MMHM ,->''-»v... T» £E Tpt £ft|jt< *5* \?2t* - *«. "V/ ZEITSCHRIFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE BEGRÜNDET VON CARL THEODOR V. SIEBOLD UND ALBERT V. KÖLLIKER HERAUSGEGEBEN VON ERNST EHLERS PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT ZU GÖTTINGEN HUNDERTDRITTER BAND MIT 280 FIGUREN IM TEXT UND 17 TAFELN LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1912 / zo Y Inhalt des hundertdritten Bandes Erstes Heft Ausgegeben den 12. November 1912 geite Rudolf Hochreuther, Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginales iL ihr Bau und ihre Verbreitung am Körper. Mit 102 Figuren im Text 1 Max Braun, Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Hau- ^ tung. Mit Tafel I und II Zweites Heft Ausgegeben den 3. Dezember 1912 Carl Demandt, Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. Ein Bei- traff zur Morphologie des Insektenkörpers. Mit 74 Figuren im Text 171 Maria Andries, Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. Mit 23 Figuren im Text und Tafel III- V Drittes Heft Ausgegeben den 10. Dezember 1912 Richard Raßbach, Beiträge zur Kenntnis der Schale und Schalenregene- ration von Anodonta cellensis Schrot. Mit 64 Figuren im Text . öbö C Janicki, Paramoebenstudien. (P pigmenHfera Grassi und P chaetognatht Mit 4 Figuren im Text und Tafel VI— IX 44y Grassi). Viertes Heft Ausgegeben den 17. Dezember 1912 Jur. Philiptschenko, Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten III. D» Embryonalentwicklung von Isotoma cinerea Nie. Mit latel *-**y oiy M. Nowikoff, Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. Mit 13 Figuren im Text und Tafel XV— XVII Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L, ihr Bau und ihre Verbreitung am Körper. Von Rudolf Hockreuther. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Marburg. ) Mit 102 Figuren im Text. Einleitung. Die vorliegenden Untersuchungen sollen sich in die Reihe der in Marburg vorgenommenen Durcharbeitung des Organismus des Gelb- randes (Dytiscus marginalis L.) einfügen. Sie beziehen sich auf die Hautsinnesorgane des Käfers, jedoch schließen sie die Beschreibung der Chordotonalorgane, die von anderer Seite vorgenommen wird, aus. Ebenso wird das in der Gelenkhaut zwischen dem zweiten und dritten Antennenglied ansetzende JoHNSTONEsche Organ von jener Seite Be- arbeitung finden, desgleichen im Zusammenhang mit den in den Flügeln gelegenen Chordotonalorganen alle Hautsinnesorgane der Flügel. Die folgenden Mitteilungen beziehen sich also auf die Organe des Tast-, Geruchs- und Geschmackssinnes, soweit sie nicht an den Elytren oder Alae gelegen sind. Aufgabe der Untersuchung war es, nicht nur die Verteilung der Sinnesorgane am Körper und den Bau ihrer Chitinteile, sondern nach Möglichkeit auch die Beschaffenheit der Sinneszellen und Nerven- elemente festzustellen. Über die Verteilung und den Bau der Sinnes- organe an den Kopfanhängen von Dytiscus marginalis gibt schon Nagel i. J. 1894 einige Mitteilungen. Die nervösen Verhältnisse sind jedoch, da er nur in einzelnen Fällen die Schnittmethode zu seinen viel allge- meineren Untersuchungen heranzog, von ihm gar nicht oder doch nur unvollständig untersucht worden. Leider konnten auch bei der vorliegenden Bearbeitung nicht alle Hautsinnesorgane am Körper des Käfers ganz genau auf die nervösen Verhältnisse hin erforscht werden. Es hat dies seinen Grund in den großen technischen Schwierigkeiten, die sich den Untersuchungen ent- Zeitsclirift f. wissensch. Zoologie. COT. Bd. 1 2 Rudolf Hochreuther, gegenstellten, und die nur mit viel Mühe und Geduld überwunden werden konnten, und dann auch darin, daß die Verhältnisse zum Teil recht wenig klar liegen, wofür der Grund im Objekt liegen könnte. Es ist besonders auffallend, daß gerade bei den Sinneshaaren, die man als die primitivsten Sinnesorgane anzusehen geneigt ist, die Inner- vierungsverhältnisse oft am unklarsten blieben, während sie bei den komplizierteren Formen mit mehr befriedigendem Erfolg zu ermitteln waren. Anordnung des Stoffes. I. Literatur. II. Eigene Untersuchungen. A. Methodik. B. Bau der Hautsinnesorgane. 1. Sinneshaare. 2. Sinnesborsten. 3. Sinneszapfen. 4. Tast- und Geschmackszäpfchen. 5. Grubenkegel. a. massive, b. hohle. 6. Kelchförmige Organe. 7. Kuppeiförmige Organe. C. Verbreitung der Hautsinnesorgane am Körper. 1. Die Hautsinnesorgane des Kopfes. a. des Cranium (Schädelkapsel), b. der Kopf anhänge, 1. der Antennen, 2. der Mund Werkzeuge. c. des Gaumens, d. der Nackenhaut. 2. Die Hautsinnesorgane des Thorax. a. des Prothorax, b. des Mesothorax, c. des Metathorax, d. der thoracalen Gelenkhäute, e. der Beinpaare. 3. Die Hautsimiesorgane des Abdomens. a. seiner äußeren Skeletteile, b. des Geschlechtsapparates. D. Zusammenfassuno. Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 3 I. Literatur. Unter Zuhilfenahme der diffizilsten Färbemethoden hat in den 80er und 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts 0. vom Rath den histologischen Bau der Hautsinnesorgane der Arthropoden untersucht, und die aus seinen Resultaten gewonnene Auffassung bildete bis in die heutige Zeit die herrschende. Freilich erweiterten neuere Autoren, namentlich Freiling und Vogel, die Befunde v. Raths, indem sie außer den von jenem Autor gefundenen wesentlichen Elementen einige accessorische Zellen erkannten. Aber im Grundprinzip war doch die vom RATHsche Auffassung bis in die letzte Zeit hinein erhalten und die einzig anerkannte. v. Rath hatte gefunden, daß der wesentliche Teil eines Hautsinnes- organs, die Sinneszelle, eine modifizierte Hypodermiszelle sei, die einen proximalen, »nervösen«, von Neurilemm begleiteten Fortsatz nach dem Centralorgan und einen distalen nach dem Sinneshaar hinschicke. Der proximale nervöse Fortsatz trete aber nicht mit einer Ganglien- zelle in Verbindung, sondern ende frei im Centralorgan unter Bildung einer feinen Verzweigung. Der distale Fortsatz nach dem Haar sei dagegen niemals verzweigt. Diesen hier nur ganz kurz skizzierten Resultaten v. Raths schlössen sich, wie gesagt, alle neueren Autoren an, ohne daß freilich eine Prü- fung der v. RATHschen Angaben mit ebenso diffizilen Methoden vorge- nommen worden wäre. Zum Teil wurden von ihnen interessante neue Befunde hinzugefügt in bezug auf die letzten Endigungen der reizleiten- den Apparate an manchen chitinösen Sinnesanhängen und verschiedene Zellen, die die einzelnen Abschnitte der Sinneszelle und ihres distalen Fortsatzes schützend umhüllen, ganz ähnlich wie das bei den Chordo- tonalorganen der Fall zu sein pflegt (Schema dell'Udito, Berlese). Schon Weinland hatte an den HiCKsschen Papillen der Dipteren- schwanger besonders differenzierte Endigungen der Terminalstränge gefunden. Janet erkannte ähnliche an den kuppeiförmigen Organen der Ameisen. Von Freiling wurden solche nervösen Endapparate an den Sinneskuppeln der Schmetterlingsflügel ermittelt, die den stift- förmigen Körpern der Chordotonalorgane sehr ähnlich sind. Vogel untersuchte sie genauer und stellte sie auch an den Sinnesschuppen fest. Was umhüllende Zellen angeht, so beschrieb zuerst Guenther 1901 an den Sinneskuppeln von Schmetterlingsflügeln einen den Ter- minalstrang umgebenden streifigen »Mantel«. Freiling und Vogel erkannten diesen als zu besonderen Zellen gehörig, die die Sinneszellen 1* 4 Rudolf Hochreuther, umschließen, den sogenannten »Hüllzellen«. Von Freiling wurden auch unter den »Sinnesschuppen und Sinnesstacheln« solche Hüllzellen gefunden. Vogel gelang es endlich, an den Sinneskuppeln außer den Hüllzellen noch eine »Kuppel- oder Kappenzelle« nachzuweisen, die am weitesten distal gelegen ist und den percipierenden Endapparat umschließt. In allerneuster Zeit entwickelte Berlese in dem ersten Band seines Werkes : »Gli Insetti « eine gänzlich andere Auffassung vom histo- logischen Aufbau der Hautsinnesorgane. Obgleich seit dem Erscheinen dieses Werkes im Jahre 1909 von mehreren deutschen Autoren neue Arbeiten über Hautsinnesorgane erschienen sind, findet sich in keiner die BERLESESche Auffassung von dem Bau dieser Organe angeführt. Auch Vogel, dem das BERLESESche Werk bekannt war, erwähnt in seiner im vorigen Jahre erschienenen Arbeit über die Sinnesorgane an Schmetterlingsflügeln nichts von den Abweichungen der BERLESEschen und v. RATHschen Auffassungen. Es scheint mir deshalb notwendig, hier in kurzen Zügen die Auffassung Berleses wiederzugeben. Berlese nähert sich in einem Punkte den Angaben von Retzius, der zur Zeit v. Raths stark verzweigte Nervenendigungen an die Sinnes- haare herantreten sah, aber von diesem Autor deshalb sehr bald wider- legt wurde. Berlese nimmt nun wieder das Vorkommen von distalen Nervenverzweigungen an. Allerdings sollen diese verzweigten Nerven- endigungen nicht direkt, wie Retzius annahm, an die Sinnesorgane herantreten und sich in sie hineinerstrecken, sondern sie sollen an eine oder mehrere Zellen herantreten, die unterhalb der Sinnesorgane in der Hypodermis gelegen sind. Diese Zellen werden nach Berlese von den verzweigten Nervenendigungen äußerst dicht umsponnen. Es sind diese hypodermalen Zellen die, welche den Sinneszellen v. Raths ent- sprechen würden. Berlese dagegen spricht sie zum Teil als trichogene Zellen (Cellula tricogena) und zum Teil als Drüsenzellen (Cellula ghiandolare) an. Den trichogenen Zellen komme die Ausbildung des chitinösen Sinnesanhanges zu, während die Drüsenzellen besondere percipierende Endapparate erzeugen, zuweilen aber auch noch im ausgebildeten Organ die Funktion haben sollen, ein flüssiges Secret abzusondern, das zur Ermöglichung einer Sinnesperception manchen Organen von Nöten sei. Dadurch, daß nun beide Zellarten von den an sie herantretenden Nervenendigungen, den Ausläufern einer »ner- vösen Zelle«, fest umschlossen werden, sei eine Übermittlung des äußeren Reizes durch diese Zellen möglich. Während die trichogenen Zellen allen Formen von Sinnesorganen Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 5 zukommen — denn sie müssen den chitinösen Sinnesan-hang ausbilden — , finden sich die Drüsenzellen nur bei den höher differenzierten Organen des chemischen Sinnes, sowie des Gesichts- und Gehörsinnes. Berlese konstruiert je nach dem Fehlen oder Vorhandensein der Drüsenzellen zwei Grundschemata von Hautsinnesorganen, aus denen alle einzelnen Formen herzuleiten seien. Er bezeichnet sie als »Protestesi semplice« und »Protestesi composta «. Die Bezeichnung » Protestesi « ist an- scheinend von /TQtüvt] aiad-rjoig hergeleitet und würde darum besser »Protaesthesis« geschrieben. Zu den einfachen Protaesthesis würden also folgende Teile gehören: ein Stück der Cuticula, die darunter ge- legene Hypodermiszelle, die das Chitin oder den Chitinanhang' bildete (trichogene Zelle), und ein herantretender Nerv, der die Basalmembran durchbricht und mit seinen feinsten Endverzweigungen die trichogene Zelle eng umspinnt. Zu den zusammengesetzten Protaesthesis würde, abgesehen von diesen Teilen, noch mindestens eine Drüsenzelle gehören, die zuweilen ein für die Perception des Reizes wichtiges Secret aus- scheidet und von den verzweigten Nervenausläufern umsponnen wird, so daß sie gleichzeitig zur Reizübertragung dienen könnte. Von dem einfacheren Schema leitet Berlese die Organe des Tast- sinnes her, dagegen von dem komplizierteren die Organe des Geruchs-, Geschmacks-, Gehör- und Gesichtssinnes. Die Grundformen der Organe jedes einzelnen Sinnes bezeichnet er als »Sensillen«, und er gibt ent- sprechend der geläufigen Bezeichnung »Ommatidium« für das Grund- element der Facettenaugen auch den einzelnen Sensillen der anderen Sinne besondere Namen. So nennt er das Sensillum des Gehörs : Otarium, das des Geruchs und Geschmacks: Rinarium und das des Tastsinnes: Affidium. Berlese begründet seine Auffassung von dem Bau der Sensillen, indem er es aus theoretischen Gründen für ausgeschlossen hält, daß eine Hypodermiszelle nachträglich zu einer Sinneszelle werden könne, wie dies v. Rath annahm. Er sagt hierzu, wörtlich übersetzt : »Die Autoren, die gehofft haben, die Hypodermiszelle sich selbst zu einer nervösen Zelle modifizieren zu sehen, warten vergebens, daß dies jemals be- wiesen werde, weil von der ersten embryonalen Differenzierung des Ectoderms in neuroblastische Zellen es niemals mehr vorkommt, daß sich eine Hypodermiszelle in eine Nervenzelle verwandelt. Die nervösen Elemente kommen also immer, rascher oder langsamer, aus dem Central- system hervor und schieben sich zwischen die Hypodermiszellen. « Hierdurch sucht Berlese die Auffassung v. Raths zu widerlegen, daß eine Sinneszelle ursprünglich eine gewöhnliche Hypodermiszelle 6 Rudolf Hochreuther, sei, »die durch Wachstum ihres proximalen Fortsatzes bis ins Central- organ hinein zu einer Sinneszelle wird. « Als Beweisgrund gegen v- Rath führt er auch die Tatsache an, daß der Fortsatz der Sinneszelle zum Centralorgan von Neurilemm umkleidet ist. Er betont, dies sei nur möglich, wenn der Fortsatz selbst nervöser Natur sei, denn das Neurilemm bekleide niemals Elemente von anderem als nervösem Charakter. In den Neurilemmkernen, die die Sinneszellengruppe v. Raths begleiten, sieht er die Kerne, welche den feinsten Endverzweigungen der diese Zellengruppe umspinnenden Nerven angehören. Als wichtigstes Argument für seine Ansicht führt aber Berlese die Histogenese der Sinnesorgane ins Feld, die er an Polistes und Vespa studiert hat. Er fand hierbei, daß die Nerven tatsächlich vom Central- organ aus sich fortsetzen und an die Hypodermiszellen, die ein Sinnes- organ bilden sollen, herantreten und diese umschlingen. Die weiteren Befunde faßt er mit folgenden Worten kurz zusammen: »Die Tatsache ist wunderbar, daß die Hypodermiszellen sich differenzieren und spe- zialisieren, wenn sie mit den spezifischen Nervenelementen in Berührung treten, und daher sind es diese, welche, ausgestattet mit einer, ich möchte sagen, informativen Kraft, die Modifikation der Hypodermis- zellen bestimmen, die, ursprünglich alle gleich, so die Modifikationen eines bestimmten Sensillums annehmen. Es sind die Nerven und die zwischen die Hypodermis eingeführten nervösen Zellen, welche die Bedeutung haben, das bestimmte Sensillum zu bilden je nach seinem Zweck und seiner speziellen Bestimmung.« Es konnte nicht Aufgabe der vorliegenden Untersuchungen sein, diese strittige Frage zu entscheiden. Denn dazu wären entwicklungs- geschichtliche Untersuchungen über die Entstehung der Hautsinnes- organe nötig gewesen, die nicht in den Rahmen dieser Arbeit gepaßt hätten, welche rein beschreibend Form und Bau der Hautsinnesorgane des ausgebildeten Käfers untersuchen soll. Es muß also eine Ent- scheidung von künftigen, lediglich auf diesen Punkt gerichteten Unter- suchungen erhofft werden. Einen anderen Streitpunkt von Anbeginn der Untersuchungen über Hautsinnesorgane der Arthropoden bildet die Frage, ob die chiti- nösen Sinnesanhänge der Arthropoden durchbohrt sein könnten, oder ob dies nicht möglich sei. Die älteren Autoren, z. B. Leydig, Hauser, v. Rath und Ruland nahmen an den Organen des chemischen Sinnes, also des Geruchs- und Geschmackssinnes, Öffnungen wahr. Leydig fand 1878 an den Riechzapfen der kleineren inneren Antennen von Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 7 Amphipoden und Isopoden Durchbohrungen, v. Rath stellte 1886 an der Unterlippe und den Antennen mehrerer Chilognathen deut- lich durchbohrte Sinneskegel fest. Bei den Kegeln der Antennen be- stätigt er das von Leydig beschriebene Vorkommen von »Endknöpf- chen«, die aus der Durchbohrung hervorragen. Ruland beschrieb 1888 bei den verschiedenen Insektenklassen (auch bei Käfern und besonders bei Dytiscus) Sinneskegel, die an der Spitze Öffnungen trugen, und er kommt auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Resultat, daß alle dem chemischen Sinn dienenden Organe geöffnet sein müßten. Neuere Autoren, vor allem Nagel und auch ganz neuerdings Berlese, wiesen darauf hin, daß das Vorhandensein von Offnungen in den Chitinanhängen theoretisch sehr unwahrscheinlich sei, und sie fanden bei ihren Untersuchungen auch stets eine verschließende Chitin- membran. Freilich konnte diese bei manchen Organen des chemischen Sinnes äußerst fein werden, so daß sie einer Diffusion von Gasen und Flüssigkeiten kaum hindernd im Wege stand. Demgegenüber neigen andere neue Autoren wieder zu der Ansicht, daß manche Sinnesorgane doch an der Spitze geöffnet sein möchten. In seinem 1896 erschienenen Buche über die europäische Höhlenfauna beschreibt 0. Hamann bei mehreren Diplopoden und Chilopoden an der Spitze der Antennen, bzw. hinter den Fühlern nach außen geöffnete Sinnesorgane. Auch bei Gammarus fand er in Übereinstimmung mit Leydig die Endknöpfchen der Riechzäpfchen durchbohrt; v. Rath hatte an diesem Objekt nicht sicher entscheiden können, ob eine Durch- bohrung vorhanden sei oder nicht; Nagel hatte keine Durchbohrung daran gefunden. Ferner beschrieb 0. Schröder im Jahre 1908 an den Skorpionskämmen ein Sinnesorgan, das eine Verbindung des inneren Porenkanals mit der Außenwelt aufweist. Dann gab zu Anfang vorigen Jahres Schön Mitteilung von ebenständigen Sinneskegeln von Formica, die ihm an der Spitze einen Porus zu haben schienen. Dieser Porus stehe mit dem Terminalstrang der Sinneszelle direkt in Verbindung. Die vorliegenden Untersuchungen hatten, was diese Frage angeht, ein ganz entsprechendes Ergebnis. Es scheint nach ihnen mit großer Wahrscheinlichkeit festgestellt zu sein, daß bei manchen Organen eine Durchbohrung des Chitins vorhanden ist. Es tritt aber in diesen Fällen am Ende des Terminalstranges eine eigentümliche Umwandlung seiner Substanz zutage, die vielleicht chitinöser Natur ist. Da der Terminal- strang, wie wir sehen werden, die Durchbohrung des Chitinanhanges mit seinem modifizierten Ende stets erfüllt, so wäre der vorhandene Porus doch stets von einer festeren Substanz eingenommen. Es wird 8 Rudolf Hockreuther, sich aber empfehlen, auf die näheren Verhältnisse bei den einzelnen Organen, die sie uns bieten, einzugehen, und dort auch ältere Autoren zu hören, die zum Teil schon eine ganz ähnliche Auffassung vom Bau der Organe des chemischen Sinnes hatten, wie wir sie nach der später folgenden Beschreibung gewinnen müssen. II. Eigene Untersuchungen. A. Methodik. Es war, wie schon gesagt, eine der Hauptschwierigkeiten der vor- liegenden Untersuchungen, geeignetes Material und geeignete Methoden zu finden, um das überaus harte chitinöse Exoskelet des Käfers zum Schneiden mittels des Mikrotoms geeignet zu erhalten. Denn abgesehen davon, daß ein Studium der Innervierung der Sinnesorgane nur auf Schnitten möglich ist, waren diese auch vielfach deshalb notwendig, um überhaupt den Bau der komplizierten kleineren Organe ermitteln zu können. Es war also erforderlich, Schnitte von 5 bis höchstens 10 it Dicke herzustellen. Als Ausgangsmaterial wurden deshalb meistens eben geschlüpfte Käfer benutzt, deren Chitin noch nicht erhärtet war. Sie wurden nach Betäubung mittels Chloroform in kleinere Teilstücke zerschnitteD, was namentlich auch für die einzelnen Antennen und Mundwerkzeuge nötig war, und in heißem Sublimateisessig konserviert. Nach dem Erkalten der Konservierungsflüssigkeit wurden die Teile gut gewässert und durch 40%igen Alkohol in 60%ig alkoholische Jodlösung gebracht. Hierin blieben sie mehrere (6 — 10) Stunden, zuweilen über Nacht. Dann wurden sie möglichst schnell durch konzentriertere Alkohole in ein Gemisch von absolutem Alkohol und Chloroform gebracht, das nach einiger Zeit durch reines Chloroform ersetzt wurde. Chloroform erwies sich bedeutend günstiger als das zu sehr härtende Xylol. Nachdem die Stücke in etwa 1/2 Stunde gut von Chloroform durchsetzt waren, wurden sie in Paraffin vom Schmelzpunkt 62° gebracht und nach einmaligem Auswechseln des Paraffins nach l/4 bis 1 Stunde, je nach Größe des Teilstückes, aus dem Ofen genommen. Zu langer Aufenthalt im Thermostaten erwies sich im allgemeinen ebenso nachteilig wie Be- handlung mit Xylol oder zu langes Verweilen in hochprozentigen Alkoholen. Die Schnitte wurden mit DELAFiELDschem Hämatoxylin oder nach der HEiDENHAiNschen oder v. GiESONschen Methode gefärbt. Auch Methylenblaufärbimg wurde an Totalobjekten wie an Schnitten ver- Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 9 sucht, jedoch mit recht geringem Erfolg. Bessere Resultate lieferte, vor allem in drüsenreichen Partien, die Safran infärbung. Die von jungen Käfern gewonnenen Schnitte gaben nicht in allen Fällen die zu wünschende Sicherheit zum Erkennen und Unterscheiden verschiedener Zellelemente. Das hypodermale Gewebe machte oft einen noch sehr embryonalen Eindruck, und es war dann nicht möglich, Hypodermiszellen, Sinneszellen und Drüsenzellen voneinander zu unter- scheiden. Es war deshalb notwendig, Vergleichspräparate von alten Käfern herzustellen, bei denen die verschiedenen Zellelemente deutlich differenziert erscheinen. Dazu war es nötig, das harte Chitin zu er- weichen. Es wurden Versuche mit der von Hennings angegebenen ÜENNiNGSschen Lösung angestellt. Sie zeitigten indes oft keine be- sonders befriedigenden Resultate. Wohl zeigte sich das Chitin zum Schneiden geeigneter; aber die Konservierung ließ oft recht viel zu wünschen übrig. Deshalb wurde auch bei alten Käfern die Konser- vierung mit heißem Sublimateisessig' vorgezogen. Nach ganz ent- sprechender Weiterbehandlung der Teile wie bei jungem Material ließen sich mit einiger Übung und Geduld bessere Schnitte von 10 fi Dicke erzielen. Freilich mußte man sehr oft die traurige Erfahrung machen, daß infolge des großen Härteunterschiedes zwischen Chitin und Hypo- dermis diese sich beim Schneiden ablöste. Aber zuweilen gelang es doch, einen brauchbaren Schnitt zu erhalten. In allen Fällen ist es nicht gelungen, und deshalb konnte eine Entscheidung aller Fragen bei allen Formen von Sinnesorganen nicht ermittelt werden. Die Übersichtsbilder, die die Verteilung der Sinnesorgane an einzelnen Körperregionen zeigen sollen, wurden nach Totalpräparaten von jungen und alten Käfern in Glyzerin oder Kanadabalsam ent- worfen. Es ist bei Untersuchung der Verteilung der Organe an den stark pigmentierten Körperteilen alter Käfer eine kurze Behandlung der Objekte mit Chlorwasser oder freiem Chlor von Nutzen gewesen, besonders wenn nach Mazeration durch Kochen in Kalilauge, die zu- weilen vorgenommen wurde, das Pigment schwarz geworden war. Alle Zeichnungen wurden mit Hilfe des LEiTZschen Zeichenappa- rates angefertigt. In bezug auf die Übersichtsbilder der Mundteile ist zu bemerken, daß die Sinnesorgane zu groß eingetragen sind im Verhältnis zu den Dimensionen der entsprechenden Körperteile. Es ist dies geschehen, damit einmal die Organe in ihrer Form zu erkennen sind, und dann damit der Rahmen, den die Gesamtfigur einnehmen darf, nicht überschritten wurde. In den Sinnesfeldern jener Körper- teile ist infolgedessen die Zahl der eingetragenen Sinnesorgane zu gering. 10 Rudolf Hochreuther, Bezüglich der abgekürzten Bezeichnungen in den einzelnen Figuren ist noch zu bemerken, daß ihre Erklärung, soweit sie nicht unter den einzelnen Bildern selbst gegeben wurde, aus dem Verzeichnis der Ab- kürzungen auf S. 113 f. zu ersehen ist. B. Bau der Hautsinnesorgane. 1. Die Sinneshaare. (Sensilla trichodea, Schenk.) Alle Autoren stimmen darin überein, die Sinneshaare als fachsten und primitivsten aller Hautsinnesorgane anzusprechen aus ihnen lassen sich durch allmäh- lich fortschreitende Differenzierung alle anderen Formen von Sinnes- organen herleiten. Beelese führt sie als die einfachsten Organe auch auf die einfachen Protaesthesis zu- rück, jene Vorstufe von Sinnesorga- nen, denen der Drüsenteil fehlen soll. Der percipierende Teil dieser Organe besteht, wie der Name sagt, aus einem Haar (vgl. z. B. Fig. 2sh). Man muß jedoch gestehen, daß es nicht leicht ist, die Gruppe der da- zu zu rechnenden Oryane scharf zu die ein- . Denn /TA^J Fig. 1. Kleines Sinneshaar vom Grundglied der Antenne (Totalpräparat). 330 : 1. km, kuppelförmige Membran; pk. Poren- kanal; sh, Sinneshaar. Fig. 2. Längsschnitt durch Sinneshaar am Pronotum. 330 : 1. k, centraler Haarkanal; sz, Sinnes- zelle: tst, Terminalstrang. Erklärung der übrigen Abkürzungen s. S. 113. begrenzen. Es finden sich zahlreiche Übergänge zu der nächstver- wandten Form, den Sinnesborsten (vgl. Fig. 13 sb). In der Literatur herrscht darum auch eine ziemlich große Verwirrung in der Anwendung der einen oder anderen Bezeichnung. Schenk versuchte 1902 eine scharfe Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 11 Definition für Sinneshaare und Sinnesborsten einzuführen. Er nennt Haare »etwas gebogene, dunkel pigmentierte« Organe, die wegen ihrer größeren Länge nicht so spitz ausgezogen erscheinen wie die spitz zu- laufenden Borsten. Röhler spricht dagegen 1905 gerade die pigmen- tierten gebogenen Organe von Tryxalis als Sinnesborsten an. Daraus erhellt, daß bisher noch keine Einigung erzielt ist, und weiter auch, daß eine scharfe Scheidung sehr schwierig, wenn überhaupt durchführbar, I m mm. Fig. 4. Längsschnitt durch Sinneshaar am Metano- Fig- 3- tum. 470 : 1. (Das Haar müßte bei der Längsschnitt durch Sinneshaar und Sinnes- angewandten Vergrößerung 12 cm lang börste des Mesosternum. 265 : 1. gezeichnet werden.) ifc, Kanal; km, kuppeiförmige Membran; pk, Porenkanal; sb, Sinnesborste; sli, Sinneshaar; sz, Sinneszelle; szk, Sinneszellenkern; tst, Terminalstrang. ist. Immerhin dürfte die von Schenk eingeführte Trennung nach der größeren oder geringeren Länge (und der dadurch bedingten größeren oder geringeren Biegungsfähigkeit) und nach dem Auslaufen in eine mehr abgerundete oder schärfere Spitze am meisten zusagen, und ich will deshalb nach Möglichkeit bei der Beschreibung jener beiden Organ- formen diese Trennungsweise zugrunde legen. Die Sinneshaare von Dytiscus zeigen eine große Mannigfaltigkeit in Größe und Form. Die größten Haarformen konnten aus praktischen 12 Rudolf Hochreuther. Gründen nicht in ihrer ganzen Länge in den Abbildungen wieder- gegeben werden. Der Hinweis aber, daß das bei gleicher Vergrößerung wie Fig. 8 in Fig. 4 abgeschnitten dargestellte Haar bei der angewandten Vergrößerung 12 cm lang hätte gezeichnet werden müssen, wird ge- nügen, um die bedeutenden Größendifferenzen zu zeigen. Außer- ordentlich verschieden sind die Haare aber auch in ihrer Form. Die Fig. 2 und 3 zeigen Sinneshaare, sh, des Pronotum bzw. des Meso- sternum. Man erkennt die sehr schlanke Form, die es bedingt, daß sie an ihrem Ende sich stark verjüngend zulaufen. Immerhin kann man an der Spitze doch noch eine deutliche Rundung erkennen, und dies veranlaßt zusammen mit der großen Biegimgsfähigkeit der Organe, sie den Haaren zuzurechnen. Die größte Stärke erreicht das in Fig. 2 dargestellte Haar nicht etwa an seinem Grunde, wo es dem Körperchitin eingelenkt ist, sondern erst am Ende des ersten Sechstels seiner ge- samten Länge. Eine ebensolche Verjüngung tritt uns auch an den Haaren anderer Körperteile ^^Hnf' Fig. 5. Längsschnitt durch Haar am Bücken des Abdomens. 590: 1. drz, Drüsenzelle; szl, Sinneszelle?; szk?, Sinneszellkern?. Weitere Abk. s. S. 113. entgegen, so z. B. an den in Fig. 4 und 10 s/?, und Fig. 5 h, abgebildeten Haaren des Metanotum bzw. der Unter- lippe und der Rücken- decke des Abdomens. Auch dieses letzte Haar konnte wegen seiner großen Länge (vgl. dazu Fig. 99 h) nicht in seinem ganzen Verlauf gezeichnet werden. Dennoch erkennt man an dem kurzen Ansatz- stück ebenso wie an dem des Haares in Fig. 4 die Verjüngung schon sehr deutlich. Andere Haare zeigen diese Verjüngung keineswegs, sondern sitzen mit dem stärksten Teil dem die Verbindung mit dem Körperchitin herstellenden Apparat auf (vgl. Fig. 3, 6 u. 7 sh). Sehr gleichmäßige Stärke in ihrem ganzen Verlauf zeigen die Sinneshaare aus dem Feld von der Basis der dorsalen Seite der Mandibeln (s. Fig. 8 u. 76 sh). Die meisten Sinneshaare zeigen in ihrer Mitte einen Kanal (Fig. 2 bis 8 u. 10 k). Zuweilen, aber nur selten, erscheint er von einer körnigen Masse erfüllt (Fig. 7). Was die Einlenkung der Haare angeht, so ist zunächst zu sagen, daß sie nicht an der Körperoberfläche geschieht, sondern in einer meist flachen, schüsselartigen Grube, die sich an den Stellen, wo Haare stehen, Die Haut Sinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 13 im Körperchitin befindet, wie dies Fig. 1 von einem Sinneshaar der Antenne zeigt. Diese Grube bildet den distalen Teil des Porenkanals, der das Körperchitin durchsetzt. Ihr Boden ist von einer flacheren oder höheren membranösen Kuppel aus weicherem Chitin gebildet (Fig. 2—10 km), der das Haar ansitzt. Die weichere Beschaffen- heit der Membran verbürgt eine gewisse Bewegungsfähigkeit des Haares gegenüber dem Körper und ist darum als Schutz gegen Verletzungen durch Abbrechen von Bedeutung. Sehr flach erscheinen die Kuppeln (km) an den in Fig. 2, 4, 5 und 7 dargestellten Haaren ; stärker gewölbt ventral Fig. 6. Sagittalschnitt durch die mittlere Partie der Oberlippe. 265 : haar. Weitere Abk. s. S. 113. 1. /*, Verschlußhaar; sh, Sinnes- dagegen an den Haaren der Fig. 3, 6, 8, 9 und 10. Der Ansatz der Haare an der Kuppel geschieht entweder dadurch, daß das Haar der Kuppel einfach an der höchsten Stelle aufsitzt (Fig. 1 — 8), oder indem es mit seinem proximalen Ende die Kuppel durchbricht, und diese es oberhalb seines Endes fest umfaßt (Fig. 10 sh). In diesem letzten Fall sieht man besonders deutlich das Lumen des Haarkanals in das des proximalen Porenkanals übergehen. Sonst ist das nicht immer der Fall, denn die kuppeiförmige Membran zeigt nicht immer eine Durchbrechung. In Fig. 5 und 6 ist eine Durch- bohrung deutlich erkennbar. In den übrigen Abbildungen mag sie 14 Rudolf Hochreuther, zum Teil nicht getroffen sein, zum Teil aber auch überhaupt fehlen, wie ich das besonders von dem in Fig. 8 dargestellten Haar glauben möchte. Wie dem auch sei, soviel läßt sich sagen, daß die Durchboh- rung für die Sinnesfunktion des Haares von keiner Bedeutung ist. Das werden wir später deutlich erkennen, wenn wir die nervösen Verhält- nisse der Sinneshaare betrachten. Zunächst müssen wir aber noch einen Blick auf den Porenkanal werfen, der ganz allgemein das Körperchitin an den von Sinnesorganen bestandenen Stellen durchsetzt, einerlei welcher Art das Organ sein mag. Seinen distalen Teil lernten wir schon als die mehr oder weniger tiefe Einsenkimg kennen, deren kuppeiförmiger Boden das Sinneshaar befestigt. Diese Ein- senkung kann cylindrische Form besitzen, die sich allerdings in verschiedener Weise zu modi- fizieren vermag, indem sie sich nach außen becher- oder schüsseiförmig erweitert (Fig. 1, 2, 3, 6, 10 pk), oder indem sie sich im Gegen- teil nach außen verengt und dadurch den Ursprung des Haares besonders eng umschließt (Fig. 4, 5, 7 u. 8 pk). Die kuppeiförmige Mem- bran trennt diesen Teil von dem proximalen. Ihr Ansatz an der Wand des Porenkanals wird dadurch ermöglicht, daß der proximale Teil des Kanals etwas enger ist als der distale. Dem dadurch zustande kommenden ringförmigen Ab- satz sitzt die Kuppel auf (siehe Fig. 1, 3, 4, 5, , . ' ' 6, 7, 8 ■7?&). Wenn kein genügend großer Unter- Längsschnitt durch Smneshaar . . . am Lobus internus, 265 : t. schied in dem Durchmesser der beiden Teile k, Kanal; km, kuppeiförmige des Porenkaiials besteht, wird der Ansatz der Membran; pk, Porenkanal: sh, Sinneshaar; s^ Sinneszelle; seit;, Kuppel dadurch bewirkt, daß sich im pi'Oxi- Smneszellenkern;^. Terminal- malen Teij ^ begonderer Vorsprung an der sträng. *■ Wand bildet (vgl. Fig. 10 pk rechts). Kleinere ringförmige Vorsprünge, die in den Schnitten zahnartig erscheinen, finden sich übrigens öfters. Sie bestehen, wie die Chitinschicht, welche die Wand des Porenkanals an weichen Körperstellen stets auskleidet, aus hartem, festem Chitin und sind darum gerade an solchen Stellen, die von weicherem Chitin bedeckt sind, z. B. der Rückendecke des Abdomens (Fig. 5), besonders deutlich zu sehen. Sonst hat auch der proximale Teil des Porenkanals, von der Grundform eines Cylinders ausgehend, ähnliche Differenzierungen erlitten wie der distale. Zu- Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 15 weilen erweitert er sich nach dem Innern des Körpers mehr oder weniger stark (Fig. 1, 2 u. 6 pk), zuweilen verengt er sich in diesem Verlauf (Fig. 3, 4, 5, 7, 8, 9, 10 pk). Von den nervösen Verhält- nissen an den Sinneshaaren wurde schon in der Einleitung bemerkt, daß sie oft nicht sehr deutlich er- scheinen. Immerhin gelang es in einzelnen Fällen, günstige Resultate zu erzielen. An das Haar, bzw. an die kuppeiförmige Membran schließt sich in den einfachsten Fällen der wenig umgestaltete Fortsatz (ist) meist zweier Zellen an, wie dies in den Fig. 2, 3 u. 4 sz zu erkennen ist. Diese Zellen sind die Sinneszellen. Ihr Plasma er- scheint gegenüber dem der sie um- gebenden Hypodermiszellen in den Präparaten meist dunkler gefärbt; ihre Kerne (szk) sind etwas größer und heller als die der Hypodermis und lassen in Fig. 2 und 3 je einen deutlichen Nucleolus er- kennen. Die Sinneszellen- kerne in Fig. 4 zeigen anstatt des Nucleolus eine Anhäufung von Chroma- tin etwa in ihrer Mitte. Proximalwärts schließt sich an die Sinneszellen, wie man in Fig. 2 deut- lich erkennen kann, eine feine Nervenfaser (nf). Nicht immer finden sich aber zwei Sinnes- zellen. Die Fig. 6 und 7 Fig. 8. Längsschnitt durch Sinneshaare an der Basis der Mandibel. 470 : 1. hypz, Hypodermiszelle; k, Kanal; km, klippelförmige Membran; nf, .Nerven- faser; pk, Porenkanal; sh, Sinneshaar; sz, Sinnes- zelle; szk, Sinneszellenkern; ist, Terminalstrang. Fig. 9. Längsschnitt durch Sinneszelle und stiftförmigen Körper unter dem in Fig. 8 schlecht getroffenen Sinneshaar der Mandibel. 690: 1. stk, stiftförmiger Körper; sz, Sinneszelle; zstr, Central- strang. Weitere Erkl. d. Abk. s. S. 113. 16 Rudolf Hochreuther, zeigen unter den Sinneshaaren (sh) der Oberlippe bzw. des Lobus internus je eine (sz) mit dem Sinneszellenkern (szk). Hier ist der Fort- satz nach dem Haar schon deutlicher modifiziert als an den erst be- sprochenen Haaren; er tritt als schmaler Terminalstrang (tst) an die kuppeiförmige Membran (km). Die differenzierteste Art der Innervierung findet sich aber an den Haaren der Dorsalseite der Mandibeln (vgl. Fig. 76 sh) und der Unter- lippe (vgl. Fig. 45 sh). In Fig. 8 erkennt man die Verhältnisse, wie sie an den Mandibeln auftreten, an der unteren Kuppel (hm), deren aufsitzendes Haar im Schnitt nicht getroffen ist. Fig. 9 zeigt dieselbe Stelle nochmals bei stärkerer Vergrößerung. Unter diesen Haaren findet sich eine typische Sinneszelle (Fig. 8 u. 9sz) von etwas gebogener, aber sonst spindelförmiger Gestalt. Das Plasma zeigt im Vergleich mit dem der Hypodermiszellen (hypz) eine hellere Färbung. Ebenso hell erscheint der typisch bläschen- förmige Sinneszellenkern (Fig. 8 u. 9 szk). Er enthält, wie das für viele Sinneszellenkerne von den Autoren als charakteristisch ge- schildert wird, nur wenige feine Chromatinkörnchen, aber einen deutlichen Nucleolus (Fig. 9). Proximalwärts setzt sich die Sinneszelle in eine feine Nerven- faser (Fig. 8 u. 9 nf) fort, deren Neurilemm die Zelle selbst ganz um- hüllt und an den Kernen (Fig. 9 neurk) erkenntlich ist. Distal läuft die Sinneszelle in einen hoch differenzierten Terminalstrang (Fig. 8 u. 9 tst) aus, der mit einem besonderen pfeilförmig zugespitzten Stift- körperchen (Fig. 9 stk) nahe bei der höchsten Stelle der kuppeiförmigen Membran in einer kleinen Höhlung derselben ansetzt (Fig. 8, oberes Haar). Der Terminalstrang läßt in sich nochmals einen deutlichen Centralstrang erkennen (Fig. 9 zstr), der vielleicht dem letzten sensiblen Ausläufer der Sinneszelle entspricht, während seine Hülle vielleicht vom Neurilemm gebildet wird. Wir werden auf ähnliche Verhältnisse Fig. 10. Längsschnitt durch zwei Sinneshaare mit stift- förmigen Körpern (stk) von der Unterlippe. 610: 1. k, Kanal; km, kuppeiförmige Membran; pk, Poien- kanal; sh, Sinneshaar; tst, Terminal sträng. Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 17 nochmals bei den »kuppeiförmigen Organen« zu sprechen kommen, bei denen dieselbe Vermutung von manchen Autoren geäußert wurde. An den Sinneshaaren der Unterlippe konnte ich mich von dem Vorhandensein ähnlicher Endstiftchen an den Terminalsträngen über- zeugen (vgl. Fig. 10 tst u. sik). Auch ein Centralstrang war stellenweise zu verfolgen. Der darunter gelegene Kern (s. Fig. 45 szk unter dem Sinneshaar sh) zeigte allerdings nicht so typisches Aussehen wie der in den Fig. 8 und 9 sichtbare, sondern glich mehr dem in Fig. 4 szk dar- gestellten. Immerhin scheint er der Sinneszelle (Fig. 45 sz) anzugehören. Schließlich muß noch einer häufig vorkommenden Verbindung zwischen Zelle und Haar Erwähnung getan werden, die sich an den langen Haaren der Rückendecke des Abdomens (vgl. Fig. 99 h) findet. Die Verhältnisse sind dort recht schwierig zu untersuchen, weil am Rücken des Abdomens vom alten Käfer die Hypodermis fast ganz durch eine Schicht von Drüsenzellen verdrängt ist. Auch an ganz jungen, eben geschlüpften Käfern finden sich, besonders nach dem Hinterende des Körpers zu, schon massenhaft Drüsenzellen in der sonst hier noch besser erkennbaren Hypodermis. Fig. 5 stellt einen Schnitt durch ein Haar des vorderen Teiles der Rückendecke dar. Auch hier erkennt man zwischen den Hypodermiszellen {hypz) schon Drüsenzellen, die meist zu dreien oder vieren nebeneinander liegen (drz). Unter dem Haaransatz liegt nun eine sehr umfangreiche Zelle (szl) von hellem Protoplasma und ebensolchem Kern {szh\). Dieser zeigt in seiner Mitte eine starke Anhäufung von Chromatin, noch viel stärker, als sie uns bei irgendeiner anderen Haarform noch entgegengetreten war. Die Zelle sendet einen deutlichen, feinen Fortsatz nach dem Haar. Ein Übergang in einen Nerven war aber nie zu sehen, wenn auch das proxi- male Ende der Zelle zuweilen ziemlich lang ausgezogen war. Es muß also dahingestellt bleiben, ob es sich in diesem Fall um eine Sinnes- zelle und ein Sinneshaar oder vielleicht um eine Drüsenzelle und ein Drüsenhaar handelt. Wenn man sich der Auffassung Berleses anschließen würde, müsste man die als Sinneszellen angesprochenen Zellen für trichogene Zellen halten, denn nach diesem Forscher sind die Sinneshaare, wie schon erwähnt wurde, auf die einfachen Protaesthesis zurückzuführen. Der distale Fortsatz der trichogenen Zelle entspräche dem Terminalstrang. Der proximale nervöse Fortsatz in v. RATHschen Sinne wäre dagegen als ein vom Centralorgan herantretender Nerv aufzufassen, der mit seinen feinsten Verzweigungen die trichogene Zelle umspänne. Was diesen letzten Punkt angeht, so sprechen die bei den vorliegenden Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 2 18 Rudolf Hochreuther, Untersuchungen gewonnenen Bilder nicht sehr für die Ansicht Ber- leses. Eine Auf faserung des Nerven unterhalb jeder einzelnen Sinnes- zelle war nie zu sehen; es könnte dies aber vielleicht darin begründet sein, daß die angewandten Färbemethoden für das Studium dieser feinsten Einzelheiten nicht ausreichten. Bezüglich des distalen Fortsatzes der » trichogenen Zelle« ist zu bemerken, daß Berlese daran niemals so komplizierte Endapparate beschreibt, wie sie an den Haaren der Mandibeln und Unterlippe von Dytiscus (Fig. 9 u. 10 stk) zu sehen sind. Wo Berlese an Sinnes- organen solche »Stif tkörperchen « erwähnt, findet er sie von den Drüsen- zellen gebildet, die den zusammengesetzten Protaesthesis wohl zu- kommen, aber den einfachen, also auch den Sinneshaaren, fehlen. Wie er ihre Bildung bei den Sinneshaaren — und später bei den Sinnes- borsten und kuppeiförmigen Organen, die nach ihm auch von den einfachen Protaesthesis herzuleiten sind — erklären würde, steht dahin. Da sich an anderen Sinnesorganen, die keine so hoch differenzierten percipierenden Endapparate zeigen (z. B. hohlen Grubenkegeln, Tast- und Geschmackszäpfchen), dennoch zuweilen besondere chitinartige Differenzierungen des letzten Teiles des Terminalstranges finden, so sollte es doch plausibler erscheinen, wenn man die Bildung der hoch differenzierten Endapparate auch den percipierenden Zellen selbst zu- schriebe und nicht daneben gelegenen Drüsenzellen, die noch dazu vielen Organen mit Stiftkörperchen überhaupt fehlen. Bezüglich der Funktion der Sinneshaare herrscht die überein- stimmende Ansicht, daß sie nur Organe des mechanischen Sinnes und zwar des Tastsinnes sein können. Ihr Bau läßt eine andere Deutung gar nicht zu. 2. Die Sinnesborsten. (Sensilla chaetica, Schenk.) Die Sinnesborsten unterscheiden sich in ihrem Bau nur wenig von den Sinneshaaren. Allein der percipierende Apparat ist etwas anders gestaltet. Aber wir hörten schon, daß eine scharfe Scheidung nicht zu treffen ist, vielmehr beide Formen durch mancherlei Verbindungs- glieder ineinander übergehen. So ist z. B. in Fig. 11 oben eine Sinnes- borste (sb) vom Grunde des Palpus maxillaris dargestellt, die nach dem Merkmal ziemlicher Starrheit zu den Borsten gerechnet werden muß, die aber zugleich an der Spitze abgerundet ist. was mehr auf ein Sinnes- haar hindeutet. Ebenso wie die Sinneshaare sind auch die Sinnesborsten an Größe Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 19 recht verschieden, wie ein Blick auf die Fig. 12 und 14 beweist. Viel mehr noch voneinander abweichend sind aber die einzelnen Borsten in ihrer Form. Man vergleiche nur etwa die Borsten in den Fig. 11, 15 u. 24, um die Verschiedenheit gleich zu erkennen. Wir wollen hier vorläufig von den in den Fig. 21, 23 und 24 dargestellten Borsten absehen, da wir in anderer Hinsicht noch genau auf sie zu sprechen kommen müssen, und zuerst die verschiedenen in Fig. 11 — 20 sb abgebildeten Formen betrachten. Sie laufen alle in eine mehr oder weniger scharfe Spitze aus und besitzen 'ebe . .« Überzeugt scheint er allerdings nicht gewesen zu sein. Aber wo wir wissen, daß wir in den Simieszellen nichts anders vor uns haben als Hypodermiszellen, die durch Entsendung eines Fortsatzes in das nervöse Centralorgan hinein (v. Rath) oder durch dichte Umspinnung mit Nervenfibrillen (Ber- LESe) zu einer Sinnesfunktion befähigt sind, kann es uns nicht mehr befremden, wenn sich die distalen Fortsätze dieser modifizierten Hypo- dermiszellen chitinartig umwandeln. Und wenn wir diese Umwandlung, Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 37 die durch die Präparate bestätigt erscheint, und der theoretisch nichts im Wege steht, annehmen, so ist es auch nicht mehr erstaunlich, daß an den Spitzen mancher Sinnesanhänge Öffnungen auftreten können, die von den distalen Teilen der Terminalstränge erfüllt sind. Denn wir haben ja dann keine freien Nervenendigungen, deren Vorkommen bei den Arthropoden allerdings unwahrscheinlich erscheinen müßte, sondern chitinöse Endorgane, die von den Sinneszellen gebildet und durch sie in der Lage sind, Heize zu percipieren. Kräpelin ging sogar so weit, die verschließenden Platten an den Membrankanälen der Hy- menopteren als Produkte nervöser Elemente anzusprechen, und Nagel scheint geneigt, die kleinen massiven Kegel der Tastzäpfchen als be- sonders umgewandelte Nervenendorgane aufzufassen. Die größeren Zäpfchen an den Tasterspitzen, die Nagel auch als Tastzäpfchen bezeichnet, zeigen in vieler Hinsicht mit den kleineren Übereinstimmung (Fig. 44 gsz). Vor allem lassen auch sie einen tönn- chenförmigen Bau erkennen. Nur sind bei ihnen die Tönnchen etwas weiter, und am oberen Ende ist ihre Wand etwas auseinandergetrieben, so daß sie den größten Durchmesser (8 /<) in der Nähe des oberen Endes zeigen. Außerdem zeigt die Wandung unter der Stelle, wo die ver- schließende Membran (der eingesenkte obere Boden des Tönnchens) aufsitzt, eine bedeutende Verstärkung. Diese erscheint deshalb von- nöten, weil die Membran nicht wie bei den kleineren Formen nur einen kleinen massiven Kegel zu tragen hat, sondern einen großen hohlen Kegel von 9 u Höhe. Nagel hat diesen bei seinen Unter- suchungen auch für einen massiven Kegel gehalten von gleichem Bau, nur größerem Umfang wie die Kegel der kleinen Tönnchen. Dies ist aber nicht der Fall. Vielmehr ist das Gebilde ein schlanker Hohl- kegel, dessen Größe der des ganzen Tönnchens (ebenfalls 9 ;i) gleich- kommt. An seiner Spitze läßt er einen äußerst feinen Kanal erkennen, in den sich ein feiner chitinähnlicher Strang hinein fortsetzt, der wie bei den kleinen Tastzäpfchen sich proximalwärts in die Sinneszellen- gruppe auffasert und deshalb als Terminalstrang anzusprechen ist. Die Verhältnisse des Terminalstrangs, des Porenkanals und der Sinnes- zellengruppe zeigen im übrigen keinerlei Unterschiede und Abweichungen von den entsprechenden Teilen bei den kleineren Tastzäpfchen (vgl. Fig. 78). Was nun die Funktion dieser beiden Organformen betrifft, so können wir, nachdem wir zur Kenntnis ihres verschiedenartigen, chiti- nösen Baues gelangt sind, nicht mehr an eine gleiche Funktion denken. Nagel sprach beiden vermeintlich gleichen Organen auf Grund ihres 38 Rudolf Hochreuther, Baues und seiner Beobachtungen am lebenden Käfer feine Tastfunktion zu : »Offenbar darf man in diesen Organen den wichtigsten Tastapparat der Dytisciden sehen.« Er muß es aber auf Grund seiner Experi- mente unentschieden lassen, ob die Organe nicht vielleicht auch dem Geschmackssinn dienen. Daß an den Tastern Geschmacksorgane ihren Sitz haben müssen, hat Nagel durch seine Resektionsversuche zweifel- los bewiesen. Er will aber diese Funktion den hohlen Grubenkegeln überlassen, die sich auch an den Tastern finden (Fig. 77 u. 79 hgk). Deren Zahl ist dort aber sehr gering, und nachdem wir in den größeren Zapfen Organe kennen lernten, deren schlanke Hohlkegel, wie wir gleich sehen werden, im Bauplan mit den hohlen Grubenkegeln prin- zipiell übereinstimmen, dürfen wir diesen Organen wohl Geruchs- oder Geschmacksfunktion zuschreiben. Dann erscheint es uns auch ver- ständlicher, daß die Antennen, an denen bedeutend mehr hohle Gruben- kegel stehen als an den Tastern, in viel geringerem Grade, ja fast gar nicht auf chemische Einflüsse reagieren, während die Taster dies in bedeutenderem Maße tun. Durch die exponierte Stellung der größeren Zäpfchen an den Tastern wird eine leichtere Erregung durch chemische Substanzen gewährleistet und eine feinere Reizbarkeit gesichert. In den massiven Kegeln der kleineren Organe werden wir dagegen feine Tastorgane zu sehen haben. Ihr komplizierter Bau und ihre geringe Größe sichern eine empfindlichere Tastfunktion, als sie ein Sinneshaar oder eine Sinnesborste besitzen kann. Wegen des Unterschiedes im Bau und in der Funktion lassen sich die beiden Organformen nun nicht länger unter dem gemeinsamen, von Nagel geschaffenen Namen zusammenfassen. Für die kleineren Tastorgane können wir die sehr gute Bezeichnung »Tastzäpfchen« bei- behalten. Die größeren dagegen müssen wir ihnen, wenn wir eine analoge Bezeichnung wählen wollen, vielleicht als »Geschmackszäpf- chen « gegenüberstellen. Will man sich bezüglich dieser beiden Zäpfchenformen der Ansicht Berleses vom Aufbau der Hautsinnesorgane anschließen, so muß man gestehen, daß man sich einigermaßen in Verlegenheit sieht. Denn die kleinen Tastzäpfchen müßte man als Organe des Tastsinnes von den einfachen Protaesthesis herleiten, die dem Geschmack dienenden Geschmackszäpfchen dagegen von den zusammengesetzten. Nun zeigen beide Organformen in ihrer histologischen Zusammensetzung absolut gar keine Unterschiede. Weder in der Form, noch der Zahl, noch der Anordnung der Sinneszellen fanden sich irgendwelche Ver- schiedenheiten. Warum sollte man nun nach Berlese von den Sinnes- Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 39 Zeilen der Tastzäpfchen annehmen, daß es trichogene Zellen sind, während die ganz ebenso gestalteten, entsprechenden Zellen der Ge- schmackszäpfchen z. T. als Drüsenzellen anzusprechen wären? Ein auf morphologische Tatsachen fußender Grund ist in diesem Fall nicht zu erkennen. Bei Betrachtung der Grubenkegel werden wir uns in eine ebensolche zweifelhafte Lage versetzt sehen wie hier bei diesen beiden Organformen. 5. Die Grubenkegel. (Sensilla coeloconica, Schenk.) Die zapfenförmigen Organe und auch die eben besprochenen Tast- und Geschmackszäpfchen mit ihren kegelförmigen Aufsätzen leiten uns zu der nächst komplizierten Organform, den Grubenkegeln, ohne weiteres über. Als Grubenkegel werden in der Literatur solche Organe bezeichnet, die eine kegelförmige Gestalt besitzen und in einer Grube des Körperchitins eingesenkt stehen. Man hat zwei Hauptformen dieser Grubenkegel zu unterscheiden, je nachdem der in der Grube stehende Kegel massiv oder hohl ist; man spricht danach von massiven und hohlen Grubenkegeln. a. Die massiven Grubenkegel (dickwandige Kegel). Die massiven Grubenkegel stellen die bei weitem primitivere Form dar. Von den grubenständigen Zapfen sind sie in ihrem Bau nicht wesentlich verschieden. Vielmehr unterscheiden sie sich von ihnen lediglich durch die Kegelform des percipierenden Apparates. Auch sind sie durch viele Übergangsformen mit den Zapfen verbunden, und es ist oft schwer zu entscheiden, ob man ein Organ noch den gruben- ständigen Zapfen oder schon den Kegeln zuzurechnen hat (vgl. z. B. Fig. 45 szpf, oben). Die Kegel der Organe, die man zu den massiven Grubenkegeln zählt, sind entweder ganz massiv (Fig. 46 u. 47 mgk) oder zeigen in ihrer Mitte einen engen Kanal, der aber die Spitze des Kegels bei weitem nicht erreicht (Fig. 45 gk). Man würde sie deshalb vielleicht besser als »dickwandige Kegel« bezeichnen, wie Schenk die ebenständigen Kegel an Schmetterlingsfühlern auch nannte. Nagel bezeichnet sie als »kleine Grubenkegel«; diese Bezeichnung ist aber deshalb nicht sehr glücklich, weil an dem Lobus externus der ersten Maxillen zum Beispiel massive Kegel vorkommen (Fig. 46 mgk), die an Größe man- chen hohlen Kegeln überlegen sind (vgl. z. B. Fig. 54 hgk). In Form und Größe sind die dickwandigen Kegel sehr mannigfaltig. Neben 40 Rudolf Hochreuther, schlanken, ziemlich langen, beispielsweise an der Unterlippe (Fig. 45 gk) (Größe: 22 /i, maximaler Durchmesser: 10//) und dem Gaumenzapfen (Fig. 47 mgk) (Größe: 15 /*, Durchmesser: 6 u) finden sich an dem kleinen Lobus externus der ersten Maxillen neben ebensolchen die schon erwähnten sehr kurzen, kompakten (Fig. 46 mgk, oben) (Größe : 1 u, maximaler Durchmesser an der Basis: 6 u). Die Art, wie sie dem Körperchitin eingelenkt sind, ist bei allen im wesentlichen dieselbe. In das Lumen des Porenkanals ragt ein stpfi. Fig. 45. Sagittalschn itt durch die Unterlippe (median geführt). 470:1. gl-, dickwandiger Grubenkegel; sh, Sinneshaar; szpf, Sinneszapfen. Weitere Abk. s. S. 113. kleiner ringförmiger Vorsprung des Körperchitins. Diesem sitzt ein hohler, kegelstumpfförmiger Kragen (Fig. 45, 46 u. 47 kr) auf, dessen Chitin sich wie bei den entsprechenden Kragen vieler Zapfen stärker färbt als das des Kegels selbst. Dieser Kragen trägt dann den Kegel, der oft nur wenig aus der Grube hervorragt (Fig. 46). Die Einlenkung der Kegel mittels des kragenförmigen Aufsatzes gewährleistet eine ge- wisse Beweglichkeit, denn das Chitin des Kragens ist wie das der Gelenk- häute elastischer als das des übrigen Körpers. Diese Beweglichkeit schützt den Kegel naturgemäß vor zu leichtem Abbrechen oder Ver- letzungen durch Druck. Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 41 Die Form des Porenkanals ist bei den einzelnen Kegeln sehr ver- schieden. Im allgemeinen sind die Kanäle ziemlich eng. Ihr proxi- maler Teil ist cylindrisch und nur unterhalb des kragenförmigen Auf- satzes etwas erweitert (Fig. 45 pk). In dem distalen, jenseits der Ansatzstelle des Kragens gelegenen Teil erweitern sie sich auch etwas becherförmig zu der eigentlichen Grube. Von dem ringförmigen Vor- sprung des Körperchitins abgesehen, dem der Kragen aufsitzt, finden sich meist keine besonderen Differenzierungen (Fig. 45 u. 47). Nur bei hypzk Fig. 46. Fig. 47. Längsschnitt durch massive Grubenkegel Längsschnitt durch massiven und hohlen Gruben- (mgk) am Lobus externus. 480 : 1. kegel mit Sinneszellen vom Gaumenzapfen. -170:1. drg, Drüsenausführungsgang; hgk, hohler Grubenkegel; hypzk, Hypodermiszellenkem ; km, kuppei- förmige Membran; kr, kragenförmige Membran; mgk, massiver Grubenkegel; neurk, Neurilemm- ketn; nf, Nervenfaser; pk, Porenkanal; sz, Sinneszelle; szk, Sinneszellenkern; tst, Terminalstrang. den sehr kompakten Kegeln des distalen Teils vom Lobus externus (Fig. 46 mgk, oben) zeigt der Porenkanal andere Verhältnisse. In seinem proximalen Teil tritt unterhalb der Ansatzstelle des Kragens noch eine ringförmige Einbuchtung oder Vorstülpung auf; der distale Teil ist nicht becherförmig erweitert, sondern im Gegenteil vasenartig verengt, so daß die Kegel hier ganz besonders eng in den Kanal eingeschlossen sind. Was die nervösen Verhältnisse betrifft, so zeigen sich hierbei auch gewisse Unterschiede an verschiedenen Formen. Überall finden wir einen ziemlich langen Terminalstrang (Fig. 45 — 47 tst) an die Kegel 42 Rudolf Hochreuther, anschließen. Die Axt und Weise, wie dieser an die Kegel ansetzt, ist aber verschieden. Meistens schließt er mit einer besonders differen- zierten Spitze (Fig. 47), wie wir es schon bei manchen Haaren und Borsten sahen, an die Kegel selbst an. Wenn die Kegel einen feinen Kanal aufwiesen, schien er dagegen an den Kragen, der den Kegel trägt, anzusetzen (Fig. 45 tst). An den großen Kegeln des Lobus externus (Fig. 46) finden wir auch bezüglich des Terminalstranges besondere Verhältnisse. Wenn der sehr dünne Terminalstrang bis zur Höhe der Ansatzstelle des kegelstumpfartigen Kragens gelangt ist, scheint er sich mit einem Male trichterförmig zu erweitern und an die ganze Basis des Kegels anzusetzen. Bei der starken chitinartigen Modi- fizierung, die er wie alle Terminalstränge der massiven Kegel in seiner Endregion aufweist, kam! man nicht deutlich erkennen, wo der Terminal- strang aufhört und der eigentliche Kegel anfängt. Vielleicht ist die trichterförmige Erweiterung noch ganz dem Kegel zuzurechnen. In seinem proximalen Verlauf konnte ich den Terminalstrang nur an einem Kegel des Gaumenzapfens verfolgen (Fig. 47). Hier ging er anscheinend in eine einzige Sinneszelle (sz) über, deren heller Plasma- leib in seinem proximalen wie distalen Teil eine feine Streifung er- kennen ließ. Der Sinneszellenkern (szk) zeigte einen allerdings nicht sehr deutlichen Nucleolus. Die ganze Zelle war von mehreren Kernen (neurk) begleitet, die dem Neurilemm anzugehören schienen. Da der Schnitt etwas dick geraten war, ließen sich feinere Einzelheiten nicht erkennen. An Schnitten durch den Lobus externus (vgl. Fig. 77 le) waren neben den sehr kleinen Hypodermiskernen (Fig. 46 Inxjfzk) ebenfalls runde Sinneszellenkerne (szk) mit deutlichem Nucleolus zu sehen. Jedoch fehlte eine erkennbare Verbindung mit den Terminalsträngen (tst). Daß die Funktion dieser Grubenkegel nur eine mechanische sein könne, wurde schon von Nagel hervorgehoben. Eine Diffusionsmög- lichkeit von Flüssigkeiten oder Gasen durch die Kegel hindurch bis zu den modifizierten Nervenendigungen muß selbst bei den Organen, die einen feinen centralen Kanal besitzen, schlechterdings ausgeschlossen erscheinen. Wir werden also in den massiven Grubenkegeln Tast- organe erblicken müssen, deren Empfindlichkeit je nach ihrem Bau und der Ansatzweise des Terminalstranges einen verschiedenen Grad besitzen wird. b. Die hohlen Grubenkegel (dünnwandige Kegel). Zu den hohlen Grubenkegeln führen uns jene größeren Geschmacks- zäpfchen hin, die einen hohlen Kegel tragen (Fig. 44 gsz). Nur sind Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 43 jetzt die Kegel nicht auf einem besonderen Zapfen über die Oberfläche des Chitins erhoben, sondern vielmehr in das Körperchitin eingesenkt. Größe und Form schwanken bei den hohlen Grubenkegeln ebenso sehr wie bei den massiven. Im Grundplan ist aber ihr Bau doch stets derselbe. Durch das an den kegeltragenden Stellen zuweilen verdickte Körperchitin (vgl. etwa Fig. 48) führt der Porenkanal (pk). Seine Gestalt ist mehr oder weniger cylindrisch. In verschiedener Höhe des Kanals erhebt sich dann eine kuppelartig gewölbte Chitinmembran (km). An ihrem Gipfel ist sie durchbohrt, und über der Durchbohrung erhebt sich, auf der Membran sitzend, der eigentliche Kegel (hgk). Dieser läßt, so verschieden auch seine Form sein mag, an seiner Spitze fast stets einen feinen Kanal deutlich erkennen, der von dem letzten, chitinartig umgewandelten Ende des Terminalstranges erfüllt ist — Verhält- nisse, wie wir sie schon bei den Kegeln der Geschmackszapfen an den Tastern fanden. Der stets so wiederkehrende Grund- plan im chitinösen Aufbau der hohlen Grubenkegel findet nun an den einzelnen Organen der verschiedenen Körper- regionen die mannigfachste Ausgestaltung. Was zunächst die Kegel selbst betrifft, so sind vor allem die Größenunterschiede in die Augen fallend. Die größten finden sich an den Antennen und Tastern (Fig. 48, (hgk) der Antenne. 470.-1. drg, Drüsen- ferner Fig. 72, 73, 77 U. 19 hak); sie er- ausführimgsgänge; szgr, Sinneszellen- y " gruppe. Weitere Abk. s. S. 113. reichen eine Größe von 14 // (gemessen vom Gipfel der kugelförmigen Membran bis zur Kegelspitze) und einen maximalen Durchmesser von 8//. Schon Nagel gibt von ihnen eine kurze Beschreibung, die in allen Punkten, mit Ausnahme des Durch- bohrtseins an der Spitze, mit den hier gewonnenen Befunden überein- stimmt. Sie laufen nicht so spitz zu wie manche, die sich an der Oberlippe finden (Fig. 49, 60 und 75 hgk). Deren Größe beträgt nur 10//, ihr Durchmesser 4//. Unter den noch viel zierlicheren Formen finden sich neben schlankeren an den Mandibeln (Fig. 51 u. 76 hgk) (Größe: 10//, Durchmesser: 5//), dem Palparium der ersten Ma- P 4 -neurk Fig. 48. Längsschnitt durch hohlen Grubenkegel 44 Rudolf Hochreuther. xillen (Fig. 50 u. 77 hgk) (Größe: 8//. Durchmesser: 6 u) und dem Mesoscutellum des weiblichen Käfers (Fig. 52) (Größe: 10/*) plumpere, an der Spitze mehr abgerundete Formen an den Gaumenplatten (Fig. 53 u. 74 hgk), den thoracalen Stigmen (Fig. 54, 93 u. 94 hgk) und den Coxen (Fig. 55). Nagel bildet die Kegel der Gaumenplatten eigentümlicherweise sehr schlank und äußerst dünnwandig ab. Ich habe niemals so gebaute Kegel an dieser Stelle getroffen. Bezüglich des Porenkanals stimmen meine Befunde mit denen Nagels vollkommen überein. Von den Kegeln der thoracalen Stigmen gibt W. Alt schon mehrere Bilder, von denen aber das eine, in dem er den Kegel über das Körper- chitin wie auf einem Zapfen erhoben darstellt, mit den stets von mir Fig. 49. Längsschnitt durch hohlen Grubenkegel {hgk) mit Sinnes- zellengruppe (szgr) an der Dorsalseite der Oberlippe. 480 : 1. Weitere Abk. s. S. L13. Fig. 50. Längsschnitt durch hohlen Gru- benkegel (hgk) und Sinneszellen- gruppe (szgr) am Palparium der ersten Maxillen. 590.: 1. Weitere Abk. s. S. 113. an Schnitten und Totalpräparaten des ersten und zweiten Stigmas erhaltenen nicht ganz übereinstimmt. Der Kegel war nie so über die Oberfläche des Chitins der Gelenkhaut emporgehoben, wie Alt es in der einen Figur zeichnet, so daß man unwillkürlich an eine Ähnlichkeit mit den Geschmackszäpfchen denken muß. Vielmehr war er stets unter der Körperfläche eingesenkt. Manche Kegel am zweiten Thoracal- stigma ragen allerdings etwas über die Umgebung hervor, dann ist aber stets das unmittelbar darum gelegene Chitin der Gelenkhaut mit- gehoben, so daß die aus hartem, homogenen Chitin gebildete Wand des Porenkanals dennoch vollkommen vom weichen Körperchitin um- schlossen bleibt (Fig. 94 hgk, oben). Sonst habe ich den Bau dieser Kegel ganz ebenso gefunden, wie Alt ihn darstellt. Die Kegel der Thoracalstigmen sind zusammen mit denen des Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 45 Gaumens die kleinsten Formen, die überhaupt bei Dytiscus auftreten. Ihre Größe vom Gipfel der kuppeiförmigen Membran bis zu der Kegel- spitze beträgt nur 4 u, ihr maximaler Durchmesser 3 u. Die kuppeiförmigen Membranen, die den proximalen, nach außen abgeschlossenen Teil des Porenkanals von dem distalen, offenen trennen, km km --pk Fig. 51. Fig. 52. Längsschnitt durch schlanken hohlen Gruben- Längsschnitt durch schlanken hohlen Gruben- kegel an der Mandibel. 590 : 1. kegel am Mesoseutellum des Q. 590 : 1. h(ik, hohler Grubenkegel; km, kuppeiförmige Membran; pk, Porenkanal. haben meist die Form einer hohen Kuppel (Fig. 48—52, 54 u. 55 km). Bei den Kegeln der Gaumenplatten dagegen sind sie sehr flach (Fig. 53 km). Die Kuppeln sitzen dem Porenkanal in sehr verschiedener Höhe an. Dies hängt von der Dicke des Chitins an der Körperstelle ab, an der die Organe stehen, ferner aber auch von der Größe der Kegel und der Höhe der kuppei- förmigen Membran. Denn alle Kegel ragen nur wenig aus dem Porenkanal hervor. So finden wir bei den großen Kegeln der Antennen (Fig. 48) die Membran ganz im proximalen Teil sich der Wand des Porenkanals anschließen. Ebenso ist es bei den Kegeln an der Oberseite der Oberlippe (Fig. 49). Je kleiner die Kegel werden, um so höher sehen wir bei gleicher Länge des Poren- kanals die Membran sich im Poren- kanal erheben (Fig. 51, 52, 54, 55, 53 km). Was den Porenkanal selbst angeht, so ist er in seinem proximalen Teil unterhalb des Kuppelansatzes bei den Kegeln der Antenne (Fig. 48 Fig. 53. Längsschnitt durch hohlen Grubenkegel (hgk) und Sinneszellengruppe (szgr) der Gaumenplatte. 470 : 1. Weitere Abk. S. S. 113. 46 Rudolf Hochreuther, pk) und des Palpariums der ersten Maxillen (Fig. 50 pk) fast cylindriseh, sonst aber im allgemeinen nach innen zu etwas erweitert. Er läßt dann in diesem Teil auch oft noch ringförmige Einstülpungen (Fig. 51 u. 54 pk) und Unregelmäßigkeiten, die wohl mehr durch Zufälligkeiten bedingt sind (Fig. 60 j)k), erkennen. Sehr charakteristisch erscheint der Porenkanal der Hohlkegel am Gaumenwulst und in der Umgebung der thoracalen Stigmen (Fig. 53 u. 54 pk). Da das Chitin am Gaumen und in den Gelenkhäuten zwischen den Thoraxsegmenten, wo die thoracalen Stigmen sitzen, sehr weich ist, sind die Porenkanäle von einer Schicht harten Chitins eingefaßt. So wird auch hier, gerade wie bei manchen Borsten und Zapfen, den Organen die nötige Festigkeit und der nötige Schutz verliehen. hgk - «, /* km Fig. 54. Fig. 55. Optischer Längsschnitt durch hohlen Gruben- Längsschnitt durch hohlen Grubenkegel an der kegel am ersten Thoracalstijma. 1000 : 1. Coxa des mittleren Beinpaares. 590 : 1. hgk, hohler Grubenkegel; hm, kupp eiförmige Membran; pk, Porenkanal, tst, Terminalstrang. Proximaler und distaler Teil des Porenkanals sind, wie wir schon hörten, durch den Ansatz der kuppeiförmigen Membran voneinander geschieden. Damit der Membran die Ansatzmöglichkeit geboten ist, findet sich an der Übergangsstelle des proximalen Teils des Poren- kanals in den distalen ein ringförmiger Vorprung in den Kanal hinein (Fig. 51, 53 — 55 pk). Zuweilen vermittelt auch ein Absatz an der Wand die Befestigung der Kuppel. Der Absatz kommt wieder da- durch zustande, daß der proximale Teil des Porenkanals enger ist als der distale (Fig. 47—50 u. 52 pk). In dem distalen Teil ist der Porenkanal ebenfalls mannigfaltig gestaltet. An den Kegeln der Antennen und der Mandibeln (Fig. 48 u. 51 pk) erweitert er sich würfelbecherartig nach außen, während er in den meisten Fällen, z. B. an den Kegeln der Oberlippe (Fig. 49 pk), der Gaumenplatten (Fig. 53 pk) und der thoracalen Gelenkhäute (Fig. 54 pk) sich in seinem distalen Teil mehr oder weniger verschmälert. In den distalen Teil des Porenkanals münden zuweilen Drüsenausführungs- gänge, z. B. an manchen Kegeln der Dorsalseite der Oberlippe (Fig. 49 drg) und den Kegeln der Antennen (Fig. 48 drg). Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 47 Dabei ist jedoch zu bemerken, daß die Drüsenausführungsgänge niemals durch den inneren abgeschlossenen Teil des Porenkanals ver- laufen, wie Nagel es bei einem Kegel des Gaumenzapfens angibt. Vielmehr durchsetzen sie das Körperchitin außerhalb des proximalen Porenkanals in besonderen feinen Kanälen und münden erst in dessen äußeren geöffneten Teil. Eine Durchbohrung der kuppeiförmigen Membran durch Drüsengänge findet also nie statt. Was Nagel in seiner Abbildung 14 als Drüsenausführungsgang anspricht, ist wohl nichts anderes als ein Abschnitt des modifizierten Terminalstranges. So verschiedenartig die Ausgestaltung des chitinösen Apparates dieser Organe war, so übereinstimmend zeigten sich die nervösen Ver- hältnisse, soweit sie bei einzelnen der Organe zu ermitteln waren. Der Terminalstrang (tst), der, wie wir schon hörten, unter besonderer Modi- fizierung seiner Substanz meist in der Durchbohrung der Kegelspitze, diese vollkommen erfüllend, endet, verliert in seinem proximalen Ver- lauf allmählich seine hyaline Beschaffenheit und zeigt verschiedene Stärke (vgl. Fig. 47, 48, 49, 50 u. 53 tst). Nach einiger Zeit fasert er sich auf und läßt dann eine zarte Streif ung erkennen. Die Sinneszellen liegen in Gruppen von dreien oder vieren meist hintereinander (Fig. 48, 49, 50 u. 53 szgr) und unterscheiden sich durch ihre rundlichen, wenig Chromatin, aber einen deutlichen Nucleolus enthaltenden Kerne (szk) von den meist länglichen Hypodermiskernen (hypzk). In Fig. 47 hgk ist im Schnitt durch den hohlen Grubenkegel des Gaumenzapfens nur ein Sinneszellenkern (szk) getroffen; wahrscheinlich sind aber auch hier mehr vorhanden. In Fig. 49 sind die Sinneszellenkerne (szk) teilweise nicht so deutlich von den Hypodermiskernen unterschieden, aber durch ihre Verbindung mit dem Terminalstrang als Kerne der Sinneszellen charakterisiert. Proximalwärts geht die Sinneszellengruppe stets in einen nervösen Fortsatz über (Fig. 48, 49 u. 53 nf), dessen Neurilemm die ganze Gruppe und ihren Terminalstrang begleitet (s. Fig. 48, 49 u. 53 neurk). Bezüglich der Funktion der hohlen Grubenkegel hat Nagel, der die Organe schon an den Antennen (vgl. Fig. 72 u. 73 hgk), den Tastern (Fig. 77 u. 79 hgk) und dem Gaumen (Fig. 74 u. 80 hgk) von Dytiscus kannte, die Ansicht ausgesprochen, daß sie einem chemischen Sinn dienen möchten. Geruchs- und Geschmackssinn sind ja gerade bei dem im Wasser lebenden Käfer nicht streng zu unterscheiden; man spricht deshalb allgemeiner von dem chemischen Sinn. Die Resektionsversuche Nagels sprechen allerdings nicht gerade dafür, daß an den Antennen Organe des chemischen Sinnes ihren Sitz haben. Immerhin müssen 48 Rudolf Hochreuther, wir annehmen, daß die dort gelegenen Kegel, die, vom Größenunter- schied abgesehen, ganz ähnlichen Bau zeigen, wie die zweifellosen Ge- schmacks- oder Geruchsorgane der Taster und des Gaumens, auch dem chemischen Sinne dienen. Vielleicht ist infolge ihres gröberen Baues nur die Empfindlichkeit eine geringere. Auch Hauser, Kräpelin, Euland, v. Rath, Schenk und viele neuere Autoren erblicken in den hohlen Grubenkegeln und ähnlichen Sinnesorganen die typischen Organe des chemischen Sinnes der Arthro- poden. Nach Berlese wären die massiven und dickwandigen Gruben- kegel als Tastorgane von den einfachen, die hohlen, dünnwandigen Kegel als Geruchs- oder Geschmacksorgane dagegen von den zusammen- gesetzten Protaesthesis herzuleiten. Aber auch hier vermag man be- züglich der histologischen Zusammensetzung beider Formen keine prinzipiellen Unterschiede zu erkennen, und es müssen darum hier dieselben Zweifel und Bedenken auftauchen, wie sie schon bei den so kegelähnlichen Tast- und Geschmackszäpfchen geäußert wurden. 6. Die kelchförmigen Organe (Nagel). Die kelchförmigen Organe sind von Nagel an den Antennen und Kiefertastern der Dytisciden zuerst näher untersucht worden, während sie schon im Jahre 1860 von J. Braxton Hicks gefunden und mit ähnlichen Organen an den Tastern anderer Insekten verglichen wurden. Nagel hat auf ihre Beschreibung mehr Gewicht gelegt als auf die der anderen Sinnesorgane von Insekten ; er hat sie auch schon an Schnitten studiert und ihnen auf Grund seiner Ermittlungen den Namen »kelch- förmige Organe« gegeben. Wir müssen die Beschreibung, die Nagel gibt, hier zitieren, um die Abweichungen, die die vorliegenden Unter- suchungen ergaben, klarer zu erkennen. Nagel schreibt: »Aus dem Fühlerinnern verläuft senkrecht nach außen ein cylindrischer Porenkanal«, (vgl. Fig. 56 pk), »der zuweilen etwas konisch nach außen sich erweitert. Etwa auf drei Viertel der Dicke des Chitins, welches an diesen Stellen dicker als im Übrigen zu sein pflegt, verengt sich der Porenkanal plötzlich auf ein Fünftel bis ein Sechstel seines bisherigen Durchmessers, bleibt eine kurze Strecke so, um sich jetzt schalenförmig wieder zum ursprünglichen Durchmesser zu erweitern. Der ganze weite Kanal, wie auch der verengte Teil, enthält eine mit Hämatoxylin ziemlich schwach sich färbende Masse, in welcher ich zuweilen einen unscharf begrenzten Centralstrang « (vgl. Fig. 56 tst) »zu erkennen glaube. Nicht selten finden sich im Kanal Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 49 auch einzelne stärker sich färbende, runde Kerne. Von dem Inhalt des eigentlichen Kelches ist nur eine den Boden bedeckende dünne Schicht mit Hämatoxylin färbbar. Der übrige Raum im Kelche wird bis zum Rande ausgefüllt von einem stark glänzenden, fast wasserhellen Körper, « (vgl. Fig. 56 chpl) »der nach innen zu keine scharfe Grenze erkennen läßt. Die verschiedensten von mir versuchten Färbemittel versagten an diesem Körper. Derselbe füllt den Kelch nach außen so an, daß er gerade im Niveau des umgebenden Chitins liegt. Von einer Grube ist hier also wohl nicht zu sprechen. Nur auf Schnitten findet man recht häufig den Kelch- inhalt ausgefallen, den Kelch somit als leere Grube. An den Rändern, wo die Außenfläche des Fühlers in die Wand einer solchen Grube übergeht, finde ich nie Reste einer Verbindungs- membran zwischen Kelchinhalt und dem eigent- lichen Fühlerchitin. Ich hebe dies hervor, weil dies einen Unterscheidungspunkt bildet zwischen den hier besprochenen Organen und den »Poren- platten« der Hymenopteren ; bei diesen findet man auf Schnitten nicht selten die Verschluß- platte deckelartig aufgeklappt, wobei man deut- lich erkennen kann, daß das Chitin der Platte in das des Fühlers direkt übergeht. Das möchte ich nach den Bildern, die ich bei Dytiscus sah, von diesen Organformen nicht behaupten.« Meine Untersuchungen an diesen außer- ordentlich kleinen Organen (der Durchmesser des kreisförmigen Querschnittes an der Ausmündung förmiges Organ und sinnes- des Porenkanals schwankt zwischen 6 und 8«) z^ngruZl^ "TT, ' ' maxillaris. oOO : 1. chpl, ab- führten in einigen Punkten zu anderen Ergeb- schließende chitinpiatte; nissen. Was die Beschreibung des Porenkanals szgr> Smneszeiiengruppe. .... Weitere Abk. s. S. 113. (Fig. 56 pk) angeht , so stimme ich darin mit Nagel ziemlich überein. Ergänzend ist nur hinzuzufügen, daß be- sonders bei jungen Käfern die Organe in der Länge oft bedeutend verkürzt erscheinen, was mit der geringeren Dicke des Körperchitins zusammenhängt (s. Fig. 57 pk). Der verengte Teil des Porenkanals ist oft auch bei weitem nicht in dem Maße verschmälert, wie es bei den Organen der erwachsenen Käfer zuweilen der Fall ist. Die Organe machen so im Vergleich zu den von Nagel abgebildeten, bei alten Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 4 neurk Fig. 56. Längsschnitt durch kelch- 50 Rudolf Hochreuther, Käfern auftretenden den Eindruck, als seien sie bei einer Verkürzung in der Längsrichtung noch etwas in die Breite gezogen. Recht abweichend von den NAGELschen Befunden sind nun meine Resultate bezüglich des »fast wasserhellen Körpers« (Fig. 56 — 58 chpl), der den Kelch fast ganz erfüllen soll. Zunächst ist zu sagen, daß dieser Körper an alten Käfern mir niemals wasserhell und stark glänzend entgegengetreten ist, und ich bin erstaunt, auch in den Abbildungen, die Nagel selbst von diesen Organen gibt, jenen Körper gar nicht wasserhell und stark glänzend, sondern gelblich wie das Körperchitin dargestellt zu sehen. So habe auch ich ihn immer gefunden. An jungen Käfern, bei denen das Körperchitin noch nicht vollständig pigmentiert ist, war er allerdings wasserhell. Solche Käfer standen aber Nagel chm v ,-chpl chpl Fig. 57. Längsschnitt durch unverletztes kelchförmiges Organ an der Antenne eines jungen Käfers. 1800 : 1. pk Fig. 58. Längsschnitt durch drei kelcMörmige Organe der Antenne eines jungen Käfers mit verlagerten abschließenden Chitin- platten. 1000 : 1. chm, C'hitinmembran; chpl, verschließende Chitinplatte; pk, Porenkanal. zu seinen Untersuchungen anscheinend nicht zur Verfügung. Der Körper zeigte also stets dieselbe Färbung wie das Körperchitin, und man darf deshalb wohl keinen Augenblick zögern, ihn als dem Körper- chitin identisch anzusprechen. Was seine Form angeht, so habe ich ihn nie so dick gefunden, wie Nagel ihn zeichnet. Er besaß vielmehr im Medianschnitt stets die Gestalt einer wenig linsenförmig gewölbten Platte (Fig. 57 u. 58 chpl). Nach außen war die Wölbung stets sehr gering, nach innen erschien sie an ganz jungen Käfern ebenfalls sehr schwach (maximale Dicke der Platte etwa 2//), zeigte sich aber bei älteren oft etwas stärker, so daß die Platte etwa die Hälfte des ganzen Bechers erfüllte. Eine noch stärkere Verdickung ist mir nie begegnet. Vor allem aber unterscheiden sich die Ergebnisse meiner Unter- suchungen über diesen Körper von denen Nagels darin, daß ich eine Verbindung der Chitinplatte mit dem Körperchitin deutlich nach- weisen konnte. Wenn man (man kann diese Beobachtung besonders deutlich an den breiteren und kürzeren Organen der jungen Käfer Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 51 machen) an einem längsgeschnittenen Organ die Chitinplatte genau in ihrer Medianlinie einstellt, so kann man deutlich sehen, wie sie sich an den beiden seitlichen Rändern unmittelbar in eine dünne Chitin- membran (Fig. 57 u. 58 cJim) fortsetzt. Diese Chitinmembran biegt gleich oder nach einem sehr kurzen Verlauf in der Ebene der Platte nach dem Innern des Organes hin um und verläuft parallel zur Chitin- wandung des eigentlichen Kelches, der sie sich mehr oder weniger dicht anschmiegt. Oft kann man sie nur noch als etwas hellere Kontur des Körperchitins erkennen. Wenn die Platte etwas aus ihrer natürlichen Lage verschoben ist, ist die Membran stets deutlich zu erkennen (Fig. 58 chm). Sie läßt sich durch den verengten Teil des Porenkanals bis in den inneren weiteren Teil verfolgen. Hier scheint sie sich manchmal ganz an ihrem Ende (im oberen Viertel des cylindrischen Teiles des Porenkanals) wieder vom Körperchitin etwas abzuheben und frei im Lumen des Porenkanals zu enden (Fig. 57). Dies ist aber nur in seltene- ren Fällen wahrzunehmen und beruht vielleicht auf einer optischen Täuschung, indem man die Kontur des Membranendes zu beiden Seiten des optischen Medianschnittes durchscheinen sieht. In den weitaus meisten Fällen und besonders an solchen Organen, deren Platten etwas aus der natürlichen Lage verschoben sind, sieht man das Ende der Membran etwa an der Stelle dem Körperchitin ansitzen, wo der innerste cylinderähnliche Teil des Porenkanals beginnt, schmaler zu werden, um in den engen Teil überzugehen (s. Fig. 58). Ganz dieselben Beobachtungen machte ich auch bei den schlanker erscheinenden Organen älterer und erwachsener Käfer. Nur sind bei den letzten die Verhältnisse oft schwieriger zu erkennen, zunächst weil es nicht möglich ist, genügend dünne Schnitte durch die erhärteten Antennen oder Kiefertaster auszuführen, und dann auch, weil beim Schneiden die Organe sehr leicht verletzt werden. So fand ich auf manchen Schnitten durch die von kelchförmigen Organen bestandenen Sinnesfelder an keinem einzigen Organ mehr die verschließende Chitin- platte. Auch von der feinen Chitinmembran war dann oft nur noch wenig oder gar nichts mehr zu sehen. Sie war an den seitlichen Wänden des Kelches abgerissen und ihr Rest, wenn er an der Kelchwand fest anlag, nur schwer zu erkennen. Hätte man nicht gute Vergleichsbilder zur Hand gehabt, so wäre die Membran aus dem noch vorhandenen Rest nicht zu identifizieren gewesen. Der protoplasmatische Inhalt des Kelches lag dann immer frei (s. Fig. 59), ja er war zuweilen auch noch aus dem Kelch herausgerissen und zeigte sich von den Seiten her etwas zusammengedrückt, so daß er ein linsenförmiges Aussehen ge- 4* 52 Rudolf Hochreuther, wann. Weil er dann ziemlich genau die Form hatte, die Nagel dem wasserhellen Körper in seinen Abbildungen gibt, konnte ich mich zu- weilen des Gedankens nicht erwehren, daß Nagel den hellen proto- plasmatischen Kelchinhalt für den wasserhellen Körper angesehen haben könnte, nachdem auch an seinen Schnitten die wirldich ab- schließende Platte vernichtet war. Nagel deutet übrigens in seinen Abbildungen dicht an dem Chitin des Bechers eine hellere Kontur an, die vielleicht einen Teil der ver- letzten und deshalb von ihm nicht richtig erkannten verbindenden Membran darstellt. In Fig. 59 habe ich von einem beschädigten Organ ein in dieser Hinsicht ganz ähnliches Bild gegeben. Wenn aber auf Schnitten durch erwachsene Käfer ein Organ unbeschädigt geblieben war, so konnte ich ganz dieselben Verhältnisse wie bei den leichter zu untersuchenden jungen Käfern ermitteln (Fig. 56). Man darf also nunmehr eine so scharfe Trennung zwischen den kelch- förmigen Organen und den Poren- platten, wie sie Nagel in dem zitierten Abschnitt vornimmt, nicht mehr bei- behalten. Denn der Bau beider Arten von Sinnesorganen ist im Prinzip der gleiche. In der Form des Chitin- Fi§- 59- apparates und auch in der Art der Längsschnitt durch beschädigte kelch- -i-,-ln i -r»i .l -itiit. förmige Organe eines alten Käfers. 860:1. Einlenkimg der Platte Sind die kelch- förmigen Organe freilich wesentlich komplizierter als die Porenplatten der Hymenopteren, und deshalb wird es sich doch empfehlen, die besondere, sehr treffende Bezeichnung »kelchförmige Organe« weiterhin beizubehalten. Es ist dieser Fall übrigens nicht der einzige für das Auftreten von Porenplatten bei Coleopteren. v. Rath hat vielmehr schon bei Ceto- nia aurata und Mehlontha vulgaris das Vorkommen von Porenplatten beschrieben. Die von Cetonia sehen nach den Abbildungen von v. Rath äußerlich denen von Dytiscus etwas ähnlich, vor allem dadurch, daß sie wie diese in der Ebene des Körperchitins liegen; dagegen scheint die Verbindung mit dem Körperchitin auch unmittelbar in dieser Ebene durch eine schmale, ringförmige Membran zu erfolgen, also so einfach zu sein wie bei vielen Hymenopteren. Bei Mehlontha fehlen die eigentlichen verschließenden Platten; es finden sich nur kuppei- förmige, tief nach innen hinziehende Membranen. Diese sind den ein- lenkenden Membranen bei Dytiscus ähnlich. In ihrem sonstigen Bau Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 53 sind die Organe aber sehr verschieden von den kelchförmigen, und Nagel spricht sie wegen des Fehlens einer eigentlichen verschließenden Platte für kuppeiförmige Organe an. Das Vorhandensein der chitinösen Membran, die an der ganzen Peripherie der runden Platte ansetzt und nach innen zieht, so daß sie innerhalb des Bechers in ihrer Gesamtheit etwa die Gestalt einer am Pole geöffneten Halbkugel besitzt, ist auch theoretisch viel plau- sibler, als das von Nagel beschriebene Fehlen derselben. Denn man ist, wie schon des öfteren erwähnt wurde, besonders seit den Unter- suchungen v. Raths im Jahre 1888 geneigt, alle Hautsinnesorgane der Arthropoden als modifizierte Haare aufzufassen, und wir können wie bei den Porenplatten der Hymenopteren nun auch an den kelchförmigen Organen die Verschlußplatte als das umgewandelte Haar und die chitinöse Membran als die Papille, der das Haar aufsaß, ansprechen. Was den reizleitenden Apparat dieser Sinnesorgane angeht, so stimmen meine Ergebnisse mit den wenigen Andeutungen, die Nagel über die histologischen Verhältnisse zu machen in der Lage war, in einem Punkte überein. Es betrifft dies den von Nagel erkannten »unscharf begrenzten Centralstrang«, der den Porenkanal der Organe durchzieht. Der Porenkanal (Fig. 56 pk), zu dem auch der eigentliche Kelch zu rechnen ist, ist im allgemeinen von einer gleichartigen hellen Plasmamasse erfüllt, die den unter dem Kanal liegenden Hypodermis- zellen, den trichogenen Zellen Berleses, angehört, denn nach Berlese haben wir die kelchförmigen Organe, da sie den Porenplatten identisch sind, von den zusammengesetzten Protaesthesis herzuleiten. Kerne, die Nagel in dieser Plasmamasse gesehen hat, sind mir dort, nie be- gegnet. Aus den Abbildungen, die Nagel von den Organen gibt, darf man wohl auch schließen, daß das von ihm benutzte Material mangelhaft konserviert war, denn es scheinen nach den Bildern auch Vacuolen in dem Plasma des Porenkanals vorhanden zu sein, die tat- sächlich fehlen. Als einzige Differenzierung in der vollkommen homo- genen Plasmamasse tritt eben nur ein Centralstrang (Fig. 56 tst) auf, den man aber nicht nur unscharf begrenzt sieht, wie Nagel angibt, sondern der, besonders nach Färbung der Schnitte mit Eisenhäma- toxylin nach Heidenhain, sich sehr scharf begrenzt zeigt. Er läßt sich durch den ganzen cylindrischen proximalen Teil und den verengten Teil des Porenkanals hindurch bis in die kelchförmige Erweiterung hinein verfolgen. Leider war er an den wenigen guten Präparaten, die seine Verfolgung bis in diesen Teil gestatteten, stets etwa in dem distalen Drittel des Kelches abgeschnitten. So habe ich nie ein End- 54 Rudolf Hochreuther, knöpfchen oder einen anderen Endapparat gefunden. Auch an den Platten konnte ich nichts von einem Ansatz wahrnehmen. Immerhin will es mir aus Analogie mit anderen Sinnesorganen wahrscheinlich er- scheinen, daß der Strang entweder mit einem besonderen Endapparat an die Platte ansetzt, oder sich an der Unterseite der Platte ausbreitet, wie dies v. Rath bei Cetonia abbildet. Denn in dem Centralstrang haben wir den Terminalstrang der Sinneszellengruppe vor uns. Verfolgen wir ihn proximalwärts, so sehen wir ihn sich nach einer zuweilen sehr langen Strecke auffasern und in die Sinneszellen (Fig. 56 szgr), die Drüsenzellen Berleses, übergehen. Diese sind, da die Organe in gedrängten Feldern stehen, hintereinander gelagert und zwar in Gruppen von stets dreien. Die Kerne der Sinnes- zellen sind kugelrund und enthalten neben einem Nucleolus nur wenig Chromatin unregelmäßig zerstreut, so daß das charakteristische helle, bläschenförmige Aussehen der Sinneszellenkerne im allgemeinen an ihnen deutlich ausgeprägt ist. Die Neurilemmscheide, die die Sinnes- zellengruppe umschließt, zeigt sich deutlich an den Neurilemmkernen (Fig. 56 neurk), welche die Gruppen begleiten. Am proximalen Ende gehen die Sinneszellen in einen feinen Nervenast über, der sich bald mit den von benachbarten Sinneszellengruppen herkommenden Ästen zu einem stärkeren Nerven vereinigt (Fig. 56 nj). Eine Erklärung der Funktion dieser Organe ist schwer zu geben. So viel scheint sicher zu sein, daß die kelchförmigen Organe ihrer ganzen Beschaffenheit nach nicht einem chemischen Sinn dienen können. v. Rath hält allerdings die Organe bei Cetonia und Melolontha allen- falls für Geruchsorgane, fügt aber hinzu, daß sie auch eine andere, un- bekannte Funktion haben könnten. Die einmütige Ansicht aller neueren Autoren über die Funktion der Porenplatten geht jedoch dahin, in ihnen Organe eines mechanischen Sinnes zu sehen. Auch die Hicxsschen Papillen, mit denen die kelchförmigen Organe noch eine gewisse Ähn- lichkeit haben, sind von Weinland als Organe des mechanischen Sinnes (zur Wahrnehmung des Luftwiderstandes) angesprochen worden. Von den ebenfalls mit ihnen verwandten kuppeiförmigen Organen werden wir Ähnliches zu sagen haben. Nagel, der die Möglichkeit einer Ge- ruchsfunktion der kelchförmigen Organe während des Aufenthaltes der Käfer in der Luft für allenfalls diskutierbar hält, muß doch auf Grund seiner Resektionsversuche der Deutung als Organe des mecha- nischen Sinnes den Vorzug geben. Er fand, daß nach Entfernung der Antennen und letzten Tasterglieder, an denen die Organe auftreten (vgl. Fig. 72, 73 u. 77 ko), dem Käfer jede Orientierung in der Gleich- Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 55 gewichtslage unmöglich war. Wir müssen also annehmen, daß die Organe der Perception des Wasserwiderstandes und damit der Orien- tierung beim Schwimmen dienen. Gegen eine Geruchsfunktion der kelchförmigen Organe will mir auch schon die Tatsache sprechen, daß die Organe in ungeheuer großer Zahl (an den Antennen allein 4500 bis 5000) vorhanden sind, was wohl kaum der Fall wäre, wenn sie nur in der verhältnismäßig kurzen Zeit, die sich die Käfer in der Luft fliegend bewegen, in Funktion zu treten hätten. Infolge ihres massenhaften Auftretens an den Antennen stempeln sie diese Kopfanhänge in erster Linie zu Organen des mechanischen Sinnes (des Gleichgewichtssinnes). 7. Die kuppeiförmigen Organe. (Organes sensitifs ä ombrelle, Janet; Sensilli campaniformi, Berlese; Gruben ohne Kegel, Nagel.) Wohl die eigenartigsten und kompliziertesten Hautsinnesorgane, die sich bei Dytiscus finden, sind die kuppeiförmigen oder glockenförmi- gen (vgl. z. B. Fig. 60). Sie weichen in ihrem Bau am weitesten von Fig. 60. Längsschnitt durch kuppelförmiges Organ (sk) mit Sinneszelle {sz) und hohlen G-rubenkegel (hgk) an der Oberseite der Oberlippe. 690 : 1. Weitere Abk. s. S. 113. der primitiven Haarform ab; es fehlt jegliches Gebilde, das man mit dem Haar identifizieren könnte, sie bestehen nur aus einer gleichartigen Chitinkuppel. Die erste genaue Beschreibung derartiger Organe hat wohl Janet, 1904, gegeben, der sie an Ameisen fand und ihnen den Namen »organes sensitifs ä ombrelle« beilegte. Allerdings sind sie sicher mit den an den Dipterenschwingern auftretenden, von Hicks schon früher gefun- 56 Rudolf Hochreuther, denen Organen verwandt, die dann 1890 von Weinland sehr genau beschrieben wurden. Berlese, 1909, gibt in einer Reihe von Schemata die allmähliche Differenzierung der von ihm »Sensilli campaniformi« genannten kuppeiförmigen Organe, zu denen er die HiCKSschen Papillen ohne weiteres rechnet, aus einem Teil der Cuticula wieder; er stellt sie von den einfachen Protaesthesis abstammend dar. An Dytiscus sind diese Organe von Nagel, 1894, schon an man- chen Körperteilen beobachtet, aber in ihrem Bau nicht erkannt worden. Seine »Gruben ohne Kegel« und die anderen Gebilde, die er a,n den Tastern als »kugelige Ausstülpungen des Tasterinhaltes, der Weich- teile, in die dicke Chitinwand hinein« bezeichnet, sind wohl nichts anderes als solche kuppeiförmigen Organe. Nagel erwähnt, daß sie bei der Larve von Dytiscus in regelmäßiger Anordnung und größerer Zahl vorhanden seien als am Käfer selbst. Ob diese Mitteilung richtig ist, muß ich dahingestellt sein lassen. Denn am Käfer hat Nagel die meisten Organe übersehen. Sie kommen dort an sehr vielen Körper- teilen und nicht nur an den Tastern, wie Nagel angibt, zuweilen in beträchtlicher Zahl vor. An der Larve konnte ich die Organe leider nicht studieren, und ich kann deshalb nicht entscheiden, ob die Mit- teilung Nagels über das zahlreichere Vorkommen der Kuppeln an den Larven ihre Richtigkeit behält. Der Grund, weshalb Nagel die meisten kuppeiförmigen Organe am erwachsenen Käfer übersehen hat, ist wohl in ihrer außerordentlichen Kleinheit und der verborgenen Lage im Körperchitin zu suchen. An dem Basalglied der Taster treten die größten, auch von Nagel auf- gefundenen auf (Fig. 65 u. Fig. 77 u. 79 kpo). Ebenso finden sich am Trochanter (Fig. 68 u. Fig. 95 — 98 kpo), wie Hicks schon für zahlreiche andere Insekten feststellte, ziemlich große Formen. Die übrigen sind zum Teil so klein und so in dem Körperchitin verborgen, daß man sie nur selten oder nie an einem Totalpräparat der einzelnen Skeletteile, sondern überhaupt nur auf Schnitten finden kann, z. B. manche Organe des Femur (Fig. 63). Sämtliche kuppeiförmigen Organe, die an den hier untersuchten Körperteilen von Dytiscus auftreten, haben das eine gemein, daß ihre Kuppeln alle tief in das umgebende Körperchitin eingesenkt sind. Sie gehören also sämtlich zu den von Berlese als »Sensilli campaniformi endotili« bezeichneten Formen und unterscheiden sich dadurch von den entsprechenden Organen der Halteren, bei denen die Kuppeln über das Niveau des umgebenden Chitins emporgehoben sind (Sensilli campaniformi ectotili, Berlese). Auch die von Guenther, Freiling Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 57 und Vogel an den Schmetterlingsflügeln beschriebenen Kuppeln ge- hören diesem letzten Typus an. So treten uns bei den kuppeiförmigen Organen des Gelbrandes nicht sehr große Komplikationen des Körperchitins an den Stellen entgegen, die solche Organe ein- schließen. Wenn das Chitin des Körperteiles eine genügende Stärke besitzt, finden wir in ihm vom Porenkanal abgesehen keine Diffe- renzierungen. Anders, wenn das Körperchitin im Vergleich zur Größe des Organs ziemlich dünn ist. Dann sehen wir es an der Stelle, die solche Organe trägt, bedeutend verdickt, so daß nach dem Körperinnern gewissermaßen ein kegelstumpf- artiges Gebilde vorragt, das in seiner Mitte eine Durchbohrung, den Porenkanal des kuppeiförmigen Organs, birgt (Fig. 60, 62 u. 63). Solche Bilder erhält man naturge- mäß besonders häufig auf Schnitten kzk ? -f>ypzk Fig. 61. Längsschnitt durch kuppeiförmiges Organ des Lobus externus. 800 : 1. Fig. 62. durch ganz junge, eben geschlüpfte Längsschnitt durch kuppeiförmiges Organ mit ■XT-.-e i-i i it~ -,-,- stiftförmigem Körper am Femur. 1020:1. Kater, bei denen das Korpercnitm noch nicht an allen Stellen in seiner ganzen Stärke ausgebildet ist. Der Porenkanal selbst hat in seinem innersten Teil zu allermeist eine cylindrische Form (Fig. 61 u. 65 — 69 pk). Die Länge dieses Teiles ist naturgemäß je nach der Dicke Fig. 63. des Körperchitins lind der Richtimg, Längsschnitt durch kleines kuppeiförmiges -, , . , . Organ mit stiftförmigem Körper am Femur. in der er dieses durchsetzt, ver- iooo:i. Schieden. An Stellen, WO das hwzk, Hypodermiszellenkern ; fc*?, Kappen- -rr.. l -i • i tt-, • -r> zeilkern?; pk, Porenkanal; sk, Sinneskuppel; Korperchltm sehr dick ist, Wie Z. B. tsti Terminalstrang; zstr, Centralstrang. in Fig. 67 am distalen Ende des zweiten Antennengliedes (vgl. auch Fig. 71 hpo), ist er sehr lang; wo dagegen das Körperchitin erst besonders verstärkt sein muß, um das Organ überhaupt tragen zu können, wie z. B. in den in Fig. 62 u. 63 dargestellten Schnitten durch einen ganz jungen Femur, ist der innere 58 Rudolf Hochreuther, Teil des Porenkanals pk nur äußerst kurz und erscheint darum auch nicht mehr cylindrisch. Von dem äußeren, distalen Teil wird er in allen Fällen durch die eigentliche Sinneskuppel abgegrenzt, deren Bau wir später betrachten wollen. Im allgemeinen besitzt der distale Teil des Porenkanals die Form einer langhalsigen Vase oder eines Kochkolbens (Fig. 60, 62 u. 63 pk). Der Hals der Vase kann außerordentlich eng sein; an dem in Fig. 60 dargestellten Organ der Oberlippe beträgt der Durchmesser an der engsten Stelle 2 (.i, an den in Fig. 62 und 63 abgebildeten des Femur nur 1,5 bzw. 1 //. Am Grunde ist der distale Teil mit seiner Apo- - \ 1 % Ü li % m 9 © 9 'gmzk Fig. 64. Querschnitt durch die Augenregion des Epicranium. 345 : 1. kk, Kristallkegel; kpo, kuppeiförmiges Organ; kz, keulenförmiger Zapfen. Weitere Abk. s. S. 113. kolbigen Auftreibung gegen den proximalen Teil mehr oder weniger erweitert, so daß ein Absatz zustande kommt, dem die Kuppel aufsitzt. Zuweilen wird der Kuppelansatz durch Ausbildung besonderer ring- förmiger Vorsprünge am distalen Ende des proximalen Porenkanals ermöglicht, wie z. B. bei den in Fig. 66, 67 und 68 dargestellten Organen der Coxa, bzw. der Antenne und des Trochanter. Es war mir nicht möglich, bei allen Organen zu ermitteln, ob der äußere Teil des Porenkanals stets mit der Außenwelt in unmittelbarem Zusammenhang steht. In den meisten Fällen (vgl. Fig. 60 — 64) war der Zusammenhang ohne weiteres an ein und demselben Schnitt zu erkennen. Bei dem in Fig. 67 dargestellten Organ an der Antenne und dem in Fig. 66 abgebildeten der Coxa ließ er sich in der Schnitt- serie nachweisen. An den Organen des Trochanter (Fig. 68) zeigte sich Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 59 eine Verbindung zwischen dem distalen Porenkanal und der Außen- welt in ganz besonderer Weise. Hier ist der distale Teil des Poren- kanals für sich noch einmal durch eine Kuppel aus starkem Chitin (chk) abgeschlossen. Aber auch hier ist der Abschluß nicht vollständig. Es finden sich vielmehr, wie man aus der Abbildung 68 leicht erkennt, feine, sehr enge Kanäle (Je), die durch die dicke Chitinkuppel peripher Fig. 66. Fig. 67. Längsschnitt durch klippelförmiges Organ der Längsschnitt durch kuppeiförmiges Organ am Coxa des mittleren Beines. 590 : 1. Pedicellus. 815 : 1. pk, Porenkanal; sie, Sinneskuppel; tst, Terminalstrang. hindurchziehen und so eine Vermittlung zwischen dem distalen Teil des Porenkanals und der Außenwelt besorgen. Die starke äußere Chitinkuppel scheint also nur ein Schutzorgan für die eigentliche, hier sehr dünne Sinneskuppel zu sein. Janet hat 1904 von Organen an den Mandibeln der Ameisen ebensolche Beob- achtungen mitgeteilt. Die Auffassung, daß die äußere Kuppel allein Schutzorgan und als solches eine Differenzierung des Porenkanals ist, wird noch plausibler erscheinen, wenn man die Art und Weise betrachtet, wie die äußere dicke Kuppel an der Wand des Porenkanals befestigt 60 Rudolf Hochreutker, ist. Eine gelenkige Verbindung fehlt vollkommen, und wie bei der Stärke der Kuppel ohne gelenkige Verbindung eine Sinnesfunktion möglich sein sollte, ist schwer vorstellbar. Andererseits ist es verständlich, daß die darunter gelegenen ganz besonders dünnen Kuppeln durch die äußeren geschützt werden sollen. Wir werden somit in der äußeren Kuppel nur einen Schutzapparat der darunter gelegenen percipierenden Sinnes- kuppel zu erblicken haben. An den Organen der Mandibel (Fig. 69) scheinen die Verhältnisse ebenso zu liegen, wenn auch hier die durch die dicke Kuppel hindurch- ziehenden Kanäle nicht deutlich wahrnehmbar waren. Wenn man sich an die mechanische Wirksamkeit der Mandibeln erinnert, so muß hier ein Schutz der Sinneskuppel ganz besonders angebracht erscheinen. chk / k chk sk t: — y ff- pm y iß- ^■pk --As/ Fig. 68. Fig. 69. Längsschnitt durch kuppeiförmiges Organ am Trochanter. Längsschnitt durch kuppeiförmiges 590 : 1. Organ an der Mandibel. 860 : 1. chk, Chltinkuppel; k, Kanal; pk, Porenkanal; pmt, Polstermasse?; sk, Sinneskuppel; tst, Termi- nalstrang. An dem in Fig. 65 dargestellten Schnitt durch ein kuppeiförmiges Organ des Unterlippentasters scheint eine Verbindung des distalen Teiles des Porenkanals mit der Außenwelt zu fehlen. Aber man sieht doch dem distalen Teil von außen eine Einstülpung in das Körperchitin entgegenkommen, imd es ist sehr wahrscheinlich, daß diese, wenn auch nur in einem sehr feinen Kanal, mit dem Porenkanal in Verbin- dung tritt, zumal bei den analogen Organen des Maxillartasters und des Lobus externus (Fig. 61) eine Verbindung besteht. Jedenfalls ist sie in dem Schnitt nur nicht getroffen. Was nun die eigentliche Sinneskuppel allgemein angeht, so sitzt sie, wie schon erwähnt, jenem Vorsprung des Porenkanals auf, den dessen proximaler Teil an seinem Ende gegen den distalen bildet (vgl. Fig. 65). Die Form der Kuppel ist wie ihre Stärke bei den einzelnen Organen verschieden. Am Lobus externus (Fig. 61 sk) besitzen die Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 61 Kuppeln bei ziemlich geringer Höhe (9//) und Halbkugelform eine gleichmäßig" starke, verhältnismäßig dicke Wandung (2 /*). Am Femur dagegen zeigen sie neben größerer Höhe (in Fig. 62: 15 «; Fig. 63: 9 u) und nahezu vollkommener Kugelform am Grunde eine Verjüngung der am Gipfel auch noch ziemlich starken Wandung (Fig. 62 u. 63 sk). Die Verjüngung gewährleistet eine gewisse Beweglichkeit der ganzen Kuppel. — Äußerst fein in ihrem ganzen Verlauf ist die Wandung der Kuppeln des Trochanters (Fig. 68 sk), die deswegen durch eine besondere, darüber gewölbte stärkere Chitinkuppel (chk) geschützt sind. An den Mandibeln ist die Kuppel (Fig. 69 sk) nicht so sehr dünn; hier dürfte die äußere Schutzkuppel vor allem wegen der Funktion der Mandibeln angebracht sein. Janet, Berlese und Vogel beschreiben an den von ihnen unter- suchten Organen besondere Vorrichtungen zur Aussteifung und Stütze der zarten Kuppeln. Sie bezeichnen sie als »pezzo semilunare« (Ber- lese) oder »Polstermasse« (Vogel). Ich habe an meinen Präparaten von solchen Vorrichtungen im allgemeinen nichts gesehen. Nur bei den sehr feinen Kuppeln des Trochanters fand sich unmittelbar unter der Kuppelwandung eine Schicht dunkler sich färbenden Plasmas (Fig. 68 pm?), das mit der von Vogel als Polstermasse bezeichneten Substanz übereinzustimmen scheint. Von dem nervösen Apparat der kuppeiförmigen Organe liegen von Guenther, Freiling und Vogel sehr genaue Beschreibungen vor, die sich alle auf Schmetterlinge beziehen. Bei den an Dytiscus auf- tretenden Organen scheinen die Verhältnisse ganz ähnlich zu liegen. Allerdings erlaubten meine Präparate nicht eine so scharfe Scheidung zwischen Sinnes-, Hüll- und Kappenzelle, wie sie Vogel bei den Schmet- terlingskuppeln aufstellte. In Fig. 60 ist ein Schnitt durch ein kuppei- förmiges Organ der Oberlippe dargestellt, auf dem das Organ selbst, wie auch die große Sinneszelle (sz) gut getroffen ist. Von der be- merkenswerten Größe der Sinneszellen und ihrer Kerne berichten alle Autoren, die kuppeiförmige Organe untersucht haben. Schon Janet weist darauf hin, daß der Kern der Sinneszelle sehr umfangreich und kugelförmig oder oval gestaltet ist. In dieser letzten Form tritt er auch in der Abbildung 60 entgegen (szk). Infolge des geringen Chroma- tingehaltes hat er trotz seiner bedeutenden Größe das typische Aus- sehen eines Sinneszellenkernes. Die Sinneszelle geht proximalwärts in einen nervösen von Neurilemmkernen begleiteten Fortsatz über. Weit bemerkenswerter sind die Verhältnisse am distalen Teil. Dort finden wir nämlich die Sinneszelle in einen je nach den Lage- 62 Rudolf Hochreuther, Verhältnissen längeren oder kürzeren Terminalstrang (Fig. 60 tst) aus- laufen und diesen mit einer besonderen, hoch komplizierten, stiftchen- förmigen Endigung an die Sinneskuppel anschließen. Kurz vor seinem distalen Ende erweitert sich der Terminalstrang etwas keulenförmig, um dann in eine Spitze auszulaufen, mit der er in die Wandung am Pol der Kuppel eindringt. (Vergleiche hierzu die Fig. 60, 62, 63, 65, 66, 69, bei denen die Terminalstränge tst median getroffen sind ! In Fig. 61 und 68 sind sie abgeschnitten, vielleicht auch etwas geschrumpft, woher ihre unregelmäßige Form rührt.) In der Mitte der keulenförmigen Er- weiterung erkennt man an den median geschnittenen Organen einen feinen centralen Strang (vgl. Fig. 62 zstr). Dieser entspricht, analog dem an manchen Sinneshaaren (vgl. Fig. 9 zstr) auftretenden, jeden- falls dem eigentlichen Endteil des reizleitenden Apparates, während die Wandung des keulenförmigen Abschnittes, die in den Schnitten umgekehrt lyraförmig erscheint, von der den ganzen Terminalstrang wie die Sinneszelle umgebenden Hülle gebildet werden dürfte. Ob der centrale Strang in die Spitze eindringt, die mit der Kuppel in Verbindung tritt, und ob die keulenförmige Erweiterung eine Vacuole enthält, wie Vogel es darstellt, vermochte ich nicht zu entscheiden. Rippenförmige Verdickungen, die an den Organen der Schmetterlings- flügel nach Vogel von der Stiftkörperwand in das Innere des keulen- förmigen Abschnittes vorspringen, habe ich bei Dytiscus nie gesehen. Einer Erscheinung muß noch Erwähnung getan werden, die sich auf die Form der Endstiftchen bezieht. Beim Vergleich von Fig. 63 tst mit Fig. 66 tst, die Organe des Femur bzw. der Coxa darstellen, fällt der große Unterschied in der Dicke des Endapparates sofort in die Augen. In Fig. 66 füllt das Stiftchen fast den ganzen unter der Kuppel gelegenen Raum aus, während es in Fig. 63 nur einen kleinen Teil dieses Raumes einnimmt. Es rührt dies jedenfalls davon her, daß der Querschnitt durch ein Endstiftchen nicht immer kreisrund sondern zuweilen flach elliptisch ist. Im frontalen Längsschnitt würde man dann etwa die lange Achse der Ellipse treffen, also ein Bild bekommen, wie in Fig. 66, während dann im sagittalen Längsschnitt die kleine Achse der Ellipse getroffen würde, so daß das Endstiftchen sehr schmal erscheinen müßte, wie in Fig. 63. Beelese beschreibt bei den »Sensilli endotili«, zu denen ja alle hier beschriebenen kuppeiförmigen Organe gehören, ganz ebensolche Verhältnisse, obgleich er die eigentlichen Stiftkörperchen nicht zu kennen scheint. Er drückt dies aus, indem er sagt, daß der Sinnespol gewissermaßen bandförmig zusammenge- drückt sei, so daß er im Querschnitt als dünne Faser, im Längsschnitt Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 63 aber viel breiter erscheinen müsse. Natürlich kann dies nur bei einem frontalen Längsschnitt der Fall sein. Im sagittalen muß er ebenso schmal erscheinen wie im Querschnitt, und dieses Bild würde eben dem in Fig. 63 dargestellten entsprechen. Mangels günstiger Quer- schnitte habe ich diese an Längsschnitten gefundenen Verhältnisse leider nicht sicher bestätigen können. Was die accessorischen Hüll- und Kappenzellen angeht, die Vogel beschreibt, so war bei Dytiscus darüber nichts Bestimmtes zu ermitteln. In Fig. 61 sieht man neben dem schlecht getroffenen Terminalstrang tst (der übrigens auf anderen Schnitten durch dieselben Organe entsprechend« Verhältnisse erkennen ließ, wie wir sie als allgemein bestehend kennen lernten) einen größeren Kern (kzkl) liegen, der ziemlich wenig Chro- matin, aber einen großen Nucleolus besitzt. Vielleicht entspricht er einem Kappenzellkern. Auf verschiedenen Präparaten erscheinen aber die in der Umgebung der Sinneszelle und des Terminalstranges gelegenen Kerne so verschieden, daß sich eine gesetzmäßige Übereinstimmung wie an den Schmetterlingsorganen nicht ermitteln ließ. Über die mutmaßliche Funktion dieser interessanten Organe ist zu sagen, daß gleich große Schwierigkeiten hinsichtlich ihrer Deutung bestehen, wie bei den kelchförmigen Organen. Mit Sicherheit läßt sich auch hier nur sagen, daß es sich bei den kuppeiförmigen Organen um Organe des mechanischen Sinnes handeln dürfte. Berlese be- schreibt sie als: Organe von unbekannter Funktion. Von den kuppei- förmigen Organen der Schmetterlingsflügel nahm Freiling an, daß sie die Tiere von dem herrschenden Luftdruck unterrichteten, während Vogel in ihnen, analog den Organen der Dipterenschwinger, Organe sehen will, die für den Flug von Bedeutung sind. So viel darf man jedenfalls annehmen, daß die kuppeiförmigen Organe zur Druck- wahrnehmung dienen. Bei Dytiscus sind ja solche während des Schwim- mens und Fliegens sicher von großer Bedeutung, und wir mußten schon den kelchförmigen Organen eine ähnliche Funktion zusprechen. Die kuppeiförmigen Organe werden jedenfalls wegen ihres zarteren Baues empfindlicher sein als die kelchförmigen, zumal wenn die Kuppel von nicht so großer Stärke ist. Darum dienen sie vielleicht mehr zu Druck- wahrnehmungen beim Fliegen, während die weniger empfindlichen kelchförmigen zur Perception des größeren Wasserwiderstandes beim Schwimmen ausreichen. Die Vermutung, daß die kuppeiförmigen Organe vielleicht dem Gehör dienen möchten, wie sie auch gelegentlich ausgesprochen wurde, scheint wenig stichhaltig zu sein. Wenn man die Kuppeln mit den 64 Rudolf Hochreuther, Chordotonalorganen, die noch viel feineren Bau zeigen und wohl sicher die Gehörorgane der Insekten darstellen, vergleicht, kann man nicht glauben, daß die immerhin noch verhältnismäßig plumpen kuppei- förmigen Organe diesem feinen Sinne dienen sollten. C. Verbreitung der Hautsinnesorgane am Körper. 1. Die Hautsinnesorgane des Kopfes. An dem Kopf eines Insektes hat man eine Schädelkapsel (Cranium) von den Kopf anhängen zu unterscheiden. Das Cranium besteht aus mehreren Skeletplatten, die aber nicht mehr auf die Metamerie des Fig. 70. Kopf von oben gesehen. Antennen abgeschnitten; Oberlippe abpräpariert. kz, keulenförmige Zapfen. Weitere Abk. s. S. 113. 13 : 1. au, Auge; Kopfes zu schließen gestatten. Von den paarigen Anhängen dagegen weisen noch verschiedene auf die in der Entwicklung vollzogene Ver- schmelzung mehrerer Segmente zu dem am Imago einheitlich erschei- nenden Kopf hin. Cranium sowohl als Anhänge sind bei Dytiscus reich von Sinnesorganen besetzt. a. Die Hautsinnesorgane des Cranium. Das Cranium läßt nach Euscher fünf Partien deutlich unter- scheiden : die Stirn (Frons) (Fig. 70 fr), das Kopfschild (Clypeus) (Fig. 70 cl), die Oberlippe (Labrum) (Fig. 74 l), das Epicranium (Fig. 70 ep) und die Kehle (Gula) (Fig. 79 gu). Stirn, Kopfschild und die dorsale Seite des Epicranium verhalten sich hinsichtlich der Verteilung der Hautsinnesorgane recht überein- Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 65 stimmend. Sie sind dicht von keulenförmigen Zäpfchen (Fig. 70 kz) besetzt, die in kleinen Chitingruben eingesenkt stehen (vgl. Fig. 64 kz). An dem Epicranium wird nach den Seiten des Kopfes und dem Nacken hin die Zahl der Zäpfchen kleiner und kleiner, und schließlich hört die Besetzung mit diesen Organen ganz auf. Nur um die Augen setzen sie sich in einer schmalen Reihe bis zur ventralen Seite fort, aber nur so weit wie die Augen selbst sich zur ventralen Seite erstrecken. So besteht ein Übergang zu den Verhältnissen, die wir an der Unterseite des Epicranium und der Gula (Fig. 79 gu) finden. Denn hier treten uns dieselben Organe nur noch an den dem Foramen occi- pitale (Fig. 79 fo) nächst gelegenen Teilen entgegen, und es zeigt sich auch hier die Tendenz der Abnahme an Zahl, je weiter man sich der Mittellinie der Ventralseite nähert. Dagegen treten nahe an der Grenze der Gula gegen die Unterlippe einige Haare (sh) auf, die gelenkig mit dem Körperchitin verbunden sind und zuweilen bei der Herstellung von Totalpräparaten herausbrechen, wie dies auch in Fig. 79 zu sehen ist. Auch auf dem dorsalen Teil des Epicranium treten einzelne Haare und Borsten auf, die aber unter der Menge der keulenförmigen Zäpfchen verschwinden. In sehr geringer Zahl finden sich ferner am Epicranium, tief in das Chitin eingelagert, winzig kleine kuppeiförmige Organe (s. Fig. 64 kpo) ; sie scharen sich vorzugsweise um den dorsalen Rand der Augen. Ihre geringe Größe läßt sich ermessen, wenn man sie mit den Schnittbildern der Kristallkegel (kk), die in dem durch Fig. 64 dar- gestellten Schnitt mitgetroffen sind, vergleicht. Bedeutend komplizierter liegen die Verhältnisse an der Oberlippe, jener schmalen Platte, die als Falte vom Kopfschild, mit dem sie be- weglich verbunden ist, nach vorn vorspringt und die Mundöffnung von oben her überdeckt. Deshalb dürfte es günstig sein, ihre mannig- faltigen Hautsinnesorgane in Verbindung mit denen der Mundwerk- zeuge zu betrachten. Die Schädelkapsel ist also nur mit Organen des mechanischen Sinnes ausgestattet. Die Borsten, Haare und keulenförmigen Zapfen dürften dem Tastsinn dienen, während die kuppeiförmigen Organe vielleicht zur Druckwahrnehmimg beim Schwimmen und Fliegen ge- braucht werden. b. Die Hautsinnesorgane der Kopfanhänge: 1. Der Antennen. Von der Verteilung und dem Bau der Sinnesorgane an den An- tennen gibt schon Nagel eine kurze Beschreibung. Ebenso aber, wie Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 5 66 Rudolf Hochreuther, sich bei der Untersuchung der einzelnen Formen schon mancherlei Ab- weichungen von den Befunden Nagels zeigten, so stellten sich auch bezüglich der Verteilung der einzelnen Organe Resultate heraus, die gegen die von Nagel ermittelten in mancher Beziehimg differieren. Vor allem sind die Ergebnisse, die Nagel erhielt, nicht vollständig. Die Antenne von Dytiscus besteht aus elf Gliedern, von denen die beiden basal gelegenen, der Scapus (Fig. 70 sc) und Pedicellus (Fig. 71 pe), durch Größe und Form von den übrigen einander ähnlichen, keulenförmigen des Funiculus (Fig. 72) unterschieden sind. Das termi- nale Glied des Funiculus (Fig. 73) weicht von den übrigen acht Gliedern dieses Teiles auch ein klein wenig ab, was durch seine terminale Stel- lung bedingt ist. Alle elf Glieder der Antenne tragen Sinnesorgane. Es läßt sich aber allgemein der Satz aufstellen, daß die Zahl der Sinnesorgane an den einzelnen Gliedern zunimmt, in dem Maße wie sie weiter von der Ansatzstelle der Antenne entfernt liegen. Und was wir so für die Antenne als Ganzes feststellen können, gilt auch für die einzelnen Glieder, wenigstens für die des Funiculus. Am distalen Ende eines jeden Funiculusgliedes finden sich die Sinnesorgane in sehr dichter Anordnung; je weiter man sich aber dem proximalen Ende nähert, um so mehr nimmt ihre Zahl ab. Man kann sagen, daß nur die obere Hälfte oder die oberen zwei Drittel eines Funiculusgliedes stark von Sinnesorganen besetzt sind, während der proximale Teil nur spär- lich Sinnesorgane zeigt. Von dieser Regel müssen wir aber die beiden imtersten Antennenglieder wie gesagt ausschließen. Das Grundglied, der Scapus, trägt einzelne Haare (vgl. Fig. 1), die meist an der Streckseite des Gliedes angeordnet sind. Ganz am Grunde des Gliedes, dicht an der Beugeseite, stehen meist neun kuppei- förmige Organe, von denen in Fig. 70 nur einige zu sehen sind (vgl. Fig. 70 sc, kpo). An der Fläche trägt das Glied mehrere massive Grubenkegel. Das kleine Verbindungsglied, der Pedicellus (Fig. 71), zeigt eine noch reichere Ausstattung mit Sinnesorganen. Neben wenigen, meist sehr schlanken Haaren (Fig. 71 sh) finden sich, unregelmäßig über die ganze Oberfläche des Gliedes verteilt, kleine, massive Grubenkegel (Fig. 71 mgk). Sehr charakteristisch für das Glied sind zwei Felder starrer Sinnesborsten (Fig. 71 u. Fig. 12 sb). Sie sind am Grunde des Gliedes gelegen, so tief, daß sie noch innerhalb der muldenförmigen Höhlimg stehen, die das unterste Glied bildet, indem es sich an der Streckseite weit über die Ansatzstelle des zweiten Gliedes erhebt und Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 67 hgk- dieses so ein Stück weit umschließt. Das eine Feld der Borsten ist nun genau um die Streckseite des zweiten Gliedes gelegen, wird also beim Strecken der Antenne in Funktion treten. Das andere dagegen liegt ventral und wird nötig sein, wenn die Antenne seitlich gebogen wird. In der distalen Hälfte des schon etwas keulenförmig gestalteten Gliedes tritt an der Beugeseite ein großer hohler Grubenkegel (Fig. 71 hgk) auf. Noch weiter distal- wärts finden sich zwei der rätselhaften kuppeiförmi- gen Organe, ein größeres an der Streckseite und ein kleineres an der Beugeseite (Fig. 71 Jcpo und Fig. 67). Endlich birgt dieses Glied noch das bei so vielen Insektengruppen von Child aufgefundene Johnstone- sche Organ, das in der Gelenkhaut zwischen dem zweiten und dritten Glied ansetzt und im Innern des zweiten Gliedes verläuft. Seine Beschreibung erfolgt von anderer Seite. Die neun Glieder des Funiculus (Fig. 72 und 73) lassen sich wegen ihrer großen Übereinstimmung in Form und Verteilung gut Fig. 71. Pedicellus. 115 : 1. Am Grunde zwei Felder von Sinnes- borsten (sb); distalwärts zwei kuppelförniige Organe (kpo) und ein hohler Grubenkegel (hgk). Weitere Abk. s. S. 113. zusammen betrachten. Die untersten zeigen zuweilen noch einige Sinneshaare, die den oberen aber immer fehlen. Unregelmäßig verstreut über die ganze Oberfläche aller Glieder finden sich wieder kleine massive Grubenkegel (Fig. 72 u. 73 mgk). Ihr charakteristisches Gepräge erhalten die Funiculusglieder aber durch das an allen vorhandene Sinnesfeld mit kelchförmigen Organen (Fig. 72 u. 73 ko). Die Sinnesfelder erstrecken sich an der Beugeseite der Glieder und zwar von deren distalem Ende, wo sie am dichtesten sind, bis etwa zur Mitte, wo die Zahl der Einzelelemente am geringsten 5* 68 Rudolf Hochreuther, wird. Die einzelnen Organe stehen dicht gedrängt, viel dichter als es -hgk -hgU Fig. 72. Mittleres Glied des Funiculus. 115 : 1. An der Beugeseite großes Feld von kelchförmigen Organen (fco); am breitesten distalen Teil hohle Grubenkegel (hgk). Weitere Abkürz. s. S. 113. Fig. 73. Endglied des Funiculus. 115 : 1. An der distalen Beugeseite Feld von kelchförmigen Organen (fco) ; am breitesten distalen Teil und an der Spitze hohle Grubenkegel (hgk). Weitere Abk. s. S. 113. in den Übersichtsbildern der Deutlichkeit wegen nur angegeben werden konnte. Ihre Gesamtzahl an beiden Antennen zusammen wird schon Die Hautsinnesorgane von Dytiscus rnarginalis L., usw. 69 von Nagel auf mehrere Tausend angegeben; schätzungsweise wird sie 4500—5000 betragen. Sehr konstant in Zahl und Anordnung an allen Gliedern des Funi- culus sind die großen hohlen Grubenkegel (Fig. 72 u. 73 hgk u. Fig. 48). Sie Mild in dem distalen Teil jeden Gliedes auf der Ellipse angeordnet, die man sich an der Stelle um das keulenförmige Glied gelegt denken kann, an der die Keule ihren größten Durchmesser erreicht. Die Zahl der Kegel ist in den oberen Gliedern konstant 7 und schwankt bei den unteren bis zu 5. Das Terminalglied des Funiculus unterscheidet sich von den anderen dadurch, daß es außer diesen sieben auf der Ellipse des größten Keulendurchmessers stehenden Kegeln noch vier bis sechs weitere trägt, die dicht um die Spitze geschart sind. An den Antennen finden sich also Organe des mechanischen und des chemischen Sinnes. Aber die des mechanischen Sinnes (vor allem die kelchförmigen Organe und massiven Grubenkegel) überwiegen so sehr die dem Geruch oder Geschmack dienenden hohlen Kegel, daß wir die Antennen wohl in erster Linie als Apparate des mechanischen Sinnes ansprechen dürfen. Die Versuche, die Nagel in dieser Richtung anstellte, bestätigen das Urteil am besten. Er vermochte, trotz des Vorhandenseins der hohlen Grubenkegel, überhaupt keine chemische Reizbarkeit der Antennen nachzuweisen. Daß aber diese Kegel den- noch einem chemischen Sinne dienen, muß man immerhin annehmen. Er tritt nur gegenüber dem mechanischen Sinn an der« Antennen außer- ordentlich zurück. Die reichere Ausstattung der distalen Antennenglieder mit Sinnes- organen ist wie die größere Anhäufung der Organe in der distalen Hälfte eines jeden Einzelgliedes leicht zu erklären, wenn man sich vorstellt, wie die Organe am besten in Wirksamkeit treten können. Ebenso wie die distalen Glieder am ehesten in Berührung mit Fremd- körpern kommen, werden auch an den Einzelgliedern die keulenförmig verdickten, distalen Enden am leichtesten an äußere Gegenstände anstoßen, während Organe, die etwa dicht am Grunde eines Gliedes an der Streck- oder Beugeseite angebracht wären, nicht in Funktion treten könnten, weil das breite Ende des vorhergehenden Gliedes eine Berührimg mit Fremdkörpern fast immer unmöglich machen würde. So finden wir Beuge- und Streckseite am Grunde jeden Gliedes frei von Sinnesorganen, während an dem distalen Teil der Beugeseiten die dichten Organfelder stehen. 70 Rudolf Hochreuther, 2. Der Mundwerkzeuge. a. Die Sinnesorgane der Oberlippe. Die Oberlippe. (Labrnm) ist im Gegensatz zu allen anderen Mund- werkzeugen eine unpaare Hautfalte von nahezu rechteckiger Form. (Fig. 74 l u. 75). Nur am Vorderrande läßt sie median eine seichte Einbuchtung erkennen. Der Vorderrand selbst Stellt eine ziemlich scharf zulaufende Kante dar. Die Oberseite des Labrum ragt zu einem kleinen Teil unter das Kopfschild, mit dem es in etwas gelenkiger Fig. 74. Oberlippe (l), von innen gesehen, und Gaumen. 23 : 1. gpl, Gaumenplatten; gz, Gaumenzapfen. Weitere Abk. s. S. 113. Verbindung steht. Die Unterseite geht ohne deutliche Grenze in das Dach der Mundhöhle über, an dem die beiden Gaumenplatten sitzen (Fig. 7i,gpl). Oberseite und Unterseite sind mit Sinnesorganen ver- schiedenster Art besetzt; ganz besonders zeichnet sich die Umgebung des schmalen Vorderrandes durch ihren Reichtum an Sinnesorganen aus. An der Unterseite findet sich in der Mitte, dort, wo der Vorderrand die leichte Einbuchtung zeigt, eine flache Delle, die bis auf ein mittleres Feld dicht von massiven Haaren besetzt ist (Fig. 74 u. 75 u. Fig. 6 h). Ein Sinnescharakter ließ sich an diesen Haaren nicht sicher ermitteln, indem eine Verbindung mit Sinneszellen und Nerven nicht nachzuweisen Die Hautsinnesorgane von Dytiseus niarginalis L., usw. 71 war. Da man aber auf Sagittalschnitten durch diese Region der Oberlippe unter den Haaren neben Hypodermis- und Drüsen- zellkernen Kerne findet, die Sinneszellenkernen recht ähnlich sehen (vgl. Fig. 6 szk), so ist doch die Mög- lichkeit nicht von der Hand zu weisen, daß den Haaren Tastfunktion zukommen könnte. Vielleicht aber haben sie auch nur mecha- nische Funktion und helfen dem Verschluß des Mundes dienen. Hinter diesem Felde stehen mehr nach dem Gaumen zu in einem schmalen, winkelförmigen Streifen mehrere schlanke Sinneshaare (Fig. 75 sh), 50—60 an der Zahl. Die an der Unterseite zu beiden Seiten der medianen Delle in geschwungener Reihe angeordneten 20 bis 30 großen hohlen Sinnes- borsten (Fig. 75 u. 21 sb) fanden schon wegen ihrer Verbindung mit großen Drüsenzellen bei der all- gemeinen Beschreibung der Sinnesborsten besonders Erwähnung. Im übrigen finden sich an der Unter- seite nur noch nahe dem Vorderrande borsten-, zapfen- und kegelförmige Bildungen von verschiedener Größe (Fig. 75 szpf, mgk), die dicht gedrängt von der Unterseite her über den Vorder- 72 Rudolf Hochreuther, rand hinweg nach der Oberseite ziehen. Ihre Gesamtzahl an der Ober- lippe beträgt mehrere Hundert. Die Oberseite zeigt uns die interessantesten Verhältnisse. Sie trägt zerstreut im medianen Teil eine Anzahl typischer Sinneshaare (Fig. 74 u. 75 sh), die nach vorn gerichtet sind. Ferner treten uns hohle Grubenkegel in verschiedener Form entgegen, plumpere gedrun- gene neben zierlicheren schlanken (Fig. 75, 31, 49 u. 60 hgk). Auch die kuppeiförmigen Organe fehlen der Oberseite der Oberlippe nicht. Sie finden sich ziemlich zahlreich an dem vorderen Teil der ganzen Ober- seite tief in das Chitin eingesenkt (Fig. 60 sk). So wird auch der Oberlippe in erster Linie noch Empfindlichkeit gegen mechanische Reize zugesprochen werden müssen. Die kuppei- förmigen Organe werden die Wirksamkeit der am Cranium gelegenen unterstützen. Die anderen Organe des mechanischen Sinnes (Zapfen, Borsten und Haare) dürften der Prüfung der dem Munde zugeführten Stoffe auf ihre Festigkeit dienen, während die hohlen Grubenkegel als Organe des chemischen Sinnes sie schon auf ihre Genießbarkeit hin untersuchen werden. Experimentelle Prüfungen der Sinnesfunktion der Oberlippe liegen nicht vor. ß. Die Sinnesorgane der Mandibeln (Oberkiefer). Die Mandibeln (Fig. 76) sind bei Dytiscus starke, ungegliederte, kompakte Extremitäten. Sie sind nicht über die ganze Oberfläche hin mit Sinnesorganen bedeckt, vielmehr ist die ventrale flache Seite fast vollkommen frei davon. Hier zieht zwar in einem schmalen Streifen in einer engen Kinne stehend ein Besatz von starren Borsten hin, der an der Basis der Mandibel dem medianen Rand eng anliegt, distal- wärts dann aber sich in leicht gekrümmter Linie über die flache Ven- tralfläche nach der lateralen Seite hin erstreckt (Fig. 76o, b). Seinen Elementen kommt aber keine Sinnesfimktion zu. Euscher meint wohl diesen Borstenbesatz, wenn er von kleinen Zähnchen spricht, die von der proximalen medialen zur distalen lateralen Seite ziehen. Sinnes- organe finden sich an der Unterseite nur ganz dicht am äußeren Rand und zwar vereinzelte massive Grubenkegel (Fig. 76 mgk) und gruben- ständige Sinneszapfen (Fig. 76 szpf). Diese Organe besetzen dann auch zusammen mit kleinen hohlen Grubenkegeln (Fig. 76 hgk) (vgl. auch Fig. 51) den schmalen äußeren Rand in ähnlicher Weise wie den Vorderrand der Oberlippe, und ziehen, an Zahl langsam abnehmend, nach der dorsalen gekrümmten Fläche der Mandibeln. Sie erreichen jedoch die Mitte der dorsalen Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 73 Fläche nicht. In geringer Zahl finden sich zwischen den Organen zerstreut noch eigentümliche mit einer besonderen Schutzkuppel ver- sehene kuppelförmige Organe (vgl. Fig. 69). An Mandibeln sind solche bisher nur von Janet bei Ameisen beschrieben worden. Ganz am Grunde der dorsalen Außenseite stehen an dem großen Gelenkknopf mehrere kurze, fast schuppenartige, gebogene Haare (Fig. 76 schh). Fis?. 76a. Fig. 76. Mandibel von der Dorsalseite gesehen. 38 : 1. Am Grunde Feld von Sinneshaaren (sh)\ am lateralen Rand Zapfen (szpf) und Grubenkegel (mgk u. hgk). Weitere Abk. s. S. 113. Fig. 76a. Mandibel, ventrale Ansieht. 6:1. Ein dichtes Feld langer gebogener Sinneshaare (Fig. 76 u. 8 sh) findet sich endlich ebenfalls am Grunde der Mandibel, aber in der Mitte der Dorsalseite. Es steht in einer leichten Einsenkung dicht bei der Ge- lenkgrube (Fig. 76 gr). Alle Sinnesorgane der Mandibeln, mit Ausnahme der wenigen hohlen Grubenkegel, die eine schwache chemische Eeizbarkeit bedingen 74 Rudolf Hochreut her, werden, dienen dem mechanischen Sinn, wie dies ja auch an den kräf- tigen, als Beißzangen funktionierenden Mandibeln nicht anders zu erwarten ist. Auch hierüber fehlen jedoch Versuche. y. Die Sinnesorgane der ersten Maxillen (Unterkiefer). Wie die Mandibeln, so treten uns die ersten Maxillen als paarige Mund Werkzeuge entgegen. Aber während die Oberkiefer entsprechend ihrer beißenden Funktion kräftige kompakte Organe waren, zeigen die Unterkiefer die den Maxillen der beißenden Mundwerkzeuge charak- teristische Gliederung (Fig. 77). Einem Grundglied, Cardo (ca), sitzen ein zweites Glied, der Stamm, Stipes (st), und die innere Lade, Lobus internus (li), auf. Der Stipes trägt an seinem distalen Ende die äußere Lade, Lobus externus (le), und den Tasterträger, Palparium (pm), dem der viergliedrige Taster, Palpus maxillaris (t), aufsitzt. Auch hier zeigen wieder alle Teile eine mehr oder weniger starke Besetzung mit Sinnesorganen. Nagel hat davon manche übersehen, denn er beschreibt den Kiefer selbst, also den Lobus internus, als der Sinnes- organe völlig entbehrend. Cardo und Stipes (Fig. 77 ca u. st) tragen neben wenigen, ziemlich langen Haaren (sh) kleine massive Kegel (mgk). Sie sind meist an der Streckseite angeordnet. An dem Lobus internus (Fig. 77 li) fallen am Innenrande zuerst starke, lange Borsten (b) in die Augen, denen keine Sinnesfunktion, sondern allein mechanische Funktion zukommen dürfte. Neben diesen Borsten stehen aber an der ventralen Fläche des Gliedes in einer kurzen Reihe angeordnet einige echte Sinneshaare (Fig. 77 u. 7 sh). Vor allem aber ist dem Gliede charakteristisch ein in seinem proximalen Teil ventralwärts gelegenes dichtes Sinnesfeld, das aus einer großen Zahl grubenständiger Zapfen mit Lumen (Fig. 77 u. 26 szpf) besteht. Die Zahl der Zapfen ist im Übersichtsbild vielleicht etwas zu gering an- gegeben aus den schon im einleitenden Teil erörterten Gründen. In Wirklichkeit beträgt sie ungefähr 75. Der stark reduzierte Lobus externus (Fig. 77 le) besteht, abgesehen von dem mit dem Stipes fest verbundenen Ansatzglied, das keine Sinnesorgane trägt, aus zwei Gliedern, die denen eines Tasters in der Form sehr ähnlich sind. Das kürzere untere besitzt an der Streckseite der proximalen Hälfte drei bis fünf kuppeiförmige Organe (Fig. 77 kpo u. Fig. 61). Das Endglied ist dagegen reich mit großen, grubenstän- digen Kegeln und Zapfen ausgestattet. Zum weitaus größten Teil sind die Grubenkegel massiv, aber von verschiedener Größe (Fig. 77 u. 46 Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 75 mgk). Dicht um die Spitze herum finden sich aber, wie auch Nagel ho Fig. 77. Erste Maxille, ventrale Ansieht. 33 : 1. Der Lobus externus ist aus der natürlichen Lage in einer Rinne am lateralen Rand des Lobus internus herausgedrückt, um ihn sichtbar zu machen. b, Borste; ca, Cardo; hgk, hohler Grubenkegel; ko, kelchförmiges Organ; kpo, kuppeiförmiges Organ; le, Lobus externus; U, Lobus internus; mgk, massive Grubenkegel; pm, Palparium; sb, Sinnesborste; sh, Sinneshaar; st, Stipes; szpf, Sinneszapfen; t, Taster der ersten Maxillen; tz u. gsz, Tastzäpfchen und Geschmackszäpfchen. 76 Rudolf Hochreuther, schon ermittelte, einige wenige hohle (Fig. 77 hgk). Einzelne Sinnes- zapfen, die am proximalen Teil auftreten (Fig. 77 sz'pf), sind massiv und ähneln den kleinen massiven Kegeln (Fig. 46 mgk, unten), die sich sonst an dem Unterkiefer finden. Zwischen den einzelnen Organen des Endgliedes münden zahlreiche Drüsenausführungsgänge (Fig. 46 drg); zum Teil münden sie in die Gruben, in denen die Kegel selbst stehen. Das Palparium (Fig. 77 pm) zeigt an seiner distalen Hälfte mehrere elegante hohle Grubenkegel (Fig. 77 hgk und Fig. 50). Sie stehen an der ventralen Fläche dieses Gliedes eingesenkt. Dem Palparium sitzt dann der Palpus maxillaris (Fig. 77 t) auf. Er besteht aus vier Gliedern, die sämtlich Sinnesorgane tragen, von denen aber, wie es uns schon an der Antenne und dem Lobus externus entgegentrat, die distal gelegenen stärkere Besetzung zeigen als die proximalen. Das kleine basale Glied zeigt viel Ähnlichkeit mit dem kleinen Pedicellus der Antenne (Fig. 71). Ganz von seinem Grunde, wo es noch innerhalb der vom Tasterträger gebildeten Höhlung steckt, zeigt es an seiner Streckseite ein Feld von Chitinborsten (Fig. 77 sb u. Fig. 11), die schlanker und länger sind als die an der entsprechenden Stelle des Pedicellus gelegenen, aber dieselbe Funktion haben dürften. Ein lateral gelegenes Feld, das an der Antenne noch vorhanden war, fehlt hier, weil der Taster nur gebeugt und gestreckt werden kann, aber keine Bewegung in dorsoventraler Richtung auszuführen vermag. Etwas weiter distalwärts von diesem Sinnesfeld finden wir dann, eben- falls an der Streckseite gelegen und in das Chitin eingelagert, einige kuppeiförmige Organe (Fig. 77 kpo). Ihre Zahl ist etwas geringer als die der am Lobus externus vorhandenen; sie beträgt zwei bis drei. Sonst finden sich noch unregelmäßig über die ganze distale Hälfte des Gliedes verstreut einige kleine massive Grubenkegel (Fig. 77 mgk). Das zweite und dritte Tasterglied zeigen ungefähr die gleichen Verhältnisse in der Verteilung der Sinnesorgane. Beide tragen an der Fläche zerstreut kleine massive Grubenkegel (Fig. 77 mgk). In der dista- len Hälfte zeigen beide je einen größeren und einen kleineren hohlen Grubenkegel {hgk) an der Fläche. Das dritte Glied besitzt ein solches Paar außerdem noch an dem schmalen Chitinkragen, der das letzte Tasterglied an seiner Basis umfaßt, und zwar nahe der Beugeseite. An der Streckseite des zweiten Gliedes stehen wenige kurze Haare (sh), die beim dritten Glied durch mehr zapfenförmige Organe {szpf) er- setzt sind. Das Endglied des Tasters endlich ist vor allem durch zwei große Komplexe von Sinnesorganen charakterisiert. Einmal trägt es um Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 77 die Spitze gelegen zwei getrennte Felder der winzigen Tastzäpfchen (Fig. 77, 78 u. 44 tz). Neben diesen ungeheuer zahlreichen kleinen massiven Zäpfchen enthalten die Felder in geringer Zahl auch die größeren hohlen, kegelförmigen Ge- schmackszäpfchen (Fig. 78 u. iAgsz). Dann findet sich an der Streckseite der distalen Hälfte ein Feld kelch- förmiger Organe (Fig. 77 u. 78 ko u. Fig. 56). Proximalwärts von diesem Felde zieht sich eine Reihe von Sinneshaaren (Fig. 77 sh) von der Streckseite des Gliedes über die ventral gelegene Fläche. Außerdem trägt das Endglied noch wie alle anderen Tasterglieder unregelmäßig zerstreut kleine massive Gruben- kegel (Fig. 77 meßt). Von der Funktion der Unter- kiefer gibt Nagel schon eine sehr anschauliche Beschreibung. Der kleine Lobus externus ist in natür- licher Lage in eine Rinne einge- schlagen, die sich am lateralen Rand des Lobus internus findet. Wenn dieser dann in einen Körper ein- beißt, gelangt der in der Rinne ge- legene Lobus externus mit in die Wunde und vermag so mit den an seiner Spitze stehenden hohlen Grubenkegeln als Geschmacks- organ zu funktionieren, während die ebenfalls dort stehenden massiven Kegel den Käfer über physikalische Eigenschaften der Beute infor- mieren. Dieser sehr plausiblen Erklärung muß nur noch hinzu- gefügt werden, daß der Kiefer selbst gsz ---__, Fig. 78. Längsschnitt durch das Endglied des Palpus maxillaris. 140 : 1. An der Streckseite ein Feld kelchförmiger Organe {ko); an der Spitze in zwei Feldern Tastzäpfchen (tz) und Ge- schmackszäpfchen (gsz). Weitere Abk. s. S. 113. 78 Rudolf Hochreuther, auch Organe des mechanischen Sinnes trägt, vor allem die in einem Feld angeordneten Zapfen (Fig. 77 szpf). Auch über die Wirksamkeit der Taster hat Nagel experimentiert. Er hat gefunden, daß sie Träger äußerer Geschmacksorgane sind, und als solche spricht er die hohlen Grubenkegel an. Diesen hohlen Kegeln müssen wir als jedenfalls sehr empfindliche Geschmacksorgane noch die »Geschmackszäpfchen « (Fig. 44 gsz) angliedern, wodurch uns eine ausreichendere Erklärung für den hohen Grad der Geschmacksemp- findung mit den Tastern gegeben wird, als sie Nagel, der nur die wenigen hohlen Grubenkegel als Geschmacksorgane kannte, geben konnte. Die hohlen Grubenkegel am Palparium (Fig. 77 hgk), die Nagel anscheinend auch übersehen hat, tragen weiter zur Erhöhung der Schmeckfähigkeit bei, wenn sie auch erst die weiter in den Mund gelang- ten Nahrungsteile zu untersuchen vermögen. Die Tastzäpfchen, massi- ven Grubenkegel, kelchförmigen und kuppeiförmigen Organe verbürgen daneben eine mannigfache mechanische Reizbarkeit der Taster. d. Die Sinnesorgane der zweiten Maxillen (Unterlippe, Labium). Die zweiten Maxillen zeigen bei Dytiscus infolge ihrer Verschmel- zung zur Unterlippe die einzelnen Teile dieser Extremitäten nicht alle deutlich. Die beiden Grundglieder der beiden Maxillen, Submentum und Mentum, sind hier völlig miteinander verschmolzen zu einer trapez- artigen Platte, dem Mentum (Fig. 79 m), das sich an die Gula (Fig. 79 gu) nach vorn anschließt. An dem Vorderrande zeigt das Mentum eine starke Einbuchtung, in der die zur Zunge, Ligula (Fig. 79 lig), ver- schmolzenen inneren Laden, Lobi interni, entspringen. Seitlich von der Zunge, nach dem Innern des Mundes hin gerichtet, liegen die stark reduzierten Lobi externi, die hier als Paraglossen bezeichnet werden (Fig. 79 pg). An der Unterseite der Ligula, dicht an deren Insertions- rand am Mentum, entspringen die beiden Palparien (Fig. 79 pm), die die dreigliedrigen Palpi labiales (Fig. 79 pl) tragen. Mentum und Ligula stimmen, was die Arten der an ihnen ge- legenen Sinnesorgane angeht, in weitgehendem Maße überein, und was die Anordnung der Organe an diesen Teilen der Unterlippe betrifft, so erinnert sie sehr an die Verhältnisse, die wir an der Oberlippe fanden. Die beiden seitlichen Ränder des trapezförmigen Mentum (Fig. 79 m) sind wie der schmale Vorderrand der Oberlippe von kegel- und zapfen- förmigen Organen verschiedener Form (Fig. 79 mgk u. szpf) besetzt. In der Einbuchtung am Vorderrand des Mentum setzt sich diese Be- setzung fort. Je mehr man sich aber der Ansatzstelle der Palparien Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 79 (pm) nähert, um so mehr verringert sich die Zahl dieser Elemente. Auf der Fläche des Mentum finden wir neben mehreren (20 — 30) ziemlich langen Haaren (sh), die Sinnescharakter zu besitzen scheinen, nur ganz wenige grubenständige massive Zapfen; sie sind wie die Haare auf den distalsten Teil der ventralen Mentumfläche beschränkt. An der Grenze des Mentum gegen die Gula finden sich in unmittelbarer Nähe der beiden Seitenränder einige der kleinen Organe, die wir den Seitenrand begleiten sahen. Die Ligula (Fig. 79 lig) zeigt an der dorsalen, nach der Mundhöhle hingekehrten Fläche keine Sinnesorgane. Nur in unmittelbarer Nähe des Vorderrandes finden wir eine Besetzung mit grubenständigen kegel- und zapfenförmigen Sinnesorganen (vgl. Fig. 45 gk u. szpf). An dem Vorderrande selbst wird die Anordnung dieser Organe ungemein dicht. Wir können hier wie an dem Vorderrand der Oberlippe und den eben beschriebenen Seitenrändern des Mentum einen kontinuierlichen Über- gang der großen Grubenkegel durch mannigfache Zwischenformen hindurch, bis zu den kleinsten massiven Zapfen konstatieren. Diese mannigfaltigen Organe ziehen über den Vorderrand hinaus nach der Unterseite hin, nehmen dort aber an Zahl schnell ab. Wir finden dann auf der ganzen Ventralseite der Ligula zerstreut noch wenige kegelförmige Organe (Fig. 79 mgJc). Nächst dem Vorderrande finden sich an der Unterseite weiter noch lange Haare (Fig. 79 sh). Wenn auch die zweifelhafte Form der unter ihnen gelegenen Zellen eine sichere Entscheidung über ihren Sinnescharakter nicht erlaubt, so möchte ich sie doch als Sinneshaare ansprechen wegen der charakteristischen Endigung des von den Zellen an sie herantretenden Terminalstranges (s. Fig. 10 ist u. 45 sh). Auf diese Frage wurde schon bei der allge- meinen Betrachtung der Sinneshaare eingegangen. Die Paraglossen (Fig. 79 pg) tragen einen nach dem Innern der Mundhöhle gerichteten Borstenbesatz, über dessen etwaige Sinnes- funktion meine Präparate keinen Aufschluß geben. Vielleicht dient er nur mechanischen Zwecken. Die Palparien (Fig. 79 pm) tragen ganz am Grunde einige massive Grubenkegel (mgk) und am distalen Teil der Beugeseite je drei kuppei- förmige Organe (kpo). An den ihnen aufsitzenden Palpi labiales (Fig. 79 pl) finden wir an allen drei Gliedern Sinnesorgane, deren Anordnung gewisse Ähn- lichkeiten mit den Maxillartastern zeigt. Das kleinere Grundglied ist in Form wie in Besetzung mit Sinnesorganen dem entsprechenden des Maxillartasters analog. Ganz am Grunde, innerhalb der Mulde, die gO Rudolf Hoclireuther, das mit dem distalen Ende über die Ansatzstelle des ersten Gliedes mgk- Fig. 79. Unterlippe (zweite Maxille) und Gula ( 03 00 Sa oo a> O 'S 00 e» ' o SC OD 2 -^ GM _C3 a -i Ö es 03 Ö «^ §3 TS ~ oo o. O O cv. cS X o O 1-1 eS X o ü 1 1 © fco m a 6 1 1 1 1 1 ' 1 1 bE '5 03 03 ,d p eS c+S o 2 O o 3 03 eS N -3 a 93 'S 03 03 p ^ p o ^ S "3 03 a H d eS oo 03 d eS P dH h| 'd CS .