K^^feli ti-^ ■■»■ J>^ 3^. y ^ «■ ^ .*». i^L<^: V A|.Y ■•■■ -4^'*" : :i^a^^ y ZEITSCHRIFT FÜR AVISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE N BEGRÜNDET VON CARL THEODOR V. SIEBOLD UND ALBERT V. KÜLLIKER HERAUSGEGEBEN VON ERXST EHLERS PROFESSOR AX DER UNIVERSITÄT ZU GÜTTINGEN HUXDERTNEUXTER BAND MIT 41 FIGUREN LM TEXT UND 22 TAFELN LEIPZIG UND BERLIN VERLAG VON WILHELM ENGELISL^NN 1914 4/^/ Inhal i des huiulertneimten Bandes Erstes Heft Ausgegeben den 24. Februar 1914: Seite Jakob Rehs, Beitrüge zur Kenntnis der makroskopischen und mikros- kopischen Anatomie insbesondere der Topographie des elastischen Gewebes des Palatum durum der Mammalia. Mit 7 Figuren im Text und Tafel I— IV 1 Walter Kühn, Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix poma- tia L.). Mit 9 Figuren im Text 128 Zweites Heft Ausgegeben den 10. März 19li Wilhelm Haanen, Anatomische und histologisclie Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius und Rathke). Mit 2 Figuren im Text und Ta- fel V und VI 185 Sophie Krasiiiska, Beiträge zur Histologie der Medusen. Mit 5 Figuren im Text und Tafel VII und VIII 256 Drittes Heft Ausgegeben den 19. Mai lOli- Johannes Fürster, Über die Leuchtorgane und das Nervensystem von Pholas dactylus. Mit 15 Figuren im Text und Tafel IX 349 Höh. Stauffacher, Zellstudien. I. Bemerkungen zu den Methoden der modernen Zellforschung. Mit 1 Figur im Text und Tafel X und XI 393 Serafino d'Antona, Über die Entstehung der Bindegewebsfasern bei den atherosklerotischen Aortaverdickungen. Beitrag zur normalen Ent- wicklung des Bindegewebes. Mit Tafel XII und XIII 485 Viertes Heft Ausgegeben den 26. Mai 1914 Albert Nieder raeyer, Beiträge zur Kenntuis des histologischen Baues von Veretillum cynoraorium Pall.\ Mit Tafel XIV und XV 531 Boris Schkaff, Zur Kenntnis des Nervensystems der Myopsiden. Mit Tafel XVI— XVIII 591 D. Fedotov, Die Anatomie von Protomyzostomum polynephris Fedotov. Mit 2 Figuren im Text und Tafel XIX— XXII 631 Beiträge zur Kenntnis der makroskopischen und mikros- kopischen Anatomie insbesondere der Topographie des elastischen Gewebes des Palatum durum der Mammalia. Von Jakob Rehs. Mit 7 Figuren im Text und Tafel I— IV. Einleitung. Der harte Gaumen {Palatum durum) hat eine knöcherne Grund- lage. Der vorderste Teil dieses knöchernen Gaumendaches wird von den nach innen gerichteten, plattenförmigen Gaumenfortsätzen (Pro- cessus palatini) der Zwischenkieferbeine (Ossa incisiva) gebildet. Diese Gaumenfortsätze können stark reduziert sein oder auch ganz fehlen, wie bei der Mehrzahl der Chiropteren. Median sind die Gaumen- fortsätze durch die Sutura intermaxillaris verbunden. Aboral stoßen sie an die Gaumenfortsätze der Oberkieferbeine (Maxillae) und umgrenzen mit letzteren die Foramina incisiva, durch welche die SxENSONschen Gänge (Canales naso- palatini) ihren Weg in die Mundhöhle nehmen. Den mittleren Teil des knöchernen Gaunien- daches liefern die schon erwähnten, nach innen gerichteten, platten- förmigen Processus palatini der Maxillae. Median sind diese Gaumen- fortsätze durch die Sutura palatina mediana verbunden, und an den aboralen Rand schließt sich mittelst der Satura palatina transversa der horizontale Teil (Pars horizontalis) der Gaumenbeine (Ossa pala- tina) als hinterster Teil des knöchernen Gaumendaches an. Nur bei den Edentaten und den Cetaceen nimmt das Keilbein (Os sphenoidale) , das nach Schimkewitsch früher für die Flügelbeine (Ossa pterygoidea) gehalten worden ist, an der Bildung des pharyn- gealen Teiles des knöchernen Gaumendaches teil. An dieses knöcherne Gaumendach heftet sich mundhöhlenseitig — das Schleimhautblatt nasenhöhlenseitig würd nicht zum harten Gaumen gerechnet — durch Vermittlung des Periost eine Schleimhaut Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 1 2 Jakob Rehs, an, die vorn und lateral in das Zahnfleisch übergeht und sich, zum harten Gaumen gehörend, aboral nur bis zum pharyngealen Rand des knöcher- nen Gaumendaches erstreckt und hier in die Schleimhaut des weichen Gaumens (Palatum molle) übergeht. Diese Schleimhaut des harten Gaumens, die sich aus einer Submucosa, einer Propria mucosae mit der Pars papillaris und einer Epithelschicht aufbaut, weist im vordersten Teil des harten Gaumens in der Medianlinie eine Papilla palatina auf, an der bei der Mehrzahl der Mammalier die Canales naso-palatini in die Mundhöhle münden. In der Medianlinie des harten Gaumens findet sich öfters eine Rhaphe palati duri, die leistenartig oder rinnenförmig gestaltet sein kann. Beiderseits von der Rhaphe palati liegen die Gaumenleisten (Rugae palatinae), die teilweise oder ganz fehlen können. Was den Zweck, den die i^rbeit verfolgt, anbelangt, so sollen einige der Lücken ausgefüllt werden, die in unserer Kenntnis vorhanden sind über die makroskopische und mikroskopische Anatomie des Palatum durum einiger Vertreter der Unterklassen der Mammalia, wie der Ovi- jpara s. Monotrenmta, der Marswpialia und der Placentalia , letztere mit den Ordnungen der Edentata, Cetacea, Perissodactyla, Artiodactyla, Car- nivora, Pinnipedia, Rodentia, Insectivora und Chiroptera. Vorstehende systematische Einteilung ist dem Lehrbuch von Schimkewitsch ent- nommen. Außerdem soll das elastische Gewebe hinsichtlich seiner Topographie besonders in den Gaumenleisten eingehender untersucht werden. Auf Grund der sich ergebenden Befunde soll festgestellt werden, was die Bildung der Gaumenleisten bedingt. Bei wenigen Tieren wird auch die mikroskopische Anatomie des weichen Gaumens insonderheit die Verteilung des elastischen Gewebes in ihm beschrieben werden. Eine Arbeit von Zimmerl, die sich mit der Topographie des elastischen Gewebes in der Gaumenschleimhaut von Equus cabaUus, Bos taurus, Canis familiaris, Felis domestica und Cavia cobaya be- schäftigt, ist mir erst dann zu Gesicht gekommen, als ich diese einschlägigen Untersuchungen schon abgeschlossen hatte. Die Anregung zu dieser Arbeit habe ich von Herrn Geheirarat Ehlers empfangen. Hierfür und für die im Lauf der Ausführung der Untersuchungen erteilten, wertvollen Ratschläge sage ich meinem hochverehrten Lehrer meinen herzlichsten Dank. Material und Untersuchungstechnik. Was die Beschaffung des zu den Untersuchungen verwandten Materials anbelangt, so stellte mir Herr Geheimrat Ehlers eine Reihe Beiträge zur Kenntnis der niakroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 3 sehr wertvoller Gaumen aus einer reichhaltigen Sammlung von Gaumen- schleimhäuten zur Verfügung. Diejenigen der Haussäugetiere erhielt ich durch die gütige Vermittlung des Direktors des hiesigen Schlacht- hofes, Herrn Dr. Rieken. Herrn Dr. med. Schwalb verdanke ich einige Gaumen von Cavia cobaya. Andre Gaumen verschaffte ich mir selbst. Zur Fixierung der frischen Objekte gebrauchte ich anfänglich aus- schließlich die gut fixierende und leicht in die Gewebe eindringende ZENKERsche Flüssigkeit. Gaumen, die ich auf Exkursionen gesammelt und in formolhaltigen Alkohol eingelegt hatte, und solche, die der Sammlung entnommen und die nur in 80%igem Alkohol aufbcAvahrt waren, zeigten mir aber, daß sie hinsichtlich der Erhaltung der Ge- webe und der anzuwendenden Färbung zufriedenstellende Resultate ergaben. Dieserhalb verließ ich obige zeitraubende Methode und legte in Zukunft in ein Gemisch von 90 ccm 70%igen Alkohol und 10 ccm Formol bis zu 24 Stunden oder länger ein. Dünne kleine Gaumen wurden ganz, um das Rollen zu vermeiden, mit der Epithelseite auf eine Glasplatte gebunden, eingelegt, während aus großen und dicken Gaumen bestimmte Stellen herausgeschnitten und auf Glaswolle in das Gefäß mit der Fixierungsflüssigkeit gelegt wurden. Die so fixierten Präparate wurden in 80%igen Alkohol überführt und hieraus bald, um einem allzugroßen Hartwerden vorzubeugen, in Paraffin eingebettet, da die Gaumen, die der Institutssammlung ent- nommen waren, in dem zur Aufbewahrung dienenden 80%igen Alkohol sehr hart geworden waren. Eine Aufbewahrung in dem von Flemming empfohlenen Gemisch von gleichen Teilen Alkohol, Glycerin und Wasser erwies sich als sehr zweckdienlich. Um nun den Objekten eine derartige Konsistenz zu geben, die es ermöglichte, auch von Objekten mit einem Durchmesser von oft mehr als einem Zentimeter und einer oft stark verhornten Epithelschicht zusammenhängende Schnitte in einer Dicke von 20 — 30 u in aufeinander- folgender Reihe zu erhalten, was für die Beobachtung der körperhchen Ausbreitung des elastischen Gewebes und auch andrer Gewebselemente vollkommen genügte, mußten für die Einbettung besondere Wege ein- geschlagen werden. Die Celloidindurchtränkung erwies sich bei der Menge der einzu- bettenden Präparate als recht umständhch und langwierig und ergab keine besseren Resultate, als die noch anzuführende, und \\^rde daher aufgegeben. 1* 4 Jakob Kehs, Die Celloidiu-Paraffindurchtränkung nach Field und Maetin und nach Jordan ergab recht schlecht eingebettete Objekte, Die Einbettungsmethode vermittelst Paraffin, bei der Xylol, Ben- zol, Toloul, Petroläther, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff, verschie- dene ätherische öle, wie Zedernholzöl, Bergamottöl und Origanumöl als Vormedien verwandt wurden, lieferte auch unter allen Kautelen ent- weder brüchige oder schlecht eingebettete oder derart harte Objekte, daß das Messer oft ohne einzudringen darüber hinwegglitt. Die von Fol angegebene schnelle Einbettung bei vermindertem Luftdruck zeitigte ein vollkommen zerrissenes Gewebe, da die großen Blutgefäße schneller evakuiert waren, als das Paraffin eingedrungen war. Erst die etwas modifizierte HEiDENHAiNsche Methode, die Paraffin- einbettung mit Schwefelkohlenstoff als Vormedium, erbrachte das ge- wünschte Ergebnis. Es steht in diesem Falle der Schwefelkohlen- stoff über dem Benzol oder Chloroform trotz kleiner äußerer Unannehm- lichkeiten. Die Abänderung der HEiDENHAiNschen Methode bestand nun darin, daß es vermieden wurde, die Präparate in aufsteigendem Alkohol besonders in den höhergrädigen, wie dem 96%igen und dem absoluten Alkohol, von denen der letztere einen eminent härtenden Einfluß auf die Gewebe ausübt, sehr lange zu belassen. An diese Stelle habe ich das Anilin gesetzt, dessen Vorteile auch Ciaglimski und Sommer und Przewowski rühmen. Ich brachte die Präparate aus dem 80%igen Alkohol oder aus dem Gemisch Alkohol, Glycerin und Wasser in 90%igen Alkohol auf 12 bis 24 Stunden, hierauf in bei dicken Objekten mindestens dreimal zu wech- selndes Anilin bis zur vollständigen Aufhellung etwa 24 Stunden oder auch länger, da hieraus kein Nachteil entsteht. Die direkte Über- führung in Schwefelkohlenstoff hatte nun aber den Nachteil, daß die Stücke darin sich schwärzten, was aber bei bestimmten Färbungen durchaus nicht störend wirkt. Will man diese Schwärzung vermeiden, so läßt sich das Anilin erst durch ein Gemisch von absolutem AUi^ohol und Chloroform zu gleichen Teilen extrahieren, welches nur ein Ver- weilen von längstens drei Stunden hierin beansprucht. Durch das hin- zugefügte Chloroform erreicht man, daß das Objekt sofort im Schwefel- kohlenstoff untersinkt. Im Schwefelkohlenstoff bleibt das Objekt 12 bis 24 Stunden. Hieraus kommt es in eine gesättigte Lösung von Pa- raffin vom Schmelzpunkt 52 ° C in Schwefelkohlenstoff bei Zimmer- temperatur. Nach 12 — 24 Stunden wird das Gefäß auf einen Wärme- schrank gebracht, wo eine Temperatur von etwa 35 — 40° C herrscht Beiträge zur Kenntnis der inakroskop. und niikroskop. Anatomie usw. 5 unter Hinzufügen von Paraffinstücken. Hier kann das Objekt, ohne eine Härtung durch die Wärme zu erfahren, bis 24 Stunden verweilen. Ein öfteres Umrühren ist anzuraten, um dem Entweichen des Schwefel- kohlenstoffs, dessen Siedepunkt bei 46° C liegt, nachzuhelfen,. SchHeß- lich wird das Objekt für nur eine Stunde in ein Gefäß mit Paraffin vom Schmelzpunkt 52° C getan, das in einer 2 — 3° höheren Temperatur steht, als der Schmelzpunkt des Paraffins ist. Ein Übertragen auf 30 Minuten in neues Paraffin ist empfehlenswert, aber nicht unbe- dingt nötig. Diese Einbettungsweise verbürgt eine vollkommene, homogene Einbettung, nicht brüchige, speckig aussehende Schnitte in der oben verlangten gleichmäßigen Schnittdicke in Serien, während dieselben Objekte z. B. mit absolutem Alkohol entwässert, mit Xylol, Xylol- paraffin und schließlich Paraffin durchtränkt, keine so vollkommene, homogene Einbettung, aber sehr harte Präparate zeitigte, sodaß infolge- dessen das Messer entweder garnicht angriff und über das Präparat hinwegglitt, oder nur zerrissene Fetzen abschnitt, oder bei einer Dicke, die um 10 — 15 u höher lag, wie oben angegeben, vollkommen ungleich- mäßige Schnitte ergab. Es ist ja selbstverständlich, daß zur Erreichung obigen Zieles das Objekt so orientiert wnrde, daß das verhornte Epithel vom Messer abgewandt war, und daß letzteres möglichst schräg zur Längsachse des Mikrotomschlittens gestellt wurde. Die so erhaltenen Schnitte wurden auf mit Wasser beschickte Objektträger gebracht, die zur besseren Ausbreitung des Wassers sehr dünn mit Eiweißglycerin bestrichen waren. Beim Erwärmen streckten sich die Schnitte noch vollkommener und lagen glatt an. Objekte, die ein sehr dick verhorntes Epithel besaßen, machten hinsichtlich des glatten Auflegens und Anhaftens einige Schwierigkeiten. Infolge verschie- dener Spannungsverhältnisse im verhornten Epithel und im Binde- gewebe warfen sich die Schnitte und lösten sich bei der nachfolgenden Behandlung teilweise ab. Um diesem Übelstande aus dem Wege zu gehen, wurden die Objektträger mit den Schnitten so lange erwärmt, bis das Wasser ziemlich verdunstet war. Dann wurden die Schnitte mit Fließpapier bedeckt und durch streichende Bewegung des Fingers fest angedrückt. Nachdem die Schnitte vollkommen trocken waren, wurden sie auf etwa 5 — 10 Sekunden in eine wasserdünne Celloidin- lösung getaucht. Das Celloidin ^\alrde in Chloroform gehärtet und be- deckte die Schnitte als ganz feine Haut, die bei den folgenden Anwen- dungen nicht hinderlich war. In dem Chloroform wurde gleichzeitig 6 Jakob Rehs, das Paraffin gelöst. So kamen Verluste von Schnitten aus Serien nicht vor. Eine außerordentlich prägnante Darstellung der elastischen Fa- sern, auch der feinsten, erzielte ich nur mit der von Weigert angege- benen Färbung vermittelst Resorcinfuchsin. Die Färbung nach Unna mit Orcein, auch die in der Folgezeit angegebenen Abänderungen, waren teils zu umständlich, teils zu langwierig und ergaben auch nicht eine so gut gelungene Färbung. Die Schnitte wurden in dem Resorcinfuchsin 15 — 20 Minuten gefärbt und solange in 96%igem Alkohol belassen, bis sie keine Farbe mehr abgaben, und die rotblaue Farbe sich in eine dunkelblaue ver- wandelt hatte. Das Bindegewebe war nun mehr oder weniger mitgefärbt, und es traten die elastischen Fasern nicht in wünschenswerter Schärfe her- vor. Dieses wurde erreicht durch eine Nachfärbung in einer 5%igen Lösung von Pikrinsäure in 96%igen Alkohol. Derart gefärbte Prä- parate waren für die mikrophotographische Aufnahme sehr geeignet, indem nämhch bei Verwendung des Grünfilters diese gelb gefärbten Stellen besonders auf die grünempfindliche Platte wirkten, während die schwarzblauen elastischen Fasern keine Wirkung hinterließen und sehr scharf hervortraten. Wenn eine Kernfärbung nötig war, so wurde zuerst mit Böhmers Hämatoxyhn 30 Minuten, dann mit Resorcinfuchsin und Pikrinsäure wie oben gefärbt. Das Bindegewebe wurde nach Hansen (1898) zur Darstellung ge- bracht. Erst wurde mit Resorcinfuchsin 20 Minuten gefärbt und nach Behandlung mit 96%igem Alkohol zwecks Kernfärbung auf fünf Mi- nuten in Böhmers Hämatoxylin überführt. Nach Abspülung mit Wasser wurde nach Hansen in der bekannten Weise gefärbt, eine Fär- bung, die der von van Giesson bedeutend überlegen ist. Fett wurde an Schnitten, die mit dem Gefriermikrotom hergestellt waren, mit Sudan III nachgewiesen, nach der von W. Rosenthal (1900) empfohlenen Methode. Der Grad der Verhornung wurde vermittelst der von Ernst (1896) für diesen Zweck besonders empfohlenen GRAMschen Methode fest- gestellt. Eleidin wurde nach Buzzi (1896) mit Kongorot gefärbt. Im Text werden gelegenthch andere Färbungen erwähnt werden, die hier nicht besonders aufgeführt sind. Beiträge zur Kenntnis der inakroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 7 Nach der Färbimg wurden die Schnitte durch Xylol in Xylol- balsani gebracht. Bei den mit dem Celloidinhäutchen überzogenen Schnitten mußte der absohite Alkohol umgangen werden, und es wurde eine Mischung von ^/^ Xylol und 1/3 Anilin vor Xylol eingeschaltet. Schnitte, die mit dem Rasiermesser zwecks Schnelldiagnose gemacht woirden, wurden in Glyceringelatine eingelegt. Es bietet dieses Vor- teile insofern, als das Gemisch schnell erstarrt, das Präparat schneller gebrauchsfähig wird, die schwache Aufhellung oft zweckdienlich ist, und auch das Präparat zwecks einer Nachfärbung durch leichtes Er- wärmen des Objektträgers der Einbettungsmasse schnell und mühelos entnommen werden kann. Die photographischen Aufnahmen wurden mit einem von Winkel konstruierten sogenannten Zeichen- und Projektionsapparat nach Edinger gemacht. Der Apparat ist mit Mikroluminaren ausgerüstet, die sich »durch hohe Lichtstärke (1: 4,5), großen Bildwinkel und feine, gleichmäßig scharfe Zeichnung über ein großes Gesichtsfeld« auszeich- nen. Ein weiterer Hauptvorteil ruht in der zu jedem Mikroluminar passenden besonderen Beleuchtungslinse. Der Apparat wurde umge- kippt, und das BiJd durch eine auf einem Kasten befestigte, mit einem Schlitzverschluß versehene Kamera aufgefangen. Die Belichtungszeit betrug vermöge der intensiven Bogenlichtquelle den Bruchteil von einer Sekunde bis wenige Sekunden, je nach Objekt. Herrn Prof. Dr. Hoffmann und Herrn Dr. Dürken bin ich für die Unter- stützung bei der Überwindung technischer Schwierigkeiten zu Dank verpflichtet. Historisches und eigene Untersuchungen, welche die makroskopische und mikroskopische Anatomie insbesondere die Topographie des elas- tischen Gewebes des Palatum durum der Mammalia betreffen. Was die Literatur der Untersuchungen, welche die makroskopische und mikroskopische Anatomie insbesondere die Topographie des elasti- schen Gewebes betreffen, anbelangt, so werden die allgemein gehaltenen Angaben und die kurzen Hinweise, die sich hier und da in den Lehr- und Handbüchern vorfinden, selten herangezogen, da sie sich meistens aus ein- gehenderen Arbeiten herleiten. Auch werden nur die Untersuchungen gebracht, welche die Tiere angehen, die ich selbst einer Untersuchung unterworfen habe. Aber bei den eigenen Untersuchungen werden gele- gentlich Angaben, die im literarischen Teil nicht besonders aufgeführt sind, da sie nur in losem Zusammenhang zu dem eigenen Thema stehen oder andre Tiere, als die von mir untersuchten, angehen, zitiert werden, 8 Jakob Rehs, meistens um meine eigenen Untersucliungen zu stützen oder auch, um etwas Gegensätzliches festzustellen. Monotremata. Echidnidae. Echidna aculeata Cuv. Ornithorhyncliidae. OrnithorhyncJms anatinus Shaw. Historisches. Home (1802) und Meckel (1829) erwähnen schon die hornartigen Erhabenheiten des harten Gaumens von Echnida. Wenn Milne Edwards (1860) sagt, daß «chez l'Echidne, ils (les sillons) sont remplaces par plusieurs rangees transversales d'epines courtes et dures dont la pointe est dirigee en arriere«, so kann dieses sich nur auf den hinteren Teil des harten Gaumens beziehen. Auch Owen (1868) erwähnt, daß "the palate", d. h. nur der hintere Teil, "is armed with six or seven transverse rows of strong, sharp, but short re- troverted spines". Diese Hornzähne werden auch von Flower (1872) beschrieben. Von dem vordersten Teil des harten Gaumens von Echidna bringt Seydel (1899) eine Abbildung und berichtet hierüber, daß »in geringem Abstand vom Kieferrande sich die beiden Öffnungen der Canales nasopalatini finden . . . Dicht hinter den Öffnungen findet sich jederseits eine flache Erhebung der Schleimhaut, welche nach vorn und nach den Seiten allmählich verstreicht, nach hinten etwas scharf abgesetzt ist. Beide Erhebungen sind in der Medianebene durch eine Ein- senkung voneinander getrennt. Diese paarige Erhebung . . . hat wohl die Be- deutung einer vordersten, unvollkommen entwickelten Gaumenleiste. . . In dem Felde, welches zwischen den Öffnungen der Canales naso-palatini und den beiden vordersten Gaumenleisten liegt, erhebt sich eine kleine, längs-ovale, deutlich vorspringende Wulstung, die Papilla palatina«. Eine sehr gute Abbildung (Retzius, Taf. XXXV, Fig. 1) und Beschreibung des harten Gaumens von Echidna aculeata bringt Retzius (1906), dessen Arbeit, was auch die anderen Tiere anbelangt, die vollkommenste Abhandlung ist, die über dieses Gebiet erschienen ist. Retzitjs sagt: »In der vordersten Partie . . . liegt die Region der Papilla palatina als ein schmaler medianer, hinten ein wenig verbreiterter Höcker, und zu beiden Seiten von ihr ist je eine Öffnung der Canales naso-palatini, . . .; diese beiden Öffnungen sind außen sowie vorn und hinten von einem schmalen, niedrigen Wall umgeben. . . . Hinter dieser Region der Papilla palatina und Foramina canalium naso- palatin. folgt eine kurze Region, die dadurch ausgezeichnet ist, daß sich hier über ihr zwei Paar kurze, der Quere nach gelegene Gaumenleisten befinden, welche in der Medianebene unterbrochen und über ihrer ganzen Oberfläche mit kleinen rundlichen Höckern oder Knöpfchen versehen sind. Sie gehen vorn in die umliegende Schleimhautfläche ohne direkte Abgrenzung über; am hinteren Rande ragen sie über diese Fläche hervor. Die vordere dieser Leisten findet sich gleich hinter der Papille und den Kanalöffnungen, die hintere liegt dicht hinter den hinteren Winkeln der Mundöffnung. Dann folgt die mittlere Leistenregion, die dadurch ausgezeichnet ist, daß fünf bogenförmige, in ungefähr gleichen Abständen voneinander angeordnete, vorn in die Gaumenoberfläche direkt übergehende, hinten scharf begrenzte und Beiträge zur Kenntnis der luakroskop. und luikroskop. Anatomie usw. 9 über diese Flüche sogar überhängende Leisten vorhanden sind, weklie mit ihren Bogenschenkehi an den Seiten des Gaumens weit nach hinten verlaufen. Diese Leisten haben also einen nach hinten gerichteten concaven Rand. Bei genauer Untersuchung sieht man, daß dieser Rand gefranst ist, indem er sich in eine Reihe dichtgedräi\gter kleiner Knöpfchen auflöst. Jede zwischen diesen Leisten liegende Partie der Gaumenoberfliiche ist etwas ausgehöhlt und senkt sich von der hinteren Leiste nach der vorderen hin. Schließlieh findet sich in der hinteren Hälfte der Gaumenoberfläche eine Region, welche sich dadurch auszeichnet, daß hier neun andersgestaltete Leisten vorhanden sind. Sie bestehen nämlich aus stachelartig geformten, harten Fort- sätzen, welche sämtlich nach hinten gerichtet sind und, einanderparallel gestellt, mit ihren Spitzen etwas über die Gaumenoberfläche hervorragen. Die vier vor- deren dieser Leisten sind bogenförmig, ihr hinterer Rand concav; sie sind aber kürzer, mit nach hinten wachsender Breite. Die vier hintersten stehen mehr der Quere nach, gerade oder gebogen, angeordnet; sie sind auch viel dichter anein- andergestellt. Im ganzen lassen sich also am Gaumen von Echidna 16 Leisten zählen. Hinter der 16. fand sich in der Medianebene noch ein ganz vereinzelter Stachelfortsatz derselben Art, wie die Fortsätze der hintersten Leisten; ob er noch eine rudimentäre Leiste angibt, kann ich nicht entscheiden. Zwischen sämtlichen Leisten ist die Gaumenfläche glatt und hart, ohne Fortsätze oder papilläre Erhabenheiten«. Retzitjs kommt zu dem Resultat, daß bei den Monotremen die Gaumen- leisten »so eigentümlich differenziert und spezialisiert sind, daß man aus der Beschaffenheit derselben keine Schlüsse auf den ursprünglichen, phylogenetisch niedrigsten Typus und somit auch nicht auf den L^rsprung dieser Leisten zu ziehen vermag «. Was die Funktion der im hinteren Teil des Gaumens von Echidna befindlichen »Dornen« und die Bedeutung der vorderen Gaumenleisten anbetrifft, so sagt darüber Gegenbaur (1892): »Diese . . . Gauraenleisten stehen bei Echidna am hinteren Abschnitte in einer wichtigen Funktion, indem sie mit Zähnchen besetzte derbe Platten tragen, wie schon erwähnt, mit der Reibplatte der Zunge zusammen- wirkende Gebilde. Mit diesen verglichen sind die am vorderen Abschnitte des Gau- mens befindlichen schwachen Leisten rudimentäre Gebilde, . . . « Oppel (1900) hat die Gaumenleisten vom Eichhörnchen und von der Fleder- maus untersucht, und er stellte hier fest, daß sich »die Gaumenleisten in ihrem Bau nicht wesentlich von der übrigen Schleimhaut des harten Gaumens unter- scheiden. Die Gaumenleisten sind nicht etwa als aus zu Reihen verschmolzenen Papillen entstanden zu denken, vielmehr geht die ganze papillentragende Sehleim- haut in ihre Bildung ein«. Diese Befunde überträgt er auf den harten Gaumen von Echidna und sagt, »daß auch die bei Echidna sich findenden Platten mit Zähnchen . . , Bildungen der ganzen Schleimhaut sind, also nicht papilläre Bildungen, und sich mit verhornten Papillen der Zunge nicht ohne weiteres ver- gleichen lassen«. Eigene Untersuchungen. Zweifelsohne sind die von Retzius geschilderten zwei ersten, transversal gelegenen und die fünf folgenden, bogenförmigen mit den Bogenschenkeln pharyngealwärts gerichteten 10 Jakob Rehs, Gebilde Gaumenleisten, wenn sie auch nicht, wie die mikroskopische Untersuchung zeigen wird, so vollkommen ausgebildet sind, wie bei andern Tieren. Alle übrigen Gebilde des hinteren Teiles des harten Gaumens im Bereich der starken Epithel verdickung können, rein mor- phologisch betrachtet, nicht den Namen Gaumenleisten tragen, da sie aus zu bogigen oder geraden Papillenquerreihen angeordneten, stachel- artigen, pharyngeal gerichteten Fortsätzen, den »Hornzähnen << be- stehen, die als »Papulae operariae« zu bezeichnen sind, wie Immisch (1908) derartige Gebilde treffend nennt >>in Anbetracht ihrer physio- logischen Aufgabe, bei der Nahrungsaufnahme, dem Kauakt, der Ein- speichelung und dem Mundschlingakt die Tätigkeit der Lippen, der Zähne und der Zunge zu unterstützen, diesen Organen zu helfen, ihnen gleichsam Handlangerdienste zu leisten.« Es sei vorweg bemerkt, daß das Epithel des untersuchten Gau- mens oberflächlich teilweise maceriert und infolgedessen bei den Prä- paraten stellenweise nicht mehr vorhanden war. Der vorderste Teil der Gaumenschleimhaut vor den Canales naso- palatini, den Ausmündungen des jACOBSONschen Organs in die Mund- höhle, ist oberflächenwärts vollkommen glatt und setzt sich zusammen aus dem vielschichtigen Epithel, der Propria mucosae mit der Pars papillaris und der Submucosa, an die sich teilweise das knorpelige Gaumendach anschließt. Das 130 1^1 dicke Stratum corneum des geschichteten Epithels zerfällt in eine oberflächliche 90 /< und eine dar überliegende, 40 /< dicke Schicht. Die erstere Zone besteht aus stark abgeplatteten, schüppchen- artigen Zellen, deren kürzester Durchmesser von, 2,6 /< senkrecht zur Oberfläche der Schleimhaut steht. Es sind nur Kernreste zu erkennen. Diese Schicht färbt sich an Schnitten, die aus der Region der Gaumen- leisten stammen, nach der GKAMschen Methode intensiv violettblau. Nach den Untersuchungen von Ernst (1896) läßt diese tinktorielle Reaktion auf einen sehr »jungen Grad« der Verhornung schließen, Rabl (1897) ist zwar der Meinung, daß diese spezifische Färbung keinen Rückschluß auf den Grad der Verhornung zulasse, da dann auch die Übergangszone zwischen dem Stratum germinativum und Stratum corneum durch sie sich darstellen lassen müsse. Auf jeden Fall ist eine verschiedene Beschaffenheit des Epithels in chemischer oder physi- kaüscher Beziehung vorhanden, und sie tritt im Bereiche der Papulae operariae am hinteren Teil des harten Gaumens sehr auffällig hervor. Möglicherweise läßt sich durch Verdauung des Epithels und einer nach- Beiträge zur Kcuutnis der makroskop. und niikroskop. Anatomie usw. 11 träglichen Färbung nach dem Vorgange Unnas diese Frage lösen. Leider stand mir hierzu kein Material zur Verfügung. Die darüberliegende 40 /< dicke Zone scheidet sich infolge der Be- schaffenheit der Kerne scharf ab von der eben geschilderten Schicht und der »Schicht ,die zwischen ihr und dem Bindegewebe liegt. Die Kerne sind lang ellipsoidisch, und das Chromatin liegt in Körperchen eng zusammen und verleiht dem gefärbten Kern ein kompaktes Aus- sehen. Ähnliche Veränderungen der Kerne im »Stratum corneum be- schreibt Rabl (1897). Das Protoplasma ist granuhert. Der kürzeste Zelldurchmesser, der ebenso, wie oben geschildert, gerichtet ist, be- trägt 5,2«. Es sind also die Zellen auch abgeplattet. Die sich anschließende Schicht ist etwa 180 fi dick. Die Zellen der oberflächUchsten Lage sind auch noch abgeplattet. Der Kern ist aber kurz ellipsoidisch, und das Chromatin liegt in Körperchen weit aus- einander. Um den Kern liegen durch Delafields Hämatoxylin ebenso gefärbte Körperchen — wohl Keratohyalin — , und so ist diese Schicht möghcherweise ein Stratum granulosum. Es folgen polyedrische Zellen, sogenannte Stachelzellen, mit rundlichem Kern und feingranuliertem Protoplasmaleib als ein Stratum spinosum. Gegen das Bindegewebe grenzt ein Stratum cylindricum ab mit keulenförmigen, kernhaltigen Zellen, die mit dem keulenförmigen Ende vom Bindegewebe weggewandt sind. Eine sehr dünne, strukturlose Basalmembran ist vorhanden. Die 130 // dicke Propria mucosae baut sich aus einem dicht ver- filzten Bindegewebe mit einem dichten Geflecht von 0,6 /t dicken ela- stischen Fasern auf, die nach allen Richtungen, besonders aber nach der transversalen und paramedianen ziehen. Die Pars papillaris der Propria mucosae, der infrapapillar und inter- papillar das eben geschilderte Epithel angelagert ist, entsteht dadurch, daß zwischen je 2 bis zu 60 u breite, paramedian verlaufende und durch Anastomosen verbundene Epithelwülste 30 /< breite Bindegewebsleisten eingeschlossen sind, denen 130 /< lange und an der Basis 30 /< im Durch- messer messende, hintereinander stehende Bindegewebspapillen, so- genannte Primärpapillen, aufgesetzt sind. Die Bindegewebsleisten sind, wie später gezeigt wird, das Resultat der verschmolzenen Basis der Papillen. Diese Zusammensetzung des Papillarkörpers kehrt mehr oder weniger modifiziert im ganzen übrigen Gaumen wieder. Die Primär- papillen bestehen aus dünnen, sich durchflechtenden, von der Propria mucosae kommenden und von der Basis zur Spitze steigenden Binde- gewebsfasern. Der äußere Mantel der Primärpapillen ist mit elastischen Fasern versehen, die sich aus dem Geflecht der Propria mucosae ab- 12 Jakob Rehs, zweit^en und im straffen Verlauf zur Spitze steigen. Ein Netz von feinen Kapillaren und Nerven nimmt den zentralen Raum ein. Dem lockeren Bindegewebe der Submucosa, die 345 /t dick ist, sind zwischen den paramedian verlaufenden Nervensträngen und Blut- gefäßen relativ wenige ebenso verlaufende etwa 0,6 /.i dicke elastische Fasern zugesellt, die straff hinziehen, sich untereinander stellenweise körperlich vereinigen oder durch Anastomosen verbunden sind. Es sind dieses Eigenschaften der elastischen Fasern, die in allen Teilen des Gaumens wiederkehren. Das folgende knorpelige Gaumendach ist ein Hyalinknorpel, der an die mediane Vereinigung der beiden Ossa incisiva ansetzt und an das Septum nasale anlehnend lateral von ihm zwei schmale Platten bildet, die nur zum geringsten Teil eine festere Scheidewand zwischen Mund- und Nasenhöhle abgeben. Die dem vordersten Teil der Gaumenschleimhaut folgende Region der Papilla palatina steht bezüglich der Verteilung des elastischen Ge- webes etwas unter dem Einfluß der Ausmündungen der Canales naso- palatini. Diese Ausmündungen sind nicht nur, wie Retzius (1906) angibt, »außen sowie vorn und hinten von einem schmalen, niedrigen Wall umgeben«, sondern auch auf der Innenseite, und beide sind sie durch Furchen von einem in der Medianen liegenden Wall getrennt (Textfig. 1). Meine Befunde über den Verlauf der Canales naso-palatini durch das auch an dieser Stelle knorpelige Gaumendach decken sich mit denen von Beoom (1896), die -ich im Folgenden wiedergebe. >>In the next stage backwards we find the palatal cartilages each divided by the upward extension of the naso-palatine canal.« (Textfig. 1 Ä'gr.) »The inner moiety is roughly cubical in shape, with the outer side con- cave ; in which concavity lies the anterior end of Jacobsons organ, as it opens into the naso -palatine canal<< (Textfig. 1 io, cnp). »The outer moiety is found as a small plate of cartilage in the nasal floor just outside the canal<< (Textfig. 1 kg). Nachdem die Canales naso-palatini nach ihrer Abzweigung von der Außenseite des JACOBSONschen Organs das knorpelige Gaumen dach durchsetzt und eine senkrechte Richtung nach der Oberfläche des Gaumens angenommen haben, ist der Durchmesser in der Transver- salen etwa 50/t, aber in der Paramedianen bedeutend größer. Die betreffenden Maße ihrer Ausmündungsstellen sind 200 fi, bzw. 700 ^u. Das Epithel im Bereich der Canales naso-palatini weist alle die oben geschilderten Verhältnisse auf (Textfig. 1 sc, sg). Das Stratum Beiträge zur Koimtuis der niakroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 13 corneuni kleidet auch sich aUniählich verdünnend die Canales naso- palatini bis zu ihrer Abzweigung von dem jACOBSONschen Organ aus. Von der Innenwand der Canales naso-palatini springen in das Lumen, mit ihrer Spitze nach den Ausmündungen zu gerichtet, Epithelpapillen vor, die eine bindegewebige Grundlage haben (Textfig. 1 2?). Sie dienen wohl dazu, Nahrungsteilchen, die in die Ausführungsgänge eindringen, festzuhalten. Die vom Papillarkörper und der Submucosa im davorhegenden Teil geschilderten Verhältnisse bleiben auch hier bestehen (Textfig. 1 sm), nur daß in der letzteren reich- lichere, paramediane elastische Fasern auftreten. Was aber die Verteilung des elastischen Gewebes in der Pro- pria mucosae anbelangt, so ist eine Änderung insofern eingetreten, als aus dem Geflecht elastischer Fasern zu den durchschnittlich 100 /t dicken Epithelwänden der Canales naso-pala- tini stark divergierende elastische Fasern streben, vor diesen Wänden enden und so diese in ihrer Stellung fixieren (Textfig. 1 pm). Auch zwi- schen dem Oberflächenepithel der Seitenteile der Region der Papilla palatina und den Außenwänden der Canales naso-palatini spannen sich transversale elastische Fasern, denen sches Organ; kg, knorpeliges Gaumenclacli; . , -.. ■., nk, Nasenhöhle; ns, Nasenseptum; 7), ^'erv; SICÜ paramediane zugesellen. ^^ ^^ ^^^^ I.umen der Canales naso-palatini ragende Epithelpapillen mit bindegewebiger Grundlage; pni, Propria mucosae; sc, Stratum corneum ; sg, Stratum germinativum ; sm, Sub- mucosa; V, Vene. Textfig. 1. Echidna acideata. Transversalschnitt durch die Rpgion der Papilla palatina im Bereich der Canales naso-palatini. Schematisiert. Vergr. 17. Die Medianebene ist durch eine Strichlinie gekennzeichnet, a, Arterie; cnp, einer der Canales naso-palatini; io, J.4.COBSON- die das jACOBSONsche Organ Sobald sich hinter den Canales naso-palatini die beiden durch sie abgetrennten 'Seitenstücke des knor- peligen, 130 /< dicken Gaumendaches wieder an die knorpeligen Röhren umscheiden, angeschlossen und sich nach hinten immer mehr ver- breitert haben, gewinnt die Schleimhaut wieder den Aufbau, wie er von der vor den Canales naso-palatini beschrieben wurde, nur hat die Gaumenschleimhaut an Breite zugenommen, liegen die Blutgefäße und Nerven weiter auseinander und haben Propria mucosae und Submucosa je die Dicke von 200 _u. Etwa 600 ,u von der hinteren Epithelwand der Canales naso-palatini 14 Jakob Rehs, entfernt, im Bereich der ersten Gaumenleiste findet sich in das Binde- crewebe der Submueosa ein Drüsengewebe eingebettet, das sich neben der Medianebene rechts und links 1300 /< weit ausbreitet, in der Länge 600 /t mißt und durchschnittlich 150 /f dick ist. Da dieses Drüsen- t^ewebe je im Bereich der Submueosa der ersten sieben Gaumenleisten vorhanden ist, so trägt die Submueosa, wenn auch nur indirekt zum Aufbau der Leisten bei, und es bildet das Drüsengewebe eine Ergän- zung zu den im pharyngealen Abschnitt der Zunge befindlichen Drüsen. Einen Paramedianschnitt durch das Drüsengewebe der zweiten Gaumen- leite gibt Fig. 1 dr, Taf . I wieder. Die kugeligen oder ellipsoidischen Kerne der Drüsenzellen, deren Entfernung von der Außenwand ein Drittel der von der Innenwand ist, haben einen Durchmesser von 4,5 bis 7,5^«. Ihr Chromatin ist zu einzelnen Körperchen angehäuft. Der sonstige Inhalt der Zelle hat eine körnige Struktur, aber sehr oft liegt der Kern in einer hellen Zone, die von einer gekörnten umgeben ist. Zwischen den Drüsenläppchen finden sich Sammelröhren mit Cylinder- zellen und solche mit geschichtetem Epithel. Erstere Sammelröhren schließen direkt an die Drüsenläppchen an und gehen in die mit ge- schichtetem Epithel über, die ihrerseits wieder anschließen an die Haupt- ausführungsgänge mit erweitertem Lumen und geschichtetem Epithel in mehreren Zellagen. Diese schließen sich an Epithelwülste an und münden auf der höchsten Erhebung der Leiste nach außen, eine Lage, die für eine sichere Berührung der Nahrung mit dem Sekret sehr gün- stig ist. Eine Färbung mit Mucicarmin ergab keine typische Schleim- färbung. Mit Sicherheit konnte auf diesem Wege der mikrochemischen Färbung nicht festgestellt werden, ob Schleimdrüsen vorliegen oder nicht. Zu diesem Zwecke müßten die Untersuchungen an frischerem Material, als mir zur Verfügung stand, gemacht werden. Ich möchte noch hinzufügen, daß sich diese Drüsen von typischen Schleimdrüsen, wie ich sie im weichen Gaumen anderer Tiere sah, durchaus unterschei- den. Ob sie aber dem serösen Typus zuzurechnen sind, da ihr Bau den serösen Drüsen ähnelt, die Oppel (1900) vom hinteren Teil der Zunge von Echidna beschreibt, möchte ich dahingestellt sein lassen. Dieses Drüsengewebe ist vollkommen von dem Geflecht aus ela- stischen Fasern umsponnen. Mit dem interstitiellen Bindegewebe sind elastische Fasern vergesellschaftet, welche die Propria der Drüsen durchsetzen (Taf. I, Fig. 1 dr). Auch die Ausführungsgänge sind voll- kommen von elastischen Fasern, die den Gängen parallel laufen, ein- gescheidet. Diese Beziehung des elastischen Gewebes zu den Drüsen ist von Wichtigkeit für die Austreibung des Sekretes. Beiträge zur Kenntnis der makroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 15 Die Submucosa über der First der ersten Leiste, also hinter dem Drüsengewebe, ist von einem System von Lakunen durchsetzt, die in der Transversalen oft 375 u und in der Dicke 40 /< messen und teilweise mit einer körnigen Masse ausgefüllt sind. Möglicherweise hat man es hier mit einem Venensystem zu tun, wie es Jaenicke (1908) besonders ausgebildet, hinter den Schneidezähnen bei andern Tieren feststellte. Ich konnte wohl eine feine Endothelschicht aber keine elastischen Fa- sern nachweisen, wie es bei der vorn in der Gaumenschleimhaut median gelegenen Vene der Fall ist. Überhaupt ist hier die Submucosa relativ arm an elastischen Fasern. Sehr reich dagegen ist die Propria mucosae damit ausgestattet. Es ist ein Geflecht hauptsächlich aus transversalen mit wenigen para- medianen Fasern nicht zu verkennen. Dieses reichliche Auftreten von transversalen, elastischen Fasern wird uns deutlicher bei der folgenden Leiste entgegentreten. Über den Aufbau des bindegewebigen Innern der ersten Leiste konnte ich, da mir nur Transversalschnitte zur Verfügung standen, keinen genauen Aufschluß erlangen, aber ich glaube, daß er sich an den anschließt, wie er von der zweiten Leiste geschildert werden wird. Es ist hier wohl, wie die Schnitte andeuten, der bei jenen angegebene Prozeß noch weiter fortgeschritten. Auf jeden Fall ist sie eine fast voll- kommen entwickelte Gaumenleiste und keine unvollkommen ent- wickelte, für welche sie Seydel (1899) hält. In dem Gebiet des Tales zwischen der ersten und zweiten Gaumen- leiste liegt die Schleimhaut nicht mehr einem knorpeligen sondern nun- mehr, wie auch im ganzen übrigen Teil des harten Gaumens, dem knö- chernen Gaumendach, einer festeren Grundlage, an. Es ist festzustellen, daß nunmehr das elastische Gewebe nicht mehr ein Geflecht nach allen Richtungen verlaufender elastischen Fasern ist, bei denen sich zwar eine transversale und paramediane Richtung hervorhebt, sondern eine sehr regelmäßige Schichtenfolge aufweist, wie im Folgenden gezeigt werden wird. Dem knöchernen Gaumendach schließt sich eine 100 fi dicke Schicht ungeformten Bindegewebes aus feinen Bindegewebsfasern mit größe- ren Zellen an, die ein Periost ist. Auffälligerweise ist in dieser Schicht auch nicht eine Spur von elastischen Fasern zu konstatieren (Taf. I, Fig. 1 pe). Es folgt eine ebenso dicke Schicht, die aus dicken Bindegewebs- fibrillen in transversaler Richtung, von paramedianen durchflochten, aufgebaut ist. Hier treten ausschließlich paramediane, 2,5 /.i dicke. 16 Jakob Rehs, elastische Fasern auf, die nebeneinander in Ebenen angeordnet sind, die parallel der Schicht in der Schicht liegen. Eine dicht verfilzte, 150 ^i dicke Bindegewebsschicht aus sehr dünnen Fibrillen reiht sich an. In dieser Schicht verlaufen Arterien, Venen und Nerven über die ganze Gaumenbreite verteilt, zwischen denen paraniediane , elastische Fasern liegen (Taf . I, Fig. l v,n). Diese und jene Schicht sind die Submucosa (Taf, I, Fig. 1 sm). Reichlicherwerden diese paramedianen, elastischen Fasern beim Über- gang zu der 100 /< dicken Propria mucosae, die ein dichtes Geflecht relativ starker Bindegewebsfibrillen darstellt. Mit vielen paramedianen, elasti- schen Fasern verflechten sich wenige transversale, die nach der Mitte der Propria mucosae zu an Zahl zu, aber nach dem Papillarkörper an Dichte abnehmen (Taf. I, Fig. 1 pm). Hier gewinnen die paramedianen, elasti- schen Fasern wieder die Oberhand und ziehen den Epithelwülsten entlang und liegen insgesamt rinnenförmig ihnen an (Taf. I, Fig. 1 und 2 opm). Von diesen und aus dem Geflecht der Propria mucosae biegen elastische Fasern ab, Aufspaltungen dicker Fasern, und heften sich an die Epithelwülste an oder füllen den äußeren Mantel der Binde- gewebspapillen aus (Taf. I, Fig. 2 jjr). Es ist ja selbstverständlich, daß die elastischen Fasern der einzelnen Schichten Fortsetzungen der- jenigen sind in den entsprechenden, da vorliegenden Schichten und auch in die entsprechenden dahinterliegenden Schichten weiterziehen, daß auch ein Zusammenhang der elastischen Fasern zwischen den ein- zelnen, parallelen Schichten besteht. Innerhalb der zweiten Leiste hat mit der allgemeinen Verdickung der Schleimhaut hauptsächlich die Submucosa an Dicke zugenommen. Eine Zunahme an elastischen Fasern ist in allen Schichten zu ver- zeichnen. In der Submucosa sind paramediane, elastische Fasern massenhaft anzutreffen, besonders dem Drüsengewebe angelagert (Taf. I, Fig. 1 pef). In der Propria mucosae haben sich die para- medianen, elastischen Fasern etwas vermehrt, aber die transversalen haben an Menge und Dichte stark zugenommen.' In dieses Geflecht ist, wie schon erwähnt, im Gebiet der Submucosa, ähnlich wie bei der ersten Leiste, ein Drüsengewebe eingelagert, das auch im Bau voll- kommen mit jenem übereinstimmt (Taf. I, Fig. 1 dr). Ein Transversal- schnitt durch die First dieser Leiste und das zwischen ihr und dem knöchernen Gaumendach gelegene Bindegewebe demonstriert deutHch diese eben geschilderten Verhältnisse. Dem Periost ohne elastische Fasern (Taf. I, Fig. 2 pe) schließt sich die Schicht mit paramedia- nen an, welcher Verlauf auch in der Schicht mit den Blutgefäßen und. Beiträge zur KcMintuis der tnakroskop. und inikroskop. Anatomie usw. 17 und den Nerven wiederkehrt (Taf. I, Fig. 2 sm). Die elastische Innen- haiit der Intima der Arterien ist nur 0,5 /< dick. Der Media sind wenige elastische Fasern eingelagert, und die elastische Haut der Externa ist 0,2 n dick. Aber in das au die Arterien anschließende Bindegewebe sind dem Verlauf der Arterien gleichgerichtet ringsum elastische Fasern eingelagert. Ähnlich verhält es sich bei den Venen, nur daß die Media und Externa reichlicher elastische Fasern bergen (Taf. I, Fig. 2 a, v). Auch das Epineurium weist rings um die Nerven mit ihnen gleich- gerichtete elastische Fasern auf (Taf. I, Fig. 2 n). Im Übergang zur nächsten Schicht gruppieren sich die paramedianen elastischen Fasern zu Platten parallel dem knöchernen Gaumendach (Taf. I, Fig. 2 sp). Auffallend hebt sich die Propria mucosae mit den gedrängten, trans- versalen, elastischen Fasern heraus, denen paramediane zugesellt sind (Taf. I, Fig. 2 pm). Rechts auf der Abbildung, also nach der Medianeu zu, wo makro- skopisch eine 1100 /< breite Furche, dieRhaphe palati, die Leiste in zwei Hälften trennt, schließt sich an die Propria mucosae direkt der Papillar- körper an, bestehend aus paramedianen Bindegewebsleisten (Taf. I, Fig. 2'bl) mit schmalen hohen Bindegewebspapillen und peripheren elastischen Fasern (Taf. I, Fig. 2 pr) zwischen je zwei Epithelwülsten (Taf. I, Fig. 2 eiv). Die paramedianen elastischen Fasern sind auf diesem Schnitt infolge ihres Verlaufs in Guirlandenform angeordnet (Taf. I, Fig. 2 opm). In den beiden Teilen der Leiste neben der Medianfurche schiebt sich zwischen Propria mucosae und Papillarkörper eine 250 f^i hohe und in der Basis, in der Paramedianen gemessen, 650 ^t breite, trans- versal gelagerte, ie2,7mmlangeBindegewebsleisteein, die bindegewebige Grundlage der Leiste, die das Oberflächenniveau des vor und hinter der Leiste gelegenen Epithels nicht überragt. Die Submucosa hat keinen direkten Anteil an der Bildung dieser Leiste. Die vordere Oberfläche dieser Bindegewebsleiste steht in einem sehr stumpfen Winkel zu der des Bindegewebes vor der Gaumenleiste, während diejenige der hinteren Oberfläche mit der Oberfläche des Bindegewebes hinter der Leiste etwas weniger als einen rechten Winkel bildet. Es ist die Leiste also pharyngealwärts gerichtet (Taf. I, Fig. 1 u. 2 bi). Die elastischen Fasern dieser Bindegewebsleiste sind Fortsetzungen der in der Propria mucosae und den Epithelwülsten paramedian ver- laufenden Fasern, die sich aufgefasert haben, den bindegewebigen Innenraum der Leiste durchströmen, um teilweise vor dem Epithel der Rückwand der Leiste zu endigen, besonders an der in das Bindegewebe Zeitschrift f. wissenscii. Zoologie. CIX. Bd. 2 18 Jakob Rehs, vorspringenden transversalen Kante, diese gleichsam in ihrer Lage fixierend (Taf. I, Fig. 1 el). Teilweise biegen die elastischen Fasern um und ziehen nach der First zu. Auch gehen wenige elastische Fasern von der Epithelrückwand zur Vorderwand. Durchflochten werden diese elastischen Fasern von wenigen, dünnen transversalen Fasern. So bildet diese Anordnung der elastischen Fasern in paramedianer Richtung einen Übergang zu der in den Leisten andrer Tiere, wo ein Zusammenhang zwischen den elastischen Fasern, die von der Epithel- vorderwand zur Eückwand ziehen und den in den Tälern vor und hinter der Leiste befindlichen, kaum noch wahrzunehmen ist. Der basalste Teil der Vorder wand der Bindegewebsleiste besitzt im Übergang zum Papillarkörper des davor liegenden Tales 190 /< lange, 40 fi im Basisdurchmesser messende, das Stratum germinativum nicht ganz durchsetzende Primärpapillen mit elastischen Fasern im peripheren Teil aus dem bindegewebigen Grundstock, der Leiste. Die Rückwand zeigt nur vereinzelt Pirmärpapillen an der äußersten Basis. Der schmäl- sten, lingualwärts gelegenen Fläche des bindegewebigen Grundstockes sind nach der First zu gerichtete, spitzkegelige und bindegewebige Papillen derart aufgesetzt, daß ihre Epithelrückwand direkt in die Epithelrückwand der bindegewebigen Transversalleiste übergeht, wäh- rend die Epithelvorderwand der Papille auf die schmälste Fläche der bindegewebigen Transversalleiste aufstößt. Diese Bindegewebspapillen sind nur 130 /i lang. Ihr basaler Durchmesser ist aber 80 |tt (Taf. I, Fig. 2 prvs). Sie sitzen auf beiden Seiten der Medianfurche, auf eine Strecke von 1,6 mm verteilt, der bindegewebigen Transversalleiste auf zu sechs transversal in einer Reihe nebeneinander, seltener zu zweien paramedian hintereinander. In den Papillen, deren kollagene Fasern parallel zur Oberfläche in der Richtung der Papille liegen, finden sich ebenso verlaufende elastische Fasern, die Fortsetzungen der elastischen Fasern sind, die den bindegewebigen Innenraum durchsetzt haben und nach der First zu abgebogen sind (Taf. I, Fig. 2 prvs). Blut- kapillaren und Nerven sind reichlich vorhanden. Jede Bindegewebspapille ist von einem Mantel von spindelförmigen Zellen des Stratum cylindricum umgeben, die schindeiförmig gelagert sind. Auf ihn folgt ein sich distal wärts verdünnender Mantel aus kern- haltigen und granulierten Epithelzellen, deren kürzester Durchmesser senkrecht zur Oberfläche der bindegewebigen Papillen steht (Taf. I, Fig. 2 sg). Beide Mäntel gehören dem Stratum germinativum an. Über den distalen Teil dieses Mantels stülpt sich ein Gebilde mit sehr stark granulierten, pigment- und kernhaltigen Zellen, die mit ihrem kürzesten Beiträge zur Kenntnis der niakroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 19 Diuchniesser senkrecht zur Papillenriclitiing eingestellt sind (Taf. I, Fig. 2 II). Im basalen Teil gehen diese Gebilde aller Papillen ineinander über. Distahvärts platten sich die Zellen stark ab , werden kernlos und legen sich zu einer echt verhornten Epithelpapille zusammen. Diese färbt sich mit Pikrinsäure intensiv (Taf. I, Fig. 2 III). In die inter- papillaron Käume, also zwischen die Epithelpapillen, ist das Stratum cornoum, das sich durch den ganzen Grad der Verhornung scharf von den Epitholpapillen unterscheidet, im Gegensatz zu den gewöhnlichen Primärpapillen, die das Stratum germinativum nicht durchdringen, tief eingesenkt (Taf. I, Fig. 2 sc). Es besteht aus platten, jungver- hornten Zellen. Der kürzeste Durchmesser der Zellen, die jenem Mantel direkt angelagert sind, steht ebenso wie der jener Zellen, sonst aber senkrecht zur Epitheloberfläche. Sie füllen aber die interpapillaren Räume nicht ganz aus, sondern auf der Oberfläche der First sind Sättel zu beobachten, die von den distalen Enden der verhornten Epithel- papillen überragt werden. Diese sind die schon eingangs erwähnten Höckerchen. Die vordere und die hintere Oberfläche der bindegewebigen Leiste sind von den Schichten des Stratum germinativum und Stratum cor- neum bedeckt, die nach der First zu in die die Bindegewebspapillen umgebenden Mäntel übergehen und deren kürzester Zelldurchmesser auch zur Oberfläche der Bindegewebsleiste senkrecht steht (Taf. I, Fig. 1 sc, sg). Alle Epithelzellen der Vorderwand gehen in die Epithel- zellen des Tales zwischen der zweiten und ersten Leiste allmählich im sanften Bogen über, indem ihr kürzester Durchmesser sich senkrecht zur Oberfläche des Bindegewebes einstellt. An der pharyngeal gelegenen Wand hingegen springen die Epithelzellen, deren kürzester Durch- messer ebenso steht wie bei der Vorderwand, als Kante in das Binde- gewebe vor (Taf. I, Fig. 1 el). Der Übergang zu den Zellen des Epi- thels des Tales zwischen der zweiten und dritten Leiste, deren kürzester Durchmesser senkrecht zur Oberfläche des Bindegewebes steht, ge- schieht daher in weniger als einem rechten Winkel. Es unterscheiden sich also jene zu Reihen transversal nebeneinander liegenden Bindegewebspapillen von den Primärpapillen vollkommen, auch von denen, die den Papillarkörper der Vorderwand der Binde- gewebsleiste bilden. Jene Bindegewebspapillen leiten sich aber nicht direkt von Primärpapillen her, sondern ich möchte sie als die Spitzen großer Bindegewebspapillen deuten, wie sie vom hinteren Teil des harten Gaumens noch beschrieben werden, bei denen es zu einer late- ralen Konkreszenz der basalen bindegewebigen Hauptteile der Pa- 2* 20 Jakob Rehs, pilleu gekomineu ist, woraus ein Teil des bindegewebigen Innern der Leiste resultiert. Die lateralen Teile der Leiste werden wohl infolge von Zuo'wirkung entstanden sein. Wie schon berichtet hat die Sub- mucosa nur einen indirekten Anteil an der Bildung der Leiste. Diese Deutung erhält eine Stütze, wenn man Paramedian- und Transversalschnitte durch die zweite Gaumenleiste im Bereich einer solchen Bindegewebspapille mit eben solchen durch die erste Papillen- querreihe vergleicht, die sich aus stachelartigen, pharyngeal gerichteten Papulae operariae zusammensetzt. Periost, Submucosa und Propria mucosae mit Pars papillaris zeisen denselben Aufbau wie es bei der zweiten Gaumenleiste geschildert wurde. Der Grundstock der Papulae operariae ist eine etwa 600 f.i lange Bindegewebspapille, deren äußerste Basis an der Vorderseite wenige 250^« lange Primärpapillen, die wie auch alle Papillen im Tal pharyn- geal gerichtet sind. Man kann diese großen Bindegewebspapillen daher kaum als Sekundärpapillen bezeichnen, sondern ich möchte sie, wie noch gezeigt werden wird, für vergrößerte Primärpapillen halten. Die vordere und hintere Oberfläche einer solchen großen Bindegewebs- papille steht zur Oberfläche des Bindegewebes in den Tälern zwischen den Papillenquerreihen ebenso, wie von der Vorder- und Rückwand der zweiten Leiste angegeben wurde. Sie hat einen in der Para medianen gemessenen geringeren Basisdurchmesser als der bindegewebige Innen- raum der zweiten Leiste, aber sie ist um etwa 200 /< länger als der vor- her genannte Innenraum und die darauf sitzenden Papillen. Diese Verlängerung der großen und auch der Primärpapillen geht Hand in Hand mit der Verdickung des Epithels. Die kollagenen Fasern im ba- salen Teil der großen Bindegewebspapillen zeigen den Bau der Propria mucosae, und distalwärts verlaufen sie parallel zur Oberfläche der Pa- pille. Ebenso wie bei der zweiten Leiste liegen neben paramedianen elastischen Fasern, die von den paramedianen kommen, die in der Propria nmcosae und dem Papillarkörper vor der Papillenquerreihe liegen, transversale elastische Fasern, auf die Basis beschränkt. In der Spitze sind zur Spitze ziehende elastische Fasern anzutreffen, die Fortsetzungen von bogig verlaufenden, paramedianen elastischen Fa- sern sind. Das Papillenstroma nimmt Blutgefäße und Nerven auf. Die großen Bindegewebspapillen (Taf.I, Fig. 3 2^rv) sind von einem Epithel umscheidet, das sich sehr scharf durch die Lage und die Beschaffenheit der Zellen von dem interpapillaren und dem zwischen je zwei Papillarquerreihen befindlichen abgrenzt und so zur Bildung der die Gaumenoberfläche überragenden Prominenzen, den Papulae opera- Beiträge zur Ki-nulnis cUt makroskop. und nükroskop. Anatomie usw. 21 liao, fühlt. Auf einen Mantel aus keulenförmigen Zellen, die wie Schin- deln der Bindegewebspapillc anliegen, folgt ein am basalen Teil 50 ^a dicker, sich distalwärts auf 15 /< verdünnender Mantel aus granulierten, kernhaltigen Zellen, die mit ihrem kürzesten Durchmesser senkrecht zur Papillenrichtung stehen. Beide bedecken die Bindegewebspapillc also vollständig und gehen in das Stratum germinativum des vor und hinter der Papillenreihe liegenden Epithels über und sind daher ein Stratum germinativum (Taf. I, Fig. 3 äj/). Abgeplattete, sehr stark granulierte, mit dem kürzesten Durchmesser von 5/7, ebenso gelagert wie die vorhergehenden und mit deutlichen Kern folgen in Mantelform nach. Die Zellmembran hat ein Oberflächenrelief von Punkten und Linien. Es sind dies Zähnchen und Leistchen, die von Zelle zu Zelle ineinander greifen und für einen guten Verband sorgen. Bizzozero (1885) beschreibt auf der Oberfläche der Mundepithelien andrer Tiere auch derartige Riffzellen. Am basalsten Teil ist der Mantel 50 /< dick und dringt hier bis zum Stratum germinativum des vor und hinter der Papillenquerreihe liegenden Epithels vor (Taf. I, Fig. 3 II). Infra- papillar bildet er einen 30 u im Durchmesser messenden Strang, der den zentralen Raum des Epithelzahnes einnimmt. Um dieses helm- artige Gebilde legt sich ein Mantel von Zellen, deren kürzester Durch- messer mit derselben Lagerung, wie bei den vorgenannten Zellen, 3 i^t ist. Die Basis reicht auch bis zum Stratum germinativum und hat eine Dicke von 50^«. Distalwärts verdickt der Mantel sich auf 100^« und bildet die Umhüllung des über die Gaumenoberfläche ragenden Epithel- zahnes. Die Zellen sind auch verzahnt (Taf. I, Fig. 3 III). Dieser Mantel färbt sich mit Pikrinsäure pikringelb, und die verhornten Epithel- papillen der First der zweiten Gaumenleiste sind wohl Reststücke dieses größeren Gebildes, bei denen, wie auch Oppel (1899) an den Hornzähnen der Zungenoberfläche von Echidna feststellte, die Verhornung nicht nur im oberen Teil der Papillen erfolgt, sondern auch an den Seitenteilen tief hinab. Interpapillar ist das Stratum corneum, ein »junges Hörn«, sehr tief in Lamellenform eingesenkt, und die Zellen, die letzterem Man- tel am nächsten liegen, lagern ihm platt an, sonst liegen sie parallel der Epitheloberfläche (Taf. I, Fig. 3 sc). Es bildet oberflächemvärts Sättel, die von den makroskopisch sichtbaren Epithelzähnen, den Papulae operariae, überragt werden. An die Vorderfläche wie an die Hinterfläche der verhornten Epithelmäntel ist das Stratum corneum angelagert, und es sind die Übergänge zwischen jenen Zellen und den vor und hinter der Papillenquerreihe gelegenen ebenso, wie bei der zweiten Leiste geschildert wurde. 22 Jakob Rehs, Das Stratum corneum vor und hinter der Papillenquerreihe ist bis auf 700 f^i verdickt. Die Zellen liegen parallel der Epitheloberfläche, Jene allniähliche Verdickung ist fortschreitend von diesem Teil des Gaumens zum hinteren festzustellen, und in diesem festen Gefüge vor, hinter und zwischen den Papillen im Verein mit den tief eindringenden Hornmänteln ist wohl die Ursache zu suchen, warum es hier nicht zu einer lateralen Konkreszenz der Basis der großen Bindegewebspapillen unter Zurückdrängung des Epithels gekommen ist. Liegen jedoch zwei Papulae operariae sehr nahe beieinander, so sind die peripheren Teile der verhornten Mäntel lateralwärts verschmolzen (Taf. I, Fig. 3 d), und das interpapillare Epithel des Stratum corneum ist fast vollkommen verdrängt und nur auf eine schmale, oberflächliche Lamelle beschränkt. Bei solchen Papillen ist auch die laterale Basis der bindegewebigen Grundstücke verschmolzen, und so ist hier tatsächlich ein Übergang zu dem weiter fortgeschrittenen Prozeß in der zweiten Gaumenleiste gegeben. Die bindegewebige Transversalleiste der zweiten Gaumen- leiste ist nicht etwa für sich allein entstanden, und die aufsitzenden Bindegewebspapillen sind nicht nur vergrößerte Primärpapillen ; denn die Primärpapillen im Bereich der zweiten Gaumenleiste haben einen Basisdurchmesser von 40 li und eine Länge von 190 ^t«, während jene aufsitzenden Bindegewebspapillen die Maße 80«, bezw. 130 /< haben. Der paramediane Basisdurchmesser der Bindegewebsleiste ist etwas größer als der der großen Bindegewebspapillen. Letztere sind nur um 200 u länger als die bindegewebige Transversalleiste und die aufsitzende Papille zusammen. Eine derartige Verkürzung des Basisdurchmessers und Verlängerung der Höhe läßt sich im Gaumen fortschreitend von vorn nach hinten feststellen. Ob oben genannter Verschmelzungsprozeß im Laufe der ontogenetischen Entwicklung vor sich geht, vermag ich, da mir hierzu das Material fehlt, nicht zu entscheiden. Es sei noch nachgetragen, daß der Aufbau der dritten, vierten, fünften, sechsten und siebenten Gaumenleiste im allgemeinen Bau und im besonderen in der Verteilung des elastischen Gewebes vollkommen in Übereinstimmung zu der zweiten Leiste steht. Auffälligerweise ist in der Propria mucosae eine Zunahme transversaler elastischer Fasern von der transversalen Mitte der Täler vor den Leisten bis zur trans- versalen Mitte der Leisten selbst und dann eine Abnahme an Menge bis zur transversalen Mitte der Täler hinter den Leisten zu verzeich- nen. Es ist ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Drüseu- gewebes und den transversalen elastischen Fasern vorhanden; denn mi Bereich der ersten transversalen Reihe der Papulae operariae ist Beiträge zur Kenntnis der makroskop. und inikroskop. Anatomie usw. 23 kein Drüsengewebe eingelagert, und es sind auch jene Fasern bei weitem nicht so reichlich vertreten. Das Epithel nimmt von der ersten Papillenquerreihe an pharyn- gealwärts immer mehr an Dicke zu und führt so zur Bildung der dicken Epithelplatte, die von den Papulae operariae überragt wird. Aus dieser Epithelverdickmig resultiert eine Abnahme des elastischen Gewebes an Menge, das sich hier in derselben Schichtenfolge zeigt, wie bei der ersten Papillenquerreihe und der zweiten Gaumenleiste eingehend ge- schildert wurde. Diese Beziehung zwischen der Epithelverdickung und der Abnahme des elastischen Gewebes au Menge wird eingehender bei Cavia cobaya, da dieses Tier vor Echidna untersucht worden ist, be- sprochen werden. Eine weitere Folge der Verdickung des Epithels ist die starke Entwicklung des Papillarkörpers. Taf. I, Fig. 4 gibt einen Teil des Oberflächenrehefs des 600 f.i dicken Bindegewebes nach Ab- lösung des Epithels wieder. Bis zu 100 a breite, durch Anastomosen untereinander verbundene Furchen in paramedianer Richtung, die durch Epithelwülste, die schon früher geschildert worden sind, hervorgerufen werden (Taf. I, Fig. 4:eivr), schließen kurze, paramediane, in der Basis bis zu 60 /t breite Bindegewebsleisten ein, denen 400 -tt lange, 25 /< im basalen Durchmesser messende und pharyngeal gerichtete Primär- papillen reihenweise paramedian hintereinander aufgesetzt sind (Taf. I, Fig. 4:bl + pr). Die Leisten sind das Produkt der verschmolzenen Basis der Papillen, da sie öfters mit paramedian verlängerter Basis für sich allein stehen können. So stellt sich hier etwas gleiches ein, wie von den großen Papillen angegeben worden ist. Außerdem ragen sehr große, etwa 1600 u lange Bindegewebspapillen hervor, die mit im Durch- messer 350 u breiter Basis aufsitzen, sich aber distalwärts schnell ver- jüngen, sodaß der Durchmesser noch 25 u mißt. Sie liegen transversal in gerader Linie oder in Bogenform nebeneinander, aber nie konmit es zu einer lateralen Konkreszenz der basalen Teile. Dem oralen Teil der Basis sitzen 400 u lange Primärpapillen auf (Taf. I, Fig. 4 prv). Der Aufbau der großen wie der kleinen Papillen ist so, wie er schon mehr- fach geschildert wurde, nur wird bei den großen Papillen der dem Gaumendach zugewandte Teil besonders von elastischen Fasern ein- genommen. Es laufen nämlich die paramedianen elastischen Fasern in der Pars papillaris und der Propria mucosae vor einer Papillenquer- reihe bis zu der etwas ins Bindegewebe vorspringenden, pharyngealen Epithelwand der Papulae operariae, und hierdurch werden sie getrennt. Der eine Teil zieht seines "Weges weiter, während der andre Teil im Bogen in den oben genannten Teil der Papille abgelenkt wird. 24 Jakob Rehs, Das bis zu 2500 u verdickte Epithel, das diesem Papillarkörper angelagert ist, differenziert sich noch weitergehend, sodaß es sich von dem der ersten Papillenquerreihen in mancher Hinsicht unter- scheidet. Während bei diesen letzteren zwischen die Hornmäntel der Papillen der Querreihen das jungverhornte Stratum corneum mehr oder weniger tief in Lamellenforni eingesenkt ist, und so einen Ver- band zwischen dem Stratum corneum vor und hinter der Papillen- querreihe herstellt, ist es bei den ersteren zu einer vollkommenen la- teralen Verschmelzung des oralen Teiles der Hornmäntel gekommen, ph < prv m Textfig. 2. Echidna aculeata. Hoiizontalsclmitt im Bereich einer Querreihe von Papulae operariae und zwar durch zwei transversal nebeneinander liegende Papulae operariae, so daß die Spitzen der binde- gewebigen Grundstöcke getroffen sind. Schematisiert. Vergr. 30. Erklärung der Textfig. 2, siehe unter Textfig. 3. und nur von hinten dringt das jungverhornte Epithel in Lamellenform zwischen die Papulae operariae (Textfig. 2 po, l). Es schiebt sich also zwischen zwei Papillenquerreihen eine im Durchschnitt 1100 /.i dicke in der Paramedianen gemessene, transver- sale Schicht, die auf ihrer oralen Fläche gewellt ist, während die pha- ryngeale vollkommen eben ist. Die Dicke der Schicht vom Stratum germinativum zur Epitheloberfläche ist etwa 2200 /< (Textfig. 2 u. 3 sc). Ungefärbt ist diese Schicht hellgelbhch, mit Alkahblau-Pikrokarmin färbt sie sich dunkelblau, durch Osmiumsäure olivgrün, durch Ehrlichs Triacid grün, mit Del. Hämatoxyhn-Eosin violettblau, mit der Geam- schen Methode intensiv violettblau. Die kernlosen Zellen dieses Epi- thels sind sehr stark abgeplattet, sodaß ihr kürzester Zelldurchmesser Beitrüge zur Kenntnis der inakroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 25 von 3 fi zur Oberfläclie des Epithels senkrecht steht, während der längste Durchmesser, der parallel zur Oberfläche des Epithels in para- medianer Kichtung liegt, 65 // ist. Die Membran der Zellen ist nicht glatt, sondern trägt ein Relief. Bei ungefärbten Präparaten wechseln helle Erhebungen mit dunkeln Vertiefungen ab. Ein solches Relief wurde von Rausch (1897) und Wei^enreich (1900/01) bei andern 26 Jakob Rehs, Hornzellen beschrieben. In die dunkeln Vertiefungen reichen die hellen Erhebungen der Gegenzelle hinein, und so sind die Zellen schwer gegen- einander verschiebbar. Die Vertiefungen sind nicht etwa Poren, die die Zellmembran durchsetzen, wie Mekk (1900) an andern Hornzellen beobachtet haben will. Seine Bilder stimmen mit den von mir in diesem Falle beobachteten überein. Es sei noch erwähnt, daß Immisch (1908) an der oralen Seite der Papulae operariae der Zungenspitze vom Pferd einen Papillenpfeiler beschreibt, der oberflächenwärts eine Schicht kernloser Epithelschichten aufweist, die sich »bei Hämatoxylin-Eosin- färbung mit Hämatoxylin, bei Anwendung von Ehrlichs Triacid eben- falls in Übereinstimmung mit der Kernfärbung grün« färbte. Er fährt fort: »Daß der die Papilla operaria darstellende, verhornte Epithel- aufsatz (Immisch, Fig. 2 c u. 3 /) und die oberste Schicht dieses Zell- pfeilers (Fig. 2 d und 3 k) zwei verschiedenartige Gebilde sind, geht aus der verschiedenen Tinktionsfähigkeit ihrer oberfächlichen Partien hervor. Bei der Färbung mit Hämatoxylin-Eosin zeigen die eigent- lichen Hornpapillen reine Eosinfärbung, während die Zellpfeiler das Hämatoxyhn annehmen, also nicht verhornt sind<<. Ich glaube, daß dieses Epithel denselben Grad der Verhornung aufweist wie jenes oben geschilderte Epithel, das als ein »junges Hörn« anzusprechen ist. Durch die GRAMsche Methode läßt sich feststellen, daß jene jung- verhornte Epithelschicht zwischen sich und dem Bindegewebe eine ungefärbte, etwa 250 /< dicke Zone einschließt, die ein Stratum germi- nativum ist (Textfig. 3 sg). Die 400 /i langen Primärpapillen dringen also in das jungverhornte Epithel ein (Textfig. 3 2)r). Der Übergang vom jungverhornten Epithel zum Stratum germinativum ist ein all- mählicher. Die Zellen nehmen an Dicke bis zu 10 /i zu und werden kernhaltig. Aber sie sind jenen Zellen gleichgerichtet. Nur die keulen- förmigen Zellen, die einschichtig dem Bindegewebe und auch den Bindegewebspapillen anlagern, stehen mit der längsten Achse senkrecht zur Oberfläche des Bindegewebes. Diese Zellen müssen in einem sehr festen Verband mit dem Bindegewebe stehen; denn w^ährend das ganze übrige Epithel losgelöst war, hatten sie allein den Zusammenhang mit dem Bindegewebe bewahrt. Eine derartige Schicht kommt auch in den Barten von Balaenoptera sibbaldii vor, und Tullberg (1881/83) nennt sie eine »Zwischenschicht «. Er sagt : »Obgleich es ein eigentliches Stratum corneum auf der Zwischenschicht nicht gibt, so kann man doch eine innere Schleimschicht und eine äußere, mehr verhornte unter- scheiden. Beide werden von Hämatoxylin und Carmin gefärbt, die erstere jedoch stärker . . . Für diese Schicht möchte ich auf Grund ihrer Beiträge zur Kenntnis der luakroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 27 Konsistenz wie des Aussehens der Zellen den Namen , »Stratum subcor- neum' vorschlagen«. Ferner stellte er fest, daß in der Epithelverdickung der Bartenanlage beim Embryo von 3 m Länge zwischen dem Stratum germinativum und Stratum corneum eine Übergangsschicht liegt, die »in Ansehung der Beschaffenheit der Zellen von der größten Ähnlich- keit mit der äußeren Schicht der Zwischensubstanz ist und dürfte darum gleich wie diese am geeignetsten Stratum subcorneum ge- nannt werden«. Zwischen je zwei solcher transversaler Epithelschichten von jun- gem Hörn ist eine Papillenquerreihe eingeschlossen. Die bindegewebige Grundlage der Papulae operariae ist eine große Biudegewebspapille (Textfig. 2 u. 3 jyo, prv). Umschlossen wird sie von einem einschich- tigen Mantel kernhaltiger, keulenförmiger Zellen, die schindeiförmig ge- lagert sind. Auf ihn folgt ein durchschnittlich 10 n dicker Mantel von kernhaltigen Stachelzellen, die sich ebenso färben, wie das Stratum germinativum und in dieses übergehen. Beide Mäntel gehören dem Stratum germinativum an. Die Zellen stehen mit dem kürzesten Durch- messer senkrecht zur Papillenrichtung (Textfig. 2 u. 3sg). Eine solche Schicht hat Tullberg (1881/83) auch bei den Hornröhren der Barte von Balaenoptera sibhaldii festgestellt. Infrapapillar erstreckt sich eine 25 i-i im Durchmesser messende Säule von Zellen, deren Kern färbbar ist, von der Spitze bis zur Oberfläche des Hornzahns. Es ist dieses eine Marksäule, wie sie auch nach den Angaben Tullbeegs in den Hör- nern auf dem Nasenbein der Rhinocerotidae, in der Kauscheibe von Rhytina stellen, in den Barten der Mystacoceti und in vielen eminent entwickelten Epidermisbildungen auftreten (Textfig. 3 */;). Über die Entstehung der Marksäulen sagt Tullberg, daß »die Zellen um die längsten Papillen herum sich abplatten, wodurch Röhren gebildet wer- den, die sich allmählich über die Papille vorschieben. So wie sie sich vorschieben, werden sie mit Epithelzellen gefüllt, welche an der Spitze der Papillen fortwährend neu gebildet werden. Da diese aber keinem Druck von den Leisten ausgesetzt sind, so werden sie natürlich nicht auf gleiche Weise wie die die Röhren bildenden Zellen zusammen- gedrückt, sonderi^ sie bilden eine Art Marksäulen in den Hornröhren«. Die Epithelhülle des Stratum germinativum und die Marksäule werden von einem Mantel von kernhaltigen Epithelzellen umschlossen, deren kürzester Durchmesser von 8 /.i auch senkrecht zur Papillen- richtung steht. Die Wand der Röhre hat in der Höhe der Bindegewebs- papillenspitze eine Stärke von 60 u. Die Röhre reicht bis zur Spitze des Epithelzahus und senkt sich mit ihrem basalen pharyngealen Teil 28 Jakob Rehs, tief in das Stratum germinativum ein, während sie sich oralwärts als eine 200 f^i dicke, die Spitzen der gewöhnHchen Bindegewebspapillen umfassende Schicht über das Stratum germinativum ausbreitet (Text- fio-. 2 u. 3 I). Sie liegt aber nicht zwischen dem Stratum germinativum und dem jung verhornten Epithel. Bei Alkaliblau-Pikrokarminfärbung wird sie dunkelblau, bei Del. Hämatoxylin-Eosinfärbung eosinfarben, bei Kongorot- Pikrokarmin kongorotfarben. Bei der GRAMschen Me- thode bleibt sie ungefärbt. Ganz ungefärbt sieht sie gelbbraun aus, welche Farbe durch ein Pigment hervorgerufen wird. Dieses reduziert Osmiumsäure und wird schwarz und ist daher ein melaninhaltiges Pigment. Außerdem zeigen die Zellen Linien und Punktreihen auf ihrer Membran in der Richtung der Bindegewebspapille. Es sind dies Leistchen und Zähnchen mit punktförmigen Vertiefungen dazwischen, wodurch diese Biffzellen fest ineinander gefügt werden. Diese Röhre wiederum aber nicht ihr basalster Teil, der nur bis zum Niveau der Spitzen der gewöhnlichen Bindegewebspapillen reicht und hier scharfkantig endet, und ihr distaler, oraler Teil ist von einem Epithelmantel umgeben. In der Höhe der Bindegewebspapillenspitze hat er eine Wandstärke von etwa 220 ,«. Ungefärbt ist er hellgelb. Mit Ehrlichs Triacid färbt er sich hellorange, mit Alkaliblau- Pikrokarmin hellgelb, durch Osmiumsäure gelbbraun und nach der GRAMschen Methode rotgelb. Bei der Del. Hämatoxyhn-Eosinfärbung bleibt er ungefärbt (Textfig. 2 u. 3 II). Die Zellen liegen ebenso wie die der vorhergenannten Röhre und sind 6^u dick. Sie sind ineinander verzahnt, und diese Zähne sind an den Enden der längsten Durchmesser der Zelle in einer Länge von etwa 2 /t sehr deutlich zu sehen. Ein Pigment ist nicht vorhanden, und so ist diese Röhre ungefärbt hellgelb, wie das junge Hörn. Es hat aber mit jenem infolge der verschiedenen Färbbarkeit nichts zu tun. Möglicherweise ist es noch einer andern Stufe der Verhornung unter- worfen. Der äußerste, typisch verhornte Mantel des Hornzahns umschließt jenen inneren Teil pharyngeal und lateral in Gestalt einer Rinne (Text- fig. 2 u. 3 III), und je zwei solcher Rinnen sind durch die Lamellen des jungen Horns getrennt (Textfig. 2 1). Oralwärts verschmelzen diese Rinnen und gehen vor der Papillenquerreihe in eine besonders differenzierte Schicht über (Textfig. 2 u. 3 III). Basalwärts reicht die Rinne so weit wie der vorher beschriebene Mantel. Dieses Epithel färbt sich mit Ehrlichs Triacid dunkel-orange, mit AlkaUblau- Pikro- karmin hellblau mit blauen Zellgrenzen, durch Osmiumsäure gelbbraun, mit Del. Hämatoxylin-Eosin eosinfarben und nach der GRAMschen Beiträge zur Kenntnis dw makroskop. und tnikrosko]). Anatomie usw. 29 Methode hellgelb. Ungefärbt wird ein braungelbes Pigment sichtbar, aber es ist nicht in der Menge vorhanden wie bei dem innersten Zell- mantel. Der kürzeste Durchmesser der Zelle ist 6 // und ist zu der Pa- pillenrichtung senkrecht gestellt. Die Zellen des jungen Horns, die an die Außenwand angelagert sind, biegen mit ihrem oralen Teil, nach der Spitze der Papille zugerichtet, um und legen sich so an den Horn- niantel an. Wie schon erwähnt, kommt es zu einer weiteren Differenzierung des Epithels vor den Papillenquerreihen. Es ist dies eine Schicht, die nicht direkt an das Stratum germinativum anschließt, sondern durch die oben erwähnte, stark pigmentierte Schicht davon getrennt ist (Text- fig. 31). Gegen das oralwärts liegende junge Hörn schließt sie mit glatter Fläche ab und reicht bis zur Oberfläche des Epithels. In para- medianer Richtimg im Niveau der großen Bindegewebspapillenspitze ist sie durchschnittlich 900 /.i dick. Sie färbt sich in Übereinstimmung mit dem äußersten Hornmantel und ist demnach ebenso verhornt. So unterscheidet sie sich auch von dem jungen Hörn. Von diesem ist sie aber auch dadurch unterschieden, daß sich infrapapillar an jede der gewöhnlichen Bindegewebspapillen eine Marksäule von Zellen an- schließt (Textfig. 2 u. 3 m), die ebenso gebaut ist, wie die infrapapillar einer großen Papille. Jede Marksäule ist von einer ein- oder mehr- schichtigen Scheide hohlzieglig anliegender, kernhaltiger, stark pig- mentierter Zellen umgeben. Der 5 (.i dicke, kürzeste Durchmesser der Zellen mit Kernresten, die den Raum zwischen den Marksäulen aus- füllen (Textfig. 2 u. 3 III), steht nicht etwa senkrecht zur Richtung der Marksäulen, sondern diese Zellen zeigen, an die Schicht des jungen Horns anschließend, eine Richtung, die nach der Hornpapillenspitze hinzielt, und die dem Hornzahn angelagerten Zellen liegen in der Rich- tung der Hornpapille. Wichtig ist, daß an die Stelle mehrerer solcher Primärpapillen mit Marksäulen eine große Bindegewebspapille mit einer Marksäule treten kann, sodaß zwei große Bindegewebspapillen paramedian hinter- einander liegen. Es bilden also die Primärpapillen mit den infrapapil- laren Marksäulen, die nur im Bereich der oralwärts von den Papillen- reihen gelegenen, typisch verhornten Schicht auftreten, den Übergang von den gewöhnlichen Primärpapillen, die durch den papillären Bau der Gaumenschleimhaut bedingt sind, zu den großen Bindegewebs- papillen, welche die Grundstöcke der Papillae operariae abgeben. Wäh- rend im Bereich der stärksten Epithelverdickung die Papillae operariae zu einem festen , transversal gelegenen Gefüge verschmolzen sind und 30 Jakob Rehs, das jungverhornte Stratum corneum in eine oral nnd pharyngeal ge- legene Transversalschiclit scheiden, sind die der ersten Papillenquer- reihe, die im Beginn der Epithelverdickung liegen, durch mehr oder weni""er tief eingesenkte Lamellen des Stratum corneum von einander o-etrennt. Hier kommt es schon bei naheliegenden, großen Bindegewebs- papillen zu einer lateralen Konkreszenz der basalen Teile. Diese Kon- kreszenz führt im vorderen Teil des Gaumens, wo ein normal dickes Epithel vorhanden ist, unter Zurückdrängung dieses Epithels zum binde- o-ewebigen Innern der Gaumenleisten, an deren Bildung die Submucosa nur einen geringen, indirekten Anteil hat. Die Spitzen der großen Binde- gewebspapillen und die aufsitzenden reduzierten Hornpapillen sind noch deutlich vorhanden. Auf Grund obiger mikroskopischer Befunde erleiden die Schlüsse, die einige Autoren aus dem Aufbau des harten Gaumens von EcTiidna ziehen, in ihrer Wahrscheinlichkeit eine Einbuße. Oppels (1900) Mut- maßung, »daß die bei Echidna sich findenden Platten mit Zähnchen Bil- dungen der ganzen Schleimhaut sind, also nicht papilläre Bildungen, und sich mit verhornten Papillen der Zunge nicht ohne weiteres ver- gleichen lassen <<, ist hinfällig, da aus der Beschreibung und Abbildung eines Hornzahnes der Echidna-Zunge hervorgeht, daß ein solcher im Bau mit denen am harten Gaumen im wesentlichen übereinstimmt. Ebenso sind die Angaben von Retzius (1906), daß die Gebilde in der hinteren Hälfte des harten Gaumens Gaumenleisten seien, nicht auf- recht zu erhalten, sondern diese zu bogigen oder geraden Papillen- querreihen angeordneten, stachelartigen, pharyngeal gerichteten Ge- bilde sind, wie es schon bei der makroskopischen Schilderung getan worden ist, als Papulae operariae zu bezeichnen. Hiermit fällt auch die Angabe, daß der »ganz vereinzelte Stachelfortsatz« hinter den Papillenquerreihen eine »rudimentäre Leiste« sei. Bei Echidna leiten die Gaumenleisten im vorderen Teil des harten Gaumens ihren Ursprung von den Papulae operariae her. Hieraus re- sultiert, daß diese Gaumenleisten, da Echidna in der Reihe der Haar- tiere auf der niedrigsten Entwicklungsstufe steht, einen »ursprünglichen, phylogenetisch niedrigsten Typus << in der Klasse der Mammalia reprä- sentieren. Retzius (1906) konnte »weder in der Literatur noch an Prä- paraten << bei den Vorfahren der Mammalia Vorstufen der Gaumenleisten finden, aber an ein Vorkommen von Papulae operariae kann nicht ge- zweifelt werden. Da beim Menschen sich nach Gegenbaur (1878) die Gaumenleisten teilweise zu Papillargruppen auflösen, so ist es auch Beiträge zur Kenntnis der niakroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 31 nichts ungewöhnliches, wenn sie aus Papulae operariae durch Ver- schmelzung entstehen. Nach diesen Untersuchungen ist es unverständlich, wenn Gegen- BAUR (1892) sagt, daß diese >>in allen Abteilungen verbreiteten Gaumen- leisten bei Eckidna am hinteren Abschnitte in einer wichtigen Funk- tion stehen, indem sie mit Zähnchen besetzte derbe Platten tragen, wie schon erwähnt, mit der Reibplatte der Zunge zusammenwirkende Gebilde«, und daß >>nilt diesen verglichen die am vorderen Abschnitte des Gaumens befindlichen schwachen Leisten rudimentäre Gebilde sind<<. Zweifelsohne haben die Papulae operariae, die ihren Aufbau vollkommen der Verdickung des Epithels verdanken, im hinteren Teil des harten Gaumens gemeinsam mit denen der Zunge die wichtige Funktion, von der Owen (1868) sagt, daß >>the insects are doubtless crushed between the hardpapillaeof the tongueand the pallatalspines«. Es kann aber auch kein Zweifel darüber bestehen, daß die Gaumenleisten im vordersten Teil des harten Gaumens im Verein mit den Papulae operariae der Echidna-Ziinge bei der Aufnahme der Nahrung eine ebenso wichtige Funktion haben. Möglicherweise wird eine Höchstleistung ge- währleistet durch den Zusammenschluß der bindegewebigen Grund- stöcke der Papulae operariae zu Leisten, da die letzteren in diesem Teil des Gaumens mit dem normal dicken Epithel nie die starre Aus- bildung derjenigen im hinteren Teil des Gaumens erreichen konnten. Es ist daher kaum angängig, diese Gaumenleisten als »rudimentäre Ge- bilde« im Gegensatz zu den Papulae operariae am hinteren Teil des Gaumens zu bezeichnen. Da ich den Gaumen von Or7iithorhynchus anatinus nicht selbst untersucht habe, werde ich die Literatur nicht anführen, sondern mich nur auf einige Angaben über diesen Gaumen beschränken. Von dieser Gaumenschleimhaut (Retzius, Taf. XXXV, Fig. 2 u. 3) gibt Retzius (1906) an, daß die »ausgehöhlte Gaumenpartie zwischen den Horn- zähnen eine sehr eigentümliche Querrunzelung zeigt, nämlich vorn eine Anzahl unregelmäßiger Leistchen und weiter hinten in einer mittleren dreieckigen Partie dichtgedrängte, einander parallele, sehr regelmäßige schwach gebogene Querleistchen, welche außen jederseits scharf ab- gesetzt enden (Taf. XXXV, Fig. 2). Bei stärkerer Vergrößerung (Taf. XXXV, Fig. 3) erkennt man, daß jede dieser Leistchen aus einer Reihe dichtgedrängter, perlenbandähnlich angeordneter, runder Knöt- chen besteht <<. Bei diesen Gebilden hat man es wie bei Echidna mit zu Quer- reihen angeordneten Papulae operariae zu tun. Ob aber diese Gebilde im mikroskopischen Aufbau mit denen von Echidna übereinstimmen. 32 Jakob Rehs, und ob die im vorderen Teil der Gaumenschleimhaut sich befindlichen Leistchen sich von jenen Gebilden herleiten, ist ohne eine eingehende Untersuchung, wozu mir kein Material zur Verfügung stand, nicht zu entscheiden. Marsupialia. Polyprotodontia. Didelphyidae. Didelphys sp., junges Tier. Didelphys opossum L. Dasyuridae. Dasyurus viveninus, Shaw, junges Tier. Peramelidae. Perameles nasuta Geoffr. Diprotodontia. Phalangeridae. Phalmigista vuljmia Desm. Macropodidae, Halmaturus rujicollis Desm. Macropus (Thylogole) hillardieri Desm. Petrogale penicillata Gray. OnycJiogole lunata Gould. Betto7igia cuniculus Ogilby. Historisches. Da der harte Gaumen aller Mai'supialier durch den ma- kroskopischen Bau einem gemeinsamen Typus angehört, will ich das anführen, was CuviER, Owen und Retzitts über den harten Gaumen dieser Tiere schreiben. CuviEB (1845) sagt, daß »dans le sarigue a oreilles bicolores, on trouve neuf plis ecartes dont le dernier depasse les arriere-molaires; entre les deux der- niers se remarquent deux tres petits tubercules arrondis comme une tete d'epingle. Ces plis forment d'un bord dentaire ä l'autre un seul arc arrondi ä Fexception du troisieme, qui est ogival«. OwEX (1868) schreibt: "The palate is sculptured with transverse ridges. These arc most numerous in the Bandicoots, being fourteen in the Perameles nasuta and are slightly curved forwards: the roughness thus produced must aid the tongue in retaining small insects." Retzius (190ü) l:)eschreibt und bildet die Gaumen von Macwpus hillardieri, Onychogale lunata, Petrogale penicillata, Bettongia cuniculus, Phalangista vulpina, eines jungen Didelphys sp. und Dasyurus viverrinus und eines erwachsenen Di- delphys Opossum ab. Von Wichtigkeit aus der Beschreibung A^on Retzius ist folgendes: »Die Papillenregion bildet eine zwischen die Schneidezähne eingekeilte, dreieckige Fläche, an welcher vorn die etwas verschieden gestaltete Papilla palatina in der Medianebene hervorragt; sie ist bald ganz schmal dreieckig, mit nach vorn gerichteter Spitze, wie bei Betto7igia (Fig. 9 und stärker vergrößert in Fig. 10); Beiträge zur Kenntnis der iiuil<.ro!sko|). und niikroskop. Anatomie usw. 33 l)akl ist sie wie eine dreieckige, mit zwei naeli hinten-außen ragenden Widerhaken versehene Pfeilspitze gestaltet, wie bei Macropus (Fig. 6), Onijchogale (Fig. 7), Petrogah (Fig. 8); bald bildet sie Zwischenstufen zwischen diesen beiden Formeii und ist mehr einfach dreieckig, wie bei Phalangista (Fig. 5) und Didelplnjs (Fig. 4). Hinter der l'apille findet sich in der Mitte noch ein Höcker, der zuweilen in zwei geteilt ist. und zu jeder Seite desselben, in der Regel ein wenig w^eiter nach hinten, ein paariger Höcker (Fig. G, 7, 8); diese drei Höcker sind aber zuweilen (bei Di- delphi/s, Fig. 4) zu einer quergestellten Leiste zusammengeflossen, sodaß man sie als die erste Gaumenleiste auffassen kann. An der zwischen der Papille und den übrigen genannten Höckern gelegenen Gaumenfläche finden sich übrigens mehr oder weniger zahlreiche kleinere, knopfförmige Hervorragungen (Fig. 6, 7, 8). Hinter der geschilderten Papillenregion befindet sich die eigentliche Leisten- region, welche bis an die hintere Grenze des harten Gaumens reicht. Man kann an ihr zwei mehr oder weniger scharf markierte Partien unterscheiden, eine vordere, welche etwa drei bogenförmige, nach vorn konvexe Leisten enthält (Fig. 5, 0, 7, 8, 0, 10) und eine hintere zwischen den Molaren gelegene, von der einen Seite zur andern konkave, an welcher die Leisten in weit mehr gerader Richtung der Quere nach gestellt sind. Die Leisten der vorderen Partie sind an ihrer freien Kante schärfer und an den Seiten verjüngt, die der hinteren Kante sind mehr abge- plattet oder eigentlich nach vorn gedrückt, mit der Kante nach vorn, und nach den Seiten hin von etwa gleicher Breite. Zwischen den Leisten der vorderen Partie sieht man in der Regel ein Menge kleiner, rundlicher, warzenähnlicher Höcker, welche häufig zu den Rändern der Leisten parallelen Querreihen ange- ordnet sind (Fig. 5 — 10); in Fig. 10 ist diese Einrichtung bei Bdtongia in stärkerer Vergrößerung dargestellt. Die Zwischenräume der Leisten der hinteren Partie der Leistenregion sind dagegen glatt oder (nach vorn hin) mit wenigen kleinen Höckern versehen. Bei genauerer Untersuchung erkennt man aber, besonders bei Macropus, Onychogale und Petrogah, ivber auch bei BeUongia und Phalangista, daß diese hinteren Leisten in der Nähe ihrer vorderen Kante je eine derselben parallele Rinne zeigt, und daß der vor dieser Rinne gelegene Teil der Leiste wie ein aus dem zwischen den Leisten befindlichen Felde aufsteigender Wall erscheint. Die hinterste Leiste befindet sich am hinteren Rande des harten Gaumens, etwas hinter den hintersten Molaren. . . . Im allgemeinen stehen die Leisten in der Mitte der Region am dichtesten (s. bei BeUongia, Fig. 9) und entfernen sich von- einander nach vorn und hinten; besonders die vorderen haben große Zwischen- felder und sind am stärksten voneinander entfernt, bei BeUongia jedoch weniger als bei den andern. . . . Die Gesamtzahl der Gaumenleisten ist bei den ver- schiedenen hier berücksichtigten Tieren etwas verschieden. Im ganzen schwankt ihre Anzahl zwischen acht und zehn«. Retzius kommt zu dem Ergebnis, daß »bei den ^larsupialiem sich in der Anordnung des Gaumens und der Gaumenleisten ein Typus findet, welcher, oli- schon auch speziahsiert und in charakteristischer Weise differenziert, doch einem ursprünglichen und niedrigen Typus recht nahe stehen kann und wahrscheinlich auch recht nahe steht; nur sind in dem vor den Backzahnreihen gelegenen Teil des Gaumens, je nach der mehr oder weniger starken Verlängerung dieser Partie, die Leisten mehr voneinander entfernt und mit größeren Zwischenfeldern ver- sehen als im hinteren, welcher einer ursprünglicheren Anordnung entsprechen dürfte {Macropus, Onychogale, Petrogale); bei andern wahrscheinlich ursprüng- Zeitsclirift f. wiäsensch. Zoologie. CIX. ßd. 3 34 Jakob Rehs, lichcren Formen (z. B. Bettongia) ist aber auch in dieser Beziehung eine geringere Veränderung in der Anordnung der Leisten geschehen <-. Eigene Untersuchuniien. Der harte Gaumen von Halmaturus ruficollis, den ich meinen Untersuchungen zugrunde gelegt habe, ähnelt im makroskopischen Bau denen von Macropus biUardien, OnycJiogale lunata und Petrogale penicillata, wie überhaupt die Marsupialiergaumen einem gemeinsamen Typus angehören. Wie bei den vorher genannten Tieren bildet auch bei Halmaturus ruficollis die Kegion der Papilla palatina eine zwischen die Schneidezähne eingekeilte, dreieckige Fläche, an welcher vorn die Papilla palatina in der Medianebene hervorragt. Sie ist wne eine dreieckige, mit zwei nach hinten-außen ragenden Wider- haken versehene Pfeilspitze gestaltet (Taf. I, Fig. 5). Hinter der Region der Papilla palatina finden sich mehrere Höcker. Es folgen nach hinten bis zu den Molaren zwei Gaumenleisten, die ihre First pharyngeal- wärts richten. Die erste Leiste ist bogenförmig nach vorn konvex ge- staltet, wiihrend die zweite in gerader Richtung transversal liegt. In den weiten Zwischenfeldern zwischen der Region der Papilla palatina, den Höckern, der ersten und zweiten Gaumenleiste liegen kleinere oder größere, oft zu Querreihen angeordnete Papulae operariae, wie sie auch bei andern Marsupialiern anzutreffen sind. Zwischen den Molaren zählt man fünf quergestellte Gaumenleisten, die leicht in der Mitte nach vorn gebogen sind mit Ausnahme der ersten dieser Leiste, die überhaupt derart eigentümlich gebaut ist, daß ich sie näher beschreiben will. Sie ist durch eine Medianfurche in zwei Hälften geteilt, was möglicher- weise eine pathologische Erscheinung ist. Vor der rechten Hälfte liegt eine transversale Reihe großer, zottenförmiger Papulae operariae (Taf. I, Fig. 5 po). An den medialen, oralen Teil der rechten Gaumen- leistenhälfte schließt sich nach transversal links ein längerer Höcker an (Taf. I, Fig. 5 pov), der durch eine Furche von den vor der linken Hälfte der Gaumenlciste liegenden Reihe von Papulae operariae ge- trennt ist (Taf. I, Fig. 5 2^0). Die einzelnen Papillen der rechten Hälfte der Papillenquerreihe sind noch relativ deutlich durch Furchen voneinander getrennt, während bei der linken Hälfte mehrere solcher Papillen zu Komplexen verschmolzen sind und nur noch sehr seichte Trennungsfurchen erkennen lassen. Am deutlichsten zeigt dieses der transversal gestellte, längere Höcker. Nach der zweiten Gaumenleiste zu schließen sich an die transversale Papillenreihe zerstreut liegende, kleinere Papillae operariae an, wie sie auch vor der zweiten und ersten Gaumenleiste zum Teil noch kleiner anzutreffen sind. Die Papillen der rechten Hälfte der Papillenquerreihe würden einen Übergang bilden Bi'itiäge zur Ivoiintuis (.ler tiuikroskop. und iiiikiusko]). Analuniic usw. 35 von den zerstreut liegenden zu den zu Komplexen ver.schmolzenen Pa- pillen der linken Hälfte der Fapillenquerreihe, und diese wiederum zu dem längeren, transversalen Höcker. Letzterer führt zur wolilausgebil- deten Gaumenleiste hinüber. Nach Abschluß der Arbeit finde ich imter den Gaumenschlcimhiluten der Institutssammlung eine solche von HahnatuiHS nijicolUs, die au Stelle der Papillenquerreihe vor der dritten typischen Gaumenleiste eine Gaumenleiste zeigt, die nicht so voll- kommen ausgebildet ist wie die dritte und durch eine Medianfurche und zwei Paramedianfurchen in vier Stücke zerlegt ist (Taf. I, Fig. 6 pov). Eine Stütze jener Anschauung sehe ich in den Angaben von Ret- zius (1906) über das Verhalten der hinter der Region der Papilla palatina liegenden Höcker bei verschiedenen Marsupialiern. Er sagt darüber; »Hinter der Papilla palatina findet sich in der Mitte noch ein Höcker, der zuweilen in zwei geteilt ist, und zu jeder Seite derselben, in der Regel ein wenig weiter nach hinten, ein paariger Höcker; diese Höcker sind aber zuweilen (bei Didelphys, Fig. 4) zu einer quergestellten Leiste zusammengeflossen, sodaß man sie als die erste Gaumenleiste auffassen kann <<. Vergleicht man noch die Gaumenabbildung von einem jungen Didelphys sp. (Retziüs, Taf. XXXV, Fig. 4) mit der eines er- wachsenen Didelphys opossum (Retzius, S. 168), so bemerkt man, daß bei ersterem Tier die letzten Gaumenleisten vollkommen in transversal nebeneinander liegende Papulae operariae aufgelöst sind, während dies bei dem letzteren kaum noch zu beobachten ist. Außerdem wird die mikroskopische Betrachtung die obige Vermutung bestätigen. Über den mikroskopischen Aufbau der Region der Papilla palatina und im besonderen über die Rolle, die das elastische Gewebe in Be- ziehung zu den Canales naso-palatini spielt, kann ich keinen Aufschluß geben, da diese Region zwecks Einbettung in mehrere Stücke zer- legt wurde und infolgedessen die Orientierung verloren gegangen war. Was das Gebiet vor der ersten Gaumenleiste anbelangt, so ist die Gaumenschleimhaut durch ein Periost, das frei von elastischen Fasern ist, an das knöcherne Gaumendach angeheftet (Taf. I, Fig. 7 pe). Die etwa 1200« dicke Submucosa ist ein Maschenwerk aus dicken, para- iuedian gerichteten, sich gegenseitig durchflechtenden Bindegewebsbün- deln. Eingelagert sind Nerven, Arterien und ein klappe nhaltiges Venen- geflecht, das eine Art Schwellkörper bildet. Den Arterien und Venen- wandungen sind elastische Häute in auffallender Stärke eingelagert (Taf. I, Fig. 7 v). Der Teil dieser Bindegewebsschicht , der direkt an das Periost anschließt, ist relativ arm an bis zu 0,8 /« dicken elasti- 36 Jakob Rehs, sehen Fasern, die in paramedianer Richtung verlaufen. Aber zwischen den Arterien, Venen und Nerven ziehen paramediane elastische Fasern zu Bündeln vereinigt. Untereinander sind sie durch von ihnen ab- gehende elastische Fasern verbunden (Taf. I, Fig. 7 sni und Taf. II, Fig. 10 sm). In der Übergangszone zwischen Submucosa und Propria mucosae werden die paramedianen elastischen Fasern von transver- salen gekreuzt, und so entsteht ein regelrechtes Geflecht (Taf. I, Fig. 7 S]) u. Taf. II, Fig. 10 sp). In der 650 ^it dicken Propria mucosae aus dicht verfilzten! Binde- gewebe liegen nur bis zu 0,8// dicke, transversale elastische Fasern, die sich untereinander durchflechten (Taf . I, Fig. 7 pm u. Taf. II, FiglO pn). Diese transversalen elastischen Fasern durchqueren aber nicht die ganze Gaumenbreite, sondern indem bindegewebigen Teil der äußersten rechten und linken Seitenteile, der ungefähr je ein Sechstel der ganzen Gaumen- breite ausmacht, finden sich nur paramediane elastische Fasern in dichter Anordnung. Eine oberflächlichste, 200 h dicke Schicht der Propria mucosae, die an das Epithel anstößt, zeigt letzterem parallele leastische Fasern, die in einem sehr weitmaschigen Geflecht aus 0,2 // dicken, paramedianen elastischen Fasern angeordnet sind und solchen, die von den transversalen Fasern der Propria mucosae abbiegen und zum Epithel hinstreben, um sich hier pinselförmig aufzuteilen, an den Epithelwülsten zu endigen (Taf. II, Fig. 10 ew) oder in die periphere Schicht der 300 /t langen Bindegewebspapillen zur Spitze aufzusteigen (Taf. I, Fig. 7 opm u. Taf. II, Fig. 10 opm). Der Papillarkörper ist, wie bei Echidna näher beschrieben worden ist, auch hier ausgebildet. Das 325 fi dicke Epithel hat in der ganzen Schleimhaut fast dieselbe Dicke und weist keine irgendwie verhornte Oberflächenschicht auf, da die Zellen stets kernhaltig und abgeflacht sind (Taf. I, Fig. 7 ep u. Taf. II, Fig. 10 ep). Im Bereich der ersten Gaumenleiste nimmt die Submucosa von vorn nach der transversalen Mitte der Leiste an Dicke bis auf 200 ii (Taf. I, Fig. 7 rsm u. Fig. 8 sm). — Fig. 8 u. 9 sind Schnitte aus der zweiten Gaumenleiste; da sie vollkommen mit denen aus der ersten übereinstimmen und die geschilderten Verhältnisse noch schöner zeigen, w^erden sie hier herangezogen. — In dem Tale zwischen der ersten und zweiten Gaumenleiste schwächt sich die Submucosa wieder ab, um hier die Dicke wie vor der Leiste zu besitzen. Hieraus resultiert eine dem allgemeinen Niveau der Submucosa aufsitzende, transversal Hegende Bindegewebsleiste, die zweifelsohne eine Submucosa ist, da große Blut- Beiträge zur Kenntnis der nuikroskop. und niikroskop. Anatomie usw. 37 gefäße angesclinitten sind (Tat. I, Fig. 7 ü u. Taf. II, Fig. 9 v). Die vor- dere Oberflächemvand steigt allmählich an, während die hintere steil abfällt. Es hat also bei Hahnalurujs ruficolUs die Submucosa im Gegensatz zu Echidna einen direkten, bedeutenden Anteil an der Bildung der Gaumenleisten. Charakteristischerweise sind auch innerhalb dieser sub- mucüsen Bindegewebsleiste paramediane elastische Fasern zu Bün- deln angeordnet, welche untereinander durch abzweigende elastische Fasern verbunden sind (Taf. II, Fig. 9 s»t)und welche die Tendenz haben, Lamellen in paramedianen Ebenen zu bilden (Taf. I, Fig. 8 le). Diese submucose Bindegewebsleiste ist von der Propria mucosae ungefähr in derselben Schichtdicke wie im Tal vor der Leiste überwallt. Die elastischen Fasern laufen untereinander verflochten in transver- saler Richtung (Taf. I, Fig. 7 pm u. Taf. II, Fig. 9 pm). In der Propria mucosae der First der Leiste liegen neben transversalen auch paramediaue elastische Fasern (Taf. I, Fig. 8 pm). In jenem Geflecht sind die Enden der elastischen Fasern der paramedianen Faserbündel der submucosen Bindegewebsleiste gleichsam verankert (Taf, II, Fig. 9 sp), oder sie durchsetzen jene Schicht und streben zu der vorderen oder hinteren Epithel wand der Gaumenleiste. Auf ihrem Weg kreuzen sie parame- diane elastische Fasern in der oberflächlichsten Schicht der Propria mucosae, die an das Epithel anschließt. Im Tal zwischen der ersten und zweiten Gaumenleiste besteht dieselbe Schichtenfolge wie im Tal vor der ersten Leiste. In jenen beiden Tälern sind, wäe schon eingangs erwähnt, auf der Oberfläche der Gaumenschleimhaut makroskopisch Papulae operariae, die teils koni- sche Form haben, teils breitere Höcker darstellen, in allen Größen mit pharyngealer Richtung sichtbar. Der bindegewebige Grundstock der kleinsten Papulae operariae ist eine stark vergrößerte Primärpapille, welche das Epithel emporwölbt (Taf. II, Fig. 10 po, pr). Daneben liegen solche und dieses besonders im zweiten Tal, deren bindegewe- biger Grundstock eine Ausbuchtung der gesamten Pars papillaris mit Einschluß der Propria mucosae ist und so als Sekundärpapille zu be- zeichnen ist, da ihm Primärpapillen aufgesetzt sind. Jene Sekundär- papillen überragen das allgemeine Niveau der Epitheloberfläche, wölben das Epithel empor und führen so zu den größeren, zottenförmigen Pa- pulae operariae (Taf. II, Fig. 11 po, s). Die ersteren vergrößerten Primärpapillen werden vollständig von zum Epithel ziehenden elasti- schen Fasern eingenommen. Bei den letzteren hingegen liegen neben elastischen Fasern, die zum Epithel ziehen, transversale, wie sie in der Propria mucosae angetroffen worden sind. Es hat also die Propria 3ji Jakob Rehs, mucosae an der Bildung dieser Papulae operariae einen bedeutenden Anteil (Taf. II, Fig. 11 pn, tef). Aber nicht nur diese, sondern auch die Subnnicosa mit den paramedianen elastischen Fasern trägt, wenn auch nur indirekt, zur Bildung der Papulae operariae bei (Taf. II, Fig. 11 sm, rsm). Die zweite Gaumenleiste zeigt einen noch regelmäßigeren Bau wie die erste, da sie nicht bogig, sondern gerade transversal gestellt ist und Fig. 8 u. 9, Taf. I bzw. II sind dieserhalb nach Präparaten dieser Leiste wiedergegeben. Wie schon erwähnt, liegt vor der rechten Hälfte der dritten Gaumenleiste eine Querreihe aus Papulae operariae, die durch Furchen getrennt sind. Bei der linken Hälfte dagegen ist es zu einer Verschmelzung mehrerer Papulae operariae gekommen, und es ist ver- mutet worden, daß eine Leiste hierdurch entstehen könne. Die Pa- pulae operariae der rechten Hälfte der Papillenquerreihe haben einen bindegewebigen Grundstock, der auch eine Sekundärpapille mit Primär- papilleu ist. Aber nicht nur die Propria mucof-ae sondern auch die »Sub- mucosa hat einen direkten Anteil an der Bildung der Papulae operariae, und es ist der paramediane Verlauf der elastischen Fasern sehr deut- lich ausgeprägt (Taf. II, Fig. 12 6-, sm). Auch der transversale Ver- lauf der elastischen Fasern in der Propria nmcosae ist klar zu erkennen (Taf. II, Fig. 12 s, fm). Die Verschmelzung der einzelnen Papillae operariae ist in der Papillenquerreihe vor der linken Hälfte der dritten Gaumenleiste weitergegangen, und am vollkommensten mit dem Aufbau einer eigentlichen Leiste stimmt der transversale, längere Höcker überein. Die Submucosa, die wesentlich den Höcker aufbaut, steht in einem engen Verband mit der, welche die Grundlage für die rechte Hälfte der dritten Gaumenleistc abgibt. Die Anordnung der elastischen Fasern in paramedianer Richtung stimmt mit der Leiste über- ein (Taf. II, Fig. 12 {fov, sm), [3, sm]). Auch sie sind in den transver- salen Fasern der Propria mucosae verankert (Taf. II, Fig. 12 fov, pm,). Hiernach besteht kein Zweifel, daß der transversale, längere Höcker das Produkt der Verschmelzung der bindegewebigen Grundstöcke mehrerer großer Papillae operariae ist. Da der Höcker mit den Leisten im Auf- bau übereinstimmt, so ist er der direkte Vorläufer einer solchen. Es ist natürlich möglich, daß zwei oder mehrere parallele Höckerreihen eine Leiste bilden, da Retziüs (1906) angibt, daß bei genauer Untersuchung der Leisten der hinteren Partie mau besonders bei Macro'pus, Onycho- gale und Petrogale, aber auch bei Bettongia und Phalangista erkennt, »daß diese hinteren Leisten in der Nähe ihrer vorderen Kante je eine derselben parallele Rinne zeigt, und daß der vor dieser Rinne gelegene Beiträge zur Kenntnis cU'r nriUroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 39 Teil der Leiste wie ein aus dem zwischen den Leisten befindlichen Felde aufsteigender Wall erscheint« . Aus allen diesen Befunden muß man die Anschauung gewinnen, daß bei den [)riinitiven Marsupialiern das Primäre die aus den Papillae ()[)erariae gebiUleten Papillentjuerreihen und das Sekundäre die wohl- ausgehildeten Leisten sind. Nichts spricht dafür, daß man nach Hetzius in den wohlausgebildeten Leisten zwischen den Backzahnreihen die »ursprüngliche Anordnung« zu sehen hat. Die letzten Gaumenleisten stimmen im Bau mit den schon be- schriebenen überein, nur daß das elastische Gewebe an Menge abge- nommen hat, eine Tatsache, die schon in der dritten Gaumenleiste festgestellt werden konnte. Retzius (1906) erwähnt bei den Marsu- pialiern noch eine hinterste Leiste, von der Cuvier (1845) sagt, daß sie »depasse les arriere-molaires«. Bei Halmaturus rujicollis und wohl auch bei den andern Marsupialiern ist sie mit den typischen Gaumen- leisten nicht auf eine Stufe zu stellen, sondern sie verdankt ihr Vor- handensein einem transversalen Knochenwulst, der lingualwärts am pharyngealen Rande der Pars horizontalis der Ossa palatma liegt und die Gaumenschleimhaut in Gestalt einer transversalen Leiste empor- wölbt. Man vergleiche auch die Schlußleiste des Gaumens des jungen Didelphjs sp. (Retzius, Taf, XXXV, Fig. 4), und man wird sich über- zeugen können, daß sie auch hier ganz anders gestaltet ist wie die da vor- liegenden, letzten Gaumenleisten. Dieselbe Erscheinung wird uns bei den Insektivoren wieder begegnen. Edentata. I. Nomarthra. Manidae. Manis javanica (Desm.). Orycteropidae. Oryderopus capensis (Gm.). IL Xenarthra. Bradypodidae. Bradypus tridacüjlus L. Dasypodidae. Dasijpus villosus (Desm.). Tatusia peba (Desm.). Fötus. Historisches. Von Manis javanica hat Retzius (1906) den Caumen eines Fötus und eines erwachsenen Tieres beschrieben und abgebildet (Retzixts, Taf. XXXV r, Fig. 4 u. 5). Der Gaumen des Fötus zeigt fünf vordere voUkom- 40 Jakob Rehs, men entwickelte Gaumenleisten, während die sechste Leiste aus einer Querreihe von Papulae operariae besteht, und die andern nur Teilstücke einer solchen Quer- reihe sind. Überall zwischen den Querreihen liegen zerstreut Papulae operariae. Der Gaumen des erwachsenen Tieres weist zehn vollkommen ausgebildete Gaumen- leisten auf. Den Gaumen eines neugeborenen Jungen und erwachsenen Weibchens von Bradijpus tridadylns beschreibt Retzius, und er bildet den Gaumen des erwach- senen Tieres auf Taf. XXXVI, Fig. 7, ab. Hierüber sagt er: »Die zwischen den Zahureihen gelegene, vordere und mittlere Partie desselben ist mit zahlreichen kleineren und größeren, runden, ovalen oder länglichen Höckern und Erhaben- heiten besetzt, bei denen man kaum eine Andeutung von regelmäßiger Anordnung erkennt. Bei näherer Betrachtung lassen sich zwar, besonders vorn, einige Quer- reihen unter diesen Höckern nachweisen, eine wirkliche Anordnung der Leisten wibt es aber nicht«. Von dem Gaumen des neugeborenen Jungen schreibt er: »Bei ihm zeigt die Gaumenoberfläche eine ähnhche Beschaffenheit; nur waren die Höcker verhältnismäßig noch nicht so gut entwickelt; der Typus war derselbe«. Bei Dasypus villosus (Retzius, Taf. XXXVI, Fig. 1 u. 2) sind acht Leisten mit dazwischen liegenden kleinen Papulae operariae zu verzeichnen. Von einem fast reifen Fötus von Tatusia peha bringt Retzius eine Gaumenabbildung (Taf. XXXVI, Fig. 3) und er berichtet über ihn: »Bei dem fast reifen Fötus oder Jungen von Tatusia peha zeigte sich die Anordnung recht sehr verschieden von der bei dem nahe verwandten erwachsenen Dasypus villosus beschriebenen ... In der Papillarregion sieht man ein Höckerpaar. Dahinter folgen zwei Paar eigentüm- liche Leisten, welche beide in der Medianlinie durch je eine Spalte geteilt sind und ihren Kamm nach hinten kehren. Zwischen ihnen sieht man ein Paar Höcker, und hinter dem zweiten Leistenpaar folgt ein Paar verkümmerter Leisten. Dann kommen sechs kräftiger ausgebildete Leisten, von denen die vier vorderen in der Medianhnie nicht unterbrochen, die zwei hintersten aber geschieden sind. Alle kehren ihre freie Kante nach hinten und sind hier mit hervorragenden Zacken versehen. Einige dieser Leisten sind gebogen, mit der Konkavität nach hinten. In den zwischen den hinteren sechs Leisten befindlichen Zwischenräumen, welche ungefähr dieselbe Breite haben, sieht man eine JMenge rundlicher kornförmiger Erhabenheiten «. Retzius kommt durch diese Untersuchungen zu dem Ergebnis, daß »bei den Edentaten man teils primitive , teils schon stark differenzierte Leistentypen findet. So z.B. sieWt Dasypus einen primitiven Typus dar. Tatusia, . . . und Manis zeigen auch ursprünglichere Formen; bei Bradypus liegt aber eine eigen- tümliche Differenzierung vor, da sich die Leisten in eine Menge von größeren und kleineren Knötchen aufgelöst haben, was auf eine Art Reduktion deutet«. Eigene Untersuchungen, Bei Manis javanica kann es gar kei- nem Zweifel unterliegen, daß die Entstehung der Leisten aus Papulae operariae im Laufe der ontogenetischen Entwicklung angenommen werden muß. Hiernach sind die Gaumenleisten des erwachsenen Tieres iricherlich keine ursprünglicheren Formen, sondern sie sind sekundär aus der Verschmelzung der primären Papulae operariae entstanden. Beiträge zur Keimtiiis der niakiosko]). und niikioskop. Anatomie usw. 41 Der Gaumen von Orycteropus capensis (Taf. II, Fig. 13) zeigt voll- kommen entwickelte Gaumenleisten, Es bilden also die Nomarthra in bezug auf die Ausbildung der Gaumenleisten ein Gegenstück zu den Xenarthra, die auf Südamerika beschränkt sind. Auffälligerweise zeigen andre südamerikanische Tierfornien (Camelidae, Rodentia) auch mehr oder weniger gut ausgebildete Gaumenleisten. Bei dem neugeborenen Jungen von Bradypus tridactylus sind die Papulae operariae noch nicht so gut entwickelt als beim erwachsenen Tier, bei letzterem sind sogar Querreihen von Papillae operariae an- zutreffen. An einem Gaumen habe ich sogar beobachten können, daß die Papillae operariae vollkommen zu Leistenstücken verschmolzen sind. Ich bin daher der Meinung, daß hier von keiner »Reduktion« gesprochen werden kann, sondern daß hier auch primäre Zustände vorliegen. Daß bei dem fast reifen Fötus von Tatusia peha die Leisten, die wie z. B. die dritte teilweise vollkommen aus Papillae operariae bestehen oder die an ihrer freien Kante mit hervorragenden »Zacken« versehen sind, »sehr verschieden von den bei dem nahe verwandten, erwachsenen Dasypus villosus sind, bei dem die Leisten fast vollkommen ausgebildet sind, spricht für die bei Manis javanica angegebene Ansicht. Es ist daher auch Dasypus villosus durchaus kein »primitiver Typus«, im Sinne von Retzius genommen. Cetacea. Mystacoceti. Balaenopteridae , Balaenoptera physalus L., Fötus. Balaenoptera sihhaldii (Gray). Odontoceti. Delphinidae. Delphinus delphis L. Historisches. Cüvier (1845) sagt über den Walfischgaumen: «Dans les baleines, eile est garnie d'un nombre considerable de lames cornees, effilees ä leur extremite inferieure. Ces lames, . . ., s'allongent ä mesure qu'elles s'ap- prochent du bord externe de la mächoire au point d'acquerir, dans quelques especes, une longueur de plus de 2 metres. On pourrait peut-etre considerer ces organes, qui servent de filets ä ces animaux pour retenir leur proie, comme une exagera- tion des plis transverses, denteles et cornes, du palais du boeuf «. TuLLBERG (1883) hat den Bau der Barten von Balaenoptera sibbaldii von zwei Entwicklungsstadien und einem erwachsenen Tier eingehend mikroskopisch untersucht und kommt hinsichtlich der Entstehung und Entwicklung der Barten zu folgenden Schlußfolgerungen: »Die erste Veränderung, weiche in tler Schleim- 42 Jakob Rehs, haut des Oberkiefers zu bemerken ist, ist die, daß innerhalb der Ränder dieses Kiefers das Epithel verdickt wird und die Bindegewebspapillen verlängert werden. Diese Veränderung, welche beginnen dürfte, wenn der Embryo ungefähr 2m lang ist, geht wahrsclieinlich von den mittelsten Teilen des Kieferrandes aus und breitet sich von da nach hinten und vorn aus. Hierbei wird die äußere Schicht der Schleimhaut in eine dünnere, ganz und gar verhornte Schicht differenziert', welche mehr und mehr an Dicke zunimmt. Die Schleimschicht dagegen verdickt sich langsamer. Allmählich erhebt sich das unter dem Epithel liegende Binde- gewebe zu schräg längsgehenden Reihen kleiner konischer Fortsätze an schwach erhabenen Leisten. Dazu ordnen sich diese Fortsätze in den äußeren und vorderen Enden dieser Reihen allmählich zu Querreihen, und da nun die äußersten Fort- sätze in diesen Querreihen sich durch Erhebung des zwischenliegenden Binde- gewebes miteinander vereinigen, entstehen quergehende Leisten, die die erste Andeutung zu den quergestellten Bindegewcbsplatten bilden. Auf den Rändern dieser Platten wie auch auf den Spitzen der innerhalb dieser liegenden konischen Fortsätze werden die Paj^illen allmählich länger, und da bei der Vermehrung der um diese herumliegenden Zellen und dem Wachstum der Papillen eine Pressung der außerhalb dieser liegenden Zellen entsteht, so werden die letzteren abgeplattet, wodurch Röhren entstehen, welche anfangs undeutlich, je nach dem Wachstum der Papillen mehr markiert werden. Diese Röhren, welche um die Papillen herumgebildet werden, schieben sich natürlich beim Wachstum der Epithelmasse über diese auf dieselbe Weise, wie die Epithelmasse in gewöhnlichem Hörn sich über die Papillen schiebt; luid so wie die Hormöhren sich verschieben, werden sie von Zellen gefüllt, welche an der Spitze der Papille durch Teilung dortliegender Epithelzellen gebildet werden müssen. Diese Zellen platten sich nicht ab, es entsteht aber zwischen ihnen eine Anzahl größerer Lücken, angefüllt von einem feinkörnigen Inhalt. Eine Pressung, ähnlich der um die Papillen herum, findet auch rund um die größeren Bincle- gewebsfortsätze statt, und platten sich auch hier die Zellen mehr und mehr ab, während die mitten zwischen den Fortsätzen liegenden Zellen, wie auch die, welche außerhalb der von den Fortsätzen gebildeten Region liegen, von der Pressung beinahe unberührt sind. So schreitet die Entwicklung weiter fort, bis die Epithel- masse eine gewisse Dicke erreicht hat, da auch auf der Oberfläche der Bartenanlage sich eine Andeutung zu Erhöhungen zu zeigen beginnt, welche den Bindegewebs- fortsätzen entsprechen und so wie diese geordnet sind. Der erste Anfang zu diesen Erhöhungen wird jedoch nicht auf die Weise gebildet, daß die über den Binde- gewebsfortsätzen liegenden mehr differenzierten Teile des Epithels die übrige Masse durchbrechen, sondern nur so, daß diese Masse ausgebuchtet wird, was daraus ersichtlich ist, daß sie anfänglich von einer Hornschicht bekleidet sind. Während eines fortgesetzten stärkeren Wachstums der Papillen auf den Rändern der Bindegewebsfortsätze und des um diese herumliegenden Epithels erreichen die von den Papillen ausgegangenen Röhren so allmählich die Oberfläche der Bartenanlage. Dies dürfte teils dadurch geschehen, daß die über den Röhren- gruppen liegende Epithelmasse abgestoßen wird, teils dadurch, daß sie von den vordringenden festeren Röhrengruppen zur Seite gedrängt wird. Während dessen werden die oben genannten Papillen ganz bedeutend länger und dringen ein gut Stück in die mittelste Schicht ein; jetzt fangen die um sie herumgebildeten Röhren an. sich zu verhornen. So wie nun diese Röhrengruppen unter der Form von quer- Beiträge /iir Kenntnis der niakrosk(>i). und niii>sie (die vergrößerten Primärpapillen) auf diesen Bindegewebsscheiben nicht in gewisser Entfernung von- einander aufgereiht sitzen, sondern mit der Basis aneinanderstoßen. Auch gehen sie nicht von derselben Höhe aus, sondern die Binclegewebs- scheibe teilt sich in breitere Fortsätze, welche sich in die Papillen spal- ten «. Die Papillen sind von den Hornröhren umschlossen, die als Pa- pillae operariae die Bartenscheibe überragen. Retzius müßte diese Barten ebenso wie die Papillae operariae andrer Tiere für reduzierte Gaumenleisten halten. Daß bei den Walen, von denen der Zwergwal ungefähr 10 m lang wird, die Papillae operariae eine so enorme Länge haben, ist eigentlich nicht verwTinderhch. Ich möchte schließlich noch auf die auffallende Übereinstimmung hinweisen, die im Aufbau des Epithels des hinteren Teiles des Gaumens von Echidna aculeata und des Gaumens von Balaenoptera sihhaldii sich kundgibt, und ich habe feststellen können, daß die bindegewebigen Grundstöcke der Papillae operariae ungefähr im selben Längenverhältnis zueinander stehen. Der harte Gaumen von dem erwachsenen Delphinus delphis ist nicht glatt, wie Retzius annimmt, sondern er ist, wie auch Cuvier beschreibt, zerschhtzt. In das durchschnittlich IV2 mm dicke Epi- thel senken sich bis zu 1 mm tiefe Furchen ein, die in der Längs- richtung des Gaumens verlaufen und durch Querfurchen verbunden sind. So entstehen abgegrenzte Felder, die aber ihrerseits wieder auf der Oberfläche 200 /( hohe Papillae operariae tragen. In die abgegrenzten Felder dringen nämlich vom Bindegewebe dicht bei- sammen liegende schmale Primärpapillen ein, die 1 mm lang sind, 46 Jakob Rehs, das »Stratum gerniinativuin als Kappe emporwölben und infolge- dessen auch das .Stratum corneum, dergestalt, daß beide fast röhren- förmio- die Spitzen der Primärpapillen umgeben. So entstehen jene Papilla e operariae, die an die erinnern, die im harten Gaumen von Cavia cohmja noch beschrieben werden. In dem Epithel der Furchen lieo-en naturgemäß nur kleine Primärpapillen. Eetzius nimmt an, daß bei diesem Tier die Gaumenleisten »sich so reduziert haben, daß man keine Spur von ihnen sieht«. Es wird schwer sein, für diese An- schauung einen Beweis zu liefern, und es erscheint mir daher wahrschein- licher, daß in dieser Gaumenschleimhaut ein noch primitiverer Typus vorliegt als in denen der Mystacoceti. Propria mucosae und Submucosa sind ebenso dick wie das Epithel, und als Folge hiervon ist das elasti- sche Gewebe, welches ein Geflecht nach allen Eichtungen verlaufender elastischer Fasern ist, außerordentlich spärlich entw^ickelt, wie es auch bei andern Tieren der Fall ist. Perissodactyla. Equidae. Equus cdballus L. Historisches. Cuvier (1845) sagt über den harten Gaumen des Pferdes, daß »on trouve dix-huit ä vingt sillons, separes par des espaces plans. Ils formcnt de chaque cote des arcs ou des croissants qui se touchent sur la ligne mediane, et le dernier n'atteint jias le niveau de hx derniere molaire«. Retzius (1906) bildet den Gaumen von Equus cahallus ab (Taf. XXXVIl, Fig. 1) und gibt davon eine eingehende Beschreibung. »Die vorderste Partie ist etwas verbreitert, bildet ein abgerundetes, vorn nach unten umbiegendes 8tück, welches sich hinten verschmälert, um dann allmählich nach hinten immer etwas breiter zu werden, und endigt zwischen den beiden hintersten Molaren mit einer aus zwei paarigen Wülsten bestehenden Erhabenheit, die hinter der letzten Quer- leiste liegt. Die Gaumenplatte ist sonst vom vordersten Stück ab und bis an die eben erwähnte Erhabenheit von der einen Seite zur andern immer mehr aus- gehöhlt, gewölbt, und hat in der Mittellinie eine Längsfurche, welche besonders an den Querleisten deutlich ausgesprochen ist, indem sie diese in zwei Seitenarme trennt. Diese Seitenarme sind besonders vorn, stellenweise aber auch hinten, gegeneinander verschoben. An den von mir untersuchten Pferden fand ich 14 bis 15 Gaumenleisten oder Leistenpaare; Cuvier gibt ihre Zahl auf 18 — 20 an, Ellenberoee und Baum auf 16 — 18 an. Die zwei vordersten Leisten ziehen nach außen und ein wenig nach hinten; die dahinter folgenden biegen sich weniger nach hinten. Diese sechs Leisten oder Leistenpaare finden sich vor der Back- zahnregion. Sie sind im ganzen kräftig und stehen mit ihren scharf ausgeprägten, etwas nach hinten gerichteten Rücken ziemlich weit voneinander entfernt, da sich ziemlich breite und tiefe Furchenpartien zwischen ihnen finden. In der zwischen den Backzahnreihen gelegenen Partie sind die Gaumenleisten etwas niedriger und dichter gestellt; sie tragen ihren Rückenkamm mehr vorn, sind iJcilnigc zui' Kenntnis der niakioskop. mxl inikroskop. Anatoniif usw. 47 im Durchschnitt dreieckig und auch rcgehniißigcr als die vorderen. Sie sind bogcnförinig, in>nur äußerst kleine zarte Runzeln an der Schleinihautoberfläche in der Richtung von vorn nach hinten zu erkennen« seien. Derartige Runzeln konnte ich nur an den hinteren Seitenrändern entdecken, aber die ganze mittlere Fläche ist mit lingualwärts gerichteten, stachelförmigen Gebilden bedeckt, die bis zu 400 ^t« lang werden. Ihr basaler Durchmesser ist 90 /.i (Taf. III, Fig. 24 po). Eingehender komme ich hierauf später zu sprechen. Es soll nun die Topographie des elastischen Gewebes des Gaumens von Cavia cohaya einer Betrachtung unterzogen werden und auch andre Gewebselemente, soweit sie zu einem besseren Verstehen der Verteilung des elastischen Gewebes beitragen, besprochen werden. ZiMMERL (1905) erledigt die Beschreibung der Verteilung des ela- stischen Gewebes von Cavia cohaya mit der von Lepus cuniculus mit den Worten: »Anche in questi due animali il piano di distribuzione del tessuto elastico si mantiene uguale a quello che giä si e notato negli altri animali, onde sarä superfluo insistervi ulteriormente <<. Meine Präparate zeigen aber so abweichende Verhältnisse, daß es sich doch lohnt, näher darauf einzugehen. Es muß hier nochmals betont werden, daß die Präparate von 6 Monate alten Tieren stammen, daß aber sich die Verhältnisse bei älteren Tieren sich nicht derart geändert haben können. Die Schleimhaut der Furche mit der Rhaphe palati zwischen den Schneidezähnen und der Papilla palatina erhält ihren Anschluß an das knöcherne Gaumendach durch transversale, quergestreifte Muskeln, den ebenso verlaufende, dicke, elastische Fasern im Perimysium externum zugesellt sind, die in dig Basis der Rhaphe palati einströmen (Taf. III, Fig. 23 m, tef). Das elastische Gewebe unterstützt den Muskel in seiner Funktion recht wesentlich, wie es von du Mesnil de Rochemont (1893), Smirnow (1898/99) und Kahn (1903) an Muskeln aus den verschie- densten Organteilen des Wirbeltierkörpers und von Fahr (1906) und Seipp (1895) an den Herzmuskeln nachgewiesen wurde. In den Teilen der Furche, die rechts und links neben der Rhaphe palati ihren Platz haben, schiebt sich zwischen Muskeln und Epithel eine 600 f.i dicke Binde- gewebsschicht aus einem dichten Geflecht feiner Bindegewebsfibrillen ein, denen dicke, sich durchflechtende elastische Fasern, die nach dem Epithel zu allmählich an Menge zunehmen, in paramedianen Verlauf eingelagert sind. Ein ebensolches, dicht verfilztes Bindegewebe birgt der bindegewebige Innenraum der Rhaphe palati. Daneben durchziehen einzelne, 6 /t dicke, stark geschlängelte Bindegewebsfibrillen dieses Beiträge zur Kenntnis der niakroskop. luul niikroskop. Anatomie usw. 81 Bindegewebe im senkrechten Verlauf zur Basis der Rhaphe palati, teilen .sich in der Nähe des Epithels und laufen diesem parallel, treten aber selten in die Papillen der Pars papillaris ein. Letztere sind dicht- stehende, lange schmale Papillen, die das 300 u betragende Stratum germinativum ganz durchsetzen, sodaß dieses als eine Kappe empor- wewölbt ist. ein Zustand, der nicht auf die Oberfläche des kernlosen Stratum corneum, das 50 /< dick ist, übertragen wird. Außerdem macht sich in der Rhaphe palati ein durch Anastomosen verbundenes Strang- werk eines Gewebes breit, dessen Hauptstränge eine senkrechte Rich- tung zur Basis der Rhaphe palati haben und bis zu 100 /t dick sind. Das Gewebe besteht aus einer homogenen, hellen Grundsubstanz mit wenigen Bindegewebsfasern, deren Kerne in der Richtung der Stränge liegen. Die oben beschriebenen starken Bindegewebsfasern sind nie vorhanden. In dieses Gewebe sind kleine Arterien, die in Kapillaren übergehen und ebensolche Venen und auch Nerven eingebettet. Elastische Fasern treten nie auf. Wenige typische Fettzellen von 9 — 15 n Durchmesser deuten auf ein spezifisches Fettgewebe hin (Taf. III, Fig. 23 fg). Auf jeden Fall wirkt es als ein Schutzpolster gegen Druck, um diese eigentümlich gebaute Rhaphe palati aufrecht zu erhalten. Dieses wird noch verstärkt durch das elastische Ge- webe, das sich in diesen komplizierten Aufbau nur netzförmig ein- ordnen kann. Es wird so das Bindegewebe zwischen dem Strang- gewebe von dünnen, untereinander dicht verflochtenen elastischen Fasern ausgefüllt, doch ist eine transversale Richtung dieser elastischen Fasern nicht zu verkennen, w^olil hauptsächlich durch den senkrechten Verlauf der Stränge bedingt (Taf. III, Fig. 23 tef). In dem Binde- gewebe, das dem Epithel anliegt, bilden elastische Fasern noch ein dichtes Flechtw^erk, ein subepitheliales Netz, so daß in diesem Netz die transversalen elastischen Fasern verankert sind und so als trans- versale Streben wirken. Aus dem letzteren Netz gehen elastische Fasern in schnurgeradem Verlauf in den äußeren Mantel der Papillen mit dünnfaserigem Bindegewebe. Dem vordersten Stück dieser Rhaphe palati ist in der Medianen im bindegewebigen Innenraum ein langgestreckter, spindelförmiger und fetthaltiger Knorpel eingelagert, der in medianer Richtung 1400 (.i mißt und einen Durchmesser von 400 u hat (Taf. III, Fig. 23 hn). Er ist von dem knochenwärts gelegenen Muskel durch eine 200 {.i dicke Bindegewebsschicht getrennt, die wohl z. T. das Perimysium des Mus- kels darstellt, da hier transversale elastische Fasern liegen. Mit dem hinteren Ende des Knorpels beginnt das Verbindungs- Zeitsclirift f. wissensch. ZoolOL'ie. CIX. Iki. 6 82 Jakob Rehs, stück zwischen der Kliaphe palati und der Papilla palatina. Im Binde- gewebe hat sich nichts geändert, nur sind die dicken Fibrillen ver- schwunden und verlaufen die elastischen Fasern, die dicker und dichter geworden sind, rein paramedian. Sie nehmen z. T. ihren Ausgang von dem elastischen Knorpel, zum andern Teil ordnen sie sich aus den ela- stischen Fasern der Rhaphe palati um. Nach dem Epithel zu liegen sie weniger dicht und entsenden wenige Ausläufer in die reichlichen Papillen (Taf. III, Fig. 23 fej). Daß das elastische Gewebe in der Papilla palatina mit den Canales naso-palatini und dem kompliziert gebauten Stützknorpel unter die- sem Einflüsse steht, soll im Anschluß an die Beschreibung der letzteren gewürdigt werden. Die Canales naso-palatini durchbrechen, in der Medianen durch eine Bindegewebsschicht von 200 /t getrennt, den Knochen als ovale Gänge, die in der Paramedianen 800 /< und 300 (.t in der Transversalen messen. Sie streben in einem nach der Medianen zu gekrümmten Bogen nach dem Epithel auseinander und münden als sehr enge, 1000 /t voneinander entfernte Öffnungen, die in der Para- medianen 400 /t und in der Transversalen 50 /< messen, an den Seiten- abhängen der Papilla palatina, wie oben angegeben ist (Taf. III, Fig. 23 cnf). Der Stützknorpel setzt sich aus zwei Knorpelstücken zu- sammen, welche die Gänge vorn und hinten auf ihrem Lauf begleiten und untereinander verbunden sind. Der Teil vor den Canales naso- palatini weist eine in der Medianebene liegende 3 mm lange Knickungs- linie auf, deren epithelwärts gelegenes Ende weiter nach hinten liegt, als das knochenwärts gelegene. Die beiden 1300 /< nach hinten sich erstreckenden 200 — 100 (.i dicken Flügel sind epithelwärts verschmol- zen, während knochenwärts allmählich ihr Flächenwinkel bis zu einem rechten anwächst. Außerdem sind die Flügel an ihrer Basis nach außen umgebogen, so daß dieses eisbrecherähnliche Gebilde auf breiten Füßen steht, dessen Bedeutung oben schon gewürdigt wurde. An den epithel- wärts gelegenen Teil der Kante der Knickungslinie setzt sich eine 250 (.t dicke und 1000 /< lange Knorpellamelle an, die spitz in das vordere Ende der Papilla palatina vorstößt und dieses, das arm an elastischen Fasern ist, stützt (Taf. III, Fig. 23 skv). Der vorhin beschriebene Teil des Stützknorpels ist mit dem hinter den Canales naso-palatini befind- lichen verbunden sowohl durch von den beiden, knochenwärts gele- genen Teilen der beiden hinteren Flügelkanten ausgehende, die Gänge außen und hinten umfassende, 1300 /< breite in der Richtung der Gänge gemessene und 200 f^i dicke Knorpelspangen — der knorpelfreie Teil dient den Gängen als Durchgang — als auch durch eine in der Median- Beiträge zur Kctiiitiiis der makroskop. imd mikroskop. Anatomie usw. 83 ebene gelegene, stark gefensterte, 400 */ in der Transversalen messende Knorpelj)latte, die so die beiden Gänge auf der Innenseite stützend begleitet. Mit ihr verbinden sich die die Gänge umfassenden .Spangen, Außerdem spaltet sie sich in der Medianen auf und die Teilstücke stre- l)on unter einem rechten Winkel auseinander. So kommt es zu einer ähnlichen Anordnung wie bei dem ersten Knorpelteil, nur daß die Knorpelflügel um etwa 200 ti länger und etwas dünner sind, und in- folgedessen einen größeren bindegewebigen Innenraum einschließen, als im ersten Knorpeltcil. Epithelwärts sind die Flügel nur durch Knorpelspangen verbunden. Von hier aus dringen Knorpelstücke in den hervorragenden hintersten Teil der Papilla palatina, diesem, der auch spärliche elastische Fasern enthält, zur Stütze dienend (Taf. III, Fig. 23 skh). Es sei im voraus gesagt, daß der ganze Knorpel ein typischer ela- stischer Knorpel ist. Die polygonalen, 20 — 30 f.i im Durchmesser messen- den Zellen liegen ziemlich dicht beieinander, oft in Reihen die Dicke des Knorpels durchsetzend, so daß eine im Durchschnitt 10 /< dicke Intercellularsubstanz übrig bleibt. Die Zellen sind fast vollkommen von Fett erfüllt, derart, daß das Cytoplasma und der Kern, oft kommen zwei Kerne vor, wandständig geworden sind. Nach dem Perichondrium zu werden die Zellen kleiner und spindelförmig und enthalten weniger Fett. Homogene Knorpelkapseln sind deutlich sichtbar. Die zwischen ihnen liegende Grundsubstanz ist mit einem Netz straffer elastischer Fasern erfüllt, die der Hauptsache nach senkrecht zur Oberfläche des Knorpels angeordnet sind und natürlich, wie noch gezeigt wird, in das Bindegewebe übergehen. Die Seitenteile rechts und links von der Papilla palatina gleichen, was die Muskeln, das Bindegewebe und das elastische Gewebe anbe- trifft, dem neben der Rhaphe palati. Die paramedianen elastischen Fasern des Verbindungsstückes fin- den ihr Ende an dem ersten Knorpelteil, der sich in den Weg stellt. Nur einzelne strömen in den Teil zwischen Knorpel und Epithel ein. Hinter dem ersten vor den Canales naso-palatini gelegenen Knorpel- teil innerhalb der Flügel trifft man ein lockeres Bindegewebe mit Fett- strängen und transversalen elastischen Fasern, die also von Flügel zu Flügel ziehen und durch das Perichondrium in das Innere des Knor- pels dringen, so die Wände in ihrer Lage fixierend. Der Raum zwischen den Epithelwänden der Canales naso-palatini und den sie umfassenden Knorpelstücken ist von einem Netzwerk feiner elastischer Fasern ein- genommen, die ebenfalls im Knorpel verankert sind. Der transver- 6* g4 Jakob Rehs, sale Verlauf der elastischen Fasern wiederholt sich zwischen den beiden Flü>cioe di reagire alle pressioni a cui il palato« — im engeren Sinne die Papilla palatina — >>viene sottoposto <<. Es mögen noch einige Zahlen über die Dickenverhältnisse des Stratum germinativum und corneum, in dem vorauf beschriebenen Teil des Gaumens angeführt werden, da Hand in Hand mit der Zu- nahme des Epithels an Dicke besonders des Stratum corneum im fol- genden Teil des Gaumens eine Verringerung des elastischen Gewebes zu konstatieren ist. Echidna aculeata weist ähnliche Beziehungen auf. Die Dicke des Stratum corneum der Rhaphe palati und der Papilla palatina bewegt sich zwischen 40 und 100 j.i, während das Stratum ger- minativum 200 — 400 // dick ist. Da aber, wo man es mit dem Beginn des Epithels der zu den ersten Backenzähnen absteigenden Schleim- haut zu tun hat, sind die Zahlen für das Stratum corneum 150 — 200 fi und für das Stratum germinativum 200 — 300 f.i. Nach hinten steigen erstere auf 300 — 450 /< und letztere auf 300 — 400 ,«. Es ist so die Dicke des Stratum germinativum in der Rhaphe palati, der Papilla palatina und der zu den Backenzähnen absteigenden Schleimhaut im Durchschnitt dieselbe, aber das Stratum corneum des letzteren über- trifft das der beiden ersteren um etwa das Fünffache, ja zwischen den ersten Backenzähnen mißt man 600 /t (Taf . III, Fig. 24 sc). Das auf das Epithel folgende, aus dicht verfilzten Fibrillenbündeln bestehende, kernreiche Bindegewebe ist ungefähr 400 u dick, aber so zahlreich und dicht die elastischen Fasern in der Schicht mit dem Knorpelstrang vorhanden waren, so spärlich treten sie hier auf. Nur ganz vereinzelt sind sie aufzufinden. Diese starke Reduktion des ela- 86 Jakob Rehs, stischen Gewebes ist wohl auf die enorme Verdickung des Stratum corneum zurückzuführen, das infolge seiner physikalisch-mechanischen Beschaffenheit ausgleichend oder w^enigstens schwächend auf die von außen auf den Gaumen einwirkenden Kräfte wirkt, und auf diese Weise die Einwirkung nicht auf das Bindegewebe übertragen wird und so mit dem Ausbleiben eines funktionellen Reizes auch ein Ausbleiben des elastischen Gewebes in Einklang zu bringen ist. Es würde dieses der Anschauung von Jores (1900) gegenüberstehen, der in mechanischen Ursachen durchaus kein förderndes Moment für die Neubildung elasti- scher Fasern sehen will. Da nach andern Untersuchungen feststeht, daß die Organe in bezug auf die Menge des elastischen Gewebes ver- schieden sind, so muß auch der Ausbildung des elastischen Gewebes bei gleichem funktionellen Beiz in verschiedenen Organen gewisse Gren- zen gesteckt sein, deshalb sind seine Beispiele nicht ganz beweiskräftig. Die oben gegebene Anschauung würde vielmehr teilweise ein Gegen- stück sein zu den nachfolgenden Befunden über die Zu- oder Abnahme des elastischen Gewebes je nach dem gesetzten Reiz. Woltke (1900) stellte nämlich fest, daß im Uterus das elastische Gewebe mit zunehmen- dem Alter an Menge zunimmt aber nach dem Alter von 50 Jahren bröckelig zerfällt und daß bei einer stattgehabten Konzeption auch eine bedeutende Zunahme des elastischen Gewebes stattfindet. Ober- MÜLLER (1900) beobachtete eine starke Vermehrung des elastischen Gewebes der Vagina während der Gravidität und eine Rückbildung nach dem Klimakterium. Fischer (1900) untersuchte Gefäße, deren Wand nicht vollkommen durch eine Entzündung zerstört war und sah eine sehr reichliche Regeneration des elastischen Gewebes, was funktionell von hoher Bedeutung ist. Melnikow-Raswedenkow (1899) kommt durch Untersuchungen über das elastische Gewebe in normalen und pathologisch veränderten Organen zu derselben obigen Anschauung. Grohe (1901), Fahr (1906), Linser (1900), Teuffel (1902) und Fischl (1903) schließen sich dieser Anschauung an. Nakai (1905) und Schiff- mann ziehen aus Untersuchungen an Embryonen den Schluß, daß ge- wöhnlich elastisches Gewebe überall da sich zeigt, wo Bewegung sich vorbereitet oder auftritt. Die enorme Verdickung des Epithels zieht auch eine gute Aus- bildung des Papillarkörpers nach sich. Die Papillen des Bindegewebes stehen sehr dicht, haben an der Basis einen Durchmesser von 40 /.i und durchdringen das Stratum germinativum vollständig, sodaß dieses als eine spitze Kappe vorgewölbt wird (Taf. III, Fig. 24 fr). Der binde- gewebige Innenraum der Papillen besteht aus Bindegewebsfibrillen, die Beiträge zur Kenntnis der niakroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 87 von der Basis straff zur Spitze laufen, denen Kapillargefäße und Nerven aber keine elastischen Fasern eingelagert sind. Die Papillen sind von einer einscliiclitigen Lage von Cylinderzellen des Stratum cylindricum umgeben, an die sich Zellen des interpapillaren Stratum spinosum an- .schließen, aber die zunächst lagernden sind mit dem der Papille zuge- wandten Teil an die Papillen schräg oder parallel angelagert. Das interpapillare Stratum spinosum besteht aus sehr großen polyedrischen Zellen, deren kürzester Durchmesser parallel zur Richtung der Binde- gewebspapille liegt. In das Protoplasma der Zellen der unteren Schicht sind Körnchen verhältnismäßig weit auseinander eingelagert, die sich mit der GRAMscheu Methode violettblau und mit Del. Hämatoxylin dunkelviolett färben. Sehr oft sind zwei runde oder ovale Kerne in einer Zelle anzutreffen. Das Stratum spinosum verstreicht aber nicht mit den Spitzen der Papillen, sondern es sind zwischen die Papillen Zellen der folgenden Schicht eingesenkt. Diese Schicht besteht aus polyedrischen Zellen, deren kürzester Durchmesser auch parallel der Papille liegt. Die Zellen weisen einen, oft auch zwei deutliche Kerne auf und in das Protoplasma sind obige erwähnte Körnchen eingelagert. Dieses sind Keratohyalinkörner, und die Schicht würde als Stratum granulosum anzusprechen sein, das auch von Severin (1885) gefunden worden ist. Eine Schicht, die sich mit Picrocarmin pikringelb, nach Gram gelblich, mit Hämatoxylin-Eosin auch gelblich, mit Wasserblau- Alkaliblau nach Frickenhaus wasserhellblau und mit Wasserblau- Alkaliblau- Pikrinsäure blaugrün färbt und in die durch Kongorot Reste von Körnchen rötlich gefärbt werden, schließt sich an. Ranvier (1884) stellte nach Oppels Angaben in dem Epithel der Gaumenschleimhaut von Cavia Eleidin fest, das bei meinen Präparaten infolge der Vor- behandlung bis auf spärliche Reste gelöst wurde. Diese Schicht stark abgeflachter, dicht geschichteter, glatt konturierter und mit Kern- resten versehener Zellen ist ein Stratum lucidum. Die nächste Schicht dokumentiert sich nach der GRAMschen Methode als violettblaue Zone imd ist somit nach Ernst (1896) eine Schicht mit jungverhornten Zel- len. Die Zellen der oberflächlichsten Schicht sind vollkommen ver- hornt. Wie schon oben bemerkt, wird von der Bindegewebspapille das Stratum granulosum in Form einer spitzen Kappe vorgewölbt. Dieses überträgt sich auch auf das Stratum corneum, sodaß dieses als kleine Afdn hohe Höcker über das Niveau des Epithels hervorragen. Die infra- papillare Kappe des Stratum granulosum setzt sich aus sehr kleinen Zellen zusammen, und hieran schließen sich nicht die typischen, jung- 88 Jakob Rehs, verhornten und kernlosen Zellen des Stratum corneum, sondern durch dessen ganze Dicke hindurch liegen Zellen, durch verhornte Zellen unterbrochen, in einer Reihe öfters mehrere nebeneinander, die sich deutlich von den gewöhnhchen Zellen des Stratum corneum als durch Pikrinsäure intensiv gefärbte und durch ihr schwächeres Lichtbre- chungsvermögen hervortretende unterscheiden. Der Kern ist deutlich sichtbar aber nicht durch Hämatoxylin gefärbt, und sie gleichen in dieser Beziehung den Zellen des Stratum corneum, die dem Stratum germinativum anliegen. Diese Zellen sind wohl identisch mit den Zellen, die Ellenbergek (1887) in Fig. 236, S. 392 in einem Schnitt durch die Sohlenpapillen vom Hund wiedergibt und als Markschicht der suprapapillaren Epidermis bezeichnet. Ich vermute fast, daß die von LoBENHOFFER (1907) in der Gaumenschleimhaut des Schafes und von Jaenicke (1908) auch bei der Ziege und dem Pferde gefundenen Zellen Vorläufer dieser Zellen sind. Sie verdanken sicher ihr Dasein den bis dicht an das Stratum corneum reichenden Bindegewebspapillen. Diese Zellen erlangen noch dadurch ein höheres Interesse, daß sie auch in dem Teil der Gaumenschleimhaut auftreten, der zwischen den Backen- zähnen liegt. Hier herrscht dieselbe Beziehung zwischen Epithel und elastischem Gewebe wie im eben beschriebenen Teil. Aber die ganze Oberfläche des Gaumens ist, wie schon geschildert, mit lingualwärts gerichteten, stachelförmigen Gebilden besetzt. Diese Gebilde stehen stets mit einer Bindegewebspapille in Verbindung. Der Zusammen- hang beider wird noch dadurch deutlicher, daß die oben erwähnten, an die Spitze der Kappe der infrapapillaren Zellen des Stratum granu- losum ansetzenden, das Stratum corneum durchsetzenden Zellen auch die Achse der stachelförmigen Gebilde ausfüllen nur mit dem Unter- schied, daß sie sehr dicht zusammenliegen, mit dem kürzesten Durch- messer senkrecht zur Richtung der Papille konzentrisch geschichtet, und so einen Markstrang bilden, dessen Zellen distalwärts Kennzeichen einer Verhornung tragen (Taf. III, Fig. 24 sr). An diesen Strang legen sich parallel mit ihm Zellen des Stratum corneum an. An der Basis sind es Zellen des Stratum lucidum. Es folgen als ein Mantel um den Mark- strang zwei bis drei Lagen von Zellen, die jungverhornt sind, denen verhornte Zellen anliegen. Der Markstrang reicht nicht bis zur Spitze der Papillen, sondern wird distalwärts von jungverhornten Zellen um- geben, sodaß die eigentliche Papillenspitze aus total verhornten Zellen besteht. Es ist wohl nicht von der Hand zu weisen, daß dieser zentrale Strang, der die Verbindung herstellt zwischen den der Teilung fähigen Zellen des Stratum cylindricum, das die Spitze der Bindegewebspapille Beiträge zur Kenntnis der inakrosIS. A4- = 2:1, ZmA. Neofiber alleni True v^ = S. h^ = 2 : 1. Fiber zibethicus L v^ = S. h^ = 2 : 1. Cnniculus torquatus Pall V4 = *S. h-. Myodes lemnus L v^ = S. A4. Myodes schisticolor Lillje v^ = S. h^. 