De na ae EEE ea BB N Te rl Ka - ” u EI N ee a a Ta 0 > Key he Fe he w De rer ee REN NE NA VA henslenthae en a I Ar) ’ BURG PN, a a Pr wE 5 SEwY ae ie Bee 5 Fe RE N n j Ära Pla he ad Mut pen Pe . Hufe Eu R = ee a een et » aan Meindl vie y Seh . Be ii Fur ar . 4 2 EECHahare \ a RER : ae 2 DRRR Pr - - . | HR) AR RR LRTRE BaSHOcH iu bed setz Aue) Aura n KRÄ Be or er Pr x Y PAPUA In She uhr AH EN ern aie fe Ne ne Kr R IE P-Anchh sth: r RER RE Se en Ka Ir Sehen ie ee a h LEERE £ N Mi H Mn» MASS AT A ru IEMOREN BB retenke ; » S - Nr DEN mn BOSCH Re are DLR WIRT ums 12 a zz DE AR aA YILLY n A A BARARAAAAMA Nr AA - AA A \ | \ N \ [ WAR Ar RR en A NR r Me Sa u N ”» 1 DD) 2,5,- - a — ! mw) ) ) >» 5 )) 3 "< < — £ R r_4 D m & € 2 2 E m R 3 n el 4 . s 3 ; E 3 a x >: Ta - zn n 'T TYT WAR PP Y.YV.YVAAAMGNAAAARST & > 3 & e = } m . = 5; IR a =UPn — a g - Rue RT R 3 e AAN "_—W_V. af WVıYVs6 Fm—n ARGA/N (8 ZU al fA' ar = if : 1 u N en! >; Dr | ala Ta’ unT»-V > var! 1 1 AT ia AAA ArLRRANI N 2 | A MAAFF? MAR Ann ; = ARAA Ann BR: BATLLLAA 5 a Fü e Ze a A ne ei | Zeitschrift für Saugetierkunde Im Auftrage der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V. herausgegeben von Dr. Hermann Pohle, Berlin Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde. 5. Band 386 + IV Seiten Text und 38 Tafeln. (Mit 237 Abbildungen.) Berlin 1930 In Kommission bei Dr. W. Stichel, Leipzig Es sind erschienen: Heft 1: pg. 1—64. N 7. 8.1930 Heft 2:. pg. 65-104, tab. I-XIV . . 2 22 222 02930 Heft 3/4: pg. 105—240, tab. XV— XIX . . . . ... 10.11.1930 Heft 5: pg. 241—304, tab. XX—XXXIL . | 99.12, 1930 Heft 6: pg. 305—376, tab. XXXIV—XXXVII. . ar pg. I—IV | ; | 10. 6.1981 Register: pg. 377—386 ; Druck von Reinhold Berger, Lucka (Bez. Leipzig) Inhalt des fünften Bandes. I. Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde e.V. 1 een. on K. OHNESORGE, Niederschrift der 3. Hauptversammlung . . K. OHNESORGE, Niederschrift der wissenschattl. Sitzungen . K. OHNESORGE, Niederschriften der Besichtigungen . . .. H. POHLE, Geschäftsbericht für die Jahre 1928 und 1929 . Eingänge für die Bücherei Satzung der Gesellschaft Vorstand und Beirat für 1930 Mitgliederverzeichnis . IH. Referate. r. 2. M. KLEMM, SSOLOWJEW’S Grundlagen der Jagdkunde un K. ECKSTEIN, Aus dem Jugendleben des Fischotters . . . » II. Originalarbeiten. 15 SP ww! 1? 8. 9. S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen . . M. HILZHEIMER, Das Königsberger Quagga M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger eurasiatischer Säugetiere R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Raubtiere . . H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi* . A.J. ARGYROPULO, Beiträge zur Kenntnis der Murinae BAIRD III W.HERMAN, Das milchführende Hohlraumsystem des ee J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas H. M. JETTMAR, Biologische Beobachtungen a einige N eekiene IV. Notizen. je 8. 2. J. VOSSELER, Tod des Hamburger Sirenenpaares . 2. A. MERTENS, Zur Nahrung des Bibers . 5 8. R. J. CALINESCU, Von einigen Säugetieren Rumäniens ; 4. 5 6 7. E. LÜTTSCHWAGER, Penisknochen mit ee Schrotkorn . M. KLEMM, Ein Photo vom Zobeli.. x: .G. REINBERGER, Bastard von Hund nd Wolt in Freier Na: D. MÜLLER, Fehlen des ersten Unterkieferprämolaren beim Reh J. VOSSELER, Berichte über den Tod zweier Zebras . R.J. CALINESCT, Schakale in Rumänien . V. Anhang. ” 2. Index der Personennamen . Index der Tiernamen III 105 241 304 3l4 327 844 362 364 364 367 367 367 369 371 375 377 382 IV In diesem Bande neu beschriebene Säugetierformen: Carnivore. 1..Felis ornata issikulensis OGNEFF ,. .. 20. en neo Druckfiehlerberichtigung. Es muß heißen: pg. 92, Zeile 14 statt: Fig. 4. Fig. 3. pg. 216, Tableau. Unter Thalassarctos wurde versehentlich die „Rad. od. uln. Volarflexion“ geschwärzt. Sie muß weiß sein. Es wurde für das Tableau ein Deckblatt zum Aufkleben nachgeliefert. Soweit es nicht in die Hände unserer Bezieher gelangt ist, bitten wir, es beim Herausgeber anzufordern. pg. 333. An den zweiten Absatz muß der erste auf pg. 334 direkt angeschlossen werden, so daß es heißt: In den Symbolae physicae beschreiben und bilden H.u.E. einen Schakal aus dem Libanon unter dem Namen Canis syriacus ab. Während des Krieges hatte ich als türkischer Regierungs-Zoologe Gelegenheit, diese gute Art in allen Teilen des Libanon und Antilibanon zu studieren. Ihr character essentialis ist: „C. vulpis statura, rostro obtuso, auriculis pedibusque brevibus; colore supra cano-fulvus capite pedibusque fulvis, subtus albus margine flavicante, oris margine gulaque candidis, auriculis extus fulvis, intus albis, cauda parum pilost fulva, nec albo terminata“. Wie in vielen anderen Ländern des Orients treiben sich auch hier verwilderte herrenlose Hunde, sogen. Pariahunde, in der Nähe der Städte und Dörfer einzeln oder — zur Brunstzeit — zu Dutzenden umher ... — Tr Zeitschrift fur Säugetierkünde Im Auftrage der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde | e.V. herausgegeben von Dr. Hermann Pohle, Berlin Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde. 5. Band | 7. 8. 1930 1. Heft 64 Seiten Text. (Die Tafeln I—IV erscheinen mit dem 2. Heft). Berlin 1930 In Kommission bei Dr. W. Stichel, Leipzig | Fa 2 EV N EM; x 2 iR j Ba ei ur 1 ts et u nr 3% ix RER ZE Pure) Beet EN ie En tert i t wur y ayemar wnarr LER} n sr % ieeirwunes FD ADBRRATEE ER OR 02 Eur) A ee che | & 1 . £ Ay. y = Y > n ’ f Fi Dee = %% Hg k 2 y N 4 j ; Ko ai j £ Re) F Palf EEE h 1 "sirebe hl. airalier WU) ad £ = In K £ 2 b y' 1 er PEN PEN 2 Bo {I or Fa ee u» Y m E" Zn “ r 7 ” ° Bi ß [ a gi d a PH u Sen 4 u -r x En 0 er ie ı = mr wreie TA = e { N r . 2 « > ’ Ä u A * } D * E K 2 ee ;. om» PDS ER EN 12 60) 20 Pe 217 nn er ; Er, 5 ‘ t x Zeitschrift für Säugetierkunde. Band 5. 7. 8. 1930. Heft 1. I. Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde. 1.) Niederschrift der 3. Hauptversammlung. A. Anwesenheitsliste. Vorstand: L. HECK sen. (Berlin), M. HILZHEIMER (Berlin), K. OHNE- SORGE (Berlin). Mitglieder: H. FRIEDENTHAL (Berlin), L. HECK jun. (Berlin), D. HERZOG (Gießen), M. MEISSNER (Königsberg), E. MERZ (Berlin), E. MoHR (Hamburg), D. MÜLLER (Berlin), ZOOLOGISCHES MUSEUM HAMBURG (R. LOHMANN), H. RÜMMLER (Ber- lin, A. SOKOoLOWsKkY (Hamburg, M. WESTENHÖFER (Berlin), L. ZUKOWSKY (Hamburg), zusammen 15 Mitglieder. Gäste: BARKOWSKI (Hamburg), CAstEn (Hamburg), DARRIBA (Ham- burg), DEGNER (Hamburg), FÜLLEBORN (Hamburg), GRIPP (Hamburg), HERRMANN (Hamburg), FRL. HUMPERDINCK (Berlin, KIKUTH (Hamburg), KnABE (Hamburg), KUHL (Hamburg), LERNAU (Hamburg), MAYER (Hamburg), MENDEL (Hamburg), FR. OHNESORGE (Berlin), PAnIınG (Hamburg), PETERS (Hamburg), PFEFFER (Hamburg), REH (Hamburg), REICHENOW (Hamburg), SALOW (Hamburg), SCHLOTTAU (Hamburg), VITSCHAU (Hamburg), VOGEL (Hamburg), VOGEL- SANG (Montevideo), WEISE (Hamburg), WINKELHAGEN (Hamburg) und drei weitere, zusammen 30 Gäste. Insgesamt: 45 Teilnehmer. Vorsitz: Herr M. HILZHEIMER. Niederschrift: Herr K. OHNESORGE. Ort: Hamburg. Zeit: 2.—5. Mai 1929. B. Tagesordnung: a) Donnerstag, 2. Mai 1929, 16 Uhr 15 Min. Eröffnung der 3. Hauptver- sammlung und Führung durch Hagenbecks Tierpark in Stellingen. Vor dem Haupteingang dieses Institutes begrüßte Herr HILz- HEIMER im Namen des verhinderten Vorsitzenden DÖDERLEIN etwa 40 Teilnehmer und den Ehrenvorsitzenden Herrn HECK sen. 1 b) Freitag, Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. und eröffnete die dritte Hauptversammlung. Darauf führte Herr ZUKOWSKY im Auftrage der Firma HAGENBECK die Teil- nehmer durch den Tierpark und zeigte ihnen den reichen Tier- bestand. Die Teilnehmer wurden sodann im Restaurant des Tier- parks in liebenswürdigster Weise vom Haus Hagenbeck bewirtet. Herr CARLO HAGENBECK jun. hieß die Gäste willkommen; Herr HILZHEIMER dankte im Namen der Gesellschaft. 3. Mai 1929, 9 Uhr. Geschäftssitzung im Hörsaal des Zoolo- logischen Staatsinstituts und Museums, Steintorwall. Niederschrift siehe pg. 3, sub C. .. Einleitung. . Genehmigung des Protokolls der letzten Hauptversammlung. . Geschäftsbericht. . Kassenbericht. . Festsetzung des Beitrages für 1923. . Festsetzung von Ort und Zeit der nächsten Hauptversammlung. 7. Verschiedenes. oo > DM ec) —, —, 10 Uhr. Wissenschaftliche Sitzung ebenda. Niederschrift siehe f) Fra" ee = pg. 5, sub D. 8. Herr D. MÜLLER: Über die Psychologie des Steinmarders. 9. Herr M. HILZHEIMER: Die tierischen Bauopfer des Tem- pels von Sichem. 10. Herr A. SOKOLOWSKY: Haut und Haare der Säugetiere in biologischer Beziehung, 11. Herr H. RÜMMLER: Über zwei bemerkenswerte Zahn- anomalien beim Pferde. 13 Uhr 15. Gemeinsames Mittagessen im Restaurant Klosterburg, Glockengießerwall. Es nahmen etwa 15 Personen teil. 15 Uhr 30. Führung durch den Hamburger Zoologischen Garten. Die Teilnehmer trafen sich am Eingange, wo der Direktor, Herr BUNGARTZ, die Führung übernahm. Besonders gefiel das Haus mit den deutschen Vögeln. Gleichzeitig wurde die Ausstellung: „Tier und Mensch in Afrika“, von Herrn UMLAUFF zusammen- gestellt, besichtigt. Herr HECK sen. dankte Herrn BUNGARTZ im Namen der Gesellschaft. 18 Uhr 30. Hafenrundfahrt. Vom Zoologischen Garten begaben sich eine Anzahl der Teilnehmer nach den Landungsbrücken St. Pauli, von wo aus um 18,45 Uhr eine Hafenrundfahrt auf einer besonders gemieteten Barkasse gemacht wurde. Hierbei gab Niederschrift der 3. Hauptversammlung. 3 Herr PETERS bereitwilligst die eingehendsten sachkundigen Er- klärungen. Ein gemütliches Zusammensein im Restaurant Jalant schloß den Tag. g) Sonnabend, 4. Mai 1929, 6 Uhr 30. Besichtigung des Fischmarktes und des Altonaer Museums. Etwa 20 Teilnehmer trafen sich am Ein- gange der St. Pauli-Fischhalle und wurden von Herrn N. PETERS durch den Hamburger und Altonaer Fischmarkt geführt. Anschließend besuchte man das Altonaer Museum, in dem Herr Prof. Dr. LEHMANN führte. h) —, —, 11 Uhr. Besichtigung der Säugetiersammlung des Hamburger Zoologischen Museums. Führer: Herr N. PETERS. i) —, —, 13 Uhr. Gemeinsames Mittagessen im Restaurant Klosterburg, Glockengießerwall. Es nahmen etwa 15 Personen teil. k) —, —, 14 Uhr. Fortsetzung der wissenschaftlichen Sitzung im Institut für Schiffs- und Tropenkrankheiten, Bei den St. Pauli-Landungs- brücken. Niederschrift siehe pg. 5, sub E, 12. Herr L. HECK jun.: Säugetiere des Ngorongoro-Kraters. 13. Herr H. FRIEDENTHAL: Menschenaffen und Menschenrassen in ihrer serologischen und körperlichen Ähnlichkeit. 14. Herr VOGELSANG: Die geographische Verbreitung der tie- rischen Parasiten. 15. Herr M. WESTENHÖFER: Die hintere Fußwurzel von Mensch und Gorilla. 16. Herr K. SPREHN: Interessante Parasitenfunde bei farm- gezüchteten Pelztieren Deutschlands im Vergleich zu ameri- kanischen Pelztieren. 17. Schlußworte. l) Sonntag, 5. Mai 1929, Gemeinsamer Ausflug nach Helgoland oder Wil- sede. Dieser Ausflug fand wegen Mangels an Beteiligung nicht statt. C. Niederschrift der Geschäftssitzung am 3. 5. 1929. Anwesend: 8 Mitglieder und 2 Gäste, zusammen 10 Personen. ad. 1. Herr HILZHEIMER eröffnet die Sitzung 915 Uhr. Er gedenkt zunächst des verstorbenen Mitgliedes, des Anatomen ÜHRISTELLER, den die Anwesenden durch Erheben von ihren Sitzen ehren, und dankt dann dem Direktor des Zoologischen Museums in Hamburg, Herrn LOHMANN, herzlich für die erwiesene Gastfreundschaft. Herr LOHMANN spricht der Gesellschaft seine Glückwünsche aus und wünscht einen erfolgreichen Ablauf der Tagung. 1*F 4 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Er bedauert, daß Herr DÖDERLEIN nicht anwesend sei, und wünscht Herrn POHLE baldige Genesung. Herr HILZHEIMER teilt mit, daß der Geschäftsführer, Herr POHLE, durch eine Rippenfellentzündung am Erscheinen verhindert sei und daß er Herrn H. RÜMMLER mit seiner Vertretung beauftragt habe. Er stellt fest, daß sich gegen diese Vertretung kein Widerspruch erhebt. Herr RÜMMLER verliest die von den Herren DÖDERLEIN und STANG eingegangenen Begrüßungsschreiben, ebenso die Telegramme der Herren POHLE und SPREHN. Auf Vorschlag des Herrn HILZHEIMER wird die Absendung eines Begrüßungstelegramms an Herrn DÖDERLEIN beschlossen. ad. 2. Das Protokoll ist zur Zeit im Druck; die Genehmigung wird daher auf die nächste Hauptversammlung verschoben. ad 3. Herr RÜMMLER verliest den Geschäftsbericht für das Jahr 1928. Er ist in dem auf pag. 18 dieses Bandes abgedruckten enthalten. Diskussion zu diesem Bericht findet nicht statt. ad 4. Herr RÜMMLER verliest den vorläufigen Kassenbericht des ge- schäftlich verhinderten Kassenwartes, Herrn MOSLER. Einwendungen werden gegen den Bericht nicht erhoben. ad 5. Der Vorstand schlägt vor, die Beiträge zu belassen, wie sie sind. Da aber mit diesen Beiträgen die Zeitschrift sich nicht so aufbauen läßt, wie es erwünscht wäre, schlägt er weiter vor, die Mitglieder um einen ein- maligen freiwilligen Beitrag in Höhe von 10.— M. zu bitten. Die Vor- schläge werden zum Beschluß erhoben. ad 6. Bezüglich des Zeitpunktes der Hauptversammlung für 1930, als deren Ort bereits von der vorjährigen Hauptversammlung Leipzig bestimmt wurde, wird die Anregung gegeben, daß sie Anfang August stattfinden solle. ed 7. a) Herr RÜMMLER verliest einen Brief des Herrn VAN DEN BRINK (Utrecht) an Herrn POHLE, worin der Wunsch ausgesprochen wird, es solle unter Aufsicht der deutschen Säugetiergesellschaft eine Liste der paläarktischen Säugetiere geschaffen werden. Herr RÜMMLER erklärt, Herr POHLE sei bereit, diese Anregung in die Tat umzusetzen. Herr HECK sen. regt an, zunächst eine genaue Liste deutscher Säugetiere aufzustellen und diese in der Zeitschrift der Gesellschaft zu veröffentlichen. Nach langer Aussprache wird ein Vorschlag des Herrn HILZHEIMER, diese Anregung Herrn POHLE bekannt zu geben und auf einer späteren Sitzung zur Sprache zu bringen, angenommen. b) Herr HERZOG regt an, daß die Gesellschaft mit den Herausgebern größerer Säugetierwerke (Max Weber, Othenio Abel) in Verbindung trete, Niederschrift der 3. Hauptversammlung. 5 um eine Ermäßigung des Preises ihrer Werke für Mitglieder der Gesell- schaft in Vorschlag zu bringen. c) Herr PFEFFER schlägt vor, mit der amerikanischen Säugetiergesell- schaft in Verbindung zu treten, ob sie nicht in ihrer Zeitschrift wie früher eingehende Referate bringen wolle. Schluß der Geschäftssitzung: 1005 Uhr. D. Niederschrift der wissenschaftlichen Sitzung. 1. Teil. Anfang: 1015 Uhr. ad 8. Herr D. MÜLLER hält seinen angekündigten Vortrag: „Zur Psychologie des Steinmarders“, der später erscheinen wird. An der Aus- sprache beteiligen sich die Herren FRIEDENTHAL, HECK sen, HERZOG und D. MÜLLER. ad 9. Herr HECK sen. übernimmt den Vorsitz und erteilt Herrn HILZHEIMER das Wort zu seinem angekündigten Vortrag: „Die tierischen Bauopfer des Tempels zu Sichem“, der auf pg. i25 des vierten Bandes unserer Zeitschrift abgedruckt wurde. An der Ausprache beteiligen sich die Herren FRIEDENTHAL, HECK sen. und MEISSNER. ad 10. Nachdem Herr HILZHEIMER den Vorsitz wieder übernommen hat, hält Herr SOKOLOWSKY seinen angekündigten Vortrag: „Haut und Haare der Säugetiere in biologischer Beziehung“. Ein Referat ist nicht ein- gegangen, Diskussion findet nicht statt. ad 11. Sodann hält Herr RÜMMLER seinen angekündigten Vortrag: „Über zwei bemerkenswerte Zahnanomalien beim Pferde“. Der Vortrag wird in diesem Bande unserer Zeitschrift abgedruckt werden. In der Aussprache vertritt Herr WESTENHÖFER die Meinung, daß der Oberkiefer des an zweiter Stelle genannten Pferdes ursprünglich normal war und sekundär dadurch verändert wurde, daß die Schneidezähne des Unterkiefers sich senkrecht stellten und dann auf die oberen Schneidezähne stießen und da- durch ein Abbiegen des Oberkiefers bedingten. Außerdem sprechen die Herren HILZHEIMER, HECK sen. und Frl. MoHR. Schluß: 1315 Uhr. E. Niederschrift der wissenschaftlichen Sitzung. 2. Teil. Anfang: 1415 Uhr. ad 12. Herr HECK jun. spricht unter Vorführung eines Tierfilms über „Säugetiere des Ngorongorokraters“. Es ist dies ein interessantes Tierreservat, ein Kraterkessel von etwa 1600 m Höhe, mit höheren Randbergen, die mit Urwald bestanden sind, von etwa 14—20 km 6 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Durchmesser, eine freie Grasfläche fast ohne Baumbestand, in der Mitte ein See, der im Sommer fast austrocknet. Die Randberge bilden eine Grenze für die Steppen- tiere und diejenigen, die nicht klettern können; so die Gnus, die nicht durch den Urwald können und bei denen Inzucht eintritt; die Zahl dieser Tiere schwankt, da die Rinderpest oft verheerend wirkt. Beobachtet wurden viele Gazellenarten (Thomsongazelle, Grantgazelle, hier mit weit auseinander stehenden Hörnern, Petersgazelle); Elenantilopen waren erst in letzter Zeit eingewandert; ferner Büffel — es wurde ein etwa dreijähriger Büffel gefunden, der von Löwen zerrissen war —; Nashörner, die ihre Hörner an den Lehmwänden abwetzen — Waldnashörner haben längere Hörner, da sie diese hier nicht so abnutzen — Nilpferde, die sehr heim- lich waren und im Gegensatz zum Nashorn recht gut sehen können, Zebras, Giraffen; Raubzeug wird durch den Urwald nicht abgehalten: Löwen, Servale, gefleekte Hyänen; letztere streiften am frühen Morgen umher, um frisch gesetzte Gnus zu erwischen, da junge Gnus, die ein bis zwei Stunden alt sind, nicht mehr gefangen werden können. Der Vortragende schilderte auch die Fangmethoden ein- zelner Tiere, der Giraffen, des Nashorns, der Gnus, die vom Pferde aus gefangen werden können, während dies bei Kuhantilopen nicht möglich ist. Der Film gab eine ausgezeichnete Anschauung von der Landschaft und den Tieren, besonders in ihrer Bewegung. ad 13. Sodann spricht Herr FRIEDENTHAL über: „Menschenaffen und Menschenrassen in ihrer serologischen und körperlichen Ähnlichkeit“. Ein Referat ist nicht eingegangen. Diskussion findet nicht statt. ad 14. Fällt aus, ad 15. Herr WESTENHÖFER spricht über: „Die hintere Fußwurzel von Mensch und Gorilla“. Der Vortrag wurde in Band 4 unserer Zeitschrift, pg. 186. abgedruckt. Aussprache findet nicht statt. ad 16. Der Vortragende hat telegraphisch sein Nichterscheinen infolge dringender Arbeiten mitgeteilt. | ad 17. Herr HILZHEIMER schließt die Sitzung mit Worten des Dankes an die Teilnehmer, den Ortsausschuß, die Verwaltungen der Institute und an die Herren POHLE und RÜMMLER. u Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 7L 2.) Niederschriften der wissenschaftlichen Sitzungen. Von K. OHNESORGE, Berlin. A. Januarsitzung. Montag, 28. Januar 1929, im Hörsaal 2 des Museums für Naturkunde, Berlin N 4, Invalidenstraße 43. Anwesend: die Mitglieder BAIER, BITTNER, EISENTRAUT, FECHNER, HARTIG, HECK jun., HILZHEIMER, KLINGHARDT, Lips, Most, D. MÜLLER, NACHTSHEIM, Frl. CH. NEUMANN, OÖ. NEUMANN, NÖLLER, ÖHNESORGE, POHLE, RUGE, RÜMMLER, SCHÖNBERG, SCHWARZ, STRAUCH, WOKER, ZIMMER, sowie 10 Gäste. Vorsitz: HILZHEIMER. Niederschrift: OHNESORGE. Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr MosT: Einiges über Geruchsleistungen der Hunde. 3. Kleinere Mitteilungen. 4. Literatur. ad 1. Herr HILZHEIMER gedenkt in warmen Worten des verstorbenen Direktors des Zoologischen Gartens in Breslau, GRABOWSKI, und des ver- storbenen pathologischen Anatomen CHRISTELLER. Die Anwesenden erheben sich zu Ehren der Toten. Herr POHLE berichtet, daß die Zahl der Mitglieder 223 betrage, und verliest die schriftlichen Grüße des Herrn SPATZ aus Dakar an die Säuge- tiergesellschaft. Herr HILZHEIMER dankt hierfür im Namen der Gesellschaft. ad 2. Herr MosT hält seinen angekündigten Vortrag. Er besprach die verschiedenen Versuche mit Polizeihunden, weist auf die Fehlerquellen hin kommt zu dem Schluß, daß eine Spurenreinheit der Hunde auf fremder Spur nicht nachgewiesen sei. An der Aussprache beteiligen sich die Herren ZIMMER, Heck, SCHWARZ, MÜLLER, BITTNER und NÖLLER. ad 3 und ad 4 fallen aus. B. Februarsitzung. Montag, 25. Februar 1929, im Hörsaal 2 des Museums für Naturkunde, Berlin N 4, Invalidenstraße 43. Anwesend: die Mitglieder ARENDSEE, BITTNER, BOETHKE, A. BRASS, E. BRAss, ECKSTEIN, FICK, FISCHER, GLAESER, HÄRTA, 8 Zeitschrit für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. HARTIG, HECK jun, HILZHEIMER, M. KocH, LEMM, Lıps, MErZ, D. MÜLLER, 0. NEUMANN, ÖHNESORGE, PETERS, POHLE, RIEMER, V. RIESENTHAL, RUGE, RÜMMLER, E. SCHNEIDER, SCHÖNBERG, SCHWARZ, STAESCHE, STEINMETZ, STRAUCH, VALLENTIN, VIRCHOW, WESTENHÖFER, ZEHLE, ZIMMERMANN, sowie Herr SCHNURRE als Vertreter der Berliner Stadtbibliothek und 36 Gäste. Vorsitz: HILZHEIMER. Niederschrift: OHNESORGE. Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr LuTZ HEcK: Vorführung des auf der Tierfang- expedition des Berliner Zoologischen Gartens in Deutsch- ostafrika aufgenommenen Tierfilms. 3. Kleinere Mitteilungen. 4. Literatur. ad 1. Herr POHLE berichtet, daß sich die Mitgliederzahl um 2 ver- mehrt habe. ad 2. Herr HECK jun. hält seinen angekündigten Lichtbildervortrag. Der von dem Redner selbst aufgenommene und erklärte Tierfilm gibt ein außerordentlich anschauliches Bild der afrikanischen Landschaft und ihres Tier- lebens, insbesondere ein seltenes Anschauungsmaterial der Bewegungsweisen vieler Tiere, wie der Giraffen, Zebras, Gnus, Hyänen, Warzenschweine, Kaffernbüffel, Nashörner, Strauße u. a., sowie von der Fangmethode bei Giraffen, Zebras und Nashörnern. Die Bilder zeigen auch die Schwierigkeiten, mit welchen der Fänger zu tun hat, und lassen erkennen, welches Maß von Ausdauer, Mut und Umsicht von ihm verlangt wird. Auf der Tierfangexpedition wurden 60 Stück Säugetiere in 18 Arten erbeutet, nämlich Springhase (Pedetes caffer), Stachelschwein (Hystrix cristata), Massaigenette (Genetta felina), Suaheligenette (Genetta pardina suahelica MTSCH.), Löwe (Felis leo L.) Gepard (Acinony& guttatus HERM.), Honigdachs Mellivora ratel SPARRM.), Doppelnashorn (Diceros bicornis L.), Nilpferd (Hippo- potamus amphibius L.‘, Böhms Zebra (Equus quagga böhmi M'TSCH.), Massaigiraffe (Giraffa capensis tippelskirchi MTSCH.), Weißbartgnu (Oonnochaetes taurinus albo- jubatus THOMAS), Grants Gazelle (Gazella granti BROOK), Ostafrikanische Haus- ziegen, Olivgrüne Meerkatze (Cercopithecus leucampyx kibonotensis LÖNNBERG), Stuhlmanns Diadem-Meerkatze (Cercopithecus leucampyx stuhlmanni MTSCH.), Massaipavian (Papio cynocephalus lestes HELLER). Herr HILZHEIMER dankt dem Vortragenden im Namen der Gesell- schaft und betont den biologischen und ökologischen Wert dieses Films; Herr POHLE dankt im Namen des Museums für das wertvolle Material, das Herr HECK dem Museum gestiftet hat. An der Aussprache beteiligen sich die Herren BITTNER, NEUMANN und HILZHEIMER. Herr BITTNER weist auf den eigenartigen von der Niederschriften der wissenschaftlichen Sitzungen. Q Vorderhand ausgehenden und vom Hals dirigierten Paßschritt und Paßgalopp der Giraifen hin, den der Film gut erkennen läßt. Auch bei anderen Steppen- tieren sei die Vorderhand stark ausgebildet. Herr HECK jun. weist darauf hin, daß die starke Entwickelung der Vorderhand möglicherweise mit der Wendigkeit der betreffenden Tiere zusammenhinge. ad 3 und ad 4 fallen aus. C. Märzsitzung. Montag, 25. März 1929, im Hörsaal 2 des Museums für Naturkunde, Berlin N 4, Invalidenstraße 43. Anwesend: die Mitglieder ARENDSEE, BAIER, BITTNER, A. BRAss, DIETRICH, FECHNER, GOMANSKY, HAHN, HARTIG, HECK jun, KLINGHARDT, KNOTTNERUS- MEYER, LIPs, D. MÜLLER, ÖHNESORGE, PETERS, SCHWARZ, STEINMETZ, sowie 8 Gäste. Vorsitz: HECK sen. Niederschrift: OHNESORGE. Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr SCHÖNBERG: Über den mikroskopischen Bau der Elefantenhaut. 3. Herr BITTNER: Beobachtungen bei der erfolgreichen Behandlung eines fußkranken Elefanten. 4. Herr BITTNER: Vorweisung der fertigen Eihäute vom Elefanten. 5. Kleinere Mitteilungen. 6. Verschiedenes. ad 1. In Vertretung des erkrankten Geschäftsführers berichtet Herr RÜMMLER, daß die Mitgliederzahl 222 betrage. ad 2. Herr SCHÖNBERG hält seinen angekündigten Vortrag. Auffallend an der Elefantenhaut ist einmal die riesige Entwickelung des stratum cor- neum, demgegenüber die anderen Zellschichten zurücktreten, und dann der Mangel an Schweiß- und Talgdrüsen und an Nervenendigungen in der Ober- haut. Das Pigment entsteht im stratum germinativum und bildet auf der Kuppe der Papilien richtige Pigmentsäulen. Die Haut ist auch arm an fein verästelten Blutgefäden, so daß bei Verletzungen keine Heilhyperämie ent- stehen kann. Nervenendigungen finden sich dagegen am unteren Ende des Rüssels, weniger am übrigen Rüssel. Bei der Aussprache hebt Herr HECK jun. hervor, daß Nashörner beim Rennen naß werden; Herr HECK sen. weist darauf hin, daß beim Nil- pferd neben den Haaren selbständig tubulüse Drüsen ausmünden, die ein 10 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. schleimiges, weinroten Farbstoff enthaltendes Sekret liefern, das zur Sage Anlaß gab, daß das Nilpferd Blut schwitze. Auffallend sei, daß die Ele- fanten trotz des negativen histologischen Befundes ein starkes Empfindungs- vermögen der Haut zeigten (Sandbewerfen, Befächeln mit Zweigen). Wenn die dicke Hornhaut des Elefanten durchschnitten würde, so heile sie nicht mehr zu, da die steifen Ränder aneinander vorbeirutschten. — Herr DIETRICH bemerkt, daß die Haut des Mammuts zwar dieselben mikroskopischen Ver- hältnisse wie die Elefantenhaut aufwies, daß das stratum corneum aber sehr dünn war, da das Wollhaar stark entwickelt gewesen sei; Schweiß- und Talgdrüsen fehlten ebenfalls. Herr BITTNER gibt an, daß das Sekret der Talgdrüsen bei Büffeln und auch Büffelmilch und Butter schneeweiß seien, daß dagegen das Sekret der Talgdrüsen von Rindern gelblich und dem- entsprechend auch die Kuhmilch und Butter gelblich seien. Auch der Hund habe wenige, aber unerhört große Schweißdrüsen; man sehe aber keine Flüssigkeit, weil der Schweiß im Haarbalg vergase. ad 3. Herr BITTNER hält seinen angekündigten Vortrag über die Fuß- behandlung eines Elefanten, der dem König von Bulgarien gehörte. Es han- delte sich um einen Eiterabszeß im linken Hinterfuß, der erst, nachdem es gelungen war, den Elefanten am Rüssel zu fesseln, durch Öffnung und Be- handlung geheilt werden konnte. In der Aussprache weist Herr HECK jun. darauf bin, daß auch bei wilden Nashörnern Vereiterungen des Fußpolsters gefunden worden sind, wohl infolge Verletzungen am Felsboden. Auch die im Berliner Zoo früher gehaltene afrikanische Elefantenkuh Mary hatte sich infolge eines Risses zwischen zwei Hufen eine Infektion zugezogen, die zu einer Vereiterung führte, an der sie auch einging. Bei der Behandlung der Mary habe sich auch gezeigt, daß sie in der Lage war, mit dem Vorderfuß auszuschlagen. — Herr ARENDSEE bemerkt, daß die Hufe der im Berliner Zoo gehaltenen Elefanten ausgeschnitten und mit Holzteer eingeschmiert würden, wenn fau- liges Horn an den Hufen festgestellt würde. ad 4. Herr BITTNER trägt seine Beobachtungen vor, die er an der Eihaut gemacht hat, die er aus dem Berliner Zoo bei der Geburt des in- dischen Elefantenjungen Kalifa bekommen hatte. | ad 5 und ad 6 fallen wegen der vorgeschrittenen Zeit aus. D. Aprilsitzung. Fiel aus wegen der am 2.—5. Mai stattfindenden 3. Hauptversammlung. a einrii Niederschriften der wissenschaftlichen Sitzungen. Bi E. Maisitzung. Montag, 13. Mai 1929 im Großen Hörsaal des Zoologischen Instituts, Berlin N 4, Invalidenstraße 43, in Gemeinschaft mit der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft. Anwesend: die Mitglieder BAIER, BITTNER, E. Brass, FECHNER, GLAESER, GOMANSKY, HARTIG, HAVESTADT, HECK jun., HEINROTH, HERZOG, HILZHEIMER, KLINGHARDT, KÜHNE- MANN, LOHDE, D. MÜLLER, NÖLLER, ÖHNESORGE, RIEMER, v. RIESENTHAL, RÜMMLER, SACHTLEBEN, Frl. E. SCHNEI- DER, SCHWARZ, SEITZ, STEINMETZ, STRAUCH, VALLEN- TIN, sowie 65 Mitglieder der D. O. G. und Gäste. Vorsitz: HEINROTH. Niederschrift: OHNESORGE. Tagesordnung: 1. Herr HAVESTADT: Durch Abessinien zum Rudolfsee. ad 1. Herr HEINROTH eröffnet die Sitzung und erteilt Herrn HAvE- STADT das Wort zu einem durch gute Lichtbilder illustrierten Vortrag über seine beiden Tierfang-Reisen, die er im Dienste der Firma RUHE, Alfeld, durch Abessinien unternommen hat. Er gibt zunächst einen kurzen Überblick über die von ihm durchreisten Landschaften — Steppe, Gebirge, Urwald. Hierauf erzählt er ausführlicher von den beobachteten Tieren, vor allem von den Säugetieren und Vögeln, und auch vom Leben der Bevölkerung. In der Diskussion sprechen Herr O. NEUMANN u. a. F. Junisitzung. Montag, 24. Juni 1929, im Hörsaal 2 des Museums für Naturkunde, Berlin N 4, Invalidenstr. 43. Anwesend: die Mitglieder BAIER, A. BRASS, DIETRICH, FICK, FRIEDEN- THAL, HAHN, HARTIG, HEcK sen., L. HECK jun., HERZOG, HILZHEIMER, KLINGHARDT, Frl. LEHMANN, RUGE, RÜMMLER, SPATZ, SCHWARZ, STREHLKE, Fr. THORMANN, sowie 2 Gäste. Vorsitz: HILZHEIMER. Niederschrift: RÜMMLER. Tagesordnung: 1. Herr KLINGHARDT: Vergleichende Untersuchungen über das Gehirnrelief und Gehirn verschiedener Raubtiere., ad 1. Der Vortragende führte zunächst ganz kurz aus, daß die Höhlenhyäne der gefleckten Hyäne (Hynena crocotta) am nächsten stehe, wie es auch die meisten Forscher annehmen. — Gelegentlich wird in der Literatur angegeben, daß die Schädel der Höhlenhyäne die der gefleckten an Größe übertreffen. Nach Ansicht des Vortragenden, der ein sehr umfangreiches Material durchgesehen hat, läßt sich dies aber nicht aufrechterhalten. — Es wurden dann Gehirne und Gehirnkapsel- Ausgüsse beider Hyänenarten besprochen. Ausgehend von der leicht auffindbaren 19) Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. sylvischen Furche, wurden die Hauptfurchen besprochen, die die sylvische über- lagern. Die besondere Konstanz der „übersylvischen Furche‘‘ wurde hervorgehoben. An der Basis des Schädels wurde die Lage und Bedeutung des ‚„Türkensattels‘“ erläutert. — Es lassen sich bei gleich großen Schädeln nicht nur die Hauptfurchen, sondern auch die Nebenfurchen zur Deckung bringen. Daraus ergibt sich, daß sich das verwickelte Gehirnrelief der Höhlenhyäne vom Diluvium bis zur Gegen- wart nicht verändert hat. — Nach denselben Gesichtspunkten wurden die Ge- hirne und Gehirnreliefe des rezenten und fossilen Löwen, vom Höhlen- und re- zenten Wolf und Hund besprochen. — Auch aus diesen Untersuchungen ergab sich, daß sich das Gehirnrelief seit der Eiszeit gar nicht oder nur sehr wenig ge- ändert hat. — Nur in wenig Fällen kann vom Relief auf die Funktion geschlossen werden, beim Riechlobus ist dies z. B. möglich. An der Diskussion beteiligten sich die Herren FICK und HILZHEIMER. 6. Julisitzurg. H. Augustsitzung. Fielen auf Vorstandsbeschluß aus. J. Septembersitzung. Montag, 23. September 1929, im Hörsaal 2 des Museums für Naturkunde, Berlin N 4, Invalidenstraße 43. | Anwesend: die Mitglieder A. BRAss, FECHNER, GOMANSKY, HAHN HANSEN, HÄRTA, HARTIG, HECK sen., L. HECK jun, HERZOG HEYMONS, HILZHEIMER, KÜHNEMANN, LEMM, MERZ D. MÜLLER, OÖHNESORGE, POHLE, RIEMER, RÜMMLER SCHENK, SPATZ, STEINMETZ, STREHLKE, STRAUCH VIRCHOW, WOKER, sowie 45 Gäste. Vorsitz: HILZHEIMER. Niederschrift: OHNESORGE. Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr PAUL SPATZ: Am Senegal und in Mauretanien. 3. Kleinere Mitteilungen. 4. Literatur. ad 1. Herr HILZHEIMER übermittelt die Grüße des Vorsitzenden der Gesellschaft, Herrn DÖDERLEIN, an die Gesellschaft. Herr POHLE berichtet, daß die Zahl der Mitglieder 250 betrage und daß das Mitgliederalbum durch Frau M. KOCH fertig gestellt sei. Er be- richtet ferner über die letzte Sitzung der Wisentgesellschaft und teilt mit, daß das Zuchtbuch für Wisente so schnell wie möglich gedruckt werden solle. Herr HECK jun. macht ergänzende Bemerkungen über die Wisenttagung. Herr HILZHEIMER teilt mit, daß Herr BITTNER an den Folgen einer Sektionsvergiftung gestorben sei und gedenkt in warmen Worten des Ver- storbenen. Die Anwesenden erheben sich zu Ehren des Toten von ihren Plätzen. Niederschriften der wissenschaftlichen Sitzungen. 3 ad 2. Herr SPATZ hält hierauf seinen angekündigten Vortrag über seine beiden Reisen aus den Jahren 1928 und 1929 nach dem Senegal und Mauretanien. Auf der ersten bediente er sich eines Segelbootes (Piroge), auf der zweiten eines Fordautos. Der Lichtbildervortrag gibt ein anschauliches Bild der Land- schaft, Bevölkerung und Tierwelt des Senegalgebietes und des südlichen Maure- taniens. Interessant sind die Bilder der dort gehaltenen Haustiere, wie Esel (mit stark ausgeprägtem Aalstrich), Reitdromedare, Tragochsen, Ziegen und Schafe (kurzhaarig mit langen Strippen als Glöckchen und flach vom Kopf weggedrehtem Horn). An wilden Säugetieren zeigte Herr Spatz Bilder von Pavianen, diein Herden von 200—300 Stück vorkommen, Akaziensamen fressen, aber auch in die Mais- und Hirsepflanzungen einfallen. Wird ein Tier erlegt, so bellen die Männchen und kreischen die Weibchen; die starken Männchen suchen die toten oder ver- wundeten Mitglieder der Herde wegzuschleppen. Bisher war unbekannt, daß die alten Männchen von Pupio sphinx einen großen Mantel bekommen. Auch ein Husarenaffe wurde überlistet und erlegt; es sind dies Erdaffen, die bei Gefahr die Bäume verlassen und mit solcher Geschwindigkeit flüchten, daß sie selbst im Auto nicht einzuholen waren. Ferner gelang es, Gazellen, Warzenschweine (dort zahlreich, auch am hellen Tage herumbummelnd, nicht scheu, von hervorragendem Wildpret), Servale, die besonders den Perlhühnern nachstellen, zu erlegen. Da- gegen wurden Löwen nur auf der ersten Reise am Ufer des Senegal beobachtet, es glückte aber nicht, einen von ihnen zu erlegen, doch kommen sie bis in die Nähe der Ansiedlungen. Ein Junges der gefleckten Hyäne war noch ungefleckt, dunkel gefärbt; die Flecken treten plötzlich auf. Interessant war die nächtliche Jagd auf Schakale im Auto, die aus dem Lichtkegel des Autos nicht herausgehen, wohl aber tun dies die Affen. Ein Frosch wurde gefangen, der eine Fledermaus von 30—40 cm Flügelspannung auswürgte, die er wohl am Wasser geschnappt hatte. Ein besonderer Erfolg der zweiten Reise war die Erbeutung eines Kroko- dils (Zwergform des Nilkrokodils von 2,32 m Länge) im Calulasee bei Mbout. Ein von SPATZ mitgebrachter, heller Gepard ist dem von RÜPPEL aus dem Sudan mitgebrachten Geparden ähnlich. An der Aussprache beteiligten sich die Herren HEcK sen., HECK jun., HILZHEIMER, POHLE, der auch auf die Bedeutung des von Herrn SPATZ dem Museum gelieferten wissenschaftlichen Materials hinweist. ad 3 und ad 4 fallen wegen vorgerückter Zeit aus. K. Oktobersitzung. Montag, 18. November 1929, im Hörsaal 2 des Museums für Naturkunds, Berlin N. 4, Invalidenstraße 43, Anwesend: die Mitglieder BAIER, EISENTRAUT, FECHNER, FICK, HAHN, HARTIG,HERZOG,HILZHEIMER,KLINGHARDT,Fr.M.KochH, Frl. LEHMANN, Lips, D. MÜLLER, OHNESORGE, Fr. CH. POHLE, H. POHLE, RÜMMLER, Frl. SCHENK, SCHÖN- BERG, SPATZ, STRAUCH, STREHLKE, sowie 6 Gäste. 14 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Vorsitz: HILZHEIMER. Niederschrift: OHNESORGE. Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr EISENTRAUT: Referat über den Winterschlaf der Haselmaus. 3. Herr HILZHEIMER: Vorlage eines Zahnes von Elephas pachyganalis SCHRÖDER. 4. Herr POHLE: Bemerkungen über die Tegernseer Luchse. 5. Verschiedenes. 6. Literatur. ad. 1. Herr HILZHEIMER gratuliert im Namen der Gesellschaft Herrn POHLE zu seiner Eheschließung. Herr POHLE dankt für diesen Glückwunsch und berichtet, daß die Zahl der Mitglieder 251 betrage. ad 2. Herr EISENTRAUT hält seinen angekündigten Vortrag, der in dieser Zeitschrift 4, pg. 213—239 erschienen ist. An der Aussprache beteiligen sich die Herren MAYER, MÜLLER, LIPS, POHLE, HERZOG und Graf ZEDTWITZ. ad 3. Herr HILZHEIMER führt aus, daß ein Elefantenzahn mit weit auseinander gerückten Lamellen in den Rixdorfer Sanden, ein ähnlicher bei Prenzlau gefunden worden sei und daß SCHRÖDER diesen Zahn einem Zle- phas pachyganalis zugeschrieben habe, wobei aber nicht klar erkennbar sei, ob SCHRÖDER eine neue Unterart aufstellen oder nur einen Einzelzahn be- schreiben wollte. Es sei bedenklich, auf einen einzigen Zahn eine neue Unterart zu gründen, da solche Zähne oft schwer zu deuten seien; es wäre eine dankbare Aufgabe, die Variationsbreite der Zähne des indischen Ele- fanten vom paläontologisch-phylogenetischen Standpunkte aus zu untersuchen und auf einer solchen Grundlage die Zähne der fossilen Elefanten zu unter- suchen. In der Aussprache weist Herr POHLE darauf hin, daß die Durch- führung dieser Anregung schwer sei, da sich in deutschen Museen nur wenig Material von indischen Elefanten befinde. ad 4. Herr POHLE berichtet, daß sich im Heimatmuseum zu Rottach am Tegernsee 2 eigenartig präparierte Luchsschädel befänden, die bereits 1921 von V. LENGERKEN beschrieben worden seien, daß sich ein Schädel- fragment im Berliner Museum von Schweinfurth aus Oberbayern geschenkt befinde, das den in diesen Köpfen befindlichen Schädelfragmenten entspreche, und daß 6 solcher Köpfe an dem sogenannten Bärenhaus in Enterbach noch vorhanden seien. Alle diese Köpfe seien der Rest von 60 Köpfen, die nach Angaben von KOBEL vor 1850 an dem Haus am Wiem in Kreuth ange- Niederschriften der wissenschaftlichen Sitzungen. 15 bracht gewesen seien. Von diesen seien nur 10 der besten bei einem Haus- tausch nach Enterbach gebracht worden, während man die übrigen vergrub, Von diesen zehn befinden sich heute noch sechs dort, zwei im Heimatmuseum in Rottach; einer sei an einen Privatmann in Rottach gelangt. Der Vor- tragende nimmt an, daß der im Berliner Zoologischen Museum befindliche der zehnte sei. Da nur sehr wenig Reste oberbayerischer Luchse erhalten seien, wäre es sehr zu wünschen, daß auch die letzten sechs aus Enterbach und ein dabei hängender Bär in ein Museum gelangten. ad 5 und ad 6 lag nichts vor. L. Novembersitzung. Montag, 2. Dezember 1929, im Hörsaal 2 des Museums für Naturkunde, Berlin N 4, Invalidenstraße 43. Anwesend: die Mitglieder BERGER, BOETHKE, DIETRICH, FECHNER, GLAESER, HARTIG, HECK sen., KLINGHARDT, KRONACHER, KÜHNEMANN, Frl. LEHMANN, LIPs, MERZ, NÖLLER, PETERS, Fr. CH. POHLE, H. POHLE, RÜMMLER, RUGE, Frl. SCHENK, SPATZ, STANG, STEINMETZ, STRAUCH, STREHLKE, Fr. THORMANN, ZEHLE, sowie 43 Gäste. Vorsitz: STANG. Niederschrift: RÜMMLER. Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr WEBER: Als Pelztierjäger in Feuerland. 3. Literatur. 4, Verschiedenes. ad 1. Herr POHLE berichtet über Veränderungen und Zunahme des Mitgliederbestandes. ad 2. Herr WEBER hält den angekündigten Vortrag, über den er selbst wie folgt referiert: Als einer der Überlebenden des kleinen Kreuzers „Dresden“ vom Spee- Geschwader hatte ich nach meiner Rettung auf die altbekannte Robinsoninsel ‚Juan Fernandez durch eine fünfjährige Internierung auf der Insel Quiriguina Ge- legenheit, umfangreichere Natur- und Tierstudien zu machen. Besonders inter- essierten mich Beobachtungen über die Fischottern. Nach Kriegsschluß zog ich nach einem kurzen Besuch in Deutschland als Pelzjäger ins Feuerland. An etwa 1500 Fischottern, die ich erbeutete, habe ich noch viele Beobachtungen anstellen können. Ich unterschied die beiden, dort dicht nebeneinander lebenden, sich be- sonders in der Größe unterscheidenden Otternarten: an der offenen Ozeanküste u dunkleren, kleineren, gewandteren Insel- oder Spielotter und den in den inneren, jedoch ebenfalls salzigen Gewässern lebenden, sehr viel größeren Fluß- otter. Noch eine andere Art, die die Chilenen mit huillines bezeichnen, mit gold- gelber Unterwolle traf ich hauptsächlich auf der Insel Chiloe an. Sie lebt in tief 16 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. eingeschnittenen Regenströmen, Lagunen sowie Gletscherseen und wird auch sehr groß. In der Gefangenschaft werden die Fischottern bei richtiger Behandlung sehr schnell zahm, selbst als ältere Tiere gefangene konnte ich nach 14 Tagen frei umherlaufen lassen. Mit Tieren, die nicht gefressen werden können, schließen sie auch Freundschaft. Ferner traf ich auf Seelöwen, See-Elefanten, Wale, Delphine und Sumpfbiber. Verschiedentlich hatte ich auch Begegnungen mit den im Aussterben begriffenen Alakaluf- und Yaganindianern. Der Vortrag wurde durch zahlreiche Lichtbilder erläutert. In der anschließenden sehr lebhaften Aussprache kommen einige augen- scheinlich irrtümlich verstandene Angaben des Vortragenden zur Erörterung und werden im Laufe der Diskussion erledigt, an der sich vornehmlich die Herren HECK sen., POHLE, WESTENHÖFER und der Vortragende beteiligen. ad 3 und ad 4 fallen wegen vorgeschrittener Zeit aus. M. Dezembersitzung. Montag, 16. Dezember 1929, im Hörsaal 2 des Museums für Naturkunde, Berlin N 4, Invalidenstraße 43. Anwesend: die Mitglieder FICK, GLAESER, HAHN, HEcK sen., HECK jun., HILZHEIMER, KAHMANN, Frl. LEHMANN, LIPS, OHNE- SORGE, Fr. CH. POHLE, H. POHLE, RÜMMLER, Frl. SCHENK, SPATZ, STEINMETZ, STREHLKE, VIRCHOW,WESTENHÖFER, sowie 4 Gäste. Vorsitz: HILZHEIMER. Niederschrift: OHNESORGE. Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mitteilungen. 2. Herr LIPS: Über die Handwurzel und ihren Zusammen- hang mit den Bewegungsarten arktoider Raubtiere. 3. Literatur, 4. Verschiedenes. ad 1. Herr POHLE berichtet, daß die Zahl der Mitglieder um 2 ge- stiegen sei und gibt die Beschlüsse des Vorstandes bekannt, wonach bei der nächsten Hauptversammlung beantragt werden soll, daß der jährliche Mit- gliedsbeitrag vom nächsten Jahr an für Einzelpersonen, Institute und An- stalten 15 Mark, für Personengemeinschaften 30 Mark, für Studenten auf ihren Antrag 8 Mark und für Oesterreicher auf Antrag 5 Mark betragen solle, daß die Einzelbeiträge durch die einmalige Zahlung von 300 Mark abgelöst werden können, daß Anverwandte von Mitgliedern einen Beitrag von 5 Mark zu zahlen haben (ohne Zeitschriftlieferung) und daß ein okli- gatorischer Gästebeitrag von 0,50 Mark erhoben werden solle. Diese Vor- schläge finden die Billigung der Versammlung. Niederschriften der wissenschaftl. Sitzungen u. Besichtigungen. 17 ad 2. Herr LIPS hält hierauf seinen angekündigten Vortrag, der in dieser Zeitschrift erscheinen wird. An der Aussprache beteiligen sich die Herren HECK jun, VIRCHOW und FICK. ad 3 und ad 4 fallen wegen der vorgeschrittenen Zeit aus, 3.) Niederschriften der Besichtigungen etc. A. Besichtigung des Berliner Zoologischen Gartens. Montag, 22. Juli 1929, 16 Uhr 30. Herr HECK sen. führt die etwa 50 Teilnehmer zunächst zum Elefanten- haus, wo das hier geborene Junge des indischen Elefanten besichtigt wurde, und dann über Nagetierbau, Afferhaus, Antilopengehege, Raubtierhaus und Altes Vogelhaus zum Einhufergehege. Anschließend fand eine Nachsitzung in der Waldschänke des Zoos statt, bei der Herr ECKSTEIN Herrn HEcK den Dank der Gesellschaft für die wohlgelungene Führung aussprach. 18 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 4,) Geschäftsbericht für die Jahre 1928 und 1929. Von HERMANN POHLE (Berlin). Ein Geschäftsbericht soll nicht nur einen Überblick über die Geschäfte der Gesellschaft geben, er soll zugleich die Geschichte der Gesellschaft inner- halb des bestimmten Zeitabschnittes darstellen, aus ihm muß man erkennen, ob die Gesellschaft vorwärtsschreitet oder rückwärts. Er darf daher nicht nur die statistischen Angaben über Höhe und Veränderungen des Mitglieder- und Kassenstandes enthalten, sondern muß über alle Tätigkeiten und Er- lebnisse der Gesellschaft berichten. Die Mitgliederzahl ist in den zwei Jahren ziemlich gleichmäßig ge- stiegen, allerdings im ersten schneller als im zweiten. Anlaß zu plötzlichen Veränderungen gaben nur die Heckfeier, bei der eine größere Anzahl von Mitgliedern geworben werden konnte, und die Jahreswenden, hier zurück- führbar auf die zu diesen Zeitpunkten fühlbar werdenden, aber schon während des Jahres getätigten Austrittee In Zahlen ergibt sich folgendes. Wir traten in das Jahr 1928 ein mit 206 Mitgliedern. Neu aufgenommen wurden 45 im Jahre 1928, 26 im Jahre 1929; es schieden 1928 aus 1 durch Tod, 13 durch Austritt und 4 durch Ausschluß, zusammen 18; 1929 waren es 3 durch Tod, 7 durch Austritt und 2 durch Ausschluß, zusammen 12. Die Ausschlüsse fanden stets statt wegen dauernder Nichtbezahlung des Beitrags. Nach den genannten Zahlen ergibt sich der Mitgliederstand am 1. 1. 1930 als 206 +45 + 26 — 18 —12 — 247. Durch Tod verloren wir die Herren Prof. Dr. H. BITTNER (Berlin), Dr. E. CHRISTELLER (Berlin), Direktor F. GRABOWSKI (Breslau) und PAUL SARASIN (Basel), außerdem den Be- sitzer der Firma J. Neumann, Neudamm, der Kommerzienrat JULIUS NEU- MANN (Neudamm). Wir werden ihnen allen ein ehrenvolles Andenken be- wahren. Neben den Hauptversammlungen fanden in jedem der beiden Jahre neun wissenschaftliche Sitzungen statt, in denen neben den verschiedensten kleineren Mitteilungen zusammen 18 größere Vorträge gehalten wurden. Alle tagten im Hörsaal des Geologisch-Paläontologischen Instituts der Universität Berlin. Der Inhalt der Vorträge war den verschiedensten Teilen der Säugetierkunde ‘entnommen. Die Maisitzung 1928 wurde zu einer Festsitzung zur Feier der 40jährigen Amtstätigkeit des Geheimrat Prof. Dr. L. HECK aus- gebaut; dieser wurde dabei zum Ehrenvorsitzenden der Gesellschaft ernannt Geschäftsbericht für die Jahre 1928 und 1929. 19 (siehe Niederschrift in 4, p. 13). Der Besuch war besser als in den Jahren zuvor; es waren immer über 20, im Höchstfall i15 und im Durchschnitt 50 Personen (25 Mitglieder und 25 Gäste) anwesend. Auch der Besuch der Hauptversammlungen hat sich gesteigert. Auf der ersten (Dresden 1927) waren 23 Teilnehmer, auf der zweiten (Frankfurt a. M. 1928) 33, auf der dritten (Hamburg 1929) 45. Über den Verlauf dieser siehe die ausführlichen Niederschriften. Außer diesen Sitzungen wurden 2 Besichtigungen des Berliner Zoologischen Gartens und ein Ausflug nach Eberswalde unternommen, ferner wurden unsere Mitglieder vier mal zu Sitzungen anderer Gesellschaften offiziell eingeladen. Der Vorstand der Gesellschaft hielt 1928 3 Sitzungen und 2 kurze Besprechungen, 1929 nur 2 Sitzungen ab. Von unserer Zeitschrift erschien 1927 zunächst das 2. Heft des 2. Bandes im Umfange von 3 Bogen. Dann kam der dritte Band ungeteilt als Fest- schrift für LUDWIG HEcK 20 Bogen stark heraus. Das 3. Heft des 2. Bandes erschien dann aus finanziellen Gründen erst 1929 (41/, Bogen). Vom Band 4 an sollten jährlich 6 Hefte von je 4 Bogen Umfang erscheinen, 1929 kamen aber nur die drei ersten; die drei weiteren mußten wieder aus Ersparnisgründen in ein Heft!) zusammengezogen werden. Die ersten beiden Hefte des 2. Bandes erschienen ohne Umschlag; die weiteren wurden mit einer Hülle aus gelbem Leinenkarton versehen, die auch in Zukunft bei- behalten werden soll. Die Arbeiten der Geschäftsstelle haben sich in den beiden Jahren gegen früher erheblich vermehrt. Die Zahl der ein- und ausgehenden Postsachen außer den Drucksachen dürfte in jedem Jahr über 700 betragen haben. Wegen der auf den beiden ersten Hauptversammlungen beschlossenen Satzungs- änderungen mußten wir die Zustimmung aller Mitglieder einholen, was uns auch schließlich gelang, so daß dann die Änderung am 11. 10. 1929 rechts- kräftig wurde. Die Bibliothek nahm weiter zu. Sie umfaßte am 31. 12. 1929 248 Einzelarbeiten und 18 Zeitschriften. Von diesen erhalten wir 1 durch Mitgliedschaft, 8 durch Tausch und 7 als Geschenk. Leider wirkte auf alle Arbeiten der Geschäftsstelle im Jahre 1929 verzögend die schwere Er- krankung des Geschäftsführers, derzufolge er gezwungen wurde, über sechs Monate dem Dienst fernzubleiben. Die dadurch erzeugte Stauung seiner Arbeiten wirkte sich auch noch 1930 aus; sie dürfte aber in diesem Jahre überwunden werden. Über die Gestaltung unser Kassenverhältnisse in den Geschäftsjahren 1928 und 1929 gibt unser Schatzmeister, Herr BE. MOSLER, folgende Bilanz: 1) Dieses Heft ist am 10. 2. 1930 in Stärke von 41/, Bogen erschienen, 2* 20 Zeitschrift für Säugetierkunde Bd. 5, 1930. Einnahmen. . Mitgliederbeiträge und Umlagen Ausgaben. . Kosten der Hauptversammlungen a) für 1928 3393.24 a) 1928 . 153.75 b) für 1929 3418.02 b)SLI2IE 80.— . Einnahmen aus der Zeitschrift . Kosten der Wissenschaftl. Sitzungen a) für 1928 380.40 a) 1928 . 118.35 b) für 1929 480.30 b)ALI2I 84.— . Spenden . Ausgaben für die Zeitschrift a) Heckspende . 1860.— a) Heft 2, 2 1393.45 4. Dahrlehn Dr. MOSLER b) Heft 2, 3 1141.50 a) für 1928 1600.— c) Band 3 . 3662.75 b)2ur21929 . 1700.— d) Heft 4, 1 1258.35 5. Zinsen aus dem Bankkonto e) Heft 4, 3 982.— a) für 1928 20.25 f) Heft 4, 3 574.16 b)turel 27a 340 4. Büroausgaben 6. Saldo per 31. 12. 1927 a) 1928 . 519.70 a) Postscheckkonto . 168.15 b) 1929 . i 150.35 b) Bankkonto . 126.50 5. Ausgaben für die Bücherei VEmanSTS a) 1928 . 45.50 b)1929 36.55 6. Gerichtskosten a) 1929 7) 2 Dee 32.30 7. Rückzahlung der Darlehen Dr. MOSLER a) 1928 . A 1600.— b) 19329 a RI 1200.— \ 8. Bankunkosten a), LY2S Eee, 3.45 b) 19291... Dre 1.30 9. Saldo per 31. 12. 1929 a) Postscheckkonto 70.80 b) Bankkonto 42.— 112.80 Gesamteinnahme RM. 13150.25 Gesamtausgabe RM. 13150.26 Zum Schluß ist es mir eine angenehme Pflicht, namens des Vorstandes allen denen, die in den vergangenen Jahren die Gesellschaft unterstützt haben, sei es durch Übernahme bestimmter Arbeiten, durch Anregungen, Spenden oder durch Werbung von Mitgliedern, den herzlichsten Dank aus- zusprechen und sie zu bitten, sich auch in Zukunft für die Gesellschaft zu betätigen. Insbesondere bitten wir, bei der Versendung von Separaten auch die Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde zu bedenken. Eingänge für die Bücherei. 21 5.) Eingänge für die Bücherei. Die Notiz in Klammern zeigt den Geber und das Eingangsdatum an. 169. ALLEN, H. 170. — A. Einzelwerke. Description of two new species of bats, Nycetinomus europs and N. orthotis. — Proceedings of the United States National Museum 12, pg. 635—640, 1890. — (Tausch 2. 7. 29.) Description of a new species of bat, Atalapha semota. — Pro- ceedings of the United States National Museum 13, pg. 173 bis 175, 1890. — (Tausch 2. 7. 29.) 171. ANTONIUS, O0. Beobachtungen an Einhufern in Schönbrunn. IV. Afrika- 172. — 173. — nische Esel. — Der Zoologische Garten 1, pg. 289—296. 1929. — (Autor 14. 2. 29.) Zwei alte Wisent- und Urbilder aus der Wiener Staatsgalerie. — Berichte der Internat. Ges. zur Erhaltung des Wisents 3, pg. 87, 2 tab., 1929. — (POHLE 23. 2. 29.) Bemerkungen über einige Tiere der Weidholz-Importe 1927 und 1928. — Der Zoologische Garten 1, pg. 369—390, 1929. — (Autor 30. 5. 29.) 174. ARGYROPULO, A. J., Beiträge zur Kenntnis der Murinae BAIRD L, I. — 175. — 176. a. 179. _ Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 144—156, 1929. — (Eigenverlag 24. 9. 29.) Sur une localite nouvelle du Nyetalus siculus Palumbo (Chi- roptera) dans ’URSS (russisch). — Annuaire du Muse Zoo- logique del’Acad. des Sciences de ’URSS (russisch) 30, 1929, pg. 131—132. — (Autor 15. 11. 29.) Materiaux sur l’6tude du genre Rattus FITZINGER 1867 (russisch). — Mitteilungen der Kurse für Angewandte Zoologie u. Pflanzenpathologie 4, 1928, pg. 68—87. — (Autor 15.11. 29.) Tableaux pour determination des rats du genre Rattus FITZIN- GER de la faune de ’URSS (russisch). — (Autor 15. 11. 29.) Sur une sous-espece nouvelle de Micromys minutus PALL. (Mammalia, Rodentia) provenant de la Chine Centrale (eng- lisch und russisch). — Comptes Rendus de l’Academie des Sciences de ’URSS 1929, pg. 253—255. — (Autor 15. 11. 29.) Sur la position syst&matique du rat du Turkestan (Rattus turkestanicus SAT.) (russisch). — Comptes Rendus de l’Academie des Sciences de ’URSS 1928, pg. 465—466. — (Autor 15. 11. 29.) 180. de BEAUX, O. Riabilitazione del termine „taeniopus, HEUGLIN“ per l’asino selvatico somalo. — Bollettino dei Musei di Zoologia e Ana- tomia comparata della R. Universita di Genova 8, 27, pg. 1 bis 13, 1928. — (Autor 11. 1. 29.) 22 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 181. de BEAUX, O. Risultati Zoologiei della Missione inviata dalla R. Societä 182. 183. 184. 185. 186. 187. Geographica Italiana per l’esplorazione dell’oasi di Giarabub (1926—1927). — Annali del Museo Civico di Storia Naturale di Genova 53, pg. 1-38, 1928. — (Autor 11. 1. 29.) Conserviamo alle Alpi il loro orso. — Il Caceiatore Trentino 7, 89, 5, pg. 1929. — (Autor 1. 3. 29.) Ricerche faunistiche nelle isole italiane del ’Egeo, Mammiferi. — Archivio Zoologico Italiano 13, pg. 1—24, 1 tab., 1929. — (Autor 13. 4. 29.) Wieseljagd auf eine Smaragdeidechse. — Zeitschrift für Säuge- tierkunde 2, pg. 199—200, 1929. — (Eigenverlag 10. 12. 29.) Retifica, descrizioni e deduzioni sul genere ÜOynopithecus Is. Geoffr. — Bollettino dei Musei di Zoologia e Anatomia com- parata della R. Universita di Genova 9, pg. 1—35, 1929. — (Autor 29. 7. 29.) Mammiferi raccolti dal Museo Regionale di Storia Naturale in Trento durante l’anno 1928 (VI-VID). — Revista della Societä pergli Studi Trentini 10, 18pg., 1929. — (Autor 24. 10.29.) Eptesicus nilssoni KAYSERLING e BLASIUS (borealis NILS- SON) in Italia. — Revista della Societä pergli Studi Trentini 10, 3, 5 pg., 1929. — (Autor 25. 11. 29.) 188. BLUNTSCHLI, H. Ein eigenartiges an Prosimierbefunde erinnerndes 189. 190. 19. 192. 193. 194. 195. 196. — und Nagelverhalten am Fuß von platyrrhinen Affen. — Wilhelm Roux’ Archiv für Entwicklungsmechanik der Organismen 118, 3, pg. 1—10, 1929. — (Autor 28. 9. 29.) Die Kaumuskulatur der Menschenaffen (nach Untersuchungen beim Orang). — Anatomischer Anzeiger 67, Ergänzungsheft, pg. 199 - 208, 1929. — (Autor 28. 9. 29.) SCHREIBER, H. Über die Kaumuskulatur. — Die Fort- schritte der Zahnheilkunde 5, pg. 1—32, 1929. — (Autor 28.9. 29.) BRANDES, G. Die Bedeutung des Orang-Kehlsackes. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 81—83, 1929. — (Eigenverlag 27. 8. 29.) BREHMBUCH, DAS. — Verlag der Brehmgesellschaft, 143 pg., 1929. — (Brehm Verlag Berlin, 27. 2. 29.) CHAPPELLIER, A. Essais sur l’alimentation du Campagnol des champs DEMMEL, M. (Arvicola arvalis PALLAS). — Revue d’Histoire naturelle ap- pliquee 9, 67, 15 pg., 1928. — (Deutsche Ornithologische Ge- sellschaft 16. 12. 29.) Die Zuchtschäden bei den Pelztieren. Verwerfen, Auffressen und Verschleppen der Welpen, Milchmangel der Muttertiere. — Die Pelztierzucht 5, pg. 21—31, 1929. — (Autor 2. 8. 29.) DIETRICH, W.O. Über Rekonstruktionen fossiler Säugetiere. — Zeitschrift ERHARD, H. für Säugetierkunde 2, pg. 177—186, 1929. — (Eigenverlag 3.6.29.) Abnorm gefärbte Maulwürfe. — Zeitschrift für Säugetier- kunde 4, pg. 47—48, 1929. — (Eigenverlag 15. 7. 29.) 198. 199. 200. 201. 202. 203. 204. 205. 206. 207. 208. 209. 210. 211. Eingänge für die Bücherei. 23 PICK, RB. Über die Körpermaße und den Kehlsack eines erwachsenen Orangs. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 65—80, 5 tab., 1929. — (Eigenverlag 27. 8. 29.) FREUDENBERG, W. Ein Schimpansenbild aus dem Mittelalter. — Zeit- schrift für Säugetierkunde 4, pg. 64, 1 tab., 1929. — (Eigen- verlag 9. 9. 29.) GROEBEN, G. VON DER, Grundsätze der planmäßigen Wisentzüchtung. Zweiter Teil: Kreuzungszucht. — Berichte der Internat. Ges. zur Erhaltung des Wisents 3, pg. 78—86, 1929. — (POHLE 23. 2. 29.) HEINRICH, G. Über Sylvaemus sylvaticus L. und flavicollis MELCHIOR. — Zeitschrift für Säugetierkunde 2, pg. 186—194, 1929. — (Eigenverlag 1. 6. 29.) HELLER, F. Beiträge zur fossilen Mikrofauna der Steinkirche bei Scharz- feld am Harz. — Mitteilungen über Höhlen- und Karstfor- schung, 2 pg., 1929. — (Autor 13. 4. 29.) HILZHEIMER, M. Einige Reste tierischer Bauopfer aus Sichem. — Zeit- schrift für Säugetierkunde 4, pg. 126—125, 1929. — (Eigen- verlag 27. 8. 29.) HOLLISTER, N. Some Effects of Environment and Habit on captive Lions. — Proceedings of the United States National Museum 53, pg. 177—193, 4 tab., 1917. — (Tausch 2. 7. 29.) KIRCHER, A. Zur Struktur der männlichen Geschlechtsorgane von Pferd und Rind. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 90—121, 4 tab., 1929. — (Eigenverlag 27. 8. 29.) KOCH, W. Ein Fall von Selbstheilung einer komplizierten Knochenfraktur beim Wisent. — Berichte der. Internat. Ges. zur Erhaltung des Wisents 3, pg. 88—89, 1 tab., 1929. — (POHLE 23. 2. 29.) — Alluviale Wisentfunde aus Oberbayern und Oberösterreich. — Berichte der Internat. Ges. zur Erhaltung des Wisents 3, pg. 83—89, 1929. — (POHLE 23. 2. 29.) KRONACHER, C., HENKELS, P., SCHÄPER, W. und KLIESCH, J. Ein experimenteller Beitrag zum Voronoffschen Verfahren der Trans- plantation männlicher Keimdrüsen. — Zeitschrift für Tier- züchtung und Züchtungsbiologie 16, pg. 209—231, 1929. — (Autor 4. 12. 29.) KRUMBIEGEL, I. Säugetierkenntnisse im ältesten China. — Zeitschrift für Säugetierkunde 2, pg. 198, 1929. — (Eigenverlag 10. 12. 29.) == Literarischer Nachtrag zum Begattungsakt des Bibers. — Zeit- schrift für Säugetierkunde 4, pg. 33—85, 1929. — (Eigen- verlag 15. 7. 29.) KUIPER, K. Über periodischen Farbenwechsel bei Seiurus finnlaysoni. — Zeitschrift für Säugetierkunde 2, pg. 174—176, 1 tab., 1929. — (Eigenverlag 1. 6. 29.) JACOBI, A. Melanismus von (ricetus cricetus. — Zeitschrift für Säugetier- kunde 2, pg. 199, 1929. — (Eigenverlag 10. 12. 29.) 24 212 213 217. 218 219. 220. 221 222 223 224. 225. . LONSKY, F. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Zur Anatomie des Darmrohres und des Urogenitalsystemes von Hyrax. — Jenaische Zeitschrift für Naturwissenschaft, 37, pg. 579—652, 1 tab., 1902. — (Prof. Dr. KRUMBACH 13. 4. 29.) . MERTENS, R. Die Affensammlung der Zweiten Deutschen Zentral-Afrika- MOHR, E. . MÖLLER, K. Expedition. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 129—141, 1929. — (Eigenverlag 24. 9. 29.) Ein weißer Kanadabiber (Castor canadensis KUHL.). — Natur und Museum 59, pg. 423, 1929. — (Autor 7. 12. 29.) Zwei neue Palmenroller von den Kleinen Sunda-Inseln. — Zoologischer Anzeiger 84, pg. 333—836, 1929. — (Autor 7. 12.29.) Bemerkungen über die Säugetiere der Inseln Lombok, Bum- bawa und Flores. — Der Zoologische Garten 2, pg. 23—29, 1929. — (Autor 7. 12. 29.) Liste der von der Zweiten Deutschen Zentral-Afrika-Expedition mitgebrachten Klippschliefer (Hyracoidea). — Senckenbergiana 11, pg. 119-122, 1929. — (Autor 7. 12. 29.) Der Gartenschläfer (Eliomys quercinus L.) in Gefangenschaft. — Zeitschrift für Säugetierkunde 2, pg. 144—148, 1929. — (Eigenverlag 10. 12. 29.) Meine beiden Ziesel (Citellus citellus L.). — Der Zoologische Garten 1, pg. 307—313, 1929. — (Autor 11. 2. 29.) Rötelmäuse (Evotomys glareolus SCHREB.) in Gefangenschaft. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 49—53, 1tab., 1929. — (Eigenverlag 16. 7. 29.) Drei Fälle von Polydactylie beim Rinde. — Zeitschrift für Säugetierkunde 3, pg. 155—174, 1929. — (Eigenverlag 1. 6. 29.) . MÜNZESHEIMER, F. Untersuchungen über die funktionelle Norm nebst einer Methode ihrer Auswertung in der prothetischen Zahn- heilkunde. — Correspondenzblatt für Zahnärzte, Heft 3, pg. 1—31, 1 tab., 1929. — (Autor 5. 4. 29.) . NAUNDORFF, E. Die Ohrenfledermaus als Hausgenosse. — Zeitschrift für Säugetierkunde 2, pg. 195—196, 1929. — (Eigenverlag 10. 12. 29.) Der Siebenschläfer als Hausgenosse. — Zeitschrift für Säuge- tierkunde 4, pg. 54—56, 1 tab., 1929. — (Eigenverlag 15. 7. 29.) Der Dachs als Hausgenosse. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 122—124, 1929. — (Eigenverlag 27. 8. 29.) 226. NEUMANN, C. W. DBrehms Leben. Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. 227 228 LUDWIG HECK. — Brehm Verlag, Berlin, 78 pg., 1929. — (POHLE 27. 2. 29.) . OGNEW, S.I. und HEPTNER, V.G. Mammals of the Middle Kopet-Dagh . POHLE, H. mountains and the adjacent plain (Russian Turkestan) (russisch). — Arbeiten des wissenschaftlichen Forschungsinstitutes für Zoologie 3, pg. 46—172. 1929. — (Autor 30. 10. 29.) Ein weiterer alluvialer Wisentfund aus der Mark. — Berichte der Internat. Ges. zur Erhaltung des Wisents 3, pg. 96, 1929. — (Autor 23. 2. 29.) 229. 230. 231. 232. 288. 234, 235. 236. 238. 239. 240. 241. 242. 243. 244. Eingänge für die Bücherei. 25 POHLE, H. WILHELM LECHE’s Schriften. — Zeitschrift für Säugetier- kunde 2, pg. 149—155, 1 tab., 1929. — (Eigenverlag 10. 12. 29.) RAITSITS, E. Die Aussetzung der Budapester Wisente in Visegrad. — Be- richte der Internat. Ges. zur Erhaltung des Wisents 3, pg. 93 bis 95, 1929. — (POHLE 22. 2. 29.) ROSTAFINSKI, J. Li’elevage des animaux domestiques en Pologne. — War- schau, 24 pg., 1929. — (Autor 14. 9. 29.) _ PRAWOCHENSKI, R. und POKLEWSKI-KOZIELL, Z. L’ele- vage des animaux domestiques en Pologne. — Warschau, .45 pg-, 1929. — (Autor 14. 9. 29.) SCHLOTT, M. Ein Nachtschreck. Aus dem Leben der heimischen Fleder- mäuse. — Illustrierte Zeitung Leipzig Nr. 4393, pg. 760 und 770, 1929. — (Autor 3. 6. 29.) _ Ergebnisse zoologischer Forschung im Malapanegebiete und im übrigen Oberschlesien (1928/29). — Der Oberschlesier, August- heft, pg. 1—7, 1929. — (Autor 13. 9. 29.) SEREBRENNIKOV, M. Review of Beavers of the Palearctic Region (Castor, Rodentia). — Comptes Rendus de l’Academie des Sciences de ’URSS. pg. 271—276, 1929. — (Autor 26. 8. 29.) — Ein Flatterhörnchen aus dem Kirgisengebiet. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 142—143, 1 tab., 1929. — (Eigenverlag 24. 9. 29.) . STICHEL, W. Einige Bemerkungen über Lutreolina crassicaudata DESM. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 57—63, 1929. — Eigen- verlag 15. 7. 29.) _ Angewandte Zoologie und Pelztierzucht. — Verhandlungen des 10. Internationalen Zoologen-Kongresses, Budapest, 2, pg. 1245—1248, 1929. — (Autor 7. 9. 29.) SUNIER, A. L. J., C. KERBERT. — Zeitschrift für Säugetierkunde 2, pg. 197, 1 tab., 1929. — (Eigenverlag 1. 6. 29.) TRUE, W. F. Description of a new spezies of deer, Carincus clavatus, from Central America. — Proceedings of United States National Museum 27, pg. 417—424, 1888. — (Tausch 28. 5. 29.) TUROV, S. S. Beitrag zur Kenntnis der Fauna des kaukasischen Natur- aufbewahrungsstaatsgebiets. — Arbeiten der Nordkaukasischen Association wissenschaftlicher Institute 44, 2, 40 pg., 1929. — (Autor 22. 1. 29.) WAHLSTRÖM, A. Beiträge zur Biologie von COrocidura leucodon (HERM.) — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 157— 185, 1 tab., 1929. — (Eigenverlag 24. 9. 29.) WESTENHÖFER, M. Der ‚„Hangelreflex‘“ des Gibbons. — Zeitschrift für Säugetierkunde 2, pg. 201, 1929. — (Eigenverlag 1. 6. 29.) = Die hintere Fußwurzel von Mensch und Gorilla. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 186—192, 2 tab., 1929. — (Eigen- verlag 24. 9. 29.) 26 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 245. WESTENHÖFER, M. Zur Morphogenese der Anuren. — Sitzungsberichte der 246. Ges. naturforschender Freunde zu Berlin, pg. 81—95, 1929. — (Autor 22. 19. 29.) — Die Stellung des menschlichen Beckens in der Wirbeltierreihe — Archiv für Frauenkunde und Konstitutionsforschung 15, pg. 215—261, 1929. — (Autor 22. 10. 29.) 247. WORTMANN, J. L. On some hitherto unrecognized reptilian characters in 248. D the Skull of the Insectivora and other Mammals. — Proceed- ings of the United States National Museum 57, pg. 1—52, 1920. — (Tausch 2. 7. 29.) ZIMMER, C. Über zwei Bilder des ADAMS’schen Mammuts. — Zeitschrift für Säugetierkunde 4, pg. 84—89, 2 tab., 1929. — (Eigenverlag 9.2.9229) B. Zeitschriften. . Annalen des Naturhistorischen Hofmuseums in Wien. (Tausch.) . Arbeiten der Reichszentrale für Pelztier- und Rauchwaren-Forschung. (Tausch.) . Berichte der Internationalen Gesellschaft zur Erhaltung des Wisents. (Mit- gliedschaft.) . Bulletins of the United States National Museum [nur Säugetiere betreffende Arbeiten]. (Tausch.) . Hagenbeck’s illustrierte Tier- und Menschenschau. (©. Hagenbeck’s Tierpark.) . Mitteilungen der Gesellschaft für Säugetierkunde. (Eigenverlag.) -- der Königl. Naturwissenschaftlichen Institute in Sofia. (Tausch.) — der Reichszentrale für Pelztier- u. Rauchwaren-Forschung. (Tausch.) — aus dem Frankfurter Zoo. (Stadt Frankfurt a. M.) — aus dem Zoologischen Garten in Halle. (Stadt Halle.) . Die Pelztierzucht. (Tausch.) . Proceedings of the United States National Museum [nur Säugetiere betreffende Arbeiten]. (Tausch.) . Die Reichskarte. (Reichsamt für Länderaufnahme.) . Travaux de la Societe Bulgare des Sciences Naturelles. (Tausch.) . Verzeichnis der Neuerwerbungen der Berliner Stadtbibliothek. (Stadt Berlin.) . Zeitschrift für Säugetierkunde. (Eigenverlag.) = des Vereins für Deutsche Schäferhunde. (Verein für Deutsche Schäferhunde.) . Zuchtbuch für Silber-, Blau- und Weiß-Füchse. (Reichszentrale für Pelztiere und Rauchwarenforschung.) Satzung der Gesellschaft. DT 6.) Satzung der Gesellschaft. Abschnitt 1. Allgemeines. $ 1. Name. Der Verein führt den Namen: Deutsche Gesellschaft für Säugetierkunde e.V. Er ist unter Nr. 4802 in das Vereinsregister des Amtsgerichts Berlin-Mitte, Ab- teilung 167, eingetragen. $ 2. Zweck. Zweck des Vereins ist die Förderung der Säugetierkunde nach allen Rich- tungen und durch alle Mittel, insbesondere durch gegenseitigen Austausch der gesammelten Erfahrungen und Beobachtungen in regelmäßig abzuhaltenden Ver- sammlungen und durch Herausgabe der „Zeitschrift für Säugetierkunde*. 83. Sitz. Sitz des Vereins ist Berlin. $ 4. Geschäftsjahr. Das Geschäftsjahr des Vereins ist das Kalenderjahr. Abschnit 2. Mitglieder. $ 5. Erwerb der Mitgliedschaft. Mitglied der Gesellschaft kann jede Person, Personengemeinschaft und jede Anstalt werden. Der Erwerb der Mitgliedschaft wird eingeleitet durch Anmeldung bei einem der Vorstandsmitglieder. Über die Aufnahme entscheidet allein der Vorstand. $ 6. Verlust der Mitgliedschaft. Verlust der Mitgliedschaft tritt ein: a) durch Tod des Mitgliedes, b) durch Austrittserklärung beim Geschäftsführer, ec) durch Ausschluß. Der Ausschluß kann vom Vorstande ausgesprochen werden, einmal, wenn das Mitglied bei Einziehung des Beitrages durch Nachnahme die Zahlung verweigert und dann, wenn das Mitglied den Bestrebungen des Vereins zuwiderhandelt. In dem ersten Fall ist der Vorstandsbeschluß endgültig, im anderen steht dem Be- treffenden das Recht der Beschwerde bei der Hauptversammlung zu, deren Be- schluß endgültig ist. Jedes Mitglied bleibt der Gesellschaft mit seinem Beitrage für das folgende Jahr verpflichtet, wenn die Austrittserklärung nicht spätestens am 1. Dezember eingeht. $ 7. Rechte und Pflichten der Mitglieder. Die Mitglieder haben das Recht, an allen Veranstaltungen der Gesellschaft teilzunehmen. Sie haben in allen Mitgliederversammlungen Sitz und Stimme und erhalten die Vereinszeitschrift ohne besondere Bezahlung. Sie haben die Pflicht, den Verein und seine Ziele zu fördern und die Satzungen einzuhalten. Ferner 28 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. haben sie einen stets von der Hauptversammlung für das nächste Jahr festzu- setzenden Beitrag im März eines jeden Jahres zu entrichten. Er kann auch in zwei Halbjahrsraten gezahlt werden. Wird der Jahresbeitrag oder die erste Rate nicht spätestens im Mai eingezahlt, so wird er auf Kosten des Mitgliedes durch Nachnahme erhoben. $ 8. Besondere Mitglieder. Der Vorstand hat das Recht, korrespondierende und Ehrenmitglieder zu er- nennen. Sie sind von der Beitragspflicht entbunden. Die Ehrenmitglieder haben dieselben Rechte wie die anderen Mitglieder. Abschnitt 3. Leitung des Vereins. $ 9. Vorstand. Vorstand im Sinne des B.G.B. ist der Geschäftsführer. $ 10. Erweiterter Vorstand. Die Leitung der Gesellschaft liegt in den Händen des erweiterten Vorstandes. Dieser besteht aus drei Vorsitzenden, einem Geschäftsführer, einem Schriftführer, einem Schatzmeister und einem Beisitzer. Vier Mitglieder des erweiterten Vor- standes müssen Fachzoologen, zwei davon Säugetierspezialisten sein. Einer der Vorsitzenden muß seinen Wohnsitz außerhalb Berlins haben Die Mitglieder des erweiterten Vorstandes vertreten sich im Behinderungsfalle in der oben an- gegebenen Reihenfolge. $ 11. Wahl des Vorstandes. Die Wahl des Vorstandes geschieht alle 2 Jahre in der Hauptversammlung nach Stimmenmetrheit der anwesenden Mitglieder schriftlich und geheim. Beim Ausscheiden eines Mitgliedes des erweiterten Vorstandes während der Wahlzeit ist dieser berechtigt, sich durch Zuwahl selbst zu ergänzen. Der 1. Vorsitzende ist nach Ablauf seiner Wahlzeit für die nächste Wahlzeit nicht wieder wählbar, die beiden anderen Vorsitzenden nicht wieder in ihr Amt. $ 12. Rechte und Pflichten des Vorstandes. Der 1. Vorsitzende vertritt die Gesellschaft nach innen. Die anderen Vor- sitzenden sind seine berufenen Vertreter. Der Geschäftsführer vertritt im Ein- vernehmen mit den übrigen Vorstandsmitgliedern die Gesellschaft nach außen und erledigt die laufenden Geschäfte, insbesondere ist er der Herausgeber der Vereins- zeitschrift. Der Schriftführer hat über jede Versammlung und Sitzung der Ge- sellschaft, sowie über jede Vorstandssitzung eine Niederschrift herzustellen, die nach Genehmigung durch die betreffende oder nächste gleichartige Versammlung von ihm und dem Vorsitzenden der Versammlung zu vollziehen ist. Der Schatz- meister zieht die Beiträge ein, führt die Kasse und verwaltet das Vermögen der Gesellschaft. $ 13. Beirat. Zur Unterstützung des Vorstandes wählt jede zweite Hauptversammlung durch Zuruf einen Beirat von 21 Mitgliedern, von denen höchstens 12 in Berlin wohnen dürfen. Die Beiratsmitglieder gelten als Vertrauenspersonen der Gesell- schaft und sind daher in allen wichtigen Fragen zu Rate zu ziehen. Satzung der Gesellschaft. 29 Abschnitt 4. Mitgliederversammlungen. s$ 14. Hauptversammlung. Alljährlich findet eine Hauptversammlung statt, welche mindestens 14 Tage vorher den Mitgliedern bekannt zu machen ist. Auf jeder Hauptversammlung hat der Vorstand über die Verwaltung seines Amtes Bericht zu erstatten. Jede Hauptversammlung bestimmt den Ort der nächsten. $ 15. Mitgliederversammlung. Mitgliederversammlungen können vom Vorstande nach Bedarf einberufen werden. Er muß eine solche einberufen, wenn mindestens der 4. Teil der Mit- glieder es schriftlich unter Angabe zu besprechender Angelegenheiten verlangt, und zwar innerhalb der auf den Eingang des Antrages folgenden 4 Wochen. Eine solche Versammlung ist jedem Mitglied mindestens 14 Tage vorher mitzuteilen. $ 16. Sitzungen. Allmonatlich findet in Berlin eine wissenschaftliche Sitzung statt. Der Vor- stand hat das Recht, diese Sitzungen während der Sommermonate (Juli—September) ausfallen zu lassen. $ 17. Allgemeine Bestimmungen. Der erweiterte Vorstand bestimmt Zeit, Ort und Tagesordnung jeder Ver- sammlung. Er ist verpflichtet, Anträge, die von mindestens 6 Mitgliedern ein- gebracht werden, auf die Tagesordnung der gewünschten Versammlung zu setzen, wenn sie rechtzeitig, d. h. 4 Wochen vorher, beim Geschäftsführer eingehen. Die Beschlüsse werden, soweit nicht durch diese Satzung anders bestimmt, stets mit einfacher Stimmenmehrheit gefaßt. Die Einladung zu den Versammlungen erfolgt durch Postkarte oder Brief. Abschnitt 5. Besondere Bestimmungen. $ 135 Satzungsänderung. Satzungsänderungen können nur auf Hauptversammlungen beschlossen werden, wenn sie auf der mitgeteilten Tagesordnung gestanden haben Beschlüsse von Satzungsänderungen bedürfen einer Mehrheit von ®/, der erschienenen und !/, der vorhandenen Mitglieder, doch kann von der Erfüllung der letzten Bedingung ab- gesehen werden, wenn die Satzungsänderung von zwei aufeinander folgenden Hauptversammlungrn beschlossen wurde. $ 19. Auflösung. Die Auflösung der Gesellschaft kann nurin einer zu diesem Zweck besonders einberufenen Mitgliederversammlung beschlossen werden. Zur Gültigkeit des Be- schlusses ist die Zustimmung von ?/, der vorhandenen Mitglieder der Gesellschaft erforderlich. Die Abstimmung der nicht erschienenen Mitglieder hat schriftlich zu erfolgen. Im Falle der Auflösung fällt das Vereinsvermögen an die Säugetier- abteilung des Zoologischen Museums der Universität Berlin. 13. März 1926. Berli Se Terre Fa #670ktober 1929, 30 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 7.) Vorstand und Beirat für 1930. Die Wahl findet erst auf der Hauptversammlung am 7. 8. 1930 statt. Bis dahin bleiben Vorstand und Aufsichtsrat des Vorjahres im Amt (siehe pg. 26 des vierten Bandes unserer Zeitschrift). 8.) Mitgliederverzeichnis. Stand vom 31. 3. 1930. (Die Zahlen vor den Namen sind die Mitgliedsnummern. Alle Zoologischen Gärten stehen unter „Garten‘‘ alle Museen unter ‚Museum‘, alle Institute unter „Institut“, alle Stellen unter ‚Stelle‘.) A. Korrespondierende Mitglieder. 156 INTERNATIONALE GESELLSCHAFT ZUR ERHALTUNG DES WISENTS, Frankfurt a. M., Zoologischer Garten. B. Ordentliche Mitglieder. 16 ABEL, Prof. Dr. OTHENIO, Wien XIII, Jenullgasse 2. 2939 ABEL, Dr. WOLGANG, Wien XIII, Jenullgasse 2. 155 ADAMETZ, Hofrat Prof. Dr., Wien, Hochschule für Bodenkultur. 210 AHARONI, BATSCHEBA, Berlin N. W. 21, Essenerstr. 21. 44 AHL, Dr. ERNST, Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. 165 AICHEL, Prof. Dr. OTTO, Kiel, Anthropologisches Institut. 226 ALLEN, GL. M. Cambridge, Museum of Comparative Zoology (U. S. A.). 250 AMON, RUDOLF, Wien, Schwarzspanierstr. 15. 229 ARENDSEE, Dr., Berlin, Schillstr. 10. 65 ARNDT, Dr. WALTHER, Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. 63 ANTONIUS, Direktor Dr. OTTO, Wien XIII, Schönbrunn, Tiergarten. 295 BAHRDT, HANS-JOACHIM, Greifswald, Grimmerstr. 72. 252 BAIER, WALTHER, Hannover, Tierärztl. Hochschule, Miesburgerdamm. 271 BALSAC, Dr. HEIM de, Paris 6, 104 rue de Rennes (Frankreich). 185 BEAUX, Prof. Dr. OSCAR de, Genua, Via Brig-Liguria 9 (Italien). 140 BENICK, LUDWIG, Lübeck, Seydlitzstr. 19. 231 BLUNTSCHLI, Prof. Dr. HANS, Frankfurt a. M., Holbeinstr. 31. 293 BODENHEIMER, Prof. FRITZ, Jerusalem, Hebrew University (Palästina). 64 BÖKER, Prof. Dr. HANS, Freiburg i. B., Jacobistr. 58. 267 BOETHKE, PAUL, Berlin W. 30, Luitpoldstr. 11. 58 BOETTICHER, Dr. HANS von, Coburg, Hinterm Glockenberg 1b. 90 BRANDES, Prof. Dr. GUSTAV, Dresden-A., Tiergartenstr. 1. 151 BRASS, Dr. AUGUST, Berlin S. W. 68, Friedrichstr. 55. 114 BRASS, Konsul EMIL, Berlin W., Goltzstr. 21. 35 BRESSLAU, Prof. Dr. ERNST, Köln a. Rh., Stapelhaus. Mitgliederverzeichnis. Sl 223 BRINK, F. H. van den, Utrecht, Dillenburgstraat 19 (Holland). 60 BROHMER, Dr. PAUL, Kiel, Karlstr. 38. 108 BROMAN, Prof. Dr. IVAR, Lund, Rosenvillan (Schweden). 257 CALINESCU, RAUL, Bukarest I, Str. Academici 14 (Rumänien). 223 COOLIDGE, HAROLD, Boston, Berkeley Str. 203 (U. S. A.). 216 DICE, RB. LEE, Ann Arbor, Michigan, University (U. S.A.). 261 DIETRICH, Dr. WILHELM, Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. 11 DÖDERLEIN, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. LUDWIG, München, Herzogstr. 64. 69 DRAHN, Prof. Dr. FRITZ, Görlitz, Lindenweg 2. 83 DUNGERN, ADOLF Frhr. von, Berlin-Grunewald, Paulsbornerstr. 2. 28 DUERST, Prof. Dr. ULRICH, Bern, Neubrückerstr. 10 (Schweiz). 8 ECKSTEIN, Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. KARL, Eberswalde. 274 EGGELING, Prof. Dr. HEINRICH von, Breslau 16, Markt 6. 209 EHIK, Dr. JULIUS, Budapest S0, Nationalmuseum (Ungarn). 171 EISENTRAUT, Dr. MARTIN, Berlin N. 4, Invalidenstr. 48. 58 FECHNER, ERNST, Berlin-Reinickendorf-Ost, Schönholzer Weg 9. 22 FICK, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. RUDOLF, Berlin N. W. 23, Brückenallee 3. 26 FISCHER, Prof. Dr. EUGEN, Berlin-Dahlem, Ihnestr. 22. 199 FREUDENBERG, Prof. Dr. WILHELM, Schlierbach bei Heidelberg, Woltfs- brunnerweg 82. 147 FRIEDENTHAL, Prof. Dr. HANS, Berlin C., Dorotheenstr. 13, 116 FRITSCHE, KARL, Naturalienhandlung, Bremerhaven. 125 GANDERT, Dr. OTTO-FRIEDRICH, Görlitz, Blumenstr. 29a. 273 ZOOLOGISCHER GARTEN BERLIN, Berlin W. 62, Budapesterstr. 17 ZOOLOGISCHER GARTEN KÖLN, Köln-Riehl. 276 ZOOLOGISCHER GARTEN LEIPZIG, Leipzig. 277 GEBBING, Dr., Leipzig, Zoologischer Garten. 238 GERBER, ROBERT, Leipzig N 24, Leostr. 2. 236 GESELLSCHAFT, NATURFORSCHENDE, Görlitz. 191 GEYR VON SCHWEPPENBURG, Prof. Dr. HANS Freiherr, Hann.-Münden, Forstakademie. 118 GIESELER, Dr. WILHELM, Tübingen, Lustnauer Allee 52. 195 GIFFEN, Prof. Dr. ALBERT van, Groningen, Poststraat 6 (Holland). 246 GLAESER, FRIEDRICH, Berlin N. 4, Invalidenstr. 48. 83 GRIMPE, Dr. GEORG, Leipzig, Talstr. 33. 1558 GROEBEN, GOERD von der, Wiese bei Reichenbach, Ostpr. 98 HAGENBECK, HEINRICH, Stellingen bei Hamburg. 99 HAGENBECK, LORENZ, Lockstedt bei Hamburg. 269 HAHN, HERBERT, Berlin-Treptow, Defreggerstr. 1a. 264 HALL, E,, Berkeley (Californien), Museum of Vertebrate Zoology (U. S. A.). 101 HALLER VON HALLERSTEIN, Prof. Dr. VIKTOR Graf, Berlin NW., Luisenstr. 56. 18 HANSEN, Geh. Reg.Rat Prof. Dr., Berlin-Zehlendorf, Sven-Hedinstr, 32. 135 HARNISCH, Dr. O., Köln a. Rh., Stapelhaus. ar I 11% “hd Id IE I Mi PR) YıH Ju u „ld Ri LU4 are) 3) YHt Zoibschriib Für Buugshisrkunde, Bd, B, 1080, HARTA, BDITI, Berlin B, W, 29, Midieinstr, 44, IHAWTIG, OAKH LUDWIG, Berlin N, W,, Altonnorstbr, 19, HAUONKOORNE, Direktor Dr, VRIEDRION, Köln-Ktichl, Zoologischer Gnrten, HAVEHTADT, Dr, JOSEPIL, Niodorhwveorbook, Pont Bohnevordingen in Hann, PIIEIRIEIGIEH, Dir, GBEIEHATED, Tübingen, Zoologischen Instituk der Univornibit. IKOK, Direktor HEINZ, Munechon-Ianlsohing, Niorpmrle, IKOK, Geh, Hofrat Proß Dr, LUDWIG, Berlin W, 62, Zoologischer Gurten, HNINOK, Dr, LUTZ, Berlin W, 0%, Zoologischer Garten, IEINKOTIL, Dr, OBKANL, Borlin W. 62, Ayunmum, IENZOG, DIWTIEIOH, Gislon, Gosbhentn, BO, INN, Prof, Dr, KIOHARD, Borlın N, 4, Invalidenatr, Ab, NILZIISIMIER, Divolktor Dr, MAX, Bin.»Ohnrlobtenburg, Onnnbrückerstr, 17 NOFFMANN, Dr, IK, 1, Basel, Albunanlage 97 (Nohweiz), HOLTZINAII, Oldenburg/Old,, Holbangerstr, A, JAUON, rolf, Dr, ARNOLD, Divsonden, Zwinger, JAHNTII, Dr, ALFRED, Iln.Behönsborg, L,andahutoratn, 87, INHTITUT, ANATOMINOHEN der "Wisriesblichen Hochschule, Berlin N. W.6, lnsonale, Dh, INHIITUT G BPNZIERDERTIRRZUONT, Doanin-Nolaon, ul,Bolnelkn LO (Polen). INHMTITUT 6 TIERZUOHT an der Mieorirablishen Hochschule Berlin N. W. 6, lulippabe, Ih INH, GEOLOGINOTL-PALAONTOLOGINOHEN — der Univornibit, Ber hin N, 4, Invalklenabe, All, INSTITUT, VWTERINAK-ANATOMISOHEN — der Univornibib Gioben, Wranlk lurborsbenkbe Ih, JUNK, Dr, WILIERBLM, Iorlın, W, 15, Nichninchentr, 04, KAHMANN, IINRMANN, Horlim-Hlowliba, Wlinoenabn, 5, KATTINGUR, Dr, UIMIL, Nürnberg, Heimmgnrbonwog TO, KINN, IHaron GIZA von, Godalla bei Ihudapenb (Unenen), KLINGHARDT, Proß Div WRANZ, Bpandauı, Mroihoib ih KOOH, MARIN, Borlıin N, Y4, Prinz Nmodrmoh KarlStr, B, KoOdl, De, WALTER, München, Neuhnunernbn, DE, KOLLHENK, Dr, GOTTERIND, Bin-Dahlem, Kaiser Wilhelm Inab, I, Biologie, KOLLUNK, Dr, OTTO, Wien 1, Burerine 7, KONMON, Genelluchaltb der Naturfreunde, Dbubbganb, Ilisoratn, 5, Koll, Dev KONRAD, Nuokow, Miävrlk, Nohweis, Wrisesonerntn, DO, KRAUSNSI, WALTER, Leipaie N 99, Nikolamatır, W8/84, KRUTZOL NIKOLAUS, Ihnlapent, Nlelama ub Id (Ungarn), KRUlTzlk, ALO, Greitfawald u PP, Biamarokatn, 5, KRINSONN, Do RUDOLM, Bin. Wilmersdont, Meoklenburgische Str, 8b, KRONAUOMUR, Pro, De, U, Berlin Nd, Invalldanatr, dY, KRUMBINGNL, De INGO, Gvellawald 4 P, Zoolog, Inst, der Universität, KÜNUNWMANN, ARNOLD, Beriim»-Neukölln, Mainsorstr, 8, KUIDPER, Divaktor Di, KOUNRAD, Wobterdam, Zoologischer Garten (Holland). KUMMURLOWE, HANS, beipsig O1, Olschontumstn, O6 NUNVZN, Du ROMAN, Lwow, ul Ujejalktogo I (Volen), 198 Mitgliederverzeichnis. 33 LEISEWITZ, Prof. Dr. WILHELM, München, Wolfrathshauserstr. 17. LEITHNER, Dr. OTTO Frhr. von, Paris 16a, Boulevard Seeshof 45 (Frankreich). LEMM, RICHARD, Bin.-Niederschönhausen, Lindenstr. 35b. LIPS, Dr. RUDOLF, Berlin N. 113, Stahlheimerstr. 25. LÖNNBERG, Prof. Dr. EINAR, Stockholm 50, Naturhistor. Museum (Schweden). LOEWE, J. R., Potsdam, Kronprinzenstr. 24/25. LUCHS, Oberstleutnant a. D. FRIEDRICH, Leipzig, Ipa. LUÜTTSCHWAGER, Dr. HANS, Danzig, Kollathstr. 7. MAIR, Dr. RUDOLF, Berlin NW. 6, Luisenstr. 56. MAMPE, CARL MAMPE A.-G., Berlin SW. 11, Halleschestr. 17. MANGOLD, Prof. Dr. ERNST, Berlin N. 4, Invalidenstr. 42. MATSCHIE, Frau FRANZISKA, Bln.-Friedenau, Stubenrauchstr. 48 MAYR, Dr. ERNST, Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. MEISE, EVA, Dresden-Loschwitz, Wuttkestr. 1. MEISENHEIMER, Prof. Dr. JOHANNES, Leipzig C 1, Talstr. 33. MEER, HERMAN TER, Leipzig-Connewitz, Kochstr. 111. MEISSNER, Direktor MAX, Berlin SW. 61, Wilmsstr. 17. MEIXNER, Dr. JOSEF, Graz III, Universitätsplatz 2. MENDEL, JOSEPH, Bln.-Wilmersdorf, Berlinerstr. 15. MERTENS, Prof. Dr. AUGUST, Magdeburg, Domplatz 5. MERTENS, Dr. ROBERT, Frankfurt a. M., Viktoriaallee 7. MERZ, ERICH, Frohnau, Fürstendamm 15. MEYN, Dr. ADOLF, Leipzig © 1, Linnöstr. 11. MOHR, ERNA, Ahrensburg (Holstein), Hamburgerstr. 28. MOLLISON, Prof Dr., München, Neuhauserstr. 51. MOSLER, Dr. EDUARD, Schwanenwerder, Post Wannsee. MOST, KONRAD, Bln.-Wilmersdorf, Gerdauenerstr. 9. MÜLLER, DETLEY, Berlin W 62, Burggrafenstr. 18. MÜLLER, Dr. FERDINAND, Erkner bei Berlin, Am Rund 8. MÜLLER, Dr. RICHARD J., Königsberg (Pr.), Zoologischer Garten. MÜNZESHEIMER, Dr. FRITZ, Bln.-Charlottenburg, Grolmanstr. 32/33. MUSEUM für Natur-, Handels- und Völkerkunde, Bremen. MUSEUM, ZOOLOGISCHES — in Hamburg, Steintorwall. MUSEUM, PROVINZIAL —, Hannover. MUSEUM, TRING —. Herts (England). MUSEUM, RIJKS — VAN NATUURLIJKE HISTORIE, Leiden (Holland). MUSEUM, Naturhistorisches- (Oddriat Porzrodmezy Muzeum Wlkp.) Poznan, Gajowa 5 (Polen). NACHTSHEIM, Prof. Dr. HANS, Berlin-Dahlem, Schorlemerallee. NEUMANN, JULIUS, Neudamm. NEUMANN, Prof. OSCAR, Bln.-Charlottenburg, Wilmersdorferstr. 74. NEUMANN-KLEINPAUL, Prof. Dr., Berlin NW. 6, Luisenstr, 56. NÖLLER, Prof. Dr. WILHELM, Berlin NW. 6, Luisenstr. 56. OHNESORGE, Landgerichtsdirektor KURT, Bln.-Grunewald, Reinerzstr, 3. OGNEFF, Prof. SERGIUS J., Moskau, Zoologisches Museum der 1. Univer- sität (U. 8. S. R.). 3 34 230 245 268 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. PAX, Prof. Dr. F., Breslau 10, Am Wäldchen 12. PELTZER, Direktor CARL, Hannover-Linden, Deisterstr. 81. PETERS, Dr. HERMANN, Kiel, Kunostr. 6. PETERS, Dr. NIKOLAUS, Hamburg, Steintorwall. PETZSCH, HANS. Pesterwitz, An der Winzerei 4. POHLE, CHARLOTTE, Berlin N 113, Kuglerstr. 127. POHLE, Dr. HERMANN, Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. POMPECKJ, Geh. Bergrat Prof. Dr. JOSEF FELIX, Berlin N. 4, Invaliden- straße 43. PRELL, Prof. Dr. H., Tharandt, Forschungsstelle für Pelztierkunde. PRIEMEL, Direktor Dr. KURT, Frankfurt a. M., Hölderlinstr. 14. PROELL, Prof. Dr. FRIEDRICH, Greifswald, Fischstr. 12. PROTZ, HANS, Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. RAITSITS, Prof. Dr. EMIL, Budapest, Rotrenbilla u. 23/25 (Ungarn). REICHLING, Direktor Dr. HERMANN, Münster, Westfalen, Tuckesburg. REINBERGER, GUSTAV, Lyck, Ostpreußen, Königin-Luise-Platz 6. REINWALD, Prof. EDWIN, Tallium (Reval). Toornkooli 1/2 (Estland). REMANE, Dr. ADOLF, Kiel, Zoologisches Institut. RHUMBLER, Prof. Dr. LUDWIG, Hann.-Münden, Ueckerhagenerstr. 73. RICHTER, WILLY, Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. RIEMER, Fabrikbesitzer JULIUS, Berlin-Tempelhof, Berlinerstr. 163. RIESENTHAL, Oberst EBERHARD von, Berlin-Waidmannslust, Waid- mannstr. 102, ROEDER, ULRICH, Leipzig C. 1, Färberstr. 12. ROSTAFINSKI, Prof. Dr. JAN von, Warschau, Hoca 74 (Polen). RUGE, OTTO, Berlin-Karlshorst, Sadowastr. 1. RUHE, HERMANN, Alfeld-Leine. RÜMMLER, HANS, Berlin SW. 61, Lankwitzstr. 5. SACHTLEBEN, Dr. HANS, Berlin-Dahlem, Biologische Reichsanstalt für Land- und Forstwirtschaft. | SAMMLUNG, ZOOLOGISCHE — des bayrischen Staates, München, Neu- hauserstraße 51. SARASIN, Direktor Dr. FRITZ, Basel, Spitalstr. 22 (Schweiz). SCHENK, CHARLOTTE, Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. SCHERPING, ULRICH, Berlin-Lankwitz, Schulstr. 6. SCHLÜTER, Dr. SCHLÜTER & Dr. MASS, Halle a. S. SCHMIDT, Dr. FRITZ, Halle a. S. SCHMIDT, Dr. FRITZ, Moskauer Zoofarm, Station Puschkino, Nordbahn, Pestler 22 (U.S.S.R.). SCHMIDTGEN, Prof. Dr. OTTO, Mainz, Naturhistor. Museum. SCHNEIDER, ELFRIEDE, Berlin W. 62, Zool. Garten. SCHNEIDER, Dr. KARL MAX, Leipzig, Zool. Garten. SCHOMBURGK, HANS, Frankfurt a. M., Friedbergerlandstr. SCHÖNBERG, Dr. FRITZ, Berlin NO. 18, Kniprodsstr. 122. SCHÖPS, Dr. PAUL, Leipzig, Nikolaistr. 23—32. SCHRÖDER, Dr. OLAW, Kiel, Zoologisches Museum. Mitgliederverzeichnis. 35 10 SCHUBOTZ, Prof. Dr. HERMANN, Berlin NW., Friedrich Wilhelmstr. 8. 211 SCHWANGART, Prof. Dr. FRIEDRICH, Kötschenbroda, Carolstr. 8, SCHWARZ, Dr. ERNST, Berlin N. 4, Inyalidenstr. 43. SCHWERIN, WOLDEMAR Graf von, Bohrau, Kr. Oels. SCHWIDETZKY, Stadtrat GEORG, Leipzig-Oetzsch, Mittelstr. 4. SEITZ, KARL, Berlin W. 62, Aquarium. SIEWERT, Forstreferendar HORST, Dieblitztal bei Puppen, Bez. Allenstein. SOKOLOWSKY, Dr. ALEXANDER, Hamburg-Eimsbüttel, Lappenbergsallee 10. SOERGEL, Prof. Dr. WOLFGANG, Breslau, Schuhbrücke 38/39. SPATZ, PAUL, Berlin W. 62, Keithstr. 6. SPÖTTEL, Privatdozent Dr. WALTER, Halle a. S., Landwehrstr. 7. SPREHN, Dr. CURT, Leipzig, Linnestr. 11. STADTBIBLIOTHEK, BERLINER, Berlin C. 2, Breitestr. 37. STAESCHE, Dr. KARL, Berlin N. 4, Invalidenstr. 44. STANG, Prof. Dr. VALENTIN, Berlin NW. 6, Luisenstr. 56. STEIN, GEORG, Reipzig, Frankfurt a. O. Land. STEINMETZ, Dr. H., Charlottenburg, Tegelerweg 183. STELLE, STAATLICHE — für Naturdenkmalpflege in Preußen, Bln.-Schöne- berg, Grunewaldstr. 6/7. STICHEL, Dr. WOLFGANG, Leipzig, Königsstr. 20. STOETZNER-LUND, VICTOR, Berlin-Pankow, Breitestr. STRASSEN, Prof. Dr. OTTO zur, Frankfurt a. M., Cronstettenstr. 19. STRAUCH, Prof. Dr. CURT, Berlin NW. 6, Luisenplatz 9. STREHLKE, Oberstleutnant FRITZ, Berlin W. 50, Ansbacherstr. 26. STRÖSE, Geh. Reg.-Rat Dr. AUGUST, Bin.-Zehlendorf Wsb., Ahornstr. 21. SUNIER, Dr. ARMAND LOUIS JEAN, Amsterdam, Zoologischer Garten (Holland). SZCERKOWSKIT, Direktor KASIMIR, Posen, Zoolog. Garten (Polen), THÄTER, Direktor Dr. KARL, Nürnberg, Zoologischer Garten, THORMANN, CHARLOTTE, Berlin-Karlshorst, Sadowastr. 1. TOLDT jun., Hofrat Prof, Dr. KARL, Innsbruck, Müllerstr. 30, TRATZ, Direktor Dr. EDUARD PAUL, Salzburg, Augustinergasse 14. TUROV, Prof. SERGIUS, Wladikawkas, Markusstr. 20 (U.8.8,R.). UMLAUFF, JOHANNES, Hamburg, Eckernförderstr. 85. VALLENTIN, Dr. ERNST, Berlin W. 30, Luitpoldstr. 34. VERSLUYS, Prof. Dr. JAN, Wien 19, Grinzingerallee 18. VIRCHOW, Geh. Reg-Rat Prof. Dr. HANS, Berlin-Charlottenburg, 'Knese- beckstraße 78/79. VOGEL, Geh, Hofrat Prof. Dr. LEONHARD, München NO 6, Veterinärstr, 6, WEBER, Prof. Dr. MAX, Eerbeek (Holland). WEIDHOLZ, ALFRED, Wien 9, Liechtensteinstr. 3. WEIGELT, Prof. Dr. JOHANNES, Halle a. S., Wettinerstr, 37, WENDNAGEL, Direktor ADOLF, Basel, Zoologischer Garten (Schweiz). WENDRINER, Dr. LUTZ, Berlin NO. 55, Prenzlauerallee 218, WESTENHÖFER, Prof. Dr. MAX, z. Z. Chile, 5*F Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. WETTSTEIN, Dr. OTTO, Wien 1, Burgring 7. WIESEL, Dr. LUDWIG, Hundeluft, Kr, Zerbst/Anhalt. WINOGRADOW, B. S., Petersburg, Zool. Mus. der Akad. d. Wiss. {U.S.S.R.). WOKER, Medizinalrat Dr. A. F., Berlin W. 62, Bayreutherstr. 3. WOLFF, Dr. BRUNO, Neuzelle, Kr. Guben. WOLFF, Prof. Dr. MAX, Eberswalde, Moltkestr. 19. WOLFGRAMM, DIETRICH, Berlin W. 35, Steglitzerstr. 47. WÜST, Prof. Dr. EWALD, Kiel, Schwanenweg 20 a, ZEDTWITZ, Dr. FRANZ XAVER Graf, Berlin W. 62, Zoologischer Garten. ZEHLE, ERNST, Berlin-Charlottenburg 4, Schlüterstr. 60, ZIMMER, Prof. Dr. CARL, Berlin N. 4, Invalidenstr. 43. ZIMMERMANN, KLAUS, Berlin-Grunewald, Kunostr. 57. ZIMMERMANN, RUDOLF, Dresden-A., Marienstr. 32. ZUKOWSKY, LUDWIG, Stellingen, Bez. Hamburg, Hagenbecks Tierpark. ZUNKER, Dr. MARTIN, Berlin-Grunewald, Kühler Weg 2. Die Mitglieder werden gebeten, den Geschäftsführer auf falsche oder un- genaue Angaben aufmerksam zu machen, sowie Adressenänderungen sofort mit- zuteilen. ll. Referate. 1.) SSOLOWwJEW’s Grundlagen der Jagdkunde. Von Dr. M. KLEMM (Potsdam). Das Werk von SSOLOWJEW („Grundlagen der Jagdkunde“. Von Prof. Dr. D. K. SSOLOWJEW. Systematischer Leitfaden über das russische Jagd- wesen. Fünf Bände mit zahlreichen Abbildungen. Leningrad-Moskau 1922—1929), dem Leiter der Hochschule für Jagdkunde und Professor für Jagdkunde am Forst- institut in Leningrad, ist zur Zeit in seiner Vielseitigkeit das größte und um- fassendste, das über die russische Jagdkunde überhaupt erschienen ist. Das große Sammelwerk ist mehr als Lehr- und Handbuch geschrieben und umfaßt in sehr konzentrierter Form eigentlich alles, was für einen Jäger wissenswert ist. Aber der Verfasser hat sein Werk nicht nur für den Jagdlieb- haber geschrieben. Das kann auch nicht von ihm erwartet werden, zumal es doch in Rußland etwa 2 Millionen Menschen gibt, die in der Jagd ihre einzige Existenz- möglichkeit haben. Vielmehr wendet sich das Buch an denjenigen, der die Jagd in ihrer großen volkswirtschaftlichen Bedeutung als angewandte Wissenschaft zu erfassen bestrebt ist. Es ist unmöglich, in dieser kurzen Besprechung alles her- vorzuheben, was von Wichtigkeit ist. Ich muß mich daher auf einen kurzen Über- blick über den Inhalt des vorliegenden Werkes beschränken. Der I. Band (S. 1—160, 1922) enthält die Beschreibung des Jagdwesens und seine Beziehung zur Menschheit und menschlichen Wirtschaft, die Geschichte des Jagdwesens und die Entwicklung der Jagd in Rußland. Er enthält weiterhin die Beschreibung der jagdbaren Tiere, ihre Systematik, Lebensweise und geographische Verbreitung, ihre wirtschaftliche Bedeutung und die Maßnahmen zur Bekämpfung von Raubzeug. Der II. Band (S. 165—324, 1922) umfaßt die Beschreibung der Jagdwaffen vom Pfeil und Bogen bis zu den modernsten Jagdgewehren, eine Schilderung über die Geschichte und den Stand der Waffenproduktion in Rußland und eine Beschreibung der Tierfangmethoden. Dabei sind die verschiedenen Fangvorrich- tungen der Völkerstämme Rußlands beschrieben. Der III. Band (S. 325—580, 1925) ist der Jagdwirtschaft, der Wildpflege und der Jagd selbst gewidmet. Hier werden technische Fragen der Organisation und Führung der Jagdwirtschaft, Wildschutzgebiete, Pelztier-, Hirsch-, (Maralen- zucht) Fasanen-, Rebhühner-, Haselhühner-, Wildenten- und Hasenzucht besprochen. Bei der Besprechung der Jagdwirtschaft ist die Bedeutnng der einzelnen geogra- phischen Gebiete besonders hervorgehoben worden. 38 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Der IV. Band (S. 581—900, 1926) umfaßt die Ethnographie der Jägervölker des asiatischen und europäischen Rußlands; Jagdrecht und Jägervereinigungen der Jägervölker, Jagdgesetzkunde und Wirtschaftslehre der Jagd. Dabei sei be- merkt, daß von etwa 2 Millionen Jagdausübenden nur 250000 einen Jagdschein besitzen, d. h. auf 12 Inhaber von Jagdscheinen durchschnittlich 88 „Wilderer“ entfallen, die keinem Jagdverband angehören und außer Kontrolle stehen. Aller- dings kann man diese letzteren nicht schlechthin als Wilddiebe ansehen. Hierher gehören, wenn man sämtliche „wilden“ Jäger nach der wirtschaftlichen Bedeutung des Jagdgewerbes für ihre Existenz zusammenfaßt, zahlreiche Unzivilisierte, die nur durch Hebung des allgemeinen Kulturstandes organisiert werden können. Strenge Strafen und polizeiliche Kontrolle sind hier zwecklos. Neben dieser Gruppe der Berufsjäger, deren Existenz allein durch die Jagdbeute bestritten wird, gibt es noch die Gruppe der Jäger, bei denen die Jagd nicht das einzige Mittel zur Bestreitung der Existenz ist, diejenigen, die ihrer Jagdleidenschaft nachgehen, aber so mittellos sind, daß sie den geringen Betrag für einen Jagd- schein nicht erstehen können; vom weidmännischen Standpunkt gesehen, handelt es sich bei diesen meist nicht um geringwertige Jäger. Schließlich gibt es noch eine dritte Gruppe, die der „zivilisierten“ Jagdliebhaber. Zu dieser Kategorie rechnen die gefährlichsten Wildfeinde, jene Halbzivilisierten — meist Industrie- arbeiter und Stadtbewolhner — die teils aus Habgier und Gewinnsucht, teils aus aus einem gewissen Sport erbarmungslos alles Wild, das ihnen vor die Flinte kommt, abschießen. Berechtigterweise werden diese am schärfsten verfolgt und bestraft. Im Vergleich zur Vorkriegszeit werden jetzt auch eine größere Zahl wegen Wilddieberei strafrechtlich verfolgt. Der Übergang der primitiven Jägervölker zur Viehzucht oder zum Ackerbau ist immer mit einer schonungslosen Vernichtung der Wildbestände der Umgebung der Kulturentwicklung verbunden. Viel später, auf höherer Kulturstufe, wird das Wild geschützt, ja sogar eingeführt und gezüchtet. Dieser Übergang von der Jagd zur Landwirtschaft hat in vielen Gebieten Rußlands eine starke Abnahme des Wildbestandes zur Folge gehabt. In Deutschland, dessen Fläche nur den 40. Teil derjenigen Rußlands ausmacht und dessen Bevölkerungsdichte 16 mal stärker als die Rußlands ist, entfallen durchschnittlich 1 kg Wildfleisch als Jagd- beute auf 1 ha, in Rußland dagegen nur S0—90 gr. Der große Bedarf an Jagdwaffen in Rußland ist zu ersehen aus der Tat- sache, daß vor dem Kriege etwa 150000 Gewehre je Jahr aus dem Auslande ein- geführt wurden. Heute decken die russischen Fabriken diesen Bedarf mit etwa 70000 Stück je Jahr, d. h. also nur einen Teil des wachsenden Bedarfs. Dazu kommt noch, daß Krieg und Revolution zur Vernichtung eines nicht unbeträcht- lichen Teiles von Jagdwaffen geführt haben. Infolge der Schwierigkeit, die er- forderlichen Waffen und Munition zu beschaffen, nahm in der Folgezeit fast überall der Wildbestand zu. Noch heute haben in einzelnen Gebieten über 25 °/, der Jäger überhaupt keine Feuerwaffen. Sehr Charakteristisches für das russische Jagdwesen ergibt sich aus dem Vergleich der wirtschaftlichen Stellung der Jagd für die drei verschiedenen Jägergruppen. Die Jägervölker — etwa 250000 Jäger — besitzen die reichhaltigste und komplizierteste Jagdausrüstung. Das primitivste Jagd- inventar besitzt die Gruppe, — umfassend 1250000 Jäger — wo die Jagd als M. KLEMM, SSOLOWJEW’s Grundlagen der Jagdkunde. 39 Nebengewerbe betrieben wird. Dazwischen steht der Inventarwert der Gruppe von Jägern, die die Jagd aus Sport oder Liebhaberei betreiben. Der Gesamtreinertrag aller drei Gruppen beträgt etwa 50 Millionen Rubel je Jahr, wobei rund 10 Millionen Rubel an Steuern auf die dritte Gruppe ent- fallen. Die allgemeine wirtschaftliche Lage der Jagd in Rußland stellt sich etwa wie folgt dar: 1. Wildwert — Rauchwaren . . . . 95000000 Rubel 2. Gewinn durch Vertilgung von Beubesug . 10.000 000 n 3. Direkte Staatseinnahme . . . . 2... 12000000 ei 4. Jagdwaffen und andere en 2 02..9000.000 ® 5. Jagdinventar . . =2222.9,000:000 „ 6. Durch Umsatz von ern. aus a Jagd 50 000 000 a 182 000 000 Rubel ca. 365 000 000 dtsch. RM. Die Jagd hat in Rußland eine große wirtschaftliche Bedeutung für etwa 8000000 Menschen (Jägerfamilien und Jagdwaffenfabrikarbeiter). Nach statisti- schen Angaben wurden u. a. in Rußland 10000 Bären, 30000 Wölfe, 250 000 Füchse (außer Blau- und Silberfüchsen), 7000 Luchse, 60 Tiger, 15 Millionen Eichhörnchen, 16 Millionen Hasen, 20000 Moschustiere, 25000 Wildschweine, 200 Rothirsche, 70000 Elche und 200000 Rehe je Jahr erlegt. Der V. Band (S. 907—1012, 1929) des vorliegenden Werkes umfaßt ein- gehende Kapitel über die wissenschaftliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Jagd- wesens, pädagogische Arbeit, Literatur, Versuchs- und Musterwirtschaiten, Jagd auf Seetiere, Jagd im Auslande und ein umfangreiches Verzeichnis jagdkundlicher Literatur. 40 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 2.) Aus dem Jugendleben des Fischotters. Von KARL ECKSTEIN (Eberswalde). Mit drei Abbildungen auf Tafel I). Es war am 31. Juli 1911, als im Zoologischen Institut der Forstakademie zu Eberswalde ein Mann erschien und drei junge Fischottern, die beim Mähen einer Wiese gefunden worden waren, zum Kaufe anbot. Bald war man handelseinig. Die für je zwei Mark erstandenen Tierchen brachte ich nach Hause, freudig begrüßt von meiner Kollihündin Nora, bei der, wie ich bereits aus Erfahrung wußte, die mütterlichen Instinkte merkwürdig stark ausgeprägt sind. Hatte sie sich doch schon um junge Katzen, Kaninchen, Hühner eifrig bemüht, sie beschnuppert und beleckt; liebevolle Annäherungen, welche von den Katzen und Hühnern leider falsch verstanden wurden, da letztere sich fürchteten und bei ersteren die angeborene sprichwörtliche Feindschaft zum Hunde in bekannter Art zum Ausdruck kam. Dagegen ist Nora nie zu bewegen, ein totes Tier anzufassen, sie beschnuppert es lange, aber sie bringt es nie, während sie im übrigen gut apportiert. Kaum sah sie also die kleinen dunkelkaffeebraunen Tierchen, als sie — mit Zeichen der lebhaftesten Freude — die hilflosen Dinger eifrig, doch sanft mit der Schnauze hin und her drehte, herumwälzte, leckte und sich schließlich niederlegte, um sie mütterlich zu betreuen. Damit wurde uns die große Sorge um die tadellose Reinhaltung und die Pflege der Kleinen, vor allem auch die Erwärmung derselben, abgenommen. Aus der Gummihaube einer Pipette ward ein Saugpfropfen gemacht, und bald nahmen die kleinen Raubtiere aus der Flasche gerne die etwas mit Wasser verdünnte Kuhmilch. Vom dritten Tage ab fiel die Zugabe von Wasser weg. Die Hundehütte auf der geräumigen Veranda, von der Treppenstufen in den Garten führen, ward zum Lager für die ÖOttern und ihre Pflege- mutter, an deren Bauch die kleinen, grauäugigen, einfarbig braunen Ottern vergeblich suchten. Wenn sie aus der Flasche tranken, lagen sie entweder auf dem Bauche mit nach hinten ausgestreckten, dicht an den Schwanz ge- legten Hinterbeinen, deren Sohle flach nach oben kehrend, oder auf dem Rücken, die Hinterbeine ebenfalls ausgestreckt. Von oben sah man, wenn 1) Abdruck nach: Aus der Natur 8, pg. 21—28, 1912. Für die Abdruck- erlaubnis und die Überlassung der Klischees möchte ich auch hier der Firma Quelle & Meyer, Leipzig, herzlichen Dank sagen. K. ECKSTEIN, Aus dem Jugendleben des Fischotters. 41 die Tiere so auf dem Bauche lagen, den Rücken des Körpers und die Sohle der hinterwärts gestreckten Hinterbeine. Waren sie beim Trinken eingeschlafen, dann hielten sie die Vorderbeine angezogen, genau so wie ein Kind mit hochgehobenen Armen in der Wiege schläft. Beim Unterschlüpfen unter ein Bein des Hundes wurde die Kraftentfaltung durch kreisförmiges Schlagen des Schwanzes gefördert. Am 2. August, kurz nachdem sie zusammen eine Tasse Milch aus der Flasche getrunken hatten, wurden sie gewogen: 593, 620, 630 g war das Körpergewicht. Ihre Länge von der Schnauze bis zur Schwanzspitze betrug bei allen bereits 40 cm. Inzwischen war festgestellt worden, daß oben und unten bei allen die Eckzähne bereits durchgebrochen waren. Die Backen- zähne zu untersuchen, war, ohne die Tierchen zu quälen, nicht möglich; die Schneidezähne fehlten. Am 4. August fiel es auf, daß der eine Otter die Flasche nicht gerne annahm und nur sehr wenig trank. Sollte er bei der Hündin etwas gefunden haben? Schon drei Tage vorher war aus den Warzen derselben beim Drücken ein Tröpfehen Milch ausgetreten. Tatsächlich entwickelten sich die Milch- drüsen der Pflegerin, und der treue Hund nahm uns auch noch einen Teil der Arbeit des Fütterns ab (Abb. 1). Der 6. August war ein Unglückstag, Vormittags 1i Uhr waren die Ottern aus der Hundehütte gekrochen, das Männchen und eines der beiden Weibchen hatten die Treppe gefunden und waren 3 m hoch heruntergestürzt. Man brachte sie mir in das Zimmer, Das Weibchen war gesund und bei dem schweren Fall unbeschädigt davon- gekommen; es wurde sofort zum Hund gebracht. Das Männchen schien dem Verenden nahe, es schrie mit offenstehendem Maul; die Augen waren ge- schlossen, die vier Beine ausgestreckt. Kurze Zeit hielt ich es in der Hand; kaum hatte ich es auf den Tisch gelegt, als minutenlanger Starrkrampf eintrat. Die Beine waren unbeweglich, Es wurde in einen kleinen Korb gelegt, der auf meinem Tische stand. In einem unbewachten Augenblick eilte der Hund herbei, riß die Decke herunter, aber erschreckt durch die herabfallenden Bücher und Manuskripte hielt er inne, sonst wäre das un- glückliche Geschöpf nochmals gestürzt. Nachdem die Krampferscheinungen vorüber waren, setzte das Schreien wieder ein; allmählich beruhigte sich der Patient und verfiel in Schlaf. Das Maul war immer noch nicht geschlossen, und Versuche ihm Milch einzuflößen scheiterten, weil das Tier nicht schluckte. Über Nacht wurde es mit einem Termophor im Körbchen warm gebettet. Und in der Tat wurde die Nacht wider alles Erwarten gut überstanden. (An dem geöffneten 42 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Maul konnte der Durchbruch der oberen äußeren Schneidezähne, sowie ein großer Backenzahn, wahrscheinlich der obere Reißzahn, festgestellt werden.) Die beiden gesunden Weibchen liefen zum ersten Male am 10. August auf der Veranda umher. Das kranke Männchen hatte sich in diesen vier Tagen ziemlich erholt, doch fiel es noch, wenn es zu laufen versuchte, auf die Seite, und sein Kopf flog beständig wackelnd hin und her. Der nächste Tag brachte ihm neues Weh. Beim Füttern fiel es durch Unachtsamkeit des Fütternden zur Erde und war infolgedessen wieder schwächer und matter. Während die beiden Weibchen in diesen Tagen ständig zugenommen hatten, war das kranke Tier merklieh zurückgegangen. Am 12. August maß es 40, die Weibchen 41 und 43 cm, das Körpergewicht betrug 677, 622 und 502 8. Das Männchen hatte also seit dem Sturz 91 g an Körpergewicht verloren. Bisher hatte niemals eine freiwillige Harn- oder Kotentleerung statt- gefunden; zum Harnen wurden die Tierchen durch das Lecken des Hundes gereizt. Die Kotentleerung erfolgte, sobald er beim Lecken mit der Nase kräftig über den Bauch hinfuhr. Der Kot, den die Ottern vom Augenblick an, da sie umherlaufen, selbständig ausstoßen, ist grüngelb, dünn, nicht ein- heitlich breiig, sondern besteht aus einem Gerinnsel, leicht weichen, etwas länglichen Stückchen, die einen kleinen lockeren Fladen bilden; gleichzeitig mit dem Kot wird stets reichlich Harn entleert, in dem sich die kleinen Kotstückchen mehr oder minder verteilen. Nie wurde das Nest — die Hunde- hütte — beschmutzt, zur Verrichtung der Notdurft vielmehr stets ein be- sonderes Plätzchen — leider mit Vorliebe die Wand des Hauses — auf- gesucht, und mit geradeaus gestrecktem Schwanz wurden Kot und Harn entleert. Der Pelz der Tierchen ist gleichmäßig braun, nur der Ohrenrand weißlich, auch das Kinn, die Kehle und die Kopfseiten vom Mundwinkel bis zu den Ohren zeigen einen weißlichen Schimmer. Durch den gleichmäßig kurzhaarigen, glatten Pelz treten die Grannenhaare deutlich hervor. Beide Geschlechter lassen sich an einer besonderen Färbung der Lippen unterscheiden. Diese fallen beim Märnchen (22. Aug. 1911) durch ihre gelbe Färbung auf, sie sind nach etwa acht Tagen (27. Aug.) leuchtend ockergelb; doch verlor sich später diese Farbe wieder und wurde bis zum 1. Nov. 1911 bis zur Undeutlichkeit schwächer. Ein weiterer Unterschied der Geschlechter meiner Tierchen besteht in der Form des Kopfes. Jener der beiden Weibchen ist eiförmig, oben abgeplattet, während das Männchen eine auffallend ansteigende Stirn, überhaupt einen höheren gewölbteren Kopf besitzt. Sollte dies von dem Falle herrühren? Wenn es sich auch täglich mehr und mehr erholte, so waren die Lähmungserscheinungen, Ver- sagen des rechten Vorderbeines, Taumeln, Purzeln, Umfallen auf die rechte Seite, noch sehr störend. Die zutraulichen Geschöpfe folgen mir nach, wie junge Hunde es tun; K. ECKSTEIN, Aus dem Jugendleben des Fischotters. 43 gehe ich etwas rascher, so setzen sie sich in Trab, das Männchen schlägt einen Linksgalopp an. Später galoppieren alle drei, wenn sie mir durch das Zimmer über den Flur in die Küche folgen oder dem Hund im Garten nacheilen, in den sie vorsichtig im Korb oder auf dem Arm getragen wurden. Am 22. August beginnen sie zu spielen, sowohl miteinander, wie mit fremden Gegenständen, einem starken Bindfaden, einem Gummischlauch, einem kleinen Stock, sie fangen nun an, einander in die Ohren zu beißen, zerren sich; ebenso spielt seit einiger Zeit (5. Sept.) der Hund sehr lebhaft mit ihnen, sowohl im Zwinger wie auf dem Rasen, er nimmt ihren ganzen Kopf ins Maul und schleppt sie so umher, rennt weg, die kleine Gesellschaft nach Kräften ihm nach, sie klettern auf ihm herum, beißen seine Ohren — sie gehen im Garten auch schon ihre eigenen Wege. Vorgeworfene Schlüssel, silberne Teelöffel u. dgl. schleppen sie weg. Inzwischen war es längst notwendig geworden, etwa 12 qm der Veranda als Zwinger für sie abzugrenzen, zumal des Schmutzes wegen; die gefähr- liche, nach dem Garten hinunterführende Treppe war längst verwahrt, und doch hatte ein Weibchen am 17. August sich zu ihr durchgearbeitet und war heruntergefallen, infolgedessen es ab und zu etwas lahmte; und am 4. September ereilte alle drei nochmals dasselbe Geschick — glücklicherweise ohne daß sie ernstlich Schaden nahmen. Das Klettervermögen der Öttern ist außerordentlich; an Maschendraht laufen sie ohne jede Schwierigkeit hinauf, die horizontalen Latten, welche ihren Tummelplatz abgrenzten, boten ihnen die beste Gelegenheit zum Überklettern des Zaunes. Einmal erreichten sie mit Hilfe eines Stuhles das nach der Veranda führende Fenster, an dessen Scheiben pochend sie laut schreiend Einlaß begehrten. Schließlich mußte, da kein Zaun für die lebhaften, intelligenten Tiere hoch genug war, der ganze Zwinger mit Maschendraht überdacht werden, Die Stimme der kleinen Ottern war während der ersten zwei bis drei Wochen ein piepsender Laut, eigentlich kaum zu unterscheiden von dem ganz junger Hühnchen. Später wurde sie zu einem langgezogenen Meckern dem Schreien eines ganz jungen Ziegenlammes täuschend ähnlich, Nachdem die Ottern aber der Hundemilch sowie der Flasche entwöhnt waren und sich um die in Milch geweichten Semmelbrocken balgten und bissen, hatten sich die ehemals so weichen Töne in ein gellendes, keifendes, krächzendes knurrig zänkisches Kreischen umgewandelt, dem aber doch noch, wenn sie nach Futter riefen, die Meckertöne beigemischt waren. Die Zahnentwicklung wurde am 27. August wieder untersucht. Beim Männchen ist der äußerste obere Schneidezahn völlig durchgebrochen, beim einen Weibchen zeigt er sich eben, beim anderen ist noch nichts davon wahrzunehmen. Unten 44 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1980. wie oben besitzen alle zwei Backenzähne. — Am 5. September sind vier der oberen Schneidezähne des größeren Weibchens durchgebrochen, die mittleren oberen da- gegen immer noch nicht. — Am 9. September brechen bei allen auch die unteren äußersten Schneidezähnchen durch, sei es links oder rechts. — Am 24. September sind bei allen die unteren vier Schneidezähne durchgebrochen. Daraus ergibt sich in Formeln ausgedrückt folgende Zahnentwicklung: Backen-, Eck-, Schneide-, Eck-, Backenzähne 2. August > - = 5 - — 7. August — E = B = = 27. August E > 5 == 5 — < 5. September = —_— e 9. September - DZ 2 24. September = eo. = Das Füttern mit der Flasche ging recht gut. Neben der Nahrung, die ihnen die Pflegemutter gab, nahmen sie täglich mehr und mehr Milch. Hatte man sie auf die Knie genommen, so hielten sie den Flaschenhals mit den kleinen, Schwimmhäute tragenden Vorderpfötchen genau so umspannt, wie ein Kind seine Flasche hält (Abb. 2 u. 3). Oft waren sie so gierig, daß sie sich in den Gummipfropfen verbissen und diesen von der Flasche abzerrten unter knurrigem, ärgerlich klingendem Schreien. Auffallend war, daß sie ihn stets so weit wie möglich in das Maul nahmen, so daß er mindestens bis zum Gaumensegel ragte. Gerne nahmen sie die Flasche auch in der Rückenlage. Ganz genau kannten sie dieselbe. Stellte man etwa die gefüllte Flasche an den Boden, so stürzten sie darauf los, suchten kletternd den Lutscher zu erreichen, wobei die Flasche natürlich umfiel. Einer trug endlich den Sieg davon, indem er — froh, die nahrungspendende Quelle gefunden zu haben — sie fest umfassend und eifrig saugend mit ihr am Boden lag. Während wir auf der Veranda speisten, trieb sich die ganze Gesellschaft unter dem Tisch umher. Butter schleckte das größere Weibchen (5. Sept.) vom Brot; sie nahmen Fleisch und Kartoffeln aus der Hand (12. Sept.) und aus einem Teller; das Männchen leckte zuerst Milch aus einem Teller (12. Sept... Am folgenden Tage fraßen alle drei in der Küche, wohin sie dem Hund mit Vorliebe durch die Zimmer folgten, Kartoffeln; am 14. Sept. verzehrten sie einen Frosch, den ich an sie verteilte. Das verächtliche Be- nehmen des Hundes während dieser Mahlzeit war interessant zu beobachten; fütterte man mit Fleisch, so wurde er neidisch. Vom 17. September ab K. ECKSTEIN, Aus dem Jugendleben des Fischotters. 