- ja 2 .'| Ja af P^ a Tast- und Geschmacks- zäpfchen 1 1 1 1 1 1 1 ' 1 1 1 1 1 ' 1 1 1 c p< cä c c 'S CS ISS a> 00 t3 q s 03 g -3 ® ri £ o 3 5 » o 'S es s: 3 P -S s o © d ft o O 03 cd — .g 2 a a 03 S3 S — 03 co a oo es eS e "eS 1 eS « oLÜd iol2 o o .03 ^a 3 eS i **- r r1 LT oj H 5yo -SS -'-C T3 'S 03 'S cf| 6 ^ O o 3 r03 2 eS s; o 1 _0; 'S 03 2 2 es Oc O t- es Eh '5 03 s 4- 00 d d es f -d CS c r-1 bt "3 03 ja ü o g ü o a r03 e o ,0 d ss iß 'S CO 00 o -° q d 5 cS o fc 5 o > a> 2 e3 es) d g il d » -u o 00 00 'S ® 03 3 d o Ö eS 03 S 1 1 O "cc 2 es s: ■Jd o. so d 03 "S H d CD Is d es ^6 03 o 'S 2 eS CS rd 03 d 03 'S d 03 "eS d eS ja 03 'S eä tSJ ©'S J 2 £ O « ™ — S © ■3 ja a "S 2 es 03 d d -Ö d d a 9 02 eS P O Mfifi J0 "S eS a~g ii » s o.2 oo a. e "S 2 eS H H3 ° aäSI O ^ 2- S oo q 03 eS -*-> •" 5 CS 03 Ä 43 oo ^ *? ■*# § o s-ss iT- 03 "*< eS 03 2 S § Ä^ 3 CO 03 ^3 03 "S OS est ¥.s ■sc s ei a" ei es 5H S s c ^ 03 ja o 'S IS eS d 3 00 03 -3 Jh £ - eS O O '3 03 eS z O o Ph y. eS Li O ja *^ o 00 CO es — O eS 03 03 ® Ö rt :eS 03 Ä eS M S5 S 03 ^ O eS cS "S ea i-H Of eS 2 'S P3 1-i CJ eS a *S PQ u cS eS _d "ep CC Die Hautsinnesorgane von Dytiscus rnarginalis L., usw. 103 Tarsen finden sich einzelne feine Sinnesborsten (Fig. 95 u. 96 fsb) oder massive Grubenkegel (Fig. 97 mgk). Diese fehlen den dritten Tarsen vollkommen. Sie tragen, abgesehen von den Borsten am distalen Ende jedes Gliedes, an der dorsalen Fläche lange Ruderhaare (Fig. 98 h), wie wir sie schon an der Tibia dieses bei cf und Q nur an Größe etwas verschiedenen Beines fanden. 3. Die Hautsinnesorgane des Abdomens. Wie die Thoracalsegmente werden auch die einzelnen Abschnitte des Abdomens von vier Skeletteilen gebildet: einem dorsalen Tergit, zwei seitlichen Pleuren und einem ventralen Sternit. Infolge besonderer Modifizierungen, namentlich wegen der teilweisen Heranziehung man- cher Skeletteile zum Genitalapparat, zeigen nicht alle Segmente die vier Teile deutlich. Zum Teil sind, besonders nach dem Thorax hin, einzelne Stücke auch ganz zurückgebildet. Alle vorhandenen Chitinteile, soweit sie außen am Abdomen ge- legen sind, und auch manche, die in den Dienst des Genitalapparates getreten sind und darum nur zeitweise aus ihrer Lage im Innern des Abdomens herausgestülpt werden, zeigen eine Besetzung mit Sinnes- organen. a. Die Hautsinnesorgane an den äußeren Skelet- teilen des Abdomens.. Wir wollen die Verteilung der Sinnesorgane zuerst an den äußer- lich am Abdomen gelegenen Skeletteilen ins Auge fassen, brauchen dabei aber nicht segmentweise vorzugehen wie am Thorax, sondern können, da zwischen den entsprechenden Teilen der einzelnen Seg- mente große Übereinstimmung herrscht, die gesamte Rückendecke, bzw. den gesamten seitlichen Rand, bzw. die gesamte Ventralseite zugleich betrachten. Die Rückendecke, von den Abdominaltergiten I bis VIII (Fig. 99 Iat bis Vlllat) gebildet, läßt in dem mittleren, dunkel gefärbten Feld des vorderen Teiles vor allem eine Besetzung mit sehr langen Haaren (h) erkennen. Ob diese Haare zu einer Sinnesfunktion oder vielmehr nur zu einer secernierenden Funktion befähigt sind, war auf Grund der Präparate nicht sicher zu ermitteln (vgl. Fig. 5 h). An den hinteren Segmenten verschwinden die langen Haare, und an ihre Stelle treten kürzere Sinnesborsten (Fig. 99 sb), die besonders am letzten Tergit (VI Hat) in großer Zahl stehen. An den seitlichen, hellen, häutigen Teilen der Rückendecke sind in Feldern dicht hinter den Stigmen 104 Rudolf Hochreuther, ebenfalls Sinnesborsten (sb) angeordnet, die zum größten Teil, wie auch die des dunklen mittleren Feldes, den gewöhnlichen Bau der Borsten Fig. 99. Linke Hälfte der B ückendecke (Tergite Iat bis VI Hat) und linke Pleuren (Hapl bis Vllapl) des Abdomens vom <3 Käfer. Die Pleuren sind etwas nach oben gebogen, damit sie in dieselbe Ebene mit den Tergiten fallen. 7 : 1. h, Haar; sb, Sinnesborste; szpf, Sinneszapfen. zeigen (vgl. Fig. 16). Zu einem kleinen Teil aber und zwar an den tiefst gelegenen Stellen der seitlichen Tergite, sind sie auf Zapfen be- sonders erhoben (vgl. Fig. 15). Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 105 1 SS -Was Organe des chemischen Sinnes, die in der Umgebung der Thoracal- stigmen (vgl. Fig. 93 u. 94 hgk) vorhanden waren, fehlen an den Ab- dominalstigmen vollkommen. An den Seitenrändern des Abdomens (Abdominalpleuren II — VII) (Fig. 99 Ilapl—VIIapl) treten neben zahlreichen Sinnesborsten (sb) man- nigfacher Größe und Form (vgl. Fig. 19 u. 20) auch Sinneszapfen auf, und zwar vornehmlich an den vorderen Pleuren (Fig. 99 szpf). Teilweise sind es gewöhnliche Sinneszapfen (vgl. Fig. 29 szpf) , teilweise gehören sie den keulen- förmigen Zapfen an, und diese gleichen in ihrem Bau sehr denen der Mesopleuren (vgl. Fig. 34). Die Ventralseite, von den Abdominalster- niten II— VII (Fig. 100 Ilas — VI las) gebildet, zeigt vor allem eine reiche Besetzung mit keulenförmigen Zapfen (Fig. 100 kz) von charak- teristischer Form (vgl. auch Fig. 39). Daneben stehen in zwei symme- tfas -Fas M as Fig. 100. Linke Hälfte der Ventralseite (Sternite Ilas bis VHIas) des triSChen Streifen , nahe Abdomens vom <3 Käfer. Der Penis (p) und die Paramere (pa) der Mittellinie der Ven- sind etwas aus dem Körper hervorgezogen. 7 : 1. kz, keulen- , . . förmige Zapfen; sb, Sinnesborste. tralseite, einzelne Sinnes- borsten (Fig. 100*6). Das schon in Beziehung zum Geschlechts- apparat tretende achte Sternit (Fig. 100 VHIas) trägt ausschließlich Sinnesborsten (sb). So treten an den äußeren Teilen des Abdomens nur Organe des 106 Rudolf Hochreuther, mechanischen Sinnes und zwar nur Tastorgane auf, während kom- pliziertere Organformen völlig fehlen. An den Geschlechtsorganen werden wir dasselbe finden. b. Die Hautsinnesorgane des Geschlechtsapparates. An dem in dem Abdomen ruhenden Geschlechtsapparat, der zum Teil von eingezogenen Teilen der letzten Abdominalsegmente gebildet wird, finden sich beim Q und cT Käfer ebenfalls Sinnesorgane, die ksh Fig. 101. Penis (p) und Paramer (pa) von der Seite gesehen. 11:1. Am Penis massive Sinneszapfen (szpf); am Paramer massive Grubenkegel (mgk). ksh, kurzes, massives Sirneshaar; sb, Sinnesborste; sh, Sinneshaar. während der Begattung bzw\ der Eiablage in Funktion zu treten haben. Beim cf Käfer sitzen Sinnesorgane am Penis (Fig. 101 p) und den beiden durch das häutige Präputium verbundenen Parameren (Fig. 101 pa). Am Q Apparat treten sie am Legesäbel (Fig. 102 h) und am distalen Teil der proximal vom Legesäbel einer häutigen Membran (Fig. 102 nibr) aufgelagerten Seitenspangen (Fig. 102 ssp) entgegen. Die häutige Mem- bran selbst, die die unmittelbare Fortsetzung des Legesäbels bildet, trägt dicht vor ihrem Anschluß an diesen ebenfalls Sinnesorgane. Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 107 Der Penis (Fig. 101 p) ist an seinem inneren Rande von einer dichten Reihe verschieden langer Sinneshaare (sh) besetzt. Sie er- strecken sich in der distalen Hälfte, ohne aber die Penisspitze zu er- reichen, und sind in der Mitte der Reihe am längsten, während sie nach den beiden Enden an Größe langsam abnehmen. Die Spitze des Penis, einschließlich des länglich runden Penisknopfes, ist über und über von sehr kleinen, schlanken, massiven grubenständigen Zapfen (szpf) besät (vgl. auch Fig. 33!). Dieser Besatz zieht sich an dem äußeren Rande des Penis bis zur Geschlechtsöffnung hin und verfolgt dann weiter die Linie, mit der der distale Teil des Penis an den ansklapp- baren, der an seiner Spitze die Geschlechtsöffnung bildet, grenzt (s. Fig. 101). An den Parameren (Fig. 101 pa) fallen zuerst die langen Haare in die Augen, die, am unteren Rand ansetzend, den seitlichen Teil des Präputiums begleiten und noch über seinen ventralen Rand hinausragen. Die Seitenfläche der Parameren trägt massive Grubenkegel (mgk), die in besonders dunklen, ovalen Feldern eingesenkt stehen. Die Form der Feldchen ist in dem Übersichtsbild zu er- kennen, denn die Ovale stellen diese Feldchen dar, während der kleine helle Kreis in ihnen den Kegeln entsprechen würde. An dem oberen Rand mischen sich unter diese Kegel einzelne kurze, breite Sinneshaare (ksh) von ähnlicher Form, wie sie uns am Grunde der Mandibeln (vgl. Fig. 76 schh) entgegentreten. Wie am Penis, so ist auch an den Parameren die Besetzung mit Sinnesorganen auf die distale Hälfte beschränkt, und an dem Ende selbst ist sie am dichtesten. Am Legesäbel (Fig. 102 Is) liegen die Verhältnisse anders, indem er an seiner ganzen Oberfläche von Sinnesorganen besetzt ist. Immer- hin ist auch hier eine Verdichtung in der Anordnung nach dem Ende hin zu bemerken. Die Organe, die hier stehen, sind wie am Penis massive grubenständige Zapfen (szpf). Die tiefe Einsenkung der kleinen Organe in das starke Chitin (vgl. nochmals Fig. 33!) liegt in der Funk- tion des Penis und Legesäbels begründet. Sie müssen, namentlich Fig. 102. Legesäbel (h) und Seitenspangen (ssp) von der Seite ge- sehen. 11:1. mbr, chitinöse Membran : szif, Sinneszapfen. 108 Rudolf Hochreuther, o TS ö bJD ö Ö 03 03 b£ ö 03 :0 c3 r£2 kuppei- förmige Organe 1 1 ' 1 1 ' 1 1 kelch- förmige Organe 1 i 1 1 1 1 1 SB 2, £ A a O 3 5 ' ' ' 1 1 1 1 > <ü •a -* £ a s | ö ' 1 1 1 ' 1 .2 'S s- 3 eS 65 03 (h 03 a CS t- e8 Oh Tast- und Geschmacks- zäpfchen 1 1 1 1 1 1 1 1 a p( a _a 1 1 bß '5 03 &ß CD co 03 *h 03 V c O 'S u 3 eS 65 r> 1 03 Ö «3 a &ß 03 _C3 "S 3 eS 65 1 ö SS © ■ £f 03 5 - 03 02 ;£ S CO PH Sinneshaare Sinnesborsten ^3 O 'S 65 hintere Segmente und Felder hinter den Stigmen h=5 o 'S 69 an allen Seg- menten, besonders den hinteren _o 'S u 3 cä 65 spärlich in 2 Strei- fen an den Seg- menten 2 bis 7, dichtes Feld am Segment 8. 1 ! 'S 65 vordere Segmente (mittleres dunkles Feld) ? 1 1 i 1 13 "S 3 eS S 03 S a CS CS Ph 'S 03 Ö 03 03 ^ .-s « s 3 1 ."S s 3 > 'S | 02 Ki| 3 >-1 ^ Ö ^ 03 CO. -1 Q - 'S 2 es 3 — 9 & Ä eS 13 " 5 Die Hautsinnesorgane von Dytiscus inarginalis L., usw. 109 während der Arbeit des Legesäbels, genügend geschützt sein. Und diesen Schutz gibt in Verbindung mit der tiefen Einsenkung nament- lich auch die Enge des Porenkanals. An den proximalen Seitenflächen, etwa bis zur Stelle, wo die ^ Geschlechtsöffnung liegt, wird die Stel- lung der Organe lichter. Aber ganz am proximalen Ende, wo die häutige Membran (mbr) anschließt und die schmalen geschweiften Seitenspangen (ssp) überragen, wird sie wieder dichter. Soweit die Membran (Fig. 102 mbr) und die Seitenspangen (Fig. 102 ssp) Sinnesorgane tragen, sind es dieselben wie am Legesäbel. Auch an den Geschlechtsorganen erkennen wir also den voll- kommenen Mangel von komplizierteren Organen des mechanischen und allen Organen des chemischen Sinnes. Nur Tastorgane, die auch allein an diesen Teilen von Wichtigkeit sind, finden sich in beträcht- licher Zahl. D. Zusammenfassung. 1) An dem Körper von Dytiscus inarginalis L. sind folgende Arten von Hautsinnesorganen zu unterscheiden: Sinneshaare, Sinnesborsten, Sinneszapfen, Tast- und Geschmacks- zäpfchen, Grubenkegel (massive und hohle), kelchförmige Organe und kuppeiförmige Organe. 2) Dem mechanischen Sinn dienen davon: Sinneshaare, Sinnesborsten, Sinneszapfen, Tastzäpfchen, massive Grubenkegel, kelchförmige Organe und kuppeiförmige Organe. Und zwar dienen dem Tastsinn die fünf zuerst angeführten Formen, davon die Tastzäpfchen jedenfalls in vollkommenstem Maße. Die kelch- und kuppeiförmigen Organe dürften dagegen zur Perception des Wasser- und Luftwiderstandes beim Schwimmen und Fliegen dienen. 3) Dem chemischen Sinn dienen: Geschmackszäpfchen und hohle Grubenkegel. Geruchs- und Geschmacksfunktion sind besonders während des Aufenthaltes des Käfers im Wasser kaum zu unterscheiden. 4) Der Kopf trägt alle Formen der Organe des mechanischen und chemischen Sinnes. Die des mechanischen Sinnes sind an allen Teilen verbreitet, während Organe des chemischen Sinnes nur an den Antennen, den Mundwerkzeugen (Oberlippe, Mandibel, Lobus externus, Palparium, Palpus maxillaris, Palpus labialis) und dem Gaumen (Gaumenplatten und Gaumenzapfen) vorkommen. 110 Rudolf Hochreuther, Die Antennen sind infolge der reichen Besetzung mit kelchförmigen Organen in erster Linie als Organe des Gleichgewichtssinnes aufzu- fassen. Maxillar- und Unterlippentaster müssen infolge der Besetzung ihrer Endglieder mit Tastzäpfchen als die feinsten Tastorgane gelten, wenn sie auch daneben wegen der an ihnen vorhandenen Gesehmacks- zäpfchen und hohlen Grubenkegel empfindliche Organe eines chemischen Sinnes sind. 5) Der Thorax trägt mit Ausnahme der Tast- und Geschmacks- zäpfchen und der kelchförmigen Organe alle anderen Organformen. Die des chemischen Sinnes (hohle Grubenkegel) treten aber sehr zurück. Sie finden sich nur an den Thoracalstigmen und den Coxen der beiden ersten Beinpaare; beim Q Käfer treten sie in geringer Zahl am Mesoscutellum auf. In der Anordnung der Organe des mechanischen Sinnes, die sich an allen Teilen finden, zeigt sich am Pronotum (ebenso wie an den hier nicht untersuchten Elytren) ein Geschlechtsdimorphismus, indem das Q. dort größere Sinnesorgane in dichterer Anordnung trägt als das cf . — Organe zur Wahrnehmung des Luft- und ' Wasserdrucks (kuppeiförmige Organe) befinden sich nur an den Beinen, vor allem am Trochanter. 6) Das Abdomen trägt an allen seinen Teilen nur Tastorgane und zwar ausschließlich Sinneshaare, Sinnesborsten, Sinneszapfen und massive Grubenkegel. 7) Die chemische Reizbarkeit nimmt also vom Kopf, wo sie am stärksten ist, über den Thorax nach dem Abdomen hin ab und tritt schließlich ganz zurück. Mechanische Reizbarkeit kommt zwar allen Teilen zu, jedoch sind die komplizierteren Organe des mechanischen Sinnes am Abdomen auch nicht vorhanden. 8) Was den histologischen Aufbau der Hautsinnesorgane angeht, so sprechen die am erwachsenen Käfer gefundenen Bilder im ganzen mehr für die ältere Auffassung (v. Rath) als für die neuere, von Beelese vertretene, indem die Sinneszellen an einem Organ stets gleichartig erscheinen (trichogene und Drüsenzellen sind an den kom- plizierteren Organen nicht zu unterscheiden), und eine Nerven Verzwei- gung nicht festzustellen war. Allerdings dürfte eine Entscheidung der Frage nur durch entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen möglich sein, die hier nicht vorzunehmen waren. Die Hautsinnesorgane von Dytiscus niarginalis L., usw. 111 Zum Schlüsse sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Korschelt für die Anregung zu dieser Arbeit und das Interesse, das er mir bei ihrer Ausführung stets entgegenbrachte, meinen aufrichtigen Dank zu sagen. Ebenso bin ich Herrn Prof. Dr. zur Strassen, der mir in liebenswürdiger Weise während der Sommer- ferien 1910 im zoolog. Laboratorium des SENCKENBERGischen Instituts zu Frankfurt a. Main einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellte, zu großem Dank verpflichtet. Auch den Herren Prof. Dr. Meisenheimer, Prof. Dr. Tönniges, Dr. Kautzsch und Dr. Harms danke ich für vielerlei Ratschläge, die sie mir während der Ausführung der Untersuchungen zu teil werden ließen. Marburg i. H., Januar 1912. Verzeichnis der benutzten Literatur. 1. Absolon, Über Neamura tenebrarum aus den Höhlen des mährischen Karstes; über die Gattung Tetrodontophora Reuter und einige Sinnes- organe der Collenibolen. Zool. Anz. Bd. XXIV. 1901. 2. Alt, Über das Respirationssystem von Dytiscus niarginalis. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCIX. 1912. 3. Beelese, Gli insetti; Volume primo. Mailand 1909, 4. Bethe, Ein Beitrag zur Kenntnis des peripheren Nervensystems von Astacus fluviatilis. Anat, Anz. Bd. XII. 1896. 5. Blunck, Bau und Funktion der Haftscheiben von Dytiscus marginalis. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. C. 1912. 6. — Das Geschlechtsleben des Dytiscus marginalis. 1. Teil: Die Begattung. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. CIL 1912. 7. Börner, Über das Antennalorgan III der Collembolen. Zool. Anz. Bd. XXV. 1902. , 8. Child, Beiträge zur Kenntnis der antennalen Sinnesorgane der Insekten. Zool. Anz. 17. Jahrg. 1894. 9. — Ein bisher wenig beachtetes antennales Sinnesorgan der Insekten mit besonderer Berücksichtigung der Culiciden und Chironomiden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LVIII. 1894. 10. Claus, Über das Verhalten des nervösen Endapparates an den Sinneshaaren der Crustaceen. Zool. Anz. Bd. XIV. 1891. 11. Deegener, Über ein neues Sinnesorgan am Abdomen der Noctuiden. Zool. Jahrb., Abt. Morph. Bd. XXVIL 1909. 12. Euscher, Das Chitinskelet von Dytiscus marginalis. Marburg 1910. 13. Freiling, Duftorgane der Q Schmetterlinge nebst Beiträgen zur Kenntnis der Sinnesorgane auf dem Schmetterlingsflügel und der Duftpinsel der 6 . Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCII. 1909. 14. Gxjenther, Über Nervenendigungen auf dem Schmetterlingsflügel. Zool. Jahrb., Abt. Morph, u. Ont. Bd. XIV. 1901. 112 Rudolf Hochreuther, 15. Hamann, Europäische Höhlenfauna. Eine Darstellung der in Höhlen leben- den Tierwelt mit besonderer Berücksichtigung der Höhlenfauna Krains. 1896. 16. — Mitteilungen zur Kenntnis der Höhlenfauna. Zool. Anz. Bd. XXI. 1898. 17. Hauser, Physiologische und histologische Untersuchungen über das Ge- ruchsorgan der Insekten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXIV. 1880. 18. Hennings, Zur Biologie der Myriopoden. Biol. Centralbl. Bd. XXIV. 1904. 19. Hicks, On certain sensory organs in Insects hitherto undescribed. Trans- actions of the Linnean Society, London. Vol. XXIII. 1860. 20. Holmgren, Studier öfver hudens och de körtelartade hudorganens mor- fologi hos skandinavisken makrolepidopterlarver. Vetenskaps Aka- demiens Handlingar. Bd. XXVII. 1895. 21. — Die haarbildenden Hautdrüsen bei Raupen. Entomologisk Tidskrift. Bd. XVII. 1896. 22. — Zur Kenntnis des Hautnervensysterns der Arthropoden. Anatom. Anz. Bd. XII. 1896. 23. Janet, Observations sur les fourmis. Limoges 1904. 24. Kolbe, Einführung in die Kenntnis der Insekten. Berlin 1893. 25. Kotte, Beiträge zur Kenntnis der Hautsinnesorgane und des peripheren Nervensystems der Tiefseedecapoden. Zool. Jahrb., Abt. Morph. Bd. XVII. 1903. 26. Kraepelin, Die Geruchsorgane der Gliedertiere. Hamburg 1883. Oster- programm des Johanneums. 27. Leydig, Über Amphipoden und Isopoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXX. Suppl. 1878. 28. Xagel, Die niederen Sinne der Insekten. Tübingen 1892. 29. — Vergleichend physiologische und anatomische Untersuchungen über den Geruchs- und Geschmackssinn und ihre Organe mit einleitenden Be- merkungen aus der allgemeinen vergleichenden Sinnesphysiologie. Bi- bliotheca Zool. Hit. 18. 1894. 30. — Über das Geschmacksorgan der Schmetterlinge. Zool. Anz. Bd. XX. 1897. 31. Packard, A Text-book of Entomology. Xew-York 1898. 32. vom Rath, Beiträge zur Kenntnis der Chilognathen. Inaug.-Diss. Straß - bürg 1886. 33. — Die Sinnesorgane der Antenne und der Unterlippe der Chilognathen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXVII. 1886. 34. — Über die Hautsinnesorgane der Insekten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLVI. 1888. 35. — Zur Kenntnis der Hautsinnesorgane der Crustaceen. Zool. Anz. Bd. XIV. 1891. 36. — Über die von C. Claus beschriebene Nervenendigung in den Sinnes- haaren der Crustaceen. Zool. Anz. Bd. XV. 1892. 37. — Über die Nervenendigungen der Hautsinnesorgane der Arthropoden nach Behandlung mit der Methylenblau- und Chromsilbermethode. Berichte d. naturf. Gesellschaft zu Freiburg i. B. Bd. IX. 1894. 38. — Zur Kenntnis der Hautsinnesorgane und des sensiblen Nervensystems der Arthropoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXI. 1896. Die Hautsinnesorgane von Dytiscus marginalis L., usw. 113 39. Röhler, Die antennalen Sinnesorgane von Tryxalis. Zool. Anz. Bd. XXVIII. 1905. 40. — Beiträge zur Kenntnis der Sinnesorgane der Insekten. Zool. Jahrb., Abt. Morph. Bd. XXII. 1905. 41. — Zur Kenntnis der antennalen Sinnesorgane der Dipteren. Zool. Anz. Bd. XXX. 1906. 42. Ruland, Über die antennalen Sinnesorgane der Insekten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLVI. 1888. 43. Rungius, Der Darmkanal (der Imago und Larve) von Dytiscus marginalis. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCVIII. 1911. 44. Schenk, Die antennalen Hautsinnesorgane einiger Lepidopteren und Hyme- nopteren mit besonderer Berücksichtigung der sexuellen Unterschiede. Zool. Jahrb., Abt. Morph. Bd. XVII. 1902. 45. Schön, Bau und Entwicklung des tibialen Chordotonalorgans bei der Honig- biene und bei Ameisen. Zool. Jahrb., Abt. Anat. Bd. XXXI. 1911. 46. Schröder, Die Sinnesorgane der Skorpionskämme. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XC. 1908. 47. Wasmann, Zur näheren Kenntnis des echten Gastverhältnisses bei den Ameisen- und Termitengästen. Biol. Centralbl. Bd. XXIII. 1903. 48. Weinland, Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LI. 1890. Erklärung der Abkürzungen. acj, Gelenkgrube des ersten Beinpaares; acjj, Gelenkgrube des zweiten Bein- paares ; Iapl bis Vllapl, Abdominalpleure 1 bis 7; Hast bis Vlllast, Abdominalsternit 2 bis 8; Iat bis VI Hat, Abdominaltergit 1 bis 8; au, Auge; b, Borste; ca, Cardo; chg, Chitingrübchen; chk, Chitinkuppel; chm, Chitinmembran ; chpl, Chitinplatte; cl, Clypeus; cxj bis cxjjj, Coxa des ersten bis dritten Beinpaares; drg, Drüsenausführungsgang ; drz, Drüsenzelle; drzk, Drüsenzellenkern ; ep, Epicranium; Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. epmn, Epimeron der Mesopleuren; epsjj, Episternum der Mesopleuren; epsIU, Episternum der Metapleuren; fej bis feni, Femur des ersten bis dritten Beinpaares; fef, Fernoralf urche ; fo, Foramen occipitale; fr, Frons; fsb, feine Sinnesborste; fszpf, feiner Sinneszapfen; gk, Grubenkegel; gpl, Gaumenplatte; gr, Gelenkgrube; grs, Grundstück der keulenförmigen Zapfen ; gsz, Geschmackszäpfchen; gu, Gula; gz, Gaumenzapfen; h, Haar; hgk, hohler Grubenkegel; hyp, Hypodermis; hypz, Hypodermiszelle; 114 Rudolf Hochreuther, hypzk, Hypodermiszellenkern ; k, Kanal; kk, Kristallkegel; kkz, Kristallkegelzelle ; km, kuppeiförmige Membran; ko, kelckförmiges Organ; kpo, kuppeiförmiges Organ; kr, kragenförmige Membran; ksh, kurzes, massives Sinneshaar; kz, keulenförmiger Zapfen; kzkt, Kappenzellkern?; I, Labrum; le, Lobus externus; li, Lobus internus; Mg, Ligula; Is, Legesäbel; m, Mentum; mbr, chitinöse Membran; mgk, massiver Grubenkegel; neurk, Neurilemmkern ; nf, Nervenfaser; p, Penis; pa, Paramer; pe, Pedicellus; pg, Paraglossum; pigmzk, Pigmentzellkern ; pk, Porenkanal; pl, Palpus labialis; plIf Pleura des ersten Thoracalseg- mentes ; pm, Palparium; pml, Polstermasse?; ret, Retinazelle; sb, Sinnesborste; sc, Scapus; scj, Mesoscutellum ; seh, Scheitelnaht; schh, schuppenförmiges Haar; seuj, Mesoscutum; sgnpf, tSaugnapf; sh, Sinneshaar; sk, Sinneskuppel; ssp, Seitenspangen; st, Stipes; stj, Sternum des ersten Thoracalseg- mentes; stjjj, Sternum des dritten Thoracal- segmentes ; stk, Stif tkörperchen ; sz, Sinneszelle; szgr, Sinneszellengruppe ; szk, Sinneszellenkern; szpf, Sinneszapfen; t, Taster der ersten Maxillen; taj bis tcijjj, Tarsus des ersten bis dritten Beinpaares; tit bis tijjj, Tibia des ersten bis dritten Beinpaares ; tr, Trachee; tri bis trIII} Trochanter des ersten bis dritten Beinpaares; tst, Terminalstrang; tz, Tastzäpfchen; va, Vacuole; zstr, Centralstrang. Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. Von Dr. Max Braun (Berlin). (Aus dem zoologischen Institut der Universität Berlin.) Mit Tafel I und II. Einleitung. In der folgenden Arbeit sind die Ergebnisse der Untersuchungen niedergelegt, die ich im Laufe des vergangenen Jahres im Zoologischen Institut der Berliner Universität an den Larven einiger holometabolen Insekten anstellte, um das Verhalten des Mitteldarmepithels dieser Tiere während der periodisch wiederkehrenden Häutungen zu ermitteln. Es lag mir vor allen Dingen daran, festzustellen, ob in der Zeit, wo von der Larve eine neue Cuticula gebildet und die alte abgestoßen wird, das Mitteldarmepithel der Holometabola in der Tat ganz allge- mein der Schauplatz so tiefgreifender Veränderungen ist, wie sie fast gleichzeitig Veeson (1897) und.MöBUSZ (1897), jener an der Raupe des Seidenspinners, dieser an den Larven von Anthrenus und Dermestes konstatiert haben, und ob die allgemeinen Folgerungen, die Möbusz unter Berücksichtigung der von Sommer (1885) bei einem Collembolen, Macrotoma plumbea, gefundenen Verhältnisse an seine Entdeckung knüpft, in ihrem ganzen Umfange aufrecht erhalten werden können oder überhaupt eine Berechtigung haben. Auf die verschiedenen Secretionsphasen, die das Mitteldarm- epithel während der Häutung, die bekanntlich immer eine mehr oder weniger lange Unterbrechung der Nahrungsaufnahme verursacht, durchläuft, bin ich, abgesehen von einigen beiläufigen Bemerkungen, nicht näher eingegangen. Es handelt sich im folgenden wohlverstanden um das Verhalten des Mitteldarmepithels der Larve während solcher Häutungen, an die 116 Max Braun, sich noch ein weiteres, von dem vorhergehenden nicht wesentlich ver- schiedenes Larvenstadium anschließt, und die ich nunmehr schlechthin als Häutungen bezeichnen werde, nicht um die letzte Häutung der Larve, die den Beginn der Metamorphose kennzeichnet und somit scharf von den übrigen Häutungen unterschieden ist. Über die Ent- wicklung des Mitteldarmepithels während dieser letzten Häutung ver- weise ich auf die Untersuchungen von Rengel (1897), Karawaiew (1899), Deegener (1904, 1908), Russ (1908), Perez (1910), Poyar- coff (1910) u. a. Bevor ich näher darauf eingehe, was in der Literatur bisher über die »Mitteldarmhäutung« der Insekten bekannt geworden ist, sei es mir vergönnt, Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. F. E. Schulze für die Überlassung eines Arbeitsplatzes meinen Dank auszusprechen. Herz- lichen Dank schulde ich ferner dem ersten Assistenten des Instituts, Herrn Prof. Dr. Deegener, nicht nur für die Anregung zu dieser Arbeit, sondern auch für den jederzeit bereitwilligst erteilten Rat. Historisches. Die früheste Bemerkung, die ich in der Literatur über die Frage, die uns nunmehr genauer beschäftigen wird, gefunden habe, rührt von Frenzel (1882) her, der konstatiert, daß das Mitteldarmepithel der Larve von Tenebrio molitor während der Häutung keine wesent- liche Veränderung erleide, da der Mitteldarm während dieser Periode im Gegensatz zu Vorder- und Enddarm mit Speise gefüllt sei, eine Begründung, die auf immerhin recht schwachen Füßen steht. Bereits 3 Jahre später teilte Sommer (1885) in seiner Arbeit über Macrotoma 'plumbea mit, daß das Mitteldarmepithel dieses Collembolen während der Häutungen, die auch das erwachsene Tier noch mehrmals durchzumachen habe, völlig abgestoßen und durch ein neues ersetzt werde, ein Vorgang, der nur dann unterbleibe, wenn der Mitteldarm mit Gregarinen infiziert sei. Auf die Herkunft der Zellen, die das neue Epithel bilden, geht er nicht näher ein, er erwähnt nur, daß sie auf frühen Stadien mit breiter Basis der Tunica propria aufsitzen, während die alten Epithelzellen, »mit ihrem unteren schmaleren Teil zwischen die ersten eingezwängt, mehr in das Lumen des Darmes vorragen«. Das abgestoßene alte Epithel, das als wurstförmige Masse in dem bereits mit einem neuen wohlausgebildeten Epithel versehenen Mittel- darm liege, findet Sommer von einer deutlichen Membran umgeben, mittels der es in innigem Zusammenhang mit der schon abgelösten Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 117 alten Chitinintima des Vorder- und Enddarmes steht. Leider hat er keine genaueren Untersuchungen über die Natur dieser eigenartigen Hülle angestellt, so daß ihre Herkunft zunächst noch rätselhaft ist. Auf den ersten Blick könnte es allerdings scheinen, als ob man hier nach den von A. Schneider (1890) über den Bau des Arthro- podendarmes gegebenen Daten die nötigen Aufschlüsse gewinnen sollte. Derselbe beschreibt nämlich als typisch für den Arthropodendarm eine das Mitteldarmepithel nach außen umgebende Chitinschicht, auf der das Epithel ruht und die, an der Übergangsstelle des Mitteldarmes in den Vorder- und Enddarm mit der Chitinintima dieser beiden Darm- abschnitte in Verbindung stehend, mit jeder Häutung des Integuments abgestoßen wird. Wenngleich dieser Satz im vollen Umfange nicht aufrecht erhalten werden kann, ja, in seiner Allgemeinheit direkt als falsch zu bezeichnen ist, ist das Vorhandensein einer basalen Chitinschicht am Mitteldarm für einige Insekten in der Tat nachgewiesen. Bizzozeeo (1893) und vornehmlich Rengel (1898) beschreiben sie für Hydrophilus, Hydrous, Hydrobius (Imago), und ich habe sie bei Dermestes lardarius (Larve) als mächtige Lamelle vorgefunden. (Ob diese als identisch mit der von Möbusz beschriebenen fein gekräuselten chitinigen Basalmembran zu betrachten ist, erscheint fraglich, da getrennt von ihr, weiter peri- pheriewärts, eine, von Möbusz nicht erwähnte, feine Basalmembran vorhanden ist, deren chitinige Natur ich allerdings nicht nachweisen konnte.) In beiden Fällen unterliegt sie einer periodischen Abstoßung, die im letzteren Fall mit der Häutung Hand in Hand geht, in beiden Fällen wird auch zu gleicher Zeit das gesamte Mitteldarmepithel entfernt und durch ein neues ersetzt. Die eigentliche, weiter nach außen sich er- streckende Basalmembran (Membrana propria Rengels) wird von der Abstoßung nicht betroffen, ebensowenig wie die zwischen ihr und der basalen Chitinlamelle befindlichen Zellnester, die das Material für das neue Darmepithel liefern. Die Regenerationszellen kommen hier also garnicht mit den eigentlichen, tätigen Epithelzellen in Berührung, wonach eine eventuelle Deutung der von Sommer beschriebenen Mem- bran als abgestoßene Chitinlamelle oder Basalmembran unmöglich wird. Vielleicht ist sie als sekundär nach der Abstoßung des alten Epithels ausgebildete Hülle zu betrachten, wogegen allerdings der innige Zu- sammenhang mit der Chitinintima des Vorder- und Enddarms spricht. Ahnlich wie Sommer, aber eingehender und exakter schildert Prowazek (1900) den Verlauf der »Mitteldarmhäutung« bei Isotoma 118 Max Braun, grisea Lubb. Die kleineren Mutterkeimzellen des Mitteldarmepithels vermehren sich nach ihm auf caiyokinetischem Wege und drängen von vorn nach hinten ziemlich unregelmäßig die alten Epithelzellen in das Darmlumen hinaus. Eine Abstoßung der Basalmembran (Tunica propria Pkowazeks) findet hier natürlich nicht statt. In dem de- generierenden abgestoßenen Epithel findet Prowazek eigenartige Kugelgebilde, die er als Ceratohyalinkörnchen auffaßt. In völlig abweichender Weise vollzieht sich nach Fernald (1890) bei einem dritten Collembolen, Anurida maritima, die »Mitteldarm- häutung«: "In the midgut, just before ecdysis, a peculiar change occurs. The nuclei of the epithelium divide and one of the two that are thus formed in each cell passes towards the free face of the cell, while the other passes towards its base. The cellwalls now become indistinct and delamination occurs, the outer half of each cell beeing thrown off." Ein durchaus ähnliches Verhalten haben Folsom und Welles bei vier Collembolen, Tomocerus (Macrotoma) niger, Podura aquatica, Isotoma viridis, Orchesella cincta, konstatiert. Hier teilen sich im Beginn der Häutung die Kerne mitotisch, ein gewisser Bruchteil der Tochterkerne wandert nach der freien Zelloberfläche, worauf eine Abstoßung der oberen Schicht des gesamten Mitteldarmepithels mit den darin enthaltenen Kernen erfolgt. In den Zellen des Mitteldarm- epithels bemerken nun Folsom und Welles bei den von ihnen unter- suchten Collembolen eine größere Anzahl mehr oder weniger umfang- reicher, aus konzentrischen Schichten bestehender Körnchen (die Ceratohyalinkörnchen Prowazeks?), die bei jeder Häutung mit der abgestoßenen Epithelschicht zusammen aus dem Körper entfernt wer- den (wie übrigens auch die regelmäßig in größerer Zahl im Darm- epithel auftretenden einzelligen Parasiten). Diese Körnchen sind nach der Auffassung der amerikanischen Autoren nichts anderes als Excretkörner. Das Darmepithel dient nach ihnen bei den der MALPiGHischen Gefäße entbehrenden Collembolen, abgesehen von seiner gewöhnlichen Tätigkeit, auch noch der Excretion, der Häutungsprozeß, den auch das erwachsene Tier genau so wie das junge durchmachen muß, hat also teilweise die Bedeutung eines excretorischen Vorganges. Die Darstellung der amerikanischen Forscher weicht ebenso wie ihre Beurteilung der in Frage kommenden Verhältnisse von der durch Sommer und Prowazek vertretenen Ansicht wesentlich ab. Ich werde darauf zum Schluß noch näher eingehen. Während die letztgenannten Autoren die »Mitteldarmhäutung« als »ein Vorstadium der in vieler Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 119 Hinsicht etwas komplizierteren Vorgänge bei der Metamorphose der Holometabola« (Prowazek) ansehen, schreiben ihr die ersteren, wie gesagt, excretorische Bedeutung zu. Es bleibt zunächst abzuwarten, welche Auffassung sich als die richtige erweisen wird, oder ob beide werden nebeneinander bestehen können. Eine wesentliche Unterstützung läßt Möbusz auf Grund seiner Untersuchungen, von denen bereits die Rede war, der von Sommer und Prowazek vertretenen Anschauung zu teil werden. Er fand, daß die Larven von Anthrenus und Dermestes mit jeder Häutung auch ihr Mitteldarmepithel vollständig erneuern, und nachdem er den Häutungs- vorgang, wie er seiner Ansicht nach verlaufen müßte, geschildert hat, sagt er: »Die Metamorphose (in der Puppe) ist sonach nichts weiter als eine intensive Häutung, die Häutung eine abgeschwächte Meta- morphose. Beide sind quantitativ, aber nicht qualitativ verschieden. « Und weiter spricht er den Satz aus: »Häutungen der Ametabola = Larvenhäutungen + Metamorphose der Holometabola.« Wir werden sehen, wie weit wir dieser Auffassung werden beitreten können. Eine totale Abstoßung, »eine vollständige Abschuppung«, des Mitteldarmepithels findet nach Verson (1897) auch bei den Raupen des Seidenspinners in Zusammenhang mit den Häutungen statt: »Der vollständigen Abschuppung, welche im Laufe jeder einzelnen Larven- periode nach und nach das gesamte Mitteldarmepithel befällt, — steht eine Massenneubildung von Zellen gegenüber, welche sich ebenso periodisch erneuert (kurz vor jeder Häutung), und von besonderen Nestern embryonaler Zellen in der Schleimhaut ausgeht.« Da, trotzdem bereits eine größere Anzahl eingehender Unter- suchungen über das Mitteldarmepithel der Raupen vorliegt, von einer totalen Abschuppung desselben bisher nicht berichtet wurde, werden wir eine Bestätigung der von Verson vorgetragenen Ansicht abwarten müssen. Deegener findet bei Deilephila euphorbiae (1909) während und nach der Häutung, Dunnough (1909) bei Chrysopa perla nach der Häutung die Regenerationszellen stark vermehrt. Trotzdem beide Autoren eine rege Kernteilung in den normalerweise an der Basis liegenden ruhenden Regenerationsinseln annehmen mußten, konnten sie, wie auch Verson, Teilungsfiguren nicht finden. Schließlich sei noch auf die Untersuchungen von Leue (1911) über die Larve von Heptagenia sulphurea hingewiesen. Leue nimmt ein kontinuierliches Wachstum des Mitteldarmes an, herbeigeführt durch die Emission neuer Zellen aus dem hinteren Imaginalring. Bei 120 Max Braun, Larven, die vor der Häutung stehen, erscheint nach ihm der hintere Abschnitt des Mitteldarmes in Falten gelegt, während er nach der Häutung gestreckt ist. Hiermit sind unsere bisherigen Kenntnisse über das Verhalten des Mitteldarmes der Insekten während der Häutung erschöpft. Wir sehen, daß wir über die Vorgänge, die sich in diesem Zustande im Mittel- darmepithel abspielen, nur bei den Collembolen einigermaßen genau orientiert sind, während unsere Kenntnisse über die in Frage kom- menden Verhältnisse bei den übrigen Insekten äußerst lückenhaft sind und nur auf beiläufigen Mitteilungen beruhen, die, zum Teil anscheinend in Widerspruch miteinander stehend, auf Grund nebenbei gewonnener Resultate gemacht wurden. Hierzu sind auch die Publikationen von Möbusz und Verson zu rechnen. Eingehende Untersuchungen sind über die uns hier beschäftigende Frage, abgesehen von den Collem- bolen, bisher nicht bekannt geworden. Noch weniger als über die Insekten sind wir über die sich an die Häutung anschließenden Vorgänge im Mitteldarm anderer Arthropoden orientiert. Hier liegt nur eine kurze Bemerkung v. Raths (1890) vor, der bei Polydesmus (Chilognath) bei der jedesmaligen Häutung eine Abstoßung und Neubildung des gesamten Mitteldarmepithels kon- statieren konnte. Braun (1875) hat in seiner Arbeit über die histo- logischen Vorgänge bei der Häutung des Flußkrebses den Mitteldarm überhaupt übersehen. Material und Methode. Von mir gelangten zur Untersuchung die Larven von sechs Ver- tretern vier verschiedener Ordnungen der holometabolen Insekten und zwar von den Lepidopteren Deilephila euphorbiae und Hyponomeuta evonymella, von den Hymenopteren eine zu den Tenthrediniden gehörige Form, Arge, von den Dipteren Calliphora und von den Coleopteren Melasoma vigintipunctata und Dermestes lardarius. Es handelte sich darum, diese Tiere im Zustande der Häutung zu konservieren, ein Zustand, der äußerlich mit Sicherheit nur den Raupen von Deilephila euphorbiae anzusehen war. In der Häutung krümmen diese Tiere ihre vordere Körperregion schwach aufwärts, während sie mit den Abdominalfüßen irgendeinen Gegenstand fest umklammern, sei es nun einen Stengel ihrer Futterpflanze, einen zu- fällig in ihren Behälter hineingeratenen Faden oder irgend etwas anderes. Dabei ziehen sie den Kopf, ihn ventralwärts herunterbiegend, ein, Das Mitteldarm epithel der Insektenlarven während der Häutung. 121 legen die Thoracalgliedmaßen eng an den Körper und strecken sie nach vorn. Nach meiner Erfahrung nehmen sie diese Haltung nur im Zustande der Häutung ein. Zur Konservierung gelangten sie während der letzten, auf die nach einem abermaligen längeren Larvenstadium die Häutung zur Puppe folgt. Die gesellig lebenden Raupen von Hyponomeuta evonymella setzen sich, wenigstens während der ersten drei Häutungen, eng zusammen auf einen Klumpen, trotzdem sie sich dann natürlich nicht alle in demselben Häutungsstadium befinden und sich sogar schon bei der ersten Häutung größere Differenzen bemerkbar machen. Ich habe, wenn ich bemerkte, daß einige Tiere bereits ihre alte Haut abgestreift hatten, einfach eine größere Zahl der übrigen konserviert und so, nach- dem ich dies einige Stunden später noch einmal wiederholt hatte, alle nötigen Stadien erhalten. Ahnlich konnte mit den Larven von Arge verfahren werden, die während der ersten Häutung konserviert wurden. Ich fand ihrer etwa 35 auf einem Weidenblatt vereint. Sie stammten aus ein und demselben Gelege und hatten eben erst das Ei verlassen. Als sich einige von ihnen gehäutet hatten, was an ihrer Verfärbung deutlich zu erkennen war, wurden die übrigen konserviert und bei der mikros- kopischen Untersuchung sämtlich im Zustande kurz vor und während der Häutung befunden. Äußerlich hatte man ihnen den Häutungs- zustand nicht ansehen können. Schwieriger war die Beschaffung des geeigneten Materials bei den Larven von Calliphora, die sich durch ihre Lebensweise der direkten Beobachtung entziehen. Die Tiere wurden aus dem Ei gezüchtet. Die weiblichen Fliegen legen bekanntlich ihre Eier in großer Menge in kurzer Zeit ab, so daß die sich entwickelnden Larven, wenn sie unter gleichen Bedingungen gehalten werden, sich immer im ungefähr gleichen Entwicklungszustande befinden; sie wurden vom 2. Tage nach ihrer Geburt ab in Abständen von je 2 Stunden zu mehreren Exemplaren konserviert. Im Alter von 60 — 80 Stunden machen sie eine Häutung durch, wie der mikroskopische Befund lehrte. Die wievielte es ist und wieviel ihr bis zur Metamorphosenoch folgen, kann ich nicht angeben. Die Larven von Melasoma vigintipunctata wurden ebenfalls aus dem Ei gezüchtet. Eine größere Reihe von Gelegen wurde beobachtet und Tag und Stunde des Ausschlüpfens der ersten Larven aufgezeichnet, ebenso wie der Tag der ersten Häutung, den man nach dem Auftreten der an den Blättern klebenden Exuvien mit Leichtigkeit bestimmen kann. Da die Larven der andern Gelege kurze Zeit, etwa 48 Stunden 122 Max Braun, später, sämtlich das Ei verlassen hatten, wurden aus jedem Gelege, nachdem die zuerst geborenen Larven sich gehäutet hatten, in Ab- ständen von etwa 6 Stunden einige Larven konserviert und so das nötige Material erhalten. Es beziehen sich also die folgenden Untersuchungen bei Beil. euph. auf die letzte Larvenhäutung, bei Hyp. ev. auf die erste, zweite und dritte, bei Arge und Melasoma auf die erste. Bei Calliphora konnte nicht festgestellt werden, um die wievielte Häutung es sich handelte, vermutlich war es die zweite oder dritte. Immerhin konnten sämt- liche Larven während ein und derselben Häutung untersucht werden. Dies erwies sich bei den Larven von Dermestes, die ebenfalls während der Häutung keine charakteristische Haltimg einnehmen, als unmög- lich. Die Häutungsstadien wurden so erhalten, daß die Larven isoliert und durch Beobachtung der Abstand zwischen zwei aufeinander fol- genden Häutungen ermittelt wurde, ein Verfahren, wie es ähnlich auch Folsom und Welles anwendeten. Es ergab sich, daß die Dermestes- Larven mittleren Alters in Abständen von durchschnittlich 5 Tagen ihre Cuticula abstoßen. In den entsprechenden Zeiten nach einer Häutung wurden dann die zur Untersuchung bestimmten Exemplare konserviert. Es mußte also der Verlauf der sich im Mitteldarmepithel während der Häutung abspielenden Vorgänge aus den Befunden an Larven kombiniert werden, die sich nicht im gleichen Alter befanden. Dies Verfahren erschien angebracht, da kaum angenommen werden konnte, daß die zu untersuchenden Prozesse bei den verschiedenen Häutungen sich in verschiedener Weise abspielen sollten. (Bei Hyp. ev. ergab sich in der Tat mit Sicherheit die völlige Übereinstimmung der ersten drei Häutungen.) Auch wurde niemals das Mitteldarmepithel der verschiedenen zur Untersuchung gelangten Dermestes-L&iven in einem Zustande betroffen, der sich nicht ohne weiteres mit den übrigen Resultaten hätte zu einer Reihe vereinigen lassen. Die Konservierung geschah mit dem CARNOYschen Gemisch (abs. Alk. 6 Teile, Chlorof. 3 Teile, Essigsäure 1 Teil). Nachdem die Larven etwa 3 Minuten in der Konservierungsflüssigkeit belassen worden waren, wurde ihnen der Kopf und die letzten Segmente abgetrennt, um ein besseres Eindringen der Flüssigkeit zu erzielen, worauf sie noch 5 — 7 Minuten der Einwirkung des Gemisches ausgesetzt blieben. Als Intermedium zur Überführung in Paraffin wurde Chloroform verwendet. Die Schnitte wurden in einer Dicke von 7 u (bzw. 12 u zur leich- teren Auffindung von eventuellen Mitosen) durch das ganze Tier an- Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 123 gefertigt, da es wünschenswert erschien, zur Beurteilung des Stadiums, in dem das Tier sich befand, den Grad der Ausbildung der neuen Cuti- cula vergleichsweise mit heranzuziehen. Bei Dermestes erwies es sich, um ein Ausbrechen des sehr spröden Objektes zu verhindern, als nötig, den Block vor der jedesmaligen Anfertigung eines Schnittes mit Mastix- Kollodium zu bestreichen. Die Färbung geschah mit Eisen-Hämatoxylin nach Heidenhain, eine Methode die sehr gute Dienste leistete. Schnitte von größerer Dicke als 7/iooo/< wurden mit Hämatoxylin nach Grenacher oder Ehrlich gefärbt. Immer wurde Nachfärbimg mit einem Gemisch von Pikrinsäure und Säurefuchsin angewendet (van Gieson). Eigene Untersuchungen. Kapitel I. Lepidoptera. A. Deilephila euphorbiae L. Normalstadium. Der Bau des Mitteldarmepithels der normal ernährten Raupe, die sich nicht gerade im Zustande der Häutung befindet, ist von Dee- gener (1909) genau und eingehend untersucht worden. Ich schließe mich daher hier im wesentlichen der von ihm gegebenen Beschrei- bung an. Das Mitteldarmepithel der Raupe von Deilephila euphorbiae ist ein dimorphes, aus zwei Zellarten zusammengesetztes, die als Sphäro- cyten (d. h. solche Zellen, die ihr Secret in Kugelform abscheiden, auch Cylinderzellen genannt) und als Calycocyten (Becherzellen) zu unterscheiden sind. Wenn aus der Betrachtung des normalen Mittel- darmepithels auch zunächst noch nicht hervorgeht, daß es sich hier in der Tat um zwei verschiedene Zellarten, nicht um zwei verschiedene Secretionszustände ein und derselben Zellart handelt, so macht es Deegener durch seine Untersuchungen über die Secretion im hohen Grade wahrscheinlich, daß wir es in der Tat mit einem dimorphen Epithel zu tun haben. Es ist mir auf Grund meiner, in ganz anderer Hinsicht angestellten Nachforschungen gelungen, gewisse Daten zu- gunsten der DEEGENERschen Meinung zu erbringen, der ich somit in vollem Umfange beitrete. Die Sphärocyten erscheinen im allgemeinen cylindrisch, von nicht sehr großer Höhe, da ihre Hauptachse nur etwa zwei- bis dreimal so lang ist wie die Nebenachse. Ihr Plasma ist von zahlreichen, verschie- den starken Fäden durchzogen, die die Richtung von der Basis zur 124 Max Braun, Zelloberfläche innehalten und nur in der Nähe des Kernes von ihr abweichen. Sie zeigen die Neigung, durch quere Verbindungen ein Netzwerk zu bilden, das vorwiegend unter der Zelloberfläche zur Aus- bildung kommt und nur dann nicht zu erkennen ist, wenn die Zelle stark mit feinsten Körnchen erfüllt ist, die ihr ein fast homogenes Aussehen geben können. Solche Körnchen beobachtet man in reich- licher Menge fast immer in der unteren Zellhälfte zwischen Basal- membran und Kern, so daß hier das Linom (Zellgerüst) nur selten hervortritt. Die Calycocyten zeigen, so weit sie sich nicht gerade im Ruhe- zustande befinden, eine deutlich ausgebildete Vacuole, die, mehr oder weniger mit einem sich leuchtend gelb (Pikrinsäure) färbenden Secret angefüllt, im allgemeinen apical vom Kern liegt und je nach dem Secretionszustand die Zelle völlig ausfüllt, so daß ihre Wände den Zellwänden eng angelagert sind, oder einen geringeren Raum innerhalb des Zellkörpers einnimmt. Besonders im hinteren Drittel des Darmes bemerkt man häufig solche Calycocyten, die den Vacuoleninhalt in den Darmkanal entleeren, so daß die tiefste Stelle der Vacuole sich hier in halber Zellhöhe befindet (oder noch mehr der oberen Zellgrenze genähert), während dort, wo die Entleerung noch nicht begonnen hat, die Vacuole die Zelle der ganzen Länge nach durchsetzen kann. Die sich nicht gerade im Zustande der Secretbereitung befindenden Becher- zellen sind schwer von den Cylinderzellen zu unterscheiden. Sie zeichnen sich durch einen kleineren, mehr basal gelegenen Kern, sowie durch ihr mehr homogenes Plasma aus. Der Kern der Sphärocyten zeigt verschiedene Formen. Er ist rund oder oval, kann aber auch elliptisch oder oblong erscheinen. Das Chromatin liegt in den meisten Fällen zu einem großen kompakten Klumpen zusammengeballt, in dem irgendwelche Strukturen nicht erkannt werden können, im Centrum, so daß an der Membran eine deutliche, von Chromatin freie Randzone zu bemerken ist. In meinen Präparaten ist die große Mehrzahl der Kerne in dieser Weise gehöft, nur selten ist die Randzone verschwunden und der Kern in annähernd gleichmäßiger Verteilung mit einer mehr oder weniger großen Anzahl gröberer Chromatinkörnchen erfüllt, unter denen immer einige durch ihre Größe und unregelmäßige Gestalt hervortreten, ein Verhalten, das in einem, wenn auch nicht näher erkennbaren Zusammenhange mit dem augenblicklichen Secretionszustande der Zelle steht. Die Kerne liegen in der Mitte der Zelle, oft ein wenig der Basis genähert. Die ebenfalls meist gehöften, seltener ungehöften Kerne der Calyco- Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 125 cyten sind kleiner als die der Sphärocyten und liegen im allgemeinen zwischen der Basalmembran und der Vacuole und zwar meist der Vacuolenwand apponiert oder sie sind unter dem Druck des sich in der Zelle anhäufenden Secretes seitlich an die Zellwand gepreßt. An seiner Oberfläche trägt das Epithel einen deutlichen Stäbchen- saum mit Basalkörnerreihe und extracytärer in der Nähe der Basis des Saumes verlaufender Körnchenreihe. Unterhalb des Stäbchen- saumes bemerkt man eine Schicht feiner sich ziemlich dunkel tin- gierender Körnchen, die bei Anwendung nicht sehr starker Vergröße- rung einen homogenen Eindruck erweckt (nutritorische Zone). An vielen Stellen findet man dem Stäbchensaum aufliegend, im Schnitt rundlich erscheinende, mit Vacuolen durchsetzte Massen, die das Secret der Sphärocyten darstellen (Secretkugeln). An der Basis des Epithels liegen die Epithelmutterzellen (Imaginal- inseln, Regenerationszellen), die über den Darm ziemlich gleichmäßig verteilt sind, aber nur in geringer Zahl vorzukommen scheinen; wenig- stens bietet ihre Auffindung mitunter Schwierigkeiten, selbst in gut gefärbten Präparaten. Sie setzen sich nicht immer deutlich gegen das Protoplasma der benachbarten Epithelzellen ab, sind aber im allge- meinen blasser gefärbt und besitzen einen nur kleinen Zellleib, der von dem stets ungehöften Kern mitunter fast vollständig ausgefüllt wird. Sie liegen nie in Gruppen zusammen und sind immer einkernig. Auf steigende fehlen ganz, in meinen Präparaten lassen sich wenigstens keine Gebilde nachweisen, die man mit Sicherheit als emporwachsende Epithelmutterzellen ansehen könnte. Häutungsstadium I. (Fig. 1-4.) Die Sphärocyten haben bis auf einige, sogleich zu besprechende Deformierungen, die auf die proliferierenden Epithelmutterzellen zurück- zuführen sind, ihre normale Gestalt im großen und ganzen nicht ge- ändert. Die Zahl derjenigen, in denen man das Linom infolge reich- lichen Vorhandenseins feinster Körnchen nicht erkennen kann, ist hauptsächlich in den vorderen Partien des Mitteldarmes eine große (Fig. 1, 2), während weiter hinten, besonders in der Nähe der Über- gangsstelle in den Enddarm, ein wabiges, großmaschiges Netzwerk in der oberen Zellhälfte deutlich hervortritt (Fig. 3, 4) ; doch sind Ab- weichungen von den beschriebenen Verhältnissen in allen Darm- regionen zu beobachten. Basal zeigen alle Zellen ein homogenes Aussehen, nur bei Anwendung starker Vergrößerung tritt eine feine Strichelung 126 Max Braun, hervor, welche auf die senkrecht zur Basalmembran verlaufenden Sarcolinen zurückzuführen ist. Außerdem sei noch auf Einschlüsse hingewiesen, die sich in der oberen Zellhälfte in Gestalt unregelmäßig geformter lebhaft schwarz gefärbter Körnchen fast überall vorfinden und auch in späteren Stadien bemerkt werden, auf deren Natur ich jedoch hier nicht näher eingehen will; eine irgendwie wesentliche Rolle spielen sie bei den hier in Frage kommenden Verhältnissen nicht. Die Galycocyten zeigen kein von dem normalen abweichendes Verhalten. Die mehr oder weniger stark ausgebildete Vacuole enthält ein feinkörneliges Secret, das meist einen exzentrischen, seltener zentri- schen Hohlraum freiläßt, also den Vacuolenraum nicht immer ganz ausfüllt. Auch hier trifft man wie im normalen Epithel im hinteren Drittel des Darmes vorwiegend solche Galycocyten an, deren Vacuole im oberen Teil der Zelle liegt, so daß sich ihr tiefster Punkt in nur etwa halber Zellhöhe befindet. Die Kerne beider Zellarten sind durchweg geköft, nur selten ge- langen ungehöfte Kerne zur Ansicht. Stäbchensaum und nutritorische Zone sind überall gut erhalten, eine Secretkugelabscheidung seitens der Sphärocyten beobachtet man nur in den vorderen und mittleren Partien des Darmes, während weiter hinten die Cylinderzellen sich im Ruhezustande zu befinden scheinen. Wesentliche Veränderungen sind mit den Epithelmutterzellen vor sich gegangen. An der Basis des Epithels bemerkt man jetzt nicht mehr jene vereinzelten, einkernigen, nur undeutlich erkennbaren »Regenerationsinseln«, wie sie weiter oben für das im normalen Zu- stand befindliche Epithel beschrieben worden sind. An ihre Stelle sind vielmehr eine große Anzahl deutlich entwickelter Zellen von etwa ein Fünftel bis ein Viertel der Höhe des Epithels getreten, die sich vermöge ihrer dunkleren Färbung scharf gegen die benachbarten Epithelzellen absetzen. Sie sind mehrkernig, seltener einkernig und ragen, mit breiter Basis auf der Basalmembran sitzend, mit scharfer Spitze oder mehr oder weniger abgerundet in das Epithel hinein, dessen auseinandergedrängte Zellen stellenweise basal zusammengedrückt er- scheinen und nicht selten von der Basalmembran abgehoben sind (Fig. 2), deren inniger Zusammenhang mit den kleinen Zellen an solchen Stellen deutlich hervortritt. Diese kleinen Zellen sind nichts anderes als Abkömmlinge der Epithelmutterzellen, die sich durch rege Teilung vermehrt haben und nun zwischen den Epithelzellen, hin und wieder auch innerhalb der- selben, emporwachsen. Ihre Proliferation ist stellenweise eine so starke, Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 127 daß zwischen ihnen nur schmale Streifen der alten Epithelzellen zu erkennen sind (Fig. 3), die so in Verbindung mit der Basalmembran bleiben. Die Kernteilung eilt der Zellteilung voran, so daß mehr- kernige bis vielkernige jugendliche Zellen reichlich beobachtet werden, während man einkernige nur verhältnismäßig selten vorfindet. An manchen Stellen, und zwar ganz besonders in den hinteren Partien des Darmes, ist die Kernteilung eine so lebhafte und rasche, daß es hier zur Ausbildung mächtiger »Regenerationssyncytien« kommt (Fig. 4), langgestreckter, in ihrer ganzen Ausdehnung der Basalmembran anhaftender Protoplasmastreifen, in die eine große Anzahl Kerne ein- gelagert ist. Die Höhe dieser scharf umgrenzten Syncytien, in denen die Kerne eine regelmäßige Anordnung noch nicht erfahren haben, beträgt ebenso wie die der vorher beschriebenen jugendlichen Zellen etwa ein Fünftel bis ein Viertel der Höhe des Epithels. In ihnen erkennt man häufig Kernteilungsfiguren, aus denen man ersieht, daß die Kerne der »Regenerationsinseln« sich auf caryokine- tischem Wege vermehren. Man findet die Mitosen (in reicher Zahl besonders in dickeren Schnitten) sämtlich im Stadium der Metaphase (Mutterstern, Aster) (Fig. 4) oder der Anaphase (Tochtersterne). Andere Teilungszustände habe ich nicht entdecken können, insbesondere war eine Zählung der Chromosomen unmöglich. Die Achse der Kern- teilungsfiguren war in allen Fällen nahezu der Richtung der Basal- membran parallel, so daß die aus der Teilung hervorgehenden Tochter- kerne die gleiche Entfernung von ihr haben würden. Der Durchmesser der überall annähernd gleich großen Kerne, die im Schnitt im allgemeinen kreisrund erscheinen, beträgt etwa ein Viertel bis ein Drittel des Durchmessers der Kerne der alten Epithel- zellen. Immer sind die Kerne ungehöft, mit einer deutlichen Membran versehen und verhältnismäßig chromatinarm. Im Kernraume bemerkt man neben den nur in geringer Zahl vorkommenden Chromatinkörnchen, unter denen sich einige durch ihre Größe auszeichnen, hier und da ein zartes Gerüst feiner Fädchen, über dessen Aufbau jedoch keine näheren Aufschlüsse zu erzielen waren. Häutungsstadium II. (Fig. 5-7.) Basal zeigt der Leib der Sphärocyten denselben Bau wie bei Stadium I. In der oberen Zellhälfte tritt jedoch besonders in den vorderen Partien (Fig. 5) das Linom in Form eines unregelmäßigen, mehr oder weniger groben wabigen Netzwerkes deutlich hervor, während 128 Max Braun, es weiter hinten überhaupt nicht erkennbar oder sehr feinmaschig ist, da hier eine große Zahl eingelagerter feinster Körnchen der Zelle ein fast homogenes Aussehen verleiht (Fig. 6). Über die Calycocyten ist im allgemeinen nichts neues zu sagen, nur erscheinen die Vacuolen im hinteren Teil des Mitteldarmes verkleinert. Die Kerne beider Zellarten weisen nach Lage und Bau keine Ver- änderungen auf. Die nutritorische Zone ist noch überall vorhanden. An einigen Stellen ist sie mitsamt dem meist wohlerhaltenen und nur selten stellen- weise deformierten Stäbchensaum von dem übrigen Teil der Zelle ein wenig abgehoben, so daß zwischen ihr und dem Zellleib eine Lücke auftritt, in die man hier und da Teile des Linoms hineinragen sieht. Eine Secretkugelabscheidung wird nur in den hinteren Partien des Mitteldarmes beobachtet. Ganz vereinzelt bemerkt man in dem Baum zwischen Stäbchen- saum und peritrophischer Membran aus dem Epithelverbande aus- gestoßene Zellen, die sich durch den Besitz des Kernes leicht von den Secretkugeln unterscheiden lassen. Die Epithelmutterzellen haben jetzt nahezu die halbe Höhe des Epithels erreicht. Sie erscheinen in den hinteren Partien des Mittel- darmes ein wenig niedriger als in den vorderen und zeichnen sich überall durch die dunklere Färbung ihres Plasmas vor den heller tin- gierten alten Epithelzellen aus, die unter dem Druck der jugendlichen emporwachsenden Elemente die mannigfachsten Deformierungen er- leiden und nicht selten, an der Basis seitlich zusammengedrückt, kolbenförmige Gestalt annehmen. Die im Stadium I auftretenden, durch starke Kernvermehrung in den »Regenerationsinseln« gebildeten Syncytien sind größtenteils verschwunden und an ihre Stelle Lagen dicht aneinander gedrängter Zellen getreten (Fig. 6), die gegeneinander deutlich abgegrenzt sind; wo sie noch vorhanden sind, zeigen die Kerne eine regelmäßige An- ordnung in einer der Richtung der Basalmembran parallelenReihe, die sich in etwa halber Höhe des Syncytimus dahinzieht. Vielkernige Epithelmutterzellen werden in der Regel nicht mehr beobachtet, meist weisen sie nur einen, mitunter, und zwar besonders in dem hinteren Drittel des Mitteldarmes, zwei Kerne auf, von denen der eine basal, der andre in halber Höhe der Zelle liegt. Die Kerne sind teils ungehöft, teils gehöft, auch beobachtet man in reichlicher Zahl alle möglichen Übergänge zwischen diesen beiden Formen. Bei einigen liegen im Kernraum neben einem oder mehreren Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 129 größeren einzelne kleinere Chromatinkörnchen (Fig. 7a), bei anderen erscheinen diese vermehrt, lassen aber noch keine regelmäßige Anord- nung erkennen (Fig. 7b), bei noch anderen liegen sie in großer Zahl im Centrum des Kernes zusammengedrängt um ein größeres Chromatin- körnchen herum (Nucleolus?), so daß ein heller Ringhof schon hervor- tritt (Fig. 7c), bis sich schließlich die gehöfte Kernform in ihrer reinen Gestalt ausbildet, in der die körnelige Struktur des Chromatins nicht mehr erkennbar ist (Fig. 7d). Durch den Besitz eines gehöften Kernes sind in der Regel die einkernigen Mutterzellen ausgezeichnet, in den mit zwei Kernen ver- sehenen erweist sich der basal liegende, jugendliche Charaktere be- wahrend, als ungehöft, der emporgerückte, in halber Zellhöhe befind- liche, als gehöft. Doch werden solche auch an der Basis vorgefunden. Eine Größenzunahme der Kerne läßt sich gegen das vorhergehende Stadium nicht konstatieren. Mitunter beobachtet man, daß einzelne Regenerationszellen mit ihrem unteren kuppenförmigen Teil, die Basalmembran vor sich her wölbend, in das uinliegende Bindegewebe hineinragen oder ganz aus dem Epithel hinausgedrängt sind, wozu wohl die Druckverhältnisse im Epithel Veranlassung gegeben haben. Kernteilungsfiguren werden hier ebensowenig wie in den weiter © © © zu beschreibenden Stadien gefunden. Häutungsstadium III. (Fig. 8-10.) Die Sphärocyten, deren Linom nur noch an wenigen, den vorderen Darmpartien angehörigen Stellen als ein engmaschiges Netzwerk er- kennbar wird, erscheinen ebenso wie die Calycocyten unter dem Druck der mächtig aufstrebenden jugendlichen Elemente mitunter stark deformiert (Fig. 8). Ihre Nebenachse kann bis auf ein Viertel der ur- sprünglichen Länge reduziert sein, so daß die Zelle schmaler und höher erscheint. Nicht selten ist ihr oberer Teil blasenförmig in das Darm- lumen vorgetrieben. Die Kerne beider Zellarten sind nach wie vor durchweg gehöft, von mittelständiger Lage, teilweise, wo die Zellen basal zusammen- gedrückt sind, in die obere Zellhälfte verschoben. Die Anzahl der für das vorhergehende Stadium beschriebenen intracytären Lücken, die durch eine Abhebung des Stäbchensaumes mit der nutritorischen Zone von dem übrigen Teil der Zelle hervor- gerufen wurden, hat sich beträchtlich vergrößert, sie sind aber auf Zeitschrift, f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 9 130 Max Braun, die vordere Hälfte des Darmes beschränkt. Der Stäbchensaum ist übrigens stellenweise deformiert, mitunter sogar verschwunden. Die Sphärocyten befinden sich im allgemeinen im Zustande der Ruhe, nur ganz hinten im Darm findet noch eine Abschnürung von Secretkugeln statt. Aus dem Epithelverbande in das Darmlumen abgestoßene Zellen fehlen ganz. Die Epithelzellen, die durchschnittlich etwa drei Viertel der Höhe des Epithels erreicht haben und im hinteren Teil des Mitteldarmes etwas niedriger erscheinen (es sind daneben auch noch kleinere, weiter im Wachstum zurückgebliebene vorhanden), sind mitunter durch einen zarten Ausläufer ihres Körpers, der sich vermöge seiner dunkleren Färbung von dem Protoplasma der umliegenden Zellen deutlich abhebt, mit der freien Oberfläche des Epithels verbunden. Sie weisen sämtlich einen gehöften Kern auf, dessen Durchmesser etwa dem der Calycocyten- kerne gleichkommt, daneben gelangt häufig, und zwar besonders hinten, noch ein basal gelegener ungehöfter Kern zur Beobachtung (Fig. 9). Die im Stadium II. noch, wenn auch spärlich, auftretenden Syn- cytien an der Basis des Epithels sind nunmehr durchaus verschwunden. Überall sind die jugendlichen Zellen scharf gegeneinander abgegrenzt, vielfach die Reihen ihrer regelmäßig angeordneten Kerne, die etwa in halber Höhe zwischen denen der alten Zellen und der Basalmembran liegen, deutlich zu erkennen. Es fallen in diesem • Stadium eine größere Anzahl gehöfter Kerne durch ihre Lage nahe der Basalmembran auf, ein Verhalten, das, wenn auch in geringerem Grade, schon im vorhergehenden Stadium kon- statiert werden konnte. Vielfach mag diese Annäherung an die Basis eine Folge der durch die proliferierenden Epithelmutterzellen ver- ursachten Druckverhältnisse sein, in einigen Fällen läßt sich mit Sicher- heit ein anderer Grund angeben. Diese basal liegenbleibenden, in früheren Stadien noch ungehöften, nunmehr zum größten Teil gehöften Kerne, sind nicht mit der weit beträchtlicheren Zahl derjenigen zu verwechseln, die zunächst noch embryonale Charaktere bewahren, ihre basale Lage nicht aufgeben und unschwer als die Kerne der künftigen »Regene- rationsinseln« erkannt werden können. Sie stellen vielmehr die Kerne jugendlicher Calycocyten dar. In dem zu ihnen gehörenden Zellleib bemerkt man bei nicht wenigen von ihnen axialwärts eine gelbliche Färbung, die auf die allmähliche Bildung des den Calycocyten eigen- tümlichen acidophilen und sich daher mit Pikrinsäure lebhaft gelb- färbenden Secretes zurückzuführen ist. In einigen Fällen ist es sogar Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 131 schon zur Ausbildung- einer deutlichen Vacuole gekommen (Fig. 10). Daß nicht alle jugendlichen Elemente, die dazu bestimmt sind, zu Calycocyten zu werden, auf diesem Stadium bereits mit der Bildung des Secretes beginnen, ist leicht verständlich, da von einer Verwertung desselben zunächst noch keine Rede sein kann. Jugendliche Calycocyten habe ich besonders in der vorderen Hälfte des Mitteldarmes zu Gesicht bekommen. Schließlich will ich nicht verfehlen, darauf hinzuweisen, daß auch in diesem Stadium wieder Regenerationszellen beobachtet werden, die aus dem Epithel basal herausgedrängt worden sind und in dem Raum zwischen dem Epithel und der mitunter abgehobenen Basalmembran liegen, die stellenweise anscheinend zerrissen ist. Stadium IV. (Unmittelbar nach der Häutung. Fig. 11.) Das Linom ist in den Sphärocyten auch in der oberen Zellhälfte nirgends mehr mit Sicherheit zu erkennen, nur hier und da tritt in dem sonst homogen erscheinenden Zellleib apicalwärts ein undeut- liches Netzwerk auf. Die Vacuole der Calycocyten ist, besonders nach dem hinteren Darmende zu, bedeutend verkleinert. Die durchaus ungehöften Kerne liegen, da die Zellen sämtlich basal stark zusammengedrückt erscheinen und mitunter kolbenförmige Gestalt annehmen, in der oberen Zellhälfte, dem apicalen Pole genähert. Die Abhebung des Stäbchensaumes hat weitere Fortschritte ge- macht. Vielfach sind benachbarte intracytäre Lücken zu einem größeren freien Räume zwischen dem in das Darmlumen vorgetriebenen Stäbchen- saum, mit dem die nutritorische Zone in enger Verbindung geblieben ist, und den übrig bleibenden Zellteilen verschmolzen. Diese Abhebung ist nicht mehr auf die vorderen Darmpartien beschränkt, sondern findet sich über das ganze Epithel verteilt. Secretkugeln werden nur noch ganz vereinzelt im hintersten Ab- schnitt des Mitteldarmes beobachtet. Aus dem Epithel in das Darmlumen ausgestoßene Zellen fehlen vollständig. Die Epithelmutterzellen haben jetzt fast ohne Ausnahme die Höhe des Epithels erreicht. Ihre Kerne sind geholt, erscheinen aber kleiner, im Durchmesser etwa halb so groß wie die Kerne der alten Cylinderzellen und liegen mehr basal, in etwa ein Drittel der Zellhöhe. Die jugendlichen Zellen sind also im allgemeinen verhältnismäßig 9* 132 Max Braun, deutlich von den alten Zellen des Epithels verschieden und zeichnen sich vor diesen durch eine, im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Stadien blassere Färbung ihres Plasmas aus; immerhin aber trifft man nicht allzu selten auf Elemente, bei denen man im Zweifel sein könnte, ob es sich um jugendliche oder alte Zellen handelt. Ebenso ist nicht immer genau festzustellen, ob diejenigen Zellen, die sich durch einen basal liegenden Kern, sowie stellenweis gelbliche Färbung ihres Leibes von den übrigen unterscheiden, jugendliche Calycocyten sind, die nun zum erstenmal ihre secretbereitende Tätig- keit ausüben, oder ältere, bisher nur im Ruhezustand befindliche, die nunmehr in eine neue Secretionsphase eintreten. Ungehöfte Kerne werden nur noch selten beobachtet; wo sie vor- kommen, liegen sie basal und heben sich nur undeutlich von dem umliegenden Protoplasma ab. Der Mitteldarm einer anderen Raupe, die ebenfalls unmittelbar nach dem Verlassen der alten Haut konserviert worden war, befand sich in einem etwas früheren Zustande als der eben beschriebene. Die Entwicklung der intracytären Lücken zwischen Stäbchensaum und Zellleib war nicht so weit vorgerückt und nur auf die vordere Darm- hälfte beschränkt. Die Secretkugelbildung seitens der Sphärocyten war im hinteren Darmabschnitt eine sehr lebhafte. Nur in bezug auf die Ausbildung der Epithelmutterzellen stimmte der Zustand des Mittel- darmes dieser Raupe mit dem vorhergehenden nahezu völlig überein. Zusammenfassung. Wenn die Raupe mit dem Beginn der Abscheidung einer neuen Cuticula in jenen eigentümlichen Ruhezustand eintritt, den ich in der Einleitung geschildert habe, beginnt in den Regenerationszellen1 eine Periode lebhafter, auf caryokinetischem Wege verlaufender Kern- teilungen, die (in allerdings zunächst minder hohem Maße) von Zell- teilungen begleitet, zu einer starken Vermehrung der Regenerations- zellen führen. Während in den vorderen Partien des Mitteldarm- epithels die jugendlichen Zellen unter Vergrößerung ihres Leibes und Emporrücken des Kernes bereits in die Höhe zu wachsen beginnen, dauern hinten die Kernteilungen noch an, so daß es hier, da der Kern- 1 Für den vorliegenden Fall wäre vielleicht besser: Epithelmutterzellen. Doch kann der kürzere Ausdruck » Regenerationszellen « beibehalten werden in Hinblick auf die Tätigkeit der in Frage kommenden Gebilde während der Meta- morphose, wo sie das abgestoßene Mitteldarmepithel zu ersetzen haben. Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 133 teihmg nicht immer direkt die Zellteilung folgt, zur Ausbildung von »Regenerationssyncytien « kommt, in denen die Kerne zunächst noch wirr durcheinander liegen. Allmählich jedoch ordnen sie sich in einer Reihe an und bald folgt die Zerteilung jedes Syncytiums in eine Lage dichtgedrängter Zellen. Es eilt in der Höhe der Ausbildung der Epithelmutterzellen die vordere Darmhälfte immer der hinteren um ein weniges voraus, während in der letzteren Region des Darmes eine ungleich größere Zahl der- selben zur Entwicklung gelangt. Mit der Größenzunahme der jugendlichen, sich zwischen die alten Zellen des Epithels einschiebenden Elemente verlieren deren Kerne ihre embryonalen Charaktere. Das anfänglich in Form mehr oder weniger großer Körnchen im ganzen Kernraum unregelmäßig ver- teilte und nur spärlich vorhandene Chromatin erfährt bald eine Ver- mehrung und zerteilt sich gleichzeitig in viele sehr feine Partikelchen, die sich im Centrum ansammeln, so daß zwischen dem central ange- ordneten Chromatin und der Kernmembran ein lichter ringförmiger Raum entsteht, in dem keine färbbare Substanz vorhanden ist. So gehen aus den ungehöften die gehöften Kerne hervor. Doch nehmen an dieser Umwandlung nicht alle Kerne teil. Viele bewahren vielmehr ihre embryonalen Charaktere und bleiben von vornherein basal liegen. Sie dienen zur Ausbildung der neuen Re- generationszellen. Im weiteren Verlaufe der Häutung werden sie immer undeutlicher und weniger scharf begrenzt, bis sie schließlich nur noch schwer erkannt werden können und anscheinend nur noch vereinzelt im Mitteldarmepithel vorkommen. Inzwischen ist auch eine Differenzierung in der Lagerung der gehöften Kerne bemerkbar geworden, von denen einige ebenfalls basal liegen bleiben. Abgesehen von denen, die durch irgendwelche Druck- verhältnisse dazu gezwungen werden, dürfen wir in ihnen die Kerne jugendlicher Calycocyten sehen, wie die in manchen Fällen schon frühzeitige Bildung des Secretes und einer Vacuole in dem zugehörigen Zellleib beweist. Ob nun die Regenerationsinseln von vornherein dazu bestimmt sind, entweder nur Calycocyten oder Sphärocyten zu liefern, oder ob zunächst aus ihnen indifferente Gebilde hervorgehen, die sich auf irgendeinen Anreiz hin in jene beiden Zellarten differenzieren können, ist aus dem morphologischen Bau der Regenerationsinseln und ihrer jugendlichen Nachkommen nicht zu schließen, da dieselben sich äußer- lich nicht voneinander unterscheiden oder doch wenigstens nicht in 134 Max Braun, so charakteristischer Weise, daß es erlaubt wäre, sie etwa in zwei Arten einzuteilen. Es genügt der Hinweis, daß unter eigenartiger Verlagerung des Kernes, der sich in dieser Beziehung ganz anders verhält als seine unter anscheinend genau denselben Bedingungen existierenden nächsten Nachbarn, gewisse jugendliche Zellen auf einem sehr frühen Entwick- lungsstadium sich als Calycoeyten erweisen, es genügt dieser Hinweis, sage ich, um die Vermutung auszusprechen, daß die Regenerations- inseln determiniert sind, aus sich entweder die eine oder die andre Zellart hervorgehen zu lassen, so daß wir in der Tat berechtigt wären, das Mitteldarmepithel der Raupe von Deil&phila ewphorbiae und damit überhaupt der Lepidopterenlarven als ein dimorphes anzusehen. Gegen das Ende der Häutung haben die jugendlichen Zellen ihre volle Höhe erreicht, wenn auch ihr Kern zunächst noch mehr basal liegt und kleiner ist als der normaler Epithelzellen. Die weiteren Wachstumsvorgänge im Mitteldarm, die nach dem Verlassen der Haut vor sich gehen, beschränken sich darauf, den jungen Zellen sowohl als den alten, von ihnen seitlich komprimierten, auch in der Richtung der Nebenachse die normale Dimension zu verleihen. Auf diese Art und Weise wird ohne Einschiebung jugendlicher Elemente, die in der Zeit zwischen zwei Häutungen bei der Raupe von Deilephila nicht beobachtet wird und auch wahrscheinlich garnicht oder nur in sehr geringem Umfange stattfindet, eine Verlängerung des gesamten Mittel- darmes herbeigeführt. Da die Wand dieses Darmabschnittes bei unserer Raupe normalerweise in mannigfacher Art gefaltet erscheint, ist es nicht möglich festzustellen, ob sie während der Häutung infolge der intensiven Proliferation der Epithelmutterzellen noch weiter in Falten gelegt wird, die dann nach Abstreifung der alten Cuticula zur weiteren Verlängerung des Mitteldarmes bis zu einem gewissen Grade aus- geglättet werden könnten; doch ist die Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen, um so mehr als wir gesehen haben, daß es während der Häutung zu einem mehr oder minder umfangreichen Zerreißen der Basalmembran kommt (Stadium III, mangelhafte Konservierung?). Wir haben gesehen, daß im Verlaufe der Häutung, von einigen geringfügigen Unregelmäßigkeiten abgesehen, das Gerüst der Sphäro- cyten in der vorderen Hälfte des Mitteldarmes zunächst garnicht oder nur undeutlich erkennbar ist, daß es später klarer hervortritt, um gegen Schluß der Häutungsperiode wieder zu verschwinden. In der hinteren Hälfte jedoch erscheint es zu Anfang derselben wohlausge- bildet, verliert sich dann aber bald, um bis zum Schluß nicht mehr erkennbar zu werden. Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 135 Die Ursachen für dies Verhalten der Sphärocyten liegen erstens in ihrer secernierenden Tätigkeit, zweitens aber auch in den durch die Proliferation der Epithelmutterzellen geschaffenen Druckverhält- nissen. Wir haben gesehen, daß schon ganz jugendliche Elemente auf einem sehr frühen Stadium ihrer Entwicklung die alten Zellen des Epithels basal zusammenzudrücken vermögen, daß diese im weiteren Verlaufe teilweise kolbenförmige Gestalt anzunehmen gezwungen sind und bei einigen sogar der obere Teil blasenförmig in das Darmlumen vorgetrieben erscheint, worauf vielleicht eine von mir allerdings nicht beobachtete Abschnürung desselben erfolgt. Mitunter ist dann gegen Schluß der Häutung die Nebenachse der Cylinderzellen bis auf ein Viertel ihrer ursprünglichen Länge reduziert. Gleichzeitig mit dieser Komprimierung erfolgt die Abscheidung des in den Sphärocyten enthaltenen Secretes, ein Prozeß, der im Mittel- darm von vorn nach hinten verläuft (siehe auch Deegener [1909]) und erst gegen das Ende des Häutungszustandes beendet erscheint. Zu Beginn treffen wir die Zellen der vorderen Hälfte des Darmes in leb- hafter Secretion. Jedoch enthalten die meisten noch ihr Secret, so daß ihr Linom nur undeutlich erkennbar ist, während einige, die ihren Inhalt bereits in das Darmlumen entleert haben, ein wohlausgebildetes Gerüstwerk zeigen, welches in den Zellen der hinteren Darmhälfte, wo keine Secretkugeln angetroffen werden, fast überall deutlich er- kennbar ist. Hier ist also, bevor die Raupe in den Häutungszustand eingetreten ist, eine lebhafte Ausscheidung des Secretes vor sich ge- gangen, das nun wieder neu gebildet wird und in einigen Zellen schon das Linom verdeckt. Nachdem in den vorderen Darmpartien durch lebhafte sezernierende Tätigkeit dasselbe überall klar erkennbar ge- worden ist, treten auch die Zellen der hinteren Hälfte, nachdem sie sich mit Secret gefüllt haben, in den Secretionszustand ein, das Linom wird aber nicht mehr deutlich, da die hinten besonders lebhafte Wuche- rung der nun schon größeren Epithelmutterzellen einen zu starken Druck auf die Sphärocyten ausübt, was zusammen mit der Bildung neuen Secretes ein Hervortreten der netzartigen Struktur des Zellleibes verhindert, auch in dem Moment, wo einige Zeit vorher die Zellen ihr Secret völlig entleert hatten. Ebenso läßt sich erklären, daß auch in den vorderen Regionen des Darmepithels das Linom, nachdem es noch einmal deutlich sichtbar geworden ist, alsbald wieder verschwindet, so daß gegen Ende des Häutungszustandes alle Sphärocyten ein mehr oder weniger homogenes Aussehen gewonnen haben. Eine Ausstoßung von Zellen aus dem Epithelverbande in das 136 Max Braun, Darmlumen erfolgt während der Häutung in nur sehr geringem Um- fange. Die Epithelzellen geben ihre Verbindung mit der Basalmembran garnicht oder nur vorübergehend auf, wenngleich der Zusammenhang auch gelockert erscheint, wodurch es sich erklärt, daß unter der Ein- wirkung des Konservierungsmittels die Basalmembran mitsamt den fester an ihr haftenden jungen Mutterzellen besonders auf frühen Stadien nicht selten vom Epithel abgelöst erscheint. Auch da, wo es zur Ausbildung der oben beschriebenen » Regenerationssyncytien « kommt, dürfte die Verbindung der alten Epithelzellen mit der Basalmembran mittels feiner Ausläufer ihres Protoplasmas entweder aufrecht erhalten bleiben, welche Ausläufer auf Schnitten im allgemeinen natürlich nicht getroffen werden, oder, wenn tatsächlich eine vorübergehende Ab- lösung erfolgen sollte, wird die Verbindung während oder sofort nach der Differenzierung der Syncytien in einzelne Zellen wieder hergestellt. Andernfalls müßte besonders in der hinteren Hälfte des Mitteldarmes eine ziemlich umfangreiche Abstoßung alten Zellmaterials beobachtet werden. Wo Zellen aus dem Verbände entfernt werden, dürfte es sich um senil degenerierte handeln. Leider vermag ich nichts über die weiteren Schicksale des Stäb- chensaumes anzugeben. Wie erinnerlich, treten schon im frühen Stadium der Häutung intracytäre Lücken auf zwischen dem Stäbchen- saum und der ihm eng anhaftenden nutritorischen Zone einerseits und dem eigentlichen Zellleib andererseits. Diese Lücken vermehren und vergrößern sich im Laufe der Häutung beträchtlich, so daß unmittelbar nach derselben die Ablösung des Stäbchensaumes eine stellenweise schon recht in die Augen fallende ist. Diese Verhältnisse lassen sich ohne weiteres mit Leichtigkeit darauf zurückführen, daß die den Saum tragenden Zellen stark zusammengedrückt werden und demselben damit die Ansatzfläche entzogen wird. Ob nach der Häutung die Ablösung noch weiter vor sich geht, konnte ich nicht ermitteln, da ich mir das erforderliche Material an Raupen bisher noch nicht verschaffen konnte. Jedenfalls ist unmittelbar nach der Häutung von der Anlage eines neuen Stäbchensaumes noch nichts zu bemerken. B. Hyponomeuta evonymella Scop. (Fig. 12 — 14.) Das Mitteldarmepithel der Larve von Hyponomeuta evonymella ist ebenso wie bei Deil. euph. ein dimorphes, aus Sphärocyten und Calycocyten bestehendes. Die ersteren sind schlanker als bei Deil. euph., etwa drei- bis viermal so hoch wie breit; in bezug auf die hier spärlicher auftretenden Calycocyten sind wesentlich abweichende Ver- Das Mitteldarinepithel der Insektenlarven während der Häutung. 137 hältnisse nicht zu bemerken. Die Kerne beider Zellarten sind oblong, eiförmig oder elliptisch, selten rund und liegen bei den Cylinderzellen normalerweise etwas basal in ungefähr halber Zellhöhe, bei den Becher- zellen, wo sie viel weniger umfangreich erscheinen, befinden sie sich, falls sie nicht unter dem Druck des Vacuoleninhalts an die Seitenwand gepreßt sind, im Leib der Zelle unterhalb der tiefsten Stelle der Vacuole. Im Bau zeigen sie mit den Epithelzellkernen von Deil. euph. insofern Übereinstimmung, als sie sich im allgemeinen als gehöft erweisen. In einer central liegenden, hin und wieder an einer Stelle mit der Kern- membran in Berührung getretenen und sich ziemlich hell-gräulich färbenden Masse, die bei Anwendung stärkster Vergrößerung aus sehr feinen Körnchen zu bestehen scheint, sind eine beträchtliche Zahl gröberer Chromatinkörnchen eingebettet, die sich lebhaft schwarz fingieren [Eisenhämatoxylin]. Das Linom der Zellen tritt je nach dem Secretionszustancl, in dem sie sich befinden, mehr oder weniger deut- lich hervor. An seiner freien, dem Darmlumen zugekehrten Oberfläche trägt das Epithel einen deutlich entwickelten Stäbchensaum von mäßiger Höhe, an dessen Basis sich eine nicht immer erkennbare Körnchenreihe dahin- zieht. Die Regenerationszellen treten hier an der Basis des Epithels in verhältnismäßig größerer Zahl auf als bei Deil. euph. und sind auch durch ihre dunkle Färbung deutlich gegen ihre Umgebung abgegrenzt. Der stets gehöfte, im Schnitt kreisrunde Kern füllt die Zelle fast immer nahezu vollständig aus, so daß der zugehörige Zeilleib nur als schmaler Ring erkennbar ist. Als wesentlicher Unterschied gegen Deil. euph. fällt hier das Vor- handensein einer reichlichen Zahl jugendlicher Zellen auf, die unab- hängig von den Häutungen im normalen Epithel auf allen Entwicklungs- stufen angetroffen werden, und sich von der Basis her zwischen die alten Epithelzellen einkeilen oder auch in sie hineinwachsen (Fig. 12). Niemals ist in ihnen ein Zellgerüst zu beobachten, selbst dann nicht, wenn sie bereits die Höhe des Epithels erreicht haben. Sie haben immer ein homogenes Aussehen, ein Verhalten, wie ich es übrigens auch bei Deil. euph. konstatieren konnte. Während der Häutung tritt eine bedeutend lebhaftere Proliferation der Epithelmutterzellen ein, und es gelangen ganz ähnliche Verhältnisse zur Beobachtung wie wir sie bei Deil euph. kennen gelernt haben. Auch hier kommt es stellenweise zur Ausbildung von Syncytien, auch hier gehen die Kerne der emporwachsenden Zellen aus der ungehöften 138 Max Braun, in die gehöfte Form über, wobei zu gleicher Zeit eine Vermehrung der Chromatinkörnchen eintritt. Auf einem sehr frühen Entwicklungs- stadium erfüllt die körnelige Grundsubstanz, in welcher dieselben ein- gebettet sind, den Kernraum fast vollständig (Fig. 136), nur hier und da als Andeutung des späteren Ringhofes einen schmalen Raum zwischen sich und der Membran freilassend. Erst später gelangt dann der Ring- hof zur vollständigen Ausbildung (Fig. 146). Während die jugendlichen Elemente in die Höhe wachsen, bleiben an der Basis wieder einige Kerne unter Beibehaltung ihrer embryonalen Charaktere liegen, um das Material für weitere Regenerationszellen zu liefern. Das Linom der Sphärocyten erleidet ähnliche Veränderungen wie bei Deil. euph. Auf früheren Stadien der Häutung ist es deutlich aus- gebildet, später wird es undeutlicher, um schließlich ganz zu ver- schwinden1. Aus dem Epithel in das Darmlumen ausgestoßene Zellen wurden ebensowenig wie Kernteilungsfiguren gefunden. Intracytäre Lücken zwischen dem Stäbchensaum und dem übrigen Teil der Zelle treten im Endstadium der Häutung auf, ihre Zahl ist aber eine ganz geringe, so daß ihnen weitere Bedeutung nicht zuzu- schreiben ist. Kapitel II. Hymenoptera. Arge. (Fig. 15—19.) Die Larve wurde nach Konow (1901 — 1905) bestimmt. Das Mitteldarmepithel der von mir untersuchten Tenthrediniden- larve ist einschichtig und homomorph, nur aus Cylinderzellen be- stehend, die etwa zwei- bis dreimal so hoch wie breit erscheinen und nicht immer deutlich gegeneinander abgegrenzt sind. An ihrem apicalen Ende tragen sie einen im allgemeinen deutlich entwickelten Stäbchensaum, der nur an manchen Stellen vermißt wird, an anderen dagegen zu enormer Höhe ausgebildet ist, so daß er stellenweise halb so hoch wie die ganze Zelle werden kann. Die Zellen weisen meist ein Gerüst auf, dessen Elemente das Plasma von der Basis bis zur freien Oberfläche der Zelle durchsetzen und sich unterhalb des Stäbchen- 1 Ein gesetzmäßiges Verhalten der Calycocyten war bei keiner der beiden Raupen zu konstatieren. Es wurde bei Deil. euph. nur eine mit der Häutung fortschreitende Verkleinerung der Vacuolen im hinteren Drittel des Mitteldarmes beobachtet [Druckverhältnisse!]. Erst unmittelbar nach der Häutung scheint dann eine lebhaftere Tätigkeit der Calycocyten zu beginnen. Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 139 saumes in einer mäßig breiten Schicht dichtgelagerter Körnchen ver- lieren [nutritorische Zone]. Die Fädchen des Gerüstes verlassen ihre Richtung nur zum Umgreifen des Kernes und bilden mitunter in der oberen Zellhälfte ein Netzwerk. Vielfach ist infolge reichlicher Ein- lagerung feinster Körnchen das Linom überhaupt nicht erkennbar. Der im Schnitt ovale oder elliptische, selten kreisrunde Kern liegt in halber Zellhöhe, etwas apical, kann aber auch bis an die nutri- torische Zone heranrücken. Er ist im allgemeinen gehöft und weist im Centrum eine dichtgedrängte Masse feiner Chromatinkörnchen auf, die nur bei stärkster Vergrößerung und intensivster Belichtung erkannt werden können. Abweichende Kernformen werden in größerer Menge beobachtet und dürften gewisse Secretionszustände der Zelle reprä- sentieren, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Mitunter werden mehrere, häufig zwei Kerne in einer Zelle beob- achtet, die im letzteren Falle eng aneinandergelagert meist in der Hauptachse derselben liegen, so daß einer dem Stäbchensaum, der andere der Basis zugewendet ist (Fig. 15). Kernteilungsfiguren konnten nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden, vielleicht verdient hier Beachtung, daß in einem Falle zwischen zwei Kernen, zwischen denen eine Zellgrenze nur undeutlich entwickelt war, durch diese hindurch eine die Chromatincentren beider Kerne verbindende Brücke aus- gebildet war (Fig. 16). An der Basis des Epithels liegen die hier ebenfalls einkernigen und anscheinend nur spärlich vorhandenen Regenerationsinseln. Ihre Kerne sind ungehöft und tingieren sich nur schwach. Das Chromatin ist in äußerst feinen staubförmigen Partikelchen im ganzen Kernraum verteilt. Im Epithel werden immer, ähnlich wie bei Hyp. evon., zwischen den auseinandergedrängten Cylinderzellen eingekeilt, jugendliche Ele- mente jeglichen Entwicklungszustandes angetroffen. Im frühen Sta- dium ist der Kern noch ungehöft und genau gleich dem der Regenera- tionsinseln gebaut, später geht er allmählich in die gehöfte Form über (Fig. 17). Im Häutungszustand bietet das Epithel bis auf die Kerne der alten Zellen, die gewisse mit der Secretion zusammenhängende Ver- änderungen in der Anordnung ihres Chromatins erleiden, genau den- selben Anblick wie im Normalzustand. Die aufwachsenden Zellen erscheinen nicht vermehrt und werden auch hier in den verschiedensten Stadien ihrer Entwicklung beobachtet. Hin und wieder konnten aus dem Epithelverbande in das Darmlumen ausgestoßene Zellen nach- 140 Max Braun, gewiesen werden, kenntlich an dem Besitz eines schon im Zerfall be- griffenen Kernes (Fig. 18). Was die oben angedeuteten Veränderungen der alten Kerne an- belangt, so ist zu sagen, daß ihr Chromatin sich im Laufe der Häutung zu mehreren größeren Klumpen zusammenballt, die dann in einer central angeordneten feinkörneligen, minder intensiv gefärbten Masse eingelagert sind (Fig. 19). Ganz ähnliche Kernbilder werden auch zwischen den Häutungen, allerdings nur vereinzelt, angetroffen. Das Mitteldarmepithel weist also in bezug auf die Ausbildung jugendlicher Zellen im Gegensatz zur Raupe von Hyp. evon. im Häu- tungszustand keine anderen Verhältnisse auf als sonst. Es verdient hier noch mitgeteilt zu werden, daß immer im Mittel- darmepithel Stellen angetroffen werden, wo die Zellen dicht aneinander- gedrängt liegen, so daß ihre Nebenachsen sehr verkürzt erscheinen. Möglicherweise sind hier Zellteilungen oder umfangreichere Einschie- bungen jugendlicher Elemente vorangegangen. Kapitel III. Diptera. CalUphora (Fig. 20—23). Das Mitteldarmepithel der CalliphorarLajve ist schon des öfteren Gegenstand der Untersuchungen der Forscher gewesen, welche ihr Interesse besonders seinem Schicksale während der Metamorphose zugewendet haben (Weissmann [1864], Kowalevsky [1887], Pekez [1910] u. a.). Die Zellen sind kubisch, mitunter von schwach cylindrischer Ge- stalt oder auch mehr abgeflacht und tragen an ihrem freien Ende einen niedrigen aber deutlich entwickelten Stäbchensaum, an dessen Basis sich eine nutritorische Zone dahinzieht, die stellenweise auch fehlen kann. Sie bieten mitunter einen eigenartigen Anblick dadurch, daß sie, wie es auch im Laufe der Häutung beobachtet wird, basal einen seitlichen Ausläufer zeigen und somit in zwei Abschnitte geteilt erscheinen, einen höheren, der den Kern enthält, und einen niedrigeren, der die Verbindung zur Nachbarzelle herstellt (Fig. 22). Das Gerüst tritt stellenweise, und zwar besonders in den hinteren Regionen des Mitteldarmes, im apicalen Teil der Zelle in Form eines unregelmäßigen Netzwerkes hervor, während es an anderen Stellen infolge Anwesenheit vieler feiner Körnchen innerhalb des Plasmas, die der Zelle ein fast homogenes Aussehen verleihen können, nicht erkannt werden kann (Fig. 20). In bezug auf gewisse kugelförmige Einlagerungen, die hier und da innerhalb des Zellkörpers beobachtet werden, schreibt Perez Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 141 (1910): «Les cellules epitheliales de cet intestin moyen presentent une particularite assez remarquable. Je ny ai jamais observe aucun Pro- cessus cytologique de secretion, analogue ä ceux que l'on a si souvent decrits dans les epitheliums intestinaux les plus divers: Jamais la moindre inclusion qui puisse etre interpretee comme un grain de pro- ferment. Les cellules sont au contraire bourrees, avec une abondance extreme, de globules de graisse, generalement alignes en direction normale ä la surface, et ne laissant entre eux que de fines trabecules protoplasmiques de meme direction. » Ich werde auf diese Verhältnisse noch zurückkommen. Die Kerne der Epithelzellen liegen im allgemeinen in der Mitte der Zelle, doch kommen vielfach Abweichungen von dieser Lage vor. Sie sind meist gehöft. Nicht selten erscheint die im Centrum angehäufte Chromatinmasse in viele gröbere Körnchen aufgelöst, die noch inso- fern eine regelmäßige Lagerung erkennen lassen können, als sie mit- unter einen mehr oder weniger deutlichen Ringhof an der Kernmembran freilassen. Die Kerne sind im Schnitt kreisrund, elliptisch oder auch von unregelmäßiger Gestalt. An der Basis des Epithels liegen die im vorliegenden Alterszustand noch einkernigen Regenerationsinseln, die später mehrkernig werden und eine große Rolle bei der Metamorphose spielen (Perez [1908, 1910]), aber auch schon vorher als jugendliche Zellen in das Epithel hineinwachsen können (Fig. 20). Irgendwelche charakteristischen Veränderungen erleiden die Re- generationsinseln während der Häutung nicht. Nur die Kerne der Epithelzellen zeigen im Laufe derselben ein wechselndes Aussehen, das wahrscheinlich in näherem Zusammenhang mit der Secretion der Zellen steht. Wir sehen in frühen Häutungsstadien neben dem central angeordneten Chromatin innerhalb des Ringhofes einige feine Chromatin- körnchen liegen (Fig. 21), die sich unter Verkleinerung und Auflockerung der centralen Masse allmählich vermehren (Fig. 22), bis der Kern endlich jede Andeutung eines Hofes verloren hat (Fig. 23), und das Chromatin in Form feiner unregelmäßiger Körnchen in ungesetz- mäßiger Anordnung über den ganzen Kernraum verteilt ist. Eine Untersuchung über die Secretion im Mitteldarm der Calliphora-L&ive, ähnlich wie sie Deegener (1909, 1910) an anderen Objekten angestellt hat, würde höchstwahrscheinlich genauen Aufschluß über die Natur dieser Vorgänge geben. Gleichzeitig beobachtet man eine Vermehrung der von Perez be- schriebenen «globules de graisse» innerhalb der Zelle. In einem ge- wissen Stadium der Häutung kommt es dann zur Abstoßung solcher 142 Max Braun, Fettkugelansammlungen derart, daß der ganze apicale Teil der Zelle, der die Fettkügelchen enthält, abgeschnürt wird (Fig. 23). Es muß zunächst dahingestellt bleiben, ob dies ein Secretionsvorgang ist, die «globules de graisse» somit als Secrettröpfchen angesehen werden müssen. Kapithel IV. Coleoptera. A. Melasoma vigintipunctata Scop. (Fig. 24 u. 25.) Das einschichtige und homomorphe Mitteldarmepithel der Larve von Melasoma vigintipunctata wird von mäßig hohen, etwa zwei- bis viermal so hohen als breiten Cylinderzellen gebildet, die an ihrem dem Darmlumen zugekehrten Ende einen niedrigen Stäbchensaum tragen, dessen basale Körnerreihe stellenweise deutlich erkennbar wird. Die immer klar hervortretenden Fädchen des Zellgerüstes halten die Rich- tung von der Basis zum apicalen Ende der Zelle inne, verlaufen also der Hauptachse parallel und weichen aus ihrer Richtung nur ab, um den Kern zu umfassen. Unterhalb des Stäbchensaumes verlieren sie sich in eine breite, anscheinend homogene Zone, die bei Anwendung stärkster Vergrößerung sich als aus feinen Körnchen zusammengesetzt erweist, und innerhalb deren mitunter sogar die Zellgrenzen nicht erkennbar sind. Auch basal sind die Elemente des Zellgerüstes stellen- weise nicht voneinander zu trennen, so daß hier die Zelle ein homo- genes Aussehen erhält. Apical vom Kern kommt es vielfach zur Aus- bildung eines Netzwerkes, auch werden in unmittelbarer Nachbar- schaft desselben häufig einige blaßgefärbte Vacuolen beobachtet. Die großen Kerne liegen in der unteren Hälfte der Zelle, jedoch der Mitte derselben genähert. Sie weisen ein deutliches feinmaschiges Gerüst auf, in das eine große Anzahl ziemlich grober Chromatinkörn- chen eingelagert ist, die im allgemeinen im Centrum des Kernes zu- sammengedrängt sind, so daß an der Kernmembran eine mäßig breite Zone entsteht, in der Chromatinpartikelchen gar nicht oder nur in sehr geringer Zahl vorkommen. Unmittelbar an der Kernmembran liegt eine dichte Reihe feinerer, intensiv schwarz gefärbter Körner. Die Kerne besitzen im Schnitt die Form einer Ellipse, deren große Achse in der Hauptachse der Zelle, mitunter, und dann nur bei verhältnis- mäßig niedrigen und breiten Zellen, in der Nebenachse derselben liegt. An der Basis des Epithels, fast immer zwischen zwei benachbarten Zellen, bemerkt man die hier in großer Zahl auftretenden, sehr deut- lichen einkernigen Regenerationszellen, die sich vermöge ihrer dunklen Färbung scharf von ihrer Umgebung abheben. Ihr großer, sie mit- Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 143 unter fast ganz ausfüllender Kern ist kreisrund, oblong oder elliptisch von wechselndem, meist geringem Gehalt an Chromatin, das in Form von Körnchen in das wohlausgebildete Kerngerüst eingelagert ist (Fig. 24). Vielfach liegt der Kern der Basalmembran nicht unmittelbar an, sondern in einiger Entfernung von ihr, so daß die Regenerationszelle ein knopfförmiges Aussehen gewinnt. Es handelt sich hier wohl um aufwachsende Elemente, die man im Epithel des Mitteldarmes unserer Chrysomelidenlarve immer in jedem Größenzustand antrifft, und an denen man deutlich erkennen kann, wie der Kern allmählich seine embryonale Struktur verliert, um die Gestalt des Kernes der tätigen Epithelzellen anzunehmen. Die aufwachsenden jugendlichen Zellen treiben die alten auseinander und zeichnen sich durch die intensive, dunkle Färbung ihrer in das Epithel vorgetriebenen apicalen Spitze aus. Vielfach bemerkt man an der Basis solcher in die Höhe wach- senden Elemente einen zweiten Kern, aus dem eine spätere Regenera- tionsinsel hervorgeht. Ganz ähnlich wie wir es bei der Raupe von Hyp. evon. gesehen haben, tritt auch hier während der Häutung eine lebhafte Proliferation derselben ein, so daß wir alsdann im Mitteldarmepithel immer eine große Zahl auf gleicher Entwicklungsstufe befindlicher jugendlicher Zellen antreffen, die, jenachdem wie weit die Häutung vorgeschritten ist, sich mehr oder weniger ihrer definitiven Gestalt genähert haben (Fig. 25). Im Anfang der Häutung findet man in den nunmehr teilweise mehrkernigen Regenerationszellen reichlich Mitosen, deren Achse un- gefähr senkrecht zur Basis der Zellen steht, so daß also von den Tochterkernen einer basal liegen bleibt [für eine spätere Regenera- tionszelle] während der andre dem apicalen Pole zugewendet ist und wahrscheinlich mit der Zelle in das Epithel hinaufwächst. Eine eingehende Beschreibung der endgültigen Ausbildung der jugendlichen Elemente kann hier unterbleiben, da sie im wesentlichen auf das bei Beil. und Hyp. Gesagte hinauslaufen würde. B. Dermestes lardarius L. Normalzustand (Fig. 26—28). Das Mitteldarmepithel der Larve von Dermestes lardarius besteht aus einer einfachen Schicht hoher cylindrischer Zellen, deren Gerüst im allgemeinen nicht erkannt werden kann und nur in wenigen Fällen als feine undeutliche Längsstreifung hervortritt. Basal färbt sich das 144 Max Braun. Plasma der Zellen intensiver als der übrige Teil, und an der oberen Zellgrenze zieht sich eine schmale Körnchenzone dahin, die bei schwacher Vergrößerung wie eine homogene Schicht aussieht und auf weite Strecken hin fehlen kann. An seiner freien, dem Darmlumen zugekehrten Fläche ist das Epithel von einem mäßig hohen, deutlichen Stäbchensaum bekleidet, der nirgendwo zu fehlen scheint, und an dem zwei Reihen von Körn- chen, eine Basalkörnerreihe und eine extracytäre, der Stäbchenbasis genäherte, unschwer beobachtet werden können. Die Oberfläche des Epithels ist keine ebene, sondern weist im Längsschnitt eine Reihe ziemlich nahe beieinander liegender mulden- förmiger Einsenkungen auf, die dadurch hervorgerufen werden, daß in gewissen Abständen die Hauptachse der Epithelzellen verkürzt erscheint. Diese Vertiefungen stehen in keinem gesetzmäßigen Zu- sammenhang mit den weiter unten zu beschreibenden Regenerations- inseln. Die länglich elliptischen Kerne liegen in regelmäßiger Reihe in halber Höhe des Epithels (große Achse in der Richtung der Haupt- achse der Zelle) und zeichnen sich durch eine gewisse Armut an färb- barer Substanz aus. Einige wenige Chromatinkörnchen sind unregel- mäßig eingelagert in die feinkörnelige, nur schwach färbbare Grund- substanz, die den Raum des Kernes völlig ausfüllt und ihn, da sie heller gefärbt ist als das umliegende Zellplasma, auch da als deutlich begrenztes Gebilde hervortreten läßt, wo er von einer Membran, wie es häufig vorzukommen scheint, nicht umgeben ist (Fig. 26). Apical vom Kern, der oberen Zellgrenze genähert, finden wir in fast allen Epithelzellen, in besonders reichlicher Zahl bei solchen Larven, die kurz vor dem Übergang in den Häutungszustand oder während desselben konserviert worden waren, Gebilde, die, im allgemeinen von Kugelgestalt, mitunter auch unregelmäßig geformt, schon im ungefärbten Präparat als hell glänzende Partikel von intensivem Lichtbrechungs- vermögen hervortreten und sich in Eisenhämatoxylin nach Heiden- hain schwarz, in Hämatoxylin nach Ehrlich weinrot färben. Es ist mir unbekannt, als was diese Einschlüsse aufzufassen sind, ob als Secret- oder Excretkörner oder irgendwelche andre Substanzen. Von der Muskelpleura wird das Rohr des Mitteldarmes durch eine feine Membran getrennt, die nirgendwo eine Unterbrechung zeigt. Auf ihr ruhen in gewissen, mehr oder weniger großen Abständen die im voll ausgebildeten Zustand vielkernigen Regenerationsinseln [Re- generationscrypten]. Sie enthalten in einer sich ziemlich lebhaft tingierenden Protoplasmamenge eingebettet, in der außer einer un- Das Mitteldarniepithel der Insektenlarven während der Häutung. 145 deutlichen Körnelimg irgendwelche Strukturen nicht wahrgenommen werden können, eine beträchtliche Anzahl ungleich großer Kerne von sehr geringem Chromatingehalt. Häufig trifft man in ihnen auf caryo- kinetische Figuren. Die Regenerationsinseln sind von wechselnder Gestalt. Am häufigsten haben sie die Form knollenförmiger Gebilde, die mit breiter Basis auf der hier etwas in das umliegende Muskel- gewebe vorgewölbten Membran ruhen, welche ich nunmehr in Rück- sicht auf die Regenerationsinseln und ihre Funktion dem sich neu- bildenden Epithel gegenüber als Stützmembran bezeichnen werde. Kurz vor jeder Regenerationsinsel entsendet sie einen Ausläufer, welcher dieselbe gegen die Prinzipalachse des Darmes hin umfaßt, so daß sie auf allen Seiten von einer festen Hülle umgeben ist und mit den Epithel- zellen, von denen sie noch durch eine weitere sogleich zu beschreibende Schicht getrennt ist, nicht in Berührung kommt (Fig. 26). Die Zellen des Epithels stehen nämlich nicht direkt auf der Stütz- membran, sondern es zieht sich an ihrer Basis eine mächtige Lamelle dahin, die sich mit Pikrinsäure lebhaft gelb färbt und durch ihre Wider- standsfähigkeit gegen Kalilauge als Chitinschicht erweist. Sie besitzt im völlig ausgebildeten Zustand stellenweise die Dicke der äußeren Cuticula und bildet regelmäßige Ausbuchtungen um die Regenerations- inseln herum. Die Stützmembran liegt also zwischen der Darmmusku- latur und der Chitinlamelle, die man aber nicht als basales Abscheidungs- produkt der tätigen Epithelzellen betrachten darf, sondern als Ergatom gewisser, in dieser Richtung eigens differenzierter, basal liegender Elemente des Mitteldarmepithels ansehen muß. Die Reste dieser Bildungszellen findet man auf verschiedenen Stufen des Verfalles be- sonders an den vorerwähnten Ausbuchtungen der Chitinschicht. Sie erweisen sich als mehr oder minder deutlich entwickelte Kerne, die, teilweise noch mit einem Überbleibsel des zugehörigen Zellkörpers versehen, durch allseitige Chitinabscheidung bereits ganz in das Innere der von ihnen ausgebildeten Lamelle verlagert sein können, die dann im Schnitt häufig in mehrere Äste gespalten erscheint (Fig. 27), oder die Chitinabsonderung ist noch nicht so weit vorgeschritten und hat auf der dem Darmlumen zugekehrten Seite noch garnicht oder eben erst begonnen (Fig. 28). Über den Zweck der Chitinlamelle ist näheres nicht zu ermitteln (s. auch Schluß). Häutung (Fig. 29—34). Der Beginn der Häutung charakterisiert sich im .Mitteldarm- epithel der Dermestes-Lawe durch eine Abflachung der Regenerations- zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 10 146 Max Braun, inseln, die miteinander in Verbindung treten, wobei die Stützmembran der Länge nach gespalten wird, oder die sieb, ausbreitenden Inseln fortwährend an ihrer freien Oberfläche eine Membran abscheiden (Fig. 29, 30). Welche von diesen beiden Ansichten die richtige sein mag, kann ich nicht mit Sicherheit angeben, möchte mich aber der ersteren zuneigen. Jedenfalls bleibt das sich ausbildende jugendliche Epithel dauernd durch eine Membran einerseits gegen die Muskulatur, andererseits gegen das Darmlumen abgegrenzt. Der von vornherein nicht sehr innige Zusammenhang der basalen Ckitinlamelle mit der auf ihr ruhenden Zellschicht des Mitteldarmes zeigt sich soweit gelockert, daß es unter der Einwirkung des Konser- vierungsmittels stellenweise zu einer völligen Abhebung des Epithels kommt, das schon die Zeichen des beginnenden Zerfalls trägt. Die Zellgrenzen sind im Verschwinden begriffen, die Anzahl der Kerne erscheint vermindert und das Protoplasma erweist sich als von einem grobmaschigen Netzwerk durchzogen, das dem alten Epithel ein un- regelmäßig vaeuoläres Aussehen verleiht. Eine nutritorische Zone ist nicht mehr vorhanden, der Stäbchensaum ist stellenweise aufgelöst, läßt jedoch an seinen noch intakten Partien beide Körnchenreihen erkennen. Die weiter oben beschriebenen rätselhaften kugelförmigen Gebilde treten mit großer Deutlichkeit hervor. Die Regenerationsinseln, die zunächst nur abgeflacht oder durch eine schmale Protoplasmabrücke verbunden waren, breiten sich nun unter weiterer Vermehrung der Kerne allmählich immer mehr aus und fließen schließlich so ineinander über, daß die Stellen, wo sie bisher gelegen waren, nicht mehr erkannt werden können. So ent- steht eine niedrige Protoplasmaschicht, in der ein unregelmäßiges, engmaschiges Netzwerk klar hervortritt, und die eine nicht unbe- trächtliche Anzahl sehr chromatinarmer, aber mit deutlicher Membran versehener Kerne enthält. Sie ist sowohl basal als auch apical von einer Membran begrenzt, über deren Herkunft schon oben das Nötige gesagt wurde, und von denen die eine, dem Darmlumen zugekehrte, stellenweise eine Längsspaltung erkennen läßt. Zellgrenzen, sowie eine regelmäßige Anordnung der Kerne, die ein Gerüst feiner Fädchen und mitunter nur ein einziges kleines Chromatinkörnchen enthalten, sind in dem jungendlichen Epithel noch nicht vorhanden (Fig. 31). Das alte Epithel ist inzwischen weiter seinem Verfall entgegen- gegangen. Es zeigt einen noch mehr gelockerten Aufbau als im Be- ginn des Häutungsprozesses und enthält eine Anzahl größerer Lücken, in denen mitunter viele feine Körnchen liegen. Dicht unter dem nur Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 147 noch stellenweise vorhandenen Stäbchensaum, dessen beide Körner- reihen dann immer noch nicht ihre Deutlichkeit eingebüßt haben, liegt eine breite Zone dicht aneinandergelagerter Körnchen, die frei ist von jenen eigenartigen schwarz gefärbten Kugeln, die jetzt in großer Zahl in den oberflächlichen Partien des alten Epithels beobachtet wer- den und sich auf das deutlichste von ihrer Umgebung abheben. Mehr basal und in nicht mehr regelmäßiger Anordnung liegen die nur noch in geringer Zahl vorhandenen Kerne, die sich nunmehr als sehr chro- matinarm erweisen, stellenweise der Membran entbehren und nicht selten anscheinend im Zerfall begriffen sind. Zellgrenzen sind natür- lich nirgendwo mehr zu erkennen. Die basale Chitinlamelle zeigt noch die Ausbuchtungen, in denen früher die Regenerationsinseln gelegen waren, ihre Konturen sind aber nicht mehr scharf sondern zerfasert, und es tritt eine feine Längsstreif ung der Lamelle, in der jetzt Kerne vermißt werden, hervor. Das alte Epithel liegt in diesem Stadium noch seiner ganzen Länge nach dem jungen auf, von ihm durch einen Zwischenraum getrennt, in dem sich keine Zellen vorfinden (gegen Möbusz), und der, abgesehen von der oben beschriebenen Membran und einer geringen Menge einer gelblich gefärbten, anscheinend ge- ronnenen Masse, vollständig leer ist (Fig. 31). Mit der weiteren Aus- bildung des jungen Epithels geht nun eine durch die Peristaltik de& Darmes bewirkte Verlagerung des abgestoßenen in die hinteren Re- gionen des Mitteldarmes Hand in Hand. In dem jungen Epithel ordnen sich die Kerne, deren Chromatin- gehalt nun eine geringe Vermehrung erfährt, allmählich in einer sich in etwa halber Höhe dahinziehenden Reihe an, wobei zu gleicher Zeit die Ausbildung eines Stäbchensaumes mit zunächst noch einfacher Basalkörnerreihe erfolgt. Einige Kerne jedoch bleiben an der Basis des mit einem feinen engmaschigen Netzwerk durchzogenen Epithels liegen. Sie sind kleiner als die emporgewanderten, von länglich gestreckter Gestalt und größerem Chromatingehalt und nichts anderes als die Kerne der oben beschriebenen Bildungszellen der basalen Chitinlamelle, mit deren Ausscheidung auch alsbald begonnen wird. Auf einem gewissen Stadium, wo das jugend- liche Epithel noch keine Zellgrenzen enthält, seine Kerne aber schon sämtlich in ungefähr derselben Höhe liegen1, ist sie bereits als deutlich doppelt konturierte, lebhaft gelb gefärbte Schicht an der Basis des Epithels zu erkennen und enthält sogar schon einige Kerne, während 1 Zustand unmittelbar nach der Häutung. 10* 148 Max Braun, andere ihr breit angelagert sind. Zwischen ihr und der von vornherein liegen gebliebenen Stützmembran (oder vielleicht besser: dem von vorn- herein liegen gebliebenen Teile der Stützmembran) bemerkt man in ge- ringen Abständen kleine Protoplasmaklümpchen, die hier und da noch miteinander verbunden sind und einen oder mehrere Kerne enthalten. Dies sind die künftigen Regenerationsinseln (Fig. 32). Das Epithel wächst nun rasch zu seiner definitiven Höhe heran, die Zellgrenzen bilden sich aus, in den jugendlichen Regenerationsinseln beginnen lebhafte Kernteilungsprozesse, und bald hat das neue Epithel seine endgültige Ausbildung erfahren. Das alte Epithel liegt unmittelbar nach der Häutung in Form eines unregelmäßig gestalteten Sackes in dem hinteren Teile des Mittel- darmes (Fig. 33), um bald aus dem Darm entleert zu werden. Es ist dicht gefüllt mit einer gelb gefärbten Masse (»gelber Körper« der Autoren), die schon zu Beginn der Häutung in dem sonst leeren Mittel- darme zu erkennen war, aber in sehr lockerer Verteilung. Das abge- stoßene Epithel ist umgeben von der stark gefalteten alten basalen Chitinlamelle, deren Konturen stellenweise noch weniger scharf ge- worden sind, als es auf früheren Stadien beobachtet wurde, und die eine deutliche Längsfaserung erkennen läßt. Außerhalb von ihr, im neuen Darmlumen, liegt eine mehrfach verästelte membranöse Hülle, die nichts anderes ist als die im Verlauf der Häutung zwischen dem jugendlichen und alten Epithel beobachtete, nunmehr mit abgestoßene Membran. In dem alten Epithel treten wieder die rätselhaften schwarzen Kugeln klar hervor. Sie sind jetzt von beträchtlicher Größe, aber in geringerer Zahl vorhanden als vorher. Die Kerne haben, so weit sie noch als solche in dem unregelmäßig granulierten und vacuolisierten Protoplasma des alten Epithels überhaupt erkennbar sind, eine un- regelmäßige amöboide Gestalt angenommen und enthalten eine große Zahl wenig lebhaft gefärbter Körnchen. Der Stäbchensaum ist stellen- weise noch als undeutlicher, schmutzig gelb gefärbter Streifen zu er- kennen (Fig. 34). Neben dem »gelben Körper« bemerkt man in dem nunmehr mit einem neuen, allerdings noch nicht völlig ausgebildeten Epithel aus- gekleideten Darmlumen an einigen Stellen eine gelb gefärbte Masse, die große Ähnlichkeit mit der von dem abgestoßenen Epithelschlauch umschlossenen zeigt und aus demselben vielleicht durch stellenweises Zerreißen seiner Wandung frei geworden ist. Möglicherweise stellt sie auch ein Secret des neuen jugendlichen Epithels dar. Bald nach der Häutung wird dann das abgestoßene Darmepithel (zusammen mit Das Mitteldarmepithe] der Insektenlarven während der Häutung. 149 den ersten Fäces?) entleert und das neue, nunmehr völlig ausgebildete, beginnt seine eigentliche Tätigkeit, um nach einigen Tagen seinerseits wieder der Abstoßung zu verfallen. Auf die Bedeutung des eben beschriebenen Häutungsprozesses ist im Schluß näher eingegangen worden. Leider konnte ich keinen Aufschluß über das Wesen der im Mittel- darmepithel der Dermestes-La,Tve auftretenden schwarz gefärbten Kügel- chen gewinnen, die bei der jedesmaligen Häutung zusammen mit dem Epithel aus dem Körper des Insektes entfernt werden. Ihre Natur bleibt somit zweifelhaft, ebensowenig wie entschieden werden konnte, ob sie mit den von Prowazek und Folsom und Welles beschriebenen kugelförmigen Gebilden identisch sind. Eine konzentrische Schichtung konnte an ihnen jedenfalls nicht wahrgenommen werden. Die von Möbusz (1897) für die Anihrenus- und Dermestes-hsuve gegebene Schilderung des Verlaufes der Mitteldarmhäutung weicht von der meinigen in wesentlichen Punkten ab, besonders was das allerdings eigenartige Verhalten der Stützmembran, die Möbusz anscheinend ganz entgangen ist, und die Anordnung der Regenerationsinseln anbe- trifft. Möbusz beschreibt und zeichnet dieselben als in unmittelbarem Zusammenhang mit den Zellen des Epithels stehend, wie es für viele Insekten, aber nicht für die Larve von Dermestes zutrifft. Auch in anderer Hinsicht kann ich Möbusz nicht beistimmen. Da er aber selbst angibt, daß ihm bei seiner Untersuchung nur wenige Häutungsstadien zur Verfügung gestanden und besonders die frühesten gefehlt hätten, gehe ich auf seine Arbeit nicht näher ein und werde im Schluß nur noch einige von ihm gezogene theoretische Folgerungen besprechen. Schlußbemerkungen. Wir stehen am Ende unsrer Untersuchungen. Wir haben gesehen, daß, von Dermestes abgesehen, die im Mitteldarm während der jedes- maligen Häutung auftretenden Zellvermehrungs- und Wachstumsvor- gänge eine regenerative Bedeutung nur in sehr geringem Maße be- sitzen, daß sie vor allen Dingen den Zweck haben, das nach der Häutung sich ergebende rasche Längen- und Dickenwachstum des Mitteldarmes zu ermöglichen. Während der Bildung der neuen Cuticula, solange die Larve noch in ihrer alten Haut steckt, ist eine Ausdehnung des Darmkanals nur in beschränktem Grade und allein durch Faltung der Darmwände zu 150 Max Braun, erzielen, wie sie bei einigen Formen (Lepidopterenlarven) vielleicht auftreten mag. Tritt nun im Häutungszustand eine starke Proliferation der Epithel- mutterzellen ein, so bleiben sie, wenn sie ihre normale Höhe erreicht haben, in ihren sonstigen Dimensionen zurück (Deil. euph. und Hyp. evon.), so daß sie ebenso wie die alten Epithelzellen zum Teil seitlich stark komprimiert erscheinen. Erst nachdem die Larve ihre alte Cuticula abgestreift hat, setzt ein starkes Wachstum des Darmes ein, das sich nun ohne umfangreiche neue Nachschiebimg jugendlicher Zellen, einfach durch Ausdehnung der während der Häutung emporgewachsenen, bewerkstelligen kann, eine Ausdehnung, mit der zugleich die eigentliche Tätigkeit der jungen Darmzellen beginnt. Da, wo eine so umfangreiche Proliferation der Epithelmutter- zellen nicht zu beobachten ist {Arge), nehmen die jungen Zellen rasch ihre definitive Gestalt an, und eine seitliche Komprimierung der alten Darmzellen findet nicht statt. Wir sahen, daß der bei gewissen Insekten während ihres ganzen Larvenlebens stattfindenden kontinuierlichen Einschiebung jugend- licher Zellen von der Basis her bei anderen Larven ein Zusammen- drängen solcher genetischen Vorgänge in die Zeit der Häutung gegen- über steht. Es macht sich die Tendenz geltend, ein von den periodischen Häutungen zunächst unabhängiges Wachstum des Mitteldarmes völlig in die Zeit der Häutung zu verlegen, wo er fast vollständig funktionslos bleibt, »also der gegebene Zeitpunkt für histogenetische und histo- lvtische Vorgänge an ihm« (Deegener [1911]) gekommen ist. Die »Regenerationsinseln«, die in verschiedener Ausbildung und Lage im Mitteldarmepithel aller Insektenlarven jeglichen Alters zu finden sind (mit Ausnahme anscheinend der Ephemeriden: Fritze [1889], Leite [1911]), dienen, abgesehen von den Vorgängen während der Metamorphose und den Fällen periodischer Abstoßimg und Er- neuerung des gesamten Mitteldarmepithels, in erster Linie durch Emission jugendlicher Zellen dem Wachstum dieses Darmabschnittes; erst in zweiter Linie kommen sie für den Ersatz verloren gegangener Elemente in Betracht. Die Abstoßung einzelner Zellen in das Darm- lumen findet allerdings gelegentlich statt (Gehuchten [1890]) Bal- biani [1890], Russ [1908], Deegener [1908, 1909], Poyarcoff [1910]) und ist auch von mir bei Deil. euph. und Arge beobachtet worden, niemals dürfte es aber die Regel sein (wie es z. B. Frenzel [1891] für homomorphe Mitteldarmepithelien ausspricht), daß eine Zelle erst Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 151 absorbierend tätig sei, um alsdann sezernierend zugrunde zu geben. Im Gegenteil haben die Mitteldarmepithelzellen eine im allgemeinen lange Lebensdauer und können mehrmals sezernieren und dazwischen wieder Ruhezustände durchlaufen oder resorbierende Tätigkeit ausüben. Über die Herkunft der Epithelinseln sind mancherlei zum Teil höchst eigenartige Theorien laut geworden. Leeuwen [1908] läßt sie bei Isosoma graminicola aus Wanderzellen entstehen, die zwischen die Muskelzellen hindurchkriechen und sich schließlich in das Darmepithel begeben. Er schließt sich damit der von Anglas [1901] ausgesprochenen Meinung an. Rouville [1895] war es sogar vergönnt, «d'assister au passage des noyaux du tissu conjonctif qui, peu ä peu apres s'etre divises amitotiquement, s'entouraient d'une couche protoplasmique et se glissaient au-dessous des cellules epitheliales sur le point de tomber dans la hindere de l'intestin.» Derartige irrige Ansichten können dadurch entstehen^ daß, wie ich es bei Deil. euph. auch beobachten konnte, bei sehr reichlicher Vermehrung der Epithelmutterzellen einige derselben in den Raum zwischen der hier abgehobenen Basalmembran und den Epithelzellen gedrängt wurden. Es dürfte sich in Wirklichkeit bei den in Frage kommenden Gebilden nur um »in der Entwicklung zurückgehaltene, vorläufig überschüssige Elemente« (Deegener [1908]) handeln, die genetisch desselben Ursprunges sind wie die tätigen, wohlausgebildeten Epithelzellen, eine Meinung, die u. a. auch Rengel [1908] und Perez [1908, 1910] ausgesprochen haben. So sagt letzterer [1910]: «II n'y a pas le moindre doute qu'ici (Calliphora), comme chez tous les autres insectes, elles sont sceurs des cellules fonctionelles de la larve; elles sont seulement restees petites et embryonnaires tandis que leurs voisines se differenciaient avec leur activite d'absorption physiologique. >> Es fragt sich nun, ob es möglich ist, für die Prozesse, die wir im Mitteldarmepithel der Insekten während der Häutung haben vor sich gehen sehen, eine phylogenetische Erklärung zu geben. Die Insekten sind aus Formen entstanden, die der Chitincuticula entbehrten und periodische Häutungen, wie sie alle unsere heutigen Insekten ohne Ausnahme durchzumachen haben, bevor sie ihre definitive Ausbildung erreichen, nicht kannten. Ob die bereits chitinisierten Vor- fahren unserer Insekten als Insekten im heutigen Sinne angesprochen werden dürfen, bleibe dahingestellt, ist auch für die folgenden Aus- führungen gleichgültig; es genügt der Hinweis, daß sie auf einem ge- wissen phylogenetischen Entwicklungsstadium Vorahnen hatten, die der Häutung zur Erlangung ihrer endgültigen Gestalt nicht bedurften. 152 Max Braun, Das Mitteldarmepithel dieser Formen ist, wie man ohne Wider- spruch mit irgendwelchen bestehenden Verhältnissen annehmen darf, ein einschichtiges, nur aus ein und derselben Zellart zusammengesetz- tes (homomorphes), gewesen (»Protentomon« Mayers [1876]). Das Wachstum desselben war ein kontinuierliches, kein periodisches und wurde bewirkt durch Vermehrung der bereits ausgebildeten Darmzellen, vor allen Dingen aber durch Einschiebung jugendlicher Zellen von der Basis her. Eine basale Chitinschicht war nicht ausgebildet, das Epithel stand auf einer Stützlamelle (Basalmembran, Tunica propria), die dem konti- nuierlichen Wachstum nicht hinderlich war. Die Ersatzzellen entstanden bei der Embryonalentwicklung als, wie schon oben angedeutet wurde, zunächst überschüssige Elemente, die durch die neben und über ihnen zu ihrer normalen Dimension und Tätigkeit herangewachsenen Darmzellen in ihrer endgültigen Aus- bildung zurückgehalten wurden. Man darf hier nicht einwenden, daß ein Organismus zur Ausbildung eines Gewebes nicht mehr Bauelemente bildet, als nötig sind, daß die Zellteilung eben aufhört, sobald die erforderliche Anzahl von Zellen vorhanden ist. Erstens wird eine derartige überschüssige Zellbildung in der Entwicklung der verschiedensten Gewebe noch heutzutage reichlich beobachtet, dann muß man aber doch bedenken, daß die durch rapide Teilung entstandenen Zellen zunächst nicht ihre end- gültige Dimension besitzen, sondern bedeutend kleiner sind und erst mehr oder weniger schnell zu ihrer normalen Größe heranwachsen müssen, die einige bereits erreicht haben, während andere noch weiter in ihrem Wachstum zurückgeblieben sind. Es liegt auf der Hand, daß hierbei im allgemeinen ein Überschuß von Zellen gebildet wird, die nun nicht wieder zurückgebildet werden, sondern, zunächst an der weiteren Ausbildung verhindert, auf einer niedrigen Entwicklungs- stufe verharren, falls sie an dem Ort, an dem sie sich befinden, nicht störend auf die Tätigkeit des betreffenden Gewebes einwirken. (Es sei hier übrigens auf die wahrscheinlich irrige Beobachtung Poyar- coffs hingewiesen, daß in dem Mitteldarmepithel der von ihm unter- suchten Chrysomelidenlarve [1910] mitunter aufwachsende Epithel- mutterzellen von den umliegenden Epithelzellen verdaut werden. Es wäre dies jedenfalls ein für den Mitteldarm der Insekten einzig da- stehendes Verhalten.) Mit der Verhinderung an der definitiven Ausbildung bewahrten die überschüssigen Zellen embryonale Charaktere, sowohl rein mor- Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 153 phologisch in dem Bau ihres Kernes und Plasmas, als auch physiolo- gisch in der Fähigkeit, sich zu teilen. Ebenso wenig verloren sie jedoch die Fähigkeit, sich zu den gewöhnlichen Epithelzellen auszubilden. Sie taten dies auch, sobald eine, sei es durch Abstoßung einzelner Zellen, sei es durch Wachstum des Darmes hervorgerufene Lücke in dem Epithel die Einschiebung neuer Elemente nötig machte. Durch vorherige Teilung war dafür gesorgt, daß bei weiterem Auftreten von Lücken immer neues Ersatzmaterial vorhanden war. Es kann hier nun nicht näher darauf eingegangen werden, wie die von mir angenommene hypothetische Urform sonst organisiert gewesen sein mag, und wie ihre Umbildung in die heutigen Insekten vor sich ging. Es besteht jedenfalls die Tatsache, daß sie, zunächst noch nicht mit einer Chitincuticula der Epidermis versehen, aus irgend einem Grunde mit der Ausscheidung dieser so wenig plastischen und dehnungsfähigen Körperbedeckung begann und nunmehr ganz eigen- artige Entwicklungswege einschlug, die zu der ungeheuren Mannig- faltigkeit der Formen führten, wie wir sie unter den Insekten heut- zutage beobachten. Wie aus der zunächst noch epimorphen Entwicklung die meta- bolische hervorgegangen ist, wie die Entstehung der verschiedenen Larvenformen, der Verwandlungen, die die Jugendformen durchzu- machen haben, bevor sie zu dem geschlechtsreifen ausgebildeten Insekt werden, zu denken ist, haben DeeCxENER (1909, 1911) und Perez (1910) klargelegt. (Vgl. auch die Arbeiten von Heymons [1907] und Börner [1909].)" Mir kommt es hier nur darauf an, zu untersuchen, wie die Aus- bildung der Chitincuticula der Insekten und die sich daraus ergebenden periodischen Häutungen modifizierend auf die Wachstumsvorgänge im Mitteldarmepithel eingewirkt haben mögen. Die phylogenetisch eben erst entstandenen Insekten (von denen wie gesagt, dahingestellt bleiben muß, ob sie in der Tat schon im wesent- lichen unseren heutigen Formen glichen und deren Namen verdienen) besaßen ein Mitteldarmepithel mit den oben für die noch nicht chi- tinisierten Ausgangsformen beschriebenen Eigenschaften. Es wuchs kontinuierlich durch Teilung der alten Zellen, vor allen Dingen aber durch Einschiebung jugendlicher Elemente von der Basis her. Die ausgewachsenen Zellen hatten eine verhältnismäßig nur kurze Lebensdauer und wurden bald in das Darmlumen abgestoßen, weshalb eben jugendliche Ersatzzellen nötig waren. Dieser hypothetische ursprüngliche Zustand hat sich fast genau 154 Max Braun, bei den Tenthrediniden erhalten (Arge). Auch hier beobachtet man ein fortwährendes Aufwachsen der Epithelmutterzellen unabhängig von den Häutungen, Abstoßung seniler Zellen findet ebenfalls, aller- dings nur in beschränktem Maße statt, auch deutet das Vorhandensein mehrkerniger tätiger Epithelzellen auf eine Vermehrung derselben durch Teilung hin, wenngleich hierfür der strikte Beweis nicht erbracht werden konnte. Daß bereits voll ausgebildete Zellen des Mitteldarmes sich noch teilen können, lehren außer Frenzels Mitteilungen die Untersuchungen von Folsom und Welles an Collembolen, bei denen dadurch allein das Längenwachstum dieses Darmabschnittes bewerk- stelligt wird, von Poyarcofp [1910] an einer Chrysomelidenlarve, bei der allerdings die eine der durch die Teilung entstandenen Zellen alsbald in das Darmlumen abgestoßen wird, und von Carnoy (1885), der direkte Kernteilung im Mitteldarmepithel von Aphrophora spumaria beobachtet hat. Etwas weiter als die Tenthrediniden haben sich die Museiden — wohlbemerkt nur in bezug auf die Wachstumsvorgänge im Mittel- darmepithel der Larve — von der Ausgangsform entfernt, da bei ihnen eine Abstoßimg oder Teilung der ausgebildeten Epithelzellen nicht mehr beobachtet wird. Wir sehen also, daß bei gewissen Insekten die Häutungen ohne tieferen Einfluß auf die Wachstumsvorgänge im Mitteldarm geblieben sind. Wo sich jedoch ein solcher Einfluß bemerkbar macht, führt er zur Verschiebung dieser Vorgänge in die Zeit der Häutung. Das Wachs- tum des Mitteldarmes wird ein periodisches, ebenso wie das Wachstum des ganzen Körpers. Dem Prinzip, nach dem sich die Größenzunahme der mit einer so wenig dehnungsfähigen Hülle versehenen Insekten richtet, wird das Wachstum des Darmes ebenfalls angepaßt, und es ist schon rein mechanisch leicht zu verstehen, daß, wenn der Körper nur in gewissen Intervallen zu wachsen vermag, auch die Ausdehnung des Darmkanals einem ähnlichen Gesetz untergeordnet wird. Deegener hat diese Ideengänge näher entwickelt (1909). Nach- dem er darauf hingewiesen hat, daß Stomodaeum und Proctodaeum als mit einer Chitinauskleidimg versehene Darmabschnitte durch die Häutung unmittelbar betroffen und demzufolge während dieser Zeit funktionslos werden, fährt er fort: »Diese Ruhepause wurde dem Mitteldarm aufgezwungen, dessen ursprünglich wohl kontinuierliche Epithelregeneration so zu einer periodischen wurde. Der Mitteldarm wird also durch die Häutung erst indirekt beeinflußt, da er als ver- dauender Darmabschnitt funktionslos wird, sobald der zuführende Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 155 Abschnitt, der ganze Vorderdarm, sich im Zustand der Funktionsun- fähigkeit befindet. So konnte er, um zwischen den Häutungsperioden ununterbrochen in voller Tätigkeit zu sein, das Ersatzmaterial für sein Epithel, ähnlich wie Vorder- und Enddarm an ihren jüngsten Partien, in Gestalt morphologisch und physiologisch indifferenter, aber determinierter Zellhäufchen (»Imaginalinseln«) bis zur gelegenen Zeit, d.h. bis zur Häutung aufsparen. « Wo den Epithelzellen nur eine kurze Lebensdauer beschieden ist, erfolgt ihre ursprünglich kontinuierliche Abstoßung zur Zeit der Häu- tung; wird die Entfernung der unbrauchbar gewordenen Elemente eine massenhafte, so kommt es zur Ausbildung der von Sommer und Prowazek an Collembolen beobachteten Vorgänge, auch die allerdings, wie gesagt, der Nachprüfung bedürftigen Mitteilungen von Verson über die Raupe des Seidenspinners sind hier zu erwähnen. Ist jedoch die Lebensdauer der Epithelzellen eine längere, ihre periodische Abstoßung daher eine überflüssige, so entstehen die Ver- hältnisse, die wir bei Deil. euph. kennen gelernt haben. Auf einer etwas ursprünglicheren Stufe findet neben der periodi- schen Einschiebung einer beträchtlichen Anzahl von Epithelmutter- zellen während der Häutung auch eine, natürlich bei weitem nicht so lebhafte, kontinuierliche Proliferation derselben in den Zwischen- zeiten statt (Hyp. evon., Melas. 20punct.). Ein ähnliches Verhalten dürfte nach Deegeners Untersuchungen 1908 an Malacosoma castrensis zu beobachten sein, wo möglicherweise auch Entwicklungsvorgänge vorliegen, die sich den bei den Collembolen stattfindenden nähern, da Deegener bei Malac. castr. eine, wenn auch vereinzelte, Abstoßung von Zellen in der Zeit zwischen den Häutungen konstatieren konnte. Bei Deil. euph. ist dann tatsächlich das Wachstum des Darmes ein rein periodisches geworden. Eine Proliferation der Epithelmutter- zellen ist nur noch während der Häutung zu bemerken. Auch in anderen Arthropodenklassen mögen ähnliche Verhältnisse vorliegen, wie wir sie bei den Insekten kennen gelernt haben. Wie in der Einleitung bereits gesagt wurde, stoßen nach v. Rath (1890) z. B. gewisse Myriopoden (Polydesmus) während der Häutung ihr ge- samtes Mitteldarmepithel ab. Doch sind genauere Untersuchungen auf diesem Gebiete bisher noch nicht bekannt geworden. Eine andere Entwicklungsrichtung wie die bisher beschriebene scheinen die Ephemeriden, eine nach Ansicht mehrerer Forscher (Börner [1909]) höchstwahrscheinlich sehr altertümliche Insekten- gruppe, eingeschlagen zu haben. Das Wachstum des Mitteldarmes 156 Max Braun, ist hier nicht an die »Regenerationsinseln« gebunden, da solche im Mitteldarmepithel der Ephemeriden nicht vorkommen sollen. Fritze [1889] erwähnt ausdrücklich, daß er bei seinen Untersuchungen über den Darmkanal der Ephemeriden nie auf Zellen gestoßen sei, die den Zweck gehabt haben könnten, an Stelle der alten zugrunde gegangenen Epithelzellen zu treten. Das Darm Wachstum dürfte hier nach Leite [1911] vielmehr derart geschehen, daß die Zellen des hinteren Imaginal- ringes, der an der Grenze von Mittel- und Enddarm liegt, sich allmählich abflachen und kontinuierlich in das Darmepithel übergehen. Der Unterschied gegen die übrigen Insekten würde dann hier nur darin liegen, daß das Material für die neuen Epithelzellen aus einem einzigen, am hinteren Ende des Mitteldarmes gelegenen Regenerationsherd ent- nommen wird. Es fragt sich nun, wie die völlige Abstoßung des gesamten Mittel- darmepithels während jeder Häutung bei den Larven von Dermestes und Anthrenus zu verstehen ist. Hiermit ist aufs engste eine weitere Frage verknüpft, nämlich: was bedeutet das Auftreten eines spezi- fischen Mitteldarmepithels in der Puppe, wie es besonders Deegener (1904) bei Cybister beobachtet hat und allem Anschein nach noch bei mehreren anderen Insekten zu verzeichnen ist. Wenigstens lassen sich nach Perez (1908) gewisse Vorgänge in der Mitteldarmmetamorphose bei Callifhora und einigen Ameisen durch die Annahme eines aller- dings in höchstem Grade rudimentär gewordenen spezifischen Mittel- darmepithels der Puppe erklären. Auf den ersten Blick bieten uns anscheinend die durch Sommer, Prowazek und Möbusz bekannt gewordenen Fälle periodischer Mittel- darmhäutung eine Handhabe zur Erklärung dieser eigenartigen Tat- sache. Ich habe bereits gezeigt, daß es bei einigen Insekten im Laufe ihrer phylogenetischen Entwicklung zu einem Verhalten des Mittel- darmes derart gekommen ist, daß dieser in mehr oder minder regel- mäßigen Intervallen zusammen mit jeder äußeren Häutung auch sein Epithel völlig abstößt und erneuert. Aus gewissen, weiter unten näher zu besprechenden Gründen habe ich allerdings Dermestes zunächst von der Betrachtung ausgeschlossen. Es wäre dann das Vorhanden- sein eines der Puppe eigentümlichen Mitteldarmepithels sehr einfach dadurch zu erklären, daß eben bei der betreffenden Form mit jeder Häutung auch eine Totalregeneration des Mitteldarmepithels ver- bunden, oder, wenn nicht beobachtet, doch wenigstens ursprünglich vorhanden gewesen sei. Da Puppe und Larve in letzter Linie auf dieselbe Urform zurückzuführen sind, hätte sich dann in den betreffen- Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 157 den Fällen in der Metamorphose, mit der zwei äußere Häutungen verknüpft sind, ein derartiger Zustand erhalten, so daß das Mittel- darmepithel tatsächlich zweimal entfernt werden müßte. Die Häutung zur Puppe bedeutet die Abstoßung des letzten larvalen, die zur Imago die Abstoßung des pupalen Epithels, wobei eine Verschiebung insofern eintreten kann, als äußere und innere Häutung zeitlich nicht mehr zusammen zu fallen brauchen (s. auch Deegenek [1911]). Diese Erklärung, die in der Tat in gewissen Fällen eine stich- haltige sein mag, würde uns, wie schon angedeutet wurde, zu der An- nahme zwingen, daß die Larven von Callipkora ursprünglich ihr Mittel- darmepithel während jeder Häutung erneuert hätten, daß dann se- kundär dieser Vorgang zum Fortfall gekommen sei, sich aber noch in der hier mehr konservativen Puppe aus gewissen Gründen, wenn auch nur noch undeutlich erkennbar, erhalten habe; wir würden uns um so mehr für berechtigt zu dieser Annahme halten, als die Calliphora- Larven auch in anderer Hinsicht als sekundär stark verändert zu be- trachten sind. Da wir aber annehmen können, daß die Cattiphora-La,rxe in Wirk- lichkeit im ganzen Lauf ihrer phylogenetischen Entwicklung niemals ihr Mitteldarmepithel periodisch erneuert hat, sehen wir uns gezwungen, für diesen Fall nach einer anderen Erklärung für das Auftreten eines spezifischen Puppenepithels zu suchen, die mit der eben ausgesprochenen Annahme in Einklang zu bringen ist, ohne doch damit der vorher gegebenen Erklärung jegliche Bedeutung absprechen zu wollen. Wie weit diese in der Tat berechtigt sein mag — für Calliphora kann sie nicht aufrecht erhalten werden — muß die Zukunft lehren. Wir sind leider nicht über das Verhalten des Mitteldarmes der Cybister-Lawe während der Häutung unterrichtet, auch liegen genauere Unter- suchungen über die Metamorphose von Dermestes und Anthrenus nicht vor, so daß sich zunächst noch keine Beispiele für ihre Eichtigkeit anführen lassen. Wie ist also die noch erkennbare Andeutung eines besonderen Mitteldarmepithels in der Puppe von Calliphora zu erklären? Es könnte hier die Meinung ausgesprochen werden, daß bei großem Unterschiede des letzten larvalen Epithels gegen das imaginale in der Metamorphose das letztere nicht sofort gebildet werden kann, nachdem das erstere entfernt worden ist, daß die Puppe sich gewissermaßen gezwungen sieht, zunächst eine Art vermittelndes Epithel herzustellen. Es scheint diese Erklärung, so plausibel sie an sich aussehen mag, jedoch keine völlig befriedigende zu sein. Sie setzt voraus, daß tat- 158 Max Braun, sächlich in morphologischer und physiologischer Hinsicht weitgehende Unterschiede . zwischen dem Mitteldarmepithel des letzten Larven- zustandes und der Imago bestehen müssen, um das Auftreten eines spezifischen Puppenepithels zu rechtfertigen. Im Falle der Calliphora kann dem ja nur noch rudimentären Puppenepithel eine vermittelnde Bedeutung natürlich nicht zugeschrieben werden. Überhaupt würde durch ein solches der Übergang vom larvalen zum imaginalen Epithel durchaus nicht erleichtert, sondern erschwert werden, da es ja seiner- seits auch wieder gänzlich beseitigt werden muß. Andererseits sehen wir (z. B. bei Lepidopterenlarven), daß auch da, wo das Epithel des Mitteldarmes bei Larve und Imago sich sehr weit voneinander unter- scheiden, während der Nymphose nach Abstoßung des letzten larvalen Epithels sofort das imaginale ausgebildet wird, sich hier also eine Zwischenstufe als unnötig erweist. Wir kommen somit zur Ablehnung des eben angeführten Standpunktes. Doch nun endlich zur Beantwortung unserer Frage! Wir können als sicher annehmen, daß die heutigen Insekten aus Formen mit epimorpher Entwicklung hervorgegangen sind, daß insbe- sondere die heutige Larve und Puppe (Subimago) der Holometabola nachträgliche Erwerbungen darstellen (s. besonders Deegener [1909]). Wir teilen nun, um uns diesen Entwicklungsgang näher zu ver- anschaulichen, die im Laufe der individuellen Entwicklung des Ur- insektes auftretenden Formen in drei Gruppen. In die Gruppe A vereinigen wir gewisse jugendliche Entwicklungszustände , in die Gruppe B spätere, in die Gruppe C endlich die letzten schon geschlechts- reifen Formen (die eventuell durch eine einzige repräsentiert sein können. Mehrere sind als möglich zu betrachten, da bereits vollaus- gebildete Insekten sich noch zu häuten vermögen, wie die Collembolen lehren). Die Gruppe C stellt also die Imago des Urinsektes dar. Ich betone ausdrücklich, daß die angeführte Gruppierung durchaus nicht den Sinn einer Einteilung haben soll und kann. Die Formen der Gruppe A gingen bei der ja noch als epimorph angenommenen Entwicklung des Urinsektes kontinuierlich in die der Gruppe B, diese in die der Gruppe C über. Die Einführung der Gruppen geschieht nur aus formalen Grün- den, um eine kürzere und eindeutige Ausdrucksweise zu ermöglichen. Die phylogenetische Weiterentwicklung des Urinsektes auf die heutigen Holometabola hin vollzog sich nun derart, daß aus den Zu- ständen der Gruppe A die heutigen Larven, aus denen der Gruppe B die heutige Puppe (Subimago), aus denen der Gruppe C die heutige Ima^o wurden. Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 159 Es ist hier nicht der Ort, näher auf diese Entwicklungsgänge einzugehen. In gewissen Fällen müßte man innerhalb der Haupt- gruppen vielleicht noch gewisse Untergruppen einführen oder von vornherein eine größere Anzahl von Hauptgruppen aufstellen. Ich verweise auf die weiter oben bereits angeführten Arbeiten von Dee- gener, Heymons, Perez u. a. und werde hier nur die Schicksale be- trachten, denen der Mitteldarm während der Entwicklung des Ur- insektes zum holometabolen Insekt möglicherweise unterworfen war. 1) Es kann von der weiteren Entwicklung der Gruppen A, B und C, deren sämtliche Zustände ja zunächst noch einen gleichen Mitteldarm hatten, dieser letztere Darmabschnitt unberührt geblieben sein. Es würde dann bei den betreffenden heutigen Insekten der Mitteldarm von Larve, Puppe und Imago wesentliche Übereinstim- mung in morphologischer und physiologischer Hinsicht aufweisen. Es kommt nun nur noch darauf an, wie sich sein Wachstum gestaltete. Blieb es ein kontinuierliches oder wurde es ein periodisches, so daß in gewissen Intervallen ohne reichliche Zellabstoßung eine große Anzahl jugendlicher Elemente in das Epithel eingeschoben wurde, so mußte eine Metamorphose des Darmkanals beim Übergang der Larve in die Imago überhaupt unterbleiben. Es sind mir leider keine Beispiele für letzteren Fall bekannt, vielleicht verdient hier eine Mitteilung Frenzels (1886) angeführt zu werden, der angibt, daß bei Ephestia kühniella eine Abstoßung des Mitteldarmepithels während der Nym- phose nicht beobachtet wird. Wenn dagegen das Wachstum ein periodi- sches, verbunden mit teilweiser oder völliger Epithelregeneration wurde, so dürfen wir uns allerdings nicht wundern, in der Puppe ein besonderes Mitteldarmepithel vorzufinden. Hier ist möglicherweise Cybister an- zuführen. 2) Ein weiterer extremer Fall wäre der, daß sowohl die Zustände der Gruppe A als auch die der Gruppe B und C in bezug auf den Mittel- darm getrennte Wege eingeschlagen hätten, so daß in diesem Falle heute Larve, Puppe und Imago einen gänzlich verschiedenen Mittel- darm besäßen. In diesem Fall müßte die Puppe immer ein spezifisches Mitteldarmepithel haben, ganz gleichgültig, ob das Wachstum des Mittel- darmes ein kontinuierliches blieb (Calliphora) oder ein periodisches mit oder ohne Abstoßung wurde. Der letztere Fall würde sich aller- dings nicht immer sofort von dem unter 1. an letzter Stelle angeführten unterscheiden lassen. 3) A und C haben sich gleichartig entwickelt, B verschieden davon. Beispiele unbekannt und unwahrscheinlich. 160 Max Braun, 4) A und B haben sich gleichartig entwickelt, C verschieden davon, Resultat : Larve und Puppe haben denselben Mitteldarm, Imago einen anders gestalteten. Blieb sein Wachstum ein kontinuierliches oder wurde es ein periodisches ohne Erneuerung, so hat die Puppe kein besonderes Mitteldarmepithel [Lepidoptera], wurde das Epithel mit den Häutungen jedesmal abgestoßen und regeneriert, so ist ihr ein solches zuzuschreiben. Sichere Beispiele unbekannt. 5) B und C haben sich gleichartig entwickelt, A verschieden davon. Resultat: Puppe und Imago haben denselben Mitteldarm, die Larve einen besonderen. Es braucht sich, selbst wenn die Larve ihr Mitteldarmepithel periodisch erneuert, kein spezifisches bei der Puppe auszubilden. Letzteres tritt nur ein, wenn die der Gruppe B und C angehörigen Formen schon frühzeitig eine periodische Abstoßung des gesamten Mitteldarmepithels erwarben. Nicht zur Berücksichtigung gelangt sind in diesen theoretischen Erwägungen exzeptionelle Fälle (z. B. Poyarcoff [1910]) oder solche, bei denen die Entwicklungsrichtung ein oder mehrmals gewechselt hat. Die Anzahl der angeführten Beispiele ist eine geringe, da das vorhandene Tatsachenmaterial ein minimales ist. Erst die Zukunft wird lehren, ob die von mir vorgetragene Ansicht als eine richtige zu betrachten ist. Mit den bisher bekannten Fällen, und es sind deren allerdings nur wenige, läßt sie sich jedenfalls vereinigen. Es sei noch kurz auf einige Schwierigkeiten hingewiesen, die sich bei der Einreihung gewisser Formen in das obige Schema ergeben könnten. Es ist nämlich möglich, daß das Puppenepithel nicht zur Ausbildung gelangt, trotzdem es als spezifisches Gebilde eigentlich vorhanden sein müßte. Wir haben dabei zu berücksichtigen, daß der Mitteldarm der Puppe als gar nicht oder nur in sehr beschränktem Maße funktionierendes Organ sehr leicht der Rückbildung verfallen kann, und wir dann die betreffende Form in dem oben aufgestellten Schema an einer Stelle unterbringen würden, wo sie eigentlich gar- nicht hingehört. Auch ist zu bemerken: trotzdem die heutige Imago nicht auf einen, sondern eine gewisse Anzahl von Entwicklungs- zuständen der Urform zurückzuführen ist, die ja durch Häutungen ineinander übergingen, unterbleibt heutigen Tages bei der über- wältigenden Mehrheit der Insekten eine Häutung im voll ausgebildeten Zustand gänzlich aus Gründen, die hier nicht zu erörtern sind. Ein ursprünglich periodisches Wachstum des Mitteldarmes verbunden mit Epitheldegeneration und -regeneration braucht bei der heutigen Imago durchaus nicht mehr in dieser Form erhalten zu sein, da alle Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 161 morphologischen Gründe für ein solches Verhalten des Mitteldarmes fortgefallen sind und nur noch eventuell physiologische in Betracht kommen. Außerdem muß erwähnt werden, daß der Übergang aus dem Mittel- darmepithel eines Zustandes in das eines anderen sich durchaus nicht immer auf dem Wege der Abstoßung und Neubildung zu vollziehen braucht, selbst wenn Unterschiede vorhanden sind. Sind diese nur nicht zu einschneidende, so kann der Übergang sehr wohl durch ein- fache Umbildung geschehen. So hat Russ (1908) konstatiert, daß bei einigen Trichopteren der imaginale Darm dadurch gebildet wird, daß von dem pupalen nur ein Stück zur Abschnürung gelangt. Wir sehen also, daß sich ein allgemein gültiges Schema für das Verhalten des Mitteldarmes der Insekten während der Häutung und der Metamorphose nicht aufstellen läßt. Bestimmend für das Auf- treten eines spezifischen Mitteldarmepithels in der Puppe sind die Art und Weise des Wachstums desselben (kontinuierliches oder periodi- sches mit oder ohne Erneuerung) und außerdem noch der Grad der Übereinstimmung oder Verschiedenheit des larvalen, pupalen und imaginalen Darmes, wobei die phylogenetische Entwicklung zum nötigen Verständnis führt. Man wird mithin von Fall zu Fall entschei- den müssen, wie die betreffende Form in dieser Hinsicht zu beurteilen ist. Wir kommen nunmehr zur Beurteilung der periodischen Mittel- darmepithelerneuerung bei der Larve von Dermestes, auf die ich bisher mit Absicht noch nicht näher eingegangen bin. Die unmittelbare Ursache für die auffallend häufige Epithel- abstoßung im Mitteldarm der Dermestes-Laive liegt einzig und allein in dem Vorhandensein jener basalen Chitinlamelle, die ein Längen- wachstum des Darmes wegen ihrer geringen Dehnbarkeit nur in mini- malem Umfange gestattet und daher, und zwar in kurzen Zwischen- räumen, zur Abstoßung gebracht werden muß. Dabei wird jedesmal natürlich auch das axialwärts liegende Epithel mit entfernt. Es ist nun zurzeit unmöglich, festzustellen, in welcher der von mir oben eingeführten Rubriken Dermestes einzuordnen ist, da wir weder über die Metamorphose noch über den Darm der Imago genaue Kenntnis besitzen. Ich werde, um diese Lücke auszufüllen, sobald es mir die Verhältnisse gestatten, spätestens jedoch im Laufe des näch- sten Jahres mit den nötigen Untersuchungen beginnen und gegebenen- falls Mitteilung von den Resultaten machen und zu gleicher Zeit fest- zustellen versuchen, ob sich irgendetwas über die Gründe ermitteln läßt, die einige Insekten bewogen haben mögen, an der Basis ihres Zeitschrift f. \vissensr;h. Zoologie. CHI. Bd. 11 162 Max Braun, Mitteldarmepithels eine Chitinlamelle zur Ausscheidung zu bringen, die im Verein mit der Intima des Vorder- und Enddarmes das ganze Tier in Form einer Chitinröhre durchzieht, die nur an den Übergangs- stellen der drei Hauptabschnitte des Darmes unterbrochen zu sein scheint. Es ist fraglich, ob hier die Nahrung, die Lebensweise, Schutz- bedürfnis gegen gewisse, vom Darmhohlraum her eindringende Para- siten eine Rolle gespielt haben, und ob möglicherweise auch den zur Beobachtung gelangten, bisher noch rätselhaften kugelförmigen Ge- bilden in der oberen Zellhälfte eine Bedeutung in dieser Hinsicht bei- zumessen ist. Zum Vergleich bei der Untersuchung wird Anthrenus herangezogen werden, wobei zu berücksichtigen sein wird, daß die Imago bei Dermestes dieselbe Lebensweise hat wie die Larve, bei An- threnus hingegen nicht. Ich habe in die Betrachtungen über die phylogenetische Ent- wicklung der im Mitteldarm der Insekten während der Häutung zur Beobachtung gelangenden Vorgänge Dermestes nicht einbezogen; denn wir haben keine sicheren Anhaltspunkte dafür, wann im Laufe der Phylogenesis dieser Form die basale Chitinlamelle am Mitteldarm zur Ausbildung gelangt ist und ob sie vielleicht eine nachträgliche Er- Werbung der Larve darstellt. Die Zukunft wird hier möglicherweise Aufklärung schaffen. Ich habe bereits in der Einleitung darauf hingewiesen, welche allgemeinen Sätze Möbusz an seine und Sommers Entdeckung der mit den Häutungen zusammenfallenden periodischen Epithelerneuerungen im Mitteldarm einiger Insekten knüpft. Man wird im Gegensatz zu Möbusz nur ohne Kenntnis der inneren Vorgänge die Meinung aus- sprechen können, daß die Metamorphose allgemein eine intensive Häutung, die Häutung eine abgeschwächte Metamorphose sei. Beide Vorgänge haben, rein äußerlich betrachtet, allerdings den Zweck, das Tier auf seine volle Organisationshöhe zu bringen und tun das auch, nur die Häutung »abgeschwächt«, d. h. ohne daß (bei den holometa- bolen Insekten) die Ähnlichkeit der Jugendform mit der Imago immer mehr hervortritt, sondern zunächst nur Größenzunahme zu beobachten ist, die Metamorphose »intensiver«, indem nun aus dem letzten, von der Imago noch wesentlich verschiedenen Larvenstadium durch eine zweimalige Häutung das Tier in seiner endgültigen Gestalt hervorgeht. Bei genauerer Betrachtung tritt aber der grundlegende Unterschied zwischen Larvenhäutung und Metamorphose klar zutage. Auf die Häutung zur Puppe folgt unaufhaltsam die kontinuierliche Entwicklung zur Imago, an die Larvenhäutung schließt sich in der Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 163 Regel ein dem vorhergehenden im wesentlichen gleiches Larvenstadium an. Wo Fälle der totalen Epithelregeneration während der Häutung beobachtet werden, ist das neue Epithel dem alten gleich (abgesehen von einem Wachstum), während es in der Metamorphose im allgemeinen zur Ausbildung eines mehr oder weniger abweichend gebauten Mittel- darms kommt. Das sind wesentliche Unterschiede, die eine tiefere Bedeutung haben, als sich auf den ersten Blick zeigt, und, wie gesagt, aus dem phylogenetischen Gewordensein von Larve und Puppe zu erklären sind. Mit der Häutung zur Puppe setzt die Rekapitulation eines anderen phylogenetischen Stadiums ein, als desjenigen, auf das die Larve zu- rückzuführen ist. Der Puppe liegt eben ein anderer Jugendzustand der ursprünglichen Imago zugrunde als der Larve. Würde die Larven- häutung dieselbe Bedeutung besitzen (wenn auch in weniger erkenn- barem Maße) wie die Häutung zur Puppe, so müßte man annehmen, daß jedes Larvenstadium sich aus einem besonderen Jugendzustand (oder einer gewissen Reihe von im wesentlichen gleichen Jugend- zuständen) der Urimago entwickelt habe, eine Ansicht, zu der wir durch die bisher bekannt gewordenen, anderweitig erklärbaren Fälle von Mitteldarmepithelerneuerung (und überhaupt der inneren Vor- gänge) während der Häutung nicht gezwungen werden. Man wäre zum Beispiel genötigt, anzunehmen, daß bei Dermestes sich eine nicht unbeträchtliche Anzahl getrennter Jugendzustände der Urimago er- halten hätten, die sich dann alle sekundär zur gleichen Form, nämlich der heutigen Larve verändert haben müßten. Die jedesmalige Häutung bedeutet hier nicht den Übergang in ein neues phylogenetisches Stadium. Die periodische Mitteldarm- epithelerneuerung ist an die eventuell nachträglich erworbene basale Chitinlamelle geknüpft, die Abstoßung ursprünglich vielleicht nicht einmal ein mit der äußeren Häutung zusammenfallender Vorgang gewesen. Sie ist ein Wachstumsvorgang, möglicherweise allerdings nicht ohne physiologische Nebenbedeutung. Wir beobachten solche durch das Vorhandensein einer basalen Chitinschicht bedingten Re- generationsvorgänge auch im Mitteldarm anderer Insekten (Bizzozero [1893], Rengel [1898]), ohne daß mit ihnen auch immer die Häutung der äußeren Cuticula erfolgen müßte. Die Gründe für die periodische Abstoßung der basalen Chitinlamelle im Mitteldarm der von Rengel genauer untersuchten Käfer liegen allerdings nicht im Wachstum (wobei zu bedenken ist, daß auch erwachsene Insekten sich noch zu häuten vermögen: die Collembolen), sie mögen in der chemischen 11* 164 Max Braun, Veränderung der Lamelle liegen, vielleicht soll auch dem Secrete, das in den durch sie verschlossenen Crypten bereitet wird, der freie Eintritt in das Darmlumen gestattet werden. Die anderweitigen durch Sommer, Prowazek und Verson bekannt gewordenen Fälle von Mitteldarmhäutung sind Vorgänge, die ursprüng- lich nichts mit der Häutung zu tun hatten und sich aus einfacheren Verhältnissen entwickelt haben dürften, wie ich weiter oben bereits gezeigt habe. Nach alledem können wir bei dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse durch nichts veranlaßt werden, die Häutung als abgeschwächte Meta- morphose aufzufassen, selbst wenn sich herausstellen sollte, daß in einigen Fällen die Umwandlungen des Darmkanals während der Nym- phose die gleichen sein sollten wie während der Häutung1. Hiermit steht und fällt auch der weitere von Möbusz ausgesprochene Satz: »Häutungen der Ametabola = Larvenhäutungen + Metamor- phose der Holometabola «, ein Satz, der rein äußerlich noch bestechender erscheint als der erste. In der Tat führen ja die sämtlichen Häutungen der Ametabola zu demselben Resultat wie die sämtlichen Häutungen der Holometabola, nämlich zur Ausbildung der definitiven geschlechts- reifen Endform. Ob aber durch die Formel auch der wahren phylo- genetischen Bedeutung der Häutungen und der Metamorphose ent- sprochen wird, bleibt dahingestellt. Wenn die Ansicht von Folsom und Welles richtig ist, die der »Mitteldarmhäutung der Collembolen eine excretorische Bedeutung beimessen, wenn daher die ganzen sich im Mitteldarm der Collembolen während der Häutung abspielenden Vorgänge als sekundäre zu be- trachten sind, die mit der Häutung und Metamorphose der holometa- bolen Insekten nicht das geringste zu tun haben, so ist die Anschauung von Möbusz auch aus anderen als den von mir angegebenen Gründen widerlegt. Ehe ich diese Arbeit abbreche, will ich noch kurz auf eine Streit- frage eingehen, die seinerzeit, vor nunmehr 20 Jahren zwischen Frenzel (1891) einerseits und Ziegler und v. Rath (1891) andererseits eingehend erörtert wurde, und in die u. a. auch Verson (1891) und Löwit (1891) eingegriffen haben, die Frage, inwieweit der amitotischen Kernteilung 1 Es wäre natürlich a priori nicht ohne weiteres abzulehnen, daß es bei gewissen Insekten zur Ausbildung zweier oder mehrerer verschiedener Larven- formen gekommen ist, die auf verschiedene Jugendzustände der Urimago zurück- zuführen sein würden und eventuell sogar durch ein der heutigen Puppe ähn- liches Entwicklungsstadium verbunden sein können (Hypermetamorphose). Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 165 eine regenerative Bedeutung beizumessen sei. Während Frenzel geneigt ist, ihr eine solche zuzuschreiben, sind Ziegler und v. Rath entgegengesetzter Meinung und wollen sie nur auf die mitotische Teilung beschränken. Uns interessiert hier vor allen Dingen ein Ausspruch der letzteren Autoren: »Das Auftreten der Mitosen ist häufig ein periodisches und steht vielleicht bei manchen Arthropoden mit den periodischen Häutungen in Beziehung«, eine Meinung, deren Richtig- keit durch die vorliegende Arbeit bewiesen wird; im übrigen ist hier nicht der Ort, weiteres Material für die eine oder die andere Ansicht zusammen zu tragen. Berlin, im April 1912. Literaturverzeichnis, 1. 1890. G. Adlerz, Oin digestionssecretionem jemte nagra dernied samman- hängande fenonien hos insecter och niyriopoder. Bih. Svenska Acad. Handl. Bd. XVI. Afd. 4. Nr. 2. 56 p. 5 Taf. 2. 1901. J. Anglas, Quelques remarques sur les metamorphoses internes des Hymenopteres. Bull. Soc. Entom. de France, p. 104 — 107. 3. 1902. H. Anthony, The Metamorph osis of Sisyra. Amer. Naturalist. Vol. XXXVI. p. 615—631. 18 fig. 4. 1890. E. G. Balbiani, Etudes anatomiques et histologiques sur le tube digestif du Cryptops. Arch. Z. Exper. (2). Tome VIII. p. 1—82. 6 Taf. 5. 1858. S. Basch, Untersuchungen über das chylopoetische und uropoetische System der Blatta orientalis. Sitzungsber. d. math.-naturw. Kl. der Akad. Wien. Bd. XXXIII. S. 234— 260. 5 Taf. 6. 1886. H. Beauregard, Recherches sur les Insectes vesicants. II. Tube digestif. Journal de l'anatomie et de la physiologie. Tome XXII. p. 242—284. 4 Taf. 7. 1893. G. Bizzozero, Über die schlauchförmigen Drüsen des Magendarm- kanals und die Beziehungen ihres Epithels zu dem Oberflächenepithel der Schleimhaut. Arch. mikr. Anat. Bd. XLII. S. 82—152. 4 Taf. 8. 1893. Bordas. Anatomie du tube digestif des Hymenopteres. Compt. Rend. Paris. T. CXVIII. p. 1423—1425. 9. 1909. C. BörnEr, Die Verwandlungen der Insekten. Sitzungsber. Ges. Nat. Freunde. Berlin. S. 290—311. 10 Fig. 10. 1875. M. Braun, Über die histologischen Vorgänge bei der Häutung von Astacus fluviatilis. Arb. aus d. zool. Inst, zu Würzburg. Bd. II. S. 121—166. 2 Taf. 11. 1892. E. Bugnion, Recherches sur le developpement postembryonnaire, l'anatomie et les moeurs de FEncyrtus fuscicollis. Recueil zool. suisse S. I. Bd. V. S. 433—534. 6 Taf. 166 Max Braun, 12. 1885. J. B. Carnoy, La cytodierese chez les Arthropodes. La Cellule. T. I. p. 191—440. 8 Taf. 13. 1904. P. Deegener, Die Entwicklung des Darmkanals der Insekten während der Metamorphose. Zool. Jahrb., Abt. Morph. Bd. XX. S. 499— 676. 11 Taf. 14. 1908. — Die Entwicklung des Darmkanals der Insekten während der Metamorphose. 2. Teil. Malacosoma castrensis L. Zool. Jahrb., Abt. Morph. Bd. XXVI. S. 45—182. 5 Taf. 15. 1909. — Beiträge zur Kenntnis der Darmsecretion. 1. Teil. Deilephila euphorbiae L. Arch. f. Naturg. 75. Jahrg. S. 71—110. 2 Taf. 16. 1909. — Die Metamorphose der Insekten. Leipzig und Berlin. 56 Seiten. 17. 1910. — Beiträge zur Kenntnis der Darmsecretion. IL Teil. Macrodytes (Dytiscus) circumcinctus Ahr. Arch. f. Naturg. 76. Jahrg. Bd. I. S. 27—43. 18. 1911. — Zur Beurteilung der Insektenpuppe. Zool. Anz. Bd. XXXVII. S. 495—505. 19. 1909. J. Mc Dunnough, Über den Bau des Darmes und seiner Anhänge von Chrysopa perla L. Arch. f. Naturg. 75. Jahrg. S. 313 — 360. 5 Taf. 20. 1887. V. Faussek, Beiträge zur Histologie des Darmkanals der Insekten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLV. Hft. 3. S. 694—712. 1 Taf. 21. 1890. H. T. Fernald, The Relationships of Arthropods. Studies Biol. Lab. Johns Hopk. Univ. Baltimore, p. 431—513. 3 Taf. 22. 1906. J. W. Folsom and Miriam N. Welles, Epithelial degeneration, regeneration, and secretion in the mid-intestine of Collembola. The University Studies. Vol. IL p. (97)— (136). 9 Taf. University of Illinois, Urbana. 23. 1882. J. Frenzel, Über Bau und Tätigkeit des Verdauungskanals der Larve von Tenebrio molitor mit Berücksichtigung anderer Arthropoden. Berl. entom. Zeitschr. Bd. XXVI. S. 267—316. 24. 1885. J. Frenzel, Über den Darm kanal der Crustaceen nebst Bemerkungen zur Epithelregeneration. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXV. S. 137 bis 190. 2 Taf. 25. 1886. — Einiges über den Mitteldarm der Insekten, sowie über Epithel- regeneration. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXVI. S. 229—306. 3 Taf. 26. 1891. — Zur Bedeutung der amitotischen (direkten) Kernteilung. Biol. Centralbl. Bd. XL S. 558—565. 27. 1889. A. Fritze, Über den Darmkanal der Ephemeriden. Ber. d. naturf. Ges. Freiburg. Bd. IV. S. (58)— (82). 2 Taf. 28. 1890. A. van Gehuchten, Recherches histologiques sur l'appareil digestif de la larve de la Ptychoptera contaminata. 1. Partie. Etüde du re- vetement epithelial et recherches sur la secretion. La Cellule. T. VI. p. 183—291. 6 tab. 29. 1907. R. Heymons, Die verschiedenen Formen der Insektenmetamorphose und ihre Bedeutung im Vergleich zur Metamorphose anderer Arthropoden. Ergeb. Fortschr. Zool. Jena. Bd. I. S. 137—188. 7 Fig. 30. 1909. H. Holtz, Von der Secretion und Absorption der Darmzellen bei Nematus. Anat. Hefte. 1. Abt. Bd. XXXIX. S. 681—696. 1 Abb. 4 Tai. Das Mitteldannepithel der Insektenlarven während der Häutung. 167 31. 1899. W. Karawaiew, Über Anatomie und Metamorphose des Darm- kanals der Larve von Anobium paniceum. Biol. Centralbl. Bd. XIX. S. 122—130, 161—171, 196—202. 19 Fig. 32. 1901 — 1905. Fr. W. Konow, Systematische Zusammenstellung der bisher bekannt gewordenen Chalastogastra (Hymenopterum Subordo tertius). Bd. I. Teschendorf bei Stargard. 33. 1887. A. Kowalevsky, Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Ent- wicklung der Museiden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLV. S. 542 bis 594. 5 Taf. 34. 1857. A. Labouthene, Recherches sur les appareils de la digestion et de la reproduetion du Buprestis manca. Arch. Entom. (Thomson). T. I. p. 204—236. 2 tab. 35. 1908. H. Lameere, La paleontologie et les metamorphoses des Insectes. Ann. Soc. Ent. Belg. Bd. LH. p. 127—147. 10 fig. 36. 1911. M. Lampe, Beiträge zur Anatomie und Histologie der Larve von Sisyra fuscata Fabr. Inaug. Diss. Berlin. 55 Seiten. 37. 1908. W. D. van Leeitwen, Beiträge zur Kenntnis der Metamorphosen. Die mikroskopische Anatomie des Darmkanals und dessen Drüsen von Isosoma graminicola Giraud. Tijd. Nederl. Dierk. Ver. S. IL Deel. 11. p. 1—35. 2 Taf. 38. 1911. F. W. Leite, Beiträge zur Kenntnis der Ephemeriden. Unter- suchungen über die Larve von Heptagenia sulphurea Müller. Inaug. Diss. Berlin. 48 Seiten. 39. 1886. J. List, Über Becherzellen und Leydigsche Zellen (Schleimzellen). Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXVI. S. 543—552. 1 Taf. 40. 1891. M. Löwit, Über amitotische Kernteilung. Biol. Centralbl. Bd. XL S. 513—516. 41. 1907. H. Lübben, Über die innere Metamorphose der Trichopteren. Zool. Jahrb., Abt. Anat. Bd. XXIV. S. 71—128. 3 Taf. 42. 1903. A. Martynow, Über den Ursprung der peritrophen Hüllen bei den Larven der Insekten (russisch). Referat: A. Adelung, Zool. Centralbl. 1904. Bd. XL S. 316. , 43. 1876. P. Mayer, Über Ontogenie und Phylogenie der Insekten. Eine akademische Preisschrift. Jen. Zeit. f. Naturw. Bd. X. S. 125 — 221. 44. 1897. A. Möbusz, Über den Darmkanal der Anthrenuslarve nebst Be- merkungen über Epithelregeneration. Arch. f. Naturg. Bd XXIII. I. S. 89—128. 3 Taf. 45. 1908. Ch. Perez, Renovation epitheliale de l'intestin moyen chez les Museides. C. R. Soc. biol. Paris. T. LXIV. S. 694—695. 46. 1910. — Signification phyletique de la nymphe chez les Insectes metaboles. Bull. Sc. France Belg. S. VII. T. XLIV. p. 221. 47. 1911. E. Petersen, Beiträge zur Anatomie und Histologie des Darm- kanals der Schmetterlinge. Jen. Zeit. Naturw. Bd. XXVII. S. 161 bis 216. 27 Fig. 48. 1910. E. Poyarcoff, Recherches histologiques sur la metamorphose d'un Coleoptere (La Galeruque de l'Orme). Arch. d'Anat. micr. T. XII. Fase. 3. p. 333—474. 69 fig. 168 Max Braun, 49. 1900. S. Prowazek, Bau und Entwicklung der Collembolen. Arch. zool. Inst. Wien. Bd. XII. 50. 1890. O. vom Rath, Über die Fortpflanzung der Diplopoden (Chilopoden). Ber. d. naturf. Ges. zu Freiburg i. Br. Bd. V. S. 1—28. 1 Taf. 51. 1889. J. van Rees, Beiträge zur Kenntnis der inneren Metamorphose von Musca vomitoria. Spengels zool. Jahrb., Abt. f. Anat. Bd. III. S. 1—134. 2 Taf. 10 Fig. 52. 1897. C. Rengel, Über die Veränderungen des Darmepithels bei Tenebrio molitor während der Metamorphose. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXII. S. 1—60. 1 Taf. 53. 1898. — Über die periodische Abstoßung und Neubildung des gesamten Mitteldarmepithels bei Hydrophilus, Hydrous und Hydrobius. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXIII. S. 440—455. 1 Taf. 54. 1894. E. dE Rouville, Sur la genese de l'epithelium intestinal. Compt. Rend. Paris. Bd. CXX. S. 50— 52. 55. 1907. E. Russ, Über die postembryonale Entwicklung des Mitteldarmes bei den Trichopteren (Anabolia laevis Zett). Zool. Anz. Bd. XXXI. S. 708—710. 56. 1908. — Die postembryonale Entwicklung des Darmkanals der Trichopteren (Anabolia laevis Zett). Zool. Jahrb., Abt, Anat. Bd. XXV. S. 675 bis 770. 4 Tai. 57. 1895. J. Sadones, L'appareil digestif et respiratoire et Iarvaire des Odonates. La Cellule. T. XI. Fase. I. p. 271—325. 3 Taf. 58. 1883. P. Schiemenz, Über das Herkommen des Futtersaftes und die Speicheldrüsen der Biene nebst einem Anhange über das Riechorgan. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXVIII. S. 71—135. 3 Taf. 59. 1890. A. Schneider, Über den Darmkanal der Arthropoden. Zool. Bei- träge. (Herausgegeben von A. Schneider.) Bd. IL S. 82 — 96. 3 Taf. 60. 1902. K. C. Schneider, Lehrbuch d. vergleichenden Histologie d. Tiere. Jena. 61. 1867. F. E. Schulze, Epithel- und Drüsenzellen. Arch. mikr. Anat. Bd. III. S. 137—203. 7 Taf. 62. 1878. H. Simroth, Über den Darmkanal der Larve von Osmoderma ere- mita mit seinen Anhängen. Zeitschr. f. d. ges. Naturw. 3. Folge. Bd. III. S. 493—518. 3 Taf. 63. 1885. A. Sommer, Über Macrotoma plumbea. Beiträge zur Kenntnis der Poduriden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLI. S. 683—718. 2 Taf. 64. 1902. A. Vaney, Contributions ä l'etude des larves et des metamorphoses des Dipteres. Ann. de l'Univ. de Lyon. N. S. 1. Sei., med. Fase. 9. 178 p. 4 tabl. 65. 1891. E. Verson, Zur Beurteilung der amitotischen Kernteilung. Biol. Centralbl. Bd. XL p. 513—516. 66. 1897, 1898. — Zur Entwicklung des Verdauungskanals beim Seidenspinner. Zool. Anz. Bd. XX. p. 301—302. Bd. XXL S. 431—435. 67. 1905. — Zur Entwicklung des Darmkanals bei Bombyx mori. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXII. S. 523—600. 4 Taf. 68. 1911. — Beitrag zur näheren Kenntnis der Häutung und der Häutungs- drüsen bei Bombyx mori. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCVII. S. 457 —480. 2 Taf. Das Mitteldarmepithel der Insektenlarven während der Häutung. 169 69. 1864. A. Weissmann, Die nachembryonale Entwicklung der Museiden nach Beobachtungen an Musca vomitoria und Sarcophaga carnaria. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XIV. S. 187—336. 7 Taf. 70. 1891. H. E. Zieoler und O. VOM Rath. Die amitotische Kernteilung bei den Arthropoden. Biol. Centralbl. Bd. XL S. 744- 757. 71. IS9I. H. E. Zieoler. Die biologische Bedeutung der amitotischen (direkten) Kernteilung im Tierreich. Biol. Centralbl. Bd. XI. S. 372-389. Erklärung der Abbildungen. (Nähere Erklärungen siehe im Text.) Tafel I. Fig. 1 — 11. DeilephiJa euphorbiae. Vergr. 500/1. Emp, Epithelmutterzellen; Stb, Stäbchensaum; Nid.Z, Nutritorische Zone; Sph, Sphärocyten; Ca, Calycocyten; Mit, Mitose (Aster); J.Ca, jugendliche Calycocyte. Fig. 12 — 14. Hyponomeuta evonymella. Vergr. 500/1. Fig. 15 — 19." Arge. Vergr. 500/1. Fig. 20 — 23. Calliphora. Vergr. 500/1. Fig. 24 — 25. Melasoma 20punct. Vergr. 500/ 1. Tafel II. Fig. 26 — 34. Dermestes lardarius. Fig. 26—28. 31—32, 34 Vergr. 900/1. Fig. 29 u. 30 Vergr. 500/1. Fig. 33 Vergr. 26/1. B.ch, basale Chitinlamelle; R, Reste der Bildungszellen derselben; Stm, Stützmembran ; Rg, Regenerationsinsel ; Stb, Stäbchensaum; K, degenerierte Kerne im abgestoßenen Epithel. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. IM. I. Heft. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis L Ein Beitrag zur Morphologie des Insektenkörpers. Von Carl Dem an dt. (Aus dem zoologischen Institut zu Marburg.) Mit 74 Figuren im Text. Die vorliegende Arbeit schließt sich an die Untersuchungen über die Muskulatur, das Nervensystem, die Respirationsorgane und den Darmkanal von Dytiscus marginalis an, welche bereits vor einiger Zeit erschienen. Wenn bei den vorliegenden Untersuchungen zu- nächst die gröbere Morphologie mehr betont wurde, wie dies z. B. für das Chitinskelet und die Muskulatur des Copulationsapparates gilt, so durfte doch die Struktur des keimerzeugenden und leitenden Apparates nicht unberücksichtigt bleiben. Es sei aber ausdrücklich betont, daß die feineren histologischen und cytologischen Vorgänge bei dieser Untersuchung nicht eingehend behandelt, sondern nur ge- streift werden können, da es hier vor allem darauf ankam, eine Dar- stellung des gesamten Organsystems beim männlichen und weiblichen Tier zu geben und beide nach Möglichkeit in Vergleich zu setzen. Außer- dem liegen über die Oogenese und Spermatogenese von Dytiscus und verwandte Formen ältere und neuere Untersuchungen vor, auf welche einzugehen später noch Gelegenheit sein wird. Methoden. Die Präparationen der Muskulatur und des Chitinskelettes des Copulationsapparates wurden mit Hilfe des ZEissschen Binoculars an dem nach BAUERScher Methode in Paraffin eingebetteten Objekte und die Zeichnungen mit LEiTzscher Lupe und Zeichenapparat aus- geführt. Die Objekte, welche konserviert und geschnitten werden Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 12 172 Carl Demandt, sollten, wurden schnell aus dem Körper herauspräpariert, meist ohne sie mit Kochsalzlösung in Berührung zu bringen, und sofort in Konser- vierungsflüssigkeit gebracht. Nur bei der schwierigen Präparation der Verbindungsstränge war ein Präparieren in Kochsalzlösung von höchstens 10 Minuten Dauer nicht zu umgehen. Um günstige Schnitte durch die Ovarien zu erhalten, wurde der Käfer ganz in Paraffin ge- bettet und die Ovarien frei präpariert. Dann wurden dieselben nur hinten mit dem Copulationsapparat losgetrennt, vorsichtig gestreckt und befestigt und direkt im Tierkörper mit Konservierungsflüssigkeit Übergossen. Als Konservierungsflüssigkeit wurde für Ovarien und Hoden FLEMMiNGsches Gemisch (Chrom-Osmium-Essigsäure) angewandt, wäh- rend die Ausführungsgänge meist mit Sublimat-Eisessig, kalt, konser- viert wurden. Die Schnitte durch Hoden und Ovarien wurden mit Hämatoxylin nach Heidenhain gefärbt, während für die übrigen Organe die Doppelfärbung von Hämatoxylin (Delafield) — Eosin oder Hämatoxylin — van Gieson (Pikrinsäure-Säurefuchsin) ange- wandt wurde. Letztere Färbung erwies sich besonders bei dem männ- lichen Apparat für den Nachweis des Bindegewebes sehr günstig. Als Schnittdicke wurde für Ovarien, Hoden und Anhangsdrüsen des Männ- chens 4 — 6 ii gewählt, während für die übrigen Organe 7,5 u Schnitte angefertigt wurden. A. Der weibliche Apparat. I. Orientierung des Apparates im Körper. Der weibliche Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis (Fig. 1) liegt ventral im Abdomen des Käfers, und zwar nimmt der chitinöse Legeapparat den von den zwei letzten Körpersegmenten umschlossenen Raum ein. Der Legesäbel mit seinen Anhangsgebilden ragt jedoch bis zur Hinterkante des vierten Segmentes nach vorn. Der zur Ver- fügung stehende Raum wird dadurch sehr verringert, deshalb biegt die vorn aus dem Legesäbel hervortretende Scheide nach rechts und unten um. Diese Krümmung bedingt eine seitliche Verlagerung des übrigen Geschlechtsapparates nach rechts, so daß er etwas asymmetrisch zu liegen kommt (Fig. 1). Die Ovarien liegen in ihrem vorderen Abschnitte den umfang- reichen Beinmuskeln auf und sind infolgedessen in nach vorn auf- steigender Richtung orientiert. In dieser Lage fixiert werden die Geschlechtsorgane zunächst Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 173 durch die beiden Verbindungsstränge der Ovarien (Fig. 1 vb), welche dicht unter dem Herzen verlaufen und durch den Metathorax hindurch bis zum Mesothorax ziehen, wo sie sich am Mesoscutum ansetzen. Die Befestigung mit dem Chitinskelet des Legeapparates wird abgesehen von der in den Legesäbel übergehenden Scheide durch drei Muskel- paare bewirkt. Es handelt sich hier zunächst um zwei Paar Retrac- toren der Scheide, und zwar die kurzen und langen Retractoren. Der kurze Retractor der Scheide (M. retractor vaginae brevis, Fig. 5 rvb) entspringt an den freien vorderen Ecken des Legesäbels, und zwar derart, daß die Fasern des Muskels sich auf der Membran ausbreiten, die sich hier an den Legesäbel anheftet. Sein Insertions- punkt liegt an der Scheide, kurz vor ihrem Eintritt in den Legesäbel. Der Muskel ist sehr flach und unscheinbar, so daß er leicht übersehen werden kann. Der lange Retractor der Scheide (M. retractor vaginae longus, Fig. 7 rvl) wurde schon von Stein richtig als lang und bandförmig beschrieben. Er entspringt an den inneren Ecken der Genitalklappen und inseriert an der Unterseite der Scheide, dicht hinter der Ein- mündung des Eierganges. Zu diesen beiden Muskelpaaren tritt noch ein drittes Paar, welches die Eileiter und damit auch die Ovarien ven- tral an dem Körperskelet befestigt. Es sind die Retractoren der Ovarien (M. retractor ovarii). Ihren Ursprung nehmen sie am Vorderrande des achten Sternites, dicht neben der Mittellinie des Körpers, und sie in- serieren an den Eileitern kurz vor ihrer Vereinigung zum Eiergange. Sie sind ebenso lang wie die langen Retractoren der Scheide, jedoch nicht so breit und daher weniger kräftig. Die beschriebenen drei Muskelpaare haben besonders die Aufgabe, die Scheide zu entlasten von dem Zuge, der auf sie ausgeübt wird, wenn der Käfer den Legesäbel zwecks Eiablage vorstreckt. Weitere Befestigungsmittel der Weichteile des Geschlechtsapparates sind die Tracheen und zwar besonders diejenigen, welche vom Stigma des vierten und fünften Tergits ausgehen. Die Tracheen des vierten Tergits ziehen zu den Ovarien, soweit sie aus den Eiröhren zusammen- gesetzt sind, während die Tracheen des fünften Tergits sich auf dem Eierkelche ausbreiten. Die Tracheen umspinnen mit ihren feinen Verästelungen die Ovarien und Eierkelche nicht nur von außen, son- dern dringen auch überall zwischen die Eiröhren und ihre Stiele ein. Schließlich kommt wohl auch für die Fixierung der Geschlechts- organe noch der Fettkörper in Betracht, der die Organe umhüllt und um sie einen lockeren Mantel, die sogenannte Peritonealhülle, bildet. 12* 174 Carl Demandt, II. Morphologie des weiblichen Geschlechtsapparates. An dem Geschlechtsapparate lassen sich vier Abschnitte unter- scheiden: der erste umfaßt die keimbereitenden, der zweite die aus- leitenden, der dritte die für die Befruchtung und der vierte die für die Copulation bestimmten Organe : 1) Die Eierstöcke oder Ovarien, bestehend aus a. den Verbindungssträngen (Fig. 1 vb), b. dem eigentlichen Ovarium, gebildet von den Eiröhren (ov), c. den Eiröhrenstielen (Fig. 1 est), d. dem Eierkelche (Fig. 1 ek). 2) Der Leitungsapparat, und zwar a. der Eileiter (Fig. 1 el), b. der Eiergang (Fig. 26 eg), c. die Scheide oder Vagina (Fig. 1 va). 3) Der Befruchtungsapparat: a. die Begattungstasche oder Bursa copulatrix mit ihrem Halse (Fig. 1 bt), b. der Samenbehälter oder das Receptaculum seminis (Fig. 1 recs), c. der Befruchtungsgang (Fig. 26 bg). 4) Der Legeapparat, und zwar a. das chitinöse Skelet, b. die Muskulatur. Der Zusammenhang der unter zwei und drei genannten Organe geht besonders deutlich aus dem Schema Fig. 26 hervor. Eierstöcke, Leitungsapparat und Befruchtungsapparat werden umhüllt von dem Fettgewebe, der Peritonealhülle. Sie ist ein lockeres, mehr oder weniger durchscheinendes Gewebe. Dem Ovarium, Eileiter und Eiergang liegt sie ziemlich dicht an und wird durch die zahlreichen Tracheen, die sie durchsetzen, mit ihnen fest verbunden. Infolge der weitmaschigen Struktur der Peritonealhülle sind die einzelnen Ei- röhren und ihre Fächerimg, meist auch die Eiröhrenstiele, von außen gut zu erkennen (Fig. 1). Im Bereiche der Scheide ist sie kompakter und demgemäß weniger durchsichtig. Auch liegt sie der Scheide und ihren Anhangsorganen nicht dicht auf, sondern umhüllt sie wie ein weiter Mantel. 1. Das Ovarium. Die Eierstöcke von Dytiscus marginalis sind zwei umfangreiche Organe, die einen großen Teil der Höhlung des Abdomens ausfüllen Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 175 (Fig. 1 ov). In der Ruheperiode nach der Eiablage, in den Monaten Juni bis Februar, zeigen sie die Form von kurzen Spindeln. Ihre vorderen Enden sind jedoch zu den Verbindungssträngen ausgezogen und ihre Hinterenden zu den Eierkelchen halbkugelförmig abgerundet. recs r~ va -* -* Fig. 1. Zeigt den weiblichen Geschlechtsapparat in seiner natürlichen Lage im Abdomen. Im hinteren Teile den Legeapparat (leg.app), daran anschließend die Scheide (va), Begattungstasche (fit), ße- ceptaculum (recs) und die Ovarien (ov) mit dem Eileiter (el), dem Eierkelch (ek) und den Verbin- dungssträngen (vb). Erklärung der Abkürzungen siehe auch S. 297. Vergr. 5/1. Die Außenseiten der Spindeln sind bedeutend stärker gewölbt als die Innenseiten. Die Spindelform des Ovariums ist dadurch bedingt, daß die einzelnen dicht aneinander gelagerten Eiröhren nach hinten be- deutend an Umfang zunehmen. Im Frühjahr enthalten die Eierstöcke zahlreiche legereife Eier, und ihr Umfang ist infolgedessen weit größer, 176 Carl Demandt, oft doppelt so groß wie in der Ruheperiode. Wie schon erwähnt, sind an dem Ovarium drei Abschnitte zu unterscheiden: die Verbindungs- stränge, das eigentliche Ovarium oder die Eiröhren mit ihren Stielen und der Eierkelch. a. Die Verbindungsstränge (Fig. 1 vb) sind zwei kräftige, elastische Fäden, die, wie schon eingangs erwähnt, unterhalb des Herzens verlaufen. Sie heften sich an die ventralen Kanten der Chitinlamelle des Mesoscutums an (vgl. Euschee, Fig. 20) und zwar dort, wo diese am tiefsten in den Körper vorspringt1. Sie sind zusammengesetzt aus den Endfäden der Eiröhren, welche kurz vor ihrer Anheftung im Thorax sich zu einem einzigen Strange ver- einigen. Von außen betrachtet lassen sie ihre Zusammensetzung aus den einzelnen Endfäden nicht erkennen, da die Peritonealhülle in diesem Abschnitte sehr dicht ist. b. Das eigentliche Ovarium (Fig. 1 ov) wird gebildet von den Eiröhren, deren Zahl sehr stark variiert. Die daraufhin untersuchten Eierstöcke wiesen als Minimum 38, als Maxi- mum 49 auf. Dabei ist die Zahl der Eiröhren in den beiden Ovarien ein und desselben Käfers noch sehr verschieden; so fanden sich obige beiden Extreme in den beiden Ovarien eines Käfers, die Differenz zwischen den beiderseitigen Ovarien betrug also elf Stück. Andre Käfer wiesen 40 bzw. 45, 42 bzw. 43, 41 bzw. 49 Eiröhren auf. Die Summe der Eiröhren beider Ovarien überstieg bei keinem von zehn daraufhin untersuchten Käfern die Zahl 90. Nach der Terminologie von I. Gross gehört Dytiscus zu den adephagen Käfern mit büschelförmigem Eierstocke (Ovarium fascicu- latum). Die Eiröhren sind meroistisch und polytroph, d. h. sie besitzen Nährzellen und zwar verteilt in eine größere Anzahl von Nähr- kammern. Die Eiröhren, welche in den sehr langen Endfaden aus- laufen, weisen an ihrem vorderen Ende, vor dem Übergang in den Endfaden, eine schwache Verdickung auf (Fig. 14). Es ist dies die Keimzone der Eiröhre, die sogenannte Endkammer (Fig. 15 u. 16). Der übrige Teil der Eiröhre umfaßt die Wachstumszone. Die in der Wachstumszone abwechselnd aufeinander folgenden Nähr- und Ei- fächer nehmen nach hinten an Umfang allmählich zu. Dabei ist die Nährkammer, zumal in den älteren Stadien, etwas kleiner als das auf sie folgende und ihr zugehörige Eifach (Fig. 15). Die Zahl der von 1 Vgl. auch Holste, Fig. VIII: Der Verbindungsstrang eines Ovariums ist hier bis zur Ansatzstelle eingezeichnet; Bezeichnung fehlt jedoch. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 177 außen zu erkennenden Bianlagen einer Eiröhre beträgt 8 — 10. Man erkennt von außen die Grenzen der aufeinander folgenden Nähr- und Eifächer an schwachen Einschnürungen der Eiröhre. Die Länge des letzten Eies beträgt zur Zeit der Kühe etwa 1 1/2 mm, die legereifen Eier jedoch, die man im Frühjahre in den Eierstöcken findet, haben eine Länge von 7 mm. Die Eiröhren alter Käfer besitzen eine Länge von 6 — 7 mm, während diejenigen junger Käfer nur halb so lang sind. Die Zahl der in einem Nährfache enthaltenen Nährzellen beträgt 15. Bei konserviertem und gehärtetem Material war es leicht, durch Prä- paration unter dem Binocular die Tunica zu zerreißen und die ein- zelnen Nährzellen zu isolieren. Auf die Wachstumszone der Eiröhre folgt nunmehr ein dritter Abschnitt; es ist der ausführende Kanal der eigentlichen Eiröhre, der sogenannte Eiröhrenstiel (Fig. 1 est). Man erkennt schon bei Lupen- vergrößerung unter dem letzten Ei eine kurze, sphincterartige Ein- schnürung und darunter eine becherartige Anschwellung, in welcher sich eine stark gelb oder braun gefärbte Substanz befindet, das Corpus luteum. Der daran ansetzende Teil, der Eiröhrenstiel, ist ein gleich- mäßiger, zarthäutiger Schlauch von 21/2 bis höchstens 3 mm Länge. Bei jungen Käfern erreicht er also die Länge der eigentlichen Eiröhren, während er noch nicht halb so lang ist als die Eiröhren eines alten Käfers. Die Eiröhrenstiele eines Ovariums, besonders die central gelegenen, sind stark gefaltet, da sie wegen des beschränkten Raumes zusammengedrückt werden. In der Literatur finden sich über die Eiröhrenstiele wenig Angaben. Stein und Brandt beschreiben unter dem letzten Ei einen Sphincter oder eine Klappe, welche den Abschluß der Eiröhre gegen den Eier- kelch bilden soll, von dem Eiröhrenstiele selbst sagen sie nichts. Kor- schelt gibt in seiner Arbeit »Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier« eine kurze Beschreibung der Eiröhren- stiele verschiedener Insektenordnungen und erwähnt besonders für Pyrrhocoris apterus, daß der Eiröhrenstiel bei jungen Individuen lang ist und sich nachträglich verkürzt. Bei Dytiscus ist dies kaum der Fall. Zwar erscheinen die Eiröhrenstiele der jungen Käfer bedeutend länger, doch ist das darauf zurückzuführen, daß die Eiröhre selbst noch von unbedeutender Länge ist. Bei alten Käfern tritt • dagegen der Eiröhrenstiel der Eiröhre gegenüber sehr zurück. Die Eiröhren sitzen mit ihren Stielen dem dritten Abschnitte des Ovariums, dem Eierkelche, auf (Fig. 1 ek). Die kuppeiförmige Abrun- dung des Eierkelches nach den Eiröhren hin bedingt, daß die peripher 178 Carl Demandt, gelagerten Röhren tiefer sitzen und infolgedessen mit ihren End- kammern nicht soweit nach vorn reichen wie die centralen. Der Eier- kelch ist, wie schon der Name andeutet, ein weites, kelckf örmiges Organ. Seine Wand ist in der Ruheperiode stark gefaltet, und er besitzt daher nur geringe Ausdehnung, wie Fig. 1 zeigt. Zur Zeit der Eiablage ist der Kelch oft von reifen Eiern angefüllt, so daß man alsdann von seinem bedeutenden Umfange einen richtigen Begriff bekommt. 2. Der Leitungsapparat. Während der Eierkelch als Sammelbehälter für die reifen Eier noch als Teil des Ovariums angesehen werden kann, gehören die nun zu beschreibenden Abschnitte den Ausführungsorganen an. a. Der Eileiter (Fig. 1 el). Der Eierkelch geht ganz allmählich in den Eileiter über. Eine feste Grenze zwischen beiden läßt sich, äußerlich betrachtet, nicht ziehen, da der Übergang sehr gleichmäßig erfolgt, doch kann man sehr wohl den hinteren Teil als Eileiter erkennen, denn er stellt einen sehr kurzen Schlauch dar, der sich bis zu der Vereinigung mit dem Eileiter des andern Ovariums allmählich verjüngt. b. Der Eiergang (Fig. 26 eg). Die beiden Eileiter bilden nach ihrer Vereinigung den Eiergang, einen unpaaren Schlauch, der die Aufgabe hat, die Geschlechtsprodukte beider Eierstöcke in die Scheide zu leiten. Er ist etwas länger als die Eileiter und mündet von unten her in die Scheide ein. c. Die Scheide (Fig. 1 va). An der Scheide oder Vagina sind zwei Abschnitte zu unterscheiden. Der hintere Teil ist eingeschlossen von den beiden Platten des Lege- säbels (Fig. 3 1s). Auf der Ventralseite desselben liegt, von den beiden Styli (Fig. 3 st) bedeckt, die Geschlechtsöffnung des Käfers (Fig. 3 v). Der vordere Teil ist ein stark muskulöses Rohr, welches in der Ruhe- lage nach rechts und unten umgebogen ist. 3. Der Befruchtungsapparat. Die Bezeichnung »Befruchtungsapparat« ist vielleicht unglück- lich gewählt, da sie mit unserer heutigen Auffassung von der Befruch- tung = Kernverschmelzimg nicht im Einklang steht, doch wurde in Ermangelung eines andern Ausdruckes diese Bezeichnung beibehalten. Auch dürfte aus der Disposition hervorgehen, daß es sich hier nur um einen bestimmten Abschnitt des Geschlechtsapparates handeln kann. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 179 Der Befruchtungsapparat wird gebildet von einer Verlängerung der Scheide über die Einmündung des Eierganges hinaus. Stein be- zeichnet den ersten Teil derselben, der weniger umfangreich ist, als »Hals der Begattungstasche «, während er den darauf folgenden, eiförmig erweiterten Abschnitt als eigentliche Begattungstasche (Bursa copu- latrix) (Fig. 1 u. 26 bt) ansieht. Nach dieser Nomenklatur wären diese Abschnitte dem Begattungsapparate zuzurechnen. Stein begründet diese Bezeichnung, indem er sagt: »Der Körper (die Begattungstasche) ist nach der Begattung mit dem gelblich weißen, käseartigen Um- hüllungsstoffe angefüllt, er muß daher als Begattungstasche angesehen werden.« Ich möchte dem hinzufügen, daß bei der Begattung ein Ein- dringen des Penis bis in diese Tasche nicht stattfindet. Der aus der Anhangsdrüse des Männchens stammende, käseartige Stoff, das Be- gattungszeichen, gelangt überhaupt nicht in dieselbe hinein. Sie kommt also für die Copulation direkt garnicht in Betracht und muß hingegen als Abschnitt der Befruchtungsorgane angesehen werden, zumal sie, wie später gezeigt wird, in engem Zusammenhange mit dem Befruch- tungsgange steht. a. Die Begattungstasche. Der Hals der Begattungstasche und die Begattungstasche selbst bilden zusammen einen schwach gekrümmten, dorsalwärts aufsteigen- den Schlauch, auf dessen convexer Seite ein Wulst verläuft, den wir später als das Drüsenpolster des Befruchtungsganges kennen lernen werden (Fig. 26 drp). b. Der Samenbehälter. An die Begattungstasche setzt sich nunmehr die Samentasche oder das Receptaculum seminis an (Fig. 1 recs). Es bildet eine haken- artig nach rückwärts und unten gekrümmte Spitze und ist schlanker und etwas länger als die Begattungstasche. Gegen letztere ist das Receptaculum durch eine Einschnürung deutlich abgegrenzt (Fig. 26). c. Der Befruchtungsgang stellt nicht wie die vorigen ein isoliertes Organ dar. Er ist eng ver- bunden mit der Begattungstasche und an Totalpräparaten in Glyzerin als schwach gekrümmter Bogen, wie ihn Fig. 26 stark schematisiert wieder- gibt, im Innern der Begattungstasche und ihres Halses deutlich zu erkennen. Er beginnt am Receptaculum und verläuft über die Be- gattungstasche und ihren Hals bis zur Mündung des Eierganges in die Scheide. 180 Carl Demandt, 4. Der Legeapparat. Die nachfolgende Beschreibung des Legeapparates und seiner Muskulatur, sowie die an andrer Stelle (Seite 237 ff.) folgende Beschrei- bung des männlichen Copulationsapparates bilden die notwendige Er- gänzung zu den bereits früher erschienenen Abhandlungen von Euscher »Das Chitinskelet von Dytiscus marginalis« und Bauer »Die Musku- latur von Dytiscus marginalis«, da in diesen Arbeiten der Geschlechts- apparat keine Berücksichtigung gefunden hatte. Die Angaben, welche sich in der Literatur über den Lege- bzw. Copulationsapparat von Dytiscus marginalis und verwandte Formen finden, sind größtenteils sehr wenig eingehend und die darauf bezüg- lichen Abbildungen meist recht unvollkommen. Von den älteren Autoren ist zunächst Burmeister zu nennen, der auch einige Muskeln des Geschlechtsapparates abbildet. Spätere Untersuchungen wurden von Stein und Kolbe angestellt. Auch in der neueren Zeit haben sich verschiedene Forscher mit Untersuchungen über das Skelet des Apparates befaßt, so z. B. Verhoeff, welcher die morphologische Bedeutung der einzelnen Teile zu klären sucht. Recht gute Abbildungen gibt Regimbart, besonders von dem Legeapparat. Die umfassende Arbeit von Peytoureau «Contribution ä Fetude de la Morphologie de l'Armure genitale des Insects» beschäftigt sich ebenfalls mit dem Chitinskelet des männlichen und weiblichen Apparates, doch ist Dy- tiscus nur kurz behandelt und die Muskulatur nicht berücksichtigt. Was die Beschreibung der Chitinteile betrifft, so ist diese sehr wenig eingehend, der Verlauf der dieselben verbindenden Membranen im Allgemeinen richtig angegeben. Kleinere Abweichungen, welche sich in der Beschreibung finden, werden an passender Stelle Berücksichti- gung finden. Die Darstellung ist fast durchweg richtig, doch infolge der unzureichenden Abbildungen nur bei genauer Kenntnis des Objektes verständlich. Bezüglich der Nomenklatur ist zu erwähnen, daß für das Chitin- skelet größtenteils die Bezeichnungen älterer Autoren (Verhoeff, Berlese) beibehalten wurden. Durchweg neu ist dagegen die Be- nennung der Muskeln, da in der Literatur hierfür keine Muster vorhan- den waren. Ein Vergleich mit Melolontha auf Grund der Biographie von Strauss-Dürckheim erschien wegen der großen Verschiedenheit im Bau des Legeapparates für die Nomenklatur wenig lohnend. In Anlehnung an Kolbe wurde der weibliche Apparat als »Legeapparat« dem »Copulationsapparat« des Männchens gegenübergestellt, da ersterer Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 181 hauptsächlich für die Eiablage in Betracht kommt, während letzterer speziell als Begattungsapparat zu dienen hat. a. Die Skeletteile des Legeapparates. Die den Legeapparat aufbauenden Skeletteile sind aufzufassen als modifizierte Segmente, die zwischen die letzten Abdominalsegmente eingezogen sind. Die der Gelenkhaut der Körpersegmente entspre- chenden Membranen sind aber oft sehr umfangreich, während die Chitin- __-c?/7 -x .gH V Fig. 2. Hinterer Abschnitt des Abdomens mit ausgestülptem Legesäbel (h), mit den Styli (st) und der Vulva (v); pl, Pleurite; ap, die Analplatten; ssp, Seitenspangen; gk, die Genitalklappen; »ij und m3, Membranen des Scheidenrohres. Weitere Abkürzungen siehe S. 297. Vergr. 8/1. platten meistens sehr stark reduziert erscheinen. Demgemäß stellt das Chitinskelet des Legeapparates im ausgestülpten Zustande, d. h. in der Stellung, in welcher die Eiablage erfolgt, ein vollkommenes Rohr dar, welches mit seinem Ende den hinteren Abschluß des Abdomens bildet und allmählich sich verjüngend in die Legescheide ausläuft (Is, Fig. 2). Das Bohr wird in seiner Gesamtheit von einer chitinösen Membran gebildet, in welche verschiedene Chitinspangen und -platten seitlich eingefügt sind. Es soll in den weiteren Ausführungen als Scheiden- rohr bezeichnet werden, da es die Vagina einschließt1. 1 Hinsichtlich der Lagebezeichnungen dorsal, ventral, vorn, hinten usw. ist zu bemerken, daß stets die Lage des vorgestreckten Legeapparates gemeint 182 Carl Demandt, Der hinterste Abschnitt des Scheidenrohres (Fig. 3) wird von der Legescheide oder dem Legesäbel (Is) gebildet. Er besteht aus zwei langen, säbelförmigen, vollkommen gleichartigen Chitinplatten, die mit ihren schwach concaven Innenseiten einander zugewendet sind. Am Vorderende sind sie ventralwärts zu einem kurzen Gelenkfortsatz (gf) ausgezogen, während ihre Hinterenden miteinander verschmolzen sind und eine ziemlich scharfe Schneide bilden. Sie ermöglicht es dem Käfer, die Stengel der Wasserpflanzen bei der Eiablage anzuschneiden. In ihrem vorderen Teil ist die Legescheide noch durch die Membran des Scheide- rohres ausgekleidet und auf diese Weise eine Verbindung der beiden Platten hergestellt. Auf der Ventralseite des Legesäbels liegt zwischen den auseinander- stehenden Platten desselben ein paar Styli (st), der Membran des Scheiderohres angeheftet. Sie sind ähnlich den Legesäbelscheiden halbrinnenförmig gestaltet, nur entsprechend kleiner. Zwischen den Styli und im Ruhezustände von ihnen bedeckt liegt die Geschlechts- öffnung des Käfers (Fig. 2 u. 3 v). An dem Gelenkfortsatze des Legesäbels (Fig. 2 gf) setzen sich nun zwei Chitinspangen an, die als Seitenspangen (ssp) bezeichnet werden sollen. Diese Spangen sind im doppelten Sinne gekrümmt: zunächst mit ihrem Hinterende zu dem Legesäbel hin (Fig. 3). Von der ventralen Seite betrachtet erscheinen sie ebenfalls noch als schwach gekrümmte Bogen (Fig. 4a ssp), mit der Concavseite einander zuge- kehrt. Im Querschnitte zeigen sie Rinnenform (Fig. 46). Ihre dorsale Wand (Ruhelage, Fig. 5) ist nahe der Mitte zu einem kleinen Vorsprung (vs) verbreitert. Über die Außenseite der Rinne verläuft in ihrem mittleren Abschnitt eine schräge Längsnaht (Fig. 3 n), welche die Zusammensetzung der Rinne aus zwei, allerdings fest miteinander ver- wachsenen Stücken andeutet. An dem freien Ende sind die Seiten- spangen zu je einer Platte ausgezogen, welche an ihren medianen Kanten in eine Spitze auslaufen (Fig. 5 ap). Es sind dies die Analplatten, sie bedecken die Mündung des Enddarmes (Fig. 5 red). Im Ruhe- zustande ist der Legesäbel zwischen die Seitenspangen eingeschlagen und, von unten betrachtet, einem geschlossenen Taschenmesser ver- gleichbar (Fig. 4a). Im Bereiche der soeben beschriebenen Seitenspangen wird das Scheidenrohr durch die Membran vervollständigt, an der man hier ist. Werden diese Bezeichnungen auf die Ruhelage angewandt, so wird dies aus- drücklich vermerkt werden, da die Orientierung in diesem Falle oft gerade ent- gegengesetzt ist. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 183 jedoch einen dorsalen und einen lateral-ventralen Abschnitt unter- scheiden kann. Ersterer setzt an den beiden vorderen Kanten des Legesäbels an (Fig. 3 ?%) und spannt sich aus zwischen den Spangen, am ventralen Kinnenrande derselben (Fig. 4«) inserierend. Diese Mem- bran gibt also dem ausgestülpten Scheidenrohr den dorsalen Abschluß. Sie heftet sich auch an die Analplatten an, doch nur an ihre äußeren Kanten. Auf diese Weise bleibt zwischen der Membran und den Platten eine Öffnung, durch welche der Enddarm nach außen zieht (Fig. ia clo). ■n .^p v ?vM -- - --ls \ \ s/ % \ \ \ V m3 j, l \ ^ \ l \ 1 9? ssp Fig. 3. Das Scheidenrohr isoliert, im ausgezogenen Zustande: ap, ssp, ls, st, v wie in Fig. 2 (vgl. auch Seite 297). cb, Chitinbogen; hv, und vv, hinterer und vorderer Vorsprung der Genitalklappen; n, Naht der Seitenspange; gl, Gelenkfortsatz des Legesäbels, m1 bis m4, Membranen des Scheiden- rohres. Vergr. 8/1. Ventral und seitlich wird der Abschluß des Scheidenrohres durch den zweiten Abschnitt der Membran (Fig. 3 m2) gebildet. Sie beginnt an dem Gelenkfortsatz des Legesäbels, inseriert an den ventralen Kanten der Seitenspangen (ssp) bis zur oben erwähnten Längsnaht, der sie nun folgt bis zum hinteren Ende der Analplatten (ap). Diese Membran besitzt auf ihrer Innenseite eine Lage Drüsenzellen, wodurch sie ein dickes, schwammiges Aussehen bekommt. Der vorderste Teil des Scheidenrohres wird im wesentlichen von zwei ziemlich großen Chitinplatten gebildet, deren Form ohne weiteres erkennen läßt, daß es sich um ein modifiziertes Segment handelt. Da diese Platten nun zu dem Genitalapparat gehören, so werde ich sie als Genitalklappen (gJc) bezeichnen. 184 Carl Demandt, Da bei vorgestreckter Legescheide die Genitalklappen eine schräge, fast dorso-ventrale Lage einnehmen, so ist es für die Beschreibung zweckmäßig, die Bezeichnungen auf die Ruhelage zu beziehen. Die Genitalklappen liegen symmetrisch auf der Ventralseite des übrigen Legeapparates (Fig. 5 glc). An jeder dieser Klappen sind zwei Abschnitte zu unterscheiden: ein breiter Chitinbogen und die zwischen ihm sich ausspannende Membran (Fig. 3 cb u. m3). Die beiden Bogen liegen in Ruhe mit der Concavseite einander zugekehrt (Fig. 7). Der Chitinbogen ist am Außenrande zu zwei Vorsprüngen verbreitert, einem kleinen vorderen und einem großen hinteren (Fig. 7, 3 und 5 vv und hv). Der Hinterrand des Bogens ist nach - ssp der Dorsalseite etwas umgeschlagen und an seiner Kante mit kurzen ~/s Borsten besetzt (Fig. 5 u. 6 ur). In das Scheidenrohr (Fig. 3) sind 5/ 3^ ssp Fig. 4. a) Legesäbel {ls) mit den Seitenspangen {ssp) isoliert von der Ventralseite gesehen; clo, Öffnung der Cloake.l Sonst wie Fig. 2. b) Querschnitt durch den mittleren Abschnitt des Legesäbels {ls) und der Seitenspangen (ssp). Vergr. 8/1. die beiden Genitalklappen dergestalt eingefügt, daß an ihren medianen Kanten die Membran (m2) inseriert, welche anderseits an der Naht der Seitenspangen ansetzt. Beim Ausstülpen des Legesäbels werden die Genitalklappen gespreizt, und zwischen ihnen der Legesäbel mit den Seitenspangen vorgeschoben. So kommen die Klappen in dieselbe seitliche Lage, die auch die übrigen Skeletteile des Scheidenrohres ein- nehmen (Fig. 3). Die bisher beschriebenen Abschnitte: Legesäbel, Seitenspangen und Genitalklappen, verbunden durch die gemeinsame Membran, bilden das eigentliche Scheidenrohr. Es ist nun noch ihre Verbindung mit dem Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 185 Körper des Käfers zu erläutern. Diese Verbindung wird hergestellt durch zwei besondere Membranen. Auf der Ventralseite setzt an den Genitalklappen eine Membran an, welche an der Vorderkante der Klappen von der einen zur andern überspringt (Fig. 3 u. 7 m4) und dieselben auf diese Weise miteinander verbindet. Ihre Insertionslinie verläuft von dort nach dem hinteren Vorsprung (hv), so daß der vordere Vorsprang (vv) isoliert erscheint (Fig. 7). Sie zieht zum umgeschlagenen Hinterrande des letzten äußerlich sichtbaren Sternites und bildet als einheitliche Membran den Abschluß des Abdomens auf der Ventral- seite des Legeapparates. Auf der dorsalen Seite wird der Abschluß erzielt durch eine Mem- bran, die an dem umgeschlagenen Hinterrande der Genitalklappen (ur) inseriert (Fig. 5 m5a), nach vorn und oben zu den Analplatten (ap) zieht und dorsal an ihrem Vorderrande sich anheftet. Dann schlägt sich die Membran wieder nach hinten um (m56) und inseriert am Hinter- rande des letzten äußerlich sichtbaren Tergits. Da die Genitalklappen zwei getrennte Platten darstellen, so bleibt eine spaltförmige Öffnung für das Vorstrecken des Legesäbels frei (Fig. 7 sp). Was nun die morphologische Deutung der Chitinteile des Lege- apparates betrifft, so konnte diese Frage hier nicht klargestellt werden, da dies nur auf Grund entwicklungsgeschichtlicher und vergleichend- anatomischer Studien möglich ist. Aus diesem Grunde erübrigt es sich auch, hier auf die vergleichend-morphologischen Arbeiten über das Abdomen der Insekten (z. B. Heymons 1905, Wandolleck 1905 usw.) einzugehen. Nach Berlese, dessen Deutung ich für die wahrschein- lichste halte, ist die letzte äußerlich sichtbare Rückenplatte das neunte Tergit, die letzte Ventralplatte das achte Sternit. Die Genitalklappen bilden das neunte Sternit. Die Seitenspangen stellen das stark modi- fizierte zehnte Tergit dar und der Legesäbel mit den beiden Styli das zehnte Sternit. Bevor ich nun mit der Beschreibung der Muskulatur des Lege- apparates beginne, soll noch kurz an der Hand zweier Schemata, Fig. 10a u. b (siehe Seite 193), die Lage der Chitinteile und Mem- branen im eingezogenen Zustande erläutert werden. Die Fig. 10« stellt einen schematischen Medianschnitt durch den hinteren Ab- schnitt des Abdomens dar. Die letzte äußerlich sichtbare Rücken- platte ist das neunte Tergit (9t). Von seinem Hinterrande zieht die Membran m5& zu den Analplatten ap, an welche sich nach vorn die Seitenspangen ss]) ansetzen. Die Vorderenden der letzteren bilden das Gelenk, durch welches die Seitenspangen mit dem Legesäbel Is 186 Carl Demandt, verbunden sind. Der Legesäbel liegt also im Centrum des hinteren Abdomens und auf der Ventralseite treten aus ihm die Styli hervor (st, vgl. auch Fig. 105, welche einen Querschnitt durch den Lege- apparat darstellt). Weiter ventralwärts liegen nun die Genitalklappen (gk). Sie sind mit den Analplatten durch den zweiten Abschnitt der Membran m5, nämlich m5a, verbunden, und ebenso zieht vom Vorder- ende der Seitenspangen die Membran m2 zum Hinterrande der Genital- ldappen; ihr Verlauf ist aber besser in Fig. 10& zu erkennen. Ebenso zeigt letztere Figur auch die zwischen den Seitenspangen sich aus- spannende Membran ?%. Mit dem umgeschlagenen Hinterrande des letzten Sternites (8s) sind endlich die Genitalklappen durch die Membran m4 (Fig. 10«) verbunden. Der Raum, in welchem der Legesäbel in der Ruhelage liegt, und welcher seitlich und vorn von der Membran m2 (Fig. 10« u. b) und dorsal von der Membran m1 (Fig. 10&) begrenzt wird, ist nach den Untersuchungen von Blunck für die Copulation von großer Bedeutung und von demselben als Spermatophorentasche bezeichnet worden (Fig. 106 spt). b. Die Muskulatur. Die Zahl der den Legeapparat betätigenden Muskeln ist ziemlich bedeutend. Hinsichtlich ihres Ursprunges und ihrer Insertion zer- fallen sie in drei Gruppen. 1. Gruppe: Die hierher gehörigen Muskeln entspringen und inse- rieren an den Skeletteilen des Scheidenrohres. Bei ihrer Beschreibung wird am besten von dem letzten Abschnitte des Scheidenrohres aus- gegangen. Es sind hier zuerst die beiden Muskelpaare zu erwähnen, die durch ihre Betätigung die Bewegungen des Legesäbels bedingen, nämlich der Strecker und der Beuger des Legesäbels. Der Strecker des Legesäbels (M. extensor ovipositoris, eo, Fig. 5, 6 u. 9) entspringt in der Rinne der Seitenspange. Seine Fasern setzen sich auf der ganzen Strecke des mittleren Drittels der Spange an (Fig. 9), wodurch der Muskel einen sehr breiten UJrsprung gewinnt. Sich stark verjüngend zieht der Strecker zum Gelenkfortsatze des Legesäbels (Fig. 9 gj). Der Beuger des Legesäbels (M. flexor ovipositoris, Fig. 5, G u. 9 fo) entspringt auf der Innenseite des Vorsprunges der Seiten- spangen (Fig. 5 vs). Seine konvergierenden Fasern gehen allmählich in die Membran über, die zwischen Seitenspangen und Legesäbel den Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 187 dorsalen Abschluß des Scheidenrohres bildet (»%) und inserieren an der vorderen dorsalen Ecke (Fig. 9 ve) des Legesäbels. Die Bewegungen der Seiten spat igen und Genitalklappen zuein- ander werden hervorgerufen durch drei weitere Muskelpaare. Es sind die Protractoren und die langen und kurzen Retractoren des Scheidenrohres. Der Protractor des Scheidenrohres (M. protractor tubi vaginalis, Fig. 5, 6, 9 u. 10a ptv) entspringt auf der Dorsalseite des Fig. 5. Der Legeapparat mit seiner Muskulatur, Ruhelage von der Dorsalseite gesehen. Links Muske! ptv teilweise wegpräpariert; ur, umgeschlagener Rand der Genitalklappen {gk), ap, Analplatten; ssp, Seitenspangen; vs, deren Vorsprung; rect, Rectum; va, Vagina; rvb, kurzer Scheidenretractor. Erklärung der Muskelabkürzungen siehe s. 298. Vergr. 8/1. vorderen Vorsprunges der Genitalklappen (Fig. 5), und seine schwach konvergierenden Fasern ziehen zu der Gelenkverbindung von Lege- säbel und Seitenspangen. Kurz vor dem Gelenke zieht er über die Spange hinweg (Fig. 5), wo er dicht neben dem Insertionspunkt des Streckers des Legesäbels sich anheftet (Fig. 9). Als charakteristisch für den Protractor ist zu erwähnen, daß er der Länge nach zusammen gefaltet ist. Da sich infolgedessen die Fasern des Muskels unter einem allerdings sehr spitzen Winkel kreuzen, so ist man leicht geneigt, den- selben für zwei getrennte Muskeln anzusehen. Faltet man ihn jedoch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 13 188 Carl Demandt, auseinander, so wird man sich leicht von seiner Einheitlichkeit über- zeugen können. Der lange Retractor des Scheidenrohres (M. retractor longus tubi vaginalis, Fig. 5, 6, 9 u. 10a rlt) entspringt auf der Dorsalseite der Genitalklappen, nahe ihrem Vorderrande (Fig. 5). Seine divergierenden Fasern ziehen nach hinten und inserieren auf der ganzen Außenfläche des Vorsprunges der Seitenspangen (Fig. 5). Der kurze Retractor des Scheidenrohres (M. retractor brevis tubi vaginalis, Fig. 5, 9 u. 106 rbt) entspringt beiderseits Fig. 6. Hinterer Abschnitt des Legeapparates mit den am nennten Tergit ansetzenden Muskeln. Ruhelage, von der dorsalen Seite, 9t, neuntes Tergit. Muskelabkürzungen siehe S. 298. Vergr. 10/1. auf der Dorsalseite des vorderen Vorsprunges der Genitalklappen (Fig. 5 u. 9 vv). Seine Fasern laufen ziemlich parallel und breiten sich aus auf der Membran {m2), die von den Seitenspangen zu den Genital- klappen zieht (Fig. 9 u. 106). Das letzte Muskelpaar, welches zu der ersten Gruppe gehört, ist der Suspensor der Membran des Scheidenrohres, die sich zwischen den Seitenspangen ausspannt (Fig. 5 •/%). Dieser M. suspensor mem- branae tubi vaginalis, (Fig. 5 u. 9 smv) ist ein kurzer, unschein- barer Muskel, der von der Kante des Vorsprunges der Seitenspangen (Fig. 5 vs) zu dieser Membran zieht. 2. Gruppe: Die Muskeln, welche die Verbindung der Skelet- stücke des Scheidenrohres mit dem achten Sternit herstellen. Die verschiedenen Stellungen, die die Genitalklappen in Ruhe und Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 189 bei vorgestreckter Legescheide dem achten Sternit gegenüber ein- nehmen, werden in der Hauptsache durch die Funktion zweier Muskel- paare bewirkt; es sind die Protractoren und die Retractoren der Geni talklappen. Der Protractor der Genitalklappen (M. protractor lami- narum genitalium, Fig. 7, 8 u. 10a pl) entspringt auf der Innen- fläche des achten Sternits, nahe am Hinterrande desselben (Fig. 8), zieht schräg nach außen und vorn und inseriert an der äußersten Ecke Fig. 7. Legeapparat in der Ruhelage von der Ventralseite gesehen, links die Genitalklappe freigelegt (gk). hv, hinterer Vorsprung der Genitalklappe ; iplu.irl, Insertion der Muskeln plxx.rl; rvl, langer Scheidenretractor. Sonstige Abkürzungen siehe S. 297. Muskelabkürzungen S. 298. Vergr. 8/1. des vorderen Vorsprunges der Genitalklappen (Fig. 7 vpl). Seine Fasern verlaufen schwach konvergent. Der Retractor der Genitalklappen (M. retractor lami- narum genitalium, Fig. 7, 8 u. 10a rl) nimmt seinen sehr ausge- dehnten Ursprung an der Gelenkfalte zwischen dem siebenten und achten Sternite. In Ruhe ist der Muskel stark gekrümmt (Fig. 7), da seine Fasern sich sofort nach außen wenden. Er inseriert an der Konturlinie, welche gegeben ist durch die Anheftimg der Verbindungs- haut (m4) der Genitalklappen mit dem achten Sternite (Fig. 7 irl). Es ist ein kurzer, kräftig entwickelter Muskel. Als Suspensoren der Genitalklappen kommt hauptsächlich ein 13* 190 Carl Demandt. Paar kräftiger Muskeln in Betracht (M. suspensor magnus lami- narum genitalium, Fig. 5, 7 u. 9 sm). Dieser große Suspensor ent- springt an den äußeren Ecken der Gelenkfalte des achten Sternites mit dem siebenten und zieht, in der Ruhelage senkrecht zur Längsachse des Körpers, zu den Genitalklappen (Fig. 5 u. 7). Er inseriert an dem Vorderrande derselben, besonders aber an ihren inneren Ecken (Fig. 7). 3. Gruppe: Die Muskeln, welche die Skeletteile des Scheiden- rohres mit dem achten und neunten Tergit verbinden. ssp Fig. 8. Abdomen auf der linken Seite geöffnet, Legesäbel vorgestreckt. Obere Lage der Muskulatur. Ein Teil der Genitalklappe (gl:) entfernt. Bezeichnungen wie vorher. Vergr. 8 1 . Als Suspensoren der Genitalklappen dienen zwei Paar sehr schwa- cher Muskeln. Der vordere Suspensor (M. suspensor anterior laminarum genitalium, Fig. 5 — 7 sä) entspringt am Stigma des achten Tergits und der hintere Suspensor (M. suspensor posterior laminarum genitalium, Fig. 5 — 7 sp) an dem Stigma des neunten Tergits. Beide ziehen zum hinteren Vorsprung der Genitalklappen. Diese beiden Muskelpaare sind anzusehen als die Transversalmuskeln des neunten Abdominalsegments, also den »musculi transversales abdominis« (Bauer) zuzurechnen. Daß dieselben in diesem Segmente im Gegensatz zu dem vorhergehenden wieder paarig auftreten, hängt wohl mit der starken Umbildung des neunten Sternits zusammen. Es ist nun noch eine größere Anzahl von Muskeln zu erwähnen. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 191 die sämtlich am neunten Tergite ihren Ursprung haben. Zu nennen sind hier zunächst zwei Paar Heber der Genitalklappen. Der lange Heber der Genitalklappen (M. levator longus laminarum genitalium, Fig. 6, 8 u. 10a 11) entspringt seitlich vom Stigma des neunten Tergits (Fig. 6) und zieht schräg nach hinten und unten, um an den Genitalklappen, nahe ihrem Hinterrande, zu inserieren (Fig. 6). Er ist ein langer schmaler Muskel mit parallel verlaufenden Fasern. Bedeutend kürzer und kräftiger ist der kurze Heber der Ge- nitalklappen (M. levator brevis laminarum genitalium, Fig. 5, 6, 8 u. 10 Ib). Er entspringt kurz vor dem Hinterrande des neunten Tergits (Fig. 6), nahe der Mittellinie desselben, und zieht etwas schräg nach außen und vorn zu den Genitalklappen. 7. 3k Fig. 9. Wie Fig. 8, jedoch tiefere Lage der Muskulatur, besonders die Muskeln der Genitalklappen in ihrer Funktion erläuternd. Muskel ptv in der Mitte abgeschnitten dargestellt. Erklärung der Bezeich- nungen siehe hinten. Vergr. 8/1. Dicht neben der Ursprungsstelle des langen Hebers der Genital- klappen entspringt der Retractor der Seitenspangen (M. retrac- tor fibularum lateralium, Fig. 6 u. 9 rfl), ein schwacher, flacher Muskel, der nach vorn zieht und dorsal an der Kante des Vorsprunges der Seitenspangen inseriert. Die Retractoren der Analplatten (M. retractores lami- narum analium, Fig. 6 u. 9 rla) stellen drei Paare kurzer, aber kräf- 192 Carl Demandt, tiger Muskel dar. Sie entspringen nahe der Mitte des Vorderrandes des neunten Tergits (Fig. 6) und inserieren an der Vorderkante der Anal- platten. Eben dort entspringt ein sehr flacher Muskel, der nach hinten zieht und an der eingeschlagenen Verbindungshaut (Fig. 6 m5J zwischen dem neunten Tergit und den Analplatten inseriert. Er ist als Spanner der Cloakenhaut (M. tensor membranae cloacae, Fig. 6 tm) zu bezeichnen. Die vorbeschriebenen sechs Muskelpaare sind mit Ausnahme des Retractors der Seitenspangen einander sehr ähnlich, da sie alle am neunten Tergit entspringen und fast parallel verlaufen. Zum Schlüsse ist noch ein schmaler, langer Muskel zu erwähnen, der seitlich vom Ursprung des Protractors der Genitalklappen (Fig. 7) entspringt und schräg nach vorn zum achten Tergit zieht, hier am Stigma inserierend. Er ist ein Transversalmuskel des achten Abdominal- segments (M. transversalis abdominis, Fig. 5 — 7 ta), wie sie von Bauer für die übrigen Segmente beschrieben werden. Um die Bedeutung der einzelnen Muskeln zu verstehen, ver- gegenwärtige man sich, wie das Vorstrecken und Einziehen des Lege- säbels vor sich geht. (Man beachte bei der folgenden Darstellung auch besonders die beiden Schemata Fig. 10a u. b.) Das Vorstülpen des Legesäbels kommt folgendermaßen zustande: Infolge einer Kon- traktion des Protractors des Scheidenrohres (Fig. 5 ptv) werden die beiden Genitalklappen gespreizt, und durch den so geschaffenen Spalt wird der Legesäbel vorgeschoben. Die großen Suspensoren der Genitalklappen (sm) und die Membran, welche die Klappen an ihrem Vorderrande verbindet (Fig. 7 m4), schaffen nämlich an der Insertion der vorgenannten Muskeln einen Drehpunkt, so daß beim Anziehen der Protractoren des Scheidenrohres die Klappen um diesen Punkt gedreht und an ihrem Hinterende auseinander gezogen oder gespreizt werden. Durch eine gleichzeitige Kontraktion der Pro- tractoren der Genitalklappen (pl) werden die Klappen in die schräge Stellung gebracht, die sie bei vorgestreckter Legescheide einnehmen (Fig. 8 u. 9). Durch die Muskeln 11, Tb, sm, rl u. pl (Fig. 8) können sie in dieser Lage vollkommen stabil erhalten werden, was für die weitere Wirkung der andern Muskeln von Bedeutung ist. Durch die Schräg- stellung der Genitalklappen wird der Hinterleib des Käfers zum Klaffen gebracht (Fig. 2). Durch die Kontraktion der Muskeln rla und rlt (Fig. 9) wird nun die Ausstülpung des Legesäbels soweit vervollständigt, daß auch die Seitenspangen ventral aus dem Abdomen hervortreten. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 193 Schließlich kontrahiert sich der Strecker eo (Fig. 9) und gibt dem Lege- säbel die richtige Stellung zur Eiablage. Fig. 10. a) Schema: Sagittal schnitt durch den Legeapparat, Chitinteile durch gerade Linien, Membranen durch Wellenlinien angegeben. Bezeichnungen wie vorher. b) Schema: Querschnitt durch den Legeapparat, sonst wie Fig. 10«. Die sägende Bewegung zwecks Anschneiden der Pflanzenstengel kommt folgendermaßen zustande: Durch die Schrägstellung und die 194 Carl Demandt, Stabilisierung der Genitalklappen ist für den Protractor des Scheiden- rohres eine ganz neue Lage geschaffen worden, so daß er bei Kontrak- tion die Legescheide zurückziehen wird (Fig. 9). Anderseits wird infolge Kontraktion von Muskel rla und rlt (Fig. 9) durch Übertragung von den Seitenspangen auf den Legesäbel eine entgegengesetzte Be- wegung erzielt. Bei abwechselndem Kontrahieren des Protractors ptv einerseits und der Retractoren rla und rlt andrerseits wird so die schneidende Bewegung der Säbelschneide bewirkt. Eingezogen wird der Legesäbel folgendermaßen: Der Beuger fo klappt den Säbel zwischen die Seitenspangen (Fig. 9). Der Protrac- tor ptv, der jetzt wegen seiner Verlagerung als Retractor funktionieren kann, zieht die Spangen und die Legescheide in das Abdomen zurück. Die Muskeln rl und sa, im geringen Maße auch sm und sp, kontrahieren sich nun und bringen die Genitalklappen in die Ruhelage, worauf die Retractoren rlt und rbt das Scheidenrohr vollends zurückziehen. Durch die Kontraktion der Suspensoren 11 und Ib, welche die Genitalklappen gegen das neunte Tergit anziehen, kann schließlich auch noch die Sper- ma tophorentasche geschlossen werden. III. Struktur des weiblichen Geschlechtsapparates. 1. Das Ovarium. Die Peritonealhülle. In der Literatur finden sich über die Peritonealhülle verschiedene Angaben. Im allgemeinen stimmen je- doch die älteren Autoren (Leydig und Brandt) darin überein, daß sie die Peritonealhülle als accessorisches Gebilde ansprechen, welches mit dem Geschlechtsapparat direkt nicht im Zusammenhang steht. Während Stein in seiner Monographie diese Hülle als ein Geflecht von Muskelfasern ansieht, weist Leydig nach, daß dieselbe lediglich als ein Teil des Fettkörpers anzusprechen ist, und daß die Muskelfasern, in welchen Stein das Wesentliche der Peritonealhülle sieht, mit derselben direkt nichts zu tun haben. Ferner haben die entwicklungsgeschicht- lichen Untersuchungen von Heymons an Phyllodromia klar ergeben, daß hier die Peritonealhülle durch Anlagerung von Bindegewebszellen an die Genitalanlage entsteht. »Indem alle diese Zellen zu einer zu- sammenhängenden Haut verschmelzen, bilden sie die Peritonealhülle, die zeitlebens mit dem Fettkörper in innigem Zusammenhang bleibt.« Meine Untersuchungen an Dytiscus marginalis ergaben folgende Re- sultate : Die eigentliche Peritonealhülle, der die Geschlechtsorgane um- hüllende Mantel, besteht aus modifiziertem Fettgewebe und zeigt auf Der Geschlechtsapparat von Dytiscus rnarginalis. 195 FKC v. bz -bz Schnitten folgendes Bild: Zwischen zwei feinen, strukturlosen Lamellen (Fig. 11 /) sind große, unregelmäßig geformte Zellen eingelagert. Die Zellgrenzen sind meist deutlich zu erkennen, wir haben es also nicht mit einem Syncy- \» / tium zu tun, wie Günthert angibt. Der Zell- y inhalt weist eine grobmaschige Plasmastruktur /r auf. Bei Käfern, welche mit reichlicher Nah- rung versorgt waren, sind die Maschen an- gefüllt mit Fetttröpfchen (Fig. 11 ft), die mit Hämatoxylin nach Heidenhain sich tief schwarz färben. Bei schlecht ernährten Exemplaren fehlen diese Fetteinlagerungen vollständig. Meist im Centrum der Zelle liegt der große, an granuliertem Chromatin reiche Kern (zk). Er weist gewöhnlich ein bis drei Kernkörperchen auf. Der inneren Lamelle ansitzend findet man sehr oft kleine, un- zk — regelmäßig geformte Zellen (Fig. 11 bz) mit kleinen, meist chromatinarmen Keinen, die jedenfalls als Blutzellen anzusprechen sind. Stellenweise ist das peritoneale Gewebe stark reduziert, und hier ist das Verhalten der beiden begrenzenden Lamellen interessant. Dieselben treten näher zusammen und können sich zu einem einzigen Strange vereinigen, während sie sich nach kurzem Verlaufe wie- der trennen. An solchen Stellen treten zwi- schen den Lamellen knotenartige Verdickungen auf (Fig. 11 k), die wohl als Kerne anzusprechen sind und den geschwundenen Matrixzellen dieser Lamellen angehören. Die Vereinigung beider Lamellen ist von besonderer Bedeutung an den vorderen Enden der Verbindungs- stränge. Hier legen sich dieselben dem Ver- bindungsstrange so dicht auf, so daß sie kaum noch von der Tunica desselben unter- schieden werden können (Fig. 12 p/t). Von den Autoren, die Untersuchungen über die Peritonealhülle angestellt haben, wird auch eine »Muskulatur der Peritonealhülle« beschrieben. Wie m~i* mm Fig. 11. Schnitt durch die Peritoneal- hülle: l, Lamelle; zk, Zellkern; ft, Fetttröpfchen; k, Kern; bz, Blutzellen. Vergr. 492/1. 196 Carl Demandt, sich aus der Literatur ergibt, handelt es sich um glatte oder unvoll- kommen quergestreifte Muskelfasern. Sie wurden besonders von Gross für eine größere Anzahl Insekten beschrieben und abgebildet. Auf Querschnitten durch ganze Ovarien oder ihre Verbindungs- stränge finden sich bei Dytiscus überall zwischen den Endfäden und Eiröhren feinste Muskelfasern (Fig. 13). Sie sind den Muskelfasern, welche Gross für Coccinella scptempunctata und Coccinella ocellata abbildet, sehr ähnlich. Es handelt sich also um anastomosierende Fasern, die an ihren Knotenpunkten zellartige Erweiterungen (Fig. 13 z) (Interstitialzellen nach Berlese) aufweisen, in welche ziemlich große Kerne mit granuliertem Chromatin und oft deutlichem Nucleolus eingelagert sind. Die Fasern weisen einige wenige Längsfibrillen auf. Die mitunter auftretende Querstreifung glaube ich mit Gross als Schrumpfung infolge Kontraktion der Faser ansprechen zu müssen, da in diesen Fällen die Begrenzungslinien der Fasern gekerbt erscheinen (Fig. 13 gfa). Wie verhält sich nun diese Muskulatur zu der Peritonealhülle? Während die neueren Autoren den Begriff »Muskulatur der Peritoneal- hülle« allgemein übernommen haben, vertrat schon Leydig den Stand- punkt, daß diese Muskulatur mit der Peritonealhülle nichts zu tun habe. Nach meinen Befunden treten bei Dytiscus diese Muskelfasern stets nur in der Nähe der Eiröhren und Endfäden auf und nie am Fett- mantel, der sie umgibt. Sie stehen mit der Peritonealhülle nicht in Verbindung. Meines Erachtens sind sie als Ligamente aufzufassen, wenigstens im Bereiche der Endfäden, und sie haben die Aufgabe, das Endfadenbündel zusammen zu halten. Wenn nun die Auffassung richtig ist, daß die Eier beim Heranwachsen nicht in der Tunica der Eiröhren, sondern mit ihr vorrücken, so können die Muskelfasern auch im Bereiche der Eiröhren nur als das Ovarium zusammenhaltende Ligamente angesehen werden, denn sie können in diesem Falle für das Vorrücken der Eier nicht wesentlich in Betracht kommen. Jedenfalls haben die Muskelfasern bei Dytiscus mit der Peritonealhülle nichts zu tun, und die Ansicht Leydigs ist somit für Dytiscus die einzig zu- treffende. Es ist also zweckmäßiger, sie als »Muskulatur des Ova- riums« zu bezeichnen, da sie in ihrer Funktion als Ligamente für dieselben in Betracht kommen. a. Die Verbindungsstränge und Endfäden. Die Bedeutung der Verbindungsstränge als Ligamente der Ovarien wurde schon von Stein richtig erkannt. Jedoch findet man in der Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 197 Literatur noch immer unrichtige Angaben über die Ansatzstellen der- selben im Körper des Tieres. So gibt noch ganz neuerdings Günthert an, daß bei Dytiscus »jede Eiröhre für sich mittels eines feinen, elasti- schen Fadens an der Seiten wand des Herzens befestigt« sei. Schon bei der Besprechung der »Morphologie des Geschlechtsappa- rates« sahen wir jedoch, daß die Verbindungsstränge sich an das Chitin- skelet des Mesothorax anheften. Längsschnitte durch diesen vordersten Abschnitt der Stränge zeigen uns nun (Fig. 12), daß die Endfäden der einzelnen Eiröhren kurz vor ihrer Anheftung allmählich ineinander übergehen und dann einen soliden Strang bilden. Derselbe macht den Fig. 12. Anheftung des Verbindungsstranges an das Chitinskelet (ch); ep, Hypodermis; pli, Peritoneal hülle des Stranges; endf, Endfäden. Vergr. 88/1. Eindruck, als ob er aus einzelnen Fibrillen zusammengesetzt sei, zeigt jedoch auf Querschnitten keine derartige Struktur. Dieser gemeinsame Strang ist umgeben von der Tunica propria der verschmolzenen End- fäden und der zur Lamelle gewordenen Peritonealhülle (Fig. 12 ph). Er setzt sich an das Epithel (ep) der Chitinlamelle des Mesoscutums an, so daß man zunächst die Insertion eines aus zahlreichen Fasern bestehenden Muskels vor sich zu haben glaubt. Kurz vor dem Anheften verjüngt sich der Strang bedeutend. Das Epithel der Chitinlamelle ist gegen den Verbindungsstrang durch eine ziemlich schwache Kontur begrenzt. Die Kerne des gemeinsamen Stranges erscheinen etwas länglicher als die der noch nicht vereinigten Endfäden. Die Endfäden weisen die dreifache Länge der eigentlichen Eiröhre auf und sind in ihrem Verlaufe von durchweg gleicher Dicke. Sie sind umkleidet von der Tunica propria (Fig. 13 tp), die auf die Eiröhre 198 Carl Demandt, übergeht und als Produkt der Zellen des Endfadens bzw. der Epithel- zellen der Eiröhre aufzufassen ist. Sie ist strukturlos und glashell. Der Endfaden weist in seinem Verlaufe abwechselnde Zellstruktur auf. Die Zellen, deren Grenzen meist sehr schwer zu erkennen sind, besitzen an den beiden Enden des Endfadens (Fig. 12 u. 15) polyedrische oder unregelmäßige Form, während sie in dem langen mittleren Ab- schnitte des Fadens, wie Giardina zuerst nachwies, geschweift spindel- förmig geformt sind mit fibrillen- ähnlichen Verlängerungen (Fig. 13). x\uch das Plasma weist fibrilläre Struktur auf, was jedenfalls für die Elastizität des Fadens von Bedeu- tung ist. Im Bereiche dieser Zellen konnte ich einen ziemlich in der Mitte des Endfadens verlaufenden feinen, jedoch deutlich sichtbaren Faden nachweisen (Fig. 13 af), der sich zwi- schen den Zellen hindurchschlängelt. Er färbt sich mit Eisenhämatoxylin dunkel und zeigt in gewissen Ab- ständen kleine knotenförmige Ver- dickungen. Man möchte ihn für eine Fortsetzung" der von Giar- dixa beschriebenen Endkammer- achse ansehen, doch wies keine einzige der von mir geschnittenen Eiröhren diese Achse auf, und ich wage daher nicht zu entscheiden, welche Bedeutung dem beschriebe- nen Faden zukommt. Hinweisen möchte ich noch auf die Unter- suchungen von P. Buchner, det- ail den Endfäden von Gryllus Stütz- fibrillen nachgewiesen hat. Zum Unterschiede von dem für Dytiscus beschriebenen Faden sollen diese Fibrillen jedoch auf der Oberfläche der Endfäden liegen. Die Kerne des Endfadens erscheinen ziemlich hell und chromatin- arm und besitzen meist ein oder zwei Kernkörperchen. Die Anhäufung der Kerne, d. h. also die Größe der Zellen des Endfadens, ist sehr ver- - -tP r-j--3f Fig. 13. Längsschnitt durch den mittleren Abschnitt eines Endfadens und die .Muskelfasern des Ova- riums (»der Peritonealhülle«), tp, Tunica pro- pria; af, Achsenfaden des Endfadens; z, Muskel- zellen; k, Kerne derselben; gfa, geschrumpfte Fasern; tr, Trachee. Vergr. 460/1. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 199 schieden. In den beiden Endabschnitten mit den polyedrischen Zellen können vier Kerne nebeneinander im Endfaden liegen (Fig. 16), während in der fibrillären Region höchstens zwei nebeneinander gelagert sind (Fig. 13). Wie schon vorher erwähnt, geht die fibrilläre Struktur der End- fadenzellen gegen die Endkammer hin wieder in die polyedrische über. Schließlich werden die Zellen spindelförmig und, quer zur Längsachse der Eiröhre sich anordnend, bilden sie in mehrschichtiger Lage einen deutlichen Abschluß des Endfadens gegen die Eiröhre (Fig. 15 u. 16 zp). Dieses Zellpolster erscheint auf Längsschnitten oft schwach kuppei- förmig nach dem Endfaden hin abgerundet, denn die Randzellen lagern sich mitunter tiefer in die Endkammer hinein als die centralen Zellen des abschließenden Polsters (Fig. 15). Eine Abgrenzung der End- kammer gegen den Endfaden durch eine Lamelle der Tunica propria, wie sie nach den Untersuchungen von Geoss, Köhlek usw. bei Hemi- pteren und einigen Coleopteren vorhanden ist, fehlt bei Dytiscus. b. Die Eiröhren. Die Eiröhren der Insekten lassen die Verhältnisse der Eibilduns schon am frischen Objekt in ungemein übersichtlicher Weise erkennen und sind deshalb mit Vorliebe zur Beobachtung dieses wichtigen Vor- ganges benutzt worden. Auch die Eiröhren von Dytiscus haben wieder- holt, im frischen wie im konservierten Zustand, als Untersuchungs- objekt gedient, da auch sie sich hierfür als sehr geeignet erwiesen. Es gehört nicht in den Rahmen dieser sich mit der gesamten Morphologie des Geschlechtsapparates beschäftigenden Arbeit, die Vorgänge der Eibildung eingehend zu erörtern und den verschiedenen, seit den Unter- suchungen von Stein und Leydig, sowie Korschelt, Wielowjeski und Will bis auf Gross, Giardina, Debaisieux und Günthert (1910) geäußerten Anschauungen Rechnung zu tragen, sondern es soll aus- schließlich eine Beschreibung der Eiröhre von Dytiscus und der sich in ihr abspielenden Vorgänge gegeben werden, wobei sich die erhaltenen Befunde mit den neuen Untersuchungen über die Oogenese bei Dytiscus recht gut in Einklang bringen lassen. Es wurde bereits gezeigt, daß der Endfaden gegen die Eiröhre durch einige Lagen spindelförmiger, fast quer gelagerter Zellen abge- grenzt ist. Unter dieser Zellenschicht beginnt nun die Keimzone der Eiröhre, die Endkammer (Fig. 15 u. 16, sowie Fig. 14 endh). Sie ist ebenso wie der Endfaden umgeben von der Tunica propria (tp), die weiter nach hinten auf die Wachstumszone der Eiröhre überseht. 200 Carl Demandt, endF M endk < ^-c/ Fig. 14. Eiröhre eines alten Käfers in drei Abschnitten dargestellt. In A oben der Endfaden (endf), dar- unter die Endkammer (endk) mit den anschließenden jüngeren Ei- und Nährfächern. In B ältere Ei- und Nährfächer, ebenso in C. Am Ende ein leeres, zerfallendes Fach und der becher- förmig sich anschließende Eiröhrenstiel (est), ef, Eifach; nf, Nährfach; oor, Oocyte; fol, Eifolli- kel; «z, Nährzellen; hbl, Keimbläschen; tp, Tunica propria; spz, spindelförmige Follikelzellen; zpf, Zellpfropf; rf, Corpus luteum: ep, Epithel; Im, Längsmuskelfasern. Vergr. 88 L. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 201 In dem vorderen Abschnitte der Endkammer finden wir dicht unter dem abschließenden Zellpolster zweierlei Zellelemente. Zunächst Zellen mit kleinen, ovalen Kernen (Fig. 15 u. 16 epz), die meist einen deutlichen Nucleolus aufweisen. Die Grenzen dieser Zellen sind kaum zu erkennen. Es sind dies die Epithelzellen der Eiröhre, welche identisch sind mit den Zellen des Endfadens und an den reiferen Eiern den Eifol- likel bilden. In der Endkammer treten sie regellos verstreut auf. Neben diesen Zellen somatischen Charakters treten an der Spitze der Endkammer Zellen auf, deren Kerne wesentlich größer und chro- matinreicher sind als die der Epithelzellen (Fig. 15 u. 16 oog). Auch bei den kleinsten Zellen dieser Art kann man meist die Zellgrenzen deutlich erkennen. Es sind dieses die Keimzellen oder Oogonien, von denen die Eizellen und Nährzellen herstammen. Diese Zellen nehmen nach hinten schnell an Größe zu; sie wachsen unter mitotischen Tei- lungen heran. Auf diese erste Region der Endkammer, die durch die Vermehrung und das Heranwachsen der Oogonien gekennzeichnet ist, folgt nun ein zweiter Abschnitt, in welchem die Nährzellbildung ihren Anfang nimmt. Man findet hier neben den überall verstreut auftretenden Epithelzellen größere Zellkornplexe (Fig. 15 u. 16 ros), deren Einzelzellen nur teil- weise durch Zellgrenzen voneinander abgetrennt erscheinen. In der gemeinsamen Plasmamasse dieser Zellanhäufung findet sich gewöhnlich ein größerer, sehr chromatinreicher Kern, während neben diesem etwas kleinere Kerne auftreten, die chromatinärmer erscheinen. Der größere ist der Kern der Oocyte, die kleineren sind die Kerne der durch erb- Lingleiche Teilung aus der Oogonie hervorgegangenen Nährzellen (Fig. 15 u. 16 nz). Die Zahl der mit der Oocyte zusammenhängenden Nähr- zellen nimmt nach hinten allmählich zu. Nach den Untersuchungen von Giardina erfolgt eine viermalige Teilung der Oogonie, durch gleichzeitige Teilung der gebildeten Nährzellen ergeben sich zum Schlüsse 15 Nährzellen, die mit der Oocyte im Zusammenhang bleiben. Das Chromatin des Oogonienkernes weist während der Teilungen gewisse Differenzierungen auf. Es zerfällt gewöhnlich in eine kompakte dunklere und eine granulierte hellere Masse. Diese beiden Bezirke können nebeneinander im Kerne liegend je eine Hälfte desselben ein- nehmen (Fig. 15 u. 16). Oft jedoch liegt die kompakte Masse im Cen- trum des Kernes, umgeben von der helleren Zone des granulierten Chro- matins. Wie aus den Untersuchungen von Giardina und Günthert hervorgeht, ist diese Differenzierung des Chromatins ein charakteristi- sches Stadium der differentialmitotischen Teilung der Oogonien, die 202 Carl Demandt, eleijten Nähr- und Eifächer beträgt Der Geschlechtsapparat \ ■. g ■ - -drp 2 --/m Fig. 27. Querschnitt durch den Eiergang (eg) und den Hals der Begattungstasche (hbt) kurz vor ihrer Ver- schmelzung, ep, Epithel; h». Längs-, rm, Ringmuskulatur des Eierganges; ep, Epithel des Halses drp! und drp.2, Drüsenpolster; w, Muskelwulst, der den Befruchtungsgang trägt (bg). Vergr. 88/1. ten zu verfolgen. Die Drüsenzellen stimmen vollkommen mit denen des Befruchtungsapparates überein und werden dort näher beschrieben werden. Das Epithel der Vagina ist ziemlich flach und sehr stark gefaltet, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 15 220 Carl Demandt, seine Zellgrenzen sind nicht zu erkennen. Die Kerne der Zellen sind sehr klein und färben sich stark mit Hämatoxylin. Nach innen haben die Zellen eine helle chitinöse Intima (Fig. 28 i) abgeschieden, welche das Epithel an Stärke übertrifft und fein lamelliert erscheint. Gegen die Muscularis ist das Epithel begrenzt von einer starken Basalmembran. ~&&--drp2 -im Fig. 28. Querschnitt durch die Scheide unterhalb der Vereinigung von Eiergang und Hals der Begattun<:s- tasche. ep, Epithel mit Intima; ja, Falten desselben; drp2, Drüsenpolster (entsprechend drp.2 in Fig. 27), Im, Längs-, rm, Ringmuskulatur. Vergr. 108/1. Auffallend stark sind die zottigen Falten des Epithels {ja), welche be- sonders von der Ventralseite her in das Lumen hineinragen und das- selbe zum großen Teil erfüllen. Es gibt uns dies einen Begriff von der starken Dehnbarkeit der Scheide, welche ihr Lumen beim Ablegen der Eier ganz bedeutend erweitern muß. Die Längsmuskulatur der Scheide nimmt an Mächtigkeit nach hinten allmählich ab, und sie ist kurz vor dem Eintritt der Scheide m den Legesäbel, wie Fig. 29 zeigt, zu einem kleinen, kompakten Bündel reduziert, welches auf der Ventralseite des nunmehr ins Centrum ver- Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginales. 221 lagerten Lumens liegt. Das Ganze wird umschlossen von einer mäch- tigen Schicht Ringmuskulatur (Fig. 29 rm), in welche noch vereinzelte Längsmuskelfasern (Im) eingebettet sind. Die äußeren Lagen der Ringmuskulatur inserieren hier an einer chitinösen Einlagerung auf der Dorsalseite der Vagina (Fig. 29 er), an welcher anderseits der kurze Retractor der Scheide (rvb, vgl. S. 173) entspringt. Diese Einlagerung hat die Form einer etwas deformierten Kugel und sieht infolgedessen ep -Im Fig. 29. Querschnitt durch die Scheide kurz vor ihrem Eintritt in den Legesäbel, mit dem Ansatz des kurzen Scheidenretractors (rvb), er, Chitineinlagerung. Bezeichnungen wie in Fig. 28. Vergr. 88/1. auch auf Längsschnitten durch die Vagina ganz ähnlich aus, wie auf dem Querschnitt Fig. 29. Sie besitzt bedeutende Wandstärke und ist umgeben von einem flachen Epithel mit kleinen Kernen, an welches die Muskelfasern sich ansetzen. Der hintere Abschnitt der Scheide ist umschlossen von den beiden Legesäbelscheiden, zwischen deren ventralen Kanten, von den Styli bedeckt, die Geschlechtsöffnung liegt (Fig. 2 u. 3 v). Auf einem Quer- schnitt durch den Legesäbel (Fig. 30) erscheint das Epithel der Vagina 15* 222 Carl Demandt, weniger stark gefaltet, sonst aber genau so ausgebildet, wie im vorderen Abschnitt der Scheide (ep). Zellgrenzen sind auch hier nicht zu er- kennen. Die Ringmuskulatur fehlt diesem Abschnitt der Scheide, statt dessen findet sich dem Epithel dorsal und ventral aufgelagert je ein Polster sehr feiner Längsmuskelfasern. Verfolgt man diese Muskelbündel auf einer Schnittserie, so ergibt sich, daß das dorsale Bündel allmählich schwindet, d. h. im vorderen Abschnitte des Lege- säbels endigt; das ventrale Bündel bildet dagegen die direkte Fortsetzung des in Fig. 29 dargestellten Längsmuskelbündels. 3. Der Befruchtungsapparat. a. Der Hals der Begattungstasche und die Begattungstasche weisen in ihrem Aufbau nur geringe Unterschiede von der Scheide auf. Das Epithel des Halses (Fig. 27 ePP Fig. 35. Drüsen des Scheidenrohres: ep, Hypodermis mit Chitinbelag (eh); u, schlauchförmige, b, kugelige Drüsenzellen; i>- ausführender Apparat; ag, Ausführungsgang. Vergr. 216/1. setzen, münden also in diesem Falle nach außen. In der Ruhelage (Fig. 10b) liegen sie auf der den Genitalklappen zugewandten Seite der Membran, münden also in den Raum, welcher den Legesäbel enthält, die Sperma tophorentasche. Daraus geht hervor, daß sie nur für die Ruhelage von Bedeutung sein können und ihre Aufgabe ist es jeden- falls, den Legesäbel und besonders die Membran selber einzufetten, damit das Ausstülpen des Säbels erleichtert wird. Ein Querschnitt durch die Membran und ihr Drüsenpolster (Fig. 35) zeigt uns ein Epithel, dessen Zellgrenzen mit Sicherheit nicht zu er- kennen sind. Die Kerne der Zellen sind klein und enthalten einen Nucleolus. Dem Epithel außen aufgelagert ist eine mächtige Chitin- schicht (ch), welche fein lameliiert erscheint. Sie ist ebenso wie das Epithel durchzogen von den stark chitinösen Ausführungsgängen der 230 Carl Demandt, Drüsen. An dem Drüsenpolster kann man zweierlei Drüsenzellen unterscheiden. Die innere Lage des Polsters wird hauptsächlich ge- bildet von einzelligen schlauchförmigen Drüsen (Fig. 35 a). Sie sind keulenförmig und von mäßiger Länge. Der Ausführungsgang zieht sich durch sie hindurch fast bis zu ihrem Ende und ist in seinem hinteren Abschnitte umsäumt von einem hellen Hofe, welcher bei starker Ver- größerung eine sehr schwache Strahlung nach dem Ausführungsgange hin erkennen läßt. Nicht weit von dem hinteren Ende der Drüse liegt der nicht sehr große, chromatinreiche Kern. Das Plasma der Drüsenzelle ist granuliert und in der Nähe des hellen Hofes an dem ausführenden Kanäle (ag) dichter, so daß die Zelle hier dunkler er- scheint. Die äußere Lage des Drüsenpolsters wird gebildet von Zellen, welche ebenfalls schlauchförmig, jedoch an ihrem Ende kugelartig verbreitert sind. Es handelt sich auch hier um einzellige Drüsen. In ihrem schlauchförmigen Abschnitte, der von dem stark chitinösen Ausführungsgang ((ig) durchzogen wird, sind sie den oben beschriebenen Drüsen sehr ähnlich, doch fehlt ihnen der helle Hof (Fig. 35 6). Der Ausführungsgang bildet in dem kugelförmig verdickten Ende der Drüsenzelle eine oder zwei Schleifen und endet in einen Apparat [apy), der die Secrete zu sammeln und in den Ausführungsgang zu leiten hat. Derselbe stellt einen länglich ovalen, mitunter schwach gekrümmten Körper dar, welcher eine radiäre Strahlung zu dem Ausführungsgange hin aufweist. Letzterer ist deutlich bis über die Mitte des Apparates zu erkennen. Der Kern der Drüsenzelle liegt gewöhnlich in der Nähe der Endigung des Ausführungsganges und besitzt außer granuliertem Chromatin einen deutlichen Nucleolus. Das Plasma der Drüsenzelle besitzt wabige Struktur, in der Nähe des Kernes weist es jedoch starke Granulierung auf, so daß hier die Zelle bedeutend dunkler erscheint. Das Plasma zeigt außerdem oft Vacuolen wechselnder Größe, die mit einer schmutzig grauen Substanz erfüllt sind, welche jedenfalls als vorgebildetes Secret anzusehen ist. Die Ausführungsgänge der Drüsen- zellen sind ziemlich weit, so daß man ihr Lumen gut erkennen kann. Sie münden einzeln oder auch in Bündeln von zwei bis vier nach außen. B. Der männliche Geschlechtsapparat. I. Die Orientierung im Körper. Der hintere Abschnitt der Höhlung des Abdomens wird beim Männ- chen wie beim Weibchen von dem Copulationsapparat eingenommen, welcher fast bis zum Hinterrande des sechsten Segmentes nach vorn Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 231 reicht (Fig. 36 kop.app). Der Ductus ejaculatorius (Fig. 36 de) tritt am Vorderraude etwas rechts seitlich aus dem Copulationsapparat hervor und biegt direkt nach unten um. Er ist bei normaler Lage des Geschlechtsapparates nicht sichtbar, da dem Copulationsapparate dicht vorgelagert die beiden Nebenhoden liegen (Fig. 36 nh). Letztere erstrecken sich als einheitlicher Körper quer durchs Abdomen1. Seit- lich treten aus den Nebenhoden die beiden Vasa efferentia (Fig. 36 ve) hervor, welche von den Hoden herkommen. Die Hoden liegen im vorderen Teile der Höhlung des Abdomens und zwar seitlich dicht am Körperrande. Zwischen ihnen treten die Windungen der Anhangs- drüsen hervor (Fig. 36 ect). Diese werden erst nach Entfernung der Hoden und Nebenhoden vollständig sichtbar. Sie liegen in der Tiefe des Abdomens in mehrfachen Windungen. Die Befestigung der Weichteile des Geschlechtsapparates an dem Körperskelet ist hier nicht so weitgehend wie beim weiblichen Apparate. Die Verbindung mit dem chitinösen Copulationsapparate stellt einzig der Ductus ejaculatorius her; verbindende Muskeln fehlen hier ganz. Eine besondere Befestigung der Anhangsdrüsen erscheint auch wegen der kräftigen Entwicklung dieser Organe überflüssig, und es kommen hier nur einige Nerven und Tracheenstränge in Betracht. Die Hoden dagegen, als der empfindlichste Teil des Geschlechtsapparates, sind mit der Körperdecke fest verbunden und zwar durch die Tracheen des vierten und besonders des fünften Abdominalsegmentes. Die büschel- förmig vom Stigma des fünften Segmentes ausstrahlenden Tracheen umspinnen den Hoden und dringen mit ihren feinen Verästelungen zwischen die Windungen des Hodenschlauches ein. Auf diese Weise wird eine feste Verbindung des Hodens mit dem Körper des Käfers erzielt. Ferner sei hier noch der Fettkörper erwähnt, in welchen die Ge- schlechtsorgane eingebettet sind. Um die Hoden- und Nebenhoden bildet er eine besondere, schützende Hülle, die Peritonealhülle. Ais Ligamente des Hodens sind aber noch je zwei vom Fettkörper gebildete 1 Wegen des bedeutenden Umfanges des männlichen Geschlechtsapparates wäre es unzweckmäßig gewesen, die Weichteile des Apparates in der normalen Lage im Körper darzustellen, da ein großer Teil der Organe dann nicht sichtbar ist. Man kann sich aus Fig. 36 die normale Lage leicht konstruieren, wenn man sich den Nebenhoden dem Copulationsapparat dicht vorgelagert denkt. Die Hoden würden in das Abdomen an die Stelle, die sie in Fig. 36 mit ihrem hintereren Abschnitte verdecken, zu liegen kommen, während die mehrfach gewundenen Ectadenien von Hoden und Nebenhoden zum Teil verdeckt am Grunde des Abdomens liegen. 232 Carl Demandt, Bänder zu nennen, welche sich seitlich am Hinterende des Hoden- knäuels anheften und ähnlich wie die Verbindungsstränge der Ovarien in der Mittellinie des Körpers nach vorn verlaufen, um sich im Thorax mit dem übrigen Fettkörper zu vereinigen. Fig. 36. Zeigt den gesamten männlichen Geschlechtsapparat: den Copulationsapparat (kopapp), Neben- hoden (nh), Hoden (h), und Anhangsdrüsen (ect). Weitere Bezeichnungen siehe S. -298. Vergr. 6/1. II. Morphologie des männlichen Geschlechtsapparates. Die Insekten weisen hinsichtlich des Baues der männlichen Ge- schlechtsorgane eine sehr große Mannigfaltigkeit auf, und es läßt sich eine größere Anzahl Typen unterscheiden. Eine Zusammenstellung Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 233 wurde erst in neuerer Zeit von Berlese gegeben, welcher in einer Reihe schematischer Bilder die verschiedenen Arten recht anschaulich darstellt. Nach dieser Zusammenstellung gehören die Dytisciden zu der Gruppe, welche außerdem die Carabiden, Cicindeliiden, Gyriniden, Mordelliden und andre Coleopteren umfaßt, und welche gekennzeichnet sind durch das Fehlen der mesodermalen Anhangsdrüsen (Mesadenien nach Escherich). Der männliche Geschlechtsapparat von Dytiscus gliedert sich in verschiedene, ziemlich scharf getrennte Abschnitte (vgl. Fig. 36) : 1) Die keimbereitenden Organe, gebildet von den beiden Hoden (A). 2) Der Speicherungsapparat der Geschlechtsprodukte, be- stehend aus: a. dem zuführenden Vas efferens (ve), b. dem Nebenhoden oder Epididymis (nh), c. dem abführenden Vas deferens (vd, Fig. 37). 3) Die Anhangsdrüsen oder Ectadenien (ect). 4) Der Leitungsapparat gebildet von dem Ductus ejaculatorius (de). 5) Der Copulationsapparat und zwar a. das Chitinskelet, b. die Muskulatur. Die unter 1. und 2. genannten Organe sind mesodermalen Ur- sprungs (primäre Geschlechtsorgane nach Escherich), die übrigen (3. u. 4.) dagegen sind auf ectodermale Einstülpung der Körperbe- deckung zurückzuführen, wie ihre chitinöse Intima beweist (sekundäre Geschlechtsorgane nach Escherich). Wie schon erwähnt, werden die primären Geschlechtsorgane um- hüllt von der Peritonealhülle, einem lockeren, maschigen Gewebe, welches als besondere Differenzierung des Fettkörpers erscheint. Durch die zahlreichen Tracheenverästelungen ist sie mit den umhüllten Organen ziemlich fest verbunden, so daß es einige Schwierigkeiten bereitet, dieselben frei zu legen. 1. Die Hoden. Der Hode (Fig. 36 h) bildet zur Zeit intensiver Samenerzeugung — Sommer und Herbst — einen ellipsoidischen Körper von etwa 9 mm Länge und 6 mm Breite und Dicke. Er besteht aus einem knäuel- förmig aufgewundenen, feinen Schlauch, dessen Windungen durch die Maschen der Peritonealhülle hindurch gut zu erkennen sind. Die 234 Carl Demandt, Windungen zeigen insofern eine gewisse Regelmäßigkeit, als stets das blinde Ende und die sich daran anschließende erste Hälfte des Schlau- ches den ventralen Teil des Hodenknäuels bilden, so daß also das Vas efferens (Fig. 36 ve) stets dorsal aus ihm heraus tritt. Es ist dies gut zu erkennen an Hoden, welche noch nicht ganz mit Samenelementen angefüllt sind. Der in Fig. 36 dargestellte Hode ist allerdings schon ziemlich weit in der Entwicklung vorgeschritten, doch läßt er immer- hin noch erkennen, daß der gefüllte Abschnitt des Schlauches eine muldenartige Vertiefung bildet, in welche der zweite, leere Abschnitt eingebettet liegt. Da letzterer zusammen gefallen ist. sind seine Win- dungen durch die Peritonealhülle hindurch nicht zu erkennen, infolge- dessen zeigt uns Fig. 36 besonders am rechten Hoden die Schlauch- windungen nur an der Peripherie des Knäuels. Die Länge des Hoden- schlauches beträgt 30 — 40 cm, und nicht nur 8 — 10 cm, wie Schäfer angibt. Genau läßt sie sich nicht bestimmen, da sie davon abhängt, wie stark der Schlauch auch beim Aufrollen gedehnt wird. Das Auf- wickeln des Knäuels bereitet nämlich einige Schwierigkeiten, da die Windungen des Schlauches durch die Tracheen sehr fest untereinander verbunden sind. Der Inhalt des Hodens ist von außen bei Lupenvergrößerung als helle, körnige Masse zu erkennen. Der gefüllte Schlauch weist in semer zweiten Hälfte gewöhnlich eine gut zu erkennende Achse von gelb- gefärbter Substanz auf, die wir später als degenerierende Samenele- mente, die als Nährmaterial dienen, kennen lernen werden. Abwärts von dem mit normalen Elementen gefüllten Abschnitt ist oft ein mehrere Centimeter langes Stück des Hodens nur von degenerierten Substanzen erfüllt, kenntlich an der starken Gelbfärbung. Man könnte diesen Pfropf mit dem Corpus luteum der Eiröhre vergleichen, denn er wird von den nachdrängenden Samenelementen allmählich weiter abwärts geschoben, ähnlich wie das Corpus luteum vom reifen- den Ei. v Das Aussehen des Winterhodens weicht von dem strotzend an- gefüllten Sommerhoden wesentlich ab. Am blinden Ende erkennt man alsdann eine etwa 2 cm lange Verdickung, die den normalen Umfang aufweist. Dagegen ist der ganze übrige Teil des Schlauches leer und daher zusammengefallen und unscheinbar geworden. Das ganze Hoden- knäuel ist demgemäß auch stark geschrumpft, so daß es sich besonders bei fettreichen Käfern kaum vom Fettkörper abhebt. Das blinde Ende des Hodens ragt dann gewöhnlich um ein winziges Stück aus dem Knäuel hervor. Die Verdickung am Ende des Hodens ist zu Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 235 vergleichen mit der Endkammer der Eiröhre, denn sie enthält wie diese die Keimzellen. 2. Der Speicherungsapparat, a. Das Vas efferens tritt am Hinterende dorsal aus dem Hoden hervor (Fig. 36 ve). Es ist ein 4 — 6 mm langer Schlauch, der den Umfang des Hodenschlauches aufweist und, seiner Füllung entsprechend, im Sommer ebenfalls um- fangreicher ist als im Winter. Es ist von der Peritonealhülle umschlossen und geht nach kurzem Verlauf in den Nebenhoden über. b. Der Nebenhoden oder die Epididymis (Fig. 36 nh) trägt diesen Namen, weil er ebenso wie der Hoden einen zu einem Knäuel zusammengeballten Schlauch darstellt. Er hat die Funktion einer Samenblase zu erfüllen, denn in ihm wird der Same aufgespeichert. Er ist im Gegensatz zu dem Hoden besonders im Herbst und Winter stark gefüllt, da alsdann der Samen aus dem Hoden in ihn übergetreten ist. Seine Länge beträgt ungefähr 15 — 17 cm, und man kann zwei Abschnitte an ihm erkennen. Der an das Vas efferens sich anschließende Teil ist weniger dick und hat eine Länge von etwa 9 cm. Der zweite Abschnitt weist je nach seiner Füllung einen Durchmesser von 0,8 bis 1,2 mm auf und ist 6 cm lang. Wegen des geringen Raumes, der zur Verfügung steht, liegen die beiden Nebenhoden dicht aneinander getrennt im Abdomen, so daß sie als einheitlicher, walzenförmiger Körper sich quer durchs Abdomen erstrecken (Fig. 36 nh). Bei vor- sichtiger Präparation gelingt es leicht, die beiden Nebenhoden un- versehrt zu trennen. c. Das Vas deferens (Fig. 37 vd) tritt auf der Ventralseite aus den Nebenhoden heraus und besitzt eine Länge von nur 3 — -1 mm. Es ist von etwas geringerer Stärke als der letzte Abschnitt des Nebenhodens und mündet von der dorsalen Seite her in die Anhangsdrüsen des männlichen Apparates ein (Fig. 37 ect). An seiner Mündung verjüngt es sich plötzlich sehr stark; es ist dies auf starke Kontraktion der Muskulatur zurückzuführen, wodurch der Austritt des Samens verhindert wird. Es soll noch darauf hingewiesen werden, daß die vorbeschriebenen Abschnitte, Vas efferens, Nebenhoden und Vas deferens auch in ihrer Gesamtheit als Vas deferens, d. h. als die Samenelemente ausführender Schlauch aufgefaßt werden kann. Es läßt sich jedoch nicht bezweifeln, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 16 236 Carl Demandt, daß ihre Funktion nicht durchweg dieselbe ist, und infolgedessen ist es berechtigt, diese äußerlich schon gesonderten Abschnitte zu unter- scheiden und die von Auerbach für dieselben eingeführten Bezeichnun- gen zu verwenden. 3. Die Anhangsdrüsen. Die Anhangsdrüsen oder Ectadenien (nach Escherich), auch Kittdrüsen genannt, (Fig. 36 ect) sind zwei blindendigende Schläuche, welche im gefüllten Zustande durch- schnittlich 31/2 cm Länge und 1 mm Durchmesser besitzen. In den Mona- ten Mai bis Juli sind sie weniger dick, da sie zu dieser Zeit, in wel- cher keine Copulationen stattfinden, kein Secret enthalten. Ihre blin- den Enden sind durch einen feinen Muskelstrang (siehe Fig. 36 ms) mit- einander verbunden. Man kann an ihnen zwei Abschnitte unterscheiden. Das erste Stück in einer Länge von 9 — 12 mm ist von milchweißer Farbe und schwach durchscheinend. Der übrige Teil bis zur Vereinigung der beiden Schläuche ist gelbweiß und übertrifft den ersten Abschnitt etwas an Durchmesser. Das Endstück der Drüse ist stets derart gekrümmt, daß es dem zweiten Teile ziemlich parallel verläuft (Fig. 36!). Kurz unterhalb der Krümmungsstelle weist der Drüsenschlauch zwei dicht aufeinan- der folgende Verdickungen auf. In die Ectadenien münden nun pi„t 2,1. v,,n c^er Dorsalseite her die Vasa Penis (pe) und Parameren ipa) isoliert mit defereiltia ein (Fig. 37). In dem .lern Ductus ejacnlatorius und der Mündung ahwärts von dieser Einmündung Ver- der \asa deferentia (ni) in die Anhangsdrusen . (ect). vergr. 7/i. laufenden Abschnitt nähern sich die Drüsenschläuche und verschmelzen allmählich miteinander. Sie bewahren aber ihre getrennten Lumina noch weiter, wie schon äußerlich an der bedeutenden Breite dieses Der Geschlechtsappurat von Dytiscus marginalis. 237 Abschnittes zu bemerken ist. Dieser Abschnitt, welcher morphologisch den Kittdrüsen zuzurechnen ist, hat also die Aufgabe, sowohl das Drüsensecret als auch die Spermatozoen in den folgenden Teil des Geschlechtsapparates, den Ductus ejaculatorius, zu leiten. 4. Der Ductus ejaculatorius. Der Ductus ejaculatorius (Fig. 36 u. 37 de) ist ein nicht besonders starker, unpaarer Schlauch von etwa 6 — 7 mm Länge und 0,8 mm Durchmesser. Er beginnt kurz unterhalb der Vereinigungsstelle der beiden Ectadenien. Diese Stelle ist gekennzeichnet durch eine chitinöse Einlagerung, welche die Form eines etwas schiefen Hufeisens hat (Fig. 37 cb). Sie wird noch genauer beschrieben werden. Der Ductus ejacula- torius mündet in der von dem chitinösen Penis gebildeten Kinne nach außen. Seine Mündung ist eingefaßt von zwei Chitinspangen (Fig. 41 csf), welche mit dem Penis gelenkig verbunden sind und durch je einen sehr feinen Muskelfaden, der sich in der Penisrinne ansetzt, bewegt werden können. 5. Der Copulationsapparat. a. Die Skeletteile. Bei der Beschreibung des Legeapparates wurde gezeigt, daß der chitinöse Apparat ein Rohr darstellt, welches als Fortsetzung der Körperbedeckung den hinteren Abschluß des Abdomens bildet. Wir weiden sehen, daß beim männlichen Käfer die Verhältnisse ganz ähnlich liegen. Da die männlichen Copulationsorgane jedoch weit komplizierter gebaut sind, soll zur Erleichterung des Verständnisses zunächst an der Hand zweier schematischer Sagittalschnitte durch das Abdomen die Lage der Chitinteile und Membranen, die den chitinösen Apparat auf- bauen, erläutert werden. Das erste Schema (Fig. 38«) ist so gedacht, daß die verbindenden Membranen teilweise sehr stark verlängert angedeutet und derart weit aus dem Abdomen hervor gezogen wurden, daß sämtliche Einfaltungen sich glätteten. In Wirklichkeit ist es also nicht möglich, die Organe so weit aus dem Körper hervorzuziehen. Fig. 38« läßt erkennen, daß auch der männliche Apparat ein membranöses Rohr ist, in welches verschiedene Chitinplatten und -bogen eingelagert sind. Es soll als Genitalrohr bezeichnet werden. Die chitinöse Membran des Rohres setzt sich dorsal am Hinterrande des neunten Tergits an (Fig. 38« u. b 9t). In sie eingelagert sind zunächst zwei kleinere Chitinplatten, die Analplatten (ap), ferner ein dünner Chitinstab, die Gräte {gr) (vgl. lt;* 238 Carl Deniandt, weiter unten S. 243). Die Membran endet dorsal an den Parameren (pa) und am Penis (pe). Auf der Ventralseite ist die Membran des Genitalrohres weit um- fangreicher ausgebildet, da sie hier im eingezogenen Zustande sich ver- schiedentlich einschlägt. Sie beginnt am Hinterende des achten Ster- nits (8s) und umschließt zunächst die Genitalklappen mit ihrem Bogen Fig. 38 a. Schema: Der Copulationsapparat völlig auseinandergezogen, um seinen Zusammenhang mit dem Abdonun zu zeigen. Die Membranen sind durch Wellenlinien angegeben, die punktierte Linie gibt die Richtung des oberen Bogens und damit dm vorderen Abschluß des Präputiums an. Fig. 386. Der Apparat in Copulationsstellung. sonst wie Fig. 38a. Fig. 39. Der "Apparat in der Ruhelage, sonst wie Fig. :J8«. Erklärung der Abkürzungen siehe S. 298. (gk u. üb). Vom hinteren Rande der Genitalklappen zieht sie zu einem oberen Bogen (ob), welcher mit den Analplatten auf der dorsalen Seite des Rohres endigt und somit das Genitalrohr ringförmig umschließt. Vom oberen Bogen zieht die Membran weiter zur Ventralseite von Penis und Parameren. In diesem ihrem letzten Abschnitte ist noch eine längliche Chitinplatte (vp) eingelagert. Das zweite Schema (Fig. 386) stellt den Copulationsapparat in der Lage dar, die er bei der Begattung einnimmt. Die verschiedenen Ein- Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginales. 239 faltungen der Membranen sind hier also in natürlicher Lage zu erkennen. Es ist zunächst die Membran, welche vom oberen Bogen zu den Genital- klappen zieht, nach hinten eingeschlagen, ebenso die Membran, die die Genitalklappen mit dem Hinterrande des achten Sternits verbindet. Ich komme nunmehr zur Beschreibung des männlichen Copulations- apparates und beginne mit dem letzten Abschnitt des Genitalrohres, den Parameren und dem Penis. Die Parameren (Fig. 37 u. 42 pa) sind zwei schwach gekrümmte Chitinplatten, die rinnenförmig ausgehöhlt sind. In der Mitte am breitesten, laufen sie nach hinten spitz zu. Nach vorn verjüngen sie sich ebenfalls, nehmen jedoch am Vorderende wieder an Breite zu. Der vordere Teil ist zu dem übrigen Abschnitte nahezu rechtwinklig- gebogen. Die hintere Hälfte der Ventralkanten der Parameren trägt eine Fahne aus langen, steifen Haaren (Fig. 37). Mit dem Penis sind die Parameren an ihrem Vorderende durch einen kleinen Höcker (Fig. 4(3 gh) gelenkig verbunden. In der Ruhe legen sie sich wie zwei Klappen um den Penis herum, so daß nur sein Vorder- und Hinterende daraus hervorsieht (Fig. 37). Der Penis bildet im wesentlichen eine nach hinten flach auslaufende starke Chitinrinne, die in einen kleinen Knopf endigt (Fig. 37 u. 40). Fig. 40. Der Penis vollkommen isoliert in seitlicher Ansicht, sw, membranöse Seitenwand. Vergr. 8 I. Nahe seinem Hinterende trägt er auf der Unterseite eine zweireihige Haarfahne. In seinem mittleren Teile ist der Penis gleichmäßig schwach gekrümmt, kurz vor dem Hinterende ist die Krümmung jedoch etwas stärker. Der vorderste Teil des Penis, der mit den Parameren gelenkig verbunden ist, ist so stark hakenartig nach hinten umgebogen, daß er mit dem mittleren Abschnitte einen spitzen Winkel bildet (Fig. 40). Fast zum Rohr geschlossen ist die Penisrinne an der Ausmündungs- stelle des Ductus ejaculatorius. Letzterer verläuft auf der dorsalen Seite des Penis und mündet nahe seiner Mitte nach außen. Die Wan- dung der Penisrinne wird hier beiderseits von einer stark chitinösen 240 Carl Demandt, Membran gebildet (Fig. 40 sw), welche dem Kiele seitlich ansitzt und nach hinten allmählich an Breite abnimmt. Diese Wände des Penis können seitlich herabgeklappt werden, was in der Tat in einem ge- wissen Stadium der Begattung geschieht, wie die Untersuchungen von Blunck ergeben haben. Die Geschlechtsöffnimg ist bedeckt von einem komplizierten Appa- rate. Da derselbe hauptsächlich von der Membran des Genitalrohres gebildet wird, so ist es zweckmäßig, zuerst die Membranen, die an den Parameren und an dem Penis ansetzen, zu beschreiben. Zur Erleich- terung des Verständnisses möchte ich für den membranösen Teil des Genitalrohres, welcher mit dem später zu beschreibenden oberen Bogen abschließt, den auch in der Literatur (Burmeister) in diesem Sinne gebrauchten Ausdruck »Praeputium« anwenden. Dorsal spannt sich der letzte Abschnitt des Präputiums zwischen den oberen Kanten der Parameren aus (Fig. 42 m^. Da diese Membran an den hinteren Ecken der Parameren, immer an den Kanten inserierend, auf die Ventralkanten derselben übergeht, so bildet das Präputium zwischen den Parameren einen blindgeschlossenen Beutel, der nach vorn mit der Leibeshöhle offen kommuniziert. Die hintere Begrenzungs- linie dieses Beutels bildet, wie Fig. 42 zeigt, keine gerade Linie, sondern die Membran ist in der Mitte eingezogen, so daß der Beutel zweispitzig wird. Der Abschnitt des Präputiums, der sich zwischen den ventralen Kanten der Parameren ausspannt, ist äußerst dick und gallertig, da ihm im Innern des Beutels zwei keilförmige Drüsenpakete aufliegen. Diese Drüsen münden nach außen auf den unterhalb der Membran gelagerten Penis aus. Von den Ventralkanten der Parameren springt das Präputium nun auf den Penis über und bildet hier die. von hinten gesehen, trichter- förmige Geschlechtsöffnung, indem sie. den Ductus ejaculatorius um- faßt. In Wirklichkeit handelt es sich hier um eine Aussackung des Präputiums. Dieselbe besteht hauptsächlich aus einem nach hinten zugespitzten Beutel (Fig. 41 b). der dorsal von einem in die Membran gelagerten Chitinstachel (csj) gestützt wird. Mit seinem ventralen Vorderrande ist dieser Beutel am Penis befestigt, und zwar setzt sich die Membran seitlich an den nach innen umgeschlagenen Wänden der Penisrinne an und bildet hier beiderseits eine weitere Aussackung, die wieder durch zwei seitliche, dornförmige Chitineinlagerungen ge- stützt sind (Fig. 41 cs2). Dieselben sind in der Ruhelage nicht sichtbar (Fig. 40), da sie in der Penisrinne verborgen liegen. Von den Seiten- wänden des Penis springt die Membran in die Penisrinne über und Der Geschlechts i|>|ur.it von Dytiscus marginalis. 241 heftet sich hier an, die Mündung des Ductus ejucalatorius fest um- schließend. Von dieser ringförmigen Ansatzstelle gehen wieder zahl- reiche Chitinstrahlen in die Membran über. Dicht vor diesem Punkte wird der Ductus von den schon früher erwähnten lyraförmig gebogenen Chitinspangen (Fig. 41 csf) umschlossen, welche zwrei kurzen Vor- sprüngen der Penisrinne gelenkig ansitzen. An diesen Spangen setzt sich auch die Membran des die Rinnen bedeckenden Apparates an. Fig. 41. Seitliche Ansicht der Chitinteile des Copulationsapparates bei vorgestrecktem Penis {pe). Der den Penis bedeckende Apparat in gespreizter Stellung. Die Seitenwand des Penis ist wegpräpariert, um die Stacheln (es) und Spangen (esp) des Penisdeckapparates zu zeigen. Das achte Sternit und das neunte Tergit teilweise mit eingezeichnet. Erklärung der Abkürzungen siehe s. 298. Vergr. 8/1. Letzterer ist also infolge seiner umfangreichen Insertion an den Wänden und dem Kiele des Penis als Teil dieses Organes aufzufassen, zumal er auch bei dem Copulationsakt eine sehr wesentliche Rolle hinsichtlich der Übertragung der Spermatophoren spielt. Von den Spangen in der Penisrinne zieht das Präputium weiter nach vorn, inseriert an den dorsalen Kanten des Penis (Fig. 37 m2) und springt dann wieder auf die Ventralkanten der Parameren über. Dieser Abschnitt des Präputiums enthält wieder ein großes Drüsen- 242 Car] Demandt, polster. Die Drüsen münden in den Raum, der von den Parameren und der starken Krümmung des Penis umschlossen wird (Fig. 37). Daher stammt auch das gelbe, flockige Secret, welches sich zu jeder n pa ■ -pa \ vi/ pe \9 Fig. 42. l»ie Chitinteile und Membranen (mx — fn6) des Copulationsapparates von der Dorsalseite gesehen. Penis (pe) und Parameren (pa) stark hervorgezogen. J>ie verdeckt liegenden Teile der Gräte (gr) des unteren Bogens (w&) und der Analplatten (ap) durch punktierte Linien begrenzt. Abkürzungen siehe S. 298. Vergr. 8/1. Infolge dieses eigenartigen Verlaufes des Zeit in diesem Räume vorfindet ventralen Abschnittes des Präputiums gewinnt man den Eindruck, als ob der Penis durch eine Öffnung dieser Membran hervorgeschoben würde. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 243 In seiner Fortsetzung nach vorn zieht das Präputium dorsal von den Parameren zu den Analplatten (Fig. 42 ap), und zwar zieht es unter ihnen durch, nur an den seitlichen Kanten der Platten inserierend. So bleibt zwischen Analplatten und dieser Membran eine Öffnung für die Mündung des Enddarmes. Zwischen den Parameren und den Analplatten ist ein dünner Chitinstab aufgehängt, die Gräte (Fig. 42 gr), deren beide Enden verbreitert sind. Sie durchsticht sozusagen die Membran, so daß ihr hinterer Teil, der am meisten verbreitert ist und eine Einkerbung aufweist (Fig. 42). dem Präputium dorsal aufliegt, während der ganze übrige Teil frei in das Genitalrohr hineinragt (Fig. 386 gr). Auf der Ventralseite zieht das Präputium von den Parameren zu dem oberen Bogen (Fig. 41 u. 42 ob), einem ziemlich umfangreichen bogenförmigen Chitinstück, welches den Seitenspangen des Weibchens entspricht. Derselbe ist stark asymmetrisch gebaut. Während sein linker Schenkel gleichmäßig stark ist, verbreitert sich der rechte ganz bedeutend. Er trägt einen ziemlich umfangreichen vorderen (vv) und einen kleinen hinteren Vorsprung {hü). Dieselben sind schwach nach innen umgebogen. Die Hinterenden der beiden Schenkel des Bogens sind zu den Analplatten («p) verbreitert. Diese Platten sind etwas größer als die Analplatten des Weibchens und tragen an ihrem Vorder- rande einen kurzen, schräg nach vorn gerichteten Stachel. Über die Form des oberen Bogens ist noch zu sagen, daß die Analplatten am weitesten dorsal liegen, und daß die Schenkel des Bogens sich nach vorn tiefer in den Körper hineinsenken (Fig. 41). Infolgedessen bildet das Präputium, welches sich ventral an den Rändern des Bogens an- setzt, eine muldenförmige Vertiefung (Fig. 41 m2). Rechtsseitig in dieser .Mulde liegt die Ventralplatte des Präputiums (Fig. 42 vp), eine Chitinplatte, die an ihrem Hinterende abgerundet ist, nach vorn aber in zwei Spitzen ausläuft. Mit den Vorderenden stößt sie fast an den oberen Bogen, wo derselbe sich zum vorderen Vorsprunge verbreitert. Nach hinten zieht sie bis zu der starken hinteren Krümmung des Bogens. Diese Chitinplatte ist aus zwei gleichen Teilen durch Verwachsung gebildet. Jedenfalls konnte ich bei einem Käfer konstatieren, daß sich die Spaltung in die beiden vorderen Spitzen soweit ausdehnte, daß die Platte nur noch am Hinterrande zusammenhing. Auf dieser Platte ruht der Penis mit den Parameren im eingezogenen Zustande, und sie stellt eine glatte Fläche dar, auf der diese Organe beim Aus- stülpen bequem nach hinten gleiten. Die Insertion des Präputiums am oberen Bogen umfaßt nicht dessen 244 Carl Demandt, Ventralkanten bis an die Analplatten heran, sondern sie endet kurz vor denselben. Auf diese Weise wird für den Penis unterhalb der Analplatten eine Öffnung geschaffen, durch welche er zwecks Begattung hervorgeschoben werden kann. Bei eingezogenem Penis schlägt sich daher das Präputium an der Verbindungslinie der beiden Grenzpunkte der Insertion nach innen um (Fig. 39.4). Bei eingezogenem Penis wird also der ganze hintere Teil des Präputiums nach innen eingestülpt, so daß auf diese Weise Penis und Parameren von demselben eingehüllt sind, und nur ihr vorderer Teil und ihre hinteren Spitzen daraus hervor- ragen (Fig. 39). Auch wird der ausgestülpte Penis nicht soweit aus dem Hautrohre hervorgeschoben, daß dieses ganz ausgezogen wird. Viel- mehr überzieht der hintere Abschnitt des Präputiums Penis und Para- meren ein kurzes Stück nach hinten, und dann erst schlägt sich die Mem- bran nach vorn um (Fig. 38 & B). Auf diese Weise ist bei vorgestrecktem Penis und Parameren ein kleiner, vorderer Teil derselben doppelt ein- gehüllt. Erst wenn man sämtliche Muskeln des Copulationsapparates wegpräpariert, kann man das Präputium vollständig ausziehen. Pey- toureau hat den Zusammenhang der einzelnen Membranen an dieser Stelle nicht richtig erfaßt, wie aus seiner letzten Abbildung hervorgeht. Er zeichnet hier vor den Analplatten eine Öffnung in die muldenförmige Membran des Präputiums (vgl. Fig. 41), durch welche der Penis vor- geschoben werden soll. Eine weitere Unrichtigkeit zeigt seine Ab- bildung in bezug auf die Analplatten, welche zur unpaaren Platte verschmolzen dargestellt sind. Da das Präputium dorsal an den Analplatten, ventral am oberen Bogen ansetzt, diese Chitinteile aber einen fast einheitlichen Ring darstellen (Fig. 41 u. 42), so geht das Präputium hier, ringförmig vom oberen Bogen umfaßt, in die Höhlung des Abdomens über. Von der Unterseite des oberen Bogens schlägt sich nun die chitinöse Membran des Genitalrohres nach hinten wieder um und inseriert an den medianen Tfcennungskanten der Genitalklappen (Fig. 42 m3). Die Genitalklappen (Fig. 41 u. 42 gk) sind in ihrem Bau von denen des Weibchens verschieden. Sie sind nämlich nur in ihrem hinteren Abschnitte zweiteilig, während sie vorn durch einen Chitinbogen und eine zwischen ihm sich ausspannende Membran zu einem Ganzen ge- schlossen sind. (Man vergleiche Fig. 44 : Die Genitalklappen (gk) sind auf der rechten Seite der Figur dargestellt, während auf der linken Seite ihre Grenze durch eine punktierte Linie angegeben ist.) Infolge- dessen kann man beim Männchen an den Genitalklappen vier Teile unterscheiden : den Bogen, die beiden hinteren Platten und die zwischen Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 245 ihnen sich ausspannende Membran (Fig. 41, 42 u. 44 m4). Der Bogen, den ich zum Unterschiede vom oberen Bogen den unteren Bogen nenne (üb), trägt zwei paar Fortsätze, nämlich beiderseits einen kleinen vor- deren und einen großen hinteren (Fig. 41 kv u. gv). Dieselben sind jedoch weit weniger umfangreich als die Vorsprünge der weiblichen Genitalklappen (vgl. Fig. 3). Die Platten der Genitalklappen sind am hinteren Rande abgerundet und laufen nach vorn in je zwei Spitzen aus. Mit dem unteren Bogen sind sie beweglich verbunden. Ihr Hinter- rand ist wie beim Weibchen etwas dorsal umgeschlagen (Fig. 42 u. 43). Von der hinteren Kante des oberen Bogens auf der Ventralseite der Genitalklappen zieht die Membran des Genitalrohres (Fig. 41 m5) schließlich wieder nach hinten und heftet sich am umgeschlagenen Hinterrande des achten Sternits an (Fig. 41 8s). Sie bildet so auf der Ventralseite des Copulationsapparates den Abschluß des Abdomens. Dorsal wird dieser Abschluß erzielt durch die Membran, welche am Hinterrande des neunten Tergites ansetzt und zunächst dorsal auf den Analplatten und zwar an deren vorderen Rande inseriert (Fig. 42 m6) und von da hinabzieht zum umgeschlagenen Hinterrande der Genital- klappen. Zum Schluß ist noch zu erwähnen, daß die Genitalklappen des Männchens von denen des Weibchens in der Funktion verschieden sind. Sie werden beim Vorstrecken des Penis nur in geringem Maße aus dem Abdomen hervorgeschoben und schwach gespreizt (Fig. 47). Sie spielen also beim Aufbau des Genitalrohres nicht eine so wesentliche Rolle wie beim Weibchen, zumal sie auch nicht in die seitliche Stellung ge- bracht werden können, die für die Genitalklappen des Weibchens charakteristisch ist. Ferner ist über den Penis noch zu erwähnen, daß er in der Ruhelage seitlich, also asymmetrisch zu liegen kommt. Er wird nämlich beim Einziehen um 90 Grad gedreht, und zwar derart, daß das rechte Paramer auf die Ventralseite gelangt (vgl. Fig. 39 u. 46). Diese infolge der gekrümmten Form des Penis notwendige Drehung hat auch die Asymmetrie des oberen Bogens bedingt, da an seinem rech- ten Schenkel Vorsprünge geschaffen werden mußten, die den Dreh- muskeln des Penis als Ansatzstellen dienen konnten. Bezüglich der Literaturangaben über den männlichen Geschlechts- apparat gilt dasselbe, was schon für den Legeapparat gesagt wurde. Neben Burmeister, Verhoeff und Peytoureau gibt auch Berlese zwei Abbildungen des männlichen Apparates von Dytiscus. Er sucht die einzelnen Teile folgendermaßen zu deuten : die letzte äußerlich sicht- bare Rückenplatte ist das neunte Tergit, die letzte sichtbare Ventral- 246 Carl Demant] t. platte das achte Sternit. Die Analplatten mit dem oberen Bogen stellen das zehnte Tergit, die Genitalklappen das neunte Sternit dar, während Penis und Parameren als das stark modifizierte zehnte Sternit anzusehen sind. Die Bezeichnungen für die einzelnen Skeletteile wurden zum Teil von Burmeister und Verhoeff übernommen, und nur, wo es wegen des Vergleiches mit dem weiblichen Apparate zweck- mäßig erschien, neue eingeführt. b. Die Muskulatur. Dem komplizierteren Bau der Chitinteile des männlichen Copula- tionsapparates entsprechend ist auch die Anzahl der ihn betätigenden 7S- ~ Fig. 43. Der Copulationsapparat mit seiner Muskulatur in der Ruhelage von der Dorsalseite gesehen. Er- klärung der Muskelabkürzungen siehe S. 299. Vergr. 8/1. Muskeln eine größere als beim weiblichen Käfer. Hinsichtlich ihres Ursprunges kann man die Muskeln in gewisse Gruppen einteilen: 1) die Muskeln, die am neunten Tergit entspringen. Einige der beim Weibchen beschriebenen Muskeln treten in der- selben Ausbildung beim Männchen auf und zwar (siehe Fig. 43): Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 247 der lange Heber (?/) und der kurze Heber (1b) der Genital - klappen, ferner die drei Muskelpaare, die von dem Vorderrande de? neunten Tergites zur Cloake ziehen, nämlich die drei Paar Retrac- toren der Analplatten (rla) und der Spanner der Cloakhaut (tm). Diese Muskeln inserieren au Skeletteilen, den Analplatten und dem neunten Tergit, welche von dem geschlechtlichen Dimorphismus kaum berührt werden, und daher gleichen sie hinsichtlich ihrer Ausbildung, ihres Verlaufes und ihrer Funktion vollständig denen des Weibchens, so daß ich hier nicht noch einmal näher darauf einzugehen brauche. Fig. 44. Uie Muskulatur des Copulationsapparates von der Ventralseite gesehen. Die (in der Figur) linke Genitalklappe wegpräpariert, die Umrisse des achten Sternites (8s) punktiert angedeutet. Vergr. 8 L. Dem Retractor der Seitenspangen des Weibchens entspricht hier der kleine Retractor des oberen Bogens (M. retractor parvus arcus superioris, Fig. 45 rpa), ein sehr flacher Muskel, welcher nahe dem Vorderrande des neunten Tergits entspringt und zum oberen Bogen zieht. Er ist von untergeordneter Bedeutung. Noch zu er- wähnen ist, daß die zwei Paar seitlichen Suspensoren der Genital- klappen (M. suspensor anterior und M. posterior laminarum genitalium) des Weibchens (vgl. Fig. 5 sa u. sp) auch beim Männchen 248 Carl Demandt, vorhanden sind und zwar in derselben Ausbildung, so daß sich erübrigt, nochmals darauf einzugehen. 2) Die Muskeln, die am achten Sternit entspringen. Die drei Muskelpaare, welche die Genitalklappen mit dem letzten Sternit verbinden, stimmen ziemlich mit den Muskeln des Weibchens überein. Der Suspensor der Genitalklappen (M. suspensor magnus laminarum genitalium, Fig. 43, 44, 47 sm) entspringt seitlich an der Gelenkverbindung des achten Sternits mit dem vorhergehenden siebenten Fig. 45. Die Muskulatur des Copulationsapparates von der rechten Seite gesehen. Oberer Bogen (ob) und Gräte (gr) stellenweise punktiert angedeutet. Figur zeigt den größten Teil der Muskeln, die an der Gräte inserieren. Vergr. 10/1. (Fig. 47) und inseriert am Vorderrande des unteren Bogens und an seinem vorderen Vorsprung (Fig. 44). Er ist ziemlich kräftig entwickelt. Der Protractor der Genitalklappen (M. protractor la- minarum genitalium, Fig. 44^) entspringt seitlich am Rande des achten »Sternits und zieht nach vorn zum hinteren Vorsprang (r/ü) des unteren Bogens, an dessen Vorderrande er endigt. Seine Fasern ver- laufen parallel. Der Retractor und Schließer der Genitalklappen (M. Der Geschlechtsapparat von Dytiseus marginalis. 249 retractor laminarum genitalium, Fig. 44 rl) entspringt an der Gelenkverbinduni: des achten Sternits mit dem siebenten, an der Mittel- linie des Körpers. Er zieht nach außen und inseriert an dem unteren Bogen und zwar hauptsächlich an seiner Innenkante. Er ist schwächer entwickelt als beim Weibchen, entsprechend den nur geringen Lage- verschiebungen der Genitalklappen des Männchens. 3) Die Muskeln, die von den Genitalklappen zum oberen Bogen ziehen. Die jetzt zu beschreibenden Muskeln entsprechen ganz ähnlichen des Weibchens, doch muß wegen der abweichenden Form der Chitin- stücke, an denen sie inserieren, näher darauf eingegangen werden. Die Lage des oberen Bogens den Genitalklappen gegenüber regeln zwei Muskelpaare. Hierher gehört zunächst der Protractor des oberen Bogens (M. protractor arcus susperioris, Fig. 43 u. 47 spd - -af. Fig. 46. Co] ulationsapparat von der linke» Seite gesehen. Figur läßt besonders die .Muskeln, welche vom Penis zu den Parameren verlaufen, erkennen. Muskelabkürzungen siehe S. 299. Vergr. 