5. Hesperomyidae. Hesperomys leucopus Rafin. ... v^ = S. A4 = 2 : 1, ZoA. Neotoma jloridana Say et Ord. . . V3 = S. h^ = 2 : 1, ZklA. Sigmodon hispidus Say et Ord. . v^ = S. h^ = 2 : 1. Oxymyctenis rufus Desm v^ = S. h^ = 2 : 1. 6. Muridac. Mus decumanus Pall v^ = S. h^ = 2 : 1, ZoA. Nesokia indica Gray? v^ =^ S. h^ = 2 : 1, ZoA. Hapalotis sp v^ = S. Ä5 = ZmA. Ilydromys chrysogaster E. Geoffr. . v^ = S. h^-= 2 : 1, ZklA. Dendromys mesomelas Brants. . . v^ = S. h^-. Steatomys edulis Pet v^ = 8. h^ = 2 : 1. Saccostomus lapidarius Pet. ... v^ = 8. h^^ = 2 : 1. Otomys unisulcatus F. Cuv v^ = 8. h^ = 4 : 1, ZklA. 1. Gerbillidae. Gerbillus pyramidum J. Geoffr. . . v^ = 8. 7^4 = 2:1, ZklA. Psammomys obe-sus Cretschmar . . v^ = 8. hi-= 2 : 1, ZklA. II. Sciuromorphi. a. Sciuroidei. 1. Haplodontidae. Haplodon ruftis Rafiu V2 — 8. h^ = 3 : 1, ZoA. s. 1h- = 2 :1, ZklA. s. I15 = ZoA. s. h^ = 3 : 1, ZoA. 94. Jakob Rehs, 2. Sciuridae, Sciurus vulgaris L v^ = S. h^ = 2 : 1, ZoA. Sciuropterus volucella Pall v^ = S. li^ = 2 -. 1. Arctomys marmotta L v^ = S. /iviel= 2:1. Cynomys ludovicianus Ord v^ = S. Äviel= 2 : 1. S petmophiliis tridecimlineatus Mitch. . v^ = S. h^ = 2 : 1. Tamias striatus L V4^ — S. h^ = 2 : 1, ZoA. b. Castoroidei. 1. Castoridae. Castor canadensis Kühl v^ = 8. Iiq = 2 : 1, ZmA. c. Geomyoidei. 1. Geomyidae. Perodipus agilis Gambel ^3 = Heteromys sp i's = Geomys tuza Ord V3 — Zeichenerklärung. C — Bildung des vorderen Teils des knöchei'nen Gaumendaches wie bei Cavia cobaya. Ca — Bildung des vorderen Teils des knöchernen Gaumendaches ähnlich wie bei Cavia cobaya. Cu 8 = Bildung des vorderen Teils des knö- chernen Gaumendaches hegt zwischen der von Cavia cobaya und Sciurus vul- garis. 8 — Bildung des vorderen Teils des knöchernen Gaumendaches wie bei 8ciurus vulgaris. ZoA = Zunge ohne Absatz. ZmA = Zmige mit Absatz. ZmW = Zimge mit Wulst. ZklA = Zunge mit kleinem Absatz. Vq, Vx-, v^-y V2, Vs, t'4 und V5 = Gaumen zwischen den Nagezähnen und den Backenzähnen keine — , eine undeutHche — , ch-ei undeutliche — , zwei — , cbei — , vier — • und fünf Gaumenleisten, h^, h-, h^-, h^-, ho, h^, h^, h^, hg, /i- und Ziviel = Gaumen zwischen den Backenzahnreihen keine — , undeutliche ■ — , vier undeutliche — , fünf undeutliche — , zwei — , drei — , vier — , fünf — , sechs — , sieben — imd viele Gaumenleisten. 2:1, 3:1, 4: 1 = das Verhältnis der Länge des zwischen den Backenzahnreihen gelegenen Teiles des Gaumens zu seiner Breite. Den äußeren Bau des Gaumens von Sciurus vulgaris hat Retzius (1906) beschrieben und einen Gaumen auf Taf. XL, Fig. 1 abgebildet. Aber es bleibt einiges richtig zu stellen und nachzutragen. Er hat es unentschieden gelassen, was als die Papilla palatina anzusprechen ist. Er schreibt darüber: »Vor diesen Leisten findet sich noch eine bogen- förmige Leiste, welche vorn in der Mitte einen rundhchen, ovalen Aus- wuchs, eine scharf begrenzte Erhabenheit trägt, die vielleicht als die Papilla palatina zu bezeichnen ist, obwohl sie hier nicht dicht hinter den Schneidezähnen liegt. Es findet sich nämlich zwischen ihrem vorderen Eande und diesen Zähnen eine schmale, von den zusammen- gebogenen Lippenrändern eingefaßte Rinne, welche beim Eichhörn- chen nur kurz ist, während sie bei manchen andern Nagern recht lang sein kann. Am Boden dieser Rinne sieht man noch eine längliche, aber Beiträge zur K<"niitnis der üiakroskop. iiiul niikroskop. Anatomie usw. 95 ziemlich niedrige uiul schiiuile Erhabenheit, welche vielleicht auch der fraglichen Papille entsprechen kann«. Eine genaue Betrachtung der Region der Papilla palatina zeigt, daß der vorn in der Mitte der Region der Papilla palatina gelegene, rundliche, ovale Auswuchs die Papilla palatina ist, da man ganz deutUch die Ausmündungsstelleu der Canales naso-palatini sondieren kann. Bei der RETZiusschen Ab- bildung sind sie ungefähr in die Scheitelpunkte der beiden recht- winkligen Figuren in der Region der Papilla palatina eingezeich- net zu denken, eine Stelle, die sowohl durch Paramedianschnitte wie durch Transversalschnitte als solche bestätigt wird. Man kann es nicht als ein Kriterium für die Lage der Papilla palatina hinstellen, daß sie dicht hinter den Schneidezähnen liegen müsse, da, wie schon bei Cavia näher besprochen A\T.irde, eine mehr oder weniger länge Rhaphe palati eingeschobon sein kann. Eine solche Verschmelzung der Papilla palatina mit der ersten Gaumenleiste beobachtete ich auch bei Ano- mcdurus Beecrofti, bei welchem Tier der Zusammenschluß nicht so innig ist wie bei Sciurus, bei Arctomys marmotta, Dasyprocta fuliginosa, Microtus arvalis, Sciurus indicus, Cricetomys gambianus. Tullberg bildet sie ab auf Taf. XXXVI bei Hystrix cristata (Fig. 2), Anomalurus Beecrofti (Fig. 12), Myoxus glis (Fig. 14), Zapus hudsonius (Fig. 16), Gymnuromys roherti (Fig. 19), Cricetus frumentarius (Fig. 20), Arvicola amphibius (Fig. 21), Hesperomys leucopus (Fig. 22), Oxymycterus rufus (Fig. 24), Hydromys chrysogaster (Fig. 26), Sciurus vulgaris (Fig. 29), Arctomys tnarniotta (Fig. 30) und Geomys tuza (Fig. 33). Der Paramedianschnitt (Taf. III, Fig. 25 pp, 1) gibt auch darüber Aufschluß, ob man die hintere wallartige Abgrenzung der Region der Papilla palatina als erste Gaumenleiste zu deuten hat. Da sie im Bau vorzüglich aber ihre äußeren Flügel den andern Leisten ähneln, so ist sie tatsächlich die erste Gaumenleiste. Ihr mittlerer Abschnitt ist mit der eigentlichen Papilla palatina zu einem Komplex verschmolzen, was natürlich für die Festigkeit der Papille nicht ganz unwesentlich ist. Die Rhaphe palati setzt in einer Höhe von 1/2 mm und einer Breite von 1 mm hinter den Schneidezähnen an, erreicht mit einer Höhe von 1 nun und einer Breite von 1 1/2 ^"^ ^^"^ Ende. Die Seitenwände erheben sich etwas der Medianen zugeneigt aus der Furche. Die First ist ge- wölbt (Taf. III, Fig. 25 rp). An die Rhaphe palati schließt sich 1 mm steil abfallend der vordere Teil der Papilla palatina an (Taf. III, Fig. 25 pp). Sie erhebt sich im Durchschnitt 2 mm über die Furche und nimmt allmählich, in der Transversalen gemessen, bis 3 mm zu, um dann in die erste Leiste überzugehen. Die Seitenwände der Papilla 96 Jakob Rehs, palatina stehen zur Talfurche senkrecht und die First ist schwach ge- wölbt. Aus der RETZiusschen Figur könnte man ferner die Anschauung gewinnen, daß die Rückwände der ersten, zweiten, dritten, vierten und fünften Gaumenleiste sehr steil wären, während die Vorderwände der zweiten, dritten, vierten und fünften sehr schräg zum Gaumen ständen. Wie aber der Paramedianschnitt (Taf . IV, Fig. 26, 2 u, 3) durch die zweite und dritte Leiste bekundet, ist gerade das Umgekehrte der Fall. Im Anschluß hieran soll die Verteilung des elastischen Gewebes und der allgemeine histologische Aufbau der Schleimhaut, soweit dieses für die Einordnung des elastischen Gewebes von Wichtigkeit ist, einer Betrachtung unterzogen werden. Ehe ich auf die einzelnen Teile der Gaumenschleimhaut eingehe, soll die dünne Schicht mit paramedianen elastischen Fasern, die dem Periost des knöchernen Gaumendaches anliegt, aber nicht an allen Stellen die gleiche Dicke besitzt, erwähnt werden, deren Bedeutung für den Knochen im allgemeinen (Schulz, 1894/95) einer Betrachtung unterzogen hat. Der histologische Aufbau der oben beschriebenen Rhaphe palati gleicht, was das Epithel, den Bau und die Verteilung des Bindegewebes und der Muskeln anbelangt, mit einigen Abweichungen, die besonders die Verteilung des elastischen Gewebes betreffen, dem von Kohl- meyer (1906) bei Mus decumanus beschriebenen. Man kann daher auf dessen Textfig. 2, die einen Transversalschnitt durch die Längs- leiste darstellt, verweisen. Wie bei Mus decumanus, so dringen auch hier links und rechts die Muskelbündel der beiden oberen Schneide- zahnmuskeln in transversaler Richtung, die je von einem Perimysium externum eingeschlossen sind, deren lockere Bindegewebsfasern und vielen dicken elastischen Fasern denselben Verlauf wie die Muskel- bündel zeigen, ein. Aber auch zwischen die einzelnen Muskelbündel in das Perimysium internum senken sich die elastischen Fasern mit den Muskelbündeln gleichgerichtet (Taf. III, Fig. 25 u. Taf. IV, Fig. 27 m, tef). Diese elastischen Fasern, sowohl die, welche die Muskeln äußerlich beklei- den wie die im Innern, stehen also in enger Beziehung zu den Muskeln selbst, sie setzen sich aber nicht, wie bei Mus decumanus in die 400 i^i dicke Schicht Bindegewebe fort, die zwischen den Muskeln median- wärts liegt. Sie ist also in die Längsrichtung der Rhaphe palati ein- gestellt, eine Richtung, «die mit den sehr reichlich vorhandenen, gegen die eben genannte Schicht scharf abgesetzten elastischen Fasern in der Schicht mit dichtverfilztem Bindegewebe übereinstimmt, die zwi- schen der Mittelschicht und dem 250 /< dicken Epithel liegt und der Beiträge zur Ki-imlnis der makroskop. und niikroskop. Anatomie usw. 97 Propria mucosae angehört. Die elastischen Fasern durchkreuzen sich auf ihrem Wog. und so entstellt ein Flechtwerk. Der Papillarkürper dieser Schicht setzt sich zusammen aus para- median verlaufenden Epithelwülsten, die durch kleinere Wülste unter- einander verbunden sind, und die Zwischenräume ausfüllende Binde- gewebswülste mit Papillen auf breiter Basis aus homogenem Binde- gewebe. Bindegewebe und Epithel sind durch eine zarte Basalmembran getrennt. An diese Basalmembran oder nicht weit von ihr entfernt lagern sich an die Epithel wülste die paramedianen elastischen Fasern dichter zusammen, und auf einem Transversalschnitt macht es den Eindruck einer durch die Querschnitte der Bindegewebswülste unter- brochenen Guirlande. Aus diesen elastischen Fasern wie aus der ganzen anliegenden Schicht biegen elastische Fasern zum Epithel und in die Papillen ab. Der Papillarkörper, der zwischen der Bindegewebsschicht, die den Muskel nach dem Epithel zu begrenzt, und dem letzteren liegt, enthält schlanke, hohe Papillen und ist von dünnen Bindegewebsfasern mit viel Kittsubstanz dazwischen ausgefüllt. Wenige dünne elastische Fasern kommen von den elastischen Fasern des Perimysium externum, steigen zum Epithel und in die Papillen und werden auf ihrem Weg von paramedianen elastischen Fasern gekreuzt. Es fehlt hier die Basal- membran und die anschließende dünne Schicht mit paramedianen ela- stischen Fasern. An die Schicht zwischen den beiden Muskeln schließt sich eine ebensolche dicke Schicht an, begrenzt von dem knöchernen Gaumen- dach. Sie besteht aus dünnen Bindegewebsplatten mit transversal und median verlaufenden Bindegewebsbündeln, die vereinzelte oder in Haufen zusammenliegende Fettzellen umschließen und zwischen diese Fettzellen dickere oder dünnere Bündel in netzförmiger Ausbildung schicken. Das elastische Gewebe ordnet sich so ein, daß seine Haupt- masse in den äußeren Schichten der Bindegewebsplatten sich ausbreitet und in demselben Sinne wie die Bindegewebsbündel gerichtet ist. Von hier entsendet es elastische Fasern als ein dichtes Netzwerk zwischen die Fettzellen, diese umspinnend. Hier treten noch paramedian gestreckte Stränge eines Gewebes auf mit größerem oder kleinerem Durchmesser, das der Hauptsache nach aus einer homogenen Grundsubstanz, die wie die Basalmembran schwach oder garnicht gefärbt und von sehr w^enigen dünnen Bindegewebs- fibrillen durchzogen ist. Die Stränge liegen ebenso wie die Gruppen der Fettzellen zwischen den Bindegewebsplatten mit den elastischen Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 7 98 Jakob Rehs, Fasern in den äußeren Schichten, und von diesen aus durchziehen in gestrecktem Verlauf nach allen Richtungen dicke elastische Fasern diese Massen. Die Zellen verleihen diesem Gewebe ein ganz besonderes Gepräge, indem nämlich die Kerne von spärlichem Protoplasma um- o-eben, das an den beiden Enden des länglichen Kerns mit kompaktem Chromatin spindelförmig ausgezogen ist, aber auch sonst Protoplasma- stränge ausschickt, in einen Raum eingeschlossen sind, der eine spindel- förmige Gestalt hat und dessen kleiner Durchmesser die Dicke des Kerns um das Dreifache übertrifft. Der längere Durchmesser über- trifft den des Kerns um ein Beträchtliches. Die blasigen Zellen liegen zu Gruppen zusammen, können aber auch weit getrennt sein. Der Raum ist oft nur durch elastische Fasern und Bindegewebsfibrillen von der umgrenzenden homogenen Kittsubstanz abgesetzt, aber es hat oft den Anschein, als ob wirkliche Kapseln vorhanden wären (Taf. IV, Fig. 28 blz). Ich vermute, daß die Stränge mit denen iden- tisch sind, die Röscher (1909) bei Cricetus frumentarnis beschreibt. »Zwischen der Propria und dem Venenlager verläuft in der Ausdehnung von den Schneidezähnen bis zur Einmündungsstelle der Ductus naso- palatini median eine senkrecht gestellte Sehnenplatte, an der Fasern des M.huccinator und M.incisivus ihren Ursprung nehmen«. Die blasigen Zellen in Gruppen repräsentieren wohl eine Art Knorpel- gewebe innerhalb der »Sehnenplatten <<. Ich verweise auf den typischen Knorpelkern bei Cavia. Die oben genannten beiden Muskeln treten auch rechts und links in die Papilla palatina ein, und es stimmt der vordere dem Knochen anliegende Teil der Papilla palatina im Bau des Bindegewebes und in der Anordnung des elastischen Gewebes im wesentlichen mit der Rhaphe palati überein. Eine Änderung ist insofern eingetreten, als die Fett- zellen sich rechts und links in die Nähe der Muskeln und des Knochens gruppiert (Taf. III, Fig. 27 fg) und die Bindegewebsplatten und die dazu gehörigen elastischen Fasern sich horizontal angeordnet haben. Auch die Gewebsstränge mit den blasigen Zellen erstrecken sich zwi- schen den Bindegewebsplatten hier hinein. Es zeigt sich ein solcher Strang von elastischen Fasern umscheidet und durchzogen auch in der Schicht, die zwischen den beiden Muskeln liegt (Taf. IV, Fig. 27 Sfl)^ Je mehr man in die Papille eindringt, desto mehr weichen die Muskeln rechts und (Taf. IV, Fig. 27 m + tej) links zurück, und desto mehr wird die Mittelschicht von dem Strang erfüllt, um sich mit einem der Stränge zu vereinigen, der in der Schicht hinzieht, die zwischen der Mittelschicht und dem Knochen liegt. Hiermit gewinnt die Mittel- Beiträge zur Kennt lüs der niakioski)p. und mikroskop. Anatomie usw. 99 Schicht den Charakter der letztgeuaunten Schicht, indem die Gewebs- stränge mit paramedianer Kichtung zwischen Bindegewebsplatten in horizontalem Verlauf mit vielen transversalen elastischen Fasern auf- treten (Taf. IV, Fig. 27 spl, tef). Aber auch hier stehen die elastischen Fasern in keiner Beziehung zu den elastischen Fasern, die im selben Sinne die Muskeln begleiten, sondern sind von diesen durch Bindegewebsschich- ten getrennt, in deren äußeren Schichten die Fasern beiderseits enden. Im vorderen Teil der Papilla palatina, der die Rhaphe palati über- ragt, stellen sich in der Paramedianen mehr hohe als breite Stränge auf mit blasigen Zellen (Taf. IV, Fig. 28 hlz). Dieses Gewebe nimmt schließlich den ganzen Teil der Papilla palatina bis zu den Canales naso-palartini ein in Gestalt eines verknüpften Strangwerkes, ja es strahlen einzelne Stränge in die Bindegewebsschicht zwischen den Canales naso-palatini aus. In dieser Zentralmasse treten Nester von typischen elastischen , 250 }.l dicken Knorpelkernen auf (Taf. IV, Fig. '21 kk), und es ist wohl nicht von der Hand zuweisen, daß man es mit einem besonderu Stützgewebe für das Vorderteil der Papilla palatina zu tun hat. Dieses und der Befund eines größeren Knorpelstückes in der Rhaphe palati von Cavia cobaya erinnert an Verhältnisse, wie sie bei dem unter dem Namen Lyssa gehenden Gebilde in der Säugetier- zunge von den verschiedensten Autoren beschrieben werden. Das elastische Gewebe in dem eben beschriebenen Teil der Pa- pilla palatina hat einen paramedianen Verlauf und häuft sich beson- ders in Lamellen (Taf. IV, Fig. 27 pef) auf der Epithelseite des Ge- webes mit den blasigen Zellen. Von den Nestern elastischen Knorpels gehen die elastischen Fasern in Wirbeln ab, ohne einen Einfluß auf die Hauptrichtung auszuüben. Nach vorne strebt das elastische Gewebe zum Epithel des Vorderteils, um in dessen Papillarkörper ein Ende zu finden. Der übrige Teil der Papilla palatina mit Ausschluß der mit ihr verbundenen ersten Gaumenleiste steht in bezug auf die Verteilung des elastischen Gewebes in Beziehung zu der Ausmündung der Canales- naso-palatini und dem sie begleitenden Stützknorpel. Die Canales naso-palatini senken sich rechts und links, wie schon bei der Beschreibung der äußeren Verhältnisse des Gaumens angege- ben, an den Seitenabhängen der Papille in nach der Medianen zu kon- vergierenden, etwas gebogenen Gängen in die Tiefe, um den Knochen in einer in der paramedianen gestreckten Öffnung zu durchsetzen, und es sei vorweg anücseben, daß zwischen Knochen und den Canales naso-palatini sich dicke elastische Fasern spannen (Taf. III, Fig. 25 cnf, 7* 100 Jakob Rehs, pef). Der Stützknorpel besteht aus zwei Teilen, die durch Knorpel- spangen verbunden sind. Der eine Teil breitet sich als eine horizontale, am hinteren Ende zum knöchernen Gaumendach geneigte, 250 — ^300 (^i dicke Platte von Hyalinknorpel aus (Taf. III, Fig. 25 sä;) zwischen den Canales naso-palatini ungefähr in der Höhe ihrer Ausmündungen. Sie läuft in dem Vorderteil der Papilla palatina sich allmählich verschmä- lernd spitz aus (Taf. IV, Fig. 27 sk), während der hintere Abschnitt breit in einzelnen Fortsätzen endet, an die sich der zweite Teil angliedert, der vornehmlich aus zwei zu jener Platte senkrecht stehenden, para- median bis in die erste Gaumenleiste reichenden, nur durch eine ebenso dicken Schicht Bindegewebe mit zahlreichen Fettzellen getrennten, 400 /^i dicken Hyalinknorpelplatten besteht. Diese sind mit Stellen elastischen Knorpels vergesellschaftet. An die Platten legen sich nach außen Kjiorpelspangen an (Taf. III, Fig. 25 sk). Durch diese Richtung der beiden Knorpelteile wird der paramediane Verlauf des elastischen Ge- webes nicht beeinflußt. Wir haben gesehen, daß das elastische Ge- webe in einer Schicht mit paramedianem Verlauf dem knöchernen Gaumendach anliegt. Darauf folgt eine Schicht mit transversalen ela- stischen Fasern, und in dem vorderen Teil der Papilla palatina wieder paramedian verlaufende elastische Fasern. Der letztere Verlauf wird auch zwischen den Canales naso-palatini und durch die erste Gaumen- leiste hindurch beibehalten. Die transversalen elastischen Fasern in der folgenden Schicht ordnen sich zwischen den Canales naso-palatini vollständig um. Dieses resultiert daraus, daß die Canales naso-palatini nach dem Knochen zu nur eine schmale Schicht Bindegewebe von 250 /< Dicke zwischen sich übrig lassen. Hier stößt man auf ein regel- rechtes Netzwerk, das zum Teil Fasern aus der transversalen Schicht erhält, und zum andern Teil spannen sich nach allen Richtungen zwi- schen das Epithel der Canales naso-palatini einzelne Fasern oder Bün- del, die meistens an vorpringenden Epithelzapfen angeheftet sind. Sobald der Bereich der Canales naso-palatini nach der ersten Gaumen- leiste zu verlassen wird, treten nicht etwa wieder elastische Fasern mit ausgesprochener transversaler Richtung auf, sondern von dem Netz- werk gehen paramediane elastische Fasern aus, ordnen sich parallel den Knorpelplatten in Lamellen an und heften sich zuweilen an vor- springende Knorpelstücke an. Es bleibt noch die Anordnung des ela- stischen Gewebes in den beiden Seitenteilen, die durch die Canales naso-palatini vom Hauptteil der Papilla palatina abgetrennt sind, und in dem Teil, der zwischen der horizontalen Knorpelplatte und dem Epithel der Papilla palatina liegt, nachzutragen. In dem Abschnitt Beiträge zur Keimt uid der makro.skop. und inikroskop. Anatomie Ubw. lOl der Seitenteile, der knoehenwärts liegt, behalten die elastischen Fasern die transversale Richtung der vor den Gängen liegenden Schicht bei und zwar ziehen sie vom Epithel der STENSONschen Gänge zu dem der Papilla palatina mit hohen schmalen Papillen, in die wenige dünne elastische Fasern einströmen. Aber schon hier gesellen sich paramediane elastische Fasern zu, und diese nehmen auch den andern Teil ein, in- dem sie sich hauptsächlich auf eine Schicht längs der Canales naso- palatini verteilen, ein wohl nicht unwichtiges Moment für die Stütze der Gänge, da hier kein Knorpel vorhanden ist. Selbstverständlich stellen sich die elastischen Fasern zwischen Knorpelplatte und Epithel in paramedianer Richtung ein und treten in die erste Gaumenleiste über. Aber dem Knorpel dicht angelagert zwischen den Spangen, die an der rechten und linken unteren Kante des Knorpels entlang laufen, breiten sich elastische Fasern und Bündel transversal aus. Aus dem paramedianen Faserwerk biegen elastische Fasern zu dem Epithel auf, durchkreuzen sich und heften sich pinselförmig an den breiten Epithel- wülsten an. Spärliche Ausläufer treten auch in den Außenmantel der wenigen Papillen mit breiter Basis ein, oft weisen die Papillen gar keine elastischen Fasern auf. Wie schon mehrfach erwähnt, tritt das elastische Gewebe aus der Papilla palatina in die mit dieser verschmolzenen, ersten Gaumen- leiste in paramedianer Richtung ein und durchzieht ebenso die Leiste bis zu dem Epithel der Rückwand. Sie umschließen hier die sich in Unmasse häufenden Fettzellen und werden so oft von ihrer Bahn ab- gelenkt (Taf. III, Fig. 25 fef). Ehe die elastischen Bündel das Epithel der Rückwand der ersten Leiste erreichen, divergieren ihre einzelnen Fasern, durchkreuzen sich mit andern, teilen sich kurz vor ihrer Endi- gung pinselförmig auf, durchkreuzen sich wieder und bilden so ein dem Epithel anliegendes subepitheliales Netz, in dem die paramedianen elastischen Faserbündel einen festen Halt gewinnen. Der Papillar- körper ist fast gar nicht ausgebildet. Dieselbe Ausbildung findet sich auch zwischen der hinteren Wand der ersten Leiste und derjenigen der Canales naso-palatini, nur daß bei den letzteren die Hauptendigungen der elastischen Fasern in einer Bindegewebsschicht liegen, die von dem Epithel der Canales naso-palatini durch eine Schicht von gleicher Dicke wie jene Epithelwand getrennt ist. In diese letztere Schicht dringen nur wenige dünne elastische Fasern oft bis zum Epithel. In den beiden freien Flügeln der Leiste sind die elastischen Fasern ebenso angeordnet, nur sind sie durch nichts in ihrem paramedianen Verlauf gestört, und dieser Teil der ersten Leiste stimmt daher mit den andern Gaumenleisten 102 Jakob Rehs, besonders überein, und man kann hieraus und aus dem äußeren mor- phologischen Auf bau den Schluß ziehen, daß sie die erste Gaumenleiste ist. In der Submucosa, die zu beiden Seiten der Medianen liegt, wer- den durch dicke Venenstämme, die aus dem hinteren Teil des Gaumens kommen, in den paramedianen Verlauf der elastischen Fasern Stö- rungen gebracht (Taf. IV, Fig. 26 sm, v). Hier nehmen Venen, deren Wände reichlich elastische Fasern enthalten, in Form eines Venen- netzes fast den ganzen Raum zwischen Knochen, Leisten und dem Epithel der Furchen zwischen den Leisten ein. Hierzu gesellen sich Arterien und Nerven. Es bleibt nur eine dünne Schicht Bindegewebe dem Knochen anliegend mit paramedianen elastischen Fasern übrig, an die sich Gruppen von FettzelleUj von elastischen Fasern aus der letztgenannten Schicht umsponnen, anschließen, die in Einbuchtungen der Venen liegen (Taf. IV, Fig. 26 fg). Zwischen den Venen und dem Epithel der Furchen schiebt sich eine dünne Schicht von Bindegewebe ein. Nach den Seitenrändern des Gaumens treiben die Venen Aus- sackungen, zwischen denen sich Bindegewebe breit macht. Die Sub- mucosa hat keinen Anteil an der Bildung des bindegewebigen Innern der Leisten. In den Gaumenleisten selbst, in der zweiten sowohl wie bis zur letzten, herrscht der paramediane Verlauf des elastischen Ge- webes vor, aber in der Fülle dieses Gewebes ist die zweite und dritte den folgenden überlegen (Taf. IV, Fig. 26, 2 u. 3; Fig. 29, 5). Die Leisten werden von zu stärkeren oder schwächeren Bündeln vereinig- ten, paramedianen elastischen Fasern durchzogen. Die Bündel teilen sich, und ihre Teile vereinigen sich wieder mit andern Bündeln, und so entstehen mehr oder weniger große Maschen, in die die Nerven und Blutgefäße eingelagert sind. Ehe die elastischen Faserbündel die Wände des Epithels erreichen, weichen ihre einzelnen Fasern auseinander, durchkreuzen die Fasern andrer Bündel und endigen, sich wieder auf- fasernd, vor dem Epithel. Dem Epithel parallel zwischen den Endi- gungen der Fasern ziehen wenige elastische Fasern hin, die sich aber von den elastischen Fasern der Bündel herleiten, die kurz vor dem Epithel umbiegen und diesem eine größere oder kleinere Strecke parallel gerichtet sind. So wird dem Epithel ein dichtes Flechtwerk angela- gert. Das elastische Gewebe nimmt nach den lateralen Enden der Lei- sten an Menge und Dichte ab, aber es ändert sich nicht in der Rich- tung. W^enige elastische Fasern von anderm als paramedianen Ver- lauf bringen kein wesentlich andres Moment in die Anordnung des elastischen Gewebes (Taf. IV, Fig. 26 u. 29 pef). Die elastischen Faser- bündel, die in der Basis der Leisten liegen, schicken oft Bündel zwischen Beiträge zur Kenntnis der makroskop. inid mikroskop. Anatomie usw. 103 die Einbuclitungeu und seitlichen Aussackungen der Venen, und diese Fasern gehen meistens einen Verband mit den elastischen Fasern der Venenwände ein, aber es ist nicht anzunehmen, daß die letzteren die Ur- sprungstätte für jene sind. Ebenso stammen auch die elastischen Fasern in der Propria nni- cosae der Furchen, die in den hinteren Furchen reichlicher sind als in den vorderen, von obigen Faserbündeln der Leistenbasis und verlaufen ebenso. Sie strömen in die Außenmäntel der Bindegewebspapillen ein, die hier in größerer Zahl vorhanden sind. Über diesen Papillen ist das Epithel als kleiner Höcker auf der Außenfläche der Furche emporgewölbt. Sind die Höcker breiter und höher, so ist ihr bindegewebiger Teil auch stark vergrößert und eine Sekundärpapille mit aufsitzenden Primär- papillen. Nun gesellen sich zu den aufsteigenden Fasern in der Basis der Sekundärpapillen paramediane elastische Fasern. Der Paramedianschnitt durch eine Leiste und ein Medianschnitt durch einen solchen Höcker glei- chen sich daher in bezug auf die Anordnung des elastischen Gewebes (Taf . IV, Fig. 29, 5 po). Die reihenweise Anordnung dieser Papulae opera- riae in den breiten Furchen parallel den Leisten, das Auftreten von 10 und mehreren Leisten bei andern Sciuriden und der gleiche histologische Aufbau der Papulae operariae und der Leisten lassen die Vermutung zu, daß die Bildung einer Leiste aus solchen einzelnen zu Reihen geordneten Papulae operariae im Laufe der Phylogenese wahrscheinlich sein kann. In den weichen Gaumen setzen sich die Schichten elastischer Fa- sern, die den Knochen und dem Epithel der Furchen augelagert sind, in gleicher Weise nur an Dicke zunehmend, fort. Sie schUeßen ein dickes Drüsenlager, dessen Ausführungsgänge durch das Oberflächen- epithel nach außen münden und das durch interstitielles Bindegewebe in kleinere Drüsenpakete gesondert ist, ein. Zwischen das interstitielle Gewebe der Drüsen mischen sich elastische Fasern, die von den beiden umscheidenden Schichten ihren Ursprung nehmen. Aus dieser An- ordnung resultiert eine Einwirkung auf die Austreibung der Sekrete. Insectivora. Talpidae. Talpa europaea L. Soricidae. Crocidura aranea Wagn. Erinaceidae. Erinaceus europaeu=> L. Centetidae. Centetes ecaudatus ^^'agn. 104 Jakob Rehs, Historisches. Von Talpa europaea sagt Cüvjer (1845), daß »on trouve sept plis saillants, . . ., leur courbure est ä peine marquee-*. Retzius (1906) bildet die Gaumenschleimhaut von Talpa europaea (Taf. XLI, Fig. 1) ab und gibt eine eingehende Beschreibung. »Der Gaumen von Talpa ist von kegelförmigem Umriß mit an den Vorderzähnen abgestumpfter Spitze, an welcher man eine kleine kurze Papilleni'egion bemerkt; in der Mitte derselben erhebt sich eine kleine Papille mit einigen Höckern an ihren Seiten. Dahinter finden sich die Gaumenleisten, acht an der Zahl, von denen die vier vorderen etwas anders gestaltet sind als die vier hinteren. Eine mediane Furche ist hier nur stellenweise vorhanden, nämlich an den zwei vordersten Leisten, welche dadurch in zwei Seitenarme geteilt werden, und an den vier hintersten Leisten, wodurch die Trennung in zwei Arme erfolgt; in dieser hinteren Partie des Gau- mens setzt sich die Medianfurche auch zwischen die Leistenrücken fort. Die vier vordersten Leisten stehen zwar der Quere nach, biegen sich aber mit ihren äußeren Enden nach hinten um und kehren ihren freien zugeschärften Rand stark nach hinten. Die vier hinteren Leisten sind auch im ganzen der Quere nach gestellt, zeigen aber einige kleinere Biegungen und liaben ihre Rückenfirste in ihrer Mitte, ohne eigentliche Drehung nach hinten und ohne Dachziegelanordnung. In den eingesenkten Feldern zwischen den Leisten sieht man eine Menge kleinerer warzen- ähnlicher Höcker. Hinten endigt der harte Gaumen mit noch einer wallartigen Leiste. « Die Gaumenschleimhaut von Erinaceus europaeus hat Retzius (1900) von einer Reihe von Exemplaren abgebildet (Taf. XLI, Fig. 4 — 11). Er schreibt darüber: »Arn vorderen Ende steigen von der Nasenspitze zwei schmale Wälle zu ihr hinab und umfassen mit ihren hinteren Enden die länglich ausgestreckte, aus zwei Erhabenheiten zusammengesetzten Papulae palatinae, wie die Fig. 10 deutlich zeigt. Dahinter findet sich ein dreieckiger Wulst, in dessen Median- linie oft eine Furche vorkommt, welche ihn in zwei Seitenarme teilt. Dieser Wulst ist entweder als ein hinterer Randteil der Papillarregion oder als die vor- derste Gaumenleiste zu bezeichnen; in der Tat ähnelt er den Gaumenleisten. Da- hinter folgen die eigentlichen ausgebildeten Leisten, von denen man konstant acht, und, wenn man die Schlußleiste des harten Gaumens auch mitzählt, neun findet. Die vorderste ist stets in der Medianlinie vorn zugespitzt und gebogen, die beiden folgenden sind Aveniger nach vorn gebogen. Dann folgen drei, welche zwar auch mit ihren Seitenarmen in derselben Richtung, nach vorn, gebogen sind; die Mittelpartie ist aber nach hinten gezogen. Die drei letzten (die Schluß- leiste mitgerechnet) stehen mehr gerade der Quere nach. In der Medianlinie werden sie durch einen Kamm vereinigt, welcher besonders bei den mittleren kräftiger ausgebildet ist. Hierdurch ist die Trennung der Leisten in zwei Seiten- arme weniger markiert als bei manchen andern Tieren. In den eingesenkten Feldern sieht man nur sehr niedrige, schwache, kleine Höcker «■. Aus seinen Untersuchungen über die Insectivoren zieht Retzius den Schluß, daß hier die »Anordnung der Gaumenleisten derjenigen der Marsupialier im ganzen recht nahe steht, teilweise sogar auf einem noch primitiveren Standpunkt der phylogenetischen Entwicklung, wie z. B. bei Erinaceus', obwohl auch in dieser Ordnung ausgeprägtere spezielle Differenzierungen (z. B. bei Centetes) vor- kommen «. Beitrage zur Kountuis der makroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 105 Eigene Untcrsuchunnen. Den mikroskopischen Aufbau der Region der Papilla palatina von Talpa europaca kann ich aus Mangel an geeigneten Schnitten nicht beschreiben. Das Stratum germinativum ist durchschnittlich 30 /t dick, während das Stratum corneum nur 10 u mißt. Letzteres ist an der First der Leisten sehr scharf ausgezogen, und diese ist pharyngealwärts gerichtet. Im übrigen Teil der Gaumenschleimhaut stimmen die Submucosa, die Propria mucosae und das Epithel in der Dicke überein. Sie sind je etwa 40 /( dick. Im Bereich der Leisten ist die Submucosa etwas dicker, aber sie hat nur einen indirekten Anteil an der Bildung der Leisten. In ihr verlaufen paramediane elastische Fasern, die besonders dorsal- wärts der Leisten in dichter Menge liegen. Die Propria mucosae der Täler ist relativ arm an elastischen Fasern. Nur da, wo sie Ausstülpungen, Sekundärpapillen mit Primärpapillen bildet, die auf der Oberfläche des Epithels als »warzenähnliche Höcker <<, Papulae operariae, sichtbar werden, sind reichlichere, von der Propria mucosae kommende, auf- steigende elastische Fasern vorhanden. Es sind aber keine Übergänge von diesen Papulae operariae zu den Gaumenleisten vorhanden. Die Propria mucosae innerhalb der Leisten führt paramediane elastische Fasern in großer Menge und Dichte, die von Epithelvorderwand zur Rückwand ziehen. Retzius sagt, daß »hinten der harte Gaumen mit noch einer wallförmigen Leiste endigt«. Es ist dieses keine typische Gaumenleiste und ihre Entstehung ist schon bei Halmaturus ruficollis näher beschrieben worden. Die Gaumenschleimhaut von Crocidura aranea ähnelt im makros- kopischen Aufbau der von Sorex vulgaris, die Retzius beschrieben hat. Vorn zwischen den beiden Zahnreihen liegt die in der Medianen 1 mm lange Papilla palatina, deren vorderster Teil in der Medianen einen Kamm aufweist, während der hintere Teil eine Medianfurche besitzt. Kamm und Furche stellen die Rhaphe palati dar. Die größte Breite der Papilla palatina ist von der linken zur rechten Zahnreihe 300 i.i, während die größte Höhe, vom knöchernen Gaumendach ab gemessen, 330» beträgt (Taf. IV, Fig. 30 ^^p). Hinter der Region der Papilla palatina folgen die transversal zum Gaumen gestellten, durch eine Rhaphe palati in Gestalt einer Median- furche getrennten, ersten Gaumenleisten (Taf. IV, Fig. 30, 1 u. 2). Die lateralen Enden dieser Leisten stoßen in die Lücken zwischen den zweiten und dritten, bzw. dritten und vierten Vorderzähnen. Sie sind eher papillenähnlich , aber sie sind doch die ersten beiden Gaumen- leisten, da sie im inneren Bau vollkommen mit den typischen Leisten 106 Jakob Rehs, Übereinstimmen. Sie sind nur wegen der Schmalheit des Gaumens an dieser Stelle und wegen der Rhaphe palati etwas weniger impo- nierend ausgefallen. Man könnte sie allerdings auch als Vorläufer der Gaumenleisten auffassen. Auch bei Sorex vulgaris beschreibt Retzius derartige Höcker und hält sie für rudimentäre Gaumenleisten. Es reihen sich noch acht Gaumenleisten an, die quer zum Gaumen gestellt, in der Mittellinie etwas nach hinten eingeknickt sind und von vorn nach hinten etwas schwächer werden (Taf. IV, Fig. 31, 9 — 10). In der Me- dianen verläuft die Ehaphe palati, welche die dritte Gaumenleiste in zwei Seitenarme trennt, während sie bei den übrigen Leisten in Ge- stalt einer First auftritt. Hinter den Molaren findet sich wie bei Talpa europaea und Sorex vulgaris »noch eine eigentümliche, abschließende Querleiste, eine wallartige Erhebung«, Was den mikroskopischen Aufbau der Region der Papilla palatina von diesem Tiere anbelangt, so durchbrechen die Canales naso-pala- tini, etwa 300 /< von einander entfernt, das knöcherne Gaumendach, konvergieren nach der Medianen des Gaumens zu und nähern sich in ungefähr halber Höhe der Papilla palatina bis auf 100 /<. Hiernach divergieren sie, um an den Seitenrändern der Papilla palatina in der Nähe der Innenseite der beiden zweiten Vorderzähne vor der ersten Gaumenleiste also am hinteren Ende der Papilla palatina nach außen zu münden. Der lichte Durchmesser der Canales naso-palatini ist durch- schnittlich 20 1^1 (Taf. IV, Fig. 30 cnp). Nur auf der Außenseite werden sie von einem Stützknorpel, der am knöchernen Gaumendach entspringt, auf einer Strecke von 250 // umfaßt (Taf. IV, Fig. 30 sk). Im vordersten Teil der Papilla palatina ist die Verteilung des elastischen Gewebes eine Folge der Beziehung, die zwischen ihm und dem knöchernen Gaumen- dach besteht. Die den vordersten Teil des knöchernen Gaumendaches bildenden Ossa incisiva sind nicht wie z. B. bei andern Mammaliern in der Medianen abgerundet verbunden und verstärkt, sondern sie enden nach vorn sozusagen frei. Diese geringe Stabilität der Ossa incisiva würde sicher die enorme Leistungsfähigkeit der Vorderzähne stark beeinträchtigen, und es ist das elastische Gewebe als Hilfsfaktor heran- gezogen. Es ist so geordnet, daß der vordere Teil des knöchernen Gaumendaches in seiner Lage fixiert wird und trotzdem infolge der physikalischen Eigenschaften des elastischen Gewebes beweglich genug bleibt. Es setzt sich nämlich an das vordere Ende der dorsalen Fläche des Gaumendaches ein hierzu transversal gestelltes dickes Band aus dichten elastischen Fasern an (Taf. IV, Fig. 30 k, de). Den andern An- heftungspunkt kann ich an meinen Präparaten nicht feststellen, aber Bfiträge zur Kiuiitiiis der inakroskop. und niikroskop. Anatomie usw. 107 möglicherweise sind es die lateralen Wände der Ossa incisiva. Au den ventralen, vorderen Teil des knöchernen (Jaumendaches gegenüber der Anheftungsstelle des dorsalen Bandes heften sich auch elastische Fasern an. Sie bilden aber kein kompaktes Band, sondern breiten sich diver- gierend in dem vorderen Teil der Papilla palatina aus, da hier kein fixer gegenseitiger Angriffspunkt vorhanden ist (Taf. IV, Fig. 30 k, ve). Da die Canales naso-palatini und der Ötützknorpel einen relativ einfaclien Bau haben, so stellen sie sich einer paramedianen Ausbreitung der elastischen Fasern, die im hinteren Teil der Papilla palatina ein- setzt, nicht störend in den Weg. Was den allgemeinen Aufbau der Gaumenschleimhaut, die von vorn nach hinten an Dicke abnimmt, hinter der Papilla palatina an- betrifft, so schließt sich an das knöcherne Gaumendach die aus lockeren Bindegewebsbündeln bestehende Submucosa an. In sie ist in die rechte und linke vordere Hälfte der Gaumenschleimhaut je eine Vene einge- lagert, die fast den Dickendurchmesser der Submucosa hat und die sich bis in die Papilla palatina, sich vereinigend, erstrecken (Taf. IV, Fig. 30 v). Zwischen den Blutgefäßen und Nerven liegen paramediane elastische Fasern, die an Menge und Dichte beim Übergang zur Propria mucosae zunehmen. Letztere besteht aus einem dichtverfilzten Bindegewebe mit paramedianen elastischen Fasern, die besonders reichlich in Bündel- form in den Gaumenleisten auftreten. Die Submucosa hat aber keinen Anteil an der Bildung der Leisten. Der Teil der Propria mucosae, der an das Epithel anstößt, hat einen homogenen Bau, und es sind nur wenige elastische Fasern anzutreffen und in den Leisten verlieren sich die Enden der paramedianen elastischen Fasern in dieser homogenen Schicht. Am hinteren Ende des harten Gaumens an der Grenze der hinteren Molarzähne findet sich wie bei Talpa europaea und Sorex vulgaris noch eine eigentümliche, abschheßende Querleiste, eine wallartige Erhebung (Taf. IV, Fig. 31 w). Diese Leiste verdankt wie bei Halmaturus rufi- collis und den andern Insectivoren ihr Vorhandensein einer wallartigen Verdickung des ventralen, pharyngealen Randes der Ossa palatina, welchem knöchernen Wall außerdem noch eine knorpelige Leiste auf- gesetzt ist (Taf. IV, Fig. 31 kw, kl). So wird die Schleimhaut empor- gewölbt, ohne daß der typische Bau einer Leiste nachgewiesen werden kann. Dem weichen Gaumen ist ein mächtiges Drüsengewebe eingela- gert, das durch interstitielles Bindegewebe in einzelne Pakete zerlegt wird (Taf. IV, Fig. 31 dr). Zwischen das Drüsengewebe und das mund- 108 Jakob Rehs, seitige Epithel schiebt sich eine Propria mucosae ein, die fast voll- ständio- von elastischen Fasern ausgefüllt ist, die in Gestalt einer Decke sich über das Drüsengewebe spannen, sodaß sie vorn an die oben er- wähnte Knorpelleistc angeheftet ist, wenige elastische Fasern zwischen die Drüsenpakete schickt und nach hinten sich allmählich verliert (Taf. IV, Fig. 31 vd, av). Eine ebensolche Decke breitet sich in der Bindegewebsschicht auf der dorsalen Seite des Drüsengewebes aus. Vorn ist sie an die Ossa palatina angeheftet und verliert sich nach hinten (Taf. IV, Fig. 31 dd, ad). Das Drüsengewebe ist so in eine Presse eingeschlossen, und es ist hier die auffällige Beziehung zwischen dem elastischen Gewebe und der mechanischen Austreibung des Schleim- sekrets gegeben, wie sie deutlicher bei keinem andern Tier zu finden ist. Es sei noch nachgetragen, daß das Epithel des harten Gaumens in ein 40 /t dickes Stratum germinativum und ein 30 i.i dickes, ver- horntes Stratum corneum zerfällt. Bei Erinaceus europaeus ziehen »von der Nasenspitze zwei<< durch eine 300 u tiefe Furche getrennte »schmale Wälle << bis zu der Innenseite der beiden ersten Vorderzähne und gehen hier in die Gaumenschleim- haut über. Diese beiden Wälle schließen »mit ihren hinteren Enden << die langgestreckte Papilla palatina ein, deren vordere Spitze etwas vor den beiden ersten Vorderzähnen liegt. Die Papilla palatina ver- breitert sich nach ihrer Mitte zu und mißt hier in der Transversalen 500 /«. Nach hinten verschmälert sie sich wieder und geht in die seichte Medianfurche, Rhaphe palati, die die erste Gaumenleiste in zwei Hälften teilt, über. Was den mikroskopischen Aufbau der Region der Papilla pala- tina anbelangt, so durchbrechen die Canales naso-palatini auf der Grenze zwischen den Processus palatini der Ossa incisiva und den der Maxillae, etwa 1 1/2 i^J^ voneinander entfernt das knöcherne Gaumendach und sind, wie es Broom (1897) ausdrückt »almost surrounded by carti- lage«. Sie durchsetzen die Gaumenschleimhaut nicht in einer zum knöchernen Gaumendach senkrechten Richtung, sondern konvergie- rend in einem nach vorn gerichteten Verlauf. Ihre Ausmündungs- stellen liegen 500 j.i voneinander entfernt in den Furchen, die die Pa- pilla palatina von den beiden hinteren Enden der oben genannten Wälle abgrenzen und zwar auf einer Linie, die zwischen den beiden ersten Vorderzähnen liegt. Der Stützkuorpel, der die Canales naso-palatini nur auf den Außenseiten bis dicht an das Epithel der Schleimhaut- oberfläche begleitet, ist eine Fortsetzung des oben erwähnten Knor- pels und steht mit dem knöchernen Gaumendach in einem sehr lockeren Beiträge zur Koiiutuis der iiiakroskop. und niikroskop. Anatomie usw. 109 Verband. Transversalschnitte durcli die beiden Wälle dicht vor der vorderen Spitze der Papilla palatina zeigen dorsalwärts paramediane Muskelbündel, die an dem ventralen Teil der Ossa incisiva ansetzen und von paramedianen elastischen Fasern begleitet sind. An diese Schicht mit den Muskelbündeln schließt sich eine 600 /t dicke Submu- cosa aus einem lockeren Flechtwerk von Bindegewebsbündeln, in das paramediangerichtete Blutgefäße und Nervenstränge eingelagert sind. Sehr viele paramediane elastische Faserbündel bilden ein dichtes Flecht- werk, das auch die 200 /< dicke Propria mucosae, das aus einem dichten Bindegewebe besteht, ausfüllt. Nach dem Epithel zu bildet das elasti- sche Gewebe ein subepitheliales Netz, von dem elastische Fasern in die 100 1.1 hohen aber schmalen Bindegewebspapillen aufsteigen. Dieser eben geschilderte Aufbau des elastischen Gewebes erhält sich, da die Canales naso-palatini und der Stützknorpel infolge ihres Verlaufs natur- gemäß keinen richtungsändernden Einfluß ausüben, auch im ganzen übrigen Teil der Region der Papilla palatina, nur daß die elastischen Fasern in geringerer Menge auftreten. Erwähnt sei eine Anordnung des elastischen Gewebes, die auf eine Festigung des knöchernen Gaumendaches hinausläuft, das vorn von den Ossa incisiva gebildet wird. Diese Ossa incisiva springen nämlich an den lateralen Teilen weiter nach vorn als iu der Medianen, und diese Lücke ist von elastischen Fasern ausgefüllt. Nachdem Retzius die Region der Papilla palatina beschrieben hat, fährt er fort: »Dahinter findet sich ein dreieckiger Wulst, in dessen Medianlinie oft eine Furche vorkommt, welche ihn in zwei Seitenarme teilt. Dieser Wulst ist entweder als ein hinterer Rand der Papillar- region oder als die erste Leiste zu bezeichnen ; in der Tat ähnelt er den Gaumenleisten«. Ganz davon abgesehen, daß rein äußerlich eine ge- wisse Abghederung von der Region der Papilla palatina festzustellen ist, so läßt ein Vergleich des mikroskopischen Baues dieses Gebildes mit dem einer typischen Gaumenleiste keinen Zweifel darüber auf- kommen, daß jenes Gebilde die erste Gaumenleiste ist. In der Sub- mucosa dieser ersten Gaumenleiste, die etwas stärker ist als diejenige vor und hinter der Gaumenleiste, also einen indirekten Anteil an der Bildung der Leiste hat, sind auch elastische Faserbündel anzutreffen. Ebensolche erfüllen sich durchflechtend die Propria mucosae inner- halb der Leiste. Der Teil der Propria mucosae, der direkt dem Epithel mit Ausnahme des Teiles vor der ersten Gaumenleiste und der First der Leiste anschließt, weist sehr spärliche elastische Fasern auf. Dieses prägt sich noch deutlicher bei den folgenden Leisten aus sowohl in der HO Jakob Rehs, Propria mucosae der Täler vor und hinter der Leiste, die die Dicke von 500 u wie die Submucosa hat, wie auch in den Leisten selbst mit Ausnahme ihrer First, sodaß man in dieser Schicht kaum elastische Fasern antreffen kann. Sonst ist das elastische Gewebe in den der ersten Leiste folgenden Leisten und den dazu gehörigen Tälern ebenso nur etwas ausgeprägter aufgebaut. In den letzten Leisten nimmt das elastische Gewebe an Menge ab. Auch bei Erinaceus tritt wie bei den andern Insectivoren die wallartige Schlußleiste auf. Den harten Gaumen von Centetes ecaudatus habe ich nicht unter- sucht, aber Retzius sagt hiervon: »In den Zwischenräumen der Leisten finden sich zahlreiche warzenähnliche Erhabenheiten verschiedener Größe; sie sind größtenteils zu Querreihen angeordnet, welche den Leisten parallel geordnet sind. Besonders in den vordersten Zwischen- räumen und auf dem Felde, das hinter der letzten Leiste liegt, sind diese Warzen in Menge vorhanden«. Wenn man sich die Abbildung von Retzius (Taf. XLI, Fig. 3) ansieht, so kann man beobachten, daß hinter der letzten Leiste diese Papulae operariae ungeordnet sind. Hinter der zweit- und drittletzten Leiste haben sie zwar dieselbe Größe, sind aber in den Querreihen parallel zu den Leisten angeordnet. Zwischen den weiter nach vorn liegenden Leisten werden diese zu Querreihen an- geordneten Papulae operariae größer. In den Zwischenfeldern der ersten, zweiten, dritten und vierten Leiste kommt es sogar zu einer seitlichen Verschmelzung der Papulae operariae, und diese Querreihen ähneln vollkommen den Leisten. Wenn man bedenkt, daß dieses Tier unter den Insectivoren infolge des Gebisses und des Geschlechtsapparates eine niedere Organisation verrät, so kann man zu der Auffassung kom- men, daß hier derselbe Bildungsmodus der Gaumenleisten vorliegt wie bei den andern Tieren geschildert worden ist, und daß Talpa europaea, Crocidura aranea und Erinaceus europaeus nicht auf dem »primitiven Standpunkt der phylogenetischen Entwicklung« stehen geblieben sind wie Centetes ecaudatus. Chiroptera. Carpophaga. Pteropodidae. Pteropus sp. Entomophaga. Vespertilionidae. Vespertüio murinus Schreb. Historisches. Robin (1881) berichtet über den Gaumen von Vespertilio murinus wie folgt: »La voüte palatine du Vespertilio murinus a la forme d'un Beiträge zur Kenntnis der niakroskop. und mikroskop. Anatomie usw. 111 rectanglo liiniti' ru uvant, ontro Ics incisives, par un tubercule sur les cotes et en arriero ikiquel s'ouvrcnt los porcs tlc Jacobson. Ceux-ci sont bordes en arriere par un pli transversal saillant qui reunit les ineisives externes des deux cotes. Dcux autres rides ininterrompues, eonvexes, s'etendent respectivement entre les premieres premolaires et les premieres luolaires, et sont suivies de cinq paires de rides interrompues sur la ligne mediane, la derniere confine ä la lignc d'in- sertion du voile du palais«. Retzius (IDOG) beschreibt den harten Gaumen eines beinahe ausgetragenen Fötus von Vespertilio murimis. Er sagt: »Man erkennt die zwischen die starken Zahnwälle eingeschlossene Gaumenspalte mit ihrer vorderen Papillenregion, welche hier noch zusammengesetzter erscheint als bei Vesperugo pipistrellus, und mit der dahinter gelegenen Leistenregion, an der die drei vordersten Leisten wenig, die folgenden stark gebogen sind, und zwar mit den medialen Enden weit nach hinten ziehend; die äußeren Enden sind auch, obwohl weniger, nach hinten gedreht und biegen sich dann nach vorn um «. Er kommt durch die Unter- suchung der Chiropteren zu demselben Ergebnis wie bei den Insectivoren. Oppel (1900) bildet einen Sagittalschnitt durch zwei Gaumenleisten der Fledernuius ab (Fig. 23), und er berichtet darüber, wie schon im historischen Teil der Insectivoren zitiert worden ist. Eigene Untersuchungen. Im vorderen Abschnitt des Gaumens von Vespertilio murinus Hegt die Region der Papilla palatina, die eine dreieckige Gestalt hat. Die Dreiecksbasis wird durch eine von einem Eckzahn zum andern verlaufende Querfurche von der ersten Gaumen- leiste getrennt. Vor dieser Querfurche liegt ein breiter Querwulst, der in der Medianen durch eine seichte Furche in eine rechte und linke Hälfte getrennt ist und vorn eine Ausbuchtung enthält, die den hin- teren Teil der von vorn nach hinten oval sich erstreckenden Papilla palatina umschließt, von ihr aber durch eine Furche getrennt ist, die in der Medianen mit der oben genannten Medianfurche zusammen- fließt. Die vordere Hälfte der Papilla palatina liegt »entre les inei- sives« und ist von der Oberlippe durch eine Furche getrennt. Es folgen sieben Leisten mit den dazwischen liegenden Tälern. Die beiden ersten Leisten verlaufen quer zum Gaumen. Die zweite ist in der Mitte ein wenig nach hinten gebogen, und die äußeren Enden, bei der zweiten ein längeres Stück als bei der ersten, sind stumpf winkehg nach hinten geknickt und laufen spitz aus. Die durch eine Medianfurche, Rhaphe palati, getrennten folgenden fünf Leisten sind in ihrem äußeren Bau grundverschieden. Die beiden Schenkel der dritten und vierten Leiste sind stark gebogen, die Konvexität nach vorn und die medialen Enden sind zugespitzt. Die beiden Hälften der fünften Leiste sind ganz schwach nach vorn gebogen und durch Raummangel an den Enden stark ver- kürzt, da die Backenzähne weit nach innen reichen. Die sechste Leiste 112 Jakob Rehs, gleicht ganz genau der zweiten mit Ausnahme der Medianfurche. Die Schenkel der letzten Gaumenleiste bilden einen mit der Spitze nach hinten gerichteten sehr spitzen Winkel. Sie liegt zwischen den letzten Molaren. Es zeigt sich also, daß der harte Gaumen des erwachsenen Tieres in mancher Hinsicht von dem des ausgetragenen Fötus, wie ihn Retzius beschreibt, abweicht. Alle Leisten haben die besondere Eigen- schaft, daß die vordere Wand mehr oder weniger steil zum Gaumen- dach, während die Rückwand schräg gestellt ist, sodaß die First der Leisten oralwärts gerichtet ist. Der frugivore Pteropus sp., den Retzius beschreibt, nimmt eine Sonderstellung ein, da bei ihm besonders die hinteren Leisten an der First in Papulae operariae aufgelöst sind, eine Eigenschaft, die man für etwas Primitives halten muß. Was den vorderen Teil des harten Gaumens von Vespertilio murinus anbelangt, so liegen die Verhältnisse hier ähnlich, wie sie Grosser (1902) von Vesperugo noctula geschildert hat. »Der Zwischenkiefer, dem ein Gaumenfortsatz fehlt, beteiligt sich an der Bildung des harten Gaumens nicht; . . . die Knorpel des Nasenbodens . . bilden die Er- gänzung des harten Gaumens , . . Diese Knorpel ordnen sich so an, daß der Processus lateralis inferior und die Cartilago ductus incisivi vor, die beiden Processus posteriores hinter dem STENSONschen Gange zu finden sind; knapp vor demselben hängen alle hier zusammen . . . Die Cartilago ductus incisivi (Textfig. 1, 2, 3 u. 6) bildet eine ziemlich ebene Platte, welche nach vorn unten geneigt ist. Die Knorpel der beiden Seiten verbinden sich im ausgewachsenen Zustand bei allen untersuchten Vespertilioniden unterhalb des Septum und ragen in die mächtig vergrößerte Papilla incisiva (Textfig. 1 — i u. 6) hinein . . . Seiner Funktion nach ist der Knorpel kaum mehr ein Schutzgebilde für den Ductus incisivus, dessen Achse mit der Ebene des Knorpels ungefähr einen Winkel von 45 ° bildet ; er tritt für den medianen Defekt des Alveolarrandes ein und wird zum Stützgebilde der vorhin erwähnten Papilla palatina . . . Die Cartilago posterior lateralis (Textfig. 4 u. 5, Taf.I, Fig. 4 u. 5, ca.p.l.) hat bei den Glattnasen eine eigene Bedeutung gewonnen; sie bildet eigentlich den Boden der Nasenhöhle im Bereich des x'\.usschnittes des harten Gaumens. In diesem Bereich nimmt der Knorpel in geringer Entfernung kaudal vom Ductus incisivus eine horizontale Lage ein (Textfig. 5) und verbreitert sich beträchtlich . . . Nach ScHwiNKs Darstellung bleibt diese horizontale Platte auch in bereits verknorpeltem Zustande bei Embryonen von Vespertilio murinus ^bis zur Größe von 54 mm Körperlänge) von den übrigen nasalen Kjior- Beiträge zur Kenntnis der niaUrosk()|i. und inikroskop. Anatomie usw. 113 pelii vollständig isoliert . . . Der Ductus iucisivus (Textfig. 3 u. 4 und Taf. I, Fig. 2, 4:, 5) ist bei den untersuchten Glattnasen, wie schon er- wähnt, weit offen . . . Seine Verlaufsrichtung ist ziemlich genau ver- tikal, seine untere Hälfte leicht nach vorn und außen abgeknickt«. Die Lage der 800 u dicken Cartilago ductus incisivi und der Canales naso- palatini in der Papilla palatina läßt eine paramediane Richtung der spärlichen elastischen Fasern sowohl in der Submucosa mit dem lockeren Bindegewebe wie in der Propria mucosae mit dichterem Bindegewebe zu. Hauptsächlich treten elastische Fasern dem Knorpel anliegend auf. Hinter den Canales naso-palatini nehmen die 50 f^i dicken Cartilago posterior lateralis, die mit dem oralen Rande der Processus palatini der IMaxillae durch starke elastische Fasern verbunden sind, eine hori- zontale Lage ein, und hierdurch ist der paramediane Verlauf der elasti- schen Fasern, die in größerer Menge als vor den Canales naso-palatini auftreten, gewährleistet. Die elastischen Fasern heften sich an die epi- thelwärts liegende Fläche dieses Knorpels an und ziehen von hier kaudalwärts, aber sie spannen sich auch zwischen die nasenhöhlenwärts liegende Fläche dieses Knorpels und das Epithel der Nasenhöhle oder auch teilweise das knorpelige Nasenseptum. So wird der Knorpel in meiner Lage fixiert, und es erweist das elastische Gewebe seine mecha- nische Eigenschaft. Hinter der Papilla palatina liegt die erste Gaumenleiste, >>qui reunit les incisives externes desdeux cotes«. Die 40 (.i dicke Submucosa, die keinen direkten Einfluß auf die Bildung der Leisten ausübt, birgt hier wie im ganzen übrigen harten Gaumen dünne, w^ellige, parame- diane elastische Fasern, die einzeln verlaufen oder zu Bündeln ver- einigt sind. Nur das Bindegewebe im Bereich der Rhaphe palati, die ein Achtel bis ein Zehntel der ganzen Gaumenbreite einnimmt, ist frei von elastischen Fasern. Im bindegewebigen Innenraum der Leiste liegen die paramedianen elastischen Fasern nur in der Basis der Leiste, sodaß die Leiste fast frei von elastischen Fasern ist. Diesen Aufbau haben alle übrigen Leisten, nur daß nach hinten allgemein die elastischen Fasern spärlicher werden. Im weichen Gaumen werden die elastischen Fasern wieder reich- licher. Paramediane elastische Fasern liegen sowohl zwischen dem Epithel der Vorderwand und den Drüsenpaketen wie auch zwischen den letzteren und dem Epithel der Rückwand. Beide Schichten stehen durch elastische Fasern, die das interstitielle Bindegewebe durchsetzen, in einem Verband. Die paramedianen elastischen Fasern heften sich an das Perichondrium der Cartilago palatina, Zeitsclirift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 8 114 Jakob Rehs, einem transversal im hinteren Teil des weichen Gaumens liegenden Gebilde, an. Zusammenfassung. Auf Grund der Untersuchungen der Autoren und meiner eigenen lassen sich, was die makroskopische und mikroskopische Anatomie ins- besondere die Topographie des elastischen Gewebes des Palatum durum der Mammalier anbetrifft, die folgenden hauptsächlichen Ergebnisse zusammenstellen. Bei den Monotremen sowohl bei Echidna aculeata wie bei Orni- thorhynchus anatinus finden sich in der hinteren Hälfte des harten Gaumens gerade oder bogige Querreihen von Papulae operariae, deren bindegewebiger Grundstock bei Echidna eine vergrößerte Primärpapille ist. Bei letzterem Tier entsteht durch Konkreszenz der lateralen, basalen Teile der bindegewebigen Grundstöcke und durch Zurückdrängung des Epithels das bindegewebige Innere der in der vorderen Hälfte des harten Gaumens liegenden Gaumenleisten, die aber ihrer Entstehung zufolge keine typischen Gaumenleisten sind. Der basale Teil der bindegewebi- gen Grundstöcke der Papulae operariae und derjenige des bindegewe- bigen Innern der Leisten weisen transversale und paramediane elastische Fasern im Geflecht auf wie in der Propria mucosae, während im übrigen Teil des bindegewebigen Innern der Leisten samt den aufsitzenden,, vergrößerten Primärpapillen ebenso wie in dem der bindegewebigen Grundstöcke der Papulae operariae zur Spitze verlaufende elastische Fasern im Geflecht auftreten. Die Submucosa hat keinen direkten Anteil an der Bildung der nicht typischen Gaumenleisten. Bei den Marsupialiern sind zwischen den Gaumenleisten beson- ders im vorderen Teil des harten Gaumens kleinere und größere Papillae operariae anzutreffen, die oft zu den Gaumenleisten parallelen Quer- reihen angeordnet sind. Bei Halmaturus riificollis ist der bindegewebige- Grundstock einer solchen Papillae operariae entweder eine vergrößerte Primärpapille mit zur Spitze ziehenden elastischen Fasern oder eine Sekundär papille mit aufsitzenden Primärpapillen. An der Bildung der Sekundärpapillen nimmt die Propria mucosae mit transversalen elastischen Fasern teil. Noch größere Papillae operariae sind bei diesem Tier fast vollständig verschmolzen, und hier hat an der Bildung der Sekundärpapillen auch die Submucosa mit paramedianen elastischen Fasern einen direkten Anteil. Die Verschmelzung kann soweit gehen, daß das bindegewebige Innere mit dem einer typischen Gaumenleiste, bei welcher nicht nur die Propria mucosae mit transversalen elastischen I Beiträge zur Keinitiiis der luakroskop. und mikroskop. Analoniie usw. 115 Fasern, sondern auch die Subniucosa mit paramedianen elasti!;:clien Fasern einen bedeutenden, direkten Anteil an dem Aufbau haben, vollkommen übereinstimmt. Denselben Entwicklungsgang nimmt die erste Gaumenleiste, die bei Petrogale penicillaUi, Macropus billardieri, IlalnuUunis ruficolUs und Onijchogale lunata aus mehreren HcJckern be- steht, während sie bei Didelphys sp. und Didelphys opossum eine typische rraumenleiste ist. Bei dem ersteren jungen Tier liegen im hinteren Teil des harten Gaumens Querreihen von Papulae operariae, die bei dem erwachsenen, letzteren Tier zu Gaumenleisten verschmolzen sind, also letztere sich im Laufe der ontogenetischen Entwicklung bilden können. Bei den Marsupialiern findet sich im Übergang zum harten Gaumen eine Schlußleiste. Sie ist nicht auf eine Stufe mit den typischen Gaumen- leisten zu stellen ; denn sie verdankt ihr Vorhandensein einem am ven- tralen, pharyngealen Rand der Ossa palatina auftretenden Knochen- wulst, über den sich die Gaumenschleimhaut in Gestalt einer Leiste spannt. Diese Leiste habe ich auch bei den Insectivoren beobachten können, und sie ist sicherlich auch bei vielen anderen Tieren nach- zuweisen. Bei den Edentaten stellt der harte Gaumen von Bmdijpus tridac- tylus einen primitiven Typus dar, denn beim jungen wie beim erwach- senen Tier sind Papulae operariae, die oft zu Leistenstückeu verschmol- zen sind, nachzuweisen. Beim erwachsenen Manis javmiica läßt sich eine Entwicklung der letzten Gaumenleisten aus Papulae operariae im Laufe der Ontogenese feststellen. Ähnlich liegen die Verhältnisse beim Fötus von Tatusia peba und dem nahe verwandten, erw^achsenen Dasy- piis villosus. Orycteropus capensis hat vollkommen ausgebildete Gaumen- leisten. Über den Cetaceen ist der harte Gaumen von Delphinus delphis ein primitiver Zustand, indem auf Feldern, die durch tiefe Epithel- furchen hervorgerufen werden, kleine Papulae operariae anzutreffen sind, deren bindegewebiger Grundstock eine Primärpapille ist. Die Barten der erwachsenen Mystacoceti entstehen dadurch, daß ver- längerte Primärpapillen in der Basis zu konischen Gebilden verschmelzen. Diese konischen Gebilde verschmelzen ihrerseits lateralwärts zu trans- versal gestellten Bindegewebsleisten, von denen sich wiederum mehrere zu einer einzigen Leiste zusammenschließen, welche die bindegewebige Grundlage einer Barte abgeben, auf welcher Grundlage viele Primär- papillen aufsitzen, die von Hornröhren umscheidet sind, welche als Haare den Hauptteil der Barten überragen und als Papulae operariae zu bezeichnen sind. Ähnliche Verhältnisse liegen bei Echidna vor. IIG Jakob Rehs, Mehrere Barten stehen in einer Querreihe nebeneinander, aber diese ist keine typische Gaumenleiste. Von den Perissodactylen zeigt der harte Gaumen von Equus ca- hallus typische Gaumenleisten, an deren Bildung nicht nur die Propria mucosae mit dem Geflecht elastischer Fasern nach allen Richtungen, sondern auch die Submucosa mit paramedianen elastischen Fasern einen direkten Anteil haben. In der Ordnung der Artiodactylen und zwar bei den Non-Rumi-, nantien sind beim Fötus von Sus scrofa dornest, im Übergang zum wei- chen Gaumen Querreihen von Papillae operariae zu beobachten, die beim erwachsenen Tier miteinander verschmolzen sind. Die Gaumen- leisten sind aber typische Leisten, und es hat neben der Propria mucosae mit dem Geflecht elastischer Fasern nach allen Richtungen auch die Submucosa mit dünnen, paramedianen elastischen Fasern einen sehr bedeutenden, direkten Anteil an ihrer Bildung. Lama huanachus zeigt im harten Gaumen zerstreut liegende Papillae operariae, solche die zu transversalen Reihen angeordnet sind, solche die teilweise zu trans- versalen Gebilden zusammengeschmolzen sind und auch fast typische Gaumenleisten. Bei Buffelus huhalus und Bos taurus, welche Tiere, wie Lama huanachus zu den Ruminantien gehören, sind Papillae operariae zu Querreihen angeordnet vorhanden und ähneln den Wangenpapillen. Die Gaumenleisten sind bei Bos taurus nicht vollkommen ausgebildet, da die First aus nebeneinander sitzenden Papilla operaria besteht. Die bindegewebige Grundlage einer Papilla operaria ist eine Sekundär- papille mit aufsitzenden Primärpapillen, welche Sekundärpapillen einer bindegewebigen Leiste aufsitzen wie bei Echidna. Die bindegewebige Leiste ist eine Propria mucosae mit einem Geflecht elastischer Fasern nach allen Richtungen, während die elastischen Fasern in den Sekundär- papillen zur Spitze steigen. Bei Ovis aries hingegen sind die Gaumen- leisten teilweise typischer ausgebildet, indem die First nur an den Seiten- teilen Papillae operariae zeigt, während Orthaegoceros falconeri auch hier kaum noch Papillae operariae aufweist. In der Basis des bindegewe- bigen Innern der Leiste liegen paramedian<5 elastische Fasern der Propria mucosae, während sie sonst so wie bei Bos gelagert sind. Bei beiden Tieren hat die Submucosa keinen direkten Anteil an der Bildung der Leisten. Bei den Carnivoren ist der harte Gaumen von Felis serval primitiv ; denn es finden sich Querreihen von Papillae operariae, die dicht neben- einander liegen. Vor und hinter je einer solchen Querreihe sind je eine dieser parallele Querreihe von Papillae operariae anzutreffen, die weiter Beiträge ziii' KcniiUiii? ck'f nuikroskoi). iiiul mikroskop. Aiuitoniic' usw. 117 auseincinder liegen. Bei Felis donieslica fsitzcn die dicht nebeneinander liegenden Papulae operariae einer Leiste wie bei Boa taurus auf. Der bindegewebige Grundstock einer solchen Papilla operaria ist eine Sekundärpapille mit aufsitzenden Primärpapillen. In dem binde- gewebigen Innern der Leiste, an deren Bildung die Submucosa keinen direkten Anteil hat, verlaufen paramediane elastische Fasern, während sie in den Sekiindärpapillen zur Spitze ziehen. Bei Cervaria rufa ist die Leiste, auf der die Papulae operariae aufsitzen, noch besser aus- gebildet als bei Felis doniestica. Typische Gaumenleisten besitzen der harte Gaumen von Canis familiaris, Canis vulpes, Mustela foina, Putorius vulgaris und von andern Carnivoren. Bei allen diesen Tieren außer bei Putorius hat die Subnmcosa mit den paramedianen elastischen Fasern einen direkten Anteil an der Bildung der Gaumenleisten. Bei den Pinnipediern hat der harte Gaumen des jungen Ogmorhinus lepfonyx und des erwachsenen Seeleoparden und Seelöwen keine Leisten, und ist daher ein sehr primitiver Typus. Es folgt der von Zalophus californianus und Phoca vitulina, bei denen Papulae operariae für sich allein stehend vorkommen. Die bindegewebige Grundlage einer solchen ist eine Sekundärpapille mit aufsitzenden Primärpapillen, welche Sekundärpapillen zur Spitze aufsteigende elastische Fasern besitzen. Bei Phoca vitulina kann die laterale Basis dicht nebeneinander liegender Papulae operariae verschmelzen, und bei größereu liegt in der Basis des Verschmelzuugsproduktes die Propria mucosae mit paramedianen elastischen Fasern, aber es können keine größeren Leistenstücke wie bei Zalophus nachgeväesen werden, da die größeren Stücke immer noch papillären Charakter haben. Bei Zalophus können mehrere Se- kundärpapillen verschmelzen, und größere Leistenstücke zeigen in der Basis paramediane und transversale elastische Fasern wie in der Pro- pria mucosae. Bei noch größeren Leistenstücken nimmt auch die Sub- mucosa mit paramedianen elastischen Fasern an der Bildung des binde- gewebigen Innern teil wie bei Halmaturus ruficollis. Phoca fötida hin- gegen zeigt schon schwach ausgebildete Gaumenleisten. Bei den simplicidentaten Rodentien gehört der harte Gaumen von Cavia cohaija, Cavia porcellus, H ydrochoerus capyhara, Myopotamus coypus, Ctenomys magellanicus und Lagostomus irichodactylus einem primitiven Typus an, da keine Gaumenleisten vorhanden sind; während alle andern Rodentien schwach oder vollkommen entwickelte Gaumen- leisten aufweisen. Es ist eine Beziehung zwischen dem Nichtvorhanden- sein oder der kümmerlichen Ausbildung der Gaumenleisten im vorderen Teil des harten Gaumens und der Gestaltung des knöchernen Gaumen- 118 Jakob Rehs, claches, die ihrerseits wieder aus der starken Konvergenz der beiden Backenzahnreihen nach vorn und den tief eingesenkten Backenzähnen resultiert, vorhanden, die darin besteht, daß die Maxillae stark ver- dickt sind. Eine Beziehung läßt sich auch zwischen dem Nichtvor- handensein oder der unvollkommenen Entwicklung der Gaumenleisten im hinteren Teil des harten Gaumens und der Bildung der Zunge nach- weisen, welch letztere in diesem Falle einen mehr oder weniger stark ent- wickelten, pharyngeal gelegenen Absatz hat, der in die Mundhöhle hineinragt. Bei einem Teil der hystricognathen und bei vielen sciu- rognathen Simplicidentaten, bei denen die Verhältnisse nicht so liegen, sind Gaumenleisten vorhanden. Der harte Gaumen von Cavia cobaya ist aber nicht glatt, sondern zerstreut liegen Papulae operariae, die eine bindegewebige Grundlage in Gestalt einer Primärpapille haben. Sciurus vulgaris hat zwischen den typischen Gaumenleisten, an deren Bildung die Submucosa mit paramedianen elastischen Fasern einen direkten Anteil hat, Querreihen von Papulae operariae, deren bindegewebige Grundlage eine Sekundärpapille mit aufsitzenden Primärpapillen ist. In der Basis der Sekundärpapille liegen paramediane elastische Fasern der Propria mucosae. Der primitive Insectivore, Centetes ecaudatus, hat Leisten, die teil- weise aus Papulae operariae bestehen. Außerdem liegen überall Papulae operariae, die oft zu Querreihen angeordnet sind, und dieser Gaumen stellt einen primitiven Typus dar. Talpa europaea, Crocidura aranea und Erinaceus europaeus haben typische Gaumenleisten, deren binde- gewebiges Innere paramediane elastische Fasern besitzt, aber keine Submucosa ist. Unter den Chiropteren hat Pteropus sp. im hinteren Teil des harten Gaumens Querreihen von Papulae operariae. Auch die vorderen Leisten sind nicht typisch entwickelt. Vespert üio murinus hat Gaumenleisten, an deren Bildung die Submucosa keinen direkten Anteil hat. Ein nicht typisch verhorntes, kernfreies Stratum corneum be- sitzen die harten Gaumen von Echidna aculeatd, Halmaturus ruficollis, Sus scrofa, Canis familiaris, Canis vulpes, Felis domestica, Zalophus californianus, während es bei Equus cahallus, Bos taurus, Ovis aries, Phoca vitulina, Cavia cobaya, Talpa europaea und Crocidura aranea verhornt ist. Bei Equus cahallus, Ovis aries und Cavia cohaya können im Stratum corneum, das 100 /<, bzw. 147//, bzw. 300 — 450 /< dick ist, in der Verlängerung der Primärpapillen Zelleureihen beobachtet wer- den, deren Zellen nicht vollkommen verhornt sind. Ein Stratum luci- dum haben Bos taurus, Ovis aries und Cavia cohaya. Ein Stratum gra- Beiträge zur Kiimtiüs der makn)sk<)|). iiiul mikroskop. Anatomie usw. 119 nulosum besitzen Eckidna aculeata in der vorderen Hälfte des harten Gaumens, Canis familiaris uiul Cavia cobaya, bei welch letzterem Tier Eieidin vorkommt. Bei Ecliidna aculeata in der hinteren Hälfte des harten Gaumens und bei Balacnoptcra sibhaldii ist das Epithel stark ver- dickt, und hierdurch kommt es zu besondern Differenzierungen dieses Ei)ithels wie zur Bildung einer Zwischenschicht und von Hornröhren mit Marksäulen. Eine Art von Hornröhren läßt sich auch in eewisser Hinsicht bei DelpJiiniis delphis und Cavia cohaya feststellen. Mit der Epithelverdickung bei Eckidna aculeata, Delphinus delphis und Cavia cobaya geht Hand in Hand eine spärliche Ausbildung des elastischen Gewebes und eine Verlängerung der Primärpapillen, die bei Eckidna 400 /<, bei Delpkinus 1000 «, bei Cavia 300 u lang sind. Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die meistens von der Propria mucosae kommenden elastischen Fasern sich in der Peripherie der Primärpapillen ausbreiten. Die Propria mucosae ist, soweit sie an der Bildung der Gaumenleiste teil hat, schon besprochen worden. Bei Eckidna aculeata, Halmaturus ruficoUis, Bakienoptera pkysalus liegen in der Propria mucosae hauptsächlich transversale elastische Fasern in kleinerer oder größerer Menge im Geflecht, während bei Ovis aries, Putori US vulgaris, Phocavitulina, Sciurus vulgaris, Talpa europaea, Cro- cidura aranea, Erinaceus europaeus und Vespertilio murinus es beson- ders paramediane elastische Fasern sind. Bei Delphinus delphis, Sus scrofa, Bos taurus, Canis familiaris, Canis vulpes, Mustela foina. Felis dornest ica und Zalopkus californianus verlaufen in dieser Schicht die elastischen Fasern nach allen Richtungen im Geflecht. In der Submucosa, die ein mehr oder weniger entwickeltes Venen- netz und Fettgewebe enthält, kommen Drüsen bei Eckidna^ aculeata im Bereich der ersten sieben Gaumenleisten vor, bei Sus scrofa, Bos taurus, Ovis aries, Canis familiaris, Canis vulpes und Felis domestica in der Nähe der Canales naso-palatini, in der Zahnplatte oder in der Region der Papilla palatina, bei Bos taurus, Ovis aries, Canis fami- liaris und Felis domestica im pharyngealen Abschnitt des harten Gau- mens. Die Submucosa birgt paramediane elastische Fasern in Bündel- form in einem mehr oder weniger weitmaschigen Geflecht bei Eckidna aculeata, Halmaturus ruficoUis, Balaenoptera pkysalus, Equus cahallus, Sus scrofa, Ovis aries, Putorius vulgaris, Zalopkus californianus, Talpa euro- paea, Crocidura aranea, Erinaceus europaeus und Vespertilio murinus. Hauptsächlich paramediane elastische Fasern aber auch solche mit an- derem Verlauf haben Canis familiaris, Canis vulpes, Mustela foina, Felis domestica. Elastische Fasern nach allen Richtungen finden sich 120 Jakob Rehs, bei Delphinus delphis, Bps taurus, Phoca vitulina und Sciurus vul- garis. Bei Echidna aculeata, Halmaturus ruficollis, Balaeno'ptera pJiysalus, Zalophus californianus und Phoca vitulina kann festgestellt werden, daß das Periost des harten Gaumens frei von elastischen Fasern ist. Eine Beziehung zwischen dem elastischen Gewebe und den Canales naso-palatini mit dem Stützknorpel besteht bei Echidna aculeata, Bos taurus, Ovis aries, Canis familiaris, Canis vulpes, Mustela foina, Pu- torius vulgaris, Felis domestica, Cavia cobaya, Sciurus vulgaris und Vespertilio murinus, während eine solche kaum bei Crocidura aranea und Erinaceus europaeus vorhanden ist. Bei Phoca vitulina ist, da bei diesem Tier keine Canales naso-palatini und nur Reste eines Stütz- knorpels dem knöchernen Gaumendach anliegend vorhanden sind, naturgemäß keine Beziehung nachweisen. Das elastische Gewebe tritt in Beziehung zu den Muskeln bei Cavia cohaya, Sciurus vulgaris, zu den Drüsen bei Echidna aculeata, Sciurus vulgaris, Crocidura aranea und Vespertilio murinus, zu dem vorderen Teil des knöchernen Gaumendaches bei Crocidura aranea und Erina- ceus europaeus. Göttingen, im August 1913. Literaturverzeichnis. 1. Behrens, W., Tabellen zum Gebrauch bei mikroskopischen Arbeiten. IV. Aufl. 1908. 2. BizzozERO, G., Über den Bau des geschichteten Pflasterepilhels. Internat. Monatschr. f. Anat. u. Histol. Bd. II. 1885. 3. Böhm, A. und A. Oppel, Taschenbuch der mikroskopischen Technik. V. Auf- lage. 1904. 4. Botezat, E., Die Innervation des harten Gaumens der Säugetiere. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXIX. 1901. 5. Broom, R., A Contribution to the Comparative Anatomy of the Mammalian Organ of Jacobson. Transact. of the Roy. Soc. of Edinburgh. Vol. XXXIX. 1897. 0. — On the Organ of Jacobson in the Monotremata. Journ. of Anat. and Phys. Vol. XXX. 1896. 7. 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Zeichenerklärung: a, Arterie; ad, Anheftungsstelle der dorsalen elastischen Decke; av, An- hcftungsstellc der ventralen elastischen Decke; bi, bindegewebiger transversaler Innenraum der Leiste; hl, paramediane Bindegewebsleiste ; hl-\- pr, paramedianc Bindegewebsleiste mit teilweise abgerissenen Priniärpapillen; hlz, blasige Zellen; rnp, einer der Canales naso-palatini; d, zwei lateral verschmolzene Epithelmäntel aus verhornten Zellen; dd, dorsale elastische Decke; de, dorsales elastisches Band; dl-, Drüsengewebe; ef, elastische Fasern; el, transversale Epithellciste; ep. Epithel; ew, paramedianer Epithelwulst; ewr, eine von einem Epithelwulst {ew) gebildete Bindegewebsrinne ; fg, Fettgewebe; k, knöchernes Gaumendach; kk, Knorpel- kern; kl, Knorpelleiste; km, elastischer Knorpel in der Rhaphe palati; ks, elasti- scher Knorpelstrang; kw, Knochenwulst derOssa ])alatina; le, paramediane elasti- sche Fasern in Bündelform zu Lamellen in paramedianen Ebenen angeordnet; m, Muskel; n, Nerv; opm, oberflächliche Schicht der Propria mucosae; pe, Periost; pef, paramediane elastische Fasern; pm, Propria mucosae; p7no, Palatum moUe; po, Pajiilla (ae) operaria (ae); pov, verschmolzene Papulae operariae; pp, Papilla palatina; pr, Primärpapille ; prv, vergrößerte Primärpapille; prvs, Spitze einer vergrößerten Primärpapille; rp, Rhaphe palati; rsm, Reichweite der Submucosa; •s, Sekundärpapille ; sc, Stratum corneum ; sg, Stratum germinativum oder Mantel aus Zellen des Stratum germinativum um eine große Bindegewebspapille ; sk, Stützknorpel der Canales naso-palatini; skli, Stützknorpel hinter den Canales naso-palatini; skv, Stützknorpel vor den Canales naso-palatini; sm, Submucosa; sp, Übergang zwischen Submucosa und Propria mucosae; spl. Sehnenplatte; tef, transversale elastische Fasern; v, Vene; vd, ventrale elastische Decke; ve, ventrales elastisches Band; w, wallartige Querleiste; zr, Zellreihen, die infrapapillar von Primärpapillen liegen; 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10, erste, zweite, dritte, vierte, fünfte, sechste, siebente, achte, neunte, zehnte Gaumenleiste; //, Epithelmantel aus Zellen, die den Übergang zu den verhornten Zellen des äußersten Epithelmantels der Papulae operariae bilden; ///, Epithelmantel aus vollkommen verhornten Zellen (Taf. I, Fig. 2, /// = Epithelpapille); der Pfeil mit dem Zeichen o bzw. ph kennzeichnet die orale bzw. pharyngeale Richtung. Tafel I— IV. Ovipara s. Monotremata. Echidna aculeata Cuv. Fig. 1. Paramedianschnitt durch die rechte Hälfte der zweiten Gaumen- leiste mit Teilen des davor und dahinter liegenden Tales. Der Schnitt geht zwi- schen zwei Bindegewebspapillenspitzen (Taf. I, Fig. 2 prvs) hindurch. Vergr. 60. Fig. 2. Transversalschnitt durch die linke Hälfte der zweiten Gaumeu- leiste im Bereiche der First. Vergr. 65. Fig. 3. Transversalschnitt durch einige Papulae operariae der ersten Pa- pillenquerreihe. Vergr. 55. Fig. 4. Oberflächenansicht des Bindegewebes der Ganmensclilcimhaut aus 126 Jakob Rehs, dem Gebiet der siebenten Papillenquerreihe nach Ablösung der Epithelschicht. Vergr. 23. Marsupialia. Halmaturus ruficollis Desm. Fig. o. Gesamtansicht des harten Gaumens. Vergr. I1/4. Fig. 6. Gesamtansicht des harten Gaumens. Vergr. : natürl. Größe. Fig. 7. Paramedianschnitt durch die erste Gaumenleiste mit Teilen des davor und dahinter liegenden Tales. Vergr. 15. Fig. 8. Transversalschnitt durch einen Teil der linken HäHtc der zweiten Gaumenleiste, durch die First gehend. Vergr. 15. Fig. 9. Horizontalschnitt durch einen Teil der rechten Hälfte der zweiten Gaumenleiste im Bereich der Basis der Leiste. Vergr. 15. Fig. 10. Transversalschnitt durch zwei kleine Papulae operariae des Tales vor der ersten Gaumenleiste. Vergr. 80. Fig. 11. Transversalschnitt durch eine große Papilla operaria des Tales zwischen der ersten und zweiten Gaumenleiste. Vergr. 30. Fig. 12. Horizontalschnitt durch den medial gelegenen Teil der rechten Hälfte der dritten Gaumenleiste, durch die beiden davor liegenden verschmolzenen großen Papulae operariae und durch den nach links anschließenden, längeren Höcker. Vergr. 20. Placentalia. Edentata. Nomarthra. Orycteropus capensis Gm. Fig. 13. Gesamtansicht des harten Gaumens. Vergr. 1/0 der natürl. Größe. Artiodactyla. Lama huanachus Mol. Fig. 14. Gesamtansicht des harten Gaumens. Vergr. 1/2 der natürl. Größe. Bos taurus L. Fig. 15. Horizontalschnitt durch die First einer Gaumenleiste im Bereiche der Basis der Papulae operariae. Vergr. 18. Buffelus huhalus L. Fig. 16. Gesamtansicht des vorderen Teils des harten Gaumens. Vergr. 1/2 der natürlichen Größe. Orthaegoceros falconeri Wag. Fig. 17. Gesamtansicht des harten Gaumens. Vergr. 1/2 der natüil. Größe. Carnivora. Felis domestica Briss. Fig. 18. Horizontalschnitt durch die First der dritten Gaumenleiste im Bereich der Papulae operariae und durch die davor liegenden zu parallelen Quer- reihen angeordneten Papulae operariae, Vergr. 18. Felis Serval Schreb. Fi». 19. Gesamtansicht des harten Gaumens. Natürl. Größe. Beitrage zur Kenntnis der inakroskop. und inikroskop. Anatomie usw. 127 Cervaria rufa. Fig. 20. Cesanitansielit des harten Oanmons. Natürl. Größe. Pinnipcdia. Zalophus californianus Lesson. Fig. 21. Gesamtansicht des harten Gaumens. Vergr. * '5 der natürl. Größe. Phoca vitulina L. Fig. 22. Gesamtansicht des harten Gaumens. Vergr. 1/2 der natürl. Größe. Rodentia. Cavia cobaya Schreb. Fig. 23. Paramedianschnitt durch die Rhaphe palati und die Papilla pala- tina. Vergr. 15. Fig. 24. Paramedianschnitt durch einen zwischen den beiden Backzahn- reihen gelegenen Teil der Gaumenschleimhaut (das Bindegewebe ist durch Re- sorcin-Fuchsin stark diffus gefärbt). Vergr. 40. Sciurus vulgaris L. Fig. 25. Paramedianschnitt durch die Rhaphe und j^alati Papilla palatina und die erste Gaumenleiste. Vergr. 10. Fig. 26. Paramedianschnitt durch die zweite und dritte Gaumenleiste. Vergr. 20. Fig. 27. Transversalschnitt durch den vorderen Teil der Papilla palatina. Vergr. 40. Fig. 28. Teil aus dem Transversalschnitt Fig. 23. Vergr, 250. Fig. 29. Paramedianschnitt durch die fünfte Gaumenleiste, und Median- schnitt durch eine in dem Tal zwischen der fünften und sechsten Gaumenleiste liegenden Papilla operaria. Vergr. 60. Insectivora. Crocidura aranea Wagn. Fig. 30. Paramedianschnitt durch die Region der Papilla palatina und die zwei ersten Gauraenleisten mit den davor und dahinter liegenden Tälern. Vergr. 60. Der Verlauf des Stensonschen Ganges ist auf der Platte abgedeckt. Fig. 31. Paramedianschnitt durch die zwei letzten Gaumenleisten mit den davor und dahinter liegenden Tälern, durch die letzte wallartige Querleiste und durch den weichen Gaumen. Vergr. 60. Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix pomatia L). Von Walter Kühn. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Marburg.) Mit 9 Figuren im Text. Inhalt. Seite I. Die längeren Ruheperioden 129 1. Allgemeine Vorbemerkungen 129 2. Die Winterruhe 130 a. Beginn der Winterruhe 130 b. Die Bedeutung des Ejiiphragmas 132 c. Unterbrechung und Verhinderung der Winterruhe 137 d. Stoffwechsel und Gewichtsabnahme 139 3. Die Hunger- und Trockenstarre 144 a. Allgcnieine Vorbedingungen 141 b. Die Gewichtsabnahme während einer Hunger- und Trockenperiode 144 c. Die Gewichtsabnahme bei Nahrungsmangel und Wasserzufuhr . 155 d. Die Gewichtsabnahme in trockener Atmosphäre 158 4. Das Wiederaufleben 161 a. Die Ursache des Auskriechens 161 b. Die ersten Lebensäußerungen nach der Winterruhe und die Ge- wichtzunahme 165 II. Die Wasseraufnahme 169 Ergebnisse 179 Verzeichnis der benutzten Literatur 181 Die folgenden Ausführungen sind Absclinitte einer zusammen- fassenden Darstellung der Biologie von Helix pomatia, die ihrerseits als Teil einer größeren Monographie dieser Spezies gedacht ist. Gerade die hier behandelten Gebiete waren seither noch nicht genügend er- forscht, sodaß sich Gelegenheit zu einer Reihe neuer Untersuchungen bot. Wenn diese Untersuchunaen auch den orößten Teil des Raumes Beiträge x.ur Biologie der Weinbergsehneekc (Helix pomatia L.). 129 in AiLsprucli nehiiien, so wurde anderseits durch ausführliche Berück- sichtigung der vorhegenden Literatur Vollständigkeit in der Darstellung erstrebt. Herrn Geheimrat Professor Korschelt, ebenso Herrn Privat- dozent Dr. Harms spreche ich für die zahlreichen Anregungen und Ratschläge, die sie mir im Laufe meiner Untersuchungen zu Teil werden ließen, meinen aufrichtigen Dank aus. I. Die längeren Ruheperioden. 1. Allgemeine Vorbemerkungen. Die Weinbergschnecke besitzt die Fähigkeit, ihren Stoffwechsel für lange Zeiträume auf ein außerordentlich geringes Maß herabzusetzen. Derartige Ruhezustände kommen zu allen Jahreszeiten vor. Sie er- möghchen das Überdauern ungünstiger äußerer Lebensbedingungen, wie sie einerseits in der Winterkälte, anderseits in Trockenperioden während der übrigen Jahreszeiten gegeben sind. Das Verhalten der Weinbergschnecken in beiden Fällen zeigt w^eit- gehende Ähnlichkeit. Zunächst suchen sie einen mögUchst geschützten Ort auf; dann ziehen sie sich in die Schale zurück und verschließen deren Öffnung mit einer oder mehreren häutigen Membranen, die aus getrocknetem Schleim bestehen. Bei Eintritt in die Winterruhe kommt hierzu noch der mehr oder weniger dichte Kalkdeckel. In diesem Zustande verharren sie bis zum Eintreten günstiger Lebensbedingungen. Herztätigkeit und Atmung werden schwächer und scheinen unter Umständen ganz auszusetzen. Der Stoffwechsel kann äußerst geringe Werte annehmen, wie man schon aus den Zeit- räumen schließen muß, die Helix pomatia nach Angaben verschiedener Autoren ohne Nahrung überdauern kann. Schon im Jahre 1820 be- richtet Johann Carl Leuchs (36) über diesbezüghche Beobachtungen. Er schreibt S. 35 : »Die Schnecken sind sehr gefräßig, können aber auch sehr lange Zeit ohne Nahrung zubringen. Ich habe die behausten wohl 19 Monate ohne Nahrung erhalten und gefunden, daß sie wäeder auflebten.« E. Yung (53) gelang es sogar, ein Exemplar von Helix pomatia vom Oktober 1884 bis zum 30. Juni 1886. also 21 Monate, ohne Nahrung zu halten und dann durch Untertauchen zu neuem Leben zu erw-ecken. M. Krahelska (27) berichtet von zw'ei Exemplaren, die etwa 15 Monate hungerten. Andre Beobachtungen, zum Teil bei andern Landschnecken angestellt, lieferten ähnliche Ergebnisse. Zu erwähnen sind hier die Mitteilungen von Fack und Möbius (15), Zeitschrift f. wiäsensch. Zoologie. CIX. Bd. 9 130 Walter Kühn, W. Hartwig (23), W. Kochs (26), Treitel (52) und 0. Goldfuss (21). Bemerkenswert ist die Beobachtung von Goldfuss, daß bei einer künstlichen Verlängerung der Winterruhe größere Zeiträume ohne Nahrung überdauert werden können als bei einer Unterbrechung der vollen Lebenstätigkeit zu andern Jahreszeiten. Am längsten ver- mögen die Arten ohne Nahrung zu existieren, die in besonders trockenen Gegenden heimisch sind. So berichtet R. Taylor (51) von einem Exemplar von Helix maculosa Ferussac, das aus den Sand wüsten Ägyptens stammte und das nach einer Hunger- und Trockenperiode von 4 Jahren wieder auflebte. Ähnlich lautet eine Mitteilung von V. Martens (38) über Helix caesareana Mouss., die in Syrien heimisch ist. Nach andern weniger genauen Angaben von v. Marxens und 0. Goldfuss sind sogar Fälle beobachtet worden, wo Hungerperioden von 15 bzw. 8 Jahren überlebt wurden. Obgleich die Weinbergschnecken in den Gegenden, wo sie heimisch sind, nie so ausgedehnte ungünstige Perioden zu bestehen haben, wie sie etwa von Yung künstlich geschaffen wurden, fallen sie doch den Witterungseinflüssen unter Umständen in außerordentlich großer Zahl zum Opfer. Sowohl große Sommerhitze und Trockenheit, als auch starker und insbesondere plötzlich eintretender Frost können bedeu- tende Verheerungen anrichten. Der Grund für das Absterben der einzelnen Individuen besteht meist darin, daß sie sich entweder an einem besonders ungünstigen Ort befinden, wo sie den Witterungs- einflüssen direkt ausgesetzt sind, oder daß ihre Schutzmembranen durch irgendwelche Zufälle beschädigt worden sind. Wenn auch das Verhalten der Weinbergschnecke während der Winterruhe, wie bereits erwähnt, große Ähnlichkeit mit dem während einer Trocken- und Hunger periode besitzt, so sind die Unterschiede doch erheblich genug, um eine getrennte Behandlung zu fordern. Es handelt sich nicht nur um verschiedene Grade des Ruhezustandes, sondern auch um Wesensunterschiede. In dieser Hinsicht ist von besonderer Be- deutung, daß das Eintreten in die Winterruhe als Folge eines festen, bis zu einem gewissen Grade von äußeren Einflüssen unabhängigen Instink- tes aufgefaßt werden muß, während Beginn und Dauer jeder Trocken- starre ausschließlich durch äußere Einwirkungen bestimmt werden. 2. Die Winterruhe. a. Der Beginn der Winterruhe. Über den Eintritt in die Winterruhe finden sich Mitteilungen bei H. C. L. Barkow (4), S. Clessin (11) und J. G. Allmann (2). Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix ponialia L). 131 Keiner von ihnen eneielit jedoch in bezug auf Ausi'ührhchkeit und AiischauUchkeit die viel früher gegebene Darstellung von B. Gaspard (19, S. 244), die im Folgenden wörtlich wiedergegeben ist: >>In unsern gemäßigten Gegenden werden die Schnecken mit dem Anfange des Oktobers, um die Zeit der ersten Herbstfröste und Reife, auf den Bergen etwas früher, in der Ebene etwas später träge, kriechen nicht mehr wie gewöhnlich, verlieren die Eßlust und ver- >ammeln sich in ziemlich zahlreichen Haufen an Hügeln, Gräben, kleinen Erhabenheiten in Gesträuchen, Hecken usw. Hier fasten sie 1—2 Tage lang, exzernieren den letzten Kot und verbergen sich dann unter das Moos, Gras oder trockene Blätter. Hierauf gräbt sich jedes Tier mit dem vorderen Teil seines Muskelfußes ein Loch, das weni»- stens seine Schale aufnehmen kann, vergrößert und rundet es ab, indem es sich mit dieser auf die Seite dreht und windet sich dann sacht zurück, indem es anfangs längs der Seitenwand der Grube, dann gegen ihre obere, aus Moos und Blättern oder etwas Rasen gebildete Wand kriecht. Wenn es sich mit der Öffnung seiner Schale nach oben gewendet hat, bleibt es liegen, zieht dann bald seinen Fuß nach innen, breitet sein Halsband (Mantelsaum), das jetzt sehr weiß ist, völlig darüber aus und läßt die Lungenöffnung eine Zeitlang halb offen, um Luft aufzu- nehmen. Dann schließt es diese und bildet mit seinem klebrigen Saft eine seidenartige Haut zwischen dem Halsbande und den über dem Tiere befindlichen schädlichen, fremden Körpern. Sogleich nachher -ondert das Halsband überall eine einförmige, kalkartige, eine halbe Linie dicke Schicht ab. Ist der Deckel auf diese Art erhärtet, so wird das Halsband durch ein Gespinnst von ihm abgesondert, das fester als das erste ist. Nach einigen Stunden atmet das Tier die vorher in ]\Ienge eingenommene Luft aus, zieht sich dadurch mehr in die Tiefe zurück, bildet eine zweite bloß häutige Schicht, atmet noch einmal aus, zieht sich weiter zurück und bildet so oft bis sechs Scheidewände mit dazwischen befindlichen Lufträumen. »Diese Tatsachen habe ich im Oktober 1818 sehr genau und an vielen Schnecken beobachtet. << Der Bau der Winterhöhle ninmit 2 — 3 Tage in Anspruch. Wenn Gaspakd als Zeitpunkt für den Beginn der Winterruhe Anfang Oktober angibt, so ist das auch für Gegenden mit gemäßigtem Klima nicht unbedingt richtig. Der Eintritt in die Winterruhe, wie auch das Aufleben im Frühjahr ist vielmehr abhängig von den gerade herr- schenden Witterungsverhältnissen. An dem gleichen Ort können zeit- liche Schwankungen von 4 und mehr Wochen vorkommen. Dazu 9* 132 M'iiltcv Kühn, kommt, daß sich die Weinbergschnecken einer Gegend durchaus nicht alle gleichzeitig einkapseln. Jüngere Exemplare behalten ihre Beweg- lichkeit länger als ältere. Die letzteren sind weniger widerstandsfähig gegen plötzliche Kälte. Die ersten Herbstfröste töten in der Regel viele Exemplare, alle die, welche sich nicht rechtzeitig eingekapselt haben. Vergleicht man Beginn und Ende der "VVinterruhe an Orten mit verschiedenem Klima, so zeigen sich erhebliche Unterschiede. E. Yung (53) hat hierüber einige Beobachtungen veröffentlicht. Er stellte in 4 bzw. 5 Jahren die Zeitpunkte der Einkapselung und des Wiederauf- lebens fest, einerseits für Genf (Meereshöhe 375 m), anderseits für das nahe dem Genfer See in einer Höhe von 580 m gelegene Dörfchen Sonzier. Die Ergebnisse sind aus folgender Tabelle ersichtlich. 1. Verschwinden im Herbst. Genf Sonzier 1882 3. XI 7. X. 1883 18. XI. 5. X. 1884 30. X. 24. IX. 1885 9. XI. 1. X. 2. Aufwachen im Frühjahr. Genf Sonzier 1882 29. III. 11. IV. 1883 4. IV. 16. IV. 1884 9. III. 7. IV. 1885 16. III. 2. IV. 1886 25. IV. 6. V. Die Unterschiede sind sehr groß. In dem 205 m höher gelegenen Sonzier begann die Winterruhe durchschnittlich mehr als einen Monat früher und hörte etwa V2 Monat später auf als in Genf. In einem Fall hatte sie eine mittlere Dauer von etwa 6V2 Monaten, im andern Fall von 5 Monaten. Der Einfluß des KUmas ist also von wesentlicher Bedeutung. 1). Die Bedeutung des Epiphragmas. Seiner chemischen Natur nach besteht das Epiphragma aus Kal- ziumkarbonat und Kalziumphosphat. In der Regel werden diese Stoffe in erheblicher Menge nur in der äußersten Membran, dem eigent- hchen Epiphragma abgeschieden, während die weiter nach innen ge- legenen Schutzmembranen meist nur Spuren davon enthalten. Die Beiträge zur Biologie «lir Weinbergschnecke (Helix poiiuitia L.). 133 Dicke dei' Kalk.scliicht ist abhün,uig von dem Kalkvoirat, über den die Tiere bei Eintritt in die Winterruhe verfügen. Nicht selten findet man Exemplare, die sehr dünne und wenig haltbare Deckel gebildet haben. Die gute Ausbildung des Epiphragmas steht in engster Beziehung zu der mehr oder weniger großen Vollkommenheit, mit der es seinen Zweck erfüllt. Dieser Zweck besteht in der Vereinigung eines guten Schutzes gegen Kälte und "Wasserverdunstung mit der Möglichkeit eines Luftaustausches durch den Kalkdeckel hindurch. 1. Schutz gegen Kälte. Gaspard hat bereits Versuche angestellt, die die Unentbehrlich- keit des Winterdeckels veranschaulichen. Er setzte eine Schnecke, bei der er die Bildung des Winterdeckels verhindert hatte, einige Tage einer Temperatur von — 1° bis — 2° aus. Sie zog sich nur unvoll- kommen in die Schale zurück und starb schließlich. Von mehreren hundert großen Schnecken, die eine Kälte von einigen Graden unter ») ausgestanden hatten, fand er alle die tot, deren Deckel beschädigt war, die übrigen lebten. Die Bestätigung dieser Beobachtungen kann man sich leicht verschaffen, wenn man nach einem früh und plötzlich eingetretenen Herbstfrost nach Schnecken sucht. Man findet stets eine Anzahl von Exemplaren, die infolge ungenügenden Schutzes zu- •iTunde gegangen sind. Unrichtig ist dagegen die weitere Angabe Gaspards, daß die Kälte auch von gut verschlossenen Exemplaren nur bis zu einer unteren Grenze von etwa — 8° ertragen werden könne. Eine ähnliche Ansicht äußert A. Moquix-Tandox (41), ebenso S. Clessin (11). Im Gegen- -atz hierzu stehen die Ergebnisse einer Reihe von Versuchen von E. YuNG (53). Er benutzte sowohl fest eingekapselte Exemplare, als auch solche, deren W^interruhe durch Entfernung des Deckels und Untertauchen unter Wasser unterbrochen worden war. Je drei Exem- plare wurden zusammen mit zwei Individuen von Arion empiricorum 4 Stunden lang einer Kälte von — 100° ausgesetzt. Dann erfolgte langsames Erwärmen. Erst nach 3 Stunden war die Temperatur der Umgebung wieder erreicht. Zunächst reagierte keines der Tiere auf mechanische oder elektrische Reize. Sie \\airden nun alle in Wasser -ebracht, die eingekapselten nach Entfernung des Epiphragmas. Nur die letzteren zeigten 3 Stunden nach dem Eintauchen Bewegung, Eines von den drei Exemplaren starb nachträglich, die beiden andern kehrten wieder ins Leben zurück und reagierten am folgenden Tage auf einen schwachen Induktionsstrom mit sofortigem Zurückziehen 134 Walter Kühn, in die Schale. Nach einem weiteren Tag erfolgte Nahrungsaufnahme. Die Tiere schienen vollkommen gesund zu sein. Nach diesem günstigen Ergebnis ließ Yung eine noch größere Kälte einwirken. Außerdem setzte er die Tiere längere Zeit dieser Kälte aus. Zunächst setzte er drei Exemplare 20 Stunden, dann 88 Stunden einer Temperatur von — 70 bis — 76 °C aus; schließlich ließ er sie noch 20 Stunden lang in einer Temperatur von — 130°. Dar- auf folgte wieder langsames Erwärmen. Selbst in diesem Falle über- lebte ein Exemplar, Ähnliches gibt R. Pictet nach seinen Versuchen für Temperaturen von — 120° an (La vie et les basses temperatures. Rev. scient. T. 52, 1893). Die Widerstandsfähigkeit gegen Kälte ist also ganz außerordentlich groß; doch hängt sie vollkommen von dem Vorhandensein eines festen un- versehrten Epiphragmas ab. Nach dem Gesagten ist es nicht verwunder- lich, daß auch Einfrieren in Eis gut verschlossene Exemplare nicht tötet. Die Herabsetzung der Wasserabgabe durch den Kalkdeckel wird an andrer Stelle behandelt. 2. Luftaustausch durch den Kalkdeckel. Der gute Schutz, den das Epiphragma gegen Kälte bietet, legt die Vermutung nahe, daß der Verschluß der Schalenöffnung, den es bewirkt, ein vollkommen dichter sei. Tatsächlich wurde diese Anschau- ung vertreten, unter andern von Gaspard und Barkow. Ersterer stützt sich auf die Beobachtung, daß eingekapselte Exemplare, die er unter kaltem Wasser, Quecksilber, öl und Fett hielt, nicht erstickten, vielmehr im Frühjahr gesund hervorkrochen. Aus diesen Beobachtun- gen folgt jedoch nur, daß die Luftzufuhr während des Winters ohne erheblichen Nachteil längere Zeit entbehrt werden kann. Daß tat- sächlich ein Luftaustausch stattfindet, hätte Gaspard aus dem Er- gebnis eines andern Versuches schließen können. In der Absicht, das Auskriechen einiger Schnecken im Frühjahr hinauszuschieben, brachte er sie in Flaschen, die mit trockenem Sand gefüllt waren und versiegelte dann die Öffnung. Zu seinem Erstaunen beobachtete er jedoch, »daß diese Vorrichtung selbst mitten im Winter das Auskriechen sehr be- schleunigte, vorzüglich wenn das versiegelte Gefäß klein ist<< (S. 260). Der Grund für das vorzeitige Auskriechen ist jedenfalls der, daß der normale Luftaustausch wegen des kleinen Raumes, in dem die Tiere eingeschlossen waren, nicht stattfinden konnte und diese nun, um den unnatürlichen Zustand ein Ende zu machen, den Deckel ab- stießen. Diese Erklärung wird gestützt durch einige Beobachtungen Beiträge zur Biologie di-r Weinbergschnecke (Helix pomatia L.). 135 von E. EiiRARD (11). Er hatte, wie schon vor ihm Barkow, fest- gestellt, daß die gelbliehe Membran, die dem Kalkdeckel auf der Innen- seite fest anlicjit, an einer Stelle, und zwar gerade der Respirations- öffnung gegenüber, eine Kalkeinlagerung besitzt. Auch bei den weiter innen abiresonderten häutigen Membranen sind derartige Kalkeinlage- rungen zu beobachten. Ebrard ging von der Vermutung aus, daß an dieser Stelle in erster Linie ein Luftaustausch stattfände. Während einer warmen Periode, wo die Atmung erhöht w^ar, ölte er die poröse Stelle ein und fand tatsächlich, daß der Deckel abgestoßen wurde. Damit ist das Bestehen eines Gasaustausches, das man auch schon aus der Gewichtsabnahme während der Winterruhe schließen muß, einwandfrei bewiesen. Ich habe im Winter 1912/13 Versuche angestellt, die die Ergebnisse von Ebrards Versuchen nicht nur bestätigen, sondern einen noch ge- naueren Aufschluß geben über die Beziehungen, die zwischen der ein- gekapselten Schnecke und der Außenwelt bestehen. Am 11. Dezember bestrich ich das Epiphragma von zwei Wein- bergschnecken mit Paraffin. Die Tiere wurden dann mit andern ein- gedeckelten Exemplaren in einem geheizten Zimmer aufbewahrt. AVährend von sechs andern Exemplaren im Laufe vieler Wochen nur eins seinen Deckel abstieß, fand ich bereits am 19. Dezember eins der beiden Versuchsexemplare ohne Epiphragma. Das zweite Exemplar hatte seinen Deckel bis zum 7. Januar abgestoßen. Im Januar und Februar wiederholte ich den Versuch mit einer größeren Anzahl von Individuen. Am 15. Januar wurden die Deckel von fünf Exemplaren mit Paraffin bestrichen, die von fünf weiteren Exemplaren mit Vaseline. Von den letzteren hatten bereits am 17. Januar, also 2 Tage später, alle ihren Deckel entw^eder abgestoßen oder doch an einer Seite gelüftet. Etwas anders verhielten sich die mit Paraffin behandelten Individuen. Zwei von ihnen hatten nach 3 Tagen ihren Deckel abgestoßen, ein drittes nach weiteren 6 Tagen und die beiden übrigen nach im ganzen 16 bzw. 18 Tagen. Eine nochmalige Wiederholung des Versuches, die Anfang Februar vorgenommen wurde, führte zu einem ähnlichen Ergebnis. Die vier mit Vaseline bestrichenen Exemplare hatten nach 11 Tagen, drei bereits nach 7 Tagen, ihr Epiphragma gelüftet oder ab- gestoßen. Bei den andern mit Paraffin verschlossenen Exemplaren erfolgte wie bei dem vorigen Versuch die Reaktion etwas langsamer, doch waren auch hier nach 31/2 Wochen sämtliche Deckel abgestoßen. Von 21 Exemplaren, deren Epiphragma im Laufe des Winters nnt einer undurchlässigen Masse bestrichen worden war, hatten also 136 Walter Kühn, alle in oleicher Weise durch Abstoßen oder Lüften des Winterdeckels reagiert. Da von sechs andern Exemplaren, die im übrigen genau den gleichen Bedingungen ausgesetzt waren, nur eins im Laufe dieser Zeit seinen Deckel abstieß, folgt aus dem Versuch, daß zu jeder Zeit während der Winterruhe, im Dezember, Januar und Februar ein Gasaustausch durch das Epiphragma hindurch besteht. Die lange Zeit, die "oft bis zum Abstoßen des Deckels verstrich, führt anderseits zu der Ver- mutung, daß der Gasaustausch entweder nicht sehr lebhaft ist, oder aber auch auf anderem Weg erfolgt. Aus den verschieden großen Zeiträumen, die sich zwischen 2 Tagen einerseits und nahezu 4 Wochen anderseits bewegen, muß man ferner auf große individuelle Schwan- kungen schließen. Daß tatsächlich die Unmöglichkeit einer genügen- den Luftzirkulation Ursache für das Verhalten der Schnecken war, geht auch aus der Beobachtung hervor, daß ein großer Teil der Indivi- duen lediglich den Deckel lüftete und dann nach Bildung häutiger Membranen gleich die Winterruhe fortsetzte. Wenn somit bewiesen ist, daß ein Luftaustausch durch das Epi- phragma stattfindet, so ist die weitere, schon angedeutete Frage von Interesse, ob diese Funktion dem Epiphragma allein zukommt, oder ob vielleicht auch die Schale einen Gasaustausch durch sie hindurch gestattet. Um hierüber Klarheit zu erhalten, habe ich am 2L Januar bei sechs Weinbergschnecken die gesamte Schale mit Vaseline bestrichen, das Epiphragma jedoch frei gelassen. Am 26. Januar hatte das erste Exemplar seinen Deckel abgestoßen, am 2. Februar drei weitere. Am 3. März besaß nur noch ein Exemplar sein Epiphragma. Am 6, Februar wTirden weitere sechs Exemplare in gleicher Weise behandelt. Bis zum 1. April hatten von den zwölf Versuchstieren, die im ganzen ver- wandt worden waren, zehn ihren Winterdeckel abgestoßen, eins hatte ihn nur gelüftet und ein Exemplar war unverändert. Daß das Ab- stoßen nicht auf natürliche Beendigung der Winterruhe zurückzuführen ist, folgt aus dem Verhalten von sechs Koritrollexemplaren, von denen am 1. April erst zwei ihr Epiphragma verloren hatten. Es steht also fest, daß während der Winterruhe ein Gasaustausch, sowohl durch das Epiphragma als auch durch die Schale erfolgt. Auch hier lassen die Versuchsergebnisse auf große individuelle Verschieden- heiten schließen. Neben dem Kälteschutz und der Vermittlung eines Gasaustausches kommt dem Epiphragma noch eine dritte sehr wesenthche Bedeutung zu, der Schutz gegen eine große Zahl von Feinden. Beiträge zur Biologie der Weinbergsclnieeke (Helix pomatia L.). 137 c. Uuterbrecliuiig und Verhinderung der Winterruhe. Über die Ursache, die das Eintreten in die Winterruhe bewirkt, ^ind von einer Reihe von Forschern Untersuchungen angestellt worden; insbesondere hat man sich mit der Frage beschäftigt, ob es sich nur um eine Reaktion auf veränderte äußere Bedingungen handelt, oder um die Wirkung eines angeborenen Instinktes, der bis zu einem ge- wissen Grade unabhängig von äußeren Reizen tätig ist. S. Clessin (11) l)richt sich für die erste Möglichkeit aus. Er schreibt: »Der Zeitpunkt des Verkriechens beginnt mit dem Eintritt kalter Nächte, und es ist durchaus kein eigner, den Tieren innewohnender Instinkt, welcher sie antreibt, sich zurückzuziehen, sondern ganz allein die kalte Wirklich- keit, die sie eindringlich zum Aufsuchen schützender Orte mahnt. << Richtig ist an dieser Auffassung, daß der Beginn der AVinterruhe in der Regel mit dem Eintreten der Herbstkälte zusammenfällt und bis zu einem gewissen Grade durch sie bestimmt ist. Wird die Ein- wirkung der Kälte unmöglich gemacht, eo erfolgt der Übergang in den Ruhezustand in der Regel erst später, er unterbleibt jedoch nur selten. Das hat bereits Gaspard richtig beobachtet. Er brachte Ende Sep- tember zwei Weinbergschnecken, die sich in einem mit Erde ange- füllten Kasten befanden, in einen Keller von ungefähr 13° R. Trotzdem bildeten sie ein Epiphragma, die eine am 15. Oktober, die andre 2 Tage später. Ein andres Exemplar setzte Gaspard von Mitte September an einer Temperatur von 15° aus. Es erhielt täglich etwas Kohl. Trotzdem kapselte es sich am 6. Oktober ein. Am folgenden Tag ent- fernte Gaspard den Deckel und brachte das Tier auf einen Kamin, wo die Temperatur 20° betrug. Es kroch hervor und fraß, kapselte sich aber dann wieder ein. Einige andre Exemplare, die in ähnlicher Weise behandelt wurden, verbrachten den Winter ohne zu erstarren. Aus diesen Versuchen, wie aus der Beobachtung, daß drei Exemplare, die am Einkapseln verhindert wurden, stark abmagerten, schließt Gaspard, daß die Kälte nicht die einzige Ursache der Winterruhe ist, daß letztere vielmehr notwendig zum Lebensprozeß gehört. Immerhin erkennt auch Gaspard die Kälte als wesentlichste Ursache des Eintritts in die Winterruhe an. Vor einer Reihe von Jahren hat K. Kunkel (30, 32) neue Beobachtungen angestellt. Er kommt zu dem Ergebnis, daß Wärme, Feuchtigkeit und Futter die Weinbergschnecken bis Ende November wachhalten können. Dann erfolgt jedoch die Bildung des Epiphragmas. Man muß wohl annehmen, daß die äußere Veranlassung für den 138 Walter Kühn, Eintritt in die Winterruhe zwar in der Regel die beginnende Kälte ist, daß die eigentliche Ursache jedoch tiefer liegt und in einem angeborenen Instinkt zu suchen ist, der auch dann meist zur Geltung kommt, wenn keine äußeren Beeinflussungen hinzutreten. Für diese Anschauung spricht auch eine Beobachtung, die ich im Herbst 1912 angestellt habe. Sieben "Weinbergschnecken, die 41/2 bzw. 5V2 Monate gehungert hatten, erhielten am 30. Oktober Nahrung und Wasser. Zur Fütterung wurden abwechselnd verschiedene Ge- müse, auch Feldsalat, Karotten usw. verwandt. Nachdem sie 6 Stun- den in frischem Gemüse zugebracht hatten, war noch kein einziges Exemplar ausgeschlüpft. Auch am folgenden Tag waren noch nicht alle ausgekrochen. Sie w^urden nun mit etwas Wasser besprengt und kamen infolgedessen bald aus der Schale. Die Gewichte, die an den folgenden Tagen festgestellt wurden, sind in Tabelle 1 angegeben. Tabelle 1. Exemplar ,Nr. ^ bC -►^ ® s :§ « 30. 31. 1. 2. OQ ^ ^"^Z 10. XII. 7. I. 4. IL 4. III. IX) >'*N ^ ö ^ OD • 1 - 03 . 1 '^ ^ns •<* 1 19,91 19,45 19,02 18,34 0,46 0,43 0,68 1,57 7,9 17,94 0,40 2 15,92 15,32 15,01 14,65 0,60 0,31 0,36 1,27 8,0 14,45 0,20 3 21,11 20,54 20,13 19,60 0,57 0,41 0,53 1,51 7,2 17,95 1,65 4 17,58 16,42 15,32 14,65 1,16 1,10 0,67 2,93 16,7 13,35 1,30 5 16,53 16,17 15,94 15,44 0,36 0,23 0,50 1,09 6,6 15,12 0,32 6 19,75 19,29 18,94 18,49 0,46 0,35 0,45 1,26 6,4 18,27 0,22 Duri;h- 18,64 18,15 17,81 17,30 0,49 0,34 0,51 1,34 7,2 — — schnitt d Expl.-Nr. 1, 2, 3, 5, 6 Tabelle 3. Gewichte der zweiten Gruppe es 'S, . X 10. XII. 7. I. 4. II. 4. III. Gewichts- verlust 10.XII.-7.I. Gewichts- verlust 7.I.-4.II. Gewichts- verlust 4. II.-4. III. Gesamt- verlust Ders. in % d.urspr.Gew. Gewicht am 1. IV. Gewichts- verlust 4. III.-l. IV 7 21,28 20,00 20,56 20,13 0,38 0,34 0,43 1,15 5,4 19,65 0,48 8 15,61 15,40 15,23 14.95 0,21 0,17 0,28 0,66 4,2 14,54 0,41 9 18,37 18,13 17,97 17,75 0,24 0,16 0,22 0,62 3,4 17,44 0,31 10 17,57 17,27 17,06 16,74 0,30 0,21 0,32 0,83 4,7 16,28 0,46 11 19,84 19,60 19,46 19,23 0,24 0,14 0,23 0,61 3,1 18,92 0,31 12 20,44 20,03 19,80 19,52 0,36 0,28 0,28 0,92 4,5 19,17 0,35 Durch- 18,85 18,56 18,35 18,05 0,29 0,21 0,30 0,80 4,2 17,67 0,38 schnitt die Außentemperatur inzwischen so hoch gestiegen war, daß nur noch vorübergehend erhebliche Temperaturunterschiede zwischen beiden Räumen zu beobachten waren. Bei starkem Sonnenbrand stieg die Temperatur in dem Speicherraum sogar mitunter auf einen höheren Grad, als in dem Aufenthaltsraum der ersten Gruppe. Die wesentlichen Versuchsbedingungen waren also zu dieser Zeit nicht mehr gegeben. In der Tabelle kommt das dadurch zum Ausdruck, daß die Zahlen für beide Gruppen (abgesehen von den Exemplaren Nr. 3 und 4, von denen später die Rede ist) nur unbedeutende Unterschiede aufweisen. Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix ])omatia L.). 143 Mit aller Deutlichkeit ist aus den für die Zeit vom Dezember bis Anfang März gegebenen Zahlen die Abhängigkeit des Gewichtsverlustes von der Temperatur zu ersehen. Die Abnahme in Prozenten war für jedes Exemplar der ersten Gruppe größer als für jedes Exemplar der zweiten Gruppe. Ein Temperaturunterschied von rund 10° hatte bewirkt, daß die in dem wärmeren Raum befindlichen Individuen in der Versuchszeit von 12 Wochen mehr als l,7nial so viel an Gewicht verloren, als die der tieferen Temperatur ausgesetzten. Der Unterschied ist leicht zu erklären. Die größere Wärme be- dingt sowohl einen erhöhten Stoffwechsel, als auch eine stärkere Wasser- verdunstung. Beides kommt in einer schnelleren Abnahme des Ge- wichtes zum Ausdruck. Daß tatsächlich der Temperaturunterschied von ausschlaggebender Bedeutung ist, beweist die Abnahme bis zum 1. April, bei der nur geringe Unterschiede zwischen beiden Gruppen zu be- obachten waren. Hier zeigen bei wenig verschiedener Temperatur die Exemplare der zweiten Gruppe sogar eine etwas stärkere Abnahme; wahrscheinlich trägt der größere Wassergehalt, den die zweite Gruppe noch besaß, die Hauptschuld an dem stärkeren Gewichtsverlust. Am 7. Januar fand ich Exemplar Nr. 4 ohne Epiphragma vor. Es hatte sich mit einer häutigen Membran an der Wand des Glases festgeheftet. Das Epiphragma wog 0,27 g. Das Tier wurde wie die andern weiter beobachtet. Es zeigte, wie aus Tabelle 1 hervorgeht, eine bedeutend stärkere Gewichtsabnahme. Das Vorhandensein eines Epiphragmas ist also von ganz wesentlichem Einfluß auf den Betrag des Gewichtsverlustes. Bei der Berechnung der mittleren Werte wurden die Zahlen für Exemplar 4 natürlich nicht berücksichtigt. Auch Nr. 3 stieß seinen Winterdeckel ab, allerdings erst im März. Als Folge war ebenfalls eine Steigerung der Wasserabgabe zu beobachten. Da dieses Exemplar bei der Berechnung der früheren Mittelwerte verwandt wurde, mußte auf Angabe der Durchschnittszahlen für die Wägung am 1. April verzichtet werden. Aus den Tabellen folgt schließlich noch, worauf auch die Zahlen von M. Keahelska hindeuten, daß die Gewichtsabnahme eines Exem- plars in gleichen Zeiträumen starken Schwankungen unterworfen ist, ferner daß erhebliche individuelle Verschiedenheiten vorkommen. Für die Annahme, daß eine direkte Beziehung zwischen dem Anfangs- gewicht und dem Betrag der Gewichtsabnahme bestehe, liefern meine Beobachtungen dagegen keine Bestätigung. Zur Begründung einer derartigen Anschauung erscheint mir das bis jetzt vorgelegte Material 144 Walter Kühn, durchaus unzureichend, ganz abgesehen davon, daß auch theoretische Überlegungen solche Beziehungen nicht vermuten lassen. 3. Die Hunger- und Trockenstarre. a. Allgemeine Vorbedingungen. Die Weinbergschnecke kann ihre volle Lebenstätigkeit nur dann entfalten, wenn die Feuchtigkeit ihrer Umgebung den Ersatz des in reichlicher Menge von ihr abgegebenen Wassers gestattet. Diese Be- dingung ist nur zu gewissen Zeiten erfüllt. Lange Trockenperioden sind in den Gebieten, wo Helix fomatia heimisch ist. nicht selten. Beginnt eine solche Periode, so kann man sehr bald wesentliche Änderungen in der Lebensweise der Weinbergschnecke bemerken. Schon wenn der Boden nach dem letzten Regen auszutrocknen anfängt, zieht sie sich tagsüber in die Schale zurück und ist nur von den Abend- stunden bis zum Beginn des neuen Tages bei der Nahrungsaufnahme anzutreffen. Mit zunehmender Trockenheit wird das Uniherkriechen immer mehr eingeschränkt, bis es schließlich ganz aufhört. Die Tiere sitzen dann tief im Gebüsch oder an sonstigen geschützten Stellen und haben eine oder mehrere häutige Membranen abgeschieden, die eine zu rasche Abgabe der im Körper enthaltenen Feuchtigkeitsmengen verhindern. Der große Einfluß, den die relative Feuchtigkeit der Luft auf die Lebenstätigkeit der Landschnecken ausübt, wurde bereits von Döring (12) klar hervorgehoben. Auf künstliche Weise kann man eine Trockenperiode herstellen, indem man die Tiere in große trockene Behälter bringt, die mit der umgebenden Luft in Verbindung stehen. Stellt man diese Behälter in einen trockenen Raum und vermeidet man jede Zufuhr von Nahrung und Feuchtigkeit, dann sind etwa die Verhältnisse hergestellt, -denen die Weinbergschnecke auch im Freien ausgesetzt ist. Man darf al.-o annehmen, daß viele Beobachtungen, die man unter solchen Umständen anstellt, zu den gleichen Ergebnissen führen, wie das entsprechende BeobachtLino;en im Freien tun würden. b. Die Gfcwichtsabnahme während einer Hunger- und Trockenperiode. Eine der wichtigsten Fragen, die bei der Hungerstarre einer be- sonderen Erörterung bedürfen, hat die Gewichtsabnahme zum Gegen- stand, speziell auch im Vergleich mit der während der Winterruhe be- obachteten. 0. NüssLiN (44) hat zuerst eine größere Zahl von Wä- gungen vorgenommen und zwar sowohl bei Helix fomatia als auch bei Arion empircorum. Er sammelte bei Regenwetter 20 Exemplare von 1 Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix poraatia L.) 145 Helix fomatia, wog sie gleich darauf und brachte sie dann in trockene, hölzerne, mit Drahtnetzen bedeckte Kästen. Die zweite AVägung erfolgte nacli 3 Tagen, die dritte nach weiteren G Tagen. Dann wurden noch zwei AVägungen im Zwisclienrauni von je G Tagen vorgenommen, zuletzt noch zwei im Abstand von je 12 Tagen. Der Versuch wurde also im ganzen auf 45 Tage ausgedehnt. Während dieser Zeit wurde das Gewicht aller Tiere wesentlich geringer. Es betrug am Ende des Versuchs bei dem Exemplar, das am stärksten abgenommen hatte (Nr. 15), noch 55,1% des Anfangsgewichts, bei dem Exemplar, das die geringste Gewichtsänderung erfahren hatte (Nr. 9), dagegen noch 73,8% des ursprünglichen Gewichts. Es waren also recht erhebliche indivi- duelle Verschiedenheiten zu beobachten. NüssLiN schließt aus seinen Wägungen (S. 25 — 26): 1) »Die Wasser- verdunstung durch die Haut ist bei Helix pomatia in der ersten Zeit sehr bedeutend, nimmt aber rasch ab und verläuft in der Folge ohne Regelmäßigkeit; in den ersten 3 Tagen verloren die Tiere in der Mehr- zahl der Fälle fast ebensoviel Wasser, als in den folgenden 42 Tagen. 2) Die Gewichtsverluste während gleicher Zeiten scheinen den ursprünglichen Gewichten umgekehrt proportional zu sein, d. h. größere Schnecken verdunsten in gleicher Zeit relativ weniger als kleinere, 3) Die Bildung eines häutigen Deckels verlangsamt die Verdun- stung, ohne sie jedoch ganz aufzuheben.« Eine Anzahl von Wägungen wurde ferner von M. Krahelska aus- geführt. Ihre Beobachtungen erstrecken sich auf fünf Exemplare von Helix pomatia, die in Zwischenräumen von je einer Woche gewogen wurden und zwar 20 Wochen, also fast ein halbes Jahr lang. Kra- helska gibt in der Tabelle nur die Durchschnittsgewichte an, die sie aus den für die fünf Exemplare gewonnenen Zahlen berechnet hat. Das Durchschnittsgewicht betrug am Anfang der Wägungen 20,903 g, am Ende der Hungerperiode 14,301g; das sind 68,4% des ursprünglichen Gewichts. Die Gründe, die mich veranlassten, eine weitere Reihe von Wä- gungen anzustellen, sind folgende : Zunächst schien es mir von Interesse, die Gewichtsabnahme am Anfang der Hungerperiode etwas genauer zu verfolgen. Ich habe daher in der ersten Woche die Wägungen täglich vorgenommen. Außerdem wollte ich feststellen, ob die Schlüsse, die NüssLiN aus seinen AVägungen zieht, tatsächlich von allgemeiner Gültigkeit sind. Bevor ich dazu übergehe, die Gewichte im Einzelnen anzugeben, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 10 146 Walter Kühn, muß ich noch auf eine Ungenauigkeit aufmerksam machen, die bei einem derartigen Versuch nicht zu vermeiden ist. Ein Teil der Exemplare heftet sich stets mit einer feinen Membran an der Wand des Behälters fest, in dem man die Tiere aufbewahrt. Bei jeder Wägung muß das betreffende Exemplar natürlich von der AVand abgerissen werden. Dabei wird die schützende Membran zer- stört. Nicht selten kriecht die Schnecke infolge der Reizung aus der Schale und bewegt sich umher. Bis zur Bildung einer neuen Membran ist sie gegen Verdunstung schlecht geschützt und nimmt daher stärker an Gewicht ab als unter normalen Verhältnissen. Bei längerer Ver- suchsdauer wird diese Störung immer geringer, da die Tiere auf äußere Reize immer schwächer reagieren. Die Wägungen habe ich an zwei verschiedenen Gruppen von Tieren vorgenommen. Die erste Gruppe umfaßt 20 Exemplare; sie wurden am 17. Mai 1912, nachdem es 2V2 Tage ununterbrochen geregnet hatte, im besten Ernährungszustand und in lebhafter Bewegung aufgefunden und unmittelbar danach gewogen. In den ersten Tagen bewegten sich diese Exemplare außerordentlich lebhaft umher, hatten reichlichen Stoffwechsel und gaben große Mengen Schleim ab. Allmählich wurden dann die Bewegungen träge, und nach 14 Tagen fingen die Schnecken an, sich ganz in die Schale zurückzuziehen. Die meisten Exemplare verschlossen die Schalenöffnung entweder mit einer häutigen Membran, oder hefteten sich an der Gefäßwand fest. Gelegentlich wurden auch mehrere Membranen übereinander abgeschieden. Nur vereinzelte Exemplare blieben für längere Zeit ohne allen Schutz. Die zweite Gruppe umfaßt zehn Exemplare, die am 14. Mai 1912 abends aufgefunden wurden. Es hatte länger als eine Woche nicht geregnet. Infolgedessen waren alle Tiere ganz oder fast ganz in die Schale zurückgezogen und hatten sich im Gebüsch fest geheftet. Das Loslösen genügte bei den meisten Exemplaren, um sie zum Auskriechen zu veranlassen. Doch gaben sie nur sehr wenig Schleim ab. Die erste Wägung erfolgte am 15. Mai vormittags. Das Verhalten dieser Exem- plare in der Gefangenschaft war anders als das der ersten Gruppe. Von Anfang an war die Bewegung weniger lebhaft, die Schleimab- sonderung viel geringer. Das vollkommene Zurückziehen in die Schale erfolgte bereits nach 1 Woche. Alle Exemplare waren in großen Glasbehältern untergebracht, die oben mit einem sehr weit geflochtenen Drahtnetz verschlossen waren. Besonders in den ersten Tagen machten sie vielfach Versuche, ins Freie zu gelangen. Dabei kam es vor, daß einzelne Exemplare fast den Beiträge zur Biologie der Weinbergseluiecke (Helix poniatia L. U7 ganzen AVeicliköiper (hiich eins dvv nicht uanz 1 (jcni großen Löcher des Drahtnetzes huulurclizwängten und längere Zeit in dieser Stelkino; verblieben. Die AVägungen wurden bei tlen meisten Exemplaren bis zum 26. August durchgeführt, wobei die Zwischenräume zwischen je zwei Wägungen allmählich bis auf 21 Tage vergrößert wurden. Die Individuen Nr. 15 — 20 der ersten Gruppe wie auch Nr. 29 und 30 der zweiten Gruppe sind zum Teil während der Dauer der Unter- suchungen zugrunde gegangen (durch + bezeichnet), zum Teil wurden sie vom 14. Juni bzw. vom 5. Juli ab für andere Versuche verwandt. Betrachtet man das Verhalten jeder der beiden Gruppen für sich, so findet man zunächst, daß die Exemplare jeder Gruppe große indivi- duelle Unterschiede zeigen und zwar sowohl in bezug auf die Gewichts- abnahme während der ersten Tage, als auch in bezug auf die Abnahme während der ganzen Dauer der Untersuchungen. Im Laufe des ersten Tages hat beispielsweise das Exemplar Nr. 19 sein Gewicht nur um 4,5% vermindert. Nr. 15 dagegen in derselben Zeit um 16,4%, d. h. nahezu Tabelle 4. Gewichte der ersten Gruppe. ~ ü il7. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 4. 14. 5. l 26. VA V. V. V. V. V. V. V. V. VI. VI. VII. Vir. 1 32,2 28,8 27,3 26,6 25,6 24,6 24,2 23,9 21,8 20,2 18,2 16,9 2 31,3 27,1 25,9 25,3 24,8 24,2 23,7 23,5 21,3 20,5 18,7 17,8 3 33.1 28,9 27,0 26,7 26,3 25,7 24.9 24,5 20,2 19,6 18,0 16,9 4 27.0 23,4 22,5 22,2 21,8 21,4 20,5 20,4 19,3 17,8 16,7 15,8 5 30,1 26,2 24,8 24.5 23,7 23,0 22,5 22,1 21,5 19,9 18,7 17,7 6 29,0 26,0 25,2 25,0 24,6 24,3 23,8 23,4 19.7 19,4 18,5 16,1 7 25,4 23,7 22,3 21,9 21,5 20,9 20,2 20,0 17,9 17,1 16,1 14,8 8 23,9 21,8 20,5 20,2 19,9 19,4 18,9 18,6 17,1 16,0 14,3 13,1 9 27,4 24,3 22.6 22,4 22,2 21,5 21,3 21,1 20,9 19,4 17,0 16,2 10 33,2 29.-5 26,9 26,6 26,1 25,1 24,7 24,3 23,3 22,4 20,1 19,3 11 28,9 26,2 24,2 23,9 23,7 23,2 22,6 22,3 19,7 18,5 16,4 15,3 12 27,4 25,5 24,2 23,7 23,5 22,4 22,1 21,8 20,6 19.3 17,2 16,1 13 27,2 23,2 22,3 21,8 21,2 20,8 20,6 20,3 17,1 16,2 13,7 13,0 U 29,8 26,4 24,6 24,0 23,5 23,3 — — 21,4 19.7 18,1 16,9 15 22,0 18,4 17,7 17,2 16,6 16,2 16,0 15,9 13,9 12,9 11,8 — 16 24.6 22,4 21,1 21,0 20,4 18,8 18,5 18,3 17,4 16,4 14,1 — 17 28,8 24,1 22,6 21,9 20,5 19,7 19,3 18,9 18,0 16,9 14,6 + 18 31,9 27,6 26,0 25,0 24,4 24,1 23,0 22,4 20,4 18,6 17,1 — 19 1 29,1 27,9 25,6 25,3 25,0 24,5 24,1 23,9 21,5 20,5 18,8 — 20 32,4 29,6 28,2 27,7 27,4 27,3 26,9 26,5 24,6 23,8 21,8 — 10* 14:8 Walter Kühn, Tabelle 5. Gewichte der ersten Gruppe ausgedrückt in Prozenten des ursprünglichen Gewichts. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 4. 14. 5. 26. V. V. V. V. V. V. V. V. VI. VI. VII. ,VI1. 1 100 89,4 84,8 82,6 79,5 76,4 75,2 74,2 67,7 62,7 56,5 52,5 2 100 86,6 82,7 80,8 79,2 77,3 75,7 75,1 68,1 65,5 59,7 56,9 3 100 87,3 83,1 80,7 79,5 77,6 75,2 74,0 61,0 59,2 54,4 51,1 4 100 86,7 83,3 82,2 80,7 79,3 75,9 75,6 71,5 65,9 61,9 58,5 5 100 87,0 82,4 81,4 78,7 76,4 74,8 73,4 71,4 66,1 62,1 58,8 6 100 88,1 85,4 84,7 83,4 82,4 80,7 79,3 66,8 65,8 62,7 54,6 7 100 93,3 87,8 86,2 84,6 82,3 79,5 78,7 70,5 67,3 63,4 58,3 8 100 91,2 85,8 84,5 83,3 81,2 79,1 77,8 71,1 66,9 59,8 54,8 9 100 88,7 82,5 81,8 81,0 78,5 77,7 77,0 76,3 70,8 62,0 59,1 10 100 88,9 81,0 80,1 78,6 75,6 74,4 73,2 70,2 67,5 60,5 58,1 11 100 90,6 83,7 82,7 82,0 80,3 78,2 77,2 68,2 64,0 56,7 52,8 12 100 93,1 88,3 86,5 85,8 81,8 80,7 79,6 75,2 70,4 62,8 58,8 13 100 85,3 82,0 80,1 77,9 76,5 75,7 74,6 62,9 59,6 50,4 47,8 14 100 88,6 82,6 80,5 78,9 78,2 — — 71,8 66,1 60,7 56,7 lö 100 83,6 80,5 78,2 75,5 73,6 72,7 72,3 63,2 58,6 53,6 — 16 100 91,1 85,8 85,4 82,9 76,4 75,2 74,4 70,7 66,7 57,3 17 100 83,7 78,5 76,1 71,2 68,4 67,0 65,6 62,5 58,7 50,7 + 18 100 86,5 81,5 78,4 76,5 75,5 72,1 70,2 63,9 58,3 53,6 — 19 100 95,5 88,0 86,9 85.9 84,2 82,8 82,1 73,9 70,4 64,6 1 — 20 100 91,4 87,0 85,5 84,6 84,3 83,0 81,8 75,9 73,5 67,3 — Tabelle 6. Gewichte der zweiten Gruppe. Exem- plar Nr. 15. 18. 21. 24. 4. 14. 5. 26. V. V. V. V. VI. VI. VII. VII. 21 18,6 18,1 17,2 16,9 16,6 16,4 15.9 15,5 22 21,7 21,5 20,8 20,0 19,2 19,0 18,0 17,6 23 17,3 17,3 17,3 17,0 16,6 16,0 15,2 14,9 24 24,1 23,4 23,1 22,8 22,3 22,0 21,3 20,6 25 20,8 20,6 20,6 19,9 19,1 18,6 18,0 17,8 26 19,1 18,8 18,5 17,8 17,3 17,0 16,5 16,0 27 17,5 17,2 16,7 16,3 15,3 15,0 14,0 13,0 28 19,7 19,0 18,9 18,4 17,6 17,1 16,0 15,6 29 17,2 16,2 15,6 15,2 14.5 14,4 13,8 + 30 16,8 15,5 15,1 14,9 14,6 14,3 — — Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix poniatia J^. 149 Tabelle 7. Gewichte der zweiten Gruppe ausgedrückt in Prozenten des ursprünglichen Gewichtes. Exem- plar Nr. 15. 18. 21. 24. 4. 14. 5. 26. V. V. V. V. VI. VI. VII. VII. 21 100 97,3 92,5 90,9 89,2 88,2 85,5 83,3 22 100 99,1 95,9 92,2 88,5 87,6 82,9 81,1 23 100 100 100 98,3 96,0 92,5 87,9 86,1 24 100 97.1 95,9 94,6 92,5 91,3 88,4 85,5 25 100 99,0 99,0 95,7 91,3 89,4 86,5 85,6 26 100 98,4 96,9 93,2 90,6 89,0 86,4 83,8 27 100 98,3 95,4 93,1 87,4 85,7 80,0 74,3 28 100 96,4 95,9 93,4 89,3 86,8 81,2 79,2 "29 100 94,2 90,7 88,4 84,3 83,7 80,2 + 30 100 92,3 89,9 88,7 86,9 85,1 — — um den vierfachen Betrag in Prozenten des Anfangsgewichtes. Während der 70 Tage, die die erste Gruppe im Hungerzustand verbrachte, ver- minderte Exemplar Nr. 9 sein Gewicht auf 59,1% des anfänglichen Betrages, Nr. 13 dagegen auf 47,8% des ursprünglichen Gewichtes. Ähnliche Verschiedenheiten zeigt die zweite Gruppe. Hier nahm Nr. 23 zunächst so wenig ab, daß der Verlust bei den auf 0,1 g abgerundeten AVänunosergebnissen nicht zum Ausdruck kommt. Nr. 30 dageoen verlor in den ersten drei Tagen bereits 1,3 g, d. h. 7,7% seines Anfangs- gewichtes. "Während der ganzen Dauer des Versuchs verlor Nr. 23 nur 13,9% seines ursprünglichen Gewichtes, Nr. 27 dagegen nicht weniger als 25,7%. Außer diesen individuellen Verschiedenheiten bemerkt man noch an- dere Unregelmäßigkeiten. Wenn man jedes einzelne Individuum für sich betrachtet, zeigt sich, daß die Gewichtsabnahme in gleichen aufein- anderfolgenden Zeiträumen recht verschieden sein kann. Bei der ersten Gruppe gilt für alle Exemplare mit Ausnahme von Nr. 19 die Regel, daß die bei weitem stärkste Abnahme am ersten Tage erfolgt. Abgesehen von dieser einen Regel kann man wenig Allgemeingültiges über den Gewichtsverlust der einzelnen Individuen sagen. Nüsslin hat bereits auf die Unregelmäßigkeit hingewiesen, mit der das Gewicht der Tiere abninnnt. Wie groß diese Unregelmäßigkeit ist, kann man an folgenden Beispielen sehen. Nr. 9 verlor in den 11 Tagen vom 24. Mai bis zum 4. Juni 0,7% seines Anfangsgewichtes, in den folgenden 10 Tagen, bis zum 14. Juni dagegen nicht weniger als 5,5%. In den 150 Walter Kühn, folgenden 21 Tagen verlor es weitere 7,2% und in wieder 21 Tagen noch einmal 2,9%. Daß Feuchtigkeits- und Temperaturverhältnisse in diesem Falle nicht die Ursache für das merkwürdige Verhalten sein konnten, zeigt das direkt entgegengesetzte Verhalten von Nr. 6 während derselben Zeit. Nr. 6 hatte am 24. Mai noch 79,3% seines Anfangs- gewichtes, am 4. Juni noch 66,8% (Verlust: 12,5%), am 14. Juni 65,8% (Verlust: 1%) am 5. Juli 62,7% (Verlust: 3,1%), am 26. Juh 54,6% (Verlust: 51%). Ganz ähnliche Unregelmäßigkeiten zeigt die zweite Gruppe, nur mit dem Unterschiede, daß hier das Verhalten auch schon bei Beginn des Versuchs keine Gleichförmigkeit erkennen läßt. Die Unregelmäßig- keit tritt besonders deutlich hervor bei den Exemplaren Nr. 22, 23 und 25. Auch hier sind die Gewichtsverluste, die in gleichen aufein- anderfolgenden Zeiträumen von einem Tier erlitten wurden, zum Teil außerordentlich verschieden, wie eine genauere Betrachtung der Ta- bellen zeigt. Die Unregelmäßigkeiten sind sicher zum Teil darauf zurückzu- führen, daß die Tiere nicht ständig genau den gleichen äußeren Be- dingungen unterworfen waren, haben jedoch wahrscheinlich auch noch andre Ursachen. NüssLiN behauptet, wie schon früher erwähnt wurde, daß die Ge- wichtsverluste während gleicher Zeiten den ursprünglichen Gewichten umgekehrt proportional zu sein »scheinen«. Er fügt aber hinzu: »Freihch ist diese Regel nicht ohne Ausnahme, sie läßt sich bei den Nacktschnecken mit größerer Sicherheit erkennen« (S. 25 — 26). Das Verhalten meiner Versuchstiere kann diese Ergebnisse nicht stützen. Für eine Reihe von Exemplaren trifft es zwar zu, daß An- fangsgewicht und Gewichtsverlust in umgekehrtem Verhältnis zu- einanderstehen, so etwa für die Exemplare Nr. 5, 10, 15, 25, 27. Man kann aber auch bei zahlreichen Exemplaren das Gegenteil wahrnehmen, z. B. bei Nr. 1, 3, 7, 23. Hier entspricht einem hohen Anfangsgewicht starke Gewichtsabnahme, einem niedrigen Anfangsgewicht geringe Ab- nahme. In der ersten Gruppe hat Nr. 9 den geringsten, Nr. 13 den stärksten Gewichtsverlust erlitten. Beide Exemplare hatten sehr ähnliche Anfangsgewichte, 27,4 g und 27,2 g. Ihr Verhalten spricht also auch gegen eine direkte Beziehung zwischen Körpergewicht und Gemchtsverlust. Da die Wägungsergebnisse Nüsslins auch nicht als beweisend für die Richtigkeit seiner Vermutung angesehen werden können, liegt kein aus- reichender Grund vor, bei "leichem anfänglichem Feuchtigkeitsgehalt Beiträge zur Biologie der \\'einbergschneckc (Helix [)oinatia L. )• 151 einen Zusainnienliang zwischen der Größe einer AVcinbergschnecke nnd dem Gewichtsverlust, den sie durch Austrocknen erleidet, anzunehmen. Anders liegt die Sache bei Ario)i emfiricorum. Hier sind zunächst die AVägungsergebnisse Nüsslins viel überzeugender. Außerdem wird die von Nüsslin erwähnte Gesetzmäßigkeit auch durch theoretische Erwägungen wahrscheinlich gemacht. Der AVasserverlust durch Ver- dunstung an der Körperoberfläche ist bei kleinen Exemplaren relativ größer, weil die Ausdehnung der Oberfläche, die ja bei der Verdunstung die Hauptrolle spielt, bei kleinen Tieren im Vergleich zum Gewicht größer ist als bei großen Tieren, Infolgedessen ist hier eine Abhängig- keit des Gewichtsverlustes von dem Anfangsgewicht von vornherein sehr wahrscheinlich. Bei Helix ist dagegen durch das Vorhandensein der Schale ein wesentlicher Unterschied gegeben, der bei der Beurteilung der Frage nicht übersehen w^erden darf. Auch die weitere Erfahrung Nüsslins, daß die Tiere in den ersten 3 Tagen meist ebensoviel abnahmen, wie in den folgenden 42 Tagen, besitzt keine allgemeine Gültigkeit. Es kommt ganz darauf an, bei welcher AVitterung die Schnecken gesammelt w^erden. Sucht man sie bei einioermaßen trockenem Wetter, es braucht nur einen Tag nicht geregnet zu haben, dann ist die Abnahme in der Regel sehr viel ge- ringer. Auch die Tiere, die man bei Regenwetter sammelt, zeigen vielfach eine geringere Abnahme, wie aus Tabelle 2 hervorgeht. Dort gilt die Erfahrung Nüsslins mit ziemlicher Genauigkeit für die Exem- plare Nr. 5, 9, 10, 14, für viele andre dagegen nicht. Der Gewichtsverlust in den ersten Tagen hängt fast ausschließ- lich ab von dem Wassergehalt, den die Tiere zu Beginn des Versuchs besitzen, und dieser Wassergehalt ist auch bei Regen nicht bei allen Exemplaren der gleiche. Sehr viel geringer ist er aber bei trockenem Wetter. Der Unterschied im Verhalten der Schnecken geht deutlich aus den Tabellen für die beiden Gruppen hervor, denen sow'ohl Exem- plare zugrunde liegen, die bei sehr nassem Wetter gesammelt wurden (erste Gruppe), als auch solche, die bei großer Trockenheit gefunden wurden (zweite Gruppe). Die Exemplare beider Gruppen hatten etwa gleich große Gehäuse. Trotzdem war ihr Anfangsgewicht sehr verschieden. Der Vergleich wird durch Berechnung der Durchschnittsgewichte wesentlich erleichtert. Sie sind auf den Tabellen 8 und 9 für beide Gruppen angegeben, und zwar wurden nur die Exemplare Nr. 1 — 14 und Nr. 21 — 28 berück- sichtigt, w^eil von den übrigen nicht alle Wägungsergebnisse vor- liegen. 