45 wurden die Ottern täglich dreimal gefüttert; sie bekamen zuerst noch die Flasche, später Milch und eingeweichte Semmeln. Der Konsum stieg sehr, täglich ein Liter Milch und vier Semmeln; waren sie hungrig, so bissen sie nach dem Finger. Im Oktober verzehrien sie täglich je zehn Semmeln, welche in zwei Liter Milch eingebrockt waren. Daneben bekamen sie selten Fische (Rotfedern, kleine Bleie, Plötzen). Einen Krebs, den ich ihnen lebend gab, fraß das Männchen am Schwanze beginnend auf der Stelle auf. Regen- würmer, die während des Aufenthalts im Garten ausgegraben und ihnen vorgehalten wurden, nahmen sie gerne. Beim Füttern wurde ihr schwaches Sehvermögen und der unentwickelte Geruchsinn festgestellt, denn sie waren nicht imstande, einen am Boden sich krümmenden Wurm oder einen ihnen vorgeworfenen Fisch sofort zu finden oder durch den Geruch wahrzunehmen. Vielleicht drückt dieser Satz nicht das Richtige aus. Vielmehr wurde lediglich ihr Unvermögen, in der Luft Beute zu wittern festgestellt; wohl imstande, im Wasser ihre Beute zu suchen, fehlte ihnen eine durch Vererbung über- kommene Fähigkeit, sie auf dem Lande, wenn sie ruhig lag, wahrzunehmen; dagegen sprangen, kletterten, schnappten sie eifrig nach vorgehaltenen Lecker- bissen, nach dem an einer Schnur geschleiften Fisch oder Frosch. Unter pfeifendem Knurren wurde die Nahrung mit Hast verschlungen; Neid gegen die Geschwister kam dabei deutlich zum Ausdruck, mit Vorliebe wurde die Beute in ein Versteck geschleppt und am liebsten unter oder hinter der Hundehütte im Verborgenen verzehrt. Anfang September ging die Milchproduktion des Hundes zurück, Die Schwellungen der Drüsen nahmen ab, aber immer noch suchten und fanden die Ottern wenigstens etwas, Seit dem 7. Oktober kamen sie mit der Pflegemutter täglich nur einmal auf kurze Zeit zum Spielen zusammen. Die gegenseitige Zuneigung auf beiden Seiten war groß. Selbst gegen Ende Oktober hatten sie das Gesäuge des Hundes noch nicht vergessen; auf den Hinterbeinen aufgerichtet, wußten sie die Zitzen der stehenden Hündin zu erreichen; diese aber, ihrer Unfähigkeit sich bewußt und die scharfen Zähne spürend und fürchtend, vereitelte die emsigen Bestrebungen ihrer Pflegekinder. Die Anwesenheit fließenden Wassers, auch wenn sie es nicht sehen konnten, empfanden sie sofort. Durch meinen Garten zieht ein schmaler, nur , m breiter, tief eingeschnittener Graben, über den die Wege mit breiten Bohlenbrücken führen. Folgten die Ottern in lebhaften Sprüngen dem Hund, hier am Wasser machten sie sicher Halt und suchten schnuppernd umher. Inzwischen waren die Ottern gut gediehen, wie am besten folgende Zahlen zeigen: 46 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Gewicht. Körperlänge. Q = ö S Q 6) 2. August 630 g 620 g 593 g 40 cm 40 cm 40 cm 12:02,5 SL 622 „ 502 „ 43 lee er 40 -, DU 920 „ 848 „ 588 „ 47 nalen dB. 5. September 1086 „, KONG 746 „ 9. R 10837, 1056 „ 836 „ 12. Oktober 2000 „ 1860 „, 1470 „ 1. November 2460 „ 2425 „ 1950 „ Man beachte, wie das Männchen infolge des Sturzes entkräftet wurde, dann langsam, später sehr rasch das Verlorene einholte und vom 5.—9. September so- gar rascher zunahm als seine Genossen. Diese Gewichte wurden an den gesättigten Tieren festgestellt, da es bei ihrer großen Lebhaftigkeit nur dann möglich war, sie in einem Leinensäckchen auf die Wage zu bringen. Am 17. September 1911 wurden sie unter großer Mühe nüchtern und hungrig gewogen und dabei die Zahlen 1058, 940, 790 festgestellt. Nimmt man an, daß sie zu der darauffolgenden Mahlzeit 1/, ihrer Tagesration (2 1 Milch 12 Semmeln im Gewicht von 2100 g) = 700 g verzehrt hatten und verteilt dies entsprechend dem seitherigen Körpergewicht mit 265, 245, 190 g auf die einzelnen Tiere, so ergibt dies für den 17. September ein Gewicht von 1323, 1185 und 980 g, welche Zahlen sich sehr gut in die obige Zusammenstellung einreihen. Wenige Tage nach Beginn der Pflege hatte man den Ottern Wasser angeboten, aber sie mieden es. Am 28. August, also im Alter von etwa 8—10 Wochen, gingen sie freiwillig in eine große Schüssel mit etwas angewärmtem Brunnenwasser. Leider konnte in dem engen Becken ihre Geschicklichkeit im Schwimmen nicht zutage treten. Stets fuhren sie sofort mit dem Kopf unter das Wasser, und völlig durchnäßt entstiegen sie dem- selben. Seitdem tranken sie sehr viel Wasser, dasselbe leckend wie eine Katze oder ein Hund, doch mit auffallend wagerechter Haltung des Kopfes. Hatten sich die Tiere sattgefressen, so legten sie sich zum Schlafen nieder; einzeln nahmen sie dabei eine Seitenlage ein mit auffallend starker Einknickung des Halses in der Kopfbeuge. Lagen die drei Jungen zusammen, so schliefen sie in beliebiger Stellung auf- und nebeneinanderliegend; nach dem Saugen am Hund entschliefen sie meist in der charakteristischen Rückenlage. Am 26. August waren sie im Zimmer, als eine Geige angestrichen wurde; sie setzten sich davor und heulten. Gegen die Töne des Klaviers waren sie gleichgültig. Schlüsselrasseln versetzte sie in furchtbaren Schreck, wie sinnlos eilten sie einem Versteck zu (5. Sept.). Die Zutraulichkeit der Ottern war groß, sie folgten dem Menschen gerne, lieber freilich dem Hund. Je größer sie aber wurden, um so mehr nahm von einem gewissen Alter an diese Zutraulichkeit wieder ab. Es ist K. ECKSTEIN, Aus dem Jugendleben des Fischotters. AT, eine bekannte Tatsache, daß Tiere sich an den Menschen gewöhnen, wenn sie allein sind, und zutraulich und zahm werden — Ottern sind schon öfter so zahm geworden, daß sie dem Menschen folgten wie ein Hund — aber ebenso bekannt ist es, daß, wenn man zwei oder drei Tiere zusammenhält, diese sich gegenseitig beeinflussen und deshalb die Zähmung mißlingt. Die Ottern wurden bissig; und sehr empfindlich waren die tiefen Wunden, die sie mit den spitzigen Eckzähnen schlugen. Wochenlang empfand ich Schmerzen im Zeigefinger, indem ich eine äußerlich kaum sichtbare Bißwunde davon trug. Riöwunden sind fein wie ein Messerschnitt, aber mit rauhen Rändern und meist stark blutend. Der Pelz meiner Ottern erschien schön glatt glänzend, und alle Be- kannten, welche kamen, um Nora mit ihren Ottern zu sehen, schätzten ihn bereits als kostbares Pelzwerk. Trotz dieser Glätte aber fing die Unterwolle an, filzig zu werden, wohl infolge der ungenügenden Schwimmgelegenheit. Die Schwierigkeit der Reinhaltung und der Wasserversorgung, die verhältnismäßig hohen Kosten der Unterhaltung, dazu die Unmöglichkeit mich so mit den Ottern zu beschäftigen, wie es die Pflege der Tiere er- heischte, zwangen mich, sie abzugeben. Hagenbeck nahm sie am 1. Nov. 1911 nach Stellingen. Erklärung der Tafel I. Abb. 1. Der Otter nimmt in der Rückenlage die Flasche. Abb. 2. Der Otter in der Bauchlage aus der Flasche trinkend. Abb. 3. Die jungen Ottern an der Kollihündin saugend. Originalarbeiten. 1.) Übersicht der russischen Kleinkatzen. Von S. J. OGNEFF (Moskau). Hierzu 10 Abbildungen auf den Tafeln II bis IV. A. Einleitung. Die Systematik der russischen Katzen der Gattung Felis ist bis zur Zeit nur ungenügend und fragmentarisch erforscht und niemals einer Revision unterworfen worden. Es scheint mir rechtzeitig und interessant, eine systematisch-zoogeogra- phische Übersicht dieser Tiere zu geben. Beim Studium des Materials für vor- liegende Arbeit sind von mir die zahlreichen Sammlungen des Zool. Museums der Akademie der Wissenschaften in Petersburg, des Zoologischen Museums der Mos- kauer Universität, sowie meiner eigenen Sammlung sorgfältig untersucht worden. Die Arbeit gliedert sich wie folgt: Seite A. Einleitung . . a AS Eu: B. Die Gattung Felis RN [0] a) Gattungsdiagnose . . . . 49 b) Bestimmungstabelle. . . . 50 FE. C. Die Art Felis silvestris. . . . 52 a) Felis silvestris caucasicus . . 52 b) Felis silvestris siwestris . . 53 6. c) Systematische Notizen. . . 54 d) Geographische Verbreitung . 55 D. Die Art Kehs ornata > .....:59 MH. a) Systematische Notizen. . . 59 b) Geographische Verbreitung . 60 c) Helis ornata caudata 2 . .:61 d) Felis ornata murgabensis . . 65 e) Felis ornata shawiana . . . 66 f) Felis ornata matschiei . -. . 67 J). g) Felis ornata issikulensis . . 67 Die Untergattung Prionailurus . a) Diagnose. b) F. (Pr.) ul mmicrobis Die Untergattung Chaus . a) Diagnose b) F. (Ch.) chaus hate Die Gattung Eremaelurus a) Diagnose b) Erem. thinobius Die Gattung Otocolobus a) Diagnose b) Systematische NOtieen c) Geographische Verbreitung d) Otocolobus manul manul e) Otoc. manul ferrugineus Tafelerklärung. . . .. 8 Seite 70 70 zal 13 7) 74 76 76 Le 78 79 80 83 84 85 S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 49 B. Gattung Felis LINNAEUS (1758). a) Gattungsdiagnose. 1758. Felis CAROLUS LINNAEUS, Systema Naturae, Ed. X, pg. 41. 1795. Catus JODOO. LEOP. FRISCH, Das Natursystem der vierfüß. Tiere. Glogau, Tab. 1°. — FITZINGER,L., Wiss.-populäre Naturgeschichte der Säugetiere, I, 1855, pg. 265—279. 1858. Catolyne N. SEVERTZOW, Notice sur la classification multiseriale des Carnivores. — Revue et Magasin de Zoologie 10, Paris, pg. 385 (subgenus; typischer Vertreter: Feiis catus). Diagnose. Relativ kleine Katzen, die sich durch variierende Fell färbung auszeichnen. Das Muster besteht aus dunklen Streifen und Flecken. Der ungefähr halbkörperlange Schwanz trägt gewöhnlich ein dunkles qauer- liegendes Ringmuster. Der niedrig oder mittelhoch gestellte Körper ist relativ lang. Die Ohren sind mittellang, dreieckig, an den Rändern von Haaren gleicher Länge, die keine Pinsel bilden, bedeckt. — Mähne und Backenbart fehlen. — Die Kralien sind scharf, seitlich zusammengedrückt und völlig zurückziehbar. — Die Pupille ist vertikal-elliptisch. Schädel ziemlich kurz, in der Gegend der Schädelkapsel ausgebreitet, in seinem vorderen Teil {zwischen den Reißzähnen) ziemlich zusammen- gedrückt. — Stirnfläche leicht gewölbt, in der Mitte mit einer sehr schwachen Längssenkung. = Die Augenhöhlen sind oval, der frontalen Schädelfläche gegenüber schräg gestellt. Der untere Rand der Augenhöhle hat eine scharf ausgedrückte Ver- dieckung des vorderen Randes. Ein zugespitzter Fortsatz des os jugale zieht sich nach innen und reicht bis zum ersten Drittel des Floramen lacrymale. Der ganze untere Augenhöhlenrand, den der Oberkiefer und das os jJugale bilden, ragt nach vorn hervor, einen scharf erkennbaren Winkel beim obersten Außenrande des Foramen infraorbitale bedingend. — Die Höhe des unteren Augenhöhlenrandes, in senkrechter Linie gemessen, die über Foramen infra- orbitale geht, übertrifft kaum die Hälfte der Interorbitalbreite. — Das Foramen anteorbitale ist lang gezogen, schräg gestellt (mit starker Neigung nach innen); sein Durchmesser übertrifft um 1'/,mal die Breite des Knochens zwischen der Öffnung selbst und der Augenhöhle. Der Stirn-Jochbogenfortsatz ist breit, oben unregelmäßig abgerundet. Die Breite zwischen den Vorderrändern der Nasenknochen übertrifit kaum 2/, der Schädelkapselbreite hinter den Processus postorbitales. — Die größte Länge der nasalis (die vorderen Seitenfortsätze mit gerechnet) beträgt bei- nahe ?®/, der Schädelbreite vor den Processus mastoidei. - 50 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Der harte Gaumen ist verkürzt: seine Breite ist der Länge beinahe gleich. Der hintere Gaumenausschnitt besitzt einen mittleren Fortsatz, der durch die Ränder der Gaumennaht gebildet wird. — Die Form des Praesphenoi- deum variiert; manches Mal ist es gleichmäßig breit, manchmal mit einer rechteckigen oder rhombenförmigen maximalen Erweiterung im mittleren Teil. — Der Raum zwischen den Außenrändern der Alveolen der Reiß- zähne ist merkbar kleiner als der halbe Abstand der Spitzen des Processus postorbitales. Die Bullae osseae sind mäßig groß und gut entwickelt. Ihre Vorder- kammern sind relativ klein. Der Rand der Vorderkammern reicht bei weitem nicht bis zum hinteren Fortsatz des Kiefergelenks. Die die vordere und hintere Gehörkammer abgrenzende Linie beginnt am Floramen siylo-mastoi- deum und endigt gewöhnlich hinter dem Foramen tubiae Eustachiae. Die Bullae stehen eng nebeneinander, die kleinste Breite zwischen ihnen steht der Breite der F'ossa mesopterygoides um !/, bis !/, nach. Foramen jugu- lare (lacerum »posterius) klein und gereckt. — Die Breite des äußeren Ge- hörganges übertrifft die der oberen Reißzahnalveole um '/,—!/,. Das Processus coronoideus ist nach oben hin merkbar verengt. Die Größe des FProcessus condyloideus ist bedeutend. Die Quermessung dieses Fortsatzes macht ungefähr */, der Länge aller Backenzähne einer Hälfte des Unterkiefers aus. Praemolares sind im Oberkiefer immer vorhanden. Die oberen Reißzähne sind groß: Die Höhe des Reißzahnes macht ungefähr °/, der ganzen oberen Backenzahnreihe aus. Die Entfernung des oberen Reiß- zahnhinterrandes vom Vorderrande des P? ist annähernd der Längsmessung des P? gleich. Bei Gattung Lynx macht diese Entfernung 1/, der Länge des P? aus. Infolgedessen scheint der Sectorius (zusammen mit P?) stark nach vorn gerückt. Der fünfte Höcker an der vorderen äußeren Ecke dieses Zahnes fehlt ganz. Der innere Teil des oberen Praemolaren ist gut ent- wickelt. Die Zahnformel: I 3/3; C 1/1; Pm 3/2; M 1/1 = 30. Typus der Gattung Felis catus L. Geographische Verbreitung der Gattung. Die Vertreter der Gattung sind in den nördlichen, den gemäßigten und den tropischen Teilen der alten Welt weit verbreitet. b) Bestimmungstabelle der russischen Katzen der Gattung felıs. I. Färbung beinahe eintönig. Das reduzierte Muster ist nur in Gestalt von Streifen an den Backen, undeutlichen Streifen und ab und zu ver- schwommenen Flecken am Körper und Ringen am Schwanze erhalten. S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 51 Grannenhaare unterscheiden sich vom Wollhaar durch größere Härte und Länge. — Der Körper ist auf relativ hohe Füße gestellt. — Die Ohren tragen an den Enden merkbare Pinsel. Die äußere (maximale) Länge der nasalia übertrifft die Länge vom hinteren Rande des Fooramen incisivum bis zum Seitenteil des hinteren Aus- schnittes des harten Gaumens, oder ist ihr gleich. — Die Entfernung vom vorderen Rande des Foramen infraorbitale bis zu den vorderen Wänden der Alveolen der oberen Mittelschneidezähne ist dem größten Durchmesser der Augenhöhle annähernd gleich. 1. Das Fell ist kurzhaarig, hart; Flecken und verschwommene Streifen- muster sind, wenn auch schwach, so immerhin ziemlich deutlich ausgedrückt. Sommerfell von CUhaus chaus chaus SCHREB. 2. Fell bedeutend langhaariger, dichter und etwas weicher. Das Muster im Grundkolorit des Felles ist gar nicht vorhanden. Winterfell von Chaus chaus chaus SCHREB. II. Färbung mit gut ausgedrückten Flecken und Streifen. Die Grannen- haare unterscheiden sich bei der Berührung nicht so stark von den weichen Wollhaaren. — Der Körper ist auf ziemlich kurze oder mäßig lange Beine gestellt. Die Ohren weisen keine merkbaren Pinsel an den Spitzen auf. Die äußere (maximale) Länge der Nasalia ist kleiner als der Abstand des hinteren Randes des Fooramen incisivum vom hinteren Seiten-Ausschnitte des harten Gaumens. Die Entfernung vom Vorderrande des Flooramen infra- orbitale bis zur vorderen Alveolenwand der oberen mittleren Schneidezähne ist bedeutend kleiner als die maximale Größe des Augenhöhlendiameters. 3. Auf der Rückseite der Ohren je ein greller, gut sichtbarer weiß- licher Fleck. Quer über den Hals vier bis fünf rostrote Streifen. — Ein Muster von rostrot-ockergelben Flecken geht über die blaß- grau-rahmfarbene Grundfärbung des Felles. Die Breite der Nasalia am Vorderrande ist der Hälfte der Schädel- kapselbreite hinter den Processus postorbitales annähernd gleich. Prionailurus euptilura microtis MILNE-EDW., 4, An der Rückseite der Ohren ist kein sichtbarer weißlicher Fleck vorhanden. — Es fehlen die vier rostroten Querstreifen am Halse, Über den Grundton des Felles, der nach Färbung und deren Leb- haftigkeit variiert, ist ein Flecken- oder Streifenmuster verteilt, das merklich dunkler ist als die Grundfärbung des Felles. a. Das Praesphenoid ist an seiner Basis breit und gewöhnlich im mittleren und vorderen Teil bedeutend erweitert. Die Hinterränder 4*F 92 1905. 1914. 1914. 1915. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. der Nasalia stehen nach hinten mehr vor, als die Nasenauswüchse der Kieferknochen (diese Knochenteile sind nur bei wenigen Exemplaren in der gleichen horizontalen Höhe gelegen). Äußere Ohrenöffnungen sind unbedeutend (SG im Mittel 6,6 mm, bei 99 6,8 mm). Ein sich längs dem Rückgrat ziehendes Muster besteht aus zwei schwarzen Streifen. Vom Rückgrat zu den Seiten ziehen sich 8—12 dunkle Querstreifen, welche sich manchmal in eine Reihe Flecken verwandeln. Allgemeiner Farbenton des Felles ist dunkel-gelblich-gran. Felis silvestris silvestris SCHREB. in zwei Unterarten. ß) Das Praesphenoid ist schmal und weist im mittleren oder vorderen Teil eine rechteckige oder rhombenförmige Erwei- terung auf. Die Hinterränder der Nasalia ragen nach hinten nicht so weit vor, wie die Nasenauswüchse der Kieferknochen (oder, was seltener vorkommt, sind mit ihnen auf einem Niveau gelegen). Die äußeren Gehöröffnungen sind größer als bei der Waldkatze: der maximale Durchmesser jedes Gehörganges be- trägt 7,3—8,3 mm. Längs des Rückens ein Muster kleiner rundlicher Flecken; vom Nacken angefangen bis zur Schwanzbasis sind von letzteren an- nähernd 18 Reihenangedeutet. Am Rücken und an den Seiten ein Muster rundlicher Flecken. — Der Grundton des Felles variiert von einem blaß-weißlich-grauen mit Beimischung von strohfarbenem bis zu verschiedenen Schattierungen des rahm- gelblichen und sogar grauen Tones. Felis ornata GRAY in fünf Unterarten. C. Die Art Felis silvestris SCHREB. a) Felis silvesiris caucasicus (1905) Kaukasische Wildkatze. Felis catus caucasicus K. A. SATUNIN, Die Säugetiere des Talyschgebietes und der Mugansteppe. — Mitteilungen des Kaukasischen Mus. 2, pg. 154. Felis catus N. J. DINNIK, Tiere des Kaukasus, 2, pg. 498. Felis silvestris caucasicus K. A. SATUNIN. Conspectus Mammalium Imperii Rossicae. pg. 164. Felis silvestris caucasicus K. A. SATUNIN. Mammalia Caucasica 1, pg. 345. Typischer Fundort: Borjom. In K. A. SATUNIN’s Arbeit (1915) fehlt die genaue Bezeichnung, aus weicher Gegend das typische Exemplar stammt, das zur Feststellung der Unterart diente. Weil letztere auf Grund S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 53 kraniologischen Materials beschrieben worden ist, und der Autor in benannter Arbeit nur Maße von Individuen aus Borjom anführt, halte ich es für das Richtigste, diese Gegend für die terra typica der geographischen Rasse zu halten. Diagnose: Das Praesphenoideum ist an seiner Basis breit und gewöhn- lich in seinem mittleren und vorderen Teil bedeutend erweitert. Die Hinter- ränder der Nasalia treten nach hinten weiter hervor, ais die Nasenfortsätze der Kieferknochen (nur bei wenigen Exemplaren sind sie annähernd auf einer Höhe). Die äußeren Gehöröffnungen sind unbedeutend; das maximale Diameter einer jeden von ihnen: bei GC beträgt 5,2—7,3 (M. 6,6), bei 99 6,2—7,1 (M. 6,8). Größte Schädelläinge SS _ 97—109,8 (M. 106,2), 99 92,5—98,9; Condylobasale Sohädellänge SG 89,8—102 (M. 99,1); QQ 85—91; Joch- bogenbreite SS 69—77,9 (M. 75,1); 09 64,8—72; größte Schädelbreite SG 43,2—48,6 (M. 46,4); OO 40,8-—-46,2; Schädelkapsellänge SC 51,3 bis 61,1 (M. 57,3); 09 51,6—55; Längsdiameter der Augenhöhle JG 29,9—32,1 (M. 30,7); 99 29,31; Länge der bullae osseae SS 21,2—24,1 (M. 23); 09 19,8— 21,7; Breite der bullae osseae SG 15—16,3 (M.15,7); 009 14,9—15,1; Länge der oberen Zahnreihe 33 30—34,7 (M. 33,1), 09 28,9—32,3. Allgemeiner Farbenton des Felles ist schmutzig trüb-gelblich-grau; an den Seiten ist das Kolorit etwas heller und unbedeutend grauer; die Bauch- gegend ist gräulich-ocker-gelblich. Am oberen Kopf- und Halsteil sind vier schwarze Streifen zu sehen, längs dem Rückgrat ein klar gezeichnetes aus zwei Schwarzen Streifen bestehendes Muster. Vom Rückgrat den Seiten- teilen des Rückens zu ziehen sich 8—12 dunkle Querstreifen, welche sich manchmal in eine Reihe Flecken verwandeln. Buschiger Schwanz mit 5—7 schwarzen Querstreifen; sein Ende schwarz. Am Halse und in den Weichen sind ganz weiße Flecken nicht selten. Pupille schmal, spaltförmig. Stark ge- krümmte Krallen gelb-weißlich. Körperlänge mit Kopf 67—75 cm (SC), 60—62 cm (99), Schwanz 31—32 (SC), 29—29,5 (99) nach N. J. DINNIK. Messungen der Exem- plare meiner Sammlung: Nr. 538 © 16. XII. 1923. Umgegend von Wladi- kawkas. Körperlänge (L) 63, Schwanz (C) 33, Hinterpfote (pl) 14; Ohr (a) 6,6 cm; Nr. 537 © 26. XII. 1923. Ibidem L. 53; C. 34,3; pl. 13; a. 6,7 cm. b) Felis sılvestrs SCHREBER (1777). 1777. Felis {Catus) silvestris JOH. CHR. SCHREBER, Naturgeschichte der Säuge- thiere 3, pg. 397. 54 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 1811—1831. Felis catus P. PALLAS, Zoographia Rosso-Asiatica, pg. 25. 1856. Felis catus ferus K. F. KESSLER, Einiges über die Verbreitung der Wild- katze in Rußland. Mittheilungen der Naturwissenschaft („Westnik Ist- teatw. Nauk“), Nr. 15, pg. 475—473; (L. S. [L. P. SABANEEF] „Dikaja Koschka“ (wilde Katze). Priroda i ochota (Natur und Jagd) 3, 1878, pg. 229—235. Typischer Fundort: Deutschland. Diagnose: Der im Kaukasus einheimischen Art äußerst nahe, unter- scheidet sich nur durch etwas kleineren Schädel, dessen Condylobasallänge 86—96 mm (JG), Jochbogenbreite 67—74 mm (CC); 60,6 (9); maxi- male Breite 42—45,2 (SC); 38,5 (SC) ausmachten. Die relativ kurze Schädelkapsel ist beachtenswert; ihre Länge beträgt bei SG 47,3—53,2, bei Q 46. Bullae osseae sind etwas feiner. Ihre Länge bei SO 21,1—21,3, bei Q 19,8; Breite bei SS 15—15,1, bei Q 14. Die obere Zahnreihe ist kürzer: ihre Länge = 28-32 (SC), 29 (9) und die Zähne sind etwas schwächer. In der Färbung sind keine Unterschiedlichkeiten zu beobachten. Die Maße sind etwas kleiner. Körperlänge JS ad (aus Deutschland nach G. S. MILLER) 54,5 cm, Schwanz 31, Hinterpfote 13,5, Ohr 6,3 cm. c) Systematische Notizen. Die oben beschriebenen europäischen und kaukasischen Wildkatzen stehen nach ihren systematischen Merkmalen einander äußerst nahe). Diese Unterarten nach Serien vergleichend, konnte ich keine Abweichungen bemerken: K. A. SATUNIN, welchem zum Zwecke der Untersuchung viele Felle der kaukasischen Unterart zur Verfügung standen und nur drei Exem- plare von F. silvestris silwestris SCHREB., berichtet (in litter.) „dieses Material und zahlreiche Abbildungen der europäischen Wildkatze mit den kaukasischen Exemplaren vergleichend, entdeckte ich einen Unterschied — daß bei letzten die Seitenstreifen überhaupt viel schwächer ausgedrückt und manchmal kaum zu merken sind. Ein sorgfältiges Studium des Materials zeigte mir Variationen des von SATUNIN genannten Merkmals. Ich war verwundert, gar keine Farbenunter- schiede unter den der Betrachtung unterzogenen Unterarten zu finden. Von einigen kraniologischen Merkmalen, von denen oben gesprochen wurde, ab- gesehen, finde ich unter diesen Formen gar keine stabilen Differenzmerkmale. Im Jahre 1904 beschrieb K. A. SATUNIN?) seinem Denken nach eine ) N. J. DINNIK (1914) lehnt ab, sie zu unterscheiden. ®2) K. A. SATUNIN: The black Wild Cat of Transcaucasia. — Proceed. Zool. Soc. London. 1904, vol. II, p. 162. S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 55 besondere Art des kaukasischen schwarzen Katers (Typ aus d. Gouyv. Elisa- betpol), die er Felis daemon nannte, Die Existenz irgend einer schwarzen Wildkatze in Kaukasus’ Grenzen ist schon lange bekannt. So erwähnt HOCHENACKER (1837) eine Katze „Felis cato affınus nigra“, welche bei der Kolonie Helenendorf (bei Elisabet- pol) sehr selten sei und im Gebirge des kleinen Kaukasus, bei Schamchor, Schuscha und am Karabach auch vorkomme. — K. A. SATUNIN bemühte sich als erster die Frage zu lösen, die er sich bestimmt gestellt hatte, ob diese schwarze Katze eine besondere Form oder nur eine melanistische Ab- eration der Wildkatze vorstelle. Es ist ja gut bekannt, daß Melanisten unter den Katzen keine Seltenheit sind. Nach Durchmustern des im Zoologischen Museum der Academie der Wissenschaften aufbewahrten Materials, kommt der Verfasser zu der be- stimmten Folgerung, daß F'elis daemon eine besondere Art vorstellt. Ver- mutlich brachten SATUNIN die zweifellosen kraniologischen Unterschiede, die dem schwarzen Kater im Vergleich zu Felis silvestris eigen sind, in bedeutendem Maße zu dieser Behauptung. Sorgfältige Untersuchungen dieser Unterschiede nach dem Sammlungsmaterial brachten mich zur positiven Fol- gerung, daß nach den kraniologischen Merkmalen Felis daemon von der Hauskatze nicht zu unterscheiden sei, deren schwarze Form er auch bildet. Die Tatsache, daß die vorhandenen Exemplare von Felis daemon (Samnl., d. Zool. Mus. der Acad. der Wissensch.) schwarze Exemplare der Haus- katzen vorstellen, schließt natürlich die Möglichkeit des Auffindens einer gleichen melanistischen Rasse auch unter den wilden Individuen nicht aus. Prof. N. A. SMIRNOFF (1922) ist geneigt, die beschriebene Form, auf Grund einer Durchsicht der im Kaukasischen Museum aufbewahrten Felle, als eine melanistische der F'elis silvestris anzusehen. Nur bei einem Exemplar aus Guir (Transkaukasien) vermerkt er in den äußeren Merkmalen eine Bei- mischung von Hauskatzenblut, | Jedenfalls stellt das ziemlich beständige Vorhandensein der ganz schwar- zen Form der Felis catus im Kaukasus (und wahrscheinlich der F'. solvestris) zweifellos ein allgemein-biologisches Interesse vor. Es ist bekannt, daß Me- lanisten manchmal angedeutet geographisch begrenzt sind, d) Geographische Verbreitung. Unsere Nachrichten über die Verbreitung der Wildkatze in den Grenzen des Europäischen Rußlands sind zweifellos fragmentarisch und leiden an Mangel von Material. Die ersten Nachrichten über die Verbreitung von Felis silvestris in 56 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Rußland finden wir im Buche von GEORGY (Geographisch - physikalische Beschr. d. russischen Reichs 3, 1800). Nach der Meinung dieses Verfassers ist die Wildkatze in Polen, in den südwestlichen Gouvernements, im Nowo- rossijsk-Gebiet, am Dnjestr, im Kaukasus und im Nittel-Ural (Baschkirien zu treffen. Den aufgezählten Angaben widerspricht die Angabe von PALLAS welcher in seiner „Zoographia“, die Existenz der Wildkatze im ganzen Rußland abspricht. Nach PALLAS kommt dieses Raubtier nur in den Wäl- dern der Vorgebirge des Kaukasus bis zum Flusse Kuma vor, wobei auch hier obdachlose, verwilderte Exemplare zu treffen sind. Diese Ansichten des großen Naturforschers wurden bald widerlegt. So wird in der Beschreibung Kurlands von DERSCHAU und KEISERLING 1805 von einer selten dort vorkommenden Wildkatze gesprochen. BRINKEN (1828) behauptet, daß letztere in der Bjeloweschskaja Puschtscha, Gouv. Grodno, verbreitet war, obgleich nach EICHWALD’s (1830) Angaben die Wildkatze aus diesem mächtigen Waldmassive ganz verschwunden sein soll. Die sich auf die gegebene Frage beziehende Literatur analysierend, kam der Aka- demiker J. F. BRANDT (1853) zum Glauben an eine früher viel weitere Verbreitung der Wildkatze bis zu den zentralen Gouvernements des Euro- päischen Rußlands und vielleicht bis zum Ural. Dieser Folgerung schließt sich auch Prof. K. F. KESSLER (1856, 1858) an. Letzterer erwähnt fol- gende Fundorte des beschriebenen Raubtieres; bei Radziwilow in Wolhynien, Gouv. Kiew; bei Stawitsch in Podolien, im Ujizki-Kreis. Nach G. BELKE (1857) ist es zu treffen: Im Radomysl-Kreis, Gouv. Kiew; in den Gouv. Polozk, Ljublin, Kowno, Grodno und Mogilew. In der im Jahre 1854 von der Kaiserlichen Russischen Geographischen Gesellschaft herausgegebenen „Selskaja Ljetopis“ sind folgende Fundorte erwähnt: Kreis Slonim, Gouv. Grodno; Kreis Welish, Gouv. Witebsk; Kreis Ponewjesh, Gouv. Kowno. SABANEEFF berichtet (1878): „Es ist mehr als wahrscheinlich, daß die Wildkatze keine besondere Seltenheit im Polesje vorstellt, und daß das Gouv. Minsk bis zur Zeit als Zentrum der Verbreitung dieses Tieres in West- Rußland dient“. Von den neuen Autoren schreibt M. CHARLEMAGNE (1920), daß Mitte des vorigen Jahrhunderts einzelne Exemplare im Gouv. Kiew, Wolhynien und Podolien erbeutet worden sind. Ein Fall in den 90er Jahren ist be- kannt, wo ein ganzer Wurf in Podolien erbeutet wurde. Jetzt ist die Wild- katze in den Wäldern Wolhyniens, in den Plawni (breiten an Flüssen und Deltas liegenden, vom Schilf bewachsenen Flächen; der Kreise Odessa und Tiraspol, Gouv. Cherson sehr selten. Nach TATSCHANOWSKI (1877) ist im Warschauer Museum eine ausgestopfte Katze aufbewahrt, welche 1850 bei S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 57 Kamenez-Podolsk erbeutet wurde; in der Galyzien-Grenzzone zu treffen. — Nach A. A. BRAUNER (1923—1923) ist die Wildkatze in den Waldmassiven des nördlichen und zentralen Bessarabiens und im Unterlaufe des Dnjestr zu treffen. In den Sammlungen des Zoologischen Museums der Academie der Wissenschaften finden sich Exemplare aus der Umgegend von Tiraspol, aus den Plawni des Dnjestr (von Prof. BRAUNER). Von Prof. W. CHRANE- WITSCH (1925) wurde sie für den Kamenez-Podolski-Kreis vermerkt. Nach A. A. MIGULIN’s (1928) Angaben sind die Wildkatzen in den Dnjestr Plawni nicht mehr so selten. Der Autor notiert einige neue Funde dieser Raubtiere im genannten Rayon. — In den baltischen Provinzen ist nach K. GREVE (1909) die Wildkatze zur Zeit nicht zu treffen. Bezüglich der mittleren Gouvernements des Europäischen Rußlands exi- stierten einige alte Hinweise, z. B. für Gouv. Kaluga (ASMUSS 1857) für Nord-Rußland (Bjeloserski-Kr., Gouv. Nowgorod; Wyschegorski-Kr., Gouv. Olonez; Schenkurski-Kr., Gouv. Archangelsk („Selskaja Ljetopis“, 1854); für Süd-Rußland besitzen wir B. POSNANSKT’s Zeugnisse (1878), nach dessen Aussagen eine große grau-gelbe Katze mit schwarzen Streifen, die der Größe nach einen aiten grauen Hasen übertraf, Ende August 1871 im Schipow- Walde des Pawlowski-Kreises, Gouv. Woronesch erbeutet worden ist. Leicht möglich ist es aber auch, daß sich alle diese Hinweise auf verwilderte Haus- katzen beziehen. Bis zur Zeit ist die Frage noch immer nicht endgültig gelöst worden, ob die Wildkatze am Ural einheimisch sei oder es dort jemals war. L.P. SABANEEFF schrieb 1872, daß letztere bestimmt am Ural bei Slatoust zu treffen sei, von wo sie manchmal in die Wälder der Kasslinskaja Datscha einkehrt. In einer späteren Arbeit jedoch (Wirbeltiere des mittleren Urals, 1874) ist dieses Raubtier von ihm nicht erwähnt. Im Jahre 1878 berichtet er endlich von einer Aussage bekannter Gewerbe-Jäger, welche ihm erzählten, daß im südlichen Teil des Urals, bei Jekaterinburg, einmal eine Katze er- schossen wurde, die größer als eine Hauskatze war, mit einem dicken ge- streiften Schwanz, und daß solche Katzen von Zeit zu Zeit am Ural, bei Slatoust, zu treffen seien. „Weiter gegen Norden“ fügt er hinzu, „habe ich nirgends von einer Wildkatze sprechen gehört, habe aber Grund zu ver- muten, daß letztere ebenfalls im Solikamsk-Kreise anzutreffen ist.“ Davon spricht in der „Selskaja Ljetopis* Herr WOLEGOW, der viele Angaben über Tiere des Urals für die „Russische Fauna“, von H. SIMASCHKO heraus- gegeben, lieferte. In den allerletzten Jahren erhielt Frl. NATALIE M. DUKELSKI, die im Sommer des Jahres 1926 in der Umgegend von Miasski Sawod am Ural 58 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. exkursierte, negative Antworten auf ihre Fragen über Verbreitung der Wild- katze im besagten Distrikt. In Betreff der kaukasischen Rasse verfügen wir über bedeutend aus- führlichere Nachrichten, als über die europäische Unterart. Nach N. J. DINNIK (1914) ist sie überall, wo Wald vorhanden ist, zu treffen. Im Stawropol- Gouvernement und Kuban-Gebiet hält sie sich nicht nur im Gebirge und Vorgebirge auf, sondern auch in der Ebene. So haust sie am Terek im Be- zirk von Kisljar, an Stellen, wo es am Flusse wachsenden Wald gibt. Auch in Daghestan kommt sie vor, besonders im Chasaw-Jurt Bezirk. Nach N. J. DINNIK hält sich die Wildkatze in diesem Gebiet in bedeutsamer Anzahl am Flusse Sulak auf, ebenso in den Bergen des Temir-Chan-Schura, Kataigo- Tabassaran, Gunib, Andy und anderer Kreise. In der Umgegend von De- schlagar, wo DINNIK oft zu jagen Gelegenheit hatte, gibt es sehr viel Wildkatzen und sie leben hier, von der Meeresküste angefangen, beinahe überall. „Am südlichen Abhange des Hauptberggrates“ berichtet K. A. SATUNIN (1915) „ist die \WVildkatze überall sehr gewöhnlich, von der westlichen Waldgrenze an bis zu den Wäldern des Schemacha-Kreises, Gouv. Baku. Diese Katzen sind überall im Tschernoworski-Gouv. sehr zahlreich, ebenso im Suchum-Bezirk, Gouv. Kutais und im Batum-Bezirk; besonders in Ad- sharien und Schawschetien. Ferner werden sie in allen Wäldern der Gouv. Tiflis, im Sakatalski-Bezirk, im Nuchinski und im westlichen Teil des Schemacha-Kreises getroffen. Im Gebirge des kleinen Kaukasus ist die Wild- katze in den Grenzen des Borjom-Gutes besonders zahlreich und wurde ebenso im Kreise Borgalinski und Sangesursky gefunden und ist wahrscheinlich auch in allen anderen Wäldern des gebirgigen Teils des Elisabetpolkreises zu treffen“. „In den reinen Nadelwäldern des Karsski - Gebietes (Ardagan-Bezirk) habe ich die Wildkatze nicht vorgefunden und auch nichts von ihr gehört, welcher Umstand natürlich eine Möglichkeit ihres Auffindens hier noch nicht ausschließt“. In vertikaler Richtung hält sich diese Katze bis 6000 ° über der Meeres- fläche, nahe von der Grenze des Waldwuchses auf. Also kann die unbegrenzte Verbreitung der Wildkatze in dem Kaukasus-Gebiete mit wenigen Worten bestimmt werden: Sie ist in allen Bergwäldern und dem größten Teil der waldigen Ebenen des Gebietes, Talysch und vielleicht die reinen Nadelhölzer der Karsski-Anhöhe ausgeschlossen, einheimisch. S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 59 D. Die Art Fe/is ornata GRAY. a) Systematische Notizen. Es scheint mir am rationellsten zn sein, F'elis ornata GRAY als Hauptart der Steppenkatzen anzusehen und von dieser Form aus andere Unterarten zu gruppieren. Ohne Zweifel stimmen die Merkmale von f. ornata GRAY (= servalina JARDINE) in vielem mit der Gruppe caudata GRAY überein und die Vereinigung der beiden in einer Art erscheint nicht nur vom syste- matischen, sondern auch vom geographischen Standpunkte ganz natürlich. Zu solch einem Schlusse war A. BIRULA (1912) ebenfalls geneigt, nur brachte er mit F. ornata (außer F. caudata und shawiana) auch F. pal- Ida zusammen. Letztere, wie unlängst Prof. E. LÖNNBERG (1925) be- wiesen hatte, besitzt einige Merkmale, die zur Aufstellung einer besonderen Untergattung Podiaelurus für sie berechtigen. Wenn die Feststellung einer allgemeinen conspecies der Steppenkatzen keine besonderen Schwierigkeiten vorstellt, so gestaltet sich die Frage über das Differenzieren der Unterarten besonders kompliziert. Leider besaß ich nur ungenügendes kraniologisches Material als Grundlage der Erforschung, von welchem man zu keinen positiven Schlüssen gelangen konnte. Der Beschrei- bung der Unterarten, deren Bestimmung auf Farbenunterschieden beruht, etwas vorgreifend, führe ich hier einige sich andeutenden kraniologischen Eigenheiten der geographischen Rassen an: 1. Exemplare F. ornata caudata GRAY aus der typischen Ortschaft (Perowski-Kreis, Ustj-Urt) zeichnen sich durch große Schädelmaße (allgemeine Länge bis 112 mm), und nicht sehr große Vorderkammern der bullae osseae aus, welcher Umstand sich durch starke Wölbung der hinteren bullae-Abteile kompensiert. Zwischen den Schädeln F. o. caudata GRAY und F. 0. matschiei ZUKOWSKI gibt es meiner Ansicht nach gar keine Unterschiede, 2. F. ornata murgabensis ZUKOWSKY (aus Tachta-Basar am Murgab und Repetek) charakterisiert sich durch sehr große bullae osseae mit starker Entwicklung ihrer Vorderkammern. 3. Die Schädel von F. o. shawiana BLANFORD und F". o. issikku- lensis subsp. nov. stehen in ihren Ausmaßen der letzten der zwei vorher- beschriebenen Formen nach, 4. Der Schädel von F. ornata ornata GRAY (aus Kirman) zeichnet sich durch relativ unbedeutende Größe, stark geblähte bullae osseae (beson- ders im Abteil der hinteren Kammern), einer vorn sehr breiten fossa meso- pterygoidea aus. Der untersuchte Schädel eines JS sen. steht letzterem bei F. 0. murgabensis an Größe bedeutend nach. 60 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. b) Geographische Verbreitung. Infolge mangelhafter Beobachtungen fällt es ziemlich schwer, genaue Grenzen der Verbreitung dieser Art festzustellen. Bis vor kurzem blieb die Frage, wie weit nach Westen die angegebene Grenze geht, ganz unaufgeklärt. Ein hervorragendes Interesse bieten die bei Kirgisen erstandenen drei Katzen- Fellchen, welche nach den Aussagen letzterer im Winter 1923—1924 bei Dshambai (am linken Wolgaufer, im Süden des Gouv. Astrachan) erbeutet worden waren. W. A. ÜHLEBNIKOFF war so liebenswürdig, diese Katzen- felle mir zur Durchsicht zu schicken. Literarische Angaben in den Arbeiten alter Autoren zeugen von bedeutend nach Osten gelegenen Fundorten, im Vergleich zu den obengenannten. So ist, nach J. F. BRANDT’s (1852) Angaben, diese Katze im Mugo- dschar-Gebirge und auf der Hochebene im Ustj-Urt zu treffen; für die letzte Gegend wurde sie schon von EVERSMANN angezeigt (1850). In der Sammlung des Zoologischen Museums der Akademie der Wissenschaften befindet sich ein Exemplar vom Ustj-Urt, das 1878 von M. N, BOGDANOFF geschenkt wurde. Weiter nach Osten ist sie bei Perowsk zu finden (N. A. SEVERTZOW, Samml. des Zool. Mus. d. Acad. d. Wissenschaften). Nach N. A. ZARUDNY’s Angaben (1915) ist sie im Tale der Tschu und Syr-Darja sehr gemein, im Tschirtschik-Tal keine Seltenheit und an der Amu-Darja sehr gewöhn- lich. A. M. NIKCLSKI vermerkt sie am Unterlaufe der Ili als sehr gewöhnlich. In der Sammlung des Zool. Mus. d. Acad. d. Wissenschaften befinden sich Exemplare vom Berggrate Talass-Alatau. L. ZUKOWSKY (1914) nennt diese Art für das zum Osten von Balchasch liegende Land, d. h. wahr- scheinlich für das Semiretschje (Siebenstromland). In seiner ausgezeichneten Monographie über Dshetysu (Semiretschje, Siebenstromland) bezeichnet W.N. SCHNITNIKOFF (1925) die Steppenkatze für diese Ortschaft als sehr ge- wöhnlich. Nach N. A. SEWERTZOFF’s Angaben (1873) ist sie am Karatau, am westlichen Tjanj-Schanj, am Aryss, Keless, Tschirtschik-Oberlauf mit Nebenflüssen, am Unterlaufe der Syr-Darja, von der Aryss-Mündung bis zum Aralsee, im Syra-Delta zu finden. Ferner hält sie sich auf: In der Umgegend von Chodshent, im Sarewschan-Tal, in der Steppe zwischen diesem Flusse und der Syr-Darja. In vertikaler Richtung ist sie in der Zone von 600° bis 1000 einheimisch. REGEL fand sie (Sammlg. des Zool. Mus. d. Acad. d. Wiss.) im östlichen Buchara. In Transkaspien ist sie stark verbreitet. Nach RADDE und WALTER (1889) ist sie am Tedschen und Murgab ganz ge- wöhnlich. S. J. BILKJEWITSCH (1918) vermerkt diese Art für die Gegend von Kopet-Dag (Gaudan, Chainilau, Suljukli) und für die Sandgegend von Karakum. Sie kommt am Bolschoi Balchan vor (Exemplar der Sammlung S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 61 des Museums zu Stawropol). N. SMIRNOFF (1922) erwähnt folgende Fund- orte in Transkaspien: Umgegend von Serachsa, Geok-Tepe; im Krasnowodsk- Kreise, an der Grenze von Persien. Westlicher ist genannte Art im Urmia- Rayon, in der Umgegend der Stadt Ardebil zu trefien. Es ist interessant, daß N. A. SMIRNOW ein Katzenfell eines wahrscheinlichen Mischlings von Felis caudata und F. catus von den Bankowski-Erzgruben erwähnt, worin der Verfasser noch eine Bestätigung von K. A. SATURNIN’s Meinung über das Vorhandensein der Steppenkatze in der Steppen-Fauna des östlichen Transkaukasiens ersieht. Außerhalb Rußlands Grenzen kommt diese Katze vor: in Mesopotamien, in der Kirman-Provinz Persiens, im nördlichen Af- ghanistan am Balo-Murgab (THOMAS, 1889), und bei Maimene (SCULLY, 1887). In Afghanistan ist sie wahrscheinlich genügend stark verbreitet, ob- gleich keine realen Angaben über diese Frage vorliegen. In Sind-Sagar, Pendshab, ist sie bestimmt einheimisch und geht von dort tief nach Indien bis Nagpur, obgleich gegen Süden vom Flusse Narbad sie schon selten vorkommt; gegen Nord-Ost scheint sie das Ganges-Tal nicht zu überschreiten. Im östlichen Turkestan ist diese Art für Kaschgar und Jarkend (BLANFORD, 1579) vermerkt. Auch im Bassin des Flusses Tarim, gegen Osten bis Chami, Lob-Nor und in der Sandgegend von Kun-Tag ist sie zu treffen. Auf der ganzen von uns bezeichneten umfangreichen Fläche kommen mehrere Unterarten der Steppen-Katze vor. Im Ustj-Urt, in der am Aralsee liegenden Gegend und im Syr-Darja-Gebiet ist F\. 0. caudata GRAY ver- breitet. Wahrscheinlich kommt letztere auch in Semiretschje (Siebenstrom- land) vor, falls F. o. schnitnikowi BIRULA (F. macrothriz ZUKOWSKY) sich nicht als eine besondere Unterart erweist. Im östlichen Turkestan finden wir F. o. shawiana BLANFORD in der Murgab, Tedshen, Repetek-Gegend und wahrscheinlich auch in der nordwestlichen Ecke Afghanistans F. 0. mur- gabensis ZUKOWSKY, am Kopet-Dag, anliegenden Steppen und am Bolschoi Balchan F. o. matschiei ZUKOWSKY, in Mesopotamien F'. o. nesterovi BIRULA, in Südpersien, Afghanistan und in den genannten Gegenden In- diens f. ornata ornata GRAY. Welche Form sich in der nordwestlichen Ecke Persiens (bei Ardebil) aufhält, halte ich vorläufig für nicht aufgeklärt. c) felıs ornata caudata GRAY (1874). 1841. Felis servalina J. F. BRANDT, Note sur une espöce de chat nouvelle p. la faune de la Russie. — Bullet. Scient. phys.-mathem. de l’Academie Imper. de St. Petersbourg 9, pg. 34—37 (Non EFelis servalina WILL. JARDINE, 1834). Auct. cit., Zoologischer Anhang an A. LEEMANN’s Reise nach Buchara und Samarkand“, 1852, pz. 300; N. A. SEVERTZOW „Verti- kale und horizontale Einteilung der Tiere Turkestans*, 1873, pg. 61. 62 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 1874. Chaus caudatus J. E. GRAY, On the Steppe-Cat of Bokhara. — Proceed. Zool. Society of London, part. I, pg. 31—33. 1914. Felis caudata griseoflava L. ZUKOWSKY, Über zwei neue Formen von Felis caudata. — Archiv für Naturgeschichte, Abt. A, Ht. 9, pg. 9. Typischer Fundort: Der westliche, am Aralsee gelegene Teil des Syr-Darja-Gebietes, welches unter dem Namen Dshany-Darja bekannt ist; nicht aus Buchara oder Kokand (Fergana), wie J. E. GRAY behauptet (Siehe ebenfalls: A. BIRULA, L’Annuaire du Mus. Zool. de l’Acad&mie Imp. de St. Petersbourg, XVII, 1912, pg. 226). Diagnose: Praephenoideum schmal mit einer rechteckigen oder rhomben- förmigen Erweiterung im vorderen oder mittleren Teil. Die Hinterränder der nasalia treten nach hinten nicht soweit hervor, wie die Nasenauswüchse der Kieferknochen (oder, was selten vorkommt, sind mit letzteren auf einer Höhe gelegen). Die äußeren Gehöröffnungen sind größer als bei der Wild- katze: größter Diameter einer jeden Gehörgangöffnung 7,3 —8,3. Größte Schädellänge: SS 93—112,3; Q 90,3; Condylobasale Schädel- länge SS 87,9—103,2; Jochbogenbreite SS 67—82,3, Q 66; größte Schädelbreite SG 41,8—47, Q 42,8; Schädelkapselläinge SG 46,7—55,7, o 43,5; Längsdiameter der Augenhöhle SG 29,1—33, © 29,1; Länge der bullae osseae SQ 21,1— 24,2; © 21,3; Länge der oberen Zahnreihe SG 30,1—36,1; Q 32. Allgemeiner Farbenton des Felles ist blaß rahmfarben-gelblich (Sommer- fell mehr grau), Seitenfärbung ist reiner und heller: Kinn, Hals Brust und ein Teil der Bauchgegend sind weiß mit rahmfarbener Schattierung und mit mehr oder weniger deutlich hervortretender dunkler Scheckung, besonders in der Bauchgegend. Stirn und Scheitel sind von dichtliegenden und einander berührenden bräunlichen Flecken besprenkelt. Im Nacken vier schwärzliche längsliegende Streifchen. Über dem Rücken eine Anzahl kleiner grau-bräun- lich-schwarzer Flecken zerstreut. Differenzierte Längsstreifen sind auf dem Rückgrat nicht zu beobachten. Vom Nacken bis zur Schwanzbasis sind ihrer ungefähr 18 Reihen angedeutet. Der buschige Schwanz hat 6—8 schwarze Querstreifen: sein Ende ist schwarz. Pupille schmal, spaltförmig. Die stark ge- krümmten Krallen sind gelb-weißlich. Messungen eines erwachsenen © (im Fleisch) aus dem Perowski-Kreise: Körperlänge 632 mm, Schwanzlänge 330, Pfote ca. 133; Ohr ca. 50 mm. Systematische Notizen. — Zu Anfang der systematischen Über- sichtt muß ich zuerst das große Interesse vermerken, welches die Katzen aus der Umgegend von Dshembai, Gouv. Astrachan vorstellen (siehe weiter). Diese F', o. subsp. sind nach ihrem Kolorit bedeutend dunkler, als letztere S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 63 aus Syr-Darja. Der allgemeine Farbenton des Felles der Astrachan-Exemplare ist ziemlich lebhaft schmutzig grau-rahmfarben. Die Sprenkelung ist mit ver- schiedener Deutlichkeit ausgedrückt. Der Rücken einer Katze ist von deutlich bezeichneten rundlichen schwarz-bräunlichen Flecken bedeckt. In der Mitte des unteren Rückenteiles gruppieren sich die, ihrer Form nach mehr gezo- genen Flecken in drei Reihen als schwach angedeuteter Streifen. Bei einem anderen lebhafter gefärbten Exemplar sind 2—3 Rückenstreifen, die sich am Rücken entlang ziehen und stellenweise unterbrochen werden, klar angedeutet. Die Scheckung ist besonders lebhaft und grell; die Flecken selbst sind schwarz. Eine dritte Katze weist eine sehr verwischte verlaufende Scheckung auf, dagegen sind aber die deutlich hervortretenden Rückgratstreifen sehr gut bezeichnet. Die Scheckung der Bauchseite variiert. Allgemeine Färbung dieser Gegend ist schmutzig rahmgelb-gelbrot, dem Tone nach light pinkish cinnamon nahe, aber mit Beimischung einer grauen Schattierung und einiger gelblicher Töne. L. ZUKOWSKY beschrieb im Jahre 1914 eine besondere Unterart Felis caudata griseoflava. Für diese Katze, welche der Autor eine Tschurasse nennt, wird als typischer Wohnort die Gegend zwischen dem westlichen Ufer des Sees Balchany und dem Flusse Tschu bezeichnet. Außerdem wohnt sie nach ZUKOWSKY am Terskey-Alatau, am Flusse Tschu, vom See Issyk-Kulj an und ebenso in der Nähe von Naryn. Ich bezweifle das Auffinden dieser Rasse in der Nähe von Issyk-Kulj; Die von mir untersuchten Exemplare aus Issyk-Kulj wiesen charakteristische Unterschiede von den übrigen Formen auf. Nach L. ZUKOWSKY’s Angaben charakterisiert sich F. 0. griseoflava: 1. durch blaß-gelbe Färbung, 2. relativ dunkleres Kolorit der Kopffärbung, 3. breiter auseinandergestellte Rückenflecken (sie bilden von der Schwanz- basis bis zum Nacken 14 Reihen), 4. durch kaum merkbare Seitenscheckung. Ich hatte die Möglichkeit, gute Serien von Katzen aus den typischen Wohnorten benannter Rasse benachbarter Distrikte zu durchmustern. Auf Grund dieser Forschungen komme ich zum Schlusse, daß die Lebhaftigkeit des allgemeinen Farbentones dieser Katzen stark variiert, von relativ sehr blassen, bis zu gesättigteren Tönen. Ebenso veränderlich ist auch die Kopf- färbung. Die Anzahl der Rückenfleckenreihen schwankt zwischen 14—20; Seitenscheckung ist in systematischer Hinsicht ebenfalls ein sehr unzuver- lässiges und unbeständiges Merkmal. Also muß F'. o. griseoflava ZUKOWSKY infolge der als zufällig und äußerst unbeständig bezeichneten Merkmale zu den Synonymen der F\ o. caudata gezählt werden. 64 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 4, 1929. Gegen Osten vom See Balchasch, d.h. wahrscheinlich aus Semiretschje ') beschrieb ZUKOWSKY eine besondere Unterart F'. caudata longipilis, welche Benennung bald in F\, o. macrothrix umgeändert wurde, weil die Art- benennung longipilis ein nomen preoccupatum (für Tiger) vorstelit. Nach des Autors Schilderung unterscheidet sich diese Katze: 1. durch be- deutende Größe; 2. buschiges langes Fell; 5. buschigen Schwanz; 4. gräu- lichen Grundton des Felles; 5. mehr verschwommene und weit voneinander stehende Flecken, die über Seiten und Rücken zerstreut sind; 6. dunklere Kopffärbung (alle diese Angaben sind im Vergleiche zu F'. o. griseoflava, d. h. F. 0. caudata GRAY gegeben). Leider habe ich beinahe gar keine Exemplare der Steppenkatzen aus Semiretschje gesehen. In der Sammlung des Zoologischen Museum der Mos- kauer Universität befindet sich ein ausgestopftes Exemplar dieser Katze (von S. WERESCHTSCHAGIN) mit dem Vermerk „Semiretschje“. Nach den Farben- merkmalen dieses Tieres finde ich keinen Unterschied von denen aus Syr- Darja. In der Sammlung des Zool. Mus. der Academie der Wissenschaften ist ein Fellchen einer Katze aus dem Kopal-Kreise (von W. N. SCHNITNIKOFF) aufbewahrt. Dieses Exemplar diente als Original für A. A. BIRULA’s (1914) Beschreibung einer besonderen Morpha F. caudata morpha Schnitnikowi. A. BIRULA charakterisiert den allgemeinen Farbenton dieser Katze als stahlgrau. Er ist in der Tat grau mit leichter Beimischung einer, dunklen, leicht violetten Schattierung (Ton zwischen mouse-gray und quaker-drab); Halsflecken haben mittlere Farbe zwischen deep mouse-gray und deep quaker- drab. Dabei sind die Fiecken groß und verschwommen (besonders an den Seiten). Im ganzen sind vom Schwanze bis zum Nacken 15—14 Flecken- reihen, wie bei macrothrix, vorhanden. Das Fell ist dicht und buschig (zweifellos Winterfeli!), der Schwanz buschig. Allgemeiner Ton der Kopffärbung ist ein- tönig-grau mit Andeutung einer charakteristischen, sehr schwachen rötlich- bräunlichen Beimischung, welche der grauen Schattierung ein nicht ganz reines Aussehen verleiht. Der ganze Kopf, außer der weißen Umrandung der Lippen und des Kinnes, ist derartig gefärbt; die Umrandung der Augen tritt durch ihr hübsches Weiß hervor, das an den inneren Teilen dieser Umrandungen besonders breit ist (ein für macrothrixz charakteristisches Merkmal). Ohren einfürmig grau. Am Rücken ein unregelmäßiges Muster relativ großer Flecken mit deutlichen Umrissen, welche an den grau-weißlichen Seiten schwach hervortreten. Wollhaar, blaß-grau (Mittelton zwischen pale mouse-gray und 1) Vielleicht in dessen Wüsten- oder Ebenen-Teil? Terra typica ist ganz un- bestimmt bezeichnet. ©) Buchdruckerei REINHOLD BERGER Lucka (Bez. Leipzig) ®) Zeitschrift für Säugetierkunde : Im Auftrage der - Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e. V. herausgegeben von Dr. Hermann Pohle, Berlin Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde. 5. Band 30. 8. 1930 Be: 40 Seiten Text und Tafel I—XIV. Berlin 1930 In Kommission bei Dr. W. Stichel, Leipzig EEE FE > E ee a LASTEN DE IRB Fi Br k 0 * ’ I Bi Bart j Al: { ! a = En ,7 R wa j Ba J Et Reh > } f l F N ar ' } } v 4 H r h R . Y / i der { ? “7 . E 4 f r | D wir # \ Pi: “Eh r KOHL ‘ ee. 5“ f ı ilıa r ! rn 4 fer nitı zn h ; \ / ar ’ 4 \ I j ’ w 4 l 3 ‘ hi Ü } PL . } # ! Aa — } EN Nr wi \ N f | % [ i { 15.7 a ev h . u * ! P 2 f ‘ rer, t ur es N ee Rh Ahnen TE EERaR E6 Jers dr Ta ET A Sen rren u 09 MR 5 h Br al Du = ALTE FE a Ih ; \ b fr N arr L. { fa Roy RE ve EN Ha x Dr. R SRETHN N MAUER EN 7 OBEREN? ya rs, Fe ee N N Li 4 art « 3 ” D y | . ee j F “ I 4 Pa, Be Fi h Ar, ihr F s “ { fi Ar Ar HAER, PIRRı mer en bi “” ’ Er, al, Zeitschrift für Säugetierkunde. Band 5. 30. 8. 1930. Heft 2. ® light mouse-gray); an den Spitzen der Wollhaare eine Beimischung eines rötlich-rahmgelben Kolorits. Mitten unter ähnlichen Haaren der sehr üppigen 'Wollhaare gibt es ziemlich viel Grannenhaare, die schwarze Spitzen besitzen. In der Gegend der verschwommenen Flecken ist eine zweifellose Dominanz dieser schwarzen Haare zu beobachten. Nach einer ganzen Reihe von Merkmalen haben FF. o. schnitnikowi und F. o. macrothriz sehr viel Gemeinschaftliches: bedeutende Ausmaße, buschiges Winterfell, Charakter der Scheckung. Es ist leicht möglich, daß ein größeres Material eine bedeutende Ortsrasse für Semiretschje festzustellen ermöglichen wird. In dem Falle wird morpha schnitnikowi sich als eine zu- fällige Abweichung in der Richtung eines allgemeinen scharfen Grauwerdens des Felles erweisen. Das Vorhandensein des obenerwähnten, im Zoologischen Museum der 1. Moskauer Universität aufbewahrten, ausgestopften Exemplars, welches keine Eigenheiten der noch rätselhaften Rasse besitzt, ruft an dieser Folgerung Zweifel hervor. a) Felis ornata murgabensis ZUKOWSKY (1914) Steppenkatze von Murgab. 1914. Fıelis (Felis) murgabensis L. ZUKOWSKY, Drei neue Katzenrassen aus West- asien, Archiv für Naturgeschichte 1914, Abt. A, H. 19, pg. 127. Typischer Fundort: Tachta-Basar (Pendshe) Transkaspisches Gebiet. Diagnose: Diese Art ist F. o. caudata sehr ähnlich, unterscheidet sich aber durch feinere Scheckung, wobei die Flecken weiter voneinander gestellt sind als bei der Steppenkatze von Syr-Darja. Der allgemeine Farben- ton des Sommerfellrückens ist fahl weißlich-grau mit rahmgelb-strohfarbener Beimischung, des Winterfelles gelbrot-strohfarben-gelblich. Systematische Notizen. Es stand mir ein zu geringes kraniolo- gisches Material zur Verfügung, als daß ich nach ihm über die systema- tischen Unterschiede der F. 0. murgabensis von F. o. caudata urteilen könnte. Einige vorläufige Mitteilungen sind von mir oben angeführt worden. Nach dem Charakter des relativ feinen und undichten Musters stellt F. 0. murgabensis eine Übergangs-Unterart zu F. o. shawiana vor. Die einzigen ziemlich gut sichtbaren Unterschiede, welche festzustellen gelang, bestehen in einem schmutzigeren (mit Beimischung von grau) Kolorit des Winterfelles bei F'. 0. murgabensis und in größerer Schwanzlänge. Dieses letzte Merkmal tritt zwar beim Vergleiche der Felle auch gut hervor, seine - (9) 66 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Berechnung ist aber erschwert, weil bei zubereiteten Fellen die tatsächlichen Maße, welche den Schwanz des eben erlegten Individuums charakterisieren, immerhin bedeutende Veränderungen erlitten haben. Für eine genügend deut- liche Diagnose fehlt uns Material, dessen Sammlung zur Erklärung der Murzab-Unteraärt höchst erwünscht wäre. Geographische Verbreitung. ZUKOWSKY beschrieb seine neue Form aus der Umgegend von Tachta-Bazar (am Murgab). Ich hatte Ge- legenheit, Katzen dieser Form aus der Umgegend von Merv, BRepetek Schirabad und dem östlichen Buchara zu sehen. Auf diese Weise müssen wir annehmen, daß das Verbreitungsareal des F. o. murgabensis die südöst- liche Ecke Transkaspiens, einen bedeutenden Teil von Buchara und wahr- scheinlich auch den Nordwesten Afghanistans umfaßt. Zu bemerken ist noch, daß L. ZUKOWSKY eine besondere Artbenennung der Katze vom Typ F. caudata gab, die seinerzeit von SCULLY (Annals and Magazine of Natural History 20, 1887, pg. 379) aus Maimene am Sang- Alak im Nordwesten Afghanistans beschrieben war. Auf Grund der kurz- gefaßten, von SCULLY berichteten Angaben betreffs Färbung und Ausmaße dieser Katze, hält ZUKOWSKY es für möglich (l. ec. Archiv für Natur- geschichte, Abt. A, H. 10, 1914, pg. 139) letzterer eine besondere Benennung Felis maimanach zu geben. Nach ZUKOWSKY’s Aussagen zeichnet sich diese Katze durch sehr bedeutende Körpermaße aus (75,1 cm); der Schwanz ist im Verhältnis zum großen Körper nicht lang (33,2 cm); Färbung er- innert am meisten an F'. o. matschiei,. Zweifellos ist zum genauen Urteil über die taxonomische Lage dieser Form ergänzendes Sammlungsmaterial durchaus notwendig. e) Felis ornata shawiana BLANF. (1878). 1879. Felis shawiana W. T. BLANFORD, Scientific Results of the Second. Jarkend Mission, Mammalia, pg. 17. Typischer Fundort: Umgegend von Jarkend. Diagnose: Unterscheidet sich von F'. o. caudata durch: 1. etwas mehr blasse und reine (ohne grauen 'l'on) rahmgelb-rostgelbliche Färbung des Winterfelles (Mittel zwischen warm light buff und pinkish buff); 2. gewöhn- lich durch schmalere, blasse trübgraue Basen der Wollhaare; 3. durch breit gestellte relativ kleine schwarze Flecken (auf Seiten und Bauch läuft eine undeutliche Scheckung aus); 4. durch einen kurzen, 6—8 Querringe tragenden Schwanz. Das Sommerfell ist härter, weniger dicht, trüber und weißlicher als- das Winterfell; die Scheckung tritt nicht so deutlich hervor. Die Unterseite ist schmutzig-weißlich mit röstlichem Anhauch. S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen, 67 Systematische Notizen. Diese Katze, die zweifellos F. 0. murgaben- sis sehr nahe steht, unterscheidet sich von letzterer durch kürzeren Schwanz und durch mehr rostliche Farbe des allgemeinen Fellkolorits. Sie ist in den Serien, beim Vergleiche der Exemplare, von F! 0. caudata leicht zu unter- scheiden. Geographische Verbreitung. Umfaßt den Osten Turkestans von Kaschgar und Jarkend bis Chami und Kum-Tag, d. h. das ganze Bassin des Tarim. Im südlichen Teil dieses immensen Gebietes ist sie im Bassin der Nia-Darja und Aschi-Darja (bei der Oase Tschira) von M. W. PEWZOW’s Expedition gefunden worden (Exemplar in der Sammlung des zoolog. Museums der Akademie der Wissenschaften). Vielleicht können Übergangsindividuen zu dieser Katze im südöstlichen Teile des Semiretschje gefunden werden. f) Felis ornata matschiei ZUKOWSKY (1914). 1914. Felis matschiei L. ZUKOWSKY, Drei neue Katzenrassen aus Westasien, Archiv für Naturgeschichte 1914, Abt. A. H. 10 pg. 130. Typischer Fundort: 110 km südlich von Geok-tepe. Diagnose: Unterscheidet sich von F. o. caudata GRAY durch fol- gende Merkmale: 1. Das Fleckenmuster ist beinahe nicht ausgedrückt, 2. läßt sich ein scharfes Dunkel- und Schwarzwerden des Rückens beobachten; 3. Pfoten ohne Streifen, 4. Kopf ohne Scheckung. Systematische Notizen. Stellt anscheinend eine gut differenzierte geographische Form vor. Geographische Verbreitung. Wahrscheinlich auch in der süd- westlichen Ecke des Transkaspischen Gebietes zu finden bis zum Kopet-Dag- Gebirge vordringend. In der Sammlung des Zoologischen Museums der Aka- demie der Wissenschaften sah ich zwei von S. J. RILKJEWITSCH erbeutete Exemplare aus dem Tschuli-Bergpaß. g) Felis ornata issikulensis subsp. nov. Abbildungen: Tafel II, Abb. 1—3. Typischer Fundort: Nord-westliche Küste des Issykkulj Sees. Typus: S Nr. 4965 der Sammlung des Zoolog. Mus. d. Mosk. Univ. vom 26. XI. 1918. — Cotypus: O Nr. 555 der Sammlung von S. J. OGNEFF vom XI. 1926, 20 Werst südlich von der Ansiedlung Rybatschje, südwest- liche Küste des Sees Issykkulj; OSAROWSKI. Diagnose: Ist von F. 0. caudata durch bedeutend dunkleres Winterfell zu unterscheiden. Allgemeine Färbung trüb, schmutzig grau mit rahmgelber Schattierung. Sie variiert zwischen drab und hair brown. Längs dem Rück- 68 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. grate ziehen sich 2—3 Längsstreifen, die sich aus einer Reihe lebhafter, enggestellter, schwarzbrauner, gezogener Flecken zusammenfügen. Vom Rück- grat den Seiten zu ein Muster runder braun-schwärzlicher Flecken. Die Rück- seiten der Ohren dunkel grau-rahmgelb-bräunlich (hair - brown - buff -brown). Die Spitzen der ÖOhrenrückseiten sind dunkel-braun, bräunlich-schwarz den Rändern zu mit schwach ausgedrückten schwarzen Haarpinseln. (Die Ohren- rückseiten anderer Unterarten von F". ornata sind relativ fahl, grau, rahm- gelb, manchmal mit einer weißlichen Schattierung, ohne scharfes Dunkel- werden der Endteile an der Rückseite eines jeden Ohres). Maße des J: Körperlänge 544; Schwanzlänge 297,6; Hinterpfote 133; Ohr 58 mm. Entsprechende Maße des Q 510, 221, 111, 64. Der Schädel ist etwas kleiner als bei F. ornata caudata. Größte Schädellänge J 99,2 (Q 86,2); Condylobasallänge S 92,2 (Q 80); Joch- bogenbreite 3 69,1 (9 64,8); größte Schädelbreite 9 45,5 (Q 49); Schädel- kapsellänge S 50 (9 44,6); Längsdiameter der Augenhöhle S 28,9 (9 28,6); bnllae osseae Länge S 23 (9 19); Länge der oberen Zahnreihe JS 30 (9 28). Ergänzungs-Beschreibung: Der Rücken des Männchens (Nr.4965) ist trübe, schmutzig-grau, mit relativ sichtbar ausgedrückter rahmfarbener Schattierung; Weibchen Nr. 555 ist dunkler und grauer gefärbt. Vorderer Nasenteil und die Lippengegend ist weiß mit leichter rahmgelber Schattie- rung; ein schmaler Ring ums Auge trägt dieselbe Farbe. Vom inneren Augenwinkel zieht der Nase zu je ein schmaler rostbrauner Streifen, welcher beim Auge selbst eine schwärzlichere Basis hat. Unter dem Auge, auf der rahmgelbgräulichen Grundfärbung der Backen mit weißlicher Schattierung sind zwei beinahe parallele Streifchen bräunlich-schwärzlicher Farbe zu be- obachten. Von den hinteren Winkeln der unteren, zum Halse gehenden Streifen ist von jeder Seite ein kaum merkbares fahles rahmfarben-ockergelbes Streifchen angedeutet, welches auf der Mitte des weißlich-rahmgelben Grund- tones des Halses eine Unterbrechung aufweist. Der Scheitel ist lebhaft schmutzig-grau mit rahmfarbener Schattierung. Über ihm sind wenig zahlreiche feine bräunlich-schwarze rundliche Flecken zerstreut. In der Nacken- gegend gehen diese Flecken in vier Streifen über, die allmählich in dem Grundtone des unteren Halsteiles verschwimmen. Am Rücken vom Grat den Seiten zu ist ein Muster von deutlichen bräunlich-schwärzlichen Flecken zu sehen, die 12—18 undeutlich erkennbare Reihen bilden. Beim Weibchen ist eine Tendenz zum Verlaufen der Seitenflecken in nicht vollständig differen- zierte, sich vom Rücken den Seiten zu ziehende Streifen angedeutet. Die Wollhaare sind relativ dunkel, schmutzig-grau (mouse-gray), oben grau- S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 69 bräunlich (hair-brown). — An den vorderen Extremitäten findet sich ein deutlich gezeichnetes Muster schwarz-bräunlicher Querstreifen. Ebensolche Querstreifen sind an Hüften und Schienbeinen gut ausgedrückt. -— Die Unterseite des Männchens hat einen hübschen rostlich-rahmgelben Farbenton (nahe pinkish-buff). An der Brustmitte sind schwach bezeichnete rundliche bräunlich-graue Flecken. Die Unterseite des Weibchens ist etwas blasser und grauer, die Scheckung deutlicher ausgedrückt. Systematische Notizen. — f". o. issikulensis ist von F'. 0. macro- thrix (siehe pg. 64) gut zu unterscheiden (bei einem Vergleich mit der von ZUKOWSKY gegebenen Beschreibung). So spricht genannter Autor von einem allgemeinen grau-gelblichen Tone der Rückenfärbung bei F. 0. macrothrix. Die Rückseiten der Ohren dieser Katze sind weißlich (augenfälliger Unter- schied von F'. 0. issikulensis). An den Körperseiten ist die Scheckung bei F', o. m. so sehr verwischt, daß sie beinahe nicht zu merken ist (bei unseren Indi- viduen ist die Seitenscheckung ganz deutlich ausgedrückt). Endlich ist F'. o. macrothrix ein relativ großer Vertreter der betrachteten Gruppe. (Nach ZUKOWSKY’s Angaben beträgt die Schädellänge bei F. 0. m. 103 (92), Basallänge 86 (77); Jochbogenbreite 70 (64) mm. | Unsere neue Unterart ist I". kozlovi ziemlich nahe, die vonK. A.SATUNIN im Jahre 1905 aus der Oase Ljuktschjun (östliche Ausläufe des Tjanj- Schanj) beschrieben wurde. Diese Katze ist anscheinend ebenfalls der Gruppe F. ornata einzureihen. Von F'. o. issıkulensis ist sie leicht durch folgende Merkmale zu unterscheiden: 1. Der Nackenmittelteil von Felis kozlovi ist so dieht mit schwarzen Flecken bedeckt, daß er beinahe ganz schwarz scheint. 2. Am Oberteil des inneren Ohrrandes befindet sich ein rostbrauner Fleck. Ein greller röstlich-gelber Streifen umfaßt die Ohrränder (beide Merk- male fehlen gänzlich bei F'. o. issikulensis). 3. Über die Rückenmitte zieht sich bis zur Schwanzbasis bei ". kozlovi ein rost-bräunlicher Streifen. 4. Quer über die Kehle läuft ein rost-bräunlicher Streifen (vereint die vorderen Ränder der anteorbitalen Streifen). Bei F. o. :issikulensis ist letzterer kaum angedeutet und in der Mitte unterbrochen. 5. Der zweite schwarzbräunliche Querstreifen trennt den weißen Hals von der gelblich-weißen Brust. Bei F\. o. issikulensis fehlt er ganz. 6. Obere Pfotenteile sind bei F. kozlovi grell rötlich-gelb mit bräun- licher Scheckung (bei F. o. issikulensis sind die entsprechenden Teile ein- farbig blaß-rahmgelb-grauweißlich). 79 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. E. Untergattung Prionailurus SEVERTZOW (1858). 1858. Prionailurus N. SEVERTZOW, Notice sur la classification multiseriale des Carnivores. — Revue et Magazine de Zoologie 10, Paris pg. 387. 1868— 1874. Felis A.MILNE-EDWARDS, Recherches pour servir a l’histoire natu- relle des Mammiferes 1, pg. 221. 1898— 1899. Oncoides (nec SEVERTZOW) E. TROUESSART, Catalogus Mamma- lium 1, pg. 357—-360 (partim\. 1909. Oncoides. K. A. SATUNIN, Zur Systematik der Familie Felidae. — Mitteilun- gen des Kaukasischen Museums 4, pg. 225 (nec apud SEVERTZOW). 1917. Prionailurus (genus) R. POCOCK, The Classification of existing Felidae. — Annals and Magaz. of Natur. History 20, pg. 338. 1925. Prionailurus (subgenus) E. LÖNNBERG, Notes on some Cats. — Arkiv för Zoologi 18, Nr. 2, pg. 11. a) Diagnose. Äußere Merkmale: Katzen mittlerer Größe oder kleine, die sich durch unregelmäßig geflecktes Muster abzeichnen. Der Schwanz weist mehr oder weniger differenzierte Querstreifen (Ringe) auf. Körper relativ lang, auf niedrige oder mittellange Beine gestellt. Von der Nase zur Stirn zieht sich über dem Auge von jeder Seite ein grell hervortretendes weißliches Streifchen (sehr charakteristisches Merkmal). — Die kurzen abgerundeten Ohren zeichnen sich durch die für diese Unterart typischen großen weißen Flecken aus. Die Ohren haben keine Pinsel. — Pupille senkrecht elliptisch. — Mähne und Backenbart sind nicht vorhanden. Der Schwanz macht an- nähernd die Hälfte der Körperlänge aus. Krallen sehr spitz, seitlich zusammen- gedrückt, völlig zurückziehbar. Schädel: Der Sch. ist stark in die Länge gezogen, mit verlängerter und ziemlich verengter Gehirnkapsel. — Die oval gezogenen Augenhöhlen sind kleiner als bei Katzen der Untergattung Felis. Breite zwischen den Vorderrändern der Nasalia ist ungefähr halb so groß, wie die Breite der Schädelkapsel hinter den processus postorbitales. Diese selbst sind dünner und kürzer, als bei Vertretern der Untergattung Felis. — Der harte Gau- men ist etwas mehr verlängert als bei Felis. Daher steht die Gaumenbreite um annähernd 1/,—!/, der Länge desselben nach. Praesphenoideum sehr schmal, mit kaum angedeuteten Seitenvorsprüngen. Es sind hier nur diejenigen kraniologischen Merkmale angezeigt, welche mit denen der Grundgattung Felis nicht übereinstimmen. Die Entfernung zwischen den äußeren Alveolarrändern der Reißzähne macht ungefähr °/, der Breite zwischen den Enden des processus postorbi- tales aus. — Die Fossa mesopterygoidea ist bedeutend schmäler als bei Felis. S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 7et Typus der Untergattung: Felis pardochrous GRAY (= benga- lensis KERR). b) Felis (Prionailurus) euptilura microtis MILNE-EDW. (1868—1874). 1862. Felis undata G.RADDE, Reisen im Süden von Ost-Sibirien 1, pg. 106—113. 1868—1874. Felis microtis A. MILNE-EDWARDS, Recherches pour servir A l’histoire natur. des Mammiferes 1, pg. 221. 1904. Oncoides bengalensis raddei. E. L. TROUESSART, Catalogus Mammalium, Supplement, pg. 271. 1909. Oncoides euptilura microtis. K. A. SATUNIN, „Amurskij lessnoj Kot“. (Waldkater vom Amur) Ochotnitschij Westnik, pg. 148—150. Abbildungen: Tafeln II und III, Abb. 4—6. Typischer Fundort: Pekings Umgebung. Diagnose: Mit den für die Untergattung charakteristischen kraniolo- gischen Merkmalen. Größte Schädelläinge SS 93,6— 110; © ca. 91; Con- dylobasalläinge SG 92,8-—-102; © ca. 85; Jochbogenbreite SG 62,9— 74; größte Schädelbreite 42,9—47,6, Q 39; Schädelkapsellänge SS 52,9—59,2; Q ea. 55; Längsdiameter der Augenhöhle SG 25,3—27; Q 22,2; bullae osseae GG 23—24,7; Q 20; obere Zahnreihenlänge JG 31—32,2; Q 23 mm. Der allgemeine Farbenton des Felles variiert von blaßgrau-rahmgelb bis zum trüben graubraun, manchmal mit rostroter Schattierung. An den Seiten wird die Färbung heller, dank einer blassen weißlich-ockergelben Bei- mischung. Über den Körper sind oval gezogene rostbraun-ockergelbe Flecken zerstreut, welche bald deutlich zu unterscheiden, bald verschwommen sind. Längs dem Rückgrate sind drei mehr oder weniger deutlich ausgedrückte lebhaft-bräunlich bis schwarzbraune Längsstreifen angedeutet. Quer über die Halsgegend treten vier bis fünf rostbraune Streifen grell hervor. Der Bauch ist mit trüb-rostbraunen Flecken bedeckt. Der buschige rostbraune Schwanz mit rahmgelb-grauer Beimischung trägt sieben schwach angedeutete grau rost- rote Querringe, welche bei einigen Exemplaren beinahe nicht zu merken sind. Verschiedene Autoren geben folgende Größenmaße an: Allgemeine Körper- länge inkl Schwanz 1400 mm; Schwanz allein 440 (BAIKOFF 1915). Länge (wahrscheinlich mit Schwanz) 1090 mm (ARSENJEFF 1926); Körper- länge 750 mm, Schwanzlänge 380 mm (PRZEWALSKI 1870). Die Aus- maße eines alten Katers meiner Sammlung (Nr. 3052) nach Messungen des Felles: Allgemeine Körperlänge ca. 900 mm; Schwanz (ohne Endhaare) 350; derselbe mit Endhaaren 375 mm. Systematische Notizen. Der Lebhaftigkeit seines Tones nach vari- iert der Kater vom Amur nicht besonders. Von der Unterart F'. euptilura euptilura unterscheidet er sich durch: 1. trüberes verwischtes Muster; 2. we- 7) Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. niger grelles Farbenkolorit des Felles; 3. weniger deutliches Schwanzmuster (bei den typischen euptilura sind die Schwanzringe scharf bezeichnet); 4. rostlich ockergelbe Färbung der Bauchflecken (bei euptilura sind sie schwarz, oft mit einer bräunlichen Schattierung); 5. sind die Ohren des Katers vom Amur kürzer als bei der typischen Form, deren Ohren ein besser sichtbares, von sehr schwarzen Rändern eingefaßtes, weißes Muster aufweisen. Im Jahre 1922 beschrieb T. MORI (Annals and Magazine of Natural History 9, 10, pg. 609—610) nach einem Fell (ohne Schädel) eine neue Katzenart Felis manschurica, die er bei Mukden erbeutetee Nach MORTs Aussagen steht diese Katze der euptilura am nächsten, unterscheidet sich von ihr nur durch: 1. weißlich-grauen Grundton des Felles mit weißlichem Wollhaar; 2.zwei große dunkelbräunliche Schulterstreifen; 3. langen buschigen quergeringelten Schwanz. Es fällt schwer, über die taxonomische Lage der Mukdenkatze nach einem unvollkommenen Exemplar zu urteilen. Sollten einmal die Schädel ähnlicher Exemplare untersucht werden, könnten viel- leicht Vertreter einer gut abgezeichneten Art sich entpuppen, was, die eigenartigen Sonderheiten der Färbung in Betracht ziehend, sehr wahr- scheinlich wäre. Geographische Verbreitung. Nach A. MILNE-EDWARDS’ Aus- sagen soll das typische Exemplar im Gebirge unweit von Peking erbeutet worden sein. Dieser Autor spricht ebenfalls von der Verbreitung dieser Katzen in der Mongolei. — RADDE (1862) erwähnt ein sechzig Werst unterhalb der Seja-Mündung bei der Staniza Konstantinovskaja erbeutetes Exemplar. — Im Ussyri-Bassin ist die Katze, nach N. M. PRZEWALSKTs Angaben (1870) ziemlich selten, dagegen sehr gewöhnlich an der Küste des japanischen Meeres zwischen dem Possjeta-Meerbusen und dem St. Olga-Hafen. In der Sammlung des Zool. Mus. d. Acad. d. Wiss. sind Exemplare aus dem Süden des Ussuri-Gebietes vorhanden (von F. F. BUSSE), aus der Umgegend von Blagoweschtschensk am Amur und ebenso das obenerwähnte Exemplar von Dr. G. J. RADDE. — Nach W. K. ARSENJEV’s (1926) neuen Angaben ist sie überall im Ussuri-Gebiet verbreitet, besonders häufig aber bei Wladi- wostok und auf der Russischen Insel zu treffen. N. A. BAIKOY (1915) ver- merkt sie für die Girin-Provinz der Mandschurei. In der Sammlung des Zoo- logischen Museums der Akademie der Wissenschaften untersuchte ich das Fellchen dieser Form, welches von P. J. SCHMIDT in Wön-San (Gönsan) in Korea gekauft worden war. S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 13 F. Untergattung Chaus GRAY (1843). 1792. Lynx R. KERR., The animal Kingdom 1, pg. 41 (partim !) 1843. Chaus L. GRAY, List of the specimens of Mammalia in the British Mu- seum, pg. 44—45. 1858. Catolynz (subgen.) N. SEVERTZOW, Notice sur la classification multi- seriale des Carnivores.— Revue et Magasin de Zoologie 10, pg. 387 (partim!). a) Diagnose. Äußere Merkmale: Katzen mittlerer Größe, die sich durch beinahe ein- tönige Färbung mit reduziertem Muster auszeichnen, welches sich nur in Gestalt von Streifen an den Backen, undeutlichen Streifen und manchmal verschwom- menen Flecken am Körper und Schwanzringen erhalten hat. — Der Körper ist auf relativ hohe Beine gestellt. — Die Ohren sind ziemlich lang, drei- eckig, ausgebreitet, und tragen kleine Pinsel an den Enden. — Die Pupillen haben die Form einer schmalen, leicht ovalen Spalte bei Tageslicht, und sind breiter, aber immer merkbar oval in der Nacht. Mähne und Backenbart fehlen. — Die Schwanzlänge ist etwa gleich einem Drittel der Körperlänge. — Die Krallen sind sehr scharf, seitlich zusammengedrückt, völlig zurückziehbar. Schädel: Der Schädel ist länglich, die Gehirnkapsel relativ mehr ver- engt als bei der Gattung Felis. — Der Nasenteil des Schädels ist mehr ausgereckt, als bei Felis (siehe unten). — Die Augenhöhlen sind merkbar lang gezogen und nach vorn hin mehr verengt als bei den Vertretern der Gattung Fels. Zum Schädelschilde sind die Augenhöhlen unter schrägen Winkeln gestellt. Hier werden nur die Merkmale der Untergattung Chaus angeführt, die sie von der Gattung Felis deutlich unterscheiden. Die übrigen für die Gattung Felis aufgezählten diagnostischen Merkmale stimmen mit denen des Sumpfluchses überein. — Das ausgereckte for. anteorbitale ist schräg gestellt (mit einer Neigung nach innen). Sein Diameter ist annähernd so groß wie die Breite des Knochens zwischen der Öffnung selbst und der Augenhöhle. Die größte Länge der Nasalia (ihre vorderen Seitenvorsprünge mit- gerechnet) macht ®/, der Schädelbreite vor den processus mastoidei aus. Die äußere (größte) Länge der Nasalia überragt die im Seitenteil gemessene Länge vom Hinterrande des foramen incisivum bis zum hinteren Ausschnitt des harten Gaumens oder ist letzterer gleich (bei Felis ist dieses Verhältnis umgekehrt). Der harte Gaumen ist relativ verlängert; seine Breite steht der Länge ungefähr um '/,—!/, nach. Die Basis des Praesphenoideum hat ziemlich regelmäßige parallele Um- risse der Seitenwände und sein vorderer Abschnitt ist zu einer rundlichen Figur erweitert. — Die Linie, welche die vordere Gehörkammer von der 74 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. hinteren abgrenzt, zieht sich vom foramen - stylomastoideum gewöhnlich zum inneren Rande des foramen tubae Eustachiae. Die Breite des äußeren Gehör- ganges steht manchmal ein wenig der der Alveole des oberen Reißzahnes nach, ist ihr manchmal gleich oder übertrifft sie um 1/, —!],. Der Processus coronoideus ist nach oben hin weniger verengt, als bei Vertretern der Gattung Felis. Zahnformel: J 3/3; C’1/1: P 3.2; Mil 20 Typus der Untergattung: Felis chaus GÜLD. b) Felis (Chaus) chaus chaus GÜLDENST. (1776). 1776. Chaus A. J. GUELDENSTAEDT, Chaus, Animal Feli affine desceriptum. — Novi Commentarii Academiae Scientiar. Imperialis Petropolit. 20 (1775), pg. 483—500. 1778. Felis Chaus J. Chr. SCHREBER, Naturg. der Säugetiere 3, pg. 414. 1811. Felis catolyne P. PALLAS, Zoographia Rosso-Asiatica, pg. 23—25. 1870. Chaus catolynx LEOP. JOS. FITZINGER, Revision der zur natürlichen Fa- milie der Katzen (Felis) gehörigen Formen. — Sitzungsbericht der Mathem. Naturw. Classe der Kais. Akademie der Wissensch. Wien 60, Abt. 1, pg. 15%. : 1894. Lynx chaus K. GREVE, Die geographische Verbreitung der Baubtiere. — Noya acta der Kais. Leop. Carol. Deutsch. Akademie 63, I, pg. 82. 1915. Catolynx chaus chaus K. A. SATUNIN, Mammalia Caucasica, pg. 369. Abbildung: Tafel IV, Abb. 8—10. Typischer Fundort: Ciskaukasien, Küste des Kaspischen Meeres (Russi. enim partiter ac Tataris et Tschircassis ad maris Caspii littora, quae animalis huius patria“ ... GUELDENSTAEDT, 1. c. p. 484). Diagnose: Einem nicht großen Luchs ähnliche Katze, auf hohen Beinen mit schwarzen Pinseln an den Ohrspitzen. Lange Grannenhaare relativ hart, unterscheiden sich scharf von dem weichen und dichten Wollhaar. Schwanz annähernd gleich einem Drittel der Körperlänge. Färbung beinahe einfarbig grau bis bräunlich mit rostlicher Schattierung im Winterfell und mehr blaß- gräulich bis rahmfarben im Sommerfell. Undeutliche Flecken nur bei den inneren Extremitätenbasen. Im Sommerfell ist manchmal ein sehr verwaschenes, schwach sichtbares Streifenmuster des Rückens zu beobachten. Schwanz hat drei schwarze Querstreifen und ein schwarzes Ende. Die Fortsätze der intermaxillaria und frontalia sind kurz und berühren einander bei weitem nicht. Nasalia verengen sich ziemlich schroff nach hinten in Form eines spitzen Winkels. Größte Schädelläinge SG 121—132 mm, 99 106,8— 119,9; Condylo- basale Schädellänge SG 103,2—119,2; 99 98,2—110,2; Jochbogenbreite g3c 80-88; 09 68,3—72; größte Schädelbreite SS 49—53,1; 99 S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 75 43,5—47,5; Schädelkapselläinge 53 58,2—63; 900 53,3—60,9; Längs- diameter der Augenhöhle SS 32,8—34,1; 00 30—31,8; bullae osseae Länge SG 23,6—25,9; 909 21,1—25; bullae osseae Breite SG 16,3—18; 009 15,1—17,5; obere Zahnreihenlänge SS 39—42,5; OO 34,7—38,7 mm. Körperlänge (nach Exemplaren im Fleisch): 720—750 (SC), 630 (0); Schwanzlänge 250—290 (SG) 250 (9); Hinterpfote 149—158 (SG); Ohrlänge 73—85 (SG); 73 (9). | Geographische Verbreitung. Der Sumpfluchs ist im südöstlichen Teile unseres Landes ziemlich stark verbreitet. Als einen der nördlichsten Wohnorte kann man den südlichen Teil des Gouv. Astrachan bezeichnen. N. A. SMIRNOW (1922) erwähnt einen am Dorfe Laganj (Gouyv. Astrachan) erbeuteten Kater und W. A. CHLEBNIKOW (1924) spricht davon, daß er in den Grenzen dieses Gouvernements vorkommt und nicht zahlreich ist. — Ich hatte Gelegenheit, das Fellchen eines in der Umgegend der Eisenbahn- station Dossang (ungefähr 65 km nördlich von Astrachan) erbeuteten und im Museum zu Astrachan aufbewahrten Exemplares zu untersuchen. In Ciskaukasien ist er stellenweise am Terek gewöhnlich, im Kreis Kisljar und am Flusse Sulak. In meiner Sammlung besitze ich Exemplare aus Malaja Areschowka und ebenfalls aus der Umgend der Staniza Alexan- drijskaja (Unterlauf des Terek). Bei Petrowsk ist er nicht selten. Leider besitzen wir keine litterarischen Angaben über die Verbreitung des Chaus im westlichen Ciskaukasien. M. N. BOGDANOW (1873) erwähnt das Vor- handensein dieser Art im Tal des Flusses Kubanj. Es ist zu vermuten, daß er im Schilf des genannten Flusses keine Seltenheit vorstellt. Der Sumpfluchs dringt in Transkaukasien durch die tiefliegenden Fluß- täler der Kura und Araxa weit in die Landenge hinein, aber seine Ver- breitung begrenzt sich auf die Niederung. Als sein wesentlichster Wohnort am Flusse Kura ist die Nähe von Karajas bekannt. Im Süden des Ost- Kaukasus ist er sehr gewöhnlich. Am Flusse Arax ist er bis zum Anfang des Migrin-Bergpasses verbreitet. K. A. SATUNIN meldet: „Im Jahre 1894 erschoß ich einen sehr großen Sumpfluchs im Schilf am Araxaufer, in der Nähe des Mindshewanski-Postens, traf sie aber weiter nach Westen nicht mehr. Am Fuße des Ararat, in der Gegend Aralych, erzählte man mir, daß Sumpfluchse im Schilf am Flusse Karasu vorkommen, ich konnte aber keine tatsächliche Bestätigung dieser Behauptung erlangen.“ In vertikaler Richtung ist sein Aufenthalt bei Deschlagar (1500‘) im Kaukasus (N, J. DINNIK, 1914) vermerkt worden. Weiter nach Osten kommt er im Ustj-Urt vor (J. F. BRANDT, 1852), im Syr-Darja-Tale und am Tschirtschik (N. A. SARUDNY, 1915). Für Ost-Buchara ist er vermerkt 176 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. (Insel Dorkat, Fluß Pjandsh, Samml. des Zool. Mus. der Akademie der Wissen- schaften). In Transkaspien am Tedshen sehr gewöhnlich, am Mittellaufe des Murgab in der Merv-Oase und ebenso an den Flüssen Atrek, Sumbar und Tschandyr. Außerdem ist besagte Art in Egypten, Kleinasien, Palästina, Mesopotamien, Persien, Afganistan und Indien verbreitet. G. Gattung Eremaelurus OGNEV (1927). 1927. Eremaelurus S. J. OGNEV. — Annuaire du Mus. Zool. de l’Acad. des sciences de St. Petersburg 27, pg. 356—862. a) Diagnose. Äußere Merkmale: Relativ kleine Katzen, die sich durch eintönige blaß-gräuliche rahm-ockergelbe Färbung auszeichnen. — Körper auf ziemlich niedrige Beine gestellt. — Am Schwanzende drei schwärzliche, undeutliche Ringe, von welchem einer das Ende selbst einnimmt, Ohren ganz groß, dreieckig zugespitzt. Keine Pinsel an den Enden. Von den Ohren den Backen zu zieht sich ein gut bezeichneter Backenbart. Schwanz annähernd der halben Körperlänge gleich oder um ein weniges länger. — Pupille rund. — Krallen lang und dick, schwach gekrümmt, fast flach, wahrscheinlich nur zur Hälfte oder gar nicht zurückziehbar. Schädel mehr abgekürzt und abgerundet als bei Felis, aber nicht so stark wie bei ÖOtocolobus. — Stirnfläche leicht gewölbt, ohne Längsein- senkung in der Mitte. — Sehr große oval gezogene Augenhöhlen, die unter schrägen Winkeln zur frontalen Schädelfläche gestellt sind. Der untere Vorderrand der Augenhöhle hat keine Verdiekung. Ein spitzer Fortsatz zieht sich vom os jugale nach innen und reicht bis zum ersten Drittel des foramen lacrymale. Der vordere Untergrund der Augenhöhle wird vom Kieferknochen und os jugale gebildet, ist vorn abgeplattet, ohne merkbaren Winkel beim oberen Außenrande des foramen infraorbitale. Die Höhe des unteren Augen- höhlenrandes, in senkrechter Linie gemessen, die über foramen infraorbitale geht, übertrifft kaum die Hälfte der Interorbitalbreite. Das For. anteorbitale ist oval-gezogen und schräg gestellt (mit starker Neigung nach innen), sein Diameter ist ein und einhalbmal größer als die Breite des Knochens zwischen der Öffnung selbst und der Augenhöhle. Der Nasenfortsatz des Kieferknochens ist nicht breit und verengt sich winkelförmig nach oben hin. Die Breite zwischen den Vorderrändern der Nasalia beträgt weniger als !/, der Schädelkapselbreite hinter den processus postorbitales. Die größte Länge der nasalia (ihre vorderen Seitenvorsprünge mitgerechnet) übertrifft um ein kleines die halbe Schädelbreite am processus S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 7 mastoidei. Der harte Gaumen ist verkürzt: seine Breite ist annähernd der Gaumenlänge gleich. Der hintere Gaumenausschnitt ist gleichmäßig ohne durch die Ränder der Gaumennaht gebildete Rückvorsprünge. Das Praesphenoideum ist schmal und trägt im vordereu Drittel zwei, mit ihren Enden nach vorn gerichtete, symmetrische, flügelartige Nebenteile. Bullae osseae sehr groß; ihr Längs- diameter übertrifft den Querdiameter der Augenhöhle (bei der Gattung Felis steht dieser Längsdiameter merkbar dem Querdiameter der Augenhöhle nach). Die vorderen Kammern der bullae sind relativ sehr groß; der Vorder- rand der Kammer ragt über den hinteren Fortsatz des Kiefergelenks merk- bar nach vorn hervor. Die Linie, welche die vordere und hintere Gehör- kammer abgrenzt, geht schräg, beim foramen stylo-mastoideum beginnend und sich bis zum äußeren Rande vom foramen tubae Eustachiae fortsetzend. Die Bullae stehen sehr gedrängt; die kleinste Entfernung zwischen ihnen ist einer Hälfte (oder etwas mehr als 1/,) der Breite von fossa mesoptery- goidea gleich. Das Foramen jugulare (lacerum posterius) ist klein und gezogen. Längs- diameter des äußeren Gehörganges ist 21/, mal größer, als der Diameter der Alveole des oberen Reißzahnes. Der Processus corunoideus des Unterkiefers ist nach oben hin merklich verengt. Die Größe des Processus condyloideus ist ziemlich bedeutend. Die Querausdehnung dieses Fortsatzes macht annähernd ?/, der Länge aller Backen- zähne der einen Kieferhälfte aus. Im Oberkiefer sind die ersten Praemolaren vorhanden. Obere Reißzähne groß: Höhe des Reißzahnes gleicht annähernd oder übertrifft unbedeutend ®/, der Länge der ganzen oberen Backenzahnreihe. Der fünfte Höcker an der vorderen Außenecke dieses Zahnes fehlt, sein innerer Talon ist gut entwickelt. Zahnformel: I 3/3; C 1/1; P 3/2; Mı/1 = (30). Typus der Gattung: Eremaelurus thinobius OGNEYV. b) Eremaelurus thinobius OGNEV (1927). 1927. Eremaelurus thinobius S. J. OGNEV, A new genus and species ot Cat from the Transcaspian region. — Annuaire du Mus. Zool. de l’Academie des Sciences de St. Petersbourg 27, pg. 356—362. Typischer Fundort: Repetek, Transkaspisches Gebiet (Typus und Cotypus in der Sammlung von S. J. OGNEY). Diagnose: Im Schädelbau sind die besonders großen bullae osseae sehr charakteristisch. Die sehr großen Vorderkammern der letzteren treten 18 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. merklich von den hinteren Auswüchsen des Kiefergelenkes hervor. Längs- diameter der bullae übertrifft den Querdiameter der Augenhöhle. Knochige Gehörtrommeln sehr eng gestellt: ihre kleinste Entfernung ist annähernd einer Hälfte der Breite der Nasenöffnung gleich oder übertrifft sie um ein kleines. Längsdiameter des äußeren Gehörganges ist um 2 mal größer als die Alveole des oberen Reißzahnes. Praesphenoideum schmal, trägt im Vorderdrittel zwei symmetrische, nach vorn gerichtete, flügelartige Auswüchse. Oberer sectorius mit gut entwickelten inneren Partien. Größte Schädellänge 95,7 (C), 87,1 (9); Condylobasallänge 90 (GC), 82,3 (©); Jochbogenbreite 72,1 (CS), 65,6 (Q); Interorbitalbreite 20,1 (J'), 18 (9); größte Schädelbreite 45,9 (J), 44 (Q); bullae osseae Länge 28 (JQ}), 25,1 (9); bullae osseae Breite 17,7 (9), 16,5 (Q); größter Diameter des äußeren Gehörganges 10,4 (JS), 10,3 (9); Länge der oberen Zahnreihe 30,1 (9), 27,2 (9). Allgemeiner Ton der Rückenfärbung blaß-gräulich mit deutlicher rahm- ockergelber Beimischung und schwarzem Anhauche, welcher am mittleren Rückenteil besonders deutlich hervortritt. Unterseite weiß mit leichter ocker- gelber Beimischung, besonders in der Weichengegend und am Halse. Der allgemeine Farbenton wird von gar keinen Flecken und Streifen unterbrochen. Am Schwanzende drei undeutliche schwarze Ringe, von denen einer die äußerste Spitze bedeckt. Krallen weiß, wenig gebogen, fast platt und dick. Wahrscheinlich nicht zurückziehbar oder halb zurückziehbar. Pupille rund, Iris bernstein-gelb. Allgemeine Körperlänge mit Schwanz im Fleisch Q 750 mm. Schwanz allein 290 mm; Schulterhöhe 260 mm. Messungen nach trockenem Fell JG: Körper und Kopflänge 530 mm, Schwanz mit Endhaaren 260 mm; Hinter- pfote ohne Krallen 57. Genaue Ohrmessungen zu bekommen ist unmöglich, aber es ist deutlich zu sehen, daß das Ohr 1!/, mal länger als bei F. sül- vestris ist. H. Gattung Otoco/odbus BRANET (1841). 1874. Felis PALLAS, Acta Academiae Petropolit. 1, pg. 278—291. 1841. (1842) Felis (Otocolobus) J. F.BRANDT, Observations sur le Manoul. — Bullet. Scient., publi& par l’Academie Imp. de St. Petersb. 9, pg. 37—39. 1858. Otocolobus N. SEVERTZOW, Notice sur la classification multiseriale des Carnivores. — Revue et Magasin de Zoologie 10, pg. 386. — R. POCOCK, Proceed. of the Zool. Society of London 19, pg. 299 - 396. 1904. (1905) Trichaelurus K. SATUNIN, Annuaire de Mus. Zool. de l’Acad de St. Petersbourg ®, pg. 495 und folgende. S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 79 1913. Otocolobus A. BIRULA, Zur Synonymik Otocolobus manul. — Annuaire du Mus. Zool. de l’Academie de Sciences 18, pg. LVIII. — Über die Rassen Otocolobus manul. — Ibidem 21, 1916, pg. 130—162. a) Diagnose. Äußere Merkmale: Relativ kleine Katzen, die sich durch ganz eigenartige Muster ihres langen und dichten Felles auszeichnen. Am Kopfe ist dieses Muster durch schwarze Scheckung ausgedrückt, am Rücken (be- sonders in der hinteren Hälfte) durch eine Reihe oft gut sichtbarer Quer- streifen. Der Schwanz trägt dunkles Ringelmuster. Körper plump, auf ziemlich niedrigen Extremitäten. Ohren sehr kurz und breit, oben ganz abgerundet. Pupille rund. Gut merkbarer kleiner, an den Ohren anfangender Backenbart. Schwanz beinahe die Hälfte der Körperlänge. Krallen sehr scharf, seitlich zusammengedrückt, gänzlich zurückziehbar. — Nach der Stellung der sehr großen, gerade nach vorn gerichteten Augen unterscheidet sich die Physiognomie des Manul scharf von anderen Katzen- arten. Schädel: Der Schädel ist breit, kurz, rundlich, in der Interorbital- gegend stark gewölbt. Die Stirnfiäche tritt stark hervor und trägt keine Längssenkung in der Mitte. Die Augenhöhlen sind schwach gezogen, fast rund, scheinen in der Frontallläche wie teleskopisch gestellt zu sein. Der untere Vorderrand der Augenhöhle ist zusammengedrückt, ohne eine Ver- dickung des Vorderrandes zu bilden. Vom os jugale geht nach innen ein langer säbelartig gekrümmter Fortsatz, welcher hinter den Innenrand des foramen lacrymale langt. Der ganze innere Augenhöhlenrand, den der Kiefer- knochen und das os jugale bilden, ist vorn ziemlich platt und hoch. Seine Höhe, in senkrechter Linie gemessen, die über das for. infraorbitale geht, ist der Interorbitalbreite beinahe gleich. Das for. anteorbitale ist rundlich, fast senkrecht gestellt (mit schwacher Neigung nach innen); sein Diameter übertrifft nicht die Breite des Knochens zwischen dieser Öffnung selbst und der Augenhöhle. Der Nasenfortsatz des maxillare ist nicht breit, winkelförmig nach oben zu verengt. Die Breite zwischen Vorderrändern der nasalia macht annähernd /, der Schädelkapsel- breite hinter den processus postorbitales aus. Größte Länge der nasalia (ihre vorderen Seitenvorsprünge mitgerechnet) steht der Hälfte der Schädelbreite vor den processus mastoidei bedeutend nach. Der harte Gaumen ist stark verkürzt: seine Breite überragt unbedeu- tend die Länge. Dem hinteren Gaumenausschnitt fehlt der von den Rändern der Gaumennaht gebildete Vorsprung. Das Praesphenoideum ist schmal und bildet in der Mitte eine rhombenförmige Erweiterung. Die Entfernung zwischen 80 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. den äußeren Alveolarändern der Reißzähne macht annähernd die Hälfte der Breite zwischen den Enden der processus postorbitales aus. Die Bullae osseae sind groß. Ihre Vorderkammern sind bedeutend. Der Rand einer jeden Kammer ragt nach vorn über die hinteren Fortsätze des Kiefergelenks, hervor. Die die vordere und hintere Gehörkammer trennende Linie verläuft schräg, hinter dem for. stylo-mastoideum beginnend und sich bis zur Haupt-Nackennaht fortsetzend. Die Hinterkammer bildet einen schräg nach vorn hervortretenden Winkel. Die Bullae stehen nicht so gedrängt, wie bei der Gattung Feis. Die kleinste Entfernung zwischen ihnen ist an- nähernd der Breite der fossae mesopterygoidea gleich. Das foramen jugulare (lacerum posterius) ist klein und leicht gezogen. Die Breite des äußeren Gehör- ganges ist ungefähr doppelt so groß wie die der Alveole des oberen Reiß- zahnes. Der Processus coronoideus verschmälert sich nach oben nur sehr unbedeutend. Die Größe des processus condyloideus ist bedeutend. Die Breite dieses Fortsatzes ist ungefähr gleich */, der Länge einer Unterkiefer-Backen- zahnreihe. Im Oberkiefer fehlen gewöhnlich die ersten praemolares. Die oberen Reißzähne sind groß; die Höhe des Reißzahnes macht ungefähr |, der ganzen Oberkiefer-Backenzahnreihe aus. Der fünfte Höcker auf der vorderen Außenecke dieses Zahnes fehlt, sein innerer Talon ist rudi- mentär. Zahnformel: J'3/3; C 1/1; P 2/2; M 11 —2(23). Typus der Gattung: Felis manul PALL. b) Systematische Notizen. In A. BIRULA’s!) ausgezeichneter Arbeit wird die Frage über die Wechsel- beziehungen der Manulformen auf Grund triftiger Beweise entschieden: die Identität O. m. mongolicus SATUN. mit der Grundform und die Stellung von OÖ. m. nigripectus HODGSON nicht als Art, sondern als Unterart. Infolge- dessen will ich mich mit der Erörterung dieser Fragen nicht beschäftigen. Weiter unten gebe ich noch die Bescheibung einer neuen Unterart von manul aus Transkaspien: OÖ. manul ferrugineus. Auf diese Weise sind zur Zeit drei gut differenzierte Unterarten dieser Katze bekannt. Dagegen habe ich die Absicht, hier einiges über die Stellung von manul im System der F'elidae mitzuteilen. Im Jahre 1907 war Mr. POCOCK geneigt, Otocolobus womöglich für eine aberrante Form der Katzengruppe silvestris und ocreata zu halten. Im ı) A. BIRULA, Sur la position de 1’Ofocolobus manul (PALLAS) dans le systeme dela famille Felidae. — Annuaire du Mus. Zool. de l’acad. Imp. des sciences 21, 1916, Petrograd. S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 81 Jahre 1917 stellt er Otocelobus zwischen die Gattungen Felis und Lyn«. Dabei findet er folgende Ähnlichkeitsmerkmale mit der letzten Art: rund- liche Pupille, schmales os praemaxillare, schwache Entwicklung der oberen Backenzähne u. a. Mir will es scheinen, daß E. LÖNNBERG (1925) voll- ständig recht hatte, manul für einen Vertreter einer gut unterschiedenen Gattung zu halten und einige, anderen Katzengattungen eigene Ähnlich- keiten als Konvergenzerscheinungen zu betrachten. A. BIRULA (1916), der verschiedene Gattungsmerkmale von Otocolobus feststellte, erscheint der Schluß notwendig, diese Gattung, im Sinne des lebhaften Ausdruckes spezifischer Katzenmerkmale, für progressiv zu halten. So vermerken wir bei Manul: 1. Verkürzung und Abrundung des Schädels: 2. Konzentration des Zahnsystems in den Mundwinkeln, was durch starke Entwicklung der sectoria ausgedrückt ist; 3. Verschwinden der vorderen praemolares; 4. Vergrößerung der Jochbogenbreite, welcher Umstand einer größeren Menge von musculus temporalis Raum bietet; 5. Vortreten der bullae auditoriae vor die processus postglenoidei — eine Sonderheit, die sonst nur Pardofelis marmorata MARTIN eigen ist. Nach ihrer ihrem Wesen nach sehr originellen Färbung bleibt Manul eine typische Katze, In K. A. SATUNIN’s nicht veröffentlichten Schriften finde ich einige Sätze, welche als eine Zusammenfassung allgemeinen Charakters für alle hier ausgesprochenen Erwägungen dienen können: „Wir können den Tiger für eine typische Katze halten, Manul dagegen sehe ich als eine äußerste Ent- wicklung des Katzentypus an, welche in der übermäßigen Abrundung und der Kürze seines Schädels, seiner Augengröße u. a. ausgedrückt ist. Darum stelle ich Manul an das eine und den Geparden an das andere Ende der Reihe der von mir beschriebenen Katzen, weil letzterem schon einige charak- teristische Merkmale dieser Familie fehlen.“ ce) Geographische Verbreitung. Es fällt zur Zeit sehr schwer, die westliche Verbreitungsgrenze des Manul mit Genauigkeit feststellen zu Können. Nach W. A. CHLEBNIKOW’s (1925) Angaben, ist ein Exemplar dieser Katze im Steppengebiet des Gouv. Astrachan (ohne genaues Datum) erbeutet worden. Dieses Exemplar wurde Prof. M. A. MENZBIER von CHLEBNIKOW zugeschickt und ich hatte die Möglichkeit, das Fell dieser Katze bei letz- terem zu besichtigen. Prof. EYERSMANN (1850), die Angabe PALLAS’ über die Verbreitung des Manul am Uralgebirge!) analysierend, schrieb seiner Zeit 1) „Intra fines Imperi eirca australia uralensis jugi promontoria“ etc. (Zoo- graphia, 1811—1831, pg. 20). 6 82 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1980. folgendes: „Ist, wie PALLAS meldet, im Ural-Vorgebirge, diesseits der Linie nicht zu trefien, wie wahrscheinlich auch südlicher in den gebirgigen Steppen, welche für Ausläufe des Uralberggrates gehalten werden.“ L. P. SABANEEW (1872) dagegen nennt Manul bestimmt für Baschkirien und gerade für Kreis Schadrin, von 56° nördlicher Breite angefangen. In einer späteren Arbeit (1874) erwähnt er diese Katze nicht. Mit voller Sicherheit ist zu behaupten, daß Manul nur bedeutend süd- licher zu treffen ist. So weist N. A. ZARUDNY (1915) auf sein Auffinden im Tschu-Tal und im Gebirge des Nordostens des Syr-Darja-Gebiets. In Transkaspien und in Transkaukasien ist eine gut differenzierte rotgelbe Unterart des Manul zu treffen (OÖ. m. ferrugineus OGNEV). Vor kurzem bekam ich von A. B. SCHELKOWNIKOW Schädel und Fell eines solchen Manul. Die Katze ist am Berggrate Sarai-Bulag erbeutet wor- den, welcher das Arax-Tal von Norden auf der Strecke vom Dorfe Bejuk- Wesy bis zum Dorfe Sadarak, ungefähr fünfzig Werst zum Süden von Eri- wanj, umgrenzt. Die Gegend, wo dieser Manul erbeutet wurde, weist keine Menschenansiedlungen auf. Nach Erzählungen der Jäger sind ebensolche Katzen in dieser Gegend zweimal im Jahre 1921 gesehen worden. Das Vorkommen des rotgelben Manul in Transkaukasien hat ein außerordentliches Interesse. RADDE und WALTER (1889) erwähnen bei Geok-Tepe und Seraclıs am Tedshen erlegte Exemplare. Diese Autoren berichten von der Verbreitung des Manul in der Sandwüste am Murgab. N. A. ZARUDNY (1890) waren Fälle des Erbeutens von Manul bei Baba-Durmas und Artyk (zum Osten von Askhabad) bekannt. P. WARENZOW (siehe SATUNIN, 1905) vermerkt ihn für die Gegend Bolschie Balchany. Nach S. J. BJELKJEWITSCH’s Aussagen (1918) ist sie nur einmal im Passe des Berges Duschak erbeutet worden. — Im letzten Jahre (Winter 1926/7) wurden zwei Exemplare ins Museum in Askhabad eingeliefert (eins vom Berge Missanew, das andere vom Berge Duschak). Eine genaue Erörterung der Frage, ob die in der Gebirgsgegend Kopet- Dag einheimischen Manul denen in der ebenen Sandwüste z. B. bei der Station Baba-Durmas oder Artyk wohnenden identisch sind, ist zweifellos äußerst erwünscht. Diese Frage kann aber nur bei Vorhandensein von ge- nügendem Sammlungsmaterial mit Bestimmtheit beantwortet werden. Leider besitze ich keine Angaben über die Verbreitung dieser Art in südlichen Teilen Turkestans. Im Semiretschje, nach W. N. SCHNITNIKOW’s (1925) Behauptung, ist sie im gebirgigen Teil nicht selten, obgleich sie nirgends als gewöhnlich genannt werden kann. In der Gebirgsgegend Turkestans steigt sie nach N. A. SEVERTZOW (1873) bis 3000 —4000', S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 83 Weiter in nord-östlicher Richtung treffen wir Manul (O. manul manul) im Altaigebirge an den Flüssen Argunj und Tschu (GEBLER). Nach A. J. TUGARINOW (1916) hält er sich in den öden steinigen Bergen des Kemtschik-Oberlaufes, linken Nebenflusses des Enissei, auf. An den südlichen Abhängen des Berggrates Tunnu-Olla ist er viel zahlreicher; am Mittellaufe des Kemtschik kommt er selten vor. J. N. SCHUCHOW (1925) nennt ihn für das Urjanchai-Gebiet, TUGARINOW’s Nachrichten vom zahlreichen’ Vor- kommen des Manul im südlichen Vorgebirge des Tannu-Ola und im Ober- laufe des Kemtschik bestätigend. Nach RADDE (1862) ist er an den nördlichen Abhängen der Sayanen, am Mittellaufe der Oka, Irkut und im Soyotenlande nicht zu treffen; da- gegen kommt er im Urjanchai-Gebiet und beim See Kossogol vor. Östlicher ist er beim See Tarey-Nor, in der Aginski-Steppe und am Flusse Onon nicht selten. Nach Zeugnissen der Birar-Tungusen kommt er im Öberlaufe der Sungari und bei Dalai-Nor vor. N. F. KASCHTSCHENKO (1910— 1913) spricht von Exemplaren aus dem Troizkosawsk-Kreise und der Aginski- Steppe — Weiter nach Süden ist er anscheinend in der Mongolei stark verbreitet, wo er (nach RADDE, 1862) im nord-östlichen Teil der Gobi- Wüste zu treffen ist. An den südlichen Abhängen des Himalaja (Ladak, Nepal), im östlichen Tibet, in Kam und in den östlichen Teilen des inneren China kommt eine angrenzende südliche Unterart OÖ. m. nigripectus HODGSON vor. Die Ver- breitung des Manul ist also eine sehr ausgedehnte, aber leider sind die westlichen und nördlichen Grenzen seines Wohnens noch nicht genau fest- gestellt. d) Otocolobus manul manul PALL. (1778). 1778. Felis manul P. S. PALLAS, Reise durch verschiedene Provinzen des rus- sischen Reiches 3, Anhang, pg. 2. 1841. Felis (Otocolobus) manul F. BRANDT, Observation sur le Manoul. — Bullet. Sc. publie par l’Academie Imp. des Scienc. de St. Petersbourg 9, pg. 37. 1903. Trichaeluruss manul K. SATUNIN, Trichaelurus, eine neue Feliden- Gattung. — Annuaire de Mus. Zool. de l’Acad. d. Science de St. Peters- bourg 9, pg. 496. 1905. Trichaelurus manul mongolieus K. SATUNIN, op. cit. pg. 501. (Vom Baikal über ganz Mongolien\. Typischer Fundort: In der ursprünglichen Beschreibung des Manul (1778) gibt PALLAS keine genaue Bezeichnung eines typischen Wohnortes an. Über die geographische Verbreitung berichtet der Autor (pg. 2) „Frequens in rupestribus, aprieis totius Tatariae Mongoliaeque, desertae“. In Zoographia 6*F 84 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Rosso-Asiatica (1811— 1831) sind ebenfalls tatarisch-mongolische Wüsten an erster Stelle erwähnt, welche man auch für terra typica der gegebenen Art halten muß. Diagnose: Charakteristische Schädeleigenheiten dieser Art: Nasalia zur Basis hin verengt, ohne in ihrer Mitte eine Verengung zu bilden; prae- sphenoideum in der Mitte rhombenförmig erweitert. Allgemeiner Farbenton des Felles grau mit deutlicher rahmgelbgrauer Beimischung und einem An- hauche schwarzer und weißer Farben. Am unteren Rückenteil sind schwärz- liche Querstreifen, entweder sehr schwach ausgedrückt oder gänzlich fehlend. Schwanz grau-rahmgelb und auf diesem Grundton sind ca. vier rotgelb-graue Querbinden unklar angedeutet. Zum Zwecke des Vergleichs führe ich die Diagnose von Otocolobus manul nigripectus HODGSON an, einer in Ladak, Nepal im Himalaja und im Ost-Tibet verbreiteten Form: — Nasalia der Basis zu erweitert und ab- gerundet, Verengung ihrer mittleren Teile gut sichtbar, praesphenoideum im medialen Teil schmal, ohne rhombenartige Erweiterungen. Allgemeiner Farben- ton des Felles grau-weißlich (mit durchschimmerndem rotgelbem Wollhaar), schwarz gesprenkelt, mit schwarzem Rückgratmuster und mit 4—5 Quer- streifen derselben Farbe in der unteren Rückengegend. Letztere sind scharf und deutlich ausgedrückt. Schwanz aschgrau weißlich mit sechs ringartigen schwärzlichen Querbinden. Geographische Verbreitung: Siehe die der Gattung. e) Otocolodus manul ferrugineus OGNEV (1928). 1928. Otocolobus manul ferrugineus S. J. OGNEV, On a new form of the steppe cat from the Transcaspian region. — Comptes Rendus de l’Academie de Science de I!’U.S.S.R., pg. 308—310. Abbildung: Tafel III, Abb. 7. Typischer Wohnort: Bergmassiv Missanev, Kopet-Dag. Typus: 9 Nr. 276 der Sammlung des Museums zu Askhabad vom 12. I. 1927. — Cotypen: a) J Nr. 191 der Sammlung des Museums zu Askhabad vom Berg Duschak, Kopet-Dag, 25. X. 1926. b) Sammlung d. Zool. Mus. d. Akad. der Wissensch. vom Transkaspischen Gebiet, 1926, L. D. MORITZ. Diagnose: Nach der Schädelstruktur von der typischen Form nicht zu unterscheiden. Färbung sehr charakteristisch. Unterscheidet sich von O. manul manul PALL. durch: 1. allgemein relativ eintönige rötlich-rotgelbe oder rotgelblich- ockergelbe, von Silberhaar leicht überzogene Färbung des Felles. 2. Ein- farbig ockergelblichen bis rotgelben Schwanz mit reduziertem Muster dunklerer S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. 35 Ringelung. 3. Hellgelbliche bis ockergelbe Unterseite ohne Schwärze oder mit einer leichten Schwärze nur an der Brust. 4. Rotgelbes bis ockergelbes, nicht trübschwarzes bis bräunliches oder mattbräunliches bis graues Woll- haar und Rücken-Grannenhaar-Basen derselben Färbung. Geographische Verbreitung: Siehe die der Gattung. Tafel Il, Abb. 1. Abb. 2. Abb. 3, Abb. 4. Tafel Ill, Abb. 5. Abb. 6. Abb. 7. Tafel IV, Abb. 8. Abb. 9. Abb. 10. J. Tafelerklärung. Felis ornata issikulensis subspec. nov. Schädelaufsicht. do. do. Schädelbasis, do. do. Schädelprofil von links, Typus der Unterart. & Nr. 4965 der Sammlung des Zoologischen Museums der Moskauer Universität von der Nordwestküste des Issikkulsees, 26. 11. 1928. Prionailurus euptilura microtus MILNE-EDW, Schädelprofil von links. do. do. Schädelauifsicht. do. do. Schädelbasıs, Qg Nr. 3052 Sammlung von S. J. OGNEFF vom Gamonvorgebirge, Umgebung von Wladiwostok, 12. 2. 1927. Otocolobus manul ferrugineus OGNEV. Von Sarai-Bulag, ungefähr 50 Werst südlich vom Eriwan. Chaus chaus chaus GÜLDENST. Schädelaufsicht. do. do. Schädelbasis. do. do. Schädelprofil von links. g' von Leukoran, Transkaukasien. 10. 2. 