem Rücken, nach auf- und rück- .wärts gerichtet, und ist kaum ‚etwas schwächer gebaut, als das andere, worauf das Thier steht. Die innere Untersuchung lehrte Folgendes: Das Gehirn war ganz einfach gebildet, bis zur - Medulla oblongata, welche am Rande des Hinterhauptloches doppelt wurde. Augen und Ohren waren die eines einfach gebauten Thieres. In der Mundhöhle erschienen die Zunge und das Gaumensegel einfach, ebenso war es noch die Epiglottis, der Pharynx und Larynx. Der Oesophagus und die Trachea machten zu- sammen ebenfalls nur einen einfachen Kanal aus, oder beide Röhren waren bis an ihr Ende in eine gemeinschaftliche Höhle zusammengeflossen, Der 245 ELarynx war an seiner hintern Wand gespalten, so dass er auch schon eine gemeinschaftliche Höhle mit der des Pharynx bildete. Dieser gemeinschaft- liche Kanal hatte” eine vierfache Wandung; zwei häutige seitliche Wandun- gen von den Membranen des Oesophagus gebildet, eine vordere ganz knorp- liche Wandung aus den Halbringen der Trachea bestehend, und endlich die hintere, welche erst nach abwärts einen knorplichen Bau oder Annuli tra- cheales zeigte, nach oben aber ‘ganz häutig erschien. Am Ende dieses ge- meinschaftlichen Kanals, in welchem sich also schon zwei Tracheen und zwei Speiseröhren angedeutet finden, bemerkt man zwei vordere Oeffnungen iu der knorplichen Vorderwand in die zwei Bronchien auslaufend, zu den zwei Lungen des einen Thorax, und zwei andere hintere in die Bronchien der andern zwei Lungen übergehend. In. der Mitte ‚bemerkt man die zwei grössern Oeffnungen, von welchen jede als Ostium cardiacum in den ent- sprechenden Magen führt. Das Herz ist einfach gebaut. Es sind zwei Vorhöfe und zwei Kam- mern vorhanden. Das eyrunde Loch ist offen. Es ist nur eine Vena cava superior zugegen. Es sind aber zwei untere Hohlvenen sichtbar, wovon die eine, welche an der grössern Leber aus dem Abdomen heraufsteigt, in den Sinus dexter übergeht, die andere, welche die Lebervenen der zwei andern Lebern aufnimmt, senkt sich in die Vena cava superior ein. Aus dem rechten Ventrikel entspringt die gemeinschaftliche Luugen- schlagader, welche zuerst abgiebt die beiden Aeste zu den doppelten Lungen, wovon sich jeder wieder in einen rechten und linken Ast zur rechten und linken Lunge der entsprechenden Seite spaltet. Sodann entspringt aus dem Stamm der Arteria pulmonalis die Arteria subelavia dextra; darauf ein ge- meinschaftlicher Stamm, welcher sich in zwei Arteriae subelaviae spaltet, die zu den zweien, auf dem Rücken liegenden vorderen Extremitäten hin- gehen. Die Aorta, welche aus dem linken Ventrikel kömmt, giebt ab den ge- Zeitschrift f. Physiol. IIl. 2. >1 6 i meinschaftlichen Stamm der beiden Carotiden, und’ nur eine, nämlich die linke Schlüsselbeinschlagader. Im Unterleibe findet man zwei, wie gewöhnlich vierfächerige Magen. Es sind drei Lebern vorhanden, eine grössere und zwei kleinere. Auch finden sich drei Nabelblutadern vor. Die Milz ist doppelt vorhanden. Das Duodenum ist einfach, und gemeinschaftlich wie der ganze Darmkanal bis zu dem Mastdarm, wo sich ‘derselbe theilt in zwei recta, deren jedes zu seinem Becken herabsteigt. ‘ Das Urinsystem ist doppelt vorhanden. In dem Becken jedes Thieres zeigt sich ein einhörniger Uterus, oder vielmehr nur ein. Horn desselben mit nur einem Eyerstock und einer Muttertrompete, so dass sich beide Thiere in die Geschlechtstheile getheilt haben, und jedes nur die Hälfte des Geschlechts-Apparates eines einfachen Thieres sich aneignen konnte, DRITTE BEOBACHTUNG. Gemeinschaftlicher Kanal der Luftröhre und des Oesophagus und Ursprung der rechten Lungenarterie aus der Aorta. Meinem verehrten Collegen, Herrn Hofrath Sturm, welcher, wo er nur kann, wissenschaftliche Untersuchungen gerne befördert, yerdanke ich auch die näher zu beschreibende ausgetragene doppelte Sahaafsmissgeburt, Es sind zwei Köpfe vorhanden, welche erst am Hinterhauptbeine zu- sammentreffen, so dass nur ein gemeinschaftliches Hinterhauptloch vorhan- den ist. Vom Atlas an ist sodann das ganze Skelet einfach und normal gebaut. Die Mundhöhle mit ihren Organen ist doppelt, so die Rachenhöhle, Larynx und Pharynx. Der Larynx ist hinten gespalten, somit in die Höhle des Schlundkopfes offenstehend. Es treten nun die beiden Luftröhren und Speiseröhren sogleich zu einem gemeinschaftlichen Kanal zusammen, dessen vordere knorpliche Wand durch die beiden Tracheen, die hintere häutige durch die zwei Speiseröhren gebildet wird. a u nd 247 lm Grunde dieses gemeinschaftlichen Kanals sieht man zwei Bronchial- Oeffnungen zu den Lungen führend nach vorwärts, und eine hintere grosse Oeffnung, welche die Einmündung des Oesophagus in den einfachen Magen ist. Das Herz ist insofern einfach gebildet, als nur zwei Vorhöfe und zwei Ventrikel vorhanden sind. In den rechten Sinus münden die Hohlvenen, in den linken Sinus die Lungenvenen, wie sonst, ein. Eine Verdoppelung des Herzens findet: aber 'auch:'hier statt, indem aus dem rechten und aus dem linken Ventrikel, ‘deren Wandungen dick und gleich stark sind, eine Aorta entspringt, welche beiden Aorten sich, nachdem sie die Schlüssel- beinarterie ihrer Seite und den gemeinschaftlichen Stamm der beiden Caro- tiden abgegeben haben, sogleich vereinigen, und gemeinschaftlich die ab- steigende Aorta bilden, welche regelmässig verläuft. Noch merkwürdiger verhalten sich die Lungenarterien. Die rechte Lungenschlagader entspringt aus der Aorta, sowie solche aus dem Ventrikel heraustritt. Die linke Lungenschlagader entspringt aber gemeinschaftlich mit der Aorta der linken Seite, aus dem linken Ventrikel selbst. Die beiden Lungenarterien sind sehr klein, oder vielmehr eng, besonders ist. es die rechte. Die linke Lungen- arterie hat aber dennoch an ihrer Ursprungsstelle drei halbmondförmige Klappen. Die beiden Aorten haben solche ebenfalls. Die rechte Kranz- schlagader des Herzens entspringt aus der rechten, die linke aus der linken Aorta im Becken einer halbmondförmigen Klappe. Die Lungen sind, wie bemerkt, einfach, sehr klein, sonst aber normal gebaut. Der Darmkanal und die übrigen Organe des Unterleibes bieten nichts normalwidriges dar. . ANMERKUNG. 1.) Der in der ersten und zweiten Beobachtung vorkommende Ursprung der Schlüsselbeinschlagader aus der Lungenarterie ist meines Wissens noch von kei- nem Anatomen wahrgenommen worden. Es findet hier für einen Stamm der Ar- 3r® 248 terienausbreitung des Herzens eine Versetzung desselben auf die venöse Seite statt, im Einzelnen also, was im Grossen Cardianastrophe. genannt wird. Es floss somit venöses Blut aus der Lungenarterie in, die Extremität, zu, welcher der Schlüssel. beinast dieser Arterie hinging. Wegen der beim Foetus vor sich gehenden Ver- mischung der beiden Blutarten hat dieses aber noch keine besondere Folgen. Im ersten Fall hat jedoch das Kalb noch einige Stunden nach der Geburt gelebt. Ob sich eine Schwäche der rechten Extremität hier gezeigt'habe, konnte ich: nicht,in Erfahrung bringen. 2.) Auch die in der zweiten und dritten Beobachtuug erwähnte Verschmel- zung der Luftröhre und Speiseröhre scheint mir der erste bis jetzt beschriebene Fall dieser Art zu seyn. Es ist dieses eine Missbildung, der keine entsprechende analoge normale Bildung auf irgend einer Stufe der Thierreihe an die Seite ge- stellt werden kann. Ungeachtet dieser Verschmelzung des Kanals der Luftröhre mit dem der Speiseröhre fand sich doch keine merkliche Ansammlung von amni- scher Flüssigkeit in den Lungen. BE u ri 17 A D KA) ER \ € N \ e we y SD h An AITISE Ss-- f XV. FERNERE UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE HINTERE EXTREMITÄT DER OPHIDIER UND ÜBER DIE SCHUPPEN DER CÄCILIA. (Mit einer Abbildung. Taf. XXI. Fig. 2—4.) Von Dr. MAYER ın Bonn. Durch die Güte des Herrn Director Temmink in Leyden bin ich in Stand gesetzt meinen früher über die hintere Extremität der Boa in den Acten der Kaiserlich-Leopoldinischen Akademie Vol. XII. P. 2. mitgetheil- ten Beobachtungen mehrere Ergänzungen nachfolgen zu lassen. Derselbe hat mir nämlich durch Herrn Boie mit seltener Freigebigkeit ein Geschenk von mehreren Schlangen in Weingeist zur Unterstützung und Fortsetzung meiner Untersuchungen über diesen Gegenstand zukommen lassen. Ich fahre nun zuerst fort in der Beschreibung des Fussrudimentes eini- ger Schlangen, über die ich früher noch nichts gewisses aussagen konnte, und werde nachher über die Schuppen der Cäcilien meine weiteren Unter- suchungen mittheilen. 250 ERS SE E.NFIAIM EL ZWEITES GENUS. Eryx. In den Denkschriften der königlichen Akademie der Wissenschaften zu München hat Schneider eine Abhaudlung unter dem Titel: Beitrag zur Klassifikation und kritische Uebersicht der Arten aus der Gattung der Riesenschlangen (Boa) bekannt gemacht, in welcher er die Eryx turcica zur Gattung Pseudoboa rechnet. Da er in dieser Abhandlung ausdrücklich bemerkt, dass den Pseudobois die Afterklauen fehlen (man sehe 1. c. S. 95.), so spricht er solche auch der Eryx turcica ab, was bei einem sonst so scharf- sichtigen Beobachter auffallend ist; denn es ist nicht nur kein Zweifel vorhan- den, dass die Gattung Eryx die Afterklaue besitze, sondern man findet auch im Innern alle die Charaktere einer hinteren Extremität, wie bei den Boen. Ich habe eine Eryx turcica Oliv. vor mir und bemerke Folgendes: Die Schlange hat die Länge von 1 Fuss 4 Zoll rhein. Die Klauen am After sind deutlich zu erkennen, aber klein, wegen der Jugend des Thieres. Die hintere Extremität, unter den letzten Rippen frei schwebend, besteht aus drei Knochen, deren Form ganz derjenigen, die wir an den entspre- chenden Knochen der Boa beschrieben, ähnlich ist; nämlich aus dem Os cruris, Os metatarsi und dem ,Nagelglied.mit seinem Nagel überzogen, der leicht wie eine Hautschuppe, sich von jenem abziehen lässt. Die seitlichen Ossa tarsi sind, vielleicht wegen.Kleinheit und Jugend des Exemplares, nicht deutlich zu bemerken. Die Muskeln. zeigen eine ähnliche Anordnung, wie wir solche bei der Boa bemerkten. DRITTES GENUS. ı Python. Daud. Bei einem’ Exemplar, dessen Länge 4 Fuss 8 Zoll rheinisch betrug, fand sich die Klaue deutlich zwar aber weich. Im Innern hatte der ganze Pe ns EM u EEE 251 Muskel- und Knochenapparat dieselbe Lage, wie bei der vorigen Gattung. Das Os crurıs war selir schwach, dünn und nur nach rückwärts aus Kno- chenmasse bestehend; der vordere Theil desselben zeigte noch blosse Knor- pelmasse. Das Os metatarsi besitzt zwar einen deutlichen Processus, der aber fast ganz knorpelicht ist, so dass nur ein Knochenkern in der Mitte zu sehen ist. Eben so ist das Klauenglied beschaffen. Die Oss« tarsi waren noch nicht zu unterscheiden. Die Muskulatur war verhältnissmässig ent- wickelt, und umgab die Knochenmasse auf die gewöhnliche Art. Bei einem Python von 6'/, Fuss, welchen ich in Leyden selbst zu zergliedern Erlaub- laubniss erhielt, war dieses Organ ebenfalls nicht so stark und vollkommen entwickelt, wie bei der Boa. Bei einem getrockneten Exemplare war da- gegen die Klaue ebenso ansehnlich und stark wie bei dem Genus Boa. Ob bei dem Männchen des Genus Python diese ganze hintere Extremität stärker entwickelt sey als bei dem Weibchen, mögen fernere Untersuchungen ent- scheiden. Achrochordus. Nach dem getrockneten Exemplare zu urtheilen, welches mir Herr Sehlegel in Leyden die Gefälligkeit hatte zu zeigen, scheint diese Sehlange, welche in den meisten Systemen erst am Ende der Classification ihren Platz erhält, mit den Boen sehr verwandt zu seyn. Typhlops lumbricalıs. Diese Schlange zeichnet sich durch eine besondere Form der Kno- chengebilde an ihrem Hinterkörper aus. Die Beschreibung, welche J. F. Meckel von diesen. Knochengebilden an dem Körper von Ty- phlops crocotatus (?) gibt, ist vollkommen richtig, und ganz dieselbe An- ordnung habe ich auch bei T'yphlops lumbricalis gefunden. Es finden sich gegen die Mitte des Bauches hin, vorwärts von dem After, zwei knieförmig gebogene Knochen, welche vorn unter einem spitzen Winkel zusammenstos- sen. Jeder der beiden Knochen besteht aus einem hintern stärkern Theile, welcher mit dem der andern Seite paralell nach vorwärts läuft, und aus 252 einem mit jenem eingelenkten knorpelichen Theile, welcher unter einem stumpfen Winkel von dem ersteren nach einwärts abweicht, um sich mit dem gleichnamigen der andern Seite zu verbinden und mit ihm zu ver- wachsen. An der Haut am Eingange zum After glaube ich an der Stelle, wo die beiden knöchernen Theile die Haut berühren, zwei kleine Haut- papillen als Rudimente der Sporen bemerkt zu haben. Es ist immer auffallend, hier eine so verschiedene Anordnung des knö- chernen Fussrudimentes zu finden, so dass dieselben mit einander an ihrem Anfangspunkte verwachsen sind, und es scheint mir daraus zu folgen, dass man bei andern bisher ununtersuchten Schlangen verschiedene Varietäten in der Organisation dieser Theile wahrscheinlich noch finden wird. Ferner sind von mir untersucht worden Coronella annulata, C. rufes- cens, C. agtlis, C. cobella* (Boie), C. pricilogyrus, Erpetodryas carinatus (Boie), Dendrophis picta, Tropidonatus melanozostus (Kuhl), T. triangula- ris, T. vittatus, Dipsasdendrophila (Reinw.), Coluber Korros (Reinw.), Psam- mophis sibilans, Dryophis prasina (Reinw.), Elaps lemniscatus, bei welchen sämmtlich, wie bei den Coluber-Arten überhaupt, zu welchen sie früher gerechnet wurden, keine deutliche Spur von einem Rudiment hinterer Ex- tremität sich vorfinden lässt. Eben so wenig fand ich dieselbe angedeutet bei Platurus fasciatus und Bungarus semifasciatus Oppel. Es möchte viel- leicht bei ganz grossen Exemplaren von Coluber-Arten sich, wie ich früher zu bemerken glaubte, ein Knorpelfaden als Analogen des Fuss-Rudimentes vorfinden, oder, wenn künftige Untersuchungen diess nicht ersiesse. so müsste die Abtheilung Chondropoda ganz hinwegfallen. | In der oben angeführten Abhandlung von Schneider findet sich veine Berichtigung seiner früher (in dem Specimen physiologiue amphibiorum IT; p- 46.) gemachten Beobachtung über die Afterklaue. „Der Knochen (heisst es l. c. Seite 115.), woran die Klauen sitzen, hat mit den Rippen keine Verbindung, sondern liegt zwischen dem Darmfelle und. den letzten Rippen in einer schiefen Richtung durch Muskeln befestigt.“ | 253 Man sieht, dass diese Stelle‘ ‚nichts ; wesentlich, Neues enthält, doch musste selbe nachträglich noch erwähnt werden. Deher die Bestimmung dieser Klaue, hat/Schneider meines ‚Wissens: nirgends ‚sich ‚ausgesprochen. Abgesehen davon, dass dieses Organ. seine ; Bedeutung als Rudiment, einer hinteren Extremität schon in sich selbst ‚trägt, so; ist wohl kein Zweifel vorhanden, dass selbes bei denjenigen Amphibien, bei welchen es vollkom- mener entwickelt ist, zu verschiedenen. Bewegungen des) Thieres mitwirken könne. Es kann ‚sich das Amphibium dadurch am,Boden , festhalten. und wahrscheinlich sodann mit. dem vorderen Theile seines. Körpers sich gerade aufrichten, ‚; Es ist bereits von andern bemerkt worden, dass vorzüglich die nicht giftigen Schlangen bei ihrem, Angriffe, anderer ‚T'hiere sich mit dem vorderen Theile des Körpers gerade aufrichten, während die giftigen Schlan- gen dabei im Kreise sich ‚zusammenrollen, ‚den Kopf etwas erheben und nun auf die Beute losschnellen. Die nicht giftigen Schlangen besitzen aber auch nach meiner früher gemachten Bemerkung eine hintere Extremität, während sie den giftigen Schlangen, die auch meistens einen langen Schwanz besitzen, im Durchschnitte fehlt. Ebenso unterliegt es wohl keinen Zweitel, se. Ba Fussrudiment zum Fortkriechen sehr nützlich ist und kräftig I die ‚Rippen, - welche be- kanntlich das Kriechen hauptsächlich bewirken, unterstützen könne. Vor- züglich aber dient diese hintere Extremität der Phänopoden zum Festhalten beim Klettern auf Bäume u. s. f. Ferner kann sich wahrscheinlich dadurch das Männchen an das Weibchen‘i in der Gegend des Minds Kar Behufe der Be- gattung anheften. "Wie diese Klaue: zur Vertheidigung als Waffe‘ dienen ‚soll, lässt sich schwerer einsehen, jedoch hat diess schon Russel, wie ich früher bemerkte, behauptet. Zeitschrift f, Physiol. III. 2. 32 254 ÜBER DIE SCHUPPEN’DER CÄCIMEN. rät b scho ll aha. uskt ur: le Bar kapapıgı Was ich nicht 'vermuthet hatte) "dass man die so ausführlich und bestimmt von mir beschriebene’Schuppenbildungan' dem Körper der Caecilia gracilis, widersprechen werde, ist dennoch geschehen. Namentlich‘ wurden diese Schuppen von den Naturforschern in Wien den Cäcilien abgesprochen ‘und mir — wie es 'möglich sey,' dieses! aig"meiner "so detaillirten Beschreibung der Schuppen zu‘ folgern, begreife ich nicht 4-"angemuthet,/ ich hätte die Hautdrüschen für Schuppen gehalten. 'Es'“war mir daher doppelt erwünscht, durch die Güte‘ des au dem Museum in Leyden’ mit eben so viel" Sinn als Thätigkeit arbeitenden Näturforschers, Herrn Schlegel, in Stand gesetzt zu seyn, meine Beobachtungen an’ der’ Caeöilia’ gracilis ach auf ändere Arten der Cäcilien in dieser Hinsicht ausdehnen zu können.‘ a Bei vier ‚Species von Cäcilien, nämlich bei Caecilia lumbricoides, Ca! cilia hypocyana, Caecilia glutinosa und Caecilia tentaculata fand ich die Schuppen und ganz auf dieselbe Art an der untern Fläche der Schienen die- ser Schlangen angelagert, wie ich es früher umständlich beschrieb und hier also nicht zu wiederholen brauche. Jede Schuppe ist in einem besondern Gefach oder ‚einer eigenen“ Vertiefung der Haut eingeschlossen. Gegen den . Schwanz hin werden 2 Schuppen E wie erwähnt, zahlreicher und BTOsseR, daher ragen. sie über den Rand der „Schienen etwas hervor, ’ N i Ich, will. :nun. die Schuppen . dieser von, mir. untersuchten Arlepı, ‚von Cäcilien einzeln beschreiben; Bei Caecilia gracilis haben die Schuppen eine‘ muschelförmige ‘Form (Taf. 22. Fig. 4.). Unter dem Mikroscop bemerkt man, dass die,Schuppe ‘aus lauter ovalen Kügelchen bestehet, welche in concentrischen Ellipsen' neben einander liegen. Jedes dieser Kügelchen enthält in seinem Körper frei und getrennt liegend mehrere kleine Kügelchen, so dass es scheint als sey die Schuppe aus lauter Infusorien namentlich Paramegeen zusammengesetzt. 255 Bei Caecilia, glitinosa.\bemerkt man keine concentrische Ellipsen, son- dern es sind in sich selbst’ zurückkehrende., und so gleichsam eine Schlinge oder Schleife bildende. ‚kreisförmige Gänge, (Kanäle), zwischen denen sich rundliche Köruchen neben einander befinden. (Fig. 3.) Bei Caecilia hypocyana bemerkt man dieselbe Anordnung. Bei Caecilia lumbricordes findet man blos ovale Kügelchen, welche in elliptischen Reihen concentrisch angelagert sind. Ganz so verhalten sich auch die Kügelchen in der Schuppe von Caecilia tentaculata. (Fig. 2.) Bei Caecilia tentaculata sind die Schuppen (besonders die am After- Ende des Thieres) sehr gross und ragen an dem Rande der Schienen- um /,—"/, Linie wenigstens frei hervor, die grössten kommen einer kleinen Linse an Grösse gleich. Merkwürdig ist es, dass auch hier die Natur mit einer Ausnahme un- serm System entgegen zu treten scheint. » Bei Caecilia annulata Spix näm- lich, war es mir nicht möglich ‚die Schuppenbildung ‘wahrzunehmen. Es fehlen dieser Species aber auch,die Schienen ‚oder es sind solche an ihren Rändern unter einander verwachsen, wie bei den Schlangen mit bandartigen Hautdecken. Es nähert sich diese Species den Amphisbänen, obwohl da- von durch den Mangel an Schwanz und die Form des Afters verschieden. Vergleicht man diese Schuppen mit denen der Fische, so bemerkt man die grösste Aehnlichkeit, besonders mit Hülfe des Mikroscops. Schon Le- dermüller hat einige Schuppen der Fische unter dem Mikroscop unter- sucht und vergrössert abgebildet, aber seine Zeichnungen sind nicht ganz der Natur getreu. Eine Ausnahme macht jedoch die Abbildung der Schup- pen des Aals (v. Amusemens microscopiques par M. L. Ledermüller, Nürnberg 1766. deuxieme ceinquantaine. p. 107. Tab. XCIII.), wo die ova- len Körperchen wie in der Schuppe der Caecilia tentaculata in elliptischen Reihen beisammenliegen. 32% 256 “ Fehlerhaft ist dagegen’ die Abbildung, "welche Ledermüller von den Schuppen der Schleihe gab (l. ce: Tom. I. Tab. XXIX. C.). Es entspringen nämlich aus’ einem Focus der oblongen ‚Schuppe weisse Kanäle, meistens unter einem rechten Winkel, welche strahlenförmig nach dem Rande der Schuppe sich ausbreiten und dadurch wie bogenförmige, jene Kanäle meistens unter einem rechten Winkel kreuzende , Querstreifen, durchflochten sind. Das Centrum scheint aus einer Masse von erweiterten Kanälen oder Ge- fässen, die „den lymphatischen Gefässen sehr ähnlich sind, zu bestehen. Aehnlich diesen Schuppen der Schleihe sind die Schuppen von Caecilia glutinosa und hypocyana. Erklärung der Abbildungen. Taf. XXI. Fig. 2. Ansicht der Schuppen von Caecilia tentaculata und von Caecilia lumbricoides in natürlicher Grösse und unter dem Mikroscope. Fig. 3. Dieselbe von Caecılia glutinosa AN hypocyana: Fig. 4. Dieselbe von Caecilia gracilis. XIX. ENTWICKELT SICH LICHT UND WÄRME BEIM LEBEN DER GEWÄCHSE? Von L. C. TREVIRANUS PROFESSOR ZU BRESLAU. Dass eine Entwickelung von Licht und Wärme durch das thierische Leben, wiewohl nach Unterschied der Ordnungen, 'Gattungen und Arten der Thiere in sehr verschiedenem Grade geschehe, ist eben so ausgemacht, als die Quelle und das Erregende dieser Erscheinungen selber dunkel sind. Unter- scheidet man bei den Thieren solche Lichterscheinungen, welche erst nach dem allgemeinen Tode oder an Theilen eintreten, welche nicht unter den höheren Formen des Lebens stehen, von solchen, die durch das Leben sel- ber erregt werden und das freie Spiel der höchsten Lebenskräfte begleiten ; so muss es, wie ich glaube, von den letztgenannten verstanden werden, wenn man mit Rudolphi !) sagt: dass die Lichterscheinungen nur bei den wirbellosen Thieren vorkommen, nicht aber in den höheren Klassen des Thierreichs anzutreffen sind. Denn das vermeinte Leuchten der Augen von Katzen und andern Thieren, so wie von Menschen, deren Auge krankhaft 1) Grundriss der Physiologie. I. 196. 258 beschaffen war, ist wie Rudolphi '), Esser 2) und Bened. Prevost >) zur Genüge dargethan haben, nicht dergleichen, sondern ein Zurück werfen des Lichts vom Tapetum der hinteren Wand des Auges an derjenigen Stelle, wo das Pigment fehlt. Das Leuchten aber, welches am Harne von Menschen und Thieren, am Schweisse des ersten, an den Eyern der Eidechsen, an den Schuppen und Gräten gewisser Fische beobachtet worden, ist offenbar phos- phorischer Art, sofern es sich an flüssigen oder festen Massen äussert, die bereits aufgehört haben, integrirende Theile im Lebensprocesse des Ganzen zu seyn. Ganz anders verhält es sich mit den Lichterscheinungen, die man bei wirbellosen Thieren, bei Insekten und Würmern wahrnimmt. Bei den Lampyrisarten z. B. die in der Hinsicht am öftersten beobachtet sind, hängt das Vermögen zu leuchten ganz von der Lebensstärke des Thieres ab, so dass, wenn dasselbe schwach wird, das Licht sich mindert und mit dem Tode des Thieres für immer erlöscht ?); wogegen es erregt wird und sich ver- stärkt durch alle mechanische und andere Reizmittel, welche eine lebhafte Empfindung z. B. von Schmerz im ‘Thiere hervorbringen, und dabei auf keine andere Art, so weit wir einsehen, ‚als.eben durch, diesen ihren Reiz wirken. Nimmt man dazu, dass der Sitz dieses: Leuchtens an eine beson- dere halbdurchsichtige, eyweissartige Materie gebunden ist, in welcher sich Nerven verbreiten: so scheint die Meinung von Ch. Bartholin, dass der Sitz des Lichts bei den leuchtenden Thieren das Gehirn sey °), freilich nicht, wohl aber der Schluss hinlänglich begründet, dass derjenige Act des thierischen Lebens, den wir unter Empfindung im weitesten Sinne begreifen, und der an das Nervensystem geknüpft ist, bei den leuchtenden Insekten 1) A. a.”O. 197. 