152 Walter Kühn, Tabelle 8. Durchschnittsgewichte der ersten Gruppe. i ^^■ 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 4. 14. 5. 26. V. V. V. V. V. V. V. V. VI. VI. VII. VII. D urchschnittsge w. 29,0 25,8 24,3 23,9 23,5 22,8 22,4 22,1 20,1 19,0 17,3 16,1 Dasselbe in % des 100 89,0 83,8 82,4 81,0 78,6 77,2 76,2 69,8 65,5 59,7 55,5 urspr. Gewichtes Tabelle 9. Durchschnittögewichte der zweiten Gruppe. 15. V. 18. V. 21. V. 24. V. 4. VI. 14. VI. 5. VII. 26. VII. Durchschnittsgew. Dasselbe in % des urspr. Gewichtes 19,9 100 19,5 98,0 19,1 96,0 18,6 93,5 18,0 90,5 17,6 88,4 16,9 84,9 16,4 82,4 Aus diesen Tabellen gehen die Unterscbiede zwischen beiderlei Exemplaren schon mit großer Deutlichkeit hervor. Noch schärfer treten die wesentlichen Punkte hervor , wenn man versucht, die Ge- ^vichtsabnahme graphisch darzustellen, wie es in Fig. 1 — 3 geschehen ist. Fig. 1 stellt den Verlauf der Kurve dar, die man erhält, wenn man die Ergebnisse der Wägungen in einem Koordinatensystem so abträgt, daß die Abszisse jedes Punktes durch das Datum der Wägung bestimmt wird, die Ordinate durch das Durchschnittsgewicht der ersten Gruppe; schließlich sind die so erhaltenen Punkte zu verbinden. Fig. 2 soll die Gewichtsabnahme der ersten Gruppe in den ersten Tagen genauer veranschaulichen. Sie ist ein vergrößerter Ausschnitt aus Fig. 1. Als Nullpunkt des Koordinatensystems wurde der Punkt gewählt, der einem Gewicht von 20 g entspricht. Fig. 3 entspricht ganz der Fig. 1, nur daß alles auf die zweite Gruppe von Weinbergschnecken bezogen ist. Die Kurven zeigen, daß guter Ernährungszustand und großer Wassergehalt, die ja beide in einem hohen Anfangsgewicht zum Aus- druck kommen, von ausschlaggebender Bedeutung für das weitere Ver- halten der Tiere sind. Werden ihnen Nahrung und Wasser entzogen, dann erfolgt die Herabsetzung der Wasserabgabe und des Stoffwechsels Beiträge zur Biologie cU-r Weinbergschnecke (Helix poraatia L 153 Fig. 1. nicht sogleich, sondern erst dann, wenn das Körpergewicht auf einen gewissen Betrag gesunken ist. Die bedeutenden Änderungen im Ge- wicht, welche durch Entziehung oder Zufuhr von Wasser bereits im Laufe eines Tages hervor- traten, hat schon R. Dubois (13) erwähnt. Die Kurve fällt bei Be- ginn der Hungerperiode sehr steil ab. nähert sich dann mehr und mehr einem hori- zontalen Verlauf, behält je- doch stets eine gewisse Nei- gung zur Abszisse bei. Die zweite Gruppe zeigte, wie aus Fig. 3 hervorgeht, von Anfang an ein Verhalten, das mit dem der ersten Gruppe im späteren Verlauf des Versuchs große Ähnlich- keit hat. Man kann mit Sicherheit annehmen, daß die zweite Gruppe vor Be- ginn des Versuchs, als sie sich bei trockenem Wetter im Freien befand, eine ähnliche Abnahme erfahren hatte, wie die erste Gruppe zu Anfang des Versuchs. Wenn die äußeren Be- dingungen, denen die Tiere während der Dauer des Ver- suchs unterworfen waren, auch nicht bis in alle Einzelheiten mit den Be- dingungen übereinstimmen, unter denen im Freien Hungerperioden überdauert werden, so darf man doch den Hauptergebnissen allge- meine Gültigkeit zusprechen. Fir 154 Walter Kühn, Diese sind 1) erhebliche individuelle Verschiedenheiten, 2) besonders starke Gewichtsabnahme zu Beginn einer Hunger- und Trockenperiode, insbesondere am ersten Tage, 3) Unregelmäßigkeit in der Gewichtsab- nahme im späteren Verlauf der Hunger periode. Interessant ist ein Vergleich zwischen den Beträgen der Gewichts- abnahme während einer Hungerstarre und den entsprechenden für die Winterruhe gewonnenen Zahlen. Es zeigte sich, daß in gleichen Zeit- räumen der Verlust in den Sommermonaten ein Vielfaches von dem in den Wintermonaten ausmacht. Der Temperaturunterschied ist dabei offenbar nicht ohne Bedeutung. Doch zeigt ein Vergleich zwischen den Tabellen 2 (S.142) und 8 (S. 152), daß auch in dem Fall, wo die mittlere Temperatur etwa die gleiche war, sehr erhebliche Unterschiede existieren. Die erste Zeit der Hunger- periode darf man allerdings wohl nicht in Betracht ziehen, da eine ähnlich starke Gewichtsabnahme jedenfalls auch vor Eintritt in die Winterruhe stattfindet, wenn die Schnecken, ehe sie sich einkapseln, alle überflüssigen Stoffe abscheiden. Doch ist selbst gegen Ende der Trockenstarre, etwa in den 3 Wochen vom 5. bis 26. Juli, die durch- schnittliche Abnahme (in Prozenten des Gewichts am 5. Juli aus- gedrückt) mehr als zweieinhalbmal so groß als die mittlere Abnahme der andern Exemplare in den 4 Wochen vom 10. Dezember bis zum 7. Januar. Die Zahlen sind 6, 9% und 2,6%. Eine Aufklärung über die Ursache dieses Unterschiedes erhält man, wenn man zum Vergleich das Exemplar Nr. 4 der Tabelle 2 heranzieht. Dieses hatte bald nach Beginn der Wägungen sein Epiphragma abgestoßen und nahm nun bedeutend rascher ab als die andern Exemplare der gleichen Versuchs- gruppe. Sein Gewicht zeigt ganz ähnliche Änderungen wie das andrer Exemplare im späteren Verlauf einer Hungerstarre im Sommer. Man muß daraus schließen, daß bei gleichen äußeren Verhältnissen der Unterschied in der Gewichtsabnahme zwischen Winterruhe und Trocken- starre hauptsächlich auf das Vorhandensein des Kalkdeckels im ersten Fall zurückzuführen ist. Einige Exemplare wurden noch länger im Hungerzustand gehalten. Nr. 10 beispielsweise zeigte am 26. Oktober ein Gewicht von 16,9 g, am 25. November nach einer Hungerperiode von mehr als einem halben Jahr, 16,0 g, d. h. 48,8% des Anfangsgewichtes. Es hatte sein Volumen so stark reduziert, daß die letzte Schalenwindung zum größten Teil leer war. Bei der Präparation dieses Exemplares zeigte sich, daß alle inneren Organe stark abgenommen hatten; in besonders hohem Maße waren Speicheldrüsen, Magen, Leber und Eiweißdrüse reduziert, weniger stark Beiträge zur Biulogie cKr Weinbergschnecke (Helix poniatia L.] 155 die Niere. Daß der A\'a.s.servorrat iininer noch ziemlich <^roß war, ging aus der sehr erhebhchen JSchleiniabsonderung während der Präparation hervor, c. Die (viclitsabu:ilime bei Xahrungsinau^cl und Wasserzufahr. Wenn die Gewichtsabnahme auch zum allei<>rößten Teil auf lany,- sames Austrocknen der Tiere zurückzuführen ist, so darf man doch nicht außer Acht lassen, daß gleichzeitig die Reservestoffe, die in den Tieren aufgespeichert sind, verbraucht werden. Ihr Gewicht nach Abzug ihres "Wassergehaltes ist zwar relativ klein; trotzdem befähigen sie die Tiere in erster Linie zum Überleben einer längeren Hungerperiode. "Wie wenig es der "Weinbergschnecke nützt, wenn sie während einer Hungerperiode Gelegenheit zur "Wasseraufnahme hat, geht aus dem "Verhalten der sechs Exemplare Nr. 31 — 36 hervor (dritte Gruppe). Sie wurden zusammen mit den Individuen Nr. 37 — 41 (vierte Gruppe) am 18. Juni 1912 bei Regenwetter gefunden. Die dritte Gruppe wurde in ein schräg gestelltes Gefäß gebracht, dessen Boden zum Teil mit Wasser bedeckt war. Außerdem wurden die Tiere häufig mit Wasser besprengt. Merkwürdigerweise wurden sie nie am Wasser, sondern stets an der Wand des Gefäßes gefunden. »Sie bewegten sich lebhaft umher, besonders kurz nachdem sie mit Wasser besprengt worden waren. Gelegentlich setzten sie sich auch fest und schieden feine Schutzmembranen ab, kamen aber bald wieder aus der Schale hervor. Ihre Gewichte sind in Tabelle 10 angegeben. Tabelle 10. Gewichte der dritten Gruppe. 3 1 .j, 18. 21. 1 24. 27. 30. 6. 12. 18. 24. 30. 1^? 17. g ^ VI. VI. VI. VI. VI. VII. VII. VII. VII VII. i.flg- IX. ;=q 31 23,7 1 22,3 1 22,3 21,4 19,4 21,3 20,3 18,7 17,4 17,1 72,2 16.8 32 29,3 29,1 28,9 28,5 26,5 25,1 26,1 24,8 24,2 24,1 82,3 22,0 33 18,8 16,5 17,5 16.2 15,8 16,0 15,4 14,1 13,4 13,2 70,2 + 34 22,5 18,3 19,4 17,4 16,5 15,5 15,7 15,4 15,0 15,5 68,9 + 35 24,7 23,1 21.8 19,8 19,0 18.6 18,7 17,4 17,4 17,5 70,9 + 36 20,3 18,2 17,4 18,0 19,3 20,7 17,1 16,6 16,9 17,1 84,2 + Durch- schnitt 23,2 21,3 21,2 20,2 19,4 19,7 18,9 17,8 17,4 17,4 75,0 Dasselbe 100 91,8 91,4 87,1 83,6 84,9 81,5 76,7 75,0 75,0 in »/o des Ursprung. Gewichts i 156 Walter Kühn, Die vierte Gruppe, bestehend aus fünf Exemplaren, wurde ver- gleichsweise ohne Nahruno; und ohne Wasser sehalten. Ihre Gewichte sind in Tabelle 11 angegeben. Tabelle 11. Gewichte der vierten Gruppe. 18. VI. 21. VI. 24. VI. 27. VI. 30. VI. 6. VII. 12. 18 VII. VII. 21,1 20,8 20,0 19,6 13,6 13,3 19,3 18,7 19,3 18,9 18,7 18,3 71,6 70,1 24. j 30. VII. I VII. OQ ^ 17. IX. 37 38 39 40 41 Durch- schnitt Dasselbe in o/o des Ursprung. Gewichts 27,7 26,ö 20,0 28,3 28,0 26,1 100 23,6 22,9 21,7 24,2 22.6 21,4 19,0 16,7 15,5 23,7 21,7 20,5 22,7 21,5 20,5 22,6 21,1 19,9 86,8 80,8 76,2 21,5 21,1 14,9 20,3 20,1 19,6 75,1 21,4 20,6 14,2 19,8 19,7 19,1 73,2 20,5 20.3 19,4 19,2 12,7 12,5 17,9 17,8 18,5 18,2 17,8 17,6 68,2 67,4 73,3 72,5 62,5 62,9 65,0 67,4 15,5 15,7 9,6 15,1 14,3 14,0 53,6 Die vorletzte Vertikalspalte beider Tabellen gibt die Gewichte am 30. Juli an, ausgedrückt in Prozenten des Anfangsgewichts. In der vorletzten Horizontalspalte sind die durchschnittlichen Gewichte beider Gruppen an den betreffenden Tagen angegeben, in der letzten Horizon- talspalte dieselben Gewichte ausgedrückt in Prozenten der Anfangs- gewichte. Die Gewichtsänderungen im Durchschnitt sind für beide Gruppen in Fig. 4 (dritte Gruppe) und Fig. 5 (vierte Gruppe) graphisch dar- gestellt, und zwar in ganz analoger Weise wie das auch für die erste und zweite Gruppe geschehen ist. Während Fig. 5, wie das nicht anders zu erwarten war, weit- gehende Übereinstimmung mit Fig. 1 zeigt, hat Fig. 4 ein wesentlich verschiedenes Aussehen. Im ganzen ist zwar auch eine nicht unerheb- liche Gewichtsabnahme festzustellen; doch betrug das durchschnitt- liche Gewicht am 30. Juli immerhin noch 75,0% des Anfangsgewichtes, während es in der gleichen Zeit bei der vierten Gruppe auf 67,4 des Anfangsbetrages gesunken war; zweitens fällt der unregelmäßige Ver- lauf der Kurve in Fig. 4 auf. Er kommt daher, daß die Tiere in ge- wissen Zwischenräumen ihren Wasservorrat wieder ergänzten und dann einige Zeit ohne Wasseraufnahme verharrten. Da nicht alle Exem- Beiträge zur J5iologic der Weinbergschnecke (Helix pomatia L 157 plare gloich7Anti«j; Wasser autnalmirn, koninieii die Schwankungen bei Berücksichtigung der durchschnitthchen Gewichte nicht scharf zum Ausdruck. Besser treten sie sclion hervor, wenn man die Gewichte der einzehien Individuen betrachtet. Doch ist auch hier durch die Zeitpunkte der Wägungen eine gewisse WillkürUchkeit in die Beob- achtungen gebracht worden. Der genaue Verlauf der Gewichtskurve eines Exeniplares würde jedenfalls noch viel mehr und viel stärkere Schwankungen aufweisen, als man bei einer derartigen Versuchs- anordnung feststellen kann. Auffallend ist, daß von den sechs Exemplaren der dritten Gruppe vier während der Dauer des Versuchs zugrunde gingen, während alle Exemplare der vierten Gruppe am 17. September noch lebten. Es ist Ficr. 4. Fig. 5. kaum denkbar, daß das auf einem Zufall beruht. Man darf infolge- dessen schließen, daß eine Hungerperiode leichter überstanden werden kann, wenn sie mit Wassermangel verbunden ist, als wenn zwischen- durch eine Wasseraufnahme möglich ist. Zu demselben Schluß kommt man durch eine einfache Überlegung. Die Weinbergschnecke wird durch Feuchtigkeit zu intensiven Lebensäußerungen, vor allem zu lebhaftem Umherkriechen veranlaßt. Das wurde bei der dritten Gruppe auch noch im August und September beobachtet. Mit dieser Bewegung ist natürlich ein relativ starker Stoffwechsel verbunden. Die Keserve- stoffe werden viel schneller aufgebraucht, d. h. die Lebensfähigkeit schwindet viel schneller, als wenn das Tier ruhig, mit schützenden Membranen verschlossen in irgend einem Winkel liegt. Bei dieser Gelegenheit sei auch erwähnt, daß die Aufnahme von Holzfa.serstoff, der in Form von Filtrierpapier gern gefressen wird, keine nachweisbare Änderung im Verhalten der Schnecken bewirkte. 158 Walter Kühn, Sie fraßen zwar große Mengen von feuchtem Filtrierpapier, zeigten aber dieselben "NVägungsergebnisse wie die Exemplare, die nur AVasser erhielten. Das stinunt überein mit der Beobachtung von "W. Biedee- MAXX und P. Moritz (6), wonach Filtrierpapier nicht von den Yer- dauungssäften der "Weinbergschnecke angegriffen ^vird. d. Die fTeTTiehtsabnahiue in trockener Atmosphäre. Über das Verhalten in trockener Atmosphäre macht AV. Kochs (26) eine kurze Mitteilung. Er beobachtete eine schnellere Gewichtsabnahme unter ständiser Membranbildung und einen früheren Tod als in ge- wöhnUcher Atmosphäre. Seine Versuche erstrecken sich jedoch nur über zwei Exemplare, von denen nur eins bis zum Absterben beob- achtet wurde. Ich habe zwei Gruppen von je sechs ausgewachsenen Exemplaren längere Zeit in trockener Atmosphäre beobachtet und ihre Gewichte in bestimmten Zwischem'äumen festgestellt. Die erste Gruppe umfaßt solche Exemplare, die seit Herbst 1912 keine Nahrung und kein Wasser mehr aufgenommen hatten. Ihre Schalenöffnung war bis zum Beginn des Versuchs am 30. April 1913 durch das Epiphragma verschlossen. An diesem Tage wurden sämtliche Membranen entfernt und die Tiere in ein großes, dicht verschließbares Glasgefäß gebracht, in dem ein kleines Glas mit wasserfreiem Chlorkalzium stand. Die Tiere krochen zunächst einige Tage umher. Das ist offenbar darauf zurückzuführen, daß die Luft trotz des Chlorkalziums anfangs nicht ganz trocken gehalten wurde. Die Schnecken gaben erhebhche Schleimmengen ab, so daß die Feuchtigkeit nicht rasch genug absorbiert werden konnte. Auf diese "W'eLse befanden sich die Tiere zunächst in einer Atmosphäre, deren Feuchtigkeitsgrad wohl nicht sehr verschieden war von dem, welchen die äußere Luft an feuchten Tagen hat. Bald wurde die "Wasser- abgabe jedoch wesentlich geringer, und die eingeschlossene Atmosphäre erreichte die gewünschte Trockenheit. Die Versuchstiere hefteten sich mit häutigen, vielfach auch mit kalkhaltigen Membranen an der Grefäß- wand fest oder bheben am Boden hegen und schieden Membranen ab. Die Membranen wurden stets entfernt, aber häufig wieder neugebildet. Exemplar Xr. 2 bildete im Laufe von 2 Monaten etwa elf Membranen. Die Ergebnisse der "Wägungen sind auf Tabelle 12 (S. 159) an- gegeben. Beim Vergleich dieser Gewichte mit den auf Seite 147 angegebenen fällt die größere Regelmäßigkeit auf, mit der die Gewichtsabnahme in trockener Atmosphäre verläuft. Xicht nur die Durchschnittszahlen Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix ]X)raatia L. Tabelle 12. 159 2 ^ 30. 2. 4. 8. 16. 24. 5. 17. 29. X IV. V. V. V. V. V. VI. VI. VI. 1 23.13 22,55 21,93 21.10 20.64 20.27 + 2 19.96 19,20 18.85 17.94 17,56 17.15 16 53 15.38 14.59 3 15.53 15.30 15.04 14.69 14,43 14.15 13.53 13,17 11,76 4 25.25 2427 23.70 22.57 21.98 21.56 20.78 19.31 + ö 22.50 21,58 21.35 21.23 20,82 20.20 19.42 18.60 18,2& 6 22,03 21,44 21,16 20,92 20,64 20.34 19.18 17,89 + Durch- schnitt 21,40 20,72 20,34 1 19,74 19,35 18.95 zeigen etwa vom 8. Tage an ein regelmäßiges Sinken, sondern auch für die Einzelexemplare besteht kein großer Unterschied zwischen der Gewichtsabnahme vom 8. bis 18. Mai und der vom* 16. bis 24. Mai. Im weiteren Verlauf des Versuches werden die Verschiedenheiten %vieder größer. Das hängt zum Teil damit zusammen, daß kurz vor dem Tode eines Individuums eine besonders starke Gewichtsabnahme zu beob- achten ist. Exemplar Nr. 3 beispielsweise war am 30. Juni tot. Darauf i-t das auffallend geringe Gewicht am 29. Juni jedenfalls zurückzu- führen. Exemplar Nr. 4, das am 17. Juni ein auffallend geringes Ge- wicht besaß, ging bis zum 20. Juni zugrunde. Bei Exemplar Nr. 2 konnte ich die stärkere Abnahme in den letzten Tagen vor dem Tode besonders deutlich wahrnehmen. Vom 29. Juni ab wurden bei diesem Individuum die Wägungen alle 2 Tage vorgenommen. Die Resultate waren 17. 29. 1. o. 5. ( . VI. VI. Vir. VII. VII. VII. 15.38 14.49 14.26 13.90 13.52 + Am 7. Juli war das Exemplar tot. In den 6 Tagen vom 29. Juni bis zimi -5. JuU hatte es imi einen größeren Betrag abgenommen als in den 12 vorhergehenden Tagen. Die graphi-che Darstellung der Durchschnittsgewichte bis zum 24. Mai zeigt Fig. 8. Die stärkere Abnahme zu Anfang des Versuches ist auf das Um- 160 Walter Kühn, getrockneter Luftstrom hindurchgeleitet wurde herkriechen der Tiere zurückzuführen. Der Mißstand, daß diese Gruppe nicht von Anfang an einer trockenen Atmosphäre ausgesetzt war, wurde bei einer zweiten Gruppe von Versuchstieren dadurch beseitigt, daß diesmal nicht nur ein mit Chlorkalzium gefülltes Glasgefäß in ihren Aufenthaltsraum (wieder ein großes Glasgefäß) gestellt wurde, sondern außerdem ein ständiger durch Atznatron und Chlorkalzium Erst nach 9 Tagen wurde der Luftstrom unterbrochen und die Tiere wie beim ersten Versuch weiter behandelt. Die Exemplare hatten seit der Winterruhe Gelegenheit zur Nahrungs- aufnahme gehabt und befanden sich etwa in einem mittleren Ernährungszustand. Ihre Membranen wurden nicht wie bei der ersten Gruppe jedesmal entfernt, sondern nur gelegentlich bei den Wägun- gen durch Abreißen der Tiere von der Gefäßwand verletzt. Ursprünglich war die Zahl der Versuchsexemplare acht. Von diesen wurden jedoch vergleichsweise zwei Exemplare (Nr. 7 und 8) vom 3. Tag ab in einem mit Wasserdampf gesättigten Kaum gehalten. Von den beiden Exemplaren hatte Nr. 7 bis dahin eine relativ schwachCj Nr. 8 eine relativ starke Abnahme erfahren. Die Gewichte sind auf folgender Tabelle angegeben. Fig. G. Tabelle 13. '^^ 20. 22. 24. 26. 28. 5. 13. 25. 7. V. V. V. V. V. VI. VI. VI. VII. 1 26,70 24,32 22,88 21,16 20,50 19,65 18,92 17,51 15,45 2 25,18 22,03 20,73 19,41 18,59 17,85 17,47 16,67 + 3 29,05 25,40 24,17 23,20 22,31 21,18 20,18 19,67 18,60 4 24,75 19,86 18,79 18,02 17,87 + 5. VI. ö 21,17 19,16 18,09 17,64 17,17 15,64 + 7. VI. 6 24,98 22,52 21,19 20,33 19,88 18,09 17,46 + 25. VI. 7 25,85 23,65 22,78 22,44 22,22 20,79 19,32 18,71 + 8 25,54 21,51 20,52 20,03 19,50 18,22 17,08 17,59 + Die Berechnung von Durchschnittswerten mußte infolge des frühen Absterbens einiger Exemplare wegfallen. Auch hier ist die Beiträge zur Biologie der Weinbergschneeke (Helix pomatia L ). IGl Gleichmäßigkeit der Gewichtsabnahme viel größer als etwa auf der auf S. 147 angegebenen Tabelle. Und zwar trifft das sowohl für die in trockener als auch füi- die in feuchter Luft gehaltenen Exemplare zu. Daß bei diesem Versuch die Exemplare im allgemeinen rascher zugrunde gingen als bei den früheren, obgleich sie bereits Gelegenheit zur Nah- rungsaufnahme gehabt hatten, hängt wohl in erster Linie damit zu- sammen, daß bei den Exemplaren, die zu dem ersten Versuch ver- wandt wurden, der intensive Stoffwechsel der Sommermonate über- haupt noch nicht begonnen hatte und es sich also im wesentlichen nur um eine künstliche Verlängerung der Winterruhe unter besonders un- günstigen Bedingungen handelte. Im Vergleich zu der Abnahme der beiden in feuchter Atmosphäre gehaltenen Exemplare erscheint die der übrigen auffallend gering. Der scheinbare "Widerspruch erklärt sich jedoch von selbst, wenn man berücksichtigt, daß die in feuchter Luft befindlichen Exemplare be- sonders am Anfang, aber auch später noch von Zeit zu Zeit in ihrem Behälter umherkrochen und dabei Schleim abgaben. 4. Das "Wiederaufleben. a. Die Ursache des Auskriechens. Das Auskriechen einer im Ruhezustand, gleicligültig ob Winter- ruhe oder Trockenstarre, befindlichen Weinbergschnecke wird nur durch äußere Einflüsse verursacht und kann daher jederzeit hervorgerufen werden. Diese Behauptung scheint mit dem auf Seite 137 — 139 Gesagten im Widerspruch zu stehen, wonach eine längere Unterbrechung der Winterruhe auch durch sehr günstige äußere Bedingungen kaum möglich ist. Dennoch lassen sich beide Aussagen vereinen. Das Ab- stossen der verschiedenen Membranen kann zwar leicht jederzeit be- wirkt werden. Doch folgt darauf im Winter nur ein sehr schwaches Leben, das bald wieder in vollkommene Ruhe übergeht. Nur in der günstigen Jahreszeit findet ein rascher Übergang zur vollen Lebens- tätigkeit statt. Ein Unterschied besteht also nicht in der unmittelbaren Reaktion auf die veränderten äußeren Bedingungen, sondern erst im späteren Verhalten. Das Auskriechen ist bei passender Versuchs- anordnung stets zu beobachten. Um die einzelnen Faktoren zu erkennen und richtig zu bewerten, die das Verhalten der AVeinbergsch necke bedingen, ist es notwendig einen kurzen Blick auf die äußeren Einflüsse zu werfen, unter denen sie normalerweise ihre wichtigen Lebensfunktionen vollzieht. Diese Einflilsse sind hauptsächlich Wärme und Feuchtigkeit. Die intensivste Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. C'IX. Bd. 11 162 Walter Kühn, Lebenstätigkeit kann man während und kurz nach warmen Regen beobachten. Niedere Temperatur und geringe Feuchtigkeit bewirken unter allen Umständen, auch bei reichlichem Nahrungsvorrat, einen Übergang in den Ruhezustand. Man kann infolgedessen vermuten, daß Wärme und Feuchtigkeit auch die Faktoren sind, die das Auskriechen verursachen, eine Ver- mutung, die durch zahlreiche Beobachtungen vollkommen bestätigt ist. Zunächst ist einiges über die Bedeutung der Temperatur zu sagen. In der Jahreszeit, in welche das intensive Leben der AVeinbergschnecken fällt, beträgt sie kaum weniger als 8 — 10°. Man muß also annehmen, daß innerhalb der Grenzen von 10° und etwa 20 — 25° die günstigsten Temperaturverhältnisse für die Weinbergschnecke herrschen. Gaspard hat an einem Exemplar nach Entfernung des Epiphragmas während der Wintermonate beobachtet, daß bei 12 — 15°, ebenso bei 8 — 10 °R Nahrung aufgenommen wurde , während die Nahrungsaufnahme bei 3 — 6°R unterblieb. Steigerung der Temperatur bewirkt, wenn sie sich in gewissen Grenzen bewegt, graduelle, nicht aber wesentliche Unterschiede im Verhalten der Weinbergschnecke. Die Wärme allein kann ein Auskriechen nicht bewirken. Das hat bereits Gaspard erkannt. Seine Versuche, die Winterruhe dadurch zu unterbrechen, daß er die Tiere längere Zeit einer trockenen Wärme von 15 — 30° aussetzte, hatten alle ein negatives Ergebnis. Dagegen fand er, daß andre Exemplare im April und Mai bereits bei 8° aus- krochen. Auch wenn er Exemplare zunächst in Wasser tauchte und dann einer Temperatur von 20° aussetzte, stießen sie ihren Deckel ab. Ein Auskriechen erfolgte sogar mitten im Winter, wenn er die Tiere bei 12 — 13° in eine feuchte Atmosphäre brachte. Diese Versuche lassen bereits vermuten, daß innerhalb gewisser Temperaturgrenzen die Feuchtigkeit von ausschlaggebender Bedeutung für das Verhalten der Weinbergschnecke ist. Mitteilungen, die mit dem Gesagten übereinstimmen, wurden von einer Reihe von Forschern gemacht, von denen A. Moqüin-Tandon (41), C. A. Recluz (46)^ E. Ebrard (14), S. Clessin (11), Döring (12), R. Dubois (13), M. Bellion (5), 0. Hesse (24) und K. Kunkel (32) genannt seien. Um die meist sehr kurzen und unvollständigen Angaben zu er- gänzen und nachzuprüfen, habe ich eine Reihe von Versuchen ange- stellt, die sich mit der Einwirkung der Feuchtigkeit auf winterschlafende oder in Trockenstarre befindliche Weinbergschnecken beschäftigen. Es wurde dabei die von früheren Beobachtern vielfach angewandte Einwirkung von flüssigem Wasser ganz vermieden, die Tiere vielmehr Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix pomatia L.). 1G3 lediglirli in ciiuMi mit "WasscnlMm^)!' gesättigten Raum gebracht. Sie befanden sich dabei in einem Behälter aus Drahtgeflecht, der in einem nicht ganz dicht verschlü.ssenen Glasgefäß über Wasser aufgehängt war. Die ersten Versuche wurden Ende Juni 1912 mit drei Exemplaren angestellt, die vorher 4 Woclien gehungert hatten. Nach 1 — 2 Tagen wurden sie alle in Bewegung angetroffen. Das Auskriechen erfolgte ebenso rasch, wenn die Individuen nicht über Wasser, sondern nur in ein dicht verschließbares Glasgefäß gebracht wiirden; da sie bestän- dig Wasserdampf abgeben, erreicht die Luft in dem abgeschlossenen Raum sehr bald einen hohen Feuchtigkeitsgrad, der seine Wirkuni^ ausübt. Daß andre Ursachen nicht in Betracht kommen, zeigt ein Kontrollversuch, bei dem die eingeschlossene Luft durch Chlorkalzium trocken gehalten Avurde. In diesem Fall erfolgte kein Auskriechen. Nach 2 Tagen AM.irde das Chlorkalzium entfernt. Einen weiteren Tas: später befand sich das Exemplar in Bewegung. Ganz entsprechende Resultate ergaben die zu verschiedenen Zeiten im Winter 1912/13 mit eingedeckelten Exemplaren angestellten Ver- suche. Bei einer Temperatur von etwa 18° C stießen alle Exemplare, die genügend lange in feuchter Atmosphäre gehalten wurden, ihr Epi- phragma ab. während solche, die sich in gewöhnlicher Atmosphäre befanden, keinerlei Änderung in ihrem Verhalten zeigten. Im allge- meinen erfolgte die Reaktion erst nach mehreren Tagen. Die individu- ellen Verschiedenheiten w^aren viel größer als im Sommer. Von 16 Exem- plaren hatten nur zwei nach 2 Tagen ihren Deckel abgestoßen, nach weiteren 3 Tagen waren im ganzen sieben Exemplare ausgekrochen. Von den übrigen neun hatten vier nach 10 Tagen, zwei nach 12 Tagen, und je eins nach 16, 18 und 19 Tagen reagiert. Rascher erfolgte die Reaktion vielfach bei solchen Tieren, die ein sehr dünnes oder be- schädigtes Epiphragma besaßen. Bei niederer Temperatur (11° C) stießen von vier Exemplaren im Laufe von 9 Tagen zwei ihren Deckel ab. Die beiden andern waren nach 23 Tagen noch unverändert. Ein besonderes Interesse verdient das weitere Verhalten derjenigen Exemplare, die auch nach dem Auskriechen noch längere Zeit in feuchter Atmosphäre gehalten wurden, jedoch ohne Nahrungszufuhr. Im AVinter erfolgte sehr bald erneutes Zurückziehen; der Ruhezustand konnte, wie früher bereits erwähnt wurde, nur vorübergehend unterbrochen werden. Die im Sommer untersuchten Exemplare blieben länger beweglich. Doch zogen auch sie sich allmählich weit in die Schale zurück, und 11* 164 Walter Kühn, schieden zum Teil Membranen ab. Nachdem drei Individuen auf diese Weise mehr als einen Monat in feuchter Atmosphäre zugebracht hatten, wurden sie am 1. August 1912 in feuchten Salat gesetzt. Normaler- weise werden ausgehungerte Exemplare in diesem Falle sehr rasch lebendig. Die drei erwähnten Individuen waren jedoch nach einem Tage noch nicht ausgekrochen. Der lange Aufenthalt in feuchter Atmosphäre hatte sie offenbar unempfänglich für die sonst sehr rasch wirkenden Reize gemacht. Am 2. August wurden die Tiere unter Wasser getaucht. Sie kamen nun bald aus der Schale und fraßen eifrig von dem Salat, in den sie wieder gesetzt wurden. Aus dem Verhalten folgt erstens, daß bei einem längeren Aufenthalt in feuchter Atmosphäre die Wirkung der Feuchtigkeit aufgehoben wird, zweitens, daß die Nahrung, insbesondere Salat, in erster Linie durch die von ihr ausströmende Feuchtigkeit auf die Weinbergschnecke wirkt. Wäre der spezifische Geruch hauptsächlich wirksam, dann hätten die Exemplare etwa ebenso rasch auskriechen müssen , wie das sonst bei ausgehungerten Exemplaren der Fall ist. Mit dem großen Einfluß, den der Wassergehalt der Atmosphäre auf die Weinbergschnecke ausübt, stehen zwei Beobachtungen im engen Zusammenhang. Es ist möglich, das Aufwachen nach der Winter- ruhe dadurch beliebig lang hinauszuschieben, daß man die Exemplare in einem trockenen Raum hält. Man kann anderseits Individuen, denen man die Nahrung entzieht, sehr lang beweglich halten, wenn man sie in einem feuchten Raum unterbringt. Am 22. Mai 1912 brachte ich eine Anzahl Weinbergschnecken, die bei regnerischem Wetter in vollster Lebenstätigkeit aufgefunden waren, in einen feuchten Souter- rainraum, der eine ziemlich gleichmäßige Temperatur besaß. Obgleich die Tiere keinerlei Nahrung erhielten, krochen einige Exemplare am 2. August, also nach mehr als 10 Wochen, noch umher und zogen sich erst dann allmählich in die Schale zurück, als sie in eine trockene Atmosphäre gebracht wurden. Durch frühere Versuche (S. 135 — 136) v^ar festgestellt worden, daß das Epiphragma, wie auch die Schäle, einen Gasaustausch ge- statten. Am Epiphragma kommt hauptsächlich, wenn nicht aus- schließlich die Stelle in Betracht, wo die innen dicht aufliegende häutige Membran von einer Kalkeinlagerung unterbrochen ist. Eine eben- solche Kalkeinlagerung besitzen alle darunter liegenden Membranen. Nach den Ergebnissen dieses Abschnittes ist auch die auf S. 135 — 136 erwähnte Reaktion auf Bestreichen des Epiphragmas bzw. der Schale mit Paraffin oder Vaseline leicht zu erklären. Offenbar ist der Grund J Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix pomatia L). 1G5 für das Auskrieclien darin zu sehen, daß die von den Individuen ab- geschiedene Feuchtiiikeit nicht entweichen konnte und einen immer stärkeren Reiz auf die Tiere ausübte, der schließUch das Abstoßen des Deckels verursachte. b. Die ersten Lebensänßoruiigcii nach der Winterruhe nud die Genicittzuuahme. Im Freien beginnt das Wiederaufleben nach der Winterruhe ge- wöhnlich Ende März oder im April. Es ist abhängig von dem Ein- treten warmer Friihlingsregen. In der letzten Zeit vor dem Aus- kriechen nimmt das Gewacht der eingedeckelten Exemplare besonders stark ab. Das Abstoßen des Epiphragmas beschreibt Gaspaed fol- gendermaßen (S. 258): »Das Tier zieht nach und nach die in den ver- schiedenen Zellen abgesetzte Luft in seine Lungen und zerbricht die Scheidewände, indem es den hinteren Teil des Fußes vorschiebt. Zu- letzt zerstößt es den Kalkdeckel an dem ausgeschweiften Punkte und dem stumpfsten Winkel, schiebt den scharfen Rand des Fußes zwischen Schale und Deckel und trennt dadurch diesen ganz ab. Darauf kriecht es hervor und frißt sogleich mit Begierde.« Die Sterblichkeit ist in den ersten AVochen nach Beendigung der Winterruhe gesteigert. Bald nach der Winterruhe beginnt die Weinbergschnecke das Wasser und die Reservestoffe, die sie inzwischen verbraucht hat, durch Neuaufnahme zu ersetzen. Einige kurze Mitteilungen über die Gewichtsvergrößerung nach der Winterruhe finden sich bei A. Lang (34) und K. Kunkel (30). Beide haben eine durchschnittliche Zunahme um etwa die Hälfte des ursprünghchen Gewichtes beobachtet. Ich habe die Zunahme bei einer Reihe von ausgewachsenen Exem- plaren während eines Monats festgestellt und dabei die auf Tabelle 14 (S. 166) angegebenen Resultate erhalten. Es handelte sich durchweg um ausgewachsene Exemplare, die zwar vor Beginn des Versuchs bereits ihr Epiphragma abgestoßen hatten, aber weder Nahrung noch Wasser aufgenommen hatten. Vom 27. bis 28. April war ihnen nur Wasser geboten worden. Von da ab auch zusagende Nahrung, besonders Salat. Vor jeder Wägung mit Aus- nahme der ersten, wurden die Tiere mit Wasser besprengt und dann sorgfältig abgetrocknet. Als Aufenthaltsraum diente ein großer Glas- behälter, der oben mit einem weitmaschigen Drahtnetz verschlossen war. 166 Walter Kühn, Tabelle 14. Exemplar 27. 28. 29. 1. 3. 5. 9. 17. 25. Nr. IV. IV. IV. V. V. V. V. V. V. 1 17,35 23,73 25,59 22,98 22,24 22,22 22,20 23,33 25,38 2 17,47 22,36 22,16 22,43 21,46 21,35 24,79 22,76 24,81 3 17,35 19,09 22,78 21,40 20,76 20,30 21,91 27,50 25,95 4 12,12 12,62 15,89 16,07 14,72 14,87 16,27 16,60 16,06 5 14,00 14,60 15,35 15,31 14,97 15,04 18,08 16,83 16,72 6 16,18 20,58 21,16 18,86 19,05 18,36 22,29 21,95 22,00 7 16,37 18,33 18,39 19,47 18,82 18,88 22,40 20,17 20,51 8 16.20 20,73 24,35 21,24 20.87 20,83 22,80 22,82 22,82 9 16,32 18,53 20,70 20,58 19,59 19,34 20,16 22,08 20,16 10 20,62 21,49 23,48 24,22 23,78 23,87 26,56 27,13 26,84 Durchschnitt 16,39 -19,21 20,99 20,26 19,63 19,51 21,75 22,22 22,13 Die Wägungen zeigen, daß besonders in den ersten Tagen eine bedeutende Zunahme stattfindet. Exemplar Nr. 1 vergrößerte sein Gewicht in den ersten beiden Tagen um 47% des Anfangsgewichtes, im Laufe des ersten Tages allein durch Wasseraufnahme um 37%. Die andern Exemplare zeigten zwar größtenteils keine so erhebliche Zu- nahme, doch war auch hier gerade in den ersten Tagen eine auffallende Ge- wichtsvergrößerung zu beobachten. Das zeigt sich sehr deutlich bei der Betrachtung einer graphischen D ar- stellung der Wägungsergebnisse (Fig. 7.) Ganz ähnlich verhielten i-ich in dieser Beziehung fünf ausgewachsene Exemplare, die im Juli 1912, nachdem sie gerade 2 Monate gehungert hatten, Salat erhielten. Sie hatten be- reits nach einer Stunde sämtlich die Schale verlassen und fraßen nun eifrig. Ihre Gewichte vor Beginn der Nahrungsaufnahme und an den beiden folgenden Tagen sind auf Tabelle 15 angegeben. Auch NüssLiN (44) macht Mitteilungen über die Gewichtzunahme der Weinbergschnecken nach einer Hungerperiode. Er gab seinen Versuchstieren jedoch nur Wasser und stellte lediglich die Zunahme in den ersten 24 Stunden fest. Seine Wägungsergebnisse stehen mit den meinigen in Übereinstimmung. Fig- 7. Beiträge zur Biologie der WViiihorgschnockc (Hclix poinatia L.). Tnhrllc IT). 107 Nr. 17. 18. 19. VII. Yll. VlI. 1 11,55 14,86 14,96 2 13,70 18,53 17,36 3 16,90 22,30 24,51 4 18,46 25,90 24,10 5 21,50 29,35 27,93 Durchschnitt 16,42 22,19 21,77 Aul'fallend ist bei Tabelle l.j, wie auch schon bei der Gewichts- kiirve der ersten Versuchsgruppe, daß bei ehiigen Exemplaren bereits im Lauf des zweiten Tages wieder eine Abnahme erfolgte. Überhaupt zeigen die Gewichte in der Folgezeit große Schwan- kungen. Bei Betrachtung der Fig. 7 ist das schon deutlich zu sehen, obgleich hier das Bild durch zweier- lei verwischt ist. Einmal sind die Schwankungen durch Berechnung der Durchschnittsgewichte zum größten Teil ausgeglichen, ferner sind die Wägungen in der zweiten Hälfte der Versuchszeit nicht häufig genug angestellt worden. Sehr viel klarer wird daher das Bild, wenn man die Wägungsergebnisse der Einzel- individuen in der ersten Hälfte der Versuchszeit be- trachtet. In Fig. 8 ist die Gewichtskurve von Exem- plar Nr. 6 dargestellt, die sich durch besonders ungleichmäßigen Verlauf auszeichnet. Eine Erklärung liegt wohl in der Angabe von Fig. 8. Fig. 9. Ebrard (14), daß ausgewachsene Tiere im allgemeinen nur alle 2 — 3 Tage Nahrung aufnehmen. Fig. 9 zeigt schließlich noch im Zusammenhang die Gewichtskurve 168 Walter Kühn, eines Exemplars (Nr. 5 der auf Tabelle 12 augeführten Gruppe), das direkt anschließend an die Winterruhe vom 30. April bis zum 7. Juli in trockener Atmosphäre ohne Nahrung gehalten wurde und dann reichliche Nahrung erhielt. Der regelmäßige Verlauf während der Hungerperiode tritt gut hervor, ebenso die ständigen Gewichtsände- rungen vom Augenblick der Nahrungszufuhr an. Eine Reihe andrer Exemplare verhielt sich ähnlich. Daß der Aufenthalt in dem Glas- behälter, in dem die Tiere aufbewahrt wurden, keine wesentlichen Ab- weichungen von dem normalen Verhalten der Tiere verursachte, konnte ich feststellen, als ich die Schnecken eine Woche in einem von Draht eingezäunten Gärtchen bei reichhcher Nahrung und Feuchtigkeit hielt. Im Anschluß an die Besprechung der Gewichtzunahme nach längerem Nahrungsmangel ist noch von einigen Versuchen zu be- richten, die über das Verhalten der Weinbergschnecke trockener Nah- rung gegenüber Aufschluß geben. Die große Vorliebe für Feuchtigkeit legt die Vermutung nahe, daß trockene Speisen entweder verschmäht oder doch nur wenig berührt werden. Eine Reihe von Versuchen bestätigte diese Vermutung. Als Speise setzte ich den Schnecken Filtrierpapier vor, von dem ich bereits früher festgestellt hatte, daß es in feuchtem Zustande gern verzehrt wird. Am 10. Juli wurden acht Weinbergschnecken bei vollkommener Wasserentziehung einzeln in Gläser auf trockenes Filtrierpapier gesetzt. Am ersten Tage, als der Austrocknungsgrad der Schnecken noch gering war, wurden drei Papierstreifen angegriffen. An den drei folgenden Tagen, über die der Versuch noch ausgedehnt wurde, zeigte dagegen kein einziger der täglich erneuten Papierstreifen irgendwelche Freß- spuren. Schon wesentlich anders war das Resultat, als die Tiere einmal täglich mit Wasser besprengt und dann, nachdem sie sorgfältig abge- trocknet waren, auf trockenes Filtrier papier gesetzt w^urden. Auch jetzt verschmähte in der Regel noch die Mehrzahl der Tiere das Papier. Immerhin hatten in zwei von fünf Fällen je fünf Exemplare ihr Papier angefressen, in einem Falle vier, einmal zwei und einmal gar kein Exemplar. Noch stärker wurde das Papier angefressen, wenn es feucht war. In einem Falle zeigten sechs von den Papierstücken deutliche Freßspuren, in einem zweiten Falle zwei, in weiteren Fällen 3, 6, 6. Bei der zweiten Versuchsanordnung waren insgesamt 16 Papierstreifen von 40 angefressen worden, bei der letzten Versuchsanordnung dagegen 23 von 40 Papierstreifen. Die Versuche zeigen, daß trockene Speisen vollkommen verschmäht I Beiträge zur Biologie der Weinbergselniecke (Helix poinatia L.). 1G9 werden, wenn die AVeinberuschnecke nielit selbst einen hohen Feuchtig- keitsgehalt bet^itzt und daß selbst, wenn diese Bedingung erfüllt ist, ein erheblicher Unterschied im Vergleich zu dem Verhalten feuchter Nahrung gegenüber zu beobachten ist. Eine Zusammenstellung der Hauptergebnisse dieser Untersuchun- gen zeigt mit großer Deutlichkeit, welch eine außerordentlich wichtige Rolle die Feuchtigkeit im Leben der Weinbergschnecke spielt. Nur in feuchter Atmosphäre bewegt sie sich lebhaft und nimmt Nahrung auf. Die Nahrung selbst wird meist nur dann angegriffen, wenn sie Feuchtigkeit enthält. Eintretende Trockenheit bewirkt sehr bald eine Änderung in der Lebenstätigkeit; die Tiere kapseln sich ein und ver- harren im Ruhezustand, bis neue Feuchtigkeit sie wieder hervorlockt. In der Zwischenzeit können sie die Wasserabgabe von dem anfänglich sehr hohen Betrag auf ein äußerst geringes Maß herabsetzen, das auch in vollkommen trockener Atmosphäre nicht viel größer ist. Die Er- gänzung des Wassergehaltes nach einer längeren Ruheperiode kann sehr rasch erfolgen. Von Wichtigkeit ist, daß die Weinbergschnecke nicht nur durch flüssiges Wasser, im Freien also durch direkte Berührung mit dem Regenwasser zum Wiederaufleben veranlaßt wird, sondern auch allein durch einen hohen Feuchtigkeitsgehalt der Atmosphäre. Sie wird also auch in einem geschützten Versteck, wo sie den direkten Witterungseinflüssen nicht preisgegeben ist, eine Änderung des Wetters wahrnehmen. Unsre Versuche geben einen neuen Beweis von der Vollkommen- heit, mit der die Weinbergschnecke ihren Existenzbedingungen im Freien angepaßt ist. II. Die Wasseraufnahme. Je intensiver sich die Lebenstätigkeit der Weinbergschnecke ge- staltet, um so größer wird ihr Wasserverbrauch. Die Schleimabgabe, wie auch die Verdunstung an der Körperoberfläche können einen hohen Betrag erreichen. Die Tiere entfalten deshalb nur dann ihre volle Lebenstätigkeit, wenn sie die Möglichkeit haben, ihren Wasservorrat häufig zu ergänzen. Es fragt sich, auf welchem Weg das Wasser in den Schnecken- körper gelangt. Insbesondere ist die Frage von Interesse, ob die Auf- nahme des Wassers ausschließlich durch den Mund erfolgt, oder ob sie auch auf anderm Wege, etwa durch die Haut möglich ist. Die Untersuchuniren, welche diese Frage für die Landschnecken zu be- 170 Walter Kühn, antworten suchen, sind nicht sehr zahh-eich. Um so lebhafter ist da- gegen die Frage nach der Wasseraufnahme bei Wassermollusken er- örtert worden. Obgleich über die spezielleren Verhältnisse bei den Landpulmonaten nur relativ wenige Mitteilungen vorliegen, finden sich auch hier man- cherlei Widersprüche. Übereinstimmung herrscht nur in bezug auf die Wasseraufnahme durch den Mund. Leydig (37) beobachtete das Trinken bei Limax arhorum. Gegenbaur (20, S. 544) schreibt in bezug auf die Pulmonaten: »Die Aufnahme von Wasser geschieht aber hier durch den Darmkanal. Bei Helicinen ist nicht unschwer nachzuweisen, daß die Tiere dasselbe durch den Mund einführen.« Auch Ebrard (14). SiMROTH (50), Nalepa (42) und Kunkel (28) beobachteten die Wasser- aufnahme durch den Mund, teils bei Helix, teils bei Limax. Während aber Gegenbaur das Trinken für die einzige Art der Wasseraufnahme hielt und Nalepa die Anschauung vertrat, daß immerhin die Haupt- masse des Wassers durch den Mund in den Körper gelangt, wies Sim- ROTH darauf hin, daß das rasche Aufquellen der Schnecken in feuchter Umgebung nicht durch Wasseraufnahme in den Mund und Darm erklärt werden könne, und daß man das Trinken als den selteneren Modus der Wasseraufnahme anzusehen habe. E. Mer (40) führt an, man könne sich durch Eintauchen einzelner Körperteile der Wein- bergschnecke in Wasser leicht von der Durchlässigkeit der gesamten Haut für Wasser überzeugen. Genauere Untersuchungen, die auch über die Quantität des etwa durch die Haut aufgenommenen Wassers Sicherheit geben, wurden von den letztgenannten Forschern nicht angestellt. Erst in neuerer Zeit ist durch die Versuche von K. Kunkel (28) ein wesentlicher Fort- schritt erzielt worden. Kunkel beträufelte ein Exemplar von Limax cinereus, das zuvor einige Tage ohne Futter zugebracht hatte, mit etwas angewärmtem Wasser. Um eine Wasseraufnahme durch den Mund unmöglich zu machen, hielt er das Brettchen, auf dem das Tier saß, schief und beträufelte die Schnecke nur hinter dem Mantel. Nach 2 Stunden hatte sie ihr Ge- wicht von 3,85 auf 5,43 g, d. h. um 41,03% erhöht. Daraus geht hervor, daß eine beträchtliche Wassermenge durch die Haut aufgenommen werden kann. Das Tier kroch nach der Beträufelung lebhaft umher und nahm, als ihm Wasser geboten wurde, weitere 1,4 g, diesmal aber durch den Mund, auf. Von der Gewichtzunahme, die im ganzen 3,05g oder 79,20% betragen hatte, war etwas mehr als die Hälfte (41,03%) durch Aufnahme durch die Haut verursacht worden, Beiträge zur Biologie der W'eiiibeigschiiecke (Helix pomatia L.). 171 die übrigen 38,17% durch Trinken. Stark ausgetrocknete Nackt- .^clinecken waren nach Kunkel nicht imstande, Wasser zu trinken. Sie kannten nur dadurch zum Wiederaufleben gebracht werden, daß KüNKEL ihre Haut mit Wasser in Berührung brachte. Es lag nahe, nach den Versuchen von Kunkel auch für Helix pomatia die Möglichkeit einer Wasseraufnahme durch die Haut zu vermuten. Um Sicherheit zu erhalten, habe ich folgenden Versuch angestellt: Einigen Exemplaren wurde, um eine Wasseraufnahme durch den ^huul unmöglich zu machen, der Vorderdarm kurz hinter der Mund- öffnung zugebunden. Die Operation ging so vor sich, daß einer um- herkriechenden Schnecke plötzlich durch eine Schlinge der aus der Schale gestreckte Teil des Körpers abgebunden wurde. In den leeren Raum der Schale wurde etwas Watte gesteckt, so daß dem Tier ein Zurückziehen unmöglich w^ar. Dann wurde mit einer Schere nicht weit hinter dem letzten Tentakelpaar ein möglichst kurzer Schnitt geführt. Der Pharynx war nun leicht zu erreichen und konnte mit einem feinen Faden abgebunden werden, w^orauf die Wunde vernäht wurde. Nur durch große Vorsicht war ein teilweises Hervortreten der Geschlechtsorgane zu verhindern. Sind die Geschlechtsorgane einmal aus der Wunde getreten, dann ist es kaum möglich, sie ohne erhebliche Verletzungen wieder zurückzudrängen. Es wurden nur solche Tiere weiter untersucht, bei denen keine Verletzung der Geschlechtsteile vorgekommen war. Während der Operation gaben die Tiere auf der ganzen Körper- oberfläche Schleim ab, besonders reichlich in der Gegend des Mantel- randes. Wie wenig sie jedoch durch die Operation in ihrem weiteren Ver- halten beeinträchtigt werden, kann man daran erkennen, daß eine gut operierte Weinbergschnecke nach dem Vernähen der Wunde nicht selten ebenso lebhaft umherkriecht wie vor der Operation. Zwei Exemplare wurden am Tag nach der Operation in ein schräg gestelltes Gefäß gebracht, dessen Boden zum Teil mit Wasser bedeckt war. Sie lagen gerade an der Wassergrenze. Die Tiere, die sich in- zwischen in die Schale zurückgezogen hatten, krochen aus und ver- ließen alsbald das Wasser. Sie wurden in bestimmten Zwischenräumen gewogen und dann w^ieder in das Gefäß zurückgebracht und zwar stets so, daß sie gerade an der Wassergrenze lagen. Vor jeder Wägung wurden sie mit Fließpapier sorgfältig abgetrocknet. 172 Walter Kühn, Die Ergebnisse der Wägiingen sind aus folgender Tabelle zu er- sehen : Tabelle 16. Gewicht un- mittelbar vor d. Operation Gewicht un- mittelbar vor d. Wasser- aufnahme Gewicht 1 Std. später Gewicht 1 Std. später Gewichtzunahme in g in % 1 2 20,24 17,81 9,46 18,45 11,12 19,13 11,21 1,32 1,75 7,4 18,0 Spätere Wägungen zeigten keine bemerkenswerte Gewichtzu- nahnie mehr. Da ein Trinken unmöglich gemacht war, muß das Wasser durch die Haut einoedrungen sein. Die Verschiedenheit in der Gewicht- zunähme ist wohl zum Teil darauf zurückzuführen, daß der Austrock- nungsgrad der Tiere verschieden war. Vielleicht waren sie auch in ungleicher Weise durch die Folgen der Operation beeinflußt. Ein weiteres Exemplar, Nr. 3, wurde vor und nach der Operation längere Zeit im Hungerzustand gehalten. Zum Vergleich wurden ganz entsprechende Wägungen auch bei einem nicht operierten Exemplar (Nr. 4) vorgenommen. Die Gewichtsabnahme, die wegen der fehlenden Operation wegfiel, wurde durch Verlängerung des Hungerzustandes herbeigeführt. Die Gewichte der Exemplare 3 und 4 sind auf Ta- belle 17 (S. 173) angegeben. Spätere Wägungen zeigten nur geringe Schwankungen im Gewicht. Bemerkenswert ist, daß die operierte Schnecke ihren Wasser- vorrat im Vergleich zur andern sehr langsam ergänzte, wie man aus der Tabelle ersehen kann. Während letztere bereits 2 Stunden nach der Wasserzufuhr ihr Gewicht kaum noch änderte, erreichte Exemplar Nr. 3 das Höchstgewicht erst nach 40 Stunden. Weiter fällt bei Betrachtung der Tabelle auf, daß die Gewicht- zunahme in Prozenten bei dem nicht operierten Exemplar (Nr. 4) be- deutend größer war, als bei dem operierten (Nr. 3). Möglicherweise ist die Differenz auf die Beeinträchtigung in der Lebenstätigkeit zurück- zuführen, die die Operation nach sich zog. Vielleicht hatte aber Nr. 4 neben der Wasseraufnahme durch die Haut auch erhebliche Mengen durch den Mund zu sich genommen. Beiträge zur Biologie der Weinbergsclineclic (Helix pomatia L.). 173 Ta helle 17. 1 0 ^ 4 ^ G 1 Ä Urspr. Gewicht Gewicht un- mittelbar vor d. Operation Gewicht un- mittelbar nach der Operation Gewicht unmittelbar vor der Wasserzut'ulir Gewicht 1 Std. W in g in % d. ursp. Gewichts später 3 4 32,9 29,1 26,7 24,8 19,97 17,32 60,7 59,2 20,24 21.34 7 8 9 10 11 12 a ^ Gewicht 1 Std. später Gewicht 14 Std. später Gewicht 1 Tag später Gewicht 2 Tage später Gewichtzunahme W in g in o/j d. Gew. V. d. Wasser- znfuhr 3 4 20,49 23,25 22,69 22,73 23,95 22,74 22,97 3,98 5,93 19,9 34,2 Das Hauptergebnis des Versuches ist der Beweis, daß Helix pomatia imstande ist, bedeutende Wassermengen durch die Körperhaut auf- zunehmen. Es stimmt vollkommen mit dem Ergebnis überein, das KüxKEL auf Grund andrer Versuchsanordming bei einem andern Objekt erhalten hatte. Im Freien werden bei Regen jedenfalls bedeu- tende AVassermengen durch die Haut aufgenommen. Die Runzeln der Haut haben dabei wohl, wie schon Simroth und Kunkel ausführten, den Zweck, ein zu schnelles Abfließen des Wassers zu verhindern, die Flüssigkeit vielmehr auf der ganzen Körperoberfläche zu verteilen. Bei den Versuchen Künkels nahmen die Individuen am wenigsten AVasser auf, welche sich während des Beträufelns kontrahierten. Mehr nahmen die Exemplare auf, die in Fortbewegung begriffen waren, am meisten aber die, welche ruhig ausgestreckt liegen blieben. Es fragt sich weiter, auf welchem Wege das Wasser durch die Haut der Schnecke in das Innere gelangt. Leydig und Nalepa waren durch anatomische Untersuchungen und Injektionsversuche zu der Überzeugung gekommen, daß das Wasser durch Interzellularräume, die in direkter Verbindung mit den Bluträumen stehen, eindringe; eine Auffassung, die auch von Meisenheimer (39, S. 7) geteilt wird. Simroth (49) äußerte dagegen die Vermutung, daß das Wasser seinen 174 Walter Kühn, Wee; auch durch die Schleimdrüsen nehme. Kunkel hat diese An- schauung durch einige Versuche wahrscheinHch gemacht. Er fand, daß stark ausgetrocknete Nacktschnecken nicht imstande waren sich fortzubewegen, bevor ihre Haut durch die Quellung des Schleimes weich und beweglich geworden war. Bei ausgetrockneten Exemplaren war der Schleim so zäh, daß er jede Bewegung unmöglich machte. Durch Beträufeln mit Wasser, das ganz dem Regen im Freien ent- spricht, wurde die Zähigkeit allmählich beseitigt. Dabei verhinder- ten die Runzeln und Rinnen ein zu rasches Abfließen des Was- sers und breiteten dasselbe auf der Oberfläche des Tieres aus. Die Natur des Schneckenschleims hat Kunkel durch einige Ver- suche näher erforscht. Er verschaffte sich den Schleim dadurch in größerer Menge, daß er eine Schnecke in ein tiefes Uhrglas setzte, das- selbe mit einem andern Uhrglas bedeckte und dann in den so abge- schlossenen Raum ein mit Chloroform getränktes Stückchen Filtrier- papier brachte. Darauf erfolgte starke Schleimabgabe. Zunächst stellte KüNKEL fest, daß der Schleim nicht hygroskopisch ist. Er brachte ihn in einen mit Wasserdampf gesättigten Raum und fand, daß das Gewicht nicht zunahm. Die Quellbarkeit des Schleimes hat KüNKEL durch folgenden Versuch veranschaulicht. Er entzog einem Exemplar von Helix 'pomatia, das ein Gewicht von 8,29 g hatte, 0,38 g Schleim und übergoß denselben mit Wasser. Nach 2 Stunden wog er 1,35 g, hatte sein Gewicht also um 0,97 g oder um 255,26% ver- größert. Ahnlich verhält sich der Schleim andrer Schneckenarten. In ganz analoger Weise konnte Künkel aufgequollenen Schleim durch Austrocknen auf kleine Bruchteile seines ursprünglichen Gewichts reduzieren. Es ist leicht begreiflich, daß bei ausgetrockneten Exemplaren der Schleim so zäh wird, daß er nicht aus den Drüsen treten kann. Dieser Fall, der bei Nacktschnecken nicht selten zu beobachten ist, kommt bei Gehäuseschnecken schwerlich vor, da sie sich bei eintretender Trockenheit bald in die Schale zurückziehen und dann nur sehr lang- sam weiter austrocknen. Jedenfalls machen die Versuche Künkels eine Wasseraufnahme durch Quellung des Schleimes sehr wahrscheinlich. Damit ist nicht ohne weiteres gesagt, daß die Wasseraufnahme durch die Haut allein durch Vermittlung der Schleimdrüsen vor sich geht, besonders da man noch keine Sicherheit hat, ob das in die Schleim- drüsen aufgenommene Wasser auch in die andern Körperteile ein- Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Hclix poniatiu L.). 175 dringen kann. Simroth (Bronn, S. 134.) ist allerdings der Ansicht, daß die Interzellularrännie des Epithels für die Aufnahme von Wasser nicht in Betracht konnnen. Doch ist diese Auffassung bis jetzt nicht ausreichend begründet. Beweis g:e^en eine Wasseranfiiahme aus feuchter Atmosphäre. Terhalteu iu feuchter Luft. Die Tatsache, daß der Schneckenschleim nicht hygroskopisch ist, läßt von vornherein vernmten, daß eine Wasseraufnahme aus feuchter Atmosphäre ausgeschlossen ist. Auch sonst liegt kein Grund zu einer solchen Annahme vor. Trotzdem behauptet E. Mer (40), daß von der ersten Stunde an eine leichte Gewichtzunahme zu beobachten sei, wenn man eine Helix in einen mit Wasserdampf gesättigten Raum, bringt. Er erklärt das so, daß der Wasserdampf durch die Gewebe kondensiert wird. Auffallenderweise soll diese Absorption bald auf- hören und das betreffende Exemplar nach kurzem Aufenthalt in ge- wöhnlicher Atmosphäre sein ursprüngliches Gewicht wieder annehmen. Diese Angaben klingen von vornherein sehr unwahrscheinlich. Doch gibt auch Fleischmann (17) an, eine AVasserauf nähme aus feuchter Atmosphäre beobachtet zu haben. Er schreibt (S. 429): »Ich konnte sehr wasserarme Schnecken in starke Schwellung geraten lassen, wenn ich sie für einen größeren Zeitabschnitt in einen Raum brachte, der mit Wasserdampf gesättigt war.« KÜNKEL berichtet zuerst über Versuche, deren Resultat in direktem Widerspruch zu den Angaben Fleischmanns steht. Das Verhalten der Weinbergschnecke ist aus folgendem Versuch zu ersehen. Drei Exemplare wurden, nachdem sie etwa 6 Wochen ohne Nah- rung zugebracht und sich vollkommen in ihre Schale zurückgezogen hatten, in einen Behälter aus Drahtnetz gebracht und dieser in einem hohen Gefäß so aufgehängt, daß die Schnecken dicht über dem mit AVasser bedeckten Boden des Gefäßes schwebten. Sie befanden sich also in einem mit AVasserdampf gesättigten Raum. Ein Austausch der verbrauchten Luft war dadurch ermöglicht, daß der Deckel des Gefäßes nicht ganz dicht aufsaß. Bald nachdem die Schnecken in das Gefäß gebracht waren, kamen sie aus der Schale und krochen umher. Im Laufe der ersten Tage hatten sie infolge des Umherkriechens einen erheblichen Gewichts- verlust, der Größer war als in einem gleichen Zeitraum, den die Schnecken in gewöhnUcher Atmosphäre zubrachten. Um einen Vergleich mit 17G Walter Kühn, dem Verhalten in gewöhnlicher Atmosphäre anzustellen, wurden die Tiere nämhch zwischendurch auf die Dauer von 4 Tagen (vom 2. 7. bis 6. 7. 12) in gewöhnlicher Atmosphäre gehalten, dann verbrachten sie noch etwa 4 Wochen in feuchter Atmosphäre. Über das Ergebnis der AVägungen gibt die folgende Tabelle Aufschluß. Tabelle 18. s X 15. V. (nach dem Auffinden) 28. VI. (Beginn des Versuches) 30. VI. 2. VII. 4. VII. 6. VII. 8. VII. 20. VII. 1. VIII. 1 2 3 20,2 19,2 16,8 17,43 16,94 13,66 17,10 16,58 13,35 17,01 16,24 13,30 16,83 16,15 13,22 16,82 16,13 13,17 16,81 16,13 13,17 16,78 16,05 13,11 16,40 15,39 12,73 Der Versuch beweist, daß auch in feuchter Atmosphäre das Ge- wicht der Weinbergschnecke ständig abnimmt, selbst dann, wenn sie sich bereits in einem stark ausgetrockneten Zustand befindet. Ganz entsprechende Ergebnisse wurden bei Wiederholung des Versuches, auch während der Winterruhe, erzielt. Eine Wasseraufnahme aus feuchter Atmosphäre ist also nicht möglich. Aus der kurzen Bemerkung, die Fleischmann über den Gegenstand macht, ist nicht festzustellen, woher sein unrichtiges Er- gebnis rührt. KüNKEL vermutet, daß sich an der Wand des Gefäßes, das Flelschmann benutzte, Wasser niedergeschlagen hatte, das dann die Schnecken auflecken konnten. Die Verouche ergeben natürlich nur dann ein sicheres Resultat, wenn die Temperatur keine erheblichen Schwankungen aufweist. Andernfalls, besonders bei rascher Tem- peraturerniedrigung, ist eine teilweise Kondensation des Wassers un- vermeidlich. Dieses flüssige Wasser wird natürlich gern aufgenommen und kann zu falschen Kesultaten führen. Aufquellen in Wasser. Bekanntlich tötet man Weinbergschnecken, an denen anatomische Untersuchungen gemacht werden sollen, am besten dadurch, daß man sie einige Zeit in einem festverschlossenen mit Wasser angefüllten Gefäß liegen läßt. Dabei macht es keinen merklichen Unterschied, ob man frisches oder abgekochtes Wasser benutzt. Die Tiere kommen bald aus der Schale hervor, strecken sich aus und vergrößern ihr Vo- lumen außerordentlich stark. Offenbar ist diese Volumenvergrößerung auf eindringendes Wasser zurückzuführen. Daß das Gesamtvolumen Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix pomatia L.). 177 Wasser plus AV'eiuborgschnecke das Gleiche bleibt, kann man auf ein- fache "Weise feststellen. Man bringt ein Exemplar in ein Cyhnder- gefäß, füllt dasselbe bis an den Rand mit Wasser und verschließt es mit einem Stopfen, der von einer engen Glasröhre durchbohrt ist. An dem Wasserstand in der dünnen Glasröhre kann man auch geringe Volumenschwankungen wahrnehmen. Wenn die Ausdehnung des Sc'hneckonkörpeis allein durch eindringendes Wasser verursacht wird, dann darf sich das Gesamtvolumen nicht ändern. Tatsächlich blieb das Volumen bei dem mehrfach wiederholten Versuch, abgesehen von ganz minimalen Schwankungen, dasselbe. Die Volumenzunahme der Weinbergschnecke in Wasser wird also ausschließlich durch eindringendes Wasser bewirkt. Je nachdem die Tiere einen mehr oder weniger großen Luftvorrat in ihrer Lungenhöhle eingeschlossen haben, schwimmen sie an der Ober- fläche des Wassers oder sinken sie zu Boden. Die iSchale ist in der Regel nach oben, der Fuß nach unten gerichtet. Eingezogene Exem- plare kommen gewöhnlich bald aus der Schale. Gelingt es den Tieren nicht, irgendeinen festen Gegenstand zu erreichen und an diesem ent- langkriechend das Wasser zu verlassen, so gehen sie meist nach etwa 3 Tagen zugrunde; doch sind erhebliche Abweichungen nicht selten. Nimmt man ein Exemplar, so lange es noch lebt, aus dem Wasser, so werden in kurzer Zeit große Flüssigkeitsmengen abgegeben. Hatte der Aufenthalt unter Wasser nicht zu lange gedauert, so kann eine vollständige Erholung eintreten. Eine derartige Erholung beobach- tete ich nach eintägigem Aufenthalt der Tiere unter Wasser. Die Wasseraufnahme beim Untertauchen unter Wasser erfolgt gewöhnlich sehr rasch; ausgestreckte Exemplare haben bereits nach 1 Stunde ein bedeutendes Volumen erreicht. Langsamer quellen ein- gezogene Exemplare auf. Regulieruug der Wasseraufnahme. Man hat leicht den Eindruck, als ob es der Weinbergschnecke unmöglich sei, das Aufquellen zu verhindern, wenn sie einmal mit dem Wasser in Berührung ist. Tatsächlich ist sie jedoch unter gewis- sen Bedingungen imstande, dem Aufquellen mit Erfolg entgegen- zuwirken. Dabei ist notwendig, daß nicht die ganze Körperoberfläche von Wasser umgeben ist. Insbesondere muß die Atemöffnung frei sein. Ich brachte einige Exemplare in eine flache, etwa 4 cm hohe Glas- schale, die etwa 31/4 cm hoch mit Wasser gefüllt war. Die Schale wurde mit einem Drahtnetz zugedeckt. Bald krochen die Tiere an den Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 12 178 Walter Kühn, Rand des Gefäßes und setzten sich dort fest. Sie konnten das Atem- loch über Wasser halten, doch befand sich der größere Teil ihres Weich- körpers ständig unter Wasser. Trotzdem nahm ihr Volumen kaum zu. Das Wasser wurde täglich erneuert, da es immer beträchtliche Schleimmengen enthielt. Die Schnecken wurden 15 Tage in diesem Zustande gehalten. Anfangs krochen sie ziemlich lebhaft am Gefäß- rand umher; bald wurden ihre Bewegungen aber träge und schwer- fällig. Zwei Exemplare, die nach einem Wasserwechsel in die Mitte des Gefäßes gelegt wurden, waren nicht mehr imstande den Rand zu erreichen. Sie blieben liegen und quollen stark auf. Das eine Exem- plar (Nr. 5) ging zugrunde, das andre erholte sich wieder, nachdem es aus dem Wasser genommen worden war. Von fünf Exemplaren wur- den die Gewichte ermittelt. Sie sind in folgender Tabelle angegeben. Tabelle 19. Exemplar Nr. 10. VII. 12. (Beginn des Versuches) 15. VII. 12. 25. VII. 12. 1 22,00 25,28 23,17 2 24,63 25,95 25,74 3 21,22 20,35 — 4 15,8ö 15,22 15,60 5 23;82 24,17 + 23. VII. Eine auffallend große Gewichtsvermehrung hatte bei keinem Exem- plar stattgefunden. Nr, 3 wurde am 17. Juli ganz unter Wasser gebracht und quoll dann stark auf. Die Exemplare Nr, 2 und 4 wurden am 26. Juni ganz unter Wasser gebracht, Sie quollen auch auf, aber langsamer und schwächer als man gewöhnlich beobachtet. Andre Exemplare erholten sich bald nachdem das Wasser abgegossen war. Der Versuch zeigt zunächst, daß Helix fomatia sehr wohl im- stande ist, das Eindringen einer zu großen Wassermenge in ihren Körper zu verhindern, vorausgesetzt daß sie nicht vollständig von der äußeren Luft abgeschlossen ist. Die Schleimabgabe während des Versuchs rührte offenbar daher, daß die Tiere das Eindringen von Wasser und das Aufquellen ihres Schleimes nicht zu hindern vermochten und sich nur durch reichliche Sekretion vor zu starker Wasseraufnahme schützen konnten. Die Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Hclix pomatia L.). 179 zuneliinciKle Träüheit in der Bewegung war vermutlich eine Folge der starken Schleiniabgabe. Eine Wiederholung des Versuchs mit fünf neuen Exemplaren, bei der die Wägungen in kürzeren Zwischenräumen vorgenommen wurden, zuerst im Abstand von 2, dann von mehr Stunden, schließlich von 1 — i Tagen, führte zu dem Ergebnis, daß ein starkes Aufquellen beson- ders dann zu beobachten ist, wenn die Atemöffnung sich unter Wasser befindet, d. h. wenn der normale Luftaustausch unmöglich gemacht ist. Ein Exemplar nahm in diesem Zustand im Laufe von 16 Stunden etwa 12 g zu. Ist die Atemöffnung frei, so hängt der Betrag der Wasser- aufnahme wohl zum Teil von dem anfänglichen Feuchtigkeitsgehalt der Versuchstiere ab. E. Mer (40) gibt an, daß die Menge des auf- genommenen Wassers um so größer sei, je weiter der Weichkörper in das Wasser eingetaucht werde. Ich habe eine derartige Beziehung nicht wahrgenommen. Ergebnisse. 1) Während der Winterruhe findet bei der Weinbergschnecke ein ständiger Gasaustausch sowohl durch das Epiphragma als auch durch die Schale statt. Wird Schale oder Epiphragma durch Bestreichen mit Vaseline oder Paraffin dicht gemacht, so erfolgt Abstoßen oder Lüften des Deckels. Die Zeit bis zum Eintritt dieser Reaktion schwankte zwischen wenigen Tagen und mehreren Wochen. 2) Der Eintritt in die Winterruhe erfolgt auch dann, wenn die Weinbergschnecke sehr günstigen Lebensbedingungen ausgesetzt wird. Eine längere Ruhezeit im Sommer beseitigt das Bedürfnis nach der Winterruhe nicht. 3) Die Größe der Gewichtsverlustes während der Winterruhe hängt wesentlich von der Temperatur ab, der die Weinbergschnecke ausgesetzt ist. Im Laufe von 12 Wochen betrug die Gewichtsabnahme bei sechs Exemplaren, die einer mittleren Temperatur von 7 — 8 ° C aus- gesetzt waren, 4,2% des Anfangsgewichtes; bei fünf andern Exem- plaren, die in einem Raum von 18° C aufbewahrt wurden, betrug sie in der gleichen Zeit 7,2%, das ist mehr als l,7mal so viel. 4) Für Winterruhe und Trockenstarre gilt in gleicher Weise, daß die Gewichtsabnahme eines Exemplares in gleichen aufeinanderfolgen- den Zeiträumen sehr verschieden sein kann. Ebenso bestehen be- deutende individuelle Schwankungen in der Gewichtsabnahme. 5) Die Gewichtsabnahme während einer Hungerperiode im Som- mer ist bedeutend stärker als die während einer gleichlangen Zeit im 12* 180 Walter Kühn, Zustande der Winterruhe bei gleicher Temperatur. Der Unterschied ist zum großen Teil auf das Vorhandensein des Epiphragmas im einen Fall zurückzuführen. 6) Am Anfang einer Hunger- und Trockenperiode im Sommer, besonders im Laufe des ersten Tages nach der Wasserentziehung, ist die Gewichtsabnahme besonders stark, wie aus den Kurven zu er- sehen ist. 7) Wasserzufuhr während einer Hungerperiode bewirkt einen sehr unregelmäßigen Verlauf der Gewichtskurve. Die so behandelten Exem- plare bleiben beweglich, gehen aber schneller zugrunde als die, welche einer Hunger- und Trockenperiode ausgesetzt werden. 8) Die Aufnahme von Holzfaserstoff, der in Form von feuchtem Filtrierpapier gern gefressen wird, beeinflußt die Gewichtsabnahme im Vergleich zu derjenigen bei ausschließlicher Wasserzufuhr nicht merklich. 9) Die Gewichtsabnahme in vollkommen trockener Atmosphäre zeigt im allgemeinen einen regelmäßigeren Verlauf als die in gewöhn- licher Luft. Die Weinbergschnecke ist auffallend widerstandsfähig gegen den Einfluß trockener Atmosphäre. Vor Eintritt des Todes wird die Gewichtsabnahme beschleunigt. 10) Durch Einwirkung von feuchter Atmosphäre kann man zu jeder Jahreszeit ruhende Weinbergschnecken zum Auskriechen ver- anlassen. Im Sommer kommen sie meist schon am ersten oder zweiten Tag aus der Schale. Ln Winter schwankte die Zeit zwischen 2 Tagen und 19 Tagen. Temperaturen unter 11° verzögern die Reaktion oder verhindern sie ganz. 11) Durch Aufbewahren in einem feuchten Raum kann man hungernde Weinbergschnecken sehr lang beweglich halten. Einige Schnecken krochen nach mehr als 10 Wochen noch umher. 12) Bei längerem Aufenthalt in feuchter Atmosphäre erfolgt wieder Einkapselung. Derart behandelte Exemplare krochen nicht aus, als ihnen feuchte Nahrung gegeben wurde. Daraus folgt, daß der Geruch der Nahrung allein ein Auskriechen nicht bewirkt. 13) In den ersten Tagen nach Beendigung der Winterruhe nimmt das Gewicht der Weinbergschnecke bei günstigen äußeren Bedin- gungen bedeutend zu. In der Folgezeit findet gelegentlich auch noch erhebliche Zunahme statt. Doch zeigt die Gewichtskurve sehr bald große Unregelmäßigkeit. Das Höchstgewicht während der ersten 4 Wochen nach der Winterruhe betrug bei zehn Exemplaren im Maxi- mum 159%, im Minimum 129%, im Durchschnitt 140% des Gewichtes Beiträge zur Biologie der Weinbergschnecke (Helix pomatia L.). 181 vor der NahrungszAifuhr. Es wurde von einem Exemplar bereits nach 2 Tagen, von drei weiteren nach 12 Tagen, von sechs Exemplaren nach 20 Tagen und von einem Exemplar nach 28 Tagen erreicht. 14) Trockene Speisen verschmäht die Weinbergschnecke voll- kommen, wenn sie nicht selbst einen großen Feuchtigkeitsgehalt be- sitzt. Auch in letzterem Falle ließ sie die Nahrung in der Mehrzahl der Fälle unberührt. 15) Helix pomatia ist imstande, erhebliche Wassermengen durch die Körperhaut aufzunehmen. 16) Eine Wasseraiif nähme aus feuchter Atmosphäre ist nicht möglich. Das Gewicht ninmit vielmehr auch in feuchter Atmosphäre ständig ab. 17) Beim Untertauchen einer Weinbergschnecke unter Wasser bleibt das Gesamtvolumen Schnecke plus Wasser konstant. Die Ausdehnung des Schneckenkörpers ist daher ausschließlich auf ein- dringendes Wasser zurückzuführen. 18) Bei teilweisem Untertauchen unter Wasser geht die Wein- bergschnecke nur dann bald zugrunde, wenn die Atemöffnung dauernd von Wasser bedeckt ist. Andernfalls zeigt sie sich sehr widerstandsfähig. Die Gewichtsvergrößerung durch Wasseraufnahme schwankt innerhalb weiter Grenzen, ist jedoch bedeutend geringer als bei gänzlichem Unter- tauchen. Anscheinend hängt sie zum Teil von dem Austrocknungsgrad der Tiere zu Anfang des Versuches ab. Marburg, im November 1913. Verzeichnis der benutzten Literatur. L. Agassiz, Über das Wassergefäßsystem der Mollusken. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. VII. 1856. S. 176—180. G. J. Allmann, Note on the Formation of the Epiphragm of Helix aspersa. 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Pulmonata. Lieferung 95—138. Leipzig 1908—12. 9. O. Buchner, Nachträge zur Revision der Varietäten von Helix pomatia L. Jahresheft. d. Vereins f. vaterl. Naturkunde in Württemberg. Bd. LVI. 1900. S. 224—237. 10. JusTUS Carriere, Haben die Mollusken ein Wassergefäßsystem? Biol. Centralblatt. Bd. L 1881/82. S. 677—683. 11. S. Clessin, Das Verhalten der Mollusken im Winter. Correspondenzblatt des zoolog.-mineralog. Vereines in Regensburg. Bd. XXVI. 1872. S. 114—121 und 130—138. 12. Adolf Döring, Bemerkungen über die Bedeutung und Untersuchungen über die chemische Zusammensetzung der Pulmonatenschale. Inaugu- raldissertation. Göttingen 1872. 41 S. 13. Raphael Dubois, Sur le Sommeil Hivernal chez les Invertebres. Annales d. 1. Societe Linneenne de Lyon. T. XLVII. 1900. p. 99—101. 14. E. Ebrard, LTn Escargot. Physiologie et moeurs de l'Hehce pomatia. Bibliotheque universelle et Revue Suisse. T. XXIII. 1865. p. 625 ä 656. 15. Fack und Möbius, Langlebigkeit der Schnecken. Schriften des naturwiss Vereins f. Schleswig-Holstein. Bd. I. Kiel 1873/75. S. 21. IG. Paul Fischer, De l'Epiphragme et de sa formation. Journal de Conchylio logie. T. IV. Paris 1853. p. 397—403. 17. A. Fleischmann, Die Bewegung des Fußes der LamelUbranchiaten. Zeit Schrift f. wiss. Zool. Bd. XLIL 1885. S. 367—431. 18. — Die Wasseraufnahme bei Mollusken. Biol. Centralbl. Bd. VIL 1888 S. 713—717. 19. B. Gaspard, Beiträge zur Physiologie der Garten Schnecke (Helix pomatia) Deutsches Ai'chiv f. d. Physiologie. Hrsg. v. Meckel. Bd. VIII 1823. S. 243—269. 20. Carl Gegenbaur, Grundzüge der vergleichenden Anatomie. 2. Auf! Leipzig 1870. 21. Otto Goldfuss, Die Binnenmollusken Mitteldeutschlands. Leipzig 1900, 22. Hermann Griesbach, Über das Gefäßsystem und die Wasseraufnahme bei den Najaden und Mytiliden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXVIII 1883. S. 1—44. 23. W. Hartwig, Lange Lethargie der Schnecken. Der Zoologische Garten 1889. S. 285-286. 24. 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S. 656—664. 31. — Zur Biologie von Limax variegatus. Zool. Anz. Bd. XXVII. 1904. S. 571-578. 32. — Zuchtversuche mit Campylaea cingulata Studer. Abhandl. d. Sencken- bergischen Naturforsch. Gesellsch. Frankfurt. Bd. XXXII. 1910. S. 253—267. 33. Lambotte, Diminution du poids de l'Helix pomatia pendant rhibernation. Annales d. l. Societe Malacologique de Belgique. Tome I. BruxeUes 1863. 34. Arnold Lang, Kleine biologische Beobachtungen über die Weinbergschnecke (Helix pomatia L.). Viertel]' ahrsschr. d. Naturforsch. Gesellsch. Zürich. Bd. XLI. 1896. Festschr. IL Teil. S. 488—495. 35. — Über den Herzschlag von Hehx pomatia L. während des Winterschlafes. Festschrift z. 60. Geburtst. Ricir. HertwiCxS. Jena 1910. Bd. III. S. 1—14. 36. Johann Carl Leüchs, Vollständige Naturgeschichte der Ackerschnecke nebßt Anleitung zur Anwendung sicherer und erprobter Mittel zur Verhütung der starken Vermehrung und zur Vertilgung derselben. Ge- krönte Preisschrift. Nürnberg 1820. 336 S. 37. 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Zuerst stellte Ascanius und Rathke die Art im Jahre 1767 an der norwegischen Küste fest und reihte sie als Hohthuria intestinalis der Familie der Aspidochiroten ein. In den nächsten Jahren wurde sie in mehreren faunistischen Ar- beiten von verschiedenen nordischen und englischen Forschern (M. Sars, Cr. 0. Sars. Düren und Koren, Lütken, Forres und Goodsir) kurz und ohne weitere Angaben aufgeführt; erst Lampert (1885), Theel (1886) und Marenzeller (1893) sind die ersten, die uns Näheres über die Kalkkörper und die gröbere Anatomie unsres Tieres mitteilen. Theel stellte im Jahre 1886 (Blake) der echten Holothuria intestinalis eine neue, ihr sehr nahestehende Art unter dem Namen Holothuria verillii gegenüber und Marenzeller verkündete als erster das Vorkommen beider Arten im Mittelmeer. Nachdem Ludwig (1894) diejenigen Gat- tungen unter den Holothuriiden, die der Fühlerampullen entbehren, als eine neue Subfamilie der Synallactinae von den übrigen getrennt hatte, folgte Oestergren (1896) einer Andeutung desselben Forschers und nimmt beide Arten als Mesothuria intestinalis, bzw. verillii in die genannte Subfamilie auf. Dabei geht er auch auf anatomische Ver- hältnisse ein und macht auf die höchst eigenartige Zwittrigkeit auf- merksam. Er bemerkt jedoch, daß Theel diese Eigenschaft unsres Tieres schon vor ihm beobachtet habe und kündet ausführlichere Be- richte dieses Forschers über die Geschlechtsorgane an, die Theel denn auch im Jahre 1901 erscheinen ließ. Ein Jahr vorher hatte Ludwig in seiner Zusammenstellung der arktischen und subarktischen Holo- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 13 186 Wilhelm Haanen, thurien über die geographische Verbreitung genaue Auskunft gegeben und dabei mit Koehler (1896) die beiden Arten vereinigt. Demgegen- über wollen Oestergren (1903), Perrier (1902) und Herouard (1902 und 1906) an der Verschiedenheit der beiden Formen festhalten und sie, wenn auch nicht als gänzlich verschiedene Arten, so doch wenig- stens als Subspezies oder Varietäten getrennt wissen. Herouard glaubt (1902) an seinen im Golf von Biscaya gefangenen Exemplaren von Mesothuria verillii Tentakelampullen entdeckt zu haben und stellt wegen der Verschiedenheit der radialen und interradialen Ampullen eine ganz neue Gattung Ällantis auf, worin ihm Oestergren (1903) aufs entschiedenste widerspricht. Der Letztere will aber nun (1896, S. 357 und 1907, S. 203) die ganze Subfamilie der Synallactinae als vierte Familie unter die Ordnung der Elasipoda stellen, nachdem Lud- wig schon (1894) die Mittelstellung der Synallactinae zwischen den Holothuriinae und den Elpidiidae genügend hervorgehoben hatte. Auf die genaueren Einzelheiten kann ich an dieser Stelle nicht eingehen und werde in den betreffenden Kapiteln darauf zurückkommen. Zum Schluß dieses historischen Überblicks erwähne ich noch einige kurze Untersuchungen, die G. Retzius 1906 und 1910 über die Spermien und die Verteilung der Sinnesnervenzellen bei unsrer Art in seinen biologischen Untersuchungen niedergelegt hat. Im übrigen sind keinerlei Einzelheiten histologischer Natur weder bei Mesothuria intestinalis noch bei irgend einem andern Vertreter der Synallactinae bekannt geworden. Synonymik. 1767 Holothuria intestinalis Ascanius u. Rathke, S. 5, Taf. XLV. 1835 Fistularia mollis M. Sars, S. 40. 1846 Holothuria intestinalis Düben u. Koren, S. 320 — 322, Taf. IV^ Fig.28. FoRBEs u. GooDsiR, S. 309, Taf. IX, Fig. 1. LüTKEN, S. 68 u. 104. M. SARS, S. 113. Selenka, S. 93 u. 280. M. SARS, S. 3—4. Heller, S. 74. G. 0. SARS, S. 28. Anm. V. Marenzeller (Mittelmeer), S. 121. MöBius u. Bütschli, S. 151. Danielssen u. Koren, S. 78, 81. 1851 » >> 1857 >> >> 1861 » » 1867 » >> 1868 Thyonidium scabrum 1868 Holothuria intestinalis 1872 1877 1875 1882 Anat. u. histül. Studien au Mosothuria intestinalis (Ascanius u. Rathkc). 187 1883 1885 1885 188G 1880 1880 1889 1890 1891 1892 1892 1893 1893 1893 1893 1895 1895 1890 1890 1890 1890 1890 1897 1897 1898 1898 1899 19U0 1901 1901 1902 1902 1902 1903 1903 1900 1900 1900 HoJothuria intestinalis Ludwig (Kieler Museum), S. 174. » » Jarzynski, S. 171. » Lampert, S. 00—01, 288. » Kükenthal u. "Weissenborn, S. 780. » Theel (Challenger), S. 209. verillii Theel (Blake), S. 0. » intestinalis Grieg, S. 7. » » HoYLE, S. 458—470. >> » Sladen, S. 702. » » BELL(Catalogue),S. 48— 49,Taf.VI,Fig.3. » » Bell (Fingal), S. 522. >> » Nordgaard, S. 10. >> » Steindachner, S. 440. >> verillii v. Marenzeller( Atiantique Nord), S. 7—9, Taf. I, Fig. 2 u. Taf. II, Fig. 2. >> intestinalis v. Marenzeller (Mittelmeer), S. 15. >> » V. Marenzeller (Mittelmeer), S. 21 u. 24. >> >> Sluiter, S. 78. >> » koehler, s. 100 — 108. Mesothuria » Oestergren, S. 347 — 351, Taf. XVIII, Fig. 1—20. Holothuria » Appellöf, S. 4, 0 u. 11. >> » Grieg, S. 4 u. 12. » (var. verillii) Herouard, S. 103. >> intestinalis Appellöf, S. 12. Mesothuria >> Grieg, S. 30. » » Grieg, S. 4, 5, 7, 11, 12, 24. >> >> Ludwig, S. 9 u. 10 — 11. >> >> Aurivillius, S. 10. » » Ludwig (Arkt. Holoth.), S. 138—139. » » Sluiter, S. 28. » » Theel, S. 1—38 u. 2 Tafeln. Allantisint. (var. ■yenZZ^■) Herouard, S. 18 — 21, Taf. I, Fig. 3 — 0. Mesothuria intestinalis R. Perrier, S. 304 — 307. >> verillii Atlantis intestinalis Mesothuria >> >> » >> >> Holothuria >> R. Perrier, S. 307—312. Belage u. Herouard, S. 324. Oestergren, S. 0, 7 u. Appendix. Herouard, S. 5 u. 7. Retzius, S. 113—117, S. 114. Mac Bride, S. 570. 13* 138 Wilhelm Haanen, 1907 Mesothuria intestinalis Oestekgren, S. 203. 1910 » » Retzius, Taf. XV, Fig. 45—50. 1912 » » Grieg, S. 11. I. Geographische Verbreitung. Die Durchsicht der in der obigen Tabelle aufgeführten Literatur ergab, daß die geographische Verbreitung von Mesothuria intestinalis sich lediglich auf die atlantisch-subarktische Region beschränkt. Im einzelnen möchte ich hier auf die schon erwähnte Abhandlung Lud- wigs verweisen und nur die seitdem angegebenen Fundorte zusammen- stellen. Im Jahre 1902 wird Mesothuria verillii von Herouard an den Azoren gefunden und beide Arten wurden von Perrier zum ersten Male an der Nord- und Nordwestküste Afrikas zwischen Marokko und den Kanarischen Inseln festgestellt. Oestergren (1903) und Grieg (1912) verzeichnen ihren nochmaligen Fang an Norwegens Küsten und die Exemplare, die mir durch die Freundlichkeit des Herrn Geheim- rat Ludwig zur Bearbeitung überwiesen wurden, stamnien aus der Um- gebung von Neapel, wo die Art auch im vorigen Jahre wieder in überaus großer Zahl gefangen wurde. Die tiefsten Fundstellen gibt Perrier für Mesothuria verillii mit 4255 m in der Nähe der Azoren an. Schon Marenzeller (1893) fiel die Tatsache auf, daß gerade dieses Tier fast stets in sehr großen Tiefen vorkommt, während die eigent- liche Mesothuria intestinalis viel mehr an der Oberfläche, bis 18 m unter dem Meeresspiegel, lebt. II. Gesamt-Aussehen. Die äußere Form unsres Tieres ist durchaus walzenförmig cylin- drisch, nach vorn und hinten ein wenig konisch verjüngt. Nur bei dem in Alkohol konservierten Material findet man manchmal Exemplare, die eine kleine Abplattung ihrer Bauchseite zeigen, eine Erscheinung, die aber lediglich auf Schrumpfung durch das Konservierungsmittel zurück- zuführen ist. Denn eine ähnliche Beobachtung kann ich bei keinem der Tiere bestätigen, die in Formol konserviert waren. Außerdem kann im Alkohol manchmal der umgekehrte Fall eintreten, daß sich nämlich die Bauchseite ganz unnatürlich vorwölbt und die Rückenseite flach wird. Infolge der großen Kontraktionsfähigkeit des Tieres erscheint die Haut mit kleinen zarten Falten versehen, ist sonst aber äußerst weich und läßt die Längsmuskulatur durchschimmern; von Farbe ist sie bei den in Formol fixierten Tieren rein- bis grauweiß, mit einem kleinen Stich ins Gelbliche und Violette. Im Alkohol wird sie undurch- Aiiat. u. liistol. Studien an Mesotluiria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 18& schimmernd und bekommt ein mehr (xler weniger gelbes und dabei oft stark gerunzeltes Aussehen. Der Mund zeigt eine ausgesprochen subventrale Stellung und ist mit einem Kranze von 20 kleinen, schild- förmigen Tentakeln versehen, wie wir sie typisch bei den Aspidochiroten ausgebildet sehen. Selten findet man nur 19 oder gar 18 dieser Fühler; häufiger kann es vorkommen, daß ein beschädigter Fühler eine verloren gegangene Endscheibe nicht wieder regeneriert und nun als kleiner Stumpf zwischen den andern Fühlern versteckt liegt. Diese Tentakel sind im Mittel 5 mm lang und alle gleich groß, sie können mitsamt dem Peristom in das Innere hineingeklappt werden. Über den ganzen Körper sind echte Füßchen, niemals Papillen, ganz unregelmäßig und ohne jede Reihenordnung verteilt. Sie alle haben eine Endscheibe mit Gitterplatte, sind aber in bezug auf die Größe ihrer Ausbildung an den einzelnen Körperregionen verschieden. An den beiden seitlichen Radien des Triviums sind sie bedeutend länger als auf dem Rücken und Bauch und auf ersterem besser als auf letzterem angedeutet. Bei manchen Exemplaren muß man Stückchen der Haut aufhellen, um unter dem Mikroskop die gitterförmigen Endplatten und damit ein wirkliches Vorhandensein von Füßchen an jenen Stellen zu erkennen. Es ist das eine Tatsache, die schon durch Oestergren (1896, S. 347), Perrier (1902, S. 305) und Herouard (1906, S. 6) genügend erläutert worden ist und zu einem Vergleich mit einer angedeuteten Kriechsohle, wie sie den Elpidiiden (Elasipoda) in typischem Maße eigentümlich ist, berechtigten Anlaß gegeben hat. Nur wenige meiner Exemplare weisen eine Länge von mehr als 20 cm auf. Das größte ist 24,5 cm lang und über 4 cm breit. Bei den meisten schwankt die Länge zwischen 9 bis 11 cm und die Breite zwi- schen 2,5 bis 3 cm. Die genaue Längenangabe hat keinen Zweck, weil die Größe und Breite konservierter Tiere nur allzusehr von dem jewei- ligen Kontraktionszustand abhängig ist. Tiere, die sich dicht mit Fremdkörpern bedeckt haben, befinden sich sehr in der Minderzahl. Die meisten sind frei oder nur mit sehr kleinen Mengen von solchen Fremdkörpern, wie Muschel- oder Fora- miniferenschalenresten oder kleinen Steinchen oder Schlammteilchen besetzt. Perrier befindet sich im Unrecht, wenn er (1902, S. 310), um die Verschiedenheit von Mesothuria intestinalis und verillii zu er- läutern, das Fehlen oder Vorhandensein eines solchen Belages auf eine Verschiedenheit der Drüsenelemente zurückführt. Wenigstens für Mesothuria intestinalis, die sich ja nach Perrier im Gegensatz zu Me- sothuria verillii mit Fremdkörpern zu bedecken pflegt, konnte ich 190 Wilhelm Haanen, Drüsenzellen in der Haut nirgendwo nachweisen, und wenn auf Quer- schnitten durch die Haut die Cuticula manchmal mit etwas Meerschlamm besetzt ist, so muß man das Anhaften dieses Schlammes dessen Klebrig- keit zuschreiben. Überall kann man sehr deutlich erkennen, daß die Fremdkörper, wahrscheinlich absichthch, stets nur mit den Saugfüßchen festgehalten werden. Dabei können dann diese starren Teilchen als Schutz und mehr noch als besseres Fortbewegungsmittel durch den weichen Schlamm dienen. III. Kalkkörper der Haut. Bei der systematischen Wichtigkeit der Kalkkörper ist es nicht zu verwundern, daß diese von den in der Einleitung genannten Autoren am meisten Beachtung gefunden haben. Der Vollständigkeit wegen muß ich auch meine Beobachtungen über die Kalkkörper hier an- fügen. In der äußersten Bindegewebsschicht der Haut finden sich direkt unter der Epidermis nur Stühlchen, keine Schnallen. Wie bei allen derartigen stühlchenförmigen Kalkablagerungen liegt die Scheibe stets nach innen, die Krone nach außen gerichtet. Dabei kann die letztere Epithel und Cuticula zu kleinen Vorwölbungen nach außen vorstülpen. Die Scheiben haben einen welligen, glatten, niemals be- dornten Rand, und rund um ein centrales Loch gruppiert sich in der Regel ein Kreis von acht kleineren Löchern. Weniger häufig kommen auch mehrere (2 bis 3) peripherische Löcherkreise vor, deren Löcher nach der Peripherie zu immer kleiner werden. Die meisten Stühlchen sind vierstäbig, doch finden sich ab und zu drei- und noch seltener f ünfstäbige vor (Taf . V, Fig. 9, 14 u. 15). Die Krone ist in der Regel eine einfache Querverbindung der vier Stäbe, die sich nach innen und außen ein wenig verbreitert und von vier bis über zwanzig Dornen trägt. Diese sind niemals ganz spitz, sondern an ihrem Ende mehr oder weniger abgerundet. Gerade die Bildung der Krone bedingt jene Va- riabilität, die schon Theel (1886) an den Stühlchen der Mesothuria verillii aufgefallen ist. Seltener beruht diese auf Abnormitäten und Mißbildungen des ganzen Stühlchens, wie das Fig. 11 auf Taf. V deut- lich macht. Die Dichte in der Anordnung der Stühlchen ist natürlich je nach dem Kontraktionszustand des Tieres verschieden. Bei ziemlich aus- gestreckten Exemplaren berühren sich die Ränder der Scheiben, bei stark kontrahierten überdecken sie sich zum Teil. In den Füßchen gibt es ebenfalls nur Stühlchen von derselben Bauart und Größe wie in der Körperhaut. Bei allen Füßchen, auch bei den rudimentären der Anat. u. hi.stol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathkc). 191 Bauchhaut ist stets eine Gitterplatte mit sehr vielen kleinen Löchern deutlich zu sehen (Fig. 21). In den Tentakeln finden sich niemals Stühlchen, sondern stets nur Stützstäbe, die bedeutend größer als jene sind. Meist sind sie ein- fach, gerade oder gebogen und mit Dornen unregelmäßig besetzt. Sel- tener konnnen seitliche Ausstülpungen vor. die sich verbinden und so ein plattenähnliches Aussehen bekommen können (Fig. 20). Bis nahe imter das Sinnesepithel liegen sie oft sehr dicht, in der seitlichen Wan- dung stehen sie unregelmäßig quer zur Längsachse des Fühlers, in dena Endschild sind sie strahlenförmig angeordnet. In der Mundhaut kommen neben den Stützstäben der Tentakel auch dornenlose, größere Platten in ziemlicher Menge vor (Fig. 8). Die Afteröffnung wird von einigen Kränzen solcher plattenförmigen Kalkkörper umgeben, die viel größer und auch dicker als die Stühlchen- scheiben sind. Sie sind länger als breit und ihre Längsrichtung fällt mit der des Körpers zusammen (Fig. 19). Sehr dicht mit kleinen Kalkkörperchen sind die Lumina des Stein- kanals und der Madreporenkanälchen umlagert. Hier findet man neben kleinen Stäbchen und Plättchen zumeist äußerst bizarre und kom- plizierte, dreidimensionale Formen, die dadurch entstehen, daß sich einfache Stäbchen nach allen möglichen Richtungen des Raumes ver- zweigen. In bezug auf die Größenverhältnisse der einzelnen Kalkkörper ergab sich: .. I Scheibe 0,06 —0,09 mm, selten 0,11—0,14. , Krone 0.016—0.028 » » 0,031. chen J Höhe 0,06—0,07 » » 0,088. Tentakelstäbe 0,4 —0,58 » Afterplatten 0,39—0,49 » Gitterplatten ] 0,34 (seitliche Radien). der Füßchen J 0,14—0,16 » (Bauch u. Rücken). Die Meinung Marenzellers, daß die Stühlchen zweistöckig seien, ist schon 1902 durch Hkroüard widerlegt worden. In der Tat kann man noch bei älteren Tieren die einzelnen Entwicklungsstadien der Stühlchen deutlich verfolgen. Man sieht, wie die ersten Verzweigungen des Primärkreuzes sich nach unten umbiegen, während gleichzeitig an der entgegengesetzten Seite dieser Verzweigungen die vier Stielstäbe ansetzen. Die ersteren schließen sich zu einem centralen Loch und weitere Verzweigungen bilden die peripherischen Löcherkreise, während 1^2 Wilhelm Ilaanen, . . an die Stäbe die Krone ansetzt. Dadurch erscheint das fertige Stühl- chen zweistöckig, in Wirklichkeit stellt das erste Stockwerk nur das in die Höhe gehobene Primärkreuz dar. Verschiedenheiten in der Anordnung der Kalkkörper an den ein- zelnen Körperregionen oder in der Ausbildung bei jüngeren und älteren Tieren konnte ich nicht feststellen. Jedoch standen mir allzu große Altersunterschiede nicht zur Verfügung. Die Geschlechtsbasis, an deren Ausbildung man das Alter der Tiere (natürlich nur vergleichsweise) schätzen kann, war bei allen meinen Exemplaren schon mehr oder weniger deutlich angelegt. Der Kalkring besteht, wie typisch, aus fünf radialen und fünf interradialen Stücken. Die Interradialia sind kleine Stäbe mit einem nach oben gerichteten Fortsatz in der Mitte, Die Radialia sind be- deutend größer, haben an der unteren Seite eine größere und an der Oberseite drei kleinere Einbuchtungen, durch deren mittelste, tiefere, das Wassergefäß in die Haut umbiegt (Fig. 3). Größe und Gestalt dieser Einbuchtungen unterliegt bei den einzelnen Tieren geringen Schwankungen. Die subventrale Stellung des Mundes hat eine ver- schiedene Größe der dorsalen und ventralen Radialia zur Folge. Diese sind im Mittel 3, jene 3,5 mm hoch. Auf die Beziehung zwischen Kalk- ring und Hauptkanälen werde ich bei der Besprechung des "Wasser- gefäßsystems näher eingehen. IV. Technische und Färbemethoden. Von den 28 Tieren, die mir zur Untersuchung vorlagen, waren 16 in Alkohol, die übrigen in Formol konserviert. Da die ersteren teil- weise schon seit 1882 in Alkohol gelegen hatten, waren die Gewebe zum Teil maceriert und zu histologischen Untersuchungen völlig unbrauch- bar geworden. Die in Formol fixierten Tiere stammen aus dem vorigen Jahr (1912) und waren so gut erhalten, daß nicht einmal die Kalk- körper, die sonst von Formol angegriffen zu werden pflegen, irgendwie beschädigt waren. Von den Einbettungsmethoden lieferte die einfache Paraffin- einbettung verhältnismäßig bessere Resultate, als die komplizierte Celloidin-Paraffindurchtränkung. Harte Stücke z. B. entkalkte Haut- stücke, müssen durch Cedernöl, Cedernöl-Paraffin durchgeführt wer- den. Die bequemste Entkalkungsmethode ist die tropfenweise Bei- fügung von konzentrierter Salpetersäure in größere Mengen etwa 80%igen Alkohols, Für Kernfärbungen nahm ich Thionin, DELAFiELDsches Häma- Aniit. u. histol. StiKÜcn an .Mcsotliuria intt-stiiialis (Ascauius u. Ratlikc). 193 toxylin und HEiDENHAiNsches Eisenhäiiiatoxylin; daneben benutzte ich Boraxkarniin zur Stückfärbung. Das letztere reicht gewöhnlich zur Färbung sehr dünner 8c'hnitte nicht aus, leistet aber bei hinter- her aufgehellten Totalpräparatcn ausgezeichnete Dienste. Thionin ist neben Eisenhämatoxylin der beste Kernfarbstoff, hat aber die un- angenehme Eigenschaft, oft schon in ganz kurzer Zeit zu verblassen. DELAFiELDsches Häniatoxvlin färbt auch das Bindegewebe und eignet sich vorzüghch zum Nachweis feiner, bindegewebiger Membranen, z. B. der Scheidewand des Radialnerven. Zur Nachfärbung nach Dela- FiELDschem Hämatoxylin fand ich nur Eosin oder Säure fuchsin ge- eignet. Nach vorhergegangener Kernfärbung mit Eisenhämatoxylin konnte ich dagegen fast alle mir zur Verfügung stehenden Plasmafarb- stoffe mit gutem Erfolg anwenden, z. B. Eosin, Wasserblau, Säure- fuchsin, Pikrinsäure, Dahlia, Methylgrün u. a. Die besten und schönsten Differenzierungen ergaben die Kombinationen: Eisenhämatoxylin, Pikrinsäure-Säurefuchsin oder Pikrinsäure-Wasserblau. V. Haut. Cuticula, Epidermis, Bindegewebsschicht, Quermuskulatur und Cölomepithel sind die von außen nach innen aufeinanderfolgenden. Schichten der Körperhaut aller bisher daraufhin untersuchter Holo- thurien. Dieser älteren Zusammenfassung der einzelnen Hautschichten möchte ich mit Becher (1907) den Vorzug geben vor derjenigen, die Herouard (1890) hauptsächlich nach Beobachtungen an Cucumaria und Colochirus aufgestellt hat. Diese unterscheidet Cuticula, Epider- mis und den äußeren Teil des Bindegewebes als zone externe, die Muskelschicht und Endothel als zone interne und als zone moyenne eine mittlere, aus AVanderzellen bestehende Lage. Neben dem Umstand, daß hier entwicklungsgeschichtlich zusammengehörige Schichten getrennt werden und umgekehrt, trifft bei unsrer Art die Vermutung Bechers zu, daß die zone moyenne sicher nicht allen Holothurien zukomme. Wohl treten überall im Bindegewebe der Haut beladene wie unbeladene Wanderzellen auf, doch ordnen sie sich in keiner Weise zu einer zu- sammenhängenden Schicht, sondern finden sich in annähernd gleicher Verbreitung in der ganzen Breite der Cutis. Eine Nervenlage, wie sie Herouaru in der zone moyenne findet, fehlt bei Mesothuria gänzlich. a) Cuticula und Epidermis. Die gesamte Körperoberfläche ist von einer äußerst dünnen, glas- hellen Cuticula überzogen, die sich nicht färben läßt und darum an lO-l Wiliielm Haancn, vielen Stellen sehr schlecht nachzuweisen ist. Ihr Vorhandensein wird dadurch zur Gewißheit, daß sie sich in vielen Fällen von der dicht darunterliegenden Epidermis abhebt. In der Mundhaut ist sie am stärk- fcten entwickelt und geht direkt in die etwas dickere Cuticula der Darm- wand über. Eine mehr oder weniger allen Holothurien zukommende Eigen- tümlichkeit ist die undeutliche Ausbildung des Körperepithels. Bei Synafta sehen wir nach Hamann (1884) und Joukdan (1883) noch cylin- drische Epithelzellen, die ein einigermaßen zusammenhängendes Ganzes bilden. Bei unsrer Art besteht die Epithelschicht aus protoplasma- armen Zellen, die unter der Cuticula sehr unregelmäßig verteilt liegen. Dabei dringt das Bindegewebe zwischen den freien Zwischenräumen hindurch bis dicht unter die Cuticula und die Undeutlichkeit der Zell- grenzen erhöht die Unklarheit des Bildes. Kontraktionen und Falten- bildungen der Haut haben zur Folge, daß die Epithelzellen sich an einzelnen Stellen der Schnitte dicht anhäufen, an andern gänzlich fehlen können. Dazwischen findet man Bindegewebszellen und die verschiedenen Arten von Wanderzellen eingelagert. Hautdrüsenzellen scheinen am deutlichsten und häufigsten bei fußlosen Holothurien beobachtet worden zu sein (Danielssen und Koren (1882) bei Acan- ihotrochus, Hamann (1884) bei Syna/pta und Becher (1907) bei Rhab- domolgus). Unter den Pedaten werden derartige Zellen nur bei Kolga hyalina von Danielssen und Koren beschrieben und als einzige Art unter den Aspidochiroten wird von Jourdan (1883) Stichopus regalis genannt. Aber auch hier fehlt die nähere Beschreibung und Darstel- lung auf seiner Abbildung. Diese Drüsenzellen könnten in gewisser Hinsicht einen Ersatz darstellen für die Ambulakralfüßchen, indem das ausgeschiedene Secret auf schlüpfriger Unterlage besseren Halt, auf rauher Unterlage bessere Bewegungsmöglichkeit gewährt. Da- durch wäre denn auch der völlige Mangel dieser drüsigen Zellelemente bei unsrer mit Saugfüßchen reich ausgestatteten Art einigermaßen ver- ständlich. Selbst bei Färbung mit DELAFiELDschem Hämatoxylin oder Thionin konnte ich auf Hunderten von Schnitten keinerlei Drüsen- zellen in der Haut wahrnehmen, obschon solche bei demselben Exem- plar und derselben Behandlung im Magen sehr deutlich und scharf hervortraten. Weniger leicht hätte ich ohne Macerationspräparate das Nicht- vorhandensein von Sinnesnervenzellen in der Haut behaupten können, wenn nicht die Arbeit von Ketzius (1906) meine Beobachtungen in dieser Hinsicht ergänzt hätte. Dieser Forscher behandelte die Haut Anat. u. histol. Studik-ii an Mc'!?othuiia intestinalis (Ascanius u. Rathkc). 195 unsres Tieres mit Silberiütrat und küunte Siiiuesnervenzellen in der Haut überhaupt nicht, dagegen in den Endscheiben der Füßchen und Tentakel sehr wohl nachweisen. b) Cutis. Den größten Teil der Haut nimmt auch bei unsrer Art die Leder- haut ein, die, wie überall bei Holothurien, aus einer hyalinen Grund- substanz und zur Hauptsache aus Fasern besteht. Die Grundsubstanz, die sich mit Thionin oder DELAFiELDschem Hämatoxylin an einzelnen Stellen nachweisen läßt, ist jedenfalls beim lebenden Tier gallertig und gerinnt beim Fixieren des Materials. Man findet sie nur selten ver- dichtet und dann stets da, wo sie mit andern Gewebsteilen zusammen- stößt, z. B. über dem Epineuralkanal und unter der Stühlchenschicht. Die Cutis ist deutlich in zwei Schichten gesondert. Wegen der großen Zahl der Kalkkörper enthält die äußere nur spärliche, dünne Faser- bündel, die sich durch die Epithelzellen hindurch bis zur Cuticula vor- drängen können. Diese Lage hat ungefähr die Höhe eines Stühlchens, ist demnach sehr dünn und beträgt kaum ein Zehntel der ganzen Cutis. Die Faserbündel werden in der inneren Schicht, die gänzlich frei von Kalkablagerungen ist, zahlreicher und nehmen nach innen zu immer an Dicke zu. Ihr Verlauf ist unregelmäßig, doch ist die zur Längsachse des Tieres senkrechte Richtung die weitaus häufigste. In der Mund- haut und in den Tentakelwandungen bildet die Cutis nur eine Schicht, die von vielen Maschen durchbrochen wird, in denen die Stützstäbe und Platten liegen. Die Bindegewebszellen sind auch hier stets mehr- fach verästelt und in sehr geringer Anzahl vorhanden. Während das Epithel und die äußeren Lagen des Bindegewebes frei von Pigment- ablagerungen sind, finden wir an der Innenseite, dicht über der Quer- muskulatur, besonders bei größeren und älteren Tieren, zahlreiche An- häufungen von Pigmentkörnern. Diese Pigmentierung tritt nach öffnen des Tieres in Gestalt kleiner, brauner, kreisförmiger Flecke auf und ist auf dem mittleren Radius des Triviums am stärksten ausgebil- det, nimmt dagegen nach dem Rücken zu allmählig ab. Am Grunde der Tentakel finden sich zwischen den einzelnen Fühlern ebenfalls größere Ansammlungen solcher Pigmentkörner, die sich auch äußer- lich als gelbbraune, große Flecken bemerkbar machen. Pigmentzellen habe ich nicht nachweisen können. c) Quermuskulatur. Wie bei allen pedaten Holothurien ist auch bei Mesothuria die Quermuskulatur eine ziemlich kräftig entwickelte Lage ringförmig ver- 19G Wilhelm Haaiien, laufender Faserbüüdel , die an den Kadien unterbrochen sind. Die glatten, oft sehr langen Fasern liegen zuweilen locker, so daß das Binde- gewebe zwischen sie eindringen kann. Mitunter kann sich auch der ganze Strang etwas vom Epithel entfernen und in das Bindegewebe verlagern, so daß sich eine zweite, außerhalb der Muskulatur gelegene Bindegewebsschicht zeigt. Diese Verlagerung, in das Bindegewebe wird dort vollständig, wo die Quermuskulatur in den Kreismuskel des Schlundkopfs übergeht. Diesen kann man am besten mit einem lan- gen, flachen Band von ziemlich kräftiger Ausbildung vergleichen, das unterhalb der Tentakelbasis, aber außerhalb des Fühlerkranzes ge- legen, den ganzen Schlundkopf kreisförmig umgibt. (Taf. V, Fig. 2, g-.) Durch seine Kontraktion kann das Peristom mitsamt den Fühlern in das Innere hineingeklappt werden. Der Kreismuskel ist in dem Binde- gewebe vollständig eingebettet und steht in keinem Zusammenhang mit der Kreismuskulatur, die als direkte Fortsetzung derjenigen des Ösophagus den Mund umgibt. Diese an der Innenseite der Fühler gelegene Ringmuskellage des Mundes ist äußerst schwach, setzt sich in der Nähe des Nervenringes an und geht ohne irgendwelche Ver- breiterung in die Ringmuskelschicht des Darmes über, so daß man von einem Muskelsphincter innerhalb des Tentakelkranzes nicht gut wird reden können. An der Afteröffnung bildet die Quermuskulatur einen gutentwickelten Schließmuskelring und steht durch ihn in di- rektem Zusammenhang mit der Eingmuskelschicht des Enddarms. d) Längs muskulatur. Die Längsmuskulatur besteht aus den fünf sehr kräftig ausgebil- deten Faserbündeln, die, von Bindegewebe und Endothel rings um- hüllt, sich innen an die Radiärkanäle des Wassergefäßsystems an- legen. Im Gegensatz zu den meisten Aspidochiroten hat Mesothuria intestinalis einfache Längsmuskeln und gleicht in dieser Eigenschaft den Elasipoden, Synaptiden und Dendrochiroten. Von den letzteren unterscheidet sie sich durch das gänzliche Fehlen der Rückziehmuskelu. In der Nähe des Schlundkopfs ist der Querschnitt des Längsmuskels bohnenförmig rundlich, wird aber nach der Körpermitte zu ganz be- deutend länger und schmäler und nimmt am After allmählich an Aus- dehnung ab. Durch den Besitz eines besonders kräftigen Längsmuskels ist der mittlere Radius des Triviums ausgestattet. Die Längsmuskeln setzen sich ungefähr in gleicher Höhe, nur mehr nach innen, wie die Kreismuskelschicht des Schlundes, also oberhalb des Kalkrings, in dem die Hauptkanäle umgebenden Bindegewebe an (Fig. 5 Im). Sie stehen Anat. u. histol. 8tudion an Mosothnria intestinalis (Ascanius u. Rathkc). 197 weder dort noch auch an der Afterüt'fnung in irgend einer Verbindung mit den Läugsmuskehi des Darnitractus. e) Endothel. Das Cölomepithel ist ein «äußerst flaches Plattenepithel, dessen Zellgrenzen nicht mehr zu erkennen sind. Man hat daher den Eindruck einer dünnen Membran, an der sehr häufig rundlich-ovale Kerne liegen. Schon weiter oben bemerkte ich, daß dicht unter dem Endothel sehr häufig eine deutliche Bindegewebsschicht liegt, die auch bei einigen andern Holothurien gefunden worden ist und die nach Becheks sehr einleuchtender Ansicht (1907) lediglich durch Verlagerung, d. i. Ent- fernung der Muskulatur von ihrem Entstehungsort. dem Cölomepithel, entstanden ist. Die gleiche Bindegewebslage konnten bereits Danielssen und Koren (1882) für Trochostoma thomsonii beschreiben. Auch bei Mesothuria findet sich eine peritoneale Auskleidung der Leibeshöhle (Peritoneum Ludwigs 1889 — 92), die nicht bei allen Holothurien vor- kommt. Becher hat (1907) sie z. B. bei Rhabdomolgus nicht wieder- finden können, vielmehr hängt dort noch die Muskulatur dicht mit dem Cölomepithel zusammen. VI. Wanderzellen.^ Die bis jetzt bei Holothurien gefundenen Wanderzellen lassen sich einteilen in: 1) Blutzellen und unbeladene Plasma wanderzellen, 2) sog. beladene, d. s. körnchentragende Plasmawanderzellen, 3) Exkretions- zellen und 4) Freßzellen. Während die unter 1) angeführten Zellen bei allen Holothurien aufzutreten scheinen, wechseln die übrigen, was Vorkommen und Aus- sehen anbelangt, bei den einzelnen Familien und Gattungen beträcht- lich. Eine Übersicht über die verschiedenen Ansichten der einzelnen früheren Forscher gibt Bechers erwähnte Abhandlung über Rliah- domolgus (1907). Den Blutzellen, sowie den unbeladenen Plasmawanderzellen, die bei konserviertem Material oft nur schwer zu unterscheiden sind, be- gegnen wir in fast allen bindegewebigen Organteilen unsres Tieres, besonders häufig im Blut- und Wassergefäßsystem. Auch die großen beladenen Plasmawanderzellen, die mit den Schleimzellen Sempers, den Plasmawanderzellen Hamanns imd den cellules muriformes Heroüards zu identifizieren sind, finden sich bei Mesothuria intestitialis ganz außerordentUch häufig. Sie sind im Durchschnitt 7 — 10 */ sroß und liec[en frei zwischen den Lücken aller 198 Wilhelm Haanen, bindegewebigen Teile unsres Tiers. »Sehr auffallend ist das verscbiedene Verhalten der Einschlußkörner den einzelnen Farbstoffen gegenüber, sodaß man zunächst den Eindruck hat, als ob man es mit mehreren, ganz verschiedenen Arten von Zellen zu tun hätte. Theel findet sie (1901) in den Bindegewebsteilen der Geschlechtsorgane und nennt sie »cells with spheres«. Diese Zellen mit Kugeln, die man ungefärbt am besten untersucht, indem man einfach ein Stück des Dorsalmesen- teriums von der Fläche unter starker Vergrößerung betrachtet, zeigen in diesem ungefärbten Zustande genau das Aussehen, das die oben genannten Autoren an den großen beladenen Plasmawanderzellen be- schrieben und abgebildet haben. Bei Anwendung verschiedener Schnitt- färbungen sieht man nicht mehr, wie im ungefärbten Zustande stark lichtbrechende, tröpfchenähnliche Einschlüsse, sondern ganz massive Körnchen, die oft bis zu 50 in einer Zelle sich vorfinden. Theel sagt von ihnen : »The typical cells are characterized by possessing a number of refringent spheres easily brought to view by dyeing in acid-fuchsine or iron-hämatoxyline <<. Nun ist aber Säurefuchsin ein Plasmafarb- stoff, während Eisenhämatoxylin die Kerne färbt. Es geht also aus Theels Worten hervor, daß auch er schon gesehen hat, daß viele Zellen Körner enthalten, die sich wie Plasma, andre, die sich wie Chromatin färben, ohne diesem Umstand eine unterscheidende Wirkung zuzu- schreiben. In bezug auf die Färbbarkeit der Einschlüsse könnte man sogar drei verschiedene Zellarten unterscheiden, die aber durch Übergänge miteinander verknüpft sind und meiner Meinung nach als verschiedene Stadien einer und derselben Zellart anzusehen sind. Man findet 1) Zellen, deren Einschlußkörner sich wie Chromatin, also schwarz nach Eisen- hämatoxylin, blau nach ÜELAFiELDschem Hämatoxylin färben, 2) Zel- len, in denen sich die genau so großen und in derselben Anzahl vor- kommenden Einschlußkügelchen wie Plasma färben, z. B. mit Eosin hell-, mit Säurefuchsin dunkelrot oder mit Pikrinsäure gelb, mit Pikrin- säure-Säurefuchsin braunrötlich, mit Pikrinsäure-Wasserblau grün und 3) Zellen, die gar keine Einschlußköruer mehr enthalten und in ihrem unfärbbaren, wasserhellen Plasma kleine, blasige, an die Körner er- innernde Strukturen erkennen lassen. Die unter 3) aufgeführte Zellart gleicht also eigentlich allein den ungefärbten Wanderzellen, ist aber sowohl mit der ersten, als auch mit der zweiten Art durch mannig- fache Übergänge sehr deutlich verbunden. Es gibt nämlich bei beiden Arten Zellen, die nur wenige, oft auch gar keine Körner mehr enthalten, dann aber die oben erwähnten Strukturen gefärbt erschei- Anat. u. histol. kStudion an Mcsothuria intestinalis (Ascanius u. Ratlike). 199 neu lassen. Das kann z. B. auf Präparaten, die mit DELAFiELD-scheni Häniatoxyliu und Eosin gefärbt sind, den Anschein erwecken, als ob bei der unter 2) genannten Zellart der Kern, der sonst immer schön blau hervortritt, in diesem Falle rot gefärbt wäre. Indes ist er nur durch die rötlich schimmernde Membran verdeckt. Nur sehr selten findet man jedoch Zellen, in denen, wie ich mich kurz ausdrücken will, chro- matin- und plasmaähnliche Kügelchen mit einander gemischt er- scheinen. Ich habe das mit Deutlichkeit nur auf einem Präparat ge- sehen, das mit DELAFiELDschem Hämatoxylin und mit Eosin ziem- lich stark nachgefärbt war. Da fand ich in sehr vielen Zellen der ersten Art auch wenige Kügelchen, die sich wie Plasma, also in diesem Falle rötlich gefärbt hatten (Fig. 4 d). Es dürfte sich hier um ähnliche Vorgänge handeln, wie sie Becher (1907) für Zellen beschrieb, die de- generierte Kerne fressen und in denen diese degenerierenden Kerne in ihren verschiedenen Stadien der Resorption auch auf die verschie- denen Farbstoffe besonders reagieren. (Vgl. Bechers Taf. XXXII, Fig. 12 u. 13.) Diese Zellart mit unsrer, oben beschriebenen zu identi- fizieren, ist indes nicht wohl denkbar, da jene BECHERschen Zellen keine größere Anzahl von kleineren Kugeln und auch im Verhältnis zur Zelle einen bedeutend größeren Kern besitzen, der überdies auch andre Chromatinstrukturen aufweist. Alle oben besprochenen Zell- arten findet man in annähernd gleicher Häufigkeit nicht nur in den Geschlechtsorganen, sondern auch in sämtlichen andern Organen unsres Tieres. Ihre reichliche Anwesenheit besonders im Ösophagus und Magen läßt mit Sicherheit darauf schließen, daß sie beim Stoff- wechsel eine wichtige Rolle spielen, daß also keinesfalls davon die Rede sein kann, sie, wie Theel das tut, als eigens dazu spezialiserte Gebilde anzusehen, die lediglich unbrauchbar gewordene Teile der Genital- schläuche zu resorbieren haben. Vielmehr scheint es mir, daß man in ■ diesen Zellen typische Exkretionszellen zu erbhcken hat, die an allen Stellen des Körpers die unbrauchbar gewordenen Stoffwechselreste sammeln, sie chemisch zersetzen und dadurch unschädlich machen. Dieses Unschädlichmachen von Exkretionsstoffen wird bei den meisten andern Tieren dadurch erreicht, daß diese Teile einfach aus dem Körper entfernt werden; und so hat man denn auch bei Holothurien lange danach gesucht, irgend eine Öffnung oder Stelle zu finden, wo ein Aus- tritt solcher Exkretionsstoffe stattfinden könnte. Becher hatte be- reits 1907 bei Rhahdomolgus ruber einen größeren Wanderzellenklumpen in dem hinteren Teile der Leibeshöhle gefunden und als Ansammlung von Exkretionsstoffen erkannt; aber erst 1912 konnte er bei Lajxido- 200 Wilhelm Haanen, flax huskii allerdings nur beim lebenden Tier in der Nähe des Afters einen Rückenporus feststellen, durch den der betreffende Wander- zellklumpen ausgestoßen werden kann. Herouard (1890) .findet, daß das aus den Kiemenbäumen ausgestoßene Wasser zellige Elemente enthält und schließt daraus, daß durch die Wandungen dieser Kiemen ein Austritt von Exkretionszellen ermöglicht wird. Bei Mesothuria intestinalis konnte ich wegen Mangels an frischem Material weder Herouards Wahrnehmung, noch auch das Vorhandensein eines Rücken- porus nachprüfen. Indes weisen Quer.-chnitte durch die Kiemen so- wohl im Bau des Innenepithels, als auch in der besonders großen Häufig- keit der Wanderzellen keinerlei Besonderheiten auf; auch existiert bei unsrem Tiere niemals ein solcher Wanderzellklumpen, wie ihn Becher für die beiden genannten Paractinopoden fand. Am ehesten glaubte ich über die Exkretionstätigkeit unserer Wanderzellen Aufklärung zu erlangen, indem ich Stellen untersuchte, die sich offensichtlich in Resorption befinden. Das ist z. B. bei älteren Tieren stets der Fall an dem hinteren, nackten Teil der Genitalbasis, der sich nach dem Verlust der Geschlechtsschläuche nach oben krümmt und dann eine bräunliche Verfärbung annimmt. Diese bräunliche Ver- färbung, die stets die stattfindende Resorption auch äußerlich an- deutet, gleicht genau der Färbung, die das Pigment der Körperhaut der Innenseite unsres Tieres verleiht. Vergleicht man auf Schnitten dieses Pigment der Körperhaut mit den Einlagerungen, die das braun- gewordene Genitalbasisende stets in großen Mengen aufweist, so stellt sich die völlige Identität beider heraus. Man findet nämlich hier, wie dort eine Unzahl kleiner Körnchen oft zu dichten Haufen zusammen- gedrängt, die sich Farbstoffen gegenüber sehr verschieden verhalten. Die kleinen Körnchen haben ungefähr die Größe der Einlagerungen der Wanderzellen, färben sich jedoch nie so intensiv wie diese. Oft nehmen sie gar keine, oder doch nur sehr wenig Farbstoffe auf, oft aber auch übt DELAFiELDsches Hämatoxylin oder Pikrinsäure-Säurefuchsin oder auch Pikrinsäure- Wasserblau u. a. die bekannten Färb Wirkungen mit schwacher Intensität aus* Immer aber findet man in diesen Pigment- klumpen sehr viele Zellkerne, die mehr oder weniger degeneriert sein können. In diesem Falle zeigen sie keine Chromatinstruktur, sondern färben sich stets nach Eisenhämatoxylin ganz schwarz und sind zu- meist etwas eingeschrumpft. Manchmal an Stellen, wo die Pigment- körner weniger dicht zusammenliegen, scheinen sie zu kleinen Häufchen vereinigt, die in bezug auf ihre Größe sehr an unsre Wanderzellen er- innern, doch ist es unmöglich, irgendwelche Zellabgrenzungen fest- Anat. u. histol. Studii'u an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 201 zustellen. Daß imsre Zellen mit Kugeln unter den »Maculae« (vgl. S. 233) der Genitalbasis, also unter den Teilen, die in Anfangsstadien der Resorption stehen, oft sehr häufig auftreten, hebt schon Theel hervor. Obschon wir noch sehr weit davon entfernt sind, die Frage nach den Exkretionsorganen der Holothurien endgültig gelöst zu haben, so dürfte sich diese ebenso interessante wie schwierige Frage durch obige Ausführungen um einen Gesichtspunkt erweitern, wenn man in den Pigmentablagerungen, sowohl denjenigen in der Körperhaut, wie auch in der Genitalbasis, Ansammlungen von Stoffwechselresten erblickt, die von den Wanderzellen gesammelt und unschädlich gemacht worden sind. Anstatt also nach außen befördert zu werden, bleiben diese Reste wenigstens zum Teil als Pigment in den Lücken zwischen den Binde- gewebsfasern der Körperhaut liegen. Dann macht auch die Lage des Tieres es verständlich, wenn sich diese Pigmenthaufen in viel stärkerem Maße auf der Bauchseite ansammeln, wie auf der Rückenseite, Der Umstand ferner, daß sich bei iungen Tieren keinerlei derartiges Piff- ment, weder in der Haut noch in der Geschlechtsbasis vorfindet, bei älteren Exemplaren dagegen mit wachsender Größe das Pigment gleich- falls zunimmt, kann die oben ausgesprochene Vermutung nur be- kräftigen. Anderseits erregt die unregelmäßige Färbbarkeit Bedenken und wird durch komplizierte chemische Vorgänge erklärt werden müssen. Völlige Aufklärung bleibt späteren chemischen und physio- logischen Untersuchungen vorbehalten. Eine weitere Art von Zellen, und zwar Phagocyten, hat schon Theel bei unserm Tier gefunden und >)cells with vacuoles« genannt. Solche Zellen trifft man nur in Geschlechtsschläuchen an, die schon mehr oder weniger ausgewachsene Eier enthalten. Dort resorbieren sie einen Teil der Eier, wahrscheinlich damit den übrigen mehr Nähr- material zukommen kann. Sie sind große rundliche Gebilde, die sich durch starke Vacuolisation ihres hellen Plasmas auszeichnen und in der Größe und Zahl dieser Vacuolen sehr wechselnde Bilder bieten können. Wenn sie nicht vereinzelt im Bindegewebe des Eischlauchs liegen, sondern sich, wie das im Deutoplasma des zu zerstörenden Eies zu geschehen pflegt, zu dichten Gruppen vereinigen, ist es unmöglich, die Zellgrenzen nachzuweisen. Da die meisten meiner histologisch brauchbaren Exemplare in großer Überzahl nur reife männliche Ge- schlechtsschläuche besaßen, habe ich diese Vacuolenzellen auf meinen Präparaten selten angetroffen und verweise auf Theels Beschreibung und Abbildung. Zeitechrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 14 202 Wilhelm Haanen, Neben den bisher genannten kommt als letzte Form von Wander- zellen bei Mesothuria noch eine besondre Zellart vor, die ich fast nie in den bindegewebigen Teilen des Körpers, sondern stets dem Cölom- epithel anhaftend vorfand, so daß man sie als spezifischen Bestandteil der Leibeshöhlenflüssigkeit ansprechen kann. Die runden Zellen haben ungefähr die gleiche Größe wie die beladenen Plasmawanderzellen und lassen sich am besten vergleichen mit der Zellform, die Becher (1907) homogene Wanderzellen genannt hat. Das Plasma färbt sich nach DELAFiELDschem Hämatoxylin blau und nach Pikrinsäure-Säure- fuchsin hellbraun, meist durchaus homogen. Nur selten erscheint es fein granuliert. Eine wabige Struktur, wie wir sie bei der dritten Art der beladenen Wanderzellen beobachten konnten, fehlt ebenfalls. Der Kern ist meist länglich, stets an die Wand der Zelle gedrückt. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß man es auch hier nur mit einer eigentümlich aussehenden Form der Plasmawanderzellen zu tun hat. Die von Becher (1907) für Rhahdomolgus ruber beschriebenen, eigentlichen Exkretionszellen, die sich durch ihre bedeutende Größe wie auch durch kleine, nicht färbbare Inhaltskörnchen auszeichnen, finden sich bei Mesothuria ebenso wenig wieder, wie die von den Freß- zellen abzuleitenden Riesenwanderzellen. VII. Wassergefäßsystem. a) Ringkanal. Bei Mesothuria intestinalis befindet sich der Gefäßring 5 — 7 mm, also ziemlich dicht hinter dem Kalkring. Sein Durchmesser ist jedoch bedeutend kleiner, als der des Kalkrings und wird mit 5 — 6 mm kaum halb so groß als dieser. Bei mittleren Tieren beträgt sein Lumen, das übrigens durch Kontraktion sehr variiert, an der weitesten Stelle 0,6 bis 0,8 mm. Die histologische Zusammensetzung seiner dünnen Wandung ist die allen Holothurien eigentümliche. Eine bindegewebige Lage, die frei von Kalkkörpern ist, wird an der Außenseite von einem sehr flachen Plattenepithel begrenzt. Nach innen folgt eine nicht sehr kräftige Muskelschicht, die parallel der Längsrichtung des Körpers läuft und wiederum ein äußerst dünner Epithelstreifen. Nur selten kann man auf dem Innen- sowohl wie auf dem Außenepithel eine Be- wimperung beobachten, obschon das Bild, das eine solch dünne Mem- bran mit ziemlich weit auseinanderliegenden Kernen darbietet, eine Bewimperung auf den ersten Blick nicht sehr wahrscheinlich macht. Die Wimpern sind äußerst zart und lang; auf stark mit DELAFiELD- schem Hämatoxylin gefärbten Präparaten werden sie sichtbar. Die Anat. u. histol. Studien an Mosothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 203 innere Wandung des Riugkanals hat stärker entwickelte Muskel- nnd Bindegewebslage und letztere beherbergt den Blutgefäßring. h) PoLische Blase. Die schlauchförmige PoLische Blase ist fast immer in Einzahl vorhanden, liegt stets genau ventral und erreicht mit höchstens 2 cm etwa ein Zehntel der Körperlänge. Nur ein einzigesmal fand ich drei Blasen, von denen die eine gewöhnliche Stellung und Größe, die beiden andern die gleiche Größe und etwas höhere, linksseitige Stellung hatten. Als Ausstülpung des Ringkanals ist die histologische Zusammensetzung die gleiche wie dort. Nur ist der Funktion als Regulator des Wasser- gefäßsystems Rechnung getragen durch die ungleich stärkere Ausbil- dung der Muskeln, die als direkte Fortsetzung derjenigen des Ring- kanals hier als Ringmuskeln auftreten. Das Bindegewebe besteht aus ungemein feinen Fasern, die sich leicht zusammenpressen lassen. Bei starken Kontraktionen der Blase erscheint das dünne Außenepithel oft faltig zusammengelegt. Dicht unter diesem äußeren Epithel fin- den sich sehr große Haufen der oben beschriebenen Wanderzellen mit Kuseln meist von der chromatinähnlichen Form. An dem inneren Epithel fand ich nie solche Anhäufungen, so daß für Mesothuria in- testimiUs Cüenots Ansicht, daß dort Wanderzellen gebildet würden, keine Bestätigung findet (Fig. 26). c) Haupt-, Fühler- und Radialkanäle. Die dünne Wandung, die den Ringkanal bildet, ist keineswegs eine Fortsetzung der äußeren Bindegewebsschicht des Ösophagus, sondern stets mit der inneren, weit mächtiger entwickelten Bindegewebslage in Verbindung. Am vorderen Ende des Drüsenmagens, da, wo dieser in den Ösophagus übergeht, sieht man bindegewebige Stränge die Muskel- schichten des Darmes durchsetzen und sich zu einer Art den Schlund umhüllender Lamelle vereinigen, die eine Strecke weit den Darm ein- fach begleitet, sich dann aber teilt und so einen ringförmigen Kanal bildet (vgl. Textfig. 