1925. S6 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 2.) Das Königsberger Quagoga. Von Dr. MAx HILZHEIMER (Berlin). Mit drei Abbildungen auf Tafel V. Anlaß, mich nochmals mit dem Quagga zu beschäftigen, war einmal, daß ich Gelegenheit hatte, ein bisher in der Literatur, abgesehen von einer gelegentlichen Diskussionsnotiz, nicht erwähntes, geschweige denn beschriebenes oder gar abgebildetes Quagga aus eigener Anschauung kennen zu lernen, nämlich das Königsberger. Zweitens kam dazu, daß ich zwecks Beant- wortung einiger Fragen, welche Herr Landgerichtsdirektor REINBERGER wegen des Quaggas an mich gerichtet hatte, gezwungen war, mich eingehend mit der Literatur zu befassen, wobei sich mir einige Dinge aufdrängten, die vielleicht zur Klärung einiger noch offener Fragen beitragen können. Ich lasse zunächst eine eingehende Beschreibung des Königsberger Quaggas folgen, die ich der Freundlichkeit des Herrn Professors Dr. KÖHLER, Direktor des Königsberger Museums, verdanke, ebenso wie die auf Tafel V stehenden Photographien des Kopfes und des Rückens, während mir die der linken Seite freundlichst von Herrn REINBERGER übersandt wurde. Beiden Herren für ihre freundliche Unterstützung auch öffentlich zu danken, ist mir eine angenehme Pflicht. Herr Dr. ERHARDT hatte die Liebenswürdigkeit, mir auf Veranlassung von Herrn Professor Dr. KÖHLER folgende Beschreibung zu schicken, die ich wörtlich hier folgen lasse: „Das Quagga des zoologischen Museums in Königsberg Pr. wurde 1836 von RUHL in Wiesbaden gekauft. Es erhielt die Accessionsnummer AI 1050. Die Farben des Felles sind mehr oder weniger stark ausgeblichen. Die Farbbestimmungen wurden vorgenommen nach OSTWALD, W., Der Farbkörper, 3. Auflage, Leipzig 19261), doch ließen sich nicht alle Farbtöne hiernach genau identifizieren, doch waren diese weitaus überwiegend ‚Gelb‘ und ‚Kreß‘. Bei der Beschreibung der Farbe geben die lateinische Ziffer die Tafel, die arabische Ziffer den Farbton, die in Klammern gesetzten lateinischen Buchstaben den Weißgehalt, die nicht eingeklammerten Buchstaben den Schwarzgehalt an. — Zu Ihren Fragen ist folgendes zu bemerken: Die Vorder- und Hinterbeine sind bis unten hin nicht weiß, vielmehr befindet sich über den Hufen ein dunkler Ring, der früher vielleicht schwärzlich gewesen ist. Die Farbe dieses 4 cm breiten Ringes ist jetzt: IV, 4 (I—n)i?). Die Region darüber ist III, 3 (e) c®) mit einem deutlichen Stich ins Gelblichweiße. — Die Streifen im Gesicht gehen nicht bis zur Nase (siehe Photo). Die eigentliche Nasengegend fehlt und M. HILZHEIMER, Das Königsberger Quagga. 87 ist anscheinend durch eine Pferdenase ersetzt worden. Die erhalten gebliebene obere Quagganasengegend ist kaum behaart. Die Farbe ist III, 3 i—l) e *) mit einem Stich ins Rötliche, Die Farbe der unteren erhaltenen Nasengegend ist III, 3 (ce) e. — Das äußere Ohr, das 14 cm lang ist, zeigt ebenfalls kaum Behaarung, insbesondere ist die frühere Streifung nicht mehr zu analysieren. Die dunklere Farbe ist IV, 4 (p) g°) mit einem Stich ins Ockergelbliche, die hellere ist VI,6(c)c°) mit Gelblichweiß. — Die Schwanzquaste ist früher wahrscheinlich weißlich, jedenfalls nicht schwarz gewesen. Jetzt ist die wohl durch Verschmutzung entstandene Farbe: III, 3 (i) e ’). — Der be- sonders in der hinteren Region anscheinend wenig ausgeblichene Aalstrich hat die Farbe V, 5 (p)I—n°°), während die dunkle Rückenfarbe V, 5 (p) i—1°) ist“. Nach dieser Beschreibung wird es sich darum handeln, die genauere Zugehörigkeit des Königsberger Quaggas festzustellen. In der letzten Zu- sammenstellung der Tigerpferde von LYDEKKER werden unterschieden Equus grevyi OUSTALET mit drei Subspecies, E. guagga GMELIN mit 13 Sub- species, E. foai PRAZAK et TROUESSART und E. zebra L. mit zwei Sub- species. Von diesen scheiden aus unserer Betrachtung sofort aus FE. zebra mit der kennzeichnenden Sattelzeichnung auf der Kruppe, £. grevyi mit den zahlreichen parallelen Streifen und den großen breiten Ohren und E. foai, das wie auch die beiden vorigen bis zu den Hufen gestreifte Beine und Streifen auf dem Schenkel besitzt. Übrig bleiben die Angehörigen der E. quagga-Gruppe, bei der sich Vertreter finden, deren Beine bis zu den Hufen gestreift sind, neben solchen, bei denen infolge allmählicher Rück- bildung der Streifen nicht nur die Beine, sondern auch die hintere Körper- hälfte frei von Streifen sind. LYDEKKER gibt hier wohl die Namen und die Literatur für die verschiedenen Unterarten an, aber leider nicht Dia- gnosen, so daß es bei der bekannten Variabilität der Tigerpferde kaum möglich ist, sich einen genauen Begriff zu machen, wie er die einzelnen Unterarten trennt, es sei denn, man unterzöge sich dem sehr mühevollen Geschäft, aus der angegebenen Literatur selbst die Diagnosen abzuleiten. Daß das aber eine sehr unsichere Sache wäre, mögen gleich die folgenden Zeilen beweisen. GMELIN, der zuerst Equus quagga 1788 in seiner Ausgabe von Linnes Systema Naturae beschrieben hat, gibt folgende Diagnose auf Seite 213: Quagga 4. E. pedibus solidungulis, supra castaneus, faseiis fuseis, ad latera maculatus, pedibus cruribusgue albus. Nach dieser Diagnose ist also E.qguagga ein Zebra, das auf braunem Grunde schwarz oder mindestens dunkel ge- streift sein soll. Das von LYDEKKER aber als: The True, or Cape Quagga (Equus quagga quagga) nach einer Photographie des letzten in London Sg Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. lebenden abgebildete ist deutlich ein Tier, das auf dunklem Grunde hell ge- streift ist, also gerade umgekehrt, wie es die GMELIN’sche Diagnose ver- langt. GMELIN nennt als erste Autorität für seine Beschreibung PENNANT, History of Quadrupeds, London 1781. Dort finden wir folgendes: „5. Quacha. Le voy. de M. Hop 40 Opeagha LXVI. 297. Massons Travels, in The Phil. Trans. Femal Zebra Edw. 223. H.stripped like the former [i. e. E. zebra der Verf.] on the head and body but with fewer lines. The flanks spotted, the rump plain, the ground color of the head, neck, body and rump a bright bay, the belly, thighs and legs white and free from all marks... The Hotten- totts also distinguish them from the former by the names Quacha (Anm. Journal Historigue 40) and Opeagha.“ Also auch diese Beschreibung schildert wieder ein Zebra, das auf bräunlichem Grunde noch dunkler gestreift ist; denn die Streifung des Zebra („Stripped like the former“) war als schwarz angegeben worden. Solche Tiere muß es auch gegeben haben; die von PENNANT zitierte Abbildung Tafel 223 bei EDWARDS stellt tatsächlich ein hellbraunes, schwarz gestreiftes Zebra vor. Die Streifen reichen von vorn etwa bis zu den Weichen. Diese sind bis zum Oberschenkel einschließlich mit flächenartig angeordneten schwarzen Flecken geziert. Die Beschreibung, die EDWARDS gibt, stimmt genau mit der Zeichnung überein. Und so ist POCOCK voll- kommen im Recht, wenn er diese Zeichnung als Typus von Equus quagga GMELIN ansieht. PENNANT selbst hatte die Artselbständigkeit des auf seiner Tafel 223 abgebildeten Quaggas nicht erkannt, sondern das Tier für das Weibchen des auf Tafel 222 abgebildeten Bergzebras gehalten. Die Beschreibung und namentlich die Abbildung des Bergzebras ist so vorzüglich und entspricht mit der exakt wiedergegebenen Zeichnung so genau dem, was wir noch heute als Bergzebra kennen, daß wir annehmen dürfen, daß auch die Wiedergabe des Quaggas, das nach einem in der Menagerie des Prinzen von Wales lebenden und vom Kap importierten abgebildet ist, nicht weniger genau ist, wie sich überhaupt die Abbildungen bei EDWARDS durch Zuverlässigkeit auszeichnen. Daß ihm als Bergzebra eine jener Varianten mit braunen, nicht schwarzen, Streifen vorgelegen hat, verdient deswegen besondere Beachtung, weil dadurch die sowohl im Bild als in der Beschreibung des Quaggas ausdrücklich hervorgehobene schwarze Farbe der Streifen be- sonders sichergestellt erscheint. EDWARDS’ sehr anschauliche Beschreibung lautet nach dem franzö- sischem Text: „Pour parler de sa couleur en general & l’exelusion des barres, qui sont toutes noires, elle a la t£te, le cou, le dessus du corps et les cuisses d’un bai fort clair; le ventre est blanc de m&mes que les jambes et le bout M. HILZHEIMER, Das Königsberger Quagga. 809 de la queue. Elle a aux jointures des jambes des calus, comme on en voit aux chevaux; les sabots sont noirätres: les barres sont dispersees sur la tete d’une maniere un peu differente du male; la criniere est noire et blanche; les oreilles sont rouge clair, et le front tire sur le blanc. Elle a plusieurs larges barres autour du cou, vers le dessous duquel elles se retre- eissent. Elle a une barre noire le long de l’&pine du dos et d’une partie de la queue, et une autre barre a l’opposite de celle-la le long du milieu du ventre. Les barres qui sont sur le corps procedent de celle qui est sur le dos; il y en a quelques unes qui deviennent fourchues & leurs extr&mites sur les cötes du ventre, et d’autres finissent en pointe; il y a entre celles-ci quelques taches longuettes, La partie posterieur du corps est tachetee d’une maniere moins reguliere et plus confuse,; mais les deux cotes de cet animal etaient, comme dans le dernier decrit, marquee tres regulierement. — Le bruit que cette femelle faisait &tait fort different de celui de l’äne il ressem- blait plütot a l’aboiement confus du matin“. PENNANT erkannte, wie gesagt, noch nicht, daß das Bergzebra und das Quagga zwei verschiedene Arten waren. Der erste, der beide Arten scharf unterschied, war, soweit ich sehen kann, LUDWIG STATIUS MÜLLER, welcher die Zoologie in der ersten Auflage von WOLFGANG KNORR’s „Deliciae naturae selectae usw.“ bearbeitete. Diese ist nach VOLLMER 1766/67 gedruckt worden. Dort wird auf Tafel K VIII S. 108 das Berg- zebra beschrieben. Die Beschreibung ist gut kenntlich, aber die dazu ge- hörige Zeichnung von CHRISTIAN LEINBERGER ist vollständig verfehlt und stimmt auch gar nicht mit der Beschreibung überein. So fehlt z. B. der Rückenstreifen, und die Mähne ist ungestreift, obwohl die Beschreibung beides richtig angibt. Auch fehlt der für das Bergzebra kennzeichnende Sattel sowie die Umbiegung der Streifen auf den Schenkeln; ferner bilden die Streifen auf der Brust eigenartige Arabesken. Das alles zeigt, dad LEINBERGER unmöglich nach einem Vorbild gezeichnet haben kann. Viel- leicht hat er auf seinen vielen Reisen irgendwo ein Zebra gesehen und es dann für das KNORR’sche Werk aus dem Gedächtnis wiedergegeben. Auf jeden Fall lernen wir für die Beurteilung anderer gleichzeitiger Bilder, daß die in diesem Fall benutzte Unterschrift „ad nat. pinxit“ nicht immer so zu verstehen zu sein braucht, wie wir sie heute verstehen, Nach Beschreibung des Bergzebras fährt MÜLLER fort: „Es giebt am Kap noch eine andere Art, welche man daselbst Qwakken oder Quacken nennt. Selbige ist vom Zebra nur darinnen unterschieden, daß ihre Grund- farbe statt schneeweiß hellbraun, die Striche aber dunkelbraun und fast schwarz sind. Übrigens aber ist die Zeichnung die nämliche, hingegen sollen 00 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. die Ohren nicht so lang seyn, desgleichen der Schwanz mehr einem Pferde- Schwanz ähnlich seyn. Daher man auch am Cap diese Quacken vor eigent- liche Pferde, die Zebra-Thiere aber vor eine Art Esel, die sie Waldesel nennen, hält. Wiewohl wir beyde Arten lieber zum Pferde-Geschlecht nehmen“. Hieraus geht hervor, daß LUDWIG STATIUS MÜLLER schon 17 Jahre vor SPARRMANN, dessen Reisewerk 1784 erschien, Bergzebra und Quagga scharf auseinander hielt, also nicht wie ANTONIUS schreibt, SPARRMANN der erste war, dem wir die Kenntnis von der Artselbständigkeit beider zu verdanken haben. Damit taucht nun die Frage auf, woher kam MÜLLER diese genaue Kenntnis der südafrikanischen Tigerpferde? Aus dem EDWARDS oder PENNANT kann er sie nicht gewonnen haben. Einmal ist der Name „Qwakken oder Quacken“ durchaus ihm eigentümlich, er findet sich in dieser Form in den englischen Werken nicht; dann hat er aber auch in der Be- schreibung manches Eigentümliche, wie z. B. den „Pferdeschwanz“ und die Trennung beider, da ja EDWARDS seine Quagga für die Stute seines Berg- zebras hielt. MÜLLER muß also aus anderen uns noch unbekannten vielleicht holländischen Quellen geschöpft haben. Die englischen Autoren scheint er nicht gekannt zu haben. Diese Kenntnis hat erst der Herausgeber der zweiten 1778 erschienenen Ausgabe, J. E. L. WALCH, besessen, und zwar nach der SEELIGMANN’schen Kompilation mehrerer ausländischer Werke. Ich kenne diese nur nach dem Zitat von GRIFFINI, der zuerst auf KNORR hinweist und der nach der zweiten, späteren, mir nicht zugänglichen Ausgabe des KNORR- schen Werkes von 1778 zitiert. Dort hat der Abschnitt über das Quagga noch eine Fortsetzung, die der von mir eingesehenen Ausgabe von 1767 fehlt. Zunächst steht in der von GRIFFINI benutzten 2. Ausgabe von 1778 dasselbe wie in der ersten. Dann aber heißt es weiter, wobei der Schlußsatz der ersten Ausgabe weggelassen ist: „Eigentlich ist dieser Zebra eine Mittel- gattung zwischen einem Pferd und einem Esel. Abbildung vom Zebra finden wir in Kolbens Reisebeschr. S. 146, Tab. 3, Fig. 2, und aus dem EDWARDS im siebenten Teil des SEELIGMANN’schen Vogelwerks, Tab. 27 u. 28, wo- selbst der vorgedachte hellbraune Zebra abgebildet ist, das Männchen so- wohl das Weibchen“. Durch diesen Zusatz hebt WALCH die gute und richtige Beobachtung MÜLLERS wieder auf. So hat denn auch ANTONIUS, dem wohl nur GRIFFINT’s Zitat vorlag, nicht wissen können, daß MÜLLER schon vor SPARRMANN den Unterschied beider Zebras genau kannte. Da somit MÜLLER nicht aus den englischen Quellen geschöpft hat, liefert seine Arbeit einen wichtigen, weil selbständig erhaltenen Beweis für die Richtigkeit der genannten englischen Werke, nämlich dafür, daß es in Südafrika ein Wildpferd gab, das auf dunklem Grunde noch dunkler gestreift M. HILZHEIMER, Das Königsberger Quagga. 01 war, dessen Streifung nach dem hinteren Körperende undeutlich wird und auf den freien Teil der Extremitäten fehlt, das also genau der Beschreibung von GMELIN entspricht. Für die ehemalige Existenz eines solchen Tieres gibt es noch eine Reihe weiterer Belege. Ich nenne nach den Arbeiten von RIDGEWAY und GRIFFINI, die Abbildungen bei DANIELL, CORNWALLIS HARRIS und HAMILTON SMITH. Auch das RIEDINGER’sche Quagga (Ab- bildung bei GRIFFINI) ist hier zu erwähnen. Nun haben wir für die sogenannten Burchellzebras zwei Zeichnungs- regeln kennen gelernt. Die eine von RIDGEWAY besagt, daß diese Zebras von Norden nach Süden immer mehr Streifen verlieren, so daß die südlichsten am wenigsten gestreift sind. Die zweite von ANTONIUS bezieht sich auf die Grundfarbe. Er sagt darüber: „Was zunächst die Grundfarbe anbelangt, so scheint sie mir innerhalb der Gruppe der bunten Quaggas zwar im all- gemeinen in der Richtung zu variieren, daß sie vom Norden des Verbreitungs- gebietes nach dem Süden desselben dunkler wird“. Im Verfolg dieser beiden Veränderungen müssen wir von auf weißem Grunde voll, d. h. bis zu den Hufen gestreiften Zebras von Norden nach Süden schließlich zu solchen kommen, die auf dunklem Grunde nur wenig noch dunklere Streifen haben. Die extremste Form stellt wohl das typische Eqguus quagga GMELIN dar. Ein Tier, das dem letzteren nahe kam, scheint ANTONIUS noch gekannt zu haben. Es ist der in der Arbeit von 1928 abgebildete Hengst aus Schönbrunn, dessen Grundfarbe als „light ochraceus salmon der Tab. XV in RIDGEWAYS Color standards“ beschrieben wird. Von hier bis zu dem bright bay in PENNANT’s oder dem bai fort clair in EDWARDS’ Beschreibung des Quagga ist nur noch ein kaum merklicher Schritt. Ich möchte hier nach ANTONIUS noch einmal ausdrücklich hervorheben, daß dessen Abbildung von dieser dunklen Grundfarbe nichts erkennen läßt, daß dort das Tier vielmehr den Eindruck macht, als sei es auf weißem Grunde schwarz gestreift. Man sieht also, wie selbst gute Photographien in Hinsicht der Farbe täuschen können. Noch in anderer Hinsicht ist der Schönbrunner Hengst bemerkens- wert. Er hat auf dem Schenkel unterhalb des letzten breiten Streifens, der etwa von der Schwanzwurzel über das Hüftgelenk zu den Weichen zieht, noch zwei weitere dünnere Streifen und kommt somit dem typischen Burchell- zebra GRAY’s sehr nahe bzw. ist mit ihm identisch. Nun habe ich 1912 zwei Zebras aus dem Museum in Mainz abgebildet, denen die beiden Streifen auf dem Oberschenkel fehlen, deren Zeichnung daher mit jenem von der Schweifwurzel über das Hüftgelenk zur Weiche ziehenden Streifen aufhört. Ich hatte sie, da sie mir die geringste Streifung aller bis dahin bekannten Burchellzebras zu haben schienen als Zquus burchelli paucistriatus be- 02 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. zeichnet. Diese beiden Tiere haben seither eine sehr verschiedene Beurteilung erfahren. SCHWARZ sieht in dem einen, meinem Typus, einen Vertreter des typischen Zguus burcheli und in dem anderen einen Vertreter des echten Quagga, während ANTONIUS in dem letzteren einen Bastard sieht zwischen dem echten Burchellzebra und dem Quagga. Ich verstehe nicht recht, wie man diese beiden Tiere auseinanderreißen kann. Die geringen Unterschiede erklären sich daraus zwanglos, daß das eine kurzhaarig ist, das andere längere Haare hat, also ohne Zweifel zwei verschiedene Saison- kleider vorliegen. Die vier Mainzer Tigerpferde sind, wie ich damals aus- führte, von einem Manne gekauft worden, und zwar von RUHL aus Wies- baden. Es ist daher anzunehmen, daß sie aus ungefähr der gleichen Gegend stammen. So zeigen uns also die beiden unbestritten echten Quaggas aus jener Gegend, wie diese Tiere dort ausgesehen haben. Ich kann unmöglich einsehen, worin mein Zebra, Fig. 4, dem darüber abgebildeten echten Quagga, Fig. 1a, ähnlicher sein soll als der Typus von Eguus burchelli paucistriatus oder warum gar meine Fig. 3 eine Mittelstellung zwischen beiden einnimmt, wo- raus doch auf eine Bastardnatur geschlossen werden könnte. Wenn die Zeichnung nicht ganz so scharf und klar heraustritt wie bei dem Typus, so liegt das lediglich an der Rauhhaarigkeit des Felles. Mit der Deutung eines Tieres aus freier Wildbahn als Bastard kann man doch schließlich alles beweisen. Man sollte mit einer solchen Deutung äußerst vorsichtig sein, und sie nur dann anwenden, wenn sie sich auch wirklich beweisen läßt. Nun ist aber das Königsberger Quagga von demselben RUHL aus Wiesbaden erworben worden und stammt also wohl auch aus derselben Gegend wie die vier Wiesbadener Zebras. Das Fell ist ähnlich rauhhaarig, wie das der Mainzer Stute, Fig. 4 meiner Arbeit von 1912, und so hat dieses Tier denn auch mit der genannten Mainzer Stute die allergrößte Ähnlichkeit, nur ist der letzte Streifen, eben jener, welcher über das Hüftgelenk läuft, etwas weniger entwickelt, auch sind wohl die dunklen Streifen am Körper noch etwas breiter. Es müßte also hier schon wieder ein Bastard vorliegen, und es wäre doch merkwürdig, wenn von den fünf von RUHL importierten Tigerpferden zwei Bastarde gewesen wären, wo doch nach allgemeiner An- nahme Kreuzungen in freier Wildbahn etwas Außergewöhnliches sind. Die Verhältnisse der Zeichnung sind aber nur auf der linken Seite des Königs- berger Zebras so deutlich zu sehen, die rechte Seite zeigt sie infolge Aus- blassens weniger deutlich, Zwischen dem Equus burchelli paucistriatus, das ich, wie gesagt, als das am wenigsten gestreifte Burchellzebra ansehe, und dem genannten Quagga bildet aber auch das Königsberger Quagga keinerlei Übergang. Auch das Königsberger Quagga erscheint wie alle Burchellzebras M. HILZHEIMER, Das Königsberger Quagga. 03 auf hellem Grunde dunkel gestreift. So ist aber auch die Farbenanordnung des echten Quaggas nach der Originalbeschreibung, nur daß bei ihm der Grund nicht weiß ist. Es ist auf bräunlichem Grunde schwarz gestreift und erscheint somit als das dunkelste der Burchellzebras, also gewissermaßen als Abschluß der von ANTONIUS aufgestellten Reihe hinsichtlich Verdunkelung des Grundes, Dagegen muß es in Südafrika noch eine andere Form pferdeähnlicher Zebras gegeben haben, die auf dunklem Grunde hell gestreift erschienen, wobei die hellen Streifen lediglich auf der vorderen Körperhälfte etwa von der Schulter an sich zeigten. Diesem Typus scheint das letzte lebende Quagga angehört zu haben, von dem GRIFFINI eine Photographie der linken und RIDGEWAY eine solche der rechten Seite gibt. Diesem Typus haben an- scheinend auch das Darmstädter und Münchener Quagga angehört, während ich heute geneigt bin, das Frankfurter Quagga zu dem anderen Typus zu rechnen. Und wenn meine Vermutung richtig ist, daß wir es bei dem zweiten Typus mit einer bestimmten Unterart zu tun haben, so käme ihr der Name Equus quagga greyi LYDEKKER zu. Die Vermutung aber, daß hier eine geographisch besonders abgegrenzte Unterart vorliegt, gründe ich auf folgende Tatsachen. 1. Die älteren Quaggas, die etwa bis Ende des 18, Jahrhunderts nach Europa kamen, waren auf dunklem 1°) Grunde noch dunkler gestreift (KNORR, EDWARDS, BUFFON). 2. Etwa von 1790 an (das Pariser Quagga) treten daneben auch solche auf, die als dunkel mit heller Streifung bezeichnet werden müssen, und bei denen die Streifung nicht weiter zurückreicht als im höchsten Falle bis ein wenig hinter den Widerrist (das letzte in London lebende Quagga). Diese letzteren scheinen etwa von 1840 an nur noch allein nach Europa ge- bracht zu sein. Hieraus scheint mir hervorzugehen, daß zwischen den auf dunklem Grunde dunkel gestreiften Quaggas und den dunklen hell gestreiften eine geographische Sonderung bestand. Und zwar scheint es go, als ob die letzteren mehr nördlich und westlich wohnten. Zu ihnen gehören alle die Quaggas, deren Herkunft bekannt ist, nämlich das Leydener Quagga aus Steenbergen und das junge Cape-Town Quagga aus Beaufort-West. Ob auch das Baseler Quagga aus Silo hierher gehört, wage ich nach der mir allein zur Ver- fügung stehenden sehr ungünstigen Abbildung bei RIDGEWAY schräg von vorne nicht zu entscheiden. Wichtig scheint mir aber ferner die Beschreibung zu sein, die ADOLF FISCHER gibt und die sich auf Südwest bezieht. FISCHER hat seine Beschreibung, wie das wohl behauptet worden ist, sicher 94 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. nicht Büchern entnommen, sondern sie von einheimischen Jägern erhalten, zumal ich keine Beschreibung kenne, die sich mit der FISCHER’schen deckt. Sie lautet: „Grundfarbe von Hals, Kopf, Brust rötlichbraun, von Bauch, Läufen, Schweif weiß. An Kopf und Ohren Bänderung dunkler als die Grundfarbe; am Hals verschwommene Bänder, heller als die Grundfarbe. Sonst ungestreift. Höhe am Widerrist bis 1,40 m, Länge bis 3 m. Ohren und Schweif pferdeähnlich“. Also ein dunkles Tier mit hellen Streifen am Halse, das genau der oben gegebenen Beschreibung von Eguus quagga greyi entspricht. Merkwürdigerweise gibt FISCHER einen gänzlich abweichenden Hotten- tottennamen für das Quagga an, nämlich Goachab, was „im Huf hohle Stellen haben“ heißen sollen. Sonst ist der Name der Hottentotten für Zebra „Goreb“. Die verschiedenen Arten werden dann durch Zusätze unterschieden, also Uri goreb — weißes Zebra, d. h. Burchellzebra, ho goreb = buntes Zebra, d.h. Bergzebra, und nu goreb — schwarzes Zebra, d.h. Quagga (f. ANTO- NIUS). Auch das bedarf noch der Aufklärung. Erwähnt muß auch noch werden, daß nach FISCHER der Burenname Quagga schlecht gewählt sei, da er den Ruf mehrerer Tigerpferdarten nachahme und so zu Verwechs- lungen Anlaß gegeben habe. Wenn meine Auffassung richtig ist, daß in Südafrika zwei verschiedene dunkle Unterarten von Zebras der Burchellgruppe gelebt haben, so wird es auch nicht Wunder nehmen, daß diese nicht immer scharf getrennt sind, sondern daß es einzelne Individuen gibt, deren Zustellung Schwierigkeiten bereitet. Wir haben es offenbar mit einem jener Formenkreise zu tun, wie sie in den letzten Jahrzehnten besonders von ornithologischer Seite bekannt gemacht worden sind. Und da sind unter den Säugetieren die Burchellzebras einer der am längsten und bestbekannten, der auch Nichtspezialisten leicht klar gemacht werden kann, aber trotz aller über ihn veröffentlichten Studien noch nicht so ausgewertet ist, wie er es verdiente. Pnm mn 0 u Anmerkungen: I) Ich (der Verf.) habe mich bemüht, hier in den Anmerkungen die Farben mit denen des bei den Mammologen gebräuchlicheren „Color Standards and Color Nomenclature“ von RIDGEWAY zu identifizieren. Es war mir aber nicht möglich, eine völlige Übereinstimmung herbeizuführen; die Identifizierung der folgenden Anmerkungen ist nur eine annähernde. 2) Plate XLV km Blakish Brown (1). 37, 3% pp Deep: Olive-Buft. 4. AXIXpb Tight Drab. 8,7 ,2 NV SE) Dresden Brown. M. HILZHEIMER, Das Königsberger Quagga. 05 e) Plate LVIII £f Pallid Neutral Gray. ) „XXX i Isabella Color. 9) „ XLVIk Fuscous bis Chaetura Drab. Dee k Natal Brown. 10) Als Gegensatz zu weiß. Benutzte Literatur: ANTONIUS, A., 1928 a. — Quellengeschichte zur ehemaligen Verbreitung und zur Ausrottungsgeschichte der Kapländischen Tigerpferde. — Zeitschrift für Säugetierkunde 3, pg. 231—252. — Ders., 1928 b. — Beobachtungen an Einhufern in Schönbrunn. III. Über Zebras, insbesondere das Burchellzebra (Equus quagga burchelli GRAY). — Der Zoologische Garten 1, pg. 165—182. EDWARDS, G., 1788. — Gleanings of Natural History. — London. FISCHER, ADOLF, 1914. — Menschen und Tiere in Deutsch-Südwest. — Stutt- gart und Berlin. GMELIN, I. F., 1788. — Linnd, Systema Naturae. — Leipzig. GRIFFINI, ACHILLE, 1912. — Le Zebre. — Verlag Ulrico Hoepli, Milano 1913. HILZHEIMER, MAX, 1912. — Die in Deutschland aufbewahrten Reste des Quaggas. — Abhdlgn. Senckenberg. Naturf. Gesellsch. 31, pg. 85—105. KNORR, WOLFGANG GEORG, Deliciae naturae selectae usw. 1. Auflage, Nürnberg 1766/63, besorgt von PH. L. STATIUS MÜLLER. 2. Auflage, Nürnberg 1778, besorgt von I. E.L. WALCH, LYDEKKER, RICHARD, 1915. — Catalogue of the Ungulate Mammals in the British Museum 5. — Verlag des British Museum, London. MÜLLER, PH. L. STATIUS s. KNORR. PENNANT, THOMAS, 1781. — History of Quadrupeds 2. — Verlag B. White, London. POCOCK, J., 1897. — The Species and Subspecies of Zebras. — Annals and Maga- zine of Natural History (6) 20, pg. 33—52. RIDGEWAY, WILLIAM, 1909. — Contribution to the Study of the Equidae: II. On hitherto unrecorded Specimens of Equus quagga. — Proc. zool. Soc. London 1909, pg. 563—586. SEELIGMANN, I.M., 1770. — Sammlung verschiedener ausländischer und seltener Vögel. — Nürnberg 1770. SCHWARZ, ERNST, 1912. — Beiträge zur Kenntnis der Zebras. — Archiv für Naturgeschichte 78, A, pg. 34—57. VOLLMER, H., 1927. — Allgemeines Lexikon der bildenden Künste 2i. — Verlag Seemann & Co., Leipzig. 05 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 3.) Album einiger osteuropäischer, westsibirischer und turkestanischer Säugetiere. M. K. SEREBRENNIKOY (Leningrad). Mit Abbildungen auf den Tafeln VI—XIV. Im Auftrage des Zoologischen Museums der Akademie der Wissen- schaften bereiste ich in den Jahren 1926—1929 verschiedene Gegenden zur Erforschung der Säugetiere. Während dieser Expeditionen hatte ich Gelegenheit, eine große Anzahl Photographien verschiedener Tiere nach dem Leben anzufertigen, welche, wie es mir scheint, einiges Interesse auch für den Nichtspezialisten besitzen. Da das Photo- graphieren von Tieren in der Natur mit großen Schwierigkeiten ver- bunden ist und in der europäischen Literatur verhältnismäßig wenig Abbildungen nach solchen Aufnahmen, besonders von russischen Arten, vorhanden sind, so habe ich mich entschlossen, ein kleines Säugetier- Album nebst kurzen biologisch-ökologischen Erläuterungen zu jeder Art zu veröffentlichen. Canis /upus L. In den Kirgisensteppen sind die Wölfe recht gewöhnlich. Sie streichen überall auf den Steppen umher, sind aber am häufigsten in Schluchten, wo sie vor den Verfolgungen der kirgisischen Jäger am sichersten sind. Den Tag über ruhen sie in den Dickichten von. Caragana frutescens, Spiraea und mehrjährigen Staudenpflanzen und gehen gegen Abend auf Raub aus. In diesen Gegenden nähren sie sich zum größten Teil von kleinen Nagern — von Wühl- und Feld- mäusen, deren flache Baue sie mühelos mit den Pfoten aufgraben. Selten jagen sie am Tage auf Ziesel, welche sie aus dem Hinterhalte fangen. Zu wiederholten Malen habe ich den Wechsel der Wölfe aus einer Gegend in die andere beobachtet. Während sie sich bei Tage in entlegenen und menschenleeren Schluchten aufhalten, begeben sie sich des Abends in Gegenden, wo am meisten Mäuse zu finden sind, d.h. in die Nachbarschaft von Getreidefeldern. Sobald die Bauern nach beendeter Feldarbeit nach Hause fahren, erscheinen die Wölfe, um ihrer Jagd auf Wühl- und Feldmäuse obzuliegen. Zur Fortpflanzung suchen sie die entlegendsten Schluchten auf, in deren Abhängen sie einfache Baue graben. Die kirgisischen Jäger graben diese Baue oft ganz mühelos auf, um zu den Jungen zu gelangen. M. K. SEREBRENNIKOYV, Album einiger Säugetiere. 07 Putorius eversmanni LESS. Noch vor nicht langer Zeit war Evermanns Iltis in den Kirgisen- steppen sehr zahlreich. In den letzten Jahren sind aber die Preise für das Pelzwerk sehr gestiegen und als Resultat ist der Iltis in vielen Gegenden, wo er früher häufig war, vollständig ausgerottet. Dieser kleine Räuber bewohnt hauptsächlich Stellen in der Nachbarschaft von Kolonien des Rötlichen Ziesels (Citellus rufescens KEyS. et BLas.) ind sein Bau hat die größte Ähnlichkeit mit den Bauen dieser Nager. Sein gestreckter, schmiegsamer Körper befähigt ihn im hohen Grade zum Durchschlüpfen von engen Erdlöchern und Bauen und er macht von dieser Fähigkeit bei seinen Jagden den ausgedehntesten Gebrauch. Er nährt sich hauptsächlich von Rötlichen Zieseln und ist der schlimmste Feind derselben, da er sie des Nachts in ihren Bauen aufsucht und mordet. Am Tage ist er als echtes Nachttier außerhalb des Baues kaum zu sehen. Die Photographien Taf. VI, Abb. 1—2, sind von Exem- plaren, die ich im Sommer 1923 in Temir in Gefangenschaft hielt, auf- genommen worden. Erinaceus roumanicus BARR.-HAM. Unser südlicher Igel kommt im Gebiete der mittleren Wolga in den Wäldern der Waldsteppenzone vor. Kleine, von Steppen umgebene Birken- und Espenhaine, sowie gemischte Bestände von Eichen und Ahorn mit dichtem, aus verschiedenen Sträuchern bestehenden Unter- holze, sind seine beliebtesten Aufenthaltsorte. Er fehlt aber auch nicht in der Steppe, im Gestrüpp von Spiraea, Caragana und Amygdalus nana, wenn dieselben nicht weit von Wäldern entfernt sind. Sein Lager findet man gewöhnlich unter den Wurzeln der Bäume, zuweilen auch unter dürrem Reisig. Dieser Igel ist durchaus Nachttier. Als Nahrung dienen ihm kleine Säugetiere, Reptilien und Insekten. Er ist äußerst vorsichtig. Wenn er überrascht wird, rollt er sich zusammen und liegt gewöhnlich lange, ohne einen Versuch zu machen, davonzulaufen und ohne sich auch nur zu rühren. Photographiert (Tafel VII, Abb. 3) in der Umgebung der -Stadt Busuluk, Gouv. Samara, im Juni 1926. Hemiechinus auritus $MEL. Der Großohr-Igel ist in den Steppen an der Wolga und in den Kirgisensteppen sehr zahlreich. Obgleich er, gleich der vorigen Art, vorwiegend Nachttier ist, so kann man ihn doch oft auch am Tage seiner Nahrung nachgehen sehen. In den Jahren massenhafter Ver- 7 08 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. mehrung kleiner Säugetiere jagt der Igel dieselben bei Tage und bei Nacht. Wenn Nagetiere selten sind, so vertilgt er in großer Masse Insekten, am meisten, wie es scheint, Käfer. Die Baue dieses Igels findet man in der Steppe in Schluchten, an schattigen Stellen, unter Grasbüscheln oder im Gebüsch. Wenn dieser Igel sich überrascht sieht, so versucht er zuweilen gar nicht sich zusammenzurollen, sondern sucht sein Heil in der Flucht. Auf der Photographie 5 ist ein Igel, der nach überstandenem Schreck sich eben auseinander rollt, abgebildet; ein davoneilender Igel auf Photographie 6 (Tafel VII). Hystrix hirsutirostris BR. Das Stachelschwein ist in Turkestan weit verbreitet. Es bewohnt sowohl gebirgige Gegenden, als auch die ebenen Steppen. In Gebirgen wohnt es in Höhlen und in engen Felsklüften, in den Steppen gräbt er sich selbst ausgedehnte Baue, die bis zu einer Tiefe von mehreren Metern herabreichen. Die Gänge sind stellenweise erweitert, um den Bewohnern die Möglichkeit zu geben sich umzukehren. Die Baue enthalten einen oder mehrere Wohnräume, je nachdem sie eine oder mehrere Familien beherbergen. Neue Baue haben 1 oder 2 Eingänge, während ältere immer eine ganze Anzahl besitzen, oft in ziemlicher Entfernung voneinander. — Das Stachelschwein ist in Turkestan sehr gewöhnlich und wird zu den Schädlingen des Ackerbaues, Weinbaues und der Seidenkultur gerechnet. Häufig siedelt es sich in der Nähe der Dörfer an und macht im Sommer allnächtlich Ausflüge in die Felder, wo es sich vornehmlich an Mais und Melonen gütlich tut. Zur Zeit der Traubenreife erscheint es in den Weingärten und richtet dort oft großen Schaden an. Im Winter benagt es die Rinde der Maul- beerbäume, so daß sie absterben und fügt dadurch der Seidenkultur sroßen Schaden zu. Die Photographie (Tafel IX, Abb. 7) ist von einem im Zoologischen Garten von Taschkent befindlichen Exemplare im Juli 1929 aufgenommen worden. Citellus rufescons KEYS et BLAS. Die Biologie des Rötlichen Ziesels habe ich in der Waldsteppen- zone des Wolga-Gebietes und in den Kirgisensteppen erforscht. In den Steppen bewohnt der Ziesel hauptsächlich Gegenden mit Humus- boden und Stipa-Vegetation, also größtenteils Flußniederungen oder flache Täler zwischen Reihen von Hügeln. In den weiter nördlich sich befindlichen Waldsteppen findet man Zieselkolonien am Öftesten M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. 099 an Rändern von Hainen. Nicht selten habe ich die Ziesel und ihre Baue auch inmitten der Haine, welche aus Eichen, Espen und Birken bestehen, gefunden. Dieses hübsche Tierchen trägt im Frühjahr und Sommer sehr zur Belebung der Steppen bei. Es ist durchaus Tagtier. Mit Sonnenaufgang erscheinen die Ziesel vor ihren Bauen und treiben sich den ganzen Tag über von Bau zu Bau umher, zwischen der reichen Vegetation der Humussteppe. Von Zeit zu Zeit richtet sich der eine oder andere von ihnen auf den Hinterbeinen in die Höhe, um sich nach einer etwaigen Gefahr umzuschauen, welche er seinen Genossen durch laute Pfiffe kundet. In manchen Gegenden statten sie den Getreide- feldern Besuche ab, besonders in sehr dürren Sommern. Da sie auf diese Weise recht schädlich werden, so versucht die Bevölkerung, sie mit allen Mitteln auszurotten. Seit den letzten Jahren werden die Felle nach Westeuropa exportiert, zur Anfertigung von Damen- mänteln, welche unter dem Namen „Echt-Suslikmantel“ in den Handel kommen. Die Aufnahme (Tafel IX, Abb. 8) ist von einem Exemplar aus dem Gouv. Samara im Mai 1926. Alactaga jaculus PALL. In den Wolga- und Kirgisensteppen ist der Pferdespringer gewöhn- lich, stellenweise sogar zahlreich. Dieses höchst seltsame Tierchen ist ausschließlich Nachttier und zeigt sich nur selten bei Tage. In der Abenddämmerung verlassen die Pferdespringer ihre Baue und rennen zu ihren Futterplätzen, wo recht viel Zwiebelpflanzen vor- handen sind. Sie nähren sich von den Zwiebeln, welche sie mit den Zähnen rasch und geschickt aus der Erde herausnagen und lassen das Kraut liegen. An Stellen, wo die Pferdespringer ihrer Nahrung nachgegangen waren, sieht man zahlreiche von ihnen gegrabene Ver- tiefungen und daneben liegen die der Zwiebeln oder Knollen beraubten Pflanzen. Im Herbste erscheinen diese Tierchen auch auf Getreide- feldern, wo sie die Weizenähren abbeißen und dann der Körner be- rauben. Auch Melonen und Wassermelonen nagen sie an und bringen dadurch merklichen Schaden. Beim Wechsel benutzen die Pferde- springer zumeist Wege und Fußpfade oder sandige Bette trockener Bäche. Des Morgens kann man an solchen Stellen mühelos ihre Spuren finden und, denselben nachgehend, auch ihre Baue entdecken. Interessant ist die Art und Weise, wie der Pferdespringer beim Graben des Baues zu Werke geht. Eigentlich gräbt er nur mit den vorstehenden Schneidezähnen und reißt mit großer Geschwindigkeit 100 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. ein Stück Erde nach dem anderen ab. Wenn ihm die aufgehäufte Erde lästig wird, schiebt er sie mit den Vorderfüßen unter den Bauch, um sie später, wenn sie sich dort in größerer Menge angesammelt hat, mit kräftigen Stößen der Hinterfüße weit nach hinten zu schleudern. Rasch sich in die Erde vertiefend, kommt er von Zeit zu Zeit an die Oberfläche zurück, um die herausgeworfene Erde weiter fortzuschafien. Oft kehrt er sich dabei um und stößt die Erde mit der Nase fort, wobei er dann die größeren Erdbrocken regelmäßig mit den Zähnen und Vorderfüßen zerkleinert. Verschiedene Momente der Herstellung des Baues eines Pferdespringers sind auf den Photographien 9—12 (Tafeln X u. XI) abgebildet. Temir, Juli 1928. Scirtopoda telum LICHT. Diese kleine, zierliche Springmaus ist in den Kirgisensteppen ver- hältnismäßig selten, bildet aber stellenweise richtige Kolonien. In der Umgebung von Temir fing ich diese Nager auf Melonen- und Wasser- melonenfeldern in Fallen, die ich zwischen den Beeten, wo Spuren vorhanden waren, aufstellte. Die Baue findet man gewöhnlich in der Nachbarschaft der obengenannten Felder. Die Photographie 13 (Tafel XII) ist von einem Exemplare aus der Umgebung von Temir im Juni 1928 aufgenommen worden. Cricetus cricetus L. Der gewöhnliche Hamster ist weit nach Westen und Osten vom Uralgebirge verbreitet, ist aber im südlichen Transuralien wohl am häufigsten. Hier trifft man ihn buchstäblich überall: in den Hainen der Waldsteppe, in der Stipa- und Wermutsteppe, auf Wiesen, an Rändern von Seen und Sümpfen im Gebüsch, auf Getreidefeldern und sogar in Gemüsegärten und auf Tennen, von wo er nicht selten in die Kornscheunen gerät. Seiner Häufigkeit wegen ist er in diesen Gegenden einer der wichtigsten Feldschädiger. Die tiefen, gewöhn- lich mit mehreren Ausgängen versehenen Baue haben Abzweigungen, welche ich im Anfang des Frühjahres mit großen Massen teilweise schon verdorbenen Getreides gefüllt fand. Er ist mutig und hat einen sehr bösartigen Charakter. Von Raubtieren angegriffen, verteidigt er sich bis zum äußersten, oft auch mit Erfolg. Angesichts des Menschen läuft er nicht davon, sondern nimmt eine Verteidigungs- stellung an und schlägt in schneller Aufeinanderfolge und laut hörbar die Zähne zusammen. Dieser Moment ist auf der Photographie 14 (Tafel XII) abgebildet. Südliches Transuralien, Juni 1927. M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. 101 Ellobius talpinus PALL. Im nördlichen, mit Waldsteppen bedeckten Teile des südlichen Transuralienes, wo die Landwirtschaft am meisten entwickelt ist, siedelt sich der Mull-Lemming hauptsächlich an Rändern der Birken- und Espenhaine an, da er brachliegendes Gelände vorzieht. Auf Feldern ist er äußerst selten, da beim Pflügen derselben nicht nur die horizontal unter der Oberfläche verlaufenden Gänge, sondern auch die Tierchen selbst vernichtet werden. Viel öfter findet man ihn auf Wiesen, und zwar auch an Stellen, die im Frühjahr nach der Schneeschmelze von Wasser bedeckt werden. Salzhaltige Stellen und Viehweiden, wo der Boden fest ist, meidet er durchaus. Im südlichen, mit Steppen be- deckten Teile ist er am häufigsten auf alten, längere Zeit brachliegenden Feldern zu finden, wobei er diejenigen mit weichem Erdboden vorzieht. Augenscheinlich ist es ihm schwer in hartem Boden seine ausgedehnten unterirdischen Gallerien anzulegen. Das Vorhandensein dieser Nager in irgendeiner Gegend läßt sich durch die kleinen Erdhaufen, welche in bestimmten Abständen von- einander aus den unterirdischen Gallerien auf die Oberfläche heraus- geworfen sind, leicht nachweisen. Je nach der Frische oder Trocken- heit dieser Erdhaufen kann man feststellen, ob der Bau bewohnt ist oder nicht. So viel ich den Mull-Lemming im südlichen Teil Transuraliens beobachten konnte, scheint es mir, daß er am energischsten zur Mittags- zeit an heißen Sommertagen gräbt. Zu dieser Zeit ist es nicht schwer, ihn mit der Flinte zu erlegen, im Augenblicke, wo er die Erde aus seinem Bau an die Oberfläche stößt. Die Photographien 15 und 16 (Tafel XII) sind im mittleren Wolgagebiete im Juni 1926 aufgenommen worden. | Evotomys rutilus PALL. Die Rote Wühlmaus ist in der Waldzone Transuraliens eine überaus häufige Erscheinung. Sie wohnt hauptsächlich unter Baumwurzeln und Sträuchern, doch klettert sie auch gut, wenigstens an der Rinde alter Stämme. Ich habe eine Rote Wühlmaus, deren Nest sich in der Höhlung einer alten Weide 1!/, Meter über dem Boden befand, ver- schiedene Male beim Klettern beobachtet. Diese Baumhöhlung schien auch von einer Spitzmaus bewohnt zu werden, denn ich sah dieselbe oftmals am senkrechten Stamme mit großer Gewandtheit hinaufklettern. Einmal traf es sich, daß die Wühlmaus gerade im Eingange der Baum- höhlung sich mit der Spitzmaus begegnete. Da ein Ausweichen un- 102 Zeitschift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. möglich war, so setzte die Wühlmaus mit einem energischen Sprunge über die Spitzmaus hinweg, lief rasch am Stamme hinunter und ver- schwand im Grase. Die Aufnahme 17 (Tafel XIII) ist von einem Exemplare aus dem südlichen Transuralien, Mai 1927. Microtus gregalis PALL. Diese Wühlmaus ist eines der am häufigsten anzutreffenden Nage- tiere der Steppen Transuraliens. Die beliebtesten Aufenthaltsorte dieser Art (wenigstens im südlichen Transuralien) sind starkbewachsene Strecken der Stipa-Steppen. An solchen Orten bilden sie oft große Kolonien. Auf Getreidefeldern ist sie auch häufig. In den Getreide- garben, sowie in den Haufen ausgetrockneten Strohes bildet diese Wühlmaus einen sehr wesentlichen Bestandteil der reichen Nagetier- bevölkerung. Auf Wiesen, in Birkenhainen, im Gebüsch inmitten der Sümpfe, auf salzhaltigen Strecken, welche Salzseen oder Salzsümpfe umsäumen, in Gemüsegärten und auf Tennen in der Nähe mensch- licher Behausungen — überall trifft man diesen Nager. Er ist einer der wichtigsten Feldschädiger in der Waldsteppenzone. Am schäd- lichsten wird er in den Herbst- und Wintermonaten. Zu dieser Zeit sammeln sich die Tierchen aus den umliegenden Feldern in Scharen in dem in Garben liegenden Getreide. Später nach dem Dreschen bewohnen sie das Stroh, wo sie noch genügend Körner finden, um bis zum Frühjahr davon leben zu können. Die Photographie 18 (Tafel XIV) ist von einem Exemplare aus dem südlichen Transuralien im Mai 1927 aufgenommen worden. Sylvaemus sylvaticus L. Die Waldmaus ist bei uns eins der häufigsten Nagetiere. Sie kommt nicht nur in Wäldern, sondern auch in Steppengegenden vor. Im Walde kann man ihre Baue unter Baumwurzeln und Baumstümpfen finden. Ein am Boden liegender und faulender Baum dient ihr auch oft als Obdach. Unter solchen gefallenen Bäumen findet man regel- mäßig verschiedene Nager, aber am häufigsten die Waldmaus. In den Steppen fand ich sie an den Ufern von Bächen und Seen, im Gebüsch. Im Herbst habe ich sie auch in den Getreidegarben ge- funden, wohin sie nach der Ernte zusammen mit vielen anderen Nage- tieren zum Überwintern kommt. Nachdem das Getreide gedroschen ist, bewohnt die Waldmaus bis zum Frühjahr die Strohhaufen. In Parks und Obstegärten, wo sich die Waldmaus auch nicht selten an- M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. 103 siedelt, wird sie durch das Benagen der Obstbäume schädlich. Ich habe diese Mäuse verschiedentlich beim Klettern auf Bäumen beobachtet. Sie tun das recht geschickt. Apodemus agrarius PALL. Die Brandmaus ist der gemeinste Nager unserer Gegenden. Im südlichen Transuralien kommt sie sowohl in den Birkenhainen wie auch in der Steppe vor, ist aber am häufigsten auf Feldern, wo sie eine hervorragende Stelle unter den „Mäusen“ einnimmt, über die sich der Landwirt beklagt. Über den Charakter des Schadens, welchen diese Nager anrichten, erlaube ich mir ein Zitat von E. EVERSMANN ’!) anzuführen: „In allen Gegenden, wo Landwirtschaft getrieben wird, lebt die Brandmaus in großen Massen und bewohnt vornehmlich die Äcker. In manchen Jahren vermehren sie sich bis auf so ungeheure Mengen und so schnell, daß es kaum begreiflich scheint, wie das mög- lich ist. Das ist auch der Grund zur Sage vom Mäuseregen. Zu Ende des Sommers, wenn das Korn reift, kann man die Brandmäuse oft beobachten, wie sie aus ihren Bauen hervorkommen und die aus den Ähren gefallenen Körner auflesen. Wenn die herabgefallenen Körner nicht mehr ausreichen, so greifen sie die Ähren selbst an und im Winter richten sie großen Schaden im noch nicht ausgedroschenen Getreide an. Oft fressen sie die Ähren ganz leer, so daß nur das Stroh nach- bleibt“. Sicista nordmanni KEYS. et BLAS. Dieser interessante kleine Nager ist hauptsächlich Tagtier. Er findet sich am öftesten auf unbebauter Stipa-Steppe mit gut berastem Boden. Viel seltener kommt er auf Stellen mit salzhaltigem, mit Wermut bewachsenem Boden vor. Seine kleinen Baue befinden sich gewöhn- lich in Büscheln von Stipa, zuweilen unter Wermutstanden und sind sehr schwer aufzufinden. Auf der Photographie 19 (Tafel XIV) ist ein Exemplar von der mittleren Wolgagegend (Juni 1926) abgebildet. Lagurus lagurus PALL. Der Steppenlemming ist eines der massenhaft und in Scharen vorkommenden Steppennagetiere. Periodisch, gewöhnlich in einem Zwischenraum von mehreren Jahren, vermehren sich diese Tierchen in 1) EVERSMANN, E., Die Naturgeschichte der Gegend von Orenburg. II. 1850. Kasan (russisch). 104 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. kolossaler Weise und unternehmen dann gewöhnlich Wanderungen in andere Gegenden. Ein russischer Forscher, N. A. ZARUDNY, beschreibt einen solchen Umzug auf folgende Weise: „Bei ihren Wanderungen zogen die Lemminge in weit zerstreuten Scharen, selten in kleinen, geschlossenen Truppen, bis zu 4 Exemplaren zusammen. Die Breite der ganzen Kolonne war kaum festzustellen; jedenfalls betrug sie zu- weilen nicht weniger als eine Werst. Nur beim Überqueren von Flüßchen sammelte sich die ganze Schar, wobei die Tierchen, ehe sie ins Wasser zu gehen sich getrauten, eine ganze Weile unschlüssig am Ufer hin und her liefen. Die Wanderungen fanden ganz früh des Morgens und des Abends statt, wobei sie etwa 3 Stunden vor Sonnen- untergang anfingen. Wahrscheinlich wandern die Lemminge auch in der Nacht“. Photographie 20 (Tafel XIV) von einem Exemplar aus der mittleren Wolgagegend, Juni 1926. eitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. a re ze > Abb. 3. Zu K. ECKSTEIN, Aus dem Jugendleben des Fischotters. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tafel II. Ebbe]; Nbb22% Abb. 3. Abb. 4. Zu 8. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. + De = . . + Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tafel III obr7. Zu S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. j j ü | % Pl: . j | | | Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Zu S. J. OGNEFF, Übersicht der russischen Kleinkatzen. Tafel IV. Pr ” ; E E. h. BE w., Br Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1980. Tafel V Abb. 2. Abb. 3. Zu M. HILZHEIMER, Das Königsberger Quagga. EEE TWEBE 2 ee a u N d ur A TR vi i R i EL Zu Pet Ery Ö \ h a \ Fe Eee bu A Ne BER ENEHE . ‘ ae - ı Y } ‚ . r { u “; : f j m ’ Ri f . d . a R ö ' } h N Vo ' / { ö ü FR | | | DO HADRLARN > ) ä au en oh ET Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tafel VI]. Abb. 2. Putorius eversmanni LESS. Zu M. K. SEREBRENNIKOW, Album einiger Säugetiere. Y b % nn SH: . h KIR (UN ER | Ir sr \ fn BEE TraR EEE Page Er TE e On, Man mare ot u ln N Y Ar ne ie do daremel, ein saejerekre Ele Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1980. Mafel VII min _ # A s Abb. 4. Hemiechinus auritus GMEL. Zu M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. ® Lre RN Mer ae = Ta en er ER Bussen; lr 2 = a Y 2 meet Le 2 RE ee ö Er j B 5 L m u © 4 rs; j 2 ” = > IB R r j > ‚ 3 Dun Ke, L. a, 7 4 2 j F B $ s Be: . £ « in z a Rarelaay Eile 1930. 5, Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. a a « Be Porz, » - ee Fr Hemiechinus auritus GMEL. 5. Abb. yB \ An GMEL. S Hemiechkinus auritus 6. Abb. e äugetier S: Album einiger OV, SEREBRENNIK S Re Zu. M. RE Bu e 4 [DL A N f x 2a Tv Aut “ 5 j Om EEE Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. el DE Abb. 7. Hystrixc hirsutirostris BR. Abb. 8. Citellus rufescens KEYS. et BLAS. Zu M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. u Ri F KR Hi a N ER ER Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tafel X. Abb. 10. Alactaga jaculus PALL. Zu M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. en - Rn Er ee 4, j a: u l ' N t , . ’ Lu t s or [2 BZ Vor he eitr Pa PR, DEUNE ala, ma inner alu al tee ten | ie IM are Fan Fi en n 1 Fark BT ERENTO Dre 2 hen Pe tn neh u N n R vr ' N Mi \ u: 37 N - ! Jime U . T 5 E Vakaee ö - \ i { - f B en i ve 5 R N - ö » 7 ü e % P h " “ ü Ad Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1980. Abb. 12. Alactaga jaculus PALL. . Zu-M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. A (en Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Marke axile Abb. 14. Cricetus ericetus L. Zu M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. u “, > ü z Ep ö \ F er f f ‚ Yii ae oe g Eh Br h “ x ) re Tl: u { ö ‘ ae Sg . ‚ ' a e B ur * b 1 0: 2 j Re SEAN tk: RR Sa 2 far 74 i DR " \ a1 n ü ’ 27 r ‚ < % f RE 3 PAR PEHE, { . h f { We NR u n ). B. u . PN R h wu Br Ya re BOSSE RER PRaRnh, TEN aeg 0 D " k * \ ’ - P 5 ü . # ” r ar i A 2 vi f Eh Y N I Rn . N . y a Ö N “ R E 11 [R, } ' 5% Ö ; nl o ne r j j . EL A Y E ' . f N‘ B \ l N R. 5 r Ü f, R = N “ Pr y u} al e > DR I 2 ’ ‘ 1 . u f B E20 k ‘ Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Mare XEH Abb. 17. Evotomys rutilus PALL. Zu M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. INA Tel EXuBVs Kum\y I 7, \ 7 > u: a PB REN ET Ss \ Wr 4 a => NT # REIN Abb. 18. Micerotus (Stenocranius) gregalis PALL. Abb. 19. Sieista nordmanni KEYS. et BLAS. Abb. 20. Lagurus lagurus PALL. Zu M. K. SEREBRENNIKOV, Album einiger Säugetiere. oz 1 mm - \ S R ’ < = a 5 = + ’ = g. f} * - 5 . Dar . . " i i * 3 ß 3 r f A N ’ vw “x AIR f E 4 - ” u . } j , r ii x A ‘ im * x u Br . ’ h Ay fi na ‘ u . . K k = \ \ N D Li - Y =. Ak 5 0 N a 5 u . © . + % 7 ’ 4 u - - B F r [67 Ri ei * ” 1 M An ” [3 fi 5 ® = Zu “ R 2 2 Pr c nr En Steele Pi anne ni Tri nr fr 5 er oh \ | In 1 An Bun I ” 'n t 74 t va BEE er Eye RN Lac, ® Buchdruckerei REINHOLD BERGER Lucka (Bez. Leipzig) ©) _.e üi ihloH u pe = Ay E S “= = | Zeitschrift fur Säugetierkü nd Im Auftrage der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V. herausgegeben von Dr. Hermann Pohle, Berlin Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde. BEE BEE EEE EEE EBENE EEE RE FERERETT 5. Band 10. 11. 1930 | Heft 3/4 == 136 Seiten Text und 5 Tafeln. | Berlin 1930 InKommission bei Dr. W. Stichel, Leipzig nn en nn nn nn mn nt { N (As 5 an ÄLTLTUTS Fr lEr re we de pe nn eg era nenghaen 10 0 \ ’ + DENK a x h Mi N + j f 1 r N ’ i $ .i Baar % [' ErV, \ Y = M N c IR r R H Ya 1% Ark N “ { BR. RENNER RE RR BR PIE EN ENTE RAT SGERE ee Br ee NT EEE ER: 12 Aa ar male D Film Ne LEE 2 ELSE EEE e Y NN N Tree I 1 Pe IRRE er / zB tehagE } ” " ; i Ki RE El ne bi ua eh { A a TR ER 2 £ Mn MER OIPHTL REN Veh ren Inn a ee f Zeitschrift für Säugetierkunde. 5. Band 10. 11. 1930. Heft 3/4. 4.) Modifikationen im Zusammenhang von Funktion und Gelenkflächenausbildung am Carpalsegment arctoider Carnivoren. Von RUDOLF LIPS (Berlin). Mit 126 Abbildungen im Text und auf den Tafeln XV—XIX. Inhalt. Seite AyrBinleitung und Problemstellung. . . «© 2 2 2.2 0 2.e.2.2 00 0u..106 EisBieneHand am allgemeinen . 2. 2... rue teen nen sstlE a) Vorbemerkungen . . . NEL ONE N U RO ER RZ b) Das Handskelett als Gunses SEE EEE ISO ER TR Eee I 1) OmlkeseinzeimensKnochen = u... 0 ee ee nes 14 3) June Mineral NS ae a ee rn! C) Die „Hand“ im speziellen . . . . . al oh ee a) Nomenklatur der Ebenen, Ueersuohnnsemethoden a er b) Untersuchungsprotokolle: 1. Canis familiaris L., Canis pus L. . : x =... 220... 187 I UZTesEnelespua nen nn ekenere 800.102 DE, Saar RER SE er a a a BUS sNanchosE Ba un le Be ee 1 189 DErlhalassarctos maritimus E.ı. .ı. "VS 0 2. ..202 VI. Potos flavus SCHREB. . .. . 2.209 c) Bewegungsvermögen und lonkrerbindung n im a alessnent (Ver- sieieh). . . . ß SE NEE Ra RR re I. Faktoren ea Bey denbaarten EIS RAE TOR oh Ce ee 214 II. Bewegungsvermögen und Gelenkverbindung des nen: . 219 IEPSlper) Westigkeit® im Garpalsegment . . . 2 2.2 .....220 IV. Betrachtungen über das Handgewölbe . . . » al V. Wirkung von Gebrauch und Nichtgebrauch auf die over ln Gelenkflächen . . . . ; . 22 VI. Argumente für die Desktieung des Fiek’schen @bsoizes . . 225 VII. Zusammenhang von Dorsalflexion und Trittfläcke . . . . 226 D) Der Einfluß der Ausbildung der Incisura semilunaris ulnae auf Pronation Beoksuprmesen der „Hand! . oo ..0n 0 Bela ceniae. 280 E) Zusammenfassung: Die einzelnen Anpassungen . 2. 2 2 22.22... %35 REN er | 6) Tafelerklärung . te 72 106 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. A) Einleitung und Problemstellung. Die klassische Anatomie, die „Zergliederungskunst“ in des Wortes wahrster Bedeutung, mußte mit Ergebnissen rechnen, die genau wie in der mikroskopischen Technik den Verhältnissen intra vitam zwar mehr oder weniger nahekamen, sie aber nie völlig erreichten. Es ist daher verständ- lich, daß die überwiegende Betonung des rein Morphologischen in der ver- gleichenden Anatomie nicht selten zu einer gewissen Starrheit führte, ein Zustand, den man in abfälliger Redeweise mit dem Namen „Leichenanatomie“ belegte. Aber schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts befaßte man sich in bewußter Art mit anderen, lebendigeren Grundsätzen in der ver- gleichenden Anatomie. Es fand eine Wegtrennung statt. Während sich viele vergleichende Anatomen auf Homologienforschung beschränkten, gab es auch einige Gelehrte, die sich mehr mit der funktionellen Seite der ver- gleichenden Anatomie befaßten (so z. B. A. FICK 1879, HENKE 1863, LUCAE 1872, MEYER 1890, NAGNER 1877, TEILO 1899 u. 1900,... um einige Namen zu nennen). Auf diesen beiden Straßen, die nebeneinander herlaufen, haben sich die Forscher je nach Neigung und Anlage bewegt. In neuerer Zeit aber gewinnt der letztere Weg immer mehr an Be- deutung, indem man das lebende Tier stärker in den Vordergrund des Interesses rückt. Man geht von physiologischen Beobachtungen aus, und versucht sie anatomisch zu erklären. Arbeiten u. a. von BERGMANN, LEUCKART, HABERLANDT, W. KÜKENTHAL, R. HESSE u. A. DOFLEIN, A. v. HALLER etc. zeigen uns, wie das Moment des Physiologischen immer tiefer in die Anatomie hineingetragen wurde. So hat die „physiologisch- anatomische“ Betrachtungsweise immer mehr an Geltung gewonnen, und es wird in der neuesten Zeit die Erforschung von Lebensweise und Körper- form in ihrem ursächlichen Verhalten zueinander mit einer Anzahl von Ar- beiten über funktionelle Anpassung (H. BÖKER u. a.) ständig fortgesetzt. Jedoch hat jede wissenschaftliche Forschungsmethode ihr Aschenbrödel. In der „physiologischen Anatomie* — wie ich diese Forschungsrichtung nennen möchte — scheint die Gelenkmechanik zu der Rolle eines solchen verurteilt zu sein. Betrachtet man das Tier in seinem natürlichen Zusammen- hange, eingedenk des Grundprinzipes, daß das Ganze nur durch seine ein- zelnen Teile, aber auch jeder von diesen nur durch das Ganze zum vollen, klaren Verständnis gebracht wird, so wird dem Gelenk mit eine führende Rolle der physiologisch-anatomischen Betrachtungsweise verliehen. Da wir weder an starre Beständigkeit noch an plötzliche, sprungweise Änderung der Form glauben, erachten wir sie jedenfalls als biegsam und anpassungs- fähig. Form und Funktion, — das ist die stillschweigende Voraussetzung R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 107 unserer Untersuchungen, — hängen für unser Urteil innig zusammen. Sollten nun alle adaptiven Umgestaltungen im Tierreich an den Gelenken spurlos vorübergehen? Sollten sie nicht vielmehr gerade in ihnen, als der unmittel- baren Unterlage jeder Bewegung, ihren ersten Widerhall finden? Die Ant- wort kann wohl nicht anders als bejahend gegeben werden (TORNIER 1895). Damit gewinnt aber die Gelenkmechanik für die funktionelle Betrachtungs- weise hervorragende Bedeutung. Die Teile des Skeletts, die wohl am sinnfälligsten Zusammenhänge von Form und Funktion und damit auch von Funktion und Gelenkfiächenaus- bildung zeigen, sind wohl die Extremitäten, die in erster Linie das Tier mit seiner Umgebung verbinden. Ja wir können sogar noch weiter gehen und behaupten, daß Hand!) und Fuß in ihren anatomischen Einzelheiten für die Anpassungsfähigkeit der Extremitäten eine besondere Rolle spielen; denn wir müssen uns vor Augen halten, daß wir es mit den verschiedensten Sub- straten zu tun haben, die zunächst auf die Endabschnitte der Extremitäten ganz bestimmte Reaktionsmöglichkeiten besitzen. Während nun der Fuß sich stets großer Beliebtheit erfreut hat und in zelenkmechanischer Beziehung eine Reihe wertvoller Arbeiten hervorgebracht hat (z. B. TORNIER 1888 u. 1890, VIRCHOW 1928 u. a.), steht die Hand in der vergleichenden Anatomie — speziell der Gelenkmechanik — bis heute sehr im Hintergrund. Wohl hat die „Medicin“ den Einblick in die Funk- tion der menschlichen Hand bis an die Grenze des Erreichbaren getrieben. Über Bewegungen jedoch, die in ihr beim Tier vor sich gehen, existieren nur sehr vereinzelte Mitteilungen. Das liegt eben an dem für diesen Teil des Organismus beschrittenen Forschungswege früherer Zeiten, alle anato- mischen Tatsachen nur durch Zurückgehen auf homologe Zustände bei primi- tiveren Wirbeltieren zu erklären (z. B. BAUR 1885, BARDELEBEN 1885 und 1894, EISLER 1896, GEGENBAUR 1864, STIEDA 1893, WYMAN 1867 u. a.). Allenfalls werden in manchen Schriften von den Autoren Gelenkformen morphologisch erwähnt (z. B. ELLENBERGER 1891, JULITZ 1909, MARTIN 1919) oder es werden vergleichende Feststellungen gemacht, daß also gewisse Gelenkflächen in einer Tiergruppe vorhanden sind oder fehlen (Bronn’s Klassen und Ordnungen, LUCAE 1872 u. 1873). Angaben über die Bewegungen in den Gelenken, über Eintreten, Aufhören, Verlauf und Ergiebigkeit der einzelnen Gelenkbewegungen fehlen mit einer einzigen Ausnahme, einer Arbeit von KNIEPKAMP 1926, in der aber das lebende 1!) In den folgenden Ausführungen wird an Stelle des langen Wortes „Ter- minalsegment der Vordergliedmaße“ oft der Ausdruck „Hand“ gebraucht werden. 73* 108 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tier gar nicht berücksichtigt wird, sondern lediglich deskriptiv der anato- mische Befund niedergelegt ist. Sieht man von den Werken einzelner Anthro- potomen ab, die wohl in mancher Hinsicht als Vorbild dienen können, so kann man von einer Vorarbeit im gelenkmechanischen Sinne auf zoologischer Seite kaum sprechen (s. Literaturverzeichnis!). Mit dieser Arbeit will ich mich bemühen, die Lücke, die durch die stiefmütterliche Behandiung der Hand entstanden ist, wenigstens zu einem kleinen Teile auszufüllen. Es fragte sich nun, geeignete Untersuchungsobjekte zu finden, nach Möglichkeit aus einer Tierordnung, die durch den exklusiven Gebrauch der Gliedmaßen nach den verschiedensten Richtungen hin sich die verschieden- sten adaptiven Umgestaltungen geschaffen hat. Nun sind unter den Carni- voren, insbesondere unter der Sektion der Arctoidea gerade solche Tiere vertreten, die die einzelnen Anpassungen des Laufens, Kletterns, Grabens und Schwimmens in hervorragender Weise zeigen. Aus diesem Grunde wurden sie als Untersuchungsobjekte gewählt. Außerdem hat die Beschränkung auf den Kreis der Arctoidea den Vorteil, daß infolge der engen Verwandtschaft allzugroße äußerliche, morphologische Verschiedenheiten der entsprechenden Knochen nicht auftreten können, so daß also lediglich die Modifikationen der Gelenkflächen im Zusammenhang mit der Funktion deutlich demonstriert werden können. Aber nicht nur einer gelenkmechanischen Untersuchung obengenannter Typen sollte diese Arbeit dienen. Es kristallisierte sich nämlich bei Bearbei- tung dieses Gebietes das Problem heraus, ob denn die knöchernen Bestand- teile des Carpalsegmentes der Arctoidea neben den Charakteren der allen gemeinsam zukommenden einfachen Lokomotion für die einzelnen Typen spe- zifische Charaktere herausgebildet haben, die in den einzelnen Gelenkflächen ihre Fixierung finden müßten. Und so soll die vorliegende Arbeit mit dem Ziele kulminieren, folgende Frage so weit wie möglich der Lösung nahe zu bringen: „Ist esmöglich, mit Hilfe von spezifischen Charak- teren die verschiedenen Ausbildungsformen der Raubtier- hand (plantigrad, digitigrad, Lauf-, Kletterhände etc.) ana- tomisch zu kennzeichnen?* Die vorliegender Arbeit zugrunde liegende Untersuchungsmethode ist eine rein biologische, d. h. die Beobachtung des lebenden Tieres — wozu ich im Berliner Zoologischen Garten ausreichend Gelegenheit hatte — ging stets mit der anatomischen Erfassung der verschiedenen Bewegungsvorgänge Hand in Hand. Ich ging also von den gegebenen Fortbewegungsarten aus, um dann erst am Präparat die Bewegungen nachzumachen und somit die anatomischen R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 109 (gelenkmechanischen) Unterschiede zu finden. Gewiß konnte ich nicht alle Bewegungen, die ein Tier in seinem Leben auszuführen imstande ist, beob- achten, — wie z. B. die Grabbewegungen des Dachses, weil er in einem steinbedeckten Käfig untergebracht war, — und ich bin daher nicht in der glücklichen Lage wie die Mediziner, die ihr Untersuchungsobjekt stets bei der „Hand“ — im wahrsten Sinne des Wortes — hatten. Es wurden daher viele Photographien benutzt, die die untersuchten Tiere in den ver- schiedensten Stellungen zeigten (u. a. KNOTTNERUS-MEYER 1925, BRAESS 1925). So war es möglich, die Bewegungen, die ich am Tier selbst nicht sehen konnte, am Präparat der Lebendbewegung entsprechend mit ziemlicher Genauigkeit zu rekonstruieren, so daß die anatomischen Verhältnisse den vitalen sehr nahe kamen. Bei dieser Gelegenheit konnte auch untersucht werden, inwieweit von der Möglichkeit der Bewegungen, wie sie der Gelenk- mechanismus an sich bietet, im Leben Gebrauch gemacht wird. Film und Zeitlupe wären mir erwünschte Helfer gewesen; ich mußte sie mir aber aus pekuniären Gründen versagen. Es liegt in der Natur der Arbeit, daß des öfteren von „Anpassung“ gesprochen werden muß. Um von vornherein allem Zweifel die Spitze ab- zubrechen, ob diese Frage durch direkte äußere Bewirkung im Sinne von LAMARCK oder durch die Kraft der Selektion, wie DARWIN meinte, er- folgt ist, betone ich hier bereits ausdrücklich, daß das Problem in dieser Fragestellung hierbei gänzlich unerörtert bleiben wird. Ferner bemerke ich zum leichteren Verständnis der folgenden Erörte- rungen, daß die technischen Ausdrücke, die ich in dieser Arbeit verwenden werde, die von HENLE 1855 in die Anatomie eingeführten und allen Ana- tomen geläufig sind. Einige von mir kombinierte Begriffe, um mich bei der Ortsbezeichnung der beschriebenen Teile der Hand verständlicher zu machen, bedürfen jedoch der Erklärung. Ich verwende die Ausdrücke proximal, distal, radial, ulnar, dorsal, volar. Der proximale Teil der Hand wird durch die Elle und Speiche, der distale durch die Fingerspitzen begrenzt. Die Daumen- seite heißt radiale, die Kleinfingerseite ulnare. Gelenkflächen und Knochen- teile, die nach den betreffenden Seiten gerichtet sind, heißen proximale, di- stale, oder radiale, ulnare Gelenk- bzw. Knochenteile. Wenn ich zwei dieser Ortsbezeichnungen durch einen Bindestrich verbinde, so will ich damit an- deuten, daß die beiden Begriffe kombiniert gedacht werden müssen. Z. B. soll „die distal-ulnare Ecke der Gelenkfläche“ diejenige Ecke der Gelenkfläche bezeichnen, die durch den Zusammenfluß ihres distalen und ulnaren Randes gebildet wird. Wird eine Ortsbezeichnung mit der anderen durch die Endung „o* verbunden, so soll damit einfach die Richtung der Bewegung angegeben 110 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. werden; heißt es also: „Der Knochen bewegt sich in dorso-volarer Richtung“, so bedeutet dies, daß er sich aus der dorsalen Lage volarwärts bewegt. Alle übrigen Kombinationen der technischen Begriffe dürften nach obigen Erläuterungen ohne Erklärung verständlich sein. Der Vorteil dieser topo- graphischen Bezeichnung liegt darin, daß sie nie zu Mißverständnissen An- laß geben kann; denn sie ist ganz unabhängig von der wirklichen Stellung des Knochens im Raum angewandt. Die Arbeit wurde in der Säugetierabteilung des Berliner Zoologischen Museums ausgeführt, wo mir Herr Direktor Prof. Dr. ©. ZIMMER einen Arbeitsplatz und die Bibliothek zur Verfügung stellte, wofür ich ihm zu besonderem Danke verpflichtet bin. Außerdem gedenke ich in aufrichtigster Dankbarkeit der in jeder Beziehung bereitwilligsten Unterstützung, die mir Herr Prof. Dr. G. TORNIER stets angedeihen ließ. Ferner sage ich hiermit Herrn Dr. H. POHLE, Kustos der Säugetierabteilung, meinen herzlichsten Dank für das Wohlwollen und die große Bereitwilligkeit, mit der er allen meinen Bitten und Wünschen entgegengekommen ist und mir bei der Be- schaffung der Muskelpräparate, die für eine solche Arbeit eine zwingende Notwendigkeit darstellen, und in sonstigen, meine Arbeit betreffenden Dingen mit Rat und Tat zur Seite stand. In gleicher Weise zu besonderem Dank verpflichtet bin ich Herrn Geh. Hofrat Prof. Dr. L. HECK, Direktor des Ber- liner Zoologischen Gartens, sowie Herrn Geh. Med.-Rat Prof. Dr. R. FICK, Direktor des Medicin.-Anatomischen Institutes der Universität Berlin. Das Material, das mir zur Verfügung stand, entstammt, soweit es sich um Rohskelette und um Spirituspräparate handelt, ausschließlich der Säuge- tiersammlung des Zoologischen Museums. Außerdem bekam ich durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. F. SCHÖNBERG, für die ich auch ihm an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank ausspreche, frische Hundeextremitäten aus dem Anatomischen Institut der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin. Es wurden lediglich solche Raubtiere untersucht, die als Typen am ausgeprägtesten die verschiedenen funktionellen Differenzierungen des Laufens, Grabens, Schwimmens und Kletterns zeigen, so Canis lupus L. als Lauftyp, Meles meles L. als Gräbertyp, Potos flavus SCHREB. als Klettertyp, Thalassarctos maritimus L. Lutra lutra L. Ursus arctos L. als Typ, der die drei Differenzierungen des 'Laufens, ’Kletterns und Schwimmens in gleicher Weise beherrscht. als Schwimmertypen, R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 111 B) „Die Hand‘ im allgemeinen, a. Vorbemerkungen. Die Extremitäten haben eine doppelte Aufgabe: Den Körper fortzu- bewegen und ihn zu tragen, Auch die Vorderextremitäten dienen vorzugs- weise der Lokomotion, außerdem enthalten sie aber noch ein agressives Ele- ment, das sich namentlich im distalen Abschnitt in vielfältigen funktionellen Anpassungen geäußert hat, die dann zu vielseitigen Änderungen der Knochen und der Gelenkformen führen mußten. So dienen sie verschiedenen Gebrauchs- möglichkeiten, wie Graben, Klettern, Greifen, um einige Fähigkeiten zu nennen. Je mehr sie nach diesen Richtungen hin ausgenutzt werden, um so mehr entziehen sie sich schließlich der Lokomotions- und Stützfunktion und gelangen so schrittweise zu einer Annäherung an das Verhalten der Vorder- extremität beim Menschen, die den Vorzug des Universellen in sich birgt. Dies hat dazu geführt, dem menschlichen distalen Abschnitt der Vorderglied- maße die Bezeichnung „Hand“ zu geben, wobei also lediglich die Funktion das Ausschlaggebende war. Stellt man sich nun die Aufgabe, ein Organsystem eines Tieres nach seinen Verrichtungen hin zu untersuchen, so muß zuerst eine morphologische Grundlage für diese geschaffen werden. Da auch nach GEGENBAUR „die physiologische Funktion im gewissen Sinne das Organ beherrscht und darin das Morphologische dem Physiologischen untergeordnet“ ist, so sei die Morphologie des Carpus zuerst behandelt. Da sich die Untersuchungen auf die Sektion der Arctoidea, also einen verhältnismäßig kleinen Teil im großen Gebiet der Säugetiere, beschränken und aus jeder der vier vor- handenen Familien mindestens ein Vertreter infolge charakteristischer Lebens- weise gewählt worden ist, so sind von vorn herein große Ähnlichkeiten in der Topographie und der Gestalt der Carpalia zu erwarten, zumal, wenn man sich die Zusamenhänge dieser Familien stammbaumartig klar macht. Nach Untersuchungen von MATTHEW 1909 lassen sich nämlich alle Tiere dieser Familien von einer Gruppe von Raubtierahnen, den Miaciden, her- leiten, die im proximalen Abschnitte des Carpus noch vier getrennte Knochen besaßen. Der Stammbaum sieht für die Arctoidea dann folgendermaßen aus: Miacidae Mustelidae Ursidae Procyonidae Oanidae 112 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Vorausgeschickt sei noch, daß sich sämtliche Beschreibungen auf die rechte Vorderextremität beziehen, was im folgenden nicht mehr zur Erwähnung gelangt. b. Das Handskelett als Ganzes. °) Das Skelett der pentadaktylen Hand der sechs untersuchten Tiere läßt sich in drei größere Abschnitte teilen: 1. Die Handwurzel, Carpus, die aus zwei Reihen von Knochen zusammen- gesetzt ist; 2. die Mittelhand, Metacarpus, die aus fünf Röhrenknochen besteht, und 3. die Finger, Digiti ossei, von denen der erste zwei Phalangen trägt, die übrigen vier Finger (2.—5.) deren drei besitzen. Der Carpus stellt die Verbindung mit dem Unterarm, der Ulna und dem Radius her. Da uns hier nur der distale Abschnitt des Unterarmes interessiert, folgt seine nähere Beschreibung (s. Abb. 1): Die Ulna hat an der Tren- nungslinie zwischen der unteren Epiphyse und Diaphyse eine kleine Gelenkfläche, capitulum ulnae, für den Radius; ferner, weiter distal gelegen, am ulnaren Rande einen Y ar ES a IE Se SS -FIISSIS TS nn = _I>T I SI Hay kurzen, zylindrischen, vorspringen- N den Fortsatz, Processus styloideus 157 h ulnae, der am Ende eine Gelenk- v fläche besitzt und mit dieser am m S IN Os Ulnare und am Os Pisiforme artikuliert. Durch das Capitulum und den in den Proc. Styl. ulnae auslaufenden Teil der Ulna kann bei Canis und Meles eine Rinne begrenzt werden, in der der Mus- culus extensor digitorum lateralis gleitet. Bei den übrigen Tieren bricht sie entweder vorher ab (Potos, Lutra) oder ist gar nicht vorhanden (Ursus). Sn nn SEN. 2 =. RN IN = = EN TEL BS 3 \ N 7 3 = 1g: PS dr yon II Pu \ 1 Abb. 1. Der distale Teil des Unterarmes von Canis in dorsaler Aufsicht. 1:1 nat. Gr. 2) Zu diesem Abschnitt sind Abbildungen nur von Canis lupus L. und Tha- lassartos maritimus L. gewählt worden, da diese Tiere am klarsten die morpho- logischen Gegensätze — soweit man von Gegensätzen überhaupt sprechen kann — zeigen. . R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 113: Das uns angehende untere Ende des Radius ist breit und dick. An seinem radialen Rande befindet sich ein flach abgerundeter und über den unteren Rand des Knochens hervorragender Fortsatz, Processus styloideus radi. Am ulnaren Rande trägt er eine mit der Konkavität volarwärts ge- richtete Gelenkfläche, Inceisura ulnaris radii, in der das Capitulum ulnae spielt. Diese seitlichen Gelenkflächen sind entweder ganz flach (Canis, Meles) oder heben sich stärker hervor (Lutra), um bei Ursus und besonders bei Potos (vgl. Abb. 95) auf gewaltigen Erhöhungen zu liegen. Die Endfläche des Radius, Facies articularis carpea, ist für den Carpus und zwar für das Os Radiale et intermedium (bei Oanis auch noch für das Os Ulnare) bestimmt. Sie ist stets an der ulnaren Seite breiter als an der radialen, wo sie in eine auf die Distalseite des Processus styloideus übergehende ziemlich schmale- Fläche ausläuft. Über den Gelenkcharakter soll an dieser Stelle noch nichts gesagt werden. Er bildet ja die Hauptuntersuchung im nächsten Teile der Arbeit. Das gilt auch für alle übrigen noch zu beschreibenden Knochen. Auf der oberen, dorsalen Fläche des Radius lassen sich drei (Üanis, Potos, Lutra, Ursus, Meles) tiefe Furchen unterscheiden, in denen von der Ineisura ulnaris radii gerechnet, die Endsehnen des Musculus extensor digi- torum communis, des Musc. extensor carpi radialis longus et brevis und des Muse. abductor longus et extensor brevis pollieis entlang gleiten (vgl. Abb. 1). Der Carpus aller untersuchten Tiere setzt sich aus sieben Stamm- knochen zusammen, die, in zwei Reihen angeordnet, mit dem Unterarm und. der Mittelhand und unter sich artikulieren. Es werden für die einzelnen Carpalknochen drei verschiedene Namen verwendet, die ich im folgenden zu-- sammenstellen möchte: I, II. ET 1. Os Radiale et inter-- Os Naviculare (4- Os Scapho-Lunare medium Lunare 2. Os Ulnare Os Cuneiforme Cuneiform 3. Accessorium od. Os Os Pisiforme Pisiform Pisiforme 4. Os Carpale I Os Multangulum majus Trapezium 5. Os Carpale II Os Multangulum minus Trapezoid 6. Os Carpale III Os Capitatum Magnum 7. Os Carpale IV V Os Hamatum Uneiform In der ersten Spalte stehen die Namen der vergleichenden Anatomen (wie sie von GEGENBAUR eingeführt wurden), in der zweiten Spalte die- Namen, wie sie von amerikanischen und englischen Anatomen gebraucht. werden. 114 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Die gegenseitige Lage dieser Knochen zeigt uns Abb. 83, die die rechte Vorderextremität von Ursus arctos darstellt. Die proximale Reihe wird aus drei Knochen gebildet, dem sehr breiten Os Rad. et intermed., das mit der ganzen Gelenkfläche des Radius in Verbindung steht, dem Os Ulnare und dem Os Pisiforme, die beide mit der Ulna artikulieren. Die distale Reihe enthält die Carpalia I—IV, von denen der größte das an der ulnaren Seite gelegene Os Carpale IV -- V ist, das sich mit dem Os Ulnare und dem Os Rad. et intermed. verbindet; die Carpalia I—III ge- lenken zusammen am Os Rad. et intermed.. Das Os Rad. et intermed. er- scheint demnach als der wichtigste Knochen im Carpus. Die distale Reihe stellt nun die Verbindung mit den fünf Metacarpalia her. Die Metacarpalia IV und V artikulieren mit dem Os Carpale IV V, der Metacarpale III mit dem Os Carpale III, der Me. II mit Os Carpale II und I und der Mc. I mit Os Carpale I. In dieser beschriebenen Gelenkung können nun aber verschiedene Modifikationen stattfinden; da sie im nächsten Kapitel ihre genaue Beschreibung erfahren, wird hier nur die Norm angegeben. c. Die einzelnen Knochen. 1. Os Radiale et intermedium, Scapho-Lunare. Dieser Carpalknochen liegt an der adialen Seite der Hand und artiku- liert mit dem Radius und, mit Aus- nahme des Os Pisiforme, mit allen 12 nahmen: Meles, Lutra; hier nur mit Carpalia I—IV). Er ist daher auch der größte Knochen des Segmentes. Am Os Rad. et intermed. treten deutlich zwei Abschnitte hervor, näm- lich a) die Hauptmasse des Knochens, Corpus Rad. et intermed., von zum größten Teil rechteckigem bis rhom- 5 ö E | boiden Querschnitt für einen auf die intermedium in proximaler Ansicht, } : ; Die Fac. art rad. ist getont. Proximalseite des Knochens blicken- 2:1 nat. Gr. den Beschauer. (s. Abb. 2, 3). Wenn ich die einzelnen Flächen der Knochen mit geometrischen vergleiche, so ist das nicht so zu verstehen, daß diese so bezeichneten Flächen tatsächlich genau mit den geometrischen übereinstimmen. Vielmehr sind die Vergleiche stets cum grano salis aufzufassen. Wenn sie daher auch oft etwas „hinken‘ werden, so ur Di Abb. 2. Canis lupus L. Os Radiale et anderen Knochen des Carpus (Aus- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 7175 ' kommt doch der Nachteil einer solchen Beschreibung stets dem besseren Ver- ständnis zugute. | Die volar-radiale Ecke ist b) mit einem mehr (Ursus, Potos, Lutra) oder weniger (Canis, Meles) kräftig entwickelten Processus carpi radialis versehen (s. Abb. 2—7), der sich in volar-radialer Richtung erstreckt. An der radialen Seite des Processus befindet sich häufig ein kleines radiogenes Knöchelchen (Praepollex BARDELEBEN). Ab.3. Thalassarctos maritimus L. Os Radiale et intermedium, proximale Ansicht (oben = dorsal, unten — volar, links = radial, rechts — ulnar). 1:1 nat. Gr. Am Corpus Radiale et intermed. erkennt man die proximale Ober- fläche als die größte und einheitlichste (Abb. 2,3, 7). Diese Facies articularis radialis stößt unmittelbar an die Radiusfacette, hat also Gelenkflächencharakter. 'Sie ist ungefähr rechteckig bis rhomboid, konvex und annähernd zweimal so lang wie breit. Der dorsale Rand setzt 'sich deutlich mit einer bestimmten Linie von ‘der ‘dorsalen Oberfläche ab (Canis, Zutra, Meles, Ursus) oder ‚aber geht ohne eine bestimmte Linie in sie über (Potos), so daß die dor- sale Oberfläche ebenfalls Gelenkflächencharakter annimmt. Der ulnare Rand ‘wird durch eine Kante von der ulnaren ‘Oberfläche akgesetzt. Der volare sl. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. ‚Rand verläuft bei den Tieren sehr ungleich; sein ulnarer Teil kann sich ziemlich weit auf die volare Fläche fortsetzen (Ursus). Niemals trägt der Processus carp. rad. eine Gelenkfläche. Die Facies art. rad. verläuft stets nur bis zur Basis desselben. Die dorsale Oberfläche ist sehr unregelmäßig gestaltet. Man kann sie vielleicht mit der Form eines Trapezes vergleichen, deren Basis an der proximalen Seite des Knochens liegt. Distalwärts ragen mehr (Ursus) oder weniger (Canis, Lutra, Meles, Potos) zwei Höcker hervor, deren Ränder die Artikulationshöhlen für die Carpalia IV 4- V und III dorsalwärts ab- schließen. Die proximale Begrenzung der Dorsalfläche ist der Rand der Facies art. rad., daher leicht gerundet. In diesen Fällen (Canis, Lutra, Meles, Ursus) ist die Oberfläche zur Anheftung von Ligamenten angerauht. Bei Potos dagegen trägt die Dorsalfläche trotz sonst gleichen Umrisses Gelenk- charakter, ist deshalb ganz glatt und geht allmählich in die Fac. art. rad. über. Die distale Oberfläche (Abb. 4, 5, 6), dem Umfange nach etwa der proximalen entsprechend, ist in sich in mehrere Gelenkflächen gespalten, die 5 5 alle konkav — und zwar stets der ulnare Teil stärker als der radiale — ausgehöhlt sind. Wir können im ganzen drei Abteilun- gen unterscheiden, die für die vier distalen Carpalknochen Gelenkmöglichkeiten darbie- ten. Im ulnaren Teil liegt die Fac. art. hamati (Abb. 4a, 5a, 6a, 7a), die die Ver- bindung mit dem Os Carpale IV — V her- stellt, daneben, nach der radialen Seite zu, die mittlere Gelenkfläche Fac. art. capitati (Abb. 4b, 5b, 6b, 7b) für das Os Carpale III und endlich im radialen Teil ein Gelenk- flächenabschnitt, Fac. art. medialis (Abb. 4c, intermed. in distaler Ansicht (a = Be, 6e), an "dem dieNGEnp Eee n Be Fac. art. hamati, b— Fac. art. ca. Jenken. Stets sind die Fac. art. hamati und pitati, ce = Fac. art. medialis). die Fac. art. capitati stärker ausgehöhlt 2:1 nat. Gr. als die Fac. art. medialis. Das ulnar- volare Ende der Fac. art. hamati biegt noch entweder mit einer ziemlich starken Kante in eine dreieckige (Ursus, Potos) oder halbmondförmige (Canis) Artikulationsfläche für das Os Ulnare um, die bei Oanis und Potos sogar ganz auf die ulnare Oberfläche des Knochens herumgerückt ist, oder sie bildet. gar keine Artikulationsfläche für das Os Ulnare aus (Meles, Lutra). Im Gegen- satz zur proximalen Oberfläche des Knochens gehen hier die Gelenkflächen: Abb. 4. Canis lupus L. Os Rad. et R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 7117 auf den Processus Carp. rad. über, lassen aber mehr (Canis) oder weniger (Ursus, Potos, Meles, Lutra) die volaren Teile des Processus frei. Die volare Oberfläche enthält an ihrer radialen Seite den Processus Carp. rad.. Ihre Größe variiert bei den untersuchten Tieren. Sie ist auf ihrer ganzen Volarfläche angerauht und enthält auf ihrer ulnaren Seite an ihrer Basis eine breite Rinne für die Sehne des Muse, flexor carpi radialis, die den größten Teil der ulnaren Seite bedecken kann (Üanis, Meles), jedoch bei ZLutra weniger stark ausgebildet ist. Die übrige ulnar von dem Pro- cessus gelegene Volarfläche zieht sich in einem breiten rauhen Streifen über den Knochen und dient bei Ursus, Potos, Lutra wenigstens im ulnaren HER FFrUE AR PREZER BR AH HGF ER, Abb. 5. Thalassarctos. Os Rad. et intermed., distal (a—=Fac. art.hamati, — Fac. art. capitati, ce = Fac. art. medialis). 1:1 nat. Gr. Teile dieser Ansicht als Fortsetzung der proximalen Gelenkfläche (Fac. art. rad.). Deshalb wird ihre obere, proximale Kante entweder durch den unteren Rand der proximalen Gelenkfläche dargestellt (Canis, Meles), oder aber sie wird vollkommen durch eine glatte abgerundete „Kante“ der Fac. art, rad. gebildet (Ursus, Lutra, Potos). Die vorhandenen Tuberositäten dienen zum Teil als Ursprungsstellen der Sehnenfasern des Ligamentum carpi trans- versale. Bei Ursus und Potos, wo die Sehnenrinne des Musc. flex. carp. rad. fehlt, ist der Processus ebenfalls angerauht und dient in diesen Fällen als Insertionsstelle desselben Muskels. 118 Zeitschrit für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Die eigentliche radiale Fläche des Os Rad. et intermed. existiert kaum als solche. Sie ist auf eine schmale rauhe Kante reduziert, die auf der distalen Seite von der schräg auf sie zulaufenden Fac. art. medialis und auf der proximalen Seite von der Fac. art. rad. begrenzt wird. Nach unten, also nach der volaren Seite zu, verbreitert sie sich und ihre Ränder verlaufen Abb. 6. Canis lupus L. Os Rad. et intermedium. (Nach rechts oben zeigend: distale Seite, getont, nach links unten zeigend: proximale Seite, nur die ulnare Kante dieser Fläche ist sichtbar). 2:1 nat. Gr. volar-distalwärts bezw. volar-proximalwärts, und der Processus setzt in seiner vollen Aus- dehnung die Radialfläche volarwärts fort. Es sind also an der radialen Fläche keine eigentlichen Gelenkfacetten festzustellen. Der Processus macht einen abgerundeten Ein- druck und besitzt meistens im unteren (vo- laren) Teile eine von der sonst rauhen Ober- fläche abstechende glatte und abgerundete Fläche, die für das schon oben erwähnte radiogene Knöchelchen bestimmt ist, das als eine Verknöcherung in der Sehne des Musc. extensor ossis metacarpi pollicis aufgefaßt wird. Determination: Richtet man die große konvexe (proximale) Gelenkfläche auf den Betrachtenden so, daß der Processus nach unten zeigt, so erblickt man das Os Radiale et intermedium in seiner natür- lichen Lage (Abb. 2). ; LH VEEIIITZETG SE Y or IR \ (X HEINE a0 DEE j BANN Su MN Abb. 7. Thalassarctos. Os Rad. et intermed., ulnar (obere getonte Fläche (d) —= proximale Fac. art. radialis, a —= Fac. art. hamatı, b=Fac. art. capitati, links der Processus carpi radialis). 1:1 nat. Gr. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 719 2. Os Ulnare, Os Cuneiforme bildet den ulnaren Abschnitt der proximalen Reihe und kann durch seine viereckige, scheibenförmige Gestalt von den anderen Carpalknochen unter- schieden werden, wovon allerdings das Os Ulnare von Canis eine Ausnahme macht. Es artikuliert mit der Ulna und dem Os Pisiforme auf der proxi- malen und mit dem Os Carpale IV — V auf der distalen Seite, außerdem findet bei Canis, Ursus und Potos noch eine interecarpale Gelenkung, mit dem Os Rad. et intermed. statt. Es stellt eine flache Scheibe dar, deren Umriß etwa die Gestalt eines Rechteckes hat, das auf seiner ulnar-volaren Seite einen Fortsatz ausgebildet hat, der Höcker- oder sogar Köpfchenform (Canis) annehmen kann. Die proximale Oberfläche (Abb. 8, 9) ist in ihrer ganzen rechteckigen Ausdehnung von zwei konkaven Gelenkflächen in Anspruch genommen, die nur dureh einen Wall von der oberen, radialen Seite nach schräg unten zur ulnaren Seite von einander getrennt sind. In der oberen Gelenkfläche spielt der Processus styloideus ulnae, an die untere, die auf den höcker- artigen Fortsatz übergeht, gelenkt das Os Pisiforme. Die obere ist stets konkaver als die untere, deren Konkavität äußerst gering ist, aber dafür in radial-ulnarer Richtung leichte Konvexität aufweist. E- S EZ LIEST, h PS> FR ‚ST 3 Sa: 3 5 TE N Re = BES EN 2 & q N 1 TIER 5 B \ Abb. 8. Thalassarctos. Os Ulnare, Abb. 10. Thalassaretos. Os Ulnare, proximal. 1:1 nat. Gr. distal, (die untere rechte getonte Fläche artikuliert an dasOsRad. et intermed.). 1:1 nat. Gr. Gänzlich modifiziert ist die Proximalfläche des Os Ulnare bei Canis. (Abb. 9). Auch hier lassen sich zwei Teile an der ganzen Fläche unter- scheiden. Jedoch ist die Gestalt der Proximalfläche im Umriß nicht mehr 120 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. rechteckig, sondern unregelmäßig viereckig, wobei die Ecken mehr oder we- niger gerundet sind. Auch hier verläuft der Wall von radial oben nach ulnar unten, ist hier aber nicht so stark ausgeprägt wie bei den übrigen Ossa Ulnaria. Das kommt daher, daß die beiden Gelenkflächen nicht mehr Eonkav sind, sondern die obere konvexe in einem Winkel an die untere fast ebene Fläche stößt. Auch geht die untere Fläche nicht auf den ulnaren Fort- satz, der hier Köpfchenform hat, über. Durch die eminente Ausbildung dieses Köpfchens wird auch die ganze Gestalt des (anis-Ulnare von der bisher be- schriebenen verändert. Die ulnare Oberfläche ist äußerst schmal, der scheibenförmigen Gestalt des Os Ulnare entsprechend. Sie ist entweder rauh (Ursus, Potos) ‘oder aber so schmal, daß man von einer Kante sprechen kann (Meles, Lutra). In diesem Falle stoßen die proximalen Gelenkflächen und eine schräg nach der distalen Seite zu verlaufende Facette zusammen. Denkt man sich diese schräg distal verlaufende Facette immer mehr auf die distale Seite des Knochens verlagert, so daß sie schließlich ganz senkrecht zur ulnaren Seite aufgerichtet ist, so erhält man einen Zustand, wie ihn das Os Ulnare von Canis verkörpert. In diesem Falle ist die Facette relativ auch viel größer und annähernd kreisförmig. So ist auch die große Ausbildung des Köpfchens bei Canıs zu erklären, die ja diese Gelenkfläche auf der distalen Seite trägt. EG een “ ) } RL Hi Abb. 9. Canis. Os Ulnare, Abb. 11. Canis. Os Ulnare, proximale Ansicht. 2:1 nat. Gr. distale Ansicht. 2:1 nat. Gr. Die distale Fläche (Abb. 10, 11) des Os Ulnare trägt eine konkave Gelenkfläche für das Os Carpale IV + V. Sie nimmt den größten Teil der distalen Ulnarefläche ein. Außerdem tritt an der ulnar-volaren Ecke deutlich der ulnare Höcker (Ursus, Lutra, Meles, Potos) oder das Köpfchen (Canis) in Erscheinung. Jenes ist bei Ursus und Potos angerauht, bei Meles und Luira mit einer dorsal-volar langgestreckten Gelenkfläche versehen, die sich bei ‚diesen Tieren nicht nur auf den Höcker beschränkt, sondern sich die ulnare R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 1241 Seite hinaufzieht. Diese Fläche liegt aber zur großen distalen Fläche in einer anderen Ebene, und zwar in einer vertikalen distal-proximal verlaufenden. Nur bei Canis ist diese Fläche in Verbindung mit der eminenten Ausbildung des Höckers zu einem Köpfchen ganz in der distalen Ebene gelegen (Abb. 11). Sie artikuliert bei diesen Tieren mit der Basis des Metacarpale V, dauernd (bei Canis) oder nur in bestimmten Stellungen der Hand’) (bei Meles, Lutra). Die radiale Fläche ist, wie ihre Gegenseite, die ulnare, ebenfalls dank der scheibenförmigen Gestalt des Os Ulnare recht schmal. Am volaren Rande ist bei Ursus und Potos eine ziemlich flache Gelenkfacette vorhanden, die mit dem ulnar-volaren Teil der Fac. art. hamati des Os Rad. et inter- med. gelenkt. Bei Üanis erstreckt sie sich ungefähr zwei Drittel über die ganze Radialfläche, bei Meles und Lutra ist sie gar nicht vorhanden. Die dorsale Fläche ist eben- falls schmal. Ihre Ränder sind nur nach der proximalen und nach der distalen Seite scharf begrenzt. Die beiden anderen, radial und ulnar, sind gebogen und laufen ohne jede scharfe Begrenzung in die beiden letztgenannten Seitenflächen über. Die Fläche selbst ist leicht konvex und für ligamentöse Anheftung angerauht. Auch die volare Ober- fläche des Knochens ist rauh mit Kanten, welche die an jenen Seiten liegende Gelenkflächen be- grenzen. Der Höcker ragt über diese Fläche hervor. Determination: Wird das Os Ulnare so gerichtet, daß der Höcker oder das Köpfchen nach rechts unten zeigt, also die durch den Wall geteilten Gelenkflächen dem Beschauer zugewendet sind, so ist der Knochen richtig gerichtet. Seine natürliche Lage variiert bei den einzelnen Tieren und ist im nächsten Kapitel zu ersehen. Abb. 12. Thalassarctos. Os Pisiforme, dorsal (a = Fac. art. posterior, b = Fac. art. anterior). 1:1 nat. Gr. 3. Os Pisiforme, Accessorium ist neben dem Os Rad. et intermed. der größte Knochen des Carpus, besitzt bedeutende Länge und nimmt die hintere untere ulnare Abteilung der Hand- ®) Siehe darüber das nächste Kapitel S. 95 u. 111. 122 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. wurzel ein. Man erkennt ihn an seiner länglichen, säulenförmigen Gestalt und an seinem geschwollenen, hakenförmigen Ende. Er ist ca. 11/, mal so lang als breit. In seiner natürlichen Lage im Carpus liegt sein langer Durchmesser in schräger Richtung von dorsal-distal nach volar-proximal. Man kann an ihm drei Teile beschreiben: Die Basis, den Schaft und einen Kopf. Abb. 13. Thalassarctos. Os Pisiforme, distal, auf der Seite liegend, d. h. rechts der Kopf, links die Basis. 1:1 nat. Gr. Abb. 14. Thalassarctos. Os Pisiforme, proximal; auf Abb. 15. Canis. Pisi- der Seite liegend, also links der Kopf, rechts die Basis. forme, ulnar. 2:1 nat. Gr. 1:1 nat. Gr. Die Basis enthält die Artikulationsfläche für das Os Ulnare (Fac. art. anterior) (Abb. 12b, 13) und für den Proc. styl. ulnae (Fac. art. posterior) (Abb. 12a, 14). Sie sind beide schmal (Abb. 12). Der lange Durchmesser ver- läuft von der radialen nach der ulnaren Seite. Blickt man von oben auf die Basis, so erscheinen die beiden Flächen dachgiebelförmig angeordnet, d.h. der First. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 123 läuft in Gestalt einer scharfen Kante von radial nach ulnar. Eine Ausnahme hiervon macht wieder Canis, dessen Fac. art. posterior zugunsten der Fac. art. anterior reduziert worden ist. Somit fällt auch bis zu einem gewissen Grade die dachgiebelförmige Gestaltung fort. Die Fac. art. anterior liegt hier ganz horizontal, von der sich in einem rechten Winkel die Fac. art. posterior nach der proximalen Seite zu abzweigt (Abb. 15). Der Schaft ist seitlich, besonders in der Mitte stark komprimiert und besitzt daher eine schlanke Gestalt. Im untersten volaren Abschnitt ver- breitert sich der Schaft und verdickt sich zu einem geschwollenen Köpfchen. Diese Verbreiterung beginnt meist in den ersten Anfängen bereits im mitt- leren Teil des Schaftes und erstreckt sich besonders auf die distale (Lutra, Potos, Ursus) oder ulnare (Canis, Meles) und die untere Seite. Ursache dieser Verbreiterung ist der Ansatz verschiedener Muskeln und Carpal- ligamente. So inseriert hier der Muse. flexor carpi ulnaris, und der Musc. ab- duetor digiti V nimmt hier seinen Ursprung. Auch entspringen verschiedene Sehnenzüge des Muse. flex. digit. longus sublimis an dieser Stelle. Bei Ur- sus, Lutra und Canis trägt die volare Seite des Köpfchens eine breite Rinne von nur geringer Tiefe, die zur Insertion des Musc. flex. carpi ul- naris beiträgt. Determination: Wenn die Basis, die ja durch die beiden Artikulationsflächen festgelegt ist, aufwärts gestellt wird und dabei die ovale Fac. art. posterior an der Basis dem Beschauer zugekehrt ist, so zeigt das geschwollene Köpfchen nach unten und der Knochen liegt somit in seiner natürlichen Lage. Canis. Os Carpale IV-+V 2:1 nat. Gr. Abb. 16. Distal. Abb. 18. Radial. Ab. 20. Proximal. 4. Os Carpale IV+V, Os Hamatum. Dieser Knochen liegt am ulnaren Rande der Hand und ragt in dorsaler Aufsicht auf die Hand keilförmig in die proximale Carpusreihe hinein. Durch seine seitlichen Flächen stellt der Knochen die Verbindung mit dem Os Ul- g'* 124 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. nare und dem Os Rad. et intermed, durch seine distale Fläche die Verbindung mit den Basen der Metacarpalia IV und V her. Die distale Knochenseite ist stets breiter als die proximale, und die dorsale Oberfläche des Knochens hat daher etwa dreieckige Gestalt. Sie ist vollständig rauh. Die distale Oberfläche des Knochens (Abb. 16,17) besitzt in ihrer ganzen Ausdehnung vollausgebildeten Gelenkcharakter. Sie hat Trapezform und ist der dorsale Rand stets länger als der volare (Ausnahme: Potos, wo zwar quadratische Form vorherrscht). Von dorsal nach volar ist stets Konkavität nachzuweisen. Ein Höcker, der sich an der dorsal-ulnaren Seite befindet, ist bei Ursus und Lutra rauh, hat aber bei Meles und Canis Gelenkflächen- charakter. Bei Fotos ist er nicht vorhanden. Außerdem ragt ein Fortsatz über den volaren Rand der distalen Gelenkfläche, der am größten bei Canis ausgebildet ist. Er setzt aber nicht die distale Fläche direkt fort, sondern 27} N A ER ik FH a! F Fr HER N Hi le % wa: 77 SE ; EA 1 f% f IPEFZER ng, DIE Z I RN Abb. 17. Thalassarctos. Abb. 19. Thalassarctos. Os Carpale IV 4 V, distal. Os Carpale, IV —+ V, radial. 1: Ina Gr. 1:1 nat26m ist darunter gelegen. Es ist der Hamulus ossis hamati mit starker Tuberosi- tät. Hier inseriert der Muse. flexor digiti V brevis und zum Teil die Musc. flexores breves profundi. In seiner vollen Ausdehnung kann man ihn in radialer Ansicht (Abb. 18, 19) betrachten. Hier schließt er volarwärts die radiale Oberfläche, die sehr ungleichmäßig gestaltet ist, ab. Sie ist annähernd viereckig, enthält aber nur zum Teil Gelenkflächencharakter. So zieht sich ein Gelenkstreifen im oberen Teil der Fläche vom distalen zum proximalen Rande. Dieser verbreitert sich an den Rändern und zieht sich ganz an ihnen herunter, rahmt gewissermaßen an den proximalen und distalen Rändern die radiale Fläche ein (Ursus und Meles). Der Gelenkstreifen kann aber auch distalwärts beginnen und, breiter und breiter werdend, proximalwärts enden, ohne an den Rändern herabzulaufen (Canis, Potos, Lutra). Diese R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 125 radiale Gelenkfacette dient der Artikulation mit dem Os Carpale III. An den proximalen Rande der Gelenkfläche setzt sich nun in einem Winkel eine weitere Fläche direkt an. Sie geht allmählich in die proximale Fläche des Knochens (Abb. 20, 21) über. Diese wird hier nicht durch eine in einer einheitlichen proximalen Ebene gelegenen Fläche dargestellt. Vielmehr stoßen hier zwei Gelenkflächen in einer von dorsal nach volar gebogenen Kante zusammen, die genau genommen die ganze proximale Fläche repräsentiert, Sie verursacht aber keine Unterbrechung der Gelenkflächen, sondern besitzt ebenfalls Gelenkflächencharakter. Während diese nun bei Ursus und Potos noch genau die äußerste proximale Grenze des Knochens darstellt, wird die nach der radial-proximalen Seite schauende Gelenkfläche bei Meles und Lutra mehr nach der proximalen Seite verlagert, mit anderen Worten, der Winkel, mit dem die beiden Gelenkflächen zusammenstoßen, ist größer als bei Ursus und Potos. Es schaut die Fläche nach proximal-radial. Bei Canis ist der Abb. 21. Thalassarctos. Os Carpale Abb. 22. Thalassarctos. Os Carpale IV + V, proximal. 1:1 nat. Gr. IV-+-V, ulnar. 1:1 nat. Gr. Winkel noch größer, so daß diese Fläche beinahe in die proximale Ebene fällt. Die von der Kante nach der anderen Seite verlaufende Gelenkfläche, bildet die ulnare Oberfläche des Knochens (Abb. 22). Sie liegt nicht in einer zum Beschauer senkrecht verlaufenden Ebene, sondern läuft schräg zur proximalen „Fläche“. Sie ist konvex und kann bis zum distalen Rande verlaufen (Meles, Potos, Lutra), oder aber es liegt ein von Gelenkflächen freier rauher Knochenstreifen zwischen den distalen und ulnaren Gelenkflächen. Der Knochen läuft, von welcher Seite man ihn auch betrachtet, stets auf der volaren Fläche in den Hamulus ossis hamati aus. Somit ist der 126 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Knochen volar stets schlanker als dorsal und ebenfalls proximal (durch die zusammenstoßenden Gelenkflächen) stets schmaler als distal. Determination: Zeigt die einzige konkave (distale) Gelenk- fläche nach vorn, die rauhe dreieckige Seitenfläche nach oben und der rauhe Hamulus ossis hamati nach unten, so befindet sich das Os Car- pale IV + V in seiner natürlichen Lage. 5. Os Carpale III, Os Capitatum, ist im Carpus der Zentralknochen der distalen Reihe und liegt zwischen dem Os Hamatum und dem Os Carpale II, über dem Os Rad. et intermed. und unter dem Metacarpale III. Man kann ihm zum Zwecke der Beschreibung in zwei Teile trennen, eine schlanke vertikale Säule, die auf der einen Seite die distale Gelenkfläche trägt und in einen vertikalen stark komprimierten Körper, der sich auf der anderen Seite der Säule anschließt. Os Carpale III, distal Abb. 23. (Caniıs. Abb. 24. Thalassarctos. 2:1.nat. Gr. 1: 1'nat. GE Die distale Fläche (Abb. 23, 24) hat die Gestalt eines schmalen konkaven Vierecks, dessen langer Durchmesser in dorsal-volarer Richtung und dessen kleiner Durchmesser in radial-ulnarer Richtung liegt. Die Fläche trägt in in ihrer ganzen Ausdehnung Gelenkflächencharakter und kann einen breiteren dorsalen Rand und einen schmaleren volaren Rand besitzen (Üanis, Meles, Lutra). Sie stellt die Artikulation mit dem Metacarpale III her. Die dorsale Oberfläche wird nur durch ein viereckiges rauhes Flächen- stück, das Obere der „Säule“ angedeutet, an das sich dann stark abwärts neigend die proximale Gelenkfläche anschließt. Die proximale Seite (Abb. 25) zeigt in deutlichster Weise die Kom- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 197 primiertheit des ganzen Knochens. Nur ein Kamm mit gewölbter Gelenk- fläche zieht sich entweder mehr schräg von dorsal-ulnar oben nach volar- radial unten und läßt dadurch an der dorsal-radialen Ecke der Säule eine Gelenkfläche frei, die gegenüber der proximalen Gelenkfläche distalwärts liegt und mit einer Biegung in die Radialseite verläuft (Ursus, Potos, Lutra, Meles; bei letzteren ist der Zustand am schwächsten ausgebildet), oder aber der Kamm liegt genau in dorsal-volarer Richtung (Canis). Der ganze Kamm trägt Gelenkflächencharakter und bildet die Artikulation für die Fac. art. capitati des Os Rad. et intermed.. Os Carpale III, radial Abb. 25. Canis. Abb. 26. Thalassarctos. 2eE nat. Gr. P-M@nat2 Gr Die volare Fläche ist entsprechend der dorsalen gebaut, bildet also die Basis der Säule. Sie hat eine vollständig rauhe Oberfläche und dient der Insertion volarer Carpalligamente und zum Teil dem Ursprung der Muse. flexores breves profundi. Betrachtet man den Knochen von der radialen Seite (Abb, 25,26), so läßt sich sein Umriß ohne weiteres mit einem Halbkreise vergleichen. Der Durchmesser des Kreises steht vertikal und wird von der Kante der distalen Gelenkfläche gebildet, die nun allerdings nicht in genau gerader Linie verläuft, sondern leicht (Ursus, Potos, Lutra) oder aber stark (Canis, Meles) nach der Peripherie des Halbkreises gebogen sein kann. An dieser Kante ist im dorsalen Teile eine schmale Artikulationsfläche für das Os Carpale II vor- handen. Die Peripherie ist bei allen Tieren mit einem breiten Gelenkflächen- bande überzogen, das über zwei Drittel des Umfanges einnimmt, und das letzte Drittel bleibt nur als rauhe Kante erhalten. Die Mitte dieser Seitenfläche ist durch zahlreiche Gefäßlöcher rauh und unregelmäßig ausgehöhlt. 128 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd, 5, 1930. Die ulnare Seitenfläche (Abb. 27, 28) ähnelt im Umriß ganz der ent- sprechenden radialen Seite, was sich aus der radial-ulnaren Komprimiertheit Os Carpale III, ulnar Abb. 27. Canıs. Abb. 28. Thalassarctos. 2:1 nat. Gr. 1:1 nat. Gr. des Knochens ja ohne weiteres ergibt. Auf dieser Seite zieht sich in Form eines breiten Streifens, der bei Canis am schmalsten ist, die Gelenkfläche für das Os Carpale IV+V entlang. Er bedeckt ein Drittel der ganzen Fläche und kann an der distalen Kante einen Gelenkflächensaum ausbilden, der bei den untersuchten Tieren verschieden weit nach volar ausgedehnt ist. Determination: Zeigt die plattenförmige (distale) Gelenkfläche nach vorn und der gebogene „Kamm“ des komprimierten Körpers auf den Beschauer, so daß man auf die kleine viereckige rauhe (dorsale) Fläche sehen kann, dann befindet sich das Os Carpale III in natür- licher Lage. 6. Os Carpale Il, Os Multangulum minus. Es ist der zweite Knochen an der radialen Seite der distalen Reihe. Er ist der kleinste Knochen des Carpus. Er stellt die Verbindung mit dem Os Rad. et intermed. proximalwärts und mit dem Metacarpale II distalwärts her. Er hat den Umriß eines Dreiecks, das auf der Spitze steht, wenn man es von der Frontalseite her betrachtet, und das in distal-proximaler Richtung kompri- Canis, Os Carpale II. 2:1 nat. Gr. miert ist. Abb. 29. Distal. Abb. 32. Proximal. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 129 Die distale Fläche (Abb. 29, 30) zeigt denselben Umriß. Sie dient in ganzer Ausdehnung der Artikulation mit dem Metacarpale II. An der ul- naren Seite hört die Gelenkfiäche nicht wie an der radialen Kante auf, sondern ist in der oberen Hälfte nach der ulnaren Seite umgebogen, und zwar geschieht der Übergang allmählich, ohne daß eine trennende Kante entsteht (Ursus, Potos, Meles, Lutra). Bei Canis dagegen ist zwischen distaler und ulnarer Seite eine scharfe Trennung herbeigeführt. Hier findet keine ulnare Umbiegung statt. Die ulnare Seitenansicht (Abb. 31) ist auf eine schmale Kante redu- ziert, die sich im volaren Teile etwas verbreitert. Dies erklärt sich aus der Tatsache, daß die distale Gelenkfläche im dorsalen Teile zur ulnaren Seite umbiegt. Deshalb kann man erst von einer Fläche im volaren Teile reden, die aber frei von Gelenkfläche ist. Nur bei Canis, wo sich die distale Gelenkfläche auf die distale Seite beschränkt, können wir eine von dorsal nach volar schmale rauhe Fläche konstatieren. Thalassarctos, Os Carpale II. 1:1 nat. Gr. Abb. 30. Distal. Abb. 31. Ulnar. Abb. 33. Proximal. Abb. 34. Radial. Die proximale Oberfläche (Abb. 32, 33) des Knochens ist im Umriß genau das Spiegelbild zur distalen. Auch sie trägt vollständig Gelenkflächen- charakter, nur daß sie bei Canis konvex, bei allen anderen Tieren konkav ist. Die radiale Seite (Abb. 34) hat entsprechend der distal-proximalen Kom- pression, eine schmale Gestalt und enthält die Gelenkfläche für das Os Car- pale I. Sie füllt entweder die ganze Seite aus (Meles, Lutra) oder sie hat die Gestalt einer 7, der übrige Teil der Fläche ist dann rauh. Bei Canis liegen besondere Verhältnisse vor. Hier ist die sonst bei den anderen Tieren radiale Seite mehr auf der volaren Seite gelegen. Dies erklärt sich aus einer im Vergleich zu den anderen Tieren gedrehten Lage des Knochens. Die dorsale Oberfläche ist vollständig rauh und viereckig und liegt bei Canis in nach radial geneigter Ebene. 130 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Die volare Fläche bildet eine rauhe Kante und stellt die Spitze des Dreieckes dar. Determination: Stelit man den dreieckigen Knochen so, daß die Spitze des Knochens nach unten und die breitere (radiale) Seiten- kante nach rechts zeigt, so ist der Knochen in seiner natürlichen Lage. 7. Os Carpale I, Os Multangulum majus, Es liegt als erster Knochen ganz an der radialen Seite der distalen Reihe des Carpus und stellt die Verbindung zwischen dem Os Rad. et intermed. und dem Metacarpale I (Pollex) her. Fr ist der zweitkleinste Knochen des Car- pus. Mit seiner längsten Achse liegt er in dorsalradial-ulnarvolarer Rich- tung. Seine distale Fläche (Abb. 35, 36) enthält die größte Gelenkfläche Canis, Os Carpale I. 2:1 nat. Gr. BS 2 Abb.35. Distal-ulnar. Abb.38. Proximal. des Knochens. Sie ist halbmondförmig (Meles, Lutra, zum Teil auch Canis) und kann bei Ursus und Fotos ovale Gestalt annehmen. Die ulnare Fläche (Abb. 37) hat eine viereckige Gestalt. Oben und rechts, d.h. also dorsal und proximal zieht in Gestalt einer spiegelbild- lichen 7 eine Gelenkfläche entlang, die bei Canis verbreitert sein kann und etwa schräg nach der proximalen Seite zu verläuft. Der andere Teil der Fläche ist konkav und rauh und mit mehreren Gefäßlöchern versehen, Ne ER SS \ a SINN SÄ Y .‘ THE ES ER IERET NR: & r- 2 Kal SS Sp SD ne EEE x sg ‚% BE Pr re es ER FR: SEI > {\ Thalassarctos, Os Carpale I. 1:1 nat. Gr. Abb. 36. Distal. Abb. 37. Ulnar-distal. Abb. 39. Radial-proximal. Die proximale Fläche (Abb. 38, 39) enthält eine dreieckige Gelenk- fläche, die volarwärts in einen breiten Wulst, der auch Gelenkflächencharakter R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment aretoider Carnivoren. 131 trägt, übergeht. Die Spitze des Dreiecks ist dorsal gelegen. Bei Canis atro- phiert die Gelenkfläche bis auf eine kleine runde Facette. (Abb. 38). Die radiale Fläche ist vollständig rauh. Sie ist in einem großen stumpfen Winkel von der proximalen Fläche abgebogen. Die volare Ansicht zeigt uns, daß auch dieser Knochen stark kom- primiert ist. Sie wird durch einen schmalen Wulst dargestellt. Dieser kann zu einem großen Teil mit der proximalen herumlaufenden Gelenkfläche bedeckt sein (Ursus, Potos, Lutra, Meles). Nur bei Canis ist er vollständig frei von Gelenkfläche. Der distale Rand verbreitert sich und ist scharf durch die dort anstoßende breite Distalfläche abgegrenzt. Der Teil, der frei von Gelenkfläche ist, zeigt Tuberositäten und dient als Ursprungsstelle des Muse. fiexor pollieis brevis und bei Ursus, Potos und Lutra auch noch des Musc. abductor pollicis brevis. Die dorsale Ansicht zeigt einen schräg nach radial verlaufenden, konvexen tuberösen Wulst. Determination: Zeigt die halbmondförmige bzw. ovale und größte Gelenkfläche nach vorn, und steht der längste Durchmesser des Knochens senkrecht, dann befindet sich das Os Carpale I in seiner natürlichen Lage. Diese Beschreibung der einzelnen Carpalknochen bestätigt uns die in der Einleitung dieses Teiles ausgesprochene Vermutung, große Ähnlichkeit in der Morphologie und in der Topographie des Carpalsesmentes infolge enger Verwandtschaft vorzufinden. Besonders also im äußeren Habitus zeigen sich große Übereinstimmungen. Überall fünffingrige Hände, überall sieben Carpal- knochen und vielfach auch gestaltliche Übereinstimmung der Knochen. Wo sie voneinander abweichen, haben wir es lediglich mit verschiedenen Gelenk- flächen zu tun. Damit ist aber keine Änderung der carpalen Elemente im Grundbau verbunden, sondern nur in sekundären Charakteren, eben nur in den Gelenkflächen, die im nächsten Teile der Arbeit ihre eingehende Behandlung erfahren sollen. d) Die Muskeln. Was nun die Muskeln betrift, so hat außer der Dicke und Länge eines Muskels — worauf einzugehen, hier zu weit führen würde — die Art und Weise seines Ansatzes auf die Ausgiebigkeit und Schnelligkeit der Be- wegungen den größten Einfluß. Es sollen hier nur diejenigen Beachtung finden, die direkt am Carpus oder an den Basen der Metacarpalia inserieren. 