2) Kastners Archiv f. Naturlehre. VIII. 3) Bibl. Britann. T. 45. 4) T. J. Todd an Inquiry into the nature of the luminous power of some of the a etc. Journ. of Sc. and Arts. XLII. 245. 5) De luce hominis et brutorum. Hafn. 1669. 319, 259 von einer Trennung des Lichts von seiner Verbindung mit der thierischen Materie begleitet sey, einem höchst merkwürdigen Vermögen des thieri- schen Lebens, welches von den meisten Physiologen mit Unrecht, wie ich glaube, mit dem Phosphoresciren, welches auch nach dem Tode noch fort- dauert, zusammengestellt wird. Auch von gewissen mikroscopischen Zoo- phyten des Meeres ist bekannt, dass wo ihrer eine grosse Menge vorhanden ist und gewisse‘ Umstände zusammentreffen, sie von dessen Leuchten die bei weitem häufigste Ursache sind; und dass vorzugsweise bei den Bewegungen dieser: T’hiere,‘ besonders ‘während einer Luftbeschattenheit, wodurch sie in Unruhe gerathen, z.B. bei bevorstehendem Sturme, dieses Leuchten sich zeige oder verstärke, so wie dass von jenen Thieren nach ihrem Gefallen das leuchtende Wesen ausströme, ‘ist von den besten Beobachtern anerkannt worden ). Ist nun aber leichter der Beweis zu führen, dass auch die Wärme thie- rischer Körper eine Wirkung von deren Leben sey, so ist doch andererseits noch bestritten, dass diese Wirkung innerhalb der Sphäre der dem thieri- schen Leben‘ eigenthümlichen Functionen falle. Gewiss scheint indessen, dass das‘ Vermögen, Wärme zu erzeugen, keineswegs ohne weitere Ein- schränkung dem thierischen Leben zukomme; denn, wie verschieden man auch von der eigenen Wärme der vier untersten Linneeischen Thierklassen urtheilen möge, ist doch so viel gewiss, dass, im geraden Gegensatze mit dem ‘Vermögen der: Lichtentwickelung, die beiden obersten Klassen das Vermögen, Wärme zu erzeugen, und sich in einem bestimmten Grade der- selben zu erhalten, vorzugsweise besitzen. Und aus den bis auf die neueste Zeit fortgesetzten Verhandlungen über die Quelle der thierischen Wärme dürfte sich ergeben, dass diese zwar zum Theile in chemischen Wirkungen, zum Theile aber in der Lebensthätigkeit des höheren Systems, da wo es auf die niederen wirkt, liege; denn wenn wir annehmen, dass das Schlag- 4) Quoy et Grimard, Obs. s. quelques Mollusques etc. Ann, d, Sc. natur. IV. 6. 260 y aderblut dadurch, dass es den, in den Lungen aufgenommenen, Sauerstoff an die organische Materie abgiebt, einen Verlust von Wärmecapacität und so eine Erhöhung seiner freien Wärme erleidet; so ist diese Abgabe von Sauer- stoff an das bildungsfähige Element des Körpers doch offenbar eine in be- stimmten Gränzen eingeschlossene Wirkung, die, wofern ich mir die Sache recht vorstelle, in die höchste Sphäre des thierischen Lebens fallen muss. Das Nervensystem daher, ‘welches an den Schlagadereuden beim Ansatze gewisser Stoffe, wie bei der Abscheidung anderer, thätig ist, giebt hier an der Oberfläche ein Hauptmoment zur Bildung der thierischen Wärme her; woraus wir meines Erachtens, genügender als auf irgend "eine andere Art, den beständigen Grad dieser Wärme neben seiner Verschiedenheit nach den Thierspecies, auch die, besonders im kranken Zustande, verschiedene Tem- peratur einzelner Organe, nicht weniger die Verminderung der allgemeinen Wärme im Winterschlafe gewisser Thiere, so wie einzelner Theile bei Un- terbindung, Lähmung oder Durchschneidung ihrer Nerven, zu erklären ver- mögen. Ist also in-der thierischen Haushaltung sowohl die Wärme, als das Leuchten lebender Theile an die Thätigkeit des Nervensystems gebunden; so lässt sich erwarten, dass bei den Pflanzen, wo für eine solche Thätigkeit “weder die anatomisch aufzuweisenden Elemente, noch innere Gründe sind, so wenig ein Leuchten während ihres Lebens, als eine eigenthümliche. Wärme anzutreffen seyn werde. «Es ist jedoch das Gegentheil ‘von vielen. Naturfor- schern angenommen, im zu grossen Vertrauen, wie'es scheint, auf einzelne Erzählungen; was sich bald ergiebt, wenn man diese genauer erwägt oder sich einer Wiederhohlung des Versuchs, mit Beobachtung der gehörigen Sorgfalt unterzieht.: Die Berichte. der ältesten Naturforscher über leuchtende Gewächse hat:Conr. Gesner zusammengestellt ?), selber jedoch keine Er- fahrungen der Art gemacht, und da bei Bestimmung, welche Pflanzen von 1) De lunariis. Tiguri. 1555. 261 ‘den Alten gemeint seyen, nur schwach begründete Vermuthungen leiten können !), so mögen jene Erzählungen hier übergangen werden. In den der neuern Zeit angehörigen Beobachtungen sind zwar die Arten im Allgemeinen bezeichnet; allein es fehlt viel, dass aus ihnen ein, den Lebensprocess der Gewächse begleitendes Licht-Ausströmen sich ergäbe. Dahin gehört was vom Leuchten mancher Gewächse der einfachsten Art, Moosen, Tangen, Conferven, Schwämmen, in mehreren Schriften vorkommt, indem sich fragen lässt: ob dasselbe an den genannten Körpern schon während ihres Lebens oder erst nach dem Absterben eintrat und nicht etwa Gegenständen, wovon sie um- geben waren z. B. bei Schwämmen oder Byssusarten dem faulen Holze, worauf sie sassen, angehörte; mit einem Worte: ob es nicht ein rein phos- phorisches Phänomen war. So z. B. heisst es von einem sehr kleinen Laub- moose, der Schistostega osmundacea, nur: es scheine Licht zu entwickeln, indem es in dunkeln Höhlen einen hellen Schimmer um sich verbreite 2). Die leuchtend beobachteten Rhizomorphen gaben doch in sehr vielen Fällen 1) So vermuthet C. G. Nees von Esenbeck (Die unterird. Rhizomorphen ein leucht. Lebensprocess ; N. A. N. cur. XI. 611.), unter dem wunderbaren Kraute Aglaophotis, welches bei Nacht leuchten soll, möge Diptamnus albus verstanden seyn und unter den Gründen für diese Vermuthung ist auch dieser: weil der Diptam eine entzündbare Atmosphäre um sich bilde. Allein abgerechnet, dass dieses ihm unter den leuchtenden Gewächsen keine Stelle geben würde, verdient das Phänomen am Diptam selber noch eine weitere Untersuchung. Denn wenn Bertholon (Die Electricität in Bez, auf die Pflanzen), Ingenhouss (Vers. mit Pflanzen. I. 191.), Willdenow (Grundr. der Kräuterkunde, 6. Aufl. 458.) eine Flamme ‚beobachteten, die an warmen heiteren Abenden um die: Blumen durch den electrischen Funken oder durch Näherung einer brennenden Kerze entstehe; so haben dagegen Schrank (Bay. Flora. I.679.), Saussure (Rech. chim, sur la vegetation. 129.), Sprengel (V. Bau u. Natur d. Gew. 357.) nichts der Art wahrnehmen können ; auch bemerkt man’in den Umständen, mit welchen Ingenhouss und: Willdenow ilas Phänomen beschreiben ‚ eine wesentliche Verschie- denheit: Mir ist es unter den günstigsten Umständen nie gelungen, in einer auch geringen Entfer- nung von den Blumen duch einen brennenden Span eine Flamme hervorzubringen, was allein den Namen einer entzündlichen Atmosphäre verdienen würde; nur wenn der brennende Körper die Harz- drüsen der Kelche und Genitalien berührte, entstand ein schwaches Flackern und Knistern. 2) Bryologia Germanica. I. 111. Zeitschrift £. Physiol. III. 2. 33 262 kein Licht von sich !). Das Leuchten setzte sich fort an, abgerissenen Stü- cken; es waren Wärme und Wasser dazu ‚erforderlich; Bedingungen, welche in ihrer Verbindung anzudeuten scheinen, dass ein Grad; von. Auflösung da- bei mit:im Spiele war. Ein Leuchten des austretenden Milchsaftes, so von Martius in Brasilien an der, nach diesem Phänomen benannten, Euphorbia phosphorea nur Einmal, unter anscheinend ganz besondern Umständen, be- obachtet wurde 2), lässt sich’ am schicklichsten, . wie ich glaube, mit, dem zuweilen wahrgenommenen Leuchten des Harns und anderer Excernibilien bei Thieren, deren Lebensprocess sonst durchaus von keiner, Lichtentwicke- lung begleitet ist, vergleichen; wobei zugleich ‚an die Elektricität zu, erin- nern, so. flüssige Körper oft im Moment, des, Erstarrens zeigen. Als ein Hauptbeweis jedoch für das‘ Vermögen der, Gewächse, Licht zu entwickeln, wird das.Leuchten gewisser.Blumen von den ‘Meisten angeführt. Vorzüglich sind es Blumen von gelber, besonders von fenergelber Farbe, an denen man an Abenden, welche: auf heitere Tage. folgten, ein Leuchten, Blitzen, Funkensprühen bemerkt hat, z. B. Tropaeolum, Calendula, Lilium bulbiferum und andern. Pursch will auch an der in voller Blüthe stehen- den Oenothera biennis beobachtet haben, dass sie in dunkelen Nächten aus einer grossen Entfernung mit einer hellen, weissen Farbe sich bemerklich mache, was er einer „phosphorischen Eigenschaft ihrer Blumen“ glaubt zu- schreiben zu müssen °). Allein Ingenhouss, indem er die Versuche an Tropaeolum in der Art wiederhohlte,: dass er: diese Blumen nicht blos bei schwachem Lichte, wie es amı Abende und in Sommernächten ist, sondern in völliger Dunkelheit beobachtete, konnte keine Spur von einem Leuchten und Blitzen wahrnehmen *), und den nämlichen Erfolg hatten die Beobach- tungen von Senebier °) und dem jüngeren Saussure °) an diesem und 1) Die unterird, Rhizomorphen u. s. w. a, a, O. 640. 652, 662. u. s. w. 2) Reise in Brasilien von Spix und Martius. II. 726. 3) Fl. Amer. septentr, I. 261. 5) Physiol. v&getale, II. 21 4) A. a 0. II. 273. 6) A. a. O. 129. 263 - andern Gewächsen. Eben so wenig'hat es mir gelingen wollen, ein Leuch- ten und Blitzen der Blumen von 'Coreopsis tinctoria, von Gorteria pavonina, von Tagetes und Tithonia bei völliger Dunkelheit wahrzunehmen. Denn wie- wohl man gestehen muss, dass 'solehe Blumen in- der Dämmerung vor andern und wie mit einem hellern Lichte sich bemerklich machen; so ist doch, wie Ingenhouss in einem ähnlichen Falle sich überzeugte !), das Urtheil, dass sie wirklich leuchten, eine Täuschung, deren Entstehung Göthe 2) auf eine völlig genügende Art, wie ich glaube,''nachgewiesen hat. Das Auge, wel- ches von der schwärzlich grauen Farbe, womit doch die meisten Gegen- stände bei einbrechender Nacht erscheinen, zur lebhaften Farbe jener Blu- men übergeht und beide im Gegensatze erblickt, wird von der letzten mehr getroffen, als wenn sie allein da wäre, oder als am Tage geschieht, wo auch andere Gegenstände unter dem Einflusse des Sonnenlichtes mit lebhaften Farben erscheinen. Was Sprengel?) gegen diese Erklärung angeführt hat: dass man dann in völliger Dunkelheit das Phänomen nicht haben müsste, dienet, sofern allerdings unter diesen Umständen die Erscheinung nicht Statt findet, vielmehr zur Bestätigung, als zur Widerlegung derselben. Eben so schwach begründet, als die Meinung von Lichtentwickelungen an lebenden Gewächsen, erscheint der Lehrsatz von einer eigenthümlichen Wärme der Pflanzen, sofern darunter nicht etwa mit Rudolphi) eine sol- che verstanden wird, die in einem gewissen Grade von der Temperatur der Atmosphäre abhängig ist; welche Annahme noch grössere Schwierigkeiten, als die andere, mit sich führen dürfte. Jene Wärme soll nun theils von einer bleibenden und bestimmten Art seyn im Stamme, theils von einer veränderlichen Art in den Blüthen vieler Gewächse, insbesondere der Aroi- deen. Was das erste betrifft, so sind bekanntlich Versughe von Hunter, Schöpf, Salom& und Hermbstädt vorhanden, von denen die genannten 1) A. a. O. IT. 271. . 3) A. a. O. 357. 2) Zur Farbenlehre 1. 21. 4) A. a. ©. 1. 167. 