1 la). Die Epithelüberzüge dieser Lamelle gehen einfach aus dem Darmepithel hervor und auch die an der Innenseite ausgebildete Muskelschicht steht mit derjenigen des Darmes in Ver- bindung. Indem sich oberhalb des Ringkanals die beiden Lamellen an den Interradialia wieder vereinigen, bleiben an den Radien die fünf Hauptkanäle, die demnach wie bei allen Aspidochiroten, mit ziemlich weiter Öffnung in den Ringkanal münden und sich nach vorn in die Fühler und Radialkanäle fortsetzen. In die Fühlerkanäle gehen die 14* 204 Wilhelm Haanen, Hauptkanäle ebenfalls mit weiter Öffnung und ohne jede Ventilvor- richtung über, Anzahl und Bau der Radialkanäle zeigen keine be- sondern Eigentümlichkeiten. Das ziemlich lange, schmale Lumen ist ausgekleidet mit einem äußerst flachen Plattenepithel, auf das nach dem Körperinnern zu der in Bindegewebe eingehüllte Längs- muskel der Haut folgt. Aber auch an der entgegengesetzten Seite befindet sich eine Muskelschicht, die aus sehr viel feineren, regelmäßig längsverlaufenden Fasern gebildet wird, so daß das Radialgefäß mit Ausnahme der beiden Schmalseiten zum größten Teil von Längsmuskeln eingefaßt ist. Das Vorkommen dieser, aus einer einzigen Lage beste- henden Längsmuskelschicht war schon Hamann (1884) für Synapjta und wohl auch für andre, pedate Holothurien bekannt; sie soll vielleicht bei starken Körperkontraktionen eine allzustarke Faltenbildung der dünnen Membran verhindern, die das Wassergefäß von dem Hyponeural- kanal (Pseudohämalkanal Ludwigs) trennt. d) Füßchenkanäle. Über den Verlauf der Füßchenkanäle geben mit Boraxkarmin gefärbte und in Cedernöl oder Xylol aufgehellte Totalpräparate von radialen Hautstücken die beste Auskunft. Da die Füßchen über den ganzen Körper zerstreut liegen, müssen ihre Kanäle, die sie mit dem Radialgefäß verbinden, oft sehr lang sein. Senkrecht zu dem Radial- gefäß treten sie seitlich als äußerst dünne Kanälchen aus, die sich dicht an der Quermuskulatur durch das Bindegewebe bis zu der Stelle hinziehen, wo das betreffende Füßchen liegt. Erst dort biegen sie wiederum fast senkrecht um, wobei sich das Lumen beträchtlich er- weitert. An dieser Umbiegungsstelle werden bei unsrer Art niemals Ampullen, weder freie, noch verdeckte, ausgebildet. Auch habe ich nie Verästelungen dieser Füßchenkanäle gesehen, so daß also jedes Füßchen seinen eignen Kanal zum Radialgefäß hinschickt. In histo- logischer Beziehung zeigen sie dasselbe dünne Plattenepithel und die- selbe Längsmuskulatur wie letzteres. e) Fühlerampullen. Herouard glaubt (1890) bei Mesothuria verillii Fühlerampullen gefunden zu haben. Er meint damit kleine Vorwölbungen, die nach Injektion des Wassergefäßsystems »pinces entre les dents de la cou- ronne calcaire« sichtbar werden. Weil diese Vorwölbungen an den Interradialstücken des Kalkrings bedeutend größer sind als an den Radialia, stellt er für Mesothuria verillii sowohl, wie anfangs auch für Anat. u. histol. Studien an Mcsothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 205 Mesothuria intestinalis die neue Gattung Allantis auf. Diese wird jedoch von den andern Forschern, z. B. Perrier und Oestergren (1. c.) nicht anerkannt. Deshalb zieht Herouard seine Behauptung für Mesothuria intestinalis zurück, will sie jedoch für Mesothuria verillii, die er allein daraufhin untersucht hatte, aufrecht erhalten, bis man gezeigt habe, daß diese verschiedene Größe der Fühlerampullen eine allen Synal- lactinen zukommende Eigentümlichkeit ist. Obwohl mir kein Exem- plar der Mesothuria verillii und auch von Mesothuria intestinalis kein frisches Material zu Injektionszwecken zur Verfügung stand, gelang es mir, einige Klärung zu erlangen durch Beobachtungen über die Be- festigungsweise des Kalkrings. Schneidet man an einem mit Borax- karmin vorgefärbten und aufgehellten Schlundkopf dicht über dem Kalkring die Tentakel ab, so sieht man, daß der Kalkring mit seinem unteren Teile an der äußeren Wand der Hauptkanäle befestigt ist. In ihrem oberen Teile aber lehnen sich die Kadialstücke des Kalkrings nicht mehr vollständig an die äußere Wandung an, sondern ragen in das Lumen der Kanäle herein, das dadurch beträchtlich verengt wird (Fig. 5 k). Der Kalkring selbst wird durch verkalktes Bindegewebe gebildet, d. h. er besteht aus einzelnen, sehr kleinen Kalkkörnchen, die zwischen den hier sehr lockeren Fasern des Bindegewebes massen- haft eingelagert sind. So kommt es, daß man auf Schnitten, aus denen man den Kalk entfernt hat, an Stelle des Kalkrings spongiöse, binde- gewebige Massen, aber keine Löcher sieht, die der Gesamtgröße der einzelnen Kalkstücke entsprächen. Da also die äußere Wand des Haupt- kanals mit dem Radialstück des Kalkrings nur an den beiden Enden in der Mitte in Verbindung bleibt, wo die Längsmuskeln sich ansetzen, so entstehen außerhalb des Kalkrings zwischen diesem und der äußeren Kanalwandung am unteren Ende des Kalkrings blindgeschlossene Räume, die sich aber niemals röhrenförmig über den Rand des Kalk- rings verlängern. An meinen konservierten Exemplaren sind äußerlich gar keine Vorwölbungen sichtbar, doch ist es leicht ersichtlich, daß jeder scharfe Druck, wie er z. B. durch eine Injektionsflüssigkeit hervor- gerufen wird, solche Vorwölbungen entstehen lassen muß. Bei den interradialen Stücken liegt die Sache noch klarer. Denn hier besteht die Kalkmasse aus dünnen Stäbchen, die in der Mitte einen nach oben gerichteten spitzen Fortsatz tragen, der an der Wandimg, natürlich ebenfalls der äußeren, befestigt ist. Auch hier wird selbstverständlich ein Druck auf die W^ände jene Vorwölbungen erscheinen lassen, die Herouard als die größeren Tentakelampullen ansieht. Diese müssen naturgemäß größer sein, als jene an den Radialstücken, da hier ja die 206 Wilhelm Haanen, Kalkmasse bedeutend kleiner ist und auch kein Längsmuskel Platz wegnehmen kann. So ist es klar, daß auch Mesothuria intestinalis nach Injektion des Wassergefäßsystems jene von Herouaed für Mesothuria verillii gefundenen Tentakelampullen deutlich zeigen würde und daß also darin keinerlei Unterschied zwischen den beiden Tieren besteht. Ebenso werden diese Vorwölbungen an den InterradiaHa stets größer sein, als an den Radialia, wo die Radialstücke des Kalkrings größer sind als die Interradialstücke. Demgemäß kann ich Perrier und Oester- GREN nur zustimmen, wenn sie diese Tatsache der ungleich großen Aus- bildung der sogenannten Fühlerampullen für die Aufstellung einer neuen selbständigen Gattung für unzureichend halten. Übrigens hängt es allein von der Definition der Fühlerampullen ab, ob wir die oben beschriebenen Gebilde als Fühlerampullen bezeich- nen sollen oder nicht. Jedenfalls zeigt Mesothuria intestinalis wie auch verillii einen bedeutenden Unterschied den übrigen von Ludwig Holo- thuriinae genannten Aspidochiroten gegenüber dadurch, daß sich ihre Fühlerampullen nicht röhrenförmig über den Rand des Kalkrings ver- längern und frei in die Leibeshöhle hineinragen. Vielleicht wäre es besser, solche Gebilde, die nicht durch direkte Ausstülpungen der Haupt- kanäle, sondern dadurch entstanden sind, daß der Kalkring sich frei in das Lumen dieser hineinerstreckt, nicht als eigentliche Fühler- ampullen zu bezeichnen. Denn daß diese ampullenähnlichen Gebilde keine direkten Ausstülpungen der Hauptkanäle sind, zeigt Fig. 5 1 auf Taf . V, die einen Querschnitt durch ein Radiale des Schlundkopfs darstellt kurz unterhalb der Stelle, wo der Haupt- in den Fühlerkanal übergeht. Es fehlen nämlich sowohl auf der Innenseite wie auch auf der Außenseite des Bindegewebes, das den Kalkring trägt, die charak- teristischen Längsmuskeln, die an beiden Stellen unbedingt vorhanden sein müßten, wenn es sich um eine echte Ausstülpung des Hauptkanals über den Kalkring hinaus handelte. /) Steinkanal. Der Steinkanal ist stets in der Einzahl vorhanden und läuft in einem sanften, nach vorne etwas konkaven Bogen bis dicht unter die Fühlerbasis, wo er mittels Bindegewebe an der Körperhaut befestigt ist. Er legt sich dem von der Genitalbasis kommenden und ebenfalls nach vorn verlaufenden Ausführgang der Genitalien nach innen zu an, öffnet sich aber nicht, wie dieser nach außen, sondern durch ein ellip- soidales Madreporenköpfchen in die Leibeshöhle. Ohne irgendwelche schraubigen Windungen durchzieht er das Bindegewebe des Dorsal- Anat. u. liistol. Stutlicn au Mcsothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 207 mesenterlums, in das er vollständig eingebettet ist. Das Lumen ist rundlich, fast überall gleich weit und hat bei mittleren Tieren einen Durchmesser von 0,144 mm. Seine Länge übersteigt selten 2 cm. Was die histologische Zusammensetzung anbetrifft, so entlehnt er Außen- epithel, Längsmuskeln und Bindegewebe vom Dorsalmesenterium. Seine innere Auskleidung besteht wie überall bei den Holothurien aus einem cylindrischen Flimmerepithel, das stets an seiner dorsalen Seite bedeutend höher ist, als an der gegenüberliegenden. Es wird mit 0,032 mm an der Dorsalseite mindestens viermal so hoch als ventral, wo es nur 0,007 — 0,08 mm Höhe erreicht. Die Kerne dieses einschichtigen, aus sehr Schmalen cylindrischen Zellen bestehenden Epithels füllen fast die ganze Zelle aus und bekommen so an der dorsalen Seite ein langes, fadenförmiges Aussehn (Fig. 24). Alle, auch die niedrigen Zellen, tragen je eine Wimper, die ihrer Größe nach im gleichen Verhältnis zur Zell- größe stehen, Sie sind äußerst dünn und oft viel länger als die Zellen. Ihre Bewegung kann eine Strömung der Wassergefäßsystemsflüssig- keit, die hier mit der Leibeshöhlenflüssigkeit identisch ist, sehr wohl veranlassen. Nach Hamann (1884) trägt bei Sipiapta auch jede Zelle des Steinkanals nur ein Wimperhaar, ist aber außerdem noch von einer feinen Cuticula überzogen. Diese Cuticula fehlt bei Mesotkuria ebenso wie bei Rhahdomcägus. Aber auch die bei letzterem Tier von Becher (1907) beschriebene Basalkörnerreihe, denen die Wimpern aufsitzen, habe ich für unsre Art vergeblich gesucht. Vielmehr zeigt die Zellreihe, deren einzelne Zellen sich in je ein Wimperhaar verjüngen, in ihrer Gesamt- heit eine mehr oder weniger unregelmäßige Begrenzung. Das feinfaserige Bindegewebe ist überall in der näheren Umgebung des Steinkanals mit jenen schon beschriebenen kleinen, bizarren Kalkkörperchen sehr dicht durchsetzt. Da das Dorsalmesenterium an seinen beiden Außenseiten, dicht unter dem Cölomepithel, feine senkrecht zur Körperachse ver- laufende Muskelfasern ausgebildet hat, kann man hier nicht sagen, daß der Steinkanal den einzigen, ganz muskelfreien Teil des Wasser- gefäßsystems darstelle (vgl. Ludwig, 1889 — 92). g) Madreporenteil. Der etwa 2 mm große Madreporenteil ist ein rundliches, ellipsoi- dales Köpfchen, das mit seiner etwas abgeflachten Unterseite dem Steinkanal, an dessen Ende, also dicht an der Körperwand, seitlich auf- sitzt. Stets liegt er auf der rechten Seite des Mesenteriums und ragt mit seinem oberen Teile über das Dorsalmesenterium hinaus, an der Stelle, wo dieses den zum Überströmen der Leibeshöhlenflüssigkeit 208 Wilhelm Haauen, von einer zur andern Körperhälfte nötigen kleinen Ausschnitt freiläßt. Auf Querschnitten sieht man ganz unregelmäßig verlaufende Kanäl- chen, die den Siebteil nach allen Richtungen durchsetzen. Rekonstruk- tionen von geeigneten Querschnittserien zeigten mir, daß vom Stein- kanal, immer aber von dem niedrigen Epithelbelag mehrere, doch nicht übermäßig viele Kanälchen ausgehen, die sich ihrerseits vielfach ver- zweigen und sich dann direkt in die Leibeshöhle öffnen. Das hohe Epithel des Steinkanals nimmt dann nach vorne zu bald an Größe ab, und dieser selbst verzweigt sich in einzelne kleine Kanälchen. Es exi- stiert demnach kein eigentlicher Sammelraum, wie man ihn bei Aspido- chiroten sonst häufig findet. Histologisch finden sich hier dieselben Elemente wie bei dem Kanalabschnitt. Die Ausführgänge besitzen alle einen sehr flachen Epithelbelag, der erst an der äußeren Fläche wieder allmählich in ein Wimperepithel übergeht. Dieses gleicht dem des Steinkanals, erreicht aber niemals auch nur die halbe Höhe, die dessen Epithel an der Dorsalseite aufweist (Fig. 24). VIII. Nervensystem. a) Ringnerv. Der hier vollkommen kreisförmige Ringnerv liegt unmittelbar an der Fühlerbasis und an der Innenseite der Fühler, wie überall ein- gebettet in das Bindegewebe der Mundhaut. Somit ein wenig mehr nach innen gelegen als der Kalkring, befindet er sich höher als dieser, so daß die von ihm zu den Radien ausgehenden Radialnerven keine Umbiegung über den Kalkring zu machen brauchen, sondern direkt nach unten abgehen. Zwischen je zweien dieser Ansatzstellen nehmen eben- falls an der Außenseite nach oben zu je vier Fühlernerven ihren Ur- sprung. Der Querschnitt des Rings ist eine Ellipse, deren große Achse jedoch quer zur Ebene der Mundscheibe steht und bei kleineren Tieren etwa 0,019 mm mißt. Die etwas abgeflachte Unterseite liegt nicht wie bei Rhahdomolgus direkt dem Cölomepithel auf, sondern wird von die- sem durch eine Bindegewebsschicht und die Kreismuskelschicht ge- trennt, die als Fortsetzung der Ringmuskelschicht des Ösophagus dort endet. Es ist somit bei Mesothuria kein Hyponeuralring vorhanden, der Epineuralring dagegen auf allen Präparaten sehr deutlich (vgl. Fig. 22). Da somit die Ringnervenfasern von den Bindegewebsfasern an der Unterseite des Rings nicht durch eine besondre Membran ge- schieden sind, sondern direkt in einander übergehen, lassen sich die beiden Schichten nur durch ihre verschiedene Färbbarkeit deutlich sondern. Die überall auftretenden Stützfasern setzen sich mit ihrem Anat. u. histol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 209 unteren, etwas verdickten Ende direkt an das Bindegewebe an; ähn- lich wie sie sich auch im Radiahierven an die bindegewebige Scheide- wand anlehnen. Überall auf der größeren Oberseite des Ringnerven sitzen oft dichtgedrängt die Deckzellen, denen Hamann im Gegensatz zu Semper, Teuscher, Jourdan und Semon die nervöse Natur ab- spricht. Der ganze Bau und Verlauf jener Fasern, die, soweit ich fest- stellen kann, einzeln aus je einer der Deckzellen entspringen, um sich in unverzweigtem, doch mehr oder weniger gekrümmten Verlaufe an dem gegenüberliegenden Bindegewebe festzusetzen, spricht mehr für Hamanns Ansicht, daß sie lediglich als epitheliale Gebilde aufzufassen sind, die Stützfunktionen dienen. Damit soll nicht gesagt sein, daß sich unter ihnen, die ja keine einfache Lage, sondern eine mehr unregel- mäßige Anhäufung von Zellen darstellen, nicht auch zuweilen echte Ganglienzellen vorfinden können. Was die Färbbarkeit dieser auf- rechten Fasern angeht, so hat schon Becher (1907) bemerkt, daß sie darin eine gewisse Ähnlichkeit mit feinen Muskelfasern besitzen, indem sie Eosin und auch HEiDENHAiNsches Eisenhämatoxylin, letzteres jedoch nur nach starker Färbung, begierig aufnehmen. Ferner werden sie von Pikrinsäure gelb, von Säurefuchsin rot, von Pikrinsäure-Säurefuchsin braunrötlich und von Pikrinsäure-Wasserblau grün gefärbt. Becher konnte durch Anwendung von Eosin- Wasserblau die aufrechten Fasern von den echten nervösen Längsfasern unterscheiden, was mir bei meinen Tieren nicht glückte. Nur in sehr seltenen Fällen gelang es, bei einer ganz bestimmten, nur zufällig erreichbaren Differenzierung des Eisen- hämatoxylins die aufrechten Fasern ein wenig schwärzer hervortreten zu lassen, als die Längsfasern. Die aufrechten Fasern sind meist etwas dicker als die Längsfasern, doch kommen auch dünnere in ziemlicher Menge vor. Auf meinen Schnitten konnte ich nirgendwo eine Verbin- dung der aufrechten Fasern mit den Innenzellen, die von allen Autoren als Nervenzellen angesehen werden, genau feststellen, womit allerdings keinesfalls die absolute Sicherheit gegeben ist, daß eine solche nicht doch besteht. Die Innenzellen sind wie bei den andern Holothurien auch hier im Ringnerv bedeutend häufiger als in den Radialnerven. Sie besitzen einen länglichen, etwa 7 /t großen Kern und sehr wenig Plasma, das sich meist spindelförmig in die Nervenfasern fortsetzt. h) Radialnerv. Der Radialnerv besteht bei Mesothuria, wie typisch, aus einem breiteren, äußeren und einem schmäleren, inneren Band, die durch eine bindegewebige Scheidewand deutlich getrennt sind und im Innern alle 210 Wilhelm Haanen, die histologischen Bestandteile wiederfinden lassen, die man als Nerven- fasern, aufrechte Fasern, Deck- und Innenzellen auch im Ringnerv unterscheidet. Das innere Nervenband weist an seiner Innenseite eine flache, oft undeutliche Furche auf, die aber immer dadurch zu erkennen ist, daß hier die Scheidewand einen kleineren Abstand vom Rande hat als an den beiden Seiten. Randzellen befinden sich an den Außenseiten beider Bänder äußerst zahlreich; ihre Gruppierung zu Zellsäulen am äußeren Band, wie man sie bei vielen andern Holothurien gefunden hat, ist hier nicht überall sehr deutlich, doch dadurch nachweisbar, daß in vielen Fällen auf einer kleinen Strecke in der Mitte des Nerven sehr wenig Randzellen, ja sogar manchmal gar keine zu finden sind, während sie nach den Seiten zu in oft unregelmäßiger Anordnung dicht den Nerv bedecken. Jedenfalls sind die Zellsäulen lange nicht so hervor- stechend, wie es die vielleicht etwas zu schematisierte Figur Semons (1887) andeutet. Da auch Innenzellen und Stützfasern in beiden Nerven- bändern zu finden sind, ist das Bild, das diese beiden getrennten Nerven- schichten geben, ein so gleichartiges, daß Hamanns Ansicht, nur das äußere Band sei nervöser Natur, sicher nicht zu Recht besteht. Die Stützfasern, die bei unsrer Art auch im inneren Nervenband stets deut- lich hervortreten, scheinen nicht bei allen Holothurien dort vorzukom- men. Becher konnte sie z. B. bei Rhahdomolgus nicht im inneren Nervenband feststellen. "Wie schon erwähnt, sitzen die aufrechten Stütz- fasern beider Schichten an der bindegewebigen Scheidewand fest, die sich durch Färbung mit DELAFiELDschem Hämatoxylin oder Dahlia stets sehr deutlich abhebt. An den beiden Schmalseiten des Nerven er- weitert sich oft diese Bindegewebslamelle nach außen zu keilförmig, daß ein Bild entsteht, wie es schon Heeouard (1890) in seiner sche- matischen Skizze (S. 77) andeutet. In diesen keilförmigen Erweiterungen liegen häufig Plasmawanderzellen, wie wir sie oben als Zellen mit Ku- geln näher beschrieben haben. Auch innerhalb des Nerven liegen sie oft, doch stets nur in der Scheidewand. Diese Scheidewand hat meist einen geraden, nur bei kontrahierten Exemplaren manchmal auch einen gewundenen Verlauf, setzt sich auch bei Mesothuria niemals in den Ringnerv fort, sondern verschwindet unterhalb der Mündung des äußeren Bandes in den Ringnerv. Das innere Nervenband läuft bis zu diesem Punkte, der gewöhnlich an der vorderen Seite des Kalkrings liegt, spitz zu und geht ebenfalls nicht in den Ringnerv. Mit der Be- hauptung jedoch, daß nun absolut keine Nervenfasern des inneren Bandes entweder direkt oder indirekt eintreten, indem sie die Scheide- wand durchsetzen, muß man bei der ungeheuren Feinheit der Nerven- Aaat. u. histol. Studien an Mcsothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 211 fasern äußerst vorsichtig sein. Mehrfach sah ich deutlich, daß aufrechte Fasern durch die Scheidewand hindurchgingen, ein Zeichen, daß dies für die Nervenfasern, die zum Teil viel zarter sein können, keine Un- möglichkeit wäre. Nach Herouard (1890) und Gerould (1896) soll sich das innere Nervenband an seinem vorderen Ende bei Pedaten und Molpadiiden in zwei getrennte Streifen gabeln, eine Beobachtung, die Becher (1907) zu einem Vergleich dieses inneren Nervenbandes der Holothurien mit dem tiefer gelegenen, ebenfalls zweigeteilten, oralen motorischen Nerven- system der übrigen Echinodermen veranlaßt hat. Bei Mesothuria habe ich diese Gabelung ebensowenig wiederfinden können wie Becher bei Rhabdomolgus. Nichtsdestoweniger erscheint mir die Ansicht He- ROUARDs, daß man es in der inneren Nervenschicht hauptsächlich mit motorischen Nerven zu tun habe, sehr einleuchtend. Denn bei unsrer Art gehen von der äußeren Nervenschicht lediglich Füßchennerven, niemals aber Nerven zu den Muskeln aus. Außerdem konnte ich bei noch so starken Vergrößerungen niemals Verästelungen oder Seiten- zweige der Füßchennerven finden, die die Muskulatur innervieren könnten. Das innere Nervenband gibt, soweit ich feststellen konnte, fast gar keine Fasern zu den Füßchennerven ab, wohl aber gehen von dem inneren Band kleinere, doch bald verschwindende Fäserchen zu den Muskeln strahlig aus. c) Schlundnerv. Die erste bestimmte Angabe der Innervierung des Schlundes rührt von Semper (1868) her, der S. 151 seines großen Holothurienwerkes die Beobachtung niederlegt, daß »die Schicht 7i^ sowohl mit ihrer inneren Faserlage wie äußeren Zellenlage in den ziemlich stark anschwellenden Nervenring übergehe, welcher genau im Radius mit einer kurz umge- bogenen, stumpfen Spitze (Taf . XXXVIII, 12 b) endigt, interradial aber die Nerven für die Mundscheibe und den Schlund abgibt«. Diesen Aus- spruch Sempers führe ich deshalb hier an, weil das Bild, das Semper für Cucumaria japonica vom Nervenring in der Radialzone entwirft, sich bei Mesothuria intestinalis nicht lediglich an den Radien, sondern auf jedem unverletzten Längsschnitt durch den Nervenring wieder- findet. Man sieht da auf der Innenseite des Rings von dessen Unter- seite einen kurzen, spitz zulaufenden Nervenfortsatz nach oben auf die Mundscheibe zu ausgehen (Fig. 22 s), der sich dicht an die Innen- seite der Mundmuskeln anlegt, ohne daß man die dort austretenden Nervenfasern weiterhin genau verfolgen könnte; daß es sich aber hier 212 Wilhelm Haanen, tatsächlich um solche Nervenfasern handelt, die sich zwischen den Bindegewebsfasern verlieren, zeigt auf sehr vielen Schnitten die Fär- bung, die in der nächstliegenden, bindegewebigen Umgebung stets eine Übergangstönung zwischen der Nerven- und Bindegewebsfarbe andeutet. Es erfolgt also bei unsrer Art die Innervierung des Schlun- des und der Mundscheibe durch außerordentlich zarte Fasern, die von der Innenseite des Ringner vs, und zwar von dessen ganzem Umkreise strahlig ausgehen. Einen oder mehrere dickere, bandförmige Nerven- stränge, wie sie Hamann (1883), Vogt und Jung (1887), Hekouard (1890), CuENOT (1891), Gerould (1896 u. 98) und Clark (1898) bei andern Holothurien feststellen, habe ich auf einer ganzen Anzahl von Quer- und Längsschnittserien durch den Schlundkopf stets vergeblich gesucht. d) Fühlernerv. Jeder Fühler und jedes Füßchen hat seinen eigenen Nerv, der bei ersterem direkt vom Ringnerv, bei letzterem stets vom Radialnerven seinen Ursprung nimmt. Während die Schlundnervatur von der Innen- seite des Rings mit ziemlich dünnem Strang ausläuft, geht der Ring- nerv an seiner Außenseite fast mit seiner ganzen Breite in den Fühler- nerv über, verschmälert sich aber sehr bald zu einem flachen, lang- gestreckten, etwa 0,038 mm breiten Band, das an den Seiten sehr spitz zuläuft. Sobald der Fühlerkanal über die Mundscheibe in den Fühler übertritt, umgreift der Nerv den Fühler scheidenförmig, wobei aber der ursprüngliche Strang an dessen Innenseite an der viel deutlicheren Ausbildung immer erkennbar bleibt. Histologisch enthalten sowohl Fühler- wie Füßchennerv mit Ausnahme der bindegewebigen Scheide- wand alle charakteristischen Nervenbestandteile. Nur sind hier die Randzellen und aufrechten Stützfasern weniger zahlreich. Unterhalb der Fühlerscheibe breitet sich der Nerv zu feinen, faserigen Ausstrah- lungen aus, die, ohne irgend eine bandartige Form anzunehmen, durch das Bindegewebe zu den knöpfchenartigen Vorstülpungen der End- platte gehen und sich dort in die Sinnesnervenzellen der Nervenplatte fortsetzen. Soweit man aus Schnittpräparaten ersehen kann, bestätigen sich hier die früheren Beobachtungen Hamanns (1884), Jourdans (1883) und Semons (1883), daß sich die Sinnesplatte aus einer Epithel- platte und einer dicht daruntergelegenen Platte von Sinnesnerven- zellen zusammensetzt. Der massenhaften Kernanhäufungen wegen machen die knöpfchenartigen Vorwölbungen, wie sie in ziemlicher An- zahl die Fühlerscheibe unregelmäßig bedecken, den Eindruck von Anat. u. histol. Stadion an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 213 vielschichtigen Epithelieu, lassen aber eine Zusammensetzung aus den beiden genannten Schichten an vielen Stellen deutlich erkennen. Die tStützzellen der Epithelplatte sind cylindrischer und protoplasmareicher als die Epithelzellen an den übrigen Stellen des Fühlers, doch eben- falls von der Cuticula überzogen. Ohne Macerationspräparate kann man die unteren Endigungen der Stützzellen nicht erkennen. Sie ver- schwinden zwischen den Sinnesnervenzellen, gehen aber nicht durch diese Schicht hindurch in das darunter gelegene Bindegewebe (vgl. Hamann 1884). Die Sinnesnervenzellen sind außerordentlich feine Ge- bilde, eigentlich nur Fortsätze der Nervenfasern, die sich an der einen Stelle des Kerns bis zu dessen Dicke erweitert haben, dann aber nach außen zu wieder spitz zulaufen und mit diesen feinen Fortsätzen zwischen den Stützzellen der Epithelplatte endigen, so daß man eine einschichtige Zellage vor sich hat. Retzius gelang es (1906), mittels der Versilbe- rungsmethode eine sehr reine und vollständige Färbung des Epidermis- mosaiks zu erhalten. Seine Resultate gipfeln in folgenden Befunden: >)Hier (an den Endscheiben der Fühler und Füßchen) sieht man überall zwischen den polygonalen Feldern (Stützzellen) kleine rundliche oder ovale knopfähnliche Felder (Sinneszellen), welche teils an den Stellen, wo mehrere polygonale Felder zusammenstoßen, teils auch an den Grenzen, wo nur zwei polygonale sich berühren, eingefügt sind. Sie sind jedoch von etwas verschiedener Größe und ihre Verteilung ist nicht ganz regelmäßig, da sie zuweilen zu mehreren beisammen liegen. << Hier unterscheiden sich also die Stützzellen von den Sinneszellen schon durch die erheblichere Breite ihrer Endigungen, w^as z. B. bei Holothuria foli nicht der Fall ist (vgl. Hamann [1884], Fig. 88). Die großen, rundlichen »cellules basales«, die Joürdan (1883, S. 25) direkt unter dem Epithel des »Capitulums << bei Holothuria tuhulosa findet, und deren noch nicht ganz aufgeklärte Bedeutung in einer Beziehung zu einem subepithe- lialeii Nervenplexus gesucht werden soll, fehlten bei Mesothuria gänzlich. e) Füßchennerv. Der Querschnitt des Füßchennerven ist etwa 0,029 mm breit, kleiner und auch rundlicher als der Fühlernerv. Erst ganz nahe der Endplatte und auch da noch schwierig läßt sich nachweisen, daß er das ganze Lumen des Füßchens scheidenförmig umgreift, eine Beob- achtung, die wir beim Fühler schon viel näher an der Basis und be- deutend klarer erkennen konnten. Rand- und Innenzellen wie auch aufrechte Stütz- und längsverlaufende Nervenfasern sind überall deut- lich ausgebildet. Wenn aus dem inneren Band des Radialnerven über- 214 Wilhelm Haanen, haupt Fasern in die Füßcliennerven gelangen, dann können es nur ganz wenige, schwer nachweisbare, wahrscheinlich motorische Fasern sein. Jedenfalls stammt die bei weitem größere und auf den meisten Prä- paraten allein deutlich erkennbare Nervenmasse lediglich aus der äußeren Schicht des Radialnerven. Ein gleiches Verhalten konnte Teuscher (1876) für Holothuria tuhulosa nachweisen, während nach Semper (1868) bei Cucumaria japonica beide Schichten an der Bildung des Füßchennerven beteiligt sind. In einem etwas unregelmäßigen Verlaufe folgt der Nerv, wie überall, dem Füßchenkanal; solange er im Bindegewebe der Haut verläuft, legt er sich durchaus nicht immer an dessen Längsmuskulatur unmittelbar an, tut dies aber stets nach dem Eintritt in das eigentliche Füßchen. Niemals habe ich beobachten können, daß er auf diesem Verlaufe irgendwie Verästelungen in die Haut oder zu den Muskeln abgibt, vielmehr wird er überall durch die Randzellschicht von dem umgebenden Bindegewebe (auch in der Körper- haut) membranartig deutlich abgegrenzt, /) Hautnerven. Schon bei der Besprechung der Körperhaut sahen wir, daß für Mesothuria intestinalis Sinneszellen, wie auch eine subepitheliale Nerven- schicht nicht nachweisbar sind. Auf Schnitten konnte ich nirgendwo derartige Gebilde feststellen und auch Retzius (1906) konnte an den kleinen, warzenförmigen Erhebungen der Rückenseite unsres Tieres keine Sinneszellen zwischen den polygonalen Feldern des Epidermis- mosaiks nachweisen. Nur an der Mundscheibe sah er rings um die Mundöffnung eine Mosaikanordnung, die derjenigen der Endscheibe des Fühlers, bzw. Füßchens glich. Die große Anzahl und regelmäßige Verteilung der Füßchen über die ganze Körperoberfläche machen die zwischen den Füßchen vom Radialnerven abgehenden »Interradial- nerven«, die Semper (1868), Danielssen und Koren (1882), Geroüld (1896), Herouard (1890) und Cuenot (1891) bei andern Arten fanden, vollständig überflüssig. Niemals bemerkte ich Bilder, wie sie Cuenot (1891) für Cucumaria cucumis (Taf. XXVII, Fig. 39) zeichnet, wo man peripherische, sich verästelnde Nervenzweige ausgehen sieht, die sich direkt nach dem Austritt in zwei Hauptstämme, den peripherischen Haut- und den Muskelnerv gabeln. Da die Quermuskulatur des Kör- pers sich bis dicht an das innere Band des Radialnerven heranzieht, so sind längere Nerven zu den Muskeln natürlich nicht notwendig; aber damit wächst auch die Schwierigkeit, Muskelnerven mit Bestimmt- heit als solche zu erkennen ganz erheblich und wird noch vergrößert Anat. u. histol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 215 durch die schon hervorgehobene ähnliche Farbstoffreaktion der Muskeln und Nerven. Die kurzen Ausstrahlungen, die ich öfter von der inneren Schicht des Radialnerven ausgehen sah, kann ich nur als solche Muskel- nerven betrachten. g) Neuralkanäle. Meine Untersuchungen über das Vorhandensein eines Epineural- kanals bei Mesothuria stimmen mit den Beobachtungen aller früheren Forscher dahin überein, daß man auf manchen Präparaten solche Hohlräume sieht, auf andern aber gänzlich vermißt. Herouard (1890) und Becher (1907) geben eine genaue Übersicht über die Ansichten der einzelnen Forscher, die zum Teil die in Frage stehenden Hohlräume als Zerreißungen (Teuscher 1876) oder als zufällige Spalten zwischen Bindegewebe und Nerv betrachten (Jourdan 1883), zum größeren Teil aber als normale Bildungen ansprechen, deren Lumen durch die ver- schiedene Kontraktion der Tiere entsprechend geändert wnrd, und die allzu heftige Quetschungen des Radialnerven bei solchen Körperzusam- menziehungen verhindern sollen (Herouard [1890], Ludwig und Bartels [1891], Gerould[1896], Becher [1907], Reimers [1912]). Wäh- rend nun Cuenot (1891) hauptsächlich durch das Fehlen eines Epineural- rings veranlaßt wird, auch die Epineuralräume als »espaces schizozoeli- ques developpees apres coup<< anzusehen, machte mir bei unsrer Art das Vorhandensein eines wohlausgebildeten Epineuralrings auch das normale Vorkommen der Epineuralkanäle sehr wahrscheinlich. Denn ein solcher Epineuralring ist auf allen Längsschnitten durch einen aus- gestreckten Schlundkopf deutlich zu sehen. Da der ellipsoidale Ring- nerv nur auf der Unterseite befestigt ist, geht der Epineuralring um dessen beide, runde Seiten herum und weist also auf Längsschnitten ein sichelförmiges Lumen auf (Fig. 22). Er setzt sich dort oben am Schlünde deutlich in die Epineuralkanäle, wie auch eine kleine Strecke weit in den Fühler fort, und hat jedenfalls die Aufgabe, den Ring- nerven vor Quetschungen zu bewahren, wenn das Tier seine Fühler über die Mimdscheibe umlegt und sie mit dieser in das Innere hinein- klappt. Daß man auf Querschnitten durch ein Hautradiale mehr Schnitte mit schwer nachweisbaren Epineuralkanälen antrifft, liegt meist daran, daß man zu solchen Schnitten Heber gestreckte als stark gefaltete Hautstückchen auswählt. Daß die Ansicht Teuschers, die Epineuralkanäle für bloße durch Schnitt oder Konservierung hervor- gerufene Zerreißungen zu halten, nicht so fern lag, zeigen auch bei Mesothuria Bilder, auf denen man Zerreißungen des Bindegewebes 216 Wilhelm Haanen, beobachten kann, die nicht direkt an den Radialnerven anschließen, sondern von ihm durch eine kleinere Bindegewebslage getrennt ist. Mit absoluter Gewißheit eine Epithelschicht nachzuweisen, die einer Bindegewebslage -dicht anliegt, ist bei unsrer Art wegen der Feinheit dieser Bindegewebszellen wie auch der Epithelmembranen nicht einfach, zumal die Kerne auch im Bindegewebe häufig sind und sich nicht durch ihre Form von denen der Epithellagen unterscheiden lassen. So kommt es, daß nur ganz unzureichende Angaben über das Vorhandensein eines epithelialen Überzuges des Epineuralkanals ge- geben wurden. Nach Bechers Angabe sind Herouard (1890) und Ge- ROULD (1896) die einzigen, die einen solchen Epithelbelag auf der Außen- seite des Epineuralkanals haben finden können, während Becher selbst (1907) das Vorkommen dieser Epithelschicht für Rhabdomolgus entschieden in Abrede stellt. Für Mesothuria intestinalis möchte ich das Vorkommen einer solchen Epithelkleidung höchstens als sehr wahr- scheinlich hinstellen, da ich an einzelnen Stellen solche membranhaft dünne Überzüge an der Außenseite des Kanals wahrzunehmen glaubte, und zwar meistens an Schnitten, die gar kein eigentliches Kanallumen aufwiesen, wo sich also die dünne Membran dicht an die Randzellen- schicht des äußeren Nervenbandes anlegt und so etwas deutlicher her- vortritt. Dagegen ist die epitheliale Bekleidung des Hyponeuralkanals (Pseu- dohämalkanal Ludwigs), dessen Lumen auf allen Schnitten viel klarer und konstanter erkannt werden kann wie das des Epineuralkanals, stets sehr gut nachzuweisen. Ein hyponeurales Ringsystem fehlt jedoch vollständig, vielmehr liegt der Ringnerv, wie schon erwähnt, mit seiner Unterseite stets dicht dem Bindegewebe an. Bei einer Ausbildung eines Epi- und Hyponeuralringes würde wohl die Befestigung des Nerven- rings in der Körperwand nur eine sehr unsichere und mangelhafte sein können. Der Hyponeuralkanal zieht sich bis dicht an die Basis des Ringnervs heran und endet dort blind, während das ihn auf seiner Innenseite begleitende radiale Blutgefäß dort über den Kalkring um- biegt, um in der innersten Bindegewebsschicht der Hauptkanalwandung dem Blutgefäß zuzueilen. Bei unsrer Art bestätigt sich Sempers Mei- nung, der ebenfalls die Pseudohämalkanäle oder, wie er sich ausdrückt, die radialen Nervenröhren dicht unter dem Ringnerv blindgeschlossen endigen läßt, während bei andern Arten, z. B. Holothuria tuhulosa von Teuscher ein Hyponeuralring unzweifelhaft nachgewiesen sein soll. Eine Abzweigung der Hyponeuralkanales in die Füßchen, ist eine kurze Strecke zu verfolgen, verschwindet aber sehr bald schon im Binde- Aiuit. u. histol. .Studien au Mosotluiria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 217 gewebe der Haut, so daß man also auf Querschuitteii durch ein eigent- liches Füßchen niemals einen solchen Raum sieht. Die Zusammenfassung der obigen Erörterungen ergibt die den pedaten Holothurien eigentümliche, typische Topographie des Radial- schnitts durch die Körperhaut. Ein solcher Querschnitt weist von innen nach außen 1) den Längsmuskel, 2) das radiale Wassergefäß, 3) die radiale Blutlakune, 4) den Hyponeuralkanal, 5) das innere, 6) das durch die Scheidewand von dem vorigen getrennte, äußere Nervenband, 7) den Epineuralkanal und endlich Bindegewebe und Epithel der Haut auf. IX. Verdauungssystem. a) Morphologie. Die für die meisten Holothurien charakteristische Darmwindung findet sich auch bei Mesothuria intestinalis in ganz ausgesprochener Form wieder, sodaß die Länge des Darmrohres stets mindestens das 2 — 2 1/2 f^ che der Körperlänge beträgt. Das Dorsalmesenterium be- festigt den Darm zunächst am mittleren Interradius des Biviums, führt ihn bis dicht vor die Kloake, biegt dann über den Radius um und steigt im linken Interradius des Biviums wieder empor bis ungefähr zum vor- dersten Drittel, manchmal auch nur bis zur Hälfte des Körpers; dort biegt der Darm wieder um, indem er über zwei Radien hinweg nunmehr im rechten Interradius des Triviums seinen Weg zur Kloake nimmt. Die vier Abteilungen des Darms: »Ösophagus, Drüsenmagen, Dünndarm und Enddarm« sind auch hier vorhanden, äußerlich aber weder durch ihre verschiedene Färbung noch durch verdickte Wülste an den Über- gangsstellen auseinanderzuhalten. Durch die Einmündung der Kiemen- bäume ist die Grenze zwischen Dünn- und Enddarm, auch äußerlich hervorgehoben, während ich nur in sehr seltenen Fällen die Grenze zwischen Magen und Dünndarm angedeutet fand. Zwischen Ösopha- gus und Magen ist die Grenze leicht dadurch zu erkennen, daß sich hier die Membran ansetzt, die weiter nach vorn in den Wassergefäßring und die Hauptkanäle übergeht. Schnittserien lehren, daß die Zotten des Ösophagus ohne Unterbrechung und ohne Bildung einer Kjeisfalte direkt in die des Magens übergehen, an der hinteren Grenze des Ma- gens allmählich abnehmen und schließlich ganz verschwinden. Öso- phagus und Magen haben gleiche Länge. Meist ist der Magen das kleinste, der Dünndarm stets das bei weitem längste Stück des Traktus. Der Schlund reicht bis dicht hinter den Wassergefäßring, der Magen nicht sehr weit hinter die Genital basis, während die drei Darmschenkel zur Zeitsclirilt f. wigsensch. Zoologie. CLX. Bd. 15 218 Wilhelm Haanen, Hauptsache vom Dünndarm allein gebildet werden. Das Lumen des Darmrohrs hängt natürlich sehr von der Kontraktion, bzw. dem augenblicklichen Inhalt ab, ist aber im allgemeinen im Ösophagus am kleinsten und nimmt nach hinten stetig zu. Die dünnste Wan- dung besitzt, wie schon der Name sagt, der Dünndarm, dann folgen Enddarm, Magen und endlich der Ösophagus mit der stärksten Dicke seiner "Wand. Alle Wandungen sind nach der Cölomhöhle zu glatt, Dünndarm und Enddarm auch im Innern, während Schlund und Magen die bekannten Längsfalten, niemals aber Querfalten besitzen. Durch starke Kontraktionen kann sich auch die Dünndarmwand in Falten le- gen; diese fehlen aber stets an den ausgedehnten Stellen des Darmrohrs, haben also nichts mit den Zotten des Schlundes und Magens gemein. Außer den Kiemen sind keinerlei Ausstülpungen am Darm vorhanden. Mund und After sind beide kreisrund ; der erstere steht subventral und hat keinen besonders ausgebildeten Schließmußkel, während der letztere stets genau terminal liegt und einen aus der Quermuskulatur des Darms hervorgegangenen Sphincter besitzt. b) Histologie. Bei fast allen Holothurien zeigt die histologische Zusammensetzung des Darmrohres fünf Schichten: »Äußeres oder Cölomepithel, äußere Bindegewebslage, die zweischichtige, Längs- und Ringmuskellage, das innere Bindegewebe und innere Epithel. 1. Ösophagus. Das innere Epithel des Schlundes ist von einer gut ausgebildeten, stark lichtbrechenden Cuticula überzogen, die eine direkte Fortsetzung der Hautcuticula darstellt. Die Zellen sind kubisch, von etwas un- regelmäßiger Gestalt und etwa 8 f.i breit. Die Grenzen der einzelnen Zellen untereinander sind schwer zu erkennen, ihr Kern ist groß und rundlich. Von der darunterliegenden Bindegewebsschicht sind sie zwar nicht durch eine Basalmembran, wohl aber durch ihre verschiedene Färbung deutlich zu unterscheiden. Schlauch- oder becherförmige Drüsenzellen sind von mir im ösophagusepithel nicht angetroffen wor- den; dagegen wimmelt es direkt unterhalb des Epithels als auch manch- mal zwischen den Epithelzellen selbst von den oben beschriebenen körnchentragenden Plasma wanderzellen, die somit beim Stoffwechsel irgend eine Rolle spielen müssen. Wie in allen Teilen des Darms ist auch im Ösophagus das innere Bindegewebe die am kräftigsten ent- wickelte Gewebslage. Mit dem Epithel zusammen stülpt sie sich nach i Anat. u. liistol. Studien au Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 219 innen zu den längsverlaufondon Zotten aus, die an dem inneren Ende jstets mehr oder weniger rundlich aussehen im Gegensatz zu den Zotten des Magens, die zum größten Teil nur von Drüsen- und Epithelzellen gebildet werden und innen etwas abgeflacht sind. Eine eigentliche Blutlacunenschicht gibt es bei Mesothuria nicht, wohl aber dient das gesamte innere Bindegewebe zur Verteilung der Blut- und Wander- zellen, die überall in sehr großer Zahl zwischen den Lücken sichtbar sind. Bemerkenswert ist, daß diese innere Bindegewebsschicht Fasern, und zwar manchmal in ganz beträchtlicher Anzahl durch die andern nach außen gelegenen Schichten, also auch durch die beiden Muskel- lagen hindurch nach außen in die Aufhängestränge des Schlundkopfs sendet (Fig. 23 s), eine Eigentümlichkeit, die bei der ganz außergewöhn- lich schwachen Ausbildung der äußeren Bindegewebsschicht nicht all- zusehr überrascht. Das innere Bindegewebe besteht im allgemeinen aus sehr feinen Fasern, die niemals die Dicke erreichen wie die Binde- gewebsfasern der Körperhaut. An der Außenseite befindet sich stets ein Ring von großen, rundlichen Hohlräumen, in denen die sehr kräf- tigen Längsmuskelfasern verlaufen. Dann erst folgt nach außen die ebenfalls stark ausgebildete Ringmuskellage, so daß der Ösophagus die sogenannte regelmäßige Muskelanordnung aufweist. Alle übrigen Darmteile haben die entgegengesetzte Muskellagerung, indem dort die meist sehr schwache Längsmuskulatur außerhalb der Ringmuskel- schicht liegt. Eine derartige Umlagerung der Muskelschichten im Darmverlaufe stellten schon Jourdan (1885) und Hamann (1884) bei Holothuria tuhulosa fest, bei der genau dieselben Verhältnisse auftreten wie bei unsrer Art. Die beiden Autoren widersprechen sich zwar, in- dem der erstere die Umlagerung schon vor, der letztere erst hinter dem Magen erfolgen läßt. Vergleicht man aber Hamanns Tabelle (1884, S. 74) mit seiner Abbildung 46, so besteht kein Zweifel, daß in der Tabelle ein Druckfehler vorliegt, daß also Jourdans Darstellung die richtige ist. Die Lageänderung der Muskelschichten kommt lediglich durch eine Umlagerung der Längsmuskelschichten zustande. Die Ring- muskellage des Schlundes geht also unmittelbar in die des Magens über, während die Längsmuskelschicht am Ende des Ösophagus all- mählich verschwindet, um im Magen an der Außenseite der Ringmuskeln in ganz erheblich schwächerer Ausbildung wieder aufzutreten. Jour- dan bringt diese Umlagerung der Muskellagen in Zusammenhang mit der bekannten Tatsache, daß sehr viele Holothurien bei starken Rei- zungen den Darm hinter dem Schlünde leicht abreißen und ausstoßen. lö* 220 Wilhelm Haanen, Daß auch Mesothuria intestinalis von dieser Gewohnheit nicht ab- weicht, erkennt mau an meinen in Alkohol konservierten Exemplaren sehr leicht, da sie fast alle keinen Darm mehr besitzen. Aber alle diese Tiere haben ihre Geschlechtsteile unversehrt bewahrt, und da die Genitalbasis stets am Magen, also unterhalb der Übergangsstelle liegt, so sieht man schon äußerlich, daß die Abschnürung des Darms niemals unmittelbar an der Stelle stattfindet, wo die oben geschilderte Muskel- umlagerung vor sich geht, sondern stets mehr oder weniger nahe der hinteren Magengrenze. Die überaus starke Entwicklung der beiden Muskelschichten im Ösophagus, der hier die Rolle des sogenannten Muskelmagens der Dendrochiroten vertreten muß, könnte wohl mit der Nahrungszerkleinerung in Verbindung stehen; denn da dem Tiere jegliche Bewehrung durch Zähne fehlt, können nur die Muskelkontraktio- nen eine solche Nahrungszerkleinerung dadurch herbeiführen, daß sie die stets mitgeschluckten körnigen Schlammteilchen zu reibenden und mahlenden Bewegungen veranlassen. Daß die Muskulatur des ecto- dermalen Schlundes am vorderen Körperende in keinem Zusammen- hange mit der Hautmuskulatur des Körpers steht, habe ich schon in einem früheren Abschnitt betont. Die äußere Bindegewebsschicht ist bei unsrem Tiere ganz außer- ordentlich schwach ausgebildet, und nur an seltenen Stellen sind Fasern deutlich wahrnehmbar. Ein Vergleich der Literaturangaben zeigt, daß diese äußere Bindegewebslage im Darm nur bei den Dendrochi- roten stark, bei allen andern Holothurien aber nur sehr schwach ent- wickelt ist. Becher vermißt sie (1907) bei Rhabdomolgus gänzlich. Ohne Zweifel hat der letztgenannte Autor recht, wenn er annimmt, daß »die beiden Bindegewebsschichten des Darms keine scharf trenn- baren morphologischen Bildungen, sondern eine einzige Schicht bilden, die nur durch die Muskulatur in zwei Lagen gesondert wird«. Ent- wicklungsgeschichtlich werden diese Schichten einheithch angelegt und müssen dadurch entstehen, daß die sämtlichen, ursprünglich epi- thelialen Muskelzellen sich vom Cölomepithel emanzipieren und in die Bindegewebsschicht gelangen«. Bei Besprechung der Körperhaut unsres Tieres habe ich schon darauf aufmerksam gemacht, daß auch in der Haut eine solcheVerlagerung der Quermuskulatur in das Binde- gewebe sehr häufig zu beobachten ist, und zwar ist hier diese Umla- gerung stets sehr viel deutlicher als im Darm. Übrigens ist es nicht einfach, im Ösophagus eine solche äußere Bindegewebsschicht ganz einwandfrei nachzuweisen, da die durch die Muskellagen hindurch- gehenden bindegewebigen Stränge der inneren Schicht wie auch die Anat. u. histol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. ^athke). 221 unregelmäßige Aiißenepitlielbildung die Klarheit des Bildes sehr be- einträchtigen. Wie das Cöloniepithel der Haut, besteht auch das Aiißen- epithel des Schlundes aus protoplasmaarmen Zellen, die alle einen großen, runden Kern tragen. Nur treten sie hier bedeutend häufiger auf und liegen sehr dicht nebeneinander. Bei stark kontrahiertem Schlünde kommt es häufig zu Faltenbildungen, die ein ganz eigenartiges wie zerfetztes Aussehn des Randes bedingen. 2. Magen. Wie alle Aspidochiroten besitzt Mesothuria einen Drüsenmagen, denn zu einem »Muskelmagen«, wie ihn die Dendrochiroten besitzen, fehlt eine stärkere Ausbildung der Muskulatur, die im Gegensatz zu der des Schlundes sehr schwach genannt werden muß, und außerdem ist das innere Epithel mit einer sehr großen Masse kolbiger Drüsenzellen ausgestattet, die sich durch Dahlia oder ÜELAFiELDsches Hämatoxylin außerordentlich scharf blau färben und dadurch immer sehr deutlich nachzuweisen sind. Diese Zellen befinden sich so massenhaft im Magen- epithel, daß die eigentlichen Epithelzellen, deren Kerne an der Basis der Drüsenzellenschicht zusammengehäuft liegen, und die feine spitz zulaufende Stützzellen darstellen, auf Schnittpräparaten nur selten zu bemerken sind. Ja, die eignen Zellgrenzen dieser Drüsen werden durch die starke Färbbarkeit meist etwas verwischt, doch kann man erkennen, daß sie das nur wenig verdickte Ende ihrer kolbenförmigen Gestalt dem Lumen des Darms zukehren. Ihre Kerne, von denen der Stütz- zellen zu unterscheiden, ist auf Schnitten ganz unmöglich. Während Hamann (1884), Jourdan (1883) und Becher (1907) das Magenepithel von einer gut ausgebildeten Cuticula überzogen fanden, die bei Rhab- domolgus die Höhe des kubischen Epithels manchmal noch übertreffen soll, fehlt eine derartige Cuticularbildung im Magen von Mesothuria vollständig. Vielmehr erscheint die Oberfläche dieser etwa 0,019 mm breiten Drüsenzellenschicht stets mehr oder weniger wellig, da die rundHchen Enden der einzelnen Drüsenzellen direkt in das Lumen des Magens hineinragen (Fig. 30). Der Inhalt dieser Drüsen besteht aus ziemlich engmaschigen Protoplasmasträngen, zwischen denen ganz kleine Vacuolen sichtbar sind. Epithel- und Drüsenzellen sind gegen das innere Bindegewebe durch eine feine, dünne Basalmembran sehr scharf abgegrenzt. Die W^anderzellen im Bindegewebe sind ebenso häufig wie im Ösophagus. Das innere Bindegewebe ist schwächer ent- wickelt wie im Schlund und entbehrt des Vacuolenringes. Man findet zuweilen im Bindegewebe feine, helle, nicht färbbare Körnchen, die 222 Wilhelm Haauen, den Pigmentkörnern der Haut gleichen und nur viel kleiner sind, zu kleinen Häufchen vereinigt. Es sind das dieselben Körnchen, die meist farblos in großen Massen in den Befestigungssträngen des Schlund- kopfs zu finden sind. An der Übergangsstelle zwischen Schlund und Magen füllen solche Körnchen fast das ganze innere Bindegewebe. Beide Muskelschichten sind auch im Magen immer deutlich wahrzu- nehmen, die Ringmuskelschicht stets besser als die Längsmuskelschicht. Die äußere Bindegewebslage besteht auch hier nur aus wenigen Fasern und das Außenepithel ist deutlich bewimpert. Im hinteren Teil des Magens werden die Zotten kleiner und tragen schließlich wenig oder gar keine Drüsenzellen mehr, deren Platz dann von cylindrischen Epithelzellen mit großem, länglichen Kern eingenommen wird. Hier ist dann die Basalmembran zwischen Epithel und Bindegewebe noch besser zu erkennen als im eigentlichen drüsigen Teil des Magens. 3. Dünndarm. Das Innenepithel des Dünndarms bildet keine Zotten mehr und besteht aus 6 /.i hohen, kubischen Epithelzellen mit rundlichem Kern. Alle Schichten sind weniger stark als in den übrigen Teilen des Traktus ausgebildet, aber doch immer einwandfrei nachzuweisen. Am schwie- rigsten überzeugt man sich auch hier von dem Vorhandensein der äußeren Bindegewebslage und die Längsmuskelschicht ist ebenfalls sehr dünn ; sie besteht aus einzelnen feinen Fasern, die oft durch Zwischen- räume getrennt sind. Die Längsmuskellage tritt somit bei unsrem Tier in allen Teilen des Tractus sehr gegen die Ringmuskelschicht zurück. Das gleiche Verhalten bemerken Hamann (1884) und Jourdan (1883) für Holothuria tubulosa, während Becher für Rhabdomolgus über eine stärkere Ausbildung der Längsmuskulatur berichtet. 4. Enddarm. Der Enddarm, der wegen der Einmündung der Kiemenbäume die Bezeichnung Cloake verdient, zeigt keine Gliederung in Colon und Rec- tum wie bei Rhabdomolgus (Becher) oder in Dickdarm und Cloake wie bei Caudina (Gerould 1896). Sein Aufbau gleicht im allgemeinen dem des Dünndarms am meisten, wobei jedoch sämtliche Lagen, ins- besondre das innere Bindegewebe wieder verbreitert sind. Bei stärkeren Kontraktionen treten faltige Einstülpungen des Innenepithels in das Lumen auf, die aber stets ein unregelmäßiges Aussehn zeigen und nicht im mindesten mit Zotten, wie sie im Schlund und Magen vorkommen, vergleichbar sind. Wie im Magen und Dünndarm zeigt das Innen- epithel keine nachweisbare Cuticula und auch die Anordnung der Aiuit. u. histol. Studien an Mcsotluiria intestinalis (Ascanius u. Rathkc). 223 Muskelschichten ist die gleiche wie dort. So zeigt also der ectodermale Enddarm in seinem histologischen Aufbau viel mehr Anklang an die entodermalen Darniteile wie an den gleichfalls ectodermalen Ösophagus, und die entwicklungsgeschichtliche Entstehung dieser so verschiedenen Bilder genauer zu verfolgen, wäre sicherlich von Interesse. X. Kiemenbäume. Die Kiemenbäunie sind bei Mesoihuria sehr wohl entwickelt und stellen längliche Schläuche dar, die bis zum vordersten Körperende reichen können und mit kleinen, rundlichen blasenförmigen Ausstül- pungen unregelmäßig besetzt sind. Die Länge der Schläuche sowie die Form und Zahl der Ausstülpungen hängen sehr von dem Kon- traktionszustand der Kieme ab, so* daß diese Stellen aufweisen kann, wo sie ohne jede Ausstülpung einem einfachen Sacke gleicht, während in andern Teilen die sonst beerenförmigen Aussackungen selbst wäeder zu sekundären Blasen verästelt erscheinen. Beide Kiemenbäume zeigen sich nicht immer gleich groß; da aber bald die linke, bald die rechte Kieme größer und in vielen Fällen überhaupt kein Größenunterschied wahrzunehmen ist, wird die Annahme notwendig, daß sie beide in glei- chem Kontraktionszustand gleiche Größe haben. Demgegenüber hat Marenzeller (1893) »sekundäre Arme« bei Mesothuria venllii niemals gesehen und meint auch, daß die rechte Kieme ein »wenig« länger als die linke sei. Bei sehr großen Exemplaren werden die seitlichen Bläs- chen sehr dick und groß (bis zu 1,5 cm), w^ährend sie bei kleineren und mittleren Tieren nur wenige Millimeter erreichen. Daher ist hier kein Unterscheidungsmerkmal zwischen Mesothuria intestinalis und verillii zu suchen, wie das jVL4.renzeller meint, wenn er von der letzteren sagt: >>Les coecums sont gros, plus petits toutefois que chez Holothuria intestinalis«. In der Ausbildung von zwei typischen Kiemen gleicht Mesothuria intestinalis den Holothuriiden mehr als den Elpidiiden, von denen die meisten gar keine und nur wenige einen einzigen kleinen BUndsack an Stelle der Kiemen aufzuweisen haben. Die getrennte Einmündung der Kiemen, die Ludwig (1889 — 1892) phylogenetisch als sekundäre Er- scheinung von dem einzigen Blindsack der Elpidiiden abzuleiten ge- neigt ist, begegnet uns sonst nur noch bei den Dendrochiroten. Von den beiden getrennten Einmündungssteilen, die sich stets seitlich an den Enddarm ansetzen, gehen die Kiemenschläuche eine kleine, etwa V2 bis 3/^ cm lange Strecke mit ziemlich engem Durchmesser ohne jede Ausstülpung oder Verzweigung aus, entsenden dann aber zuweilen 224 Wilhelm Haanen, einen oder wenige Nebenäste, die bedeutend größer als die nun folgen- den bläschenförmigen Aussackungen sind und stets sekundäre Ver- zweigungen tragen. Nur selten kommt es vor, daß weiter nach der Spitze zu ein größerer Ast abgegeben wird, oder daß die Kieme dicho- tom in zwei Ästen endigt. Schon Teuscher (1876) und nach ihm Heeouard (1890) halten Sempers Ansicht, daß die Kiemen durch feine Poren mit der Leibeshöhle in Verbindung stehen, für irrig. Der erstere z. B. hat solche Poren niemals finden können und auch die Gewebsteile an jenen Stellen deuten seiner Ansicht nach auf ein derartiges Verhalten nicht hin. Er hält es überdies für unmöglich, daß Wasser durch fco feine Öffnungen gegen weiche Wände zurückzufließen vermöge. Meine Beobachtungen an Mesothuria intestinalis geben diesen Ausführungen vollkommen recht. Denn weder euf Schnittfolgen, noch an aufge- hellten Totalpräparaten konnte ich Öffnungen an den Kiemen wahr- nehmen. Auch existieren hier keine solchen sphincterartigen Gebilde, wie Semper sie für Holothuria tenuissima zeichnet, und die auf ein Vor- handensein von Poren hindeuten könnten. Vielmehr sind alle diese Bläschen, auf deren Endpunkt eine Öffnung liegen könnte, bei unserm Tiere in ausgespanntem Zustand rundliche Gebilde, die überall die gleiche dünne Membran besitzen und, da sie äußerst durchschimmernd sind, die innere Epithelschicht als unklaren Saum durchblicken lassen. Auch histologisch lassen sich in ihnen keine besondern Muskeln entdecken, die zur Schließung solcher Poren dienen könnten. Da ferner ein Durch- dringen von Wasser durch eine so feine Wandung auf osmotischem Wege durchaus nicht unmöglich ist, kann ich mir von der Existenz solcher Öffnungen keinen absehbaren Zweck oder Nutzen versprechen. Die Lage der Kiemen im Cölomraum zeigt im allgemeinen die gewöhnliche, bei vielen andern Holothurien vorkommende Anordnung daß die linke im ventralen linken, die rechte im dorsalen rechten Inter- radius liegt, kann aber bei den konservierten Exemplaren nicht genau festgestellt werden und wird wohl auch beim lebenden Tier innerhalb gewisser Grenzen schwanken. Denn die Kiemen sind in ihrem bläschen- tragenden Teil nirgendwo, weder an der Körper- noch an der Darm- wand, befestigt, sondern ragen frei in die Leibeshöhle hinein. Einige wenige Suspensorien finden sich an dem untersten, nicht mit Aus- stülpungen versehenen Kiementeil und befestigen diesen an der Körper- wand, wie das ebenfalls die Suspensorien des Enddarms tun. So ist es leicht erklärlich, daß man bei einem aufgeschnittenen Tier die links ansetzende Kieme in der rechten Körperhälfte und umgekehrt, oder daß man den Dünndarm von einer Kieme umschlungen vorfinden kann. Anat. u. liistol. Stiulicn an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Bathke). 225 Obwohl nun bei Mesothuria kein Gefäßwundernetz ausgebildet ist und daher von einer engeren Verschlingung der linken Darmkieme mit einem solchen keine Rede sein kann, bedingt die deutliche Windung des Darmrohres doch in den meisten Fällen die natürliche »Stellung der Kiemen. Als direkte Ausstülpungen des Darmes zeigen die Kiemenbäume denselben histologischen Aufbau wie dort. Auf das wimpernde, äußere Cölomepithel folgen die Längsmuskeln, die ebenfalls spärlich in einer noch schwieriger nachzuweisenden äußeren Bindegewebslage liegen. Ringmuskeln und inneres Bindegewebe sind durchweg kräftiger ent- wickelt. Das Innenepithel besteht aus kubischen Zellen, an denen ich nirgendwo Wimpern auch nur angedeutet fand. Herouard schreibt (1890) den Kiemenbäumen eine vierfache Funktion zu, indem er sie als »Gleichgewichtsorgane« auffaßt, die der »Atmung« und »Exkretion <<, wie wahrscheinlich auch der »Bildung von Wanderzellen« dienen. Die Bedeutung der Kiemen als Atmungs- organe ist so oft bewiesen und stets so deutlich betont worden, daß es unnütz wäre, hier darauf zurückkommen zu wollen. Auch als Gleich- gewichtsorgane können sie sehr wohl angesehen werden, da sie durch Vergrößerung ihres Volumens das spezifische Gewicht des Tieres zu ändern imstande sind, obwohl Kontraktionen des ganzen Körpers den- selben Erfolg herbeiführen können. Die exkretorische Funktion der Kiemen erkennt Herouard in der Beobachtung, daß das von dem After ausgestoßene Wasser stets zellige Elemente enthält. Ob das auch für Mesothuria intestinalis der Fall ist, konnte ich wegen Mangels an leben- dem Material nicht feststellen. Auf Quer- und Längsschnittserien sah ich jedoch niemals eine besondre Ausbildung des Inneuepithels und auch die Wanderzellen treten dort nicht häufiger als an den übrigen Teilen des Tieres auf. Wenn sich die Vermutungen, die ich in dem Ab- schnitt über die Wanderzellen in betreff der Exkretion niedergelegt habe, bestätigen sollten, so wird die Exkretionstätigkeit der Kiemen, wenn auch nicht ganz, so doch größtenteils entbehrlich. Ebenso folgt aus meinen obigen Angaben, daß ich bei unsrem Tier keinerlei beweiskräftige Stützpunkte finden konnte für Herouards Ansicht, daß Wanderzellen in der Kiemenwanduug gebildet werden. XI. Aufhängestränge des Schlundkopfs und Enddarms; Mesenterien. Ganz unregelmäßig verlaufende ziemlich dicke Suspensorien be- festigen Hauptkanäle und Wassergefäßring an der Speiseröhre und durchziehen in überaus großer Zahl senkrecht zur Körperachse den 226 Wilhelm Haanen, von Semper Schlundsinus genannten Teil der Leibeshöhle. In allen Teilen dieses Schlundsinus, auch schon unterhalb des Gefäßringes treten die bindegewebigen Stränge auf, die dadurch in Gegensatz zu den meisten daraufhin untersuchten Holothurien treten, daß sie stets in Zusammenhang mit der inneren Bindegewebslage des Ösophagus stehen. Neuerdings hat Becher (1907) dieses Zusammenhängen des Binde- gewebes der Suspensorien und der inneren Lage des Darms auch bei Rhabdomolgus gesehen, wo allerdings eine äußere Bindegewebsschicht gänzlich fehlen soll. Das Bindegewebe dringt in sehr feinen Strängen durch die Muskelschichten des Schlundes, vereinigt sich aber sehr bald zu den oben beschriebenen dickeren Suspensorien (Fig. 23 s). Zum größten Teil ist das Bindegewebe, das die Hauptmasse der Suspensorien ausmacht, mit dem Cölomepithel überkleidet, doch kann man zu- weilen ganz feine Faserbündel auch ohne diese Bekleidung aus dem Ösophagus austreten sehen. Muskulatur ist auf den dickeren Strängen stets sehr deutlich nachweisbar und ebenso wie beim Gekröse meist auf beiden Seiten des Stranges ausgebildet. Um als Antagonisten der Schlundmuskulatur dienen zu können, verlaufen diese Muskelfasern fast durchweg in der Längsrichtung der Stränge und auch die Faser- bündel des Bindegewebes bevorzugen diese Anordnung. Für den Blut- kreislauf spielen die Aufhängestränge des Schlundkopfs dadurch eine wichtige Rolle, daß sie Träger aller Arten der Blut- und Wanderzellen sind und so die vom Blutring die innere Hauptkanalwandung empor- steigenden Blutzellen in die inneren Darmschichten gelangen lassen. In ganz besonders großer Zahl sammeln sich in diesen Suspensorien die Wanderzellen, deren Einschlußkügelchen sich wie Chromatin färben lassen. Auch findet man hier sehr häufig Ansammlungen von kleinen, runden pigmentähnlichen Körnchen, die sich bei den meisten Färbungen nicht mitfärben. Die Aufhängestränge des Enddarms zeigen sich stets kräftiger entwickelt, als die des Schlundkopfes, sind aber, was Zahl, Bau und Anordnung anlangt, den ersteren vollkommen ähnlich. Sie sind stets länger als die des Schlundkopfes, weil sie bis zur Körperwand eine wei- tere Strecke zurückzulegen haben als jene bis zur Wand der Haupt- kanäle. Die Stränge an den Radien sind durch ihre Größe vor denen der Interradien nicht bevorzugt wie bei Rhabdomolgus und nur selten trifft man Suspensorien, die sich an den Längsmuskel der Haut an- setzen. Den Zusammenhang ihres Bindegewebes mit der inneren Bindegewebsschicht des Enddarmes hat schon Ludwig (1889 — 92) aus Hamanns Angaben (1883, 2) erschlossen und nach ihm Becher für Anat. u. histol. Studii'u an Mcsothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 227 Rhabdomolgus bestätigen können. Auch bei Mesothuria ist dieser Zu- sammenhang außerordentlich deutlich und viel besser zu konstatieren als beim Ösophagus, weil die Suspensorien hier nicht in dünneren Strängen, die sich später vereinigen, sondern sofort mit breiter Basis vom Darme auszugehen pflegen (Fig. 28 s). Die Muskulatur ist kräf- tiger als bei den Schlundsuspensorien, ja meist auch stärker noch als die des Enddarmes selbst. Die Wanderzellen sind häufig, jedoch fehlen die pigmentartigen Körnchen der Schlundsuspensorion. Das Mesenterium befestigt den Darmtractus an der Körperwand und gibt durch seinen ge^^^lndenen Verlauf die gleiche, weiter oben schon hervorgehobene, typische Drehung des Darmes an. Den drei Darmschenkeln entsprechend nennt Ludwig (1889 — ^92) das Mesenterium des ersten Schenkels das dorsale, das des zweiten das linke und das des dritten das rechte Mesenterium und hebt hervor, daß die Ansatz- stellen dieser Mesenterien durchaus nicht immer genau in der Mittel- linie der betreffenden Interradien zu liegen brauchen. Bei Mesothuria intestinalis läuft die Ansatzlinie des dorsalen Mesenteriums genau in der Mittellinie des mittleren Interradius des Biviums, das linke durch- quert den linken Interradius derselben Körperhälfte diagonal in einer etwas steilen Richtung, während das rechte Mesenterium sich dem mitt- leren Längsmuskel des Triviums, wenigstens in seinem unteren Teile, sehr nahe anlegt. Die ziemlich breiten Mesenterien befestigen sich an der Haut durch kleine bindegewebige Stränge, so daß man dicht an der Ansatzlinie eine Reihe oft winzig kleiner Löcher bemerkt. Sonst sind solche löcherartigen Durchbrechungen der Wand selten und, wenn sie auftreten, sehr klein. Nur beim Übergang des dorsalen Mesenteriums in das linke und des linken in das rechte treten solche Löcher konstant auf und bedingen dadurch dort ein netzartiges Aussehen des Mesen- teriums. An diesen Stellen ist das Band auch etwas breiter als an den übrigen, ohne indes den Namen Mesenterialtaschen zu verdienen. Am vorderen Körperende, direkt am Schlundkopf, läßt das Dorsalmesen- terium stets einen kleinen, rundlichen Ausschnitt frei, durch den die Leibeshöhlenflüssigkeit von einer Körperhälfte in die andre übertreten kann. Das Dorsalmesenterium umhüllt nicht nur den Ausführgang der Geschlechtsorgane, sondern auch den Steinkanal, der in seinem ganzen Verlaufe nicht aus dem Mesenterium heraustritt. Ferner wird der später zu besprechende Geschlechtssinus wie auch der Nebenschlundsinus vom Dorsalmesenterium gebildet. Die Ähnlichkeit dieses Mesenteriums mit den Suspensorien in histologischer Beziehung ist schon mehrfach auch für andre Holothurien betont worden (Lüdavig 1889 — 92, Becher 228 Wilhelm Haanen, 1907). Beiderseits liegen unter den flachen Plattenepithelzellen des Cölomepitliels spärlich entwickelte Muskelfasern, die fast stets quer zur Längsachse der Körperwand verlaufen. Die Bindegewebsfasern gleichen in ihrer Feinheit mehr den Fasern der bindegewebigen Teile des Wassergefäßsystems als denen der Haut. Wanderzellen trägt dieses Bindegewebe ebenso häufig wie dort, Kalkkörper nur in der Umgebung des Steinkanals, hier aber in ziemlich reichhaltigem Maße. XII. Räume der Leibeshöhle. Schlundsinus. Denjenigen Teil der Leibeshöhle, der von dem Ösophagus als innere, den Wandungen des Ringkanals, der Haupt- bzw. Fühlerkanäle als äußere Grenze umschlossen wird, pflegt man seit Semper (1868) Schlund- sinus zu nennen. Er scheint bei allen Holothurien ziemlich konstant aufzutreten und ist von den oben besprochenen Aufhängesträngen des Schlundkopfes dicht durchsetzt. In den meisten Fällen steht der Schlundsinus (vgl. die Zusammenstellung Ludwigs 1889) in offenem Zusammenhange mit der Leibeshöhle, und zwar kann dieser Zusammen- hang dadurch hervorgerufen werden, daß 1) die vom Ringkanal aus- gehenden fünf Hauptkanäle einzeln nach oben gehen und so zwischen sich mehr oder weniger weite Öffnungen freilassen, oder daß 2) sich der Wassergefäßring an seinem hinteren Ende nicht dicht an den Darm anlegt. Es wird dann an dieser Stelle eine Ringspalte entstehen, die durch die Aufhängestränge nur teilweise verschlossen wird. Die Löcher zwischen den fünf Hauptkanälen können sich verkleinern, z. B. bei Synaptiden, den meisten Aspidochiroten und wenigen Dendrochiroten, oder auch sich gänzlich schließen wie bei sehr vielen Elasipoden. In diesem letzteren, bei weitem seltener vorkommenden Fall bildet dann die Ringspalte den einzigen Zusammenhang zwischen Schlundsinus und Cölomraum. Nur eine einzige Angabe besitzen wir von Danielssen und Koren (1882) für Kolga hyalina, daß auch diese Ringspalte sich schließt und so der Schlundsinus von der Leibeshöhle vollständig ge- trennt ist. Diese Beobachtung ist so einzig dastehend, daß sie Ludwig (1889 — ^92), S. 290 zu der Bemerkung veranlaßt: »Von dieser Art {Kolga hyalina) behaupten zwar Danielssen und Koren einen voll- ständigen Abschluß des Schlundsinus von der Leibeshöhle. Da aber ein solches Verhalten bis jetzt bei keiner einzigen andern Seewalze bekannt ist und ein näherer Nachweis für die Richtigkeit ihrer Behaup- tung von den genannten Forschern nicht erbracht wird, so wird man derselben wohl einigen Zweifel entgegensetzen dürfen«. Betrachtet Anat. n. histol. Studioii an Mcsotluuia intestinalis (Ascanius u. Rathke). 229 man aufgehellte und mit Boraxkarmin gefärbte Totalpräparate des Sclilundkopfes bei Mesothuria intestinalis, so scheint hier ein solcher, vollständiger Abschluß des Schlundsinus von der Leibeshöhle zu existieren. Bei Besprechung des Wassergefäßsystems wie auch des Darm- tractus habe ich darauf hingewiesen, daß genau an der Übergangs- stelle zwischen Ösophagus und Magen eine ringförmige, bindegewebige Lamelle aus der inneren Bindegewebsschicht des Darmes austritt, sich Textfig. 1. Schematisierter Längsschaitt durch das hintere Ende des Schlundkopfs. Ö= Ösophagus; »» = Magen; r = Ringkanal; ss = Sclilundsiniis, la dessen Grenzlamelle; h = Hauptkanal; s = Suspen- sorien; p= Öffnung des Schlundsinus in der Leibeshöhle. Vergr. etwa 35mal. dann nach oben fortsetzt und schließlich Ringkanal und Hauptkanäle bildet (vgl. d. Textfig. la). Diese Lamelle stellt nichts andres dar, als die hintere Grenze der zum Wassergefäßsystem gehörigen Teile des Schlundkopfes. Es ist zwar in diesem Falle nicht der Ringkanal, der sich auf diese Weise an den Darm ansetzt, sondern gewissermaßen seine Ver- längerung, jene einfache Lamelle, die aus der Verwachsung der beiden Ringkanahvandungen entstanden zu sein scheint. Aus Querschnitt- folgen geht deutlich hervor, daß sich dort an der Ansatzstelle nirgend- wo größere Öffnungen oder Löcher befinden. Hierbei ist natürlich zu betonen, daß bei einem derartigen Durchbruch des Bindegewebes durch 230 Wilhelm Haanen, Muskulatur und Epithel ganz dicht an der Außenseite des Darmes eine Entstehung von Poren unvermeidlich ist. Denn andernfalls müßte die Lamelle die Muskulatur an dieser Stelle vollständig unterbrechen. Das ist zwar, wie wir weiter oben schon betont haben, der Fall für die Längsmuskulatur, nicht aber für die Ringmuskeln, deren Zusammen- hang an einzelnen Stellen deutlich festzustellen ist. Vielmehr bildet sich die Lamelle durch mehr oder weniger dicke Stränge, die sich zwar nach dem Austritt aus dem Darm sofort zusammenschließen, doch an einzelnen Stellen Poren freilassen (vgl. Textfig. 1 p). Diese Poren sind äußerst klein und nur auf Schnitten zu erkennen. Auch mehr vor dem Ringkanal treten zwischen den Hauptkanälen niemals Öffnungen, auch keine derartig kleinen Poren auf, weder direkt am Ringkanal noch auch kurz vor dem Kalkring; vielmehr erscheinen die Hauptkanäle stets so gebildet, als ob an den Interradien die bei- den Wände des Ringkanals zusammengewachsen wären. Da demnach weder eine Ringspalte noch auch Öffnungen zwischen den Hauptkanälen auftreten, wird man den Schlundsinus von Meso- iliuria intestinalis als geschlossen ansehen können gegenüber den von Ludwig und Semper beschriebenen Formen. Anderseits aber ward man nicht imstande sein können, eine Kommunikation des Schlund- sinus mit der Leibeshöhle in Abrede zu stellen. Das tun zwar Danielssen und Koren (1882, S. 11), wenn sie sagen: »And does not correspond with the perivisceral cavity<<, doch glaube ich, daß man bei näherer Untersuchung auch bei dieser Art ganz gewiß ähnliche kleine Öffnungen wird nachweisen können wie bei Mesothuria intestinalis. Nebenschlundsinus. Der ebenfalls von Semper so genannte Nebenschlundsinus stellt eine Verlängerung des Schlundsinus hinter den Ringkanal dar, der mit dem Geschlechtssinus den Ausführgang der Genitalien mehr oder we- niger weit begleitet. Diese beiden Sinus kommen in den meisten Fällen zusammen vor {Stichopus variegatus , Holothuria tenuissima, gracilisu.Si.), doch kann der Nebenschlundsinus fehlen, während der Geschlechts- sinus wohl ausgebildet ist {Mülleria lecanora). Dieser letzteren Art gleicht Mesothuria am meisten, indem sie einen gut entwickelten Ge- schlechtssinus, aber keinen sehr ausgeprägten Nebenschlundsinus be- sitzt, Wohl kann man manchmal die Beobachtung machen, daß eine ganz kleine Strecke weit, d. h. nur wenige Schnitte hindurch das Dorsal- mesenterium noch hinter dem Schlundkopf eine kleine Höhlung auf- weist, die aber sehr bald blind endet und niemals von zahlreichen, 1 Anat. u. histol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathkc). 231 radiär gestellten Fasern durchzogen ist (vgl. Semper, S. 106). Auch treten hier keinerlei Öffnungen in die Leibeshöhle auf. Auf etwas weiter nach hinten, vor der Genitalbasis gelegenen Querschnitten sieht man stets nur mehr den ziemlich weiten Genitalsinus den Ausführgang der Genitalien begleiten, so daß meiner Ansicht nach die kurze, oben ge- schilderte Ausbuchtung den Namen eines Nebenschlundsinus wenig verdient, obwohl ihn Theel (1901, S. 15) auf einer seiner Textfiguren mit dieser Bezeichnung andeutet. Hierzu ist jedoch zu bemerken, daß sich der eigentliche Schlundsinus nicht nur bis zum Wassergefäßring erstreckt, sondern noch etwas weiter nach hinten sich bis zur Grenze zwischen Magen und Schlund ausdehnt, so daß der eigentliche Nebenschlundsinus stets neben dem Magen herlaufen muß und deshalb leicht zur Verwechslung der beiden Sinus Anlaß geben kann (vgl. Textf ig. 2 ss). Es hängt allein von der individuellen Auffassung ab, ob man die kleine, höchstens 0,5 mm große Ausbuch- tung als Nebenschlundsinus besonders hervorheben will oder nicht. Auf jeden Fall muß sie als An- deutung dieses Sinus an dieser Stelle Erwähnung finden. Geschlechtssinus, Der bisher nur für Aspidochiroten bekannt ge- wordene Geschlechtssinus ist auch bei Mesothuria intestinalis stets sehr deutlich w^ahrnehmbar. Er „ ^x- n Textfig. 2. beginnt vorn bereits am Wassergefäßring, dicht schnitt durch das Dorsai- unterhalb der Einmündung des Steinkanals in diesen mesenterium unterhalb -,,,,,-, 1 1 T> 1 1 j p des Eiugkanals, aber und stellt ein langes, schmales Jband dar, das auf oberhalb der Trennungs- Querschuitten oft bedeutend länger erscheint als steile zwischen Schlund der Ausführgang selbst. An seiner linken Wandung s"tmng;''a = Ausführging trägt er an der dem Magen zugekehrten Seite das der Genitalien; ? = Ge- mächtige Blutgefäß der Geschlechtsteile, die »lacu- taibiutgefaß ; «« = nar blood cord<< Theels. Mit der Leibeshöhle Schiundsinus. kommuniziert der Geschlechtssinus durch kleine, po- renartige Öffnungen, die zum allergrößten Teil in der Höhe der Schlund- krause und an der linken Seite ganz unregelmäßig aufzutreten scheinen. Manchmal, aber viel seltener kommen auch an der rechten Seite der Sinuswandung oder mehr nach der Genitalbasis zu solche kleine Öffnungen vor. Nach hinten setzt sich der Geschlechtssinus mit gleich- bleibendem Lumen bis an die Genitalbasis fort, reicht sogar öfters noch 232 Wilhelm Haanen, etwas in diese hinein, endet aber dort blind und setzt sich nicht in das Lumen der Genitalbasis fort. Genauere Angaben, wie die Kommunika- tion des Geschlechtssinus mit der Leibeshöhle für andre Aspidochiroten sich vollzieht, habe ich in der Literatur vergeblich gesucht. Semper z. B. beschränkt sich auf die Erwähnung der Tatsache, daß sich dieser Geschlechtssinus hinter der Schlundkrause in die Leibeshöhle öffnet. An dieser Stelle möchte ich noch darauf hinweisen, daß ich für die Neuralkanäle, von denen man früher vermutet hatte, daß sie in irgend einer Verbindung mit der Leibeshöhle stehen (vgl. Ludwig 1889, S. 234), bei Mesothuria keinen solchen Zusammenhang gefunden habe. Der Hyponeuralkanal endet, wie schon erwähnt, ohne einen Pseudo- hämalring zu bilden, blindgeschlossen kurz vor dem Ringnerv und der Epineuralkanal setzt sich in den Epineuralring fort und bleibt so eben- falls ohne den erwähnten Zusammenhang mit dem Cölomraum. Über die Auskleidung der Leibeshöhle habe ich schon an früheren Stellen Genügendes mitgeteilt. XIII. Geschlechtsorgane. Mesothuria intestinalis ist eine der wenigen pedaten Holothurien, die beiderlei Geschlechtsprodukte in demselben Individuum entwickelt. Nicht wie viele Synaptiden erzeugt dieser Zwitter Spermatozoen und Eier in demselben Geschlechtsschlauche, sondern für beiderlei Pro- dukte werden besondere Schläuche ausgebildet, so daß verschiedene miteinander alternierende Bündel entstehen, von denen die einen nur männliche, die andern nur weibliche Geschlechtsprodukte enthalten. Die- ser eigenartige Hermaphroditismus, wie er vordem nur von Sluiter für Ocnus javanicus und Ananus Jiolothurioides beschrieben, aber histo- logisch noch nicht genauer untersucht worden war, veranlaßte die schon erwähnte ausführliche und genaue Untersuchung Theels über die Geschlechtsorgane unsres Tieres (1901). Im folgenden Jahre be- schrieb Ackermann ähnliche Verhältnisse bei Cucumaria laevigata. Hier finden sich ebenso wie bei unsrer Art männliche und weibliche Schläuche in demselben Tier vereinigt, doch pflegen dieselben Schläuche im Gegensatz zu Mesothuria intestinalis nacheinander weibliche und männliche Geschlechtsprodukte hervorzubringen oder wenigstens an- zulegen. Stets werden zunächst die jungen Eizellen angelegt, die durch Phagocyten beseitigt werden und an deren Stelle Samenzellen ent- stehen. Diese Samenzellen werden zuerst reif und entleert, darauf die Schläuche resorbiert und andre, mehr nach vorn gelegene Schläuche entwickeln dann auch reife Eier. Ackermann hat diese Tatsachen Anat. u. liistol. Studien an Mcsotluiria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 233 entwickluug.sgeschichtlich und histologisch genauer untersucht und auch in genügender Weise auf die Merkmale hingewiesen, die Cucu- maria laevigata und Mesothuria intestinalis in bezug auf ihre Zwittrig- keit gemein haben, so daß ich an dieser Stelle nicht näher darauf einzugehen brauche. Wenn es auch die Vollständigkeit einer Mono- graphie verlangt, daß ich an dieser Stelle auf diese schon untersuchten Gegenstände eingehe, so möchte ich doch in Einzelheiten auf die vor- genannte Abhandlung Theels verweisen, zumal ihr dieser eine Anzahl Abbildungen beigegeben hat, die, soweit sie mit meinen Beobach- tungen übereinstimmen, nochmals wiederzugeben kein Grund vorlag. a) Genitalbasis. Die Genitalbasis stellt nichts andres als eine Anschwellung des Dorsalmesenteriums dar, die stets an dessen linker Seite, nicht weit hinter der Übergangsstelle zwischen Magen und Schlund auftritt, immer aber mit dem Magen, niemals mit dem Ösophagus in Verbindung steht. Diese Verbindung wird dadurch hergestellt, daß sich die innere Binde- gewebslage des Magens unmittelbar in das Bindegew^ebe fortsetzt, das die Genitalbasis zum größten Teile ausfüllt. Die Anschwellung des Mesenteriums nimmt mit steigendem Alter des Tieres zu, so daß der Größenvergleich der Genitalbasen auf das Alter der betreffenden Tiere schließen läßt. Bei jungen Tieren ist die ganze Unterseite, d. i. die dem Körperinnern zugekehrte Seite, überall dicht mit Geschlechtsschläuchen besetzt, während bei älteren Exemplaren an dem hinteren Ende ein nackter Teil (naked portion of the genital basis Theels) zu bemerken ist, der keine Geschlechtsschläuche mehr trägt und sich in noch späteren Stadien nach oben und vorne aufrollt, so daß das Ganze etwa einem Schneckengehäuse ähnlich sieht. An diesem aufgebogenen, nackten Teil sieht man manchmal kleine, cylindrische Fortsätze, fast immer aber bräunliche Flecken, die sich oft zu kleinen Kreisen mit dem Durch- messer ausgewachsener Geschlechtsschläuche vereinigen, so daß man in diesen »Maculae << sicherlich die Ansatzstellen verlorener, resorbierter Genitalschläuche erblicken muß. Das letzte Ende des umgebogenen Teiles pflegt sich ebenfalls bräunlich zu verfärben und erweckt, wenn es sich bei älteren Tieren in die Mitte der Windung legt, den Eindruck eines selbständigen Organs. Indessen lehren Querschnitte, daß man es hier nur mit dem in Resorption befindlichen Genitalbasisende zu tun hat, in das sich ebenso wie in den Maculae ungeheure Massen von kleinen, wenig färbbaren Körnchen eingelagert haben, die genau den in der Körperhaut und zwischen den einzelnen Tentakeln vorgefunde- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 16 234 Wilhelm Haanen, nen Pigmentkörnern gleichen. Über Wesen und Bedeutung dieser Körner habe ich in dem Kapitel über "Wanderzellen (vgl. S.200) einiges niedergelegt. Die in der Entwicklung am weitesten vorgeschrittenen, reiferen Schläuche sitzen stets am hinteren Ende der Basis, während sich mehr nach vorn kleinere, unentwickelte Schläuche anlegen. In- dem nun nach Entleerung und Resorption der gereiften Schläuche das Ende der Basis sich in der oben geschilderten Weise umbiegt, rückt die Stelle, wo die Geschlechtsschläuche sich ansetzen, allmähhch mehr nach vorn, wo dann das Dorsalmesenterium zur vollen Größe der Genital- basis auswächst. Unter dem wimpernden Cölomepithel zieht sich eine ziemlich kräftige Ringmuskellage hin, der seltener und viel schwächer entwickelte vertikal verlaufende Fasern aufliegen. Bei keinem andern Organ unsres Tieres konnte ich die Eigentümlichkeit feststellen, die in der Genitalbasis dadurch auftritt, daß recht kräftige Muskelfasern in statt- licher Anzahl regellos in das Bindegewebe eindringen; sie heben sich durch ihre bedeutendere Dicke, das stärkere Lichtbrechungsvermögen wie ganz besonders durch die Färbemittel stets deutlich hervor und dienen den feinen Bindegewebsfasern, zwischen denen sie ganz unregel- mäßig verteilt liegen, zur Stütze. Das Bindegewebe ist von vielen Lö- chern und Hohlräumen durchzogen, die sich einerseits in den Ausführ- gang vereinigen und anderseits in die Creschlechtsschläuche führen. So lange sich diese Hohlräume innerhalb der Basis hinziehen, sind sie von dem eigentümlichen, stark wimpernden Epithel ausgekleidet, das auch dem Ausführgang der Geschlechtsprodukte eigen ist und bei dessen Besprechung näher erläutert werden soll. Sobald aber ein solcher Hohlraum in den eigentlichen Geschlechtsschlauch übergeht, tritt ein einfaches Plattenepithel an seine Stelle. Dabei pflegt dann auch das Bindegewebe in einzelnen Längsfalten in das bis dahin runde Lumen vorzudringen, so daß der Querschnitt ein mehr oder weniger sternartiges Aussehen bietet. Auffallend ist die ungeheure Anzahl der Blut- und Wanderzellen, die den ganzen bindegewebigen Teil der Genitalbasis erfüllen und für die Ernährung der Geschlechtsprodukte in reichlichem Maße Sorge tragen. Ausführgang der Genitalien. Der Ausführgang ist ein flaches, gerades Band, das dem Darm parallel bis zur Einmündung des Steinkanals in den Ringkanal ver- läuft, dann aber etwas nach außen umbiegt, um hinter dem Steinkanal herlaufend bis zur Körperwand zu gelangen, wo er sich genau in der Anat. II. histol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathkc). 235 Dorsalmittellinie, etwas hinter der Fühlerbasis nach außen öffnet. Bei den in Alkohol fixierten Exemplaren und besonders bei großen Tieren bemerkt man dort immer eine deutliche, etwa 1 bis 2 mm große Genital- papille. Bei kleineren und mittleren und vor allem auch bei den in Formol konservierten Tieren konnte ich diese Erhebung nicht annähernd so deutlich wiederfinden, so daß ich geneigt bin, diese außerordentliche Deutlichkeit der Genitalpapille zum größten Teil auf Materialschrum- pfung zurückzuführen. Untersucht man diese Papille auf eine Öffnung nach außen, so findet man auf aufgehellten Totalpräparaten eine solche eigentlich fast nie. Erst Querschnittserien zeigen, daß sich der Genital- gaug bis dicht unter die Epidermis hinzieht, so daß dieser Gang im all- gemeinen durch Cuticula, Epithel und ein kleines Stück der Cutis von der Außenwelt abgeschlossen ist. Erst wenn die Genitalprodukte entleert werden sollen, wird wahrscheinlich durch deren Druck dieser dünne Verschluß durchbrochen, der nach stattgehabter Ablegung der Eier, bzw. der Samenfäden jedenfalls wieder zuwächst und so vor Ein- dringen von Schlamm und Schmutz genügenden Schutz gewähren kann. Sobald der Genitalgang in das Bindegewebe der Haut eingetreten ist, umgibt ihn ein Kranz kleiner Löcher, die Teile der Leibeshöhle dar- stellen und den für ein Durchtreten der Genitalprodukte nötig wer- denden Spielraum gewähren. Der Ausführgang ist ebenso wie der Steinkanal gänzlich im Dorsal- mesenterium eingebettet und auch wie dieser, von einem eigentümlichen doch anders gearteten Epithelüberzug ausgekleidet. Die ovalen Kerne dieser Epithelzellen liegen ziemlich dicht nebeneinander ungefähr in der Mitte von Zellen, die nach dem Lumen zu in je ein starkes, geißel- artiges Wimperhaar übergehen und sich nach dem Bindegewebe zu ebenfalls zuspitzen; die dünnen Fortsätze befestigen sich dort am Bindegewebe vermittels einer feinen Basalmembran. Durch diesen eigenartigen Bau müssen zwischen den einzelnen Epithelzellen und dem Bindegewebe bald größere, bald kleinere Hohlräume entstehen, und diese Hohlräume fand schon Theel durchsetzt mit feinen, längs- verlaufenden Fasern, die er für peripherische Nervenfasern zu halten geneigt ist. Auf Theels Präparaten blieben sie nach der Behandlung mit verschiedenen Farbstoffen stets blaß und farblos, bei meinen Unter- suchungen dagegen färbten sie sich, und zwar stets wie Nerven-, bzw. Muskelfasern. Trotzdem traten diese feinen Fasern bei meinen Prä- paraten nie mit solcher Deutlichkeit und Häufigkeit auf, wie Theels Abbildung andeutet, und nur auf Längsschnitten habe ich sie mit un- zweifelhafter Sicherheit nachweisen können. 16* 236 Wilhelm Haanen, An dieser Stelle möchte ich noch darauf hinweisen, daß ähnliche, ich kann sagen, die gleichen feinfaserigen Gebilde auch im Ösophagus unsres Tieres auftreten. Dort liegen sie ebenfalls in Hohlräumen, und zwar in den Lücken, die sich zwischen der Längsmuskulatur und der inneren Bindegewebsschicht des Schlundes befinden; da sich aber diese Fasern in bezug auf ihre Färbbarkeit mit Sicherheit nicht von den dicht anliegenden Längsmuskeln unterscheiden lassen, und ferner ein Zusammenhang dieser Fasern mit andern Nervenfasern nirgend- wo erkannt werden konnte, habe ich in dem betreffenden Abschnitt von einer besonderen Betonung dieser feinen Fasern abgesehen. Von den typischen Muskelfasern unterscheiden sie sich durch ihre außer- ordentliche Feinheit und durch geringeres Lichtbrechungsvermögen, so daß es nicht ausgeschlossen ist, daß man es hier mit peripherischen Nerven zu tun hat. Keimstrang. Unter dem Namen »germinal cord<< beschreibt Theel (1901) eine eigentümliche, kanalartige Bildung, die stets in der etwas verdickten, linken Wandung des Ausführganges der Genitalien liegt. Der mehr oder weniger stark gekrümmte, meist sehr englumige Kanal begleitet den Ausführgang oft ungefähr bis zur Höhe des Ringkanals und endet dort blind im Bindegewebe des Dorsalmesenteriums, in das er ebenso wie der Ausführgang selbst vollständig eingebettet ist (vgl. Acker- mann, S. 20 imten). An seinem hinteren Ende reicht er bis zur Genital- basis und steht dort einerseits mit deren Lumen, anderseits mit klei- nen, keulenförmigen Erhebungen in Verbindung, die den vordersten, kleinen Geschlechtsschläuchen sehr ähnlich sehen. Sie unterscheiden sich aber dadurch von den etwas weiter rückwärts gelegenen Schläuchen, daß sie, wie auch der Keimstrang selbst, an ihrer Innenseite sehr dicht besetzt sind mit Keimzellen, d. s. große Epithelzellen mit ebenfalls sehr großem, rundem Kern. Es fehlt also hier das Zwischenstück, in dem keine Geschlechtsprodukte hervorgebracht werden und das allen etwas größeren Geschlechtschläuchen bei unsrer Art eigentümlich ist. Der ganze Aufbau dieser »germinal cord << berechtigt zu der Annahme, daß man es hier mit einer Bildungsstätte der ersten Anlage von Geschlechts- produkten zu tun hat, ebenso wie man in den oben erwähnten kleinen, keulenförmigen Erhebungen die erste Anlage von Geschlechtsschläuchen erblicken muß, die durch späteres interkalares Wachstum ein steriles Zwischenstück einschieben. Theel läßt die Frage offen, ob der Keim- strang nur einen einzigen Kanal oder mehrere verschiedene Kanäle dar- stellt, da man auf verschiedenen Querschnitten oft verschieden viele Anat. u. histol. Studien an Mcsothuria intestinalis (Ascanius u. Rathkc). 237 Lumina (bei Theel bis zu acht) waliruehmen kann. Bei den Serien, die ich daraufhin untersuchte, schien meist nur ein, wenn auch stark gekrümmter Kanal vorhanden zu sein; doch schwankt die Ausbiklung bei den verschiedenen Tieren sehr, so daß wohl auch mehrere Kanäle vorkommen können. Zwischen den großkernigen Keimzellen findet man oft Zellen mit kleinem Kern, die Theel als später den Keimzellen zur Nahrung dienende FoUikelzellen ansieht. Geschlechtsschläuche. An der dem Körperinnern zugekehrten Seite der Genitalbasis sitzen dichtgedrängt die Genitalschläuche, lange, schmalcylindrische Gebilde, die am hinteren Ende der Basis am größten und reifsten sind und mehr nach vorn an Größe und Reife allmählich abnehmen. Eine kleine Strecke weit sind die Schläuche einfach, dann aber verzweigen sie sich mehr oder Aveniger unregelmäßig, oft so stark, daß ein einzelner der Basis entspringender Schlauch 10 — 15 Genitalprodukte erzeugende Nebenschläuche tragen kann. In dem unverzweigten Zwischenstück werden niemals Geschlechtsprodukte hervorgebracht. Die Zahl der Schlauchbündel wechselt mit dem Alter des Tieres und auch mit der Jahreszeit. Bei den bestentwickelten Tieren fand ich bis 25 und mehr Bündel, sodaß ein ausgewachsenes Exemplar 200 bis 300 Geschlechts- schläuche tragen kann, die oft eine beträchtliche Länge erreichen und das vordere Körperinnere prall ausfüllen. Unreife männliche und weib- liche Schläuche lassen sich äußerlich nicht unterscheiden, während im ausgewachsenen Zustand die großen Eier schon mit bloßem Auge deut- lich wahrnehmbar und an ihrer rötlichen Farbe, die sich in Formol gut erhält, in Alkohol dagegen auszieht, gut erkennbar sind. Mesothuria intestinalis wird dadurch zum Zwitter, daß einzelne dieser Schläuche nur männliche, andre nur weibliche Geschlechtszellen entwickeln, und zwar geschieht das derart, daß immer eine ganze Anzahl solcher Ge- schlechtsbündel dieselben Geschlechtsprodukte hervorbringt. Bei allen daraufhin untersuchten Tieren konnte ich mindestens zwei, bei den meisten drei derartige Bündelkomplexe nachweisen, die abwechselnd Eier oder Sperma enthielten. Die Schläuche dieser einzelnen Bündel- komplexe stehen meist auf derselben Entwicklungsstufe, wenn aber Reifungsunterschiede vorliegen, befinden sich die reiferen Schläuche stets mehr nach hinten. Die männüchen und weiblichen Geschlechts- bündelkomplexe reifen aber stets zu verschiedenen Zeiten, so daß auf diese Weise einer Selbstbefruchtung vorgebeugt wird, die sonst unbe- dingt erfolgen müßte, da sämtliche Produkte in dieselben Hohlräume 238 Wilhelm Haanen, der Genitalbasis entleert und durch denselben Ausführgang nacb außen befördert werden. Der Querschnitt durch das sterile Zwischenstück der Geschlechts- schläuche zeigt bei beiden Geschlechtern dasselbe Aussehn. Unter dem wimpernden Cölomepithel findet sich eine ziemlich kräftige Ring- muskelschicht, der weiter nach innen zu eine meist homogene Binde- gewebslage und eine dünne membranartige Epithelschicht folgt. Das Bindegewebe ist zu Längsfalten in das Innere vorgewölbt und bedingt dadurch ein sternartiges Bild. In den Teilen der Schläuche, die Ge- schlechtszellen produzieren, ist auch eine Ringmuskellage überall deut- lich wahrnehmbar, aber viel schwächer ausgebildet wie im Zwischen- stück. Hier fällt vor allem die Ausbildung des Innenepithels auf, das neben Follikelzellen die charakteristischen Keimzellen enthält. Die männlichen und weiblichen Keimzellen sind schon in sehr jungen Stadien deutlich auseinanderzuhalten, indem die weiblichen stets viel größer sind und neben dem Nucleus schon sehr früh einen deutlichen Nu- cleolus besitzen. Die männlichen Keimzellen sind größer und plasma- reicher als die Follikelzellen, haben einen großen, runden Kern und ebenso wie diese keinen Nucleolus. Das Bindegewebe, welches in den jüngsten Stadien noch keine Falten aufweist, wächst im Verlauf der weiteren Entwicklung enorm heran und stülpt sich dann in Falten in das Innere hinein, sodaß die Sexualzellen rings von diesem umschlossen werden. In noch späteren Stadien entwickeln sich dann die Sexual- zellen auf Kosten des Bindegewebes, das in der Folge mitsamt den Falten allmählich verschwindet. Diese Falten sind aber auch bei reiferen Schläuchen immer noch angedeutet durch Epithelmembranen, die bei weiblichen Schläuchen die Eier umgeben, bei männlichen dicht mit spermatogenen Zellen besetzt sind. In ausgewachsenen weiblichen Schläuchen findet man stets nur unreife Eier, die bis zu 0,5 mm groß werden können. Die netzförmige, fein gekörnelte Struktur des Plasmas, das ziemlich große, hyaline Keim- bläschen und der scharf abgesonderte, manchmal kleine Fettröpfchen enthaltende Keimfleck zeigt das typische Bild des Echinodermeneies. Die einzigen Eigentümlichkeiten, die hier zu erwähnen wären, hat Theel schon in genügender Weise hervorgehoben und erklärt. Seine Angaben vom Fehlen eines wirklichen Stieles, sowie einer eiweißartigen »zona radiata« (vgl. Hamann, Semper I.e.) und dem Auftreten von feinen, pseudopodienartigen Fortsätzen, bzw. Häutchen, die das Ei mit der umgebenden Follikelmembran verbinden, kann ich nach meinen Präparaten voll und ganz bestätigen. Auch den eigenartigen Mikropyl- Anat. u. histol. Studien au Mt'.sotluu'ia iutostiuali.s (Ascanius u. Rathke). 239 kanal, der das innere des ausgewachsenen Eies mit dem Lumen des Geschlechtsschlauches in Verbindung setzt, habe ich in der von Theel beschriebenen Form wiederfinden können. Bei ausgewachsenen männlichen Schläuchen finden sich gleich- falls keine Longitudinalfalten mehr. Am Rande der Schläuche, die ganz mit Spermatozoen erfüllt sind, und bei jüngeren auch an den dünnen, in das Lumen hineinragenden Falten sitzen die größeren spermato- genen Zellen, deren Kerne öfters undeutliche Teilungsstadien erkennen lassen. Die Spermatozoen sind von Retzius (1910) an besser fixierten Tieren, als sie mir zu Gebote standen, genauer untersucht worden. Von seinen Ausführungen kann ich bestätigen, daß das Kopfstück der Spermien bei unsrem Tiere eine von vorn und einer Seite etwas abge- flachte Kugel ist, die vorn an dieser abgeflachten Stelle ein kleines stärker lichtbrechendes, von Retzius als Perforatorium angesehenes Kügelchen trägt. XIV. Blutgefäßsystem. Seit Hamann (1884) sind sich alle Forscher darüber einig, daß man in den Blutgefäßen der Holothurien Blutbahnen zu erblicken hat, die eines inneren Epithels entbehren und in einer bindegewebigen, geflecht- artigen, öfters lacunenhaltigen Substanz große Mengen der oben geschil- derten Blutzellen nach allen Körperregionen befördern. Es mag wohl an der Konservierung und Fixierung meiner Tiere gelegen haben, daß ich diese Blutbahnen nur sehr selten mit geronnener Blutflüssigkeit durchtränkt fand, die sich von dem umgebenden Bindegewebe beson- ders abgehoben hätte, wie es z. B. Hamann (1884) auf Taf. III, 36, 39, 41 und Becher (1907) auf Taf. XXXII, 5 und XXXV, 31 andeuten. Vielmehr sah ich als Grundsubstanz, die das Innere eines solchen Gefäßes größtenteils ausfüllt, nur Bindegewebe, welches genau dem Bindegewebe andrer Körperteile, z. B. des Tractus glich und in dessen Lücken oft ungeheure Massen der kleinen, homogenen, plasmaarmen Blutzellen untermischt mit allen möglichen Arten von Wanderzellen auf- treten. Charakterisiert sind ferner alle diese Blutbahnen durch Musku- latur, zumeist Längsmuskulatur, die in der Regel stärker ausgeprägt ist als an unmittelbar daneben gelegenen, mit den eigentlichen Blut- bahnen in offenem Zusammenhange stehenden bindegewebigen Teilen (z. B. bei den Gefäßen der Hauptkanäle). Nur das Radialgefäß zeigt einen etwas andern Anblick. Hier sind die Muskeln nicht stärker aus- gebildet, sondern ganz gleichmäßig an der Membran verteilt, die das radiale W'assergefäß von dem Pseudohämalkanal trennt, und statt des 240 Wilhelm Haanen, Bindegewebes findet man meist eine homogene, mit Säurefuchsin sehr stark färbbare Grundsubstanz, die vielleicht als ein Überrest geronne- ner Blutflüssigkeit augesehen werden könnte. Schwach angedeutet finden sich manchmal ähnliche Massen in den Blutbahnen, die sich vom Blutring aus an der Innenseite der Hauptkanäle zum Radial - gefäß hinziehen und so den Übergang zwischen beiden Gefäßarten darstellen. Mesoihuria intestinalis besitzt folgende Blutgefäße: 1) den Blut- gefäßring, 2) die Radialgefäße, 3) die Füßchengefäße, 4) das dorsale. 5) das ventrale Darmgefäß und 6) das Genitalgefäß. Es fehlt hier ein Darmwundernetz wie auch das Quergefäß, das bei vielen Holothurien eine große Anastomose des ventralen Dünndarm- gefäßes darstellt, indem sich der erste Schenkel des genannten Ge- fäßes mit dem zweiten durch einen frei durch das Körperinnere hin- durchgehenden Ast verbindet. Ferner sind keine besonderen Gefäße ausgebildet, die zum Steinkanal, zur PoLischen Blase oder zum Öso- phagus verlaufen. Was bei allen diesen Gefäßen besonders betont werden muß, ist die Tatsache, daß sich die Blut- und Wanderzellen keineswegs nur auf diese Gefäße zu beschränken brauchen, sondern daß sie sich jederzeit frei hinein begeben können in das Bindegewebe der umliegenden Körper- teile, mit dem sie stets in offener, durch keinerlei Epithelien oder Membranen getrennter Verbindung stehen. Es sind also die Gefäße Blutbahnen, in denen kontinuierlich stets eine größere Menge von Blutflüssigkeit strömt und die durch ihre ausgeprägte Muskulatur die eigentliche Strömung in Gang zu halten imstande sind, wenngleich auch viele Wanderzellen selbsttätig amöboid zu wandern pflegen. a) Blutgefäßring. Der Blutgefäßring ist das Centralorgan des Blutgefäßsystems; denn von ihm gehen bei unsrer Art alle andern Gefäße aus und neben dem Genitalgefäß ist er das am deutlichsten ausgeprägte Gefäß. Die innere Wandung des Ringkanals des Wassergefäßsystems hat sich ent- sprechend stärker als die äußere Wandung ausgebildet und beherbergt den Blutring, dessen Innenseite sich nach dem Ösophagus zu in fal- tigen Vorsprüngen vorwölbt und so die Bezeichnung Schlundkrause mit vollem Recht verdient. Mit dem inneren Bindegewebe des Öso- phagus kann er direkt kommunizieren durch die schon beschriebenen Aufhängestränge des Schlundkopfs, sodaß die Ausbildung eines be- sondern Gefäßes zum Schlund überflüssig wird. Im Vergleich zu der Anat. u. histol. .Stiuliea an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 241 äußeren Wandung des Ringkanals, ist die Längsmuskellage am Blut- ring besonders kräftig, befindet sich aber stets nur auf einer Seite, und zwar auf der Außenseite dieses Blutrings oder, was dasselbe sagt, auf der Innenseite des AVassergefäßrings. Die dem Ösophagus zuge- wandten faltenartigen Vorvvölbungen tragen also keine Muskeln (Fig. 27). 6) Radialgefäß. Sobald der Ringkanal des Wassergefäßsystems nach vorn übergeht in die fünf Hauptkanäle, hört auch der Blutring auf, und es bleiben fünf, anfangs noch ziemlich breite, dann aber allmählich schmäler werdende Blutbahnen, die sich an der Innenseite dieser Hauptkanäle hinziehen und stets deutlich zu verfolgen sind, bis sie zugleich mit dem Lumen der Hauptkanäle über den Kalkring umbiegen und in das Radial- gefäß einmünden. Diesen Zusammenhang der Hauptkanalgefäße mit den Radialgefäßen habe ich sowohl auf Quer- wie auf Längsschnitt- serien durch den Schlmidkopf überaus klar beobachten können, wo- durch somit der Charakter dieses Radialgefäßes als Blutlacune deut- lich zutage tritt. Wir haben es hier mit einem auf Querschnitten bald sehr flach, bald mehr rundlich aussehenden Bande zu tun, das an der Innenseite des Hypoueuralkanals (= Pseudohämalkanal, Ludwig) in mehr oder weniger unregelmäßigem, manchmal etwas ge^vundenem Verlaufe hinzieht. Auf manchen Querschnitten durch das Radiale der Haut bemerkt man infolgedessen unregelmäßige, homogen sich färbende Massen, welche der dünnen Lamelle angeheftet zu sein scheinen, durch die sich der Pseudohämalkanal von dem Radialkanal des Wassergefäß- systems trennt. Auf andern Schnitten ist das Gefäß ganz flach, so daß es oft undeutlich und Schwer zu erkennen ist. An vielen Stellen kann man auch beobachten, daß dieses Band sich nicht in der Mitte, sondern mehr seitlich ansetzt, und zwar ist das immer der Fall beim Eintritt von Füßchen in den Radialkanal. Eine kurze Strecke weit kann man den Ast, den das Radialgefäß an solchen Stellen zu dem Füßchen ent- sendet, verfolgen. Auf Querschnitten durch einzelne Füßchen selbst sucht man jedoch vergebüch nach irgend welchen größeren Füßchen- gefäßen. c) Darmgefäße. Das ventrale und dorsale Darmgefäß sind die einzigen Gefäße, die sich ohne mikroskopische Untersuchung auch äußerlich darstellen als flache, den Darm (mit Ausnahme des Schlundes) dicht begleitende Bänder. Das dorsale Darmgefäß ist gänzlich im Dorsalmesenterium 242 Wilhelm Haanen, eingebettet und besteht eigentlich mir in einer Anschwellung des letzte- ren. Das ventrale Gefäß liegt wie überall an der diametral gegenüber- liegenden, ventralen Seite des Darms und hängt als freie Lamelle in die Leibeshöhle hinein. Die Eigentümlichkeit, daß sie kein Wunder- netz oder Quergefäß bilden, ist eine allen Synallactinen charakteristische Eigenschaft. Beide Gefäße setzen sich kontinuierlich über den Magen, Dünndarm und Enddarm fort, wo sie sich allmählich verlieren. Das dorsale Gefäß verlängert sich nach vorn, bis es die Bindesubstanz der Genitalbasis erreicht, wo es dann seitlich mit dem mächtigen Genital- blutgefäß in Verbindung treten kann und auf diesem Wege zum Blut- ring gelangt. Ebenso wie dieses dorsale Gefäß schon oberhalb der Geschlechtsbasis, verläßt auch das ventrale Darmgefäß an der Über- gangsstelle zwischen Magen und Ösophagus den Darm und verläuft an der ventralen Seite manchmal etwas weniger stark entwickelt, immer aber deutlich erkennbar in dem Bindegewebe der Lamelle, die den Schlundsinus von der Leibeshöhle abtrennt. So kommt es denn bei beiden Gefäßen zu einer Vereinigung mit dem Blutgefäßring. Die Darm- gefäße stehen auch bei Mesoihuria in offenem Zusammenhange mit der inneren Bindegewebsschicht des Darmes und zwar ist die Ein- mündungsbasis meist genau so breit wie das ganze Gefäß. Daraus folgt, daß der Querschnitt durch das Darmgefäß keine kreisrunde, son- dern eine mehr längliche Form aufweist, die beim Dorsalgefäß all- mählich dünner wird und in das Dorsalmesenterium übergeht, während das Ventralgefäß überall fast gleich breit bleibt und sich nach der Leibeshöhle zu ziemlich flach abrundet. Nur das Dorsalgefäß zeigt manchmal in der Mitte eine etwas dickere Anschwellung. Alle Schichten des Gefäßes gehen in die entsprechenden Lagen des Darmes über; nur die Kingmuskulatur, die ja im ganzen Tractus die entschieden stärkere Muskellage darstellt, geht nie in die Gefäße hinein, sondern sie allein ist es, die von Zeit zu Zeit die bindegewebigen Innenschichten des Darmes und Gefäßes von einander trennen. Dafür aber ist in den Gefäßen eine sehr gut ausgebildete LängsmuskeUage zu bemerken, die be- deutend kräftiger ist als die der begleitenden Abschnitte des Tractus. d) Genitalgefäß. Vom Blutring geht an der dorsalen Seite das Genitalgefäß ( = la- cunar blood cord Theels) als das mächtigste Gefäß in ganz geradem Verlaufe zur Genitalbasis. Dabei legt es sich an der linken und dem Darm zugekehrten Seite an die Wandung des Genitalsinus an. Der Querschnitt ist stets fast kreisrund und hat einen Durchmesser, der Anat. u. histol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u, Rathkc). 243 meist etwa ein Viertel bis ein Fünftel des Darmdurclimessers beträgt (vgl. Textfig. 2 &). Der ganze Innenraum ist gleichmäßig ausgefüllt von Bindegewebe und durchsetzt von vielen Lücken, in denen die Blut- und Wanderzellen oft so massenhaft liegen, daß das ganze Innere des Gefäßes einen einzigen Klumpen dicht zusammengedrängter Kerne darzustellen scheint. Unter dem wimpernden Cölomepithel befindet sich hier im Gegensatz zu den andern Gefäßen eine kräftige Ringmuskel- schicht. An der Wandung des Geschlechtssinus befestigt sich das Genitalgefäß nur mit einem kleinen Teil seiner Peripherie, sodaß der bei weitem größere Teil frei in den Genitalsinus hineinragt und so auch auf den ersten Blick mehr den Eindruck eines eigentlichen Gefäßes erweckt wie das bei den übrigen Gefäßen der Fall war. An seinem hin- teren Ende löst sich das Genitalgefäß in die Genitalbasis auf, indem seine Schichten direkt in deren entsprechende Schichten übergehen. Die Genitalbasis wird dadurch so reichlich mit Blutflüssigkeit ver- sorgt, daß sie fast an einen einzigen großen Blutzellenbehälter erinnern könnte. XV. Cuviersche Organe. Die CuviERSchen Organe fehlen vollständig bei unsrer Art. XVI. Stellung im System. Als Einleitung in eine Klassifikation der Holothurien schickt Mac Bride noch im Jahre 1906 der systematischen Zusammenstellung die bezeichnenden Worte voraus : »The class is in many points of struc- ture exceedingly variable, but many striking variations in important Organs occur in allied species and even in the same species, and hence are probably not of physiological importance <<. Die Folge dieser Va- riabilität der einzelnen Eigenschaften ist denn auch eine ständige Um- änderung des Systems der Holothurien gewesen. Ein Blick in die von Ludwig (1889 — 92) aufgestellte Zusammenstellung der einzelnen von den verschiedenen Forschern ausgearbeiteten Systeme bestätigt dies und auch ein Durchblättern der neueren und neuesten Literatur zeigt die wenig erfreuliche Tatsache, daß fast alle Autoren, die sich näher und eingehender mit Holothurien beschäftigt haben, auch an dem System mehr oder weniger zu ändern und zu bessern versucht haben (Oestergren 1896, Slüiter 1901, Perrier 1902, Delage und Herouard 1903, Mac Bride 1906, Oestergren 1907). Es kann natür- lich nicht der Zweck der vorliegenden Arbeit sein, alle diese Verbesse- rungsversuche hier auseinanderzulegen und kritisch zu beleuchten, da 244 ' Wilhelm Haanen, ja selbst eingehende Untersuchungen über eine einzelne Art niemals maßgebenden Einfluß auf ein ganzes System ausüben können. Immer- hin aber haben wir hier die engeren Beziehungen verwandter Arten und Gattungen zu unsrem Tier etwas näher ins Auge zu fassen und ihre Zusammengehörigkeit im System zu betrachten. Schon in der Ein- leitung habe ich vorweggenommen, daß Mesothuria intestinalis von AscANius und Rathke (1767) als Holothuria intestinalis zu den Aspido- chiroten ( = Holothuriiden) gestellt und 1896 von Oestergeen in Lud- wigs Subfamilie der Synallactinae überwiesen worden ist. Bis heute sind 14 Arten in die Gattung Mesothuria eingeordnet worden: Mesothuria Ludwig. 1) Mesothuria multipes Ludwig. lactea Theel) t^..i i ■ • , -, .. } von Köhler veremigt. thomsonii >> ) 7nurrayi Theel. ititestifialis (Ascan. s. Rathke) Oestergren. verilUi (Theel) Oestergren. magellani (Ludwig). roulei (?) (Koehler) Oestergren. aspera (?) (Bell) Oestergren. marginata Sluiter. oktaknema Sluiter. holothurioides Sluiter. marrocana R.. Perrier. expectans R. Perrier. Auch hier sind wir von einer Einigkeit unter den einzelnen For- schern noch weit entfernt. So läßt z. B. Peerier (1902) die von Oester- gren aufgenommenen Holothuria aspera und roulei weg und ver- einigt Mesothuria lactea, thomsonii und marginata mit einer neu von ihm beschriebenen Art Zygothuria connectens zu einer selbständigen Gattung Zygothuria. Koehler vereinigt (1896) Mesothuria thomsonii und lactea und Ludwig (1900) und Koehler (1896) vereinigen Me- sothuria intestinalis und verillii. Herouard trennt (1902) die beiden letztgenannten Arten und bildet für sie eine neue Gattung Allantis, die er 1906 trotz des Einspruchs Oestergrens (1903) für Mesothuria verillii bestehen lassen will. Es ist somit ganz unmöglich, eine einwand- freie Diagnose der Gattung Mesothuria aufzustellen, bis sich alle diese Gegensätze geklärt haben. Oestergrens Diagnose (1896) scheint mir, soweit ich das hier beurteilen kann, die treffendste zu sein: »Körper 2) 3) 4) 5) 6) 7) 8) 9) 10) 11) 12) 13) 14) Aiiat. u. histol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 245 cylindrisch oder mit schwach abgeflachtem Bauche, ohne Randsaum. Haut dünn mit Kalkkörpern (gewöhnUch Stühlchen). Fühler 12 — 20. Füßchen in den Flanken immer gut entwickelt, auf dem Rücken und dem Bauch in der Regel kleiner (bisweilen papillenähnlich) oder rudimentär bis ganz [?] fehlend. Genitalschläuche in einem (linken) Büschel. Längsmuskeln ungeteilt«. Was die Aufstellung der Gattung AUantis anbetrifft, so habe ich meine Ansichten schon in früheren Kapiteln klarzustellen versucht. Herouard begründet die Gattung AUantis durch die Beobachtung, daß Mesothuria veriUii kleine, dem Kalkring aufliegende Tentakel- ampullen besitzt, die durch Injektion sichtbar werden und an den In- terradialia größer sind als an den Radialia. Diese seine Beobachtung ist, wie wir gesehen haben, auch für Mesothuria intestinalis vollkommen richtig, soweit es sich um die Existenz jener kleinen, an der Außenseite des Kalkrings gelegenen Hohlräume handelt. Da aber meiner Meinung nach 1) jene Hohlräume keine echten Fühlerampullen darstellen, 2) die verschiedene Größe durch den Größenunterschied der Radialia und Interradialia ganz natürlich bedingt wird und 3) die andern Arten der Gattung Mesothuria auf ein derartiges Verhalten noch gar nicht ge- prüft sind, so wird die Aufstellung der Gattung AUantis unberechtigt oder wenigstens verfrüht. Durch das Vorhandensein jener ampullenähnlichen Gebilde bei Mesothuria intestinalis und veriUii verschwindet wieder ein Unterschei- dungsmerkmal zwischen diesen beiden Tieren. Am entschiedensten spricht sich gegen die Vereinigung dieser beiden Arten Perrier (1902) aus (vgl. die Einleitung), der die Unterschiede durch die Aufstellung einer besonderen Tabelle möglichst deutlich hervorheben will. Aber alle diese Unterschiede sind so geringfügig gegenüber den Unterschieden beider Tiere und andrer Mesothuria- Arten und die gemeinsamen Eigen- schaften so hervorstechend, daß ich eine vollständige Trennung in gänzlich gesonderte Arten nicht befürworten kann. Bei der Besprechung der Kalkkörper unsres Tieres habe ich hauptsächlich Wert darauf gelegt, die beträchtlichen Variationen zu zeigen, denen die Kalkkörper hier unterworfen sind. Der einzige Unterschied, der hier nach Perriers Ausführungen besteht, läuft darauf hinaus, daß bei Mesothuria veriUii nur vier spitz zulaufende, bei M. intestinalis immer mehrere, rundliche Dornen die Krone des Stühlchens bedecken. Sodaim besteht ein Unterschied in der Tiefenverbreitung der bei- den Tiere, indem Mesothuria intestinalis meist ziemlich nahe an der Oberfläche, M. verUlii in sehr großen Tiefen vorkommt. Anderseits 246 Wilhelm Haanen, bestehen unverkennbare Äbnliclikeiten im ganzen Habitus, im Bau der Stühlclien, im Besitz jener ampullenähnlichen Vorwölbungen und vor allem darin, daß sie beide, wie Theel (1901) gezeigt hat, Zwitter sind. Die bläschenförmigen Ausstülpungen der Kiemenbäume variieren bei Mesothuria intestinalis in bezug auf ihre Größe so sehr, daß Perrier darin einen Unterschied mit Unrecht sucht. Endlich ist Mesothuria intestinalis noch lange nicht immer mit Fremdkörpern bedeckt und, selbst wenn das hier häufiger der Fall sein sollte als bei M. verillii, kann darin kein Unterschied in der drüsigen Beschaffenheit der Haut zurechtkonstruiert werden (vgl, Perrier 1902, S, 310), da gerade Mesothuria intestinalis gar keine Drüsen in der Haut besitzt und des- halb die Fremdkörper stets nur mit den Saugfüßchen festhält. So möchte ich denn Mesothuria verillii höchstens als eine Varietät von Mesothuria intestinalis ansehen, womit ich mich der »späteren << Ansicht Oestergrens anschließe, die er 1903 in den Worten niederlegt: >>If one wishes to characterize M. verilli as a subspecies or even only as a variety of M. intestinalis, it may be justif iable <<, worauf er den nur allzu wahren Ausspruch hinzufügt : >>In reality we know only too little of the systematical value of different characters <<. Die Gattung Mesothuria vereinigt sich mit acht andern Gattungen zur Subfamilie der Synallactinae : 1) Pseudostichopus Theel. 2) Paelopatides Theel, 3) Synallactes Ludwig. 4) Mesothuria Ludwig, 5) Meseres Ludwig, 6) Bathyplotes Oestergren, 7) Bathyherpystikes Sluiter. 8) Benthothuria K. Perrier. 9) Zygothuria E. Perrier. Als Ludwig im Jahre 1894 die fünf ersten der oben aufgeführten Gattungen zur Subfamilie der Synallactinae von den übrigen Aspido- chiroten abtrennte, die er im Gegensatz zu diesen Holothuriinae nannte, stützte er sich auf die Beobachtung, daß alle jene Gattungen im Gegensatz zu den Holothuriinae keine Tentakelampullen, kein Darm- wundernetz, einen einfachen, an der Körperwand befestigten Stein- kanal, dabei aber, wie diese, wohlausgebildete Kiemenbäume besitzen. Vergleicht man nun die verschiedenen Gattungsdiagnosen mit ein- ander, so zeigt sich, daß die einzelnen Gattungen in andrer Hinsicht Anat. u. histol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Rathke). 247 manclioilei Verschiedenheiten aufweisen können. So kann z. B. die Körperforni rund {Mesothuria) oder abgeflacht {Synallactes, Pseudo- stichopus) oder sogar mit Randsauni ausgestattet sein {Paelopatides). Die Kalkkorper können ganz fehlen {Pseudostichopus, Meseres) oder in Form dreiarmiger Körperchen {Paelopatides) oder Stühlchen auf- treten {Synallactes, Mesothuria). Die Längsmuskeln können geteilt {Paelopatides, Synallactes) oder ungeteilt sein {Pseudostichopus, Meso- thuria, Meseres). Es können endlich Füßchen und Papillen {Pseudo- stichopus u. a.) oder nur Füßchen den Körper bedecken {Mesothuria) und die Geschlechtsschläuche in einem {Mesothuria) oder in zwei Büscheln {Pseudostichopus, Paelopatides u. a.) ausgebildet sein. Der- artige Wahrnehmungen, die auf Verwandtschaften mit den ver- schiedenen Holothuria- und Stichopus- Alten hindeuten, haben Sluiter (1901) veranlaßt, die ganze Subfamilie der Synallactinae als künstlich hinzustellen imd ihre baldmöglichste Aufgabe anzuraten. Desgleichen gibt ]Mac Bride (1906) weder die Subfamilie der Synallactinae noch die Gattung Mesothuria an, sondern erw^ähnt unsre Art wieder unter dem alten Namen Holothuria intestinalis. Meines Erachtens ist ein der- artiges Vorgehen vom praktisch-systematischen Standpunkte durch- aus nicht zu empfehlen. Sluiter selbst muß zugeben, daß dadurch >>die Lösung der Frage, wo diese Formen dann einzureihen wären, sehr schwierig sei und uns die Gewißheit hierüber wohl für immer versagt bleibe«. Ebenso wie die Notwendigkeit, aus der unübersehbar großen Anzahl der Holothuria- Alten einzelne zu Untergruppen enger zusammen- zufassen, spricht für die Aufrechterhaltung der Subfamilie der Synallac- tinae die Tatsache, daß Ludwig in dieser solche Gattungen vereinigt hat, die entschiedene Übergangsformen zwischen den Holothuriiden ( = Aspidochiroten) und Elpidiiden ( = Elasipoda) aufw^eisen (vgl. Lud- wig 1894, Oestergren 189G u. 1907, Perrier 1902). Ja, diese Ähnlich- keit mit den Elpidiiden geht so weit, daß Oestergren (1896 u. 1907 und Perrier (1902) die Subfamilie der Synallactinae gänzlich aus der Familie der Holothuriiden entfernen und in ihr eine vierte Subfamilie der Elpidiiden erblicken wollen. Zur näheren Erläuterung dieser Frage führe ich am besten Oestergrens Worte (1907, S. 203) an: »Diese Ab- teilung (die Synallactinae) unterscheidet sich von den übrigen Elasipoden einzig und allein durch den Besitz von Wasserlungen, \vobei einerseits zu merken ist, daß rudimentäre Wasserlungen sich bei verschiedenen andern Elasipoden finden, und anderseits, daß einige Synallactinae diese Organe ziemlich schwach entwickelt haben. Ferner kann man zwischen den Synallactinae und den echten Aspidochiroten keine nähere Ver- 248 Wilhelm Haanen, wandtschaft entdecken, während zwischen den Synallactinae und ge- wissen andern Elasipoden eine auffallende vorliegt. So schließen sich die Gattungen Paelopatides Theel, Synallactes Ludw. und Bathyplotes Oestergren eng an die Psychoprotiden an, während anderseits die Über- einstimmung zwischen Mesothuria Ludw. und gewissen Gattungen (be- sonders Capheira) unter den Deimatiden eine unverkennbare ist«. Bei jeder Gruppe, die Übergangsformen enthält, findet man indes solche Formen, die nach der einen oder nach der andern Seite verwandt- schaftlich engere Beziehungen zeigen. Es soll hier durchaus nicht ab- gestritten werden, daß Paelopatides, Bathyplotes u. a. einzelnen El- pidiiden mehr gleichen als den Holothuriiden, anderseits aber mag darauf hingewiesen werden, daß es ebenso gut Formen gibt, die den Holothuriiden bedeutend näher stehen als den Elpidiiden. Ein Ver- gleich ist zwischen Capheira und Mesothuria (das gilt übrigens noch lange nicht für alle Mesothuria- Arten) gar nicht stichhaltig, da Capheira unter den Elpidiiden ganz gesondert dasteht (vgl. Ludwig 1894), Und Arten wie Mesothuria holothurioides und besonders auch Mesothuria intestinalis und var. verillii stehen den typischen Aspidochiroten (ich spreche absichtlich nicht von einzelnen Arten) ganz außerordentlich nahe. Das gibt sich für Mesothuria ifitestinalis außer in ihrer walzen- runden Körperform in ihren stühlchenförmigen Kalkkörpern zu er- kennen, die, wie ich aus eigner Beobachtung weiß, den Stühlchen von Holothuria albanensis so sehr gleichen, so daß sie in der Aufsicht gar nicht zu unterscheiden sind und nur von der Seite gesehen etwas schlanker und höher als jene erscheinen. Die Andeutung der Tentakelampullen vor allem aber auch die histologischen Befunde sprechen für eine enge Beziehung unsrer Art zu den Holothuriiden. So ist z. B. die histologische Zusammensetzung des Darmtractus mit dem äußerst charakteristischen Wechsel der Muskellagen ganz genau dieselbe wie bei Holothuria tuhu- losa und fällt umso mehr ins Gewicht, als dieser gleiche Aufbau von ecto- und entodermalen Teilen auf eine Ähnlichkeit in der Entwicklung berechtigte Schlüsse ziehen läßt. Im übrigen ist es ja Geschmacksache, das Fehlen des Darmwundernetzes oder das der Kiemenbäume für syste- matisch wichtiger anzusehen. Meiner Ansicht nach muß das Ver- schwinden der Kiemen im Organismus des Tieres größere Veränderungen hervorrufen als das Verschwinden des Darmwundernetzes ; denn im ersten Falle müssen andre Organe die wichtigen Funktionen der Atmung Excretion usw. übernehmen, während im zweiten das Blutgefäßsystem nur eine einfachere Form annimmt. Schließlich kommt es ja nur da- rauf hinaus, ob man die Synallactinae als werdende Elpidiiden oder Anat. u. histol. Studien an Mcsolluiria intestinalis (Ascanius ii. Ratlike). 249* als werdolulo Hülütliuriidon an.siclit, d. h. ob man die Elpidiiden oder die Holütliuriiden für phylogenetisch älter liält. Nun wissen wir aber heute .sowohl über die Entwicklungsgeschichte als auch überhaupt über die Histologie der Elpidiiden viel zu wenig Bescheid, um eine auch nur annähernd sichere Antwort auf diese Frage geben zu können und deshalb möge man bis zu einer solchen sicheren Entscheidung die Synallactinae nicht voreilig von den Holothuriiden zu trennen versuchen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle meinem hoch- verehrten Lehrer, Herrn Geh. Regierungsrat Prof. Dr. H. Ludwig für die rege Anteilnahme und die freundliche Unterstützung, die er meiner Arbeit hat angedeihen lassen, sowie für die liebenswürdige Überlassung des Materials und seiner überaus reichhaltigen Holothurien- literatur meinen wärmsten Dank auszusprechen. Ferner bin ich Herrn Privatdozenten Dr. A. Reichensperger für sein beständiges, reges Interesse, das er meinen Studien stets entgegengebracht hat, zu großem Danke verpflichtet. Bonn, im Mai 1913. Literaturverzeichnis. 1. 1902. A. Ackermann, Über die Anatomie u. Zwittrigkeit d. Cucumaria laevigata. In: Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXII. S. 721—749. Taf. XXXIX. la. 1896. A. iVppELLÖF, Faunistike undcrsögelser i Herlöfjorden. In: Bergens Museums Aarbog for 1894—95. Bergen 1890. Nr. 11. 11 Seiten. 2. 1897. — Faunistike undersögelser i Osterfjorden. In: Bergens Museums Aarbog for 1896. Bergen 1897. Nr. 13. 13 Seiten. 3. 1767. Ascanius u. Rathke, Icones rerum naturalium ou figures enlunii- nees d'histoire natui-eHe du Nord. Copenhague. 4. 1899. (C.-W.-S.) AuRiviLLius, Om hafsevcrtebraternas utvecklingstider och periodiciteten i larvformernas uppträdande vid Sveriges vestkust Bih. Svenska. Ak. XXIV. Afd. IV. Nr. 4. Stockholm. 5. 1895. Ph. Bartels, Notiz über die Excrction der Holothurien. In: Zool. Anzeiger. 18. Jahrg. 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Fühlerkanals.) h, Hauptkanal; /, Fühler kanal; r, Ringnerv; k, Bindegewebe, wo der Kalkring gesessen hat; q, Quermuskulatur d. Haut; km, Kreismuskel d. Mundes; er, Epineuralring; Im, Längsmuskulatur des Wassergefäßsystems. Vergr. 24. Fig. 3. Zwei radiale und zwei interradiale Stücke des Kalkrings. Links das mittl. ventrale Radiale. Vergr. 5. Fig. 4. Wanderzellen mit Kugeln, a, Kugeln, die sich wie Chromatin gefärbt haben; b, Kugeln, die sich wie Plasma gefärbt haben; c, Zellen mit wabigem Plasma; d, Zellen mit gemischten Kugeln; e, Blutzelle. Färbung: Links unten, EisenhämatoxyUn- Pikrinsäure bezw. Pikrinsäure- Wasserblau; rechts oben, De- LAFiELDsches Hämatoxyhn-Eosin. Vergr. 850. Fig. 5. Querschnitt durch die Radialzone des Hauptkanals, km-z unter- halb der Stelle, wo der Hauptkanal in den Radialkanal umbiegt, h, Hauptkanal; rk, Radialkanal; bl, Radialblutgefäß; p, Pseudohämalkanal; k, Bindegewebe, wo der Kalkring gesessen hat; l, Längsmuskulatur des Hauptkanals; rn, Radialnerv; ep, Epineuralkanal ; fa, FühleramjDulle ; Im, Längsmuskel d. Haut. Vergr. 26. Fig. 6. Das umgebogene Ende der Genitalbasis, s, Schläuche; m, Makulae; gg. Genitalgefäß. Wenig vergrößert. Fig. 7. Madreporenteil des Steinkanals. Wenig vergrößert. Fig. 8. Kalkplatten aus der Mundhaut. Vergr. etwa 200. Fig. 9. Großes, dreistäbiges Stühlchen. Vergr. 330. Fig. 10. Normales, vierstäbiges Stühlchen mit einem Kranz peripherischer Löcher. Vergr. 330. Fig. 11. Großes, abnormes Stühlchen ohne centrales Loch mit sechs Stiel- stäben und dreizinkiger Krone. Vergr, 340. Fig. 12. Großes Stühlchen mit typischer Krone, aber ohne centrales Loch. Vergr. 340. Fig. 13. Entwicklungsstadium eines Stühlchens, von unten. Vergr. 350. 1 Anat. u. histol. Studien an Mesothuria intestinalis (Ascanius u. Ratbke). 255 Fig. 14. Typisches Stühlchcu mit zwei peripherischen Löcherkreisen. Vergr. :530. Fig. 15. Fünf stäbiges Stühlchen. Vergr. 330. Fig. 16. Normales Stühlchen von der Seite. Verschiedene Kronenbildung. Vergr. 400. Fig. 17. Normales Stühlchen von oben. Verschiedene Kronenbildung. Vergr. 400. Fig. 18. Normale und abnorme Krone. Vergr. 360. Fig. 19. Kalkplatten aus der Afterhaut. Vergr. 140. Fig. 20. Stützstäbe aus dem Fühler. Vergr. 140. Fig. 21. Gitterplatte eines Füßchens. (Bauchseite). Vergr. 35. Tafel VI. Fig. 22. Querschnitt durch den Ringnerven (aus einem Längsschnitt durch den Schlundkopf), d. Deck- oder Randzellen; i, Innenzellen; a, aufrechte Stütz- fasern; s, Schlundnerv; n, Nervenfasern; er, Epineiu-alring; hm, Kreismuskel d. Mundes. Vergr. 326. Fig. 23. Querschnitt durch den Oesophagus, ie, Innenepithel; ib, inneres Bindegewebe; Im, Längsnmskeln; rm, Ringmuskeln; c, Cuticula; ah, äußeres Bindegewebe; ae, Außenepithel; s. Aufhängest ränge d. Schlundkopfes; xo, Wander- zellen. Vergr. 320. Fig. 24. Querschnitt durch den Madreporenteil des Steinkanals, s, Lumen d. Steinkanals; mk, Madreporenkanälchen. Vergr. 80. Fig. 25. Querschnitt durch den äußeren Teil der Haut, c, Cuticula; e, Epi- thel; s, Stühlchenschicht der Cutis; /, Faserschicht der Cutis; w, WanderzeUen. Vergr. 330. Fig. 26. Querschnitt durch die Wand einer ziemlich stark kontrahierten PoiLschen Blase, ie, Imienepithel ; rm., Ringmuskeln; ae, gefaltetes Außen- epithel mit WanderzeUhaufen. Vergr. 320. Fig. 27. Querschnitt diu:ch ein Stück des Blutgefäßringes, ae, Außen- epithel = Innenepithel des Ringkanals; hi, Blutzellentragende Bindegewebslage; ie, Innenepithel = Außenepithel des Ringkanals, faltig nach dem Oesophagus vorgestüljit. Vergr. 320. Fig. 28. Querschnitt durch die Wand des Enddarms, ie, Innenepithel; ib, inneres Bindegewebe; rm, Ringmuskulatur; Im, Längsmuskulatur; ab, äußeres Bindegewebe; ae, Außenepithel; s, Aufhängestrang des Enddarms; w, Wander- zellen. Vergr. 320. Fig. 29. Querschnitt durch die Wand des Dünndarms; ie, Innenepithel; ib, inneres Bindegewebe; rm, Ringmuskulatur; Im, Längsmuskulatur; ab, äußeres Bindegewebe; ae, Außenepithel; jn, Pigmentkörner. Vergr. 320. Fig. 30. Querschnitt durch die Wand des Drüsenmagens, ie, Innenepithel u. Drüsenzellenschicht; ib, inneres Bindegewebe; rm, Ringmuskulatiu-; Im, Längs- muskulatur; ab, äußeres Bindegewebe; ae, Außenepithel; hw, homogene Wander- zellen. Vergr. 320. Beiträge zur Histologie der Medusen. Von Sopbie Krasiiiskn. Mit ö Figuren im Text und Tafel VII und VIK. Inhaltsübersicht. Seite Einleitung 256 Literatur 260 Technik 274 I. Muskulatur 277 1. Circuläre Muskulatur 277 2. Querstreifung 291 3. Radiale Muskulatur 302 4. Tentakclmuskulatur 308 5. Zusammenfassung 315 IL Nesselzcllstiele 324 III. Peripheres Nervensystem 328 Literaturverzeichnis 343 Erklärung der Abbildungen 345 Einleitung. Die Grundlage unsrer Kenntnis der Muskulatur und des peripheren Nervensystems der Medusen, bilden Arbeiten, die bereits in den 70er Jahren erschienen sind. In erster Linie sind hier die Arbeiten von 0. und R. Hertwig (1878, 1880) zu nennen, sowie die Arbeiten von C. Claus (1878). Seitdem findet man nur spärliche Angaben über den Gegenstand in der Medusenliteratur zerstreut und sie haben wenig Neues ergeben, so daß eine gründliche histologische Untersuchung der Muskulatur und des peripheren Nervensystems der Medusen bis heut- zutage vollständig fehlt. Diese Lücke einigermaßen auszufüllen und die Muskulatur der Medusen histologisch zu untersuchen ist die Aufgabe dieser Arbeit. Beiträge zur Histologie der Medusen. 257 Wie aus deu Unter;siic'liungeu von 0, und K. Hertwig (1878, 1880) au Hydromeduseu hervorgeht, hat die Muskulatur der Medusen, dort wo sie primitiv geblieben ist, einen rein epithelialen Charakter Dieses primitive Verhalten unterliegt aber in vielen Fällen weitgehenden Veränderungen, indem die Ötützlanielle mit den ihr ansitzen- den Muskelfasern sich in Falten legt, und die Muskelzellen aus dem Epithel in die Tiefe treten. Wie wertvoll und sicher die tatsächUchen Befunde von 0. und R. Hertwig auch sind, so folst doch aus den von ihnen angeführten Beispielen keinesfalls zwingend, daß die Faltung der Stützlamelle den Austritt der Muskelzellen aus dem Epithel verursacht, wie sie es angenommen haben. Hingegen fcicheint die Annahme, daß Faltung der Stützlamelle und Austritt der Muskelzellen aus dem Epithel zwei voneinander unabhängige Vorgänge sind, ebenso berechtigt zu sein. Vollständig unaufgeklärt und bisher nur von Th. Eimer (1878) ausführlicher besprochen, bleibt das Verhältnis des Myoblasts zur Muskelfaser. In den muskulösen Körperbezirken der Medusen ziehen sehr viele Muskelfasern unter jeder Epithelzelle durch. In den allermeisten Fällen bleibt unbekannt, in welcher Beziehung diese Muskelfasern zu den Epithelzellen stehen. Es gibt hier mehrere Mög- lichkeiten. Entweder 1) werden die Muskelfasern der Medusen von allen Zellen unter welchen sie verlaufen gebildet, oder 2) die Muskulatur setzt sich aus individualisierten Muskelzellen zusammen. Im ersten Falle müßten die basalen Teile der Epithelzellen zu einer Art Syncytium ver- einigt sein, in welchem die Muskelfasern zur Ausbildung kämen. Im zweiten Falle könnte sich das Verhältnis der Zellen zu den Muskel- fasern verschiedentHch gestalten ; es könnte eine einzelne Zelle entweder nur eine Muskelfaser oder mehrere Muskelfasern bilden; jede solche von einer individualisierten Zelle gebildete Muskelfaser würde ent- weder zeitlebens nur mit ihrer Matrixzelle verbunden bleiben, oder auch sekundär mit den andern Zellen, unter welchen sie verläuft, Verbin- dungen eingehen. Diese Verhältnisse A\Tirden bei einer Reihe von Medusen verfolgt, mit dem Ergebnis, daß die meisten hier angeführten Fälle auftreten können. Die Untersuchung der Querstreifung und des feineren Baues der Muskelfasern schien schon deshalb lohnend, weil sie bei den Medusen noch nie durchgeführt worden ist. Es hat sich gezeigt, daß die Quer- streifung der Medusenmuskulatur eine große Übereinstimmung mit derjenigen höherer Metazoen zeigt. Neben der Körper- und Tentakelmuskulatur wurden die Nessel- 258 • Sophie Krasiriska, zellstiele untersucht, die woM als den Cnidariern eigentümliclie muskulöse Gebilde angesehen werden dürfen. Sie treten in zwei Formen auf, — als Anhänge der Nesselzellen selbst und als selbständige Zellen. Im Laufe der Untersuchung über die Muskulatur stellte sich heraus, daß das periphere Nervensystem der Medusen weit kom- plizierter ist, als bisher angenommen wurde und ebenfalls ungenügend bekannt. So ist eine Verbindung von Muskel und Nerv in keinem einzigen Fall mit Sicherheit festgestellt worden, obwohl seit der Entdeckung dgs subepithelialen Nervenplexus alle Forscher annehmen, daß die Mus- kulatur der Medusen, wie diejenige aller höheren Metazoen inner- viert ist. Auch der Zusammenhang der Ganglienzellen des subepi- thelialen Plexus untereinander ist noch nicht definitiv aufgeklärt, und es herrschen über diesen Punkt viele Meinungsverschiedenheiten. Die Frage ist für die Lehre der Kontinuität der Neurofibrillen von großem Interesse. Nach A. Bethe (1903) sollen bei Rhizostoma die Ausläufer verschiedener Ganglienzellen ineinander übergehen und ein echtes Nervennetz bilden. Leider scheiterten alle meine Versuche, specifische Nervenfär- bungen auf Medusen anzuwenden. Mit Hilfe der gewöhnlichen Fär- bungen konnten die eben erwähnten Fragen nicht definitiv und ein- wandfrei beantwortet werden. Wenn ich mich trotzdem entschließe, die erhaltenen Resultate zu. publizieren, so geschieht das aus zwei Gründen: erstens bleibt die Schilderung der Muskulatur sehr unvoll- ständig, wenn man das zu ihr in so nahen Verhältnissen stehende periphere Nervensystem nicht mit berücksichtigt; zweitens glaube ich, daß einige neue von mir gefundene Tatsachen wenigstens zeigen können, wieviel die Nervenforschung noch bei den Medusen zu er- reichen hat. Da aus der Arbeit von 0. und R. Hertwig ersichtlich ist, daß die Medusen eine große Mannigfaltigkeit in der Ausbildung ihrer Musku- latur zeigen, schien eine vergleichend-anatomische Behandlung des Gegenstandes erwünscht. Es wurden Vertreter der vier Hauptgruppen der Medusen zur Untersuchung gewählt, bei welchen man die größten Unterschiede in der Ausbildung der Muskulatur zu erwarten hatte. Die Anthomedusen sind in dieser Arbeit duich Neoturris pileata, die Leptomedusen durch Aequorea forskalea vertreten. Unter den Trachymedusen wurde Carmarina hastata untersucht, die sich durch ihre Größe und durch die feste Beschaffenheit ihrer Gewebe besonders zu histologischen Studien eignet. Als Vertreter der Acalephen wurde Pelagia noctiluca gewählt, da ihre Muskulatur fast gar nicht bekannt ist. Beiträge zur Histologie der Medusen. 259 Wegen der radiären Symmetrie und des epithelialen Charakters der Medusengewebe war ich gezwungen, bei der Beschreibung der Prä- parate einige Bezeichnungen einzuführen, die nicht allgemein gebraucht werden. So wird bei der Beschreibung der Subumbrella von »radialen Schnitten« und »tangentialen Schnitten« gesprochen, da die üblichen Ausdrücke »Querschnitte« und »Längsschnitte« sich nicht anwenden lassen. Wenn man sich die immer mehr oder weniger concave Sub- umbrella in einer Ebene ausgebreitet denkt, so bestimmen die Worte »radial« und »tangential« die Schnittrichtung eindeutig. Der epitheliale Charakter der Medusengewebe erlaubt in jeder Gewebsschicht eine freie Oberfläche und eine dem Körperinnern zu- gekehrte Basis zu unterscheiden. Ich orientiere alle meine Figuren derart, daß die freie Oberfläche des Ectoderms nach oben, seine Basis nach unten liegt. Dementsprechend wird unter »Höhe der Zelle« die Entfernung ihrer Basis von der freien Oberfläche verstanden, während »Breite« und »Länge« der Zelle ihre Ausdehnung in der Ebene des Epithels bedeuten. Zur Bezeichnung der Lage der einzelnen Teile des Medusenkörpers zum Ganzen werden die von 0. und R. Hertwig (1878) eingeführte» Bezeichnungen gebraucht. Die genannten Autoren nennen alles, waü dem Mittelpunkt der Scheibe näher liegt »proximal«, alles der Peri- pherie zu gelegene »distal«. Einer Erläuterung bedarf ferner das Wort »Muskelfaser«, wie es hier gebraucht wird, da dasselbe wohl allgemein als Synonym von Muskelzelle gebraucht wird und bei der quergestreiften Muskulatur sogar zur Benennung eines ganzen Zellkomplexes dienen kann. Bei den Medusen läßt sich ein »Zellkörper« oder »Myoblast« von mehr oder weniger epithelialem Charakter, von einer anhängenden »con- tractilen Platte« oder »Faser« immer deutlich unterscheiden. Unter »Muskelfaser« verstehe ich im folgenden den contractilen, faserigen Teil der Muskelzelle im Gegensatz zum Zellkörper oder Myoblast. 0. und E. Heetwig (1878) gebrauchen öfters das Wort »Muskel- fibrille« zur Bezeichnung der Muskelfaser, auch nennen sie die Aus- läufer der Ganglienzellen »Nervenfibrillen«. Der modernen Nomen- klatur gemäß, verstehe ich unter »Nervenfibrille« (bzw. Neurofibrille) die feinsten in einer Nervenfaser wahrnehmbaren Fibrillen und ebenso unter »Muskeif ibrille « (bzw. Myofibrille) die feinsten Fibrillen, welche in einer Muskelfaser zu beobachten sind. 260 Soi^hie Krasinska, Literatur. Die erste Arbeit von 0. und R. Hertwig (1878) enthält eine gründ- liche Besprecliung der älteren Medusenliteratur. Da die Ansichten der Oebr. Hertwig über die Arbeiten ihrer Vorgänger noch heutzutage als vollständig richtig angesehen werden können, ist es überflüssig, hier noch einmal auf diese ältere Literatur einzugehen. Ich beschränke mich daher auf die Besprechung der 1878 und später erschienenen Abhandlungen. Im Jahre 1878 sind nicht weniger als fünf große Arbeiten über Medusenhistologie erschienen: C. Claus: »Acalephen << ; C. Claus: »Über Charyhdea tnarsupialis<<; Th. Eimer: »Die Medusen physiologisch und morphologisch auf ihr Nervensystem untersucht << ; 0. und R. Hertwig: »Das Nervensystem und die »Sinnesorgane der Medusen«; E. F. Schäfer: >>Observations on the nervous System of Aurelia aurita <<. Zwei Jahre später erschien eine zweite Abhandlung von 0. und E. Hertwig, die eine wichtige Ergänzung der ersten bildet. Durch diese Arbeiten ^^^lrde die Medusenhistologie auf neue Bahnen geleitet. Nach dem Jahre 1878 ist ein Stillstand auf diesem Gebiete ein- getreten. Mit der Muskulatur und dem peripheren Nervensystem haben sich nur drei Forscher: R. v. Lexdenfeld (1882, 1888), K. C. Schneider (1890, 1893) und R. Hesse (1895) eingehender beschäftigt. Außerdem hat sich A. Bethe (1903) in seinem Buch über »Allgemeine Anatomie und Physiologie des Nervensystems << über den subepithelialen Nervenplexus von Rhizostoma Cuvieri geäußert, und Ida Hyde (1902) hat eine kurze vorläufige Mitteilung über das Nervensystem von Go- nionemus Murbachii publiziert. Nach den übereinstimmenden Angaben aller dieser Autoren ist die ectodermale Muskulatur der Medusen fast ausschließlich auf die subumbrellare Seite der Glocke und auf die Tentakeln beschränkt. Nur bei den Acraspedcn sollen spärliche glatte Muskelfasern in der Exumbrella vorkommen. Dieselben wurden von Claus (1878) bei Charyhdea und von Lendenfeld (1882) bei Cijanea Annaskala ge- funden. Auch berichtet Lendenfeld (1888), daß glatte Muskelfasern in der Exumbrella von Cassiopea folipoides (einer Rhizostomee) von Keller (1883) gefunden worden sind, während sie andern Rhizo- stomeen vollständig fehlen. Die circuläre Muskulatur der Subumbrella ist quergestreift, während die gesamte radiale Muskulatur aus glatten Muskelfasern Boiträgr zur Hi-stologie der Medusen. 261 besteht. Nur Eimer (1878) will neben quergestreiften aucli glatte Muskelfasern in der circulären Muskulatur der Acalephen (die er Topo- neuren nennt) gefunden haben, und Lendenfeld (1882) hat quer- gestreifte Längsmuskelfasern in den Mundarnien von Cyanea Annaskala gefunden. Diese beiden Angaben bedürfen jedenfalls der Bestätigung. Die Tentakelmuskulatur besteht im allgemeinen aus glatten Muskel- fasern. Quergestreifte Muskelfasern haben die Gebr. Hertwig (1878) in den Tentakehvurzeln der Ocellaten (Anthomedusen) und Lenden- feld (1882) in den Tentakeln von Cyanea gefunden. 0. und R. Hertwig (1878) haben festgestellt, daß die circuläre Velum- und Subumbrellamuskulatur der Hydromedusen nicht konti- nuierlich ineinander übergehen, sondern immer durch einen muskel- freien Streifen voneinander getrennt sind, der vom unteren Nervenring eingenommen wird. Sie haben ferner gezeigt, daß sich in der Sub- umbrella der Medusen vier Schichten unterscheiden lassen, und zwar von innen nach außen: das Entoderm, die Stützlamelle, die Muskel- faserschicht und zu äußerst die Epithelzellen des Ectoderms, w^elche die Matrixzellen der Muskelfasern sind. Die epitheliale Muskulatur der Medusen erfährt in vielen Fällen weitgehende Veränderungen, die ebenfalls von den Gebr. Hertwig studiert wurden. Die Stützlamelle mit den ihr ansitzenden Muskelfasern — die Muskellamelle — legt sich in Falten, die immer parallel der Eichtung der Muskelfasern verlaufen und eine Vergrößerung ihrer Ansatzfläche bewirken. Die Furchen zwischen diesen Falten werden durch die wechselnde Höhe der Epithel- muskelzellen ausgeghchen, so daß die Epitheloberfläche glatt über sie hinwegzieht. Gleichzeitig und nach 0. und R. Hertwig infolge der Faltung der Muskellamelle treten die Epithelmuskelzellen von der Epitheloberfläche aus in die Tiefe und werden zu subepithelialen, ja zu >> mesodermalen << Muskelzellen. In der Subumbrella und im Velum aller untersuchten Trachy- medusen^ haben die Gebr. Hertwig eine glatte oder in ver- schiedenem Grade gefaltete Muskellamelle gefunden, die von einer Schicht großer, flacher Epithelzellen, den Matrixzellen der Muskel- fasern, bedeckt ist. In den Tentakeln und im Magenstiel von Carma- rina haben sie die stärkste Faltuno; der Muskellamelle gefunden; eine 1 Untersucht wurden von O. und R. Hertwig (1878) unter den Aeginiden: Aeginopsis yneäiterranea, Cunina lativentris und Cunina solmaris; unter den Tra- chynemiden: RJwpalonema velatum und Aglaura hemistoma; unter den Geryoniden: Carmarina hastrtta und Glossocodon mucroncUum. 262 Sophie Krasinska, Ausscheidung der Muskelzellen aus der Oberfläche » ob vollständig oder teilweise sei dahin gestellt <<, war hier zu beobachten. In der Subum- brella von Lizzia (einer Ocellate) kommen echte Epithelmuskelzellen vor; nur in der Gegend der Radiärkanäle ist die Schicht der Muskelzellen von einer zweiten flachen, radiärstreifigen Epithelschicht bedeckt. Unter den Vesiculaten bildet die Muskelfaserschicht der Subumbrella bei Octorchis und Phialidium eine platte ungefaltete Schicht und wird nach außen von einer einzigen Schicht von Epithelzellen bedeckt; bei Mitrocoma und Aequorea legt sich die Muskellamelle, wenigstens in der Nähe des Schirmrandes, in Falten und die Schicht der Epithelmuskel- -zellen wird nach außen von einer zweiten, flachen Epithelschicht voll- ständig bedeckt. Die Epithelschicht ist auf Schnitten durch eine scharfe Linie von der unterliegenden Zellschicht gesondert, 0. und R. Hertwig halten diese Linie für den Querschnitt einer Membran und deuten sie in ihrer zweiten Arbeit (1880) als eine Stützlamelle, die mitten im Ectoderm ausgeschieden worden ist, »Man kann wohl sagen, daß durch die Bildung dieser Grenzscheide die Muskulatur von ihrem Mutterboden dem Ectoderm losgelöst und zu einer besonderen meso- dermalen Lage geworden ist. << Eine theoretische Deutung dieser Tat- sachen versuchen 0. und R. Hertwig zu geben, indem sie die Bildung eines selbständigen Muskelgewebes auf die Muskeltätigkeit zurück- führen wollen (1880, S. 10). »Die untersuchten Medusen zeigen dem Gesagten zufolge in der Beschaffenheit ihrer Muskulatur sehr wesent- liche Verschiedenheiten, die dadurch für ims von Interesse sind, daß sie verschiedene Stufen in der Ausbildung dieses Gewebes veranschau- lichen. Bei einem Teil sind die Muskelzellen zugleich Epi- thelzellen, bei einem anderen ist eine Differenzierung in >Bei andern Coelenteraten sind solche meso- dermal gelagerte Muskelrinnen oder Röhren keineswegs selten. Sie wurden bei Charyhdea von Claus, bei Carmarina von Gebr. Hertwig, bei den Actinien von mir und von den Gebr. Hertwig aufgefunden, und kommen auch sonst nicht selten vor. << Es liegt hier ein schweres Mißverständnis vor, Lendenfeld scheint das charakteristische an der Faltung der Muskeliamelle nicht verstanden zu haben. Überall näm- lich, wo eine Faltung bei den Coelenteraten vorkommt, bleiben immer die basalen Enden der Zellen der Gallerte zugewandt, das Innere der Muskelrinnen und der Muskelröhren wird stets nur von den Zellen selbst ausgefüllt. Die Gallertcylinder, welche R. v. Lendenfeld im Ectoderm der Subumbrella von RJiizostoma beschreibt, lassen sich somit mit keinen andern bei den Coelenteraten vorkommenden Ge- bilden vergleichen. R. Hesse (1895) hat seitdem gezeigt, daß wenig- stens bei europäischen Rhizostomiden keine solche Gallertbildung im Ectoderm vorkommt. Ob die Lage der Muskelzellen bei den Acalephen epithelial oder subepithelial ist, darüber scheint keine Einigkeit zwischen den ver- schiedenen Forschern zu herrschen. Aus den Angaben von Claus (1878) geht hervor, daß er bei Discomeduseni und bei Charyhdea 1 C. Claus hat Aurelia, Chrysoora, Discomedusa, und Rhizostoma untersucht. Beiträge zur Histologie der Medusen. 265 ausschließlich epitheliale Muskelzelleu in der Subumbrella gefunden hat. Eimer (1878) behauptet ebenfalls, daß bei allen Acalepheni (von ihm Toponeuren genannt) epitheliale Muskelzellen in der Sub- umbrella auftreten, während Lendenfeld (1882, 1888) in der gesamten circulären und radialen Muskulatur der untersuchten Acalephen^ nur subepitheliale Zellen gefunden hat. Echte Epithelmuskelzellen fand er nur auf der Exumbrella von Cyanea Annaskala. Es wird die Auf- gabe zukünftiger Forschungen sein, in jedem einzelnen Fall festzustellen, wie die Verhältnisse liegen, denn es scheint von vornherein wahrschein- lich, daß bei den Acalephen ebenso wie bei den Hydromedusen eine große Mannigfaltigkeit in der Lage und in der Gestalt der Muskelzellen herrschen muß. Bisher wurde von R. Hesse (1895) der mikroskopische Bau der circulären Muskulatur der Subumbrella von Rhizostoma Cuvieri auf- geklärt. In der Subumbrella dieser Meduse wechseln Stützzellen mit Muskelzellen ab. Die Stützzelleu liegen an der Epitheloberfläche verschmälern sich basalwärts und reichen bis zur Stützlamelle, während die zwischen ihnen liegenden Muskelzellen eine breite Basis haben imd sich mit ihren spitzen äußeren Enden zwischen die Stützzellen einkeilen 3. Über das Verhältnis der Körper der Muskelzellen zu der darunter liegenden Muskelfaserschicht sagt Hesse : »An ihrem unteren Ende tragen sie quergestreifte Muskelfasern; diese sind flachgedrückte Bänder, die mit ihrer schmalen Seite den Zellen ansitzen und bei radiären Schnitten durch den Medusenschirm quergeschnitten werden; in ihrer Längserstreckung reichen diese Muskelbänder über eine Zelle nach beiden Seiten hinaus und verlaufen unter den benachbarten Zellen weiter, so daß nicht alle vier oder fünf Muskelquerschnitte, welche man unter einer Zelle liegen sieht, organisch zu dieser Zelle gehören, sondern auch von Nachbarzellen stammen können; es ist anzunehmen, daß jeder Zelle nur ein Muskelband zukommt (Eimer). << Dies ist eine der wenigen klaren Angaben über das Verhältnis 1 Th. Ei>ier scheint vor allem die Muskulatur von Cyanea und Pelagia untersucht zu haben. 2 R. V. Lendenfeld hat Cyanea Annaskala und die australischen Rhizo- stomiden: Pseudorhiza aurosa, Phylorhiza punctata und Cramhessa mosaica untersucht. 3 Ich habe diese Befunde von Hesse an Schnitten kontrolliert und kann sie mit aller Bestimmtheit bestätigen. Es muß hier noch hervorgehoben werden, daß in der Abbildung, welche Bethe (1903) von einem Schnitt durch die Sub- umbrella von Rhizostoma gibt, die ]Muskelverhältnisse vollständig falsch einge- zeichnet sind, wie aus einem Vergleich mit der Abbildung von Hesse hervorgeht. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 18 266 Sophie Krasinska, vom Zellkörper zur Muskelfaser, welclie in der Medusenliteratur vorkommen. 0. und R. Hertwig (1878) geben nur zwei Abbildungen von isolierten dchten Epithelmuskelzellen ; und diese beziehen sich auf die Muskulatur der Tentakeln und der Subumbrella von Lizzia, wo eine unoefaltete Muskellamelle vorkommt. 1880 schreiben sie über die Muskelzellen der Medusen im allgemeinen (1, c. S. 8): »Die zu den Muskelfibrillen gehörenden Zellen sind meist protoplasmareiche Körper, welche die Muskellamelle von außen bedecken. Hierbei läßt sich nicht entscheiden, wieviel contractile Substanz von dieser, wieviel von jener Zelle gebildet worden ist.« Einen klaren Ausdruck gibt demselben Gedanken Claus (1878) bei der Besprechung der Ephyra von Aurelia aurita (1. c. S. 19) : »Daß die Muskelzellen dem Ectoderm angehören und in der Tiefe desselben die Faserstränge erzeugt haben, kann meines Erachtens keinem Zweifel unterliegen. Mit Überosmiumsäure und Pikrocarmin behandelte, in Glyzerin oder Kanadabalsam aufgehellte Präparate geben vortreffliche Bilder, an denen man sich davon überzeugt, daß die zugehörigen Zellen als flache, mit deutlichem Kern versehene membranlose Zellen an der Außenseite aufliegen und ein fast kontinuierliches Epithel darstellen, zwischen und über dem jedoch noch zahlreiche Nesselkapseln hervor- treten. Freilich ist die Beziehung der langen, dicht nebeneinander verlaufenden Fasern zu den einzelnen Elementen schwer zu bestimmen und kaum zu entscheiden, ob jede lange Faser zu einer in ihrem Ver- laufe anliegenden Zelle mit Kern gehört, wofür besonders Zerzupfungs- präparate sprechen, oder ob die tiefere Protoplasmaschicht des Epithels in continuo die Muskelfaserlage ausgebildet hat. << Die wenigen in den Arbeiten von C. Claus zerstreuten Abbildungen isolierter Epithelmuskel- zellen zeigen immer eine Muskelfaser, welcher ein Zellkörper ansitzt. Eingehender hat sich mit dieser Frage Eimee (1878) beschäftigt. Von den untersuchten Acalephen berichtet er, daß die Epithelzellen in gleicher Weise mit den spindelförmigen Muskelfäden in Verbindung stehen, wie die von Kleinenberg beschriebenen Ectodermzellen von Hydra, nur sind hier die Muskelfäden quergestreift. Er gibt dabei zwei Abbildungen der hohen cylinderförmigen Epithelnmskelzellen von Pelagia. Während 0. und R. Hertwig über die Muskulatur der Sub- umbrella von Carmarina nur sagen, daß die Muskelfaserschicht von einer Lage flacher Epithelzellen bedeckt ist, konnte Eimer feststellen, daß jede Epithelzelle mit mehreren quergestreiften Muskelfasern in Verbindung steht, und bei der Maceration mit ihnen isoliert wird. Beiträge zur Histologie der Medusen. 267 Dieser au sich so interessante Befund blieb vollständig unbeachtet, vielleicht weil Th. Eimer bei diesem Anlaß an der Basis der Epithel- zellen merkwürdige stabähnliche Fortsätze beschreibt, welche den Zellen in großer Anzahl — 15 und mehr — ansitzen, und die Ver- bindung mit den Muskelfasern vermitteln sollen, »so daß ein Bild hervorgebracht wird, welches man ungefähr mit einer Flimmerzelle vergleichen könnte, die statt der feinen Wimperhaare grobe Stäbe tragen würde (1. c. S. 233). Das Vorkommen solcher Fortsätze scheint von vornherein unwahrscheinlich und die betreffenden Figuren sehen etwas phantastisch aus. In Anschluß an die Entdeckung, daß bei Carmarina eine Epithelzelle mit mehreren Muskelfasern in Verbindung steht, bespricht Eimer das Problem des Zusammenhangs von Zellkörper und Muskelfaser folgendermaßen (I.e. S. 234): >>Es fragt sich nur, ist wirklich eine einzelne Zelle mit zahlreichen Muskelbändern organisch verbunden, oder bildet sie nur mit einem einzigen derselben eine Einheit, während die übrigen von benachbarten Zellen nur übergreifen und vielleicht sekundär erst mit den Nachbarn in Verbindung treten. Daß ein Über- greifen je eines Muskelbandes auf mehrere Zellen statthaben muß, ist wegen des großen Unterschiedes im Breitendurchmesser der Bänder selbstverständlich, und so möchte man zu der Auffassung hinneigen, daß zu jeder Zelle nur je ein Muskelband ursprünglich gehöre, mit ihr ein ganzes bilde. Dem scheint aber die Verbindung aller Bänder mit je einer Zelle direkt zu widersprechen. Auch wäre der dritte Fall möglich, daß nicht alle über eine Zelle weglaufenden Muskelbänder, aber doch mehrere derselben zu dieser organisch gehören. Mag dem sein wie es wolle, jedenfalls haben wir in diesen eigenartig ge- bauten Elementen nach Analogie der bei andern Medusen beschriebenen Verhältnisse Neuromuskelzellen vor uns.« Es scheint jedenfalls sicher, daß in manchen Fällen (so z. B. bei Lizzia nach 0. und R. Hertwig, bei Cyanea und Pelagia nach Eimer, bei australischen Rhizostomeen nach Lendenfeld, und bei RJiizo- stoma Cuvieri nach Hesse), eine Zelle nur eine Muskelfaser bildet, und daß letztere mit keiner andern Zelle in Verbindung steht. Bei der großen Mehrzahl der Medusen müssen die Verhältnisse aber erst aufgeklärt werden i. 1 K. C. Schneider (1893) sagt in einer Stelle seiner Abhandlung, daß das Verhältnis von Zellkörper und Muskelfaser nicht zu ermitteln ist, schreibt aber a. a. 0.: »Auch die contractile Faser kann des Zusammenhanges mit Zellen ent- behren. « 18* 268 Sophie Krasinska, Alle Forscher (seit 1878) fanden bei den Medusen, sowohl bei den Hydromedusen, wie bei den Acalephen, einen subepithelialen Nervenplexus in der Subumbrella, der aus Ganglienzellen und ihren Ausläufern zusammengesetzt ist, und zwischen Epithel und Muskel- faserschicht liegt. Die Medusenliteratur ist reich an Abbildungen dieses Plexus; (Schäfer [1878], Claus [1878], Eimer [1878], 0. und E. Hertwig [1878], Lendenfeld [1882, 1888], Schneider [1893], Hesse [1895]), trotzdem ist ein wichtiger Punkt noch nicht definitiv aufgeklärt worden, nämlich : ob und wie die Ganglienzellen miteinander zusammenhängen. Gegen das Vorkommen von Anastomosen zwischen den Aus- läufern verschiedener Ganglienzellen des Plexus von Aurelia aurita, spricht sich ganz kategorisch Schäfer (1878, S. 565) aus: "If we trace out the course of the individual nerve-fibres more closely (as has been done in the fibres XX in fig. 11 — 16), we are Struck with certain re- markable facts. In the first place, each fibre is entirely distinct from, and nowhere structurally continuous with any other fibre. Secondly each fibre is provided with a bi-polar nerve-cell (fig. 13), which is interpolated in or near the centre of the fibre, each end of the fibre representing the Prolongation of one of the poles of the nerve-cell. Thirdly, each nerve-fibre is of limited length (seldom exceeding 4 mm from end to end) and in most cases tapers at either extremity to a gradual termination. Lastly it may be mentioned that the fibres are rarely branched and when they are so (as in Eig. 12) the branches do not join with other nerve-fibres, but after a longer or shorter course end in a tapering extremity like the unbranched fibres." Obwohl die Fasern nach Schäfer nie miteinander verschmelzen, kommen sie durch Verflechtung in innige Berührung miteinander: "So that though there is no anatomical continuity abundant opportunity is afforded for inductive action, whether electrical or of some other kind." Claus (1878, 1) äußert sich gar nicht über den Zusammenhang der Ganglienzellen untereinander im subumbrellaren Plexus der Disco- medusen. Über den Nervenplexus der Subumbrella von Charybdea marswpialis schreibt er auf Seite 25 : »Anastomosen zwischen Fibrillen benachbarter Ganglienzellen habe ich nicht mit Sicherheit nachgewiesen, obwohl die Existenz derselben kaum zu bezweifeln ist. « Etwas unsicher sind die Aussagen von E. Hesse (1895) über den Plexus von Rhizostoma, denn obwohl aus seiner Beschreibung klar hervorgeht, daß er nie Anastomosen gesehen hat, konnte er auch eine freie Endigung von Nervenfasern nie finden, »obwohl man solche Beiträge zur Histologie der Medusen. 269 sicher erwarten mußte«. Th. Eimer (1878) berichtet, daß er zahl- reiche Anastomosen zwischen Ausläufern verschiedener Ganglienzellen in der Subumbrella von Carmarina gefunden hat. Auch 0. und R. Hertwig (1878) schreiben vom subumbrellaren Nervenplexus dieser Meduse: >>Zwischen benachbarten Ganglienzellen haben wir in ein- zelnen Fällen Anastomosen wahrgenommen (Taf. IV, Fig. 13)«. Da sie bei keiner andern Hydromeduse Anastomosen beschreiben, scheinen sie dieselben nur bei Carmarina bemerkt zu haben. Jedenfalls wurden bei Acalephen von den älteren Forschern nirgends sichere Anastomosen gefunden. Nur Lendenfeld (1882, 1888) steht dazu in schroffem Gegensatz. Er beschreibt echte Nerven- netze bei den australischen Rhizostomeen. Es ist mir unmöglich, hier ausführlich zu begründen, warum ich Lendenfelds Angaben über das periphere Nervensystem der Medusen für unzuverlässig halte. Es mögen hier nur einige Punkte hervorgehoben werden: Der Verlauf der Nervenfasern in der Subumbrella der australischen Rhizostomeen soll nach seinen Angaben ganz verschieden von dem aller andern Aca- lephen (auch der europäischen Rhizostomeen) sein, es sollen nämlich die Nervenfasern auf der äußeren Kante der Stützlamellenleisten ver- laufen; während alle- Autoren ausschließlich bi-polare Ganglienzellen in der Subumbrella der Acalephen fanden, beschreibt R. v. Lenden- feld nur multipolare; außer den großen Ganglienzellen fand er noch kleine Kerne in den Verlauf der Nervenfasern eingeschaltet und bildet die Nervennetze als abwechselnd aus großen und kleinen Ganglien- zellen zusammengesetzt ab, — während die letzteren wahrscheinlich nur Varicositäten sind; usw.