8/1. pas). Dem Protractor des Scheidenrohres entsprechend ist er der kräf- tigste Muskel des männlichen Copulationsapparates. Er entspringt auf der dorsalen Seite des hinteren Vorsprunges des unteren Bogens., doch erstrecken sich seine Fasern auch auf die Platten der Genital- klappen. Er zieht schräg nach vorn und inseriert an der Ventralseite des oberen Bogens (Fig. 44). Ganz auffallend ist die Asymmetrie dieses Muskelpaares. Der rechtsseitige ist fast doppelt so stark aus- gebildet als der linksseitige, ganz entsprechend der stärkeren Ent- wicklung des rechten Schenkels des oberen Bogens (vgl. Fig. 44). Diese 250 Carl Demandt, Asymmetrie ist jedoch nur bei Präparationen von der Ventralseite zu erkennen, da man von der Rückenseite nur den Ursprung des Muskei- paares sieht. Auch bei diesen Muskeln läßt sich die Zusammensetzung aus zwei zusammengefalteten Lagen erkennen, genau wie beim Pro- tractor des Scheidenrohres. Den Antagonisten zu dem soeben beschriebenen Muskel bildet der Retractor des oberen Bogens (M. retractor magnus arcus superioris, Fig. 44, 45, 48 rma). Er entspringt am mittleren Teile des unteren Bogens (Fig. 44 urnia) und zieht zu dem oberen Bogen nach hinten und oben, um an ihm kurz vor den Analplatten zu inse- rieren (Fig. 45). An seiner Ventralseite ist er mit der Membran (m2), die sich zwischen dem unteren Bogen ausspannt, verwachsen. Er entspricht dem langen Retractor der Seitenspangen des weiblichen Käfers. Ein Muskel, der dem kurzen Retractor der Seitenspangen entsprechen würde, ist beim Männchen nicht vorhanden. 4) Die Muskeln, die vom oberen Bogen zum Penis ziehen. Die Muskeln, welche jetzt beschrieben werden sollen, haben gar keine Beziehungen zu irgendwelchen Muskeln des weiblichen Käfers. Die erste Gruppe inseriert fast ausschließlich an Penis und Para- meren oder an der Gräte. Zunächst zu nennen sind hier die antaüo- nistischen Rotatoren des Penis. Der dorsale Rotator (M. rotator penis superior, Fig. 43. 45 — 48 rps) entspringt auf der Innenfläche des großen Vorsprunges des oberen Bogens (vv) und zieht quer über Penis und Parameren hinweg nach links, um an der Gelenkverbindung des Penis mit dem linken Paramer zu inserieren. Sein Antagonist, der ventrale Rotator (M. rotator penis inferior, Fig. 44, 46 — 48 rpi) entspringt etwas ventralwärts von dem Ursprung des dorsalen Rotators und zieht ebenfalls nach links, dem oberen Bogen aufliegend, und inseriert an der Gelenkverbindung des rechten Paramers mit dem Penis. Auf diese Weise werden Penis und Parameren von den beiden Rotatoren dorsal und ventral umschlossen. Beide Muskeln sind sehr kräftig entwickelt und ziemlich breit; ihre Fasern verlaufen am Insertionspunkt konvergent zusammen. Anschließend an diese Rotatoren sind zwei weitere Muskeln von ähnlicher Funktion zu nennen. Zunächst der Protractor des Penis (M. protractor penis, Fig. 43, 46, 47 pp). Er entspringt an der Innenseite des linken Schenkels des oberen Bogens und zieht direkt nach vorn zur Gelenkverbindung des rechten Paramers mit dem Penis. Er ist ziemlich kurz und nicht sehr kräftig. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 251 Der zweite Muskel ist der lange Protractor des Penis (M. protractor penis longus, Fig. 43, 45 — 48 jypl). Sein Ursprung liegt an der Innenfläche des kleinen Vorsprunges des oberen Bogens, und er zieht schräg nach vorn über Parameren und Penis hinweg (Fig. 43) zu dem Gelenkfortsatze des linken Pararaers (Fig. 46). Dieser Muskel ist sehr flach und von geringer Breite. Aus Fig. 46 geht hervor, daß diese beiden Protractoren ein Paar zusammengehöriger Muskeln dar- stellen, da sie in ihrem Ursprung und ihrer Insertion einander sym- metrisch gleich sind. Infolge der seitlichen Drehung des Penis sind jedoch die beiden Muskeln in ihrer Ausbildung derart verschieden, daß man in der Ruhelage (Fig. 43) sie nicht sofort als Paar ansprechen wird. 5) Die Grätenmuskulatur. Für die jetzt zu besprechenden Muskeln ist die Gräte von großer Bedeutung. Wie schon bei der Beschreibung des chitinösen Skelettes ausgeführt wurde, ist die Gräte mit ihrem Hinterende im Präputium aufgehängt. Sie ist rechts seitlich gelagert und erscheint in der Ruhe- lage so weit nach vorn gezogen (Fig. 43 gr), daß sie mit ihrem Vorder- ende in die Höhe der Krümmung des Penis zu liegen kommt. An den oberen Bogen ist die Gräte durch mehrere Muskeln befestigt. Es han- delt sich hier meist um kurze, flache Muskeln. Vom Hinterende der Gräte ziehen zum großen Vorsprung des oberen Bogens drei Retrac- toren der Gräte, oder besser des Präputiums, denn die Gräte stellt doch nur eine für Muskelansätze geeignete Chitineinlagerung des Prä- putiums dar. Der obere Retractor des Präputiums (M. retractor prae- putii superior, Fig. 45 u. 47 rs) zieht von dem großen Vorsprung des oberen Bogens zur hinteren Verbreiterung der Gräte. Er ist ziem- lich breit, aber sehr flach und verläuft längs der dorsalen Kante der Gräte. Ihm entspricht ein schwächerer Muskel auf der ventralen Seite der Gräte mit demselben Verlaufe (M. retractor praeputii infe- rior, Fig. 45 ri). Dazu kommt noch ein dritter kurzer Retractor (M. retractor praeputii inferior brevis, Fig. 45 rb), welcher an der ventralen Kante der Gräte entspringt und ebenfalls am vorderen Vorsprung des oberen Bogens sich ansetzt, jedoch etwas weiter ventral, eo daß sich seine Fasern mit denen des unteren Retractors (ri) kreuzen. Ein kurzer, flacher Muskel zieht auch von der Innenseite des kleinen Vorsprunges des oberen Bogens (hv) zur Gräte, an ihr, etwas vom Hinterende entfernt, inserierend. Es ist der Suspensor des Präputiums (M. suspensor lateralis praeputii, Fig. 45 slf). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 17 252 Carl Demandt, Am Vorderende der Gräte inserieren zwei Protractoren des Prä- putiums, der eine (M. protractor brevis praeputii,, Fig. 43 u. 45 pbp) ist ziemlich kurz und zieht zum Vorderrände des großen Vorsprun- ges des oberen Bogens (vv). Der zweite (M. protractor longus praeputii, Fig. 45 plp) entspringt dorsal am Hinterrande der Ventral- platte des Präputiums (vp) und inseriert an der rechten unteren Kante der Gräte in deren ganzer Ausdehnung vom Vorderrande bis zur Mitte der Gräte. Er ist sehr lang und breiter als die übrigen Muskeln der Gräte. Von der Ventralplatte des Präputiums zieht noch ein weiterer Muskel zur Gräte. Dieser kleine Heber des Präputiums (M. le- vator parvus praeputii, Fig. 45 Ip) entspringt ebenfalls am Hinter- rande der Ventralplatte, und sein Insertionspunkt fällt mit dem des Suspensors (slp) zusammen. Ein zweiter Heber (M. levator magnus praeputii, Fig. 45 Im) zieht vom hinteren Vorsprang des oberen Bogens (hv) zum Hinterrande der Ventralplatte des Präputiums. Er ist wesentlich kräftiger als der kleine Heber. An der Gräte haben nun noch zwei weitere Paare stärker ent- wickelter Muskeln ihren Ursprung. An ihrem Vorderende setzt sich zunächst links- und rechtsseitig je ein Muskel an, welcher allmählich sich verflachend zum Penis zieht und sich in der Penisrinne anheftet. Es ist der Retractor des Penis (M. retractor penis, Fig. 43 — 45 rpe). Vom Hinterende der Gräte kommt ferner ein Paar langer, flacher Muskeln, die Protractoren der Parameren (M. protractor paramerorum, Fig. 43 — 47 ppa). Der eine von ihnen zieht dorsal über Penis und Parameren hinweg (Fig. 47) und inseriert an der vor- deren Kante des linken Paramers, kurz vor dem Gelenke (Fig. 43). Der zweite zieht auf der Ventralseite herum, ebenso am rechten Paramer inserierend. So umfassen sie Parameren und Penis ähnlich wie die beiden Penisrotatoren. An der Gräte inserieren also folgende Muskeln: a. an ihrem Vorderende : 1) drei Retractoren des Präputiums (rs, riu. rb), welche am vor- deren Vorsprunge des oberen Bogens entspringen, 2) ein Heber des Präputiums (Ip), der am Hinterrande der Ventral- platte (vp) entspringt, 3) ein Suspensor des Präputiums (slp), der am hinteren Vorsprunge des oberen Bogens entspringt, Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 253 4) die Protractoren der Parameren (ppa). b. an ihrem Hinterende: 1) zwei Protractoren des Präputiums (pbp u. plp), von denen der erste am vorderen Vorsprung des oberen Bogens, der zweite an der Ventralplatte des Präputiums entspringt. 2) die beiden Penisretractoren (rpe). 6. Die Muskeln, die den Penis mit den Parameren verbinden. Die Bewegungen von Penis und Parameren werden durch drei pa pa Fig. 47. Der männliche Apparat in Copulationsstelhmg von der Dorsalseite gesehen. Oberer Bogen (oft) der Genitalklappen nach hinten gezogen, letztere auch gespreizt (vgl. Fig. 43). Penis und Para- meren (pa) unter das Abdomen geschlagen, daher ersterer überhaupt nicht, letztere nur zum Teil sichtbar. Vergr. 8 1. Muskelpaare bedingt. Es sind hier zunächst die Spreizer der Para- meren (M. distensor paramerorum (Fig. 46 dpa) zu nennen. Sie entspringen an dem kurzen Gelenkhöcker der Parameren und ziehen, in dem vordersten Teile der Penisrinne verlaufend, bis zum Punkte der stärksten Krümmung des Penis. Ihre Insertion umfaßt den Rinnen- rand, und ihre Lagerung in der Rinne bedingt ihren parallelen Verlauf. Ein zweites Paar kurzer aber kräftiger Muskeln liegt zu beiden Seiten des Penis (M. protensor penis, Fig. 43, 44 u. 46 prp). Sie nehmen ihren Ursprung an den äußeren dorsalen Kanten der Para- 17* 254 Carl Demanclt, meren und inserieren an den äußeren Rinnenkanten des vorderen Teiles des Penis (Fig. 43 u. 46). Ihre Aufgabe ist, den Penis aus den Parameren hervorzuklappen. Das letzte Paar hierher gehöriger Muskeln bilden die beiden Be- weger der Parameren (Musculus motorius paramerorum, Fig. 43 u. 44 mpa). Sie inserieren zu beiden Seiten am längeren Schen- kel des Penis, dicht an seiner vorderen Umbiegung. Ihr Ursprung umfaßt die Innenfläche der Parameren, weit nach hinten sich aus- las Fig. 48. Copulationsapparal mit vorgestrecktem Penis (pe) und Parameren (pa). Ein Vergleich mit Pig. 46 zeigt die großen Unterschiede im Verlaufe der Muskeln in der Kuhekige bzw. hervorgestrecktem Penis. Muskelabkürzungen siehe S. 299. Vergr. 8/1. dehnend. Sie sind bedeutend länger als der Protensor des Penis, je- doch etwas weniger kräftig. Zum Schluß ist noch ein Paar schwacher, flacher Muskeln von sehr untergeordneter Bedeutung zu nennen. Es sind die dorsalen Suspensoren des Präputiums (M. suspensor dorsalis prae- putii, Fig. 43 spd). Sie ziehen von der Dorsalkante des oberen Bogens schräg nach hinten zum Präputium, und zwar entspringt der rechts- seitige am kleinen Vorsprung des oberen Bogens, der linksseitige dicht neben dem Ursprünge des Protractors des Penis (Fig. 43). Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 255 Ferner soll nicht unerwähnt bleiben, daß auch das Männchen ein Paar Transversalmuskeln des Abdomens (M. transversalis abdominis nach Bauek) aufweist, welche vom achten fSternit zum achten Tergit ziehen. Sic gelangten auf den gegebenen Abbildungen nicht zur Darstellung, da sie den analogen Muskeln des Weibchens vollkommen entsprechen . Was nun die Funktion aller dieser Muskeln betrifft, so wird man sie am besten verstehen, wenn man sich klar macht, wie das Vor- strecken und Einziehen des Penis zustande kommt. Beim Ausstülpen des Penis werden die Genitalklappen und die Analplatten mit dem oberen Bogen nur wenig aus dem Abdomen her vorgeschoben. Diese Bewegung wird für erstere durch ihren auf der Ventralseite gelegenen Protractor (Fig. 44 pl) herbeigeführt. Weiter wird die Kontraktion des Protractors des oberen Bogens (Fig. 43 pas) in der Hauptsache bewirken, daß dieser Bogen etwas nach hinten gezogen, die Anal- platten also aus dem Abdomen hervorgeschoben werden (Fig. 47). Da dieser Protractor aber seitlich an den ziemlich beweglichen Genital- klappen entspringt (Fig. 47), so führt seine Kontraktion zugleich zum Spreizen der Klappen. Ein gar zu weites Hervortreten der Genital- klappen wird durch ihren Suspensor (Fig. 44 sm) verhindert. Es ent- steht so ein klaffender Spalt zwischen den Klappen, durch welchen nunmehr der Penis und die Parameren austreten können. Durch eine gleichzeitige Kontraktion des ventralen Rotators (Fig. 44 rpi) und des Protractors des Penis (Fig. 43 pp) wird der Penis mit den Parameren in seine richtige, symmetrische Lage gedreht und um ein bedeutendes Stück aus dem Abdomen hervorgeschoben. Das weitere Hervortreten wird durch die Muskulatur der Gräte erreicht, und zwar wird durch Kontraktion der kurzen und langen Protractoren des Präputiums (Fig. 45 php u. plp) die Gräte (gr), an der sie inserieren, nach hinten gezogen (Fig. 47). In dieser Stellung wird nun durch Kon- traktion des Protractors der Parameren (Fig. 40 ppa) die Ausstülpung des Penis vervollständigt. Nunmehr treten die Muskeln in Tätigkeit, welche Parameren und Penis verbinden, und zwar ist ihre Funktion eine gleichzeitige, da es kaum möglich ist, die Aufgabe der einzelnen Muskelpaare scharf zu umgrenzen, doch soll versucht werden, durch einige Bemerkungen zu erläutern, wie die Bewegungen des Penis und der Parameren zustande kommen. Eine Kontraktion der Spreizer der Parameren (Fig. 46 dpa) wird die Parameren spreizen, und durch die Muskeln prp (Fig. 43 u. 46) wird der Penis aus ihnen hervorgeklappt. Die tastenden Bewegungen 256 Carl Deman.it. des Penis beim Suchen der weiblichen Geschlechtsoffnung werden wohl erzielt durch abwechselnde Kontraktion der Vorstülper und Retrac- toren des Penis (Fig. 45 u. 46 jorj) u. rpe). Um die Parameren gegen das Abdomen des Weibchens zu pressen, erfolgt die Kontraktion des Bewegers der Parameren (Fig. 44 u. 47 rwpa), doch können hierfür auch noch die Protractoren der Parameren (Fig. 43 u. 47 ppa) in Betracht kommen, da sie am Punkte der stärksten Krümmung der Parameren inserieren. Wieder eingezogen werden Penis und Parameren auf folgende Weise: Durch ihre beiden Retractoren (Fig. 45 u. 47 rs u. ri) wird die Gräte allmählich zurückgezogen und dadurch das Präputium einge- stülpt. Durch die gleichzeitige Kontraktion der Retractoren des Penis (Fig. 45 rpe) wird der Penis zwischen die Parameren gelegt und mit diesen ins Abdomen hineingezogen. Endgültig in die Ruhelage gebracht wird der Penis durch starke Kontraktion seines ventralen Rotators (Fig. 46 u. 48 rpi). Durch den seitlichen Zug, den durch gleichzeitige schwache Kontraktion die Muskeln pp, rps und ppl (Fig. 46) auf den Penis ausüben, wird derselbe gedreht und mit den Parameren in seine normale seitliche Lage gebracht (Fig. 43). Da die Gräte nunmehr in ihre Ruhelage gekommen ist. wird sie durch Kon- traktion des Muskels rpe auch den Penis soweit einziehen können, daß seine Krümmung mit dem Vorderende der Gräte in gleiche Höhe kommt (Fig. 43). Hand in Hand mit dem Zurückziehen von Penis und Parameren erfolgt das Einziehen der übrigen Teile des Copulationsapparates. Die Genitalklappen werden geschlossen und in die Ruhelage gebracht durch die Kontraktion ihres Retractors und Schließers (Fig. ilrl), und der obere Bogen wird durch seine Retractoren (Fig. 45 vpa u. rma), sowie durch die Retractoren der Analplatten (Fig. 43 rla) zurück- gezogen. Durch die Levatoren der Genitalklappen (Fig. 43 U u. Ib), welche die Klappen gegen das neunte Tergit anziehen, kann nun auch noch der hintere Spalt des Abdomens zwischen dem neunten Tergit und dem achten Sternit vollständig geschlossen werden. III. Struktur des männlichen Geschlechtsapparates. Die Peritonealhülle. Wie schon früher erwähnt (S. 231), werden die primären Geschlechtsorgane umhüllt von der Peritoneal- hülle. Sie tritt mit dem Fettkörper in enge Verbindung durch die bei- den von letzterem gebildeten Bänder, welche sich an sie ansetzen. Auf Schnitten durch Hoden oder Nebenhoden ist sie zu erkennen als ein- Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 257 fache Schicht, welche das Schnittbild rings umgibt. Sie umhüllt also den Hodenknäuel in seiner Gesamtheit, nicht die einzelnen Windungen. Der Hodenspitze liegt sie dicht auf, besonders bei fast entleertem Hodenschlauche, da jene dann etwas aus dem Knäuel hervorragt (Fig. 51 ph) . Bezüglich ihrer feineren Struktur ist dem bei der Be- schreibung der Peritonealhülle der Ovarien Gesagten nichts mehr hinzuzufügen (vgl. Fig. 11). Es soll nur noch erwähnt werden, daß das Netz von Muskelfasern, wie wir es beim Ovarium fanden, bei der Peritonealhülle des männlichen Apparates nicht vorhanden ist. 1. Der Hode. Die Wandung des Hodens von Dytiscus marginalis zeigt hinsicht- lich ihrer Struktur mit derjenigen von Cybister Roeselii, wie sie von Voinow geschildert wird, eine derartige Übereinstimmung, daß man das von Cybister Gesagte größtenteils auf unser Objekt übertragen kann. Die Wandung des Hodenschlauches ist durchweg zweischichtig, sie wird gebildet von einem äußeren Epithel (Fig. 51 — 57 he) und einer inneren, elastischen Membran (Fig. 51 — 57 em). Das Außenepithel überzieht den ganzen Hodenschlauch und endet, allmählich flach auslaufend, am Vas efferens. Es ist von mäßiger Höhe, und Zellgrenzen sind an ihm nirgends zu erkennen, eine Tatsache, welche Voinow für Cybister ebenfalls konstatiert. Dieser Autor hält das Fehlen der Grenzen für günstig für die Elastizität der Hoden- wandung. Das Plasma des Epithels hat körnige Struktur, und die Kerne sind länglich oval, mit Nucleolus oder feinen Chromatinpartikelchen versehen. In den stark gefüllten Hodenabschnitten ist das Epithel derart gespannt, daß es zur sehr dünnen Schicht wird, welche die Kerne an Breite kaum übertrifft (Fig. 56). Es tingiert sich in solchen Stadien sehr stark mit Eisenhämatoxylin, so daß es schwierig ist, die Kerne zu erkennen. Dagegen erscheint es bei entleertem Hoden sehr stark vaeuolisiert. In diesem Zustande tritt die jetzt sehr stark erscheinende Basalmembran (Fig. 49 bm) deutlich hervor, welche das Hodenepithel außen überzieht und sich ebenso wie die sehr feine Intima mit van GiESONschem Gemisch schön rot färbt und sich so gegen das dunkle Plasma sehr scharf abhebt. Das äußere Hodenepithel zeigt auf Schnitten im Inneren sehr oft Tracheenzweige und zwar besonders an der Spitze des Hodenschlauches (Fig. 51 tr). Es läßt diese innige Verbindung mit den Tracheen schon darauf schließen, daß das Epithel von großer Bedeutung für die Er- nährung der Samenelemente sein muß. Auf geeigneten Querschnitten 258 Carl Deniandt, durch nicht zu stark gefüllte Hodenschläuche erscheint es sehr stark vacuolisiert (Fig. 50). Das Plasma zeigt wabige Struktur, und die Vacuolen sind erfüllt von einem Secrete (s), welches sich mit Eisen- hämatoxylin tief grau färbt. Das Epithel hat also secretorische Funk- tion und zeigt ein Aussehen, wie es für Drüsenzellen charakteristisch ist. Das Plasma ist oft beladen mit kleinen, tiefschwarz sich färbenden Körnchen, welche als Fetttröpfchen anzusehen sind (Fig. 50 ft). Das von dem Epithel gebildete Secret ist bei günstigen Präparaten be- sonders in der Spermatogonienregion und zwar beim Einsetzen der itö ■■) Ft . «... - • ijfii ,■>:> . •; ' .• '• V n Fig. 4(1. Querschnitt durch den leeren Hodenschlauch, Hodenepithel [he), innen, davon abgehoben, die elastische Membran (em) und zwi- schen beiden die Kerne (k) mit feinen Gewebsfasern. Weitere Abkürzungen siehe S. 298. Vergr. 364 1. Fig. 50. Teil der Hodenwandung, das Epi- thel [he) stark vacuolisiert und mit Secreten (&) und Fetttröpfchen [ft) beladen. Vergr. 612 1. Spermatogenese im Frühlinge zu konstatieren, da es dann als dicker Belag die Hodenwandung innen überzieht (Fig. 53 s). Die elastische Membran bildet die innere Auskleidung des Hoden- schlauches. Voinow spricht sie als Gleitschicht für die Samenelemente an und ist der Ansicht, daß sie das Ergebnis der Umbildung einer Zellen- schicht ist, da sie auf der Außenseite kleine ovale Kerne trägt. Leider sagt er nicht, welcher Art diese Zellen sein sollen. Bei Dytiscus kleidet die Elastica, wie die elastische Membran kurz bezeichnet werden soll, den Hodenschlauch bis zum Beginn des Vas efferens aus (Fig. 49 — 57 em). Am leichtesten ist sie auf Schnitten durch den entleerten Schlauch zu erkennen, da sie stark geschrumpft erscheint und sich vom Epithel Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 259 abgehoben hat (Fig. 49). Weniger deutlich tritt sie auf Schnitten durch den straff gefüllten Hoden zutage, doch ist sie auch hier überall nach- zuweisen. An der Hodenspitze läßt sich ihre feinere Struktur am besten studieren, da die Elastica hier von beträchtlicher Dicke ist (Fig. 51 em). Bei starken Vergrößerungen erscheint sie fein gefasert und weist eine große Anzahl kleiner, mit Eisenhämotoxylin sich tief dunkel färbender Kerne auf, welche in unregelmäßigen Abständen aufeinander folgen. Es handelt sich also bei dieser inneren wie bei der äußeren Schicht ebenfalls um ein Epithel, welches infolge starker Umbildung als solches meist nicht so deutlich zu erkennen ist wie das Außenepithel. Dieselben Verhältnisse zeigt auch Fig. 52, welche einen Längs- schnitt durch die Hodenwandung etwa 1 mm unterhalb der Spitze darstellt. Weiter abwärts wird die Elastica jedoch bedeutend dünner (Fig. 53), und die Kerne, welche auch hier noch zu erkennen sind, haben weit geringere Größe als an der Hodenspitze. Noch weiter unter- halb des blinden Endes des Hodens ist sie nur noch als starke Kontur zu erkennen (Fig. 54 — 58). Kerne treten in ihrem Inneren nicht mehr auf. Sie scheinen in der Tat zu fehlen und sind jedenfalls zurück- gebildet worden. Auch auf dem in Fig. 49 wiedergegebenen Quer- schnitte, wo die Elastica infolge starker Kontraktion wieder von be- deutenderer Dicke erscheint, sind Kerne in ihr nicht nachzuweisen. Dagegen finden sich auf solchen Schnitten stets kleine, stark gefärbte, rundliche Kerne (Fig. 49 k), die »noyaux ovales« Voinows, zwischen Hodenepithel und Elastica; sie sind meist umsponnen von sehr feinen Fasern, welche anscheinend eine Verbindung zwischen Epithel und Elastica darstellen. Daß es sich hier nur um eine sehr lockere Ver- bindung handeln kann, geht daraus hervor, daß sich bei leerem Hoden die Elastica sehr weit vom Epithel zurückzieht (Fig. 49). Vereinzelt finden sich solche Kerne auch auf den Schnitten durch die Hodenspitze (Fig. 51 k). Es fragt sich, ob diese Kerne der Elastica angehören. Voinows »noyaux ovales« sollen allerdings die Kerne der Elastica darstellen imd an ihrer Außenseite liegen. Es ist jedoch dann schwer zu verstehen, wie die Umbildung der Elastica aus einer Zellenschicht vor sich gegangen sein soll, denn die Kerne dieser umgebildeten Zellen würden doch nicht an der Außenseite («sur sa face externe») der- selben liegen, sondern im Innern, wie es bei der Elastica unsres Objektes stellenweise tatsächlich der Fall ist. Man darf daher bei Dytiscus diese Kerne kaum der Elastica zurechnen, was auch schon ihre Lage verbietet (Fig. 49). Als Kerne des Hodenepithels sind sie jedoch auch nicht anzusehen, denn dieses ist eine von der Intima (Fig. 49) innen, d.h. 260 Carl Demandt, auf der Seite, an welcher die Kerne liegen, scharf begrenzte Hülle. Die Kerne bilden vielmehr mit ihren feinen Fasern ein sehr lockeres Gewebe, welches zwischen Elastica und Hodenepithel liegt. Es tritt jedoch den letzteren gegenüber sehr zurück und ist nur an leeren Hoden- schläuchen nachzuweisen. Es ist offenbar von ganz untergeordneter Bedeutung und mit Elastica und Außenepithel nicht auf gleiche Stufe zu stellen. Die Frage nach der Herkunft und Ausbildung der einzelnen Schich- ten ist nur auf Grund entwicklunosüeschichtlicher Untersuchungen zu beantworten. Sie kann also hier nicht geklärt werden, zumal auch über verwandte Objekte keine Arbeiten, die sich mit der Entwicklung der Geschlechtsanlagen befassen, vorliegen. Es soll hier nur kurz auf die Arbeit von Zick verwiesen werden, welche sich mit der Ent- stehung der Genitalanlage bei Lepidopteren befaßt. Danach besteht die Wandung des Hodens bei der Raupe aus einer inneren und äußeren Hülle, welche bindegewebigen Ursprungs sind. Während nun die äußere Hülle erhalten bleibt, nimmt die innere, welche auf dem Raupen- u nd Puppenstadium ernährende Funktion hat, an Stärke ab : » im Hoden der Imago ist sie zu einem unscheinbaren Belag der äußeren Hülle reduziert«. Bei Dytiscus scheinen die Verhältnisse ähnlich zu liegen. Die starke Rötung bei Färbung mit van GiESO-Nschem Gemisch deutet den bindegewebigen Charakter der Elastica an, und die besonders an der Hodenspitze zahlreich auftretenden Kerne lassen auf ihren früheren epithelartigen Aufbau schließen. Die Keimzellen. Bei einer zusammenfassenden Arbeit über die Morphologie des männlichen Geschlechtsapparates ist es natürlich erforderlich, auch auf den Inhalt der keimbereitenden Organe, also bis zu einem gewissen Grade auf die Spermatogenese einzugehen. Es kann sich dabei aber nicht um eingehende Untersuchungen handeln, welche den spermatogeneti- schen Fragen ins Detail nachgehen, zumal gerade für Dytiscus zwei neuere Arbeiten, von Henderson und Schäfer, vorliegen, welche die Spermatogenese behandeln. Trotzdem dürfte es dieser kurzen Ab- handlung vergönnt sein, eine Lücke auszufüllen, denn es ist in der Lite- ratur ein äußerst merkbarer Mangel an Übersichtsbildern über die einzelnen Stadien in der Entwicklung der Spermatozoen zu konstatieren. Daher soll im folgenden an der Hand von solchen Übersichtsbildern die Spermatogenese von Dytiscus kurz behandelt werden. Aber auch von einem andern Gesichtspunkte aus bietet die Sper- Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 261 matogenese ihr Interessantes, nämlich hinsichtlich der Periodizität der Samenentwicklung. Diese Verhältnisse wurden bis auf die Arbeit von Voinow sehr vernachlässigt, und in vielen Arbeiten werden nicht ein- mal Angaben gemacht, um welche Jahreszeit das Material konserviert wurde. Es mögen daher die nachfolgenden Ausführungen dahin wirken, daß bei weiteren spermatogenetisehen Studien diese Vorgänge auch bei andern Objekten mehr berücksichtigt weiden. Die Samenentwicklung wird naturgemäß stark beeinflußt von den äußeren Umständen, und es können infolge ungünstiger Witterung Verschiebungen auftreten. Diese Untersuchungen wurden angestellt im Frühjahr und Sommer 1911, welche infolge ihrer Wärme die Sperma- togenese beschleunigt haben dürften. Es wurden nur frisch gefangene Käfer untersucht, da Aquariumstiere starke Abweichungen zeigten und daher unbrauchbar erschienen. Die Frage, ob die Spermatogenese zeitweise ruht, ist für Dytiscus mit nein zu beantworten, denn man findet in der Spermatogonien- region stets mitotische Teilungsfiguren. In den Wintermonaten De- zember bis Februar, zu einer Zeit, wo der Hoden bis auf ein 2 cm langes Stück leer ist, sind die Mitosen allerdings sehr selten, und die Ent- wicklung ist dann auf ein Minimum reduziert. Dieses Stadium dauert bis ins Frühjahr hinein, und vor Anfang oder Mitte April ist äußerlich eine Vermehrung der Spermatogonien nicht zu erkennen. Nunmehr setzt aber eine stärkere Entwicklung ein, und man findet fast auf jedem Querschnitte Cysten, in denen sämtliche Spermatogonien in mitotischer Teilung begriffen sind. Anfang Mai treten in den Hodenschläuchen die ersten Spermatozyten auf, welche infolge starker Vermehrung bald einen beträchtlichen Teil des Hodens einnehmen. Der Hoden enthält also zu dieser Jahreszeit Spermatogonien und Spermatocyten erster Ordnung. Während sich nun die Spermatogonien fortgesetzt weiter teilen und zu Spermatocyten heranwachsen, machen letztere ein Ruhe- stadium durch, während dessen man nur Größenzunahme, niemals aber Teilungen der Spermatocyten konstatieren kann. Dieses Stadium dauert etwa 7 — 8 Wochen, denn die ersten Spermatocyten fanden sich, wie gesagt, Anfang Mai, und in Hoden, die am 20. Juni unter- sucht wurden, waren ebenfalls noch keine Spermatocytenteilungen vorhanden. Dagegen fanden sich diese von Anfang Juli ab in jedem Hoden. Infolge der starken Vermehrung der Spermatogonien und des Heranwachsens der Spermatocyten ist der Hodenschlauch bis auf das letzte Drittel gefüllt. Nunmehr setzt aber die Weiterentwicklung der Spermatocyten mit voller Kraft ein, und vom 10. Juli ab fanden sich 262 Carl Demandt, in den Hoden stets sämtliche Stadien der Spermatogenese^ also auch Spermatiden und reife Spermien. Der Hoden ist nunmehr vollkommen angefüllt, und die ältesten Spermatocyten haben sich zu Spermatiden und schließlich zu Spermatozoen umgewandelt. Die reifen Spermien treten jetzt in das Vas efferens, um in den Nebenhoden zu wandern. Die Spermatogonien sind immer noch in reger Teilung begriffen. Die Spermatocyten erster Ordnung nehmen etwa zwei Fünftel des Hoden- schlauches für sich in Anspruch, während die andern Stadien der reifen- den Keimzellen den Kest erfüllen. Der Hoden steht also Ende Juli auf der Höhe seiner Tätigkeit. Die Spermien treten in den Neben- hoden über, bis derselbe von ihnen erfüllt ist, was Ende August der Fall zu sein pflegt. Der Nebenhodenschlauch enthält dann in seiner ganzen Ausdehnung Spermatozoen, doch ist seine Füllung keine voll- ständige, und daher können die noch im Hoden befindlichen Spermien ebenfalls noch in den Nebenhoden aufgenommen werden, zumal auch Anfang September die Copulationen der Käfer wieder beginnen. Der Hoden zeigt zu dieser Jahreszeit auch noch beträchtlichen Umfang und ist größtenteils noch von Keimzellen erfüllt, doch ist es wesentlich, daß dieses nur Spermatogonien und Spermien sind, von denen die ersteren ein kurzes Stück am Beginn des Schlauches einnehmen. Sper- matocyten und Spermatiden fehlen, es hat also ihre Reifung schon stattgefunden, und eine Neubildung von Spermatocyten ist unter- blieben. Ein kurzer Abschnitt zwischen den Spermatogonien und Spermatozoen ist jetzt nur mit degenerierten Substanzen erfüllt. Es sind dies die Reste der Nährsubstanz , welche zurückblieb, während die Spermien abwärts rückten. Der Übertritt des Samens aus dem Hoden ist Anfang Oktober vollendet und der Hoden nunmehr bis auf die Spermatogonien und die zurückgebliebenen degenerierten Sub- stanzen entleert1. Die geschilderten Verhältnisse haben nur Gültigkeit in bezug auf ein- oder mehrjährige Käfer. Bei jungen Käfern setzt die Spermato- genese sofort nach dem Entschlüpfen aus der Puppe ein. Da dies jedoch frühestens Mitte Juni stattfindet, also zu einer Zeit, wo die älteren Käfer bereits die größte Menge von Spermatocyten gebildet haben, so ergibt sich, daß wir hier eine Verschiebung der Spermatogenese um 1 Eine ähnliche Darstellung für die Bildung der Eier zu geben, erübrigt sich, da die Eiröhren stets mit Keimzellen erfüllt sind und fast zu jeder Jahreszeit sämtliche Stadien der Oogenese zeigen. Eine andre Frage würde die sein, ob sich in den Eiröhren zu bestimmten Zeiten durchgehende Degenerationsvorgänge be- merkbar machen, doch würde dies eine eingehende Untersuchung erfordern. Der Geschlechtsapparat von Dytisous marginalis. 263 etwa 2 Monate haben. Eine Winterspermatogenese, wie sie Voinow für Cybister Roeselii erwähnt, existiert bei Dytiscus nicht, und es liegt die Vermutung nahe, daß es sich bei Cybister auch nur um die Spermato- genese junger Käfer handelt. Es soll nunmehr an Hand einer Reihe von Übersichtsbildern eine kurze Beschreibung der einzelnen Stadien der Spermatogenese erfolgen, 264 Carl Demandt, Der in Fig. 51 dargestellte Längsschnitt durch die Hodenspitze wurde angefertigt von einem im März konservierten Hoden. Er stellt also ein Stadium dar, welches noch geringe Vermehrung der Spermato- gonien zeigt. Die Spermatogonienkerne liegen unregelmäßig verteilt in einer sehr fein granulierten Plasmamasse, welche den Schlauch hier ganz erfüllt und hellere und dunklere Regionen aufweist. In dem Plasma treten vereinzelte Vacuolen auf (va). Die Kerne sind von ver- schiedener Größe, meist gekennzeichnet durch wandständige Chromatin- körnchen, und besitzen einen Nucleohis. Es treten aber auch Kerne auf, welche auf ihrer ganzen Fläche fein verteiltes Chromatin auf- weisen, dafür aber den Nucleohis vermissen lassen. Während diese Kerne, besonders die größeren unter ihnen, kreisrund erscheinen, sind auch solche von länglich ovaler Gestalt zu finden, welche meist gleich- mäßig verteiltes Chromatin aufweisen und kleiner als die andern sind. Diese Verschiedenheiten der Kerne hinsichtlich ihrer Größe und Struktur lassen vermuten, daß es sich hier einerseits um Keimzellen verschiedenen Alters, anderseits um somatische Zellen handelt, und zwar würden die zuletzt beschriebenen Kerne wohl solche von somatischen Zellen sein können, doch ist es unmöglich, dieselben hier schon mit einiger Be- stimmtheit als solche ansprechen zu können. Es wird Gelegenheit sein, weiter unten hierauf noch einmal zurückzukommen. In dem in Fig. 51 dargestellten Längsschnitte liegen die Spermato- gonienkerne in einer gemeinsamen Plasmamasse; die Keimzellen bilden also hier ein Syncytium. Zellgrenzen sind auch mit stärksten Ver- größerungen nicht zu erkennen (vgl. auch Schäfer). Demgegenüber muß ich aber hervorheben, daß ich bei einem andern Hoden auf Schnitten durch dieselbe Region sehr deutliche Zellgrenzen fand. Vielleicht hängt das Auftreten derselben mit dem Alter des Hodens zusammen, so daß wir hier ähnliche Verhältnisse hätten, wie sie Tönniges für Litliobius beschreibt, doch kann dies nur auf Grund eingehender Untersuchungen entschieden werden. Entsprechend der Endkammer der Eiröhren dürfte man ja auch hier sehr deutliche Zellgrenzen und vor allem scharfe Sonderimg der Keim- und Follikelzellen erwarten. Allerdings ist der Abschnitt des Hodens, welcher zeitweise die Zellgrenzen vollkommen vermissen läßt, von sehr geringer Ausdehnung, seine Länge beträgt höchstens 0,8 mm. Die von Schäfer beschriebene und abgebildete kernfreie Plasmazone war auf meinen zahlreichen durch die Hoden- spitze gelegten Schnitten nicht zu konstatieren. Die zweite Zone der Spermatogonienregion unterscheidet sich von der ersten durch die Beschaffenheit des Plasmas. Fig. 52. ein Bild Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 265 ; von einem Längsschnitt etwa 1 mm unterhalb der Hodenspitze, zeigt, daß die Spermatogonienkerne sich mit einem Plasmahofe umgeben und sich mit demselben von den Nachbarzellen gesondert haben. Mito- tische Teilungsfiguren sind in dieser Region häufiger. Die Zellen soma- tischen Charakters sind auch hier noch nicht mit Sicherheit zu er- kennen, und die Kerne zeigen durchweg noch dasselbe Aus- sehen wie an der Hoden- spitze. In diesem Abschnitt des Hodenschlauches dürfte man Bilder erwarten, wie sie Henderson in Fig. 3 für den Hoden einer älteren Larve an- gibt, nämlich daß eine Zelle, die spätere Cystenzelle, die Spermatogonienzelle mit horn- förmigen Fortsetzungen um- wächst. Es war jedoch nicht möglich, solche Zellen nach- zuweisen, wie denn auch Henderson selbst angibt, daß er solche »einzellige« Cysten nicht finden konnte. Daß diese Stadien vorhanden Fig. 52. Sein können, ist wohl anzimeh- Längsschnitt durch den Hoden dicht unterhalb der . Spitze: Zone der Absonderung der Spermatogonien. men; latsache ist jedoch, daß vergr. 364/1. man die Cystenzellen mit Be- stimmtheit erst erkennen kann, wenn die Spermatogonien schon mehrere Teilungen durchgemacht und sich in Rosettenform angeordnet haben (Fig. 53). Diese Rosetten finden sich schon sehr weit oben im Hoden- schlauch, etwa 1 1/2 mm unterhalb der Hodenspitze, und das Aussehen der Spermatogonien weiter abwärts ist ein ganz andres als an der Spitze des Schlauches, und zwar infolge ihrer Lagerimg in den Cysten. Auf Fig. 53 erscheint der Hodenschlauch nicht straff gefüllt mit Samenelementen , denn der Schnitt ist geführt durch den Abschnitt, wo die Spermato- goniencysten abwärts rücken und daher locker aneinander gelagert sind. Die Spermatogonien besitzen hier eine kegelförmige Gestalt und gruppieren sich mit ihren spitzen Enden um eine dunklere Achse, welche nach Henderson dadurch sich erklärt, daß die Spermatogonien nach 2(36 Carl Deuiandt, erfolgter Kernteilung sich nicht vollkommen durchtrennen, sondern mit ihren Spitzen zusammen hängen bleiben. Bezüglich der an der Spitze der Zellen sich findenden Mitochondrien soll auf die einschlägige Literatur verwiesen werden (Schäfer). Der große, runde bis ovale Kern der Spermatogonie liegt am Grunde der Zelle und zeigt nicht mehr das wandständige Chromatin. sondern eine gleichmäßige Verteilung desselben über den ganzen Kernraum. Die Zahl der auf 5 «-Schnitten getroffenen Sperma togonien beträgt, wie Schäfer angibt, sieben. Meine Präparate zeigen bei einer Schnittdicke von 6 // sechs bis zehn « Fig. 53. Längsschnitt durch den Hoden. 2 mm unterhalb der Spitze, die Spermatogonien haben sich wieder- holt geteilt und in Rosetten in den Cysten (cz) angeordnet. I>ie Hodenwandung mit Secret über- zogen (s). Vergr. 300/1. Spermatogonien in solchen Cysten, die median getroffen waren. Das Plasma der Keimzellen ist fein granuliert. Diese Spermatogonienrosetten sind nun umgeben von einer Cyste, welche gewöhnlich von zwei Zellen gebildet wird. Die Kerne der Cysten- zellen sind länglich oval und liegen in einem Plasmahofe, welcher sich zu feinen Lamellen auszieht, die die Rosetten umfassen. Solche vom Follikelepithel ausgehenden Fäden gehen auch von der einen Cyste auf die benachbarten über, so daß die Cystenzellen ein weitmaschiges Gewebe bilden, in dessen Hohlräume die Spermatogonien in größerer oder kleinerer Anzahl eingelagert sind, derart, daß sie von dem Gewebe ziemlich fest umsponnen werden. Klarer zu erkennen ist dies in Fig. 54, die einen Querschnitt durch den Hoden in der Region der ältesten Spermatogonien wiedergibt. Wie ein Vergleich mit Fig. 51 — 53 ergibt, Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 267 sind die Spermatogonien bedeutend kleiner geworden. Sie haben sich noch mehrere Male geteilt, und ihre Zahl betraut in den einzelnen Cysten 25 und mehr. Bei diesen Teilungen ist der Kern verkleinert worden, aber auch das Plasma wurde auf einen kleinen Hof reduziert, da es nicht Zeit hatte, bei den rasch aufeinanderfolgenden Teilungen sich zu ergänzen. Man vergleiche hierzu die Abbildungen von Hen- dersox und Schäfer, welche diese Vorgänge näher erläutern. Der cha- rakteristischste Unterschied der Fig. 53 gegenüber liegt in der Anord- imng der Sperma togonien : die Rosettenform ist geschwunden und die Fig. 54. Ältere Spermatogonien in großer Anzahl regellos in den Cysten liegend, mit Mitosen. Vergr. 284 1. Zellen liegen regellos in den Cysten verstreut. Teilungfiguren (mi), wohl die letzten Teilungen der Spermatogonien, finden sich auch hier noch vor. Die Kerne der Keimzellen weisen hier meist einen oder zwei wTanclständige Nucleoli auf. Das Chromatin ist oft regellos verteilt, sehr viele Kerne zeigen jedoch noch die wandständige Lagerung des- selben. Infolge der unregelmäßigen Anordnung der Spermatogonien zeigen auch die Cysten unregelmäßige Formen. Die Kerne der Cystenzellen (cz) sind sehr stark herangewachsen und übertreffen im Gegensatz zu den früheren Stadien die Kerne der Keimzellen ganz bedeutend an Größe. Sie sind sehr chromatinreich und besitzen ein deutliches Kern- körperchen. Nachdem durch die vielen Teilungen der Spermatogonien Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 18 268 Carl Demandt, die Samenelemente des Hodens sich stark vermehrt haben, gehen nun- mehr die Spermatogonien in die Spermatocyten erster Ordnung über, während die Vermehrung der Spermatogonien weiter ihren Fortgang nimmt. Für die Darstellung der Spermatocyten erster Ordnung wurde das für diese so charakteristische Synapsisstadium gewählt. Fig. 55 zeigt einen Längsschnitt durch die Spermatocytenregion eines am 5. Mai konservierten Hodens. Das sicherste Kriterium, die Spermatocyten sofort aufzufinden, bildet das Auftreten zahlreicher degenerierender Cysten, besonders im Centrum des Hodenschlauches. Bezüglich der näheren Ausführungen soll hauptsächlich die Arbeit von Schäfer berücksichtigt werden, da sich hier einige Abweichungen von den Aus- führungen Hendersons vorfinden. Die einzelnen Angaben auf ihre Richtigkeit zu prüfen, erachte ich nicht als meine Aufgabe, sondern möchte nur auf die Abweichungen hinweisen, soweit sie für die vor- liegende Darstellung in Betracht kommen. Der Übergang der Spermatogonien in die Spermatocyten ist, rein äußerlich betrachtet, gekennzeichnet durch das starke Heranwachsen der Zellen und besonders ihrer Kerne. Ein Vergleich der Fig. 54 und 55, von denen letztere allerdings etwas stärker vergrößert ist, zeigt deut- lich die Größenunterschiede. Die Kerne zeigen in dem dargestellten Synapsisstadium der Spermatocyten (Fig. 55) sehr starke Abweichungen von den Spermatogonienkernen : das Chromatin ist zusammengeballt zu einem fädigen Knäuel, welches an dem einen Pole des Kernes liegt. Der den Kern umgebende Plasmahof ist im Vergleich zum Kern sehr klein und von unregelmäßiger Form. Gewöhnlich liegt dem Pole des Kernes, welcher durch das Chromatinknäuel ausgezeichnet ist, die größere Menge des Plasmas an, so daß die Lage des Kernes eine ex- zentrische wird. Das fein granulierte Plasma färbt sich sehr wenig mit Eisenhämatoxylin, und da die Spermatocyten in ziemlich großen Abständen voneinander in den Cysten liegen, so erscheinen die mit Spermatocyten erfüllten Schläuche auf Schnitten bedeutend heller als diejenigen, welche Spermatogonien enthalten. Nach Schäfer soll in dem Synapsisstadium die Chromatinreduktion erfolgen, während Hen- derson dieselbe in die erste Reifungsteilung verlegt. Wie schon oben erwähnt, ist die Spermatocytenregion gekenn- zeichnet durch das Auftreten zahlreicher degenerierender Cysten im Centrum des Hodenschlauches. Es kommen jedoch auch unter den Spermatogonien ganz vereinzelt degenerierende Zellen vor, doch sind diese nur bei genauer Durchsicht zu entdecken, und es handelt sich Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 269 hier wahrscheinlich um pathologische Prozesse. Ganze degenerierende ISpermatogoniencysten waren auf meinen Präparaten nicht zu kon- statieren. Dagegen ist aber die Degeneration der central im Hoden- schlauch gelegenen Spermatocytencysten von großer Bedeutung für die Ernährung der sich weiter entwickelnden Keimzellen und daher nicht als pathologische Erscheinung anzusprechen, wie auch Hender- son ausdrücklich betont. Die degenerierenden Cysten (Fig. 55 de) besitzen als Inhalt tief dunkel sich färbende Ballen, welche wie in ~-IH '-^M^vm ^V-^\f£'# ^\%)Ä#^^ -he sx efc *c Fig. 55. Spermatocyteii erster Ordnung im Synapsisstadium. Eine große Anzahl der centralen Cysten ist der Degeneration verfallen (de). Vergr. 300/1. Vacuolen gebettet erscheinen, da die Spermatocyteii infolge der Degene- ration stark geschrumpft sind. Bei starker Vergrößerung zeigen diese Ballen auf hellerem C4 runde schwarze, meist rundliche Partien, und zwar besonders diejenigen, die in ihrer Degeneration noch nicht sehr weit vorgeschritten sind. Es sind in diesem Falle oft noch die ehe- maligen Spermatocytenkerne zu erkennen. Bezüglich der einzelnen Phasen des Degenerationsprocesses sei auf die Angaben von Schäfer und besonders Henderson verwiesen. 18* 270 Carl Demandt, Die Vacuolen im centralen Teile des Hodensclilanches deuten darauf hin, daß die Degenerationsprodukte von den umgebenden Spermatocyten resorbiert werden, und zwar halte ich die Ansicht Hendersons, daß die Resorption durch die Cvstenzelle und besonders ihre Kerne vermittelt wird, für zutreffend. Fig. 55 zeigt, daß die Cystenzellen bedeutende Ausdehnung erlangen (vc), und in ihrem Plasma finden sich auch kleinere Tröpfchen von degenerierter Substanz vor, welche an ihrer dunklen Färbung zu erkennen sind. Es deutet dies alles darauf hin. daß die Cystenzellen die Hohlräume, welche sich infolge der Degenerationserscheinungen bilden, schließen und die De- generationsprodukte allmählich resorbieren. Inwieweit der Kern der Cystenzelle dabei beteiligt ist. ist schwer zu entscheiden, jedenfalls bestätigen meine Präparate die Angaben Hendersons, welcher sagt, daß die Kerne ihr Volumen vergrößern und ihr Chromatin gleichmäßig über ihren ganzen Raum verteilen, sodaß sie Drüsenzellkernen nicht unähnlich erscheinen. Daß Eintritt und Ausdehnung der Degenerationsvorgänge von den Ernährungsverhältnissen des Tieres abhängen, ist als sehr wahrschein- lich anzusehen. Bei schlechter Ernährung des Käfers dürften mehr Cysten als Nährmaterial der Keimzellen verbraucht werden, und in diesem Falle können auch Cysten, welche an der Peripherie des Hoden- schlauches liegen, der Auflösung verfallen (Fig. 55). Anderseits liegen aber mitunter auch zwischen den degenerierenden Cysten normale Cysten, welche dann wohl fast ausschließlich von den Degenerations- produkten, nicht aber von außen ernährt werden. Nachdem nun die Spermatocyten unter ständigem Heranwachsen verschiedene, nach der Form des Chromatins zu unterscheidende Stadien durchlaufen haben, treten sie nach Schäfer nunmehr in ein Ruhestadium, während dessen der Kern durch eine netzförmige Beschaffenheit seines Chromatins ausgezeichnet ist. Diese Ruheperiode wird von Hender- son allerdings nicht angenommen. Um die weitere Entwicklung der Spermatocyten zu verfolgen, ist es erforderlich, Material zu untersuchen, welches nicht vor Ende Juni konserviert wurde. Fig. 56, welche die späteren Entwicklungsstadien der Spermatocyten zeigt, stellt einen Längsschnitt durch einen am 10. Juli konservierten Hoden dar. Der wiedergegebene Schnitt ist insofern ganz besonders günstig, als er außer Spermatocyten erster und zweiter Ordnung auch junge Spermatiden zeigt. Ein Vergleich mit Fig. 55 läßt erkennen, daß sich das Aussehen der Cysten sehr stark verändert hat. Die Cysten sind bedeutend um- Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 271 fangreicher und ihre Wände viel zarter geworden. Der Hodenschlauch ist straff angefüllt, und die großen Vacuolen des Follikelgewebes sind größtenteils geschwunden. Es ist dies bedingt durch das Heran- wachsen und die starke Wucherung der Keimzellen. WTie alle Cysten in Fig. 56 zeigen, haben die Keimzellen ihr Plasma soweit ergänzt, daß die ganze Cyste davon angefüllt ist. Zellgrenzen sind nur un- deutlich zu erkennen und zwar besonders in den ( lysten, welche zahlreiche Teilungsspindeln aufweisen. Die Spermatocyten erster Ordnung sind also nunmehr in das Stadium der Reifungsteilungen eingetreten. Über den Verlauf desselben finden sich Abweichungen in den Arbeiten von Henderson und Schä- fer. Zunächst ist dem ersteren die V " bzw. Stäbchenform der Centro- somen entgangen. Auch ist Henderson der Ansicht, daß nach der ersten Reifungsteilung ein Ruhestadium der Spermatocyten folgt, charakterisiert durch eine gleichmäßige Verteilung des Chromatins im Zellkern, während Schäfer die Existenz eines Ruhestadiums be- streitet. Meine Präparate zeigen Verhältnisse, welche für die Ansicht Schäfers sprechen, denn auf dem in Fig. 56 abgebildeten Längsschnitt ist neben mehreren Cysten mit zweiten Reifungsteilungen {'2rft) auch eine mit ersten Reifungsteilungen (cj) vorhanden, wobei zur Bestimmung derselben die Form der Centrosomen in Rechenschaft gezogen wurde, die nach Schäfer als Kriterium für die Unterscheidung dienen kann. Es zeigt sich hier wieder die Übereinstimmung mit Cybister, von dem Voinow sagt: «Chez le Cybister Roeselii ont ne peut parier que des spermatocytes de premier ordre, car ce sont les seules, qu'on trouve sur une grande etendue du testicule; les spermatocytes de deuxieme ordre n'existent pas isoles et ne representent qu'un stade des syneses sexuelles. Les deux divisions de maturations se succedent tres vite.» Die Spermatocyte zweiter Ordnung, welche aus der ersten Reifungs- teilung hervorgeht, ist also nur ein ganz kurzes Übergangsstadium zwischen den Reifungsteilungen. Betrachten wir nunmehr einige der in Fig. 56 dargestellten Cysten etwas genauer! Die Cyste cx zeigt neben zahlreichen in der Längs- oder Querachse geschnittenen Reifungsspindeln noch einige Spermatocyten erster Ordnung (sp 1. o), welche noch nicht in Teilung getreten sind und eine deutliche Kernmembran aufweisen. Auf Flächenschnitten durch die Äquatorialplatte der Teilungsfiguren ist die Chromosomenzahl oft deutlich zu erkennen. Es sind nie mehr als 18 Chromosomen, woraus hervor gehen dürfte, daß die Reduktion tatsächlich schon früher, also wohl im Synapsisstadium erfolgt ist. Einzelne von den getroffenen 272 Carl Demandt, Spindeln ließen in dieser Cyste die \/ -Form der Centeosomen er- kennen. i/^'i r- Fig. 66. Querschnitt durch die Ectadenie: innen das hohe Drüsenepithel (dep) mit der Längsfurche (//). Außen die Bindegewebslage (bg) und die Längsmuskulatur (Im). Vergr.^108/1. Ectadenie treten sie dagegen besonders bei Anwendung von van Gieson- scher Färbemethode ziemlich deutlich hervor als gelbe Punkte in dem rot gefärbten Bindegewebe. Auffallenderweise finden sich in der Lite- ratur nirgends Angaben von dem Auftreten von Ringmuskulatur im Innern der Bindegewebsschicht. Auch Bordas beschreibt nichts Der- artiges, obwohl er Dytiscus circumcinctus untersucht hat, und dieser nahe Verwandte doch wohl dieselben Verhältnisse zeigen dürfte wie Dytiscus marginalis. Dieser Autor bezeichnet jedoch bei Colymbetes eine Schicht als Ringmuskulatur, während er die derselben der Lage nach entsprechende Schicht bei Broscus als bindegewebige Basal- membran anspricht. Es liegt daher die Vermutung nahe, daß es sich, Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 285 e } ? ' t] tA W wenigstens bei Colymbetes, um eine von Ringmuskulatur durchsetzte Bindegewebsschicht handelt. Nach Escherich liegt bei Cardbus mor- billosus innerhalb der Längsmuskulatur eine feine Bindegewebslage und weiter darauf folgend eine nach der gegebenen Abbildung ziemlieh starke Ringmuskulatur. Bindegewebe und Ringmuskulatur sind also hier vorhanden, jedoch in zwei Schichten getrennt angeordnet. Die innere, das Lumen auskleidende Schicht bildet nun das Drüsen- epithel (Fig. 64, 66 — 68 dep). Es ist dieses ein sehr hohes Cylinder- epithel, dessen Zellen stellenweise die Höhe von 520 // erreichen (Fig. 67). Dabei sind sie aber äußerst schmal, nur 7 'u im Durchmesser haltend, so daß man auf 7,5 «-Schnitten schon ' : ' keine Zellgrenzen mehr erkennen kann, während sie bei einer Schnittdicke '|| von 4 — 5 u sehr deutlich zu erkennen sind. Die Kerne des Drüsenepithels , * \ j .' j f[ ( /'\ sind sehr klein. Sie liegen in der Mitte der Zellen, der Basis etwas ge- nähert (Fig. 66). Das Zellplasma ist sehr fein granuliert und von gleich- mäßiger Verteilung, wie dies bei der Doppelfärbimg mit Hämatoxylin-DELA- field und Eosin zu erkennen ist. Nur rings um das Lumen ist die Kör- nung etwas dichter (Fig. 66 u. 67). Das mit FLEMMiNGsehem Gemisch konservierte und mit Eisenhämatoxy- lin gefärbte Material erwies sich für die Untersuchung unbrauchbar wegen der sehr ungleichmäßigen Färbung des Epithels. Das Drüsenepithel weist in seiner ganzen Ausdehnung ein gleich- mäßiges Aussehen auf, nur die Höhe der Zellen ist Abweichungen unterworfen. So sind sie an den blinden Enden und noch 3/4 cm weiter abwärts weniger hoch, und das Lumen ist entsprechend weiter. Daher erscheint auch die Diü^e in diesem Abschnitte durchsichtiger. Die beiden kugeligen Verdickungen, welche sich daran anschließen (vgl. Fig. 36), zeigen außer der unregelmäßigen Höhe des Epithels ebenfalls keine Abweichungen. Das Lumen ist durchweg von unregelmäßiger Form, bedingt durch die wechselnde Höhe des Epithels. Es zeigt konstant eine einseitige Ausbuchtung (Fig. 66 //), welche als Längsfurche durch den ganzen 19* 5 fr — k m dep -_6y — Im Fig. 67. Teil eines Quersciinittes durch die Ecta- denie sonst wie Fig. 66. Vergr. 140/1. 286 Carl Demandt, \dep 4 -' -b9 iep Fig. 68. Längsschnitt durch den Übergang der Ectadenie (ect) in den Ductus ejaculatorius (de). Epithel des letzteren iep) mit deutlicher Intima (i), Bindegewebslage der Ectadenie (bg) von feinen Ring- muskelfasern (rm^) durchsetzt. Vergr. 88/1. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 287 Drüsenschlauch verläuft. An dieser Rinne sind die Zellen des Epithels kaum höher als 100 fi. Die Höhe schwankt also zwischen 100 und 520 ii ! Auch auf Längsschnitten durch die Drüse erscheint das Epithel unregelmäßig gewellt, wie Fig. 68 zeigt. Im allgemeinen stimmen diese Verhältnisse überein mit den An- gaben, die sich in der Literatur über die Ectadenien finden. Die von Escherich für Cambus morbillosus beschriebenen Regenerationszellen des Epithels fehlen bei Dytiscus marginalis. Ebenso war auf meinen Präparaten ein Stäbchensaum nicht zu konstatieren. Das von den Ectadenien gebildete Drüsensecret zeigt gegen Häma- toxylin eine sehr verschiedene Farbstoffaufnahme. An den blinden Enden der Drüse erscheint es ziemlich hyalin und nimmt wenig Farbe an, während es weiter abwärts und zwar besonders im centralen Teile des Lumens grobkörniger ist und sich ziemlich stark färbt. Es sei hier nochmals auf die Mündung des Vas deferens in die Ectadenie hingewiesen. Wie aus Längsschnitten durch diese Teile hervorgeht (Fig. 64), kann kein Zweifel bestehen, daß tatsächlich die Spermien beim Austritt aus dem Samenleiter in die Ectadenien ge- langen, denn unterhalb dieser Mündungsstelle zeigt das Epithel dieselbe Struktur, wie wir sie für die Ectadenie soeben kennen lernten. Auch ist es nicht denkbar, daß zwischen der Ectadenie, die ectodermalen Ursprungs ist, und dem ebenfalls ectodermalen Ductus ejaeulatorius ein mesodermaler Abschnitt des Vas deferens eingeschaltet ist. Das Epithel der Drüse (dep) setzt sich, allmählich flacher werdend, an das Epithel des Samenleiters (ep) an, und ebenso geht die Bindegewebs- schicht der Drüse (bg) in diejenige des Samenleiters über. Die Ring- muskulatur des Vas deferens {rm) schließt sich an die Längsmuskulatur (Im) der Drüse an. Auffallend ist, daß der Sphincter des Samenleiters sich besonders auf der in Fig. 64 oberen Wandung sehr dicht an die Drüse anlegt und an ihr etwas hinauf zieht, so daß bei seiner Kontrak- tion das Drüsenepithel, weniger das Epithel des Samenleiters zum Ver- schluß zusammengepreßt wird. Es handelt sich hier nicht um eine zufällige Verzerrung, denn verschiedene Präparate zeigten diese Lage des Sphincters. Der Grund, warum der Samenleiter in die Anhangsdrüse mündet, ist jedenfalls darin zu suchen, daß dieser Teil der Ectadenie für die Bildung der Spermatophoren in Betracht kommt, von denen zwei, also aus jeder Ectadenie eins, bei der Copulation übertragen werden, wie die Untersuch un gen von Blunck ergeben haben. 288 Carl Demandt, 4. Der Leitungsapparat. Der Leitungsapparat wird gebildet von dem Ductus ejaculatorius. Er ist, äußerlich genommen, als unpaarer Schlauch aufzufassen, welcher die Produkte der beiden Hoden und Ectadenien nach außen leitet. Eine genauere Untersuchung läßt aber erkennen, daß der Ductus in seinem vorderen Teile ein paariges Organ ist, welches nach allerdings nur kurzem Verlaufe in den unpaaren Schlauch übergeht. Diese Paarig- keit ist dadurch bedingt, daß die Ectadenien sich nur äußerlich mit- ep rrrif Fig. 69. Querschnitt durch den paarigen Teil des Ductus ejaculatorius. Epithel (ep) mit starken Wülsten. Ihm aufgelagert eine starke Bindegewebslage (bg). Außen Kingmuskulatur (rm) mit vereinzelten Längsmuskelfasern (Im). Verar. 140 i. einander vereinigen (Fig. 37), ihre Lumina jedoch getrennt in den Ductus übergehen. Fig. 68 zeigt den Übergang einer Ectadenie in den Ductus im Sagittalschnitte. Das Drüsenepithel (dep), ausgezeichnet durch seine Höhe, hört plötzlich auf, und seine Ecken ragen weit in das Lumen hinein. Das neu auftretende Epithel des Ductus (ep), welches eine deutliche chitinöse Intima (i) besitzt, ist bedeutend niedriger und schiebt sich keilförmig unter das Drüsenepithel. Die Bindegewebslage der Ectadenie (bg) setzt sich auf den Ductus fort, jedoch fehlen ihr, hier die Ringmuskelfasern. Diese sind auch überflüssig geworden, denn die Längsmuskulatur der Ectadenie (Im) wird am Ductus ersetzt Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 289 durch eine mehrschichtige Ringmuskulatur (rm). Ectadenie und Ductus ejaculatorius sind also in allen drei Schichten ihrer Wandung scharf aeoeneinander abgesetzt. Die Fig. 69 zeigt uns einen Querschnitt durch den paarigen Teil des Ductus. Ein Vergleich dieses Schnittes mit den Fig. 71 und 73 zeigt ohne weiteres die große Übereinstimmung der Struktur dieser Schläuche und läßt keinen Zweifel aufkommen, daß man den paarigen Abschnitt dem Ductus zurechnen muß. Das den Ductus auskleidende Epithel (Fig. 69 — 73 e/p) besteht aus Fig. 70. Zeigt die Epithelwülste (vgl. Fig. 09) stärker vergrößert. Keulenform der Epithelzellen, die auf einer feinen Basalmembran (hm) aufsitzen. Vergr. 250/1. Zellen, deren Form infolge der starken Faltung des Epithels sehr ver- schieden ist. Während an einigen Stellen, wo das Epithel niedrig ist, die Zellen kurz und breit erscheinen, sind sie an andern Stellen typische Cylinderzellen. In den starken Falten jedoch (Fig. 70) sind sie derart zusammengepreßt, daß sie lange, keulenförmige Form angenommen haben. An der Basis sind sie dann gewöhnlich so schmal, daß sie büschelförmig von einem Punkte auszustrahlen pflegen (Fig. 70 rechts). Am Grunde der Epithelwülste haben sich oft zwischen den Zellen Zwischenräume gebildet. Die Zellen sitzen also gestielt der Basal- membran (bm) auf. Diese ist meist gegen das Epithel nicht scharf begrenzt, an ihrer hyalinen Struktur jedoch unschwer zu erkennen. 290 Carl Demandt, Die Kerne liegen gewöhnlich nahe der Spitze der Zellen und haben meist ein oder zwei Kernkörperchen. Das Plasma der Zellen ist fein giannliert; an der Basis und Spitze der Zellen erscheint die Granulation weniger dicht als im mittleren Teile (Fig. 70). Das Epithel ist über- zogen von einer starken chitinösen Intima (i). B'ordas konstatiert in seinen «conclusions» ausdrücklich, «que l'intima chitineuse n'est pas un produit de secretion cellulaire, comme on pourrait le croire, mais bien un differenciation de la region cytoplasmique interne de l'assise chitinogene ». Bei Dytiscus ist jedoch die Begrenzung der Zellen gegen das Chitin hin eine sehr deutliche und Übergänge nicht zu konstatieren, so daß die Auffassung von Bordas hier kaum zutreffen dürfte, sondern das Chitin wohl doch ein Secretionsprodukt der Zellen ist. Die epithelialen Falten des Ductus ejaculatorius zeigen in ihrer Form eine auffallende Regelmäßigkeit, wie ein Vergleich der Fig. 69, 71 und 73 zeigt. In dem paarigen Abschnitte (Fig. (39) bildet der eine Schlauch das genaue Spiegelbild des andern. Ebenso zeigen die Fig. 71 und 73, daß die beiden Hälften fast genau symmetrisch sind. Das Zusammenfalten des Epithels erfolgt demnach stets auf dieselbe Art und Weise. Es soll noch hervorgehoben werden, daß die Fig. 73 auf- fallende Ähnlichkeit mit dem von Bordas gegebenen, allerdings nur teilweise ausgeführten Querschnitte durch den Ductus ejaculatorius von Broscus cephalotes besitzt. Das Epithel überzieht außen eine Bindegewebsschicht (Fig. 69 bis 73 bg) von wechselnder Dicke. An den Epithelwülsten ist sie be- deutend stärker als an den übrigen Stellen, ein Beweis, daß sie bei erweitertem Lumen das Epithel nur als sehr dünne Schicht umgibt. Das Bindegewebe zeigt stellenweise fädige Struktur und besitzt sehr kleine Kerne, die sich vereinzelt in ihm vorfinden. Die Muscularis des Ductus ejaculatorius wird gebildet von einer bedeutenden Schicht Ringmuskulatur (Fig. 69 — 73 rm). der außen stellenweise einige Längsmuskelfasern (Im) aufliegen. Sie ist von ziemlich gleicher Stärke im ganzen Verlaufe des Ductus. Der Quer- schnitt durch den paarigen Abschnitt des Ausführungsganges (Fig. 69) zeigt, daß die inneren Lagen der Ringmuskulatur (rmx) die Schläuche einzeln rings umfassen, während die äußeren Fasern (rm2) den paarigen Ductus gemeinsam umziehen und auf diese Weise die beiden Schläuche fest miteinander verbinden. Dadurch wird äußerlich der Eindruck eines unpaaren Organes erzielt. An der Stelle nun, wo die beiden Lumina verschmelzen, muß diese innere trennende Muscularis schwinden. Die Vereinigung der beiden Schläuche wird erläutert durch Fig. 71 und 72. Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. 291 Legt man eine Serie von Querschnitten durch den paarigen Abschnitt des Ductus, so kommt man abwärts schließlich an eine Stelle, wo die Muscularis zwischen den Lumina geschwunden ist und an ihrer Stelle sich eine breite chitinöse Einlagerung (Fig. 71 cb) quer durch den Ductus erstreckt. Es ist dies der Punkt, wo die bei der Beschreibung der Morphologie des Geschlechtsapparates erwähnte Reuse in den Ductus eingelagert ist (vgl. Fig. 37). Die Querschnitte, welche weiter abwärts folgen, zeigen nunmehr ein einheitliches Lumen, ausgezeichnet durch ein Paar äußerst starker, epithelialer Wülste (Fig. 73), durch welche das Lumen bis auf einen geringen Raum ausgefüllt wird. mg. -ep *W Fig. 71. Querschnitt] durch den Ductus ejaculatorius in der Höhe der Reuse (cb), sonst wie Fig. 69. Vergr. 118/1. Betrachten wir nunmehr die Fig. 72, welche einen Sagittalschnitt durch den Ductus darstellt. Da die Reuse (cb), auf die es hier ankommt, in dorso-ventraler Richtung im Ausführungsgange liegt, so ist sie hier im Längsschnitt getroffen und ihre Form gut zu erkennen. Ebenso ist die die beiden Lumina trennende Ringmuskulatur {rmx) längs ge- schnitten, während die äußeren Lagen (rm2), welche die beiden Schläuche verbinden (vgl. Fig. 69), naturgemäß quer getroffen sind. Im unteren Teile zeigt Fig. 72 das Lumen des anschließenden unpaaren Abschnittes des Ausführungsganges. Die Reuse (cb) bildet also, wie aus Fig. 71 und 72 hervorgeht, den letzten Abschnit der die beiden Lumina des 292 Carl Demandt, paarigen Ductus trennenden Wand. Sie ist ein ziemlich breiter Chitin- bogen (Fig. 71), dessen Enden spitz zulaufen. In seinem mittleren Teile ist er mit langen Chitinborsten besetzt, die membranellenähnlich zu Büscheln vereinigt in das Lumen hineinragen, so eine Art Reuse bildend. — Da sie etwas seitlich abstehen, liegen sie nicht ganz in der Schnittebene der Fig. 72, hätten also etwa in der Mitte durchschnitten \rmj rm -f,Y Fig. 72. Sagittaler Längsschnitt durch den Ductus mit der Reuse (cb). Oben ist die muskulöse Scheide- wand des paarigen Ductus (vgl. Fig. 69) getroffen. Vergr. 108/1. sein müssen. Um Abbildungen zu sparen, wurden sie aber nach den folgenden Schnitten ergänzt und in Fig. 72 in ihrer ganzen Länge ein- gezeichnet. — Während das Mittelstück des Bogens quer durch den Ductus hindurchzieht, liegen die beiden Enden, von denen das dorsale (Fig. 72 links) die größere Länge hat, der Wand des Ductus innen auf. Wie aus Fig. 72 hervorgeht, ist dieser Apparat als lokale Verdickung der chitinösen Intima (i) des Ausführungsganges aufzufassen. Er wird Der Geschlechtsapparal von Dytiscus marginalis. 293 überzogen von dem Epithel (ep) des Ductus und weiter auch von der Bindegewebslage (bg), und hieran schließt sich nun aufwärts die Ring- muskulatur (rmj). Die chitinöse Einlagerung, wie wir sie soeben kennen lernten, kommt nach den Literaturangaben auch bei andern Familien vor. So findet sie sich nach Bordas auch bei Ophonus ruficornis, doch wird sie nicht näher beschrieben. Welche Bedeutung diesem Apparate bei- zumessen ist, ist schwer zu sagen. Vielleicht ist er als Verschluß des Ductus anzusprechen, welcher das Secret der Ectadenien am Austritt Fig. 73. Querschnitt durch den unpaaren Abschnitt des Ductus. Epithel (ei>) mit zwei besonders starken Wülsten und Intima li). ihm aufgelagert eine Bindegewebslage (bg) und außen eine starke Ring- muskulatur. Vergr. 140/1. verhindern soll. Da das Drüsensecret ziemlich zähflüssig ist. so wird der reusenartige Verschluß genügen, um es zurückzuhalten. In der Tat ist mitunter ein Secretpfropf oberhalb der Reuse zu finden, während der Ausführungsgang weiter abwärts leer ist. 5. Die Drüsen des Präputiums1. Wir sahen bei der Beschreibung des Copulationsapparates, daß dem Präputium an verschiedenen Stellen Drüsenpakete aufgelagert sind. Die Drüsenzellen besitzen stets dieselbe Form, und Fig. 74 zei^t 1 Es sei hier auf das bei der Beschreibung der Drüsen des Scheidenrohres Gesagte verwiesen (S. 22S). 294 Carl Demandt, ty*-~ einen Schnitt durch die Membran des Präputiums mit dem aufgelagerten Drüsenpolster. Das Epithel (ep) dieser Membran ist sehr niedrig, und Zellgrenzen sind an ihm nicht zu erkennen. Die Kerne sind ziemlich klein und be- sitzen einen Nucleolus. Im Gegensatz zu dem niedrigen Epithel steht die äußerst mächtige Chitinschicht des Präputiums (c//), welche das Epithel um das acht- bis zehnfache an Höhe übertrifft. Sie ist deutlich lameliiert und die Zahl der Lamellen ist ziemlich bedeu- tend. Auf der Oberfläche trägt sie feine Stacheln (st), die den Stacheln der Rose sehr ähnlich gestaltet sind. Dieser Stachel- besatz macht die Oberfläche des Präputiums rauh und ermög- licht dadurch, daß beim Copu- lationsakt die Parameren, zwi- schen denen sich diese Membran ausspannt, am Abdomen des Weibchens haften können. Das dem Epithel aufge- lagerte Drüsenpolster wird ge- bildet von zahlreichen Drüsen- zellen, die in zwei bis drei Schichten übereinander liegen. Überall zwischen den Drüsen- zellen und ihren Ausführungs- gängen treten Bindegewebszel- Fg- 74- len (bgz) auf. durch deren Schnitt durch ein Drüsenpolster des Präputiums. Aus- Fibrillen die Dlüsenzellen ZU tuhnmgsgaiige (ag) mit radiär gestreifter Blase (hl) in den Drüsenzellen endigend. Das Epithel des Prä- einem festen Polster ZUSammen- putiums (ep) mit sehr starker chitinöser Cuticula (ch), geschlossen Werden welche mit Stacheln {st) besetzt ist. Vergr. 300 1. ° Die Drüsenzellen haben meist runde oder ovale Gestalt. Ihr Kern ist sehr groß und besitzt einen umfangreichen Nucleolus. Im übrigen sind die Kerne sehr chromatinreich ; das Zellplasma ist grobkörnig, es färbt sich ge- wöhnlich in der Umgebung des Kernes und der Endigung des Aus- führungsganges dunkler als in den übrigen Teilen der Zelle. Einige der abgebildeten Zellen zeigen Zeichen von Erschöpfung, ihr Plasma ist stark vacuolisiert. Der Drüsenausführungsgang bildet an seinem Der Geschlechtsapparat von Dytiscus marginalis. l>(.>~> Ende in der Drüsenzelle eine walzenförmige, radiär gestreifte Blase (bl), in deren Innern das Lumen des Ganges meist deutlich zu erkennen ist. Diese Blase besitzt im Vergleiche zur Zelle eine sehr bedeutende Größe. Der ausführende Gau- zeigt ein auffallend weites Lumen, was auf eine große Leistungsfähigkeit der Zellen schließen läßt. Er mündet direkt nach außen, ohne sich vorher mit den ausführenden Gängen benachbarter Zellen zu vereinigen. Doch treten die Aus- führungsgänge zu Bündeln zusammen, in denen sie parallel verlaufend am Grunde einer grubenförmigen Einsenkung des Chitinbelages des Präputiums nach außen münden. Marburg i. H., im Dezember 1911. Zum Schlüsse sei mir gestattet, Herrn Professor Korschelt, auf dessen Anregung ich diese Arbeit vornahm, für das stete, gütige Interesse meinen ergebensten Dank auszusprechen. Auch bin ich Herrn Prof. Melsenheimer, Herrn Dr. Tönniges, Herrn Dr. Kautzsch und Herrn Dr. Harms für ihre freundliche Unterstützung zu Dank verpflichtet. Verzeichnis der benutzten Literatur. 1. L. Auerbach, Über merkwürdige Vorgänge am Sperma von Dytiscus margi- nalis. Sitzungsb. K. preuß. Akad. Wiss. Berlin. 1893. 2. E. Ballowitz, Die Doppelspermatozoen der Dytisciden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LX. 1895. 3. A. Bauer, Die Muskulatur von Dytiscus marginalis. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCV. 1910. 4. A. Berlese, Gli Insetti. Volume primo. Milino 1909. 5. H. Blunck, Das Geschlechtsleben von Dytiscus marginalis. 1. Teil: Die Begattung. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. CIL 1912. 6. L. Bordas, Recherches sur les organes reproducteurs mäles des Coleopteres (anatomie comjiaree, histologie, matiere fecondante). Ann. d. Sc. Nat. Tome XI. 1900. 7. K. Brandt, Das Ei und seine Bildungsstätte. Leipzig 1878. 8. P. Buchner, Das accessorische Chromosom in der Spermatogenese und Oogenese der Orthopteren. Arch. f. Zellforsch. Bd. III. Leipzig. 1909. 9. P. Debaisieux, Les debuts de l'ovogenese dans le Dytiscus marginalis. Cellule. Tome XXV. 1909. 10. K. Escherich, Anatomische Studien über das männliche Genitalsystem der Coleopteren. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. EVTL 1894. 11. H. Euscher, Das Chitinskelet von Dytiscus marginalis. Inaugural- Disser- tation. Marburg 1910. 296 Carl Demandt, 1:!. A. Giardlsta, Origine dell'oocite e delle cellule nutrici nell Dytiscus. Primo contributo allo studio delPoogenesi. Internat. Monatsschr., Anat. Phys. Bd. XVIII. 1901. 12a. — Sui pretesi movimenti ameboidi della vesicola germinativa. Riv. Sc. Biol. Como 1900. 13. J. Gross, Untersuchungen über die Histologie des Insektenovariums. Zool. Jahrb., Abt. Morphologie. Bd. XVIII. 1903. 14. Th. Günthert, Die Eibildung der Dytisciden. Zool. Jahrb., Abt. Morpho- logie. Bd. XXX. 1910. 15. W. D. Henderson, Zur Kenntnis der Spermatogenese von Dytiscus margi- nalis, nebst Bemerkungen über den Xucleolus. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXVII. 1907. 16. R. Heymons, Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane von Phyllodromia (Blatta) germanica L. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LIII. 1891. 16a. ■ — Die Segmentierung des Insektenkörpers. Abh. Akad. Wiss. Berlin 1895. 17. A. Köhler, Untersuchungen über das Ovarium der Hemipteren. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXVII. 1907. 18. J. H. Kolbe, Einführung in die Kenntnis der Insekten. Berlin 1893. 19. E. Korschelt, Über die Entstehung und Bedeutung der verschiedenen Zellelemente des Insektenovariums. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLIII. 1886. 19a. — Über einige interessante Vorgänge bei der Bildung der Insekteneier. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLV. 1887. 19b. — Zur Bildung der Eihüllen, der Micropylen und Chorionanhänge bei den Insekten. Halle 1887. 19c. — Beiträge zur Morphologie und Physiologie des Zellkernes. Zool. Jahrb., Abt. Anat. u. Ontog. Bd. IV. 1889. 20. Korschelt und Heider, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungs- geschichte der wirbellosen Tiere. Jena 1910. 21. Leydig, G. Der Eierstock und die Samentasche der Insekten. Nova Acta Acad. Leop. Carbi. Vol. XXXIII. 1867. 22. Peytoureau, Contribution ä l'etude de la Morphologie de l'Armure geni- tale des Insects. These, Bordeaux 1895. 23. M. Regimbart, Recherches sur les organes copulateurs et sur les fonctions genitales dans le genre Dytiscus. Ann. soc. entom. de France. 3a serie. 1877. 24. P. Schäfer, Spermatogenese von Dytiscus marginalis. Beitrag zur Frage der Chromatinreduktion. Zool. Jahrb., Abt. Morphologie. Bd. XXIII. 1907. 25. F. Stein, Vergleichende Anatomie und Physiologie der Insekten in Mono- graphien bearbeitet. 1. Monographie: die weiblichen Geschlechts- organe der Käfer. Berlin 1847. 26. C. Töxxiges, Beiträge zur Sjjermatogenese und Oogenese der Myriopoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXI. 1902. 27. C. Verhoeff. Zur Kenntnis der vergleichenden Morphologie des Abdomens der weiblichen Coleopteren. Deutsche Entomol. Zeitschr. 1894. Der Geschlechtsapparal von Dytiscus marginalis. 297 28. D. N. Vonsrow, La Spermatogenese chez le Cybister Roeselii. Coniptes Rendues Acad. Sc. Paris 1902. 28a. — La Spermatogenese d'ete chez le Cybister Roeselii. Arch. Zool. Exper. Tome I. 1903. 29. B. Wandolleck, Zur vergleichenden Morphologie des Abdomens der weib- lichen Käfer. Zool. Jahrb. Bd. XXII. 1905. 30. K. Zick, Beiträge zur Kenntnisder postembryonalen Entwicklungsgeschichte der Genitalorgane bei Lepidopteren. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCVTII. 1911. Erklärung der Abkürzungen, 1. Der weibliche af, Achsenfaden; ag, Ausführungsgang; ap, Analplatten; app, ausführender Apparat; bg, Befruchtungsgang ; bt, Begattungstasche ; bz, Blutzellen; c, Kontur; cb, Chitinbogen; cl, Corpus luteum; eh, Chitinbelag; clo, Cloake; er, Chitinröhrchen ; degros, degenerierte Rosetten; drp, Drüsenpolster; ef, Eilach; eg, Eiergang; ek, Eierkelch; el, Eileiter; endf, Endfaden; endlc, Endkammer; ep, Epithel; epz, Epithelzellen; est, Eiröhrenstiel ; ja, Falten; fol, Eifollikel; ft, Fetttröpfchen; gf, Gelenkfortsatz; gfa> geschrumpfte Faser; gk, Genitalklappen; gs, Gleitschuppe; übt, Hals der Begattungstasche; hv, hinterer Vorsprung; i, Intim a ; Geschlechtsapparat. . , Insertion der Muskeln pl u. rl; vi | k, Kern; kbl, Keimbläschen ; kz, Keimzellen; l, Lamelle; legapp, Legeapparat; Im, Längsmuskulatur; Is, Legesäbel; m, Membran des Scheidenrohres; n, Naht; ii f. Nährfach; ii\. Nährzelle; nst, Nährstrang; «... Nährzelle; ooe, Oocyte; oog, Oogonie; oogk, Oogonienkern ; ph, Peritonealhülle; ///, Pleuren; recs, Receptaculum seminis; rect, Rectum; im, Ringmuskulatur; ros, Rosette; rvb, kurzer Scheidenretractor; rvl, langer Scheidenretractor; s, Säule; 7.5, 8.5 usw. siebentes, achtes Sternit: sb, Sammelblase; sp, Spalt; spz, spindelförmige Zellen; ssp, Seitenspangen; st, Styli; l.t, St. usw., siebentes, achtes Tergit; 298 Carl Demandt, tp, Tunica propria; tr, Trachee; ur, umgeschlagener Rand; V, Vulva; va, Vagina; vb, Verbindungsstrang; n . vordere Ecke; vs, Vorsprung der Seitenspangen; vv, vorderer Vorsprung; u\ Wulst; z, Zelle; zk, Zellkern; zp, Zellpolster; zpf, Zellpfropf. Die Muskeln des Legeapparates. eo, Musculus extensor ovipositoris ; fo, Musculus flexor ovipositoris; Ib, Musculus levator brevis laminarum genitalium; 11, Musculus levator longus laminarum genitalium; pl, Musculus protractor laminarum genitalium; ptv, Musculus protractor tubi vaginalis; rbt, Musculus retractor brevis tubi vaginalis; rfl, Musculus retractor fibularum lateralium; rl, Musculus retractor laminarum genitalium; rla, Musculus retractor laminarum analium.; rlt, Musculus retractor longus tubi vaginalis; sa, Musculus suspensor anterior laminarum genitalium; sm, Musculus suspensor magnus laminarum genitalium; smv, Musculus suspensor membranae tubi vaginalis; sp, Musculus suspensor posterior laminarum genitalium; Im, Musculus tensor membranae cloacae. 2. Der männliche a, Achse des Hodens; ag, Ausführungsgang; ap, Analplatte; app, Apparat; b, Beutel; bg, Bindegewebe; bgz, Bindegewebszelle; bl, Sammelblase; bm, Basalmembran; c, Cyste; cb, Chitinbogen; ch, Chitinbelag; ck, Cystenzellkern ; es, Chitinstachel; csp, Chitinspange; cz, < 'vstenzelle; de, degenerierte Cyste; dep, Drüsenepitlirl; drp, Drüsenpolster ; ds, degenerierte Substanz; Geschlechtsapparat. ec', Ectadenie; em, Elastica; ep. Epithel; /'. Fetttröpfchen; gh, Gelenkhöcker; gk, Genitalklappen; gr, Gräte; gv, großer Vorsprung; /(, Hode; he, Hodenepithel; hv, hinterer Vorsprung; i, Intima; k. Kern; ko, Kopf; ko papp, Copulationsapparat; ho, kleiner Vorsprung; //, Längsfurche; Im, Längsmuskulatur; m, Membran; mi, Mitosen; Der Geschlechtsapparat von Dytiscus inarginalis. 299 ms, Muskelstrang; st, Stachel; nh, Nebenhode; sw, Seiten wand; nk, Nebenkern; 8.t, 9.t. achtes, neuntes Tergit; ob, oberer Bogen; fr, Trachee; pa, Paramer; üb, unterer Bogen; pe, Penis; urma, Ursprung des Muskels rvvi; ph, Peritonealhülle; va, Vacuole; rjt, Reifungsteilung; vc, verbreiterte Cystenzelle; rm, Ringmuskulatur; vd, Vas deferens; s, Secret ; ve, Vas ef f erens ; 7.s, 8.-s, siebentes, achtes Sternit; vp, Ventralplatte; sp, Sperrnatozoen; vv, vorderer Vorsprung; spl.o, Spermatocyten erster Ordnung; wh, Widerhaken. sp2.o, Spermatocyten zweiter Ordnung; Die Muskeln des Copulationsapparates. dpa, Musculus distensor paramerorum; Ib, Musculus levator brevis laminarum genitalium; 11, Musculus levator longus laminarum genitalium; Im, Musculus levator niagnus praeputii; Ip, Musculus levator parvus praeputii; mpa, Musculus motorius paramerorum; pas, Musculus protractor arcus superioris; pbp. Musculus protractor brevis praeputii; pl, Musculus ^irotractor laminarium genitalium; p'p, Musculus protractor longus praeputii; pp, Musculus protractor penis; ppa, Musculus protractor paramerorum; 'pp1, Musculus protractor longus penis; prp, Musculus protensor penis; rb, Musculus retractor brevis praeputii; ri, Musculus retractor inferior praeputii; rl, Musculus retractor laminarum genitalium; rma, Musculus retractor magnus arcus superioris; rla, Musculus retractor laminarum analium; rpa, Musculus retractor parvus arcus superioris; rpe, Musculus retractor penis; rpi, Musculus rotator penis inferior; rps, Musculus rotator penis superior; rs, Musculus retractor superior praeputii; sa, Musculus suspensor anterior laminarum genitalium; slp, Musculus suspensor lateralis praeputii; sm, Musculus suspensor magnus laminarum genitalium; sp, Musculus suspensor posterior laminarum genitalium ; spd, Musculus suspensor dorsalis praeputii; tm, Musculus tensor membranae cloacae. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI Bd. 20 Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. Von Maria Andries (Bonn). (Aus dem zoolog. und vergleichend-anatomischen Institut der Universität Bonn). Mit 23 Figuren im Text und Tafel III— V. Inhalt. Seite Historisches 301 Systematik . 304 Larven 305 Puppen 306 Imagines 307 Biologie 309 Äußere Morphologie 319 Ei 319 Eben ausgeschlüpfte Larve 321 Larve nach der ersten Häutung 324 Larve nach der zweiten Häutung 327 Ausgewachsene Larve 330 Puppenstadium 330 Inne re Morphologie 331 Segmentzahl 332 Schlundgerüst 334 Darmsystem 337 Tracheensystem 340 Nervensystem ' 341 Rückengefäß 345 Körpermuskulatur 347 Fettkörper 350 Haut 350 Imaginalscheiben 351 Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 30] Historisches. Die Larve von Microdon hat seit ihrer Entdeckung lebhaftes Interesse erregt, weil sie in der äußeren Gestalt und in der Art der Fort- bewegung von allen anderen Dipterenlarven bedeutend abweicht. Es ist daher leicht erklärlich, daß ihre systematische Stellung lange Zeit nicht erkannt wurde. In seiner »Beschreibung der europäischen Dipteren« (1822) führt Meigen mehrere Arten der Gattung Microdon an, mit der Bemerkung : »Von ihren ersten Ständen ist nichts bekannt«. Aber schon im folgen- den Jahre wurde die Larve von Spix und von Heyden entdeckt und äußerlich beschrieben. von Heyden (1823) hatte ein einzelnes Exemplar bei Königstein im Taunus auf einem Eichenstumpf gefunden und vergleicht das »sonder- bar gestaltete Tierchen« einer großen Schildlaus. Er nennt es deshalb Parmula cocciformis; über seine nähere Stellung im System wagt er sich nicht zu erklären und schreibt darüber: »Daß es die Larve eines Insekts (etwa einer Fliegenart) ist, glaube ich nicht, indem der ganze Bau und besonders der der Mundteile von den aller mir bekanni Sinnesorgan. vielleicht mit der inneren Segmentierung zusammenfallen. Zwischen den Rosetten der jungen Larve und der polygonalen Felderung der ausgewachsenen finde ich keine Beziehung. Ein Komplex dieser polygonalen Felder würde erst einer Rosette ent- sprechen. Die Bauchseite des Tierchens, die ebenfalls unter dem Binocular glatt und strukturlos zu sein scheint, ist in ein ovales mittleres und ein dieses rings umgebendes äußeres Feld eingeteilt. Das mittlere Feld, die eigentliche Kriechfläche, wölbt sich etwas vor und wird in der Mitte von einer seichten Längsfurche durchzogen. Die ganze Bauch- fläche ist mit sehr feinen, langen Haaren dicht bedeckt, zwischen denen regelmäßig verteilt, ähnliche Sinnesorgane wie auf der Rückenseite stehen, und zwar in der Zahl und Anordnung, wie Cerfontaine (1907) sie von der erwachsenen Larve beschreibt (S. 387) und abbildet (Fig. 2, Taf. XII). Sie sind wegen der dichten Behaarung nicht so leicht zu sehen wie die der Rückenseite. Auf den Bau der verschiedenen Sinnes- organe werde ich bei Besprechung des Nervensystems näher eingehen. Die feine Strichelung des Chitinsaumes ist durch dicht neben- einanderstehende, verklebte Borsten hervorgerufen, deren distales, 324 Maria Andries, freies Ende leicht nach dem Hinterende des Körpers hin umgebogen ist (Textfig. 6). Über das proximale Ende lagern sich in mehreren Reihen, dachziegelartig sich deckend, kürzere, spitzkegelförmige Bor- sten, die allmählich in die viel kleineren Höcker des Rückenchitins übergehen. Die oben erwähnten, vorstehenden Stellen werden gebildet durch einige längere, spitze Borsten in Ver- bindung mit einem von diesen bedeckten Sin- nesorgan. Auf der Unter- seite sind die verklebten Randborsten ihrer gan- zen Länge nach unbe- deckt, so daß hier die Strichelung noch deut- licher ist. Nach der Bauchseite hin schließen Randborsten der jüngsten Larve mit Sinnesorgan N. sich Unregelmäßig ver- teilte, warzenartige, im- mer kleiner werdende Höckerchen an, die allmählich in winzige Papillen der Bauchfläche übergehen, auf denen die feinen, seiden- artigen Haare stehen. Textfig. 6. Larve nach der ersten Häutung. Die Larve nach der ersten Häutung (Taf. III, Fig. 5), d. h. die kleinste, die ich im Freien gefunden habe, ist 31/2 mm lang und 3 mm breit. Ob es zwischen diesem und dem jüngsten noch ein Zwischen- stadium gibt, kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen, weil ich die jüngste Larve leider nicht bis zur Häutung gebracht habe, wie aus dem biologischen Teil dieser Arbeit hervorging. Ich halte es aber nicht für wahrscheinlich, da die äußeren Veränderungen, hauptsächlich was Größe der Larve und Struktur der Chitinhülle angeht, zwischen diesem und dem dritten Stadium die Mitte halten. Auch diese Larve ist noch ganz weiß, aber schon weniger durchsichtig als die jüngste. Sie hat nicht mehr die längliche, sich nach vorn verjüngende Gestalt des ersten Stadiums, sondern ist gleichmäßig vorn und hinten abgerundet. Die vorderen Segmente und der häutige Kopfabschnitt sind wie bei der ausgewachsenen Larve unter das Rückenschild zurückgezogen, so daß beim Kriechen nur noch die Antennen mit ihren Fühlspitzen unter Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 325 dem breiter und weniger durchsichtig gewordenen Rückenschild her- vorschauen. Der viereckige Ausschnitt am Vorderende ist enger, so daß das Schlundgerüst nicht mehr durchscheint. Die Rückenfläche ist auch hier nur schwachgewölbt, erscheint sogar vollständig eben, wenn sich die Bauchfläche, wir es oft geschieht, in Vertiefungen der Unterlage vorwölbt. Die ganze Gestalt ist breit und flach, nicht mehr abgeplattet walzenförmig. Darm und MALPiGHische Gefäße sind noch durch die Chitinhülle des Rückens als schwarze und gelbe Flecken sichtbar, ebenso als zarte, grauweiße Linien die beiden Haupttracheen- stämme. Bei schwacher Vergrößerung erkennt man auf der Rücken- seite dieselbe Einteilung in ein mittleres und zwei seitliche Felder, wie bei der jüngsten Larve; die Zeichnung der Felder hingegen ist schon der des folgenden Stadiums ähnlich. »Sie sind ausgefüllt von unregelmäßigen, kleinen Vielecken, die von zarten, hellbraunen Linien begrenzt werden. Ihre Anordnung ist sehr regelmäßig. Sie findet sich beim folgenden Stadium wieder und ist von Cerfontaine 1907 genau beschrieben worden. Es folgen immer auf eine Querreihe von dreien zwei Querreihen von je vier Polygonalen. In den seitlichen Feldern lassen sich sieben ziemlich regelmäßige Längsreihen verfolgen. ,' -,„■ Die Zusammensetzung der Polygo- nale ist noch nicht so kompliziert wie bei der ausgewachsenen Larve. Sic kommen durch kegelförmig ab- geplattete Höcker von hellbrauner Färbung zustande, die in an- nähernd gleichen Abständen vonein- ander stehen und von einem schma- len, hellen Hof umgeben sind (Text- fig. 7). Auf der abgeplatteten Fläche Textfig. 7. der Höcker befindet sich in der Mitte Chitinstruktur auf der Rückenseite der ein- _ . .. mal gehäuteten Larve. S, Sinnesorgan; ein runder, heller hleck umgeben von " Hö kegeiförmige Höcker, vielen kleineren, blassen Punkten, wodurch die bei der Larve des folgenden Stadiums so komplizierten Chitinbildungen schon angedeutet sind. Der Innenraum der so be- grenzten Polygone ist ausgefüllt von unregelmäßig verstreuten, kleine- ren Höckern, der Art, wie sie sich bei der aus dem Ei geschlüpften Larve fanden. In den hellen Streifen, die Mittel- und Seitenfelder voneinander abgrenzen, verlaufen Längsreihen von ovalen, schwachen ( 'hitinerhöhungen mit dazwischen liegenden kleinen Höckern. Durch u " ' • . -v.-' - ■. 326 Maria Andries, stärkere Ausbilduno' der daran grenzenden Polygonseiten treten die schmalen Streifen deutlich hervor. Der Tracheenhöcker ist schon sehr ähnlich dem der ausgewach- senen Larve und bei schwacher Vergrößerung als abgeplatteter Kegel von braunrötlicher Farbe zu erkennen. Rund um den Tracheen- höcker läuft eine dunkelrote Rille und in deren Umkreis, auf den eben beschriebenen Höckern, ein Kranz von kräftigen, ungegabelten Borsten. Die Bauchseite zeigt keine wesentlichen Unterschiede von dem vorhergehenden Stadium. An eingetrockneten oder konservierten Textfig. 8. Randborsten der einmal gehäuteten Larve und zwar am vorderen Ausschnitt. Exemplaren zeigt sich die Segmentierung der Larve durch Querfurchen auf der Kriechfläche mit ziemlicher Deutlichkeit. Der Borstenrand (Textfig. 8) besteht in diesem Stadium nicht mehr aus einfachen Haaren. Es wechselt regelmäßig ein einfaches mit einem dichotom gegabelten ab. Die Gabelung erfolgt ziemlich nahe am distalen Ende. Dabei decken sich immer der linke Ast der einen und der rechte der andern Borste mit ihren Spitzen. Über diesen liegt, beide deckend, die einfache ungegabelte Borste. So entsteht bei schwacher Vergrößerung der Anschein kleiner, nach innen gewölbter Bogen. Diesen Hauptborsten sind kürzere, einfache aufgelagert, und zwar die nächsten mit ihrem distalen Ende bis an den Gabelungs- punkt reichend, die folgenden etwas tiefer zwischen zwei solchen und so weiter, immer kleiner werdend und schließlich in die kleinen Höcker des Rückenchitins übersehend. Die freien Enden der größeren Borsten Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 327 verdicken sich zu einem krausen Köpfchen, die kleineren, mehr kegel- förmigen, haben einen knopfartigen Aufsatz. An dem vorderen Aus- schnitt sind diese Chitinborsten dichter und kräftiger (Textfig. 8). Die Sinnesorgane des Borstensaumes und die der Rücken- und Bauchseite treten weniger deutlich hervor als bei der jüngsten Larve. Der Borstensaum erscheint von unten wieder gestrichelt. Nach innen leiten rundliche Höcker mit abgesetzter, kurzer Spitze, allmählich zu den kleineren über^ auf denen die Bauchhaare stehen. Larve nach der zweiten Häutung. Die Larve des folgenden Stadiums (Taf. III, Fig. 6) ist i1/2mm lang und 4 mm breit, wenn sie bei der Häutung aus der ebenbeschrie- benen Hülle ausschlüpft. Sie ist noch ganz weiß, fängt aber bald an, sich gelblich zu färben und wird in einigen Tagen gelblich braun. Die Oberseite ist etwas stärker gewölbt als bei dem vorigen Stadium, der neue Tracheenhöcker zunächst lebhaft rot, wird allmählich braunrot und hat nun seine endgültige Gestalt und Färbung (Taf. 111. Fig. 12). Durch das Rückenchitin ist der Darm noch immer sichtbar, die Tracheenstämme nicht mehr. Die Einteilung der Rückenseite in die verschiedenen Felder und die Anordnung der Polygone in diesen Feldern ist dieselbe wie bei der jüngeren Larve. Die schmalen Streifen zwischen Mittel- und Seitenfeldern werden durch vier Quer- leistchen in fünf Rechtecke eingeteilt. Sie verlaufen seitlich vom Tracheenhöcker aus in leichter Kurve nach vorn auf den mittleren Einschnitt zu. Aber ohne diesen zu erreichen, bilden sie vorher eine kleine Erweiterung an der Stelle, wo später die Stigmenhörnchen der Puppe durchbrechen. In den Seitenfeldern ist eine der Längsreihen aus regelmäßigen Vierecken zusammengesetzt, so daß sie besonders hervortritt. Sie verliert sich vorn und hinten in der übrigen Struktur. Die Grenzen der Polygone sind schon makroskopisch deutlich sichtbar als hohe, feste Leisten von gelblich brauner Färbung, die wie ein zier- liches Gitterwerk auf dem weißen, glatten Untergrund liegen. Sie reichen rundum nicht ganz bis an den Borstensaum heran. Von dem Einschnitt am Vorderrande ist nur noch ein Spalt übrig geblieben. Zwischen Borstensaum und Rückenwölbung verläuft im Umkreis eine dunklere erhabene Linie, der Borstensaum erscheint mit bloßem Auge zart und spitzenartig. Die dunkle Linie erweist sich bei schwacher Vergrößerung als eine bürstenartige Leiste, die aus hellbraunen Borsten zusammengesetzt ist. Das bürstenartige dieser Leiste kommt dadurch zustande, daß die kürzeren Reihen der Randborsten, die bei den 328 .Maria Andries, früheren Stadien den Hauptborsten flach aufliegen, sich hier aufge- richtet haben, wie Cerfontaine (1907) in einem Schnittbild (Taf. XII, Fig. 9) durch die Randpartie darstellt. Die Gabeluno; der Randborsten erfolgt näher am proximalen Ende, so daß der Saum tiefer eingebuchtet erscheint. Die Randsinnesorgane treten jetzt wieder ziemlich deutlich hfi vor. Von den Sinnesorganen der Rückenseite ist nichts mehr zu sehen; sie verschwinden ganz in der hohen, gitterartigen Chitinstruktur. Bei schwacher Vergrößerung erkennt man. daß dieses Gitterwerk aus einem feinen Geflecht von verklebten Haaren besteht. Mit dem weiteren Wachstum der Larve und der Ausdehnung des Chitins wird das dichte Flechtwerk der Leisten lockerer und die Einzelheiten seiner Zusammensetzung lassen sich erkennen. Von einem frischen, noch weichen Exemplar in 70%igem Alkohol kann man mit Hilfe von Nadeln ein zusammenhängendes Stückchen der Leiste loslösen. Nimmt man zur Ergänzung noch Schnitte, senkrecht zur Rückenfläche hinzu, so wird die komplizierte Zusammensetzung derselben klar. Hecht und Cerfontaine haben schon gute und ausführliche Beschreibungen und Abbildungen hiervon gegeben. Aber der Vollständigkeit halber, und um die fortschreitende Entwicklung durch die verschiedenen Stadien hindurch zu zeigen, glaube ich noch einmal kurz darauf eingehen zu dürfen. Die kleinen Polygone werden wie beim vorigen Stadium durch kegelförmige, abgeplattete Höcker gebildet, die dicht aneinander schließen. Auf der Mitte der Höcker erhebt sich ein kurzer, kräftiger Schaft, aus dem ein ziemlich langes, zweispaltiges Haar hervorsteht. Diese Haare sind weich und geschmeidig. Sie gehen über dem Schaft leicht umgebogen nach verschiedenen Seiten auseinander und ver- flechten ihre gewundenen Enden meist mit benachbarten Haaren. Bei stärkerer Vergrößerung erscheint ihre Oberfläche rauh und die Spitze vielfach gesplissen. Um den Schaft herum erheben sich auf dem Plateau des Höckers ungefähr 20 kleine, pilzförmige Gebilde mit kurzem Stiel, flachem, breitem Hut und leicht aufgeklappter oder unregelmäßig gebogener Krempe (Taf. IV, Fig. 24). Der Innenraum der so gebildeten Polygone ist gelblich weiß. Er wird ausgefüllt von winzigen, schwachgewölbten Vielecken, welche die eigentliche Grund- fläche des Rückens bilden. Auf Schnitten, die senkrecht zur Rücken- fläche geführt werden, verläuft deshalb die äußere Begrenzung der Cuticula in kleinen Bögen. Da diese hellen Flächen von den ver- flochtenen Haaren fast bedeckt werden, sieht die ganze Rückenseife auf den ersten Blick einheitlich braun ans und läßt von inneren Organen nichts mehr durchscheinen. Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 329 Mau traut sich, wozu eine so komplizierte Chitinbildung dienen kann. Hecht sieht ihre Hauptaufgabe darin, einerseits Fremdkörper von dem Körper der Larve fernzuhalten, anderseits sie dadurch ihrer Umgebung möglichst ähnlich zu machen, daß Sand und kleine Teil- chen von Mulm in dem dichten Gewirre der Höcker und Haare fest- gehalten werden. Die Larven sind damit allerdings immer dicht be- deckt und meist nur schwer von ihrer Umgebung zu unterscheiden. Aber daraus kann ihnen wohl kaum ein Nutzen entstehen; denn da sie im Dunkeln leben, können sie von ihren Feinden, wenn sie über- haupt solche haben, jedenfalls nicht durch das Gesicht wahrgenommen werden. Im übrigen stimme ich aber Hecht zu, wenn er sagt: «Mais pour atteindre ce but la complication de certaines de leurs formes n'etait par absolument necessaire. II est donc probable que dans ce cas comme dans bien d'autres similaires (colorations compliquees, formes etranges) il faut renoncer a chercher ä toute force une raison finale et se resigner ä ne voir ä la complication inusitee de ces poils que le resultat d'une sorte d'exuberance formative, d'un elan de vitesse acquise depassant les limites des formes strictement necessaires ä l'ani- mal, saus du reste lui nuire. » Der Tracheenhöcker der ausgewachsenen Larve von Microdon Eggen'. Mik macht bei schwacher Vergrößerung den Eindruck, wie ihn Taf. III, Fig. 12, wiedergibt. Genauer be- trachtet, ist der Umfang des kleinen Kegels aus ovalen , hellbraunen Plättchen zusammengesetzt, die dunkelbraun umrandet sind und in der Mitte Textfie 9 einen dunkeln Längsstrich zeigen. Auf Schnitten pmttchen des Kegels. stellt sich dieser Längsstrich als schmaler Spalt heraus, in dessen Lumen eine feine, dichte Behaarung nach der Mitte zu hineinragt, wie in manchen Stigmen. An der Basis des Höckers läuft rund herum eine tiefe, dunkelbraune Rille, die aber ganz von dem umgebenden Haarkranz verdeckt wird. Das Chitin des Kegels reicht als glatter Ring noch ein Stück in den Larvenkörper hinein. Nach oben bildet der Höcker zwei seitliche, erhöhte Platten von braunroter Farbe. Auf diesen befinden sich zahlreiche helle Punkte, Öffnungen der kleineren Tracheenäste. In einer Furche zwischen den Platten Hegt rechts und links eine größere, leicht sichtbare Öffnung, durch welche die Hauptstämme mit der Außenwelt in Verbindung stehen. Der Tracheenhöcker des vorhergehenden Stadiums ist nach oben stärker verjüngt, die eben beschriebenen Plättchen sind eher warzenförmig, der dunlke Strich in der Mitte derselben ist heller braun 330 Maria Andries. und ziemlich rund, die Umrahmuno; schmäler. Die oberen Platten sind lebhafter rot und warzig. Erwachsene Larve. Allmählich wird die Rückenseite höher gewölbt, das ganze Tierchen erreicht eine durchschnittliche Länge von 9 — 10 mm und 7 mm Breite und hat dann in der Form viel Ähnlichkeit mit einer Kaffeebohne. Die Bauchseite weist keine wesentlichen Unterschiede mit den vorher- gehenden Stadien auf. Sie ist fleischfarbig, feuchtglänzend. Beim Austrocknen sieht man deutlich die langen, seidenartigen Haare. Von der mittleren Längsfurche gehen feine Querrunzeln aus, und durch Furchen, die sich quer über die Kriechfläche ziehen, ist die Segmen- tierung angedeutet. Taf. IV, Fig. 19, stellt die vordere Partie der aus- gewachsenen Larve, von der Bauchseite gesehen dar, und zwar den häutigen Kopf abschnitt mit den zweispitzigen Antennen und der Mundöffnimg. Die Abgrenzung der vorderen Thoracalsegmente ist in diesem Stadium äußerlich nicht zu erkennen. Manche noch genauere Einzelheiten über die äußere Morphologie der ausgewachsenen Larve sind in der Arbeit von Cerfontaine zu finden. Puppenstadium. Da die Larven von Microdon sich in der letzten Larvenhaut ver- puppen, ist von der äußeren Puppenhülle wenig neues zu berichten, außer, daß sie in der Gestalt höher gewölbt und schmäler, in der Fär- bung dunkler wird. Das Chitin wird hart und spröde, öffnet man die Hülle einige Tage nach der Verpuppimg, so findet man die Entwicklung schon weit vorgeschritten. Taf. IV, Fig. 30, veranschaulicht dieses Stadium von der Bauchseite, Fig. 31 von der Rückenseite gesehen. Die einzelnen Teile des Körpers sind von einer zarten, durchsichtigen Haut umhüllt, die drei Beinpaare liegen dicht beieinander gegen den Kopf gepreßt und lassen schon die spätere Gliederung erkennen. Vom Rücken her schlagen sich die Flügel als breite Lappen nach der Bauch- seite um. Die Stigmenanlage und die Segmentierung des Abdomens sind deutlich zu sehen. Die Querfurchen zwischen den Segmenten ziehen sich auch hier nur über die bei der Larve als Kriechfläche be- zeichnete Partie. Zwischen den Beinpaaren kommen als drei rund- liche Erhöhungen jederseits die Thoracalsegmente hervor. Der Kopf ist gegen die Bauchseite gepreßt. In seiner Verlängerung sieht man die Anlage des Rüssels, nämlich in der Mitte die Oberlippe und seit- Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 331 lieh als längliche, bläschenförmige Gebilde, die Maxillen. Auf dem Scheitel des Kopfes stehen als zwei kurze Zapfen die Antennen, die schon die spätere Dreigliedrigkeit erkennen lassen. Zwischen den Antennen zieht sich eine schwache Furche längs über die Gesichtsfläche, und seitlich davon liegen als knöpf artige Anlage die Facettenaugen. Auf der Rückenseite (Taf. IV, Fig. 31) herrscht noch dieselbe Einteilung in ein mittleres und zwei seitliche Felder, wie bei der Larve der letzten Häutung. Selbst die Begrenzung des mittleren Feldes durch die Bogenlinie, wie sie schon bei der aus dem Ei schlüpfenden Larve ausgeprägt war, ist noch vorhanden, ebenso am Hinterende die weiten Tracheenöffnungen der Larve. Anderseits sind Thorax und Schildchen schon gegen das Abdomen abgesetzt. Der Hinterleib läßt noch keine Gliederung erkennen. Die Stigmenhörnchen der Puppe sitzen auf zarten, durchsichtigen Kugeln, die von der Puppenhülle gebildet werden und einfache Tracheenstämme durchtreten lassen. Elditt hatte bei seinen Beobachtungen irrtümlich behauptet, die Puppenhörnchen gingen aus dem hinteren Kopfabschnitt hervor, bis Bertkau ihre Lage am vorderen Prothorax feststellte. Die hellen, runden Flecke auf der Rückenseite der Puppe sind Überreste des larvalen Fettkörpers. Innere Morphologie. Methoden. Um eine Übersicht über die inneren, morphologischen Verhält- nisse der Larve zu bekommen, wurden hauptsächlich die ausgewachsenen Larven benutzt, einerseits, weil sie reichlicher zur Verfügung standen als die jüngeren, anderseits, weil die jüngsten Stadien ihrer Kleinheit wegen ungeeignet waren. Zwei Methoden kamen dabei zur Verwen- dung, nämlich das Präparieren unter dem ZEissschen Binocularmikro- skop und die Schnittmethode. Die beiden Methoden haben sich erfreu- lich ergänzt; denn mancher Irrtum, der sich bei der Anwendung nur einer Untersuchungsmethode eingestellt hatte, wurde durch die andere wieder beseitigt. Das Schneiden der ausgewachsenen Larven war mit einigen Schwierigkeiten verbunden, und es hat lange gedauert, bis gute lückenlose Serien gelangen. Die verschiedensten Fixation sflüssig- keiten wurden angewandt, aber alles scheiterte an der dicken Chitin- hülle des Objekts. Folgende Methode hat sich schließlich als erfolg- reich erwiesen: Die Larven wurden in eine Fixationsflüssigkeit von gleichen Teilen absoluten Alkohols, konzentrierten Kochsalzsublimats und konzentrierter Pikrinsäure in Glasröhrchen gebracht und diese in Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 22 332 Maria Andries, kochend heißes Wasser gesetzt. Die Larven streckten sich darin schön glatt und waren bald prall gewölbt. Die Segmentierung tritt dann auf der Bauchseite deutlich hervor. Nach 5 — 6 Stunden waren sie gut fixiert, wurden mit dem Rasiermesser quer durchschnitten, dann in 70%igen, 95%igen, absoluten Alkohol, Äther und Celloidin über- geführt. Von nicht durchschnittenen oder wenigstens angeschnittenen Larven ist es mir nicht gelungen, brauchbare Serien zu erhalten. Das Celloidin drang nicht genügend ein. Die Schnitte blieben inwendig weich. Die Hälften wurden mit dem JuNGschen Schlittenmicro tom geschnitten in Serien von 20 — 40/f, einzelne Schnitte zu feineren Unter- suchungen von 5 u; die Färbung der Celloidinschnitte geschah meist mit Delafields Hämatoxylin und Eosin. Nach der Färbung wurden sie entwässert und zur Erhaltung des Celloidins aus 95%igem Alkohol in Karbol-Xylol und schließlich in Kanadabalsam übergeführt. Segmentzahl. Die Frage nach der Segmentzahl der cycloraphen Dipterenlarven bietet manche Schwierigkeiten und ist von den verschiedenen Autoren, die sich damit beschäftigt haben, verschieden beantwortet worden. Newport (1839), dessen Arbeit mir nicht vorgelegen hat, zählt nach Angabe Hewitts bei Musca vomitoria 14 Segmente, eventuell sogar 15, da zwei der vorderen verschmolzen sein sollen. Weismann (1863) nimmt zwölf Segmente an mit dem Kopfsegment, van Rees acht Abdominal- segmente, Beauer (1883) ebenfalls zwölf für alle Cycloraphen, nämlich hinter dem fühlertragenden Ring nur elf wahre Segmente, drei Thoracal- und acht Abdominalringe, bei denen aber der letzte bei vielen sicher aus zwei Segmenten gebildet sei. Lowne (1900) zählt sogar 15 postorale Segmente. Hewitt (1908) richtete sich bei der Bestimmung der Seg- mentzahl von Musca domestica nach der Anordnung der Körpermusku- latur und kam zu der Annahme von 13 Körpersegmenten, einschließ- lich des problematischen Kopf Segmentes, eine Zahl, die Schiner (1862) als die gewöhnliche bei Dipterenlarven angibt. Dabei neigt aber Hewitt zu der Ansicht, daß das erste postorale Segment ein Rudiment der in den Körper eingezogenen Kopfregion sei, also das folgende, zweite, erst das Prothoracalsegment vorstelle. Nach dieser Auffassung käme man dann doch wieder auf Brauers elf wahre Körpersegmente heraus. Bei der vorliegenden Larve ist die Frage dadurch noch besonders er- schwert, daß die Segmentgrenzen beim lebenden Tier kaum wahrzu- nehmen und die Thoraxsegmente sehr unscheinbar und zum Teil ein- gezogen sind, so daß man sie bei der erwachsenen Larve kaum sieht. Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 333 An der kleinen, jüngsten Larve dagegen treten die Thoracalsegmente bei einer besonderen Behandlung ziemlich deutlich hervor, die Seg- mente des Abdomens sehr schwach. Wenn man die jungen Larven in 70%igen Alkohol bringt, so bläht sich meist die Bauchseite dick auf, werden sie dann in Kalilauge gekocht, so streckt sich der vordere Teil glatt aus; die ganze Chitinhülle ist prall gewölbt. Mit Kongorot gefärbt, bekommt man unter dem Binocular die günstigste Ansicht der vorderen Partie der Larve. Poujade ist der erste, der die Segment- zahl erwähnt. In der Beschreibung der lebenden Larve heißt es: «Annulis non conspicuis», von der in Alkohol konservierten, daß acht Segmente vorhanden zu sein scheinen. Cerfontaine geht etwas ausführlicher darauf ein: «Sur un individu durci . . . j'ai pu nettement distinguer dans l'etendue de la surface de reptation des sillons indi- quant une segmentation metamerique. Les Segments paraissent etre au nombre de dix, l'anterieur correspond ä la partie cephalique, les 3 suivants sont les anneaux thoraciques, et les six derniers seront les segments abdominaux. La bouche se trouve sur le segment cephalique.» Am lebenden Tier sieht man manchmal auch auf der Rückenseite eine schwache Segmentierung. Wenn man nämlich die ausgewachsene Larve reizt , z.B. durch öfteres Berühren auf der Rückenseite, so zeigen sich hier meist segmentale Einschnürungen, aber nur in den mittleren Segmenten deutlich. Bei der oben besprochenen Behandlung der jungen Larve sieht man hinter dem häutigen, antennen- tragenden Teil des Kopfes noch zwei deutlich abgegrenzte, walzenförmige Segmente frei ausgestreckt, auf die nach hinten neun mit dem Rücken- schild in Verbindung stehende folgen, so daß bei der Larve von Micro- don ebenfalls elf wahre Körpersegmente vorhanden sind. In dieser Auffassung der Segmente werde ich bestärkt durch die Lage der später zu besprechenden thoracalen Imaginalscheiben. Der nach Brauer bei allen acephalen Dipterenlarven häutig- bleibende, antennentragende Ring, auf dessen Unterseite sich die Mundöffnung befindet, ist nicht als eigentlicher Kopf aufzufassen. Henneguy (1904) gibt ihm den treffenden Namen: Pseudocephalon. Der eigentliche Kopf ist durch Hypodermiseinfaltung vollständig in die Thoracalsegmente eingezogen und mit dem Pharynx zu einem kompakten, einheitlichen Gebilde, dem Cephalopharyngealskelet1 oder 1 Das Wort Cephalopharyngealskelet scheint mir für dieses Gebilde nicht sehr geeignet, da der Schlundkopf aus einem »Komplex von Chitin, Muskeln und Geweben« besteht. Becker (1910). Richtiger würde es wohl, um Miß- verständnisse zu vermeiden, gleichbedeutend mit Schlundkopfgerüst angewandt. 22* 334 Maria Andries, Schlundkopf verschmolzen. In diese Verschmelzung ist sogar ein Teil des ersten Thoracalsegmentes hineingezogen, der sich mit dem Zurück- weichen des hinteren Kopfabschnittes notwendigerweise einstülpen mußte. Am0 Schnitten durch die vordere Partie der Larve läßt sich die Fortsetzung des Schlundkopfepithels in die Hypodermis des Pseudo- cephalon einerseits und der Tlioraxhypodermis anderseits genau ver- folgen. Die Cuticularauskleidung dieser Hypodermiseinfaltung, also das eigentliche Kopfskelet, bildet mit dem Chitin des Pharynx das einheitliche Schlundgerüst, eigentlich richtiger Schlundkopfgerüst, den Hakenapparat Weismanns. Weismann hat bei der Embrvonalent- wicklung der Museiden die Einstülpung des Vorderkopf- und Man- dibularsegmentes direkt beobachtet; Becker dagegen kommt in seiner Arbeit: »Über die Reduktion des Kopfes der Dipterenlarven« (1910) durch vergleichende Studien an eucephalen und acephalen Dipteren- larven zu der Überzeugung, daß der Kopf der Muscidenlarven ein- gezogen, nicht eingestülpt ist. Er stimmt in dieser Deutung des Muscidenkopfes mit Holmgren (1904) überein, der seinen Unter- suchungen eine andre Formenserie zugrunde legte. Zu seinem Ver- gleichsmaterial gehört auch die Larve einer südamerikanischen Micro- don- Art. Er kommt zu dem Resultat, daß »die Kopf falte dieser Larve, die oben in der Mundhöhle beginnt, von Kopf- und Thoracalsegment gebildet wird. Die Teile dieser Falte wachsen miteinander zusammen und bewirken hierdurch das Festhalten des Kopfes in eingezogenem Zustande. Morphologisch besteht somit bei diesen Arten die biologisch als Kopf fungierende Partie teils aus dem Kopf, teils aus einer Thora- calpartie «. Schlundgerüst. Das Schlundkopfgerüst hat bei einer Larve von Microdon nach der zweiten Häutung eine Länge von lx/^m.va (Taf. V, Fig. 32). Es lassen sich drei gesonderte Abschnitte daran unterscheiden (Textfig. 10). Der erste hintere Abschnitt besteht aus zwei Platten, einer breiten, ventralen, schauf eiförmig gebogenen und einer dorsalen, die sich, in spitzem Winkel von der ventralen ausgehend, nach hinten erstreckt. Die Dorsalplatte ist an ihrem distalen Ende in der Mitte tief gespalten und steht gleich zwei Flügeln von der ventralen ab. Diese letztere zeigt an ihrem seitlich umgebogenen Teile polygone Felderung, der mittlere Teil ganz feine Längsstreif ung: er stellt die Ventralwand des Pharynx dar. Gemäß ihrer Entstehung durch Einfaltung der Hypo- dermis weisen diese Platten eine innere und eine äußere Epithellage Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 335 auf. An dem inneren Epithel der dorsalen Platte setzen seitlich kräftige Dilatatormuskeln an (Textfig. 11), die an der oberen Pharynxwand Textfig. 10. Schlundkopfgerüst von der Seite gesehen. Dp, Dorsalplatte; Vp, Ventralplatte; H, Halsteil; Mh, Mundhaken; L, Labinm. inserieren. Durch Kontraktion erweitern sie das Lumen des Pharynx beträchtlich und rufen auf diese Weise eine kräftige Saugwirkung hervor. Nach vorn stehen Dorsal- und Ventralplatte unten und seitlich mitein- ander in Verbindung und bilden den mittle- ren Abschnitt des Schlundkopfgerüstes, den röhrenförmigen Halsteil. Den dorsalen Verschluß des Halsteiles bildet die obere Pharynxwand. Der Hals ist seitlich stark verdickt und endet jederseits in einem kräftigen, nach oben gerichteten Haken, die als Stützpunkte der Mundhaken dienen. Das dünnere, ventrale Chitin des Halsteiles setzt sich allmählich in die normale Chitin- auskleidung der Mundhöhle fort. Von den Seiten der Pharynxwand erstrecken sich zwei dünne Chitinspangen nach vorn, ver- einigen sich an ihren Enden und ragen als Spitze dorsal in die Mundhöhle hinein (Taf. V, Fig. 33). Auf den Halsteil folgen nach vorn als letzter Abschnitt die Mund- anhänge. Mit den hakenartigen Seiten- teilen des Halses gelenkig verbunden sind die beiden kräftigen Mundhaken, «la piece medio- dorsale anterieure ^ *~Di Textfig. 11. Querschnitt durch den hinteren Teil des Sehlundkopfes. Dil, Dilatator- muskulatur; Dp, Dursalplatte ; E, Epi- thel; Ph, Pharynx; oPhiv, obere Pha- rynxwand; De, gemeinsamer Drüsen- ausfiihrgang. 336 Maria Andries, Cerfontaine's». Es sind rundlich gebogene, vertikal gestellte Platten (Textfig. 12). die mit ihren distalen Enden zusammenneigen und an ihrem ventralen Rande scharf gezähnt sind. Die Einschnitte der Zähne setzen sich auf dem Rücken als Streifung fort. Holmgren erklärt diese Mundhaken für homolog mit den gegenständigen Man- dibeln der orthoraphen Dipterenlarven. Weis- mann dagegen hat bei der embryonalen Ent- wicklung der Musca-Lavve außer diesen noch andere Gebilde beobachtet, die er als Ober- kiefer anspricht, und hält die ersteren für Neubildungen. Dicht unter dem vorderen Ende des Halsteiles liegen zwei weitere Mund- anhänge, zunächst zwei schlanke, zarte Platten in horizontaler Lage (Textfig. 13 Mx) mit glatten Rändern und abgerundetem distalen Ende. Holmgren vermutet in dieser paarigen Anlage die Maxillen. Ihnen aufgelagert liegt das komplizierteste Stück der Mundanhänge (Text- fig. 13 L); es ist schon von Holmgren und Cerfontaine erwähnt, aber Textfig. 12. Mundhaken. Textfig. 13. Mx, Maxillen; L. Labium; daran: mP, mittleres. s.P, seitliches, u.P, unteres Plättchen; U, Über- gang der Ober- in die Unterseite; bV, bogenförmige Verdickung des unteren Plättchens; Z, nach lünten gerichtete Zähne der oberen Plättchen. nicht beschrieben worden, und die Abbildungen lassen die komplizierte Zusammensetzung nicht erkennen. Das Ganze bildet eine Art Tüte, deren Öffnung nach hinten und deren Spitze nach vorn gerichtet ist. Ms liat ungefähr die Gestalt eines Dreiecks und ist etwa 0,1 mm lang. Die Oberseite der Tüte besteht aus einem mittleren und zwei seitlichen Plättchen, die nur oben zusammenhänaen. Vorn ist der Rand der %fF Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 337 Plättchen ausgekuppt, hinten mit kräftigen, langen Zähnen versehen. Die äußeren Ränder der seitlichen Plättehen biegen ventralwärts um und setzen sieh fort in eine darunter liegende Platte, die nach der Spitze der Tüte zu mit der oberen verschmolzen ist, im übrigen mit ihr einen Hohlraum umschließt. Den Zähnen gegenüber, etwas weiter nach hinten reichend, schließt sie mit einer bogenförmigen Verdickung ab. Nach der Spitze hin ist die Tüte ventralwärts gebogen, nach hinten zu mit den Seitenrändern leicht aufgebogen. Die Muskeln, die an diesem Gebilde ansetzen, bewirken, daß die Spitze noch mehr nach unten gezogen wird. Holmgren bezeichnet es nur als unpaare, dreieckige Platte und hält es für das Labium. Bei der aus dem Ei geschlüpften Larve ist die seitliche Chitinverdickung des Hals- teiles schlanker, (Taf. V, Fig. 33), das Labium (?), / \ soviel ich bei der Kleinheit des Objektes erkennen konnte, einfacher gebaut; es besteht aus einer dreieckigen, seitlich umgebogenen Platte (Textfig. 14) mit verhältnismäßig noch kräftigeren nach hinten • Textfie 14 gerichteten Zähnen. Wahrscheinlich bildet es aber , . . ct ■ • c i t-»i t-v- Labium der eben ausge- auch in diesem Stadium keine einfache Platte. Die schlüpften Larve, übrigen Mundteile sind wie die der ausgewachsenen Larve. Die verdickten Partien des Schlundkopfgerüstes und seiner Anhänge sind braunschwarz, das übrige gelblichbraun. Es wäre zweck- los, über die Homologie dieser verschiedenen Mundteile, besonders über die Bedeutung der Mundhaken, Vermutungen auszusprechen, ohne sie durch vergleichende entwicklungsgeschichtliche Studien stützen zu können. Darmsystem. (Taf. V, Fig. 34.) Die Mundöffnung liegt ganz vorn auf der Mittellinie der Bauch- seite und bildet einen X-förmigen Spalt. Sie führt in die geräumige Mundhöhle. Vorn, dorsal in der Mundhöhle, liegen die beiden Mund- haken, die beim öffnen des Mundes sichtbar werden, aber nicht daraus hervortreten. Ventral von diesen, etwas weiter nach hinten schließt sich das Labium (?) an. Dicht hinter dem Labium mündet der ge- meinsame, enge Ausführungsgang von vier Paar Drüsen in die Mund- höhle. Dieser gemeiname Ausführungsgang (Textfig. 15 De) gabelt sich, dicht unter dem Schlundkopf verlaufend, bald in zwei Aste, die sich zu einer kleinen Ampulle erweitern. Von den beiden Ampullen gehen jederseits vier Drüsenschläuche aus, und zwar drei mehr seitlich und 338 Maria Andries, einer dicht neben dem entsprechenden der anderen Seite liegend, gerade aus nach hinten. Diese vier Drüsenpaare haben merklich verschiedene äußere und histologische Beschaffenheit und daher jedenfalls auch verschiedene Funktion. Die beiden mittleren sind am längsten und weitesten. Sie verlaufen mit ziemlich gleichbleibendem Lumen dicht über der Bauchseite ungefähr bis zum letzten Drittel der Körperlänge und sind mit ihren Enden umeinander gewunden. Sie bestehen aus einer einfachen Lage sehr großer, flacher, polygonaler Zellen mit auf- fallend großen, runden Kernen und färben sich mit Hämatoxylin sehr dunkel. Das erste seitliche Drüsenpaar ist dem mittleren histologisch Textfig. 15. Vier Drüsenpaare gsl, ijs'2, gs'Z, gsi, De, gemeinsamer Ausführgang. sehr ähnlich, nur sind die Zellen und Kerne etwas kleiner. Die beiden übrigen Drüsenpaare sind viel zarter und durchsichtiger und färben sich schwach. Die Kerne sind kreisrund, kleiner und lockerer als bei den anderen Drüsen. Das zweite dieser beiden Paare ist das kürzeste und engste von allen. Die Chitinauskleidimg des gemeinsamen Aus- führ imgsganges zeigt, wie die Intima der Tracheen, Spiralverdickimg. Über die Funktion dieser verschiedenen Drüsenpaare kann ich nichts t m sst immtes sagen. Die beiden längsten, nach hinten verlaufenden, schei- nen nach ihrer histologischen Ähnlichkeit mit denen anderer Dipteren die eigentlichen Speicheldrüsen zu sein, die die Umsetzung der Nahrung befördern. Die beiden durchsichtigen Paare liefern wahrscheinlich das flüssige Secret, das von Zeit zu Zeit stoßweise aus der Mundöffnung austritt und bei der Fortbewegung hilft: das vierte Paar tritt vielleicht Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 339 bei der Verpuppung oder auch schon bei den Häutungen in Funktion, da sich die Larve in diesen Stadien mittels eines schleimigen Secretes auf der Unterlage festklebt. Die Mundöffnung führt in den mit dem reduzierten Kopfskelet verschmolzenen Pharynx. Die Innenwandung des Pharynx ist stark chitinisiert ; aber vergebens habe ich auf Schnitten durch diese Partie nach den sogenannten T-Eippen auf der ventralen Pharynxwand gesucht, von denen Becker (1910) schreibt: »Diese T-Rippen sind bei allen bis jetzt untersuchten, freilebenden cycloraphen Dipterenlarven vorhanden. Sie fehlen dagegen bei den parasitisch lebenden Larven.« Er hat sie für Anihomyia und Musca festgestellt und abgebildet. Es handelt sich um neun T-förmige Chitinleisten, die sich auf der unteren Pharynxwand erheben und in deren Längs- richtung verlaufen. Auf diese Weise bilden sie zunächst oben offene Kanäle, nach hinten aber verschmelzen ihre oberen Querbalken mit einander und mit der seitlichen Pharynxwand, die Vertikalbalken schwinden. Sie ragen somit als Platten frei in das Lumen des Pharynx hinein und teilen diesen in zwei übereinanderliegende Hohlräume. De Meyere (1001) beschreibt sie von der Lonchoptera-Lawe, Hewitt von Musca domestica, Holmgren von einer schon vorher erwähnten südamerikanischen Microdon- Axt. Bei der von mir untersuchten Larve von Microdon Eggeri fand ich die untere Pharynxwand auf allen Schnitten, sowohl älterer als jüngerer Stadien, völlig glatt. Nach den deutlichen und übereinstimmenden Abbildungen, die Holm- gren, Hewitt und Becker davon geben, scheinen diese Gebilde doch leicht dort zu erkennen zu sein, wo sie wirklich vorhanden sind. Am hinteren Ende ist der Pharynx etwas aufwärts gebogen und mündet am Ende des Schlundkopfes in den engen Oesophagus. Dieser verläuft in gerader Linie zwischen den Hirnanhängen und nach seinem Durchtritt durch den Schlundring über dem Bauchmark hin, bis er kurz hinter dem Ende des Bauchmarkes in den birnförmigen Proven- triculus eintritt. Der Proventriculus ist nach den Beobachtungen von Weismann, Kowalewsky und van Rees über die Musciden- entwicklung aus einer Einstülpung des Oesophagus hervorgegangen und besteht demnach histologisch aus einer dreifachen Zellenlage. Der eingestülpte Teil des Oesophagus hängt ein wenig in den Mittel- darm hinein. (Taf. V, Fig. 34). Die innere Schicht wird, wie der ganze Oesophagus, aus einer einfachen Lage mittelgroßer Zellen mit falten- reicher Chitinauskleidung gebildet, die mittlere Schicht aus großen, klaren Zellen, die in einfacher Lage, in der Richtung ihrer Längsachse radial um die innere Schicht angeordnet sind. Sie sind von der Fläche 340 Maria Andries, gesehen länglich polygonal und haben ziemlich große, kreisrunde Kerne. Beim Übergang der mittleren in die äußere Schicht (Taf. IV, Fig. 21) befindet sich ein Ring von sehr kleinen, stark gefärbten poly- gonalen Zellen, die nach Kowalewskys Ansicht bei Musca vomitoria die Imaginalanlage des Anfangsdarmes, nach Lowne die des Proven- triculus darstellt. Zu letzterer Ansicht neigt auch Hewitt für Musca domestica. Die äußere Schicht besteht aus einer einfachen Lage un- deutlich abgesetzter Zellen, mit großen, ovalen Kernen, die sich sehr dunkel färben. Sie gehen allmählich in die kleineren Zellen des Mittel- darmes über. Auf der Grenze von Proventriculus und Mitteldarm münden nach hinten vier rundliche Blindsäcke. Das Lumen dieser Blindsäcke ist sehr eng. Ihre Wandung besteht im Querschnitt aus zwei oder drei in das Lumen vorspringenden, ziemlich großen Zellen. Der Mitteldarm verläuft in mehreren Windungen auf der Rücken- seite. In den Anfangsteil des Enddarmes münden, wie bei allen Dipterenlarven, vier MALPiGHische Gefäße, die im Leben intensiv gelb gefärbt sind und in einen dichten Knäuel verwickelt auf der Rücken- seite der Larve im Fettkörper liegen. Sie münden getrennt, nicht, wie Weismann für Musca vomitoria angibt, und Hewitt für Musca domestica, je zwei mit gemeinsamem Ausführgang. Der Mitteldarm geht ohne Veränderung der histologischen Beschaffenheit in den End- darm über. Dieser verläuft gerade aus nach hinten und mündet mit vertical verlaufendem erweitertem Rectum auf der Bauchseite im letzten Segment. Die quergestreifte Ringmuskulatur des Enddarmes ist deut- lich zu erkennen. Dicht neben dem spaltförmigen After münden mit langem, fadendünnem Ausführgang rechts und links je eine mächtig entwickelte, aufgerollte Analdrüse nach außen. Tracheensystem. (Taf. IV. Fig. 20.) Das Tracheensystem läßt sich am besten an der eben aus dem Ei geschlüpften Larve studieren. Betrachtet man diese lebend unter Deckglas in einem Wassertropfen, so sind die Tracheen schon bei mäßiger Vergrößerung bis in ihre feinsten Verästelungen deutlich sichtbar. Von dem Tracheenhöcker aus gehen zwei Hauptstämme geradlinig bis in die Thoracalregion. In ihrem Verlauf durch den Körper ver- jüngen sie sich allmählich; nach rechts und links geben sie Neben- zweige ab und zwar in jedem der letzten acht Segmente einen inneren und einen äußeren, die sich ihrerseits wieder weiter verzweigen. Die Hauptstämme sind in jedem Segment durch Queräste miteinander Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 341 verbunden. In der Thoracalregion lösen sich die Hauptstämme in ein Bündel von feineren Ästen auf und strahlen in die vordere Partie der Larve aus. Dagegen erwähnt Cerfontaine nur fünf von den Hauptstämmen nach außen abgehende Nebenäste, die ihm nach ihrer Lage im Körper der Larve den fünf ersten Abdominalsegmenten an- zugehören scheinen. Er vermutet, daß sie den fünf Abdominalstämmen entsprechen, die von Künckel d'Herculais für die Volucellen be- schrieben worden sind. Der Endverlauf der Hauptstämme, wie Cer- fontaine ihn ausführlich beschrieben und abgebildet hat, stimmt mit meinen Beobachtungen überein. Bei ihrem Eintritt in den Tracheen- höcker nähern sie sich bis zur Berührung und erweitern sich zu kleinen Ampullen, welche durch einen kurzen, weiten Stamm mit der Haupt- öffnung der entsprechenden Seite, und durch viel kleinere mit den Nebenöffnungen in Verbindung stehen. In denselben, vorher erwähnten fünf Segmenten beobachtete Cerfontaine auf Querschnitten durch den Körper der Larve an der Bauchseite Hypodermiseinfaltungen, die er mit den seitlichen Tra- cheenstämmen in Verbindung bringt. Er hält sie nämlich für die Stigmenanlagen der Imago. Ich kann Cerfontaines Deutung dieser Gebilde schon deshalb nicht beistimmen, weil sie sich nicht nur auf der Bauchseite, sondern auch auf der Kückenseite der Larve vorfinden. Vielmehr halte ich sie für imaginale Abdominalscheiben. Nervensystem. Das Centralnervensystem der M icrodon-L&we (Taf. IV, Fig. 22 u. 23) hat, wie bei allen Syrphidenlarven, die weitgehendste Verschmel- zung erfahren. Die Ganglien des Bauchmarks sind mit den Unter- schlundganglien zu einem einzigen, rundlichen Zapfen verwachsen, an dem keine Spur von Segmentierung mehr zu sehen ist. Dieser Zapfen liegt unter dem Oesophagus und reicht bis zum Proventriculus. Er ist dorsoventral etwas abgeplattet und nimmt von vorn nach hinten an Breite ab. Über seinem breiten, vorderen Ende wölben sich als ungefähr kugelige Gebilde die Oberschlundganglien, zwischen sich und dem Bauchstrang eine enge Öffnung zum Durchtritt des Oesophagus freilassend (Textfig. 16). Vom Bauchstrang, gehen neun Nerven ab und zwar die letzten gerade aus zu den hinteren Segmenten, die weiteren immer schräger zu den mittleren und vorderen Segmenten. Zwei weitere Nerven ver- laufen von der Unterseite des Bauchmarks nach vorn. Jeder der er- wähnten Nerven ist begleitet von einer Trachee, die gemeinsam mit 342 Maria Andries, ihm aus dem Bauchstrang heraustritt. Anfangs hatte ich beide neben- einanderlaufenden, feinen Stränge für Nerven gehalten, bis ich an Totalpräparaten bei stärkerer Vergrößerung unter dem Mikroskop die tracheale Natur des einen erkannte. Ein elftes Nervenpaar geht ventral von der vorderen Grenze des Bauchmarks aus und verläuft rechts und links neben dem Oesophagus, unterhalb des Schlundgerüstes, bis zu den dort liegenden Imayinalseheiben. X i \ ßm \ Oe \ Dr Dr Textfig. 16. Querschnitt durch den vorderen Teil einer reifen Larve. E, Epithel; Cu, Cuticula; F. Fettkörper; OS, Oberschlundganglien; Bm, Bauchmark; Dr, Drüsen; Oe, Oesophagus; M, Muskeln. Hautsinnesorgane . In dem durch Fig. 35, Taf. V, wiedergegebenen Schnitt sind drei Sinnesorgane der Bauchseite im Zusammenhang mit dem hinzutretenden Nerven getroffen. Diese Sinnesorgane sind zuerst von Bertkau (1889) erwähnt, dann auch von Hecht (1899) und Cerfontaine (1907) be- schrieben und abgebildet worden. Da meine Beobachtungen bezüglich des Baues dieser Organe etwas von den bisherigen abweichen, möchte ich sie kurz mitteilen. In kontinuierlichem Zusammenhang mit der Cuticula erhebt sich ein ungefähr kegelförmiges Gebilde, manchmal kurz und gedrungen (Textfig. 17), manchmal schlank gestreckt (Text- fig. 18). Im Centrum dieses Chitinkegels liegt ein Hohlraum, der bei den gedrungenen Formen ungefähr kugelig, bei den schlankeren mehr kegelförmig ist und nach unten von einer kelchförmigen Chitinhülle mit gewelltem Rande umschlossen wird. Dieser Kelch bildet im Schnitt zwei auseinanderstrebende, gestielte Blättchen. Nach unten ver- engert er sich in eine feine Eöhre. Nach außen ist der Chitinkecel von Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 343 einer Kosette von meist vier, manchmal auch drei oder fünf starren Blättchen gekrönt, die bei den schlankeren Formen mehr oder weniger aufgerichtet sind, bei den andern flach liegen. Hecht vergleicht sie Textfig. 17. Sinnesorgan auf der Bauchseite der Larve. treffend mit den Blättchen einer Fliederblüte. Der Blütenröhre gleich, senkt sich zwischen den Blättchen ein Kanal in den Chitinkegel bis an den kugelförmigen Hohlraum ein, von dessen Grunde sich ein Textfig. 18. Sinnesorgan auf der Bauchseite der Larve. schlanker Kolben erhebt. Dicht unter der Hypodermis liegt eine Sinneszelle, aus der ein Nerv in das feine, untere Kanälchen eintritt, den Hohlraum durchsetzt und bis in das Ende des Kolbens verläuft. 314 Maria Andries, Von einem zweiten, ringförmigen Hohlraum, den Cerfontaine unter der äußersten Schicht des Chitinkegels beobachtet hat, war auf meinen Schnitten nichts zu sehen. Die Sinnesorgane der Rückenseite (Text- fig. 19) sind, wie auch Cerfontaine bemerkt, nach demselben Typus gebaut. Ihre äußere Form ist mehr cylinderförmig, der Kelch im Innern schlanker gestreckt und dem oberen Kolben näher gerückt, so daß der Hohlraum fast verdrängt ist. Der Bau der Randsinnesorgane ist bei der erwachsenen Larve schwer zu erkennen. Beim Schneiden brechen sie leicht ab, weshalb wohl auch Cerfontaine nur ihre äußere Struktur beschreibt. Die äußere Hülle setzt sich aus vier oder fünf an ihrer Basis vereinigten und mit den distalen Enden anein- anderschließenden , lan- zettförmigen Borsten zu- Textfig. 19. Sinnesorgan auf der Rüekenseite der Larve. Textfig. 20. Randsinnesorgan . sammen, zwei kürzeren und zwei längeren, die über die andern Randborsten hinausragen. An Totalpräparaten der jüngsten Larve konnte ich auch das Innere dieser Sinnesorgane ziemlich deutlich erkennen (Textfig. 20). Es gleicht dem inneren Teil der Sinnes- organe der Rückenseite; auf dem Kelch erhebt sich anscheinend ein starres Haar. Die Verbindung des den Becher durchziehenden feinen Stranges mit einer Nervenzelle konnte ich wegen der Kleinheit des Objektes nicht beobachten. Aber aus der Ähnlichkeit mit den übrigen Sinnesorganen darf doch wohl auf die nervöse Natur dieses Stranges und des ganzen Gebildes geschlossen werden. Soviel bei starker Vergrößerung zu erkennen ist, sind die Sinnes- organe der jüngsten Larve im allgemeinen mit denen der erwachsenen übereinstimmend gebaut. Der äußere Chitinkeoel ist ebenfalls von Zur »Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 345 vier starren Blättchen gekrönt, außerdem aber scheint er ganz mit schuppenförmigen Höckerchen besetzt zu sein, wodurch er in der Aufsicht den Eindruck eines krausen Köpfchens macht. Was die Funktion dieser verschiedenen Sinnesorgane betrifft, so sind sie von allen, die sich damit beschäftigt haben, für Tastorgane gehalten worden, und diese Annahme hat wohl auch die größte Wahr- scheinlichkeit für sich. Ich halte jedoch bei der großen Lichtempfind- lichkeit dieser Larven nicht für ausgeschlossen, daß ein Teil der Organe licht- oder temperaturempfindlich sein könnte. Henneguy (1904) bringt allerdings die Lichtempfindlichkeit vieler Larven mit der An- wesenheit imaginaler Augenanlagen tief im Innern des Larvenkörpers in Verbindung. Rückengefäß. Das Rückengefäß der Microdon-Jj&Tve verläuft, im zweit- oder drittletzten Segment beginnend, zunächst dicht unter der Rücken- wand und senkt sich allmählich bis zu den Oberschlunduanulien herab, wo es im WEiSMANNschen Ring endet. Es bildet einen Schlauch mit zarter, strukturloser Innen- und Außenschicht und dazwischen ge- legenen ringförmigen, quergestreiften Muskelfasern. Der hintere Ab- schnitt, das eigentliche Herz, hat im Querschnitt etwa die Größe einer Fettzelle und geht allmählich in den engen, vorderen Teil, die Aorta über. Vom WEiSMANNschen Ring aufsteigend (Taf. IV, Fig. 22), ist die Aorta nackt, im weiteren Verlauf wird sie begleitet von zunächst kleinen, dann größer werdenden kugeligen Zellen mit körnigem Proto- plasma und mittelgroßen, runden Kernen mit deutlicher Membran. Die letzten dieser Zellen sind etwa doppelt so groß wie die ersten. Sie hängen locker zusammen und bilden Stränge, die sich kranzförmig anordnen. Welsmann hat sie bei Musca vomitoria zuerst gefunden und den »guirlandenförmigen Zellstrang« genannt. Hieran anschließend folgen auf der Grenze von Aorta und Herzschlauch innerhalb des Peri- cardialraumes große, ovale Zellen, die Pericardialzellen. Sie sind wohl sechsmal so groß wie die des guirlandenförmigen Zellstranges und haben wie diese körniges Protoplasma, aber zwei größere, dunkle Kerne von kreisförmigem Querschnitt. Der WEisMANNsche Ring (Taf. IV, Fig. 22) ist lateral zusammengedrückt und liegt den Oberschlundganglien dicht auf. Er besteht aus einer feinen, strukturlosen Hülle und einem Inhalt, der keine Zellurenzen, wohl aber kreisrunde, große Kerne auf- weist. 346 Maria Andries, Körpermuskulatur. Die Muskulatur der Körperwand ist regelmäßig segmental ange- ordnet (Textfig. 21). Zu den Hauptmuskelzügen gehören zunächst die ventralen Längsmuskeln M. recti ventrales. Sie verlaufen rechts und links von der Mittellinie des Körpers kontinuierlich von hinten nach vorn und bestehen aus fünf dicht nebeneinanderliegenden Muskel- fasern, die auf der Grenze jedes Segments Knotenpunkte bilden. Köf\ w.rtf. Textfig. 21. Körpermuskulatur der Larve (schematisch). M.r.v, ML recti ventrales; M.r.d. M. recti dorsales; M.r.l, M. recti laterales; d.v.M, dorsoventrale Muskeln; v.Q.M, ventrale Quermuskeln; l.Q.M, laterale Quermuskeln; R.M, Kingmuskulatur; Vd, Vas dorsale. Seitlich von den ventralen Längsmuskeln, auf der Grenze von Kriech- fläche und Bandfeld, verlaufen in derselben Weise, aus drei neben- einander liegenden Muskelfasern bestehend, die seitlichen Längsmuskeln, die M. recti laterales, auf der Rückenseite die entsprechenden M. recti dorsales. Von den Knotenpunkten der M. recti ventrales gehen kräftige Muskelfasern dorsalwärts, teils nach hinten und teils nach vorn, auf die Mittellinie des Rückens zu, vereinigen sich aber, ohne diese zu er- reichen, in einem Knotenpunkt mit den entgegengesetzten des folgenden Segmentes und strahlen von hier nach der Rückenseite aus. Die Mitte der Rückenseite bleibt für das Rückengefäß frei. Unterhalb der M. recti ventrales spleißen sie sich, von den Knotenpunkten ausgehend, auf und verlaufen fächerförmig nach der Bauchseite. Außer diesen Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 347 gehen von den ventralen und lateralen Längsmuskeln dorsale Quer- muskeln aus, die auf der Rückenseite inserieren, ebenso seitlich von der Rückenseite einige schwächere nach dem Randfeld der Bauchseite. Hierzu kommt noch in jedem Segment die dorsale und laterale Ring- muskulatur and entsprechende ventrale Muskeln, die von der Grenze der Kriechfläche ihren Ursprung nehmen und auf dieser nach der Mitte zu inserieren, die innersten, längsten, nicht ganz in der Mittel- linie, sondern ein wenig übereinandergreifend. Die im biologischen Teil geschilderte Fortbewegung ist bei dieser Anordnung der Musku- latur wohl auf folgende Weise zu erklären: Zunächst kontrahieren sich die ventralen Längsmuskeln des letzten Segmentes; dieses wird durch Kontraktion der dorsalen Quermuskeln von der Unterlage ab- gehoben. Während dieser Vorgang sich im folgenden Segment ab- spielt erschlaffen die Muskeln des letzten. Dieses streckt sich wieder auf der Unterlage und zwar nach vorn aus, und so fort, bis das vor- derste Segment sich gestreckt hat und damit das Tierchen ein kleines Stück vorwärts gekommen ist. Daß das fortschreitende Abheben von der Unterlage nicht ruckweise von Segment zu Segment, sondern wellen- förmig, kontinuierlich vor sich geht, wird durch die feine Aufspaltung und fächerförmige Ausstrahlung der dorsalen Quermuskeln unterhalb der M. recti ventrales bewirkt. Muskelinsertion. Im Anschluß an die Besprechung der Muskulatur mögen einige Beobachtungen über die Muskelinsertion bei der Microdon-La.rve Er- wähnung finden. Hecht und Cerfontaine sind zu dem übereinstim- menden Resultat gekommen, daß die direkte Insertion in überzeugender Weise vorliegt. Cerfontaine faßt dies Ergebnis mit folgenden Worten zusammen: «Hecht admet cjue chez la larve de Microdon l'insertion des fibres musculaires est cuticulaire et se fait avec continuite, c'est ä dire que les fibres musculaires, qui en partant des noeux signales plus haut gagnent la face ventrale, passent entre quelques cellules s'engagent en s'amincissant entre les cellules epidermiques, abordent la face profonde de la cuticule sans entrer en rapport avec les cellules epidermiques, et se continuent dans l'epaisseur de la cuticule, dans l'epaisseur de laquelle chaque faisceau, retreci au point d'entree, s'elar- git ä nouveau et forme une sorte de cöne, strie longitudinalement. D'ac- cord avec Hecht je puis conf inner l'existence de cette continuite entre les fibres musculaires et la cuticule.» Einen so deutlichen Be- weis für die direkte Insertion scheint mir die Larve von Microdon Zeitscluift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 23 348 Maria Andries, nicht zu liefern, da ich an demselben Objekt ziemlich abweichende Beobachtungen gemacht habe. Hecht und Ceefontaine erläutern ihre Ausführungen durch entsprechende Schnittbilder, die auch mit den meinigen nicht übereinstimmen. In bezug auf die Hypodermiszellen bemerkt Hecht: «Leurs contours sont bien delimites, sans depressions ni empreintes pouvant faire penser qu'elles donnent insertion ä des elements musculaires. Leur cytoplasme, assez homogene, ne presente pas de stries, pas plus ä la base de la cellule qu'ä la peripherie accolee ä la cuticule. Elles ne sont pas toujours exactement contigues par leurs faces laterales; au contraire, elles laissent souvent entre elles de vrais vides au niveau des insertions musculaires. » Auf seinem Querschnittbild Taf. XI, Fig. 9, liegen die Hypodermiszellen scharf abgegrenzt und große Lücken zwischen sich lassend. Bis zum inneren Rande dieser Zellen reicht die Querstreifung der inserierenden Muskel- fibrillen, die von da frei durch die Lücken zwischen den Hypodermis- zellen bis an die Cuticula verlaufen und scheinbar in diese eindringen. Im Gegensatz zu Hechts Darstellung habe ich auf Querschnitten immer einen fest zusammenhängenden Saum von Epithelzellen ge- funden, deren seitliche Grenzen nicht zu unterscheiden sind. Die Querstreifung der inserierenden Muskelfaser hört ebenfalls am inneren Rande dieses Epithels auf, setzt aber mit ganzer Breite an eine Hypo- dermiszelle an, in der auf dünnen Schnitten von etwa 5 /< und bei starker Vergrößerung eine feine Fibrillierung in der Verlängerung der Muskel- fibrillen sichtbar ist. Zwischen Muskel- und Hypodermisfibrillen setzt sich die innere Membran der angrenzenden Epithelzellen kontinuierlich fort. In der direkten Fortsetzung der Hypodermisfibrillen durchsetzt ein Bündel von Fibrillen, nach der Peripherie hin seitlich ausstrahlend, die ganze Dicke der Cuticula. Diese Insertionsweise scheint mir eher mit der übereinzustimmen, die Stamm (1904) und Janet (1907) als typisch indirekte geschildert haben. Die Fibrillierung der Hypodermiszellen betreffend schreibt Janet: «Pour resister ä l'effort exerce par la fibre musculaire lors de sa contraction et pour transmettre cet effort au squelette chitineux, les cellules dermiques d'insertion doivent acquerir une resistance consi- derable. Elles y arrivent en formant dans leur interieur, et cela dans la direction de la fibre musculaire, des filaments que j'ai denommes filaments de resistance. Ces filaments relient au travers du cyto- plasme dermique, la fibre musculaire, ou plutöt la membrane basale ä laquelle eile adhere solidement, avec le squelette chitineux.» Daß diese fibrilläre Partie zwischen Muskelquerstreifung und Cuticula nicht Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 349 etwa eine zur Muskelfaser gehörige Seime ist, beweist außer dem Vor- handensein der inneren Epithelmembran auch ihr Verhalten gegen Farbstoffe, da sie sich immer wie die Hypodermiszellen und nicht wie Muskelsubstanz färbt. Innerhalb der Hypodermisfibrillen habe ich keinen Kern gefunden; von Stamm und Janet aber sind derartige Insertionsstellen auch mit Kern beschrieben und abgebildet worden. Diese beiden Autoren erklären das häufige Fehlen des Kernes in Schnitt- bildern so, daß der Kern durch die Ausbildung der Fibrillen an die Seite gedrängt worden ist (Janet 1904, S. 55, Fig. 22). Die von den »Filaments dermiques de resistance« kontinuierlich in die Cuticula ausstrahlenden Fibrillen erklären sich leicht aus dem fibrillären Bau des Chitinskelettes, wie er von Camillo Schneider (S. 468, Fig. 417), Heidenhain, Plotnikow (1904) u. a. beobachtet wurde und der ebenfalls bei der Larve von Microdon deutlich zu erkennen ist. Auf dünnen Schnitten werden bei starker Vergrößerung auch da, wo keine Muskeln inserieren, feine Fibrillen sichtbar, die von dünnen, horizontalen Lagen von Kittsubstanz gekreuzt werden. Dadurch ent- steht auf Querschnitten der Eindruck einer netzartigen Struktur der Cuticula. Zerzupft man solche dünnen Schnitte, so sieht man an den zerrissenen Stellen die einzelnen Fibrillen herausstehen. Es ist nun sehr wohl denkbar, daß an den Insertionsstellen der Muskeln diese Fibrillen durch den starken Zug, den sie zu erleiden haben, stärker ausgebildet werden. Man könnte sie deshalb »filaments chitineux de resistance« nennen. Hecht sieht in dem besonders festen Aneinanderhaften von Hypo- dermis und Cuticula an den Insertionsstellen, da im übrigen diese beiden Schichten beim Schneiden häufig voneinandergerissen werden, einen Beweis für die Kontinuierlichkeit zwischen Muskel und Chitin. Ich glaube, durch die obige Erklärungsweise wird der feste Zusammen- hang ebenso verständlich. Cerfontaine schildert außer diesem einfacheren einen zweiten, noch öfter vorkommenden Insertionsmodus, der sich von dem ersten dadurch unterscheidet, daß die quergestreifte Partie der Muskelfaser durch eine Sehne von der Körperwand getrennt ist. Diese Art der Insertion ist immer da vorhanden, wo zwei Muskeln sich in einem Knotenpunkt vereinigen und gemeinsam inserieren. Sie ist wahr- scheinlich auf die von Janet als » insertion mobile « bezeichnete zurück- i zuführen und ebenfalls eine indirekte. Es handelt sich dabei um eine Verlagerung der Insertionsstelle von der Hypodermis weg nach innen und zwar dadurch, daß eine Hypodermisfalte mit auskleidender Chitin- 23* 350 Maria Andries, lamelle dem Muskel entgegenstrebt. Aber mit dieser Struktur habe ich mich nicht eingehend genug beschäftigt, um Bestimmtes darüber sagen zu können. Die Larve von Microdon würde gewiß ein lohnendes Objekt sein, die Frage der Muskelinsertion klären zu helfen. Fettkörper. Der Fettkörper der Microdon-havve (Textfig. 