132 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Dabei gehen wir von der gebräuchlichen Anschauung aus, die Tätigkeit der Muskeln auf die Nähe des Rumpfes als den Ausgangspunkt der Bewegungen zu betrachten. In diesem Falle sind also die Carpalia und die Basen der Metacarpalia die zu bewegenden Teile. Natürlich kann man auch das Punktum fixum in den Carpus selbst verlegen, wobei dann die dort teilweise ent- springenden Flexoren der Hand berücksichtigt werden müßten. Da wir uns aber im nächsten Kapitel mit den Bewegungen im Carpalsegment auseinander- zusetzen haben, so interessieren uns nur die dort inserierenden Muskeln und nicht die entspringenden. Abb. 40. Extensoren. Es sind dies insgesamt sechs Muskeln. Sie haben natürlich nicht allein die Aufgabe, die Bewegungen der Hand vorzunehmen. Diese haben vielmehr die weit stärkeren Muskelbündel, deren Sehnen zum Teil in Form von Apo- neurosen über den Carpus an die distalen Teile der Hand laufen, (Muse. flexor digitorum longus sublimis und profundus, Musc. extensor digi- torum communis) sondern sie interessieren nur als unmittelbare Beuger bzw. Strecker der Carpalgelenke, während die übrigen Muskeln nur mittelbar an den Bewegungen im Carpus beteiligt sind. Es sind dies die Extensoren: (s. Abb. 40).*) 1. Musc. ext. carp. radialis longus Insertion am Metacarpale II 2. Musc. ext. carp. rad. brevis s a A III 3. Musc. ext. carp. ulnaris “ 4 n N 4. Musc. abd. pollicis longus R n 5 I und die Flexoren (s. Abb. 41—44!) 5. Muse. flex. carp. radialis, deren Insertion bei den untersuchten Tieren verschieden ist, nämlich bei Ursus „ Fotos „ Zutra „ Meles „ Canis am Os Rad. et intermed. am Os Rad. et a (s. Abb. 41) am Me I und Mc II (s. Abb. 42) am Mc I (s. Abb. 43) am Me II und Me III (s. Abb. 44). 6. Musc. flex. carp. ulnaris Insertion am Os Pisiforme. (Abb. 41—44). Hierher könnte man noch den Musc. palmaris longus, aber nur zum Teil, 4) Die Nummerierung der verschiedenen Muskeln auf den Abbildungen ent- spricht der Textnummerierung. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 133 zurechnen. Denn während seine Endsehnen allgemein mit den Vaginalliga- menten der Metacarpophalangealgelenke verschmelzen, bildet er im Carpal- segment radiale und ulnare Aponeurosen, die sich an dem distalen Ende des Radius bzw. an den Carpalligamenten befestigen. Flexoren. Abb. 41. Ursus, Potos. Abb. 42. Lutra. Abb. 43. Meles. Abb. 44. Canis. In diesem Carpusabschnitt ist also kein Muskel, den das eine Tier besitzt, während er dem anderen fehlt. Obige Muskeln sind allgemein vor- handen und inserieren auch an denselben Knochen, Nur die Insertion des Muse. flex. carp. radialis variiert bei den einzelnen Tieren. Wir können von den Bären bis zum Hund eine Distalwärtswanderung der Insertion fest- stellen, deren Zusammenhänge mit den jeweiligen Gelenkflächen uns in einem späteren Kapitel noch eingehend beschäftigen wird. Wenn aber die Be- wegungsverhältnisse aller dieser Tiere doch sehr verschieden sind, so hat dieses mehr in der Gestaltung und der Lagerung der Knochen und vor allem der Bildung der Gelenke seinen Grund als in den vorhandenen Muskeln. Somit weisen uns sowohl die Knochen selbst als auch die sie bewegenden Muskeln auf die Gelenkfläche. Ihr ist der nächste Teil, der Hauptteil der Arbeit, im Zusammenhang mit den verschiedenen Funktionen gewidmet. C) Die „Hand“ im speziellen. a) Nomenclatur der Bewegungen, Untersuchungsmethoden. Bevor ich nun dazu übergehe, die Gelenkformen und die in ihnen möglichen Bewegungen klarzulegen, ist es notwendig, zunächst einmal im Zusammenhang die einzelnen Bewegungen scharf zu charakterisieren und vor allen Dingen eine Übereinkunft über eine zweckmäßige Ausgangsstellung bei der Hand zu treffen, auf die die übrigen Stellungen bezogen werden 134 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. können. Ich glaube, mich hier eng an die von R. FICK bei der mensch- lichen Hand definierte „Normalstellung“ anlehnen zu können und eine Mittel- stellung bei der tierischen Hand zugrunde zu legen, bei der die Längsachsen des Unterarmes, der Carpalknochen und der Metacarpalia in ein und der- selben Ebene gelegen sind. Aus dieser Mittellage heraus vermag die Hand vier Bewegungen auszuführen, von denen je zwei auf demselben Wege, aber in umgekehrter Richtung stattfinden, und daher als Einheit aufgefaßt werden können. Sie kann erstens Bewegungen in dem Sinne ausführen, daß jeder Punkt der Hand einen in einer dorsal-volaren Ebene liegenden Kreisbogen beschreibt. Wir nennen daher die Bewegungen der Hand nach dorsal ihre Dorsalflexion, und die Bewegungen nach volar ihre Volarflexion. Außer diesen reinen Volar-Dorsal-Flexionen können sehr häufig Beugungen und Streckungen nach der ulnaren und radialen Seite vorkommen. Wir wollen diese Bewegungen, die nach der ulnaren oder radialen Seite abweichen, und nicht in der reinen Volar-Dorsal-Flexionsebene verlaufen, ulnare und radiale Volar-Dorsal-Flexion nennen. Zweitens kann die Hand nach der ulnaren oder radialen Seite abduciert werden, d. h. sie führt Bewegungen in der Horizontal- (ulnar-radialen) Ebene aus und zwar so, daß im ersteren Falle (Ulnarabduction) die Fingerspitzen der Medianebene des Körpers genähert, im zweiten Falle (Radialabduction) von derselben entfernt werden. Man spricht in diesem Falle auch von „Randbewegungen“ der Hand. Außerdem müssen wir Bewegungen nennen, die als Kombination aller übrigen Exkurse möglich sind und um eine distal-proximale Achse stattfinden, wobei jeder Punkt der Hand einen Kreisbogen parailel der Transversalebene des Armes beschreibt. Unter diesen Umständen können wir von Rotationen (Pro-Supi- nation) der Hand sprechen. Da diese Gesamtbewegungen niemals durch die Hand als einheitliches Organ, sondern durch Kombinationen der Einzelbewegungen ihrer Kompo- nenten erzeugt werden, muß eine genaue Untersuchung am freigelegten Ge- lenk des Cadavers vorgenommen werden, damit man die Konstruktion des Skelettmechanismus erfaßt. Wenn wir also die Bewegungen des Knochen- systems als Ganzes beobachtet haben — getreu unserer in der Einleitung geforderten Untersuchungsmethode —, dann ist es möglich, die relative Be- wegung eines jeden Knochens zu dem nächsten Skeletteil zu untersuchen, der mit ihm durch ein Gelenk beweglich verbunden ist, mit anderen Worten: es muß eine Analyse der Bewegung der ganzen Hand stattfinden. Wie ein Uhrmacher seine Uhr nur dann erst wirklich verstehen kann, wenn er ihre einzelnen Teile kennt, so müssen wir eine Zerlegung unseres Skelettmecha- nismus vornehmen. Dann erst wird die Art der Funktionierung des lebenden R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 135 Organismus, verständlich werden und die Erscheinung in ihrer Totalität zu erkennen sein. Es fragt sich nun, wie die einzelnen Gelenkbewegungen zu erkennen sind. Dazu sind im zweiten Teile des Handbuches der Anatomie und Mechanik der Gelenke von RUDOLF FICK (1910) mehrere Untersuchungsmethoden ein- gehend geschildert worden, und ich will daher im Rahmen dieser Arbeit nur kurz darüber referieren, im übrigen muß ich aber auf dieses Kapitel des FICK’schen Handbuches verweisen. Wenn eine Gelenkbewegung klar gelegt werden soll, so ist es zunächst notwendig, sich über die Gelenkflächenform bezw. deren Krümmungsverhältnisse zu informieren. Dazu kann man sich genaue Abdrücke der Gelenkflächen in Ton, Wachs, Plastin oder Bieidraht oder sogar Gipsabgüsse davon hers'ellen, so daß man, ohne das eigentliche Präparat zu zerstören, die Krümmungsverhältnisse der Gelenkfläche in jeder Richtung untersuchen kann. Um die geometrische Form zu erkennen, schlägt man, wenn es die betreffenden Verhältnisse erlauben, einen spitzen Stift in den einen Gelenkkörper, so daß seine Spitze ein wenig über die Gelenkfläche hervorragt, und wenn man nun das Gelenk bewegt, so erhält man auf der gegenüberliegenden Fläche eine Spur. Durch das Aufsuchen solcher Spur- linien läßt sich die geometrische Form und damit der Gelenkcharakter bestimmen. Es ist im allgemeinen üblich, die Gelenkflächenformen mit geometrischen Körpern zu vergleichen und R. FICK widmet der theoretischen Ableitung der verschiedenen Formen viele Kapitel seines Buches. Es ist aber immer ausdrücklich zu betonen, daß die Gelenkflächen nie ganz mit solchen geometrischen Formen überein- stimmen, sondern stets mehr oder weniger davon abweichen. Es ist aber für die Erkennung und für das Verständnis der mechanischen Eigenschaften der wirklichen Gelenke von dem größten Wert, wenn man sie mit geometrischen Körpern vergleicht, zumal praktisch aus den kleinen Formabweichungen Ände- rungen der Bewegung kaum erfolgen, da die Gelenkflächen durch den Knorpel- überzug stets deformierbar sind, oder, wie man es genannt hat, eine „trophische Plastizität‘ besitzen. Natürlich kommen bei uns auch Gelenkformen vor, die nicht mit einer bekannten geometrischen Form verglichen werden können. Wenn man diese trotzdem mit geometrischen Körperflächen gleichstellen würde, so könnte das nicht ohne erhebliche Verstümmelung der Gelenkflächenform geschehen. Wir müssen daher solche Flächen mit R. FICK zu den „Articulationes irregulares“ rechnen, und diese Formen werden uns nur durch ihren Mechanismus klar werden. Die Gelenke kann man nun nach den allgemein vorkommenden Bewegungen der Gelenkflächen gegeneinander in 1. Schleifgelenke, 2. Rollgelenke und 3. Misch- gelenke aus Schleifen und Rollen einteilen. Bisher wurden in organischen Ge- lenken nur die erste und dritte Art nachgewiesen. Bei der Schleif- oder Gleit- bewegung „kommen bei beiden sich bewegenden aneinanderschleifenden Gelenk- flächen nacheinander immer verschiedene Punkte der Gelenkflächen miteinander in Berührung. Unter der Rollbewegung verstehen wir denjenigen Bewegungsvor- gang, den wir am Umfang eines Wagenrades, bei dessen Abrollung am Erdboden beobachten. Das Charakteristische ist dabei das, daß beim Rollen in jeder neuen Phase der Bewegung im Gegensatz zur Gleitbewegung an beiden Gelenkkörpern 136 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. andere Stellen miteinander in Berührung kommen, auch wenn der andere Körper in Ruhe bleibt.‘ Schließlich können aus Gleiten und Rollen kombinierte Be- wegungen stattfinden, wie z. B. „beim Ausrutschen einer im Gang befindlichen Wiege oder eines Schaukelpferdes nach vorn oder nach rückwärts“. In der Hauptsache kommen bei meinen Untersuchungen Bewegungen in Schleif- oder Gleitgelenken vor. Wie nun der Mechanismus ergründet werden kann, auf welche Weise Gelenk- bewegungen überhaupt erkannt werden können, dazu gibt es mehrere Unter- suchungsmethoden. Im allgemeinen lassen sich nach A. FICK (zitiert nach R. FICK) „die geometrischen Grundbedingungen für die normalen Bewegungen dahin aus- drücken, daß normalerweise in einem Schleifgelenk alle die, aber auch nur die Bewegungen ausführbar sind, bei der der eigentliche Gelenkbinnenraum in seiner Größe unverändert, also gleich null bleibt, und der Bandapparat bzw. die um- gebenden Weichteile nicht über die Elastizitätsgrenze hinausgedehnt werden“. Da sich selbstverständlich anatomische Untersuchungen nur am Kadaver vor- nehmen lassen, so ist vorher unbedingt die Beobachtung der Bewegungen am lebenden Tier unersätzlich; denn selbst das frischeste Material ist für gewisse Bewegungsfragen unbrauchbar, da der beim lebenden Tiere bestehende Muskel- tonus der Antagonisten bei den Bewegungen stets berücksichtigt werden muß. Erst dann kann man die beobachteten Vorgänge am toten Tiere nachmachen. Dabei ist es vorteilhaft, sich bestimmte Punkte an den bewegten Knochen zu markieren oder sogar mit den beweglichen Knochen ein Stäbchen zu verbinden, um die Bewegungen in weit vergrößertem Maße am Endpunkte desselben aufzu- zeichnen. Auch ist die Fixierung eines Knochens unerläßlich, damit sich das ent- sprechende Glied allein im Gelenk bewegen kann. Ferner sind direkte Messungen zu einer Analyse der Gelenkbewegungen notwendig, jedoch haben sie nach meiner Meinung nicht den fundamentalen Wert, der ihnen so oft bei gelenkmechanischen Untersuchungen beigelegt wird. Sie sind doch stets cum grano salis hinzunehmen, da von einer Genauigkeit bei den Messungen nie die Rede sein kann; denn es gelingt niemals, an ein und dem- selben Teil des Gelenkabschnittes genau dieselben Meßpunkte und genau dieselben Richtlinien zu ziehen, wenn man nach einiger Zeit noch einmal mit unbefangenen Augen an die Aufgabe herantritt. Deshalb sind alle Messungen nur von sehr „biegsamem“ Wert. Trotzdem räume ich aber den Messungen dann einen gewissen Wert ein, wenn sie — mit größter Vorsicht — wichtige Schlüsse auf den Be- wegungsmechanismus gestatten. Auch Photogramme, bzw. Momentphotogramme der Bewegungen selbst sind zur Untersuchung der Gelenkstellungen zu benutzen. Eine sehr wertvolle Unter- stützung für die Untersuchung von Bewegungen bietet uns die Röntgenmethode, der ich mich dank der aufopfernden Bereitwilligkeit des Herrn Prof. Dr. MOSER und durch Vermittlung des Herrn Oberstudienrat Dr. H. OTTO der I. G. Farben- industrie Aktiengesellschaft (Agfa), wofür beiden Herren an dieser Stelle herz- lichst gedankt sei, ausreichend bediente. Bezüglich ihrer näheren Beschreibung sei wiederum auf FICK’s Handbuch verwiesen. Alle Bewegungen sind nun in erster Linie abhängig von den Achsen, um welche die Bewegung geschehen kann. So kommt es schließlich bei den speziellen Gelenken auf die Achsenbestimmung an, wovon hier nur eine etwas allgemeinere R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 137 Methode geschildert sei. Die Bewegungsachse eines Knochens verläuft stets an den Stellen, die bei Bewegungen ungefähr stillstehen. Schlägt man hier einen Stift ein, so bleibt er, wenn er genau in Achsenrichtung orientiert ist, still stehen und dreht sich nur um sich selbst. Falls das Gelenk überhaupt eine feste Achse be- sitzt, läßt sich durch permanentes Ausprobieren die Richtung der Achse auf diese Weise feststellen. Diese Untersuchungsmethoden, die in speziellen Fällen noch ergänzt werden können, ergeben, in ihrer Gesamtheit verwendet, ein vollständiges Bild der Bewegungsmöglichkeiten. Allerdings — und das muß mit Nach- druck betont werden — erhalten wir Resultate, die nicht in allen Fällen mit den Bewegungen beim lebenden Tier übereinstimmen; denn manche Be- wegung ist wohl „anatomisch“ am Präparat möglich, jedoch beim lebenden Tier durch physiologische Gründe (Innervationsgewohnheiten) ausgeschlossen“. Deshalb müssen wir stets das lebende Tier beobachten, um die im Leben aktiv ausgeführten Bewegungen von dem am Präparat passiv vorgenommenen unterscheiden zu könneu. Natürlich bin ich mir bewußt, daß ich nicht alle Bewegungen beim lebenden Tier gesehen habe und so meiner Sache sicher bin, daß ich eine Grenze zwischen „aktiven“ und „passiven“ Bewegungen ziehen kann. Diese Lücke bleibt bestehen. Sie auszufüllen muß die Zeit mit sich bringen und Beobachtern überlassen bleiben, die Gelegenheit haben, die Tiere auch in der freien Natur nach „gelenkmechanischen Richtlinien“ zu sehen. Die Hauptsache aber ist doch wohl, daß das „Handproblem“ über- haupt erst einmal in die gelenkmechanische Interessensphäre gerückt und dadurch die Aufmerksamkeit der vergleichenden Anatomen erweckt wird. Da es schwierig war, an dem mir zur Verfügung stehenden bereits stark fixierten Material die Beziehungen besonders der Bänder zu den Bewegungs- möglichkeiten in allen Fällen einwandfrei festzustellen — denn die Isolierung der Bänder ist nur am frischen Material leicht möglich — so mußte leider oft darauf verzichtet werden, wenn nicht Literatur darüber aufklärend Hilfe leisten konnte. Mir wurden nur am Hund von KÖHLER 1902, SÜPPEL 1921 und KNIEPKAMP 1926 Untersuchungen über den Bandapparat be- kannt. Dieses nachzuholen muß eben anderen, die in der Erlangung frischen Materials glücklicher sind, vorbehalten bleiben. Nach Vorausschickung dieses wesentlich Allgemeinen gehe ich nun nachfolgend dazu über, die Untersuchungsprotokolle der sechs untersuchten Tiere zu detaillieren. b) Untersuchungsprotokolle. I. Canis familiaris L., Canis /upus L. 1. Lebensweise. Von den Caniden wurden der Wolf und mehrere schmalpfotige Hunde 02 138 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. untersucht. Sie gebrauchen ihre Vorderextremitäten und besonders die für uns in Frage kommenden distalen Abschnitte in der Hauptsache zum Gehen undiLaufen. Gerade in dieser ausschließlichen Lokomotionsart sind Canis lupus und mehr oder weniger auch die großen Haushunde sehr ausdauernd. So ist es z. B. vom Wolf erwiesen, daß er bei seinen Jagd- und Wander- zügen Strecken von 6 bis 10 Meilen in einer einzigen Nacht zurücklegt. Neben diesen reinen lokomotorischen Bewegungen müssen wir aber auch noch die Tätigkeit des Grabens, oder besser des Scharrens berücksichtigen. Wie ja allgemein bekannt ist, können wir bei unseren Hunden — und wahr- scheinlich ist dies auch beim Wolf der Fall — eine grabende oder scharrende Tätigkeit beobachten, um sich ihre Beute aus dem Erdreich auszugraben oder bei Überfluß an Nahrung, diese im Boden zu verbergen. Wenn ich Hunde beim Laufen beobachtet habe, so habe ich stets den Eindruck ge- habt, als ob die ganze Vorderextremität einem zusammengesetzten Pendel ähnelt. Besonders die Hand pendelt in einem Winkel von über 90°, um den Unterarm, und zwar nicht in reinen Volar-Dorsal-Flexionen, sondern ich konnte stets, wenn ich den Hund von hinten her beobachtete, ein Aus- schlagen nach der Medianlinie des Hundekörpers feststellen. Auch beim Graben war diese Konvergenzbewegung zur Mediane deutlich zu sehen, die, wie mir scheint, ausschließlich zu dieser Betätigung vorhanden ist; denn der mit den Händen kräftig weggescharrte Sand fliegt stets unter den Bauch des Hundes und häuft sich dort zu einem kleinen Berge an, der dann, wenn er dem Hunde zu lästig wird, mit den Hinterextremitäten fortgeschoben wird. Bei reinen Volar-Dorsal-Flexionen müßte der Sand in Parallele mit der Mediane des Hundes fortfliegen und sich an der linken und rechten Seite ansammeln. Dies ist aber nicht der Fall. Auch rechtfertigt sich der Aus- druck „Hand“ gewissermaßen schon beim Hund, indem sie nicht nur mecha- nische Arbeit zu leisten hat, sondern auch dazu benutzt wird, Knochen fest- zuhalten, von denen das Fleisch abgenagt wird. Die Hand wird dabei so verwendet, daß die gebeugten Finger auf der einen und das ulnare Carpal- kissen (siehe unten) auf der anderen Seite den Knochen umfassen. 2. Trittkissen. Die Trittfläche des Hundes ist relativ klein (Abb. 45). Auf der Ulnar- seite der Volarfläche der Handwurzel ist ein für sich stehendes kegelförmiges Carpalkissen vorhanden, das unbehaart ist und von dem Os Pisiforme ge- stützt wird. Es berührt bei der Fortbewegung nicht den Erdboden und wird beim Umklammern von Knochen etc. (siehe oben) benutzt. Außerdem werden die Metacarpophalangealgelenke der vier ulnaren Finger mit einem großen, R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment aretoider Carnivoren. 139 herzförmigen Trittkissen bedeckt, und die Basen der Endphalangen enthalten je einen Fingerballen, von denen der des ersten Fingers erheblich kleiner ist als die übrigen. Abb. 45. Canis lupus L. Trittkissen der rechten Vorder- gliedmaße. Etwas verkleinert. (Nach BRANDT 1914). 3. Gesamtform der Hand. Betrachten wir das Terminalsegment der Vordergliedmaße in dorsaler Aufsicht, so fällt an ihm seine Schlankheit und beträchtliche Streckung be- sonders auf (Abb. 46), beides ja Eigentümlichkeiten, die allen guten Läufern gemeinsam sind. Es wirken nämlich Handwurzel und Zwischenhand wie eine unmittelbare Verlängerung des Unterarmes. Der Radius artikuliert mit dem Os Radiale et intermed. und dem Os Ulnare, die Ulna, die hier ganz — g*2 140 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. immer in dorsaler Aufsicht — hinter dem Radius liegt, nur mit dem Os Ulnare und dem Os Pisiforme, dessen Längsachse senkrecht zur Längsachse der Ulna steht. DT Kun 2 u ne ke ee >= Te Sr lern > N Rt < Ri RL ITAU Ti RP a RR ke > ne a EN LT g = EZ ante E Ya Du EREN A INS ren Eau Z ren: =IES N >, N Br en S [ RITA. = = WLFG In N [D — £ " j H ER N r 1 I = A <> n TER En : RR RT EU TER IR R Re Man ee 7 Run an SS I mann BED H— m en et Tee” Nee Ts’ >. I ee A m L >< et > gE wer ee — == er a AH EERANT A Fr ER EINE PIERTBERTN DREH na Ba ARE NDR. LH N = = z = DezreTeege en Mehr Penn ( Abb. 46. Canis lupus L. Übersichtsbild der „Hand“, (dorsale Aufsicht). 1,2:1 nat. Gr. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 141 Der Carpus zeigt die für Carnivoren normale Zahl der Knochen, die in beinahe rechteckiger Gestalt angeordnet sind. Daran gelenken der Meta- carpus mit den Fingern, von denen der erste Finger sehr schwach ent- wickelt ist, so daß er den Boden gar nicht mehr erreicht. In der dorsalen Aufsicht ist er nur zum Teil sichtbar, Er liegt fast gänzlich unter den anderen Fingern. Von diesen sind der dritte und vierte am längsten, un- gefähr gleich kräftig und überragen daher den zweiten und fünften Finger ein wenig. Die Handachse läuft zwischen dem dritten und vierten Finger hindurch, die Hand ist also paraxonisch. Das Handskelett des Hundes ist nach der volaren Seite sehr stark ein- gerollt, d. h. es ist in proximaler Aufsicht eine starke Bogenbildung der einzelnen Knochen vorhanden; daher wird es u.a. erklärlich, daß der erste Finger in dorsaler Aufsicht fast gänzlich unter den anderen Fingern ver- schwindet. 4, Articulatio antebrachiocarpea. a) Gelenkflächen der Art. antebrachiocarpea (Abb. 47, 48).°) An der Articulatio antebrachiocarpea beteiligen sich die Ulna und der durch Syndesmose an sie befestigte Radius, ferner die Handwurzelknochen Os Radiale et intermed., Os Ulnare und Os Pisiforme. @. Radius: Die distale Gelenkfläche des Radius (Abb. 47) bildet zwei Teile: 1. Eine eischalenförmige Pfanne, die sich nach der radialen Seite zu auf dem Proc. styloideus radii verjüngt, und 2. eine Sattelfläche am volar- Abb. 47. Canis lupus L. Profil der proximalen Reihe der Art. antebrachiocarpea (rechte Extremität). 2:1 nat. Gr. 5) Um in den Abbildungen die Gelenkflächen deutlicher von den übrigen Knochenflächen hervortreten zu lassen, sind dieselben getönt worden. 142 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. radialen Teile der oben bezeichneten eischalenförmigen Pfanne. Die „große Achse“ in der Konkavität verläuft senkrecht zur Unterarmlängsachse und annähernd ulnar-radial. Die Senkrechte auf der großen Querachse ist ganz leicht volarwärts geneigt, d. h. also, die Pfanne schaut ein wenig volar- wärts, was auch daraus hervorgeht, daß wenigstens der ulnar-dorsale Rand der Radiusfläche etwas weiter vorsteht als der volare. — Was nun das Sattelgelenk angeht, so steht es entsprechend seiner Lage schräg zur Längs- richtung der Speiche. Die große Querachse der eiförmigen Fläche bildet mit der Längsrichtung des Sattelrückens einen nach ulnar offenen Winkel, dessen Scheitelpunkt ca. 0,5 cm radialauswärts vom Proc. styloideus radii liegt. Der Sattelrücken verläuft außerdem nicht in derselben Ebene wie die kon- kave Pfanne, sondern schräg von ulnar-proximal nach distal-radial. ß. Ulna: Die Ulna (Abb. 47), die mit dem Os Ulnare und dem Os Pisiforme artikuliert, besitzt eine für das Os Ulnare konkave, schräg radial-distale Fläche, die ganz auf dem Proc. styloideus ulnae liegt und nach schräg innen, also radialwärts schaut und außerdem am volar-radialen distalen Ende des Griffelfortsatzes eine Fläche, die in allen Richtungen konvex ist, und daher einen Gelenkkopf darstellt, Dieser gelenkt mit dem Os Pisiforme. y. Os Radiale et intermedium: Die für diesen Gelenkabschnitt (Abb. 48) wichtige Fac. art. radialis hebt sich sehr deutlich vom eigent- lichen Knochen ab. Ihren dorsalen Rand begrenzt gleichzeitig in einer Wellen- form die ”orsale Oberfläche des Knochens, wobei der ulnare Wellenberg be- deutend größer ausgebildet ist als der radiale und einen Teil der dorsalen Oberfläche einnimmt. Radial biegt dann der Rand der Gelenkfläche in einen rechten Winkel um, doch bildet er dabei keine Kante, sondern ist abge- rundet. Die Peripherie der Gelenkfläche verläuft nun zunächst in Richtung auf den Processus carpi radialis, biegt dann mit einem konvexen Bogen nach der volaren Seite des Knochens ab und verläuft längs der volaren Ober- fläche auch in Wellenform, aber in entgegengesetzter Richtung wie am dor- salen Rande. Wir haben also, streng schematisiert und von den Erhabenheiten in der Fläche abgesehen, ein Bild einer Gelenkfläche, das einer liegenden 8 gleicht, in der man sich die Verbindung vom oberen und unteren Kreis fortdenken muß und nur der Umriß erhalten bleibt. Diese in ihren Umrissen beschriebene Gelenkfacette weist nun deutlich eine den größeren Teil, an- nähernd zwei Drittel der Fac. art. radialis einnehmende Konvexität und am radial-volaren Teil der Gelenkfläche ein Sattelgelenk, genau entsprechend der Radiusfacette auf. Die große Wölbung ist in der Hauptsache dorsal- volar konvex und in ulnar-radialer Richtung nur ganz wenig ebenfalls konvex. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 143 0. Os Ulnare. Das Os ulnare (Abb. 48) artikuliert einerseits an das Os Rad. et intermed. mit halbmondförmiger Gelenkfläche und außerdem proximalwärts an den Radius, die Ulna und das Os Pisiforme. — Im morphologischen Teile wurde schon erwähnt, daß das Os Ulnare des Hundes gestaltlich ganz von Abb. 48. Canis lupus L. Profil der distalen Reihe der Art. ante- brachiocarpea. 2:1 nat. Gr. dem Os Ulnare der anderen untersuchten Tiere abweicht. Das hängt ledig- lich mit der Ausbildung der Gelenkfläche zusammen. So wird zunächst, im radialen Teile des Os Ulnare, die Konvexität des Os Rad. et intermel. iu denselben Krümmungsintensitäten fortgesetzt. Es ist der Teil, der noch an die Radiusfacette gelenkt. Außerdem ist eine Fläche für die Ulna-Artikula- tion vorhanden, die sich ulnarwärts im volaren Teile an die obige Gelenk- fläche ohne Unterbrechung anschließt. Sie liegt in einem rechten Winkel zu derselben und ist leicht dorsal-volar konvex. Am ulnaren Rande des Knochens biegt sie distalwärts um und bildet hier eine konkave pfannenförmige Ver- tiefung, in die der Proc. styl. ulnae hineingreift. Diese soeben beschriebene Artikulationsfläche zeigt nun eine auffallende Inkongruenz mit der Ulna- Gelenkfläche. Es erklärt sich dies daraus, daß das Os Ulnare in natürlicher Lage auffallend weit von der Ulna entfernt ist und es somit gar nicht zu einer innigen Berührung der Artikulationsflächen kommen kann. Diese In- kongruenz der Flächen wird aber durch eine diskusartige Bildung der zwischen Elle und Speiche gelegenen Gelenklippe ausgeglichen. — Unmittelbar 144 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. an die für die Ulna-Artikulation bestimmte Fläche schließt sich die Gelenk- fläche für das Os Pisiforme an, die annähernd flach und überhalbkreis- förmig ist. e. Os Pisiforme: Es besitzt eine ganz dem Os Uinare entsprechende große, flache Facette (Abb. 48), die ebenfalls im Umriß überhalbkreisförmig ist und außerdem proximal-ulnarwärts eine längliche Fläche, die in proximal- radial-distalulnarer Richtung leicht konkav ist, und in der der Gelenkkopf des Proc. styl. ulnae spielt. Wie das Röntgenbild und auch die Präparation zeigte, ist das Os Ulnare und das Os Rad. et intermed. sehr dicht aneinandergerückt, (Abb. 46, 48), ohne einen großen Gelenkspalt offen zu lassen. Im Gegenteil ist die Berührung beider Knochen durch die beiderseits zur Mediane hin aus- gebildete halbmondförmige Gelenkfläche sehr innig. b) Bandverbindungen in der Art. antebrachiocarpea. Wie oben schon erwähnt wurde, konnten Banduntersuchungen infolge stark fixierten Materials nur sehr mangelhaft durchgeführt werden. Da aber beim Hund eingehende Darstellungen des Bandapparates von KÖHLER 1902, SÜPPEL 1921 und KNIEPKAMP 1926 vorhanden sind, so sollen sie an dieser Stelle zur Vervollständigung unserer gelenkmechanischen Untersuchungen mit berücksichtigt werden. - Lig. ulno-pisiforme 7 —=— Lig. ulno-carp. vol. Abb. 49. Canis lupus L. Volare Bänder der Art. antebrachiocarpea. a) Volare Bänder (Abb. 49). Während beim Menschen die an der Elle und Speiche entspringenden Bänder sich über beide Carpalreihen er- strecken, gehen sie im Gegensatz dazu beim Hund nur an die erste Carpal- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 145 reihe. Uud zwar haben wir bei den volaren Bändern zwei Schichten über- einander zu unterscheiden. Zunächst die Ligamentum radio-carpeum vol., Lig. carpi trsv. und Lig. collat. radiale, die alle vom Proc. styl. radii ent- springen. Während die ersten beiden Ligamente in der Hauptsache in der _f/- Lig. rad.-carp. dors. Abb. 50. Canis lupus L, Dorsale Bänder der Art. antebrachiocarpea. Mitte des Os Rad. et intermed. endigen, und, was sehr wesentlich für unsere Untersuchungen ist, das Lig. radio-carpeum einen zur Längsachse des Radius fast queren Verlauf hat, gehen „Kantenfasern“ des Lig. carpi trsv. noch bis zum Os Pisiforme, und das Lig. collat. rad. endigt sogar ganz an dem Proc. carpi radialis. Die andere Gruppe von Ligamenten entspringt von der Epiphyse der Ulna. Und zwar haben wir ein sehr starkes Band, Lig. ulno-carpeum vol., das auch schräg zur volaren Fläche des Os Rad. et intermed. verläuft und außerdem ein Lig. ulno-pisiforme, das eine schwache Verbindung der Ulna zum Os Pisiforme darstellt. Neben diesen Bändern existiert noch das Lig. radiocarpeum interarti- culare. Dieses Band, im Querschnitt einen dreieckigen Strang darstellend, entspringt an der ulnarvolaren Radiusgelenkflächenkante und endet in einer Grube der ulnaren Körperfläche des Os Rad. et intermed. Es hat nach KNIEPKAMP die Aufgabe, die Beugung des Carpus gegen den Vorderarm zu begrenzen. Außerdem aber hat es für uns Interesse, da es nach PARSONS einen Rest einer vollständigen Scheidewand darstellt, die die Art. ante- brachiocarpea in eine ulnare und radiale Hälfte teilt, und die uns später noch beim Dachs und bei dem Fischotter beschäftigen wird. ß) Dorsale Bänder (Abb. 50). Von den dorsalen Bändern sind im 146 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. ganzen drei bekannt, die aber alle nur das Os Ulnare sichern, während das Os Rad. et intermed. dorsal vollkommen frei von Bändern bleibt. 1. Das Lig. radio-carpeum dors. Es entspringt am distalen, dorsal- ulnaren Rande des Radius und verläuft in einem Strang zum Proe. styl. ulnae, in einem anderen Bündel zur dorsalen Oberfläche des Os Ulnare. 2. Das Lig. ceollaterale ulnare breve verläuft am Rande des Carpus von der Elle zum Os Ulnare. 3. Das Lig. intercarpeum trev. dors., das sich als sehr kurze, aber kräftige Verbindung von der dorsal-ulnaren Kante des Os Rad. et intermed. zum dorsal-radialen Rande des Os Ulnare hinzieht. c) Bewegungen in der Art. antebrachiocarpea. In der Art. antebrachiocarpea des Hundes sind am Os Rad. et intermed. bzw. am Radius zwei Gelenktypen zu konstatieren, über die mir zunächst einige allgemeine Bemerkungen gestattet seien, die besonders auch für unsere späteren Schlußfolgerungen von großer Bedeutung sein werden. Es ist zunächst ein Eigelenk vorhanden, das sich uns im Os Rad. et intermed. offenbart und als dorsal-volar sowie ulnar-radial konvex beschrieben wurde. In einem solchen Gelenktyp sind zwei Achsen vorhanden, die sich senkrecht überkreuzen, aber nicht schneiden, und ferner auf nur einer Seite des Gelenkes liegen. Die Entfernung dieser beiden Achsen richtet sich nun nach den Krümmungsverhältnissen der Eifläche in der Längs- und Quer- richtung. Gehen wir von einem „Idealeigelenkkörper“ aus, wie ihn O. FISCHER konstruiert hat, dessen Formen ungefähr in der Mitte zwischen den zwei möglichen Eigelenkkörpern liegt, nämlich dem „Spindel“-Körper, der entsteht, wenn man einen Kreisbogen um dessen Sehne als Achse rotieren läßt und dem „Ringwurst“-Körper, dessen Entstehungsweise uns an anderer Stelle noch beschäftigen muß (pg. 152), so liegen die sich überkreuzenden, aber nicht schneidenden Achsen in einer bestimmten nach der Krümmung der Eifläche sich richtenden gegenseitigen Lage. Denkt man sich nun z.B. die vertikale Achse allmählich immer weiter sich von der Fläche entfernen, bis schließlich ins Unendliche, so wird die zugehörige Krümmung immer geringer werden, bis sie schließlich gleich Null geworden is. Wir haben dann nur noch eine Wölbung um die andere, horizontale Achse zu konstatieren, d.h. aus dem Eigelenk ist ein Zylindergelenk geworden (Abb. 51, 52). Andererseits können aber auch die beiden Eigelenkachsen aufeinander zurücken, bis sie sich schließlich in einem Punkt schneiden, d. h. daß die Krümmungsverhältnisse in beiden senkrecht aufeinanderstehenden Richtungen gleich geworden sind, daß der bei der Eifläche vorhandene Krümmungsunter- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 147 4 schied weggefallen ist. Die Eifläche ist in eine Kugelfläche übergegangen. (Siehe Abb. 52, 53). Vergleichen wir diese allgemeinen Verhältnisse mit den im Os Rad, et intermed. des Hundes vorhandenen, so haben wir in diesem Eigelenk einen Abb. 53. Kugelgelenk. Eigelenk. 52. Abb. Cylindergelenk. Abb. 51. 148 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Zustand, bei dem die vertikale Achse zwar noch nicht ganz unendlich weit von der Fläche abgerückt ist, aber immerhin so weit, daß die Krümmung der Fläche in ulnar-radialer Richtung äußerst gering ist. Wir haben also noch ein Eigelenk vor uns, das aber kurz vor dem Übergang in ein Zylinder- gelenk steht. Somit modifizieren sich auch die Bewegungen, die in einem Idealeigelenk möglich sind. Sie sind hier zu Gunsten der horizontalen Achse verschoben, wie wir unten noch genauer sehen werden. Ferner haben wir einen Gelenktyp, der als Sattelgelenk identifiziert wurde. Wie schon A. FICK zeigte, besitzt ein Sattelgelenk zwei sich senk- recht überkreuzende auf verschiedenen Seiten des Gelenkspaltes gelegene Achsen, so daß für die eine Bewegung dasselbe Gelenkende einmal Gelenk- kopf, für die andere Gelenkpfanne ist. Diese beiden Gelenktypen vereinigt das Os Rad. et intermed. bzw. ent- sprechend der distale Abschnitt des Radius. Für die Bewegungen in diesem Knochen ist es nun für uns von großer Bedeutung, die Lage der Achsen dieser beiden Gelenke zueinander klar zu stellen. Die eine Eigelenkachse verläuft genau horizontal (radial-ulnar), während die andere dazu senkrechte schon sehr weit von der proximalen Seite des Os. Rad. et intermed, ab- gerückt ist. Außerdem haben wir zwei senkrecht sich überkreuzende Achsen im Sattelgelenk an der radial-volaren Seite des Os Rad. et intermed., von denen die Achse des Sattelrückens ulnardorsal-radialvolar — also genau senkrecht wie der Sattelrücken im Radius — die andere senkrecht dazu auf verschiedenen Seiten verlaufen. Die Achse der Sattelpfanne (siehe Längs- richtung des Sattelrückens im Radius) bildet also in proximaler Aufsicht mit der horizontalen Eigelenkachse einen nach ulnar offenen Winkel, dessen Schenkel sich aber nicht schneiden, da sie in verschiedenen Ebenen liegen. Da das Os Rad. et intermed, bei weitem der größte Knochen der Art. ante- brachiocarpea ist, so beherrscht er auch in seinen Bewegungen den ganzen Gelenkabsehnitt. Die Bewegungen des Os Ulnare, sowie des Os Pisiforme stehen ganz unter seinem Einfluß. Gehen wir von der extremsten Streck- stellung aus, so können wir konstatieren, daß sie durchaus der am Anfang dieses speziellen Teiles definierten Mittelstellung entspricht, eine Dorsalflexion der proximalen Reihe also vollständig ausfällt. In dieser Stellung — die beim Hund stets in der Ruhe, beim gewöhnlichen Stehen eingenommen wird — werden die dorsalen Ränder der Radiusfacette und die dorsalen Teile des Os Rad. et intermed. und des Os Ulnare aneinandergedrückt, während die volaren Ränder der artikulierenden Flächen voneinander abgehoben werden. Allerdings läßt die Betrachtung der Os Rad. et intermed. Gelenkfläche, die nach der Dorsalseite hin weiter überknorpelt ist, den Gedanken aufkommen, R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 149 daß eine geringe Dorsalbewegung dieses Knochens möglich sei. Bestärkt wird man durch das asymmetrische Verhalten der Radiusfläche, deren oberer Radiusrand (in der Seitenansicht) dorsalwärts weiter über die Os Rad. et intermed. Fläche hinübergreift als volarwärts. Dies trifft aber durchaus nicht zu, denn ein solches Verhalten entspricht lediglich der eigentümlichen Pfannenbildung des Radius, die ja leicht volarwärts geneigt ist. (S. Seite 142). In dem beigefügten Röntgenbilde (Tafel XV, Abb. 115) kommt diese Tatsache leider nicht so zum Ausdruck, denn wir haben das Bild eines jungen russischen Barsois vor uns, dessen Epiphysenbildungen in dieser Richtung variieren. Wolf und große Schäferhunde zeigen diese Dinge besser. Die Ulna tangiert in dieser Stellung nur mit dem distalsten Teile ihres Proc. styloideus den radialen Teil der fast ebenen Os Pisiforme-Facette; ihre Gelenkflächen stehen also in einem rechten Winkel zueinander. Tritt nun Beugung des Gelenkes ein, so ist es praktisch, die wirklich stattfindende Bewegung in zwei Bewegungsarten zu zerlegen: 1) Volarbeugung, 2) Radiale Seitenverschiebung im supinatorischen Sinne. Beide Bewegungen sind jedoch zum Schluß der Beugung nicht mehr voneinander zu trennen. Es kann dann die eine Bewegung nicht ausgeführt werden, ohne daß zugleich die andere mehr oder weniger stark eintritt. 1. Die Volar-Beugung erfolgt um eine radialulnare Achse, die entsprechend den Krümmungsverhältnissen der proximalen Carpalia quer durch die distale Carpusreihe verläuft. Diese Bewegung ist nur im ersten Teil der Beugung als reine Volarflexion möglich. Sie hat in dieser reinen Form ein Ende, wenn im Verlauf der Beugung die Sattellächen berührt werden. Dann erfolgt 2. radiale Seitenverschiebung im supinatorischen Sinne. Dies läßt sich dadurch erklären, daß wir ja in einem Sattelgelenk zwei einander senkrecht sich überkreuzende Achsen haben, die hier einmal von ulnar- proximal nach distal-radial, das andere Mal senkrecht dazu (ulnardorsal- radialvolar) verlaufen. Bewegungen wären also jeweils getrennt um eine dieser beiden Achsen ausführbar. Bei Canis aber werden diese Bewegungen kombiniert, da wir ja außerdem noch das Eigelenk berücksichtigen müssen, das volarflektorisch einwirkt. Wir erhalten somit die zunächst paradoxe Tatsache, daß sich das Os Rad. et intermed. gleichzeitig um mehrere Achsen bewegt, die verschiedenen Ebenen angehören. Nach Analogie des Satzes vom Parallelogramm der Kräfte läßt sich aber eine Achsenkomposition vornehmen, und es resultiert eine Achse, um die eine schraubenförmige Bewegung statt- findet. Um diese neue Achse wird die Beugung fortgesetzt und es findet außerdem ein Vergleiten längs dieser Achse nach radial statt, das seine 150 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. a % Begrenzung durch das Lig. radio-carpeum interarticulare erfährt. So stellt also der eine Teil der Gelenkfläche die Hemmfläche für den anderen dar. Sattelgelenk und Eigelenk sind voneinander abhängig. Beugung um eine neue Achse und gleichseitige radiale Seitenverschiebung ergeben eine Beugung im supinatorischen Sinne, d. h. eine schraubende Bewegung, wie wir diese Seitenverschiebung im supinatorischen Sinne auch nennen können. Bei dieser Beugung mit gleichzeitigem Vergleiten kippt am Ende der Bewegung das Os Rad. et intermed. um die schrägstehende volare Kante der Radiusfacette herum, so daß dorsalwärts ziemliches Klaffen des Gelenkspaltes eintritt, was uns auch das Röntgenbild (Tafel XV, Abb. 116) sehr deutlich zeigt. Die Bewegungen in dem Os Ulnare und dem Os Pisiforme werden, wie schon oben erwähnt wurde, vollständig von den Bewegungen des Os Rad. et intermed. beeinflußt. Das Os Ulnare dreht sich mit seiner dorsal-volaren Konvexität in der mit einer diskusartig verbreiterten Bandmasse versehenen entsprechenden Hohlfläche der Ulna. Während das Zentrum der im Anfange vorhandenen Volarflexion zwischen Os Rad. et intermed. und Os Ulnare liegt, wird es im übrigen Teil der Bewegung unter die Volarkante des Os Rad. et intermed. in die Nähe des Proc. carpi rad. verlegt und das Os Ulnare folgt der Beugung im supinatorischen Sinne. Das Os Pisiforme Gelenk zeigt in der Ausgangsstellung mit dem Proc. styl. ulnae einen rechten Winkel und kommt im Laufe der Bewegung immer mehr zum Schließen, was nur dadurch erreicht werden kann, daß es die Seitenverschiebung mitmacht und bei gleichzeitiger Beugung an der Ulna vorbeigezogen wird. Intercarpale Bewegungen der Knochen der ersten Reihe unter sich sind im äußerst beschränkten Maße möglich. Besonders hervorzuheben ist, daß das Gelenk zwischen Os Pisiforme und Os Ulnare, das ja fast ebene Gelenk- flächen aufweist, auch nur ganz geringe Verschiebungen zuläßt. Beide Knochen werden durch den Bandapparat fest aneinandergepreßt, so daß sich der Zug des Musc. flex. carp. ulnaris ohne weiteres auf das Os Ulnare und damit auf die erste Carpalreihe fortsetzen kann. Es wurde beim Os Rad. et intermed. immer von einer Eigelenkfläche ge- sprochen. Wir haben aber nur Bewegungen um die eine radial-ulnare Achse konstatieren können. Theoretisch muß aber ein Eigelenk auch Bewegungen um die dazu senkrechte, dorsal-volare Achse gestatten, d. h. also Bewegungen im ad- bezw. abduktorischen Sinne. Nun verläuft aber diese dorsal-volare Achse bei Oanis — wie schon des öfteren hervorgehoben wurde — in ziem- licher Entfernung von der Gelenkfläche, d. h. die Krümmung der Fläche ist sehr gering, so daß geringe Seitenbewegungen nach der Beschaffenheit der R. LIPS, Modifikationen am Oarpalsegment arctoider Carnivoren, 151 Fläche durchaus möglich sind. Aber das lebende Tier und auch das Präparat „eigen solche Bewegungen garnicht. Sie werden durch die Handwurzelbänder gehemmt, die ja (s. o.) auf der volaren Seite des Handgelenkes einmal vom Radius, das andere Mal von der Ulna nach der ersten Gelenkreihe konver- gieren und diese Carpalknochen in abduktorischer Beziehung total fixieren. Somit verhält sich das Eigelenk des Os Rad. et intermed. praktisch wie ein Zylindergelenk, es führt nur Bewegungen im vorlarflektorischen Sinne aus. (Die Flexionen im supinatorischen Sinne werden vom Bandapparat zugelassen, da sie ja mehr Rotationen um eine proximo-distale Längsachse gleichen). Ein weiteres „Verdienst* der Gelenkbänder ist noch die schon oben kon- statierte Ausschaltng der Dorsalflexion der Proximalreihe. 9. Articulatio intercarpea. a) Gelenkflächen der Art. intercarpea (Abb. 56, 57). Die proximale Reihe der Carpalia (Os Rad. et intermed. und Os Ulnare) wendet der Gelenkspalte ausschließlich konkave Gelenkflächen zu. a) Os Rad. et intermed.: Wir haben in diesem Knochen drei Flächen, die schon im morphologischen Teile der Arbeit mit Fac. art. media- lis, Face. art. capitati, und Fac. art. hamati bezeichnet wurden (Abb. 56). Die Fac. art. medialis, für die Ossa Carpalia I und II Artikulation bietend, hat ellipsoidförmige Gestalt. Ihr langer Durchmesser verläuft von £ Ä Et # Ir e NY / N IN : Abb. 54. (nach R. FICK 1910). Abb. 55, ulnardorsal nach radialvolar, ihr kurzer Durchmesser senkrecht dazu. Sie ist konkav. Nur der ulnare und zwar im dorsalen Teile des Knochens gelegene Rand begrenzt mit einer deutlichen Kante die mittelste Gelenkfläche, die Fae. art. capitati. Auch sie ist eine Eifläche, die man als Teilstück einer 152 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. „Ringwurstfläche“ auffassen kann. Dazu sei erläuternd bemeri« zu solchen Eiflächen, wie W. HENKE es vorgeschlagen hat, folsendermaise gelangen kann: „Man denke sich einen Kreis (in Abb. 54 schraißert) um eine außerhalb desselben aber in seiner Ebene liegenden Achse rotioren, dann erhält man einen ringförmigen Körper (eine zu einem Ringe zusammen- gelegte Wurst oder einen aufgeblasenen Fahrrad- oder Kraftwag: ring)“ (zitiert nach R. FICK). Schneidet man nun aus einer solch wurst einen Teil der Oberfläche, die man oval begrenzt hat, herans, so sruält man eine Eigelenkfläche, die, wenn man sie von innen her (siehe Pfei) richtung in Abb. 55) betrachtet, unserer Fac. art. capitati durchaus ähne'i wobei ich auf das mutatis mutandis meiner einleitenden Bemerkungen diexc« Teiles nochmals hinweisen möchte (Seite 135). Ihr langer Durchmesser liext genau dorsal-volar, ihr kleiner senkrecht dazu (radial-ulnar). Sie ist se stark konkav ausgehöhlt. Nur der dorsale Rand verläuft nicht im Sinne der Eigelenkkrümmung, sondern hebt sich flach vom übrigen Teile ab. Die — nur durch eine Kante getrennt — sich unmittelbar anschließende Fac. art. hamati ist ebenfalls eine Eigelenkfläche. Auch sie läßt sich durchaus als ein Teil einer „Ringwurstfiäche* anuffassen, wobei sie aber breiter und KIRLP Nat NK a, u En ZN III RS I N = SE Abb. 56. COrmis hunus L. Profil der proximalen Reihe der Art. interearpea. 2:1 nat. Gr. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 153 in beiden Richtungen flacher konkav ist als ihre Nachbarfacette. Ihr dorsal- volarer langer Durchmesser ist ungefähr ein Drittel kürzer als der der Fac, art. capitati. Am volaren Rande geht sie in eine starke Abflachung über, die zur Fac. art. hamati-Fläche in schräger distal-proximaler Ebene liegt. Sie ist dreieckförmig ausgebildet. Die eine Seite zieht sich radialwärts am äußeren Rande der Fac. art. capitati hinauf. Dadurch erhält sie ulnar-radial konkaven Charakter. Sie dient, wie wir unten sehen werden, dem Hamulus ossis hamati zur Artikulation. Außerdem schaut die ganze Fac. art. hamati ein wenig ulnarwärts, der kleine Durchmesser verläuft also proximalulnar- distalradial. ß. Os Ulnare: Die distale Oberfläche des Os Ulnare enthält zwei getrennte Gelenkflächen (Abb. 56), die beide radial einwärts gerichtet sind. Die größere von ihnen, die mit dem Os Carpale IV — V artikuliert, schließt sich unmittelbar an die Fac. art. hamati mit einem stumpfen, distal offenen Winkel an. Sie setzt die dorsalen und volaren Ränder der Hamatifläche fort, ist im Umriß halbkugelförmig (Peripherie ulnarwärts), hat aber sonst ähn- lichen Eigelenkcharakter wie die Fac. art. hamati. Sie bildet mit ihr eine gelenkmechanische Einheit. Zu erwähnen ist noch ein leicht sattelförmiges Gebilde im dorsalen Teile dieser Gelenkfläche. Die andere Gelenkfläche, die wesentlich kleiner ist, liegt ganz im ulnar- volaren Teil des Knochens auf dem Os Ulnare-Köpfehen und hat kreis- förmige Gestalt. y. Ossa Carpalia: Es sind hier ausschließlich konvexe Flächen vor- handen, die in ihrer Gestalt ein vollständiges Abbild der Gelenkflächen der Proximalreihe darstellen. Die Ossa Carpalia I und II artikulieren gemeinsam in die Fac. art. medialis, und zwar liegt das Os Carpale I direkt volar von Os Carpale II. Das Os Carpale I besitzt eine oval bis runde Fläche von leicht kon- vexer Krümmung, die nur den dorsalen Teil des Os C. I bedeckt. Daran schließt sich unmittelbar nach dorsal die dreieckige (Spitze dorsal, Basis volar) ebenfails konvexe Gelenkfläche des Os C II, Diese beiden Carpalia bilden zusammen ein Ganzes und haben zusammen den entsprechenden ellip- soidförmigen Gelenkcharakter. Das Os Carpale III gelenkt in die Fac. art. capitati des Os Rad. et intermed.. Der an sich stark komprimierte Knochen enthält auf seiner Proximal- seite eine der Capitati-Ringwurstfläche entsprechende Gelenkfläche, die sich im dorsalen Teile verbreitert und nicht mehr im Sinne der Krümmung weiter verläuft, sondern flach nach der proximalen Seite umbiegt. 10? 154 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Das Os Carpale IV + V enthält zwei winklig durch eine von dorsal- radial- nach volar-ulnar verlaufende schräge Kante aneinanderstoßende Gelenk- flächen, die für die Fac. art. hamati im Os Rad. et intermed. und für die größere Os Ulnare-Fläche bestimmt sind. Beide Gelenke besitzen denselben eiförmigen Charakter wie ihre entsprechenden Flächen. Ebenfalls ist im dor- salen Teile der ulnaren Gelenkfläche eine sattelförmige Bildung, ganz der des Os Ulnare entsprechend, vorhanden. An der anderen für die Fac. art. hamati bestimmte Gelenkfläche ist gewissermaßen als Fortsetzung der Ge- lenkfläche ein ziemlich stark ausgeprägter Hamulus ossis hamati vorhanden, om I en nn Abb. 57. Canis lupus L. Frofil der distalen Reihe der Art. intercarpea. (Beachte besonders die subordinierte Lage des Os € I. unter. dem Os € IL! 277 nat262 der in der ganzen proximalen Ansicht Gelenkflächencharakter trägt und in die kleine dreieckige Facette, die sich volar von der Fac. art. hamati be- findet, artikuliert. b) Bandverbindungen der Art. intercarpea. a. Volare Bänder (Abb. 58). Von den volaren Bändern interessieren uns besonders die Ligg. carpometacarpea ulnaria longa, die vom volaren Teile des Os Pisiforme entspringen und zum Metacarpale IV und V ver- laufen. Sie bilden die Fortsetzung der Sehne des Musc. flex, carp. ulnaris, der an das Os Pisiforme inseriert. So kommt den Bändern die funktionelle Aufgabe zu, einerseits den Zug dieses ulnaren Beugemuskels auf den 'Meta- 2 carpus zu übertragen, andererseits aber auch die Dorsalfiexion des vierten und fünften Metacarpale zu verhindern. — Ferner existieren Bandverbin- dungen zwischen Os Pisiforme und Os Rad. et intermed, und Os Ulnare und Os Rad. et intermed.. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 755 8. Dorsale Bänder (Abb. 59). Auf der Handrückenseite existieren Bandverbindungen zwischen Os Ulnare und dem Os Carpale IV -I V und zwischen dem Os Rad. et intermed. und den Ossa Carpalia II und III, die mit dem gemeinsamen Namen Ligg. intercarp. dorsalia bezeichnet werden. > Lig. radio-carp. interarticulare BEL >— — Lig. carpometac. ulnaria longa Abb.58. Canis lupus L. Volare Bänder der Art. intercarpea. c) Bewegungen in der Art. intercarpea. Wie in der Art. antebrachiocarpea, so spielt auch hier in der Art. intercarpea das Os Rad. et intermed. die Hauptrolle Gerade durch seine N au —= Li intercarp. N 1 { dorsalia Lig. earpo-meta- carp. dorsalia Abb. 59. Canis lupus L. Dorsale Bänder der Art. intercarpea. ausgiebige Artikulation mit der zweiten Carpusreihe wird es für die hier stattfindenden Bewegungen gangbestimmend. Wie es sich herausgestellt hat, läuft die Hauptdrehungsachse genau ulnar-radial. Die Bewegungen sind lediglich Volarflexionen. Ausgangspunkt 10*8 156 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. der Bewegung ist wieder, wie in der Art. antebrachiocarpea, die „Mittel- stellung“, in der die dorsalen Gelenkränder aller beteiligten Carpalknochen vollständig schließen. Eine Dorsalflexion ist nicht möglich. Sie wird ver- hindert durch die Ligg. carpometacarpea ulnaria longa und zwar in der Art. intercarpea indirekt, da die Bänder an die Metacarpalia IV und V ansetzen. Eine Verhinderung dieser Mittelhandknochen an der Dorsalflexion hat aber auch eine Verhinderung des Os C IV + V an der Dorsalfiexion zur Folge. Ferner bildet der dorsale Teil des Os C III mit seiner flachen, pro- ximalwärts umgebogenen Gelenkfläche eine Hemmfläche für die Dorsalflexion aus. (Vgl. Röntgenaufnahme Tafel XV u. XVI, Abb. 114 u. 115). Die in diesem Gelenkabschnitt stattfindenden Bewegungen sind also, wie gesagt, nur volarflektorischer Art um eine ulnar-radiale Achse. Diese Flexionen sind besonders stark in den drei radialen Carpalknochen (Os CI, OsCLH, OsC II. Das Os CIV+V hat im Verhältnis zu seinen benachbarten Carpalknochen eine relativ kleinere Excursionsbreite. Es ist dies auch ohne weiteres aus der Lage der Gelenkflächen zu erklären. Das Os CIV+V besitzt nämlich am volaren Rande eine für die Volarflexion mächtig aus- gebildete Hemmfläche, die die Proximalfläche des Hamulus ossis hamati trägt. Wenn diese also in Kontakt mit der entsprechenden Facette des Os Rad. et intermed. kommt, ist ein weiteres Fortschreiten der Volarflexion des Os C IV-+-V unmöglich gemacht. Die anderen Carpalia können dann aber noch weiter flektieren, bis die Gelenkspalte am Os C II leicht klafft (siehe Röntgen- aufnahme Taf. XVI, Abb. 116) und das kleine Os CI vollständig auf die ellipsoid- förmige Fac. art. medialis gerückt ist, was sie in der „Mittelstellung“ nur zum Teil tut. Deswegen muß dafür gesorgt sein, daß die sonst eng zusammenhängen- den Carpalknochen aneinander entlang gleiten können. So ist es in diesem Zusammenhange zu verstehen, daß zwischen den Ossa C III und CIV-+V eine Artikulationsfiäche ausgebildet ist, die sich in einem breiten distal-proximalen Streifen über den ganzen dorsalen Teil der artikulierenden Flächen zieht, und der sich am proximalen Rande sogar noch verbreitert. Diese Gelenk- facette, die noch einen Unterstützungspunkt im volaren Teil der artiku- lierenden Flächen erhält, gestattet das Vorbeigleiten der Ossa C III und CIV-+V. Damit soll nun aber nicht behauptet werden, daß der ulnare Teil der Hand weniger gebeugt werden könnte als der radiale. Wie wir im nächsten Abschnitt sehen werden, wird dieses „Minus“ an Bewegungen im Os CIV-+V durch die Metacarpalia IV und V ausgeglichen. Die übrigen Carpalia, wobei ich die Ossa C I und C II, die miteinander eine Artikulations- fläche besitzen, vom funktionellen Standpunkte aus als eine Einheit betrachten muß, denn sie liegen untereinander und bilden in der Fac. art. medialis eine R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 157 gelenkmechanische Einheit — haben unter sich keine Artikulationsflächen ausgebildet und wirken somit unbeweglich zusammengeschlossen, als ein einheitliches System. Gänzlich vermißt werden auch ulnare, bzw. radiale Abduktionsbewegungen Dies mag zunächst merkwürdig erscheinen, da wir doch eiförmige Gelenk- flächen konstatiert haben, und wir aus vorigen Erörterungen wissen, daß in solchen Gelenken Bewegungen mindestens um zwei sich senkrecht über- kreuzende Achsen stattfinden. Die Eiflächen in diesem Gelenkabschnitt ent- sprechen aber zum größten Teil sogenannten Ringwurstflächen. In diesen sind kongruent gleitende Bewegungen um die „Erzeugungsachse“* AA durchaus möglich. Nun müßte aber auch um die dazu senkrechte Achse A’A’ (siehe Abb. 60) eine Bewegung stattfinden können. Das ist aber, wie wir sehen werden, nicht möglich; denn — ich zitiere R. FICK — wie man sich am Abb. 60. (n. R. FICK 1910). besten auf einem Längsschnitt durch das Elementenpaar klar macht, (siehe Abb. 60) zeigt „der Durchschnitt acb der Eischale der Außenseite der Ringwurst zugewendet, eine konkave Höhlung. Würde die hohle Eischale um 180 Grad um die vertikale Achse A’ A’ herumgedreht, so käme ach in die Stellung a’c’b’. Man erkennt auf den ersten Blick, daß in diesem Falle ein klaffender Spalt zwischen den Elementen eintreten würde, weil die Kon- kavität a’c’b’ sich natürlich nicht der ebenfalls konkaven Innenseite der Ringwurst anschmiegen kann. Eine In- kongruenz der Elemente tritt aber natürlich auch schon bei kleinen Drehungen um die vertikale Achse A’A’ auf, (nicht erst bei der eben betrachteten Drehung von 180 A Grad) und kann daher auch da nur durch eine beträchtliche (ai en. 158 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Deformierung des Knorpels einigermaßen ausgeglichen werden.“ Da eine solche, beträchtliche Knorpeldeformation in unserem Gelenkabschnitt gar nicht mög- lich ist, kann eine Bewegung um eine vertikale Achse also auch nicht statt- finden. Dies trifft für die Eifläche an der Radialseite des Os CIV+V und an der proximalen Seite des Os C III zu. Es wäre aber noch denkbar, daß die eine Einheit bildenden Ossa CI und C II Bewegungen um eine vertikale Achse ausführen könnten. Hier spricht aber eine ähnliche Überlegung dagegen. Die ellipsoidförmige Fac. art. medialis verkörpert uns eine Eifläche, die uns einen ellipsoidförmigen Ausschnitt aus einem „spindelförmigen“ Eikörper (siehe Abb. 61) darstellt. Die Krümmungsverhältnisse liegen daher einmal dorsal-volar, einmal radial-ulnar, nicht wie es bei oberflächlicher Betrachtung scheinen könnte im Sinne des Durchmessers des Ellipsoids bzw. senkrecht dazu. Auf einem solchen „spindelförmigen“ Körper, der — wie auf Seite 146 dargestellt — durch Umdrehung eines Kreisabschnittes um die Achse A’ A’ entstanden gedacht werden kann, läßt sich eine entsprechend gekrümmte „Eischale“ wohl „um die vertikale Achse A’A’ kongruent gleitend verschieben, (Abbildung 62) während sie in der Längsrichtung des Vollkörpers, d.h. um eine horizontale, senkrecht zur Achse AA stehende Achse nur bei Inanspruch- nahme der Knorpeldeformierbarkeit noch einigermaßen gleitend verschoben werden kann.“ Eine Knorpeldeformierbarkeit ist aber auch hier in den verlangten Aus- maßen unmöglich, so daß also nur eine Bewegung um eine ulnar-radiale Drehungsachse (AA in Abb. 61, 62) stattfindet. Randbewegungen im Sinne der radialen oder ulnaren Abduktion sind somit in der Art. intercarpea ausgeschaltet. Es finden einzig und allein nur Volarflexionen statt. Im Vergleich mit dem Bewegungsumfang der ersten Carpusreihe, ist die einzig vorhandene Volarflexion der zweiten Carpusreihe sehr viel geringer. 6. Articulatio carpometacarpeae. a. Gelenkflächen der Art. carpometacarpeae. I. Proximale Flächen. (Abb. 63). Die vier distalen Flächen der Carpalia sind alle dorsal breiter als volar. Dadurch kommt, besonders auf der radialen Seite, wo das Os C I vollständig unter dem Os C II liegt, eine starke Gewölbebildung der Hand zustande, Die Flächen selbst haben alle keine einfache, gleichmäßig gekrümmte Gestalt. Man kann sie demnach mit keinem bekannten Gelenkkörper vergleichen. Sie gehören zu den „Art. irregulares“ R. FICK’. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 159 a. Os Carpale I: Das Os C I hat eine ungefähr halbmondförmige distal-radial-volar gerichtete Gelenkfläche für den ersten Finger. Sie ist annähernd sattelförmig gestaltet. Außerdem befindet sich auf der ulnaren Seite des Knochens eine ulnar-dorsale Fläche für das Metacarpale II. ß. Os CarpaleIl: Dieser Knochen schließt sich unmittelbar mit einer dreieckigen Gelenkfläche (Spitze volar) an das Os CI an. Es liegt von allen Carpalknochen am weitesten proximal, d.h. seine distale Fläche liegt nicht in derselben Ebene wie die übrigen Carpalflächen, sondern tiefer, proximal- wärts, Dadurch rückt das hieran artikulierende Metacarpale II in den Carpus hinein. In,der Mitte des Os C II zieht sich in dorsal-volarer Richtung eine Gelenkleiste hin. Dadurch ist die Fläche nicht nur dorsal-volar konkav, sondern’ auch radial-ulnar konkav. Abb. 63. Canis lupus L. Profil der proximalen Reihe der Art. carpometacarpeae. 2:1 nat. Gr. y. Os Carpale III: Das Os C III hat die Gestalt eines unregelmäßigen Vierecks.. Es ist dorsal breiter als volar, dorsal-volar konkav, teilweise, besonders in der Mitte, aber gleichzeitig konvex. Mit Ausnahme eines ulnar- volaren Teiles dient es der Artikulation des Metacarpale III. Besonders bemerkenswert sind an dieser Fläche die dorsal-radiale Ecke, die leicht nach der”proximalen und die dorsal-ulnare Ecke, die nach der distalen Seite ein- gebogen sind. Es sind, wie wir sehen werden, Hemmflächen, dazu da, Be- wegungen des Metacarpale III nur in einer Richtung zu gestatten. 0. Os Carpale IV-+-V bietet mit seiner großen Fläche den Meta- carpalia IV-und V Artikulationsgelegenheit. Daher ist seine Gelenkfläche bei weitem die größte der distalen Carpalknochen. Auch sie ist volar schmaler als dorsal und ist in der Hauptsache dorsal-volar konkav. In der Mitte zieht 160 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. sich eine Erhebung von dorsal nach volar, die die Begrenzung der beiden zusammenstoßenden Metacarpalia IV und V angibt. II. Distale Flächen (Abb. 64). Die proximalen Flächen an den Basisenden der Metacarpalia sind denen der Carpalia ganz analog ausgebildet. Besonders hervorzuheben sind die tiefen, keilförmigen Einschnitte der Metacarpalia I, II und III. Ferner ist auffallend, daß drei Metacarpalia nicht nur mit einem zugehörigen Carpalknochen artikulieren, sondern mit zwei, bzw. drei Carpalknochen zugleich, also eine doppelte bzw. dreifache Ein- gelenkung im Carpus vorhanden ist. So artikuliert der Mc II in der Haupt- sache mit dem Os C II, tangiert aber außerdem an der radialen Seite in radialer Front das Os C I, und an der ulnaren Seite in ulnarer Front das Os C III. Dadurch ist das Mc II mit seiner proximalen Basisfläche tief in Abb. 64. Canis lupus L. Profil der distalen Reihe der Art. carpometacarpeae. 2:1 nat. Gr. den Carpus hineingerückt. Auch die Metacarpalia IV und V haben außer ihrer gemeinsamen Gelenkung mit dem Os C IV -- V noch eine weitere Verbindung und zwar Mc IV mit dem ulnar-volaren Teile der distalen Os C III- Fläche, und das Me V noch mit dem köpfchenförmigen Gebilde des Os Ulnare (vgl. hierzu Abb. 46). Diese Art der Gelenkung gibt dem Gelenkspalt eine ungeheure Festig- keit, außerdem aber dienen einige Flächen dazu, seitliche Bewegungen zu verhindern (siehe Teil c). b) Bandverbindungen der Art. carpometacarpeae. a. Volare Bänder (Abb. 58). Diese sind bereits beim vorigen Gelenk- spalt erwähnt worden: Es sind die Ligg. carpometacarpeae, die vom Os Pisiforme zu den Basen der Metacarpalia IV und V laufen und dadurch auch für den vorigen Gelenkabschnitt Bedeutung haben. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 161 $. Dorsale Bänder (Abb. 59). Es sind die Ligg. carpometacarp. dor- salia, die einmal vom Os C III zu den Metacarpalia II, III und IV ver- laufen, ferner von Os C IV — V zum Mc V einen Bandzug entsenden. ec) Bewegungen in der Art. carpometacarpeae. In den Handwurzel-Mittelhandgelenken sind nur wenige ausgiebige Be- wegungen möglich. Trotz großer unregelmäßiger Gestaltung der Gelenkflächen sind nur Bewegungen in einer Richtung ausführbar. In der „Mittelstellung“ des Gelenkabschnittes, von der wir wiederum ausgehen können, sind die dor- salen Ränder der Carpalia und der Metacarpalia aufeinandergepreßt. Tritt jetzt Beugung ein, so heben sich die dorsalen Ränder voneinander ab, und die Metacarpalia gleiten nur wenig an den Carpalia entlang. Die Bewegung ist lediglich eine Volarflexion um eine radial-ulnare Achse. Jetzt wird uns auch die unregelmäßige Gestaltung der Gelenkflächen klarer. Sie haben die Aufgabe, nur diese Bewegung zu unterstützen. Die tiefen Furchen in den Metacarpalia I, II und III, die alle genau dorsal-volar verlaufen, ferner die seitlichen Einbiegungen am Os C III machen diese Volarflexion zu einer reinen zwangsläufigen Scharnierbewegung (s. Röntgenaufnahme Tafel XVI, Abb, 115, 116). Es bedarf jetzt noch eines Blickes auf die Bewegung im Os CO IV— V- Gelenk. Im vorigen Abschnitt wurde darauf hingewiesen, daß das OsCIV-- V geringere Bewegungsmöglichkeit besitzt als die benachbarten Carpalknochen der distalen Reihe. Dies würde also bedeuten, daß das Mc IV 4- V nicht so weit gebeugt werden kann wie die übrigen Carpalia. Wir sehen nun aber in dem Carpometacarpalgelenk diesen Nachteil in der Bewegung ausgeglichen: Wie Messungen ergaben, ist die Exkursionsbreite der Me IV und V um ca. 8 Grad größer als die der anderen Metacarpalia. Eine Dorsalflexion findet nicht statt. Ebenso fehlen Seitenbewegungen im Sinne der radialen oder ulnaren Abduktion. Zur Verhinderung dieser Bewegungen sind die senk- recht zur ulnar-radialen Richtung verlaufenden Gelenkflächen am Os C III und am Os C ], ferner die auf dem köpfchenförmigen Teil des Os Ulnare gelegene, radialwärts schauende Gelenkfläche als Hemmflächen ausgebildet. So können wir also die an diesem Gelenkabschnitt vorhandenen Un- regelmäßigkeiten der Gelenkfiächen ganz durch den „Mechanismus“ der Art. carpometacarpeae erklären. Die gleichzeitige Verwendung von Flächen zu Hemm- und Stützfiächen — zu letzteren kann auch noch die bisher funk- tionell nicht erwähnte ulnar-volare Fläche am Os C III gerechnet werden — und das Ineinandergreifen dieser in die Flächen, die Volarflexion hervor- rufen, diese Tatsachen sind es, die ein solches Konglomerat von Unregel- mäßigkeit erzeugen. 162 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 7. Zusammenfassende Übersicht über die Bewegungen. Betrachten wir nun zum Schluß die Gesamtbewegungen des Terminal- segmentes der Vordergliedmaße, so läßt sich besonders hervorheben, daß zwei Gelenkabschnitte (Art. intercarpea, Art. carpometacarpeae) reine Volar- flexionen ausführen, also Bewegungen in nur einer Ebene um radial-ulnare Drehungsachsen. Nur in der Art. antebrachiocarpea ist noch außer diesen ginglymischen Bewegungen eine schraubenförmige Bewegung (im supinato- rischen Sinne) am Ende der Volarflexion vorhanden. Die Exkursionsbreiten der einzelnen Artikulationen nehmen distalwärts ab, d. h. also in der Art. antebrachiocarpea ist sie am größten, wobei sogar starke Klaffung des Ge- lenkspaltes eintritt (siehe Röntgenaufnahme Tafel XVI, Abb. 116), in der Art. intercarpea wesentlich kleiner und in der Art. carpometacarpeae am geringsten. Dadurch, daß durch Bänder und Hemmflächen, durch starke Wölbung der Hand und doppelte, ja sogar dreifache Gelenkung der einzelnen Knochen eine besondere Festigkeit und Stützkraft des ganzen Carpalsegmentes und außerdem eine scharniermäßige Zwangsbewegung erreicht ist, ergibt sich die Einseitigkeit des Terminalsegmentes des Hundes vollkommen. Aber auch die gelegentliche Scharrbewegung, wobei die Erdmassen unter den Bauch des Tieres fliegen, findet ihre Erklärung in der schraubenförmigen Bewegung des ersten Handgelenkes, die das Terminalsegment der Vordergliedmaße in supinatorischem Sinne dreht. Die kolossalen mechanischen Leistungen lassen sich also gänzlich aus der anatomischen (gelenkmechanischen) Konstruktion ablesen. II. Meles meles L. 1. Lebensweise. Der Dachs ist als Typ eines ausgesprochenen Gräbers untersucht worden. Bei ihm kommt neben der natürlich bei allen Tieren vorhandenen einfachen Lokomotion, die, wie im BREHM behanptet wird, „schleppend“ und „schwer- fällig“ erscheint, und deshalb bei schnellstem Lauf kaum fördert, so daß ihn bequem „ein guter Fußgänger einholen könne“, noch die grabende Tätig- keit vor. Es scheint gerade so, als ob diese meisterhaft beherrschte „Kunst“ auf Kosten des Laufens ausgebildet ist. Wie alle grabenden Mammalia be- dient er sich beim Graben der Vorderextremitäten, die kurz und plump er- scheinen und mit den Endabschnitten des Vorderarmes, den „Händen“, kon- vergieren. Besonders letztere bilden mit starken Krallen bewaffnet den eigent- lichen „Schaufelapparat“. Da ich leider die Tätigkeit dieses „Apparates“ am Tier selbst nicht beobachten konnte — die Tiere im hiesigen Zoologischen Garten taten mir den Gefallen nicht, zu graben — so entnehme ich diesbezügliches R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 7163 aus der Schilderung im BREHM: „Seine Stärke macht es ihm leicht, Höhlen auszuscharren, und wie einige andere unterirdisch lebende Tiere ist er im- stande, sich in wenigen Minuten vollkommen zu vergraben. Dabei kommen ihm seine starken mit tüchtigen Krallen bewaffneten Vorderfüße vortrefflich zustatten. Schon nach sehr kurzer Zeit bereitet ihm die aufgegrabene Erde Hindernisse; nun aber nimmt er seine Hinterfüße zu Hilfe und wirft mit kräftigen Stößen das Erdreich weit hinter sich. Wenn die Aushöhlung weiter fortschreitet, schiebt er, gewaltsam sich entgegenstemmend, die Erde mit seinem Hinterteil nach rückwärts, und so wird es ihm möglich, auch aus der Tiefe sämtliche Erde herauszuschaffen“. Obgleich über die Bewegung der Hände an sich nichts gesagt ist, so glaube ich jedoch, aus dieser Darstellung eine Übereinstimmung mit der Scharrbewegung des Hundes zu konstatieren. Denn der Dachs benutzt auch sekundär und alternierend die Hinterbeine zum Wegschaffen der gelockerten Erdmassen, ganz ähnlich wie der nur gelegentlich scharrende Hund. Daraus entnehme ich, daß auch der Dachs mit seinen Händen die Erde unter seinen Bauch schaufelt, zumal er beim Graben der Röhren seines Baues wohl kaum so viel Platz haben dürfte, die Erde in der Parallele mit der Mediane seines Körpers, oder sogar nach außen hin anzuhäufen. Wenn ich den Dachs beim Herumgehen in seinem Käfig beobachtet habe, so konnte ich stets, auch bei den langsamsten Bewegungen, ein relativ schnelles Beugen der Hände erkennen. Auch wurde die Hand nie in reinen Volar-Dorsal-Flexionen, sondern immer nach einwärts bewegt. Da ich, so oft ich auch den Dachs beobachtete, niemals andere Bewegungsarten gesehen habe, so dürfte diese Bewegungsrichtung auch stets beim Graben in foreier- terem Maße ausgeführt werden. 2. Trittkissen (Abb. 65). Auf der Volarseite der Handwurzel ist nur das Os Pisiforme mit einem ovalen Kissen bedeckt. Dann folgt über die Handwurzel und die proximalen Teile des Metacarpus eine unbehaarte Furche, die bis zu den Metacarpo- phalangealkissen reicht. Letzteres legt sich quer über die Metacarpophalangeal- gelenke und ist ulnar breiter als radial. Es ist deutlich in drei Teile ge- teilt, die durch schmale Furchen aneinandergrenzen und zwar ist das auf der radialen Seite gelegeue dreiecksförmig gestaltet, mit der Spitze nach der distalen Seite zeigend; das mittlere Kissen ist ebenfalls dreieckig, aber mit der Spitze nach der proximalen Seite zu gelegen, und das an der ulnaren Seite befindliche Kissen schließlich legt sich rhombenartig an das mittlere Kissen an. Eine tiefe Furche trennt diese zusammenhängenden Teilkissen 164 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. von den Fingerballen, die länglich oval auf je einer Endphalange eines Fingers sitzen. Abb. 65. Meles meles L. Trittkissen der rechten Vordergliedmaße (nach BRANDT 1914). 3. Gesamtform der Hand (Abb. 66). Die „Hand“ ist im Gegensatz zur Canis- „Hand“ nicht eine geradlinige Fortsetzung des Unterarmes, sondern die Mittelachse des Unterarmes bildet mit der Mittelachse der „Hand“ einen nach der ulnaren Seite zu offenen Winkel (Taf. XVII, Abb. 119). Der Radius artikuliert nur mit_dem Os Rad. et intermed., und die Elle mit dem Os Ulnare und dem Os Pisiforme. Im übrigen sind wieder sieben Carpalknochen vorhanden, die sich proximalwärts halb- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 165 kreisförmig, distalwärts gradliniger zusammensetzen. Daran schließen sich die fünf Metacarpalia, deren distale Enden einen Halbkreis bilden; der am wei- testen distalwärts hervorragende Teil des Bogens wird vom Capitulum des Metacarpale III gebildet. Die Handachse läuft zwischen dem dritten und vierten Finger hindurch. Die Hand ist also, wie bei Üanis, paraxonisch. Besonders auffallend ist die Mächtigkeit der ulnaren Metacarpalia. Der fünfte Finger übertrifft an Mächtigkeit bei weitem die anderen, so daß der Daumen u u Abb. 66. Meles meles L. Übersichtsbild über die rechte „Hand“ (dorsale Aufsicht). am schlanksten erscheint. An den Endphalangen hat die Hand, besonders an den vier ulnaren Fingern, ca. 2 cm lange Grabkrallen. Eine Bogenbildung der Vola ist gut ausgeprägt. Die Hand gleicht so- mit ihrem äußeren Habitus nach einer Schaufel. 166 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 4. Articulatio antebrachiocarpea. Am proximalen Handgelenk sind die beiden Unterarmknochen, Radius und Ulna, sowie drei Handwurzelknochen beteiligt. Radius und Ulna nehmen direkt an der Gelenkbewegung teil und zwar artikuliert der Radius mit dem Os Rad. et intermed., die Ulna mit dem Os Ulnare und: dem Os Pisi- forme. a) Gelenkflächen der Art. antebrachiocarpea (Abb. 67, 68). a. Radius: An der distalen Gelenkfläche des Radius kann man zwei Teile unterscheiden. In der Hauptsache besteht sie aus einer in dorsalulnar- volarradialer Richtung ausgehöhlten eiförmigen Fläche, woran sich am Über- gang der volaren Gelenkflächenkante zum Griffelfortsatz eine sattelförmige Gelenkfläche anschließt. Es findet eine scharfe Abgrenzung von Speichen- fortsatz und dem übrigen Facettenteil statt. Letzterer enthält in der Haupt- sache die starke Konkavität. In der Aufsicht auf die Radiusfläche haben wir also ein Bild, als ob wir in die Höhlung einer Eischale sehen würden, die an der radialen Seite durch den Speichenfortsatz verlängert ist; und zwar befindet sich an der Übergangsstelle in der dorsalen Kante eine tiefe Cäsur. Die „große Achse“ liegt zur Längsachse der Speiche in einem Winkel von ca. 60 Grad und verläuft außerdem nicht horizontal, sondern von dorsal- radial nach volarulnar. Eine Senkrechte auf der Mitte der Gelenkpfanne (d. h. auf dem langen Durchmesser der Eifläche, auf der sogenannten „großen Achse“) errichtet, weicht von der Verlängerung der Unterarmlängsachse distalwärts nicht nur nach der Ellenseite, sondern auch volarwärts ab, d.h. die Pfanne schaut außer distal-ulnarwärts gleichzeitig auch volarwärts. Abb. 67. Meles meles L. Profil der proximalen Reihe der Art. antebrachiocarpea. 3,3:1 nat. Gr. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 167 Die Längsrichtung des Sattelrückens an der radialvolaren Kante des Radius läuft mit der „großen Achse“ des konkaven Anteiles der Radiusfläche parallel, bildet also ebenfalls einen Winkel von 60 Grad zur Längsachse der Speiche. Ferner ist die Längslinie des Sattelrückens ein Teil einer Schrauberlinie. Denkt man sich nämlich ihr radiales Ende weiter fortgeführt, so würde sie volarwärts unter dem Speichenfortsatz verschwinden. Es sind für diesen Teil der Radiusfacette die Bedingungen für eine Schraubenfläche gegeben; denn sie verläuft einmal dorsal-volar schräg, ferner ist sie nach distal-radial gebogen und schießlich noch in sich geschwungen. ß. Ulna: Sie beteiligt sich an der Art. antebrachiocarpea mit einer Fläche, die, einen Gelenkkopf darstellend, ganz am Ende des Grifielfortsatzes liegt (Abb. 68). Sie zieht sich von dorsal nach volar stark gebogen herum und wird durch eine Gelenkflächencharakter besitzende stumpfe „Schneide“ in eine radialwärts schauende und eine volar-ulnarwärts schauende Fläche geteilt. y. Os Radiale etintermedium: Dieser Knochen (Abb. 68) zeigt eine Fae. art. radialis, die die ganze Proximalseite des Knochens mit Ausnahme des hier kleinen Processus carp. rad. bedeckt. Ganz entsprechend der Radiusfacette ist auch Abb. 68. Meles meles L. Profil der distalen Reihe der Art. antebrachiocarpea. 3,5:1 nat. Gr. hier eine Zweiteilung der Fläche wahrzunehmen. Ein großes eiförmiges Ge- lenk, dessen Konvexität in dorsal-volarer Richtung so stark ist, daß der dorsale Teil dieser Facette ganz auf die dorsale Seite des Knochens über- geht, hat den Hauptanteil an der Gesamtfläche. Durch die äußerst starke Konvexität erscheint die Dorsalfläche des Knochens wesentlich verlängert. Ein Bild über diese starke Wölbung erhält man, wenn man den Knochen 168 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. in radialer Aufsicht betrachtet. Sie ragt dann keilförmig in die Radiusfacette hinein (siehe Röntgenaufnahme Tafel XVI, Abb. 117). Im Gegensatz dazu ist die Krümmung in radial-ulnarer Richtung nicht sehr groß. Außerdem ist in der radial-volaren Ecke der Eifläche, dort, wo sie mit einer herzförmigen Spitze auf dem Processus carp. rad. grenzt, ein Sattel- gelenk ausgebildet, das in bezug auf Ausdehnung weit hinter der eiförmigen Fläche zurücksteht. d. Os Ulnare: Das Os Ulnare (Abb. 68) enthält zwei durch einen Wall getrennte Gelenkflächen. Die obere, in die der Proc. styl. ulnae gelenkt, ist der Gestalt nach ein Ellipsoid, das konkav ausgehöhlt ist. Die untere ist annähernd dreieckig mit der Spitze an der ulnaren Seite und in radialvolar-ulnardor- saler Richtung leicht konvex. Diese Fläche ist zur Os Pisiforme-Gelenkung bestimmt. e. Os Pisiforme: Das Os Pisiforme (Abb. 68) besitzt eine distale, genau der unteren Os Ulnare-Fläche entsprechende Fac. art. anterior und eine nach proximal-dorsal schauende Fac. art. posterior für den Proc. styl. ulnae, die am radialen Ende eng beginnend, sich halbkreisföürmig am ulnaren Rande erweitert und konkav ausgehöhlt ist. In diesem Gelenkspalt ist das Os Ulnare nur durch Bandmassen an das Os Rad. et intermed. befestigt. Gelenkflächen zwischen beiden Knochen sind nicht ausgebildet. Beide Knochen bilden miteinander einen distalwärts offenen stumpfen Winkel. In der Mitte dieser Art. antebrachiocarpea ist durch die gegenseitige Stellung der Knochen ein großer Spalt bedingt, der aber zum größten Teil mit einer breiten Bindegewebsmasse ausgefüllt ist (siehe Röntgen- aufnahme Taf. XVII, Abb. 118). Da sich diese sowohl an das Os Rad. et intermed. als auch an das Os Ulnare festheften, wird der Gelenkspalt der Art. antebrachiocarpea in zwei getrennte Kapseln geteilt. b) Bewegungen in der Art. antebrachiocarpea. Da Dorsalflexion vollständig ausfällt, so ist extremste Streckung erreicht, wenn die „Hand“ sich in „Mittelstellung* befindet. Von ihr wollen wir wieder ausgehen. Wie schon bemerkt wurde, ist der weitaus größte Teil der Fac. art radialis des Os Rad. et intermed. ein Eigelenk, das besonders in dorsal-volarer Richtung stark gekrümmt, während die dazu senkrechte Krümmung äußerst gering ist, und außerdem ist ein kleiner radial-volarer Abschnitt vorhanden, der den Charakter einer Schraubenfläche besitzt. Somit sind durch diese beiden verschiedenen Gelenkcharaktere zwei Arten von Be- wegungen bedingt, die auf den ganzen Gelenkabschnitt gangbestimmend wirken. 1. Radiale Volarflexion wird durch den großen eigelenk- förmigen Abschnitt bedingt. Die Achse, um die sich das Os Rad. et intermed. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 7169 dabei dreht, verläuft genau parallel der „großen Achse“ der Radiusfacette, d. h. in dorsalradialer-volarulnarer Richtung durch die distale Carpusreihe. Da in der äußersten Streckstellung die dorsalen Gelenkränder des Os Rad. et intermed. und des Radius zusammenfallen, und da ferner die Fac, art. radialis als der bewegende Teil größer ausgebildet ist, so bleibt bei extremster Streckung das volare Ende der proximalen Fläche des Os Rad, et intermed. unbedeckt, und der Radius drückt nur auf den dorsalen Teil der Os Rad. et intermed.-Gelenkfläche. Dabei liegt der stark gebogene Teil der Os Rad. et intermed.-Fläche, der eine so starke Krümmung aufweist, daß man von einem „Rücken“ sprechen kann, mit seiner oberen Rückenfläche der Radiusfacette an. Nur am dorsalen Rand derselben greift der Griffeifortsatz auf die untere Rückenfläche über, so daß der Rücken am radialen Teil durch die Cäsur an der Radiusfacette geht. Es läßt sich diese Tatsache auch so darstellen, daß die Radiusfacette mit ihrem Proe. styloideus die stark konvexe Os Rad. et intermedium-Gelenkfläche am radialen Teile wie eine Klammer umgreift. Obgleich nun der Proc. styl. radii volar vom Rücken der Os Rad. et inter- medium-Fläche zu liegen kommt, berührt er noch nicht die an seiner Seite gelegene Schraubenfläche, sondern läßt noch einen großen Teil der Fae. art. radialis frei. Bei der nun eintretenden Beugung findet reine Flexion statt, die aber nach der radialen Seite abweicht, infolge der dorsalradial-volarulnaren Drehungsachse, soweit bis der Speichenfortsatz die sattelförmige Gelenkfläche im Os Rad. et intermed. erreicht. Hervorzuheben ist, daß diese radiale Volar- flexion sprunghaft ausgeführt wird. Würde das Os Rad. et intermed, langsam am Radius entlanggleiten, so müßte einmal der Zustand eintreten, wo der Rücken der Os Rad. et intermed.-Facette auf der Radiusfacette „balanciert“. Dies könnte aber nur durch äußerst vorsichtige Flexion erreicht werden, sonst kippt der Knochen sofort um diese Rückenkante herum. Da beim Graben die Erwägung einer so äußerst langsamen Beugung eo ipso fortfällt und beim Gehen des Tieres solche vorsichtigen Bewegungen kaum ausgeführt werden dürften — es wurden auch niemals solche langsamen Flexionen be- obachtet — so wird ein langsames Hinübergleiten über diese Fläche gar nicht möglich sein. Verstärkt wird diese sprunghafte Bewegung dadurch, daß der Speichenfortsatz des Radius eine „klammerartige* Umfassung der Os Rad. et intermed.-Fläche verursacht. Dadurch ist volarflektorisch eine zwangsläufige Bahn geschaffen, die z. B. irgendwelche Drehbewegungen in diesem Teil der Facetten ausschließen, obgleich theoretisch in einem Eigelenk Bewegungen um andere als die zwei „Hauptachsen“ durchaus möglich sind. Auch Randbewegungen im Sinne der radialen und ulnaren Abduktion um eine senkrecht zur dorsalradial-volarulnaren Achse des Eigelenkes finden If 170 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. nicht statt, denn wir haben hier, wie wir es bei Canis bereits konstatieren konnten, eine so geringe Krümmung, daß die Achse bereits sehr weit von der Gelenkfläche abgerückt ist, und somit das Gelenk praktisch wie ein Zylindergelenk wirkt und daher nur volarflektorische Bewegungen auszuführen vermag. Erst wenn der Speichenfortsatz die sattelförmige Gelenkfläche berührt und somit auch die Schraubennatur dieser zusammenstoßenden Flächen sich auswirken kann, beginnt die zweite Art der Bewegung, eine 2. Bewegung im supinatorischen Sinne. Diesen Vorgang kann man so darstellen, daß das Os Rad. et intermed. in seiner Sattelfläche um die schräg stehende volare Kante der Radiusgelenkfläche herumkippt. Natürlich kann diese Be- wegung nur um eine neue Achse erfolgen, die durch Komposition der räumlich verschiedenen Teilachsen des Sattelgelenkes konstruiert werden kann. Die Folge ist eine schraubenförmige Bewegung im supinatorischen Sinne. Am Ende der Gesamtbewegung ragt der größte Teil der Fac. art. radialis über den dorsalen Rand der Radiusfacette hinaus, und es kommt der Gelenk- spalt auf der dorsalen Seite zum Klaffen (siehe Röntgenaufnahme Tafel XVIII, Abb.121). Das Os Ulnare führt durch Übertragung der Bewegungen vom Os Rad. et intermed. ganz ähnliche Exkursionen aus. In der „Mittelstellung“ stoßen der oberste Rand der radialwärts schauenden Gelenkkapsel des Proc. styl. ulnae und der radiale Teil der Ulnare-Fläche zusammen. Bei nun eintretender Beugung wird der obere Gelenkkopfrand der Elle abgehoben und das Os Ul- nare gleitet um diesen herum, wobei auch der ulnare Teil der Os Ulnare- Facette unter Druck gerät. Auch hier kann eine solche Beugung, die ebenfalls. um eine dorsalradial-volarulnare Achse erfolgt, nur sprunghaft stattfinden; denn der Ellengriffelfortsatz besitzt einen sehr stark gekrümmten Gelenk- kopf, der von der ulnaren Seite betrachtet in einen äußerst starken Bogen um den Processus herumläuft, so daß man bei ihm fast von einer stumpfen „Schneide“ sprechen möchte. Diese teilt ihn in einen radialwärts schauenden und einen volarulnarwärts schauenden Gelenkflächenteil.e Bei vorsichtiger langsamer Beugung müßte also ein Zustand eintreten, wo diese „Schneide“ die Os Ulnare-Fläche allein berührt. Dieses würde uns aber einen äußerst labilen Zustand repräsentieren, der niemals durch schnelle Bewegungen er- reicht werden kann. Es ist also ganz ähnlich wie in der Radius-Os Rad. et intermed.-Artikulation. Da die „Hand“ niemals so fein balancieren kann, wird das Os Ulnare mit einer plötzlichen Bewegung um die „Schneide“ herumkippen. Hierbei kommt auch die für den Eillenfortsatz bestimmte Os Pisiforme-Gelenkfläche, die in der „Mittelstellung* der Hand in einem rechten Winkel zu demselben steht, mehr und mehr in Berührung mit dem R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 7171 Processus. Erst im letzten Teil der Bewegung überhaupt, bei der supina- torischen Schraubenbewegung, kommt das Gelenk zwischen Ulna und Os Pisi- forme zum Schließen. Bewegungen im Os Pisiforme-Os Ulnare-Geienk sind sehr gering, da diese Knochen durch den Bandapparat fest aufeinandergepreßt werden. Damit wird aber eine Transmission für den Zug des kräftigen Muse. flex. carp. ul- naris geschaffen, der an seiner Insertionsstelle am Os Pisiforme eine Band- verknöcherung enthält, die bei dem Dachs allein beobachtet wurde. 5. Articulatio intercarpea. Die Artikulation entspricht ganz den allgemeinen Verhältnissen. Es sind in diesem Zwischenhandgelenk deutlich zwei Flächensysteme zu unterscheiden: 1) ein ulnares stark gewölbtes und 2) ein radiales mit sehr flachen Gelenk- facetten. a) Gelenkflächen der Art. intercarpea (Abb. 69, 70). a. Os Rad. et intermed.: An diesem Knochen, der sich mit allen vier distalen Carpalknochen verbindet, kann man diese Zweiteilung ebenfalls beobachten. Ungefähr in der Mitte seiner distalen Fläche trennt eine Leiste zwei in ihrer Zeichnung ganz voneinander verschiedene Gelenkflächensysteme. 2 AHSTLD EZ EZ Abb. 69. Meles meles L. Profil der proximalen Reihe der Art. intercarpea. 3,3:1 nat. Gr. Radial von der Leiste liegt ein Flächensystem, das zur Hälfte beinahe eben, zur Hälfte konkav ist. Die Leiste, die von volarradial schräg nach dorsal- ulnar verläuft, liegt in einem Winkel von ca. 70 Grad zur Längsachse des 11*®2 1:72 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Knochens. Sie geht nach der radialen Seite in zwei angrenzende Flächen über, von denen die konkave volare für das Os C I, die beinahe ebene dorsale mitsamt der Leiste für das Os C II und für den dorsalen Teil des Os CI bestimmt ist. Der ulnar von der Leiste gelegene Anteil der distalen Fläche am Os Rad. et intermed. stellt ein zweites durchaus konkaves Flächensystem dar, das aus zwei Hohlflächen besteht. Es sind dies die Fac. art. capitati und hamatıi. Die erstere ist stark ausgehöhlt und läßt sich durchaus mit einer eiförmigen Ringwurstfläche vergleichen. Ferner besitzt sie noch eine von dorsal nach volar allmählich zunehmende Krümmung, so daß die Begrenzungslinie eines Schnittes, der von dorsal nach volar vollzogen wird, durch diese Gelenkfläche eine Spirale darstellt, d.h. also die Krümmung der Fläche nimmt volar- wärts zu. Außerdem hat sie Schraubenflächencharakter. Wenn man nämlich diese Fläche in entsprechendem Sinne weiterformen würde, so würde sie sich nieht nur um eine radial-ulnare Achse spiralig aufdrehen, sondern noch längs dieser Achse gleichmäßig fortschreiten, so daß wir einen wendeltreppenähnlich gewundenen Körper erhalten. Ein Zeiger, der senkrecht zur Achse an ihr befestigt wurde, zeigte mir, daß ein wenn auch geringes Fortschreiten längs der Drehungsachse vorhanden ist, wir also in der Tat eine Schraubenfläche mit geringer „Ganghöhe“, wie man den Abstand zweier Schraubenwindungen zu nennen pflegt, vor uns haben. Die Fac. art. hamati ist in ulnar-radialer Richtung etwas breiter als die vorige Fläche, teilt aber mit ihr den Charakter einer Ringwurstfläche, die zugleich spiralig gekrümmt und ein Teil einer Schraubenfläche mit ge- ringer Ganghöhe ist. ß. Os Ulnare: Die distale Fläche dieses Knochens schaut radialein- wärts (Abb. 69). Sie ist ausgehöhlt und gehört somit zum konkaven Flächensystem dieses Gelenkabschnittes.. Am dorsal-ulnaren Rande ist sie ein wenig sattel- förmig gebogen. Darunter, am ulnaren Rande des Os Ulnare, zieht sich eine fast ebene zungentörmige Gelenkfläche entlang, die im Anfange schmal ist und breit nach volar ausläuft. In diese artikuliert in bestimmter Stellung der Metacarpale V. y. Ossa Carpalia: Auch bei diesen Knochen sind in der proximalen Aufsicht zwei Systeme zu erkennen, die aber fest miteinander verbunden sind und somit mechanisch als ein einziger Gelenkkörper betrachtet werden können (Abb. 70). Die Carpalia I und II stellen zusammen das flachere Flächensystem dar und bilden genau das Gegenstück zu den Artikulationsflächen am Os Rad. et intermed.. In die stärker ausgehöhlte Fläche des Os Rad. et intermed. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 173 gelenkt die volare breite, einen zylinderförmigen Wulst enthaltende Fläche des Os C I, die dann in den übrigen Teilen dorsalwärts beinahe eben wird. Die Gestalt ist dreieckig, mit der Spitze nach dorsal gerichtet. Das Os C II, das sich unmittelbar an das Os C I anlegt, kommt auf die fast ebene Fläche des Os Rad. et intermed. zu liegen. Es besitzt ebenfalls eine dreieckige Arti- kulationsfläche, ist aber im volaren spitzen Teil konkav ausgehöhlt. Dadurch, daß die Ossa Carpalia I und II eng zusammenliegen, die Spitze des 03 CI Abb. 70. Meles meles L. Profil der distalen Reihe der Art. intercarpea. 3,3:1 nat. Gr. an der Basis des dreieckförmigen Os C II, bilden sie ein Viereck, das von dem volaren zylinderförmigen Wulst des Os C I überragt wird. Dadurch gehört auch der ausgehöhlte Teil der volaren Os C II-Fläche zu der Über- gangsregion zum Wulst. Die Ossa Carpalia III und IV V bilden zusammen das konvexe Flächen- system. Die schmale, konvexe Os U III-Eläche verläuft von dorsalulnar nach volarradial, steht also in einem Winkel zur dorsal-volaren Längsachse des Knochens. Die Gelenkfiäche bedeckt aber nicht nur den proximalen Teil des Knochens (wie bei Canis), sondern geht auch auf die radiale Fläche über. — Das Os CIV-+-V besitzt zwei Gelenkflächen, die, beide konvex, winkelig aufeinander zulaufen, aber nicht in einer Kante zusammenstoßen, sondern durch eine Gelenkbrücke verbunden sind. Die größere ulnare Fläche, die im dorsal-ulnaren Teil eine leichte Sattelfläche ausgebildet hat, gelenkt in die Hohlfläche des Os Ulnare. | b) Bewegungen in der Articulatio intercarpea. Die Bewegungen in diesem Gelenkabschnitt sind im Vergleich zum vorigen äußerst minimal. Dorsalflexion sowie Ab- und Adduktionsbewegungen sind ausgeschaltet, Dafür sind wohl charakterisierte neue Bewegungen, für die in erster Linie das Gelenksystem maßgebend ist, vorhanden. Die Achse, um die Bewegungen ausgeführt werden, läuft von dorsal- 174 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. radial nach volarulnar. Um diese finden nun aber nicht reine Volarflexionen statt, sondern, entsprechend dem Bau des konkaven Flächensystems, schrauben- förmige Drehungen. Das Charakteristische einer solchen Bewegung ist der Umstand, daß bei Drehungen um eine Achse gleichzeitig ein Fortschreiten längs dieser Achse erfolgt. Der Natur des Schraubengelenkes entsprechend findet also bei Beugung des Gelenkes eine Parallelverschiebung der Carpalia in radialer Richtung statt, bei Streckung in ulnarer. Außerdem existieren in diesem Gelenkspalt fast ebene Gelenkflächen, in denen theoretisch in allen möglichen Richtungen parallele Verschiebungen miteinander vorgenommen werden können. Hier sind sie aber abhängig von dem zylinderförmig ge- stalteten Wulst des Os C I, der sich ebenfalls um eine schräge (dorsalradial- volarulnare) Achse leicht schraubenförmig bewegt. Tritt also Beugung des Gelenkes ein, so werden auch die ebenen Gelenk- flächen mitgenommen, die infolge besonders engen Zusammenhalts eine Drehung um die Zylinderachse machen. Dadurch muß eine Entfernung der Verschiebe- flächen voneinander zustande kommen, und es tritt Klaffen des Gelenkspaltes an dieser Stelle ein (siehe Röntgenaufnahme Tafel XVIII, Abb. 121, 122). Da der Bewegungsumfang in dieser Art. intercarpea aber nur klein ist, so ist der absolute Betrag des Klaffens nicht zu groß. Besonders klar werden die Bewegungen in diesem Gelenkspalt, wenn man sie sich beim Übergang von der Volarflexion in die Streckstellung ansieht. Dann finden Drehungen schraubenförmiger Natur des ganzen Spaltes gemeinsam statt, bis die ebenen Flächen der Ossa Carpalia I und II, auf denen des Os Rad. et intermed. vollkommen aufliegen. Dann ist die Ausgangs- stellung wieder erreicht. 6. Articulatio carpometacarpeae. a) Gelenkflächen der Art. carpometacarpeae (Abb. 71, 72). Die vier Carpalia gelenken mit den fünf Metacarpalia in Flächen von wechselnden Formen. (Siehe Abb. 71). a. Os Carpale I: Das Os Carpale I besitzt eine Fläche für den Daumen, die nach radial außen gerichtet ist. Ihre Gestalt ist schmal oval, ist aber kein Ellipsoidgelenk, denn im volaren Teil ist die Fläche von radial nach ulnar konvex gebogen. Außerdem ist eine kleine Artikulationsfläche für das Me II än der oberen ulnaren Seite des Knochens vorhanden. ß. Os Carpale II: Das Os Carpale II hat eine breite dreieckige, mit der Spitze volarwärts zeigende Fläche für das Mc II und ist dorsal-volar konkav und außerdem ulnar-radial konvex. y. Os Carpale III: Das Os Carpale III hat eine distale etwas hohle Fläche für das Me Ill. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 175 0. Os Carpale IV-+V artikuliert mit den Metacarpalia IV und V in einer gleichmäßig gekrümmten Fläche, deren dorsaler Rand länger ist als der volare. Richtung der Gesamtfläche ist schräg nach ulnar auswärts, Abb. 71. Meles meles L. Profil der proximalen Reihe der Art. carpometacarpeae. 3,3:1 nat. Gr. &. Metacarpalia (Abb. 72). Die proximalen Basisflächen der Mittelhand- knochen haben den Ossa Carpalia ganz entsprechende Flächen. — Die Meta- carpalia I und II haben außer ihren konvexen Krümmungen noch von dorsal nach volar ziemlich tiefe Einschnitte, was besonders gut am Mc I ausgeprägt ist. Das Metacarpale V läßt außer seinem gleichmäßig gekrümmten Teil an seinem ulnar-volaren Rande einen Wulst proximalwärts hervorspringen, an dem sich ulnar-volar ein Gelenkkopf ausgebildet hat, der in bestimmter Stellung mit der ulnaren Facette des Os Ulnare gelenkt. Abb. 72. Meles meles L. Profil der distalen Reihe der Art. carpometacarpeae. 3,3:1 nat. Gr. Der ulnare Basisrand des Metacarpale II artikuliert selbständig außer mit dem Os C II noch mit dem Os C III, und zwar so, daß der ulnare Basisrand an die radiale Seitenfläche des Os C III anstößt. Außerdem gelenkt der radial-dorsale Seitenrand mit einer kleinen Fläche am Os C I. 176 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Dadurch rückt das Mc II ganz in den Carpus hinein, während die anderen Metacarpalia alle eine Richtung einhalten. In dorsaler Aufsicht sind sie alle halbkreisförmig (aber großer Kreisradius!) angeordnet (siehe Röntgenaufnahme Taf. XVII, Abb. 118). b) Bewegungen in der Articulatio carpometacarpeae. Wieder haben die vorhandenen Bewegungen äußerst geringen Umfang. Es sind lediglich Volarflexionen zu konstatieren. Die Metacarpalia I und II mit ihren tiefen Einschnitten, ferner das Hereinrücken des zweiten Meta- carpale und seine dadurch geschaffene seitliche Verbindung mit den Ossa Carpalia I uud II lassen, man kann beinahe sagen, zwangsläufig nur diese Bewegung zu. Während im ganzen Gelenk Schleifbewegungen um eine annähernd hori- zontale Drehungsachse stattfinden, glaube ich im Metacarpale V in den pro- ximal vorstehenden Gelenkkopf eine Rollbewegung feststellen zu können. Dafür spricht hier folgendes: Die artikulierenden Flächen sind im Meta- carpale V konvex und im Os Ulnare fast eben, im volaren Teil sogar auch leicht konvex. Es findet keine kongruente Berührung ausgedehnter Flächen- stücke statt, sondern es sind nur zwei Punkte der beiden gegeneinander bewegten Gelenkflächen in Berührung miteinander. Dies sind aber die charak- teristischen Vora’ssetzungen für eine Rollbewegung. Wie durch Röntgen des Muskelpräparates festgestellt wurde, berührt der Mc V die Os Ulnare-Fiäche in Streckstellung nicht (siehe Röntgenaufnahme Taf. XVII, Abb. 118). Erst bei eintretender Volarflexion beginnt der Gelenkwulst des Mc V sich auf der sich volarwärts verbreiternden Os Ulnare-Facette abzu- rollen. In Beugestellung ist inniger Kontakt vorhanden. Bei jeder Teil- bewegung des Mc V kommen also andere Stellen an den beiden Gelenk- flächen in Berührung, was bei einer Gleitbewegung nicht der Fall ist. Allenfalls besteht die Möglichkeit, daß der Mc V-Gelenkkopf dorsalwärts „ausrutscht“. Dann würde eine Mischbewegung aus Schleifen und Rollen stattfinden. Letzteres konnte aber nicht einwandfrei — schon infolge allzu kleinen Bewegungsumfanges — festgestellt werden. 7. Zusammenfassende Übersicht über die Bewegungen. Die Bewegungen des Terminalsegmentes der Vordergliedmaße finden in der Hauptsache um schräge Achsen statt, die mit der Horizontalen einen nach radial offenen Winkel bilden. Außerdem sindin der Art. antebrachiocarpea, wo die größte Exkursionsbreite vorherrscht, sprunghafte, plötzliche Be- wegungen vorhanden, denen im letzten Teil eine schraubenförmige Bewegung (im supinatorischen Sinne) folgt. Auch die Artieulatio intercarpea induziert R. LIPS, Modificationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 177 die Volarflexionen um eine schräge Achse im supinatorischen Sinne durch Ausbildung von Schraubengelenken. In dieser und in der Art. carpometa- carpeae sind die Bewegungsgrenzen sehr klein. Dorsalflexionen und radiale bzw. ulnare Abduktionen finden nicht statt. Es sind somit ziemlich strenge scharniermäßige Bewegungen körpereinwärts festzustellen. So läßt sich die „Hand“ durchaus mit einer Schaufel vergleichen, ' die durch ulnar kräftig entwickelte und leicht divergierende Finger — letzteres hervorgerufen durch halbkreisförmige Anordnung der distalen Carpalflächen — und rein scharniermäßige Bewegungen in radialer Volarfiexion verbunden mit supinatorischen Drehungen (als Folge der Schraubenflächen) imstande ist, Erdmassen unter die Körpermitte zu befördern. Nur diese Bewegungen sind ausführbar und werden gleichzeitig, wenn auch sehr unzweckmäßig, in den „Dienst“ des Laufens gestellt. III. Lutra lutra L. 1. Lebensweise, Die Lebensweise des Fischotters, die keinem anderen Tier der Carnivoren auch nur in ähnlicher Form eigen ist, ist die eines ausgesprochenen „Wasser- marders“. Er entfernt sich nur gezwungen vom Wasser, und auch dann bloß in der Absicht, ein anderes Gewässer aufzusuchen. Er ist als ein meisterhafter Schwimmer und Taucher bekannt. Seine Hauptnahrung besteht aus Fischen. Der Otter verfolgt sie im Wasser und versteht es, mit seiner großen Schwimmkunst seine Beute gewandt zu erjagen. Dabei schwimmt er mit an den Leib angezogenen Extremitäten in den graziösesten Schlangen- windungen mittels seines langen Schwanzes und der großen Torsionsfähig- keit seiner Brust- und Lendenwirbel. Seine Extremitäten werden mehr zum Steuern benutzt. Besonders die Vorderläufe gebraucht er dazu; doch beim langsamen Schwimmen paddelt er mit seinen Händen, indem er mit aus- gebreiteter Schwimmhaut auf das Wasser tritt. Andererseits ist der Fisch- otter auch auf dem Lande sehr geschickt. Er ist imstande, weite Strecken zurückzulegen, wenn ihn der Nahrungsmangel zur Aufsuchung neuer Jagd- reviere zwingt. Bekannt ist weiterhin, mit welcher Geschwindigkeit die Ottern auch auf dem Lande ihren Verfolgern entgehen und auf dem schnellsten Wege das schützende Wasser zu erreichen suchen. Außerdem benutzt er seine „Hand“ zum Festhalten der Beute. Die „Hände“ sollen auch zum Graben verwendet werden, denn nach BÖVING, PETERSEN und DREYER soll das Tier sich Gänge an den Flußufern graben (zitiert nach KAJAYA 1918). 178 Zeitschrift für Säugetierkunde Bd. 5, 1930. Über die Bewegungen der „Hand* waren die Beobachtungen sehr schwierig, da die Ottern äußerst flinke Tiere sind und alle Bewegungen mit wunderbarer Geschmeidigkeit spielend schnell ausführen. In der Ruhestellung zeigt die Dorsalseite des Carpus ulnarwärts und die Flexionen wurden stets, wenn auch schwach, nach der Mediane des Körpers zu ausgeführt. Außerdem kann die „Hand“ besonders in der Streckstellung, gut ad- und abduziert werden, 2. Trittkissen (Abb. 73). Die vorhandenen Trittkissen — auf eine Anwendung der „Hand“ bei der Lokomotion auf dem Lande hindeutend — sind gut entwickelt. Die Vola ist unbehaart und erstreckt sich radialwärts weiter nach proximal als Abb. 73. Lutra hutra L Trittpolster der linken „Hand“ (nach BRANDT 1914). ulnarwärts. Sie endet ulnarwärts mit einem eminierenden Trittkissen auf dem Os Pisiforme. Außer diesem Trittpolster ist auf den Metacarpophalangeal- gelenken ein V-fürmiges Kissen vorhanden. Die Begrenzung dieses Trittkissens ist proximalwärts genau an der Art. carpometacarpeae, und nur das eminie- rende Os Pisiforme-Kissen liegt auf der ulnaren Seite auf der Art. ante- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 179 brachiocarpea. Zwischen dem großen V-förmigen Trittkissen und den auf den Endphalangen gelegenen ovalen Polstern ist eine breite Furche wahr- zunehmen, 3. Gesamtform der Hand (Abb. 74). Die „Hand“ des Otter hat Fächerform. An den kurzen Unterarm schließt sich ein breiter viereckiger Carpus mit insgesamt sieben Carpal- knochen und daran Metacarpus und die Finger. Der vierte Finger ist der längste und außerdem derjenige, welcher die Längsachse des Vorderarmes in FIN a ige, Pr mann IN BESSUSSER | Abb. 74. Lutra lutra L. Übersichtsbild über die rechte „Hand“ (dorsale Aufsicht‘. (nach LUCAE, 1872/73). seiner Achse fortsetzt. Die übrigen Finger verkürzen sich nach der „Dau- men“-Seite mehr und mehr und besitzen eine ausgesprochene Divergenz. Deshalb hat die Schwimmhaut der peripherischen Finger eine größere Spann- 180 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. weite als an den Capitula der Metacarpalia, wo sie beginnt. Die Endphalangen tragen kräftige krumme Krallen. Die Hand besitzt nur eine schwache Einrollung. Sie ist flach „brett- förmig“ gestaltet und eignet sich daher besonders gut als Steuer- und Ruderorgan. 4. Articulatio antebrachiocarpea. a) Gelenkflächender Art. antebrachiocarpea (Abb. 75, 76). Es beteiligen sich wiederum Radius und Ulna und außerdem drei Hand- wurzelknochen: Os Rad. et intermed., Os Ulnare, Os Pisiforme. Die Ver- bindung des Vorderarmes mit dem Carpus vollzieht sich durch zwei ge- trennte Gelenkkapseln. Eine starke Bandmasse tritt nämlich aus den Be- rührungsrändern von Radius und Ulna heraus und zieht sich zwischen das Os Rad. et intermed. und das Os Ulnare. a. Radius (Abb. 75): Die distale Epiphyse des Radius enthält eine seichte Pfanne von ziemlich runder Gestalt. Die senkrecht aufeinanderstehenden horizontalen und vertikalen Durchmesser differieren nur um ca. 0,2 Millimeter (der horizontale größer als der vertikale), so daß als Gesamtform eine eiförmige Gelenkfläche zu konstatieren ist. Die ganze Facette ist volarwärts geneigt, so daß sie nicht nur distal, sondern auch gleichzeitig nach volar schaut. Abb. 75. Lutra lutra L. Profil der proximalen Reihe der Art. antebrachiocarpea. 3,5:1 nat. Gr. £. Ulna (Abb. 75): Sie artikuliert mit dem flach abgeplatteten Proc. styl. ulnae auf das Os Ulnare. Die Gelenkfläche liegt auf diesem Griffelfortsatz und zwar beginnt sie am äußersten distalen Rande desselben und zieht sich, volar-radialwärts gewendet als flacher konvexer Gelenkstreifen hin. Die Fläche ist in ihrem nierenförmigen Gesamtbilde nur in volar-radialer Aufsicht zu sehen. Von der ulnaren Seite aus erkennt man nur die distaldorsale Begren- R. LIPS, Modifikation am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 181 zung am Ende des Processus. Der dorsale, etwas stärker konvexe Teil artiku- liert mit dem Os Ulnare, der viel fiachere volare Teil mit dem Os Pisiforme. y. Os Rad. et intermed. (Abb. 76): Der Knochen gleicht in proxi- maler Aufsicht einem langgestreckten Viereck mit einem kleinen Processus an seiner volar-radialen Ecke. Die Gelenkfläche bedeckt die ganze Knochenfläche, doch nicht den Processus. Sie ist in Längsrichtung (radial-ulnar) ein wenig schwächer gekrümmt, als in der darauf senkrechten Richtung. Wir haben es also mit einer eiförmigen Gelenkfläche zu tun. Was den Krümmungsradius in dorsal-volarer Richtung angeht, so ist er relativ groß, d. h. wir haben eine recht flache eiförmige Gelenkfläche auf dieser proximalen Knochenseite. Abb. 76. ZLutra lutra L. Profil der distalen Reihe der Art. antebrachio- carpea. 3,3:1 nat. Gr. 0. Os Ulnare (Abb.76): Seine proximale Fläche wird von zwei Flächen, die durch eine kräftige Kante, in der beide Flächen zusammenstoßen, getrennt werden, eingenommen. Die obere zur Artikulation des Proc. styl. ulnae die- nende Fläche ist auffallend stark dorsal-volar konkav. In ihr spielt der dor- sale Teil des Proc. styl. ulnae. Ganz im Gegensatz hierzu steht die volare Gelenkfläche des Os Ulnare, die zur Artikulation mit dem Os Pisiforme dient. Sie ist in schräger (dorsal- ulnar-volarradial) Richtung leicht konvex. e Os Pisiforme (Abb.76): Dieser Knochen wendet dorsal-distalwärts eine leichte konkave halbmondförmige Fläche zur entsprechenden volaren Os Ulnare-Fläche, und schräg ulnarwärts eine zungenförmige annähernd flache Facette zum Proc. styl. ulnae. b) Bewegungen in der Art. antebrachiocarpea. In der „Normalstellung“ der Hand, in der hier bei Zutra die Längs- achse des Unterarmes mit der des Metacarpale IV in eine gerade Linie fällt, ist die Dorsal-Flexion am Ende. Es ist am Präparat allerdings 182 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. möglich, das Os Rad, et intermed. noch minimal zu strecken, bis die dor- salen Ränder des Radius und des Os Rad. et intermed. sich berühren. In diesem Gelenk stoßen ziemlich flache Facetten aufeinander. Außerdem herrscht hier eine eiförmige Gelenkartikulation vor, deren Form mindestens dem von OÖ. FISCHER dargestellten „idealen Eikörper“ entspricht (siehe Seite 146). Hierzu sei noeh allgemein bemerkt, daß in einem „idealen Eigelenk“ Bewegungen um beide Hauptachsen, die sich senkrecht überkreuzen, aber nicht schneiden, und auf der gleichen Seite des Gelenkspaltes liegen, unter gleich starker Inanspruchnahme der Knorpeldeformierbarkeit in beiden Rich- tungen möglich sind. „Und zwar ist die Deformierung bei keiner der zwei Hauptbewegungen des „Idealeigelenkes“ so stark in Anspruch genommen, wie sie es bei dem „Ringwurstkörper“ und dem „spindelförmigen“ Körper jeweils in der einen von beiden Richtungen wäre.“ (R. FICK, siehe auch Seite 150—152, 157/58 dieser Arbeit). Außer den Bewegungen um diese beiden Hauptachsen sind nun auch solche ohne stärkere Gestaltveränderung des Knorpels möglich, die um Achsen in allen möglichen einander parallelen Abb. 77. Hauptachsenebenen für die Eigelenk- bewegungen (nach FICK 1910). Ebenen parallel der Tangentialebene an den Mittelpunkt der Eioberfläche ausgeführt werden können (siehe Abb. 77). „Kreiselungen* = Drehungen um Achsen, die senkrecht auf den Gelenkflächen stehen, sind auch beim Idealeigelenk nur unter Klaffen ausführbar. Dies konnte bei ZLutra nicht festgestellt werden. Es sind nur die Bewegungen vorhanden, die ein Ide- aleigelenkkörper in oben beschriebener Art und Weise zuläßt. Die Hauptachsen des Eigelenkes auf dem Os Rad. et intermed. ver- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 183 laufen einmal von volarradiai nach dorsalulnar, ein anderes Mal senkrecht dazu. Erstere ist die Achse, um welche die Beugung zwischen Hand und Vorderarm erfolgt. Wir haben demnach eine ulnare Volarflexion. Um die senkrecht zur Flexionsachse verlaufende Hauptachse des Gelenkes finden Ad- und Abduktionen statt. Und schließlich können Bewegungen um Achsen statt- finden, die parallel zur Tangentialebene an den Mittelpunkt der Eioberfläche gelegt werden können (s. o.). Da sie während einer Beugung stets ihre Rich- tungen ändern können und um eine andere Achse stattfinden können, so können in diesem Gelenk Rotationen ausgeführt werden. Im Os Ulnare-Ellengelenk finden die im Os Rad. et intermed,.