^. Lendenfeld beschreibt Sinneszellen in der Subumbrella der Acalephen. Auch Hyde (1902) fand mit Hilfe der vitalen Me- thylenblaufärbung Sinneszellen in der Subumbrella und im Manubrium von Gonionemus murhachii. Dies sind die zwei einzigen Angaben über 1 Merkwürdige Ganglienzellen schildert Lendenfeld (1888) bei Pseudo- rhiza aurosa (1. c. Fig. 83, 84); sie sind mit mehreren dickeren protoplasmatischen Ausläiifern versehen. »Einem Ende der Zelle genähert, liegt der ovale Kern, dieser wird von einer wohlbegrenzten Lage körnchenfreien Protoplas- mas umgeben, welches gegen das körnige Plasma hin durch eine feine Membran abgegrenzt erscheint. Ob eine solche Membran wirklich existiert, kami ich nicht entscheiden. Die kömchenfreie Hülle des Zellkernes zieht sich in einen der Ober- fläche der Zelle zustrebenden Zipfel aus, der sich über die Zelle hinaus in einen langen, varicösen, weithin zu verfolgenden, stets unverzweigten Faden fortsetzt . . . Es dürfte die Annahme erlaubt sein, daß der varicöse Faden als zuleitender und die übrigen als ableitende Nerven anzusehen sind. « 270 . Sophie Krasinska. das Vorkommen von Sinneszellen in der Subiimbrella, welche in der Literatur vorhanden sind. An den Tentakeln der Medusen wurden Sinneszellen häufiger gefunden (0. und E,. Hertwig [1878], Claus [1878J, Lendenfeld [1882]); auch ist das Vorkommen von Ganglien- zellen in demselben öfters festgestellt worden. Eine spezifische Neurofibrillenmethode ist bisher nur ein einziges Mal auf die Medusen angewandt worden, und wie es scheint mit hervor- ragendem Erfolg. Bethe (1903) hat mit Salpetersäure fixierte Schnitte durch die Subumbrella von Rhizostoma mit Toluidinblau gefärbt, und berichtet in seinem Buch über »Anatomie und Physiologie des Nerven- systems <<, daß in den Ganglienzellen und Nervenfasern des subumbrel- laren Nervenplexus dieser Meduse zahlreiche Nervenfibrillen verlaufen, und die Ganglienzellen Gitterbildungen enthalten, wie sie aus denen höherer Tiere bekannt sind. Er sah ferner einzelne Fibrillen aus den Nervenfasern in das umgebende Gewebe austreten, und gegen die Muskelfaserschicht oder auch gegen die Oberfläche ziehen, woraus er auf das Vorkommen freier Nervenendigungen im Epithel schließt. Ferner behauptet Bethe, daß Anastomosen zwischen den Ganglien- zellen mittels ihrer Fortsätze stattfinden und der Plexus von Rhizo- stoma somit ein echtes Nervennetz bilde. Dem subumbrellaren Nervenplexus wurde von allen Forschern eine motorische Funktion zugeschrieben. Jedoch fehlt dieser Auf- fassung so wahrscheinlich sie auch sein mag, ein tatsächlicher Beweis; denn die Verbindung von Muskel und Nerv wurde bei den Medusen bis heutzutage noch nie beobachtet. Die Gebr. Hertwig (1878) äußern sich folgendermaßen über die Innervierung der Muskulatur (S. 132): »Weniger erfolgreich sind unsre Bemühungen gewesen, die Endigungs- weise der Nerven in der Muskulatur durch direkte Beobachtung fest- zustellen; da wir die feinen Fäserchen zwar zwischen die als Muskel- körperchen fungierenden Epithelzellen und die Muskelfibrillen eintreten sahen, aber nicht bis zu ihrem Ende verfolgen konnten. Wer jedoch mit dem heutigen Standpunkt der Frage nach der Nervenendigung im Muskel vertraut ist, wird uns zugeben müssen, daß auch bei höheren Tieren dieselbe keineswegs gelöst ist.« Claus (1878, 1) sieht in dem physiologischen Verhalten der quer- gestreiften Muskulatur der Medusen einen Beweis für die motorische Funktion der Nervenfasern der Subumbrella (S, 27): »Denn wenn wir auch für das körnige Plasma der Ectodermzelle, w^elche genetisch als integrierender Teil zu der quergestreiften Muskelplatte gehört^ eine selbständige Eeizbarkeit, und die Fähigkeit unabhängig von nervösen Beiträge zur Histologie der Medusen. 271 Elementen auf die Kontraktion der Muskelfasern einzuwirken, voraus- setzen, ähnlich wie sie beim mangelnden Nervensystem der sogenannten Neuromuskelzelle beizulegen ist, so stimmt doch die Reaktion, welche die quergestreifte Ringmuskellage auf elektrische Reize und insbe- sondere bei Anwendung des Induktionsstromes, eventuell von Strom- schlingen desselben zeigt, so auffallend mit dem Verhalten des quer- gestreiften und nervenhaltiuen (nicht curarisierten) Muskels der Vertebraten überein, daß wir schon aus diesem Grunde das Vorhanden- sein motorischer Nervenfasern in dem Schirmmuskel der Acalephen als ziemlich sicher annehmen dürfen. << Die Angaben E. F. Schäfers über Endigung von Nervenfasern beziehen sich auf die Enden der dicken, von den Ganglienzellen ab- stehenden Nervenfasern, deren Verzweigungen er ganz übersehen hat. Da die Innervation durch die dünnsten Verzweigungen der Nerven- fasern besorgt wird, so brauchten wir auf die diesbezüglichen Befunde E. F. Schäfers nicht einzugehen. Seit dem Jahre 1878 ist zur Frage über die Innervierung der Muskulatur der Medusen nichts beigetragen worden, sie steht bis heute auf dem Punkt, auf den sie durch 0. und R. Hertwigs und Claus' Arbeiten befördert wurde. Wie aus dieser Zusammenfassung hervorgeht, ist unsre Kenntnis der Muskulatur und des peripheren Nervensystems der Medusen eine noch sehr unvollkommene. Am wenigsten sind die Verhältnisse bei den Acalephen bekannt. Die Angaben verschiedener Forscher über die epitheliale oder subepitheliale Lage der Muskelzellen, die Faltung der Muskellamelle, ja sogar über die Zahl der Fortsätze der Ganglien- zellen, sind voll von Widersprüchen. Die Muskulatur und das peri- phere Nervensystem der Hydromedusen sind besser erforscht worden, jedoch bleibt auch hier das Verhältnis der Myoblasten zu den Muskel- fasern in den gefalteten und stark veränderten Teilen der Muskulatur so gut wie unbekannt. Vor allem ist aber der Zusammenhang von Muskel und Nerv bei keiner Meduse festgestellt worden, und über den Zusammenhang der GangUenzellen untereinander wissen wir in den allermeisten Fällen ebenfalls gar nichts. Trotzdem dienten gerade die Muskulatur und das Nervensystem der Medusen den Autoren der 70er Jahre als Ausgangspunkt für Hypo- thesen, welche sich mit der phylogenetischen Entstehung des Muskel- und Nervensystems und mit dem Zusammenhang von Muskel- und Nerv beschäftigten. Unzweifelhaft hat sogar das theoretische Interesse, welches diese Fragen zu jener Zeit erweckten, als Anregung zum Stu- 272 Sophie Krasiiiska, dium des Nerven- und Muskelsystems der Medusen gedient. Man glaubte bei den Coelenteraten der Lösung der Frage am nächsten kommen zu können, weil sie die niedrigsten Metazoen sind, und das primitivste Muskel- und Nervensystem besitzen. Den klarsten Aus- druck haben 0. und R. Hertwig (1878,) diesem G-edankengang gege- ben: »Wie bei der vergleichend anatomischen Stellung der Medusen nicht anders zu erwarten war, haben sich im Bau ihres Nervensystems und ihrer Sinnesorgane bei näherer Untersuchung so außerordentlich primitive Verhältnisse ergeben, wie sie bisher in keiner andern Tier- abteilung beobachtet worden sind. Die ermittelten Tatsachen sind daher geeignet, auf die komplizierten Einrichtungen der höheren Tier- stämme ein Licht zu werfen und hier auch neue Gesichtspunkte zur Lösung der Frage nach der ersten Entstehung des Nervensystems im Tierreich zu bieten.« Die älteste unter den Theorien, welche, von den bei Coelenteraten herrschenden Verhältnissen ausgehend, die Entstehung des Muskel- und Nervensystems der höheren Tiere zu erklären versuchen, ist die »Neuro muskeltheorie« von Kleinenberg (1872), welche er in seiner berühmten Hydra-Monographie dargelegt hat. Als Ausgangs- punlct für seine Hypothese gebraucht er die von ihm entdeckten Epithel- muskelzellen, die er »Neuromuskelzellen << nennt. Kleinenberg hat das Nervensystem von Hydra übersehen und wollte in jeder »Neuro- muskelzelle« nervöse und muskulöse Eigenschaften vereinigt sehen. Dem epithelialen Zellkörper schrieb er die Fähigkeit zu, Reize zu empfangen und auf den basalen contractilen Teil der Zelle zu über- tragen. Er stellte ferner die Hypothese auf, daß die Muskulatur und das Nervensystem der höheren Tiere auch aus einem einheitlichen Neuromuskelsystem entstehen, indem sich aus dem epithelialen Zell- körper Sinneszelle und Nerv, — aus der contractilen Platte die Muskel- faser differenziert. Nach dieser Hypothese würden somit Muskel und Nerv aus einer und derselben Zelle entstehen und der Zusammenhang zwischen ihnen wäre ein primärer. Unter den Coelenteratenforschern sind E. v. Beneden (1874) und Eimer (1878) Anhänger der KLEiNENBERGschen Neuromuskel- theorie. Eimer hat mit wenig Erfolg versucht, seine Befunde an Medusen mit dieser Theorie in Übereinstimmung zu bringen. Eine andre Hypothese hat Claus (1878) aufgestellt. Er behauptet, daß Muskel und Nerv aus verschiedenen Zellen entstehen und erst sekundär miteinander in Verbindung treten. Aus den Neuromuskel- zellen, welche an sich reizbar sind, und als Ersatz eines Nervensystems I Beiträge zur Histologie der Medusen. 273 dienen, soll sich die Muskulatur der höheren Tiere, aus besonderen Zellgruppen des Ectodernis die Sinneszellen differenzieren, und erst sekundär ein Zusammenhang zwischen beiden Zustandekommen. 0. und R. Hertwig (1878) endlich wollen Muskel und Nerv aus verschiedenen Zellen entstehen sehen, wobei aber der Zusammenhang zwischen ihnen primär sein soll. In einer einfachen Zelllage treten die Zellen miteinander in Verbindung. Manche von ihnen differen- zieren sich dann zu Muskelzellen, andre zu Sinnenzellen, noch andre, indem sie besonders zahlreiche Verbindungen eingehen — zu Ganglien- zellen. Die nächste Stufe der Entwicklung besteht darin, daß sich die Sinneszellen zu Sinnesorganen vereinigen, und im Zusammenhang damit sich nervöse Bezirke von mehr indifferenten trennen. In der dritten und höchsten Ausbildungsstufe werden zuerst die Muskulatur und das periphere Nervensystem, später auch das centrale Nerven- system vom Ectoderm in die Tiefe verlegt. Auf eine Kritik dieser vielfach besprochenen und so gut bekannten Hypothesen will ich mich nicht einlassen, da ich selbst zur Frage über die Entstehung des Muskel- und Nervensystems, auch nicht den klein- sten Beitrag bringen kann. Das Studium der Medusenhistologie eignet sich zur Lösung dieser Frage nicht. Das Muskel- und Nervensystem der Medusen ist zwar sehr primitiv, aber Ganglien-, Sinnes- und Muskel- zellen sind bei erwachsenen Tieren bereits differenziert, und die Ver- bindung von Muskel und Nerv hergestellt. Wie diese Differenzierung und diese Verbindung entstanden sind, darüber lassen sich nur Ver- mutungen aussprechen, solange man beim Studium der geschlechts- reif en Medusen bleibt. Das Studium von Entwicklungsstadien könnte für die Lösung der Frage sehr fruchtbar sein, wie es am besten die Untersuchungen von Th. Schaeppi (1904) an jungen Siphonophoren beweisen. Er fand, daß die Epithelzellen schon in den frühesten Ent- wicklungsstadien untereinander durch Protoplasmafäden verbunden sind, daß also ihr Zusammenhang ein primärer ist. Etwas später differenzieren sich gleichzeitig die Ganglienzellen und Muskelfasern. Vom Moment an, wo man die Ganglienzellen von den sie umgebenden Zellen unterscheiden kann, stehen sie in kontinuierlichem Zusammen- hange unter einander. Die Verbindung zwischen Muskel und Nerv wird wegen der großen Dünne der Nervenendf äserchen erst auf späteren Entwicklungsstadien sichtbar. Sobald aber die Nervenendfäserchen zu unterscheiden sind, läßt sich auch mit aller Deutlichkeit ihre Endi- gung im Protoplasma der Epithelzellen konstatieren. »Nirgends konnte ich dagegen« — schreibt Th. Schaeppi — »eine Andeutung 274 Sophie Krasinska, davon finden, daß die Endfasern auswachsen, daß sie also mit andern Worten eine Zeit lang frei endigen, um erst später mit den Epithel- zellen in Verbindung zu treten.« Die erhaltenen Resultate faßt Th. ScHAEPPi in folgender "Weise zusammen: 1) »Die Ganglienzellen stehen sowohl untereinander als auch mit den Epithelzellen in kontinuierlichem Zusammenhang ; nirgends findet ein bloßer Kontakt statt.« 2) »Alle unsre Befunde deuten darauf hin, daß dieser Zusammen- hang ein primärer, d. h. von Anbeginn der Entwicklung an bestehender ist, daß also mit andern Worten Muskel und Nerv ab origine miteinander verbunden sind. 3) »Die Epithelzellen stehen von frühesten Entwicklungsstadien miteinander in Zusammenhang.« 4) »Nervensystem und Muskulatur gelangen gleichzeitig zur Ent- wicklung. « Nichts könnte klarer und mehr eindeutig sein, und nichts stärker für die Richtigkeit der ÜERTWiGschen Theorie sprechen. Es ist zu bedauern, daß der Verfasser seine Arbeit nur mit ganz schematischen Abbildungen versehen hat, und daß er gar nichts über die gebrauchten Untersuchungsmethoden berichtet, so daß man gezwungen ist, seine Angaben kritiklos anzunehmen, ohne über mögliche Fehlerquellen orientiert zu sein. Technik. Dem Beispiel der älteren Forscher folgend, habe ich beim Studium der Medusenhistologie neben der gewöhnlichen Schnittmethode auch Maceration gebraucht. Der Vorteil der Macerationspräparate liegt im allgemeinen darin, daß sie die Gestalt der einzelnen Zellen zu erkennen erlauben. Bei den Medusen, deren Gewebe sich durch außerordentlich dünne Zell- wände und durch ein faseriges, von zahlreichen Vacuolen durchsetztes Plasma auszeichnen, hat die Maceration noch den großen Vorteil, daß sie dies Vorkommen von Zellgrenzen in syncytial aussehenden Geweben festzustellen erlaubt. Ich habe die verschiedensten Macerationsmethoden ausprobiert, um schließlich zu der ÜEßTWiGschen Osmium-Essigsäure zurückzu- kommen, welche bei den Medusen ganz entschieden die besten Re- sultate gibt. »Wir verfahren« — schreiben 0. und R. Hertwig (1878, S. 5) — »gewöhnlich in der Weise, daß wir die zu behandelnden Objekte je Beiträge zur Histologie der Medusen. 275 nach ihrer Größe 2 — 3 Minuten in einer Mischung von 0,2% Essig- säure und 0,05% Osmiunisäure zu gleichen Teilen brachten, und mit 0,1% Essigsäure öfters auswuschen, bis die geringsten Mengen freier Osniiumsäure entfernt wurden. Die Präparate blieben dann einen Tag lang in einer 0,l%igen Essigsäurelösung, wurden darauf mit reinem Wasser ausgewaschen, mit BEALEschem Carmin gefärbt und in Glyzerin aufbewahrt.« Die Anwendung dieser Methode bietet dem Techniker große Schwierigkeiten, denn erstens haben verschiedene Nebenumstände, so z. B. die Temperatur den größten Einfluß auf ihren Erfolg und zweitens nmß für jede Medusenart die Dauer der Fixation in Osmium- Essigsäure, sowie die Dauer der macerierenden Wirkung der Essigsäure experimentell festgestellt werden. Wenn die Temperatur nicht niedriger als 15° C ist, muß z. B. Pelagia etwa 6 — 8 Stunden, Carmarina mindestens 24, Neoturris und Aequorea etwa 12 — 18 Stunden in 0,l%iger Essigsäure liegen bleiben. Die Dauer der Maceration muß auch nach dem zu macerierenden Ge- webe geändert werden: am leichtesten macerieren die Nervenringe und das Nesselgewebe, am schwierigsten die quergestreifte Muskulatur. 0. und R. Hertwig haben ihre Macerationspräparate mit BEALE- schem Carmin gefärbt. Obwohl ich verschiedene Carmingemische (auch das BEALEsche Carmin), ausprobiert habe, gebe ich entschieden den Hämatoxylinfarbstoffen den Vorzug. Besonders gute Dienste hat mir das Hämatein lA nach Apathy geleistet, denn es differenziert am schärfsten verschiedene Zellbestandteile und blaßt in Glyzerin nicht ab. Das macerierte Material kann in Glyzerin monatelang ohne merk- liche Veränderung aufbewahrt werden. Die mit Paraffin oder Schutz- leistenkitt eingeschlossenen Präparate halten sich ebenfalls recht gut. Die Präparate wurden durch Zerzupfen eines Stückchens Gewebe auf dem Okjektträger und Zerklopfen unter dem Deckgläschen ange- fertigt. Beim Zerklopfen muß eine genügende Menge Flüssigkeit unter dem mit Wachsfüßchen gestützten Deckgläschen vorhanden sein, da die Zellen durch die Vibration der Flüssigkeit und nicht durch Zer- drücken isoliert werden sollen. Neben der Maceration ist die Schnitt- methode zum Studium der Medusenhistologie unentbehrlich, da nur auf Schnitten eine Übersicht über das Gewebe als Ganzes gewonnen und die Lage der einzelnen Zellen im Gewebe erkannt werden kann. Wegen der großen Zartheit der Medusengewebe sind die osmium- säurehaltigen und deshalb härtend wirkenden Fixierungsflüssigkeiten zu bevorzugen. Die besten Dienste hat mir die schwache Flemming- 276 Sophie Krasiriska, sehe Lösung geleistet. Außerdem wurde für Carmarina eine 6%ige Sublimatlösung in Seewasser, sowie eine in der zoologischen Station zu Villefranche viel gebrauchte Mischung von Sublimat-Formol-Eis- essig gebraucht 1. Die meisten Medusen lassen sich mit Sublimat nicht fixieren, da sie im Jodalkohol zu sehr schrumpfen. Es empfiehlt sich, womöglich ganze Tiere, oder wenigstens große Gewebsstücke zu fixieren, da die Gewebe in der Nähe der Schnittfläche unerwünschte Veränderun- gen erleiden. Das Auswaschen des Materials nach Fixierung mit Flem- MiNGscher Lösung bietet große Schwierigkeiten, da fließendes Wasser die Epithelien der Medusen ablöst. Beim Einbetten habe ich mich ausschließlich der kombinierten Celloidin-Paraffin-Methode nach Apa- THY bedient. Sie hat gegenüber der gewöhnlichen Paraffinmethode den Vorteil, daß die Gewebsstücke im Thermostat nicht schrumpfen ; — auch lassen sich die nesselzellhaltigen Teile der Gewebe viel besser als in Paraffin schneiden. Man kann bei Anwendung dieser Methode 5 u dicke Schnitte immer bequem herstellen und ich konnte, wenn notwendig, 3 und 2 /.i dicke Schnitte erhalten. Aus dem absoluten Alkohol werden kleine Gewebsstücke für mehrere Stunden in eine Mischung von gleichen Teilen von absolutem Alkohol und Äther gebracht; dann für 24 Stunden in eine Mischung von V5 konz. Celloidinlösung und V5 Alkoholäther übertragen, für weitere 24 Stunden in eine zweite Mischung, die 1/3 konz. Celloidinlösung und 2/3 Alkoholäther enthielt. Aus der zweiten Celloidinlösung wurden sie zum Härten direkt für 24 Stunden in Chloroform gebracht. Aus dem Chloroform wurde in gewöhnlicher Weise durch Chloroformparaffin in Paraffin eingebettet. Es muß Paraffin von 56° Schmelzpunkt ge- braucht werden. — Wichtig ist dabei, daß so wenig wie möglich über- flüssiges Celloidin eingebettet wird. Es wurde mir freundUchst von Herrn Dr. Davidoff ein Kunstgriff gezeigt, welcher beim Übertragen aus der zweiten Celloidinlösung in Chloroform sehr nützlich ist. Das Gewebestückchen wird auf einem Deckgläschen, welches mit einer dünnen Paraffinschicht bedeckt ist, ausgebreitet und mit demselben ins Chloroform geworfen. Das flüssige Celloidin breitet sich auf dem Deckgläschen aus, und kann nach der Erhärtung geeignet abgeschnitten werden. Von den verschiedenen versuchten Färbungsmethoden haben sich 1 Zusammensetzung: 6%iges Sublimat 45 ccm Eisessig .... 5 » Formaldehyd . . 2 » Wasser .... 50 >> Beiträge zur Histologie der Medusen. 277 vor allem die Eisenhämatoxylinmethode nach Heidenhain, und die Fuchsin-Anilinblau-Orange-Methode nach Mallory bewährt. Zur Kontrolle xNiirde immer Hämatoxvlin-Eosin gebraucht. Das Eisen- hämatoxylin bringt wie gewöhnlich die Kern- und Plasmastrukturen, die Querstreifung der Muskulatur, die Neurofibrillen in den Ganglien- zellen und Nervenfasern, sehr schön zum Vorschein. Die Mallory- methode eignet sich zum Studium der Muskulatur ganz besonders, da sie die Muskeln und Nesselzellstiele rot, die Stützlamelle blau färbt, und sie voneinander zu unterscheiden erlaubt. Leider ist es mir nicht gelungen, irgendwelche specifische Nerven- färbungen auf die Medusen anzuwenden, obwohl ich mich während eines zweiten Aufenthaltes in Villefranche speziell mit diesen Färbungen beschäftigte. Das äußerst ungünstige Wetter, welches ein Mangel an Material bedingte, war wenigstens zum Teil Schuld daran, da ich die Färbungsversuche nicht systematisch genug durchführen konnte. I. Muskulatur. 1. Zirkuläre Muskulatur. Pelagia noctiluca. Wie bekannt, setzt sich die circuläre Muskulatur der Subumbrella bei allen Medusen aus quergestreiften Muskelfasern zusammen. Über die Anordnung der circulären Muskulatur der Subumbrella von Pelagia sagen 0. und K. Hertwig (1878, S. 106) : »Sie beschränkt sich auf ein breites Band, das etwas nach einwärts von der Basis der Sinnes- lappen liegt und sich von einer Tentakelbucht zur andern quer hinüber- zieht. Die äußere Begrenzung des Bandes bildet ein achtseitiges Polygon, dessen Ecken den Tentakelbuchten entsprechen, und dessen Seiten den Sinneskörpern gegenüberliegen und durch einen geringen Abstand von ihrer Basis getrennt sind. « Die Subumbrella von Pelagia (Taf . VII, Fig. 10) setzt sich aus folgenden Gewebsschichten zusammen: außen liegen die hohen Zellen des Ectoderms (epmz), an ihrer Basis die Muskelfaserschicht (m/), dann eine Gallertschicht (gal), zu unterst liegt das Entoderm. Dieselben Schichten kommen in der Subumbrella aller Medusen vor^. Der einzige Unterschied gegenüber den Hydromedusen ist, daß bei jenen zwischen Ecto- und Entoderm nur eine Stützlamelle, bei Pelagia aber eine ziem- lich mächtige Gallertschicht liegt, die sowohl gegen das Ectoderm, wie gegen das Entoderm durch ein dünnes Häutchen — die Stützlamelle — abgegrenzt ist. Da bei den Hydromedusen die Stützlamelle häufig 1 Vgl. O. und R. Hertwig, 1878. 278 Sophie Krasinska, doppelt konturiert erscheint (z. B. bei Carmarina), so ist dieser Unter- schied nicht tiefgreifend. Die sehr dünne Stützlamelle {stl), welche das Ectoderm von der Gallertschicht trennt, legt sich bei Pelagia in hohe circulär verlaufende Falten, was eine Vergrößerung der Ansatzfläche der Muskelfasern bewirkt. Auf Radialschnitten durch die Subumbrella werden diese Falten quer getroffen (Taf. VII, Fig. 10). — Auf dieser Figur sieht man, daß das Ectoderm aus sehr hohen Epithelzellen besteht (epinz), die alle die Oberfläche des Ectoderms erreichen und zwischen welchen einzelne Drüsen (gr. u. kl. drz) und Ganglienzellen {Gz.), zu bemerken sind. Da sonst gar keine Kerne im Ectoderm vorkommen, müssen diese Zellen von vornherein als die Matrixzellen der darunter liegenden Muskelfasern gelten. Die freie Oberfläche der Zellen wird von einer dünnen Cuticula bedeckt, welche die den Medusen eigentümliche Körnelung zeigt. Bei Pelagia liegen die sehr großen und deutlichen länglichen Körner nach innen von der Cufcicula und ragen frei ins Zellplasma hinein. Sie unterscheiden sich von der Cuticula durch ihre Färbbarkeit, so färben sie sich z. B. mit Eisenhämatoxylin intensiv schwarz, die Cuticula nur schwach grau; an mit Mallory gefärbten Schnitten erscheinen die Körner intensiv rot, die Cuticula dagegen dunkelblau. Jede Epithelzelle trägt eine feine und sehr lange Geißel, deren Verlängerung im Zellplasma der meisten Zellen bemerkbar ist. Letztere erscheint bei Eisenhämatoxylinfärbung dicker als die Geißel selbst und verläuft in gerader Linie, manchmal bis in die Kerugegend. Basal- körperchen — falls vorhanden — sind von den übrigen Körnern der Cuticula nicht zu unterscheiden i. Die ovalen Kerne haben eine fein- körnige Struktur, eine deutliche Membran, und enthalten einen oder zwei Nucleoli. Mit Kernfarbstoffen färben sie sich wenig, die Kern- körperchen dagegen sehr stark (so z. B. mit Hämatoxylin, Eisenhäma- toxylin, Safranin, Fuchsin S und andern). Im äußeren Teil des Ectoderms sind die Zellgrenzen deutlich, das Protoplasma scheint bei der Fixierung etwas zu schrumpfen und von den Zellwänden abzustehen ; im basalen Teil des Ectoderms werden die Zellgrenzen verwischt und die faserige Beschaffenheit des Plasmas ist ausgeprägter; zwischen den muskeltragenden Falten der Stütz- lamelle läßt sich nur noch ein mit Vacuolen durchsetztes Gewirr von Plasmasträngen unterscheiden. Die Muskelfasern (Taf. VII, Fig. 10 m/) sind bandförmig, mit einer 1 Dagegen sind im Entoderm von Pelagia Basalkörperchen immer vorhanden. Beiträge zur Histologie der Medusen. 279 ihrer schmalen Seiten der Ötützlamelle angewachsen und erscheinen deshalb auf Querschnitten als schwarze Striche, die der Stützlanielle senkrecht oder unter einem spitzen Winkel ansitzen. Man sieht, daß Plasmastränge zu den Muskelfasern ziehen, jedoch ist das gegenseitige Verhältnis zwischen Zellen, Plasmasträngen und Muskelfasern, nicht zu ermitteln. Am ehesten wäre man geneigt ein Verschmelzen der unteren Teile aller Epithelmuskelzellen anzunehmen. Man wird deshalb überrascht, wenn man auf Macerationspräparaten das Ectoderm in einzelne typische Epithelmuskelzellen auseinander- fallen sieht (Taf. VII, Fig. 11). Die Gewebe von Pelagia macerieren sehr leicht, was sich wahrscheinlich durch die Zartheit der Stützlamelle erklärt. Auch die quergestreiften Muskelfasern lösen sich ohne Schwie- rigkeiten von der Stützlamelle ab, wobei sie mit den zugehörigen Zell- körpern meist in Verbindung bleiben. Die Körper der Epithelmuskel- zellen (Fig. 11 efmz) erscheinen auf Macerationspräparaten mehr oder weniger hoch, je nachdem sie zu höher oder tiefer liegenden Muskeif asern gehören. Kern, Körnelung der Cuticula und Flagellum erscheinen im allgemeinen ebenso wie auf Schnitten. Die faserige Beschaffenheit des Plasmas ist hier ausgeprägter wegen der starken Lichtbrechbarkeit der faserigen Bestandteile der Zelle (Taf. VII, Fig. 11). Basalwärts breitet sich die schmale Zelle (epmz) fächerförmig nach zwei Seiten aus und sitzt der Muskelfaser mit einer breiten Basis an^. Von der Zellbasis sieht man einen ganz schmalen wabigen Plasmasaum am Rande der Muskelfaser bis zu ihren Enden ziehen. Dieser Saum scheint während der Maceration etwas zu schrumpfen, wodurch die Enden der Muskelfaser bogenförmig nach oben gekrümmt werden (Taf. VII, Fig. 11). Die Muskelfaser hat immer ganz glatte und scharf konturierte Ränder, sie ist viel stärker lichtbrechend als das Zellplasma und deshalb deutlich von ihm abgesetzt. Die Querstreifung der contractilen Substanz tritt bei guter Fixierung deutlich hervor. In ihrem mittleren Teil ist die Faser etwa 2 u breit, und läuft gegen beide Enden spitz aus ; ihre Länge kann 90 — 130 u betragen 2, wechselt also bei einem und dem- selben Tier beträchtlich. Wenn man nach diesen Ergebnissen die Radialschnitte durch die Subumbrella zu verstehen versucht (Taf. VII, Fig. 10), so muß man annehmen, daß die verwirrten Plasmastränge zwischen den Falten der Muskellamelle den Querschnitten der basalen fächerartigen Teile der 1 Mit den Epithelmuskelzellen von Pelagia hat sich Th. Eimer (1878) be- schäftigt und gibt mehrere Abbiklungen derselben. 2 Gemessen \nu:de mit Obj. 2 mm, Oe. 6. 280 Sophie Krasinska, Epitlielmuskelzellen entsprechen. Der basale Teil jeder Zelle breitet sich auch unter den benachbarten Zellen aus ; somit trifft man zwischen zwei Falten der Muskellamelle die Querschnitte der basalen Teile vieler Zellen, wodurch das anscheinende Gewirr von Plasmasträngen entsteht. Es wäre interessant, festzustellen ob es Plasmabrücken oder irgend- welche Zellverbindungen zwischen den basalen Teilen der einzelnen Zellen gibt. Leider läßt sich nichts Sicheres darüber sagen. Bei der Maceration würden vorhandene Verbindungen selbstverständlich zerreißen, so daß ihr Fehlen auf Macerationspräparaten gar nichts gegen ihre Existenz beweist. Ebensowenig kann aber das Aussehen •der Schnitte für ihre Existenz sprechen, denn, wo nicht einmal un- zweifelhaft vorhandene Zellgrenzen zu unterscheiden sind, kann man selbstverständlich nicht von Zellverbindungen reden. Der basale Teil des Subumbrellaectoderms von Pelagia ist ein Beispiel, daß das auf Schnitten syncytial aussehende Gewebe der Medusen doch kein Syncy- tium zu sein braucht. Die subumbrellare Ringmuskulatur von Pelagia setzt sich somit aus echten Epithelmuskelzellen zusammen, die sich nur dadurch von den gleichen Gebilden bei Hydroidpolypen und Actinien unterscheiden, daß ihre Muskelfasern quergestreift sind. Dies Verhalten ist insofern von Interesse, als die Muskellamelle hier stark gefaltet ist. Es beweist, daß trotz einer starken Faltung der Muskellamelle die Muskelzellen vollständig epithelial blei- ben können, ja, nirgends die kleinste Tendenz zum Austreten aus dem Epithel zu zeigen brauchen. Die Ectodermzellen der Subumbrella sind mannigfaltig differen- ziert. Außer den Epithelmuskelzellen kommen zunächst mehrere Formen von Drüsenzellen vor (Taf. VII, Fig. 10 drz). 1) Die kleinen Drüsenzellen {kl.drz) haben die Gestalt kleiner Becher, und sind dicht von kleinen runden Körnchen erfüllt, die sich mit Eisenhämatoxylin intensiv schwarz färben, weshalb der Kern nicht zu sehen ist. 2) Die zweite Form der Drüsenzellen ist viel größer, der Becher reicht manchmal bis zur Muskelschicht hinab und ist mit größeren durch Eisenhämatoxylin grau färbbaren Secrettropfen erfüllt. 3) Die dritte Form (gr.Drz) ist durch das homogene Aussehen der sehr großen Secrettropfen und durch die starke Vorwölbung ihrer freien Oberfläche charakterisiert; die Secrettropfen scheinen verquollen zu sein, färben sich nur ganz blaß und sind voneinander durch dünne Plasmawände getrennt. Die beiden letzten Arten von Drüsenzellen lassen manchmal einen Kern wahrnehmen, der an der Basis der Zelle Beiträge zur Histologie der Medusen. 281 zusammengedrückt Hegt. Er unterscheidet sich von allen andern Kernen des Ectoderms durch eine dicke Kernmembran und ein lockeres aber mit Eisenhämatoxylin intensiv färbbares Gerüst, Alle drei Arten von Drüsenzellen schicken nach unten einen intensiv färbbaren Fort- satz aus, der wahrscheinlich zu ihrer Befestigung an der Stützlamelle dient. Da ich diesen Zellen keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet habe, bin ich außerstande zu entscheiden, ob es sich hier wirklich um drei verschiedene Arten von Drüsenzellen, oder nur um drei verschie- dene Tätigkeitsstadien einer und derselben Zellenart handelt. Da sich manche Übergangsstadien finden lassen, ist das letztere wohl wahr- scheinlicher. Fig. 10 zeigt noch eine eigenartige Zelle (X), deren Natur mir unverständlich blieb. Solche, oder wenigstens ähnliche Zellen kommen auf Schnitten, die mit Eisenhämatoxylin gefärbt sind, ziemlich häufig vor, während sie bei Färbung mit Hämatoxylin-Eosin oder Mallory nicht differenziert zu werden scheinen. Sie können schmäler oder breiter sein, ihr Kern spindelförmig oder mehr rundlich; sie sind aber stets mit dicken, intensiv färbbaren, körnig aussehenden Fibrillen ausgefüllt und treten daher durch ihre dunkle Färbung deutlich hervor. Daß es sich nicht um Sinneszellen handelt geht aus der Beschaffenheit der Fibrillen hervor, die von den glatten, äußerst dünnen Neuro- fibrillen total verschieden sind. Vielleicht stehen sie in irgend einem Verhältnis zu den Drüsenzellen. Ich notiere hier nur ihr Vorkommen, ohne über ihre Natur eine begründete Vermutung äußern zu können. Die Elemente des Nervensystems, welche in der Subumbrella von Pelagia vorkommen, sollen weiter unten besprochen werden, C ar mar i na h a st at a. Wie aus der Arbeit von 0. und R. Hertwig (1878) bekannt, be- deckt die circuläre, quergestreifte Muskelfaserlage die ganze Fläche der Subumbrella von Carmarma (Textfig. 1 m S. 303) und wird nur durch die dreieckigen Genitalblätter (g) unterbrochen, an deren Rändern sie mit zickzackförmiger Linie abbricht. Proximal endet sie da, wo die Genitalblätter sich mit ihren Ecken nahezu berühren; distal hört sie plötzlich in einer kleinen Entfernung vom Schirmrand auf und ist durch einen schmalen muskelfreien Streifen (z) von der Muskelfaser- schicht des Velums (mi) getrennt. Ein solcher muskelfreier Streifen zwischen Subumbrella (2) und Velummuskulatur kommt nach den genannten Forschern bei allen Hydromedusen vor und wird von dem unteren Nervenring eingenommen. Die quergestreiften Muskelfasern Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 19 282 Sophie Krasinska, der Subumbrella sind flach bandförmig, stehen mit ihrer schmalen Kante senkrecht auf der Stützlamelle wie die Blätter eines Buches dicht nebeneinander; sie werden nach außen von einer Lage großer flacher Epithelzellen bedeckt. Nach 0. und K. Heetwig (1878) soll sich die Stützlamelle geschlechtsreifer Tiere in seichte, circulär ver- laufende Falten legen. Wie bei allen Medusen läuft die Epithelober- fläche glatt über diese Falten hinweg, indem die Furchen durch die Höhenunterschiede der Zellen ausgeglichen werden. Ich habe eine gefaltete Stützlamelle in der Subumbrella von Carmarina nie beob- achtet, vielleicht deshalb, weil ich unter den geschlechtsreif en Tieren stets die kleineren zur Untersuchung gebrauchte. Was sich über die histologische Beschaffenheit der Subumbrellar- muskulatur sagen läßt, gilt auch für die Muskulatur des Velums. Wenn ich mich im folgenden auf die Muskulatur der Subumbrella beschränke, so geschieht dies aus zwei Gründen: erstens sind die Muskelfasern des Velums viel fester mit der Stützlamelle verwachsen, so daß es unmög- lich ist, ein gutes Macerationspräparat herzustellen; zweitens ist die Subumbrella reich an Ganglien- und Sinneszellen, welche im Velum völlig zu fehlen scheinen, es läßt sich somit an einem und demselben Schnitt durch die Subumbrella sowohl die Muskulatur als das Nerven- system studieren. Das für die Subumbrella gewonnene komplizierte Bild, kann man direkt auf das Velum übertragen, abgesehen von dem Fehlen der Ganglienzellen. Wenn man die Subumbrella von Carmarina bei starker Vergröße- rung von der Fläche betrachtet, so sieht man, daß die großen flachen Epithelzellen langgestreckt sind, und zwar mit ihrer Längsachse quer zur Verlaufsrichtung der Muskelfasern liegen i. Die darunter liegenden Muskelfasern erblickt man auf Flächenpräparaten von der schmalen Seite, wobei sehr viele Muskeif asern unter jeder Epithelzelle durchziehen. Ein Verständnis dieser Verhältnisse läßt sich nur an Macerations- präparaten gewinnen. Carmarina ist sehr schwer zu macerieren; woran die feste Verbindung der Muskelfasern mit der Stützlamelle schuld 1 Die Gestalt der Zellen wechselt übrigens bedeutend mit dem Kontraktions- zustande der Muskeln: wenn die Muskehi kontrahiert sind, sind die Zellen länger und schmäler, wenn die Muskeln erschlafft sind, sind die Zellen mehr rundlich. O. und R. Hbrtwig (1878, Taf. V, Fig. 3 imd 5) geben zwei Flächenbilder der Subumbrella, auf denen die Epithelzellen polygonal mit nahezu gleicher Quer- und Längsachse gezeichnet sind. Dagegen sagt Th. Eimee (1878, S. 233) über ihre Gestalt: »Die Zellen erscheinen in der Ansicht von der Unterfläche des Schir- mes her annähernd spindelförmig (Taf. XII, Fig. 6, 9, 20) mit der längsten Aus- dehnung der Spindel radial gelagert.« Beiträge zur Histologie der Medusen. 283 ist. Das Gewebe wird lueistons ganz zerstört bevor man die Muskel- fasern von der Stützlanielle ablösen kann. In Macerationspräparaten erhält man meist einerseits die Stützlamelle mit anhaftender Muskel- faserschicht, anderseits das von ihr abgelöste Epithel. Nur selten findet man isolierte Muskelfasern, noch seltener Epithelzellen mit Muskelfasern in Zusammenhang. Wenn man einen abgepinselten Epithelstreifen von der Seite betrachtet, so sieht man, daß die Zellen äußerlich von der derberen Cuticula zusammengehalten werden, während die etwas geschrumpften Zellkörper voneinander abstehen und durch breite Spalten getrennt sind. Eine von der Muskelfaserschicht ab- gelöste Epithelzelle von ihrer breiten Seite gesehen zeigt Fig. 6 (Taf . VII). Das Plasma erscheint außerordentlich faserig, und die faserigen Bil- dungen stark lichtbrechend. Der Kern ist linsenförmig zusammen- gedrückt. Basal sendet die Zelle drei schmale längsfaserige plasmatische Stränge aus {prfr). Ich will diese Stränge »basale Plasmafortsätze« nennen 1. Außerdem sieht man links einen kleinen, kegelförmigen, mehr homogen aussehenden Fortsatz, der in ein äußerst feines Fäser- chen — vermutlich ein Nervenfäserchen (Nf) — übergeht. In jedem guten Macerationspräparat findet man große Mengen solcher isolierter Epithelzellen. Basal sind sie immer in mehrere Plasmafortsätze geteilt, deren Zahl jedoch nicht konstant ist, ich fand am häufigsten Epithel- zellen mit drei bis sieben basalen Plasmafortsätzen. Wenn man eine Epithelzelle von der schmalen Seite betrachtet, so sehen die Plasmafortsätze ganz anders aus, denn sie breiten sich basal fächerförmig aus (Taf. VII. Fig. 5). Die Fortsätze sind also lamellenartig abgeflacht; Fig. 6 zeigt sie von der schmalen, Fig. 5 von der breiten Seite. In seltenen Fällen findet man eine Epithelzelle noch in Verbindung mit der Muskelfaserschicht (Taf. VII, Fig. 5). Dann kann man feststellen, daß sich jeder basale Plasmafortsatz (pr/r) zu einer Muskelfaser {mf) begibt, der er mit seiner ausgebreiteten Basis ansitzt. Demnach steht hier eine Epithelzelle mit mehreren Muskel- fasern in Verbindung^, und zwar entspricht die Anzahl der Fasern die zu einer Zelle gehören, der Zahl der basalen Plasmafortsätze. 1 Vermutlich hat Emer (1878) diese Plasmafortsätze beschrieben als die »stabähnlichen Bildungen, meist annähernd von der Höhe der Zelle selbst, und ziemlich dick«, die der Zelle in größerer Anzahl — bis 15 und mehr — aufsitzen, obwohl seine Abbildung derselben absolut keine Ähnlichkeit mit meinen Plasma- fortsätzen hat. Es bleibt auch unverständlich, wie er 15 und mehr derselben sehen konnte, da höchstens sieben, meist aber drei oder vier vorkommen. 2 Dieser Zusammenhang von Epithelzelle und Muskelfasern, wurde zuerst durch Th. Eimer (1878) gefunden. (Vrgl. S. 266.) 19* 284 Sophie Krasinska, Eine weitere Bestätigung dieser Befunde geben Fläclienbilder. Wenn man bei der Betrachtung eines macerierten und flach ausge- breiteten Epithelstückchens das Objektiv herunter- und herauf bewegt, so sieht man zu oberst die gekörnelte Cuticula mit deutlichen Zell- grenzen (Taf. VII, Fig. 9 a), bei weiterem Senken des Tubus kommen die länglich ovalen Kerne mit umgebendem, faserigem, unregelmäßig zerteiltem Zellplasma zum Vorschein (Fig. 9 b), und bei noch tieferer Einstellung — die Plasmafortsätze (Fig. 9 c). Dieselben liegen zu mehreren (3 — ^7) unterhalb jeder Zelle und sind quer zur Längsachse der Zelle aber parallel zur Verlaufsrichtung der Muskelfasern aus- gebreitet (die Muskelfasern würden auf Fig. 8 von links nach rechts ziehen). Die zu einer Epithelzelle gehörenden Muskelfasern liegen nicht direkt nebeneinander, vielmehr ziehen meist mehrere fremde Muskel- fasern dazwischen wie aus Fig. 5 und Fig. 9 klar hervorgeht. Diese von andern Epithelzellen gebildeten Muskelfasern gehen keine Ver- bindungen mit den Zellen, unter welchen sie verlaufen, ein. Jede Muskelfaser steht nur mit ihrer Matrixzelle in Verbindung. Man kann sich am besten davon überzeugen, wenn man isolierte und von den Epithelzellen abgerissene Muskelfasern betrachtet. Dem der Zelle zugekehrten Kande dieser Faser läuft ein schmaler Plasmasaum entlang, und an einer Stelle, nahe ihrer Mitte, findet man meist eine größere Anhäufung von Plasma. Dies ist der basale Teil des abgerissenen Plasmafortsatzes der Epithelzelle. Derartige Zellreste kommen stets nur an einer Stelle der Muskelfaser vor. Die Muskelfasern von Car- marina sind breit bandförmig (8 — 10 /<), außerordentlich dünn und zeichnen sich durch eine beträchtliche Länge aus ; die Querstreifung der Muskelfasern ist äußerst deutlich. Auf Radialschnitten der Subumbrella von Carmarina lassen sich vier Schichten unterscheiden (Taf. VII, Fig. 1) : zu äußerst die Ectodermzellen, darunter die quergetroffene Muskelfaserschicht (m/), dann die Stützlameile {stl), am tiefsten das Entoderm (en). Fig. 1 ist nach einem mit FLEMMiNGscher Lösung fixiertem und mit Eisen- hämatoxylin (nach Heidenhain) gefärbten Schnitt gezeichnet. Der Schnitt führt hier durch einen Kadialkanal, von dessen sehr hohen außerordentlich vacuolisierten Entodermzellen nur der basale kern- freie Teil eingezeichnet ist. Die großen, ziemlich flachen Ectodermzellen sind in einfacher Schicht angeordnet und ihre Kerne liegen alle in einer Ebene, was die Tatsache bestätigt, daß die Matrixzellen der Muskelfasern noch Beiträge zur Histologie der Medusen. 285 alle echte Epithelzellen geblieben sind. Da die langgestreckten Epithel- zellen quer zur Verlaufsrichtung der circulären Muskelfasern liegen, so sind sie auf dem Radialschnitt längs getroffen, ebenso ihre ovalen Kerne (Taf. VII, Fig. 1). Die äußere Cuticula zeigt auf ihrer Innen- seite eine kaum sichtbare Körnelung, Geißeln fehlen. Während auf Macerationspräparaten die einzelnen Epithelmuskelzellen sich leicht voneinander isolieren lassen und bei Schrumpfung oft Spalten zwischen den Zelhvänden der benachbarten Zellen entstehen, ist auf Schnitten von Zellgrenzen meist fast nichts zu sehen. Wie früher bemerkt, ist es eine Eigentümhchkeit der Medusengewebe, daß die Zellgrenzen wegen ihrer Dünne und schwachen Färbbarkeit auf Schnitten so sehr unscheinbar sind, bei Carmarina stellt außerdem die FLEMMiNGsche Lösung die Zellmembranen ganz besonders undeutlich dar. In der basalen Hälfte der Epithelzellen teilt sich das Plasma in Stränge, welche durch vacuolenähnliche Räume voneinander getrennt sind und den in Macerationspräparaten bereits geschilderten Protoplasmafort- sätzen entsprechen. Das Zellplasma zeigt eine faserige Beschaffenheit. Die Querschnitte der bandförmigen breiten und sehr dünnen Muskel- fasern erscheinen (Taf. VII, Fig. 1 mf) als schwarze Linien, die senkrecht auf der Stützlamelle dicht nebeneinander stehen. Die Stützlamelle {stl) wird von Eisenhämatoxylin dunkelgrau gefärbt, ist deutlich doppelt- konturiert und sieht völHg homogen aus^. Es liegen 30 bis 40 Muskel- faserquerschnitte unter jeder Zelle. Die Bilder, die wir auf Radial- schnitten und auf Macerationspräparaten erhalten, stimmen somit gut überein, nur sind auf radialen Schnitten die Plasmafortsätze weniger scharf konturiert und ihr Verhältnis zu den zahlreichen unter einer Zelle verlaufenden Muskelfasern ist nicht feststellbar. Ein wesentKch verschiedenes Bild gibt ein tangentialer Schnitt durch die Subumbrella (Taf. VII, Fig. 2). Die Muskelfasern sind hier längs getroffen {mj) und ihre Querstreif uug ist sehr deutlich, dagegen sind die Epithelzellen {efniz) und ihre Kerne quer durchschnitten, weshalb die Zellen schmäler, ihre Kerne mehr rundlich erscheinen. Die Protoplasmafortsätze sind hier von der breiten Seite zu sehen, und es ist deshalb keine Teilung der basalen Teile der Zellen in Stränge zu bemerken. Der Schnitt auf Fig. 2 ist mit Eisenhämatoxylin gefärbt und mit Sublimat fixiert. Auf letzteres ist zurückzuführen, daß die Zllegrenzen viel deutlicher sind als auf Fig. 1 und daß das Plasma eine sehr verschiedene Struktur zeigt, nämlich körnig erscheint. Die JL 0. und R. Hertwig beschreiben ebenfalls eine doppeltkonturierte Stütz- laraelle bei Carmarina. 286 " Sophie Krasinska, Körnclien sind alle ungefähr gleich groß, färben sich dunkel mit Eisen- hämatoxylin und scheinen manchmal durch Plasmafäden miteinander verbunden und konzentrisch um den Kern angeordnet zu sein. Die Fixierung mit Sublimat und FLEMMiNGscher Lösung bringen somit sehr verschiedene Plasmastrukturen in den Ectodermzellen zum Vor- schein, was an allen mit diesen Lösungen fixierten Präparaten be- merkbar ist (vgl. Taf. VIII, Fig. 36) Das Ectoderm der Subumbrella von Carmarina ist recht ein- förmig gebaut, indem in ihm außer den Epithelmukelzellen nur noch die Nervenelemente vorkommen. Die Sinneszellen (Taf. VII, Fig. 1 Sz) liegen an der Epitheloberfläche, die den subepithelialen Nervenplexus zusammensetzenden großen Ganglienzellen (Gz) mit ihren Ausläufern (Nf) breiten sich zwischen den basalen Plasmafortsätzen der Epithel- muskelzellen aus. Unsre Befunde über die Muskulatur der Subumbrella lassen sich folgendermaßen kurz zusammenfassen: Die circuläre, querge- streifte Muskulatur der Subumbrella und des Velums von Carmarina setzt sich aus echten Epithelmuskelzellen zusammen; zu jeder Epithelzelle gehören mehrere Muskel- fasern, jede Muskelfaser steht aber nur mit ihrer Matrix- zelle in Verbindung. Neoturris p il eat a (ForskaU) und A e quo r ea Forskale a. Der Bau der Subumbrella von Neoturris pileata und Aequorea Forskalea ist so ähnlich, daß er gemeinsam besprochen werden kann. Ein Stück der Subumbrella von Neoturris mit starken Vergröße- rungen von der Fläche betrachtet, zeigt außen eine Schicht sehr großer flacher Epithelzellen an denen man eine eigentümliche Radiärstreifung bemerkt. Dicht darunter liegt eine zweite Zellschicht mit körnigem Plasma und runden Kernen und an deren Basis folgt die quergestreifte Muskulatur ; erst unter derselben kommen die Entodermkerne zum Vor- schein. So überzeugt schon die flüchtige Betrachtung eines Totalpräpa- rats, daß dasEctoderm derSubumbrella von Neoturris aus zwei Zellschichten zusammengesetzt ist. Das Gleiche gilt für Aequorea. ^ In meiner vorläufigen Älitteilung (Zool. Anz. 1912) wurde die untersuchte Tiaride i Turris pileata (Haeckel) « genannt. Herr Professor C. Hartlatjb, der das von mir untersuchte Material in die Hände bekam, machte mich freundüchst darauf aufmerksam, daß die Meduse falsch bestimmt war, und zu der von ihm Neoturris pileata genannten Art gehöre. Beiträge zur Histologie der Medixsen. 287 Schnitte bestätigen diese Beobachtung, da im Ectoderm von NeO' tunk (Tai. VII, Fig. 3 ect) sowohl wie von Aequorea (Taf. VII, Fig. 4 ect) zwei Zellschichten übereinander liegen. Auf Macerationspräparaten läßt sich die äußere Epithelschicht leicht ablösen. An isolierten Epi- thelstückchen ist festzustellen, daß die eigentümliche Radialstreifung des Epithels von radial verlaufenden Fasern verursacht wird, welche stark lichtbrechend sind, vollkommen homogen erscheinen und sich mit Hämatein lA (nach Apathy) intensiver als das Epithel färben (Taf. VII, Fig. 8). Die Epithelzellen scheinen sehr groß zu sein, denn obwohl keine Zellgrenzen sichtbar sind, liegen die ovalen Kerne ziem- lich spärlich zerstreut. Die radialen Fasern {nnf) verlaufen in wellen- förmigen Linien und zwar derart, daß sie die zentralen den Kern um- gebenden Teile der Zellen frei lassen, und nur an ihren seitlichen Rän- dern einzeln oder zu mehreren ziehen. Sie treffen sich unter spitzen Winkeln, verschmelzen miteinander und bilden ein kompliziertes, langmaschiges Netz. Individualisierte Fasern sind hier nicht zu unter- scheiden, da sie alle ineinander übergehen und nie in freie Enden aus- laufen. Außer den Epithelzellen und den Radialfasern sieht man noch an abgepinselten Epithelstückchen die Ganglienzellen ( Gz) und Nerven- fasern des subepithelialen Plexus, welche immer an der äußeren Epithel- schicht haften bleiben. Bei Aequorea läßt sich das Epithel ebenso leicht abziehen, wie bei Neoturris und bietet dasselbe Bild, nur sind hier die radialen Fasern dünner und deshalb weniger auffallend. Schon 0. und R. Hertwig (1878) stellten bei Lizzia (einer Ocellate) das Vorkommen eines zweischichtigen Ectoderms fest. In der Um- gebung der Radiärkanäle findet sich bei Lizzia eine feine radiärstreifige Zellage vor, welche die Ringmuskelschicht und die zu ihr gehörigen Zellen nach außen bedeckt und sich beim Zerzupfen leicht von ihr abziehen läßt. Die genannten Autoren fanden ferner, daß die Grenzen der sehr flachen Epithelzellen sich schwer unterscheiden lassen, da- gegen die querovalen Kerne gut sichtbar sind. Über die radialen Fasern wird bemerkt (S. 96): »Außerdem verlaufen in den dünnen Häutchen noch feine, glänzende, glatte Fasern in geringen Abständen voneinander. Die meisten sind einander parallel gerichtet, einige treffen aber die andern unter spitzen Winkeln und scheinen mit ihnen zu verschmelzen. Ob diese glatten Fasern nur lokale Verdickungen des Zellhäutchens darstellen oder ob sie vielleicht muskulöser Natur sind, darüber haben wir uns kein sicheres Urteil bilden können. << Aus dieser Beschreibung sowie der gegebenen Abbildung (1. c. Taf. VIIT, Fig. 14) geht klar hervor, daß 0. und R. Hertwig bei Lizzia dieselbe 288 Sophie Krasii'iska, äußere Epithellage mit radiären Fasern gefunden haben, welche bei Neoturris vorkommt, nur ist sie bei Lizzia auf die Gegend der Radiär- kanäle beschränkt, während sie bei Neoturris die ganze Subumbrella bedeckt. 0. und R. Hertwig (1878) fanden auch bei Aequorea ein zwei- schichtiges Ectoderm. In Macerationspräparaten konnten sie aber an abgepinselten Epithelstückchen keine Radialstreifung bemerken. Da ich leider nicht festgestellt habe, wie weit sich die radialen Muskel- fasern proximal erstrecken ist es möglich, daß in den centralen Teilen der Subumbrella das Epithel der Radialfasern entbehrt. Auf Radial- schnitten fanden 0. und R. Hertwig zwischen den zwei Zellschichten des Ectoderms eine scharfe Grenze (S. 71): »Die Epithelzellen werden von den unterliegenden Zellen, welche die Matrix der Muskelfibrillen zusammensetzen durch eine scharfe und deutliche Linie getrennt; dieselbe entspricht wahrscheinlich einer Membran, die sich zwischen beide Lagen einschiebt.« In ihrer späteren Arbeit (1880) deuten sie diese Membran als eine Stützlamelle die mitten im Ectoderm ausge- schieden worden sei. Da bei Aequorea (Taf. VII, Fig. 4) ebenso wie bei Neoturris (Taf. VII, Fig. 3) nur die zarten Zellwände die beiden Zellschichten des Ectoderms voneinander trennen, so haben wahr- scheinlich die Hertwigs einen Längsschnitt durch die radialen Muskel- fasern für den Querschnitt einer Membran gehalten. 0. und R. Herwtig konnten nicht feststellen, ob die radialen im äußeren Epithel von Lizzia vorkommenden Fasern »lokale Verdik- kungen der Cuticula«, oder ob sie muskulöser Natur sind. Ich halte diese Fasern sowohl bei Neoturris, wie bei Aequorea für radiale Mus- kelfasern. Sie haben das Aussehen und das starke Lichtbrechungs- vermögen von Muskelfasern, auch färben sie sich intensiv mit Eosin, Fuchsin S, Safranin, Eisenhämatoxylin, genau so wie die übrigen Muskeln der Medusen. Ferner kann man auf Schnitten sowohl für Neoturris (Taf. VII, Fig. 3 rmf) wie für Aequorea (Taf, VII, Fig. 4 rmf) feststellen, daß sie an der Basis der äußeren Epithelzellen liegen, also die für alle Muskelfasern der Medusen so charakteristische Lage ein- nehmen. Auch das Verhalten von Neoturris beim Einlegen in die Fixierungsflüssigkeit spricht für die muskulöse Natur dieser Fasern. Wie erwähnt, wird bei der Fixierung die circuläre Subumbrellamusku- latur der meisten Medusen stark kontrahiert, wobei sich der Glocken- hohlraum verengt und seine Höhe zunimmt. Ganz anders verhält sich Neoturris: ihre hohe und schmale Glocke wird stark abgeflacht, was nur durch die Kontraktion einer radialen Muskulatur verursacht werden Beiträgt' zur Histologie ck-r Medubcn. 289 kann, deren AVirkung in diesem Fall über die der circulären Mnskel- faserschicht überwiegt. Auf Macerationspräparaten zerfällt nach Entfernung des äußeren Epithels die circuläre Muskelfaserschicht von Neoturris sehr leicht in einzelne Muskelzellen (Taf. VII, Fig. 7 a—b) die aus einer Muskel- faser und einem kubischen ZeDkörper bestehen. Die Muskelfasern (m/) sind bedeutend kürzer als bei Pelagia und Camiarina (60 bis höchstens 80« lang). Ihre Breite beträgt etwas mehr wie 2/< im mittleren Teil der Faser und nimmt gegen beide Enden schnell ab. Die Querstreifung ist an den Muskelfasern von Neoturris außerordentlich schön zu sehen. Der Zellkörper liegt ungefähr in der Mitte der Muskelfaser an einem ihrer schmalen Ränder und ist mit ihr fest verwachsen; von der Seite gesehen hat er meist eine kubische Gestalt und verlängert sich basal beiderseits in einem Plasmasaum, der bis zu den Enden der Muskel- faser zieht (Taf. VII, Fig. 7 a). Von oben gesehen erscheint der Zellkörper rundlich (Fig. 7 h). Die Myoblasten bilden eine zusammen- hängende Zellschicht, welche die Muskelfasern bedeckt. Bei Aequorea haben die isolierten Muskelzellen eine etwas andre Gestalt, da hier die Zellen der breiten Seite der Muskelfasern ansitzen (vgl. 0. und R. Hertwig, 1878). Auf tangentialen Schnitten durch die Subumbrella von Neoturris werden die radialen Muskelfasern quer, die circulären quergestreiften Muskelfasern längs getroffen (Taf. VII, Fig. 3). Die Cuticula (cw) des äußeren Epithels zeigt eine unregelmäßige Körnelung, das Plasma der Epithelzellen ist stark vacuolisiert. An der Basis dieser Epithel- lage sieht man eine Reihe sehr großer schwarzer Körner von unregel- mäßiger Gestalt und wechselnden Dimensionen: es sind dies die Quer- schnitte der radialen Muskelfasern (rmf). Die tiefe Zellenschicht wird von dicht nebeneinander stehenden Zellen gebildet (Taf. VII, Fig. 3 mz)y an deren Basis die quergestreiften Muskelfasern (m/) liegen, welche zu ihnen gehören. Die Zellen haben ein dichtes, körniges Plasma und runde Kerne mit großem Nucleolus. Sie sind sow'ohl voneinander wie von den äußeren Epithelzellen durch dünne aber deutliche Zell- membranen abgegrenzt. Die Muskelfasern stehen senkrecht auf der dünnen, schwarz gefärbten Stützlamelle {stl). Die darunter liegende Entodermlamelle {enl) ist verhältnismäßig hoch, hat runde Kerne und ein stark vacuolisiertes Plasma. Diese starke Entwicklung der Ento- dermlamelle ist sowohl für Neoturris als für Aequorea charakteristisch (vgl. Fig. 4 enl). Einen Radialschnitt durch die Subumbrella von Aequorea zeigt 290 Sophie Krasinska, VvK 4 (Taf. VII). Die radialen Muskelfasern an der Basis des äußeren Epithels (rmf) sind hier längs, die circulären quergestreiften Muskel- fasern quer getroffen. Die ersteren sind bei Aequorea dünner, — sonst bieten sie auf radialen und tangentialen Schnitten und auf Ma- cerationspräparaten genau dasselbe Bild, wie bei Neoturris. Die quer- gestreiften Muskelfasern von Aequorea stehen nicht senkrecht auf der Stützlamelle, wie es bei Neoturris der Fall ist, sondern liegen derselben mit ihren breiten Seiten an, auch sind die darüber liegenden Zellkörper etwas flacher. Die Muskellamelle der beiden Medusen ist etwas gefaltet. Die circulär verlaufenden Falten beginnen am Schirmrand und sind ziem- lich hoch, proximal werden sie bald niedriger und hören in einer kleinen Entfernung vom Schirmrand ganz auf. Der auf Fig. 3 abgebildete tangentiale Schnitt durch die Subumbrella von Neoturris scheint durch eine niedrige Falte geführt zu sein, da mehrere Muskelfasern überein- ander liegen. Auf dem Radialschnitt durch die Subumbrella von Aequorea (Fig. 4) ist die Stützlamelle kaum etwas gewellt. Das Ectoderm der Subumbrella von Neoturris und Aequorea ist somit aus zwei Zellao-en zusammengesetzt, die äußere Lae;e hat an ihrer Basis eine radiale Muskulatur gebildet, die innere eine circuläre quergestreifte. Die radiale Muskulatur ist spärlich entwickelt und besteht aus einem Fasernetz, in welchem man keine individualisierten Muskel- fasern unterscheiden kann; auch ist das Verhältnis von Epithelzellen und Muskelfasern nicht zu ermitteln, da die Fasern unter allen Zellen kontinuierlich durchziehen. Die circuläre quergestreifte Mus- kulatur ist aus einzelnen Muskelzellen zusammengesetzt, von denen jede aus einem Zellkörper und einer quergestreiften Muskelfaser besteht. Diese Muskelzellen entbehren jeder Verbindung mit der Körper- oberfläche, da sie von dem äußeren Epithel nach außen bedeckt sind, sie liegen vollständig subepithelial. Das äußere Epithel mit radialen Muskelfasern kommt sowohl in der Nähe des Schirmrandes, wo die Muskellamelle gefaltet ist, wie auch da wo sie glatt verläuft vor, sein Auftreten ist somit von der Faltung der Muskel- lamelle unabhängig. Das Auftreten eines zweischichtigen Epithels und einer radialen Muskulatur oberhalb der circulären ist auf Neoturris und Aequorea nicht beschränkt, da nach 0. und K. Hertwig (1878) nicht nur bei Lizzia (einer Ocellate), sondern auch bei Mitrocoma (einer Vesiculate) eine zweite Zellaee im Ectoderm vorkommt. Bei Mitrocoma wurde Beitiäge zur Histologie der Medusen. 291 zwar von den genannten Forschern keine Radiärstrcifung im Epithel bemerkt, sie wurde aber wahrscheinhch ebenso wie bei Aequorea nur übersehen. Höchst wahrscheinlich wird durch weitere Untersuchungen die gleiche Ausbildung der Muskulatur auch bei andern Ocellaten und Vesiculaten aufgefunden. 2. Querstreifung. Über die Querstreifung der Medusenmuskulatur liegen in der Literatur fast keine genaueren Angaben vor. Die meisten Autoren begnügten sich mit der bloßen Feststellung der Tatsache, daß eine Querstreifung vorkommt, nur wenige widmeten dem Gegenstand einige Aufmerksamkeit. Schon Eimer (1878) hat bei Carmarina hastata neben der Querstreifung auch eine Spaltung der Muskelfasern in Fi- brillen beobachtet wie aus folgender Bemerkung hervorgeht: »Die Muskelbänder erscheinen im frischen Zustande, wenn nicht überall so doch an manchen Stellen deutlich quergestreift (1. c. Taf. XII, Fig. 15 und 18). An Chromkalipräparaten dagegen zeigen sie nicht nur überall eine durchaus schöne Querstreifung, sondern zerfallen auch der Länge nach in Fibrillen, welche aus abwechselnd hellen und dunklen Teil- chen zusammengesetzt sind, verhalten sich also ganz wie die quer- gestreiften Muskelfasern der höheren Tiere.« 0. Nasse (1882) gab in seiner Arbeit über die »Anatomie und Physiologie der quergestreiften Muskelsubstanz« eine Abbildung einer quergestreiften Muskelfaser von Carmarina, wobei er die breiten dunklen »Scheiben derselben mit den Q-Streifen, die schmalen dunklen mit den Z-Streifen der Muskelfasern höherer Tiere homologisierte. Er wies auch auf die außerordentliche Feinheit der Querstreifung hin. Lendenfeld (1888, S. 292) bemerkt über die quergestreiften Muskel- fasern von Rhizostoma : »Das Band besteht aus langgestreckt rechteckigen Scheiben, abwechselnd einfach und doppelt lichtbrechender Substanz. << K. C. Schneider (1892) studierte die quergestreiften Muskel- fasern von Forskalea, Carmarina und Pelagia an Macerationspräparaten. Seine Schilderungen lassen sich folgendermaßen kurz zusammenfassen: eine echte Querstreifung ist nicht vorhanden, die Muskelfasern sind perlschnurförmig, sie bestehen aus abwechselnd dickeren und dünneren Partien, die keine Strukturunterschiede aufweisen. Die scheinbare Querstreifung ist auf Lichtkontraste zurückzuführen, was dadurch bestätigt wird, daß beim Heben und Senken des Tubus die dicken in\d dünnen Partien abwechselnd hell und dunkel erscheinen. Bei Pelagia sind die Endabschnitte der Muskelfasern nicht quergestreift, 292 Sophie Krasinska. der Übergang in die ausgesproclien gestreiften Partien erfolgt durch leise Anschwellungen in bestimmten Abständen; bei Carmarina tritt die perlschnurförmige Beschaffenheit der Muskelfasern in ihren End- abschnitten deutlich hervor. Auf Fig. 42 und Fig. 61 der Abhandlung von Schneider sind solche »quergestreifte« Muskelfasern von Car- marina und Pelagia abgebildet. Solch angeschwollene Endabschnitte der Muskelfasern habe ich bei Carmarina nie gesehen, ebensowenig perlschnurförmige Muskel- fasern bei Pelagia. Die Ränder der bandförmigen Muskelfasern waren von der breiten wie schmalen Seite betrachtet, stets gerade, nirgends waren wellige Konturen zu beobachten. Meiner Ansicht nach sind die Befunde von Schneider darauf zurückzuführen, daß das von ihm untersuchte Material übermaceriert oder schlecht maceriert war. Die von ihm beobachtete perlschnurförmige Beschaffenheit der Muskel- fasern wäre somit durch Quellung hervorgerufen. Diese Vermutung ist um so wahrscheinlicher, als auch andre Figuren seiner Abhandlung nach übermacerierten Präparaten ausgeführt zu sein scheinen, Aus diesen Ausführungen geht hervor, daß die Querstreifung der Muskelfasern noch wenig genau verfolgt wurde. Der Gegenstand dürfte ein gewisses allgemeines Interesse haben, da ja die Medusen die primitivsten Metazoen sind, bei denen Querstreifung vorkommt, und da die Struktur ihrer Muskelfasern daher wohl auch als besonders primitiv angesehen werden darf. Ich möchte deshalb hier einige von mir beobachtete Tatsachen mitteilen, ohne auf Vollständigkeit An- spruch zu erheben, um so mehr als die Querstreifung der Medusen- muskeln wegen ihrer großen Feinheit dem Studium große Schwierig- keiten bereitet und ich kein frisches Material studiert habe. Untersucht wurden Macerationspräparate die mit Osmium-Essigsäure hergestellt, und mit Hämatein lA gefärbt waren, sowie sehr dünne (2 — 3 (.i) mit Eisenhämatoxylin nach Heidenhain gefärbte Schnitte. Das Schnitt- material war mit Sublimat (bei Carmarina) oder mit schwacher Flem- MiNGscher Lösung (bei Pelagia, Neoturris und Aequorea) fixiert. Das Eisenhämatoxylin gibt, wenn richtig differenziert, ein äußerst scharfes Bild der Querstreifung, dagegen nehmen die Muskelfasern in Macera- tionspräparaten die Hämateinfarbe nur sehr schwach auf. Bei letzteren beruht daher das deutliche Bild hauptsächlich auf der verschiedenen Lichtbrechung der Quer- und J-Scheiben. Wie bekannt, wechselt jedoch ein solches Bild je nach der Einstellung des Objektivs. Schon Rollet (1885, S. 93) hat dies ausdrücklich betont: »Alles stärker lichtbrechende erscheint am Muskelfaden bei hoher Einstellung heller, Beiträge zur Histologie der Medusen. 293 alles schwächer lichtbrechende dabei dunkel; dagegen alles stärker lichtbrechende bei tiefer Einstellung dunkel, alles schwächer licht- brechende dabei hell.« Alle Bilder, die ich von macerierten Muskel- fasern gebe, wurden bei tiefer Einstellung gezeichnet: dunkel sind also die stärker lichtbrechenden, hell die schwächer lichtbrechenden Streifen angegeben. Zur Untersuchung in po- larisiertem Lichte eignen sich die Muskelfasern der Medusen wegen ihrer großen Dünne nicht i. Daher kann ich die Querstreifen der Me- dusenmuskulatur nicht direkt mit den isotropen und anisotropen Scheiben der Muskulatur höherer Tiere homologisieren. Um aber ihre Lage eindeutig zu bestimmen, bezeichne ich sie mit den in der Muskelhistologie allgemein gebräuchlichen Buchstaben. Die stärker lichtbrechenden, mit Hämatoxylin intensiver färbbaren (bei andern Muskeln anisotropen) Streifen bezeichne ich mit Q (Querscheibe), — die mit ihnen alternierenden , schwach lichtbrechenden und schwach färbbaren (bei andern Muskeln isotropen) Streifen mit J, — die zarte Linie, welche den /-Streifen halbiert, mit-Z (Zwischenscheibe). Mit Qh (und nicht mit M) bezeichne ich die schwach lichtbrechende Linie, welche in der Mitte der Querscheibe ( Q) liegt, da nach der von Heidexhain (1911) eingeführten Nomenklatur die in manchen Mus- keln an gleicher Stelle gelegene Mittelscheibe (M) stärker lichtbrechend und intensiver färbbar sein soll als die Querscheibe ( Q) selbst und von dem schwach lichtbrechenden Q7i-Streifen scharf zu sondern ist^. Die sich periodisch wiederholenden Abschnitte der Faser, näm- lich Q + J, da Z in der Regel nicht wahrnehmbar ist, nenne ich Quer- streifungsperioden^. Unter »Höhe der Querstreifungsperi- ode<< und unter »Höhe« der einzelnen Querstreifen verstehe ich immer ihre Ausdehnung in der Längsachse der Faser, — unter ihrer Breite — ihre Ausdehnung in der Querachse der Faser, — so daß »Breite der 1 B. V, Lendenfeld (1888) gibt nicht an, wie er die Doppelbrechung der Querstreifen festgestellt hat. 2 M. Heidenhain gebraucht für die Zwischenscheibe (Z) den Ausdi-uck »Mesophragma «, iüv die Älittelscheibe (M), auch HENSENSche Scheibe genannt, den Ausdruck »Telophragma « und hält beide für Quermembranen. M konnte ich bei den Medusen nicht auffinden; über die membranöse oder nicht membranöse Natur von Z kann ich nichts aussagen. 3 Den von M. Heidenhain eingeführten Ausdruck »Inokomma« will ich nicht gebrauchen, da darunter (ebenso wie unter den Ausdrücken Muskelkästchen, Muskelfach, Muskelsegment älterer Autoren) der Abschnitt zwischen zwei Z- Linien gemeint ist, während ich oft von Fasern zu sprechen haben werde, an denen kein Z sichtbar ist. 294 Sophie Krasinska, Muskelfaser« und »Breite der Querstreifen« eine Ausdehnung in der gleichen Richtung bedeutet. Für die zwischen den »Myo- fibrillen« oder kurzweg »Fibrillen« einer Muskelfaser gelagerte Sub- stanz gebrauche ich das Wort »interfibrilläre Substanz« oder »Zwi- schensubstanz «. Die Muskelfasern von Carmarina eignen sich wegen ihrer Breite, die etwa 8 — 10 /.i beträgt, am besten zum Studium der Struktur. Auf Fig. 25 a (Taf. VIII) ist diejenige Form der Querstreifung abgebildet, welche an Macerationspräparaten am häufigsten vorkommt und schon von Nasse (1882) gezeichnet wurde. In der Querrichtung sehen wir schmale, dunkle (stark lichtbrechende) Streifen — die Querschei- ben (Q) — mit viel breiteren hellen — den J-Scheiben (J) — ab- wechseln. In der Mitte der J-Scheibe tritt nochmals eine schmale dunkle Linie auf — die Zwischenscheibe (Z). An gewissen Muskel- fasern kann die Zwischenscheibe so breit werden, daß sie sich kaum oder gar nicht von der Querscheibe {Q) unterscheidet, wodurch sich also eine regelmäßige aber zweimal dichtere Streifung ergibt. Z kann jedoch auch völlig fehlen; dann alternieren nur die schmäleren ^- Scheiben mit den breiteren J-Scheiben. Die Höhe der Querstreif ungs- periode beträgt bei Carmarina etwa 1,4 — 1,6//, wovon höchstens ein Drittel, meist viel weniger, von der Querscheibe eingenommen wird. Die Quer- und Zwischenscheibe sehen wie einheitliche Linien aus, die von einem Rand der Faser bis zum andern ziehen und sich voneinander nur durch ihre Höhe unterscheiden. Die Ränder der Muskelfaser selbst sind auf Macerationspräparaten immer ganz glatt und scharf kon- turiert. Außer der Querstreifung tritt an allen macerierten Muskelfasern eine feine aber ganz regelmäßige Längsstreifung auf, die unzweifelhaft auf eine Zusammensetzung der Muskelfaser aus fibrillenartigen Bil- dungen hinweist. Die feinen Längsstreifen verlaufen in der Regel durch die Q- und J-Scheiben ohne merkliche Verdickungen hindurch. Auf Schnitten, die mit Eisenhämatoxylin gefärbt und richtig dif- ferenziert sind, sieht jedoch die Struktur der Muskelfasern von Car- marina ganz anders aus (Fig. 25 h). Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Bildern besteht darin, daß die Zwischensubstanz auf den Schnitten vollständig farblos bleibt, so daß man ein reines Fibrillen- bild vor Augen hat. Die Fibrillen verlaufen im J-Streifen als zarte, blaß gefärbte Linien, im ^-Streifen schwellen sie zu großen intensiv färbbaren körnerartigen Gebilden an. Die Querscheibe setzt sich also aus aneinander gereihten schwarzen Körnern zusammen, während die J-Scheibe aus farbloser Zwischensubstanz und zarten, schwach ge- Boiträgo zur Histologie der Medusen. 295 färbten Fibrilleu besteht. Auf Eiseuhämatoxylinschnitten ist die Zwischenscheibe (Z) nie zu sehen. "Wie früher geschildert (S. 282), sind die Muskelfasern von Corma- rina flach bandförmig und mit ihrer schmalen Seite der Stützlamelle an- gewachsen. Auf tangentialen Schnitten durch die Subumbrella erhält man breite Längsschnitte durch die Muskelfaser in der Bandfläche (Fig. 25 h) auf Flächenschnitten, durch die Subumbrella dagegen schmale Längs- schnitte der Muskelfaser senkrecht zur Bandfläche (Fig. 25 c). Der auf Fig. 25 h abgebildete Schnitt in der Bandfläche der Muskelfaser zeigt, daß sie aus einer größeren Anzahl von Fibrillen zusammengesetzt ist; die genaue Zahl ist schwer zu ermitteln und beträgt im mittleren breitesten Teil der Faser etwa 12 bis 15. Auf dem Schnitt senkrecht zur Bandfläche dagegen erscheint die Muskelfaser wie eine einzige Fibrille, wobei sie eine durch die Q- Abschnitte der Fibrillen bedingte, ausgesprochen perlschnurförmige Gestalt hat (Fig. 25 c). Aus dem Ver- gleich dieser beiden Bilder geht klar hervor, daß die Muskelfasern von Carmarina aus einer einzigen Schicht von Fibrillen zusammengesetzt sind. Eine solche Anordnung der Fibrillen war von vornherein zu erwarten wegen der außerordentlichen Dünne der Muskelfasern, die man am besten an radialen Schnitten durch die Subumbrella (vgl. Taf. VII, Fig. 1) feststellen kann. Die Muskelfasern von Pelagia sind bedeutend schmäler als die von Carmarina', ihre Breite beträgt etwa 2 f^i. In Macerationspräpa- raten bemerkt man an ihnen oft einen schmalen homogenen Rand, der den Eindruck eines Sarcolemmas macht (Taf. VIII, Fig. 24 a). Da dieser Rand dasselbe Lichtbrechungsvermögen besitzt wie die «7- Scheiben, machen die Querscheiben ( Q) den Eindruck von stark licht- brechenden Vierecken auf schwächer lichtbrechendem Untergrunde. Während die Querstreif ungsperiode etwa 1,6 — 2 f.i hoch ist, also nur wenig größer als bei Carmarina , ist das Höhenverhältnis der Q- und J-Scheiben untereinander ein ganz verschiedenes. Bei Carmarina nimmt die Querscheibe (Q) höchstens ein Drittel der Querstreif ungs- periode ein. Bei Pelagia ist die Querscheibe {Q) mindestens ebenso hoch, meist aber bedeutend höher als die J-Scheibe (Taf. VIII, Fig. 24 fl, b, c, d). Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß Q bei Pelagia durch eine schmale schwächer lichtbrechende Linie halbiert wird, die auf manchen Macerationspräparaten nur als eine Art mittlerer Auf- hellungszone sichtbar ist (Fig. 24 ö). Diese schmale helle Linie be- zeichne ich, in Übereinstimmung mit der Nomenklatur von M. Heiden- 296 Sophie Krasinska, HAIN (1911) als Qh. Dagegen erscheint die schmälere /-Scheibe auf Macerationspräparaten und auf vielen Schnitten einheitlich, so daß man zunächst annehmen möchte, daß die Zwischenscheibe bei Pelagia fehle. Indessen kommt sie in manchen Eisenhämatoxylinschnitten (Fig. 24 b) deutlich zum Vorschein. Die Längsfibrillierung ist in Ma- cerationspräparaten nur ganz schwach angedeutet. Die Eisenhämatoxylinschnitte geben wieder ein, wenn auch viel weniger deutliches Fibrillenbild, als es bei Carmarina der Fall ist. Die J- Abschnitte der Fibrillen bleiben hier meist farblos und unsichtbar, die übrigen Bestandteile verhalten sich in gleicher Weise wie bei Car- marina, d. h. die Q- Abschnitte der Fibrillen färben sich intensiv schwarz und die Zwischensubstanz bleibt farblos (Fig. 24 h — d). Man kann deutlich drei Grade der Differenzierung des Eisen- hämatoxylins unterscheiden: im ersten erscheint die Querscheibe als einheitliches schwarzes Viereck (Fig. 24 &), — im zweiten teilen sich die Vierecke in parallele Längsstäbchen, die den ^-Abschnitten der Fibrillen entsprechen (Fig. 24 c), — im dritten zerfallen die Stäbchen in der Querrichtung je in zwei schwarze Körner (Fig. 24 d). Jeder Q-Abschnitt der Fibrillen besteht somit aus zwei Körnern, der Raum zwischen ihnen entspricht dem Streifen Qh. Die Anzahl der Fibrillen würde sich an der Zahl der in einer Faser quer nebeneinander liegenden (^-Abschnitte der Fibrillen bestimmen lassen, — jedoch wird dies bei Pelagia durch die starke Faltung der Muskellamelle erschwert. Es kommen auf jedem tangentialen Schnitt durch die Subumbrella so viele Längsschnitte von Muskelfasern neben- einander zu liegen, daß die gegenseitige Zugehörigkeit der Fibrillen und der Fasern sehr schwer festgestellt werden kann. Dort wo Muskel- fasern einzeln liegen, sieht man, daß sie in der Breitfläche aus zwei Fibrillen bestehen, denn jede Querscheibe setzt sich aus zwei neben- einander liegenden Stäbchen (Fig. 24 c) oder aus vier Körnern zusammen {Fig. 24 d). Ein Längsschnitt senkrecht zur Bandfläche zeigt nur eine einzige Fibrille i. Ob daraus zu schließen ist, daß die Muskelfasern von Pelagia aus nur zwei Fibrillen bestehen, vermag ich nicht zu ent- scheiden; da sich die Muskelfasern nach beiden Enden zu stark ver- jüngen, wäre es möglich, daß die eben beschriebenen Bilder den schmä- leren Endabschnitten entsprechen, und daß der mittlere Teil der Faser aus einer größeren Anzahl von Fibrillen zusammengesetzt ist. Die Schwankungen in der Höhe der Querstreif ungsperiode sind bei Pelagia 1 Ähnliche Bilder hat G. Schlater (1905-06) bei der Muskulatur des Hühner- embryos gefunden. Beiträge zur Histologie der Medusen. 297 etwas größer als bei Carmarina, am besten kann man sie an Schnitten beobachten. Die große Mehrzahl der Fasern hat eine Querstreifungs- periodo von 1,6/«, wobei die Querscheibe immer bedeutend höher ist als die e/-.Scheibe (Fig. 24 c — d). Vereinzelte Fasern zeigen eine größere Querstreifungsperiode und an diesen hat J bedeutend an Höhe zu- genommen; an Fasern, die eine Querstreifungsperiode von 2 /< be- sitzen, kann J ebenso hoch erscheinen wie Q (Fig. 24 b). Wenn man nun die Fasern mit der Querstreifungsperiode von 2 u an Schnitten studiert, in welchen das Eisenhämatoxylin sehr wenig differenziert ist und die Querscheibe noch einheitlich erscheint, so bemerkt man, daß J durch eine zarte Zwischenscheibe halbiert ist (Fig. 24 b). Bei weiterer Differenzierung des Eisenhämatoxylins verschwindet die Zwi- schenscheibe sehr schnell, sie scheint also eine schwächere Affinität zum Farbstoff zu haben als die Querscheibe. In Muskelfasern mit kleinerer Querstreifungsperiode bleibt die Zwischenscheibe immer un- sichtbar. Somit ist die Querstreifung bei Pelagia komplizierter als bei Car- marina, da bei ihr nicht nur eine Zwischenscheibe vorkommt, sondern auch noch die Querscheibe durch den Streifen Qh halbiert wird. Von Neoturris 'pileata (Taf . VIII, Fig. 26) standen mir ausgezeich- nete Macerationspräparate, aber nur mangelhafte Schnitte zur Ver- fügung, weshalb ich mich auf die Beschreibung der ersteren beschränken will. In den Macerationspräparaten haben die Muskelfasern von Neo- turris nahezu gleich breite Q- und J-Scheiben (Fig. 26). Die Höhe der Querstreifungsperiode ist etwas kleiner als bei Pelagia und zeigt größere Schwankungen als bei Carmarina (1,2 — 1,6 /<). In den meisten Fasern ist sowohl die Querscheibe (Q) durch die Qh-hinie, wie die J-Scheibe durch die Z-Linie halbiert. Dies ist der einzige Fall, in dem an einer und derselben Faser alle bei den Medusen überhaupt vorkom- menden Querstreifen (Z, J, Q, Qh, Q, J, Z) gleichzeitig auftreten (Fig. 26) Die Zwischenscheibe erscheint als dunkle, feine und äußerst scharfe Linie, der Q/i-Streifen — • als helle Linie oder als Aufhellungszone in der Mitte der Querscheibe. Die Muskelfasern von Neoturris zeichnen sich durch sehr große Lichtbrechungsunterschiede von Q und J aus. Die Querscheibe tritt deshalb sehr stark hervor. Eine Längsfibrillierung ist nur hier und da angedeutet, die Zahl der Fibrillen, die jedenfalls sehr klein ist, ließ sich nicht bestimmen. Die sehr dünnen Querschnitte der Muskelfasern auf Radialschnitten der Subumbrella zeigen, daß die Muskelfasern hier ebenso wie bei Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 20 298 Sophie Krasinska, Carmarina und Pelagia aus einer einzigen Schicht von Fibrillen be- stehen. Die Muskelfasern von Äequorea Forskalea gleichen auf Längs- schnitten denen von Pelagia ungemein; an Macerationspräparaten war wegen schlechter Fixierung von Querstreifung wenig zu sehen. Die Zweiteiligkeit der Querscheibe macht sich ebenso wie bei Pelagia auf Schnitten durch den Zerfall der ^-Abschnitte der Fibrillen in zwei Körner geltend. Isolierte Muskelfasern schienen aus nur zwei Fibrillen zu bestehen, so daß die Gruppen von vier Körnern auch hier vorkommen. Die J- Abschnitte der Fibrillen sind außerordentlich schwach gefärbt, die Zwischensubstanz bleibt vollständig farblos. Größer als bei Pelagia sind die Schwankungen in der Höhe der Querstreif ungsperiode, die von 1,2 — 2 /< betragen kann. An verein- zelten Fasern mit großer Querstreif ungsperiode kann man die Zwischen- scheibe schwach erkennen. Die Muskelfasern bestehen aus einer ein- zigen Fibrillenschicht, was Längsschnitte wie Querschnitte überein- stimmend beweisen. Ein Überblick der bei dieser Untersuchung gewonnenen Resul- tate zeigt, daß eine auffallende Übereinstimmung in der Struktur der quergestreiften Muskelfasern der Medusen und der höheren Tiere herrscht. Die Anordnung der Querstreifen ist bei beiden genau dieselbe. Hier wie dort kommt eine Querscheibe {Q) vor, die durch den Qh- Streifen halbiert wird, und eine J-Scheibe, in deren Mitte die Zwi- schenscheibe (Z) liegt. Von den besonders komplizierten quer- gestreiften Muskelfasern der Arthropoden unterscheiden sich die Mus- kelfasern der Medusen somit nur durch das Fehlen der Mittelscheibe (M) und der beiden Nebenscheiben (iV). Wie bekannt, wurde aber die Mittelscheibe nicht bei allen quergestreiften Muskelfasern höherer Tiere nachgewiesen, und nach Heidenhain (1911) sollen die Nebenscheiben durch »interkolumnäre Körner« vorgetäuscht sein und keinen wirk- lichen Bestandteil der Querstreifung bilden, so daß sie als nebensächlich betrachtet werden können. Wichtiger erscheint, daß eine Anisotropie wegen der großen Dünne der Muskelfasern bei den Medusen nicht nachgewiesen werden kann, und die Benennung und Homologisierung der Streifen deshalb nur nach ihrer Fäi;bbarkeit und ihrem Licht- brechungsvermögen durchgeführt wurde. Innerhalb der Medusen- gruppe selbst ist in der Querstreifung nur ein wichtiger Unterschied vorhanden: Die Querscheibe kann entweder einheitlich sein (bei Car- marina), oder durch den QA-Streifen halbiert (bei Pelagia, Neoturris, Beiträge zur Histologie der Medusen. 299 Aequorea). Im ZusaiuuKMilianij, damit .steht das Höhenverhältiiis der Q- und «/-Scheibe; im ersten Fall (bei Carmarina, Taf. VIII, Fig. 25) beträgt die Höhe der (^-Scheibe höchstens ein Drittel, die Höhe der J-Scheibe mindestens zwei Drittel der Querstreifungsperiode ; im zweiten Fall (bei den drei übrigen Medusen) ist die Querscheibe Q entweder bedeutend höher als die J-Scheibe, so daß sie nahezu zwei Drittel der Querstreifungsperiode einnimmt (Fig. 24 a, c, d), oder Q- und J-Scheibe sind nahezu gleich hoch (Fig. 26, Fig. 24 b). Daraus geht hervor, daß das Höhenverhältnis von Q- und J-Scheibe sehr verschieden sein kann, und daß der Satz von W. Engelmann (1873), nach welchem die Höhen- ausdehnuug von Q und / bei allen quergestreiften Muskeln nahezu gleich sein soll, für die Medusen jedenfalls nicht zutrifft. Kleinere Schwan- kungen im Höhen Verhältnis von Q und J bei einer und derselben Me- duse, müssen auf verschiedene Kontraktionszustände der Muskelfasern zurückgeführt werden. Für das unregelmäßige Auftreten oder Fehlen der Zwischenscheibe bei einem und demselben Tier wären zunächst zwei Erklärungen möglich : entweder könnte dies von der verschiedenen Behandlung des Materials, oder vom verschiedenen Kontraktionszu- stände der Muskelfasern abhängen. Ersteres scheint nicht der Fall zu sein, d. h. die Fixierungs- und Färbungsweise dürfte mit der Erschei- nung nichts zu tun haben, da bei Carmarina die Zwischenscheibe nur auf Macerationspräparaten, bei Pelagia nur auf Schnitten sichtbar ist, und außerdem in einem und demselben Präparat an benachbarten Fasern die Zwischenscheibe auftreten oder fehlen kann. Somit scheinen die Unterschiede im Querstreifungsbild auf die verschiedenen Kon- traktionszustände der Fasern zurückzuführen zu sein. Sorgfältige Messungen ergaben in der Tat wenigstens für Pelagia und Aequorea, daß zwischen dem Querstreifungsbild und der Höhe der Querstreifungs- periode eine bestimmte Beziehung besteht. An Eisenhämatoxyhn- schnitten wurde festgestellt, daß die Zwischenscheibe nur an Fasern mit großer Querstreifungsperiode sichtbar ist und daß mit der Höhe der Querstreifungsperiode vor allem die J-Scheibe an Höhe zunimmt. Daraus läßt sich schließen, 1) daß die Fasern, an denen die Zwischen- scheibe sichtbar ist, erschlafft sind, und 2) daß bei der Kontraktion die J-Scheibe verkürzt wird, wie bei allen sonstigen quergestreiften Muskelfasern. Das Messen der Querstreifungsperioden ist wegen der Feinheit der Querstreifung und den unbedeutenden Schwankungen in der Höhe der Querstreifungsperiode bei den Medusen äußerst schwierig. Es wurde immer die Zahl der Querscheiben gezählt, die auf je zehn, oder 20* 300 Sophie Krasinska, auf je fünf Striche des Ocular-Mikrometers (Imm. 2 mm Oc. 6) kamen, und dann durch Division die angenäherten Werte für die Querstreifungsperioden erhalten. Bei Carmarina, wo die Querstreifungs- periode von 1,4 — ^1,6;« schwankt, beträgt die Verkürzung ein Achtel, bei Pelagia (1,6 — 2 /<) ein Fünftel, bei Neoturris (1,2 — 1,6/<) ein Viertel und bei Aequorea endlich (1.2 — 2/<) zwei Fünftel des größten für die Querstreif ungsperiode gefundenen Wertes. Die Querstreifung der Me- dusen gehört zu den feinsten unter den bisher bekannten, Carmarina und Neoturris scheinen sogar die feinste überhaupt beobachtete Quer- streifung zu besitzen, wie es schon Nasse (1882) für Carmarina her- vorhob i. Die sehr kleinen Schwankungen in der Höhe der Querstreifungs- periode sind wohl nicht eigentlich für die Medusenmuskeln als charak- teristisch anzusehen, sondern eher darauf zurückzuführen, daß in den untersuchten Präparaten keine erschlafften Fasern vorkommen. Die Medusen kontrahieren sich beim einlegen in die Fixierungsflüssigkeit stark und sterben so ab. Infolgedessen sind wahrscheinlich die Muskel- fasern alle mehr oder weniger kontrahiert, so daß nur die Differenzen im Kontraktionsgrade die Unterschiede im Bild der Querstreifung bedingen. Der auffallende Unterschied im Aussehen auf Macerationspräparaten und auf Schnitten scheint allen quergestreiften Muskelfasern gemein- sam zu sein. Auf Macerationspräparaten tritt die Querstreifung in den Vordergrund und der fibrilläre Bau ist nur durch eine wenig aus- geprägte Längsstreifung angedeutet; die Muskelfaser scheint aus ab- wechselnd stärker und schwächer lichtbrechenden Abschnitten zu be- stehen, wobei sich sowohl die Fibrillen als die Zwischensubstanz am Aufbau der Querstreifen zu beteiligen scheinen. Auf entsprechend differenzierten Eisenhämatoxylinschnitten bekommt man ein reines Fibrillenbild, — die Querstreifung scheint nur durch die verdickten und intensiv gefärbten Abschnitte der Fibrillen hervorgerufen zu sein. In ihrem fibrillären Bau stimmen die Muskelfasern der Medusen mit denen der höheren Tiere überein. Nur in der Zahl und Anordnung der Myofibrillen kommen wesentliche Unterschiede vor. 1) Die Fi- brillen sind in den flach bandförmigen Muskelfasern der Medusen in einer einzigen Schicht angeordnet; 2) die Zahl der Fibrillen ist außer- ordentlich klein. Carmarina, die die breitesten Muskelfasern besitzt. 1 M. Heidenhain (1911) fand die feinste Querst reif ung bei Heli.v pumatia (= 1,8 ^<), in den menschlichen Herzmuskeln (= 2 /li) und der 2V/ton-Muskulatur (= 2/,/). Beiträge zur Histologie der Medusen. 301 hat etwa 12 bis 15 Fibrillen, Pclagia, Neoturris und Aequorea viel weniger, vielleicht sogar nur zwei in einer Muskelfaser. Eine ganze Muskelzelle, z. B. von Pelagia ließe sich somit, was die Zahl der Fibrillen anseht, mit den feinsten »IMuskelsäulchen« der Muskulatur höherer Tiere vergleichen. Auf Eisenhämatoxylinschnitten erscheinen bei den meisten quer- gestreiften Muskelfasern der höheren Tiere die intensiv schwarzen (^-Abschnitte der Fibrillen breiter als die «/-Abschnitte. Es wird aber allgemein angenommen (Heidenhain 1911), daß dieses Bild durch die Schrumpfung der «/-Abschnitte der Fibrillen verursacht wird und daß die Fibrillen in Wirklichkeit parallele Konturen besitzen. Bei den ^ledusen sind die Anschwellungen der Fibrillen ganz besonders ausgeprägt, die ^-Abschnitte der Fibrillen sehen wie schwarze Körner aus und geben den Fibrillen ein ausgesprochen perlschnurförmiges Aussehen. In den letzten Jahrzehnten haben nur noch Schlater (1906 — 07) und Haycraft (1891) den Myofibrillen eine wirklich perl- schnurförmige Gestalt zugeschrieben. Ob die Q- Abschnitte wirklichen Anschwellungen der Fibrillen entsprechen, wie es die genannten Autoren wollen, oder nur durch Schrumpfung hervorgerufene Kunstprodukte sind, bleibt für mich eine offene Frage. Die Abhandlung Schlaters (1905 — 06) über die Muskulatur des Hühnerembryos ist von Interesse, da seine Abbildungen außerordent- lich an die bei den Medusen vorkommenden Bilder erinnern. Die »Muskelsäulchen <<, oder richtiger »Primitivf äserchen << (1. c. S. 447) sind beim Hühnerembryo nur aus vier, oder (im Herz) nur aus zwei Fibrillen zusammengesetzt, die Q-Abschnitte der Fibrillen bestehen aus zwei Körnern und es entstehen infolgedessen dieselben typischen Gruppen von vier Körnern wie in den Muskelfasern von Pelagia und Aequorea (Fig. 24 d). Wie schon oben bemerkt, erscheint die Zwischensubstanz auf Schnitten vollständig farblos, auf Macerationspräparaten ganz homogen. Das Wort >>Sarcoplasma << wurde hier absichtlich vermieden. Während nämlich bei höheren Tieren eine Sonderung von »Sarcoplasma << und der zwischen den Fibrillen liegenden plasmatischen Substanz (»Inter- f ibrillärsubstanz <<) nicht möglich ist, ist bei den Medusen die Abgren- zung des Plasmas der Epithelzellen und der Interf ibrillärsubstanz eine äußerst scharfe. Ein schmaler Plasmasaum ist mit einer der schmalen Seiten der Muskelfaser in ihrer ganzen Länge fest verwachsen (vgl. Taf. VII, Fig. 10 und 11) und vermittelt die Verbindung von »Zell- körper« (Myoblast) und »Muskolfaser«, Die Substanz der Muskelfaser 302 Sophie Krasinska, unterscheidet sich von der de3 Plasmasaums durch ihr homogenes Aussehen und ihr starkes Lichtbrechungs vermögen, die Grenzhuie zwischen beiden ist immer ganz scharf. Diese scharfe Abgrenzung des Sarcoplasmas von der einseitig gelagerten contractilen Substanz, sowie die einschichtige Anordnung der Fibrillen in derselben sind allen quer- gestreiften Muskelzellen der Medusen gemeinsam und eignen sich am besten zu ihrer Charakteristik, im Gegensatz zu den quergestreiften Muskeln der höheren Tiere. 3. Radiale Muskulatur. Wie bekannt, besteht die radiale Muskulatur der Medusen aus- schließlich aus glatten Muskelfasern, im Gegensatz zu der circulären, welche aus quergestreiften Muskelfasern zusammengesetzt ist^. Ich habe die Längsmuskulatur der Mundarme von Pelagia noctiluca nur an Macerationspräparaten studiert und mich überzeugt, daß sie ausschließlich aus echten Epithelmuskelzellen zusammen- gesetzt ist. Jede Epithelzelle hat an ihrer Basis eine einzige glatte und sehr lange Muskelfaser gebildet. Die Muskelfasern sind dünn und erscheinen vollständig homogen. Die radiale Muskulatur der Subumbrella von Neoturris und Äequorea wurde bereits im letzten Kapitel beschrieben, da sich ihre Schilderung von derjenigen der quer- gestreiften Muskulatur nicht trennen ließ. Die Muskulatur des Magens dieser Medusen wurde nicht untersucht. Ein gründliches Studium erfuhr dagegen die radiale Muskulatur von Carmarina hastata, die wegen ihrer mächtigen Entwicklung und der außerordentlich starken Faltung ihrer Muskellamelle besonderes Interesse erweckte. 0. und R. Hertwig (1878) unterscheiden im Ectoderm der Sub- umbrella von Carmarina die >>unpaaren<< und die »paarigen« radialen Muskelstränge und beschreiben genau ihren Verlauf. Beide Muskel- stränge sind auf die Nähe der Radialkanäle beschränkt Die Un- paaren bestehen nur aus wenigen Muskelfasern, nehmen ihren Ur- sprung am Schirmrand und verlaufen unter der Mitte der Radiär- kanäle (Textfig. 1 rm'^), sie halbieren die Genitalblätter und setzen sich dann auf dem Manubrium fort. 0. und R. Hertwig (1878) konnten ihren Verlauf bis zum Magen verfolgen. Die breiten paarigen Mus- kelstränge (von E. Haeckel, 1864 — 66, auch »longitudinale Stiel- 1 Angaben über quergestreifte radiale Muskelfasern sind bei Lendenfeld (1882) zu finden, (vgl. S. 261). Beiträge -/ur Histologie der Medusen. 303 uiuskeln<.< gouannt) begiimeu proximal an den Licnitalblättern auf beiden Seiten jedes Radialkanals (Textfig. 1 rm^). "Wenn sich die Radialkanäle am Manubrium einander nähern, vereinigen sich je zwei Textfig. 1. Camiarina hastata von der Subumbrellarseite gesehen. Umrisse des Gastrovascularsystems an- gegeben, die von der Muskulatur eingenommenen Fläclien gestrichelt, nii, circuläre Velummus- kulatur; »f». circuläre SubumbrelLirmuskulatur; z, muskelfreier Streifen zwischen denselben; Rk. Radialkanal; rmi, unpaare radiale Muskelstränge; rmo. paarige radiale Muskelstränge. dieser Muskelbänder, welche benachbarte Radialkanäle begleiten und ziehen als einheitUches Muskelband bis zum Magen hinab ^ (Textfig. 1). Unterhalb der Radialkanäle besteht das Ectoderm aus Drüsenzellen, 1 Die Bezeichnung »paarige Muskelstränge« ist insofern unpassend, als diese Muskelstränge nur in ihrem kürzeren Anfangsteil paarig sind, am Manubrium 304 Sophie Krasinska, zwischen welchen sich die unansehnhchen unpaaren Muskelstränge nur schwer auffinden lassen. Das Drüsenge webe fängt da an, wo die Geni- talblätter aufhören und die Radialkanäle sich plötzlich verschmälern, und erstreckt sich oralwärts bis auf das Ectoderm des Magens. Am Manubrium wechseln somit im Ectoderm sechs Muskelstränge (Text- fig. 1 rm^) mit sechs Streifen von Drüsengewebe ab, welch letztere in ihrer ganzen Länge noch von den unpaaren Muskelsträngen halbiert werden. Die Teile der Subumbrella, welche zwischen den proximalen Eändern der Genitalblätter und dem Anfang je zweier, paariger Muskel- stränge liegen, tragen ein flaches Plattenepithel. Die schwach entwickelten unpaaren Muskel stränge bestehen aus einfachen Epithelmuskelzellen, die schlanker und höher sind als Lntoderm Gallerte Ectoderm i I die Myoblasten der quergestreiften Subumbrellamuskulatur, sich aber ebenfalls in mehrere basale Plasmafortsätze teilen und mit mehreren Muskelfasern verbinden. Ihre Zellkörper zeichnen sich ferner durch ihren drüsigen Charakter aus, worauf schon die Brüder Hertwig (1878) aufmerksam machten. Die Muskelfasern erscheinen auf Ma- cerationspräparaten fadenförmig und vollständig homogen, sie sind ziemlich lang, obwohl sie die große Länge der Muskelfasern der radialen paarigen Muskelstränge nicht erreichen. Die Muskellamelle der paarigen Muskelstränge ist schon in einer kleinen Entfernung von den Genitalblättern stark gefaltet und diese Faltung nimmt am Manubrium, wo sich die Muskelstränge all- mählich verschmälern, immer mehr zu. Ln mittleren Teil des Manu- sind sie in derselben Zahl wie die »unpaaren Muskelstränge« und wie die Radial- kanäle, d. h. zu sechs vorhanden. Beiträge zur Histologie der Medusen. 305 briums eines verhältnismäßig kleinen Tieres, wo der Muskelstrang etwa 1,5 mm breit war, betrug die Höhe der Muskelschicht ungefähr 50 u ; in der Nähe des Magens war der Muskelstrang nur noch 0,8 mm breit, während die Muskelschicht die enorme Höhe von 200 fi erreichte. Der Querschnitt (Textfig. 2) zeigt, wie eine solche Muskelschicht an den Rändern der . Muskelstränge (rm2) gegen die Radialkanäle (RK) auskeilt. Neben der starken Faltung der Muskellamelle ist für die Muskulatur des Manubriums die dichte Anordnung der Falten, das flache Epithel und die sehr geringe Zahl der Kerne charakteristisch (Taf.MII, Fig. 27)1. Fig. 27 stellt einen Querschnitt durch den Muskelstrang im oberen Teil des Manubriums dar, wo die Faltung der Muskellamelle nur mäßig ist. Auf die gekörnelte Cuticula (cw) folgt eine dünne Protoplasma- schicht mit einigen Kernen; im übrigen wird das ganze Ectoderm durch die Falten der Stützlamelle mit ansitzenden Muskelfasern ein- genommen. Die sehr dünne Entodermlamelle (enl) ist sowohl gegen die Muskelschicht wie gegen die Gallerte (gal) durch eine ziemlich dicke, von EisenhämatoxyUn schwarz gefärbte Stützlamelle {stl) ab- gegrenzt. Die Falten der Muskellamelle stehen dicht nebeneinander und sind entweder einfach oder sekundär Y-förmig verzweigt, oder endlich distal umgebogen (Fig. 27). Die Fasern sind nicht drehrund, wie sie auf Macerationspräparateu zu sein scheinen, sondern nach einer Seite zu lamellenartig abgeflacht, und sitzen mit dieser Seite der Stütz- lamelle an. Ihre Querschnitte erscheinen deshalb birnförmig (Taf . VIII, Fig. 27 rtnf). Mit Mallory färben sie sich intensiv rot, die Stütz- lamelle blau, so daß sie gegeneinander scharf abgegrenzt sind Die außerordentlich geringe Zahl der zu den Fasern gehörigen Kerne fällt auf Querschnitten sogleich auf ; es kommen hier auf einen Kern hunderte von Muskelfaserquerschnitten. Man wäre daher zunächst geneigt, an- zunehmen, daß sehr viele Muskelfasern mit jeder Zelle in Verbindung stehen müßten, doch läßt sich dies Verhalten zum Teil durch die außer- ordentliche Länge der Fasern erklären. Ich konnte Fasern aus dem Manubrium isolieren, die mehr als 500 /<, also über 0,5 mm lang waren. Die Kerne kommen nicht nur nahe unter der Oberfläche des Epithels, sondern auch zwischen den Falten der Muskellamelle, ja sogar ganz in der Tiefe des Ectoderms vor (Taf. VIII, Fig. 27). Sie liegen in strangartigen Verdichtungen des Plasmas, welche bis zur Cuticula ^ 0. und R. Hertwig (1880) geben eine etwas schematische Abbildung durch den »interradialen« Muskel des Magenstiels von Carrnariim (1. c. Taf. I, Fig. 10) 306 Sophie Krasinska, ^ aufsteigen und sich dort kegelartig ausbreiten. Auf Querschnitten ist von Zellgrenzen nichts zu sehen wie auch die Fixierungsart sein mag; jedenfalls stören beim Auffinden der Zellgrenzen die faserigen Plasma- strukturen, welche hauptsächlich von der Zelloberfläche nach unten, also parallel den zarten Zellwänden ziehen. Auf Flächenschnitten lassen sich jedoch im peripheren Teil des Epithels deutliche Zellgrenzen erkennen. Zwischen den Falten der Muskellamelle ist das Gewebe außerordentlich reich an Vacuolen und das Plasma zerteilt sich in ein Gewirr dünner Plasmastränge, welche zu den Muskelfasern ziehen. Die Erklärung dieser Bilder ergibt sich erst aus den Macerations- präparaten. Nach Zerzupfen eines macerierten Manubriumstückchens findet man in jedem Präparate Epithelstreifen, welche von der Muskelfaser- schicht abgerissen sind (Taf. VIII, Fig. 28). Die Epithelzellen (epmz) halten mittels der Cuticula zusammen, sind oberflächlich stark ver- breitert und verschmälern sich ziemlich plötzlich basalwärts, so daß sie voneinander durch weite freie Räume getrennt sind. In nicht zerzupften Geweben werden diese freien Räume durch die Falten der Muskellamelle eingenommen. Die Höhe der benachbarten Epithel- zellen wechselt von 10 — 60 /< und mehr. Wenn man nun einerseits eine Reihe von Macerationspräparaten aus ganz bestimmten Teilen des Manubriums herstellt, andrerseits Querschnitte durch dieselben Teile des Manubriums führt, so kann man die Höhe der isolierten Epithelzellen mit der Höhe der ganzen Muskelschicht vergleichen. Systematische Messungen ergeben nahezu die gleichen Zahlen für die höchste Höhe der Epithelzelle und die gesamte Höhe der Muskel- schicht. Die Kerne können im peripheren und mittleren, aber auch im basalen Teil der isoHerten Epithelzellen liegen (Taf. VIII, Fig. 28). Daraus folgt, 1) daß die Zellen von der Oberfläche bis in die tiefsten Gegenden des Ectoderms reichen können, uud 2) daß die in der Tiefe liegenden Kerne zu Zellen ge- hören, welche die Oberfläche erreichen. Die basalen Enden aller Zellen teilen sich in eine größere Anzahl dünner Plasmafortsätze, die kegelförmig auseinandertreten und den schmalen Zellen ein pinsel- förmiges Aussehen geben (Taf. VIII, Fig. 28 pr.fr.)'^. Wo man Epithel- 1 Eine lange Beschreibung der faserigen Plasmastrukturen dieser » Deck- zellen« der radialen Muskulatur gab Eimer (1878), der jedoch vermutete, daß die radialen Muskeln nicht mit diesen Epithelzellen in Verbindung stehen, sondern eigne Kerne besitzen. Die Übergangsformen zwischen den Deckzellen und Ganglienzellen, welche er beschreibt, sind nicht vorhanden. Beiträge zur Histologie der Medusen. 307 Zellen in Verbindung mit den Muskeltasein findet — und es bleibt hier die Verbindung öfters als in der Subumbrella erhalten — kann man feststellen, daß jeder dünne fadenartige Plasniafortsatz zu einer Muskel- faser zieht, sich plötzlich nach zwei Seiten ausbreitet und ihr mit einer verbreiterten Basis ansitzt. Es hängt hier wohl sicher jede Epitliel- muskelzelle mit mehreren Muskelfasern zusammen. Die niedrigen Epithelzellen schicken dabei ihre Fortsätze an die oberflächlich ge- legenen Muskelfasern, die hohen Zellen an diejenigen, welche tief zwischen den Falten der Muskellamelle liegen. Auf Schnitten ent- sprechen die dünnen Plasmastränge, welche in allen Richtungen die Räume zwischen den Falten der Muskellamelle durchziehen, den Quer- und Längsschnitten der zahlreichen Plasmafortsätze der Zellen. Daß alle Muskelzellen die Oberfläche des Epithels erreichen, kann ich mit Sicherheit nicht behaupten. Es gibt Stellen in Macerations- präparaten, die darauf hinweisen, daß einzelne Zellen in der Tiefe verbleiben, sichere Beweise dafür konnte ich nicht finden. Jeden- falls blieb die große Mehrzahl der Muskelzellen trotz der sehr starken Faltung der Muskellamelle epithelial^. Ebenso vermag ich nicht zu entscheiden, ob jede Muskelfaser nur mit einer Zelle in Verbindung steht, da ich nur wenige Fasern in ihrer ganzen Länge verfolgen konnte. Dies ist aber höchst wahrscheinlich, denn es spricht dafür die sehr geringe Zahl der Kerne ebenso w^ohl als die Tatsache, daß ich an den glatten schart konturierten Fasern immer nur an einer Stelle Zellreste beobachtete. Auf Macerations- prä paraten läßt sich kein »Plasmasaum << an den Muskelfasern nach- weisen, ich konnte aber einen solchen an besonders günstigen Flächen- schnitten nachweisen; jeder Muskelfaser läuft ein ganz schmaler, aus nur einer Reihe deutlicher Waben zusammengesetzter Plasmasaum entlang. Die Art der Verbindung zwischen Zelle und Muskelfaser ist somit im Manubrium von Carmarina die gleiche wie in allen übrigen Epithelmuskelzellen der Medusen. Es scheint somit das Verhalten von Zellkörper und Muskelfaser im Manubrium von Carmarina und in ihrer Subumbrella das gleiche zu sein: hier wie dort steht eine Epithelzelle mit mehreren Muskelfasern, aber eine Muskel- faser nur mit einer Epithelzelle in Verbindung. Außer durch 1 Ich bin also zu einem ähnlichen Resultat wie O. und R. Hertwig (1880) gekommen; nur scheinen diese Forscher gemeint zu haben, daß in der radialen Muskulatur des Manubriums von Carmarina nur wenige Muskelzellen epithelial geblieben sind, während ich glaube, daß jedenfalls nur sehr wenige Muskelzellen aus dem Epithel ausgetreten sind. 308 Sophie Krasinska, ihre Länge, zeichnen sich die Muskelfasern des Manubriums noch da- durch aus, daß sie nicht die geringste Spur von Längsfibrillierung zeigen; sowohl auf Schnitten als auf Macerationspräparaten erscheinen sie ganz homogen. Die Muskelstränge des Manubriums sind sehr reich an Ganglien- zellen und Nervenfasern, die zwischen der Muskelschicht und der Cuticula, also dicht unter der Oberfläche des Epithels liegen. Näheres darüber wird im Kapitel über das periphere Nervensystem berichtet. Entoderm 4. Tentakelmuskulatur. P el a g i a noctiluca. Der Bau der hohlen Tentakeln von Pelagia ist sehr kompliziert. Zwischen Ento- und Ectoderm liegt eine mächtige Gallertschicht, welche die Hauptmasse des Tentakels bildet und wegen Ectoderm ihrer Festigkeit und feinfase- rigen Beschaffenheit eher als Stützlamelle bezeichnet wer- den dürfte (Textfig. 3). Es tritt hier ein Faltungsvor- gang auf, welcher die Ver- größerung der Oberfläche der Stützlamelle und die Ver- mehrung der Muskelfasern be- wirkt, aber nach einein ganz andern Typus wie gewöhnhch. In der Subumbrella der Me- dusen wachsen dünne Falten der Stützlamelle in das Ecto- derm hinein, hier dagegen senken sich vom Ectoderm in die mächtige Stützlamelle einige wenige Falten hinab, die in tiefen, der Tentakel- achse parallelen Furchen der Stützlamelle liegen; sie sind in geringer Zahl vorhanden und sowohl voneinander wie vom Entoderm durch mächtige Stützlamellenschichten getrennt (Textfig. 3). An den Wän- den dieser Falten ist die Längsmuskulatur der Tentakel angeordnet. Es kann hier scharf zwischen dem Tentakelepithel und den in tiefen Textfig. 3. Pelagia nortiluca. Querschnitt durch einen Tentakel. Beiträge zur Histologie der Medusen. 309 Furchen liegenden, allseits von Gallerte umgebenen >>Muskelfalten << des Ectoderms unterschieden werden. Der Tentakelquerschnitt ist oval und wegen der Verteilung der Muskelfalten ausgesprochen bilateral symmetrisch. Die Muskelfalten sind symmetrisch zur Mittellinie des ovalen Querschnittes angeordnet; in dieser Mittellinie liegt an einem Ende des Ovals eine einzelne tiefe Falte (Textfig. 3, unten). Die mediane Muskelfalte ist immer die tiefste, von ihr aus nimmt auf beiden Seiten des Querschnitts die Tiefe der Falten ständig ab, so daß eine Falte um so seichter ist, je weiter sie von der medianen absteht (vgl. Textfig. 3, stetige Abnahme von unten nach oben). Bei den von mir untersuchten Tieren betrug die Zahl der Muskelfalten in der Nähe des Schirmrandes etwa 21 — 25. Gegen das Tentakelende nimmt die Zahl der Muskelfalten immer mehr ab, bleibt aber stets unpaar, da sich die seichter gewordenen Falten je zu zweien auskeilen. Die Verhältnisse werden noch komplizierter, indem die Muskel- falten durch längsverlaufende Einschnürungen in mehrere Partien geteilt werden. Wenn die Einschnürung eine vollkommene ist, kommt es zur Bildung von »Muskelröhren«, die voneinander und vom Epithel vollständig abgetrennt sind, bleibt die Einschnürung unvollkommen, so stehen die Röhren durch mehr oder weniger breite Spalten mit- einander in Verbindung. Die tiefste mediane Falte und die ihr am nächsten gelegenen paarigen bleiben einheitlich, in den andern kommt die Bildung von Muskelröhren und eine mehr oder weniger vollständige Abschnürung derselben voneinander und vom Epithel zustande. Die Muskelröhren einer Falte sind in einer Reihe übereinander angeordnet und nur durch dünne Stützlamellenmassen voneinander getrennt. Eine viel vollständigere Abschnürung der ectodermalen Muskelröhren vom Epithel kommt bei Charybdea marsupialis (nach S. Claus 1878) vor. Pelagia und Charybdea sind die einzigen Medusen, bei welchen bis- her eine derartige Versenkung der Muskulatur in die Stützlamelle gefun- den worden ist. Bei andern Coelenteraten kommt eine solche indessen recht häufig vor. In trefflicher Weise wurde sie von 0. und R. Hert- wiG (1879) bei den Actinien geschildert; diese Forscher bezeichnen eine solche Lage der Muskulatur in der Stützlamelle als >> mesodermal «. Die Stützlamelle der Tentakel hat einen sehr feinfaserigen Bau. Die feinen, sich dunkler färbenden und ganz homogenen Fäserchen verlaufen spärlich in der Tiefe der Stützlamelle und bilden an ihrer Oberfläche eine dichtere faserige Schicht; diese Schicht ist am stärksten um die Muskelfalten ausgebildet (Taf. VIII, Fig. 17). 310 Sophie Krasinska, Die Muskelfasern sind an den Wänden der Furchen der Stütz- lamelle angeordnet und fest mit ihr verwachsen. Die Querschnitte der Muskelfasern (Taf . VIII, Fig. 17 und 20 mf) sind unregelmäßig oval und besitzen runde, mit Eisenhämatoxylin schwarz färbbare, von einem kleinen Protoplasmaklümpchen umgebene Kerne (Taf. VIII, Fig. 17 k.d.mz). Die wenigen Muskelzellen, welche an der Basis des Tentakel- epithels in der Nähe der Muskelfalten liegen (Taf. VIII, Fig. 20) sind ebenfalls mit einem ihnen dicht anliegenden Kern versehen. Es ent- behren hier alle Muskelzellen jeglicher Verbindung mit der Epithel- oberfläche. Auf Macerationspräparaten lassen sich die Muskelfasern in Zu- sammenhang mit den zugehörigen Zellkörpern isolieren; die Muskel- faser (Taf. VIII, Fig. 21) ist je nach dem Kontraktionszustand lang oder kurz spindelförmig und der Zellkörper — ein Protoplasmaklumpen mit Kern — sitzt derselben auf einer Seite an. Auffallend im Ver- gleich mit den Epithelmuskelzellen der Subumbrella (Taf. VII, Fig. 11) ist die geringe Größe des Zellkörpers und seine innige Anschmiegung an die Muskelfaser. Der Zellkörper hat jedoch seine einseitige Lage an der Muskelfaser beibehalten und die contractile Substanz ist scharf vom Plasma des Zellkörpers gesondert. Es ist somit in den Tentakeln von Pelagia die Mus- kulatur vollständig aus dem Epithel ausgetreten, indem die Muskelfasern samt ihren Myoblasten in der Tiefe in »Muskelfalten << oder in vom Epithel abgeschnürten »Muskelröhren << liegen, die allseits von Stützlamelle umgeben sind. Claus (1878) hat in den ähnlich gebauten Tentakeln von Charybdea marsupialis ebenfalls einen vollständigen Austritt der Muskelzellen aus der Oberfläche festgestellt, indem er in den abgeschnürten Muskel- röhren zu den Muskelfasern gehörende Kerne fand. Die Muskelfasern der Tentakeln von Pelagia unterscheiden sich durch ihre bedeutende Dicke und geringe Länge, sowie ihre faserige Struktur von den glatten Muskelfasern der Mundarime aus. Auf Quer- schnitten färbt sich die Zwischensubstanz der Muskelfasern mit Eisen- hämatoxylin ziemlich hell; während die Querschnitte der Myofibrillen als schwarze Punkte auftreten (Taf. VIII, Fig. 17 mf). Auf Macera- tionspräparaten ist eine Längsstreifung der Muskelfasern immer deut- lich sichtbar (Fig. 21). Bei vorgeschrittener Maceration tritt eine vorzügliche Spaltung in Fibrillen auf, so daß die Muskelfasern manch- mal direkt pinselförmig erscheinen. Aus den Spaltungsbildern scheint hervorzugehen, daß nur wenige Myofibrillen von einem Ende der Beiträge zur Histologie der Medusen. 311 Muskelfaser bis in das andre verlaufen, daß aber viele kürzere Myo- fibrillen nur durch den breiteren mittleren Teil der spindelförmigen Muskelfaser ziehen. AVährend die Muskelfasern an den Wänden der Furchen liegen, wird die Mitte derselben von einem Gewirr feinster Fibrillen und Fäd- chen eingenommen (Fig. 17), in welchen zahlreiche kleine {kl. Gz.) und einige wenige große Ganglienzellen (>So ist in letzter Instanz die Muskeltätigkeit als der Faktor zu be- zeichnen, der aus dem Epithelnmskelgewebe ein selbständiges Muskel- gewebe macht << (vgl. S. 262, vorn). Die eben zusammengestellten Befunde passen in dieses Schema nicht. Es herrscht unzweifelhaft eine Proportionalität zwischen der Muskeltätigkeit und der Faltung der Muskellamelle, da eine Ver- mehrung der Zahl der Muskelfasern nur bei gleichzeitiger Faltung der Muskellamelle zustande kommen kann. Da aber zwischen der Faltung und dem Austreten der Muskelzellen aus dem Epithel gar keine Pro- portionalität herrscht, und da ferner die Muskelzellen auch da aus dem Epithel austreten können, wo gar keine Faltung vorkommt, läßt sich bei den Medusen die Muskeltätigkeit keinesfalls als der Faktor bezeichnen, welcher zur Bildung eines vom Epithel abgelösten Muskel- gewebes führt. In der Subumbrella von Neoturris und Aequorea steht jedenfalls der Austritt der circulären Muskulatur aus der Körperoberfläche, mit der Ausbildung einer zweiten radialen Muskelfaserschicht außerhalb der circulären im Zusammenhange. In den Tentakeln von Pelagia, 318 Sophie Krasinska, ist es die schon beschriebene abweichende Ausbildung der Muskelfalten, welche ein frühzeitiges Austreten der Muskelzellen aus dem Epithel bedingt. Die Muskulatur der Medusen setzt sich im allgemeinen aus einzelnen gut individualisierten Muskelzellen zusam- men. So besteht die gesamte Muskulatur von Pelagia, sowie die Ten- takelmuskulatur und die circuläre Muskelfaserschicht der Subumbrella von Neoturris und Äequorea aus leicht isolierbaren Muskelzellen. Bei Carmarina konnten individualisierte Epithelmukelzellen in der Sub- umbrella und im Manubrium nachgewiesen werden, in den Tentakeln wurden die Verhältnisse allerdings nicht aufgeklärt und es ist nicht ausgeschlossen, daß hier eine Verschmelzung von Epithelmuskelzellen vorkommt. — Soweit sich feststellen ließ, scheint die zu einer Zelle (Myoblast) gehörende Muskelfaser keine sekundären Verbindungen mit den andern Epithelzellen unter welchen sie verläuft, einzugehen, so daß die Muskelfasern nur mit ihren Myoblasten in Ver- bindung stehen. Während aber bei Pelagia, Neoturris und Äequorea zu jedem Myoblast eine einzige Muskelfaser gehört, scheidet bei Carmarina jeder Myoblast mehrere Muskelfasern ab. Ganz anders als die besprochene Muskulatur der Me- dusen verhält sich die radiale Subumbrella muskulatur von Neoturris und Äequorea. Hier haben sich an der Basis eines flachen Epithels ohne deutliche Zellgrenzen, radiale Muskel- fasern gebildet, die miteinander anastomosieren. Das langmaschige Fasernetz, welches dadurch entsteht, erstreckt sich kontinuierhch unter dem ganzen Epithel, ohne daß man einzelne Muskelfasern unter- scheiden kann. Es läßt sich hier weder von individualisier- ten Zellen, noch von individualisierten Muskelfasern spre- chen; das gegenseitige Verhältnis beider ist nicht bestimmt festzustellen. Die circuläre Muskelfaserschicht der Subumbrella und des Velums besteht bei allen untersuchten Medusen aus quergestreiften, die radiale aus glatten Muskelfasern. Die Tentakelmuskulatur von Carmarina und Pelagia ist ebenfalls glatt. Der Unterschied zwischen den glatten Muskelfasern der Tentakeln und denen des Manubriums und der Mundarme ist sehr bedeutend, indem die ersteren eine aus- gesprochen fibrilläre Struktur besitzen, die letzteren keine Spur davon. Die Querstreifung der circulären Muskulatur ließe sich vielleicht mit der Rhythmik der Schirmkontraktionen, oder mit der intensiven Beiträge zur Histologie der Medusen. 319 Arbeit, welche sie zu leisten hat, in Zusannnenhang bringen, — die fibrilläre Struktur der Tentakelmuskeln mit ihrer außerordentlich großen Kontraktionsfähigkeit. Auf Grund der eben zusammengestellten Tatsachen und der Be- funde andrer Forscher kann man die Muskulatur der vier Haupt- gruppen der Medusen etwa folgendermaßen charakterisieren. Die Antho- und Leptomedusen, soweit dieselben von den Hertwigs (1878) und mir untersucht wurden, haben immer eine glatte Stützlamelle und echte Epithelmuskelzellen in den Tentakeln. In der quergestreiften Muskulatur der Subumbrella sind die Myoblast- zellen immer sehr klein und niedrig (vgl. Taf. VII, Fig. 10, Neoturris), unabhängig davon, ob sie subepithelial {Aequorea, Neoturris) oder epi- thelial liegen {Lizzia, Mitrocoma, nach 0. und R. Hertwig). Bei Neoturris und Aequorea kommt in der Subumbrella eine spärliche radiale Muskelfaserschicht oberhalb der circulären zur Ausbildung (Taf. VII, Fig. 7). Eine ähnhche radiale Muskulatur wurde in der Subumbrella von Lizzia beobachtet (0. und R. Hertwig [1878]), ist aber auf die Gegend der Radialkanäle beschränkt. Durch ihren syn- cytialen Charakter unterscheidet sich diese radiale Muskulatur von der gesamten übrigen Muskulatur der Medusen; sie wurde bisher bei Trachymedusen und Acraspeden nie angetroffen. Die Ausbildung der Muskulatur von Pelagia darf nicht als für die ganze Gruppe der Acalephen charakteristisch angesehen werden. Die Muskulatur von Rhizostoma, welche von Hesse (1895) untersucht wurde, ist jedenfalls von derjenigen der Pelagia sehr verschieden. Bei Pelagia fällt der Unterschied zwischen den sehr hohen Epithelmuskel- zellen der Subumbrella (Taf. VII, Fig. 11) und den sehr kleinen Zell- körpern der ganz subepithelial gelegenen Muskelzellen der Tentakeln auf (Taf. VIII, Fig. 21). Wir begegnen bei dieser Meduse einer ganz epithelialen Muskulatur in der Subumbrella, in den Tentakeln dagegen der vollkommensten Verlagerung der Muskulatur unter das Epithel, und zwar in eigentümlich typischer Weise, wie sie nur noch bei Cha- ryhdea gefunden wurde. Die gesamte Muskulatur von Carmarina hastata wird durch das Verhalten der Myoblasten charakterisiert, von denen jeder mehrere Muskelfasern bildet. Es ist nicht aufgeschlossen, daß diese Eigentüm- lichkeit nicht nur bei den Geryoniden, sondern in der ganzen Gruppe der Trachymedusen weiter verbreitet ist. Aus der Arbeit der Gebr. Hertwig (1878) geht hervor, daß bei den Aeginiden, Trachyne- miden und Gervoniden die circuläre subumbrellare Muskelschicht 320 Sophie Krasiuska, von großen flachen Epithelzellen, ebenso wie bei Carmanna überdeckt ist; es scheint deshalb möglich, daß diese Epithelzellen wie bei Carma- rina mit mehreren Muskelfasern zusammenhängen. Meine eignen Be- obachtungen an Macerationspräparaten und Schnitten von Aeginiden ergaben, daß in ihrer Subumbrella das Verhältnis der Myoblasten zu den Muskelfasern das gleiche sein muß wie bei Carmanna. Die Tatsache, daß bei Carmanna eine Zelle mehrere Muskelfasern bildet, steht nicht vereinzelt da. So haben z. B. Blochmann und B. Bettendorf für die Muskulatur der Trematoden und Cestoden fest- gestellt, daß mehrere Muskelfasern mit einem Myoblast zusammen- hängen. Für die Siphonophoren wurde das gleiche von Th. Schaeppi (1903) gefunden. Allerdings behauptet letzterer, daß nicht nur jede Zelle mit mehreren Muskelfasern zusammenhängt, sondern jede Muskel- faser auch secundär mit mehreren Zellen in Verbindung trete. Ist das wirklich der Fall, so hat die Muskulatur der Siphonophoren einen andern Charakter als die von Carmarina. II. Nesselzellstiele. Ich reihe hier die Besprechung der Nesselzellstiele an, obwohl ihre muskulöse Natur noch keinesfalls als sicher bewiesen gelten kann. Über die Natur der Nesselzellstiele werden die verschiedensten Meinun- gen geäußert. Manche Autoren, z. B. Hamann (1882), Lendenfeld (1897), IwANZOFF (1896), K. C. Schneider (1890, bei Fcnnaria) halten sie für Stützgebilde. Andre, so z. B. Chun (1891, 1892), Will (1909), Murbach (1893, 1894), K. C. Schneider (bei Hydra und Carmarina) (1890, 1892), Toppe (1910) erklären sie für muskulös. Eine dritte Ansicht vertritt J. Hadzi (1909), der sie für Bildungen eigner Art hält, die elastische und muskulöse Eigenschaften in sich vereinigen. Von den genannten Autoren wurden die verschiedensten Coelen- teraten untersucht : craspedote und acraspede Medusen, Siphonophoren und Actinien. Es hat sich herausgestellt, daß die Nesselzellstiele recht verschieden sein können, daß sie z. B. in manchen Fällen mit musku- lösen Differenzierungen der Nesselzelle in Verbindung stehen, während solche Differenzierungen bei andern Nesselzellen vollständig fehlen. Ich halte es für verfehlt, von den »Nesselzellstielen« im allgemeinen zu reden, und auf Grund der bei einzelnen Coelenteraten gefundenen Verhältnisse diejenigen bestreiten zu wollen, welche bei andern Formen gefunden wurden. Ich beschränke mich daher auf die Besprechung der Befunde solcher Forscher, die ebenso wi« ich die Nesselzellstiele von Carmarina hastata und Pelagia noctiluca untersuchten. Beiträge zur Histologie der Medusen. 321 Unter den Forscliern, welche die Nesselzellstiele von Carmarina untersuchten, erklärten sie Hamann (1882) und Iwanzoff (1896) für 8tützgebilde, K. C. Schneider (1893) und Toppe (1910) dagegen für Muskeln. Während Iwanzoff nur bemerkte, daß er keine Beweise für ihre muskulöse Natur finden konnte, begründete Hamann seine Ansichten damit, daß die Stiele mit der Stützlamelle verwachsen seien, und sie sich wie letztere mit Pikrocarmin rosa färben. Das färberische Verhalten der Nesselzellstiele und der Stütz- lamelle ist indessen andern Farbstoffen gegenüber ein grundverschie- denes: Die Stiele färben sich, wie die Muskelfasern sehr intensiv mit Eosin, Fuchsin S, und Safranin, — während die Stützlamelle diese Farbstoffe nicht annimmt. Auf Schnitten, die nach der Mallory- Methode behandelt wurden, sind die Stiele intensiv rot, die Stützlamelle intensiv blau, und man kann deutlichst feststellen, wie die zer- faserten Stielenden und die faserigen Auswüchse der Stützlamelle inein- andergreifen i. (Textfig.ö, S. 314). An den Tentakeln differenziert das Eisenhämatoxylin ebenfalls sehr scharf die Stiele, welche sich intensiv schwarz färben {st.d.nz.) von der Stützlamelle {stl), die hier nur schwach grau erscheint (Taf. VII, Fig. 15, Carmarina, Taf. VIII, Fig. 22, Pehgia). Das starke Lichtbrechungsvermögen der Stiele und ihre Längsstreifung machen sie den Muskelfasern außerordentlich ähnlich. Deshalb gleichen die Stiele von Carmarina und Pelagia viel mehr Muskel- als Stütz- gebilden. Ihre vermutHche Funktion bei der Entladung der Nessel- kapseln ziehe ich als Beweis ihrer muskulösen Natur nicht heran, da ja diese Wirksamkeit noch nicht als sicher bewiesen gelten kann. Daß die Stiele neben muskulösen Eigenschaften auch elastische haben können, ist sehr wahrscheinlich, denn wie es Hadzt hervor- gehoben hat, wird bei der Kontraktion der Tentakeln das Tentakel- epithel ungemein höher, die Nesselkapseln bleiben aber immer an seiner Oberfläche, so daß sich die Stiele bedeutend verlängern müssen, Hadzi (1909) hat die Dehnung der Nesselzellstiele von Tubularien und Campanularien direkt beobachtet, dasselbe ließe sich wohl auch bei Pelagia und Carmarina unschwer feststellen. Carmarina. Wie BouLENGER (1910) und Hadzi (1911) bewiesen haben, wan- dern die Nesselzellen bei Carmarina vom Schirmrand aus in die Ten- takeln hinein. Boulenger bildet einen Längsschnitt durch die Ten- 1 0. Toppe (1910) gibt ausgezeichnete Abbildungen der Verwachsung der Nesselzellstiele von Pelagia und Carmarina mit der Stützlamelle. 322 Sophie Krasiiiska, takel Wurzel ab, auf dem man die Einwanderung der Nesselzellen in die Muskelfalten sehen kann. Auch meine Präparate beweisen, daß eine solche Einwanderung tatsächlich stattfindet. Denn erstens findet man frühe Entwicklungsstadien der Nesselkapseln ausschließlich am Schirmrand, wo nie explosionsfähige aufgestellte Kapseln vorkommen, zweitens sind in den Tentakeln reife, an der Epitheloberfläche auf- gestellte Kapseln massenhaft vorhanden, aber frühe Entwicklungs- stadien kommen in den Tentakeln nie vor, drittens findet man parallel zur Tentakelachse wandernde Nesselzellen in der Tiefe der Muskelfalten, Unterhalb des Nesselwulstes des Schirmrandes liegt ein Strang embryona- ler Zellen, der unzweifelhaft die Bildungszellen der Nesselkapseln liefert. In den Nesselzellen, welche man in den Muskelfalten wandernd antrifft, ist die Nesselkapsel immer schon angelegt, ich ver- mute jedoch, daß ganz reife Nesselzellen nicht mehr wandern. Ein letzter chemischer Reifungsprozeß läßt sich im Moment der Auf- stellung der Nesselkapseln durch geeignete Färbungsmethoden nach- weisen. Mit der MALLORY-Methode färben sich die in der Tiefe der Muskelfalten liegenden Nesselkapseln blau und nur der Achsenteil ihres Fadens wird rot, die aufgestellten Nesselkapseln dagegen orange ; blau bleibt nur die Kapselmembrau. Der Umschlag in der Färbung kommt zustande während die Nesselzellen aus der Tiefe der Muskel- falten gegen die Oberfläche rücken. Man kann alle Übergänge zwischen rein blauen und orangen Kapseln beobachten. Der Reifungsprozeß scheint aber nicht immer im gleichen Moment stattzufinden, denn man findet Nesselkapseln, die schon orange gefärbt sind, wenn sie ihre Stiele zu bilden anfangen, und bläulich gefärbte aufgestellte Kapseln. Eisenhämatoxylin differenziert die unreifen und reifen Nesselkapseln gleichfalls recht scharf. Die unreifen Kapseln werden ganz schwarz gefärbt, dann werden sie allmählich heller, bis nur der Nesselfaden dunkel bleibt, die meisten aufgestellten Kapseln sind ganz farblos (Taf. VII, Fig. 15 gr.nz). Wegen dieser Färbungsunterschiede vermute ich, daß die wandernden Nesselkapseln noch nicht explosionsfähig sind. Eine andre Ansicht vertritt J. Hadzi (1909), der bei Campanularia und Tuhularia ebenfalls Färbungsunterschiede zwischen den wandern- den und aufgestellten Kapseln beobachtete, aber doch die Explosions- fähikeit der wandernden Cniden behauptet. Auf Schnitten bemerkt man in den meisten Muskelfalten nur wenige wandernde Nesselzellen (Taf. VII, Fig. 15 grr.nz.); manchmal ist jedoch die Falte von Nesselzellen ganz erfüllt, in solchen Fällen fand ich zuweilen sogar eine teilweise bis vollständige Degeneration Beiträge zur Histologie der Medusen. 323 der Muskeln. In der Basalregion des äußeren Epithels angelangt, legen sich die Kapseln mit einer Seite dem distalen Wulste der Stützlamellen- leiste an {stl.ls.), wobei der Kern der Nesselzelle immer basal liegt. Nun beginnt die Bildung der Stiele. "Wie Hadzi (1909) hervorhebt, erreichen die Nesselzellen die Tentakeloberfläche nicht durch Hinauf- wandern, um dann erst die Stiele zu bilden, sondern durch die Stiel- bildung selbst. Da die Stielbildung bei Carmarina von einer Seite der Zelle ausgeht, (Taf. VII, Fig. 15), so entspringen auch bei den aufgestellten Zellen die Stiele von der den Kern enthaltenden Seite der Zelle. Dieses hat schon Iwanzoff (1896) bemerkt und richtig gedeutet. Das Aufrichten der Kapsel geschieht derart, daß die dem späteren distalen Ende der Kapsel näher liegenden Stiele stärker wachsen als die andern. Die in einem Anfangsstadium der Stielbil- dung begriffene Nesselzelle auf Fig. 15 (Taf. Vll) und die nach einem Macerationspräparat gezeichnete (Fig. 16), mit etwas längeren Stielen versehene, jedoch cnidocillose und noch nicht aufgerichtete Zelle, stellen zwei Stadien der Stielbildung vor. Iwanzoff (1896) sah schon, daß die Nesselzellen immer mehrere Stiele, und zwar meist sieben be- sitzen, und daß die Stiele bandförmig sind. Ich kann diese Angaben bestätigen. Die bandförmige Gestalt läßt sich auf Macerationspräpa- raten feststellen, und folgt aus dem Vergleich von Quer- und Längs- schnitten durch die Tentakeln. Auf Querschnitten wird die breite Seite (Taf. VII, Fig. 15), auf Längsschnitten die schmale Seite der Nesselzellstiele getroffen (Textfig. 5, S.314). Schneider (1893) fand nur einen Stiel an den Nesselzellen von Carmarina, was sich nur so erklären läßt, daß er durch Übermacerieren die andern zum Abfallen brachte. Auch beschreibt er die Stiele als schlauchförmig. Wenn Iwanzoff neben den gestielten auch stiellose Nesselzellen beschrieb, so bezog sich dies unzweifelhaft auf noch wan- dernde Cniden. Die Nesselzellen von Carmarina lassen sich sehr leicht isolieren (Taf. VII, Fig. 16). Iwanzoff (1896) gab ausgezeichnete Abbildungen isolierter Nesselzellen. Die Kapsel ist lang und schmal, ihre Gestalt läßt sich wohl am besten als schwertförmig bezeichnen ; der Kern liegt einer Seite der Kapsel an; das Cnidocil ist ziemlich kurz. Die band- förmigen Nesselzellstiele zeigen eine feine Längsstreifung, sind sehr stark lichtbrechend, färben sich intensiv mit Hämatein lA, und sehen überhaupt wie Muskeln aus. Auf Macerationspräparaten scheinen sie all- mählich in das Plasma der Nesselzelle überzugehen. Ihre basalen Enden sind oft zerfasert. 324 Sophie Krasiriska, Auf Schnitten, wo die Stiele mit Eisenhämatoxylin intensiv schwarz gefärbt sind, kann man jedoch feststellen, daß die Stiele nicht allmählich in das Zellplasma übergehen, wie es auf Macerationspräparaten zu sein scheint, sondern sich in eine Membran fortsetzen, welche die ganze Nesselzelle mit Kern und Plasma wie ein Mantel umschließt. Diese Membran scheint kontinuierlich in das Cnidocil überzugehen (Taf. VII, Fig. 15 gr.nz). Wenn man die Stiele der Nesselzellen als muskulös deutet, so ist man wohl gezwungen, auch dieser Membran muskulöse Natur zuzuschreiben. Auf Querschnitten durch die Nesselzellen umgibt die Membran in zickzackförmiger Linie allseits den runden Querschnitt der Kapsel. Sie ist nicht überall gleich dick, vielmehr lassen sich in ihr Verdickungen bemerken, die eine Verlängerung der Nesselzellstiele bilden. Die großen Nesselzellen von Carmarina entbehren der feinen protoplasmatischen Stiele, welche vielen Nesselzellen zukommen; außer den eben beschriebenen mächtigen Stielen tragen sie keine proximalen Anhänge. Außer den großen Nesselzellen kommen in den Tentakeln von Carmarina noch kleine vor (Taf. VII, Fig. 12 und Fig. 15 kl.nz). Diese Kapseln sind oval, färben sich mit Eisenhämatoxylin schwarz, mit Mallory orange, und erscheinen auf Schnitten völlig homdgen. Auf Macerationspräparaten (Taf. VII, Fig. 12 a — h) nimmt die Kapsel einen stahlgrauen Ton an, und man kann im Innern derselben einen feinen Faden bemerken, der vom Distalpol ausgeht und wahrscheinlich der Anfangsteil des Nesselfadens ist. Da dieser Faden sehr dünn ist, handelt es sich möglicherweise um die von Bedot (1890) als Spiro - cyten bezeichneten Nesselzellen, die einen nicht umstülpbaren Faden enthalten sollen. Ich habe diese kleinen Nesselkapseln nie explodiert gesehen. Die kleinen Kapseln sind wie die großen schief zur Oberfläche des Epithels gerichtet ; ihr Cnicocil ist länger als der der großen (Taf. VII, Fig. 12). Der rundliche Kern liegt der Kapsel basal an, und enthält viele intensiv färbbare Körner. Die Nesselzelle ist sehr plasmaarm und läuft basal in eine feine Faser aus, die einer Nervenfibrille gleicht. Auf Schnitten bemerkt man manchmal eigentümliche Zellen im Epithel, die vielleicht als Bildungszellen kleiner Nesselkapseln gelten könnten; deshalb bin ich geneigt anzunehmen, daß die kleinen Nesselzellen in den Tentakeln selbst entstehen. Außer den Nesselzellen kommen im Tentakelepithel noch zahl- reiche kleine Zellen mit runden Kernen vor, die ich für kleine Gan- glienzellen halte, sie laufen in feine Fasern aus (Taf. VII, Fig. 14 I Beiträge zur Histologie der Medusen. 325 und 15 kl. Gz). An der Epitheloberfläche liegen ferner ähnliche, gleich- falls in feine Fasern auslaufende Zellen, die an ihrem Distalende lange über die Oberfläche hervorragende Borsten tragen, weshalb ich sie als Sinneszellen deute (Taf . VII, Fig. 13 und 15 Sz). Alle beschriebenen Zellen sind in eine faserige Plasmamasse eingebettet, die den Distal- enden der Epithelmuskelzellen angehört. Stützzellen habe ich bei Carmarina nie gesehen. Es ist zu vermuten, daß hier wie überall die Nessel-, Ganglien- und Sinneszellen zwischen den Epithelzellen und nicht in ihnen liegen. Man kann dies aber hier nur aus der Analogie mit andern Medusen erschließen, die gefundenen Bilder geben keinen Aufschluß darüber. Wie erwähnt, sind die großen Nesselzellen von Carmarina an den Tentakeln in Wirtein angeordnet. Bei der Maceration haften die neben- einander angeordneten Nesselzellen zusammen, und man erhält Epithel- streifen, die aus einer einzigen Reihe von Nesselzellen bestehen. In diesen Streifen kann man sich am besten über die gegenseitige Lage der Nessel-, Ganglien- und Sinneszellen orientieren. Zahlreiche Sinnes- und Ganglienzellen liegen im distalen Teil des Epithels zwischen den Nesselzellen, aber sehr viele Ganglienzellen finden sich auch tiefer zwischen den Stielen. Bei weiterer Maceration lassen sich die scharf konturierten Nessel-, Ganglien- und Sinneszellen außerordentlich leicht aus der faserigen Plasmamasse ausschälen, und finden sich zahlreich und gut isoliert vor. Da ich bei Pelagia zu den Nesselzellstielen gehörende Kerne fand, vermutete ich vorübergehend, daß die zahlreichen, bei Carmarina zwischen den Nesselzellstielen vorkommenden Kerne der Ganghen- zellen, zu den Nesselzellstielen gehören könnten^. Bessere Macerations- präparate, in denen sich die kleinen Ganglienzellen vollständig isolieren ließen, sowie die auf Schnitten und in Macerationspräparaten vor- kommenden Bilder der Stielbildung überzeugten mich jedoch, daß die Stiele von den großen Nesselzellen selbst gebildet werden. P ela g i a. Das Tentakelepithel von Pelagia (Taf. VIII, Fig. 20 und Fig. 22) ist wesentlich anders beschaffen als bei Carmarina: Die wenigen sub- epithelialen Muskelzellen haben kleine und scharf begrenzte Zell- körper; es kommen keine Ganglienzellen vor, und SinneszeDen konnten auch nicht aufgefunden werden, so daß das Epithel hier im wesent- 1 Vgl. S. Krasinska (1912). 326 Sophie Krasinska, liehen aus Stützzellen {stz) großen {nz) und kleinen Nesselzellen und aus Nesselkapselbildungszellen (62;) besteht. Die großen und kleinen Nesselzellen scheinen sich nur durch ihre Dimensionen voneinander zu unterscheiden. Kleine Nesselzellen finden sich sehr selten; sie haben keine muskulösen Stiege, laufen aber basal in einen dünnen protoplasmatischen Stiel aus. Die großen Nesselzellen sind immer ganz senkrecht aufgestellt und vollständig symmetrisch gebaut. Der Deckel liegt am peripheren Ende der Kapsel; das Cnidocil steht senkrecht auf der Epitheloberfläche, genau oberhalb der Nesselkapsel ; der Kern liegt basal unter der Kapsel (Taf. VIII, Fig. 22 nz). Der Kern ist klein, etwas flachgedrückt und färbt sich mit allen Kernfarbstoffen sehr intensiv. Von der Nessel- zelle ziehen mehrere, allem Anschein nach muskulöse Stiele zur Stütz- lamelle. Sie sind schmäler wie die von Carmarina und nicht band- förmig. Mit Eisenhämatoxylin färben sie sich intensiv schwarz (Taf VIII, Fig 22 st.d.nz) und sind mit ihren zerfaserten Enden der Stützlamelle aufgewachsen. Schon auf Schnitten bemerkt man kleine runde Kerne, die den Stielen dicht anliegen 1. In nicht zu stark ma- cerierten Präparaten kann man die Nesselzellen im Zusammenhang mit ihren Stielen isolieren (Taf. VIII, Fig. 18), wobei sich deuthch zeigt, daß jedem Stiel ein Protoplasmaklümpchen mit Kern anhaftet (k.d.st.). Die Nesselzellstiele trennen sich leicht von der Nesselzelle, Jeder Stiel mit Kern und Plasma repräsentiert eine selbständige Muskel- zelle, — die mit Stielen versehene Nesselzelle der Pelagia — also einen mehrzelligen Apparat. An Nesselzellen, deren Stiele sich abgelöst haben, kann man sehen, daß die Zelle außer den dicken Stielen noch einen dünnen, basalen, protoplasmatischen Fortsatz besitzen (Taf. VIII, Fig. 19 pr.st), der bis zur Stützlamelle zieht. Solche protoplasmatischen Stiele wurden von vielen Forschern, so z. B. von Lendenfeld, als nervöse Fortsätze gedeutet. Die Stützzellen des Tentakelepithels haben einen ausgesprochen drüsigen Charakter und tragen an ihrem freien Ende ein langes Wimper- haar (Taf. VIII, Fig. 23). Der runde Kern liegt basal und ist viel heller als die Kerne der Nesselzellen, und die im tiefen Teil des Ecto- derms liegenden Kerne gefärbt. Basalwärts verschmälern sich die Zellen zu einem Fortsatz, der zur Stützlamelle zieht, und dem musku- lösen Stiele der Nesselzellen gleicht. 1 0. Toppe (1910) hat die Kerne der Nesselzellstiele bei Pelagia gesehen, und vermutet, daß die Stiele selbständige Muskelzellen sind. Beiträge zur Histologie der Medusen. 327 Im basalen Teil des Epithels, zwischen den Stielen der Nessel- und Stützzellen, liegen die Nesselkapselbildunuszellen (Taf. VIII, Fig. 22 bz), — außerdem verläuft dicht auf der Stützlamelle ein Gewirr feinster Nervenfibrillen (Nfl). Die Bildungszellen {62) erscheinen sehr verschieden in ihren verschiedenen Entwicklungsstadien. Die hier in allen Stufen der Entwicklung vorkommenden Bildungszellen werden frühzeitig oval, und stehen mit ihrer Längsachse immer senkrecht zur Stützlamelle. Parallel zur Längsachse der Tentakel liegende Nessel- zellen fand ich bei Pelagia nie. Daraus schließe ich, daß bei Pelagia — im Gegensatz zu Carmarina — die Nesselzellen in den Tentakeln selbst entstehen, daß hier also keine Nesselzellwanderung stattfindet. Außer den beiden beschriebenen Nesselzellarten kommt bei Pe- lagia noch eine dritte, viel größere vor, die sich durch vollkommen runde Gestalt und eine außerordentlich dicke Kapselmembran aus- zeichnet 1. Man trifft sie in den Mundarmen und den Nesselwarzen der Exumbrella. Überall, wo sich diese großen Nesselzellen finden, treten auch ihre Bildungszellen auf. Somit scheint eine Nessel- ze 11 Wanderung hei P elag ia überhaupt nicht vorzukommen. Einen erheblichen Unterschied zeigen die Nesselkapselbildungs- zellen bei Carmarina und Pelagia. Im Nesselwulst des Schirmrandes der ersteren kann man öfters die charakteristischen Bilder sehen, welche von vielen Forschern als Beweis für die Bildung des Nessel- fadens außerhalb der Kapsel gedeutet werden. Dagegen zeigen die Bildungszellen der PeZa^m-Tentakeln sehr deutlich, daß der Faden hier in der Kapsel entsteht. Ich hebe diesen Punkt hervor, da die Entwicklung der Nessel- kapseln noch immer ungenügend bekannt ist. Es könnten viele zweck- lose Diskussionen vermieden werden, wenn man zugeben würde, daß die Nesselkapseln verschiedener Coelenteraten sich nicht nur in ihrer Form und Größe, sondern auch in ihrer Entstehungsweise voneinander imterscheiden können. Das Schicksal der Nesselzellen nach der Explosion der Kapsel blieb bisher beinahe unberücksichtigt. Die Kapsel wird unzweifelhaft kurz nach der Explosion aus dem Gewebe ausgestoßen. In jedem Präparat liegen zahlreiche explodierte Nesselkapseln in der Nähe der Tentakel, bei Carmarina z. B. habe ich nie explodierte Kapseln im Epithel gefunden Es wäre möglich, daß auch die Nesselzelle nach- 1 In ToppEs Abhandlung (1910) findet sich eme treffliche Abbildung dieser Nesselkapseln. 328 Sophie Krasiuska, träolich ausgestoßen wird, doch sah ich nie Bilder, die auf ein Aus- stoßen der Zellen hingewiesen hätten. Bei Carmarina, deren Nesselzellstiele so ansehnlich und mit der Stützlamelle so fest verwachsen sind, ist ein Ausstoßen der Zellen samt den Stielen schwer denkbar. Die etwaige Annahme, daß die Nesselzellen samt ihren Stielen im Gewebe bleiben und als Stützzellen weiter funktionieren, scheint jedoch ausgeschlossen, da, wie oben her- vorgehoben wurde, gar keine Stützzellen im Tentakelepithel von Carmarina vorkommen, und da Stiele ausschließlich in der Nähe der Nesselkapseln vorhanden zu sein scheinen. Bei dem steten Verbrauch von Nesselkapseln müßte aber die Anhäufung von Stielen im Ten- takelepithel eine ganz ungeheure sein. Es scheint daher die Annahme möglich, daß die Stiele allmählich resorbiert werden, wobei allerdings dieser Prozeß im Tentakelepithel andauernd stattfinden müßte Die Entscheidung dieser Frage wird wohl recht schwierig sein. Bei Carmarina kommen manchmal im Tentakelepithe] verein- zelte Stiele vor, die mit keiner Nesselzelle zusammenhängen und sich an einem der beiden Enden kolbenförmig verdicken; welchem Ende ein großer Kern ansitzt. Da von Anfang an die Stiele am äußeren Ende mit der Nesselzelle, am basalen mit der Stützlamelle verwachsen sind, so ist die Bedeutung solcher Bilder höchst rätselhaft. Es wäre möglich, daß hier eine Art Phagocytose vorliegt, wobei der Nesselzellstiel durch den Kern an seinem Ende resorbiert würde. Bei Pelagia liegen die Verhältnisse anders; möglicherweise werden die Nesselzellen hier sogar ausgestoßen. Die Hauptfrage ist, ob die eigentümlichen Muskelzellen, welche als Nesselzellstiele funktionieren, zugrunde gehen, oder sich mit neuen, aus der Basis des Epithels nach- rückenden Nesselzellen verbinden. Meine Beobachtungen gaben leider keinen Hinweis darauf, wie diese Verhältnisse liegen mögen. III. Peripheres Nervensystem. Pelagia noctiluca Obwohl der subepitheliale Nervenplexus der Acalephen mit besonderer Vorliebe untersucht wurde [Schäfer (1878), Claus (1878), Lendenfeld (1882, 1888), Hesse (1895)], so fehlen meines Wissens über den Nervenplexus von Pelagia nähere Angaben. Ein Nervenplexus kommt natürlich auch bei Pelagia vor, und seine Elemente sind sowohl auf Macerationspräparaten, als auf Schnitten leicht aufzufinden. Die Verteilung der Ganglienzellen in der Sub- umbrella konnte ich nicht feststellen, da mir Totalpräparate fehlen. Beiträge zur Histologie der Medusen. 