33* 264 Naturforscher glaubten, dass aus ihnen auf eine eigene Wärme der Gewächse geschlossen werden könne;; allein Nau !), mein. Bruder ?2) und Andere haben auf das Ungenügende dieses Beweises aufmerksam | gemacht, indem zugleich aus den Beobachtungen von Nau und Fontana sich ergiebt, dass die Ge- wächse nur eine mitgetheilte Wärme haben, welche besonders die Holz- pflanzen durch ihre genaue Verbindung mit dem Erdboden in einer be- trächtlichen Tiefe, so. wie durch ..die ‚sehr: nichtleitende Beschaffenheit des Holzes, besitzen. Dieses ist denn auch das Ergebniss der von 'F. A. Hal- der °) beschriebenen Versuche, welche‘ Schübler mit einer solchen Be- rücksichtigung aller Umstände angestellt hat, dass ich glaube, man könne dem daraus gezogenen Resultate, dass. die Pflanzen ‚keine \eigene; bleibende Wärme besitzen, nichts Erhebliches entgegensetzen. ' ‚Ihre ‚Teinperatur im Innern sinkt, indem ‚sie sich langsam mit ‚der äusseren: ins Gleichgewicht setzt, zu einem Minus’ von 14° herab und alle Feuchtigkeiten im Stamme befinden sich dann in einem gefrornen Zustande. So habe ich es auch an Sträuchern und Bäumen, die nie bei uns'erfrieren, an Sambucus nigra, ‚Syringa vulgaris, Rubus idaeus, Vitis quwinquefolia nach vorhergegangenem Froste von — 22° beobachtet, Ueberall’unter der braunen Hautdecke auf und im Zellgewebe der äusseren Rindenlage zeigten sich häufige Eisklümpchen und in Juglans regia waren dergleichen in- grosser Menge und in ziemlicher Grösse zwischen den Queerscheidewänden des Markes der jährigen: Zweige. wahrzunehmen. Das Nämliche, was von den holzbildenden: Gewächsen lässt sich, wie: ich glaube, von dem krautartigen Theile derselben, so wie von Kräutern sagen, welche einen beträchtlichen Frost, ohne getödtet zu werden, aushalten können. Man betrachte z. B. die Blätter, vom: gemeinen. Goldlack nach einem Froste von — 10°. ‚Sie sind dann rückwärts. dem Hauptstengel, genähert, ihr sonst, helles Grün hat eine blasse, fahle Modification angenom- 1) Wetteray. Annalen I. 3) Beobachtungen über d. Temperatur d. Vegeta- 2) Biologie V. 6. bilien. Inaug. Schrift. ‚Tübingen .1826. ö 265 men und aus ihrem steifen, brüchigen Wesen, so wie aus ihrer Verände- rung, nach dem Vergrösserungsglase zu urtheilen, ist der Saft in ihren Zellen wirklich gefroren. Gleichwohl sind solche Blätter keineswegs ihres Lebens beraubt, sondern kehren im nächsten Frühlinge, wenn nur das Auf- thauen langsam und unter günstigen Umständen vor sich geht, zu ihrer vo= rigen Farbe, Weichheit und Turgescenz, mit einem Worte zu ihrem vorigen Leben zurück. Was die veränderliche und zum Theil sehr bedeutende Wärme betrift, so an den Blüththeilen mancher Gewächse vorkommen soll; so hat solche meines Wissens zuerst Lamark !) an den Blüthkolben des Arum italicum beobachtet, und späterhin auch an denen des Arum vulgare (4. maculatum L.) 2). Es wiederhohlten mit Erfolg diese Beobachtungen: am Arum macu- latum Senebier ?), am Arum cordifolium Hubert ?), an mehreren, zum Theile nicht namhaft gemachten Gewächsen Bernhardi 5), am Arum ita- licum C. C.Gmelin °), am Arum esculentum Bory S. Vincent 7), am Arum maculatum und dracunculus, so wie an Cucurbita melopepo und einigen andern Gewächsen Th. Saussure ®), und diese Erfolge sind aller- dings ‚geeignet, Zutrauen zu erwecken. Allein abgerechnet, dass J. F. Smith keine Erwärmung am drum maculatum wahrnehmen konnte 9); so ergiebt sich, wenn man die Beobachtungen vergleicht, auf denen das obige Resultat beruhet, eine Verschiedenheit in den wesentlichsten Puncten. Es muss auf- fallen, dass Saussure am Arum italicum selber, welches er zwölf Jahre hindurch im Blühen beobachtete, keine Wärme-Entwickelung wahrnahm, während er solche doch am Arum maculatum und Arum dracunculus zu 1) Encyclop. method. III. (1789) 9. generatione intercedentes; Römer’s Arch. f. d, 2) Fl. frangaise III. 538. Botan. III. 447. Fl. Badens. III. N 3) Physiol. veg&t. IIT, 314. 6 TREE T)A, a. 0. 84. 4) Bory $. Vincent. YVoy. d. ]. quatre princip. 8) De Vaction d. fleurs sur V’air; Ann, d, Chimie. Isles etc. U. 68— 50. XXL. 279. 5) Similitudines inter reg. anim. et vegetabile de 9) Introduct. to Botany. 2. Ed. 92, 266 bemerken glaubte; denn, dass die bei. .Arum italicum fehlgeschlagene Be«: fruchtung nicht ‚Ursache. seyn könne, beweiset drum dräcunculus, wo. ge- wiss der: nämliche Umstand war und doch‘ Wärme-Entwickelung beobachtet wurde. Nicht minder bemerkenswerth ist, dass in den Versuchen Sene- bier’s mit Arum maculatum und Bory’s mit Arum esculentum die Tem- peratur des Blüthkolben die der Atmosphäre um'einigei Grade und in de- nen von Saussure mit Oucurbita und Bignonia nur um einen halben Grad des hunderttheiligen Thermometers überstieg, da hingegen in Hubert’s Versuchen das Steigen von 25 bis 30 Grad nach Reaumur betrug. Während ferner Senebier die Wärme einige Stunden nach Mittag am stärksten Tand, war sie nach Hubert des Morgens in ihrer grössten Höhe; auch muss 'es nicht wenig auffallen, dass in den Versuchen von Hubert der Erfolg der nämliche war, die Schafte mit den Blüthkolben ‘mochten noch auf der Wurzel sitzen oder von ihr getrennt, ja der Länge nach durchschnitten seyn, indem die Wärme-Entwickelung dessenungeachtet vor sieh ging. Diese und andere Zweifel schienen eine Wiederhohlung der Versuche nothwendig zu machen und demzufolge will ich angeben, was ich selber in einem Zeit- raume von drei Jahren über diesen Gegenstand beobachtet habe. ' Da jedoch das Detail dieser Versuche, sofern solche im Ganzen immer auf die näm- liche Art und’ mit dem nämlichen Erfolge angestellt sind, ermüdend für den Leser seyn würde; so führe ich nur an, dass sie an Arum divaricatum, dracuneulus, pedatum, sagittifolium, fornicatum, tripoliatum, an Caladium bicolor und. viviparum, an Calla aethiopica, au Pothos crassinervis, lanceo- lata, digitata, violacea und cordifolia, also an einer bedeutenden Anzahl von grösseren und kleineren Aroideen, von denen Arum fornicatum, Pothös crassinervis und violacea auch fructificirten, angestellt sind. Die Versuche wurden zu den verschiedensten Zeiten des Jahres unternommen, einige. da- her in den Wintermonaten im warmen Zimmer, andere, zur Sommerzeit bis in den Herbst, sowohl im Glashause, als in freier Luft und im. Allgemeinen verfuhr ich «dabei so, dass ich den Kolben vom Anfange des Ocffnens der 267 Scheide an, wo ‘die Antheren meistens noch eine Zeit lang geschlossen bleiben, bis zu‘ geendigter Ausstossung ‚des Pollen und welkender Scheide beobachtete. Dieses geschah, indem ich ‘dem Gefühle der Fingerspitzen nicht allein vertraute, theils durch Anlegung der Lippen und der Zungen- spitze an, den Kolben, so, weit er, aus der Scheide hervorragte, theils durch Einsenkung der Kugel eines kleinen, sehr empfindlichen Thermometers in den unteren tütenförmigen Theil der Scheide; wobei jedoch immer ein zweites, mit jenem ganz correspondirendes Thermometer zugleich beobachtet wurde, um die etwanigen Temperatur-Veränderungen der Atmosphäre nicht auf Rechnung der Pflanze zu setzen. In mehreren Fällen z.B. bei Caladium viviparum, Arum dracunculus und andern, geschah die Beobachtung einige Tage durch, so lange nämlich die Blüthentheile im Zustande höchster Ent- wicekelung waren, stündlich, in andern hingegen nur öfter des Tages; im- mer aber wurde der mögliche Einfluss des Sonnenlichts auf das Resultat möglichst abgehalten. Das Ergebniss zahlreicher Beobachtungen dieser Art war nun sonder Ausnahme verneinend; niemals gab das Thermometer eine Erhöhung der Temperatur an, wenigstens keine andere, als eine höchst un- bedeutende von einem halben Grade oder Grade, dergleichen ein, durch ge- ringfügige Ursachen z. B. die blose Nähe oder das Athmen des Beobachters, gestörtes Gleichgewicht der Wärme zuweilen schon hervorzubringen ver- mag. Dagegen fühlte sich in allen von mir beobachteten Fällen der Kolben bei Anlegung der Lippen und der Zungenspitze, auch wenn er bereits im Welken war, minder kalt an, als die übrigen Theile, besonders die Blätter, der Schaft und die Scheide des Gewächses, und es ist nicht unwahrschein- lich, dass es dieses gewesen, was bei manchen Beobachtungen jene Meinung veranlasst hat '). Dass aber dieses, sofern es blos auf einem niederen Wärme-Leitungsvermögen beruhet, also einem Verhältnisse zuzuschreiben 1) So z. B. beschreibt Bernhardi (a. a. O. 447.) die Fructificationstheile des Arum maculatum als „tactu calidas, nec quemadmodum partes plantarum ceterae, frigidiusculas.““ 268 ist, welches auch unter leblosen Körpern besteht, für keine innere, durch das Leben bewirkte Wärme-Erzeugung ein Zeugniss geben könne, bedarf meines Erachtens keine Erinnerung. Ich glaube demnach, so weit meine Erfahrungen bis jetzt reichen überwiegende Gründe dafür zu haben, dass bei den Pflanzen keine Entwi- ckelung von Licht und Wärme, ols Resultat des Lebensprocesses Statt habe Im März 1829. XX. ÜBER DIE EINWIRKUNG DES MOSCHUS AUF DIE VEGETATION. Von De. HR GÖPPERT, PRIVAT-DOCENTEN AN DER UNIVERSITÄT BRESLAU. Bei der grossen in allen Zweigen der Naturwissenschaften herrschenden Thätigkeit konnte es nicht fehlen, dass auch der Lehre von der Einwir- kung der Gifte nicht geringe Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Ohne in eine nähere hieher nicht gehörende Erörterung der zahlreichen Entdeckungen einzugehen, die auch in dieser Hinsicht die jüngste Zeit als unvergesslich in den Jahrbüchern der Wissenschaften bezeichnen, erlaube ich mir nur zu bemerken, dass man nicht nur eifrig bemüht war, die Wirkung der gifti- gen Stoffe auf Thiere, sondern auch auf Pflanzen, die andere Reihe organi- scher Körper, zu erforschen. Auch der Verfasser, der sich unter allen lite- rarischen Beschäftigungen mit grosser Liebe zu physiologischen Unter- suchungen hingezogen fühlt, eine Richtung mit welcher sich für immer dank- bare Erinnerung an seinen Freund und Lehrer Hrn. Prof. L. C. Treviranus verknüpft, gewann bei den die chemische Pflanzenphysiologie und zunächst die Lehre von der Ernährung betreffenden Arbeiten nur zu bald die Ueber- zeugung, dass es zu näherer Kenntniss des Pflanzenlebens vor allem nöthig Zeitschrift f. Physiol. IIL 2. 34 2770 wäre, das Verhalten der Vegetabilien zu allen nur denkbaren äussern Ein- flüssen und Stoffen in nähere Betrachtung zu ziehen. So untersuchte ich in dieser Hinsicht eine grosse Anzahl von Stoffen und obgleich es mir gelang zwischen sehr vielen derselben ungeachtet ihrer so verschiedenen chemischen Beschaffenheit eine merkwürdig übereinstimmende Wirkung nachzuweisen , so bin ich doch noch weit von meinem ursprünglichen vorgesteckten Ziele alle diese Untersuchungen in systematischer Uebersicht vereint dem Urtheile der Sachverständigen vorlegen zu können, entfernt, da ich in diesem Zweige der Wissenschaft nur wenig zweckdienliche Vorarbeiten fand und somit Alles auf dem zwar mühevollen, aber, ich darf es wohl ohne Anmassung aussprechen, doch wohl einst wahren Gewinn gewährenden Wege des Selbstforschens zu erstreben bemüht seyn muss. Unter jene Stoffe, deren Wirkung auf die Vegetation ich bereits hinlänglich erörtert zu haben glaube, gehören das Ammonium und die riechenden vegetabilischen, welche dieses. Princip einem ätherischen Oel oder einem diesem wenigstens analogen Stoffe wie dem Campher verdanken. Auch in den geringsten Quantitäten vernich- ten sie die Pflanzen, man mag letztere nun mit den Auflösungen oder den Ausdünstungen derselben in Berührung bringen. Es schien mir daher in- teressant auch die thierischen riechenden Stoffe zum Gegenstand der Unter- suchung zu wählen und es sey mir vergönnt hier die Resultate einer Anzahl von Versuchen anzuführen, die ich in ‚dieser Beziehung zunächst mit dem Moschus anstellte. | 1. Saamen von Lepidium und Pisum sativum in einer Mischung von 9 Gran Meschus mit 2 Drachmen Wäßer befindlich keimen, und entwickeln sich auch zu Pflanzen, wenn sie in Erde befindlich mit jener Flüssigkeit be- gossen werden. 