-Radius- gelenk stattfindenden Flexionen und Ad- und Abduktionen Unterstützung. Die stark konkave Gelenkfläche kann mit einem Teil einer Zylinderfläche verglichen werden. Damit ergeben sich bei geräumiger Gelenkkapsel, wie sie hier vorhanden ist, außer den ginglymischen Bewegungen um eine Achse, die die Flexionsachse des Os Rad. et intermed.-Gelenk fortsetzt, also volar- radial-dorsalulnar, noch Verschiebungen in ad- bzw. abduktorischen Sinne längs dieser Achse. Die Rotationen, die in der Os Rad. et intermed.-Radiusartikulation möglich sind, fallen hier fort. Sie können in der Art. intercarpea kompen- siert werden (s. u.). Es liegt durchaus im Bereich der Möglichkeit, daß die vorhandene Trennung der Gelenkkapsel in zwei Teile in diesem Abschnitt in einem Zusammenhang mit diesen auf beiden Seiten verschieden aus- gebildeten Bewegungsmöglichkeiten steht. Im Os Ulnare-Os Pisiforme-Gelenk sind die Facetten dicht aufeinander gepreßt. Wenn das Os Pisiforme durch den Zug des Muse. flex. carp. ulnaris gebeugt wird, nimmt es das Os Uluare mit, so daß keine großen Bewegungen stattfinden. Das Gelenk zwischen Ulna und Os Pisiforme kommt erst am Ende der Beugung zum Schließen; in Streckstellung findet Klaffen des Gelenkes statt. 5. Articulatio intercarpea. a) Gelenkflächen der Art. intercarpea (Abb. 78, 79). a. Os Rad. et intermed.: Wieder sind zwei Systeme von Gelenken vorhanden: Ein stark konkaves und ein weniger stark ausgehöhltes System. Eine Kante, in der Mitte vom Os Rad. et intermed. liegend, trennt beide Systeme Die Radialhälfte ist die weniger stark konkave. Hier artikulieren die Ossa CI und C II. Wir haben eigentlich wieder zwei Höhlungen, eine dorsale mehr zylinderförmige und eine volare beinahe kugelförmige. Auf der ulnaren Hälfte sind zwei Hohlflächen für die Ossa C III und 184 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. CIV-+-V ausgebildet, jedoch ist die Trennungslinie zwischen beiden Facetten sehr wenig scharf. Sie sind dorsal-volar konkav und außerdem radial-ulnar konkav, die für das Os CIII stärker als für das Os CIV+V. Außerdem Abb. 78. Lutra lutra L. Profil der proximalen Reihe der Art. intercarpea. 3,3:1 nat. Gr. ist die Fläche für das Os C III spiralig gekrümmt, d.h. die Krümmung nimmt volarwärt. zu, und außerdem auch noch geschraubt. Dasselbe, doch im abgeschwächten Maße, gilt für die Os C IV + V-Facette. ß. Os Ullinare(Abb. 78): Die distale Fläche ist etwas radial einwärts ge- richtet. Sie artikuliert nicht mit dem Os Rad. et intermed. und ist durch ein starkes Band von ihm getrennt. Die Fläche, die die distale Seite bis auf einen Par el ar] volar-ulnaren Processus ganz bedeckt, ist flach ausgehöhlt. Der Processus enthält eine volarwärts tropfenförmig sich verbreiternde Gelenkfacette, die ähnlich wie bei Meles nur in bestimmten Phasen der Bewegung mit dem Metacarpale V artikuliert. y. Os CarpaleI: Die proximalen Gelenkflächen aller vier Carpalia (Abb. 79) entsprechen den Gelenkfacetten der Proximalreihe. Das Os Carpale I hat einen Gelenkkopf, der annähernd kugelförmig im volaren Teile seiner Pro- ximalseite ausgebildet ist und im dorsalen Teile ebenfalls eine konvexe Fläche. N DER AH: HS ERESE E/, 5 IH I = 7 -, „ PL. Abb. 79. Lutra lutra L. Profil der distalen Reihe der Art. intercarpea. 3,5:1 nat. Gr. NEE R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 185 Jedoch liest zwischen beiden eine Furche, die abgerundet ist und ebenfalls Gelenkcharakter trägt. Daneben artikuliert 0. dasOs Carpale II. Es hat eine in dorsal-volarer Richtung konvexe Gelenkfläche und zwar hat sie den Anschein einer zylinderförmigen Gelenk- fläche. e. Das Os Carpale III bildet einen Wulst aus, der Gelenkflächen- charakter trägt und dorsal auf der radialen Seite in eine Fläche senkrecht zur bisherigen ausläuft. Seine ulnare Fläche ist zu zwei Drittel mit einer ebenen Gelenkfacette bedeckt, die an eine entsprechende des &. Os Carpale IV+V gelenkt. Das Os CIV+V hat mehr würfel- ähnliche Gestalt und enthält proximalwärts zwei ineinander übergehende Facetten, die für das Os Rad. et intermed. und das Os Ulnare bestimmt sind, Beide können als Teile eines Kugelausschnittes betrachtet werden. b) Bewegungen in der Art. intercarpea, Wieder fehlt die Dorsalflexion. Äußerste Streckstellung ist die „Mittel- stellung“. Von dieser sind nur äußerst geringe Bewegungen ausführbar. Ja, es hat den Anschein, daß die vorhandenen minimalen Flexionen nur als „Ausgleichbewegungen* aufzufassen sind, die bei Unebenheiten des Bodens in Frage kommen. Beim Steuern oder Schwimmen trägt dieser Abschnitt mit dazu bei, die Hand brettartig zu versteifen, damit sie als ein Ganzes bewegt werden kann. Nur die Os Ulnare-Os Carpale IV V-Artikulation läßt relativ viel srößere Exkursionen zu, die dank der kugelförmigen Gelenkfacetten Rota- tionen zulassen. Hier vollzieht sich also die Kompensation für die im Os Ul- nare-Ulna-Gelenk fehlenden Bewegungen. 6. Articulatio carpometacarpeae. c) Gelenkflächen der Art. carpometacarpeae (Abb. 80, 81). Die proximalen Basisflächen der Metacarpalia sind den distalen der Ossa Carpalia sehr gleichförmig. a. Das Os Carpale I besitzt eine halbmondförmige Fläche für den ersten Finger. Sie ist distal-radial gerichtet und von dorsal nach volar äußerst langgestreckt und in sich etwas geschraubt, d. h. der dorsale Teil der Fläche liegt in einer anderen Ebene als der volare Teil. Von einer Krümmung ulnar-radialwärts ist sehr wenig zu erkennen. Außerdem hat es am ulnar-dorsalen Rande der halbmondförmigen Fläche eine Facette zur Artikulation mit der radialen Kante der Basis des Metacarpale II, 8. Das Os Carpale II hat zur Artikulation mit dem Metacarpale II wohl die ausgeprägteste sattelfürmige Fläche, Sie bekleidet den ganzen 12? 186 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. dreieckigen Knochen (Basis dorsal, Spitze volar), ist einmal dorsal-volar konvex, ein anderes Mal radial-ulnar. Die Krümmungsradien sind beide von annähernd gleicher Größe. Abb. 80. Lutra lutra L. Profil der proximalen Reihe der Art. carpometacarpeae. 8,8:1 nat. Gr. y. Das Os Carpale III besitzt eine annähernd viereckige, dorsal- volar konkave Fläche für das Metacarpale III. Außerdem ist auch eine leichte Krümmung radial-ulnarwärts zu erkennen, die allerdings im dorsalen Ab- schnitt der Gelenkfläche in eine leicht konvexe Wölbung übergeht. d. Das Os Carpale IV +-V artikuliert mit den Metacarpalia IV und V. Es hat eine trapezförmige Fläche im Umriß; es ist dorsal-volar konkav. Der ulnare Teil ist mit seinem dorsalen Teile weiter nach distal gebogen als der volare Rand, während dies im Radialteile annähernd gleich ist. Im übrigen gehen beide Flächen ineinander über. &e Das Metacarpale I (Abb. 81) zeigt entsprechend der Os C I- Fläche eine halbmondförmige Facetie, die proximal-ulnarwärts zeigt. | Abb. 81. Lutra lutra L. Profil der distalen Reihe der Art. carpometacarpeae. 3,5:1 nat. Gr. C. Die Metacarpale II Fläche hat die ausgeprägteste Sattelform in diesem Abschnitt. Sie ist viereckig, volar etwas schmaler als dorsal, in ulnar-radialer Richtung stark konkav, so daß eine ziemlich tiefe Rinne entsteht und außerdem in dorsal-volarer Richtung schwach konvex. n. Das Metacarpale III ist im dorsalen Teil leicht sattelförmig, R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 187 im volaren Teil dorsal-volar konvex, radial-ulnar sehr schwach konkav, fast eben, aber nach der proximal-radialen Seite gewendet. 3. Metacarpale IV. Die Basisränder der Metacarpalia IV und V gelenken zusammen an das Os C IV-+V in sehr gleichmäßig gekrümmten Flächen. Das Metacarpale IV, von viereckiger Gestalt, dorsal-volar konvex, auch radial-ulnar leicht konkav, hat also eine sattelföürmig angedeutete Gelenkfläche. ı. Das Metacarpale V läuft von der dorsalen Spitze nach (ventral) volar breit konvex aus, bildet also eine ellipsoidförmige gekrümmte Fläche. Zu erwähnen ist von allen Metacarpalia gemeinsam, daß ihre Arti- kulationsflächen ziemlich weit auf die Dorsalseite der Epiphysen der Meta- carpalia, wenn diese genau horizontal gerichtet sind, übergehen. Das Meta- carpale II ist etwas in den Carpus eingerückt und gelenkt daher noch selbständig mit dem Os C III auf der ulnaren und mit dem Os CI auf der radialen Seite. b) Bewegungen in der Art. carpometacarpeae. Auch in diesem Abschnitt sind nur geringe Bewegungen vorhanden, die jedoch an Umfang die der Art. intercarpea übertreffen. Die bereits in fixierter Abduktion stehenden Metacarpalia können einmal um eine horizontale, leicht von radialdistal nach ulnarproximal geneigte Achse flektiert werden, dann aber auch noch ad- bzw. abduziert werden, was als Folge unregelmäßiger Sattelflächen zu deuten ist. Nur das Grundgelenk des ersten Strahles zeigt Volarfiexion. Durch seine Lage ist es schon so fixiert, daß eine Abduktion, wie bei den anderen Metacarpalia, fortfallen kann. Da außerdem das Os C I-Gelenk in sich ge- schraubt ist, so findet bei der Volarflexion gleichzeitig ein Fortschreiten des Metacarpale I um die Beugungsachse statt, was praktisch auf eine Einwärts- bewegung nach der Ulnarseite hin herauskommt. Außer Volarflexionen ist auch noch eine geringe Dorsalflexion vorhanden. Die Metacarpalia können noch über die sogenannte „Mittelstellung“ hinaus- gebeugt werden, was damit zusammenhängt, daß die proximalen Basisflächen der Metacarpalia auf die Dorsalseite der Knochen übergehen. Auch im Röntgenbild (siehe Tafel XIX, Abb. 123) entsteht durch diese Dorsalflexion ein stumpfer Winkel mit der Längslinie des Unterarmes und des Carpus. Bei der Volarflexion scheint ähnlich wie bei Meles (siehe Seite 176) in der letzten Phase der Bewegung das Metacarpale V-Gelenk auch mit der tropfenähnlichen Facette des Os Ulnare-Processus zu tangieren, wobei ganz ähnlich wie bei Meles Rollbewegungen auftreten dürften. Infolge zu geringer 12*2 188 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Ossifizierung des Präparates konnte ein genauer Nachweis dieser Bewegung im Röntgenbilde bedauernswerter Weise nicht erbracht werden. 7. Zusammenfassende Übersicht über die Bewegungen. Der Fischotter hat demnach einen flachen „brettartigen“ Carpus, der Exkursionen besonders an seiner proximalen Seite, weniger an seiner distalen Seite zeigt. In der Articulatio intercarpea sind nur ganz geringe Ausgleich- bewegungen vorhanden. Trotzdem findet sich eine reiche Kombination von Bewegungsmomenten vor. Es zeigen sich Bewegungen in jeder Richtung. Volarflexionen sind in allen drei Artikulationen vorhanden. Dorsalflexion dagegen nur in der Articulatio carpometacarpeae; dadurch wird eine Ver- längerung der Handfläche bis zur Art. carpometacarpeae und damit eine möglichst große volare Oberfläche für das Steuern oder Schwimmen geschaffen. Dadurch, daß die Flexionsachsen in der Art. antebrachiocarpea und der Art. carpometacarpeae auf der Kleinfingerseite gegeneinander laufen, kommt es, daß die Flexionen der Metacarpalia zugleich mit einer Rotation der ersten Fingerseite nach der ulnaren Seite verbunden sind. Besonders durch die geneigte Achsenlage der Art. antebrachiocarpea, die ja mit der Horizontalen einen nach ulnar offenen Winkel bildet, gehen die Volarflexionen ulnarwärts, die Extensionen radialwärts. Da nun aber die für die Volarflexion maß- gebende resultierende Achse im Carpus mit der Längsachse des Vorderarmes annähernd einen rechten Winkel bildet, der Carpus aber durch die °/, Pro- nation des Vorderarmes (s. Kap. D.) ulnarwärts zeigend fixiert ist und daher einen nach der Mediane des Körpers offenen Winkel bildet, so wird das Wasser nach hinten und nach der Mediane des Körpers geschaufelt, gerade nach der Seite, nach der es bei einer Bewegung der Hand an sich an einem vollständig pronierten Vorderarm nicht möglich wäre. Dann sind ulnare bzw. radiale Abduktionen vorhanden, die wieder am stärksten in der Art. antebrachiocarpea, aber auch in der Art. carpometa- carpeae (mit Ausnahme von Me I, wo Flexionen mit verbundenem Fort- schreiten längs der Achse statthaben) ausgebildet sind. Durch die nochmalige Spreizung der an sich schon in fixierter Abduktion stehenden Finger wird eine breite Ruderfläche geschaffen. Auch Rotationen sind ermöglicht, woran besonders stark die radiale Kapsel der Art. antebrachiocarpea und als Kompensation das Os Ulnare- Os Carpale IV + V-Gelenk auf der ulnaren Seite beteiligt ist. So sehen wir eine Hand vor uns, die durch fächerförmige (als Folge fixierter Abduktion) Vergrößerung der Oberfläche für das Schaufeln des Wassers besonders geeignet ist. Da sie außerdem beim schnellen Schwimmen zum Steuern R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 189 gebraucht wird, ist eine große Kombinationsmöglichkeit der Bewegungen geschaffen. (So erklären sich besonders die Rotationen, die im Carpus vor- handen sind.) Aber auch der Lokomotion auf dem Lande werden die Hände gerecht. Sie dienen hier als Unterstützungsorgane, indem sie nach beiden Seiten den Körper vor einem seitlichen Umfallen bewahren. Hierbei bilden die Carpometacarpalgelenke den Scheitelpunkt eines sehr stumpfen dorsalen Winkels (s. Röntgenaufnahme Taf. XIX, Abb. 123). Die Bewegungen auf festem Substrat müßten an sich durch die ®/, Pronation der Hand erschwert sein; hier aber machen sich die vielseitigen Bewegungsmöglichkeiten — be- sonders auch die Ausgleichbewegungen in der Art. intercarpea — besonders „verdient“, so daß die Vola stets dem Erdboden vollständig anliegt und die Finger krampfhaft gegen die Erde gekrallt werden. In diesem Zusammen- hange ist es interessant, festzustellen, daß die Phalangealgelenke — im Gegensatz zur Art. carpometacarpeae — nur volar flektiert werden können. Diese Eigenschaft dürfte sich gut mit dem Gehen auf der Vola als auch mit dem Schwimmen, bzw. Steuern (wobei ein Ausweichen der Endphalangen dorsalwärts nicht zweckentsprechend wäre, denn die „brettartige* Wirkung der Hand würde hierunter leiden) vereinigen lassen. IV. Ursus arctos L. 1, Lebensweise. Der braune Bär ist von den arctoiden Raubtieren wohl das vielseitigste in seinem Bewegungsvermögen. „Doch sehen seine Bewegungen ungeschickter aus, als sie wirklich sind. Er ist ein Paßgänger, bewegt also beim Gehen wie beim Traben die Beine der nämlichen Körperseite gleichzeitig, wodurch seine Gangweise ungeschlacht schaukelnd und bummelhaft erscheint. Bei be- schleunigter Gangart fällt er in einen recht fördernden Galopp, holt mit Leichtigkeit einen Menschen ein und entwickelt auch sonst jedenfalls eine Raschheit und Gewandtheit, die man ihm kaum zutraut. Bergauf geht sein Lauf verhältnismäßig noch schneller als auf der Ebene, weil ihm seine Hinter- beine hier trefflich zustatten kommen. Außerdem versteht er vortrefflich zu schwimmen und geschickt zu klettern, pflegt jedoch im Alter, wenn er groß und schwer geworden ist, nicht mehr Bäume zu besteigen, wenigstens nicht astreine, glatte Stämme. Die gewaltige Kraft und die starken harten Nägel erleichtern dem Bären das Klettern ungemein, Er vermag selbst an sehr steilen Felsenwänden emporzusteigen. Außerdem werden die Hände auch beim Graben benutzt“. (Nach BREHM 1922). Wir haben demnach im braunen Bären ein Tier vor uns, das die Fähig- 190 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. keiten des Gehens, Schwimmens und Kletterns in annähernd gleichem Maße ausgebildet hat. Beobachtet man einen Bären in seinem Käfig, so wirkt sein Benehmen geradezu menschlich. Dazu trägt im höchsten Maße die ausgeprägte Viel- seitigkeit seiner „Hand“ bei. Wie oft hat man Gelegenheit, zu sehen, wie er auf seinen Hinterbeinen sitzend, mit halb supinierten Unterarmen und damit auch der Hände um ein Stück Zucker bittet, es dann mit der „Hand“ aufhebt, es in seinen Rachen wirft und dann militärisch für diesen Lecker- bissen dankt. Oder wenn er in seinem „Waschbecken“ auf dem Rücken liegt, und sich mit seinen Händen das erfrischende Naß über Kopf und Brust spritzt und sich wäscht. Alle diese Bewegungen ermöglicht ihm be- sonders die sehr gut ausgeprägte Pro- und Supinationsfähigkeit des Unter- armes. Aber auch die Hand, die „zwangsläufig“ mit diesen Bewegungen ver- bunden ist, bewahrt sich eine große Beweglichkeit. Sehr gut konnte ich radiale und ulnare Abduktionen der ganzen Hand beobachten. Eine Finger- spreizung konnte ich dagegen niemals wahrnehmen. Beim Gehen wird die Hand am Schluß der Beugung stets leicht einwärts gedreht. Dies ist schwierig festzustellen und ich wurde darauf erst aufmerksam, als ich am anatomischen Präparat diese Möglichkeit der Bewegung ausgeprägt fand. Beim Klettern hat er die Hände in °/, Pronation und läuft, den Ast seitlich umfassend, sehr sicher auf diesem entlang. Wie der Bär sich beim Schwimmen verhält, konnte ich leider nicht beobachten, da kein größeres Schwimmbassin für ihn zur Verfügung stand. 2. Trittkissen (Abb, 82). Auf der Volarfläche der Hand liegt ein starkes Trittpolster quer über den Metacarpophalangealgelenken der Finger, das die Tendenz hat, immer breiter zu werden, je näher es der ulnaren Kante der Vola kommt. In sich ist es durch kleine Furchen, die die Lage der Finger angeben, in fünf Teile geteilt. Auch die Enden jedes Fingers sind mit starken ovalen Polstern ver- sehen. Außerdem liegt noch ein starkes, ulnares Carpalkissen auf dem Os Pisiforme. Zwischen diesen drei Gruppen von Polstern findet sich starke Haarbedeckung. 3. Gesamtform der Hand (Abb. 83). Die Hand ist flach und breit. Radius und Ulna, die nebeneinander liegen, sind durch einen großen Antebrachialraum getrennt und ihre distale Oberfläche wird durch hervorspringende Capitula an den inneren Rändern von Elle und Speiche vergrößert. Der Carpus, der sich hieran ansetzt, ist IR. TIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 191 im ganzen eiförmig gestaltet und wird an den Seiten von den kräftig ent- wickelten Processi styloidei des Unterarmes umklammert. Dann folgen fünf leicht divergierende starke Finger, von denen jedoch der erste etwas schwächer N NIS Se Ghaeage a Lee IL SR o es, Fra an ” g. 2 EZ \ IFEEr (dE IE TG Ulnares Car- TE «m palkissen (Os [5 7 Pisiforme) Abb. 82. Ursus arctos L. Trittfläche der linken Vorderextremität (nach POCOCK 1914). ausgebildet ist als die übrigen und auch etwas höher als diese im Carpus entspringt. Alle Finger sind mit kräftigen, nicht allzu krummen Krallen ausgerüstet. 4. Articulatio antebrachiocarpea. Die in den gelenkmechanischen Untersuchungen angegebenen Ab- bildungen (Abb. 84—87, 90, 91) gehören zu Tihalassarctos maritimus. Es können ohne Bedenken diese Abbildungen des Eisbären benutzt werden; denn die Bewegungen beider Tiere sind — mit Ausnahme ganz weniger Abweichungen (s. Protokoll VI) — sich äußerst ähnlich. Deshalb wurden Abbildungen von Ursus arctos nicht angefertigt. Abb. 83. Ursus arctos L. Übersichtsbild über die rechte „Hand“. (l-+se = Os Rad. et intermed., ce = Os ulnare, p = Os Pisiforme, u = Os Car- pale IV + V, m = Os Carpale III, td = Os Carpale II, tz = Os Carpale ]). R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 21093 a) Gelenkflächen der Art. antebrachiocarpea (Abb. 84, 85). @) Radius: Die distale Radiusfläche zeigt zwei Teile, 1. eine eiförmige, schwach konkave Gelenkfläche und 2. als Fortsetzung dieser Fläche radial- wärts eine bei weitem schmaiere, aber sattelförmige Gelenkfläche auf dem Proc. styl. radii. Der Sattel ist hier nicht so ausgeprägt wie beim Hund und beim Dachs. Abb. 84. Thalassarctos maritimus L. Profil der proximalen Reihe der Art. antebrachiocarpea. 0,6 nat. Gr. Die „große Achse‘ der distalen Fläche ist quer zur Unterarmlängs- achse ulnar-radialwärts gestellt. Da sich der Proc, styl. radii etwas weiter distal herabzieht, steht die Achse nicht senkrecht zur Unterarmlängsachse, sondern etwas schräg von radialdistal nach ulnarproximal, oder mit anderen Worten, die Fläche schaut ein wenig ellenwärts. Die Längsrichtung des Rückens der Sattelfläche bildet die Fortsetzung der „großen Achse“. ß. Ulna: Sie artikuliert mit dem Os Ulnare und dem Os Pisiforme durch ihren mächtig ausgebildeten Processus styloideus. Die Gelenkfläche ist ein Gelenkkopf von breiter ovoider Gestalt, der schräg distal-radial-volar- wärts gerichtet ist. Die dorsale Fläche des Proc. styl. ist vollkommen frei von Gelenkfläche. y. OsRadialeetintermedium (Abb. 85): Er ist in proximaler Auf- sicht ein mächtiger viereckiger Knochen, an dem am deutlichsten von den unter- suchten Tieren ein kräftiger Processus carp. rad. ausgebildet ist. Die Gelenk- fläche nimmt den ganzen proximalen Knochenkörper ein, hat daher annähernd viereckige Gestalt, jedoch läuit sie im ulnar-volaren Teile in einen breiten Vorsprung auf die Vorlarseite des Knochens aus. Die Fläche selbst ist dorsal- volar konvex und besitzt im radialen Teile eine andeutungsweise vorhandene Sattelfläche, in die der Griifelfortsatz des Radius spielt. Außerdem ist sie noch radial-ulnar konvex, besitzt also im größten Teil seiner Fläche eiförmi- gen Charakter. 194 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. d. Os Ulnare: Der zur Längslinie der Hand schräg stehende Knochen bildet mit dem Os Rad. et intermed. einen distal offenen Winkel und arti- kuliert nur mittels einer relativ kleinen auf der schmalen radialen Knochen- seite gelegenen volaren Fläche mit diesem. Auf seiner ulnar-proximalwärts RD) Ze Zune Zi re 4 ET I Abb. 85. Thalassarctos maritimus L. Profil der distalen Reihe der Art. antebrachiocarpea. 0,6 nat. Gr. gerichteten Fläche befinden sich zwei durch einen Wall getrennte Artikula- tionsflächen. Die dorsale ist ellipsoidförmig und konkav. In ihr spielt der Proc. styl. ulnae. Die volare, für das Os Pisiforme bestimmt, ist fast eben und nur in sich etwas schraubenförmig gedreht. e. Os Pisiforme: Es wendet eine große etwa dreieckige Fläche schräg ulnarwärts zum Ellenfortsatz, und eine distal-dorsale zum Os Ulnare. Durch das abgebogene Os Ulnare, das nur volar an das Os Rad. et intermed. gelenkt, entsteht zwischen Unterarm und proximaler Reihe ein vom Knochen freier großer Zwischenraum, der durch Bindegewebsmassen aus- gefüllt ist. b) Bewegungen in der Art. antebrachiocarpea. Ausgangspunkt der Bewegung ist die „Mittelstellung“. Eine Dorsal- flexion findet von hier nicht statt, wohl aber Volarflexion um eine ulnar- radiale Drehungsachse. Die dorsalen Ränder vom Os Rad. et intermed. und vom Radius, die in der Mittelstellung aufeinanderstoßen, heben sich bei ein- tretender Beugung mehr und mehr ab. Da die Radiusfacette nur sehr leicht ausgehöhlt ist, so gleitet das Os Rad, et intermed. an ihr vorüber und ist am Ende der Volarflexion mit seinem Dorsalrande ziemlich weit vom ent- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 195 sprechenden Radiusrande entfernt; jedoch möchte ich hier nicht von einem direkten Klaffen des Gelenkes sprechen, da man ein „Klaffen“ immer als Kippbewegung um eine andere als die typische Achse annimmt. Die viel größere Gelenkfläche gleitet an der an Ansdehnung kleineren Radiusfläche vorbei. Die sich im radialen Teile, genau in der Mitte des Os Rad. et inter- med. befindliche, andeutungsweise vorhandene Sattelfläche hat auf die Volar- flexion zunächst keinen Einfluß. Erst wenn die Flexion gleichmäßig so weit fortgeschritten ist, daß sich die unteren (volaren) radialen Gelenkränder vom Os Rad. et intermed. und vom Radius decken, dann ist am unteren ulnaren Rande der Rad. et intermed.-Fläche immer noch ein Gelenkstreifen vorhanden, der auf die ulnare Volarseite des Os Rad. et intermed. umbiegt und in diesem Teile noch eine weitere Flexion ermöglicht. Dies kann aber nur ge- schehen, wenn das Os Rad. et intermed. seitlich und zwar nach der radialen Seite zu gleichzeitig verschoben wird. In diesem Moment tritt auch das vor- handene Sattelgelenk in Funktion und wir erhalten eine Bewegung im letzten Teile der Flexion um eine schräge distalradial-proximalulnare Achse mit gleichzeitigem Vergleiten längs dieser Achse, Die Bewegung im Os Ulnare schließt sich der im Os Rad. et intermed. vollkommen an, was durch eine ellipsoidförmige Fläche, die nach ulnar aus- wärts zeigt, ermöglicht wird. Außer der Bewegung im volarflektorischen Sinne bietet: das Elementenpaar der Art. antebrachiocarpea die Möglichkeit einer radialen bzw. ulnaren Abduktion um eine dorsal-volare Drehungsachse, die in den Gelenken des Os Rad. et intermed. als auch im Os Ulnare vor- handen ist. Besonders das Os Rad. et intermed.-Geienk wahrt sich dadurch den Charakter eines ausgesprochenen Eigelenkes.- Im Gelenk zwischen Os Ulnare und Os Pisiforme berühren sich zwei fast ebene Gelenkflächen, die in sich ein wenig geschraubt erscheinen. Be- wegungen sind so gut wie ausgeschlossen. Die Os Pisiforme-Fläche, die zur Artikulation mit dem Proc. styl. ulnae bestimmt ist, ist durch ihre ausgehöhlte dreieckförmige Gestaltung imstande, die Volarflexionen mit zum Schluß leichter Einwärtsschraubung sowie Ab- duktionsbewegungen des ganzen Gelenkabschnittes zu unterstützen. 5. Articulatio intercarpea. a) Gelenkflächen der Art. intercarpea (Abb. 86, 87). a. Os Rad. et intermed.: Die distale Fläche dieses Knochens zeigt mächtige Flächen für die Ossa Carpalia, Sie enthält einmal ein flacheres Gelenksystem, die Fac. art. medialis, die nur im volaren Teile eine kugel- förmige Fläche ausgebildet hat, und ein stark ausgehöhltes Gelenksystem, 196 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1980. die mächtigen Fac. art. hamati und capitati. Die Fac. art. capitati enthält an ihrem ulnar-volaren Ende eine Artikulationsfacette für das Os Ulnare. Abb. 86. Thalassarctos maritimus L. Profil der proximalen Reihe der Art. intercarpea. 0,6 nat. Gr. ß. Os Ulnare: Es artikuliert mit seinem unteren radialen Rande an die Fac. art. capitati des Os Rad. et intermed., im übrigen ist ein großer Spalt zwischen beiden Knochen vorhanden. Die Berührungsfläche mit dem Os Carpale IV —- V zeigt carpuseinwärts, also distal-radial; sie ist oval und konkav ausgehöhlt. \ Ossa Carpalia (Abb. 87): Alle vier Knochen sind in Verbindung mit dem Os Rad. et intermed., und wir haben somit ein getreues Abbild der Gelenkflächen dieses Knochens. Das fiachere Gelenksystem wird radialwärts durch die Ossa Carpalia I und II gebildet. y. Das Os Carpale I zeigt dorsal eine leicht konvexe Gelenkfläche, die sich im volaren Teile stark verbreitert und wulstförmig nach der volaren Seite des Knochens umgebogen ist. Dieser Wulst paßt genau in die an- nähernd kugelföürmige Os Rad. et intermed.-Fiäche. Beim Übergang zum Wulst ist ein Tal in der sonst eben verlaufenden Fläche zu Konstatieren. e. Die Os CarpaleII Fläche schließt sich gewissermaßen als Fort- setzung der Os CI-Fläche an. Sie ist leicht dorsal-volar gewölbt und am ulnaren Rande schmaler als am radialen. Nach volar zu findet auch, wenn auch nicht so ausgeprägt, wie am Os C I, eine wulstförmige Bildung der Fläche statt, die einen geringen Anteil an die Hohlfläche im Os Rad. et intermed. hat. Zwischen beiden Knochen zieht sich eine breite Gelenk- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 197 fläche hin. Es dürften daher hier, obgleich keide Knochen als ein System den übrigen Knochen gegenüberstehen, geringfügige Kigenbewegungen mög- lich sein. Abb. 87. Thalassarctos maritimus L. Profil der distalen Reihe der Art. intercarpea. 0,6 nat. Gr. c. Das Os Carpale III besitzt einen Gelenkkopf, der zur Längs- richtung der distalen Fläche des Knochens in einern Winkel von ca. 40 Grad steht. Gelenkcharakter trägt die Frontseite, außerdem aber greift die Gelenk- fläche im volaren Teile stark auf die radiale Knochenseite herum und erscheint somit volar stark verbreitert. Dorsalwärts verschmälert sich der Gelenkkopf und biegt distalwärts um. Auch sorgt eine ebenfalls dorsal-radialwärts um- gebogene Fläche für einen guten Verschluß mit dem Os Rad. et intermed.- Rande. Der Knochen tangiert also nicht mit seinem stark gewölbten Gelenk- kopf das Os Rad. et intermed., sondern legt sich auch noch mit seiner radialen Fläche in die Fac. art. capitati hinein. So ist die Mächtigkeit der zugehörigen Os Rad. et intermed.-Fläche verständlich. n- Das Os Carpale IV-+V hat zwei Artikulationsflächen, für das Os Rad. et intermed. und das Os Ulnare. Beide für diese Knochen bestimmten Artikulationsflächen stoßen in einer Kante zusammen. Diese Kante ist der äußerste proximale Rand des Knochens. In dorsaler Aufsicht liegen die beiden Artikulationsflächen in einem Winkel von ca. 7O Grad gegeneinander. Sie sind das getreue Abbild ihrer zugehörigen Os Rad, et intermed.- und Os Ulnare-Flächen. Hervorzuheben ist, daß die an das Os Rad. et intermed. gelenkende Fläche ein Teil einer Schraubenfläche ist. Für sie und die Os Rad. et intermed.-Fläche gilt dasselbe wie für die entsprechende Fläche beim Dachs auf Seite 172. b) Bewegungen in der Art. intercarpea. Die Bewegungen, die in diesem Abschnitt vorhanden sind, sind äußerst gering. Besonders das ulnare Gelenksystem, zu dem die Ossa C III und 198 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. CIV-+-V gehören, ist sehr sparsam in seinen Exkursionen. Beweglicher ist das radiale Gelenksystem, aus den Ossa Carpalia I und II bestehend. Ausgangspunkt der Bewegung ist wieder die äußerste Streckstellung, eine Lage, die wiederum unserer definierten Mittelstellung entspricht. Dorsal- flexion kann nicht stattfinden, da bereits in dieser Stellung die dorsalen Ränder der beteiligten Knochen aufeinandergepreßt sind. Als besondere Hemmfläche für die Dorsalflexion läßt sich die dorsal-volar verlaufende obere Fläche des Os C III-Gelenkkopfes auffassen. Während bei eintretender Beugung im ulnaren Abschnitt nur eine minimale Exkursionsbreite in einer Richtung, nämlich Volarflexion, festzustellen war, wobei das Os CIV+V durch die Schraubennatur seiner radialen Gelenkfläche ebenfalls, natürlich nur ganz gering, die Beugung carpuseinwärts induziert, ist die Exkursions- breite im radialen Abschnitt, obgleich an sich gleich groß, auch noch in anderer Richtung möglich. Eine Analyse der Bewegungen in diesem Ab- schnitt zeigt folgendes: Dadurch, daß wir im volaren Teile der Os C I-Gelenk- fläche ein Kugelgelenk haben, bieten sich verschiedene Bewegungsmöglich- keiten: 1) im volarflektorischen Sinne. Es sei zunächst bemerkt, daß in einem Kugelgelenk Bewegungen um unendlich viele Achsen ausführbar sind. Alle diese Achsen schneiden sich aber in einem Punkt, dem Drehpunkt. Dieser Drehpunkt liegt hier im Zentrum des Wulstes (Kugel). Außerdem befindet sich noch eine fast ebene Gelenkfläche dorsalwärts.. Nun kann eine Beugung des Gelenkes eintreten um eine radial-ulnare Achse. Dabei wird Abb. 88. Abb. 89. die Zunge (Abb. 88) (die fast ebene Gelenkfläche) von ihrer Be- rührungsfläche abgehoben. Es tritt Klaffen des Gelenkes ein (Abb. 89). 2) Drehungsbewegungen. Es ist oben festgestellt worden, daß wir fast ebene Gelenkflächen im dorsalen Teile haben. Bei einer Bewegung um eine zur Volarfiexion senkrechte Achse im Kugelgelenk wird daher die ebene Fläche auf ihrer Os Rad. et intermed.-Fläche verschoben. Da nun R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 199 die Achse, um die die Bewegung stattfindet, senkrecht zu den beiden einander anliegenden Ebenen steht, so finden sogenannte Drehungen statt. Die Drehungsachse selbst schneidet nur die gedachte Verlängerung der ebenen Flächen. Da nun die Drehungsachse von den ebenen Gelenkflächen entfernt ist, so legt jeder Punkt der bewegten Gelenkfläche einen ziemlich großen Weg zurück. Die umgebende Gelenkkapsel setzt aber diesen Bewegungen ziemlich früh ein Ziel, so daß die Exkursionsbreite in dieser Richtung relativ klein ist. 3) Die Kombination von obigen Bewegungen. Diese hat die größte Exkursionsbreite. Bei dieser Bewegung kann der mit dem Knochen distal- wärts verbundene erste Finger ein wenig eingerollt werden. Die Bewegungen des Os C II sind ganz ähnliche wie die oben be- schriebenen des Os C I, denn dieser Knochen steht mit dem Os CI in enger Verbindung. Die Flexion wird ebenfalls durch allerdings nicht so großes Klaffen wie beim Os CI ausgeführt. Drehpunkt ist in diesem Falle die untere nach volar umgebogene, spitze, distale Fläche. Außerdem finden Ad- und Abduktionsbewegungen statt und zwar, da auch hier ein fast ebener Gelenkkörper vorhanden ist, in Form einer Translation, d. h. einer gerad- linigen Verschiebung in ulnar-radialer Richtung. Festzuhalten ist aber, daß, trotzdem diese Bewegungen konstatiert sind, sie in ganz geringen Grenzen stattfinden. (Siehe auch die Röntgenaufnahme, Tafel XIX, Abb. 124, das von einem jungen Tiere stammend, nur die Ossifikationskerne der einzelnen Carpalia zeigt.) 6. Articulatio carpometacarpeae. a) Gelenkflächen der Art. carpometacarpeae (Abb. 90, 91). Die fünf Ossa Metacarpalia stehen miteinander und mit der distalen Reihe der Handwurzelknochen in Verbindung, und zwar bildet das Meta- carpale I mit dem Os CI ein Gelenk besonderer Art, während die Gelenke der Metacarpalia II bis V ein gemeinsames Gelenk bilden, welches mit der Art. carpometacarpeae und mit der Art. intercarpea, d. h. den Gelenkspalten zwischen den einander zugekehrten seitlichen Gelenkflächen an den Basen der Metacarpalia II bis V zusammenhängt. Das Os Carpale I zeigt zur Artikulation mit dem Metacarpale I eine Sattelfläche. Die Krümmungen am Os C I sind dorsal-volarwärts konkav, radial-ulnarwärts konvex, mit Ausnahme des dorsalen Teiles der Fläche, Umgekehrt verhalten sich die Krümmungen an der Gelenkfläche des Mc IL Die übrigen drei Carpalia geilenken mit den vier Metacarpalia in Flächen, die alle in dorsal-volarer Richtung konkav ausgehöhlt sind. Das Os Carpale III hat eine distale hohle Fläche für das Mc III. 200 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Das Os Carpale IV+V nimmt die Basisenden der Metacarpalia IV und V auf. Es ist eine ganz glatte Fläche, die, wie die Os C III-Fläche ausgehöhlt ist. Abb. 90. Thalassarctos maritimus L. Profil der proximalen Reihe der Art. carpometacarpeae. 0,6 nat. Gr. Die proximalen Basisflächen der Mittelhandknochen sind denen der Ossa Carpalia sehr gleichförmig. Sie sind alle in dorsal-volarer Richtung konvex. Ausgeprägte Sattelform besitzt diejenige des ersten. Die Fläche des zweiten Mittelhandknochens ist dreieckig und fast eben. Außerdem besitzt er auf der radialen Seite seiner Basis eine punktförmige Fläche für das Os CI Abb. 91. Thalassarctos maritimus L. Profil der distalen Reihe der Art. carpometacarpeae. 0,6 nat. Gr. und auf der Ulnarseite eine für das Os C III. Die Fläche des dritten Metacarpale ist viereckig und dorsal-volar konvex. Die Basisenden der Meta- carpalia IV und V bilden zusammen ein einheitliches Gelenk entsprechend dem des Os CIV-+-V. Die Metacarpalia II bis V haben außer diesen Gelenk- flächen noch intermetacarpale, d. h. zwischen den einander zugekehrten Seiten liegende Gelenkflächen. Nur das Me I ist vollständig von den anderen isoliert. b) Bewegungen in der Art. carpometacarpeae. Das Grundgelenk des ersten Metacarpale gestattet — als ausgesprochenes Sattelgelenk — Ak- und Adduktionen, sowie Volarflexion. Die übrigen Flächen haben außer der vorherrschenden Konvexität in dorsaler-volarer R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 201 Riehtung alle die Tendenz gleichzeitiger Höhiung in radial-ulnarer Richtung, zumindest in einem Teilabschnitt der Flächen. Es ist daher wohl möglich, sie sämtlich als stark modifizierte Sattelgelenkflächen zu bezeichnen; denn obgleich die Hauptbewegung durch die Konvexität in der Volarfiexion gegeben ist, so können geringe Ab- und Adduktionen am Präparat ausgeführt werden. Auch in diesem Abschnitt sind die Bewegungen äußerst gering. 7. Zusammenfassende Übersicht über die Bewegungen. Im Gegensatz zu unseren Beobachtungen zeigen uns die anatomischen (gelenkmechanischen) Untersuchungen, eine nicht erwartete geringe Beweglich- keit des Carpalsegmentes. Die Art. antebrachiocarpea ist ein ausgesprochenes Eigelenk. Es ver- mittelt die Hauptbewegungsmöglichkeiten der Hand, so Volarfiexion mit ganz zum Schluß der Beugung vorhandener leichter Einwärtsschraubung (als Folge des vorhandenen Sattelgelenkes), ferner radiale bzw. ulnare Abduktions- bewegungen. Alle diese Bewegungen sind von ausgiebiger Exkursionsbreite, ganz im Gegensatz zu den anderen beiden Gelenkabschnitten, wo nur geringe Bewegungsmöglichkeiten ausgebildet sind. In der Hauptsache kann in diesen die Volarflexion unterstützt werden. Außerdem sind am Os C I und C II bestimmte Bewegungen konstatiert worden, die wir mit „Drehungen“ be- zeichnen und die mit der Volarflexion kombiniert, eine Einrollung des ersten Fingers und auch noch in geringerem Maße des zweiten Fingers zur Folge haben. Wenn die Bewegungsbreite der Radialseite der Hand auch — ver- glichen mit der Bewegungsbreite der Art. antebrachiocarpea — sehr gering ist, so glaube ich, daß sie vorzugsweise beim Klettern angewendet wird, wo sich die Hand der Rundung der Stämme anpassen muß. Radiale bzw. ulnare Abduktionen sind am Präparat von den beiden distalen Gelenkabschnitten in der Art. carpometacarpeae in geringem Maße ausführbar. Da sie beim lebenden Tiere nicht vorhanden sind, so kann man wohl von einer latenten Fähigkeit, die Finger zu spreizen, reden, und der Grund mag fehlerhafte Innervation dieses Abschnittes sein. Dadurch also, daß die Hand als Ganzes gutes Bewegungsvermögen besitzt (als Folge des Eigelenkes in der Art. antebrachiocarpea), in sich aber weniger bestimmte Exkursionen ausführen kann — erwähnt seien hierbei die vorhandenen intercarpalen Ausgleichbewegungsmöglichkeiten und die fehlende Dorsalflexion im ganzen Carpalsegment (erst in den Metacarpo- phalangealgelenken ist eine solche möglich, s. auch Röntgenaufnahme Tafel XIX, Abb. 124) — entspricht sie einem ganz indifierenten Werkzeug, das nun größtmögliche Unterstützung durch die Unterarmbewegungen erfährt, was 132% 202 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. in einem nächsten Kapitel noch zu untersuchen ist. Erst im Zusammenhang mit den Unterarmbewegungen wird die so menschlich wirkende Bärenhand eine vollständige Klärung erhalten können. Die Hand an sich entspricht jedenfalls nicht dem durch die Beobachtung erhaltenen Eindruck eines viel- seitigen Bewegungsvermögens; es muß aber betont werden, daß die Hand durch die geringe Ausbildung von Bewegungsmöglichkeiten der distalen Ge- lenkabschnitte sich der Aufgaben des Laufens, Kletterns und Schwimmens im gleich guten Maße entledigt. V. Thalassarctos maritimus L. 1. Lebensweise, Auch seine Bewegungen wirken wie die des braunen Bären im ganzen plump, sie sind aber im höchsten Grade ausdauernd. Dies zeigt sich zumal beim Schwimmen, bei dem der Eisbär seine Meisterschaft an den Tag legt. Die Geschwindigkeit, mit der er sich stundenlang gleichmäßig und ohne Be- schwerde im Wasser bewegt, schätzt SCORESBY auf 4 bis 5 km in der Stunde. Man sah ihn schon 40 Meilen weit von jedem Lande entfernt im freien Wasser schwimmen und darf deshalb vermuten, daß er Sunde oder Straßen von mehreren hundert Meilen ohne Gefahr zu übersetzen vermag. Auch versteht er ausgezeichnet zu tauchen. Man hat beobachtet, daß er Lachse aus der See geholt hat und muß nach diesem seine Tauchfähigkeit allerdings im höchsten Grade bewundern (BREHM). Daß er oft lange Zeit nur auf Fischnahrung angewiesen ist, unterliegt gar keinem Zweifel, und es geht hieraus hervor, daß er mit großer Schnelligkeit schwimmen kann. Es ist also zu untersuchen, ob bei einem so nahen Verwandten des braunen Bären, der sich dem Wasserleben als ausgezeichneter Schwimmer angepaßt hat, sich charakteristische anatomische Unterschiede herausgebildet haben, zumal er nicht, wie der Fischotter, Schwimmbewegungen mit dem ganzen Körper und dem Schwanz ausführen kann. Er muß also in ausgedehnterem Maße seine Extremitäten dazu benutzen. Soweit es mir möglich war, den Eisbären im Berliner Zvo in seinem eng begrenzten Becken beim Schwimmen zu beobachten, habe ich es getan und festgestellt, daß die Vorderextremitäten alternierend das Wasser unter die Körpermitte „treten“. Die Bewegung der Hand beim Schwimmen zu erkennen, war mir nicht möglich. Aber wenn ich den Eisbären beim Auf und Ab seiner sehr beständigen Pendelgänge in seinem Käfig betrachtete, so macht er eine ganz auffallend, für ihn charak- teristische Handbewegung, die, wie mir scheint, besonders zum Schwimmen ausgebildet ist und zwar so intensiv dabei benutzt werden muß, daß er auch auf dem Lande beim gewöhnlichen Gehen keine andere Bewegung lokomo- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 203 torischer Art machen kann. Diese Bewegung besteht darin, daß er die Hand zunächst rein volar flektiert, dann aber sie nicht im umgekehrten Sinne auf reinem Extensionswege wieder zurückbewegt, sondern durch Rotation der Hand nach einwärts und vorn die Ausgangsstellung erreicht. Daß eine solche Bewegung der Hand beim Schwimmen nur nutzbringend sein kann, ist ein- leuchtend, wenn man bedenkt, daß er durch eine solche rotierende Rück- wärstbewegung zur Ausgangsstellung einen erheblich geringeren Wasser- widerstand zu überwinden hat als bei reiner Dorsalflexion. Nur so ist es möglich, daß er sich effektiv im Wasser fortbewegen kann und die durch Volarflexion der breiten Hand erreichte Beschleunigung durch einfaches Strecken der Hand nicht wieder aufhebt. Die Hand kann auch als Ganzes leicht abduziert werden. Eine Fingerspreizung findet nicht statt, nur soweit wie gewisse Ausgleichbewegungen beim Auftreten auf den Boden erforder- lich sind, sind die Finger beweglich. 2. Trittkissen (Abb. 92). Es ist dem von Ursus arctos sehr ähnlich, nur daß das Metacarpo- phalangealkissen hier bedeutend schmaler ist. Zwischen den Trittpolstern ist starke Behaarung. 3. Gesamtform der Hand. -Der Eisbär hat ein ganz analoges Gesamtbild wie Ursus arctos. Her- vorzuheben ist nur, daß infolge größerer Mächtigkeit der einzelnen Knochen die Hand kompakter und breiter gestaltet ist und dadurch besonders auch als Ruder geeignet ist. 4. Gelenkmechanische Untersuchungen (s. Abb. 84-87, 90, 91). Der Befund dieser Untersuchungen ist ein ähnlicher wie bei Ursus arctos. Nur in der Articulatio antebrachiocarpea ist eine Abweichung fest- gestellt worden, wie gleich nachfolgend beschrieben werden soll. Radius und Os Rad. et intermed. besitzen denselben vollständigeu Eigelenkcharakter wie die entsprechenden Ursus arctos-Knochen (Abb. 84,85). Jedoch ist hier das Sattelgelenk im radialen Teile der Gelenkflächen weit- gehendst reduziert, so daß man höchstens von einem „Anflug“ einer solchen Sattelfäche sprechen kann. Funktionell wird es übergangen. Es wirkt nur das Eigelenk. Ulna und Os Ulnare, Os Pisiforme. Die Ulna hat auf ihrem Pro- cessus styloideus einen weit abgerundeteren Gelenkkopf als Ursus arctos. Im größten Teile seiner Fläche kommt er der Gestalt einer Kugelkalotte sehr nahe. Die zugehörige Os Ulnare-Fläche hat im radialen Teile kugel- 13* 3 204 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. förmige Gestalt. Auch die Os Pisiforme-Fläche, in der die Ulna spielt, zeigt ein einer Halbkugel ähnliches Krümmungsverhältnis. Die Bewegungen in diesem Abschnitt, dem Hauptabschnitt der Gesamt- bewegung der Hand, sind hier ganz aus der Gestalt der Gelenkflächen, die ulnares Car- palkissen (Os Pisiforme)., Abb. 92. Thalassarctos maritimus L. Trittiläche der linken Vorderextremität (nach POCOCK. 1914). besonders die für den Eisbären charakteristische Handbewegung hervorrufen, zu erklären. Da ein ideales Eigelenk vorhanden ist, das in seinen Bewegungs- möglichkeiten nicht wie beim braunen Bären irgendwann durch ein Sattel- gelenk beeinflußt wird, so haben wir Bewegungen, die einmal um eine hori- zontale, ein anderes Mal um eine vertikale Achse stattfinden können, und damit Volärflexion und radiale bzw. ulnare Abduktionen hervorrufen können. R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 205 Außerdem sind aber, wie bei dem Fischotter bereits auseinandergesetzt wurde (s. pg. 182/183), rotierende Bewegungen um fortwährend sich ändernde Achsen, die parallel zur Tangentialebene an den Mittelpunkt der Eiober- fläche gelegt werden können, möglich. Durch die kugelförmige Ausbildung des ulnaren Gelenkabschnittes werden Rotationen im ganzen proximalen Gelenkabschnitt ermöglicht. Gehen wir wieder von der äußersten Streckstellung, der „Mittelstellung“ aus, — Dorsalflexion ist unmöglich — so findet beim Schwimmen und Gehen zunächst Volarflexion um eine ulnare Achse statt. Dann aber, bei der Ex- tension, finden um wechselnde Achsen Bewegungen statt, die in der Gesamt- heit als Rotation bezeichnet werden können. Es ist natürlich auch möglich, daß der Eisbär schon beim Beugen Rotationen vornehmen kann, er tut es aber nicht aus Gründen, die ihn als guten Schwimmer dazu zwingen, effektive Arbeit zu leisten. Eben weil er in der Hauptsache Schwimmer ist und sich dabei besonders dieser Bewegung bedient, so verwendet er dieselbe Bewegung auch gleichzeitig für seinen langsamen und bedächtigen Gang, wobei sie ihm durchaus nicht hinderlich ist und durchaus nicht unbehilflich und ungeschickt wirkt. In den übrigen Gelenkabschnitten ist eine vollständige Übereinstimmung mit denen von Ursus arctos vorhanden (s. Protokoll Nr. IV). VI. Potos flavus SCHREB. 1. Lebensweise. Der Wickelbär lebt in den Urwäldern von Mittel- und Südamerika, von Mexiko bis Matto Grosso hoch uben in den Bäumen. Seine Lebensweise ist eine vollkommen nächtliche. Den Tag verschläft er in hohlen Bäumen, des Nachts aber zeigt er sich lebendig und klettert außerordentlich gewandt in den hohen Baumkronen umher, seiner Nahrung nachgehend. Dabei leistet ihm sein Wickelschwanz vortreffliche Dienste. Er gibt kaum einem Affen an Klettergewandtheit etwas nach. Alle seine Bewegungen sind äußerst behende und sicher. Seine einwärts gestellten Handvolae ermög- lichen ihm, auf Ästen entlang zu klettern und zu laufen, wobei auch beson- ders die kräftigen Krallen und die ausgiebige Beugung und Spreizung der Finger große Dienste leisten. Er kann sich auch mit den Hinterfüßen oder mit dem Wickelschwanz an Ästen und Zweigen festhalten und so gut an einen Baum klammern, daß er mit dem Kopfe voran zum Boden hinabzu- steigen vermag. Dies tut er aber sehr selten. Auf dem Erdboden hält er sich nicht gern auf. Wird er in der Gefangenschaft zu einem Leben auf ebener Erde gezwungen, so ist sein Gang sehr ungeschickt. Seine Hände 206 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. werden dabei so weit nach einwärts gewendet, daß er über seine eigenen Hände fallen müßte, wenn er die eine nicht über die andere hinwegheben würde. Oft sitzt er auf den Hinterbeinen und frißt wie die Affen mit Hilfe der Pfoten; überhaupt trägt er in seinem Benehmen ein merkwürdiges Ge- misch von den Sitten der Bären, Hunde und Affen und Schleichkatzen zur Schau. (Nach BREHM, JULITZ 1909 und eigenen Beobachtungen.) 2. Trittkissen (Abb. 93). Die einwärts gestellte Vola ist vollständig unbehaart. An den End- phalangen befinasn sich fünf langgestreckte Endballen. Ferner ziehen sich SS 2.4, { 2, 4 274 NE, den < Y , SE ET, ESG? 2 ZA, ap AR WE Abb. 98. Potos flavus SCHREB. Trittpolster der linken „Hand“. über die Metacarpophalangealgelenke vier trapezfürmige Trittkissen, die durch Furchen getrennt sind und nach der Mitte der Vola konvergieren. In der Mitte der Vola befindet sich eine Vertiefung, die distalwärts durch die vier Metacarpaltrittkissen und proximalwärts durch zwei große Trittkissen, die R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 207 genau auf dem Carpus liegen, begrenzt wird. Von diesen beiden Carpalkissen, die wiederum durch eine Furche getrennt werden, überwiegt das ulnare das radiale an Größe. Außerdem ist — als besondere Anpassung an das Baum- leben, wie JULITZ berichtet — in der Mitte der Volarfläche eine Ver- tiefung, „die nach Bedarf noch mehr vertieft werden kann durch einen Zug, den der Musc. palmaris longus externus auf die Palmaraponeurose ausübt. So kann sich die Hand an ihre Unterlage ansaugen*. 3. Gesamtform der Hand (Abb. 94). An einem kurzen Unterarm, dessen Knochen durch einen großen Ante- brachialraum getrennt sind (s. Tafel XIX, Abb. 125), befindet sich eine fünf- Rn EFT = erg SE ar > ar £ Ki BE ZN Ban Ko A = TR SS as Er = \ — über die „Hand“ (dorsale Ansicht). fingrige, mit kräftigen Krallen bewafinete Hand, deren dritter und vierter Finger am längsten ausgebildet sind. Besonders fällt die Isoliertheit des Daumens auf, der nicht mehr proximal-uluarwärts an die übrigen Finger dicht heran- 208 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. gerückt ist. Der Carpus enthält die für die Arctoiden charakteristischen sieben Knochen. Besonders entwickelt ist das Sesambein am radialen Rande des Os Rad. et intermed.. Die Gesamtform des Carpus ist ungefähr eiförmig. Das Gewölbe ist flach. 4. Articulatio antebrachiocarpea. a) Gelenkflächen der Art. antebrachiocarpea. (Abb. 95, 96). a) Radius: Die distale Epiphyse enthält die Gelenkfläche für das Os Rad. et intermed. Sie hat die Form einer ausgehöhlten Eifläche, die auf dem Proc. styl. radii zapfenförmig fortgesetzt wird, und somit ist gelenkmechanisch ein einheitlicher Charakter vorhanden. Die „große Achse“ verläuft radialulnar, aber nicht senkrecht zur Unterarmlängs- achse, da die ganze Fläche etwas Abb. 95. Potos flavus SCHREB. Profil der proximalen Reihe der Art. ante- brachiocarpea. 3,3:1 nat. Gr. elleneinwärts gerichtet ist. ß) Ulna: Sie hat einen äußerst stark entwickelten Processus styloideus, auf dem, nach der radial-distalen Seite gerichtet, ein Gelenkkopf ausgebildet ist. Dieser hat dem Verlauf nach große Ähnlichkeit mit dem von Lutra. Die Gelenkfläche gelangt am ulnar-distalen Rande auf die Dorsalseite der Ulna. Radius und Ulna hängen nur am distalen Ende durch zwei stark er- habene Gelenkflächen zusammen, so daß eine große radial-ulnare Breite beider Knochen vorhanden ist. y. Os Radiale et intermedium: Dieser Knochen erscheint im Ver- hältnis zum Os Rad. et intermed. des Bären ziemlich in die Breite (radial- ulnar) gestreckt (Abb. 96). Seine proxi- male Gelenkfläche, die dieganze Proximal- fläche des Knochens einnimmt, ist eine Eigelenkfläche, stark konvex in dorsal- volarer Richtung, schwächer in radial- ulnarer Richtung. Waren bisher die proximalen und die distalen Gelenk- facetten durch eine Knochenfläche ohne Gelenktlächencharakter auf der Dorsal- > Abb. 96. Potos flavus SCHREB. t s Profil der distalen Reihe der Art. seite des Knochens getrennt, so sind antebrachiocarpea. 3,3:1 nat. Gr. beide Facetten bei Pofos einander so ge- R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 209 nähert, daß sich zwischen ihnen nur noch ein äußerst feiner Streifen des Knochenkörpers hinzieht, 'ja im radialen Teil des Knochens treffen beide Facetten sogar direkt zusammen. 0. Os Ulnare: Es besitzt zwei Gelenkflächen: eine dorsale, schwach konkave für die Ulna, eine volare, fast ebene, für das Os Pisiforme, &. Os Pisiforme: Es wendet eine entsprechende ebene Fläche an das Os Ulnare und eine ulnar-proximalwärts schauende an der ulnaren Seite aus- gerundete Gelenkfläche an den Proc. styl. ulnae. b) Bewegungen in der Art. antebrachiocarpea. Wieder ist im Os Rad. et intermed.-Radiusgelenk ein Eigelenk vor- handen. Dieses hat nach Erörterungen voriger Kapitel zwei Hauptdrehungs- achsen, die hier einmal von radial nach ulnar, ein anderes Mal senkrecht dazu verlaufen. Beide Achsen schneiden sich aber nicht infolge des ver- schiedenen Krümmungsradius. Gehen wir also von der Mittelstellung der Hand aus, die bei allen bisher untersuchten Tieren der extremsten Streck- stellung entspricht, so ist zu konstatieren, daß in dieser Lage die Wickel- bärhand eine Mittelstellung einnimmt. Sie kann aus dieser Stellung heraus einmal dorsai flektiert werden, bis sich die dorsalen Facettenränder des Os Rad. et intermed.-Radiusgelenkes decken (Taf. XIX, Abb. 125). Ferner kann sie aus der Mittelstellung heraus volar flektiert werden, bis sich die volaren Facettenränder decken. Diese Flexionen werden um eine radial- ulnare Hauptachse ausgeführt (Taf. XIX, Abb. 126). Die andere Hauptachse in senkrechter Richtung gestattet radiale bzw. ulnare Abduktionsbewegungen, die hier besonders groß sind, da die Gelenk- fläche des Os Rad, et intermed. in radial-ulnarer Richtung eine große Aus- dehnung aufweist. Außerdem lassen sich in diesem Gelenk Drehungen um unendlich viele Achsen ausführen, wie sie auf Seite 182 schon ausführlich geschildert worden sind. Diese Drehungen können Rotationen sein. Jedoch ist dieses hier vorhandene Eigelenk, besonders für sehr gute radiale bzw. ulnare Abduktionsbewegungen eingerichtet. Es kann also auch zu den „ide- alen‘‘ Eigelenken gerechnet werden. Das Os Ulnare-Ellengelenk wird vollkommen von diesen Bewegungen im Nachbargelenk beeinflußt. In der Mittelstellung bleibt ein Teil der dor- salen Gelenkfläche unbedeckt, was besonders gut am Proc. styl. ulnae zu sehen ist. Erst in dorsalflektierter Stellung werden die äußersten Ränder aneinandergepreßt. So erklärt sich das Hinübergreifen des Gelenkkopfes auf die Dorsalseite des Proc. styl. ulnae. Da eine äußerst schwache Konkavität der Os Ulnare-Fläche vorhanden ist, setzt dieser Teii des Gelenkabschnittes den 210 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. übrigen Bewegungen keinen Widerstand entgegen. Nur stehen die möglichen Abduktionsbewegungen zum Nachbargelenk in keinem Verhältnis. Um diese im ulnaren Teile ebenfalls recht ausgiebig zu gestalten, findet eine Kompen- sation dafür im Os Ulnare-Os C IV — V-Gelenk statt (wie wir es in äbn- licher Weise bei Zutra gefunden haben). Daß Rotationen möglich sind, zeigt auch das Os Pisiforme-Ellengelenk, das im ulnaren Teile halbkreisförmig ausgerundet ist. 56. Articulatio intercarpea. a) Gelenkflächen der Art. intercarpea (Abb. 97, 98). a. Os Rad. et intermed.: Dieser Knochen verbindet sich mit den vier distalen Carpalia und bildet somit eine feste mechanische Einheit. Für das Os C IV —+ V enthält der Knochen eine etwas ulnarwärts gerichtete Hohlfläche, die außerdem noch geschraubt erscheint. Die Hohlfläche daneben, für das Os C III bestimmt, ist sehr stark ausgehöhlt. Dorsalwärts biegen die Ränder auf die radiale und ulnare Seite um und bilden somit für das Os C UI, das entsprechende Flächen be- sitzt, Hemmungen, sich über einen ge- wissen Grad weiterzubewegen. Für das Os C IL ist eine vollkommen ebene, drei- eckige Gelenkfläche ansgebildet, deren S = Basis an der dorsalen Seite, deren Spitze Abb. 97. Potos flavus SCHREB. an der volaren Seite gelegen ist. Da- Profil der proximalen Reihe der Art. neben befindet sich die Gelenkfläche für intercarpea. 8,3:1 nat. Gr. ee Ben ; das Os C I, die in ihrer ganzen Äus- dehnung einmal von dorsal nach volar, und einmal von radial nach ulnar ausgehöhlt ist und einer Eifläche ähnelt. Beide Gelenkflächen für das Os C I und das Os C II gehen ineinander ohne Begrenzung über. ß. Os Ulnare: Die distale Fläche ist carpuseinwärts gerichtet und bildet mit der ulnaren Randflächke des Os Rad. et intermed. einen Winkel, dessen Scheitel in dem Zwischenraum zwischen Os Ulnare und Os Rad. et intermed. liegt. Die Fläche selbst ist beinahe quadratisch und in distalulnar-proximalradialer Richtung leicht gewölbt. y. Ossa Carpalia: Alle vier Knochen sind miteinander verbunden. Ihre Gelenkfiächen entsprechen denen des Os Rad. et intermed,, und es ist R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 211 besonders hervorzuheben, daß sie in ihrer Ausdehnung denen der proximalen Knochen fast gleich sind. Nur die ulnar-proximale Fläche des Os CIV-- V ist der Os Ulnare-Fläche garnicht entsprechend gebaut... Während die Os Ulnare-Fläche so TREE hoch wie breit ist, ist diese sehr in die Breite NV (radial-ulnar) gestreckt, viereckig und in dieser Richtung leicht konvex. Das OsC IV—+V schiebt sich wie ein Keil zwischen Os Ul- nare und Os Rad. et intermed. (Abb. 94), Abb. 98. Potos ftavus SCHREB. Proäl der dista- len Reihe der Art. inter- carpea. 3,3:1 nat. Gr. auf deren ulnarer Seite diese langgestreckte Fläche liegt, während auf der radialen Seite eine der Fac. art. hamati sehr gleichförmige Facette ausgebildet ist. Beide Flächen stoßen in einer scharfen Kanie, der Schneide des Keiles, zusammen. b) Bewegungen in der Art. intercarpea. Bewegungen sind in diesem Gelenkabschnitt äußerst gering. Dazu kommt, daß infolge der Kleinheit der artikuliierenden Knochen diese sehr schwer festzustellen sind. Sicher ist, daß keine Dorsalfiexion stattfindet und Bewegungen besonders abduktorischer Art im Os Ulnare-Os C IV V- Gelenk ausgeführt werden können. Im übrigen sind allenfalls Ausgleich- bewegungen geringer Exkursionsbreite möglich. 6. Articulatio carpometacarpeae. a) Gelenkflächen der Art. carpometacarpeae (Abb. 99, 100). Die distalen Carpalia gelenken mit den fünf Metacarpalia in Flächen, die mit einer Ausnahme sattelförmigen Charakter ausgebildet haben. Das Os Carpale I hat eine typische Sattelfläche für das Me I nach distal-radial-volar gerichtet. Sie ist dorsal-volarwärts konkav, radial -ulnar- wärts konvex und zwar hat die konkave Krümmung des Os CI, wie schon bloße Betrachtung ergibt, einen kleineren Krümmungshalbmesser als die konvexe. Ferner besitzt das Os C I an seiner ulnar-dorsalen Kante eine in- folge ihrer Kleinheit beinahe punktförmige Gelenkfläche für das Me 11. Das Os Carpale II verbindet sich mit einer dreieckigen Fläche dem Me II. Diese ist ebenfalls sattelförmig gekrümmt und zwar radial-ulnarwärts konvex, dorsal-volar konkav, das Me II entsprechend umgekehrt. Das Os Carpale III besitzt eine distale in dorsal-volarer Richtung hohle Fläche für das Me III, das am dorsalen Rande eine leichte sattelför- mige Gestalt durch Hinzukommen einer Konvexität in radial-ulnarer Rich- tung hat, und an seiner radialen Seite eine schmale Fläche für das Me II. 212 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Das Os Carpale IV 4 V artikuliert mit den Basisenden des vierten und fünften Metacarpale mit einer im Umriß paralleloegrammförmigen Fläche. Sie enthält also zwei verschieden zusammenstoßende Artikulationsflächen, die aber im Os C IV —- V ohne weiteres ineinander übergehen. Während die radiale Hälfte — für das Me IV bestimmt — in der Hauptsache dorsal- volar konkav ist, ist die ulnare Hälfte — für das Mc V — ziemlich deut- lich sattelförmig und zwar dorsal-volar konkav, radial-ulnar aber konvex. Die Richtung der letzten Fläche ist schräg nach ulnar auswärts. IE 4 Abb. 99. Potos flavus SCHREB. Abb. 100. Potos flavus SCHREB. Profil der proximalen Reihe der Profil der distalen Reihe der Art. carpometacarpeae. Art. carpometacarpeae. 3,5 :1 nat. Gr. 3,5 :1 nat. Gr. Die Gelenkflächen der Basisenden der Metacarpalia (Abb. 100) sind denen der Carpalia durchaus entsprechend gebildet. Ausgeprägte Sattelform hat der erste Finger. Dadurch, daß seine Ge- lenkfläche nicht mehr genau in der Mitte der Basis des Metacarpale liegt, sondern ganz auf die uinare Seite der Basis gerückt und leicht nach ulnar- proximal gerichtet ist, ist der erste Finger im Grundgelenk um etwa 20 Grad nach auswärts gedreht und steht daher auf seiner Kante, so wie ja auch beim Menschen der Daumen beim Auflegen der Hand auf den Tisch in Kanten- stellung aufliegt. — Auch die Fläche des Metacarpale Il ist sattelförmig. — Die Gelenkfläche des Metacarpale III ist in der Hauptsache dorsal-volar konvex und besitzt nur am äußersten dorsalen Rande außer der Konvexität eine leichte Höhlung im radial-ulnaren Sinne, also einen sattelförmigen An- flug. — Das Metacarpale IV paßt sich ganz der radialen Hälfte des Os C IV V an und ist dorsal-volarwärts konvex. — Das Metacarpale V dagegen hat deutliche Sattelform. Außer diesen Artikulationen finden noch seitliche Verbindungen dieses Carpusabschnittes statt. So lehnt sich das Mc II mit einer radialen Seiten- fläche an eine entsprechende der ulnaren Seite des Os CO I im dorsalen Ab- schnitt dieser Region. Ferner berührt das Mc II mit seiner ulnaren Seiten- kante auch noch die entsprechend gebaute radiale Kantenfläche der distalen R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 213 Os C III-Fläche. So ist das Me II tiefer als alle übrigen Metacarpalia in die Handwurzel eingesenkt. Ferner artikulieren alle Metacarpalia mit Ausnahme des ersten Fingers untereinander, Auffällig ist die vom Me III aus stark divergierende An- ‘ordnung der Mittelhand. Dazu tragen die nach auswärts orientierten Gelenk- flächen der am radialen bzw. ulnaren Rande gelegenen Carpalia bei. So bilden die Längsachsen der Metacarpalia I und V mit der Mittellinie der Hand distalwärts offene Winkel. b) Bewegungen in der Art. carpometacarpeae. Da wir in diesem Gelenkabschnitt in der Hauptsache mehr oder minder ausgebildete Sattelgelenke konstatiert haben, lassen sich zwei Bewegungs- arten nachweisen: radiale und ulnare Abduktionsbewegungen, sowie Volar- flexion. Diese Bewegungen zeigt am ausgeprägtesten das Gelenk des ersten und des fünften Fingers. Gerade in diesen beiden Gelenken ist die Abduk- tionsbewegung auffallend groß. Die Volarflexionen sind überall sehr klein and sehr schwer nachzuweisen. 7. Zusammenfassende Übersicht über die Bewegungen, Die Articulatio antebrachiocarpea ist ein ideales Eigelenk und zeichnet sich deshalb durch großes Bewegungsvermögen aus; sogar Dorsalflexionen können ausgeführt werden (Tafel XIX, Abb. 125). Besonders ist sie ge- eignet, radiale bzw. ulnare Abduktionen auszuführen, die im ulnaren Teil des Gelenkabschnittes nicht so groß sind und daher in der Art. intercarpea kompensiert werden. Die anderen Gelenkabschnitte treten in ihrem Bewegungsumfang sehr stark hinter die Art. antebrachiocarpea zurück. Nur die Metacarpalia und von ihnen besonders der erste und der fünfte Finger zeigen ausgeprägtes Abduktionsvermögen. So haben wir eine Hand vor uns, die besonders große Abduktions- bewegungen ermöglicht und daher dem Baumleben gut angepaßt ist. Durch das ausgeprägte Sattelgelenk des ersten Fingers, welches ganz der ulnaren Seite der Metacarpalbasis liegt und in einem Winkel zur dorsal- volaren Richtung gedreht ist, erlangt der erste Finger eine höhere funktionelle Be- deutung. Er erscheint somit durch seine Stellung auf die „Kante“ ähnlich wie beim Menschen vollständig von den anderen Fingern isoliert. Eine Oppo- nenz, die scharf von der Spreizbarkeit zu trennen ist, und die Hand wie bei Prosimiern zu einem Greiforgan machen würde, liegt nicht vor (s. darüber besonders auch das Kapitel ce II). Doch scheint, wie schon JULITZ berichtet, 214 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. ein Ersatz dafür in der Ansaugungsfähigkeit der Hand (s. pg. 207) vor- handen zu sein. Auch ist interessant, festzustellen, daß durch geringere Ausbildung der Capitula der Metacarpalia eine ausgiebige Dorsalflexion stark gehemmt und in den Fingergelenken gänzlich unterbunden ist. Dieses ergänzt das Ge- samtbild der Bewegung des Carpalsegmentes und unterstreicht zugleich die außerordentlich gute Adaptivität der Potoshand. Außerdem erinnert ein solches Verhalten sehr an die menschliche Hand. Zum Schluß dieses Abschnittes sei noch allgemein bemerkt, daß zwischen den einzelnen Carpalknochen auch Gelenke vorkommen. Die Bewegungs- möglichkeiten sind aber bei allen Typen äußerst gering und schwer klassi- fizierbar. Es möge der Hinweis genügen, ihr Vorhandensein zur Ermög- lichung von Ausgleichbewegungen gegen Unebenheiten des Substrates zu erklären. c) Bewegungsvermögen und Gelenkverbindung im Carpalsegment (Vergleich). I. Faktoren und Bewegungsarten. Überblicken wir das Tatsachenmaterial, das im obigen mitgeteilt und durch Zeichnungen illustriert und verifiziert ist, so ergibt sich trotz so naher Verwandtschaft der untersuchten Tiere ein in den Bewegungen recht diver- gierendes Bild. Es dürfte angebracht sein, die Hauptargumente der gelenk- mechanischen Untersuchungen sich einmal im Zusammenhange anzusehen und sie auch nach bestimmten Gesichtspunkten einer Kritik zu unterziehen, was im folgenden geschieht. Was die einzelnen in der Einleitung des Teiles C, b (der Untersuchungs- protokolle) definierten Bewegungen angeht, so ist zu betonen, daß alle hier untersuchten Tiere Vierfüßler sind und sich der Lokomotion auf dem jeweiligen Substrat mit Hilfe aller vier Extremitäten fortbewegen. Diejenige Extremität wird am klarsten begreiflich sein, die nur einer Ver- richtung dient, wie eben der reinen Lokomotion. Es ist aber bereits im Laufe der Erörterungen darauf hingewiesen worden, daß das Terminalsegment der Vorderextremität sich mehr und mehr der menschlichen „Hand“ dadurch nähert, daß immer weitere „aktive“ Faktoren zu dieser einseitigen Funktion hinzukommen, so daß ein Tier sich mehrerer Aufgaben mit derselben Ex- tremität entledigen kann. Gerade unter unseren Untersuchungsobjekten finden wir Typen, die uns zeigen, wie der Organismus das Problem löst, den ein. fachsten Fall des Terminalsegmentes der Vordergliedmaße unter Hinzunahme R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 215 immer weiterer aktiver Faktoren zu einem äußerst komplizierten „Apparat“ zu steigern, der fähig ist, mehreren Aufgaben in gleich gut angepaßter Weise zu dienen. Dazu muß gleichzeitig erwähnt werden, daß sich die verschiede- nen in einer Hand vereinigten funktionellen Möglichkeiten durchaus nicht im Wege sind. Sie können ungehindert nebeneinander bestehen. Es kann aber auch ein Faktor immer mehr in den Vordergrund treten und schließlich auf Kosten der anderen zum dominierenden Faktor werden. In einem solchen Falle stören sich die einzelnen Apparate. Eine solche Störung kann aber, wie wir sehen werden, durchaus bestehen, da das Tier dann vorzugsweise einen anderen „Lebenswandel“* führt. Diese allgemeinen Deduktionen führen mich nach den erhaltenen Unter- suchungsresultaten zu der Fragestellung, wie die verschiedenen Faktoren im Carpalsegment vom Organismus fixiert sind? Eine Antwort läßt sich darauf nur geben, wenn diese Faktoren mit den spezifischen Bewegungsarten, die bei unseren Untersuchungen gefunden wurden, in Beziehung gesetzt werden, Es kommen dabei als verschiedene Faktoren ein Lauffaktor, ein Grabfaktor, ein Schwimmfaktor und ein Kletterfaktor und als spezifische Bewegungsarten reine Volarflexion, radiale bzw. uinare Volarflexion, radiale bzw. ulnare Ab- duktion und Rotationen im supinatorischen bzw. pronatorischen Sinne in Betracht. Daß die einzelnen Bewegungsarten überhaupt mit den einzelnen Faktoren in Beziehung gesetzt werden können, das zeigen uns bereits die Untersuchungsprotokolle, die für jedes Tier charakteristische Bewegungen nachgewiesen haben. Da der Typ des Tieres durch seine Lebensweise bestimmt ist, so kann festgestellt werden, welche Bewegungsarten jenen Tieren gemeinsam, welche spezifisch sind. Da allgemein ein großes Be- wegungsvermögen der Art. antebrachiocarpea, bei der sogar teilweise Klaffen der artikulierenden Knochen auftritt (Canis, Meles), und ein wesentlich geringeres Bewegungsvermögen in den anderen beiden Gelenkabschnitten zutrifit, so können wir uns im großen ganzen auf die Tatsachen der Be- wegungsarten im ersten Handgelenk, das die führende Excursionsbreite besitzt, beschränken. Zeichnen wir uns nun die im ersten Handgelenk aus- führbaren Bewegungsgrade in Abhängigkeit von den einzelnen Faktoren auf, so lassen sich die für die einzelnen Faktoren spezifischen Bewegungsarten ablesen. Es ist hierbei aber selbstverständlich zu betonen, daß eine solche tabellarische Darstellung keine Wertcharakteristik sondern lediglich nur eine Zugehörigkeitscharakteristik sein kann. (Tabelle siehe nächste Seite). Wir erhalten durch diese Tabelle Antwort auf die oben gestellte Frage. Die einzelnen Faktoren sind, wie wir sehen, mit ziemlicher Prägnanz fest- 216 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Keine Volar- f Rad. od. uln. Kyasktion Rolatien flexion Volarflexion Ganis: “.. - Lauffaktor Meles . .. Grabfakter TE m EEE, = | Schwimm- Ursus e Be | Thalassarctos HR Kletterfaktor — — Sattelgelenk (schraubenförmige Bewegung im ran Sinne, zur rad. Volarflexion gehörig). gelegt: dem Lauffaktor ist die reine Volarflexion zugeordnet (s. Canis); der Grabfaktor wird durch die radiale bzw. ulnare Beugung dargestellt (s. Meles); zum Schwimmen gehören die Abduktions- und die Rotationsfaktoren, und zwar ist die Rotation quantitativ mehr ausgebildet als die Abduktion; als Kletterfaktoren sind ebenfalls Abduktion und Rotation ausgebildet, aber gerade im umgekehrten Verhältnis, Abduktion größer als Rotation. Wir erkennen aber nicht nur diese Zugehörigkeitscharakteristika aus dieser Tabelle, wir sehen auch daraus, welche Anlagen ein Tier zu einer anderen spezifischen Lebensweise enthält. So bedeutet die Wellenlinie, die in die Rubrik „seit- liche Beugung“ gesetzt ist, eine schraubenförmige (sprich: supinatorische) Einwärtsbewegung. Diese steht der radialen Flexion äußerst nahe. Da sie u.a. auch beim Dachs recht stark ausgebildet ist, so können wir dieser Be- wegungsart eine für das Graben zweckmässige Bedeutung zuschreiben. Das würde für unsere Auswertung bedeuten, daß auch der Hund und der braune Bär graben, oder zumindestens, da eine seitliche Beugung felılt, scharren können. Dieses stimmt durchaus mit den eigenen bzw. von anderen Be- obachtern gemachten Befunden überein. Auch sagt uns die Tabelle, daß der Fischotter einen Grabfaktor besitzt, was ebenfalls (s. Protokoll pg. 177) durchaus zutrifft. Alle untersuchten Tiere sind imstande, sich auf festem Substrat tort- zubewegen; das müßte also bedeuten, daß alle Tiere einen Lauffaktor auf- weisen. Das ist aber nur beim Hund, Bär und Eisbär der Fall, während die anderen Tiere ihn entbehren. Da diese aber trotzdem sich auf dem Erdboden bewegen können, so müssen wir annehmen, daß bei diesen Tieren andere Faktoren dominieren auf Kosten dieses Lauffaktors. Tatsächlich stimmt diese Vermutung. So können wir uns den auf Kosten des guten Grabens kommenden „schwerfälligen“ Gang des Dachses erklären; der Fischotter, an sich ein besserer Läufer als der Dachs, dankt diese Möglichkeit des schnellen R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 247, Laufes aber nur dem großen Kombinationsvermögen der „Schwimmfaktoren“, und endlich der Wickelbär, der sich nur sehr ungern auf dem Boden bewegt, besitzt, wenn man die !/, Pronation des Unterarmes berücksichtigt, überhaupt kein Laufvermögen. Die reinen Volarflexionen, die er auszuführen im Stande ist, sind hier zu sehr abhängig von der Stellung der Unterarmknochen (was in einem besonderen Kapitel noch gewürdigt werden muß) und können daher nicht als Ausdruck eines „Lauffaktors“ gelten. Ähnlich ist es mit der Aus- bildung der Schwimmfähigkeit. Es weisen nur Fischotter und Eisbär ‘die charakteristischen Schwimmfaktoren auf. Es ist aber auch bekannt, daß ein Hund recht gut schwimmen kann. Hier aber muß nun scharf geschieden werden zwischen Gelegenheitsschwimmern und gewohnheitsmäßigen Schwimmern. Zu den ersteren ist also der Hund zu rechnen, während Fischotter und Eisbär als gewohnheitsmäßige Schwimmer ganz bestimmte Faktoren ausbilden. Unter solchen Gesichtspunkten erscheint uns der braune Bär als ein Tier mit einer ganz universellen Hand. Sehen wir in unserer Tabelle nach, so hat er jeden Faktor, wenn auch nie bis zur höchsten Vollendung wie unsere „Typen“ ausgebildet. Bei ihm hat sich noch keine Funktion spezi- fisch lokalisiert. Infolgedessen ist er imstande, mit seiner universellen Hand alle möglichen Aufgaben zu erfüllen, ohne daß die einzelnen Bewegungs- elemente einander im Wege stehen. Da nun die Ursache dieser mehr oder weniger komplizierten Bewegungen im Bau der Gelenkflächen begründet ist, die ihre Gestaltung der ererbten Muskelinsertion und der Muskelwirkung verdanken, wobei auch die Gebrauchs- weise des Gelenkes formbildend mitwirkt, so ist es interessant, zu erfahren, wie denn nun die Natur diesen Zusammenhang zwischen Funktion und Gelenk- flächenausbildung gelöst hat, wobei wir uns auch wieder in der Hauptsache auf das erste Handgelenk beschränken können. Beginnen wir mit der Bärenhand, die infolge ihrer Universalität noch keine Arbeitsteilung durchgeführt hat, und versuchen wir diese undifferen- zierte Hand osteologisch zu begreifen, so erkennen wir im führenden radialen Teil des ersten Handabschnittes ein Eigelenk, das, wie auf Seite 146/147 auseinander gesetzt wurde, durch Verlegung der Achsen einerseits in ein Zylindergelenk, andererseits in ein Kugelgelenk übergehen kann. Dieses ausgesprochene Eigelenk des Bären kann in die Mitte dieser beiden extremen Formen gestellt werden. Dadurch, daß es auch ein Sattelgelenk im radialen Teile enthält, das aber durch seine Achsenlagerung nicht das universelle Bewegungsvermögen stört und die Bewegungen niemals maßgebend in einer Phase beeinflußt, besitzt die Hand die Befähigung, gebeugt und gestreckt zu werden, durch Horizontalbewegung radial- und ulnarwärts bewegt und 142 218 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. auch einwärts rotiert zu werden. Der Eisbär, der ein ebenso geformtes Eigelenk besitzt, hat nur noch andeutungsweise ein Sattelgelenk, das aber nicht mehr funktionstüchtig ist. Dadurch kommen weit bessere Rotationen in diesem Gelenk zustande Der Wickelbär, der keinen Sattel mehr aus- gebildet hat, streckt das sonst ähnliche Eigelenk radio-ulnar in die Breite und macht es dadurch besonders fähig, radiale und ulnare Abduktions- bewegungen auszuführen. Hinzu kommt hier noch die große abduktorische Beweglichkeit der Finger (besonders des ersten und fünften Fingers) infolge von Sattelgelenken des dritten Handabschnittes. Von diesen ausgesprochenen Eigelenken lassen sich nun tatsächlich Tendenzen zu den beiden Extremen, Kugelgelenk und Zylindergelenk, fest- stellen. So tendiert das Eigelenk von Lutra zu dem einen Extrem der Kugelfläche. Die Achsen dieses Gelenkes kommen sich hier am nächsten. So können sehr gute Rotationen, Abduktionen und Flexionen stattfinden, die dem Otter eine große Kombinationsmöglichkeit der Hand gestatten. Dem anderen Extrem, dem Zylindergelenk, nähern sich sehr stark Canis und Meles. Bei ihnen ist die dorso-volare Bewegungsachse fast ins Un- endliche gerückt, und es finden durch die Ausbildung eines Sattels im Radial- teile des Eigelenkes zwangsläufige, schraubenförmige Einwärtsbewegungen in zwangsläufiger Verbindung mit ginglymischen Bewegungen statt. Der ulnare Teil des ersten Handgelenkes unterstützt in jedem Falle die Bewegungen, die durch das führende Os Rad, et intermed. geschaffen wurden. Dies kann bei den Scharnierbewegungen von Üanis sogar soweit führen, daß im Gegensatz zu allen anderen Gelenken das Os Ulnare konvex, die Elle zur Pfanne wird. Der erste Handabschnitt steht also ganz im Dienste der Spezialisierung, um nur eine Funktion auszuführen. Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß das erste Handgelenk von Ursus arctos Universalität, besitzt, indem die Charaktere bestimmter Be- wegungen noch nicht fixiert sind, sie sind osteologisch noch „latent*. Es lassen sich noch alle Bewegungen ausführen. Aus diesem universellen Gelenk entstehen nun poly- und monofunktionelle Gelenke dadurch, daß in diesem universellen Gelenk nur wenige (Rotation, Abduktion) oder gar nur eine (Flexion) der latenten, osteologisch nicht ausgebildeten Bewegungen vor- wiegend oder ausschließlich zur Verwendung kommen und sich nun auch osteologisch im Gelenk ausbilden, wobei das Gelenk so verändert wird, daß es überhaupt die Befähigung verliert, die vernachlässigten Bewegungen weiter auszuführen. Zeichnen wir uns dieses in Form einer gelenkmechanischen R. LIPS, Modifikationen am Carpalsegment arctoider Carnivoren. 219 Entwicklungsmöglichkeit — wobei ich ausdrücklich warne, diese Dinge etwa phylogenetisch aufzufassen — auf, so ergibt sich folgendes Bild: Ursus universell Canis Meles Thalassar.ctos Potos Lutra Zylinder- Kugel- Gelenk Gelenk Es ist dies also ganz etwas ähnliches, wie z. B. die Tatsachen eines omnivoren bzw. poly- oder monophagen Gebisses. Solche Betrachtungen können, wenn einmal ein größeres Material bearbeitet ist, durchaus die Brücke zu phylogenetischen Problemstellungen schlagen. Zur Zeit läßt sich aber nur auf rein gelenkmechanische Erörterungen eingehen. II. Bewegungsvermögen und Gelenkverbindung des „Daumens“, Einer besonderen Würdigung bedarf der Vergleich des Bewegungs- vermögens und der Gelenkverbindung des ersten Fingers. Bei Oanis ist der erste Finger infolge seiner Kürze ganz außer Funktion gesetzt, und er führt nur noch passive Bewegungen aus. Beim Dachs und bei dem Fischotter können nur Volarflexionen ausgeführt werden, die bei Lutra noch durch eine leicht schraubenförmige Handeinwärtsbewegung kompliziert ist. Die Bären haben ein gut ausgeprägtes Sattelgelenk mit zwei Achsen, die dorsal- volar und radial-ulnar verlaufen. Diese Beschaffenheit der Kontaktflächen involviert die Möglichkeit einer volarflektorischen und auch einer abdukto- rischen Bewegung. Es bleibt aber faktisch (mangelnde Innervation?) bei einer Volarflexion um eine radio-ulnare Achse. Beim Wickelbären liegen jedoch die Verhältnisse so, daß in seinem Sattelgelenk auch außer Volarflexionen Abduktionen ausgeführt werden können. Diese als echtes Sattelgelenk anzusehende Gelenkverbindung fordert zu einem 220 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Vergleich mit der Art. carpometacarpea pollicis des Menschen auf. Es ist ja eine bekannte Tatsache, daß der Daumen des Menschen eine sehr mannig- faltige Bewegungsmöglichkeit besitzt, und wir wissen, daß dieser erste Finger hier erst richtig zum „Daumen“ wird, der den übrigen Fingern ent- gegengestellt, opponiert werden kann, und die Hand dadurch zur Greifhand macht. Möglich werden diese Bewegungen durch ein Sattelgelenk. Es fragt sich also, wie kommt es, daß der Wickelbär, der ebenfalls ein echtes Sattel- gelenk ausgebildet hat, die Fähigkeit der Opponenz nicht besitzt? Durch- mustern wir eine Anzahl von Präparaten, so erkennen wir, daß das Sattel- gelenk des Wickelbären umgekehrt gekrümmt ist wie das des Menschen, wobei eine schematische Haltung der Knochen vorausgesetzt sei. Außerdem sind die Sattelgelenke anders dimensioniert. Der dorsal-volare Längsdurch- messer ist bei Potos bedeutend größer als der radial-ulnare (ab) (Abb. 101). Beim Men- schen ist es genau umgekehrt (Abb. 102), Es erscheint demnach dieser Durchmesser um 90 Grad gedreht. Dazu kommt, daß die |, dorsal-volare und die radial-ulnare Achse bei Ar 40 re, Potos mit diesen Richtungen in Wahrheit Potos (a>b). Homo (a B \ - f \ 3 an, "r n . ' 5 5 u, Fan, i . R 43 A u ü nf E = B ..: , a7 . is - Pape - 5 . ß Y e \ p gu = a4 Bu - 4 2 % 2 Bi [ # ü 3 b2 nr 5 5 u ’ % hr vo \ r - 2 J a er 1) x u. iR 5 Due“ i “ Bi 0 5 u Ö 5 f 1 ‚ im ı i = % a = e \ R - “fl: „ “ i r . i \ v Y ü . R; .s BI \ En u. N - 2 - hr “ 3 * u B - 4 en r + } Pr mo nn K . . 5 ” # * t f 5 el‘ ei I . ’ x x . e De j e r’=s X \ 5 Kr = “ . von D ; Be N 2 i E BELLE ” “ 2 . 0 . w£ ® R - E fi f Bar, = Ba er ü ’ 4 4 ? „u R 5 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Abb. 118. Zu R. LIPS, Carpalsegment aretoider Carnivoren. Tafel XVII. 219% Abb. « c phot. Agf Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Natel xXSVIEHT: Abb. 121. Abb. 122, Zu R. LIPS, Carpalsegment arctoider Carnivoren. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Ratel x Abb. 123. phot. Agfa. Abb. 124. phot. Agfa. 126. Abb. 125. Abb. Zu R. LIPS, Carpalsegment arctoider Carnivoren. re en wo ZNG var er e BE NN ve 2 er . =, = Er = nn a g DE" Pag: Ir 1 KUREN ud . u Ku = 13 : iv he en, " Up . 3 u u \ Anna a Ey — < em 5 ; I SE ei \ R i ß f 2. Pr f FERN! Pe) u E . k { E Nr s ® * f 5 ö m 5 ? . ) Ai a = N f j - = B = Ai De - B 43 i PR r NE v ü B 3 $ 5 5, b i ® Sa & 22 s “ “ . 4 j , au . ‘ ß » E r . u, D _ - ö 0 # u 1" b Li . Br i = e j” L - Eis ij Pi: 2 ü ü 7 j . “_ > & r ae u z EN & Pr r nut B u < i N = . A r RN r 1 i bg | : NER 5 Br g B j r i [3 Kr +i R y [Ber en * j » D ü R e N i j e f . 4 “ L - 4 - a EN - b r r 2 a 7 28 . 5 i 0 \ r Fi 0 A48: j \ 1 e f Me FE -r & © u . = 5 7 ' : j ü ee; = . a: j r DR: Ei ee - j RN 4 R or $ h . Fin 2 5 “N = N 4 e . "u EM; > s ‘ Tr - 33709 Fan [= & Z R 6 -- ” = — B = x j i pur= i “ er, 1 en. als an Eu f} ie ee za Yilkı al la re a han Y PIRDOPERRÄMERRAENE SLR ERAE LEE ® Buchdruckerei _ REINHOLD BERGER Lucka (Bez. Leipzig) ®) Zeitschrift für Saugetierkunde Im Auftrage der | Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde e.V. herausgegeben von Dr. Hermann Pohle, Berlin Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für Säugetierkunde. 5. Band es 22. 12. 1930 Heft 5/6 135 Seiten Text und 19 Tafeln. Berlin 1930 In Kommission bei Dr. W. Stichel, Leipzig man: I 2 \ Ei Te INT EEE LATE TEN PR Hate; } n wäh 1 x u? ale‘, i; R‘ “u J % j ne a EN \ N N \ Mer T Eee an 2 5 REN Er RUE. ji 1 RA a ee ae N DIE u a En DR N AH J ’ 5 Ar, St N Inf le 1 ' a. L ru Ea NER RENTEN Ra BEI HL FIRE Zeitschrift für Säugetierkunde. 5. Band 22. 12. 1930. Heft 5. 5,) Die Fauna derwendischen Burg „Poztupimi‘ (Potsdam) Von HANS ENDERLEIN (Ober-Salzbrunn). Mit 36 Abbildungen im Text und auf den Tafeln XX—XXXIII. Einteilung: Seite A. Einleitung (Geschichte, Kultur, Material). . . . 2 2 2 en nn. 241 BerielersMenschen. 2 u. u ee re 245 C. Reste der wilden Tiere: iL. ERTL e E DEBBIDeTE N ae ee 24 DET Sn N a a ei N er ee De 245 ASHBRICHE e e e e aen 7 2AD DEE SCHOLLOTEE ee ee es ZA 3 Wer RN RR NEE GN: ERNNEldSschweinW N N en 250 SEO I a ae a le ne 251 TBBdelharscheun a te RE 258 EEE a N een een 1012 200 D. Reste der Haustiere: ET N ee al Best a ar We, Nercie 3 208 ZI CH OT N ek ne 20 Super a ae ee lee 268 a Schade 0 ee ae een in, 202 9, ZA ra Se Ds MR RN a Ne nel Ta ee ee Re a tr‘ BE Binommassung.n 00 a eye et reline 02: 0290 ee er ee 0208 LIE BEITRETEN a Re re ee a N u 0” A. Einleitung. Von 600 kis 1200 n. Chr. saßen die Wenden in der Mark Branden- burg, nachdem sie die dortigen Germanen verdrängt hatten. Die Spuren dieses auf niedriger Kulturstufe stehenden Volkes lassen sich allerorts nach- weisen. Sie sind die Erbauer jener „Burgwälle“, deren Reste noch heute entlang der Havel zu finden sind. Kennzeichnend war für die Schaffung 16 D42 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. dieser Befestigungen und Wohnsitze die Lage an den schmalsten Stellen der Wasserwege, wie z. B. am Medehorn bei Sakrow, an der Glienicker Brücke, an der Heilige-Geist-Kirche, am Kiewitt und zahlreichen anderen Plätzen. Uns soll hier das alte „Poztupimi“ Gelegenheit geben, an Hand der weiter unten zu besprechenden Knochenfunde einen Blick auf die damalige Tierwelt und zugleich auf die Kulturstufe jener Zeit zu werfen. Betonen muß ich, daß bisher eine Untersuchung der wendischen Haus- und Jagdtier- fauna noch nicht vorgenommen ist. Über die geschichtlichen Unterlagen lasse ich BESTEHORN (1927) sprechen: „Als Burgwall im Havellande soll uns das alte „Poztupimi“ (in einer Urkunde Kaiser Otto III. vom Jahre 993 erwähnt) beschäftigen. Er ist für die eigentliche Stadt Potsdam insofern bedeutungsvoll, als er der Lage und auch seinem Namen nach als die Urzelle der späteren mittelalter- lichen und gegenwärtigen Stadt Potsdam zu bezeichnen ist. Dieser Burgwall befand sich an der Stelle der heutigen Heilige-Geist-Kirche; die Kirche steht inmitten der alten Burganlage. Noch auf einem alten Stadtplan vom Jahre 1683 ist diese Stelle als selbständige Insel verzeichnet [siehe die als „Magazin“ bezeichnete Stelle auf Abb. 36, Tafel XXXIIIl. Wenige Meter vor der heutigen Kirchentür führte eine Brücke zur Burgstraße hinüber. Insbesondere wurde die Wallkonstruktion nach der Havelseite hin unter- sucht, wobei sich zeigte, daß ein planmäßig längs am Havelufer entlang an- gelegter eichener Balkenrost die Unterlage des Walies bildete. An welcher Stelle die zum Burgwall gehörige friedliche Siedlung lag, konnte einwand- frei bisher nicht nachgewiesen werden. Als sehr wahrscheinlich stellte sich jedoch heraus, daß der zu „Poztupimi“ gehörige slavische Skelettgräberplatz an der Stelle des heutigen Hauses Brauerstraße 4 gelegen hat. Die fried- liche Siedlung zu Poztupimi-Burg wird voraussichtlich auf heutigem Pots- damer Stadtgebiet an der Burgstraße nach dem Wasser zu gelegen haben, wo auch heute noch die Potsdamer „Burgstraßen-Fischer* wohnen. Ein Bohlenweg im Zug der Burgstraße verband die Siedlung mit der Burginsel. Der Bohlenweg war noch in der Gegenwart unter der Burgstraße fest- stellbar.“ Und über das Landschaftsbild: „Da das Klima jener Jahrhunderte un- serem Gegenwartsklima im großen und ganzen glich, wird sich das gesamte Havelland, auch mit seinen Höhenzügen, mit einem dichten Urwald bedeckt haben. Dieses Waldkleid wird nur an den wenigen Stellen gelichtet ge- wesen sein, an denen der Slave in leichtem Sandboden Roggen, Hirse, Gerste und Flaclıs anbaute, Schwereren Boden konnte er mit seinem hölzernen Hakenpflug nicht bestellen. Infolge der ausgedehnten Wälder stand das H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 243 Grundwasser höher, weite Niederungen versumpfend.* Soweit zur Geschichte und Geographie. Im Jahre 1911 unternahm der Potsdamer Magistrat aus eigenen Mitteln größere Ausgrabungen an obengenannten Punkten, denen sich weitere Studien im Jahre 1921 anschlossen, als das Bollwerk nach der Havel zu neu be- festigt werden sollte. Bei beiden Grabungen wurde wertvolles, reichliches Material geborgen, das einen Einblick in die Kultur jener Zeit zu nehmen gestattet. Die Bestimmung der Artefakte und die Zuteilung zur Wenden- kultur wurde von Herrn Dr. BESTEHORN durchgeführt. Die Abbildung 2 (Tafel XX) zeigt uns Töpfe und Scherben mit typischer wendischer Ver- zierung. Ich hebe es als ein Verdienst der Potsdamer Ausgrabungsleitung hervor, daß das Augenmerk auch auf die zahlreichen Tierfunde gelenkt wurde, die einen hohen wissenschaftlichen Wert darstellen, weil sie uns er- kennen lassen, welche wilden Tiere und welche Haustiere vorkamen. Zoolo- gisch sehr wichtig ist u. a. der vollkommen erhaltene Wolfsschädel, der einzige in der Mark Brandenburg (BESTEHORN 1927). Als bedauerlich ist festzustellen, daB mir keine sicheren Berichte vorliegen über den genauen Fundort, die Lage in der Kulturschicht usw. Auch sind die Knochen von 1911 und 1921 nicht auseinander gehalten. Das gesamte Material birgt die prähistorische Abteilung des Potsdamer Stadtmuseums. Es wurde mir liebens- würdigerweise zur wissenschaftlichen Bearbeitung von Herrn Obermagistrats- rat Dr. BESTEHORN übergeben. Um das Material kurz zu zeichnen, führe ich folgendes an. Es handelt sich fast ausschließlich um Speisereste, also Küchenabfälle, mit allen Merk- malen von solchen Knochen. Die Knochen sind zerschlagen und zwar mit einer überraschenden Gesetzmäßigkeit. Das Mark stand hoch im Genußwert. An Hornzapfen tragenden Schädeln sind diese stets abgeschlagen, der Schädel selbst in der Mittelebene gespalten und weiter zerstückelt. Am Unterkiefer ist der Gelenkast vom Zahnteil getrennt. Im Gegensatz zu den Küchenresten vom Schloßberg (DUERST 1904) fand ich die Alveolen nicht seitlich aufgebrochen. Die Gliedmaßenknochen sind stets schräg durch- brochen oder median aufgehauen, Teilweise hat die außerordentliche Härte das Zerschlagen verhindert, die Spuren sind dann stets wahrzunehmen, wie ich an einigen Knochen zeigen werde. Die kleinsten Bruchstücke lieferten Rind und Schwein, während die Knochen vom Edelhirsch recht gut erhalten sind. Unzerstückelt sind natürlich die Tierreste, die als Speise verschmäht wurden, wie wir es von Wolf und Hund annehmen können. Die zu Pfriemen, Flöten, Schabern usw. bearbeiteten Tierreste, wozu in erster Linie Geweihteile, Meta- 16* 244 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. tarsen und Tibien von Schaf und Ziege dienten, sind in Abbildung 4 (Tafel XXI) zusammengestellt. Die. Gesamtzahl der von mir untersuchten Knochen beträgt 412. Es entfallen auf den Menschen 1, die wilden Tiere 116 und die Haustiere 295. Das Verhältnis des gezähmten zum wilden Tier ist demnach 2,52. Tabelle I Tabelle I. Tierart | Kopf | en: | Summe Extrem | | | I. Wilde Tiere: | 4 AHlırschi 7 ns ee 32 52 84 A 2) 12 7 19 3. Wildschwein. 5 — 5 4. NUr: '. 1 1 2 5. Bär: 1 — 1 6. Dachs . 1 — 1 7. Fischotter 1 — 1 8. Wolf) 1 — 1 9. Biber 1 EN. 1 10. Bleßhuhn. _ 1 1 | 116 II. Haustiere: 1. Rind 35 112 147 2. Hausschwein 55 36 91 8. Schaf und Ziege . Mb. 4 44 48 Ar Pferd. 2 un. ka. ER TIER 2 5 7 b.-Hund - 1 1 2 295 soll die Zugehörigkeit der Knochen und ihre zahlenmäßige Verteilung vor Augen führen. Die aproximative Individuenzahl bei Speiseresten anzugeben halte ich für bedenklich, da vielfach wegen der Zerstückelung eine bedeutend höhere Zahl herauskommt. Ich habe diese Zahl nur dann angegeben, wenn das vorhandene Material dieses Verfahren rechtfertigte und Mehrdeutigkeiten nicht zuieß. Die Messungen wurden mit Bandmaß, Tasterzirkel, Schublehre und Uhrschublehre ausgeführt. Die Maße habe ich, so oft es angängig war, dem von DUERST (1926) herausgegebenen Meßkanon entnommen. Wo ich I) Unterkiefer und Oberschädel = 1 gerechnet, da zusammengehörig. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“, 245 Vergleichsmaße der ältesten Autoren brauchte, mußte ich die von diesen an- gegebenen verwenden. Anschauungs- und Vergleichsmaterial standen mir im Anatomischen Museum der Tierärztlichen Hochschule, in der Geologischen Landesanstalt, im Zoologischen Museum der Universität, im Zoologischen Institut der Land- wirtschaftlichen Hochschule und im Märkischen Museum, alle zu Berlin, zur Verfügung. B. Reste der Menschen (Homo sapiens L.). 4 Es liegt eine linke Fibula, Katalog-Nr. VI 95, vor. Einleitend habe ich ausdrücklich die Gesamtheit der Knochen als Küchenabfälle hinzustellen versucht. Um so mehr muß uns anfangs in Erstaunen setzen, einen Menschen- knochen darunter vorzufinden. Grabstätten fanden sich nicht in unmittelbarer Nähe. Ich glaube aber nicht, daß diese Fibula durch Zufall an die Fundstätte gelangt ist, sondern daß sie als Werkzeug, und zwar als sogenanntes „Gerbe- messer“, den alten Wenden gedient hat. Die Fibula des Menschen ist fast dreiseitig mit kraniomedial gerichteter scharfer Kante. Die der Tibia zu- gekehrte Fläche ist im mittleren Drittel stark ausgekehit. Der Knochen ist von vorn gesehen konkav. Die proximalen und distalen Enden sind „wie durch langen Gebrauch abgenutzt“. Eine ähnliche Abnutzung, d.h. bei Tier- knochen durch Menschenhand, habe ich bei gegrabenen römischen Funden aus Trier gesehen, über die Herr Dr. HILZHEIMER demnächst in einer Arbeit berichten wird. Die noch meßbare Länge beträgt 42,5 cm. C. Resta der wilden Tiere: » 1. Bleßhuhn. (Fulica atra L.) Ein linker Oberarm. 2. Biber. (Castor fiber L.) Ein Gehirnschädel. = ; 3. Bär. (Ursus arctos L.) Ein Eckzahn. 4. Dachs. (Meles meles L.) 3 Ein vollständig erhaltener Schädel ohne Unterkiefer. 5. Fischotter. (Lutra lutra L.) 6: Ein Gesichtsschädel. 246 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 6. Wolf. (Oanis lupus L.) Vom Wolf wurden ein gut erhaltener Schädel VI 67a mit dazu ge- hörigem Unterkiefer VI 67b gefunden. Ich habe die Untersuchung dieses Stückes mit um so größerer Sorgfalt und Ausführlichkeit vorgenommen, da bisher noch kein Wolf der Mark Brandenburg wissenschaftlich bearbeitet worden ist (s. Abb. 6—11 auf den Tafeln XXII—XXI. Mandibula. Die Mandibula VI 67b ist in der Unterkieferfuge geleimt. Es fehlen der linke Processus angularis und der rechte J,. Der linke Processus coro- noideus ist angesplittert; die Bruchstellen sind frisch. Der rechte Eckzahn ist zu gut ?/, abgebrochen; der Bruch ist alt. Der Zahnstumpf trägt median eine scharfe, mehrzackige Leiste. Dieselbe Zahnverletzung findet sich an beiden Eckzähnen des Oberkiefers. Der rechte ist in der Mitte schräg nach vorn abgebrochen und zeigt drei nach der Wurzel ziehende Sprünge. Der linke Eckzahn ist im oralen Drittel glatt abgebrochen. Wie mir Herr Dr. HILZHEIMER mitteilte, finden sich gerade derartige Verletzungen der Eckzähne bei Raubtieren, die in Fallen geraten sind und beim Befreiungs- versuch oder bei der Abwehr sich die Zähne ausgebissen haben. Ich darf daher aus diesem Befund und aus dem gänzlichen Fehlen von Rumpf- und Gliedmaßenknochen annehmen, daß VI 67a und b gefangen, der Kopf vom Rumpf getrennt wurde, um ihn den Burgwallbewohnern als Trophäe zu zeigen. Aus dem guten Erhaltungszustand der Mandibula und des Schädels ist zu ersehen, daß Canis lupus als eßbares Wild nicht in Betracht kam, sondern nur, wie es auch heute überall geschieht, als Feind des Menschen und seines Viehes verfolgt wurde. Die Lappen der Ineisivi sind nicht stark abgenutzt. Die Abnutzung nimmt von J, nach J, ab, ist also physiologisch. Lingual ist eine feine, quer- verlaufende Zeichnung sichtbar, während die labiale Fläche glatt ist. Am linken Eckzahn findet sich an der ausgehöhlten Zungenfläche eine 2—4 mm breite, 1 mm tiefe Rinne, die vom C! herrührt. Die rechte Backenzahnreihe trägt 7, die linke 8 Zähne. Der überzählige Zahn sitzt zwischen Eckzahn und erstem Backenzahn und stellt einen Lückenzahn dar. Daß ein Mehr oder Minder an Zähnen bei Caniden keine Seltenheit darstellt, beschreibt schon HILZHEIMER (1905). Die Abnutzung der Backenzähne ist regelmäßig und nicht stark. Aus dem gesamten Befund der Zähne möchte ich das Alter des Potsdamer Wolfes höchstens mit etwa 2 12 bis 3 Jahren angeben. Eigentümlich für Canis lupus ist das außerordentlich kräftige Gebiß. (STUDER 1901, HEILBORN 1905). Die Backenzahnreihen laufen bis zum Paraconus des Reißzahnes geradlinig auseinander. Vom Protoconid laufen H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi®. 247 sie bis zum Hypoconid zusammen, von hier bis zum letzten Backenzahn nahezu parallel. Die größte Breite befindet sich am Protvconid. Von der ventralen Fläche betrachtet fällt die außergewöhnliche Massig- keit auf. Die Pars molaris des Unterkieferkörpers am Kehlrand stellt den stärksten Teil von VI 67b dar, ist in fast ganzer Ausdehnung gleich stark und verjüngt sich kaum bis zum Processus angularis. Die größte Dicke an der Pars molaris beträgt an mehreren Stellen 1,6 em. Eine Incisura man- dibulae ist kaum angedeutet. Die Fossa masseterica ist geräumig und 1,35 cm tief. Der Processus condyloideus ist kräftig entwickelt und etwas nach außen, hinten und aufwärts gerichtet. Er steht also zur Pars molaris schräg. Lateral befinden sich am Processus coronoideus und am Processus angularis Leisten und starke Rauhigkeiten für Muskelansätze. Der Processus coronoi=- deus ist dünn, in seiner Mitte gegen das Licht gehalten sogar durchschei- nend. Der Winkel, den Backenzahnreihe und aufsteigender Ast des Unter- kieferkörpers bilden, ist 65° groß. Um unseren Unterkiefer mit denen anderer Wolfsstämme vergleichen zu können, habe ich, da im Schrifttum wenig Zahlen vorliegen, im Zoolo- gischen Museum der Berliner Universität Messungen vorgenommen. 7 Wolfs- unterkiefer aus dieser Sammlung gehören zu ausgewachsenen Tieren (der kanadische Wolf 818 war jünger) und zeigen an den Zähnen die gleiche Abnutzung wie der Potsdamer Wolf. Tabelle Il(pg. 248) gibt also die Vergleich- messungen mit folgenden Stücken wieder: 1 aus Rußland, 1 aus Russisch-Lapp- land, 1 aus dem ehemaligen Posen, 1 aus Polen, 2 aus Kanada und 2 aus Britisch-Kolumbien. Aus der Unterkiefer-Tabelle ist, wie aus der Schädelmaß- tafel, ein deutlicher Größenunterschied ersichtlich. An Länge wird VI 67b nur von den beiden Kölumbiern übertroffen, die aber trotzdem schlank er- scheinen. Wenn auch selbst in einzelnen Rudeln große Schwankungen in den Maßen auftreten (STUDER 1901) und es daher feststehende Maße für den Wolf nicht geben kann, so ist aber doch wohl ohne weiteres zu ersehen, daß unser Potsdamer Wolf mehr mit denen aus Posen und Britisch-Kolum- bien ala mit den kanadischen verglichen werden kann. Oberschädel: Es fehlen an VI 67a der linke J!, der rechte Pl, jederseits (rechts 2, links 6 cm) ein Stück aus dem Jochbogen, ein Teil des linken Frontale und Parietale mit Processus zygomaticus des Frontale, die linke Bulla ossea mit Processus jugularis und die Condyli oceipitales. Die Ränder des Foramen magnum sind ausgebrochen. Ein Teil des linksseitigen Frontale und Maxillare und beide Nasalia, das linke stärker, sind eingedrückt und teilweise los- Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 248 Tabelle II. B.ZM.) B.Z.M. BZM. B.Z.M. B.Z.M. B.z.m.|B.Z.M.|B.Z.M. Unterkiefermaße von Canis lupus Potsdam | go415 | 22373 | sin | 6602 | sis |ı16ars | 22396 | 22392 VI 67b Brit. Brit. Rußland | Lappld. | Posen | Polen | Canada | Canada Columb.|Columbp. 1. Länge v. Angul. mand. (Gon. caud.) b. Infradentale . s 18,4 17,6 17,6 19,0 15,6 14,3 16,1 18,9 19,4 2. Länge v. Condylion med. b. Infrad. : 17,45 16,8 16,9 18,8 14,4 13,5 15,7 17,9 18,1 3. Kaudale Asthöhe (Condylenhöhe) . . 3,6 3,9 3,4 3,9 3,3 2,9 2,9 STE A 4. Orale Asthöhe (Coronoidhöhe). . . . 7,9 81 7,4 81 6,85 6,0 6,2 BO 25:8 5. Mittlere Asthöhe . . . . 4,1 3,8 3,1 3,75 3,3 2,9 2,7 3,6 8,7 6. Unterkieferhöhe h. d. letzt. Beckenzahn 4,1 3,4 3,3 3,9 3,0 2,85 3,1 3,7 3,7 7. n „ Reißzahn. 3,5 3,1 3,0 3,2 2,6 2,55 2,7 34 3,2 8. n vaad, n 3,9 2,8 2,8 3,1 2,6 2,0 2 8,3 3,1 9. A „ 1. Backenzahn.. 2,5 2,5 2,4 2,4 2,0 2,0 2,0 2,6 2,6 10. h. d. Symphyse. . . 3,15 2,6 2,5 3,0 2,2 1,90 2,0 2,8 2,5 11. Länge der Symphyse. . . 4,2 4,7 4,1 4,4 3,4 3,3 4,1 4,6 4,6 12. Breite d. aufst. Astes (letzt. Molar b. Gon. caudale), . . PER TER 6,4 6,0 6,1 6,6 5.3 4,5 5,4 6,5 7,0 13. Condylo- „Coronoidlänge en: 5,9 5,0 5,5 6,8 4,85 4,5 4,7 5,7 5,8 14. Lge. d. horiz. Astes (hint. Rd, d. letzt. Backz. b. Infradentale) . . . . .. 12,4 12,2 11,8 12,8 10,45 10,1 10,8 12,5 12,5 15. Lge. d. Backenzahnreihe . . A 95 10295 7900| ga 10081100 16. Längsdurchm. d. Caninalvedle . . . 1,6 1,5 1,6 2,0 1,2 1,5 1,3 1,6 I 17. Querdurchm. d. x Be 1,15 1,0 Il 1% 0,8 1,1 0,8 lat lat 18. Länge des zahnlosen Randes. . . . | | 0,8 0,4 10° 7 06° 092 |e 01 0 u) 19. „ der Ineisivreihe, innen. . . . 1,95 2,0 1,8 1,9 1,7 1,6 1,6 1,9 1,8 20. Breite Es d. Eckzahn. . . ei, 3,1 2,5 2,95 3,2 2,65 2,65 2,5 3,1 3,1 21. a d. Mitte d. Eckz. außen . . 3,3 33 3,0 3,3 2,7 2,75 2,6 3,2 3,15 22. ee Breite d. Unterkiefers. . . 3,0 2,8 3,0 3,05 2,5 2,6 3,2 3,0 3,1 23. Breite zwisch. d. Unterkieferwinkeln . 10,0 8,3 9,5 10,6 er 9,0 8,6 10,4 10,0 24. x R „ Gelenkfortsätzen . . 11,45 10,3 11,1 DIT 9,1 9,3 10,0 11,1 12,0 25. 1 r „ Coronoidfortsätzen . 10,95 9,6 9,8 10,6 8,3 8,2 8,6 — 9,6 26. Transvers. Breite d. Gelenkrollen . . 3,45 3,2 2,9 3,6 2,8 2,6 3,0 3,2 3,6 27. Dicke ; 1,25 1,3 IT 1,3 1,05 1,1 1,0 1,3 1,3 28. Größte Dicke Ste Mandibelhältte . ser 1,6 1,4 1,35 1,6 1,2 1,4 1,2 1,6 1,6 *) Aus dem Zoologischen Museum zu Berlin. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg .„.Poztupimi“. 249 gesplittert. Sämtliche Verletzungen, außer der am Foramen magnum und der des linken Stirnbeins sind bei der Ausgrabung entstanden, da ihre Ränder und Flächen im Gegensatz zu dem dunklen Schädel von heller Farbe sind. Die Zerstörung am Stirnbein rührt von einem stumpfen Gegenstand her und ähnelt der Kopfverletzung unserer durch Schlag betäubten Schlachttiere. Beiderseits stellte ich am Reißzahn und der ihm anliegenden Fläche von M! Zahnsteinbildung fest, die am rechten P* sehr stark ist und der jahrhunderte- langen Lagerung im Erdboden widerstanden hat. Die Ossa parietalia stoßen median in einer 83mm hohen, oval 3 und aboval 5 mm breiten, kräftigen Crista sagit- talis zusammen, die nach STUDER (1901) beim alten, großen und männlichen Wol£ stärker ist. Gegen ein hohes Alter spricht die geringe Abnutzung der Zähne. Esgilt für das Alter das beim Unterkiefer darüber Gesagte, Die Schädelnähte sind geschlossen. Nach STUDER soll eine niedrige Crista sagittalis auch bei den in Gefangenschaft aufgewachsenen Wölfen die Regel sein. Ich konnte das im Gegensatz zu HEILBORN (1905) im Zoologischen Museum zu Berlin an einigen aus zoologischen Gärten stammenden Schädeln bestätigen. Auch WOLFGRAMM (1894) berichtet, daß mit der Abnahme der Größe bei solchen Wölfen auch eine Verkümmerung der Muskelhöcker eintrete. Die Crista sagittalis teilt sich am Stirnbein und geht, nicht mehr scharfkantig, aber noch deutlich nach dem Processus zygomaticus des Os frontale. Das Stirn- bein weist median eine deutliche Einsenkung auf, den „Coup de häche“ der Franzosen. Die Nasenbeine zeigen in ihrer Mitte die den Wölien und Wildhunden eigene „Einsattelung“ (STUDER). Sie stehen mit dem Maxillare nur auf eine Länge von 1,3 cm in Verbindung. Nach STUDER (1901) ist dieses Ver- halten den allergrößten Schwankungen ausgesetzt. Er fand bei zahlreichen Wölfen, daß sich Os frontale und Os incisivum sogar berührten, daß Nasen- bein mit dem Oberkieferbein also gar nicht in Verbindung stand. Bei anderen Tieren ragten die Nasenfortsätze des Os frontale und des Os ineci- sivum nur stumpfwinkelig gegeneinander vor, so daß Nasale und Maxillare fast in ganzer Länge zusammenstoßen konnten. Die kleinste Entfernung der Orbita, an den Oberaugenrändern gemessen, ist 50 mm. HEILBORN (1905) gibt merkwürdigerweise eine Schwankung von 17,8 bis 24,5 mm an. Wahr- scheinlich hat er die Entfernung der medialen Augenhöhlenwände voneinander gemessen. Die Jochbogen beschreiben, wie man aus der Abb. 6 noch sehen kann, einen weiten Bogen. Der vordere Augenrand steht schräg zum Stirn- bein. STUDER bringt damit „das schräge, schielende Auge, das dem Wolfe einen unheimlichen, falschen Ausdruck gibt, gegenüber dem vertrauen- erweckenden, ehrlichen Blick des Hundes, dessen Auge mehr nach vorn ge- 250 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. richtet ist“, in Verbindung. An den Tympanalblasen ist ein „Kiel“ bei dem Potsdamer nicht angedeutet. Die Nasenöffnung ist sehr weit. Die Nasen- beine sind lateral in eine Spitze ausgezogen, die normalerweise dem Ineisivum anliegt. Bei VI 67 a ist die Basilarlänge nicht meßbar, da die dazu nötigen Hinterhauptsteile fehlen. Sehr kräftig sind die Eck- und Reißzähne. Der Reißzahn wird an Länge von keinem der Vergleichswölfe erreicht, an Breite nur von dem russischen Wolf Nr. 2 HEILBORN’s um 1 mm übertroffen. Das Os maxillare ist durch diese Dicke des Reißzahnes im Bereiche von P, und P, stark ausgebuchtet. HEILBORN bezeichnet treffend die Form des harten Gaumens seiner Wölfe als „lyraförmig“, welche Benennung für VI 67a ebenfalls zutrifft. Mit dem russischen Wolf Nr. 2 (Tabelle III S. 251) stimmt der Potsdamer in einigen Maßen auf den Millimeter überein. Wie die von mir gemessenen Unterkiefer aus Kanada, so zeigen auch hier die Schädel HEILBORN’s aus Labrador die kleinsten Maßzahlen. 7. Wildschwein. (Sus scrofa L.) Als zum Wildschwein gehörig bestimmte ich 5 Funde, 3 Unterkiefer- teile, 1 linke Gesichtsschädelhälfte und 1 mächtigen Hauer, die von drei Tieren herrühren mögen. Nicht nur die bei oberflächlicher Betrachtung geradezu in die Augen springende Größe und Stärke, sondern auch einige Maße (Tabelle IV pg. 252) rechtfertigen die Zurechnung zu Sus scrofa antiquus. In allen 4 Abbildungen (Tafel XXVII—XXVII, Abb. 22—26) habe ich stets Wildschwein und Hausschwein nebeneinander gestellt, um den Unterschied auch im Bilde klarzumachen. Das Vorhandensein von nur 3 Individuen zeigt doch, daß das Schwarzwild in jener Gegend zur seltenen Beute gehörte. Besonders zu erwähnen ist ein Rippenstück (Tafel XX VII, Abb. 24), dessen Zugehörigkeit zum Haus- oder Wildschwein nicht feststellbar ist, das einen Bruch im proximalen Viertel mit starker Callusbildung aufweist. Der Callus hat die oberen und unteren Enden freigelassen, so daß die Art des Bruches, Sagittalfraktur, zu erkennen ist. Der Callus ist mit großen Ernährungs- löchern versehen. Ein hohes Alter der Fraktur ist aus eben Gesagtem und aus der Tatsache, daß der Callus noch nicht geglättet ist, nicht anzunehmen. Es ist bemerkenswert, daß selbst der immerhin noch jugendliche Callus die Festigkeit besitzt, der jahrhundertelangen Lagerung im Erdreich und den einwirkenden Witterungseinflüssen zu widerstehen. 8. Reh. (Capreolus capreolus L.) Vom Reh liegen 19 Knochenstücke vor. Die geringe Zahl von vielleicht 3—5 Individuen läßt sich leicht aus der geographischen und der damit ver- DD m 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. DO mn om H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 251 Tabelle III. Schädelmaße von Canis lupus . Basilarlänge . Re a . Basikranialachse (For. magn. bis Sphen. Naht). . Länge d. Nasalia med. . ” ” „ lat. . Gr. Breite d. r. Nasale . Gaumenlänge . Gaumenbreite vor m a h. d. vord. Pm. . Größte Breite des Schädels ın der Schläfenregion . i Breite über die GSRorOfELunSen Jochbogenweite. Schläfenenge. Breite zwischen d. Orbitalforte. : Geringste Breite zw. d. De rändern ehöhlenlänge v. Be. Ra. A. Tre magn. b. z. Wurzel d. Nasenbeine Gesichtslänge v. vord. Orbitarand | z. Schneidezahnalv. 3 ; Schnauzenlänge, Nenn negel Z. Schneidezahnalv. Höhe des Schädels mit Brlerkieier Höhe d. Gesichtsteiles vom Gaumen zur Stirnmitte . er Breite des ee lhupidreicchs re Eiöhe n Weite d. For. infraorbit. Hiohe/., „ R : 5 Längsdurchmesser d. Bulla oss. . Querdurchmesser „ Länge des Reißzahnes Breite ” ” 22] ” Länge der Baer eurähnreihe „ der beiden Mol. . „ .von P!-M? Profillänge Potsdam VI. 67 a, | 8,5 3,0 7,9 7,8 15,0 (0) 4,5 6,5 5,0 13,2 () 11,4 Russ. 2. | Polnisch. | Labrador Heilborn | Heilborn | Heilborn 24,3 22,9 21,4 6,4 5,8 5,8 10,5 9,2 8,6 bde 2,4 | bde 2,0 | bde 2,3 13,3 12,6 12,0 8,5 7,6 7,4 74 (El 7, IT 7,4 6,9 14,8 13,8 13,0 4,5 4,6 4,0 7,8 6,0 5,5 5,55 43 3,8 13,8 12,9 11,8 12,1 11,2 10,0 13,8 12,7 11,3 7,3 6,8 6,2 8,8 8,2 7,75 7,2 6,4 5,8 3,5 3,1 2,9 2,7 2,4 2,3 2,5 2,5 2,3 1,3 1,2 1,1 gl 8,8 8,4 2,4 2,3 | 2,1 4,5 4,6 | 4,3 252 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tabelle IV. e Ä | BÄum- | RÜTI- Schädelmase vom |yrsılwsılws2|vı7r5 scaürz| er | MEYER Wildschwein Pfahl- Ba bauten -Oberkiefer: | | 1. Länge d. Mol. . .1 8353| — ı — — 1 Us 7,7—8,7 Ze, v. M® vorn. | 4,0 | — — — 4,1 3,8 3,6—5,0 8. Breite v. M®. . .| 23I| — | — — 2,4 — | 2,2—2,6 Unterkiefer : | 4. Höhe d. aufst. Ast. — | 12,9 | 12,6 —_ — 11,8 E 5. Breite „ 5 n | binter Ma. v0. | go — __ —_ 6. Höhe d. horiz. Ast. ee 5,8 5,0 5,0—6,0 7. Höhe d. horiz. Ast. | us Me a Een aan -- — — — — 8. Länge d. Molaren. | — | 8,5 8,2 — _ 8,0 7,6—8,8 9. ei | 4,4 _ 4,3 4,3 4,0—5,3 10. Breite v. M,;, . .