16) ist mächtig ent- wickelt und füllt fast allen Kaum zwischen den Organen aus. Er be- steht aus einzelnen, schneeweißen Strängen, die mit benachbarten lose zusammenhängen. Die Zellen sind sehr groß, fast kugelig und lassen sich leicht voneinander trennen. Ihr Protoplasma ist von Fetttröpf- chen erfüllt, die großen Kerne sind unscharf begrenzt. Hypodermis. Die Hypodermis setzt sich aus ziemlich flachen, polygonalen Zellen mit rundlichen Kernen zusammen. Im Querschnitt sind, wie schon vorher erwähnt, keine seitlichen Zellgrenzen zu unterscheiden. Cutikula. An der Cuticula lassen sich drei Schichten deutlich unterscheiden, eine sehr dünne, äußere Schicht, die sich mit Eosin stark färbt, eine etwas dickere, mittlere, die sich ebenfalls stark färbt, und eine innere sich schwach färbende Schicht von beträchtlicher Dicke. Exuvialdrüsen. Im Chitin der Kückenseite der Larve befinden sich Drüsen, wie sie in einfacher Form zuerst Verson (1890) für die Raupen von Bom- byx mori, später andere Beobachter bei Macrolepidopterenraupen als Exuvialdrüsen beschrieben haben. Dies entnehme ich aus Plotnikow (1904), der sie außerdem bei den Larven von Tenebrio molitor und einigen Chrysomeliden- und Coccinellidenlarven nachwies. Ob sie seitdem auch bei Dipterenlarven gefunden worden sind, ist mir nicht bekannt. Ihre genaue Zahl bei der Microdon-Lawe kann ich nicht angeben. Sie scheinen aber in jedem Abdominalsegment zu zwei Paaren vorhanden zu sein je zwei rechts und links von der Mittellinie in geraden Querreihen. Anfangs hatte ich sie für Sinnesorgane gehalten, aber nie war ihre Verbindung mit einer Nervenzelle festzustellen, wohl aber mit einer charakteristisch differenzierten Hypodermiszelle. Von außen, meist zwischen zwei Höckern der Chitinstruktur (Taf. IV, Fig. 24 u. 25) führt ein haarfeines Kanälchen durch die äußeren Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 351 Chitinlagen in einen Hohlraum, der von einer dünnen, tulpenförmigen Chitinhülle begrenzt wird. Oben schließt diese Hülle dicht um das Kanälchen herum, unten hat sie eine ziemlich weite, runde Öffnung. Das Kanälchen selbst erweitert sich an seinem distalen Ende ein wenig, und seine Wände gehen hier kontinuierlich in das Chitin der Ober- fläche über; innerhalb des Hohlraumes bildet es eine trichterförmige Erweiterung, die im Schnitt ein nach oben spitzes Dreieck bildet. Aus einer umgestalteten Hypodermiszelle kommt diesem durch die Öffnung der Hülle ein anderes, gewundenes Kanälchen entgegen. Die tulpenförmige Hülle liegt inmitten einer etwas abgeplatteten Kugel, in der eine deutliche, konzentrische Schichtung bemerkbar ist. Auf Schnitten, die mit Delafields Hämatoxvlin und Eosin gefärbt sind, besteht die Schichtung aus abwechselnd rosa und weißlichen Lagen. Diese Kugel ruht meist auf einer mächtig vergrößerten, eingedellten Hypodermiszelle, wie auf einem Polster; manchmal aber auch ist sie mehr oder weniger in der Cuticula in die Höhe gerückt und durch das gerade gestreckte Kanälchen von der secernierenden Zelle getrennt. Die Drüsenzelle hängt kontinuierlich mit den benachbarten Hypo- dermiszellen zusammen, unterscheidet sich aber von ihnen außer durch Form und Größe, besonders durch ihr helles, vaeuolisiertes Proto- plasma und den großen, locker gebauten Kern. Das Secret, das bei der Häutung die alte Cuticula von der neuen abheben soll, gelangt wahrscheinlich aus der secernierenden Zelle in das untere Kanälchen, durch dieses in den Hohlraum und von da in den Ausführungsgang, aus dem es sich zwischen die beiden Chitinschichten drängt. Die Be- deutung der Kugel und ihrer konzentrischen Schichtung kann ich mir nicht erklären. Die von mir beobachteten und in Fig. 24 und 25, Taf. IV, abge- bildeten Drüsen der erwachsenen Larve müssen also schon bei der letzten Häutung in Tätigkeit gewesen und danach funktionslos ge- worden sein. Die Entwicklung dieser Drüsen habe ich nicht durch die verschiedenen Larvenstadien verfolgt und verweise deshalb auf die Arbeit von Plotnikow (1904), der die Entstehungsweise ähnlicher Gebilde bei Tenebrio molilor-L&vven beobachtet und abgebildet hat. Imaginalscheiben. Die wunderbare Tatsache, daß der Körper des fertigen Insektes schon auf früher Entwicklungsstufe im Innern des Larvenkörpers angelegt wird, wurde durch Weismanns Studien über die postembryo- nale Entwicklung der Museiden (1864) zuerst bekannt. Schon vor ihm 352 Maria Andries, hatten einige Forscher diese weißen Gebilde im Larvenkörper be- obachtet, aber nicht zu deuten gewußt. Seit Weismanns Entdeckung winden sie sowohl bei anderen Insektenlarven als auch von Künckel d'Herculais, Kowalewsky, van Eees, Lowne, Wahl, Hewitt u. a. für mehrere cycloraphe Dipterenlarven nachgewiesen. Weismann nannte diese Anlagen Imaginalscheiben, Künckel d'Herculais, der für Volucelkt ihren Zusammenhang mit der Hypodermis erkannte, Histoblasten. Aber der Name Imaginalscheiben ist allgemein gebräuch- lich geworden, obwohl diese mehr sack- oder blasenartigen Körper mit einer Scheibe wenig Ähnlichkeit haben. Die Auffassung Künckel d'Herculais' und van Rees', daß es sich hierbei um Einfaltungen der Hypodermis handelt, hat sich bei den späteren Untersuchungen als richtig erwiesen. Bei der Larve von Microdon sind die Imaginalanlagen leicht auf- zufinden und ihr Zusammenhang mit der Hypodermis deutlich zu er- kennen, und zwar an Totalpräparaten sowohl als auf Schnittserien. In der Kopf- und Thoracalregion konnte ich durch Präparation neun Paare von Imaginalscheiben feststellen, die alle vom Epithel ihren Ursprung nehmen. Es sind dies die Anlagen der Augen, der Antennen, je ein Paar obere und untere Pro-, Meso- und Metathoracalscheiben und ein Paar zur Bildung der imaginalen Mundwerkzeuge. Um eine klare Übersicht über diese Imaginalscheiben und ihre Lage zu gewinnen, schneidet man eine Larve in 70%igem Alkohol vom Rücken her auf und entfernt unter dem Binocularmikroskop vorsichtig alle in der Vorderpartie nach oben gelegenen Organe. Man trifft zunächst auf die Anlagen der imaginalen Facettenaugen (Taf. IV, Fig. 22 u. 23), die wie ein Becher jeder Hälfte der Oberschlundganglien aufsitzen und mit denselben durch den Nervus opticus seitlich in Verbindung stehen (Taf. IV, Fig. 26). In der faltigen Verlängerung der Augenanlagen nach vorn und in direkter Verbindung mit ihr liegen die imaginalen Antennenanlagen (Taf. IV, Fig. 22 u. 23). Sie sind als helle und dunklere konzentrische Ringe zu erkennen, welche die späteren Antennenglieder repräsentieren. Einstweilen liegen sie noch, wie van Rees es aus- drückt, »wie die Ringe eines einschiebbaren Reisebechers« ineinander- geschachtelt. Augen und Antennenanlage jeder Seite sind von einer gemeinsamen Hülle umgeben und nehmen seitlich vom Schlundkopf- epithel ihren Ursprung. Den Beobachtungen von Weismann, van Rees u. a. zufolge, verschmelzen in der Puppenperiode diese rechten und linken Imaginalanlagen dorsal miteinander imd bilden die Kopf- blase, aus der nicht nur Augen und Antennen, sondern fast die ganze Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 353 Kopfpartie des fertigen Insekts hervorgehen. Entfernt man nun das Nervensystem mit dem Schlundkopf und den darunter liegenden Drüsen, sowie das Fettgewebe, so sieht man die sechs Paare von thora- calen Imaginalscheiben dicht beieinanderliegen (Textfig. 22). Mit län- geren oder kürzeren, dünnen Stielen gehen sie in die ventrale Hypo- dermis der vorderen, ineinandergeschachtelten Segmente über (Text- fig. 23). Von der Mittellinie des eisten Segmentes her kommt der gemeinsame, kurze Stiel der unteren Prothoracalscheiben. Er erweitert sich zu einer sackförmigen, durchsichtigen Hülle, in der als kompaktere, weiße Masse die Anlage des ersten Beinpaares liegt. Die 2 ff Textfig. 22. Imaginalscheiben des Thorax 1.2?, erstes, 2.2?, zweites, 3.2?, drittes Beinpaar; St, Anlage des Stig- menhörnehens der Puppe; F, Flügelanlage; H, Anlage der Halteren; Th, Thoraxsegmente von innen gesehen. einzelnen Glieder jedes Beines, besonders die Tibia und die fünf Tarsal- glieder, haben sich bereits deutlich abgegrenzt und lassen sich schon makroskopisch erkennen. Sie sind aber noch kurz und gedrungen und liegen wie Scheiben übereinander (Taf. IV, Fig. 27). Während alle übrigen Thoracalscheiben paarig sind, eine rechte und linke, mit eigenem Stiel und eigener Hülle, liegen die Anlagen des ersten Beinpaares dicht beieinander in gemeinsamer Hülle. Die Stiele der unteren Mesothoracalscheiben nehmen vom zweiten Segment, weiter von der Mittellinie entfernt ihren Ursprung (Textfig. 23). Sie haben etwas schlankere Form und viel längere Stiele als die vorderen, sind ihnen aber im übrigen ähnlich. Die unteren Metathoracalscheiben gehen mit ihren ziemlich langen Stielen 354 Maria Andries, auf das dritte Segment zurück. Es ist das erste, mit dem Rückenschild in Verbindung stehende Segment. Diese Imäginalscheiben sind noch gestreckter als die zweiten. Nach den Untersuchungen von Weis- mann, van Rees und anderen Autoren wird bei den unteren Thoracal- scheiben während des Puppenstadiums die im Innern der Hülle gelegene Beinanlage durch das Lumen des Stieles ausgestülpt und kommt auf diese Weise an die Oberfläche. Die Hülle selbst verschmilzt mit der entsprechenden der oberen Scheiben und bildet die imaginale Hypo- dermis des Thorax. Ganz seitlich vom ersten Segment (Textfig. '22) her kommen mit langen Stielen die oberen Pr o th or a cals ch ei b e n. Es sind rundliche, durchsichtige Blasen, größer als alle unteren Thoracalscheiben. Aus Textfig. 23. Teil eines Querschnittes durch die Thoraxregion der Larve, auf dem der Übergang des Stieles der oberen Prothoracalscheiben Pr in das Epithel des Prothorax getroffen ist, ebenso die Einfaltungs- stelle der Flügelanlagen F\ Mh, Mundhaken. ihnen gehen nach Weismann bei Musca und Künckel d'Herculais bei Volucella die Prothoracalstigmen der Puppe und der entsprechende Teil des imaginalen Prothorax hervor. Wenn die bei Microdon vor- handenen oberen Prothoracalscheiben denen von Musca vomitoria und Volucella homolog sind, was wohl anzunehmen ist, so entwickeln sich daraus die beiden Stigmenhörnchen der Puppe (Taf. IV, Fig. 31). Rechts und links im zweiten Segment entspringen die größten aller Imaginalanlagen, die Flügelscheiben. In ihnen sind die späteren Flügel nicht zu verkennen. Es sind flache, birnförmige, vielfach ge- gefaltene Gebilde mit langen Stielen. Außer den Flügeln entsteht aus ihnen die obere Mesothoracalpartie. Am unscheinbarsten und am wenigsten ausgebildet ist das letzte Paar der Thoracalanlagen, die oberen Metathoracalscheiben; ihre Stiele stehen rechts und links von denen der unteren Scheiben mit dem Epithel des dritten Segmentes Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 355 in Verbindung. Sie erweitern sich nur zu einer schmalen, länglichen Blase, aus der die Halteren und der obere Metathorax hervorgehen. Die Imaginalanlagen der Mund Werkzeuge, wahrscheinlich nur der Unterlippe, liegen als kleine Bläschen fest auf der Unterseite des Schlund- gerüstes und hängen durch kurze Stielchen mit dem Epithel des Hals- teiles zusammen (Taf. IV, Fig. 23). Der Stiel und die Hülle oder peripodale Membran (van Eees) der Imaginalscheiben sind äußerst dünn und bestehen aus einer einfachen Epithelschicht mit flachen, kleinen Kernen und einer zarten Chitin- auskleidung. Die Anlage der Extremität (Taf. IV, Fig. 27) liegt als Verdickung der peripodalen Membran immer von der Mittellinie des Körpers nach außen gerichtet und ragt als Einstülpung in das Lumen der Hülle, den peripodalen Raum, hinein, ohne ihn auszufüllen (Taf. IV, Fig. 27). Auf die Verdickungsstelle, »den Kern« der Imaginalanlage zu, mehren sich die kleinen Kerne der peripodalen Membran und bilden schließlich eine dicke Schicht länglich runder Kerne, die dicht gedrängt nach dem Centrum gerichtet liegen. Zellgrenzen sind nicht zu unter- scheiden. Der Innenraum der Verdickung besteht aus einer fein- körnigen Masse, in der die dunkeln, kleinen Kerne unregelmäßig verstreut liegen. Die Imaginalanlagen des Abdomens sind so klein, daß ich sie nur auf Schnitten feststellen konnte. In jedem Abdominalsegment sind drei Paar vorhanden, zwei dorsale und ein ventrales. Es sind kleine, bläschen- oder schlauchförmige Einfaltungen der Hypodermis, die einen schmalen Hohlraum umschließen und deren Wände aus dichten Schichten kleiner, embryonaler Zellen bestehen (Taf. IV, Fig. 28). Allmählich größer werdend gehen diese Zellen in die Hypo- dermis über. Die ventralen Säckchen liegen rechts und links von der Medianlinie, auf der Grenze von Kriechfläche und Randfeld. Es sind dies wohl die Gebilde, die Cerfontaine für imaginale Stigmenanlagen gehalten hat (s. S. 341). Die dorsalen Paare liegen ebenfalls symme- trisch auf beiden Seiten der Mittellinie und zwar in der Längsrichtung des Körpers aufeinanderfolgend. Nach Künckel d'Herculais, van Rees, Wahl u. a. verschmelzen diese abdominalen Hypodermisein- faltungen miteinander zur Bildung der imaginalen Hypodermis des Abdomens. Im oberen Teil des Abdomens, in den Fettkörper eingebettet, liegt rechts und links, ziemlich weit von der Mittellinie die Anlage der Ge- schlechtsdrüsen (Taf. IV, Fig. 29). Diese haben etwa die Größe einer der benachbarten Fettzellen. Aus einem dichten rundlichen Komplex 356 Maria Andries, embryonaler Zellen differenzieren sich allmählich die einzelnen Ei- bzw. Hodenschläuche heraus; sie sind auf den untersuchten Stadien noch nicht sicher zu unterscheiden. In der Abdominalregion befindet sich außerdem endlich die un- paare Anlage der Genitalanhänge. Sie liegt dicht vor dem After und besteht aus einem Säckchen, dessen obere Wand nach innen vier bläs- chenförmige Verdickungen aufweist. Mit Freuden nehme ich zum Schlüsse Gelegenheit, Herrn Geheim- rat Ludwig meinen herzlichen Dank auszusprechen für die Anregung zu diesem Thema und für das wohlwollende Interesse, welches er meiner Arbeit entgegengebracht hat, besonders für die Bereitwilligkeit, mit der er mir die Mittel des Instituts jederzeit zur Verfügung stellte. Herrn Prof. Strubell, Herrn Dr. Reichensperger und Herrn Dr. Schmidt bitte ich auch an dieser Stelle, meinen aufrichtigen, herz- lichsten Dank entgegenzunehmen für die liebenswürdige Hilfe, die sie mir stets zuteil werden ließen. Bonn, im Januar 1912. Literaturverzeichnis. 1882. E. Becher, Zur Kenntnis der Mundteile der Dipteren. In: Denksckr. Akad. d. Wissensch. Wien. Bd. XLV. S. 123—162. 1910. R. Becker, Zur Kenntnis der Mundteile und des Kopfes der Dipteren- larven. In: Zool. Jahrb. Bd. XXIX. (Anat.). Hft. 2. S. 282— 304. 1877. Ph. Bertkau, Über die schneckenartige Larve von Microdon apiformis Deg. (mutabilis). Verh. d. naturhist. Ver. d. preuß. Rheinl. u. Westf. Jhg. 34. (4. T. Jhg. 4). Sitzber. S. 237—238. 1878. — Über die Prothoracalhörner an der Tonnenpuppe von Microdon muta- bilis. Ibid., Jhg. 35. (4. T. Jahrg. 5). Sitzber. S. 95—96. 1889. — Über die Larven von Microdon. In: Sitzber. Niederrh. Ges. Nat.- Heilk. Jahrg. 46. S. 58—59. 1891. G. C. Bignell, Microdon mutabilis L. In: Monthly Mag. (2). Vol. II (Vol. XXVII). Aug. p. 224—225. 1883. J. M. F. Bigot, Dipteres nouveaux ou peu connus. In: Annales de la Soc. Ent. de France, p. 319—321. 1863. F. Brauer, Monographie der Oestriden. 1883. — Die Zweiflügler des Kaiserl. Museums zu Wien. III. In: Denkschr. der K. K. Akad. d. Wissensch., math.-naturw. Kl. WTien. Bd. XL VII. 1885. — Systematisch-zoologische Studien. In: Sitzber. der Kaiserl. Akad. d. Wissensch. Wien. Bd. XCI. S. 373. Diptera. Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 357 1907. P. Cerfontaine, Observations sur la larve d'un Diptere du genre Mi- crodon. Liege. Arch. de Biologie. Tome XXIII. p. 367 — 410. 1891. C. W. Dale, Microdon mutabilis Lin. In: Monthly Mag. (2). Vol. II (Vol. XXVII). Sept. p. 250. 1862. Egger, Dipterologische Beiträge. In: Verhandl. der K. K. Zool. bot, Ges. Wien. Bd. XII. S. 783. 1845. Elditt, Beiträge zur Verwandl. -Gesch. von Microdon mutabilis L. In: Stettiner Entom. Ztg. S. 384— 390. 1862. — Über die früheren Zustände von Microdon mutabilis. In: Schrift d. K. phys. ökon. Ges. Königsberg. Jahrg. 2. Sitzber. S. 9 — 11. 1899. E. Hecht, Notes biologiques et histologiques sur la larve d'un Diptere (Microdon mutabilis L.). Arch. Zool. Experim. (3). T. VII. Nr. 3. S. 363—383. Quart. Joum. R, Micr. Soc. London 1900. Vol. I. p. 42. 1823. v. Heyden, Isis. Bd. XII. XIII. S. 1247. 1825. — Ibid. Bd. XVI, XVII. S. 587. 1904. F. Hennegey, Les Insectes. Paris. 1908. C. Gordon Hewitt, The Structure, Development and Bionomics of the House-fly, Musca domestica L. In: Quart, Journ. micr. Sc. Vol. LH. S. 495—545. 1902. N. Holmgren, Über das Verhalten des Chitins und Epithels zu den unterliegenden Gewebearten bei Insekten. In: Anat. Anz. Bd. XX. 1904. — Zur Morphologie des Insektenkopfes. IL Einiges über die Reduktion des Kopfes der Dipterenlarven. In: Zool. Anz. Bd. XXVII. S. 343 bis 355. 1907. Ch. Janet, Anatomie du corselet et histolyse des muscles vibrateurs, apres le vol nuptial chez la reine de la Fourmi (Lasius niger). T. XXVI Limoges. Korschelt und Heider, Vergleichende Entwicklungsgeschichte. Allgemeiner Teil. 1885. A. Kowalewsky, Beiträge zur nachembryonalen Entwicklung der Mu- seiden. In: Zool. Anz. Bd. VIII. S. 98— 103, 123—128, 153—157, 1887. — Beiträge zur Kenntnis der nachembryonalen Entwicklung der Museiden. I.Teil. In: Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XLV. S. 542— 588. 1875 — 81. Künckel d'Herculais, Recherches sur l'organisation et le deve- loppement des Volucelles, Insectes dipteres de la famille des Syrphides. Paris, part. I. 1882. A. Laboulbene, Sur des larves d'un Microdon, insecte diptere. In: Ann. Soc. Entom. France (6). T. IL 2. Trim. Bull, mal et juin. S. 96 et 106. 1876. Latzel, Beiträge zur Fauna Kärntens. In: Jahrb. d. naturhist. Landes- mus, v. Kärnten. Klagenfurt. S. 105 — 107. 1761. Linne, Fauna suecica. p. 446. 1856. H. Loew, Über die Fliegengattungen Microdon und Chrysotoxum. In: Verh. der K. K. Zool. Bot, Ges. Wien. Bd. VI. S. 599—602. 1890 — 92. B. T. Lowne, The Anatomy, Physiology, Morphology and Deve- lopment of the Blow-fly. Vol. I. London. 1869. E. Marno, Die Typen der Dipteren-Larven. In: Verhandl. des zool.-bot. Vereins. Wien. Bd. XIX. S. 319—326. 358 Maria Andries, 1822. J. W. Meigen, Beschreibung des europ. Dipteren. 8. 162 — 165. 1902. J. C. H. De Meijere, Über die Prothoracalstigmen der Dipterenpuppen. In: Zool. Jahrb. (Anat.) Bd. XV. S. 623—692 u. 32—35. 1880. Menzbier, Über Kopfskelett und Mundwerkzeuge der Zweiflügler. In: Bull. Soc. Imp. Natural. Moscou. p. 8 — 70. 1900. Jos. Mik, Über die Dipterengattung Microdon. In: Entom. Ztg. Wien. Jahrg. 18. 5/6. Hft. S. 138—143. 1904. W. Plotnikow, Über die Häutung und über einige Elemente der Haut bei den Insekten. In: Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. LXXVL S. 333—366. 1882. G. A. Pou jade, Metamorphose du Microdon mutabilis L. In: Annales de la Soc. Entom. France (6). T. IL 2. trim. Bull. 1883. — Metamorphose d'un Diptere de la famille des Syrphides, Genre Microdon Meig. = Aphritis Latr. In: Ann. Soc. Entomol. France (6). T. XXXI. Trim. p. 23—30 et p. XCIX. 1889. J. van Rees, Beiträge zur Kenntnis der inneren Metamorphose von Musca vomitoria. In: Zool. Jahrb. Bd. III (Anat.). S. 1—135. 1857. Schiner, Diptera Austriaca. In: Verhandl. der K. K. Zoll. Bot. Ges. Wien. Bd. VII. S. 291—293. 1862. — Fauna Austriaca, die Fliegen, Diptera. Wien, 1860 — 64. 1839. Schlotthatjber, Versammlung der Naturforscher in Pyrmont. Vorl. Bericht, In: Isis, 1840. K. C. Schneider, Vergleichende Histologie. 1824. Spix, Über eine neue Landschneckengattung (Scutelligera Ammerlandia) In: Abhandl. der K. Bayr. Akad. d. Wissensch. München. Bd. IX und in: Denkschr. d. K. Akad. d. Wissensch. München, 1823 und 1824. Bd. IX, math.-phys. Kl. S. 121—124. — Feruss. Bull. Sc. nat. T. VII. 1826. S. 136—139. 1904. R, H. Stamm, Om Musclernes Befaestelse til det ydre Skelet hos Leddy- rene. Kgl. Danske Vid. Selsk. Skr. 7 R. Xaturv. -Math. Aid. I. 1909. — Über die Muskelinsertion an das Chitin bei den Arthropoden. In: Anat, Anz. Bd. XXXIV. Nr. 15. 1910. — Die Muskelinsertionen an das Chitin bei den Arthropoden. Ibid. Bd. XXXVII. Nr. 2 u. 3. 1892. C. Verhoeff. Einige biologische Fragmente. Entomologische Nachrichten S. 13—14. 1901. G. H. Verall, British Flies. Vol. VIII. Syrphidae, London. 1901. B. Wahl, Über die Entwicklung der hypodermalen Imaginalscheiben im Thorax und Abdomen der Larve von Eristalis Late. In: Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXV. S. 171—190. 1898. B. Wandolleck, Die Fühler der cycloraphen Dipterenlarven. Zool. Anz. Bd. XXI. S. 283—294. 1891. E. Wasmann, Verzeichnis der Ameisen und Ameisengäste. In: Holl. Limburg. Haag. Sep. aus Tijdschr. Ent. XXXIV. p. 39 — 64. 1894. — Kritisches Verzeichnis der myrmecophilen und termitophilen Arthro- poden mit Angabe der Lebensweise und Beschreibung neuer Arten. S. ] 73. Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 359 1898. E. Wasm.vnn, I. Nachtrag zu den Ameisengästen von holl. Limb. Tijdschr. f. Entom. I. Hft. 1909. — Zur Kenntnis der Ameisen und Ameisengäste von Luxemburg. III. Teil. (168. Beitr. z. Kenntnis d. Myrmecophilen.) Luxemburg. 1863. A. Weismann, Die Entwicklung der Dipteren im Ei, nach Beobachtungen an Chironomus spec, Musca vomitoria und Pulex canis. In: Zeitschr. f. wissensch. Zool. Bd. XIII. S. 107—220. 1864. — Die nachembryonale Entwickelung der Museiden nach Beobachtungen an Musca vomitoria und Sarcophaga carnaria. Ibid. Bd. XIV. S. 187 bis 336. 1866. — Die Metamorphose der Corethra plumicornis. Ibid. Bd. XVI. S. 45 bis 127. 1848. Wissmann, Entomol. Notizen. IX. In: Stettin. Entom. Ztg. S. 79. Erklärung der Abbildungen. Tafel III. Fig. 1. Ei von Microdon Eggeri Mik. Vergr. 39fach. Fig. 2. Außenseite der Eischale von Microdon Eggeri Mik. Vergr. 16fach. Fig. 3. Innenseite der Eischale von Microdon Eggeri Mik. Vergr. 16fach. Fig. 4. Larve von Microdon Eggeri Mik., eben ausgeschlüpfte, von oben gesehen. Vergr. 70fach. Fig. 5. Larve von Microdon Eggeri Mik, nach der ersten Häutung. Von oben gesehen. Vergr. 17fach. Fig. 6. Larve von Microdon Eggeri Mik, nach der zweiten Häutung, von oben gesehen. Vergr. 17fach. Fig. 7. Larve von Microdon rhenanus n. sp., von oben gesehen. Vergr. 12fach. Fig. 8. Larve (a) und Puppe (b) von Microdon Eggeri Mik, natürliche Größe, von oben gesehen. Fig. 9. Larve (a) und Puppe (b) von Microdon Eggeri var. major, natürl. Größe, von oben gesehen. Fig. 10. Larve (a) und Puppe von oben {b) und seitlich (c) von Microdon mutabilis, natürl. Größe. Fig. 11. Larve (a) und Puppe von oben (6) und seitlich (c) von Microdon rhenanus n. sp., natürl. Größe. Fig. 12. Tracheenhöcker der Larve von Microdon Eggeri Mik. Vergr. 24fach. Fig. 13. Tracheenhöcker der Larve von Microdon Eggeri var. major. Vergr. 24fach. Fig. 11. Tracheenhöcker der Larve von Microdon mutabilis h. Vergr. 18fach. Fig. 15. .Stigmenhörnchen der Puppe von Microdon Eggeri Mik. Vergr. 21fach. Fig. 16. Stigmenhörnchen der Puppe von Microdon Eggeri var. major. Vergr. 21 fach. 360 Maria Andries, Fig. 17. Stigmenhörnchen der Puppe von Microdon mntahilis L. Vergr. 16fach. Fig. 18. Stigmenhörnchen der Puppe von Microdon rhenanus n. sp. Vergr. 16fach. Tafel IV. Fig. 19. Vordere Partie der ausgewachsenen Larve mit Antennen At, Mundöffnung M und Sinnesorganen S. Vergr. 25fach. Fig. 20. Eben ausgeschlüpfte Larve lebend unter Deckglas mit Tracheen- verästelung und Sinnesorganen des Rückenschildes. Winckel Oc. 2, Obj. 3a. Fig. 21. Querschnitt durch den Proventriculus. Oe.E, Oesophagusepithel ; m.Z, mittlere Zellschicht; i.z, imaginale Zellschicht; M.e, Mitteldarmepithel. Winckel, Oc. 2, Obj. 3a, Tubusl. 140 mm. Fig. 22. Centralnervensystem von oben. OQ, Oberschlundganglien; Bm, Bauchmark; Au, Imaginal-Augenscheiben; At, Imaginal-Antennenscheiben; Oe, Oesophagus; Schk, Schlundkopf; Wr, WEiSMANNscher Ring; Vd, Rückengefäß; Pr, Proventriculus; Bl, Blindsäcke; D, Darm; Tr, Tracheen. Vergr. 29fach. Fig. 23. Centralnervensystem von unten. N, Nerven; Tr, Tracheen; J.L, Imaginalanlagen des Labiums; alles übrige wie Fig. 22. Vergr. 29fach. Fig. 24. Exuvialdrüse. E, Epithel; Cu, Cuticula; Dz, Drüsenzelle; X, Kern derselben; H, Hohlraum; Ch, Chitinhülle; Ka, Kanälchen; P, pilzförmiges Chitingebilde; Hö, Chitinhöcker; Zh, zweispaltiges Haar, oben abgebrochen. Winckel, Oc. 4, Obj. 3a. Fig. 25. Dieselbe Drüse bei stärkerer Vergrößerung; gleiche Bezeichnung. Winckel, Oc. 4, Obj. 7a, Tubusl. 170 mm. Fig. 26. Schnitt durch die Imaginal-Augenanlage. OG, Oberschlundgan- glion; no, Nervus opticus; Au, Augenscheibe; Oe, Oesophagus; Tr. Tracheen. Winckel, Oc. 4, Obj. 7a, Tubusl. 170 mm. Fig. 27. Schnitt durch untere Prothoracalscheibe. Ex, Extremität; pM, peripodale Membran; pR, peripodaler Raum; De, Drüsenausführgang. Zeiss, Oc. 1, Obj. A. Fig. 28. Schnitt durch abdominale Imagmalanlage. E, Epithel; Cu, Cuticula. Winckel, Oc. 2, Zeiss, Obj. A. Fig. 29. Imaginale Genitalanlage. Es, Eischläuche. Oc. 2, Obj. A. Fig. 30. Puppe von Microdon Eggeri von der Bauchseite. Vergr. 51/2. Fig. 31. Dieselbe von der Dorsalseite. Vergr. 51/2. Tafel V. Fig. 32. Schlundgerüst der ausgewachsenen Larve, auseinandergebreitet, mit Labium (?) L, und Maxillen (?) M. Mundhaken nicht eingezeichnet. Dp, Dorsalplatte; Vp, Ventralplatte; St, Mundhakenstütze. Winckel, Oc. 4. Zeiss, Obj. al. Fig. 33. Verdickte Teile des Schlundgerüstes der jungen Larve mit Stütze der Mundhaken 8/ ; Mundhaken Mh; Labium L; Chitinspange 8p. Winckel, Oc. 4, Obj. 3a. Zur Systematik, Biologie und Entwicklung von Microdon Meigen. 361 Fig. 34. Darmsystem der Larve von Microdon Eggeri Mik; Darm- und Drüsen nach Rekonstruktion, das übrige nach Totalpräparaten gezeichnet. D, Darm; Oe, Oesophagus; g.s.l, g.s.2, g.s.Z, g.sA, erstes, zweites, drittes, viertes Drüsenpaar; Ad, Analdrüsen; Ma, MALPiGHische Gefäße; Pr, Proventriculus ; Bl, Blindsäcke; Bm, Bauchmark; OG, Oberschlundganglien; Schg, Schlund- gerüst; Mh, Mundhaken; L, Labium; De, gemeinsamer Drüsenausführgang. Vergr. 16fach. Fig. 35. Sinnesorgane der Bauchseite mit zutretenden Nerven. S, Sinnes- organ; Gz, Ganglienzelle; N, Nerv; E, Epithel; Cu, Cuticula. Winckel, Oc. 2, Obj. 3a. Beiträge zur Kenntnis der Schale und Schalen- regeneration von Anodonta cellensis Schrot. Von Richard Raßbach. (Aus dein Zoologischen Institut der Universität zu Marburg.) Mit 64 Figuren im Text. Die heute allgemein anerkannte Ansicht, daß die Molluskenschale ein Secretionsprodukt des Mantels ist, geht hauptsächlich auf Reau- mur (1709) zurück, der sie auf experimentellem Wege zu erweisen suchte. — Da Mery (1710) sich das Fortrücken der mit der Schale fest verbundenen Schließmuskeln nicht erklären konnte, schrieb er ihr ein selbständiges inneres Wachstum durch Intussuszeption zu. — In einer weiteren Arbeit machte Reaumur (1716) darauf aufmerksam, daß die Muskeln nicht in, sondern an der Schale fortrückten. -- Un- gefähr 50 Jahre später fand Mery einen Anhänger seiner Theorie in Herissant (1766); nach seiner Auffassung ähnelt die Schale in ihrem Aufbau dem des Knochens, in dem der organische Teil die Haupt- rolle spielt und die Kalksubstanz darin abgelagert ist. — Bournon (1808) betrachtet die Molluskenschale einzig und allein als Produkt der Kristallisation von kohlensaurem Kalk, »welchem vorzüglich als färbende Materie eine geringe Menge von Gelatine beigegeben ist und der nur in bezug auf die Gesamtform durch die Gestalt des tierischen Körpers, seine Krümmungen und Häute bei seiner Ablagerung be- schränkt und bedingt wird« (S. 211). Obwohl also Bournon die An- wesenheit einer organischen Grundmasse nicht unbekannt war, ist nach ihm der Kalk einmal abgelagert, unabhängig von der Muschel nur den Kristallisationsprozessen unterworfen. Bowerbank (1844) und Carpenter (1844) schreiben der Schale einen cellulären Ursprung zu. Ersterer faßt sie als knochenähnliche Struktur auf, während der zweite sie eher mit den Cuticulargebilden der Wirbeltiere als mit den Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 24 364 Richard Raßbach, Knochen derselben vergleichen will. — Über die chemische Zusammen- setzung der anorganischen Teile der Schale finden wir eine Zusammen- stellung und Erweiterung der bis dahin bekannten Tatsachen in der ausführlichen Arbeit von G. Rose (1858). Er kommt zu dem Resultat, daß bei Unio und Anodonta die äußere Faserlage (Prismenschicht) aus Kalkspat und die innere Perlmutterschicht aus Aragonit besteht. — In der Arbeit von Nathusius von Königsborn (1877) finden wir den Gedanken Merys wieder. Zum größten Teil kommt Nathusius von Königsborn deshalb zu falschen Schlüssen, weil er die Schalen ohne Berücksichtigung des Zusammenhanges mit den Weichteilen der Mu- scheln vorgenommen hat. So konnte er dazu kommen, daß er es als einen Unsinn bezeichnet, »eine Cuticularbildung anzunehmen, au Stellen, wo der Weichkörper nicht mit der Schale zusammenhängt.« — Der letzte Anhänger der Intussuszeptionstheorie ist Felix Müller (1885). An den Muskelansätzen jedoch gibt er ein Appositionswachs- tum zu, aber nicht ein solches im Sinne früherer Autoren durch Secre- tion, sondern durch organische Membranen, welche am Rande des Muskelansatzes hervorwachsen. — T. Tullberg (1882) kommt nach seinen Untersuchungen an verschiedenen Muscheln zu dem Resultat, daß die Bildung der Schale auf zwei verschiedene Weisen vor sich geht; nämlich an den Stellen, wo die Muskeln befestigt sind, sowohl an der Kalkschale wie am Periostracum, entsteht durch allmähliche Umbil- dung der Zellen Schalensubstanz, es ist also eine wirkliche Cuticular- bildung; zweitens der übrige Teil der Schale, folglich ihre Hauptmasse, ist ein Absonderungsprodukt der darunter liegenden Zellen. — Die Widerlegung der Ansicht, daß gewisse Schalenteile durch chemische Metamorphose der oberflächlichen Zonen der Zellkörper entständen, machte sich Ehrenbaum (1884) zur Aufgabe. Nach Untersuchung mehrerer mariner Muscheln gelangt er zu der Meinung, daß alle Teile der Schale »von gewissen Zellen durch den Prozeß der Secretion oder Ausschwitzung« erzeugt werden. — Moynier de Villepoix (1893) gibt ausführliche Beschreibungen von Schalenstrukturen verschiedener Mol- lusken, und ferner außer größeren Abschnitten über Schalenbildung auch solche über Schalenregeneration an Anodonta und Helix. Seine Untersuchungen lieferten einen sehr wichtigen Beitrag zur Lehre von der Bildung der Schale, die als Secretionsprodukt der anliegenden Gewebe entsteht. Drüsenzellen, welche er im Bindegewebe des Mantels von Mytilus fand, stehen in keinerlei Beziehung zur Schalenbildung. Das Mantelepithel ist aus specifischen Kalk- und Conchyolinzellen zu- sammengesetzt, die sich durch verschiedenes Aussehen und ihre ver- -ßeitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 365 schiedene Reaktionsfähigkeit auf Farbstoffe voneinander unterscheiden. Bei Anodonta finden sich am Mantelrand drei Regionen, von denen jede nur eine bestimmte Schalenschicht zu bilden imstande ist. — ■ Thiele (1892) betont außer den vergleichend morphologischen Unter- suchungen, die er an den Schalenteilen verschiedener Mollusken an- stellte, daß vorzüglich auch subepitheliale Drüsen an dem Aufbau der Schale beteiligt sind. — In der Zusammenstellung über das Wachstum der Muschel- und Schneckenschalen von W. Stempell (1900) stellt er ähnlich wie Villepoix bei Anodonta specifische Kalkzellen bei Malletia chilensis fest. »Ob allerdings bei sämtlichen Mollusken specifische Conchyolin- und Kalkzellen vorhanden sind, muß angesichts der bis- herigen Erfahrungen mit Recht bezweifelt werden« (vgl. S. 668). — Biedermann (1901) widmet außer den Beschreibungen vom Bau der Muschel- und Schneckenschalen längere Ausführungen den optischen Eigenschaften der Perlmutter- und Prismenschicht, ebenso den phy- sikalisch-chemischen Prozessen bei der Schalensecretion. Sie geschieht durch Epithelzellen des Mantels und vielleicht auch zum Teil von Drüsenzellen. Jeder im Bau und ihrer sonstigen Beschaffenheit ver- schiedenen Schalenschicht entspricht auch eine besondere Zellenlage des Mantels. Aus den Resultaten seiner Versuche über Schalenregene- ration schließt er auf eine gewisse Verschiedenheit des von den Mantel- epithelien gelieferten Secretes, durch welches die ungleichen Formen und Strukturen der einzelnen kalkigen Schalenschichten bedingt werden. Die besonders an den Muskelansätzen vorkommende helle Schicht ist bei der Beschreibung der Schale von Anodonta nicht erwähnt worden. — List (1902) gibt eine ausführliche Darstellung der Schalenverhältnisse bei den Mytiliden. Nach seiner Ansicht entsteht das Conchyolin durch Umwandlung des Protoplasmas der Epithelzellen. »Es bildet sich in den Zellen zu einer faserigen Substanz aus, welche durch die Zellwand hindurch nach außen tritt.« Auf ähnliche Weise dürfte nach List die Bildung der organischen Bestandteile der Perlmutter- schichten erfolgen. Die Periostracumsubstanz geht in der Mantel- randfalte, »aus der chemischen Umwandlung von Epithelzellen- und Muskelsubstanz hervor« (vgl. S. 58). Die letztere wird von Muskeln geliefert, welche zwischen den Epithelzellen hindurch an das Perio- stracum herantreten. Das reiche Vorkommen von granulierten Drüsen- zellen in dem äußeren Mantelepithel macht es wahrscheinlich, daß sie zur Kalkbildung in irgendwelcher Beziehung stehen. — 0. Römer (1903) wendet sich hauptsächlich den allerfeinsten Alveolarstrukturen der Schalenbestandteile von Margaritana und Anodonta zu. Die 24* 366 Richard Raßbach, gröberen Verhältnisse der Schalen kommen nur beiläufig in Frage. Her- vorzuheben ist seine Auffassung über den Bau der Prismen, worauf noch ausführlich einzugehen sein wird. Die helle Schicht findet auch bei Kömer keine Erwähnung. Zur Systematik von Anodonta. Ehe mit der Untersuchung der Schale begonnen werden soll, wollen wir mit ein paar Worten die Systematik unsrer Anodonten berühren, da sich dieselbe im wesentlichen nur auf die Umrißformen der Schale stützt. Interessant sind folgende Daten, die aus der Arbeit von F. Haas hervorgehen. Während Linke nur zwei Arten, Mytilus cygneus und Mytilus anatinus, aufstellte, vereinigte Draparnaud diese in eine einzige Grund- form, die er Anodontides variabilis nannte. Die Zahl der Anodonten- arten vermehrte sich hernach beträchtlich, bis Clessin die Einteilung Draparnauds wieder aufnahm und alle Arten auf eine Grundform zurückführte, die er Anodontides mutabilis nannte und die später von Buchner als Anodontides cygneus bezeichnet wurde. Haas ist nun der Ansicht, daß man in Deutschland zwei Vertreter des Genus Ano- dontides hat. »Im allgemeinen wird man zwei Haupttypen in der Gestalt unterscheiden können, die den Arten Anodontides piscinalis Nilss. und Anodontides cellensis Schrot, entsprechen. Die erstere umfaßt alle Formen, deren Höhe im Verhältnis zur Länge verhältnis- mäßig groß ist, und bei denen der tiefste Punkt des gekrümmten Unter- randes bedeutend hinter dem Lote vom Wirbel auf die Längsachse der Muschel liegt; zur letzteren gehören die niedrigeren, gestreckteren Formen, bei denen der tiefste Punkt des verhältnismäßig schwach gekrümmten Unterrandes nahe dem Lot vom Wirbel auf die Längs- achse liegt. Diese Unterschiede zeigen sich schon in dem frühesten Alter deutlich« (S. 173). Auch in den Glochidien der beiden in Frage stehenden Arten glaubt Haas Unterschiede nachweisen zu können. Wie Kobelt festgestellt hat, ändern die Muscheln ihr Aussehen, je nach den von ihnen bewohnten Flüssen. So versteht Haas unter »Lokalform« einer Species »diejenige Form, die sich aus der Species eines geographisch begrenzten Gebietes entwickelt hat und die für dieses geographische Gebiet charakteristisch ist.« Aus den Arten können Abarten entstehen, die Haas aber nicht Varietäten, sondern »Standortsformen« nennt, und die er folgendermaßen definiert: »Unter Standortsformen einer Species verstehe ich diejenige Form, die in \ Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 367 vollkommen übereinstimmender Gestalt die Species in deren ganzen Verbreitungsbezirk begleitet und durch die besonderen Bedingungen des umgebenden Mediums, wie Kohlensäuregehalt des Wassers, Unter- grund, Strömung usf. aus ihr entsteht« (vgl. S. 151 u. 152). Es kann auch noch aus einer Lokalform eine Standortsform sich bilden, woraus sich die Zahl der abweichenden Formen und Beschaffenheit der Schalen einzelner Species leicht ergibt. Meine Schalenuntersuchungen wurden speziell an Anodonta cellensis vorgenommen, die leicht aus einem Teich bei Marburg zugänglich war. Sie besitzt eine längliche, gestreckte Form, wie sie Fig. 1 wiedergibt. Der obere und der untere Rand laufen annähernd parallel. An dem rechten Ende spitzt sich die Schale allmählich etwas zu, während die linke Seite halbkreisförmig abgerundet ist. Besonders bemerkenswerte Abweichungen von diesem Normaltypus wurden nicht beobachtet. Gerade diese Species von Anodonta liefert uns die größten und schönsten Exemplare, die wir von unsern Najaden kennen. Oftmals erreichen sie eine Größe bis zu 20 cm und darüber. Für die Schalenuntersuchung an und für sich ist die Artzugehörigkeit von nebensächlicher Bedeutung, da die Struktur der Schale bei den verschiedenen Arten im ganzen übereinstimmen dürfte. Methoden zur Schalenuntersuchung. Aus der Schale wurden mit einer Laubsäge kleine Stückchen herausgeschnitten, die mit erhitztem Kanadabalsam auf einem Objekt- träger befestigt wurden. Diese kleinen Schalenteilchen wurden dann auf beiden Seiten so glatt wie möglich geschliffen, bis sie eine hinrei- chende Dünne zur Beobachtung erreicht hatten. Um einzelne feinere Strukturen noch besser sehen zu können, wurden kleine Schalenstück- chen längere Zeit in erwärmte Kalilauge gelegt, bis sie in ihre einzelnen Bestandteile, isolierte Prismen und Perlmutterblättchen zerfielen. Die organischen Bestandteile lösten sich durch diese Behandlung vielfach von der Kalkmasse der Schale ab. Ferner wurden Schnitte durch verschiedene Schalenteile gemacht, die zuvor mit salzsaurem Alkohol entkalkt waren. Die Schnitte ließen sich am besten in einer Ein- bettungsmasse von Kollodium-Nelkenöl herstellen. Um den Zusammen- hang des Weichkörpers mit der Schale vollständig zu übersehen, wurden sagittale Quer- und Längsschnitte durch jüngere 10 — 12 mm große Exemplare angefertigt. Außerdem wurden einzelne Teile älterer Tiere geschnitten, z. B. Mantelrand mit ansetzendem Periostracum, ferner die Teile der Schale, an denen die Muskeln befestigt sind. Als 368 Richard Raßbach, Konservierungsflüssigkeiten dienten Sublimat und ZENKERsche Lösung. Die Präparate wurden mit Hämatoxylin-Eosin, Heidenhain und Alauncarmin gefärbt. Die äußere Morphologie der Schale. Orientieren wir die Schale so, daß der spitzere Teil nach rechts liegt, so unterscheiden wir oben den Wirbel (Fig. 1 w) auch Apex oder Umbo genannt, der den ältesten Teil der Schale bildet. Nach links seh Fig. 1. sc/? i/r Fig. 2. Außenansicht der Schale einer älteren und einer jüngeren Muschel mit Jahresringen [j). Fig. 1 4/5 nat. Größe. Fig. 2 nat. Große. Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta eellensis Schrot. 369 liegt der Vorderrand (vr), der den abgerundeten Teil der Muschel ein- nimmt. Der Hinterrand (hr) wird von dem rechts gelegenen sich ver- jüngenden Teil der Schale gebildet. Der Unterrand (ur) wird von dem fast geradlinig verlaufenden unteren Teil der Muschel gebildet. Am Wirbel sind die beiden Schalenklappen durch das Ligament verbunden. Dieses wird durch ein elastisches Band gebildet, das die beiden Schalen- hälften automatisch, also gegen den Willen des Tieres zu öffnen be- strebt ist. Darüber lagert nach außen ein zweites unelastisches Liga- mentband. Der Teil, der von dem Wirbel nach dem Hinterrande etwas ansteigt, wird Schild (seh) genannt. Bei jüngeren Tieren (Fig. 2) tritt öfters die Ausbildung desselben etwas stärker hervor, die aber später, durch das stärkere Wachstum der Muschel nach dem Hinter- ende wieder zurücktritt. Junge Anodonten von nur wenigen Millimetern Größe zeigen noch keine ausgesprochene Färbung, sondern eine weißliche, durch- sichtige Schale. Bei den älter werdenden Exemplaren tritt eine gelb- lich braune Farbe hervor, die bei noch älteren Tieren einer dunkel- bis schwarzbraunen Färbung Platz macht. Auf der Schale befinden sich in nahezu konzentrischer Anordnung die Anwachsstreifen, welche man auch als Jahresringe bezeichnet hat (Fig. 1 /). Diese entsprechen immer einer bestimmten Wachstums- periode, und, wie wir später noch sehen werden, findet tatsächlich der Schalenzuwachs von einem bis zum nächst folgenden stärker hervor- tretenden Streifen in einem Jahre statt. Bei älteren Muscheln findet man am oberen Hinterrande in der Nähe des Schildes (Fig. 1 seh), ein charakteristisches Aussehen, das teilweise auch an dem entsprechenden Teil des Vorderrandes, hier aber weniger stark ausgeprägt, anzutreffen ist. Man bemerkt nämlich besonders an diesen Stellen ein blättriges, schuppiges Aussehen, das durch Übereinanderlagerung der die eigent- liche Kalkschale bedeckenden organischen Schicht, dem Periostracum, von früheren Autoren auch Epicuticula oder Epidermis genannt, hervorgerufen wird. Die einzelnen Blätter entsprechen auch hier den Anwachsstreifen, die an diesen Stellen auf einen engeren Raum als auf der Schalenmitte zusammengedrängt sind. Die schützende Perio- stracumschicht findet sich schon' vielfach bei jüngeren Tieren am Wirbel nicht mehr vor, da sie hier in noch nicht allzugroßer Stärke abgelagert wird und daher leichter der Zerstörung anheimfällt. Für das Verständnis des Schalenbaues ist der Zusammenhang der Schale mit dem Weichkörper des Tieres von größter Bedeutung. Unter den beiden Schalenhälften befinden sich die zwei Mantellappen, 370 Richard Raßbach, die am Rücken in der sogenannten Mantelnaht verwachsen sind. Im wesentlichen bestehen die Mantellappen aus einer Bindegewebsmasse, die innen und außen von einem einschichtigen Epithel begrenzt werden. Das Bindegewebe ist von Längs- und Quermuskeln durchzogen. Kurz vor dem Schalenrande treten Quermuskeln nach außen und heften sich parallel dem Rande an die Innenseite der Schale, die Mantellinie bildend (Fig. 59 ml). Diese verläuft nach dem vorderen und hinteren Ende der Muschel, in die Ränder der entsprechenden Schließmuskel- ansätze übergehend. Längs der Mantelränder findet sich eine Falte, in der das Periostracum entspringt, um nach außen umzubiegen, die Schale zu bedecken. Im Innern der Schale bemerkt man Eindrücke, die von verschiedenen Muskeln herrühren. Die beiden größeren ent- sprechen den Muskelenden des hinteren (Fig. 59 hsa) und vorderen Schließmuskels (vsa). Diese beiden zum Schließen der Schale dienenden Adductoren durchziehen quer den Körper des Tieres. Der Weg, welchen die Schließmuskeln beim Fortrücken an der Schale genommen haben, ist je durch einen nahezu dreieckigen Abdruck gekennzeichnet, an dem man die Wachstumszunahme der Muskeln verfolgen kann. Gleichzeitig läßt sich erkennen, daß der Adductor posterior in derselben Zeit sich um eine größere Strecke an der Schale fortgeschoben hat, als der Adductor anterior (Fig. 59). Am oberen Ende des hinteren Schließmuskels heftet sich der Retractor pedis posterior (Fig. 59 Jim) an die Schale. Dieser zieht schräg nach vorn, um mit dem gleichen Muskel der andern Schalen- hälfte zu verschmelzen. Dieser gemeinsame Teil des hinteren Fuß- retractors steht dann mit dem hinteren Teil des muskulösen Fußes in Verbindung. An dem unteren Ende des vorderen Schließmuskels be- findet sich die Ansatzstelle des Retractor pedis anterior (Fig. 59 vra). Die zwei Teile des vordem Fußretractors laufen von beiden Schalen- klappen schräg nach hinten, um sich ebenfalls, kurz bevor sie mit der vorderen, oberen Seite des Fußes in Zusammenhang treten, zu einem gemeinsamen Muskel zu vereinigen. Am Vorderrande kurz vor Beginn des Ligamentes finden sich an der Innenseite der Schale, ungefähr 3 — 4 mm vom Rande entfernt, die Ansätze von drei bis vier kleinen Muskeln, die mit den Muskelbündeln der Mantellappen in Verbindung stehen. Die Ansätze dieser kleinen Muskeln sind besonders gut an den Schalen älterer Muscheln zu erkennen. Ein weiterer, aber nur sehr zarter Zusammenhang, den wir später noch ausführlich zu be- sprechen haben, findet längs des inneren Ligamentbandes und an den demselben anliegenden Nymphenleisten statt. Ein Schloß fehlt den Anodonten. Nach Neumayr (vgl. S. 415) Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 371 »wird man vom Standpunkte der Selektionstheorie sehr natürlich folgern, daß das Vorhandensein einer festen Zahnverbindimg als ein Schutz gegen Verschiebung der beiden Schalenklappen von großem Nutzen ist.« »Dem steht aber die andre sehr auffallende Tatsache gegenüber, daß in einer Menge von Abteilungen reduktive Formen auftreten, bei welchen das Schloß wieder verloren geht oder wenigstens ganz bedeutungslos wird«, wie es z. B. bei Anodonta der Fall ist. »Ent- weder ist demnach das Schloß nicht durch Zuchtwahl erworben, oder es muß sich nachweisen lassen, daß der Besitz eines solchen nur unter gewissen Umständen von Nutzen, unter andern aber ohne Bedeutung ist und daß gut entwickelte Zähne bei solchen Gruppen vorkommen, welche vorwiegend unter jenen, daß sie fehlen bei solchen, welche unter diesen Verhältnissen leben. In der Tat läßt sich z. B. anführen, daß die mit kräftigen Zähnen versehenen Unionen vorwiegend im bewegten Wasser der Flüsse, die zahnlosen Anodonten in Teichen vorkommen. « Die Schale wird von drei Schichten, der Periostracum-, der Pris- men- und von der Perlmutterlage gebildet, die sich in ihrer Zusammen- setzung und ihrem Bau unterscheiden. Außerdem finden wir besonders an allen Muskelansätzen eine vierte Schalenschicht, die bisher als durchsichtige Substanz oder helle Schicht bezeichnet wurde. Die Periostracumschicht. Das Periostracum besteht aus organischer Substanz und hat ein gelbes bis dunkelbraunes, chitinähnliches Aussehen. Nach den Unter- suchungen von 0. Römer stimmt jedoch die Periostracumsubstanz nicht mit Chitin überein, das ein stickstoffhaltiges Derivat eines Kohle- hydrats sei, während man es hier mit Stoffen zu tun habe, die zu den Albuminoiden gehören. An dem Schalenrande biegt es nach dem Innern um, indem es sich immer mehr verjüngt und endigt als eine sehr dünne Membran in der schon oben erwähnten Falte des Mantel- randes, der es seine Entstehung verdankt (Fig. 6 u. 7 mrf). Die ersten Anfänge des Periostracums liegen in dem Grunde der Mantelrandfalte, dort wo das niedrige kubische Epithel in das hohe Cvlinderepithel allmählich übergeht. An dieser Stelle ist die Periostracumsubstanz als eine äußerst feine Membran zu erkennen, die gewöhnlich dem kubischen Epithel fest anliegt. Dieser Teil des Periostracums, den Tullberg als »inneres Periostracum« bezeichnet, nimmt vielfach eine Färbung mit Heidenhain oder Eosin an, während das »äußere Perio- stracum«, das die Schale bedeckt, auf diese Farben nicht reagiert. 372 Richard Raßbach, Im Querschnitt zeigt der in der Mantelrandfalte befindliche Teil des Periostracums ein homogenes Aussehen. Nur selten läßt es sich mit sehr starken Systemen in einzelne Lamellen auflösen, die auf die Ent- stehungsweise durch Aufeinanderlagern äußerst feiner Membranen hin- deuten. Die Mantelrandfalte läuft in Form einer Rinne am ganzen Mantelrand entlang, um allmählich auf dem Rücken des Tieres mit dem Beginn der Mantelnaht aufzuhören, dort wo die beiden Mantellappen verwachsen sind. An Querschnitten sieht man auf der Strecke von der Mantel- randfalte bis zum Schalenrand, daß das Periostracum zahlreiche Fal- tungen bildet (Fig. 3). Nach F. Müller sollen dies keine Falten, sondern Auswüchse des Periostra- cums sein. »Man sieht, wie das Periostracum unterhalb der Schlin- gen ruhig weiter verläuft und an Dicke allmählich zunimmt, wäh- rend jene membranösen Auswüchse überall dieselbe Stärke besitzen. Sie beginnen überhaupt erst, wenn das Periostracum eine gewisse Dicke ., . . , ,, ,,'.', ,, . , erreicht hat und finden sich nur Periostracumtalte (/) zwischen Mantel- uml Schalenrand. Vergr. 700 : i. auf der nach außen gelegenen Seite desselben. Dort, wo das Perio- stracum schon sehr stark geworden ist. erkennt man deutlich, daß die die Schlinge bildende Membran sich nur von dem äußersten Teil des Periostracums aus erhebt und an dieser Erhebungsstelle zugleich geschlossen ist und über derselben durch abermaliges öffnen und Schließen mannigfache Formen bildet. Die Auswüchse verschmelzen nicht miteinander, um zur Verdickung des Periostracums beizutragen, sondern bleiben bestehen und rücken beim weiteren Wachstum der Schale auf dieselbe hinauf und bilden dort jene blättrigen Rauhig- keiten der Epidermis, welche man als Anwachsstreifen bezeichnet.« (vgl. S. 229). Diese Gebilde sind keine Auswüchse des Periostracums, sondern wirkliche Faltungen desselben, wie dies ja auch schon von M. de Villepoix beschrieben ist. Sie sind durch stärkere Produktion von Periostracumsubstanz entstanden als notwendig war, um die Verbindung zwischen Mantelrandfalte und Schalenrand in Form einer glatten Membran herzustellen. Im Querschnitt durch eine solche Periostracumfalte erkennen wir in der Mitte eine längs verlaufende Linie, dort wo sich die beiden Teile zusammengelegt haben. An ihrem Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 373 distalen Ende sind die Falten nicht völlig verschmolzen, so daß wir im Querschnitt eine Öse erkennen (Fig. 3). Ein weiterer Beweis, daß wir Faltungen vor uns haben, ergibt sich aus der im Gegensatz zu F. Müller fast an jedem solchen Gebilde am basalen Teil sich findenden dreieckigen Öffnung (Fig. 3), die so entstanden ist, daß, nachdem die Falte gebildet ist, von innen her neue Periostracumlamellen angelagert wurden. Auch der Ansicht Müllers, daß diese blättrigen Rauhigkeiten auf die Schale rücken und dort die Ansatzstreifen bilden, kann man nicht beistimmen. Die Anwachsstreifen sind lediglich, wie schon oben erwähnt, die Ränder der Schale in früheren Altersstadien. Die Falten ergeben auf dem Periostracum Gebilde, wie man sie im Quer- schnitt in Fig. 4 sehen kann, von teils sehr komplizierten Formen. Fig. 4. Periostracuinfalte (/) von komplizierterer Gestalt auf der Oberfläche der Schale. Vergr. 144 : 1. Eine Spaltung des Periostracums, wie sie F. Müller beschreibt, ist ebenso wie es Moynier de Villepoix festgestellt hat, nicht vor- handen. »Ungefähr in der Mitte zwischen Mantel und Schalenrand findet eine stärkere Verdickung des Periostracums statt, an welcher eine Spaltung eintritt. Diese Verdickung und damit verbundene Spaltung des Periostracums ist besonders in dem ganzen mittleren Teil des Schalenrandes zu konstatieren, nach vorn und hinten wird die Verdickung geringer und hört allmählich auf. Der äußere Fortsatz dieser Verdickung, das eigentliche Periostracum, überzieht die Ober- fläche der Schale, der andre Fortsatz geht an die Innenfläche des Schalenrandes über« (vgl. S. 213 u. 214). Diese Beschreibung von Müller sei deswegen angeführt, weil sie für ihn einer seiner Beweise gegen das Appositionswachstum der Schale ist; nämlich gerade durch den Teil des Periostracums, der von der Verdickung nach der Innen- seite der Schale gehen soll, wird der äußere Teil des Periostracums, 374 Richard Raßbach, der die Oberfläche überzieht, von dem Epithel des Mantels getrennt und kann von diesem keinen Zuwachs zur Verstärkung erlangen. Ein solches Bild, das Müllee als eine Spaltung des Periostracums be- schreibt, war wahrscheinlich ein Secretprodukt, das von dem Außen- epithel (Fig. 6 aep) ausgeschieden wurde, um zur Verstärkung des Periostracums beizutragen. Diese beiden Teile waren aber noch nicht verschmolzen. Solche Bilder erhält man öfters bei Schnitten durch den Mantelrand von Tieren, die gerade Stoffe zur Verstärkung der Schalen- schichten ausgeschieden haben. Von der Fläche gesehen läßt das Periostracum am Anfang keine Struktur erkennen, außer den oben erwähnten Falten, die in der Auf- sicht sich als dunklere Streifen von ihrer Umgebung abheben, die dem Schalenrand vielfach parallel laufen. Bei stärkerer Vergrößerung findet man jedoch auf dem Periostracum bläulich gelbe Kügelchen, die F. Müller folgendermaßen beschreibt (vgl. S. 231 u. 232). »In einiger Entfernung vom Mantelrande bemerkt man, allerdings nur bei sehr starker Vergrößerung und sehr scharfer Einstellung, kleine helle, regel- los zerstreute Punkte.« »Bei durchfallendem Licht zeigten jene Pünkt- chen eine matt bläuliche Farbe. Von den zerstreut auf der Oberfläche der Membran liegenden Kalkkörperchen unterscheiden sie sich deutlich durch ihre regelmäßige Rundung. « »Als Bildungen, welche zur Pris- menschicht gehören, sind sie jedenfalls nicht zu betrachten, denn sie unterscheiden sich von den Jugendzuständen der Prismen einmal durch ihre überall gleichbleibende Größe, was bei jenen nicht der Fall ist, ferner sind die jüngsten Prismen bereits größer, als jene Pünktchen. Man findet letztere auch noch zwischen den größeren Stadien der Prismen an der Oberfläche der organischen Zwischensubstanz so lange, als dieselbe noch einige Dicke besitzt.« Dieser Schilderung Müllers ist vorläufig nichts weiter hinzuzufügen, als daß diese Gebilde sich an der Innenfläche des Periostracums befinden. Bei einer jungen Anodonta von etwa 12 mm Größe mit noch fast vollständig durchsichtiger Schale ließ sich beobachten, daß das ganze Periostracum, auch dort wo die Prismenschicht schon vollständig ausgebildet war, mit solchen matt bläulichen Kügelchen besetzt war. Auf diese Gebilde werden wir noch später zurückzukommen haben. Moynier de Villepoix fand bei einer jungen Anodonta von 21 mm Größe die Innenfläche des noch ganz jungen Periostracums zwischen Mantelrand und der Zone, wo die jungen Prismen beginnen, bedeckt mit «petits globules jaunätres et refrigents», die von einem hellen Hof umgeben waren (vgl. S. 476). Von dem Vorkommen solcher Gebilde Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 375 konnte ich mich ebenfalls überzeugen. Sie hoben sich von der Unter- lage, dem Periostracum, als gelbe bis dunkelbraune, rundliche Gebilde ab. Teilweise waren auch zwei oder mehrere zusammen verschmolzen (Fig. 5). Diese Gebilde zeigten sich bei hoher Einstellung dunkel und dann mit einem hellen Saum; bei tiefer Einstellung wurden sie hell. Sie ließen eine schwache, konzen- trische Schichtung erkennen, und bei gewisser Einstellung im Innern einen centralen Punkt, der stärker lichtbrechend hervortrat. Besonders sei noch einmal dar- auf hingewiesen, daß die »matt- bläulichen Kügelchen « von F. Mül- Fig. Conchyolinkügelchen {cok) (Globules jaunätres), LERimddie »globules jaiinätres« VOll die sich auf dem Periostracum des Schalen- M. DE VlLLEPOIX, die Sich in ihrem randeS Um\.af jU""en ^nregeneraten vorfinden. Vergr. 1000 : 1. Äußeren durch ihre verschiedene Größe unterscheiden, keineswegs gleichen Strukturverhältnissen ent- sprechen, wie Biedermann geneigt ist anzunehmen. Die »globules jaunätres« werden ebenfalls später noch zu erwähnen sein. Die Epithelzellen der Mantelrandfalte. Im allgemeinen sehen die Zellen, welche die Mantelrandfalte aus- kleiden, so aus, wie es in dem Übersichtsbild (Fig. 6) wiedergegeben ist, das einen Querschnitt aus der Mitte des Mantelrandes mit ansetzen- dem Periostracum darstellt. Dasselbe liegt hier einem niedrigen kubischen Epithel an (nep), mit dem die organische Membran stets fest verbunden ist. Nach dem Faltengrund werden diese Zellen noch kleiner und laufen schließlich in eine Spitze aus. Nach F. Müller ist dieses Epithel bei Anodonta gerade in der Mitte des Schalenrandes nicht vorhanden, sondern das Periostracum soll sich direkt an die Muskelenden ansetzen, die von der Mantellinie nach den beiden Lappen der Mantelrandfalte verlaufen; nach dem vorderen und hinteren Ende des Mantelrandes gibt er jedoch ein Epithel zu (S. 230). Die Kerne des kubischen Epithels sind deutlich sichtbar, von runder oder ovaler Gestalt. Nach dem Innern des Mantellappens sind die Zellen stets durch eine gut sichtbare Basalmembran gegen die sich anschließenden Bindegewebsmassen und Muskelzüge abgegrenzt. Ein Eindringen von Muskelenden in dieses Epithel bis zum Periostracum, 376 Richard Raßbach, wie es List bei Mytilus beobachtete, findet bei Anodonta nicht statt. Bei der letzten zeigt das Protoplasma der genannten Epithelzellen sass%A\ nep Fig. 6. Übersichtsbild eines Querschnittes durch die Mantelrandfalte (mrf) mit dem jung sich anlegenden Periostracum (pe) an dem niedrigen Epithel (nep). Gegenüber hohes Cylinderepithel (hep). Im Grunde der Falte drüsenartig aussehende Zellen (drz). Vergr. 112 : 1. - ->ep ?W^-:'±^ Fig. 7. Stark vergrößerter Teil der im Grunde der Mantelrandfalte gelegenen Epithelzellen. Vergr. 520:1. eine feine, faserige Struktur, die man besonders deutlich an den Zell- elementen im Grunde der Falte beobachten kann (Fig. 7 nep). T. Tullberg beschreibt bei Mytilus diese Zellen als kleine Elemente mit Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 377 undeutlichen Kernen, deren Formen er erst nach Härtung mit Osmium- säure erkennen konnte. Bemerkenswert ist nach ihm eine Streif ung des Zellinhaltes, die gerade auf der dem Periostracum zugewandten Seite deutlich ist (vgl. S. 21), ähnlich wie es auch Rawitz beschreibt (vgl. III. Teil, S. 196). Ehrenbaum dagegen sah sie als deutlich be- grenzte Gebilde von wechselnder Höhe mit gleichmäßig körneligem Inhalt. Niemals konnte er eine faserige Struktur der Zellen beobachten (S. 38). Das junge Periostracum verläuft nicht immer gleichmäßig an der Oberfläche des kubischen Epithels der Mantelrandfalte entlang, sondern häufig beobachtet man an der organischen Membran Falten, die gegen Fig. 8. Übergang des niedrigen, kubischen Epithels (nep) der Mantelrandfalte in das Epithel der inneren Seite des Mantels (iep). Vergr. 800 : 1. das ihr anliegende Epithel gerichtet sind (Fig. 8 /). Ob diese Fal- tungen künstlich dadurch entstanden sind, daß bei der Konservierung starke Kontraktionen stattgefunden haben, wobei sich der fest mit dem Epithel verbundene jüngste Teil des Periostracums in Falten legen mußte, sei dahingestellt. Jedenfalls ließen sich solche Bilder an allen Präparaten beobachten. Vielleicht dient dieses Ineinandergreifen von Periostracum und Epithel dazu, die Befestigung zwischen den beiden zu erhöhen, was besonders erforderlich erscheint, wenn beim Schließen der Schale der Mantelrand in die Schalenklappen zurückgezogen wird. An der tiefsten Stelle der Mantelrandfalte findet sich gewöhnlich zwischen den kubischen Epithelzellen und den darauf folgenden hohen Cylinderzellen ein Vorsprung, dessen Zellen einen blasigen, drüsenartigen 378 Richard Raßbach, Eindruck machen (Fig. 7 drz). Dieser Komplex besteht aus ungefähr acht bis zehn Zellen, die unregelmäßig in mehreren Schichten über- einander lagern. Sie besitzen einen großen, deutlichen runden Kern. Auf diesen Zellenkomplex folgt das Epithel, welches die dem Periostracum gegenüberliegende Seite der Mantelrandfalte auskleidet. Es zeigt eine ganz andre Beschaffenheit. Man sieht ein typisches Cylinderepithel, das dicht zusammengedrängt erscheint (Fig. 6, 7 lief). In dem basalen Teil der Zellen liegt der langgestreckte Kern; der distale Teil besteht aus dem dichten körneligen Plasma. Die Zellgrenzen sind nur deutlich bei sehr dünnen Schnitten zu erkennen. »Die aneinander gepreßten Zellen bieten beim ersten Anblick das Charakteristische eines Drüsenepithels, besonders ist dies bei größeren ausgewachsenen Exemplaren zu sehen. Oft findet man auch Bilder dieses Epithels, deren Zellen sich nur an ihren Enden berühren, sodaß ein nach zwei Seiten spitz zulaufender Zwischenraum entsteht.« Diese Epithelien, müssen, wie es Moynier de Villepoix beschreibt, »beträchtliche An- schwellungen erreichen, eine Folse übrigens ihrer secretorischen Tätig- en o o ö keit« (vgl. S. 494). Das Epithel behält noch eine kurze Strecke außer- halb der Mantelrandfalte dieses Aussehen bei. Dann werden die Zellen etwas niedriger und breiter, um kurz vor dem Übergang in das Außen- epithel, das die größte Oberfläche des Mantels bedeckt, wieder eine kleine Strecke an Höhe zuzunehmen. An Querschnitten durch junge Muscheln mit Schale ließen sich diese hohen Cylinderzellen des Mantel- außenepithels im Zusammenhang mit der Prismenregion des Schalen- randes beobachten. Es handelt sich also wohl um die Zellen des Mantel- randes, die hier das Material zur Prismenbildung liefern (Fig. 44 pep). Dieselbe Rolle schreibt M. de Villepoix den hohen Cylinderzellen des Mantelaußenepithels zu. In dem Mantelaußenepithel bemerken wir öfters rundliche Zellen mit eosinophilem Inhalt, auf deren genaue Beschreibung erst später im Zusammenhang mit der Besprechung der Zellen der Mantelnaht eingegangen werden soll. Außer den Becher- oder Schleimzellen des Mantelepithels sind noch Einschlüsse von größeren gelben Ballen zu erwähnen, die von einem Amöbocyt aus dem Bindegewebe durch das Epithel nach außen geschafft werden (Fig. 48 gb), wie sie schon von de Beuyxe beschrieben worden sind. Ob diese größeren gelben Massen zum Schalenaufbau benutzt werden, sei dahingestellt, da wir sie in fast gleicher Zahl auch in dem Mantelinnenepithel vorfinden. Das Epithel der Innenseite des Mantels findet man auch häufig mit Pigment ver- sehen, das aus kleinen gelben Körnchen besteht. Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 379 Bei Mytilus fand Tullberg (vgl. S. 21) dort, wo das Periostracum die Mantelfalte verläßt, an dem Übergang des niedrigen, cubischen Epithels in das Mantelinnenepithel, Zellen von blasiger, bindegewebs- artiger Beschaffenheit. Bei Anodonta läßt sich ähnliches nicht beob- achten; der Übergang der Zellen erfolgt allmählich, wie es in Fig. 8 nep wiedergegeben ist. Am Ausgang der Falte strecken sich die kubischen Zellen mehr in die Höhe und sie lassen auch hier noch eine sehr feine streifige Struktur ihres Plasmas erkennen. Die Kerne nehmen eben- falls eine längliche Gestalt an. Das Periostracum läßt sich genau bis an die Zelle verfolgen, mit der es noch in festem Zusammenhang steht. Über das Fortrücken des Periostracums an den Zellen, mit denen es fest verbunden ist, gibt es meines Wissens nur die Angabe Tull- bergs (vgl. S. 28), nach dem es klar erscheint, »daß dies in derselben Weise geschieht wie die Muskeln wandern, und nach meiner Ansicht würden also die äußersten Zellen unaufhörlich resorbiert oder in wirk- liche Cylinderzellen umgebildet werden, je nachdem sich neue Zellen an dem inneren Rande des Periostracums entwickeln. « Die am äußeren Ende des kubischen Epithels befindlichen bindegewebsartigen Zellen bei Mytilus hält Tullberg für Übergänge der eben erwähnten resor- bierten Zellen. Da aber bei Anodonta ähnliches sich nicht beobachten läßt, so kann auch diese Erklärung kaum hier Anwendung finden. Vielleicht findet an dem cubischen Epithel nur eine Loslösung an einigen Stellen statt, so immer noch mit den befestigten Stellen den Zusammen- hang zwischen Periostracum und Weichteilen garantierend. Ist das Periostracum am äußersten Ende der Mantelrandfalte losgelöst, so kann ein Stück der organischen Membran, vielleicht durch die oben erwähnte Faltenbildung begünstigt, herausgeschoben werden. Die Prismenschicht. Unter dem Periostracum liegt in sehr engem Zusammenhang da- mit die Prismenschicht, deren Bildungsstadien man an der die ganze Kalkschale bedeckenden Membran, kurz nachdem diese auf die Ober- seite umgebogen ist, beobachten kann. Man bemerkt hier von der Fläche gesehen auf dem sich immer mehr verdickenden Periostracum Meine, unregelmäßig zerstreute, rundliche Gebilde verschiedener Größe, welche die ersten Anfänge der Prismen darstellen (Fig. 9). Von ihrer Umgebung heben sie sich durch stärkeres Lichtbrechungsvermögen ab, bei hoher Einstellung erscheinen sie heller, bei tiefer Einstellung jedoch dunkler als ihre Umgebung. In der Mitte jedes einzelnen Gebildes findet sich ein Punkt, der sich gerade umgekehrt verhält, und mit der Zeitschrift f. wissenseh. Zoologie. CHI. Bd.. 25 380 Richard Raßbach, Lichtbrechung der oben erwähnten »globules jaunätres« überein- stimmt. Um diesen central gelegenen Punkt befinden sich in jedem einzelnen Prisma konzentrisch angeordnete Kreise (Fig. 9), die je nach der Größe der Prismenanfänge nach der Schalenoberfläche zu an Zahl zunehmen. Wie Biedermann schon beobachtet hat (vgl. S. 37), »über- zeugt man sich bei Betrachtung des Präparates von der äußeren, d. h. der .Schalenoberfläche leicht, daß der kleine Kern eines jeden jungen Prismas in einem höheren, also dem Beschauer näheren Niveau liegt, als die peripheren konzen- trischen Schichten, von denen wieder die äußerste jeweils am weitesten von der Außenfläche des Periostracums entfernt liegt. « Moynier de Villepoix schließt aus seinen Beobachtungen an den Bildungs- stadien der Prismenschicht, daß sich in den jüngsten Prismenanlagen einecolloidale Masse befindet, die aus einem Gemisch von Kalksalzen und Eiweißstoffen besteht. Bei der weiteren Ausbildung der Prismen kristallisiert kohlensaurer Kalk aus, was sich in Form der beschriebenen konzen- in der Flächenansicht bemerkbar macht. Ferner scheidet sich eine organische Membran ab, welche die Conchyolinhülle der Prismen bildet. Bei stärkerer Vergrößerung bemerkt man auch eine zarte radiäre Streif ung der Prismenanfänge (Fig. 10). Der centrale Kern wird mit stärkeren Systemen in winzige Körnchen zerlegt, die eine gelbliche Färbung besitzen. Nach ihrem Aussehen dürften sie aus Periostracum ähnlicher Substanz bestehen. Bei hoher Einstellung, also wenn der centrale Körper dunkel erscheint, sieht man um ihn einen hellen Hof, so daß dann dieser Teil noch mehr an das schon oben angedeutete ähnliche Aussehen der »globules jaunätres« erinnert. Solche Gebilde ließen sich auch an Querschnitten durch die Schale einer jungen Ano- donta von 12 mm Größe in dem obersten der Außenfläche des Perio- stracums zu gelegenen Teile der Prismen beobachten. In Fig. 10« sehen wir einen öfters zu Gesicht kommenden Querschliff durch ein Prisma, bei dem der höchst gelegene centrale Kern weggeschliffen ist. Fig. 9. Flächenansieht junger Prismenan- trischen Kreige lagen am Sehalenrand. Vergr. 368: 1. Beitr. z. Ken ntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 381 Im Innern erblickt man ein Polygon, von dessen Ecken Leisten nach der Peripherie des Prismas zu laufen. Die jüngsten Prismenanlagen haben rundliche Gestalt (Fig. 9). Sie befinden sich am äußersten Ende des Schalenrandes. Nach der Schalen- oberfläche nehmen die Prismen an Größe zu, wodurch sie zusammen- gedrängt erscheinen. Sind die jungen Prismen durch beständiges Dickenwachstum einander noch näher gerückt, so beginnen sie sich gegenseitig abzuplatten. Ehe die Prismenanlagen durch allseitige Berührung in die polygonale Felderung übergehen, wie sie uns ein Querschliff durch eine ausgebildete Prismenschicht zeigt (Fig. 21), Ve Fig. 10 und 10«. Querschliffe durch die oberen Regionen ausgebildeter Prismen. Im Innern von Fig. 10 der cen- tral gelegene Punkt {gl). Vergr. 864 : 1. nehmen sie vielfach unregelmäßige Formen an. Es kommt zu tiefen Einkerbungen des Randes und zeitweise zeigen die Umrißformen ein strahliges, gezacktes Aussehen, wie es noch einmal im Anschluß an die Fig. 32 und 56 zu erwähnen sein wird. Die größten Zacken bleiben auch noch bei der ausgebildeten Prismenschicht erhalten und machen sich dort als nach dem Innern der einzelnen Prismen vorspringende Leisten bemerkbar (Fig. 10, 10«, 21 pel). Diese radiär in manche Prismen vordringende Periostracumleisten stellen sich als Querschnitte von Längssepten in den Prismenscheidewänden heraus. Die Septen verlaufen an dem nach der Perlmutterschicht zugewandten Teile der Prismen ungefähr parallel der Längsachse derselben, während sie nach dem entgegengesetzten äußeren Ende zu konvergieren (Fig. 11, 12 pel). Auch Biedermann hat diese Längsleisten beobachtet, welche von der Peripherie mehr oder weniger tief in die Substanz der Prismen ein- schneiden und so eine Art von Kanellierung oder Faltung derselben erzeugen, die aber niemals die Prismenachse erreichen. An Längsschnitten durch junge Prismenanlagen bemerkt man, 382 Richard Raßbach, daß diese mit ihrem abgerundeten äußeren, der Schalenoberfläche zugewandten Ende in der Periostracumsubstanz stecken (Fig. 11, 12). Den äußersten Teil nimmt die Stelle ein, die in der Aufsicht als central gelegenes, stärker lichtbrechendes Centrum zu erkennen war. Die in der Flächenansicht beschriebenen konzentrischen Kreise zeigen sich im Längsschnitt als rundliche Scheibchen, die an einer bestimmten Stelle ihren größten Durchmesser erreichen (Fig. 11, 12). Die nächstfolgen- den Schichten werden bis zu einer bestimmten Region wieder kleiner. Dieser äußere, kugelige Teil der jungen Prismen, der aus dünnen Scheib- chen zusammengesetzt erscheint, zei<>t gewöhnlich ein helleres Aus- ce/ e pe ~^t— Fig. 11. Fig. 12. i ängsschnitte durch junge Prismenanlagen. Fig. 12 stellt die Kombination zweier nahe aneinander- liegender Prismen dar. Vergr. 800 : 1. sehen. Die sich anschließende Partie besitzt meist die dunkelgelbe bis braune Färbung des Periostracums und stellt die Umhüllung des inneren nach der Schaleninnenfläche zu gelegenen Teiles der jungen Prismen dar. Die organische Querscheidewand ist längs und quer in dickere und dünnere Conchyolinleisten differenziert. Die Längsleisten entsprechen den oben erwähnten Gebilden, die an Flächenschliffen als radiär in das Innere der Prismen vorspringende Falten zu sehen sind, während die den beiden Außenflächen des Periostracums parallel laufenden Verdickungen mit den später noch ausführlich zu bespre- chenden Querstreifungen der Prismen identisch sind. Im ausgebildeten Zustand tritt der nach der Außenfläche der Schale zugewandte hellere, kugelige Teil der Prismen zurück und macht einer sanften Abrundimg Platz, die eine entsprechende Aushöhlung des Periostracums einnimmt, öfters beobachtet man bei jungen Prismen eine Verschmelzung- benachbarter Anlagen (Fig. 9). Nach Biedermann (vgl. S. 37) »ge>- schieht dies regelmäßig, wenn zwei noch in die Dicke wachsende junge Prismen so nahe zu liegen kommen, daß sie sich zunächst nur an einem Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 383 Punkte berühren. Durch weitere Kalkablagerungen entsteht dann eine flächenhafte Berührung und man erhält vielfach Bilder, welche lebhaft an sich teilende Zellen erinnern.« Diese Bilder erinnern in der Aufsicht auch an die Kombination zweier oder mehrerer Stärke- körner, besonders wenn man noch die radiäre Streifung der jungen Prismenanlagen in Betracht zieht. In Fig. 12 haben wir eine Ansicht solcher Bildungen, wie diese sich uns im Längsschnitt zeigen. Nach der Entkalkung eines Stückes vom Schalenrand mit jungen Prismenanlagen bleiben die Strukturverhältnisse zum größten Teil erhalten. »Insbesondere erscheint die konzentrische Schichtung der jungen Prismen in der Flächenansicht außerordentlich deutlich und schon bei den aller jüngsten Anlagen insofern angedeutet, als dieselben bei einer gewissen Einstellung im Centrum ein Pünktchen erkennen lassen, welches vor Entfernung des Kalkes nicht sichtbar war und offenbar den allerersten Beginn der Ablagerung markiert. Es darf hier nicht unerwähnt bleiben, daß während und vor der Entkalkung die jüngsten Prismenformen bei hoher Einstellung heller, bei tiefer dunkler als die Umgebung erscheinen, sich dies nach Entfernung des Kalkes gerade umgekehrt verhält. Sehr deutlich läßt sich wieder die Tatsache konstatieren, daß in jedem Falle, wo bereits mehrere kon- zentrische Ringe entwickelt sind, dieselben niemals bei einer bestimmten Einstellung gleich deutlich erscheinen und daher auch nicht in einer Ebene gelegen sein können« (vgl. S. 38). Daß der central gelegene Kern der jungen Prismen auch schon vor der Entkalkung an geeigneten Schliffen zu sehen ist, ebenso an Totalpräparaten ist schon früher erwähnt worden. Von der Richtigkeit der Beobachtungen von Bieder- mann an Flächenansichten kann man sich leicht an den Längsschnitt- bildern (Fig. 11 u. 12), die er wohl noch nicht gekannt hat, überzeugen. »Stets liegt bei Betrachtung von der Außenseite der Schale her der innerste kleinste Kreis dem Beschauer zunächst, und man muß den Tubus um so tiefer senken, einen je weiter nach außen gelegenen Ring man scharf sehen will« (vgl. S. 38). An den Flächenansichten der jung sich anlegenden Prismen be- merkt man um den central gelegenen Punkt einen hellen, stärker her- vortretenden Ring, der bei den größer werdenden Prismen ebenfalls an Umfang zunimmt (Fig. 9). Dieser hellere Kreis entspricht im Längs- schnitt durch die Bildungsstadien der Stelle, wo an dem oberen helleren Teil des Prismas sich der an die organische Masse angrenzende engste Durchmesser befindet (Fig. 11 u. 12). Dieser Teil erweitert sich beim Größerwerden der Prismen immer mehr, so daß in der Aufsicht gesehen, 384 Richard Raßbach, der hellere Kreis einen größeren Durchmesser annimmt, der schließlieh mit der die Prismen peripher umgebenden Hülle zusammenfällt, so daß völlig ausgebildete Stadien von der Fläche ohne Unterschied der Helligkeit in ihrem ganzen Durchmesser erscheinen. Sind die jungen Prismen so nahe aneinander gerückt, daß sie die schon erwähnte polygonale Felderimg bilden, so kann natürlich ein Wachstum in die Dicke nicht mehr erfolgen, sondern die weiter ange- lagerten Substanzen werden nur noch dazu verwendet, die Prismen in der Länge zu vergrößern. Im Querschliff betrachtet, haben die Prismen das ihren Namen verdankende Aussehen. Sie sitzen dicht gedrängt nebeneinander und pm Fig. 13. Schalenquerschliff. Vergr. 144 : 1. sind stets voneinander auf allen Seiten durch Conchyolinmembranen getrennt, die mit dem Periostracum der Schalenoberfläche in direktem Zusammenhang stehen (Fig. 13). An entkalkten Flächenschliffen kann man sich, besonders wenn man durch Verschiebung des Präparates eine etwas seitliche Ansicht bekommt, leicht von dem Vorhandensein einer die Prismen allseitig umhüllenden organischen Membran über- zeugen. Wegen dieses Baues sind die Prismen von Leydig als »Kalk- säckchen« bezeichnet worden. Teils stehen sie senkrecht, teils aber etwas geneigt zur Horizontalen. Es finden sich sowohl kürzere ge- drungene Prismen als auch lange schmale Individuen. Während die meisten Prismen durch die ganze Dicke der Schicht hindurchgehen, indem sie nach dem Innern etwas an Umfang zunehmen, finden sich auch solche, welche die Innenseite der Prismenschicht nicht erreichen, Beitr. z. Kenntnis d. (Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 385 sondern mehr oder weniger tief endigen, indem sie sich nach dieser Seite zuspitzen. In Fig. 14 sehen wir ein solches in isoliertem Zu- stande wiedergegeben. Die spitz endigenden Prismen kommen auf folgende Weise zustande. An der Periostracumschicht wird eine be- stimmte Anzahl Prismen angelegt. Im Verlaufe des Längenwachstums nach der Perlmutterschicht zu werden nicht alle Prismen in gleicher Stärke weiter gebildet, sondern einige in ihrem Wachstum unterdrückt. Diese Prismen spitzen sich dann zu und endigen an verschiedenen Stellen innerhalb der Prismenschicht. Die spitz zulaufenden Elemente der Prismenschicht haben eine Besonderheit aufzuweisen, die später bei der Besprechung des Flächenschliffs ausführlich behan- delt werden soll. Bei stärkerer Vergrößerung bemerkt man, daß die Prismen eine Querstreifung zeigen, die etwas gebogen zur senkrecht stehenden Prismenachse verläuft. Diese Struktur kann man von dem Perio- stracum schräg nach unten vom Schalenrand nach dem Innern der Schale bis zu den Perlmutter- lamellen verfolgen (Fig. 14). Die Querstreifen zei- gen sich als dunkle von ihrer Umgebung abge- hobene Linien, die bald in engeren oder etwas weiteren Abständen von einander verlaufen. Die Streifen lassen sich durch die ganze Prismenlage zusammenhängend verfolgen, woraus Biedermann sehr richtig schließt, »daß sich die Gleichzeitigkeit der Bildung dieser Strukturen ohne weiteres ergibt «. Bei dieser Schichtung handelt es sich »um eine Aufeinanderfolge phy- sikalisch und, wie gleich hinzugefügt sei, auch chemisch verschiedener Stoffe, welche wie die Verdickungsschichten einer Pflanzenzellen- membran successive von innen her abgelagert wird« (vgl. S. 13). In wieweit dies letztere seine Kichtigkeit hat, werden wir aus den weiteren Erörterungen ersehen. Die breiteren Querstreifen, deren Ursprung das Periostracum selbst ist, bilden an den Prismenhüllen besonders deutliche Verdickungen mit denselben, was man gut an geeigneten entkalkten Querschliffen beobachten kann. Nathusius von Königsborn nahm an, daß diese Querstreifung der optische Ausdruck ist von feinen quer durch die Prismen laufenden Membranen, die jedes Prisma in »ein System über- einanderliegender dünne Scheibchen zerlegen, welche durch parallel Fig. 14. Isoliertes, nach der Perl- mutterschicht spitz zu- laufendes Prisma. Vergr. 640 : 1. 386 Richard Raßbach, gespannte Membranen gesondert sind« (vgl. S. 89). Auch will er von der Flächenansicht her auf den durch die Prismen laufenden organischen Lamellen Hohlräumchen gesehen haben. Daß es solche nicht sein können, werden wir im Verlauf der weiteren Untersuchung erkennen. Dieselbe Ansicht vertritt von Gümbel. »Die Querwände in den Prismen rühren daher, daß an den Wänden stellenweise quer über Zwischenwände von sehr dünnen Häuten angesetzt sind. Ich habe mich an entkalkten zerfetzten Exemplaren auf das Bestimmteste von diesen Querwänden überzeugt. Höchst bemerkenswert ist die feine Textur dieser Querwände, welche nach dem Ätzen neben unregel- mäßigen Fältchen mit kleinsten netzförmigen meist eckigen Grübchen dicht besetzt erscheinen, vor dem Atzen aber fein punktiert erscheinen« (vgl. S. 390). Diese »Grübchen« stimmen wohl mit den »Hohlräum- chen« von Nathusius von Königsborn überein. Leider hat von Güm- bel keine Zeichnung hiervon gegeben, an der man sich hätte orien- tieren können. Auf die eben erwähnten Gebilde wird ebenfalls noch einmal zurückgekommen werden. Bei der Querstreifung der Prismen konnte sich Biedermann nicht mit Sicherheit davon überzeugen, »ob es sich hier um den optischen Ausdruck von organischen Querscheiben handelt, welche die ganze Dicke der betreffenden Prismen von Stelle zu Stelle durchsetzen oder nur um ein Strukturverhältnis der organischen Längswände der Pris- men.« Die Resultate seiner optischen Untersuchungen »sprechen so weit es sich um die feineren und feinsten Querstreifen handelt, ent- schieden für die letztere Annahme, obwohl es keinem Zweifel unter- worfen sein kann, daß gewisse dickere Querlinien in der Tat organischen Querscheidewänden entsprechen, die längere Segmente der Prismen voneinander trennen« (vgl. S. 14 u. 15). Selten erscheinen die Querstreifen geradlinig, sondern sie sind meistens etwas gekrümmt, so daß sie in der Längsrichtung der einzelnen Prismen ein System konzentrisch aufeinanderfolgende Kreise dar- stellen, die sich im Querschliff durch die Schale uns natürlich nur in Gestalt von schwach gekrümmten Bogen zeigen (Fig. 14). Diese Streifen machen schon so den Eindruck, als ob sie den umhüllenden Conchyolinmembranen angehören und nicht im Innern der Prismen in Form von organischen Querscheidewänden liegen. Stellt man bei starker Vergrößerung den Tubus auf den mittleren Teil eines Prismas ein, d. h. auf die Stelle, wo sich in seinem Innern die horizontale und verticale Achse schneiden würden, so sieht man an dieser Stelle die Querlinien sehr undeutlich oder überhaupt nicht, während die Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 387 Streifen in der Peripherie des Prismas stets deutlich hervortreten. Diese Beobachtung macht die Ansicht wahrscheinlicher, daß die Quer- streifung der Prismen durch eine Struktur, in Form von ringförmigen Verdickungen, in der umhüllenden Membran hervorgerufen wird. An Querschnitten durch die Schale, die nach Heidenhain gefärbt waren, traten die Streifen der Prismenwände deutlich gefärbt hervor, während die übrigen Teile der die Prismen umgebenden Membranen ungefärbt blieben. Weiter konnte man sich sehr deutlich von den ringförmigen Verdickungen der Prismenhüllen überzeugen, besonders an den Stellen, wo diese im Querschnitt ge- troffen, knotenartige Verdickungen mit den längs getroffenen Prismenwänden bildeten. Nach 0. Römer entsteht ähnlich wie bei Biedermann die verschiedene Helligkeit der Prismenteile zwischen den einzelnen Streifen dadurch, »daß diese Querlinien durch Auf- einanderfolge von Zonen der Prismensubstanz entstehen, die sich durch verschieden helles Aussehen, d. h. durch etwas verschiedenes Lichtbrechungsvermögen voneinander unter- scheiden. Zuweilen liegt zwischen zwei solchen Zonen noch eine feine, gleichsam aus dunklen Körnchen zusammengesetzte Grenzlinie« (vgl. S. 441). Diese »Körnchen« dürften mit den früher von Nathusius v. Königsborn und Gümbel erwähnten Gebilden identisch sein. An isolierten Prismen kann man gut die feinsten Strukturen erkennen. Die Ränder be- sitzen größere und weniger tiefe Kerben, die den ringförmigen Verdickungen der umhül- lenden ^Membranen entsprechen (Fig. 15), wie es auch Römer schon beobachtet hat. »Die Umrisse der Prismen sind nicht immer ganz glatt, sondern sie erscheinen wellig, bisweilen auch zackig. Wenn dies nicht eine Wirkung der Kalilauge sein sollte — und ich habe allen Grund künstliche Verände- rungen an diesen Objekten zu bestreiten — so darf man hier wohl an die aufeinandergesetzten Scheiben bei Margaritana denken und an- nehmen, daß die welligen Konturen der Anodonta-V rismen auf den gleichen Bauverhältnissen beruhen« (vgl. S. 442). In Fig. 15 rv sehen wir eine Lücke, die vor der Behandlung mit Fig. 15. Isolierte Prismengrupne, welche deutlich die Einschnürungen zeigt (rv), welche durch stärkere ring- örmige Verdickungen der Pris- menscheidewände hervorgerufen werden. Vergr. 240 : 1. 388 Richard Raßbach, Kalilauge von Conchyolin erfüllt war, und hier eine der besprochenen Verdickungen mit der vertical verlaufenden Prismenhülle gebildet hatte. Würden die organischen Massen an solchen Stellen quer durch die Prismen hindurch gehen, so könnten Bilder, wie Fig. 15 eins wieder- gibt, nicht zustande kommen. Der obere Kopf würde sich vollständig ablösen, was sich jedoch niemals bei diesen häufig anzutreffenden Bil- dern isolierter Prismen, die nur mit Kalilauge behandelt waren, beob- achten ließ. Gehen diese stärkere Conckyolinstreifen nicht durch die Prismen, so kann man wohl außer den oben schon angeführten Gründen annehmen, daß die feineren und feinsten Streifen erst recht nicht die Prismen als Querscheidewände durchziehen. Ein Prisma besteht also in seinem Innern nur aus einer zusammengesetzten Kalkmasse. Bei Gelegenheit ist schon darauf hingewiesen worden, daß die dickeren Querstreifen ihren Ursprung in dem äußeren die Schale be- deckenden Periostracum nehmen. Sie verlaufen schräg nach unten in das Innere der Schale, und sie werden dabei immer dünner. Für diese Conchyolinstreifen nimmt Biedermann an, »daß sie tatsächlich organischen Querscheiben entsprechen.« Dies ist wohl nur an dem ganz nahe dem äußeren Periostracum, das die Schale überzieht, ge- legenen Teile der Fall. An diesem Ende sehen wir junge Prismen als kleine rundliche helle Stellen in dem Conchyolin liegen. Wir können aber hier nicht sagen, daß die durch das Periostracum getrennten Teile zueinandergehörige Stücke ein und desselben Prismas seien, sondern in einer bestimmten Zone hörte die Bildung der Prismen auf, und es erfolgte eine Ablagerung von Conchyolin, in der die darauf folgenden Prismen wieder neu angelegt werden mußten. An solchen stärkeren Periostracummassen, die in das Innere der Prismenschicht einstreichen, setzt sich oftmals, wenn die Perlmutter- schicht erreicht ist, die prismatische Gliederung in das Innere der letzteren fort, hier »eine auskeilende Prismenschicht« bildend, wie es Biedermann bezeichnet hat (Fig. 16 apr). Ehe der Übergang in die Perlmutterschicht stattfindet, sehen wir schon nach dem inneren Ende der Prismenschicht eine größere Ablagerung von Conchyolin in Gestalt von kleinen Längssepten. Dann wird die Bildimg derselben zahlreicher, je mehr die auskeilende Prismenschicht in die Peilmutter- schicht übergeht. Gleichzeitig werden die Septen der einzelnen kleinen Prismen immer kleiner und undeutlicher in kleinen körneligen oder auch klumpigen Ansammlungen von Conchyolin abgelagert, die schließ- lich, je weiter wir sie nach dem Innern der Perlmutter verfolgen, voll- ständig verschwinden. Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Sckalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 389 Nathusius von Königsborn und Biedermann haben an Schliffen der Schale von Meleagrina festgestellt, daß sich zwischen den Lamellen der Prismen Hohlräume befinden, und zwar beobachtete letzterer, »daß an entkalkten Querschliffen unter Glyzerin beobachtet die Quer- streifen als helle Spalten hervortreten, und ein eventueller Zweifel wird dadurch behoben, daß den Spalten entsprechend an zahlreichen Stellen des Präparates eine wirkliche Trennung der Conchyolinhülse in übereinanderliegende ring- oder gürtelförmige Segmente erfolgt ist.« »Es scheint dies darauf hinzuweisen, daß diese ziemlich gleich breiten Streifen schon ursprünglich ganz voneinandergetrennte Gürtel dar- .■~»ci.= ; • ■ ^ä'"')??!!'!?] pm Fig. 16. Entkalkter Querschliff der Schale mit auskeilender Prismenlage (apr). Vergr. 108 : 1. stellen, deren schmale Zwischenräume sich leicht mit Luft füllen« (vgl. S. 16). Diese Spalten benachbarter Prismenwände stoßen genau aufeinander und »daß es daher auf diese Weise zur Entstehung ganz schmaler ringförmiger Lücken, Spalten, innerhalb der gemeinsamen Zwischensubstanz kommen muß, ist nicht zu bezweifeln« (vgl. S. 17). »Neben den ringsum laufenden Spalten finden sich in den organischen Prismenscheidewänden bei Meleagrina an vielen Stellen auch runde lufterfüllte Hohlräume von wechselnder Größe, welche oft sehr dicht beisammen stehen und dann ganze Strecken der Prismen wie punktiert erscheinen lassen.« Solche lufterfüllte Hohlräume, wie eben beschrieben, ließen sich an der Schale von Anodonta niemals feststellen. Doch an vielen Stellen von Schliffpräparaten lassen sich Bilder beobachten, die lebhaft an 390 Richard Raßbach, die zuletzt besprochenen von Biedermann gemachten Angaben er- innern. An manchen Prismen bemerkt man, ähnlich wie dieser in Fig. 8 seiner Arbeit es abgebildet hat, kleine rundliche Gebilde von wechselnder Größe und gelblicher Farbe. Zeitweise folgen diese Körperchen den Linien, die durch die Querstreifung der Prismenum- hüllung hervorgebracht werden; sie können auch durch zahlreiches Auftreten eine Färbung hervorrufen (Fig. 17 cok). Manchmal findet man sie zu zweien oder mehreren verschmolzen. Bei sehr starken cok Fig. 17. Querschliff durch die Schale mit C'onchyolinkügelchen (cok) an den Prismenscheidewänden. Vergr. 240 : 1. Vergrößerungen kann man stellenweise eine schwach angedeutete konzentrische Struktur in ihrem Innern erkennen, die es ebenso wie die vorher schon erwähnte Farbe ausschließt, daß wir es hier mit »lufterfüllten Hohlräumchen« zu tun haben. Bei hoher Einstellung erscheinen sie dunkel, bei tiefer Einstellung hell und bei größeren Exemplaren erscheint der central gelegene Teil lichtbrechend. In ihrem ganzen Äußeren erinnern sie an die früher erwähnten »matt bläulichen, runden Kügelchen« von F. Müller. An den oberen der Schalenaußenfläche zugewandten Teilen mancher Prismen zeigen sich öfters größere Ansammlungen solcher gelber Kügelchen; sie nehmen den ganzen oberen abgerundeten Teil ein und Beitr. z. Kenntnis d. .Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 391 cok bestehen augenscheinlich aus Conchyolinsubstanz (Fig. 18 cok). In ihrer Gesamtheit rufen sie eine gelbe bis braune Färbung hervor. Ferner erkennt man an solchen isolierten Prismen, daß die zerstreut liegenden gelben Kügelchen sich nicht in ihrem Innern, sondern außen auf den Prismenscheidewänden befinden, besonders gilt dies für die Conchyolin- körperchen, die gerade an dem Rande liegen und dort im Profil erschei- nen. An entkalkten Schliffen waren diese Gebilde viel seltener zu sehen und zwar, wohl nur aus dem Grunde, weil sie sich nicht genügend von dem übrigen Conchyolin abhoben. Die gelben Küoelchen sind wohl mit den oben erwähnten Hohlräumchen von Nathusius von Königsborn und den Grübchen von v. Gümbel identisch, die ja allerdings bei ihnen an den quer durch die Prismen laufenden Membranen zu finden sein sollen. Wahrscheinlich sind diese Gebilde an schräg stehenden Prismenwänden von sich zuspitzenden Prismen von der Aufsicht aus beobachtet worden, oder von v. Gümbel bei einem entkalkten Schliff, dessen Prismenhüllen zum Teil umgelegt waren, und sich dem Be- schauer dann in der Flächenansicht gezeigt haben. Auch 0. Römer hat an den Prismen- kuppen solche Gebilde gefunden, die er folgender- maßen beschreibt : » Das Ende der Prismen ist bisweilen braun gefärbt, was von anhaftendem Conchyolin herrühren dürfte. Dieser gefärbte Teil geht manchmal ganz allmählich in den ungefärbten über, manchmal ist er scharf abgesetzt, zuweilen derart, daß eine kleine braune Scheibe sich durch eine scharfe Einschnürung von der ungefärbten Substanz abhebt« (vgl. S. 442). Außer den eben beschriebenen gelben Conchyolinkügelchen fanden sich an manchen isolierten Prismen, ebenfalls auf der Außenfläche, die Gebilde, die früher als »globules jaunätres« beschrieben worden sind (Fig. 19 gl). Wir finden hier wieder einen centralen Teil, der bei gewisser Einstellung deutlich hervortritt, ferner ließ sich bei hoher Einstellung auch der helle Saum beobachten. Diese Gebilde zeigen sich an den Prismen viel deutlicher, da sie sich von dem hellen Unter- grund besser abheben. Zu erwähnen ist schließlich noch eine längsstreifige Struktur der Prismen, die an Schliffen zurücktritt, aber an isolierten Prismen recht Fig. 18. Isoliertes Prisma, dem Con- chyolinkügelchen (cok) an abgerundete äußere , >Si f^"^^ >)rO *° nach Biedekmann folgendes beob- k^^^fel^l^^ achten. »Man bemerkt bei Be- ^^^r^^^-^^^t^^S- trachtung des Schalenrandes von 1^sV-^^*7(n (^ cs~^y^> innen her in sehr vielen, man kann ^^^^äcl^J^S* sagen vielleicht in der Mehrzahl i-tk^ffe^^V^T^^? der Fälle, dicht unter den jüngsten Perlmutterschichten ein System dunkler, mäandrischer Linien von ziemlicher Breite und dunkler Fär- bung. So ohne weiteres ist es nicht ganz leicht, sich über die wirkliche Lage derselben zu orientieren, und £• man könnte sie bei Anwendung ~~ier auskeilenden Prismenlage. , .. , „. , vergr. 204 : i. schwächerer Systeme ebenso gut über wie unter der dünnen und durchsichtigen Perlmutterlage befindlich ansehen. Bei stärkerer Vergrößerung freilich überzeugt man sich sofort, daß es sich im gegebenen Falle um eine besondere Struktur der Prismenschicht handelt.« »Man sieht, wie sich das gewöhnliche Bild der Prismen- Flächenansicht einer auskeilenden Prismenlage. Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 399 querschnitte vom Rande her nach innen in höchst charakteristi- scher Weise verändert (Fig. 23). Es handelt sich dabei vor allem darum, daß die Kalkmasse der Prismen in immer reichlicherem Maße von organischer Substanz durchsetzt wird. Zunächst entwickeln sich nur von einer oder wenigen Stellen der Peripherie dünne Septen, oder es bildet sich ein organischer Achsenstrang. Indem weiterhin derartige Bildungen reichlicher auftreten, verlieren die Prismen schließ- lich vollständig ihren einheitlichen individuellen Charakter und er- scheinen aufgelöst in ein System gefalteter Kalklamellen, deren Quer- schnitt ein Bild liefert, welches im kleinen lebhaft an die gefaltete Oberfläche des Großhirns erinnert, wobei die Furchen der organischen Zwischensubstanz, die Windungen aber der Kalkmasse entsprechen« (vgl. S. 22 u. 23). Der Beschreibung dieser Strukturen an und für sich ist kaum etwas hinzuzufügen. Doch der Erklärung, daß es sich um eine besondere Struktur der Prismenschicht handle, deren Kalk- masse immer mehr mit organischer Substanz durchsetzt wird, kann man nicht beistimmen. Wie oben schon klar gelegt wurde, besitzen die Prismen in ihrem Innern, außer Pigment, keine organische Substanz. Es handelt sich hierbei nur, wie Biedekmann später auch bemerkt, um auskeilende Prismenschichten von der Fläche gesehen, wie wir solche in (Fig. 16 apr) im Querschnitte beschrieben haben. Die Perlmutterschicht. Der äußerste Rand der Schale wird vom Periostracum gebildet, dem von innen her die Prismen angelagert sind. Diese beiden Schichten bilden in einer schmalen Zone allein den Schalenrand (Fig. 24). In einiger Entfernung, die je nach dem Alter der Tiere etwa 0,5 — 3 mm beträgt, werden dann der Prismenschicht die Perlmutterlamellen angefügt. An einem Querschliff durch eine ganze Schalenhälfte läßt sich erkennen, daß die Dicke der Perlmutterschicht von dem Rücken nach dem Schalenrande immer mehr abnimmt, um kurz vor seinem freien Ende ganz aufzuhören. Die beiden Figuren 24 und 24a stellen die beiden äußersten Enden eines solchen Querschliffes dar; sie zeigen uns die Stärkeverhältnisse der einzelnen Schalenschichten an verschiedenen Regionen. Weiter erkennt man, daß die Perlmutterschicht da am dicksten ist, wo die Prismenlage ihre geringste Stärke im Querschliff zeigt (Fig. 24a). In dieser gegen den Wirbel zu gelegenen Partie wurden die Prismen von dem Mantelrand des Tieres gebildet, als es sich in noch jugendlichen Stadien befand, während die Perlmutterschicht dieser Gegend stets durch Anlagerung von neuem Material auch in 400 Richard Raßbach, älteren Stadien verdickt wird. Die Stärke des Periostracums verhält sich ebenfalls wie die der Prismen, sodaß wir nach dem Umbo hin eine viel dünnere organische Schicht vorfinden als am Schalenrande. Hieraus erklärt sich auch die leichtere Zerstörbarkeit des Periostracums in der Wirbelgegend, so daß wir sehr selten ältere Schalen finden, die dort ihren ursprünglichen organischen Überzug noch besitzen. Die Perlmutterschicht ist in ihrem äußeren Aussehen und in ihrem Bau sehr verschieden von der Prismenschicht. In einem Querschliff erkennt man eine feine lamelläre Schichtung, die der inneren Schalen- fläche parallel läuft. Diese Lamellen gehen allmählich in die Quer- ■ pr pm Fig. 24. Die beiden äußersten Enden ein und desselben Querschliffs durch eine Schalenhälfte, welche die ungleiche Stärke der einzelnen Schalenschichten in den verschiedenen Wachstumsregionen zeigt. Vergr. 26 : L. streifung der Prismen über, was besonders gut am Schalenrande zu beobachten ist (Fig. 24). Die Perlmutterschicht besitzt zarte Conchyo- linmembranen, die der lamellären Struktur entsprechen. Zum Unter- schied aller übrigen organischen Bestandteile der Schale färben sich die äußerst feinen Häute der Perlmutterschicht mit Hämatoxylin blau. Zwischen den Lamellen findet sich Kalk eingelagert, der sich nach Moynier de Villepoix dort amorph vorfinden soll, während andre Autoren, wie G. Rose, annehmen, daß er kristallinisch ist. Außer dieser lamellären Anordnung bemerkt man an Querschliffen eine zweite Streifung, die allerdings nicht ganz so deutlich hervortritt und die in einem Winkel von etwa 45° gegen die erste Streif ung verläuft. Wenn eine der Schaleninnenfläche parallele Lamelle den einen Schenkel des Winkels bildet, so liegt der andre dem Wirbel der Schale zugeneigt, so daß die zweite Streif ung von der Außenseite der Schale schräg nach Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 401 der Innenfläche der Perlmutter zu verläuft (Fig. 14). Diese Struktur ist schon von Nathusius von Königsborn und später noch von andern Autoren gesehen worden, während sie Biedermann merkwürdigerweise gerade bei Anodonta nicht feststellen konnte. An manchen Stellen von Querschliffen reichen Periostracum- schichten mit ansetzenden Prismenlagen bis in die Perlmutterlamellen hinein; wir haben diese als »auskeilende Prismenschichten« kennen gelernt. Ferner finden sich parallel zur Innenfläche der Schale zwischen Perlmutterlamellen die von Tullberg benannten »braunen Schichten«, die aus Periostracumsubstanz bestehen. Diese kann man auf weite Strecken von dem Ligament bis zum Schalenrand hin verfolgen (Fig. 42, 64). Nach diesem Befund spricht schon Tullberg den Gedanken aus, daß die Manteloberfläche imstande ist, verschiedene Schalenschichten zu bilden. Die Ansicht eines Perlmutterquerschliffes beschreibt Ehrenbaum folgendermaßen (S. 11): »Man bemerkt hier regelmäßig als Ausdruck einer lamellären Schichtung Systeme von äußerst zahlreichen, fast ganz gerade und parallel miteinander verlaufenden Linien, die bei ihren geringen Abständen voneinander oft eine solche Feinheit zeigen, daß sie jeder Wiedergabe durch die Zeichnung zu spotten scheinen.« Stellenweise sind diese Linien durch Querwände unterbrochen, die dem Ganzen »ein auffälliges backsteinähnliches Aussehen verleihen«. Dieses letzterwähnte Strukturverhältnis soll mit einer durchgehenden prismatischen Gliederung der Perlmutterschicht im engsten Zusammen- hang stehen. Ein »backsteinähnliches Aussehen«, wie es Ehrenbaum bei My- tilus und Römer bei Margaritana feststellte, ließ sich auf meinen Schliffen durch die Perlmutterschicht von Anodonta nicht zur An- schauung bringen, ebensowenig wie die »linsenförmigen Hohlräumchen« die teilweise noch durch feine Kanälchen verbunden sind, wie es Römer auf Taf. XXX, Fig. 11 und 12, abgebildet hat. Eine prismatische Gliederung der Perlmutterschicht, wie sie Ehrenbaum annimmt, kann bei Anodonta nicht zugegeben werden, aus Gründen, die wir später noch anzuführen haben. Tullberg führt die gegen die Lamellen schief gerichteten Streifen der Perlmutterschicht auf »äußerst feine Kanäle zurück, die auf trockenen Präparaten mit Luft gefüllt sind und dann bei durchfallen- dem Licht als dunkle gegen die Schicht winkelrechte Linien erscheinen « (vgl. S. 18). Zu bemerken ist hier noch, daß auf entkalkten Schnitten v n 4Ü2 Richard Raßbach, der schrägen Streifung der Perlmutterschicht nichts mehr zu sehen ist, so daß diese Struktur nicht von der Anordnung organischer Be- standteile, sondern wohl nur von der des eingelagerten kohlensauren Kalkes abhängen kann. Die Perlmutterschicht ist also aus zahlreichen feinsten Conchyolinlamellen mit Kalkeinlagerungen zusammengesetzt, die regelmäßig alternieren, und deren Zahl ständig mit dem Alter der einzelnen Tiere wächst. In einem Flächenschliff durch die Perlmutterschicht bemerkt man ein System feiner wellig gebogener Linien, die einander parallel ge- richtet sind (Fig. 25), teils gerade Strecken, teils in sich zurücklaufende Kurven bilden. Nach Biedermann kommt ein solches charakteristi- sches Bild eines Perlmutterflächenschliffes auf folgende Weise zustande. Jede der vielen parallel zueinander verlaufenden Lamellen der Perlmutterschicht wird » eben und ungef altet abgelagert , und zwar entgegen der Behauptung Ehren- baums als kontinuierliche Schichten«. Die Lamellen der Perlmuttersubstanz überziehen nun » nicht eine ebene son- dern eine gekrümmte Fläche. Dazu kommt noch, daß vom Schloßrande, als dem ältesten Schalenteil der Muschel, aus- gehend, jede folgende neu gebildete Lamelle merklich über die nächst vorhergehende übergreift. Dementsprechend ist die Perlmutterschicht in der Wirbelhöhlung der Schale am dicksten, am Schalenrand am dünn- sten. Das Übergreifen der Lamellen bezwecks ganzer Lamellensysteme erfolgt nun, wie man sich leicht durch Betrachtung der Perlmutterlage nach Abschleifen der Prismenschicht überzeugen kann, keineswegs in einer dem Schalenrande genau parallelen Linie, sondern es verläuft der Rand der Lamellen vielfach unregelmäßig geschwungen oder gezackt. Es ist klar, daß unter diesen Umständen jeder Flächenschliff durch die Perlmuttersubstanz ein System konzentrischer, untereinander paral- leler Linien wird darbieten müssen, welche am Rand des Schliffes be- sonders dicht stehen und teils den natürlichen Rändern entsprechen« (vgl. S. 24). Dieser Auffassung Biedermanns kann man sich kaum anschließen, da, wie es schon oben beschrieben worden ist, am Schalen- rand die Lamellen der Perlmutterschicht allmählich in die Querstrei- fung der Prismen übergehen (Fig. 24). Nach dieser Ansicht kann es keine »natürlichen Ränder« der Perlmutterschicht geben, was auch Fig. 25. Perlmutterflächenschliff. Vergr. 204: 1. Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 403 nur durch eine scharf begrenzte Epithelzone, die ausschließlich Perl- muttersubstanz produziert, bedingt sein müßte. Eine solche mit be- stimmten Grenzen ist aber nicht vorhanden. Die scheinbaren Ränder der Perlmuttersubstanz, die man nach Abschleifen der Prismenschicht beobachten kann, werden nur durch unsre unvollkommenen Schleif- methoden hervorgerufen. Auch die Erklärung, daß das charakteristische Bild eines Perlmutterflächenschliffes dadurch bedingt wird, daß die Lamellen eine gekrümmte Fläche überziehen, kann aus folgenden Erwägungen nicht in Betracht kommen. Bei einem Flächenschliff, den wir betrachten, greifen wir nur ein sehr kleines Stückchen der Perlmutterschicht heraus, für das der Verlauf der Lamellen und erst recht bei der starken Vergrößerung, wodurch wir eine noch viel kleinere Partie beobachten, als ebene Fläche angenommen werden muß. Unsre Schleifmethoden sind jedoch im Verhältnis zu den sehr dünnen Schichten der Perlmutter so unvollkommen, daß wir nicht imstande sind, den Flächenschliff absolut parallel zu den äußerst feinen Lamellen zu führen, eine Ansicht, die sich der von Römer geäußerten, nähert. Hieraus erklärt sich auch leicht ein Bild mit konzentrisch ineinander laufenden Linien, wie es List auf Taf. VI, Fig. 4, wiedergegeben hat. Fig. 26. Polygonale Felderung auf der Innenseite der Perlmutterschicht. Vergr. 1000 : 1. Fig. 27. Isolierte Polygone der Ierlniuttersclüclit. Vergr. 1000 : 1. Ein solcher Schliff ist annähernd parallel zu den Lamellen gelegt, von denen jede nach allen Richtungen ungefähr in derselben Höhe ge- troffen ist. Betrachtet man die Innenfläche der Perlmutterschicht, nachdem man von der Außenseite soviel weggeschliffen hat, um ein dünnes, durchsichtiges Stück zu erhalten, so bemerkt man die schon öfters beschriebene polyedrische Struktur (Fig. 26). Behandelt man dünne Perlmutterblättchen mit Kalilauge, so erhält man kleine, einzelne, 404 Richard Raßbach, teils auch noch zusammenhängende Polygone von unregelmäßiger Gestalt (Fig. 27). Am Rande derselben findet sich bei gewisser Ein- stellung ein heller Saum. Diese beiden Strukturen sind offenbar dieselben Gebilde, die wahrscheinlich den von Rose auf der Innenseite der Perlmutterschicht gefundenen regelmäßigen Sechsecke bei Pinna entsprechen. Er bringt diese Gebilde mit dem Querschnitt von Ara- -onitkristallen in Verbindung. Nach Camillo Schneider weist die polygonale Feiderimg der Perlmutterschicht »auf die Entstehung der einzelnen Territorien von je einer Zelle hin« (vgl. S. 544) eine Be- hauptung, deren Beweis aber bis jetzt noch nicht erbracht ist. Bie- dermann hat dieselbe Ansicht, daß nämlich die polyedrische Struktur der Ausdruck eines flächenhaft ausgebreiteten Epithels ist, mit der die Perlmuttersubstanz während ihrer Bildung »in so engen und un- mittelbarem Zusammenhang stand, daß jede einzelne Zelle in der fertigen, mit Kalk imprägnierten Lamelle einen nach Form und Größe genau entsprechenden Eindruck hinterläßt« (vgl. S. 25). Ehrenbaum glaubt in der polyedrischen Struktur die Querschnitte der prismatischen Gliederung der Perlmutterschicht zu sehen. Doch steht der ziemlich große Durchmesser der polyedrischen Felderung der Perlmutterlage,, bei einer gewissen Vergrößerung betrachtet, in einem allzugroßen Mißverhältnis zu der Größe der im Querschliff zu bemerkenden schrägen Streifung, die man mit den stärksten Vergrößerungen kaum in ihre einzelnen Bestandteile aufzulösen vermag, so daß die beiden Struk- turen auch nicht im entferntesten in Zusammenhang gebracht werden können. Von Schalen, die längere Zeit trocken gelegen haben, läßt sich von der Innenseite vielfach eine organische, dünne Membran loslösen, auf der man noch einige andre Strukturen beobachten kann. Manchmal bemerkt man ein Bild, das das Aussehen eines zusammenhängenden Zellkomplexes hat mit stark hervortretendem Kern. Tatsächlich stellten sich solche Gebilde als Teilstücke des Mantelepithels heraus, die beim Loslösen des Mantels an der Schale haften geblieben waren, woraus sich offenbar, und wahrscheinlich bei der Bildung der organischen Bestandteile der Perlmutterschicht, ein zeitweiser festerer Zusammen- hang des Mantelepithels mit der größeren inneren Schalenfläche ergibt. Dieselben Bilder ließen sich künstlich auf folgende Weise erzielen. Ein erwärmter Objektträger wurde auf das abgetrocknete Mantel- epithel gedrückt und dann plötzlich weggerissen. Die auf dem Glas hängengebliebenen Teile des Epithels ergaben nach dem Färben die- selben Bilder, die sich auf der Membran vorgefunden hatten. Auf Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 405 andern Teilen einer von dem Innern der Schale losgelösten Membran fanden sich Zeichnungen, die kaum anders als die Abdrücke der Zellen- oberflächen der Mantelepithelzellen zu deuten sind (Fig. 28). Die einzelnen Zellenabdrücke waren deutlich gegeneinander durch helle breite Linien abgegrenzt. Auf der Oberfläche befanden sich in je einer Zelle entsprechendem Teilstück helle größere Stellen, welche fast den Eindruck von Poren machten. Bei einem Vergleich zwischen den Fig. 26 und 28, die bei der- selben Vergrößerung gezeichnet ^, sind, erscheint die. oben er- wähnte Ansicht Biedekmanns, daß die polyedrische Struktur der Innenfläche der Perlmutter- ? j; ■' v-i.., . ■• • - ■ ••- U&^V1-^ ?""*"< ''* Fig. 28. Fig. 29. Oberflächenabdrücke von Mantelepithel Zeilen auf Wabenförmige Anordnung kleiner Kalk- einer organischen Membran der Perlmutterschicht. körnchen auf einer organischen Perlniutter- Vergr. 1000 : 1. lamelle. Vergr. 255 : 1. schicht der Abdruck der darunter liegenden Epithelzellen ist wegen der verschiedenen Größen und den ungleichen Umrißformen wenig wahrscheinlich . Weiter fanden sich auf der organischen Membran eine waben- förmige Anordnung kleiner Körnchen, (Fig. 29) die sich nach Behand- lung mit salzsaurem Alkohol auflösten und somit aus kohlensaurem Kalk bestehen dürften. Zuletzt seien die allerdings nur spärlich an- zutreffenden, einzelnen Kalkkristalle von verschiedenen Formen er- wähnt. Die einen bildeten einen vielstrahligen Stern mit einer größeren Anzahl dünnerer Strahlen (Fig. 30), die andern besaßen wenigere, aber kräftigere Kalknadeln (Fig. 30a). Diese Kalkgebilde sind wohl als Reservestoffe anzusprechen, als ein Produkt größerer Kalkabsonderung, wie gerade zur Bildung der betreffenden Perlmutterlamelle not- wendig war. Auf der Innenseite der Perlmutterschicht bemerkt man, vorzüg- lich bei älteren Tieren, häufig gelbe Flecken verschiedener Gestalt, 406 Richard Raßbach, die von Hessling zuerst beschrieben und als »Ölflecken« bezeichnet wurden, öfters trifft man sie in rundlichen Formen an. In ihrem Mittelpunkte läßt sich vielfach noch ein dunklerer, bis schwarzbrauner Teil erkennen. Gerade an dieser Stelle sieht man von der Schalen- außenfläche, daß die Schale nach Verlust des schützenden Periostra- cums bis auf ein Minimum an Dicke von dem Wasser zerstört ist. Fig. 30. Fig. 30 a. Kalkkristalle, die sich auf organischen Perlmutterlarnellen vorfinden. Vergr. 460 : 1. Auf einem Querschliff (Fig. 31) überzeugt man sich, daß dieser »Öl- flecken « durch eine Ablagerung von Periostracumsubstanz (rpe) hervor- gerufen wird. Die Dicke desselben kann die der äußeren die Schale bedeckende Membran bei weitem übertreffen und dient dazu, der *■ — «» rpe Fig. 31. Querschliff durch einen Ölflecken, der aus einer Periostracumschicht (rpe) mit anliegender Prismen- schicht (rpr) besteht. Vergr. 26 : 1. weiteren Auflösung der Kalkbestandteile der Schale Einhalt zu tun. An dieser Conchyolinlamelle, die hier vollständig getrennt vom Mantel- rand ist und durch die ihm unten anliegenden Mantelzellen gebildet wird, sieht man im Querschnitt deutliche Anfänge von Prismenbil- dungen bis zu ausgebildeten Stadien (rpr). Auch diese können, nach- dem die Periostracumsubstanz abgelagert ist, ebenfalls nur von den darunterliegenden Mantelzellen gebildet worden sein. Die Entwicklung der Prismen können wir besser in der Flächenansicht an Totalpräpa- raten beobachten. Es lassen sich hier alle Stadien verfolgen, die wir Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 407 früher bei der Prismenbildung am Schalenrand beschrieben haben. Die ältesten Stadien finden wir vielfach an dem Mittelpunkte des »ölfleckens«, während sich nach den Rändern zu jüngere Prismen- anlagen finden. Als solche heben sie sich auch hier wieder stärker lichtbrechend als rundliche Gebilde ab, an denen man bald die be- kannte konzentrische radiäre Struktur wahrnimmt und in dem Mittel- punkt den centralen Kern. An Größe immer mehr zunehmend, kommt es zur Bildung der polygonalen Felderung der Prismenschicht. Dabei nimmt die Deutlichkeit der sphäritischen Struktur ab, um schließlich gänzlich zu verschwinden. Auch finden sich in der Flächenansicht Bilder, die an Stellen von auskeilenden Prismenschichten erinnern; man findet nämlich auf manchen Teilen Conchyolin in sehr unregel- Fig. 32. Umrisse junger Prismenanlagen auf einem Ölflecken (entkalkt). Vergr. 20-4 : 1. Fig. 33. Kalkkristalle, die sich auf Ölflecken vorfan- den. Vergr. 460 : 1 . mäßigen Formen abgelagert, woraus sich schließen läßt, daß die eigent- liche Prismenbildung nicht so scharf ausgeprägt ist, sondern teilweise die Tendenz noch vorherrscht, Periostracumsubstanz abzuscheiden. Erwähnt sei noch, daß man vielfach bei Prismenanlagen, ehe sie sich zur polygonalen Felderung zusammenschließen, die schon früher be- obachtete eigenartige, strahlige Struktur des Randes zeigen, dessen einzelne Teile nach dem Prismenmittelpunkt hinzeigen (Fig. 32). Diese sternförmige Anordnung läßt sich auch noch an der fertigen Prismenschicht bemerken. Ferner ließen sich auf den Ölflecken Kalk- kristalle in verschiedenen Stadien sehen. In kleineren Exemplaren machten sie den Eindruck von jungen Prismenanlagen mit sphäro- kristallinischem Bau (Fig. 33a). Bei größeren Kristallen fand man an der ursprünglichen rundlichen Form eine Anlagerung von dickeren Kalknadeln, wodurch sie verschiedene Gestalten annehmen (Fig. 336, 33c). In ihren Umrißformen machen sie ganz den Eindruck der Kalk- 408 Richard Raßbach, kristalle, die Moynier de Villepoix am Schalenrande bei Änodonta gefunden und sie als Doppelquaste (»doubles houppes«) bezeichnet hat. In ihrem Innern konnte man jedoch stets einen centralen Kern beob- achten, manchmal auch zwei, die der ersten Anlage des Kristalls (Fig. 33a entsprechen. Auch diese Kalkgebilde dürften als Reservestoffe anzu- sprechen sein. Die Dicke der Prismenschicht an den »Ölflecken« erreicht, soweit sich an meinen Präparaten feststellen ließ, niemals die- jenige der äußeren Prismenlage. Beim weiteren Wachstum der Schale werden die »Ölflecken« von Perlmuttersubstanz überwallt, und sie entsprechen dann den »braunen Schichten« von Tullberg. Die helle Schicht. An Querschliffen durch die Schale bemerkt man an solchen Stellen, wo Muskeln an dieselbe herantreten eine Schicht, die sich von der Perlmuttersubstanz durch ihre größere Helligkeit abhebt (Fig. 34 h). pm Fig. 34. Schalenqu erschuf f mit heller Schicht (h) des hinteren Schließmuskelansatzes. Vergr. 80 : 1. Sie vermittelt den festen Zusammenhang der Muskeln mit der Schale. Von früheren Autoren ist sie als »helle Schicht« oder als »durchsichtige Substanz« bezeichnet worden. Sie ist stets scharf getrennt von der Perlmutterschicht. Von einer Muskelansatzstelle verläuft die helle Schicht nach dem Wirbel der Schale, die Lamellen der Perlmutter- substanz von der Schaleninnenseite nach der Oberfläche schräg durch- setzend, indem so der Weg bezeichnet wird, den die Muskeln beim Fortrücken an der jeweiligen Schaleninnenseite genommen haben. Hierdurch kann man noch immer die Dicke der Schale feststellen, welche dieselbe besaß, als der Muskel gerade an der beobachteten Stelle befestigt war. Die Vertreter der Intussuszeptionstheorie, welche diesen Verlauf und die Bedeutung der hellen Schicht kannten, hätten Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 409 eigentlich durch diesen Befund darauf aufmerksam werden müssen, daß die Perlmutterschichten, die später der hellen Schicht angelagert werden, nicht durch Intussuszeptionswachstum hätten entstehen können, da die beiden Perlmutterteile immer scharf von der hellen Schicht geschieden sind. Die helle Schicht zeigt an Querschliffen ihre größte Dicke unge- fähr in der Mitte der Schließmuskelansätze, während sie nach dem vorderen Ende, d. h. nach der Seite hin, nach welcher sich der Muskel an der Schale fortbewegt, an Höhe abnimmt. Nach dem Wirbel zu nimmt sie ebenfalls an Stärke ab, um schließlich nur noch als feiner heller Streifen sichtbar zu sein. Nach diesem Befund ist es für List auffällig (vgl. S. 73), »daß die durchsichtige Substanz, sobald sie von Perlmutterschichten bedeckt wird, stets an Größe abnimmt, wie man deutlich an einem Querschliff beobachten kann. Dieselbe Schicht, an der sich klar und deutlich in der Adductorgegend die einzelnen Prismen unterscheiden lassen, ist später in demselben Präparat, wenn sie weiter nach innen hin von vielen Perlmutterschichten bedeckt ist, gerade noch als strukturlose, schmale, weiße Linie zu erkennen. Die Prismen müssen also nachträglich zusammengepreßt werden.« Eine solche nachträgliche Zusammenpressung einer so stark verkalkten Schicht läßt sich schwer vorstellen. Eine einfachere Erklärung der verschiedenen Dicke der hellen Schicht wird durch folgende Über- legung gegeben. An den Stellen der hellen Schicht, die nach dem Wirbel der Schale zu viel dünner erscheinen und die feineren Strukturen nicht so deutlich erkennen lassen, war der Muskel befestigt, als er in den jüngeren Stadien der Muschel noch eine geringere Größe besaß. Aus diesem Grunde war auch damals eine weniger starke helle Schicht zum Befestigen des Muskels an der Schale notwendig. Die Höhe der hellen Schicht wächst also mit der Stärke des Muskels bei dessem Fortrücken an der Schale. Nach dem äußeren Ende des Muskelansatzes nimmt, wie schon oben erwähnt, die Dicke der hellen Schicht wieder ab, was sich leicht daraus erklärt, daß an dieser Seite, nach welcher der Muskel an der Schale fortrückt, eine ständige Neubildung der hellen Schicht auf der Perlmutterlage erfolgt. Bei stärkerer Vergrößerung erkennt man in der hellen Schicht verschiedene Strukturen. Am auffälligsten ist eine prismatische Glie- derung, die von allerfeinsten Lamellen durchzogen wird (Fig. 35). Die prismatische Gliederung ist eine durchgreifende, wovon man sich leicht an solchen Quer- oder auch Flächenschliffen überzeugen kann, bei welchen die Ränder der hellen Schicht ausgebrochen sind und in die 410 Richard Raßbach, Fig. 35. Helle Schicht, welche deutlich ihre ein zelnen Bestandteile zeigt. Vergr. 800 : 1 einzelnen Glieder zerfallen, die den Teilen der Fig. 35 entsprechen. Die Begrenzungslinien der einzelnen prismatischen Bestandteile der hellen Schicht dürften den »Kanälen, die bei trocknen Schalen mit Luft gefüllt sind«, von Tullberg entsprechen (vgl. S. 19, Taf. VI, Fig. 3a). Außer der prismatischen Gliederung der hellen Schicht sind pyramiden- oder kegelförmige Gebilde bemerkenswert, die Ehrenbaum auch bei Mytilus feststellen konnte, während List sie dort in Abrede stellt. Bei Anodonta treten sie heller und noch etwas stärker lichtbrechend als die helle Schicht selbst auf; mit ihrer Spitze zeigen sie stets nach der Außenfläche der Schale (Fig. 34). An manchen Stellen der hellen Schicht findet man sie so zahlreich vor, daß sie die übrige prismatische Struktur in den Hintergrund drängen. Nach EhrenbaujI »besteht aber die durch- sichtige Substanz gar nicht aus ein- fachen, geraden, regelmäßig nebenein- ander liegenden Fasern, sondern ihre prismatische Gliederung wird durch sehr unregelmäßige vielfach konische Einlagerungen oder sekundär ausgefüllte Höhlungen hervorgerufen. Außerdem besitzt sie wirk- liche Höhlungen von mannigfach verschiedener Gestalt, wie das schon Nathusius von Königsborn beschrieben hat. Die große Festigkeit der Verbindung zwischen Schale und Muskel macht es nun wahrscheinlich, daß die zerfaserten Enden der Muskeln in diese Höhlungen hineingreifen, die ihrerseits erst durch die secretorische Tätigkeit der Muskelzellen entstanden sind« (vgl. S. 43). An Schliffen wie an Schnitten durch die Schließmuskelenden mit ansetzender Schale konnte jedoch bei Anodonta niemals ein Eindringen der Muskelfasern in die helle Schicht festgestellt werden, ebensowenig wie an dieser wirkliche Höhlungen sich beobachten ließen. Eine »secretorische Tätig- keit der Muskelzellen selbst« kommt bei dem Aufbau der hellen Schicht nicht in Betracht, vielmehr dürfte die Bildung dieser Schalenschicht dem Epithel zukommen, das sich an allen Muskelenden befindet und welches der Beobachtung Ehrenbaums entgangen ist. Nach Entkalkimg eines Stückes der Schale mit Muskelansatz, kann man das Muskelende loslösen, so daß die helle Schicht an dem- selben vielfach haften bleibt (Fig. 36 h). An Schnitten durch solche Partien läßt sich feststellen, daß die helle Schicht außer kohlensaurem Kalk auch aus einer organischen Grundsubstanz besteht, wie es auch Tullberg schon beobachtet hat. Allerdings fand sich der organische Beitr. z. Kenntnis d. »Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 411 Bestandteil immer nur in einer sehr geringen Höhe im Verhältnis zu der Stärke der nicht entkalkten hellen Schicht. Hieraus läßt sich wohl schließen, daß diese eine intensiv verkalkte Schicht ist, während die organische Grundmasse in den Hintergrund tritt. Bei den ent- kalkten Schnitten durch die helle Schicht kann man weiter beobachten, daß die prismatische Struktur fast nicht mehr, an manchen Stellen überhaupt nicht mehr zu erkennen ist, während man jetzt einen sehr deutlichen lamellären Bau wahrnehmen kann, dessen einzelne Lamellen sich teilweise durch Spaltung in der Längsrichtung abheben (Fig. 36). Diese lamelläre Schichtung der hellen Schicht wird vielleicht für die Anheftung des Muskels eine wesentliche Bedeutung haben, da eine Fig. 36. Querschnitt durch die entkalkte helle Schicht (h) mit ansetzenden Muskeln und Mantelhaftepithel {mhep). Vergr. 800 : 1. Befestigung desselben in der Flächenrichtung der Schaleninnenseite beim Zusammenziehen der Adductoren einen festeren Halt gibt. Auf einem mit Hämatoxylin-Eosin gefärbten Präparat ließ sich stets eine Rotfärbung der organischen Grundsubstanz der hellen Schicht beob- achten, während die Lamellen der Perlmutterlage sich immer nur mit Hämatoxylin bläuen. Vielleicht läßt diese verschiedene Reaktions- fähigkeit dieser beiden organischen Substanzen auf eine ungleiche Art der Entstehung hindeuten. Auf Flächenschliffen durch die helle Schicht, die durch Abschleifen der nach außen gelegenen Schalenteile hergestellt waren, ließ sich keine besondere Struktur erkennen. F. Müller stellte bei Anodonta ebenfalls schon die helle Schicht fest, die er als Stäbchenschicht bezeichnet. »Durch Isolierung der einzelnen Stäbchen konnte er sich überzeugen, daß die Querstreifung auch hier nicht durch das Vorhandensein von Lamellen hervorgerufen wird, sondern daß sie lediglich darauf beruht, daß die Stäbchen aus zwei das Licht verschieden brechenden und sich regelmäßig abwech- selnden Substanzen zusammengesetzt sind, die in den einzelnen Stäb- chen korrespondieren« (vgl. S. 219). »Diese Stäbchen sind durch Erhärtung von Muskelfaserenden entstanden. Es spricht dafür erstens Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIII. Bd. 27 412 Richard Raßbach, der Umstand, daß die Anfänge der Stäbchen sich stets unter der Grenz- membran, in welche die Muskelfasern des Schließmuskels verlaufen, enden.« Schließlich steht für F. Müller die Tatsache fest, »daß die Stäbchen organische Gebilde sind, nicht etwa Kalkkörperchen, denn diese hätten sich bei der Härtung des Muskels in verdünnter Chrom- säure aufgelöst« (vgl. S. 220). Nur an diesen Enden will er vielleicht ein Wachstum durch Apposition zugeben. Daß die Querstreifung der hellen Schicht doch durch Lamellen hervorgerufen wird, ist eben be- wiesen worden, und daß die »Stäbchen« auch vorzüglich aus kohlen- saurem Kalk bestehen, beweisen zur Genüge die Vergleiche zwischen Querschliffen und entkalkten Schnitten, die bei F. Müller sicherlich einer nicht genügenden Einwirkung von Säure unterworfen waren. Fig. 37. Querschnitt durch den Schließmuskelansatz einer jungen Anodonta. Yergr. 368 : 1. W. Stempell gelangt zu der Ansicht, »daß die Stäbchenschicht nichts andres als eine fibrillär in der Richtung des Muskelzuges diffe- renzierte Partie des Körperepithels ist, allein mit dem physiologischen Unterschiede, daß sie nicht nur wie die gewöhnlichen Mantelepithel- zellen Schalenstoff secerniert, sondern zugleich auch den innigen Zu- sammenhang zwischen Muskel und Schale herstellt, indem sich ihre distalen Regionen direkt in Schalensnbstanz umwandeln« (vgl. S. 379). Die Befestigung der Muskeln an die helle Schicht erfolgt stets mit Hilfe eines Epithels, das schon von Tullberg festgestellt wurde (Fig. 37 mhep) und von Thiele und List als Haftepithel bezeichnet wird. Es steht in innigstem Zusammenhang mit den Muskeln, welche in die Epithelzellen eindringen. In diesen bemerkt man an dem distalen Teil allgemein eine Zerfaserung der Muskelenden in Fibrillen, die sich gewöhnlich beim Ansatz an die helle Schicht etwas verbreitern (Fig. 37). Dieser Schnitt durch den Muskelansatz einer 12 mm langen Muschel läßt zwischen Perlmuttersubstanz (pm) und Haftepithel (mhep) die Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 413 helle Schicht nicht erkennen, da sie bei derartig jungen Tieren nur in äußerst feinen Lagen vorhanden ist, die nach der Entkalkunu' wie CD J O" schon früher angedeutet ist, nichts mehr von sich erkennen lassen. Das Plasma des Haftepithels zeigt eine deutliche, faserige Struktur, deren Einzelelemente aber nicht mit den Fasern der Muskelenden in Zusammenhang treten, sondern getrennt nebeneinander durch die Epithelzellen verlaufen (Fig. 37). List stellte bei Mytilus folgendes fest (vgl. S. 86, Taf. 11, Fig. 9). »Verfolgt man eine Muskelfaser nach ihrer Ansatz- stelle hin, so läßt sich stets konstatie- ren, daß ihre homogene Substanz sich im distalen Abschnitt in einzelne Fasern auflöst, auf eine kurze Strecke, um dann wieder zu einer kompakten Masse zu verschmelzen. Dieser fase- rige Abschnitt, die Epithelzelle des Mantels ist stets schwächer färbbar als die Muskelzelle und kann bei Doppel- färbung sich anders färben. Er ent- hält immer den ovalen Kern der Epithelzelle. « Wie aus dieser Beschrei- bung zu ersehen ist, weicht bei Ano- donta der Bau der Mantelhaftzellen mit den eindringenden Muskeln wesentlich von dem ab, was List von Mytilus mitteilt. Vor allen Dingen müssen die Kerne der Epithelzellen und die der Muskelzellen scharf getrennt werden; es entspricht je ein Kern einer Haft- epithelzelle. Niemals ließen sich bei Anodonta in dem Haftepithel Drüsen bemerken wie sie List bei Mytilus be- schreibt. Außer einigen hier und da auftretenden Intercellularräumen (Fig. 38 i) ist das Haftepithel stets eine vollständig in sich abge- schlossene einzellige Schicht, die deutlich gegen das Innere mit einer Basalmembran abgegrenzt ist (Fig. 36, 37, 38). Ein allmählicher Über- gang des Haftepithels in das gewöhnliche Mantelepithel findet nicht statt, sondern stets ist eine scharfe Grenze vorhanden (Fig. 38). Zu ähnlichen Resultaten gelangt Camillo Schneider bei Anodonta. mhep pm Fig. 38. Querschnitt durch den Muskelansatz an Vergr. 240 der Mantellinie. 1. 414 Richard Raßbach, Er beobachtete ebenfalls an allen Stellen, wo Muskeln an die Schale herantreten, eine deutliche längsfädige Struktur der Mantelhaftzellen. Die Faserenden der Muskeln müssen scharf von den eigentlichen Zellfäden, die weniger kräftig hervortreten, unterschieden werden. Auch er konnte nirgends Drüsenzellen in dem Mantelhaftepithel fest- stellen (S. 544). Nur die eine Ansicht Schneiders sei berichtigt, daß nämlich »die innerste Schicht der Schale« stark verkalkt ist. Bei seinen entkalkten Schnitten hat er nur die kalkfreie organische Grund- substanz der hellen Schicht beobachtet. Nach den über alle Arthropodengruppen ausgedehnten Unter- suchungen von Stamm und nach den im hiesigen Institut angestellten Beobachtungen von Wege erfolgt der Ansatz der Muskulatur am Chitin der Arthropoden mit Hilfe der modifizierten Hypodermis, der STAMMschen »epithelialen Sehne«. Demnach bestände ein prinzi- pieller Unterschied zwischen den Muskelansätzen der Arthropoden und dem von mir untersuchten Objekt darin, daß bei den ersten der Muskel an der Basalmembran der Hypodermis aufhört, während bei dem letzteren die Muskelfibrillen durch die Mantelhaftzellen hindurch bis zur hellen Schicht vordringen. Ein genaueres Eingehen auf diese nicht einfach zu entscheidende Frage, die vor allem bei den Arthro- poden eingehend diskutiert wurde (Snethlage, Stamm, Wege) ist hier nicht beabsichtigt. Über das Fortrücken der Muskeln an der Schale wird man wohl die schon von Reaumur und später von Tullberg geäußerte Ansicht annehmen müssen, daß sich nämlich bei der Vergrößerung der Muskeln nach dem fortrückenden Ende zu neue Muskelfibrillen gebildet, während an der entgegengesetzten Seite solche resorbiert werden. Dieses Verhalten erlaubt, daß trotz der Wanderung der Muskel stets in den größeren mittleren Partien des Ansatzes ein ständig fester Zusammen- hang mit der Schale gewährleistet wird. Das Ligament. »Unter dem Schalenligament der Lamellibranchiaten muß man, ganz allgemein gefaßt, sämtliche unpaare und median dorsal vom Schloß oder zwischen den Schloßhälften befindliche an die beiden Schalenhälften angefügten Verbindungssubstanzen verstehen, welche einerseits die Klappen einfach verbinden und anderseits durch ihre physikalischen Eigenschaften den Attraktionsmuskeln der Schale ent- gegen wirken« (0. M. Reis, vgl. S. 181). Bei Anodonta haben wir ein sogenanntes äußeres Ligament, das Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 415 die beiden Schalenhälften in der Weise verbindet, »etwa wie der Kücken eines Bücherbandes, der von einer Decke zur andern verläuft« (Bronn, III. Teil, S. 333). Von außen gesehen, bemerken wir von dem Hinter- ende der Muschel nach dem Wirbel zu eine spitz zulaufende, kegel- förmige Vorwölbung, die aus Periostracumsubstanz besteht (Fig. 39 al). Fig. 39. Außenansicht des Ligamentes mit deut- licher Querstreifung (j) des äußeren Ligament- bandes (al). (Jahresringe, j). */s natürl. Größe. sbw Fig. 40. Innenansicht des Ligamentes (il). Seitlich ver- laufen längs die Schloßbandwälle (sbio). Am Hinterende befindet sich die postnympheale Grube [pn). 4,5 natürl. (iröße. Das hinterste Ende dieses äußeren Ligamentbandes liegt etwas tiefer ungefähr in dem Niveau des Schalenrandes (pn). Auf der Außenseite des Ligamentes sieht man quer verlaufend einige Streifen, die wohl den einzelnen Wachstumsperioden desselben entsprechen. Jenseits des Wirbels, nach dem Vorderende der Schale zu bemerkt man, daß die beiden Klappen auch hier mit einer organischen Substanz verbunden sind. 416 Richard Raßbach. Betrachtet man das Ligament von der Innenseite der Schale, so bemerkt man, daß die Schalenränder an der Anheftungsstelle verdickt sind und als zwei längs des Ligaments verlaufende hellere Leisten zu sehen sind, die am Vorderende allmählich in den Schalenrand übergehen, am Hinterende jedoch gegen denselben scharf abgesetzt sind (Fig. 40 sbiv ) Von früheren Autoren sind sie als Schloßband- oder Nymphenleisten bezeichnet worden. Am hinteren Ende derselben befindet sich eine Verbreiterung, die von Reis postnympheale Grube genannt wurde (Fig. 40 pn). An der vorderen Begrenzung derselben beginnt scharf abgesetzt das innere Ligamentband (Fig. 40 il) , das nach dem Wirbel spitz zuläuft. An diesem selbst stoßen die Schloßbandleisten anein- ander; jenseits davon finden wir wieder die schon vorhin erwähnte organische Verbindung am Vorderende der Schale. Aus dem eben beschriebenen Bau läßt sich leicht erklären, wie das Ligament an seinen An- satzstellen in die Perl- mutterschicht eingekeilt wird. An der postnym- phealen Grube befindet sich die Bildungsstätte des äußeren Ligament- bandes ; die scharf abge- setzten Nymphenleisten werden beim Wachstum mit dem inneren Liga- ment nach hinten ver- größert und bedecken somit die Teile, die in der postnymphealen Grube gebildet wurden. In demselben Maße wie die Nymphenleisten nach dem Hinterende der Muschel verlängert werden, rückt die postnympheale Grube beim Längenwachstum des Tieres in derselben Richtung an der Rückenseite der Schale weiter. Ein Schnitt durch das hinterste Ende des Ligamentes zeigt, daß es hier nur aus einer Periostracumschicht mit ansetzender Prismenlage besteht (Fig. 41 pe, pr). Querschnitte, die näher nach der postnym- phealen Grube zu liegen, lassen erkennen, daß von der Schaleninnen- seite her an die Prismenlage Periostrac umschichten angelagert werden, Fig. 41. Querschnitt durch den jüngsten nach hinten gelegenen Teil des Ligamentes, bestehend aus Periostracum {pe), Prismenschicht (pr) und äußerem Liüamentband («/). Vergr. 