329 Soweit mau nach Maceratiouspräparaten und Schnitten urteilen kann, sind die Nervenelemente ziemlich gleichmäßig im Bereich der circulären Muskelfaserschicht verteilt. Auf radialen und tan- gentialen Schnitten der Subumbrella liegen die großen Ganglien- zellen stets subepithelial, etwas nach außen von der Muskelschicht. Sie treten meist vereinzelt auf, manchmal aber zu je zweien dicht nebeneinander angeordnet (Taf. VII, Fig. 10 Gz.). Der große runde Kern färbt sich schwach mit Eisenhämatoxylin und enthält einen großen schwarzen Nucleolus. Im feinkörnigen Zellplasma sind kleine runde, intensiv färbbare Körnchen unregelmäßig zerstreut. Von diesen Ganglienzellen gehen dicke Nervenfasern aus , die sich in einer Ebene parallel zur Epitheloberfläche ausbreiten. Eisenhäma- toxylin differenziert in den Nervenfasern fast ausschließlich Nerven- fibrillen, so daß die Fasern wie Fibrillenbündel erscheinen (Taf. VII, Fig 10 A7) In den Ganglienzellen dagegen sind nur wenige Fibrillen gefärbt, so daß man selten eine Fibrille von einem Fortsatz durch die Ganglienzelle bis in den andern verfolgen kann. Während die meisten großen Ganglienzellen spindelförmig sind, verlängern sich einzelne kegelförmig nach oben, und gehen in einen zarten Fortsatz über, der die Epitheloberfläche erreicht und dort mit einer kleinen Platte endigt (Taf. VII, Fig. 10 Gz). Manchmal treten Neurofibrillen aus dem Zell- plasma in diesen Fortsatz ein. Nach Schnitten läßt sich schwer be- urteilen, ob alle oder nur einzelne Ganglienzellen derart mit der Epithel- oberfläche in Verbindung stehen, da es ja stets ein glücklicher Zufall ist, wenn der Schnitt den peripheren Fortsatz trifft. Aufschluß darüber geben Macerationspräparate, in welchen die meisten großen Ganglien- zellen spindelförmig erscheinen (Taf. VIII, Fig. 31 b), manche aber auf einer Seite abgeflacht sind, während bei andren ihre, der Epithelober- fläche zugekehrte Seite stark vorgewölbt ist (Fig. 31 a). Daraus läßt sich schließen, daß die spindelförmigen Ganglienzellen in der Tiefe des Epithels liegen, und nur die seltener vorkommenden vorgewölbten die Epitheloberfläche erreichen. Die großen Ganglienzellen sind ungefähr 16 /< lang. Im Gegen- satz zu den Bildern, welche man auf Schnitten bekommt, erscheint auf Maceratiouspräparaten das Zellplasma stark fibrillär, was durch die stärkere Lichtbrechung der Nervenfibrillen verursacht wird, wo- gegen die Nervenfasern nur eine Andeutung von Längsstreifung zeigen (Taf. VIII, Fig. 31 a und 6). Sowohl Ganglienzellen, wie Nervenfasern besitzen eine deutliche Membran. Außer den großen Ganglienzellen kommen auf Macerationspräparaten noch viel kleinere Zellen vor, die Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 22 330 Sophie Krasinska, nach ihrem Bau ebenfalls Ganglienzellen sein müssen. Sie sind 8 bis höchstens 11 j« lang, bei einer Breite von 5 — 7 ^i, und können uni- oder bipolar sein (Taf. VIII, Fig. 34 und 35). Das körnige Plasma enthält einen runden Kern mit kleinem Nucleolus. Diese kleinen Gano-lienzellen verlängern sich in feine variköse Nervenfortsätze, die sich bei den unipolaren Ganglienzellen stark verzweigen, bei den bi- polaren dagegen meist nur feinste Fibrillen abgeben und eine bedeu- tende Länge erreichen können. Die Macerationspräparate zeigen auch Sinneszellen, deren Kern und Plasma sich wie bei den kleinen Ganglienzellen verhalten (Taf. VIII, Fig. 32 und 33). Sie liegen zwischen den Epithelmuskelzellen, ihre freie Oberfläche ist ziemlich breit und mit sehr kurzen, steifen Borsten besetzt; außerdem tragen sie noch eine lange und feine Geißel, die man bis in die Kerngegend verfolgen kann. Basalwärts verjüngen sie sich allmählich, weshalb sie becherförmig aussehen und gehen in einen feinen Fortsatz über. Meist gabelt sich dieser Fortsatz in kurzer Entfernung von der Zelle in zw^ei Äste, die unter rechten AVinkeln abgehen und parallel zur Epitheloberfläche verlaufen (Fig. 32). Diese Fortsätze sind oft varikös und geben feinste Fäserchen ab. Einmal gelang es mir, die Verbindung einer solchen Zelle mit einer kleinen Ganglienzelle zu finden (Fig. 33), wodurch bewiesen ist, daß es sich hier wirklich um Sinneszellen handelt. Auf Schnitten sind die kleinen Ganglien- und Sinneszellen schwer aufzufinden. Sie liegen wie die großen Ganglienzellen etwas nach außen von der Muskelfaserschicht. Ihre feinen Nervenfortsätze verlaufen in der Nähe der dicken Nervenfasern (Taf. VII, Fig. 10 kl. Gz). Die Sinnes- zellen findet man an der Epitheloberfläche ; die Nervenfasern, in welche sich ihr Basalfortsatz gabelt, verlaufen in derselben Ebene wie die übrigen Nervenfasern des subepithelialen Plexus. In der Subumbrella von Pelagia gibt es somit große und kleine Ganglienzellen, die in Verbindung mit Sinneszellen stehen. Die großen Ganglienzellen bilden den bei allen Medusen bekannten subepithelialen Nervenplexus; es wird ihnen allgemein eine motorische Funktion zugeschrieben. Das Vorkommen kleiner Ganghenzellen und ihre Verbindung mit Sinneszellen läßt vermuten, daß neben einem motorischen Plexus noch ein zweiter, vielleicht sensorischer vorkommt. Es konnten keine Verbindungen zwischen den beiderlei Ganglienzellen festgestellt werden, weshalb das gegenseitige Verhältnis beider Nerven- plexus unbekannt bleibt. Es verlaufen viele Nervenfasern verschiedener Dicke zwischen Beiträge zur Histologie der Medusen. 33-1 eleu Epithelmuskelzellen, Auf Maceratiouspräparateu sah ich manch- uial feiuste variköse Nervenfäserchen zwischen den Epithelmuskel- zellen bis zur Oberfläche aufsteigen. Somit wäre eine dreifache Verbindung zwischen dem sub- epithelialen Nervenplexus und der Epitholoberfläche vorhanden, — und zwar: 1) durch die peripheren Fortsätze der großen Ganglienzellen, 2) durch die Sinneszellen und 3) durch freie Nervenendigungen. Leider kann ich nichts Bestimmtes über die Innervierung der Muskulatur sagen. Auf Schnitten ist davon nichts zu sehen. In Macerationspräparaten sah ich zuweilen feinste Fibrillen an die Epi- thelmuskolzelleu herantreten, und zwar immer an ihren mittleren Teil; sie schienen mit einer kleinen Anschwellung der Zelloberfläche in Verbindung zu treten. Auf Taf. VII, Fig. 11, ist die Stelle mit in bezeichnet. Da ich jedoch solche Bilder nur selten fand und man bei der Beurteilung der Bilder in Macerationspräparaten nie vorsichtig genug sein kann, so kann ich diese Befunde nicht als völlig beweisend ansehen. Es ist aber wahrscheinlich, daß hier, ebenso wie bei Carma- rina (s. weiter unten), nicht die Muskelfaser selbst, sondern der Myoblast innerviert wird. In den Tentakeln von Pelagia kommen große und kleine Ganglienzellen vor. Alle Ganglienzellen liegen in der Tiefe der Muskeif alten Taf, VIII, Fig. 17 gz.Gz.M.Gz; im äußeren Epithel findet man nur ein Gewirr feinster Nervenfäserchen, einen >>Nervenf ilz «, wie solche Bildungen von 0. und K. Hertwig und andern genannt werden. Der Nervenfilz liegt zwischen den basalen Enden der Stütz- und Nessel- zellen (Taf. VIII, Fig. 22 Nflz). Die Tentakeln können somit als klassi- sches Beispiel für die von 0. und R. Hertwig (1878) aufgestellte Regel dienen, nach welcher die Verlagerung der Muskulatur in die Tiefe auch einen vollständigen Austritt des peripheren Nervensystems unter das Epithel zur Folge hat. Während die Muskelfasern mit ihren Kernen an den Wänden der Muskelfalten angeordnet sind, finden sich die Ganglienzellen und ihre Ausläufer in der Mitte der Muskelfalten (Taf. VIII, Fig. 17 und 20 kl. Gz.gr. Gz). Man trifft meist mehrere kleine Ganghenzellen auf dem Querschnitt einer Muskelfalte. Obgleich sie auf Schnitten meist uni- polar erscheinen (Taf. VIII, Fig. 27 kl. Gz), wäre es doch möglich, daß sie zwei, nicht in einer Ebene liegende Fortsätze haben. Die großen Ganglienzellen (Taf. VIII, Fig. 17) sind seltener und kommen fast ausschheßhch in der unpaaren medianen Muskelfalte vor (vgl. Text- 22* 332 Sophie Krasinska, fig. 3,S.308), welche überhaupt die meisten Nervenelemente zu enthalten scheint. Die Ganglienzellen sind in einer Masse faserigen Plasmas eingebettet. Da außer den Muskelzellen, welche kleine und gut be- grenzte Zellkörper haben, nur noch Ganglienzellen in den Muskel- falten vorkommen, so scheint die Herkunft dieser faserigen Plasma- masse unsicher. Möglicherweise handelt es sich um ein Gewirr feinster Nervenf äserchen, welches durch Aufsplitterung der Ganglienzellenfort- sätze selbst zustande kommt, also ebenso wie im Tentakelepithel, um eine Art von Nervenfilz. Ein solcher Nervenfilz wurde bisher im centralen Nervensystem der Medusen beschrieben, also bei den Hydromedusen in den beiden Nervenringen, bei den Acalephen in den Sinnesgruben und an de^ Basis der Sinneskörper. Er kann dort eine sehr starke Entwicklung erreichen. Vielleicht ließe sich der Nervenfilz der Medusen mit dem aus dem Nervensystem andrer Wirbellosen bekannten >>Neuropil<< vergleichen. Von der faserigen Plasmamasse, in welcher die Ganglienzellen liegen, sieht man auf Schnitten (Taf. VIII, Fig. 17) zahlreiche Fibrillen- bündel zu den Muskelfasern ziehen; auf Macerationspräparaten findet man die Muskelfasern oft von feinsten Nervenf äserchen umsponnen, so daß eine Innervierung der Tentakelmuskulatur sicher vor- kommt. Wie bei der Besprechung der Nesselzellstiele schon erwähnt wurde (S. 326), laufen sowohl die großen, als die kleinen Nesselzellen der Pelagia-Tentaikel in feine protoplasmatische Stiele aus (Taf. VIII, Fig. 19). Lendenfeld (1897) und andre Forscher nehmen an, daß es ner- vöse Fortsätze sind, welche die Innervierung der Nesselzellen besorgen. Diese Annahme scheint viel für sich zu haben. Wenn die Nesselzellen überhaupt innerviert sind, geschieht dies jedenfalls mittels dieser Basalfortsätze, denn andre Nervenfasern scheinen nie an die Nessel- zellen heranzutreten. Sinneszellen wurden in den Tentakeln von Pelagia nicht gefunden, obgleich ihr Vorkommen wegen der Schnelligkeit, mit welcher die Tentakel auf Reize reagieren, höchstwahrscheinlich ist. • C a r mar i na h a st ata. Die Verteilung der Nervenelemente in der Subumbrella von Car- marina hastata wurde von 0. und R. Hertwig (1878, S. 62) beschrieben. Stärkere Faserzüge mit zahlreichen Ganglienzellen begleiten die Ränder der Radialkanäle, sowie die paarigen und unpaaren radialen Muskel- stränge; sie gehen mit denselben auf den Magenstiel über und bilden dort einen ziemlich dichten »gangliösen Endplexus<<. In den Muskel- Beiträge zur Histologie der Medusen. 333 feldern der Subumbrella sind die Ganglienzellen spärlicher verteilt. »Sie liegen meist einzeln, nianchnial aber zu zweien dicht nebeneinander; die Nervenfasern bilden oft kleine Züge von drei bis fünf Fasern neben- einander. Die Ganghenzellen liegen zwischen der Muskelschicht und den Epithelzellen; sie sind meist multipolar mit gewöhnlich drei bis fünf Fortsätzen. Bipolare Zellen sind selten und kommen meist in den Nervenzügeu vor, die am Rande der Genitalblätter und in den unpaaren Muskelsträngen verlaufen. Meine Beobachtungen bestätigen diese Beschreibung von 0. und R. Hertwig vollständig. Nur über die Aus- läufer der Ganglienzellen sagen die genannten Autoren, daß sie »in kurzer Entfernung von der Zelle die Stärke zarter Fibrillen annehmen <<, während ich fand, daß die Ausläufer sehr dick sind (meist mehr als zwei H Durchmesser) und auf lange Strecken ihre ursprüngliche Dicke beibehalten (Taf. VIII, Fig. 37). Auf Macerationspräparaten lassen sich die Ganglienzellen leicht isolieren (Taf. VIII, Fig. 37). Wie schon 0. und R. Hertwig (1878) fanden, enthalten sie einen oder zwei Kerne (Taf. VII, Fig 2; Taf. VIII, Fig. 29 und 37 gr. Gz). Ich habe manchmal vermutet, daß die scheinbar zweikernigen Zellen nur einen hanteiförmigen Kern enthielten, dessen verdickte Enden aneinander gepreßt seien, und je einen Nucleolus enthielten. Volle Sicherheit über diesen Punkt konnte ich nicht er- reichen. In der Kernsubstanz liegen außer den deutlichen Nucleolen kleine intensiv färbbare Körner — vermutlich Chromatinbröckchen — die auf Eisenhämatoxylinschnitten (Taf. VII, Fig. 2 Gz) besonders deutlich sind. In Macerationspräparaten bemerkt man, daß die Gan- glienzellen und alle dickeren Fasern eine deutliche Zellmembran haben. Die Neurofibrillen scheinen sich hier ebenso wie bei Pelagia mit Hä- matein lA fast gar nicht zu färben und ihr Verlauf ist durch eine kaum merkliche Streifung im Zellkörper und Nervenfasern angedeutet. Die Ganglienzellen unterscheiden sich somit auf Macerationspräparaten durch ihr homogenes Aussehen von den Epithelmuskelzellen, deren Plasma eine ausgesprochene fibrilläre Struktur besitzt i (vgl. Fig. 37, Taf. VIII mit Fig. 5 und Fig. 6, Taf. VII). 1 Den Gegensatz zwischen dem homogenen Aussehen der Ganglienzellen und der fibrillären Struktur der Epithelmuskelzellen hat schon Eimer (1878) bemerkt und äußert sich folgendermaßen darüber (Seite 239): »Histologisch be- merkenswert ist, daß die Faserung des neuroplasmatischcn Inhaltes der Deck- epithelien, eine gröbere, deutlichere ist, als diejenige der Ganglienzellen von typi- scher Ausbildung. Der letztere macht zugleich einen viel kompakteren Eindruck als der erstere. Es seheint mir nicht zu bezweifeln zu sein, daß diese Unterschiede 334 Sophie Krasinska, Auf Eisenhämatoxylinsclinitteii dagegen sind die Neurofibrillen meist differenziert und dunkler gefärbt, als die fibrillären Strukturen der Epithehnuskelzellen. Die Nervenfasern erscheinen an manchen Stellen wie Bündel schwarz gefärbter Fibrillen (Taf. VII, Fig. 1 und Fig. 2 Nf), manchmal läßt sich auch der Verlauf der Neurofibrillen in den Zellen gut verfolgen (Taf. VIII, Fig. 29). Auf Quer- und Längsschnitten des Manubriums und der Subumbrella können höchstens zwei Ausläufer der Ganglienzellen getroffen werden, und die Ganglienzellen erscheinen daher spindelförmig (Fig. 29). Die Neurofibrillen weichen beim Ein- tritt in die Zelle auseinander, gehen am Kern vorbei und ziehen im zweiten Fortsatz wieder als schmales Bündel weiter. Auf Flächen- schnitten, wo alle Ausläufer einer Ganglienzelle zugleich gesehen werden, läßt sich an Ganglienzellen beobachten, wie die Neuro- fibrillen, die durch einen Fortsatz in die Zelle eintreten, sich an alle andern Fortsätze derselben verteilen. Sowohl aus den Nervenfasern als gelegentlich aus den Ganglienzellen selbst, treten feinste Fibrillen in das umgebende Gewebe aus. Manche ziehen nach außen gegen die freie Epitheloberfläche, die meisten aber parallel zu derselben; am Manubrium können manche von ihnen auch basalwärts gegen die Muskelfaserschicht ziehen. Es ist höchstwahrscheinlich, daß hier ebenso wie bei Pelagia die nach oben aufsteigenden Neurofibrillen an der Epitheloberfläche frei endigen und auf diese Weise eine Verbindung zwischen dem Nervenplexus und der Außenwelt herstellen. In der Subumbrella und am Manubrium von Carmarma treten auch Sinneszellen aufi. Sie finden sich am zahlreichsten am Hände der Genitalblätter und an den radialen Muskelsträngen, also da, wo der Nervenplexus am dichtesten ist, sind jedoch auch in der ganzen Subumbrella zerstreut. Sie sind bedeutend kleiner als die großen Ganglienzellen (Durchmesser etwa 8//) mit rundem Kern und deut- lichem Nucleolus, nebst spärlichem Plasma. Basal geht von ihnen eine, häufiger zwei, feine Nervenfasern aus (Taf. VII, Fig. 1, Taf. VIII Fig. 28 Sz) ; ihr dickes Sinneshaar ragt etwas schief über die Epithel- oberfläche empor. Auf Eisenhämatoxylinschnitten läßt sich mit stärksten Vergrößerungen die feinere Struktur der Sinneszellen gut studieren (Taf. VIII, Fig. 30). Das dicke, steife Sinneshaar (Sh) er- nur herrühren von einer feineren Ausbildung und Verfilzung, und von einer dich- teren Zusammenlagerung des Fadensystems in den vollkommeneren GangUen- zellen. « 1 Ida Hyde (1902) hat Sinneszellen am Manubrium von Gonionemus Murbachii gefunden. Beiträge zur Histologie der Medusen. 335 scheint wie aus mehrereu Haaren zusammengeklebt, welche an seiner Basis kegelförmig auseinander treten und an der Zelloberfläche mit stäbchenähnlichen Basalkörperchen (bk) endigen. Von jedem dieser Basalkörperchen zieht eine feine Nervenfibrille ins Zellplasma hinab. Am Äquator der Zelle ist eine Reihe kleiner, intensiv färbbarer Körner angeordnet; es scheint als ob die Fibrillen durch diese Körner hindurch- zögen. Auf Flächenschnitten der Subumbrella oder des Manubriums (Taf. VIII, Fig. 36 Sz) bemerkt man, daß sich in jeder Sinneszelle acht Basalkörperchen finden und somit ein Sinneshaar aus acht Haaren zusammengesetzt ist; außerdem scheint noch eine feine Fibrille in der Achse des Kegels emporzusteigen. Diese hochdifferenzierten Sinneszellen wurden bisher im peripheren Nervensystem von Carmarina übersehen. Im unteren Nervenringe hat sie dagegen M. Davidoff (1905 — 06) aufgefunden und in seiner Abhandlung über das centrale Nervensystem dieser Meduse abge- bildet (1. c, Fig. 5). Ich kann diesen Befund bestätigen, da diese Sinneszellen auch in meinen Präparaten im unteren Nervenring vor- kommen, während sie — übereinstimmend mit den Angaben Davi- doffs — im oberen Nervenring vollständig fehlen. Bei Carmarina habe ich vergeblich nach einer zweiten kleineren Art von Ganglienzellen gesucht, wie sie in der Subumbrella von Pelagia vorkommen. Die Größenunterschiede zwischen den einzelnen Ganglien- zellen sind zwar bedeutend, doch kommen zahlreiche Übergangsformen vor, ferner ist der Bau aller Ganglienzellen derselbe. Es scheint somit ein zweiter sensorischer Nervenplexus (wie man ihn bei Pelagia wohl deuten darf) bei Carmarina zu fehlen; — das periphere Nerven- system der Subumbrella besteht nur aus großen Ganglien- zellen und ihren Ausläufern, und aus Sinneszellen. Die GangUenzellen der Subumbrella und des Manubriums liegen alle subepithelial (Taf. VII, Fig. 2). Sie sind vollständig aus der Epithel- oberfläche ausgetreten; auch im Manubrium, wo sie nahe an der Ober- fläche liegen, habe ich nie eine Andeutung peripherer Fortsätze an ihnen gesehen (Taf. VIII, Fig. 29 Gz). Meine Befunde widersprechen also dem, was A. Bethe (1903, S. 86) über die Ganglienzellen der Hydromedusen und Acalephen auf Grund seiner Untersuchungen an Rhizostomeen behauptet, nämlich, daß sowohl Ganglien- als Muskel- zellen der Hydromedusen noch einen epithelialen Charakter haben, während bei Acalephen die Muskelzellen eine tiefere Lage im Epithel einnehmen und die Ganglienzellen zwischen dem Epithel und den Muskel- zellen gelagert sind. Im peripheren Nervensystem schicken gerade die 336 Sophie Krasinska, Ganglienzellen von Pelagia Fortsätze zur Oberfläche, während die von Carmamia keine Verbindung mit der Epitheloberfläche besitzen. Was die Muskelzellen angeht, so können sie, wie wir fanden, sowohl bei Aca- lephen als Hydromedusen, in dem oder unter dem Epithel liegen. Die bei Rhizostoma herrschenden Verhältnisse lassen sich also keinenfalls ohne weiteres auf alle Acalephen, im Gegensatz zu den Hydromedusen, übertragen. Auf Schnitten scheinen Nervenelemente manchmal mitten im Protoplasma der Epithelmuskelzellen zu liegen (Taf. VII, Fig. 1 und 2). Wie schon mehrere Autoren hervorhoben, beruht dies auf einer Täu- schung, denn die Nervenelemente liegen immer zwischen den Epithel- muskelzellen, nur schmiegen sich letztere den Ganglienzellen so dicht an, daß die zarten Zellgrenzen nicht unterscheidbar sind. Wo aber eine Schrumpfung im Gewebe eintritt, treten die Zellen auseinander, die doppelten Zellgrenzen sind deutlich zu sehen, und die Ganglien- zellen scheinen in einem Hohlraum zu liegen (Taf. VII, Fig. 2). Einen guten Überblick über den Nervenplexus gewinnt man auf Totalpräparaten, jedoch sind auf denselben nur die Ganglien- und Sinneszellen und die dickeren Nervenfasern sichtbar. Die Ausläufer der Ganglienzellen geben viele feinere Seitenäste ab, verlaufen aber große Strecken geradlinig, und verjüngen sich sehr allmählich; erst in großer Entfernung von der Zelle lösen sie sich in mehrere feinere Fasern auf. Die Nervenfasern durchkreuzen sich vielfach, ziehen oft nebeneinander, anastomosieren aber höchst selten. In allen meinen Präparaten habe ich nur ein- oder zweimal eine Anastomose gefunden, worin meine Beobachtungen mit denen von 0. und R. Hertwig (1878) übereinstimmen. Die feineren Verzweigungen der Nervenfasern, wenn überhaupt sichtbar, lassen sich nur kurze Strecken verfolgen, so daß man nicht feststellen kann, ob sie Verbindungen zwischen den Zellen herstellen. Ihr Verlauf läßt sich am besten an Flächenschnitten bei Eisenhämatoxylinfärbung studieren. Die als Bündel von Nerven- fibrillen erscheinenden Nervenfasern geben viele kleinere Fibrillen- bündel ab, die sich weiter spalten, zwischen den Epithelzellen ver- laufen und das Gewebe in allen Richtungen durchkreuzen. Der Nerven- plexus erscheint bei Carmarina außerordentlich dicht, höchst wahr- scheinlich ist sogar jede Epithelzelle von Nervenfibrillen umflochten. Trotzdem konnte ich einen sicheren Beweis für das Vorkommen von Anastomosen zwischen den Ausläufern verschiedener Ganglienzellen nicht finden. Das Bild, welches man erhält, ist so kompliziert und verworren, daß man vielen Täuschungen ausgesetzt ist. Einen Beiträge zur Histologie der Medusen. 337 einwandfreien Beweis würde das Verfolgen einer Fibrille von einer Ganglieuzelle bis in die andre liefern, auf Eisenhämatoxylinschnitten ist dies jedoch unmöglich, da die Differenzierung der Fibrillen nicht bestimmt genug ist. Die Frage, ob bei Carmarina in der Subumbrella echte Nervennetze vorkommen, bleibt daher offen; eine endgültige Entscheidung ist nur von einer geeigneten Färbungsmethode zu er- warten. Die Tatsache, daß so sehr viel feinste Nervenfibrillen zwischen den Epithelzellen verlaufen, weist darauf hin, daß jede Epithelmuskel- zelle für sich innerviert werden muß. An Schnitten läßt sich jedoch von der Innervierung nichts bemerken. Günstiger sind Macerations- präparate, auf denen man an vielen Epithelzellen (Taf. VII, Fig. 6) neben den dicken Plasmaforts ätzen, die zu den Muskelfasern ziehen, einen kleinen, kegelförmigen, mehr homogenen Fortsatz bemerkt, der nahe am Zellrand liegt und an den eine zarte Faser tritt, die unzweifel- haft ein Nervenfäserchen ist (Fig. 6 nf). Die Nervenfaser und die Epithelzelle gehen also mit- tels einer kegelförmigen Anschwellung ineinander über. Allerdings habe ich dies Nervenfäserchen nur auf kurze Strecken ver- folgen und ihre Verbindung mit einer dickeren Nervenfaser nicht fest- stellen können. Eine Nachprüfung dieses Befundes mit specifischen Nervenfärbungen wäre deshalb erwünscht. Wenn wir jedoch meine Deutung als richtig annehmen, so erscheint die Sachlage insofern be- deutungsvoll, als der Myoblast und nicht die Muskelfaser innerviert wird. Die Tatsache, daß die zahllosen Nervenfibrillen, welche man auf Macerationspräparaten findet, fast ausschließlich zwi- schen den Muskelfasern selbst verlaufen, scheint gleichfalls für die Innervierung des Zellkörpers der Epithelmuskelzelle zu sprechen. Für Pelagia wurde schon oben die Innervierung des Myoblasts wahrschein- lich gemacht. Auch Schaeppi (1904) hat das gleiche bei Physophora hijdrostatica gefunden. In der glatten Radiärmuskulatur von Carma- rina konnte ich die Innervierung nicht beobachten, obwohl der sub- epitheUale Nervenplexus gerade im Bereiche der radialen Muskulatur am dichtesten ist und die Muskeln daher unzweifelhaft innerviert sein müssen. Die große Mehrzahl der Nervenfäserchen, welche zwischen den Epithelmuskelzellen verlaufen, stammen von den dicken Nervenfasern des subepithelialen Nervenplexus, was auf Flächenschnitten leicht festzustellen ist. Es muß deshalb angenommen werden, daß die Inner- vierung der Muskulatur vom Nervenplexus besorgt wird, und daß 338 Sophie Krasiriska, demselben wirklich die motorische Funktion zukommt, welche ihm immer zugeschrieben wurde. Wenn wir somit die großen Ganglien- zellen für motorisch halten, so fällt auf, daß diese nur im Bereiche der circulären und radialen Muskulatur der Subumbrella und des Manu- briums vorkommen und in den andern muskulösen Bezirken des Körpers, also im Velum und in den Tentakeln vollständig fehlen. Schon 0. und R. Hertwig vermißten Ganglienzellen im Velum und vermuteten deshalb, daß seine Muskeln vom unteren Nervenring innerviert werden. Ich schließe mich dieser Anschauung auch an, denn es ist nicht anzunehmen, daß die Muskulatur des Velums der Innervierung entbehre. Nach sorgfältigster Untersuchung kam ich zur Überzeugung, daß im Velum nicht nur Ganglienzellen, sondern auch dickere Nervenfasern fehlen, es kommen hier nur feinste Nerven- fäserchen vor. Diese Nervenfäserchen müssen vermutlich sehr lang sein, da sie vom unteren Nervenring bis zum Rand des manchmal mehr wie 1 cm breiten Velums ziehen müssen. Wie bemerkt, fehlen auch in den Tentakeln von Carmarina die großen Ganglienzellen vollständig, auch kommen gar keine dickeren Nervenfasern vor. Auf Macerationspräparaten bemerkt man aber zahlreiche Zellen mit rundlich ovalen Kernen, die in feinste Fäserchen auslaufen und unzweifelhaft kleine Ganglienzellen sind (Taf. VII, Fig. 15). Sie lassen sich leicht isoHeren (vgl. vorn S. 324). Auf Schnit- ten kann man feststellen, daß sie nie in den Muskelfalten vorkommen, sondern im Tentakelepithel liegen. Man findet sie sowohl in der Tiefe des Epithels als nahe seiner Oberfläche, zwischen den Nesselzellen wie in den nesselzellfreien Epithelstreifen (Taf. VII, Fig. l^hl.Gz.). Ihrem Kern fehlt der Nucleolus, er enthält aber zahlreiche kleine mit Eisenhämatoxylin intensiv färbbare Körnchen. Das homogene Plasma bedeckt den Kern nur als dünne Schicht, es ist stark lichtbrechend und geht kontinuierlich in die gleichfalls stark lichtbrechenden Nerven- fäserchen über. Die letzteren entspringen in Zwei- bis Vierzahl meist direkt vom Zellkörper; manchmal bildet aber das Zellplasma einen breiten Fortsatz, welcher sich in feine Nervenfäserchen spaltet (Taf. VII, Fig. 14). Auf Eisenhämatoxylinschnitten (Fig. 15 Ä'^. 6^2.) kann man einige schwarze feine Fibrillen im Ursprungsteil der Nervenfäserchen unterscheiden. Die Sinneszellen des Tentakelepithels gleichen den kleinen Ganglienzellen vollständig (Taf. VII, Fig. 13 und Fig. Ib Sz). Sie erreichen die Oberfläche mit einem konischen Fortsatz, der mehrere steife Sinneshaare trägt. Ein sehr langes mittleres Sinneshaar ist von Beiträge zur Histologie der Medusen. 339 einem Kranz kürzerer umgeben. Auf Eisenhämatoxylinsclmitten kann man feststellen, daß feine Fibrillen von den Sinneshaaren in die Zelle hinabziehen (Fig. 15). Basal gehen von den Sinneszellen zwei bis drei feine Nervenfäserchen aus. Die Sinneszellen der Tentakeln stimmen mit denen der Subumbrella darin überein, daß sie mehrere Sinneshaare tragen. Während letztere jedoch in der Subumbrella zu einem gemeinsamen Sinneshaar ver- klebt sind (Taf. VIII, Fig. 30), sind sie in den Tentakeln unverbunden. Auch die Kerne und das Plasma der Sinneszellen der Tentakeln unter- scheiden sich von denen der Subumbrella erheblich. Auffallend ist der Unterschied zwischen den kleinen Ganglienzellen der Tentakeln (Taf. VII, Fig. 14) und den sehr großen, mit mächtigen Fortsätzen versehenen Ganglienzellen der Subumbrella (Taf. VIII, Fig. 37). Die Ganglienzellen der Tentakeln müssen jedoch, ebenso wie die der Sub- umbrella eine motorische Funktion besitzen. Es gibt keinen stichhaltigen Grund für die Annahme, daß die Tentakelmuskulatur der Innervation entbehren sollte, und sie sind die einzigen Ganglienzellen, welche in den Tentakeln vorkommen. Die Schnittbilder sind jedoch zu kompli- ziert, das Plasma der Epithelmuskelzellen zu faserig, als daß man die freien Ausläufer der Ganglienzellen zwischen den faserigen Plasma- strukturen verfolgen könnte. Auf Macerationspräparaten sah ich gelegentlich zwei bis drei feine Fibrillen von den großen Nesselzellen abgehen, auch von den Nessel- zellstielen spaltete sich manchmal ein feiner Seitenast ab, welcher ebenfalls in eine feine Fibrille übergingt. Dies macht die Innervie- rung der großen Nessel Zellen von Carmarina wahrscheinlich. Die Feststellung der Innervierung der großen Nesselzellen würde eine große theoretische Bedeutung haben. Wie hervorgehoben, wandern die Nesselzellen vom Schirmrand in die Tentakel, falls es sich nun ein- wandfrei beweisen ließe, daß sie von den Ganglienzellen der Tentakeln innerviert werden, so bildete dies wohl einen schlagenden Beweis für eine sekundäre Verbindung von Nerv und innervierter Zelle. Die kleinen Nesselzellen scheinen wirklich innerviert zu sein, da sie alle basal in eine feine Faser übergehen, die den Ausläufern der kleinen Ganglien- und Sinneszellen vollständig gleicht (Taf. VII, Fig. 12). Dieser Befund hat aber weniger theoretisches Interesse, da sich die kleinen Nesselzellen im Tentakelepithel zu entwickeln scheinen. 1 N. IWANZOFF (1896) hat auch an den Xcsselzellstielcn die Abspaltung eines feinen Astes bemerkt, stellt aber solche Bildungen in keine Beziehung zur Innervierung. 340 Sophie Krasiüska, Es oelano mir, auch im Entoderm des Manubriums und Magens von Carmarina einen subepithelialen Nervenplexus aufzufinden. Die Gano^lienzellen sind hier sehr zahlreich und denen des subumbrellaren Plexus sehr ähnlich. Sie liegen zwischen den Entodermzellen ; ihre Ausläufer verzweigen sich vielfach und gehen endlich in feinste Nerven- fasern über. In Macerationspräparaten, in i\' eichen die Entodermzellen etwas geschrumpft sind und daher voneinander abstehen, kann man out verfolgen, wie die Nervenfasern zwischen allen Entodermzellen verlaufen und sie umflechten. Das Entoderm des Manubriums und des Magens besteht aus drüsigen Zellen, die an ihrer Basis kurze glatte Muskelfasern gebildet haben. Der Nervenplexus hat also w^ohl vor- wiegend eine motorische Funktion und innerviert die Entodermzellen. Mit dem Nervensystem von Neoiurris füeata und Aequorea Fors- kalea habe ich mich nicht näher beschäftigt. "Wie aus der Arbeit der Gebrüder Hertwig (1878) bekannt, kommt bei Antho- und Lepto- medusen ein subumbrellarer Nervenplexus ebenfalls vor. Die genann- ten Autoren bemerkten, daß die Ganglienzellen bei der Maceration immer an der äußeren Epithelschicht haften bleiben; ich beobachtete dasselbe. Die Ganglienzellen lassen sich mit der radialen Muskelfaser- schicht von der darunter liegenden circulären Muskelschicht abziehen (Taf. VII, Fig. 8). Auf Schnitten durch die Subumbrella von Aequorea gelang es, festzustellen, daß die Ganglienzellen über den radialen Mus- keln, also vermutlich zwischen den Zellen des Epithels liegen, was ihr Verhalten bei der Maceration erklärt (Taf, VII, Fig. 4). Zusammenfassung. Diese Untersuchung, so unvollkommen sie auch ist, hat jedenfalls ergeben, daß es weitgehende Unterschiede zwischen dem peripheren Nervensystem von Carmarina und Pelagia gibt, und daß das periphere Nervensystem dieser Medusen weit komplizierter ist, als bisher an- genommen wurde. Bei beiden Medusen lassen sich im peripheren Nervensystem große und kleine Ganglienzellen unterscheiden; bei Pelagia kommt nur eine Art von Sinneszellen vor, Avährend bei Carmarina zwei Sinneszellarten zu unterscheiden sind. Die großen Ganglienzellen von Pelagia sind bipolar und häufig durch einen distalen Fortsatz noch mit der Epitheloberfläche verbunden. Diejenigen von Carmarina sind meist multipolar und völlig subepithehal gelegen. Auch ist die Kern- und Plasmastruktur der großen Ganglienzellen beider Medusen recht verschieden, wie aus Beiträge zur Histologie der Medusen. 341 den entsprechenden Figuren hervorgeht (Tai. VII, Fig. 10; Taf. VIII, Fig. 34, Pelagia; Taf.VIL Fig. 2; Taf. VIII, Fig. 29 und 37, Car- marina). Einen bedeutenden Unterschied zeigen die subumbrellaren Sinnes- zellen. Die mit einem zusammengesetzten Sinneshaar und mit Basal- körperchen versehenen Sinneszellen von Carmarina sind morphologisch hoch differenziert und erinnern an die Sinneszellen höherer Metazoen (Taf. VIII, Fig. 30). Die Sinneszellen von Pelagia sind sehr eigentüm- lich gebaut, da sie zahlreiche kurze und steife Borsten und ein langes Flagellum tragen; nur wegen ihrer nervösen Fortsätze und ihrer Ver- bindung mit Ganglienzellen konnten sie als Sinneszellen erkannt wer- den (Taf. VIII, Fig. 32 und 33). Die Tentakeln von Carmarina ent- halten Sinneszellen mit eigenartigen Sinneshaaren, wogegen in den Tentakeln von Pelagia keine Sinneszellen aufgefunden werden konnten. Der wichtigste Unterschied im peripheren Nervensystem der beiden Medusen liegt aber in der Verteilung der Nervenelemente auf die Sub- umbrella und die Tentakel. Während bei Pelagia kleine und große Ganglienzellen sowohl in der Subumbrella als in den Tentakeln vor- kommen, sind die großen Ganglienzellen bei Carmarina auf die Sub- umbrella, die kleinen auf die Tentakeln beschränkt. Der Nerven- plexus der Subumbrella und derjenige der Tentakel sind somit bei Carmarina aus verschiedenen Zellen zusammengesetzt, während bei Pelagia im peripheren Nervensystem überall die gleichen Zellen vor- kommen. Eine solche Differenzierung der zelligen Bestandteile des peri- pheren Nervensystems setzt die Existenz zahlreicher Leitungsbahnen voraus, welche die einzelnen Teile des Nervenplexus miteinander ver- binden. Bei Carmarina müssen z. B. alle Reize, welche rhythmische Kontraktionen verursachen, zu den Nervenringen geleitet werden, da das Velum vom unteren Nervenring aus innerviert wird. Physiolo- gische Experimente werfen ein interessantes Licht auf diese Frage. So berichtet Bethe (1903), daß bei schwacher Reizung eines Tentakels zunächst dieser und die beiden benachbarten durch Kontraktion re- agieren; auf einen etwas stärkeren Reiz auch die übrigen Tentakel; gleichzeitig wird das Manubrium gegen den gereizten Tentakel ge- krümmt. Erst bei viel stärkeren Reizen reagiert die subumbrellare und Velare Muskulatur durch rhythmische Kontraktionen. Es müssen somit Leitungsbahnen einerseits die Tentakel untereinander, anderseits aber mit der Subumbrella und dem Manubrium verbinden. Da letzteres früher als die Subumbrella reagiert, so muß man entweder annehmen, 342 Sophie Krasiiiska, daß die Tentakel direkt mit dem Manubrium durch Nervenfasern ver- bunden sind, oder — falls der Keiz den Nervenplexus der Subumbrella passiert — daß die Innervierungseinrichtungen in der cireulären und radialen Muskulatur verschieden sind. Verbindungen konnten indessen weder zwischen den einzelnen Ganglienzellen, noch zwischen den verschiedenen Teilen des Nerven- systems festgestellt werden, und die Leitungsbahnen sowie die Funk- tion der verschiedenen Bestandteile des Nervensystems bleiben vollständig unbekannt. Es bleibt auch die Frage offen, ob der sub- epitheliale Nervenplexus der Medusen ein echtes Nervennetz bildet oder nicht. Im Gegensatz zu den Befunden von A. Behte (1903) an Rhizostoma , kann ich nur behaupten, daß bei allen von mir untersuchten Medusen Anastomosen mittels der dickeren Nerven- fasern gar nicht, oder nur äußerst selten (bei Carmarina) vorkommen. Die großen Ganglienzellen des subepithelialen Nervenplexus der Subumbrella wurden bisher immer als motorisch gedeutet. Bei Pe- lagia scheint die motorische Funktion der großen Ganglienzellen durch das Auffinden der kleinen bestätigt, da letztere mit den Sinneszellen in Verbindung stehen und deshalb als Bestandteile eines zweiten sen- sorischen Nervenplexus gedeutet werden können. Indessen muß die Verteilung der Ganglienzellen in den Tentakeln von Pelagia gewisse Bedenken über die Richtigkeit dieser Deutung erwecken. Wie oben gesagt, kommen in den Tentakeln viele kleine Ganglienzellen vor, und sie sind in allen Muskelfalten verteilt; die großen Ganglienzellen sind selten und fast ausschließlich auf die tiefe mediane Falte beschränkt. Es ist einerseits schwer anzunehmen, daß morphologisch gleich aus- gebildete Ganghenzellen in den Tentakeln und der Subumbrella ver- schiedene Funktionen besitzen sollten, anderseits aber unwahrscheinlich, daß die wenigen großen Ganglienzellen die Innervierung der gesamten Tentakelmuskulatur besorgen. Bei Carmarina müssen die großen Ganglienzellen des subepitheli- alen Nervenplexus als motorische gelten, da sich sonst keine in der Subumbrella finden. Wir müssen jedoch annehmen, daß es bei Car- marina zwei Arten von motorischen Ganglienzellen gibt, da in den Tentakeln ausschließhch kleine Ganglienzellen vorkommen und die Tentakelmuskulatur doch ebenso wie die subumbrellare und velare innerviert sein muß. Verbindungen von Muskel und Nerv wurden mit einiger Sicherheit nur in der Subumbrella von Carmarina festgestellt. Dabei ergab sich, daß die Myoblasten, und nicht die Muskelfasern innerviert werden. Beiträge zur Histologie der Medusen, 343 Daß die gesamte Muskulatur der Medusen innerviert wird, dafür spricht vor allem die außerordentliche Menge von Ganglienzellen und Nerven- fasern, die im Bereich der Muskulatur auftreten. Die mangelhaften Färbuugsmethoden verschulden es, daß die Innervierung nicht überall aufgefunden wurde. Der Nervenplexus steht somit einerseits mit der Muskulatur in Verbindung, anderseits mit Sinneszellen an der Oberfläche. Es kommen auch freie Nervenendigungen vor, und außerdem stehen bei Pelagia die großen Ganglienzellen noch durch distale Fortsätze mit der Epithel- oberfläche in Verbindung, Da die Innervierung der Muskulatur als gesichert angesehen werden darf, und da das periphere Nervensystem befähigt ist, äußere Keize auf die Muskulatur zu übertragen, so glaube ich die zuerst von Kleinenberg (1872) postulierte, direkte Reizbarkeit der Epithel- nmskeln (Myoblasten) und ihre Fähigkeit Reize auf die Muskelfasern zu übertragen, bezweifeln zu dürfen. Nachdem ein Nervensystem bei den Coelenteraten gefunden wurde, hielten sowohl Claus (1878) wie 0. und R. Hertwig (1878) eine direkte Reizbarkeit der Epithelmuskelzellen aufrecht. Daß die Existenz eines mit Sinneszellen verbundenen Nervenplexus, und das mehr oder weniger sicher festgestellte Vorkommen einer Innervierung der Muskulatur vollkommen genügen, um die Funktion der Muskulatur bei den Medusen zu erklären, unterliegt wohl keinem Zweifel. Eine direkte Reizung der Epithelmuskelzellen dürfte daher bei den Coelen- teraten in nicht größerem Maße vorhanden sein, als bei den höheren Metazoen. Meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. 0. Bütschli in Heidelberg, bin ich für die Anregung zu dieser Arbeit, sowie für seine freundliche Hilfe zum verbindlichsten Dank verpflichtet. Auch der Leitung der zoologischen Station zu Villefranche, Herrn Professor Dr. M. Davidoff und den Assistenten Herren Spitschakoff und TiMOFEEFF möchte ich für ihr freundliches Entgegenkommen herzlich danken. Heidelberg, im April 1913. 344 Sophie Krasinska, Literaturverzeichnis. 1896. M. Bedot, Notes sur les celliiles urticantes. Revue suisse de Zoologie. 1896. E. 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Physiol. Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. C'IX. Bd. 23 346 Sophie Krasinska, Erklärung der Abbildungen. Gebrauchte B hk, Basalkörner ; hz, Bildungszellen der Nesselkapseln; cnid, Cnidocil; cut, Cuticula; gr.drz., große Drüsenzellen; kl.drz, kleine Drüsenzellen; ect, Ectoderm; en, Entoderm; nel, Entodermlamelle; ep, Epithel; epmz, Epithelmuskelzelle ; gal, Gallerte; gr.Oz, große Ganglienzelle; kl. Gz, kleine Ganglienzelle; in, Stelle wo die Epithelmuskelzelle innerviert wird; k.d.enl. Kerne der Entodermlamelle; k.d.epmz, Kerne der Epithelmuskel- zellen ; k.d.mz. Kern der Muskelzelle; k.d.nz. Kern der Nesselzelle; ezeichnungen: k.d.st, Kern des Nesselzellstieles; m/, Muskelfaser; Mr, Muskelröhre; mz, Muskelzelle; Nf, Nervenfaser; Nßz, Nervenfilz; nz, Nesselzelle; gr.nz, große Nesselzelle; kl.nz, kleine Nessejzelle; pr.fr, Protoplasmafortsätzeder Epithel- muskelzellen ; pr.st, protoplasmatischer Stiel der Nes- selzelle ; rmf, radiale Muskelfasern; )•/, radiale Easern in den Tentakeln; Sh, Sinneshaar; st.d.nz, Nesselzellstiele; stl, Stützlamelle; stl.ls, Stützlamellenleisten : stz, Stützzellen; 8z, Sinneszelle. Tafel VII. Die Fig. 1 — 7, 9 — 16 sind um ein Drittel, Fig. 8 a,b, c um die Hälfte der Originale verkleinert. Die angegebenen Vergr. beziehen sich auf die Originale. Fig. 1. Garmarina hastata. Radialschnitt durch die Subumbrella. Flbm- MiNG, Eisenhämatoxylin. Vergr. 1000 (vgl. S. 284). Fig. 2. Garmarina hastata. Tangentialer Schnitt durch die Subumbrella. Sublimat-Eisenhämatoxylin. Vergr. 1000 (vgl. S. 285). Fig. 3. Neoturris pileata. Tangentialschnitt durch die Subumbrella. Flem- MiNG, Eisenhämatoxlyin. Vergr. 1000 (vgl. S. 289). Fig. 4. Aequorea forskalea. Radialschnitt durch die Subumbrella. Flem- MiNG, Eisenhämatoxylin. Vergr. 1000 (vgl. S. 290). Fig. 5. Garmarina hastata. Epithelmuskelzelle aus der Subumbrella, der Muskelfaserschicht ansitzend. Nach einem Macerationspräparat, etwas schema- tisiert. Hämatein lA (nach Apathy). Vergr. 1000 (vgl. S. 283). Fig. 6. Garmarina hastata. Isolierte Epithelmuskelzelle aus der Subum- brella, von der Muskelfaserschicht abgerissen und von der breiten Seite gesehen. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergi\ 1000 (vgl. S. 283). Fig. 7 {a — 6). Neoturris pileata. Isolierte Muskelzellen aus der querge- streiften, circulären Muskulatur der Subumbrella. a. von der Seite, b. von oben gesehen. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 289). Beitrage 7au- Histologie der Medusen. 347 Fig. 8. Xeofinri.s piknta. Abgepinseltes Epithelstück von der Öubumbrella mit radialen Muskelfasern. Xaeh einem Macerationspräparat. Häniatein I A. Vergr. 1000 (v. S. 287). Fig. 9. Carmarina hastata. Epithelmuskelzellen aus der Subumbrella von der Fläche gesehen, bei drei verschiedenen Einstellungen des Objektivs: a. Ein- stellung auf die Cuticula mit den Zellgrenzen; b. Einstellung auf die Zellkörpcr und Kerne; e. Einstellung auf die Protoplasniafortsätze. Nach einem Macera- tionspräparat. Häinatein I A. Vergr. öOO (vgl. S. 284). Fig. 10. Pelagia noctiluca. Radialschnitt durch das Ectoderm der Sub- umbrella. Flemmino, EisenhämatoxyUn. Vergr. 1000 (vgl. S. 277). Fig. 11. Pelagia noctiluca. Isoherte quergestreifte Epithelmuskelzelle aus der Subumbrella. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 279). Fig. 12. Carmarina hastata. Zwei kleine Nesselzellen aus dem Ectoderm der Tentakel, isoliert. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Ver- größerung 1000 (vgl. S. 324). Fig. 13. Carmarina hastata. Isolierte Sinneszelle aus dem Ectoderm der Tentakel. Nach einem IMaccrationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 338). Fig. 14. Carmarina hastata. Kleine Ganglienzellen aus dem Ectoderm der Tentakel. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 338). Fig. 15. Carmarina hastata. Teil eines Querschnittes dui'ch einen Ten- takel, Entoderm unvollständig eingezeichnet. Flemmeng, Eisenhämatoxylin. Vergr. 1000 (vgl. S. 311 und S. 321). Fig. 16. Carmarina hastata. Große Nesselzelle aus dem Ectoderm der Tentakel. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 323.) Tafel VIII. Die Fig. 17 — 23., 25 — 30, 36 und 37 sind um ein Drittel der Vorlagen verkleinert. Fig. 17. Pelagia noctiluca. Querschnitt durch einen Teil einer MuskeLfalte des Tentakels. Flemming, Eisenhämatoxylin. Vergr. 1000 (vgl. S. 308). Fig. 18. Pelagia noctiluca. Isolierte Nesselzelle aus den Tentakeln mit kernhaltigen muskulösen Stielen. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 326). Fig. 19. Pelagia noctiluca. Isolierte Nesselzelle aus den Tentakeln, ohne muskulöse Stiele. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000. Fig. 20. Pelagia noctiluca. Querschnitt durch einen Teil des Ectoderms und eine in Muskelröhren geteilte Muskelfalte. Flemming, Eisenhämatoxylin. Ver- größerung 333 (vgl. S. 308). Fig. 21. Pelagia noctiluca. Isolierte glatte Muskelzelle aus einem Tentakel. Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 310). Fig. 22. Pelagia noctiluca. Querschnitt durch das Epithel eines Ten- takels. Flemming, Eisenhämatoxylin. Vergr. 1000 (vgl. S. 325). Fig. 23. Pelagia noctiluca. Stützzellen mit Geißeln aus dem Tentakel- epithel, isoliert. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000. 23* 348 Sophie Krasinska, Beiträge ^r Histologie der Medusen. Fig. 24 (a — d). Pelagia noctiluca. Quergestreifte Muskelfasern aus der Subumbrella von der breiten Seite; Vergr. etwa 2000. a. nach einem Macerations- präparat; h, c, d, nach tangentialen Schnitten. Flemming, Eisenhämatoxylin. b. nur schwach differenziert, ausgestreckte Faser; c. stärker differenziert; d. bei sehr starker Differenzierung des Eisenhämatoxylins. Vergr. etwa 2000 (vgl. S. 295). Fig. 25 (a — c). Carmarina hastata. Quergestreifte Muskelfasern aus der Subumbrella; Ansicht von a und h von der breiten Seite, von c von der schmalen Seite (vgl. S. 294). a. Nach einem Macerationspräparat ; h. nach einem Tangentialschnitt durch die Subumbrella. Sublimat, Eisenhämatoxylin. c. nach einem Flächenschnitt durch die Subumbrella. Sublinaat Eisenhämatoxylin. Fig. 26. Neoturris pileata. Quergestreifte Muskelfaser von der breiten Seite gesehen. Nach einem Macerationspräparat. Vergr. etwa 2000 (vgl. S. 297). Fig. 27. Carmarina hastata. Querschnitt durch das Ectoderm des Manu- briums. Flemming, Eisenhämatoxylin. Vergr. 1000 (vgl. S. 305). Fig. 28. Garmarina hastata. Abgepinselter Epithelstreifen aus dem Ecto- derm des Manubriums von der Seite gesehen. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 306). Fig. 29. Carmarina hastata. Querschnitt durcli das Ectoderm des IManu- briums mit einer Ganglienzelle. Sublimat-Eisenhämatoxylin. Vergr. 1000 (vgl. S. 334). Fig. 30. Carmarina hastata. Querschnitt durch das Ectoderm des Älanu- briums mit einer Sinneszelle. Sublimat-Eisenhämatoxylin. Vergr. etwa 2000 (vgl. S. 334). Fig. 31 {a — b). Pelagia noctiluca. Große Ganglienzellen aus der Subum- brella. Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 329). Fig. 32. Pelagia noctiluca. Isolierte Sinneszelle aus der Subumbrella. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 330). Fig. 33. Pelagia noctiluca. Isolierte Sinneszelle aus dem Ectoderm der Subumbrella, die in Verbindung mit einer kleinen Gauglienzelle steht. Macera- tionspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 330). Fig. 34. Pelagia noctiluca. Isolierte, kleine bipolare Ganglienzelle aus dem Ectoderm der Subumbrella. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Vergr. 1000 (vgl. S. 329). Fig. 35. Pelagia noctiluca. Isolierte kleine unipolare Ganglienzelle aus dem Ectoderm der Subumbrella. Macerationspräparat. Hämatein I A. Ver- grösserung 1000 (vgl. S. 329). Fig. 36. Carmarina hastata. Flächenschnitt durch die Subumbrella mit einer Sinneszelle. SubHmat, Eisenhämatoxylin. Vergr. 1000 (vgl. S. 334). Fig. 37. Carmarina hastata. Große Ganglienzelle aus dem Ectoderm der Subumbrella isoliert. Nach einem Macerationspräparat. Hämatein I A. Ver- größerung 1000 (vgl. S. 333). über die Leuchtorgane und das Nervensystem von Pholas dactylus. Von Johannes Förster. Mit lö Figuren im Text und Tafel IX. Bereits mehrfach ist Pholas dactylus Gegenstand anatomischer und histologischer Unter.^uchungen gewesen, da das Leuchten dieser Muschel schon frühzeitig die besondre Aufmerksamkeit der Forscher erregte. Die erste Aufzeichnung über das Leuchtvermögen von Pholas ist sehr alt. und zwar müssen wir bis auf Plinius zurückgehen. Eingehender beschäftigte sich Poli (1791) mit diesem Lamelli- branchier, der in den »Testacea utriusque Siciliae« Tom. I, Taf. VIII, Fig. 1 u. G eine Abbildung der im Mantel und Sipho gelegenen Leucht- organe gibt, ohne freilich in der Tafelerklärung oder im Text über ihre Bedeutung eine Meinung zu äußern. Die nächsten Mitteilungen über das Leuchten von Pholas verdanken wir Panceki, der in einer bekann- ten Untersuchung (1872) sowohl die Physiologie wie auch den anato- mischen Bau der Leuchtorgane zu erklären versuchte. Er erkannte, daß gewisse Körperstellen ein Secret liefern, das körniger Natur ist, sich in Alkohol und Äther löst und mit Wasser in Berührung ge- bracht, aufleuchtet. Seiner Ansicht nach wird die leuchtende Materie von den Epithelzellen ausgeschieden, die die Leuchtorgane bedecken. In den SOiger Jahren veröffentlichte Raphael Dubois einige Abhandlungen, die in der Hauptsache physiologisch-chemischer Natur sind. Neben den PANCERischen Versuchen, die er nachprüfte, stellte er eigene über die Phosphoreszenz dieses Lamellibranchiers an und analysierte als erster das Secret der Leuchtorgane, das er in zwei Komponenten zu spalten vermochte, die er als Luciferine und Luci- ferase bezeichnete. Seine anatomischen Resultate, die oft wenig zu- verlässig sind, scheint der Autor zumeist spekulativ, nicht empirisch, Zeitschrift f. wissinscli. Zoologie. CIX. B'l. 24 350 Johannes Förster, durch mikroskopische Untersuchungen von Schnittpräparaten, ge- wonnen zu haben. Einige seiner Darstellungen leiden an Unklarheit, da ihnen keine Zeichnungen beigegeben wurden. Anfang der 90iger Jahre erschien dann die Arbeit von Rawitz, die ein Kapitel in der großen Abhandlung »Der Mantelrand der Ace- phalen« bildet. Der Verfasser gibt im wesentlichen eine Darstellung der anatomischen und histologischen Verhältnisse des Sipho mit seinen Leuchtorganen und geht gleichzeitig näher auf die früheren Arbeiten ein, deren Irrtümer er zum Teil richtig stellt. Es ist bis heute die letzte Abhandlung über die Leuchtorgane von Pholas dactylus. Wenn auch die Resultate von Rawitz noch nicht einwandfrei und erschöpfend sind, so brachten sie doch gewisse Probleme ihrer Lösung einen Schritt näher. Seine Arbeit, auf die ich später genauer eingehen werde, hat mir in erster Linie als Grundlage gedient i. Aber trotz dieser mannigfachen Untersuchungen sind wichtige Fragen bis jetzt noch ungelöst geblieben; ja selbst über ganz augen- fällige Dinge, wie die Lage und Zahl der Leuchtorgane bestehen nach meinem Dafürhalten sogar in der letzten Arbeit noch falsche Anschau- ungen. Durch Herrn Prof. Chun wurde ich auf die verschiedenen Lücken und Widersprüche in den bisherigen Untersuchungen aufmerksam ge- macht und zu einem eingehenden Studium der Organe angeregt. Material und Technik. Die Muscheln, die ich zu meinen Untersuchungen verwandte, waren ausgewachsene Tiere, die nach meinen besonderen Angaben in der Zoologischen Station zu Neapel auf die verschiedenste Weise kon- serviert worden waren. Am vorteilhaftesten für die histologischen Untersuchungen der Leuchtorgane erwies sich die bekannte Konservierung mit Sublimat- Alkohol-Eisessig (1 Teil konz. Sublimat in dest. W^asser, 1 Teil 96%iger Alkohol, 0,2 Teile Eisessig, dazu einige Tropfen Formol), die kalt ange- wendet wurde. In dieser Flüssigkeit bheben die Tiere etwa 10 — 12 Stunden liegen, wurden nachher in 70%igen Alkohol gebracht und mit Jodtinktur behandelt. Annähernd gleich gute Resultate lieferten Objekte, die mit einem 1 Nicht erwähnt habe ich hier die Arbeiten, die sicli ausschließlich mit dem Nervensysteme oder einzelnen Teilen desselben befassen; sie sollen erst in einem zweiten Teile der vorliegenden Darstellung besprochen werden. i'ljer die Jji'uchtorguiu' und das Xcrvensystein von Pholu.s daclylu.s. 351 Formol-Alkohol-Eiscssi<>;-Gemisch konserviert waren, das in folgender Weise zusammengesetzt war: 15 Teile 9ü%iger Alkohol, 30 Teile destilliertes Wasser, 6 Teile konzentriertes (40%iges) Formol und 7 Teile Eisessig. Läßt man die Tiere 1 — 2 Tage in diesem Gemisch liegen, so treten Kerne und Nervenfibrillen besonders deutlich hervor. Nicht empfehlen kann ich die Anwendung der Osmiumkonservie- rung nach Flemming. Zwar sind Epithel und Drüsenzellen vorzüg- lich erhalten, doch wird die Muskulatur, die sehr reichlich unter den Leuchtorganen liegt, hart und spröde, so daß man nur selten gute und völlig intakte Schnitte erhält, wie sie für genaue histologische Unter- suchungen erforderlich sind. Ebenso ungünstig ist eine Fixierung mit einem hochprozentigen Alkohol, und zwar aus zwei Gründen: Wie schon früher erwähnt, löst sich das Leuchtsecret in Alkohol und verschwindet bis auf wenige Rudi- mente aus den Leuchtdrüsen. Unter solch veränderten Bedingungen lassen sich dann nur schwer die wirklichen Verhältnisse erkennen. Anderseits aber wird der Inhalt der unter dem Epithel der Leucht- organe liegenden Muzindrüsen verändert und erstarrt zu einer harten Masse, die unter dem Messer splittert und die Zellverbände zerreißt. Ich möchte nicht verfehlen, bei dieser Gelegenheit über das Frei- legen der Leuchtorgane eine Bemerkung zu machen. Bekanntlich sind bei Pholas dact. beide Mantelränder auf der ventralen Seite des Tieres mit Ausnahme der Stelle, wo der keilförmige Fuß hindurchtritt, zu einer Membran verwachsen, was eine nur ganz geringe öffnungsmöghch- keit der Schalen zur Folge hat. Die Quermembran setzt sich nach hin- ten in die Wand des Branchialsipho fort, der kürzer als der darüber- liegende Analsipho ist und ein weiteres Lumen besitzt. Um nun die von außen nicht sichtbaren Leuchtorgane freizu- legen, trennten die bisherigen Beobachter den Branchialsipho sowie die beide Mantelhälften verbindende Quermembran der Länge nach auf und klappten die Schalen nach außen um. Daß sie dabei ein Leucht- organ halbierten, dessen ist sich keiner bewußt geworden. Diesen Fehler mußte ich zu vermeiden suchen und erreichte dies durch fol- gende, zwar umständlichere, aber günstigere Sektions weise. Einem Tiere, dessen Schalen mit verdünnter Essigsäure weg- gelöst waren, wurde der Branchialsipho bis etwa 1 cm vor dem Über- gang in den Mantel geöffnet; dann schnitt ich rechtwinklig hinauf nach der Rückenlinie und an dieser entlang bis zur Mundöffnung. Den Mantel, der in seinen ventralen Partien völlig intakt geblieben war, klappte ich auf die eine Seite und steckte ihn fest (Taf. IX, Fig. 8). 24* 352 Joliaimes Förster, Um ganz sicher zu gehen bei der Angabe der Zahl der Leuchtorgane, machte ich nachstehenden Kontrollversuch, der mir die Frage unzwei- deutig löste. Beim Färben von Schnittserien war mir immer aufge- fallen, daß die subepitheliale Schicht der Leuchtorgane Muzindrüsen von bedeutender Größe und in viel reicherer Zahl als die umliegen- den Körperteile enthält. Da diese Drüsen eine ausgesprochene Affinität zu Hämalaun haben, brachte ich meine in der erwähnten Weise prä- parierten Objekte in toto etwa zwei Tage in eine Hämalaunlösung und differenzierte sie darauf mit 70%igem Alkohol und Salzsäure. Die großen Muzindrüsen hielten den Farbstoff fest und gaben so den Leuchtorganen ein tief veilchenblaues Kolorit, das sich scharf vom Mantel und den übrigen Organen abhob, die längst wieder entfärbt waren. Einige Angaben möchte ich noch über das Einbetten der Objekte beifügen, hängt doch zumeist das gute Gelingen der Schnittpräparate von der richtigen Wahl der bei der Überführung vom absoluten Alkohol zum Paraffin verwendeten Flüssigkeit ab. Nicht minder ist die Zeit von Bedeutung, während der die Objekte darin verbleiben. Oft ist zu langes Verweilen schuld daran, daß sie eine unerwünschte Härte an- nehmen. Nach vielen Versuchen gelang es mir, eine Methode aus- findig zu machen, durch die man das Secret der Mucindrüsen weich erhält. Aus dem 70%igen Alkohol werden die betreffenden Objekte direkt in 100%igen gebracht, in dem sie je nach ihrer Größe 1 — 3 Stunden verbleiben. Hat man den Alkohol einige Male gewechselt, so setzt man allmählich Cedernholzöl zu, bis das Verhältnis von absolutem Alkohol und Cedernholzöl 1 : 1 beträgt. Die Präparate werden nach 6 — 8 Stun- den sofort in reines Cedernholzöl, das vorher angewärmt wird, über- geführt und auf einen 50° igen Thermostaten gestellt (4 — 5 Stunden). Darauf bringt man das Material in ein Schälchen, in dem 40° Paraffin in Cedernholzöl gelöst ist (1: 1), wo es 3 — 4 Stunden verbleibt, um als- dann in ein zweites Schälchen übergeführt zu werden, in dem sich ein Gemisch von 58° Paraffin, wiederum in Cedernholzöl gelöst (2:1) be- findet. Nach einem Verweilen von 5 — 6 Stunden in diesem Gemisch kommt es in geschmolzenes 60°iges Paraffin und wird nach 2 — 3 Stunden eingebettet. Ein derart schnelles Überführen des Materials durch Cedernholzöl und durch die verschiedengradigen Paraffine, sowie der kurze Aufenthalt in hoher Temperatur erwiesen sich als äußerst günstig, und so behandelte Objekte ließen sich ohne große Schwierig- keiten in lückenlose Serien zerlegen. Zur Färbung der Schnittserien, die als Übersichtsbilder dienen über die LLUcIitoigane und das Nervensystem von Pholas dactyluss. 353 .■füllten, fandon meist Häiiuilauu und ÜELAFiELDsches Hämatoxylin An- wendung. Da es sich in der Hauptsache um Drüsen oder drüsenähn- liche Gebilde handelte, diente Thionin und Mucikarmin, beide nach Paul Mayer spezifische Schleimfarbstoffe, zur Identifizierung und zum Nachweis der Mucindrüsen. Oft erwies sich noch ein Nachfärben des Plasmas und der Granula des Leuchtsecrets mit Fuchsin oder Bor- deauxrot, die dem Eosin auf jeden Fall vorzuziehen sind, als sehr gün- stig und erhöhte durch den scharfen Kontrast zu den blaugefärbteu Mucindrüsen den Gesamteindruck. Bei dem nicht immer einfachen Nachweis der Kerne in den Mucin- und Leuchtdrüsen, sowie der Nerven- zellen und ihrer Kerne lieferte Eisenhämatoxylin nach Heidenhain gute und sichere Resultate. Besonders schöne Bilder ergaben sich dann, wenn beim endgültigen Heraufführen die Schnitte im 70%igen Alkohol, dem einige Tropfen konz. Ammoniaks beigesetzt waren, nach- gebläut wurden. Auf diese Weise ist es mir gelungen, Ganglienzellen unter den Leuchtorganen und die .Struktur der Secretkörner einwand- frei nachzuweisen. Die Leuchtorgane. 1. Lage, Gestalt, Aussehen. An den in toto gefärbten Tieren konnte ich fünf Leuchtorgaue feststellen, die sich wie folgt verteilen: 1) Zwei Streifen im Branchialsipho auf dem Septum. 2) Zwei annähernd dreieckige Flecke auf den Retrak- toren, da, wo der Sipho in den Mantel übergeht. 3) Ein parabolisch geschwungenes Band, das von hinten her das Fußloeh umgreift und die inneren Mantellippen deckt. Da Gestalt und Lage der Siphonal- und Mantelorgane von Rawitz schon eingehend beschrieben sind, ich aber seinen Angaben nichts wesenthch Neues hinzufügen kann, so gebe ich seine Darstellung wört- lich wieder: >>Vom Ursprung des ventralen Sipho bis zur Papillarregion, i. e. derjenigen Partie, von welcher die Pigmentierung der Innenfläche des Sipho anfängt, trifft man zu beiden Seiten der Kiemen auf dem Sep- tum aufliegend zwei Streifen, die als ganz schmale Striche beginnend, allmählich eine Breite von mehreren Millimetern erlangen, sich an ihrem distalen Ende wieder verjüngen, um an der Pigmentgrenze als ganz feine, schwer wahrnehmbare Linien zu verschwinden. Sie haben am lebenden (das gleiche gilt auch vom konservierten) Tiere ein milchweißes 354 Johannes Förster, -Fl. Aussehen und prominieren über die Oberfläche nicht unbedeutend. Im dorsalen Siplio fehlen diese Streifen vollkommen. Die seitlichen Flecke haben nicht immer dreieckige Gestalt, wie Panceri angibt, manchmal sind sie viereckig, manchmal ganz unregelmäßig gestaltet. << Bei zwei Tieren beobachtete ich sogar, daß noch jeder Mantel- fleck durch eine breite, bis auf den Eetraktormuskel einschneidende Furche in zwei verschieden große Teile zerlegt wurde. Nicht wenig überrascht das Lippenorgan durch seine Lage, die vollständig abweicht von den Zeichnungen früherer Autoren. Da. wo es Panceri und Rawitz gesehen haben wollen, liegt es sicher nicht; ebensowenig kann von einem Organpaar (Rawitz, S. 154, 160, 181) zu beiden Seiten des Fußes die Rede sein, das »an der Mund- gegend beginnend nach der Schalenmitte ver- läuft und sich dort in Spitzen auszieht«. Vielmehr erkennt man, daß es sich im Gegen- satze zu den übrigen paarigen Orgauen um ein unpaares von hufeisenförmiger Gestalt han- delt, das im ventralen Teile des Mantels ge- legen ist und dessen Schenkel, das Fußloch von hinten her umgreifend, oralwärts in zwei Spitzen auslaufen. Wie die übrigen, erhebt sich das an seiner konvexen Seite wulstförmig verbreiterte Leuchtorgan über die Mantel- fläche und grenzt sich dadurch scharf gegen seine Umgebung ab. Die Oberfläche aller Leuchtorgane ist be- deckt mit einem noch später zu behandelnden Wimperepithel und wird zuweilen von mehr oder minder tiefen Furchen durchzogen. Auf den Mantelorganen ziehen sie parallellaufend vom inneren zum äußeren Rande und zerlegen den ganzen Drüsenkomplex in bandförmige Streifen. Gefurcht sind auch die Leuchtorgane im Sipho und zwar senkrecht zu ihrer Längsausdeh- nung. Die Zahl der Riefen ist größer, wenn das Tier sich im kontrahierten Zustande befindet, während die Oberfläche der Leuchtorgane glatt er- scheint, wenn es ausgestreckt ist. Verhältnismäßig selten lassen sich Furchen auf dem Lippenorgan nachweisen, was mit dem geringen Kontraktions vermögen dieser durch die Schalen so gut geschützten Mantelteile zusammenhängt. (Die Falten im Lippenorgan unsres Übersichtsbildes rühren einesteils von Mantelränder mit Lippenleucht- oigau. Fl, Fußlocli; L, Leucht- organ; ilfar, verwachsene Man- telränder ; R, Retraktormuskeln ; K, KonstriktoiTnuskeln (quer- laufend). über die Leiuhtorgaiu- und das Xorvi'usystrin von Pholas dactylus. 355 der unnatürlichen Lage her, in die diese Partien durch das Ausbreiten und Aufstecken gebracht sind, andernteils sind viele der Runzeln ein Produkt der Konservierung, d. h. Schruniptungsorscheinungen.) Da Panceri und Rawitz bei ihren Untersuchungen über das Lippenorgan übereinstimmende Resultate erzielten, die sich aber mit meinen Befunden nicht decken, so nmü ich noch kurz auf die Zeichnungen und Angaben beider eingehen. Die falsche Vorstellung von dem Lippenorgan bei Panceri, die unzweideutig aus den Zeichnungen, weniger aus der unklaren Be- schreibung (sie beschränkt sich auf den Satz: >>I1 bordo superiore del mantello fiuo alla metä di ciascuna delle valve«) hervorgeht, ist mei- ner Ansicht nach auf zwei Fehler zurückzuführen. Bei seinen Versuchen hat er, um die Tiere nicht unnötig zu reizen und dadurch imgewünschte Secretionen zu veranlassen, die Schalen nicht entfernt. Wollte er möglichst schnell das Tier geöffnet vor sich haben, um ungestört den Entleerungsprozeß der Organe verfolgen zu können, so mußte er die Mantelmembran als Schnittbahn benutzen und dabei trennte er das Lippenleuchtorgan in zwei Teile. Da er ander- seits seine Versuche in der Dünkelkammer anstellte, mag ihm die eigen- artige Gestalt der inneren Lippen entgangen sein, deren freie Ränder, nach dem Innern des Tieres aufgebogen, eine flache Rinne bilden, die um das ganze Fußloch herumläuft. Reizte Panceri das Versuchs- tier, so trat aus dem Lippenorgane das leuchtende Secret heraus und ergoß sich nach allen Seiten über den Mantel, wobei es natürlich auch diese dachrinnenähnliche Aufbiegung der Lippen erfüllte. Während sich das Secret vom glatten Mantel mit Wasser leicht abspülen ließ; blieb es in der Vertiefung, gegen äußere Angriffe gut geschützt, liegen und verleitete Panceri zu der Annahme, an diesen Stellen seien eben- falls Leuchtdrüsen ausgebildet. Daß die fraglichen Stellen völlig frei sind von den großen, cha- racteristischen Leuchtdrüsen, bewiesen mir Schnitte, die ich zur Kon- trolle durch jene Lippenregionen legte. Rawitz, der die Versuche Panceris nachprüfte, kam zu folgen- dem Ergebnis: »Bezüglich der Organe, welche am vorderen Mantel- rande sich finden, ist zu bemerken, daß dieselben breit beginnen, sie folgen dann der Biegung des Mantels und laufen gegen die Mitte der Schale spitz aus. Alle drei Organpaare...« Dabei verweist er auf Fig. 54, Taf. VI (Jenaische Zeitschr. f. Nat. Bd. 27), auf der eine der oben erwähnten fehlerhaften Zeichnungen Panceris reproduziert ist. Klar und deutlich ist darin an der betreffenden Stelle ein mit a bezcich- 356 Johannes Förster, netes >>unpaares<< Leuchtorgan eingetragen. Im Text dagegen spriclit er immer von einem Organpaar. Wo der Fehler hier liegt, will ich nicht untersuchen; jedenfalls aber muß auch ich seine Angaben über dieses Leuchtorgan als unzutreffend zurückweisen. 2. Das Leuchtorgan im engeren Sinne. Der Leuchtkörperi. Seine Form wechselt bei den einzelnen Organen. So stellen sich die siphonalen Streifen im Querschnitt als zwei unregelmäßig gewölbte Kalotten auf dem Septuni dar, die ihre konvexe Seite dem Bran- Textfig. 2. Schnitt durch ein etwas entleertes Siplio-Leuchtorgan. Das Bindegewebe zwischen den Drüsen ist nicht gezeichnet. S, Schleimdrüsen; L, Leuchtdrüsen; bl, Blutgefcäß; n, Nerv; se, Septum. chialsipho zukehren, während sie mit ebener Basis auf den Kon- striktorb ündeln aufsitzen. Die übrigen Organe, die Mantelflecken und das Lippenorgan dagegen haben eine ebene Oberfläche. (Diese Angaben beziehen sich auf Objekte, die sich nicht kontrahiert haben). Die im Vergleich zu andern Mollusken, z. B. den Cephalopoden, sehr primitiven Leuchtorgane zeigen in allen Fällen eine übereinstimmende Bauart. Mikroskopisch betrachtet erkennen wir eine große Menge Drüsen, deren Ausführgänge der Außenfläche zustreben und senkrecht 1 Unter dem Leuchtkörper verstehe ich den ganzen Raum, soweit er von den Schleim- und Leuchtdrüsen eineenoinmen wird. über die Leuehtürganc und (l;is Xcivciisystciii von Pliolas daetylus. 357 ZU dieser stehen, mit Ausnaliinc dci' in den äußersten Randpartien gelegenen. An den Rändern der Organe sind die Drüsen nur klein; sie nehmen aber gegen die Mitte hin an Größe beträchtlich zu. Nach ihrem verschiedenen Verhalten ";e<>;en Farbstoffe — die einen haben eine große Affinität zu den Schleimfarbstoffen Thionin und Muci- karmin, die anderen zu Eiscnhämatoxylin — müssen wir sie in zwei Gruppen scheiden: Schleim- und Leuchtdrüsen. Beide sind einzellige Gebilde ; mehrzeUige habe ich nie wahrgenom- men. Jede Drüse hat ihren besondern Ausführgang, durch den sie ihr Textfig. 3. Schnitt durch das Lippenorgan und den freien aufgebogenen Lippenrand {Li). Das Bindegewebe ist niciit gezeichnet. S, Sclileimdrüse ; L, Leuchtdrüse, n', Hauptnerv; n, Xebenäste; a, Arte- rien; mu. Konstriktormuäkeln. Secret in den Branchialsipho entleert. An Größe übertreffen die Leucht- drüsen die Schleimzellen mitunter um das zwei- bis dreifache. Beide Drüsenarten liegen niemals wirr durcheinander, sondern jede ist auf eine bestimmte Region beschränkt, die ihre Lage nicht verändert, was deuthch aus den verschiedenen Abbildungen hervorgeht Auf diese Weise ergibt sich eine einfache Dreiteilung in allen Leucht- organen, insofern als wir eine Epithelschicht, die Region der Mucin- driisen und unter ihr die große Masse der Leuchtdiüsen zu unter- scheiden vermögen. Die Lücken zwischen den Leuchtdrüsen und der 358 Johannes Förster, oberen Konstriktorschicht erfüllt lockeres Bindegewebe, das auch die Drüsen umscheidet (Taf. IX, Fig. 1). Die relativen Größenverhältnisse dieser drei Schichten sind in den einzelnen Organen Schwankungen unterworfen. Aus diesem Grunde läßt sich auch meiner Ansicht nach die Allgemeingültigkeit der von Rawitz aufgestellten Proportion (1:4:6) nicht aufrecht erhalten. Ich wende mich nunmehr dem feineren Baue jeder einzelnen Re- gion zu. a) Epithel. Nach außen sind die Drüsenpolster durch eine Schicht von schmalen Cylinderzellen mit kleinen rundlichen Kernen abge- schlossen, zwischen denen sich die Ausführgänge der darunter liegen- den Drüsen hindurchdrängen. Auf ihrem freien, sich deutlich abheben- den Rande tragen sie einen Besatz von weichen Härchen, die von ganz bedeutender Länge sind, oft zweimal so groß, als wir sie auf den Wimper- zellen im Mantel zu finden gewohnt sind. Jede dieser Cilien inseriert an einem Basalkorn, das dicht unter der Cuticula gelegen ist; von ihm gehen fibrillenartige Plasmastränge aus, die die ganze Zelle durch- setzen, so daß diese in ihrer Längsrichtung gestreift erscheint. Die Bedeutung dieser kräftigen Wimperzellen liegt jedenfalls in der Erzeugung starker Wasserströmungen im Mantelraume, die die erste Bedingung für eine weitere Ausbreitung der Leuchtmaterie im umgebenden Medium sind. b) Schleimdrüsenschicht. Dieser Abschnitt setzt sich aus einzelligen Drüsen von recht stattlichem Durchmesser zusammen, deren Inhalt, wie aus der intensiven Färbbarkeit mit Thionin und Mucikarmin hervorgeht, schleimiger Natur ist. Bei Tieren, die man durch anhaltenden Reiz zur völligen Entleerung ihrer Organe gezwungen hat, sind sie ganz zusammengefallen und enthalten außer dem Kerne nur noch geringe Schleimreste. Jede Drüse (Taf. IX, Fig. 7) hat ihren be- sondern kurzen Ausführgang, der sich, wie stark überfärbte Hämalaun- präparate lehren, zwischen den Epithelzellen kelchförmig erweitert. Der Zellinhalt ist eine zarte Masse mit wabig-blasiger Struktur, die sich gegen den Drüsenhals verliert und besonders schön in Eisenhäma- toxylinpräparaten zur Geltung kommt. Das Secret ist zumeist aus der Mündung etwas herausgedrängt und sitzt auf dieser wie ein Pfropfen auf einer Flasche. Der Zellkern, dessen Größe zwischen 4,5 und 5 /i schwankt, liegt basal, nicht selten in eine kleine Aussackung hinein- gedrückt. Ihn färberisch gut hervorzuheben, ist nicht immer leicht. In dunkelgefärbten Zellen ist er vielfach gar nicht zu erkennen, da er völlig von den Muciumassen verdeckt wird, ein Umstand, der Rawitz i'licr die Ivcuclitorgaue und das Ncrvensystcni von Pliolas dactylus. 359 veranlaßte, die nach seiner Ansicht kernlosen Schleimmassen als das Produkt der Leuchtdrii.sen anzusehen. Die Mucindrüsen sind in allen Organen bis auf die Randpartien, in denen sie etwas spärlicher vorkommen, regelmäßig verteilt. Sie lie- gen dichtgedrängt nebeneinander — nicht wie auf der äußern Fläche des Sipho zu Gruppen von acht bis zehn vereinigt — und durchziehen auf gefärbten Schnitten die Leuchtorgane subepithelial wie ein blaues Band (Textfig. 1 u. 2 S). Was ihre Entstehung anlangt, so sind sie herzuleiten von den im ganzen inneren Mantel zerstreut liegenden mukösen Becherzelleu. c) Leuchtdrüsenschicht. Man studiert sie am besten an Schnit- ten durch ein stark entleertes Leuchtorgan, da dort die Drüsen, weil weniger mit Secret erfüllt, einander nicht verdecken und deshalb sich weit besser für die Beobachtungen eignen. Wir haben es auch hier mit einzelligen, birnenförmigen Drüsen zu tun, deren Ausführgänge sehr lang sind (Taf. IX, Fig. 1 Ld). Jede enthält nur einen Kern von kurzelliptischer Gestalt, den man im untern Teile der Zelle in verschiedener Lage antreffen kann. Da er groß ist — im Durchschnitt 4,7 u — und einen deutlich hervortreten- den Nucleolus in sich schließt, so unterscheidet er sich sofort von den umliegenden Bindegewebskernen, die bedeutend kleiner und lang- elliptisch sind. In prallgefüllten Leuchtorganen haben diese Zellen infolge rein mechanischer Zusammendrängung oft polyedrische Form angenommen; dies beobachtet man durchgängig bei solchen, deren Secret noch nicht die völhge Reife erlangt hat (Taf. IX, Fig. 2), Die eben charakterisierten Drüsen liefern die leuchtende Materie und sind zu gewissen Zeiten völlig erfüllt von feinen Körnchen, die im ungefärbten Präparat durchsichtig erscheinen und stark lichtbrechend sind. In ihrer Anordnung habe ich eine Gesetzmäßigkeit nicht fest- stellen können. Mit ein paar Worten möchte ich den Prozeß der Secretbildung und die mit ihm Hand in Hand gehenden, auffallenden Veränderungen in den Leuchtzellen behandeln, die bisher noch niemand beachtet hat. Drei aufeinanderfolgende Stadien lassen sich dabei unterscheiden. Das erste wird repräsentiert durch eine Zelle, die vor einiger Zeit entleert wurde und nun im Begriff ist, ihr Secret zu regenerieren (Taf. IX, Fig. 5 a). Ihren alten Größenumfang hat sie noch nicht wieder erreicht. Das intensiv, aber gleichmäßig gefärbte Zellplasma, von dem sich der große Kern scharf abhebt, erscheint auf den ersten Blick homogen. Untersucht man es genauer, so kann man darin die ersten 360 Johannes Förster, Spuren eines sich bildenden feinen Maschenwerkes entdecken. Da die Wandungen des Ausführganges, der meist nur gegen sein oberes Ende hin noch einige zurückgebhebene Granula enthält, an den secretleeren Stellen durch den Druck der umliegenden Zellen eng aufeinandergepreßt werden, so ist der Drüsenhals schwer zu finden. Mit zunehmendem Alter werden die Wandungen des Maschen Werkes dicker, färben sich viel dunkler als das von ihnen eingeschlossene Plasma und treten deshalb deutlicher hervor. Die Zelle ist jetzt in eine große Menge scharf abgegrenzter, polygonaler Bezirke eingeteilt (Taf. IX, Fig. 5 h). Damit sind wir am wichtigsten und interessantesten Punkte in der Entwicklung des Leuchtsecretes angelangt. Bekannt sind uns seine zwei Erscheinungsformen: nämlich der homogene Zustand, wie wir ihn in den regenerierenden Zellen finden (Taf. IX, Fig. 5a u. b), und die Granula, das ausgereifte Secret, in den sezernierenden Zellen (Taf. IX, Fig. bd). Es drängt sich die Frage auf: Wie gestaltet sich der Übergang aus der einen Form in die andre und welche sichtbaren Veränderungen sind dabei an der Zelle zu kon- statieren? Erst nach längerem Suchen auf einer großen Menge von Schnitten gelang es mir, einige Zellen herauszufinden, die günstig getroffen waren und darum sichere Aufschlüsse über diesen Punkt liefern konnten. Der homogene Inhalt einiger dieser kleinen, polyedrischen Bezirke hatte sich in rundlich ovale Secretkörnchen umgewandelt. Da sie nur noch etwa zwei Drittel des früheren Raumes einnahmen, so mußte es unter Volumenverringerung, die eine entsprechende Zunahme der Dichte zur Folge hatte, vor sich gegangen sein (Ausscheidung von Kon- kretionen in jedem Granulum siehe später). Dieser Koeffizient läßt sich ziemlich genau angeben, da die abgrenzenden Maschenwandungen noch eine kurze Zeit nach der Verwandlung bestehen bleiben. Bemerkens- wert ist, daß der Inhalt jeder Masche nur ein Granulum liefert, nie mehr (Taf. IX, Fig. 5 c). Der Übergang aus dem plasmatischen Zustande in den körnigen ist erst eine Folge von durchgreifenden chemischen Umwandlungen innerhalb der Drüsenmasse, was einerseits aus der veränderten Gestalt des Plasmas, anderseits aus der neuauftretenden Affinität zu gewissen Farbstoffen hervorgeht. So nehmen die Granula z. B, Eisenhämatoxylin sehr stark auf, während es niemals gelingt, den plasmatischen Inhalt der Maschen damit zu färben. Es ist wahrscheinlich, daß die Ursache für den Beginn der Secret- umwandlung in vorangegangenen chemischen Prozessen im Kern zu L'Ikt (1r> LfUclitomaiU' luul das XcrvcMisystem von l'liolas dactvhis. ."JGJ MirluMi i.st ; (ItMiii wiederholt konnte ich beobaehten, daß Maschen um den Kern herum CJraiuda enthielten, während jenseits dieser Zone noch keine Uniwandkmgen in der Zelle stattgefunden hatten. Am Kern selbst habe ich nie nachweisbare Veränderungen in bezug auf Größe, Gestalt oder Chromatingehalt feststellen können. Da Drüsen mit derartigen Umwandlungsstadien nicht sehr häufig sind, kann man daraus schließen, daß der Übergang aus doi' tiiuii Secretform in die andre nur kurze Zeit in Anspruch nimmt. Damit ist die Drüse im letzten Stadium angelangt. Ihr gesamter Inhalt ist in feine Körnchen umgewandelt, die enggedrängt Roll ha um und Ausführgang erfüllen, wäh- rend vom Maschenwerk keine Spur mehr zu sehen ist. Wahrscheinlich wird es wieder in flüssige Form umgewandelt und erfüllt die Lücken zwischen den Secretkörnern, um die Reibung der Granula untereinander wie auch an den Wandungen der engen Hälse herabzumindern. Das flüssige Secret läßt sich deutlich in solchen Drüsen erkennen, deren Granula sich zu mehreren großen Klumpen zusammengeballt haben (Textf ig. 4). Es bleibt mir noch übrig, auf die Struk- tur der Leuchtmaterie, d. h. der Granula einzugehen. Besser als alle weitläufige Be- schreibung gibt ein Bhck auf Taf. IX, Fig. 6 Aufschluß. Ein solches Granulum stellt sich als ein gewölbtes, linsenförmiges Körper- chen von etw^a 2,8 u Durchmesser dar, das in der Regel eine strenge Scheidung in eine . . Leuciitdiüsc mit zusammengeball- äußere HüUschicht und eine zentrale Masse tem körnigen Secret. fi.s, flüssiges Textfig. 4. Secret. Komp.-Oc. 12, Apoclir. 2 mm. zeigt. Diese letztere, die sich selbst bei lan- gem Verweilen in Eisenhämatoxylin nur äußerst schwach färbt, ist elliptisch und durchaus homogen. In Secretkörnern, die eben erst umgewandelt sind, ist der Zentralkörper noch nicht vorhanden; wohl aber lassen sich in der dunklen Secret- masse Vacuolen nachweisen, deren Inhalt ebenfalls auf Eisenhäma- toxylin nur schwach reagiert. Diese wandern allmählich nach der Mitte, vereinigen sich und bilden die zentrale Masse. Um diese herum 362 Johannes Förster, lieüt der dicke, leicht färbbare Mantel, der stets eine beschränkte Menge in Gestalt und Größe variierender Einschlüsse biro;t. Mit Eisen- hämatoxylin färben sich diese regellos eingestreuten Konkretionen blauschwarz. Bei Secretkörnern, die diese Scheidung in zwei Zonen nicht aufweisen, was ich auch beobachtet habe, liegen die Einschlüsse entweder in der ganzen Masse zerstreut oder sind in der Mitte zu einem einzigen Klumpen zusammengeballt. Durch die Ausscheidung dieser Konkretionen im Secretkorn würde die beobachtete Volumen Verringerung eine Erklärung finden. Am lebenden Tiere besitzen die Öecretkörnchen nach Rawitz einen ungemein hohen Grad der Viscosität, sind farblos und haben einen matten Glanz. Direkte Schlüsse über die chemische Natur der Stoffe, auf deren Umsetzun- gen die Chemoluminiszenz beruht, lassen sich aus meinen Befunden nicht zie- hen. Darum wäre es wün- schenswert, wenn sich ein- mal exakte Chemiker inten- siver mit diesem Photogen Ld --Sd Textfig. 5. Aufsicht auf die Oberfläche eines Leuchtorganes. Ld, Mün düngen der Leuchtdrüsen; Sd, Mündungen der Schleim drüsen; m, subepitheliale Muskellage. beschäftigen würden; denn Pholas dact. mit seiner star- ken Secretentwicklung lie- fert sehr günstiges Material, um unter Ausschluß aller vitalen Einflüsse die rein chemischen Eigenschaften zu studieren. Vielleicht gelingt es auch, die chemisch-physikalischen Bedingungen für die Umwandlung der leuchtfähigen Substanz in leuchtende klarzulegen, d. h. die Frage zu lösen, ob der Sauerstoff für die Luminiszenz eine conditio sine qua non ist, wie es die Oxydationshypothese verlangt, oder ob auch andre als Oxydationsvorgänge ein Leuchten des Photogenes hervorrufen können. Bisher habe ich stets die mit körniger Materie erfüllten Gebilde als Leuchtdrüsen angesehen, habe aber noch nicht die Gründe ange- führt, die mich zu dieser Annahme zwingen. Die Schleimdrüsen sind bekanntermaßen nicht nur auf die Leucht- organe beschränkt, sondern über den ganzen Mantel und die Außen- über die Leiulitoigaiu' und das Xeivonsystem von Pholas dactylus. 363 fläche des Sipho zerstreut. Danuuh müssen die Erselieiuungen der Luininiszenz an die Anwesenheit und Tätigkeit der Drüsen geknüpft sein, die den dritten Absclmitt des Leuchtkörpers einnehmen. Dies wird bestätigt durch die Tatsache, cUiß die Drüsen mit dem körnigen Secret stets nur an den Stellen vorkonnnen, wo bei Pholas dact. nach den Angaben der Beobachter ein Leuchten auftritt, und zwar dort in erstaunlich reicher Zahl. 3. Blutgefäße. Die reiche Versorgung mit Nährstolten spielt bei Drüsen, die be- sonders stark in Anspruch genommen werden, immer eine bedeutende Rolle. Darum überrascht es auch nicht, wenn wir neben oder unter den Leuchtorganen auf starke Blutgefäße stoßen. Die beiden zuführenden Arterien im Lippenorgan gehören in das Bereich der Aorta anterior, die vom Herzen kommend im Bogen über den Magen hinwegsetzt, um kurz darauf nach abwärts in den Einge- weidesack scharf umzubiegen. An dieser Krümmung zweigt sich ein starker Ast ab, der ein Stück nach vorn läuft und sich dann in eine rechte und linke vordere Mantelarterie gabelt. Jedes dieser beiden Ge- fäße zieht parallel dem Mantelnerven unter einem Schenkel des Leuchtorganes entlang und gibt auf diesem Wege eine Menge von Seiten- ästen ab. Die Blutbahnen, die unter die Mantelflecke und die Siphonal- streifen treten, gehören zum System der Aorta posterior. Diese läuft am Enddarm entlang über den hinteren Schließmuskel hinweg, an dessen Ende sie sich in die beiden Siphonalarterien gabelt, die parallel den Septalnerven den Sipho in seiner ganzen Länge durchziehen, und dabei neben vielen andern in kurzen Abständen schwächere Gefäße nach den Leuchtorganen entsenden. Die Blutzufuhr zu jedem Mantelfleck versorgt eine Arterie, die in der Nähe des Siphonalganglions jederseits rechtwinklig von der Sipho- arterie abzweigt. Verfolgen wir die kleineren Blutgefäße in einem der Leuchtorgane, so sehen wir, daß sie sich schon nach kurzem Verlauf in ein Lacunen- system ergießen, das sich unter dem Drüsenpolster ausbreitet. Das arterielle Blut kann auf diese Weise direkt an die Drüsenzellen heran- treten und seinen Sauerstoff abgeben. Venös geworden, sammelt es sich dann in andern wandungslosen Räumen des Gewebes und fließt in Kanälen einem venösen Läugssinus zu, der unter dem Pericard ge- legen ist. Von da gelangt es teils in die Niere und zu den Kiemen, teils 364 Johannes Förster, direkt in die Kiemen. Die Venen selbst kann man als in die Länge ge- zogene Lacunen betrachten. 4. Muskulatur. Betrachtet man den Querschnitt eines Leuchtorganes aus dem Sipho, so findet man eine Anordnung der Muskelfasern nach den drei Dimensionen des Raumes. Die Hauptmasse der Muskulatur wird von Textfig. 6. Schema für die Anordnung der Muskeln in den Leuchtorganen (speziell Siphonalstreifeu). Re. Re- tractorbündel; K, Konstriktormuskeln ; Ko, Kompressormuskeln: Su, subepitheliale Muskel- schicht. mächtigen, oval gestalteten Bündeln des Retraktors gebildet, der unter dem Drüsenpolster entlang läuft. Geschieden werden sie von einander durch schmale Septen, die aus den Muskelfasern des Kompressors be- stehen und nach der Oberfläche des Leuchtorganes laufen, wo sie sich fächerförmig auflösen. Die Retraktorbündel werden von schwächeren, querlaufenden Muskelzügen des inneren Siphonalkonstriktors allseitig umgeben. Auf die obere Konstriktorschicht folgt eine breite Zone, die von den Leucht- und Schleimdrüsen eingenommen wird. Darin stoßen wir nur auf die schon erwähnten, vertikalen Fasern des Kompressors. Erst dicht unter dem Epithel können wir noch einige spärlich ent- wickelte Muskeln nachweisen, die sich aus Konstriktor und Retraktor- fasern zusammensetzen, wobei die Quermuskeln zu oberst laufen. Da ein entsprechend gelegter Schnitt durch ein Mantelorgan in IMjor die l^ciuhtorganc uiul das Xcrvensy.stom von Pholas dactylus. 365 bezug auf Anordmiiiu und Stärke >An den meisten Stellen sind die Epithelzellen durch becher- förmige Gebilde so auseinandergepreßt, daß sie meist konisch erscheinen. Diese becherförmigen Gebilde sind epitheliale Lücken von sehr großer Ausdehnung, aber keine Becherzellen. Das zur Bezeichnung , Zelle' unbedingt notwendige Kriterium, das Vorhandensein eines Kernes, geht den Gebilden vollständig ab. Man trifft diese Lücken in allen Stadien der Füllung, bald ganz prall gefüllt, bald nur im basalen, bald nur im distalen Teile Secret enthaltend. Je weniger Secret in den Lücken ist, desto breiter sind die die Lücken begrenzenden Epithelzellen. « »Der dritte, d. h. der der Substanz des Septum direkt aufliegende Abschnitt . . . besteht aus einzelnen Zellen, welche meist von oblonger Gestalt sind, manchmal infolge gegenseitigen Druckes eine polyedrische oder ganz unregelmäßige Form angenommen haben. Die Zellen sind gegeneinander scharf abgegrenzt, eine besondre Membran um dieselben habe ich nicht wahrnehmen können. Die Kerne sind klein und kreis- rund und unterscheiden sich dadurch ganz scharf von den stets ovalen Kernen des vorhandenen Bindegewebes. Die Zellen des basalen Organ- abschnittes gehen über in die Massen, welche die mittlere Partie bilden. In den allermeisten Fällen ist die Differenz, welche die bereits erwähnte Färbung beider Partien darbietet, eine ganz scharfe, unvermittelte. An einigen, wenn auch nur wenigen Stellen findet man indessen, daß beide Farbennüancen kontinuierlich in einander übergehen. Das Plasma der den basalen Abschnitt bildenden Zellen erscheint sehr stark granu- liert, fast wie aus einzelnen Tropfen bestehend. Allmählich beim Über- gang zum mittleren Abschnitte wird das Plasma homogener und nimmt beispielsweise in Orange-Hämatoxylinpräparaten eine andre Färbung an, indem das Hellgelb einem violetten Tone zu weichen beginnt. Dieser violette Ton wird nach und nach intensiver bis wir im mittleren Drittel, intensiv gefärbte, in der erwähnten Doppelfärbung tief veilchenblaue Massen antreffen. Die Massen, welche den mittleren Abschnitt bilden, setzen sich unmittelbar fort in die interepithelialen Lücken, durch welche hindurch sie sich entleeren; sie entbehren der Zellkerne voll- über die Leuchtoigaiu' und das Norvcnsystcni von Pholas dactylus. 373 ständig. Die einzigen keinlialtigen, also zelligen Elemente der Leucht- organe sind daher nur im basalen, großen Abschnitte vorhanden.« Aus diesem Passus geht hervor, daß Kawitz den Bau des eigent- lichen Leuchtkörpers verkannt hat; denn es ist falsch, die Schleim- massen zwischen den Epithelzellen und im mittleren Abschnitte des Organes als das Produkt der in der Tiefe liegenden Leuchtdrüsen an- zusehen. Die violettgefärbten Mucinmassen enthalten, wie ich nach- gewiesen habe, Kerne und sind aus diesem Grunde als echte, selbstän- dige Drüsen anzusehen. Mit den Leuchtdrüsen stehen sie in keiner Weise in Verbindung. Übergangsformen, wie sie Rawitz an einigen Stellen zwischen den gelb gefärbten Leuchtdrüsen und den violetten Schleimmassen gesehen haben will, sind auf ungenaue Beobachtungen zurückzuführen. Ich betone also nochmals, daß nicht die Leuchtdrüsen die ein- zigen kernhaltigen Elemente im Leuchtorgane sind, sondern daß neben diesen Schleimdrüsen in großer Menge ausgebildet sind. Wenn Rawitz weiterhin behauptet, daß die Kerne der Leucht- drüsen klein sind, so kann ich dem nicht beipflichten. Im Gegenteil fallen sie infolge ihrer ansehnlichen Größe sofort auf und unterscheiden sich scharf von denen des Bindegewebes. Widersprechen muß ich ihm auch in einem andern Punkte. Ra- witz schreibt auf S. 183: >>Es sei noch erwähnt, daß man an einigen Stellen die Zellen des basalen Abschnittes bis an das Epithel heran- reichen sieht. Es fehlen hier also im mittleren Abschnitte die intensiv gefärbten Massen, d. h. mit andern Worten: es befindet sich das Organ an dieser Stelle in Ruhe, es ist secretleer; eine Umwandlung des Plasmas dieser Zellen hat noch nicht stattgefunden. Sehr beachtenswert ist dabei, daß an solchen Punkten, die eine Secretionspause zeigen, Lücken nicht vorhanden sind, die Epitheldecke vielmehr in ununterbrochener Kontinuität diese Stellen überzieht. Das zeigt meines Erachtens deut- lich, daß jene becherförmigen Lücken in der Tat nur Lücken sind, die entstehen, wenn das in der Tiefe bereitete Secret epithelwärts rückt, und die verschwinden, wenn das Secret ausgestoßen ist, indem nun- mehr die vorher auseinandergepreßten Wimperzellen wieder ihre nor- male Gestalt annehmen und folglich sich eng aneinander lagern.« Dieser Auffassung kann ich mich nicht anschließen, denn bei Drüsen, die ihr Secret regenerieren, sich also in einem Ruhestadium befinden, lassen sich die Ausführgänge aus früher angegebenen Grün- den nur selten bis zur Oberfläche verfolgen. Rawitz hebt aber beson- ders hervor, daß man »die Zellen des basalen Abschnittes bis an das 374 Johannes Förster, Epithel heranreichen sieht«. Diese Bemerkung deutet im Gegenteil darauf hin, daß es sich nicht um regenerierende Zellen handelt, sondern um Leuchtdrüsen, die mit reifem Secret vollkommen erfüllt sind. Liegen nun zufällig die Ausführgänge mehrerer Leuchtdrüsen dicht nebenein- ander, so werden die Mucindrüsen beim Aufsteigen des Leuchtsecretes zur Seite gedrängt, wodurch es den Anschein gewinnt, als fehlten hier die blaugefärbten Schleimmassen. Auch bei der Untersuchung des Epithelbelages der Leuchtorgane gelangte ich zu anderen Resultaten. Nach Rawitz besteht er aus Zellen, die sich nach der Art ihrer Bewimperung in zwei Gruppen schei- den lassen. S. 179 beschreibt er beide mit folgenden Worten: »Bei der Untersuchung der das Leuchten bewirkenden Partien im frischen Zustande erkennt man, daß das Epithel, welches diese Stellen bedeckt, ein Wimperepithel ganz eigener Art ist. Es sind nämlich Zellen von zweierlei Formen vorhanden, einmal gewöhnliche Wimperzellen, d. h. relativ niedrige, cylindrische Gebilde, die auf schmalem cuticularem Saume zahlreiche, sehr schnell schlagende, weiche Haare tragen und dann Zellen, auf deren cuticularem Saume bei dieser Art der Betrach- tung nur eine Wimper zu sitzen scheint. Diese Wimper ist sehr lang, 12,6 u, ist tief in die Zellen hinein zu verfolgen und gleicht einem Dorne, der mit etwa 0,9 /t breitem Fuße auf dem freien Bande der Zelle auf- sitzt. Diese Form der anscheinend einheitlichen Wimper erinnert leb- haft an die langen Sinneshaare auf den Pinselzellen von Lithodonius dactylus; nur unterscheiden sich die Bildungen hier bei Pholas von denen bei Lithodomus dadurch, daß sie schnell im Sinne der übrigen Wimperbewegung hin und her schlagen, und zwar so schnell, daß diese Bewegung ihnen nicht von andern Wimpern mitgeteilt sein kann, sondern auf eigener Fähigkeit dazu beruhen muß. Diese Eigenbewe- gung der langen Wimpern deutet aber darauf hin, daß die zu den Wim- pern gehörigen Zellen keine Sinneszellen, sondern gewöhnliche in- differente sind; denn der Haarbesatz der FLEMMiNGschen Pinselzelleu entbehrt der Eigenbewegung.« Bei den Untersuchungen des Epithelbelages war ich Bawitz gegen- über in sofern etwas im Nachteile, als mir lebendes Material nicht zur Verfügung stand. Doch glaube ich immerhin darauf hinweisen zu dürfen, daß verschiedene konservierte Tiere stets übereinstimmende Resultate lieferten. Seine Angaben über das Vorkommen von Zellen mit nur einer großen einheitlichen Wimper, kann ich nicht bestätigen. Ich habe eine ansehnliche Zahl von Schnitten durch die verschiedenen Organe auf über die Leuehturgaue iiiul das Xervensysteiu von Pliolas dactyhis. 375 solche Gebildt' hin (hi ichgesehen, docli stets mit negativem Resultat. Da auf luciiu'ii Präparaten übeiall die Cilicii der AViiii[)erzellen sehr gut erhalten sind und infolge ihrer Län^e scharf herv(U'treten, so hätten mir einfache Wimpern von 0,\) u Fußbreite und 12,6 {^i Länge nicht ent- gehen können. Ebensowenig fand ich sie auf Total -oder Macerations- präparaten. Nachträglich fügt Rawitz nun noch hinzu, daß »eine Differenzierung beider Arten von Wimperzellen im Schnitt nicht mehr zu erkennen ist«. Dies dürfte nicht der Fall sein, wenn seine ersten Be- obachtungen richtig waren. Auch aus gewissen Worten seiner Be- schreibung geht deutlich hervor, daß er selbst von der Einheitlichkeit der Wimper nicht so fest überzeugt ist. Deshalb hat er es vielleicht auch vermieden, in seine Zeichnung, die ein Stück aus einem Leucht- organe darstellt, derartige Wimpern einzutragen. (Vgl. Fig. 57, Taf . VI, Jenaische Zeitschr. f. Nat., Bd. 27). Ich glaube bestimmt, daß es sich hier um einen Beobachtungsfehler handelt. Denn auf den Leucht- organen kommen mancherlei Gebilde vor, die bei eiUger Betrachtung mit Geißeln verwechselt werden können. Hin und wieder tragen näm- lich Zellen dicke, anscheinend einheitliche Wimpern, die mit breitem Fuße aufsitzen, während ihre freien Enden starr wie Dornen aufragen. Sie erscheinen bedeutend größer als die Cilien der Wimperzellen, die bei ihrer Länge und dem geringen inneren Halte zumeist ein wenig nach der Seite umgelegt sind. Trotzdem ergeben sich für beide bei Messungen die gleichen Werte, Vergrößert man eine solche Geißel stark, so löst sie sich in viele zarte Fasern auf, deren jede an einem Basalkorne unter dem oberen Rande der Zelle inseriert. Von da ziehen plasmatische Fibrillen nach dem Zellgrunde. W^ir haben eine reguläre Wimperzelle vor uns, die sich von den umstehenden morphologisch nur dadurch unter- scheidet, daß ihre sämtlichen Härchen wie ein Strick zusammenge- dreht und vielleicht verklebt sind. Nach Panceri bewegen sich diese Geißeln in »langsamem Rhythmus«. Das ist erklärlich. Durch das Zusammendrehen der Cilien zu einem Bündel haben sie eben einen großen Teil ihrer Beweglichkeit eingebüßt. Seine Betrachtungen über den Leuchtkörper schheßt Rawitz mit den Worten : »Alle drei Abschnitte bilden mithin eine histologische und physiologische Einheit; sie sind als eine einzige, in den Siphonen außer- ordenthch lang ausgedehnte, vielzellige Drüse zu betrachten, deren Zellen für sich ohne einen besonders differenzierten, gemeinsamen Aus- fuhrgang zu besitzen, das von ihnen bereitete Secret nach außen führen. Die tinktionellc Eigentümlichkeit, welche im Schnittpräparate des Secretes dieser Organe, also die leuchtende Materie darbietet, die un- 376 Johannes Förster, gemeine Affinität zu basischen Anilinen und zum Hämatoxylin charak- terisiert die Massen als Mucinmassen. Worin die Differenz vom ge- wöhnHchen Mucin beruht, welche Momente es sind, die das Leuchten bedingen, das kann ich nicht sagen.« Diese Auffassung von den drüsigen Elementen im Leuchtorgane, wie sie von Kawitz hier vertreten wird, läßt sich nach der Erkenntnis, daß Schleim- und Leuchtdrüsen den Leuchtkörper zusammensetzen, nicht länger aufrecht erhalten. Wenn er anderseits dem Leuchtsecret mu- kösen Charakter zuschreibt, so hängt das mit seiner falschen Vor- stellung über die Herkunft der Schleimmassen zusammen. Demgegen- über habe ich sicher feststellen können, daß die Granula durchaus keine Mucinreaktion zeigen. Das Nervensystem. Zunächst möchte ich nicht versäumen, einige Bemerkungen über die Arbeiten jener Forscher zu geben, welche speziell das Nervensystem von Pholas untersucht haben. Duvernoy (1854) gibt zum ersten Male in seinen »Memoires sur le Systeme nerveux des Mollusques acephales<< unter andern einen Überblick über das gesamte Nervensystem von Pholas und fügt dem eine vollständige Zeichnung bei. Panceri (1872) beschreibt in einer Arbeit eingehend die Sipho- nerven und ihre Abzweigungen nach den verschiedenen Leuchtorganen. Über den Bau des Visceralganglions finden sich Angaben bei Eggee (1887) und Pelseneer (1891), die mir bei meinen Untersuchungen gute Dienste leisteten. Von Kawitz kommen hier zwei Arbeiten in Frage. In seinem centralen Nervensystem der Acephalen (1889) gibt er eine recht an- sprechende allgemeine Schilderung des centralen Nervensystems der Siphonier und Asiphonier und geht dann zur Beschreibung der feineren Struktur der Cerebral-, Visceral- und Pedalganglien über. Bei dieser Gelegenheit kündigt er auch für später eine ausführliche Darstellung des ganzen Nervensystemes von Pholas an, die bis jetzt jedoch nicht er- schienen ist; denn in der Abhandlung über den Mantelrand der Ace- phalen von 1892 beschränkt er sich auf eine knappe Beschreibung und schematische Abbildung der centralen Partien. Auf den Verlauf der größeren peripheren Nerven weist er nur andeutend hin. In einigen wesentlichen Punkten muß ich seine Angaben berichtigen und kann denselben manches Neue hinzufügen. Da die den meisten Arbeiten beigegebenen Zeichnungen mangel- über dk' Lcuclitorgano und das Xi-rvonsystoni von Pliolas daotylus. 377 haft sind, habe ich auf eine genaue bildliche Darstellung besondern Wert geleot. An Material standen mir nur fast ausoewachsene Tiere zur Ver- fügung, weshalb ein Zerlegen in Schnittserien wegen der Größe der Objekte nicht möglich war. Angewandt wurde das Schnittverfahren nur beim Nachweis des in Muskeln eingebetteten J^uccalganglions und der sehr zarten Buccalkommissur. Zum Einarbeiten verwandte ich altes Alkoholmaterial. Später lieferte mir die Zoologische Station in Neapel Tiere, die mit Chromessig- säure nach dem Rezept von Dr. Naef, Neapel, behandelt waren. Da diese Konservierung die Nerven recht widerstandsfähig macht und dadurch das Präparieren erheblich erleichtert, gebe ich sie hier kurz wieder. Die frischgefangenen Tiere werden in Seewasser mit Alkohol be- täubt (Ausstrecken des Sipho.) und diesem dann 4% Formol zugegeben. Nachdem eine mäßige Härtung eingetreten ist (1 Stunde), werden sie mit Süßwasser gut abgewaschen und etwa 24 Stunden in verdünnte Ohromsäurelösung gebracht. (Auf 9 Teile Wasser 1 Teil Lösung.) Die Zusammensetzung der Chromsäurelösung ist folgende: 50 Teile Eis- essig, 10 Teile kristalline Chromsäure, 40 Teile dest. Wasser. Auf diese Fixieruno; folsit 1 — 2 tägiges Wässern in Süßwasser und dann ein Über- führen in Alkohol, So behandelte Objekte eignen sich sehr gut zum Präparieren des peripheren Nervensystemes. Dagegen tritt leicht ein Verfall in den Ganglien ein, die man am besten an Alkohol- oder Formolmaterial präpariert. Zentrales Nervensystem. Alle nervösen Hauptcentren, die wir bei den Lamellibranchiern zu finden gewohnt sind, die Cerebral-, Visceral- und Pedalganglien kommen auch unsrer Muschel zu, und zwar in derselben Anordnung, wie sie allen Gliedern der Pholadideufamilie, mit Ausnahme der Tere- dinen, gemeinsam ist. Dazu gesellen sich noch die Buccalganglien, die infolge ihrer geringen Größe und der versteckten Lage bisher den For- schern vollkommen entgangen waren. Schließlich sind noch zwei gan- glionäre Anschwellungen zu erwähnen, eine paarige und eine unpaare. Kurz hinter der Abzweigung des Septalnerven können wir an jedem äußeren Mantelbogen eine mäßige Verdickung feststellen, die man als Siphonalganglion bezeichnet. Bevor die Cerebrovisceralcommissur in das Eingeweideganglion eintritt, zweigt sich sekundär eine kurze 378 Johannes Förster, aber starke Kommissur nach innen ab, die zu einem völlig kugligen, medianen Ganglienknoten führt, den Pelseneer zuerst bei mehreren Pholaden nachgewiesen hat, und den er Medianganglion nennt. Mir scheint die Bezeichnung »Prävisceralganglion « treffender, weil damit eine genaue Bestimmung seiner Lage verbunden ist. Über den Verlauf der Kommissuren, durch die diese Ganglien zu- sammenhängen, ist folgendes zu bemerken. Der Schlund wird völlig umschlossen, da einerseits von Buccal- ganglion zu Buccalganglion sich auf seiner ventralen Seite ein Nerven- strang, die Buccalcommissur, hinzieht, anderseits die Cerebralganglien untereinander durch die supraösophageale Cerebralcommissur ver- bunden sind. Außerdem stehen die letzteren durch Schlundcommissuren mit dem infraösophagealen Pedalganglion und durch die Cerebrovis- ceralcommissuren mit dem Visceralganglion in Zusammenhang. Kurz vor ihrem Eintritt in das Eingeweideganglion sind die beiden Cerebro- visceralkonnektive noch untereinander durch eine Commissur, die Prävisceralcommissur, verbunden. Durch ein Connectiv werden Fa- sern jedes hinteren Mantelnerven direkt nach dem entsprechenden Branchialnerven unter Umgehung des Visceralganglions geleitet. Zwi- schen Cerebral- und Buccalganglien sind infolge des engen Aneinander- legens die Commissuren stark verkürzt. Bemerkt sei nur noch, daß im Aufbau des centralen, wie peripheren Nervensystems vollkommene Symmetrie herrscht. Ganglion cerebrale. Das Cerbralgangiion, ein paarig ange- legtes Gebilde, ist zu beiden Seiten des Schlundes an der hinteren, ventralen Fläche des vorderen Schließmuskels anzutreffen, wo es in lockeres Bindegewebe eingebettet liegt. Von oben betrachtet zeigt es birnenförmige Gestalt, was ich besonders hervorheben möchte. Rawitz behauptet nämlich: »Bei den Siphoniata ist ihre Gestalt eine kugelige oder richtiger, da die abgehenden Nervenstämme das Äußere modi- fizieren, eine morgensternartige« und stellt sie einer »kegelförmigen Gestalt << bei Asiphoniern gegenüber. Für Pholas dact. trifft dies nicht zu. Sowohl auf Schnittserien wie auch auf Totalpräparaten erkennt man deutlich eine gestreckte Kegelform mit nach hinten gerichteter Spitze des Kegels. Die äußere und obere Fläche ist konvex, mäßig konkav die innere und flach die untere. Von jedem Cerebralganglion gehen vier Commissuren ab; aus der Kegelspitze tritt die Commissur zum Visceralganglion aus; die Cerebralcommissur entspringt am inneren oberen Rande, während die Fasern der Cerebropedalcommissur an einer darunterliegenden Stelle über die Linu'litorg;uic und das Xcrvensyslciii von Pliolas dactylus. 379 abzweigen; auf clor ventiaK'ii Seite verläßt die Cerebrobuccalcommissur das Ganglion. Außerdem entsendet jedes der beiden Nervencentren noch folgende, später zu behandelnde Nerven: den vorderen Mantelnerv, mit dem die Fasern für den vorderen Schließmuskel vereinigt sind und den Nerv für die Muskulatur des Ösophagus. Ganglion buccale. Dieses winzig kleine, kuglige Gebilde schmiegt sich der Unterseite des Cerebralganglions eng an, mit dem es durch eine ganz kurze Commissur verbunden ist. Mit der Gegenseite hängt es durch die ventralwärts vom Ösophagus liegende, langgestreckte Buccalcommissur zusammen. Textfig. 9. Schnitt durcli das rechte Cerebral- und Buccalganglion. cg, Cerebralganglion ; bg, Buccalgan- glion; ck, Cerebralcommissur; cbk, Cerebrobuccalcommissur; bgJk, Buccalcommissur; nös, Xerv für die Oesophagusmuskulatur. Vergr. Oc. 1, Obj. 8. Vom Buccalganglion aus werden durch feine Nerven die Mund- lappen innerviert. Ganglion viscerale. Das Visceralganglion stellt den größten Nervenknoten dar, den PJiolas dact. besitzt. Hat man die Kiemen vor- sichtig wegpräpariert, so sieht man das Ganglion, das mit seiner Dorsal- seite der ventralen Fläche des hinteren Schließnmskels anliegt, nur wenig oberhalb des Afters durch die zarte Haut hindurchschimmern. Es zeigt ungefähr die Form eines Quadrates, dessen vordere Partie in zwei konische Fortsätze ausgezogen ist, und das eine Länge von etwa V4 mm hat. Um den feineren makroskopischen Bau studieren zu können, heben wir die zarte Hülle, die es auf der ventralen Seite deckt, behut- sam ab. Durch eine Längsfurche wird es in zwei symmetrische Hälften zerlegt, während eine Querfurche, die senkrecht zur Längsfurche steht, eine größere Vorderhälfte von einer kleineren scheidet. Beide Furchen 380 osphr nag Textfig. 10. Visceralganglion (Dorsalansicht) mit da vorliegenden Prävisceralganglien. cvc, Cerobrovisceral- commissur; brnic, Branchial-Mantelnervcommissur; prc, Prävisceralconimissur mit Ganglion; nbr, Branchialnerv; npp, hinterer Mantelnerv; nr, jS'erv zur Niere; na, Nerv zum After; nag, Nerv zu den Ausführgängen der Geschlechtsorgane; osphr, Osphradium: nadp, hintere Schließmuskel- nerven. Vergr. Oc. 1, Obj. 5. Textfig. 11. Visceralganglion (Ventralansicht) mit davorliegendem Prävisceralganglion. Erklärung s.Te.xtfig.lO. ÜluT die Linulitorgaur und das Xi'ivi'iisystcin von l'holas dactylus. 381 sind nicht sehr tief, doch bei genauer Beobachtung gut sichtbar. Das VisceralgangUon zerfällt also in vier flach gewölbte Felder, von denen das vordere Paar sich ein wenig über die beiden hinteren Abschnitte hiuwegschiebt. Auf der Dorsalseite ist diese Vierteilung ebenfalls zu erkennen, nur weniger deutlich. Hinweisen möchte ich auf die Sipho- und Kiemennerv verbindende Commissur, die in geringem Abstände zu beiden Seiten des Eingeweide- ganglions hinzieht und bisher den Beobachtern stets entgangen zu sein scheint; denn in der Pholadenliteratur ist sie nirgends erwähnt. Meiner Ansicht nach handelt es sich hier um eine Brücke, die durch sekundäre Trennung gewisser Fasern vom Ganglion entstanden ist. Die ältere Literatur weiß von all diesen feineren Bauverhältnissen des Visceralganglions noch nichts. c=d\ \ Prävisceralcommissur mit Ganglion. Textfig. 12. Verschiedeil stark entwickelt. Vergr. Oc. 1, Obj. 5. Egger zeichnet die Längsfurche viel zu tief und erweckt damit beim Leser die Vorstellung, als ob das Visceralganglion noch paarig angelegt sei, was in Wirklicheit nicht der Fall ist. Die Abbildungen von Duvernoy, Panceri und Pelseneer sind sehr schematisch gehalten und lassen keine Details erkennen. Im Eingeweideganglion wurzeln eine ganze Reihe wichtiger Nerven, nämlich der hintere Mantelnerv, der Kiemennerv, ein Nerv zur Niere und Nerven für den hinteren Schließmuskel. Ihre genaue Beschreibung folgt später. Ganglion prae viscerale. Das Prävisceralganglion liegt bei Pholas dact. als ein kleines Knötchen zwischen den Connectiven, das merkwüdigerweise in seiner Größe recht variieren kann. So hatte es bei zwölf der von mir untersuchten Tiere ausgesprochen kugelige Gestalt (Textfig. 12 ö), während ich bei zwei Individuen kein echtes Ganglion finden konnte. Bei ihnen war die starke Prävisceralcommissur an der Stelle, wo sonst der Nervenknoten zu liegen pflegt, nur schwach ver- dickt (Textfig. 12 b). Die mikroskopische Untersuchung ergab, daß nur Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 2l) 382 Joharmes Förster, P^/3 wenige Ganglienzellen angelagert waren. Schließlich kann ich noch einen recht extremen Fall mitteilen, wo die Commissur nur ein zarter Faden war, so fein, daß ich ihn erst gar nicht bemerkte und an ein Fehlen glaubte (Textfig. 12 c). Ein Prävisceralganglion war nicht angedeutet und Ganglienzellen waren nur in den verbreiterten Ansatzstellen an den Connectiven nachweisbar. Zwei feine Nerven zu den Ausführgängen der Geschlechtsorgane konnte ich nur dann feststellen, wenn ein wirkliches Ganglion ausge- bildet war (Textfig. 12 «). Interessant ist, daß in dem Prävisceralganglion eine Kreuzung gewisser, von den Hirnganglien kom- menden Nervenfasern stattfindet. Hellt man z. B. ein Totalpräparat, in dem die Ganglienzellen mit Eosin gefärbt sind, mit Nelkenöl auf, so konstatiert man daran folgendes: An der inneren Seite der von den Hirnganglien kom- menden Cerebrovisceralconnective las- sen sich gewisse Nervenfasern wahr- nehmen, die von den übrigen Fibrillen geschieden sind. Sie biegen scharf in die Prävisceralcommissur ein, laufen schräg durch das Ganglion hindurch und verschwinden auf der gegenüber- liegenden Seite im Visceralganglion. Der bei weitem größte Teil, der im Connectiv enthaltenen Nervenelemente tritt, ohne sich gekreuzt zu haben, geradeswegs in das Visceralganglion ein (Textfig. 13). Den Verlauf und die Kreuzung der einzelnen Nervenfasern im Prävisceralganglion genau zu verfolgen, ist nur auf Schnitten möglich. Nie habe ich ein Aneinanderstoßen oder Verwachsen von Prävis- ceral- und Visceralganglion beobachtet, wie es Egger in seiner Zeich- nung darstellt. Beide Ganglienmassen sind stets durch ein bohnen- förmiges Foramen geschieden, das je nach der Ausbildung des Prävis- ceralganglions kleiner oder größer ist. Davon ist auch Pelseneer über- zeugt, der die Partien bei Pholas dact., Pholas Candida und Pholas cris- pata genau untersuchte. Nicht bekannt sind ihm die Nerven zu den Ausführgängen der Geschlechtsorgane, wie auch die verschiedene Größe des Prävisceralganglions. Egger verneint ebenfalls den Austritt von Nerven aus der ganglionären Querbrücke; so viel ich aber aus seiner ^.9 Textfig. 13. Längsschnitt durch das Prävisceralganghon und die Cerebrovisceralcommissuren ; zur Demonstration des Faserverlaufes, vg, Vis- ceralganglion; prvg, Prävisceralganglion; di, direkte Fasern; hr, sich kreuzende Fasern: cvc, Cerebrovisceralcommissur. Vbvv die Leuclitoigaiie luul das Nervciisystein von Fliolas dactylus. 383 Zeicliiiung entnehnion kann, hat das von ihm untersuchte Tier ein auti- gebildetes Prävisceralganglion garnicht besessen und entbehrte dem- gemäß der Nerven. Eine irrige Vorstellung von diesem Nervenknoten hat Rawitz. iSeiner Meinung nach »entspringen von den vorderen Ecken des Visceral- ganglions zwei zarte Nervenstämmchen, die nach vorn konvergierend sich zu einem kleinen Ganglion vereinigen und sich vielleicht in dem- selben kreuzen. Erst aus diesem Ganglion kommen die Cerebrovisceral- connective heraus«. Diese Angabe stimmt insofern nicht, als die Com- missuren schon aus dem Eingeweideganglion entspringen und sich niemals kreuzen. Über die Bedeutung solcher Prävisceralganglien bei Muscheln hat Stempell in einer neueren Arbeit Betrachtungen angestellt, in denen er folgender Ansicht zuneigt: >>Die meisten derartigen Medianganglien versorgen vornehmlich die Geschlechtsorgane. Wenn man alle diese in den Verlauf der Visceralconnective eingeschalteten Ganglien nicht als Bildnungen sui generis auffassen will, so kann man in ihnen eigentlich nur nach hinten verlagerte Sondercentren des sympathischen Nerven- systemes erblicken, die sich vielleicht deswegen bei Muscheln ausge- bildet haben, weil die meist langgestreckte Gestalt des Körpers der- selben die Schaffung besondrer Centren im hinteren Körperabschnitte forderte« (vgl. Chanui, Dreissensia, louannetia usw.), Ganglion pedale. Die ventral vom Schlundrohr gelegenen Fuß- ganglien sind so eng aneinandergerückt, daß sie zu einem Nervenknoten verschmolzen sind. Eine vertikale Eurche, wie sie bei den Unioniden noch nachweisbar ist imd die als ein letztes Dokument für die frühere paarige Anordnung angesehen werden kann, fehlt hier völlig. In seiner Gestalt gleicht es einem Rechtecke, dessen untere Ecken abgerundet sind und aus dessen oberen die starken Commissuren zu den Hirn- gangUeu ausstrahlen. Zwei Nervenpaare entspringen aus ihm und versorgen die Fuß- muskulatur und die Eingeweide. Ganglion siphonale. Hinter der Abzweigungsstelle des Septal- nerven stößt man auf ein unscheinbares, länghches Nervenknötchen, das Siphonalganglion, das zugleich die Ursprungsstelle für den ersten Branchialsiphonerv bildet. Einen sehr ansehnlichen Eindruck macht das Siphonalganglion auf der Zeichnung (Taf. III, Fig. 3) Panceris, wo es ungefähr halb so groß wie das Visceralganglion gezeichnet ist, eine Größe, die es sicher nie erreichen dürfte. Kawitz dagegen schreibt richtig, daß »die 2l>* 384 Johannes Förster, Ursprungsstelle des ersten Astes (für den Branchialsipho) durch eine kleine gangliöse Anschwellung ausgezeichnet ist«. Commissuren. Von den Nervenbahnen, diedie einzelnen Ganglien- knoten dieser Muschel zu einem centralen Nervensystem verbinden, ist in erster Linie die lange Cerebrovisceralcommissur hervorzuheben. Vom Cerebralganglion geht sie zuerst stark nach auswärts, bis sie unter der Anheftungs- linie der inneren Kiemenlamelle an der Grenze des Eingeweidesackes angelangt ist und nun- mehr in diesen eintritt. Parallel der Kieme, aber stets nach außen von der Körperhülle überdeckt zieht sie stark konvergierend nach hinten. Vom Eingeweidesacke setzt sie zum Nierenbeutel über, verläuft medianwärts von der Nierenspritze, um endlich hinter der Niere in das Visceralganglion einzutreten. Die Cerebropedal- und die Cerebralcom- missuren sind kurze Stränge, die durchaus normal verlaufen; weshalb ich auf eine ein- gehende Beschreibung verzichten kann. Endlich ist noch die Commissur zu er- wähnen, die beide Buccalgangiien verbindet und fast in ihrer ganzen Länge in die Musku- latur des Ösophagus eingebettet liegt. Wenn ich au dieser Stelle nochmals auf die Commissur zwischen dem Sipho- und Kiemen- nerv zurückkomme, so geschieht es, um über den Verlauf der Fibrillen einiges nachzutragen. Ehe sie vom Siphonerv abzweigt, be- merkt man, daß sich von den Fibrillen, die aus Sipho und Mantel kommen, eine Anzahl absondert, in die Kommissur eintritt und auf diesem Wege direkt zum Branchialnerven Textfig. 14. Zur Demonstration des Faserver- laufes in der Branchial -Mantel- nervencommissur. Längsschnitt. npp, hinterer Mantelnerv: nbr, Branchialnerv : osphr, Osplna- dium; brsc, Branchial -Mantel - nervcommissur. Textfig. 15. T^ewensysiemvon Pholasdactylus (Dorsalansiclit). Übersichtzeichnung, cs', t'erebralgau- ghon ; bg, Buccalganglion ; vg, Visceralganglion ; prg, Prä visceralganglion ; pg, Pedalganglion ; sg, Sipho- nalganglion: cc, Cerebralconimissur; bc, Buccalcomniissur; cpc, Cerebropedalcommissur: cvc, Cere- brovisceralcommissur; brtnc, Brancliial-Mantelnervcommissiir; na, Analnerv: nab, Mundlappennerv; nada, vorderer Schließmuskelnerv; tiadp, hinterer Schließmuskelnerv: nag, i^erv zu den Ausfiihr- gängen der Geschlechtsorgane; nas, Analsiphonerv; nat, Herznerv; nb^-^, Branchialsiphonerveu: nbr, Kiemennerv; ne, Nerv für den hinteren Teil des Eingeweidesackes: nf, Nerv für die vor- deren Partien um das Fußloch; ng, Nerv zu den Geschlechtsorganen; nmai-2, Nerven zu dem Mantelleuchtorgan; npi, innerer Mantelbogen; npe, äußerer Mantelbogen; npa, vorderer Mantel- nerv; npp, liinterer Mautelnerv: nre, Nerven zum Ketractormuskel: nse, Septalnerv; «, /<, r. *>, Commissuren zwischen den beiden äußeren Mantelbögen. 385 Textfig. 15. Erkläruncr s. S. 384 unten. 386 Johannes Förster, geleitet wird. Sie vermisclien sich nicht mit den Fasern, die aus dem Visceralganglion kommen, sondern laufen geschlossen zum Os- phradium und treten mit den Ganglienzellen in Konnex, die dort in großer Zahl liegen. Vom Branchialnerven wenden sich nur einzelne Fibrillen zu den Sinneszellen des Osphradiums; die Hauptmasse zieht geradeswegs nach den Kiemen. Ob durch diese Commissur ein spezieller und direkter Zusammen- hang zwischen dem Osphradium und dem Siphonalganglion geschaffen wird und welche Bedeutung ihm zuzuschreiben wäre, vermag ich nicht zu entscheiden. Wenn auch die Mantelbögen als echte Commissuren nicht ange- sehen werden können, so haben sie doch mit ihnen so viel Ähnlich- keit, daß man sie in dem Zusammenhange anführen kann. Die Feststellung des geschlossenen Mantelbogens verdanken wir DuvEKNOY, der ihn bei zahlreichen Lamellibranchiern nachwies. Er unterscheidet dabei zwei besondre Typen des Nervensystemes, einen »type palleal mouocirculaire << und einen »type palleal bicirculaire << (S. 33). Da der erste Typus nach seinen Beobachtungen nur den Mono- myariern und Pinna zukommt, brauche ich nicht näher auf ihn ein- zugehen. Dagegen soll der zweite sich besonders bei den Siphonaten finden, also auch bei Pholas. Dieser letztgenannte ist nun dadurch charakterisiert, daß vom Hirnganglion ein vorderer und vom Ein- geweideganglion ein hinterer Mantelnerv ausgeht, die von beiden Seiten her gegeneinander laufen, zusammentreffen und verschmelzen. Bicir- culaire, d. h. zweikreisig hat er diesen Typus bezeichnet, weil durch den Mantelbogen und die entsprechende Cerebrovisceralcommissur in jeder Mantelhälfte ein vollkommen geschlossener Nervenring geschaffen wird. Nach Angabe Duvernoys soll indessen auch ein doppelter Mantel- bogen vorkommen, und zwar dann, wenn der vordere wie der hintere Mantelnerv Gabeläste bilden, die sich vereinigen. Er selbst hat ihn jedoch bei keinem Siphonaten vollständig abgebildet. Bei Phohs ist er nun entschieden vorhanden, und zwar liegen die Verhältnisse da folgendermaßen : Aus dem 'Cerebralganglion tritt der vordere Mantelnerv aus, zieht über den Schließmuskel hinweg und wendet sich in steilem Bogen nach rückwärts. Vor der Spitze des Lippenleuchtorgancs teilt er sich in zwei Zweige. Der äußere, bedeutend stärkere verschwindet unter dem Drüsen- polster und läuft in der Verwachsungsmembran der Mantelränder nach hinten. Der andre geht erst ein Stück nach innen, zieht aber dann in der zarten Haut an der Grenze zwischen Rand und Mantel ebenfalls über die Leuchtorgano und das Xcrvonsystt'in von Pholas dactylus. 387 aboralwärts. Beiden Ästen kommt der hintere Mantelnerv entgegen, der auch zwiegespalten ist. Durch eine Vereinigung der vier Nerven entsteht ein doppelter Mantelbogen, der sich aus einem äußeren und einen inneren Bogen zusammensetzt. Zwischen den beiden äußeren Bogen vermochte ich mehrere Commissuren nachzuweisen, während ich zwi^ sehen dem inneren und dem äußeren Mantelbogen nur eine einzige Ver- binduugsbrücke entdecken konnte, die dann stets an der Stelle der grüßten gegenseitigen Annäherung lag. Die Ausbildung eines solch völlig geschlossenen Nervensystems, wie es Lamellibranchier mit freien Mantelrändern niemals besitzen können, dürfte für alle Pholaden cha- rakteristisch sein (vgl, Textfig. 15). Peripheres Nervensystem. Nerven des CTanglion cerebrale. Außer dem Mantelnerven und den Commissuren entsendet jedes Ganglion noch einen kleineren Nerv, der an der Basis, unmittelbar neben dem Buccalganglion entspringt und die ösophagusmuskulatur versorgt. Nerven des Ganglion pedale. Der muskulöse Fuß wird von zwei Nerven des Pedalganglions versorgt, die an seiner Vorderseite hinabziehen bis zur Sohle, in der sie sich auflösen. Zwei andre Aste wenden sich nach hinten und innervieren die Organe des Eingeweide- sackes (Darm, Leber, Kristallstielsack). Nerven des Ganglion viscerale. Auf der Dorsalseite des Eingeweideganglions gehen neben drei schwachen Nerven für den Schließ- muskel noch zwei zur Niere ab, welche vorn neben den Cerebrovisceral- commissuren entspringen. Aus den beiden vorderen Feldern treten auf der ventralen Fläche des Ganglions die starken Kiemennerven hervor. Zunächst laufen sie eine größere Strecke schräg* nach vorn und außen, mit den Cerebrovisceralcommissuren einen spitzen Winkel bildend ; später wenden sie sich im Bogen zu den Kiemen und treten an der Stelle ein, wo diese mit dem Nierenbeutel verwachsen sind. An der dem Sipho zugekehrten Seite sind die Branchialnerven mit Sinneszellen bedeckt, welche das Osphradium bilden. Nach hinten setzt sich das Visceral- ganglion in zwei breite, divergierende Nerven fort, die Mantel und Si- phonen versorgen. Dicht hinter dem hinteren Ende des Schließmuskels zweigt sich von der Innenseite jedes Stannnes ein feiner Nervenstrang nach der Afterpapille ab und bald darauf auf derselben Seite ein starker Nerv, der sich im Analsipho aufteilt. Weiter distalwärts entspringt dann, ebenfalls von der Innenseite, der Septalnerv, der das siphonale Leuchtoruan innerviert. 388 Johannes Förster, Aus dem darauffolgenden, früher beschriebenen Siphonalganghon geht der erste Branchialsiphonnerv hervor, dem unter spitzem Winkel noch vier weitere Nerven für den Branchialsipho folgen. Mit Ausnahme des Septalnerven verzweigen sich alle Siphonnerven dichotomisch und treten mit ihren letzten Ausläufern an die Sinneszellen auf den Papillen heran, die um die Öffnungen der Siphonen in reicher Zahl ausgebildet sind. Ihre einzelnen Verzweigungen genauer zu beschreiben, halte ich für überflüssig, da weder eine Gesetzmäßigkeit in ihrer Anordnung herrscht, noch eine völlige Symmetrie zwischen beiden Seiten besteht. Die benach- barten Siphonerven sind durch feine Anastomosen verbunden und so bilden die nervösen Bahnen dieses Mantelteiles ein geschlossenes Netz. Somit werden an die Siphonen von jedem Mantelbogen sieben Nerven abgegeben, und zwar: einer zum Analsipho, einer zum Septum und fünf zum Branchialsipho. Zwischen dem Nerv für den Analsipho und dem für das Septum zweigt sich auf der Außenseite des Hauptstammes der innere Mantel- bogen ab, dessen Ursprungsstelle von den Autoren verschieden an- gegeben wird. Panceri, der noch keinen geschlossenen Mantelbogen kennt, läßt einen Mantelnerv direkt aus dem Siphonalganghon her- vorgehen. Er ist seinem Verlauf nach identisch mit dem von mir festgestellten inneren Mantelbogen; der äußere Mantelbogen scheint Pakceri völhg entgangen zu sein. Nerven der Cerebrovisceralcommissur. Zu einem nicht ge- ringen Teile werden die Eingeweide von dieser Commissur aus inner- viert. Da sie doppelt angelegt ist, treten alle Nerven paarig auf. Der erste entspringt auf der Innenseite, läuft nach vorn und endigt auf dem Herzen. Dann zweigt ein Ast auf der Außenseite ab und steigt nach unten, um sich im hinteren Teile des Eingeweidesackes aufzufasern. Schließlich fand ich weiter vorn noch einen Nerv, der bei männlichen Tieren, wo ich ihn beobachtete, zu den Geschlechtsorganen führte, die in Gestalt dendritischer Schläuche den Eingeweidesack gleichmäßig durchsetzen. Aus der Richtung, in der er die Commissur verläßt, erkennt man, daß seine Fasern dem Cerebralganglion entstammen. Die Nerven, die vom vorderen Mantelnerven und vom inneren Bogen abgegeben werden, sind sehr zahlreich, aber weniger wichtig. Ich habe nur die hauptsächlichsten gezeichnet. Außer zwei, die sich zwischen den Fasern des Retraktormuskels aufteilen {nre), innervieren die übrigen die große Fläche des Mantels. Hervorzuheben ist dagegen noch der auf der Außenseite des inneren Mantelbogens entspringende Ast zum Mantelleuchtorgan. Die Partien um das Fußloch werden Vbvv die Lciulitorgauc und das XcrviMisy.stcin von IMiolas dactylu«. 389 durch eiiu'ii A.st des vordoicu Manteluerven verborgt, der auf der Außenseite abücht (;(/). Fassen wir die Ergebnisse der Untersuchungen über das Nerven- system zusammen, so ergibt sich folgendes: Das centrale Nervensystem von Pholas dactylus setzt sich zusam- men aus dem Ganglion cerebrale (paarig), Ganghon buccale (paarig), Ganglion pedale, Ganglion praeviscerale, Ganglion siphonale (paarig), die alle untereinander durch Commissuren zusammenhängen. Aus dem Ganglion cerebrale entspringen: 1. Der vordere Mantelnerv und mit ihm vereint der Schließ- muskelnerv. 2. Ein Nerv für die ösophagusmuskulatur. Aus dem Ganglion buccale entspringen: Nerven zum Mundlappen. Aus dem Ganglion viscerale entspringen: 1. Die hinteren Mantelnerven. 2. Nerven für den hinteren Schließmuskel. 3. Nerven zur Niere. 4. Die Kiemennerven. Aus dem Ganglion praeviscerale entspringen: Nerven zu den Ausführgängen der Geschlechtsorgane. Aus dem Ganglion pedale entspringen: 1. Nerven für die Fußmuskulatur. 2. Nerven für die Eingeweide. Aus dem Ganglion siphonale entspringt: Der 1. Branchialsiphonerv. Aus der Commissura cerebrovisceralis entspringen: 1. Ein Nerv zum Herzen. 2. Ein Nerv für den hinteren Teil des Eingeweidesackes. 3. Ein Nerv zu den Geschlechtsorganen. Aus dem äußeren Mantelbogen entspringen: 1. Nerven für das Lippenleuchtorgan, 2. Ein Nerv zum Mantelleuchtorgan. Aus dem inneren Mantelbogen entspringen: 1. Mehrere Mantelnerven. 2. Nerven zum Retraktormuskel. 3. Ein Nerv zum Mantelleuchtorgan. Aus dem vorderen Mantelnerv entspringt: Ein Nerv für die freien Lippen (vorn). Leipzig, im September 1913. 390 Johannes Förster, Literaturverzeichnis. J. Brock, Üoer homogene und fibrilläre Bindesubstanzen bei Mollusken. Zool. Anz. 5. Jahrg. Nr. 124. — Untersuchungen über die interstitiellen Bindesubstanzen der Mollusken. Zeit- schrift f. wiss. Zool. Bd. XXXIX. I.Heft. JusTUS Carriere, Die Drüsen im Fuße der Lamellibranchiaten. Arb. zool.-zoot. Inst. Würzburg. Bd. V. 1. Heft. Deshayes, Memoire sur la famille des Pholadaires. Ann. Scienc. nat. 2. ser. IX. zool. 1839. Karl Drost, Über das Nervensystem und das Sinnesepithel der Herzmuschel (Cardium edule). Morph. Jahrb. Bd. XII. 2. Hft. Raphael Dubois, Les vacuolides. Mcm. de la Soc. de Biologie 1887. — Anatomie et physiologie comparees du Pliolas dactylus. Ann. Univ. Lyon. T. II. 1892. — De la Physiologie et de l'anatomie du siphon du Pholas dactylus. Compt. rend. et Mem. de la Soc. de Biol. IX. ser. T. I. — Nouvelles recherches sur la phosphorescence animale. Compt. rend. et Mem. de la Soc. de Biol. IX. ser. T. I. — Photogeniqiie chez les Pholades. Compt. rend. et Mem. de la Soc. de Biol. VIII. ser. T. IV. — Sur la production de la lumiere chez le Pholas dactylus. Compt. rend. et Mem. de la Soc. de Biol. VIII. ser. T. V. 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Zool. Jahrb. Bd. IV. Lang, Lehrbuch der vergleichenden Anatomie der wirbellosen Tiere. Lief. 1. Hescheler: Mollusca. ÜbiT die Leuchtorganc und das Xorvousysti'in von Pholas dactylus. 391 Moqüin-Tandon, Note sur ime nouvoUc pairo de ganglions, observee dans le Systeme nerveux des Mollusques acephales: Compt. rend. Ac. Sc. T. XXXIX. P. Mayer, Über Schleimfärbung. Mitt. Zool. Stat. Neapel. Bd. XII. Paolo Panceri, Gli organi luminosi e la luce dei Piresoma e delle Foladi. Napoli 1872. Pelseneer, Contribution a l'Etude des Lamellibranches. Arch. de Biol. T. XL 1891. PoLi, Testacea utriusque Siziliae. T. 1. Pütter, Leuchtende Organismen (Sammclreferat). Verworns Zeitschr. f. allgem. Physiologie. Bd. V. B. Rawitz, Der Mantelrand der Acephalen. Jenaisch. Zeitschr. f. Naturwissensch. Bd. XXVII. — Das centrale Nervensystem der Aceplialeu. Jenaisch. Zeitschr. f. Naturwissen- schaft. Bd. XX. Aug. Reichensperger, Die Drüsengebilde der Ophiuren. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCI. 1908. Aug. Schuberg, Über den Zusammenhang von Epithel- und Bindegewebszellen. Verh. deutsch. Zool. Ges. Leipzig 1891. — Über den Zusammenhang von Epithel- und Bindegewebszellen. Sitzungsber. Würzburg. Phys.-Med. Ges. 1891. — Über den Zusammenhang verschiedenartiger Gewebezellen im tierisclien Organismus. Sitzungsber. Würzb. Phys.-Med. Ges. 1891. — Untersuchungen über Zellverbindungen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXIV. — Untersuchungen über Zellverbindungen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. LXXXVII. Otto Stecke, Die Leuchtorgane von Anomalops katoptron und Photoblepharon palpebratus. Leipzig 1909. (Habilitationsschrift). W. STEirPELL, Zur Anatomie von Solemya togata Poli. Zool. Jahrb. f. Anat. und Ontog. d. Tiere. Bd. XIII. 1. Heft. — Über das sogenamite sympathische Nervensystem der Muscheln. Festschr. d. med.-naturw. Ges. zur 84. Vers, deutsch. Naturf. u. Ärzte. Münster i. W. 1912. Erklärung der Abbildungen. Tafel IX. Fig. 1. Querschnitt durch den Leuchtkörper eines Mantelflecken. Die Leuchtdrüson sind stark entleert, wiz, Wimperzellen; md, Mucindrüscn mit wa- biger Struktur. ÄTj, Zellkern der Mucindrüse; Ld, Leuchtdrüse mit körnigem Secret erfüllt; k2, Zellkern der Leuchtdrüse; hi, Bindegewebe; pf, Leuchtsecret- pfropfen; hl, Blutgefäß. Vergröß. C.-Oc. 12. Imm. 1/12. Fig. 2. Flächenschnitt durch die untere Region des Leuchtkörpers (Lippen- organ), 2)1, Leuchtdrüsen, deren Secret noch homogen ist. gr, Leuchtdrüsen mit körnigem Secret; hi, Bindegewebe. Vergr. C.-Oc. 12, Imm. 1/12. Fig. 3. Nervenlängsschnitt (Siphonalorgan). Fix, innere Fibrillen; Fi-i, außenliegende Fibrillen; gz, Ganglienzellen. Vergr. C.-Oc. 18. Apo. 2 mm. 392 Johannes Förster, Über die Leuchtorg. u. d. Nervensystem v. Pholas dactylus. Fig. 4. Verschiedene Nervenzellen aus den Lenchtorganen. gi, unipolare, 9'2> 3» 4» 6' miiltipolare Zellen. Vergr. C.-Oc. 18, Apo. 2 mm. Fig. 5. Typische Stadien aus dem Entwicklungsgange des Leuchtsecretes. 5a. Zelle mit kaum sichtbarem Maschenwerke. 5b. Maschenwerk deutlich. 5c. Zelle im Umwandlungsstadium. 5d. Leuchtzelle mit körnigem Secret erfüllt, s, homo- genes Secret; w, Maschenwandungen; k. Kern; gr, Granulum; au, Drüsenausfuhr- gang; e. Epithel des Leuchtorganes ; au{a,b,c), Ausfuhrgang secretleer. Vergr. C.-Oc. 18, Apo. 2 mm. Fig. 6. Secretkörner aus den Leuchtdrüsen. Vergr. C.-Oc. 12. Apo. 2 mm. k, Concretionen ; a, äußerer Mantel; h, hoiuogene innere Masse. Fig. 7. Schleimdrüse: iva, wabige Struktur; k. Kern; ke, kelchförmige Erweiterung zwischen den Epithelzellen (e). Vergr. C.-Oc. 8. Immer. 1/12. Fig. 8. Pholas dactißas, geöffnet. Li, Lippenleuchtorgan; Ma, Mantel- leuchtorgan; 8i, leuchtende Streifen mit Sipho. 2/^ nat. Größe. Zellstudien. I. Bemerkungen zu den Methoden der modernen Zellforschung. Von Dr. Hch. Stauifacher. Mit 1 Figur im Text und Tafel X und XI. Demjenigen, der in der Zellforschiing sich umschaut, wird auf- fallen, daß von Schwann an bis heute die rein morphologische Rich- tung die unbedingt vorherrschende war. Aber auch darüber wird er sich bald klar werden, daß uns diese Richtung allein nicht mehr be- friedigen kann. Man darf ihr sogar vorwerfen, daß sie eine ganze Reihe von Problemen komplizierte, statt sie ihrer Lösung entgegenzuführen und daß sie den ursächlichen Zusammenhang verschiedener Vorgänge im Zellenleben verschleierte. Nach mehreren Richtungen hin geriet so die Cytologie allmählich in Sackgassen, aus denen sie vermutlich nur schwer wieder zu befreien sein wird. Ein solches Schicksal erlitt die Zellforschung z. B. durch die Lehre von dem Centrosom. Man braucht nur die Literatur über dieses Gebilde zu studieren, um sofort die Unsicherheit und den Wirrwar zu bemerken, welche hier herrschen. Und je zahlreicher die Meldungen über dieses »Zellorgan« einlaufen, desto verworrener wird die Situation, desto beladener die Terminologie und desto weiter ent- fernen wir uns vom Ziel: Dem Verständnis der mechanischen Funk- tionen des Centrosoms. Da gibt es doch, wie mir scheinen will, nur eine Rettung. Der Bergsteiger, der seinen Gipfel auf der von ihm eingeschlagenen Route nicht zu erklimmen vermag, wird nicht im Gefelse hängen bleiben wollen, bis ihn seine Kräfte verlassen; er wird vielmehr — falls er von seinem »Problem« nicht abstehen will — um- kehren und den Angriff von einer andern Seite versuchen. Zu einem ähnlichen Schritt müssen wir uns dem Centrosom gegen- 39J: Hch. Stauffacher, über aufraffen. "Wir vergeuden unsere Kraft und Zeit nicht mehr wie bis anhin im aussichtslosen Eingen mit diesem Organ, sondern fassen das Problem von einer andern Seite an. Wir ändern die Methode und zwar selbst auf die Gefahr hin . am Ende unserer Exkursion nicht mehr von seiner Majestät, dem Centrosom, sondern von Wesen niedri- geren Ranges empfangen zu werden. Dem kritischen Beobachter entgeht nämhch nicht, daß die Me- thoden, mit denen wir die Centrosomen bisher sichtbar machten, ein- ander auffallend nahe stehen und daß besonders zur Tinktion dieser Grebilde fast gar nur Heidenhaixs Eisen-Hämatoxylin in Anwendung kommt, ein Reagens, von dem Meves^ und Bexda^ sagen, »daß es eben alles färbe«. Auch Meves (loc. cit.) bekennt, »daß er zur Färbung vorwiegend Eisenhämatoxylin nach der Vorschrift von M. Heidexhaix (Zeitschr. f. wiss. Mikrosk. Bd. XIII) benutzt habe«. Aber »für die Darstellung der Centriolen (wie für diejenige der Mitochondrien) — fährt der Autor fort — kommt bekanntlich alles darauf an, den richtigen Ausziehungsgrad bei der Differenzierung zu treffen. Ich verfahre daher folgendermaßen: Ich nehme stets etwa zwölf Objektträger, von denen jeder mit zwei bis drei Reihen von Schnitten beklebt ist, gleichzeitig in Behandlung. Die Objektträger werden zunächst für 24 Stunden in einer 2 — 2Y2%igen Lösung von schwefelsaurem Eisenoxydammon, dann (nach kurzem Abspülen mit destilliertem Wasser) für ebenso lange Zeit in einer l%igen Häma- toxyhnlösung aufgestellt. Sie werden dann, nachdem sie mit Leitungs- wasser abgespült sind, mögHchst gleichzeitig zur Differenzierung in die Beizflüssigkeit zurückgebracht. Aus dieser werden sie in kleinen Intervallen nacheinander wieder herausgenommen; die einzelnen bisher gleich behandelten Objektträger werden demnach verschieden lange extrahiert. Sie werden dann weiter mit fließendem Wasser etwa V4 Stunde lang ausgewaschen und in Kanadabalsam eingeschlossen. Bei einem derartigen Vorgehen hat man offenbar Aussicht, wenigstens in einigen Fällen, den richtigenDifferenzierungs- grad zu treffen. Jedoch kann man auch dann niemals mit Sicherheit auf einen Erfolg rechnen. Ist er ausgeblieben, so 1 ilEVEs, F., Die Spermatocytenteilungen bei der Honigbiene (Apis mellifica L.) nebst Bemerlomgen über Chromatinreduktion. Schultze, ]\likrosk. Anat. 1907. Bd. LXX. 2 Bexda, C, Die Mitochondria. Ergebn. d. Anat. u. Entwicklungsgesch. 