2. Pflanzen, die in jene Mischung, gleichviel mit oder ohne Wurzel, gebracht werden, dauern fast eben so lange Zeit aus als andere, die in rei- nem Wasser aufbewahrt werden. Die in dieser Hinsicht untersuchten Pfilan- zen (Lamium amplexicaule, purpureum, Pisum und Lepidium sativum, Se- 271 necio vulgaris, Piqueria trinervia, Hibiscus rosa sinensis, Sisymbrium pan- nonicum, Hyptis stricta, Plecthranthus incanus, Pelargonium roseum, Can- nabis sativa,; Ervum lens, Impatiens balsamina, Convolvulus tricolor, Pri- mula sinensis, Coronilla securidaca, Salvia splendens , Chloris petraea, Kyl- linga monocephala), zeigten aber 'nach sorgfältiger Entfernung des in der Flüssigkeit befindlich gewesenen Theiles, selbst wenn sie 2 bis 4 Wochen hinein gestellt waren, nicht die geringste Spur irgend einer Aufnahme des riechenden Princips, sondern waren völlig geruchlos. Auf gleiche Weise verhielt sich auch eine Hyazintenzwiebel, die sich 2 Monate in jener Lösung befand und auch darin zum Blühen gelangte. Mehrmal sah ich mich ge- nöthigt Wasser hinzuzugiessen, demohnerathtet hatte sie nur dieses aber nichts von dem riechenden Wesen in sich aufgenommen. Mit Recht darf ich daher wohl dieses merkwürdige negative Verhalten als eine Aeusserung‘ von Mahlverwandschaft betrachten, indem die Pflan- zen sich nur das Wasser aus jener Lösung aneignen, das riechende Wesen aber unberührt lassen. Diese Beobachtungen lassen sich also ganz bequem den früher von mir schon entdeckten verwandten Erscheinungen bei Auf- nahme der Blausäure und anderer Stoffe anreihen. (Siehe: Ueber die Ein- wirkung der Blausäure und des Camphers auf die Pflanzen, in Poggendorf’s Aunal d. Phys. u. Chemie B. 14. St. 2. p. 245.) 3. Auch die in dieselbe Lösung gebrachten Milch secernirenden Pflan- zen (Euphorbia Caput medusae, characius und eyparissias, Papaver somni- ferum, Chelidonium majus, Asclepias ceurassavica, Leontodon taraxacum) verloren nichts von dieser Eigenschaft, welche doch schon von der schwäch- sten und kaum Geruch verbreitenden Lösung jeden ätherischen Oeles ver- nichtet wird. 4. Eben so’ völlig indifferent verhielt sich die Ausdünstung des Mo- schus. Am 20. November 1877 wurden in einen mit gewöhnlicher Garten- erde erfüllten Napf Kresse und Erbsen gesät (der Napf befand sich in einer Stube, deren Temperatur nie unter + 8 und nie über + 1% R. war) dar- 34* 272 auf derselbe in ein Ein Berliner Quart haltendes Glas gebracht, auf dessen Boden sich zwei geöffnete Moschusbeutel, dte zusammen ein Loth Moschus enthielten, befanden. Das Glas ward nun so bedeckt, dass der Geruch des Moschus sich nur wenig im Zimmer verbreiten konnte, Am 23. November keimten die Kresse, am 1. December die Erbsen und wuchsen fort bis Mitte Januar 1828, wo ich mich, wegen zunehmender, die Höhe des Gefässes übersteigender Grösse der Pflanzen genöthigt sah, den “ Versuch zu unterbrechen. Auf ähnliche Weise wurden eine grosse Anzahl Pflanzen der Ausdünstung dieser Substanz ausgesetzt und immer derselbe Erfolg beobachtet, ja auch verschiedene mit bewegungsfähigen oder soge=- nannten reizbaren Organen versehene Vegetabilien erfuhren keine Verände- rung oder auch nur Unterbrechung in der Ausübung dieser Function, z. B. die reizbaren Staubfäden, der Berberis vulgarıs bewegten sich immer zur Narbe, die Blätter der Mimosa pudica schlossen sich bei jedem Reiz und öffneten sich auch wieder u. s. w. Wenn nun, wie Guibourt und Blondeau behaupten, der Moschus sein flüchtiges riechendes Princip einem den ätherischen Oelen analogen Stoff oder auch nach Thiedemann und Buchner dem kohlensauren Ammonium verdankte, so würde er sich gewiss nicht so negativ gegen die Vegetation verhalten, da, wie schon erwähnt, jene Stoffe auch in der geringsten Quan- tität feindliche Wirkung auf den vegetabilischen Organismus ausüben. Mit grösserer Wahrscheinlichkeit und, wie ich wenigstens glaube, ohne eine zu kühne Vermuthung zu wagen, können wir wohl annehmen, dass die Grund- stoffe des riechenden Princips des Moschus sich in einer Verbindung befin- den, die einerseits entfernt von dem ätherisch öligen, anderseits aber mit dem Ammonium in noch geringerer Beziehung steht und zur Zeit in ihrer Eigenthümlichkeit den Chemikern noch verborgen ist. Eine anderweitige Bestätigung dieser Ansicht dürften wir auch aus der therapeutischen Wir- kung der genannten Stoffe entnehmen: Das Ammonium im Allgemeinen 273 und abgesehen von seinen Eigenschaften als Alkali erregt lebhaft die nicht aus Mangel an Wirkungsvermögen unthätige, sondern gleichsam schlummernde Reizbarkeit und Empfindlichkeit, wirkt lebhaft auf die Sensibilität und be- schleunigt die Gefässthätigkeit; die ätherischen Oele und der Moschus hin- gegen wirken bei wahrhaft verminderter Vitalität auf das wirklich in seiner Energie gesunkene Wirkungsvermögen, wirken erregend auf das Nerven- und Gefäss-System, jedoch mit dem grossen Unterschiede, dass die ätheri- schen Oele beide Systeme gleich stark, ja das letztere schon in sehr kleinen Gaben, fast vorzugsweise in Anspruch nehmen, der Moschus hingegen vor allen die Adynamie der Nervenfunctionen zu heben vermag und nur erst in grössern Gaben auf eine gelinde Weise das Gefäss-System aflicirt. CHEMISCHE UNTERSUCHUNGEN ÜBER DIE FRAUENMILCH VON Dr. MEGGENHOFENN. ) Die nachfolgenden Versuche stellte ich im Heidelberger chemischen Labo- ratorium unter der Leitung meines Lehrers L. Gmelin in der Hoffnung an, dass sich chemische Mittel würden ausfindig machen lassen, durch wel- che die gesunde oder krankhafte Beschaffenheit der Frauenmilch, wie sich diese durch ihre verschiedene Wirkung auf die Säuglinge zu erkennen giebt, im Voraus bestimmt werden könnte. Ist mir dieses auch nicht gelungen, besonders, da sich mir zu selten Gelegenheit darbot, die Milch kranker Personen zu untersuchen, so liefern meine Untersuchungen wenigstens einen Beitrag zur Kenntniss der Frauenmilch im gesunden Zustande. Folgende Tabelle giebt eine Uebersicht der von mir "untersuchten Milcharten. *) Auszug aus dessen: Dissertatio inauguralis sistens indagationem lactis muliebris chemicam, quam consensu gratiosi medicorum ordinis in literarum universitate Ruperto-Carolina publico erudito- rum examini submittit auctor Carol. August. Meggenhofen, Moeno-francofurtensis, medicinae chi- rurgiae artisque obstetriciae doctor. Francofurti ad Moenum 1826. Der literarische Theil der Abhandlung ist in diesem Auszuge übergangen. 1 275 a ae Rennen 1 9 lShukenaen "Where < Niederkentt verflossene Zeit. Bas) j verflossene Zeit. Aus Iahree mt rain lage „N,.24 Jahre _ 3 16 Tage Bf 2 mar 1stnobed, P D2Gr "3 2 RR G327%6,3 2 8.0.» Bun, _ 36 '» Dei > 1 8.3: 0—- _ 60 >» E3-> 1 8» R’ —", : _ 00» F2 0» gu gs S- 0 100297008 G% » 2 9» eg —_ 2 Jahre H 30 » 3 10 >» U-—» _ 3:3 1023,» 1 10» V2% » _ 3 Tage K23 >» 1 12, > W- » _ 6» L.19 >» — 14 >» Al „> _ 14 >» M 21 0» Ä 45, >» Y-» _ 36 » Die Milch A bis U kam von gesunden, die von V bis Y von kranken Frauen. Die Frau, von der die Milch I erhalten wurde, war schon im 1?ten Jahre menstruirt. Die zwei Frauen von Q und R hatten während des Säu- gens die Menstruation. Die Milch S war besonders weiss; die Milch T war sehr weiss ‚und dick. . r Die Frau, von welcher die Milch V erhalten war, hatte ein schon in Fäulniss übergegangenes Kind geboren; die Milch liess sich nur durch Aus- drücken unter heftigen Schmerzen der Wöchnerin und nur in kleiner Menge erhalten; sie war dick und fadenziehend. Die Milch‘W kam von einer: syphilitischen Person. Die Milch X war dünn und weiss und zeigte nur wenig Rahm; das Kind, welches sie erhielt, litt an Convulsionen und Augenentzündung. Die Milch Y wurde von einer gerade am Kindbettfieber leidenden Frau erhalten. 14 \ 3 Prüfung der Milcharten mit Reagentien. Sie wurde bei 7bis15 Grad R. vorgenommen, Zu je 24 Tropfen Milch wurden von gewissen Reagentien 4, von andern 6, von noch. andern 8 Tro- 276 pfen gefügt, so dass immer dasselbe Verhältniss zwischen Milch und einem und demselben Reagens statt fand. | G. bedeutet Gerinnung und zwar 1 den schwächsten Grad, 2 den mitt“ leren, 3 den höchsten Grad derselben. — R. bedeutet Röthung. — O0 be- deutet, dass keine merkliche Veränderung statt fand. — Die Lücken in der Tabelle rühren davon her, dass von einigen Milcharten zu ‚wenig vorhanden war, um sie mit sämmtlichen Reagentien prüfen; zu können, |» Je|r|ela|e|mjo|r|s|r|v | ET ee Salzsäure . G?2 |G.2]| 0 0) I) 0 0 0 0) 0) 0 [) Essigsäure a RR I 20 N 0 oe ao ol oe Salzsaures Zinnoxydul . . . .| &2 |G. 36. 1/6. 1/6. 1.G. 3,6. 26.2) 0 G. Bleizucker . ? G.1 | oc. 1 oo) o| o0| 0) 0) o0|'o Bleiessig any - alt Werl 52 |6:13,G..116.,216. 1.6.2 & 1,6: 2,6. 116. 1/G. 1,6. 1 Eisemitiol 2.2.2 2..| 4, |@ 2]. 0/6. 1. 1l-0| 06.1 0 Salzsaures Eisenoxyd, urn ec G 2140 0 .o 0 0 0,0 0 Kupfervitriol‘ ". ;' eruinur og AEAC ae ll 0/0 8 :P, a 0 | 0|,.0| 0, 0 Salpetersaures Quecksilberoxydul G. 3 |G. 3.6. 3/G. 3G. 3.6. 3 G. 3,G. 3,G. 3,G. 3/G. 3,6. 34° Salzsaures Quecksilberoxyd . cı «2 0| 0) 0), 0| oo) oo’) 01 © Salpetersaures ‚Silberoxyd . G..2 0:1:,0 |% 1), \ G. 26. 2] 0.6. 16. 1 Weingeist von 36° Baumd . ... 1.1 |.o| 0 6. 1/G. 1 ol olo/o/lolc.ı Gallipfelüneun aa Mall BIS scale se, 36.3 6 Slarsie, Siersie see Lackmustinetur | R | R|R|R | RR RCUR | R | R | R.| r]| Nach diesen Versuchen zeigt die meiste Fraueimilch bei’ gewöhnlicher Temperatur mit Säuren‘ wuidımehreren Metallsalzen ‚keine Gerihnung., Hier- bei ist es- auffallend, ‘dass diejenige noch’ am leichtesten. gerinnt, welche wenige Tage nach der: Niederkunft secernirt worden ist, da-diese, doch am wenigsten Kässtoff enthalten:soll.: Die: starke: Gerinnung; der Milch.‘V durch die meisten Reagentien steht wahrscheinlich mit dem Absterben des Kindes “sy Ya während der Schwangerschaft in Zusammenhang. Uebrigens gerannen- alle 'von‘' mir untersuchte-Milcharten durch Salz- säure, Essigsäure, Bleizucker und Sublimat, sobald’ das Gemisch erwärmt 77 wurde; nur die Milch 'K. wurde selbst bei 80° R.. durch Essigsäure nicht zum a gebracht, Vergleichen. wir mit diesen ru: die früher erhaltenen; N ach Clarke wird die Frauenmilch in der Kälte durch Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure, Weingeist; und: Laabmagen nicht coagulirt. Nach Stipriaan, Luiscius’und Bondt zeigt sie in der Kälte keine Gerinnung mit Schwefelsäure, Salzsäure, Salpetersäure, Essigsäure, (hier auch nicht in der Hitze), Citronensaft, Weinstein, Zinkvitriol, Kupfer- vitriol, Alaun, Weingeist, Galläpfeltinctur (?) und Laabmagen; doch giebt sie mit Eisenvitriol eine schwache Gerinnung. Nach Bergius gerinnt sie in der Kälte nicht mit Schwefelsäure, Salz- säure, Salpetersäure I Citronensaft, Weinstein, Weingeist und Laabmagen; dagegen giebt sie bisweilen mit Essigsäure und immer in der Hitze mit Salzsäure und Salpetersäure ein mässiges Coagulum, Parmentier und Deyeux endlich fanden, dass die Frauenmilch in der Kälte durch Salpetersäure, Weingeist und Laabmagen stark coagulirt werde, nicht durch Essigsäure und Galläpfeltinetur (?), und dass sie mit Salzsäure, Schwefelsäure, Weinstein, Alaun, Zinkvitriol, Eisenvitriol und Kupfervitriol nur in der Wärme gerinne *). Zeigen sich bei Vergleichung dieser Beobachtungen unter einander und mit den meinigen auch einige, theils aus der verschiedenen Beschaffenheit der Milch, thejls aus dem verschiedenen Verhältnisse, nach welchem die Reagentien hinzugefügt wurden, erklärliche Abweichungen, so beweisen sie doch alle, dass die Frauenmilch minder leicht coagulirt wird als die Kuh- milch, #) Während alle von Dr. Meggenhofen untersuchte Frauenmilch Lackmus röthete, so fand sie Payen in einer erst neuerdings erschienenen Arbeit (Journal de Chimie medicale T, 4. p. 118) immer al- kalisch. Gm, Zeitschrift f. Physiol. III. 2. 