32 : 1. Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 417 die den jüngsten Teil des äußeren Ligamentbandes darstellen (Fig. 41 al). Seitlich werden die Lamellen der jungen Ligamentanlage in dünneren Schichten gebildet, die schließlich in die Perlmutterschicht verlaufen und dort einen Teil der »braunen Schichten« Tullbergs ausmachen. Aus Fig. 41 ist also deutlich ersichtlich, daß das äußere Ligamentband (al) nicht mit der Periostracumschicht, welche die Schale bedeckt, in direktem Zusammenhang steht. Dort wo dem äußeren Ligamentband das innere elastische angefügt wird (Fig. 40) findet eine starke Vor- wölbimg des Ligamentes nach der Außenseite der Schale statt (Fig. 39). Die dem äußeren Ligamentband ansitzende Prismenschicht (Fig. 41 pr) wird dadurch gewöhnlich längs des ganzen Ligamentes gesprengt, so- daß das äußere Ligamentband dort zum Vorschein kommt (Fig. 42, i6al). Ein Schliff durch den mittleren Teil des Ligamentes zeigt uns, daß es im geschlossenen Zustand der Schale eine halbkreisförmige Gestalt be- Fig. 42. Querschliff durch den mittleren Teil des Ligamentes. Es setzt sich hier aus dem äußeren Ligament- band (al) und dem inneren Ligamentband (il) zusammen. Dieses geht seitlich in die Schloßband- wälle über (sbiv). Vergr. 17:1. sitzt. Das äußere Ligamentband (Fig. 42 al) zeigt einen lamellären Bau ; etwas oberhalb der Nymphenleisten (sbiv ) ist es in der oben beschrie- benen Weise zwischen Perlmutterlagen eingekeilt. Im Gegensatz zu den Angaben von F. Müller ließen sich in der organischen Substanz des genannten Ligamentbandes keine Kalkeinlagerungen feststellen. Unterhalb des äußeren Ligamentbandes liegt fest mit ihm ver- bunden das innere Ligamentband, welches den elastischen Teil der dorsalen Verbindung der beiden Schalenklappen ausmacht. Das letztere zeigt im Querschliff eine zweifache Schichtung. Außer einer sehr feinen senkrechten Streifung erkennt man noch eine lamelläre Struktur, welche in einem rechten Winkel zu der ersten verläuft. Die senkrechte Streifung wird durch feine organische Fasern hervorgerufen, welche mit starken Kalkeinlagerungen versehen sind. Nach F. Müller wird die kon- zentrische, lamelläre Struktur auf folgende Art hervorgerufen (vgl. S. 216). »Jede einzelne Faser besteht aus zwei das Licht verschieden brechenden und sich reoelmäßio- abwechselnden Substanzen. Da diese 418 Richard Raßbach, beiden Substanzen in den nebeneinander liegenden Fasern korrespon- dieren, so erhält das innere Band eine gleichmäßige konzentrische Querstreifung, welche der Muskelstreifung ähnlich ist. Einzelne korrespondierende Stellen der Fasern brechen das Licht stärker, so- daß die Querstreifung dort in dunkler markierten Linien sich zeigt.« Eine einfachere Erklärung über das Zustandekommen der lamellären, der Oberfläche des Ligamentes parallelen Struktur werden wir nach Betrachtung eines Längsschliffes geben. An entkalkten Zupf- präparaten von den Fasern des inneren Ligamentbandes kann man sich von deren homogenen Aussehen überzeugen. Nur an solchen Stellen, wo die Fasern noch wenig isoliert sind, kann man noch die konzentrische Streif ung bemerken. Teilweise läßt sich auch ein Reißen an den Stellen dieser Struktur quer zur Richtung der Fasern feststellen, ein Zeichen, daß der Zusammenhang dort ein weniger fester ist. Im Gegensatz zu dem äußeren Ligamentband färbt sich das innere mit verschiedenen Reagentien, an Schnitten ließ sich an der konzen- trischen Streif ung eine größere Tinktionsfähigkeit beobachten. Im ungefärbten Zustand hat das elastische Ligamentband einen in ver- schiedenen Farben schillernden Glanz, den Villepoix mit dem der Sehnen bei Wirbeltieren vergleicht. Nur im feuchten Zustand zeigt sich das innere Ligamentband elastisch ; außerhalb des Wassers erhärtet es und wird leicht zerbrechlich. Seitlich geht das innere Ligamentband allmählich seine ihm eigen- tümliche Struktur verlierend in die Nymphenleisten (Fig. 42 sbiv), auch Schloßbandwälle genannt, über. Auf Querschnitten tritt die senk- rechte, faserige Struktur derselben stärker hervor als die lamelläre Streifung, die mit der konzentrischen Anordnung des elastischen Liga- mentbandes im Zusammenhange zu verfolgen ist, woraus sich auch für diese Strukturen die Gleichzeitigkeit ihrer Bildung ergibt. An den Schloßband wällen jüngerer entkalkter Schalen erkennt man öfters einzelne stärkere Septen, die im Zusammenhang mit dem oben an- setzenden äußeren Ligamentband teilweise den Eindruck einer aus- keilenden Prismenschicht machen (Fig. 46 sbw). Besonders dieser Teil der Schale steht mit den darunter liegenden Epithelzellen der Mantel- naht in festerem Zusammenhang. Das Bild eines Ligamentlängsschliffes zeigt Fig. 43. Dieser Schliff ist möglichst median gehalten, an dem vorderen Teil ist jedoch ein Stück der Nymphenleiste (sbiv) angeschliffen. Man sieht, daß die Stärke des äußeren Ligamentbandes nach dem hinteren Ende immer zunimmt und seine größte Stärke an der postnymphealen Grube (pn) besitzt, Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 419 an der im Gegensatz zu F. Müller das äußere Liga- mentband mit den dort befindlichen Epithelzellen der Mantelnaht in Berührung steht. Die lamelläre Streifung dieses Ligamentteiles im Längsschliff ent- spricht derselben Struktur im Querschliff. Das innere Ligamentband zeigt im Längsschliff (Fig. 43) eine spindelförmige Gestalt. Der stärkste Teil liegt jedoch etwas über die Mitte hinaus nach dem hinteren Ende der Muschel zu. Diese verschiedene Stärke des inneren Ligamentbandes erklärt sich ähnlich wie das Dickenwachstum der hellen Schicht an den Muskelansätzen (siehe S. 409). Am Vorderende wurde das elastische Ligamentband bei der jungen Muschel in einer gewissen Stärke angelegt. Bei dem Wachs- tum der Schale wird das innere Ligamentband entsprechend durch Anlagerung dickerer Schichten verstärkt, die infolge des gleichzeitigen Längen- wachstums des Ligamentes weiter nach dem Hinter- ende zu reichen und an der postnymphealen Grube (pn) jeweils über die vorhergehende Lage etwas vorstehen. Diese Schichten machen sich im Längs- schliff als dunklere Linien bemerkbar, die schräg von der Innenseite des inneren Ligamentbandes nach der Außenfläche desselben verlaufen. Sie stellen die Anwachsstreifen des elastischen Ligamentteiles dar. Einige von diesen treten in weiteren Abständen be- sonders deutlich hervor, die wohl als die Produkte größerer Wachstumsperioden anzusprechen sind und deren Ende in der Querstreifung auf der Oberseite des äußeren Ligamentbandes ihren Ausdruck finden (Fig. 39 j). Die Dauer einer solchen längeren Wachs- tumsperiode dürfte, aus später noch ausführlich anzugebenden Gründen, vermutlich ein Jahr be- tragen. Die Anwachsstreifen werden nicht wie der Längsschliff zeigt, in einer ebenen Fläche abgelagert, sondern halbkreisförmig, der Form des Ligaments entsprechend, was sich im Querschliff (Fig. 42) deut- lich aus der konzentrischen Streifung ergibt. Außer diesen Anwachsstreifen des inneren Li^amentbandes sbw- Längsschliff durch das Ligament. Vergr. 8:1. Fig. 43. 420 Richard Raßbach, bemerkt man im Längsschliff wieder die ungefähr senkrecht zu den Außenflächen des Ligamentes stehenden organischen Fasern. Zu er- wähnen ist schließlich noch, was besonders deutlich an den öfters auftretenden Bruchstellen in der Richtung der Fasern zu beobachten ist, daß dies"e nicht genau senkrecht zu den Außenflächen des Liga- mentes stehen, sondern nur senkrecht zu den Anwachsstreifen der einzelnen Wachstumsperioden, so daß die Fasern im Verlauf durch die Dicke des inneren Ligamentes etwas gekrümmt erscheinen (Fig. 43). Das Epithel der Mantelnaht. Bevor auf die einzelnen Zellelemente der Mantelnaht eingegangen wird, soll an der Hand einiger Schemata ihr Zustandekommen er- läutert werden. Auf Querschnitten durch eine Anodonta bemerkt man nach dem hinteren Ende der Muschel zu. daß sich an den Innenseiten der beiden Mantellappen je ein Vorsprung befindet (Fig. 44a). An den gegenüberliegenden Stellen der Mantelaußenseite liegen die schon früher erwähnten hohen Cylinderzellen (pep), die der prismenbildenden Zone des Mantelrandes entsprechen. Nach dem Wirbel zu werden die Vorsprünge immer größer, indem sie sich dabei einander immer mehr nähern (Fig. 44 b), um schließlich miteinander zu verschmelzen (Fig. 44 c). Eine Strecke weit bleibt die auf diese WTeise entstandene Brücke bestehen, um sich wieder an der Stelle zu trennen, die von früheren Autoren als »dorsaler Mantelschlitz« be- zeichnet wurde. Dann treten die beiden Teile wieder zusammen, die Brücke wird kräftiger und füllt den Raum zwischen Darm und Mantel- rand aus. Gleichzeitig bemerkt man, daß die Bildung des Periostra- cums in der Mantelrandfalte aufgehört hat und daß das cylindrische Epithel an der Außenseite des Mantels an Ausdehnung nach oben hin zugenommen hat, um schließlich mit den hohen cylindrischen Zellen der Mantelrandfalte in Verbindung zu treten (Fig. 44 d). Noch weiter nach dem Wirbel zu beobachtet man eine Größenabnahme der Mantel- randfalten und des nach dieser Seite auslaufenden Endes des dorsalen Mantelschlitzes (Fig. 44e, dm). Diese beiden Teile verschwinden schließ- lich vollständig, und wir haben die ausgebildete Mantelnaht vor uns, die nur von dem hohen cylindrischen Epithel bekleidet ist (Fig. 44 /). Am Vorderende löst sich die Mantelnaht in ähnlicher Weise, wie sie hier zustande gekommen ist, d. h. aber ohne Unterbrechung eines dor- salen Mantelschlitzes, in die beiden Mantelhälften wieder auf. Die Mantelnaht selbst ist mit bloßem Auge als ein nach dem vorderen Ende der Muschel sich zuspitzender Wulst zu erkennen, dessen Beitr. z. Kenntnis d. Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 421 mrf^ pep b c/m rnnep e Fig. 44. / Schematische Darstellung des allmählichen Zustandekommens der Mantelnaht (rnnep), durch Ver- wachsung der freien Mantelränder am hinteren Ende der Muschel. Vergr. 32 : 1. 422 Richard Raßbach, dm- Gestalt der rundlichen Aushöhlung an der Innenseite des Ligamentes entspricht. Die Mantelnahtzellen besitzen ein ähnliches Aussehen wie die schmalen, hohen Cylinderzellen der Mantelrandfalte. Am Beginn des hinteren Endes der Mantelnaht stehen diese Zellen dicht zusammen- gedrängt. Ihr Protoplasma zeigt eine grobkörnelige Beschaffenheit. Der Kern liegt im basalen Teil der Zelle und nimmt dort fast deren ganze Breite ein. Er besitzt eine längliche, ovale Gestalt und zeigt in seinem Innern einen oder mehrere Nucleolen (Fig. 45). Zwischen diesen Zellen finden sich, wenigstens in dem genann- ten Teile der Mantelnaht, in ziemlicher Anzahl große Becherzellen (bz). Ferner lassen sich teils rundlich oder länglich gestaltete Zellen be- merken, mit geformtem In- halt, aus rundlichen Kügel- chen bestehend, die sich mit Eosin intensiv färbten. Längs der Mantelnaht behält das Epithel ungefähr dieselbe Höhe, nur gegen das Vorderende nimmt es etwas an Höhe ab. Die den Schloßband wällen anliegen- den Zellen sind stellenweise durch ihre besonders hohen Elemente ausgezeichnet. Das Mantelnahtepithel steht mit dem inneren Ligamentband in mehr oder weniger festem Zusammenhang. Beim Loslösen desselben bleiben vielfach die einzelnen Zellen am Ligament haften. Das Epithel garantiert durch seinen Zusammen- hang mit dem Ligament eine konstante und regelmäßige Ablagerung der dasselbe bildenden Substanzen. F. Müller beschreibt diese Ver- hältnisse folgendermaßen (vgl. S. 213) : »Auch am Ligament findet ein zarter Zusammenhang von Weichteilen mit den Schalenteilen statt. Es sind dort keine ausgeprägten Muskelbündel, welche sich an die Schale setzen, sondern zahlreiche einzelne Muskelfasern. An der Stelle nämlich, wo bei Unio das Ligament in den Zahn, bei Anodonta in die Zahnleiste übergeht, verschwinden an den betreffenden Mantelstellen die Epithelzellen vollständig. Es treten aus dem darunter liegenden Fig. 45. Zellen des Mantelnahtepithels mit Becherzelle (&, Amöbocyten (am). Vergr. 800 : 1. und Beitr. z. Kenntnis d. .Schale u. Schalenregener. v. Anodonta cellensis Schrot. 423 Muskelgewebe lange, wellig verlaufende Muskelfasern hervor, welche in der spindelförmigen Erweiterung den charakteristischen langen Kern unterscheiden lassen, der oft durch eine Anzahl kleiner Kerne ersetzt wird. Diese Fasern vereinigen sich mit ihren Enden zu einem dichten Filz, mit welchem gelockerte Fasern des Ligamentrandes zusammen- hängen. « Diese von F. Müllee gesehenen Gebilde sind keine Muskel- fasern, sondern Elemente des Mantelnahtepithels, die hier öfters ein etwas ungewöhnliches Aussehen zeigen (Fig. 46 mnep). Zwischen den einzelnen Zellen finden sich häufig Intercellularräume (i). Infolge der Konservierung kontrahiert sich das Tier innerhalb der Schalenklappen mnep ig>;iure: Von dem sonst tief dunkel tingierbaren Mittelstück ist absolut nichts zu sehen gewesen (Fig. 4; Tai. VII, Fig. 13: Taf. VIII, Fig. 20 6 und 23). Dieses Resultat fällt vollkommen übereinstimmend für beide Par- ainoeba-Avten aus, und wurde von mir mehrmals erzielt. Die Frage, inwiefern die färbbare Substanz des Mittelstücks etwa durch Pikrin- säure aufgelöst worden ist, oder aber ob keine Affinität zu Borax- karmin vorliegt, erscheint hier zunächst von sekundärer Bedeutung und dürfte nicht leicht zu entscheiden sein. Es mag zunächst ge- nügen an dem bloßen Ergebnis festzuhalten, daß auf Präparaten, wo alles Chromatin im Kern der Paramoeba in typischer Weise stark gefärbt wird, das Mittelstück ungefärbt bleibt. Zur Illustration dieser Verhältnisse ist absichtlich ein Exemplar von P. pigmenti- fera gewählt worden, welches im Körperplasma eine vor kurzem aufgefressene Spermatogonie (oder Spermatocyte?) des Wirtstieres in einer Nahrungsvacuole eingeschlossen führt (Fig. 4): das Chromatin der Keimzelle zeigt die charakteristische starke Färbung (zum Er- zielen einer guten Färbung der Paramoeben mit Boraxcarmin war eine Färbungsdauer von bis über 24 Stunden nötig). — Aus dem eigen- tümlichen Verhalten des Mittelstücks bei der eben genannten Methode ist meiner Ansicht nach zu entnehmen, daß die Gesamtmasse des Mittelstückes, welche auf Hämatoxylinpräparaten durchaus den Eindruck von echtem Chromatin erweckt, eben kein Chromatin ist, wenigstens sicher keines in gewöhnlichem Sinne dieses Wortes. Paramoebenstudien. 467 Da in beiden Fällen basische Farbstoffe zur Verwendung kommen, so ist es nicht statthaft zur Unterscheidung von Chromatinarten etwa zu ihrem basophilen bzw. acidophilen Charakter Zuflucht zu nehmen. — Die Frage nach eventueller Identität der Mittelstücksubstanz mit metachromatischen Körpern, dürfte kaum in positivem Sinne beant- wortet werden. Mit den im Plasma von Paramoeben reichlich vor- kommenden metachromatischen Körperchen hat zwar die Substanz des Mittelstücks die starke Färbbarkeit in Delafields Hämatoxylin gemeinsam; außerdem aber färbt sich diese auch mit Eisenhämatoxylin nach Sublimatkonservierung, was die erstgenannten Körperchen nicht tun. Immerhin sind diese Reaktionen zur Entscheidung der Frage nicht ausreichend und es müssen speziell in dieser Richtung vorge- nommene Untersuchungen abgewartet werden. — Betonen möchte ich noch, daß die Gesamtmasse des Mittelstückes gemeint ist, wenn im Vorstehenden von nicht-chromatischer Natur dieses Gebildes die Rede gewesen; innerhalb des Mittelstückes lassen sich bei Anwendung einer andern Methode winzige Körnchen — von fast verschwindender Masse gegenüber der gesamten Substanz des Mittelstückes — nach- weisen, und diese Körnchen werde ich als Chromosomen deuten. Es ist die HERMANNsche Lösung, welche als Konservierungsflüssig- keit angewandt, die meiste Einsicht in den Bau des Nebenkörpers und speziell des Mittelstückes zu gewinnen erlaubt ; P. chaetognathi mit ihrem nackten Nebenkörper eignet sich zu dieser Untersuchung besser als P. pigmenti fem. Zunächst ergibt sich bei der Färbung mit Eisen- hämatoxylin und richtiger Differenzierung, daß das Mittelstück eine eigne, scharf ausgeprägte Membran besitzt, daß es sich somit auf ein Bläschen zurückführen läßt, welchem freilich meistens, wie schon er- wähnt, die Gestalt, einer biconvexen Linse zukommt. Die Membran erscheint an den beiden Flächen der Linse pol plattenartig ausgebildet, während äquatorial der Zusammenschluß durch ein viel feineres Häut- chen vermittelt wird (Fig. 10a, b). Genauere Untersuchung macht es sehr wahrscheinlich, daß die polplattenartigen Bildungen nicht Produkte der Membran selbst sind, sondern derselben von außen dicht auf- lagern; doch muß ich die Schwierigkeit der diesbezüglichen Unter- suchung betonen. In der Regel werden die Pol platten nur mit Eisen- hämatoxylin zur Darstellung gebracht; ausnahmsweise habe ich sie auch mit Delafields Hämatoxylin beobachtet, was mich in der An- nahme, es liegen tatsächlich besondere Differenzierungen vor, nur bestärkt. Ein derartig membranös umgrenztes Mittelstück mit pol- plattenartiger Ausbildung der Flächen erinnert an Kerne mit ihren 468 C. Janicki. Polplatten während der Teilung bei Amoeba binucleata, Actinophrys sol und Actinosphaerium eichhorni nach Schaudinns bzw. R. Hertwigs Schilderungen; auf diesen Vergleich komme ich später noch zurück. Manchmal, bei Einstellung des Tubus auf den äquatorialen Umkreis des Mittelstückes, kann man in Form einer feinen scharfen Linie die Kante der Linse, wo ihre beiden Flächen aneinanderstoßen, beobachten. — Der Feststellung, daß das Mittelstück von einer eignen Membran umgrenzt ist, schreibe ich bei der Beurteilung der Natur des Neben- körpers besondere Bedeutung zu. Auch der Inhalt des Mittelstückes läßt bei Anwendung der Her- MANNschen Lösung und Eisenhämatoxylin seine feinere Structur näher erkennen; es eignen sich zu diesem Zweck am besten Präparate, wo durch starke Differenzierung mit Eisenalaun das Mittelstück als Ganzes kaum oder nur sehr unbedeutend gefärbt bleibt. Die das Mittelstück bildende Substanz zeigt ein grobgranuläres, schwach sich abzeichnendes Gefüge (Fig. 10); ich habe nicht den Eindruck, daß sich dieses Gefüge auf Wabenstruktur zurückführen ließe. Dieser granulöse Inhalt ist es, der mit Hämatoxylin nach Sublimatkonservierimg so überaus stark gefärbt wird, daß alle Struktur des Mittelstückes dadurch verdeckt und unkenntlich gemacht wird. In sehr seltenen, besonders günstigen Fällen lassen sich nun äquatorial im Mittelstück in einer bis zwei Reihen bzw. ringförmig angeordnet winzige Körnchen nachweisen ; ihre Darstellung ist, wie gesagt, sehr schwierig und launisch. Ausnahms- weise kann man auch bei einer mit Delafields Hämatoxylin gefärbten Amoebe bei geeigneter Differenzierung die Körnchen nachweisen. Die genannten Körnchen fasse ich als Chromosomen auf. In dem Mittelstück des Nebenkörpers erblicke ich einen echten, aber besonders modifizierten zweiten Kern von Paramoeba. Diese Zurückführimg gründet sich auf einen Komplex von Eigenschaften, auf die ich im allgemeinen Teil besonders zu sprechen komme. Erst nachdem der Bau des Mittelstückes auf Präparaten, die mit ÜERMANNscher Lösung behandelt worden sind, klargelegt ist, lassen sich die Bilder, welche ScHAUDiNNsche Lösung mit Delafields Häma- toxylin erzeugt, richtig deuten. Ich habe absichtlich hier zur Be- schreibung der Mittelstückstruktur den gleichen — nicht den kürze- sten — Weg eingeschlagen, den ich während der Beobachtung durch- gemacht habe. Dadurch mag dem Leser der Eindruck, daß die uns be- schäftigenden Strukturverhältnisse keineswegs immer auf den ersten Blick deutlich in die Augen fallen, zum Bewußtsein gebracht werden. Außerdem ergab sich bei der gewählten Darstellungsart zunächst ein Paramoebenstudien. 469 direkter Anschluß an die von Schaudinn bei P. eilhardi beschriebenen oder vielmehr in den allbekannten Figuren geschilderten Verhältnisse. Die Schwierigkeit in der Deutung von Bildern, die von Delafields Hämatoxylinpräparaten nach Konservierung- in Schaudinns Lösung stammen, liegt erstens darin, daß die Inhaltmasse des Mittelstückes sich homogen und sehr tief färbt, wodurch — von wenigen Ausnahme- fällen abgesehen — die innere Struktur einfach verdeckt wird, und ■ d e f g Textfig. \a — g. Die verschiedene Ansicht des Mittelstücks im Nebenkörper von Paramoeba (parasitische Species) nach Behandlung mit SCHAUDiXN'scher Lösung und. Delafields Hämatoxylin. Halbschematisch. zweitens in dem Umstand, daß — ungeachtet des ausgezeichneten Konservierungszustandes aller übrigen Bestandteile des Paramoeba- Körpers — bald mehr bald weniger ausgesprochene Schrumpfungen zustande kommen, was sodann ungleichmäßige Verteilung der färb- baren Substanzen zur Folge hat. Die verschiedenen Ansichten des Mittelstückes, welche auf derartigen Präparaten sowohl bei P. chaeto- gnathi wie bei P. pigmentifera angetroffen werden, sind schwach schematisiert in den Textfig. \a — g, wiedergegeben. Die Fig. \a stellt 470 C. Janicki, zunächst den typischen Bau des Mittelstückes unter Weglassung der Polplatten, die bei der hier angewandten Methode nur ausnahmsweise zum Ausdruck gelangen, dar;1, der übrige Teil des Nebenkörpers soll jetzt nicht näher berücksichtigt werden. Ein derartig gleichmäßig- dunkles Aussehen des Mittelstückes wird oft, besonders bei P. chaeto- gnathi, beobachtet; dasselbe wird übrigens auch bei Anwendung von Eisenhämatoxylin erzielt. Nun zieht sich der Inhalt des Mittelstückes in vielen Fällen äquatorial von der Membran zurück; die an dieser letzteren zweiseitig haftenbleibenden Partien erzeugen, in Profilansicht betrachtet, die namentlich bei P. pigmentifera oft anzutreffenden zwei Zipfel; diese können mehr oder weniger gleichartig oder ungleichartig ausgebildet zum Vorschein kommen (Fig. 16, c). Zudem kommt nicht selten eine starke Schrumpfung des ganzen Mittelstückes in der Rich- tung der Längsachse des Nebenkörpers hinzu ; das Mittelstück erscheint alsdann ausnehmend flach (Fig. 16 — e). Dagegen tritt die äquatoriale Umgrenzung des Mittelstückes infolge von Farbstoffspeicheiung zwischen den eng aneinander schließenden Membranen in vielen Fällen sehr deutlich in Form eines stark gefärbten, meist bogenförmig schwach gekrümmten Stabes zum Vorschein (Fig. 1^, g). Gerade diese Bilder, welche P. pigmentifera sehr oft bietet, scheinen zunächst der Inter- pretation große Schwierigkeit zu bereiten; ja manchmal wäre man beinahe versucht in der scheinbar stabartigen Bildung etwa eine Cen- trodesmose zu vermuten. Vergleichendes Studium anders behandelter Präparate zerstreut aber die Bedenken und verweist die zunächst frappierende Erscheinung in das Gebiet der Kunsterzeugnisse. Die Grundlage freilich für diese Bildung ist reell, und besteht in der äquatorialen Berührungslinie der das linsenförmige Mittelstück be- grenzenden Flächen1. — In andern Fällen wiederum scheint die Be- rührung dieser Flächen nicht in einer Linie zu geschehen, sondern durch eine Art schmalen Gürtel vermittelt zu werden (Fig. 1/). — Sämtliche Varianten im Aussehen des Mittelstückes lassen sich, wie gesagt, un- gezwungen auf die früher besprochene Grundform zurückführen. Nachträglich wäre hier noch die Frage zu berühren, wie ist es zu 1 Weitgehende Übereinstimmung mit der eben besprochenen stabartigen Bildung scheint mir in einem Befund Alexeieffs am Kern von Amoeba punc- tata Dang, vorzuliegen; in der Figurenerklärung zu dem nach gefärbtem Präparat entworfenen Kern heißt es: »Noyau tendu sur un bätonnet siderophile, probable- ment un cristalloide intranucleaire.« (Vgl. A. Alexeiff. Sur la division nucleaire et l'enkystenient chez quelques Amibes de groupe Limax. C. R. Soc. Biol. 1911. p. 589. Fig. 22.) Paramoebenstudien. 471 erklären, daß die — wenn auch selten — so doch immerhin nachweis- baren Chromosomen im Mittelstück bei Behandlung der Amoeben mit Pikrinessigsäure + Boraxcarmin niemals zum Ausdruck gelangen. Die Antwort kann freilich zunächst nur wenig befriedigend ausfallen und bewegt sich in Vermutungen. Es dürfte die besondere chemische Zusammensetzung des granulösen Inhaltes des Mittelstückes sein, welche auch das färberische Verhalten der eingeschlossenen Chromo- somen mitbeeinflußt. Bekanntlich wird die Gesamtmasse des Mittel- stückes bei Anwendung der genannten Kombination von Reagen- tien, sei es gänzlich aufgelöst, sei es in einen dem Farbstoff absolut widerstehenden Zustand übergeführt. Dabei werden offenbar die winzigen Chromosomen in Mitleidenschaft gezogen. — Auch das Alaun- carmin, welches ich nur zur Kontrolle angewandt habe, und das aus- gezeichnet scharfe Chromatinfärbung im Kern wie auch an den übrigen chromatischen Teilen des Nebenkörpers (s. weiter unten) gibt, war nicht geeignet, die kleinen Chromosomen des Mittelstückes zur Darstellung zu bringen. Das Mittelstück nimmt mit diesem, übrigens leicht ma- cerierenden, Farbstoff einen offenbar je nach dem verschiedenen Zu- stand der Amoeben wechselnden diffusen bald helleren, bald dunkleren Ton an. — An die gewölbten Flächen des Mittelstückes schließen sich polar die annähernd halbkugeligen oder kalottenförmigen »Seitenteile« Schaudinns an; sie ergänzen gewissermaßen die Gestalt des Mittel- stückes zu einem durchaus einheitlich erscheinenden ovalen Neben- körper. Die Grundlage dieser Seitenteile wird von einem schwach- granulösen, bald mehr bald weniger vacuolisierten Plasma gebildet, welches unter allen Umständen von dem umgebenden Körperplasma sehr deutlich absticht. Was aber besonders in die Augen fällt, sind zwei polständig innerhalb der Seitenteile angebrachte, runde bis ovale Körper; ich benenne dieselben jetzt schon Centrosomen, wenn auch die Begründung hierzu sich erst aus dem allgemeinen Teil ergeben wird. Für das die Centrosomen bergende schwachgranulöse Plasma werde ich den Ausdruck Archoplasma verwenden. Auf Präparaten, die mit ScHAUDiNNscher Lösung konserviert und mit Delafields Hämatoxylin gefärbt sind, treten die Centrosomen nur mäßig stark, grau bis graublau gefärbt zum Vorschein; nicht selten zeigt das Centrosoma bei dieser wie bei andern Behandlungs- methoden eine Vacuole im Innern. Das Plasma der Seitenteile, oder das Archoplasma, erscheint, wenigstens bei P. chaetognaihi, noch viel weniger gefärbt als die Centrosomen. Ein im Umkreis der Centro- 472 C. Janicki, somen regelmäßig feststellbarer heller Hof dürfte wohl sicher auf Schrumpfung im umgebenden Medium zurückzuführen sein, was ja öfters in der Umgebung der Plasmaeinschlüsse geschieht. — Mit Eisen- hämatoxylin lassen sich die Centrosomen außerordentlich tief schwärzen; sie stechen bei entsprechender Differenzierung sehr deutlich von ihrer Umgebung ab, indem weder das sie umgebende Archoplasma, noch das Mittelstück gleich dunkle Färbung annehmen (Fig. 9). Nach besonders starker Differenzierung mit Eisenalaun und Nachfärbung mit Eosin tritt, namentlich bei P. chaetognathi, der eosinophile Charakter der Centro- somen sehr eklatant zum Vorschein: dieselben leuchten geradezu rot, gegenüber dem grünlich-blauen Mittelstück (Fig. 6, 21). Wie für das Mittelstück so ist auch für die Centrosomen das Er- gebnis der Färbung mit Boraxcarmin nach Fixierung in Boveri's Pikrinessigsäure ein Überraschendes. Im Gegensatz zu dem gänzlich ungefärbt bleibenden Mittelstück nehmen die Centrosomen bei beiden Paramoeba- Arten die typische grellrote Carminfärbung an (Fig. 4, 20&, 23). Auch das Archoplasma in der Umgebung der Centrosomen weist wenige gefärbte Granula auf. Dieses färberische Verhalten habe ich stets mit strenger Regelmäßigkeit feststellen können. Ich glaube dem- nach nicht fehl gehen zu dürfen, wenn ich den Centrosomen, und in schwächerem Grade ihrer Umgebung, Chromatingehalt zuschreibe. Chromatische Centrosomen bzw. deren Homologa bei Protozoen sind ja nach unsern heutigen Kenntnissen keine Ausnahmen mehr (Schau- dinn, R. Hertwig, Keuten, Zuelzer), worauf ich im allgemeinen Teil noch eingehen werde. — Auf welche Weise chromatische Sub- stanzen nicht nur in die Centrosomen, sondern auch in deren Umgebung gelangen, läßt sich nicht feststellen. Deutlich werden die Centrosomen in der Regel mit ÜERMANNscher Lösung und nachfolgender Anwendung von Delafields oder Eisen- hämatoxylin zur Darstellung gebracht und nehmen je nach der In- tensität der Färbung einen helleren bis tief dunklen Ton an. Es darf freilich nicht verschwiegen werden, daß in seltenen Fällen aus nicht näher zu ermittelndem Grunde gerade die genannte Methode, welche ja, wie oben gesagt, zum Aufdecken der Zusammensetzung des Neben- körpers große Dienste leistet, bei der Sichtbarmachung von Centro- somen vollkommen versagt. Die Struktur der Centrosomen erscheint übereinstimmend bei allen angewandten Untersuchungsmethoden als außerordentlich dicht und ist eher homogen zu bezeichnen; auf keinen Fall läßt sich hier etwa spongiöses Gefüge antreffen. Centriolen innerhalb der Centro- Paramoebenstudien. 473 somen sind keine nachzuweisen. Form und Zusammensetzung der Centrosomen zeigen - — abgesehen von Teilungszuständen — keinen veränderlichen Charakter; namentlich ist hier nichts von den in neuerer Zeit mehrfach beschriebenen cyclischen Abbauerscheinungen an Centro- somen zu bemerken. Strahlungserscheinungen werden weder in den Seitenteilen des Nebenkörpers noch außerhalb desselben beobachtet. Desgleichen läßt sich keine longitudinale Streifung im Archoplasma feststellen. — Wenn auch normalerweise das Archoplasma der Seitenteile direkt sich an die Flächen des Mittelstückes anschließt, so kann durch Schrump- fung oftmals zwischen beiden Bestandteilen des Nebenkörpers eine mehr oder weniger ausgedehnte Lücke entstehen (vgl. oben). Ebenso mag die wechselnde Ausbreitung des Archoplasmas in dünnerer oder dickerer Schicht äquatorial um das Mittelstück herum von Fall zu Fall durch Einwirkung der Konservierungsflüssigkeit beeinflußt sein. — Ich wende mich jetzt der Frage zu, wie ist der Nebenkörper als Ganzes gegen das umgebende Plasma von Paramoeba abgegrenzt? Selbstverständlich kommt in dieser Beziehung die Pigmentkörner- schicht von P. pigmentifera nicht in Betracht; dieselbe ist, wie schon erwähnt, dem eigentlichen Nebenkörper nur äußerlich aufgelagert. Zum Studium der vorgelegten Frage eignet sich außerdem P. pigmenti- fera, wie leicht ersichtlich, nur wenig; es können nämlich nur die Pikrin- essigsäurepräparate, wo das störende Pigment aufgelöst erscheint, Verwendung finden1. In diesem Fall, wie auch auf sämtlichen Prä- parationen von P. chaetognathi, tritt der Nebenkörper immer gut und scharf gegen das umgebende Plasma abgesetzt zum Vorschein ; etwaige Fortsatzbildungen des Archoplasmas in die Körpersubstanz von Para- moeba sind nicht vorhanden. Der Nebenkörper imponiert demnach stets als ein ins Plasma eingesenktes abgeschlossenes Ganzes. Damit soll zunächst nur der Eindruck, den der Nebenkörper auf den Beschauer macht, unvoreingenommen wiedergegeben werden. Eine weitere Frage ist die, wie kommt dieser einheitliche Charakter des Nebenkörpers zustande, besitzt etwa der Nebenkörper eine eigne, ihn abgrenzende Membran? Diese Frage kann ich, was P. chaetognathi anbetrifft, bestimmt in verneinendem Sinne beantworten. Besonders deutlich kommen die in Rede stehenden Verhältnisse auf Präparaten zum Ausdruck, wo unter Einwirkung des Konservierungsmittels das den Nebenkörper umgebende Plasma sich von diesem letzteren zurückgezogen 1 Die Umgrenzung des gesamten Nebenkörpers ist bei der Reproduktion von Fig. 4 gegenüber dem Originalbild viel zu deutlich ausgeprägt ausgefallen. 474 C. Janicki, hatte, — ein Vorkommnis, das da und dort unter sonst gutgelungenen Präparaten sich nicht vermeiden läßt (Taf. VII, Fig. IIa und b). Als- dann sieht man, daß das Archoplasma jederseits am Mittelstück etwa in Halbkugelform, sozusagen als selbständiges Gebilde angebracht er- scheint, und daß eine alle drei Teile umschließende Membran fehlt; sie hätte sonst unbedingt in diesem Fall zum Vorschein kommen müssen. Der einheitliche Charakter des Nebenkörpers wird durch dichten Zu- sammenschluß des Körperplasmas um den Nebenkörper herum erreicht, und als bedingendes Moment für ein derartiges Verhalten kann wohl mit Recht die Ausbildung einer minimalen Berührungsfläche zwischen Nebenkörper und Plasma in Anspruch genommen werden. Das nach- weislich von einer Membran umgrenzte Mittelstück auf der einen Seite sowie eine bestimmte, polar verteilte Quantität von Archoplasma auf der andern Seite sind zusammengenommen ausschlaggebend, wie weit der Nebenkörper als Ganzes die zunächst sich bietende sphärische Gestalt zu übertreffen hat. — Für P. chaetognathi schließe ich somit das Bestehen einer eignen Membran des Nebenkörpers aus; für die so nahe verwandte P. pigmenti fem ist der gleiche Sachverhalt im hohen Grade wahrscheinlich. — Bis jetzt habe ich das durchschnittlich anzutreffende Aussehen der Centrosomen im Nebenkörper geschildert. In durchaus nicht selte- nen Fällen werden nun die Centrosomen bereits geteilt, also je zwei an jedem Pol des Nebenkörpers beobachtet (Fig. 36). Dieses Verhalten deutet entschieden auf bevorstehende Teilung der Amoebe hin, wenn auch nicht immer die verdoppelte Centrosomenzahl mit kenntlicher Vorbereitung des Hauptkernes zur Teilung, wie es in Fig. 36 der Fall ist, Hand in Hand geht. Eine ähnliche frühzeitige Verdoppelung der Centralorgane während des Kernteilungsvorganges ist auch bei Proto- zoen bereits in mehreren Fällen bekannt; mit besonderer Regelmäßig- keit tritt z. B. die verfrühte Centriolenteilung bei Spongomonas uvella nach Hartmann und Chagas auf (23, S. 80 und Taf. VI, Fig. 34—39). Im Ruhezustand von Paramoeba, zwischen zwei Teilungsperioden, sind die Centrosomen stets in der Einzahl polar angebracht; von einem Diplosomazustand während der Ruheperiode kann hier keine Rede sein. Die Teilung des Centrosoma scheint bei Paramoeba unverkennbar auf dem Zustand seiner größten Massenentwicklung vor sich zu gehen. — Auffallender ist das Vorkommen von drei, vier und mehr Centrosomen jederseits am Nebenkörper, so daß deren im Ganzen bis über acht, jedes von einem hellen Hof umgeben, gezählt werden können (Fig. 12). Der Hauptkern befand sich in einem solchen Fall jeweilen im Ruhezustand. Paramoebenstudien. 475 Möglich, daß eine derartige Vermehrung von Centrosomen mit Ga- metenbildung in Zusammenhang zu bringen wäre; doch leider konnte ich diese selten anzutreffende Erscheinung nicht weiter verfolgen. — Umgekehrt begegnet man, gleichfalls sehr selten, Amoeben mit einem einzigen Centrosom im Nebenkörper; offensichtlich ist hier eine Ver- doppelung der Centrosomen während der Teilung unterblieben. In der Regel bleiben die, zumeist wie gesagt, sehr frühzeitig sich teilenden Centrosomen nur vorübergehend durch eine feine Brücke miteinander verbunden. Ausnahmsweise läßt sich zwischen den bereits polar angebrachten Centrosomen eine Verbindung nachweisen. Fig. 13 zeigt ein solches Verhalten nach einem Pikrinessigsäure-Boraxcarmin- prä parat; ein dünnes, schwach geschlängeltes Fädchen zieht seitlich am Mittelstück vom Centrosom zu Centrosom. Auffallend stark, in einem Bogen das Mittelstück umgreifend, erscheint die Centrodesmose . Textfig. 2. P. chaetognatki. Centrodesmose im Nebenkörper. SCHAUDiNNsche Lösung. Eisen-Hämatoxylin, Eosin. Vergr. 2700. in Fig. 14 a und namentlich 14 b, in beiden Fällen nach Eisenhäma- toxylinfärbung. Die Amoebe der Fig. 14 & stammt aus einem Prä- parat mit vielen Gameten und ist auch durch die Konstitution ihres Hauptkernes ausgezeichnet. Während die genannten Fälle sich auf P. figmentifera beziehen, illustriert die Textfig. 2 ein ähnliches Ver- halten von P. chaetognatki. Auf diese vereinzelt zu konstatierenden Befunde der Centrodesmosen komme ich noch im allgemeinen Teil der Arbeit zurück. Ein andrer Bildungsmodus von Centrosomen als derjenige durch Teilung bereits vorhandener, wurde nicht beobachtet. 2. Teilung bei beiden Paramoeba-Arten. Was Schaudinn über Teilungsvorgänge bei P. eilhardi mitteilen konnte, war nicht viel. »Die Teilung der Amöbe habe ich leider nur Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 31 476 C. Janicki, zweimal am lebenden Tier beobachten können, sie erfolgt, ähnlich wie bei anderen Amoeben als allmähliche Zerreißung in zwei Stücke. Das Verhalten des Kernes und Nebenkörpers bei der Teilung konnte ich bisher nicht vollständig ermitteln. In den beiden Fällen, in denen ich die Teilung beobachtete, besaßen die Tiere schon zwei Kerne und zwei Nebenkörper. Nun habe ich aber unter den konservierten Amoeben solche, die schon zwei Nebenkörper auf entgegengesetzten Seiten des Kernes aufweisen; hieraus dürfte folgen, daß die Teilung des Neben- körpers vor der des Kernes erfolgt. In den betreffenden Amoeben zeigten die Kerne bereits Veränderungen, die auf eine mitotische Kern- teilung hinwiesen« (47, S. 35). Weitere Angaben hatte Schaudinn für die ausführliche Publikation in Aussicht gestellt. Damit sind unsre Kenntnisse von der Kern- und Nebenkörperteilung bei Para- moeba im Amoebenzustande erschöpft. Bei den parasitischen Paramoeba- Arten lassen sich Teilungs- zustände relativ nicht selten antreffen. Meine diesbezüglichen Beob- achtungen beziehen sich sämtlich auf konserviertes Material. Bei beiden Arten verläuft die Teilung im wesentlichen übereinstimmend. In der Mehrzahl der Fälle geht der Kern in der Teilung dem Neben- körper voraus, ausnahmsweise kann das umgekehrte Verhalten statt- finden. Als erstes Anzeichen der bevorstehenden Kernteilung ist eine reichere Abgabe des Chromatins vom Binnenkörper auf das Kern- gerüst zu konstatieren. Dieses letztere läßt sich mit einiger Deutlich- keit nur in der Circumferenz des Binnenkörpers beobachten, wo es Bahnen für den Chromatintransport abgibt (Fig. 36). Einen ähnlichen Vorgang beschreibt Schaudinn während der Vorbereitung der Kern- teilung bei A. binucleata Gruber (46, S. 137—138 und Fig. VI, S. 131). Infolge dieser Chromatin Wanderung nimmt der Chromatingehalt im Außenkern gegenüber den Ruhephasen zu; gleichzeitig geschieht da- selbst eine stärkere Kondensation des sonst staubförmig verteilten Chromatins zu deutlichen, meist mit gezackter Peripherie versehenen Körnern. Dieselben erscheinen oftmals mit einer auffallenden Regel- mäßigkeit im Kerngerüst, offenbar in dessen Knotenpunkten, verteilt, und treten so scharf gesondert hervor, daß man sie abzählen kann. Manchmal begegnet man den Körnern in besonders lockerer Kon- stitution. Die in Rede stehenden Körner dürften bestimmt die Grundlage für spätere Chromosomen abgeben. In einem Fall von P. chaetognathi glaubte ich eine Anordnung der Körner in Dyaden wahrzunehmen (Textfig. 3). — Beim weiteren Vorrücken in den Paramoebenstudien. 477 Prophasen löst sich der Binnenkörper auf, ohne daß es in der Mehr- zahl der Fälle möglich gewesen wäre, irgendein von ihm übrig bleiben- des Organeil festzustellen. ^ ■/."?:' Dem Stadium der Äquatorialplatte begegnet man öfters, wie es mehrere Figuren illustrieren. In bezug auf die Bildung derselben scheinen die ihrer Entstehung nach im ganzen Kernraum verteilten Chromosomen einem bestimmten Äquator zuzustreben (Taf. VII, Fig. 15). Die Chromosomen sind rundliche, scharf gesonderte Körner, ihre Anzahl ist sehr groß und beträgt vor der Verdoppelung bei P. chaetognathi etwa über 30, bei P. pigmentifera bis über 50. Die Chromosomen erscheinen bald in dichterer (Fig. 17), bald in mehr , •• ■'-•: lockerer (Fig. 16) Ansammlung, .. .••'..• was zum Teil vielleicht auch auf :.-','. ;: die verschiedene Wirkung der Konservierungsflüssigkeit zurück- .._■■'. .; . geführt werden kann. Wie in •'. mehreren Fällen bei beiden Spe- •-.'-•' cies übereinstimmend festgestellt werden konnte, nehmen die Chro- mosomen ringförmige Anordnung lexttig. 3. V j. j TT- P- chaetognathi. Dyaden im Hauptkern. Schau im Äquator des Kernes an, eme MNNSche Lösung, delafields Hämatoxyiin. Anordnung, die freilich nur bei vergr. 2700. günstiger Lage des Kernes sich richtig zu erkennen gibt (Fig. 17, 18&, c). Diese ringförmige Chromo- somenverteilung erinnert z. B. an einen analogen Befund Hartmanns bei Amoeba hyalina. Um die Einzelheiten der Chromosomenspaltung zu studieren ist das Material wenig geeignet. In Fig. 19 und in Fig, 20 b, Taf. VIII liegen bereits zwei Tochterplatten, richtiger wohl auch in diesem Fall zunächst noch Ringe, beim Beginn der dicentri- schen Wanderung vor. Bis zur Bildung der Äquatorialplatte bleibt die Kernmembran stets erhalten, was ja mehrfache Analogie bei Protozoen findet. Am Ausgang der Metaphase — bald früher, bald später — erfolgt die voll- ständige Auflösung der Kernmembran (Fig. 17, 186). Innerhalb dieser letzteren läßt sich in manchen, aber bei weitem nicht in allen Fällen eine schwache achromatische Spindel wahrnehmen; dieselbe ist dem- nach, entsprechend der R. ÜERTwiGschen Bezeichnungsweise als nucleare Spindel aufzufassen (Fig. 18 a, c, 20«, b). Mit der Auflösung der 31* 478 C. Janicki, Kernniembran kommen die Spindelfasern anscheinend direkt ins Plasma zu liegen (Fig. 17). Daß die Spindelfasern polar gegen einen Punkt konvergierten, läßt sich mit Deutlichkeit nicht nachweisen. Ja, in manchen Fällen beobachtet man sogar, daß die Spindelfasern parallel verlaufen und so die bekannte »tonnenförmige« Spindelfigur erzeugen. In der überwiegenden Anzahl der von mir beobachteten Kern- teilungsfiguren habe ich vergeblich nach einem Centralorganell als locomotorischer Komponente gesucht. Nur in drei Fällen waren meine Bemühungen von Erfolg begleitet; alle drei beziehen sich auf P. chaetognathi und sind in den Fig. 18 c, 20 a, b wiedergegeben. Es liegt hier ohne Zweifel eine stark reduzierte Centralspindel vor, die mehr oder weniger stabförmige Gestalt annimmt und deutlich die Richtung der Polaxe einhält. An ihren Enden Centriolen nachzu- weisen war mir nur in einem Falle möglich, und zwar auffallender- weise auf einem Pikrinessigsäure-Boraxcarminpräparat. Auf weiter fortgeschrittenen Teilungsphasen konnte nichts mehr von der Central- spindel wahrgenommen werden, sie unterliegt wahrscheinlich einer Resorption. Weitgehende Ähnlichkeit in bezug auf das geschilderte Verhalten läßt sich mit Amoeba hyalina nach Hartmanns Darstellung konstatieren (21, Taf. X, Fig. 10, 12, S. 161, 162); auch hier erhält sich die Centrodesmose nicht über die ersten Schritte der Metaphase hinaus. Die Anaphasen sind durch dichte Verbackung der Chromosomen zu scharf sich abhebenden Tochterplatten charakterisiert (Fig. 21, 22). Der Ausdruck Tochterplatte ist hier nicht im strengen Sinne richtig, indem die Chromosomen noch von der Metaphase her die annähernd ringförmige Anordnung beibehalten. Im Umkreis der Chromosomen erscheint das Plasma dicht granulös, die typische Vacuolisation des Endoplasmas ist innerhalb ziemlich weiter Grenzen hinausgeschoben. — Strahlungserscheinungen sind weder jetzt noch auf früheren Stadien zu beobachten. Während der Rekonstruktion der Kerne gelangt eine sehr deut- lich ausgeprägte Heteropolie in jedem Kern zum Ausdruck. Von den dicht aneinanderschließenden Chromosomen der Tochterplatten aus geht nämlich die Rekonstruktion des Kernes zunächst nur nach dem einen Pol vor, indem hier das Chromatin an einem sich jetzt bildenden Kern- gerüst entlang auswandert und so die Grundlage für die eine Hälfte des späteren Kernes abgibt. Auf diese Weise entstehen kegel- bis halbkugelförmige, asymmetrisch in bezug auf die Tochterplatte ange- brachten Aufsätze (Fig. 23, 25, 26). Die andre Kernhälfte bleibt Paramoebenstudien. 479 in dem Rekonstruktionsprozeß zurück; die Begrenzimg der Tochter- platte nach dieser Seite zu behält ihren ursprünglichen Charakter und in geeigneten Fällen kann man noch Spindelfasern sich an die Chromo- somen ansetzen sehen. (Fig. 26). Eine derartige Heteropolie wird regelmäßig in den Telophasen beobachtet. In der Regel liegen die in Rekonstruktion begriffenen Teile der beiden Kerne nach außen von der Medianlinie der sich teilenden Amoebe; eine solche Lage der Kerne läßt sich auch gut mit der Anordnung des eben genannten Spindel- restes in Einklang setzen. Es kommt allerdings ausnahmsweise, offen- bar durch eine nachträgliche Drehung der Kerne um 180°, eine um- gekehrte Orientierung vor. — Ein direkter Parallelfall zu der geschil- derten Erscheinung ist mir nicht bekannt. Allerlei Übergänge hingegen zu dieser extremen Heteropolie lassen sich verzeichnen, und es ist u. a. klar, daß die Telophasen gegenüber den bald in dieser, bald in jener Form von zwei Centren beherrschten Metaphasen heteropolen Charakter tragen müssen. Vielleicht ist hier der GoLDSCHMiDTsche Befund einer »besonders aussehenden Plasmamasse«, welche bei Mastigella vitrea nach der Kernteilung sich zwischen den beiden Kernen ausspannt ( »Archoplasma «) zu nennen (17, S. 124, Taf . VII, Fig. 38); außer dem einseitig anlagernden »Archoplasma« zeigen freilich die Kerne anscheinend keine Heteropolie. In der Folge nimmt der Kern seine normale bläschenförmige Gestalt an, die Kernmembran ist bereits ausgebildet (Fig. 27). Das Chromatin ist auf dem Kerngerüst verteilt unter mehrfacher Bildung von dichten Ansammlungen. Ein Binnenkörper ist nicht vorhanden. Diesem Rekonstruktionsstadium kommt relativ lange Dauer zu und dasselbe wird oft angetroffen. — Die Einzelheiten der weiteren Vor- gänge entziehen sich der genaueren Untersuchung. Der augenfälligste Fortschritt bezieht sich auf die Konzentration eines Teiles des Chro- matins in einem großen Binnenkörper, wodurch der Chromatingehalt im übrigen Kern bedeutend abgeschwächt wird. Ob außer dem dargestellten, ausgesprochen mitotischen Kern- teilungstypus auch eine einfache direkte Kerndurchschnürung bei den Paramoeba-Aiteiß. vorkomme — ein Nebeneinander von zwei Teilungs- arten, wie es für manche Amoeben bekannt ist ■ — dürfte nach meinen Untersuchungen im negativen Sinne beantwortet werden. Die von mir manchmal beobachtete biscuitförmige Durchschnürung des Binnen- körpers läßt sich in anderer Weise, nämlich im Zusammenhang mit der später zu schildernden Mehrfachteilung des Binnenkörpers, ver- stehen. Vielleicht aber gehört eine Beobachtung Grassis hierher. 480 C. Janicki, Indem Gkassi von Amoeben berichtet, welche an der inneren Körper- wand der Wirte festsitzen, fährt er fort: »In certi individui forse ü li per immobilitarsi, il nucleo diventa a cifra otto, quasi tendesse a divi- dersi« (18, S. 189). Ein mitotisch nach obigem Typus sich teilender Kern kann kaum dieses Bild darbieten. — Der Nebenkörper beginnt in der Regel nach dem Kern sich zu teilen, doch ist hier der Teilungsvorgang von viel kürzerer Dauer, so daß in der Mehrzahl der Fälle, bevor noch die Tochterplatten zur Re- konstruktion der Kerne schreiten, bereits zwei gesonderte Nebenkörper vorliegen (Fig. 22, 25). Im Einzelnen lassen sich aber allerlei Schwan- kungen in bezug auf den Teilungsmoment des Nebenkörpers feststellen und ausnahmsweise können, wie schon gesagt, zwei Nebenkörper in Gegenwart eines einzigen, sich noch nicht zur Teilung anschickenden Kernes vorliegen. Der Teilungsprozeß des Nebenkörpers macht zunächst den Ein- druck einer bloßen Durch- schnürung, indem das in der Mehrzahl der Fälle stark ge- färbte Mittelstück in zwei Teile zerfällt und diese, mitsamt den jederseits angebrachten plas- matischen Kappen und Centro- somen, nach den entgegen- ■• gesetzten Richtungen ausein- andergehen (Textfig. 4). Ob vor der eigentlichen Teilung Textfig. 4. die Centrosomen an jedem Pol P. chaetognathi. Teilung des Nebenkörpers. Schau- in der Einzahl oder bereits Ver- mische Lösung. Eisen-Hämatoxyiin, Eosin. doppelt sich vorfinden, scheint Vergr. 2700. L r keinen Einfluß auf den Ver- lauf der Teilung zu haben. Im ganzen ist der Teilungsvorgang am Nebenkörper schwieriger zu beobachten, als am Kern. Nicht selten bei ausgezeichnet zum Vorschein tretender chromatischer Figur des Kernes macht der Nebenkörper den Eindruck eines schlecht konser- vierten Organells. — Äußerst selten gelingt es, durch richtige Ab- stufung der Färbung und durch die Gunst sonstiger Bedingungen genauere Einsicht in die Zusammensetzung des Mittelstückes wäh- rend der Teilung zu gewinnen. Die Fig. 18 a stellt ein derartiges Stadium bei P. chaetognathi dar. Die Centrosomen mit dem sie umgebenden Archoplasma zeigen bereits die deutliche Tendenz Paramoebenstudien. 481 nach entgegengesetzten Seiten auseinanderzu weichen ; der Nebenkörper nimmt infolgedessen stark gestreckte Gestalt an. Im Mittelstück werden nun zwei, gleichfalls offenbar in dizentrischer Wanderung be- griffene Gruppen von Körnchen sichtbar; es sind das die für den Ruhezustand des Nebenkörpers früher beschriebenen Chromosomen. - — Den geschilderten Vorgang bekommt man zu selten zu Gesicht, als daß genaueres Eingehen auf das Verhalten der einzelnen Bestandteile des Mittelstückes möglich wäre. Die Centrosomen sind anscheinend Dauerorgane, welche nie zu- grunde gehen. So läßt sich denn auch als die einzige Vermehr ungs- und überhaupt Entstehungsart der Centrosomen nur diejenige durch Teilung, wie schon früher gesagt, nachweisen. Insbesondere liegen keinerlei Anzeichen für etwaige Abstammung der Centrosomen aus dem Mittelstück vor. — Auf die Teilung des Kernes und Nebenkörpers folgt die Durch- schnürung der Amoebe, was mehrfach im Endresultat auf Präparaten beobachtet wurde (Fig. 24). Das stimmt auch mit der von Schaudinn zweimal am Leben bei P. eilhardi gemachten Erfahrung überein. Mei- stens scheint die Plasmadurchschnürung zu geschehen bevor noch die Tochterplatten sich zu rekonstruieren beginnen. Als durchaus kon- stante Regel konnte festgestellt werden, daß in der sich teilenden Amoebe die Nebenkörper in bezug auf die Kerne nach innen, also der Medianlinie näher zu liegen kommen. Es läßt sich vielleicht diese An- ordnung mit der meistens später als am Kern einsetzenden Teilung des Nebenkörpers in Zusammenhang bringen. Es ist wohl überflüssig zu erwähnen, daß stets bei der Teilung der Amoebe jede Teilhälfte einen Kern und einen Nebenkörper mitbekommt. Niemals habe ich Amoeben beobachtet, die mit zwei Kernen oder zwei Nebenkörpern versehen gewesen wären. Es wird wohl somit ein starkes Bestreben polaren Auseinanderweichens für die Teile des Kernes wie des Nebenkörpers angenommen werden müssen, wodurch immer heterogene Gebilde sich zusammenfinden. Etwaiges Vorhandensein näherer Beziehungen je- weilen zwischen Kern und Nebenkörper läßt sich hingegen durch Be- obachtung nicht stützen und erscheint wenig wahrscheinlich. Während des Teilungszustandes behält das Plasma der Amoeben sein gewöhnliches Aussehen bei. Die aus der Teilung hervorgegangenen Exemplare sind kaum nennenswert kleiner als die übrigen Amoeben und nur die abweichenden Kern- bzw. Nebenkörperverhältnisse ver- raten den soeben überstandenen Vermehrungsprozeß. Bei P. pigmenti- fera speziell deutet oft das im Plasma zerstreute Pigment auf die 482 C. Janicki, vorausgegangene Teilung; die Hauptmasse der Pigmentkörner begleitet aber ständig, wie schon früher gesagt, die Teilhälften des Nebenkörpers. Nach dem eben geschilderten sind die schon oft besprochenen kleineren Formen von P. chaetognathi, welche vor allem durch ihr dicht gebautes Plasma charakterisiert erscheinen, sicher nicht als bloße Derivate von der gewöhnlichen Zweiteilung aufzufassen. Die oftmals auf konservierten Präparaten beobachtete starke Vorbuchtung des Ectoplasmas in einer Richtung (Fig. 6), läßt bestimmt auf lebhafte Beweglichkeit dieser Amoeben im Lebenszustand schließen. Wenn der letztgenannte Charakterzug der Vermutung, es lägen Jugendzustände vor, einige Wahrscheinlichkeit einräumen würde, so tritt dem anderseits der Befund entgegen, daß die kleinen Amoeben oft überaus reichhaltig mit der oben besprochenen färbbaren Substanz in Form von auffallend großen Körnern (metachromatische Körperchen?) beladen erscheinen. Manchmal sind gerade diese kleineren Formen allein mit sehr viel und zu groben Kugeln zusammengeballter färbbarer Substanz ausgestattet, während in den größeren Amöben des gleichen Ausstrichs davon nur wenig und in fein verteiltem Zustand zu bemerken ist1. In Teilung begriffen wurden die kleineren Formen von P. chaetognathi niemals beobachtet. — Weitere Untersuchungen sind nötig, um die Natur dieser Formen mit Sicherheit zu entscheiden. Aus eigner Erfahrung will ich freilich erwähnen, daß bei A. blattae kleine und auffallend stark be- wegliche Amöben zur Cystenbildung schreiten; sie sind allerdings mehrkernig. Sollten vielleicht auch bei P. chaetognathi die kleineren, beweglichen Individuen Vorstufen von Dauerformen 'sein? Cystenzustand unter natürlichen Verhältnissen innerhalb des Wirtstieres ist mir von keiner der beiden parasitischen Arten bekannt. Dagegen verfüge ich über eine, allerdings vereinzelt gebliebene Be- obachtung, aus welcher sich entnehmen läßt, daß die Tiere außerhalb ihres eigentlichen Wohnsitzes in einen cystenähnlichen Dauerzustand übergehen können. Es handelt sich hierbei um accidentelle, nicht durch inneren Entwicklungsgang physiologisch bedingte Cystenbildung. Eine Anzahl aus der Schwanzleibeshöhle einer Sagitta künstlich be- freiter Exemplare von P. pigmenti fem, haben sich während eines 24 stündigen Verbleibens im Meerwasser zu cystenähnlichen Formen 1 Die schon früher genannten Beobachtungen Reichenoms an Kulturen von Haematococcus ließen allerdings den Gedanken, es lägen in den kleinen Amoeben jüngere Formen vor, wohl aufkommen; die färbbare Substanz wäre in diesem Fall bei großen Amoeben als aufgebraucht zu betrachten. (Vgl. Reichenow, 1. c.) Paramoebenstudien. 483 abgerundet. Die scharf begrenzte äußere Schicht war ausschließlich aus Ectoplasma zusammengesetzt; eine richtige, vom übrigen Inhalt durchaus gesonderte Cystenhaut, wie sie sonst bei Amoeben bekannt ist, war allerdings nicht nachzuweisen. Der Nebenkörper sowie der in diesem Falle im frischen Zustande sehr gut sichtbare Kern zeigten keine Be- sonderheiten. Nach Grassi kommen bei den parasitischen Paramoeben Aggre- gationserscheinungen vor; oftmals sollen zwei oder mehrere Amoeben sich miteinander vereinigen unter Bildung eines kugelförmigen Körpers. Während sich das Endoplasma der einzelnen Amoeben jeweilen in Form von besonderen Gruppen abhebt, wird das Ectoplasma zu einer ver- kittenden Substanz, welche zugleich die gemeinsame Plasmamasse nach außen begrenzt. In derartigen Amoebenassoziationen geht nach Grassi die Bildung der geißeltragenden Elemente vor sich; doch soll dieser letztere Vorgang auch in isoliert bleibenden Amoeben Platz greifen. Auf diese Frage der Schwärmer- oder richtiger Gameten- bildung komme ich im nächsten Kapitel zurück. Aus eigner Anschauung kann ich über die nach Grassi geschil- derten plasmogamischen Erscheinungen nicht berichten. In größerer Anzahl dicht beisammenliegende Amoeben, besonders bei P. chaeto- gnathi, habe ich beobachtet; echte Plasmogamie hingegen nicht. Viel- leicht daß die Untersuchungen auch über eine andre Jahreszeit aus- gedehnt werden müssen. 3. Die Gameten von P. pigmentifera. Bereits Grassi waren geißeltragende Formen, die er eben mit dem indifferenten Namen »elementi f lagellif eri « belegt hatte, aus dem Entwicklungscyclus von Paramoeba bekannt. Aus der Beschreibung Grassis scheint hervorzugehen, daß er dieselben nur bei P. pigmenti- fera beobachtet hatte1. Ein derartiges Verhalten stimmt mit meinen Befunden überein; niemals habe ich die Gameten bei P. chaetognathi zu Gesicht bekommen. Die Darstellung Grassis knüpft an die Entstehungsweise der »elementi f lagelliferi « an. Grassi hebt das gleichmäßige Auftreten von vielen rundlich-ovalen Körperchen mit dem maximalen Durch- messer von 3 Mikromillimeter im Plasma der Amoeben hervor. Die Vorgänge beziehen sich sowohl auf isoliert bleibende wie auf plasmo- 1 Die einzige Angabe, die in dieser Hinsicht Aufschluß erteilt, besteht in einer Bemerkung bei der Tafelerklärung und lautet: «Tutti gli elementi f lagelli- feri qui disegnati appartengono alle Amibe Pigmentif ere. » (18, S. 224). 484 C. Janicki, gamisch untereinander vereinigte Amoeben. In diesem Sinne heißt es weiter: »In appresso tanto i corpicciuoli delle Amibe isolate quanto quelli delle Amibe aggregate sogliono separarsi gli uni dagli altri; in- grandiscono e raggiungono perfino la lunghezza di sette e la larghezza di tre micromillimetri; conservano perö la forma irregolarmente ovoidale. Tutti questi corpicciuoli una volta separatisi l'uno dalPaltro sono evi- dentemente appiattiti tanto che la lor grossezza e forse appena un micromillimetro ; da uno dei due poli dell'ovoide parte un flagello lungo circa due volte l'asse maggiore dell'ovoide stesso; in grazia di questo flagello il corpicciuolo e mobile. Quando e come si formi il flagello io non ho potuto osservare. Alla parte centrale dei corpicci- uoli isolati si trovano ancora quei granelli che vi avevamo avvertiti quando erano ancora associati. Parecchie volte mi parve evidente che questi elementi flagelliferi si conjugassero a due a due «. Die weitere Beschreibung dieser Elemente schließt Grassi mit der Bemerkung ab : »Infine e degna di nota la costante assenza di un nucleo« (18, S. 190). Zu eignen Beobachtungen übergehend hebe ich zunächst hervor, daß die Gameten — wenn überhaupt vorhanden — fast immer in sehr großer Anzahl in der Schwanzleibeshöhle der Sagitten auftreten, meistens gleichzeitig mit den Amoeben, niemals ohne einen Überrest von einigen wenigen Amoebenindividuen. Nicht selten habe ich die Erfahrung gemacht, daß die Gameten anscheinend mit einer gewissen Vorliebe besonders bei Sagittenexemplaren auftreten, deren männliche Keimzellen ihre volle Reife erlangt haben, ja, wo die Mehrzahl der Spermatozoen bereits entleert worden ist. Dieses Zusammentreffen stimmt mit der von Grassi festgestellten Tatsache überein, daß, je älter das Wirtstier desto älter auch die ihn bewohnenden Amoeben zu sein pflegen, vorausgesetzt — worüber kein Zweifel herrschen kann — daß die Gameten einen gewissen Abschluß in der Entwicklung der Amoeben darstellen. In der leer gewordenen Schwanzleibeshöhle be- wegen sich die Gameten lebhaft unregelmäßig wackelnd und lassen am Leben einen winzigen Pigmentfleck erkemien. i Die Größe des Gametenkörpers beträgt 7 — 9 u. Die Gestalt der Gameten ist ungefähr keilförmig, im Querschnitt sind sie schwach ab- geplattet (Taf . VIII, Fig. 28 a u. folgende). Das breitere Vorderende trägt eine äußerst feine, nicht immer leicht nachweisbare, den Körper zwei- bis dreimal an Länge übertreffende Geißel. Das Plasma der Gameten ist wenig färbbar und erscheint grob und unregelmäßig vacuolisiert, worauf schon auch Grassi hingewiesen hatte. Eine sehr zarte Pelli- cula umgrenzt den Körper, unter Umständen kann man ein Sichzurück- Paramoebenstudien. 485 ziehen des Inhaltes von der Pellicula bemerken. Kern und Neben- körper sind in der Nähe des Vorderendes im Plasma eingebettet, in der Regel rechts und links von der Medianlinie, der rundliche Kern zumeist vor dem ovalen mit seiner längeren Achse quergestellten Neben- körper. Der Kern zeigt vorwiegend spärliches, staubförmig im ganzen Kernraum verteiltes Chromatin; seltener tritt ein runder Binnen- körper zutage. (Fig. 286, c). Manchmal scheint das gesamte Chromatin des Kernes in einer einzigen Schleife kondensiert zu sein (Fig. 28d). Der Nebenkörper, wie man ihn gewöhnlich an den Gameten zu Gesicht bekommt, entspricht nur dem Mittelstück des Nebenkörpers im Amoebenzustande. Dementsprechend gibt er auch das gleiche Bild in gefärbten Präparaten, wie jenes. Der Nebenkörper nimmt außerordentlich begierig Delafields- sowie Eisenhämatoxylin auf; mit diesen Färbemethoden behandelt erscheint er als ein einfaches intensiv dunkles Korn (Fig. 28a, c usw.). Gänzlich ungefärbt bleibt hingegen dieses Gebilde nach Anwendung von Boraxcarmin, in vollkommener Übereinstimmung zum respektiven Verhalten des Mittelstückes im Amoebenzustand (Fig. 286). Der im frischen Zustande am Gameten- körper wahrnehmbare winzige Pigmentfleck (vgl. Geassis Fig. 38, Taf. IV) dürfte wohl, wie bei der Amoebe, dem Nebenkörper entsprechen; leider läßt sich an konservierten Präparaten keine Pigmentlage am Nebenkörper feststellen. — Im übrigen besteht kein Zweifel, welches von den beiden im Vorderteil des Gameten angebrachten Gebilden als Kern bzw. Nebenkörper anzusprechen ist. Auffallenderweise be- tont Grassi, trotz Anwendung" der Färbemittel, den konstanten Mangel eines Kernes (s. oben) ; durch diesen Umstand veranlaßt, belegt Grassi die Gameten gelegentlich mit dem Namen »larve monadiformi«. Es muß hervorgehoben werden, was die Figuren übrigens ohne weiteres klar zum Ausdruck bringen, daß das Mittelstück des Neben- körpers im Gametenzustand relativ, d. h. im Verhältnis zum Kern viel umfangreicher erscheint, als das im Amoebenzustand der Fall ist. Die im Amoebenzustand so reichlich vorkommenden metachroma- tischen Körperchen werden bei den Gameten nicht beobachtet. Auch sonst fehlen jegliche Einschlüsse ; die Ernährung wird auf osmotischem Wege besorgt. Mitunter hat man den Anschein, als ob unterhalb des Hauptkernes zwei Vacuolen mit einer gewissen Konstanz aufträten. D frc (Man. + ram. + muc.) = (Man. + ram.) + muc. = Man. + rani. + muc. Im allgemeinen verläuft aber die Differenzierung dieser drei Glieder auch hier vom distalen zum proximalen Ende. Es drängt sich unwillkürlich die Frage auf, warum die primären Glieder bei den Abdominalanhängen von andrer Größe sind, als bei allen übrigen Gliedern (bei allen ist PD) und ob es nicht möglich wäre, eine Parallele zwischen den Ab- schnitten des Tubus ventralis und der Gabel einerseits und den Beinen anderseits zu ziehen. — Was die erstere Frage betrifft, so geben uns die den Collembola nahestehenden niedersten Apterygoten, nämlich Cam'podea und die Protura eine Antwort auf dieselbe, Bei Cam'podea sind abdominale Extremitäten (Styli und Cerci lasse ich hier unberücksichtigt) an dem ersten Abdominalsegment ent- wickelt und bestehen aus zwei Gliedern, einem größeren proximalen und einem kleineren distalen. Dasselbe findet auch bei den Vertretern der Familie der Acerentomidae statt, während bei Eosentomon genau ebensolche Anhänge an den drei ersten Abdominalsegmenten sitzen. Das kleine distale Glied der zweigliederigen Abdominalbeine der Pro- tura trägt an seinem Ende ein ausstülpbares Bläschen (über Protura siehe die Arbeiten von Silvestri [1907, 1909], Berlese [1909] und Rimsky-Korsakow [1911a u. b]). Es ist unschwer zu erkennen, daß ein solches zweigliederiges Bein durch den Verlust von Gliedern aus einem normalen fünfgliedrigen Beine hervorgegangen ist, wie sie bei Scolopendrella und einigen andern Myriopoden an allen Segmenten entwickelt sind. Sein kleines distales Glied entspricht wahrscheinlich mehreren Gliedern, die schließlich eine rudimentäre Form angenommen haben, während das ausstülpbare Bläschen an seinem Ende bei den Protura eine Neubildung darstellt. In welchen Beziehungen die Styli zu solchen Beinen stehen, ist recht schwer zu sagen, allein alles was wir über ihre Entwicklung wissen, spricht gleichsam dafür, daß der un- gegliederte Stylus ein bereits endgültig reduziertes Abdominalbein dar- stellt, aber vielleicht stellen die Styli, wie Heymons (1897a) dies angenommen hat, nur Anhänge völlig verschwundener abdominaler Beine dar. Da bei den Collembola alle Abdominalanhänge ein Stadium durchmachen, während dessen sie aus zwei Gliedern bestehen, — einem 588 Jur. Philiptschenko, größeren proximalen und einem kleineren distalen — so spricht dies dafür, daß ihre Vorfahren an dem Abdomen halbreduzierte Beine in der Art derer getragen haben, welche noch jetzt an einem Segmente bei Campodea und Acerenlomon und an dreien bei Eosentomon vor- handen »sind. Aus derartigen zweigliedrigen Beinen haben sich wahr- scheinlich der Tubus ventralis, das Retinaculum und die Furca der Collembola entwickelt und hierdurch läßt sich erklären, warum bei der Entwicklung dieser Gebilde ihr distales Glied kleiner ist als das proxi- male. Es dürfte ziemlich gewagt sein, wollte man die proximalen Glieder der Abdominalanhänge mit den primären proximalen Gliedern der Beine und der Antennen homologisieren (und ebenso die distalen — mit den primären distalen), solange wir nicht wissen, einem Rudiment von wie viel Gliedern das kleine Glied an den abdominalen Beinen von Cam- podea und den Protura entspricht, so daß es ratsamer erscheint, einen solchen Versuch zu unterlassen. Es mag noch daran erinnert sein, daß, wie wir schon oben bemerkt haben, bei den Embryonen von Lepisma nach Heymons die Anhänge des ersten Abdominalseg- mentes wie die abdominalen Anhänge der Embryonen von Isotoma gegliedert sind, wodurch unsre Annahme von dem Vorhandensein zweigliedriger Abdominalbeine bei den Vorfahren der heutigen Apte- rygota eine Bestätigung erfährt. Was nun die Frage nach einer Analogie zwischen den Teilen des Tubus ventralis, des Retinaculum und der Furca und den Gliedern der Beine betrifft, so sind derartige Versuche schon mehrmals unter- nommen worden. — Ich will hier, als Beispiel, darauf hinweisen, daß Willem in seiner Monographie der Collembola und Thysanura (1900) den basalen Teil des Retinaculum für die miteinander ver- schmolzenen Coxae hält, seine Rami dagegen — für den Tibiae homo- loge Gebilde ; auch homologisiert er das Manubrium der Gabel mit den miteinander verschmolzenen Coxae, Trochanteres und Femora, die Rami s. Dentes mit den Tibiae, die Mucrones mit dem Tarsus. Die Embryologie spricht indessen sowohl gegen diesen, wie auch gegen alle ähnlichen Versuche die Abschnitte der abdominalen An- hänge auf die Teile der Beine zurückzuführen, indem die primäre Seg- mentierung bei den ersteren, wie wir schon gesehen haben, einen andern Charakter aufweist, als bei den letzteren; sie spricht nur dafür, daß bei den Vorfahren der jetzt lebenden Collembola die Abdominal- anhänge den gleichen Charakter aufwiesen, wie gegenwärtig das Paar abdominaler Extremitäten von Campodea. Hieraus wird man schließen müssen, daß sowohl die Abschnitte des Tubus ventralis (Tubuscylinder, Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 589 -kragen, -bläschen), wie auch die Abschnitte der Gabel (Manubrium, Dentes, Mucrones) schon im Bereiche der Ordnung der Collembola entstanden sind und daher nicht auf einen der Abschnitte der Beine zurückgeführt werden können. Zugunsten dieser letzteren Annahme spricht, abgesehen von den Ergebnissen der Embryologie auch noch der primitive Bau des Tubus ventralis innerhalb der Familie der Poduridae, wovon schon oben die Rede gewesen ist, wie auch die Tatsache, daß bei den Vertretern einer Familie der Collembola, nämlich bei den Neelidae, die Gabel nicht aus drei, sondern aus vier Gliedern besteht, indem zwischen Manubrium und Mucrones zwei zwei- gliederige Dentes angebracht sind. Indem wir es für unmöglich halten, eine Homologie zwischen den Gliedern der Beine und denen der Abdominalanhänge durchzuführen, beabsichtigen wir in keiner Weise die Extremitätennatur dieser letzteren zu leugnen. Alles oben Angeführte spricht im Gegenteil unzweifelhaft dafür, daß alle abdominalen Anhänge der Collembola Modifikationen von in früheren Zeiten am Abdomen entwickelten (bei den älteren Vorfahren — fünf gliederigen, bei jüngeren — zweigliederigen) Beinen darstellen. Die ältere Auffassung von Haase (1889), wonach der Tubus ventralis nur durch Verschmelzung zweier abdominaler Bläschen ge- bildet worden sein soll, während die Furca eine Modifikation der zwei Styli darstellt, welche Haase einfach für hypodermale Bildungen an- sieht, ist natürlich vollständig irrtümlich, obgleich das Retinaculum und die Furca auch in der Arbeit von Börner (1901) immer noch als differenzierte Styli figurieren. Die ausstülpbaren Bläschen in dem Endabschnitt des Tubus ven- tralis sind den abdominalen Bläschen bei Scolopendrella, den Diplura und Machilis durchaus homolog und diese Homologie hat niemals irgendwelche Zweifel hervorgerufen. Ganz besonders klar wird sie nach der Entdeckung der Protura, welche, wie wir bereits oben angeführt haben, am Ende des zweiten Gliedes der abdominalen Beine je ein solches ausstülpbares Bläschen besitzen. Wahrscheinlich waren ebensolche Saugnäpfe an den Enden der Beine wenigstens am ersten Abdominalsegment den Vorfahren aller Insekten eigentümlich, indem auch bei den Vertretern der verschiedensten Ordnungen der Ptery- gota im embryonalen Zustande an diesem Segmente die eigenartigen » Pleuropoden « her vor wachsen. Schon Cholodkowsky (1891) hatte seinerzeit hervorgehoben, daß das erste Paar von Abdominalanhängen wahrscheinlich ursprünglich zur Fortbewegung diente und erst später die sekundäre Rolle von Saugnäpfen übernommen hat. Ebenso weist 590 Jur. Philiptschenko, auch Hieschler (1906), anläßlich der Beschreibung von drüsigen Bildungen an diesem Segmente bei den Embryonen von Catocala nupta, darauf hin, daß dieselben wahrscheinlich den Abdominalbläschen der Thysanura und Myriopoda homolog sind. In der oben erwähnten ausgezeichneten systematischen Arbeit von Börner (1901) findet man die Angabe, daß im allgemeinen Cerci bei den Collembola nicht entwickelt sind, daß aber letzte Reste der- selben bei den Vertretern der Gattung Tomocerus angetroffen werden. Wir haben bereits oben von der Entwicklung des hinteren Endes des Embryos unsrer Isotoma gesprochen, wobei wir unsre Beobach- tungen mit den auf Tomocerus bezüglichen Angaben von Uzel ver- glichen ; aus allem diesem geht deutlich hervor, daß, obgleich ein Telson bei den Collembola vorhanden ist, die Cerci doch vollständig fehlen. Letztere können schon aus dem Grunde nicht vorhanden sein, weil die Collembola augenscheinlich eine ziemlich beträchtliche Zahl von hinte- ren Abdominalsegmenten (wahrscheinlich fünf) eingebüßt haben. Fassen wir alles auf die Entwicklung der Körperanhänge Bezügliche zusammen, so werden wir demnach sagen müssen, daß die Segmentierung der abdominalen Extremitäten in andrer Weise verläuft, als diejenige der Extremitäten der Brust und des Kopfes. Für die Antennen, Maxillen und thoracalen Beine ist der ursprüngliche Zerfall ihrer Anlagen in zwei primäre Glieder charakteristisch — ein größeres distales, und ein kleineres proximales — und die darauffolgende fortschreitende Diffe- renzierung der definitiven Glieder in centripetaler Richtung. [ Auf Grund dieser Verhältnisse wird das Ziehen einer Parallele zwischen den Abschnitten der Beine und z. B. den Maxillen durchaus möglich. Die Abdominalanhänge hingegen teilen sich zuerst in ein größeres proxi- males und ein kleineres distales Glied, indem sie hierbei ein Stadium durchmachen, welches den halbreduzierten zweigliedrigen Beinen am Abdomen von Campodea und den Protura entspricht. Infolgedessen kann auch deren spätere Teilung in die definitiven Abschnitte, wie sie wahrscheinlich schon im Bereiche der Gruppe der Collembola auf- getreten ist, nicht mit der definitiven Segmentierung der Extremitäten des Kopfes und der Brust verglichen werden. — Es wäre recht inter- essant, diese Verhältnisse an Embryonen der Pterygota zu studieren, worüber, so viel mir bekannt ist, keinerlei Angaben vorliegen. Die Entwicklung des Darmes. Während der dritten Ent- wicklungsperiode hatten wir es ausschließlich mit den ectodermalen Anlagen des Vorder- und Enddarmes zu tun; irgendwelche Anlagen des Mitteldarmes waren um diese Zeit noch nicht zu bemerken. — Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 591 Auf dem Stadium F kann man dieselben erstmals bemerken und um diese Zeit treten drei solcher Mitteldarmanlagen auf: eine vordere, eine hintere und eine mittlere oder diffuse Mitteldarmanlage. Am deutlichsten sind diese Anlagen auf solchen Sagittalschnitten zu sehen, wie jene drei auf unsern Fig. 53 — 55 abgebildeten aufeinander folgenden Schnitte durch ein und denselben Embryo. '£ > - Auf der Fig. 53 sehen wir, wie das Stomodäum (std) sich wie früher mit seinem Ende auf den Dotter stützt und an diesem Ende keine Elemente des unteren Blattes aufweist. Letztere liegen dem Stomo- däum nur von oben und unten an: oberhalb desselben liegt eine An- häufung dieser Zellen innerhalb der Oberlippe {Ihr) ; dabei verwandelt sich der hintere, der oberen Wandung des Stomodäum (mm) dicht anliegende Teil dieser Anhäufung späterhin in die Muskelschicht des Vorderdarms, so daß man diesen Teil für die Anlage der Muscularis des Vorderdarmes ansehen kann. Unterhalb des Stomodäums, an dessen hinteren Wand (und zwar zwischen dieser und dem Nervensystem n) liegt eine andre Anhäufung von Elementen des unteren Blattes (vDa): dies ist nun eben die vordere Anlage des Mitteldarmes. — Es sei bemerkt, daß sich aus dieser selben Anlage nicht nur das Mitteldarmepithel entwickelt, sondern daß ein Teil derselben später auch die Muscularis der unteren Stomadäumwand entstehen läßt (vgl. Fig. 62 mm) ; allein auf dem Stadium F ist es schlechterdings unmöglich irgendwelchen Unterschied zwischen den Elementen, welche die Muscularis abgeben werden und denjenigen Elementen zu bemerken, welche sich in das Mitteldarm- epithel verwandeln. Die vordere Anlage des Mitteldarmes tritt daher auf dem Stadium F noch nicht in reiner oder einfacher Gestalt auf, sondern es sind derselben auch fremde Elemente in Gestalt der zukünftigen Muskelzellen des Vorderdarmes beigemischt, so daß diese Anlage als eine zusammen- gesetzte Primitivanlage im Sinne Meisenheimeks (1900, 1908) ange- sehen werden muß. Natürlich ist die Bezeichnung als »vordere Anlage des Mitteldarmes« in bezug auf das Stadium F nicht ganz richtig, doch benutze ich dieselbe um die Einführung neuer Bezeichnungen zu vermeiden. Eine ebensolche zusammengesetzte Primitivanlage stellt auf dem Stadium F auch die hintere Anlage des Mitteldarmes dar, da auch dieser um diese Zeit unzweifelhaft noch Elemente der zukünftigen Muscularis des Proctodäum beigemischt sind. Letzteres (prä) ist auf der Fig. 55 dargestellt: wie dies schon früher der Fall war, stützt es sich, zum Unterschiede vom Stomodäum, mit seinem Ende nicht direkt auf 592 Jur- Phiüptschenko, den Dotter, sondern es ist von demselben durch eine Anhäufung von Elementen des unteren Blattes (hDa) geschieden, welche die hintere Anlage des Mitteldarmes darstellt. Außer dieser dem Ende des Procto- däum anliegenden Anhäufung, wird dieses letztere noch allseitig von Elementen des unteren Blattes umgeben (Fig. 55, 56 mm) und aus diesen wird späterhin die Muskelschicht des Hinterdarmes gebildet. Wie auf diesen Figuren zu erkennen ist, läßt sich zwischen der hinteren Anlage des Mitteldarmes und der Anlage der Muscularis des Procto- däum um diese Zeit keinerlei Grenze ziehen, weshalb es richtiger wäre, auch hier von einer einzigen zusammengesetzten Primitivanlage zu sprechen. Sowohl die vordere, wie auch die hintere Anlage des Mitteldarmes (welche um diese Zeit noch mit den Anlagen der Muscularis der ecto- dermaien Darmabschnitte zu gemeinsamen zusammengesetzten Primi- tivanlagen vermischt sind) entstehen demnach aus einer vorderen und einer hinteren Anhäufung des unteren Blattes, die nicht in den Be- stand der Somiten aufgegangen sind. An der Bildung dieser letzteren hat außerdem auch noch eine kleine Anzahl von Elementen des unteren Blattes keinen Anteil genommen, welche zwischen den Somiten der rechten und der linken Seite eine Brücke gebildet hat und schon oben beschrieben worden ist (vgl. Fig. 39, 41, 45, 46 isb). Auf Kosten dieses zwischen den Somiten verlaufenden Stranges des unteren Blattes entsteht nun die dritte Anlage des Mitteldarmes — seine mittlere oder diffuse Anlage. Bei der Beschreibung des Stadiums E (des letzten Stadiums der dritten Entwicklungsperiode) haben wir bereits hervorgehoben, daß infolge eines starken Wucherung des Nervensystems nach oben der Zusammenhang zwischen den Somiten der Kiefersegmente eingebüßt wird und die zwischen ihnen bestehende Brücke verschwindet. Auf dem Stadium F breitet sich dieser Prozeß aus den Kopfsegmenten auf die thoracalen und schließlich auch auf die abdominalen Segmente aus: das Nervensystem wächst rasch nach oben und die Brücke zwischen den Somiten der rechten und der linken Seite wird reduziert. Schließlich haben wir auf dem Stadium F auf der Mittellinie längs der Ventralseite zwischen den Somiten statt eines Stranges des unteren Blattes nur noch eine Keine von einzelnen Zellen, in welche der Strang zerfallen ist, und einige dieser Zellen dringen oberflächlich in den Dotter ein und bleiben in Gestalt isolierter Zellen an dessen unterer Oberfläche (Fig. 54 dDa). Diese Zellen bilden denn auch die mittlere oder diffuse Anlage des Mitteldarmes : auf dem Stadium F sind dieselben Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 593 sowohl auf Sagittal-, wie auch auf Querschnitten gut zu sehen, ver- mischen sich aber später mit den Auswüchsen der vorderen und hinteren Anlage des Mitteldarines (deren Beschreibung wir etwas weiter unten geben werden) und verschmelzen mit ihnen zu der epithelialen Wand des Mesenteron. Der von uns beschriebene, zwischen den Somiten verlaufende Strang des unteren Blattes, aus welchem späterhin die diffuse Anlage des Mitteldarmes gebildet wird, ist bei vielen Pterygota bekannt ge- worden. Zuerst wurde er von Nusbaum (1891) bei Meloe unter dem Namen Chordastrang beschrieben, darauf von Heymons bei Forjicula und den Orthoptera (1895), wobei letzterer Autor feststellte, daß die Blutzellen eben aus diesem Strange hervorgehen, was später auch von andern Autoren bestätigt worden ist. Von Nusbaum und Fu- linski (1906) wurde erstmals festgestellt, daß außer den Blutzellen aus diesem mittleren Strange auch noch Elemente hervorgehen, welche an der Bildung des Mitteldarmes beteiligt sind; diese Angaben wurden später durch Hirschler (1906, 1909a u. b) an verschiedenen Lepi- dopteren und Coleopteren und durch Hammerschmidt (1910) an Phasmatiden durchaus bestätigt (die von letzterem vorgeschlagene Terminologie — »sekundäres Entoderm mesoder malen Ursprunges« u. dgl. m. lasse ich unberücksichtigt). Der »mittlere Strang« vieler Pterygota gibt demnach das Ma- terial ab nicht nur für den Mitteldarm, sondern auch noch für die Blut- zellen. Es ist mir leider nicht gelungen die Entwicklung dieser letzteren bei Isotoma cinerea zu verfolgen, doch scheint mir nach Analogie mit den Pterygota die Annahme am wahrscheinlichsten, wonach sie sich auch hier aus den Elementen des zwischen den Somiten verlaufenden Stranges entwickeln. Verhält sich dies in der Tat so, dann gehört auch die dritte (die sogenannte diffuse) Anlage des Mitteldarmes gleich der vorderen und der hinteren Anlage bis zu ihrer Differenzierung zu dem Bestände der zusammengesetzten Primitivanlage, in der außer ihm auch noch ganz fremde Elemente, und zwar das Material für die zukünftigen Blutzellen, enthalten sind. Für die Pterygota trifft das letztere zweifellos zu. Auf diese äußerst wichtigen Verhältnisse werden wir in dem allgemeinen Teil dieser Arbeit nochmals zurück- kommen. Auf den beiden darauffolgenden Stadien — G und H — treten in allen drei Abschnitten des Darmes merkliche Veränderungen ein. Das bis jetzt mehr oder weniger gerade Stomodäum nimmt infolge seines Wachstums eine knieförmig üeboeene Gestalt an, indem seine 594 Jur. Philiptschenko, hintere Hälfte um etwa 45° von der früheren Richtung abweicht, welch letztere in der vorderen Hälfte des Stomodäum erhalten bleibt (vgl. Fig. 62). Da die vordere Anlage des Mitteldarmes um diese Zeit schon vollständig abgesondert ist, so können wir auf Sagittalschnitten nun- mehr bemerken, daß die Wandungen des Vorderdarmes nicht nur oben, sondern auch unten mit einer Schicht von Zellen des unteren Blattes bedeckt sind (Fig. 62 mm), aus welcher später ihre Muscularis hervorgeht. Von einer ebensolchen einschichtigen Anlage der zukünftigen Muscularis ist auf den Stadien G und H auch das Proctodäum allseitig umgeben (Fig. 63 u. 67 mm), während die hintere Anlage des Mittel- darmes, gleich der vorderen, um diese Zeit schon vollständig abgeson- dert ist. Im Gegensatze zu dem Vorderdarme bleibt der Hinter darin, wie dies aus den beiden angeführten Zeichnungen zu ersehen ist, wie früher gerade, allein sein inneres Ende liegt nunmehr dem Dotter un- mittelbar an, indem die hintere Mitteldarmanlage, wie wir später sehen werden, eine andre Lage einnimmt und eine neue Gestalt annimmt. Das Lumen des Proctodäum ist nunmehr durch eine dünne Schicht seinen Boden bildender Zellen von dem Dotter geschieden, d. h. es wird hier die für die Entwicklung des Hinterdarmes bei den Ptery- gota charakteristische sogenannte hintere Grenzlamelle gebildet (Fig. 63, 67 hgl). Eine ebensolche vordere Grenzlamelle auf dem Boden des Stomodäum gelangt beträchtlich später zur Bildung. Das proximale Ende des Proctodäum, vor dessen Grenzlamelle, ist um diese Zeit etwas erweitert, wie dies auf unsren Zeichnungen deutlich zu sehen ist. Eine ähnliche Erweiterung an dieser Stelle findet sich auch bei den Embryonen der Pterygota, bei denen aus derselben späterhin die MALPiGHischen Gefäße hervorgehen. Bei unsrer Isotoma, wie auch bei allen Collembola, bleibt diese Erweiterung während der späteren Entwicklung völlig unverändert (vgl. z. B. die auf einen zum Ausschlüpfen bereiten Embryo bezügliche Fig. 73 prd) und es werden gar keine MALPiGHischen Gefäße gebildet. Eine solche Erweiterung findet sich im erwachsenen Zustande nicht nur bei Isotoma cinerea, sondern auch bei vielen andern Collembola, worauf schon Heymons (1897b) hingewiesen hat, welcher dieselbe ganz richtig mit den MALPiGHischen Gefäßen verglichen hat, welche bei Campodea die Gestalt kleiner Divertikel besitzen. Die Vorfahren der Collembola haben demnach wahrscheinlich echte MALPiGHische Gefäße besessen, wie sie auch die jetzt lebenden Thysanura s. str. besitzen. Indem wir nun zu den Anlagen des Mitteldarmes übergehen, wollen Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 595 wir nur von der vorderen und der hinteren Anlage sprechen, indem von dem Schicksal der diffusen Anlage schon oben die Hede ge- wesen ist und ihre Zellen sich um diese Zeit, infolge der Wucherung der beiden ersteren, mit deren Zellen vermischen und schließlich gar nicht mehr zu unterscheiden sind. — Sowohl die vordere, wie auch die hintere Anlage, sondern sich vom Stadium G angefangen von den Anlagen der Muscularis der ectodermalen Darmabschnitte ab, mit denen sie zuvor zu zusammengesetzten Primitivanlagen verbunden waren, worauf sie anfangen rasch an Größe zuzunehmen und dabei eine eigenartige Gestalt annehmen. Letztere ist die gleiche wie bei den Pterygota und hat zuerst das Aussehen eines Uhrglases, sodann diejenige eines Hufeisens, dessen Gipfel dem proximalen Ende des Stomodäums oder Proctodäums anliegt, je nachdem ob wir es mit der vorderen oder mit der hinteren Anlage zu tun haben. Am deutlichsten sind diese Anlagen auf Frontalschnitten durch den vorderen oder den hinteren Teil des Embryos zu sehen, von denen zwei auf den Fig. 66 und 67 abgebildet sind. Die erstere derselben stellt den Teil eines Frontalschnittes durch das Kopfende dar: wir sehen hier das Stomodäum (std), welches mit seinem Ende an den Dotter stößt und sogar etwas in denselben eindringt, während seitlich von ihm, an der Oberfläche des Dotters, jederseits eine dünne Epithel- lamelle liegt (vDa); auf Schnitten, welche der Ventralseite etwas näher liegen, und auf denen das Stomodäum nicht mehr zu sehen ist, ver- schmelzen dabei beide Lamellen zu einer gemeinsamen hufeisenförmigen Anlage um das Vorderende des Dotters herum. Diese hufeisenförmige Epithellamelle verdankt ihren Ursprung jener Anhäufung von Ele- menten des unteren Blattes an der hinteren Wandung des Stomodäums auf dem Stadium F, von der oben die Rede gewesen ist (Fig. 53 vDa), d. h. sie stellt gleich dieser Anhäufung die vordere Anlage des Mitteldarmes dar, allein sie enthält im Gegensatz zu dieser keine Bei- mischung mehr von irgendwelchen fremden Elementen. Unsre Fig. 66 bezieht sich auf einen Embryo auf dem Stadium H, bei dem die vordere Mitteldarmanlage sich ziemlich beträchtlich von jenem Zellhäufchen unterscheidet, welches wir auf dem Stadium F angetroffen haben: das Studium von Schnitten durch Embryonen des zwischen den Sta- dien F und H liegenden Stadiums G zeigt uns indessen, daß eine solche hufeisenförmige Lamelle in Wirklichkeit aus der Anhäufung des unteren Blattes unterhalb des Stomodäum gebildet wird, wobei letzteres zuerst eine mehr uhrglasförmige und dann erst eine hufeisenförmige Gestalt annimmt. 596 Jur. Philiptschenko, Die Fig. 67 zeigt einen Frontalschnitt durch das Hinterende des- selben Embryos, und wir erkennen auf derselben die gleichen Ver- hältnisse. Von dem Boden des Proctodäum (prä) gehen ebenso längs der Oberfläche des Dotters zwei Epithellamellen (hDa) aus, welche auf andern Schnitten zu einer gemeinsamen hufeisenförmigen Anlage verschmelzen, welche an der oben beschriebenen Anhäufung von Elementen des unteren Blattes am Ende des Proctodäum auf dem Stadium F ihren Ausgangspunkt hat (Fig. 55 hDa). Auch hier hat diese Anhäufung zuerst das Aussehen eines Uhrglases und streckt sich erst später zu einem Hufeisen mit längeren Schenkeln aus: mit einem Worte, alle Verhältnisse bei der Entwicklung der hinteren Mitteldarm- anlage sind die gleichen wie bei der vorderen Anlage. Infolge der gekrümmten Lage des Embryos erhalten wir gewöhnlich auf ein und derselben Serie Frontalschnitte durch dessen vorderes und hinteres Ende und Querschnitte durch den mittleren Körperabschnitt. Aus diesem Grunde gelingt es sehr leicht den ganzen Verlauf beider hufeisenförmigen Anlagen des Mitteldarmes und deren fortschreitende Wucherung und Verschmelzung miteinander zu verfolgen. — Auf dem Stadium G sind diese Aniagen noch sehr kurz und ihre Enden liegen dem Dotter in dessen unteren Hälfte nur von den Seiten an, während der mittlere Teil der Ventralfläche des Dotters, welcher über dem Nervensystem liegt, wie auch die dorsale und die lateralen Oberflächen einstweilen noch eines solchen epithelialen Belages entbehren. Ein solches Bild gerade sehen wir auf der Fig. 60, welche einen Querschnitt durch das dritte Abdominalsegment eines auf dem Stadium G be- findlichen Embryos darstellt, wo die Enden der hinteren Mitteldarm- anlage deutlich hervortreten (hDa). Da das vordere und das hintere Hufeisen auf diesem Stadium noch nicht aneinander herantreten, so werden wir in der Mitte des Leibes, so z. B. auf Schnitten durch das erste Abdominalsegment (Fig. 59) unter dem Dotter keine solchen Epithellamellen finden, sondern es werden hier an seiner Ventralfläche nur einzeln zerstreute Zellen der diffusen Anlage anzutreffen sein (dDa). Auf dem Stadium H treffen die Enden des vorderen und des hinteren Hufeisens aufeinander und verschmelzen miteinander, so daß ihre Epithellamellen unter dem Dotter in dem Bereiche aller Segmente entwickelt sind, somit auch am ersten Abdominalsegmente (Fig. 69 hDa), und der Dotter hat' jetzt an seiner Ventralfläche zwei ununter- brochene Stränge des zukünftigen Darmepithels. Die Zellen der diffusen Anlage treten um diese Zeit in den Bestand dieser zwei Stränge ein und sind nunmehr nicht mehr zu erkennen. Hierauf wird das Längen- Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 597 Wachstum der Epithellamellen durch ein ebenso energisches Wachstum in der Höhe ersetzt und dieselben beginnen den Dotter rasch von den Seiten her zu umwachsen (Fig. 68 vDa); es erfolgt schließlich eine Verschmelzung der Lamellen der rechten und der linken Seite, und zwar zuerst an der Ventralfläche und sodann auch an der Dorsalfläche. Am Ende dieses Prozesses erscheint der Dotter als von allen Seiten von Darmepithel umgeben und es entsteht der von allen Seiten ver- schlossene Mitteldarm, welcher einstweilen noch mit Dotter angefüllt ist (Fig. 71 D). — Mit einem Worte, alle Einzelheiten dieses Prozesses weisen genau denselben Charakter auf wie bei den Pterygota, wo sie schon oft beschrieben worden sind, weshalb wir uns nicht länger hierbei aufzuhalten brauchen. Bei dem Übergange auf das letzte Stadium J tritt an dem Ende des Stomodäum ein kleines Zellplättchen auf, welches dessen Höhle von dem Dotter abgrenzt und auf Sagittalschnitten deutlich zu sehen ist (Fig. 72 vgl). Wir haben es hier natürlich mit der vorderen Grenz- lamelle zu tun, welche beträchtlich später auftritt, als die hintere Grenzlamelle an dem Proctodäum, von der schon oben die Rede ge- wesen ist. — Zu Beginn dieses Stadiums ist der Mitteldarm noch von Dotter überfüllt (vgl. Fig. 71), welcher indessen später rasch ver- schwindet, indem er offenbar verdaut wird; mit ihm verschwinden auch das in dem Dotter eingeschlossene Dorsalorgan (Fig. 71 DO) und die Kerne der Dotterzellen (dk auf vielen Figuren der Taf. XIV), so daß der Embryo vor dem Ausschlüpfen einen Mitteldarm besitzt, dessen Höhlung von nichts angefüllt ist (Fig. 73 D). Um dieselbe Zeit beginnt an dem Mitteldarme dessen Muscularis bemerkbar zu werden (welche auf dieser Zeichnung nicht abgebildet ist). Er entwickelt sich, wie dies überhaupt bei allen Insekten der Fall ist, aus der splanchnischen Wandung des Somiten. Noch bevor der Dotter aus dem Darme verschwindet, wird die hintere Grenzlamelle am Proctodäum resorbiert und zwischen den Höh- lungen des Mitteldarmes und des Hinterdarmes wird eine Verbindung hergestellt. Die vordere Grenzlamelle, welche um diese Zeit eben erst entstanden ist, verschwindet später, wenn der Dotter bereits ganz aufgebraucht worden ist. — Von Interesse ist noch eine den Vorder- nnd Hinterdarm des zum Ausschlüpfen bereiten Embryos betreffende Eigentümlichkeit. Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß bei den auf dem Stadium J befindlichen Embryonen blaues Pigment ge- bildet wird, welches auch für die erwachsene Form charakteristisch ist. Dieses Pigment wird indessen nicht nur in der Hypodermis abgelagert 598 Jur. Philiptschenko, (Fig. 71, 73 hyp), sondern auch in den Wandungen des Storno- und Procto- däum (Fig. 73 std, prd), wodurch sich der Vorder- und der Hinter- darm scharf von dem Mitteldarme unterscheiden und für den ectoder- malen Ursprung der beiden ersteren Zeugnis abgelegt wird. Diese Eigentümlichkeit bleibt auch bei den erwachsenen Exemplaren unsrer Art bestehen: das Pigment verschwindet während der Häutung nicht aus den ectodermalen Darmabschnitten, sondern bleibt in diesen wahrscheinlich wohl bis zum eintretenden Tode des Tieres erhalten, indem ich dasselbe auch noch bei Weibchen, welche mit der Abläse ihrer Eier beschäftigt waren, konstatieren konnte. — Die gleiche Er- scheinung beobachtete auch Heymons (1897b) bei erwachsenen Exem- plaren von Isotoma saltans (Desoria glacialis), bei denen die Zellen des Vorder- und des Hinterdarmes ebenfalls gleich denen der Hypodermis mit Pigment angefüllt waren. Ich weiß nicht ob dieser Erscheinung eine biologische Bedeutung zukommt, und welcher Art dieselbe sein könnte. Die Beobachtungen über die Entwicklung des Mitteldarmes der Collembola und der Apterygota überhaupt, waren bis zur aller- letzten Zeit durch äußerste Ungenauigkeit ausgezeichnet. Uljanin ließ den Mitteldarm aus einem Häufchen Zellen des unteren Blattes entstehen, welche in das Innere des Dotters hereinwachsen , doch haben wir schon oben nachgewiesen, daß er einfach die Genitalanlage für die Anlage des Mesenteron angesehen hatte. Uzel und Miss Clay- pole bestätigen indessen die Angaben von Uljanin, indem sie eine Entsteh ang des Mitteldarmes in Gestalt einer kompakten Anlage in- mitten des Dotters (wie bei den Diplopoda) beschreiben, wobei der Ursprung dieser Anlage auf ein Häufchen besonderer entodermaler Zellen im Dotter zurückgeführt wird. — Heymons kommt, gestützt auf seine Untersuchungen an Campodea und Lepisma zu dem Schlüsse, daß deren Mitteldarm (wie wohl bei allen Apterygota, im Gegensatz zu den Pterygota) einfach aus Dotterzellen hervorgeht, welche zuvor ihren Dotter verlieren. Prowazek bestätigt diese Angaben von Hey- mons in betreff der von ihm untersuchten Isotoma. Die oben von uns mitgeteilten Beobachtungen stehen in völ- ligem Widerspruch zu den Angaben aller dieser Autoren. Es sind keinerlei Zellanhäufungen, welche man für Entoderm ansehen könnte, bei Isotoma cinerea zu bemerken, und der Dotter enthält bei dieser Form nur Dotterzellen und die Genitalanlage. Ein Ursprung des Mitteldarmepithels aus Dotterzellen wird in keiner Weise bestätigt und letztere bewahren bis zu ihrem völligen Verschwinden mit dem Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 599 Dotter ihren früheren Charakter bei, indem sie einzeln in dem Dotter zerstreut liegen und höchst wahrscheinlich eine wichtige Rolle bei dessen Assimilierung spielen. — Während der zweiten Entwicklungs- periode ist in einer jeden Dotterzelle ein Kern und stark vaeuolisiertes Protoplasma deutlich zu unterscheiden (siehe dz auf den Figuren der Taf . XI) ; während der zwei letzten Perioden wird das Plasma fast unbe- merklich und in dem Dotter treten nur noch die Kerne dieser Zellen deut- lich hervor (siehe dk auf den Figuren der Taf. XIII u. XIV). Vergleicht man diese Dotterkerne bei starker Vergrößerung mit den Elementen, aus denen das Mitteldarmepithel hervorgeht, so bleibt nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, daß die Dotterzellen an diesem Vorgange nicht den geringsten Anteil nehmen. — Im Gegensatz zu allen früheren Beobachtungen müssen wir daher annehmen, daß der Mitteldarm bei den Collembola, und wohl auch bei allen andern Apterygota, aus Elementen des unteren Blattes in Gestalt dreier Anlagen — einer vorderen, einer hinteren und einer diffusen — gebildet wird. Diese Angaben stimmen, wie wir gleich sehen werden, durchaus mit den Angaben überein, welche nicht nur die Pterygota, sondern auch alle andern Arthropoda betreffen; es ist aus diesem Grunde höchst unwahrscheinlich, daß innerhalb der Gruppe der Apterygota noch irgendwelche andre Entstehungsweisen des Mesenteron vorkommen sollten. In Anbetracht dieser Erwägungen neige ich zu der Annahme, daß alle früheren, die Entwicklung des Mitteldarmes betreffenden Beob- achtungen auf Irrtum beruhen. — Miss Claypole und Uzel haben wahrscheinlich gleich Ul janin den Fehler begangen, entweder die Genitalanlage, oder ein Häufchen Dotterzellen für Entoderm anzu- sehen. Was nun die Angaben von Heymons betrifft, so ist zu be- merken, daß er schon früher geneigt war, gerade die Dotterzellen für das wahre Entoderm bei den Insekten zu halten, und daß außerdem seine Beobachtungen über die Entstehung des Mitteldarmes bei Lepisma und Campodea (für erstere hauptsächlich, für letztere ausschließlich) auf der Untersuchung bereits aus dem Ei geschlüpfter Larven begründet sind. So spät der Prozeß der Organogenese auch eintreten mag, so sind doch immer nur die im Ei vor sich gehenden Prozesse als der Schlüssel für sein Verständnis anzusehen und die Untersuchung junger Larven allein vermag eine so schwierige und verwickelte Frage nicht aufzuklären. Bei Lepisma hat Heymons allerdings auch die embryonale Entwicklung untersucht, allein auch hier ist die Frage nach der Her- kunft der kleinen »Darmbildungszellen«, wie er sie nennt, nicht völlig Zeitschrift i'. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 39 600 Jur. Philiptschenko, aufgeklärt geblieben. In seiner ersten Arbeit (1897a) vermutete Hey- mons, daß dieselben durch Mitose aus großen Dotterzellen entstehen, in seiner zweiten (1897b) neigt er zu der Ansicht, daß eine solche große Dotterzelle sich durch Verlust des Dotters direkt in eine kleine Darm- bildungszelle verwandelt, indem letztere »unzweifelhaft Abkömmlinge der großen dotterhaltigen Elemente sind«. — Mit einem Worte, auch die Angaben dieses hervorragenden Forschers rufen selbst beim bloßen Durchlesen dieser beiden Arbeiten große Zweifel hervor und machen unwillkürlich den Eindruck mangelhafter Begründung, so daß eine erneute Untersuchung aller dieser Verhältnisse sowohl bei Lepisma wie auch bei Campodea äußerst wünschenswert erscheint. In Anbe- tracht der vollkommenen Übereinstimmung in der Entwicklungsweise des Mitteldarmes bei unsrer Isotoma mit der Entwicklungsweise desselben bei vielen andern Arthropoden, halte ich es für außerordentlich wahr- scheinlich, daß sich auch in den Gruppen der Diplura und der Thysa- nura s. str. bei aufmerksamerer Untersuchung die gleichen Verhältnisse herausstellen werden. Über die Frage nach der Entwicklung des Mitteldarmes der höhe- ren Insekten, der Pterygoten, war lange Zeit hindurch viel hin und her gestritten worden. Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre schien es, als wäre die alte Theorie seiner Entstehung aus Dotterzellen, die von einer Reihe älterer Autoren aufrecht erhalten und unter andern auch von den Gebrüdern Hertwig in deren »Cölomtheorie« (1881) angenommen worden war, fallen gelassen worden und hatte den zuerst von Grassi (1884) und Kowalewsky (1886) entwickelten Auffassungen Platz gemacht, wonach der Mitteldarm ein Derivat des unteren Blattes oder des Entomesoderms darstellt. Diese Theorie ist durch die Arbeiten solcher Forscher wie Heider (1889), Wheeler (1889, 1893), Cholod- kovsky (1891), Carriere (1897) und vieler andrer vollauf bestätigt worden. — Indessen wurde von Heymons in einer Reihe seiner Arbeiten (1895 u. a. m.) ein neuer Gesichtspunkt aufgestellt, und zwar daß bei den Pterygota der Mitteldarm aus Auswüchsen des Storno- und Procto- däums gebildet wird, d. h. daß der ganze Darm durchwegs ectodermal ist, während das Entoderm durch die Dotterzellen vertreten ist, welche bei allen höheren Insekten1 keinerlei Anteil an dem Aufbau des Darmes nehmen. Zugunsten dieser Auffassung haben sich bis vor verhältnis- mäßig kurzer Zeit auch viele andre Autoren ausgesprochen, so Rabito (1898), Lecaillon (1898), Schwarze (1899), Deegener (1900), Toyama (1902), Czerski (1904) und Friederichs (1906). Außer der 1 Mit Ausnahme der Odonaten: Heymons (1896a), Tschuproff (1903). Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 601 Theorie von Heymons, welche man nur als eine gewisse Modification der früheren Auffassungen der Dotterzellen als Entoderm auffassen kann, sind noch zwei Versuche gemacht worden den Beweis dafür zu liefern, daß die Dotterzellen überhaupt an der Bildung des Mitteldarm- epithels bei den Pterygota Anteil nehmen: die Urheber dieser Ver- suche sind Dickel (1904) und Schwangart (1904, 1905). Trotz der großen Anzahl von Arbeiten, insbesondere solcher zu- gunsten der ersteren Richtung, kann gegenwärtig doch dieser wie auch jener Gesichtspunkt als bereits abgetan angesehen werden und neuere, mit besonderer Sorgfältigkeit angestellte Untersuchungen veranlassen uns wieder zu der alten Auffassung von Grassi, Kowalevsky u. a. zurückzukehren. Diese neueren Untersuchungen stammen von Esche- rich (1900), Noack (1901), Schwangart (1904), hauptsächlich aber von Nusbaum und Fulinski (190G, 1909) und Hirschler (1906, 1909 a u. b) her. Wie Nusbaum und Fulinski dies nachgewiesen haben, hat Hey- mons einen Irrtum begangen, indem er dem Mitteldarm seinen Ursprung aus dem Boden des Stomodäum und Proctodäum zuschrieb, wobei er dessen vordere und hintere Anlage übersah, welche bei einigen Formen in der Tat mit den Enden des Vorder- und Hinterdarmes dicht verschmolzen sind, während der Ausgangspunkt für den Ursprung des Mesenterons doch immer von diesen beiden Anlagen plus dem unsrer diffusen Anlage entsprechenden »mittleren Strange« gebildet wird. Dasselbe fand bei den Coleoptera und Lepidoptera auch Hirschler, welcher auf Grund seiner Befunde (gleich Nusbaum und Fulinski) die Möglichkeit einer Teilnahme der Dotterzellen an dem Aufbaue des Mitteldarmepithels, wie sie von Schwangart und Dickel zugegeben wurde, auf das Entschiedenste von sich weist. Vergleichen wir unsre Beobachtungen an Isotoma cinerea mit den Angaben der drei obengenannten Autoren, so wird man annehmen müssen, daß die Entwicklung des Mitteldarmes auf Kosten des unteren Blattes eine Regel für alle Insekten darstellt, für die Pterygota sowohl, wie auch für die Apterygota; in typischen Fällen wird er aus drei Anlagen ge- bildet, aber dann ist der »mittlere Strang« oder die diffuse Anlage schwach entwickelt und ergibt nur Blutzellen, ohne sich an der Bildung des Mitteldarmes zu beteiligen (Gryllotalpa). — Mit einem Worte, wir kehren wieder zu den Ansichten von Grassi, Kowalevsky und andrer zurück, indem wir nur die ihnen allein bekannten zwei Anlagen durch die dritte oder diffuse Anlage ergänzen, welche gleichzeitig auch die Blutzellen bildet. 39* 602 Jur. Philiptschenko, Es muß hier darauf hingewiesen werden, daß ein ähnlicher Ent- wicklungsmodus des Mitteldarmes auch vielen andern Arthropoden eigentümlich ist. Was die Myriapoden betrifft, so wollen wir unter Übergehung der älteren Arbeiten darauf hinweisen, daß bei den Diplo- poden die Entwicklung des Mesenterons aus Elementen des unteren Blattes in Gestalt zweier Anlagen schon vor langer Zeit durch Cholod- kovsky (1895) nachgewiesen worden ist, und daß die neueren Be- obachtungen von Lignau (1911a) über Polydesmus abchasius, wie der Verfasser selbst hervorhebt, mit dem von Nusbaum und Fulinski und Hirschler für die Insekten aufgestellten Schema durchaus überein- stimmen, und von demselben nur durch einige specielle Einzelheiten abweichen. Bei Scolopendra wird der Mitteldarm nach den Beobach- tungen von Heymons (1901) aus einzelnen entodermalen Zellen ge- bildet, so daß hier nur von einer diffusen Anlage die Rede sein könnte; allein von dem Autor selbst wird an dem Ende des Proctodäum eine besondere »entodermale Scheibe« aus kubischen Zellen beschrieben und abgebildet (Fig. 49 in seiner Arbeit), welche, wie mir scheint, durchaus mit der hinteren Anlage des Mitteldarmes bei den Insekten verglichen werden kann. Ein allgemeines Schema für die Entwicklung des Mitteldarmes bei den Arachnoidea wurde zuerst von Schimkewitsch in dessen russischer Arbeit über die Entwicklung ihres Darmes (1898) gegeben und später in dessen Arbeit über die Entwicklung von Thelyplionus (1906): der Darm entsteht hier aus dem Meso-Entoderm in Gestalt zweier Anlagen, einer hinteren und einer diffusen, und zwar kann in einigen Gruppen die eine dieser Anlagen nur sehr schwach entwickelt sein oder selbst ganz fehlen. Dieses Schema hat durch die Arbeiten von Montgomery (1909), Hamburger (1910) wie auch durch die letzte Arbeit von W. und L. Schimkewitsch über die Embryonalentwicklung der Tetrapneu mones (1911) eine volle Bestätigung erhalten und kann trotz der ihm widersprechenden Beobachtungen von Kautsch (1909, 1910a) als fest begründet angesehen werden. Was die Onychophora betrifft, so entsprechen die Angaben über die Entwicklung ihres Mitteldarmes einstweilen in keiner Weise dem für die lnsecta, Myriopoda und Arachnoidea gültigen Schema. Die Embryologie dieser Gruppe kann übrigens, ungeachtet einer Reihe bisher vorliegender einschlägiger Arbeiten, noch bei weitem nicht als in genügender Weise erforscht angesehen werden. Ebenso verhält es sich mit den Crustacea, was sich vielleicht zum Teil dadurch erklären läßt, daß in letzterer Zeit Arbeiten erschienen sind, welche sich Vorzugs- Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 603 weise auf Formen mit determinativen Furchungstypus beziehen, während über die Embryologie der andern Crustaceen meistenteils nur ältere Arbeiten vorliegen. Es muß hier indessen auf die Beobachtungen von J. Wagner über Neomysis (1896) und von Pedaschenko über Lernaea (1899) hingewiesen werden, nach denen der Mitteldarm dieser Formen aus zwei entodermalen Anlagen hervorgeht, und zwar einer Anlage im Bereiche des Stomodäum und einer andern im Bereiche des Procto- däum, was sehr an die bei den Insekten vorliegenden Verhältnisse erinnert. Wie dem nun auch sein mag, so wird man auf Grund der uns jetzt vorliegenden Angaben doch annehmen können, daß eine Entwicklung des Mitteldarmes aus Elementen des unteren Blattes höchstwahrschein- lich für alle Arthropoda die Regel bildet. Für die drei Klassen der luftatmenden Arthropoden gilt als ebensolche Regel auch die Ent- stehung des Mesenterons aus drei Aulagen : einer vorderen, einer hinteren und der diffusen, wobei die eine derselben (bisweilen sogar zwei) bei einigen Formen sehr schwach entwickelt sein oder sogar gänzlich fehlen kann, so zum Beispiel die vordere bei den Arachnoiden, die diffuse bei einigen Insekten. Die Entwicklung unsrer Isotoma stimmt aus- gezeichnet mit diesem Schema überein. Die Entwicklung des Nervensystems. In Anbetracht der frühen Anlage und der raschen Entwicklung des Nervensystems erreicht dasselbe, wie wir oben gesehen haben, gegen das Ende der dritten Ent- wicklungsperiode eine ziemlich weitgehende Differenzierung. Das erste Stadium der vierten Periode F (vgl. Fig. 53 — 55 osg, n) unterscheidet sich in bezug auf die Entwicklungsstufe des Nervensystems des Em- bryos in keiner Weise von dem Stadium E, welches wir schon früher beschrieben haben. Auf dem darauffolgenden Stadium G ist auch bei dem Nervensystem der Eintritt einer Reihe wesentlicher Veränderungen zu bemerken. Vor allem fällt auf Schnitten durch Embryonen dieses Stadiums das Auftreten der fibrillären Nervensubstanz oder der sogenannten Punktsubstanz in die Augen (siehe Fig. 58, 59, 64, 65 — pst, ebenso auch auf andern). Dieselbe wird zuerst, wie bei den Pterygota, in dem dorsalen Teile eines jeden Ganglions angelegt, hierauf aber rasch von allen Seiten von Ganglienzellen umgeben. — Nach den Beobach- tungen von Heymons (1897a) bei Lepisma verbleiben die Ganglienzellen auch nach der Bildung der fibrillären Substanz noch in dem ventralen Teil des Ganglions, so daß diese weiße Substanz hier von der Dorsal- seite her nur mit einem dünnen Neurilemm bedeckt ist, wodurch sich 604 Jur. Philiptschenko, Lepisma von den Pterygota unterscheidet. Wie dies aus unsern Ab- bildungen hervorgeht, ist bei Isotoma cinerea die Anordnung der fibrillären Substanz und der Ganglienzellen im Nervensystem die gleiche wie auch bei den höheren Insekten, so daß die Collembola in dieser Beziehung den Pterygota näher stehen als Lepisma. Weiterhin wird auf dem Stadium G auch das obere Schlund- ganglion aus seinen drei Abschnitten endgültig gebildet (Fig. 57, 58, 62 osg) und es geht die Verschmelzung der Kieferganglien (Mandibular — , erstes und zweites Maxillarganglion) zu einem gemeinsamen unteren Schlundganglion vor sich (Fig. 57, 58, 62 usg). Um dieselbe Zeit diffe- renziert sich auch, wie bei den höheren Insekten, zwischen dem oberen und unteren Schlundganglion die Schlundcommissur (Fig. 58 sks). Das Nervensystem des Kopfes nimmt daher gegen das Ende des Stadiums G schon mehr oder weniger das dem erwachsenen Insekte zukommende Aussehen an. — Miss Claypole erwähnt die Anlage eines sympathi- schen Nervensystems bei Anurida maritima, welche indessen bald wieder verschwindet; eine solche Anlage habe ich bei Isotoma nicht beobachtet. Die Brust- und Bauchganglien bieten auf dem Stadium G, ab- gesehen von der Anwesenheit der Fibrillarsubstanz, nichts Bemerkens- wertes dar (Fig. 64 ggl.th ; 59, 60 ggl.abd) ; ihr Bau bleibt auch auf dem darauffolgenden Stadium H unverändert (Fig. 65, 68, 70 ggl.th, 69 ggl.abd), indem sie auf diesen Stadien im allgemeinen schon das für die erwachsenen Tiere charakteristische Aussehen besitzen. Von dem Stadium H angefangen beginnt die Verschmelzung der Bauchganglien zu einer gemeinsamen Masse, deren hinteres Ende allmählig nach vorn verlagert wird. Als Schlußergebnis dieses Prozesses finden wir auf dem Stadium J (Fig. 73 ggl.abd) und bei der soeben aus dem Ei ge- schlüpften Isotoma (Fig. 37, wo dies besonders deutlich zu sehen ist), nur noch ein einziges Abdominalganglion, welches in den beiden ersten Abdominalsegmenten liegt. Wie wir bereits oben hervorgehoben haben, ist eine so scharfe ausgesprochene Differenzierung dieses Abdominal- ganglions von dem hinteren Thoracalganglion und seine verhältnismäßig bedeutende Länge durchaus nicht charakteristisch für die Mehrzahl der Collembola, sondern sie bleibt nur bei wenigen Formen dieser Ordnung erhalten. Im allgemeinen wird man zugeben müssen, daß die Entwicklung des Nervensystems bei Isotoma cinerea von uns nur in ihren allge- meinsten und gröbsten Zügen untersucht worden ist, und daß viele Einzelheiten derselben (so z. B. der Ursprung der verschiedenen Com- Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 6U5 missuren, die Anlage und Differenzierung des Mittelstranges) noch ganz unaufgeklärt geblieben sind. Die Schuld hieran trägt zum Teil der bereits hervorgehobene Umstand, daß das Nervensystem auf den der dritten Entwicklungsperiode angehörenden Stadien schlechter als alle übrigen Gewebe des Embryos fixiert worden ist, und daß die Un- vollständigkeit der auf den Anfang der Entwicklung des Nervensystems bezüglichen Angaben ein Verständnis der Einzelheiten in den späteren Stadien erschwerte. Jedenfalls weist alles von uns in dieser Hinsicht Festgestellte darauf hin, daß die Entwicklung des Nervensystems bei den Collembola genau nach dem gleichen Typus verläuft, wie bei den Pterygota und abgesehen vielleicht von irgendwelchen unwichtigen Einzelheiten nichts wesentlich Besonderes darbietet. Die Entwicklung der Augen, von deren erstem Auftreten schon oben die Rede gewesen ist, lasse ich ganz unberücksichtigt, da mein Material se*iner geringen Größe wegen für derartige Untersuchungen wenig geeignet war. Ebenso ist es mir nicht gelungen, etwas über die Entwicklung des Tentoriums und des Postantennalorganes fest- zustellen. Die Derivate der Sonnten. Von der Anlage der Somiten und ihrer Anzahl bei dem Embryo ist schon gelegentlich der Beschrei- bung der dritten Entwicklungsperiode die Rede gewesen. Ihre Diffe- renzierung beginnt bedeutend später, erst auf dem Stadium G, und zwar sind auch hier, ebenso wie bei der Entwicklung des Nervensystems, fast gar keine besonderen Erscheinungen zu verzeichnen, welche die Collembola von den Pterygota unterscheiden, so daß dieser Prozeß offenbar bei allen Insekten in der gleichen Weise verläuft. Auf dem Stadium F, mit welchem die vierte Entwicklungsperiode eingeleitet wird, weisen die Somiten noch ihren früheren Charakter auf und reichen, wie dies auf der Fig. 56 (so) zu sehen ist, noch immer in die Extremitäten herein (abd1} 3, 4). Späterhin verliert der sich in die Extremität erstreckende Teil der Somiten den Zusammenhang mit seinem Rumpf abschnitt und ergibt die Muskulatur der Füße. Auf dem Stadium G beginnt die Differenzierung der Somiten in jene Abschnitte, welche von Heymons (1895) erstmals genau fest- gestellt worden sind; um diese Zeit ist es indessen infolge der außer- ordentlich geringen Größe aller Elemente, zum Teil auch wegen ihrer ungenügenden Fixierung, außerordentlich schwer sich in allen Einzel- heiten dieses Prozesses zurechtzufinden. Dabei fällt das Fehlen eines sogenannten Epineuralsinus in die Augen, wie er bei allen Pterygoten zwischen dem Nervensystem und dem Dotter vorhanden ist: bei den 606 Jur. Philiptschenko, Embryonen von Isotoma liegt das abdominale Nervensystem im Gegen- teil die ganze Zeit hindurch dem Dotter dicht an (vgl. Fig. 59 u. 60). Es ist schwer zu sagen, ob dieser Umstand eine Folge der Fixierung darstellt, oder ob wir in ihm eine den Collembola zukommende Eigentümlichkeit vor uns haben: ich persönlich möchte mich eher für die erstere Annahme aussprechen. — Bei dem Übergange auf das Sta- dium H sind an der Stelle eines jeden Somiten nunmehr deutlich dessen Derivate zu sehen, d. h. die Muskulatur und der Fettkörper; aus deren Anordnung zu dieser Zeit läßt sich nun darauf schließen, daß der Differenzierungsprozeß der Somiten hier wie bei den Pterygota ver- läuft. Zu diesem Zwecke bedient man sich am besten solcher Quer- schnitte, wie sie in Fig. 68 und 69 dargestellt sind. Wir erblicken auf denselben vor allem die dem Ectoderm anliegenden latero-dorsalen Muskeln (msk), welche augenscheinlich aus den somatischen Wänden der Somiten hervorgehen; mehr medianwärts liegt der Fettkörper (fk) und noch näher zur Medianlinie die Anlage der ventralen Längsmuskeln (vmp): sowohl diese letztere Anlage, wie auch diejenige des Fettkörpers gehen aus dem medianen Bezirk derselben somatischen Wandung der Somiten hervor. Ihre splanchnische Wandung ergibt die Muscularis des Mitteldarmes (welche auf unsern Zeichnungen nicht abgebildet ist) und nimmt, wie wir dies später sehen werden, an der Bildung der Gonaden Anteil. Außer diesen Bildungen sind an dem äußersten dorsalen Abschnitte des bereits differenzierten und nach oben wuchern- den Somiten auf dem Stadium H äußerst kleine aber deutlich hervor- tretende Elemente (cbl) zu bemerken. Wie dies aus andern Schnitten (Fig. 69) zu ersehen ist, nehmen dieselben augenscheinlich an der Bildung des Herzens (hz) Anteil, d. h. sie stellen Cardioblasten dar. Wie aus den angeführten Bildern hervorgeht, erfolgt die Diffe- renzierung der Somiten demnach nach dem gleichen Typus, wie dies auch bei den Pterygota der Fall ist: die splanchnische Wandung der Somiten ergibt die Darmmuskulatur und ist an der Bildung der Go- naden beteiligt, die somatische Wandung dagegen bringt die Körper- mus kulatur hervor und in ihrem medianen Abschnitt auch den Fett- körper; an der Übergangsstelle der splanchnischen Wandung in die somatische werden diejenigen Elemente gebildet, aus denen das Herz hervorgeht. — Für ein eingehenderes Studium der Entwicklung aller dieser Organe war mein Material völlig ungeeignet; außerdem bot ein solches Studium in Anbetracht der Übereinstimmung der oben mit- geteilten Befunde mit den Angaben aus der Embryologie der höheren Insekten auch nur ein geringes Interesse. Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 607 Von großem Interesse ist die Entstehung eines weiteren Derivates der Somiten, welches bei den Pterygota fehlt, und zwar der tubulösen Kopfdrüsen. — Den früheren Erforschern der Collembola waren nur diese letzteren bekannt, allein späterhin waren durch die Arbeiten von Willem und Sabbe (1897), Folsom (1899), Willem (1901), Becker (1903) und Hoffmann (1904) im Kopfe dieser Insekten noch drei Paare ähnlicher Organe entdeckt worden. Das Gleiche ist später von mir (1905a, 1908) und Bruntz (1908) auch bei den Diplura und Thysanui a festgestellt worden. Die meisten Kopfdrüsen der Apterygota weisen den gleichen Charakter auf, wie die der Pterygota, d. h. sie sind unzweifelhaft ectodermale Bildungen; eine Ausnahme hiervon bilden nur die obenerwähnten tubulösen Drüsen. Es wurde zuerst von Bruntz (1904a u. b) bei Machilis festgestellt, daß eine jede dieser Drüsen aus einem dünnwandigen Endbläschen ( »saccule «) und einem langen, anfangs stark gewundenen Abschnitt, oder »labyrinthe« besteht, welcher in den Ausführgang übergeht; dabei wurde festgestellt, daß das Endbläs- chen in den Körper des Tieres eingespritztes ammoniakalisches Carmin abscheidet, das Labyrinth dagegen Indigocarmin. Auf Grund dieses Befundes kam Bruntz zu dem Schlüsse, daß hier ebensolche »reins labiaux« vorliegen, wie sie auch bei andern Arthropoden (Crustacea, Diplopoda) angetroffen werden. Späterhin war es mir gelungen einen ähnlichen Bau dieser Drüsen auch bei Campodea, Japyx, Machilis und Lepisma nachzuweisen, d. h. bei fast allen. Familien der Diplura und Thysanura, wobei ich schon damals hervorhob, daß wir es in diesen auch bei den Collembola vorhandenen tubulösen Drüsen, wie dies aus ihrem Bau und ihrer excretorischen Tätigkeit hervorgeht, mit Kopfnephridien des Labialsegmentes zu tun haben: die niederen In- sekten und die Myriopoden (und zwar die Apterygota und die Diplo- poda) behalten demnach in ihrem Kopfe noch Drüsen bei, welche nach dem Typus von Nephridien gebaut sind, wie dies bei den Cru- stacea und Peripatus der Fall ist, während die höher organisierten Tracheaten (die Chilopoda und die Pterygota) derselben bereits verlustig gegangen sind (1908). Bis in die gegenwärtige Zeit hinein war diese Auffassung von einem Paare Kopfdrüsen bei den Apterygota ausschließlich auf die physiolo- gischen Versuche mit Injektionen von ammoniakalischem und Indigo- Carmin begründet, wie sie von Bruntz und später auch von mir ange- stellt worden waren, ohne durch embryologische Befunde bestätigt zu sein. Durch die Embryologie von Isotoma cinerea wird die völlige Richtigkeit dieser Auffassung unzweifelhaft nachgewiesen. — Es mag 608 Jur. Philiptschenko, hier bemerkt werden, daß bei den Collembola (und zwar bei Tomo- cerus flumbeus) das Vorhandensein eines ebensolchen dünnwandigen Abschnittes am Ende der tubulösen Drüse unabhängig von den Arbeiten von Bkuntz und den meinigen auch von Hoffmann (1904) festgestellt worden ist, welcher diesen Abschnitt als Reservoir bezeichnet. Wir wollen für denselben die Bezeichnung eines Endbläschens beibehalten und den gewundenen Abschnitt der tubulösen Drüse (bis zu deren nicht secernierenden Ausführgang) einfach den Kanal nennen. Die erste Anlage der tubulösen Drüse tritt schon sehr früh auf, lange vor der obenbeschriebenen Differenzierung der Somiten, und zwar auf dem Stadium E, dem letzten Stadium der dritten Entwicklungs- periode. Auf der Fig. 51 erblicken wir einen Schnitt durch das erste Maxillarsegment, dessen Somiten (so) sich in keiner Weise von den übri- gen unterscheiden. Im Segmente der zweiten Maxillen dagegen (Fig. 52) trennt sich in jedem seiner Somiten auf dem Niveau des Ganglions ein Bläschen (tdr) mit deutlich ausgesprochener epithelialer Wandung ab, in dessen Höhlung gewöhnlich eine feinste Körnelung zu bemerken ist. Aller Wahrscheinlichkeit nach befindet sich beim lebenden Embryo in diesem Bläschen irgendeine Flüssigkeit, welche beim Fixieren ge- rinnt, woher dann die erwähnte Körnelung hervorgerufen wird. Das Paar solcher Bläschen im Labialsegmente stellt nun die erste Anlage der tubulösen Kopfdrüsen dar. Ebenso deutlich sind diese Gebilde im Bereiche des zweiten Maxillar- segmentes auch auf dem nächstfolgenden Stadium F zu sehen. Bei dem Übergange in das Stadium G treten in den Mundwerkzeugen, wie schon oben angedeutet wurde, starke Veränderungen auf; die- selben verwandeln sich in entotrophe Organe, weshalb auch die Topo- graphie aller übrigen Organe des Kopfes einen etwas veränderten Charakter annimmt. Es ist um diese Zeit nicht so leicht die Anlage der tubulösen Drüse aufzufinden, doch tritt dieselbe nichtsdestoweniger auch hier namentlich auf etwas schrägen Schnitten ziemlich deutlich hervor. Der Teil eines solchen schrägen Schnittes durch den hinteren Teil des Kopfes (welcher auch das erste Fußpaar th1 getroffen hat) eines Em- bryos auf dem Stadium G ist auf der Fig. 64 wiedergegeben. Auf derselben sehen wir wiederum ganz deutlich die Anlage der tubulösen Drüse (trd), welche ihren früheren Charakter in Gestalt eines geschlos- senen epithelialen Bläschens beibehalten hat. Eine merkliche Veränderung ihrer Gestalt tritt erst auf dem Sta- dium H ein, wobei die tubulösen Drüsen um diese Zeit auf Sagittal- sehnitten durch den lateralen Teil des Kopfes ganz besonders deutlich Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 609 zu sehen sind. Wie dies auf unsrer Fig. 70 deutlich zu sehen ist, hat die Anlage einer jeden derselben nunmehr nicht mehr das Aussehen eines mehr oder weniger wie früher kugelförmigen Bläschens, sondern vielmehr eine retorten- oder flaschenförmige Gestalt, indem von dem breiteren oberen Teil (etd) ein enger Ausführgang (ktd) nach unten führt, welcher nach dem Ectoderm des unteren Teiles des Kopfes gerichtet ist. Es ist unschwer zu erkennen, daß wir es in der Enderweiterung (etd) mit der Anlage des Endbläschens der tubulösen Drüse zu tun haben, während der nach unten führende Gang nichts anders darstellt, als die Anlage des einstweilen noch oeraden Kanals. — Die Ähnlichkeit der beide Teile der zukünftigen Drüse bildenden Elemente, wie auch der all- mähliche Übergang der Enderweiterung in die Anlage des Kanals sprechen beide zweilfelos zugunsten der Annahme, daß sich diese beiden Bildungen aus derjenigen gemeinsamen Anlage entwickelt haben, welche auf den vorhergehenden Stadien das Aussehen eines runden Bläschens hatte, und zwar durch Verlängerung einer seiner Wandungen nach unten in Gestalt eines Ausführganges. Indem die Anlage des Kanals (ktd) um diese Zeit bloß an das Ectoderm herantritt, ohne eine Öffnung nach außen zu besitzen, so liegt keinerlei Anlaß, vor derselben einen ectodermalen Ursprung zuzuschreiben. Auf dem Stadium J nimmt die Anlage des Kanals bereits eine gewundene Gestalt an; um dieselbe Zeit wird wahrscheinlich auch. der nicht secernierende Ausführgang der Drüse gebildet. Es ist mir nicht gelungen die Art und Weise seiner Entstehung festzustellen, doch kann wohl kaum ein Zweifel darüber bestehen, daß derselbe durch eine einfache Einstülpung des Ectoderms zustande kommt. Die Art und Weise der Anlage und der Entwicklung der tubulösen Kopfdrüsen, und speciell die Herkunft ihres größten Teiles aus den Somiten, bestätigen durchaus die schon früher von mir ausgesprochene Auffassung von diesen Drüsen, als von erhalten gebliebenen Nephridien des Labialsegmentes. — Von Wichtigkeit ist auch der Umstand, daß nicht nur das ammoniakalisches Karmin ausscheidende Endbläschen (»saccule«) der Drüse ein Derivat des Somiten darstellt, sondern auch deren gewundener Kanal (labyrinthe«), welcher Indigocarmin aus- scheidet. Dieses Verhalten steht in völliger Übereinstimmung mit dem, was uns von der Entwicklung der erhaltengebliebenen Nephridien bei andern Arthropoden bekannt ist, welche überall mit Ausnahme eines unbedeutenden Teiles des Ausführganges ausschließlich aus Meso- derm gebildet werden, d. h. aus dem Material der Somiten. — Für die Nephridien von Peripatus ist dies schon von Sedgwick (1885 — 1888) 610 Jur- Philiptschenko, festgestellt worden, während die ihm widersprechenden Angaben von Kennel (1885 — 1886) in der neueren Arbeit von Evans (1902), der sich mit den Beobachtungen des ersteren Autors einverstanden erklärt, keine Bestätigung erfahren haben. Ebenso verhält sich die Sache auch bei den Kopfnephridialdrüsen der Crustaceen: ich will hier nur auf die Beobachtungen von J. Wagner (1896) über die Entwicklung der Antennaldrüse von Neomysis hinweisen (in dieser Arbeit sind auch analoge Beobachtungen von Kingsley und Butschinsky über andre Crustaceen angeführt). Bezüglich der Coxaldrüsen bei den Arachnoideen genügt es auf die gleichen Beobachtungen von Brauer (1895) über den Scorpion hinzuweisen, mit welchen auch die Angaben von Schimke- witsch (1911) über den Charakter der Coxaldrüsen bei den Embryonen der Tetrapneu mones übereinstimmen. Mit einem Worte, überall wo wir bei irgendwelchen Arthropoden Nephridien antreffen, zeigt die Entwicklung, daß nicht nur ihr Endbläschen einen Überrest des Cöloms darstellt, sondern daß fast das ganze Nephridium, mit Ausnahme des kurzen ausführenden Teiles, ein Derivat des Somiten bildet. — Die tubulösen Kopfdrüsen der Apterygota passen sich dieser Kegel sehr gut an. Was nun die übrigen Kopfdrüsen von Isotoma betrifft — die Speicheldrüsen, acinösen Drüsen und Wangendrüsen, — so sind die- selben bei dem Embryo fast bis zu seinem Ausschlüpfen aus dem Ei gar nicht zu bemerken. An ihrem ectodermalen Ursprünge läßt sich, trotz des Fehlens direkter diesbezüglicher Beobachtungen, indessen wohl kaum zweifeln: schon Becker (1903) war auf Grund des Stu- diums ihres Baues zu dem Schlüsse gelangt, daß man alle diese drei Paare »als Derivate anfangs einfacher, einzelliger, zerstreut oder zu- sammengehäuft liegender Haut-Schmierdrüsen aufzufassen habe, wie wir sie in segmentaler Anordnung bei den übrigen Insekten antreffen«. Ich halte diesen Gesichtspunkt nur in bezug auf die zwei Paare von Drüsen — den acinösen und die Wangendrüsen — für völlig anwendbar, während die Speicheldrüsen der Collembola meiner Ansicht nach den Speicheldrüsen vieler Pterygota durchaus homolog sind. Diese Frage habe ich schon früher in einer andern Arbeit (1908) berührt. Die Entwicklung der Genitalorgane. Im Verlaufe der zweiten und dritten Entwicklungsperiode behielt die Genitalanlage die ganze Zeit über die gleiche Lage bei, welche sie schon nach der Furchung und der Bildung des Blastoderms (Fig. 14 g) innegehabt hatte, d. h. sie stellte ein Zellhäufchen im Dotter näher zum Hinter- ende des Embryos dar (siehe Taf. XI u. XIII g). Bei dem Anfang Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 611 der vierten Entwicklungsperiode, d. h. schon auf dem Stadium F, tritt auch in der Genitalanlage eine Veränderung ein. Auf diesem Stadium beginnt das Auseinanderweichen der einzelnen Zellen der Genitalanlage, welche bis dahin ziemlich beieinander ge- legen hatten, deren Austritt aus dem Dotter und das Eindringen in die Gewebe des Embryos. Am deutlichsten tritt dieser Prozeß auf Frontalschnitteu durch das Abdominalende des Embryos hervor: ein solcher ist in unserer Fig. 56 abgebildet. — Wir sehen hier im Dot- ter außer den Dotterkernen (dk) wie früher auch die Genitalanlage (g), allein von diesen verläuft zu den dem Dotter anliegenden Somiten der Abdominalsegmente gleichsam ein Strahl oder ein Strom einzelner Genitalzellen, in welche diese Anlage zerfällt. Die Fig. 56 stellt einen etwas schrägen Schnitt dar, auf dem die Somiten nur links getroffen sind, weshalb der Strom der einzelnen Genitalzellen von der Genital- anlage aus auch nur nach der linken Seite gerichtet ist. Auf mehr geraden, völlig frontal geführten Schnitten bemerkt man, daß ein Teil der Zellen der Genitalanlage sich durch den Dotter hindurch in die Somiten der einen Seite, der andre Teil in die Somiten der entgegen- gesetzten Seite begibt, und diese Wanderung dauert während des ganzen Stadiums F und sogar noch ganz am Anfange des darauf- folgenden Stadiums G an, und zwar so lange bis die ganze Genital- anlage zerfallen ist und alle ihre Zellen den Dotter verlassen haben und in die Gewebe des Embryos eingedrungen sind. Natürlich lassen sich solche Bilder nur dadurch erklären, daß auf dem Stadium F die Zellen, aus denen bis dahin die Genitalanlage bestanden hatte, an- fangen sich aktiv (wahrscheinlich amoeboid) zu bewegen, die einen nach rechts, die andern nach links, bis sie alle aus dem Dotter in die Somiten herübergewandert sind. Wie aus der Fig. 56 zu ersehen ist, erfolgt das Eindringen der Genitalzellen nicht in alle abdominalen Somiten, sondern nur in die- jenigen, welche am nächsten von der Genitalanlage liegen, d. h. in die Somiten des dritten und vierten Abdominalsegmentes (so). Nur in den Somiten dieser zwei Segmente kann man zu Beginn des Stadiums G, wenn der Dotter endlich keine Genitalelemente mehr enthält, Genital- zellen antreffen. Wie man dies auf Querschnitten durch das hintere Ende des Embryos (so z. B. auf der einen solchen Schnitt durch das dritte Abdominalsegment darstellenden Fig. 60) deutlich zu erkennen ist, dringen die Genitalzellen (gz) in die viscerale Wandung der Sonnten ein und verbleiben in derselben, um späterhin hier die Gonaden zu bilden. Von den Elementen der Somiten selbst unterscheiden sich 612 Jur- Philiptschenko, diese Zellen sehr scharf, und zwar erstens durch ihre etwas bedeutendere Größe und dann auch durch die hellere Färbung, namentlich des Kernes. Letzteres hat, wie dies bei stärkeren Vergrößerungen leicht festzustellen ist (vgl. Fig. 61, welche die Genitalzellen bei HOOfacher Vergrößerung darstellt), seinen Grund in der geringen Menge von Chromatin in den Kernen. Durch das gleiche Merkmal unterscheiden sich auch nach Heymons (1895, 1897a) die Genitalzellen von den somatischen bei Lefisma und den Orthopteren und diese Eigentümlichkeit kommt wahrscheinlich auch vielen anderen Insekten zu [siehe die Beobach- tungen von Schwangart (1905) über Lepidopteren, von Hasper (1911) über Chironomus u. a. m.]