1902. Bd. XII. Zcllstudion. I. 395 muß inau weiter färben, wobei dieselben Lösungen, speziell die Hämutoxylinlösung, immer wieder benutzt werden können. AVirklich schöne Färbungen der Centriolen ergeben sich häutig erst nach monatelangem Arbeiten« i. Mit andern Worten: Mau l)ehaudelt die Zellen genau so lange, bis sie das zeigen, was man sich wünscht und sollte dies Monate dauern. Daß auf diese Weise aus dem maltraitierten Protoplasten alle möglichen Zuge- ständnisse an den Peiniger herauszupressen sind, gerade so, wie vom De- linquenten in der mittelalterlichen Folterkanmier, ist einleuchtend. Hat man zwölf Objektträger mit je zwei bis drei Reihen, also im ganzen viel- leicht 250 — 300 Schnitte, dann besteht Aussicht, »daß wenigstens in eini- gen Fällen der richtige Differenzierungsgrad getroffen werde. << Wer ent- scheidet denn nun aber hier, welches der »richtige << Differenzierungs- grad ist? Unter diesem »richtigen Differenzierungsgrad« kann ich mir persönlich nichts anderes vorstellen, als diejenige Differenzierung, die dem Autor das zeigt, was zu seinen Erwartungen und Voraussetzungen paßt. Nehmen wir an, dieser sogenannte richtige Differenzierungsgrad betrage einen Prozent aller vorliegenden Fälle. Was fangen wir nun mit den übrigen 99 Prozenten an? Wo ist der Maßstab, mit dem wir messen, mit dem wir vergleichen und der uns erlaubt, den einen Prozent als »normal« zu taxieren; und warum ist die weitaus größte Zahl der Objekte nicht »richtig« differenziert? Wo liegt hier der Fehler, an der Methode oder am Gewebe? Und wenn die Methode nicht zuver- lässig ist, warum will der Forscher nicht von ihr lassen? Es ist in der Tat ein Maßstab vorhanden, dem man vielorts felsen- fest vertraut: Es ist eine Theorie — die Centrosomentheorie — mit der man mißt, eine vorgefaßte Meinung über das zu erwartende Re- sultat. Was zu dieser Voraussetzung paßt, ist normal, was ihr wider- spricht, wird unbarmherzig ignoriert. — Aber dieser Maßstab ist nicht zuverlässig; die Methode jedoch ist so gefügig, daß sie bei genügend langer Einwirkung der Agentien auf die Zelle immer wieder Fälle de- monstrieren läßt, die jene Theorie zu stützen scheinen. Gerade aus diesem Grunde scheint mir das Eisenhämatoxylin- Verfahren vielen Forschern so unentbehrlich auf dem Gebiete der Centrosomenforschung zu sein. Bleibt nach einer wochen- oder monatelangen Kur irgendwo im Zelleib — unter Dutzenden von Fällen vielleicht ein einziges Mal — ein größeres Körnchen sichtbar, so ist das natürlich ein Centrosom und kommt zufällig ein anderes, ähnliches Körnchen in dessen Nähe, 1 Die Sperrschrift rührt von mir. Stauffachek. 396 Hell. Stauffacher, SO liegt der Schluß nahe, daß sich hier eine Teilung vollzogen. — Anders hätte auch die berühmte Dälle des Kernes als Bettung der Sphäre nicht zustande kommen können. Besser hätte das Subjektive, Willkürliche, das der Centrosomen- forschung anhaftet, nicht zum Ausdruck gebracht werden können, wie dies durch Meves anläßlich der Beschreibung seiner Fangmethode für Centriolen geschah und der Fall dürfte in unserer Wissenschaft selten sein, wo eine auf so schwanken Füßen stehende Theorie eine so allgemeine Anerkennung gefunden hat, wie die Lehre vom Centrosom. Mir wenigstens will es scheinen, als ob dies seit den Tagen des Plilo- gistons nicht mehr vorgekommen sei. Wir vermissen in der Zellenlehre bis jetzt überhaupt die Kon- stanten, die biologischen Konstanten, wenn dieser Ausdruck gestattet ist, und während in den sogenannten »exakten« Naturwissenschaften erst aus der Konstanz auf eine hinter der sichtbaren Erscheinung sich verbergende Ursache, — • dann aber mit Naturnotwendigkeit — ■ oeschlossen wird, kommen wir in der Biologie der Zelle vielfach über Willkürlichkeiten nicht hinaus. Daß übrigens bei einem solchen Stand der Dinge auch der Autoritätenglauben, den man mit dem letzten Scholastiker glaubte zu Grabe getragen zu haben, wieder aufzublühen begann, dürfte nicht verwunderlich sein. Die geforderten Konstanten aber werden sich nicht finden lassen, so lange wir nicht die bis jetzt vornehmlich in der Zellforschung an- gewendeten Methoden verbessern, unser Rüstzeug also zuverlässiger machen; von Konstanz im Zellgeschehen wird wenig zu spüren sein, wenn es uns nicht gelingt, an die Stelle solcher gefügigen Mittel, wie wir sie soeben kennen gelernt haben und deren Resultate der willkür- lichen Deutung Tür und Tor öffnen, andere Reagentien zu setzen, die dem Objekt selbst erlauben, eine deutliche und klare Sprache zu spre- chen. Das ist — meiner Überzeugung nach — nur unter Erfüllnug der nachfolgenden vier Bedingungen möglich: 1) Wir beeinflussen die chemische Eigenart der verschiedenen Eiweißkörper bei der Fixierung des Zellinhaltes so wenig als möglich. 2) Wir lassen den Protoplasten und seine Derivate diejenigen Farbstoffe freiwillig auslesen, zu denen sie wirklich Affinität haben. 3) Wir üben stete Kontrolle am lebenden Objekt, soweit dies überhaupt möglich ist und 4) wenden wir die Ergebnisse makrochemischer Forschung konse- quent auf die mikrochemische Erforschung der Zelle an. Gerade im cellulären Chemismus stoßen wir — und zwar bei Zrllstudi.n. I. 397 Fundamentalfunktionen — aul; gewisse konstante Erscheinungen, deren konsequente Verfolgung uns die wunderbarsten und versteckte- sten Beziehungen und Zusammenhänge in den Äußerungen des Zell- lebens aufzudecken verspricht und es kann nicht mehr bestritten werden, »daß die folgerichtige Anwendung der chemischen Grundgesetze auch die heterogensten Gebiete der Lehre von den Lebensvorgängen mit- einander verknüpfen und befruchten kann<Das Chromatin (genauer Basichromatin) des Zellkernes besteht also aus zwei Teilen, deren einer reich an gebundener Phosphorsäure ist und saure Eigenschaften zeigt, deren zweiter dagegen einen Eiweiß- körper mit basischen Eigenschaften (Histon) repräsentiert. Beide Bestandteile zeigen in ihrem Bau eine bemerkenswer-te Ähnlichkeit, welche auf der eigentümlichen Anhäufung von Stickstoffatomen beruht. Durch diese chemische Struktur werden die Chromatingebilde von den übrigen Bestandteilen der Zelle scharf unterschieden und diese Beschaffenheit muß offenbar mit der Funktion der Chromatine in Zusammenhang gebracht werden. Diese Stickstoff reichen und phosphorhaltigen Atomgruppen sind es, die in den Kernen vegetativer Zellen so konstant und in großer Menge vorkommen, deren Ab- lagerungsstätten in den Chromosomen bei der Zellteilung in Bewegung gesetzt werden und deren Übertragung auf andere Zellen einen wesent- lichen ^ Teil des Befruchtungsvorganges ausmacht« (Kossel). Ich möchte aber nicht versäumen, noch einmal darauf aufmerk- sam zu machen, daß die Bezeichnung Basichromatin ein Sammelname ist und eine Reihe verschiedener Körper umfaßt; ob dies jedoch Nu- cleoproteide oder Nucleine (im engeren Sinne) oder gar freie Nuclein- säuren sind, läßt sich vorläufig mit Sicherheit weder mikroskopisch noch chemisch entscheiden. Dagegen ist diese Gruppe von Chroma- tinen sehr viel einheitlicher und der chemischen Deutung, wie wir ge- sehen, sehr viel zugänglicher, als das, was wir bis jetzt als Chromatin zu bezeichnen pflegten. Ein diesen Basichromatinen specifischer Farbstoff ist das Me - thylgrün. Pappenheim 2 kommt zu demselben Schluß: >>Alle andern Zellbestandteile (Parachromatin, Spongioplasma, Paraplasma) sind vom Chromatin prinzipiell dadurch different, daß sie niemals Methyl- grün aufnehmen. Wir fassen diese andern als Plastinsubstanzen zu- sammen.« (S. 573). »Der basische Farbstoff, das Methylgrün, färbt nur Chromatin, keine Plastinsubstanz, auch nicht basophile «3 (S. 587). Und S. 592 : »Der Schlüssel des Verständnisses für das Ergebnis der 1 Hier bin ich mit Kossel nicht ganz einverstanden. Wir werden weiter hinten auf diesen Punkt noch zurückzukommen haben. 2 A. Pappenheim, Neue cytomorphologische Studien an Blutzellen mit farbenanalytischen Methoden. Folia hacniatologica. Bd. IX. 1910. 3 Ist die Base des Methylgrüns vorher befreit worden (z. B. durch Borax- zusatz), so würde selbstredend alle basophile Substanz gefärbt. 27* 400 Hell. Stauffacher, Methylgrün + Pyroninfärbuug liegt in einer Specifität des Methyl- grüns, das. ganz unabhängig von seinem Basizitätsgrad und seiner oeringen tinktoriellen Energie und Echtheit, von allen färbbaren Sub- straten eben einzig und allein nur Chromatin zu färben imstande ist, keine oxyphile Substanz und auch sonst keine basophile Substanz, weder Bakterien, noch Lymphoplasmen noch basophile Mastkör- ner färbt . . . Diese Spezifität des Methylgrüns ist also tat- sächHch eine gewisse Schwäche oder Impotenz, die aber weder eine Schwäche des chemischen Charakters noch der physikalischen Tinktorialkraft ist, sondern in einer besonderen Stabilität des Farb- salzes beruht. Sie beruht vermutlich darin, daß das Molekül seines Farbsalzes, dieses Chlormethyl- oder Jodäthyl-Chlorzink-Doppelsalzes, so fest in sich gebunden ist, daß allein die Nucleinsäure des Chromatins (nicht einmal die viel stärker basophile Substanz der sogar in saurer Lösung farbecht färbbaren Mastzellkörper) von allen basophilen Sub- stanzen imstande ist, dieses Farbsalz in seine Jonen zu dissoziieren und seine Karbinolbase ^ zu isolieren, welcher Prozeß einer chemischen Färbung vorangehen muß. Diese feste Bindung ist also eine ganz andere Art von >> Schwäche << als die Mattheit und wenig distinkte Hellig- keit seiner Färbungen sowie die große tinktorielle Schwäche und Un- echtheit seines Haftens. Sie ist weder eine schwache Basizität, noch eine schwache physikalische Echtheit, noch eine schwache Färbekraft und Intensität, sondern die »Schwäche« liegt einzig und allein in der spezifisch zirkumskripten Beschränkung der Extensität des Wirkungsbereiches dieses Farbstoffes. Er ist spezifisch nur Chromatinfärber. << In diesem Falle würde ich — so sehr ich sonst mit Pappen heim übereinstimme — überhaupt nicht von »Schwäche« sprechen; diese 1 Als Carbinol bezeichnet man eigentlich den Methylalkohol CH3OH. Methylgrün ist nun ein Derivat des Rosanilins und dieses gehört zu den sogenannten Triphenylmethanfarbstoffen, die ihrerseits auf das Triphenylmethan CH(C6H6)3 zurückgeführt werden können. Die dem Methylgrün C6H4N(CH3)2 C-C6H4N(CH3)2 ^C6H4N(CH3)2C1.CH3C1 zugrunde liegende Base CeH4N(CH3)2 \>CeH4N(CH3)2 OH ist also quasi Carbinol, in dem 3H-Atome durch den einwertigen Rest C6H4N (0113)2 des Dimethylanilins ersetzt sind. Stauffacher. Zellstuclicn. I. 401 Bezeichnung scheint mir hier gar keine Berechtigung zu haben. Man könnte sonst jedem Reagens auf chemisch-analytischem Gebiete mehr oder weniger »Schwäche << vorwerfen, so — um nur eins von vielen zu erwähnen — dem NfiSSLERschen Reagens zur Nachweisung von in Wasser gelöstem Ammoniak. Die alkalische Lösung des Queck- silberchlorids in überschüssigem Jodkalium (besser: die alkahsche Lösung des komplexen Salzes KgllgJ^) ist bekanntlich ein Nach- weisungsmittel für NHg in Trinkwässern. Um ihren Zweck erfüllen zu können, muß aber die NESSLERsche Lösung vor allem eine Eigen- schaft haben: Ihre Reaktion muß charakteristisch, auf NHg specifisch sein, d. h. sie darf nur mit NHg, nicht auch mit einer andern Substanz erfolgen, sonst weiß man ja gegebenenfalls nicht, welche von den mög- lichen Verbindungen vorliegt. Man weist z. B. analytisch die salpetrige Säure sehr häufig durch Jodkalium nach, aus dem HNOg durch Oxy- dation Jod auszuscheiden vermag. Das ist aber keine für HNO2 charakteristische Reaktion, weil sie auf diese Verbindung nur dann sicher hinweist, wenn Chlor oder Brom, H2O2 und Ferrisalze abwesend sind; denn alle diese Substanzen machen aus Jodkalium ebenfalls Jod frei. Ein charakteristischer und daher einwandfreier Nachweis der salpetrigen Säure findet dagegen statt mit dem Reagens von Peter Griess oder von Ilosway v. Ilosva (Lunge). — Erst diese Mittel bewahren uns vor Irrtümern und daher ist vom chemisch-analytischen Gesichtspunkte aus diese Einseitigkeit der NESSLERschen oder Lunge- schen Lösung gerade das Gegenteil von »Schwäche <<, trotzdem auch ihnen eine »spezifisch zirkumskripte Beschränkung der Extensität des Wirkungsbereiches« zukommt. Wollen wir die Resultate makrochemischer Untersuchungen auf die Erforschung der Zellbestandteile anwenden, so werden wir auch die Methoden, die sich dort so vorzüglich bewährt, in den Bereich der mikrochemischen Analyse ziehen. ; wir werden darnach trachten, die verschiedenen chemischen Substanzen des Zellinnern zu indivi- dualisieren und zu charakterisieren und hierfür Reagentien zu be- schaffen suchen, Reagentien die vorläufig vielleicht bloß auf den chemi- schen Eigenschaften allgemeiner Natur — der überwiegenden Säure- oder Basekapazität — der Masse beruhen. Das Methyl- grün geht aber, wie wir gesehen, bereits über das hinaus, was wir Gruppenreagens in dem angedeuteten Sinne nennen würden; denn es charakterisiert bereits eine spezielle basophile Gruppe, die Klasse der Nucleinkörper und dadurch wird uns die Spezifität des Methyl- grüns sehr wertvoll. Ich bin mir der Schwierigkeiten, die sich hier 402 Hch. Stauffacher, dem Bio-Chemiker entgegenstellen werden, vollauf bewußt und ich bin mit Heidenhain durchaus einverstanden, wenn er das, was wir bis jetzt durch Methylgrün, BiONDische Lösung und andere heterogene Farbstoffgemische erreicht, nur als Anfang einer mikrochemischen Analyse durch Farbenreaktionen gelten lassen wilU. Der Anfang ist sogar ein recht bescheidener; aber das ist nicht ausschlaggebend und wirkt auf mich persönlich weder entmutigend noch abschreckend; denn die Anfänge sind immer bescheiden. Entscheidend wird die Frage sein, ob die Gesichtspunkte und Prinzipien, die wir auf die Er- forschung der Zelle anwenden wollen, einwandfrei seien; und wenn wir die mit unsern schwachen Mitteln bis jetzt gewonnenen Kesultate — ganz besonders die Konstanz der beobachteten Erscheinungen — überblicken, so könnten war in der Tat glauben, wir befänden uns auf guter Fährte. — Und in der Ferne sehen wir den Schwärm der Fer- mente als feinste Indikatoren (sehr charakteristisch in ihren Keak- tionen und im höchsten Grad empfindlich) dem Zellforscher zu Hilfe eilen, mit deren Unterstützung er Probleme lösen wird, an die wir uns jetzt noch nicht heranwagen dürfen. Auch in dieser Beziehung ist ja erst ein ganz bescheidener Versuch gemacht. Eine auffallende und für unsere mikrochemischen Bedürfnisse äußerst wichtige Eigenschaft der Nucleine hat Miescher^ festgestellt. Er fand nämlich, daß sie in künstlichem Magensaft, also in Pepsin- Salzsäure unverdaulich seien, bzw. daß von jener Molekularkombina- tion nur der Eiweißpaarling gelöst werde. Diese Eigenschaft ist neben dem Gehalt an Phosphorsäure und an Purin- bzw. Pyrimidinbasen charakteristisch für die Nucleoproteide. Nach Milroy und Umber^ soll zwar in guter Pepsinsalzsäure auch ein beträchtlicher Teil der Nucleinsäure gelöst werden. Ich weiß nicht, was die genannten Autoren unter »guter« Pepsinsalzsäure verstehen; die Pepsinsalzsäure, deren ich mich bediene, stammt von Dr. GRÜBLER-Leipzig, wird mit dem dreifachen Volumen 0,2%iger HCl versetzt und jeweils möglichst frischer Sendung entnommen. Die zahlreichen Beobachtungen, die ich mit diesem Präparat machen konnte, haben mich hinreichend darüber belehrt, daß seine verdauende Wirkung eine sehr gute ist. Nichtsdestoweniger blieben in ihm die winzigsten Nucleinkörnchen, die ich bei lOOOf acher Vergrößerung 1 M. Heidenhain Plasma und Zelle. Bd. I. S. 119.| 2 F. MiESCHER, Hoppe-Seylers Medizin. -chem. Unters. 1871. S. 441. 3 Zitiert nach Cohnheim, 0., Chemie der Eiweißkörper. Braunschweig. Vieweg. II. Aufl. 1904. S. 222. Zellstudien. I. 403 noch nachzuweisen vermochte, selbst bei 15stündiger Einwirkung der Verdauungsflüssigkeit erhalten. "Wenn also durch Pepsinsalzsäure neben dem Eiweißpaarling der Nucleine auch die Nucleinsäure ange- griffen wird, so kann das kaum in erheblichem Maße der Fall sein. In Alkalien oder in durch Hydrolyse alkalisch reagierenden Lö- sungen von Salzen (Soda, Pottasche) lösen sich die Nucleinkörper — • wie vorauszusehen war — auf; ebenso begreiflich ist ihre Verdauung in Trypsin. Mit Hilfe der Pepsin- und Trypsinvcrdauung machte ich einen lehrreichen Versuch an Eiern von Anodonta. In einer Arbeit ^ wies ich darauf hin, daß die doppelten Nucleolen der Teichmuschel aus zwei chemisch ganz verschiedenen Teilen bestehen, indem der (später) kleinere Abschnitt nucleinhaltig, der (später) größere dagegen frei von Nuclein sei. Ich unterwarf nun die Eizellen der Verdauung und zwar einerseits der Pepsinsalzsäure — anderseits der basischen Trypsin- vcrdauung. Der Prozeß dauerte in beiden Fällen 9 Stunden; gefärbt wurde nachher ebenfalls in beiden Fällen mit Fuchsin-Methylenblau. Die Fig. 1 und 2, Taf. X, zeigen den Effekt. In Fig. 1 (Pepsin Verdau- ung) ist der ganze Kern leer; nur der kleinere Teil des Nucleolus blieb erhalten und nahm intensiv Methylenblau auf, genau wie vor der Verdauung (loc. cit. Taf. XXIII, Fig. 11 u. 12). Die Konturen des größeren Nucleolarabschnittes Avaren noch etwas sichtbar. — In der fast gleichmäßig blau gefärbten Fläche der kleineren Nucleolar- partie erkennt man sehr gut einzelne schwarzblau gefärbte Körnchen, von denen sich die größten vornehmlich in der Nähe des Randes auf- halten. Die hier dunkelblau tingierten Elemente würden sich in Ehk- LiCH-BiONDis Lösung dunkelgrün gefärbt haben, intensiver also, wie die ül)rige Fläche dieses Abschnittes (loc. cit. Taf. XXIII). — • Tatsächlich ist zwar auch der in Fig. 1 gezeichnete Kern • — ■ obschon er hier leer erscheint — nicht ganz frei von Nuclein ; denn in der oben zitierten Abhandlung wurde gezeigt, daß der Nucleus des reifenden Anodonta-^ies immer geringe Mengen jener Substanz enthält. Die kleinen Nucleinportionen sind jedoch nicht etwa verdaut worden, wie man das nach Milroy und Umber annehmen könnte, sondern aus der Schnittfläche herausgefallen, weil sie ihrer Grundlage — die ver- daulich ist — beraubt worden sind. Genaue vergleichende Unter- suchungen berechtigen durchaus zu dieser Annahme. Ganz anders nun sieht der Schnitt (Fig. 2) durch ein Anodonta-Ki 1 HcH. Stauffacher, Neua Beobachtungen auf dem Gebiete der Zelle. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCVIII. 404 Hch. Stauffacher, nach der Trypsin Verdauung i aus, trotzdem die beiden Objekte der Fig. 1 und 2 in allen Punkten sonst völlig gleich behandelt wurden. In erster Linie fällt der Kern auf. Man bemerkt auch hier wieder den doppelten Nucleolus. Nun ist aber der kleinere Abschnitt des- selben leer (derjenige Teil also, der in Fig. 1 erhalten blieb), während der größere Nucleolarteil persistiert und intensiv den Fuchsinfarbstoff aufnimmt. In ihm bemerkt man ferner ein feines weitmaschiges Netz- werk, offenbar dasselbe, das in den Fig. 11 und 12 der Taf. XXIII der oben erwähnten Untersuchung eingezeichnet ist. Während aber dort die Ecken der Maschen mit kleinen Körnchen besetzt sind, die besonders in der Mitte der Scheibe zahlreich auftreten, erkenne ich solche Verdickungen hier nicht mehr; sie sind ohne Zweifel auch ver- daut. Wenigstens sehe ich keine andere Ursache, die sie aus dem orga- nischen Zusammenhang mit der sonst völlig intakt gebliebenen Schnitt- fläche hätte lösen können. — Die Berandung dieses Teils des Nucleolus erscheint hier außerordentlich scharf. Die Umrisse des kleineren Nucleolarabschnittes sind deutlich zu sehen, ebenso einige Brücken, die von hier in den Kernraum führen und an ihrer Basis die Stellen zeigen, die vorher von den Kügelchen eingenommen wurden, die uns in Fig. 1 durch ihre dunkelblaue Färbung auffielen. Tingiert ist, wie gesagt, nichts in dieser Partie — sie ist durchaus hell; doch beobachtet man in ihr bei sehr genauer Visitation ein feines Netzwerk ungefärbter Substanz: Es ist die oxychroma- tische Grundmasse des Nucleins. Diese Grundsubstanz ist also nicht verdaut, wie man aus der Fig. 2 schließen möchte; dagegen ist sie nicht gefärbt. Hätten wir nämlich den Schnitt der Fig. 2 nicht mit Fuchsin-Methylenblau, sondern mit Ehrlich-Biondis Lösung, bzw. mit Säurefuchsin gefärbt, so würde nicht nur der größere, sondern auch der kleinere Nucleolarteil eine rote Färbung angenommen haben. Derjenige, der in der Mikroanalyse schon einigermaßen bewandert ist, wird dieses Kesultat mit Sicherheit erwarten. W^ir wissen nämlich, daß dem Nuclein überall oxy chromatisches Material zugrunde liegt; diese oxyphile Grundsubstanz ist in Trypsin nicht verdaulich^, sie färbt sich aber nicht mit neutralem Fuchsin, sondern — kraft ihrer ausgesprochenen Oxyphilie — nur mit Säure fuchsin, das bekannt- lich eine Komponente des EHRLiCH-BiONDischen Farbstoffgemisches 1 0,1 g Tryjjsin sicc. gelöst in etwa 30 com alkal. Wasser. 2 RuziCKA hat vor mir die gleiche Beobachtung gemacht. Vgl. Ruzicka, Vlad., »Das Chromatin und Plastin in ihren Beziehungen zur Regsamkeit des Stoffwechsels.« Festschr. z. 60. Geburtstage R. Hertwigs. 1910. Bd. I. ZcUstudien. T. 405 ist. Wir werden übrigens bald einen andern Fall antreffen, wo die Affinität der oxychromatischen Substanz zu sauren Farbstoffen ebenso ausgeprägt ist, wie hier. In Fig. 2«!, Taf. X, ist nun eine Eizelle von Anodonta — genau so vorbehandelt wie Fig. 2, — nach der Trypsinverdauung in Ehr- LiCH-BiONDis Lösung gefärbt. Wir beobachten in der Tat Rotfärbung des gesamten Nucleolus; auch der kleinere Abschnitt ist nun deut- lich rot tingiert, wenn er auch an Intensität der Färbung seinen größeren Begleiter nicht erreicht. Damit ist auch der Beweis, daß die Grundsubstanz des kleineren Nucleolarteiles in Trypsin nicht verdaut wurde, erbracht. Wir haben soeben erfahren, daß die beiden Nucleolarabschnitte in Ehrlich -BiONDi verschieden starke Rotfärbung annehmen, selbst nachdem das Nuclein aus dem kleineren Teil des Kernkörperchens entfernt ist. Daraus könnte man auf eine Verschiedenheit in der Grundsubstanz der beiden Abschnitte schließen. Aber auf graduelle Differenzen und Farbennuancen läßt sich nicht sicher bauen, und ihre Verwertung würde ein viel zu subjektives, willkürliches Moment in unsere Zellforschung tragen. Zum Aufsehen mahnen ja solche Er- scheinungen zweifellos und sie geben — als Fingerzeig — wenigstens den ersten Anstoß zu einer genaueren Erforschung der eventuell vor- liegenden-Differenzen. — Nun haben wir zwar gesehen, daß in Trypsin die Grundsubstanz beider Nucleolarabschnitte unverdaulich ist, was uns dazu verleiten könnte, an der soeben ausgesprochenen Vermutung, die beiden Teile könnten different sein, wieder zu zweifeln. Aber in neutralem Fuchsin ist die Grundsubstanz des kleineren Nucleolarteils nicht färbbar, tingierbar dagegen ist der größere Abschnitt des Nucleolus. Der kleinere Teil des Kernkörperchens ist also nur färbbar in Säurefuchsin; seine Gundsubstanz ist ausgespro- chen oxyphil. Der größere Abschnitt dagegen ist tingierbar sowohl in Säurefuchsin wie in gewöhnlichem Fuchsin. Der kleinere Nu- cleolarabschnitt des reifenden Anodonta-^ies unterscheidet sich also nicht nur dadurch von seinem größeren Begleiter, daß er Nuclein enthält: Auch seine Grundsubstanz verhält sich anders wie die- jenige des größeren Abschnittes, — • Es bliebe nun noch die Frage zu erledigen, ob die Materie des letzteren etwas von der Grundsubstanz des ersteren enthalte. Das läßt sich mit den mir momentan bekannten ^Mitteln nicht sicher entscheiden, ist aber aus dem Grunde wohl zu verneinen, weil die Grundmasse des kleineren Nucleolarteiles Nuclein 1 Jn die Abbildung aufgonoinrncii wurde l)loß der Xueleolus. 406 Hch. Staiiffacher, ZU erzeugen imstande ist, während diese Eigenschaft dem größeren Nucleolarabschnitt durchaus abgeht. Der kleinere (cyanophile) Nucleolarabschnitt in den Eiern von Anodonta, TJnio, Cyclas usw. entspricht den Nucleolen vegetativer Zellen. Bei der Reifung des Eies nimmt er allmählich ab und ver- schwindet schließlich ganz, während der erythrophile nunmehr sein Maximum erreicht. Nur der letztere bleibt in der Eizelle zurück; über seine Bedeutung weiß ich auch jetzt noch nichts Bestimmtes anzugehen, doch werden weitere Untersuchungen seine Rolle in der befruchtungsbedürftigen Eizelle sicher festzustellen vermögen. Man könnte zunächst annehmen, daß es Abbauprodukte der Kerntätigkeit seien, die sich im größeren Teil des Kernkörperchens gesammelt; aber die netzigen Strukturen und ihre Verdickungen, die man im Innern des Körperchens nachweisen kann, scheinen mir jene Annahme nicht sonderlich zu stützen. Möglicherweise erwacht das sonderbare Ge- bilde erst nach erfolgter Befruchtung zu neuem Leben. — Jeden- falls aber haben wir zwei Arten von Nucleolen scharf von einander zu unterscheiden: Solche, die Basichromatin erzeugen und solche, die dies nicht zu tun imstande sind und vielleicht Abbaustoffe aufspeichern. Der Kern der Fig. 2 ist noch in einer andern Richtung interessant. Die Gesamtfläche des Nucleus hebt sich nämlich sehr deutlich von dem Cytoplasma ab und zwar dadurch, daß nicht nur das im Mikroskop sichtbare Netzwerk gefärbt ist, sondern auch der Raum zwischen den Maschen. Das ist im Cytoplasma nicht der Fall; hier sind die Räume zwischen den mehr oder weniger engen Maschen nicht tingiert. Die sehr deutliche und gleichmäßige Rotfärbung der ganzen Kern- fläche ist wohl dadurch zu erklären, daß die Struktur der oxychroma- tischen Grundsubstanz des Kernes eine sehr dichte ist, viel dichter als im Cytoplasma, und daß ein großer Teil dieser Strukturen vor- läufig jenseits der Leistungsfähigkeit unsrer Mikroskope liegt. Ich werde nächstens referieren über die parthenogenetischen Eier von Phylloxera vastatrix und wir werden sehen, daß dort in dem soeben geschilderten Punkte ganz dieselben Verhältnisse vorliegen wie bei Anodonta: Die Kernfläche ist als Ganzes tingiert und hebt sich sehr scharf gegen das viel hellere Cytoplasma ab. Im Kern der Fig. 2 erkennen wir endlich eine Anzahl größerer und kleinerer Kugeln von intensiv roter Färbung, die mir bis jetzt noch nicht aufgefallen waren, aber in den Präparaten der Trypsin- verdauung regelmäßig vorkommen. ZelUtudieii. I. 407 Neben den basophilen Nucleinen finden wir nun aber in der pflanz- lichen und tierischen Zelle noch eine andere Substanz mit ebenfalls ausgesprochener Affinität zu. Farbstoffen. Es ist soeben darauf auf- merksam gemacht worden, daß sich die Grundsubstanz des kleineren Nucleolarteiles vom Anodonta-Ki nicht in Fuchsin, dagegen in Säure - fuchsin färbe. Etwas ganz ähnliches beobachten wir z. B. bei der Tink- tion eines Pollenkornes mit Fuchsin-Methylenblau. Es ist früher einmal 1 darauf aufmerksam gemacht worden, daß der generative Kern der Pollenkörner wenig Basichromatin enthalte, während der vegetative damit förmlich erfüllt sei. Färben wir nun den Schnitt durch ein Pollenkorn — vielleicht von Fritülaria imperialis — (siehe Fig. 26) mit Fuchsin-Methylenblau, so wird kein Fuchsin aufgenom- men. Das Cytoplasma bleibt also, sofern es selbst keine basichroma- tischen Elemente enthält, ungefärbt, ebenso der generative Kern^, mit Ausnahme seines Nucleolus und der auf der Kernfläche etwa vor- handenen Nucleinkörnchen. Ersetzen wir dagegen das Fuchsin-Me- thylenblau durch die EHRLiCH-BiONDische Lösung, d. h. das gew^öhn- liche neutrale Fuchsin durch das saure Fuchsin, so färben sich sofort die vorhin farblosen Partien leuchtend rot, ein Beweis für die ausge- sprochene Oxyphilie dieser Substanzen (Fig. 2c). Die Grundsubstanz der Zelle ist durchaus oxyphil, d. h. die che- mischen Verbindungen, welche diese Substanz zusammensetzen, zeigen deutliche und konstante Affinität zu sauren Farbstoffen ; wir fassen sie deshalb unter der Bezeichnung Oxy chromatin zusammen, w^ährend bis jetzt für diesen Zellbestandteil die Bezeichnung Plastin oder Linin üblich war. Aus dem Gesagten geht ohne weiteres hervor, daß der Ausdruck Oxychromatin ein Sammelname ist, wie das ja auch von der Bezeichnung Basichromatin gesagt werden mußte. Aber diesem Oxychromatin haben wir uns bis jetzt chemisch noch weniger zu nähern vermocht, wie dem Basichromatin und vermutlich wird uns die Ent- wirrung der oxyphilen Zellsubstanzen noch größere Schwierigkeiten bereiten, wie diejenige der basophilen Verbindungen. Das Basichromatin sitzt, wie ich schon früher betont^, immer auf konformer oxychromatischer organisierter Unterlage, aus der es ja auch — und zwar in den Nucleolen — hervorgeht. Diese oxychromatische Grundsubstanz, das Plastin oder Linin, auch 1 Stalffacher, Hch. Beiträge zur Kenntnis d. Kernstrukturen. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1910. Bd. XCV. Hft. 1. 2 Der generative Kern zeigt mitunter eine Spur von Rötlichfärbung. 3 loe. cit. 408 Hell. Stauffachor, Achromatill geiianiit, wurde früher beim Studium der Zelle fast ganz und wird auch jetzt noch zu sehr vernachlässigt, beim Chromatin-, Vererbungs- und Centrosomenproblem so gut, wie beim Vorgang der Kernteilung, in der Lehre von einer Kernmembran ebenso, wie bei der Beschreibung der Chondriosomen , und der Entstehung der Chloro- phyllkörner. Es ist das protoplasmatische Material der Zelle, das formgebende Prinzip derselben, der Sitz der Kontraktilität, der Irri- tabilität und der Heizleitung: Kot färbt sich in Ehrlich-Biondis Lösung der Leib des Paramaeciums, rot die Cilie und die Geißel, der Schwanz des Spermatozoids und die Muskelfaser, rot die Ganglienzelle samt Kern und Nervenfaser. Auch Heidenhain sagt (loc. cit. S. 165): »Der Liningrundlage des Kernes hat man offenbar in morphologischer und physiologischer Beziehung viel zu wenig Beachtung geschenkt, denn das Linin ist offen- bar die formgebende, sich gestaltende Substanz der Kernstruktur. Das muß richtig dahin verstanden werden, daß die Chromiolen inner- halb des Linins frei suspendiert sind, weswegen die Formen der Kern- struktur und die Form der Chromosomen Formen des Linins in mor- phologischem Sinne sind.« Aus der Beobachtung, daß das Basichromatin konstant auf kon- former oxychromatischer Unterlage sitzt, die es nie verläßt, ziehe ich den Schluß, daß wir im organisierten Plastin eine Substanz vor uns haben, die zu den Nucleinen besondere Affinität hat. Das erinnert uns sofort an eine Idee Paul Ehrlichs, die er anläßlich seiner Untersuchungen über Immunisierung gegen die Try- panosomeninfektion ausspricht i. Indem Ehrlich die Möglichkeit ins Auge faßt, Trypanosomenstämme zu züchten, die gegen bestimmte Stoffe, z. B. Arsen, giftfest sind und die Immunität auch bei "Weiter- züchtung in normalen Wirtstieren behalten, sagt er: >>. . . durch weitere Untersuchungen ist es gelungen, den Mechanismus der Arzenei- festigkeit (hier Arsen) aufzuklären. Derselbe beruht darauf, daß in den Trypanosomen, wie wohl überhaupt in allen Zellen, bestimmte chemische Gruppierungen, Chemoreceptoren, vorhanden sind, welche zu bestimmten Arzneistoffen eine gewisse specifische Verwandtschaft haben, welche die Ursache der Verankerung (der Arsengruppe) und dadurch auch der arzneilichen AVirkung darstellt. So nehme ich be- stimmte Keceptoren an, die zu dem Radikal des dreiwertigen Arsens 1 P. Ehrlich, Über die neuesten Ergebnisse auf dem Gebiet der Trypano- somenforschung. Archiv f. Schiff s- u. Troijenhygiene. Bd. XIII. 1909. Beiheft C. J. A. Barth, Leipzig. Zcllstiidion. T. 409 Verwandtschaft haben, wieder andere, die charakteristische Grup- pierungen, welche dei\ basischen Triphenyhnethanstoffen eigen sind, oder aber die Gruppe der Trypanrotfarbstoffe an sich reißen.« Eine solche Art von Chemoreeeptoren, eine solche haptophore Gruppe müssen wir in dem organisierten Plastin auch für die Verbindungen der Nucleinsäure annehmen. Mit andern Worten: Wir müssen annehmen, daß in der Zelle schon unter normalen Bedingungen Chemoreceptoren existieren, die mit den normalen Stoff Wechselprodukten (hier also mit den Nucleinen) chemi- sche Bindung eingehen, daß also diese Chemoreceptoren nicht von An- fang an die Rolle der Giftfänger spielen, um Stoffe zu verankern, mit denen sie vielleicht nie in Berührung geraten i. Dadurch würde uns auch verständlich, weshalb die oxychromatische Grundsubstanz durch die Bildung von Basichroniatin im wesentlichen nicht affiziert wird. AVir brauchen bloß anzunehmen, daß die nucleinaffine Gruppe, welche die nucleinsauren Bestandteile verankert, eine Seitenkette ist, durch deren Tätigkeit der für die Eigenschaften des organisierten Plastins ausschlaggebende Kern nicht in Mitleidenschaft gezogen wird. Jeden- falls ist die Menge des organisierten Plastins für eine Zellenart nicht den ungeheuren Schwankungen unterworfen, denen der Basichromatin- bestand dauernd unterliegt. — • Ich glaube mich nicht zu täuschen, wenn ich annehme, daß hier die der Serumtherapie zugrunde- liegende morphologische Ursache zu suchen ist. Die chemische Konstitution des betreffenden Receptors bestimmt wohl auch die Beschaffenheit des dort verankerten Basichromatins, wie ja auch Ehrlich verschiedene Arten von Receptoren annimmt, Avonach sich auch die recipierteu Stoffe unterscheiden. Hier mochte ich noch auf einen Versuch Malfattis zu sprechen kommen. Dieser Autor verwandte 2 »Eiweiß mit Nucleinsäure und erhielt daraus die seit Altmann bekannten nucleinhaltigen Körper, welche, je nachdem, von verschiedenem Eiweißgehalte waren. Eine alko- holische Lösung von Säurefuchsin und Methylgrün färbte nun reine Nucleinsäure rein grün, phosphorärmere Nucleine bläulichviolett, bei großer Phosphorarmut selbst rein rot.« Heidenhain bemerkt dazu (S. 162) Folgendes: >>. . . so hätten wir demnach in dem Basichromatin oder dem Chromatin der Autoren 1 Diese Annahme stellt in vülligem Einklang mit der Lehre P. Ehrlichs. Siehe: Ehrlich, P,, »Beiträge zur experiment. Pathologie und Chemotherapie«. Leipzig, Akad. Verlagsges. 1909. S. 213. 2 M. Heidenhain, loc. cit. 8. 102. 410 Hch. Stauffacher, phosphorreiche, in dem Oxy chromatin . . . phosphorarme Nucleine vor uns. Danach sind ferner die Basi- und Oxychromatine durchaus nicht als für die Dauer unveränderhche Körper aufzufassen, sondern durch Aufnahme und Abgabe von Phosphor (Nucleinsäure, saure Gruppen) könnte eventuell auch die Färbbarkeit sich ändern. Meine heutige Meinung geht also dahin, daß die Affinitäten der chromato- philen Mikrosomen der Kerngerüste gegenüber den basischen und sauren Anilinfarbstoffen sich nach gewissen physiologischen Zuständen des Kernes oder der Zelle regulieren, inbetreff deren wir bisher eine genauere Einsicht noch nicht haben . . .<< »Indessen — • so fährt der Autor fort — ist doch eine Differenz zwischen den Färbungen des chemischen Präparates (Lilienfeld und Malfatti) und des (sauer gefärbten) histologischen Objektes erkennbar, denn in ersterem Falle entsprechen derEeihe der Kernstoffe, von eiweiß- freien bis zu eiweißreichen, eine Reihe von Mischfarben, welche bei Malfatti allerdings von rein Grün anfangend Übergänge bis zu rein Rot liefern, während beim histologischen Objekt grüne und grün- blaue Färbungen einerseits den rein roten anderseits gegenüberstehen, ein Resultat, welches schwer erklärlich ist, denn es muß die Frage auftauchen, ob nicht etwa doch zwischen der Substanz der Basichro- miolen und der Oxychromiolen ein tiefgreifender, chemischer Unter- schied besteht. Makrochemisch wird aus den Kernen, soweit mir be- kannt, jedesmal nur ein einheitliches Nucleoproteid isoliert, also z. B. bei der Darstellung aus Leucocyten; mikroskopisch indessen zeigen sich mindestens zwei chemisch differente Körper, welche durch eine typisch verschiedene Chromatophilie ausgezeichnet sind und sich biologisch verschieden verhalten. Es ist ja (S. 162) allerdings etwas ganz GewöhnUches, daß das Basichromatin in verschiedenen Nuancen, bald mehr grün (besonders Chromosomen und chromatolytische Figuren), bald mehr bläulich sich färbt. Indessen ist die histologische Haupt- erscheinung dennoch die, daß bei einer rite ausgeführten Färbung die chromatophilen Substanzen des Kernes in zwei Reihen, eine grüne und eine rote, vollkommen ohne Zwischenglieder auseinanderfallen.« In diesem Punkt stimme ich mit Heidenhain — sofern vorläufig bloß vegetative Zellen oder Spermatozoiden in Betracht fallen — • voll- ständig überein: In allen diesen Fällen ist der Kontrast zwischen Rot und Grün ein konstanter, scharf ausgeprägter und Mischfarben, die zwischen ihnen vermitteln würden, gibt es nicht. Fast noch ver- blüffender ist die Sachlage da, wo generative und reproduktive Kerne in einer Zelle nebeneinander liegen, wie wir dies bei ciliaten Infusorien Zi'll.studien. J. 4H oder in den Pollenkörnern antreffen. ^\^'I• je einen Schnitt durch ein Pollenkorn, z. B. von FritiUaria in Ehklich-Biondis Lösung gefärbt gesehen, wird den wundervollen xhibück nicht mehr vergessen : Leuch- tend rot präsentiert sich der eine, leuchtend grün der andere Kern. Und in der roten Fläche des generativen Nucleus erblicken wir — ■ wiederum scharf sich aus der Umgebung abhebend — intensiv grün gefärbte Körnchen von Basichromatin. — In solchen Fällen allerdings, wo wenig Nuclein vorhanden ist und Oxychromatin daher vorherrscht, wie das in tierischen und pflanzlichen Eizellen, übrigens auch in den vorhin genannten generativen Kernen von Pollenkörnern, konstatiert werden kann, dunkelt die hell- oder bläulich-grüne Farbe kleiner basi- chromatischer Elemente wegen des hellen Rot des unterliegenden Oxychromatins oft sehr stark, so daß man in vielen Fällen nicht direkt zu entscheiden vermag, ob die beinahe schwarz erscheinenden Körn- chen in WirkKchkeit dunkelgrün oder anders gefärbt sind. In solchen Fällen aber kommt uns der Umstand zu Hilfe, daß das Basichromatin in Pepsinsalzsäure unverdaulich ist. Machen wir also mit unserm Präparat Verdauungsversuche, d. h. lösen wir das Oxychromatin weg, so läßt sich bei nachträglicher Färbung in Ehrlich-Biondi die Grün- färbung der vorher dunkel erscheinenden Körnchen mit jeder wünsch- baren Deutlichkeit demonstrieren. Solche Versuche habe ich bis jetzt sehr viele gemacht und auf den verschiedensten Gebieten Erfahrungen gesammelt. Auch im Cytoplasma kommen häufig und oft in sehr großer Menge Elemente vor, die sich in Ehrlich-Biondi entweder heller oder dunkler grün bis schw^ärzlich färben. Wir werden auf diese basi- chromatischen Bestandteile des Cytoplasmas weiter hinten zu sprechen kommen. — Die dunkeln Nuancen, von denen ich soeben gesprochen, sind nun aber keine Mischfarben, im Sinne der Untersuchungen Mal- FATTis; es liegt hier keine Tinktion vor, die alle möglichen Übergänge zwischen Rot und Grün repräsentiert: Es lagert vielmehr wirklich grün gefärbte Substanz in bescheidenen Portionen auf ebenso aus- gesprochen rot tingierter Unterlage, und diese Überlagerung ist durch geeignete chemische Eingriffe — wie gesagt — leicht zu bew^eisen. Bei Anwesenheit sehr geringer Nucleinmengen kann — wie ich bereits früher betont — • der Schnitt durch eine Zelle bzw. ihren Kern nach Färbung in Ehrlich-Biondi eventuell auf den ersten Blick ganz rot erscheinen. Bei genauer Besichtigung erkennt man dann vielleicht hier und da in der roten Fläche dunklere Körnchen, die wiederum deshalb dunkel pigmentiert sind, weil hier winzige Mengen von Basi- chromatin auf stark oxy chromatischer Unterlage ruhen. Seit meiner 412 Hch. Stauff acher, Arbeit über Anodonta habe ich auch die Eier verschiedener Pflanzen, ferner von Insekten, vom Hausschwein, von der Katze, vom Rind und vom Menschen in die Untersuchung einbezogen und die bei Mu- scheln gemachten Beobachtungen bestätigen können: Das befruch- tungsbedürftige Ei enthält von Anfang an recht bescheidene Mengen von Nuclein und verliert auch diesen Rest bis zu seiner vollkommenen Reife, falls die Zelle absolut auf ein Spermatozoid angewiesen ist. Wenn dagegen Heidenhain meint, daß die >>Basi- und Oxychroma- tine durchaus nicht als für die Dauer unveränderliche Körper auf- zufassen seien, daß sich durch Aufnahme und Abgabe von Phosphor (Nucleinsäure, saure Gruppen) eventuell auch die Färbbarkeit ändern könnte«, so kann ich mich nur teilweise mit ihm einverstanden er- klären. Sicher ist jedenfalls, daß das Basichromatin aus Oxychromatin entsteht. Das ist der Fall in den Nucleolen. Mit Leichtigkeit erkennt man in der oxychromatischen Grundmasse der Kernkörperchen (be- sonders vegetativer Zellen) grün gefärbte Körnchen von verschiedenen Dimensionen. Meine früher ausgesprochene Überzeugung, daß diese basichromatischen Elemente hier entstanden und nicht etwa aus dem Kern eingewandert seien, daß also der Nucleolus der Ort der Nuclein- synthese ist, halte ich fest und zwar je länger je mehr. Ich werde in einer monographischen Behandlung der Nucleolen übrigens noch einmal auf diesen Punkt zu sprechen kommen i. — Es kann ja aller- 1 Es ist mir übrigens unverständlich, weshalb diejenigen Forscher, welche meiner Zelltheorie skeptisch oder gar feindlich gegenüberstehen, sich nicht dazu entschließen können, wenigstens diese eine Meldung von der Anwesenheit basi- chromatischer Elemente in der oxychromatischen Grundmasse der Nucleolen zu prüfen, trotzdem die bisherigen Forschungen die Rolle der Kernkörperchen und ihr sonderbares färberisches Verhalten nicht im entferntesten aufzudecken und den Zellvorgängen dienstbar zu machen vermochten. ScHAXEL scheint zwar mit meiner Auffassung von der Bedeutung des Nucleolus einverstanden zu sein (Sciiaxel, J., Das Zusammenwirken der Zellbestandteile usw. Arch. f . mikr. Anat. Bd. LXXVI. 1911), wenn er (S. 557) schreibt: »Während der Emission spielen sich in ihm (im Nucleolus) die Assimilationsvorgänge des Chroma- tins ab, wie aus der Vermehrung und dem Abströmen des Chromatins zu erkennen ist. Gegen das Ende dieser Prozesse und vor allem bald danach, während das Chromatin den Nucleolus verläßt, erscheinen in ihm Stellen von nur geringer Färbbarkeit . . . « oder S. 566: »der Nucleolus ist Assimilations- und Emissionscen- trum des Chromatins . . . das im Kern verbleibende Chromatin strömt vom Nucleolus ab, der als achromatischer Körper deformierender Vacuolisation verfällt« . . . Aber Schaxel will dieses Resultat — wie es scheint — nicht als bloße Be- stätigung meiner Untersuchungen angesehen wissen, obschon letztere bereits im Jahre 1910 publiziert wurden und trotzdem seine Methode niemals dazu ge- Zellstudicn. I. 413 (lii\«;s auch in diesem Falle vorkommen, daß diese basichromatischen Körnchen da und dort dunkeliiiün bis schwarz erscheinen — • das ist hier vermöge der Kleinheit der in Betracht fallenden Körperchen sogar häufig zu beobachten — , so daß erst durch die Hilfsreaktion der Magensaftverdauung einwandfrei bewiesen werden kann, daß hier basi- chromatisches Material auf oxychromatischer Unterlage sitzt; aber inuner — ob sich die Körnchen primär grün oder dunkel färben mögen — immer hebt sich ihre Substanz scharf von der Umgebung ab und nie habe ich in den zahllosen Fällen, in denen ich Nucleolen untersuchte ein Verschwimmen der basichromatischen Elemente mit der Grund- niasse der Kernkörperchen, bzw. einen allmählichen Übergang der ersteren in die letzteren, wahrgenommen. Gerade hier, wo Basichro- matin aus Oxychromatin entsteht, sollten am ehesten die Mischfarben der Versuche ]\Ialfattis deutlich und häufig nachgewiesen werden. Aber das ist keineswegs der Fall: Wo Rot und Grün nicht rein er- scheinen, da findet überall Deckung (unter Umständen sogar auf der ganzen Fläche des Nucleolus) der einen Substanz durch die andere statt; die eigentlichen Träger der acidophilen und basophilen Eigen- schaften aber sind in der ganzen Zelle scharf voneinander getrennt und durch keine nachweisbaren Zwischenglieder miteinander verbunden. Es kann ja bei der Verwandlung oxychromatischer Substanzen in basichromatische in der Zelle immerhin etwas Ähnliches sich abspielen, wie es uns Malfatti in seinen Versuchsreihen demonstrierte: Ein durch intermediäre Produkte vermittelter stufenweiser Übersans; von oxyphilem Material in basophiles. Der Unterschied zwischen den beiden Fällen dürfte alsdann aber in der Reaktionsgeschwindigkeit zu suchen sein: Während Malfatti die einzelnen Zwischenstufen durch will- kürliche Änderung des Mischungsverhältnisses der Paarlinge isoliert, spielt sich der Prozeß der Umwandlung in der Zelle offenbar so schnell ab, daß wir die Zwischenglieder der Reaktion nicht zu fassen ver- mögen, sondern bloß Ausgangs- und Endsubstanzen kennen. Das ist ja durchaus nichts Besonderes, es ist vielmehr das Normale auf chemischem Gebiet. Nehmen wir nur ein Beispiel unter vielen heraus: Die berühmte LANDOLTsche Reaktion zwischen Schwefeldioxyd (SO2) und Jodsäure (HJO3). Lassen wir SO2 und HJO3 in ziemlich konzentrierten Lösungen (bei nicht zu großem Überschuß an SO2) aufeinander ein- wirken, so scheidet sich augenblicklich Jod aus nach der Gleichung : 5SO2 + 2HJO3 + 4H2O = 5H2SO4 + Jg eignet sein kann, überzeugend nachzuweisen, daß der Nuclcohis der Oit der Chromatin-(Nuclein-)Synthese ist. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 28 414 Hell. Stauffacher, und kein Beobachter dieser Umsetzung hätte auch nur den leisesten Anhaltspunkt, anzunehmen, daß sich hier zwischen Ausgangs- und Endsubstanz eine Reihe von ganz differenten Zwischengliedern ein- schalte. Verdünnen wir dagegen beide Lösungen, so vergeht eine gewisse — • meßbare — - Zeit, bis sich das Jod schließlich blitzschnell abscheidet. Die anscheinend so einfache Reaktion besteht nun nach Landolt aus drei nacheinander sich abspielenden Phasen; I. 3SO2 + HJO3 = 3SO3 + HJ, II. 5HJ + HJO3 = 3H2O + 6 J, III. J2 + SO2 + H2O = SO3 + 2HJ, und das Jod kann daher erst dann definitiv frei werden, wenn sich nach Phase I und III sämtliches SO2 in SO3 bzw. H2SO4 verwandelt hat. Auch bei der Assimilation des Kohlenstoffs, d. h. bei der Be- reitung von Kohlehydraten aus CO2 und HgO in der chlorophyllhaltigen Zelle treten ohne Zweifel Zwischenprodukte anf , möglicherweise Formal- dehyd oder seine Derivate (Hypothese von Baeyer), aber es ist uns bis jetzt, trotz der größten darauf verwendeten Mühe, noch nicht ge- lungen, dieser intermediären Substanzen habhaft zu werden. Ebensowenig, wie die Synthese findet die Zerlegung eines Stoffes in seine Endprodukte durch die Zellen auf einen Schlag statt. Ver- abreichen wir einem Menschen z. B. die aromatische Aminosäure Ty ro- sin ^ {— p-Oxyphenyl-a-aminopropionsäure, OH CH2 . CH(NH2) . COOH), so kommt der Stickstoff dieses Bausteins der Eiweißstoffe als Harnstoff /NH2 C0\ zum Vorschein und zwar im Harn, \NH2 Ein direkter Übergang von der einen zur andern Verbindung kann unmöglich stattgefunden haben, aber wir kennen die Zwischenglieder nicht, wissen, mit andern Worten, noch nicht sicher anzugeben, wie die NH2-Gruppe der Ausgangssubstanz in das Endprodukt, den Harn- stoff, überging usf. 2. 1 Abderhalden, E. Die Bedeutung der Verdauung für den Zellstoff- wechsel. Vortrag. Urban u. Schwarzenberg. 1911. 2 Auch beim Übergang des Krystallinen ins Amorphe ändern sich alle Eigenschaften discontinuierlich (Volumen, Lichtgeschwindigkeit usw.). Zfllstiulicii. I. 415 Es wäre noch die Frage zu prüfen, ob nur das Oxy chromatin der Nucleolen Basichromatin zu erzeugen vermöge, oder ob Nucleine auch sonstwo aus oxychromatischer Unterlage entstehen könnten. Meine Untersuchungen sind in diesem Punkte noch nicht abgeschlossen; aber nach meinen bisherigen Erfahrungen muß ich die Ansicht vertreten, daß die Nucleinsynthese nur in den Kernkörperchen, bzw. da statt- findet, wo das oxychromatische Material direkt nucleolarer Abstam- mung ist: Die intimen Beziehungen vieler Nucleolen zum Chromatin des Kernes, die Entleerung des (Ei-)Kernes an Nuclein in dem Moment, wo das Basichromatin des Nucleolus erschöpft ist und die Verteilung nucleolarer Substanz auf die Tochterzellen anläßlich der Mitose unter- stützen meine Behauptung. Aber aus dem oben zitierten Passus Heidenhains, »daß sich durch Aufnahme und Abgabe von Phosphor eventuell auch die Färbbarkeit ändern konnte <<, scheint hervorzugehen, daß dieser Forscher auch eine Verwandlung von Basichromatin in Oxychromatin anzu- nehmen geneigt ist. — Da kommt es aber doch in erster Linie darauf an, zu untersuchen, was für ein Oxychromatin gemeint sein kann. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß die organisierte Grund - Substanz der Zelle, sagen wir das organisierte Plastin, der Sitz der Bewegung, der Kontraktilität, Reizbarkeit usw., ausgesprochen oxyphil sei. Nie finden wir irgendein kontraktiles Element in Ehr- LiCH-BiONDi anders wie rot gefärbt, vom Stiel der Vorticelle an bis zur Muskelfaser des Menschen hinauf; nie ist ein Organ, mit Bewegung begabt, anders wie oxy chromatisch, von der Wimper und Geißel des Infusors an bis zum Schwanz des Spermatozoids und oxyphil ist kon- stant auch die reizleitende Bahn. Dieses Oxychromatin kann daher nichts andres sein, als das lebende Substrat, das wir seit Mohl mit dem Namen Protoplasma belegen. Das Basichromatin dagegen finden wir konstant und überall da, wo Stoffwechsel- und Wachstumsprozesse stattfinden. AVir brauchen ja nur einmal ein tierisches Ei in seiner Wachstumsperiode zu ver- folgen, um sofort von der großen Rolle überzeugt zu werden, die das Basichromatin bei der Füllung der Zelle mit Nährmaterial spielt; der Pollenschlauch verbraucht bei seinem Wachstum das Nuclein seines vegetativen Kernes und es ist nicht ausgeschlossen, daß in analoger Weise auch die Gauglienzelle, die ursprünglich ebenfalls Basichromatin enthält, diese Substanz verbraucht bei der Bildung der Nerven- faser, die — nach Carrels Versuchen — von der Nervenzelle erzeugt wird. 28* 41G Hell. .Stauffachc'i', Der Stoffwechselkern ciliater Infusorien ist prall gefüllt mit Basi- chromatin ebenso, wie die Nuclei sämtlicher vegetativer Zellen. Ein parthenogenetisch sich entwickelndes Ei unterscheidet sich prinzipiell von einem befruchtungsbedürftigen. Man braucht nur das Ei einer Wurzellaus von Phylloxera vastairix, das niemals befruchtet wird, zu vergleichen z. B. mit dem Ei einer Zygaena'^, um sofort die fundamentale Differenz in diesen Eitypen zu erkennen. — Eine Zelle ist weder Wachstums- noch teilungsfähig, wenn ihr das Nuclein mangelt : Eine Eizelle, die ihr Basichromatin verloren, ist nur noch bedingt existenzfähig; eine Ganglienzelle tritt normal nicht mehr in Mitose. Heidenhain, mit dessen Beobachtungen die meinigen außer- ordentlich häufig übereinstimmen, machte schon früher auf das zu- letzt Gesagte aufmerksam, Loc. cit. S. 163 sagt er: »Eine andere be- langreiche Beziehung der beiden Chromatine zur Biologie der Zellen scheint mir in dem Umstand enthalten zu sein, daß Kerne, welche der Regel nach nicht mehr in Mitose eintreten, häufig arm an Basi- chromatin, reich an Oxychromatin sind. Diese meine Wahrnehmung ist oftmals bestätigt worden. Sie betrifft in erster Linie die Kerne der Nervenzellen. Ferner läßt sich diese Tatsache besonders gut beim Darmepithel der urodelen Amphibien an dem gegensätzlichen Ver- hältnis der Kerne des Oberflächenepithels einerseits und der Kerne in den Keimlagern anderseits erkennen. Jene treten fast nie in Teilung ein und sind fast ganz und gar oxychromatischer Natur, diese sind in fortwährender Teilung begriffen und enthalten Basichromatin in reichlicher Menge. Ereignet es sich aber ausnahmsw^eise, was zu den größten Seltenheiten gehört, daß die Darmepithelzelle (des Salamanders) dennoch einmal in Teilung eintritt, so entwickelt sie sehr schöne große Teilungsfiguren mit sehr langen und schlanken, basichromatischen Chromosomen. Es liegt also bei diesen Kernen die Fähigkeit vor, Basichromatin in größerer Menge zu regenerieren.« Das Basichromatin dient ohne Zweifel trophi sehen Funk- tionen. Zum Wachstum und Stoffw^echsel aber ist die Anwesenheit einer lebenden Substanz direkt nicht nötig. Es sind das Vorgänge rein chemischer Natur oder doch Umsetzungen von chemischer Energie in andere Energieformen und umgekehrt. Ein Kristall wächst genau so gesetzmäßig, wie eine pflanzliche oder tierische Zelle und Oxy- dation, Reduktion, Hydrolyse, Condensation, Polymerisation und wie die Prozesse noch heißen mögen, die sich in der Zelle abspielen — sie erfordern bloß die Anwesenheit eines mit der nötigen Energie aus- ^ Über diesen Fall wird nächstens in dieser Zeitschrift referiert werden. Zollsiudi.Mi. I. 417 iiestatteten chemischen Stoffes, zum mindesten eines Katalysators und höchst wahrscheinlich sind die Träger der chemischen Umsetzung in der Zelle Katalysatoren von kolloidaler Beschaffenheit. — Der natürliche Vorgang der Gärung ist nur insofern an die lebende Hefe- zelle geknüpft, als letztere das zu jenem Prozeß notwendige Ferment erzeugt und E. Buchner hat bekanntlich bewiesen, daß letzteres j^anz unabhängig von der Zelle, losgelöst von seinem Erzeuger, Zucker dennoch in Alkohol und Kohlensäure zu spalten vermag. Ein solches Ferment oder doch der Träger eines solchen, ist auch das Basichromatin, dessen die Entwicklung einer Zelle auslösenden Reiz wir bekanntlich durch andere Reize zu ersetzen imstande sind. Nichts vermögen wir zu beobachten, was uns zur Annahme brächte, daß wir im Nuclein ein wirklich lebendes Substrat vor uns hätten. Nirgends bemerken wir Selbstbewegung oder ein anderes Kriterium des lebenden Zustandes dieses Materials und wo immer Dislokation von basichromatischen Elementen vorkommt, da liegt die Ursache bei der oxychromatischen Grundsubstanz, deren Bewegungen und Kontraktionen das Basichromatin passiv folgt. Nichts berechtigt uns vorläufig, diesen basichromatischen Tröpfchen eine andere als eine bloß chemische Struktur zuzuschreiben, während untrügliche Zeichen dafür vorliegen, daß ihre oxychromatische Unterlage noch eine andere, als eine bloß chemische Struktur aufzuweisen hat. Das Basichromatin ist — wie ich eingangs betonte — lediglich ein Derivat — ein Produkt innerer Secretion — des Protoplasmas i. Und eine Rückverwandlung von Basichromatin in organisiertes Plastin, in Plasmaeiweiß hätte ja gar keinen Sinn. Die Nucleine sind vom organisierten Plastin erzeugt und haben eine ganz bestimmte physiologische Rolle zu spielen, die von derjenigen ihres Erzeugers total verschieden ist. Das Basichromatin reguliert den Stoffwechsel der Zelle; es ist der Träger chemischer Energie, relativ labil und — als Säure — wahrscheinlich bis zu einem gewissen Grade dissoziiert, während das organisierte Plastin — wenigstens so weit meine per- >önüchen Erfahrungen reichen — ein chemisch ziemlich inertes Material sein dürfte. Daß das organisierte Plastin seinen hochmolekularen 1 Ich komme also in diesem Punkt zu einem Resultat, das demjenigen von Mathews direkt entgegengesetzt ist. » . . . . Wenn dies Bild des Zelllebens rich- tig ist, meint nämlich Mathews, so ist das einzige als lebend zu betrachtende Element der Pankreaszelle das Chromatin, da dies allein die Eigenschaft besitzt, andere Substanzen wie es selbst zu bilden«. (Citiert nach R. W. Hoffmann, Über die Ernährung der Embryonen von Nass^i mutahilis Lam. Zeitsch. f. wiss. Zool. Bd. LXXIl, S. 707.) 418 Hell. Stauffacher, Bau dauernd zu erhalten verstellt, erhellt auch aus den Experimenten Ehrlichs (loc. cit.). Ehrlich gelang es, einen Trypanosomenstamm arsenfest zu machen, d. h. durch konsequente Anwendung von Arsen den auf Arsen reagierenden Receptor zu vernichten oder wenigstens aufs äußerste zu schwächen. Und diese Eigenschaft behielt das Plasma bei einer Kultur durch 3 Jahre hindurch und während dieser Zeit durch mehr als 400 Mäuse. Wenn das, wie Ehrlich meint, bei einer Seitenkette der Fall ist, wie viel mehr muß der Kern der betreffenden Eiweißverbindung einmal erworbene Eigenschaften festhalten. Das chemisch ungleich labilere Basichromatin dagegen sieht man aus dem Nucleus in das Cytoplasma übertreten und hier mehr oder weniser rasch verschwinden oder es eilt von Zelle zu Zelle und erleidet bei diesem Transport das gleiche Schicksal. Verfolgen wir die Ernäh- rung eines reifenden Insekteneies, z. B. von Zygaena, so fällt die Be- teiliguno- der Nähr- und Follikelzellen am Wachstum der Eizelle mi- kroskopisch besonders in einem Punkte auf: Basichromatische Tröpf- chen ergießen sich in Scharen in den Leib des Eies, das sich dafür mehr und mehr mit Nahrungsdotter, der nun allerdings oxyphil ist, füllt. Im Ei angelangt verschwinden die Nucleinelemente spurlos; sie blieben unauffindbar trotz der größten Mühe, die ich mir gab, Basichromatin zu entdecken: Pepsinsalzsäure verdaute den Eiinhalt restlos. Die basichromatischen Körnchen bzw. Tröpfchen sind mit größter Deut- lichkeit nachzuweisen und zu verfolgen bis sie aus den Follikelzellen in das Ei übertreten; sie verschwinden, kaum daß sie die Schwelle des Eies überschritten. W^ir werden uns, wie gesagt, diesen Fall andernorts noch etwas genauer zu besehen haben; aber ich bin jetzt schon gezwungen anzu- nehmen, daß sich die Nucleine in hervorragender W^eise beteiligen an der Bildung des Nährmaterials für das reifende Ei, also auch be- sonders der Eiweißkörper, die hier aufgestapelt werden i. 1 Schon in meiner Dissertation (Eibildung und Furchung bei Cyclas Cornea L. Jen. Zeitschr. f. Naturw. 1893. Bd. XXVIII. N. F. 21) beschäftigte ich mich mit der Eibildung und zwar von Cyclas cornea L. Schaue ich mir jetzt z. B. die Fig. 4 und 8 der Taf. XI an, so liegt der Schluß nahe, daß die in Hämalaun schwärz- lich gefärbten Elemente, die sich aus den Follikelzellen in das Ei ergießen, nichts anderes sind als basichromatische Tröpfchen, an denen sich — wie ein Vergleich zwischen Fig. 4 und 8 zeigt — die ernährende Zelle allmählich erschöpft. Die Abbildungen dürften ziemlich getreu sein. Aber aus meinen Abbildungen geht der gewaltige Unterschied zwischen dem Material, das sich in die Eizelle ergießt und demjenigen, mit dem sie sich füllt, keineswegs hervor; denn letzteres ist ohne Zweifel auch hier Eiweiß, Fett usw., also Material oxychromatischer Natur, ZcUstiulicn. L 419 R. W. Hoffmann 1 wies bereits im Jahre 1902 auf die Rolle hin, welche das Chromatin des Kernes bei der Verarbeitung des Nahrungs- dotters zu einem für die Zellsubstanz assimilierbaren Körper (bei Nassa) spielt, indem er sagt (S. 713): »Das in äußerster Feinheit im Kern verteilte Chromatin besorgt die Verarbeitung des in ersterem aufgespeicherten Dotters zu einem für die lebende Substanz assimilier- baren Körper. Auch das vom Nucleolus gelieferte Secret mag bei diesen Umsetzungsprozessen aktiv beteiligt sein.« Aber auch hier wird vermutlich die Assimilation kaum via Kern sich abspielen, sondern besorgt werden von dem massenhaft aus dem Nucleolus und Kern ins Cy.toplasma ausgewanderten >> Chromatin <<. Oxychromatisches Material, das sich nicht am aktiven Leben der Zelle beteiligt, kann also tatsächlich als eine Folge gleich- zeitigen Schwindens von Basichromatin entstehen. Das ist aber ohne Zweifel etwas anderes als das, was Heidenhain vermutet, daß näm- lich eine Substanz bald als Oxychromatin, bald wieder als Basichromatin und umgekehrt auftreten und demnach auch das tinktorielle Verhalten dieser Körper zu einem unstäten Hin- und Herschwanken zwischen Rot und Grün gestalten könnte. Ein umkehrbarer Prozeß kann also hier unmöglich vorliegen. Heidenhatn weist nun allerdings (loc. cit. S. 125) auf eine wirklich verblüffende Differenz einiger Nu.cleo- proteide an Phosphor hin: Nucleoproteid der Schilddrüse (Osswald^) 0,16%, » » Hefe (Kossel) 6,19% und meint, daß so stark ausgesprochene Unterschiede der Zusammen- setzung mit tiefgreifenden Unterschieden der färberischen Reaktion fixierter Präparate zusammengehen müssen. Gegen diese Schlußfolgerung ist wohl nicht viel einzuwenden; doch glaube ich, daß wir durch derartige Kalkulationen über das nächst- liegende Ziel unserer Bestrebungen hinausgreifen. Es gelingt ja mit den uns bis jetzt zur Verfügung stehenden Mitteln nicht einmal sicher zu entscheiden, ob freie Nucleinsäuren oder Nucleoproteide vorliegen ; Und wenn unter dem Titel »Methode der Untersuchung« (S. 196) der Satz steht: »Dieses Verfahren ergab mir sehr günstige Präparate, die an und für sich schon genügt hätten, mich über die hauptsächlichsten Fragen ins Klare zu setzen«, so bewundere ich offen gestanden jetzt die Genügsamkeit des Dr. in spe. 1 R. W. HoFFMÄNX, Über die Ernährung der Embryonen von Nassa muta- hilia Lam. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1902. Bd. LXXII Heft 4. 2 vermutlich Oswald, statt Osswald? 420 Hch. Stauffacher, wie sollten wir mikroskopisch gar eine Untersclieidung zwischen Nu- cleoproteiden wagen. — Ich habe schon früher ^ (S. 15) darauf auf- merksam gemacht, daß der Nucleingehalt pflanzlicher (vegetativer) Zellen gewöhnlich deshalb mehr auffalle, weil im allgemeinen die Kerne tierischer Zellen kleiner und das Oxychromatin hier stärker vertreten sei wie dort, und daß (S. 13) wir in tierischen Geweben recht häufig eine Färbung der Kerne durch Methylgrün vermissen, trotzdem Nu- cleine vorhanden seien. Das mag zum Teil Fälle betreffen, wie wir sie oben registrierten, Fälle also, wo Zellkerne in Ehklich-Biondi nicht grün, sondern rot gefärbt werden und auf deren Schnittfläche höch- stens dunkelrote Körnchen den Verdacht erwecken könnten, daß sich hier Basichromatin verberge. Mit Hilfe der Pepsinsalzsäure Verdauung aber gelang es in allen meinen Präparaten leicht, den Nucleingehalt nachzuweisen und ich bin fest davon überzeugt, daß dies auch in den Kernen der Schilddrüse der Fall sein wird. Und mehr als eine unge- fähre Schätzung zwischen dem Basi- und Oxychromatinreichtum ver- schiedener Zellen bzw. Gewebe können wir uns ja vorläufig mikrosko- pisch noch nicht gestatten. Bis jetzt kenne ich nur die Schilddrüse des Rindes. Hier ist aber bei einer Färbung der Schnitte in Ehrlich-Biondi (oder in Fuchsin- Methylenblau) nichts davon zu merken, daß die Kerne arm an Nu- cleinsäure wären: Sie färben sich sehr schön grün, so deutlich, wie man es sich nur wünschen kann und zwar direkt, ohne Zuhilfenahme von Pepsinsalzsäure. — Was für Schilddrüsen der Untersuchung Oswalds zugrunde gelegt wurden, habe ich bis jetzt nicht in Erfahrung bringen können. Es ist oben darauf aufmerksam gemacht woi'den, daß die Labilität des Basichromatins eine relativ bedeutende sei. Das ist natürlich von größter Bedeutung bei der Fixierung der Zelle, d.h. bei der Wahl der zum Töten der Zelle anzuwendenden chemischen Mittel. Nach der Einwirkung sehr vieler Substanzen reagieren die Nucleine nicht mehr, oder nicht mehr normal, d. h. geben mit ihrem Reagens, dem Methylgrün, die charakteristische Färbung nicht mehr. Mineralsäuren sprengen die Nucleoproteide, fällen die Nucleinsäuren und lösen sie im Überschuß auf, zersetzen sie wohl auch mehr oder weniger stark. Es kann also nicht Wunder nehmen, wenn Zellkerne, nach der Be- handlung in Salzsäure, Salpetersäure oder gar Königswasser ihre Färb- barkeit ganz und gar verloren haben. — Mit den meisten Schwermetallen 1 Stauffacher, Hch. Die Rolle des Nuoleins in der Fortpflanzung. Ver- handig. d. Schweiz, natui-f. Ges. Bd. I. Solothurn 1911. Zrllstu.licn. r. -421 geben die Nucleinsäuren unlösliche Salze, werden also in dieser Form gefällt von Eisen-, Zink-, Blei-, Kupfer-, Silberverbindungen usw. Da- mit hört natürlich auch die Fähigkeit der Nucleinsäure, spaltend auf das Farbsalz der EHRLiCH-BioNDischen Lösung einzuwirken auf und die Methylgrünreaktion bleibt ebenfalls aus. Ebenso versagt Forma- linfixation^, während Osmiunisäure (Lösung von OSO4) nach gutem Auswaschen der Objekte in H2O2 leidliche Resultate gibt. Da jedoch das käufliche H2O2 Säuren enthält (z. B. Salzsäure), so können die basischen Eiweißkörper beim Verweilen der Objekte in der Wasser- stoffperoxydlösung in Salze verwandelt, eventuell auch gelöst werden, so daß die normal mit Ehrlich-Biondi auftretende Reaktion des Oxychromatins entweder ausfällt oder doch geschwächt wird. Auch nach Sublimatfixierung ist die Färbung mit Ehrlich-Biondis Lösung sehr unsicher und die Methylgrünreaktion bleibt oft gänzUch aus, trotzdem nachweislich Nucleine vorhanden sind. Die Ursache dürfte dieselbe sein , wie bei Fixation der Gewebe in Blei- und Kupferver- bindungen. Denn die Mercurisalze, also auch HgCl2, haben die Eigen- schaft, durch Wasser leicht in basische Salze überzugehen, die durch Säuren wieder in neutrale Salze verwandelt werden. Im vorliegenden Falle würden daher die Nucleinsäuren ebenfalls an ein Schwermetall- salz gebunden und demzufolge in ihren Wirkungen auf das Farbsalz gehindert sein. Bei botanischen Präparaten hatte ich indes gelegent- lich doch teilweise Erfolg, bei tierischen dagegen nie (vgl. Stauffacher, HcH., Beiträge z. Kenntnis der Kernstrukturen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCV. S. 37 und 43—44. Anmerkung). Da nämhch die Präparate vor der Färbung in Ehrlich-Biondi jodiert werden, so modifiziert wahrscheinlich das Jod, durch Zurück- nahme des Quecksilbers aus seiner Verbindung, mehr oder weniger die störenden Einflüsse des Sublimats; denn die Affinität des Queck- silbers zu den Halogenen wächst bekanntlich mit zunehmendem Atom- gewicht der letzteren. Wenn nun Heidenhain mit Sublimat fixierte tierische Gewebe in Ehrlich-Biondi färbt, so ist diese Tinktion nicht einwandfrei. Höchst wahrscheinlich sind z. B. die Beckendrüsengranula (Heiden- hain, loc. cit. S. 373 ff.) nicht rein oxychromatischer, sondern vor- wiegend basichromatischer Natur. Ich habe zwar — aus Mangel an Zeit — die Beckendrüsen der Tritonen bis jetzt noch nicht unter- 1 Sjöbring (Anat. Anzeiger, Bd. XVII, 1900, S. 274) vermutet eine Oxy- dation der Gewebe durch Formaldehjd, während Blum (Anat. Anz. Bd. XI. 1896. 8. 720) das Fornialdehyd ^MethAlen Verbindungen mit dem Eiweiß eingehen läßt. 422 Hch. Stauffacher, suchen können, aber in pflanzlichen Präparaten offenbar analoge Bildungen angetroffen, wie sie in den genannten Beckendrüsenzellen vorkommen. Wir werden weiter hinten auf den Fall zurückkommen. Heidenhain zeichnet denn auch in der Tat die Kappe der Halbmond- körperchen (loc. cit. S. 373, Fig. 220^1 u. B) da und dort blau und das bestärkt mich sehr in der Annahme, daß sich diese Gebilde bei Alkoholfixation als zweifellos basichromatisch entpuppt hätten. Die Sublimatfixation ist ferner schuld, wenn Heidenhain in seiner Arbeit: Über Kern und Protoplasma 1891, Taf. X, die Centrosomen nach Färbung in Ehrlich-Biondis Lösung rot zeichnet. Auf solche Reaktionen zwischen den fixierenden Medien und den Zellinhaltsbestandteilen, durch welche die letzteren zerstört oder doch mehr oder weniger stark verändert werden, hat man in der Cytologie bis jetzt im allgemeinen zu wenig Rücksicht genommen und dieser Umstand war zum größten Teile Schuld an den Mißerfolgen, die der Zellforscher mit den elektiven Methoden vielfach zu verzeichnen hatte. Merkwürdigerweise gab man in der Mehrzahl der Fälle dem Farbstoffe Schuld, bezeichnete z. B. die Tinktion mit Ehrlich-Biondi als schwierig, unzuverlässig usw., während es doch sehr nahe gelegen hätte, in erster Linie dem Gift, mit dem man die Zelle tötete, und dessen Wirkung auf die Proteine etwas genauer nachzuspüren. Die Beobachtung, daß oft selbst die gebräuchlichsten Farbstoffe in ihrer färbenden Wirkung versagten, hätte mehr zum Aufsehen mahnen sollen. Anstatt aber die Ursache dieses Mißerfolges zu er- gründen, färbt der Cytologe hartnäckig darauf los, versenkt die Zellen vielleicht sukzessive in drei bis vier verschiedene, konzentrierte Farb- stofflösungen oder behandelt den renitenten Protoplasten wochen- oder monatelang mit Agentien, bis schließlich in einigen Fällen wenig- stens ein Effekt erreicht ist, der zur theoretischen Voraussetzung des Forschers paßt. — Was da durch die fixierenden und färbenden Medien mit dem Zellinhalt alles passiert sein mag, ist nicht zu sagen und des- halb können wür dem alten Begriff »Chromatin << kein Vertrauen mehr entgegenbringen. Daß wir übrigens unter seiner Flagge über den kausalen Zusammenhang der verschiedenen morphologischen Erschei- nungen mit den ihnen zugrunde liegenden Stoffwechselvorgängen recht ungenügenden Aufschluß erhielten, braucht demjenigen nicht mehr gesagt zu werden, der über der Freude, in dem Wunderbau der Zelle überhaupt etwas optisch differenziert zu haben, nicht vergißt, daß der größere Genuß darin besteht, die hinter der Erscheinung sich ver- bergende, gesetzlich geregelte Ursache entdeckt zu haben. Zriistii(iici). r. 423 Seit vielen Jahren wende ich daher — besonders in Fällen, wo es sich lim Befriedigung chemisch-analytischer Bedürfnisse handelt — den Alkohol, und zwar absolut oder in seinen verschiedenen Ver- dünnungen, als Fixiermittel an^ und zwar deshalb, weil der neutrale Alkohol indifferent fällt und die chemische Konstitution der Proteide nach meinen bisherigen Erfahrungen am wenigsten störend beeinflußt, ■ — • Unter Umständen wurden auch verdünnte Essigsäure — die ebenso harmlos ist, wie Alkohol — und Mischungen von Alkohol mit Essigsäure, wie sie in der Lösung von Carnoy (Alkoh.- Chloroform-Essigs.) vorkommen, in Gebrauch genonmaen. Über diesen Punkt bemerkt Heidenhain (loc. cit. S. 129) Fol- gendes: »Werden Fällungsmittel eingreifender Art verwendet, wie dies in der Histologie üblich ist (Sublimat, Chromsäure, Pikrinsäure, Salpetersäure), so kann nicht ausbleiben, daß die Nucleoproteide in mannigfacher und sehr verschiedener Weise zersetzt und verändert werden, besonders durch Denaturierung der Eiweißpaarlinge, aber auch durch mehr oder minder weit fortschreitende Veränderung und Zersetzung der Nucleinsäuregruppe. Deswegen ist die Färbbarkeit verschieden konservierter Kerne so sehr verschieden, deswegen ver- lieren nach meiner Erfahrung bei längerer Wirkung von Salz- oder Salpetersäure oder von Königswasser (5%) die Kerne ihre Färbbarkeit ganz und gar. Bleiben nun nach Anwendung eingreifender Fixierungs- mittel im Kern irgendwelche Körper zurück, die sich mit basischen Anilinfarben (Safranin usw.) scharf darstellen lassen, so nennen wir die färbbare Masse immer gleicherweise »Chromatin« (eventuell Basi- chromatin), obwohl das chemische Substrat je nach der Vorbehand- lung (Sublimat, Pikrinsäure usw.) sehr verschiedener Natur sein mag . . . Der Begriff der Chromatine ist daher zunächst geweblicher oder bio- logischer Natur . . . Die färbbaren Nucleoproteide der Chemiker, sowie die Chromatine der Histologen entstehen aus dem lebenden Kernplasma erst dann, wenn letzteres unter der Einwirkung unserer Fällungsmittel einer bestimmt gerichteten Zersetzung anheimfällt. Man kann aber dem Begriff des Chromatins sekundär eine Wendung nach der Chemie hin geben, wenn man darunter diejenigen färbbaren Körper versteht, welche bei Gelegenheit einer vorsichtigen indiffe - renten Fällung oder Fixierung im Kerne erhalten werden (Alkohol, schwache Essigsäure); unter diesen werden dann die Nucleoproteide der Chemiker in unverändertem Zustande enthalten sein .,,« 1 Allzu verdünnt darf der Alkohol deshalb nicht A-erwendet werden, weil die Xucleoproteide in Wasser löslich sind. 424 Hch. Stauffacher, Oder hören wir, was Robertson in seiner physikalischen Chemie der Proteide! (S. 47) sagt: »Die direkte Beweismethode (die häufigst angewandte) des Vorhandenseins von Proteinverbindungen besteht gewöhnlich in der Fällung des Proteinsalzes durch den Zusatz passender Reagentien; das gewöhnlich angewandte Reagens ist der Alkohol.« Ich möchte, um ja nicht mißverstanden zu werden, noch einmal in aller Schärfe Folgendes hervorheben. Es handelt sich weder darum, Ehrlich-Biondis Lösung als Universal-Färbe mittel, noch den Alkohol als Universal-Fixier mittel anzupreisen. Es kommt viel- mehr in erster Linie auf die Bedürfnisse des Forschers an, welche Farbstoffe und welche zeiltötenden ]\Iittel er wählen soll. Neben den rein morphologischen Standpunkt, der bis anhin in der Biologie der Zelle dominierte und dessen Bedeutung für die Erforschung des Zell- geschehens zweifellos überschätzt worden ist, habe ich den rein che- mischen, den analytischen zu stellen versucht. Nicht deshalb, weil ich nun alles Heil ausschließlich von ihm erwarte, sondern des- halb, weil die Zell Vorgänge zu einem guten Teil chemische Prozesse sind und daher auch nur vom chemischen Stand- punkt aus verstanden und mit chemischen Mitteln und Me- thoden zu ergründen sind. Es ist mir nie eingefallen, die morpho- logische Seite der Zellforschung zu eliminieren oder gar zu diskreditieren ; aber wenn zur Evidenz klar ist, daß sie allein nicht ausreicht, sollte man sich der andern Richtung nicht mehr länger verschließen. Es mag der Forscher nach wie vor zu FLEMMiNGschen und Her- MANNschen Gemischen, zu Pikrinsäure, Chromsäure, Sublimat und Formaldehyd usw. greifen und er mag weiterhin mit Gentiana, Safranin, Boraxcarmin, Hämalaun, Eisenhämatoxylin usw. usw. färben, wenn es sich bloß um optische Differenzierung handelt; verfolgt er aber chemisch-analytische Zwecke, dann wird der Alkohol als Fällungs- mittel — vorläufig wenigstens — geradezu universell, weil er, wie oben betont, die verschiedenen Proteide indifferent, unter möglichster Schonung ihrer chemischen Konstitution fällt. Zur Sichtbarmachung und Unterscheidung der gefällten Eiweißkörper — sei das nun erst gruppenweise oder später individualisiert der Fall — bedienen wir uns nunmehr der verschiedenen Indikatoren, zu denen auch die Kom- ponenten der EHRLiCH-BiONDischen Lösung und andrer heterogener Farbstoff gemische zu zählen sind. Den Wert der dadurch erzielten 1 Robertson, T. B. Die iihysikalische Chemie der Proteine. Dresden 1912. Th. Steinkopff. Zrllstlldicn. I. 425 Doppelfärbungen (wenigstens für den Kern) würdigt Heidenhain (loc. cit. S. 163) mit folgenden Worten: »In Rücksicht auf die Biologie des Kernes können die reinen Doppelfärbungen der Chromatine unsrer Ansicht nach gar nicht hoch genug geschätzt werden, denn sie sind zweifellos der Ausdruck, das Symbol wichtiger Stoffwechselvorgänge im Kern. Hierauf deuten die konstanten Variationen der relativen Mengenverhältnisse der beiden Chromatine in verschiedenen Kern- arten hin.<< Aber noch eins geht aus meinen langjährigen Beobachtungen hervor: Alkohol ist auch ein gutes Erhaltungsmittel für die Struk- turen, sofern man ihn nur in einer dem betreffenden Gewebe an- gepaßten Konzentration anwendet. Er ist also, mit andern Worten, nicht nur das Fällungsmittel par excellence, sondern auch ein gutes Fixier mittel. Ob er hierbei absolut oder in einer Verdünnung angewendet werden soll, das entscheidet das zu fixierende Gewebe. In erster Linie ist an dem Alkohol als Fixiermittel wertvoll, daß er sehr schnell in die Gewebe eindringt und dadurch den Zellen nicht Zeit läßt, ihre Strukturen zu transformieren. Deswegen fällt auch allen denjenigen, die sich dieses Fixiermittels bedienen, die vorzüg- liche Erhaltung des Kernzustandes der Zelle auf. Ich habe seinerzeit ^ nachdrücklich auf diesen Punkt aufmerksam gemacht und von Der- SCHAU stimmt mir bei. Auch Vonwiller^ betont (S. 397), daß die besten (Kern-)Bilder bei den von ihm untersuchten Amöben durch Behandlung derselben mit (abs.) Alkohol geliefert wurden. Es ist nämlich ganz besonders der Plasmabezirk des Kernes, der — vermöge seiner dichteren Struktur oder größeren Sensibilität — auf das anrückende Gift reagiert und Kontraktionserscheinungen zeigt, sofern ihm dazu Zeit gelassen wird^. Der Erhaltungszustand des 1 STArFFACHER, HcH. Xcue Beobachtungen auf d. Gebiete d. Zelle. Zeit- schrift f. wiss. Zool. Bd. XCVIII. 2 VoxwiLLER, P. Über den Bau der Amöben. Archiv f. Protistenkunde. Bd. XXVIII. 19i:3. 3 Hierauf ist ohne Zweifel — wie ich bereits früher betont — die Entstehung nienibranartiger Bildungen an der Kernperipheric fixierter Zellen zurückzuführen. Ullmaxx sagt (Über physiologische und Reizbewegungserscheinungen an Leuco- cyten. Virciiows Archiv. Bd. CCV. 1911): ». . . bei einem ungereizten lebens- frischen Leucocyt ist ein Kern von der übrigen Leibessubstanz nicht geschie- den, das Kernplasma ist vielmehr gleichmäßig zwischen den übrigen Zellschichten verteilt . . . Den Kern sichtbar machen heißt, einen Reiz anwenden, der das Kernplasma zu einer bestimmten Kontraktian veranlaßt.« In einer mir unverständlichen Art äußert sich Sch.^jcel über die Kern- membran (ScHAXEL, J., Das Zusanniienwirken d. Zellbestandteile usw. Älikr. 426 Hch. Stauffacher, Kernes und seines Kandes kann daher geradezu als Kriterium für den Erhaltungszustand der Zelle überhaupt angesehen werden und hier finde ich mich wiederum in Übereinstimmung mit Heiden- hain, wenn er (loc. cit. S. 116) sagt: ». . . Welche Bilder nun für normal, welche für unverändert anzusehen sind, das kann ja in den allermeisten Fällen aus begreiflichen Gründen nicht durch einen Ver- gleich mit dem lebenden Objekt ausgemacht werden, sondern die Kritik muß an dem gefärbten Objekt selbst einsetzen und sozusagen aus dem Sinne des Dinges heraus geführt werden, wie bei Entzifferung und Kritik eines Textes in toter und womöglich unbe- Anat. Bd. LXXVI. 1911). Er sagt nämlich (S. 558): »Im fixier teni Präparat tritt die Kernmembran deutlich hervor, sobald der »Ruhekern « nach der Teilung vom umgebenden Plasma sich überhaupt abgrenzt . . . Während der Chromatin- emission fällt sie auf durch ihre chromatische Tönung, die hervorgerufen wird durch die hier offenbar langsamer passierenden Chromatinpartikel und die aller- dings nur minimalen Chromatinstauungen . . . Ihr Spannungszustand ist bis über die Emission hinaus straff und der von Kernsaft erfüllte Kern daher kugelig. Gegen Abschluß der Reifung weist die Membran kleine Eältelungen auf . . . Die Auflösung beim Abschluß der Reifung muß wirklich eine Lösung, kein Zer- reißen sein; denn sie geschieht zwar äußerst rasch, doch ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen. Im Lebeni ist, sobald überhaujDt ein Kern wahrzunehmen ist, eben die Begrenzungslinie des als Kern erscheinenden helleren Raumes als Membran an- zusehen. Sie scheint eine dichtere Lagerung desjenigen Protoplasmas zu sein, das die Grundstruktur von Kern und Zellleib gleichermaßen bildeti.« Ich bin ja damit einverstanden, daß die Amputation der Kernmembran schmerzlos vor sich gehe und daß der Zellforscher sich ganz allmählich an das Fehlen einer solchen Hülle gewöhne; aber die Art, wie Schaxel den Übergang bewerkstelligen will, dürfte denn doch als verfehlt zu bezeichnen sein. Im fixierten Zustande ist also — nach Schaxel — die Kernmembran eine wirkliche Haut mit einer gewissen Spannung, mit der Eigenschaft sich fälteln und schheß- lich auflösen (eventuell auch zerreißen) zu können, also ein Umwandlungs- oder Ausscheidungsprodukt des Protojilasmas, das den Kern rings einschUeßt und absperrt, das aber die Chromatintröpfchen trotzdem — wenn auch zögernd — passieren läßt; und im Leben ist es nichts anderes wie eine dichtere Lagerung der protoplasmatischen Grundsubstanz. Wenn nun im Leben der Zelle keine wirkliche Kernmembran existiert, so kann sie auch im fixierten Zustand nicht vorkommen; ist sie im letzteren Fall aber trotzdem sichtbar, so ist das eben lediglich optische Täuschung oder Artefakt. Es nimmt wohl die wenigsten Cyto- logen Wunder, wenn ich mich weiter »bemühe« (Schaxel a. a. O., S. 595), gegen ein solches undefinierbares Wesen im Zellorganismus, wie es uns Schaxel schildert, Front zu machen und den in der Kernmembran eingekeilten Chromatinpartikel- chen glückhch ins Cytoplasma hinüber zu verhelfen. 1 Von mir gesperrt. Stauffacher. z.'iistiidi.ii. I. 427 kannter Sprache. Auweiulunji; verschiedener Fixiermittel einerseits und auch der sorgfältigste Vergleich der Kerne desselben Präparates und derselben Gewebeform anderseits lehren die überaus mannigfachen, sozusagen um eine natürliche Gleichgewichts- lage herum sich bewegenden Abweichungen von der Norm allmählich kennen . . . « Daß der Alkohol (besonders der absolute) unter Umständen auch schrumpfend wirken kann, soll nicht geleugnet werden; darin macht er aber keine Ausnahme: Jedes der vielen, jetzt gebräuchlichen, Fixiermittel wirkt in diesem Sinne, wenn ihre Anwendung auf die Ge- webe die besonderen Verhältnisse derselben nicht sorgfältig ins Auge faßt. Ich glaube aber behaupten zu dürfen, daß die eventuell schrump- fende Wirkung des Alkohols durch einfache Konzentrationsänderung desselben und tuulichste Verkleinerung der Objekte viel leichter zu reguUeren ist, wie diejenige irgendeines anderen Fixiermittels, von denen einige — infolge ihres schwachen Diffusionsvermögens — über- haupt nie andre als Schrumpfungsbilder geben (vgl. hierzu die Sublimat- präparate in Heidenhaix (loc. cit.) S. 373, Fig. 219 und 220-^^1 u. B). Sollte übrigens der Alkohol bei irgendeinem Gewebe als Fixierflüssig- keit wirklich versagen, so fiele das, meiner Meinung nach, nicht allzu- schwer ins Gewicht. Die Bedürfnisse, chemisch und optisch zu diffe- renzieren, brauchen ja nicht notwendigerweise kombiniert zu werden. Wir würden in einem solchen Falle den Alkohol lediglich als Fällungs- mittel verwenden und die so gewonnenen Präparate ausschließlich zum Studium chemisch-analytischer Fragen benutzen, während wir die Strukturen an solchen Objekten verfolgen müßten, die mit den geeignetsten Mttel fixiert worden sind. Der Alkohol unterscheidet sich auch dadurch sehr vorteilhaft vor vielen andern Fixiermitteln, daß die durch Wasser aufgeklebten Schnitte der Alkoholpräparate ausnahmslos und sicher auf dem Objektträger kleben. Nicht ein einziger Schnitt schwimmt ab, während gerade in diesem Punkte andere Präparate, besonders die mit Osniium- säure behandelten, sich sehr unangenehm bemerkbar machen. Leider werden gewisse Objekte bei Alkoholbehandlung zu hart, so daß sie sich schlecht schneiden und zur Erzielung von Serien gänz- lich unbrauchbar sind. Darauf habe ich übrigens schon früher einmal aufmerksam gemacht i. Einen solchen Vergleich, wie wir ihn oben zur Taxierung eines 1 Daß man sich zum Studium der Fette, fetten Öle u. dergl. nicht der Alkoholpräparate bedienen kann, braucht wohl nicht extra betont zu werden. 428 Hfh. Stauffacher, Fixiermittels auf seine Brauchbarkeit forderten, können wir in einem Beispiel gleich folgen lassen. Die Fig. 3, 4, 5, 6, 7 und 8, Taf. X, zeigen Eizellen von Ascaris megalocefhala, fixiert in 70% Alkohol i. Alle sechs Abbildungen de- monstrieren dasjenige Stadium, wo das Sperma eingedrungen ist und einen großen Teil seines Inhaltes, gleich einer Wolke, in den Eiinhalt entleert. In den Fig. 3, 4 und 8 sehen wir randständig auch den weib- lichen Kern, in der »Richtungskörper «-Bildung begriffen. >> Mit genau denselben Stadien der Eizellen von Ascaris beschäftigt sich nun auch eine Abhandlung von Meves »Über die Beteiligung der Plastochondrien an der Befruchtung des Eies von Ascaris megalo- cephala« (Mikrosk. Anatomie Bd. LXXVI. 1910/11), welcher die Taf. XXVII — ^XXIX beigegeben sind. Meves fixierte seine Objekte im ALTMANNschen Gemisch (2%ige Osmiumsäure und 5%ig.e Kali- bichromatlösung zu gleichen Teilen). — Auf S. 689 sagt der Autor: »Es (das Ei) enthält einen central gelegenen Kern, welcher infolge der starken Osmierung völlig homogen aussieht; eine meistens vorhan- dene Unregelmäßigkeit des Konturs ist wahrscheinlich auf Schrumpfung zurückzuführen. Ich habe meine Präparate absichtlich nicht gezeichnet, sondern photographiert, um selbst völlig objektiv bleiben zu können; aber auch bei genauester Besichtigung der Bilder beobachtet man nichts, was als Schrumpfung zu deuten wäre: Nirgends tritt der Eiinhalt von der Membran zurück und die Konturen sind überall vollkommen glatt2. Wie mir scheint, will Meves für die Schrumpfung seiner Präparate den Übergang aus dem absoluten Alkohol ins Paraffinbad verant- wortlich machen. Er sagt nämlich (loc. cit. S. 687): »darauf werden die Eier in Alkohol von steigender Konzentration übertragen (wobei sie in jedem Konzentrationsgrad 24 Stunden belassen werden) und dann in Paraffin eingebettet. Hierbei muß man, wenn man Schrumpfungen vermeiden will, mit äußerster Vorsicht zu Werke gehen . . .« Es ist eine alte, bekannte Forderung der Mikrotechnik, daß ein Objekt nie aus einem Bad direkt in ein anderes übergeführt werden darf, selbst dann nicht, wenn die Härtung bereits erfolgt ist. Übrigens ist 1 Gefärbt in Eisenhämatoxylin. 2 Auch Van Beneden sagt: «On peut employer avec grand avantage l'al- cool au tiers, puls l'alcool a 70, au lieu de Tacide nitrique, pour durch" les oeufs. (Van Beneden, E., Eecherches sur la maturation de Toeuf et la fecondation [Ascaris megalocepJiala']. Archives de Biologie. T. IV. 1883. p. 281.) z.'iistiKiicii. T. 429 ein Intermediuni zwisrluMi Alkdhol und Paraffin schon aus dem Grunde nötig, weil die Präparate aufgehellt werden müssen. Der ganze Unter- schied zwischen Meves und mir besteht nun darin, daß er hierzu Äther- Chloroform verwendet, während ich Xylol vorziehe. Hier also treten die Differenzen in unsern Schnitten schwerlich erst ein, besonders w<>nn man sieht, mit welcher großen Sorgfalt Meves seine Objekte allmählich in Paraffin bettet. Die Schrumpfung ist ohne Zweifel vorher schon erfolgt und muß auf die Fixierflüssigkeit zurückgeführt werden. Nun wäre ja allerdings eine Schrumpfung der Kontur allein an und für sich nichts Schreckliches ; aber wir kennen eben in der Zelle empfindliche Partien, die der Schrumpfung erst recht nicht entgehen, wenn eine solche tatsächlich möglich ist. Ich möchte noch einmal besonders auf den Kernrand verweisen, wo die geringsten Schädigungen infolge der dort dicht stehenden Elemente (und zwar oxy- und basi- chromatischer Natur) leicht zu Täuschungen führen können. In der Fig. 11 der Taf. X ist die befruchtete Eizelle von Ascaris megalocephala in der ersten Furchungsteilung begriffen; in Fig. 12 ist diese Teilung vollständig durchgeführt. Beide Abbildungen zeigen mit größter Deutlichkeit die Körper chen, die man— und damit kommen wir auf unser Ausgangsthema zurück — als Centrosomen bezeichnet und man würde im Hinblick auf diese Figuren allein in der Tat zur Überzeugung kommen können, daß wir es hier mit Zellorganen zu tun haben, die mindestens im Stadium der Mitose eine wichtige Mission zu erfüllen haben. Die Centrosomen sollen aber bereits in der »ruhen- den« Zelle präformiert und dort mit ihrer Sphäre in einer Dälle des Kernes gebettet sein. Ich habe bereits früher i darauf hingewiesen, daß eine solche Dälle normal nicht existiere und daß man den Ver- hältnissen Zwang antun müsste, wollte man eines der vielen Körnchen, die gewöhnlich im Zelleib, und besonders häufig in der Nähe des Kernes, auftreten, speziell als Centrosom ansprechen. Seit 1910 habe ich wiederum ungezählte tausende von Zellkernen der verschiedensten Provenienz im mikroskopischen Felde geprüft und ich bin zu keinem andern Resultat gekommen: Für mich persönlich ist das Centrosom in der »ruhenden« Zelle erledigt. Über die wahre Natur und die Bedeutung der bei der indirekten Zellteilung an den Polen der Tonnenfigur mehr oder weniger leicht konstatierbaren Centrosomen haben uns die bisher gebräuchlichen 1 HcH. St.vuffacher, Beiträge zur Kenntnis der Kernstrukturen. Zeit- .schrift f. wiss. Zool. Bd. XCV. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 29 430 Hch. Stauffacher, Methoden keinen Aufschluß gebracht; sie haben ihn nicht bringen können, weil sie — wie ich schon betonte — die Hauptsache bei der Erscheinung unberücksichtigt ließen und das ist die oxychromatische Grundsubstanz, das organisierte Plastin. In Fig. IIa, Taf. X, ist eine Eizelle von Ascaris megalocephala gezeichnet, die derselben Serie entstammt, wie Fig. 11. Der Alkohol- fixation folgte aber hier Färbung in Ehrlich-Biündi. Und das, was wir jetzt sehen, ist einer klaren Interpretation sehr viel leichter zu- gänglich, wie das, was uns Fig. 11 zeigen kann. — Wenn wir von den Chromosomen vorläufig absehen, so ziehen auch in Fig. 11« die beiden Pole der Kernspindel in erster Linie unsere Aufmerksamkeit auf sich. Aber da sieht es jetzt ganz anders aus, wie in dem sonst ja völlig kon- gruenten Fall der Fig. 11. Diese Pole heißen zu Unrecht Attraktions- sphären; es sind vielmehr Kontraktionssphären, denn es ist doch über jeden Zweifel erhaben, daß sich hier die Erscheinung der Kontrak- tion abspielt. Und zwar ist es die oxychromatische Grundsubstanz, das strukturierte Plastin, bekanntlich der Sitz der Kontraktilität, das an zwei oder mehr Stellen des Cytoplasmas gleichzeitig in diesen Reizzustand tritt. Schon früher i habe ich demonstriert, wie aus den Wandungen der zwischen den beiden Kontraktionspunkten gelegenen Waben des Cytoplasmas und des Kernes die filaren Strukturen der »Tonne << entstehen, die nicht erst nachträglich mit den' Chromosomen in Konnex geraten — >>in den Kern hineinwachsen« — , sondern von allem Anfang an im organischen Zusammenhange mit ihnen gewesen sind. Völlig passiv machen nun die basichromatischen Tröpfchen des an diesem Prozeß beteiligten Cytoplasmas die Bewegung der oxy- chromatischen Grundmasse mit. Nirgends finden wir die leiseste Spur einer Selbstbewegung bei diesen Nucleinelementen, nirgends zackige Ränder, die man doch sehen müßte und auch sehen könnte, falls diese Tröpfchen Eigenbewegung besäßen und aktiven Anteil nähmen an den Dislokationen und strukturellen Änderungen, die sich hier vollziehen: Sie bleiben rund, wie sie es vorher waren und wie alle die entfernteren und nicht in den Strudel der Mitose hineinge- zogenen basichromatischen Portionen des Cytoplasmas es immer sind (Fig. IIa). Infolge der mehr oder weniger energischen Kontraktion des Plastins werden naturgemäß an den Polen eine größere Anzahl der auf dem 1 Hch. Stauffacher, Zeitschrift f. wiss. Zool. Bd. XCV. Zellstudicn. I. 431 Oxychromatin reitenden basichiomatischen Elemente, die vorher auf den Wabenwandungen relativ zerstreut waren, einander genähert, so daß sie schließlich konfluieren und größere Kügelchen formen. An den Polen der Tonnenfigur sind denn auch wohl in den meisten Fällen mehr oder weniger dickt stehende Gruppen kleiner Körnchen oder dann einzelne größere solcher Elemente anzutreffen i, die durch Zusammenfließen aus jenen entstanden sind. Und zwar sind es — wie ich immer wieder betonen muß — Tröpfchen basichromatischen Materials. Die Fig. IIa wirft nun auch Licht auf die Fig. 11 und 12. Hier verhält sich die Sache genau so, wie bei Fig. IIa; wir glauben zwar ein einheitliches Gebilde — eben das Centrosom — vor uns zu sehen; tatsächlich ist das sicher nicht der Fall. Auch hier stehen lediglich mehrere Körnchen dicht nebeneinander und am unteren Pol der Fig. 11 können wir das bei einiger Aufmerksamkeit direkt sehen. Die Häma- toxylinmethode ist eben nicht fähig, hier den diskontinuierlichen Charakter dieser Gebilde zu demonstrieren. Tingiert man nun einseitig, also bloß mit basischen Farbstoffen, so kann nicht ausbleiben, daß um diese »Centrosomen << herum ein mehr oder weniger ausgeprägter heller Hof bemerkbar wird; denn durch das Strecken der oxychromatischen Fasern und das dadurch bedingte Konfluieren der basichromatischen Tröpfchen an den Orten stärkster Kontraktion ward die nächste Umgebung dieser Pole auf größere oder kleinere Distanz an Basichromatin entblößt und diese Zone bleibt alsdann ungefärbt. In Fig. 13, Taf. XI, haben wir ein ähnliches Stadium der Eizelle von Ascaris megalocephaln vor uns, wie in den Fig. 4, 5, 6 und 8; es entstammt derselben Serie, wäe diese, ist jedoch in Ehklich-Biondi gefärbt. Die anfänglich kegelförmige Spermazelle ist in das Ei einge- drungen und fängt eben an, den größten Teil ihres Inhaltes in Form schwarzrot tingierter Kügelchen über die Kernbrücken ins Ei zu ent- leeren^. Annähernd im Centrum des allmählich kugelig gewordenen Spermas aber sehen wir ein äußerst scharf grün gefärbtes Körper- chen (den »Spermakern^«), das aus vier einzelnen, rundlichen, basi- chromatischen Bestandteilen besteht, die in der folgenden Weise zum Quartett geordnet sind: JJ oder •*•, und die schließlich mit den Chro- 1 Siehe z. B. Th. Boveri, Zellstudien. Hft. 4. Über die Natur der Centro- soineii. 1901. Jena, G. Fischer. 2 Centrosom u. Spermastrahlung sind in meinen Präparaten unauffindbar. 3 Dieser >>Spermakern « scheint mir zwar viel eher ein Xucleolus zu sein. 29* 4:32 Heb. Stauffacher, mosoineu des Eikerns kopulieren i. Ich betone: Jene vier Elemente sind in der EHRLiCH-BiONDi-Lösung leuchtend grün gefärbt und sehr deutlich unterscheidbar. Schauen wir uns darauf hin noch einmal die Fig. 4 — 8, Taf . X, an, so erkennen wir hier die genannte Partie unschwer ebenfalls; aber niemand wäre imstande, selbst bei Anwendung schärfster Linsen, anzugeben, ob der tiefschwarze rundliche Klex im Innern der Spermazelle ein einheitliches Gebilde, oder ob er aus mehreren Bestandteilen zusammengesetzt sei. Würden wir bloß die Fig. 4, 5, 6, 7, und 8, bzw. nur Hämatoxyhnpräparate zur Verfügung haben, so müßten wir unbedingt ersteres annehmen und würden uns hierbei täuschen ; denn die Färbung in Ehrlich-Biondi löst den »Spermakern « mit größter Leichtigkeit in seine vier Komponenten auf. Ahnlich wür- den sich wohl auch andere heterogene Farbstoffgemische verhalten. — Auch Meves (loc. cit.) ist mit seiner Methode die Auflösung nicht ge- lungen; man sieht zwar in Fig. 16 seiner Taf. XXIX etwas von einer Differenzierung dieser Partie, aber der Fall ist weit davon entfernt, uns Klarheit über die tatsächlichen Verhältnisse zu schaffen, ganz abgesehen davon, daß der »Spermakern« in andern Zellen »bloß als helle, von Plastochondrien freie Stelle erscheint« (loc. cit. S. 695 u. 712). Meves verfolgt zwar in erster Linie andere Ziele als das Sichtbar- machen des »Spermakerns «, sonst hätte er wohl kaum mit Säurefuchsin gefärbt; aber er würde zum Studium des »Spermakerns« höchst wahr- scheinlich nur den Farbstoff, nicht aber auch die Fixierflüssigkeit ersetzt haben und dann wäre Meves — und das geht schon aus seinen Zeichnungen mit Sicherheit hervor — selbst dann die Zusammensetzung des »Spermakerns« entgangen, wenn er sich der basischen Farbstoffe bedient hätte. Es liegt also hier ein ganz ähnlicher Fall vor, wie wir ihn oben bei den Centrosomen kennen gelernt haben. Wenn nun Meves mit seiner Methode die Differenzierung des »Sper- makerns« nicht gelingt; so liegt der Verdacht nahe, daß sich unter solchen Verhältnissen auch andernorts in der Zelle Aggregate in der Verkleidung des Zusammenhängenden, Kontinuierlichen, präsentieren könnten. Das ist z. B. möglich beim sogenannten »Glanzkörper«, in 1 Der Raum zwischen den vier dunkelgrün gefärbten Kügelchen ist zwar auch grün, aber viel heller, wie jene, so daß sich das Quartett scharf abhebt. — Auch VAN Beneden sieht bei Alkoholfixation und Färbung mit Boraxcarmin die vier Chromatinkügelchen. (Vax Beneden, E., Recherches sur la maturation de l'oeuf et la fecondation. Ascaris megalocephala. Archives de Biolog. T. IV. 1883. Platte XIV. Fig. 16.) Zt'llstiKlicn. I. 433 den Abbildungen von Meves (loc. cit.) als einheitliches, rot gefärbtes Organ im zugespitzten Ende der Spermazelle sichtbar^. In derselben Fig. 13 sehen wir den Eikern in Teilung und zwar i-o wenig auf einen Punkt konzentriert, also so w^enig lokalisiert ist, daß selbst von einer Strahlenbildung im Cytoplasma nicht die Rede sein kann. Auch die Fig. 6, 10, 11, 12, 13 und 14 der Abhandlung von Meves (loc. cit.) stimmen vollkommen mit meiner Darstellung überein: Von einem Centrosom ist nirgends eine Spur vorhanden, trotzdem gerade hier die Bedingung erfüllt ist, die das Körperchen sichtbar machen müßte, falls es oxychromatischer Natur ist, wie Heidenhaim^ meint: Sind doch die Präparate von Meves mit Säurefuchsin gefärbt. Von einer Teilung eines ursprünglich etwa vorhandenen Centro- soms in die Körnchenhaufen der Fig. 13 kann doch im Ernste auch nicht die Rede sein, ebensowenig von einer Bildung der Kernspindel durch Auseinanderrücken der Centrosomen, Ausgeschlossen ist ferner 1 Wahrscheinlich ist das in Fig. 26c' (Taf. XI) gezeichnete Spermium ein solches mit »Glanzköiper«. Sollte sich dies bestätigen, so würde meine soeben ausgesprochene Vermutung richtig sein: denn der große cylindrische Körper liinter dem »Spermakern« zeigt nach Alkoholfixation und Färbung in Ehblich- BiONDis Lösung ganz deutlich eine netzartige Struktur. Das Netz selbst ist bläulich, die Räume dazwischen dagegen röthch gefärbt. 2 Heidenhaix, M. Über Kern und Protoplasma. (Festschr. f. A. V. KoL- LICKER.) 1891. 434 Hell. Stauffacher, eine nachträgliche Bildung eines Centrosoms an den Polen der Fig. 13 und aller ähnlichen Fälle, und sie würde uns auch gar nicht aus der Verlegenheit helfen; denn wenn das Centrosom ein persistieren- des Gebilde der Zelle sein soll, so müßte es ja auch in den Prophasen der Teilung irgendwo vorhanden sein. Der in Fig. 13 gezeichnete Fall ist .sozusagen normal für die Teilung des Eikerns bei der Richtungskörperbildung von Ascaris megalocephakt, wie auch aus den Abbildungen von Meves hervorgeht; und er wieder- holt sich tausendfach, bei Tieren sowohl wie (und ganz besonders) bei Pflanzen, widerspricht aber der modernen Centrosomenlehre des Entschiedensten . Angesichts dieser Sachlage ist es im höchsten Grade interessant zu sehen, mit welcher Hartnäckigkeit viele Cytologen an ihrem Cen- trosom festhalten, die gefügigsten Mittel anwenden und wochen- ja selbst monatelang den Protoplasten den verschiedensten Prozeduren unterwerfen, um schließlich in ein paar Fällen wenigstens scheinbar Bestätigung ihrer Anschauung zu gewinnen, während eine von jeder Voreingenommenheit freie Besichtigung der Präparate und besonders eine objektive Vergleichung derselben mit größter Deutlichkeit zeigt, daß das Centrosom kein individualisiertes Gebilde der Zelle, kein Zellorgan sein kann. In ähnlicher Weise, wie unsere Zellforschung bei den Centrosomen ins Stocken geriet, fand sie unübersteigliche Hindernisse für das Ver- ständnis der Vorgänge bei der als »Kernteilung << bezeichneten Bildung und Locomotion der Chromosomen. Und auch die Ursache ist hier die gleiche, wie dort: Auch bei der Formierung und Teilung der Chro- mosomen hat man den eigentlichen Träger, die organisierte Grund- substanz, die oxychromatische Unterlage des »Chromatins << über- sehen oder vernachlässigt; denn das wirklich Formgebende und sich Bewegende, das Treibende bei der ganzen interessanten Umwälzung, die sich während einer Mitose vollzieht, ist auch hier wieder das kon- traktile Plastin, während das »Chromatin << (Basichromatin) völlig passiv den Verschiebungen, die das Oxychromatin vornimmt, folgt. Heidenhain hat hierauf schon mit allem Nachdruck hingewiesen, indem er sagt (loc. cit. S. 166): ». . . so wird ohne weiteres sinnen- fällig, daß die Struktur des ruhenden und in Teilung befindlichen Kernes auf der Gestaltung des Linins beruht.« Und weiter unten (S. 166) lesen wir: »Man findet nämlich (bei Salamandra), daß die Chromosomen vom ersten Moment ihrer Entstehung an bis zum Schluß der Mitose sich fortwährend verkürzen, wobei sie immer dicker werden. Zollstudion. I. . 435 Diese Erscheinun<>: ist naturgemäß an den geformten Träger der Chromiolen^ an das Linin gebunden und bedeutet eine wirkliche Zusammenziehung oder Kontraktion desselben . . .<< Die Konsequenz, die sich aus dem Gesagten ergibt, ist nicht zu übersehen: Die Zelle hat nicht bloß, vielleicht nicht einmal so sehr das Bedürfnis, das »Chromatin«, exakt auf die Tochterzellen zu ver- teilen, da ja eine Ergänzung desselben relativ leicht möglich wäre. Wichtiger ist wohl die säuberliche Halbierung der organisierten Grund- substanz des Kernes (natürlich einschließlich Nucleolus), für die Tochter- kerne. Der Kern teilt sich vermutlich nicht deshalb, damit das »Chromatin« halbiert werde, sondern letzteres wird hal- biert, weil das ihm zugrunde liegende Oxychromatin, sein Erzeuger und Receptor, halbiert werden mußi. Wollen wir daher über den Mechanismus der Kernteilung Aus- kunft haben, so werden wir wiederum beim Oxychromatin anfragen müssen, bei der organisierten Grundsubstanz der Chromosomen, die aktiv an dem Vorgang beteiligt ist, während das Basichromatin, weit davon entfernt, uns den Teilungsprozeß aufzuklären, denselben eher verdeckt. Auf ein »totes Geleise« droht neuerdings unsere Zellforschung zu geraten durch die Lehre von den Piastosomen (Plastokonten oder Plastochondrien) bzw. Chondriosomen. Die Lehre von den »Chon- driosomen« bildet in ihren Schwächen und dementsprechend auch in ihren Resultaten eine vollständige Parallele zur Centrosomenlehre. Zunächst ist festzustellen, daß zur Demonstration der Chondrio- somen im wesentlichen dieselben Methoden und Mittel in Anw"endung kommen, die zur Sichtbarmachung der Centrosomen im Gebrauche waren und noch sind. Und von diesen Methoden und Mitteln gilt hier genau das, was wir schon einmal betonten : Sie sind zu einseitig, weil sie das Oxychromatin nicht berücksichtigen, sie sind zu gefügig, und ihre Präparate daher der subjektiven Deutung im höchsten Grade zugänglich. Das führt auch hier wiederum, wie dort, zu einer un- nötigen und daher bedauerlichen Bereicherung der Terminologie: Piastosomen, Plastochondrien, Plasmosomen, Mitochondrien, Plasto- konten, Plastidulen, Chondriosomen, Chondriokonten, Chondriomiten, Kinetochromidien sind Namen für Dinge, die im Grunde genommen identisch sind und deren verschiedene Erscheinungsformen lediglich auf die Wirkung der Reagenzien zurückgeführt werden können. Man berücksichtige hier auch das auf S. 453, Anmerkung, Gesagte. 436 . Hell. Staiiff acher, Auch hier herrscht Willkür, wie auf dem Gebiete der Centrosomen- forschuno' und zwar nicht nur in der Wahl der Mittel zur Fixierung und Färbung der »Chondriosomen <<, sondern auch in der Interpre- tation der mikroskopischen Objekte. Wir werden zwar auf diesen Punkt später zu sprechen kommen ; einen Fall aber zur Demonstration des Gesagten und brauchbar zur Reduktion der im folgenden nötigen Termini wollen wir vorwegnehmen. Meves sagt (loc. cit. S. 685): ». . . Weiterhin fand ich selbst, daß Chondriosomen oder, wie ich sie von nun an ausschließ- lich nennen werde^ Piastosomen (d. h. Plastokonten oder Plasto- chondrien), in allen embryonalen Zellen gegenwärtig sind . . .<< Bei pflanzlichen Zellen spricht Meves ebenfalls von Chondriosomen (Ber. d. Deutsch, bot. Ges. 1904) und Lewitsky^ sagt S. 540: »In allen Fällen habe ich denen von Meves und andern, als Chondriosomen bezeichneten, ganz analoge Strukturen gefunden . . .<< Sie entsprechen also einander vollkommen, sie sind »ganz analog << die Strukturen, welche Meves und Lewitsky beschrieben und als Piastosomen oder Chondriosomen bezeichnen, trotzdem sie Meves mit Säurefuchsin, Lewitzky aber mit Hämatoxylin färbt, bei prinzipiell gleicher Vorbehandlung (Fixierung) der Präparate. (Meves: ÄLTMANNsches Gemisch 2% Osmiumsäure | , . , „, ., ^X; T^ 1-1 • 1 \ gleiche Teile, 0% Kalibichromat J Lewitsky: >>BENDAsche<< Flüssigkeit 2% Osmiumsäure 4 ccni 1% Chromsäure 15 ccm Eisessig 3 — 5 Tropfen). Mehr Freiheit kann mau sich auf dem Felde der Zellforschung wahrhaftig nicht mehr gestatten. Wir wollen uns nun die Fälle einzeln genauer ansehen. a. Die Piastosomen (Chondriosomen) von Ascaris meyalo- cephala (Meves, loc. cit.). Über die Spermien sagt Meves unter anderni Folgendes: »Der Kopf teil besteht aus Protoplasma und enthält einen rundlichen, stark färbbaren Kern, während der Schwanzteil durch einen kegelförmigen, im lebenden Zustand stark lichtbrechenden Körper, den sogenannten Glanzkörper, gebildet wird, der nur von einer dünnen Protoplasma- hülle bekleidet ist. 1 Von mir gesjaerrt. Stauffacher. 2 G. Lewitsky, Über die Chondriosomen in ^pflanzlichen Zellen. Ber. d. Deutsch, bot. Ges. Bd. XXVIII. Hft. 10. Zcllstu(ii(>ii. 1. 437 Das Protoplasma des Kopfteils ist von zahlreichen Körnern erfüllt, welche sich bei Anwendung der ÄLTMANNschen und BENDAschen Me- thode ebenso wie Plastochondrien färben und zweifellos mit solchen identisch sindi. Als ALTMANNsche Körner oder Plastidulen sind sie bereits von L. und R. Zoja, als Mitochondrien von Tretjakoff und Alfred Mayer angesprochen worden. Mehr vereinzelt finden sich Pastochondrien auch im Schwanzteil in der den Glanzkörper umgebenden Plasmahülle . . .<< Es erhöht den Effekt nicht im geringsten, wenn Meves sich darauf beruft, daß sich die Körner des Spermakopfes nach der ALTMANNscheu sowohl wie nach der BENDAschen Methode gleich — • und zwar wie Plastochondrien färben; denn diese Methoden sind im Grunde ge- nommen gar nicht different. Wie gestaltet sich nun aber die Situation, wenn wir das Objekt nach ganz andern und zwar — wie wir gesehen — zuverlässigeren Methoden behandeln, es in Alkohol fixieren und z. B. in Ehrlich- BioxDi färben? — >>Dann werden überhaupt keine Chondriosomen mehr sichtbar sein,<< wird Lewitsky sofort einwenden, denn nach ihm soll der Alkohol diese Gebilde zerstören^. Sie sind aber trotzdem nicht verschwunden, die zahl- reichen Körnchen, die Meves und vor ihm andere im Spermakopf und -schwänz von Ascaris megaloce'phala gesehen und die von Meves als Piastosomen oder Chondriosomen bezeichnet worden sind. Sie sind sogar sehr schön erhalten, wenn auch nicht in der brutalen Aufdring- lichkeit, wie nach dem Osmiumsäure-Hämatoxylinverfahren. Und auch vom chemischen Standpunkte aus ist es im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß die genannten Elemente durch Alkohol vernichtet worden sein sollen, wenn wir bedenken, wie dieses Fixier- mittel auf die Proteine wirkt. Wenn jene Körnchen nach Alkohol- behandliing nicht mehr bestehen, dann müssen sie eben aufgelöst worden sein; ich wenigstens kann mir nicht vorstellen, was denn sonst mit ihnen passiert sein soll. Anderseits aber liegen in ihnen ohne Zweifel Eiweißverbindungen vor — die Chondriosomen kriechen ja nach Le- witsky in der Zelle herum — - und daher muß die Behauptung dieses Autors, die Chondriosomen werden durch Alkohol vernichtet, dem Chemiker absolut unfaßbar erscheinen. In der Tat stimmt der mikro- 1 Von mir gesperrt. Stauffacher. 2 G. Lewitsky, Vergleichende Untersuchungen über die Chondriosomen in lebenden und fixierten Pflanzenzellen. (Vorl. Mitt.) Ber. d. Deutsch, bot. Ges. Bd. XXIX. 1912. 438 Hch. Stauffacher, skopische Befund mit dieser Angabe Lewitskys weder hier noch an andern Orten. Ich habe in Fig. 26a, Taf. XI, ein kegelförmiges Spermium von Ascaris megalocephala nach einem in 70% Alkohol fixierten und mit Ehrlich-Biondis Lösung gefärbten Präparat möglichst genau ab- gebildet. Leuchtend grün hebt sich der >:>Spermakern << aus der Schnitt- fläche hervor und ist umgeben von einer großen Zahl scharf markierter Körnchen, welche dunkelgrün bis schwärzlich erscheinen und auch im Schwanz in erheblicher Menge vorkommen. Setzt man die Präparate Verdauungsversuchen mit Pepsin-HCl aus und färbt nachher wieder mit Ehrlich-Biondi, so kann man die grüne Färbung jener Körnchen sehr schön sehend: Sie enthalten also Basichromatin. Die schwärzliche Tinktion dieser Elemente deutet wiederum auf ihre oxy- chromatische Unterlage hin, die man in der Tat demonstrieren kann, wenn man die basichromatische Deckung durch Alkalien löst und wieder mit Ehrlich-Biondi färbt: Jetzt erscheinen die Körnchen rot. Den gleichen Effekt würden wir bekommen, wenn wir von vorn- herein (ohne Lösung des Nucleins) mit Säurefuchsin tingieren würden, weil alsdann das Basichromatin ungefärbt bliebe. Sollte jemand daran zweifeln, daß die Körnchen, von denen ich gesprochen, den Piastosomen von Meves entsprechen, dann mag er sich eines der in Alkohol fixierten Präparate zum Vergleich auch noch in Eisenhämatoxylin färben. Er wird dann sehen, daß die (jetzt schwarz gefärbten) Körnchen meist so dicht stehen, daß zwischen ihnen gar keine andern mehr Platz fänden (Fig. 266, Taf. XI). Übrigens werden wir bald das Schicksal dieser Körnchen in der Eizelle ver- folgen können und alsdann Gelegenheit haben, dieselben wiederum den Piastosomen von Meves gegenüberzustellen. Die Körnchen in den Spermien von Ascaris megaloce'phala — nach Meves zweifellos mit Plastochondrien identisch« — sind basichro- matische Elemente^ deren Nuclein, wie überall^ auf oxy- chromatischer Unterlage sitzt. Van Beneden 2 beschreibt, daß der Kern (des Spermiums) von einer helleren, fein punktierten (sogenannten perinucleären) Zone, welche aber auch undeutlich sein oder fehlen kann, und einer dunkleren Rindenzone umgeben sei. Die Rindenzone enthält Körner, welche 1 Läßt man das Oxychromatin durch längeres Liegenlassen der Präj^arate etwas abblassen, so kann man die grüne Färbung jedes einzelnen Körnchens ohne weiteres und völlig einwandfrei sehen (Fig. 2G a). 2 Zitiert nach Meves (loc. cit. S. G93— 094). Zellstudien. T. 439 nach Van Beneden konzentrisch um den Kern herum angeordnet sind, in der Weise, daß sie zugleicli radiäre Reihen bilden. Sie sind untereinander durch Fäden verbunden, so daß Systeme von Linien entstehen, von denen die einen radiär, die andern konzentrisch sind. . . . Dazu bemerkt Meves: »Ich habe weder eine derart regelmäßige An- ordnung der Körner beobachtet, noch auch Fäden wahrgenommen, welche die Körner untereinander verbinden.« V. Erlanger 1 schreibt dem Protoplasma des ^sc«m-Spermiums einen wabigen Bau zu; die Körner (nach v. Erlanger »Deutoplasma- körner«) sollen in den Knotenpunkten des Waben werks liegen . . . Die Beobachtungen von Van Beneden und von v. Erlanger beziehen sich ohne Zweifel auf dieselben Strukturen des Protoplasma und nur in der Interpretation des Gesehenen weichen die beiden For- scher voneinander ab. In der Tat sieht man in den Spermien von Ascaris unschwer ein Netzwerk (Fig. 26a) und ich neige sehr zur An- sicht, daß die im Mikroskop sichtbaren Fäden tatsächlich Waben- wandungen entsprechen, welche auf die Bildebene projiziert werden. Daß Meves diese netzigen Strukturen nicht gesehen, dürfte nicht sehr ver\\-undern, wenn er bekennt (loc. cit. S. 689 u. 695), >>daß der Kern der Eizelle infolge der starken Osmierung völlig homogen aussehe«. Ich denke, die »starke Osmierung« wird auch am Spermium nicht spurlos vorübergegangen sein. Viele Körnchen liegen nun in der Tat in den Knotenpunkten dieses Netzes und höchst wahrscheinlich ist dies bei allen der Fall, wenigstens sprechen meine Präparate sehr zugunsten dieser Annahme. Auch darin stimme ich mit Van Beneden durchaus überein, daß die Körnchen eine bestimmte Anordnung besitzen und in Reihen auf den »Spermakern << zustreben, oder ihn konzentrisch umstellen. Die Ur- sache dieser Erscheinung wird uns weiter hinten beschäftigen. Es muß jedoch zugestanden werden, daß z. B. die Fig. 64 (Taf. XII) der Arbeit Van Benedens ein etwas stilisiertes Aussehen hat. Meves sagt ferner (loc. cit. S. 694), »daß man nach L. und R. Züja2 beim Vergleich derjenigen Bilder, welche man mit der Altmann- schen Methode erhält, mit den Spermatozoenabbildungen Van Be- nedens auf den Gedanken komme, daß die von diesem Autor geschil- derten Granula nicht den Plastochondrien, sondern der Substanz zwischen ihnen entsprechen, daß sie also gleichsam das Negativbild 1 Zitiert nach Meves (loc. cit. 8. 693— G94. 2 L. u. R. ZojA, Intorno ai plastiduli fucsinofili (bioblatsti dell' Altmank). Mcni. Ist. Lomb. Sc. Lett. Milano 1891. Vol. XVI. 440 Hch. Stauffacher, der Plastochondrien darstellen«. Es scheint L. und R. Zoja sowohl wie Meves entgangen zu sein, daß Van Beneden seine Objekte zum Teil mit Osmiumsäure fixierte. Gerade die Spermatozoenpräparate der Fig. 45 — 56 und 62 (Taf. XII) der Arbeit Van Benedens sind mit »Acide osmique<< behandelt worden. Und was für ein Unter- schied besteht denn nun eigentlich zwischen der Fixierung nach Alt- mann und derjenigen, die hier Van Beneden benutzte? Beide Lö- sungen enthalten — und das ist wohl die Hauptsache — Osmium- säure, diejenige Altmanns dagegen noch Kalibichromat. Ist nicht die Phantasie zu bewomdern, welche die Vorstellung fertig bringt, daß sich dieselben Objekte wie Positiv und Negativ zueinander ver- halten, ob man sie mit Osmiumsäure allein, oder aber mit Osmium- säure + Kalibichromat behandelt? Meves gibt denn auch zu, daß die Annahme der Gebrüder Zoja unwahrscheinlich sei. Auf derselben Tafel XII der Abhandlung Van Benedens exi- stieren dann noch die Fig. 64, 65 und 66, deren Präparate mit Alkohol fixiert wurden und unschwer erkennt man die völlige Übereinstimmung der Körnelung der Spermatozoen dieser drei Abbildungen mit der- jenigen der oben genannten Figuren, genau so, wie es auch in meinen Präparaten der Fall ist. Nur zeigt die Fig. 64 dazu noch das Netz- werk, das ich bei Alkoholfixation immer wahrnehmen kann und das in den osmierten Präparaten (auch denjenigen Van Benedens) der Osmiumsäure zum Opfer fällt, geradeso, wie die entsprechenden oxy- chromatischen Strukturen im Kern der Eizelle (s. oben). Auch die Abbildungen Van Benedens sprechen also keineswegs für eine Vernichtung der Plastochondrien durch Alkohol. Aus dem winzigen >>Spermakern << habe ich oft Kernbrücken in großer Deutlichkeit abgehen sehen (Fig. 26a). In den Fig. 4 — 8, Taf. X, folgen Stadien, von denen wir bereits einmal kurz gesprochen, wo das Spermium in das Ei eingedrungen ist. Meves sagt über diesen Abschnitt der Befruchtung von Ascaris me- (/aZocejsÄaZa Folgendes 1 (S. 695): »Van BeneüExX (1883, S. 179) hat beschrieben, daß die Kerne sich an den eingedrungenen Spermien viel weniger intensiv als an den freien färben. In Übereinstimmung damit finde ich an Präparaten, welche nach der ALTMANNschen Methode behandelt sind, daß der Spermienkern bald nach Eintritt der Copulation den Farbstoff sehr leicht abgibt, während er ihn vorher zähe festhielt; er erscheint daher Wir heben nur das für die vorliegende Arbeit Wiehtige hervor. Zellstiidiiii. r. 441 in Fijj;. 1 und ol)ens() in ileii iol^endou Figuren als liellcr Fleck zwischen den ihn umgebenden Plastochondrien.<* Unser Interesse richtet sich aber wohl nicht in erster Linie dai- nach, zu erfahren, was nach ALXMANNscher Methode gefärbt wird und was nicht. Die Frage ist viehnehr die: Ist die gemachte Beobachtung wirklich im Wesen des Spermiums begründet, oder ist sie eine Folge chemischer Eingriffe des Fixiermittel.s auf das Objekt, eine Laune des Farbstoffes, oder in andern Zufälligkeiten der ganz und gar will- kürlichen Behandlung zu suchen. Ist die Erscheinung nicht zufällig, sondern wesentlich, dann muß sie auch mit andern Mitteln demon- .strierbar sein, ganz besonders nach der Fixierung der Präparate in Alkohol. Hier ist aber keine Differenz in der Färbbarkeit zu sehen zwischen den vier Chromatinkügelchen des ins Ei eingedrungenen und dem >>Kern<< des freien Spermiums: Leuchtend grün färbt sich in Ehrlich-Bioxdis Lösung beides. Meves fährt dann fort (S. 696): »Sobald das Spermium von der Eizelle aufgenommen ist, treten Plastochondrien zuerst vereinzelt, später in immer größerer Zahl, aus dem Innern des Spermiums an die Oberfläche desselben heraus, so daß diese schließlich vollständig von ihnen bedeckt ist. Die an die Oberfläche getretenen Plastochondrien erscheinen auf einem optischen Schnitt durch das Spermium wie ein Saum, welcher von den im Innern zurückgebliebenen, die hauptsäch- lich um den Kern gruppiert liegen, durch einen größeren Zwischen- raum getrennt ist. Gleichzeitig erfahren ein Teil der herausgetretenen Plastochondrien, besonders alle diejenigen, welche an der Oberfläche des Schwanzteils liegen, eine Zerlegung in kleinere Körner, welche nicht größer sind als diejenigen der Eizelle. Ebenso zerlegen sich die Plastochondrien, welche im Innern des Schwanzteiles zurück- geblieben sind. Im ganzen Bereich des Kopf teils dagegen bleiben sie durchweg mehr groß. Dieser Umstand ermöglicht es, Kopf- und Schwanzteil des Spermiums noch mit Sicherheit zu unterscheiden, nachdem die Gestalt des Spermiums sich bereits stark der Kugelform genähert hat. Auf einem weiteren Stadium zerlegen sich die großen Plastochondrien im Innern des Spermiums, welche hauptsächlich um den Kern angehäuft liegen, ebenfalls. Das Spermium ist nun von kleinen Plastochondrien (von der Größe derjenigen der Eizelle) dicht durchsetzt. Während diese Vorgänge sich am Spermium abspielen, beginnen die Plastochondrien der Eizelle Lage Veränderungen zu zeigen, wesent- liche aber erst dann, wenn die Richtungsspindel die Eimitte verläßt, imi dem Spermium Platz zu machen. 442 Hch. Stauffacher, Das Spermium dreht, indem es sich dem Eizentrum nähert, seine Schwanzspitze regelmäßig gegen dieses. Um diese Schwanzspitze als Mittelpunkt beginnen nun die Plastochondrien der Eizelle sich anzu- sammeln. Die Ansammlung wird immer stärker. Nachdem das Spermium den Mittelpunkt des Eies eingenommen hat, häufen sich die Plastochondrien auf allen Seiten um das Spermium an, so daß sie eine vollständige Umhüllung desselben bilden, während sie sich aus den peripheren Teilen der Eizelle mehr und mehr zurückziehen (Fig. 8 — 12). Es ist übrigens möglich, wenn es sich auch nicht kon- statieren läßt, daß männliche Plastochondrien sich schon auf diesen Stadien von der Spermienoberfläche ablösen und sich unter die Plasto- chondrien der Eizelle mischen. Nachdem die Plastochondrienansammlung um das Spermium vollständig geworden ist, weist sie in der Regel gegenüber dem central- wärts gekehrten Ende der ersten Richtungsspindel eine Einbuchtung auf. Sie wird von zahlreichen anscheinend leeren Bläschen durch- setzt, welche wahrscheinlich aufgehellten Corpuscules refringents ent- sprechen. Die »hyalinen Kugeln << Van Benedens, unter denen solche mit gleichartigem Inhalt (Gouttelettes homogenes) zahlreicher ge- worden sind, finden sich nunmehr auf eine periphere Zone der Eizelle beschränkt, in welcher man nur noch vereinzelte Plastochondrien wahrnimmt. Auf einem weiteren Stadium (Fig. 13) zieht die Kugel der Ei- Plastochondrien sich enger um das Spermium zusammen. Gleich- zeitig beginnen die Plastochondrien, welche das Spermium durchsetzen, offensichtlich in das Eiprotoplasma überzutreten. Zunächst wird die Mitte des Spermiums von Körnern frei; dagegen häufen sie sich in der Peripherie des Spermiums und in der Umgebung desselben im Eiprotoplasma an. Auf diese Weise entsteht folgendes Bild: Die körnerfreie Mitte des Spermiums wird von einer sehr körnerreichen Zone eingefaßt, welche über den Rand des Spermiums in das Eiprotoplasma hinübergreift und den Kontur des Spermiums verdeckt. Nach außen grenzt sie sich mit unregelmäßig zackigem Kontur gegen eine weniger körnerreiche Zone ab, in welche wahrscheinlich erst wenige oder gar keine männhche Plastochondrien gedrungen sind (Fig. 13, 14). Der Spermienkern, welcher auf den bisherigen Stadien nur als ein von Plastochondrien freier heller Fleck wahrnehmbar war, tritt nunmehr (bei Anwendung der ALTMANNschen Methode) als bräunlicher Körper in der Mitte des Spermiums hervor (Fig. 14). Während nun die erste Reifungsteilung ihrem Ende entgegengeht Zellstudien. I. 443 . . . wandern immer mehr Plastocliondrien aus dem Spermium in das Eiprotoplasma aus, so daß der körnerfreie Teil des Spermiums immer größer wird (Fig. 15, IG). Allmählich tritt der Kontur des Spermiums wieder deutlich hervor (Fig. IG). Bald (Fig. 17) sind im Innern nur noch vereinzelte Körner zurückgeblieben, welche aber gleichfalls noch ihren Weg in das Eiprotoplasma nehmen. Andere zahlreichere und zum Teil größere Körner, w^elche noch die Ober- fläche des Spermiums besetzen, lösen sich von dieser ebenfalls ab. Schließlich hat das Spermium seine sämtlichen Plastochondrien an das Eiprotoplasma abgegeben (Fig. 18) . . . Schon vor diesem Zeitpunkt ist der Unterschied zwischen den vorhin erwähnten beiden Körnerzonen vollständig geschwunden, was als ein Zeichen dafür gelten kann, daß die männlichen Plastochondrien sich gleichmäßig überallhin verbreitet haben. Aus theoretischen Gründen muß angenommen w^erden, daß, nach- dem die männlichen und w-eiblichen Plastochondrien sich gemischt haben, früher oder später je ein männliches und weibliches Korn mit- einander verschmelzen. Es ist nun in der Tat vielfach unverkennbar, daß die Plastochondrien, welche nach Beendigung der ersten Rich- tungsteilung das Spermium umgeben, im Vergleich mit denjenigen früherer Stadien nicht unerheblich größer sind. Ferner scheint mir, daß gleichzeitig eine Abnahme ihrer Zahl stattgefunden hat. Immer- hin muß man wohl die Möglichkeit im Auge behalten, daß diese Er- scheinungen auf Rechnung einer Quellung zu setzen sind, welche ein- getreten sein könnte, weil das fixierende Reagens die auf diesen Stadien bereits stark verdickte Dotterhaut erst nach Ablauf einiger Zeit zu durchdringen vermag . . .<< In den Fig. 4 — 8 der Taf. X zeige ich nun photographische Re- produktionen solcher Eistadien von Ascaris megalocephala, die den von Meves (loc. cit.) beschriebenen entsprechen: Das Sperma ist ins Ei eingedrungen und nähert sich allmählich dessen Mitte. Die Figuren sind direkt nach meinen Präparaten bei lOOOfacher Vergröße- rung des Mikroskops photographiert ; fixiert W'Urden die Objekte in 70%igem Alkohol und gefärbt mit Hämatoxylin nach Heidenhains Vorschrift. Mit Sicherheit sieht man, besonders in den Fig. 4, 5, 6 und 8 wie Spermainhalt in das Cytoplasma des Eies sich ergießt: Eine Wolke von Körnchen tritt mehr oder weniger einseitig (Fig. 4, 5 u. 6) oder allseitig (Fig. 8) aus dem Spermium aus und verteilt sich in der Eizelle. Ich sehe also im Prinzip genau das, was Meves beobachtet und beschrieben hat. 444 Hch. Stauffacher, Daraus ziehe ich folgerichtig den Schkiß. daß die Körnchen oder Tröpfchen, die in meinen Präparaten das Spermium ins Cytoplasma des Eies aussät, nichts anderes sein können, wie die von Meves soge- nannten Plastochondrien. Gegen diese Identifizierung scheint allerdings die Tinktion der Gebilde Protest zu erheben: Meves färbt mit Säurefuchsin, während meine Präparate mit Hämatoxylin tingiert sind. Es wird also zu zeigen sein, daß sich die aus dem Spermium austretenden Tröpfchen meiner Präparate mit Säurefuchsin ebenfalls färben. Das ist in der Tat der Fall: Fig. 3i, Taf. X, zeigt eine Zelle aus einer Serie, welcher die Fig. 4 entstammt, gefärbt in Säurefuchsin und die Elemente, die in den Fig. 4, 5, 6 und 8 schwarz erscheinen, sind hier tatsächlich rot. Diese auf den ersten Blick etwas sonderbare Erscheinung ist indes, wie wir noch sehen werden, leicht zu erklären; allerdings nicht durch die Janusnatur der gefärbten Eiweißkörper chen, sondern dadurch, daß wir auch hier das eine Mal (mit Hämatoxylin) das Basi chromatin, das andere Mal (mit Säurefuchsin) seine konforme oxy chromatische Unterlage färben. Ist die "Wahrscheinlichkeit von vornherein schon sehr groß, daß in den Präparaten von Meves dieselbe Körnelung vorliege, wie in den meinigen, so wird dies jetzt zur Gewißheit. Damit ist aber auch be- wiesen, daß die Plastochondrien durch Alkohol nicht »zerstört« werden, eine Erfahrung, die übrigens, wie ich schon früher betont, mit unsern chemischen Kenntnissen und Voraussetzungen durchaus zusammentrifft. Wir färben unsere Schnitte nunmehr in Ehrlich-Biondis Lösung, weil wir hier im Verein mit alkoholischer Fällung der Eiweißkörper am ehesten über die wirkliche Natur der »Plastochondrien« des Ascaris- Spermas Auskunft erhalten. Fig. 13, Taf. XI, repräsentiert einen solchen Fall. Es ist von dieser Zelle früher schon einmal die Rede gewesen. Hier interessieren uns nun besonders die Körnchen oder Tröpfchen (»Plastochondrien«), die wiederum vom Spermium aus- gehen und ins Cytoplasma des Eies übertreten. Diese Elemente färben sich nunmehr dunkelrot bis schwarzrot. Das ist, wie ich bereits betont, eine allbekannte Erscheinung bei EHRLiCH-BiONDi-Färbung 1 Auch diese Figur ist nicht gezeichnet worden, sondern auf rein photo- graphischem Wege hergestellt. Zuerst wurde eine mikrophotographische Auf- nahme auf LuMiÄREs Autochromplatten gemacht und von diesen ein Abzug auf Papier nach dem Verfahren von Dr. Smith, Paris, hergestellt. Dieser Abzug ist die vorliegende Fig. 3. ZclLstudirii. 1. 445 und eine Überlagerung von grün (ßa.sichromatin) auf rot (Oxychro- niatin) erkannt worden. Wir wollen auch hier den Beweis antreten. Färben wir, wie oben bemerkt, die Schnitte mit Säurefuchsin, so werden die Körnchen rot; legen wir die Präparate in Pepsin-HCl und färben mit Ehrlich-Biondi, so nehmen die Elemente deutliche Orünfärbung an (Fig. 8, Taf. X), während sie in Hämatoxylin (nach Heidenhain) auch jetzt wieder schwarz werden, genau so wie in den Fig. 4 — 8. Stellen wir die Objektträger in alkalisch reagierende Flüssig- keiten und färben wieder mit Ehrlich-Biondi, so tingieren sich die Körnchen nunmehr rot^ genau so, wie wenn sie von vornherein mit Säurefuchsin gefärbt worden wären. Färben wir aber nach der Be- handlung mit verdünnter Natronlauge mit Säurefuchsin, so ist der Effekt genau derselbe, wie wenn wir kein NaOH angewendet hätten. Erklärung. Die schwarzrote Färbung in Ehrlich-Biondi deutet darauf hin, daß auch hier grün auf rot liegt, daß also Basichromatin auf oxychromatischer Unterlage ruht. In Pepsin-HCl wird nun die letztere verdaut und zurück bleibt nur das Basichromatin; ist das bei unsern Körnchen der Fall, so müssen sie sich jetzt grün färben, was ja auch zutrifft. — In NaOH usw. löst sich dagegen die Nucleinsäure, während das Oxychromatin erhalten bleibt. Gefärbt wird also in Ehrlich-Biondi nur noch das letztere; da aber die oxychromatische Grundlage dem Basichromatin konform ist, bleibt das Bild im Prinzip dasselbe; nur sind die Körnchen jetzt rot, nicht mehr grün. Das trifft für unsere Präparate wiederum zu. — Färben wir dagegen von vorn- herein nur mit basischen Farbstoffen (Hämatoxylin) so tingiert sich nur das Basichromatin; färben wir aber mit Säurefuchsin, so nimmt einzig das konforme Oxychromatin den Farbstoff auf: Auch hier scheinbar in beiden Fällen dasselbe Bild, nur das eine Mal die Körn- chen schwarz, das andere Mal rot gefärbt, weil im ersten Fall das Basi- chromatin, im andern Fall hingegen das konforme Oxychromatin gefärbt ist. Da NaOH nur das Basichromatin löst, Säurefuchsin jedoch bloß das Oxychromatin färbt, ist der Effekt offenbar der- selbe, ob vor der Färbung mit Säurefuchsin die Präparate mit NaOH behandelt worden sind oder nicht. Die Objekte bestätigen dies. Wenn also Lewitsky behauptet, seine Chondriosomen entsprechen den Plastochondrien von Meves, trotzdem er mit Hämatoxylin, Meves aber mit Säurefuchsin färbt, so ist daran so viel richtig, daß die Bilder übereinstimmen und zwar deshalb, weil beide Forscher konformes Material färben; tatsächlich wird aber in den beiden Fällen chemisch total Verschiedenes gezeigt: das eine Mal (Lewitsky) das Basi- Zeitsclirift f. wissensch. Zoologie. CIX. BJ. 30 44G Hch. Stauffacher, chromatin der Plastochondrien (bzw. Chondriosomen), das andere Mal (Meves) die oxychromatische Grundlage derselben. Lewitsky ist der Widerspruch, in den er mit seiner Behauptung geriet, wie es scheint nicht aufgefallen; an Hand seiner Methode hätte er ihn aber auch nicht zu lösen vermocht. Die >>Plastochondrien<<, welche das yl s c a r * s-Sperma gleich einer Wolke ins Ei übertreten läßt, sind also mikro- somale Portionen basichromatischen Materials, die auf entsprechender oxychromatischer Grundlage sitzen. Das erinnert uns sofort an einen ganz ähnlichen Vorgang. Ich habe seinerzeit zu beweisen versucht i, daß der Eikern während der Eientwicklung ununterbrochen basichromatisches Material ins Cyto- plasma hinaus verfrachte und zwar bis zur völligen oder annähernden Erschöpfung des Nucleus an dieser Substanz. Die Entwicklung des Eies von Äscaris megaloce/phala wurde nun allerdings von mir bis jetzt noch nicht untersucht, dazu fehlte mir die Zeit; aber es ist wohl ziem- lich sicher, daß dieser Vorgang, der bei Insekten und Mollusken bis hinauf zum Säugetier (einschließlich) sich abspielt, auch beim Ascaris-Ki nicht fehlt. Und nun haben wir erfahren, daß nicht nur der Eikern, sondern auch der Spermakern seinen Beitrag an die basichromatischen Elemente des Eicytoplasmas liefert und zwar setzt die Lieferung des Spermakerns da ein, wo der Eikern die seinige sistieren muß. ■ — • Wir haben es ferner bei jener Gelegenheit als höchst wahrscheinlich hin- gestellt, daß die aus dem Eikern stammenden mikrosomalen Basi- chromatinportionen im Cytoplasma der Zelle eine ernährungsphysiolo- gische Rolle spielen: Höchst wahrscheinlich ist das nun auch mit den vom Spermakern gelieferten Elementen der Fall. Wir kommen noch auf diesen Punkt zu sprechen. In einer Eigenschaft allerdings stimmen die »Plastochondrien <<, welche Meves zeichnet, nicht über- ein mit den Körnchen meiner Präparate: Jene sind — wenigstens in den Stadien bevor ihre Teilung erfolgt sein soll — bedeutend größer. Körnchen von solchen relativen Dimensionen, wie wir sie in den Ab- bildungen 1—11, Taf. XXVII und XXVIII, der MEVESschen Arbeit zum Teil finden, suche ich in meinen Schnitten umsonst. Wo etwa größere solcher Körperchen auftauchen, so sind sie dadurch entstanden, daß zwei oder mehr einzelne Körnchen (Tröpfchen) in große Nähe zu- einander geraten, was sich bei genauer mikroskopischer Besichtigung 1 Hch. Stauffacher, Neue Beobachtungen auf dem Gebiete der Zelle. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCVIII. Zrllstudieii. 1. 447 meist direkt nachweisen läßt; auch in den photographischen Repro- duktionen kann man unschwer solche Stellen entdecken. Die Ursache jener Größendifferenz liegt wohl sicher in der Ver- schiedenheit der fixierenden Agentien. Die Osmiumsäure ist schon längst als quellendes Mittel bekannt und auch Meves gibt ja selbst die Möglichkeit einer erfolgten Quellung zu. Auch in einer ganzen Reihe weiterer Beobachtungen kann ich Meves nicht beipflichten. 1) Meves sagt, daß das Spermium seine Schwanzspitze, indem es sich dem Eicentrum nähere, regelmäßig gegen dieses kehre. In meinen zahlreichen Präparaten rundet sich das Spermium fast regelmäßig sofort ab, sobald es ins Ei eingedrungen ist und nur ganz vereinzelte Fälle sind mir zu Gesicht gekommen, in denen das Sperma, so lange es wenig- stens noch in der Nähe der Eiperipherie lag, eine längliche Form zeigte. Im Eiinnern dagegen nahmen sämtliche Spermien — wie gesagt — mehr oder weniger Kugel form an. Ich konnte dementsprechend auch von einem richtenden Einfluß der Eimitte auf den Schwanz des Sper- miums nichts bemerken. — Es ist das übrigens ein Punkt, der für die uns hier interessierenden Fragen nicht ins Gewicht fällt, 2) Meves betont, daß der »Spermienkern « erst nachträglich als bräunlicher Körper in der Mitte des Spermiums hervortrete (Fig. 14 seiner Abhandlung), während er auf den vorhergehenden Stadien nur als ein von >>Plastochondrien<< freier heller Fleck wahrnehmbar ge- wesen sei. In meinen Präparaten ist dieser »Spermienkern << (Nucleolus) kontinuierlich und zwar mit größter Leichtigkeit sichtbar, vom freien Spermium außerhalb der Eizelle an bis zum Quartett von Chromatin- kügelchen, das von ihm schließlich noch übrig bleibt. Seine Färbung in Ehklich-Biondi ist konstant eine leuchtend grüne. Ich zweifle nicht daran, daß Meves richtig beobachtet hat ; aber es ist nach den Präparaten der Alkoholfixation ausgeschlossen, daß seiner Wahrnehmung eine Ursache zugrunde liegt, die in der Natur des »Spermienkernes << selbst zu suchen wäre, es hätten mir sonst Schwankungen in der Färbbarkeit sicher auch auffallen müssen. Es ist übrigens auch gar nicht einzusehen, was solche zeithche oder ört- liche Differenzen in der Farbstoffspeicherung für den »Spermakern << und die Befruchtung für eine Bedeutung haben sollten. Die Erschei- nung ist ohne Zweifel nichts andres als eine durch die fixierenden Agentien bedingte Unregelmäßigkeit. — Ich gebe zu, daß Veränderungen am »Spermakern« vor sich gehen; sie betreffen aber keineswegs sein 30* 448 Hch. Stauffacher, tinktionelles Verhalten. Wir werden gleich auf diesen Punkt zurück- kommen. 3) Meves behauptet ferner, daß ein Teil der (ins Ei) ausgetretenen »Plastochondrien<<, besonders alle diejenigen, welche an der Oberfläche des Schwanzteiles (des Spermiums) liegen, eine Zerlegung in kleinere Körner erfahren, welche nicht größer sind, als diejenigen der Eizelle. Ebenso sollen sich die »Plastochondrien << zerlegen, welche im Innern des Schwanzteiles zurückgeblieben sind, während sie im ganzen Bereich des Kopf teils durchweg mehr groß bleiben. Erst auf einem weiteren Stadium zerlegen sich nach Meves die großen »Plastochondrien« im Innern des Spermiums, welche hauptsächlich um den Kern angehäuft liegen, ebenfalls, so daß das Spermium nunmehr von kleinen »Plasto- chondrien« (von der Größe derjenigen der Eizelle) dicht durchsetzt wäre. Mir persönlich erscheint es vorläufig noch sehr gewagt, aus Größen- differenzen im Bereiche mikrosomaler Portionen der Zelle bestimmte Gesetzmäßigkeiten ableiten zu wollen und diese zum Ausgangspunkt von Spekulation zu machen, ganz besonders dann, wenn die fixierenden Mittel keineswegs zuverlässig sind, wie das — und besonders im vor- liegenden Fall — von der Osmiumsäure gilt. Tatsächlich sehe ich denn auch keine Größendifferenzen zwischen den Körnchen, die etwa eine hinter der Erscheinung steckende Gesetzmäßigkeit ahnen ließen, so wenig, wie dies van Beneden möglich war. Man vergleiche hiermit die Fig. 4—8, Taf. X. Etwas anderes dagegen fällt sicher auf, eine Erscheinung, welche nicht die Größe, w^ohl aber die Zahl der aus dem Spermium aus- tretenden basichromatischen Elemente (»Plastochondrien«) betrifft: die Zahl dieser Tröpfchen, die das Spermium ins Ei aussät, übersteigt die Zahl derjenigen, die im Spermium präformiert sind, außerordent- lich. Diese Beobachtung finden wir bei Meves nicht klar hervor- gehoben und doch würde die Kegistrierung dieser Tatsache die Meves- sche Annahme einer erfolgten Teilung der » Plastochondrien << sehr viel plausibler und notwendiger erscheinen lassen, wie wenn der Autor der Wirkung die vermeintliche Ursache voranstellt. Aber Meves ist es — wie mir scheint — nicht in erster Linie darum zu tun, die Teilung zur Erklärung einer wirklichen Beobachtung — der Vermehrung der »Plastochondrien« heranziehen; vielmehr soll damit lediglich eine Verkleinerung dieser Elemente erreicht werden, wie sie für die Theorie einer Verschmelzung »männlicher und weiblicher Plasto- chondrien« nötig erscheint. Diese Vermehrung der basichromatischen Körnchen oder Tropf- Z."lls(iuli.'ii. I. 449 eben ( »Plastochondrien «) des Spermiums ist jedoch nicht aul' eine Teilung dieser Elemente zurückzuführen: es findet vielmehr eine fortwährende Erzeuguno; derselben durch den >>Kern<< des Spermiums statt, nachdem letzteres ins Ei eingedrungen ist. — An diesem >>Sper- niienkern« fällt ganz besonders auf, daß er eine große Zahl von Kern- brücken aufweist, welche die Kommunikation mit seiner Umgebung anstreben. Schon in den Fig. 4, 5 und 6 beobachten wir diese Er- .