| — 1,9 2,0 —_ 1) -— 1,6—2,1 11. Durchmesser d. Ca- | ninalvr 7.0 Ge - Ä _ 2,4 | (1,6—2,6) _ 3,1—3,6 12. Gr. Länge d. Eck- | | zahnes:. ua 0... 2.1, — — | -— 18,9 18,0 E= E= 13. Länge d, Symphyse | — —_ — Ss) — 7,3—9,6 |11,0—14,5 bundenen klimatischen Lage erklären, denn an der Stelle des heutigen Pots- dam lag damals ein sumpfiges Waldgebiet, das bekanntlich vom Reh ge- mieden wird. Kein einziger Knochen ist so erhalten, daß sich die ganze Größe messen läßt. Daher sehe ich von der Anfertigung einer Maßliste ab und bringe die wenigen Maße im Text. Die Breiten des distalen Endes der Humeri CC3 und CC4 betragen 2,7 und 2,5 cm. VI 73 ist ein Gehirnschädel mit Rosenstöcken eines starken Bockes. Der Umfang des Rosenstockes beträgt 7,5 cm, größte Breite des Hinter- hauptes 6 cm, größte Breite der Condylen 3,6 cm, Breite des Basioceipitale an den oral vom Condylus gelegenen Höckern 2,5 em. Diese Höcker sind bei VI 73 nicht übermäßig stark ausgebildet. Herr Professor Dr. BITTNER gab mir die liebenswürdige Anregung, die Frage zu prüfen, ob die von mir gemachte Feststellung zur Unterschei- dung von Männchen und Weibchen beim Cervus elaphus auch beim Reh gilt. Diese Frage ist, um es vorwegzunehmen, zu verneinen. Ich habe zu diesem Zweck im Zoologischen Museum der Universität Berlin bei 125 männ- H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 253 lichen und weiblichen Schädeln von ausgewachsenen Rehen die Pars basalis des Oceipitale untersucht und festgestellt, daß auch beim Weibchen, und namentlich beim alten, das Basioceipitale sehr breit und auch breiter und stärker als beim Männchen sein kann, was beim Hirsch nie der Fall ist, immer vorausgesetzt, daß auch erwachsene Tiere untersucht werden. Der oral vom Condylus oceipitalis gelegene Höcker am Basioceipitale bietet dem- nach zur Bestimmung des Geschlechts keine Handhabe. Durch die Unter- suchungen von SCHUHMACHER (1928) wissen wir, daß bis jetzt nur die Unterscheidung von männlichen und weiblichen Mandibulae möglich ist. An Stangen untersuchte ich 8, von denen 3 (distale Enden) zu Pfriemen und 1 (ebenfalls distal) zu einer Flöte verarbeitet sind. Die anderen 4 sind Ab- wurfstangen und stammen von schwachen Böcken. 9. Edelhirsch. (Cervus elaphus L.) Vom Hirsch liegt ein reiches und teilweise gut erhaltenes Material vor. Die Zahl von 84 Knochen zeigt uns, in welch hohem Maße das Fleisch und die Jagd dieses Edelwildes geschätzt wurden. Von Rumpf- und Gliedmaßen- knochen habe ich 52 untersucht. Über die 5 Schulterblattreste ist nichts zu sagen. Von den 10 Humerusteilen berücksichtige ich fünf in der Tabelle V. Tabelle V. | i Durchschnitt Humerusmasse v. | er hen .. IVindo-| von 6 weibl. Cervus elaphus San | EL one A nissa | (©. elaphus | | | v. DIERIG 1. Distale Breite . . | 58 | 65 | 64 | 62168) 61 | 52 44-51 2. Länge d. Trochl. . | 47 | 5,4 | 5,35 |5,5| 54| 5,2 5,0 4,1—4,7 3. Höhe „ „ med. | 3,7| 42 | 44 |44|48I| — = E= en Be. lat: 2,3| 27|1 — | 2338| 28| — _ — Die distale Breite schwankt von 5,3 cm (021) bis 6,5 cm (H1). Trotzdem nur die distalen Enden vorliegen, erscheint C21 schmal und schlank, wie ein echter Hirschoberarm, H1 dagegen kräftig, breit, plump, fast rinderartig (Torfrind) (Tafel XXIII, Abb. 12). Nicht jeder Hirschknochen läßt sich allein durch seine Schlankheit vom Rind und namentlich vom kleinen Torfrind unter- scheiden. Es wäre beidem Potsdamer Knochennichtsoganzeinfach, Hirschhumeri, und namentlich die starken, von Dos taurus brachyceros zu trennen, wenn nicht genaue osteologische Unterschiede vorhanden wären, auf die bereits DIERIG (1910) in seiner Dissertation aufmerksam gemacht hat, und die ich etwas erweitern möchte. 254 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Bei prähistorischen Humeri spielt das proximale Ende diesbezüglich keine Rolle. Das Caput ist in den meisten Fällen mehr oder weniger stark beschädigt, die Tubercula, auf die es bei der Unterscheidung von Rind und Hirsch mit ankommt, sind meist abgebrochen. Sehr genaue Einzelheiten er- geben sich aber bei der Betrachtung der distalen Hälfte. DIERIG betonte beim Hirsch die schmale Fossa olecrani, die stark konische Form der Trochlea und damit verbunden die Dicke der medialen und die geringe Höhe der lateralen Gelenkrollenhälfte. Als weitere wichtige Unterscheidungsmerkmale sind mir aufgefallen: 1. Die Crista epicondyli lateralis, die beim Rind nur angedeutet ist, ist bei den Cerviden sehr stark entwickelt und nach vorn etwas um- gebogen. Die kranial von ihr gelegene Fläche ist dadurch grubenartig eingesenkt. 2. Die Fossa coronoidea ist beim Hirsch kleiner und erscheint durch eine in der Mitte verschieden stark ausgebildete Leiste zweigeteilt. 3. An der medialen Fläche des distalen Endes befinden sich beim Hirsch zwei verschieden tiefe Bandgruben, beim Rind ein starker Höcker. Beim Hirsch ist der kaudal von der lateralen Bandgrube gelegene Höcker eine scharfe Leiste, beim Rind dagegen hoch und plump. Von den 6 Radien (Tabelle VI) sind 5 linke und 1 rechter. C18 und VI 83, beides linke, (Abb. 14 c, d, Tafel XXIV) gehören ausgewachsenen Tieren Tab Be ME Beer, Bi Durchschnitt Radiusmaße von AILI | Vindo-| von 7 weibl. C18 | V183 C laph 27481) | ni C. elaphus ervus elaphus 1: ) | nıssa DIERIG 1. Länge median . . 28,0 27,1 27,3 — 23,9— 25,7 PER. medial 27,1 26,0 26,5 — 23,2— 26,0 8. „ lateral. 26,8 25,0 26,2 — — 4. Prox. Ende, Derdugehn N 5,8 5,6 5,1 E— 4,2—4,8 De syy. Längsı),, 3,1 3,1 2,8 — — 6. Dist:7 5° !Quer.e2, 5,3 4,8 4,6 4,6 — re „ Längs „ 3,6 3,4 3,3 — — an. C 18 ist bedeutend stärker. Beide sind sehr schlank und in ihrer Dia- physe stark nach vorn gebogen. Lege ich die Radien mit ihrer kaudalen Fläche auf eine ebene Unterlage, so ist der höchste Zwischenraum bei C18 2,5 cm und bei VI 83 2,4 cm. An der Vorderfläche von C18 befinden l) rezent aus dem Märk. Museum. ®2) in der Quer- und Längsrichtung des Tieres. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 255 sich 5 primitive Einkerbungen, ähnlich wie ich sie bei dem Metatarsus Mt3 von Bos taurus longifrons beschreiben werde. An Metakarpen habe ich 3, 2 linke und 1 rechten, untersucht. C1 und 116 (Abb. 14 a,b, Tafel XXIV) sind in ganzer Länge erhalten und gehören alten Tieren an. Von C2 fehlt das distale Drittel. 116, von gelblich-weißer Farbe ist an Länge und Stärke den anderen etwas überlegen. Aus der Tabelle VII ist ersichtlich, daß die Potsdamer Metacarpi an Länge von den Tabelle VI. | ' Durchschnitt Metakarpalmaße von ; e Ip " Schönfeld yon 7 weibl. Pervus elanhus Ge a I Nr me (0 elaphus rec. 2 ‚ subf. DIERIG 1. Länge medien . . . . | 26,1 | 26,4 | 86 a7 || 23,6295:0 medial. 2...) 254 | 255 | — |2380 | 270 | 22,7—24,8 3. m Ateral 2... 125,2 | 25,5 | — Er 27,0 22,8—24,6 4. Prox. Ende, Querdurchm. | 42 | 42 | 40 | 48 4,6 3,8—8,7 = 2 TDäne „ 32 | 32 | 238 2 2,6 18-21 PD, , @ue „ Bl a 4,6 3,4—8,7 Be Län „ ER u subfossilen aus Teplitz und Schönfeld (f. DIERIG 1910) übertroffen werden, selbst aber die rezenten von DIERIG überragen. Die Becken- und Femurreste sind so spärlich, daß ich ihre genaue Be- schreibung übergehe. Von Tibiae wurden 13 untersucht. Ganz erhalten ist nur VI 87 (Abb. 14 e, Tafel XXIV). Zahlreiche Rauhigkeiten und Leisten sprechen für ein hohes Alter. VI 87 ist viel weniger schlank als die zur Verfügung stehende rezente Tibia A III 2748 aus dem Märkischen Museum; sie ist kürzer und ähnelt wiederum mehr einem Schienbein vom Torfrind. Die Zu- gehörigkeit zu Üervus elaphus steht aber außer jedem Zweifel. Die Eminentiae intercondyloideae stehen bei Üervus schräg und dichter zusammen, während sie bei Dos taurus mehr parallel verlaufen. Aus der Tabelle VIII (pg. 256) sehen wir, daß unsere Potsdamer Tibiae sogar von rezenten an Länge übertroffen werden. Von den 2 Calcanei ist wiederum C8 plumper und massiger als C7, (Tabelle IX pg. 256.) An Kopfknochen einschließlich Geweihteilen liegen 32 vor. Von (fesichtsschädelteilen interessiert nur VI 79, eine rechte Gesichts- schädelhälfte (Abb. 13, Tafel XXIII). Die Abschnitte vor P 2, hinter M3 und jenseits der Medianebene sind mit einem stumpfen Gegenstand ausge- 256 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tabelle VIIL Tıbıamaße von vısz|cıealcıa Cervus elaphus AII subf. | Durchschnitt 0383| 2748 |Vindo- Schön] nach 1) nissa feld |DIERIGs. o. a 1. Größte Länge. . . ss I - | | as en 2.'Mediale '„ . . ..1018 |, — | — | 32,0 — _ 30,4— 835,5 3. Laterle „ - . .18905 Il — | — | — | 34,3 — en 29,0— 835,1 4. Prox. Ende, Querd. . 83 | — — | — ii — — ı _ 5. Dist Ende, .....154 | .51[4700 457% 192 4,2 | 3,9—4,8 6. Prox. Ende, Längsd. | 77/801 — | — | 67 — _ | — 7. Dist. Ende, 5 41 |) 39) 35, 35, | = Tabelle IX. Maße der Calcanei von Cervus elaphus | 7 C8 1. Proximaler Längsdurchmesser. . : . 2...” 4,2 4,3 2. . Querdurchmesser . . . 2 2 2.2. 3,2 3,5 3. Längsdurchmesser der Diaphyse. . . . 2... 3,2 3,5 4. Querdurchmesser „ n en 1,4 1,7 brochen. Die Bruchränder sind unregelmäßig gezackt. Die Zugehörigkeit zum Hirsch wird bedingt durch die ihm eigentümliche Einsenkung des Os lacrimale und die Form der Zähne. VI 79 gehört einem jüngeren Tier an. P 3 hat zwar ‚schon gewechselt, und M 3 ist durchgebrochen, die Abnutzung durch Kau- tätigkeit hat aber erst begonnen. Die Nähte zwischen Os maxillare, Os lacri- male, Os zygomaticum, Os frontale und Os nasale sind noch nicht ver- knöchert. Die eben erwähnten Knochenteile sind noch etwas gegeneinander verschiebbar. Ich möchte darum das Alter nicht höher als 2'/, bis 3 jährig festsetzen. Von Gehirnschädelteilen wurden C 4 und C 5 untersucht. C 5 besteht aus dem rechten Condylus oceipitalis mit einem Teil der rechten Squama, dem Os petrosum und der rechten Pars basalis des Os oceipitale. Das ein- zige nehmbare Maß, die größte Breite des Condylus oceipitalis, ist 2,5 cm. ‚Zu CA (Abb. 16, Tafel XXIV) gehört die Pars basalis des Os oceipitale, der linke Processus jugularis, die Squama occipitalis bis zu einer Höhe vonca. 2 cm und das Keilbein mit dem Foramen ovale. Seine Maße sind: Größte Breite eines Condylus. . . . * . . 25 em Größte Breite beider CEondyi. . . ». » ... 81cm 1) rezent aus dem Märk. Museum. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 257 Größte Breite des Foramen magnum . . . . 3,0 cm Kleinste Breite des Foramen magnum (ungefähr an der Umbiegung des Condylus) . . . . 23,5 cm Höhe des Processus jugularis medial. . . . 5,0 cm Höhe’des Foramen magnum '., . . ... ... 35 cm Durch vergleichend osteologische Betrachtungen der Potsdamer Hirp- schädelreste C 4 und C 5 kann ich dem von DIERIG in seiner bereits er- wähnten Dissertation Gesagten wiederum etwas hinzufügen, was von osteo- logischer Bedeutung ist, Wert für die Geschlechtsbestimmung und damit auch forensischen Wert hat. An der ventralen Fläche geht bei Boviden und Cerviden der Condylus oceipitalis oral in eine Rinne oder Furche über, an die sich ein Höcker oder eine Leiste anschließt, wodurch die übrige Pars basalis des Os ocei- pitale vom Condylus scharf getrennt wird. (Abb. 15 u.16, Tafel XXIV.) Dies wird zuerst von FICK im Jahre 1904 erwähnt. In diese Rinne greift bei den äußersten Beugestellungen des Schädels der Rand der Atlaspfannen. STRECKER (f, FICK 1904) bezeichnet diese Rinne daher als Einstellungsfurche, „die namentlich bei den mit Stoßhörnern versehenen Säugetieren stark ausgeprägt sind“. Abhängig von der Ausbildung der Rinne ist der oral von ihr liegende schon erwähnte Höcker. Da dieser Höcker in der anatomischen Namengebung nicht berücksichtigt ist, werde ich ihn der Kürze wegen als „Basioceipital- höcker* bezeichnen. Dieser Höcker ist am deutlichsten beim Hirsch und kann beim erwachsenen Tier zur sicheren Geschlechtsbestimmung dienen. An 3 prähistorischen männlichen, 10 rezenten männlichen und 20 rezenten weiblichen Schädeln habe ich diese Frage geprüft. Das Material stammte teils aus dem Märkischen Museum, teils aus dem Zoologischen Museum der Universität Berlin. Aus den beigefügten drei Tabellen (X pg. 258 und XI pg. 259) ist ersichtlich, daß für die Frage ob Männchen oder Weibchen 1. die Breite des Basioceipitale am Basioceipitalhöcker und 2. die Beschaffenheit des Höckers eine Rolle spielen. Diese Breite schwankt bei den rezenten Schädeln von 3,92 bis 4,78, bei den prähistorischen von 4,5 bis 5,5, bei den rezenten weiblichen Schädeln von 3,40 bis 4,17 cm. Der Basioccipitalhöcker ist beim Männchen stets sehr hoch und stumpf, beim Weibchen dagegen eine Leiste, die scharf und niedrig und bei sehr alten Kühen höher wird, dabei aber stets scharf bleibt. (Abb. 15 u.16, Tafel XXIV). Außerdem wurden 18 Stangen und Stangenteile ausgegraben. Unter diesen befindet sich nur 1 Abwurfstange VI 104 mit dem Kennzeichen einer 17 258 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tabelle X. Männliche Rothirsche, Breite des Bezeichnung On UBAEHER LEN: Alter oder Endenzahl l) am Bassiocci- des Höckers pitalhöcker C4 Potsdam 4,9 aick und hoch M.M.ohneNr.?) 5,1 stark ausgebildet 12 Ender MM Ne 5,0 Bun, 5 12 Ender MM N 5,5 dick und hoch |st.10 Ender. Rosenumf. 28,4cm M.M. AIII2017 4,8 SER, „ M.M. A III2010 5,3 scharf u. s. hoch M.M. AIII2535 5,05 dick und hoch M.M. AILII 1957 4,5 Sr : 2) abor. ausgezogen B.Z.M. 13148 4,70 stumpf und hoch alt B.Z.M. 30 816 4,78 5 = 5 ausgewachsen B. Z.M. 30 839 4,54 5 „ 4 schwacher 10 Ender B.Z.M. 27 059 3,92 7 „ niedr.| Zahnwechsel kaum vollendet B.Z.M. o.Nr. 4,7 „ „ hoch | st. 16 Ender. Rosenumf. 25,6 B. Z.M. .0.Nr. 4,6 hr A s 8 Ender B.2.M.; 0.Nr. 4,49 r n a 10 Ender B.Z.M. 28 786 5,3 scharf, aber s. hoch 12 Ender B. 2. M 70. Nr. 4,82 stumpf und hoch 10 Ender B.Z.M. o.Nr. 4,18 5 5 “ 10 Ender solchen. Diese gehörte einem Kapitalhirsch an. Die Augensprosse ist außer- gewöhnlich kräftig. Der Rosenumfang beträgt 26,2 cm und ist der größte des Potsdamer Fundes. Die vollständige Endenzahl ließ sich bei keinem Geweih ermitteln. Der alte Wende hat die Kronen, Gabeln und Sprossen mit scharfem Instrument abgeschlagen und technisch zu Pfriemen, Flöten, Hacken usw. verarbeitet. Es wurden überwiegend junge Hirsche erlegt, so. daß auf 3—4 junge erst ein alter kommt. Der Rosenumfang von den übrigen gemessenen 6 Stangen schwankt von 12,4 bis 24,8 cm, erreicht also die Abwurfstange VI 104 mit 26,2 cm noch nicht. Katalog-Nr. VII 921 Rosenumfang = 12,4 cm ss Na 5 — 15,4 m ” 17108 „ = 19,6 cm n J 4779 nr — 19,5 cm h J ATTT ” —,23,8,cm ” VI 113 a — 24,8 cm. 1) Bei Schädeln mit nicht erhaltenem Geweih gebe ich das Alter an, wobei mit „ausgewachsen“ die bezeichnet sind, bei denen der Zahnwechsel vollzogen ist und die Abkauung bei M 3 nicht weit fortgeschritten ist. „Alt“ sind die Schädel mit stark abgekautem Gebiß, namentlich der M 3. 2) M.M. — Märkisches Museum, B.Z.M. = Zoolog. Museum d. Univ. Berlin. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 259 Tabelle XI. Weibliche Rothirsche, Breite am ; Nr. Basioccipital- ee ge Approximatives Alter!) | Döckee Höckers 30 212 3,82 scharf und niedrig ausgewachsen 22 093 3,89 = s a : 35 597 3,37 | 2, hoch alt 35 595 3,9 „ R s 2 35 693 3,01 05 „ „ 5 35 596 4,17 n 5 = ausgewachsen 34 051 3,80 = „ niedrig alt 29 559 3,54 = ».. hoch ausgewachsen 30 210 3,47 n „ niedrig e 20 743 3,40 stumpf „ » alt 30 814 4,09 scharf und hoch R 10 012 3,68 3 A 5 » 30 812 3,70 & „ niedrig = 18 723 3,50 s; = n ausgewachsen 18 724 3,46 Tee ; 20 745 3,87 5 ==. hoch sehr alt aboral ausgezogen 34 924 | 3,68 scharf und niedrig | alt 22 983 | 4.14 h = hoch a 26 779 3.78 a eniedris ausgewachsen 25 985 4,04 stumpf u. s. niedrig kaum ausgewachsen Die stärkste Rose von der Schloßbergausgrabung gibt DUERST (1904) mit 24,5 cm an. Zwei mir von Herrn Dr. KIEKEBUSCH, Direktor der Vorgeschichtlichen Abteilung des Märkischen Museums, Berlin, freundlichst geliehene basale Geweihstücke vom Pennigsberg bei Mittenwalde aus der Wendenzeit haben einen Rosenumfang Nr. 2617 5258, cm Nr23327 ==27,2 em: Ein von mir im Zoologischen Museum Berlin, gemessenes rezentes - Geheih (ohne Kat.-Nr., starker 16-Ender) aus der Mark Brandenburg hat einen Rosenumfang von 25,6 cm, steht also hinter den prähistorischen Hir- schen nicht zurück. Ein endgültiges Urteil über die Größe der subfossilen Potsdamer Hirsche wage ich nicht zu fällen, dazu gehört ein besseres und reicheres Material. Trotzdem glaube ich nicht, wie allgemein angenommen wird, daß der alte Hirsch stets größer sein mußte als der heutige. MATSCHIE (1906, 1907) hat schon darauf hingewiesen, in welch hohem Maße gerade bei diesem Hochwild Größenschwankungen auftreten. Es ist sicher berechtigt, auch für den Hirsch den Satz der heutigen Tierzucht aufzustellen: „Das Tier ist ein !) Siehe Anmerkung auf pg. 258. Alle Tiere aus B. Z. M. 17* 260 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Ergebnis seiner Scholle“, wobei unter Scholle die Summe der Witterungs-, Erd- und Haltungsumstände zu verstehen ist. 10. Ur. (Bos primigenius BOJANUDS.) Außer dem an zweiter Stelle zu besprechenden Hornzapfen liegt ein linker Astragalus B Pr 2 (Abb. 17a, Tafel XXV) vor, dessen proximales Drittel fehlt. Diese Beschädigung ist nicht bei der Ausgrabung entstanden und ist um so auffallender, als sonst alle Astragali der anderen Tiere sehr gut erhalten sind. BPr2 ist, mit einem rezenten Wisent (Bos bonasus) aus dem Dresdener Zoologischen Museum im Zwinger, dessen Gipsabguß im Märkischen Museum ist, verglichen, in allen Maßen nur wenige mm größer (Tab. XII). Tabelle XII. F Wisent Hausrind Astragali BPr. 2 | vera) | Poisdam Prox. Gel. Querdurchmesser . . — 5,1 4,4 n „ Längsdurchmesser. . — 4,2 3,75 Diaph. gr. Breite vorn . . . . 4,95 4,6 4,0 n; “ „ sahinten m... 4,6 4,4 3,6 Dist. Gel. Querdurchmesser . . 5,4 5,1 4,4 " „ Längsdurchmesser .„ . 4,0 3,8 3,4 Gr; Breite Hateral or... 000, 4,2 4,0 3,6 medial 0.2 alte. 4,6 4,5 3,9 ” ” Die distale Gelenkfläche ist bei B Pr 2 gewölbter als bei dem Dresdener Wisent und dem rezenten Hausrind, was auffällig bei der lateralen Gelenk- hälfte in Erscheinung tritt. Der eingangs erwähnte Hornzapfen (Kat.-Nr. VI 84, Abb. 18, Tafel XXV) ist ein linker und bis auf die ca. 3—5 cm lange fehlende Spitze gut erhalten. Anihm haftet eine 3—4 Finger breiteZone desStirn- und Hinterhauptbeins. Diese Gehirnschädelteile sind soweit erhalten, daß die für den Ur charakteristische spitze Winkelung am Oceipitale und Frontale immerhin sichtbar ist (FIEDLER 1907, LAURER 1913, V. LEITHNER 1927). Vom Stirnbein verläuft lateral- wärts an der Mitte der Hornbasis ein Riß, der sich nach der nackenseitigen Fläche zu verliert. An der Basis befinden sich ringsum zahlreiche von scharfem Messer herrührende Einkerbungen, die erkennen lassen, daß sie vorsichtig und mit nicht zu großer Gewalt angebracht sind. Die Alten wußten sehr wohl, daß durch rohe Gewalt der Knochen leicht springen kann. Ent- weder entstanden diese Kerbe, als die Hornscheide abgelöst wurde, oder man versuchte, den Hornzapfen, der als seltene Beute von den Burgwallbewohnern H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi‘. 261 als Hausschmuck aufbewahrt wurde, vorsichtig von dem Schädel zu trennen, welche Bemühung an der Härte des Materials, wie wir eg auch noch an anderer Stelle erfahren werden, scheiterte. Daß es zu den Gewohnheiten der Menschen gehört, seltene Beute auf- zubewahren, ja sie von Geschlecht zu Geschlecht zu vererben oder anderen als Geschenk darzubringen, ist allseits bekannt und kann durch zahlreiche Beispiele erhärtet werden. LEITHNER gibt in seiner sorgfältigen Arbeit an, daß dem Urschädel aus der Ritterburg in Danzig die Hornzapfen fehlten und diese als Beutezeichen aufbewahrt wurden. Auch Herr Dr. HILZHEIMER kennt in Köln aus römischen Schichten Schädel, denen die Hornzapfen fehlen, Doch könnte gerade dieses letztere den Beobachter zu der Folgerung ver- leiten, VI 84 sei gar keine Jagdbeute der Potsdamer, sondern vererbt oder durch Schenkung dahin gekommen, wenn nicht das Os tarsi tibiale da wäre. Es muß daher angenommen werden, daß der Ur, wenn auch zu den seltenen, doch zu den Jagdtieren des Wenden gehörte. VI 84 gehört einem alten Tier an. Die Nähte zwischen Os frontale, Os oceipitale und Os temporale sind zwar geschlossen, aber noch stellenweise sichtbar. Die Länge von 44 cm Bandmaß an der äußeren Wölbung und einige Rillen und Knuchenplättchen sprechen für ein gewisses Alter. v. LEITHNER zieht auch den Querschnitt des Hornzapfens zur Alters- bestimmung heran. Beim jugendlichen Tier sei der Querschnitt rund und werde im Alter immer mehr eiförmig. Der kurz ovale Querschnitt von VI 84 unterstützt das über das Alter Gesagte. Der Hornzapfen sitzt nicht unmittelbar dem Stirnbein auf, sondern ist gestielt. Da, wie wir eben sahen, unser Ur ein gewisses Alter besitzt, darf dieser Stiel am Hornzapfen nicht als Jugendmerkmal gewertet werden, son- dern muß als Geschlechtsmerkmal und zwar als Merkmal einer Kuh Be- achtung finden. V. LEITHNER sieht den stärksten Geschlechtsunterschied an den Hornzapfen. Diese sind beim Stier nicht nur viel gedrungener und dichter und ihre Außenwände viel dicker, sie sind auch von tiefen Rillen durch- furcht und ihre Stiele sind mit bis zu 10—15 mm hohen Knochenperlen (Rosen) so dicht besetzt, daß die Hornzapfen ungestielt wirken. Bei der Kuh sind die Hornzapfen bedeutend lockerer aufgebaut, die Wände dünner und von Ernährungslöchern durchsetzt; die Rillen sind nur unbedeutend und die Hornstiele nur unvollständig mit Knochenschuppen besetzt. Die Nähte sind beim Stier bis zur vollkommenen Unsichtbarkeit geschlossen, bei der Kuh zwar geschlossen, jedoch deutlich zu sehen. Der Hornzapfen geht unter leichter Drehung nach vorn auswärts und aufwärts. 262 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Über die Bedeutung der Richtung der Hornzapfen als Geschlechts- merkmal möchte ich wegen der Wichtigkeit V. LEITHNER (1927, pg. 80) zitieren: „Was die Form betrifft, zeigt der Hornzapfen des Stieres eine kon- stante Eigenschaft, die ich als charakteristisches Merkmal bezeichnen möchte, — die Spitzen der Hornzapfen sind stets nach einwärts gerichtet, d. h. die Distanz der Spitzen ist immer kleiner als die Entfernung zwischen den Tangenten der Außenkurvatur der Hörner.“ Die Oberfläche des Hornzapfens ist teilweise glatt, ja sogar fast glänzend, sonst rauh und mit Ernährungs- löchern versehen. An Knochenfurchen finden sich 5 nicht zu tiefe und nicht in ganzer Länge des Zapfens verlaufende am Übergang der stirnseitigen zur unteren Fläche und 4 ebensolche an der nackenseitigen Fläche. Nur wenige, niedrige und nicht zusammenhängende Knochenschuppen ziehen sich vom Hornzapfen nach dem Stirnbein, wo sie immer dünner werden. Im ganzen macht der Zapfen für einen Ur einen schlanken Eindruck, die Rinde ist nicht stark. Länge der Außenwölbung . . . . 44 cm (Pj Umfang der Stielverdickung (Basis) 25,2 cm Horizontaler Durchmesser . . . . 6,4 cm Vertikaler Durchmesser. . . . .. 83cm Nach LAURER (1913) beträgt der mittlere Hornumfang bei den weib- lichen Urschädeln 29 cm, die mittlere Hornlänge an der Außenkurvatur 56 cm. Wir sehen, daß in jedem Fall VI 84 hinter diesen Durchschnitts- maßen zurückbleibt. VI 84 stellt somit einwandfrei den linken Hornzapfen einer alten Ur- kuh dar. D. Reste der Haustiere. 1. Haushund. (Üanis familiaris L.) Vom Haushund kamen nur die Reste eines Tieres zur Untersuchung, die aus einem rechten Os femoris (Abb. 3, Tafel XX) und einem Schädel ohne Unterkiefer (Abb. 19, 20, 21, Taf. XX VI) bestehen. Beide sind vorzüglich erhalten. Dem Schädel fehlen beiderseits die Ineisivi, der Eckzahn und der erste Prae- molar. Die in der Tabelle XIII (pg. 263) angegebenen wenigen Maße zeigen uns, daß der Länge nach der Oberschenkel zu Canis familiaris intermedius gehören kaun. In seinen Breitenmaßen stimmt er mit dem „Hund aus Paulinenaue“ überein, den HILZHEIMER (1912) als COanis familiaris intermedius WOLDRICH bestimmte. Am Schädel VI 93 sind die Zähne stark angekaut. Nach Ussow (f. ELLENBERGER-BAUM 1921) verknöchern beim Hund Frontale und Fron- tale, Lacrimale und Zygomaticum, Frontale und Parietale mit 7”—10 und H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 263 Tabelle XII. Torfh. |Typ. KENNE f. i. |» f.m.opt. Hund aus Femora von BUÜNIMe7tmost. Murten- | Paulinen- Hunden Zu: Durchschn. ANUTS. NE SUR. see aue STUDER. | STUD. | STUD. | sTUD. | HILZH. Länge medial . . .| 177 | 14,6 — 17,38 119,3—20,2 18,6 Belaseral . . .| 176 — — — =: ans: Prox. E. Längsdurchm. | 2,0 — — — ı L » »„» Querdurchm. 4,0 | — — EN un 4,0 Dist. E. Längsdurchm. | 3,7 ı — _ m & | a » „ Querdurchm. | 3,15 2,6 —_ = = 3,2 Von der Mitte des Ge- | | lenkkopfes bis zum | | Trochanter major . | 236 3,1 | — . | er a Durchm. der Diaphyse | 1,3 1,1 — | ol s—i: 58 das Maxillare mit Frontale und Zygomaticum mit 10—15 Jahren. Die ge- nannten Knochen sind miteinander sämtlich fest verbunden; die Reste der Nähte sind schwach sichtbar. Doch möchte ich den Hund nicht älter als zehnjährig schätzen, da mir die Zähne für ein hohes Alter zu wenig ab- genutzt erscheinen. In der Seitenansicht ist der Hirnschädel in den vorderen zwei Dritteln eben (an der Kreuznaht eher konkav) und im aboralen Drittel konvex. Diese Einsattelung zieht sich jederseits der Schläfenenge, die nicht stark einge- schnürt ist und 1'/; cm hinter dem Processus zygomaticus des Stirnbeins liegt. Die Gehirnkapsel ist nicht sehr geräumig und seitlich abgeflacht. Eine Crista sagittalis ist nur im aboralen Drittel angedeutet. Der Hinterhaupts- höcker ist nicht stark ausgebildet. Das Hinterhauptsdreieck ist breiter (6,6 cm) als hoch (3,2 cm). Das Foramen magnum ist queroval, 2,1 cm hoch und 1,6 cm breit. Die Bullae osseae gehen nach hinten auseinander und sind stumpfkantig. Die Jochbögen sind seitlich zusammengedrückt, wo- durch der ganze Schädel schlank erscheint. Die Augenfortsätze des Stirn- beins sind kurz und nach unten gerichtet. Jedes Stirnbein ist im Längs- und Querdurchmesser schwach vorgewölbt, in der Medianen aber eingesenkt. An der Nasenwurzel erfährt das Schädeldach eine starke Einsenkung, die in Höhe von P 2 bis zum Ende der Nasalia einem konvexen Verlauf Platz macht. Die Nasenöffnung ist geräumig, längsoval. Längsdurchmesser 2,8, Querdurchmesser 1,8 cm. Am Reißzahn verschmälert sich der Oberkiefer seitlich nach vorn (die schmalste Stelle liegt in der Mitte von P 2), um sich bis zum Eckzahn wieder zu verbreitern. Der harte Gaumen ist am breitesten am Hinterrand von P4. 264 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Mit der Basilarlänge von 15,9 cm gehört VI 93 zu den mittelgroßen Hunden. Ich darf von vornherein bei der Prüfung der Rassenfrage die so- genannten Torfhunde mit einer Basilarlänge von 13,3 bis 13,7 cm einerseits und den Canis familiaris leineri mit einer solchen von über 20 cm anderer- seits ausschließen. Es kommen nur noch in Betracht: Oanis familiaris ino- stranzewi ANUTSCHIN, Oanis f. matris-optimae JEITTELES, Canis familia- ris intermedius WOLDRICH und Canis f. putiatini STUDER. Wenn bei Hundeschädeln die Maßtafeln auch vorsichtig gelesen werden müssen, so sehen wir hier aber doch gewisse Zusammenhänge, die uns die Diagnose erleichtern sollen (Tab. XIV). Der an dritter Stelle stehende Canis familiaris inostranzewi ANUTSCHIN, zu dem u. a. die Eskimohunde, Neu- fundländer, Bernhardiner und Doggen gehören, unterscheidet sich von dem Tabelle XIV. er Imyp. d.. IC f- [ In 3 Canis 5 Potsd. f inostr. |WOL-|”“ " |putia- chädelmaße R 2 2 : & vI gg eh Anus, | DE | a m i STUD tensee nenaue STUD SIEOD. SBTUDIS STUD. HILZH. Gr. Länge des Schädels . | 19,1 — — nn 18,9 a Basilarlänge . . „, 116,9 13,3bisl, lad 164 | 17,6 16,9 16,9 13,7 Basicranialachse . . . . 4,5 ,3,8-4,0 — 4,5 5,2 4,9 4,9 Basifacialachse. . . . .1 125 .35-9,8 _ 1459 12, ‚4 12,0 12,0 Nasalalänge . .’. .. 7,3 19,2-5.7 6,6 7,2? 7,3 — 1,2 Nasalia gr. Breite . . . 1,5 11,3-1,4 2,0 19 1,8 — 57. Gaumenlänge . . SEP: 9,7 |74-7,7 9,8 9,2 u 91 Gaumenbreite vor MI. _ 5,5 18,7-4.2 6,9 4,7 u || — — Gr. Breite des Schädels in | der Schläfenregion . 5,75| 5,2 5,75 5,8 5,7 6,0 5,7 Bieite üb. d. Gehöröffnung 6,0 14,6-4,9 6,4 5,6 5,8 5,8 5,9 Jochbogenweite . . . 10,0 2182-93 2132 — — 10,5 10,3 Schläfenenge . 3,6 3,3-3,4 — IT 3,9 4,1 3,8 Breite zwischen d. Orbital- foıtsätzen . . 4,9 3,7-4,0 5,85 5,1 5,4 5,1 5,5 Geringste Breite zwischen den Obe augenrändern . 3,5 12,8-3,3 3,9 3,6 3,8 3,9 4,1 Hirnhöhlenlänge . . . . | 10,0 3-85) -- 10,1 Ä 10,9 9,8 | 10,1 Gesichtslänge 2.0... 9,8 7,0-7,6 — 8,7 9,9 9,0 9,6 Höhe des Schädels . . . 5,5 4,7-5,0 5,7 5,5 5,8 — 5,0 Länge der Backenzahnreihe 6,9 5,2-5,5 6,7 6,5 6,9 6,3 6.5 Länge des Reißzahns . . 1,8 114-1,5 1,95 1,8527 2:149 1) | 1,8 Breite „, A 1,0 .0,8-0,9 — 1,0 | 0,9 1,0 — Länge des 1. Aolaren ; Ä 1,2 — — _— — 13 — Breite „ 1. 0,9 ı — u _ | = 1,6 Br.:ub.rd, Foram. inf. "orbit. 4,1 n — — = 3,9 _ 2,1 1,4-1,7 2,0 at 2,0 1,9 — Länge der beiden Molaren I) ohne Crist. sag. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 265 Potsdamer durch die größere Basilarlänge und Breite in vielen Angaben. Ihm sind eine stark entwickelte Scheitelleiste, ein weites, gerundetes Nasen- loch und eine starke Einschnürung der Schläfenenge (durch starke Ausbil- dung der Sinus frontales bedingt) eigen (STUDER 1901), die ich bei VI 93 nicht feststellte. Es kann also ©. fam. inostranzewi ausscheiden. Auch (©. fam. putiatini weicht erheblich von VI 93 ab, trotzdem die Basilarlänge gleich der des Potsdamers ist. Doch ist darauf nicht der Haupt- wert zu legen, wie es HILZHEIMER (1912) ausdrücklich betont. ©. putia- ini, der nach STUDER (1905) der älteren Steinzeit angehören sollte, — seine Zugehörigkeit zum Campignien ist heute erwiesen — „hat ein auffallend hohes Hinterhaupt, die Schläfenenge ist schmaler als die geringste Breite zwischen den Augenhöhlen. Die Schläfenleisten, hinter denen das Schädeldach wulstig aufgetrieben ist, vereinigen sich schon vor der Coronarnaht zu einer hohen Crista parietalis s. sagittalis, die in einen starken, nach hinten vor- springenden Oceipitalhöcker ausgeht“. Beim Vergleich der Seitenansichten des Potsdamer Hundes und des Ü. putiatini in der Abbildung von STUDER sind noch wichtige Unterschiede feststellbar. Bei putzatini fällt der Gesichts- schädel steiler ab. Die höchste Stelle des Schädels liegt bei putiatinz am Schnittpunkt der Medianen mit der Verbindungslinie der Augenfortsätze des Stirnbeins, bei VI 93 2,5 em dahinter. Bei putiatın? verläuft von dieser höchsten Stelle das Schädeldach fast gradlinig bis zum Hinterhauptshöcker schräg abwärts, bei VI 93 ist das Schädeldach bis zur Höhe der Tuba au- ditiva eben (sogar schwach konkav, s. o.), um erst im letzten Drittel ab- zufallen. Endlich zeigt uns noch die Reduktionstabelle XV, wie weit in fast allen Maßen sich ©. putiatini von VI 93 entfernt. Reduktionstabelle XV. | Hund aus Pots- C. fam. |C. f. mat.| C. f. puli- Paller- dam | interm. | optimae atıni ae \ { | | 1. Geringste Breite über den SERIES oe re 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 2. Hirnschädellänge. . . . .„ | 23,85 2,80 2,60 2,46 2,51 = Basieranialachse . . ..©. . 1,28 1,25 1,38 1,19 1,26 4. Breite des Hinterhaupts . . 1,88 — — 1,56 1,69 5. Gr. Breite üb. d. Gehöröffnung | 1,77 1,55 1,52 1,45 1,49 6. Hirnschädelbreite . . . . 1,64 1,61 1,50 1,39 1,54 deSchläfenenge . ... .... 1,02 1,02 1,21 0,92 1,05 8. Breite üb. d. Postorb.-Forts. | 1,40 1,41. 2771,84 30 let 266 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Reduktionstabelle XVl. : Hund aus Pots- C. fam. 'C. f. mat. Cf. DUbR- Patlinen | dam | ınterm. | optımae atını En 1. Geringste Breite über den | Postorbitalfortsätzen . . . 1,00 1,00 1,00 1,00 1,00 2. Hirmsehädellänge 2 ....0.22.02,,2:03. 51:38 2,02 1,85 1,92 3. Basicranialachse . . . . .» | 0,91 0,88 | 091. os | 0,96 4, Breite des Hinterhaupts . . 1,35 En — 1,116 1,29 5. Gr. Breite üb. d. Gehöröffnung 1,23 1,09 1,08 1,07 | 1,14 6. Hirnschädelbreite . . . . 17 1,15 1,05 1,03 | Er 7. Schlafenenge %..0 2 2... 727.01.20,73 0,72 0,72 0,693 | 0,84 Es bleiben uns zum letzten Vergleich nur noch Ü. fam. intermedius WOLDRICH und 0, fam. matris-optimae JEITTELES. Nach dem Vorbilde von HILZHEIMER (1912) habe ich zur besseren Unterscheidung die Maße auf einige wenige beschränkt, die so leicht innerhalb einer Rasse keine wesentliche Veränderung durchmachen, und Reduktionstabellen angefertigt. Aus diesen Tabellen (XV und XVI) tritt die Zugehörigkeit von VI 93 klar zu Tage. In der Tabelle XV erreicht Ü. fam. intermedius den Potsdamer in allen Maßen, was für Tabelle XVI nicht so deutlich in Erscheinung tritt. Hier ist eine Verwandtschaft mit ©. fam. matris-optimae vielleicht anzunehmen. In Tabelle XVI kommt auch deutlich eine Verwandtschaft des „Hundes aus Paulinenaue* zum Ausdruck, den ja HILZHEIMER — wie schon gesagt — als C. fam. intermedius bestimmte. Wenn ich aber die Abbildungen seiner Arbeit mit VI 93 wiederum vergleiche, so ist der Wendenhund schlanker und weniger gedrungen. Zum Schluß darf ich noch die Merkmale des Ü. fam. intermedius aus STUDER (1901) anführen: „Der Schädel dieser Gruppe zeigt in seiner Hirnpartie die Charaktere des U. fam. palustris, die Hirnpartie ist gewölbt, die Weite der Parietalregion übertrifft meist die Distanz zwischen dem Rand der Gehöröffnungen. Das Hinterhauptsdreieck ist nicht hoch. Die Tympanal- blasen sind mit stumpfer Kante versehen, in der Schläfenenge ist der Schädel nicht stark eingeschnürt. Eine Sagittalerista ist meist entwickelt, aber niedrig, und der Hinterhauptshöcker wenig nach hinten ausgezogen. Die Stirn ist stark verbreitert, die Stirnbeine sind median leicht eingesenkt, dagegen oft im ganzen stark erhaben; die Jochbogen sind mäßig ausgeweitet, das Gebiß nicht stark, die Hirnlänge übertrifft stets die Gesichtslänge“. Aus eben Gesagtem geht hervor, daß VI 93 zu Canis famiharis inter- H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“, 267 medius, zur Gruppe der Jagdhunde, gehört. Die Möglichkeit einer Kreuzung mit ©. fam. matris-optimae, dem Vorfahren unserer Schäferhunde, ist immer- hin vorhanden (vgl. Tab. XVI). 2. Hausschwein. (Sus scrofa domesticus GRAY). Sehr zahlreich sind die Reste des Hausschweines (Abb. 22, 23, 24, 25, 26, Tafel XXVII—XXVII). Sie stehen mit 91 Stück hinter denen des Rindes an erster Stelle und weisen auf die volkswirtschaftliche Bedeutung der Schweinezucht in wendischer Zeit. Die Feststellung des Alters, also der Zeit der Schlachtung, ist von kulturhistorischem Interesse, gibt sie uns doch einen Überblick über eine etwa schon vorhandene wahllose oder sachverständige Züchtung des Schweines, ist also auch geeignet, zur Frage des geistigen Hoch- oder Tiefstandes un- seres Wenden vor tausend Jahren etwas beizutragen. Zur Prüfung dieser Frage habe ich bei 31 Kieferresten die Feststellung des Alters versucht. Ich sage ausdrücklich versucht, da kein Gebiß vollständig erhalten ist, und wir wohl noch nicht genau wissen, wie weit der praehistorische Züchter ver- sucht hat, die Spätreife der Schweine herabzusetzen, oder ob er überhaupt dieses Bestreben kannte. Von 31 Resten sind: 3 unter 12 Monaten, 1 ca. 16 Monate, 6 ca. 20 Monate, 21 über 20 Monate alt. Aus diesen Zahlen ist ersichtlich, daß man die Schweine vor 9—12 Monaten sicher nicht schlachtete, damit also schon den Anfang einer ver- ständigen Züchtung bewies. Auffallend ist allerdings, daß der Wende die meisten Schweine erst recht alt werden ließ, ehe sie auf den Tisch kamen. Seit RÜTIMEYER sind zwei Rassen des Hausschweines bekannt, Sus scrofa palustris, das kleine Torfschwein, und Sus scrofa domesticus, das große Hausschwein. In den ältesten Pfahlbauten überwiegt das Torfschwein (RÜTIMEYER 1861) oder ist ausschließlich vorhanden. In späterer Zeit, so auch am Schloßberg (DUERST 1904), werden beide angetroffen, das Haus- schwein überwiegt an Zahl das kleinere. Und in den Potsdamer Küchen- abfällen fehlt es gänzlich. Der Potsdamer Wende züchtete — und zwar in großer Zahl — nur das große wildschweinähnliche Hausschwein. Die Bestimmung von Sus scrofa domesticus fällt nicht schwer, doch können Größe der Kiefer, Form des Schädels, genaues Studium der Mandibular- symphyse, paralleler Verlauf der Backenzahnreihen und so weiter hier nicht zum Ziele führen, da die Knochen zu sehr zerschlagen sind. Für die Pots- 268 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. damer Stücke scheinen mir die Verhältnisse an den Zähnen und namentlich an den Molaren von größter Bedeutung zu sein. Was die Zähne anbelangt, so zitiere ich SCHÜTZ (1868) in seiner mustergültigen kleinen Dissertation: „Alle Zähne des Torfschweines machen den Eindruck einer großen Ein- fachheit, sie sind nicht so zusammengesetzt wie die Zähne von Sus (scrofa) ferus oder (Sus) scrofa (domesticus). Die Haupthügel aller Backenzähne treten klar und deutlich hervor und sind, wie RÜTIMEYER schon so überaus treffend bemerkt hat, durch Zwischenhügel und Zwischenwarzen wenig durch- brochen. Dieser einfachen Einrichtung entsprechend ist die Menge der Säul- chen an den Seiten der Zähne eine auffallend geringe. Niemals kann man aber an den Molaren von Sus palustris irgendeinen zusammengesetzten, vielleicht lappigen Bau erkennen, wie dies unser gewöhnliches Hausschwein, selbst ab- weichend vom Wildschwein, nachweisen läßt.“ Weiter hält SCHÜTZ die außerordentliche Dicke (bis 2 mm) des Schmelzes für ein wichtiges Merkmal des Torfschweines. — Die Potsdamer Molaren zeigen alle einen äußerst ver- wickelten Bau. Die Haupthügel und zahlreiche Zwischenhügel geben beson- ders dem M3 ein zerklüftetes Aussehen. An den Seiten des dritten Molaren fallen eine ganze Reihe von kleinen Säulchen auf; ich zählte deren bis zu 10. Nur bei VI 76 ist das Lacrimale ganz erhalten. Das Verhältnis der der Orbita zugekehrten Begrenzung (1,9 cm) zu der unteren, an das Zygo- maticum stoßenden Seite (2,5 cm) ist gleich 0,76. Obere Seite = 4,3 cm. Das Tränenbein ist also länger als hoch, worin es sich vom Indischen Schwein unterscheidet, dessen Tränenbein höher als lang ist. Die Orbita von VI 76, einer linksseitigen Gesichtshälfte, ist klein. Höhe 3,4, Länge 3,6 cm. In den Tabellen XVII und XVIII (pg. 269) sind nur die Stücke angeführt, bei denen M 3 bereits in Reibung getreten ist. An Gliedmaßenknochen wurden untersucht: eine rechte Scapula (die Maße sind in Tabelle XIX, pg. 269, angegeben), ein linker Radius eines jungen Schweines (nicht gemessen), 2 Humeri, HS 12 (ein linker jugendlicher) und HS 11 (ein rechter). Beide sind ganz erhalten. HS 11 ist etwas kräftiger und befindet sich in Tab. XX, pg. 269. Wir sahen also, daß das vom Wildschwein abstammende große Haus- schwein zur Wendenzeit neben Rind an erster Stelle gezüchtet wurde, daß diese Zucht schon nach gewissen Regeln betrieben wurde und daß das so- genannte Torfschwein in Potsdam zu dieser Zeit bereits verschwunden war. 3. Pferd. (Equus caballus L.). Vom Pferd wurden untersucht 7 Knochen, und zwar: 2 Backenzähne, 1 Metacarpus, 2 Becken- und 2 Oberschenkelteile, H, ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 269 Tabelle XVII. Sus scrofa f. ant. Sus scrofa pal. ; Potsdam RÜTIMEYER RÜTIMEYER asıkıeter VI 76 Pfahlbauten Pfahlbauten | | aus PIRA aus PIRA 1. Lacrimale, oberer Rand | 43 — —_ 7 unterer „ 2,5 — — Orbital- „ 1,9 En = 2. Höhe der Orbita | 3,4 — — SP ränse „ a =. a 4. Höhe des Arc, zyg. | 3,0 — —_ 5. Molarenreihe . 6.4 7,7—8,7 5,8— 17,35 6. Länge von M? ; 3,1 3,6 5,0 2,6— 4,0 7, Breite von M? vorn 1,8 | 2,2—2,6 1,7—2,2 Tabelle XVIII. Sus scrofa | Sus serofa Mandibulamaße | erus ant.| palustris vom Potsdamer HS4 HS2 HS3| HS5 HS13 HS8 RÜTIM. | RÜTIM. Hausschwein | | | aus PIRA aus PIRA — | 1. Höhe d. vert. Astes bis | zum Gelenk . - 10,0.108| — | — | — | — [12,3—13,3:| 9,5—11,2 2. Breite des vertik. Astes | | h. M, 8,6 761-1 — | — | — — = 3. Höhe d. hor. Astes in dd. | | | Mitte von M, auß. gem. | 35/1 40 361 — | — | — | 4,6—86,0 3 3—4,8 4. Länge d. Symph. . —|-|1-|-—-| — |72. 90—145| 5,5—8,3 5. Länge d. Prämol. ohneP, 38513841361 — | — | — | 4,0—4,6 3,2—4,0 6. Länge der Molaren . 6.065 611 — ı — | — | 7,6—8,8 5,7— 7,9 BBaänse v!?M;, . . . .« 2,9| 3,1| 29| 34| — | — | 3,8 - 5,3 2,4—4,2 8. Breite v. M, vorn . . 14| 15) 14|16| — | — | 16-21 1,1-1,7 9, Durchm. d. Caninalveole | — | 14, 2,0| — | 16 | 1,2| 1,6—3,6 | 0,9— 2,4 Tabelle XIX. | | Subfossiles Wild- Subfossiles Torf- schwein aus der schwein aus der serulaneln Botsdums Ih weiz (OTTO) | Schweiz (OTTO) aus PIRA | aus PIRA 1. Größte Länge . 19,0 25,7 16,8—18,1 2. Längsdurchm. d. Pfanne 3,1 3,6 2,5—3,0 3. Querdurchm. „ „ 1:28 3,2 2,2—2,7 Tabelle XX. | Subfossiles Wild- | Subfossiles Torf- Potsdam | schwein vom Starn- |schwein vom Starn- nuerusmaße HS ı1 berger See (NAU- | berger See (NAU- MANN) aus PIRA | MANN) aus PIRA EeGrößte Länge. . . . 19,9 21,0—27,2 19,0—19,2 2. Größte Breite oben, . 5,2 6,5— 9,0 6,1—6,3 Sr „unten , 3,9 4,2—5,5 | 3,7—3,9 270 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. VI 97 und VI 98 sind zwei linke Oberkieferbackenzähne von ziemlich gleicher Größe. Die Fältelung ist nicht besonders stark ausgeprägt, erinnert also an warmblütige Pferde, wogegen jedoch die relative Größe spricht. Da ich nur so wenig Stücke untersuchen konnte und mir zu Vergleichen der dazugehörige Schädel fehlt, gehe ich auf nähere Einzelheiten nicht ein und messe den Zähnen für die Rassebestimmung keinen Wert bei. Von den Beckenknochen eignet sich zur Besprechung nur VI 159, eine rechte Darmbeinschaufel mit unvollständigem Acetabulum und einem Teil der Rami acetabulares des Sitz- und Schambeins. Die Form des Foramen obturatum ist nicht erkennbar. Die Länge des Acetabulum beträgt 5,7 cm.. In der Tabelle XXI stehen zum Vergleich die Maße eines rezenten Warm- Tabelle XXI. Ber B Poted Germanenpferd aus | A III 2665 rezent = en Be SH Neukölln Märkisches Museum IS RENZE WS (Märk. Museum) großes Warmblut 1. Länge d. Acetab. . . 5,7 5,8 (?) 7,0 2. Breite „ a | — 4,8— 5,0 6,0 blutes und soweit es möglich war, einige Maße des von HILZHEIMER (1912) bearbeiteten Germanenpferdes aus der späten Völkerwanderungs- zeit, das in der praehistorischen Abteilung des Märkischen Museums aus- gestellt ist. Die Spina ischiadica ist gegen die rezenter Pferde stumpf. Aus zahlreichen Exostosen (Knochenperlen) lateral von der Crista ischiadica schließe ich auf ein hohes Alter. An der medialen Fläche der Darmbein- schaufel scheint der Knochen eine einfache Bearbeitung erfahren zu haben. Die Längen vom Acetabulum zum Tuber coxae und zum Tuber sacrale sind nicht meßbar. Von Oberschenkelknochen sind E 1 eine distale rechte und E 2 eine proximale rechte Hälfte. Es lassen sich noch Spuren der Nähte nachweisen, Da sonst auch E 1 und E 2 einander entsprechen, halte ich es tür wahr- scheinlich, daß sie einem Tier angehören. Nur E 1 gestattet, einige Maße abzunehmen. Der größte Durchmesser des distalen Endes von E1 ist 9,5, die größte Breite der Patellargelenkfläche 3,8 em. Die entsprechenden Maße des in Tabelle XXI angeführten rezenten Pferdes sind 10,4 und 4,4 cm. Sonst läßt sich an E 1 und E 2 nichts feststellen; Feinheiten, Linien, Gruben sind nicht zu beurteilen, da die Knochen durch die Lagerung im Erdreich stark verletzt worden sind. Wenn ich nun, um das Verhältnis des Os femoris zum Os pelvis darzutun, das Caput femoris von E 2 in das Acetabulum des Beckens H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. Di VI 159 bringe, fällt ein Größenunterschied auf. Es ist die Gelenkpfanne von VI 159 zur Aufnahme des Kopfes von E 2 zu klein. Aber auch in der Form ergeben sich Unterschiede. Das Acrtabulum ist flach, während der Kopf von E 2 kugelig ist, also der Gelenkfläche nicht anliegt. Es scheint mir daher sehr naheliegend, an das Vorhandensein zweier Rassen zu denken. Wegen der geringen Zahl der Stücke und wegen der Möglichkeit geschlechtlicher oder sonstiger Unterschiede möchte ich diese Frage offen lassen und ihre Beantwortung von weiteren Ausgrabungen und sowohl reicherem als auch besserem Material abhängig machen. E 6 ist ein linker Metacarpus, der im distalen Drittel zerbrochen ist.. Lateral sind die Bruchstellen so aneinanderlegbar, daß die ganze Länge meßbar ist. Die helle Farbe der Bruchstellen läßt auf Beschädigung des Knochens während der Bergung schließen. Plantar von dem distalen Ende bis zur Mitte zeigt E 6 deutlich Brandspuren. Durch Liegen am Feuer (hätte er im Feuer gelegen, so würde die Brandspur ringsum verlaufen) er- fuhr E 6 eine Verminderung seiner Härte, wodurch beim Spatenstich die: Fraktur ermöglicht wurde. E 6 gehört einem erwachsenen Tier an und ist recht schlank. Wie aus der Tabelle XXII zu ersehen ist, scheint das zu Tabelle XXII. Russ. Pony wie in | wie in | Ostpreußen Metacarpalmaße von E6 nach Tabelle | Tabells en Equus caballus KIESE- XI SET SE- WALTER| X WALTER 1. Gr. Länge nl a 21,4 21,0 20,8 238 26 3 5 medial . . 21,4 20,7 23,8 2. Querdurchmesser prox. 4,8 4,5 60 3. Längsdurchmesser „ 3,2 Ä 3,9 3,6 4. Querdurchm. d. Diaph. 32 3,5 3,4 5. Längsdurchm. „ „ 2,5 2,7 2,5 6. Querdurchmesser distal 5,0 5,0 51 7. Längsdurchmesser „ 34 | 3,9 | 4,0 8. Längen-Breiten-Index 1) 14,95 | | 16,83 ; 14,28 E 6 gehörende Pferd etwas größer zu sein als das Pferd aus dem germa-- nischen Reitergrab des Märkischen Museums, steht aber hinter Warmblut A III 2665 des Märkischen Museums weit zurück. Den einzigen Anhalts-- punkt zur Rassen- und Größenbestimmung bietet in unserem Falle der Meta- ) nach NEHRING: kleinster Durchmesser mal 100 Größte Länge 272 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. carpus, dessen Länge von 21,4 cm der eines russischen Ponys (sogenannten Panjepferdchen) mit 21,0 cm ziemlich nahe kommt. Der Nehring’sche Längen-Breiten-Index (f. DUERST, 1926) beträgt bei E 6 14,95, der des Germanenpferdes 16,83 cm. v. LÜTZOW (1908), der in seiner Dissertation zwischen Lauf- und Schrittpferden unterscheidet und diese wieder in dünn-, mittel- und diekfüßige Pferde einteilt, gibt folgende Schwankungen für den Längen-Breiten-Index an: Dünnfüßige Gruppe (untersucht wurden 6 Laufpferde, O:'Schrittpferde)n Wer... u.ı0r 2» IE, 148, mittelfüßige Gruppe (6 Laufpferde, 4 Sehsitintera 15,5—17,0, dickfüßige Gruppe (2 Laufpferde, 9 Schrittpfferde) . 18,1—19,1. Es ist hieraus zu ersehen, daß unser Potsdamer Pferd zu den dünn- oder schmalfüßigen Pferden zu rechnen ist. Bemerkenswert ist, daß das Pferd aus dem Germanengrabe, das, nach der Länge des Metacarpus zu urteilen kleiner sein muß als E 6, mit einem Index von 16,83 zu der mittelfüßigen Pferdegruppe gehört, was LÜTZOW auch für den kleinen schottischen Pony angibt. 4. Hausschaf. (Ovis aries L.) Von Schaf und Ziege wurden von mir 48 Reste untersucht, davon ent- fallen auf den Kopf 4, auf Rumpf mit Gliedmaßen 44. Als zu Schaf zugehörig habe ich 7 Knochen festgestellt. Nach CORNEVIN und LESBRE (1891) ist eine sichere Unterscheidung von Schaf und Ziege nur möglich, wenn ganze Schädel, Metacarpen und Metatarsen vorliegen, eine Auffassung, die BÜTZLER (1896) in seiner Dissertation erweitert. Wenn genannte Autoren schon für ganze Knochen die Unterscheidung für schwierig erachten, so muß dies um so mehr für die Schaf- und Ziegenreste aus Ausgrabungen zutreffen, da diese Funde, wie es auch in Potsdam der Fall ist, arg zerschlagen sind, namentlich, wenn es sich um Speisereste handelt. Es ist durchaus möglich, u. a. selbst distale Tibienteile von Schaf und Ziege auseinander zu halten, wenn man mit guten Vergleichsstücken lange genug arbeitet. Solche Stücke standen mir im Märkischen Museum zur Ver- fügung. Natürlich gilt dies nicht für alle Knochen. Auch haben bekanntlich Gliedmaßenknochen zur Rassenbestimmung weit weniger Wert als die Schädel und Hornzapfen. An Gliedmaßenknochen liegen vor: eine rechte proximale Radiushälfte S 6 mit unvollständiger Ulna, ein ganzer linker Radius ohne Ulna. Beide gehören erwachsenen Tieren an. Bei S5 ist distai die Trennung gerade H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 273 noch sichtbar. S 6 ist sehr stark, erinnert mehr an einen Damhirsch und ist auch bedeutend länger als S 5. Beatles Gelenkbreite. von S6° „Mn. nn nen nt. er 38h 38cm „” ”„ ” So REN Er Be RE a RE 2,8 cm Längsdurchmesser der prox. und med. Gelenkhälfte von S6. . . . 17cm ” ” ” e2) „» SıHuS one 1,3 cm Umfang der Danhyad am Spatium zwischen Radius und Ulna von S6 5,9 cm Pr e F e B: = 2 " „ 85 4,6 cm BEBecevenastnumediale 2 000.02... ee era ne. 14,9. cm = FE Biateralı u ee. are ran, 14,4 cm Von den drei Tibien ist S 2 bis auf einige Abschürfungen am proxi- malen Ende in ganzer Länge erhalten. Größte Länge 20,0 cm. Bei den Tibiae S2, S3 und S 4 liegen ähnliche Größenunterschiede vor wie bei den Radii. Distales Ende: Längsdurchmesser von S4 . . . . 19cm R BELDIAE. 2t ne 92, lıcm „ EBD en es 2lalıcm Querdurchmesser „ S4 . ... 24 cm ® EBD 27cm „> SU BIal) of ara mZLSKCIn Es finden sich also sowohl bei den Radii wie den Tibiae zwei Größen vor, deren Verschiedenheit beachtenswert ist. Ich nehme daher schon hier bei der Besprechung der Gliedmaßen das Vorhandensein zweier durch Ge- stalt und Körperform sich unterscheidender Schafrassen an, welche Behaup- tung ich bei der jetzt folgenden kurzen Untersuchung der Schädelreste be- weisen werde, S 7 ist das distale Drittel oder Viertel des rechten Hornzapfens eines kleinen Schafes. Die mediale Fläche ist konkav. Es ist noch zu ersehen, daß der Hornzapfen in seinem Verlauf eine kleine Drehung erfahren hat. Er ist löchrig. Jene von einigen Beobachtern beschriebene Schafrasse mit ziegenartigen Hörnern kommt wohl nicht in Betracht, dafür erscheinen mir die Gliedmaßenknochen zu lang. Der Zapfenrest ähnelt dem, den DUERST (1904) am Schloßberg als Torfschaf beschrieben hat. Es ist dabei natürlich zu bedenken, daß die Schloßbergansiedlung geschichtlich weiter zurückliegt, Vermutlich liegt hier das Produkt einer Kreuzung zwischen Torfschaf oder seinen Nachkommen mit dem sogenannten Kupferschaf vor. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, daß wir ein Weibchen des an zweiter Stelle zu be- sprechenden Schafes vor uns haben. S 1 gehört einem starken Tier mit mächtig entwickelten Kopfknochen und Hornzapfen (Abb. 28, Tafel XXIX). Das Gehörn ist mit einem scharfen Gegenstand 18 274 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. von dem Gehirnschädel abgeschlagen. Der linke Hornzapfen ist genau an der Basis, der rechte in 3—6 cm Entfernung von ihr abgebrochen. Beide Zapfen sind in der Pfeilnaht gegeneinander etwas beweglich. Der Abstand an der Basis beträgt ca. 4,1 cm, Umfang an der Basis 15,8 cm. Der Horn- zapfen besitzt eine mediale, fast ebene Fläche und eine halbkreisförmige laterale, die mit der medialen aboral fast spitz, oral stumpf, bogentörmig zusammentrifit. Aus der Tab. XXIII sind 1. die Größenunterschiede von Tabelle XXIII. Si Lüscherz KISuzuns Hornzapfenmaße von Island | Neolith. |’? "OR Schloß- |Rezent ; j Pots- mit Haus- Ovis aries studeri rezent| Museum | schaf berg | Wales dam Bern | DUERST | | | 1. Zwischenhornlinie . . 4.1°(2)1|,.%8,9 3,9 4,4 4,2 5,0 2. Umfang an der Basis . | 15,8 |140 | 165 16,8 7,5 8,0 3. Seitl. Durchm. d. Basis 4,2 3,8 4,4 4,3 1,5 1,8 4. Durchm. von vorn nach hinten: eK. well. eo 4,6 | 5,6 5,2 2,60,.21.22,8 Ovis aries palustris und Ovis aries studeri deutlich herauszulesen, 2. zeigt sie, daß unser Potsdamer S 1 zur Gruppe der sogenannten Kupferschafe ge- hört, also ein Vertreter von Ovis aries studeri ist. 5. Hausziege. (Capra hircus L.) Von den übrigen 41 Resten von Schaf und Ziege wurden als zur Ziege gehörig 7 Knochen erkannt, so daß bei 34 von den 48 Funden die Fest- stellung nicht möglich ist. Es liegen vor die Trochlea eines linken Humerus, 3 distale Tibiaenden, von denen Z 4 einen Pfriem darstellt, und eine distale Metatarsushälfte. Es liegen hier keine Größendifferenzen vor, so daß ich eine weitere Schilderung übergehen darf. Ein genaues Bild von den Potsdamer Ziegenrassen zur Wendenzeit er- halten wir erst bei den Untersuchungen von Z 1 und VI 162. Z1(Abb. 29, Tafel XXIX) ist ein linker mächtiger Hornzapfen, dem das End- drittel fehlt. Die noch meßbare Länge beträgt an der scharfen Kante 16,0 cm, Umfang an der Basis 16,7, Durchmesser an der Basis von vorn nach hinten 7,0, seitlicher Durchmesser an der Basis 3,7 cm. Zahlreiche Knochenrauhig- keiten, Rillen und die Dicke und Länge lassen auf männliches Geschlecht und hohes Alter schließen. Aus den am Zapfen noch gebliebenen Teilen vom Frontale ist deutlich zu sehen, daß er zur Stirn quer gestanden hat. Die laterale und mediale Fläche stoßen aboral in einer Rundung, oral in einer H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“, 275 scharfen Kante zusammen. Die scharfe Kante wendet sich in der zweiten Hälfte hinterhauptwärts. Sie läuft am Os frontale in einen „Kiel“ aus, der am Stirnbein übersteht. Die mediale und noch stärker die laterale Horn- zapfenfläche sind vom Stirnbein scharf abgesetzt. Die Zugehörigkeit zu Capra prisca domestica ADAMETZ s. Capra hircus strepsiceros AUGST, der schraubenhörnigen Ziege, geht aus dem eben Gesagten ohne weiteres hervor. Auch ergibt sich eine gewisse Ähnlichkeit mit der männlichen Ziege. von Zlota (ADAMRTZ 1928). Bei VI 162, einem gut erhaltenen Hirnschädel, sind die Hornzapfen vollständig erhalten (Abb. 27, Tafel XXIX). FE resmarmdersvorderen Kante sn. ae elnnnns „0. 12,5'em limsang an der Basis. : :. . . i U EN 2 N lem Durchmesser an der Basis von vorn ah, Hinten. BEE SO ee er Ken FBrbellenen)lunchmesser, u. 2.0 el en eek lan, 20cm Sehne eines Hornzapfens . . e rise blEäsem Abstand beider Hornzapfen an de Be von des kerderen Kante ge- messen . . N a ee ee N es HON CIE Abstand der od apferlspitzen Be a A A Ra rd 2 N 29 cTE Die Zapfen sind sehr schlank, haben eine mediale ebene und eine late- rale gewölbte Fläche. Sie sind löchrig und vom Stirnbein kaum abgesetzt. In halber Höhe des Zapfens ist an der inneren Fläche eine Eindellung zu sehen, die bis zur Spitze verläuft, wodurch die Schlankheit unterstützt wird. Die vordere Kante des rechten Hornzapfens ist nach dem inneren Rand der linken Orbita, die des linken nach dem inneren Rand der rechten Orbita gerichtet und erfährt keine schraubenförmige Drehung. Sie verlaufen nicht parallel wie bei der Torfziege, auch sind sie stärker. Ich glaube nicht fehlzugehen, VI 182 für ein Weibchen zu halten, sehe daher von der Rassenbestimmung ab, da „in Anbetracht des bei Ü. prisca vorhandenen scharfen geschlechtlichen Dimorphismus die Hornform und der Hornverlauf der weiblichen ©. prisca mit dem der Ü. aegagrus durchaus übereinstimmt. Es ist daher im allgemeinen unmöglich — wenigstens so- lange wir nicht ganze Schädel der Ü. prisca zur Verfügung haben — an einem weihlichen Schädel die Zugehörigkeit zu prisca im Gegensatz zu Capra aegagrus zu bestimmen.“ (ADAMETZ 1928.) 6. Hausrind. (Dos taurus L.) Schädel. Mit 147 Resten steht das Rind an erster Stelle. Ich begiune mit der Untersuchung des einzigen gut erhaltenen Schädels Kat.-Nr, VI 161. Er ist wie alle Funde von 1911 und 1921 aus der Kulturschicht von lelım- gelber bis brauner Farbe. 18* 276 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Es fehlen die Nasalia, die Incisiva, eine fingerbreite Zone des an die Nasalia stoßenden Maxillare auf beiden Seiten. Vom rechten Lacrimale sind an das Nasenbein stoßende Teile und die der Orbita zugekehrte Hälfte aus- gebrochen, während der in der Orbita gelegene Teil des Lacrimale erhalten ist. Dadurch ist die an der Berührungstelle von Frontale, Nasale und Lacri- male gebildete Lücke (Dreieck) rechts gar nicht vorhanden und links nur an- gedeutet. Die Hornzapfen sind beiderseits abgebrochen. Der rechte ist, wie Abb. 30 auf Tafel XXX zeigt, soweit erhalten, daß wenigstens der Umfang an der Basis meßbar ist. Außer dem linken Hornzapfen ist die ganze Ecke, gebildet von der kaudalen und linken Seitenwand des Hirnschädels, abgeschlagen. Es fehlen demnach Teile des nach der Hinterhauptsfläche ziehenden Frontale, die Crista temporalis, der Meatus acusticus externus, die Pars petrosa des Oceipitale und beide Processus jugulares, außerdem beide Condyli occipitales. An der ventralen Fläche des Schädels fehlen ferner Teile des Os pterygoi- deum, der Vomer und die Pars palatina des Maxillare 4 cm aboral von P!., Von Zähnen sind ausgefallen rechts P!, P?, P® und links P?. Für die Altersbestimmung des Schädels sind 1. die Zähne, 2. das Ver- halten der Schädelnähte und 3. bei Cavicorniern auch die Beschaffenheit der Hornscheiden oder Hornzapfen zu berücksichtigen. Bei VI 161 sind die Mo- laren vorhanden und in Reibung getreten. Die Abnutzung ist noch nicht weit fortgeschritten. Die Lambdanaht (Sutura occipitoparietalis) ist ver- knöchert (?/, bis 5 Jahre, DUERST 1926). Eine knöcherne Verbindung der Lambdanaht mit dem Temporale besteht noch nicht (3—9 Jahre). Die Suturae palatinomaxillares, die vom 8. Jahre ab verknöchern, sind deutlich als solche wahrzunehmen. In der Mitte zwischen aboraler Hälfte des Lacri- male und P? sind Rauhigkeiten sichtbar, die einem jugendlichen Tier fehlen und bei sehr alten Tieren stärker hervortreten. Die Hornzapfen zeigen die für ein erwachsenes Tier vollständige Größe, wenn man diese aus dem Um- fang und dem Durchmesser schätzt. Sie sind glatt, zeigen keine der für alte Tiere kennzeichnenden Längsfurchen, haben das Aussehen „wurmstichigen Holzes“ (RÜTIMEYER 1861). Mithin dürfte der Schädel ein Alter von 3 '/,- bis 5 Jahren aufweisen, also ausgewachsen sein. Nach der Bestimmung des Alters ist die der Geschlechtszugehörigkeit vorzunehmen. Seit dem frühesten Anfang der osteologischen Forschung wurde darauf ein großer Wert gelegt. Schon früh erkannte man, daß aus Maß- vergleichen logische Schlüsse nur gezogen werden konnten, wenn gleichaltrige, und möglichst gleichgeschlechtige Tiere nebeneinander gestellt wurden. Die Unterlassung oder gar falsche Bestimmung des Geschlechts kann natürlich zur Ziehung falscher Schlüsse verleiten. Es ist nicht Zweck dieser Arbeit, H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 271 eine Zusammenfassung sämtlicher Angaben über Geschlechtsbestimmung zu geben. Ich möchte nur wegen der außerordentlichen Wichtigkeit die Merk- male genau anführen, die den Potsdamer Schädel, um es vorwegzunehmen, als weiblichen kennzeichnen. Abb. 1. Stirn- und Hinterhauptslinie von VI 161, Potsdam, in Seitenansicht (Bleiband). 278 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. FIEDLER (1907) gab in seiner Dissertation die Bleibandmethode be- kannt, mittels der allein er das Geschlecht feststellte. Genau nach seinen An- gaben habe ich die Stirnhinterhauptslinie (Frontooceipitalprofil) vom Foramen supraorbitale bis zum Foramen magnum gezeichnet. Wie aus der Abbildung 1 zu ersehen ist, fällt das Lot 1 vom Höhepunkt des Stirnwulstes auf die Gerade MA 9,5 mm von M entfernt, was nach FIEDLER beim männlichen Schädel der Fall ist. Doch soll dies mein Urteil nicht erschüttern, gibt doch FIEDLER selbst Ausnahmen von der Regel an. HILZHEIMER legt Wert auf die Form der Zwischenhornlinie, die bei Kuhschädeln gewellt oder ge- wölbt sei, was bei VI 161 der Fall ist, wie die Abbildung zeigt. Ihm wird widersprochen von V. LEITHNER (1927), der die gewellte Zwischenhornlinie auch beim Stier findet, und von KLIEM (1923), der sie alstypisch für den männlichen Kastraten bezeichnet. Dagegen gibt DUERST (1926) in seiner Übersicht über die Geschlechtsunterscheidung bei Rind und Büffel für den Stier die gerade, für die Kuh die meist gewölbte Zwischenhornlinie an, stimmt also mit HILZ- HEIMER überein. Die Form der Augenhöhle ist mehr viereckig als rund zu nennen, was mich in der Annahme, VI 161 sei weiblich, nur bestärkt, hält doch auch ULMANSKY (f. HILZHEIMER 1923) die rechteckige Orbita für ein Merkmal des Kuhschädels. Nach RÜTIMEYER (1861) sind die starke Seitwärtsrichtung der Hornstiele und das Hervortreten der Augenhöhlen männliche Merkmale. Er wird von GANS (1915) unterstützt. „Die Augen- höhlen [gemeint sind Kuhschädel] treten kaum aus den seitlichen Umrissen des Schädels hervor“, was für den Potsdamer ebenfalls zutrifft. v. LEITHNER sieht in der verschieden starken Ausbildung der Supraorbitalrinnen geschlech- liche Unterschiede. LAURER (1913) legt der Ausbildung der Stirn, ihrer Länge, der Stirngrube große Bedeutung bei, hält aber vor allem die Horn- zapfen für außerordentlich wichtig zur Geschlechtsbestimmung. Was die Aus- bildung der Stirn und der Stirngrube anbetrifft, so decken sich seine An- gaben mit denen von DUERST vollkommen. Über die Hornzapfen schreibt LAURER (p. 9): „Das kurze, dicke Horn des Bullen verjüngt sich eher als das lange Horn des Ochsen und der Kuh. Die Bullenhörner haben deshalb eine kegelförmige (konische) Gestalt, während die Hörner der Ochsen und der Kühe lange eine walzenförmige (zylindrische) Gestalt beibehalten. Der Unterschied ist so groß, daß man an fossilen Schädeln, auch wenn deren Hornzapfen bereits defekt sind, sehr viel Gewicht darauf legen muß.“ LAURER macht in seiner Arbeit mehrere Zahlenangaben zur Feststellung des Geschlechts an subfossilen Hausrinderschädeln. Aus seinen Angaben habe ich einige Zahlen gezogen und sie in Tabelle XXIV mit dem Potsdamer Schädel VI 161 und dem Lossower Nr. i (weiblich) zusammengestellt. Schon H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 279 Tabelle XXIV. | Lossower weiblich ch Hornzapfen bei | Veto | Rind Nr. 1 eg an a Bos taurus longifrons | Potsdam | weiblich ' HILZHEIM. | LAURER I) | LAURER l | | 1. Hornzapfenumfang . 13,5 | 13,0 9—14 18— 22 | 2. Stirnbreite. | are 18,4 16—18 19—22 3. Form der Hörner . . | Krümmung | Krümmung | Krümmung |wenig gebog., ı angedeutet | angedeutet | angedeutet | kegelförmig 4. Zwischenhornlinie vorn | 17,5 1755 een ae d. n hinten | — ılayal diese wenigen Zahlen lassen das Geschlecht des Potsdamers erkennen. Leider gibt LAURER nicht an, welche Zwischenhornlinie er meint. Ich glaube aber, daß er seinen Angaben die hintere zugrunde gelegt hat. HITTCHER (1888) sah in der Entfernung einer kaudalen Verbindungslinie der beiden M 3 vom Choanenrande ein Ochsenmerkmal, wenn diese Entfernung beträchtlich ist. Bei VI 161 wird durch eine solche Linie der Choanenrand noch berührt. Wenn ich zusammenfasse, kennzeichnen VI 161 als weiblich: die gewellte Zwischenhornlinie, die Richtung und Größe der Hornzapfen, die Form der Augenhöhle, die Stirngrube, die flachen Supraorbitalrinnen und auch die Länge und Breite der Stirn. Ich werde im folgenden, nachdem Erhaltungszustand, Alter, Geschlecht festliegen, mich der eigentlichen Besprechung von VI 161 widmen, um im Anschluß daran die Rassenzugehörigkeit zu prüfen. Bei der Betrachtung von vorn erscheint die Stirn unregelmäßig, un- symmetrisch, länger als breit und dadurch schmal. Diese Schlankheit ergibt sich mit (s. w. u.) aus der Stellung der Orbita und der Schweifung der Schläfenkante. Der Abstand von der Medianen bis zur Mitte der Hornzapfen- basis beträgt rechts 8,2, links 8,6 cm, von der Medianen bis zur Orbita an der Umbiegung des Lacrimale zur Gesichtsseite rechts 7 und links 6,6 cm. Ein Stirnwulst ist nur schwach angedeutet. Die Stirnkante (hintere Zwischen- hornlinie) steigt von den Hornzapfen leicht an, um sich median einzusenken, wodurch die schon erwähnte Wellung entsteht. Zwischen den Supraorbital- rinnen ist die Stirn grubenartig eingesenkt, an der tiefsten Stelle 1,3 cm, Die Supraorbitalrinnen haben jederseits mehrere Öffnungen, Durchmesser der größten rechts 1,0 em, links 0,7 cm. Sie beginnen unvermittelt in einer Ent- fernung von rechts 11,1 und links 11,9 cm vom Akrocranium, verlaufen in 2) LAURER gibt die Art der Zwischenhornlinien nicht an. 280 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. r. 4 und ]l. 3,5 cm Länge deutlich schräg nach vorn und gehen dann dem ÖOrbitalrande parallel nur schwach sichtbar bis zum Lacrimale. Größte Tiefe der Supraorbitalrinnen r. 0,4, 1. 0,25 cm. Der Schläfenausschnitt des Fron- tale ist schwach geschweift. Dadurch verliert zwar VI 161 nichts von der Schlankheit, wirkt aber etwas massiger als das kleine Torfrind. Der Schläfen- ausschnitt erscheint nach der Hornzapfenbasis zu stärker ausgezogen, so daß die Hornzapfen nicht unmittelbar dem Stirnbein aufsitzen, sondern wie auf einer kegelartigen Fortsetzung des Frontale nach den Hörnern zu, also wie auf einem Stiel ruhen. Die Hornzapfen sind löchrig. Sie zeigen keine ein- zige Längsfurche, soweit aus den Resten ersichtlich ist, und haben das Aus- sehen „wurmstichigen Holzes“. Ihre Richtung kann aus dem Verlauf des rechten Zapfens noch erraten werden. Wahrscheinlich gingen sie nach hinten oben. Der Querschnitt der Hornzapfen ist elliptisch. Die Maße stehen in der Tabelle. Die Augenhöhlen sind groß und mehr seitwärts als nach vorn ge- richtet. Ihre stirnseitige Bedachung bildet hier die höchste Stelle der Stirn. Ein über beide Orbitae gelegter Stab erreicht sonst nirgends die Stirn (HILZHEIMER 1923). Von oben betrachtet ist ein Teil der oroventralen Augen- höhleninnenwand sichtbar. Die rechte Orbita ist in der unteren Hälfte kreis- rund, in der oberen mehr viereckig, die linke ist nur viereckig. Die Ränder sind glatt und ohne Knochenvorsprünge und -perlen. Sie ist nicht gestielt. Das Tränenbein ist nur 0,6 cm ausgehöhlt. Die nach hinten offene Schläfen- grube ist lang und seicht. Trotz der Überdachung durch das Os frontale ist von oben gesehen der Jochbogen etwas sichtbar. Die Schläfenkante steigt von der Hornzapfenbasis nach vorn an, geht dann horizontal, um schräg nach vorn zu dem Winkel, der vom Processus frontalis und Processus tem- poralis des Os zygomaticum gebildet wird, zu verlaufen. Dieser Winkel be- trägt annähernd 60°. Der Jochbogen geht bis zu seinem Knie horizontal. Der weitere Verlauf entzieht sich wegen Fehlens der Ohrhöcker der Be- urteilung. Das Tuber maxillare ist raub, flach. Es ist vom Zahnrand 2,2 cm entfernt und liegt in der Höhe der kaudalen (aboralen) Hälfte von P® und kranialem (oralem) Drittel von M!. Die Stirnfläche ragt nach dem Hinter- haupt hinüber, so daß ein Oceipitalwulst vorhanden ist. Maße konnten vom Ocecipitale wegen seiner Unvollständigkeit nicht genommen werden. Der Oceipitalwinkel ist nahezu ein rechter (Abb. 1). Ventrai fällt sofort die Breite des Gaumens auf, bedingt durch die gebogene Backenzahnreihe. Eine an die hintere Kante von M? gelegte Tangente berührt den Gaumenbein- ausschnitt. Da VI 161 erwachsen ist, fällt die Vermutung, es könne sich um ein Jugendmerkmal handeln, da die Entfernung dieser Tangente vom Gaumen- beinausschnitt mit dem Alter größer wird. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi‘. 281 Aus all dem eben Gesagten darf es nicht schwer fallen, die Rassen- zugehörigkeit von VI 161 festzustellen. Es handelt sich hier zweifellos um ein Langstirnrind, Dos taurus longifrons OWEN s. Bos taurus brachyceros RÜTIMEYER Abgesehen von Größenverhältnissen würde Dos primigenius auch aus anderen Gründen hier ausschalten. Gegen Langstirnrind und für zur Fron- _ tosusgruppe gehörig sprechen die Hornstiele, doch soll dadurch unser Urteil nicht gefährdet werden, ist doch der Lossower Kuhschädel Nr. 1, der von HILZHEIMER (1923) bearbeitet, und dessen Maße ich zum Vergleich mit in die Tafel XXV (pg. 282/3) aufgenommen habe, ebenfalls Langstirnrind trotz seiner Hornstiele. Die Hornstiele allein sollen kein deutliches Frontosuszeichen sein, da es früher Langstirnrinder mit gestielten Hornzapfen gegeben hat und da es solche sogar noch gibt, wie der von DUERST (1904) abgebildete Schädel aus dem Pfahlbau von Walthamstow in England und der rezente aus Island zeigen, und da man auch weiß, daß bei jugendlichen Individuen die Hornzapfen gestielt sein können. Man kann sogar manchmal sehen, wie geradezu die Hornzapfen nach dem Schädel herunterwachsen. RÜTIMEYER (1861) lehrte, daß Dos primigenius runde und Dos taurus brachyceros eckige Augenhöhlen hätten. ADAMETZ (f. V. LEITHNER 1927) und UL- MANSKY (f. derselbe) stellten dies in Zweifel und wurden von V. LEITHNER darin unterstützt. Dieser machte die Beobachtung, daß die eckigen und größeren Augenhöllen bei den jüngeren, die runden und damit kleineren bei den älteren auftreten, und begründet seine Ansicht mit dem Knochenwachs- tum. RÜTIMEYER (1861) weist als erster auf die Unebenheit der Stirn von Bos taurus brachyceros im Gegensatz zum Ur hin. Bis heutigen Tages gilt, daß die Augenbögen des subfossilen Hausrindes über, die des Ur unter der Stirnebene liegen. Die Hinterhauptsfläche verläuft bei Dos primigenius schräg nach vorn, bildet beim Torfrind einen Winkel bis zu 90°, wie die Bleibandbilder der Arbeiten von Y. LEITHNER und FIEDLER deutlich zeigen. Wenn ich zum Schluß noch einmal alles zusammenfassen darf, was das Urteil Langstirnrind sichert, so brauche ich nur die von HILZHEIMER (1928) erwähnten Merkmale anzuführen: „Der Schädel erscheint schlank und schmal, die Stirn ist relativ lang [Langstirnrind], so daß sie sich über 50%, der Schädellänge erhebt. Die ungestielten Hornzapfen [bei VI 161 gestielt, Anm. d. Verf.] sind an ihrer Ansatzstelle vor die hintere Stirngrenze ge- rückt; sie bleiben stets kurz und sind stark nach aufwärts gekrümmt. Die Schläfengrube erscheint seicht, die Augenhöhlen groß und über die Stirnfläche emportretend, der Unterkiefer schwach mit senkrecht aufsteigendem Gelenk- ast |s. w. u.], die Stirn zwischen den vortretenden Augenhöhlen eingesenkt.“ 282 Tabelle XXV. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Schädelmaße von Rinderschädein . Ob. Schädellg v. vord. Punkt d. Zwischen- kiefer b. z. Unterrand d. For. magnum . Schädellänge v. d. Mitte der Crist. occip. b. z. Mitte d. Tangente d. Vorderrandes d. Ossa ineisiva . kr tie RSG RES . Basilarlänge . Stirnlänge v. Hinterrand d. Stirnwulstes bis z. hinteren Ende d. Nasenbeine . . Stirnlänge v. hinter. Rand d. Hornzapfen- basıs b. z. hint. Rand der Orbita . Stirnlänge v. vord. Rand d. Hornzapfen- basıs bis z. hinteren Rand der ÖOrbita. . Stirnlänge von der Mitte der Crist. occip. b. z. Mitte d. Verbindungslinie d. beiden hint. Orbitaränder . . Stirnlänge v. d. Mitte d. Stirnwulstes bis zur Mitte d. Verbindungslinie der beiden vord. Orbitaränder . . Hirnschädel v. d. Mitte. d; se Bandes d. Foram. magn. bis z. Mitte d. Verbin- dungslinie d. beid. hint. Orbitaränder . . Größte Nasenbeinlänge median . Hintere Zwischenhornlinie . . Vordere . Kleinste Breite d. Selen ubed: Schietenkanten . Größte Breite d. Stirn üb. d. hint. Rän- dern d. Orbitae . Breite üb. d. Augenhöhlen a am Unterrande d. Lacrimale . Größte Breite üb. . Nasenbeinen . Breite üb. d. Vorderende d. Lacrimale. BF » Wangenhöckern . . Größte Länge d. Schläfengrube . . . Höhe der Schläfengrube, dort wo der J och- bogen nach unten umbiegt. Senkr. ® Höhe der Schläfengrube senkr. üb. dem Parietalhöcker . Augenhöhlen, größte Länge 5 Höhe i Tränenbein, größte Länge 5 Höhe Länge der Backenzahnreihe 1 „ Molaren. außen gemessen Be ‚„ Prämolaren ,,, Gaumenbreite über Hinterrand von m: } I äußeren Alveo- ! Vorderrand von M! larrand vom. . x von P! . Kleinste Entfernung zwischen den M! . . Größte Breite üb. d. Unterrand d. Jochbg. . Breite über den äußeren Gehörgängen. . . Höhe d. Hinterhauptes vom Oberrand d. Foram magn. . VT.16l Potsdam Lossow Nr. 1 HILZH. Torfrind weibl. HUBNER A III 1961 Märk. Museum H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 283 Fortsetzung von Tabelle XXV. | vr ie | Lossow | Torfri! nd weibl, Schädelmaße von Rinderschädeln | Nr. 1 BEBNTE | u HILZH. Mn 36. Höhe des Hinterhauptes vom Unterrand | | — d. Foramen magn. . | _ 14,9 _- 37. Breite üb. d. Hinterend. d. Schläfengrube | — 11.9 — 38. „’Ohrhöckern . | —_ 19.65, | 39 Umfang des Hornzapfens an der Basis . 213.5 13.0222) 11,5 oO 40. Länge d. Hornzapf. längs d. hint. Krümmjg. —_ 13,2 41. Sehne d. Hornzapfens vorn gemessen. . | - | = | 8,2 42. Entfernung der beiden Hornzapfenspitzen | -- — | 25.0 43. Vertikaler Durchmesser des Hornzapfens. 4,0 EI 3,3 44. Horizontaler a i 46 | 3,9 | 3,3 45. Verhältnis d. Verekalderchm z. Hörzont, | | Durchm. d. Hornzapfenbasis !) s 221502121020:79921 1a 46. Verhältn. d. Stirnlg. z. größten en » |1:0912 1:0,848 | 1:0,959 47. Verhältnis d. größten Stirnbreite zur ge- | | ringsten Stirnbreite').. . er. 28%20,82971.17:.0,826 1721505068 48. Länge d. Palatin. in der Medianen. . . | 5.9 | — ı 7,0 49. Länge v. d. Oberrand d. Foram. magn. b. | | zum Hinterrande des harten Gaumens. . 18,2 — = 18,1 50. Länge vom Unterrande des Foram magn. | bis zum hinter. Rande des hart. Gaumens —. 21..15,.0, 14,4 51. Abstand d. Foramina supraobit. voneinand. 110 | —_— | — „Hornzapfen vom Aussehen wie wurmstichiges Holz und stark gekrümmter Rand des Unterkieferkörpers.* (RÜTIMEYER 1867). Schädelteile. Von Schädelresten liegt vor ein Gehirnschädelteil K 1, bestehend aus dem rechten Condylus occipitalis, einem Teil der rechten Squama, dem rechten Ohrhöcker, einem Teil des Temporale und dem Os petrosum. Die geringe Größe und Vergleiche mit Torfrindschädeln aus dem Märkischen Museum berechtigen zu der Annahme, daß es sich um das kleine Slavenrind handelt. Außerdem wurden gefunden vier Oberkieferreste: K 2 mit dem rechten M®? und M®, K4 und VI 78, beides Reste ohne Zähne, und noch 9 Backen- zähne aus Unter- und Oberkiefer. Hornzapfen. Das reichste Material zur Schädelbeurteilung boten die Hornzapfen (Abb. 31, TafelXXXT). Von den 14 Zapfen erfordert der gute Erhal- tungszustand von 10 eine genaue Untersuchung. Zum besseren Verständnis teile ich nach Größen- und Formunterschieden die Zapfen in drei Gruppen ein, was ich auch in der Abbildung 31 berücksichtigt habe. Es gehören zur Gruppe I: VI 71, VI 90, VI 96, VI 94, VI 89. (Abb. 31 a—e). Gruppe 11: H 2, H 3. (Abb. 311, g). Gruppe III: H 4, VI 72, VI88. (Abb. 31 h—k). 1, Für Nr. 45 gibt RÜTIMEYER die Verhältniszahl 1:1,99, AG: 3, = = u 1:0,961 und 3 5 n 1:0,763 an. 284 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Gruppe I: Für die Hornzapfen von Gruppe I und III gilt, daß ihnen noch einige Stücke des Frontale, Parietale und gelegentlich des Oceipitale anhaften. Die Hornzapfen sind porös und in ganzer Ausdehnung mit Er- nährungslöchern versehen, „wurmstichig“. Sie sind mehr oder weniger seit- lich gerichtet. Gänzlich abweichend ist die Stellung von VI 71. Die Rich- tung des Hornzapfens ist fast wie bei einem Schaf- oder Ziegengehörn. Der Zapfen geht zuerst seitwärts nach oben und dann nach unten und hinten. Es ist wahrscheinlich eine Hornmißbildung, wie solche gewiß in jedem grös- seren Bestande gefunden wird. In der Tabelle XXVI habe ich hinter die Tabelle XXVL 1a Vert. Horiz. |Sehne des Maße der Hornzapfen Länge d. Wen RR ee von Bos taurus gr. Kurv.| Basis Ba PAS: zapfens Gr. I VI 71 weibl. rechts’ .;| 15 ®) 11 2,9 3,8 - 2 VE 90 männl. links | 10,3 11,3 3,8 3,6 6,2 „ VI 96 weibl. links .| 10,5 (?) 33 2,8 3,2 — VI 94 männl. link . — 9,7 2,8 3,4 — s vI 89 2 R : — 10,4 — E— = Gr. U. H 2 männl. rechts . — 15,5 ®) 4,4 51(9) _— n H3 r S 2 = 13,5 4,1 4,5 -— Gr. III. VI 72 Kastr. rechts. | 24,5 16,9 | 5,0 (?) 6,1 11,5 ” VI 88 2 links .| 24,5 16,8 — 11,5 5 H4 R links . . 15,6 3,5 5,0 _ Schloßberg-Hornzapfen Nr.495 | 17.0() | 15,3 4,3 5,2 _ |nichtgem. ” 5 Nr.488 8,9 1a) 2,9 3,8 abgefl. „ = Nr.489| 17,0 ‘18,0 2,8 4,2 BR „n Walthamstow Brit. Mus. | 15,5 14,8 3,5 9,0 Os Bieler See Lattrigen männl... | 23,0 18,0 4,8 6,0 rar Parma, STROBEL, PIGORINI u. KUHNEMANN. . . .[19,5—28,5114,5—18,5, 4,5—5,6 53—76| „ n Katalog-Nr. die Geschlechtsangabe gesetzt. Diese Beurteilung, die vielleicht. etwas gewagt erscheinen mag, drängte sich bei der Betrachtung der Formen unwillkürlich auf. Rillen, Furchen und Knochenperlen hat kein einziger, handelt es sich doch um Jugendliche. Das Jugendstadium ist bei VI 94 am besten erkennbar, da die Naht zwischen Parietale und Frontale weit offen ist und die genannten Knochen gegeneinander beweglich sind. Für die Ge- schlechtsbeurteilung der jugendlichen Hornzapfen kann nur die Form und auch ihre Länge in Frage kommen. Denn schon in der Jugend wird die Form angedeutet, die der erwachsene Zapfen zeigt. Und so sehe ich, daß VI 89, VI 90 und VI 94 relativ kurz sind und schon jetzt die Gedrungen- heit erkennen lassen, die für den Stier kennzeichnend ist. Ich möchte auch auf LAURER (1913) verweisen, den ich oben erwähnt habe. Gruppe II: H2 und H3 sind knapp an der Basis abgeschlagen und. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 285 nur in halber Länge erhalten. Doch genügen diese Bruchstücke zur einwand- freien Bestimmung. Es sind zwei rechte Hornzapfen von Stieren der Lang- stirngruppe. Wenige Ernährungslöcher, tiefe Furchen und eine besondere Dieke sind beachtenswert. Diese Dicke ist bei H 2 so stark, daß die Burg- wallbewohner den Zapfen abschlagen mußten, was aus der glatten Fläche hervorgeht, während sie sich sonst mit dem Herausbrechen der Zapfen aus dem Schädel begnügten. GruppellI: (Abb.32, TafelXXXI). Vondenzu dieser letzten Gruppe ge- hörenden Hornzapfen sind VI72 und V188 fast vollkommen erhalten und sich auch so ähnlich, daß ich sie nicht getrennt voneinander zu besprechen brauche, während von H 4 das distale Drittel fehlt und der Hornzapfen auch sonst etwas abweicht. Da diese Hornzapfen so eigenartig sind und ich ähnliche weder in den mir zugänglichen Berliner Sammlungen noch in den verschie- densten wissenschaftlichen Abhandlungen (RÜTIMEYER 1861, HILZHEIMER 1923, 1926, 1928, KLIEM 1923, HÜBNER 1923, DUERST 1904, WIL- KENS 1876, FIEDLER 1907, LAURER 1913, ZENGEL 1910, HITTCHER 1888, KÜHNEMANN 1919, 1922, GANsS 1915 u.a. m.) gesehen habe, möchte ich meine Beobachtungen eingehend schildern. Zuerst fallen die beachtenswerte Länge und die außergewöhnliche Krümmung auf. Diese kommt dadurch zustande, daß die Spitze des Horn- zapfens, der nach hinten und außen und dann nach oben und vorn geht, nasenwärts zeigt. Die Zapfen sitzen mit breiter Basis ungestielt dem Stirn- bein auf, von welchem sie sich aboral durch eine 3 mm breite und tiefe Ernährungsrinne abheben. Die Basis greift weit auf die Gesichtsfläche des Os frontale über. Die Entfernung vom hinteren Rand der Schläfenkante des Stirnbeins bis zu einer Tangente der Schläfenkante des Stirnbeins bis zum oralen Ende der Hornzapfenbasis beträgt 5,8 cm. Bei dem Torfkuhschädel A III 1961 des Märkischen Museums beträgt diese Entfernung 4,8 und bei dem Potsdamer Schädel VI 161 5 cm. An den Zapfen unterscheide ich eine orale (stirnseitige) und eine aborale (nackenseitige) Fläche, die wenigstens in der ersten Hälfte oder den stirnseitigen zwei Dritteln unten in einer scharfen Kante zusammenstoßen, oben sich in einer Rundung vereinen. Diese so entstandene scharfe Kante ist bei H 4 zu einer messerscharfen Leiste ausgezogen, die durch eine Einkerbung unterbrochen ist. Durch diese Kante ist der Querschnitt, der an der Basis genau oval ist, fast dreieckig oder tropfenförmig. Die hintere Fläche ist in der Querrichtung stärker gewölbt als die vordere. Diese ist in der Längsrichtung konkav und in der Quer- richtung nur mäßig konvex, im proximalen Viertel fast eben und teilweise eingesenkt. Auch auf der Rückseite läßt sich eine gewisse Einsenkung fest- 286 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. stellen, 1 cm von der Basis von oben und unten nach der Mitte zu ver- laufend. Diese flachen Stellen sind bei allen dreien aber nur schwach sichtbar, Als sehr wichtig stelle ich fest, daß bei keinem der drei Hornzapfen diese Einsenkungen oder Verflachungen an der scharfen Kante und der oberen runden Berührungsfläche in Erscheinung treten (vgl. weiter unten). Die Ein- senkung in der Querrichtung an der Vorderfläche ist leicht erklärbar. Die auf der Stirn aufsitzende vordere Fläche der Basis geht nicht sofort nach hinten und außen, sondern kriecht sozusagen noch ein Stück am Stirnbein und an der Schläfenkante des Frontale entlang nach hinten, um dann erst nach der Seite hinauszuragen. An den Hornzapfen sind deutlich tiefe Furchen sicht- bar, die bei VI 72 und VI 88 in gleicher Zahl, Ausbildung und Lage vor- kommen, 2 oben, 2 oder 3 nach der Kante und 1 auf der hinteren Fläche, während die vordere freibleibt. Zwischen den Furchen befinden sich nament- lich an der Basis Ernährungslöcher. Trotzdem zeigen die Zapfen nicht das Aussehen wurmstichigen Holzes. Sie sind von harter Beschaffenheit, wofür auch die Dicke der Wandung spricht. Merkwürdigerweise ist das mittlere Drittel der hinteren Fläche sehr glatt. Ich glaube, daß die Veränderung gerade an dieser Stelle durch Abschleifung und Druck während der jahr- hundertelangen Lagerung im Boden entstanden ist. Knochenperlen an der Basis sind zwar vorhanden, nach dem Os frontale zu gehen sie in Knochen- leistehen über, zeigen aber keineswegs eine deutliche Rosenbildung wie bei alten Tieren. H 4 dagegen trägt reichlich Exostosen an der Basis und an der Stirn. Auch sind die Rillen zahlreich, die Stirn-Scheitelnaht an der Schläfenkante des Os frontale fast nicht mehr sichtbar, während sie bei VI 72 und VI 88 deutlich zu sehen ist. Es gehören also VI 72 und VI 88 einem zwar erwachsenen aber noch nicht greisen Tier an, während H 4 sicher sehr alt ist. Was das Geschlecht anbetrifft, so glaube ich Hornzapfen von kastrierten männlichen Tieren, also von Ochsen vor mir zu haben. Es kann gegen diese Annahme kein Einwand gemacht werden. Gegen die Auffassung als Kuh sprechen 1. die gewaltige Länge, 2. die Dicke und die tiefen Furchen und Rillen. Außerdem habe ich weder bei subfossilen noch bei rezenten Stieren eine solche Länge und Krümmung gesehen. Schreibt doch auch LAURER (1913): „Die Ochsenhörner beschreiben im Gegensatz zum Bullenhorn einen sehr bedeutenden Bogen, der schon am Grunde deut- lich gekrümmt ist.“ Auch möchte ich hier an das bei Beschreibung des Schädels VI 161 Gesagte erinnern. Hornzapfen von ähnlicher Länge sind bisher nur in den Schweizer Pfahlbauten im Bieler See und in Ober-Italien bei Parma (KÜHNEMANN 1919) gefunden worden. In der Tabelle XXVI habe ich diese Maße angeführt. Abbildungen und Beschreibungen waren mir H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. DET: leider nicht zugänglich. Im übrigen kann diese Frage, ob Stier oder Ochse, mit annähernder Sicherheit erst dann entschieden werden, wenn es bei Aus- grabungen gelingt, nicht nur Hornzapfen, sondern auch die dazugehörigen Schädel zu finden und einer wissenschaftlichen Bearbeitung zuzuführen. Am ehesten ähneln, nach der Beschreibung zu urteilen, die Potsdamer Hornzapfen den „abgefiachten“ vom Schloßberg bei Burg im Spreewald, die DUERST (1904) in seiner Arbeit genau beschreibt und die ihn zur Auf- stellung seiner „Stirnjochtheorie* veranlaßten. Leider gewinnt man aus der Hornzapfenabbildung in der Schloßberg-Arbeit nicht den Eindruck der Ab- flachung, worauf es doch ankommt. Außerdem sind die Schloßbergzapfen be- deutend kleiner, sie erreichen (17,0) nicht die Länge der Potsdamer (24,5), wogegen ihr Umfang an der Basis größer ist (18,0 gegen 16,9 cm); ihre Krümmung ist gering. Während die Potsdamer an der Innenkrümmung den Bogen eines Halbkreises und darüber hinaus messen, erreichen die DUERST- schen kaum ein Drittel eines Kreisumfanges, Da mir leider trotz meiner Bemühungen die DUERST’schen Stücke, die in Kisten verpackt im Keller des Museums für Völkerkunde zu Berlin lagern, nicht zur Verfügung standen, bin ich nicht in der Lage, Original mit Abbildung zu vergleichen und unter Berücksichtigung der Potsdamer Hornzapfen die DUERST'sche Theorie zu stützen. Unterkiefer. Von 16 untersuchten Unterkiefern ließen sich nur bei 6 einige Maße abnehmen. Da ich auch bei den gut erhaltenen Ui und U 3 die ganze Länge nicht messen, d. h. das Infradentale als oralen Ansatz- punkt nicht nehmen kann, sehe ich mich gezwungen, eine Längennotmessung vorzunehmen, um einen Vergleich mit anderen Rindern zu ermöglichen. Zw diesem Zweck wähle ich als oralen Ansatzpunkt den kaudalen Rand des Foramen mentale, der scharf ist, so daß der Tasterzirkel bequem angesetzt werden kann. Da bei subfossilen Mandibulae die Incisivenreihe fast immer abgebrochen, d. h. die größte Länge nicht meßbar ist, dürfte meine vor- geschlagene Messung vielleicht zu empfehlen sein, denn es ist bekannt, daß die Lage des Foramen mentale bei Tieren gleicher Rasse ziemlich konstant ist und der scharfe spitzwinkelige, aborale Rand einen Zweifel, wo der Taster- zirkel anzusetzen sei, nicht zuläßt. U1 ist eine linke Mandibulahälfte und gut erhalten. Es fehlen nur die Ineisivi mit ihren Fächern, P, und P,. Der zweite Ersatzpraemolar beginnt gerade durchzubrechen, erreicht jedoch den Margo alveolaris noch nicht. Der Milchpraemolar 3 ist an seinen drei Wurzeln deutlich erkennbar. M, und M, sind in Reibung, M, ist zwar durchgebrochen, doch nur oral etwas angekaut. Da P, und P, mit 2!/, bis 2°/, Jahren wechseln und M, mit 288 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 21/, Jahren durchbricht, so schätze ich das Alter von U1 auf 2!/, bis 3 Jahre. Der Unterkieferkörper ist schlank und am Kehlgangsrand stark konvex. Eine Ineisura vasorum ist nur schwach angedeutet (Abb. 33a). Der Unterkieferast steigt aboral fast senkrecht nach oben, oral zum Processus coronoideus schräg aufwärts. Dieser orale Rand des Unterkieferastes ist zwar scharf, aber nicht gratartig ausgezogen wie bei U 2 und Dos primigenius. Auch steigt er sofort steil schräg aufwärts. Knochenvorsprünge und Muskel- leisten sind kaum vorhanden. Die Fossa masseterica ist flach. Ein vom Ende des Processus coronoideus gefälltes Lot trifft ungefähr auf die Mitte der Gelenkfläche, wogegen bei Dos primigenius der Processus coronoideus s0 stark nach hinten ausgezogen ist, daß ein solches Lot stets hinter die Gelenk- fläche fällt, und zwar bis zu 20mm (V. LEITHNER). In Abbildung33e, Taf. XXXII kommt dies bei Dos primigenius nicht gut zum Ausdruck, da der Processus coronoideus verletzt ist. Der Winkel, den Körper und aufsteigender Ast bilden, beträgt 123°, beim Ur bis 135°. Bemerken möchte ich nur, daß die Messungen an U 1 und an 220 x (s. u.) beschränkten Wert haben, da sie noch im Wachstum stehenden Tieren angehören. Allerdings ist ein starkes Wachstum bei U 1 nicht mehr anzunehmen (Alter bis 2°/, Jahre). Aus obigem und dem in der Tabelle XXVIII gemachten Angaben geht die Rassen- zugehörigkeit zu Dos taurus longifrons OWEN hervor. Ich bringe diese Be- stimmung sogleich, da die Mandibulae U 1, U 2, 220 x, 220 x, und VI 74 einander gleichen, während U 3, in Abbildung 33 in der Mitte stehend, wie wir noch sehen werden, erheblich abweicht. Daher beschreibe ich nur noch kurz einige Abweichungen der anderen und bringe die Untersuchung von U 3 am Schluß. Diese Ähnlichkeit oder Gleichheit ergibt sich auch, wenn man die Unterkiefer genau übereinanderlegt. Sie zeigen dann alle (außer U 3), auch die alten Tieren angehörigen VI 74 und 200 x,, die starke Vorwölbung ihres Kehlgangsrandes, so daß ich sagen darf, daß es sich diesbezüglich bei U 1 und damit auch bei 220 x um ein Rassenmerkmal des kleinen Torf- rindes handelt und nicht um ein Jugendmerkmal. 220 x ist jünger als U 1. Die Milchzähne P, und P, haben noch nicht gewechselt, M, beginnt gerade durchzubrechen, erreicht jedoch den Margo alveolaris noch nicht. Bei U 2, 220 x, und VI 74 ist der Zahnwechsel vollkommen beendet. Der Abnutzung nach zu urteilen gehören sie 5—6 jährigen Tieren an. Ich komme nun zur Untersuchung der rechten Unterkieferhälfte U3 (Abb.33b, Tafel XXXII). Ihre gesonderte Besprechung versteht sich von selbst. Alter ca. 5—7 Jahre. Sie ist plumper als die eben untersuchten. Körper und Ast sind massig. Ersterer ist am Kehlgangsrand dick, die Ineisura vasorum vor dem Angulus mandibulae ist stärker, doch möchte ich wegen des geringen H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 289 Materials nicht den Hauptwert darauf legen, da die Frage immer noch offen steht, ob die verschieden starke Ausbildung dieses Einschnitts nicht als sekundäres Geschlechtsmerkmal anzusprechen sei, was fürs Reh von SCHUH- MACHER (1928) festgestellt worden ist. Wenn ich jetzt, wie bei den 5 Longifronsunterkiefern, U 3 in gleicher Weise auf die anderen lege und darüber noch Dos primigenius, daß sie sich nach Möglichkeit decken, so ergeben sich wichtige, grundlegende Unter- schiede. Bei U 3 ist der zwischen Incisivi und Praemolares liegende Teil des Körpers höher und breiter, erreicht aber Dos primigenius nicht. Bei den 5 ist die Konvexität am stärksten und nimmt nach Dos primigenius zu ab. Die deutlichsten Unterschiede liegen in der Winkelung des Astes zum Körper, worauf, wie schon erwähnt, V. LEITHNER (1927) genau eingeht. Auch hier steht U 3 in der Mitte. Die oben angeführte Fällung des Lotes vom Pro- cessus coronoideus auf die Gelenkfläche zeigt auch hier die Mittelstellung von U 3, indem ein solches Lot, das bei dem Potsdamer Longifronsrind auf oder sogar vor die Mitte der Gelenkfläche und bei Dos primigenius ca. 20 mm dahinter fiel, hier bei U 3 den hinteren Rand der Gelenkfläche berührt, Daß auch die Breite der Zahnkrone bei der Unterscheidung und Stellung von U 3 eine Rolle spielt, ist deutlich aus der Tabelle XXVII ersichtlich. Tabelle XXVII. Zahnmaße | M, M5 M, Größte Breite der Krone bei: 1. Bos primigenius, Durchschn. v. Messungen in BersGeolrbandes-Anstalt!.'. . .....2...,% 1,8 1,9 1.6 Ben 3 tprimig: Rd. Potsdam) . .». ..... 0. 1,4 15 13 2220, 3, (Bongifrons Potsd.) - » » =»... 11 1515 11 Es ähnelt also U 3 mehr Bos primigenius als dem Torfrind, erreicht jedoch die Größe des ersteren auch annähernd nicht. U 3 ist, wie Tabe!le XX VIII (pg. 290). angibt, aber auch dem Torfrind zahlenmäßig in seinen Maßen so überlegen, daß sekundäre Geschlechtsmerkmale kaum noch in Frage kommen können. Es bleibt mithin nur übrig, U 3 dem großen Primigenius-Hausrind zuzu- rechnen. Wir werden weiter unten noch sehen, daß das von den Unter- kiefern Gesagte auch für die Gliedmaßenknochen gilt. Schulterblatt. Es liegen im ganzen 18 Reste vor. Sie sind teilweise so zerschlagen, daß ihre Beurteilung nicht möglich ist, Zur näheren Unter- suchung ziehe ich die Stücke 1—5 heran, da sich an ihnen einige Maße nehmen lassen. Abgesehen von 3, das sicher einem jungen Tier angehörte, zeigen sich Größen- und Formunterschiede. Es gehören 2 und 4 und 1 und 5 zu- 19 290 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tabelle XXVII. Unterkiefermaße von U1 1220x | \ : Bos Bos taurus Jung | Jung N u LIE es 1. Länge v. F. ment. zur Mitte d. Hinterrandes d. Gelenkfläche 27,7 2. Länge von F. ment. zur Proc. coron... . 278 | 3. Länge von F. ment. z. .. Hinter- | 18,8 | 24,8 4. Länge von F. ment. z. . Vorder- rand von P,: . 5,0 | 4,8 67:47) — | 538 | 88 5. Länge v. Hinterzand Y. M, bis zur Mitte d. Hinterrandes der | — —_ — — |34,7 | 41,4 Ä -- _ —— — 135,7 | 45,1 rand von M;. . 17,3 = | 18.1.7163 | —_ ; Gelenkfläche. . 11;7 2 = — 11.211273.) 198 6. Gr. Höhe d. aufst. Astes gem. | von d. Einschnürg. d. Unter- kieferrandes . . 16,3 — — — 17,2 | 23,0 | 26,0 7. Br. d. auist. Astes hinter =, 8585| — _- — 7,9 12,5 13,7 8. Höhe d. Unterkieferastes auf d. med. Seite unter d. Hinterrand | } von M,. . De es 6,3 | — 6,7 6,0 6,0 | 6,3 ee ! 9. Dasselbe von M;. ne N 5,6 | 6,0 5.6 5,2 5,2| 5,3 7,8 { 10. u AI tige 5,2 5,0 5,1 5,1 4,7| 4,5 6,9 11. = ee 4,3 | 4,1 4,4 4,6 — | 6,2 | 12. br N or _ 4,0 4,0 3,8 — | 45 5,9 13. Vorderranduyon. RB, =. 2.2... Z— — 3,5 — — | 5,9 14. Länge der Zahnreihe . . . 12,5 — 12,0 — — | — | 161 15. „ 4. Pm.lat. am Rd. gem. 5,0 — 4,5 — — | 5,7 16. „ a. Mol.lat. am Rd. gem: 7,5 — 7,8 7,0 7,0128,2.| 10.2 17. „ von M,. Bar ; 2,6 — 3,3 23 2,4| 3,5 4,4 18 m vaMg« 24 | 2,8 2,4 2,1 2,3| 2,4 2,8 | 19 = „- Mı 2,0 2,3 21 1,6 20| 21 2,4 | 20. r Bas: 2 oe re 2,3 | 2,3 1,9 | 1,8 a 2,1: | 21. = ES RR OSTEN S — L,R 1,4 1,5 — 1 17 15% 22. 1 — _ 0,9 _ u — | 23. Breite a. aufst, Astes 2. .. Aus- | schn. zwisch. Proc. coron. u. Ge il. ne aha) ea erega sammen, die alle zu erwachsenen Tieren gehören. Die Zahlenangaben stehen in Tabelle XXIX. Die Erkenntnis der Formunterschiede ergibt sich bei Be- trachtung der Gelenkfläche. Für 1 und 5 ist die unregelmäßige Eiform charak- teristisch. Bei 1 erfährt sie im kaudalen Drittel eine starke Einschnürung. _ Die Gelenkfläche von 5 ist mehr rund als oval und ähnelt am meisten der rezenter Scapulae. Wir haben es hier mit Vertretern zweier Rassen zu tun, einer kleineren und einer größeren. I) sind rechte. 2) Die angegebene Durchschnittszahl! für Bos. prim. BOJ. erhielt ich durch Messung mehrerer Mandibulae der Geolog. Landes-Anstalt zu Berlin. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“, 291 Tabelle XXIX. Scapulamaße von Bos taurus | 1) | 5 | 2!) | 4!) | 3 jung) 1. Umfang am Hals . . RE | 10,6 | 11,1 - 9,3 | 7,2 2. Gr. Längs-Durchmesser a: am Hals . 4,4 4,6 _ BiTant 3,0 3. Kl. Breiten- a) 2,1 2,15) 21,7 1,8 163 4. Gr. Länge der Gelenkfläche. eg 5,0 4,8 4,1 — — 5. Gr. Breite ., „ AN = 4,2 4,4 3,7 3,8 3,0 62 Gr: Tiefe „, = ee ER 1,05 | 0,8 0,8 0,8 0,5 Oberarm. Es waren mir im ganzen 12 Humeri zugängig. Davon ist VI 160 ein rechter, fast vollständig erhalten. H 5 ist ein proximales links- seitiges, HA und H 6 sind rechts- und linksseitige distale Endstücke. Die übrigen lasse ich, da nicht meßbar, unberücksichtigt. VI 160 ist kurz und gedrungen und zierlicher als rezente Humeri. Bei der in der Tabelie an- gegebenen doppelten Längenmessung bin ich von genau festliezenden ana- tomischen Punkten ausgegangen, Zwei Längenmaße hahe ich gewählt, da der Humerus sich jeweilig nach rechts oder links (nach außen) um seine Längs- Tabelle XXX. Maße der Humeri von Bos tanrus |vzıo» | m5|m4:| Me 1. Länge vom hakenförm. Forts. d. Tub. majus bis zum a) lat. dist. Ende d. Trochl. . . . 27,2 — _ — b) med. „ SE 26,7 — — u 2. Größter Durchmesser der prox. Epiphyse . 5 9,7 81 — 3. = .dist. SE 7,9 -- 7,4 — 4. Umfang d. Diaph. a. d. Tuberosit. delt. en 14,5 — 10 = 5. Kleinster Umfang der ar ar 11,0 _— — _ 6. Breite der Trochlea. . . EP 6,6 6,5 6,5 7. Höhe der medialen Trochlea EN E De 4,0 3,9 3,7 Sn „ lateralen 55 RR 3,0 — | 233 2,6 achse dreht, was besonders bei den wild lebenden Wiederkäuern, vor allem bei Cervus, deutlich in Erscheinung tritt. Wie Tabelle XXX zeigt, sind die Humeri unter sich gleich groß, sie stimmen teilweise auf den Millimeter genau überein, gehören also der gleichen Rasse an. Elle und Speiche. Von den insgesamt gefundenen 16 Radien eignen sich zur näheren Untersuchung nur 7. Von diesen fallen R 7, eine proxi- male Epiphyse mit teilweise erhaltener Ulna, R 8 und R 1), beides distale Endstücke, durch ihre Größe auf. Zahlreiche Knochenrauhigkeiten und gänz- liches Verschwinden der Nähte deuten auf ein gewisses Alter. Der Größen- unterschied zeigt sich am klarsten bei der Messung der Länge und Breite 1) sind rechtsseitige Scapulae, 3) sind rechtsseitige Humeri, 19* 292 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. E Tabelle XXXI. Maße der Radii von Bos taurus |R7|Rın|R2|RsU|R4ı |RBı|R 10 1. Größte Länge lateral . . . . — | 22,3 — | — | — | 2. : x medial . ? — | 22,4 —_ - u — _ 8. " ober GellWäch | 65| 58 | 50-0 4. Größte Breite , sa. 29 sı sn aa ae 5. Größt. Durchm. d. prox. Epiph. 7,6 6,4 6,4 | 6,5 66 — — 6. suudist. 0%, — 5,7 — | — — — = 7. Längsdurchmesser der Diaphyse — 1,9 171 — — - — 8. Querdurchmesser $, _— 3,3 311 — — _ — 9. Größte Länge d. dist. Gel. Fläch. —_ 51|ı — | — — | 54| 54 10. „.. Breite‘, ),, AUnLR® — 2535| — | — — 3,2 | 4,8 der proximalen Gelenkfläche (Abb. 34, Tafel XXXII). Von den übrigen ist R 1 vollkommen erhalten, sehr schlank, und wird darin von R 2, einem jugend- lichen Radius, übertroffen. R3 und R4, proximale Enden, scheinen von gleicher Größe und Form wie R 1 zu sein (Tabelle XXXTI). An vorliegenden 4 Ulnae (8 wurden ausgegraben) ist leider die größte Länge nicht meßbar. Aus der Tabelle XXXII geht hervor, daß sie an Größe U L 1 sehr nahe stehen. Leider fehlen Ulnae, die zu den kleinen Radii Tabelle XXXII. Maße der Ulnae von Bos taurus UL1 UL 2 UL 8 | UL 4®) 1. Länge der Incis. semil. lateral . . Z— 3,7 3,9 3,4 Din 2, 5 „ „esmedials v... _ 3,7 3,7 3,9 8. Breiteiam Proe. ancon... . 2... 6,0 6,2 5,8 5,5 4. 7 „saQlecranon 2 wre — — — 4,8 passen. Aber auch ohne sie darf ich das bei der Untersuchung der Scapulae über die Größenunterschiede Gesagte hier wiederholen. Mittelfußknochen. (Tafel XXI, Abb. 5). Von den 5 Metacarpi sind 3 rechte und 2 linke vorhanden. Die Größenverhältnisse sind so augen- fällig (Tabelle XXIII), daß sich eine Einteilung in drei Gruppen von selbst ergibt. MC 1, als einziger Vertreter der ersten Gruppe, ragt über die anderen erheblich hervor. Ein Längenunterschied von 2,7—3,2 cm kann nicht mehr individuell sein, wenn man auch zugibt, daß in einer Rasse oder sogar einer Zucht bisweilen größere Stücke, als die Regel angibt, vor- kommen. MC 1 hat sein Wachstum beendet und gehört einem alten Tier. Die übrigen 4 sind, abgesehen von einigen Millimetern, gleich lang. Es fällt jedoch MC 2 (VI 86), als Vertreter der zweiten Gruppe, durch seine 1) sind rechtsseitige Radii. ?®) sind rechte, H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“, 293 Tabelle XXXIII. Maße der Metacarpi von Bos taurus | MC1) |vI 86.1) | MC 3 Mo) MC 5 Mes ınse .......| 200.1 163 | len Da a med. 19,0 | 158 Kissen = 3 „ 5, lat 0% RE 19:00 2..,16:30 315,9 _ E= 4 55 ” d. prox. Gel. SB 6,0 Ba _ = 5. me Breite,-;, ,, TREE BR 3,3 — 2,5 = = 6. Umfang der Diaphyse 5 | 8,7 94 1,3 | 81 8,1 7. Längsdurchmesser der Diaphyse 2.2 2,3 1,910 21 2,0 8. Querdurchmesser ,, ; 2,8 3.5.7 [7.24 2,8 2,8 9. Größte Länge des dist. Gel. 5,8 6,0 4,7 | 5,2 | 5,4 1 31 2,2 25 98 27 Tabelle XXXIV. Metacarpus | Bos pr Bos taur empseitannne! pr. männl. | weibl. rohe Bänge . . .... 00.0. _ 20,0 16,3 | 16,7 BRELN ar... 24,0 19,0 16,8 | 51,9 BR, e; med. . 19,0 15,8 15,8 Bw. des prox. Gelenks 9,0 6,0 bu, 40 5. m eBreite. R 5,0 3,3 |über 3 | 2,5 6. Umfang der Diaphyse : 14,5 8,7 9,4 7,3 7. Längsdurchmesser der Diaphyse 3,9 3,2 2,3 | 1,9 8. Querdurchmesser „, 4,9 2,8 3,5 2,4 9. Größte Länge des dist. Gelenks — 5,8 6,0 4,7 Da Beate, .: I 31 2,2 2,5 Breite auf. Der ganze Knochen ist außerordentlich plump und gedrungen. Reiche Knochenvorsprünge und Rauhigkeiten sind durch ein hohes Alter be- dingt. Die Rinde ist von außerordentlicher Härte und Dicke. Am proximalen Ende, dort wo die Mittelfußbeule den Knochen hervorwölbt, hat man ver- sucht, mit scharfem Gegenstand den Knochen anzuspitzen. Der Vollendung dieser Arbeit setzte die elfenbeinartige Härte ein Ziel, so daß man anschei- nend davon abkam. Dieses, der Längenunterschied von MC 2 im Gegensatz zu MC 1, die gleich große Länge von MC 2 und den Vertretern der dritten Gruppe, MC3, MC4, MC5, die recht schlank und zierlich sind, und ein ein- gehendes Studium von ausgestellten Knochen von Bos primigenius und Bos longifrons im Märkischen Museum lassen mich folgern, daß die Unterschiede zwischen MC 2 und der dritten Gruppe (MC 3, MC d, MC 5) keine Rassen- unterschiede, sondern Geschlechtsunterschiede seien. Daß die bedeutende Stärke von MC 2 für den Stier spricht, darf uns nicht wundern, erscheint es doch 1) sind rechte. 294 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. notwendig, daß der Stier zum Tragen seiner Fleischmasse einer zwar nicht größeren Länge, aber um so dickeren Breite seiner Knochen bedarf. Und wenn ich die Länge von MC 1 gegenüber den anderen für einen Rassen- unterschied halte, so bin ich dazu berechtigt, denn MC 1 steht gerade in der Mitte zwischen MC 2 und dem von mir abgebildeten Dos primigenius A 19356 des Märkischen Museums. Es kann MC 1 nicht Longifronsrind sein, denn ein Längenunterschied von 3 cm gegenüber MC 2 und der dritten Gruppe ist — wie schon gesagt — mehr als individuell. Wenn der Meta- carpus 3 cm größer ist als gewöhnlich, so müssen Carpus, Radius, Humerus, Scapula und die Brustwirbel auch um entsprechende Längen grölier sein, was ein Ansteigen der Widerristhöhe sicher um ca. 10—15 cm zur Folge hätte. Solche Abweichungen kommen innerhalb einer Rasse wohl kaum vor, Daraus geht hervor, daß MC 2 einem Stier, MC3, MC4, MC5 Kühen der Langstirnrasse angehören, während MC 1 den Metacarpus des Priwigenius-Hausrindes darstellt. Die gefundenen geringen Zehenknochenreste scheinen eher der primi- genius- als der brachyceros-Rasse anzugehören. Die wenigen Maße sind in der Tabelle XXXV angegeben. Tabelle XXXV. Maße der Phalangen von Bos taurus | Phal. I Phal. II 1:-Mediale Längen ma ze er ne We a ee ee | 5,8 3,2 2. Laterale $„, ER 5,9 3,0 3. Längsdurchmesser prox. | 2,5 2,8 4. Querdurchmesser a CERRE HET Han DE Sl Eee HPALERe 3,0 | 2,9 5. Größte Länge des distalen Gelenks . . . .. 2,9 3,1 6. „ Breite „, Mh = de Sa een 18) | 2,5 Trotz der reichen Zahl von 13 Beckenstücken lohnt ein genaues Ein- gehen nicht, da sie keine Messung zulassen. Auch bei F 1, einer rechten Oberschenkelbeinhälfte, ist die Rassen- bestimmung nicht möglich. Ihre Maße sind: Distale Breite... ..::-. 2.0. 22 wa A Sndkem Größte Entfernung zwischen tibialer und patellarer Gelenkfläche 11,0 cm Höhe des lateralen Condylus '. 2... „u. ee lem Höhe des. medialen Condylus .. ....... a Le ee Ocın Schienbein. Untersucht wurden 18 Tibiareste, darunter 4 Enden proximale (3r., 11.), 6 distale (4 r., 2 1.); der Rest ist nicht berücksichtigt. Ich werde nur die distalen Enden besprechen, deren Maße in die H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 295 Tabelle XXXVL Maße der Tibiae von | | | | | 1 1 1 Aı Bos taurus Potsd. Ta) | Ta) 22 72) T5)| T6 | T7 | | T8) T9 I a Ra LE Tan — 0 3 0564 57.032 82008 05% | 1. Größte Breite des prox. | Gelenks . ee] 2. Größte Breite distl.. — | — ! 3. Längsdurchmesser dist. | am medialen Rand . . | — | — | — 202402070 gr Tabelle XXXVI aufgenommen sind, um nur den Größenunterschied der proximalen Enden zu betonen, der hier um so höher zu werten ist, da die heiden kleinen Tibiaköpfe T 1 und T 2 vollkommen ausgewachsen sind; keine Spuren von Nähten zeigen, während bei den großen T3 und T4 die Ver- bindung zwischen Körper und proximaler Epiphyse weit klafft, der Knochen also sich im Wachstum noch befindet (Abb. 35, Tafel XXXII). Da die Naht vorn offener ist, sich nach hinten zu verliert, darf ich annehmen, daß die Syn- ostosierung kaudal beginnt, langsam nach vorn fortschreitet und an der Crista tibiae ihren Abschluß findet. Wir haben auch hier wieder gesehen, daß in Potsdam zwei Rassen nebeneinander anzutreffen sind. Fußwurzel. Es wurden untersucht 6 Os tarsi tibiale (2 r. und 4 1.) und 3 Os tarsi fibulare (2 r. und 11.). Die Tabellen XXXVII und XXXVIII zeigen wiederum einen Größenunterschied. Tabelle XXXVII. Ber GO: ib v. Bos taurus Poted. | 12 | 2,108 4 | 5 | 6 | | | Belersale bängse: . . 2. 2.022: 5,3 5,3 5,5 5,3 4,9 4,6 2. Laterale Bar He 5 za 50 3. Querdurchmesser proximal 3,9 34 | 3,7| 386 3,6 | 8,8 A r distal . | 38 | 34 | 85 | 35 | 35 | 32 5. Breite lateral | 30 [29 3830| 30 | 28 | 2,7 6. ,„ medial esse ssisel Bo 095 | 2,85, 2,65 \ Tabelle XXXVII. Maße des Os tarsi füibulare von | | 21 AS 3 Bos taurus Potsdam An) | en | ae Tine . 2... 20... | — a oz u Breite Inkeral _ | 5,0 so 4,6 2, Dicke. | 3,7 Be 3,5 1) sind rechte. 296 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tabelle XXXIX. Maße der Metatarsi von Bos taurus Potsdam | a | a, | uS I.NGrößte Bänge a... ar een, | 19,2 | — — 2. , > lateral | 18,4 | _ — 3. * Mn nedial ee 18,0 — — 4. Längsdurchmesser des prox. Endes 3,7 4,2 3,5 5. Querdurchmesser „ , is 4,1 4,3 3,9 6..Umfang der Diaphyse , .... 7,9 8,5 7,2 7. Längsdurchmesser der Diaphyse . 2,2 2,6 2,3 8. Querdurchmesser $,, 7 . 2,2 2,3 2,1 9. Längsdurchmesser distal . . . . 2,5 — — 10. Querdurchmesser 5 ER 4,5 — — | Mittelfuß. Tabelle XXXIX läßt an den 3 Metatarsen keine wesent- lichen Unterschiede erkennen. Mt 3 ist als jugendlicher am kleinsten. An ihm ist das Vorhandensein von 4 Kerben an der Seitenfläche von kultur, historischem Interesse. Wahrscheinlich hat er als einfacher Meßstock ge- dient. Die Zugehörigkeit zu Dos taurus longifrons ergab sich durch den Vergleich mit Metatarsen im Märkischen Museum. E. Zusammenfassung. Ich habe versucht, einen Blick in die Tierwelt vor tausend Jahren zu werfen. Man gewinnt daraus ein recht anschauliches Bild von dem Volk, das im alten „Poztupimi“ saß. Das Verhältnis der wilden (116 Reste) zu den Haus-. tieren (295 Reste) zeigt, daß die Jagd anscheinend eine wirtschaftliche Not- wendigkeit war, daß vielleicht auch die Kunst der Wasserjagd verstanden wurde (Reste vom Bleßhuhn). Man bekämpfte die großen und die kleinen Raubtiere. Die Arbeit des Bibers, dessen Wühl- und Nagekraft als bekannt vorauszusetzen ist, mußte die Dämme, den Schutz des Wenden vor dem Wasser, untergraben. Es ist für ein Fischervolk, denn ein solches waren die Wenden ebenfalls, selbstverständlich, dem Fischotter, dem Feinde ihrer Wasserbewohner, nachzustellen. Die Reste des Bären, des Ures, des Wild- schweines, des Rehes und Hirsches geben ein Bild von der Mannigfaltigkeit des Wildprets. Der von mir beschriebene Wolfsschädel beweist die Gegen- wart dieses Raubtieres zur Wendenzeit in der Mark Brandenburg. Das Reh ist zwar vorhanden, spielt aber keine große Rolle, was wohl aus der geo- graphischen Lage zu erklären ist. 1) ist ein rechter. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg ‚„Poztupimi“. 