35 278 Abdampfun& tnd Einäscherung der Milch. a Die Milch verschiedener Frauen wurde auf dem Wasserbade abgedampft, bis der trockene Rückstand keinen Gewichtsverlust mehr zeigte, worauf die Menge desselben 'bestimmt wurde. Derselbe erschien unten braun, oben bräunlichweiss und’ gelb, "war fest und' verbreitete einen süsslichen Geruch. Durch Verbremmen bestimmter Mengen dieses . Rückstandes vom mehreren Milcharten wurde die Menge der nicht merbeamnliihen Bestandtheile der Milch. bestimmt. u) 100 Theile Milch heferten +) Te an trockenem Rückstan!. an Asche. Wittdekenieih: Rückstand. ° an Asche. A 11,54 RK 11,13... | B 11,91 M 11,77 C 9,25 N 11,24 0,14 D 10,95 0,245 P 12,23 0,10 hiervon zeigten sich 0,089 Theile S 12,35 0,15 . im Wasser löslich und 0,156 nicht. T 21,07 | G 11,14 |v 13,38. Demnach liefert die Milch gesunder Frauen beim Abdampfen 10 bis 12 Procent trockenen Rückstand *) und beim Verbrennen 0,10 bis 0,24 Procent Asche. Die bald nach der Niederkunft gesammelte Milch’ giebt weniger Rückstand als die später secernirte; dagegen giebt erstere mehr Asche, hält also mehr salzige Theile. Die mehrmals von mir untersuchte Asche der Milch enthielt an in Wasser löslichen Theilen kohlensaures, schwefelsaures und salzsaures Kali oder Natron; das nicht in Wasser Lösliche bestand aus kohlensaurem und phosphorsaurem Kalk und Bittererde und einer Spur Eisenoxyd. *) Payen in der oben erwähnten Abhandlung bestimmte die Menge des trockenen Rückstandes zu 13 bis 44 Procent, ein Unterschied, der entweder von der Beschaffenheit der Milch, oder von einem. minder vollständigen Austrocknen des Rückstandes abzuleiten ist. Gm. 279 Analyse der ahgedumpften Milch. imittelst WW eingeists und Wassers. ‚Der durch Abdampfen erhaltene, 19,53 Gramm betragende, trockene Rückstand der Milch; S; wurde ‚mit kochendem Weingeist von 36° B. mög- lichst erschöpft, was wegen der grossen Menge Fett nur nach aelen Aus- kochungen gelang. Das weingeistige Filtrat Tiess nach dem Abdampfen 14,01 Gramm Ex- tract, bei dessen Auflösen'in Wasser viel Fett blieb, bei 25° R. schmelzend, dessen Auflösung im. heissen. Weingeist beim Erkalten Talgflocken ‚absetzte, deren Schmelzpunkt bei 28% R. lag. Die vom Fett getrennte wässerige Lö- sung liess beim Abdampfen ein braunes Extract, aus einigen’ Krystallen von Milchzucker, ‘und aus einer, die Bleisalze und das salpetersaure Queck- silberoxydul, nicht den Sublimat fällenden osmazomartigen Materie beste- hend, und beim Einäschern kehlensaures, schwefelsaures und salzsaures Al- kalı lassend. Der mit Weingeist ausgekochte Milch-Rückstand wurde mit Wasser aus- gekocht. Das, 1,76 Gramm betragende wässerige Extract enthielt Krystalle von Milchzucker; lieferte als Asche kohlensaures, schwefelsaures und salz- saures Alkali und bestand der Hauptsache nach aus einer thierischen, spei- chelstoffartigen Materie, Bleiessig und salzsaures Zinnoxydul stark, Bleizucker schwach, Sublimat nicht fällend, Silbersalpeter nach einiger Zeit bräunend. ‚Der durch Weingeist und Wasser: erschöpfte Rückstand, der'als geron- nener Kässtoff (und Zäeger) zu betrachten war, betrug 3:73 Gramm. Auf dieselbe Weise wurde die Milch K und T Rreuphe: letztere war durch die grosse Menge ge Rückstandes und grossen Feutgehalts aus- gezeichnet, 35* 280 400 Milch lieferten nach diesen Versuchen Ss R T Weingeistiges Extrat . . . . 8,87 8,47 17,28. Wässeriges Extract . . . ..» 4,12 1,25 0,89. Unauflöslichen Rückstand . . 2,36 1,41 2,90. Wasser? u. ae 00 we 87,6 88,87 78,93. 100,00 100,00 100,00. Berzelius erhielt aus 100 abgerahmter Kuhmilch: Milchsäure, milchsaures Kali und milchsaures Eisen. . » : » 2 ve. 0,600: Salzsaures Kali, phosphorsaures Kali, phosphorsauren Kalk und Bittererde 0,225. Milchzuoken cin oe te ee een ee res ee Kässtoff mit einer Spur Butter . ; . si aim .onsute mel ahnen nee ET RE RE EN REES ERSEIR N 100,000. Demnach enthält die Kuhmilch nicht viel mehr Käsestoff, als die Frauenmilch nach dem Abdampfen und Austrocknen an in Wasser unauflös- lichem Rückstand lässt, besonders wenn man berücksichtigt, dass 100 Theile der von mir untersuchten nicht abgerahmten Frauenmilch nur einigen und 90 Theilen der abgerahmten gleich zu setzen sind. Untersuchung der Frauenmilch auf ihren Gehalt an Kässtoff und Zieger. Da nach Schübler die Frauenmilch nur eine Spur Kässtoff und gegen 2,7 Procent Zieger enthält, die sich nach Demselben scheiden lassen durch Hinzufügen von Y;oo bis Y,00 Laabmagen, welcher bei 24 bis 30° den Käs- stoff, nicht den Zieger coagulirt, so versetzte ich die nicht abgerahmte Frauenmilch nach diesem Verhältnisse mit Laabmagen. Der Kässtoff schied sich in der Wärme in dicken Flocken ab, ohne jedoch, wie bei der Kuh- milch, ein allgemeines Gestehen der Milch zu bewirken. Nach halbstündi- gem Erwärmen wurde der Käs auf einem getrockneten und tarirten Filter gesammelt und nach dem Trocknen gewogen. Das Filtrat, bis zu 80°R. er- 281 hitzt und mit '/,, destillirtem Essig versetzt, setzte den Zieger in kleinen ‚weissen Flocken 'ab, die eben: so gesammelt wurden. Was hiervon abfloss, gab mit Galläpfeltinctur noch einen geringen röthlichweissen Niederschlag. 100 Theile nicht abgerahmter Frauenmilch lieferten E Milch L Milch L. Milch R. Getrockneten Räs ... . 2» = 2 2. 0. 1,23 2,12 2,929. Getrockneten Zieger -. ». . -» 2...» 1,04 0,27 - 0,407. Durch Galläpfeltinctur gefällte Materie . 0,11. Wenn auch dem erhaltenen Käs Fett beigemengt ist, so zeigt sich doch eine bedeutende Verschiedenheit zwischen den von Schübler und den von mir untersuchten Milch-Arten, und die Zusammensetzung der letztern zeigt mit der der Kuhmilch, aus welcher Schübler 4,3 Procent Käs und 0,8 Procent Zieger niederschlug, bedeutende Aehnlichkeit. Da nun nach meinen Untersuchungen der Unterschied der Frauenmilch von der Kuhmilch nicht in einem Vorherrschen des Ziegers liegt, so bleibt zu erforschen übrig, ob die minder leichte Gerinnbarkeit der Frauenmilch durch Säuren u. s. w. entweder von dem etwas geringeren Gehalt an Kässtoff abzuleiten ist, oder von einer geringen chemischen Verschiedenheit desselben von dem der Kuh- milch, oder von der Gegenwart anderer Stoffe in der Frauenmilch, welche der Fällung entgegen wirken. Ueberhaupt halte ich es mit Bergsma *) für nicht erwiesen, dass der Zieger eine vom Kässtoff verschiedene Materie ist; es kann bei der Fällung der Milch durch Laabmagen, mittelst der übrigen Bestandtheile der Milch, ein Theil des Kässtoffs gelöst erhalten werden, welcher dann, bei höherer Temperatur und durch stärkere Säuren, wie Essig, gefällt, durch Aufnahme desselben in seinen Eigenschaften einige Abweichungen von dem zuerst gefällten Kässtoff zeigen muss **). *) Berzelius, vierter Jahresbericht. $. 239. *) Da ich Gelegenheit hatte, die in die Unterleibshöhle ausgeschwitzte Flüssigkeit bei einer am Kind- bettfieber Verstorbenen zu untersuchen, in welcher häufig die Gegenwart von Kässtof! angenommen wird, so scheint es mir nicht am unrechten Orte, hier das Ergebniss meiner Untersuchungen beizus 282 Behandlung. der ‚Milch. mit, Aether. NEE 10: GE IT Frauenmilch: niit weingeistfreiem' Aether’ geschüttelt und dreiv en Pr; gestellt, ' bildete drei Schichten; die obere‘ war durchsichtig "und dünn, (die mittlere weiss, dick und gallertartig, die’ untere’ durchsichtiger' uid' wässerig. Nach Abgiessung der obern Schichte, welche eine Auflösung von Fett in Aether war, wurde das Uebrige mit neuen Mengen’ von Aether geschüttelt, so lange dieser Fett aufnahm. Durch Abdampfen ‚der ätherischen Lösung erhielt ich ein 'bei 26° R. schmelzendes Gemisch aus "Talg und Oel. Die unterste Schichte war Milch, die jedoch durch den Verlust des Fettes ihr trübes milchiges Ansehen verloren ‚hatte. Die mittlere Schichte, die bei der wiederholten Behandlung der Milch mit Aether i immer mehr zunahm, liess beim Abdampfen eine wachsähnliche Materie, aus welcher kochender Wein- geist Talg auszog, Kässtoff zurücklassend; sie scheint also ein eigenes Ge- menge von talghaltigem Aether und Kässtoff zu seyn; sie liess sich durch Schütteln der untern Schichte mit Aether blos dann erhalten, wenn dieser Talg Sr ERUBIENN, fügen: die Flüssigkeit war satt gelb, ziemlich dick, gerann nicht mit Laabmagen bei 28° R! und mit Essigsäure bei 9° R.; dagegen gerann sie, es mochte Essigsäure hinzugefügt seyn) oder nicht, stark in der Siedhitze unter Abscheidung vieler grosser Flocken, Demnach hielt diese Flüssigkeit viel Eiweiss- stoff, aber keinen Kässtoff, kil ANRUF AN DIE: HUMANTTÄT DER HÖHEREN BEHÖRDEN ‚DER GERECHTIGKEITS- PFLEGE IN DEUTSCHLAND, in” \ ib Ww . VERANLASST DURCH EINE AM 22. OCTOBER 1827 IN HEIDELBERG VOLLZOGENE ENTHAUPTUNG. Die snichanae mittelst..des Schwerts ist ohnstreitig, nächst dem Erschies- sen, ‚die unsicherste Art der Töüdtung. Sie setzt, die nothwendige Kalt- blütigkeit und Fassung des Scharfrichters abgerechnet, eine sehr starke, sichere und geübte Hand, eine feste Stellung des Körpers, und ein richtiges Augenmass voraus, um das Schwert in wagerechter Richtung gegen eine we- nige Zolle lange, unebene Fläche zu bewegen, und die Haut, Muskeln, Ge- fässe, Nerven und Knochen des Halses, die Speiseröhre und Luftröhre mit einem Hiebe zu trennen. Bei der zur Ehre der bürgerlichen Gesellschaft im- mer seltener werdenden Todesstrafe fehlt den Scharfrichtern die Gelegenheit sich in ihrer Kunst zu üben, und folglich schreiten sie daher selten mit dem nöthigen Vertrauen und der gehörigen Zuversicht zu dieser schwierigen Execution, die ohnehin selbst der geübteste nicht mit kaltem Blute voll- ziehen mag. Wie oft misslingt daher die Enthauptung durch einen Hieb! So erhielt ich vor mehreren Jahren den Kopf eines Hingerichteten, dem beim ersten Hieb ein Stück des Hinterhauptbeins, und beim zweiten ein 284 Theil des Unterkiefers weggehauen war, Vor kurzer Zeit wurde in Stutt- gart, wie mir Augenzeugen erzählten, ein Verbrecher durchs Schwert hin-- gerichtet, wobei ein Scharfrichter, der schon einige zwanzig Köpfe vom Rumpfe getrennt hatte, dreimal fehl hieb, Ein ähnlicher Fall der Art soll sich neuerlichst in Aschaffenburg zugetragen haben. Schauder erregend ist die Enthauptung, die am 22. October 1827 hier statt fand, ‚deren Erzählung hoffentlich endlich (die ‘höheren Behörden der Gerechtigkeits-Pflege ; in Deutschland bestimmen wird, die Hinrichtung durch das Schwert Hakelıet ‚ und statt ihrer eine sicherere und schnellere Art der Tödtung einzuführen. Bei jener Hinriehtung war ich zwar nicht auf dem Richtplatz gegenwärtig, doch habe ich den Körper des Enthaupteten im Beiseyn einer vom hiesigen Oberamte ernannten Commission auf unserem anatomischen Theater genau untersucht, Der Scharfrichter, der die Execution vornahm, hatte bereits in einem Zeitraume von zwanzig Jahren fünf Verbrecher enthauptet, demnach eine sehr geringe Anzahl, um in seiner Kunst eine gewisse Fertigkeit erlangt zu haben. Er wurde, wie er mir selbst erzählte, durch die Rede und das Gebet des Geistlichen sehr bewegt und ausser Fassung gebracht. Den ersten Schwertstreich führte er zu weit abwärts, in den oberen Theil des Rückens. Er hieb nochmals, aber zu hoch und in schräger Richtung, so dass der Kopf nicht vom Rumpfe getrennt wurde. Unter den Zuschauern entstanden jetzt die lebhaftesten Aeusserungen des Erbarmens und Unwillens, und der entrüstete Beamte befahl einem anderen Scharfrichter die Hinrich- tung durch einen dritten Hieb zu beendigen, Bei der legalen Untersuchung über die dem unglücklichen Verbrecher beigebrachten Verletzungen ergab sich folgendes; Der erste Schwert-Streich war fast in horizontaler Richtung, in einer Länge von zwölf und einem halben Zoll, in den oberen Theil des Rückens beigebracht. Er zog sich von der rechten Schulter bis zur Mitte .der hin- 285 teren Fläche der