. Bei ihrer Verlagerung aus dem Dotter in die Somiten verlieren die Genitalzellen indessen nicht ihre Befähigung zur aktiven Bewegung und diese letztere hält auch noch in den Somiten an. — Gegen das Ende des Stadiums G sind in den Somiten des vierten Abdominal- segmentes schon viel weniger Genitalzellen zu bemerken als früher, dafür finden wir sie nunmehr nicht mehr allein in diesem und in dem dritten Segmente, sondern auch in dem zweiten, wo bis dahin keine anzutreffen waren. Auf dem darauffolgenden Stadium H sind in dem vierten Abdominalsegmente gar keine Genitalzellen mehr zu finden, da- gegen kann man dieselben nunmehr nicht nur in den Somiten des zweiten, sondern auch schon in denjenigen des ersten Abdominal- segmentes antreffen (siehe den Schnitt durch letzteres auf Fig. 69 gz). Mit einem Worte, die Genitalzellen, welche sich anfänglich nur in den Somiten des vierten und dritten Segmentes konzentrieren, können späterhin im ersten bis dritten Abdominalsegment angetroffen werden, was natürlich nur durch ein aktives Kriechen derselben nach vorn erklärt werden kann. Hiermit nimmt die Bewegung der Genitalzellen ein Ende und auf dem Stadium H werden aus ihnen in den drei ersten Abdominalsegmenten die Gonaden gebildet. Auf dem in Fig. 67 dargestellten Frontalschnitt durch das hintere Ende des Abdomens sehen wir bereits die zwei ausgebildeten Gonaden (gon). Beide besitzen keinerlei Höhlung in ihrem Innern, sondern sie stellen eine kompakte Anhäufung von Genitalzellen dar, welche gewöhnlich von äußerst zarten und durchaus nicht immer bemerk- baren Zellen umgeben sind, die aus jener splanchnischen Wandung der primären Segmente hervorgehen, in welche die Genitalzellen aus dem Dotter eingedrungen waren. Diese aus den Somiten- wandungen hervorgegangenen Elemente (welche auf unsrer Zeichnung nicht abgebildet sind) stellen augenscheinlich die Follikelzellen der Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 613 Gonade dar. — Wie dies auf derselben Fig. 67 zu sehen ist, geht von dem hinteren Ende einer jeden Gonade der Genitalgang (gd) ab, welcher durch das ganze vierte Segment verläuft. Seine Lage und sein Bau lassen erkemien, daß er aus der gleichen visceralen Wandung der Somiten des vierten Abdominalsegmentes hervorgeht, in welche zuvor die Genitalzellen aus dem Dotter eingedrungen sind. Für die Ptery- gota ist es charakteristisch, daß ihre Genitalgänge ursprünglich (gleich den Gonaden) kompakt erscheinen: wie sich die Sache bei Isotoma cinerea verhält, wage ich wegen der außerordentlich geringen Größe des Gebildes nicht zu sagen. Ebenso ist es mir nicht gelungen, irgend- welche Aufklärung über die Verbindung der Genitalgänge der rechten und der linken Seite miteinander zu schaffen, wie auch über die Anlage des unpaaren Endabschnittes des Genitalapparates, welcher bei den Pterygota aus dem Ectoderm hervorgeht. Ein solches Aussehen bewahrt der Genitalapparat auch noch bis zu dem Ausschlüpfen der Isotoma aus dem Ei bei: in den drei ersten Abdominalsegmenten ist ein Paar kompakter Gonaden angeordnet, welche ventral vom Darme liegen (wodurch sich die Apterygota von den Pterygota unterscheiden), im vierten Segmente dagegen das Paar von den Gonaden nach hinten auslaufender Genitalgänge, welche mit der Follikelwand der Gonade einen gemeinsamen Ursprung be- sitzen, d. h. sich gleich dieser aus der splanchnischen Wand der Somiten entwickeln. Der unpaare Endabschnitt des Genitalapparates war weder auf dem Stadium J noch bei den soeben ausgeschlüpften Larven irgendwie zu bemerken, was indessen noch nicht für ein Fehlen desselben spricht, sondern vielmehr für die Zerstörung dieses zarten Gebildes bei der Fixierung zu erklären ist: wenigstens hat Miss Claypole bei Anurida einen ectodermalen Ausführgang beobachtet, welcher durch eine Einstülpung am hinteren Ende des fünften Abdominalsegmentes gebildet wird. Es muß hier auf den Unterschied in dem Bau der Gonaden bei soeben ausgeschlüpften Larven mit demjenigen bei der erwachsenen Form hingewiesen werden. Bekanntlich ist für die Familie der Ento- mobryidae, zu der unsre Isotoma gehört, das Vorhandensein doppelter Gonaden charakteristisch, von denen eine jede aus zwei Lappen ge- bildet ist — einem Lobus externus und einem Lobus internus, wie sie seinerzeit von Tullberg (1871) bezeichnet worden sind. Außerdem verlaufen diese Gonaden gewöhnlich bis zum Ende des vierten Abdo- minalsegmentes, an dessen Grenze mit dem fünften die Vereinigung ihrer kurzen paarigen Ausführgänge (oviductus oder Vasa deferentia) 614 Jur. Philiptschenko, miteinander zu einem gemeinsamen unpaaren Gang (Vagina oder Ductus ejaculatorius) denn auch stattfindet. In der niedersten Familie der Collembola, den Poduridae, sind die Gonaden dagegen einfach und enden etwas früher, gewöhnlich schon im Anfange des vierten Abdominalsegmentes. — Der Bau der Gonaden bei den soeben ausgeschlüpften Tierchen hat demnach viel mehr Ähnlichkeit mit deren Bau bei den niedersten Collembolen, den Poduridae, deren Stadium sie um diese Zeit gleichsam durchlaufen, während die für die Familie der Entomobryidae charakteristischen Eigentümlichkeiten erst später auftreten. In dieser Beziehung vermag ich die Beobachtungen von Willem (1900) über die postembryonale Differenzierung der Gonaden bei denCollembola durchaus zu bestätigen, wonach deren Entwicklung in diesen beiden Familien von einem gemein- samen Anfangsstadium ausgeht. Auf die rein äußerliche Ähnlichkeit einer aus dem Ei geschlüpften Isotoma mit den Vertretern von solchen Gat- tungen, wie Achorutes und Onychiurus (Lipura), hat schon Packard in seiner Arbeit über die Entwicklung von Isotoma walckerii hingewiesen. Im großen ganzen erinnert die Entwicklung der Genitalorgane von Isotoma cinerea außerordentlich an den gleichen Vorgang bei den höheren Insekten, wo er erstmals von Heymons (1891, 1895) eingehend studiert worden ist, dessen Beobachtungen dann auch von späteren Forschern bestätigt wurden. Wie bei Isotoma, so ist auch bei vielen Pterygota eine sich früh differenzierende und von den Keimblättern unabhängige Genitalanlage vorhanden, deren Zellen bei einigen Formen ebenfalls auf rein aktive Weise aus dem Dotter in die Gewebe des Em- bryos herein und wiederum aktiv aus den hinteren Somiten in die vorderen herüberwandern. Das Eindringen der Genitalzellen erfolgt gleich wie bei unsrer Isotoma in die splanchnische Wandung des Somiten und zwar in den Abschnitt derselben, welchen Heymons die Geschlechts- leiste genannt hat. Endlich sind auch die paarigen Genitalgänge der Pterygota Derivate der Somiten, indem sie sich aus der visceralen Wandung der hinteren Somiten entwickeln. Letzterer Umstand macht, worauf schon mehrfach hingewiesen worden ist, die Annahme ziemlich wahrscheinlich, daß wir es in ihnen mit den Nephridien homologen Gebilden zu tun haben. Die hier oben beschriebene Entwicklung der Kopfnephridien von Isotoma spricht ebenfalls durchaus zugunsten einer solchen Annahme. — Der einzige Unterschied der Apterygota von den Pterygota besteht darin, daß bei ersteren kein Zusammen- hang zwischen der Gonadenanlage und dem Pericardialseptum ver- mittelst der sogenannten »Endfadenplatte« vorhanden ist. Es läßt Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 615 sich dies natürlich dadurch erklären, daß bei den niederen Insekten, ebenso wie auch bei den Diplopoden, die Gonaden ventral vom Darme liegen, bei den höheren Insekten und den Chilopoden dagegen dorsal von demselben. Wenn unsre Beobachtungen demnach mit den Erscheinungen aus der Entwicklung der Genitalorgane der Pterygota übereinstim- men, stehen sie anderseits vielfach im Widerspruch mit den Beobach- tungen von Miss Claypole über die Entwicklung der Genitalorgane bei Anurida maritima. Da diese letzteren bis jetzt die einzigen Angaben über die Entwicklung der Genitaiorgane bei den Collembolen darstellen, werden wir ausführlicher bei denselben verweilen müssen. Nach den Beobachtungen von Miss Claypole bilden sich die Ge- nitalzellen bei den Embryonen von Anurida in den Wandungen der Somiten des zweiten und dritten Abdominalsegmentes, wobei ihr Schicksal ein zweifaches sein kann. — In dem einen Falle verbleiben sie in dem Somiten seibst, vermehren sich in demselben und ergeben die Gonade, welche anfangs durch die splanchnische Schicht des Meso- derms von dem Dotter abgeteilt ist. Im andern Falle verläßt eine solche Zelle den Somiten und verwandelt sich in ein Zellhäufchen zwischen Mesoderm und Dotter : ein Teil dieser Anhäufung ( »stationary germ cells«) bleibt wie zuvor an dieser Stelle, ein andrer Teil (»migrat- ing germ cells«) wandert in den Dotter. Hierauf trat in den Beobach- tungen des Autors eine Unterbrechung ein, allein er behauptet, daß auch aus dieser Zellenanhäufung ihrerseits Gonaden gebildet werden (vielleicht männliche , im Gegensatz zu den auf die erstere Weise entstehenden weiblichen? — diese Frage ist ganz unaufgeklärt ge- blieben). Die aus dem Ei ausschlüpfende Anurida besitzt demnach eine Gonade, in deren Höhlung Dotter enthalten ist, der für die Ernäh- rung der Genitalelemente verwendet wird; außerdem gerät er auch in die Blutkörperchen, fehlt dagegen gänzlich in dem Mitteldarme, welcher wie bei den Diplopoden keinen Dotter enthält. Die guten Zeichnungen, welche diese ziemlich unklare Beschreibung illustrieren, gestatten es sich in den Beobachtungen von Miss Claypole zurechtzufinden und das richtige von dem irtümlichen zu unterscheiden. — Der erste Entwicklungsweg der Genitalzellen in den Somiten und die hier vor sich gehende Entstehung der Gonaden aus denselben (Fig. 50, 52, 53, 58) in der Arbeit von Miss Claypole stimmen völlig mit dem überein, was wir bei der Entwicklung von Isotoma cinerea kennen gelernt haben. Auf den Zeichnungen Fig. 55 — 57 dagegen, welche den zweiten Entwicklungsweg der Genitalzellen außerhalb der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 40 616 Jur. Philiptschenko, Somiten und ihr Eindringen in den Dotter verdeutlichen, erkennen wir nichts andres, als das schon früher von uns beschriebene Ausein- anderkriechen der Zellen der bis dahin in dem Dotter eingeschlossenen Genitalanlage und ihr Eindringen in die abdominalen Somiten. Der Irrtum von Miss Claypole bestand darin, daß sie von der Entstehung der Genitalzellen aus den Wandungen der Somiten überzeugt war, weshalb sie das Auseinanderkriechen der Zellen der Genitalanlage und ihr Eindringen in die Somiten für die von ihr beschriebene zweite Entwicklungsweise der Genitalzellen außerhalb der Somiten angesehen hat. In Wirklichkeit stellen ihre Fig. 50 — 58 jene einzige Entwicklungs- weise der Gonaden dar, wie sie auch bei unsrer Isotoma vorliegt: die Fig. 55 — 57 beziehen sich auf die erste Phase dieses Prozesses, das Hineindringen der Zellen der Genitalanlage aus dem Dotter in die Somiten, die übrigen Figuren dagegen auf die zweite Entwicklungs- phase, d. h. auf die in diesen Somiten vor sich gehende Bildung der Gonaden. — Diese Zeichnungen können unter anderm auch als Beweis dafür gelten, daß eine ebensolche Genitalanlage wie bei Isotoma wahr- scheinlich auch bei vielen andern Collembola vorhanden ist, unter andern auch bei Anurida maritima. Was den Dotter in den Gonaden des ausgeschlüpften Tieres betrifft, so habe ich bei Isotoma nichts derartiges bemerkt. Es wäre zu kühn auf Grund meiner Beobachtungen dessen Anwesenheit in den Gonaden von Anurida direkt widersprechen zu wollen, doch muß ich immerhin bemerken, daß auch diese Beobachtung von Miss Claypole mir zweifel- haft erscheint. Miss Claypole färbte ihre Präparate mit Orange-G, welches nicht nur den Dotter färbt, sondern auch noch alle möglichen oxyphilen (albuminoiden) Körner, wie sie bei den Collembola ziem- lich stark verbreitet sind [bezüglich dieser Körner vgl. eine meiner früheren Arbeiten (1906)]. Auf der Fig. 64 der Arbeit von Miss Clay- pole sind unzweifelhaft solche Körner abgebildet {f.g), allein der Autor hält auch sie für Überreste des Dotters. Vielleicht waren der- artige Dotterkörnchen auch in den Genitalorganen der aus dem Ei geschlüpften Anurida enthalten? Die Beobachtungen von Miss Claypole einer kompakten Mittel- darmanlage wie bei den Diplopoda und des Fehlens von Dotter in deren Höhlung beruhen, wie dies aus eben dieser Fig. 64 zu ersehen ist, auf schwerem Irrtum, indem auf dieser Figur der Mitteldarm gerade noch dicht mit Dotter angefüllt abgebildet ist. In seinem Texte be- zeichnet der Autor ihn als "a large irregulär sac filled with yellow material" und bringt ihn in irgendeinen (mir nicht ganz verständlichen) Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 617 Zusammenhang mit dem Genitalapparat. — Mit einem Worte, alle (dabei sehr sorgfältig ausgeführten) Zeichnungen in der Arbeit von Miss Claypole sprechen in der entschiedensten Weise gegen alles, was dieser Autor in derselben über die Entwicklung des Genitalapparates mitteilt, und man kann aus denselben, im Gegensatz zu den Angaben des Autors, darauf schließen, daß seine Entwicklung bei Anurida ebenso verläuft, wie bei Isotoma, d. h. nach dem gleichen Typus, wie dies sowohl bei den Pterygota, als auch bei den Apterygota der Fall ist. Bei der Entwicklung der Gonaden von Anurida differenziert sich in diesen schon frühe eine schmale »cephalic elongation« oder ein Ligament, welches eine Fortsetzung der Gonade nach vorn bildet und, ohne Genitalzellen in sich zu enthalten, nur aus mesodermalen Ele- menten besteht. Miss Claypole erblickt in diesem Gebilde den Über- rest des Genitalganges der Gonade, welcher einstmals, wie dies noch jetzt bei den Symphyla und Diplopoda der Fall ist, im ersten Abdominalsegmente ausmündete . Bei unsrer Isotoma ist ein solches Verhalten nicht vorhanden, doch scheint mir diese Annahme nichtsdestoweniger recht glaubwürdig. Die Theorie von dem Vorhandensein zweier Paare Genitalöffnungen bei den Vorfahren der Insekten, und zwar einer am Ende des Abdomens, der andern im vierten Rumpfsegmente, war schon längst von Grassi (1888) aufgestellt worden, welcher zu deren Bekräftigung auf das Vorhandensein einer Zone besonderer Härchen zwischen den rudimen- tären Füßen des ersten Abdominalsegmentes von Campodea hingewiesen hatte, die ein sekundäres Geschlechtsmerkmal des Männchens dar- stellt. Späterhin war es mir gelungen, bei dieser Form das Vorhanden- sein von Anhäufungen eigenartiger einzelliger Drüsen unter den er- wähnten Härchen nachzuweisen, welche ebenfalls nur bei den Männ- chen vorhanden waren (1905a). — Wenn wir diese Tatsachen mit den Beobachtungen von Miss Claypole über die frühe Anlage des Liga- ments bei Anurida vergleichen, so werden wir der Theorie von Grassi einen beträchtlichen Grad von Wahrscheinlichkeit zusprechen müssen. VII. Allgemeiner Teil. 1. Über die frühzeitige Sonderung der Genitalanlage bei den Insekten. Vor 20 Jahren sind in dem klassischen Lehrbuche der Embryologie der wirbellosen Tiere von Korschelt und Heider (1892) nur zwei Fälle frühzeitiger Sonderung der Genitalanlage bei den Insekten an- geführt worden, und zwar bei den Diptera und bei den Aphidae; diese Fälle waren schon im Jahre 1866 von Metschnikoff entdeckt 40* 618 Jur. Philiptschenko, und hierauf von einer Reihe späterer Autoren bestätigt worden. Auch die Verfasser zweier spezieller Untersuchungen über die Entwicklung der Genitalorgane bei den Insekten, welche fast gleichzeizig mit dem oben erwähnten Lehrbuche erschienen, und zwar Heymons (1891) und Wheeler (1893) hielten die Annahme von einem mesodermalen Ursprung der Genitalzellen der Insekten, wie dies auch bei den Anneliden der Fall ist, aufrecht. Gegenwärtig sind jedoch schon so viele Fälle einer frühzeitigen, von den Keimblättern unabhängigen Sonderung dieser Zellen beschrieben worden, daß man wohl eher diese Entstehungs- weise als die Regel und die Fälle einer mesodermalen Entstehung als Ausnahmen ansehen kann, statt des umgekehrten Verhaltens. Im Jahre 1895 stellte Heymons die frühzeitige Entstehung der Genitalanlage bei Forficula und den Orthopteren fest, wobei er seinen früheren Standpunkt aufgab und nunmehr annahm, daß die Genital- zellen Bildungen sui generis darstellen und keinem der Keimblätter angehören. Nach den späteren Untersuchungen des gleichen Autors (1896a, 1897a) findet eine ebenso frühe Absonderung dieser Zellen auch bei Lepisma und vielleicht auch bei den Odonaten statt. Etwas später fand Lecaillon (1898) die gleichen Verhältnisse auch bei der Entwicklung der Chrysomeliden, was späterhin durch Friederichs (1906), Hirschler (1909b) und Hegner (1901) bestätigt worden ist. Eine frühzeitige Anlage der Genitalanlage hält auch Saling (1907) bei Tenebrio molitor für sehr wahrscheinlich. Für die Schmetterlinge war das gleiche Verhalten schon in der alten Arbeit von Woodworth über die Entwicklung von Vanessa antiopa (1889) beschrieben, hierauf dann auch von Schwangart (1905) bei Endromis, Sphinx und Zygaena nachgewiesen worden. — Hierher gehören auch die Beobachtungen von Petrunke witsch über die Ent- stehung der Genitalzellen bei den Drohnen (1903), obgleich der von ihm beschriebene Fall (Herkunft aus den Richtungskörpercken) ganz vereinzelt unter allen andern Fällen dasteht. Bei Isotoma cinerea ist die Genitalanlage, wie wir oben gesehen haben, zu der Zeit, wo das Ei sich mit dem Blastoderm umgibt, schon völlig deutlich abgesondert, wobei die Differenzierung dieses letzteren in die primären Keimblätter erst später vor sich geht. Diese Anlage verbleibt hier lange Zeit hindurch in Gestalt eines selbständigen Zell- häufchens im Dotter und erst zu Beginn der vierten Entwicklungs- periode erfolgt das Eindringen der Genitalzellen in die Somiten. — Oben ist auch schon darauf hingewiesen worden, daß die gesamte Genitalanlage sehr möglicherweise aus einer bestimmten Zelle des Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. . 619 16- oder 32zelligen Stadiums hervorgeht, obgleich es mir nicht gelungen ist, dies völlig genau festzustellen. Sollte diese Annahme der Wirklich- keit entsprechen, so würden wir bei Isotoma cinerea eine ebenso früh- zeitige Sonderung der Genitalanlage vor uns haben, wie die kürzlich von Hasper bei Chironomus (1911) beschriebene. — Die Vergleichung der früheren Angaben über die Entwicklung der Collembola mit der Embryologie unsrer Isotoma endlich gestattet es uns anzunehmen, daß bei einigen andern Vertretern dieser Ordnung eine ebenso früh- zeitige Absonderung der Genitalanlage stattfindet, wie bei dieser Form. Die Collembola schließen in dieser Hinsicht die Reihe ähnlicher Fälle in andern Gruppen und man kann jetzt mit vollem Rechte behaup- ten, daß es nicht eine einzige größere Ordnung von Insekten mehr gibt, in welcher nicht wenigstens ein oder mehrere Fälle einer Ab- sonderung der Genitalzellen vor der Differenzierung der Keimblätter und unabhängig von diesen bekannt wären. — In dieser Frage entbehren die negativen Befunde, mehr als irgendwo anders, irgendwelcher Be- deutung: sind bei dem Embryo irgendeines Insektes Genitalzellen erst nach erfolgter Bildung der Somiten bemerkt worden, so wird man, gestützt auf eine Reihe entgegengesetzter positiver Befunde, viel eher annehmen können, daß entweder der betreffende Autor diese Zellen auf früheren Entwicklungsstadien nicht beachtet hat, oder aber daß diese Zellen um diese Zeit noch nicht von den übrigen Zellen zu unter- scheiden sind. Beide Annahmen sind durchaus zulässig: man braucht sich nur daran zu erinnern, welch große Rolle bisweilen diese oder jene Methode der Fixierung und Färbung spielt, ohne welche gewisse Einzel- heiten des Baues ganz unbemerkt bleiben, um die erstere Annahme selbst für die Arbeiten der hervorragendsten Autoren für durchaus möglich anzusehen. Was nun die zweite Annahme betrifft, so sind angesichts des Vorhandenseins morphologisch nicht zu unterscheidender »physiologischer« Arten, Fälle einer völligen äußerlichen Übereinstim- mung bereits differenzierter Genitalzellen mit den sie umgebenden somatischen Zellen gewiss mehr als möglich. Gegenwärtig sind wir, wie mir scheint, durchaus in der Lage, die Frage über die Herkunft der Genitalzellen bei den Insekten in folgender Weise zu formulieren: als Regel für alle Insekten gilt eine Son- derung der Genitalzellen noch vor der Differenzierung der Keimblätter aus den Zellen des Blastoderms,^" bisweilen sogar aus bestimmten Furchungszellen; in einigen Fällen werden die wahrscheinlich bereits zuvor differenzierten 620 Jur. Philiptschenko, Genitalzellen erst in den Wandungen der Somiten be- merkbar. Höchstwahrscheinlich wird sich diese Formulierung indessen nicht nur auf alle Insekten, sondern auch noch auf andre Klassen der Arthro- poden anwenden lassen. Es mag hier auf zahlreiche diesbezügliche, die Crustaceen betreffende Angaben hingewiesen sein, und zwar auf die Beobachtungen von Grobben (1879), Schimkewitsch und Peda- schenko (1893, zitiert nach Schimkewitsch), J. Wagner (1896), Hacker (1897) und Pedaschenko (1899), welche Vertreter der ver- schiedensten Ordnungen dieser Klasse zum Gegenstande haben. Für die Arachnoideen liegen ganz analoge Angaben vor, und zwar bezüglich der Phalangiden [Faussek (1891) und eine Berichtigung dieser Be- obachtungen von Schimkewitsch (1898)], des Scorpiones [Brauer (1894)] und Solpuga [Heymons (1905)]; es mag hier auch auf die interessanten Betrachtungen von Schimkewitsch (1906) bezüglich der Bedeutung des Cumulus primitivus bei den Spinnen hingewiesen werden. Eine frühzeitige Sonderung der Genitalanlage ist endlich auch bei einem Vertreter der Myriopoda sehr wahrscheinlich, und zwar für Scolopendra, nach den Beobachtungen von Heymons (1901). Gar keine diesbezüglichen Angaben liegen für die Onychophora vor, deren Entwicklung, trotz einer recht beträchtlichen Menge von Arbeiten, noch nicht erschöpfend aufgeklärt ist. Eine frühzeitige und von den Keimblättern unabhängige Sonderung der Genitalanlage bildet demnach die Regel nicht nur für alle Insekten, sondern wohl auch für alle Arthropoden überhaupt, und wir haben diese Erscheinung als eine primäre anzusehen, worauf unter andern auch schon Heymons (1895), J. Wagner (1896) und Pedaschenko (1899) hingewiesen haben. Eine Besprechung der Frage nach der Entwicklung der Genital- zellen in andern Typen des Tierreiches geht über die Grenzen der vor- liegenden Arbeit hinaus, doch kann ich trotzdem nicht umhin darauf hinzuweisen, daß eine Verbreitung unsrer Auffassung auf sämtliche Metazoa mir am wahrscheinlichsten und als am besten mit allem dem in Übereinstimmung erscheint, was uns überhaupt über die Genital- zellen und deren Beziehungen zu den somatischen Zellen bekannt ge- worden ist. Allerdings sind in andern Typen viel weniger derartige Fälle bekannt [ich führe hier keine Aufzählung derselben an, da eine Zusammenstellung der diese Frage berührenden Angaben in der zweiten Auflage des Lehrbuches von Korschelt und Heider (1902) enthalten ist], doch ist dabei Folgendes zu berücksichtigen. Erstens sind diese Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 621 Fälle über das gesamte Tierreich zerstreut, indem sie bei so weit von- einander stehenden Tieren angetroffen werden, wie Sagitta, Ascaris, den Teleostei und Selachia, den Mollusca und augenscheinlich auch bei den Coelenterata. Zweitens bedarf diese Frage in Bezug auf eine ganze Reihe von Formen, über deren Entwicklung wir nur Arbeiten besitzen, die um 20 — 30 Jahre zurückliegen, unbedingt einer erneuten Untersuchung. Daß eine solche, mit Hilfe neuerer Methoden ausgeführte Nachprüfung älterer Befunde sehr wichtige Resultate er- geben kann, ersieht man aus dem Vergleiche dessen, wie viele Fälle einer frühzeitigen Sonderung der Genitalanlage bei den Insekten bis zu dem Jahre 1895 bekannt waren, und wie viele wir deren jetzt kennen. Wir haben uns hier eingehender mit dieser Frage beschäftigt, ob- gleich die Auffassung von der primären Natur einer frühzeitigen Son- derling der Genitalanlage schon recht viele Anhänger zählt, und zwar zum Teile aus dem Grunde, weil Erwiderungen gegen diese An- schauung gerade in einigen Arbeiten über die Embryologie der Arthro- poden ausgesprochen wurden. Diese Erwiderungen erfordern eine etwas eingehendere Besprechung. Wir haben bereits bemerkt, daß Heymons in seiner Arbeit über die embryonale Entwicklung der Dermaptera und Orthoptera (1895) die Theorie von der Unabhängigkeit der Genitalzellen von. den Keimblättern sowohl für die Insekten wie auch für das gesamte Tier- reich aufrecht erhalten will. In seinen späteren Arbeiten teilt er eine Reihe neuer Beispiele ähnlicher Art mit, allein in einer seiner letzten Arbeiten scheint er meiner Ansicht nach seine Auffassung wiederum schroff zu ändern, indem er schreibt: »Es unterliegt keinem Zweifel, daß es bei den letztgenannten Insekten« (mit frühzeitiger Sonderung der Genitalanlage) »wohl erst sekundär zu einer solchen Beschleunigung in der deutlichen Absonderung und Differenzierung der Fortpflanzungs- zellen gekommen sein wird, denn die Verlegung der Genitalzellen- bildung in die frühesten Stadien des Embryonallebens hinein, kann unmöglich als eine ursprüngliche Eigenschaft aufgefaßt werden.« (1901, S. 186). — Mir ist die Ursache dieses neuen Gesichtspunktes des Autors um so weniger verständlich, als derselbe bei den Embryonen der gleichen Scolopendra, auf welche sich diese Arbeit bezieht, das Vorhandensein eines besonderen Zellhäufchens am hinteren Ende der Keimscheibe für sehr wahrscheinlich hält, dessen Elemente sich zur Zeit der Keimblätter- bildung differenzieren und die Rolle von »Trägern des Keimplasmas« spielen, »welches .... bei den Eiern aller oder doch wenigstens der 622 Jur. Philiptschenko, Mehrzahl der Arthropoden am vegetativen Eipole oder dem Hinterende der Keimanlage gelegen ist« (S. 187). In der schon mehrfach angeführten Arbeit von Hirschler über die Entwicklung von Donacia (1909b) treffen wir ebenfalls die Auf- fassung, daß die frühe Absonderung der Genitalzellen wie bei dieser Form, so auch bei andern Insekten eine sekundäre Erscheinung dar- stelle. Der Verfasser hält dieselbe für eine Neubildung in der Klasse der Insekten, da sie bei den Onychophora, Myriopoda und Aptery- gota fehlt. — Letztere Behauptung beruht indessen offenbar auf Irrtum, indem schon lange vor dem Erscheinen der HiRSCHLERschen Arbeit diesbezügliche Beobachtungen von Heymons über Scolopendra und Lepisma vorlagen. Darauf, daß die Apterygota viel mehr durch frühe Absonderung der Genitalanlage charakterisiert sind, als durch die Abwesenheit dieser Eigenschaft, ist schon oben hingewiesen worden. Von Myriopoden ist einstweilen nur Scolopendra in embryologischer Hinsicht mit genügender Vollständigkeit untersucht worden; dagegen sind neue Untersuchungen über die Entwicklung der Onychophora ebenfalls im höchsten Maße erwünscht, wobei zu bemerken ist, daß, falls diese Erscheinung bei ihnen auch nicht festgestellt werden sollte, dieses negative Ergebnis trotzdem nicht zu Ungunsten unsres Gesichts- punktes sprechen würde. Auf einen recht interessanten Standpunkt in bezug auf die frühe Sonderung der Genitalzellen hat sich Schimke witsch gestellt, welchen er schon im Jahre 1896 erstmals eingenommen und in seiner Arbeit über die Entwicklung von Telyphonus (1906) eingehender entwickelt hat. Nach der Auffassung dieses Autors hat man alle derartigen Fälle als einen Übergang zu der teloblastischen Anlage der Genitalorgane an- zusehen: »berücksichtigt man jedoch die Fälle von noch frühzeitigerer Differenzierung der Genitalanlage, so kann man diese als Anzeichen einer teloblastischen Anlage der Genitalanlage betrachten« (S. 15 des Separatabdruckes). — Dieser Auffassung haben sich auch die Anhänger der Genitocöltheorie — E. Meyer (1901) und Lang (1903) — ange- schlossen. Einige Fälle frühzeitiger Sonderung der Genitalzellen bei den Insekten, so z. B. bei den Diptera, in Gestalt einiger Polzellen am hinteren Eiende, erinnern in der Tat an die Entwicklung mit Hilfe von Teloblasten. Allein auf andre Fälle der gleichen Art läßt sich diese Auffassung nur schwer ungezwungen anwenden: ich will hier zum Beispiel auf Forficula und die Orthopteren hinweisen, bei denen die gleichzeitige Versenkung eines ganzen Häufchens von Zellen in den Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 623 Dotter mit Hilfe der Genitalgrube statt hat. Ferner auf überein- stimmende Verhältnisse bei den Embryonen der Schmetterlinge nach Schwangart (1905), endlich auf die mehrzellige Genitalanlage bei unsrer Isotoma. Ebenso verhält sich die Sache nach Brauer auch bei dem Scorpione und, wenn die Betrachtungen von Schimke witsch über den Cumulus richtig sind, auch bei den Spinnen. Allerdings ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, ja es ist vielleicht sogar wahrscheinlicher, daß in allen solchen Fällen eine derartige mehr- zellige Anlage von einer bestimmten Zelle irgendeines Furchungs- stadiums abstammt, und vielleicht sogar schon in einem bestimmten Teile des Eies lokalisiert ist. Allein eine solche Entwicklung kann als determinativ, in keiner Weise aber als teloblastisch bezeichnet werden : diese beiden Begriffe stimmen natürlich nicht miteinander überein und sind keine Synonyme. — Die Determination der Genitalanlage hindert uns in keiner Weise daran, deren frühe Absonderung als eine primäre Erscheinung anzusehen, da nach den Arbeiten der letzten Jahre, die Annahme meiner Ansicht nach wohl kaum mehr möglich ist, daß die mosaikartige Entwicklung, gleich der teloblastischen, zum Zwecke einer Beschleunigung der Entwicklung entstanden sei und einen se- kundären Charakter trage. Gegenwärtig wird man sich eher der direkt entgegengesetzten Auffassung anschließen können. Was jene Fälle betrifft, wo bei einer frühzeitigen Absonderung der Genitalanlage ihre Entwicklung an die teloblastische Entwicklungs- weise erimiert, so wird die Annahme richtiger sein, daß letztere sich hier aus der noch zuvor stattgehabten, ebenfalls frühen Sonderung dieser Anlage herausgebildet hat. Zugunsten einer derartigen Auf- fassung kann ich auf eine andre, übereinstimmende Erscheinung in der Entwicklung der Insekten hinweisen, und zwar auf die Bildung ihres Nervensystems nach der teloblastischen Entwicklungsweise aus Neuroblasten. Wheeler (1893) war bestrebt eine Homologie zwischen diesen letzteren und den Neuroteloblasten der Oligochaeta und Hirudinea durchzuführen, allein Heymons (1895) bewies die völlige Unannehmbarkeit eines solchen Gesichtspunktes und stellte fest, daß im gegebenen Falle nur von zwei analogen Fällen die Rede sein kann. Ebenso wie die teloblastische Anlage des Nervensystemes bei den In- sekten rein sekundär und zwar zweifellos später als die übrigen, für die Insekten und andern Arthropoden gemeinsamen Eigentümlichkeiten ihrer Entwicklung und unabhängig von ihnen entstanden ist, so sind auch die Polzellen der Dipteren und die ihnen ähnlichen Genitaltelo- blasten der übrigen Arthropoden unabhängig voneinander und bereits 624 Ju1-' Philiptschenko, nach der allen Arthropoden gemeinsamen frühzeitigen Absonderung der Genitalanlage entstanden. Was nun die Beziehungen dieser Erscheinung zu der Genitocöl- theorie betrif f t, so wollen wir uns hier nicht bei dieser Frage aufhalten ; letztere Theorie erscheint mir nur als eine Hypothese, die frühzeitige Absonderung der Genitalanlage dagegen ist eine Tatsache, und die Auslegung ihrer Bedeutung kann naturgemäß nicht in Abhängigkeit von irgendeiner Hypothese gebracht werden. — Die Anerkennung der Unabhängigkeit der Genitalzellen selbst von den primären Keimblättern (wie dies unter andern auch Korschelt und Heider in der zweiten Auflage ihres Lehrbuches getan haben) scheint mir gegenwärtig durch die vorliegenden Beobachtungen durchaus begründet zu sein. . 2. Die Bedeutung der Dotterzellen bei den Arthropoden. Als wir oben über die Entwicklung des Mitteldarmes sprachen, haben wir auch die Auffassung der Dotterzellen als Entoderm berührt. Diese früher allgemein anerkannte, dann eine Zeitlang fast verlassene und hierauf in der von Heymons aufgestellten Theorie von neuem aufgenommene Auffassung kann gegenwärtig in bezug auf die Insekten nicht mehr aufrecht erhalten werden. Das primäre Entoderm dieser letzteren ist das untere Blatt und der Mitteldarm entsteht überall nicht aus den Dotterzellen, sondern aus den Elementen dieses unteren Blattes. — Unsre Beobachtungen über Isotoma cinerea bieten insofern Interesse, als durch sie eine gleiche Entstehung des Mitteldarmes auch für die Apterygota nachgewiesen wird, welche bis dahin als wichtigstes Bollwerk für die HeymonsscIic Theorie gegolten hatten. » . . . Für die Gruppe der Insekten durch die Untersuchungen an Lepisma saccharina zum erstenmal mit Sicherheit und Bestimmtheit das Entoderm als solches nachgewiesen worden ist« schreibt dieser Autor in seiner Arbeit über die Entwicklung von Scolopendra (1901, S. 202). Oben haben wir gesehen, daß dieser Gesichtspunkt kaum auf Richtigkeit Anspruch machen kann. Allerdings besitzen wir bezüglich der Embryologie der Pterygota mehrere neuere Untersuchungen, durch welche die Annahme einer Teilnahme der Dotterzellen an dem Aufbau des Mesenteron bestätigt wird: hierher gehören die Arbeiten von Tschuproff (1903), Dickel (1904) und Schwangart (1904, 1905). Allein der erste dieser Autoren beschreibt gleichzeitig auch eine Entstehung des vorderen und hinteren Mitteldarmdrittels in Gestalt von Auswüchsen des Storno- und Procto- däum und dieser Umstand veranlaßt uns allen Beobachtungen desselben Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 625 mit gewissem Zweifel gegenüberzutreten, indem alle derartigen Fälle nimmehr als auf Irrtümern begründet angesehen werden können. Dickel und Schwangart, welche die Dotterzellen als Entoderm ansehen, stützen sich hauptsächlich auf indirekte Angaben, nicht aber auf direkte Beobachtungen, ferner auch auf theoretische Betrachtungen. So weist Schwangart dabei auf den Umstand hin, daß er alle Übergänge von den Darm bildenden »blasigen Zellen« zu echten Dotterzellen beobachtet hat, was ihn zu der Annahme veranlaßt, daß auch letztere an der Bildung des Mesenteron teilnehmen. Das Vorhandensein solcher Über- gänge ist von Hirschler (1906) nicht bestätigt worden, allein wenn solche auch existieren, so lassen sie sich natürlich viel leichter durch die Entstehung eines Teiles der Dotterelemente auf Kosten der »blasigen Zellen« erklären, und von hier bis zur Auffassung der Dotterzellen als Entoderm ist noch ein weiter Weg. — Überhaupt muß daraufhingewie- sen werden, daß sich in den Arbeiten von Dickel und Schwangart ein allzugroßer Einfluß der Cölomtheorie bemerkbar macht, wodurch diese Autoren sich denn auch veranlaßt fühlten, eine so sonderbare Bildung, wie den »dorsalen Blastoporus« zu beschreiben, welcher sich später nach den Beobachtungen von Hirschler (1909a u. b) einfach als Kudiment des Dorsalorgans der Collembola und andrer Arthro- poden erwiesen hat. — Man wird sich daher jetzt mit den Worten von Nusbaum und Fulinski einverstanden erklären müssen, welche in ihrer letzten Arbeit folgendes schreiben : »Die Vitellophagen der Insekten als Entoderm zu bezeichnen, halten wir für ganz unberechtigt« (1909, S. 347), und die Beobachtungen über die Entwicklung von Isotoma sind nur dazu angetan diesen Gesichtspunkt zu bestätigen. Es war ferner oben schon davon die Rede, daß auch für die My- riopoda und Arachnoidea eine Teilnahme der Dotterzellen an der Mitteldarmbildung nunmehr als ganz ausgeschlossen angesehen werden muß, da dieselben auch bei diesen Arthropoden nach neueren Beob- achtungen, wie bei den Insekten, aus Elementen des unteren Blattes hervorgehen. Eine ziemlich beträchtliche Anzahl von Angaben über eine Bildung des Mitteldarmes aus Dotterzellen liegt gegenwärtig für die Crustaceen vor [vgl. die gute Zusammenfassung in der zweiten Ausgabe des Lehr- buches von Korschelt und Heider (1910)]. Allein es fällt hierbei auf, daß die Zahl solcher Angaben in älteren Arbeiten zunimmt, in allen neueren dagegen, wo die Entstehung des Darmes schon in andrer Weise beschrieben wird, merklich abnimmt; dieser Umstand spricht stark zu Gunsten der Annahme, daß wir auch bei den Crustacea ß26 Jur> Philiptschenko, nach erneuter Untersuchung aller dieser Verhältnisse, wie bei den In- sekten, gezwungen sein werden, uns von der alten Auffassung, wonach die Vitellophagen den Mitteldarm entstehen lassen, loszusagen. Wenig- stens hält es Nusbaum, indem er sich in dem oben angeführten Citat davon enthält, in den Dotterzellen der Insekten deren Entoderm zu er- blicken, schon jetzt für möglich, dies damit zu begründen, daß »auch bei sehr vielen Crustaceen außer den gut ausgesprochenen Entoderm- und Mesodermelementen undifferenzierte und zugrunde gehende Vitellopha- gen im Dotter hervortreten«. Wir wollen schließlich noch bemerken, daß auch bei den Onychophora die früheren Autoren in den Dotterzellen Entoderm erblickt haben, während in einer neueren Arbeit Evans (1902) bereits von einem selbständigen Entoderm spricht, aus dem später Vitellophagen hervorgehen [welche nach seinen Beobachtungen immerhin an der Mitteldarmbildung teilnehmen, worüber Heider (1910) schon Zweifel ausgesprochen hat]. Mit einem Worte, die uns jetzt vorliegenden Angaben sprechen stark zugunsten der Annahme, daß die Dotterzellen nicht nur bei den Insekten, Myriopoden und Spinnen (wo dies als völlig erwiesen ange- sehen werden kann), sondern wahrscheinlich bei allen Arthropoden keinerlei Anteil an dem Aufbau des Mitteldarmes nehmen und dem- nach kein Entoderm darstellen. Nachdem wir dies anerkannt haben, werden wir nunmehr feststellen müssen, was denn diese Elemente eigentlich darstellen. Die Auffassung der Dotterzellen als Entoderm war hauptsächlich Dank dem Bestreben entstanden, bei den Insekten eine typische zwei- schichtige Gastrula nachzuweisen, als deren Ectoderm das Blastodeim und als deren Entoderm der Dotter angesehen wurde. Selbst Hey- mons (1901) geht zur Verbildlichung seiner Ansicht von der emboli- schen Gastrula der Anneliden aus und gibt ein ganzes Schema für die Verwandlung ihrer Macromeren und eines Teiles der Micromeren in Dotterzellen usw. Mir scheint es, daß derartige phylogenetische Spekulationen im Gebiete der Embryologie nur sehr wenig Nutzen bringen; wenn wir auch die Abstammung einer Tiergruppe von einer andern für sehr wahrscheinlich ansehen können, so folgt doch hieraus keinesfalls, daß man die Ontogenie dieser ersteren direkt von der Ontogenie ihrer Vorfahren ableiten kann. Die Abstammung der In- sekten und der Arthropoden überhaupt von annelidenähnlichen Vor- fahren ist im speziellen durchaus wahrscheinlich, allein woher wissen wir, ob letztere eine ebensolche Gastrula besessen haben, wie die jetzt lebenden Anneliden usw. Das Ergebnis derartiger »Phylogenien der Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 627 Ontogenien« sind denn auch solche Begriffe wie »doppelte Gastru- lation«, »dorsaler Blastoporus« u. a. m., deren Nutzen für die Em- bryologie mehr als zweifelhaft erscheint. — Indessen besitzen wir ganz unanfechtbare Angaben für die Feststellung der Herkunft und Bedeutung der Dotterzellen, deren Besprechung wir uns nunmehr zu- wenden wollen. Die Anwesenheit von Vitellophagen bei den Insekten steht zweifel- los im Zusammenhange mit dem Reichtum ihrer Eier an Dotter, sowie mit der bei ihnen vorhandenen superfiziellen Furchimg. Die Ent- stehung dieser letzteren aus der totalen kann ebenfalls keinem Zweifel unterliegen, da eine Reihe von Formen vorliegt, bei denen die Furchung anfangs eine totale ist, sodann aber eine superfizielle wird: diese Fälle sind besonders gut dazu geeignet, die Bedeutung der Dotterzellen aufzuklären. — Gerade dieser Fall ist es, welcher bei den meisten Collembola vorliegt, darunter auch bei unsrer Isotoma. Aus der Be- schreibung ihrer Furchimg haben wir bereits ersehen, daß zuerst eine kompakte Morula entsteht, worauf eine Auswanderung der plasma- tischen Massen, d. h. der Furchungszellen, nach der Eioberfläche be- ginnt, während ein Teil derselben im Dotter verbleibt und sich in Vitellophagen verwandelt (Taf. X). Diese letzteren sind demnach einfach die im Dotter nachgebliebenen Blastomeren, welche späterhin nicht, wie die an die Oberfläche getretenen, an dem Aufbau des Embryo- körpers teilnehmen, sondern nur zur Resorption des Dotters dienen. Für die Annahme, daß im Dotter nur die zukünftigen Entoderm- elemente zurückbleiben, liegen nicht die geringsten Angaben vor, um so mehr als die Differenzierung der Keimblätter erst viel später eintritt und vor diesem Zeitpunkt keinerlei Unterschied zwischen den Blastomeren zu bemerken ist. Es scheint mir, als finde hier eine vollständige Wiederholung der Phylogenie durch die Ontogenie statt: bei den Vorfahren der recenten Arthropoden war die Furchimg eine totale, als aber ihre Eier reicher an Dotter wurden, begann dieselbe in ihren letzten Stadien (wie noch jetzt bei den Collembola und vielen andern) in eine superfizielle Furchimg überzugehen und verwandelte sich endlich in eine typisch superfizielle. Dabei mußten die Furchungszellen schon aus dem Dotter an die Eioberfläche herauswandern, um den Körper des Embryos an derselben zu bilden, gleichzeitig mußte aber auch im Dotter eine ge- wisse Anzahl von zelligen Elementen zurückbleiben, um denselben zu resorbieren. Letztere Bedingung wurde auf die Weise erfüllt, daß ein Teil der Blastomeren gleichsam im Dotter stecken blieb und gar 628 Jur. Philiptschenko, nicht an die Eioberfläche wanderte, sondern sich in Vitellophagen ver- wandelte. — Von diesem Gesichtspunkte aus betrachtet, welcher mir der einfachste und daher auch der wahrscheinlichste zu sein scheint, erscheinen die Dotterzellen, sowohl während der Ontogenie als auch in phylogenetischer Hinsicht, einfach im Dotter stecken gebliebene Blastomeren darzustellen: da dieses vor der Differenzierung der Keim- blätter vor sich geht, wo noch kein Unterschied zwischen den Fur- chimgsprodukten besteht, so ist es ganz unrichtig, die Dotterzellen mit irgendeinem der Keimblätter in Verbindung zu bringen oder Ento- derm in ihnen zu erblicken. Cholodkovsky (1891) hatte die Dotter- zellen schon längst als Parablast bezeichnet, indem er unter dieser Bezeichnung die Produkte der Furchung verstand, welche in keines der Blätter übergehen; dieser Ansicht wird man sich auch jetzt noch voll und ganz anschließen können. Dieses ist die morphologische Bedeutung der Vitellophagen; was deren physiologische Bedeutung betrifft, so hatte dieselbe zu keiner Zeit besondere Bedenken hervorgerufen. Es wurden allerdings Ver- suche unternommen, in ihnen ein »Schutzgerüst« des Embryos zu erblicken (Noak), allein die meisten Autoren sind jedenfalls der An- sicht, daß diese Zellen vorzugsweise eine Kolle in dem Prozesse der Assimilation des Dotters spielen, d. h. daß sie embryonale Trophocyten darstellen, wie Heymons sie in sehr treffender Weise genannt hat. Wir haben nunmehr nur noch einige Worte darüber zu sagen, welche Entstehungsweise der Dotterzellen als die ursprüngliche an- zusehen ist. Bekanntlich werden die Dotterzellen bei einigen Insekten, wie bei unsrer Isotoma, nur aus den im Dotter verbliebenen Furchungs- zellen gebildet, allein viel häufiger wird die Zahl außerdem noch durch Lostrennung neuer Elemente vom Blastoderm ergänzt; bei sehr wenigen Formen endlich (wie z. B. bei Campodea, Gryllotalpa u. a.) treten alle Furchungsprodukte an die Oberfläche hervor und der Dotter enthält eine Zeitlang keinerlei zellige Elemente, worauf alle Dotterzellen durch Abspaltung vom Blastoderm gebildet werden. Als primäre Erschei- nung kann natürlich entweder diese letztere Bildungsweise gelten, oder aber die erstere, welche bei Isotoma cinerea statthat; der am weitesten verbreitete Fall — die Entstehung der Vitellophagen sowohl aus im Dotter zurückgebliebenen Blastomeren, wie auch aus dem Blastoderm, — bildet jedenfalls den Übergang von dem einen dieser äußersten Typen (dem primären) zum andern (dem secundären). Lange Zeit hindurch wurden diejenigen Verhältnisse für die ur- sprünglicheren gehalten, welche bei Campodea und Gryllotalpa statt Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. b29 haben, d. h. die ausschließliche Bildung der Dotterzellen auf Kosten des Blastoderms. Diese Auffassung hatte sowohl in dem Lehrbuche von Korschelt und Heider, wie auch in den Arbeiten vieler späteren Autoren Aufnahme gefunden; die gleiche Auffassung vertrat auch Heymons (1895) in seiner Arbeit über die Entwicklung der Derma - ptera und Orthoptera. In seiner späteren Arbeit über die Ent- wicklung von Sooh'pendra ändert er indessen seine Meinung und ist der Ansicht, daß die Entfernung nicht aller, sondern nur eines Teiles der Blastomeren aus dem Dotter an die Oberfläche das ursprünglichere Verhalten darstelle: »der ursprüngliche Entwicklungstypus«, schreibt dieser Autor, »besteht vermutlich darin, daß der Dotter bereits bei den ersten Teilungen abgefurcht wurde, daß die Dottersubstanz nicht intercellulär, sondern intracellulär verblieb, und daß mithin die Seg- mentation eine totale war« (1911, S. 22). Ich schließe mich dem von Heymons aufgestellten Gesichtspunkte voll und ganz an. Hält man in der Tat die Dotterzellen für Entoderm, so ist deren Entstehung ein Gastrulationsprozeß, und dann stellen diejenigen Fälle, wo sich sämtliche Dotterzellen vom Blastoderm ab- ablösen, eine ursprünglichere Erscheinung dar. In dieser Hinsicht begeht Heymons immerhin eine kleine Inkonsequenz, indem er die Vitellophagen für Entoderm ansieht und deren Abspaltung von dem Blastoderm keinen primären Charakter beimessen will. Sieht man indessen von dieser jetzt unbegründeten Ansicht ab, so erkennt man deutlich, daß Heymons vollständig recht hat, und daß man gerade diejenige Erscheinung für den primitiveren Fall ansehen muß, wo nicht alle Blastomeren an die Oberfläche treten, sondern ein Teil derselben in dem Dotter zurückbleibt und sich in Vitellophagen verwandelt. Die Entstehung der superfiziellen Furchung aus der totalen muß, dank dem Vorhandensein einer ganzen Reihe von Übergängen zwischen beiden, als eine außer allem Zweifel stehende Tatsache angesehen werden. Diese Tatsache hat uns bereits zu der Erkenntnis geführt, daß die Dotterzellen phylogenetisch so entstanden sind, wie sie jetzt beständig während der Ontogenie entstehen, und zwar aus im Dotter zurück- gebliebenen Furchungsprodukten. Die Loslösung der Vitellophagen von dem Blastoderm dabei als die primäre Erscheinung anzusehen,ist ganz unmöglich, da dies sowohl unsrer Auffassung von der Entstehung der Dotterzellen wie auch sogar der noch wesentlicheren Voraussetzung einer Entstehung der superfiziellen Furchung aus der totalen, direkt widersprechen würde. Man würde natürlich noch zugeben können, daß bei dem Über- 630 Jui'- Philiptschenko, gange von der totalen zu der superfiziellen Furchung ursprünglich alle Blastomeren an die Oberfläche traten, worauf ein Teil derselben wieder- um in den Dotter zurückkehrte. Allein dem widersprechen solche Fälle von Übergangsfurchungen, wie wir sie bei den Collembola, Myriopoda, Arachniden usw. kennen; vor allem aber ist diese Vor- aussetzung an und für sich wenig wahrscheinlich, da bei dem Vorhanden- sein einer totalen Furchung eine Bereicherung der Eier an Dotter un- weigerlich dazu führen muß, daß ein Teil der Blastomeren in demselben verbleibt und in der Rolle von Vitellophagen funktioniert. Mit einem Worte, mir scheint, daß ihre physiologische Funktion als solche erst später entstanden ist, und daß der erste Anstoß zu ihrer Differenzierung bei dem Embryo der Umstand gewesen ist, daß ein Teil der Blasto- meren einfach in dem Dotter stecken blieb. Alles oben Gesagte zusammenfassend sind wir der Ansicht, daß die Dotterzellen der Insekten und andrer Arthropoden durchaus nicht deren Entoderm darstellen und überhaupt in keinerlei Beziehung zu den Keimblättern stehen; es sind dies einfach im Dotter zurückbleibende Furchungs- produkte, welche zu dessen Resorption dienen und an dem Aufbau des Embryokörpers keinen Anteil nehmen; ihre Entstehung aus im Dotter zurückbleibenden Furchungs- zellen während der Ontogenese muß als die ursprünglichere Erscheinung angesehen werden. 3. Die Keimblätter der Insekten. Unser Gesichtspunkt bezüglich der Dotterzellen führt uns auch zu einer durchaus bestimmten Ansicht darüber, als was man das be- reits mit Blastoderm bedeckte und in seinem Dotter Dotterzellen enthaltende Ei (Fig. 14) aufzufassen hat. Bilden diese letzteren, wie auch die Genitalanlage, nicht einen Teil eines der Keimblätter, so repräsentiert dieses Stadium das Blastulastadium oder das Periblastula- stadium, wie Haeckel es genannt hatte. Von dem Gesichtspunkte Heymons' und seiner Anhänger aus betrachtet, entspricht dieses Stadium dagegen der Gastrula andrer Formen; dieselbe Auffassung hiervon hat auch Hieschler (1909b), welcher sogar vorschlägt, die Namen Blastoderm und Dotterzellen durch Ectoderm und Entoderm zu ersetzen. Unsre Ansicht von den Dotterzellen schließt jede Mög- lichkeit für uns aus, dieser Auffassung beizutreten. Der Prozeß, welcher der Gastrulation andrer Formen, d. h. der Bildung des unteren (von Heymons nur als Mesoderm angesehenen) Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 631 Blattes entspricht, tritt etwas später ein. Wir haben bereits gesehen, daß bei Isotoma cinerea dessen Sonderung von dem Ectoderm in etwas andrer Weise vor sich geht, als bei den andern Insekten, d. h. nicht mit Hilfe der Primitivrinne, sondern durch multipolare Immigration unter- halb der gesamten Eioberf lache (Fig. 14, 15, 16). Oben war ferner darauf hingewiesen worden, daß diese Entwicklungsweise des primären Entoderms uns als die ursprünglichere erscheint, während der Prozeß der Gastrulation mit Bildung einer Primitivrinne von ersterer abzu- leiten ist. Zugunsten dieser Annahme spricht vor allem eine allgemeine Be- trachtung, und zwar die, daß ich mich der Ansicht von Metschnikoff (1886) vollkommen anschließe, wonach die multipolare Immigration die ursprünglichste Absonderungsweise des Entoderms darstellt, während die Invagination und andre Gastrulationsweisen von ihr entstanden sind. In bezug auf die Insekten wurde schon von Heymons (1895) der Gedanke ausgesprochen, daß der Gastrulation mit Bildung einer Primitivrinne keine phylogenetische Bedeutung zukomme, sondern daß sie sich auf rein mechanischem Wege entwickelt habe; dabei weist dieser Autor auf die Übereinstimmung mit einer derartigen Invagination der Geschlechtsgrube und andre ähnliche Prozesse hin, wo die Einstülpung nur eine auf die Beschleunigung des Vorganges gerichtete Rolle spielt. Die diffuse Abtrennung der Zellen des unteren Blattes (des »Mesoderms«) hält auch Knower (1900) für das ur- sprüngliche Verhalten, glaubt aber gleichzeitig in der Primitivrinne eine wahre Gastrula erblicken zu können. Abgesehen von Betrachtungen rein allgemeiner Natur wird die Ursprünglichkeit der multipolaren Immigration bei den Insekten und den Tracheaten überhaupt auch schon dadurch bewiesen, daß dieses Verhalten gerade den am niederst stehenden Formen eigen ist. Außer den Collembola findet es sich auch bei Scolopendra (Heymons) und augenscheinlich auch bei Polydesmus (Lignau), d. h. bei Vertretern der beiden Hauptgruppen der Myriopoda, ferner bei Phyttodromia und Gryllotalpa (Heymons, Nusbaum und Fulinski), endlich bei Eutermes (Knower), d. h. bei Vertretern der niedersten Pterygota. — Alles dies veranlaßt uns in diesem Prozesse eine ursprüngliche Er- scheinung zu erblicken, in der Invagination dagegen (da, wo sie kein Artefakt darstellt, wie dies wohl oft der Fall gewesen ist) nur ein be- sonderes Verhalten um die Entwicklung abzukürzen, welches dazu noch wahrscheinlich unabhängig in verschiedenen Gruppen vor- gegangen ist. Zeitschrift f. wissenseh. Zoologie. CHI. Bd. 41 632 Jur- Philiptschenko, Bei allen Insekten, und demnach auch bei unsrer Isotoma, sind demnach beide primären Keimblätter — das Ectoderm und das primäre Entoderm, oder das untere Blatt, wie es hier bequemer zu bezeichnen ist, — gut ausgebildet. Weiterhin muß die Differenzierung der primären Keimblätter in die sekundären vor sich gehen — in das sekundäre Entoderm und das Mesoderm, welche denn in der Tat auch in den Ar- beiten aller Autoren figurieren. Ich habe es indessen vorgezogen diese Ausdrücke in meinen Darlegungen zu vermeiden und ohne dieselben auszukommen, indem ich es nur mit den primären Keimblättern, dem oberen und unteren Blatte, und sodann mit den Anlagen der einzelnen Organe zu tun habe, wobei letztere anfänglich zu zusammengesetzten Primitivanlagen miteinander verbunden sind, von denen eine jede mehrere Organe entstehen läßt. Der Grund, welcher mich zu diesem Verfahren veranlaßte, besteht darin, daß bei Isotoma cinerea, wie wohl auch bei vielen andern Insekten, meiner Ansicht nach keine Grenze zwischen den sekundären Blättern — dem sekundären Ento- derm und dem Mesoderm — gezogen werden kann, indem beide hier nicht voneinander zu unterscheiden sind. Betrachten wir die oben beschriebenen Verhältnisse während der Entwicklung unsrer Isotoma, so sehen wir, daß die erste Differenzierung des unteren Blattes in der Bildung der Somiten auf dem Stadium B besteht. Es kann natürlich kein Zweifel darüber obwalten, daß die Somiten das Mesoderm darstellen, ganz anders verhält es sich aber mit dem an ihrer Bildung nicht beteiligten medialen Teile des unteren Blattes. — Die Ansicht, daß letzterer nach dem Schema der Gebrüder Hertwig (1881) in drei Teile zerfällt — einen unpaaren Medianstreif en des Entoderms und zwei laterale Mesodermstreifen — besteht schon lange und hat in den Arbeiten von Nusbaum und Fulinski (1906) und Hirschler (1909b) gleichsam ihre volle Bestätigung gefunden. Dabei wird indessen außer acht gelassen, daß der unpaare mediane Abschnitt des unteren Blattes zwischen den Somiten mit gleichem Rechte als sekundäres Entoderm wie als Mesoderm angesehen werden kann, und dabei als keines derselben ausschließlich. In der Tat kann man sowohl bei Isotoma cinerea, wie auch bei vielen andern Insekten in diesem unpaaren Abschnitte drei Teile unter- scheiden: einen vorderen an dem Stomodäum und der Oberlippe, einen hinteren am Proctodäum und einen mittleren, in Gestalt des oben beschriebenen, zwischen den Somiten liegenden Stranges (»Mittel- strang« von Nusbaum und Fulinski). Auf dem Stadium F hatten wir dieselben bereits als die Anlagen des Mitteldarmes bezeichnet — die Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 633 vordere, die hintere und die mittlere oder diffuse Anlage — wobei wir indessen bemerkten, daß wir uns dieser Bezeichnungen nur zu dem Zwecke bedienten, um die Einführung neuer Namen zu vermeiden. In Wirklichkeit stellt ein jeder dieser Teile des unpaaren Abschnittes des unteren Blattes durchaus nicht eine reine oder einfache Darm- anlage dar, da er auch noch die Anlagen andrer Organe in sich enthält. So geht aus der vorderen Anhäufung außer der vorderen Anlage des Mesenteron auch noch die Muskelschicht des Stomodäum hervor, aus der hinteren Anhäufung — die hintere Anlage des Mesenteron und die Muscularis des Proctodäum, während der zwischen den Somiten ver- laufende Strang (wenigstens bei den Pterygota) nicht nur die Zellen der diffusen Mitteldarmanlage, sondern auch noch die Blutzellen ent- hält. Die Zerlegung einer jeden dieser Anlagen in ihre Bestandteile erfolgt erst auf den Stadien F und G, bis dahin aber haben wir es mit zusammengesetzten Primitivanlagen zu tun. wie sie Meisenheimer genannt hat. Ebensolche zusammengesetzte Primitivanlagen stellen natürlich auch die Somiten dar, indem dieselben sowohl die Muskeln, wie auch den Fettkörper, das Herz, sowie die Peritonealschicht des Mitteldarmes und der Gonaden hervorbringen. In letzterem Falle haben wir es in- dessen nur mit mesodermalen Gebilden zu tun, während jede der drei Anlagen des unpaaren Abschnittes des unteren Blattes sowohl meso- wie auch entodermale Gebilde aus sich hervorgehen läßt. — Der zwischen den Somiten verlaufende Mittelstrang ergibt außer dem Darmepithel auch die Blutzellen. Schwangart (1906) und Hirschler (1909 b) bringen diese Tatsache mit der neuen Hämocöltheorie von Vejdovsky (1905) in Verbindung, nach welcher bei den Arthropoden die Blutkörperchen aus dem entodermalen Vasothel hervorgegangen sind. Obgleich dieser Amiahme eine ganze Reihe von Angaben widersprechen, welche fast allen andern Formen entnommen sind, wo die Blutkörperchen gewöhnlich einen mesodermalen Ursprung besitzen, so erlaubt dieser Versuch doch immerhin, den zwischen den Somiten verlaufenden Strang auf Entoderm zurückzuführen. Allein die vordere und die hintere Anhäufung des unteren Blattes lassen wiederum nicht nur Elemente des Mesenteron, sondern auch die Muscularis des Vorder- und End- darmes aus sich hervorgehen und an dem mesodermalen Ursprünge der Muskeln bei allen Tieren kann doch wohl kein Zweifel bestehen. Indessen läßt sich bei Isotoma anfangs auf keine Weise feststellen, welche Elemente der vorderen und der hinteren Anhäufung für das Mitteldarmepithel verwendet werden, d. h. Entoderm darstellen, und 41* 634 Jur. Philiptschenko, welche auf den Aufbau der Muskulatur gehen, also zum Mesoderm ge- hören; ebenso verhält es sich, wenn man hauptsächlich auf Grund der in vielen Arbeiten enthaltenen Abbildungen urteilen will, auch bei der Entwicklung vieler andrer Insekten. Beschränkt man sich auf die in den letzten Jahren erschienenen Arbeiten, so kann ich als Beweis hierfür auf die Beobachtungen von Schwangart (1904), Hirschler (1909b) und Hammerschmidt (1910) hinweisen. Schwangart gelangt zu dem Schlüsse, daß bei Endromis im allgemeinen keine schroffe Trennung des Mesoderms von dem Entoderm vorhanden ist: in dem mittleren Abschnitte des Embryos verwandelt sich ein großer Teil der Elemente des unteren Blattes in Mesoderm, im Bereiche des »Gastrula- keil« dagegen — in Entoderm. Auf den die Entwicklung von Donacia betreffenden Zeichnungen von Hirschler läßt sich nicht der geringste Unterschied zwischen den Elementen des unteren Blattes, welche den Vorder- und Enddarm umgeben (der zukünftigen Muscularis) und den Anlagen des Mitteldarmes unterscheiden, welche an deren innere Enden anstoßen. Hammerscmidt bezeichnet bei den Phasmatidae das ganze untere Blatt als Mesoderm und läßt auch den Mitteldarm aus demselben entstehen, woher denn auch ein »Entoderm mesodermalen Ursprunges« entsteht. Mit einem Worte, bei diesen drei verschiedenen Ordnungen (Lepidoptera, Coleoptera, Orthoptera) angehörenden Formen ist das untere Blatt ebensowenig in Mesoderm und sekundäres Entoderm differenziert, wie bei Isotoma cinerea. — Ein noch innigerer Zusammenhang zwischen den entodermalen und den mesodermalen Elementen findet nach Heymons (1901) bei Scolopendra statt, wo die Entodermzellen sich gleichzeitig mit den Mesenchymzellen ablösen und dabei in keiner Weise voneinander zu unterscheiden sind. Alle diese Tatsachen lassen mich zur Überzeugung gelangen, daß bei vielen Insekten (wie auch wahrscheinlich bei andern Arthropoden) die beiden sekundären Keimblätter so wenig voneinander differenziert sind, daß sie sich nur in künstlicher Weise von einander unterscheiden lassen. Dabei zerfällt das untere Blatt während seiner Entwicklung in solche Anlagen, welche Organe entstehen lassen, die bei andern Formen zum Teil aus dem Mesoderm und zum Teil aus dem Entoderm hervor- gehen. Ist dem aber wirklich so, dann wäre es viel natürlicher, bei der Beschreibung der Entwicklung von Insekten nur von den zwei primären Keimblättern — ■ dem Ectoderm und dem unteren Blatte zu sprechen und dann bei der Differenzierung dieses letzteren einfach nur zusammengesetzte Primitivanlagen zu unterscheiden. Solche An- lagen sind erstens die Somiten, dann die unpaare vordere und hintere Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 635 Anhäufung von Elementen des unteren Blattes, endlich der zwischen den Somiten liegende Strang. Im Laufe der weiteren Entwicklung zerfällt eine jede dieser zusammengesetzten Primitivanlagen in die ein- fachen Anlagen der einzelnen Organe. Unter den Insekten gibt es Formen, bei denen nach der Beschrei- bung verschiedener Autoren das Mesoderm und das Entoderm unab- hängig von einander angelegt werden (ein Verhalten, welches man wohl kaum als ursprünglich ansehen kann, indem die Differenzierung zuvor in zwei primäre, und dann erst in sekundäre Keimblätter die allgemeine Regel bildet). Zu solchen Formen gehören Chalicodoma [Caeeieee und Bürgee (1897)], gewisse Museiden [Escheeich (1900), Noak (1901)], Phyllodromia [Nusbaum und Fulinski (1906)]. In solchen Fällen wird man natürlich auch von sekundären Blättern sprechen können, obgleich auch hier (wenigstens ist dies bei Phyllo- dromia der Fall) der »entodermale« mittlere Strang auch die Blut- elemente hervorgehen läßt. Wie dem nun auch sein mag, so sind doch das Mesoderm und das sekundäre Entoderm bei Isotoma cinerea und wohl auch bei vielen andern Insekten so sehr untereinander vermischt, daß es viel bequemer ist, in dem unteren Blatt nur die Primitivanlagen zu unterscheiden. Ich leugne übrigens durchaus nicht die Möglichkeit, auch hier von sekundären Blättern zu sprechen, muß dies aber als ein rein künst- liches Verfahren ansehen, welches speziell der Theorie der Keimblätter angepaßt ist. Die Keimblätter erweisen sich wie eine jede weitausgreifende Ver- allgemeinerung, nur solange als nützlich, so lange die Summe der von uns beobachteten Erscheinungen auf Grund dieser Theorie eine allge- meinere und umfassendere Beleuchtung erfährt; ist dieses aber nicht der Fall, so kann eine solche Theorie nur zu Irrtümern und zu offenbar voreingenommenen Deutungen führen. Die auf die Embryologie der Insekten bezügliche Literatur hat im Verlaufe der letzten 20 Jahre nicht wenig derartiger, in methodologischer Hinsicht sehr lehrreicher Beispiele geliefert und eine ganze Reihe von Fehlern, deren Zurecht- stellung nicht wenig Zeit und Mühe gekostet hat, hätte vermieden werden können, wenn die betreffenden Autoren sich nicht hätten von einem voreingenommenen Gedanken leiten lassen. Hierher gehören namentlich die Auffassung der Dotterzellen als Entoderm, das Be- streben, die Bildung der Keimschichten bei den Insekten auf den gleichen Typus zurückzuführen, welcher nur Sagitta eigentümlich ist (wie überhaupt den enteroeölen Formen, welche mit den Arthropoden 636 Jur. Philiptschenko, nichts gemeinsames aufweisen), ferner derartige merkwürdige Gebilde, wie der »dorsale Blastoporus«, welcher nur als Beispiel einer contra - dictio in adjecto dienen kann, und vieles andre mehr. Das hier Gesagte darf indessen nicht in dem Sinne aufgefaßt werden, als ob ich die Keimblättertheorie für überflüssig oder sogar für schäd- lich hielte. Im Gegenteil, dieselbe stellt, meiner Ansicht nach, eine der allerwertvollsten Verallgemeinerungen in der Embryologie dar, und die Homologie der beiden primären Keimblätter in dem gesamten Tierreiche, welche schon von Huxley (1849) festgestellt worden ist, kann keinerlei Zweifel hervorrufen. Dies kann man aber von dem später aufgestellten dritten Keimblatt — dem Mesoderm — nicht be- haupten, dessen Theorie hauptsächlich von den Gebrüdern Hertwig (1881) ausgearbeitet worden ist. Die schon oft wiederholten Ein- würfe gegen die Homologie des Mesoderms bei allen Tieren [ich will hier nur auf die Arbeit von Kleinenberg (1886) und die von Bergh in dessen »Allgemeiner Embryologie« (1895) ausgesprochenen An- sichten hinweisen] scheinen mir durchaus begründet zu sein. Es will mir persönlich überhaupt so scheinen, als wäre es ganz unmöglich, die Homologie zwischen den sekundären Keimblättern im ganzen Tierreiche durchzuführen, und daß es viel bequemer wäre, die- selben ebenfalls als zusammengesetzte Primitivanlagen aufzufassen, welche bei den verschiedenen Formen nicht gleichwertig sind. Man wird zum Beispiel wohl kaum annehmen können, daß man das sekun- däre Entoderm derjenigen Insekten oder derjenigen Arthropoden, wo dasselbe gut ausgesprochen ist, mit dem Entoderm der Vertebraten und Echinodermen streng homologisieren kann, ebensowenig das Meso- derm der ersteren mit dem Mesoderm der letzteren; in diesen Typen sind, wie mir scheint, nur ihre primären Blätter, der Ectoblast und der Entoblast einander homolog. Es gibt natürlich eine Eeihe von Formen, wie zum Beispiel die Echinodermata und viele andre, in deren Embryologie die Begriffe des Mesoderms und Mesenchyms durchaus natürlich erscheinen. Da- gegen erscheint bei andern Formen, wie zum Beispiel bei den Mollusken, die Unterscheidung der sekundären Keimblätter außerordentlich schwierig und kann nur zu einer unnützen Schematisierung des Pro- zesses ihrer Entwicklung führen. Gerade durch das Studium dieses letzteren wurde Meisenheimer (1900) veranlaßt, den Begriff der Blätter durch den Begriff der Primitivanlagen zu ersetzen, welche bisweilen mit einem der Blätter übereinstimmen, was aber durchaus nicht unbedingt notwendig ist. Diese Auffassung wurde darauf von Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 637 demselben Autor in seiner kurzen Embryologie (1908) weiter ent- wickelt. Meisenheimer schlägt indessen vor, den Begriff aller Keimblätter (sowohl der primären wie auch der sekundären) durch den Begriff der Primitivanlagen zu ersetzen, wobei letzterer bis zu einem gewissen Grade mit dem Begriffe des Entoderms übereinstimmt; jedoch zerlegt er den Begriff des Mesoderms in Componenten, deren Homologie zum mindesten zweifelhaft erscheint. Dabei schließt er sich, wie er dies auch selbst hervorhebt, den alten Anschauungen Reicherts (1840) an, welcher seinerzeit ein Gegner der Keimblättertheorie gewesen war. Ich selbst gehe in dieser Hinsicht nicht so weit und komme auf die (gegenwärtig ganz unverdienterweise vergessenen) Anschauungen des Begründers der Embryologie, K. E. von Baer (1828, 1837) zurück. Dieser letztere unterschied bekanntlich zwei primäre oder Haupt- blätter, aus denen während der weiteren Entwicklung eine Reihe von Schichten hervorgeht, welche sich bei den Embryonen der Wirbeltiere in Röhren verwandeln. »Diese Röhren« schreibt K. E. von Baer in dem ersten Teile seiner klassischen Arbeit (1828, S. 164) »nenne ich Fundamentalorgane, da aus ihnen die speziellen Organe sich allmählich ausbilden. « In dem zweiten, bekanntlich viel später (1837) erschienenen Teile dieser Arbeit, ersetzt er den Ausdruck »Fundamentalorgane« durch einen andern, unsrer Terminologie noch näher kommenden, und zwar spricht er hier von »Primitivorganen«. »Diese Röhren enthalten alle einzelnen Organe, und da sich die letzteren . . . aus ihnen allmählich herausbilden, so wollen wir sie Primitivorgane nennen« (S. 64). — Im allgemeinen verweilt Baer nur wenig bei den Hauptblättern, sondern beschäftigt sich fast ausschließlich mit seinen Fundamentalorganen oder Primitivorganen. Es muß hier hervorgehoben werden, daß die Anschauungen von Baer häufig falsch ausgelegt werden (was vielleicht durch die Seltenheit seiner klassischen Arbeiten zu erklären ist). Für gewöhnlich wird diesem Forscher die Auffassung zugeschrieben, als teilten sich seine beiden Hauptkeimblätter ein jedes in zwei sekundäre Keimblätter, wobei der Begriff von diesen letzteren mit dem BAERschen Begriffe von den »Fundamentalorganen« oder »Primitivorganen « verwechselt wird. Einen solchen Fehler begeht zum Beispiel 0. Hertwig in seinem speziell der Keimblättertheorie gewidmeten Aufsatze im »Handbuch der vergleichenden und experimentellen Entwicklungslehre der Wirbel- tiere. « In Wirklichkeit aber ist der viel später aufgestellte Begriff von 638 Jur- Phiüptschenko, den sekundären Blättern durchaus nicht identisch mit dem BAERschen Begriffe von den »Fundamentalorganen«, worauf auch in dem allge- meinen Teile des Lehrbuches von Korschelt und Heider (1910) hin- gewiesen wird. — Zu seinen Fundamental- (oder Primitiv- )organen rechnet Baer auch das Nervenrohr; hierauf schreibt er z. B., daß: ». . . die Schleimhautröhre für sich allein keine Umbildungen eingeht, sondern immer nur in Verbindung mit dem sie umgebenden Teile der Gefäßschicht. Wir müssen daher beide Schichten als ein Primitiv- organ zusammenfassen und können für dasselbe das längst gebrauchte Wort Darmkanal gebrauchen« (1837, S. 64). In dem letzteren Falle ergibt sich eine sehr große Übereinstimmung dieses »Primitivorgans« mit unsern zusammengesetzten Anlagen für den Mitteldarm der Insekten. Späterhin unterlagen die Anschauungen von Baers wesentlichen Abänderungen. Der Begriff von den »Fundamentalorganen« oder »Primitivorganen« geriet in Vergessenheit und zu den beiden Keim- blättern wurde von Remak (1855) noch ein drittes (das mittlere oder motorisch germinative Blatt) hinzugefügt; gleichzeitig entstanden auch die Begriffe von den primären und sekundären Keimblättern, welche von den Gebrüdern Hertwig besonders ausführlich bearbeitet wurden. Die Einwürfe von Kleinenberg (1886), Bergh (1895) und einigen andern Autoren gegen den Begriff von dem Mesoderm hatten keinen besonderen Erfolg. Gegenwärtig ist unsre Kenntnis von der Embryologie der Tiere indessen so weit vorgeschritten, daß selbst die eifrigsten Anhänger der Keimblättertheorie anerkennen müssen, daß die Lage in dieser Beziehung sich heutigen Tages durchaus nicht so einfach verhält, wie dies zur Zeit des Auftretens der »Cölomtheorie « der Fall war. Mir persönlich scheint es, daß ein Sichlossagen von dem Begriffe der sekundären Blätter und eine Rückkehr zu der einfacheren und um- fassenderen Anschauung von K. E. von Baer einen beträchtlichen Schritt vorwärts bedeuten wird, indem wir damit von einer bedeutenden Menge rein scholastischer Spekulationen über Mesoderm, Leibeshöhle u. a. m. befreit werden und der Auslegung der komplizierten Entwick- lungsprozesse ein weiter Spielraum geboten wird. 4. Über das Dorsalorgan und die Embryonalhüllen der Insekten. Das Dorsalorgan ist eine Bildung, welche nur bei den Embryonen der verschiedensten Arthropoden angetroffen wird. Sehr verbreitet ist diese Bildung bei den Crustacea, und zwar bei den Malacostraca, ferner bei Limulus und einigen Arachnoidea, unter den Myriopoden Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 639 bei Scolopendra und von Apterygoten bei allen Collembola, Cam- podea und Japyx. Unlängst fand Hirschler (1909a u. b) auch bei einigen Pterygota ein Rudiment dieser Bildung. Mit einem Worte, wir haben es hier mit einem embryonalen Organe zu tun, welches für einen ganzen Typus des Tierreiches charakteristisch ist: es fragt sich nunmehr, welches die Bedeutung dieses Gebildes ist. Es sind sehr viele Versuche unternommen worden, diese Frage zu beantworten: Fr. Müller (1864) und Grobben (1879), welche dieses Gebilde auf die Crustaceen beschränkt glaubten, leiteten es von der Nackendrüse der Phyllopoden ab; Della Valle (1893) hielt es für ein Homologon des Amnions der Insekten; J. Wagner (1896) und Nusbaum und Schreiber (1898) erblicken in dieser Bildung nur eine Anhäufung von absterbenden Zellen des Blastoderms. Zwischen den Anschauungen dieser beiden letzten Autoren finden sich indessen wesentliche Unterschiede: während ^usbaum seine Anschauung auf alle Dorsalorgane der Crustacea ausdehnt, sowohl auf die unpaaren wie auf die paarigen, tut J. Wagner dies nur in bezug auf die ersteren, indem er die paarigen für cänogenetische Bildungen in der Art der Nieren des Embryos ansieht. — Wheeler (1893), welcher das Dorsal- organ bei Anurida maritima erstmals ausführlich beschrieben hat, verglich dasselbe, wie auch alle ähnlichen Organe bei andern Arthro- poden, einerseits mit dem eigenartigen Indusium der Locustidae, anderseits aber mit der Saugscheibe hinter dem Kopfe der Embryonen von Clepsine. Willey (1899) leitet das Dorsalorgan der Collembola und das Indusium der Locustidae von dem Trophoblasten ab, welcher bei den Embryonen von Peripatus novae-britanniae vorhanden ist. Heymons (1901) endlich erkennt letztere Homologie an, indem er gleichzeitig annimmt, daß die Dorsalorgane den Keimhüllen der Pterygota homolog sind; die Bedeutung des Auftretens der ersteren besteht darin, einen Teil der überflüssigen Ectodermsehicht zu ver- nichten, welche Dank dem Reichtum der Eier an Dotter eine starke Wucherung erlitten hat. Aus dieser kurzen und wohl auch unvollständigen Übersicht der verschiedenen Ansichten ist vor allem zu ersehen, daß es sich hier um zwei durchaus voneinander verschiedene Bildungen handelt. In den einen Fällen erscheinen das Dorsalorgan oder die paarigen Dorsal- organe in der Tat als eine einfache Anhäufung absterbender und an der Bildung des Rückens keinen Anteil nehmender Zellen des Blastoderms : zu dieser Kategorie gehören derartige Gebilde bei vielen Crustacea (so z. B. das unpaare Organ der Mysidae), über welche J. Wagner 640 Jm- Phüiptschenko, und Nusbaum und Schreiber geschrieben haben ; hierher gehört ferner zweifelsohne auch das Dorsalorgan von Scolopendra. Diese Bildungen verdienen natürlich nicht die Bezeichnung von »Organen« und ihr Sinn und ihre Bedeutung sind ohne weiteres verständlich. — Die andern Dorsalorgane passen gar nicht in diese Kategorie, da sie sehr früh- zeitig, noch lange vor der Degeneration des primären dorsalen Inte- guments angelegt werden und einen deutlichen drüsigen Charakter aufweisen : hierher gehört gerade das oben von uns beschriebene Dorsal- organ von Isotoma, wie auch aller übrigen Collembola. Ahnliche Bildungen trifft man auch bei vielen Crustacea: ich will hier unter anderm nur auf die Beschreibung eines solchen Organes bei Gammarus fulex in der Arbeit von Rossijskaya-Korhewnikowa (1896) hinweisen, wo aus demselben, wie bei den Collembola, das Ausfließen eines klebrigen Secretes stattfindet, vermittels dessen sich der Embryo an der Hülle befestigt. J. Wagner ist, meiner Ansicht nach ganz mit Unrecht, bemüht auch diese Bildung auf eine Anhäufung absterbender Blastodermzellen zurückzuführen, während er doch selbst den drüsigen Charakter bei den Seitenorganen der Mysidae anerkennt. — Es ist viel bequemer die Bezeichnung »Dorsalorgan« nur in bezug auf Bil- dungen eben dieser Kategorie anzuwenden, die erstere dagegen ganz beiseite zu lassen. Es liegen demnach schon Versuche vor, das Dorsalorgan von irgend- einer Bildung bei niederen Formen abzuleiten, doch wird man die- selben schwerlich als gelungen bezeichnen können. Das heute so weit verbreitete Bestreben, ein jedes embryonale Organ unbedingt auf das Rudiment eines Organs von niedriger stehenden Gruppen zurückführen zu wollen, scheint mir überhaupt keine Berechtigung zu haben, indem dabei außer acht gelassen wird, daß der Embryo auf jeder beliebigen Entwicklungsstufe der gleiche Organismus bleibt und an und für sich, nicht aber vom Gesichtspunkte einer erwachsenen Form ausgehend, betrachtet werden muß. In letzterem Verfahren muß man das Er- gebnis einer schrankenlosen Anwendung des biogenetischen Grund- gesetzes erkennen, welches naturgemäß nicht als grundlegende Voraus- setzung der Embryologie dienen kann; man wird den Wunsch aus- sprechen müssen, daß wir als Gegengewicht gegen diese Bestrebungen zu der alten Regel von K. E. von Baer (1828) zurückkehren mögen, wonach die Embryonen untereinander, nicht aber mit erwachsenen Tieren zu vergleichen sind. — Was nun die rein embryonalen Organe betrifft, so finden sich unter denselben zweifellos viele Rudimente. Allein es erscheint logischerweise sehr wahrscheinlich, daß ein neues Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 641 Organ nicht nur bei der erwachsenen Form, sondern auch bei dem Embryo entstehen kann (mir persönlich scheint das Entstehen eines ganz neuen Organes nur auf letzterem Wege möglich). Ein solches zuerst bei dem Embryo entstandenes Organ kann in einigen Fällen auch auf die erwachsene Form übergehen, in andern dagegen bleibt es eine rein embryonale Bildung und besitzt unter den Embryonen seine eigne Phylogenie, wobei ihm gleichzeitig nicht die geringste phylo- genetische Bedeutung im Sinne des biogenetischen Grundgesetzes zu- kommt. In den Fällen, wo wir nicht die Möglichkeit haben ein embryo- nales Organ rasch und bequem auf das Rudiment irgendeiner Bildung niederer Formen zurückzuführen, scheint es mir viel richtiger, dasselbe als ein rein embryonales Organ anzusehen. Dieser Gesichtspunkt läßt sich gerade bei den Dorsalorganen der Arthropoden besonders passend anwenden, welche aller Wahrschein- lichkeit nach bei den Ausgangsformen dieses Typus entstanden sind; dagegen dürfte es eine recht fruchtlose Arbeit sein, etwas ähnliches bei Clepsine und den Anneliden überhaupt suchen zu wollen. — Was die physiologische Bedeutung dieser Bildung betrifft, so kann ich mich durchaus der Auffassung J. Wagners betreffend die Seitenorgane der Mysidae anschließen, indem ich dieselbe auf alle wahren, d. h. drüsigen Dorsalorgane der Arthropodenembryonen ausdehne und der Ansicht bin, daß wir es in diesem Falle mit rein embryonalen Excretionsorganen zu tun haben. Die Notwendigkeit des Vorhandenseins derartiger Organe bei den Embryonen hat in der posthumen Arbeit des verstorbenen Faussek (1911) eine vortreffliche Beleuchtung erfahren, allein dieser Forscher sucht sie bei den Arthropoden in den Somiten der Insekten und den mesodermalen Phagocyten der Spinnen. Die Möglichkeit eines Funktionierens des Dorsalorganes als embryonale Niere, wird dadurch natürlich nicht ausgeschlossen. Die zweite Funktion des Dorsalorganes — ■ nämlich die Befestigung des Embryos mit Hilfe eines von ihm ausgeschiedenen Secretes (d; h. eines Excretes) an der Hülle — scheint mir sekundärer Natur zu sein und ist erst nach dem Auftreten seiner excretorischer Funktion entstanden. Es ist natürlich kaum möglich, sich mit voller Gewißheit von letzterer bei den Collembola, mit ihren mikroskopisch kleinen Eiern, zu überzeugen; für diesen Zweck sind die Embryonen andrer Formen, wie z. B. von Gammarus und vielen andern Crustaceen durchaus geeignet. Wir haben gesehen, daß das Dorsalorgan außerdem auch noch mit den embryonalen Hüllen der Pterygota in Verbindung gebracht worden ist (Della Valle, Heymons) und die von Heymons (1897a, 642 Jur. Philiptschenko, 1905) entwickelte Theorie der Entstehung dieser letzteren aus dem Dorsalorgane ist das neueste auf diesem Gebiet. Bei den älteren Ver- suchen die Bedeutung dieser Hüllen klarzulegen, deren Zurückführung auf den Panzer der Crustaceen, auf Überreste der Trochophora usw. brauchen wir natürlich nicht zu verweilen. Nach Heymons ist unter den embryonalen Hüllen der Insecta die Serosa die ältere, während sich das Amnion später entwickelt hat, wie dies aus der Entwicklung von Lepisma und Machilis zu ersehen ist, bei denen die Verhältnisse einen primitiveren Charakter aufweisen, als bei den Pterygota. Was die Serosa betrifft, so ist sie dem Dorsalorgane völlig analog und homolog, was das Vorhandensein gleicher Hüllen bei den Insekten und dem Scorpion verständlich macht. Dieses schöne Schema wurde indessen zerstört durch die Entdeckung des Homologons eines wahren Dorsalorganes bei einigen Pterygota durch Hirschler (1909b), was, wie dieser Autor selbst bemerkt, auf keine Weise der Fall sein könnte, wenn die Serosa sich aus letzterem entwickelt hätte. Wir werden demnach für die Serosa eine neue Aus- gangsbildung suchen müssen. Eine derartige Bildung läßt sich am besten in dem schon oben von uns beschriebenen Hüllenectoderm der Collembola erkennen, sowie in dem außerhalb des Keimstreifens liegenden Blastoderm derjenigen Arthropoden, bei denen die Bildung der Keimblätter auf die Keim- scheibe beschränkt ist; man kann dasselbe auch als Hüllenblastoderm bezeichnen, wenn es auch nicht an dem Aufbau des Rückens teilnimmt. — In dieser Hinsicht ist der oben bei Isotoma beschriebene Prozeß der Verwandlung eines Teiles ihres Ectoderms in Hüllenectoderm, eines andern Teiles — in embryonales Ectoderm, unzweifelhaft ursprünglicher als der bei den Embryonen der meisten Arthropoden beobachtete Unterschied zwischen dem Keimstreifen mit seinen zwei primären Blättern und dem extraembryonalen Blastoderm. Es kann nicht der geringste Zweifel darüber bestehen, daß ursprünglich das ganze Blasto- derm, worauf auch schon Heymons (1896a) und Hirschler (1909b) hingewiesen haben, für die Bildung des Embryos verwendet wurde, und daß erst infolge einer größeren Überfüllung der Eier mit Dotter schließlich eine Teilung des Blastoderms in einen embryonalen und einen extraembryonalen Abschnitt stattgefunden hat. Die Entwicklung des unteren Blattes unterhalb der gesamten Eioberf lache erscheint bei Isotoma gerade als der Überrest jener früheren primitiveren Verhältnisse. Das Schicksal des Hüllenectoderms von Isotoma ist oben ausführ- lich von uns beschrieben worden. Es entsteht aus dem anfangs überall Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 643 gleichartigen Ectoderm durch Verwandlung eines Teiles dieses letzteren in flache, spärlich auf der dorsalen und den lateralen Seiten des Em- bryos zerstreuten Zellen. Diese Zellen spielen ziemlich lange Zeit hin- durch die Rolle eines primären Integuments des Rückens und der Seiten, gehen aber nicht als solche auf die erwachsene Form über, indem sie während der vierten Entwicklungsperiode durch das nach oben wachsende Ectoderm des Keimstreifens verdrängt werden. Letz- terer Vorgang erinnert außerordentlich an den Prozeß der Verdrängung des Amnions (nach der Reduktion der Serosa) durch das definitive Ectoderm bei vielen Pterygoten. Auch die Collembola sind dem- nach, gleich Lepisma und Machilis, für welche dies von Heymons (1897a, 1905) festgestellt worden ist, durchaus nicht im vollen Sinne des Wortes »Insecta anamnia«, wie man dies früher annahm: sie be- sitzen allerdings noch keine wahren zelligen Hüllen, wie bei den Ptery- gota, allein die Rolle der Serosa und des Amnions spielt bei ihnen das Hüllenectoderm, welches anfänglich ebenfalls eine primäre Hülle des Rückens darstellt, später aber durch das definitive Ectoderm ersetzt wird. — Der Ursprung des Hüllenectoderms während des Pro- zesses der Entwicklung ist derselbe, wie bei der Serosa und dem Amnion bei den höheren Insekten [vgl. namentlich die Beobachtungen von Hirschler über Donacia (1909b)], ihr definitives Schicksal das gleiche: wir haben es demnach mit einander durchaus homologen Bildungen zu tun. Allerdings umwachsen die zelligen Hüllen bei den Pterygota den Embryo, allein dies ist bei Machilis in keiner Weise der Fall, wo der ganze Unterschied von den Collembola hauptsächlich darauf beruht, daß das extraembryonale Hüllenectoderm (hier eigentlich schon Hüllenblastoderm) sich bereits in zwei Teile differenziert hat — die Proserosa und das Proanmion — , welche nach den Untersuchungen von R. und H. Heymons der Serosa und dem Amnion der Insekten homolog sind. Mit einem Worte, in dem Hüllenectoderm der Collem- bola besitzen wir gerade jenes Ausgangsglied, durch welches der Ur- sprung der embryonalen Hüllen der Insekten völlig klargelegt wird, und wir erhalten nachstehende Reihe: Collembola Machilis Lepisma P t e r y und wahrscheinlich Diplura. TT..,, f proserosa Hüllenectoderm < ^ proanmion m. -> serosa - — *- serosa — — ►■ amnion — — > amnion (eigenartig) Ein zwar das primäre Integument des Rückens bildendes, aber nicht auf die erwachsene Form übergehendes Hüllenectoderm ist nicht für die 644 Jur. Philiptschenko, Collembola allein charakteristisch, sondern ist augenscheinlich auch bei vielen andern Arthropoden verbreitet, allein hier schon in Gestalt eines Hüllenblastoderms oder extraembryonalen Blastoderms, indem die Blätter hier auf den Keimstreifen beschränkt sind. Die meisten Autoren haben diesem extraembryonalen Blastoderm keine besondere Bedeutung zugemessen, indem sie größtenteils annehmen, dasselbe nehme späterhin an der Bildung des Rückens des erwachsenen Tieres Teil. Es liegen indessen einige Beobachtungen vor, welche einer solchen Annahme direkt widersprechen. Was die Crustaceen betrifft, so ist hier dieser Frage von J. Wagner (1896) besondere Beachtung geschenkt worden. Dieser Autor bezeichnet die Zellen des extraembryonalen Blastoderms als Vitellocyten und stellt fest, daß derartige Vitellocyten bei Neomysis nur das primäre Rücken- integument bilden, später aber degenerieren, und daß der Rücken des erwachsenen Tieres aus dem nach oben wuchernden Ectoderm des Keimstreifens gebildet wird. Offenbar liegen hier die gleichen Ver- hältnisse vor, wie bei unsrer Isotoma, wobei das Hüllenectoderm durch eine Schicht von Vitellocyten (Hüllenblastoderm) ersetzt wird. Es läßt sich wohl kaum annehmen, daß Neomysis eine Ausnahme unter allen andern Crustaceen bildet. — Bezüglich der Arachnoideen kann ich eine ganz bestimmte Angabe von Schimke witsch betreffend die Embryonen von Telyphonus anführen, wonach bei ihnen ähnliche flache Vitellocyten durch cylindrische Zellen des Ectoderms ersetzt werden (1906, S. 24 des Separatabdr.), d. h. auch hier ist das Wesen des Pro- zesses offenbar das gleiche. Bei Scolopendra nimmt indessen die von einschichtigem Ectoderm (d. h. Blastoderm) gebildete Membrana dorsalis nach Heymons (1901) Anteil an dem Aufbau des Rückens des er- wachsenen Tieres, obgleich ein Teil ihrer Zellen ebenfalls degeneriert. Jedenfalls werden wir annehmen können, daß im Zusammenhange mit der Bereicherung der Arthropodeneier an Dotter bei ihnen eine Einteilung der Eioberfläche in eine Regio germinalis, oder den Keim- streifen, und eine Regio embryonalis eintritt, welch letztere bei den Embryonen der Collembola vom Hüllenectoderm bedeckt ist (was mit dem Umstände zusammenhängt, daß bei ihnen die Elemente des unteren Blattes unter der gesamten Eioberfläche entwickelt sind), bei den meisten Formen aber einfach vom Blastoderm. Gerade aus diesem Hüilenblastoderm entstehen bei den Insekten während ihrer Entwick- lung deren embryonale Hüllen, während dieses, wie das Hüllenectoderm der Collembola, bei gewissen (wenn nicht bei den meisten) andern Arthropoden späterhin degeneriert und durch das definitive Ectoderm Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 645 ersetzt wird. In diesem Hüllenblastoderm und Hüllenectoderm haben wir es denn auch mit jenen Bildungen zu tun, aus denen die zelligen Hüllen der Insektenembryonen hervorgegangen sind, wie auch die- jenigen bei den Scorpionen, wobei die Übereinstimmung in den Keim- hüllen so weit voneinander stehender Formen von diesem Gesichts- punkte aus betrachtet ganz begreiflich erscheint. Was die cuticularen embryonalen Hüllen der Collembola be- trifft, so haben dieselben mit denjenigen Bildungen, von denen oben die Rede war, natürlich nichts zu tun, und ihr Zusammenhang rnit dem Dorsalorgan ist erst secundär zustande gekommen. Derartige embryonale Cuticulae sind auch bei vielen andern Arthropoden be- kannt: unter den Crustaceen bei den Malacostraca (wo bisweilen, wie bei Gammarus pulex, ebenfalls ein Zusammenhang zwischen einer solchen Hülle und dem Dorsalorgane besteht), bei vielen Arachnoideen (Spinnen, Milben, Pentastomiden), endlich bei den Myriopoden. Es muß hervorgehoben werden, daß bisweilen auch bei den Pterygoten etwas diesen Cuticulae Ähnliches beobachtet wird, wobei die cuticulare Hülle hier durch die Serosa abgeschieden wird, was, nebenbei bemerkt, einen weiteren Beweis für deren Homologie mit dem Hüllenectoderm abgibt. Eine derartige Abscheidung einer Cuticula durch die Serosa wurde erstmals von Graber bei Melolontha beschrieben [ich zitiere nach Heider (1892)], hierauf von Wheeler (1893) bei Xiphidium und • von Selys-Longchamps (1904) bei Tenebrio molitor beobachtet. Der gleiche Vorgang findet nach Heymons (1897a) auch bei Lepisma statt. In seiner Arbeit über die Entwicklung von Scolopendra (1901) bezeichnet der letztgenannte Autor die Abscheidung einer embryonalen Cuticula bei dieser Form einfach als eine Häutung, und man wird sich hiermit ganz einverstanden erklären können. Wir haben es hier dem- nach mit einer Übertragung desjenigen Prozesses in das embryonale Leben zu tun, welcher eigentlich während der postembryonalen Ent- wicklung vor sich gehen sollte: vielleicht weist dieses Verhalten auf eine einstmals stattgehabte und nunmehr verschwundene Anamor- phose hin. Wir gelangen demnach zu dem Schlüsse, daß das Dorsalorgan und die zelligen Keimhüllen der Insekten voneinander ganz unabhängig sind; ersteres ist ein rein embryonales (am ehesten wohl excretorisches) Organ der Arthropoden- embryonen, letztere sind aus dem nicht am Aufbau des Embryokörpers beteiligten Blastoderm oder Hüllenecto- derm bei den niedersten Formen entstanden; die Abschei- 646 Jur. Philiptschenko, dung der embryonalen Cuticulae bei den Collembola und vielen andern Arthropoden ist weiter nichts als eine Häu- tung des Embryos. 5. Apterygoten und Diplopoden. Nachdem der größte Teil der vorliegenden Arbeit bereits nieder- geschrieben war, wurde ich mit der kürzlich erschienenen russischen Arbeit von Lignau über die Entwicklung von Polydesmus abchasius (l$llb) bekannt, deren vorläufige Mitteilung (1911a) bereits oben erwähnt worden ist. Die Angaben dieses Autors bieten indessen so viel Interesse für uns, daß es vorzuziehen ist, dieselben hier ab- gesondert zu besprechen. Als die nächsten Verwandten der Insekten werden gewöhnlich Scolopendrella und hierauf die Chilopoden angesehen; die Diplopoden dagegen gelten als eine weiter von den Insekten entfernt stehende Gruppe. »Die Diplopoden dürften überhaupt wegen ihrer entfernten verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Insekten als Vergleichs- objekte kaum geeignet sein« schreibt zum Beispiel Heymons (1896a, S. 13). Diese Ansicht finden wir meist auch in den Lehrbüchern ver- treten. — Bei dem Studium der phagocytären Organe von Clenolepisma lineata (1907) und hierauf der Kopfdrüsen der Diplura und Thysa- nura (1908) bin ich indessen zu einem direkt entgegengesetzten Schlüsse gelangt, und zwar daß alle Verhältnisse (und zwar die primitiveren) bei den Apterygota viel mehr an die Diplopoda erinnern, als an die Chilopoda. Diese Auffassung wird durch die Arbeit von Lignau vollauf bestätigt, welcher, ohne die Entwicklung der Apterygota in Betracht ziehen zu können, dennoch zu dem Schlüsse gelangte, daß »die Klasse der Diplopoda enger mit der Klasse der Insecta verknüpft ist, während die Klasse der Chilopoda einen äußerst eigen- artigen Charakter aufweist und in ihrer Stellung einsam dasteht.« Die Berechtigung einer solchen Annahme tritt noch deutlicher zutage, wenn man die Angaben über die Entwicklung von Isotoma cinerea mit den Beobachtungen von Lignau über Polydesmus vergleicht. Vor allem fällt hierbei die außerordentliche Übereinstimmung in der Furchung der Eier beider Formen in die Augen, wobei sich dieselbe sogar auch auf geringste Einzelheiten erstreckt. Wie bei Isotoma, so ist auch bei Polydesmus die Furchimg eine totale und äquale, und führt zu der Bildung einer kompakten Morula aus äußeren und inneren Blastomeren und zwar ist das erste Auftreten letzterer auch hier mit dem 16zelligen Stadium verknüpft. Dank dem Hervorwandern der Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 647 plasmatischen Massen der äußeren Blastomeren an die Oberfläche entsteht das Blastoderm, und hauptsächlich aus den inneren werden die Dotterzellen gebildet. Bei den Diplopoda und Collembola haben wir es demnach im Gegensatz zu den andern Myriopoden und Insekten mit einem zweifellos primitiveren Furchungstypus zu tun. — Eine so frühzeitig wie bei unsrer Isotoma auftretende Genitalanlage hat Lignau nicht beobachtet, jedenfalls aber haben wir auch bei Poly- desmus eine frühzeitige und von den Keimblättern unabhängige Son- derung eines Häufchens von Genitalzellen am hinteren Ende des Em- bryos aus dem Blastoderm der Bauchseite: der Autor selbst bemerkt, daß dieser Prozeß außerordentlich an die von Heymons für die Ortho- pteren beschriebenen Verhältnisse erinnert. Dieser neue Fall einer frühen Differenzierung der Genitalzellen, und dazu noch bei den Myrio- poden, dient wiederum als Beweismaterial für den oben von uns entwickelten Gesichtspunkt. Außerordentlich interessant ist die Bildung der Keimblätter bei Pohjdesmus abchasius. Zuerst bildet sich das Mesoderm in Gestalt zweier mehr oder weniger lokalisierter Bezirke zu beiden Seiten des Eies: wie dies aus der Beschreibung sowie aus den Abbildungen des Autors zu ersehen ist, umfassen diese Bezirke im großen ganzen fast das gesamte Ei. Die Elemente des Mesoderms bilden sich aus dem Blastoderm durch Teilung und Einwanderung seiner Zellen an diesen Stellen, was denn schließlich ein Zerfallen desselben in zwei Schichten zur Folge hat. Das Entoderm entsteht längs der Medianlinie der Bauchseite in Gestalt eines »Medianstreifens« und dringt dann, indem es sich rasch von dem Blastoderm absondert, in Gestalt eines mas- siven Stranges in den Dotter ein. Die den Medianstreifen des Keim- fleckes bildenden Elemente entstehen auf dessen ganzer Ausdehnung durch Teilung der Blastodermzellen ; außerdem findet sich in dessen vorderem Teile eine schwache Andeutung einer Invaginationsfurche. Aus dem massiven entodermalen Strange im Dotter entsteht später der Mitteldarm. Lassen wir die Teilung in Mesoderm und Entoderm für einen Augenblick außer acht und sprechen nur von dem unteren Blatt, so ist der Absonderungsprozeß dieses letzteren bei Pohjdesmus zweifellos genau der gleiche, wie bei unsrer Isotoma. Hier wie dort wird das untere Blatt diffus unter der gesamten Oberfläche des Blastoderms gebildet [hierfür sprechen die Worte Lignaus: »mit dem Auftreten des Meso- blasts und des Entoderms muß die gesamte äußere Bedeckung des Eies als Ectoderm bezeichnet werden« (S. 67)]; dabei geht seine Ab- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 42 (348 Jur- Philiptschenko, sonderung divrch Teilung und Einwanderung der Blastodermzellen vor sich, d. h. durch multipolare Immigration. Die kurze Invaginations- furche am vorderen Ende des »Medianstreifens« stört diese Auffassung in keiner Weise, indem sie offenbar eine sehr unbedeutende Rolle spielt und sich, wie mir scheint, gleichsam noch während ihres Ent- stehungsprozesses befindet. Mit einem Worte, wir haben es bei Poly- desmus mit einem neuen Falle einer Bildung des unteren Blattes durch multipolare Immigration zu tun, von deren Bedeutung bereits oben die Rede gewesen ist. Einen in der Tat wesentlichen Unterschied zwischen Polydesmus und unsrer Isotoma cinerea und auch den meisten andern Insekten bildet die scharfe Abgrenzung in Zeit und Raum der beiden sekundären Keimblätter, so daß man hier mit vollem Rechte von Entoderm und Mesoderm sprechen kann. Dabei kann leicht der Eindruck entstehen, als ob bei den Diplopoda gleichsam ein primärer Fall im Vergleiche mit den Insekten vorliege: bei ersteren sind Entoderm und Meso- derm unabhängig voneinander, bei letzteren verschmelzen sie rein sekundär zu einem gemeinsamen unteren Blatte. Den gegenwärtig bestehenden Verhältnissen bei der Entwicklung der Insekten mußte demnach wahrscheinlich eine scharfe Absonderung der sekundären Keimblätter vorangegangen jsein, wie sie jetzt noch bei Polydesmus vorliegt. Selbst wenn eine derartige Annahme richtig wäre, so würde dies natürlich unsere Ansicht von der größeren Bequemlichkeit, bei der Mehrzahl der Insekten statt der sekundären Blätter zusammengesetzte Primitivanlagen zu unterscheiden, nicht ausschließen. Ich persönlich halte es indessen für wahrscheinlicher, daß bei Polydesmus bei der Entwicklung der Blätter eher sekundäre als primäre Verhältnisse vor- walten. Als letztere wird man, wie mir scheint, stets die anfängliche Absonderung der beiden primären Blätter — des oberen und des unteren — ansehen müssen, worauf dann erst die Differenzierung dreier sekundärer Blätter folgt — des Ectoderms, des Entoderms und des Mesoderms. Hier hingegen entstehen die letzteren einzeln, wobei das Mesoderm sich vor dem Entoderm absondert, und ich vermute, daß derartige Verhältnisse (wie die ihnen völlig analogen unter den Insekten, so z. B. bei Chalicodoma) rein sekundär entstanden sind und daß ihnen ein Stadium mit ursprünglicher Teilung des Blastoderms in die zwei primären Keimblätter vorangegangen ist. In dem Entoderm und dem Ectoderm von Polydesmus erblicke ich nur die Primitivanlagen, in welche sein unteres Blatt zerfällt und die Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 649 vielleicht mit den gleichen Anlagen bei Chalicodoma völlig überein- stimmen, den Primitivanlagen vieler andrer Insekten aber nicht völlig homolog sind. Bis jetzt wurde angenommen, daß die Krümmung der Embryonen bei den Diplopoda eine ganz andre sei, als bei den Chilopoda und den Apterygota: als äußerst wichtig ist eine Beobachtung von Lignau anzusehen, auf Grund deren er die Tatsache feststellen konnte, daß bei Polydesmus (und auf Grund früherer Arbeiten wohl auch bei andern Formen) keinerlei Unterschied in dieser Beziehung besteht. Der Embryo von Polydesmus hat ursprünglich eine dorsale Krümmung, allein später tritt eine Querfurche auf und die dorsale Krümmung wird durch eine ventrale ersetzt. — Äußerst wichtig ist auch die volle Bestätigung der Angaben von Heymons (1897c) und Silvestri (1898) über das Vor- handensein eines postmaxillaren Segmentes, was eine vollkommene Analogie zwischen dem Bestände des Kopfes bei den Diplopoden einer- seits und den Insekten anderseits ermöglichte. In bezug auf die Entwicklung der Kopfdrüsen scheint Lignau in einen Irrtum zu verfallen. Die mesodermale Abstammung des einen Paares derselben, und zwar der tubulösen Drüsen [deren Bau imd secretorische Fähigkeit dieselben sind, wie bei den tubulösen Kopf- drüsen der Apterygota — Bruntz (1904a)], ist schon in der älteren Arbeit von Heathcote (1886) vermerkt worden. Lignau hat die ersten Stadien in der Entwicklung dieser Drüsen nicht gesehen, nimmt aber auf Grund indirekter Schlußfolgerungen an, daß die ganze tubu- löse Drüse aus dem Ectoderm entsteht, und nur einen Kanal der hinteren, aus dem Mesoderm entstehenden Speicheldrüse darstellt. — ■ Dieser Annahme widersprechen vor allem die rein anatomischen Befunde von Krug (1907), Effenberger (1909) und Wernitzsch (1910), welche diese Verhältnisse bei verschiedenen Diplopoda untersucht haben: beide Drüsenpaare sind (wie auch bei den Apterygota) gänzlich un- abhängig voneinander und der Charakter der hinteren Speicheldrüse spricht gegen deren mesodermalen Ursprung, während die tubulösen Drüsen den nephridialen Speicheldrüsen bei Peripatus äußerst ähnlich sind. Zweitens hat die von Lignau beobachtete erste Anlage der tubulösen Drüse (vgl. S. 162, 163 und Fig. 2 im Texte seiner Arbeit) eine außerordentliche Ähnlichkeit mit der Anlage der tubulösen Drüse unsrer Isotoma, wie sie auf der Fig. 70 abgebildet ist. Die Entstehung dieser letzteren aus dem Somiten des zweiten Maxillarsegmentes wurde von uns sicher festgestellt, was zu der Annahme veranlaßt, daß die alte Beobachtung von Heathcote völlig richtig ist, und daß Lignau 42* 650 Jur. Philiptschenko, sich geirrt hat, indem er die tubulöse Drüse von Polydesmus für eine ectodermale Bildung hielt. Die Vergleichung der Befunde von Lignau über die Entwicklung von Polydesmus abchasius mit unsern Beobachtungen über die Ent- wicklung von Isotoma cinerea bestätigen demnach durchaus dessen Auffassung, wonach nicht die Chilopoda, sondern die Diplopoda den Insekten näher stehen, indem sie uns gleichzeitig zeigt, daß letztere besonders viel mit den Apterygota gemein haben. Diese Tatsache wird durchaus verständlich, wenn wir anerkennen, daß nicht nur die Apterygoten die niedersten Insekten sind, sondern auch daß die Diplo- poden (mit den Symphyla und Pauropoda) die niedersten Myrio- poden dartellen, die Chiiopoden dagegen eine höher stehende und spezialisierte Gruppe. Zugunsten der größeren Ursprünglichkeit der Diplopoda spricht, abgesehen von ihrer Embryologie, auch noch eine ganze Reihe anatomischer Angaben, wie auch ihr Auftreten in der Geologie in älteren Schichten. Augenscheinlich haben wir es hier mit der Tatsache einer größeren gegenseitigen Nähe zwischen den nieder- sten Vertretern zweier Gruppen (der Myriopoden und Insekten) zu tun, welche sich aus einer gemeinsamen Wurzel entwickelt haben. Ich glaube letzteres hervorheben zu müssen, obgleich die Theorie der Abstammung dieser Arthropoden von gemeinsamen Vorfahren in der Art der Onychophora fast allgemeine Anerkennung gefunden hat. Gegenwärtig ist das Interesse an phylogenetischen Spekulationen fast völlig geschwunden, was man im allgemeinen als eine recht erfreuliche Tatsache begrüßen muß, dafür ist aber die Phylogenie aus den Händen der Morphologen in die Hände der Systematiker übergegangen, welche unter geringer Berücksichtigung der anatomischen und embryologischen Befunde in diesem Gebiete nicht selten mehr als kühne und völlig unwahrscheinliche Hypothesen aufstellen. Hierher gehört vor allen die Hypothese von Handlirsch (1908) über die Abstammung der Insekten von den Trilobiten, wobei dieser Autor keinen Anstand nimmt, nicht nur die Myriopoden, sondern sogar die Campodeoidea und Collembola (sie!) direkt von letzteren als selbständige Reihen ab- zuleiten. Die Versündigungen der alten Phylogenie waren natürlich nicht gering, doch hat letztere eine Reihe wertvoller und unbestreitbarer Tatsachen ergeben, welche als dauerhafte Eroberungen der Zoologie gelten müssen und vor den Versuchen zu schützen sind, sie durch solche Spekulationen zu ersetzen, wie die Phylogenie der Arthropoden nach Handlirsch. Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 651 Zu solch wertvollen Beiträgen von Seiten der alten phylogeneti- schen Kichtung gehört zum Beispiele die Lehre von der Evolution der Wirbeltiere, hierher gehört auch die Campodea- (oder besser Insekten-) — Myriopoden — Peripatustheorie, wie Handlirsch dieselbe nennt. München, im Februar 1912. Literaturverzeichnis, 1828. Bäk, Über Entwicklungsgeschichte der Tiere. Beobachtung und Re- flexion. I. Teil. Königsberg. 1837. — IL Teil. Königsberg. 1879. Barrois, Developpement des Podurelles. Assoc. Franc, p. l'avance des Sciences. 7 sess. 1903. Becker, Zur vergleichenden Anatomie der Kopfdrüsen bei den Colleni- bolen. (Russisch.) Bull. Soc. Imp. Am. Sc. Nat. etc. de Moscou. 98. 1895. Bergh, Vorlesungen über allgemeine Embryologie. Wiesbaden. 1909. Berlese, Monografia dei Myrientomata. Redia. 6. 1901. Börner, Zur Kenntnis der Apterygoten-Fauna Bremens und der Nachbar- distrikte. Abh. Ver. Bremen. Bd. XVII. 1904. — Zur Systematik der Hexapoden. Zool. Anz. Bd. XXVII. 1906. — Das System der Collembolen nebst Beschreibung neuer Collembolen des Hamburg. Naturhist. Mus. Jahrb. wiss. Anst. Hamburg. Bd. XXIII. 1894 — 95. Brauer, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte des Scorpions. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LVII, LIX. 1904a. Bruntz, Contribution ä l'etude de l'excretion chez les Arthropodes. Arch. Biol. 20. 1904b. — Les reins labiaux des Thysanoures. Arch. Zool. Exp. (4), 2. 1908. — Les reins labiaux et les glandes cephaliques des Thysanoures. Arch. Zool. Exp. (4), 9. 1897. Carriere und Bürger, Die Entwicklungsgeschichte der Mauerbiene (Chalicodoma muraria) im Ei. Nova Acta Ac. Leop. Car. Bd. LXIX. 1891. Cholodkovsky, Die Entwicklung von Phyllodromia germanica. Mem. Ac. St. Petersb. (7), 38. 1895. — Zur Embryologie der Diplopoden (Russisch). Trav. Soc. Imp. Natur. Petersb. T. XXVI. 1898. Claypole, The embryology and oogenesis of Anurida maritima. Journ. of Morph. Vol. XIV. 1904. Czerski, Die Entwicklung der Mitteldarmanlage bei Meloe violaceus. Poln. Arch. Biol. Med. Wiss. Bd. IL 1900. Deegener, Entwicklung der Mundwerkzeuge und des Darmkanals von Hydrophilus. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXVIIL 1893. Della Valle, Gammarini. Fauna u. Flora d. Golfes v. Neapel. Bd. XX. 1904. Dickel, Entwicklungsgeschichtliche Studien am Bienenei. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXVII. 652 Jur. Philiptschenko, 1909. Effenberger, Beiträge zur Kenntnis der Gattung Polydesmus. Jena. Zeitschr. f. Naturw. Bd. XLIV. 1900. Escherich, Über die Bildung der Keimblätter bei den Museiden. Nova Acta Ac. Leop. Car. Bd. LXXVII. 1902. Evans, The development of Eoperipatus weldoni. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XLV. 1891. Faussek, Studien über die Entwicklungsgeschichte und Anatomie der Phalangiden. (Russisch.) Trav. Soc. Imp. Natur. Petersb. T. XXII. 1911. — Vergleichend-embryologische Studien (Zur Frage über che Bedeutung der Cölomhöhlen). Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCVIIL 1899. Folsom, The anatomy and physiology of the mouth-parts of the Collem- bola, Orchesella cineta. Bull. Mus. Comp. Zool. Vol. XXXV. 1900. — The development of the mouth-parts of Anurida maritima. Bull. Mus. Comp. Zool. Vol. XXXVI. 1906. Friederichs, Untersuchungen über die Entstehung der Keimblätter und Bildung des Mitteldarms bei Käfern. Nova Acta Ac. Leop. Car. Bd. LXXXV. 1884. Grassi, Intorno allo sviluppo d' api nell' uovo. Atti Accad. Gioenia (3), 18. 1886. — I progenitori degli Insetti e dei Miriapodi. L' Japyx e la Campodea. Atti Accad. Gioenia (3), 19. 1888. — Anatomia comparata dei Tisanuri. Atti Accad. Lincei (4), 4. 1879. Grobben, Die Entwicklungsgeschichte der Moina rectirostris. Arb. Zool. Inst. Wien. Bd. IL 1889. Haase, Die Abdominalanhänge der Insekten mit Berücksichtigung der Myriopoden. Morph. Jahrb. Bd. XV. 1897. Hacker, Die Keimbahn von Cyclops. Arch. mikr. Anat. Bd. XLIX. 1910. Hamburger, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Argyroneta aquatica. I. Die Anatomie und Entwicklungsgeschichte des Darmappara- tes und seiner Anhangsgebilde. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCVI. 1910. Hammerschmidt, Beiträge zur Entwicklung der Phasmatiden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCV. 1906 — 1908. Handlirsch, Die fossilen Insekten. Leipzig. 1893. Hansen, Zur Morphologie der Gliedmaßen und Mundteile bei Crustaceen und Insekten. Zool. Anz. Bd. XVI. 1911. Hasper, Zur Entwicklung der Geschlechtsorgane von Chironomus. Zool. Jahrb. Anat. Bd. XXXI. 1886. Heathcote, The early development of Julus terrestris. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XXVI. 1909. Hegner, The origin and early history of the germ-cells of some Chry- somelid-Beetles. Journ. Morph. Vol. XX. 1889. Heider, Die Embryonalentwicklung von Hydrophilus piceus. Jena. 1881. O. und R. Hertwig, Die Cölomtheorie. Versuch einer Erklärung des mittleren Keimblattes. Jena. 1891. R. Heymons, Die Entwicklung der weiblichen Geschlechtsorgane von Phyllodromia (Blatta) germanica. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LIII. 1895. — Die Embryonalentwicklung von Dermapteren und Orthopteren. Jena. Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 653 1896a. R. Heymons, Grundzüge der Entwicklung und des Körperbaues von Odonaten und Ephemeriden. Abh. Ak. Wiss. Berlin. 1896b. — Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Insecta apterygota. Sitzber. Akad. Berlin. Bd. LI. 1897a. — Entwicklungsgeschichtliche Untersuchungen an Lepisma saccharina. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXII. 1897b. — Über die Bildung und den Bau des Darmkanals bei niederen Insekten. Sitzber. Ges. Naturf. Berlin. 1897c — Mitteilungen über die Segmentierung und den Körperbau der Myrio- poden. Sitzber. Akad. Wiss. Berlin. 1901. — Die Entwicklungsgeschichte der Scolopender. Zoologica. Bd. XXXIII. 1905. — Sur les premieres phases du developpement de Galeodes caspius. C. R. 6. Congres Intern. Zool. 1905. R. und H. Heymons, Die Entwicklungsgeschichte von Machilis. Verh. D. Zool. Ges. Bd. XV. 1906. Hirschler, Embryologische Untersuchungen an Catocala nupta. Bullet. Acad. Cracovie. 1909a. — Über die Entwicklung der Keimblätter und des Darmes bei Gastroidea viridula. Bullet. Acad. Cracovie. 1909b. — Die Embryonalentwicklung von Donacia crassipes. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCII. 1904. Hoffmann, Über den Ventraltubus von Tomocerus plumbeus und seine Beziehungen zu den großen unteren Kopfdrüsen. Ein Beitrag zur Kenntnis der Collembolen. Zool. Anz. Bd. XXVIII. 1905. — Über die Morphologie und die Funktion der Kauwerkzeuge von Tomo- cerus plumbeus. IL Beitrag zur Kenntnis der Collembolen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXII. 1908. — Über die Morphologie und die Funktion der Kauwerkzeuge und über das Kopfnervensystem von Tomocerus plumbeus. III. Beitrag zur Kenntnis der Collembolen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXIX. 1911. — Zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte der Collembolen. (Die Entwicklung der Mundwerkzeuge von Tomocerus plumbeus). Zool. Anz. Bd. XXXVII. 1849. Huxley, On the anatomy and the affinities of the family of the Medusae. Phil. Trans. R. Soc. London. Vol. CXXXIX. 1909. Kautsch, Über die Entwicklung von Agleena labyrinthica. Zool. Jahrb. Anat. Bd. XXVIII. 1910a. — Über die Entwicklung von Agleena labyrinthica. IL Teil. Zool. Jahrb. Anat. Bd. XXX. 1910b. — Über die Entwicklung von Spinnenembryonen unter dem Einfluß des Experiments. Arch. Entw. Mech. Bd. XXX. 1885 — 1886. Kennel, Entwicklungsgeschichte von Peripatus edwardsii und Peripatus torquatus. Arb. Zool. Inst. Würzburg. Bd. VII, VIII. 1886. Kleinenberg, Die Entstehung des Annelids aus der Larve von Lopado- rhynchus. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLIV. 1900. Knower, The embryology of a termite, Eutermes (Rippertii?). Journ. Morph. Vol. XVI. 654 Jur- Philiptschenko, 1892. Korschelt und Heider, Lehrbuch der vergleichenden Entwicklungs- geschichte der wirbellosen Tiere. Jena. Spez. Teil. Bd. II. 1902—1910. — Allgemeiner Teil. Lief. 1—4. 1871. Kowalevsky, Embryologische Studien an Würmern und Arthropoden. Mem. Ac. St. Petersb. (7), 16. 1886. — Zur embryonalen Entwicklung der Museiden. Biol. Centralbl. Bd. VI. 1907. Krug, Beiträge zur Anatomie der Gattung Julus. Jena. Zeitschr. Naturw. Bd. XLII. 1903. Lang, Beiträge zu einer Trophocöltheorie. Jena. Zeitschr. Naturw. Bd. XXXVIII. 1898. Lecaillon, Recherches sur le developpement embryonnaire de quelques Chrysomelides. Arch. Anat. Micr. 2. 1883. Lemoine, Recherches sur le developpement des Podurelles. Assoc. Franc. Congres de la Rochelle. 1911a. Lignatj, Über die Entwicklung des Polydesmus abchasius. Zool. Anz. Bd. XXXVII. 1911b. — ■ Die Embryonalentwicklung des Polydesmus abchasius. Ein Beitrag zur Morphologie der Diplopoden. (Russisch.) Mem. Soc. Nat. Odessa. T. XXXVIII. 1900. Meisenheimer, Entwicklungsgeschichte von Dreissensia polymorpha. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXIX. 1908. — Entwicklungsgeschichte der Tiere. Bd. I. (Göschen). 1866. Metschnikoff, Embryologische Studien an Insekten. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XVI. 1886. — Embryologische Studien an Medusen. Ein Beitrag zur Genealogie der Primitivorgane. Wien. 1901. E. Meyer, Studien über den Körperbau der Anneliden. Mitt. Zool. Stat. Neapel. Bd. XIV. 1909. Montgomery, The development of Theridium, an Araneid, up to the stage of reversion. Journ. Morph. Vol. XX. 1864. F. Müller, Für Darwin. Leipzig. 1842. Nicolet, Recherches pour servir ä l'histoire des Podurelles. Nouv. Mem. Soc. Helv. 6. 1901. Noack, Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Museiden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXX. 1891. Nusbaum, Przyczynek do embryologii Meloe proscarabaeus. Lemberg. 1898. Nusbaum und Schreiber, Beiträge zur Kenntnis der sogenannten Rücken - organe der Crustaceenembryonen. Biol. Centralbl. Bd. XVIII. 1906. Nusbaum und Fulinski, Über die Bildung der Mitteldarmanlage bei Phyllodromia (Blatta) germanica. Zool. Anz. Bd. XXX. 1909. — Zur Entwicklungsgeschichte des Darmdrüsenblattes bei Gryllotalpa vulgaris. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCIII. 1871. Packard, Embryological studies on Diplax, Perithemis and Thysanurous genus Isotoma. Mem. Peabody Acad. Vol. I. 1899. Pedaschenko, Embryonalentwicklung und Metamorphose von Lernaea branchialis. (Russisch.) Trav. Soc. Nat. Petersb. Vol. XXVI. 1903. Petrunkewitsch , Das Schicksal der Richtungskörper im Drohnenei. Zool. Jahrb. Anat. Bd. XVII. Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 655 1905a. Philiptschenko, Zur Anatomie der Carnpodea staphylinus. (Russisch.) Trav. Soc. Nat. Petersb. T. XXXV. 1905b. — Die niederen Insekten der Umgebung von Bologoje. (Russisch.) Trav. Stat. biol. Soc. Nat. Petersb. T. II. 1906. — Anatomische Studien über Collembola. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXV. 1907. — Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. I. Über die excretorischen und phagocytären Organe von Ctenolepisma lineata. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXVIII. 1908. — Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. II. Über die Kopfdrüsen der Thysanuren. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCI. 1912. — Zur Kenntnis der Apterygotenembryologie. Zool. Anz. Bd. XXXIX. 1900. Prowazek, Bau und Entwicklung der Collembolen. Arb. Zool. Inst. Wien. Bd. XII. 1898. Rabito, SuH'origine dell'intestino medio nella Mantis religiosa. Natur. Sicil. 2. 1840. Reichert, Das Entwicklungsleben im Wirbeltierreiche. Berlin. 1855. Remak, Untersuchungen über die Entwicklung der Wirbeltiere. Berlin. 1911a. Rimsky-Korsakow, Über die systematische Stellung der Protura Silvestri. Zool. Anz. Bd. XXXVII. 1911b. — Über die Organisation der Protura Silvestri. (Russisch.) Trav. Soc. Nat. Petersb. T. XLII. 1896. Rossijskaya-Koschewnikowa, Etüde sur le developpement embryonnaire du Gammarus pulex. Bull. Soc. Imp. Nat. Moscou (2), 10. 1886. Ryder, The development of Anurida maritima. Amer. Natur. Vol. XX. 1907. Saling, Zur Kenntnis der Entwicklung der Keimdrüsen von Tenehrio molitor. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXVI. 1898. W. Schtmke witsch, Über die Entwicklung des Darmkanals bei einigen Arachniden. (Russisch.) Trav. Soc. Nat. Petersb. T. XXIX. 1906. j — Über die Entwicklung von Telyphonus caudatus, verglichen mit der- jenigen andrer Arachniden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXL 1911. W. und L. Schimkewitsch, Ein Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Tetrapneumones. Bull. Ac. Imp. St. Petersb. 1904. SchwAngart, Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXVI. 1905. — Zur Entwicklungsgeschichte der Lepidopteren. Biol. Centralbl. Bd. XXV. 1906. — Über die Beziehungen zwischen Darm- und Blutzellenbildung bei Endromis versicolor. (Ein Beitrag zur Endothelfrage). Sitzber. Ges. Morph. Phys. München. Bd. XXII. 1899. Schwartze, Zur Kenntnis der Darmentwicklung bei Lepidopteren. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXVI. 1885 — 1888. Sedgwick, The development of the Cape-species of Peripatus. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XXV— XXVIII. 1904. Selys Longchamps , Recherches sur le developpement embryonnaire du premier segment abdominal chez Tenebrio molitor. Bull. Ac. Sc. Beige. 1898. Silvestri, Sulla morfologia dei Diplopodi. III. Sviluppo del Pachyiulus communis. Atti Acad. Lincei. 7. 656 Jur- Philiptschenko, 1907. Silvestri, Descrizione di un nuovo genere di insetti Apterygoti. Boll. Lab. Zool. Scuola Agric. Portici. 1. 1909. — Nuova specie di Acerentomidae (Protura). Atti Accad. Lincei. 18. 1902. Toyamä, Contributions to the study of silk-womis. 1. On the embryology of the silk-worm. Bull. Coli. Agric. Tokyo Univ. Vol. V. 1903. Tschuproff, Über die Entwicklung der Keimblätter bei Libellen. Zool. Anz. Bd. XXVII. 1871. Tullberg, Sveriges Podurider. K. Sv. Akad. Handl. X. 1875. Uljanijst, Beobachtungen über die Entwicklung der Poduriden. Bull. Soc. Imp. Am. Sc. Nat. etc. de Moscou. T. XVI. 1897a. Uzel, Vorläufige Mitteilung über die Entwicklung der Thysanuren. Zool. Anz. Bd. XX. 1897b. — Beiträge zur Entwicklungsgeschichte von Campodea staphylinus. Zool. Anz. Bd. XX. 1898. — Studien über die Entwicklung der Apterygoten Insekten. Königgrätz. 1905. Vejdovsky, Zur Hämocöltheorie. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXIL 1891. Viallanes, Sur quelques points de l'histoire du developpement embryon- naire de la Mante religieuse (Mantis religiosa). Ann. Sc. Nat. (7), 11. 1896. Jul. Wagner, Einige Beobachtungen über die embrj^onale Entwicklung von Neomysis vulgaris var. baltica. Trav. Soc. Nat. Petersbourg. T. XXVI. 1910. Wernitsch, Beiträge zur Kenntnis von Craspedosoma simile und des Tracheensystems der Diplopoden. Jena. Zeitschr. Naturw. Bd. XLVI. 1889. Wheeler, The embryology of Blatta germanica and Doryphora decem- lineata. Journ. Morph. Vol. III. 1893. — A contribution to insect embryology. Journ. Morph. Vol. VIII. 1888. Will, Entwicklungsgeschichte der viviparen Aphiden. Zool. Jahrb. Anat. Bd. III. 1897. Willem et Labbe, Le tube ventral et les glandes cephaliques des Smin- thures. Ann. Soc. Ent. Belg. 41. 1900. Willem, Recherches sur les Collemboles et les Thysanoures. Mem. Ac. R, Belg. 58. 1901. — Les glandes cephaliques des Orcheselles. Arch. Biol. 17. 1899. Wille Y, Trophoblast and serosa. A contribution to the morphology of the embryonic membranes of insects. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XLI. 1889. Woodworth, Studies on the embryological development of Euvanessa antiopa. Butterflies Eastern Unit. States. Cambridge. 1883. Zograf, Materialien zur Kenntnis der Embryonalentwicklung von Geo- philus ferrugineus und Geophilus proximus. (Russisch.) Bull. Soc. Imp. Am. Sc. Nat. etc. de Moscou. T. XLIII. Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 657 Erklärung der Abbildungen, Allgemeine a, Anus; Abd l5 2> 3, ±, 5, 6» Abdominalsegmente (erstes, zweites usw.); übd i, 3> i, abdominale Extremitäten (des ersten, dritten, vierten Seg- mentes); aDO, Anlage des Dorsalorganes ; ah1, hervortretende erste Embryonal- hülle; ant, Antenne; bl, Blastoderm; cbl, Cardioblasten ; ch, Chorion; D, Mitteldarm; db, Dotterbezirke; De, Deutocerebrum ; dDa, diffuse Mitteldarmanlage; dk, Dotterkerne; dku, Dotterkügelchen ; DO, Dorsalorgan; dz, Dotterzellen; e, Einwanderung einer Zelle des unteren Blattes aus dem Blastoderm ; ect, Ectoderm; etd, Endbläschen der tubulösen Kopf- drüse ; /, Furche; fh, Furchungshöhle ; fk, Fettkörper; fre, Springgabel (Furca); fz, Furch ungszellen ; g, Genitalanlage; gd, Genitalgang; ggl, Ganglion; ggl abd, Abdominalganglion ; ggl th, Thoracalganglion ; gon, Gonade; gz, Genitalzellen; hi, erste cuticulare Embryonalhülle; h2, zweite cuticulare Embryonalhülle; hDa, hintere Mitteldarmanlage; he, Hüllenectoderm ; hgl, hintere Grenzlamelle; Abkürzungen: hyp, Hypodermis; hz, Herz; isb, medialer Strang des unteren Blattes zwischen den Somiten; Kl, Kopf läppen; ktd, Kanal der tubulösen Kopfdrüse; Ibr, Oberlippe; l.sub, Laminae subanales; M d, Mandibularsegment ; md, Mandibeln; mf, Mundfalte; mm, Anlage der Muscularis des Vorder- oder Hinterdarmes; msk, Muskeln; Mxx, Segment der ersten Maxillen; mxi, erste Maxillen; Mx2, Segment der zweiten Maxillen; mx2, zweite Maxillen; n, Nervensystem; nbl, Neuroblasten; oc, Ocellen; osg, oberes Schlundganglion; owe, aus dem Keimstreifen nach oben (dorsalwärts) wucherndes Ecto- derm ; -pa, Plasmaanhäufung im Dotter eines Blastomers ; par, Paracyten; pi, centrale Anhäufung des Plasmas im Ei (Plasmainsel); plp, Palpus; Prc, Protocerebrum ; prd, Proctodäum; prgl, Paraglossae; pst, fibrilläre Substanz (Punktsubstanz) des Nervensystems; ref, Retinaculum; segm, in Bildung begriffene Segmente des Keimstreifens; sks, Schlundcommissur; so, Somiten; so.ics, Somiten des Intercalarsegments; std, Stomodäum; 658 Jur- Philiptschenko, tdr, Anlage der tubulösen Kopfdrüse; Trc, tritocerebrum ; tf, Teilungsfigur; tv, tubus ventralis; Thlt 2, 3, tkoracale Segmente (erstes, üb, unteres Keimblatt; zweites, drittes); usg, unteres Schlundganglion; th, Füße; vDa, vordere Mitteldarmanlage; thi, 2j 3> Füße des ersten, zweiten, drit- vgl, vordere Grenzlamelle; ten Thoracalsegmentes; vmp, ventrale Muskelplatte. Tafel X. Erste Entwicklungsperiode: Fig. 1. Ei vor der Furchung. 300/1. Fig. 2. Vierzelliges Stadium. 300/1. Fig. 3. Achtzelliges Stadium. 300/1. Fig. 4. 16zelliges Stadium. 300/1. Fig. 5. Späteres Furchungsstadium (etwa 64 Zellen). 300/1. Fig. 6. Schnitt durch ein Ei vor der Furchung. Färbung nach Heiden- hain. 350/1. Fig. 7. Teil des Schnittes durch ein Ei im Stadium der ersten Teilung. 500/1. Fig. 8. Schnitt durch das Stadium von zwei Zellen. Färbung nach Hei- denhain. 350/1. Fig. 9. Schnitt durch das achtzellige Stadium. 350/1. Fig. 10. Schnitt durch das 16zellige Stadium. 350/1. Fig. 11. Schnitt durch das 32zellige Stadium. 400/1. Fig. 12. Schnitt durch das auf Fig. 5 dargestellte Stadium (etwa 64 Zellen). 400/1. Fig. 13. Schnitt durch das darauffolgende Stadium: Wanderung der Fur- chungszellen nach der Oberfläche des Eies. 400/1. Fig. 14. Schnitt durch ein Ei nach beendigter Furchung mit dem Blasto- derm, den Dotterzellen und der Genitalanlage. 400/1. Tafel XI. Zweite Entwicklungsperiode. Fig. 15. Teil des Schnittes durch ein Ei während der Bildung des unteren Blattes. 500/1. Fig. 16. Schnitt durch das zweischichtige Stadium (eines »birnförmigen« Embryos). 500/1. Fig. 17. Oberer Teil des Schnittes durch einen Embryo mit Anlage des Dorsalorganes. 500/1. Fig. 18. Schnitt durch einen Embryo mit Dorsalorgan. 500/1. Fig. 19. Schnitt durch einen Embryo mit meridionaler Furche. 400/1. Fig. 20 — 21. Zwei aufeinanderfolgende Schnitte durch einen Embryo, welcher mit zahlreichen Falten versehen ist und mit verlagertem Dorsalorgan (beide aus einer Serie). 400/1. Fig. 22. Schnitt durch den oberen Teil eines Embryos unmittelbar vor dem Zerreißen des Chorions. 500/1. Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. 659 Dritte Entwicklungsperiode. Fig. 23. Äußere Gestalt eines Embryos auf dem Stadium A, von der Seite gesehen. 300/1. Fig. 24. Querschnitt durch den vorderen Teil dieses Embryos (Kopflappen und eines der Segmente). 350/1. Fig. 25.. Querschnitt durch den hinteren Teil eines ebensolchen Embryos. 350/1. Fig. 26. Dorsalorgan auf dem Stadium B im Querschnitt. 800/1. Tafel XII. Äußere Gestalt der Embryonen während der dritten und vierten Periode der Entwicklung. Fig. 27. Stadium B — von der Seite gesehen. 300/1. Fig. 28. Stadium C — von der Seite gesehen. 300/1. Fig. 29. Stadium C — Keimstreifen von der Ventralseite gesehen. 300/1. Fig. 30. Stadium D — von der Seite gesehen. 300/1. Fig. 31. Stadium D — von der Ventralseite gesehen (en face). 300/1. Fig. 32. Stadium E — ■ von der Seite gesehen. 300/1. Fig. 33. Stadium E — hinteres Ende des Embryos von der Ventralseite gesehen. 300/1. Fig. 34. Stadium G — von der Seite gesehen. 300/1. Fig. 35. Stadium H — von der Seite gesehen. 300/1. Fig. 36. Stadium J — von der Seite gesehen. 300/1. Fig. 37. Junge Isotoma cinerea, eben aus dem Ei geschlüpft. 140/1. Tafel XIII. Dritte Entwicklungsperiode. Fig. 38. Sagittalschnitt durch einen Embryo auf dem Stadium B. 350/1. Fig. 39. Unterer Teil eines Querschnittes durch einen ebensolchen Embryo im Bereiche eines der Segmente. 500/1. Fig. 40. Sagittalschnitt durch einen Embryo auf dem Stadium C. 350/1. Fig. 41. Unterer Teil eines Querschnittes durch einen ebensolchen Embryo im Bereiche eines der Segmente. 500/1. Fig. 42. Sagittalschnitt durch einen Embryo auf dem Stadium D, wobei die Extremitäten und die Somiten getroffen sind. 300/1. Fig. 43. Sagittalschnitt durch den hinteren Teil eines solchen Embryos im Bereiche des Proctodäum. 400/1. Fig. 44. Sagittalschnitt durch den vorderen Teil eines Embryos auf dem Stadium D, wobei das Stomodäum getroffen ist. 400/1. Fig. 45. Teil eines Querschnittes durch einen Embryo auf dem Stadium D im Bereiche des Mandibularsegmentes. 500/1. Fig. 46. Teil eines ebensolchen Schnittes aus der gleichen Serie durch eines der Thoracalsegmente. 500/1. Fig. 47. Sagittalschnitt durch den hinteren Teil eines Embryos auf dem Stadium E, wobei die Abdominalextremitäten, die Somiten und das Proctodäum getroffen "sind. 400/1. Fig. 48 — 50. Drei aufeinanderfolgende Frontalschnitte (einer Serie) durch 660 Jur. Philiptschenko, Beiträge zur Kenntnis der Apterygoten. III. den vorderen Teil eines Embryos auf dem Stadium E, wobei das Gehirn, das Antennen- und das Intercalarsegment getroffen sind. 400/1. Fig. 51. Querschnitt durch einen Embryo des gleichen Stadiums durch das Segment der ersten Maxillen. 400/1. Fig. 52. Teil eines Querschnittes aus der gleichen Serie im Bereiche des zweiten Maxillen paares. 800/1. Tafel XIV. Vierte Entwicklungsperiode. Fig. 53 — 55. Teile dreier aufeinanderfolgender Sagittalschnitte durch einen Embryo auf dem Stadium F, welche die Anlagen des Mitteldarmes getroffen haben. 500/1. Fig. 56. Frontalschnitt durch die hintere Hälfte eines ebensolchen Embryos, welcher die Abdominalextremitäten und die Genitalanlage getroffen hat. 500/1. Fig. 57. Schräger Schnitt durch den vorderen Teil des Kopfes eines Em- bryos auf dem Stadium G, im Bereiche der Mandibeln. 500/1. Fig. 58 — 60. Querschnitte durch einen ebensolchen Embryo, durch den Kopf, das erste und das dritte Abdominalsegment. 500/1. Fig. 61. Genitalzellen auf dem Stadium G. 1100/1. Fig. 62. Sagittalschnitt durch den vorderen Teil eines Embryos auf dem Stadium G. 400/1. Fig. 63. Ebensolcher Schnitt durch dessen hinteren Teil. 500/1. Fig. 64. Schräger Schnitt durch den hinteren Teil des Kopfes eines Em- bryos auf dem Stadium G, welcher die Anlage der tubulösen Drüse getroffen hat. 500/1. Fig. 65. Teil eines Sagittalschnittes durch einen Embryo auf dem Sta- dium H (Dorsalorgan und Thoracalganglien). 500/1. Fig. 66 — 67. Frontalschnitte durch den vorderen und hinteren Teil eines ebensolchen Embryos, wobei die Mitteldarmanlagen getroffen wurden. 500/1. Fig. 68. Querschnitt durch den vorderen Teil des Thorax aus der gleichen Serie. 500/1. Fig. 69. Querschnitt durch das erste Abdominalsegment eines Embryos auf dem Stadium H. 500/1. Fig. 70. Sagittalschnitt durch den lateralen Teil des Kopfes eines eben- solchen Embryos (Anlage der tubulösen Drüse). 500/1. Fig. 71. Schräger (fast frontaler) Schnitt durch den vorderen Teil des Thorax eines aus dem Stadium H in das Stadium J übergehenden Embryos. 500/1. Fig. 72. Sagittalschnitt durch das Stomodäum eines ebensolchen Embryos. 800/1. Fig. 73. Sagittalschnitt (die vordere und hintere Hälfte nach zwei Schnitten einer Serie gezeichnet) durch einen Embryo auf dem Stadium J. 400/1. Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. Von Dr. M. Nowikoff. Mit 13 Figuren im Text und Tafel XV— XVII. Inhalt. Seite I. Einleitung 661 II. Material und Methode 664 III. Das Knorpelgewebe der Mollusken 665 1. Der Kopfknorpel der Cephalopoden 666 Literaturübersicht 666 Eigne Untersuchungen 668 2. Der Subradularknorpel der Gastropoden 673 Literaturübersicht 673 Eigne Untersuchungen 675 Patella coerulea 675 Fissurella graeca 680 Haliotis tuberculata 683 IV. Das Knorpelgewebe der Würmer 686 Literaturübersicht 686 Eigne Untersuchungen 687 V. Der Knorpel und das knorpelähnliche Gewebe bei Arthropoden . . . 696 Literaturübersicht ..." 696 Eigne Untersuchungen 698 VI. Das knorpelähnliche Gewebe der Coelenteraten 704 VII. Vergleichende Bemerkungen 706 1. Über die Klassifikation des Knorpelgewebes der Wirbellosen . . 706 2. Über den Bau der Knorpelgrundsubstanz 708 Verzeichnis der zitierten Literatur 714 Erklärung der Abbildungen 716 I. Einleitung. Die umfangreiche Literatur über den Korpel ist in neuerer Zeit durch eine Reihe eingehender Arbeiten (von Hansen, Schaffer, Studnicka) bereichert worden. Diese Arbeiten, welche ein reiches und neues Tatsachenmaterial nebst mehreren interessanten verglei- 662 M. Nowikoff, chenden Bemerkungen liefern, lassen jedoch manche Fragen in bezug auf die Histologie des Knorpels ungelöst; so z. B. die Fragen über die sogenannten Zellenterritorien, über die Herkunft, die morpho- logische Bedeutung und die feinere Struktur der Grundsubstanz usw. Alle diese morphologischen Fragen haben jedoch an Interesse noch mehr gewonnen , seitdem durch die. Untersuchungen von Mörner (1888), Schmiedeberg (1891) und Hansen (1905) die chemische Natur der Knorpelgrundsubstanz aufgeklärt wurde. Wir wissen jetzt näm- lich, daß diese Substanz aus Chondromukoiden (d. h. verschiedenen Verbindungen der Chondroitinschwefelsäure mit eiweißartigen Körpern) und aus Kollagen besteht. Die weichere oder härtere Beschaffenheit der Grundsubstanz, ebenso wie ihre verschiedene Tinktionsfähigkeit hängt von der Menge dieser oder jener der genannten Hauptbestand- teile ab. In einer Anzahl von Arbeiten waren Studnicka (1897, 98, 1903) und Schaffer (1901, 06, 11) bemüht einige der oben erwähnten Fragen auf Grund des Studiums des einfacheren Knorpels der Cyclo- stomen zu beantworten. So behauptet Schaffer (1901, S. 115), »daß die verwickelten Formen des Knorpelgewebes der höheren Tiere auf das einfache Schema des Cyclostomenknorpels zurückgeführt werden können«, und daß »durch diese Betrachtungsweise auch manche bis heute noch unentschiedene Frage in der Histologie und Histogenese des Knorpelgewebes ihre Lösung finden« würden. Einem ähnlichen Gedanken folgend, habe ich im Jahre 1908, nach- dem meine Arbeit über die Zellen und die Grundsubstanz des Wirbel- tierknorpels abgeschlossen war, eine Untersuchung über den Knorpel von wirbellosen Tieren unternommen. Das von mir gewählte Thema verdient auch dadurch einiges Interesse, als über den Bau des Knorpels von Wirbellosen nur ältere Literaturangaben existieren. Die modernen technischen Mittel wurden für die Untersuchung dieses Gewebes noch gar nicht angewendet. Meine Hoffnung jedoch, im Knorpel der verhältnismäßig einfach organisierten Tierformen auch einen einfacheren histologischen Bau zu treffen, ist nur teilweise erfüllt worden. Beim Studium der ver- schiedenen Vertreter von Mollusken, Arthropoden, Würmern und Coelenteraten ergab sich zunächst, daß nur die drei erstgenannten Abteilungen echtes Knorpelgewebe besitzen, daß bei den Coelenteraten dagegen nur ein knorpelähnliches Bindegewebe vorkommt. Zweitens konnte ich feststellen, daß der Knorpel von Wirbellosen ziemlich mannigfaltig und zum Teil ebenso kompliziert wie der von höheren Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 663 Vertebraten gebaut ist. Dennoch hoffe ich, daß einige der oben gestellten Fragen in den nachfolgenden Zeilen eine Entscheidung finden und die andern mehr oder weniger aufgeklärt werden. Die zweite Hauptaufgabe meiner Arbeit besteht darin, eine kritische Zusammenstellung der bis jetzt publizierten Angaben über das Knorpel- gewebe von Wirbellosen zu geben, nebst einigen eignen Beobachtungen, welche eine natürliche Klassifikation der genannten Gewebe durch- zuführen ermöglichen. Das von mir gewonnene Tatsachenmaterial will ich in vier Kapiteln, entsprechend den vier oben erwähnten Tierstämmen betrachten. Jedem Kapitel werde ich eine kiuze Literaturübersicht vorausschicken. An dieser Stelle möchte ich nur an einigen aus der Literatur entnommenen Beispielen zeigen, wie wenig Aufmerksamkeit dem Knorpel der Wirbel- losen von den bisherigen Forschern gewidmet wurde. Man findet nämlich in den Lehr- und Handbüchern entweder keine oder mangel- hafte Angaben über dies Gewebe. Das ältere »Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Tiere« von Leydig (1857, S. 164) enthält eine sehr kurze Beschreibung des Knorpelgewebes der Cephalopoden und Kiemenwürmer. Im großen Handbuch der Gewebelehre von Kölliker (1889, Bd. I S. 114) findet man nur die folgende Bemerkung: »Bei Wirbellosen kom- men viele in der Festigkeit dem Knorpel ähnliche Gewebe vor, doch ist hyaliner Knorpel, zum Teil in ausgezeichnet schönen Formen, bisher nur gefunden bei Tintenfischen und Knorpel ohne Grundsubstanz- in den Branchien mehrerer Annelida capitibranchiata (Quatrefages, Leydig, ich), in dem Zungengestell von Mollusken (Lebert, Claparede), nach dem bedeutungsvollen Funde von Gegenbaur beim Mollukken- krebse in der Nähe des Hauptnervenstranges und am Scheibenrande der Geryoniden (E. Haeckel).« In seinen vor kurzem veröffentlichten Vorlesungen über ver- gleichende Anatomie, in welchen neben den Wirbeltieren auch die Wirbellosen in einer eingehenden Weise besprochen werden, äußert sich Bütschli (1910, S. 163) in bezug auf das uns interessierende Gewebe folgendermaßen: »Schon bei manchen Wirbellosen tritt in gewissen Körperteilen knorpelartiges Mesodermgewebe auf. So wird der Zellgewebsstrang, der die Kiemenfäden mancher Kopfkiemer unter den Polychaeten durchzieht, meist als Knorpelgewebe gedeutet, ob- gleich seine Intercellularsubstanz nur wenig entwickelt ist; selbst das entodermale Stützgewebe der Cölenteratententakel ist schon ähnlich Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 43 664 M. Nowikoff, aufgefaßt worden. — Typischem Knorpel begegnen wir bei den gastro- poden und vor allem den cephalopoden Mollusken.« Schließlich möchte ich auch eine vollständig unbegründete An- gabe von K. Camillo Schneider nicht unerwähnt lassen. Dieser Autor behauptet nämlich in seinem Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere (1902, S. 83), daß das Knorpelgewebe »in typischer Ausbildung nur den Vertebraten zukommt.« II. Material und Methode. Als Untersuchungsmaterial dienten mir folgende Tierformen: I. Mollusca: 1) Cephalopoda: Sepia officinalis, Eledone moschata ; 2) Gastropoda: Patella coerulea, Fissurella graeca, Haliotis tuberculata ; II. Arthropoda: 1) Crustacea: Cypris puber a, Nebalia Geoffroyi ; 2) Arachnoidea: Euscorpius europaeus ; 3) Xiphosura: Limulus polyphemus ; III. Vermes: Spirographis Spallanzani (Sabella unispira), Sabella reniformis, Myxicola (Sabella) infundibulum, Branchiomma Köllikeri ; IV. Coelenterata : Carmarina hastata, Periphylla sp. Die meisten der oben genannten Seetiere, ebenso wie die Skorpione wurden von mir auf den zoologischen Stationen in Triest und Rovigno gesammelt; die Kiemenwürmer habe ich von der zoologischen Station in Neapel bezogen ; Limulus polyphemus erhielt ich aus der Sammlung des vergleichend-anatomischen Instituts zu [Moskau; Periphylla sp. verdanke ich Herrn Dr. N. Kassianow. Das Material wurde in konzentrierter Sublimatlösung, in Pikrinessigsäure oder in 70° Alkohol konserviert. Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 665 Von einer großen Anzahl der von mir ausprobierten Färbungsniethoden möchte ich hier nur die folgenden, welche sich für meine Zwecke als die geeignet- sten erwiesen, hervorheben. Eine intensive Tinktion der Knorpelgrundsubstanz erzielt man nach den Methoden von Blochmann (triphenylrosanilintrisulfosaures Natrium + Pikrinessigsäure) und von Mallory. Diese Färbungen geben jedoch keine deutliche Differenzierung der beiden Hauptbestandteile der Grundsubstanz, namentlich der Chondromucoide und des Collagens. Eine solche Differenzierung wird dagegen bei der Anwendung der von Hansen (1905) beschriebenen Drei- fachfärbung (Methylenblau, Pikrinsäurefuchsin, Essigsäure) erreicht. Die besten Resultate erzielte ich durch folgende Modifikation der Methode Hansens. Ich färbte meine Schnitte in einer l%igen wässerigen Lösung von Methylenblau etwa 3 — 5 Minuten lang. Nach kurzem Auswaschen in destilliertem Wasser werden die Schnitte in ein frisch zubereitetes Gemisch von 5 ccm einer 0,l%igen wässerigen Lösung von Fuchsin S., 5 ccm konzentrierter wässeriger Pikrinsäure- lösung und 1 — 2 Tropfen Eisessig übertragen. Nach 2 — 3 Minuten langem Ver- bleiben in diesem Gemisch werden sie in Wasser abgespült und nachher möglichst rasch durch Alkohol steigender Konzentration und Xylol in Kanadabalsam über- geführt. Die chondromucoidhaltigen Elemente werden dabei dunkelblau bzw. grünlichblau, das Collagen gewöhnlich intensiv rot gefärbt. Die genannte Methode, welche von Hansen (1905, S. 620) als eine zuverlässige Bindegewebsreaktion betrachtet wird, habe auch ich mit gutem Erfolg bei der Untersuchung der sämt- lichen obenangeführten Tiere, mit Ausnahme der Mollusken, angewendet. Bei letzteren bekommt man bei Anwendung der HANSENschen Methode nur un- deutliche Differenzierungen. Zur Färbung ihrer Knorpelgrundsubstanz ist die von mir auch für den Vertebratenknorpel gebrauchte Methode — Boraxcarmin, Bleu de Lyon, Bismarckbraun — viel geeigneter. Ich will hier auf diese Methode nicht näher eingehen, da ich sie schon früher (1908, S. 213) ausführlich besprochen habe. Hier bemerke ich nur, daß nach ihrer Anwendung die Chondromucoide des Knorpels braun, das Collagen dagegen blau erscheint. Zur Färbung der Zellkerne habe ich, abgesehen von Boraxcarmin undHäma- toxylin, auch Jodgrün -Säurefuchsin (zur Differenzierung der Nucleolen) gebraucht. Der chemische Charakter der verschiedenen Bestandteile des Knorpel- gewebes kann heutzutage sehr leicht und ziemlich sicher mit Hilfe der Färbungs- reaktionen ermittelt werden. Natürlich muß man dabei äußerst vorsichtig ver- fahren. Man darf eine Reaktion nur in dem Falle als sicher betrachten, wenn sie auf vielen Schnitten mit gleichem Erfolg gelingt, und wenn sie außerdem auch durch die andern Färbungsreaktionen bestätigt wird. Ich hoffe, daß meine Präparate in dieser Hinsicht ganz instruktive Bilder zeigen, weshalb ich in meinen Abbildungen die Farben naturgetreu wiedergab. IM. Das Knorpelgewebe der Mollusken. Ein typisch ausgebildetes Knorpelgewebe trifft man, wie bekannt, unter den Mollusken in der Subradularmasse der Gastropoden und in manchen Körperteilen der Cephalopoden (Kopf-, Arm-, Nacken-, Rücken-, Flossenknorpel). Der Knorpel der Gastropoden gehört zu demjenigen Typus, welcher für die jüngeren Cyclostomen besonders 43* 666 M. Nowikoff, charakteristisch ist und von Kölliker als »Knorpel ohne Grund- substanz«, von späteren Autoren als »Parenchymknorpel « (Studnicka) oder »Zeilenknorpel« (Schaffer) bezeichnet wurde. Die Cephalopoden besitzen dagegen ein Knorpelgewebe, welches ebenso reich an Grund- substanz ist wie dasjenige der höheren Wirbeltiere. Die Knorpel- zellen der Gastropoden sind meist unverzweigt, die der Cephalopoden dagegen stets mit reich verästelten Ausläufern versehen. Alle diese Umstände, nebst einer gewissen Verschiedenheit der Färbungsreak- tionen veranlassen mich die beiden Knorpelarten getrennt zu be- sprechen. 1. Der Kopfknorpel der Cephalopoden. Literatur Übersicht. Das Knorpelgewebe der Cephalopoden kann makroskopisch leicht nach- gewiesen Meiden, und war daher schon den älteren Forschern bekannt. Schon 1789 hebt Scaspa1 bei seiner Beschreibung der Augenkapsel der Cephalopoden deren knorpelige Beschaffenheit hervor. 