2097 Eine ungleich größere wirtschaftliche Bedeutung hat der Edelhirsch, Man jagte ihn nicht nur, sondern sammelte anscheinend auch die Abwurf- stangen, die zu allen möglichen Geräten Verwendung fanden. Der Wende kannte die Festigkeit und Elastizität des Hirschknochens,. Sich aus den Knochen und Geweihen Haushaltungsgegenstände herzustellen, war lebens- notwendig, da das Eisen noch recht selten war. Anläßlich der Bearbeitung von (ervus elaphus habe ich Gelegenheit genommen, auf einige osteologische Besonderheiten zur Geschlechtsunterscheidung einzugehen. An Haustieren besaß der Wende alle die Tiere, die ein Ackerbauer, Tierzüchter und Herdenviehhalter braucht. Es fehlt nicht der Hund, der schon damals der Freund des Menschen war, was die Alten dadurch bewiesen, daß sie ihn nicht verzehrten. Er wurde zur Viehbewachung und zur Jagd gebraucht. Es ist möglich, daß dieser Hund eine Bastardierung von Jagdhund und Schäferhund darstellt. Die Annäherung an Canis familiaris intermedius WOLDRICH ist allerdings bedeutend größer, und damit die Ähnlichkeit mit dem „Hund aus Paulinen- aue“, als an Uanis fam. matris-optimae JEITTELES, Auffallend ist die geringe Zahl der Pferdereste. Die Lebensbedingungen waren denkbar schlecht, weit und breit ein großes Sumpfland, und zum Ackerbau genügte für den leichten Sandboden der Höhen das Rind voll- kommen. Wahrscheinlich fand das Pferd nur als Reittier im Kriegsfall Ver- wendung. Die Beschaffenheit der Knochen zeigt, daß die Wenden Hippo- phagen waren. Von Schaf und Ziege sind mit Sicherheit nur je eine Rasse vertreten, Der kleine Hornzajfenrest eines Torfschafes (?) läßt eine Beurteilung nicht zu. Die Schafe gehören zur Gruppe der Kupferschafe, die Ziegen zu den schraubenhörnigen, zu Capra prisca domestica ADAMETZ. Das Schwein sieht mit 91 Resten hinter dem Rind an erster Stelle. Die sehr zerstückelten Knochen lassen auf die Schmackhaftigkeit seines Flei- sches schließen. Die Untersuchungen ergaben, daB 1. das Torfschwein zur Wendenzeit in Potsdam nicht vorkam, 2. die Reste zum großen Hausschwein gehören und 3. die Zucht mit einem gewissen Verständnis betrieben wurde, Das reichste und auch beste Material (außer Hirsch) lieferte das Rind. Ich nehme Gelegenheit, der allgemeinen Ansicht entgegenzutreten, daß der Siave sich nur eines kleinen, schmächtigen Rindes bediente. Für die Pots- damer Wendenzeit stimmt dies nicht. Es liegen neben Dos taurus longi- frons OWEN in fast gleicher Anzahl Reste von Dos taurus primigenius dem großen Hausrind, vor. Der einwandfreie Nachweis dieser Tatsache ge- 208 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. lang mir bei der vergleichenden Untersuchung der Mandibulae und Meta- carpalia von Dos primigenius, Bos taurus primigenius und Bos taurus longifrons s. brachyceros. Die Abbildungen zeigen dies deutlich. Bedeutung haben die geschlechtlichen Unterschiede am Metacarpus von Bos taurus longifrons. Neben diesen beiden Rassen noch eine dritte aufzustellen, ist vorläufig nicht möglich. Ich habe darauf hingewiesen, daß die außerordent- lich langen, scharfkantigen Hornzapfen als Ochsenhornzapien zu deuten sind, und dafür zahlreiche Belege geführt. Ein Endurteil muß jedoch von weiteren Ausgrabungen abhängig gemacht werden. Hoffentlich gelingt es, die dazu- gehörigen Schädel einmal mit ans Tageslicht zu fördern. Ich darf wohl behaupten, daß dieser erste Versuch, eine Wendenfauna zu bestimmen, einen Schritt weiter bedeutet in der Bereicherung unserer Kenntnisse der Haustierforschung und der Heimatkunde. Zum Schluß ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn Prof. Dr. BITTNER, Direktor des Anatomischen Instituts der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, Herru Obermagistratsrat Dr. BESTEHORN in Potsdam, Herrn Dr. POHLE, Kustos der Säugetierabteilung des Museums für Naturkunde in Berlin Herrn Stadtinspektor HOFFMANN in Potsdam und allen denen, die mich bei dieser Arbeit unterstützten, für ihre Liebenswürdigkeit zu danken. — Vor allem gilt mein Dank Herrn Dr. M. HILZHEIMER, Direktor der natur- wissenschaftlichen Abteilung des Märkischen Museums zu Berlin und Privat- dozent an der Tierärztlichen Hochschule zu Berlin, für die Anregung zu dieser Arbeit, für die zahllose mir zur Verfügung gestellte Literatur und die stete Hilfsbereitschaft. F. Literatur. ADAMETZ, LEOP., 1914, Untersuchungen über Capra prisca, eine ausge- storbene neue Stammform unserer Hausziege. — Mitteilg. d. landw. Lehrkanzeln der k. k. 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AI9356 des Märkischen Museums, b) Bos taurus primigenius, MC 1 von Potsdam, c) Bos taurus longifrons OWEN Stier, d) Bos taurus longifrons OWEN Kuh. Tafel XX1. Abb. 6. Schädel des Potsdamer Wolfes, Aufsicht. Abb. 7. Unterkiefer des Potsdamer Wolfes, ventral. Abb. 8. Schädel des Potsdamer Wolfes, Basis. Abb. 9. Unterkiefer des Potsdamer Wolfes, dorsal. Tafel XXIli. Abb. 10. Schädel des Potsdamer Wolfes, von rechts. Abb. 11. Unterkiefer des Potsdamer Wolfes, von rechts. Abb. 12. Zwei ausgewachsene distale Oberarmenden von Cervus elaphus L. Beachtenswert ist der Unterschied in der Größe. Abb. 13. Unvollständige rechte Gesichtsschädelhälfte von Üervus elaphus L. von Potsdam. Tafel XXIV. Abb. 14. Gliedmaßenknochen von Cervus elaphus L. von Potsdam. a) u. b) Zwei Metacarpi (C 1 und 116). c) u. d) Zwei Radien (C 18 und VI 83). e) Tibia (VI 87). Beachte den Größenunterschied der Radii und die Größe der Tibia. Abb. 15. Os occipitale vom rezenten, weiblichen Cervus elaphus L. (Exemplar aus dem Märkischen Museum Berlin). Abb. 16. Basaler Teil des Os occipitale vom männlichen Cervus elaphus L. von Potsdam. Tafel XXV. Abb. 17. Astragali von Boviden., a) Bos primigenius BOJANUS von Potsdam (BPr 2), b) Bos banasus L. Gipsabguß nach einem Stück im Dresdener Museum. c) Bos taurus L. von Potsdam. Abb. 18. Linker Hornzapfen einer Kuh von Bos primigenius BOJ. von Potsdam (VI 84). Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. Abb. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. AT. 28. 29. 80. 3. 32. 33. 34. 35. 36. H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg „Poztupimi“. 303 Tafel XXVi. Schädel des Hundes von Potsdam, Aufsicht. Desgl., Basis. Desgl., von rechts. Tafel XXVIl. Gesichtsschädel von links vom Wildschwein (a) und Hausschwein (b). Linke Oberkiefer-Backenzahnreihe vom Wildschwein (a) und wildschwein- ähnlichen Hausschwein (b;. Rippenfraktur vom Hausschwein mit Callusbildung. Tafel XXVIll. Unterkieferreste in Aufsicht vom Wildschwein (a) und Hausschwein (b). Unterkieferreste von rechts vom Wildschwein (a) und Hausschwein (b). Tafel XXIX. Schädel einer weiblichen Ziege von Potsdam. Stirnbein mit Hornzapfen vom Kupferschaf von Potsdam. Hornzapfen von der schraubenhörnigen Ziege von Potsdam. Tafel XXX. Schädel des Potsdamer Longifrons-Rindes VI 161. Tafel XXxXl. Hornzapfen vom Potsdamer Wendenrind. a) — e) Gruppe I. f) u. g) Gruppe I. h) — k) Gruppe II. i) u. k) sind so abgebildet, wie sie am Schädel saßen. Die Hornzapfen der dritten Gruppe, weniger stark verkleinert. a) mit scharfer Kante; b) und c) zu einem Tier gehörend aber in verschiedener Lage aufgenommen: b) von unten, c) von oben. Bei c) kommt die scharfe Kante deutlich zum Ausdruck. Tafel XXxXll. Unterkieferäste in gleicher Verkleinerung a) von Bos taurus longifrons OWEN, b) von Bos taurus primigenius, c) von Bos primigenius BOJ. Gegenüberstellung je eines Radius vom Longifrons-Rind und vom pri- migenen Hausrind, Gegenüberstellung je eines Tibiakopfes vom Longifrons-Rind und vom primigenen Hausrind. Tafel XXxIl Karte von Potsdam im Jahre 1683 nach dem Stich von SUCHODOLEZ. 304 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 6.) Beiträge zur Kenntnis der Murinae BAIRD. Von A. J. ARGYROPULO (Leningrad). Ill. Bemerkungen über Mus musculus L., Mus spicilegus Pet. und Mus wagneri EV. Mit 10 Abbildungen auf Tafel XXXIV. Vorliegende Arbeit wurde nach dem Material des Zoologischen Museums der Akademie der Wissenschaften von USSR in Leningrad ausgeführt. Dem Kustos der Säugetier-Abteilung dieses Museums, Herrn B. S. WINOGRADOW, ist Verfasser, wie stets, aufrichtigen Dank für zahlreiche wertvolle Rat- schläge und Hinweise schuldig. Vorliegende Bemerkungen bilden die Fort- setzung der vom Autor unternommenen Untersuchungen über Morphologie, Systematik und geographische Verbreitung von Vertretern der Unterfamilie Murinae (s. Zeitschr. f. Säugetierkunde 4, 1929, pg. 144). PETENYI hat 1882 aus Ungarn die dort wildlebende Hausmaus be- schrieben, indem er dieselbe als selbstständige Art bestimmte, die er Mus spicilegus nannte. Seither wurde bis in die Gegenwart, also während fast 50 Jahren, von verschiedenen Zoologen die Mehrzahl der kleinen europäischen und teilweise nordafrikanischen hellbäuchigen Mäuse aus der Mus musculus- Gruppe als M. spicilegus bestimmt, zu welcher als geographische Rassen 8 Formen beschrieben wurden: mogrebinus CABRERA (1911); hispanicus MILLER (1909) — Spanien; lusitanicus MILLER (1909) — Portugal; heroldi KRAUSSE (1918) und germanicus NOACK (1918) — Deutschland; caveciit KRAUSSE (1921) — Sardinien; Iynesi CABR. (1923) und rifensis CABR. (1923) — Marokko und hapsaliensis REINWALDT (1927) — Estland. Zweifellos haben viele von diesen Formen Existenzberechtigung, jedoch nicht als Unterarten von M. spicilegus, sondern von LINNE’s Art musculus, da es sich bei näherer Untersuchung zeigt, daß erstere nicht gut von letzterer abgetrennt werden kann, sondern blos deren Artsynonym ist. Die Tatsachen, auf Grund derer ich diese Behauptung aufstelle, folgen weiter unten. Bevor ich zur kritischen Untersuchung und Bewertung der Merkmale von spicilegus und musculus übergehe, möchte ich folgende Bemerkungen vorausschicken: 1. M. musculus musculus L., d. h. eine Form, die vollständig zu MILLER’s Diagnose!) passen würde, ist in Rußland nicht aufgefunden worden. 2. Die in Südrußland (Nordkaukasus, Krim und Süd-Ukraine) vor- kommende .M. hortulanus NORDM. (Hauptsynonyme: nordmanni KEYS. Zeitschrift für Säugetierkunde. Band 5. 22. 12. 1930. Heft 6. & BLAS. und sergii VALJCH) steht M. spicllegus (typisch aus Ungarn) sehr nahe; den zwischen beiden bemerkbaren Unterschieden, nämlich der etwas bedeutenderen Körper- und Schädelgröße sowie den Einzelheiten der Oberseitenfärbung kann nur Rassenwert beigemessen werden. Als Zusammenfassung der in der Literatur vorhandenen Charakteristiken von Mus spicilegus PET. und M. musculus L. führe ich nachfolgende Diagnosen an, auf Grund derer diese Formen bisher als selbstständige Arten galten. Mus musculus L. (nach G. MILLER)). . Länge des Körpers und Kopfes 75—103 mm (die extremen Zahlen aus MILLER’s Arbeit). . Länge des Schwanzes gleich der Körperlänge, zuweilen kürzer, öfter jedoch länger (76— 102 mm). . Die Färbung der dunklen Unter- seite („the belly dusky greyish“) geht allmählich in die Färbung der Seiten über. . Länge des hinteren Fußes 16,6 — 19,4. . Kondylobasallänge des Schädels 19,5 — 22,4 mm. Mus spicilegus PET. . Größe geringer als bei M. mus- culus: Länge des Körpers und Kopfes selten 90 mm erreichend (MILLER, 1. c.). . Schwanz kürzer als der Körper, Ausnahmen sind sehr selten (MILLER, |. c.). . Färbung der Unterseite weißlich, mit der Färbung der Seiten scharf kontrastierend (MILLER, 1. c.). . Länge des Fußes 15,4—18 mm (MILLER, 1. c.). . Kondylobasallänge des Schädels 19—21,4 mm (MILLER); 19,2 — 21,9 (REINWALDT)?). . Bei spicilegus hat der obere Schneidezahn vor der Spitze eine Grube („subapieal notch“), die weniger entwickelt ist, als bei M. musculus (MILLER). . Von estländischen Hausmäusen, die E. REINWALDT (l. c, p. 53) als spicilegus bestimmt, sagt er: „der letzte obere Backenzahn (weist) immer einen wohlentwickelten hinteren Höcker auf und ähnelt dadurch dem Zahn der Gattung Rattus“. REINWALDT konnte dieses Merkmal nicht an anderen spicilegus nachprüfen und mit typischen (schwedischen) M. mus- 20 306 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. culus vergleichen, überträgt es aber auf alle spieilegus, sich dabei auf die Zahnabbildungen in den Arbeiten S. MILLER’s (l. c.) und BARRET- HAMILTON & MARTIN A. C. HINTON’s®) stützend. Um die ganze Relativität und Unbeständigkeit der angeführten Merk- male zu zeigen, gebe ich für ein jedes Beispiele, welche dieselben ausschließen oder beiden „Arten“ gemeinsam sind. Bei der Kritik stütze ich mich absichtlich auf osteuropäisches und asiatisches Material*). Zum Verständnis des Nachfolgenden bemerke ich, daß trotz der großen Mannigfaltigkeit der russischen Formen von M. musculus dieselben miteinander durch viele gut ausgeprägte Übergänge verbunden sind und also nur als Unterarten einer und derselben Art angesehen werden können (siehe weiter unten ausführlicher). 1.°) Bei Mäusen vom Unterlauf des Oby schwankt — bei einer Schwanzlänge von etwa un der Körperlänge, einer Fußlänge von 16—18 mm und hellem (schmutzig ockerfarbenem) Bauch mit verwischter Demarkations- linie®) — die Körperlänge erwachsener Stücke von 100 bis 109 mm. 2. Mus bactrianus BLYTH (Typus aus Kandagar, mein Material aus Kabul und Russisch Turkestan) hat bei rein weißem Bauch und sandgelber Oberseite eine Schwanzlänge, die gleich Körper und Kopf ist, oder zumeist noch größere Länge erreicht. Mäuse aus West-Transkaukasien haben einen Schwanz von 80—102 mm Länge (die höchstens 1,15 der Körper- länge ausmacht) bei hellem Bauch ohne scharfe Demarkationslinie und höchstens 18 mm (gewöhnlich 16,5—17) erreichendem Hinterfuß. 3. Epw. REINWALDT (l. ce.) beschrieb 1927 nach estländischem Material M. spicilegus hapsaliensis (subsp. n.). Es ist eine kleine Form, deren Schwanzlänge etwas hinter der Körperlänge zurückbleibt (L. 93—99, C. 74—83), deren Hinterfuß eine Länge von 16—18 mm hat, aber mit unscharfer Demarkationslinie. „Die Dorsalseite zeigt in der Medianlinie keine dunklere Färbung. Sie geht an den Seiten allmählich in eine gelblichere Isabella-color über und weiter ebenso allmählich in das Grau der Ventralseite“ (von mir gesperrt!). Im gegebenen Fall fehlt eins von den hauptsächlichsten Merkmalen von spicilegus: die scharfe Grenze zwischen der Seitenfärbung und der weißlichen (nicht grauen, wie hier!) Färbung des Bauches. Es ist wahrhaftig schwer zu sagen, wodurch der Autor dieser Form sich hat leiten lassen, indem er dieselbe zu spicrlegus, statt zu musculus stellte. Vielleicht durch die geringere Größe, den kürzeren Schwanz und die etwas hellere Färbung? Die Merkmale der Murinae sind sehr relativ; um als Artmerkmale zu geiten, müssen sie einerseits sehr scharf sein, andererseits gewisse Schädel- J. ARGYROPULO, Beiträge zur Kenntnis der Murinae BAIRD. 307 merkmale begleiten. Bei den meisten dunkelbäuchigen Mäusen aus dem Norden des Europäischen Rußlands und Asiens (subsp. funureus OGN., borealis OGN., teilweise iomensis KASTSCH. und einige unbenannte) ist die Demarkationslinie nicht scharf und die Färbung des Bauches ver- schwimmt mit der Seitenfärbung oft durch einen ganz allmählichen Über- gang, während die plastischen Merkmale des Körpers vollständig mit der Diagnose MILLER’s für spicilegus übereinstimmen. 4. Wie aus den oben angeführten Diagnosen ersichtlich ist, hat spieilegus einen kürzeren Fuß als musculus, aber die maximalen Längenmaße gehen stark auseinander, während die minimalen sich nur um 1,2 mm unterscheiden. Bei M. severtzovi KASCHK. (Typus aus Tashkent, eine bactrianus BLYTH. nahestehende Form) finden wir bei rein weißem Bauch mit sehr scharfer Demarkationslinie eine Fußlänge von 18—19 mm. 5. Die Kondylobasallänge des Schädels bei leningrader und sibirischen, relativ dunkelbäuchigen, aber kurzschwänzigen und kurzfüssigen Mäusen erreicht häufig 22—24 mm. 6. Dieses bei manchen Vertretern der Gattung Mus diagnostischen Wert besitzende Merkmal ist keinesfalls absolut; es hängt sowohl vom Alter als auch vom Grad der Abnutzung und von der häufigen Monstrosität des oberen Schneidezahns ab und fehlt zuweilen. An meinem sehr umfang- reichen Material kann nicht einmal die Tendenz zur Vergrößerung oder Verkleinerung dieser „subapical notch“ bei irgendwelchen lokalisierten Gruppen der Conspecies musculus bemerkt werden. 7. Nach einer Durchsicht von etwa 250 Schädeln von spicilegus, Mäusen der wagneri-Gruppe, dunkelbäuchigen und hellbäuchigen Formen aus dem Europäischen und Asiatischen Rußland, manchen Unterarten von M. mus- culus aus Westeuropa (subcaeruleus FR., azoricus SCHINZ. u. a.) behaupte ich mit Bestimmtheit, das eine Reduktion des letzten Höckers auf M® bei allen diesen Mäusen äußerst selten vorkommt, aber dann keineswegs nur bei dunkelbäuchigen und langschwänzigen Formen, so daß die Figur in der Arbeit G. MILLERS (l. c.), die einen derartigen Bau von M® bei M. musculus darstellt, offenbar zufälligen Charakter hat’). (Verhältnis- mäßig öfter kommt die Verschmelzung der mittleren Schlinge dieses Zahnes mit dem oberen inneren Höcker vor, aber wiederum nicht in Über- einstimmung mit den übrigen Merkmalen). Oben erwähnte ich mehrfach Übergangsformen zwischen verschiedenen Unterarten der Hausmaus im Europäischen Rußland; nun will ich diesen Punkt ausführlicher behandeln. Im Norden, hauptsächlich im Leningrader Gouvernement, kommt eine kleine, oberseits ziemlich helle Maus vor, deren 20* 308 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Fußlänge zwischen 15 und 17,5 mm schwankt, mit weißlichem, zuweilen gräulichem oder ockerfarben getöntem Bauch, dessen Färbung öfters un- merklich in die Seitenfärbung übergeht; der Schwanz ist in den meisten Fällen kürzer als Körper und Kopf zusammen. Diese Form unterscheidet sich von der schwedischen (M. musculus musculus) und ich sehe sie einst- weilen provisorisch als M. hapsaliensis REINW. an (Typus aus Hapsal in Estland)®). Im Norden, im Gouvernement Archangelsk, und auf der Kola- Halbinsel bildet diese Form einzelne nationes; eine von ihnen bin ich z. B. geneigt, für M. m. borealis OGN. zu halten (Typus aus dem Kreis Kemskij des Gouvernements Archangelsk). Weiter nach S und SO in den zentralen Gouvernements und im nördlichen Teil der „Tshernozemnaja Polosa“ wird die Hausmaus oberseits etwas dunkler und bekommt einen massiveren Schädel; durch 8. J. OGNEV wurde sie 1924 als funureus bekannt, steht aber der vorher- gehenden Form sehr nahe. Noch südlicher, im Kievschen Gouvernement, beginnt eine weißbäuchige Form aufzutreten, die den Namen M. m. hortu- lanus NORDM. (= nordmanni KEYS. ET BLAS. und sergiö VALJCH) trägt. Typus aus der Krim. Es ist eine kleine Form, im typischen Fall mit weißen Enden der Bauchhaare (die auch ganz weiß sein können), scharfer Demar- kationslinie, kurzem Schwanz und Fuß. Nach der Schädelform unterscheidet sie sich schon in geringen Serien recht scharf von den dunkelbäuchigen Mäusen des Nordens durch die Convexität und relative Breite der Schädel- kapsel, die den meisten weißbäuchigen und kleinen Formen zukommen. Mus hortulanus ist in der ganzen südlichen Ukraine, in Nordkaukasus und in der Krim weit verbreitet. In der Richtung nach W wird sie kleiner, behält aber die übrigen Merkmale bei, und geht in die serbische und un- garische Hausmaus, d. h. M. spicilegus PET. über. Ich erwähnte oben, daß etwa vom Kiewer Gouvernement an weiß- bäuchige Mäuse vorzukommen beginnen. In der Tat fehlt hier der allmähliche Übergang, den wir bei hapsaliensis und funureus bemerken. Unter der all- gemeinen Masse dunkelbäuchiger, wenn auch oberseits bereits blasser ge- wordenen Mäuse trifft man vereinzelte weißbäuchige Individuen, noch öfter aber solche, welche die Merkmale zweier Unterarten in den verschieden- artigsten Kombinationen in sich vereinigen. (Über Zwischenformen und Mischlinge zwischen sibirischen hellbäuchigen und dunkelbäuchigen Mäusen s. meinen Aufsatz „Beiträge zur Kenntnis der Säugetiere von NO-Mongolien“ — Ann. Mus. Zool. Acad. Sciences, Leningrad; im Druck.) Noch weiter nach S beginnen weißbäuchige Individuen vorzuherrschen; Übergangsformen fallen weniger auf, während dunkelbäuchige, vollständig zur Diagnose etwa der hapsaliensis passende sogar noch in der Krim und südlichen Ukraine J. ARGYROPULO, Beiträge zur Kenntnis der Murinae BAIRD. 309 angetroffen werden können, wo sie einen sehr geringen Prozentsatz der dortigen Formen ausmachen, Dabei bleiben erstere ihrer Lebensweise treu (halten sich in der Regel an Wohnräume), während letztere in ihrer Haupt- masse in freier Natur leben und nur selten in Häusern vorkommen. (Auf Grund eigener Beobachtungen übernehme ich die Behauptung, daß die Mehrzahl der Übergangsformen gerade in der Nähe von Wohnräumen anzutreffen ist). Je weiter wir aus den Grassteppen des Nordkaukasus und Don in die wolga-uralische Halbwüstenzone vordringen, desto mehr verliert M. hortu- lanus die braune Färbung der Oberseite, wird heller und geht in die kleine von EVERSMANN 1840 von den Kamysh-Samarskie Seen (zwischen den Unterläufen der Wolga und des Uralflusses) beschriebene M. wagneri über. Von hier ab beginnen also schon nach SO zu jene asiatischen Formen, deren Oberseitenfärbung „Wüstenton“ zeigt, zu dominieren, die von vielen Autoren unter dem Artnamen „wagneri“ zusammengefaßt wurden. Verfolgen wir die weitere Verbreitung von M. wagneri, so sehen wir, daß in der Richtung nach Zentralasien diese Form noch in Ustj-urt vorkommt, aber allmählich größer wird und hinter dem Aralsee in M. severtzovi KASCHK. übergeht, die sich durch längeren Schwanz und Fuß auszeichnet. Letztere Form steht schon M. bactrianus BLYTH sehr nahe, von der sie sich vor allem durch den kürzeren Schwanz unterscheidet. Wir sehen also, daß zwischen bactrianus einerseits und spicılegus andererseits eine lange Reihe von Übergängen besteht (die auch .M. wagneri enthält) und daß erstere in keinem Fall als besondere Art angesehen werden kann, wie das z.B. G. ALLEN in „Murid Rodents from the Asiat. Exp.“ 1927 tut. Aus allem oben Dargelegten ist zu ersehen, wie verschiedenartig die innerhalb der Grenzen Rußlands lebenden Hausmäuse sind. Für alle diese Rassen aber sind folgende Merkmale der Schädelstruktur charakteristisch: Reduktion des inneren Höckers der dritten Schlinge des M! und M? (bei einer Körperlänge von nicht über 115 mm); lanzettförmig vorwärts ausgedehnte vordere äußere Winkel der Parietalia und stetiges Vorhandensein der fenestra praelambdoidea, — Merkmale, welche diese Mäuse von allen europäischen und nordasiatischen Vertretern der subf. Murinae unterscheiden und nur eine Art, Mus musculus L., ceharakterisieren. Auf Grund der Merkmale dieser Rassen allein (d. h. der osteuropäischen und nordasiatischen) kann folgende Diagnose der Art (Färbung und morphologische Körpermerkmale) vorgeschlagen werden: 1. Die Körperlänge erwachsener Stücke schwankt von 70 bis 109 mm. 2. Die Schwanzlänge beträgt 0,5—1,15 der Körper- länge (ersteres Verhältnis finden wir bei M. m. raddei KASTSCH., letzteres 310 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. bei der weiter unten beschriebenen westkaukasischen Unterart). 3. Die Färbung des Rückens wechselt von dunkel- und graubraun bis ocker-sand- farben. 4. Die Färbung des Bauches wechselt von reinweiß (mit weißem Haargrund) bis blaßgelb, schmutziggrau und bräunlich. Demarkationslinie bald scharf markiert, bald garnicht erkennbar. 5. Die Länge des Hinter- fußes beträgt 14—19,5 mm. 6. Die Kondylobasallänge des Schädels ist 19 —23 mm. Der Schädelbau ist veränderlich;für die Rassen des europäischen Ruß- land kann man dieses aus den Photographien der diesem Aufsatz beigefügten Tafel ersehen. Wie man sieht, geht die Diagnose von spicilegus ganz in der oben angeführten auf und über die Frage der artlichen Übereinstimmung derselben mit allen hier aufgeführten Formen hege ich nicht die geringsten Zweifel?). Nun müssen wir uns der Charakteristik der typischen M. musculus und den Beziehungen der letzteren zu allen hier beschriebenen Rassen zu- wenden. Wie ich bereits erwähnte, finden sich in Rußland keine Mäuse mit allen Merkmalen von M. musculus musculus (nach G. MILLER). Im nord- westlichen Winkel Rußlands, der ihrer terra typica am nächsten liegt, lebt eine ganz andere Form; dafür aber fand ich unerwartet beim Studium kaukasischer Hausmäuse eine Form, die der typischen am nächsten steht. Sie ist groß, ihr Schwanz ist meist länger als der Körper, ihr Fuß 16,5 —18 mm lang und der Bauch (im typischen Fall} nur wenig heller als die Färbung der Körperseiten. Uns interessiert hier vor allem ihre systematische Beziehung zu den weißbäuchigen und kleinen südlichen Rassen. Ich kann nach einem ausführlichen Studium der kaukasischen Mäuse überhaupt folgende Sätze aufstellen ; 1. M. musculus'®) aus dem westlichen Transkaukasien steht nach allen ihren Merkmalen der typischen aus Schweden äußerst nahe, von der sie sich hauptsächlich durch Färbung unterscheidet; daher ist es erlaubt, sie nur als eine Rasse der ersteren anzusehen. 2. Bei einer Durchsicht des Materials an kaukasischen Hausmäusen ist es nicht schwer, zu bemerken, daß M. musculus aff. azoricus. SCHINZ be- ständig mit der weißbäuchigen, ihr übrigens ziemlich nahestehenden M. tata- ricus SAT. 1908 (aus Ost-Transkaukasien) verwechselt wird. Nach K. A. SATUNIN’s Diagnose zeiehnet sich letztere aus durch Körperlänge von 68—85; Schwanzlänge 63 — 84, wobei letzterer oft den Körper über- trifft; „... die Färbung der Oberseite des Körpers ist gräulich mit mehr oder weniger Beimischung von gelbrot, besonders an den Seiten und Ex- tremitäten. Unterseite des Körpers weiß mit durchscheinendem_ schiefer- grauem Ton der Haarbasis*. SATUNIN gibt nieht den Fundort der Type J. ARGYROPULO, Beiträge zur Kenntnis der Murinae BAIRD. 311 seiner neuen Unterart an, sondern zählt nur die Orte ihres Vorkommens in Transkaukasien auf: die Kreise Dzhevatskij, Lenkoranskij und Shemachinskij des Gouvernements Elisavethpol und Süd-Muganj. Er vergleicht seine neue Unterart mit Mäusen aus Tiflis und Kohnlety, diese irrtümlicherweise als typisch ansehend; gerade an diesen Stellen lebt aber M. m. azoricus. 3. Die west-transkaukasische M. m. aff. azoricus, eine Form, dieder schwedischen musculus sehr nahe steht, ist also durch eine Reihe, von Übergängen mit M. tataricus SAT. verbunden, während diese ihrerseits ganz unmerklich in die nordkaukasische M. hortulanus NORDM. übergeht Ich sehe daher keine Möglichkeit, die typische Rasse von M. museculus L. (Typus aus Upsala, Schweden) als selbständige, von hortulanus, spicilegus, wagneri und anderen Formen unterscheidbare Art aufzufassen. Meiner Ansicht nach gehören alleFormen der Hausmanus (soweit sie nach dem Bau des Schädels und der Zähne zur oben angeführten Diagnose passen), die innerhalb der Grenzen von Europa, Nord-, Mittel- und Zentral- asien vorkommen, zu einer einzigen conspecies, die nach den Prioritätsregeln (Mus) musculus LINNAEUS, 1758, genannt werden muß. Bei den vorhergehenden Auseinandersetzungen über die systematische Stellung von M. m. spicilegus machte ich mehrfach Einschränkungen bei der Beschreibung von Übergängen zwischen M. m. hortulanus und dunkelbäuchigen nördlichen Formen!!). Es handelt sich darum, daß trotz der großen Nähe derselben, die sogar eine Kreuzung zuläßt, beim Aneinanderstoßen zweier benachbarter Areale weißbäuchiger und dunkelbäuchiger Formen kein voll- ständiger gleichmäßiger Übergang zu beobachten ist, sondern gewöhnlich einzelne Breitenzonen des Dominierens einer Form über die andere, und endlich vollständigen Ersatz einer Rasse durch die andere, aber mit einem geringen Prozentsatz der ersteren. Eine Erk'ärung dieser Tatsache ist gegenwärtig, wo wir wenig experimentell geprüfte Kenntnis der Kreuzung verschiedener Rassen der Hausmaus haben, sehr schwer. Indem ich meinerseits die dringende Not- wendigkeit einer Lösung dieser Frage auf „genetischem“* Wege anerkenne, möchte ich die Aufmerksamkeit auf folgendes lenken. Allbekannt ist die leichte Verschleppbarkeit der Hausmaus durch jegliche Transportmittel; — ob nicht gerade darin der Grund und die Lösung des uns interessierenden Problems zu suchen ist? Wird nicht dadurch bis zu einem gewissen Grad die scheinbare Ungleichmäßigkeit der Übergänge zwischen weiß- und dunkel- bäuchigen Formen erklärt, daß an den Grenzen der Verbreitungsareale ein- 312 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd, 5, 1930. zelner Rassen sozusagen eine künstliche Vermischung der Formen stattfindet, welche das zu beobachtende bunte Bild schafft? Ich behalte es mir vor, diese Erklärung einstweilen nur als Hypothese hinzustellen, aber es ist mein Wunsch, die Aufmerksamkeit der Zoologen gerade auf die Untersuchung dieses Faktors (d. h. auf den Einfluß des Menschen auf die Verbreitung der Hausmaus in Kulturländern) bei der Lösung der Frage zu lenken. Die Beschreibung neuer Formen ohne ge- nügende morphologisch-genetische Beurteilung und ohne Untersuchung ihrer Beziehungen zu den Nachbarformen wird eine noch größere Konfusion nach sich ziehen, als die, die ohnehin schon durch die Existenz von 50 Synonymen von M. musculus (sowohl der Art, wie auch ihrer Unterarten) gegeben ist. Leider dauert das Anwachsen dieser fast als Rekord anzusehenden Zahl weiter an. Vor 2 Jahren hatten wir z. B. den fast anekdotischen Fall der Beschreibung eines wildlebenden Exemplars von M. m. hortulanus NORDM. (welches daher reinere Unterartsmerkmale hat) als selbständige Art! (Mus sergiü sp. n. B. S. VALJCH, Arb. Charkover Naturf. Gesellsch. L., Lief. 2, 1927). Dabei diente als Vergleichskriterium bei der Beschreibung die gleiche M. hortulanus, nur aus der Nähe menschlicher Behausungen (die also gründ- lich durch von Norden eingeschleppte dunkelbäuchige Formen verdorben ist). Interessant ist die Herkunft der Hausmaus, die zuerst von LINNE be- schrieben worden ist; sie ist überall eng an den Menschen gebunden, kommt aber trotzdem in wildem Zustand im gemäßigten und nördlichen Teil von Europa fast gar nicht vor (klimatische Bedingungen!). Wahrscheinlich wurzelt die Gewohnheit an eine solche Symbiose in ihr sehr tief und es ist möglich, daß sie, ebenso wie die Vertreter der Gattung Rattus, sich in Europa erst in historischer Zeit verbreitet hat und daß ihre Heimat ebenfalls im tropi- schen Asien zu suchen ist. Anmerkungen. I) Catalogue of the Mammals of Western Europe, 1912. 0) EDWIN REINWALDT. Beiträge zur Muriden-Fauna Estlands mit Be- rücksichtigung der Nachbargebiete. Tartu (Dorpat) 1927. 3) A History of british Mammals, part XVI—XXI, 1914—21. #4) Mir standen ungefähr 1500 Exemplare (Felle mit Schädeln sowie Spiritus- exemplare) aus diesen Ländern zur Verfügung, hauptsächlich aus der Sammlung des Zool. Mus. in Leningrad. 5) Die Zahlen entsprechen den Zahlen in den Diagnosen von spicilegus und musculus. °) Im Nachfolgenden nenne ich die Grenze zwischen der Färbung des Bauches und der Seiten der Kürze halber „Demarkationslinie“. °”) Es sei bemerkt, daß überhaupt in der Gattung Mus (im hier angenommenen Umfang, wenn 2 Untergattungen, Mus s. str. und Leggada GRAY, anerkannt J. ARGYROPULO, Beiträge zur Kenntnis der Murinae BAIRD. 313 werden, während Apodemus und Micromys als selbständige Gattungen gelten). Neigung zur starken Verkleinerung von M® (wie auch M,) beobachtet wird. So ist bei manchen afrikanischen Formen der Untergattung Mus (bella) M? 6—7 mal kleiner als M?’, und an seiner Oberfläche kann nur eine Schlinge erkannt werden. In der Sammlung des Zool. Mus. d. Ak. d. Wiss. existiert ein Schädel von M. mus- culus aus Transkaukasien, bei dem M°® links ganz fehlt und nicht einmal Spuren seiner Alveole bemerkbar sind. 8) Als Unterart von spicilegus beschrieben. 9) Im Bau des Skeletts und der Genitalien sind trotz gründlicher Unter- suchungen keine prinzipiellen Unterschiede zwischen südlichen und nördlichen Unterarten von M. musculus (also spieilegus, wagneri, musculus) gefunden worden. Das massive Skelett von M. musculus und die etwas größere Glans penis sind keine absoluten Merkmale und ebenso wie die plastischen Körpermerkmale durch Über- gänge mit M. spicilegus verbunden. 10) Ihre Merkmale untersuchend, finde ich keine Unterschiede von der 1845 von SCHINZ beschriebenen M. azoricus (von den Azoren), welche nach MILLER die ganze Mediterrane Region bewohnt und 1926 von OTTO WETTSTEIN für Konstantinopel angegeben worden ist. Möglicherweise wird der Vergleich von Fellserien von typischen Lokalitäten noch gestatten, eine kaukasische Unterart oder andere taxonomische Einheit von M. musculus zu fixieren, auf Grund der Literaturangaben allein und der kurzen Beschreibungen kann darüber nicht geurteilt werden. 11) Es muß bemerkt werden, daß fast ganz Europa, Nord- und Zentralasien (Indien lasse ich absichtlich beiseite) eine Hausmaus mit vorherrschenden Merk- malen von spicilegus (nach G. MILLER) bewohnt, d.h. mit einem Schwanz, der kürzer ist als der Körper (bei 90°/, der Gesamtmasse der Mäuse), mit einem kleinen Fuß und in der Mehrzahl der Fälle hellem, weder aschgrauem noch ebenso wie die Seiten gefärbtem Bauch. Dabei lebt im Norden diese Hausmaus fast aus- schließlich in menschlichen Wohnorten, je mehr nach S aber, desto häufiger treffen wir sie im Freien an, und es muß beachtet werden, daß mit der Klimaveränderung und dem Übergang zum Freileben eine allgemeine Verringerung ihrer Körper- maße und Aufhellung des Bauches in ziemlich engem Zusammenhang steht. Erklärung der Tafel XXXIY. Schädelverschiedener Unterartenvon Mus musculusL. Abb. 1. — M. m. wagneri EVERSM. (ehem. Gouv. Tsaritsyn). „ 2.3. — M.m. spicilegus PET. (Ungarn). „ 4 — M.m. spieilegus PET. (Umg. v. Wien). „ 5.6. — M.m. hortulanus NORDM. (Krim). „ 7. — M.m. hortulanus NORDM. Übergang zu M. m. funureus (Gouv. Tula). » 8. — M. m. funureus OGN. (Kreis Zlatonst des ehem. Gouvern. Ufä). » 9. — M. m. funureus OGN. (Kreis Zlatonst des ehem. Gouv. Ufa). „ 10. — M. m. coerulescens FR. (Deutschland). (Schädel 1—83, 5—8 von erwachsenen, jedoch nicht alten Tieren, Schädel 4, 9, 10 von sehr alten Tieren). Photographien des Verfassers nach Objekten des Zoologischen Museums der Akademie der Wissenschaften von USSR. 314 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 7.) Das milchführende Hohlraumsystems des Ziegeneuters, Von WLADISLAW HERMAN (Lemberg). Mit 13 Abbildungen im Text und auf den Tafeln XXXV—XXXVIL Seit vielen Jahrtausenden züchten die Menschen Haustiere, von denen die meisten zu den Säugetieren gehören, aber nur wenige dieser Tiere eignen sich als Milchspezder für den menschlichen Haushalt. Es sind Rind, Ziege nnd Schaf, auch Büffel, Yak, Renntier, Kamel und Pferd als Milchgeber an- zusehen. In unseren Gegenden stehen an erster Stelle Kuh und Ziege, obschon diese dem Rinde bei weitem nicht gleich gestellt werden kann. Seltener wird bei uns auch das Schaf als Milchgeber benutzt. Wenn auch die Ziege betreiis Milchgewinnung nie die gleiche Bedeutung haben wird wie das Rind, so bietet sie doch diesem gegenüber manche Vor- teile: Sie ist vor allem zur Milchgewinnung bei armen Stadtbewohnern und Landleuten für den eigenen Gebrauch ausersehen. Ferner ist sie vorzuziehen, wenn man einwandfreie Milch für Kranke gewinnen will, besonders in einer Gegend, wo keine Milchkontrolle durchführbar ist. Sie soll nämlich, unter gleichen Bedingungen, widerstandsfähiger gegen ansteckende Krankheiten, besonders gegen die Tuberkulose sein. Die kleinen Ansprüche der Ziege ihrem Züchter gegenüber sind ja wohl bekannt. Wenn wir dazu noch die große Milchergiebigkeit der Ziege rechnen, so leuchtet es wohl ein, daß dieses Tier sich ökonomisch sehr gut bewährt und großen Nutzen bringen kann. Bei den wissenschaftlichen Studien wendete sich das größte Interesse | der Kuh zu, einerseits als der Hauptgeberin der Milch, andererseits als be- deutsames Fleischtier. Die kleinere und unbedeutende Ziege wurde weriger beachtet, so daß man in der Literatur nur verhältnismäßig wenige ausführ- lichere Angaben über ihren Bau, besonders aber über ihr Euter finden kann. Die Studien sind aber derzeit nicht nur von rein theoretischem, sondern auch von praktischem Interesse, denn in den Kriegs- und Nachkriegszeiten ist die Ziegenzucht bedeutend gestiegen, was mit den wirtschaftlichen Fragen der Volksernährung im Zusammenhang steht. Von wissenschaftlichem Interesse sind sie deshalb, weil theoretische Fragen von allgemeiner Bedeutung leichter an dem kleineren und einfacher gebauten Euter der Ziege studiert werden können. Für meine Studien, die ich über den grobanatomischen Bau des milch- führenden Hohlraumsystems des Ziegeneuters betrieb, benutzte ich als Material Euter, die mir das pathologische Institut der Wiener tierärztlichen Hoch- schule freundlichst zur Verfügung stellte. Außerdem gewann ich auch etliche W. HERMAN, Das milchführende Hohlraumsystem des Ziegeneuters. 315 Euter im Schlachthaus, die aber gewöhnlich durch unzweckmäßige Behand- lung schon beschädigt waren und sich weniger für meine Zwecke eigneten. Jedes Euter wurde zum Zweck der Konservierung im frischen Zustande mit 5°/, Karbolsäurelösung durch die Blutgefäße injiziert. Zur Reinigung und Konservierung der Milchgänge spülte ich sie drei- bis viermal sorg- fältig mit Wasser durch, massierte jedesmal den Inhalt möglichst vollständig aus und dann erst beschickte ich sie mit Karbolsäurelösung. Auf diese Art ist es mir gelungsn, auch die kleinsten Milchgänge gänzlich vom Sekret zu befreien und zu konservieren. So vorbereitete Euter bewahrte ich zum wei- teren Studium in 3°/, Karbolsäurelösung auf. Das Ziegeneuter befindet sich am kaudalen Teil des Bauches, in der Gegend zwischen den Innenflächen der beiden Schenkel Seiner Form nach lassen sich drei Eutertypen unterscheiden: 1. die halbkugelige, 2. die ko- nische, 3. die abgeflachte (Abb. 1). Abb. 1. Die verschie- denen Formen des Zie- geneuters von der Seite gesehen und von vorn. a) und d) halbkugeliges Euter. b) und e) Konisches Euter. c) und f) Abgeflachte Euterform. Die erste findet man am häufigsten bei ganz jungen Individuen, die noch nicht oder bei der ersten Laktation gemolken werden; die zweite ist für alte Ziegen charakteristisch, bei denen die größeren Milchgänge und die Zisterne stark ausgedelint sind. Ähnliche Formen wurde auch bei der Kuh unter dem Namen des „Ziegeneuters“ beschrieben. Die dritte abgeflachte Form des Euters kommt bei verschieden alten Tieren gleich oft vor. Die Milchdrüse ist ein Hautgebilde. Sie liegt außerhalb der Bauchwand und beim Ablösen bleibt sie an der Haut. Ihre Lage ist derart schräg, daß sie von caudal-dorsal nach cranio-ventral gerichtet ist. Dies ist sehr wichtig für die allgemeine Kanalisierung der Drüse, weil so der Abiuß der Milch dadurch bedeutend erleichtert wird. Die Seitenwände des Euters sind von 316 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. zwei Bogenlinien begrenzt, die nach vorn zu allmählich divergieren. Das vordere und das hintere Ende der Drüse zeigen je zwei Ausbuchtungen, die eine Einziehung begrenzen. Die Milchdrüse der Ziege ist aus zwei, gewöhn- lich gleich großen Seitenteilen zusammengesetzt, die zwar durch die Blut- gefäße kommunizieren, sonst aber durch eine mediane, in sagittaler Richtung verlaufende, derbe bindegewebige Scheidewand voneinander getrennt sind. Die Zitze befindet sich nicht am ventralsten Punkt des Euters, sondern etwas cranial davon und ist latero-ventral gerichtet. Ihre Achse liegt in der Ver- längerung der Linie, die man sich von der Mitte des hinteren Randes des Euters bis zur Ansatzstelle der Zitze denken kann. Die Bauchfläche des Euters ist konkav und weist in der Mitte eine seichte, in ihrem Verlauf der Grenze der beiden Seitenteile entsprechende Furche auf. Die Ränder, besonders aber der vordere sind schwach gewölbt. Die Außenfläche ist stark konvex. In der Mitte weist sie eine Einziehung auf, die nach vorn zu immer tiefer wird und zwei gut ausgeprägte Kuppen, die Ansatzstellen der Zitzen, voneinander trennt. Die Haut des Euters ist dünn und zart. Ihrer Farbe nach paßt sie sich der allgemeinen Hautdecke des Organismus an. Bei weißen Ziegen ist sie rosa-rot, bei dunklen dunkel gefärbt, manchmal ist das Euter gefleckt. Ihre Haare sind ungleichmäßig verteilt und entwickelt. Die längste und stärkste Behaarung kann man an der Übergangszone von der Euterhaut in die Bauchhaut und in der Mittelfurche zwischen den beiden Kuppen be- obachten. Dann werden die Haare immer spärlicher und kürzer, bis zur Zitzenbasis. Auf der Zitze, die bis zu ihrem Ende, außer einem klöinen Kreis um die Mündung des Strichkanals, eine mäßige Behaarung aufweist, kann man beobachten, daß die Haare immer länger werden und ihre größte Länge auf dem Scheitel der Zitze erlangen, obwohl sie zugleich an Zahl allmählich abnehmen. Auf der rückwärtigen Seite des Euters sind oft zwei in dorso- ventraler Richtung verlaufende Hautfalten vorhanden, die besonders gut bei alten Ziegen, mit herabhängender Drüse zum Vorschein kommen. Die Haut ruht an der ganzen Oberfläche der Drüse auf reichlich entwickeltem Binde- gewebe und ist deswegen leicht verschiebbar und abziehbar; auf den Zitzen dagegen verwächst sie mit der darauf folgenden Muskelschicht so innig, daß die bindegewebige Unterhaut vollkommen verschwindet. Die Zitzenwand ist runzelig und weist mehrere, nicht regulär verlaufende Längs- und Quer- furchen auf. Dies erlaubt bei stärkerer Füllung der Zitze ihre Ausdehnung, die in manchen Fällen ungemein groß sein und zu einer 5—6fachen Ver- größerung ihrer Querachse führen kann. Nur im distalen Ende der Zitze kommt es nie zu einer solch starken Ausdehnung; die Zitze nimmt daher W. HERMAN, Das milchführende Hohlraumsystem des Ziegeneuters. 317 bei starker Füllung eine nach dem unteren Ende zu stärker ausgezogene Spindelform an. Von der Oberfläche beobachtet, weist ein gefülltes Euter zwei quer verlaufende Furchen auf: eine an der Ansatzstelle der Zitze, die der Grenze zwischen den beiden Zisterneteilen entspricht, die zweite etwas höher verlaufend, dicht an der Basis der Kuppe, oder ein wenig kaudal davon, die die obere Grenze der Zisterne im Drüsenparenchym andeutet, (Abb. 2). Während die untere Furche gewöhnlich stark ausgeprägt und deutlich sichtbar ist, ist die obere seicht und öfters kaum bemerkbar. In seltenen Fällen kommt noch eine dritte Querfurche auf der Zitze vor, die ihren proximalen Teil vom distalen abgrenzt. Die Grundlage für die äußere Form der Drüse wird im allgemeinen durch das Parenchym gegeben, nur im kaudalen Ende sitzen dem Milch- drüsengewebe etwas lateral zwei große Lymphknoten auf, die in besonderen Vertiefungen der Drüsensubstanz verborgen sind. Die Drüsenlappen liegen aneinander, kaudalwärts geneigt, den Milchgängen so an, wie etwa die Blätter eines Baumes vermittels kurzer Stiele auf den Ästen sich befestigen. Sie treten bis zur Zisterne, ja sogar bis zum basilaren Teil der Zitze hinüber, wo sie noch verstreut vorkommen können, obwohl sie dort schon schwach entwickelt sind und oft Merkmale einer hochgradigen Druckatrophie auf- weisen. Alle Drüsenlappen sind von Bindegewebe, in dem die ausführenden Milchkanäle verlaufen, umhüllt und verbunden. Die Milchgänge durchsetzen das Drüsenparenchym in allen Richtungen und bilden, besonders in ihren feineren Ästen ein so reich verzweigtes und verästeltes Netzwerk, daß bei den Injektionspräparaten, wenn recht dünne Massen verwendet wurden, eine Verfärbung des Parenchyms vorgetäuscht werden kann. Auf solche Weise kann man auch sehr gut die Grenzen des Drüsengewebes einer Drüsenhälfte gegen das der anderen feststellen. In meiner Arbeit studierte ich Verlauf, Form und Größe, sowie Lage und Volumenverhältnisse der milchführenden Hohlräume des Euters, die beiden letzten Faktoren auch in Beziehung zum Drüsenparenchym. Zu diesem Zwecke füllte ich das Milchgangsystem mit verschiedenen Maßen und zerlegte dann die Drüsen in 5 oder 7,5 mm dicke Platten, wobei ich die Schnitte in verschiedener Richtung und zwar: sagittal, horizontal und transversal zur langen Körperachse führte. Auf solche Weise konnte ich die Lage der Milchgänge im Drüsenparenchym, ihre Dicke und ihren Verlauf feststellen. Um mich über die Raumverhältnisse besser zu orientieren benutzte ich Ausgüsse mit Gips, Plattenmodelle aus Paraffin und Metallcorrosionspräparate, zu deren Herstellung ich die von KARL SKODA angegebene, von GUSTAV GÜNTLER stammende Modifikation des Wood- 318 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. schen Metalls verwendete. Große Dienste, besonders bei der Beobachtung der kleinsten Milchgänge, leisteten mir auch photographische und röntgenogra- phische Aufnahmen. Was den Verlauf der Milchgänge anbelangt, so kann man folgende Teile unterscheiden: 1. In den Drüsenläppchen liegende sezernierende Al- veolen, die mittels eines Schaltstückes (Halses) in die 2. Endtubuli des Läppchens münden. Diese Teile sind in den Injektionspräparaten gewöhnlich nicht sichtbar. Nur bei Verwendung sehr dünner Massen kann man die Füllung dieser kleinsten Gebilde wenigstens teilweise erzielen. Bei Betrach- tung mit Lupe oder Mikroskop sieht man, wie der Endtubulus sich an seinem Ende dicho- oder trichotomisch auflöst und in die Alveolen übergeht. Auch auf den Seitenwänden des Kanälchens befinden sich einzelne sezernierende Alveolen. Mehrere Kanälchensysteme, von entsprechendem Drüsenparenchym umgeben, vereinigen sich zu von Bindegewebe umgrenzten Lappen. In der Mitte dieser befindet sich je ein (3) Zentralsammelraum, der mittels eines kurzen Ausführungsganges in den (4) interlobulären Milchkanal mündet, der in der die Lappen trennenden Bindegewebeschicht verläuft. Die interlobu- lären Milchkanäle vereinigen sich so zu immer (5) größeren Gängen, daß diese sich endlich in der Zahl von nur 7—9 in (6) die Zisterne ergießen, Die Zisterne liegt teils vom Drüsenparenchym umgeben im Euter an der Basis der Zitze, teils befindet sie sich in der Zitze selbst. An der Grenze der beiden Zisternenteile kann man oft einen verschieden stark ausgebildeten Wulst finden, der bei der größeren Ausdehnung der Zisterne besonders gut zum Vorschein kommt (Abb. 3, Tafel XXXV). Der Zitzenteil der Zisterne mündet mittels des verhältnismäßig engen Strichkanals nach außen. Im all- gemeinen ist der Verlauf der einzelnen Teile der Milchwege so, daß die Milch auch bloß unter der Wirkung der Schwerkraft, immer in der Richtung der Zisterne zu und nach außen sich bewegen kann. Dementsprechend haben alle Gänge einen möglichst geraden Verlauf und sind daher im rückwärtigen Teil der Drüse cranio-ventral, im vorderen Teil caudo-ventral gerichtet. Die vor- deren Gänge sind verhältnismäßig spärlich entwickelt, so daß die durch diese kommende Milch den allgemeinen Strom nicht beeinträchtigen kann, um so weniger als sie an der oberen, gewölbten Seite der Zisterne münden. Den Gesetzen der Bewegung der Flüssigkeiten entsprechend, verlaufen die größten Kanäle in der tiefsten Lage, d. h. ganz oberflächlich, was noch den Vorteil mit sich bringt, daß die Milchabführung durch Druck von Seiten des Drüsenparenchyms und der Blutgefäße nicht beeinträchtigt werden kann. Die Seitenzweige der größten Milchkanäle verlaufen größtenteils schräg von oben nach unten und münden an der dorsalen Fläche in die Hauptgänge ein. W. HERMAN, Das milchführende Hohlraumsystem des Ziegeneuters. 319 Weil die für die Milchleitung am besten geeignete Stelle verhältnis- mäßig schmal ist, so müssen die größten Kanäle in zwei Schichten über- einander gelagert werden, um während der Laktation die ganze, bereits entstandene Milchmenge abzuführen. Dabei wechseln sie in der Lage so ab, daß ein in der oberen Schicht gelegener Kanal die Lücke zwischen zwei in der unteren Schichte verlaufenden Kanälen überdeckt (Abk. 5, Tafel XXXV). Die einzige Ausnahme im Verlauf der Gänge bilden die kleinsten intralobulären Hohlräume an der Stelle, wo die Endtubuli von allen Seiten gleichmäßig in 1234 Abb. 2. Schema der Verteilung der beiden Gängeschichten im Drüsenparenchym. 1. Die Milchgänge der tiefen Schicht. 2. Die Milchgänge der ober- flächlichen Schicht. 3. Der Drüsenteil der Zisterne. 4. Der Zitzen- teil der Zisterne. 5. Das Parenchym. den Zentralsammelraum führen, was der Form der Lappen entspricht, die sich den Raumverhältnissen zwischen vielen anderen Lappen und Ausführungs- gängen anpassen müssen. Deswegen könuen die Lappen blattförmig, kegelig, rundlich oder auch von unregelmäßiger Form sein. Dies beeinträchtigt die Milchabführung nicht im geringsten, weil der Sekretionsdruck genügt, die Flüssigkeit, die sich im Endtubulus sammelt, nach außen zu bewegen). Die Endtubuli unterscheiden sich von den übrigen Gängen auch dadurch, daß sie oft unter stumpfem Winkel in den intralobulären Hohlraum einmünden, während alle anderen Gänge unter einem spitzen Winkel miteinander ver- schmelzen. Der Winkel, den die Achsen der Abzweigungen bei der Mündung in die Hauptstämme bilden, verursacht die Entstehung von Falten, die eine Art von Klappen bilden, die das Lumen der kleineren Kanäle absperren können und so den Rückgang der Milch verhindern; doch scheint ihre Wirkung nicht !) Auch kann hier die Wirkung der sog. Korbzellen der Alveoli und der in den Wänden der Tubuli verlaufenden elastischen Faser nicht unberücksichtigt bleiben. 320 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. sehr groß zu sein, so daß man sie, beim Nachfüllen der Kanäle mit In- jektionsmassen nicht zu berücksichtigen braucht. Die kleine Wirkung der in den Milchgängen vorkommenden klappenartigen Falten ist dadurch zu erklären, daß sie verhältnismäßig kurz sind und schon bei etwas größerer Ausdehnung der Gänge das Lumen offen lassen. Der Ursprung dieser Er- scheinung beruht auf der Tatsache, daß die Gänge meistens knapp vor der Mündungsstelle stärker convergieren und einen größeren Winkel bilden, als ihrer übrigen Längsachse entsprechen würde. Die Form der Milchgänge ist keine regelmäßige; sie bilden in ihrem Verlauf öfters Ausbuchtungen, um dann zur vorherigen Breite zurückzu- kehren. Am häufigsten trifit man keulenartige Auftreibungen der Kanäle, die mittels dünnen Halses in den nächst größeren münden, während sie am breiten Ende sich dicho- oder trichotomisch verzweigen. Manchmal kommt es auch vor, daß die Hohlräume sich fingerartig in mehrere Äste auflösen. Besondere Verschiedenheiten weist die Form der kleinen Zweige auf, die unmittelbar aus den Lappenhohlräumen die Milch empfangen. Unter ihren zahlreichen Formen lassen sich drei Haupttypen unterscheiden, die je nach der Gegend der Drüse überwiegen. An der Vorderseite, in der Umgebung der Zitze, sind sie kugelig oder rundlich, sehr kurz und kaum verzweigt. Die Gänge der Außenseite sind verhältnismäßig stark und weisen nicht viele, aber gut entwickelte Seitenäste auf (Abb. 6, Tafel XXXV). In ihrem Verlauf weichen sie nicht viel von der Lotlinie ab. Das Gegenteil stellen die der Mittelwand zu gerichteten Kanäle dar. Sie sind, obwohl reich an Zahl, schwach entwickelt und dünn, ihre Seitenabzweigungen sind schlank und kurz. In ihrem Verlauf nähern sie sich mehr der Horizontalebene (Abb. 7, Tafel XXXVI). Im leeren Zustande fallen die Wände sämtlicher Milchgänge zusammen, so daß sie dann nur als schmale, zur Oberfläche der Drüse parallel ver- laufende, kaum sichtbare Spalten erscheinen. Nach der Füllung, sei es durch die Milch, sei es durch Injektionsmasse, nehmen sie einen runden oder zur Drüsenoberfläche parallelen ovalen Querschnitt an. Dabei treten auch alle Besonderheiten ihrer Form zu Tage. Die Wandungen der Milchgänge sind sehr dehnbar, so daß es bei der Injektion leicht vorkommen kann, daß man sie übermäßig anfüll. Es muß aber immer in Betracht gezogen werden, daß auch wechselnde Milchmengen die Kanäle verschieden stark ausbuchten können, daß also ihre Weite in physiologischen Grenzen starken Schwan- kungen unterliegt. Deswegen habe ich bei meinen Messungen diejenigen Werte als Grundlage genommen, welche ich bei Metallcorrosionspräparaten erzielte, da in diesem Falle nur von der Entfaltung der Gänge durch das frei einfließende Metall, aber von keiner besonderen Dehnung die Rede sein W.HERMAN, Das milchführende Hohlraumsystem des Ziegeneuters, 321 kann. Nach diesen Präparaten berechnete ich, daß die Breite der interlobu- lären Sammelgänge ungefähr 0,3—1,2 mm beträgt. Die abführenden Kanäle erster Ordnung sind im Durchschnitt 2—4 mm breit; sie vereinigen sich dann zu Kanälen von 6—8 mm Durchschnittsweite, welche endlich in die größten Gänge übergehen. Diese sind an manchen Stellen mehr als 15 bis 25 mm breit, obwohl sie sich auch, besonders oft bei der Zisterne, auf den Durchmesser von 8 bis i0 mm oder noch stärker verengen. Alle geschilderten Breitenstufen kommen nicht in jedem Kanal regelmäßig vor. In dem Vorder- teil der Drüse sitzen gewöhnlich die stark entwickelten, kugeligen Sammel- gänge der Zisterne unmittelbar auf, ohne Einschaltung irgendwelcher Ver- bindungsäste. Die von oben kommende Milch durchläuft nur kleine Sammel- röhrchen und ergießt sich in die Zisterne ohne Vermittlung der großen Ausführungswege. Nur in den Gängen, die das Sekret von den hinteren Teilen der Drüse ableiten, kommen alle vier Größen der Gänge zur Entwicklung, obwohl auch hier manchmal Ausnahmen vorhanden sind. Es gelang mir in manchen Fällen das Volumen des gesamten milchführenden Hohlraumsystems des Ziegeneuters festzustellen. Seine Größe berechnete ich nach der Menge der injizierten Masse, oder nach der Zunahme des Volumens des ganzen Euters nach der Injektion, gemessen in einem mit Wasser gefüllten Glas- zylinder. Die auf solche Weise erzielten Maße sind zwar nicht ganz genau, jedoch können sie sehr gute Dienste leisten zur allgemeinen Orientierung über diese Verhältnisse. Es ergab sich, daß das leere Euter ein Volumen von 780 cm? bis 1975 cm? aufweist, während seine Zisterne und Milchgänge im ungedehnten Zustande nach der Füllung mit Metall ungefähr 360 em? Füssigkeit fassen könnten. Diese Menge kann aber bei stärkerem Injektions- druck bedeutend erhöht werden. Die wechselnde Weite der Gänge, ihre Lagen- und Größenbeziehungen zum Drüsenparenchym, kann man sehr gut an Querschnitten eines unter schwachem Druck injizierten Euters studieren. An solchen Schnitten sieht man, daß in den vorderen Drüsenteilen die Milchgänge an der Oberfläche des Querschnittes weitaus überwiegen und daß die Hohlräume, besonders in der Gegend der Zitzenbasis mehr als 75°/, der gesamten Querschnittober- fläche bilden; weiter sieht man, daß die Gänge nach rückwärts (Abk. 8, Tafel XXXVI) immer an Größe abnehmen und endlich am Kaudalende des Euters nur noch kleine, spärlich verteilte Inseln bilden, die bloß 20°/, oder noch weniger der gesamten Fläche ausmachen. An solchen Querschnitten kann auch die Verteilung der Gänge im Drüsenparenchym gut beobachtet werden. Da zeigt sich auch, daß alle kaudallaufenden größeren Gänge ganz oberflächlich liegen, während die tiefer liegenden immer an Größe abnehmen, bis in den dorsalen 21 322 Zeitschrit für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Schichten der Drüse nur noch ganz dünne Sammelkanälchen vorkommen, wie sie auch in den kaudalen Drüsenteilen zu finden sind. Wenn man einen Milchgang von seinem Anfang in den kaudalen Drüsen- läppchen bis zum Ende in der Zisterne beobachtet, kann man sich seinen Verlauf schematisch als einen schräggestellten, flachen Bogen vorstellen, der nach vorne zu immer flacher wird (Abb. 9, Tafel XXXVI), im hinteren Teile dagegen sich stärker krümmt und in mehrere Äste auflöst. Dabei gibt er kurze Abzweigungen in ventraler und längere, stärker entwickelte in dorsaler Richtung, die zwar das klare Bilä der Grundform störend beeinträchtigen, ohne es jedoch gänzlich zu verwischen. Die Milch, die im Drüsenparenchym gebildet und durch die verschiedenen Wege abgeführt wird, sammelt sich während der Melkpausen in der Zisterne. Die Zisterne zerfällt, wie bereits gesagt wurde, in zwei Abteilungen, in die obere oder Drüsenzisterne und die untere oder Zitzenzisterne (Abb. 10, Tafel XXXV]). Der obere Teil der Zisterne liegt bei der Ziege ganz ober- flächlich, cranio-ventral am Euter und umfaßt hauptsächlich den ventralen Teil der Zitzenbasis. Die Form und Größe der Zisterne ist bei verschiedenen Individuen sehr verschieden. Die Größe schwankt zwischen der einer Haselnuß und der einer Kindesfaust. Der Form nach kann die Zisterne einheitlich und rundlich oder von mehreren Falten und Balken durchquert und mit Ausbuch- tungen versehen sein (Abb. 11, Tafel XXXVII). Oft bildet die Zisterne tiefe taschenartige, manchmal sich verdoppelnde Buchten, die die eigentlichen Milch- gänge vortäuschen können. In mehreren Fällen geht die Zisterne an ihrem kaudalen Ende in drei trichterartige oder kuppenförmige Verlängerungen über, die dann als eigentliche Mündungsstellen der Milchkanäle angesehen werden müssen. In diesem Fall bilden sich gewöhnlich 9 Hauptausführungsgänge aus. Außer den großen münden in die Zisterne auch mehrere kleinere Milchgänge ein. Die Verteilung der Mündungstellen ist der Verschiedenheit der Formen der Zisterne entsprechend auch sehr verschieden. Regelmäßig findet man aber, daß die größten Gänge nur von der Rückseite in die Zisterne eintreten. Die mittelgroßen Gänge kommen in zwei Gruppen geteilt schräg von oben und von vorn; die ganz kleinen dagegen finden ihre Mündungsstellen an der ganzen Oberfläche der; Zisterne, obwohl ihre Zahl vorn bei weitem über- wiegt (Abb. 12, Tafel XXXVI). Die Drüsenzisterne geht cranio-ventral in die Zitzenzisterne über. Der Übergang kann ein allmählicher sein oder es bildet sich an der Übergangs- zone beider eine Falte, die ihre Grenze stark markiert. Was die Ursache der Entstehung dieser Falte anbelangt, glaubt ZIETSCHMANN sie, besonders beim Rind, darauf zurückführen zu müssen, daß hier direkt unter der Ober- W. HERMAN, Das milchführende Hohlraumsystem des Ziegeneuters. 323 fläche eine Kranzvene verläuft. Die Form des Zitzenlumens ist gewöhnlich einheitlich und ohne jedwede sich besonders abhebende Ausbuchtung; sie kann aber großen Veränderungen unterliegen. Im allgemeinen können wir walzen- förmige und konische Zitzen unterscheiden (Abb. 13, Tafel XXXVIII). Oft kommen Zitzen vor, deren Form am besten als ellipsoidal zu bezeichnen ist. Der Durchmesser der Zitze ist gewöhnlich etwas geringer als der Zisterne; manch- mal können sie gleich sein. Im ungedehnten Zustande ist das Zitzenlumen ungefähr 30—50 mm lang und 8 mm breit. Seine innere Oberfläche ist mit längs verlaufenden Furchen und Falten besetzt, die gewöhnlich (wenn auch nicht immer) eine Drehung von links und rechts zeigen und im weiteren Verlauf auf die innere Fläche der Zisterne und der größten Gänge über- gehen. Die Zahl dieser Falten ist nicht regelmäßig; am häufigsten können wir in jeder Zitze acht Erhebungen finden. Sie sind nicht verstreichbar, werden aber bei starker Dehnung der Zitze viei kleiner und können schließ- lich ganz verschwinden. Dem unteren Ende zu flachen sich diese Längs- falten immer mehr ab und an ihre Stelle treten kleine, kurze, radiär gelegene Fältchen, die die sogenannte Rosette bilden. Die Rosette kommt bei der Ziege regelmäßig vor, jedoch ist sie bedeutend schwächer ausgebildet als beim Rind. Von der Mitte der Rosette aus führt ein kurzer Strichkanal, der die Zitzenwand durchbohrt und an ihrer Spitze mündet. Der Strichkanal zeigt eine Länge von 5,3 bis 6,4 mm und einen Durchmesser von 0,8 bis 2 mm. Seine Wände sind mit mehreren Längsfalten besetzt, die sich am besseren Verschluß der Zitze beteiligen. Der Strichkanal kann zylindrischer Form sein, oder er ist trichterförmig, gegen die Zitzenzisterne zu erweitert. Stets mündet er am Boden einer kleinen rundlichen Vertiefung, die die Zitzen- spitze einnimmt. Was den histologischen Bau der Wand in den einzelnen Abteilungen der Milchwege anbelangt, ist zu erwähnen, daß dieser drei Zonen zu unter- scheiden erlaubt: 1. Strichkanal mit kutaner Schleimhaut, 2. Zisterne und größere Gänge (mit einer gelblichen Schleimhaut ausgekleidet), die ein mehr- schichtiges Epithel aufweisen, 3. kleinere und kleinste Gänge mitsamt den Alveolen, die ein einschichtiges Epithel auskleidet. Die Zitzenwand besteht aus drei Schichten: 1. Schleimhaut, 2. Gefäß- und Muskelschicht, 3. äußere Haut. Alle diese Schichten heben sich sehr deutlich voneinander ab. Die Schleimhaut ist mit zweischichtigem Epithel ausgekleidet, dessen obere Schicht aus zylindrischen mit länglichen Kernen versehenen, dessen untere dagegen aus kleinen, polygonalen, mit rundlichen Kernen versehenen Zellen besteht, wobei die untere Lage oft lückenhaft und unvollständig sein kann. Unter den beiden Epithellagen befindet sich 21*F 324 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. die Schleimhautpropria, die sich durch das Fehlen von muskulösen Elementen und durch reichliches Vorkommen von elastischen Fasern von der Mittel- schicht deutlich abhebt. Ihre accesorischen Drüsen sind individuell verschieden stark entwickelt und gewöhnlich von zahlreichen Lymphzellen umgeben. Die Schleimhaut der Zitze erstreckt sich auch auf das Innere der Drüsenzisterne, Im Strichkanal geht sie rasch in die von mehrschicktigem Epithel aus- gekleidete kutane Schleimhaut über, die sich auch durch ihre weiße Farbe von der gelblichen der Zisterne deutlich unterscheidet. Die kutane Schleim- haut des Strichkanals verliert sich fast ohne Grenze im äußeren Integument der Zitze, von dem sie sich nur durch ein stärkeres Stratum granulosum im Epithel, durch das Fehlen von Haaren und Drüsen und den reicheren Gehalt von elastischen Fasern in der Propria unterscheidet, wie es schon KÄPPELI in Zürich beobachtete. In der Mittelschicht verlaufen mehrere, oft ziemlich große Venen und Arterien, die um das Zitzenlumen herum ein deutliches Netz bilden. Zwischen den Gefäßen liegen zahlreiche Muskelfasern, die drei aufeinander folgende Schichten, eine zirkuläre, eine längsverlaufende und eine irreguläre Schicht bilden. Die Haut liegt ohne Subkutis auf den Muskeln, was ihre Unverstreichbarkeit und die Derbheit der Zitzenwand verursacht. Bei älteren Individuen atrophieren die Muskelfasern sehr stark und ihre Funktion wird durch die reichlich vorkommenden elastischen Fasern übernommen. Auch ist die Zitzenwand bei den älteren Ziegen dünner wie bei den jungen. Der Strichkanal ist regelmäßig von einem feinen, aus elastischen Fasern gewobenen Netz umgeben, und an seiner Basis verläuft ein zirkulärer Muskel: Sphincter papillae. — Das Epithel der Zisterne geht ohne Grenze in das Innere der größeren Gänge über, um endlich in den feineren Kanälchen, den Endtubulis und Alveolen, durch einschichtiges sezernierendes Epithel ersetzt zu werden, das vom eigentlichen Drüsen- gewebe stammt. Auch bei männlichen Tieren kommt die Anlage der Milchdrüse vor. Sie befindet sich bei den Ziegenböcken an der Rückwand des Hodensackes und kann in einzelnen Fällen zu stärkerer Ausbildung gelangen. Dann weist sie im verkleinerten Maßstab alle die Merkmale auf, die für die Drüse eines weiblichen Tieres charakteristisch sind, nur sind alle Gänge viel weniger entwickelt und das eventuell vorhandene Sekret kann natürlich nicht als echte Milch bezeichnet werden. Die Ergebnisse meiner Studien über das milchführende Hohlraumsystem des Ziegeneuters kann ich in nachstehenden Punkten zusammenfassen: 1. Das Drüsenparenchym ist von den kleinsten Milchgängen gleichmäßig durchsetzt. W. HERMAN, Das milchführende Hohlraumsystem des Ziegeneuters. 325 2. Die größten Gänge liegen in der tiefsten (ventralen) Lage. 3. Die größten Gänge, die in der Zahl von 6 bis 9 (selten mehr) vor- handen sind, liegen in zwei Schichten im rückwärtigen (caudalen) Teil der Drüse. 4. Alle Gänge verlaufen fast geradlinig und führen ihren Inhalt auf dem kürzesten Wege zur Mündung. 5. Der allgemeine Verlauf der Gänge entspricht den Gesetzen der Hydrodynamik so, daß die Milch auch ohne Einwirkung anderer Kräfte als der Schwerkraft in die Zisterne gelangen kann. 6. Die Zisterne läßt sich in zwei Teile teilen, in die Drüsenzisterne und in die Zitzenzisterne, die in den Strichkanal übergeht. 7. Die Drüsenzisterne liegt oberflächlich im distalen Endteil der Drüse. Sie ist gewöhnlich mit mehreren Ausbuchtungen versehen und geht cranio- ventral in die Zitze über. 8. In die Drüsenzisterne münden die Milchgänge. 9. Die Zitzenzisterne ist einheitlich; sie kann walzenförmig, konisch oder spindelförmig sein. 10. An der Grenze zwischen den beiden Zisternenteilen kommt gewöhn- lich eine Falte vor, die sie voneinander abgrenzt und bei stärkerer Füllung der Zisterne stärker vortritt. Zum Schluß möchte ich noch dem hochverehrten Herrn Prof. Dr. KARL SKODA, dessen Entgegenkommen und Winken ich die Möglichkeit der Durch- führung meiner Arbeit verdanke, meinen besten Dank aussprechen. Auch den Instituten der Pathologie und Röntgenologie sowie allen Mitarbeitern des „Anatomischen Institutes“ der Tierärztlichen Hochschule Wien bin ich für ihre Freundlichkeit und ihr Entgegenkommen zur größten Dankbarkeit verpflichtet. Bildererklärung. Tafel XXXV - Abb. 3. Röntgenaufnahme eines injizierten Ziegeneuters. Unten sind die beiden, stark ausgedehnten Zitzen sichtbar, oben das kaudale Ende des Drüsen- parenchyms. Rechts kommt die schwarz gefärbte Zisterne zum Vor- schein, auch sieht man hier die Grenze zwischen dem Zitzen- und Drüsen- teil der Zisterne. Links wurden mit dünnflüssiger Masse auch die kleinsten Gänge injiziert, um die Verteilung des Parenchyms in einer Drüsenhälfte anzudeuten. Abb. 4. Die Zisterne eines Ziegeneuters, aufgeschnitten zur Demonstrierung der Mündungsstellen der Milchgänge und der Schleimhautfalten, die vom Zitzenteil der Zisterne in den Drüsenteil teilweise übergehen. Abb 5. Halbschematische Darstellung des Verlaufs der Milchgänge im Drüsen- parenchym (Sagittalschnitt). 326 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Abb. 6. Schema der Verzweigung eines Milchganges. Tafel XXXVl. Abb. 7. Der Ring an der Grenze der Drüsen- und der Zitzenzisterne, von oben gesehen. Abb. 8. Der Ausguß des milchführenden Hohlraumsystems des Ziegeneuters von der Außenseite. Zur Darstellung der Form und des Verlaufs der vorderen und lateralen Sammelkanälchen. Abb. 9. Ein Metallausguß der Milchgänge von der medialen Seite gesehen, zur Darstellung der medialwärts verlaufenden Sammelkanäle. Abb. 10. Querschnitt durch eine Hälfte der Milchdrüse der Ziege, zur Veran- schaulichung der Verteilung und der Größe der Milchgänge im Ver- hältnis zu Drüsenparenchym. Tafel XXXVIl. Abb. 11. Die Zisterne im Sagittalschnitt. Abb. 12. Querschnitt der Zisterne. Abb. 13. Die verschiedenen Zitzenformen. a) und b) zylindrische Zitzen, c) konische 10. ıl. Zitze, d) ellipsoidale (spindelförmige) Zitze. Schwarz sind die Grenzen der Zitzenwand angedeutet. Im Lumen der Zitzen sieht man die Spuren der Längsfalten, wie man sie in den Abgüssen beobachten kann. Literatur. . BENDA, C., 1893. — Das Verhältnis der Milchdrüsen zu den Hautdrüsen. — Zeitschrift für praktische Dermatologie 1. . ELLENBERGER, W. und BAUM, H., 1926. — Handbuch der vergleichenden Anatomie der Haustiere. (Das Euter). — Auflage 16. A. Hirschwald, Berlin, pg. 580. . GEGENBAUR, C., 1875. — Zur genaueren Kenntnis der Zitzen der Säugetiere. — Morphologische Jahrbücher 1875, pg. 266. . KAEPPELI, F., 1918. — Zitzen- und Zisternenverhältnisse der Haussäugetiere. — Inaug.- Di Zürich. . MARTIN, P., 1915. — Lehrbuch der Anatomie der Haustiere 2. — Stuttgart, pg. 456. . RICHTER, IRENE, 1928. — Zur Frage über die Struktur der Ausführungs- gänge der Milchdrüsen. — Anatomischer Anzeiger. . RUBELI, O., 1914. — Ausführungsgänge des Kuheuters. — Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft zu Aarau 2. . RIEDERER, TH., 1903. — Über den Bau der Papilla Mammae des Rindes. — Inaug.-Diss. Bern. . WIRTZ, O., 1913. — Hohlraumsystem der Milchdrüse beim Rind. — Archiv für wissenschaftliche und praktische Tierheilkunde 39, pg. 375. ZIETSCHMANN, (Zürich), 1910. — DBau und Funktion der Milchdrüse. W. GRIMMER: Chemie und Physiologie der Milch. — Verlag P. Parey, Berlin. ZIMMERMANN, A. — Über „wahre“ und „falsche“ Zitzen. — Österreichische Monatsschrift für Tierheilkunde 35, Wien, Nr. 5. J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas. 327 8.) Die Säugetiere Palästinas, Von J. AHARONI (Jerusalem). Die ganz besondere Stellung, die Palästina in kulturgeschichtlicher Be- ziehung einnimmt, veranlaßte neben gewöhnlichen Touristen auch vereinzelte Zoologen von Fach oder Amateure, das Land aufzusuchen, Ja, eine aus- ländische Gesellschaft sandte sogar einen sehr bedeutenden Tierkenner hier- her, der das Land viermal besuchte und seine vortrefilichen Beobachtungen in einem prachtvoll ausgestatteten Werke veröffentlichte‘). Seit dem Er- scheinen dieses Werkes haben sich aber unsere Kenntnisse von der Fauna Palästinas geändert. Gar vieles wurde gründlicher erfaßt, ergänzt und ver- vollständigt, neue Tierformen wurden beschrieben, und manche starb in unserm Gebiet aus. All dem wird unten Rechnung zu tragen sein. Ordnung Affen, Simiae. Die Ordnung der Affen war in Palästina wohl nie vertreten. SALO- MON bezog (nach Regum 22 und II. Chronieorum IX, 21) diese Tiere aus Tarschisch. So heißt es: „Denn die Meerschiffe des Königs, die auf dem Meere mit dem Schiffe Hirams fuhren, kamen in dreien Jahren einmal und brachten Gold, Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen.“ Gemäß der Zusammen- stellung dieser drei Tierarten lag aber dieses Tarschisch nicht in Kleinasien, sondern eher in Ceylon, wo übrigens diese Tiere indisch noch heutzu- tage so heißen, wie sie in der Bibel genannt werden. — Auch von dem Gebrauch des arabischen Namens „Nisnas“ in Palästina ist nicht auf das Vorkommen von Affen zu schließen, denn dieser Name bezeichnet gleichfalls Herpestes ichneumon L. Ordrung Paarhufer, Artiodactyla. Familie Schweine, Suidae. NEHRING gibt Sus scrofa ferus für P. an. Daß hier aber diese Unterart nicht vorkommt, weiß ich aus 29jähriger Erfahrung. Ebenso sicher ist es, daß das Schwein der Nordsyrischen Wüste eine ganz andere Unterart ist als das Schwein vom Süden Beer-Schebas; denn es hat einen ganz anderen Schädel. Von der Nordsyrischen Wüste bis zum äußersten Süden Palästinas leben zwei, wenn nicht gar drei verschiedene Unterarten von Wildschweinen. Solche, die ich aus der Umgebung von Antiochia heimbrachte, sind wieder von diesen grundverschieden. t, TRISTRAM. 328 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Familie Rinderartige, Dovidae. Heute existiert bei uns nirgends ein wildlebendes Rind. Das stattliche Mähnenschaf, Ammotragus lervia (PALL.), lebte noch bis vor einem Vierteljahrhundert im Wadi Arabah. Die Beduinen jagten es unter dem Namen „el-Kebsch“ („das Schaf“). Als ich vor 29 Jahren nach Palästina kam, war es schon äußerst selten. Capra beden sinaitica H.-E. tritt noch verhältnismäßig häufig in der Umgebung des Toten Meeres auf und verirrt sich sogar manchmal bis zu den Gebirgen von Ber-Seba. Doch scheint mir ein Exemplar (9) aus letzterer Gegend nicht nur hinsichtlich der Färbung, sondern auch in bezug auf die Beschaffenheit der Haare selbst und den Bau der Hörner vom Sinai- Steinbock zu differieren. Ich muß aber aus diesen Gebirgen noch mehr Exemplare besitzen, um über die Berechtigung einer subspezifischen Ab- trennung urteilen zu können. Die Originaldiagnose von HEMPRICH und EHRENBERG paßt nur auf den echten Sinai-Steinbock. Capra aegagrus GM. ist im eigentlichen Palästina niemals vorgekommen, wohl findet sie sich aber, wenn auch sehr spärlich, in den äußersten Aus- läufern des Antilibanon, die sich weit in die Nordsyrische Wüste erstrecken. Heute geht diese hübsche Wildziege, die Stammart der Hausziege, ihrem sichern Untergange entgegen. Unser kleines Ländchen bewohnen mehrere sehr interessante Gazellen- Arten. Eine ist dunkelgefärbt und entspricht der als Gazella arabica H.-E. beschriebenen, die wir als „schwarznasige Gazelle“ füglich bezeichnen können. Sie gehört aber einer besonderen Unterart dieser Form an, die BUFFON als La Gazelle beschrieben und abgebildet hat. MATSCHIE meinte (in litt.), daß La Gazelle BUFFONS und Antilope gazella PALLAS identisch seien. Die im Jordantale und am Carmel-Gebirge hausende Form dieser Art heißt Gazella merrilli THOS., nach ikrem Entdecker, dem amerikanischen Generalkonsul von Jerusalem, so benannt. Sie ist ausgezeichnet durch schwarzen Nasenfleck, dunkelgraue Färbung (wie das Reh, das ebensfalls die Waldteile des Carmel bewohnte) und an der Spitze fast gar nicht haken- förmig gekrümmte Hörner. Die roten Gazellen gehen bis jetzt immer unter dem Namen G. dorcas L. Ich vermute aber, daß für sie der Name Äevella PALL. angenommen werden muß. Wenigstens stimmt die Beschreibung vorzüglich. Die 22 haben ganz andere, glatte Hörner als die SG. Die Gazelle von Ber-Seba ist der gleichen Unterart zuzuschreiben wie die Gazelle, welche die südliche Saron-Ebene bewohnt (Ekron, Gederah usw.), nämlich Gazella gazella PALL. mit dem schwarzen Nasenfleck. J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas. 329 Der „Dabi“ ist nach meinem Dafürhalten eine Form von @. leptoceros Cuv., der langhörnigen Gazelle. Ihr Gehörn ist ziemlich hoch und schlank, wie auch ihr ganzer Körper äußerst schmächtig ist. Färbung ist sehr hell- isabellfarben wie der Wüstensand, den sie bewohnt. Gazella marica lebt in der syrischen Wüste bis zum Nedjd herunter und ist dort eine Vertreterin der Dorcas bzw. der Kevella. Während alle diese bisher besprochenen Gazellenarten charakterisiert sind durch „cornua in utroque sexu, sinus lacrimales distincti“, besitze ich nun eine dunkelgraue oder etwas gelblich-graue Gazelle lebend in fünf Exemplaren, von der man fast sagen kann: „Cornua solis in maribus“, denn entweder sind die 22 dieser Art völlig hornlos, oder die Hörner sind bei ihnen äußerst klein, mehr stummelähnlich und verschrumpelt. Diese Art könnte wohl G. subgutturosa GÜLDENST. sein. Nun schreibt aber BLAN- FORD, ein sehr vor- und umsichtiger Forscher und genauer Kenner Meso- potamiens, woher ich diese Tiere besitze: „It [i. e. @. subgutturosa GÜLD.| is unknown in the plains of Mesopotamia“ (Eastern Persia, WolsIl, p. 91). Sehr problematisch ist für mich noch immer die sehr hell-isabellfarbene Gazelle mit schneeweißem Kopfe, denn ich fand diese Weißköpfe in größeren Rudeln anderer Gazellen zu allen Jahreszeiten. Sollte es Individuen geben, die nach Verlauf des Winters bloß die Weißköpfigkeit behalten, während der ganze übrige Körper, der im Winter schneeweiß war (etwa G. marica, arab. „rim“), im Sommer hell-isabellfarben wird? Unsere Säbel-Antilope gehört einer Rasse an, die als A. beatrix GRAY von der Arabia petraea beschrieben worden ist, hat also nichts zu tun mit A. leucory& PALL., ist aber A. beisa RÜPP. aus Ost-Nubien und Abessinien sehr ähnlich. Diese Antilope tritt noch heute rudelweise auf in ihre Heimat um Djof und verbreitet sich von da bis ins Ostjordanland hinein und süd- lich bis Arabien. Addax nasomaculatus ist vor ungefähr 25 Jahren aus den Grenzen Palästinas verschwunden. Die letzten Exemplare von A. bubalis sind aus Palästina vor etwa 27 Jahren verschwunden. TRISTRAM hatte also Recht, wenn er diese stattliche Antilope in sein vor mehr als 40 Jahren erschienenes Verzeichnis aufnahm. Familie Hirsche, Üervidae. Keine Hirschart bewohnt das heutige Palästina. Alle Angaben über das Vorkommen von Capreolus capreolusL. auf diesem oder jenem Gebirge erwiesen 330 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. sich bei genauer Nachprüfung als irrig und beruhten meistenteils auf Ver- wechslung mit @. merrili THOS. Nur im Carmel befanden sich noch Rehe, die aber ein paar Jahre vor Ausbruch des Weltkrieges ausstarben. Das letzte Exemplar dieser neuen (leider nur in einem Stücke gut erhaltenen) Art be- findet sich im Zoologischen Museum der Hebrew University zu Jerusalem. Cervus dama mesopotamicus BROOKE lebt noch heute an den Ufern des Euphrat. Ordnung Unpaarhufer, Perissodactyla. Die Fluktuationen der Beduinentruppen während des Krieges im all- gemeinen und der Wahabbiten-Horden in den letzten Jahren haben die Grenzen der beiden bis zum Ostjordanlande heranreichenden Wildeselarten (Asinus hemippus und As. onager) ganz verwischt und die über alle Maßen scheuen, freiheitsliebenden Tiere in die zentralsten Teile der Wüste verdrängt. Sie treten heute so sporadisch auf, daß viele Beduinenstämme sie während der letzten Jahre überhaupt niemals zu Gesicht bekamen. Ordnung Klippschliefer, Lamnungia. Procavia syriacus H.-E. existiert heute in Palästina bloß in einem kleinen Teile der Gebirge von Mar Saba Östlich bis zur Westseite des Toten Meeres. Er tritt in zwei Farbphasen auf: 1. mehr oder weniger gelb; 2. grau. In der Gefangenschaft kann man ihn nur bei äußerster Sorgfalt erhalten, aber sehr selten wird ein Exemplar völlig unverletzt ergriffen. Fast jeder Wurf in der Gefangenschaft fördert tote Junge (3—6) zur Welt. Sein Gebaren erinnert an Hasen sowohl als auch an Wiederkäuer. Ich hielt mehr als zwei Dutzend in Gefangenschaft und hatte auch sehr viel Gelegenheit, ihn in freier Natur zu beobachten. Procavia schmitzi MATSCHIE ist sehr selten und vertritt syriacus am Genezareth-See. Ordnung Seekühe, Sirenia. Der Durchbruch des Suezkanals hat so manchem interessanten Tiere das Eindringen vom Indischen Ozean ins Mittelmeer ermöglicht, und so finden wir nun Fische, Krebse und viele andere Tierformen, die früher nur in ersterem zu Hause waren, auch regelmäßig an unserer Küste. Aber nur eines einzigen Falles entsinne ich mich, daß ein Weibchen der Halicore hemprichii von Fischern aus Tantura in einer Uferhöhle erschlagen worden ist. Es soll ein Junges gesäugt haben. Die Haut erwarb ein reicher Effendi, der sich daraus eine Art Bauchwärmer verfertigen ließ, und so ging das seltsame Tier auch der Wissenschaft verloren. J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas. 331 Ordnung Wale, Cetacea. Drei Arten Delphine treten längs unserer Küste auf, die eine häufiger, die andere seltener: Delphinus delphis L., D. mediterraneus LOCHE und sehr selten und vereinzelt auch D, algeriensis LOCHE. Ordnung Raubtiere, Carnivora. Familie Katzen, Felidae. Fehs leo L. — Wie bekannt, ist der Löwe Palästinas längst ausgerottet worden. Das Jabr festlegen zu wollen, in dem das letzte Exemplar ver- schwand, wäre reine Spekulation. Sicher existiert der Löwe noch in Süd- persien und in Arabien (Yemen), woher nach TRISTRAM ein Skelett nach Damaskus gebracht wurde. LAYARD und sogar noch BLANFORD fanden ihn ziemlich zahlreich in Mesopotamien. Als ich vor zwanzig Jahren dieses Land bis nach Bagdad absuchte, waren nur noch im Schilfdickicht bei dieser Stadt einige Löwen, und ein Paar lebte in Gefangenschaft beim dortigen Wali. — Die Behauptung TRISTRAM’s in N. H.B. pg. 117, daß die kurz- mähnige Form weniger agressiv sei als die langmähnige, ist aus der Luft gegriffen. Daher ist auch seine Meinung, daß unser Löwe kurzmähnig ge- wesen sei, haltlos.. Aller Wahrscheinlichkeit nach war er vielmehr lang- mähnig, er war also verschieden vom leo guzeratensis, der fast mähnenlosen Form Nordostindiens. Felis pardus L. — Auch der Leopard kann in Palästina als aus- gestorben angesehen werden, wenn auch einzelne Paare noch hier und da im Gebirge umherlungern mögen. Vor mehr als zwanzig Jahren wurde noch ein Exemplar in Zichron Jakob, im Jahre 1911 eins zwischen Ramallah und Emmaus Kubebe erlegt. — HEMPRICH und EHRENBERG nannten unsere Art Felis nimr. Sie gaben zwar nur die Dimensionen von 2 Fellen, aber die sind so genau und ausführlich, daß meine Untersuchungen an mehr als einem Dutzend von Exemplaren mit Skeletten aus der Umgebung von Tibuk und nördlich davon ihre vor mehr als 100 Jahren geäußerte Ansicht nur bekräftigen können, Felis bubastis HEMPR. et EHR. — In ganz Palästina und dem Ost- jordanlande. Der glücklich gewählte Speziesname ist eine Anspielung auf Hesekiel 30, 17, wo es nach LUTHER heißt: „Dis junge Mannschaft zu On und Bubastus sollen durchs Schwert fallen“. Bubastus ist Pe-Bast, ein Ort, der eben nach dieser Katze (Bast) benannt wurde. Bast war die Göttin der Geburten und des Kindersegens, die im äpyptischen Götterkampf auf der Flucht vor Typhon sich in eine Katze verwandelte. Die Göttin von Pe-Bast wurde mit einem Katzenkopf dargestellt (Vide PERROT-CHIPIEZ). 332 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Felis maniculata RÜPPp. — Ebenfalls in ganz Palästina und dem Ost- jordanland. Ich konnte dem Vorkommen beider Katzen keine feste Grenze | ziehen; beide treten auch in Ägypten auf. Recht mannigfaltig sind die Wildkatzen Mesopotamiens, von denen unsere Universität eine bedeutende Serie besitzt. Darüber jedoch ausführlich an anderer Stelle. Lynx pardinus TEMMINCK. — Der Rotluchs ist vielleicht häufiger als man annehmen sollte, doch entzieht er sich in den buschreichen Distrikten Ostjordaniens leicht dem Blick seiner Verfolger. Sein Fell ist prachtvoll getupft und sein Fleisch gilt als Leckerbissen. Catolyn& chaus GÜLD. — Der Sumpfluchs ist heutzutage auch am Jordan äußerst selten. Den Wüstenluchs, Lynx caracal GÜLD., habe ich nie in Palästina ge- sehen, wohl aber sehr häufig in Mesopotamien, wo er in zwei Unterarten auftritt, von denen die eine die hellohrige Lynx caracal aharonii MATSCH. ist. Acinonyz jubatus ERXL. — Der Gepard ist jetzt sehr selten geworden. Er wird von unkundigen Beduinen vielfach mit dem Leopard verwechselt. Ziemlich häufig ist er noch heute in der südlichen Steppe. An Schnellig- keit wetteifert er mit dem Windhund und jeder Gazellen- und Antilopen- art, seine Benutzung zur Jagd ist aber jetzt ganz aus der Mode. Familie Hyänen, Ayaenidae. Hhyaena hyaena L. — Nur die gestreifte Hyäne tritt bei uns auf, und zwar in zwei Formen, von denen eine, Hyaena hyaena syriaca MATSCH., auf Syrien und Palästina beschränkt ist. Ihr Nutzen als bedeutende Teil- nehmerin am Verzehren großer Kadaver ist in einem Lande wie Palästina unschätzbar. Doch verdankt sie ihre Existenz in fast ungeschmälertem Maße nieht ihrer Nützlichkeit, sondern ihrer nächtlichen Lebensweise, ihren seit Generationen bewohnten äußerst gewundenen Gängen in unsern dünn bevölkerten Gebirgsketten (von den Hügeln der Ebene zog sie sich längst zurück), und dem Aberglauben der Bevölkerung, die von ihr die unglaublichsten Fabeln zu erzählen weiß. Familie Hunde, Canidae. Canis lupus L. — Der Wolf ist bei uns viel seltener als vor dem Kriege und durchaus auf das Gebirge beschränkt. Hier leiden von ihm am meisten die Kleinviehherden. Canis aureus L. — Der Schakal tritt bei uns trotz aller Verfolgungs- mittel doch recht zahlreich auf, am häufigsten an dichtbevölkerten Örtlich- J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas. 333 keiten, wohingegen die Wüste fast ängstlich gemieden wird. Tagsüber hält er sich rudelweise — wie er auch nachts umherstreift — in umzäunten Orangerien und anderen derartigen Umfriedigungen auf, wo Menschen wenig Zutritt haben, aber nie in Höhlen. Eigentlich ist er mehr wegen Lyssa zu fürchten als wegen des Einbruches in Hühnerställe u. dgl., die man ja schließ- lich durch Gitterdraht vor ihm absperren kann. Aber der Nutzen, den er durch Verzehren von größeren Kadavern, deren Leichengift Fliegen aller Art an Menschen übertragen und deren Leben ebensogut gefährden können, und durch das Verzehren von Milliarden von Microtus in der Ebene (bei Ekron und anderorts, wo Getreide angebaut wird) bringt, überwiegt den Schaden, den er in Weinbergen stiftet, entschieden bei weitem. Man sollte also bei seiner absichtlichen Dezimierung rationell verfahren und das Gleich- gewicht der Natur nicht stören. In den Symbolae physicae (pg. 17) beschreiben und bilden H. u. E. einen Schakal aus dem Libanon unter dem Namen Üanis syriacus ab. Wie in vielen anderen Ländern des Orients treiben sich auch hier ver- wilderte herrenlose Hunde, sogenannte Pariahunde, in der Nähe der Städte und Dörfer einzeln oder — zur Brunstzeit — zu Dutzenden umher und kommen namentlich des Nachts in die Straßen, um daselbst Nahrung zu suchen. Diese Rasse ähnelt ganz dem Pariahund Ägyptens. Ihre schon von HEMPRICH und EHRENBERG erwähnte „Familiarität“ gefährdet das Leben des Menschen hier viel mehr als die bei weitem größere Anzahl der Schakale, denn sehr viele dieser Hunde werden tollwütig. — Außer diesen herrenlosen Hunden sieht man hie und da den persischen Windhund, der gewöhnlich einen Beduinenschech zur Stadt begleitet. Er ist äußerst schlank, hochbeinig und meistens sandfarben wie die Wüstengazellen, an die er sich heranschleicht und die er mit Leichtigkeit einholt. Das lange seidenartige Haar an Ohren und Bauch, sowie die lange Quaste, die ihm vom Schweif herunterhängt, flattern im Laufe und fördern ihn beträchtlich. Von einer sehr merkwürdigen echten Wildhund-Rasse besitze ich ein schlecht erhaltenes Fell aus Dschöf. Aufmerksam wurde ich auf diese Art durch SEETZEN, der im ersten Bande seiner Memoiren pg. 307 also be- richtet: „In Dschof gibt es eine Art wilder schwarzer Hunde, welche man „Darbün“ nennt. Seine Haut taugt nicht“. Die Art werde ich erst bestimmen können, wenn ich wenigstens einen Schädel davon habe. Eines habe ich an diesem schwarzen Wüstenhunde eingesehen, daß nicht alle Wüstentiere unbedingt isabell- oder sandfarben sein müssen. Ist doch der größte aller Wüstenvögel, der männliche Strauß, glänzend schwarz, ebenso Oomatibis eremita, wie Corvus umbrinus und eben dieser Wildhund. 334 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Während des Krieges hatte ich als türkischer Regierungs-Zoologe Gelegen- heit, diese gute Art in allen Teilen des Libanon und Antilibanon zu studieren. Ihr character essentialis ist: „C. vulpis statura, rostro obtuso, auriculis pedibusque brevibus; colore supra cano-fulvus capite pedibusque fulvis, subtus albus margine flavicante, oris margine gulaque candidis, auriculis extus fulvis, intus albis, cauda parum pilosa fulva, nec albo terminata“. Bei der Charakterisierung der Arten unserer Füchse muß man immer beachten, daß deren Sommer-, Übergangs- und Winterkleider voneinander sehr abweichen. Noch ist es ferner unbestimmt, ob die verschiedenen Seiten- färbungen Zeichen einer besonderen Rasse sind. Reine Sommerkleider beweisen übrigens mit Sicherheit, daß die süd-palästinensische Unterart des Vulpes nilo- ticus in sich sehr variiert. Schädel von Rehoboth- bzw. Gederah-Stücken stimmen mit Vulpes vulpecula-Schädeln überein, einen Namen, den H.u.E. für den unterägyptischen Fuchs aufstellten, der Vulpes niloticus gewisser- maßen vertritt. Hingegen sind Schädel aus Berseba etwas davon verschieden. Mit Sicherheit sind bisher drei Arten Füchse unterschieden worden: 1. Vulwes flavescens GRAY ist bedeutend größer als der folgende und ist am ganzen Körper mit hell-gelblichem, feinerem und längerem Haar bekleidet. Er bewohnt den Norden des Landes. 2. Vulmes miloticus GEOFFROY: Bewohnt Zentral- und Süd-Palästina. Zugleich mit ihm tritt aber bei uns, wenn auch viel seltener, auf 3. Vulpes vulpes palaestina THOMAS: „Ein gräulicher Fuchs, viel grauer als die rothaarigen Füchse Europas.“ Typus von Ramleh bei Jaffa, andere Exemplare vom Libanongebirge. Unter den hunderten von Füchsen, die ich während meines 29 jährigen Aufenthaltes hier zu sehen Gelegenheit hatte, war keiner so schön und so langhaarig wie das Exemplar, das man mir aus El-Kubebe bei Rehoboth brachte und das sich wahrscheinlich jetzt im Universitäts-Museum befinden wird. Er erinnert an Pracht fast an nordeuropäische Füchse. Sollte es ein hierher aus einem anderen Lande versprengtes Stück sein? Familie Schleichkatzen, Vierridae. Unsere Ginsterkatze (Genetia terraesanctae NEUM.) ist so selten, daß ich im Laufe von 29 Jahren nur zwei dieser hübschen Tiere erbeutet habe: eines vom Carmel, das andere von Schedschera stammend. Unser Ichneumon (Herpestes ichneumon L.) ist vom nordafrikanischen nicht bloß durch seine mehr gelblich-braune Farbe (letzteres ist mehr bläu- lich-grau), sondern auch in gar mancher osteologischer Beziehung verschieden. J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas. 335 Familie Mustelidae. TRISTRAM führt Mustela boccamela BECHSTEIN aus der Umgegend des Tabor-Gebirges an. Sollte diese — übrigens recht zweifelhafte — Wieselart zu seiner Zeit noch in Palästina gelebt haben? Jetzt haust sie hier bestimmt nicht. Oder sollte er M. boccamela gar mit Vormela meregusna GÜLD. vermengt haben, den er (trotz seiner Häufigkeit im Ge- birge und im Hügelland) nicht erwähnt? Übrigens unterscheidet sich unser Tigeriltis, von dem ich zahlreiche lebende und tote Stücke besaß, vom euro- päischen ganz erheblich in Größe und Färbung: seine Beine sind nicht nur an der Innenseite schwarz, die Kehle ist nicht rostweißlich gefleckt, sondern die der Schnauze nähere Hälfte reinweiß, die andere Hälfte voll- kommen schwarz wie die ganze Unterseite; die Ohren sind an der Spitze nicht rostweißlich, sondern schneeweiß usw. Dieses hübsche Tierchen ist so schlank und geschmeidig, daß es allen Windungen einer Schlange im Boden mit Leichtigkeit folgt und durch die engsten Ritzen eines Hühnerstalls oder Taubenschlags zu deren Insassen gelangt, um in seinem Blutdurst mehr zu töten, als es verzehren mag. Aber unschätzbar ist sein Nutzen als Vertilger von Ratten und Mäusen aller Art, weshalb ich seinen Schutz aufs wärmste empfehlen möchte. In seiner Jagd ist er so eifrig, daß er allzu oft lebend erwischt wird. JAYAKAR schreibt: „In Palestine the name is applied to Mustela boccamela“. Darin ließ er sich von 'TRISTRAM verleiten. Dieser Name be- zeichnet aber unsere Vormela peregusna sowohl als Mustela subpalmat« (Putorius africanus), von dem der ebengenannte Gelehrte im 2. Bande seiner Übersetzung p. 420 (Fußnote) schreibt: „Ibn Ars in Egypt Mustela subpal- mata (Putorius africanus), and the same in Palestine, where it is known by the Arabic name sammür“. Viel seltener und nur im Norden (bei Metullah) tritt der gemeine Iltis (Putorius putorius) auf, aber merkwürdigerweise näherte sich nach dem Kriege der Steinmarder (Martes foina) den Dörfern und Städten im Ge- birge (Jerusalem, Hebron, Nablus). Auch er gerät häufig in Fallen. Sein Fell wird hier ebenso geschätzt wie in Europa. Die Fischotter (Zutra lutra seistanica) erkennt man an ihren Spuren auf nassem Sande sehr leicht, denn sie ähneln auffallend den Fußspuren eines kleinen Kindes. Nirgends häufig bewohnt sie doch ziemlich gleichmäßig alle Gewässer, deren Ufer mit schützenden Pflanzen bewachsen sind. Doch fand ich sie häufiger als überall bei der Einmündung des Jordans in den Genezareth-See und an dessen Ausmündung ebendaher, Im Vergleiche zum 336 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Euphrat ist sein Vorkommen in Palästina gleich Null. Nur streng durch- gehaltener Schutz kann die Art hier erhalten. Im Winter des Jahres 1921 haben sich infolge enormer Regengüsse zwischen Rischon-le-Zion und dem Nahr Rubin sehr weite Tümpel gebildet, und eine Fischotter drang darin bis zu den Orangerien der Kolonien vor. Nach Abfluß des Wassers konnte sie mit den Händen ergriffen werden. Ihr Fell und Skelett finden sich im landwirtschaftlichen Museum zu Jerusalem. Der Dachs der Saron-Ebene muß vorläufig als Meles aff. canescens BLANF. gehen, andere Exemplare ähneln sehr M. mediterraneus. Der Dachs nimmt sowohl im Gebirge als in der Ebene von Jahr zu Jahr ab. — Aus- schließlich im Gebirge, und zwar ziemlich selten, tritt ein völlig schwarzer Dachs mit breit-weißem Rücken auf, der mit Melliwora indica große Ähn- lichkeit hat. — Je nördlicher man kommt, desto rötlicher werden die Woll- haare unseres gemeinen Dachses am Grunde; ihren Höhepunkt erreicht diese schöne Färbung bei Stücken aus dem Antilibanon (wovon wir einige in unserem Universitäts-Museum besitzen) und Libanon. Familie Bären, Ursidae. Schon im Jahre 1914 berichtete ich, daß nur der Bär des Antilibanon der echte Ursus syriacus H.E.s ist, wenn er auch nicht so weiß ist, wie ihn die Abbildung in den Symbolae Physicae zeigt, sondern mehr isabell- farben. Der Bär der Libanon ist bedeutend kleiner und mehr braun, auch in gar mancher Skelett-Ausmessung von jenem verschieden. Dieser letztere wurde von MATSCHIE als Ursus syriacus schmitzi beschrieben. In LEUNIS Synopsis wird Ursus syriacus H.-E. mit dem Synonym „Bär des Libanon“ gegeben, aber mit Unrecht. Zwar führt EHRENBERG seinen Typus aus dem Makmel-Pick im Libanon an. („Mons Libanus, qui duo cacumina nivosa gerit, alterum gebel Sanin, alterum Makmel vocatum [utrumgue visitavimus] nisi in monte Makmel prope vicum Bischerre, ursos nusquam nutrit“) und dessen Färbung war, nach der Abbildung in den Symbolae Physicae zu schließen, noch heller als „fulvo albus“ oder „fulvescente albus“. Doch schreibt auch er: „Variat Ursus syriacus e Syriae incolarum relatione maculis fulvis, interdum fere totus brunneus.“ So waren die Verhältnisse vor genau hundert Jahren; heute ist aber nach meinen gründlichen, fast dreijährigen Untersuchungen, eine Trennung eingetreten, die vielleicht oekologisch irgendwie bedingt ist, vom Mimikry-Standpunkt aber gerade verkehrt erscheint. \Während der Kriegszeit hatte ich bei ständigem Sitze im Libanon Gelegenheit genug, den Libanon und Antilibanon in allen Richtungen zu durchforschen, und da konstatierte J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas. 337 ich, daß der sehr hell-isabellfarbene Bär mit den Dimensionen der Original- beschreibung nur das grüne Knieholz des Antilibanon, der braune kleinere aber bloß die nackten Schneefelder des Libanon bewohnte. Ich brauche kaum zu erwähnen, daß ich von beiden Unterarten Exemplare in der Natur sah und vom Libanon noch Stücke besitze. — Heute ist der Bär nicht nur aus Palästina verschwunden (von dem Vorkommen bei Baschan und Gileud, aus denen NEHRING ihn nach TRISTRAM anführt, ist also gar keine Rede mehr), sondern vielleicht auch aus Syrien. Voriges Jahr hatte ich auch die gute Chance mich zu überzeugen, daß der den Dschebel Abdul-Aziz bewohnende Bär Mesopotamiens keineswegs der Ursus syriacus ist, wie so manche Forscher geglaubt haben: Färbung, ver- schiedene Gestaltung der Krallen und Eigentümlichkeiten im Skelettbau be- rechtigen zweifellos, ihn als besondere Subspezies zu betrachten. Ordnung Robben, Pinnipedia. Von dieser Ordnung findet sich längs unserer Meeresküste, in einiger Entfernung davon, nur der Mönch, Monachus albiventer BODD. Nicht allzu selten wird das Tier von Fischern aus Askalon und Jaffa zum Kaufe an- geboten. Ordnung Nagetiere, Aodentia. Tribus Eichhörnchen, Sciuroidea. Das syrische Eichhörnchen (Sciurus syriacus H.-E.) bewohnt die be- waldeten Striche von Damaskus und dessen Umgebung bis hinunter nach Palästina und Transjordanien. — Wegen der Färbung schreibt EHRENBERG: „Uraei colore aestate cum femoribus cinereo, hyeme vulpino...* Letzteres entspricht der wundervollen Abbildung in den Symbolae Physicae, ersteres der Färbung des Felles, welches D. G. SCHUMACHER am 27. Februar 1901 im mittleren Adschlun erhielt. | Spermophilus xanthoprymnus BENNETT. Dieser hübsche Ziesel ist in Sand- und Steingegenden Transjordaniens so zahlreich, daß der Boden von ihm wabenartig durchwühlt erscheint. Seine Sohlen sind reichlich behaart. Vom europäischen Sp. citellus L. unterscheidet sich unsere Art auf den ersten Blick durch seine Färbung und die Kürze des Schwanzes, der an Länge kaum die des Hinterbeins übertrifft. Tribus Schiäfer, Myozxoidea. Glis glis L. ist bei uns weniger verbreitet als Zliomys. Dyromys nitedula PALLAS ist in der ganzen Steppe, wo nur Gestrüpp auftritt, ziemlich zahlreich. — Eliomys melanurus WAGNER, der Löffelbilch, ist 22 338 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. das zierlichste Glied der Familie und stellt förmlich ein Eichhörnchen en miniature dar. Im Gegensatz zur vorigen Art ist diese eine Ruinenbewoh- nerin. Auf die Unterschiede zwischen den Bewohnern des Sinai und denen von Moab werde ich später zurückkommen. Tribus Springmäuse, Dipodoidea. Vier Dipus-Arten: 1. Dipus aegyptius HASSELQUIST, 2. kirtipes LICHT, 3. sagitta SCHREBER und 4. schlueteri NEHRING. Sie be wohnen die eigentliche Steppe, kommen schon aber vereinzelt auch längs der Sanddünen vor. — Jaculus jaculus L. kenne ich nur aus der nordsyrischen Wüste. Tribus Mäuse, Myoidea. Oricetus nigricans BRANDT tritt, wenn auch nicht häufig, im Anti- libanon (bei Metullah) auf. Großen Schaden richtet er da wohl nicht an. — Etwa dieselben Örtlichkeiten mit ihm teilt in Palästina, als seinem südlichsten Domizil, Oricetus auratus WATERH. — Nun bezweifelte aber NEHRING die Existenz des Cricetulus phaeus PALL. in Süd-Palästina, weil er ihn von daher durch seinen Sammler (BACHER?) nicht zugesandt erhielt. Aber ich konnte persönlich TRISTRAM’s Angabe bestätigen, denn eigenhändig er- griff ich mehrmals den niedlichen Reishamster auf meinem Gute in Reho- both. Einen davon sandte ich OLDFIELD THOMAS nach London. — Auch sein Schaden ist äußerst gering, da er nirgends häufig auftritt. Nesokia bacheri NEHRING ist bis heute nur aus Ghor es-Safijeh beim Toten Meer bekannt. Rattus norvegicus ERXL. ist überall zu Hause, wo größere menschliche Wohnungen sich befinden. — Mus alexandrinus GEOFFR. (M. tectorum SAVI) ist, wie das Synonym besagt, eine echte Dachratte. Mus gentilis BRANTS wurde von mir auf gut bebautem Boden in Rehoboth entdeckt, wo sie gar nicht selten ist. Ein Exemplar davon sandte ich (wegen des ganz unerwarteten Fundortes) an das British Museum. — Auch Mus sylvaticus L. findet sich zur Genüge in den Ebenen, ebenso wie M. praetextus LICHT, die ich sogar in Rehoboth fand! — Mus bactrianus BLYTH vertritt in vielen Dörfern, deren Umgebung steinig und verwahrlost ist, Mus musculus L. — Mus variegatus LICHT ist ziemlich selten und kommt nur in der südlichen Steppe vor. Acomys dimidiatus RÜPP. ist — wenn auch ziemlich selten — fast gleichmäßig tibers ganze Land verbreitet, wofern ihm tiefe Felsgänge ge- nügenden Schutz gewähren. — Acomys russatus WAGNER findet sich sogar in Hauskellern Jerusalems. Das Originalbild bei WAGNER ist zu gelb, das J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas. 339 Schwarz der Stachelspitzen tritt da viel zu wenig hervor; richtiger ist es hingegen bei TRISTRAM dargestellt, wo andererseits Eliomys melanurus bei weitem nicht so charakteristisch gezeichnet ist wie bei WAGNER, wo der Schwanz sehr buschig und die Ohren recht groß sind („Löffelbilch“!). — Acomys cahirhinus (wegen des Autors siehe RÜPPELL’s „Säugetiere aus der Ordnung der Nager) ist auf die Senke des Toten Meeres beschränkt! Der im großangelegten Atlas der Description de l’Egypte unter dem Namen „Echemis du Caire“ abgebildete Nager ist laut RÜPPELL’s wunderbarer Darstellung (l. ec.) gar keine Stachelmaus, wiewohl alle Autoren ohne Aus- nahme — auch TRISTRAM mitinbegrifien — diese Abbildung, AUDOUIN blindlings folgend, als die der ebengenannten Stachelmaus deuten. Das ist aber nicht der einzige Irrtum des Einander-Nachzitierens, ohne auf das Ori- ginal zurückzugreifen. Vier Gerbillus (longicaudus NEHRING., taeniurus und pygargus WAGNER, melanurus RÜPP.) Ersterer bewohnt die Umgegend von Jaffa, G. taeniurus tritt am Carmel-Gebirge und sonstigen hügeligen Gegenden auf, wohingegen die dritte Art über die ganze südliche Wüste verbreitet ist, wenn sie auch überall absolut nicht häufig ist. Letztere Art bringt TRISTRAM ganz richtig als Gerbillus (da deren Schädel hinten abgerundet ist, nicht abgestutzt wie bei Meriones), der Original-Beschreiber (RÜPPELL) führt sie aber fälschlich als Meriones an. Zwei Meriones (tristrami THOS., crassus SUNDEVALL). Beide Arten sind sehr häufig in fruchtbarem Gelände der Saron-Ebene. Noch eine Renn- mausart ist Dipodillus dasyuroides NEHRING aus dem Gebirge von Moab. Die drei Psammomys verbreiten sich folgendermaßen: Ps. obesus RÜPPEL ist äußerst zahlreich im ganzen Hügellande des Südens. — Ziemlich selten und sporadisch kommt Ps. terrae-sanctae vor: ich konnte bis heute nicht deren Grenzen genau fixieren. — Ps. tamaricinus PALL. bewohnt den Wadi Arabah vom Süden des Toten Meeres an. TRISTRAM führt alle unsere Wühlmäuse unter dem Namen „Arvicola“ an, aber fast alle gehören in die Gattung Microtus SELYS. Denn ihr Ohr ist so klein, daß es fast im Pelze versteckt erscheint, die Zahl ihrer hinteren Plantartuberkel ist nicht 6 sondern 5, die QQ haben bloß vier (nicht 8) Zitzen, ihre Augen sind bedeutend kleiner als bei Arvicola, wie auch ihr Körper im allgemeinen viel geringere Ausmaße hat. Microtus »philistina THOMAS ist der größte Schädling unserer Saaten um Ekron (vgl, Liber I. Samuelis, VI, 4—5). Seine eigentliche Vermehrungs- zeit ist der Monat März, wo jedes Q durchschnittlich 8 Junge zur Welt bringt. — — Microtus syriacus BRANTS (= Arvicola syriacus LICHT.) 22* 340 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. bewohnt den Norden Palästinas und breitet sich von da nach Syrien aus. — M. guentheri DANFORD et ALSTON ist beim Genezareth-See zuhause, und eigentlich mit allen vermischt ist M. arvalis (mit 6 Wülsten an der Fußsohle. — M. socialis DESMAREST bewohnt die ganze Wüste von Norden bis zum äußersten Süden, M. nwalis MARTINS ist hie und da an der Schneegrenze des Hermon zu treffen. Arvicola amphibius L. fand ich ziem- lich häufig um Banyas. Spalax ehrenbergi NEHRING bewohnt das ganze Kulturland und richtet in Pflanzschulen, Gemüsegärten usw. nicht unbeträchtlichen Schaden an. Der M° zeigt außer der äußeren Einbuchtung eine innere, oft auch noch eine kleine accessorische äußere Einbuchtung des Schmelzes; M, hat an der lin- gualen Seite regelmäßig eine 2. (accessorische) Schmelzeinbuchtung. — Die unteren Nagezälıne lassen auf ihrer Vorderseite eine zarte Mittelfurche (Längsrinne), die oberen unter der Lupe 2 sehr zarte Längsrinnen erkennen. — — Schädelmaße von Tieren in mittlerem Alter: Basilarlänge 30—31, 2, Totallänge 37—38, 7, Jochbogenbreite 26—27, Breite des Rostrums 7,5 — 7,6, vordere Breite der Nasalia 5,2 —5,3, Länge derselben 14—14,3, Diastema 12—12,3, obere Backenzahnreihe (Alv.) 7,3—7,5, Breite der oberen Nage- zähne 3,5, der unteren 3,5, Condylarlänge des Unterkiefers 21,8—22,5, größte Breite an den Winkelfortsätzen 23,6 —24,5. — Körperlänge 140 bis 150 mm. Tribus Stachelschweine, Hystricoidea. Zwei verschiedene Subspezies von Stachelscheinen bewohnen Palästina: Hystrix hürsutirostris aharonii MÜLLER verbreitet sich über das ganze Land außer dem Jordantal, wo sie H. h. schmitzi MÜLLER vertritt. TRISTRAM irrt, wenn er glaubt, hier AHystrix cristata gefunden zu haben. Tribus Hasen, Leporoidea. Unsere 5 Hasenarten sind: Lepus niloticus H.-E. (aegyptius GEOFFR.), der den ganzen Süden und das Jordantal bewohnt, — Lepus isabellinus ÜRETZSCHMAR (= L. aethiopicus H. E.), ein echtes Kind seines heimat- lichen Wüstenbodens, der im Südosten Palästinas ebenso sandfarben ist wie er selbst, — Lepus sinaiticus H.-E. vom Südende des Toten Meeres und von da über die zerklüfteten Teile des Wadi Arabah verbreitet, — Lepus syriacus H.-E. von allen bebauten und bewaldeten Gegenden des Landes vom äußersten Norden bis zum Süden und — den Hasen des nord- östlichen Palästinas, den GRAY Lepus judeae nannte, und von dem TRISTRAM glaubte, ihn mit Z. craspedotis BLANFORD identificieren zu können, der das östliche Persien bewohnt. Diese Meinung teile auch ich, denn Hasen, die ich J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas. 341 aus Karyatein und noch weiter nordöstlichen Gegenden besitze, stimmen ganz genau mit Lepus judeae GRAY überein, der vielleicht nur eine Lokalrasse ist. Ich brauche wohl kaum zu betonen, daß Oryctolagus cuniculus L. hier nicht wild in der Natur vorgekommen sind. Ordnung Flattertiere, Chiroptera. Fledermäuse sind bei uns ziemlich zahlreich. Natürlich ist die -Indi- viduenzahl der Wüstenbewohnerinnen unter ihnen viel geringer als die der in fruchtbarem, wasserreichem Gelände hausenden Arten. Ob dieser Unter- schied nur auf die quantitative Verschiedenheit der Nahrung zurückzuführen sei, lasse ich vorläufig dahingestellt. So wie die Vögel sind auch die Fleder- mäuse nicht alle überall in Palästina heimisch, vielmehr sind gar manche unter ihnen nur auf gewisse Örtlichkeiten beschränkt. So bewohnt die Abram-Fledermaus (Pipistrellus abramus TEMM.) nur die Umgebung von Tiberias, die gleichsattelige Kammnase (Rhinolophus euryale BLAS.) gleich- falls die Höhlen, Steinbrüche und steilwandigen Wadis am Genezareth-See, ebenso wie die hiesige Repräsentantin des im tropischen Afrika und Süd- Asien heimischen Genus Taphozous; denn auch hier ist der Nacktbäuchige Grabflatterer (Taphozous nudiventris RÜPPELL) nur im subtropischen Jordan- tale zuhause, wo er myriadenweise in den Höhlen und Schluchten am Gene- zareth-See aufgescheucht wird. — Noch mehr ans subtropische Palästina gebunden ist ihre Verwandte, die graue Klappnase (Rhinopoma microphyl- lum GEOFFR.), die hauptsächlich Wadi Zerka Main (das alte Calirrho&) am Ostufer des Toten Meeres bewohnt und von da aus sich auch übers Jordantal verbreitet. Nur noch eine Art Klappnase ist bekannt (Rhinopoma hard- wickii BLYTH), und diese bewohnt Vorder-Indien (südliches Mahratten-Land, Caleutta, Allahabad, Agra, Mirzapore) und die malayische Halbinsel. Beiden gemeinsam ist aber eine wenn auch reichliche, so doch nur auf die Caudal- basis beschränkte Fettablagerung, die ihnen für die kurze Dauer der Über- winterung vollauf hinreicht. Diese oekologische Anpassung an die kurze Dauer der Hibernation teilt bei uns partial auch Nyctinomus cestonü SAVI, der mittelländische Grämler, der hier das ganze Jahr hindurch Höhlen des Jordantals bewohnt. Diese Eigenschaft, die sich bei ihm in Palästina äußert, wird TRISTRAM unter anderem wohl veranlaßt haben, auch diese Art den Emballonuridae zuzuzählen, wiewohl sie sich von letzterer Familie durch geschlossene Intermaxillaria, Zahl der Praemolaren, langen Schwanz u.a. Merkmale unterscheidet. — Es wäre interessant, Nyctinomus cestonis auch in Italien, wo sie außer Ägypten und China ebenfalls zuhause ist, vor der Überwinterung zu untersuchen und nachzusehen, ob er nicht dort wie 342 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. die meisten anderen europäischen Chiropteren im Spätherbst am Rücken und um die Lenden und am ganzen Bauche bis gegen die Schwanz- wurzel von einer öligen Fettschicht eingewickelt ist, die für eine längere Absorbtionsdauer bestimmt wäre. Ich weiß auch nicht, ob in Süd-Italien schon Untersuchungen über den möglichen Grad des Anwachsens einer Mensenterialdrüse (Chylusdrüse) bei dieser Art während der Hibernation angestellt worden sind, welche Drüse oft die für den kleinen Organismus der Flattertiere ansehnliche Größe der Niere erreicht und ganz mit Chylus gefüllt erscheint, der unzweifelhaft durch Absorbtion des vor dem Winterschlafe angehäuften Gekrösefettes und noch mehr der die Lenden- gegend umhüllenden Fettschicht herrührt. Eine fünfte sehr auffallende Art, die nur die Senke des Toten Meeres bewohnt, ist die dreizackige Kammnase (Asellia tridens GEOFFR.), die auch Ägypten und Nabien bewohnt. — Auch hier scheint mir die heiße Örtlichkeit den äußerst spärlichen Pelz zur Folge zu haben, der von der Inguinal-Gegend bis zu inclusive den Oberschenkeln ganz schwindet. Sehr interessant ist es, daß die vier Weltteile bewohnende (von Süd- Europa über ganz Afrika und ganz Süd-Asien — von Palästina im Westen bis nach Japan, den Philippinen und dem Malayischen Archipel im Osten über Neu-Guinea naclı Australien hinüber sich verbreitende) im System eine eigene Stellung einnehmende Art, die Taschen-Fledermaus (Miniopterus schreibersii NATTERER) bei uns nur die steilsten Abhänge des Jordantales bezieht. Ob ihre Wohnsitze nur überall annähernd dieselbe Beschaffenheit haben wie das Jordantal? Von Comatibis comata zu schließen, könnte eg wohl der Fall sein. Ich untersuchte diese Art bei uns auch mehrmals im Winter und fand das Synonymon Miniopterus dasythrix, das TEMMINCK, WAGNER und SMITH ihr beilegten, völlig unberechtigt, denn ihr Haar ist hier nichts weniger als zottig und dicht. Gebirgige Gegenden, wie Höhlen um Jerusalem, Bethlehem und Hebron, bewohnt bei uns Rhinolophus blasii PETERS; hauptsächlich in solchen, aber hie und da auch anderwärts in Palästina vorkommend findet sich Kape7990 kuhlii NATT., die weißrandige Fledermaus. Ausschließlich hügelige Gegenden, mit Ausnahme des Toten Meeres, bewohnt das Großohr (Plecotus auritus L.). Eine besondere Predilection für den Carmel und dessen nächste Um- gebung, die zoogeographisch auch sonst in vieler Beziehung ganz eigenartig ist, zeigen: die veränderliche Schwirrmaus (Scotophilus temminckii HOoRS- FIELD-GRAY) und die kerbohrige Fledermaus (Vespertilio emarginatus J. AHARONI, Die Säugetiere Palästinas. 