ersten Rippe. Durch ihn war der obere Theil des Schul- terhöhen-Fortsatzes (Acromion) weggehauen; ferner waren der Kappen-Mus- kel (Musculus cucullaris), der Schulterheber (M. levator scapulae), die beiden Rauten-Muskeln (M. rhomboide:), der obere hintere sägeförmige Muskel (M. serratus posticus superior), der hintere Rippenhalter (M. scalenus posticus), und endlich die sämmtlichen Rückgrathsstrecker, und zwar zu beiden Seiten durchschnitten. - Der. Hieb’ hatte ausserdem die Spitze des Dornfortsatzes und den Bogen ‘nebst den Queer-Fortsätzen des ersten Brustwirbels abge- löst, den hinteren Theil der rechten oberen Rippe und die linke obere Rippe bis zur Hälfte getrennt, und war endlich bis in den Körper des ersten ‚Brustwirbels eingedrungen.: Das Rückenmark ‘war durchschnitten. Der zweite Schwertstreich lief im Nacken schräg von oben und rechts nach unten links. Er war dicht unterhalb des Zitzenfortsatzes des rechten Schläfenbeins einen halben Zoll tief in den hinteren Rand des aufsteigenden Astes des Unterkiefers, und dann in den Nacken eingedrungen. Mittelst des- selben ‘waren die Nacken-Muskeln der rechten Seite, der Queer-Fortsatz, Dörnfortsatz, schräge Fortsatz, der Bogen und zwei Drittheile des Kör- pers des dritten Halswirbels getrennt. Ferner war abermals das Rückenmark durchhauen. Von grösseren Pulsadern wurden verletzt: 1) Die rechte Wirbel-Arterie, 2) der Stamm der rechten äusseren Kopf- schlagader, unterhalb der Theilung in die Schläfen- und innere Kiefer-Ar- terie,, und 3) die innere Kopf- oder Hirn-Pulsader. Ferner war der Stamm der rechten Hirn-Vene (Vena encephalica dextra) durchschnitten. Von Ner- ven waren blos auf der rechten Seite getrennt: 1) der grosse herumschwei- fende oder Lungen-Mägen-Nerven (Nervus vagus), 2) der Willische Beinerve, 3) Zweige des Schlundkopf- Nerven, 4) das HIN des sympathischen Nervens, und 5) der dritte Nacken-Nerve. Endlich war noch der Schlund- kopf oberhalb des Kehldeckels durchhauen, ohne jedoch den Kehlkopf oder die Luftröhre zu verletzen. Zeitschrift f. Physiol, IIL 2. ; 36 286 Der dritte Hieb, dureh den: der! andere .»Scharfrichter den Kopf vom Rumpfe getrennt hatte, lief schräg von »oben und links, nach unten und rechts, und hob die durch den zweiten Hieb nicht gelöste Verbindungen auf, Wenn wir nun über diese Hinrichtung einige physiologische Betrach+ tungen anstellen, so muss sie uns als höchst grausam ‘und schauderhaft er- scheinen. ‘Der erste Schwertstreich, welcher das Rückenmark an der‘ Stelle -durchschnitten ‘hatte, wo das erste Paar der Rückenmarks- Nerven abgeht, war nicht tödtlich, und hatte nur Lähmung.des Rumpfs und der unteren Gliedmassen zur Folge, ohne die Athimungs - Bewegungen aufzuheben, weil diese, wie Versuche an lebenden Thieren’ sattsam. erwiesen ‚haben , durch den lebenden Einfluss des oberen; in dem Kanal der Halswirbel befindlichen Theils des Rückenmarks und des verlängerten Marks mittelst: der Lungen- Magen -Nerven und der ‚Zwercehfells- Nerven: unterhalten werden. Da durch denselben kein bedeutender, Pulsader- und Venen-Stamm verletzt worden war, und das Herz in vollständiger Verbindung mit dem Hirn, blieb, so wurde dieses folglich mit arteriellem, Blute versorgt, und «s, ist, daher, mit Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass das volle Bewusstseyn und das, Em- pfindungs-Vermögen des. Verwundeten fortbestanden. _Hiefür sprechen meh- rere Fälle, in denen Menschen . nach Trennung des Rückenmarks in jener Gegend durch Schusswunden, ‚oder nach Zerreissung ‚uud Quetschun bei einem Bruche der Wirbelsäule, das Leben und volle Bewusstseyn noch ‚äße lang nach der Verletzung beibehalten haben. DH Der zweite Schwertstreich, der abermals einen Bil. gelegenen Theil des Rückenmarks trennte, jedoch unterhalb des Ursprungs der Lungen- Magen- -Neryen, war ebenfalls noch nicht hinreichend, die Athmungs- Bewe- gungen und die Umwandlung des ‚Yenösen Bluts in arterielles ‚aufzuheben, weil der Lungen-Magen-Nerve und“ "der Zwerchfells-Nerve der linken ‚Seite ganz unverletzt und im Zusammenhange mit. den Athmungs- Werkzeugen blieben, und die Integrität dieser Nerven auf einer Seite "hinreichend ist, die Athmungs- Bewegungen zu unterhalten, wie sich aus Versuchen an lebenden 287 Thieren ‚ergeben hat. |/Dä ferner ‚durch. /diesen .Hieb nur die Pulsaderstämme der ‚rechten: Seite des :Halses:durchschnitten waren, | und! auf ‚diese ‚Weise, das Zuströmen'.des!Bluts aus dem! Herzen ‚zum Hjna nur vermindert, ‚aber nicht aufgehöben wurde; so konnte, auch jeizt! noch), das Bewusstseya und das. Em- pfindungs-Vermögen: mößlicher Weise forthestehen, indem die Pulsaderstämme der linken: (Seite das zurden ıLebens- Aeusserungen. des Hirns, jnothwendige Blut zuführtei! Erst‘ mitıllem Idrittem Hiehe;- nachdem: eine’ geraume Zeit verflossen war; /"wurdensdies Banden sder »Seele TRUE REN Schlacht- ppferszgelöstisun ss I1A mob swillloaro f Auod Diese Hinrichtung;; welehe aus: den ieabeaen, Gründen wahrhaft schaudervoll’ und höchst, grausam ızu nenneiv ist, mache ich! allein aus dem Grunde bekannt, um die höheren Behördem der» Gerechtigkeits-Pflege, in einem Zeitalter, wo!'Menschlichkeit und Gerechtigkeit ausgeübt werden, auf- zufordern, eine Todesstrafe abzustellen, welche unmenschlich und ungerecht ist. Unmenschlich ist es doch wahrlich, einen Verbrecher durch mehrere Hiebe, von unten nach oben, wobei das Rückenmark mehrmals durchschnit- ten wird, zusammenhauen zu lassen. Eine grosse Ungerechtigkeit ist es zu nennen, wenn die über einen Verbrecher durch ein Gericht ausgesprochene einfache Todesstrafe, durch die unsichere Hand eines Scharfrichters auf die grausamste Weise gesteigert werden kann. Die Pflicht der Justizbehörden ist es, dass eine nach dem Gesetz ausgesprochene Strafe nicht durch zufäl- ‚lige Unistände bis zu einem Grade geschärft werde, den das Gesetz nicht erkannt hat. Durch den Anblick einer solchen schauderhaften Hinrichtung wird ferner das Gemüth der Zuschauer empört, und das Gefühl des Mit- leidens und Erbarmens richtet seine Verwünschungen gegen die Richter, die solche unmenschliche und ungerechte Strafen vollziehen lassen; wodurch also ein Hauptzweck der öffentlichen Hinrichtungen verfehlt wird. Was die Einführung einer andern Hinrichtungs-Weise anlangt, so würde die durch das Beil auf einem Pflocke, welche ehemals in England üblich war, oder die durch die Guilliotine bei weitem vor dem Schwerte den 288 Vorzug’ verdienen.’ An letzte Maschine, die als Fallbeil' schon im ‚Mittel- alter: üblich‘ war; knüpft" sich freilich”die Erinnerung‘ 'der 'schaudervollen Mordscenen. !einer'''Revölution,' deren Andenken‘ man möglichst’ vertilgen sollte. Doch hat Frankreich‘ diese’ Maschine’ beibehalten. : Leicht: würde es übrigens seyn, in einer Zeit, in 'der die Mechanik so grosse Fortschritte gemacht hat, ‘eine Maschine zu erfinden, an :der:“ein: Schwert oder ein schneidendes: Werkzeug befestigt’ wärej)'und im'horizontaler Richtung ‘durch eine Feder mit solcher‘ Kraft ‘bewegt würde,‘ dass es: einemKopf mit’Sicher+ heit vom Rumpfe trennte. Doch Vorschläge der Art zu machen 'geziemt sich nicht für: einen: Physiologen, dessen’ Bestreben auf die Erforschung und Erhaltung‘ des’ Lebens, ‘und, Inicht‘ auf ‘Erfindung: von 'neuen‘:Maschinen ' zu dessen Tilgung gerichtet’seyn muss. ol amuodäl ib mr una sun) - m ur Hloohn ayor Ins riaddloililoaıs Diredemanıı. «: I 5 if r sr 7 f E 7 „usllsleussdet9ol6T { } I tr vol f | Fit inlowr u R ‚ \ im 9 meer us auRla f x. .buio j De — — |! { i OT fi yir \ 7 t J oT 3 n 1 ı x ” >» 8 Ä JI:E vb PR > IB 7 ; I ya I I ) id hrrhl i j ıl D f u. f i ı 23 15! I > ’ “w } ) 779 94 ) \ , oftlsarwsunm ben arloıklasasımr sılmloa ur hir 7 ir aaa! lb .2 S 119 oa ' darin! wi 19 var Ü in f f. f vi ı 272 ya) i i Bald N} ‘ forte sırdo dyumb -sib- obs yasır Pr » . Hiterarischer Auseiger, Im vorigen Jahre ist erschienen: . FRIDERICI TIEDEMANN TABULAE NERVORUM UTERI FOLIO MAXIMO; mit 2 Kupfertafeln u. 2 Lineartafeln in Steindruck. Ausgabe Nro. ı. auf extra fein Basler Royal Velin 27 fl. rhein. oder Rthlr. 16 sächs. # » Neo. 2. auf fein Post Royal der Text; dieKupfer auf Velin von Nro. 1. 22 fl. rhein. oder Rthlr.ı2 12 ggr. sächs. Es ist bekannt, dafs die Nerven des Uterus sich bisher den anatomischen Forschungen entzogen haben. Es ist also eine höchst wichtige Erschei- nung, dafs es dem berühmten Herrn Verfasser ge- glückt ist, dieselben in ihrem Ursprung und Ver- lauf zu entwickeln, und ist die vielseitige Aner- kennung davon bereits durch das Urtheil der Salzburger medic. Zeitung 1823. No. 24 bestätigt. Die dazu gehörigen Abbildungen, zwei voll- kommen ausgeführte Tafeln, und zwei Tafeln Linear-Umrisse, sid vom Herrn ProfessorRoux ‚nach der Natur gezeichnet, und es hat besonders die erste und wichtigste Tafel durch den an den gröfsten Werken der Kupferstecherkunst bewähr- ten Stichel von Herrn Duttenhofer eine sel- tene Vollendung erhalten. In dieser Rücksicht sowohl, als in Betreff von Druk und Papier, ist von der Verlagshandlung keine Aufopferung ge- scheut worden, um dieses Werk auch in einem, seines Charakters würdigen Aeulseren erscheinen zu lassen, und wir erinnern nur noch an den bei solchen Kupferwerken wesentlichen Vorzug, durch zeitige Bestellung die früheren Abdrücke zu erhalten. Von der Ausgabe No. ı. sind nur noch wenige Exemplare vorräthig, welche nur gegen baare Einsendung des Betrags abgelassen werden können, — Heidelberg. August Ofswalds Universitäts - Buchhandlung. rk Or In August Ofswald’s Universitätsbuchhandlung in Heidelberg ist so eben erschienen: Handbuch der Pharmacie zum Gebrauche bei Vorlesungen und zum Selbstunterrichte für Aerzte, Apotheker und Droguisten von Puıvıpp LorEnZ GEIGER, Doctor der Philosophie, Lehrer der Pharmacie an der Unwversität zu Heidelberg, wirklichem Mitgliede der Gesellschaft für Naturwissenschaft und Heilkunde da- selbst und mehrerer gelehrten Gesellschaften. Erster Band welcher die practische Pharmacie und ihre Hülfs- wissenschaften enthält; gr. 8. 57 Bogen enggedruckt. 8 fl. 45 kr. rhein. 5 Rthlr. 8 gr. sächs. Der Herr Verfasser ist durch dieses Werk einen allgemein gefühlten Bedürfnisse entgegengekom- men, indem er deutlich und vollständig das ganze jetzt so umfassende Feld der Pharmacie darzustel- lenstrebte, und sich zugleich die möglichste Kürze so weit zum Gesetz machte, als die erwähnte Be- dingung und die unendliche Bereicherung der Na- turwissenschaften dieselbe nur immer zuliefsen. Allen Zöglingen der Pharmacie; allen Studi- renden der Heilkunde und Naturwissenschaft nicht nur wird es daher eine höchst willkommene Erscheinung seyn; sondern hauptsächlich auch jedem practischen Pharmaceuten und Arzte, welche den raschen Fortschritten ihrer Wissenschaften in des Berufes Lauf oft kaum zu folgen vermochten und hier nun die Resultate von einer in der Praxis sowohl, als in der Theorie bewährten Hand auf eine für die Anwendung geeignete Weise erhalten. Ein wesentlicher Vorzug des Werkes ist aber unfehlbar der gewählte Maasstab, welcher zwi- schen den allzukurzen und darum nur fragmenta- rischen, und den zum Theil sehr schätzbaren aus- führlichen Werken, welche aber darum nur in langer Zeit und mit manchen Schwierigkeiten zur Vollendung gedeihen können, die Mitte hält; und darum die Anschaffung weniger schwierig 2 macht, indem er doch den Aufwand durch etwas" vollständiges belohnt. Die als Anhang diesem Theil beigefügtemR ea- gentien, nebst der Angabe ihrer Wirkung; eine beigefügte Tabelle der gebr äuchlichen pharmaceu- tischen und chemischen Zeichen und ein voll- ständiges alphabe£tisches Register werden dem Werke noch ferner zur Empfehlung ‚dienen. Der 2te Theil, in gleichem Verhältnisse bear- beitet wird in möglichster Bälde folgen. PERIODISCHE WERKE, welche im Jahr 1824 in August Ofswald’s Universitätsbuchhandlung in Hei- delberg fortgesetzt werden oder neu erscheinen. Heidelberger Jahrbücher der Literatur erscheinen nun im siebzehnten Jahrgang, wie bisher unter der Redaktion der Professoren H. E. G. Paulus, grofsherzogl. bad. Geheim. Kirchen- rathe, Fr. H. Chr. Schwarz, grofsherzogl. bad. Geheim. Kirchenrath, A. $. Zachariä, grofsh. bad. Geh. Hofvath, G. Fr. Walch, Fr. Tiede- mann, grofsh. Bad, Geh. Hofrath, Fr. Creuzer, grofsh. bad. Geh. Hofrath, 77. Muncke, grofsh. bad. Hofrath, Geheim. Rath Ritter Carl Cäsar v. Leonhard, G. H. Rau, grofsh. bad. Hofrath, nach unverändertem Plane, wöchentlich zu an- derthalb Bogen oder in zwölf Heften zu 6 und 7 Bogen. Der Preis für den Jahrgang ist nach der seit 1821 eingetretenen Erweiterung in Druk und Format & ı12fl.36kr. rhein. oder 7 Rthlr. 