1844 bemerkt Kölliker (S. 76), daß der Knorpel von Sepia und Loligo membranlose Knorpelhöhlen und eine verschiedenartige Grundsubstanz enthält. Diese letztere »ist entweder feinkörnig, fast homogen, blaß und ins gelbliche spielend, oder faserig, mit Fasern, die ähnlich denen der Muskeln, nur leicht ge- schlängelt verlaufen, jedoch weniger regelmäßig zu größeren oder kleineren Bün- deln vereinigt und von blasser Färbung sind. « Valenciennes (1851, S. 521) vergleicht den Cephalopodenknorpel mit dem der Knorpelfische. In der ersten Auflage von Bronns Klassen und Ordnungen der Weichtiere (1862, S, 1329) treffen wir eine ziemlich genaue Beschreibung des mikro- skopischen Baues des Cephalopodenknorpels. Diese Knorpel, lesen wir dort, bestehen »aus einer hyalinen, nach der Oberfläche zu mehr oder weniger faserigen Grundsubstanz, in der zahlreiche sternförmige, kernhaltige Zellen mit langen, meistens verzweigten Ausläufern eingelagert sind. Bei Nautilus haben die Zellen noch keine Kapseln gebildet und stellen gleichsam einen embryonalen Zustand dar, bei Sepia dagegen unterscheidet man gewöhnlich leicht die Knorpelkapsel und bemerkt auch sofort die verschiedensten Stadien der Teilung der Knorpelzellen «. Der angeführten Beschreibung sind auch zwei Originalzeichnungen beigegeben, welche den Charakter der Knorpelzellen im allgemeinen ganz richtig wiedergeben. Einige. neue und wichtige Angaben enthält Hensens Arbeit (1865, S. 159). Er beschreibt den Cephalopodenknorpel als eine »hyaline Grundsubstanz mit ein- gestreuten sternförmigen Zellen« , welche, ebenso wie bei Wirbeltieren, eine Nei- gung haben sich zu Haufen zu aggregieren. In der Augenkapsel unterscheidet Hensen zwei Knorpellagen: eine äußere, gefäßfreie und eine innere, gefäßhaltige. In der Gefäßzone liegen die Zellen »ungleich dichter, sind kleiner und mit weniger Ausläufern versehen. « Die Grundsubstanz dieser Zone besitzt die Fähigkeit sich 1 Anatomicae Disquisitiones de auditu. Ticini. 1789. Zitiert nach Hensen (1865). Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 667 mit Carmin stärker als die der äußeren Zone zu imbibieren, woraus Hensen schließt, daß sie saftreicher sein soll. Die Unrichtigkeit eines solchen Schlusses wurde erst in der neuesten Zeit nachgewiesen, nachdem man festgestellt hat, daß die ver- schiedene Färbbarkeit der Grundsubstanz hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, ob im Aufbau derselben Collagen- oder chondromucoidhaltige Stoffe dominieren. In seinen Beiträgen zur vergleichenden Histologie des Molluskentypus macht Boll (1869, S. 14) auf den längsgestreiften Charakter der Grundsubstanz des Kopfknorpels aufmerksam. Diese feine Längsstreifung soll nach ihm »durch die letzte und feinste Verästelung der von den Knorpelzellen ausgehenden Fort- sätze bedingt« werden. Die zahlreichen, die Grundsubstanz durchsetzenden Verästelungen der Knorpelzellen werden auch von M. Fürbringer (1877) eingehend besprochen. Eine oberflächliche Orientierung auf Querschnitten durch den ganzen Kopf- knorpel zeigt diesem Autor, daß der Knorpel »keineswegs in allen seinen Teilen gleichmäßig gebaut ist, sondern daß, wie dies bereits Bergmann (1850) andeutet, an ihm periphere und centrale Schichten, welche beide allerdings allmählich in- einander übergehen, unterschieden werden müssen. Die peripheren Schichten setzen sich zusammen aus spindelförmigen, linsenförmigen oder ovalen Zellen, welche bei der Untersuchung ohne Reagentien in der Regel isoliert, ohne Aus- läufer oder mit nur kurzen Fortsätzen versehen, in der Grundsubstanz liegen, wobei sie mannigfache Teilungszustände darbieten können und nur selten zu kleineren Haufen von zwei bis vier Zellen vereinigt sind; die centralen Schichten bestehen aus meist ansehnlicheren rundlichen Zellen, welche in größerer Anzahl zu inselförmigen Gruppen gehäuft sind und von hier aus nach allen Richtungen radial abgehende, lange und sich verästelnde Fortsätze abschicken, welche unter- einander, sowohl mit denen derselben Zellengruppe als auch mit denen der be- nachbarten anastomosieren. « Die Untersuchung der mit Hämatoxylin, Eosin und Methylgrün gefärbten Schnitte durch ganz junge Exemplare von Loligo, »an denen noch Reste des Dottersackes persistieren«, führte jedoch Fürbringer zur Überzeugung, daß der Kopfknorpel durchweg aus Zellen zusammengesetzt war, die denen der peripheren Schicht glichen. Waren die ursprünglichen ein- fachen Beziehungen dieser letzteren erkannt, so konnte es keine Schwierigkeit bereiten, die höheren Differenzierungszustände der centralen zu verstehen«. Die periphere Knorpelschicht sieht nämlich bei stärkeren Vergrößerungen folgender- maßen aus: »Von den spindelförmigen oder ovalen Zellen, die bald einfach sind, bald mannigfache Teilungszustände darbieten, geht ein reiches System regel- mäßiger Ausläufer aus, die entweder ohne weiteres mit denen der benachbarten Zellen anastomosieren, oder erst einfache Verästelungen eingehen, worauf dann die sekundären Äste sich mit denen der Nachbarzellen verbinden. « (1877, S. 454 bis 457). Von den späteren Literaturangaben über den Cephalopodenknorpel möchte ich hier nur derjenigen von Bütschli und von Hansen erwähnen, da sie uns bei unseren weiteren Besprechungen interessieren werden. Im Gegensatz zu der früheren Auffassung der Grundsubstanz als einer homogenen bzw. faserigen Masse schreibt ihr Bütschli (1898), auf Grund seiner Untersuchungen der ausgetrock- neten Schnitte durch den Kopfknorpel von Sepia officinalis, eine wabige Struktur zu. Hansen dagegen (1905), indem er die Angaben Bütschlis einer scharfen Kritik unterwirft, kehrt zur älteren Auffassung zurück und behauptet, daß die 668 M. Nowikoff, Knorpelgrundsubstanz der Cephalopoden, ebenso wie die der Vertebraten, ent- weder strukturlos oder fibrillär ist, je nachdem sie mehr Chondromucoide oder mehr Collagen enthält. Eigne Untersuchungen. Meine eignen Untersuchungen behandeln sowohl den Charakter der Knorpelzellen als auch die Struktur der Grundsubstanz. Auf einem Querschnitt durch den Kopfknorpel einer jungen Sepia officinalis kann man ohne Schwierigkeit die zwei, von Bekgmann angedeuteten und von Fürbringer näher untersuchten Schichten bemerken (Textfig. 1). Die innere Schicht (b) ist sehr reich an Grund- Prch I >J {r sr3—m< \ «' \. Knz 3>f Textfig. 1. Querschnitt durch den Kopfknorpel einer jungen Sepia officinalis. Färbung nach Mallort. Vergr. 175. «, äußere Knorpellage; b, innere Knorpellage; gf, Blutgefäß; grs, Grundsubstanz; Knz, Knorpelzelle; Prck, Perichondrium. Substanz (grs) und enthält rundliche Zellen (Knz), welche durch Aus- läufer untereinander verbunden sind. Die letzteren treten so deutlich hervor, daß sie sogar bei schwächeren Vergrößerungen leicht fest- gestellt werden können. Die Zellen der inneren Schicht liegen ent- weder vereinzelt oder in den für das Knorpelgewebe charakteristischen Gruppen. An der Oberfläche der Zelle sieht man zuweilen eine feine Lage einer sich dunkler färbenden Grundsubstanz. Diese Lage kann Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 669 eventuell als Knorpelkapsel aufgefaßt werden, sie ist jedoch bei weitem nicht so scharf von der übrigen Grundsubstanz gesondert, wie die Knorpelkapseln der Gastropoden und Würmer. Jede Knorpelzelle enthält gewöhnlich einen, seltener zwei Kerne. Manchmal zeigen die letzteren verschiedenartige Zerschnürungsfiguren, sie vermehren sich also auf amitotischem Wege. Die Zellen sind reich an Protoplasma, welches auch in die Zellenverästelungen eindringt, wodurch die letzteren auf elektiv gefärbten Schnitten scharf hervortreten. Die Grundsub- stanz (grs) dieser Schicht enthält eine bedeutende Menge Chondro- mucoide und nimmt daher nach der Behandlung mit Bleu de Lyon, Bismarckbraun eine braune, nach der HANSENschen Dreifachfärbung eine blaue Farbe ein. Die Chondromucoide scheinen jedoch in der Grundsubstanz nicht gleichmäßig verteilt zu sein. Sie sammeln sich hauptsächlich in der Nähe der Knorpelzellen, weshalb diese Partien der Grundsubstanz mit den genannten Farben am intensivsten tingiert werden (Textfig. 1). Die zwischen diesen dunkleren Flecken gelegenen, chondromucoidärmeren Räume entsprechen ihrem Tinktionsvermögen nach ungefähr der Grundsubstanz der äußeren Knorpelschicht. Die äußere Schicht (Textfig. 1 a), welche einerseits in die innere, anderseits in das faserige Perichondrium (Prch) unmerklich übergeht, ist viel ärmer an Grundsubstanz und enthält abgeplattete Zellen, an deren Oberfläche kaum bemerkbare Knorpelkapseln existieren und deren Ausläufer bei schwächeren Vergrößerungen sehr schwer zu beobachten sind. Die Grundsubstanz erscheint hier nach Behandlung mit Bleu de Lyon und Bismarckbraun bläulich, nach Anwendung der HANSEN- schen Methode rötlich, woraus zu schließen ist, daß sie mehr Kollagen bzw. weniger Chondromucoide als die der inneren Knorpelschicht ent- hält. Eine ganz typische Kollagenfärbung konnte ich allerdings bei den Cephalopoden weder im Knorpel noch im Bindegewebe beobachten. Ich möchte daher annehmen, daß das Kollagen hier stets in Verbindung mit andern Stoffen, hauptsächlich wohl mit Mucoiden, vorkommt. In beiden oben beschriebenen Knorpelschichten trifft man in ver- schiedenen Richtungen verlaufende Blutgefäße (Textfig. 1 gf). Was die Zellverästelungen angeht, so bin ich mit Fürbringer einverstanden, daß sie in beiden Knorpelschichten existieren. Ich möchte jedoch hervorheben, daß die vom genannten Autor abgebil- deten regelmäßig angeordneten Verästelungen der äußeren Schicht in Wirklichkeit Kunstprodukte darstellen, welche in der Grundsubstanz des Cephalopodenknorpels, ebenso wie in derselben des Vertebraten- 670 M. Nowikoff, knorpels, wo sie von Studnicka (1905) eingehend untersucht wurden, sehr häufig vorkommen. Die Grundsubstanz des Cephalopodenknorpels ist nämlich sogar bei den jüngeren Tieren ziemlich hart, so daß sie beim Schneiden ge- wöhnlich mehr oder weniger deformiert wird. Die nebenstehenden Textfiguren 2 und 3 zeigen verschiedene Arten einer solchen Deforma- ,«nz Knz Textfig. 2. Knz sp Textfig. 4. Textfig. 5. Pseudostrukturen in der Grundsubstanz des Kopfknorpels von Sepia officinalis. Vergr. 500. Textfig. 2, 3, 5 — innere Knorpellage. Textfig. i — äußere Knorpellage. Knz, Knorpelzelle; sp, Spalten in der Grundsubstanz. tion. An einigen Schnittstellen bemerkt man in der Grundsubstanz eine faserige Struktur, wobei die verschieden dicken Fasern (Textfig. 2) äußerst regelmäßig und meistens in der Richtung der Bewegung des Mikrotommessers angeordnet sind. Dieselbe Struktur hat wahrschein- lich Boll (1869, S. 14) als »die letzte und feinste Verästelung der von den Knorpelzellen ausgehenden Fortsätze« aufgefaßt. Die Fasern sind jedoch meist nur an der Oberfläche des Schnittes zu sehen, die innere Lage desselben erscheint gewöhnlich vollständig homogen. An andern Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 671 Stellen, ebenfalls an der Oberfläche des Schnittes, findet man das auf Textfig. 3 abgebildete Netz mit unregelmäßigen Maschen. Es kommt auch vor, daß die beiden beschriebenen Strukturen an einer und der- selben Steile des Schnittes, namentlich an dessen entgegengesetzten Flächen, zu beobachten sind. Alle diese Bilder stellen ohne Zweifel Pseudostrukturen dar, welche hauptsächlich infolge der Keibung des Mikrotommessers an die Oberfläche der Grundsubstanz, zum Teil vielleicht auch infolge der Schrumpfung der Grundsubstanz während der Fixation entstehen. In der Grundsubstanz entwickeln sich außerdem auch stärkere Deformationen, welche bis in die inneren Schnittregionen reichen. Sowohl durch die Wirkung der Fixierungsmittel, als auch des Mikro- tommesserdrucks werden in der Grundsubstanz Spalten gebildet, welche den von mir früher (1908, Fig. 72) im Hyalinknorpel des Froschs be- schriebenen vollkommen entsprechen. Sie verlaufen meist einander parallel (Textfig. 4 sp), seltener verzweigen sie sich und bilden Ana- stomosen. Von den Zellfortsätzen, welche stets mehr oder weniger Protoplasma enthalten, sind die stets leeren Spalten auf gut gefärbten Präparaten leicht zu unterscheiden. Auf weniger gelungenen Schnitten können sie jedoch den Eindruck von Zellverbindungen hervorrufen, da sie oft zwischen zwei benachbarten Knorpelhöhlen verlaufen. Ein Vergleich der von mir beobachteten Bilder (Textfig. 4) mit Fürbrin- gers Abbildung (1877) beweist ganz klar,, daß der genannte Autor mit typischen Pseudostrukturen zu tun gehabt hat. Genau ebensolche Spalten finde ich stellenweise auch in der inneren Knorpelschicht (Textfig. 5 sp), wo sie gleichfalls keine Zellausläufer, sondern Kunstprodukte darstellen. Zum Studium der Zell Verbindungen sind diejenigen Schnitte am geeignetsten, deren Grundsubstanz farblos ist, deren plasmatische Teile dagegen intensiv gefärbt werden. Ein solcher Schnitt durch die innere Schicht des Kopfknorpels einer jungen Sepia ist auf meiner Textfig. 6 abgebildet. Die in der Grundsubstanz eventuell vorhandenen Pseudostrukturen stören hier beim Studium der Zellverbindungen gar nicht. Die letzteren entspringen von sternförmigen, oft sehr kompli- ziert gelappten Zellen, verlaufen in allen möglichen Richtungen, ver- zweigen sich und bilden zahlreiche Anastomosen. Nur stellenweise liegen einige solcher Zellausläufer einander parallel, meist ist ihre Anordnung ganz unregelmäßig. Ein ähnliches Aussehen bieten auch die Zellverbindungen der äußeren Knorpelschicht dar. Die Zellen sind hier allerdings abge- 672 M. Nowikoff, plattet (Fig. 1 Knz), sehen also auf Querschnitten spindelförmig aus. Die von ihnen entspringenden Fortsätze (Knza) sind oft reichlich ver- zweigt, verlaufen jedoch vorwiegend in einer Richtung, parallel der Hl -v- m / u l Textfig. 6. Verzweigte Zellen in der inneren Lage des Kopfknorpels von Sepia officinalis. Vergr. 500. Knorpeloberfläche. Der Übergang zwischen diesen Zellen und den sternförmigen Zellen der inneren Knorpelschicht ist ganz allmählich. p In bezug auf die feinere Struk- tur der Grundsubstanz bemerke ich zuerst, daß letztere auf den in Kanadabalsam eingeschlossenen Schnitten von Sepia und Eledone in beiden Knorpelschichten vollstän- / X dig homogen aussieht. Ich bin \ , jedenfalls nicht imstande in solchen ,/' i Schnitten, sogar mit den stärksten y Vergrößerungen , einen fibrillären f Bau nachzuweisen. Nur einige | Schnittstellen (Textfig. 7) zeigen, obgleich nicht ganz deutlich, das- selbe Bild, welches ich im Frosch- knorpel (1908, Fig. 72) beobachten konnte. Man sieht an solchen Stel- len ein schwach hervortretendes Netz mit verdickten Knotenpunkten (grsiv). Die Maschen des Netzes, welche zwischen zwei Spalten (sp) liegen, sind gewöhnlich reihenartig angeordnet, so daß ihre mittleren, 1 V( A \ / sp 9' Textfig. 7. Kopfknorpel einer jungen Sepia officinalis. Vergr. 2250. grsw, Wabenstruktur der Grund- substanz; N, Kern der Knorpelzelle; P, Proto- plasma der Knorpelzelle; sp, Spalten in der Grundsubstanz. Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 673 zusammenhängenden Wände eine etwas dunkler hervortretende Linie bilden. Dasselbe Bild tritt beim Studium der Schnitte in schwächer lichtbrechenden Medien, wie z. B. im Wasser, etwas deutlicher hervor; es darf wohl als eine Bestätigung der Auffassung Bütschlis (1898) be- trachtet werden, welcher der Grundsubstanz des Äe^a-Knorpels einen wabigen Bau zuschreibt. Höchst eigentümlich sieht die Knorpelmasse an einigen Muskel- insertionsstellen aus (Fig. 2). Die Muskelbündel (M) dringen nämlich oft sehr tief in die Knorpelgrundsubstanz (Grs) ein, in welcher sie, von ihren Zellkernen begleitet, in allen Richtungen verlaufen. Sowohl Quer- (Fig. 2 oben) als auch Längsschnitte durch diese Bündel (Fig. 2 unten links) können nach der Anwendung von elektiven Färbungen von der Grundsubstanz sehr deutlich unterschieden weiden. Die oben zitierte, ältere Angabe Köllikers (1844) über muskelähnliche Faser- bündel, welche der Knorpelgrundsubstanz einen faserigen Charakter verleihen, bezieht sich wohl nicht auf die Grundsubstanz selbst, sondern auf solche in sie eingedrungene Muskulatur. 2. Der Subradularknorpel der Gastropoden. Literatur üb ersieht. Die knorpelige Beschaffenheit des Stützapparats der Gastropodenradula ist schon seit dem Anfang des vorigen Jahrhunderts bekannt. So beschreibt Cuvier (1806, S. 155) diesen Apparat von Limax und Helix, welchen er noch für eine Zunge hält, mit folgenden Worten: »La langue, comme dans les autres gasteropodes aussi, est une petite plaque cartilagineuse et elastique, placee sur le plancher de la bouche. « Die erste genauere histologische Schilderung des Subradularapparates findet man in Leberts Arbeit (1846, S. 443, 4). Der knorpelartige Teil des Mundes von Buccinum undatum, lesen wir in dieser Untersuchung: »auf welchen die Hakenchorda (Radula) in ihrer ganzen Länge gespannt ist und welcher äußerlich von Muskelsubstanz bedeckt ist, besteht aus Zellen, welche den Pflanzenzellen oder den kernhaltigen Zellen der Chorda dorsalis einiger Batrachierembryonen nicht unähnlich sind . . . Diese Zellen scheinen gruppenweise zusammengestellt, zwischen welchen durchsichtige Intercellularsubstanz sich befindet. In den Gruppen nehmen die Zellen eine polygonale Form mit abgerundeten Winkeln an. « Valenciennes (1851, S. 522) weist auf die Tatsache hin, daß der Subradular- knorpel in seiner histologischen Beschaffenheit mehr dem Cyclostomenknorpel als dem der Cephalopoden gleicht. Eine ausführliche Beschreibung, sowohl des anatomischen als auch des histologischen Baues des Zungenknorpels der Gastropoden enthält die Abhand- lung Claparedes über die Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Neritina fluviatilis (1857). Auf Grund des Studiums einer bedeutenden Anzahl von Gastro- podenarten kommt Claparede zum Schluß, daß man im Bau des Zungenknorpels »zwei bis drei Varietäten« unterscheiden kann. Die eine Varietät, welche bei 674 M. Nowikoff, Neritina und Buccinum zu treffen ist, besteht aus großen geräumigen Zellen und einer spärlichen Grundsubstanz. Die Zellen sind äußerst regelmäßig in Gruppen von vier, acht oder sechszehn Zellen angeordnet. Jede solche Gruppe entsteht infolge der Vermehrung einer Urmutterzelle. Die zweite Knorpelform findet Clap arede bei Vitrina. Hier sind die Zellen sehr klein und die Zelhvände besitzen »nur eine unmeßbare Dicke «, so daß das Gewebe mehr einem Epithel als einem Knorpel ähnlich wird. Der Zungenapparat der meisten andern Pulmonaten ent- hält eine dritte Varietät des Knorpels. Dieser besteht aus einer mit zahlreichen Knorpelkörperchen besäten Grundsubstanz. Die Teilung des Inhalts von Knorpel- körperchen »scheint sehr unregelmäßig vor sich zu gehen, so daß man gewöhnlich in derselben Mutterzelle Tochterzellen von den verschiedenen Größen findet. « Bei vielen Helix- Arten »scheint die Grundsubstanz faserig zu sein«. (1857, S. 158 bis 165.) Die angeführten Angaben Claparedes werden von Boll (1869, S. 4 — 6) in vollem Maße bestätigt. Im Gegensatz dazu schlägt Loisel (dessen Arbeit auch eine ziemlich vollständige Übersicht der Literaturangaben enthält) eine andere, der Wirklichkeit mehr entsprechende Einteilung der Radulastützapparate der Mollusken vor. Er unterscheidet nämlich die muskulös-bindegewebigen Apparate der Pulmonaten, einiger Nudibranchiaten und Cephalopoden und die knorpeligen Appai'ate einiger anderer Mollusken (Buccinum), welche aus echten Knorpelzellen bestehen und keine Muskelfasern enthalten. Nur die letzteren Gebilde verdienen den Namen Zungenknorpel, die Apparate der ersten Gruppe dürfen nur als Stützorgane (pieces de soutien) bezeichnet werden (1893, S. 518). Eine, mit der Auffassung Loisels übereinstimmende Angabe über den Stützbalken der Radula der Pulmonaten finden wir auch in der vor kurzem er- schienenen Zusammenstellung Simroths (1911, S. 310). »Sempers richtige An- gabe«, bemerkt dieser Autor: daß der Stützbalken von Pulmonaten »rein musku- lös sei, wurde von Clap arede, Sicard, Lacaze-Duthiers, Joyeux-Laffuie u. a. wieder durch die Behauptung der knorpeligen Beschaffenheit getrübt. Diese ist durch die neueren Untersuchungen, namentlich von Plate widerlegt, wenn auch über die Natur der Elemente noch keine völlige Einigkeit herrscht. Echtes Knorpelgewebe ist jedenfalls ausgeschlossen«. Was die neuere Literatur im allgemeinen anbetrifft, so findet man in derselben keine wichtigeren Angaben über die Histologie des Subradularknorpels. Die umfangreiche Arbeit über das Verdauungssystem der Gastropoden von Amaudrut (1898) enthält viele interessante vergleichend-anatomische Bemerkun- gen über den Subradularknorpel, beschäftigt sich aber garnicht mit dem histo- logischem Bau desselben. Das Kapitel über den knorpeligen Stützapparat der Radula in der zweiten Auflage von Bronns Klassen und Ordnungen (Simroth, 1896 — 1907), welches hauptsächlich auf Grund der Untersuchungen Amaudrtjts zusammengestellt ist, bespricht ebenfalls nur den anatomischen Bau des uns hier interessierenden Organs. In Längs Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere (1900, S. 285) findet man eine kurze, unbegründete Angabe von Hescheler über den Bau des Gewebes, aus welchem der Subradularapparat der Gastropoden besteht. Hescheler meint nämlich, daß in diesem Apparat »es sich nicht um echten Knorpel, sondern um ein Gewebe, das eine Zwischenstufe zwischen blasig- zelligem Bindegewebe und echtem Knorpelgewebe einnimmt« handeln soll. Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 675 Eigne Untersuchungen. Patella coerulea. Von den drei untersuchten Gastropodenarten — Patella coerulea, Fissurella graeca und Haliotis tuberculata besitzt die erstere den am kompliziertesten gebauten Knorpelapparat. Schon Claparede konnte in demselben vier Knorpelpaare unterscheiden (1857, Taf. V, Fig. 18). Amaudrut (1898, S. 46) bezeichnet sie als Vorderknorpel (cartilages anterieurs), als Hinterknorpel (c. posterieurs), als obere Seitenknorpel (c. lateraux superieurs) und als untere Seitenknorpel (c. lateraux in- ferieurs). Die von mir angefertigten Totalpräparate (Textfig. 8) zeigen jedoch im Bau des Subradu- larknorpels eine noch größere Komplizierung. Ich unter- scheide in ihm zehn Knorpel- stücke: zwei vordere (V), zwei hintere (//), zwei seit- liche obere (SO) und vier seitliche untere (SU1 und SU2). Die letzteren vier werden beim Präparieren des Schneckenkopfes von der dorsalen Seite nur dann sicht- bar, wenn man die seitlichen oberen Stücke vorsichtig ent- fernt (Textfig. 8). Auf der Abbildung Amaudruts sind diese seitlichen unteren Stücke als zwei einheitliche Platten dargestellt worden, auf meinen Präparaten sieht man aber ganz deutlich, daß jede solche Platte aus zwei Teilen besteht: einem ovalen (SU^ und einem etwa halbmond- förmigen (SU2), welcher den ovalen an dem äußeren und hintereu Rande umgibt. Die beiden Teile sind durch Bindegewebe ziemlich fest miteinander verbunden, weshalb sie beim Präparieren sehr schwer auseinandergehen und gewöhnlich als eine zusammenhängende Platte entfernt werden. Die mikroskopische Untersuchung lehrt jedoch, daß in dem Gewebe, welches die beiden Teile verbindet, keine Knorpelele- mente vorhanden sind. Schon beim Studium der Totalpräparate überzeugt man sich, daß die beiden Vorderknorpel eine von den übrigen vier Knorpelpaaren Textfig. 8. Patella coerulea. Knorpeliger Subradularapparat von der dorsalen Seite gesehen. Vergr. 10. II, Hinter knorpel; SO, oberer Seitenknorpel; SU1, SU2, hinterer Seiten- knorpel; V, Vorderknorpel. An der linken Seite ist der obere Seitenknorpel wegpräpariert. 676 M. Nowikoff, abweichende Beschaffenheit haben (Textfig. 8). Im einfallenden Licht erscheinen sie nämlich bedeutend heller, und nach dem Einlegen des ganzen Knorpelapparats in Glyzerin bleiben sie viel länger undurch- sichtig als die übrigen Knorpelstücke. Das Glyzerin dringt also in den Vorderknorpel langsamer ein, woraus zu schließen ist, daß dieser Knorpel eine besonders dichte Konsistenz besitzt. Eine solche Vermutung wird auch durch die mikroskopische Untersuchung bestätigt. Auf den nach Mallory gefärbten Schnitten (Fig. 3) kann man die beiden Knorpelarten sogar bei schwächerer Ver- größerung unterscheiden. Die Hauptmasse des Vorderknorpels (VK) färbt sich gelb, die übrigen Knorpelstücke, darunter auch der Hinter- knorpel (HK) — blau. Nach Behandlung der Schnitte mit Bleu de Lyon und Bismarckbraun sehen allerdings die sämtlichen Knorpel des Subradularapparats braun aus. Die Grundsubstanz des Vorderknorpels ist aber intensiver als die der übrigen Knorpel gefärbt, und außerdem fällt sie durch ihre besonders starke Lichtbrechung auf. Auf solchen Präparaten läßt sich nur im Perichondrium eine feine Lage der bläu- lich gefärbten, also collagenhaltigen Substanz nachweisen. Die be- schriebenen Färbungsreaktionen zeigen uns, daß die sämtlichen Teile des Subradularknorpels reich an Chondromucoiden sind, daß aber die letzteren verschiedene chemische Beschaffenheiten haben, welcher Um- stand besonders deutlich bei Anwendung der MALLORYschen Methode hervortritt. Die beiden Knorpelarten unterscheiden sich auch in morphologischer Hinsicht. Der Hinterknorpel (Fig. 3 HK) stellt einen typischen »Knorpel ohne Grundsubstanz« Köllikers dar mit großen, blasenartigen Zellen und feinen Zwischenwänden. Im Vorderknorpel (VK) sind die Zellen durchschnittlich kleiner, die Grundsubstanz da- gegen etwas reichlicher ausgebildet. In den beiden Knorpelarten ist eine gruppenweise Anordnung der Zellen nachzuweisen, welche im Hinterknorpel jedoch viel charakteristischer erscheint. Bei der Anwendung stärkerer Vergrößerungen tritt der Unter- schied zwischen den beiden Knorpelarten noch klarer hervor. Die großen mittleren Zellen des Hinterknorpels (Fig. 4) bestehen vor- wiegend aus Vacuolen (v); Protoplasma (P) ist in ihnen nur spärlich, in Form feiner, blaß gefärbter Züge vertreten und enthält eine ver- hältnismäßig geringe Anzahl runder Körnchen (b), welche nach Borax- carmin und MALLORY-Färbung violett aussehen, d. h. sowohl die Kern- (rot) als auch die Plasmafarbe (blau) in sich aufnehmen. Solche Körn- chen findet man gewöhnlich auch in den Knorpelzellen der Vertebraten. Es ist mir nicht gelungen mit Sicherheit festzustellen, ob sie in irgend- Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 677 einer Beziehung zur Tätigkeit des Zellkernes und zur Bildung der Grundsubstanz stehen. Eine solche Vermutung ist allerdings nach der Analogie mit den später zu besprechenden Knorpeln von Fissurella und Haliotis sehr wahrscheinlich. Die Kerne der mittleren Zellen des Hinterknorpels von Patella (Fig. 4 Nk) sind kreisrund, reich an Chro- matin und liegen gewöhnlich unmittelbar in der Nähe der sich neu bildenden Knorpelscheidewände. Dasselbe Verhalten der Zellkerne habe ich früher (1908, S. 240) auch im Vertebratenknorpel konstatiert und habe schon damals die Vermutung ausgesprochen, daß solche Scheidewände unter dem direkten Einfluß der Zellkerne angelegt werden. Die peripheren Zellen des Hinterknorpels sind abgeplattet und zeigen keine gruppenweise Anordnung. Ihre knorpeligen Scheidewände werden bei der Annäherung an die Oberfläche des Knorpels immer feiner, bis sie schließlich an den Zellen des Perichondriums (Fig. 3 Prch), in welches die Knorpelmasse allmählich übergeht, vollständig verschwinden. Die neu gebildeten knorpeligen Scheidewände im Hinterknorpel von PateUa (Fig. 4) bestehen aus zwei dicht aneinanderliegenden, homo- gen aussehenden Kapseln, zwischen welchen die Grenze in Form einer dunkel gefärbten Linie deutlich hervortritt. In den älteren, dickeren Scheidewänden bemerkt man zwischen den hellen Kapseln noch eine mittlere Grundsubstanzlage. Diese färbt sich auf meinen Präparaten dunkler als die Kapseln und läßt in sich zweierlei Strukturen unter- scheiden. In den polygonalen Zwickeln zwischen den Zellen sieht man ein Netz mit ziemlich regelmäßigen Maschen (Fig. 4 Grsiv). Das Netz entspricht genau dem Bilde der alveolären Struktur, welche ich auch im Knorpel von Wirbeltieren beschrieben habe (1908). Zwischen den Alveolenreihen verlaufen hier und da dunkler gefärbte Linien (Fibrillen), welche der Struktur ein faserig-wabiges Aussehen verleihen. In den älteren Scheidewänden (nicht in den Zwickeln) dominieren solche Fibrillen sehr, so daß die Struktur einen andern, ausgesprochen fibril- lären Charakter bekommt (Fig. 4 Grsj). Wie sich bei stärkeren Vergrößerungen ergibt, sind die Zellen des Vorderknorpels etwas reicher an Protoplasma (Fig. 5 P) als die des Hinterknorpels. Besonders fällt das Vorhandensein einer sehr großen Menge der oben beschriebenen dunkel-violetten Körnchen in diesen Zellen auf, welche im ganzen Protoplasma zerstreut, besonders dicht aber in der Nähe des Zellkernes angehäuft sind. Letztere (Nk) gleichen genau denen des Hinterknorpels. Sehr eigenartig erscheint dagegen die Grundsubstanz des Vorderknorpels. Sie besteht aus Knorpel- 678 M. Nowikoff, kapseln und einer mittleren Lage. Die ersteren (Fig. 5 Kk) sind auf den mit Mallory gefärbten Schnitten vollständig homogen und grün- lich-blau, so daß sie vom ebenfalls bläulich aussehenden Protoplasma schwer zu unterscheiden sind. Erst beim genaueren Zusehen über- zeugt man sich, daß die grünlich-blauen Säume typische Knorpel- kapseln, d. h. Ausscheidungsprodukte des Protoplasmas und nicht das Protoplasma selbst darstellen. Keines der zahlreichen, im Proto- plasma zerstreuten Körnchen (b) dringt nämlich in die genannten Säume ein. Die Kapseln sind nur an den mittleren größeren Zellen zu sehen; in den mehr oberflächlichen, kleineren Zellen scheint das Protoplasma unmittelbar mit der gelb gefärbten Grundsubstanz in Berührung zu treten. Die mittlere Grundsubstanzlage (Fig. 5 Grsw) färbt sich, wie gesagt, mit Mallory gelb und zeigt einen typischen alveolären, bzw. wabigen Bau. Die Waben sind gleichmäßig rundlich polygonal; an den Kreu- zungsstellen ihrer Wände bemerkt man verdickte Knotenpunkte. In der Grundsubstanz findet man keine Spur von Fibrillen. Die jüngsten Scheidewände bestehen aus zwei Knorpelkapseln und einer zwischen diesen liegenden, kaum wahrnehmbaren gelben Lage. In den älteren Scheidewänden wird diese Lage immer dicker und bekommt einen alveolären Bau. Nur an der Stelle, wo der Vorder knorpel durch eine Lage von Bindegewebsfasern (Fig. 3 Bg) mit dem Hinterknorpel in Verbindung steht, ist die Oberfläche der gelb gefärbten Grundsubstanz unmittelbar von einem faserig-bindegewebigen Perichondrium bedeckt. Hier werden die Knorpelzellen der Oberfläche flacher und gehen so allmählich in die Bindegewebszellen des Perichondriums über. Die ganze übrige Oberfläche des gelb gefärbten Vorderknorpels ist von einer Hülle umgeben, welche aus verhältnismäßig kleinen, verschiedenartig ge- stalteten, kapselfreien und zum Teil mit Ausläufern versehenen Knorpel- zellen und aus einer reichlichen, mit Mallory sich blau färbenden Grundsubstanz besteht. Die Zellen dieser Hülle, ebenso wie die meisten andern Knorpelzellen, besitzen einen pflanzenzellähnlichen Charakter, indem sie ansehnliche Vacuolen und wenig Protoplasma enthalten. Im letzteren sind die oben erwähnten dunkelvioletten Körnchen in geringerer Menge, als in der mittleren Vorderknorpelregion zerstreut. Solche Körnchen trifft man übrigens, obgleich selten, auch in einigen Bindegewebszellen des Perichondriums (Fig. 5). In der knorpeligen Hülle beobachtet man sehr oft zwei- bis mehrkernige Zellen, welche in der Mitte des Vorderknorpels, ebenso wie im Hinterknorpel von Patella, Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 679 nur ausnahmsweise vorkommen. Diese mehrkernigen Zellen scheinen das Resultat einer direkten Kernteilung zu sein, da verschiedenartige Zerschnürungsstadien der Kerne in den Zellen der Knorpelhülle nicht selten sind (Fig. 5). Die feinere Struktur der Grundsubstanz dieser Hülle ist derjenigen im Hinterknorpel sehr ähnlich. Stellenweise, hauptsächlich in der Nähe der gelben Grundsubstanz, erscheint die Struktur ausgesprochen wabig. Mehr peripheriewärts trifft man zwi- schen den Wabenreihen dunkel gefärbte Fibrillen (Fig. 5 Grsf). An der Oberfläche schließlich zerfällt die Grundsubstanz in bindegewebige Fasern des Perichondriums (Prch). — Die verästelten Knorpelzellen, welche für die Cephalopoden so charakteristisch sind, konnte ich bei Gastropoden nur in der Knorpelhülle des Vorderknorpels von Patella beobachten. Sie bilden hier eine Übergangsform zwischen echten Knorpelzellen und Bindegewebszellen. Die Grenze zwischen der gelb und der blau gefärbten Grundsubstanz des Vorderknorpels ist stellen- weise scharf ausgesprochen (Fig. 5 oben); stellenweise aber gehen die beiden Grundsubstanzarten ganz allmählig ineinander über (Fig. 5 unten). Oft kann man sogar beobachten, wie eine und dieselbe Zelle an einer Seite von blauer, faserig-wabiger, an andrer Seite von gelber, rein wabiger Grundsubstanz umgeben wird. Die eben erörterte Eigenartigkeit der Architektur des Vorder- knorpels darf wohl als Ausdruck einer funktionellen Anpassung be- trachtet werden. Das Vorderknorpelpaar bildet nämlich den un- mittelbar unter der Radula liegenden Teil des Stützapparates und bedarf daher eine besonders große Druckfestigkeit im Vergleich mit andern Knorpelstücken. Solche Druckfestigkeit wird schon in einem gewissen Maße durch die dickeren, mit Mallory sich gelb färbenden Grundsubstanzwände der mittleren Region des Vorderknorpels erzielt. Diese Wände sind auf Fig. 3, wo das hintere Ende des Vorderknorpels abgebildet ist, unregelmäßig angeordnet, in den übrigen Teilen des Vorderknorpels bilden sie ein System von Balken, bzw. Platten, welche in der Richtung der Druckkräfte, die auf den Knorpel ausgeübt werden, gestellt sind. Eine solche Architektur tritt noch deutlicher im Knorpel von Fissurella graeca hervor, wo ich sie noch etwas eingehender be- sprechen werde. Für die mechanische Beanspruchung des Vorder- knorpels von Patella spielt außerdem die aus kleineren Zellen und einer reichlicheren Grundsubstanz bestehende Knorpelhülle eine sehr wichtige Rolle. Diese Hülle umgibt namentlich den Vorderknorpel in Form eines festen Cylinders und verleiht ihm auf diese Weise einen bedeutenderen Grad von Druck- und Biegungsfestigkeit. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 44 680 M. Nowikoff, Ähnliche mechanische Einrichtungen treten, wie bekannt, in einigen Pflanzenstengeln und in Röhrenknochen hervor. Sie wurden jedoch auch in den knorpeligen Skeletteilen der Vertebraten beobachtet. So bemerkt Schaffer (1901, S. 161, 2), daß die Flossenstrahlen von Petromyzon marinus aus einem weichen Knorpel bestehen, daß aber ihre Basalteile von einer dünnen, jedoch harten Knorpelhülle bedeckt werden. Den mechanischen Effekt einer solchen Architektur vergleicht Schaffer mit dem der Röhrenknochen. In beiden Fällen soll »eine möglichst starke Versteifung eines Stützorgans« erreicht werden. In der, von Schaffer beschriebenen Architektur sind jedoch keine Balken, bzw. keine Kraftlinien zu konstatieren. Dieser Umstand kann wohl damit in Zusammenhang gebracht werden, daß die Flossenstrahlen nur auf Biegungs- und nicht auf Druckfestigkeit beansprucht werden. Eine auffallende Ähnlichkeit, welche zwischen Schaffers Fig. 28 (Flossenstrahl von Petromyzon) und meiner Fig. 5 (Subradularknorpel von Patella) existiert, bildet ein schönes Beispiel dafür, daß unter dem Einfluß der funktionellen Anpassung identische und dabei höchst eigen- tümliche histologische Bildungen bei systematisch weit entfernten Tier- formen auftreten können. Einem weiteren, nicht weniger interessanten Beispiel werden wir bei der Besprechung des Würmerknorpels begegnen. Fissurella graeca. Im Subradularapparat von Fissurella unterscheidet Amaudrut (1898, S. 58) nur drei Knorpelpaare, nämlich das vordere, das hintere Textfig. 9. Querschnitt durch den Vorderknorpel des Subradularapparates von Fissurella graeca. Vergr. 41. M, die beiden Vorderknorpel verbindender Muskel. und das seitliche ventrale Paar, welch letzteres in Form zweier dünner knorpeliger Streifen entwickelt ist. Aus meinen Untersuchungen folgt, Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 681 daß alle genannten Knorpel ähnlich gebaut sind und zwar entspricht ihr Bau dem der Hinter- und Seitenknorpel von Patella. Die Zellen sind in Gruppen angeordnet (Textfig. 9), wobei jede Gruppe gewöhn- lich aus mehreren, durch äußerst feine Grundsubstanzwände geschie- denen Zellen besteht. An beiden Enden des länglichen Querschnittes durch den Vorderknorpel von Fissurella (Textfig. 9a und b) werden die Grenzen zwischen den Zellgruppen undeutlicher, die Grimdsubstanz- menge wird hier äußerst gering, so daß man mehr den Eindruck eines blasigen Stützgewebes als eines typischen Knorpels gewinnt. An der Oberfläche des Knorpels werden die Zellen flacher und gehen in die Bindegewebszellen des Perichondriums unmerklich über. Nur stellenweise ist die äußere Knorpellage etwas reicher an Grundsubstanz als die innere, man kann hier aber von keiner ununterbrochenen Knorpelhülle, wie am Vorderknorpel von Patella reden. Die Versteifung des Organs wird bei Fissurella hauptsächlich durch die Anordnung der Grundsub- stanz in der inneren Knorpelregion erzielt. Auf Textfig. 9 sieht man, daß die ganze Knorpelmasse von einer Art verticaler Balken durchzogen wird. Diese Balken, oder richtiger Grundsubstanzplatten bilden die Grenzen zwischen den ältesten Zell- gruppen; sie sind aber stets in der Richtung der Druckkräfte angeordnet, welche während der Kau- bewegungen von der Radula auf den Knorpel aus- geübt werden. Die Zweckmäßigkeit einer solchen mechanischen Einrichtung tritt auch bei Betrach- tung der Textfig. 10 hervor, auf welcher eine Serie von Querschnitten durch den Knorpelapparat nebst der darauf liegenden Radula (R) schema- tisch abgebildet ist. Man erkennt, daß beim Drücken auf die Radula von oben die beiden Vorderknorpel (VK) etwas auseinander geschoben werden, wobei die Drucklinien bzw. Trajektorien in Querschnitt, he, Hinter- • t T i ir i i i i -1 knorpel; R, Radula; VK, ihrem Innern mit dem V er laut der obenerwähnten vorderknorpei Balken, bzw. Platten, zusammentreffen sollen. Nach Färbung der Schnitte des Fissurella-K.nov\)eh mit Bleu de Lyon und Bismarckbraun erscheinen sie bei Betrachtung mit bloßem Auge gleichmäßig braun. Die stärkeren Vergrößerungen zeigen jedoch, 44* Textfig. 10. Eine Serie der Querschnitte durch den knorpeligen Sub- radularapparat von Fissu- rella graeca. Vergr. 10. a, der vorderste, c, der hinterste 682 M. Nowikoff, daß in solchen Schnitten (Fig. 6) nur das Protoplasma (P), die Knorpel- kapseln (Kk) und die jüngeren Scheidewände braun gefärbt sind. Die ältere Grundsubstanz dagegen, welche die Hauptmasse der oben be- schriebenen Balken bildet, erscheint bläulich, besteht also vorwiegend aus Collagen. Aus den früheren Untersuchungen von Schaffer, Hansen und von mir ist bekannt, daß das Collagen ein Merkmal des älteren, besonders harten Knorpels bildet. Dieser Umstand bestätigt nochmals unsre Auffassung der vertikalen Balken als einer mecha- nischen Vorrichtung. Die feinere Struktur der collagenen Grundsubstanz (Fig. 6 Grs) ist genau dieselbe wie die der Chondro mucoiden Substanz im Hinter- knorpel von Patella. In den Zwickeln trifft man gewöhnlich einen schön ausgesprochenen Wabenbau (Fig. 7 Grsiv) mit unregelmäßig angeordneten Alveolen von verschiedener Größe und mit deutlich hervortretenden Knotenpunkten ; in den Zwischenwänden dagegen findet man fast immer eine typische fibrilläre Struktur (Fig. 7 Grsf). Als Übergang zwischen den beiden Strukturformen betrachte ich die reihenweise angeordneten Alveolen, zwischen welchen die feinsten, dunkel färbbaren Fibrillen eingelagert sind. Was die Chondro mucoidhaltigen , jüngeren Knorpelscheidewände (Fig. 6 Schiu) anbetrifft, so erscheinen sie auf Querschnitten in Form von feinen, doppelkonturierten Streifen, welche von den Knorpel- kapseln der dickeren Scheidewände entspringen. Nach der Behand- lung der Schnitte mit Blochmanns Gemisch, welches die Knorpel- grundsubstanz besonders intensiv färbt, kann man in jüngeren Scheide- wänden (Fig. 8 Schw) eine feinste Querstreifung nachweisen, deren Vorhandensein darauf hindeutet, daß die Scheidewand aus einer einreihigen Lage von Alveolen besteht. Die Scheidewandbildung ver- läuft wohl in der Weise, daß zuerst eine der benachbarten Zellen flüssige, chondromucoidhaltige Substanz an ihrer Oberfläche ausscheidet. Diese Substanz verhärtet sich und wird dabei zu einer einreihigen Alveolen- lage. Erst später beginnt auch die zweite der benachbarten Zellen die Grundsubstanz zu bilden, wodurch die junge Scheidewand dicker wird; sie besteht jetzt aus zwei Alveolenreihen, bzw. aus zwei Kapseln. Bei weiterer Ausscheidung der Grundsubstanz, d. h. bei der Bildung der neuen Kapseln, verwandeln sich die früheren Alveolenlagen in eine collagene Masse, in welcher die konzentrische Anordnung der Alveolen um die Knorpelzellen eine Zeitlang erhalten bleibt (Fig. 8 Grsw). Später erfolgt unter dem Einfluß des Zellenwachstums und der sich in der Grundsubstanz entwickelnden Spannungen, eine Verschie- Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 683 bung der Alveolen, welche ihre regelmäßige Anordnung verlieren, und stellenweise erfolgt auch die Umwandlung der alveolären Struktur in eine fibrilläre. Das Protoplasma der Knorpelzollen von Fissurella, ebenso wie das der übrigen, von mir untersuchten Gastropoden, ist reich an Chon- dromucoiden und tritt auf den mit Bleu de Lyon, Bismarckbraun gefärbten Schnitten in Form von braunen Strängen (Fig. 6 P) hervor, zwischen welchen geräumige Yacuolen eingeschlossen sind. Neben dem kugelförmigen Zellkern beobachtet man gewöhnlich einige bläu- lich gefärbte Körnchen verschiedener Größe (Fig. 6 Chr), deren Her- kunft ich nicht näher verfolgen konnte, welche jedoch den, von mir im Knorpel von Haliotis ge- nauer untersuchten, eine Art eben durchaus ähnlich sind. Haliotis t> iherculata . Die Vereinfachung des Knorpelapparates geht bei Ha- liotis noch weiter als bei Fissu- rella. Das ganze Stützorgan der Radula von Haliotis besteht nur aus zwei Knorpelpaaren: einem vorderen und einem hin- teren. Die gegenseitige Bezie- hung dieser Knorpel zueinander und zur Radula ist aus der Textfig. 11 ersichtlich. Jeder Vorderknorpel stellt eine läng- liche, auf Querschnitten etwa birnförmig aussehende Platte dar. In ihrer vorderen Region (Textfig. IIa) sind die Platten (VK) so angeordnet, daß sie einen spitzen Winkel bilden, in welchem die Radula (R) liegt. Je weiter nach hinten (Text- fig. 116 u. c), um so stumpfer wird der Winkel und schließlich in der hintersten Region der Knorpel- platten (Textfig. 12) erscheinen ihre distalen Ränder sogar etwas nach HK Textfig. 11. Eine Serie der Querschnitte durch den knorpeligen Subradularapparat von Haliotis tuberculata Verar. 10. Die Bezeichnungen wie in Textfig. 10. 684 M. Nowikoff, unten gebogen. Die beiden Hinterknorpel (Textfig. 11, 12 HR) liegen in Form von dünnen Platten unter dem Vorderknorpel und ragen hinten nur wenig über die letzteren hinaus. Die Architektur der inneren Regionen des Vorderknorpels ent- spricht der des Fissureüa-Kiiovpeh. Dieselbe gruppenweise Anord- nung der Knorpelzellen und dieselben, obgleich nicht so regelmäßig angeordneten Querbalken (Textiig. 12 VK). Die Druckfestigkeit der Knorpelstücke wird außer durch diese Balken noch dadurch vergrößert, daß die oberflächliche Knorpellage meist aus einem grundsubstanz- reicheren Knorpel mit kleineren, kapselfreien verzweigten Zellen (Fig. 9 Textfig. 12. Querschnitt durch die hintere Region des knorpeligen Subra&ularapparates von Haliotis tuberculata. Vergr. 25. Bgw, Bindegewebe; HK, Hinterknorpel; M, Muskel; FZ, Vorderknorpel. unten) besteht. Hier sehen wir also, ähnlich wie am Vorderknorpel von Patella, eine, obgleich stellenweise unterbrochene, Hülle aus festerer Knorpelmasse. Die Hülle ist an den Insertionsstellen der Muskeln (Fig. 91) besonders stark entwickelt: in die inneren Knorpelregionen geht sie ganz allmählich über. Die chemische Natur der beiden Knorpel- arten, soweit ich sie durch Färbungsreaktionen ermitteln konnte, war genau identisch. Mit Bleu de Lyon und Bismarckbraun färben sich nämlich das Protoplasma, die Knorpelkapseln und die jüngeren Scheide- wände braun, die älteren, grimdsubstanzreicheren Scheidewände, so- wohl im Innern als auch an der Oberfläche des Knorpels, blau. Was die feinere Struktur der Grundsubstanz angeht, so tritt sie auf Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen, 685 feinen, mit Malloky gefärbten Schnitten oft sehr deutlich hervor (Fig. 9). In der Knorpelhülle ist sie ausgesprochen wabig (Grsu>); nur hie und da sieht man in ihr dunkler gefärbte Fibrillen, welche jedoch stets zwischen die Alveolenreihen eingelagert sind. In inneren Knorpellagen wird sie immer reicher an Fibrillen, so daß sie im Centrum des Knorpelstückes einen typischen fibrillären Charakter besitzt ( Grsf) ; nur in den größeren Zwickeln bleibt die Wabenstruktur erhalten. Es schien mir zuerst, daß das Bild der Fibrillen als Ausdruck einer streifig- wabigen Struktur aufzufassen sei; das genauere Studium überzeugte mich jedoch, daß man es mit einem echt fibrillären Bau zu tun hat und daß, ebenso wie im fibrillären Bindegewebe, keine Querverbin- dungen zwischen den einzelnen Fibrillen existieren (Fig. 9 Grsfx). Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß sich die Knorpelmasse teils durch inneres Wachstum, teils durch Anlagerung neuer Schichten an der Oberfläche vergrößert. Auf Fig. 9 kann man verfolgen, wie die Bindegewebszellen des Perichondriums (Prch) zu Knorpelzellen werden. Indem sie Knorpelgrundsubstanz auszuscheiden beginnen, werden sie größer, bekommen ein blasiges Aussehen, verlieren all- mählich ihre Ausläufer, umgeben sich mit deutlichen Kapseln und vermehren sich schließlich zu den, für das Knorpelgewebe charakte- ristischen Zellengruppen. Mit einem solchen Wachstum der Knorpelmasse hängt wohl auch die oben geschilderte Umwandlung der Grundsubstanzstruktur zu- sammen. Die erst vor kurzem gebildete Grundsubstanz der peripheren Knorpellagen zeigt eine primitive, wabige Struktur. Infolge des Wachstums der ganzen Knorpelmasse wird deren oberflächliche Lage tangential gespannt. Eine solche Spannung ruft die uns bekannte reihenweise Anordnung der Alveolen und die Bildung der Fibrillen zwischen den letzteren hervor. In den inneren Knorpelpartien erfolgt eine Vermehrung und Vergrößerung der Zellen, wodurch die, zwischen den Zellgruppen vorhandene Grundsubstanz in bedeutenderem Grade als an der Knorpelperipherie gepreßt, bzw. ausgedehnt wird. In Zu- sammenhang mit einer dabei sich vollziehenden Verhärtung der Grund- substanz werden immer mehr Fibrillen gebildet, welche schließlich die Wabenstruktur fast vollständig ersetzen. Nur in den Zwickeln, wo kein so starker Druck, wie in den Zwischenwänden herrscht, wo sich also die Grundsubstanz in einem etwas weicheren Zustande erhält, kann die Struktur ihren ursprünglichen wabigen Charakter behalten. Das Protoplasma der Knorpelzellen (Fig. 9 P) erscheint genau ebenso wie im Knorpel von Fissurella. Neben den Zellkernen {Nk) 686 M. Nowikoff, liegen in vielen Zellen Körnchenhaufen (Chr), welche ich als einen von Nucleolen abstammenden Chromidialapparat auffasse. Diesen Apparat habe ich schon früher ausführlicher beschrieben; ich brauche daher auf die Einzelheiten nicht nochmals einzugehen und verweise auf meine diesbezügliche Mitteilung (1909b). Hier möchte ich nur den Umstand hervorheben, daß die haufenweise um die Zellkerne an- geordneten Körnchen (Chr) im Knorpel von Fissurella und Haliotis mit den im Protoplasma der Knorpelzellen von Patella, Limulus und manchen Vertebraten zerstreuten Körnchen (b) eine große Ähnlichkeit besitzen. Alle diese Körnchen stellen wohl Produkte der Kerntätigkeit dar. Sie können entweder dem Protoplasma eine formative Energie (zur Grundsubstanzbildung) verleihen oder von demselben als Material für den Aufbau der Grundsubstanz verwendet werden. IV. Das Knorpelgewebe der Würmer. Literatur über sieht. Das Knorpelgewebe kommt nur bei den Sabelliformia unter den Chaetopoden vor. Es entwickelt sich als ein Stützapparat in den Kiemen - fäden. Die Knorpelzellen sind hier im Vergleich mit den übrigen histologischen Elementen so groß, daß sie schon vor der Begründung der allgemeinen Zellen- lehre, im Jahre 1838 von Grube beschrieben wurden. Die Hauptfäden der Kiemen sind, nach dem genannten Autor »sehr biegsam, aber doch von einer hornigen Textur und so konsistent, daß man von ihnen Epidermis und Pigmentschicht entfernen kann? ohne sie selbst zu verletzen; sie bestehen aus einer Reihe dicht hintereinander stehender Scheidewände und Kämmerchen «. Aus ähnlichen Kämmerchen, in welchen »hin und wieder runde Kügelchen, wie Blutkügelchen « liegen, besteht auch das Innere der Nebenfäden, was den letzteren ein gegliedertes Aussehen verleiht. In den beiden Basisblättern, welche vom Kopf des Wurmes entspringen und auf welchen die Hauptfäden sitzen, bemerkt Grube »ein ganz eigentümliches, sehr zartes, fast schwammiges Gebilde«, welches ihm »aus klaren eiförmigen Bläschen zusammengesetzt« zu sein scheint (1838, S. 28). Ich brauche kaum hervorzuheben, daß die Kämmerchen und die eiförmigen Bläschen Grubes nichts andres als Knorpelzellen, seine runden Kügelchen aber die Zellkerne waren. In der etwas später veröffentlichten Arbeit Quatrefages' (1850, S. 295 bis 296) findet man schon eine genauere Beschreibung des Annelidenknorpels. «A la partie anterieure du corps des Sabelles, des Serpules etc.», sagt er: «on trouve un veritable squelette interieur sur lequel viennent s'inserer les muscles du corps et ceux de la tete. Ce squelette se prolonge de maniere ä former une sorte de charpente dont la forme est reproduite au dehors par celle des branchies elles-memes. La portion branchiale de ce squelette adhere intimement ä la portion cephalique chez les Serpuliens. Au contraire, chez les Sabelles, ces deux portions ne sont que tres faiblement reunies l'une ä l'autre, et voilä pourquoi la couronne de branchies des Sabelles se detache si aisement du corps de Tanimal. Dans le corps comme dans la branchie, le squelette presente l'aspect d'un cartilage moins Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 687 resistant que les muscles ou les tendons qui s'y inserent. Sa substance est par- faitement transparente et entierement composee de ccllules juxtapposees. Ces cellules sont generalement allongees et disposees sur plusieurs rangs dans les troncs branchiaux. Dans les barbules, eile ne forment qu'une seule rangee qui commence par une cellule spherique logee au milieu de celles du tronc. Des cellules ovoi'des decroissant rapidement de diametre forment la base du squelette de la barbule, qui conserve ensuite les memes dimensions jusqu'a son extremite. Une membrane fibreuse tres resistante revet tout le squelette et represente une sorte de perioste. » Im nächsten Jahr beobachtet Leydig (1851, S. 328 — 329) dasselbe Gewebe in den Kiemen von Ämphicora mediterranea. »Bemerkenswert«, schreibt er, »ist der feinere Bau dieser Kiemen: sie besitzen in den Stämmen eine Art Skelet, das von Kalilösung nicht angegriffen wird und in seinem Aussehen sehr an den Knorpel erinnert, welcher bei den Fischen die Kiemenblättchen stützt. Es besteht das betreffende Skelet aus zwei Reihen viereckiger Körper, die hell und scharf kon- touriert sind und nach Essigsäure in jedem einen kleinen Kern erkennen lassen. Sie nehmen sich dann aus wie Zellen mit verdickten Wänden. « Ein ähnliches Kiemengerüst findet Leydig (1854, S. 313) auch bei Serpula, wo es »aus sehr dicht aneinander liegenden, gewissermaßen knorpelähnlichen Zellen« besteht. Eine eingehende Darstellung des Knorpelapparates der Anneliden lieferte Kölliker in seinen Untersuchungen zur vergleichenden Gewebelehre (1858, S. 114 — 116). In der Mitte jedes Kiemenhauptstrahles von Sabella unispira findet er einen knorpeligen Achsenstrang, dessen »Zellen eine rundlich polygonale Form, eine Größe von 0,02 — 0,04'" und darüber, eine Wandung von 0,0005 bis 0,0001"' Dicke und einen wasserklaren Inhalt mit einem kleinen runden Kern samt Kernkörperchen besitzen«. In bezug auf ihr Verhalten gegen Säuren. und Alkalien stimmen diese Zellen ebenfalls mit Knorpelzellen von Wirbeltieren überein. In den Nebenstrahlen liegen die Knorpelzellen in einer Reihe und zeigen eine sehr regelmäßige Bildung. Alle Stränge der Hauptstrahlen setzen sich auch in die beiden die Kiemenstrahlen stützenden Blätter und verschmelzen dort zu zwei mächtigen Knorpelplatten, welche an der Rückenseite miteinander ver- wachsen, an der Bauchseite dagegen nur dicht zusammentreten. In neuerer Zeit wurden meines Wissens keine speziellen Untersuchungen über den Knorpel der Anneliden angestellt. Einige kurze beiläufige Bemerkungen darüber, welche wir in andern Organen gewidmeten Arbeiten finden, enthalten nichts Neues. Eigne Untersuchungen. Das Knorpelskelet der Sabelliden besteht, wie es die früheren Autoren richtig schilderten, aus zwei Platten, welche in den basalen Kiemenblättern liegen, sowie aus den die Hauptstrahlen der Kiemen durchziehenden Knorpelfäden und schließlich aus ebensolchen jedoch feineren Fäden der Nebenstrahlen. Im Knorpelgewebe unterscheidet man blasige, polygonale, bzw. rundliche Zellen und eine spärliche Gnmdsubstanz, welche einen sehr gut ausgesprochenen chondromucoiden Charakter besitzt. Sie färbt 688 M. Nowikoff, sich nämlich intensiv mit Thionin, erhält eine dunkelblaue Farbe nach der Anwendung der ÜANSENschen Methode und wird braun nach Behandlung mit Bleu de Lyon und Bismarckbraun. Wenn man die basalen Knorpelplatten auf Querschnitten (Fig. 32 Bp) untersucht, so erscheinen die Knorpelzellen unregelmäßig ange- ordnet. Sie sind verschieden groß und recht mannigfaltig gestaltet. Nur selten findet man hier von der übrigen Knorpelmasse abgesonderte Zellengruppen. Auf Längsschnitten bietet dagegen derselbe Knorpel ein ganz andres Aussehen dar (Fig. 10 Bp). Die Zellen erscheinen dann gewöhnlich viereckig, plattgedrückt und in Form von Säulchen angeordnet. Einige dieser Säulchen setzen sich auch in die Haupt- strahlen der Kiemen fort. Das Knorpelskelet der Hauptstrahlen ist sehr regelmäßig gebaut. Bei einigen Sedentariern (Sabella infundibulum — Fig. 19 Hs) besteht es aus einer Reihe abgeplatteter Zellen, welche an der Oberfläche des Stranges eine dickere Grundsubstanzmasse ausscheiden, voneinander dagegen nur durch ganz feine Zwischenwände getrennt werden. Die Architektur eines solchen Hauptstrahles, welche man mit einem hohlen dickwandigen Cylinder vergleichen kann, gleicht der der Chorda von Amphioxus. Der übereinstimmende morphologische Bau ist auch hier als Ausdruck einer und derselben Funktion der beiden genannten Ge- bilde zu betrachten. Sowohl die knorpeligen Hauptstrahlen der Chäto- podenkiemen als auch die Chorda dorsalis der Acranier sind elastische Achsen, deren Hauptaufgabe darin besteht, die Kieme, bzw. den ganzen Körper zu stützen, d. h. ihnen eine gestreckte Form zu verleihen. Eine ähnliche Architektonik beobachtete Schaffer (1901, S. 129, Fig. 10) auch in den Flossenstrahlen von Ammocoetes, wo sie gleich- falls zur Biegungsfestigkeit beiträgt. Die Knorpelachsen in den Hauptstrahlen der Sabella infundi- bulum bestehen, wie gesagt, je aus einer Reihe von Knorpelzellen. In ihren dickeren, basalen Regionen kann man jedoch zwei bis vier solcher Reihen unterscheiden (Fig. 18 Es). Eine noch größere Anzahl von Knorpelzellen findet man auf Querschnitten durch die Haupt- strahlen andrer von nur untersuchter Sedentarier (Fig. 11, 12). Bei Spirographis Spallanzani sind gewöhnlich sämtliche Zellen eines solchen Querschnittes (Fig. 12 Hs) durch eine dickere Scheidewand, welche den ovalen Querschnitt der Länge nach durchzieht, in zwei Gruppen geteilt. In den Hauptstrahlen von Branchiomma Köllikeri (Fig. 11 Hs) sieht man, daß jede solche primäre Zellengruppe in eine Anzahl von kleineren, sekundären Gruppen zerfällt. Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 689 Die in den Nebenstrahlen verlaufenden Knorpelstränge werden je aus einer Reihe von Zellen gebildet, die jedoch nur selten plattgedrückt, gewöhnlich aber mehr oder weniger stark in die Länge ausgezogen sind. Die durchschnittliche Größe dieser Zellen ist viel geringer als die der Hauptstrahlzellen. Bei einigen Anneliden, wie z. B. bei Sabella in- fundibulum (Fig. 19 Ns), sind die äußeren, mit dem Perichondrium in Berührung tretenden Knorpelwände der Nebenstrahlen dicker als die inneren, die benachbarten Zellen voneinander trennenden Knorpel- wände. Hier erscheint also der ganze Strang in Form eines dickwan- digen Cylinders, dessen Hohlraum durch feine Querwände in einzelne Zellen geteilt wird. In andern Fällen (Branckiomma Köllikeri — Fig. 11 Ns) sind einige Zellen in der basalen Region des Nebenstrahls allseitig von gleichdicken Grundsubstanzlagen umgeben, weshalb eine solche Region bei Betrachtung von außen gegliedert erscheint und mehr an eine Kette als an einen glattwandigen Cylinder erinnert. In den distalen Partien des Stranges sind die peripheren Knorpelwände gewöhnlich auch hier (Fig. 11 Ns) dicker als die Zwischenwände. Die erste basale Knorpelzelle des Nebenstrahls ist stets viel größer als die übrigen Nebenstrahlzellen. Bei Branchiomma Köllikeri (Fig. 10 Bz) übertrifft sie sogar diejenige der meisten Hauptstrahlzellen. Die Gestalt dieser Basalzelle ist im Vergleich mit andern Knorpelzellen gleichfalls abweichend. Bei Sabella infundibulum (Fig. 18, 19 Bz) er- scheint sie kugelförmig, wobei ihre knorpelige Membran sich in einer losen Verbindung, vielleicht sogar nur in Berührung mit der Knorpel- masse des Hauptstrahls befindet. Sie bildet also eine Art Scharnier, durch welches die Skeletachse des Nebenstrahls an der des Haupt- strahls beweglich befestigt ist. Bei Br. Köllikeri erscheint die Basal- zelle auf Querschnitten durch die Nebenstrahlen kreisrund (Fig. 10 Bz), auf Längsschnitten dagegen (Fig. 11 Bz) viereckig, wobei sie mit ihrer breiteren Basis an der Oberfläche des Hauptstranges festsitzt, an ihrem distalen, schmaleren Ende den Knorpelstrang des Nebenstrahls trägt. Die Einrichtung der Basalzelle verleiht also hier dem Nebenstrahl keine so leichte Beweglichkeit wie bei S. infundibulum. Die Beweg- lichkeit wird aber in diesem Nebenstrahl auf anderm Wege, nämlich durch den oben erwähnten gegliederten Bau seiner proximalen Partien erreicht. Im Anschluß an die obige Betrachtung der Skeletelemente der Chaetopodenkiemen möchte ich auch die sie bewegenden Muskeln be- schreiben. In den von mir untersuchten Kiemen konnte ich drei Arten von Muskeln nachweisen, erstens die Längsmuskeln der Hauptstrahlen 690 M. Nowikoff, (Mx), zweitens die Muskeln, welche die Knorpelstränge der benach- barten Hauptstrahlen (M2) und drittens diejenigen, welche die Knorpel- stränge der benachbarten Nebenstrahlen miteinander verbinden (Ms). Die Längsmuskeln sind in den Hauptstrahlen von Spirographis Spallanzani (Fig. 12) besonders mächtig entwickelt. Die Muskelbündel treten hier in die Kiemenstrahlen aus den basalen Kiemenplatten, wo sie in Form eines mächtigen Stranges (M) verlaufen. Dieser Strang teilt sich, ebenso wie der dicke Nervenstrang (Nv) und das starke Blutgefäß (Gf) der Kiemenplatte, in mehrere kleinere Aste, welche die Hauptstrahlen versorgen. In jeden Hauptstrahl tritt also ein Knorpel- strang (Hs), ein Muskelstrang {Mx), ein größeres Blutgefäß (Gf) und zwei Nervenstränge (Nv) ein, welche letzteren den beiden Seitenwänden des Strahls dicht anliegen. Auf einem etwas schief geführten Quer- schnitt durch den Wurm (Fig. 12) kann man beobachten, daß der Muskelstrang in der Basalregion des Hauptstrahls eine bedeutendere Dicke als der Knorpelstrang besitzt, daß er aber entsprechend dem weiteren Verlauf des Hauptstrahls immer feiner wird, um schließlich vollständig zu verschwinden (Fig. 12 rechts). Der Muskelstrang ver- läuft auf diese Weise nur in der basalen Partie des Hauptstrahls, welche mit benachbarten Hauptstrahlen durch eine dünne Membran — Fort- setzung der Basalplatte — verbunden wird. Der Muskelstrang ver- läuft stets an der centralen, der elastische Knorpelstrang dagegen an der peripheren Seite des Hauptstrahles, so daß der letztere, infolge der Muskelkontraktion, in der Richtung zur Kopfspitze gebogen wird. Außer den beschriebenen Längsmuskeln konnte ich in den Kiemen von Sp. Spallanzani keine weitere Muskulatur nachweisen. Bei sämtlichen andern von mir untersuchten Sedentariern setzt sich die Längsmuskulatur auch in distale Regionen der Hauptstrahlen fort, wo sie aber eine abweichende Form erhält. Sie zerfällt hier näm- lich in kurze Abschnitte (Fig. 10, 19 Ms), welche die Basalteile der Nebenstrahlen miteinander verbinden und eine Verschiebung der letzteren gegeneinander verursachen können. Bei stärkerer Kontrak- tion sind diese Muskeln wohl imstande, auch eine Einrollung des ganzen Hauptstrahls in der Richtung zur Kopfspitze zu bewirken. In den mit Nebenstrahlen versehenen Basalteilen der Hauptstrahlen von Sabella infun&ibulum sind die Längsmuskeln der Hauptstrahlen (Fig. 18 Mx) zugleich auch die Muskeln der Nebenstrahlen (Ms). Eine dritte Art von Kiemenmuskeln verbindet die basalen Partien der Hauptstrahlen miteinander, bedingt also bei ihrer Kontraktion ein Zusammenschieben derselben. Solche Quermuskeln sind bei Sabella Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 691 reniformis sehr schwach, bei S. infundibulum (Fig. 18 M2) schon ganz deutlich, am mächtigsten aber bei Branchiomma Köllikeri (Fig. 10 M2) entwickelt. Die Knorpelzellen sämtlicher von mir untersuchten Anneliden haben dasselbe blasige pflanzenzellenähnliche Aussehen wie die Zellen im Knorpel der Gastropoden und Vertebraten. Die Hauptmasse der Zelle ist mit Flüssigkeitsvacuolen erfüllt, das Protoplasma (Fig. 13, 15 P) umgibt nur den Zellkern in Form einer Hülle, von welcher einige protoplasmatische Ausläufer entspringen, die jedoch (wenigstens auf dem fixierten Material) ganz kurz sind und im Inneren der Zellen kein zusammenhängendes Netz bilden, wie es in den Knorpelzellen der Gastropoden zu beobachten ist. Jede Knorpelzelle enthält gewöhnlich einen, seltener zwei Kerne. Ich war nicht imstande im Protoplasma irgendwelche körnige Einschlüsse zu konstatieren. Der Bau der Knorpelgrundsubstanz erscheint bei schwächeren und auf dunkel gefärbten Schnitten sogar bei den stärksten Vergröße- rungen vollständig homogen (Fig. 10, 11, 12, 18, 19). Nur auf feinen, nach Hansens Methode sehr vorsichtig behandelten Schnitten unter- scheidet man in den knorpeligen Scheidewänden zweierlei Schichten. Die die Knorpelzelle unmittelbar umhüllende Schicht, welche man als Knorpelkapsel bezeichnen kann (Fig. 13, 15 Kk), bildet gewöhnlich die Hauptmasse der Scheidewand. Zwischen den Knorpelkapseln der be- nachbarten Zellen befindet sich eine meist sehr feine Schicht der eigent- lichen Grundsubstanz (Fig. 13, 15 Grs), welche nach Hansens Methode ebenso wie die Knorpelkapseln blau, jedoch viel intensiver als letztere gefärbt wird. Nur in den Zwickeln zwischen drei oder vier Knorpel- zellen tritt die mittlere Grundsubstanz in größeren Mengen hervor, indem sie hier auf Schnitten in Form von drei- bis viereckigen Feldern erscheint. Ausnahmsweise findet man im Kiemenknorpel allerdings Stellen, wo die mittlere Grundsubstanz eine ebenso dicke Lage wie die Knorpelkapseln oder eine noch dickere bildet (Fig. 17). Unmittelbar an der Grenze des Perichondriums (Fig. 15, 17 Prch) liegt immer eine mehr oder weniger feine Lage der eigentlichen Grund- substanz (GrSi). Es läßt sich denken, daß die Knorpelzelle an ihrer Oberfläche zuerst diese Lage und erst sekundär die Knorpelkapsel ausscheidet. Die mittlere Grundsubstanzlage stellt also ebenso wie bei den Gastropoden, nichts andres als die modifizierte Knorpelkapsel dar. Nicht alle Zwickel werden jedoch von Knorpelgrundsubstanz aus- gefüllt. In den größeren von ihnen finde ich auf meinen Präparaten nicht selten einen protoplasmatischen Inhalt (Fig. 13 x). Es ist schwer 692 M. Nowikoff, zu sagen, ob man es in diesem Fall mit degenerierten Knorpelzellen oder mit Resten der in die Knorpelmasse einbezogenen Epithelzellen zu tun hat. Auf Querschnitten durch die Knorpelscheidewände kann man in letzteren keine feinere Struktur nachweisen. Sogar mit stärksten Ver- größerungen sehen sowohl die Knorpelkapseln als auch die mittleren Grundsubstanzlagen vollständig homogen aus. Wenn man dagegen die dünneren Scheidewände, deren Dicke oft nur 2 — 3 f.i beträgt, von der Fläche betrachtet (solche Flächenansichten sind in jedem Knorpel- schnitt zu finden), so tritt eine regelmäßig netzige bzw. wabige Struktur ziemlich deutlich hervor (Fig. 13, 15 Kw). Es ist unmöglich in der letzteren irgendeine Spur von Fibrillen nachzuweisen. Ich war nicht imstande festzustellen, ob diese Struktur den Knorpelkapseln oder der mittleren Grundsubstanzlage angehört. Nach Hansens Methode färbt sich die ganze knorpelige Scheide- wand, wie schon oben erwähnt, blau. Sie enthält also Chondromucoide, welche jedoch, ebenso wie im Vorderknorpel von Patella (Fig. 5), ver- schiedener chemischer Natur sind. Nach Anwendung der Dreifach- färbimg Mallorys erscheint auch im Annelidenknorpel die mittlere Grundsubstanz (Fig. 17 Grs) gelblich-braun, die Knorpelkapseln da- gegen (Kk) bläulich. Eine besondere Besprechung verdient die collagenartige Masse, welche die Knorpeloberfläche sowohl in Basalplatten als auch in Haupt- und Nebenstrahlen der Würmerkiemen umhüllt. Diese mit Bleu de Lyon, Bismarckbraun blau und nach Hansens Methode rot sich färbende Masse habe ich als Perichondrium (Prch) bezeichnet, obgleich sie mit dem typischen bindegewebigen Perichondrium der Mollusken und Wirbeltiere nicht identifiziert werden darf. Um die Knorpelachse jedes Kiemenstrahls bildet diese feste collagenartige Masse eine Art Cylinder, welcher die Biegungsfestigkeit des Strahls bedeutend erhöht. Außerdem füllt diese Masse in den Kiemen fast alle freien Räume zwischen der Epidermis und den inneren Organen aus. In den größeren Räumen der basalen Kiemenplatte bekommt sie einen spongiösen Cha- rakter (Fig. 12 oben), indem sie in Bündel collagener Fasern zerfällt, welche sich miteinander in verschiedenartigen Richtungen kreuzen. Die Fasern treten auch in die Muskulatur (M) ein, wodurch letztere auf Querschnitten in größere oder kleinere Felder geteilt erscheint. Die perichondrale collagenhaltige Masse erscheint bei schwächeren Vergrößerungen entweder strukturlos (Fig. 10, 12 Prch) oder gestreift (Fig. 11, 18, 19 Prch). Stärkere Vergrößerungen (Apochr. 2 mm, Oc. 4) Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 693 enthüllen in ihr jedoch eine typische und sehr deutliche alveoläre Struktur. Auf Querschnitten durch den Hauptstrahl der Kieme von Sahella reniformis (Fig. 15) besteht dies Perichondrium aus unregel- mäßig angeordneten, polygonal-rundlichen, durchschnittlich etwa 1 it großen Waben, deren Wände mit Fuchsin rot gefärbt werden, während ihre Hohlräumchen farblos bleiben. Stellenweise ordnen sich die Waben in Reihen, welche der Perichondriumoberfläche parallel verlaufen und das oben erwähnte streifige Aussehen des Perichondriums hervorrufen. Sehr charakteristisch erscheint die oberflächliche, an die Epidermis grenzende Lage des Perichondriums (ah). Die Alveolenwände sind hier senkrecht zur Oberfläche gestellt, wodurch ein sogenannter Alveolarsaum Bütschlis entsteht, welcher in der äußersten Lai>e wabig strukturierter Substanzen überall zu finden ist. Auf Fig. 16 ist ein Stück des nach Malloky gefärbten Perichon- driums (Prch) nebst einigen Epidermiszellen (Ep) von einer jungen Sabella reniformis abgebildet. Die collagenartige Masse erscheint hier blau und zeigt einen deutlichen und typischen Wabenbau. Sowohl die Größe, als auch die Gestalt der Waben sind verschieden. Ihr Durch- messer schwankt von 1/2 bis 3 (.i, wobei die kleineren Waben oft einen Alveolarsaum um die größeren bilden. Die reihenweise angeordneten Waben sind gewöhnlich in der Richtung der Reihe mehr oder weniger ausgezogen. Der Alveolarsaum an der Berührungsstelle mit der Epi- dermis tritt auch hier stellenweise ganz deutlich hervor (ah). Auf der Grenze zwischen dem Perichondrium und der Knorpel- grundsubstanz (Fig. 17) sind die äußersten Waben des Perichondriums ebenfalls in Form eines Alveolarsaums (ah) angeordnet. Das obenbeschriebene Perichondrium wurde auch von Kölliker (1858) in den Hauptstrahlen der Chaetopodenkiemen beobachtet und abgebildet. Es wurde jedoch von dem genannten Autor ganz irrtüm- lich als »longitudinale Muskellage« aufgefaßt. In bezug auf die Histogenese des Perichondriums möchte ich folgendes bemerken. Bei Branchiomma Köllikeri (Fig. 11), Sabella infundibulum (Fig. 18, 19) und S. reniformis (Fig. 15 — 17) findet man in ihm keine Zellen, welche man eventuell als Bildnerinnen seiner Sub- stanz auffassen könnte. Die letztere kann auch keinesfalls von den Knorpelzellen stammen. Es bleibt also nur eine einzige Vermutung- übrig, diejenige nämlich, daß die perichondrale Masse von den Epi- dermiszellen ausgeschieden wird. Die auf meinen Fig. 15 und 16 wiedergegebenen Bilder sprechen ganz entschieden für eine solche Ver- mutung. Die Epidermiszellen sind nämlich stark in die Länge gezogen, 694 M. Xowikoff, wobei ihr Protoplasma eine deutliche Längsstreifung zeigt, welcher Um- stand in den Epithelzellen gewöhnlich mit einer secretorischen oder excretorischen Tätigkeit in Zusammenhang steht. Wir wissen allerdings, daß eine solche Tätigkeit sich an der äußeren Oberfläche der Epidermis vollzieht, wo die Cuticula ausgeschieden wird. Es scheint mir jedoch, daß sie an der inneren Epidermisfläche noch viel intensiver ist. Schon oben, bei der Besprechung des Molluskenknorpels hob ich hervor, daß die Zellkerne sich gewöhnlich in derjenigen Zellregion finden, wo sich eine besonders intensive forma tive Tätigkeit entwickelt. Die meisten Zellkerne der Epidermis einer jungen S. reniformis (Fig. 15 Ne) liegen in der nächsten Nachbarschaft des Perichondriums, welches also ver- mutlich unter dem Einfluß der Kernstoffe auf das Protoplasma ge- bildet wird. Die dem Perich ondrium unmittelbar anliegende Lage des Protoplasmas ist viel dunkler tingierbar als das übrige der Epi- dermiszellen. Die Grenze zwischen der Epidermis und dem Perichon- drium ist jedoch ebenso scharf ausgesprochen, wie die zwischen dem Protoplasma und der Grundsubstanz des Knorpels. In beiden Fällen müssen wir also annehmen, daß die Grundsubstanz von entsprechenden Zellen in Form eines Secrets ausgeschieden wird, im Gegensatz zum Knochengewebe, wo, wie ich schon früher zeigte (1909, Fig. 24), das Protoplasma der Osteoblasten in die Grundsubstanz ganz allmählich übergeht, wo also die letztere durch einen Umbildungsprozeß aus dem ersteren entsteht. Weiteren Aufschluß über den Bildungsprozeß des Perichondriums aewinnt man beim Studium des Baues der Zellkerne. Bei Anwendung der MALLORY-Färbung (Fig. 16) unterscheidet man in den Kernen der Epidermiszellen zwei Arten von Chromatinkörnchen : bräunlich- gelbe und blaue. Diese Doppelartigkeit des Chromatins tritt übrigens, obgleich nicht so deutlich, auch auf den nach Hansen gefärbten Schnit- ten hervor (Fig. 15). Sie ist allerdings nur bei jüngeren Tieren nach- zuweisen (auf Fig. 13 und 14, welche Querschnitte durch erwachsene Würmer darstellen, sehen alle Chromatinkörnchen blau aus) und darf wohl als Ausdruck einer besonders lebhaften, mit der Perichondrium- bildung in Zusammenhang stehenden Funktionierung des Zellkernes betrachtet werden. Diejenigen Epidermiskerne, welche in der Mitte der Zellen (Fig. 15 Ep rechts) bleiben, enthalten nur eine Art Chro- matinkörner. In den dem Perichondrium benachbarten Regionen der Epidermis- zellen findet man eine Anzahl von Körnchen (Fig. 16 Je), welche nach MALLORY-Färbung sich durch ihre blaue Farbe vom gelben Proto- Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 695 plasma unterscheiden. Diese Körnchen können mit den von mir im Gastropodenknorpel beobachteten Chromidien verglichen werden. Sie sind an der Oberfläche des Perichondriums besonders dicht angehäuft und stellen wohl diejenigen Produkte der Epidermiszellen dar, welche zum Aufbau des Perichondriums dienen. Ein etwas abweichendes Aussehen bietet das Perichondrium der erwachsenen Spirographis Spallanzani. In der deutlich wabigen, collagenartigen Mas*se dieses Perichondriums (Fig. 13, 14 Prch) findet man hier und da verzweigte, sowohl miteinander als auch mit den Zellen der Epidermis durch Ausläufer verbundene Zellen (Fig. 13 Epzlt Fig. 14 Epz). Nach einer vergleichenden Untersuchung mehrerer Schnitte kam ich zur Überzeugung, daß solche Zellen von der Epi- dermis stammen. Auf dieselbe Weise nämlich, wie die in die Knochen- zellen sich umwandelnden Osteoblasten, werden einige Epidermiszellen (Fig. 13 Epz) von der sich bildenden Substanz des Perichondriums umhüllt. An einigen Stellen erinnert das Perichondrium mit seinen verästelten Zellen lebhaft an das Knochengewebe, an andern Stellen (Fig. 13 rechts) sieht es jedoch mehr der Dentinsubstanz ähnlich. Im letzteren Falle senden die Epidermiszellen, ebenso wie die Odonto- blasten der Vertebraten, in die von ihnen gebildete Grundsubstanz feine Ausläufer (Fig. 13, 14 Za), welche sich zum Teil verästeln, vor- wiegend aber einander parallel verlaufen. Solche Ausläufer, bzw. Kanälchen, ziehen oft durch die ganze Dicke des Perichondriums, reichen also bis zur Oberfläche des Knorpels. Das Vorhandensein von grün gefärbtem Protoplasma in den meisten Kanälchen (nach Han- sens Methode) kann als Beweis dienen, daß man es hier mit wirklichen Zellfortsätzen und nicht mit einer Kunststruktur des Perichondriums zu tun hat. Ich habe schon hervorgehoben, daß das wabige Perichondrium ganz allmählich in die faserige, der bindegewebigen Grundsubstanz von Vertebraten ähnliche Masse übergeht, welche das Innere der Kiemenbasalplatte ausfüllt. Stellenweise, obgleich ziemlich selten, kann man die Bildung collagener Fibrillen auch im Perichondrium, namentlich in den Wänden der reihenweise angeordneten Waben be- obachten. Man begegnet hier wohl demselben Prozeß der Umwand- lung einer wabigen in eine fibrilläre Struktur, den ich schon im Knorpel der Mollusken und Vertebraten beschrieben habe. Es war mir leider bis jetzt unmöglich die Entwicklung der Kiemen von Spirographis Spallanzani zu untersuchen, daher kann ich nicht bestimmt sagen, ob die Zellen, bzw. die Zellgruppen, welche im Innern Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 45 696 M. Nowikoff, der Kiemenplatte zwischen den collagenen Bündeln liegen, ebenso wie die Zellen des Perichondriums, von der Epidermis stammen, oder ob sie richtige Bindegewebszellen darstellen. Wäre letzteres der Fall, so müßten wir annehmen, daß die collagenartige Grundsubstanz bei einer und derselben Tierform sowohl von Ectoderm- als auch von Mesoderm- zellen geliefert werden kann. V. Der Knorpel und das knorpelähnliche Gewebe bei Arthropoden. Literat urÜbersicht. Typisches Knorpelgewebe ist bis jetzt zwischen den Arthropoden nur bei der Gattung Limulus bekannt. Schon im Jahre 1858 veröffentlichte Gegenbattr ganz richtige Angaben über das Vorkommen von Knorpel in der Basalregion der Kiemen von Limulus moluccanus. Die inneren Fortsätze des Chitinskelettes, bemerkt er: »die zwei vom Rücken des Abdomens hereinragende starke Leisten bilden, setzen sich durch Bindegewebe mit pyramidalen Fortsätzen des Abdo- minalinteguments der Bauchfläche in Verbindung, und zwar findet sich je einer der letzteren Fortsätze in der Basis einer Kieme, und ein Paar derselben entspricht somit einem Abdominalsegmente. Innerhalb der Bindegewebsmassen, welche von dem Rücken nach dem Bauche ziehen, von den Leisten zu den Pyramiden gehen, liegen die Knorpelstücke, so daß für jedes Segment deren zwei vorhanden sind « (S. 238). Bei mikroskopischer Untersuchung beobachtet Gegenbaur in diesen Knorpelstücken ovale, rundliche oder polygonale, gruppenweise angeordnete Kapseln. Die Dicke der Kapselwände steht mit der Größe der Kapseln in gleichem Verhältnis. Die dickeren Wände sehen oft geschichtet aus. Stellenweise, in den inneren Knorpelpartien kann man zwischen den Kapseln drei-, Vier- oder fünf- eckige freie Räume nachweisen. »Nach außen hin, d. h. gegen die Bindegewebs- begrenzung, werden die Kapseln kleiner, enthalten weniger sekundäre Hohlräume, bis ganz an der Grenze die Schichtenbildung der Kapselwände erlischt, und nur noch eine homogene, höchstens feinkörnige Intercellularsubstanz auftritt, die kontinuierlich in die Grundsubstanz des Bindegewebes übergeht« (S. 239). Die chemische Untersuchung der Kapselsubstanz führt Gegenbaur zur Vermutung, »daß hier vielleicht ein chemischer Körper vorliegt, der sich in die ohnedies schon verwandte Reihe der Chitin- und Chondrinbildungen einfügt« (S. 240). Die obenangeführte Beschreibung wird in ihren Hauptzügen auch von Ray Lankester (1884, S. 147 — 150) bestätigt. Dieser Autor behauptet jedoch, daß das von Gegenbatjr entdeckte Gewebe mehr einem Pflanzenparenchym als einem Vertebratenknorpel ähnlich ist, da man hier keine hyaline, für den Vertebratenknorpel so charakteristische Interkapsularsubstanz findet. Daher bezeichnet Ray Lankester das Gewebe nicht als Knorpel, sondern als »cartilage- like capsuligenous connective tissue«. — Mehr Ähnlichkeit mit einem typischen Knorpel von Wirbeltieren findet Ray Lankester in einem anderen Gewebe von Limulus, namentlich in seinem Endosternit. Im letzteren unterscheidet man eine reichliche, teils homogene, teils fibrilläre Grundsubstanz, in welcher die Zellen eingebettet sind, die jedoch nicht in Haufen wie die Zellen des Vertebratenknorpels, sondern reihenweise liegen. In chemischer Hinsicht unterscheidet sich der Endo- sternit allerdings ganz scharf vom Knorpel, da seine Grundsubstanz nicht aus Studiea über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 697 Chondrin oder Collagen, sondern hauptsächlich aus Chitin und Mucin besteht. Eine dem Endosternit von Limulus ähnliche Struktur beobachtet Ray Lankester auch im Endosternit von Scorpio, Mygale und Apus (S. 133 — 140). Die Tatsache, daß der Endosternit der Arachnoideen aus Zellen und aus einer Intercellularsubstanz besteht, wurde von mehreren Autoren beschrieben, welche jedoch keine Ähnlichkeit zwischen dem genannten Gewebe und dem Knorpel der Wirbeltiere konstatieren konnten. In seiner Arbeit über die Struktur und die Bedeutung der Endosternite der Spinnen bemerkt Schimkewitsch (1893), daß die Endosternitmasse, welche aus einer fibrillären Grundsubstanz und aus, zum Teil isolierten, zum Teil in Gruppen vereinigten Zellen aufgebaut wird, rein mesodermaler Herkunft ist, indem sie durch Umbildung eines transversalen, dem Schalenadductor der Crustaceen entsprechenden Muskels und einer oder einiger bindegewebigen Sehnen entsteht. Eine weitgehende Analogie wird zwischen den beiden knorpelähnlichen Geweben von Limulus und dem Knorpel der Vertebraten in dem Buche Gaskells "The Origin of Vertebrates" (1908) durchzuführen versucht. Gaskell bemüht sich zu beweisen, daß die Wirbeltiere von Arthropoden, und zwar von den fossilen Palaeostraca stammen. Zu den letzteren kann aber auch Limulus ge- rechnet werden, und manche Züge der Organisation von Limulus sollen nach Gaskell mit der niederer Vertebraten vollkommen identisch sein. Eine solche Identität versucht er unter anderm auch in den Skeletten von Limulus und von Ammocoetes nachzuweisen. »In Limulus«, sagt er (S. 145): "the only living' representative of the Palaeostraca, and in Limulus alone, we find a skeleton marvellously similar to the earliest vertebrate skeleton — that found in Ammo- coetes". Dabei berücksichtigt Gaskell fast garnicht die Angaben früherer Forscher über das Vorkommen eines knorpeligen Skelettes bei Vertretern mancher andern Gruppen von Wirbellosen. "In the invertebrate kingdom", behauptet er: "true cartilage occurs but scantily. There is a cartilaginous covering of the brain of cephalopods. It is never found in crabs, lobsters, bees, wasps, centipedes, butter- flies, or any of the great group of Arthropoda, except, to a slight extent, in some members of the scorpion group, and niore fully in one Single animal, the king-crab or Limulus" (S. 147). Bei letzterem unterscheidet Gaskell, genau ebenso wie beim Ammocoetes, zwei voneinander unabhängige Teile des Knorpelskelettes : einen proso- matischen Teil und einen mesosomatischen. Der mesosomatische besteht, wie es auch von Gegenbattr angegeben wurde, aus segmental angeordneten, in den Kiemenplatten liegenden Querstangen. Er soll, sowohl in seiner Struktur als auch seiner chemischen Zusammensetzung nach vollständig dem Kiemenknorpel von Ammocoetes entsprechen. Die beiden Knorpel enthalten eine nur geringe Menge von Grundsubstanz; sie gehören also zur Gruppe der sogenannten weichen, bzw. parenchymartigen Knorpel. Ihre Grundsubstanz färbt sich intensiv mit Thionin, zeigt also einen ausgesprochenen mucoiden Charakter. Das prosomatische Skelet von Limulus oder der Endosternit soll nach Gaskell dem subcranialen, aus dem harten Knorpel bestellenden Skelet von Ammocoetes (trabeculae + parachordalia) entsprechen. Der Endosternit ist allerdings nach Gaskell nur halb-knorpelig ( »semi-cartilaginous «) ; es stellt eine breite Platte dar, welche vorwiegend aus collagenen Fasern zusammengesetzt wird, in welcher man aber außerdem Reihen und Xester von Knorpelzellen unterscheiden kann. Einen ähnlichen Bau des Endosternits konstatiert Gaskell auch bei einigen Arachnoideen. 45* 698 M. Xowikoff, Eigne Untersuchungen. Es war für mich von Interesse erstens den eigenartigen Bau des inneren Skelets von Limulus zu studieren und zu verfolgen, insofern derselbe dem des Vertebratenknorpels entspricht, und zweitens zu prüfen, ob ähnliche Skeletstrukturen auch bei andern Arthropoden vorkommen. Als Material für meine Untersuchung benutzte ich in Sublimat fixierte Scorpione und niedere Crustaceen, sowie ein junges Exemplar von Limulus polyphemus aus der Sammlung des Moskauer vergleichend-anatomischen Instituts. Obgleich dieser Limulus wahr- scheinlich in Alkohol konserviert wurde, waren seine histologischen Elemente vollständig gut erhalten. Auf den anatomischen Bau der beiden Hauptteile der Kiemen- knorpel und des Endosternits von Limulus brauche ich hier nicht näher einzugehen, da der Bau von früheren Forschern genügend aufgeklärt wurde. Was die histologische Beschaffenheit betrifft, so finde ich im Gegensatz zur Angabe Gaskells, daß die beiden Skeletteile von Limu- lus zwei verschiedene Gewebsarten darstellen, welche sich voneinander sowohl ihrem Bau als auch ihrer Entwicklung nach viel mehr unter- scheiden, als der subcraniale und der branchiale Knorpel von Ammo- coetes. Die mesosomatischen, segmental angeordneten, in die Basalregionen der Kiemen eintretenden Skeletstücke von Limulus polyphemus be- stehen aus einem typischen Knorpelgewebe, welches eine große Ähn- lichkeit mit den oben beschriebenen Knorpeln der Schnecken und Würmer zeigt. In der Architektur des Limulus- Knorpels kann ich allerdings sowohl auf Längs- (Textfig. 13) als auch auf Querschnitten (Fig. 20) keine solche Kegelmäßigkeit feststellen, wie bei anderen wirbellosen Tieren. Die stärkeren Grundsubstanzscheidewände verlaufen im Limulus- Knorpel in verschiedenen Richtungen (Textfig. 13 grs) und bilden auf diese Weise ein Netz, in welchem man keine balken- oder säulenartigen Bildungen, d. h. keine trajectoriellen Strukturen unter- scheiden kann. Von außen geht die Knorpelmasse in das Gewebe des Perichondriums (Fig. 20 Prcli) allmählich über, so daß die Knorpel- stücke auch mit den hohlen Cylindern der Kiemenknorpel der Chäto- poden nicht verglichen werden können. Die Skeletstücke von Limulus bestehen also aus einem primitiv gebauten Knorpelgewebe, und jeder von ihnen stellt eine in allen bzw. mehreren Richtungen gleichmäßig feste und elastische Masse dar. Bemerkenswert in diesem Gewebe ist die gruppenweise Anordnung der Zellen. In den mittleren Regionen jedes .Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 699 Schnittes kann man nämlich die Umrisse von drei Zellengenerationen ganz deutlich verfolgen (Textfig. 13). Die Räume der früheren Groß- mutterzellen sind von dickeren Grundsubstanzlagen umgeben und durch feinere Zwischenwände in zwei, vier bzw. mehrere Mutterzellräume ge- teilt. In den letzteren bilden sich oft noch ganz feine Scheidewände, Textfig. 13. Längsschnitt durch den Kiemenknorpel von Limulus polyphemus. Substanz; N, Zellkern. Vergr. 320. grs, Grund- welche die benachbarten Tochterzellen voneinander trennen. Die dicke- ren Scheidewände verlaufen gewöhnlich in gerader Richtung, die feineren sind mehr oder weniger gebogen. An der Peripherie des Knorpelstücks, wo ein appositionelles Wachstum durch die Bildung neuer Knorpel- zellen aus dem umgebenden Perichondrium geschieht, wo also die Knorpelmasse nur aus jungen Zellen besteht, findet man dement- sprechend auch keine Gruppenbildung. An der Oberfläche des Knorpels kann man nicht selten beobachten, wie mehr oder weniger umfangreiche Partien der Bindegewebsorund- 700 M. Nowikoff, Substanz zwischen den neu sich bildenden Knorpelzellen eingeschlossen werden (Fig. 20 oben links). Diese Partien erleiden eine allmähliche chemische Umwandlung, indem ihre collagene oder collagenartige, mit Fuchsin rot sich färbende Masse chondromucoidhaltig wird und nach Hansens Methode sich grün bis blaugrün färbt. Gleichzeitig mit dieser chemischen Umwandlung verliert die Grundsubstanz des Binde- gewebes auch ihre charakteristische fibrilläre Struktur; sie sieht jetzt entweder homogen oder körnig, bzw. wabig aus. In den centralen Knorpelregionen sind solch größere Grundsubstanzmassen zwischen den Knorpelzellen äußerst selten. Infolge einer intensiven Vermehrung der Knorpelzellen und des dadurch auf die Grundsubstanz ausgeübten Drucks bekommen nämlich die sämtlichen Scheidewände, welche die größeren Zellgruppen voneinander trennen, eine fast gleiche Dicke (Textfig. 13). Der Bau der Knorpelzellen (Fig. 20, 21) entspricht demjenigen der meisten andern Wirbellosen. Das Protoplasma ist nur in Form spärlicher Stränge vorhanden, zwischen welchen umfangreiche Vacuolen liegen. In jeder Zelle findet man im Protoplasma eingeschlossene Kügelchen (b). Die Zellen sind einkernig, wobei die Kerne stets in der Nähe der Scheidewände (Textfig. 13 N), oft in den Ecken zwischen zwei Scheidewänden liegen. Die Knorpelgrundsubstanz zeigt große Ähnlichkeit mit der der Gastropoden, Anneliden und Cyclostomen. Bei stärkeren Vergröße- rungen (Fig. 21) kann man in den dickeren Knorpelscheidewänden feine, homogene Kapseln (Kk) und eine mittlere Grundsubstanzlage unterscheiden. Die Kapseln färben sich mit Mallok y, ebenso wie die mittlere Grundsubstanzlage, blau, jedoch nicht so intensiv wie die letztere. Die mittlere Grundsubstanzlage erscheint in den Zwickeln unregelmäßig wabig (Grsw), in den Scheidewänden fibrillär (Grsf). Die jüngeren Scheidewände bestehen aus einer einzigen homogenen Lage, welche in die Kapseln der dickeren Wände kontinuierlich über- geht (Fig. 21). Die oben angeführten Beobachtungen sprechen ganz entschieden dafür, daß das Kiemenskelet von Limulus ein echtes Knorpelgewebe ist. Einen andern Eindruck erhält man beim Studium des sogenannten prosomatischen Skelettes, des Endosternites. Der Vergleich der Fig. 20 und 22 zeigt den Unterschied beider Skeletgewebe mit genügender Deutlichkeit. Der Endosternit der Arthropoden stellt, wie es Schim- kewitsch (1893) und andre Autoren ganz richtig nachwiesen, eine Art Sehne dar, welche an der Kreuzungsstelle mehrerer Muskeln ge- Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 701 bildet wird und ihren bindegewebigen Charakter stets behält. Die Grundsubstanz des Endosternits von Limulus (Fig. 22 Grs) ist eben- falls rein bindegewebig, indem sie nach Hansens Methode in ihrer ganzen Ausdehnung intensiv rot gefärbt wird, d. h. die typische Fär- bungsreaktion auf Collagen zeigt. Die Hauptmasse der Grundsubstanz besteht aus Fibrillen (Grsf), welche gewöhnlich einander parallel (in der Kichtung der Zugkräfte) verlaufen und ganz allmählich in die vom Endosternit entspringenden Muskelfasern (M) übergehen. Neben dieser fibrillären Grundsubstanz findet man im Endosternit stellen- weise Flecke einer ebenfalls rot gefärbten Grundsubstanz, in welcher jedoch sogar bei den stärksten Vergrößerungen keine Spur von Fibrillen nachzuweisen ist. Diese Flecke erscheinen entweder homogen (Fig. 23 Grs), oder zeigen eine ziemlich deutliche Wabenstruktur (Fig. 23 Grsw), welche ich am besten mit der Struktur des ebenfalls aus einem collagen- artigen Stoff gebauten Perichondrium der Würmerkiemen (Fig. 13 — 15 Prch) vergleichen möchte. Die Zellen des Endosternits sind ebenso wie seine Grundsubstanz verschieden. Diejenigen Zellen, welche in der fibrillären Grundsubstanz liegen, sind typische Bindegewebszellen. Die meisten von ihnen er- scheinen spindelförmig und nur mit einer geringen Menge Protoplasma versehen, welches von der umgebenden Grundsubstanz nicht scharf abgegrenzt wird. An den Stellen des Endosternits dagegen, wo die Grundsubstanz homogen oder wabig wird (Fig. 23), sind die Zellen rundlich-polygonal, durch Ausläufer (Za) miteinander verbunden und oft nach Art der Knorpelzellen zu Gruppen vereinigt. — Die meisten Zellen sind einkernig; es gibt aber auch solche, die zwei bis mehrere Kerne enthalten. Eine weitere Ähnlichkeit mit Knorpelzellen besteht darin, daß die rundlichen Endosternitzellen von einer Lage dichterer Grundsubstanz, von einer Art Kapsel (Zk) umgeben werden. Im Gegensatz zu den echten Knorpelkapseln, welche stets chondromucoid- haltig sind, zeigen die kapselartigen Zellhüllen im Endosternit von Limulus eine ausgesprochene Färbungsreaktion auf Collagen. Das Protoplasma der rundlichen Endosternitzellen (Fig. 23 P) füllt den Zellraum als eine kompakte Masse aus und enthält keine Flüssigkeits- vacuolen. Im Protoplasma der meisten Zellen liegen dieselben Körn- chen (Fig. 23 b), welche man auch in vielen Knorpelzellen beobachtet und welche darauf hindeuten, daß die Grundsubstanz als Ausscheidimgs- produkt der Zellen gebildet wird. Ich betrachte also das Endosternitgewebe von Limulus als ein Bindegewebe, welches stellenweise eine morphologische Modifikation 702 M. Xowikoff, erfährt, indem seine Zellen eine gewisse Ähnlichkeit mit den Knorpel- zellen der Cephalopoden erlangen. Ich halte daher die Behauptung Gaskells, daß das Endosternitgewebe von Limulus mit dem Kopf- knorpel von Ammocoetes übereinstimmen soll, für ganz unbegründet. Die beiden Gewebsarten sehen sich nur auf den schematischen Ab- bildungen Gaskells einander ähnlich, in Wirklichkeit sind sie sowohl morphologisch als chemisch total verschieden. Was die Homologisierung des Kiemenknorpels von Limulus mit dem des Ammocoetes betrifft, so könnte Gaskell den letzteren ebenso gut auch mit dem oben beschriebenen Kiemenknorpel der Anneliden vergleichen, welchen er jedoch gar nicht erwähnt. Ich denke über- haupt, daß das Vorhandensein von Knorpel für phylogenetische Unter- suchungen kaum verwertet werden kann, da die Knorpelbildung eine rein physiologische Erscheinung darstellt, welche bei systematisch weit voneinander entfernten Tierformen auftritt, stets jedoch in denjenigen Körperregionen, wo eine spezifische Beanspruchung auf Druck- oder Biegungsfestigkeit existiert. Da meine Befunde in bezug auf die morphologische Bedeutung des Endosternits von Limulus mit den Angaben Gaskells nicht überein- stimmen, hielt ich für notwendig diese Befunde durch das Studium der Endosternite einiger andrer Arthropoden zu kontrollieren. Dabei wurde die Richtigkeit meiner Auffassung, wie es aus nachfolgenden Zeilen ersichtlich ist, durchaus bestätigt. In erster Linie habe ich den Endosternit von Euscorpius euro- paeus untersucht. Seine Hauptmasse (Fig. 24 End) liegt über dem Bauchmark (Bm) und zeigt in ihrem Bau eine gewisse Ähnlichkeit mit demselben Organ von Limulus. Seine Grunclsubstanz besteht aller- dings ausschließlich aus Fibrillen, welche zum Teil einander parallel verlaufen, zum Teil sich miteinander kreuzen (Fig. 25 Grsf). Die zahl- reichen, in diese Grundsubstanz eingeschlossenen Zellen verleihen dem Gewebe einen ausgesprochen bindegewebigen Charakter. Sie sind klein, spindelförmig, miteinander durch Ausläufer verbunden und besitzen eine geringe Protoplasmamenge (Fig. 25 P) nebst einem ovalen bis stäbchenförmigen Kern (N) und entbehren jeder Spur von Kapsel- bildung. Ein etwas abweichender und sehr bemerkenswerter Bau findet sich im Endosternit der Ostracoden. Sowohl bei diesen, als auch bei andern der untersuchten Crustaceen und Arachnoideen ist der Endo- sternit das einzige collagenhaltige Gewebe, welches auf den mit Han- sens Methode behandelten Schnitten intensiv rot erscheint, im Gegen- Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 703 satz zu den gelb, grün oder bläulich gefärbten übrigen Körperteilen. Bei der etwas näher studierten Cypris puber a besteht der Endosteini t (Fig. 26 End), ebenso wie bei vielen andern Arthropoden, ans einer Medianplatte, von welcher mehrere, zur Anheftimg der Muskulatur dienende Fortsätze entspringen. Letztere bestehen aus parallel ver- laufenden Fibrillen und enthalten keine Zellen. In der Medianplatte unterscheidet man dagegen Grundsubstanz und Zellen. Die Haupt- masse der ersteren erscheint sogar bei den stärksten Vergrößerungen homogen (Fig. 27 Grs); nur stellenweise kann man in ihr feine, unter- einander sich kreuzende Fibrillen erkennen (Fig. 27 Grsf). Die Zellen der Medianplatte sind rundlich polygonal; sie besitzen gewöhnlich keine Ausläufer, vereinigen sich oft zu Gruppen und zeigen auch in ihrem inneren Bau weitgehende Analogien mit Knorpelzellen. Ihr Protoplasma (Fig. 27 P) enthält mehr oder weniger ansehnliche Va- cuolen (7) und Kügelchen oder Körnchen (6), deren Färbungsver- mögen das der Nucleolen ist. Diese Kügelchen sind wohl dieselben Chromidialbildungen, welche ich im Subradularknoipel der Gastio- poden näher untersucht habe (1909b) und welche überhaupt in den Zellen, welche intensiv Grundsubstanz ausscheiden, nicht selten vor- kommen. Die auf Fig. 27 naturgetreu abgebildete, aus zwei Zellen des Endosternits von Cypris pubera bestehende Gruppe bietet viel mehr Ähnlichkeit mit typischem Knorpelgewebe dar als die oben be- schriebenen rundlichen Zellen des Endosternits von Limulus. Ich halte es jedoch für sicher, daß das Endosternitgewebe der Ostracoden ebenfalls nur eine modifizierte bindegewebige Sehne ist. Der prin- zipielle Unterschied zwischen einer solchen Sehne und dem typischen Knorpel kann wohl darin gefunden werden, daß die Sehne von vorn- herein als eine collagene Masse angelegt wird, die Knorpelgrundsubstanz dagegen in ihrem embryonalen Zustande stets chondromucoidhaltig ist; erst im späteren Alter können im Knorpel collagene Fibrillen gebildet werden, welche jedoch nie die ganze Chondromucoidsubstanz ersetzen. Im Endosternit hingegen findet man von letzterer keine Spur. Schließlich widmete ich meine Aufmerksamkeit auch dem Endo- sternit von Nebalia, dieser unzweifelhaft recht primitiven Ciustaceen- form. Der Endosternit von Nebalia Geoffroyi (Fig. 28 End), besteht ebenso wie die von mir schon früher untersuchten Endosternite andrer primitiv organisierter Crustaceen (Limnadia, Branchipus) aus typischem Bindegewebe, d. h. aus dicht aneinander gepreßten, parallelen collagen- haltigen Fibrillen, zwischen welchen nur wenige, von kaum bemerk- baren Protoplasmalagen umgebene Zellkerne zu finden sind. 704 M. Nowikoff, VI. Das knorpelähnliche Gewebe der Coelenteraten. Als ich meine vorliegende Untersuchung anfing, stand ich vor der Aufgabe, das von mehreren früheren Autoren (Gegenbaur, Kölli- ker, Haeckel u. a.) beschriebene Knorpelgewebe bei Hydroidpolypen und einigen Medusen einer nochmaligen Prüfung mit Anwendung der neuesten technischen Hilfsmittel zu unterwerfen. Indessen ist vor kurzem der dritte Teil von Schaffers Arbeit : »Über den feineren Bau und die Entwicklung des Knorpelgewebes und über verwandte Formen der Stützsubstanz« erschienen (1911). Die Arbeit enthält sowohl eine ausführliche geschichtliche Literaturübersicht als auch die Resultate der eignen Untersuchungen Schaffers über den sogenannten Coelen- teratenknorpel. Sowohl in den basalen Polstern der Tentakel von Tubularia als auch in den Tentakeln und den elastischen Reifen des Schirmrandes von Carmarina hastata findet Schaffer große, blasige, voneinander nur durch eine äußerst feine Membran getrennte Zellen. Nirgends ist eine stärker entwickelte Intercellularsubstanz vorhanden. Der blasige Charakter der Zellen verleiht allerdings dem Gewebe einen hohen Grad von Elastizität, so daß es als Skeletgewebe funktionieren kann. Es muß indessen nur als »chordoides Stützgewebe« und keines- falls als Knorpel bezeichnet werden (1910, S. 79). Dieser Angabe Schaffers kann ich durchaus beistimmen und glaube, daß der von Kölliker eingeführte Name »Knorpel ohne Grund- substanz« weder bei Coelenteraten noch bei andern Wirbellosen an- gewendet werden darf. Wir sahen doch schon oben, daß in sämtlichen Knorpeln bei Mollusken, Würmern und Limulus eine mehr oder weniger reichliche Grundsubstanz vorhanden ist. Denselben Gedanken spricht auch Schaffer (1910, S. 2) in bezug auf die Vertebraten aus, indem er behauptet, daß ein Teil der »Knorpel ohne Grundsubstanz« . . . »dem Knorpelgewebe überhaupt nicht zugerechnet werden kann, während der andre Teil, ebenso wie die Knorpel der Petromyzonten und Myxinoiden, echte Grundsubstanzgewebe darstellt, welche nur durch die Spärlichkeit ihrer Grund- oder Intercellularsubstanz aus- gezeichnet sind.« In Schaffers Arbeit wird jedoch Haeckels Angabe über den »Faserknorpel« von Medusen nicht berücksichtigt. Diesem Gewebe schreibt Haeckel (1881) eine bedeutende Verbreitung zu. »Sehr verschieden«, behauptet er, »ist die Konsistenz des Gallertgewebes, welches einerseits in äußerst weiches und wasserreiches Schleimgewebe übergeht (z. B. Umbrella der Aurelia), anderseits in sehr festen und Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 705 harten Faserknorpel (z. B. Cathamnien der Peromedusen). Besonders in der Nähe der Cathammalplatten, dieser festen Verwachsungsstreifen, nimmt das Gallertgewebe vieler Acraspeden eine Beschaffenheit an, welche sowohl in Bezug auf histologische Struktur, wie auf physika- lische Qualität dem echten »Faserknorpel« der Wirbeltiere zum Ver- wechseln ähnlich ist. In diesem Falle wird die außerordentliche Festig- keit des zellenreichen Gewebes vorzugsweise durch Verdichtung und durch faserige Differenzierung der Intercellularsubstanz gebildet, wäh- rend gewöhnlich die weichere oder festere Beschaffenheit des Gallert- gewebes von der qualitativen und quantitativen Entwicklung der elastischen Fasern in demselben abzuhängen scheint« (1881, S. 146). Der Faserknorpel tritt nach Haeckel am deutlichsten bei Periphema regina hervor, er ist aber auch bei Periphylla mirabilis ganz gut zu beobachten (1881, S. 68). Alis den Abbildungen Haeckels (Taf. XXV, Fig. 8 u. 9) ist ersichtlich, daß der Knorpel aus blasigen, voneinander durch ziemlich dicke, faserige Grundsubstanzscheidewände getrennten Zellen besteht. Für meine Untersuchungen, deren Zweck nur darin bestand, die Richtigkeit der Angaben Haeckels nachzuprüfen, benutzte ich einige junge Exemplare von Periphylla sp. Das von Haeckel beschriebene harte Gewebe war bei diesen Exemplaren noch nicht vollständig ent- wickelt, was jedoch für die Beurteilung der morphologischen Bedeutung des Gewebes gerade günstig erscheint. Hier und da trifft man in dem- selben (Fig. 29) rundliche bis ovale, von einer faserigen, collagenhaltigen Grundsubstanz (Grsf) umgebene Räume, in welchen ein bis mehrere Zellkerne (N) und eine gewisse Menge Protoplasma (P) eingeschlossen sind. Letzteres bildet gewöhnlich eine Hülle um den Kern, sowie eine Anzahl Stränge, die ähnlich dem Protoplasma der Knorpelzellen von der Hülle nach allen Richtungen entspringen und den von der faserigen Grundsubstanz begrenzten Raum durchsetzen. Die geschilderten Räume wurden von Haeckel als Knorpelzellen aufgefaßt. Wenn man aber die Anordnung der faserigen Grundsubstanz genauer verfolgt (Fig. 29, 30 Grsf), so wird es klar, daß es sich hier nicht um Knorpel- gewebe handelt. Die faserige Substanz bildet sich nämlich durch die Vereinigung der feinsten im Schleimgewebe (Grs) der Medusenglocke verteilten Fibrillen (/). Sowohl die letzteren, als auch die faserige Substanz färben sich nach der Anwendung der HANSENschen Methode rot, welcher Umstand auf ihren collagenen Charakter hindeutet. An einigen Stellen der Medusenglocke (besonders in der Nähe der Catham- malplatten) entstehen aus den Fibrillen dickere Stränge, welche durch 706 M. Nowikoff, verschiedenartige Anastomosen untereinander verbunden sind, und so ein Netz bilden mit polygonalen, runden oder ovalen Maschen. Solche Maschen bieten oft eine, allerdings nur äußerliche Ähnlichkeit mit Knorpelzellen dar; in Wirklichkeit aber bestehen sie, wie gesagt, aus Strängen und nicht aus Platten, so daß die ganze Gewebsmasse ein schwammartiges Gerüst und kein Alveolen werk darstellt. Im Innein der Maschen findet man das gewöhnliche Schleimgewebe (Grs), welches aus einer schwach färbbaren, homogenen Intereellularsubstanz besteht, in die zum Teil verzweigte und durch Ausläufer verbundene (Fig. 29), zum Teil aber abgerundete, unverzweigte Zellen (Fig. 30) eingeschlossen sind. Meine Untersuchung bestätigt also die Angabe Schaffers und zeigt, daß ein »Medusenknorpel« im Sinne Haeckels nicht existieit. Das von mir beobachtete Skeletgewebe des Medusenschirms erscheint sowohl seiner chemischen Zusammensetzung, als auch seinem morpholo- gischen Bau nach dem oben geschilderten typischen Bindegewebe des Endosternits der Arthropoden durchaus ähnlich. [VII. Vergleichende Bemerkungen. |1. Über die Klassifikation* des Knorpelgewebes der Wirbellosen. Das Knorpelgewebe tritt sowohl bei Wirbeltieren als auch bei Wirbellosen in überaus verschiedenen Modifikationen auf, so daß eine strenge Definition des Begriffes »Knorpel« recht schwierig ist. Sogar für die von nur beschriebenen Knorpel der Wirbellosen hat man keine morphologischen Merkmale feststellen können, welche für alle charak- teristisch wären. In einigen dieser Knorpel trifft man nämlich ver- zweigte, miteinander in Verbindung stehende Zellen (Cephalopoden), in andern sind die Zellen abgerundet und unverzweigt (Gastropoden, Anneliden, Limulus). Die erstere Art von Knorpelzellen ist dicht protoplasmatisch, während die Zellen der zweiten Art von großen, den Hauptteil des Zellkörpers erfüllenden Flüssigkeitsvacuolen durchsetzt sind. Ähnliche Unterschiede zeigt auch die Grundsubstanz. Bei den Cephalopoden ist sie eine einheitliche Masse, in welcher man entweder gar keine, oder nur sehr schwach entwickelte Knorpelkapseln unter- scheidet; bei andern Wirbellosen dagegen ist sie in deutliche Knorpel- kapseln und eine mittlere Grundsubstanzlage differenziert. Die feinere Struktur der Intereellularsubstanz kann sowohl wabig als auch faserig sein. In bezug auf das Knorpel Wachstum bestehen ebenfalls Ver- schiedenheiten. In den meisten Knorpeln geschieht es sowohl durch Intussusception als auch durch Apposition. Für den Kiemenknorpel Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 707 einiger Anneliden erscheint der letztgenannte Prozeß jedoch vollständig ausgeschlossen, da das von der Epidermis ausgeschiedene Perichon- drium dieses Knorpels keine Zellen enthält. Alle angeführten Merk- male können also nicht als Unterscheidungsmerkmale des Knorpels von den übrigen Bindesubstanzen, sondern nur zur Klassifikation der Knorpelgewebe benutzt werden. Das einzige sichere Unterscheidungs- merkmal des Knorpelgewebes bildet, meiner Ansicht nach, die chemische Beschaffenheit der Knorpelgrundsubstanz. Jeder typische Knorpel nämlich, sei es nach Schaffers Terminologie der weiche oder der harte Hyalinknorpel, sei es der faserige oder elastische Knorpel, oder schließlich der Knorpel von Wirbellosen, enthält eine größere oder kleinere Menge Chondromucoide, welche zwar nicht alle chemisch identisch, stets aber von collagenhaltigen Stoffen durch ihre Färbungs- reaktionen leicht zu unterscheiden sind. Am häufigsten wird der Knorpel mit Bindegewebe und mit jungem, noch im verkalktem Knochen verwechselt; von diesen beiden Geweben kann er wohl nur durch die Anwesenheit der Chondro mucoide unterschieden werden. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, muß man die oben beschrie- benen, knorpelartigen Skeletgewebe der Wirbellosen in zwei Haupt- gruppen zerlegen: 1) echte Knorpel, welche man bei Mollusken, Anneliden und im Kiemenskelet von Limulus findet, und 2) knorpel- ähnliches Bindegewebe des Endosternits des Limulus und der Ostracoden. Im letzteren Gewebe trifft man einige morphologische Merk- male des Knorpels, wie z. B. die abgerundete Form und die Vacuolen der Ostracodenzellen, die gruppenweise Anordnung der Zellen, sowie kapselartig' verdichtete Grundsubstanzlagen um die Zellen im Endo- sternit von Limulus. In den beiden genannten Gewebsarten ist jedoch keine Spur von Chondromucoiden nachzuweisen ; sogar die kapselartigen Zellmembranen (Fig. 23 Zk) bestehen ausschließlich aus collagen- haltiger Substanz. Was die echten Knorpel von Wirbellosen betrifft, so zer- fallen sie in zwei Gruppen. Zur ersten gehören der Cephalopoden- knorpel und die peripheren Partien einiger Subradularknorpel der Gastropoden mit verzweigten Zellen und reichlicher Grundsubstanz ; zur zweiten Gruppe rechne ich den parenchymartigen Knorpel der Gastropoden, Anneliden und Poecilopoden. Diese beiden Knorpel- arten entsprechen ihrem Bau nach den jüngeren oder embryonalen Vertebratenknorpeln. Letztere werden gewöhnlich in Form von Paren- chymknorpeln angelegt und bei den primitivsten Wirbeltieren — den Cyclostomen, verharren sie, ebenso wie bei manchen Wirbel- 708 M. Nowikoff, losen, lebenslang auf diesem Entwicklungsstadium. Der Knorpel der Cephalopoden, sowie die äußeren Lagen des Vorderknorpels von Patella (Fig. 5) und Haliotis (Fig. 9), weichen allerdings von diesem embryo- nalen Typus ab, aber auch in ihrem Bau sind Merkmale des jugend- lichen Zustandes vorhanden, besonders die Zellverbindungen, welche bei den Wirbeltieren, wie ich früher (1908, S. 250, Textfig. 5) zeigte, in den peripheren, durch Apposition der Perichondralzellen neu ge- bildeten, also jugendlichen Knorpelpartien recht oft vorkommen, da- gegen im älteren Knorpel gewöhnlich verschwinden. Die parenchymartigen Knorpel der Gastropoden, Anneliden und Poecilopoden gleichen sich sehr. Die Zellen sind überall mit großen Vacuolen versehen; die Grundsubstanz besteht aus deutlichen Kapseln und einer mittleren Lage. Die drei genannten Knorpelformen sind nur durch die Besonderheiten ihrer Architektur zu charakterisieren. Der hauptsächlich druckfeste Subradularknorpel der Gastropoden zeichnet sich durch das Vorhandensein der balken- oder säulenartigen Grundsubstanzplatten aus. Die biegungsfesten Knorpelachsen der Annelidenkiemen werden von dickeren, cylinderförmigen Grundsub- stanzlagen oder festen Perichondrien umgeben. Im Kiemenknorpel von Limulus konnte ich nur eine netzartige Anordnung der dickeren Grundsubstanzplatten nachweisen. 2. Über den Bau der Knorpelgrundsubstanz. Auf Grund meiner oben angeführten Beobachtungen, ebenso wie der von mir früher (1908) veröffentlichten Angaben über den Knorpel der Vertebraten möchte ich einige Fragen bezüglich der gröberen und feineren Struktur der Knorpelgrundsubstanz zu beantworten versuchen. In neuerer Zeit wird öfters behauptet, daß die Knorpelgrundsub- stanz eine Art Ectoplasma der Knorpelzelle darstelle. So gibt Stud- nicka (1903, S. 336) folgende Schilderung des Bildungsprozesses des Knorpels aus jungem Bindegewebe: »Die ziemlich weit voneinander liegenden und durch verhältnismäßig dünne Brücken untereinander verbundenen Zellen vergrößern sich am Anfange des Prozesses; das feine intercelluläre Netz . . . wird dabei immer dichter, und es fließen dabei dessen einzelne Fädchen untereinander, sowie mit den Körpern der einzelnen Zellen sozusagen zusammen. Die Lücken zwischen den Zellen verschwinden gleichzeitig, so daß dadurch eigentlich eine Art von Syncytium zustande kommen muß, das die erste Anlage des Knorpelgewebes vorstellt. Die im jungen Bindegewebe sich befindenden feinen Faserungen werden in dem erwähnten Syncytium eingeschlossen Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 709 und liegen, da sie sich unterdessen noch vermehrt haben, sehr dicht aneinander und bedingen die eigentümliche Struktur der Grundsubstanz des jungen Knorpels, die man sich nicht so ohne weiteres als durch Fixation hervorgerufen vorstellen kann. Nun ist dieses Syncytium doch nicht vollkommen einheitlich. Gleichzeitig als die Zellen mit- einander zu verschmelzen anfangen, differenzieren sich die dem Kern nächsten Partien als ein Endoplasma schärfer vom übrigen Proto- plasma; diese Partien sind es eben, die uns die eigentlichen künftigen Knorpelzellen vorstellen; solche haben demnach nur den Wert von Endoplasmazellen. Alles übrige, was wir jetzt zwischen den Zellen als Grundsubstanz des Gewebes sehen können, die ganze, die feinen Faserungen enthaltende Masse hat die Bedeutung eines Exoplasma.« Eine ähnliche Auffassung vertritt auch Hansen (1905, S. 747 — 751), indem er behauptet, »daß wir dasjenige des Knorpels, was wir gewöhn- lich 'Knorpelzellen' nennen, als ein Endoplasma zu betrachten haben, während die Grundsubstanz der echten hyalinen Knorpel eventuell als ein gemeinschaftliches und mit Bezug auf das Endoplasma mehr oder weniger selbständiges Ectoplasma aufzufassen ist«. Hansen meint überhaupt, daß »eine prinzipielle, theoretische, scharfe Sonde- rung der Bindegewebsgruppen in Zellen und Grundsubstanz« sich nur auf künstliche Weise aufstellen läßt, und weiter daß »die sogenannten Grundsubstanzen als lebend zu betrachten sind, ebensowohl als die Zellen, d. h. daß sie innerhalb gewisser Grenzen von den Zellen, dem Endoplasma, unabhängig eine 'formative' Tätigkeit entfalten können«. Die Kesultate meiner Untersuchungen sowohl über den Bau des erwachsenen Knorpels der Wirbeltiere und Wirbellosen, als auch über die Histogenese des Vertebratenknorpels , können mit den Angaben der beiden genannten Forscher nicht in Übereinstimmung gebracht werden. Die erste Bildung des Knorpels erfolgt bei den von mir stu- dierten Reptilien und Amphibien in der Weise, daß die Bindegewebs- zellen sich sehr dicht aneinanderlegen, wobei aber ihre Grenzen nach geeigneten Färbungen ganz deutlich hervortreten. Diese Grenzen werden immer deutlicher dadurch, daß sich zwischen den Zellen die Grundsubstanz als ein ununterbrochenes Alveolenwerk bildet, welches durch sein Färbungsvermögen vom Protoplasma der Knorpelzellen sehr scharf unterschieden ist (s. meine Textfig. 3, S. 236, 1908). Die Entwicklung der Knorpelgrundsubstanz geschieht aber nicht nur in embryonalen, sondern auch in späteren Entwicklungsstadien, oft auch bei erwachsenen Tieren als eine Folge der Zellteilung. Ich habe jedoch nie beobachtet, daß zwei Tochterzellen, sowohl nach einer 710 M. Nowikoff, mitotischen als amitotischen Teilung zusammenschmelzen, um nachher in ihrer Mitte eine Grundsubstanzmasse zu bilden — d. h. Ectoplasma im Sinne Studnickas und Hansens. Stets, sowohl bei Wirbeltieren als auch bei Wirbellosen, erfolgt nach einer Kernteilung eine Zellkörper- teilung (im Falle einer Amitose können die beiden Prozesse sogar gleichzeitig verlaufen), wobei zwischen den Tochterzellen zuerst eine plasmatische Scheidewand sich bildet, welche nachher allmählich durch eine knorpelige, chondromucoide Platte ersetzt wird. In einigen Fällen konnte ich nachweisen, daß die Zellkerne regelmäßig in der näch- sten Nähe der sich neu bildenden Knorpelscheidewände liegen, welche also augenscheinlich unter ihrem direkten Einfluß entstehen ; in andern Fällen beobachtete ich in den Zellen der wachsenden Knorpelregionen das Heraustreten von Chromidien in das Protoplasma, wo sie sicherlich die Entwicklung der chondromucoiden Substanz beeinflussen. Die Grenze zwischen der Grundsubstanz und dem Protoplasma der Knorpel- zellen ist überall ganz deutlich zu sehen, wenn nur die Zelle durch ihre Mitte (d. h. nicht tangential) geschnitten wird. Alle angeführten Umstände sprechen ganz entschieden dafür, daß die Knorpelgrund- substanz ein Ausscheidungsprodukt der Zellen darstellt. Die chondromucoide Substanz kann sowohl im embryonalen als auch im erwachsenen Knorpel ihre chemische Zusammensetzung ver- ändern und sich in eine collagene Substanz umbilden. Eine solche Umwandlung ist jedoch kein selbständiger Prozeß; sie ist eine Folge der Tätigkeit der Knorpelzellen, welche wohl imstande sind, einige Stoffe in die umgebende Grundsubstanz auszuscheiden, andre dagegen aus derselben auf osmotischem Wege zu entfernen. Zum Beweis der Existenz eines selbständigen Stoffwechsels und eines selbständigen Wachstums der Knorpelgrundsubstanz können, meiner Ansicht nach, keine sichere Tatsachen angeführt werden. Gegen die Auffassung der beiden oben genannten Autoren spricht außerdem noch das Vorkommen von Zellausläufern in einigen Knor- peln. Wozu würden solche Ausläufer dienen, wenn die benachbarten Zellen schon ohnedies durch eine lebendige Ectoplasmamasse mit- einander verbunden sind? Anderseits aber widerspricht das Fehlen der Zellverbindungen in der Mehrzahl der Knorpel der Auffassung der Grundsubstanz als eines Ausscheidungsproduktes gar nicht. Die ge- lösten Stoffe können nämlich durch eine solche Grundsubstanz, zwar nicht so leicht wie durch die Zellenausläufer, jedoch ebenso gut wie durch jede Membran diffundieren. Was die andern Bindesubstanzen (Bindegewebe, Knochen) angeht, Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 711 so kann ich für dieselben eine entsprechende Annahme von Ento- und Ectoplasma ebenso wenig als für den Knorpel anerkennen, aus dem Grunde hauptsächlich, daß in diesen Substanzen überall gut entwickelte Zellverbindungen existieren. Schließlich möchte ich noch auf die Ähnlichkeit zwischen der Grundsubstanz und den cuticularen Bildungen hinweisen. »Es ist unmöglich,« behauptet Grobben (1911, S. 7), »eine scharfe Grenze zwischen den Produkten der Hypodermiszellen und des mesodermalen Bindegewebes festzustellen, wie bereits Braun für den Flußkrebs her- vorgehoben hat und wie auch meine eignen Untersuchungen bei Argulus lehren.« Es wäre aber, meiner Ansicht nach, unmöglich, den Chitin- panzer als eine lebendige Masse, als einen Komplex von ectoplasmati- schen Zellregionen aufzufassen. Die von mir, ebenso wie von einigen andern Autoren, vertretene Ansicht, daß die Knorpelgrundsubstanz, ähnlich den Cuticular- und Chitinsubstanzen, als Produkt der Zellensecretion entsteht, erlaubt es, die sich widersprechenden Angaben über das Vorhandensein der soge- nannten Zellterritorien im Knorpel zu versöhnen. Im Gegensatz zu den Angaben mehrerer Autoren (z. B. Schaffer) behauptet Hansen (1905, S. 700), daß »die alte Theorie von der Zusammensetzung der Grundsubstanz aus Zellenterritorien wie eine Mauer aus Backsteinen völlig unhaltbar « sei. — In meiner Arbeit über den Vertebratenknorpel (1908, S. 246) machte ich schon darauf aufmerksam, daß in einigen älteren Knorpeln die ursprünglichste, also von den Zellen zuerst aus- geschiedene Lage der Grundsubstanz »durch ihre hellere Beschaffen- heit ausgezeichnet« bleibt, wodurch die Grenzen zwischen den Zellen- territorien zustande kommen. In andern Fällen unterscheidet sich die ursprünglichere Grundsubstanz von der später gebildeten gar nicht, weshalb hier auch keine Zellenterritorien nachzuweisen sind. In den inneren Regionen des Cephalopodenknorpels beobachtet man oft (Textfig. Ib) Zellenterritorien, welche jedoch voneinander nicht durch feine Linien, wie es bei den Vertebraten gewöhnlich ist, sondern durch dickere Lagen schwach färbbarer Grundsubstanz abgegrenzt werden. Diese Lagen gehen in die dunklere Grundsubstanz der Terri- torien allmählich über. — Was die parenchymartigen Knorpel der Gastropoden, Anneliden und Poecilopoden betrifft, so kann man hier eventuell die Zellen nebst ihren Kapseln, welche die von den Zellen zuletzt ausgeschiedenen Grundsubstanzlagen darstellen, als Zellen- territorien, die mittleren Lagen der Grundsubstanz dagegen als Terri- toriengrenzen betrachten. Gegen eine solche Betrachtungsweise kann Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CHI. Bd. 46 712 M. Nowikoff, man jedoch einwenden, daß die innere Grmidsubstanzlage oft eine im Vergleich mit den Knorpelkapseln große Dicke erreicht. In den dickeren Partien der Grundsubstanz des parenchymartigen Knorpels der Wirbellosen vermochte ich nirgends Linien nachzuweisen, welche als die Grenzen der Zellenterritorien gelten konnten. In bezug auf die feinere Struktur der Knorpelgrundsub- stanz habe ich schon früher (1908, S. 245 — 248) hervorgehoben, daß die Grundsubstanz eines jungen, in Kanadabalsam eingeschlossenen Yertebratenknorpels gewöhnlich ganz homogen erscheint und daß sie nur bei Untersuchung der fixierten, stark gefärbten Schnitte in schwächer lichtbrechenden Medien, am besten im Wasser, einen wabigen Bau zeigt. In der wabigen, chondromucoidhaltigen Grundsubstanz des älteren Knorpels konnte ich die Bildung von feinsten collagenen Fibrillen, welche sich in den Wabenwänden hervordifferenzieren, verfolgen. Der Knorpel der Wirbellosen zeigte (abgesehen von dem der Cephalopoden, wo ich nur ein undeutliches Bild der Wabenstruktur beobachtete) die beiden, von mir bei Vertebraten festgestellten Strukturelemente mit großer Deutlichkeit. In den meisten parenchymartigen Knorpeln kann man schon beim Studium der in Kanadabalsam eingeschlossenen Schnitte die Struktur der Grundsubstanz verfolgen, welche allerdings bei der Untersuchung im Wasser noch klarer hervortritt. In den jüngeren Partien der Grundsubstanz, ebenso wie in solchen, die keiner einseitigen Spannung und keinem besonders starken Druck unter- worfen sind, tritt eine typische alveoläre Struktur hervor. In etwas älteren Knorpelregionen begegnet man sehr oft zwischen den Alveolen- reihen feinsten Fibrillen, die jedoch dieselbe Färbungsreaktion geben, wie die übrige chondromucoidhaltige Grundsubstanzmasse, von welcher sie sich nur durch ihr etwas intensiveres Tinktionsvermögen unter- scheiden. Die alten, stark ausgedehnten Knorpelscheidewände bestehen vorwiegend aus solchen Fibrillen, welche stellenweise ganz dicht und einander parallel verlaufen, so daß zwischen ihnen schon keine Alveolen mehr nachzuweisen sind. Eine analoge Strukturumwandlung konstatierte ich auch beim Studium der Histogenese des Knochens (1909). Die Knochengrund- substanz entwickelt sich als eine collagene Masse, deren wabige Struktur ohne große Schwierigkeiten zu beobachten ist, besonders an den Stellen (z. B. an den Epiphysen der Röhrenknochen), wo die Bindegewebs- fasern an der Knochenbildimg unbeteiligt sind. Später und wohl unter dem Einfluß einseitiger Spannungen, differenzieren sich zwischen den Alveolenreihen der Grundsubstanz collagene Fibrillen, welche jedoch Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 713 in der Knochengrandsubstanz die Wabenstruktur nie vollkommen ersetzen. Derselbe Prozeß der Bilduno von collagenen Fibrillen in einer collagenen wabigen Masse wurde von mir auch im Perichondrium der Anneliden verfolgt. Aus dem Gesagten folgt, daß die Waben und die Fibrillen nicht als einander ausschließende Strukturelemente angesehen werden dürfen. Die herrschende Rolle dieser oder jener Elemente hängt von den funk- tionellen Bedingungen ab, welchen die betreffende Grundsubstanz unterworfen ist. Zum Schluß möchte ich bemerken, daß ich denselben Gedanken auch in bezug auf die Struktur des Protoplasmas für sehr wahrschein- lich halte, wie ich es schon vor einigen Jahren in einer meiner russischen Abhandlungen auseinandergesetzt habe. Ich behaupte nämlich, daß das Protoplasma, ebenso wie die Grundsubstanz, in seinem primitiven Zustande stets eine alveoläre Struktur besitzt, und daß es in sich erst sekundär fibrilläre Elemente entwickeln kann. Die Tatsache, daß das Protoplasma der am einfachsten organisierten Protisten (Amoeba, Aethalium septicum) einen alveolären Bau zeigt, welcher sogar an lebenden Objekten zuweilen ganz deutlich hervortritt, wird zurzeit kaum von jemandem ernstlich bezweifelt. Was die Metazoen betrifft, so kann hier eine Wabenstruktur im Plasma der Zellen ohne Schwierig- keit nachgewiesen werden, welche ihre ursprünglichere Organisation behalten, wie z. B. in den Epithel- oder Drüsenzellen. In hochdifferen- zierten Zellen, wie z. B. Muskelzellen, kann dagegen diese Struktur kaum mit Sicherheit festgestellt werden. Ein in dieser Hinsicht lehr- reiches Beispiel liefern auch die Nervenfasern. In den Nerven der Branchiopoden, einer der primitivsten Crastaceengruppe, konnte ich (1905, Fig. 3, 3a) eine typische Wabenstruktur beobachten. Bei den Osträcoden war ich imstande (1908b, Fig. 9, 10) die Anwesenheit von Neurofibrillen festzustellen, welche, hier höchstwahrscheinlich ein Pro- dukt der Differenzierung der Wabenwände sind, etwa ebenso wie wir es in der Knorpelgrundsubstanz beobachtet haben. In den Nerven- fasern der höher organisierten Formen, der Vertebraten, dominiert schließlich der fibrilläre Bau, so daß hier eine Wabenstruktur nicht mehr nachweisbar ist. Man kann also annehmen, daß das Protoplasma in seinem primi- tiven Zustande eine Emulsion von zwei miteinander nicht mischbaren Flüssigkeiten darstellt, wie es von Bütschli an vielen Objekten gezeigt wurde. Infolge einer Anpassung der Zelle, bzw. ihres Protoplasmas, 46* 714 M. Nowikoff, an kompliziertere oder spezifische Funktionen modifiziert sich die Pro- toplasmastruktur, indem zuerst die Alveolen eine bestimmte, am häufigsten reihenweise Anordnung erfahren, wodurch die sogenannte gestreift- wabige Struktur entsteht, in welcher später zwischen den Wänden der Wabenreihen feste Fibrillen ausgeprägt werden können. In einigen hochdifferenzierten Objekten entwickeln sich die Fibrillen in einer so bedeutenden Menge, daß sie die primitive Wabenstruktur entweder maskieren oder total ersetzen. Moskau, im Februar 1912. Verzeichnis der zitierten Literatur. 1898. A. Amaudrut, La partie anterieure du tube digestif et la torsion chez les Mollusques gasteropodes. Annales d. sc. natür. Zoologie. Serie 8. T. VII. 1869. Fr. Boll, Beiträge zur vergleichenden Histologie des Molluskentypus. Arch. f. mikr. Anat. Bd. I. Supplem. 1862. H. G. Bronn, Die Klassen und Ordnungen der Weichtiere. Bronns Klassen und Ordnungen. Bd. III. 1898. O. Bütschli, Untersuchungen über Strukturen. Leipzig. 1910. — Vorlesungen über vergleichende Anatomie. I. Lieferung. Leipzig. 1857. Ed. Clap arede, Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Neritina fluviatilis. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1806. G. Cuvier, Memoire sur la Limace (limax, L.) et la Colimacon (helix, L.). Annales du Museum d'Hist. natur., Paris. T. VII. 1877. M. Fürbringer, Über das Gewebe des Kopfknorpels der Cephalopoden. Morphol. Jahrbuch. Bd. III. 1908. W. H. Gaskell, The Origin of Vertebrates. London. 1858. C. Gegenbaur, Anatomische Untersuchung eines Limulus. Abhandl. d. Naturforsch. Gesellsch. Halle. Bd. IV. 1911. K. Grobben, Die Bindesubstanzen von Argulus. Arbeit, a. d. zool. Inst. Wien. Bd. XIX. 1838. A. E. Grube, Zur Anatomie und Physiologie der Kiemenwürmer. Königs- berg. 1881. E. Haeckel, Monographie der Medusen. IL T. Die Tiefsee-Medusen der Challenger- Reise und der Organismus der Medusen. 1905. F. C. C. Hansen, Untersuchungen über die Gruppe der Bindesubstanzen. I. Der Hyalinknorpel. Anat, Hefte. Bd. XXVII. 1865. V. Hensen, Über das Auge einiger Cephalopoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XV. 1844. A. Kölliker, Entwicklungsgeschichte der Cephalopoden. Zürich. 1858. — Untersuchungen zur vergleichenden Gewebelehre, angestellt in Nizza. Würzburg. Verhandl. Bd. VIII. 1889. — Handbuch der Gewebelehre. Leipzig. Bd. I. 6. Aufl. Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 715 1900. A. Lang und K. Hescheler, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere. 2. Aufl. Mollusca. Jena. 1846. H. Lebert, Beobachtungen über die Mundorgane einiger Gasteropoden. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1851. F. Leydig, Anatomische Bemerkungen über Carinaria, Firola und Amphi- cora. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. III. 1854. — Kleinere Mitteilungen zur tierischen Gewebelehre. Arch. f. Anat. u. Physiol. 1857. — Lehrbuch der Histologie des Menschen und der Tiere. Frankfurt a. M. 1893. G. Loisel, Les cartilages linguaux des Mollusques. Journ. anat. et physiol. Annee 29. 1888! C. Th. Mörner, Histochemische Beobachtungen über die hyaline Grund- substanz des Trachealknorpels. Zeitschr. f. physiol. Chemie. Bd. XII. 1905. M. Nowikoff, Über die Augen und die Frontalorgane der Branchiopoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXIX. 1908. — Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen nebst einigen Bemerkungen über die Struktur der »hyalinen « Knorpelgrundsubstanz. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XC. 1908b. — Über den Bau des Medianauges der Ostracoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCI. 1909. — Untersuchungen über die Struktur des Knochens. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCII. 1909b. — Über den Chromidialapparat in den Zellen des Subradularknorpels von Haliotis tuberculata. Anat. Anz. Bd. XXXIV. 1850. M. A. Quatrefages, Etudes sur les types inferieurs de l'embranchement des Anneies. Annales d. sc. natur. Zoologie. T. XIV. 1884. E. Ray Lankester, On the Skeleto-trophic Tissues and Coxal Glands of Limulus, Scorpio and Mygale. Quart. Journ. of mikrosc. Science. Vol. XXIV. 1901. J. Schaffer, Über den feineren Bau und die Entwicklung des Knorpel- gewebes und über verwandte Formen der Stützsubstanz. I. Teil. Zeit- schrift f. wiss. Zool. Bd. LXX. 1906. — Dasselbe. IL Teil. Ebenda. Bd. LXXX. 1911. — Dasselbe. III. Teil. Ebenda. Bd. XCVII. 1893. W. Schimkewitsch, Sur la structure et sur la Signification de l'Endo- sternite des Arachnides. Zool. Anz. Jahrg. 16. 1891. O. Schmiedeberg, Über die chemische Zusammensetzung des Knorpels. Arch. f. experim. Pathol. u. Pharmakol. Bd. XXVIII. 1902. K. C. Schneider, Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere. Jena. 1896—1907. H. Simroth, Mollusca. IL Abt. Gastropoda prosobranchia. Bronns Klassen und Ordnungen. 2. Aufl. Bd. III. 1911. — Mollusca. Bronns Klassen und Ordnungen. Bd. III. Liefer. 113 bis 115. 1897. F. K. Studnicka, Über die Histologie und die Histogenese des Knorpels der Cyclostomen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLVIII. 1898. — Weitere Bemerkungen über das Knorpelgewebe der Cyclostomen und seine Histogenese. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LI. 716 M. Nowikoff, 1898. F. K. Studnicka, Die Knorpelkapseln in den Knorpeln von Petromyzon. Anat, Anz. Bd. XIV. 1903. — Histologische und histogenetische Untersuchungen über das Knorpel-, Vorknorpel- und Chordagewebe. Anat. Hefte. Bd. XXI. 1905. — Über einige Pseudostrukturen der Grundsubstanz des Hyalinknorpels. Arch. f. rnikr. Anat. Bd. LXVI. 1851. M. A. Valenciennes , Recherches sur la structure du tissu elenientaire des cartilages des poissons et des mollusques. Archives d. Museum d'Hist. natur. Paris. T. V. Erklärung der Abbildungen. Gemeinsame alv , Alveolarsaum ; b, im Protoplasma der Knorpelzellen eingeschlossene Kügelchen; Bg, Bindegewebe; BP, Basalplatte; Bz, Basalzelle; C, Cuticula; Chr, Chromidialmasse; D, Darm wand; Drz, Drüsenzelle; End, Endosternit; Ep, Epithel; Epz, Epzx, Epithelzelle; /, Fibrillen; Gf, Blutgefäß; Grs, Grsi, Grundsubstanz; Grsf, Grsfx, fibrilläre Grundsubstanz; Grsw, wabige Grundsubstanz; HK , Hinterknorpel ; Hs, Hauptstrahl ; k, im Protoplasma der Epithelzellen eingeschlossene Kügelchen; Die Figuren sind mit Hilfe des AßBEschen Zeichenapparates (Mikroskop von Zeiss) entworfen und in den Farben der Präparate wiedergegeben. Tafel XV. Fig. 1. Sepia officinalis (junges Tier). Kopfknorpel. Schnitt durch die äußere Lage. 70° Alkohol, Mallory. Vergr. 500. Fig. 2. Eledone moschata (junges Tier). Schnitt durch den Kopfknorpel. Sublimatessigsäure, Boraxcarmin, BLOCHMAKNsche Flüssigkeit. Vergr. 175. Fig. 3. Patella coerulea. Querschnitt durch den Subradularknorpel. Sub- limat, Boraxcarmin, Mallory. Vergr. 41. Fig. 4. Dasselbe. Hinterknorpel. Schnittdicke 5 u. Sublimat, Borax- carmin, Mallory. Vergr. 1000. Bezeichnungen. Kk, Knorpelkapsel ; Knz, Knorpelzelle; Knza, Knorpelzellenausläufer ; Kw, Flächenansicht der Knorpel- scheidewand ; M, Mx, M2, M3, Muskel; N, Zellkern; iVe, Kern der Epithelzelle; Nk, Kern der Knorpelzelle; Ns, Xebenstrahl; Nv, Nerv; P, Protoplasma; Prch , Perichondrium ; Schw, Knorpelscheidewand ; v, Flüssigkeitsvacuole; VK, Vorderknorpel; x, zwischen den Knorpelzellen einge- schlossene protoplasmatische Masse ; Za, Zellenausläufer; Zk, Zellenk^psel. Studien über das Knorpelgewebe von Wirbellosen. 717 Fig. 5. Dasselbe. Vorderknorpel mit Knorpelhülle und Perichondrium. »Schnittdicke 5 /<. Sublimat, Boraxcarmin, Mallory. Vergr. 1000. Fig. 6. Fissurella graeca. Querschnitt durch den Subradularknorpel (Vorder- knorpel). Sublimat, Boraxcarmin, Bleu de Lyon, Bismarckbraun. Vergr. 500. Fig. 7. Dasselbe. Schnittdicke 5 (a. Sublimat, Boraxcarmin, Bloch- MANNsche Flüssigkeit. Vergr. 1500. Fig. 8. Dasselbe. Schnittdicke 5 /n. Sublimat, Boraxcarmin, Blochmann- sche Flüssigkeit. Vergr. 2250. Bildung der Knorpelscheidewand zwischen zwei Knorpelzellen. ♦ Fig. 9. Haliotis tuberculata. Querschnitt durch den Subradularknorpel (Vorderknorpel). Sublimat, Boraxcarmin, Mallory. Vergr. 500. Tafel XVI. Fig. 10. Brauch iomma Köllikeri. Längsschnitt durch die Kiemenhaupt- strahlen. Sublimat. Färbung nach Hansen. Vergr. 41. Fig. 11. Dasselbe. Querschnitt durch einen Kiemenhauptstrahl. Sublimat, Färbung nach Hansen. Vergr. 75. Fig. 12. Spirograpliis Spallanzani. Schräger Querschnitt durch die basale Kiemenregion. Sublimat, Färbung nach Hansen. Vergr. 41. Fig. 13 u. 14. Aus demselben Schnitt. Vergr. 500. Fig. 15. Sabella reniformis. Ein Teil des Querschnittes durch den Kiemen^ hauptstrahl. Schnittdicke 5 fi. Sublimat, Färbung nach Hansen. Vergr. 500. Fig. 16 u. 17. Dasselbe. Schnittdicke 3 tu. Sublimat, Mallory. Vergr. 1500. Fig. 18. Sabella infundibulum. Querschnitt durch die basale Region der Kiemenhauptstrahlen. Sublimat, Färbung nach Hansen. Vergr. 75. Fig. 19. Dasselbe. Längsschnitt durch einen Hauptstrahl mit zwei Neben- strahlen. Sublimat, Färbung nach Hansen. Vergr. 75. Tafel XVII. Fig. 20. Limulus polyphemus. Querschnitt durch den Kiemenknorpel. Färbung nach Hansen. Vergr. 500. Fig. 21. Dasselbe. Aus einem Längsschnitt durch den Kiemenknorpel. Schnittdicke 5 u. Boraxcarmin, Mallory. Vergr. 1500. Fig. 22. Limulus polypliemus. Ein Teil des Endosternites. Färbung nach Hansen. Vergr. 75. Fig. 23. Aus demselben Schnitt. Vergr. 500. Fig. 24. Euscorpius europaeus. (Junges Tier von 1,5 cm Länge.) Prosoma. Querschnitt durch den Endosternit. Sublimat, Färbung nach Hansen. Vergr. 75. Fig. 25. Aus demselben Schnitt. Ein Teil des Endosternites. Vergr. 500. Fig. 26. Cijpris pubera. Querschnitt durch das Endosternit. Sublimat, Färbung nach Hansen. Vergr. 175. Fig. 27. Dasselbe. Schnittdicke 5 «. Sublimat, Mallory. Vergr. 500. Fig. 28. Nebalia Qeoffroyi. Querschnitt durch das Endosternit. Sublimat, Färbung nach Hansen. Vergr. 175. Fig. 29 u. 30. Periphylla sp. (junges Tier). Aus einem Horizontalschnitt. Bindegewebe, des Medusenschirmes. Pikrinessigsäure , Färbung nach Hansen. Vergr. 175. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Zeitschrift f. wiss. Zoologie ßd. CM. Tai: I. V-rlat) vonW''hr,ml:ngehmi .'AohJnslY.A.Gdtsck.Jem Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. CM. Taf.II. Slm. M Braun gez. Verlag von Wilhelm Engelmann inLeipzig. lith.Anstv.A. GiltscA, Jena,. Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. CHI. Tai: III. Verlag vcnWhcbVngelmunn ohgie Bd.CE. Tat. w. hrifl /: wiss. Zoologie Jßd, CM. Taf. 7. ■ 'ilhebnEngelnuui Z;ir;rli! //>' / \\iss.£or>hfil.i B(l \ Ifl TafM /■>> 0 . 2. . .'/:' i ..■"/*•':<.. *•• * 3? PH ■ .•■ ■ 70' 70? \Villu'lm%lii tannii iih Am-i I Zeitschrift /.' 1 1 iss. Zoolntjit • hd < 'III. II" 13. 16 ■ • *•.• ■ ■ % 74 ! /,v< l'4a 3*"" •$fc *e"P 77. 75. ". .•■':.' ■ f ■ ■ iL**' Willii-lniEngelm '*•'.**•. '/;//: 17/ W? 79. \ä /«f?« f.? .- •••• •■••■ I Jp ' O o ■ •• l.illi Ansl Zeitschrift, f.wiss. Zoologie Bd. CM J&£* l y°\ \jtt*% :'(;. *••,» ■>n b .?;;. m g* Vi-. • •■.'••. .. y>0''; N ®p §• 7h/: r/ff. * * • «■ • £ä ,?6'. • '' "^S: ffi , 7 Wilhelm- Enjehnann Zeitschrift /.' wiss. Zoologie Bd. OJE. Taf.JX. 29? ■ (}(! * %v\ ;>ü" 30d HO'. 301' 30'. m i 309 30* >:•- ... •■•'• .?? .?0.z . • 31 ! ^ • 3*-. ■ .7.?. f . • • • o >•* •;.•••«• ©' • 0 £■' *5 «5 f * • •••7* * I @ 0 Wilhelm Engeliaara , Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. CM. ' :'-f Wl Liai.Anst.v- Zeitschrift f.wm Zoologie IM CHI. ^^ im n m 'Mcn *;: 20, ,-: ,,; „. .■ : • ' 2¥. liik Anstv. Johanna Arndt,Jma. Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. CHI Taf. XII Phiiipticliuiko gez Krieg r°n »«***»*»«« inUmg Lith Anst. \t Johtuvus Arndt, Jina. y,il<<:hrili f. wiss Znologu Bd. CHI Tai MM. O » ■ • s>\ 39. W 38 V '/.; :;:.'-'. :. • / (lbfht M. '-;::, 50 '// 4tf »Waj IW K^"*" VWi/, Litk.Anslv. Joluuvus Arndl,Jena. Zeitschrift f. wiss. Zoologie Dd GW. Taf. XIV. 54 Uta prd ' übt • - . n M •hi,, ': •'<' ■>td .;■■■' \ mf üsf riql. ahli. 58. ■ In k 63 i°» hgl i ' .' .«">" ./>■ v ; :. ; w/ //, M 6 7 ggl ih ■ a ■ ■ . ■ 1,1 >n msh f/f/l nhil hyp Phiüptschmko gu Verlag von tVWuUnBKgdnuula ^ Ulp2^ LUk.Ansl v. Johannes Arndt, Jena. Zeitschrift f. wiss. Zoologie ßcL CM. Taf.XT Verlag von Wilhehn Enyehntuw inleipzig. lük. An::: v.A.O'u:rr:k.Jcr'.a Zeitschrift /' wiss. Zoologie Bd. CM. Taf'.m iß? §& § • ii g'-ir t] iiL// '1 iMlhe!n&vtimaiui liii.An,: ■ Zeitschrift, f. wiss. Zoologie Bd. CM. TaF.JCM 'i •■'Mirii.rigflmann irUeipzia 5 WHSE 01452 / ?0 $ >^t ' • tr* ■ \ x ; r*?^'- ef^ <£ «fcjJMP