343 GEOFFR.). Hingegen ist bei uns überall vertreten die Hufeisennase (Rhino- lophus ferrum-equinum L.). Bei Banyas fliegt häufig Vespertilio murinus SCHREBER, die TRISTRAM nicht anführt. Der größte unserer Handflügler und Vertreter der Chiroptera frugiwora bei uns ist der Flugfuchs (Roussettus aegyptiacus GEOFFR.) oder der grau- braune Flederhund. Die Exemplare Nord-Palästinas unterscheiden sich be- trächtlich in Größe von denen Central-Palästinas.. Außerdem streicht diese Art innerhalb der Grenzen des Landes, und zwar so, daß sie die kälteste Zeit (den Monat Dezember) in der wärmeren Saron-Ebene zubringt, wohin sie myriadenweise wandert und an den noch haftenden Früchten des per- sischen Flieders ohne jegliche Scheu vor Passanten und Tieren, sogar Katzen, sich gütlich tut. Doch witzigt auch den Flugfuchs das wiederholte Schießen, besonders wenn es in mondheller Nacht geschieht. Verwundet kreischt er laut und beißt wie toll um eich. Ordnung Insektenfresser, /nsectivora. Wir haben hier 3 Igel. Der am nördlichsten wohnende ist Erinaceus europaeus L. Nun ist es mir ein Rätsel, wie sich ein Exemplar bis nach Gaza verirrt hat. Seit dem Jahre 1912, wo ich um diese Stadt sammelte, sah ich diese Art dort nicht mehr. Es war ein Riesenexemplar von tief schwarzbrauner Farbe, aber entschieden nicht Erinaceus roumanicus sacer THOMAS. Den Süden bewohnt regelmäßig Erinaceus brachydactylus WAGNER (der kurzzehige oder kurzstachelige oder langohrige Igel. Nun hat der genannte Autor diesen Igel auf E. aethiopicus H.-E. von Dongola bezogen, der aber ganz verschieden von dem Palästina-Igel ist. Unser Igel sieht dem E. libycus H.E. ähnlich. Im Gebirge und an Hügeln lebt Er. roumanicus sacer THOMAS, der durch seine braune Färbung dem Er. europaeus fast ähnlich sieht, sich von ihm jedoch in vielen anderen Beziehungen unterscheidet. Die sieben bei uns lebenden Spitzmäuse sind folgende: 1. Neomys fodiens SCHREBER, 2. Ürocidura crassicaudus (Pachyura crassicauda: dentibus intermediis 4), 3. Sorex minutus L., 4. 8. tetragonurus HERMANN, 5. Sorex araneus L. (dentibus intermediis 3). — Letztere ist die bei uns seltenste Art, sie tritt auch nur in der Steppe auf. Von kurzem beschrieb THOMAS zwei Spitzmäuse aus Palästina: 6. Urocidura russula judaica (the white-toothed Shrew of Palestine) aus der Umgebung von Jerusalem und 7. Crocidura portali aus Ramleh. | 344 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 9.) Biologische Beobachtungen über einige Nagetiere im südmandschurisch-mongolischen Grenzgebiet. Von Dr. H. M. JETTMAR (Harbin). Mit 13 Abbildungen im Text und auf der Tafel XXXVIL. Im Herbst 1928 brach im Grenzgebiete zwischen der Inneren Mongolei und der Südlichen Mandschurei, in der Umgebung der Städte Tungliao und. Chendjathun (am Mittellauf des Flusses Liao-ho) die Beulenpest aus. Als diese Epidemie bereits im Erlöschen war, wurde ich Ende Oktoker in das Pestgebiet entsandt, um dort epidemiologische Studien anzustelleu. Mein Aufenthalt in diesem Gebiete dauerte vom 28. Oktober bis zum 16. November 1928. Ich richtete meine Aufmerksamkeit besonders auf die in dieser Gegend frei lebenden Nagetiere, da diese bei der Übertragung der Pest oft eine große Rolle spielen können. Leider waren die meisten Arten, wie Renn- mäuse, Ziesel und Springhasen, von denen die dortigen Steppen im Sommer wimmeln sollen, bereits dem Winterschlafe verfallen. So machte ich haupt- sächlich die nicht im Winterschlafe befindlichen Zwerghamster, insbesondere den Phodopus bedfordiae THOS., zum Gegenstande meiner Studien. Zwischen Tungliao und Chendjathun erstreckt sich weites, ebenes Steppen- gebiet, welches in den letzten Jahrzehnten von chinesischen Kolonisten reich besiedelt wurde. Während das Tal des Liao-ho im allgemeinen fruchtbar ist, und fast allenthalben die Kultivierung des Kaolian (chinesischer Hirse) und anderer Bodenprodukte gestattet, erstreckt sich südlich der Eisenbahn, von den Talrändern landeinwärts führend, eine sandige Steppe mit zahlreichen Dünen und Sandhügeln aus Flugsand, welche nur dann und wann zwischen den Hügeln die Bebauung des Bodens gestattet. Die Landschaft (Abb. ”—9, Tafel XXX VIII) in diesen Sanddünen ist sehr eigenartig: obwohl die vom Winde meist schön gewellten Dünen aus reinstem Flugsand selten über 10 Meter hoch sind, imponieren sie doch in der Entfernung als Berge, und das dichte Gestrüpp der Weidenruten, welche stellenweise in den Niederungen zwischen den Dünen wachsen, täuscht Wälder vor, Zwischen den Dünen trifft man häufig auf kleine Wasseransammlungen, welche sich von den Sandhügeln aus wie Bergseen ausnehmen. Die Pflanzenwelt dürfte im Sommer recht artenreich und stellenweise zwischen den Sandhügeln ziem- lich üppig sein. So fand ich in den Nestern und Schlafkammern der dort H. M. JETTMAR, Biologische Betrachtungen über einige Nagetiere. 345 lebenden kleinen Nagetiere Samen, welche zahlreichen Pflanzenarten, haupt- sächlich Papilionaceen angehörten. Von Säugetieren traf ich außer zahlreichen Hasen und den später noch zu beschreibenden kleinen Nagetieren bisweilen Wölfe an, welche in dieser Gegend recht häufig vorkommen sollen, und auch am Tage dem Menschen gegenüber wenig Scheu bekundeten. Die Sanddünen waren allenthalben von Spuren kleiner Nagetiere durch- zogen, welche sich unter Tags, namentlich bei windigem Wetter, im Sande wieder zum Teil oder auch ganz verwischten. Dieselben waren jedoch am nächsten Morgen, wie ich mich später täglich überzeugen konnte, wieder in großer Menge erneuert. Dies läßt darauf schließen, daß diese Nager des Nachts in sehr großer Anzahl die Sandsteppen durchwanderten. Diese Spuren führten zu zahlreichen Löchern und Höhlen verschiedener Größe und Form, von welchen die überwiegende Mehrzahl klein und kurz war und blind endigte. Auch die zahlreich vorhandenen, verlassenen und offenen Zieselbauten wurden des Nachts von diesen kleinen Nagern aufgesucht. Wie sich später ergab, war es fast ausschließlich Phodopus bedfordiae THOS., der hier seine Bauten hatte. Da ich mir den Fang möglichst vieler wilder Nagetiere zur Aufgabe gemacht hatte, unternahm ich täglich Exkursionen nach dem von meinem Standquartier in Chendjatien etwa drei Kilometer entfernten Sanddünengebiet, Die ersten Novembertage gab es Schneefall und starke Morgenfröste, so daß der Sandboden in der Frühe mehrere Handbreit tief gefroren war, aber über Mittag stets wieder auftaute. Vom 5. bis 10. November herrschte wärmeres Wetter und das Ausgraben der Höhlen konnte ungehindert vor sich gehen. Vom 10. November angefangen war es jedoch so kalt, daß der Boden fest und tief fror, wodurch jedes weitere Graben sehr erschwert und schließlich fast unmöglich gemacht wurde. Die letzte Zeit meines Aufenthaltes beschränkte ich mich daher mit ziemlichem Erfolg auf Fallenstellen. Im ganzen wurden von mir etwa 30 verlassene Zieselbaue, eine noch größere Anzahl teils bewohnter, teils unbewohnter „Sandhamster“-Baue und ein bewohnter Bau des gestreiften Zwerghamsters ausgegraben. Ferner wurde ein einer Rennmaus angehörender Bau und der Bau eines Springhasen er- öffnet. Schließlich wurde in den Sanddünen auch ein langer Gang aus- gegraben, der allem Anscheine nach einer Schlange zur dauernden Wohnung gedient hatte, denn es wurden an seiner tiefsten Stelle nur zahlreiche Schlangenexkremente vorgefunden. Bei diesen Ausgrabungen wurden folgende Nagetiere gefangen: 40 „Sandhamster“ (Phodopus bedfordiae 'THOS.), 346 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 2 graue Zwerghamster mit schwarzem Rückenstreifen (Cricetulus gri- seus fumatus THOS.)'). 1 schlafender Springhase (Dipus sowerbyi 'T’HOS.). Außerdem wurden in den letzten Oktobertagen in den Feldern unter den Bündeln der geernteten Hirse sehr zahlreiche Hausmäuse (Mus musculus L.) gefunden. Die in dieser Gegend häufig vorkommenden Ziesel, von welchen im Spätsommer drei erbentet wurden (Üitellus mongolicus ramosus THOS.) lagen schon im Winterschlafe. An den Ausgängen der Baue konnten weder frische Exkremente noch Fußspuren von Zieseln wahrgenommen werden, obwohl meist zahlreiche Zwerghamsterspuren an den Ausgängen der ver- lassenen Baue zu sehen waren. Trotz zahlreicher Grabungen gelang es mir nicht, eines schlafenden Ziesels habhaft zu werden. Die bewohnten Baue hatten offenbar so gut verschlossene Ausgänge, daß sie — zumal unter dem Schnee — nicht zu erkennen waren. Abgesehen davon sind in den Steppen von allen Zieselbauten überhaupt nur 5°/, bewohnt, was bereits russische Pestforscher feststellten. (Erster Allrussischer Pestkongreß, Saratov, 1927.) Obwohl es mir also nicht gelang, eines winterschlafenden Ziesels hab- haft zu werden, so konnte ich doch häufig am Ausgange und einmal auch nahe dem frischen Nest der verlassenen Bauten zahlreiche spezifische Ziesel- flöhe (Ceratophyllus mongolicus J. et R.) erbeuten, was darauf schließen läßt, daß diese Baue zumindest im Sommer zahlreichen Zieseln zur Wohnung ge- dient haben mußten. Meist waren die Zieselflühe am Ausgang der Höhle zu finden, und zwar im Sand, während das Innere des Baues frei von Ekto- parasiten war. Die Ziesellöhe verhielten sich hier im Winter ebenso wie in Transbaikalien !), in der Mongolei und in der Umgebung von Harbin, wo ich im Sommer einfach durch Absuchen des Sandes oder lockeren Erd- reiches am Ausgange der Zieselhöhle zahlreiche Flöhe erbeuten konnte, ohne das Nagetier zu Gesicht zu bekommen. Im Tungliao-er Sanddünengebiet waren anfangs November die Flöhe stets — mit einer einzigen Ausnahme — innerhalb der ofienen Ziesellöcher etwa eine Handbreite bis höchstens 40 cm vom Ausgang entfernt im Sand vergraben; wurde dieser Sand mit den Fingern herausgescharrt, so sprangen die Flöhe sofort trotz des herrschenden Frostes lebhaft umher. Die Zieselbaue waren zumeist an der Grenze des Dünengebietes in der Nähe der Äcker angelegt und aus jedem 10.—20. Loche 1) Für die Bestimmung dieser Art bin ich Herrn Dr. OTTO KOLLER, Natur- historisches Museum, Wien, zu großem Danke verpflichtet. 2) H.M. JETTMAR, Die Bauten einiger Transbaikalischer Säugetiere. — Zeit- schrift f. Säugetierkunde 1, 1926, pg. 13. H. M. JETTMAR, Biologische Beobachtungen über einige Nagetiere. 347 konnten Flöhe erbeutet werden. Die größte aus einem Ausgange gewonnene Ausbeute betrug 12 Stück. Die Weibchen waren hier bedeutend zahlreicher als die Männchen. Alle alten Nester in den geöffneten Zieselbauten waren frei von Ektoparasiten und enthielten nur bisweilen in mäßiger Menge Maden von kleinen Fliegen. Die zugehörigen entwickelten kleinen Fliegen traf man auch nicht selten an den Ausgängen der Baue an. Es gelang mir auch, einen Springhasen (Dipus sowerbyi 'I'HOS.) während des Winterschlafes zu erbeuten. Am 7. XI. fand ich bei Chendjatien am nörd- lichen Hang einer großen Sanddüne ein kleines halbverschüttetesLoch. Wir gruben nach und fanden in der geringen Tiefe von 44 cm unter der Erdoberfläche und 140 cm von der Ausgangsöffnung entfernt, eine kleine sackförmige Er- weiterung, aus welcher ich einen schlafenden Springhasen herauszog. Die Erweiterung, in welcher das schlafende Tier lag, enthielt kein Heu. Das Tier lag darin mit seinem Rücken gegen den Ausgang. Es lag im tiefsten Schlafe, wie tot und fühlte sich ganz kalt an. Ich legte es in eine Schachtel auf den Sand und nach etwa 10 Minuten begann es mit dem Vorderfuß ganz schwache Bewegungen zu machen. Nach weiteren zehn Minuten ging ein eigenartiges konvulsives Zittern durch den Körper, welches namentlich an den Vorderfüßchen deutlich bemerkbar war. Bald darauf war das Tier voll- kommen erwacht. — Wir deckten den Bau (Abb. 1) nun vollends auf, wobei sich herausstellte, daß die Schlafkammer des Tieres weiter unten in 2?/, m Tiefe lag. Sie war mit einer beträchtlichen Menge frischen trockenen Heues an- gelegt, wobei das vollkommene Fehlen irgendwelcher Insekten oder ihrer Larven ganz besonders auffiel. Es war nicht recht erklärlich, warum das Tier hoch oben im Bau in der kleinen Erweiterung, welche keinen einzigen Heuhalm enthielt, eingeschlafen war, wo ihm doch eine schöne, tiefgelegene Schlafkammer zur Verfügung stand. — Kurz vor der Nische, in welcher das schlafende Tier aufgefunden wurde, und hinter welcher eine kleine lockere Sandbrücke aufgeworfen war, zweigten zwei weitere Gänge ab, und zwar ein ganz kurzer nach aufwärts und ein sehr langer nach abwärts, welcher in den Berg führte. Letzterer erreichte die beträchtliche Tiefe von 225 cm unter der Erdoberfläche und verjüngte sich am Ende zu einem spitzen Sack- gang, aus dem eine schlafende Eidechse herausgezogen wurde. Der Springhase(Abb. 10,i1 auf TafelXXX VIII) fühlte sich in der Gefangen- schaft (mehrere Monate) dauernd wohl. Zum Unterschied zu den in Urga im Sommer gefangenen Springhasen, verlieren seine Ohren auch tagsüber nicht völlig ihren Turgor, sondern sind nur bisweilen leicht gefaltet. Des Nachts sind sie stets auf- gestellt und straff. Die ganze Nacht läuft das Tier lebhaft in Käfig umher. Das Nahrungsbedürfnis ist sehr beträchtlich. Die ersten drei Tage nach dem 348 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Erwachen aus dem Winterschlafe nahm es überhaupt keine Nahrung auf, dann aber fraß es auf einmal bedeutende Mengen von frischem Kohl, Birnen, Brot, Hirse und Nüssen. Wenn es gereizt wird, gibt es einen eigentüm- Abb. 1. Bau des Springhasen (Dipus sowerbyi THOS.). Durchmesser der Gänge etwa 8 cm. Maßstab 1:30. lichen halb pfauchenden, halb schnarchenden Ton von sich, den es absatz- weise hervorstößt. Er läßt sich ungefähr mit ch-t.. .ch-t. . .ch-t wiedergeben, Das Fell des Tierchens ist (30. Dezember) dicht und läßt sich etwa folgender- maßen beschreiben: Der Rücken weist sehr zahlreiche, im allgemeinen der Länge nach verlaufende schmale Streifen von abwechselnd gelbbrauner und schwarzer Farbe auf. Die Flanken sind gelbbraun mit unregelmäßigen weißen Streifen oder Flecken untermischt. Die Bauchseite ist mit leuchtend weißen Haaren be- deckt, Stirn cremegelb mit feinsten schwarzen Streifen. Um die Augen herum unregelmäßiger breiter weißer Haarring. Hinter den Ohren ein feines Büschel langer leuchtend weißer Haare. Flecken fuchsroter langer Haare am Ansatze des Hinterfußes. Rücken des Schwanzes am Ansatz ziemlich H. M. JETTMAR, Biologische Betrachtungen über einige Nagetiere. 349 kahl, später mit sandgelben kurzen Haaren bedeckt. Schwanzquaste schwarz, nur ganz am Ende ein Büschel weißer Haare. Am Rücken sind alle Haare am Grunde des Felles grauschwarz und werden dann gegen die Spitzen zu gelbbraun. Einige da und dort verteilte lange Haare sind in ihrem ganzen Verlauf intensiv schwarz, wodurch die charakteristische Fleckung und Streifen- bildung hervorgerufen wird. Das Tier, welches sich dauernd wohl befand, wurde am 21. Januar 1929 mit Chloroform getötet. Seine Maße waren die folgenden (unmittelbar nach der Tötung gemessen): Gewicht: 109 g. Gesamtlänge (Nasenspitze bis zur Spitze der Schwanzhaare) . . . . . 805 mm Rumpflänge (Nasenspitze bis Spitze der Haare am Steiß) . . . . . .. 140 mm Schwanzlänge (Ansatz am Rumpf bis Spitze der Schwanzhaare). . . . 180 mm Nasenspitze bis Krallenspitze bei gestrecktem Tier . . . ni. er 28305mm Spannweite der gespannten Vorderpfoten von Kralle zu Kralle 104mm Krallen des Hinterfußes: Die zweite und vierte Kralle groß, lang, platt, nach abwärts gekrümmt . 8mm Die 3. mittlere Kralle ist klein, dünn, nur 4-5 mm lang und leicht nach aufwärts gekrümmt. Glatter langer Calcaneus, keine Spur von rudi- mentären ersten und fünften Zehen. Hinterfuß vom Calcaneus bis zur Krallenspitze . . . 2 2 2 2.02 2...70 mm Spannweite der gestreckten Ve DE ee ee ar 29 INE Längstes Schurrhaar . . . ee , J90 mm Länge der Augenspalte bei Bestnoten Au ee Bl ee a ee 1 0,D, mm Eupillenabstand . . . . a ee ae amm Nasenlöcher — Spitze der ie ee 2 2 le ea 712mm Bei der Sektion des Tieres erwies sich das Herzblut und die Leber als hochgradig infiziert mit einer dem Hepatozoon jaculi BALFOUR sehr nahestehenden Hepatozoonart. Auch Dartonella bacilliformis konnte in sehr geringer Menge im Herzblut nachgewiesen werden. Die nördlich von Tungliao gelegenen Steppen beherbergen auch Renn- mäuse (Meriones kurauchii MoRI). Im Herbst 1928 wurde von dort ein erwachsenes Weibchen in Spiritus dem Harbiner Laboratorium zugestellt, gefangen bei Tungliao am 23. August 1928. Der Körper war birnförmig, der Nacken kurz, dick, der Kopf länglich mit spitz zulaufender Schnauze, der Mund klein, die Ohren rundoval. Die Augen sind ziem- lich klein, nicht besonders vorstehend. Die Schnurrhaare etwas länger als die ganze Kopflänge (von der Nasenspitze bis zu den Spitzen der Ohren). Die vorderen Schnurrhaare sind alle weiß, die hinteren an der Basis schwarz. Die Vorderfüße sind kurz und dünn, haben eine Daumen- warze und vier schlanke Zehen mit stark gekrümmten 2—2!/, mm langen 350 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Krallen. Die mittlere Kralle ist am längsten, während die laterale be- trächtlich zurücksteht. Die Hinterfüße haben fünf Zehen, wobei die mediane und laterale kürzer sind, als die drei ungefähr gleich langen mittleren. Der Schwanz ist rund, so lang wie der Körper, an seinem Ansatz und mittlerem Verlauf mit dichten etwa 3 mm langen gelben Haaren versehen. Dorsal verläuft ein Streifen schwarzer, ebenso langer Haare, der nicht sehr scharf hervortritt, da er von gelben Haaren durchsetzt ist. Die Haare werden gegen das Ende des Schweifes zu beträchtlich länger (bis gegen 12 mm) und bilden eine Art schütterer seitlicher Rute. Der Rücken, die Flanken und die Stirn- partien sind gelb, gleichmäßig untermischt mit schwarzen Haaren. Die Bauch- seite und die Innenseite der Beine ist weiß. Maße: Körperlänge . . . 00° a ee ee aD mim Schwanz (Basis bis nie = ae a ee a a eelsemm! Abstand der Ohren. „ect. 0. un 0. See 50m Pupillarabstand . . . . i ee ee Ss mım Nasenspitze — Spitze der oheren meist no: 5 #305 9 mm Längste Schnurrhaare... ©.=.:.,. 2... We. 2.0 02er Um diese Tiere zu studieren, machte ich am 27. Oktober einen Ausflug nach Pandjatien, (etwa 30 km nördlich von Tungliao), wo im Herbst dieses Jahres die Rennmaus erbeutet wurde. Die Steppen dort sind ziemlich sandig (obwohl Sanddünen fehlen) und lassen nur eine recht dürftige Vegetation aufkommen; immerhin wird das Land stellenweise bebaut. Die Steppe ist von vielen Nagetieren reich besiedelt, da jedoch diese Tiere bereits seit einigen Wochen im Winterschlafe lagen, konnte ich kein einziges zu Gesicht bekommen. In Pandjatien legte ich den Bau frei, aus welchem die früher beschriebene Rennmaus ausgewässert worden war. Auch wurden mehrere Baue, welche angeblich sicher Rennmäusen angehörten, ausgegraben und deren Skizzen verfertigt. Die Baue waren alle nach einem Schema Anzeleol, einer derselben (Abb. 2) sei genauer beschrieben: Ausgangsöffnung ohne davor aufgeworfenen Hügel. Im Sande der Aus- schlüpfröhre, ganz nahe dem Ausgange wurden 7 Flöhe (5) gefangen, alles Ceratophyllusweibchen. Beim weiteren Ausgraben und auch in der ver- lassenen Schlafkammer konnte trotz eifrigen Suchens nicht ein einziger Floh und auch kein anderer Ektoparasit aufgefunden werden. Die gleichmäßig abwärtsführenden Gänge des Baues sind schön gerundet und eher längsoval als queroval, 6.5x7.5 cm im Durchschnitt. Die größte Tiefe des Baues war in der Schlafkammer mit 95 cm unter der Erdoberfläche erreicht. Die Schlaf- kammer hatte 20 cm im Durchmesser und war zum Teil mit altem Heu an- H. M. JETTMAR, Biologische Beobachtungen über einige Nagetiere. 351 gefüllt. Von ihr führte ein kurzer, nur 20 cm langer Sackgang nach auf- wärts und endigte blind in einer Tiefe von 81 cn unter dem Steppenboden. Der Bau war, wie die meisten der anderen, in der Art einer Schneckenwin- dung gedreht. Abb. 2. Rennmausbau, ausgegraben am 27. 10. 1928 bei Pandjatien. Maßstab 1:30. EingrauerHamstermiteinemschwarzenRückenstreifen (Oricetulus griseus fumatus THOS.) wurde in der Umgebung von Chend- jatien mehrmals angetroffen. Ein Exemplar wurde mir anfangs November von einem chinesischen Bauern gleichzeitig mit 30 Hausmäusen gebracht. Die Tiere wurden alle unter Kaolianhaufen gefangen. Ein zweiter Hamster wurde am 8. November tot auf einer Sanddüne in der Umgebung von Chend- jatien aufgefunden. Obgleich das Tier, wie sich bei der Sektion herausstellte, schon tagelang tot war, und dieser Tage bereits starker Frost mit heftigem Wind herrschte, so konnten doch im Felle des Tieres zwei Flöhe und zwei größere Milben gesammelt werden, welche darin lebhaft umherliefen. Ein dritter Oricetulus griseus wurde aus seinem Bau, der in unmittel- barer Nachbarschaft zahlreicher Baue des Phodopus bedfordiae in einer 352 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Sanddüne angelegt war, am 2. November ausgegraben (Abb. 3). Der Haupt- bau, der‘ sich durchwegs im reinsten Sand befand, war von einigen mehr Sa 4 e “e £ N IN N vK ı Y \ “HK vr RW, = N ' / \ a \ vn a Abb. 8. Bau des Oricetulus griseus fumatus THOS. ausgegrabeninden \ Sanddünen bei Chendjatien am ö 2. 11. 1928. Maßstab 1:30. \ oder weniger seichten Sackgängen umgeben. Die Parasiten — einige Dutzend: Flöhe und unzählige Milben — waren in der Schlafkammer (WK) und in den Gängen in der nächsten Umgebung derselben konzentriert. Die Milben fanden sich namentlich zahlreich in einer Nische der Schlafkammer, wo sich mehr zersetztes Material befand. Der Bau enthielt drei ziemlich große Vorratskam- mern (VK), welche hauptsächlich mit runden Körnern, den Samen einer Steppen- ieguninosenart, ausgefüllt waren. Nahe dem Ende des Baues zweigte ein ziemlich verschütteter, schwer verfolgbarer Gang in die Tiefe ab, welcher zu einer verlassenen Schlafkammer (aWK) führte, die mit altem zersetzten Heu ausgefüllt war. In den fauligen platten Heuschichten wurden zwei mumi- fizierte Leichen des Üricetulus griseus aufgefunden. Das Tier, offenbar der einzige Bewohner der Höhle, sprang aus dem steil nach aufwärts führenden Sackgang heraus, und konnte leicht gefangen werden. Der kleine eremefarbene „Sandhamster“ (Phodopus bed- fordiae TroS.), wurde in den Sanddünen von Tungliao ganz besonders häufig angetroffen, und, da die zahlreichen gefangenen Tiere später zu Pest- H. M. JETTMAR, Biologische Beobachtungen über einige Nagetiere. 353 studien dienten, auch am eingehendsten studiert. Diese kleinen, sehr zarten Hamsterchen (Abb, 12, 13 auf Tafel XXXVIII) führen ausschließlich ein Nacht- leben und verlassen offenbar ihre Höhlen während des Tages nicht?). Auch in der Gefangenschaft, welche sie sehr gut überstehen, werden sie erst um Mitternacht besonders lebhaft, während sie nach Sonnenaufgang ruhig und schläfrig sind. Ihr Nahrungsbedürfnis ist beträchtlich und ihre ungewöhnlich großen Backentaschen sind meist gefüllt, auch wenn Nahrung im Überfluß im Käfig vorhanden ist. Die prall gefüllten Backentaschen, welche entlang des Halses bis über den Schultergürtel nach hinten reichen, machen das Tier, namentlich in seiner Nackengegend, ganz unförmig, und erweitern selbst den Brustumfang um ein beträchtliches. Wird das Tier ergriffen, so ent- ledigt es sich seiner Vorräte, indem es mit den Vorderpfötchen — durch Streifen von rückwärts nach vorn — die Samenkörner und allen anderen Inhalt aus den Backentaschen herausstreift. Diese Hamsterart legt ihre Baue offenbar ausschließlich in reinstem Steppensande mit Vorliebe an einem Steillang der Düne an. Es wurden über 50 Baue des Phodopus bedfordiae ausgegraben. Der Hauptbau, welcher meist von mehreren kleinen Blindgängen umgeben ist, hat fast stets nur einen Ausgang. Der Bau verzweigt sich in mehrere Gänge, welche alle blind endigen. Wird der Bau ausgegraben, so erscheint nicht selten der Hamster irgendwo auf der Oberfläche; er flüchtet demnach bei der Verfolgung in den nach aufwärts führenden Blindgang und durchstößt die schmale Sandbrücke um den Verfolgern zu entgehen. Da das kleine Tier jedoch ganz ungewöhn- lich kurzbeinig und ziemlich plump ist, kann es im Laufe mühelos gefangen werden. Der Hauptgang führt zu einer kleinen Erweiterung, welche zumeist am Ende des Ganges angelegt ist, und den Schlafraum des Tieres darstellt. Er liegt oft recht tief, bis 1 1/, Meter unter der Oberfläche. Diese beträcht- liche Tiefe wird meist dadurch erreicht, daß der Hauptgang stets in den steilen Abgang hineinführt. Der Bau dieses Hamsters enthält in der Regel keine Vorratskammern; nur ausnahmsweise wurden solche angetroffen, welche dann mit runden Körnern einer Steppenleguminosenart angefüllt waren. Bis- weilen wurden in den Lochgängen an unbewohntem Baue dieser Hamsterart überwinternde Kröten angetroffen. Das Heu des Lagers enthält fast stets eine beträchtliche Menge von Milben *) und auch Flöhen, unter welchen namentlich Neopsylla bidentati- ®) Die Beobachtungen dieser Hamsterart in der Natur erstrecken sich aus- schließlich auf den November. 4) Die Milben wurden Herrn Dr. H. GRAF VITZTHUM, Berlin, übersandt, welchem ich für die Bestimmung der Arten zu großem Danke verpflichtet bin. 23 354 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. formis und Frrontospylia jeitmari überwiegen. Mehrere dieser Nester wurden in gut verschlossene Blechbüchsen getan und einige Wochen nachher auf ihre Ektoparasitenfauna untersucht. So wurde von Nest I außer zahlreichen Fliegenlarven und einigen großen Käfern (Scarabaeus) 62 entwickelte Flöhe und 40 Milben gesammelt. (Der größte Teil der Milben kam nicht zur Untersuchung). Nest Nr. 2 enthielt 7 Flöhe und weit über 200 Milben. Aus dem dritten Neste wurden 30 Flöhe und 22 Milben gesammelt. Nest Nr. 4 enthielt nur einen Floh und mehrere Dutzende von Milben. Die übrigen gesammelten Nester, bei welchen schon während der Inspektion ein beson- derer Reichtum an Ektoparasiten koustatiert wurde, wurden zu Pestexperi- menten verwendet. Das letzte dieser Nester wurde — nach 80 tägigem Auf- enthalte in einem kalten Keller — hervorgenommen und ungefähr die Hälfte des Materials auf Ektoparasiten hin untersucht: Es wurden 20 lebende und ein toter Floh (Neopsylia), 227 lebende Flohlarven und über 40 verschie- dene Milben erbeutet. Wenn man bedenkt, daß diese Baue meist nur von einem oder zwei Tieren bewohnt sind, so kann man sich eine Vorstellung machen, wie diese Hamster von Ungeziefer geplagt sein müssen. Um so mehr nimmt es wunder, daß fast alle gefangenen Tiere, namentlich solche, welche aus den Fallen erbeutet wurden, auffallend arm an Ektoparasiten waren. Diese Hamsterart wirft im Spätherbst Junge. Wir hatten Gelegenheit, einmal in einem Baue zwei etwa drei Wochen alte Junge auszugraben, welche zusammen mit der Mutter nahe der Schlafkammer gefangen wurden (siehe Abb. 4). Am 8. November wurde in der geringen Tiefe von 50 cm ein Sandhamsternest ausgegraben, in welchem vier ganz junge, blinde, noch völlig nackte Zwerghamster lagen. Die Tiere lagen im Nest so gut versteckt nnd eingehüllt, daß sie erst beim Herausnehmen des Lagers bemerkt wurden. Es fiel auf, daß das trockene, rein gehaltene Nest völlig frei von Ektopara- siten und Insektenlarven war. Vom Neste zweigten zwei Gänge ab: ein kürzerer führte horizontal und ein langer in die Tiefe. In dem kürzeren wurde das säugende Hamsterweibchen gefangen. Der lange Gang endigte blind in einer Tiefe von 1'/, Metern, ohne ein weiteres Nest zu enthalten. Die ganze Länge des Baues vom Ausgange bis zum blinden Ende des langen Ganges betrug 2 m 20 cm. Weitere Gänge siehe Abb. 5 und 6. Nach dem 15. November, als die tief gefrorene Erde das Graben be- reits sehr erschwerte, wurden an den Stellen, an welchen in dem Sand be- sonders viele Fußspuren sichtbar waren, größere Blechbüchsen tief in den Es handelt sich um 5 Spezies: a) Bulaelaps spec., b) Haemolaelaps spec., c) Euga- masus spec., d) Haemogamasus manchuricus VITZTHUM 1929, und e) Anoetus spec. H. M. JETTMAR, Biologische Beobachtungen über einige Nagetiere. 355 63 ! ıy ! Y ,V-$- 9135 ! ai) (VK 21 “ ! SS \yK ’ |] \ , = > / / / 2 ‚ va ! "2 7% / 74 VK / / So /’ 2 N Y, v f / \ A | / D Ya I Bi ’ / u I, a vr _%, A / , EREN/S Abb. 4. Bau des Phodopus 1, , bedfordiae THOS. ausge- , graben am 30. 10. 1928 bei N N Ta Lin; großer Bau, wel- ; u cher ein erwachsenes Weib- 1, / N chen und zwei Junge be- at ? herbergte. Dieser Bau ent- y ’ hält Vorratskammern (VK), / ’ was eine Ausnahme dar- / W. —>r stellt ; sie waren zum Teil PIE mit Körnern angefüllt. Ab- 2 hang etwa 40°. Maßstab , 12:30. Abb.5. Bau von Phodopus bedfordiae THOS., ausgegraben am 30. 10. 1928 bei Ta Lin. Ungewöhnliche Anlage: die beiden Sack- gänge gehen direkt von der Schlafkammer aus; der eine reichte bis dicht unter die Erdoberfläche. Abhang der Sanddüne sehr steil, etwa 70°. Maßstab 1:30. 23* 356 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. / ’ Abb. 6. Bau des Phodopus bedfordiae THOS., 4 ausgegraben am 3. 11. 1928 bei Chendjatien in einer etwa 100 cm hohen Sanddüne; typische _ Anlage; Durchmesser der Gänge etwa 5 cm; 12.84 G, und G, sind zwei kurze Blindgänge, G, ein ae langer, leicht aufwärts führender, knapp unter N; der Erdoberfläche mündender Sackgang. I Maßstab 1:30. | H.M. JETTMAR, Biologische Beobachtungen über einige Nagetiere. 357 Sand eingegraben. Ihre Öffnung befand sich am Grunde eines künstlich er- zeugten Sandtrichters. Als Köder wurde in die Büchse und deren Umgebung reichlich Hirse gestreut. Am nächsten Morgen war an allen Fangstellen der Sand von zahlreichen Fußspuren durchsetzt und die ganze Hirse weggefressen. In den Fallen selbst wurden nicht selten Sandhamster angetroffen. Obwohl auf dem Boden der Blechbüchse eine Schicht Watte lag, und reichlich Nahrung vorhanden war, so wurden doch mehrere der gefangenen Tiere be- reits erfroren aufgefunden. Bei dieser Fangart verdient folgende Beobachtung erwähnt zu werden: Als ich nach einem besonders ergebnisreichen Tage die Fallen an denselben Stellen wieder aufstellte, konnte ich am nächsten Morgen nicht ein einziges Tier erbeuten, obgleich zahlreiche Spuren und das Ver- schwinden aller Hirsekörner in der Umgebung der Fallen bewiesen, daß diese Örtlichkeit immer noch reichlich von Hamstern besucht war. Ich hatte erst wieder eine Ausbeute, als ich die Fallen in ein anderes Gebiet verlegte, Etwa 50 der gefangenen Tiere wurden im Laboratorium monatelang gehalten und wurden zum größten Teil zu Pestexperimenten verwendet. Diese Hamsterart paßt sich dem Gefangenenleben sehr gut an und ist für Laboratoriumsversuche sehr geeignet. Zum Unterschied von dem ganz außer- ordentlich bissigen und wilden Oricetulus triton DE WINTON und zu Ürice- tulus barabensis PALL. ist Phodopus bedfordiae THOS. sehr sanft, beißt fast nie, und kann auch, wenn er entkommt, viel leichter gefangen werden, als die beiden sehr flinken und energischen anderen Hamsterarten. Außerdem ist er ein sehr schlechter Springer. ÜOricetulus griseus ist zwar weniger wild und bissig als barabensis und besonders triton, doch macht er auch recht gerne von seinen Zähnen Gebrauch und ist wesentlich flinker als Phodopus. Ein weiterer Vorteil sind die scheibenförmigen platten und weichen Fuß- sohlen, welche ein bequemes Aufspannen auf die Sektionsbretter gestatten. Als Nachteil wird das Entleeren der Backentaschen bei jeder Manipulation empfunden, wodurch das Operationsgebiet verunreinigt und steriles Arbeiten erschwert wird. Außerdem ist das rudimentäre schwer zugängliche Schwänz- chen zur Blutentnahme sehr ungeeignet. Daß die Tiere namentlich nach Mitternacht ihre Baue verlassen und in den Sandsteppen umherwandern, beweist folgende Beobachtung: Am 16. No- vember herrschte den ganzen Tag heftiger Sturm, welcher alle Spuren, selbst die menschlichen, in den Sanddünen sofort verwehte. Dieser Sturm legte sich erst gegen 1 Uhr nachts. Dennoch waren am nächsten Morgen die Sanddünen wie gewöhnlich von zahllosen frischen Spuren bedeckt. Am 12. Januar wurden zwei von den gefangenen Sandhamstern gleich- zeitig mit verschiedenen anderen mandschurischen Cricetulusarten mit Chloro- 358 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. form getötet und gemessen. Die Beschreibung und die Maße der beiden ge- töteten Hamster von Phodopus sind folgende: Bei der Vergleichung dieser Sandhamster mit den übrigen Cricetuli (Cricetulus triton, Oric. barabensis, Cric. griseus und einer nicht bestimmten Cricetulusart von der nord- mandschurisch-mongolischen Grenze) fallen außer dem lichten Fell vor allem die breite, kurze, gedrungene Gestalt und die dicken, weichen plattenförmigen Pfoten auf, welche auf ihrer Volar- resp. Plantarseite, da sie außerdem hier noch mit dichten seidenglänzenden Härchen bedeckt sind, keine Gliederung erkennen lassen. Im Winterfell sind Kopf, Nasenspitze, das Maxillar- und Mandibulargebiet glänzend weiß. Oberhalb der Augen, unmittelbar vom Oberlid beginnend, finden sich zwei sehr charakteristische runde weiße Haarflecke, etwa 5 mm im Längen- und 6 mm im Breitendurchmesser. Am Ohreingang stehen ebenfalls feine Btischel leuchtend weißer Haare. Sonst ist die Stirn und der Nasenrücken mit licht-kaffeebraunen Haaren bedeckt, welche bis 5 mm vor der Nasenspitze in die weißen Haare der letzteren übergehen. Unter den unteren Augenlidern verläuft, vom Nasenrücken ausgehend, in horizontaler Richtung nach rückwärts, ein Streifen kaffeebrauner Haare, der in der Gegend des unteren Augenlides etwa 3—4 mm breit ist. Dadurch erhält der Kopf eine kreuzförmige braune Zeichnung. Die vier bis sechs längsten Schnurrhaare beiderseits sind von ihrem Ansatz bis gegen die Mitte zu — in seltenen Fällen fast bis zu ihrem Ende — schwarz, während die Enden stets leuchtend weiß sind. Alle anderen Schnurrhaare, etwa 50 an der Zahl, sind in ihrem ganzen Verlaufe leuchtend weiß. Die unteren Teile der Flanken und der Bauch sind hell weiß, nur in der Medianlinie, in der Form eines dünnen verwaschenen Streifens, haben die Haare bisweilen einen zarten cremegelben Ton. (Die Bauchhaare sind auch am Ansatz weiß und nicht aschgrau oder schwarz wie bei den übrigen Hamsterarten). Alle vier Beine sind ausschließlich weiß. Der Rücken und der obere Teil der Flanken ist kaffeebraun; hier sind die Haare an ihrem Ansatz alle tiefschwarz. Mehr medianwärts — von der Stirne bis zum letzten Drittel des Rückens — reicht der schwarze Anteil der Haare bis nahe an die Spitze heran, wodurch die braunen Haarspitzen das Fell nicht ganz bedecken können und dadurch schwarze Streifehen zum Vorschein kommen, 'so daß die zentralen Partien einen aschgrauen Farbenton erhalten. Die Steißgegend und das kleine rudi- mentäre Schwänzchen, das in den langen, weißen Haaren des Felles ver- steckt und schwer meßbar ist, sind leuchtend weiß. Der Übergang des weißen Felles in das braune vollzieht sich ziemlich scharf, so daß, wenn das ge- tötete Tier platt auf den Bauch gelegt wird, der Rand des Felles von einem H. M. JETTMAR, Biologische Beobachtungen über einige Nagetiere. 359 sehmalen weißen Streifen umrahmt wird, der um das Tier herumgeht, Die ovalen Ohrmuscheln sind gegen die Ränder zu fast ganz kahl. Maße: Pupillarabstand u. ee a era snin: Äugenspalt bei Be hiosdenen Anen 7 NE FEN U FOTIE Obere Schneidezähne scharfkantig. gerade, die Onleren a gerundet. MR ehmeide der oberen Incisivi .. . . . 2 2... 00.2... '6l,mm Mundwinkelabstand. . . . . 5 b s GH mm Ohrmuschel, an den Maßstab ler an ihrer Dreitesten Selk Om e yomsAmsarzebis-zum‘oberen Rande . .» .....:.%... 8 mm Längste Schnurrhaare . . EN RN re Zn ante DOK EINM) Vorderpfötchen im Querdurchmesser en 8 mm 5 im l.ängsdurchmesser = mm Die Vorderkrallen sind klein, sehr zart, weiß, nur schwach gebogen, sicht: barerkleil nicht über . ... : Se a hm Abstand der stark gespannten or rofotanspitzen. RS RE ER RN As hen Abstand der stark gespannten Hinterpfotenspitzen. . . . . 86 resp. 92 mm Totallänge. . . Re sen Seine 2 BDETESN 2 JOR m Gewicht von vier en Ticker ee ne AOL ED N 210119°0,.281/8.0..2850% . Zm Unterschied von den anderen untersuchten Zwerghamsterarten, bei welchen Darionella und Trypanosomainfektion recht häufig vorkommen, er- wies sich das Blut von gegen 50 untersuchten Sandhamstern als steril. Über die Losung der verschiedenen mandschurischen Hamster- arten wurden folgende Beobachtungen gemacht. Es wurden der Reihe nach die verschiedenen Arten: Phodopus bedfordiae 'T’HOS. Cricetulus spec. von der nordmandschurisch-mongolischen Grenze, Cricetulus barabensis PALL. und. Oricetulus triton DE WINTON zu je zweit unter eine große Glasglocke gesetzt; nachdem die Tiere 10 oder mehr Exkremente abgesetzt hatten, was stets in wenigen Minuten der Fall un war, wurden sie wieder weggenommen und die Exkremente ex tempore be- schrieben, gemessen und gewogen. Zum Vergleich wurden auch die Exkre- mente des Springhasen (Dipus sowerbgi THOS.) in gleicher Weise erhalten und gemessen. Es ergaben sich folgende Maße: (Tabelle siehe nächste Seite). Die Zeichnungen der Baue wurden alle an Ort und Stelle entworfen. Die Maßangaben sind in cm gemacht. Eine Zahl neben dem Zeichen -0- gibt die Tiefe der betreffenden Stelle unter der Erdoberfläche an. Das Zeichen > gibt die Richtung an, in der der betreffende Gang sich senkt. Das Zeichen &———> gibt ebenen Verlauf des Ganges an. WK = Schlafkammer, VK — Vorratskammer. 360 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, i930. mm Springhase aus |„Sandhamster“| Mongolischer |Gestreift. Ham- = = „ | aus Tungliao [Hamster (San-; ster (Sansin) Be Chendjatien en = Phodopus bed- \bese) Oricetulus Oric. barabensis een MR Dipus sowerbgi 53 fordiae THOS. spec. PALL. er THOS. u) mE Ve E e unregelmäßig: „wie gedrech- sehr lang, bisw. a Fliegenpup- S oval; höckerig deko pre nme hornartige a 2a | „kartoffelför- En NG nee Spitze \pen Jbiew. horn. are: mig“ In en Dattelförmig | aulezsebogen Nr. mm mm mm mm mm 28 3 x 1A 3 xX 2 41, x 1'/a 6 >x 21, 6% x 3% 2 21 x 1, 3x Tel, ax Ten ol SEN 3: Bamxıyı) 85x22 | A x), | 66% 2% 9x 31 4 3 3 ao 250 Ga, 6X 28, 723, 5 xt Ele x a 4 X 1 | 59: X 2 | Sa X ala 6 Als X La 2 2a XI) Aa X le ee 14 X 3 (vielleicht zwei) 7 RER EN 3x2 4 22 xl DZ DEIA X 28m 8 7 in BRD au x Ella DB X0B2 61, X 2l,e 9 3 x. ua), X 2.14 x il Dan, ar Tx 23], 10 3, x 1a, 9 1a ri ad Ti X 8 Gesamtgewicht der 10 Exkremente: | 0029er | 0056er | 0055 gr | O1il gr | 0802 gr Anhang: Aphanipterensammilunsa. Die auf den hier beschriebenen Nagetieren und ihren Nestern gefundenen Flöhe gehören nach Dr. H. JORDAN, dem ich die Bestimmung meiner ihm zugesandten Sammlung verdanke, acht verschiedenen, zum Teil noch un- beschriebenen Arten an: Name: Fundort: Ä 1. Ophthalmopsylla kukushkini IOFF Eingang und Inneres verlassener Ziesel- 1927 baue. Vereinzelt. 2. Neopsylla bidentatiformis WAG- Eingang von verlassenen Ziesellöchern; NER 1893 im Nest und Fell des Sanähamsters Phodopus bedfordiae THos. und des gestreiften Zwerghamsters Oric, griseus fumatus THoS. sehr häufig. 3. Frontopsylia jettmari JORDAN Am Eingang und im Bau verlassener 1929 Zieselnester; Nest und Feli vom Sandhamster nnd gestreiftem Zwerg- hamster. Sehr häufig. 4—6. Rhadinopsylla, 3 neue Arten Nest und Fell der beiden Zwerg- hamster, ziemlich zahlreich; ein- mal auch im Innern eines verlassenen Zieselbaues gefunden, H. M. JETTMAR, Biologische Beobachtungen über einige Nagetiere. 361 7. Ceratophyllus mongolicus J.&R. Häufig am Eingang von Ziesellöchern; var. einmal auch am Eingang eines ver- lassenen Rennmaushaues. 8. Otenophthalmus spec. Einmal im Felle des Sandhamsters Phodopus bedfordiae THos. Selten. Diese Tabelle zeigt, daß die verschiedenen Floharten in ziemlicher Mannigfaltigkeit in den Bauen der einzelnen Nagetiere verteilt sind. Die echten Zielflühe: Ceratophyllus mongolicus J. & R. 1911 (var.) wurden allerdings nur am Eingang von Zieselbauen und in einem verlassenen Bau, der offenbar einer Rennmaus angehörte, angetroffen. Diese Flohart scheint allem Anscheine nach auch an den Eingängen der verlassenen Zieselbaue zu überwintern. Was die zwei Arten der häufigsten Zwerghamsterflöhe: Neo- »sylla bidentatiformis WAGNER 1913 und F'rontopsylla Jettmari JORDAN 1929 anlangt, so wurden sie sowohl in verlassenen Ziesellöchern als auch in den Bauen und im Felle der verschiedenen Zwerghamster angetroffen. Es liegt die Annahme nahe, daß der in den Winternächten stets umherwandernde Sandhamster Phodopus bedfordiae THos. für die Verbreitung dieser Flöhe verantwortlich ist, da er ja häufig die verlassenen großen Baue anderer Nagetierarten besucht und dort offenbar meist im Sande des Einganges diese Ektoparasiten abgibt oder aufliest. — Die drei Khadinopsylia-Arten endlich scheinen typische Bewohner des Nestes und Felles des Sandhamsters zu sein. Vereinzelt fanden sie sich auch im Neste des grauen gestreiften Zwerg- hamsters und einmal, offenbar durch den Sandhamster verschleppt, im Lager eines verlassenen Zieselbaues. IV. Notizen. 1.) Krankheit und Tod des Hamburger Sirenenpaares. Beim Abschluß meiner Abhandlung ') über die im Hamburger Zoologischen Garten zum erstenmal aufgezogenen und über 12 Jahre lebend erhaltenen Seekühe (Trichechus inungwis PELZ.)?) aus dem Amazonenstrom bei Manaos war alles eher zu erwarten, als daß das einzigartige Paar trotz seiner vollkommenen Eingewöhnung diese Veröffentlichung nicht allzu lange überleben und schließlich, wie so viele seiner Vorgänger, ein Opfer menschlicher Unzuverlässigkeit werden sollte. Gegen Ende 1924 meldete der mit der Pflege der Seekühs betraute Wärter, (daß er bei der täglichen Reinigung des Beckens und seiner Insassen einige etwa mark- stückgroße Pusteln auf der Rückenhaut beider Manati beobachtet habe, die wässerige, trübe, an einzelnen Stellen rötliche Flüssigkeit enthielten. Bei der Nachprüfung wurde dieser Befund bestätigt. Im übrigen benahmen die Tiere sich wie sonst und verrieten höchstens durch eine auch bei anderen Gelegenheiten gezeigte Ver- minderung der Freßlust, daß nicht alles in Ordnung sei. Nach früheren Be- obachtungen konnte man mit einer, wenn auch allmählichen Besserung dieses Zu- standes umso eher rechnen, als auch die sorgfältigste Untersuchung keine Anhalts- punkte für die Ursache zu liefern vermochte, die Widerstandsfähigkeit der Art nach den im Schrifttum bekannt gewordenen und in meiner oben angeführten Arbeit aufgez“hlten Fällen eine Selbstheilung umso eher erhoffen ließ, als die Tiere gut eingewöhnt waren. Entgegen dieser Zuversicht nahm die Zahl der pockenähnlichen, aber keinen entzündlichen Charakter tragenden Erscheinungen im Laufe der folgenden Tage und Wochen zu. Die kranken Stellen verloren den pigmentierten Teil der Epidermis und eine in die Tiefe, etwa bis zum Rete Malpighi, reichende Zersetzung der Epidermialgewebe begleitete den Fortschritt der Er- krankung, zu der sich auch ein weiteres Nachlassen des Appetits gesellte. Ab- sonderungen von Eiter wurden nicht sicher festgestellt, wohl aber dann und wann blutfarbige Flüssigkeit ohne Blutkörperchen in den zerfallenden Geweben; vor allem erweckte der nach sorgfältiger Reinigung sich stets wieder neu bildende Belag den Eindruck einer Pilz-Infektion oder eines Befalls mit Saprolegnia. Der ') VOSSELER, L., Pilege und Haltung der Seekühe (Trichechus) nebst Bei- trägen zu ihrer Biologie. „Pallasia“, Zeitschrift f. Wirbeltierkunde 2, 1. 4. 1924, pg. 58—67, 114—133, 167—180, 213—230, mit 2 Taf. ?) In der neuesten Auflage von BREHM, 12, pg. 583, ist die Art fälschlich als Synonym zu Tr. manatus L. (americanus, latirostris) mit einem über den Amazonas und Orinoko sich erstreckenden Verbreitungsgebiet aufgeführt und auch in der beigegebenen Abbildung so benannt. Notizen. 363 Umfang der Flecke wie auch ihre Zahl nahmen langsam zu und führten, ohne daß sich die Körpermaße in besonders auffallendem Maße verminderten, langsam zu einem unerwarteten Ende. Das 9 starb am 28. 11. 1924, das 5’ wenig später am 22. 12. 1924. Dieses war in Gefangenschaft 12!/,, jenes 12!/, Jahre alt ge- worden. Beide Kadaver erhielt das Hamburger Zoologische Museum. Während der Krankheitsdauer wurde fortlaufend versucht, deren Fortschritt zur Ermittelung der Ursachen auf verschiedenen Wegen zu verfolgen. Darüber, daß die krankhaften Stellen auf der Hautoberfläche nur eine Begleiterscheinung eines tiefer sitzenden Leidens darstellte, konnte kein Zweifel herrschen. Die mikro- skopische Untersuchung von Präparaten aus den verschiedenen, wohl als putrid zu bezeichnenden, meistens grau aussehenden Flecken zeigte regelmäßig außer Stäbchenbakterien und losgelösten, mit dunklen Pigmentkörnchen durchsetzten Zellhaufen der Oberhaut keine besonders charakteristischen, eine spezifische Haut- krankheit verratenden Elemente. Herr Dr. med. vet. KALLERT, Hamburg, hatte sich in dankenswertem Entgegenkommen mit einer eingehenden Untersuchung der Bestandteile der Zersetzungsprodukte befaßt, nach der er die Überzeugung gewann, daß die auch von ihm festgestellten Elemente unter Umständen ebenso gut auf der gesunden Haut zu finden seien, und keinesfalls als Todesursache betrachtet werden könnten. Als solche bezeichnet er eine schwere Darmentzündung, die er bei der Sektion eines der Tiere selbst feststellen konnte. Die Gleichartigkeit und Gleichzeitigkeit der Erkrankung beider Sirenen er- folgte unter Umständen, die jeden Verdacht eines Diätfehlers ausschlossen. Es kennte somit nur ncch an eine Vernachlässigung der Ansprüche der Tiere an die Luft- und Wassertemperatur gedacht werden. Aus einer Zusammenstellung der Todesursachen früherer Sirenenimporte ergibt sich, daß von den in der oben zitierten Arbeit aufgezählten 24 Nummern nicht weniger als 10 auf eine zu große und andauernde Abkühlung des Wassers oder der Luft (1. c. pg. 130) zurückgeführt werden. Es war nur rätselhaft, wie und wann die lange Jahre hindurch bewährte und äußerst einfache Behandlungsart durch einen verhängnisvollen, geradezu kapi- talen Verstoß gegen eine der ersten und wichtigsten Lebensbedingungen gefangener Sirenen ersetzt worden sein konnte. Als Unheilbringer kam nur der etwas be- schränkte, aber sonst diensteifrige Wärter in Frage. Durch Nachforschungen wurde ermittelt, daß familiäre Zerwürfnisse ihn aus dem Gleichgewicht gebracht und an der ordentlichen Erfüllung seiner Dienstpflichten gehindert, zugleich einem ungewohnten Alkoholgenuß in die Arme getrieben hatten. In dieser Verfassung schien er wohl einige Male die Vorrichtung zum Mischen von Kalt- und Warm- wasser, damit die Herstellung der vorgeschriebenen Temperatur, nicht beachtet zu haben. Die Folgen lieferten einen leider teuer erkauften Beleg für die Emp- findlichkeit der Seekühe gegen eine längere Einwirkung kühler Temperaturen, auch wenn sie durch das täglich geübte Übersprengen und kurze Abwaschen mit kaltem Leitungswasser auf das beste abgehärtet zu sein scheinen. Einige Versuche zur Heilung (Futterbeigabe von Teichschlamm) oder zur Besserung der Hautschwären (essigsaure Tonerde) sowie Erhöhung der Wasser- temperatur auf 40°C. blieben, wie vorauszusehen, erfolglos, zumal nicht nur eine dauernde Behandlung der Krankheit schon allein durch die Unmöglichkeit einer Diagnose und Anwendung innerlich wirkender Heilmittel, weiterhin durch die 364 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Lebensweise im Wasser nicht durchzuführen war. Ohne helfend und rettend ein- greifen zu können, mußten die beiden Patienten ihrem Schicksal überlassen werden. Die Hoffnung, daß die so lange bewährte gute Konstitution und die an früher eingeführten Exemplaren bisweilen beobachtete, oft erstaunliche Widerstands- fähigkeit gegen geradezu unbegreifliche Fehler in der Haltung und Behandlung schließlich zu einer natürlichen Selbsthilfe und Ausheilung der erkrankten Organe führen könnte, erfüllte sich nicht, und so gestaltete sich in Beziehung auf die Sirenologie das Jahr 1924 zu eınem für die Wissenschaft und für die Tier- gärtnerei gleichermaßen verhängnisvollen, dessen trüber Abschluß umso schmerz- licher war, als er nur auf eine ganz unglaubliche Nachlässigkeit, in letzter Linie auf das häusliche Elend einer einzelnen Person, zurückzuführen war, außerdem aber einen umso schwerer wiegenden Verlust bedeutete, als wohl in den nächsten Dezennien kaum mit einem Zufall oder systematischen Versuch gerechnet werden kann, der die Fortsetzung meiner biologischen Beobachtungen zu ermöglichen, damit auch weiteres Material zu den von Herrn Dr. DRÄSECKE, hier, begonnenen Untersuchungen am Zentralnervensystem zu liefern vermöchte. Um die Naturgeschichte der Sirenen als Pflanzenfresser mit der der fleisch- fressenden Meeressäugetiere in der Gefangenschaft vergleichen zu können, wandte ich mich an den Direktor CH. H. TOWNSEND des New Yorker Aquariums. Diesem Institut war es bekanntlich zum erstenmal gelungen, eine Anzahl der am Kap Hatteras auf ihren Wanderungen zeitweise häufigen „großen Tümmler': (Tursiops tursio FABR.) zu fangen und davon 8 Stück in einem Riesenbecken längere Zeit zu pflegen. Die Eingewöhnung bereitete keine Schwierigkeiten; die Tiere gingen leicht ans Futter, waren aber stets in Bewegung, kannten keine Ruhepausen weder unter Tags noch während der Nacht. Nach einer durch Herrn TOWNSEND veranlaßten Mitteilung der Direktorial-Assistentin IDA M. MELLEN hielt das andauerndste Stück zwei Jahre aus. Als Ursache des Ablebens wird ein not- wendig gewordener Ersatz der anfangs mit reinem Seewasser durchgeführten Füllung des Riesenbeckens durch Brackwasser vermutet, das den Tieren nicht zu bekommen schien. J. VOSSELER (Hamburg). 2.) Zur Nahrung des Bibers. Der Biber hat seine Speisekarte wiederum erweitert. Nachdem er erst die Zuckerrüben und dann die Futterrüben angenommen hat, geht er jetzt auch in die Kartoffelfelder, gräbt Knollen aus und trägt sie zum Bau. Als neuestes hat er auch in einem Maisfelde die Halme umgeschnitten und die unreifen süßen Kolben aufgefressen. Dr. A. MERTENS (Magdeburg). 3.) Von einigen Säugetieren Rumäniens. 1.) Sus scrofa L., das Wildschwein ist eine sehr häufige und beinahe kosmo- polite Art, welche sich sowohl in unseren geschlossenen Waldmassiven als auch in den kleinen Wäldern der Vorsteppe vorfindet; es ist ebenfalls in dem Über- schwemmungsgebiete der Donau einschließlich des Deltas anzutreffen; in der eigentlichen Steppe fehlt es und in der westlichen Vorsteppe (unteres Mures-Tal)- hat man es ausgerottet. Notizen. 365 2.) Cervus elaphus L., der Edelhirsch. Einheimisch : in den Südkarpathen ziemlich selten, westlich und östlich des Alt, im Distrikt Prahova fehlt er. In den Ostkarpathen kommt er von Sita Buzäulni bis zur tschechoslowakischen Grenze überall vor, indem sich sein Verbreitungsgebiet gegen Norden zu bedeutend verbreitert. Außerordentlich starke Exemplare finden sich in der: Marmarosch (@Eaniaer Gebirge, Revier des Herrn Dr. NEDICI. Angesiedelt: in Wild- parks (Sarlota, Banloc, Distrikt Timis), oder frei (Bocsa montana, Resita, Distrikt Caras, Svarin, bei Nadrop, Distr. Severin, weiterhin in Sochodor, Sararsin und Moneasa, Distrikt Arad). 3.) Cervus dama L., das Damwild, eine mediterrane Art, welche nach BIELY vor dem Jahre 1848 in großer Zahl auf den Gütern des Grafen BRUKENTHAL bei Sambäla de Jos, neben Fägäras, kolonisiert war, befindet sich heute bei uns nur in den staatlichen Hirschpark von Sarlota (Distrikt Timis); einige Exemplare sind auf den Gütern des Grafen KARACSONYI in den Wäldern von Bauloc (Dis- trikt Timis), ebenso in Sochodor (Distrikt Arad) und in Balc (Distrikt Bihor). 4.; Capreolus capreolus L. Das Reh kommt spontan in allen Nadel- und Buchenwäldern des Landes vor, in der Dobrudscha auch in den Eichenwäldern. In den Eichenwäldern der Crisana und des Banates scheint es ebenfalls autochthon zu sein, obwohl es in großem Maßstabe in diesen Gegenden angesiedelt wurde. Casa verde bei Timisoara). Angesiedelt in den Wäldern der Vorsteppe der Crisana, des Banates und Munteniens (Distrikt Ilfor, bei Bränesti usw.). 5.) Ovis musimon PALL. Diese Mittelmeerart wurde in Siebenbürgen im Jahre 1868 auf dem Gute des Grafen CAROL FORGACS nahe dem Ghimels-Passe angesiedelt, wo man es in neuerer Zeit aber wieder ausgerottet hat. Heute gibt es noch einige Stücke auf dem Gute des Herrn JOSEF PINCHAS, in der Gemeinde Bale (Baioc), Distrikt Bihor. 6.) Rupicapra rupicapra L. Die Gemse kommt spontan in der alpinen Zone von 1800 m aufwärts vor, besonders in den Miassiven Retezatal (etwa 1500 Stück), Päaräugul, Fägaras (etwa 3000 Stück), Bucegi, Rodna. In dem westsieben- bürgischen Gebirge fehlt sie und aus den übrigen kleinen Massiven der Ost- karpathen ist sie verschwunden. 7.) Lepus europaeus PALL, der Feldhase, findet sich spontan in Rumänien, und wird durch zwei Unterarten vertreten, deren Grenzlinie mit dem südöstlichen Rande der Karpathen zusammenfällt, und zwar: Lepus europaeus transsylvanicus MATSCHIE (= carpathorıum HILZHEIMER) in den Karpathen und in Sieben- bürgen, und Lepus europaeus europaeus PALL. in den übrigen Teilen des Landes. 8.) Ursus arctos alpinus F. CUV., der Bär, spontan in der Nadelwaldzone des Banates und der Südkarpathen, in den Ostkarpathen auf engerem Gebiet. Gegen den Herbst kommt er auf der Nahrungssuche in geringere Höhen herab, bis zur unteren Grenze der Nadelwälder (Tismana, Distrikt Horjin, Brasov, Distrikt Brasov). 9.} Meles meles meles L., der Dachs, spontan, gemein und unabhängig von der Höhe, fehlt nur in der eigentlichen, trockenen Steppe. 10.) Zutra lutra L., der Fischotter, eine spontane Art, ist in den Tälern größerer Flüsse und hauptsächlich im Überschwemmungsgebiete der Donau zu Hause. 11.) Martes martes martes L., der Edelmarder findet sich spontan und gemein in unseren Waldmassiven von der unteren Buchengrenze an. In der Dobrudscha 366 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. wird er nach Angaben des Herrn N. SEULESCU, Generaljagddirektor, durch die Form mit zinnoberrotem Brustfleck: Martes martes latinorum BARRET- HAMILTON, vertreten. 12.) Martes foina foına ERXL. der Steinmarder, spontan, häufig in geringeren Höhen, meidet die menschlichen Wohnungen nicht. 13.) Putorius putorius putorius L. der gemeine Iltis, spontan und gemein im ganzen Lande, außer den Steppen der Bäragän, Südbessarabien und der Dobrudscha, wo er durch die folgende Art vertreten wird. 14.) Putortus erversmanni LESS. — hiposideros BECHST. Der Steppeniltis ist im Südosten des Landes gemein. 15.) Vormela peregusna GUELD, der Tigeriltis, spontan, gemein in der Dobrudscha. 16.) Lutreola lutreola L., der Nörz, spontan und gemein, wie der Fischotter, aber mit größerem Verbreitungsgebiet, da er dem Einfluß des Menschen weniger ausgesetzt ist. 17.) Mustela erminea aestiva KERR. Das große Wiesel ist in Rumänien ge- mein, und von der Höhe wenig abhängig. 18.) Mustela niwvalis L., das kleine Wiesel, spontan. Diese Art teilt sich in Rumänien längs des Südostrandes der Karpathen in eine westliche Unterart (in Siebenbürgen und den Karpathen) Mustela niwalis niwvalis L. (= vulgaris ERXL.). und eine östliche Unterart (Altreich) = Mustela nivalis boccamela BECHST. (= dom- browsküü MATSCHIE). 19.) Canis lupus lupus L. Der Wolf ist eine häufige Art, besonders im Winter, wenn er aus den Gebirgen und aus den Schilfgestrüppen der Donau, wohin er sich im Sommer zurückzieht, in die bewohnten Gegenden einfällt. 20.) Canis aureus L. Der Schakal ist für die rumänische Fauna eine neue Erscheinung. Das erste Exemplar wurde im Oktober des Jahres 1929 auf der Donauinsel gegenüber Ghidiein (Distrikt Doljin) erlegt. 21.) Vulpes vulpes L., der Fuchs, eine fast kosmopolite und von der Höhe unabhängige Art, wird in Rumänien durch eine mitteleuropäische (häufigere) Unterart: Vulpes vulpes erucigera BECHST., und eine südliche Form mit schwarzem Bauch, Vulpes vulpes melanogaster BONAPARTE, die weniger häufig in der Dobrudscha und an dem Westhange des Westsiebenbürgischen Gebirges und der Banater Gebirge vorkommt, vertreten. 22.) Felis silvestris silvestris SCHREB., die Wildkatze, ist eine gemeine Art, die beinahe in allen Wäldern großer und geringerer Höhe vorkommt; manchmal findet sie sich auch in den Wäldern der Ebene (Distrikt Ilfoo) und in dem Über- schwemmungsgebiete der Donau. 23.) Lynx lyn«& L., der Luchs, ist eine bei uns immer seltener werdende Art; sein Verbreitungsgebiet ist die Nadelwaldzone, und ist dem Bären ziemlich ähn- lich; enger auf dem Westhange der Ostkarpathen (Distrikt Nasaud) und breiter auf dem Osthange (Bukowina). Häufiger in den Südkarpathen (Bunzenländer-, ı Fagaroscher-Gebirge usw. Dr. RAUL J. CALINESCU (Bukarest). Notizen. 367 4.) Penisknochen des Fischotters mit eingeheiltem Schrotkorn. Im Herbst 1930 erhielt das staatliche Museum für Naturkunde und Vor- geschichte in Danzig einen Penisknochen des Fischotters Lutra lutra (L.) mit einem eingeheilten Schrotkorn. Geber war Herr RAAP-Rothebude bei Danzig. Er hatte das Tier 1923 in Rothebude an der Weichsel mit einer Falle gefangen. Nach seiner Angabe, die ich nach Kenntnis der Sachlage nicht anzweifeln konnte, handelt es sich bei diesem Tier um dasselbe Stück, das 1915 hier mit Schrot an- geschossen wurde, das aber damals entkam. Nach dem Erlegen des Tieres wurden in ihm 13 Schrotkörner festgestellt. Das Tier hatte also die Schrotkörner 8 Jahre getragen, war gesund und ein kräftiger Rüde geworden. Das Schrotkorn ist im Os penis gut eingeheilt, siehe die Abb. auf Tafel XXXVII. Die Knochenmasse hat anscheinend das ganze Schrotkorn schon etwas überwachsen, bei dem Heraus- präparieren ist dann aber wohl die dünne Oberschicht teilweise entfernt worden, so daß nun das Schrotkorn oben frei liegt. Jedenfalls erscheint das gute Einheilen des Schrotkorns in dem empfindlichen Geschlechtsglied des Tieres bemerkenswert. Dr. Hans LÜTTSCHWAGER (Danzig). 5.) Ein Photo vom Zobel (Martes zibellina L.). Die beigefügte Aufnahme eines Zobels (siehe die Abbildung auf Tafel XXXVII) ist mir nach langen, mühevollen Anstrengungen in der sibirischen Pelztierfarm am Baikalsee im Jahre 1928 gelungen. Der Zobel lebt heute noch wild in den Gebirgs-Urwäldern Sibiriens.. Am häufigsten kommt er im Ssa- janschen Gebirge in Sibirien, in Kamtschatka und den Urwäldern der Tarta- rischen Gebirgsketten vor. Um einem weiteren Rückgang des Zobels vorzubeugen, ist in vielen Gegenden Rußlands bereits seit einer Reihe von Jahren die Zobel- jagd verboten. — Hinsichtlich seiner Lebensweise hat er sehr viel Ähnlichkeit mit dem Baummarder. Jedoch hält er sich vielmehr als dieser am Boden auf. Seinen Bau legt er unter großen Baumwurzeln, zwischen Steinen u. a. m. an. Als Nahrung dienen ihm — wie auch dem Marder — Beeren, Zirbelnüsse, die Früchte der Eberesche und kleine Tiere. — Am wertvollsten sind die Felle der dunklen Zobeltiere. Hierfür wurden schon in Friedenszeiten bis zu 2000 Mark je Stück bezahlt. Sie stammen meist vom Witim-Plateau und aus dem Barkusin-Kreis, wo der Zobel heute fast ausgestorben ist. Die Zobelfelle aus den Urwäldern der sibirischen Tiefebene dagegen sind niedrig im Preis. Die Zobelfelle aus Kamt- schatka unterscheiden sich von denen anderer Gegenden durch ihre Größe, ihre dichteren und gröberen Haare und ihre hellere Farbe. — Seit einiger Zeit werden mit Erfolg Versuche gemacht, Zobeltiere in Pelztierfarmen zu züchten. Jedoch befindet sich die Zobelzucht noch in den Anfängen, sodaß man heute noch nicht absehen kann, ob sich solche Bemühungen lohnen werden. Auf alle Fälle muß abgewartet werden, ob die Qualität der Felle bei der künstlichen Haltung der Tiere nicht nachteilig beeinflußt wird. Dr. M. KLEMmM (Potsdam). 6.) Bastarde von Hund und Wolf in freier Natur. Ende Juni 1924 zeigten sich an einer Dickung in der Oberförsterei Kullik Johannisburger Heide, O. Pr.) 5 junge Raubtiere, die für Jungwölfe gehalten 368 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. wurden. Ein sofort unternommener Fangversuch glückte bei zweien der Tiere; ein drittes wurde versehentlich erschlagen. An einem der nächsten Tage wurden die beiden entkommenen Jungen in Gesellschaft ihrer vermutlichen Mutter ange- troffen. Ein Junges wurde gefangen, das zweite und die Alte entkamen. Bald danach wurde ein höhlenartig erweiterter Dachsbau gefunden, in dem die Jungen offenbar zur Welt gekommen waren. Er befand sich in einer Kiefern- dickung im dichtesten und vom nächsten Ort entferntesten Teil des Reviers. Um ihn herum lagen eine sehr große Menge Knochen von Gänsen, etwa 30 Rehen und 30—40 Schafen. Die erbeuteten Tiere waren etwa 6 Wochen alt und von verschiedenem Aussehen. Das erschlagene Stück war braungrau mit weißlicher Brust und weißlichen Zehen, hatte auch Ansatz zu einer schwarzen Maske. Die drei lebend gefangenen waren hellgrau, dunkelgrau und fuchsrot, mit im untern Teil weißen Beinen. Das entkommene Stück war auch fuchsrot gefärbt. Beide Ohren standen nur bei dem gefangenen fuchsroten Stück aufrecht. Das braungraue und das hellgraue hatten herabhängende Schlappohren, bei dem dunkelgrauen stand ein Ohr aufrecht, während die Spitze des andern geknickt war. Diese Ohrenbildung bestand bei den 3 lebend gefangenen und von Hegemeister KÜHL in Zymna gepflegten Jungtieren noch Anfang November 1924. Ob sie sich später geändert hat — zwei der Tiere sind bis Ende 1924 oder Anfang 1925, das dritte bis Anfang 1926 gehalten worden —, habe ich nicht ermitteln können. Wie die Ohren des entkommenen fünften Jungen beschaffen waren, ist unbekannt. Daß es sich nicht um reinblütige Jungwölfe handeln kann, ergibt sich ohne Weiteres aus der Färbung und der Bildung der Ohren. Die Beantwortung der Frage: Hunde oder Bastarde von Hund und Wolf, wird dadurch erschwert, daß nur das erschlagene Jungtier einer fachwissenschaftlichen Untersuchung durch das Zoolo- gische Institut der Universität Königsberg zugeführt worden ist. Es ist dann präpariert worden und befindet sich im Zoologischen Museum in Königsberg. Die drei lebend gefangenen und längere Zeit gehaltenen Stücke sind dagegen leider getötet worden, ohne sie wissenschaftlich nutzbar zu machen, trotzdem gerade die Untersuchung dieser in vorgeschrittenerem Alter befindlichen Tiere manchen wertvollen Aufschluß hätte geben können. Immerhin hält das Zoologische Institut in Königsberg das dort befindliche Stück namentlich mit Rücksicht auf seine Schädelbildung für einen Bastard. Dies Urteil wird durch die körperlichen und geistigen Eigenschaften der drei lebend gefangenen Tiere bestätigt. Letztere hatten starke Unterwolle und ein verhältnismäßig kräftiges Gebiß, in dem namentlich die Eckzähne durch Größe, kegelförmige Gestalt und scharfe Spitzen auffielen. Die Mittelzehen standen eng zusammen und ragten weit über die Außenzehen hervor. Die Ausdünstung des Körpers roch sehr scharf. Die Tiere bellten niemals, sie winselten und knurrten nur, antworteten auch, als einmal Wolfsgeheul nachgeahmt wurde. Anfangs sehr unbeholfen, wurden sie mit zunehmendem Alter ungemein gelenkig, sprangen in ihrem Zwinger bis zur Decke, balgten sich spielend, oft aber auch im Ernst, wobei sie sich sofort blutig bissen. Mit den KÜHLschen Hunden wollten sie gern spielen, doch diese sträubten die Haare, wenn die Jungen sich ihnen näherten, und schienen vor ihnen Furcht zu haben. Richtig zahm wurden die Jungtiere nicht, sie blieben scheu und bissig, Notizen. 369 wollten auch nicht fressen, wenn jemand dabei stand. Auch das bis Anfang 1926 gehaltene Stück ließ sich nur von dem Knaben anfassen, der es fütterte und pflegte. Aus Pflanzenstoffen bereitetes Futter mochten die Tiere nicht, sie verlangten nach Fleisch und zwar waren ihr Lieblingsfraß Hundekadaver, die sie, nachdem sie zuerst die Eingeweide herausgerissen und verschlungen hatten, mit Haut und Haaren auffraßen. Hiernach läßt sich mit einer an Gewißheit streifenden Wahrscheinlichkeit annehmen, daß es sich um Bastarde von Hund und Wolf handelt. Dieser An- sicht ist auch Geheimrat Professor Dr. HECK, dem ich den Sachverhalt brieflich mitgeteilt hatte. Liegt nun eine Paarung Wolf und Hündin oder Hund und Wölfin vor? Beide Möglichkeiten sind gegeben, denn im Revier hielt sich in der fraglichen Zeit sowohl eine verwilderte Hündin als auch eine Wölfin auf. Erstere wurde am 5. September 1924 von dem Landwirt PIENKOSS in der Gemeindejagd Hinter- Pogobien geschossen, zunächst mit aller Bestimmtheit für eine Wölfin erklärt, dann aber auf Grund der Untersuchung des Schädels im Zoologischen Museum in Berlin als Hündin erkannt. Letztere wurde am 16. Dezember 1914 vom Ober. förster KROLL im Revier Kullik erlegt; daß es sich um eine echte Wölfin handelt, wurde bei der Präparation bei OTTO BOCK in Berlin bestätigt. Dafür, daß die Wölfin die Mutter der Bastarde war, sprechen folgende Um- stände. Am Tage nach der Erbeutung der ersten 3 Blendlinge zeigten sich auf den Gestellen — es hatte in der Nacht geregnet — die Spuren dreier Stücke Raubwild, eines erwachsenen und zweier jungen. Die Spuren des ersteren ent- sprachen denen eines Wolfes: sie waren schnürend, die Mittelzehen waren ge- schlossen und standen weit über die Außenzehen hervor. Nach der Erlegung der Hündin wurde im Revier ein fuchsrot gefärbter ‚„Jungwolf“ in Gesellschaft zweier alter Wölfe gesehen; ein ebenso aussehender befand sich auch am 16. Dezember 1924 zusammen mit der Wölfin im Treiben. Die Stärke dieses wie jenes stimmte mit der der in Gefangenschaft gehaltenen Blendlinge überein. Sichere Beweise sind dies natürlich nicht. Die Hündin mag in ihrer Spur auch wolfsähnlich und die Ähnlichkeit des im Revier befindlichen Jungwolies mit dem übrig gebliebenen Blendling ein Zufall gewesen sein. Landgerichtsdirektor REINBERGER (Lyck Ostpreußen). 7.) Das Fehlen des ersten Unterkieferprämolaren beim Reh — ein progressives Merkmal. Unter den rund 1000 Rehunterkiefern, die mir in der letzten Zeit — meist zum Zwecke der Altersbestimmung — vorlagen, fanden sich 8, bei denen der erste Prä- molar beiderseits fehlte. Obwohl dieses Fehlen nur bei solchen Kiefern festgestellt wurde, bei deren der Zahnwechsel bereits stattgefunden hatte, handelte es sich vermutlich um ein Fehlen von Geburt an, da am Kieferknochen keinerlei Reste einer in Abbau begriffenen Alveole zu sehen waren; nur in zwei weiteren Fällen fehlte der genannte Zahn nur auf einer, der linken Seite — dort waren aber Alveolenreste deutlich erkennbar, so daß an einem Verlust intra vitam nicht zu zweifeln wer; diese Fälle bleiben für die nachfolgenden Betrachtungen unberück- sichtigt. 24 370 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Wenn von einem „Fehlen von Geburt an“ gesprochen wurde, so ist damit natürlich an sich nicht gesagt, daß es sich um eine ererbte Bildung handle, andrerseits ist aber wenig wahrscheinlich, daß eine intrauterine Hemmungsbildung zur Erklärung für den vorliegenden Fall herangezogen werden kann. Denn einmal pflegen dergleichen Bildungen sich nicht mit solcher Regelmäßigkeit auf die beiden Körperseiten zu erstrecken, zum andern wirken sie sich meist auf einen größeren Bereich als gerade nur auf einen Zahn aus; niemals wurde bei dem zahlenmäßig doch ziemlich großen Material eine weitergehende Rückbildung des Gebisses beobachtet, wohl aber kamen mir zwei Unterkiefer zu Gesicht, die statt der er- wähnten Reduktion eine Verlängerung der Backzahnreihe in Gestalt eines, wenn ich mich so ausdrücken darf, zweiten 1, Prämolaren aufwiesen. Es ergibt sich also für den ersten Vormahlzahn eine Neigung zum Variieren, und zwar, wie ich an- nehmen möchte, zum erblich bedingten Variieren. Um nun die Ursachen kennen zu lernen, die zu einer derartigen Variation mit (überwiegend) reduktiver Tendenz führen konnten, ist es nötig, sich den Kau- vorgang des Rehes zu vergegenwärtigen. Es ist eine Erfahrung besonders der menschlichen Erblehre, daß der funktionelle Wert der Organe in einem gewissen Zusammenhang steht mit ihrer Variationsbreite, und zwar so, daß dann die Neigung zum Variieren besonders groß ist, wenn der funktionelle Wert unbedeutend ist. Zwei Beispiele aug der menschlichen Anatomie zeigen das: Bei aller sonstigen Variation des menschlichen Gebisses ist und bleibt der Härtegrad des Schmelzes doch überall wesentlich derselbe. Die Variation des Härtegrades ist so gering (1 bis höchstens 2°/,\, daß man diesbezüglich fast von einem „Alles oder Nichts-Gesetz“ sprechen könnte. Exakte Untersuchungen hierüber liegen bei Cerviden noch nicht vor, einige orientierende Vorversuche scheinen aber auf das Gleiche hinzudeuten!). Nun ist ein gleichmäßiger Härtegrad innerhalb einer Spezies etwas durchaus Lebens- notwendiges und wohl ohne jeden Zweifel erblich fixiert, Beträchtliche Variation finden wir dagegen hinsichtlich der Wirbel- bzw. Rippenzahl (E. FISCHER), mancher‘ Muskeln, der Haarfarbe usf., also immer dann, wenn es für die normale Funktion „nicht so darauf ankommt“. - Der funktionelle Wert der Zähne eines Gebisses ist aber sehr verschieden. Beim Reh sind es die hinteren Backenzähne, die den Hauptteil der Kauarbeit ver- richten. Unter „hinteren Backenzähnen“ seien hier sinngemäß alle Zähne ver- standen, die mit ihrer vollen Oberfläche gegen einen Zahn im anderen Kiefer kauen, d. h. alle Zähne mit Ausnahme äes P,- Die Oberkiefer-Backenzahnreihe ist etwas kürzer als die des Unterkiefers, und so kommt es, daß der untere erste Prämolar nur mit seinem hintersten Teil mit dem vorderen Drittel des P! kor- respondiert, mit dem restlichen Teil dagegen freisteht. Das ergibt eine sehr ge- ringe Inanspruchnahme des unteren P,. Vollends aber ergibt sich die Richtigkeit dieser Ansicht noch daraus, daß im Gegensatz zu allen anderen Zähnen des ge- samten Gebisses Abnutzungsspuren bei dem in Rede stehenden Zahne sehr häufig erst vom fünften, sechsten Lebensjahre an zu beobachten sind, ja, sogar bei acht- bis zehnjährigen, also notorisch alten Individuen, mitunter noch vollständig fehlen. Bekannt dürfte ferner sein, daß dieser Zahn bei weitem der kleinste von allen !) Vergl. hierzu: W. DIECK, Dtsch. Monatsschrift für Zahnheilkunde 13, 12, 1895. Notizen. 371 Backenzähnen ist. Man kann also wohl sagen, daß er funktionell nahezu bedeu- tungslos ist. — Von hier ist es aber nur ein kleiner Schritt zum „überflüssig“. Wenden wir uns der Betrachtung eines anderen Zahnpaares der Cerviden zu, den oberen Eckzähnen. Tiefstehende Hirscharten, wie Moschustier und Muntjak, haben gewaltige Haken — Kampfwaffen, die wirklich als solehe gebraucht werden und die ibnen gute Dienste leisten. Die Rothirschgruppe besitzt die Haken in beiden Gechlechtern, wenn auch im Vergleich zu den vorher genannten Arten in rechts verkleinertem Zustand. Immerhin sah ich im Berliner Zoologischen Garten ‚strei- tende Alttiere, die deutliche Schnappbewegungen gegeneinander machten; das wird man beim Reh, dem der obere Eckzahn in weitaus den meisten Fällen fehlt, wohl niemals beobachten können. Dagegen hat diese Art in dem gedrungenen, eng ge- stellten und langspitzigen „Gehörn“ eine erheblich bessere Kampfwaffe als der Rothirsch mit dem weitausgelegten, vielendigen Geweih, das viel mehr zum Schie- ben und Drängen, als zur Beibringung von Verletzungen geeignet erscheint. Dem- entsprechend finden wir in der jagdlichen Literatur unverhältnismäßig viel mehr Berichte von mit dem Tode seines Gegners endenden Paarungskämpfen beim Reh- bock, als beim Hirsch — und auch hier ist der „Mörder“ meist ein Hirsch mit enggestellten, endenlosen Stangen oder besonders langen und spitzen Augsprossen. Beim Reh finden wir obere Eckzähne nur in seltenen Fällen, und zwar, von ganz vereinzelten Ausnahmen abgesehen, nur im männlichen Geschlecht, Etwas banal ausgedrückt, sind also die oberen Eckzähne des Rehes als tiber- flüssig abgeschafft worden, Und, um gleich einen Schritt weiter zu gehen, die ersten Unterkieferprämolaren werden die gleiche Entwicklung durchmachen. Entwicklungs- geschichtlich stellt sich diese Reduktion demnach als ein progressives Merkmal dar, eine Vereinfachung, wie wir sie ganz allgemein als eine der Tendenzen auf- fassen müssen, die das Entwicklungsgeschehen regieren. Reduktion des Gebisses ist ja in der Säugetierreihe weit verbreitet. (Nagetiere, Wale und andere mehr). Sie kann gleichmäßig sich auf das ganze Gebiß erstrecken (Edentaten) oder nur einzelne Zähne umfassen. Hier wird der Vorgang meist mit einer Verkleinerung der betreffenden Zähne oder Zahngruppen einsetzen, eine Verkleinerung, die aber, wie ich glauben möchte, in der Regel nicht zu einer lückenlosen Reihe mit allen Übergängen bis zum völligen Schwund führt, sondern nach Erreichung eines ge- wissen Stadiums, des der Funktionslosigkeit, gewissermaßen mit einem Sprunge völlige Unterdrückung zeitigt. Vielleicht ist es so, daß mit Erreichung dieses Stadiums eine, oder eine vermehrte Neigung zur Mutation auftritt, die dann mehr oder weniger schnell zu einer endgültigen Beseitigung des betreffenden Zahnpaares führt. Für die Eckzähne ist dieser Zustand beim Reh im wesentlichen erreicht; die ersten Prämolaren des Unterkiefers, fast schon funktionslos, sind im Anfang des eben charakterisierten letzten Stadiums. DETLEY MÜLLER (Berlin). 8.) Berichte über den Tod zweier Zebras. Am5.Januar 1926 bemerkte der Inspektor des Zoologischen Gartensin Hamburg an unserer etwa 3!/, jährigen Chapman-Zebrastute gegen 17.30 Uhr abends eine Art Krampf der Kaumuskeln. Am nächsten Morgen lag das Tier totim Stall und auch der Hengst zeigte ein seltsames Verhalten, war schreckhaft, scheu, zeigte taumelnde, 24* 372 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. ataktische Bewegungen, gegen Mittag zunehmende Zuckungen der Bauchmuskulatur und der Weichen mit entsprechenden Atemstößen. Auch die Schenkelmuskulatur zuckte um Mittag unregelmäßig, unwillkürlich. In längeren oder kürzeren Ab- ständen knickte das Tier wie von epileptischen Krämpfen oder von Schrecken be- fallen zusammen, hielt sich aber auf den Beinen. Das linke Vorderbein wurde gegen 12 Uhr manchmal hochgehoben, als wäre der Huf verletzt. Die Erscheinungen in den Beinen verminderten sich gegen 13.30 Uhr, die Bewegungen der Flanken und die Atemstöße dagegen wurden stärker und regelmäßiger. Gegen 14.30 Uhr voll- führte das Tier teilweise normale Bewegungen, nahm auch wie vorher wieder Futter auf, schien aber nicht mit voller Kraft zu kauen. Das Auge blickte matt und interesselos. Der Zustand verschlimmerte sich bis zum Abend, wo das Tier wieder- holt sich legte, umschlug und dann plötzlich aufsprang, muß sich aber während des Restes der Nacht so weit gebessert haben, daß am 7. Januar morgens jede Lebensgefahr behoben schien, der Hengst vor allem wieder mit voller Kraft und gutem Appetit kaute und keine Zuckungen mehr erkennen ließ. Seine frühere Zu- traulichkeit war noch nicht wieder zurückgekehrt. Nach den Angaben des Hofe tierarztes DOCTER gereichte Milch oder Schlempe wurde nicht angenommen, auch Wasser kaum berührt. Diese rätselhaften Erscheinungen, die mit aller Wahrscheinlichkeit zum Tode der Stute geführt hatten, schlossen den zuerst aufgetauchten Verdacht einer Starr- krampf-Erkrankung schon wegen des klonischen Charakters der Muskelkrämpfe aus und wiesen auf eine akute Vergiftung etwa durch Strychnin hin. Eine Prüfung des Futters (Schweizer Bergheu) ergab eine namhafte Beimengung von Herbst- zeitlose, und zwar teilweise ganzen Pflanzen mit reifen Samenkapseln. Es mußte demnach nachträglich auch eine Vergiftung mit Colchiein in den Bereich der Mög- keit gezogen werden, Die Sektion der Stute zeigte völlig normale innere Organe, einschließlich Herz und Nieren; Magen- und Darminhalt war bis zum Dickdarm reichlich wässerig, aber sonst normal, Bei der Sektion waren außer dem Tierarzt die Direktoren der medizinischer und veterinärwissenschaftlichen Institute Hamburgs mit ihrem Stab zugegen, so daß das Material sowohl anatomisch als auch chemisch und bakterio- logisch untersucht werden konnte. Schädel mit Hirn erhielt Prof. Dr. WEYGANDT mit der Bitte um Mitteilung etwa am Hirn beobachteter patholögischer Befunde. Von den inneren Organen (Herz, Nieren, Darmschlingen mit Inhalt, Magen und Blase mit Inhalt, Rückenmark) erhielt das Eppendorfer Krankenhaus größere Teile zur eventl. Feststellung der Todesursache, die durch Herrn Direktor Prof. Dr. BRAUER zugesagt war, während Geh. Rat. Prof. NEUMANN vom hygienischen Institut mit seinen Hilfskräften eine bakteriologische Untersuchung übernahm. Die Ergebnisse beider Untersuchungen, sowohl der auf Alkaloide wie Strychnin und Colchicin, als auch der auf eine bazilläre Infektion gerichteten, verliefen vollkommen ergebnislos. Der Verdacht einer Vergiftung durch Herbstzeitlose erhielt keine Be- stätigung, da ja der ganze Antilopenbestand, sowie die übrigen Heufresser und besonders Equiden des Gartens (Togoponny, Esel) vom gleichen Futter schon lange zuvor gefressen hatten, ohne die geringste Spur von nachteiligen Folgen. Auch in der Schweiz selbst eingezogene Erkundigungen bestätigten, daß die Inhaber der reich mit Herbstzeitlosen besetzten Wiesen sowohl frisch-grüne Pflanzen, als auch das Heu, so sehr dieses mit Samen durchsetzt sein mag, ohne Bedenken an Notizen. 373 ihre Viehbestände einschl. Schafe und Ziegen verfüttern. Persönliche Besichtigung der Heuvorräte eines mit über 30 fetten Kühen in den Winter eingehenden Bauern in der Nähe von Zürich bestätigten mir das Gesagste. Seine etwas feuchten Wiesen bildeten im Herbst ein einziges Blütenmeer von Colchicum, Ein in seinen Ursachen und Folgen besser zu übersehender Todasfall ereignete “sich bei einem jungen Grant-Zebra, Equus quagga granti WINTON, am 17, 10 1926. Von dem noch nicht lange eingeführten Paar ließ das Weibchen nach ver- hältnismäßig kurzer Anwesenheit im Garten durch geringe Lebhaftigkeit und mattes Aussehen eine Erkrankung erkennen, obwohl das Tier gut am Futter und im Fell war. Die auffallend bleiche Farbe der Schleimhäute des Mundes verriet eine vor- geschrittene Blutarmut. An dem vorhin genannten Datum wurde das Tier tot in seinem Stall gefunden, Bei der Besichtigung des Kadavers konnten für die Todes- ursache zunächst keinerlei Hinweise beobachtet werden. Der Ernährungszustand entsprach dem des gleichalten Hergstes und dem jugendlichen Alter. Die sofort vorgenommene Sektion aber förderte im Darmtraktus ein seltsames Bild zu Tage. Das ganze Lumen war prall bis zur fast hermetischen Verstopfung auf längere Strecken mit Spulwürmern gefüllt, so daß sie literweise dem durch einen Längs- sehnitt geöffneten Organ entquollen. Es handelte sich um eine Ascaris-Art von durchschnittlich nicht ganz 20 cm Länge und nahezu durchweg gleicher Größe, die wahrscheinlich ein Jugendstadium von Ascaris megalocephala L. darstellt. Das Auf- treten dieser Art bei Huftieren ist ebenso bekannt wie das Vorkommen massen- hafter Ansammlungen in den Eingeweiden der Wirtstiere. Dennoch gewinnt dieser Fall dadurch an Interesse, weil die Tiere nur wenige Monate zuvor eingeführt waren und das Männchen nach diesbezüglichen Untersuchungen frei von diesen Parasiten war. Die eben angeführten Umstände lassen vermuten, daß die Infektion schon im Heimatland des Zebras erfolgt ist. J. VOSSELER (Hamburg). 9.) Schakale in Rumänien. Am Ende des Monats November des Jahres 1929 ist zumersten Male inRumänien ein Schakal (Ounis aureus L.), von mir als solcher bestimmt und erkannt, erlegt worden, und zwar auf der Donauinsel bei der Gemeinde Ghidiciu, Distrikt Doljiu, Oltenien, gelegentlich einer kleinen, hier abgehaltenen Jagd (siehe die Abbild.) Die Leute des Herrn J. J. FLORESCT, des Eigentümer des Schakals (Seaca- de-cämp, Distrikt Doljiu) sahen ebenfalls damals noch zwei andere Exemplare, die über dieDonau schwammen, undin die Akazienpflanzung neben Ghidiciu eintraten. Diese Beobachtung, zusammen mit der Tatsache des Gefrierens der Donau im schweren Winter 1929, erlauben uns, über die Herkunft und den Ursprung des Schakals in Rumänien genaue Schlüsse zu ziehen. Wir hätten den Schakal eher in der Dobrudscha er- wartet, wo sich seinem Vordringen kein Hindernis wie die Donau entgegengestellt hätte. Dies will natürlich nicht sagen, daß er dort nicht doch vereinzelt vor- kommen könnte, um so eher als Prof. Dr. ISCHIRKOFF'') diese Art aus dem gegen die Dobrudscha gerichteten Teile Bulgariens vom Stran dgea-Gebirge (südlich des Kleinen Balkans) erwähnt. 1) Bulgarien, Land und Leute, Leipzig 1916. 374 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1980. Wir stellen also Schakale in Rumänien fest, sei es zufällig und vorüber- gehend, sei es normal und feststehend, und zwar in der Provinz Oltenien; und es darf sicher nicht nur als Zufall betrachtet werden, daß das Museum des „Eisernen Tores“ in Turnu-Sererni ein Exemplar von Vormela peregusna GUELD. — Mustela sarmatica PALL, mit der Etikette: Piatra-Clozani, Distrikt Mehedinti, besitzt. Diese Art fehlt in den übrigen Teilen des Landes und in der Dobrudscha erscheint sie wieder. In einer Arbeit?) habe ich die oltemische Herkunft dieses Tieres angezweifelt, aber nun rechtfertigt es, zusammen mit dem Karte der Umgebung von Ghidiciu, Distrikt Doljiu. x Die Stelle, an der der Schakal erlegt wurde. xX Die Stelle, an der zwei andere Exemplare gesehen wurden. Maßstab : 1:120000. Schakale, eine ältere meiner Meinungen ??}, in dem Sinne, daß diese Provinz mehr als die übrigen Teile des Landes den mediterranen Einflüssen der Adria ausgesetzt ist, während die Dobrudscha den mediterranen Einfluß des Ägäischen-, Marmara- und vor allem den pontischen Einfluß des Schwarzen Meeres spürt. 2) Syst. und Zoogr. Beiträge zur Kenntnis der Musteliden Rumäniens, Trav. de l’Inst. de G&ogr. de l’Univ. Cluj, IV, 1930. 3) Diu urmärile biogeografice ale Per. glaciare in Romänia, Archivele Oltenici, Craiova, 1926, Notizen. 375 Obwohl ohne eigenen Schädel (den man beim Abbalgen des Schakals fort- warf, und beim Suchen nicht mehr fand), und ohne Angabe des Geschlechtes, ist das vom Präparator des Naturhist. Museums in Bukarest (Herrn HOENICKE) ausgestopfte Fell gut erhalten und gut aufgestellt, und erlaubt uns eine Be- schreibung unter günstigen Bedingungen. Allgemeines Aussehen: hundeähnlich, Größe zwischen Wolf und Fuchs. Beine wenig hoch, Hals dick, Kopf mit gewölbtem Profil, Schwanz kurz (weniger als !/; der Körperlänge von der Schnauzenspitze an). Verhältnis zwischen der Länge der Ohren und der Länge des Kopfes von der Schnauzenspitze zum Genick wie 3:8 (75 mm : 270 mm). Körperlänge (einschließlich des Kopfes): 980 mm; Schwanzlänge (mit Haar): 302 mm; Krallen ziemlich spitz. Färbung: rötlich wie Fuchsfell, auf dem Rücken schwärzlich (ähnlich dem Wolf und Iltis. Genaueres bei TROUESSART # und MILLERÖ). Der Kopf ist von der Farbe des Fuchses im Sommer, die Ohren sind außen einfarbig gelblich, innen weißlich; jederseits der Kiefer, oberhalb eines weißlichen Streifens, welcher die Lippen begrenzt, befinden sich je zwei schwarze Streifen, nahe dem ersteren und parallel mit ihm. Der Hals vorn mit einem deutlichen, weißlichen Kragen umgeben, der hinten und an den Seiten von einem schwarzen, sich gegen die Kehle zu verlierenden Streifen eingefaßt wird. Das unregelmäßige, schwarze, von grauen Haaren unterbrochene Netz auf dem Rücken hat ebenfalls die Neigung, sich quer anzuordnen, besonders auf dem Vorderrücken. Der kurze Schwanz weist an seiner Endhälfte reiche lange braune, an der Spitze schwarze Haare auf. Unterseite gelblich-weißlich. Aus dieser kurzen Beschreibung geht hervor, daß unser Exemplar sich etwas von der typischen Beschreibung unterscheidet. MILLER (p. 318) stellt fest, daß sein Exemplar aus Griechenland „genügend“ mit seinen 5 Exemplaren aus Trebi- zond (Klein-Asien) übereinstimmt, und hält es für unklug, es mit einem der balka- nischen Namen zu bezeichnen, da er nicht genügend Vergleichsmaterial zur Ver- fügung hat. Eines scheint festzustehen: Der Schakal weist irgendwelche, wahr- scheinlich individuelle Veränderlichkeit der Färbung auf, welche mit dem Ge- schlecht, Alter, Jahreszeit, Nahrung usw. in Zusammenhang steht. Dieser Schakal wurde auch auf der Leipziger Internationalen Jagdausstellung ausgestellt, und ging nachher in den Besitz des rumänischen nationalen Jagd- museums über. Der nördlichste aus Europa bekannte Punkt der Verbreitung des Schakals war der Distrikt Heves aus dem früheren Ungarn. Als neuer Punkt seiner nördlichen Verbreitungsgrenze muß auch die Gemeinde Ghidiciu, Distrikt Doljiu, Rumänien, betrachtet werden. “) Faune des Mammiferes d’Europe, Berlin 1910, pag. 92. 5) Catalogue of the Mammals of Western Europe, London (Brit. Mus., Nat. Hist.), 1912, pag. 315. Dr. RAUL J. CALINESCU (Bukarest). RE Se TE EEE RE Titel und Register erscheinen mit Heft 1 des nächsten Jahrganges. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Abb. 3. Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. Tafel XX. d Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd, 5, 1930. Marele ex T Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. “ [E} £ En En Dr PR Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1980. Tafel XXII. Abb. 6. en ee a U ie Abb. 7. Abb. 8. | Abb. 9. Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tafel XXII. 3 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Matele xoXxTV. Abb. 15. Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. E u e 2 x {= r = \ [ ) i f > i 1 Eee en, . j ı . . . e n ; F B Puch u . U u & r {2 b w er - 5 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. DPafel XXV Abbe lid. Abb. 18. Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. : Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Motel Nexavzie nn | Abb. 21. nn EEE | — Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. Abb. 22a. Abb. 22h. Abb. 23b. Abb. 24. Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. WR; 16.22 e Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Tatel XXoVIRE "Abb. 25a. Abb. 26a. | | Abb. 26 b. | Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. . 29. "Natel XXIX, Abb Abb. 27. Abb. 28. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. ımı. Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztup Tafel XXX. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. 80 Abb i ım hen Burg Poztup Fauna der wendise le D 9 Zu H. ENDERLEIN Tarel ZOO. Abb. 32. Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. Tafel XXXIL Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. "ce "gay "ve "44V "sg "AAV Fe) Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztup imi. ER . 5 = { re N Fa Fe AR m 4 . ! ber - I E > ei rar v “ ft 4 N . = r re De < . = ns - D = ö 3 re; 4 R P 4 ei; ER = Sayelehe . - 2 5 sn I = B - Ak vr 2 be 2 Zur r ic = ee Y B E - u R = R = 2 SE 3 en f 2 Ze x 5 3 > R . z 3 3 . 7 - en . « 5 Sn er: vo: Pr RB, - 2 = ES ® £ \ . F D ” F a A Wi. 5 " 2 = < * ” . . B - ’ . Y Ri . ‚ E 3 f = . . A i . Ta Z= a > . nn R . i MR 4 | 5 = i ._ ; 5 “ v h j R“ £ ei Br ‘ 9 = a “ . f e P Sr u: - . Fe t 2 u hr . , Br: . x B W D j u i j Bi & ih { ü . ö . u v = R 3 Yu a an z R 7 Pr . A ‚ t A 9 ' - * f Mn Br ä \ \ N { . . E - ey - Ds r ‘ EZ B3 N Ne 5 { : k E - . 6 2 £ ; i a 5 i . = . FR £ > e - A m. j 1er ’ . - . 2% e ee « r > i 2 - AR j = 2, a 44 > . . + Fr BR a ER Bea E ? EIER - e x ® Sa fi F 2 \ \ - j N ü : t 5 ‘ . N 2 r ns - * ” u g ” N “ Pr Er EB 2 4 Rn Y u 2 ni Y Aue 4 a = J Dr Rn i en: B = u ei Fu Ne SISIS Zeitschrift f£ 7683 u Suchod Tafel XXXIII. Zeitschrift für Süugetierkunde, Bd. 5, 1930. 1685 wwarer. richt mehrere AHäeferin. Rom als de Jo [ehwarz angemercktfind. ERZUTienn © 8 "0.050 EL :] o2% O8 oo 5 8 osonaonang Leeadon., Ro CITT] RZEAY ER £ S v a mE m z — 2 Juchodbdeg augenemmen. (la ine Fahr 1685. Abb. 86. Zu H. ENDERLEIN, Die Fauna der wendischen Burg Poztupimi. Be a DER t Abb. 8. Abb. 2. Abbe; Zu A. J. ARGYROPULO, Beiträge zur Kenntnis der Datei XXXTV Murinae BAIRD. Abb. 7. Abb. 8: Abb..9. Abb. 10. Abb. 6. ae re “ Eee ORT: Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Abb. 4. 3 Ne) © 7e) 4 Zu W. HERMAN, Das milchführende Hohlraumsystem des Ziegeneuters. \ Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Mate RO&X VI D = =) = > m a « u} medial o | NS E = & - — = = 3 = o © > -„ lateral Zu W. HERMAN, Das milchführende Hohlraumsystem des Ziegeneuters, - Pr N 2 Br .. Ep ö el ’ 2 - E 5 & v aM, 2. Fe B AST, BEN, ’ X {ron IHN i \ rr Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Rate RXOTVEIE Zu M. KLEMM, Ein Photo vom Zobel. Abb. 11. Abk. 12. Abb. 13. Zu W. HERMAN, Das milchführende Hohlraum- system des Ziegeneuters. Zu W. LÜTTSCHWAGER, Penisknochen des Fisch- otters mit eingeheiltem Schrotkorn. Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1980. | Tafel XXXVIII. mu Abb.”. Abb.®. Abb .9: Abb. 10. Abk. 12. Abb. 13 | Zu H. M. JETTMAR, Nagetiere im südmandschurisch-mongolischen Grenzgebiet. Y 3 % BE er ae er u‘ ©) Buchdruckerei REINHOLD BERGER Lucka (Bez. Leipzig) O V. Anhang. 1.) Index der Personennamen. ADAMETZ 275, 281, 298. AHARONI 327. ALLEN 309. ANTONIUS 90—95. ANUTSCHIN 263. ARENDSEE 7, 9, 10. '_ ARGYROPULO 304. ARSENJEFF 71, 72. ASMUSS 57. AUDOIN 339. AUGST 298. BACHER 338.- . BÄUMLER 298. BAIER 7, 9, 11, 13. . BAIKOFF 71, 72. BARDELEBEN 107, 115, 237. BARKOWSKI 1. BARRET-HAMILTON 306, 366. BAUM 238, 262, 299, 326. BAUR 107, 237. BELKE 56. BENDA 326. BERGER 15. BERGMANN 106, 237. BESTEHORN 241, 243, 298, 299. BIELY 365. BILKJEWITSCH 60. BIRULA 59, 62, 64, 80, 81. “ BITTNER 7, 8, 9, 10, 11, 12, 18, 252, 298. BLANFORD 61, 330, 331. BOCK 9. BÖKER 106, 237. - BOETHKE 7, 15. BÖVING 117, 237. " BOGDANOFF: 60, 75 BRAESS 109, 237. BRANDT 56, 69, 75, 139, 164, 178, 237. BRASSTAL, I INELZ. BRASS, E. 7, 11. BRAUER 372. BRAUNER 57. BREHM 163, 189, 202, 206. van den BRINK 4. BRINKEN 56. BRINKMANN 299. BRONN 197, 238. BRUKENTHAL 365. BUETSCHLI 238. BUFFON 3. BUNGARTZ 2. BUSSE 72. CALINESCU 364, 373. CASTEN 1. CHARLEMAGNE 56. r CHLEBNIKOW 69, 75, 81. CHRANEWITSCH 57. CHRISTELLER 8, 7, 18. CORNEVIN 272, 299. CORNWALLIS 91. DANIELL 91. DARRIBA 1 DARWIN 109. DEGERBÖL 299. DEGNER 1. DERSCHAU 56. DIECK 370. DIERIG 253£f., 29. DIETRICH 9, 10, 11, 15. DINNIK 58, 75. DOCTER 371. | DÖDERLEIN 1, 4, 12. ; a ee r f # 378 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. DOFLEIN 106, 238. DRÄSECKE 364. DREYER 177, 237. DUERST 267, 272, 276, 278, 281, 285, 287, 299. DUKELSKI 57. ECKSTEIN 7, 17, 40. EDWARDS 88, 90—95. EHRENBERG 329, 332, 334, 336, 337. EICHWALD 586. EISENTRAUT 183, 14. EISLER 107, 238. ELLENBERGER 107, 238, 262, 299, 326. ENDERLEIN 241. ERHARDT 886. EVERSMANN 60, 81, 103, 309. FECHNER 7, 9, 11, 12, 13, 15. FICK, A. 136, 148, 238. EICK, Br 7,11: 12, 18.16,..17.,.106: 110, 135, 136, 151, 152, 182, 221, 225, 226, 230, 238, 257, 299. FIEDLER 260, 278, 281, 285, 299. FISCHER, A. 93, 94, 95, 146, 182. FISCHER, E. 7. FLORESCU 373. FLOWER 238. FORGACS 365. FRIEDENTHAL 1, 3, 5, 6, 11. FÜLLEBORN 1. GANS 278, 285, 299. GEBLER 33. GEGENBAUER 107, 111, 113, 238, 826. GEORGY 56. GLAESER 7, 11, 15, 16. GMELIN 87, 88, 91, 9. GOMANSKY 9, 11, 12. GRABOWSKI 7, 18. GRAY 62, 91. GREVE 57. GRIFFINI 90, 91, 93, 95. GRIMMER 326. GRIPP 1. GUELDENSTAEDT 73. GÜNTLER 317. HABERLANDT 106. HÄMPEL 238. HÄRTA 7, 12. HAGENBECK 2. HAGMANN 299. HAHN 9, 11, 13, 16. v. HALLER 106, HANSEN 12. HARRIS 91. HARTIG 7, 8, 9, 11, 12, 13, 15. HAVESTADT 11. HEILBORN 246, 249, 250, 299. HEINROTH 11. HEMPRICH 328, 331, 333. HENKE 106, 152, 238. HENLE 109, 238. HENSELER 299. HERMAN 314. HERRMAN 1. HERZOG 1, 4, 11, 12, 13, 14. HESEKIEL 331. HESSE 106, 229, 238. HEYMONS 12. HECK jun. 1, 3,5, 7,.8,,9,M10y.M19} 13,16 010. HECK sen. 1, 2,4, 5, 9, 11, 12, 13, 15, 16, 17, 18, 19, 110, 237, 369. HILZHEIMER 1, 2, 3, 4,5, 6,7,8,11, 12, 13, 14, 16, 86, 95, 237, 238, 245, 246, 261, 262, 265, 266, 270,278, 279,280, 281, 282, 283, 285, 298, 299, 300. HINTON 306. HITTCHER 279, 285, 300. HOCHENACKER 55. HOENICKE 375. HOFFMANN 298. HÜBNER 282, 283, 285, 300. HÜTER 223, 238. HUMPERDINCK 1. IHLE 233. ISCHIRKOFF 373. JAYAKAR 335. JETTMAR 344. JORDAN 360. JULITZ 107, 206, 207, 238. Index der Personennamen. KAEPPELI 325, 326. KAHMANN 16, KAJAVA 177, 238. KALLERT 363. VAN KAMPEN 238. KARACSONYI 365. KASCHTSCHENKO 83. KEISERLING 56. KESSLER 586. KIEKEBUSCH 259. KIESEWALTER 271, 300. KIKUTH 1. KLEMM 37, 367. KLIEM 278, 285, 300 ISBENGHARDT 7,9, 11, 18, 15. KNABE 1. KNIEPKAMP 107, 137, 144, 145, 238. KNORR 89, 90, 93, 95. KNOTTNERUS-MEYER 9, 109, 238. KOBEL 14. KOCH 8,12, 13. KÖHLER 86, 137, 144, 238. KOLBEN 90. KOLLER 346. KROLL 3869. KRONACHER 15. KÜCKENTHAL 106. KÜHL 3868. KÜHNEMANN 11, 12, 15, 285, 286, 300. KUHL 1. LAMARCK 109. LANG 238. LAURER 260, 262, 278, 279, 284, 285, 286, 300. LAYARD 381. LEHMANN 3, 11, 18, 15, 16. LEINBERGER 89. v. LEITHNER 260ff., 2781f., 300. LEMM 8, 12. v. LENGERKEN 14. LERNAT 1. LESBRE 272, 299. LEUCKART 106, 237. LEUNIS 336. LIPS 7, 8, 9, 18, 14, 15, 16, 17, 105. LÖNNBERG 59, 81. LOHDE 11. LOHMANN 1,3. | LUCAE 106, 107, 179, 238. LÜUTTSCHWAGER 367. v. LÜTZOW 272, 300. LUTHER 351. LYDEKKER 37, 95. MARTIN 107, 233, 239, 326. | MATSCHIE 259, 301, 328, 336. | MATTHEW 11, 239. MAYER 1, 14. MEISSNER 1, 5. MELLEN 3864. MENDEL 1. MENZBIER 81. MERTENS 364. MERZ 1, 8, 12, 15. MEYER 106, 239. MIGULIN 57. MILLER 804, 306, 307, 318. MILNE-EDWARDS 72. MOHR 1, 5. MORI 72. ' MORITZ 84. | MOSER 1886. | MOSLER 4, 19, 20. | MOST 7. MÜBEER, DI 1,25% 879.11. 10° 13; 14, 375. | MÜLLER, L. 89, 90, 95. NACHTSHEIM 7. NAGNER 106, 239. NEDICI 3865. NEHRING 271, 30:, 327, 337, 338. NEUMANN, CH. 7. NEUMANN, J. 18. | NEUMANN, 0. 7, 8, 11 NIERSTRASZ 238. NIKOLSKI 60. NOACK 301. NÖLLER 7, 11, 15. OGNEFF 48, 67, 77, 308. OHNESORGE1,7,8,9,11,12,13,14,16,17. OSAROWSKI 67. OSTWALD 886. 379 TE nV — En En IE A a a a u a a ee N I EI 380 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1950. OTTO 136. OWEN 239. PALLAS 56, 81, 82, 83. PANING 1. PARSONS 145, 289. PENNANT Ss8i#f., 95. PERROT-CHIPIEZ 8331. PETENYI 804. PETERS 1, 3, 8, 9, 15. PETERSEN 177. PFEFFER 1, 5. PIENKOSS 370. PINCHAS 365. PIRA 301. POCOCK 88, 95, 191, 204, 239. POHLE, CH. 15, 16. POHLE, H. 4, 6, 7, 8, 12, 18, 14, 15, 16, 18, 110, 298. POSNANSKI 37. PRZEWALSKI 71, 72. RADDE 60, 72, 82, 83. REGEL 60. REH 1. REICHENOW 1. REINBERGER 86, 867. REINWALDT 305, 306, 312. REULEAUX 230. RICHTER 326. RICKMANN 301. RIDGEWAY 91, 93, 95. RIEDERER 326. RIEDINGER 91. RIEMER 8, 11, 12. v. RIESENTHAL 8, 11. RUBELI 326. RÜMMLER 1, 2,4, 5, 6, 7,8, 9, 11, 12, 13, 15, 16. RÜPPELL 339. RÜTIMEYER 267, 268, 276. 281, 283, 285, 301. RUGE 7, 8, 11, 15. RUHE 11. RUHL 86, 92. SABANEEFF 56, 57, 82. SACHTLEBEN 11. | SALOMON 327. SALOW 1. SARASIN 18. SARUDNY 75. SATUNIN 52, 54, 55, 58, 61, 69, 75, 81, 82, 310. SCHELKOWNIKOW 82. SCHENK 12, 13, 15, 16. SCHLIESING 301. SCHLOSSER 233, 239. SCHLOTTAT 1. SCHMID 239. SCHMIDT 72. SCHNEIDER 8, 11. SCHNITNIKOFF 60, 64, 82. SCHNURRE 8. SCHÖNBERG 7, 8, 9, 13, 110. SCHRÖDER 14. SCHUCHOW 83. SCHÜTZ 268, 801. SCHUHMACHER 253, 289, 301, 337. SCHWARZ 7, 8, 9, 11, 92, 95, 301. SCORESBY 202. SCULLY 61, 66. SEELIGMANN 90, 95. SEETZEN 334. SEITZ 11. SEULESCU 3866. SEREBRENNIKOY 96. SEVERTZOFF 60, 82. SIMASCHKO 357. SKODA 318, 325. SMIRNOFF 55, 60, 75. SMITH 91, 342. SOKOLOWSKY 1, 2, 5. SPARRMANN 90. SPATZ 7, 11, 12, 18, 15, 16. SPREHN 3, 4. SSOLOWJEW 37. | STAECHE 38. STAFFE 301. STANG 4, 15. STEINMETZ 8, 9, 11, 12, 15, 16. STIEDA 107, 239. STRAUCH 7, 8, 11. 12, 18, 15. STRECKER 257. STREHLKE 11, 12, 13, 15, 16, Index der Personennamen. STUDER 246, 247, 249, 263, 265, 266, 301. SÜPPEL 137, 144, 239. TATSCHANOWSKI 56. TEMMINCK 342. THILO 106, 239. THOMAS 61, 338. THORMANN 11, 15. TORNIER 107. 110, 231, 239. | TOWNSEND 364. TRISTRAM 329, 331, 335, 337, 338, 339, | 340, 341, 348, TROUESSART 375. TUGARINOW 83. ULMANSKY 278, 281. UMLAUFF 2. USSOW 262. VALLENTIN 8, 11. VERSLUYS 238. VIRCHOW 8, 12, 16, 17, 107, 239. VITSCHAT 1. VITZTHUM, GRAF 353. VOGEL 1. VOGELSANG 1, 8. VOLLMER 89, 95. VOSSELER 362, 371. WAGNER 338, 339, 342. | WALCH 90, 9. WALTER 60, 82. WARENZOW 82. WEBER 15, 16, 289. WEISE 1. WERESCHTSCHAGIN 64. WESTENHÖFER 1, 3, 5, 6, 8, 16. WETTSTEIN 313. WIEDERSHEIM 239. WILCKENS 285, 301. WINKELHAGEN 1. WINOGRADOW 304. WIRTZ 326. WOKER 7, 12. WOLDRICH 263. WOLEGOW 57. WOLFGRAMM 249, 301. WYMAN 107, 239. ZARUDNY 60, 82, 104. ZEDTWITZ, GRAF 14. ZEHLE 8, 15. ZENGEL 285, 302. ZIETSCHMANN 322, 326. ZIMMER 7, 110. ZIMMERMANN 8, 326. 38l ZUKOWSKY 1, 2, 60, 63, 64, 66, 69. 2.) Index der Tiernamen. Acinony& 13, 81. — guftatus 8. — jubatus 332. Acomys cahirinus 339. — dimidiatus 338. — russatus 338. Addax nasomaculatus 329. Alactaga Jaculus 99. Antilope beatrix 329. — beisa 329. — bubalis 329. — ensicornis 328. — gazella 328. — leucoryx 329. Apodemus 313. — agrarius 108. Arvicola 839. — amphibius 340. — syriacus 839. Asellia tridens 342. Asinus hemippus 330. — onager 330. Bartonella bacilliformis 349. Bison bonasus 260, 302. Bos 10. — primigenius 244, 260, 281ff., 302. — taurus 13, 244, 255, 260, 275, 302, 314. — — brachyceros 253, 281, 298. — — longifrons 255, 279, 281, 288, 293, 297, 308. — — primigenius 297, 302. Bubalis 6, 8. Bubalus 6, 10. Camelus 314. Canis 236. — aureus 332, 366, 373. — familiaris 40, 137, 262 302. — — inostranzewi 264, 265. — — intermedius 262ff., 297. — — leineri 264. — — matris-optimae 264 ff., 297. — — putiatimi 264ff. — lupus 96, 110, 137, 240, 245, 302, 332, 366. — syriacus 344. Capra 8, 241, 314. — aegagrus 275, 328. — hircus 13, 274, 303, 314. — — strepsiceros 275. prisca domestica 275, 297. Capreolus capreolus 241, 251, 296, 329, 365, 369. Castor fiber 241, Zi5, 296, 364. Catolyn& 49, 73. — chaus 74, 332. Catus 49. — manul ferrugineus 32. — silvestris 53. Cercopithecus leucampyx& kibonotensis 8. — stuhlmanni 8. Cervus dama 365. — — mesopotamicus 330. — elaphus 241, 253, 296, 302, 365. — maral 37. — umbrinus 833. Ceratophyllus 350. — mongolicus 346, 361. Chaus 73. — catolyna 74. — caudatus 62. — chaus 48, 51, 74, 85. Index der Tiernamen. 383 Citellus mongolicus ramosus 346. — rufescens 97 ff. Comatibis comata 342. — eremita 333. Connochaetes 6, 8. — taurinus albojubatus 8. Oricetus auratus 338. — cricetus 100. — nigricans 338. Oricetulus 359, 360. — barabensis 357 ff. — griseus 357. — — fumatus 346, 351, 352. — phaeus 338. — triton 357 ff. Orocidura crassieaudus 343. — portali 343. — russula judaica 343. Ctenophthalmus 361. Delphinus algeriensis 331. — delphis 331. .— mediterraneus 331. Diceros bicornis 6. 8. Dipodillus dasyuroides 339. Dipus aegyptius 338. — hirtipes 338. — sagitta 338. — schlueteri 338. — sowerbyi 346, 847. Dryomys nit-dula 337. EBlephas indicus 9, 10, 17. — pachyganalis 14. -- primigenius 9. Eliomys melanurus 337, 339. — quercinus 14. Ellobius talpinus 100. Eguus burchelii 92. -—— — paucistriatus 91, 92. — caballus 5, 241, 244, 268, 297. — foai 87. — greyi 37T. — quagya 86. — — böhmi 3. — — burchelli 95. — — greyi 93, 9. Eguus zebra 87, 88. Eremaelurus 6 — thinobius 48, 77. Erinaceus aethiopieus 343 — brachydactylus 343. — europaeus 343. — Iybicus 343. — roumanicus 97. — — sacer 343 Erythrocebus 13. Evotomys 191. Felis 12, 48. — bengalensis 71. — bubastis 331. — cato affinus migra 55. — catolynx 74. — catus 49ff., 60. - — caucasicus 52. — — ferus 54. — caudata 59, 60, 66. — — griseoflava 62, 63. — — longipilis 64. — morpha schnitnikowi 64. — chaus ?4. — daemon 55. — euptilura euptilura Ti, 72. — — microtis 48, 71. — kozlovi 69. ,1e0.6,.8,.19, 18, 331. — — guzeratensis 331. — macrothrixc 61. — maniculata 332. — manschurica 72. — manul 80, 83. — maimanach 66. — microtis 71. -— murgabensis 65. — nimr 331. — ocreata &. — ornata 59, 68, 69. — — caudata 42, 59, 61, 64ff. — — griseoflava 64. — — issikulensis 42, 59, 67, 85. — — macrothric 64, 65, 69. — — matsehiei 42, 59, 61, 66, 67. — — murgabensis 42, 59, 61, 65, 76. 384 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Felis ornata nesterovi 61. Hyaena hyaena 332. — — ornata 59, 61. — — syriaca 332. — — schnitnikowi 61, 65. — spelaea 11, 12. — — shawiana 42, 61, 65, 66. Hystrix cristata 8, 340. — pallida 59. — hirsutirostris 98. — pardochrous 71. — — aharoniü 340. — serval 13. — — schmitzi 340. — servalina 59, 61. neo Jaculus jJaculus 338. — silvestris 52, 80. Lagurus lagurus 103. — — caucasicus 48, 52. Leggada 3183. — — silvestris 48, 52, 54, 366. Lepus aegyptius 340. — tigris 31. — craspedotis 340. — undata 71. — europaeus carpathorum 365. Frontopsylla jettmari 354, 360, 361. — — europaeus 365. Fulica atra 241, 244, 245, 296. ae transsylvanicus 365. — isabellinus 340. Gazella 6, 13. — judeae 340, 341. — arabica 328. — niloticus 340. — dorcas 328. — sinaibieus 340. — gazella 329. — syriacus 340. — granti 8. Lutra lutra &0, 110, 177, 240, 245, 364. — leptoceros 329. Lutreola lutreola 366. — marica 329. Lynx 14, 15, 50, 73, 81. — merilli 328, 330. I caracal 332. — revella 828. | — — aharonii 332. — subgutturosa 329. | — chaus 74. Genetta felina 8. — Iyna 866. —- pardina suahelica 8. — terrae-sanctae 334. — pardinus 332. Gerbillus longicaudus 339. Martes foina 5, 335, 366. — melanurus 339. — martes latinorum 366. — pygargus 339. — — martes 369. — taeniurus 339. — zibellina 367. Giraffa tippelskirchi 8. Meles canescens 336. Glis glis 837. — mediterraneus 336. Gorilla 6. — meles 110, 162, 236, 240, 245, 365. Melliwvora indica 336. Halicore hemprichii 330. — ratel 8. Hemiechinus auritus 97. Meriones crassus 339. Hepatozoon jaculi 349. — kurauchi 349. Herpestes ichneumon 327, 334. — tristrami 339. Hippopotamus 6, 8, 9, 10. Micromys 313. Hippotigris 6, 8, 871. Microtus 333. Homo 6, 245. — arvalis 340. Hyaena 6, 8. — gregalis 102. — crocotta 11, 12, 18. — guentheri 340. Index der Tiernamen. 385 Microtus nivalis 340. philistina 339. socialis 340. syriacus 339. Miniopterus dasythric 342. schreibersii 342. Monachus albiventer 337. Mus 304. alexandrinus 338. azoricus 307, 313. bactrianus 306, 309, 338, gentilis 338. hapsaliensis 308. hortulanus 304, 309, 311, 312. musculus 304, 338, 346. — azoricus 310, 311. — borealis 307, 308. — coerulescens 314. — funureus 307, 308, 314. — hortulanus 308, 311, 312. — musculus 304, 308, 310, 313. — nordmanni 308. — raddei 309. — sergüt 308. — spicilegus 313. — tomensis 307. — wagneri 313. nordmanni 304. praetextus 338. sergii 305, 312. severtzovi 307, 309. spicilegus 304. — hapsaliensis 306. subcaeruleus 307. sylvaticus 338. tataricus 310. tectorum 338, variegatus 338. wagneri 304, 309. Mustela boccamela 335. dombrowskii 366. erminea aestiva 366. nivalis 366. — boccamela 366. — nivalis 366. sarmatica 374. subpa'mata 335. A ee re Er Mustela vulgaris 366. Nanger 6. Neomys 343. Neopsylla bidentatiformis 353, 354, 360, 361. Nesokia bacheri 338. Nyctinomus cestonii 341. Oncoides 70. — bengalensis radduü 71. — euptilura microtis 71. Ophthalmopsylla kukushkini 360. Oryetolagus cuniculus 341. Otocolobus 76, 78. — manul 79, 83. — — ferrugineus 48, 80, 84. — — manul 48, 83. — — mongolicus 8. — — nigripectus 80, 83, &. Ovis aries 13, 241, 244, 272, 297, 314. — — palustris 274. — — studeri 274. — musimon 365. — tragelaphus 328. Pachyura crassicauda 343. Panthera pardus 331. Papio cynocephalus lestes 8. — sphinx 13. Pardofelis marmorat« 31. Pedetes caffer 8. Phacochoerus 8, 13. Phodopus bedfordiae 344, 345, 351, 352, 359, 360, 361. Pipistrellus abramus 341. Plecotus auritus 342. Podiaelurus 59. Poephagus 314. Potos flavus 110, 205, 236, 240. Prionaelurus 70. — euptilura microtis 48, 51, 71, 85. Procavia schmitzi 330. — syriacus 330. Psammomys obesus 339. — terrae-sanctae 339. — tamaricinus 339. Putorius africanus 335. 386 Zeitschrift für Säugetierkunde, Bd. 5, 1930. Putorius eversmanni 97, 366. Sus scrofa palustris 267 ff. — hiposideros 366. Sylvaemus syWwatieus 102. — putorius 335, 366. | Taphozous nudiventris 341. Rangifer 314. Taurotragus 6. Rattus norvegieus 338. Thalassarctos maritimus 110, 202, 240. Rhadinopsylla 360, 861. Trichaelurus 78. Rhinoceros 9, 10. — manul 83. Rhinolophus blasü 342. -- — mongolicus 83. — euryale 341. Trichechus americanus 362. — ferrum-equinum 342. — imunguis 362. Rhinopoma hardwickii 341. -- latirostris 362. — microphylium 341. -- manatus 8362. — bedfordiae 353, 357. Tursiops tursio 364. Rousettus aegyptiacus 348. Rupicapra rupicapra 365. Ursus arctos 110, 235, 240, 245. — — alpinus 365. Scarabaeus 354. — syriacus 336, 337. Scirtopoda telum 100. — .- schmitzi 336. Sciurus syriacus 337. Scotophilus temminckü 342. Vespertilio emarginatus 342. Sicista nordmanni 108. — murinus 348. Sorex araneus 343. Vesperugo kuhlü 342. — minutus 343. Vormela peregusna 335, 366, 374. — tetragonurus 343. Vulpes flavescens 334. Spalax ehrenbergü 340. — niloticus 334. Spermophilus citellus 337. — vulpecula 334. — zanthoprymnus 337. \ — vulpes 366. Sus scrofa 250. — — crucigera 366. — — antiguus 250. — — melanogaster 366. — — domesticus 267, 303. — — palaestina 334. — — ferus 268, 296, 303, 328. BAR. ISA Aa en erh RE Aetetstetgtterer Mn N NÜBRERERNGL NE MEN NUR EEL 2ONEHERN NEE. GE A AT AA AT MA A CE DEM VER ENEMN LNAN, VE GEHEN GEE AA AUE GREEN (CC BE NPFNFNFNPIT NM = An m m J ID. 3272 r en Pr ze By)» D ] | )))] DB ] Sopn LE Ze BD») | N ) ))) "> , ) 9, N) ') J) ) 8 )))) } I 2 ME ra > | ))) ) 1) ) NFNFAIFZR' ze PD») | A »>B z RR oe - = - - zn | rn NEIL 5 en Dr u WW m = Dr BEE | 7 a N a NANE PN NENNN i e zn = = Zu \ WA - = RIFEIFEN —7= = NAA AA NG RAAAA ERIIIN, 4 EIERN RAN ARAOAERBNRE EN AN Beraten >> »>»)). ] > 2 » 5 22 » »» ID) DD) ID )))) N en A AN nen : ” m Im I aaa RARFAF