12 ggr. sächs. Vorausbezahlung, so dafs das Journal noch immer das wohlfeilste bleibt, während über sei- nen Gehalt die Stimmen täglich sich mehren. Die aufmunternde Theilnahme des Publikums und der wachsende Zuflufs schätzbarer Beiträge haben eine strenge Auswahl des Vorzüglichen möglich ge- macht, wie der Inhalt eines jeden Heftes an den Tag gibt, von welchem wir aus der neueren Zeit nur die Beiträge von Paulus und Schwarz über theologische Literatur, die Kritiken über den Fonk’schen Prozefs von Zachariä und Mitter- maier, eine Recension iiber Gajus von Schrader, über die Gothaische Erbfolge ivon Zachariä, 117 7 über Statistik und Kameralwissenschaften. von Rau, über Naturkunde, theoretische und practi- sche Heilkunde“ von Tiedemann, “Leonhard, Conradi, Nägele, Muncke, Gmelin; über Phi- lologie die schätzbfrkk Bekänıtmächangen aus der italienischen , französischen und englischen Lite- ratur, eine Kritik über Cicero de republica von Creuzer ‚’ cinen Beitrag aus der persischen Lite- ratur von Hammer, eine ausführliche Kritik des gefeierten Walter, Scott u..dgl. zu erwähnen brau- ee um zugleich den Vorzug unseres Instituts zu beurkunden, dafs die bemerkenswerthen Er- scheinungen in der Literatur durch dasselbe so zeitig und gründlich wie möglich berücksichtigt werden, und das Publikum also mit Vertrauen auf die wünschenswerthe Vollständigkeit zählen kann. ..; Um diese es zu erhöhen, wird das Intelligenzblatt ‚auch künftig Chronik aller gelehrten Anstalten, also Er- weiterungen, Beförderungen, Ehren- bezeugungen, Todesnachrichten etc. gerne ‚unentgeldlich'aufnehmen, und nur voll- ständige. Lektions- Verzeichnisse der Berech- nung unterwerfen, welche für Antikritiken, Bes igen des Buch- und Kunsthan- dels festgesetzt ist. Wir bitten die Bestellungen durch Buchand- lungen oder Postämter möglichst zu beschleuni- gen, da schnelle und regelmäfsige Versendung anch ferner unser Augenmerk seyn wird. Von dem laufenden Jahrgang ist das VIte Heft erschienen und versandt. Es enthält: Von Autenrieth, J. H. F., über das Buch Hiob v. Umbreit; Sappho und Alkaios, ein altgriech. Vasengemälde, Homer nach Antiken gezeichnet v. H.W.Tischbein, v. Creuzer ; Seuf- fert, J. A., Erörterungen einzelner Lehren des Röm. Privatrechts; Seuffert, J. A., Erläute- rungen zu den Lehren.des Erbrechts von der Wie- dereinsetzung in den vorigen Stand; Closter- meier, Chr, 9, wo Hermann den Varus schlug, Clostermeier, Chr. G.,, der Eggesterstein im Fürstenthum Lippe; Rump, E,; "Vorlesungen pädagog. Inhalts etc. von Schlosser; Schulze, G. E., Encyclopädie der philos. Wissenschaften , e x von Erhardt; Erhardt, S., Einleitung in das Studium d. gesammten Philosophie; Papius,K., die Beschreibung d.natürl. Verhältnisse der Holz- wirthschaft; Papius, K., über die Bildung des Forstmannes ; Poctä sceniei Latinorum ed. Fr. H. Bothe. V.Vol.; v.Hazzi über den Dünger ate u.3te Aufl.von Rau; Schwab, G., die Neckar- seite der schwäbischen Alb; Thucydides de bello peloponnesiaco libri octo ed. E. F. Poppo. Vol. I.; Dionysii Halicarnassensis historiogr. ed. C. G..Krüger; v.Schlotheim, E.F., die Petrefaktenkunde ; desselben Nachträge zu seiner Petrefaktenkunde ste und 2te Abtheilung; An- sicht moment. Krankenheilungen durch gläubiges Gebet ete.; Poelitz, K.H.L., die Weltgesch. ‘f. gebildete Leser von 4. E. G. Paulus; Rams- horn, L., lat. Grammatik; Zumpt, C.G., lat. Grammatik ; Hefs, Ph. K., Anleitung zum Uebers. a. d. Deutschen in das Griech. 3te Aufl.; Hebel, J.P., biblische Geschichten f. d. Jugend. 2 Bde. Stuttg. v. Schwarz. SOPHRONIZON oder unpartheiisch freimüthige Beiträge zur neuern Geschichte, Gesetzgebung und Statistik der Staaten und’ Kirchen ; herausgegeben vom Geheimen Kirchenrathe Dr. H. E. G. Paulus. Die Aufmerksamkeit der Zeitgenossen auf den Geist dieser Zeitschrift und der Vorrath von zweckmälsigen Materialien veranlassen den Her- ausgeber, den Jahrgang von vier auf sechs Hefte zu erweitern; wie schon der Jahrgang 1823, weil die für Verbesserung der Ge- schwornengerichte und der richterli- chen Ocffentlichkeit überhaupt so wichtige Fonkische Procefssache voll- ständig behandelt wurde, unvorhergesehen sechs Hefte geliefert hat. Der Zweck des Sophroni- zons, das Besserwerden durch Rich- tigdenken fördern zu helfen, richtet den Blick bald mehr auf diese, bald auf jene Gegenden. Im I. und II. Heft für 1824 behan- delt der Herausgeber am meisten den Presby- terialstreit in Bayern, oder die Frage: Willdie Evangelische Kirche in Bay- ern nichtauch mündig werden? ge- schichtlich und beurtheilend. Aufserdem macht Neumann auf eine vollständige Handschrift von Burchards Diarium Pontificale aufmerksam . Paulus gibt aus einer Carlsruher Handschrift Anecdota zur Geschichte der Päbste Alexander FI. und seiner a Nachfolger. Einer Abhandlung vom Obertribunalvrath HZärlin zu Stuttgart über Geschwornengerichte sind Anmerkungen von Paulus zu deren Verbesserung beigefügt. Würtemberg berücksichtigen Bemerkungen eines Ungenannten zu Professor Memmingers Jahr- buchvon 1822. Zum Schlufs Dr. Gurlitts Er klä- rung gegen einen mystischen Verketzerungsver- suchzu Hamburg, Staat und Kirche sind so nahe verbunden , dafs das Anstreben zum Besserwerden immer diese beiden, die Menschheit umfassenden grolsen Gesellschaften zugleich im Auge zu be- halten hat. VIr Bd. 35 Heft ist erschienen und versandt. Es enthält: Ueber des Dr. .Gamm noch immer ungedruckte Kirchen- und Ketzergeschichte Würtembergs, mit Blicken auf deren bisherige Folgen; von Paulus. Ober-Ingenieur Pfeiffer, Pro- specte für Belebung des süddentschen Handels durch die neue Strafse über den Bernardin. Dr. Bahnmeyers zu Kirchheim Beispiel unterstützungs- würdiger Selbsthülfe zur Verbesserung des Zu- standes der Schullehrer. Hirtenbrief des Erzbi- schofv. Toulouse; der Text mit Noten v. Paulus. Notizen für Geschichte der staatsrechtlichen Be- handlung dieses Hirtenbriefs und seiner Zwecke. Nachfrage nach denen öffentlicher Ruhe wegen ver- botenen römischkathol. Gesellschaften zu Utrecht und Brüssel. Die von Eschenmaierische Krone des Schlaf-Weissager-Magnetismus , in ihrer Zer- nichtung; von Paulus. Des Priesters Turah zu Copenhagen Flucheifer gegen die Stunden der An- dacht. Nachricht v. des Jesuiten Jak. Wujek poln. Uebersetzung desN. Ts. nach der Vulgata; vonDr. Moser. Nachweisung zur Auffindung des Efslin- ger Teufels. K. Alexanders Mittel rabbini- stische Juden zur Handarbeit zu gewöhnen. Die schönen Fteignoirs. Trinket tief oder kostet nicht! Wie und was Gott will! Ein Simile von Gänsen. 4 Eckerle, W. W., Naturlehre, mit Rücksicht auf die aus Unkunde derselben entstehenden Volksirrthümer , für den Schul- und Selbst- unterricht und für Volkslehrer,, mit 2 Blättern Abbildungen in Steindruck. ı Rthlr. 4 ggr- sächs. 2 fl. 48 kr. rhein. Wenn schon der Titel zeigt, wie wichtig und nützlich ein solches Buch für alle Stände und Ver- hältnisse des Lebens ist, so ist es um so erfreuli- cher, versichern zu können, dafs dasselbe hier von einem Manne gegeben wird, der mit vielsei- tiger erprobter Kenıttnifs des Gegenstandes, mit Erfahrung und warmer Liebe für das Gute alle Hülfsquellen bis zur neuesten Zeit benutzte. Ohne durch trockenen Vortrag abzustofsen, sind in einem angenehmen und fafslichen Styl die Ge- setze der Natur dargestellt und erläutert; — durch Erscheinungen und Beobachtungen aus dem tägli- chen Leben so nahe gelegt, dafs das Interesse durch erleichterte Erkenntnifs unendlich gestei- gert, und durch lehrreiche Unterhaltung befrie- digt wird. Das Buch verdient also nicht nur in allen Eehranstalten angewendet zu werden; son- dern es sollte billig in die Hände eines jeden kommen, der über die Verhältnisse und Erschei- nungen der Natur nachdenken, oder seine viel- leicht bereits gesammelten Einsichten befestigen, berichtigen und erweitern, und davon in so man- chen Fällen eine reichlich lohnende Anwendung machen will. — Bei gutem Druk ist auf möglich- ste Wohlfeilheit Rücksicht genommen. Eckerle, W. W., kurzer und vollständiger Lehr- begriff der gesammten Gewerbskunde, für den Schul- und Selbstunterricht, 8. 2A. 6 kr. rhein. ı Rthlr. 6 ggr. sächs. Was kann zu zweckmäfsiger Ausbildung für das Leben in allen Ständen und Verhältnissen dringender nöthig und nützlicher seyn, als die Kenntnifs der Gewerbe, durch welche die mensch- liche Gesellschaft besteht, indem sie ihre Bezieh- ungen begründen und erleichtern, und ihre Be- dürfnisse befriedigen, ihrer Bestandtheile, Ent- wickelung und ihres verschiedenen Ineinander- greifens. Wie manche Entbehrung, wie man- cher Nachtheil erwächst uns aus dem Mangel die- — ser Kenntnifs, und wie viel leichter würde man- cher seine Lebensbahn machen, wie viel richtiger seine und anderer Verhältnisse betrachten, wenn er sich diese Kenntnis zur rechten Zeit verschafft hätte. Wie lebhaft mufs also bei jedem Denken- den der Wunsch werden, das Versäumte mög- lichst nachzuholen. Dieses kann auf keine Weise leichter werden, als durch das vorliegende Buch, welches mit seltener Fafslichkeit und Gründlich- keit die Beschreibung und Bedeutung aller Ge- werbe von ihrem ersten Ursprung entwickelt und dessen Angaben um so zuverläfsiger sind, als der verdiente Herr Verfasser durch seine „Natur- lehre für den Schul- und Selbstunterricht“ sich als genauen Ken..»r aller Elemente bereits bewährt hat. Es ist aber ein besonders wichtiger Punct der Berücksichtigung für Lehrer und Vorsteher von Lehranstalten jeder Stufe, durch Beihülfe dieses Buches die Kenntni/s der Gewerbskunde ihren Zöglingen möglichst zeitig und zweckmäfsig beizubringen, und wir können uns in Rücksicht seiner Anwendbarkeit auf die gute und vielseitige Aufnahme der von dem Herrn Verf. herausgege- benen Naturiehre etc. berufen, über welche kurz nach ihrer Erscheinung drei der geachtelsten kri=- tischen Institute ein höchst beifälliges Urtheil aus- gesprochen haben. Auch sind bereits über diese Gewerbskunde zwei sehr gehaltvolle und gedie- gene Urtheile erschienen, welche das, was wir hier aus eigener Ueberzeugung gesagt, vollständig und ausführlich bestätigen ; das erste in den Hei- delberger Jahrbüchern der Literatur 4823 Nr. g, und das zweite in Strassers Monatsblatt ‚für deutsche Volksschulen 1824. Nr. 2. Winter, A., Beschreibung eines Harnrezipienten für Frauen. -m. 1. Kupfertafel. gr. 8. geh. 45 kr. oder ı0 ggr. 5 - Der Verfasser hat sich nur durch den glück- lichen Erfolg seiner Erfindung, und durch die Aufmunterung berühmter Aerzte bestimmen lassen, dieselbe bekannt zumachen , und kann des Dankes von jedem practischen Ärzte versichert seyn, hier- durch für ein in unserer Zeit nicht seltenes Leiden Hülfe zu leisten, die sonst vollständig zu leisten nicht möglich war. m en ge Bar Er Pin a. AN EN r Zah ri E- > 61 ® A er | # : - 4 Pe n — x ® ir nr “ . . N { 2 “ Fi » “ . ü - “ "a ; ‘ “ R en. a er % 3 %