^cheinung, obschon hier nicht extra auf diese Strukturen eingestellt war; besser noch erkennen wir sie in den Fig. 7 und 8. In Fig. 7 z. B. sind zwei dieser doppelt konturierten, nach außen verjüngten Bahnen ganz deutlich sichtbar. Und ich kann mir jetzt ebenso wenig wie früher 1 eine andere Bedeutung dieser Strukturen vorstellen als die, daß auf ihnen basichromatisches Material in centrifugaler Richtung abfließt. — Ich gehe momentan auf diese Frage nicht weiter ein, weil ich sie in der genannten früheren Arbeit ausführlich erörtert habe ; betonen möchte ich aber doch, daß die dort beschriebenen Verhältnisse auch für den vorliegenden Fall in allen Details zutreffen. Und Van Beneden hat diese Striikturen zweifellos auch gesehen. Schauen wir uns die Fig. 15 und 16 seiner Taf. XIV, oder die Fig. 5, 7 und 17 der Taf. XV, endlich die Fig. 4, 5 und 6 der Taf. XVI an, so erscheint eine andere Annahme als ausgeschlossen : Genau so, wie in meinen Fig. 4 — 8 (be- sonders Fig. 8) gehen vom Spermakern mehrere Strukturen in radiärer Richtung nach außen ab und wenn sie Van Beneden auch nur durch dünne Striche andeutet, so können sie doch wohl kaum etwas anderes repräsentieren, als das, was ich mit dem Namen Kern brücken belegt habe. In den Fig. 5 und 17 (Taf. XV) und 6 (Taf. XVI) der Arbeit Van Benedens kommt übrigens noch eine andere Beobachtung, die diese meine Überzeugung stützt, zum Ausdruck: die Strukturen, welche vom »Spermakern « ausgehen, münden außen fast sämtlich in kleinen Körnchen. Das ist ja in der Tat für die Kernbrücken (innere sowohl wie äußere) höchst charakteristisch und war seinerzeit mit ein Punkt, der mich veranlaßte, diese Strukturen für einen Transport basichromatischer Elemente von innen nach außen anzusprechen. Aber noch etwas anderes zieht unsere Aufmerksamkeit auf sich. Es ist oben zugegeben worden, daß sich am Spermienkern nach dem Eintritt des Spermas ins Ei gewisse Veränderungen abspielen, jedoch nicht solche, welche seine Färbbarkeit betreffen. Es ist schon einmal darauf hingewiesen worden, daß man im 1 HcH. Stauffacher, Beiträge z. Kenntnis d. Keinstrukturen. Zcitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCV. 1910. 450 Hch. Stauffacher, Spermienkern genau vier Chromatinelemente — und zwar mit größter Leichtiokeit — nachzuweisen imstande sei, eine Ersclieinung, die schon Van Beneden, wie sich aus seinen Figuren ohne weiteres ergibt, wohl bekannt war. Das ist indes erst von einem ganz bestimmten Momente an möglich: Tatsächlich kann das Quartett von Chromatin- kügelchen im Spermakern erst nach der Aussaat der zahlreichen basi- chromatischen Elemente ins Ei gesehen werden; vorher war es mir nie und nirgends möglich, diese einfache Gruppierung klar zu erkennen, gleichgültig, welche Methode ich in Anwendung brachte. In der durch Ehklich-Biondi leuchtend grün gefärbten Fläche des »Spermakernes« nimmt man allerdings auch beim freien Spermium deutlich dunkler gefärbte Körnchen wahr und gelegentlich konnte ich auch deren Vier- zahl beobachten. Da aber Schnitte vorlagen, kann ich nicht wissen, ob nicht doch einige dieser Elemente tiefer und hoher lagen und daher in andre Schnitte zu liegen kamen. In der Kegel birgt der »Sperma- kern«, wie gesagt, eine größere Zahl solcher Körnchen oder Tröpfchen. — Van Beneden deutet zwar diese Vierergruppe gelegenthch vorher schon an, so in den Fig. 9 und 15 (Taf. XIV); aber ich glaube, an Hand meiner Präparate zu der Annahme berechtigt zu sein, daß hier Van Benedens Zeichnungen den vorherrschenden Verhältnissen nicht ganz entsprechen, um so mehr, als er in den andern Abbildungen ähnlicher Stadien (Fig. 14, Taf. XIV; Fig. 8— 15, 17 und 19, Taf . XV, Fig. 1, Taf. XVI) mehr solcher Körnchen verzeichnet. Wohin gerät nun diese Überzahl von Chromatinelementen? In meinen Präparaten ist ganz deutlich zu sehen, wie das Volumen des »Spermienkernes << nach dem Eintritt des Spermas ins Ei um ein Bedeutendes zunimmt. Hierbei ist der »Kern« prall gefüllt mit Basi- chromatin und tritt alsbald in intensivste Tätigkeit : Zahlreiche pracht- volle Kernbrücken gehen von ihm ab und ganze Körnchenreihen basi- chromatischen Materials entquellen diesen Strukturen, um in radiärer Eichtung nach außen zu gelangen: Es sind dieselben Körnchen oder Tröpfchen, die wir schheßhch im Cytoplasma der Eizelle antreffen. Nach und nach wird der »Spermakern« kleiner, das Basichromatin wird spärlicher, bis man das bekannte Quartett der Chromatinkügel- chen erkennt. — Der »Spermakern« ist also — da er Basichromatin erzeugt — , kein Kern^ sondern ein Nucleolus. Auch die basichromatischen Körnchen, die wir bereits im freien Spermium angetroffen haben, entstammen ursprünglich zweifellos diesem Nucleolus; daher ihre eigenartige gesetzmäßige Anordnung um das Kernkörperchen, wie sie bereits Van Beneden in seinen Fig. 1 I Zcllstudien. I. 451 bis 17 USW. der Taf. XI gezeichnet hat und wie sie ganz ähnlich auch in meinei\ Präparaten zu sehen ist. — Das aber, was in den Fig. 3 — 8^* unserer Taf. X diese basichromatischen Elemente direkt ins Cytoplasma des Eies entläßt, ist der eigentliche Kern der Spermazelle. Wir konstatieren also im Verhalten des Spermiums von Ascaris »legalocephala eine vollständige Parallele zu dem Verhalten, das wir beim reifenden Ei nachweisen konnten: Wie der Kern der Eizelle basichromatische Elemente ins Cytoplasma aussät, so liefert auch der Kern der Spermazelle einen Schwärm sol- cher Körnchen bzw. Tröpfchen an das Cytoplasma des Eies ab. Der Unterschied besteht nur darin, daß die Lieferung durch den Eikern nach und nach, während der ganzen Ent- Avicklung der Eizelle erfolgt, während das Sperma seinen Beitrag an Nuclein auf einmal, während seines Eindringens ins Ei abgibt. Die »Plastochondrien<< des ^ s c a rt s-Spermas sind da- her nichts anderes als mikrosomale Portionen basichroma- tischen Materials nucleolarer Herkunft. Das soeben Gesagte wirft, meines Erachtens, auch wieder einiges Licht auf die Vererbungssubstanz. Bis jetzt wurde fast allgemein das »Chromatin << als Träger der Vererbungstendenzen angesprochen. Von unsern beiden Chromatinen wäre es also das Basi -Chromatin, welches die Eigenschaft der Erbübertragung besitzen müßte und das würde selbstredend auch die ins Cytoplasma hinüber beförderten Xucleinportionen betreffen. Aber dann müßten diese letzteren in ihrem extra-nucleären Dasein auch erhalten bleiben, sie dürften im Verlaufe des Stoffwechsels nicht verändert oder gar aufgebraucht werden. Ich muß aber immer wieder betonen, daß dies nicht zutrifft. Die mikro- somalen Teilchen des Basichromatins verschwinden mit der Zeit im Cytoplasma spurlos und müssen — falls das Wachstum der Zelle nicht sistiert werden soll — aus leistungsfähigen Kernen ergänzt werden. Auch das Basichromatin des Kernes ist in der lebenden Zelle in be- ständigem Kommen und Gehen begriffen und es ist aus diesem Grunde schon im höchsten Grade unwahrscheinlich, daß diese beständig im Fluß sich befindhche Substanz die Trägerin der Arteigenschaften sein soll, deren auffallende Konstanz in direktem Widerspruch steht zu der labilen und wenig seßhaften, ephemeren Natur des Basichromatins. Ich komme deshalb auch hier wieder, wie früher schon, zum Schluß, daß das Oxychromatin und zwar das organisierte Pla- stin, die lebende Substanz, der Träger der Vererbungsmerkmale 452 Hch. Stauffcacher, sei. Man wird mir jedoch zweifellos entgegnen, daß ja das Basichro- matin konstant auf oxychromatischer Unterlage sitze und daß mit den in das Cytoplasma auswandernden Nucleinpartikelchen auch oxy- chromatisches Material dorthin abgeliefert werde, daß sich also die Dislokation der beiden Substanzen in genau gleicher Weise vollziehe. Es ist jedoch darauf aufmerksam zu machen, daß das Oxy chromatin (auch im Cytoplasma der Zelle) lange nicht den großen Schwan- kungen unterliegt, wie das Basichromatin. Wäre letzteres der Träger der Vererbungsmerkmale, so müßte z. B. bei Ascaris 7negalocej)hala die Übertragung väterlicher Merkmale stark überstiegen; denn das reife Ei bietet — wenigstens in seinem Cytoplasma — den vom Sper- mium ausgesäten Elementen, wie wir gesehen, kein Äquivalent. Die während der Eientwicklung ins Cytoplasma ausgewanderten Nuclein- portionen sind größtenteils verbraucht und diese Armut an entwick- iungserregender Substanz wird ja — wie mir scheint — sehr gut illu- striert durch das Stadium der Hilflosigkeit und Abhängigkeit, in das die Eizelle nunmehr gerät. Das zeitliche Zusammentreffen von Basi- chromatinarmut und Stillstand der Eientwicklung kann doch un- möglich rein zufällig sein, wenn man bedenkt, mit welcher Kon- stanz diese beiden Erscheinungen überall gleichzeitig auftreten und anderseits beobachtet, wie das parthenogenetische Ei reich ist an Nuclein. Halten wir aber nach wie vor daran fest, daß das >>Chromatin« (Basichromatin) der Sitz der Vererbungstendenzen sei, so würde auch die Annahme unvermeidlich, daß das parthenogenetische Ei mit Ver- erbungsmerkmalen weit besser ausgestattet sei, als das zu befruchtende und die befruchtungsbedürftige Eizelle während ihrer Entwicklung eine geradezu ungeheuerliche Einbuße an solchen erlitten hätte. Es spielen sich eben während der Befruchtung nicht nur gewisse Vor- gänge im Zellkern ab: Wichtige Ereignisse finden auch im Cytoplasma statt, Ereignisse, die bis jetzt noch nicht genügend eingeschätzt werden konnten, die meine Überzeugung, daß das >>Chromatin << nicht der Träger der Vererbung sein kann, ganz bedeutend stützen. Ich be- absichtige nicht, hier auf dieses Thema weiter einzutreten; es ließe sich aber zeigen, daß eine ganze Reihe der wichtigsten Forderungen, die wir an den Träger von Vererbungsmerkmalen stellen, vom Oxy- chromatin besser erfüllt werden, wie vom Basichromatin. Die entwicklungserregende und die vererbende Wirkung des Spermas wäre also nach dem Gesagten an verschiedene Stoffe ge- bunden: Das Basichromatin ist entwicklungserregend, während das I Zriistudicil. I. 453 Oxychiüiiiatin (oiganisiertes Plast in) der Sitz der Vererbungsmerk- niale ist^. Meves nimmt mm aii.s »theoretischen Gründen« an, daß, nach- dem sich die weiblichen mid männlich(Mi »Plastochondrien << gemischt haben, früher oder später je ein männliches und weibliches Korn )nit- einander verschmelzen und zwar stützt er sich darauf, daß vielfach die >>Plastochondrien«, welche nach Beendigung der ersten Richtungs- teilung das Spermium umgeben, im Vergleich mit denjenigen früherer Stadien nicht unerheblich größer seien. Auch eine Abnahme ihrer Zahl sei möglicherweise eingetreten. Meves gibt jedoch zu, daß diese Erscheinungen auch auf Rechnung einer Quellung durch das fixierende Agens gesetzt werden könnten. Meves verschweigt uns zwar die »theoretischen Gründe«, die zu der Annahme drängen sollen, an eine Verschmelzung der basi- chromatischen Körnchen männlicher und weibhcher Provenienz zu glauben; aber ich glaube nicht, daß diese theoretischen Gründe einen besonderen Eindruck auf uns hervorrufen würden, denn ich kann mir persönlich nicht recht vorstellen, wie eine Idee bestimmenden Einfluß gewinnen soll, so lange sie sich nicht auf sichere Beobachtungen be- rufen kann. Und das, was Meves zur Stütze seiner Annahme au empirischem Material beibringt, ist weit davon entfernt, Vertrauen einzuflößen, ganz abgesehen davon, daß Meves ihm selbst nicht traut. Selbst dann, wenn die Osmiumsäure eine Vergleichung der mikro- somalen Portionen basichromatischen Materials nicht von vornherein illusorisch machen würde, wäre ein derartiges Unterfangen auch aus dem Grunde gänzlich aussichtslos, weil allzuhäufig Fälle beobachtet werden können, wo rein zufällig basichromatische Tröpfchen zusammen- fließen oder doch in derartige Nähe zu einander geraten, daß die ge- bräuchlichen Fixier -und Färbemittel die Intervalle zwischen ihnen nicht mehr aufzuzeigen vermögen. Darauf habe ich ja schon früher aufmerksam gemacht und wir werden auch im folgenden Fälle genug antreffen, die das Gesagte bestätigen. AVenn also in den MsvESschen Präparaten tatsächlich Differenzen in der Größe der einzelnen »Plastochondrieu « auftreten, so ist das 1 Während der Drucklegung dieser Arbeit gelang es nur endlicli nach lan- gen vergeblichen Bemühungen, Schnitte durch ein befruehtungsbedürftiges Insektenei {Zygaena) im Stadium der Richtungskörperchenbildung zu erhalten. Im höchsten Grade interessant war mir nun die Beobachtung, daß die sehr schön entwickelten Kernspindeln keine Spur von Basichromatin mehr enthielten. Ich werde auf diesen Fnll in ciiicr besonderen Abhandlung zurück- kommen. 454 Hell. Stauffacher, absolut kein Grund dafür, anzunehmen, daß sich hier eine Copulation männlicher und weiblicher »Plastochondrien << abgespielt, weil solche Unterschiede — wie gesagt — in allerlei Zufälligkeiten ihre Ursache haben köimen. Die Zelle Fig. 25, Taf. XI, z. B. repräsentiert das Sta- dium der ersten Furchungsteilung (da nicht auf die Chromosomen und Centrosomen eingestellt ist, sind diese nicht sehr deutlich), also ein Stadium, auf dem die Copulation männlicher und weiblicher »Plasto- chondrien« wohl als abgeschlossen betrachtet werden dürfte. Es hätte daher bereits ein Ausgleich in den Größenverhältnissen der »Plasto- chondrien« eintreten müssen. Statt dessen sieht man aber große und kleine »Plastochondrien« jetzt noch kunterbunt durch einander liegen, wie dies bereits auf früheren Stadien konstatiert werden kann und wie man das überall beobachtet, wo das Mikroskop auf diese Bestandteile des Cytoplasmas gerichtet wird. Aber noch andere Bedenken sind hier geltend zu machen. a. Der Kern (bzw. Nucleolus) des Eies entläßt seine »Plasto- chondrien«, d. h. seine basichromatischen Tröpfchen nicht erst in dem Moment, wo das Sperma sich zur Aussaat der seinigen anschickt. Basichromatische Elemente werden vielmehr — und das ist bei Ascaris megalocejyhala sicherlich auch der Fall — in das Eicytoplasma von den allerersten Stadien der Eientwicklung an hinausbefördert und zwar in den frühen Phasen mehr wie später ; es flaut diese Emission — so möchte man sagen — • gegen das Ende der Reifungsperiode allmähHch ab, bis der Nucleolus erschöpft ist. Weshalb entleert nun der Kern der Eizelle sein Nuclein nicht erst in dem Moment, wo das Spermium eintritt oder doch unmittelbar vor diesem Ereignis, wenn es sich schließ- lich doch nur um eine Vereinigung dieser Elemente väterhcher und mütterlicher Provenienz handelt? Und b. wo stecken denn alle diese in der langen Periode der Eireifung haufenweise in die Eizelle gewanderten basichromatischen Körnchen des Eikernes? In den Fig. 9 und 10 (Taf. X) habe ich zwei Eizellen von Ascaris megalocephala photographiert, in die das Spermium noch nicht ein- gedrungen ist. Die Präparate sind genau so behandelt, wie diejenigen der Fig. 4—9. Auf den ersten Blick fällt in diesen Schnitten die Armut an »Plasto- chondrien« auf. Graduelle Unterschiede sind ja immerhin vorhanden; im allgemeinen aber sind diese Elemente recht spärlich vertreten und sehr klein. In Fig. 10 ist ihre Zahl und Größe auf das bescheidenste Maß reduziert, während sie in Fig. 9 noch etwas besser sichtbar sind. Zoll-studien. I. 455 Ganz entsprechend der Fig. 10 sieht es auch in der Fig. 7 aus, wo das Spermium offenbar mit der Aussaat gezögert hat. — Aber auch die Fig. 4 — 8 sprechen jetzt eine klare Sprache. Wir konnten früher diese Präparate deshalb nicht als Belege für die Armut der Eizelle an »Plasto- chondrien« verwenden, weil Meves behauptet (loc. cit. S. 697), daß die weiblichen >> Plastochondrien << Lageveränderungen zeigen, indem sie sich aus den peripheren Teilen der Eizelle mehr und mehr zurück- ziehen und sich auf allen Seiten um das Spermium häufen. Das trifft indes für unsere Fig. 4 — 8 nicht zu. Die peripheren Teile dieser Eier sind nicht deshalb frei an eigenen »Plastochondrien <<, weil sich letztere um das Spermium herum gesammelt haben, sondern deshalb, weil die Eizellen überhaupt keine oder nur wenige solcher Elemente mehr enthalten, wie wir das auch in den Fig. 9 und 10 gesehen. Aber auch die Fig. 7 ist in dieser Beziehung sehr lehrreich. Das Spermium hat seine »Plastochondrien« offensichtlich noch nicht entleert, so daß uns der Schwärm dieser Elemente nicht daran hindert, seine Umgebung auf eventuelle Anwesenheit weiblicher »Plastochondrien« abzusuchen. Aber es geht uns hier, wie in den Fällen der Fig. 9 und 10 : Es fällt wiederum die geringe Zahl der »Plastochondrien« auf und zwar auf der ganzen Schnittfläche durch das Ei, nicht bloß in seinen peripheren Partien; die Reduktion der basichromatischen Elemente hat hier sozusagen mit einem völligen Schwund der letzteren geendet. Die Wolke von »Plastochondrien«, die wir in den Fig. 4, 5, 6 und 8 um das Spermium herum wahrnehmen, entstammt also dem letzteren nicht nur teilweise, sondern vollständig und die Bilder sprechen denn auch — meiner Meinung nach — von vornherein eine deutliche Sprache zugunsten dieser Herkunft der »Plastochondrien«, vor allem die Fig. 5 und 6. Angesichts dieser gewaltigen Überzahl von »Plastochondrien«, die dem Sperma entstammen, gegenüber denjenigen, die der Eizelle eigen sind, ist an eine Copulation männlicher und weiblicher »Plasto- chondrien « nicht mehr zu denken ; die Präparate und auch unsere Bilder zeigen zu deutlich, daß den männUchen »Plastochondrien « in der Eizelle kein Äquivalent gegenübersteht. Dagegen wird die Situation von einem andern Standpunkt aus verständlich. Ich habe oben wiederum darauf aufmerksam gemacht, daß von den ersten Stadien der wachsenden Eizelle an basichromatische Elemente vom Kern aus ins Cytoplasma abgeliefert werden und daß dieser Vorgang in immer schwächer werdendem Maße sich bis ans Ende der Reifeperiode abspiele. Diese Körnchen sind nun, wie wir 456 Hell. Stauffaclier, gesehen, im reifen Ei ganz, oder fast ganz verscli wunden und es bestellt die größte Wahrscheinlichkeit, daß sie beim Wachstum des Eies, d. h. in den für diesen Prozeß nötigen Stoffwechselvorgängen verbraucht worden sind, gerade so, wie das Nuclein des vegetativen Pollenkerns beim Wachstum des Pollenschlauches allmählich verbraucht wird. Wir dürfen sogar behaupten, daß die Intensität des Stoffwechsels und damit auch des Wachstums geradezu direkt proportional sei der Menge des vom Kern zur Verfügung gestellten Basichromatins ; denn — wie ich anderwärts schon betont — steht das Wachstum der Eizelle in dem Momente still, wo das Nuclein des Kernes (bzw. des Nucleolus) erschöpft ist. — Fast gleichzeitig ist aber auch — wie wir gesehen — das Basichromatin des Cytoplasmas verbraucht und wir würden daraus den Schluß zu ziehen haben, daß die ins Cytoplasma der Eizelle emit- tierten Nucleinelemente hier relativ rasch verschwinden, was uns anderseits wieder die fortwährende Eile erklären würde, mit welcher Basichromatin während des Reifeprozesses aus dem Kern in die Zelle hinüber transportiert wird. Das von Basichromatin sozusagen entblößte Cytoplasma des Eies hat also vorläufig keinen Ersatz jenes Stoffes (und. der ihn begleitenden Energie) von innen mehr zu erwarten ; das wird erst möglich sein, wenn wieder ein Nuclein erzeugendes Kernkörperchen formiert ist. Und doch verbraucht die Eizelle für die nun folgenden Vorgänge der Copu- lation und Teilung ohne Zweifel Energie. In diesem Falle der Not — um mich so auszudrücken — tritt das Sperma in die Lücke: Es überschüttet die Eizelle mit einer Wolke von basichromatischen Tröpf- chen, welche wohl ausreichen, bis ein leistungsfähiger Nucleolus in Funktion treten kann. — Daß diese Voraussetzung zutrifft, erkennt man meines Erachtens gut aus den Fig. 11, IIa, IIb und 12. In Fig. 11 ist zv/ar eingestellt auf die >> Centrosomen <<, die jedoch nicht präzise in der Schnittebene liegen; daher treten auch die basichromatischen Microsomen nicht so scharf hervor, wie wir es wünschen möchten. Immerhin sieht man deutlich, daß eine Menge solcher vorhanden sind. Besser erkennt man sie in Fig. 11& und ebenfalls sehr deutlich in Fig. 12. Und doch hat unterdessen kein Kern existiert, der diese Elemente hätte liefern können. Es bleibt also keine andere Annahme übrig als die, daß die basichromatischen Tröpfchen der Fig. 11, 11« und b und 12 der Aus- saat durch das Spermium entstammen; daß sie der Eizelle selbst ange- hörten, dürfte nach der Besichtigung der Fig. 3 — 10 ausgeschlossen sein. In meiner Arbeit: »Neue Beobachtungen auf dem Gebiete der Zelle« (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCVIII) steht auf S. 522 folgender Zfllstiuiirii. I. 457 Passus: »Wir haben der Überzeugung Ausdruck verschafft, daß das Ei von Anodonki deshalb in einen latenten Zustand gerate, weil ihm das für seine Weiterentwicklung notwendige Nuclein fehle. Die Ent- wicklung des Eies setzt aber bekanntlich sofort ein, sobald das Sperma in die weibliche Zelle eingedrungen ist und diese »befruchtet« hat. Da sich das Sperma — wenigstens der für die Befruchtung besonders wichtige Spermakopf — durch seinen Gehalt an Nuclein auszeichnet und vom Eikern unterscheidet, so liegt der Schluß nahe, das Sperma ersetze dem Ei die für vegetative Vorgänge unumgänglich notwendige Substanz, das Nuclein, dessen Eintritt in die Eizelle dieser die Fähig- keit und den Anstoß zum Wachstum, bzw. zur Entwicklung erteilt.« Ich stehe nicht an, die Beobachtungen, die wir am Spermium von Ascaris megalocefhala gemacht, als ein weiteres Beweismoment für jene Behauptung anzusprechen. Von dem soeben gewonnenen Standpunkt aus wird uns nun noch ein anderes Moment verständlich. Es gibt nämlich Tiere (Anneliden), welche die Eier im Oocytenstadium ablegen, wobei also das Sperma ins unreife Ei eindringt. (Loeb, J., Die chemische Entwicklungserregung des tierischen Eies, 1909, Berlin, Springer). In diesen Fällen würde also das Sperma mit seinem Basichromatin der Eizelle früher zu Hilfe eilen und dadurch nicht bloß Ursache der Entwicklung, sondern bereits Ursache der Reifung des Eies werden. Die Fähigkeit des Spermiums, bei seinem Eintritt in das Ei basi- chromatische Elemente in großer Menge liefern zu können, dürfte unserm Verständnis keine Schwierigkeiten bereiten. Da die Sperma- zelle klein bleibt, wird hier das Basichromatin nur zu einem unwesent- lichen Teil in Anspruch genommen und verbraucht und der Nucleolus, der bereits im freien Spermium basichromatische Körnchen an seine Umgebung abgab, setzt mit seiner Nucleinsynthese und -emission erst dann kraftvoll ein, wenn das Sperma den Bedarf der Eizelle au solchem Material zu decken hat. Im Grunde genommen ist daher — wie oben schon gesagt — die Bolle, welche die vom Nucleolus emit- tierten basichromatischen Elemente spielen, in beiden Fällen, bei Ei und Sperma, dieselbe; ihre Bedeutung liegt lediglich auf ernährungs- physiologischem Gebiete. Hätte Meves die Eier von Ascaris megalocephula nicht isoliert (loc, cit. S. 687), also die Uterusschläuche nicht zerzupft, sondern hätte er diese Schläuche mitsamt den Eiern geschnitten, so würde er wohl kaum auf den Gedanken einer Copulation zwischen den »Plasto- chondrien« gekommen sein und die wahre Bedeutung dieser Dinge 458 Hch. Stauffacher, ohne Zweifel klarer eingesehen haben ; denn ein Blick auf die ins Lumen des Uterus ragenden Zellen der Uteruswand belehrt uns sofort darüber, daß hier ebenfalls »Plastochondrien << vorkommen und zwar in großer Zahl. Die Fig. 14 — 24: zeigen photographische Keproduktionen solcher Zellen. Die Behandlung — Fixation, Färbung usw. — ist genau die gleiche, wie bei den Präparaten der Fig. 4 — 12. Sämtliche Figuren von 3 — 24 sind ferner bei derselben Vergrößerung aufgenommen worden. Betrachten wir zunächst bloß Fig. 14. Auf den ersten Augenblick fällt — in Form sowohl wie in Größe — die Übereinstimmung auf zwischen den Körnchen im Cytoplasma der Fig. 14 und diejenigen, die das Sperma in den Fig. 4, 5, 6 und 8 ins Ei aussät. Diese Über- einstimmung beschränkt sich nicht bloß auf die genannten Merkmale: Auch in bezug auf Färbbarkeit und chemisches Verhalten besteht Gleichheit zwischen diesen Elementen. Die Körnchen oder Tröpfchen im Cytoplasma der Fig. 14 färben sich in Hämatoxylin (nach Heidenhains Methode) schwarz, in Säure- fuchsin dagegen rot; in Ehrlich-Biondis Lösung erscheinen sie in der bekannten dunkel- oder schwarzroten Nuance. In Pepsinsalzsäure sind sie unverdauhch und färben sich nunmehr in Ehrlich-Biondi grün. Die grüne Tinktion kann man auch sehr gut — wie bei den Objekten der Fig. 4 — 8 — bei direkter Färbung in Ehrlich-Biondi (also ohne vor- gängige Verdauung) nachweisen, wenn man die rote Farbe des Oxychro- matins durch längeres Liegenlassen der Objekte etwas verblassen läßt. Daß die Körnchen im Cytoplasma der Zelle Fig. 14 in Pepsin-HCl nicht verdaut sind, erkennen wir aus den Fig. 23 und 24 (Taf. XI). Beide Objekte sind in der Verdauungsflüssigkeit gelegen und nachher in Heidenhains Hämatoxylin gefärbt worden. Ich zog letztere Tinktion hier deshalb der EHRLiCH-BiONDischen vor, weil sie sich für scharfe photographische Reproduktion besser eignet, wie diese. Es ist, wie man sieht, kein Unterschied vorhanden zwischen den Fig. 23 u. 24 einerseits und der Fig. 14 anderseits : Die Elemente im Cytoplasma der Fig. 23 und 24, die denjenigen der Fig. 14 entsprechen sind immer noch vorhanden. Sämtliche Reaktionen, die wir mit diesen Gebilden anstellen können, beweisen uns also, daß es lediglich basichromatische Tröpfchen sind, die auf oxychromatischer Unterlage sitzen, ganz so, wie die oben be- schriebenen, dem Spermium entstammenden Elemente des Eies von Ascaris megalocephala. Und daher stimmen alle diese Elemente, sowohl diejenigen der Fig. 4 — 8, wie diejenigen der Fig. 14 — 24 vollkommen überein mit den von mir längst beschriebenen basichromatischen Mikrosomen des Zcllstiidk-n. I. 459 Cytoplasnias, die, in letzter Linie dem Nucleolus entstammend, über den Kern in den Zelleib hinübergelangen. Auch in den Kernen der hier vorliegenden Zellen (Fig. 14 — 24) sieht man die Kernbrücken, welche diesem Transport dienen, leicht. Der Nucleolus ist zwar nur in Fig. 14 getroffen, und trotzdem bei der mikrophotographischen Aufnahme dieses Bildes lediglich auf die Körnchen des Cytoplasmas und keineswegs auf den Kern oder einzelne seiner Teile eingestellt wurde, erkennt man in letzterem ganz deutlich innere und äußere Kernbrücken; von den äußeren wenigstens eine und zwar in der linken, oberen Ecke des Kernes. Verbleiben wir noch einen Moment bei den Fig. 14, 23 und 24, so ist zu bemerken, daß auch in diesen Präparaten größere und kleinere Körnchen vorhanden sind. Während jedoch in den Fig. 14 und 23 die Größenunterschiede wenig auffallen, finden wir in der Fig. 24 im Innern des Schnittes auch Elemente von relativ bedeutenden Dimen- sionen. Aber auch hier haben wir keineswegs das Gefühl, als ob die peripheren, kleineren Körnchen durch Teilung aus den centralen, größeren hervorgegangen seien. Im Gegenteil: Schauen wir uns das Bild genau an, so erkennt man ganz deutlich, daß bei den im Innern gelegenen Körnchen Gruppierungen zu Häufchen nicht selten sind; zwei, drei, vier und auch mehr Tröpfchen geraten mitunter nahe zu- sammen, so daß ihre Abstände dem bewaffneten Auge eben noch zu- gänglich sind, während in andern Fällen die Distanz zwischen ihnen unmerklich geworden, eventuell auch ein wirkliches Ineinanderfließen vorgekommen ist. Am Rande der Fig. 24 dagegen sehen wir die basichromatischen Elemente in einer etwas andern Anordnung: An Stelle der Häufchen die Reihung hintereinander, zu rosenkranzförmigen Gebilden. Ohne Zweifel hängt diese verschiedene Anordnung der basichromatischen Körnchen mit der Strömung der oxychromatischen Grundsubstanz zusammen. In den Zellen der Fig. 15 — 22 sehen wnr im Prinzip dasselbe, was in den geschilderten Fällen der Fig. 14, 23 und 24. Überall finden wir im Cytoplasma kleinere und größere basichromatische Körnchen oder Tröpfchen in sehr großer Zahl, die in allen Reaktionen mit denjenigen der Fig. 3 — 10 übereinstimmen. Sehr schön sehen wir auch da und dort Aggregate dieser Elemente und zwar ebenfalls meist in der inneren Partie des Zelleibes, so in Fig. 15, 16, 17, 18, 19 und 21. Überall läßt sich nachweisen, daß größere Portionen des basichromatischen Materials lediglich dadurch zustande koumien, daß sich gewöhnliche mikrosomale 460 Hch. Stauffaclier, Einheiten zu Grüppclien häufen, z. B. in den Fig. 15, 18 und besonders in Fig. 21. In der Fig. 21 können zwar im Innern der großen basi- chromatischen Brocken keine Brücken mehr wahrgenommen werden; aber der Rand dieser Bildungen, über den ja die einzehien Elemente deutlich hinausragen, beweist hinlänglich ihre Entstehung. Einige Zellen der Fig. 15 — 22 zeigen besser noch wie die Fig. 23 und 24 die kettenförmige Anordnung der basichromatischen Ele- mente. Die rosenkranzförmigen Bildungen sind oft kurz, oft aber er- reichen sie eine beträchtliche Länge (Fig. 15, 19). Obschon gelegent- lich auch im Innern des Cytoplasmas solche Ketten auftreten (Fig. 19, 22, 23) finden wir sie doch meistens in der Nähe des Randes (Fig. 15, 16, 17, 18 und 21) und zwar entweder zu diesem parallel (Fig. 19, 21, 22) oder auf ihn zugerichtet (Fig. 15, 16, 17, 18). Man möchte fast ver- sucht sein, die Stellung dieser Ketten zum Zellenrand mit den Rand- spalten einer Gletscherzunge zu vergleichen (s. Fig. 15, 16, 18). Es kann auch etwa vorkommen, daß diese Reihen basichromatischer Elemente einheitlich zu sein scheinen und dann oft den Eindruck von gew^undenen oder geknickten Fäden oder Spindeln erwecken; aber in allen diesen Fällen ist eine mehr oder weniger gründliche Verschmel- zung der hintereinander gereihten Körnchen vor sich gegangen, sei diese nun dadurch erfolgt, daß sich die oxy chromatische Grundsubstanz kontrahiert oder dadurch, daß sich die basichromatischen Tröpfchen durch die quellende Wirkung gewisser Reagentien (besonders Osmium- säure) einander so genähert, daß die Distanzen zwischen ihnen nicht mehr aufzeigbar sind. Daß eine bestimmte Strömung in diesen Zellen stattgefunden haben muß, geht eigentlich aus sämtlichen Figuren von 15 — 24 hervor; ganz besonders verraten sie die Zellen der Fig. 19 und 20. Von der Wand der Uterusschläuche aus, wo auch der Zellkern gewöhnlich sein Domizil aufgeschlagen hat, also von der Zellbasis aus, ist die Bewegung gegen die ins Lumen des Uterusschlauches reichende Zellspitze gerichtet. Da und dort ist diese Bewegung stark, wie in Fig. 19 oben und in Fig. 20 links, während an andern Orten wieder Stauungen vorkommen, gerade so, wie man dies in den Staubfadenhaaren von Tradesccmtia unter dem Mikroskop direkt verfolgen kann. Da nun, wo die Strömung der oxychromatischen Grundsubstanz eine starke ist, wie z. B. in Fig. 19 links, da überwiegt die kettenförmige Anordnung der basi- chromatischen Tröpfchen; wo aber Stauungen eintreten, gruppieren sich die letzteren zu Häufchen. Auf ein tröpfchenförmiges Abfließen des basichromatischen Ma~ Zellstudicil. i. 461 terials aus dem Kern in das t'ytoplasma habe ich wiederholt aufmerk- sam gemacht^, ist das doch einer der Hauptpunkte meiner Zelltheorie. Diese Strömung ist aber nur die AViederholung dessen, was bereits zwischen Nucleolus und Kern passiert: Auch vom Kernkörperchen aus (sofern dieses noch Nuclein liefert) geht das Basichromatin in kettenförmiger Anordnung seiner Elemente in den Kern ab. Man ver- gleiche hierzu die Fig. 8, 9. und 11 meiner Arbeit »Neue Beobach- tungen auf dem Gebiete der Zelle« und lese auf S. 506 nach, wo es heißt: >>Im höchsten Grade auffallend ist aber die Erscheinung, daß sich an das schwarzrote Trcipfchen am äußeren Ende der Nucleolar- fortsätze schwarzrote Körnchen reihen anschließen, die einfach oder doppelt sich in den Kern hinein fortsetzen ... Es macht ganz den Eindruck, als ob vom kleineren Nucleolarteil aus ein Materialtransport besonders in Form von Tröpfchen in den Kern hinein stattfände; kleine »Ströme << scheinen langsam von diesem Abschnitt des Nucleolus auszugehen, die Tröpfchen vim Tröpfchen jener Substanz entführen lind im Kern anhäufen.« Ich wiederhole zum Schluß dieses Abschnittes: Die in den Fig. 14 bis 24 durch Hämatoxylin gefärbten Körnchen, seien sie nun in Häuf- chen oder Ketten gruppiert, sind basiehromatische Elemente auf oxy chromatischer Unterlage, die dem Kern, bzw. dem Nucleolus ent- stammen; sie stimmen in allen Einzelheiten mit den in den Fig. 4 — 10 beschriebenen Elementen überein. Die Bedeutung jener Körnchen oder Tröpfchen in den Fig. 14 — 24 kann nur eine vegetative, eine ernährungsphysiologische sein und damit wird auch die Rolle der von Meves im Spermium und Ei von Ascaris beschriebenen, »Plasto- chondrien« festgelegt: Sie spielen mit größter Wahrscheinlichkeit ebenfalls eine ernährungsphysiologische Rolle; sie stehen, als Nuclein- portionen im Dienste des Wachstums und der Ernährung der Zelle und sind keine selbständigen Zellorgane. Solche basichromatischen Microsomen, wie wir sie in den Wand- zellen der Uterusschläuche und in der copulierenden Eizelle von Ascaris meyalocephala angetroffen haben, finden wir nun überall in den- jenigen Zellen, die sich lebhaft vegetativ betätigen, also im lebhaften Wachstum und Stoffwechsel begriffen sind und zwar in pflanzlichen sowohl wie in tierischen Geweben. 1 HcH. St.vuffacher, a. Beiträge z. Kenntnis d. Kernstrukturen. — b. Neue Beobachtungen auf de n Gebiete der Zelle. — e. Die Rolle des Nueleins in der Fortpflanzung. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 31 462 Hch. Stauffacher, Damit kommen wir auf unsern zweiten Punkt, die pflanzlichen Chon- driosomen, zu sprechen. b. Die »Chondriosomen« Lewitskys, Da, wie wir gehört, die pflanzlichen >>Chondriosomen << den tieri- schen »Plastochondrien << homolog sein sollen ^ — man belegt auch etwa alle diese Dinge mit demselben Namen — wäre es eigentlich nicht mehr nötig, auf die pflanzlichen Chondriosomen spezieller ein- zutreten: (Sie teilen eben das Schicksal der »Plastochondrien«. Trotz- dem möchte ich aus der umfangreichen Literatur über die »Chondrio- somen« einige Punkte hervorheben. Ich halte mich hier vornehmlich an die Publikationen Lewitskys und verweise auf die Literatur bei Forenbacher und Rudolf (Ber. d. Deutsch, bot. Ges. Bd. XXIX und XXX, 1911 und 1912) und E. W. Schmidt (Zeitschr f. Bot. Bd. IV, 1912). — Genau untersucht habe ich ein Objekt, das auch Lewitsky" studierte: Das Würzelchen des Keimlings von Pisum sativum. In seiner Arbeit^ »Über die Chondriosomen in pflanzlichen Zellen« bemerkt Lewitsky Folgendes: »Von den späteren sehr zahlreichen Untersuchungen über die Chondriosomen in den tierischen Zellen ist für unsere Zwecke die Arbeit von Meves ,,Die Chondriosomen als Träger erblicher Anlagen" aus dem Jahre 1908 die wichtigste. In dieser Arbeit zeigte er in prägnanter Weise, daß die sämtlichen Zellen des jungen Hühnerembryos von Chondriosomen gefüllt seien. Die letzteren treten hier meist in Form von ,Chondrioconten', d. h. homogenen Fäden auf. Diese Fäden ver- laufen ganz isoliert im Cytoplasma, sind meistens unregelmäßig ge- wunden oder geknickt und treten ungemein scharf bei Eisenhämatoxy- linfärbung hervor . . . Was die Chondriosomen in den pflanzlichen Zellen anbetrifft, so gehören die ersten Angaben darüber auch Meves. Im Plasma der Tapetenzellen von Nymphaea hat er lange, unregelmäßig gewTindene, ziemlich dicke Fäden, welche sich mit Eisenhämatoxylin intensiv 1 So sagt Lewitsky, indem er die Hauptresultate seiner Arbeit »Über die Chondriosomen in pflanzlichen Zellen« zusammenfaßt: »Die früheren Angaben, daß die im Cytoplasma der tierischen Zellen vor- handenen spezifischen Zellorganula, die sogenannten Chondriosomen, auch dem pflanzlichen Cytoplasma eigen sind, finden durch meine Unter- suchung völlige Bestätigung. Die Chondriosomen dürfen daher als ein wesentlicher Teil des Cytoplasmas im allgemeinen gelten. « 2 G. Lewitsky, Über die Chondriosomen in pflanzlichen Zellen. Ber. d. Deutsch, bot. Ges. Bd. XXVIIL lOIL ZfiistudiL'ii. I. 463 schwarz gefärbt haben, gefunden und abgebildet: dieselben stellen nach ihm nichts andres, als die von tierischen Zellen be- kannten Chondriomiten dar. Etwas Ähnliches hat Tischler ebenfalls in den Tapetenzellen bei Ribes gesehen und als »Chromi- dialsubstanz in Strängen und Fäden im Plasma«^ bezeich- net; er läßt dieselben von dem aus dem Kerne heraus- tretenden ,Chromidialpartikelchen' stammen^ . . . Vor einigen Monaten untersuchte ich verschiedene Pflanzenteile, die mit ,BENDAscher Flüssigkeit' (15 ccm l%ige Chromsäure, 4 ccm 2%ige Osmiunif^äure, 3 — 5 Tropfen Eisessig) fixiert und nach Meves- schem Eisenhämatoxylinverfahren^ gefärbt wurden. In allen Fällen habe ich denen von Meves and andern als ,Chondriosomen' bezeich- neten ganz analoge Strukturen gefunden . . . Außer BENDAscher Flüssigkeit bediente ich mich noch des Gemisches von 10%igem For- malin (85 T.) und l%iger Chromsäure (15 T.) mit nachfolgender Be- handlung mit starkem Flemming ohne Eisessig (5 Tage). Die Resultate waren dieselben. Nach dieser letzten Methode \vurden unter andern Objekten auch die "Wurzeln der Keimlinge von Pisum sativum fixiert. Von diesen sind zwei Zellen auf Fig. 1 abgebildet. Die intensiv schwarz gefärbten, scharf abgegrenzten Fäden, welche in der Zeichnung sofort auffallen, entsprechen vollkommen ihrem Aussehen nach den ,Chondriokonten' der tierischen Zellen. Beziehungen zum Kern, wie solche Gold- schmidt* für seinen Chromidialapparat lebhaft funktionierender Zellen angibt, konnte ich für die eben besprochenen Gebilde in keinem Falle nachweisen. Im Gegenteil, ein abweichendes Färbungsverhalten, das die Chondriosomen einerseits und das Chromatin ander- seits zeigen, läßt sich in manchen Fällen ganz deutlich be- obachten. Ein solcher Fall ist gerade auf Fig. 1 ersichtlich. Während die Chondriosomen hier ungemein scharf hervortreten, ist das Chromatin der sich teilenden Kerne fast ungefärbt geblieben und sieht wie gequollen aus. Ganz analoge Verhältnisse sind nach Meves' Zeichnungen in den Zellen des Hühnerembryos zu beobachten . . . Fig. 2 zeigt die Chon- driosomen im Plasma einer Pollenmutterzelle in Diakinese. Man sieht da unregelmäßig gebogene, ziemlich zarte, etwas variköse und ver- 1 Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XLII. 1906. ~ Von mir gesperrt. Stauffacher. 3 Archiv f. mikr. Anat. Bd. LXX. ■* Zool. Jahrb., Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. XXI. 1905. 31 = 464 Hch. Stauffacher, schieden stark gefärbte Fädeni. Auch einige Körner sind da. An manchen Fäden bemerkt man ihre Zusammensetzung aus Körnchen, welche in einem weniger färbbaren Stroma eingelagert sind^ . . .<< In seinen »Vergleichenden Untersuchungen über die Chondrio- .somen in lebenden und fixierten Pflanzenzellen (Ber. d. D. bot. Ges. Bd. XXIX. 1912) untersucht sodann Lewitsky die verschiedenen Fixierungsflüssigkeiten auf ihre Brauchbarkeit. Er unterscheidet dabei brauchbare, »die wahre Struktur des Cytoplasmas konservierende <<, oder wie er sich ausdrückt, >>chondriosomenerhaltende<< Flüssigkeiten von »chondriosomenzerstörenden«. Zu den ersten gehören die Benda- sche Mischung mit oder ohne Essigsäure, das ALTMANNsche Gemisch, Y2%^ge Osmiumsäure, 10%iges Formalin und das schwache Flem- MiNGsche Gemisch. Chondriosomenzerstörend sind vor allem die Alko- hol führenden Fixierungsmittel. Aber außer der Zerstörung der Chon- driosomen haben diese Flüssigkeiten noch andere schädliche Wirkungen, die sich vor allem in der Bildung von Gerinnseln in der Grundsubstanz äußern. Zu diesen Äußerungen Lew^tskys möchte ich formell zunächst Stellung nehmen. In erster Linie ist darauf hinzuweisen, daß der Ausdruck »Benda- sche Lösung« nicht gerechtfertigt ist; es ist dies vielmehr Flemmings starkes Gemisch, wie aus folgender Gegenüberstellung ohne weiteres ersichtlich ist: (15 ccm l%ige Chromsäure, 4 ccm 2%ige Osmiumsäure, 3 — 5 Tropfen Eisessig. 15 Maßteile l%ige Chromsäure, Flemmings starkes Gemisch (s. Zeitschr. f. wiss. Mikr. Bd. I. 1884. S. 349). 4 » 2%ige Osmiumsäure 1 >> oder weniger, Eisessig. Einem objektiven Zuschauer muß es daher unbegreiflich erscheinen, wie man hier die Zusammenstellung eines Fixiermittels Benda zu^ schreiben kann, während Flemming lange vorher genau dasselbe Ge- misch in die Cytologie einführte. Eine solche Usurpation ruft aber unter Umständen nicht bloß einen Prioritätsstreit hervor ; sie kann vielmehr schlimmere Folgen haben und dazu führen, daß die klare Situation verdeckt wird und Wirrwar 1 Von mir gesperrt. Stauffacher. Zfllstudicn. 1. 405 an ihre Stelle tritt. Und das ist hier tatsiichUch der Fall. Oben haben wir gehört, daß Lewitsky nur das schwache FLEMMiNGsche Gemisch als »Chondriosomenerhaltend << bezeichnete; sofort wird der nicht absolut kritikfähige Leser die Frage stellen: Warum ist nicht auch das starke FLEMMiNGsche Gemisch >>chondriosomenerhaltend<>Benda<< (.> chondriosomenerhaltend «) nichts andres ist als Flemmings starkes Gemisch und fehlt ihm die Gelegenheit der Nach- frage oder Nachprüfung, so bleibt für ihn nichts übrig, als die Annahme, daß die Chondriosomen nur unter ganz bestimmten Bedingungen auf- zeigbar seien und daß die geringfügigsten Variationen der letzteren bereits vernichtend auf jene Gebilde einwirken müssen. Sollte dies bewiesen werden können, dann wäre allerdings die Möglichkeit, daß wir es in den »Chondriosomen << mit Zellorganen zu tun haben, die lange Zeit übersehen wurden, ernsthaft ins Auge zu fassen. Um diesen Beweis handelt es sich denn auch ohne Zweifel bei Lewitsky; aber gleich sein erster Versuch endet in einer Täuschung, die dadurch mög- lich wurde, daß willkürlich, ohne jegliche Veranlassung und ohne Kompromiß, die Terminologie abgeändert wurde. Und mit den weiteren Beweisen, die Lewitsky zu erbringen versucht, ist es — wie wir bald sehen werden — nicht besser bestellt. Lewitsky macht 2) auf das »MEVESsche Eisenhämatoxylinverfah- ren<< aufmerksam. Unwillkürlich greift man zu Band LXX des Arch. f. mikr. Anat. um die Methode kennen zu lernen und ist im höchsten Grade erstaimt, an ihrer Stelle Heidenhains Vorschriften und zwar bis ins Detail vorzufinden, wie ja auch aus der Darstellung auf S. 2 der vorliegenden Abhandlung klar hervorgeht. Die Änderung, die Meves anbringt, besteht lediglich darin, daß er >> zwölf Objekt- träger . . . gleichzeitig in Behandlung nimmt . . . und diese aus der Beizflüssigkeit in kleinen Intervallen nacheinander wieder herausnimmt« (s. S. 394 dieser Abhandlung) und so etwas genügt, um das altbekannte HEiDENHAiNsche Verfahren durch Lewitsky plötzlich in eine MEVESsche Methode umzustempeln, während Meves selbst bekennt, daß er zur Färbung »Eisenhämatoxylin nach der Vorschrift von M. Heidenhain benutzt habe«. — Auch dieser willkürlichen Handlungsweise Lewitskys stehe ich persönlich absolut verständnislos gegenüber. Wenn wir uns weiter in den Methoden umschauen, die Lewitsky anwendet, um die »Chondriosomen« sichtbar zu machen, so fällt be- sonders seine Behandlung der Gewebe mit Formalin auf: »Ich be- diente mich des Gemisches von lÜ%igeni Formalin (85 Teile) und 466 Hch. Stauffacher, l%iger Chromsäure (15 Teile) mit nachfolgender Behandlung mit starkem Flemming ohne Eisessig (5 Tage).« Wie kommt Lewitsky nun plötzlich auf die starke FLEMMiNGsche Lösung? Warum verwendet er jetzt nicht auch den »schwachen Flemming«, den er doch unmittelbar vorher als »chondriosomenerhal- tend« bezeichnet, während der »starke Flemming« mit keiner Silbe erwähnt wurde? Und wenn Lewitsky doch einmal den »starken Flemming« nach dem Gemisch aus Formalin + Chromsäure anwenden will, weshalb läßt er nicht probeweise auch die schwache FLEMMiNG- sche Lösung einwirken? Das läge, meiner Meinung nach, doch sehr nahe. Oder befürchtet Lewitsky vielleicht, daß ihm das »chondrio- somenerhaltende « schwache FLEMMiNGsche Gemisch nunmehr nicht diejenigen Resultate liefert, die er erwartet? Und weshalb läßt Lewitsky starken Flemming ohne Eisessig einwirken? Kein Mensch sieht den Grund ein, warum auf einmal die Essigsäure verpönt sein soll, während doch sonst ihr Zusatz zur Osmium- säure vorteilhaft wirkt und Lewitsky (loc. cit. S. 544) selbst betont, »daß auf dem minimalen Gehalt an Essigsäure in Bendas Flüssigkeit (also starkem Flemming!) das Erhaltenbleiben von Chondrio- somen bei der Fixierung beruhe«. — Überhaupt ist die Idee im höchsten Grade befremdend, nach dem Gemisch von Formalin und Chromsäure den Geweben noch eine 5tägige Nachkur in »starkem Flemming ohne Eisessig« zu verschreiben. Verständlicher wäre die Umkehrung dieses Verfahrens, dann könnte man sich das 'Formalin wenigstens als Mittel zur Härtung der Gewebe vorstellen. Die Reihenfolge, in der Lewitsky die Chemikalien zur Anwendung bringt, könnte zunächst den Verdacht erwecken, daß das 10%ige Formalin trotz der Unterstützung durch die Chromsäure als Fixierungs- mittel nicht genüge. Aber warum wendet Lewitsky es dennoch an? Ein verpfuschtes Präparat wird durch noch so lange Behandlung mit »starkem Flemming« kaum mehr brauchbar. Oder tritt endlich auch hier der gewünschte Effekt erst ein, wenn jene Nachbehandlung wirk- lich erfolgt? Wozu dann die Vorbehandlung mit Formalin? Und warum muß es gerade 10%iges Formalin sein? Bietet eine 9- oder 8%ige Lösung kein Äquivalent für eine 10%ige? Nun aber kommt das Interessanteste in dem Wirrwar, den Le- witsky in wenigen Sätzen angerichtet hat: Unter den »chondriosomen- erhaltenden« Mitteln figuriert in der zweiten Abhandlung dieses Autors nun plötzlich das 10%ige Formalin ! — Das 10%ige Formalin ganz allein. Wo bleibt denn wieder die »starke FLEMMiNGsche Lösung«? Zcllsliulicn. T. 467 Lewitsky hat ja gar incht mit 10%igem Formalin allein experimen- tiert. Ist es nun erlaubt, mit 10%igem Formalin unter nachträglicher ötägiger Behandlung mit »starkem Flemming<< seine Resultate fest- zustellen, um diese alsdann auf Konto des 10%igen Formalins zu setzen? Dagegen möchte ich allerdings energische Verwahrung ein- legen; lassen wir derartige "Willkürliclikeiten passieren, so verlieren wir gar bald den Kompaß in unserm wissenschaftlichen Betrieb. Hätte Lewitsky auch nur ein einziges Präparat mit Formalin allein (d. li. mit 10%igem Formalin + l%iger Chromsäure) fixiert, so würde er zur Überzeugung gekommen sein, daß der Anblick des mit Hämatoxylin gefärbten Schnittes ein anderer ist, wie wenn er das Objekt der Nachbehandlung mit »starkem Flemming« unterwirft; er hätte alsdann erfahren, daß die starke FlemmingscIic Lösung (mit oder ohne Eisessig) erst den Effekt erzeugt, der dem Autor das Formalin unter die >> chondriosomenerhaltenden << Mittel einzureihen erlaubt: Lewitsky hätte erfahren, daß das 10%ige Formalin (+l%Cr03) nicht mehr und nicht weniger » chondriosomenerhaltend << ist, wie Alkohol. Wir stehen hier also vor einer ganz ähnlichen Täuschung, wie sie uns schon einmal begegnet ist. Dort glaubten wir annehmen zu müssen, die starke FLEMMiNGsche Lösung sei nicht »chondriosomenerhaltend«, weil sie unter der Bezeichnung »Bendas« Gemisch versteckt war; und hier werden wir zur Überzeugung gedrängt, das 10%ige Formalin erzeuge dieselben Bilder wie »Benda«, V2%ig® Osmiumsäure, Alt- MANNsches Gemisch und schwache FLEMMiNGsche Lösung, weil ver- schwiegen wird, daß der Fixierung mit Formalin eine (mehrtägige) Nachbehandlung mit Flemmings starker Mischung folgte. Die Behauptung Lewitskys, das Formalin rangiere als »chondrio- somenerhaltendes << Mittel inmitten der ALTMANNschen und Flemming- schen Gemische hätte — ihre Richtigkeit vorausgesetzt — in der Tat zum Aufsehen mahnen müssen ; der Beweis ist aber nicht zu erbringen, weil die Angabe Lewitskys eine wichtige Bedingung, unter der das Experiment vorgenommen wurde, verschweigt. — Ziehen wir die Korrekturen in Betracht, die wir im Interesse der Sache durchaus vor- nehmen nuißten und die auch Lewitsky leicht selbst hätte besorgen können, so verbleiben als >>chondriosomenerhaltende<< Mittel im Sinne Lewitskys : ALTMANNsches Gemisch ; V2%ige Osraiumsäure (oder andere Konzentrationen), Flemmixgs starkes Gemisch, 468 ,H.ch. Stauff acher, Flemmings schwaches Gemisch; alle andern fixierenden Medien wären »chondriosomenzerstörend <<. Diese Zusammenstellung bringt nun sehr viel mehr Klarheit in die Situation, wie wenn das schwache FLEMMiNGsche Gemisch >> chon- driosomenerhaltend <<, das starke dagegen zerstörend, vveim 10%iges Formalin »chondriosomenerhaltend <<, Alkohol dagegen wieder ver- nichtend auf die »Chondriosomen << einwirken würde. Bei den vorhin genannten >>chondriosomenerhaltenden« Mitteln fällt nämlich ohne weiteres auf, daß sie alle Osmiumsäure ent- halten. Diesem gemeinsamen Bestandteil verdanken nun ohne Zweifel jene Substanzen den Vorzug, den man ihnen von einer Reihe von Forschern vor andern fixierenden Flüssigkeiten einzuräumen be- strebt ist. Lewitsky nennt sie geradezu >> die wahre Struktur des Cytoplasmas erhaltende <<. Aber selbst Meves muß zugeben (s. S. 428 dieser Abhandlung), »daß der Kern infolge der starken Os- mierung völlig homogen aussehe«; von allen Seiten wird darauf aufmerksam gemacht, wie unzuverlässig die Osmiumsäure sei und wie leicht Überfixierung eintrete, in welchem Falle dann die Zellen »eigentümlich homogen oder glasig aussehen, weil alle ihre Bestand- teile infolge der Koagulation das Licht so stark, brechen, daß man wenig oder gar keine Einzelheiten darin wahrnehmen könne«, (Lee und Mayer, Grundzüge d. mikrosk. Technik, 1901, S. 30) und auch Lewitsky muß bekennen (S. 464 dieser Abhandlung), daß man in manchen Fällen eine Zusammensetzung der Fäden (»Chondriosomen«) aus Körnchen bemerke, »welche in einem weniger färbbaren Stroma eingelagert sind«. Ein solches »Stroma« ist in der Tat vorhanden, aber nicht nur in »manchen Fällen«, sondern immer: Es ist gar nichts anderes als die oxychromatische Grundsubstanz, das eigentUch struk- turierte Plastin. Und diese Struktur leidet bei Überosmierung zuerst; diese oxyphile Grundsubstanz ist es, die alsdann leicht »ein homo- genes Aussehen« annimmt, so daß man von ihr nichts mehr Genaues wahrnehmen kann. Erhalten bleiben unter Quellungserscheinungen bis auf weiteres bloß die Nucleoproteide bzw. die Nucleinsäuren also das Basichroma tin , das sich bei der Färbung in Hämatoxylin um so schärfer und unvermittelter vom Untergrund abhebt, je homo- gener letzterer selbst ist. Das ist ja auch der Grund, weshalb Lewitsky seine Formalinpräparate noch der Einwirkung von »starkem Flem- MiNG« aussetzt imd zwar nicht weniger als 5 Tage, weil erst nach un- gefähr dieser Zeit die Silhouette des Basichromatins in der Schärfe auftaucht, wie sie nötig ist, um die Meinung zu erwecken, der Forscher Zcllstudicn. f. 4G9 stehe hier vor ganz neuen Bildungen. Dieses Basichromatin repräsen- tiert keineswegs die Struktur des Cytoplasmas; es hat überhaupt keine Struktur, es sei denn eine chemische, die, im Mikroskop nach- zuweisen uns wohl nie beschieden sein wird. Bei der Überosniierung färben sich die Präparate schlecht oder gar nicht mehr (Lee und Mayer, loc. cit. S. 30); d. h. auch das Basi- chromatin leidet nach und nach unter der Wirkung dieser Substanz. Nun polemisiert aber Meves gegen Goldschmidt und Popoff wie folgt: . . . >>Auch davon kann keine Rede sein, daß die ,Mitochon- drien' sich in derselben Weise wie Chromatin färben; das tun sie aller- dings bei Anwendung der Eisenhämatoxylinmethode ; aber dieses färbt eben alles und täuscht so, wie Benda sagt, die wunderbarsten Ver- wandtschaften der verschiedenartigsten Gewebsteile vor« (F. Meves, Die Spermatocytenteilungen bei der Honigbiene. Archiv f. mikrosk. Anat. Bd. LXX. 1907). Es berührt zunächst sonderbar, daß nach diesem Urteil über das Eisenhämatoxylin verfahren Meves dennoch »zur Färbung vorwiegend Eisenhämatoxylin nach der Vorschrift von M. Heidenhain benutzt«. Indes spricht auch Lewitsky — wie Meves — von der färberischen Differenz zwischen Chromatin und den »Chondriosomen«. Er sagt: »Beziehungen zum Kern, wie solche Goldschmidt für seinen ,,Chromi- dialapparat lebhaft funktionierender Zellen" angibt, konnte ich für die eben besprochenen Gebilde in keinem Falle nachweisen. Im Gegen- teil, ein abweichendes Färbungsverhalten, das die ,Chondriosomen' einerseits und das Chromatin anderseits zeigen, läßt sich in manchen Fällen! ganz deutUch beobachten. Ein solcher Fall ist gerade auf Fig. 1 ersichthch. Während die Chondriosomen hier ungemein scharf hervortreten, ist das Chromatin der sich teilenden Kerne fast unge- färbt geblieben und sieht wie gequollen 2 aus.« (G. Lewitsky, Über die Chondriosomen in pflanzlichen Zellen. Ber. d. Deutsch, bot. Ges. Bd. XXVIII. 191L S. 540). Und was beobachtet denn Lewitsky in den vielen andern Fällen? Solch ein »anderer Fall« liegt dicht neben seiner Fig. 1 in Fig. 2 und unmittelbar daneben in Fig. 3 und wiederum in Fig. 6 und in Fig. 10 und wahrscheinlich auch in Fig. 12. Der Fall, aus dem Lewitsky seine Konsequenzen zieht, ist also in seiner Taf . XVII umrahmt von nicht weniger als vier Fällen, die genau das Gegenteil von dem beweisen, was Lewitsky behauptet. Ich bitte jeden Zellen- forscher, sich die Fig. 2, 3, 6 und 10 genau anzusehen und mir zu 1 Von mir gesi^errt. Stauffacher. 2 Von mir gesperrt. Stauffacher. 470 Hch. Stauffacher, sawen, worin denn eigentlicli hier die färberische Differenz zwischen dem Chromatin und den »Chondriosomen << bestehen soll. Derartige Vorkommnisse sind ja der eklatanteste Beweis dafür, daß die Tinktion nach der Osmiumsäurebehandlung gänzlich unzuverlässig ist^. — Daraus können wir wieder den Schluß ziehen, daß auch die von Meves aus seinen mit Osmiumsäure fixierten Präparaten gezogenen Konse- quenzen nicht stichhaltig sind. Zu diesem Resultate sind wir übrigens auf einem andern Wege früher schon gekommen, nämlich durch direkte Vergleichung seiner Objekte mit den durch Alkohol fixierten. Auf S. 394 dieser Abhandlung haben war gesehen, daß sich Meves damit begnügt, seine Schlußfolgerungen auf »einige Fälle«, von denen er annimmt, sie repräsentieren den richtigen Differenzierungsgrad, zu stützen. Genau die gleiche Erfahrung machen wir bei Lewitsky: »Manche Fälle«, in denen Chromatin und »Chondriosomen« in ihrer Tinktion nicht übereinzustimmen scheinen, genügen ihm, um eine färberische Differenz zwischen Chromatin und »Chondriosomen« zu proklamieren. Alle andern Fälle, die den Erwartungen nicht ent- sprechen, bleiben unberücksichtigt und der Verdacht, die mangelnde Übereinstimmung zwischen den tingierten Präparaten könnte auf die Einwirkung des fixierenden Mediums zurückzuführen sein, regt sich nirgends. Ich wiederhole daher, was ich schon früher betont: In der Chondriosomenforschung und in der Centrosomenlehre finden wir genau dieselben Schwächen: Einseitige Methode und willkürliche Interpretation der durch sie gewonnenen Resultate. Angesichts dieses Ergebnisses fällt die Behauptung Lewitskys, daß der Alkohol »außer der Zerstörung der Chondriosomen noch andere schädliche Wirkungen habe, die sich vor allem in der Bildung von Gerinnseln in der Grundsubstanz äußern«, nicht mehr schwer ins Gewicht. Unfehlbar ist ja zugestandenermaßen auch der Alkohol nicht; aber die Osmiumsäure und ihre Gemische sind erst recht geeignet, Artefakte zu erzeugen (s. auch Fischer, Fixierung usw. S. 28) und eine unreinlichere Methode, wie die Osmiumsäure-, Eisenammonalaun-, Hämatoxyhn-, Eiweiß-, Glycerinbehandlung gibt es meines Wissens nicht. Färbt man Schnitte durch die Wurzelspitze des Keimlings von Pisum sativum mit Ehrlich-Biondis Lösung, so ergeben sich Bilder, wie wir sie in Fig. 27 gezeichnet finden. In erster Linie fällt der relativ 1 Heideis^häin sagt (loc. cit. S. 117): ». . . osniierte Präparate sind schwierig färbbar und die positiven Resultate der Untersuchung sind daher meist so gering, daß der ganze Erhaltungszustand nur schwer zu beurteilen ist. « i Zoiistudicn. r. 471 gewaltige Nucleolus auf; seine Grundmasse besteht — wie überall — aus Oxychromatin. In dieser oxychromatischen Grundsubstanz nimmt man wiederum mit Leichtigkeit basichromatische Elemente wahr, wie dies von mir nun öfters hervorgehoben wurde. Mit großer Deutlichkeit kann man auch die inneren Kernbrücken verfolgen, die, vom Nucleolus ausgehend, in den Kern münden und dort in basichromatischen Körn- chen oder Tröpfchen endigen. Einige dieser inneren Kernbrücken sind rot, andere hingegen grün gefärbt. Die Grundsubstanz ist aber in allen Fällen oxychro-' matischer Natur. Die gelegentliche grüne Deckung dieser Strukturen kann ich niir auch hier nicht anders erklären, als durch einen im Momente des Zelltodes erfolgten Transport basichromatischen Materials aus dem Nucleolus in den Kern. — Eine Membran ist auch bei diesen Nuclei absolut unauffindbar. Dagegen erkennt man äußere Kern- brücken, die ins Cytoplasma hinüberreichen. Auch diese Strukturen sind teils rot, teils grün tingiert. Diese äußeren Kernbrücken münden ebenfalls regelmäßig in Tröpfchen oder Körnchen, d. h. ihr distales Ende ist mit mikrosomalen Portionen einer Substanz besetzt, deren Grünfärbung oft recht deutlich ist, während anderswo eine dunkelrote Nuance an ihre Stelle tritt, in welchen Fällen die oxy chromatische Unterlage der basichromatischen Elemente an dem färberischen Effekt stark partizipiert. — An diese endständigen Tröpfchen der äußeren Kernbrücken reihen sich nun ähnliche Tröpfchen perlschnurartig an und solche Ketten oder Reihen basichromatischer Elemente erstrecken sich in mehr oder weniger gewundenem Verlauf oft weit ins Cyto- plasma hinein. Das Bild ist nicht anders zu erklären als durch die Annahme, daß Tröpfchen um Tröpfchen des basichromatischen Ma- terials aus dem Kern ins Cytoplasma hinüberfließt und zwar auf oxy- chromatischer Unterlage, die allein in Bewegung ist und an deren Strömung die basichromatischen Elemente passiv teilnehmen; denn auch hier ist nicht die leiseste Andeutuno; von einer aktiven Bewegung der letzteren zu finden. — Solche ketten- oder rosenkranzförmigen Gebilde, die kürzer oder länger, gestreckt oder mehr oder weniger gewunden sein können, trifft man nun auch in größerer Entfernung vom Kern und zwar sowohl im Innern der Zelle, wie am Rande der- selben an, wenn auch ihre randständige Lage — offenbar infolge der an der Zellperipherie erfolgenden intensiveren Strömung der oxy- chromatischen Grundsubstanz — eine häufigere ist. Neben diesen Bildungen finden wir im Cytoplasma häufig einzelne solcher Körnchen, wie wir sie soeben in Verbänden kennen gelernt haben oder es tritt der 472 Hch. Stauffacher, Fall ein, daß die isolierten Körnchen überwiegen oder gepaart, »hantel- förmig<< usw. auftreten. Immer aber sind es basichromatiscbe Ele- mente auf oxycliromatisclier Unterlage, die samt und sonders dem Kern und damit in letzter Linie dem Nucleolus entstammen. Ihre basichromatisehe Natur ist — soweit die Grünfärbung in Ehrlich- BiONDi nicht ohne Weiteres hervortritt — auf die weiter vorn ange- gebene Art leicht festzustellen. Die basichromatischen Elemente des Cytoplasmas werden um so spärlicher, je weiter die Zellen von der fort wachsenden Wurzelspitze entfernt sind. Jene nucleinhaltigen Portionen dominieren also auch im vorliegenden Falle wiederum da, wo der Vorgang des Wachstums und des Stoffwechsels sich in intensiver Weise abspielt: Diese vege- tativen Prozesse sind — wir mögen hinblicken wohin wir wollen — • abhängig von reichlichen Mengen von Nucleinstoffen, die aus dem Kern ins Cytoplasma hinüber befördert werden. In der Basis des Fruchtknotens von Chrysanthemum Leucanthemum habe ich übrigens Zellen angetroffen, in denen die oben besprochenen Körnchen und Fäden des Cytoplasmas in Ehrlich-Biondi ohne weiteres prachtvoll grün erscheinen, ohne daß etwa eine Verdauung oder Ab- blassung des Oxychromatins notwendig gewesen wäre. Die Fäden sind deutlich rosenkranzförmig, aus hintereinander gereihten basichromati- schen Kügelchen bestehend und eines dieser Gebilde sieht man eben einer äußeren Kernbrücke entquellen (Fig. 28, Taf. XI). — Auch im Nucleolus kann man basichromatisehe Elemente mit der größten Deutlichkeit nachweisen. Hätten war diese Zelle mit Osmiumsäure- gemischen fixiert und mit Hämatoxylin gefärbt, so würde sich — besonders bei »Überosmierung« und damit Hand in Hand gehendem Homogenwerden der Grundsubstanz — ein Bild ergeben haben, wie wir es in Fig. 30, Taf. XX, gezeichnet. Ein Teil der in Alkohol fixierten Zellen aus der Wurzel des Keim- lings von Pisum sativum wurde ferner mit Hämatoxylin (nach der Vorschrift Heidenhains) gefärbt. Fig. 29, Taf. XI, zeigt die bei lOOOfacher Vergrößerung des Mikroskops aufgenommene Photographie einer Partie dieser Präparate. Es ist klar, daß ein durch Mikrophoto- graphie hergestelltes Bild in verschiedenen Beziehungen in Nachteil ist gegen eine durch Handzeichnung erhaltene Keproduktion. 1) kon- zentriert sich der Zeichnende auf das Hauptsächliche; er läßt alles was nicht notwendig zum Thema gehört, weg. 2) Er hebt das zu De- monstrierende unwillkürlich hervor, schärfer und größer vielleicht, als es das mikroskopische Bild tatsächlich zeigt. 3) Er wird nicht nur eine Zellstudien. I. 473 optische Ebene möglichst genau absuchen, sondern auch die tieferen lind höheren Lagen des Schnittes ; er wird also eventuell im vorliegen- den Fall nicht nur die »Chondriosomen « einer Ebene, sondern — um ein möglichst sprechendes Bild zu erzeugen — auch diejenigen der tieferen und höheren Lagen in seiner Zeichnung aufnehmen. Das ist ja ohne Zweifel alles erlaubt, sofern der Forscher nicht notiert, was er in seinen Objekten nicht einwandfrei zu sehen imstande ist. Bei osmierten Präparaten tritt alsdann 4) noch eine Erscheinung auf, die auch Meves hervorhebt und die bei der Untersuchung des Chromatins unter Umständen gewisse Vorteile aufweisen kann. Die oxychromatische Grundmasse wird homogen und es hebt sich davon das durch Hämatoxylin schwarz gefärbte Chromatin in höchster Schärfe ab. Trotz der genannten unleugbaren Vorteile der zeichnerischen Wiedergabe osmierter Präparate über die photographische nicht os- mierter Objekte — welche Vorteile selbstredend schon den besprochenen MEVESschen Figuren zugute kommen — läßt sich die Fig. 29, Taf. XI, doch ohne weiteres mit den LEWiTSKYscheu Bildern der Taf. X\T^I (Bei. d. D, bot. Ges. Bd. XXVIII) vergleichen, sofern wir einstweilen die Fig. 7, 8, 14 und 19 unberücksichtigt lassen, weil wir sie später an die Reihe zu nehmen gedenken. Legen wir einer der Zellen unsrer Fig. 29 die LEWixsKYsche Zeichnungsart der Taf. XVII zugrunde, so erhalten wir die Fig. 31, die an Vergleichsfähigkeit mit Lewitskys Bildern — etwa mit Fig. 17 — gewiß so wenig zu wünschen übrig läßt, daß wir uns allen Ernstes fragen müssen, ob diesem Forscher wirklich gute mit Alkohol fixierte Präparate zur Verfügung standen. Über seine Alkoholpräparate äußert sich Lewitsky — ohne eine Abbildung beizubringen — wie folgt (loc. cit. S. 544): »Einige Keim- linge von Asparagus officinalis wnirden auch mit Alkohol (3 Tage) und Eisessig (1 Tag) fixiert. Von diesen wurden die Stengelspitzen mit Eisenhämatoxylin und Lichtgrün gefärbt. In den dritten und vierten Zellenschichten von oben, wo man in den nach Benda fixierten Präparaten die schon ausgebildeten, ziemlich großen »Chromato- phorenhanteln« findet (Fig. 6), war nichts davon zu sehen: nur das gewöhnliche netz wabige »Plasmagerüst << war da. Ob die hier stellen- weise hervortretenden etwas dichteren und stärker gefärbten Ver- dickungen des Gerüstes den Chondriosomen entsprächen, war schwie- rig zu entscheiden^. Erst etwas weiter von der Stengelspitze in 1 Von mir gesperrt. Stauff ACHER. 474 Hch. Stauffacher, dem jungen Assimilationsparenchym ließen sicli verschwommene lockere Gebilde wahrnehmen, die ihrem Aussehen nach bald den jungen Chloroplasten (wie in Fig. 8), bald stäbchenförmigen Chondriokonten ähnelten. Die fertigen Chromatophoren dagegen waren auch in diesem Fall wohl erhalten ; sie glichen den in Fig. 9 abgebildeten. << Lewitsky wagt also an Hand seiner Objekte nicht zu entscheiden, ob nicht gewisse Erscheinungen in den Alkoholpräparaten doch den Chondriosomen entsprechen. Weshalb stellt er nun kurzerhand den Alkohol zu den »Chondriosomen «zerstörenden Mitteln? Und wenn die Mischung aus 3 Teilen (absol.?) Alkohol und 1 Teil Eisessig die schwe- bende Frage ungelöst läßt, weshalb wendet Lewitsky alsdann nicht auch andere Konzentrationen des Fixiermittels an ? Er liest doch auch eine ganz bestimmte Formalinlösung, nämlich die 10%ige aus. Und — sollten die Resultate immer noch nicht entscheidend sein — weshalb läßt schließlich Lewitsky nicht auch auf die Alkoholfixation »starken Flemming ohne Eisessig« folgen, wie dies nach der Fixierung mit Formalin geschah, die ja an und für sich scheints auch nicht genügte? — Was endlich Lichtgrün hier zur Entscheidung beitragen soll, ist mir persönlich unerfindlich. Die »Chondriosomen« Lewitskys sind nichts anderes, als basi- chromatische Elemente, die den Kern entstammen. Diese Beziehung zwischen Kern und »Chondriosomen« bzw. »Chondriokonten« ist bereits von Goldschmidt i und Tischler^ hervorgehoben worden. Die Bemerkung Lewitskys (loc. cit. S. 65), daß die Fäden ganz isoliert im Cytoplasma verlaufen, widerspricht der basichromatischen Natur dieser Elemente durchaus nicht; denn bei der Osmierung wird — wie wir bereits gehört — die Grundsubstanz mehr oder weniger homogen und durch Hämatoxylin ist sie nicht färbbar, so daß in diesem Fall in der Tat die basichromatischen Portionen des Cytoplasmas, gleichgültig ob Körnchen oder ihre perlschnurartigen Aufreihungen zu fadenförmigen Gebilden, den Eindruck erwecken, als schwebten sie isoliert in der Zelle. Hätte Lewitsky nicht einseitig auf seine Osmiumpräparate aufgebaut, so würde er wohl zu einem andern Schluß gekommen sein. Auch die Behauptung, daß man die »Chondriosomen« in lebenden Zellen etwa herumkriechen sehe, erschüttert meinen Standpunkt, daß jene Gebilde lediglich dem Kern entstammende Basichromatinportioneu 1 Zool. Jalirb., Abt. f. Anat. u. Ontog. Bd. XXT. 1905. 2 Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XLII. 1906. Zellstudicn. T. ' 475 seien, nicht im Geringsten. Denn letztere, wenn sie aus dem Nucleolus (bzw. Nucleolus) ins Cytoplasma hinausgelangen wollen, müssen sich ja auch bewegen und diese Dislokation basichromatischer Tröpfchen habe ich in den Zellen der Froschlaichalge {Batrachospermum) oft genug beobachtet. Dasselbe hat ohne Zweifel Gaidukov gesehen, wenn er sagt^ (S. 50) : »Er (der Kern der Blumenstaubhaare von Tradescantia) ist amöbenartig, verändert ständig seine Form und enthält ebenfalls bewegliche Teilchen^, die aber größer sind, als die vom Proto- plasma und sehr nahe aneinander liegen. Leider konnte ich die Kern- teilung bis jetzt nicht beobachten. Es scheint, daß dieses feine Objekt durch die starke Beleuchtung sehr leidet. Ich konnte nur die Stadien beobachten, in denen der Zellkern sehr unruhig war. Dabei^ traten einige Zellkernteilchen (Chromidien ?) aus dem Zellkern ins Protoplasma und bewegten sich dort weiter.« Opponieren muß ich bloß gegen die Bezeichnung »herumkriechen«. Tatsächhch ist nämlich die Bewegung keine Kriechbewegung, also keine Eigenbewegung jener Elemente; sie fließen vielmehr in der Zelle herum und zwar passiv, im Strom der oxychromatischen Grund- substanz. Nach dieser Identifizierung der Chondriosomen mit den dem Kern entstammenden basichromatischen Elementen, würde die Lehre Le- wiTSKYs und andrer Forscher über die Bildung der Chlorophyllkörner mit meinen eigenen Beobachtungen und Anschauungen über die Entstehung dieser Gebilde eine gewisse Übereinstimmung zeigen, wobei allerdings zu bedenken ist, daß Lewitsky das Oxychromatin vernachlässigt, das auch die Grundsubstanz der Chlorophyllkörner bildet. AnläßUch der Tagung der schweizerischen naturforschenden Ge- sellschaft in Basel im Jahre 1910 hielt ich dort einen Vortrag 3, in welchem ich die Anteilnahme von Basi- und Oxychromatin des Kernes an der Bildung der Chlorophyllkörner hervorhob und mit zahlreichen Ab- bildungen und Präparaten belegte. Aus dem kurzen Resümee über meine Ausführungen möchte ich hier das Folgende herausgreifen: »Bei meinen fortgesetzten Studien am Kernrande pflanzlicher und 1 X. Gaidukov, Dunkflfoldbelcuclitung und ültraniikroskopie in der Biologie und in der Medizin. 1910. Jena, G. Fischer. 2 Von mir gesperrt. Stauffacher. 3 Verhandlungen der Schweiz. Naturforschcnden Gesellschaft. 03. Jahres- versammlung. Basel 1910. Bd. I. 476 Hch. Stauffaclier, tierischer Zellen fiel mir schon längst die eigenartige und ohne Zweifel innige Beziehung zwischen dem Kern pflanzlicher Zellen und den Chlorophyllkörnern auf. Die Abhängigkeit der Chlorophyllkörner vom Zellkern ist besonders da sehr deutlich, wo die ersteren noch jung, also im Entstehen begriffen sind. Es zeigt sich z. B. in solchen Fällen i, da die Chlorophyllkörner den Nucleus nicht nur dicht umstellen, sondern (geradezu in die Substanz des Kernes eingebettet sind, derart, daß dem vollkommen runden Chlorophyllkorn eine ebensolche Einbuchtung im Kern entspricht, die jenes genau faßt. Zu beachten ist, daß es sich hier nicht etwa um eine Projektion der Chlorophyllkörner auf den Nucleus, sondern um Schnitte von 2 — 4 f^i handelt, welche die genannte Erscheinung leicht und in beliebiger Zahl zeigen. Die Situation ist nur dadurch zu erklären, daß wir annehmen, die Chlorophyllkörner seien da, wo sie jetzt liegen, entstanden und zwar aus dem Kern. In der Tat sieht man denn auch den Zellkern m dem Maße kleiner werden, wie die Zahl der ihn umlagernden Chloro- phyllkörner sich vergrößert und es gibt sehr viele Fälle, wo nur noch ganz geringe Reste des Nucleus zwischen dem Kranz der Chlorophyll- körner übrig geblieben sind. In andern Fällen sind auch diese letzten Spuren des Kernes verschwunden; letzterer wäre also ganz in den Chlorophyllkörnern aufgegangen. Bei genauerer Untersuchung dieser Verhältnisse ergab es sich ferner, daß die Kernbrücken, die ich früher beschrieben, auch bei der Bildung der Chlorophyllkörner eine Rolle spielen und den Stofftrans- port zwischen diesen und dem Kern besorgen. Das vermittelst dieser Kommunikation am Nucleus hängende Chlorophyllkorn ähnelt der Seifenblase, die man aus einem Röhrchen bläst. >> . . . bei tausendfacher Vergrößerung beobachtet man im Chloro- phyllkorn bei Färbung in Ehrlich-Biondi noch ein feines grünes Netz . . . Die Fäden dieses Netzes (es könnten auch Wandungen eines Waben Werkes sein) sind deutlich grün gefärbt; ihre Durch- kreuzungspunkte sind verdickt und diese Verdickungen sind eben- falls grün tingiert. Das Netz besteht also mit samt seinen Knoten- punkten aus Basichromatin . . .<< — Zwei Abbildungen, wie ich sie meinen Präparaten von Chrysanthemum Leucanthemum entnahm und die denjenigen in Basel demonstrierten vollständig entsprechen, zeigen die Fig. 32 und 33 der Taf. XI, wo n der Kern und ch ein Chloro- phyllkorn ist. 1 Besonders eingehend untersucht wurde Fritillaria imperialis. Zrllwtiulion. 1. 477 c. Die kugelf(")riniji,en Mitochondricn. Auf S. 95 der »Study of tlie Male Germ Cells in Notonecta<<^ sagt E.N.Browne: (übersetzt) >>. . , Es ist also klar, daß die Mitochon- drien zweierlei Art sind: Fäden und Kugeln. Die Kugeln kom- men hauptsächlich um die Kernperipherie herum vor^ und bilden häufig einen vollständigen Kreis darum herum; die Fäden er- scheinen gewöhnlich weiter draußen im Cytoplasma und neigen dazu, sich in mehreren, dichten Klumpen zu sammeln. Die Beziehung zwischen Fäden und Kugeln s. Fig. 113. Die Kugeln zeigen eine gekrümmte Rute (Faser), die sich am Rande ungefähr halb um den Umfang erstreckt; der Rest der Kugel ist weniger tief färbend^. Durch ein allmähliches Verschwinden dieser weniger dichten Substanz verwandelt sich die Kugel in eine Faser oder vielmehr: Die Faser, welche schon in der Kugel war, wird frei. Ob die Fasern immer in dieser Form entstehen, ist unmöglich zu sagen . . . Wenn die Zelle sich teilt, teilen sich auch die Mito- chondricn massenhaft, so daß jede Tochterzelle annähernd den gleichen Betrag erhält . . . << Nach dem, was wir bis jetzt erfahren, müssen wir — E. N. Browne ergänzend — beifügen, daß man auch von körnchenf ör migen >>Mito<<- chondrien spricht. Dieser Ansicht ist übrigens auch Lewitsky, wenn er sagt (Über d. Chondriosomen in pflanzlichen Zellen, S. 544) :>>.... In- teressant ist es, daran zu erinnern, daß die »auflösende« Wirkung von Essigsäure von Brunn für »Körner« (d.h. Mitochondria)^ in den Spermatidenkörper verschiedener Tiere bereits im Jahre 1884 beob- achtet wurde. << Oder S. 539: »Nach Meves lassen sich also die Mito- chondria, welche das Spermatozoon (von Ascaris) ins Eiplasma bei der Befruchtung mitbringt, als »Träger erblicher Anlagen« ebensogut wie der Spermakern betrachten . . . << Oder S. 543 : »An den Zellen der Wurzelhaube ... ist sehr schön die Umwandlung von homo- genen Fäden (,Chondriokonten') der Initialzellen in Körnerfäden (,Chondriomiten') der Zellen in der Mitte der Wurzelhaube . . . und dann in Körner (,Mitochondria') der Zellen aus der Spitze der Wurzel- haube ... zu beobachten.« Sodann ist darauf aufmerksam zu machen, daß nicht nur die kugelförmigen, sondern auch die faden- und körnchenförmigen »Mito- chondricn« sich unter Umständen in sehr verdächtiger Nähe des Zell- 1 Journ. of Experim. Zool. 1913. Vol. XIV. 2 Von mir gesperrt. Stauffacher. Zeitsclirift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 32 478 Hch. Stauffacher, keines aufhalten. So sagt z. B. Meves in seiner oben zitierten Arbeit »Über die Beteiligung der Plastochondrien an der Befruchtung des Eies von Ascaris megaloce'phala<<: ». . . Mit Hilfe dieser Methode sind sie (die »Mikrosomen« Van Benedens) schon von den Gebrüdern ZoJA . . . dargestellt worden, welche sie als Plastidulen bezeichnet haben. Ich nenne sie Plastochondrien. Sie finden sich durch den ganzen Zelleib zerstreut. Stellenweise bilden sie Gruppen. Außerdem sind sie . . . unter der Zelloberfläche (an Eiern, die sich erst kürzlich von der Rhachis gelöst haben, besonders in der Gegend des sogenannten disque polaire von Van Beneden) und an der Membran des Kernes stärker angehäuft . . .<< Die kurze Beschreibung, die E. N. Browne von den kugelförmigen »Mitochondrien << in den männlichen Geschlechtszellen von Notonecta gibt, erinnert uns nun vollständig an die Drüsengranula die M. Heiden- hain auf S. 372 — -380 seines Werkes »Plasma und Zelle« aus der Becken- drüse von Triton Jielveticus und aus der Tränendrüse des Kalbes be- schreibt. Auch die Abbildungen 111 — 117 von E. N. Browne stim- men — wie unschwer zu erkennen ist — mit den HEiDENHAiNschen Figuren (z. B. Fig. 223 c, (?, e und 223) i, besonders mit der »zweiten Entwicklungsstufe« der Drüsengranula überein. Heidenhain sagt nämlich über dieses Stadium Folgendes: »Die Granula nehmen au Größe zu und bekommen eine besondere Struktur: sie werden zu Halb mondkör per che n. Sobald nämlich die Granula etwa 1 /i im Durchmesser halten, erscheint an ihnen einseitig angelagert eine dunk- lere Zone, so daß die Körperchen jetzt eine bestimmte morphologische Zusammensetzung aufweisen. Daß es sich hier um eine besondere Binnenstruktur handelt, läßt sich leicht erkennen, wenn die Körper- chen weiterhin an Größe zugenommen haben. Man gewahrt ein solides sphärisches Gebilde, bestehend aus zwei scharf gesonderten Teilen. Ein meist kugeliges, blaß gefärbtes Körperchen, der von mir soge- nannte »Träger«, wird auf der einen Seite von einer dunkleren schalen- förmigen Kapuze bedeckt, deren optischer Querschnitt mithin sich unter der Form einer Sichel präsentiert. Die Trennungsebene zwischen der helleren und dunkleren Masse ist gewölbt, gleich dem Teil einer Kugeloberfläche, doch kann sich dieselbe so stark abplatten, daß eine Krümmunsi; nicht mehr wahrnehmbar ist^ , . . Dies 1 Die Fig. 225 und 226 in Heidenhains Werk stammen aus : B. Fleischer, »Beiträge z. Histologie d. Tränendrüse und zur Lehre von den Secretgranula «. Anat. Hefte 1904. 2 Von mir gesperrt. Stauffachee. ZcllstudicMi. I. 479 sind also die Halbmondkörpcrchen . . . Ihre BetraclituDg ruft direkt den Eiudmck hervor, als ob diese Gebilde aus eigener Kraft wachsen und sich selbständig differenzieren. Die Regelmäßigkeit und Schönheit der Bilder, welche in voller Gesetzmäßigkeit und größter Deutlichkeit sich über weite Strecken der Präparate hin wiederholen, läßt keinen Zweifel darüber aufkommen, daß wir es hier mit einem der bemerkenswertesten Objekte der gesamten Granula- lehre zu tun haben . . .<< Aus der mir bekannten und zugänglichen botanischen Literatur zu schließen, wären die »Halbmondkörperchen <<, wie wir sie vorläufig, nach dem Vorschlage Heid:enhains, nennen können, bei Pflanzen noch nicht beschrieben i. Und doch existieren sie auch hier, genau der oben notierten Ausfüh- rung Heidenhains ent- sprechend und präzise übereinstimmend mit den HEiDENHAiNschen und FLEiscHERschen Bil- dern, sofern momentan die Tinktion dieser Ele- mente nicht in Betracht gezogen wird. Diese Drüsengranula Heidenhains oder >> kugeligen Mitochondrien « von E. N. Browne zeigen also eine noch allgemeinere Verbreitung wie dies bisher angenommen wurde. Bis jetzt habe ich sie sehr schön angetroffen bei Compositen, z. B. bei Chrysanthemum Leucanthemum imd zwar in den großen Zellen, welche die Basis des Griffels bilden (s. obenstehende Textfigur). Höchst wahrscheinlich kommen sie auch bei andern Pflanzen vor. Ich muß jedoch betonen, daß man die '>Halbmondkörperchen << nicht in jeder Blüte eines und desselben Köpfchens von Chrysanthemum antrifft. In den von mir bis jetzt untersuchten Blutenständen waren es besonders die peripheren Blüten, welche diese Elemente sehr deutlich zeigten. Es wäre aber möglich, daß das Erscheinen der Halbmondkörperchen an ein ganz bestimmtes Entwicklungsstadiuni des Griffels geknüpft wäre, und daß — da der Blütenstand von Chrysanthemum centripetal aufblüht — die 1 Auch Heidenhain hätte ohue Zwcift-l in seinem Werke Notiz davon genommen, wenn diese Gebilde (vor 1907) auf botanischem Gebiete bekannt gewesen wären. 32* 480 Hch. Stauffacher, inneren Blüten meiner Präparate später ebenfalls zur Erzeugung solcher Gebilde gekommen wären ; denn bei den von mir gesammelten Pflanzen war erst der äußerste Kranz der Röbrenblüten geöffnet. Ich werde später auf diese »Halbmondkörperchen << genauer zu sprechen kommen; hier wollen wir sie nur so weit berücksichtigen, als es unser Thema erfordert. In Fig. 34, Taf. XI, ist eine Gruppe von Zellen aus der Griffelbasis von Chrysanthemum Leucanthemimi mit »Halbmondkörperchen« gefüllt, gefärbt in Ehrlich-Biondis Lösung, möglichst genau gezeichnet und in den Fig. 35a — d, Taf. XI, eine Anzahl dieser Gebilde stärker vergrößert dargestellt. Die »dunklere schalenförmige Kapuze«, die sich nach Heiden- hain (loc. cit. S. 373, Fig. 220A u. B) nach Sublimatfixation in Biondis Lösung ganz oder doch überwiegend rot färben soll, tingiert sich jetzt, nach Alkoholfixation leuchtend grün^ mit Hämatoxylin (nach Heidenhains Verfahren) natürlich schwarz (s. auch E. N. Browne, loc. cit. Fig. 112 — 117). Meine Vermutung, die ich auf S. 421 dieser Abhandlung aussprach, bestätigt sich also vollkommen: Die charak- teristische Reaktion des Methylgrüns auf Nucleine versagt oder wird zum Mindesten sehr unzuverlässig nach Fixation mit Sublimat; die Ursache dieser Erscheinung ist vorn erörtert worden. — Zerstört aber werden die »kugelförmigen Mitochondrien« durch Alkohol ebensowenig wie die Plastochondrien von Meves und die Chondriosomen von Lewitsky. Die Sichel dieser Halbmondkörperchen (die übrigens auch ge- schlossen sein kann) besteht also aus Basichromatin, enthält sogar sehr viel von diesem Material, was mit größter Leichtigkeit nachzu- weisen ist. Der Binnenraum des Körperchens färbt sich — falls er nicht selbst mit Basichromatin ganz oder beinahe gefüllt ist — in Ehrlich-Biondis Lösung schwach rot ; hier und da scheint er mir auch ganz hell, also ohne rote Tönung zu sein. Diesem Raum nun entsteigt, wie ich in einer großen Zahl sehr guter Schnitte haben sehen können, ein Stielchen, das oft von relativ bedeutender Länge sein kann; es ist in den Fig. 34a und h an einigen Orten angedeutet und in Fig. 35& vergrößert abgebildet i. Die Basis dieser Struktur ist blasser gefärbt wie ihr äußeres Ende, das nicht selten in einem basichroma tischen Tröpfchen abschließt (Fig. 356). Diese Beobachtung macht uns das kleine Kreischen im Innern des hellen Binnenraumes verständlich (3), wie es bereits von Fleischer in seinen Figuren (Heidenhain, Plasma und Zelle, S. 378, Fig. 225) gezeichnet wurde und wie es in meinen 1 Dieses »Stielchen« erinnert lebhaft an die Kernbrücken. Zcllsfudicn. I. 481 Präparaten ebenfalls sein- liäulig gesehen werden kann (Fig. 34c und Fig. 35(/) untl hier meistens scharf rot tingiert erscheint: Es ist nichts anderes als die Projektion des senkrecht zum Gesichtsfeld stehenden tStielchens auf die Bildebene. Die Entwicklung und die physiologische Rolle dieser Halbmond- körperchen sind von mir bis jetzt noch nicht genauer verfolgt worden, so daß ich in dieser Beziehung den Ausführungen Heidenhains vor- läufig nichts Definitives beifügen kann. Doch dürfte ihre Entstehung aus Granula des Cytoplasmas, wie sie Heidenhain annimmt, sehr fraglich sein; wahrscheinlicher ist ihre Bildung durch den Kern. Nicht nur liegen sie oft in verdächtiger Nähe der Kernperipherie, was bereits E.N.Browne bemerkt hat: Auch die Stielchen dieser Bestandteile des Cytoplasmas passen wenig zu einer Theorie des Wachstums aus Granula oder einer Verschmelzung der letzteren untereinander. Auf- fallen nuiß ferner, daß die Kerne derjenigen Zellen, welche Halbmond- körper enthalten, keine Nucleolen mehr besitzen und es ist daher nicht ausgeschlossen, daß in diesen Bildungen direkt ins Cytoplasma aus- gewanderte nucleolare Substanz vorliegt. Ich hoffe, über diese Ver- hältnisse bald genauere Auskunft geben zu können. Einverstanden erkläre ich mich mit Heidenhain, wenn er die- sen Elementen eine ganz spezielle Funktion zuschreibt. Die An- hänger der »Chondriosomeulehre << dagegen identifizieren ^ diese »Halbmondkörperchen « ohne weiteres mit den »Plastochondrien « und »Chondriosomen<<. Das geht klar daraus hervor, daß sie als »Mito- chondrien« bezeichnet werden. Wir finden also hier einen neuen Beleg für die Behauptung, daß die Theorie der »Chondriosomen << auf durch- aus ungenügenden Beobachtungen aufbaut und nicht nur die wahre Natur der Dinge verkennt, sondern auch Erscheinungen zueinander in Beziehung bringt, deren Zusammengehörigkeit ausgeschlossen oder doch als sehr unwahrscheinlich zu betrachten ist. — Die Anwendung einseitiger Methoden und gefügiger Mittel, verbunden mit einer will- kürlichen Interpretation der durch sie gewonnenen unzuverlässigen Resultate werden eben immer zu Irrtümern führen, das hat in der Bio- logie der Zelle nicht nur die Theorie der »Centrosomen << bewiesen, es wird auch bestätigt durch die moderne »Chondriosomeulehre«. Frauenfeld (Schweiz), September 1913. 1 Möglicherweise liegen auch in den Fig. 7, 8 und 14 (lUV), Tuf. XVII, dei" Abhandhing Le\\7Tskys (loc. cit.) solche »Halbmondkörperchen« vor. Letztere dürften aber — aus ihrer Verbreitung im Tierreich zu schließen — schwerlich etwas mit der Chlorophyllkörnerbikiung zu tun haben. 482 Hell. Stauffacher, Erklärung der Abbildungen. Tafel X. Fig. 1. Anodonta piscinalis. Ei. Alkoholfixation. Verdauung in Pepsin- HCl: 9 Stunden. Färbung in Fuchsin-Methylenblau, n, Kern. Vom Nucleolus ist nur der (später) kleinere ( » cyanophile «) Teil erhalten. Nach mikroskopischen Präparaten gezeichnet. Die Figur sollte blau gefärbt sein. Fig. 2. Anodonta piscinalis. Ei. Alkoholfixation. Trypsinverdauung : 9 Stunden. Färbung in Fuchsin-Methylenblau, n. Kern. Vom Nucleolus ist nur der (später) größere ( » ery throphile «) Teil gefärbt. Das Nuclein des cyano- philen Teils ist gelöst. Die Grundsubstanz dieser Partie ist zwar noch vorhanden; sie nimmt aber kein neutrales Fuchsin auf. Nach mikroskopischen Präparaten gezeichnet. Fig. 2a. Anodonta piscinalis. Ei. Nucleolus. Alkoholfixation. Trypsin- verdauung: 12 Stunden. Färbung in Ehrlich-Biondis Lösung. Die saure Kom- ponente dieses Farbstoff gemisches wird von der Grundsubstanz beider Nucleolar- teile aufgenommen. Nach mikroskopischen Präparaten gezeichnet. Fig. 2b u. c. Fritillaria imperialis. Pollenkörner. Fixation: abs. Alkoli. Fig. 2h gefärbt in Fuchsin-Methylenblau. Die Grundsubstanz der Zelle nimmt kein Fuchsin auf (hier und da ist eine Spur von Rotfärbung zu sehen). Fig. 2 c ge- färbt in Ehrlich-Biondis Lösung. Die Grundsubstanz der Zelle hat die saure KomjDonente des Farbstoffgemisches intensiv aufgenommen. Fig. 2b. Farben- photographie nach Ltjmiere. Fig. 2 c. Nach mikroskopischen Präjjaraten ge- zeichnet. Fig. 2& sollte blau gefärbt sein. Fig. 3 — 8o. Ascaris megalocephala. Eier in die das Spermium eingedrungen ist. Fixation: 70%Alkoh. Mikrophotographien nach lOOOfacher Vergrößerung des Miki'oskops. Fig. 3. Das Sperma entleert eine große Zahl basichromatischer Körnchen oder Tröpfchen in das Cytoplasma des Eies. Der Eikern auf dem Stadium der Richtungskörperbildung. Färbung in Säurefuchsin. Gefärbt ist nur die kon- forme oxychromatische Grundlage der basichromatischen Elemente. Autochrom - aufnähme nach Ltjmiere und Dr. Smith. Fig. 4. Ebenso wie in Fig. 3. Aber Färbung in Hämatoxylin (nach Hei- denhain). Nun färbt sich die basichromatische Deckung der Elemente, die sich in Fig. 3 mit Säurefuchsin gefärbt. Fig. .5. Wie Fig. 3 und 4. Eikern durch den Schnitt nicht getroffen. Fär- bung in Hämatoxylin (nach Heidenhain). Fig. 6. Wie Fig. 3, 4 und 5. Kernbrücken am Spermium deutlich sichtbar. Färbung in Hämatoxylin (nach Heidenhain). Fig. 7. Wie in den Fig. 3, 4, 5 und 6. Das Spermium hat mit der Aussaat der basichromatischen Elemente noch nicht begonnen. Das Körperchen unge- fähr in der Mitte, links vom Spermium ist Verunreinigung. Färbung in Häma- toxylin (nach Heidenhäin). Fig. 8. Wie in den Fig. 3 — 7. Eikern in der Richtungskörperbildung. »Spermakern« mit vielen Kernbrücken. Lebhafte Aussaat von Nuclein durch das Spermium. Färbung in Hämatoxvlin (nach Heidenhain). Zfllstudirn. I. 483 Fig. 8«. Ei aus der Xälie des Priiparates der Fig. 8. Stadium wie Fig. 8. Eikeru im Schnitt nicht getroffen. Pepsin-HCi- Verdauung. Färbung in Ehr- LiCH-BiONDis Lösung. Die vom Spermium ausgesäten Elemente sind nicht ver- daut (d. h. ihre oxychromatische Gruiidsubstanz bloß ist verschwunden) und nehmen die basische Komponente des EiiRLicii-BiONDischen Farbstoffgemisches auf. (Basiehromatin). Man vergleiche diese Fig. 8a mit Fig. 3 ! Fig. 9 u. 10. Ascaris megalocephala. Eier, in die das Spermium noch nicht eingedrungen ist. Kern im Stadium der Richtungskörperbildung. — Cytoplasma dieser Zellen beinahe frei von basichromatischen Elementen. Fixation: 70% Alkoh. Färbung: Hämatoxylin (nach Heidenhain). Photographie nach lOOOfacher mikroskopischer Vergrößerung. Fig. 11 u. 12. Ascaris megalocephala. Befruchtete Eier im Stadium der ersten Furchung. Fixation: 70"^ Alkohol. Fig. 11, 116 und 12. PhotOgr. nach lOOOfacher mikrosk. Vergr. Fig. IIa. Zeichnung nach mikrosk. Präparaten. Fig. 11. Chromosomen und Centrosomen. Im Cytoplasma zahlreiche basi- chromatische, dem Spermium entstammende Elemente. Färbung: Hämatoxylin (nach Heidenhain). Fig. IIa. Wie Fig. 11. Färbung in EuRLicii-BiONDischer Lösung. Fig. 116. Wie Fig. 11 und IIa. Basichromatische Elemente im Cytoplasma (dem Spermium entstammend) sehr gut zu sehen und zaliheich. Färbung: Hämatoxylin (nach Heidenhain). Fig. 12. Erste Fm-chung beendigt, Basichromatische Elemente im Cyto- plasma immer noch sichtbar, aber weniger zahlreich wie in Fig. 116. Färbung: Hämatoxylin (nach Heidenhain). Fig. 14 — 19. Ascaris megalocephala. Zellen, welche von der Uteruswand in das Lumen des üterusschlauches ragen. Fixation: 70^^ Alkohol. Färbung: Hämatoxylin (nach Heidenhain). Mikrophotographien nach lOOOfacher Vergr. des Mikroskopes. Alle Zellen enthalten im Cytojiksma reichlfch basichromatische Elemente, die denjenigen der Fig. 3 — 8a vollständig entsprechen. Das Basi- ehromatin tritt in Form größerer oder kleinerer Körnchen (Tröpfchen) oder Fäden auf; letztere bestehen aus perlschnurartig hintereinander gei-eihten Körnchen. Fig. 26a, b, c. Spermien von Ascaris megalocephala. Fig. 26a u. 6. kegel- förmige (reife) Spermien. Fig. 26c Spermium mit »Glanzkörper«. In allen drei Spermien sieht man den »Spermienkern « mit z. Teil sehr deutlichen Kernbrücken. Um den »Spermienkern « sind zahlreiche basichromatische Körnchen gesetzmäßig angeordnet. Im »Glanzkörper« bemerkt man netzartige Strukturen. Fixation: 70% Alkohol. Färbung: Fig. 26a u. c EHRLiCH-BiONDische Lösung. Fig. 266 Hämatoxj-hn (nach Heidenhain). Tafel XI. Fig. 13. Ascaris megalocephala. Ei. Wie die Fig. 3 — 8a. Sperma einge- drungen imd mit der Aussaat basichromatischer Elemente beginnend. Eikern in der Richtungskörperbildung. Im »Spermakern« ein Quartett von basichroma- tischen Kügelchen sichtbar. Fixation: 70% Alkohol. Färbung: Ehrlich-Bi- ONDische Lösung. Nach mikroskop. Präparat gezeichnet. Fig. 21 — 24. Ascaris megalocephala. Zellen, welche von der Uteruswand in das Lumen des Uterusschlauches ragen. Wie die Fig. 14 — 19. Fixation: 70% 484 Hch. Stauff acher, Zellstudicn. I. Alkohol. Färbung: Hämatoxyhn (nach Heidenhain), Mikrophotogr. nach 1000- facher Vergr. d. Miki'oskops. Fig. 23 u. 24. Verdauung vor der Färbung in Pepsin-HCl. Fig. 25. Ascaris megalocephala. Ei. WiedieFig.il — 11&. Erste Furchung Im Cytoplasma kleinere und größere basichromatische Elemente. Fixation: 70% Alkohol. Färbung: Hämatoxyhn (nach Heidenhain). Photographie nach lOOOf acher Vergr. des Mikroskops. Fig. 27. Pisum sativum. Zelle aus der Wurzelspitze des Keimlings. Großer Nucleolus mit basichromatischen Einschlüssen. Innere und äußere Kernbrücken. Dem Kern entströmen reihenweise basichromatische Tröpfchen. Fixation: 50% Alkohol. Färbung: EnnLiCH-BiONDische Lösung. Nach mikroskrosk. Präparat gezeichnet. Fig. 28. Chrysanthemum Leucanthemum. Zelle aus der Basis des Griffels. Relativ großer Nucleolus mit basichrom. Einschlüssen. Kernbrücken. Basi- chromatische Elemente werden in zum Teil langen Körnchenreihen an das Cyto- plasma abgegeben. Fixation: 70% Alkohol. Färbung: EHBLiCH-BiONDische Lösung. Nach mikroskop. Präparat gezeichnet. Fig. 29. Pisum sativum. Zellengruppe aus der Wurzelspitze des Keimlings. Im Cytoplasma zahlreiche basichromatische Elemente ( »Chondriosomen «). Fixa- tion: 70% Alkohol. Färbung: Hämatoxyhn (nach Heidenhain). Mikrophotogr. nach lOOOfacher Vergr. d. Mikroskops. Fig. 30. Die Fig. 27 nach Fixierung mit Osmiumsäure und Färbung in Hämatoxyhn (nach Heidenhain) gedacht. Fig. 31. Eine Zelle der Fig. 29 nach Fixierung mit Osmiumsäure und Färbung in Hämatoxyhn (nach Heidenhain) gedacht. Fig. 32 u. 33. Chrysanthemum, Leucanthemiim. Kerne aus den Zellen des Griffels in der Chlorophyllkörner bildung begriffen, n, Kern; ch, Chloroijhyll- korn mit oxychromatischer Grundsubstanz und darin eingelagerten basichroma- tischen Elementen. Fixation: 70% Alkohol. Färbung: EHBLiCH-BiONDische Lösung. Nach mikroskoj). Präparat gezeichnet. Fig. 34. Chrysanthemum Leucanthemum. Dx-ci Zellen aus der Griffelbasis mit »Halbmondkörperchen «. Fixation: 70% Alkohol. Färbung: Ehrlich- BiONDische Lösung. Nach mikroskop. Präparat gezeichnet. Fig. 35a — d. Einige »Halbmondkörperchen« der Fig. 34 stärker vergrößert. über die Entstehung der Bindegewebsfasern bei den atherosklerotischen Aortaverdickungen. Beitrag zur normalen Entwicklung des Bindegewebes. Von Dr. Serafino d'Antona (Siena). (Aus dem Institut für pathologische Anatomie der Kgl. Universität Siena. Leiter: Prof. O. Barbacci.) Mit Tafel XII und XIII. I. Einleitung. Die Entstehung der collagenen und elastischen Fasern ist trotz umfangreicher auf diesem Gebiete vorgenommener Nachforschungen immer noch einer der dunkelsten und umstrittensten Punkte der allse- meinen Histologie. Ich verzichte auf eine genaue Beschreibung des historischen Teils der Frage und verweise dafür auf die Arbeiten von Flemming (1902), VON KoRFF und RöTHiG (1907), Bruni (1909), und Meves (1910). Zieht man auch nur die neueren Forscher in Betracht, so lassen sie sich auch heute noch den von ihnen vertretenen Ansichten nach in zwei Gruppen teilen: Avd der einen Seite stehen Flemming, Reinke, Walüeyer, Hansen, jVIall, Studnicka, Spalteholz, Zachariades, VON KoRFF, GoLOWiNSKi, LiviNi, Meves und andre, die, der Denk- weise Schwanns, Schultzes, Bolls und andrer folgend, der Ansicht huldigen, daß die Fasern unmittelbar vom Zellprotoplasma abstam- men, — auf der andern Seite Merkel, von Ebner, Laguesse, Renaut, Bruni, die an die alten Anschauungen Henles, Köllikers und Ranviers anknüpfend, der Meinung sind, daß die Fasern aus einer amorphen Grundsubstanz zustande kommen ohne irgend welche direkte Beziehung zu den Zellen. Ein versöhnender jMittelweg zwischen den beiden entgegengesetzten Anschauungen ist von mehreren Forschern (Hansen, Mall, Stüd- 486 Serafino d'Antona, NICKA) mit der Einführung des neuen Begriffs eines »Ectoplasmas << eingeschlagen worden. Unter diesem Namen verstehen, wie wir noch sehen werden, die genannten Autoren einen mehr oder weniger ver- änderten Teil des Zellprotoplasmas, in dem sie die Fibrillen ihren Ur- sprung nehmen lassen. Die Unterscheidung zwischen Ectoplasma und Endoplasma ist jedoch nicht allseits anerkannt worden; diejenigen Autoren, die diese Bezeichnung wirklich angenommen, haben sich niemals darüber zu einigen vermocht, welche Bedeutung und welche Grenzen dem Ausdruck »Ectoplasma« zu geben sind. Andre Forscher haben den Begriff eines »Ectoplasmas« geradezu zurückgewiesen, da sie ihn für ein verfehltes Beobachtungs- imd Deutungsprodukt hielten. Angesichts der Ungewißheiten, die heute noch die Frage um- schweben, kann die Bekanntgabe einiger Ergebnisse, zu denen ich auf einem Gebiete gelaugt bin, das etwas abliegt von dem allgemein bei solchen Studien betretenen, meiner Ansicht nach nicht uner- wünscht sein. Meine Beobachtungen sind im Laufe von Untersuchungen über die Histogenese der atherosklerotischen x4.ortaveränderungen gemacht worden und betreffen hauptsächlich die Neubildung der Bindegewebs- fasern bei der Verdickung der Intima. Bevor ich auf die Frage näher eingehe, halte ich es der besseren Verständlichkeit der nachfolgenden Auseinandersetzungen wegen für angebracht, einige meinen früheren Untersuchungen entsprungene Tatsachen vorauszuschicken. Wie bekannt bilden die kennzeichnenden Zellelemente der Aortaintima die sogenannten LANGHANSschen Zellen, deren morphologischer Wert und Wesen aber immer noch und insofern umstritten sind, als die meisten sie für Bindegewebszellen halten, andre jedoch glauben, daß es sich da um eine besondere Art von Muskel- faserzellen handle. Aus dem Studium der normalen Intima und mehr noch aus dem des Verhaltens dieser Elemente bei den pathologischen Vorgängen bin ich, w;as sie betrifft, zu folgendem Schluß gelangt: »Die LANGHANS- schen Zellen, die beständigen und typischen Bestandteile der Aorta- intima, stellen große Elemente dar, deren morphologische Eigentüm- lichkeiten je nach den verschiedenen Entwicklungsabschnitten, die sie durchziehen, verschieden sind. Im Anfange treten sie uns als große Elemente mit körnigem, basophilem Protoplasma und langen, dünnen, zahlreichen Ausläufern gegenüber; später unterscheidet man an ihrer Peripherie eine lichtbrechende, feste, unbestimmt fibrilläre Zone, die nach dem v, GiESONschen Verfahren orangegelb wurde, während zu über die l-;iitst(huiig der Uiiulcgewebsfaserii usw. 487 gleicher Zeit der mittlere, körnige, basophile Teil an Volumen und Ausdehnung sich verringert, und die Anzahl der Ausläufer abnimmt. In einem weiteren Stadium ist die mittlere, körnige Substanz fast ganz oder ganz aus den Ausläufern und dem Körper der Zellen verschwunden, welch letztere nun fast ausschließlich aus jener lichtbrechenden festen, mit der v. GiESONschen Methode orange gelb gefärbten Substanz be- stehen, die primär an der Peripherie des Zellelements zum Vorschein kommt. In diesem Stadium ähneln solche Elemente stark den Muskel- faserzellen, von denen sie sich durch morphologische Kennzeichen nicht unterscheiden lassen. « Da die Umwandlungen, die wir bei den Lang- HANSschen Zellen verfolgt haben, Schritt für Schritt den von Hansen bei den Zellen der Zwischenwirbelscheibe von Kalbsfoeten entsprechen, haben wir für sie vom rein morphologischen Standpunkt aus die von diesem Verfasser gegebene Unterscheidung zwischen Endoplasma (dem mittleren, basophilen Teil) und Ectoplasma (dem peripheren, acido- philen Teil) angenommen. Ebenso haben wir es für möglich gehalten, daß die LANGHANSschen Zellen von den Endothelzellen herrühren. Ferner muß ich hier noch auf die Art und Weise aufmerksam machen, in der sich die Verdickung der Intima vollzieht. Aus meinen Untersuchungen geht hervor, daß die atherosklerotische Verdickung in zwei Zeitabschnitten geschieht. In dem ersten Zeitabschnitt stellt sich Hypertrophie und Hyperplasie der zuvor bestehenden Intima- schichten ein, in dem zweiten findet eine wahre und eigentliche binde- gewebig-elastische Neubildung statt, der eine kräftige Wucherung der LANGHANSschen Zellen vorhergeht. Meine Beobachtungen beziehen sich ausschließlich auf die Ent- stehung der Fasern in diesem zweiten Zeitabschnitt. II. Material und Methoden. Als Untersuchungsmaterial dienten atherosklerotische Aorten, mit nicht stark ausgesprochenen Entartungserscheinungen. Fixiert wurden die Stücke in Formol, Zenker, Subhmat, Alkohol, und in der nach Meves abgeänderten FLEMMiNGschen Flüssigkeit (Chromsäure V2% mit NaCl l%ccm. 15; Osmiumsäure 2%, ccm4; Essigsäure 4 — 3 Tropfen). Mehrere Stücke wurden mit dem Gefriermikrotom geschnitten, andre in Paraffin und Zelloidin eingebettet. Neben den durch die ganze Dicke der Aortawand geführten Schnitten wurden auch viele Oberflächenschnitte vorgenommen, die sich zum Studium des Gesamt- bildes und der Einzelheiten am besten eignen. 488 Serafino d'Antona, Zur Färbung der collagenen Fasern kam das v, GiESONsche, Mal- LORische und BiELSCHOWSKYsche Verfahren zur Verwendung. Das MALLORYsche Verfahren wurde in der vom Verfasser vorgeschlagenen, veränderten Form angewandt, nach der die Schnitte nach 5 oder mehr- minutigem Verbleib in einer 0,l%igen säuren Fuchsinlösung 20 Minuten oder länger in einer aus 0,5 g Anilinblau, 2 g Orangegelb und 100 cc einer l%igen Phosphormolybdänsäurelösung bestehenden Färbemischung belassen werden. Die BiELSCHOWSKYsche Methode kam in der von Levi vorgeschlagenen, abgeänderten Form zur Anwendung. Außerdem wurden auch Präparate in HEiDENHAiNschem Eisenhämatoxylin mit und ohne Kontrastfärbung in Fuchsin angefertigt. Die in der abgeänderten FLEMMiNGschen Flüssigkeit fixierten Stücke dienten zu der nach Meves mit Eisenhämatoxylin vorgenom- menen Untersuchung auf Mitochondren. Bei den elastischen Fasern kamen Fuchselin und Kontrastfärbung mit Carmin oder nach Jores mit Pyronin, sowie Saffranelin-Hämatein und Orzein-Hämatein zur Verwendung. III. Entstehung der collagenen Fasern, a. Gegenwärtiger Stand der Frage. Wie wir schon zu Anfang angedeutet haben, besteht der Streit zwischen den Anhängern der intracellulären Ursprungstheorie und denen der intercellulären Ursprungstheorie der collagenen Fasern auch heute noch weiter. Die intercelluläre Theorie war den Forschungen Henles, Kölli- KERs und Ranviers zufolge vorherrschend geworden, begann jedoch an Boden zu verlieren, als Flemming seine Beobachtungen über die Zellen des parietalen Peritonäums der Salamanderlarven veröffentlicht hatte. Flemming beschrieb in diesen Zellen eine feine fibrilläre Struktur »die ohne Zweifel der Anlage von collagenen Fibrillen entspricht«. Diese Fibrillen finden sich nicht etwa nur an der Oberfläche der Zellen, wie dies Lwof glaubte, sondern überall in ihrem Körper, was sich nach Flemming aus ihrem Verhalten bei der Kernteilung mit unver- kennbarer Deutlichkeit feststellen läßt. In seiner ersten Arbeit ließ es Flemming unentschieden, ob die intracellulären Fibrillen von der Filarmasse herrühren, oder vielmehr von der Interfilarmasse geprägt sind. In einer späteren Arbeit nahm er ausdrücklich an, daß die Fi- brillen von einer »Umprägung der Fadenstruktur« des Protoplasmas herrühren. Die Forschungen Reinkes, Waldeyers, Spulers, Golowinskis, über die l-]iitstrlniiig dvv Bindcgewcbsfasorii usw. 489 Spalteholz' und andrer haben im wesentlichen die Ansichten Flem- MiNGs insofern bestätigt, als auch sie in den Bindegewebszellen Struk- turen beschrieben haben, die sie als Umrisse von coUagenen Fasern betrachteten. Eine ganz besondere AN'ürdiguug verdienen die Untersuchungen GoLOWiNSKis, der in den Zellen des Nabelstrangs von Menschen- und Schweineembryonen, sowie in den Fibroblasten, die in dem Unter- hautgewebc der Inokulation von Fremdkörpern zufolge zustande kommen, die collagenen Fasern aus den »präcollagenen Fasern« ent- stehen sah, die an der Oberfläche der Zellen erscheinen und von Eisen- hämatoxylin schwarz gefärbt werden. »Bevor die präcollagenen Fasern sichtbar werden, sind die Zellen mit zahlreichen, unzweifelhaft epi- cellulär liegenden Körnchen bedeckt, welche in Eisenhämatoxylin dieselbe Farbe annehmen, wie die präcollagenen Fasern selbst. Diese Körnchen sind zuerst unregelmäßig auf der Oberfläche der Zellen zerstreut; in der Folge aber stellen sie sich, vermutlich unter dem Einfluß der Zelle selbst, reihenweise ein, wobei sie wie die präcollagenen Fibrillen von einer Zelle auf die andre übergehen. Diese Körnchen- reihen fließen endlich zu den präcollagenen Fasern zusammen. SchHeß- lich werden sie von den Zellen frei und wandeln sich in collagene Fasern um. Daß diese Metamorphose tatsächlich in dieser Eeihenfolge vor sich geht, scheint mir dadurch bewiesen zu sein, daß ich neben den Zellen außer collagenen Fasern auch präcollagene gesehen habe.« Daraus geht also hervor, daß Golowinski, der Meinung Flemmings entgegen, die Fibrillen nicht aus dem ganzen Zellprotoplasma hervor- gehen läßt, sondern nur aus dessen peripherem Teil. In diesen letzten Jahren sind mit den Studien über die Mitochondren der cellulären Theorie neue Stützen erstanden, denn seit den For- schungen Meves', die dann von v. Korff bestätigt worden sind, hat man in den Mitochondren das Bildungsmaterial für die collagenen Fasern erkennen zu dürfen geglaubt. Davon soll später ausführlicher die Rede sein. Doch auch der intercellulären Theorie hat es nicht an tapferen Verteidifrern gefehlt. Merkel hat die Fibrillen in den TnYow-Larven und in dem Nabelstrang der Säugetiere, von Ebner in der Chorda dorsalis der unteren Fische und im Zahnbeingewebe, Renaut im Unterhautgewebe und im Netz verschiedener Säugetiere, Lagüesse in der Milzkapsel der Selachien und dem Unterhautbindegewebe der Säugetiere in der amorphen Substanz ohne jede direkte Beziehung zu den Zellen sich bilden sehen. Den Zellen fiele dabei einzig und 490 Serafino d'Antona, allein die Aufgabe zu, besagte amorplie Grundsubstanz zu erzeugen, während die Fibrillen dann ganz unabhängig und besonders unter dem Einfluß mechanischer Wirkungen zustande kämen. Zwischen diesen entgegengesetzten Strömungen liegt eine dritte, die eine Art Bindeglied bildet zwischen eben diesen und in der Ein- führung des neuen Begriffs eines »Ectoplasmas << besteht, das jedoch leider von den Verfassern, die es angenommen haben, in ganz ver- schiedener Weise gedeutet wird. Hansen unterscheidet in den Zellen der Zwischenwirbelscheibe der 40 — ^60 cm messenden Kalbsföten ein Endoplasma und ein Ectoplasma, das sich unmittelbar mit der Grund- substanz fortsetzt. Die Zellen bestehen ursprünglich aus einem Endo- plasma oder »Protoplasma im engen Sinne«; das Ectoplasma ent- wickelt sich, nachdem das Endoplasma die ersten Fibrillen erzeugt hat. »Dieselben ragen teilweise frei in die umgebende Grundsubstanz hinaus, teils stehen sie mit den Fibrillen aus der Nachbarschaft in Verbindung, teils setzen sie sich durch die Zellenanastomosen in die Fibrillen der Nachbarschaft fort. In älteren Stadien umgeben sich die Bindegewebszellen mit einem stark lichtbrechenden Ectoplasma, welches durch Umwandlung aus dem Endoplasma hervorgehen soll. Das Ectoplasma bildet nun auch Bindegewebsfibrillen, und eine Weile findet man gleichzeitig das Endo- und Ectoplasma an der Bindegewebs- fibrillenbildung beteiligt; aber relativ schnell wird diese Funktion, die Bildung von coUagenen Fasern, von der peripheren Schicht, dem Ectoplasma allein übernommen. << Anders denkt sich Mall das Ectoplasma. Nach Mall stammen die Bindegewebe von einem Syncytium her, das durch das Zusammen- fließen der ursprünglich isolierten Zellen des Mesenchyms zustande gekommen ist. In diesem Syncytium differenziert sich nachher ein Endoplasma, das körniges Aussehen annimmt und den Kern umgibt, und ein Ectoplasma, das den größten Teil des Syncytiums ausmacht, und in dem sich dann die Bindegewebsfasern entwickeln. Studnicka bekannte sich zuerst zu einer mit der ÜANSENschen verwandten Anschauung, indem auch er als Ectoplasma den peripheren Teil der Zelle auffaßte, in dem sich dann die ursprünglich in dem ganzen Zellkörper entstandenen Fibrillen ansammeln. In einer neueren Arbeit scheint seine Auffassung sich aber mehr an die Malls anzulehnen, insofern als auch er unter Endoplasma das die Zellen bildende Plasma versteht, und unter Ectoplasma das zwischen den Zellen liegende. Es ist somit nach Studnioka Endoplasma = Zellen, Ectoplasma = Grundsubstanz. llbcr die Kiitstcliuiiu; der Biiuk'gewebsfast'in u.sw. 491 Wesentlich nicht verschieden ist die Ansicht Retterers, wonach das erste Stadium der Bindegewebe das Plasmodium darstellt. Darauf- hin wird in dieser Protoplasmamasse ein »chromophiles Netz« diffe- renziert, das den Kern umgibt, in dessen Maschen sich das »homogene Protoplasma« oder »Hyaloplasma« vorfindet. Die Fasern nehmen ihren Ursprung sowohl vom Hyaloplasma, wie auch vom chronio- philen Netz. Nach Bruni findet die Bildung der Bindegewebsfasern in der Zwischenwirbelscheibe der Rinderföten in zwei Zeitabschnitten statt. In einer ersten Zeit bilden sie sich ausschließlich in einer amorphen Grundsul)stanz, die er für ein verändertes Protoplasma hält (Meta- plasma) ; in einer zweiten Zeit bilden sie sich ebensowohl in dem Meta- plasma, wie auch im Zellkörper. Die heute vorherrschende Anschauung ist diejenige, daß die collagenen Fasern aus der Differenzierung des peripheren Teils des Zellplasmas herstammen. b. Eigne Beobachtungen. Die Neubildung ist bei den Verdickungen der Intima gekenn- zeichnet durch zwei anfängliche Erscheinungen: die Wucherung der LANGHANSschen Zellen und das Auftreten einer amorphen Intercellular- substanzi. Die Zellen stellen in dieser ersten Periode große Ele- mente dar (Fig. 1 u. 2) mit hellem, eiförmigem oder rundlichem Kern, abgeplattetem, von zahlreichen Körnchen und langen, feinen Aus- läufern besetztem Protoplasmakörper, welche sich bald mit denen der benachbarten Zellen anastomisieren, bald' aber auch sich nach und nach in der intercellulären Substanz verlieren. Die Protoplasma- körnchen, die sich mit der BiELSCHOWSKYschen Methode ganz außer- ordenthch deutlich erkennen lassen, liegen meist ohne offenbare Ord- nung im Zellkörper zerstreut; nur in einigen Fällen treten sie uns zu mehr oder weniger regelmäßigen Reihen angeordnet entgegen, wodurch sie dem Zellplasma zu einer Art Streif ung verhelfen. Die Neigung der Körnchen zur reihenweisen Anordnung tritt ganz besonders deut- lich an der Wurzel der Ausläufer hervor, die von den Zellen ausgehen, sowie längs ihres Verlaufs. Das Volumen der Körnchen ist in ein und derselben Zelle verschieden; die einen sind ziemlich groß und deutlich, die meisten jedoch sind ziemlich klein. 1 Es ist ganz selbstverständlich, daß diese »amorphe Substanz« nichts zu tun hat mit den Mengen geronnenen Plasmas, denen man besonders in den alten Verdickungen zuweilen begegnet. 492 Serafino d'Antona, Die intercelluläre Substanz läßt sich in den nach v. Gieson her- gestellten Präparaten als eine feste, gelbliche Masse ohne bestimmte Struktur, von bald körnigem, bald unbestimmt fibrillärem Aussehen erkennen. Auch die MALLORYsche Methode verleiht einer amorphen, körnigen Masse ganz je nach der Menge der Substanz und der Dicke des Schnittes eine mehr oder weniger starke orangerote oder rosarote Farbe. In den nach dem BiELSCHOWSKYschen Verfahren hergestellten Präparaten (Fig. 10) weist diese Substanz eine körnige Beschaffenheit auf; die Körnchen sind sehr klein und erreichen nicht die Größe der größeren Protoplasmakörnchen. Die extracellulären Körnchen lassen sich inmitten einer hellen, vollständig gleichartigen, bald mehr bald weniger reichlichen Substanz nachweisen. Herrscht das körnige Ele- ment vor, wie das gewöhnlich in dem Oberflächenteil der Verdickung der Fall ist, so sind die Zellumrisse der dazwischenliegenden Substanz gegenüber schlecht differenziert. Auf diese Weise kommt es zu einer Art syncytialen Gebildes, inmitten dessen die Zellen und ihre Ausläufer wie ausgehauen erscheinen. Im Anfang läßt sich in dieser Substanz mit der BiELSCHOWSKYschen Methode auch nicht ein Schein fibrillärer Struktur wahrnehmen; nur hin und wieder läßt sich besonders in den schiefen Schnitten ihre Nei- gung zur Lamellenbildung erkennen. Früher oder später jedoch treten in dem so angehäuften Material Veränderungen auf, die zur Differen- zierung der Bindegewebsfibrillen führen dürften. Das Wesen und der innere Mechanismus dieser Veränderungen lassen sich mit den uns zu Gebote stehenden technischen Mitteln nur unvollständig enthüllen. Mit der v. GiESONschen und MALLOTiYschen Methode erscheinen hier und da, besonders aber in nächster Nähe der Zellen, rosarot, bzw. bläulich schwach gefärbte Zonen. Zu gleicher Zeit läßt die ursprüng- lich amorphe Substanz leichte Fibrillenformen wahrnehmen, die nicht so sehr durch die Einwirkung der Farbstoffe hervortreten, als viel- mehr der Lichtbrechung wegen. Etwas deutlichere Einzelheiten liefert uns die BiELSCHOWSKYsche Methode (Fig. 10). Mit ihr lassen sich inmitten der intercellulären Substanz nach und nach kurze, dünne Fäden unterscheiden, die von dem Aneinanderdrängen des körnigen Materials längs bestimmter Linien herrühren und infolge von Verschlingung und Anastomisierung die ersten Spuren eines äußerst feinen Netzes bilden. Die Maschen des Netzes lagern sich schichtweise übereinander und konzentrisch zur Lichtung des Gefäßes, wodurch die Masse der Intercellularsubstanz eine immer deutlichere Lamellenstruktur erhält. Nach und nach über die Entstehung der Bindegewebsfasern usw. 493 nehmen dann die feinen Fäden, die eine jede der Lamellen bilden, größere Dimensionen an und bekommen deutlichere Umrisse, bleiben dabei aber immer körnig. Noch deutlicher treten sie dann dadurch hervor, daß der körnige Teil der Grundsubstanz nach und nach ab- nimmt; es bleibt der klare, homogene Teil, der sich wie Kitt zwi- schen den Maschen des Fibrillengeflechtes hindurchzieht. Läßt sich nun auch diese Substanz mit den angewandten Mitteln nicht erkennen, so müssen wir doch annehmen, daß sie wirklich vorhanden ist und einen gewissen Dichtigkeitsgrad besitzt. Prüfen wir nämlich kleine Fetzen der Lamellen, so sehen wir, daß die von den Fäden des Netzes umschriebenen Räume oft von Körnchen beschickt sind, deren Verbleiben in derselben Lamellen- schicht doch nur verständlich ist, wenn wir annehmen, daß sie von einer zwischen den gebildeten Elementen liegenden Substanz fest- gehalten werden. Bevor wir zu weiterem übergehen, ist es jedoch angebracht, zuerst etwas näher auf das Wesen und die Bedeutung dieser Substanz ein- zugehen. Wir könnten da vor allem die Frage aufwerfen, ob die in ihr nach- gewiesene Körncheunatur ein technisches Kunstgebilde ist, oder ob sie einem wirklichen Zustand dieser Substanz entspricht. Es scheint mir ausgeschlossen werden zu können, daß die Körnung durch Re- agentien hervorgerufenen Gerinnungserscheinungen zugeschrieben wer- den kann, einmal, da sie beim Wechsel dieser nicht auch wechselt, dann außerdem, weil auch bei Prüfung frischer, in physiologischer Lösung zerfeztter Intimalamellen das körnige Aussehen besitzen, das in den fixierten und gefärbten Präparaten beobachtet wird. Ferner erleidet die Körnung dieser Substanz ganz je nach dem Fibrillierungs- vorgang, dem diese Substanz unterliegt, eine Veränderung im Aus- sehen, denn je mehr sich inmitten derselben die körnigen Fäden des ursprünglichen Netzes differenzieren, desto mehr nimmt die Menge der zerstreut liegenden Körnchen ab (Fig. 10). All dies führt uns zur Anschauung, daß die Körnchen Bestandteile schon vorher gebildeter Elemente dieser Substanz darstellen, die zum Aufbau der Fibrillen verwandt werden. Das körnige Element ist aber nicht der einzige Bestandteil dieser Substanz, denn wir haben bereits darauf hingewiesen, daß wir an- nehmen müssen, daß zwischen den Körnchen eine helle, gleichartige Substanz gallertiger Dichtigkeit vorhanden ist. Von diesen beiden Bestandteilen ist bald der eine bald der andre vorherrschend. Im allge- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. C'IX. Bd. 33 494 Serafino cFAntona, meinen ist der körnige Teil der am reichsten vertretene, und es er- scheint also die Intercellularsubstanz dicht; in andern Fällen dagegen ist der helle, gleichartige Teil vorherrschend. Und wenn wir dann, was logisch ist, annehmen, daß zwischen den Zellen das Plasma kreist, das die Nahrung zu allen Elementen des Organismus hinführt, so ergibt sich uns daraus ein dritter Bestandteil der intercellulären Sub- stanz, die somit in ihrer Gesamtheit aus drei Teilen besteht: einem flüssigen Teil (Plasma), einem gallertigen, gleichartigen Teil, und einem körnigen Teil. Je nachdem der eine oder andre dieser Bestand- teile reichlicher vorhanden ist, bietet sich die amorphe Substanz mejir oder weniger dicht dar. Im allgemeinen ist der körnige Teil sehr reich- lich bemessen, und es sind deshalb die Oberflächenzellen der Verdickung zu einer festen, zähen Masse verbunden. In andern Fällen dagegen, bei denen der flüssige oder gallertige Teil vorherrscht, lassen sich die Zellen durch helle Räume getrennt wahrnehmen, in die sich ihre Aus- läufer erstrecken; die Körnchen sind äußerst spärlich und lagern in Form von mehr oder weniger regelmäßigen Reihen in nächster Nähe der Zellkörper. In diesen Fällen hat das Gewebe eine große Ähn- lichkeit mit dem schleimigen Gewebe. Ihren Merkmalen nach scheint die von mir beschriebene Substanz unter die Gruppe der amorphen Substanzen eingereiht werden zu müssen, denen eine schon stattliche Schar von Forschern eine große Bedeutung für das Zustandekommen der Fibrillen beigelegt hat. Mag es sich dabei nun um die MEEKELsche »Gallerte <<, um die LAGUESSEsche »substance precollagene <<, um das RETTERERsche »Hyaloplasma« oder um das BRUNische »Metaplasma << handeln, so ist doch das allgemeine Merkmal dieser Substanzen ihr ursprüngliches amorphes Wesen, sowie ihre darauffolgende mehrfache Umwandlung, die in ihr zur Differen- zierung eines fibrillären Netzes führt, und zwar bei Fehlen jeder direkten Beziehung zum Zellkörper, Der Besitz eines homogenen oder körnigen Aussehens, sowie die mehr oder weniger spät eintretende Annahme der collagenen Reak- tion sind Merkmale, die für diese Substanzen keine beträchtlichen Unterschiede bedeuten. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich da um eine einzige Substanz, die je nach den verschiedenen Stellen des Organismus und dem Entwicklungsstadium, in dem sie zur Untersuchung gelangt, verschiedene Merkmale aufzuweisen vermag. Vergegenwärtigen wir uns die verschiedenen Elemente, aus denen sie unsrer Anischt nach besteht, so kann es nicht schwer fallen, den Grund des verschiedenartigen Aussehens zu begreifen, das sie zu bieten vermag. über die Entstehung der Bindegewebsfasern usw. 495 Vüu den Anhängern der Theorie des cellulären Ursprungs der Fibrillen wird das Vorhandensein dieser Substanz entweder ganz ge- leugnet, oder in andrer Weise ausgelegt, als von den Anhängern der Theorie des extracellulären Ursprungs der Fibrillen. Im allgemeinen zeigt sich bei ihnen das Bestreben, sie mit der gewöhnlichen, amorphen intercellulären Substanz, der »homogenen Grundsubstanz« Schiffer- deckers, der »Kittsubstanz« Schaffers, zu identifizieren. Unsrer Ansicht nach kann diese Deutung für die von uns beschriebene Sub- stanz insofern nicht angenommen werden, als sie ganz andre strukturelle und chemische Eigenschaften darbietet, als die Kittsubstanz. Wie wir weiter unten ausführen werden, umfaßt die Kittsubstanz nicht unsre ganze Substanz, sondern stellt nur einen Teil derselben dar, oder besser, eines ihrer Derivate. Aber selbst unter den Verfassern, die das Bestehen einer Mutter- bodensubstanz der Fibrillen annehmen, sind die Ansichten über ihren Ursprung und über ihre wirkliche Bedeutung noch geteilt. Einige Forscher (Merkel, Laguesse, Renaut, von Ebner) halten sie für ein Ausscheidungsprodukt der Zelle, andre (Retterer, Bruni und auch Mall und Studnicka) für das Derivat einer Umbildung des Zell- protoplasmas. Im Grunde genommen liegt aber der Zwiespalt zwischen diesen beiden Anschauungen mehr in der Form als in der Wesenheit, denn auch die modernen Anhänger der Ausscheidungstheorie gehen hierin etwas von dem alten Begriff Henles, Köllikers und Ranviers ab und erkennen an, daß diese Substanz der Sitz von Lebensvorgängen ist und ähnliche Eigenschaften besitzt, wie das Protoplasma. Kann ich nun auch die Möglichkeit eines Ausscheidungsvorgangs (besonders des gallertigen Teiles wegen) nicht ausschließen, so neige ich doch zur Annahme hin, daß die von uns beschriebene Substanz nicht so sehr ein Ausscheidungsprodukt, als vielmehr ein verändertes Protoplasma darstelle. In der Tat stehen die chemischen Eigenschaften dieser Substanz denen der Protoplasmen sehr nahe, denn sie läßt eine Verwandtschaft mit denselben Farben erkennen (bevor sie die collagene Reaktion erwirbt), die auch die Protoplasmen färben (gelbliche Fär- bung nach V. Gieson, rötliche Färbung nach Mallory). Anderseits habe ich beobachtet, daß die LANGHANSschen Zellen schon vor Beginn der Entwicklung des Ectoplasmas den größten Teil ihrer Ausläufer verlieren, was meines Erachtens nicht anders ausgelegt werden kann, als indem wir annehmen, daß sie in die intercelluläre Substanz über- gehen. Auf der Suche nach einem Ausdruck, der sie kurz zu bezeichnen 33* 496 Serafino d'Antona, imstande ist, will mir der Name Metaplasma am angebrachtesten er- scheinen, der von Heidenhain vorgeschlagen und von Bruni an- genommen worden ist. Wir können sie nicht, wie Laguesse, »prä- coUagene Substanz« nennen, weil, worauf wir noch eingehen werden, in ihrem Innern sich nicht nur collagene Fasern, sondern auch elastische Fasern differenzieren, was an das »Albuminoid << Hansens erinnert. Das »Hyaloplasma« Retterers ist ein Ausdruck, der schon in anderm Sinne verwandt wird; überdies ließe er sich unsrer Substanz nicht in allen Fällen beilegen, denn sie sieht nur hyalin aus, wenn die Körn- chen fehlen. Ebensowenig können wir den von Mall, Studnicka und auch von Laguesse gebrauchten Namen »Ectoplasma << annehmen, denn damit zeigen wir ein Gebilde an, das sehr verschieden ist von dem, auf das sich diese Verfasser beziehen. Die fibrillären Blättchen, die sich bei den atherosklerotischen Ver- dickungen auf Kosten des Metaplasmas bilden, haben eine sehr große Ähnlichkeit mit den von Renaut, Laguesse und Merkel in verschiedenen Bindegeweben und besonders bei dem Unterhautbinde- gewebe beschriebenen Blättchengebilden. Das Netz, dessen Differen- zierung wir im Metaplasma beobachten konnten, ähnelt den von E,e- naut im Netz von Kaninchen- und Katzenföten beschriebenen äußerst feinen fibrillären Geflecht. Auch Bruni hat in der Zwischenwirbel- scheibe von Rinderföten in einer ersten histogenetischen Periode in- mitten einer amorphen Substanz ein Geflecht elementarer Fibrillen entstehen sehen, die sich nacheinander zu Lamellen und Fasern aus- bilden. Der Unterschied besteht nun einfach darin, als was man sich die Substanz denkt, aus der sie hervorgehen. So ist sie für Renaut einfach die primitive schleimige Substanz, nach Bruni dagegen handelt es sich, wie bereits erwähnt, um einen differenzierten Teil des primi- tiven, syncytialen Protoplasmas. Die lamellöse Struktur des Gewebes tritt mit besonderer Deutlich- keit in den etwas schief durch die Dicke der Aorta geführten Schnitten zutage, bei denen die Schnittlinien der Lamellen dachziegelartig ge- lagert erscheinen. Dreht man die Mikrometerschraube etwas, so ver- mag man in diesen Fällen die Netzstruktur einer jeden Lamelle zu erblicken. In den senkrecht zur Wand hergestellten Schnitten da- gegen nimmt man nichts andres wahr, als fortlaufende körnige Linien, und da die Fäden des Netzes sehr kurz und zusammengedrängt sind, so läßt sich zumeist auch bei Drehung der Schraube nicht feststellen, ob es sich um vereinzelte Körnchen oder Schnitte kurzer Fibrillen handelt; jeder Zweifel darüber verschwindet jedoch bei Prüfung der Übel- die Hiitsteluiiig der Bindegewebsfasern usw. 497 schief oder oberflächlich geführten Schnitte. Im Anfang sind die netzartigen Lamellen nur wenig zahlreich, und zwischenhindurch zieht «ich eine bedeutende Menge nicht differenzierter Substanz; je mehr jedoch die Lamellen an Zahl zunehmen, desto mehr nimmt die Masse allmählich an Volumen ab, bis sie schließlich fast ganz verschwun- den ist und die Lamellen nur von dünnen Spalträumen getrennt sind. In diesem Stadium angelangt, können die neugebildeten Fasern, trotz- dem sie ihre netzartige Lagerung beibehalten haben, auf ziemlich langen Strecken verfolgt werden; sie sind ferner im Vergleich zu den dünnen Fäden des primitiven Netzes etwas dicker, besitzen aber doch noch ein leicht körniges Aussehen. Nach dem BiELSCHOWSKYschen Verfahren nehmen sie eine starke schwarze Farbe an, mit der v. Gie- soNschen und MALLORYschen Methode werden sie nur schwach gefärbt, sie haben also die Eigenschaften der Gitterfasern. Die Netzstruktur der neugebildeten Lamellen kann auf lange Zeit hinaus bestehen bleiben, zuweilen haben wir sie sogar in vollkommen entwickelten Verdickungen angetroffen. Der einzige Unterschied besteht dabei in einer größeren AVeite der Maschen und einer leichteren Färbbarkeit der sie bildenden Fibrillen, die ihr körniges Aussehen verloren hatten, die Reaktionen des gewöhnlichen CoUagens aufwiesen, und sich nicht nur nach Bielschowsky, sondern auch ziemlich gut nach V. Gieson und Mallory färben ließen. Bei den meisten vollentwickelten Verdickungen haben die La- mellen eine ganz andre Zusammensetzung als zu Anfang ergeben, Sie bestehen nun nicht mehr aus einem unregelmäßigen Geflecht von dünnen Fäden, sondern aus langen, untereinander parallel angeord- neten, teils circulär, teils transversal laufenden Fibrillen. In andern Fällen zeigten die Fibrillen nicht so sehr das Bestreben, sich zu La- mellen zu vereinigen, als vielmehr zu Bündeln. Bei der Art des von mir studierten Untersuchungsmaterials, die es nicht gestattete, mit Beständigkeit und Sicherheit über die nachfolgenden Stadien des Krankheitsvorgangs zu verfügen (was der Fall ist, wenn man mit embryologischem oder experimentellem Material arbeitet), konnte ich unmöglich Schritt für Schritt die Veränderungen verfolgen, denen das primitive Netz bei seiner weiteren Entwicklung unterworfen ist, doch ist es mir so vorgekommen, als ob auch hier, wie bei ähnlichen Bil- dungen beschrieben worden ist, der Übergang von der Netzstruktur zu dem Gefüge von parallelen Fibrillen durch das, allmähliche Ver- schwinden anastomotischer Fäden vermittelt würde. Die collagenen Fasern bei der Intimaverdickung können jedoch 498 Serafino cFAntona, auch noch auf eine andre als auf die beschriebene Art und Weise zu- stande kommen. Wie aus dem Vorstehenden hervorgeht, nehmen, soweit uns be- kannt ist, die Zellen an der Fibrillenbildung nicht unmittelbar teil. Der erste Umriß des Netzes, die ersten chromatischen, collagenen Re- aktionen treten zwar vorwiegend in nächster Nähe der Zellen auf, aber die Fäden des Netzes differenzieren sich ganz unabhänsiff vom Zellkörper und seinen Ausläufern. Nun unterliegen jedoch die LANGHANSschen Zellen, wie bereits angeführt, im Laufe ihres Lebens einer Reihe von Umwandlungen, die ihre primitiven morphologischen Merkmale bedeutend verändern. Und diesen morphologischen Veränderungen der Zellen entspricht dann auch ein verschiedenes Verhalten in der Bildung der Fibrillen. Die Zellverwandlungen und die entsprechenden Veränderungen in der Entstehung der Fibrillen können äußerst deutlich in den knotigen Verdickungen verfolgt werden, in denen die Wucherungsvorgänge viel kräftiger sind, als in den diffusen. In ihnen gehen die Zellen einen viel rascheren Entwicklungsgang, deren einzelne Strecken wir verfolgen können, bevor es noch zu Entartungserscheinungen gekommen ist. In der Einleitung haben wir kurz auf die Entwicklung hingewiesen, die die LANGHANSschen Zellen durchmachen. An dieser Stelle ist es geboten, den Vorgang näher ins Auge zu fassen und ihn in Verbindung zu bringen mit der Neubildung der Fibrillen. Prüfen wir die verschiedenen Typen der LANGHANSschen Zellen im Stadium des nackten Protoplasmas neben denjenigen mit stark körnigem Protoplasma und zählreichen, äußerst dünnen Ausläufern, so treffen wir auch andre an, bei denen die dünnen Ausläufer fehlen und die Körnchen weniger zahlreich sind (Fig. 4). Beobachten wir diese letzten Elemente genau, so sehen wir, daß an ihrer Peripherie ein kleiner, stark lichtbrechender Rand sich bemerkbar macht, etwas wie ein unbestimmt fibrilläres Häutchen. In denjenigen Zellen, in denen dieser etwas stärker entwickelt ist, nimmt er nach v. Gieson gefärbt eine gelbliche Farbe an (Fig. 5 u. 9), die dann immer mehr in Orange übergeht (Fig. 6), während zu gleicher Zeit seine fibrilläre Struktur immer deutlicher zutage tritt. Je weiter nun diese periphere Schicht (Ectoplasma) in der Entwicklung fortschreitet, erfährt der mittlere körnige Teil der Zelle (Endoplasma) eine allmähliche Ver- minderung seines Volumens, wobei er zuerst von den Zellausläufern verschwindet, von denen nur die dicksten eine Spur desselben in ihrem axialen Teil aufweisen. über die Entstehung der Bindegewebsfasern usw. 499 Zur gleichen Zeit erscheinen die Körnchen des Endoplasmas weniger zahlreich, aber größer und deutlicher. Zuweilen, besonders in der dem Ectoplasma benachbarten Zone, sind diese Körnchen zu mehr oder weniger langen, bald geraden, bald verschieden gekrümmten Reihen ausgebildet; man erhält fast den Eindruck, als ob aus dem nach und nach verschwindenden feinst gekörnten Teil des Proto- plasmas das Gerüstwerk des Spongioplasmas entstehe i. Der BiELSCHOWSKYschen Methode gegenüber verhält sich das Ectoplasma durchaus negativ und tritt uns (Fig. 11) wie ein zumeist vollständig heller, zuweilen leicht veilchenblauer Rand mit glänzender Lichtbrechung entgegen, in dem ich nur sehr selten Körnchen ange- troffen habe. Der fibrilläre Bau des Ectoplasmas, der, nach Bielschows- KY behandelt, lange nicht so deutlich hervortritt, als mit dem v. Gieson- schen Verfahren, läßt sich in den mit Sublimat fixierten und mit Eisen- hämatoxylin gefärbten Präparaten sehr deutlich erkennen. In diesen Präparaten (Fig. 3, 4, 7) sieht das Ectoplasma wie ein mehr oder we- niger dickes Häutchen aus, das sich über den Zellkörper hinzieht und von durch das Hämatoxylin schwarz oder tiefblau gefärbten Fibrillen durchsetzt ist. Die Fibrillen haben eine etwas größere Dicke als die collagenen Fibrillen, sehen steif oder leicht gewellt aus und verlaufen unterein- ander meist parallel, zuweilen auch stoßen zwei benachbarte Fibrillen in einem spitzen Winkel zusammen oder erscheinen mit kurzen, dünnen, anastomotischen Stücken verbunden. Sieht man da genau zu, so wird man gewahr, daß die Fibrillen kein gleichmäßiges Kaliber haben, 1 In einer LANGHANsschen Zelle, die aus einem in Sublimat fixierten und mit HEiDENHAiNschem Eisenhämatoxylin gefärbten Stück herrührte, und in dem die Differenzierung ziemlich stark ausgefallen war, habe ich ein elegantes und regelmäßiges, aus kurzen, dicken Stäbchen von äußerst regelmäßigen Dimen- sionen gebildetes Bälkchensystem wahrgenommen, bei dem die Stäbchen, sich an ihren Enden verbindend oder sich T-weise irmestierend, eine Art Netz bildeten. Obgleich ich eine große Menge Präparate sowohl von demselben wie auch von andern Stücken hergestellt und die Differenzierung verschieden stark durch- geführt habe, hat sich doch kein zweiter derartiger Befund erheben lassen. Ich halte es für ausgeschlossen, daß es sich da um ein Kunsterzeugnis handelt. Da sich mir überdies nicht die Gelegenheit geboten hat, zur Bestimmung dieses Ge- bildes auch andre Methoden heranzuziehen, kann ich mich augenblicklich nicht darüber aussprechen, zu welchen der ähnlichen, von andern Forschern beschrie- benen Strukturen dieses Gebilde zugezählt werden muß. Ebensowenig könnte ich darüber Auskunft geben, ob die Körnchen und die Fibrillen, über die nach- stehend noch gesprochen werden soll, mit dem Zerfall dieses Apparates in Be- ziehung stehen. 500 Serafino d'Antona, sondern hier und da varixartige, streckenweise mehr und weniger stark gefärbte Anschwellungen aufweisen, wie wenn sie von der Ver- schmelzung einer Anzahl abgetrennter Stückchen herrührten. Tatsächlich können in den Zellen mit kaum begonnener Ecto- plasmaentwicklung (Fig. 3 u. 4) an ihrer Oberfläche meist kugelige, zuweilen auch länglichrunde Körnchen wahrgenommen werden, die das Bestreben zeigen, sich reihenweise zu lagern und so die Fibrillen erstehen zu lassen, die in den Zellen mit stark entwickeltem Ecto- plasma gleichmäßiger und länger erscheinen (Fig. 7). Auch dann, wenn die Fibrillen in ihrem Verlauf von der Schnitt- linie verschont geblieben sind, läßt sich keineswegs feststellen, wie sie endigen, da sie sich bald unmerklich in der intercellulären Substanz verlieren, bald von einer Zelle ohne sichtbare Unterbrechung zur andern ziehen. Zu denselben Einzelheiten gelangt man mit den nach Mallory hergestellten Präparaten, in denen das sich hell oder leicht rosarot färbende Ectoplasma von stark rot gefärbten Fibrillen durchsetzt er- scheint (Fig. 8), die dieselben Eigentümlichkeiten aufweisen, wie die mit Hämatoxyhn kennthch gemachten. In den quer geschnittenen Zellen und Ausläufern läßt sich sehr deutUch nachweisen, daß die Fibrillen den peripheren Teil des ectoplasmatischen Eandes besetzt halten. Zuweilen aber, und ganz besonders, wenn das Ectoplasma stark entwickelt ist, lassen sich wenige blassere und dünnere Fibrillen auch in seinem Innern wahrnehmen. Der diesem fibrillären, lichtbrechenden Rand von uns gegebene Name »Ectoplasma« scheint mir von den einschlägigen Tatsachen selbst aufgezwungen zu sein; ein rascher Blick auf unsre Abbildungen genügt, um uns den Unterschied zwischen äußerem und innerem Teil des Zellkörpers überzeugend vor Augen zu führen. Wir gebrauchen also den Ausdruck »Ectoplasma« in derselben morphologischen Bedeutung, in der ihn schon Hansen gebraucht hat, indem auch wir darunter einen veränderten peripheren Teil des Zell- körpers mit fibrillärer Struktur verstehen. Das »Ectoplasma« Malls und Studnickas unterscheidet sich in nichts von dem, was wir unter Annahme der Anschauungen Heiden- halns »Metaplasma« genannt haben. Anderseits ist der lichtbrechende Rand, den wir an der Peripherie der LANGHANSschen Zellen haben hervortreten sehen, ebenso ver- schieden von dem körnigen Protoplasma (Endoplasma) der Zellen, wie von der intercellulären Substanz. Die Notwendigkeit eines Namens, der ihn zu bezeichnen vermag, ist also damit vollauf erwiesen. Der über dio Entstfhung der Uiiulcgowebsfasern usw. 501 in dem Ausdruck >>Ectoplasina « enthaltene topographische Begriff paßt nun aber zu diesem pericellulären Gebilde viel besser als zur intercellulären Substanz Malls und Studnickas. Die ectoplasmatischen Fibrillen der LANGHANSschen Zellen er- innern in bezug auf ihre Merkmale und Bildungsweise sehr stark an an die von Golowinski beschriebenen und von uns oben erwähnten Befunde. Unser Befund unterscheidet sich von dem Golowinskis dadurch, daß nach Golowinski die Körnchen und Fibrillen sich an der Ober- fläche der Zelle vorfinden, während wir festgestellt haben, daß die Körnchen im Zellprotoplasma zerstreut sind, und auch die Fibrillen sich im Innern des Ectoplasmas vorfinden können, wenn dieses stark entwickelt ist, während die deutlichsten sich immer in seinem peri- phersten Teil nachweisen lassen. Die Richtigkeit der GoLOwmsKischen Befunde ist auch von den Anhängern der Theorie vom extracellulären Ursprung der Fibrillen anerkannt worden. Da diese sie nicht zu leugnen vermochten, haben sie nach einer andern Auslegung derselben gesucht. So hat zwar Mekkel, unter dessen Augen Golowinskis Unter- suchungen sich abwickelten, die Richtigkeit der Beschreibung dieses Verfassers wohl anerkannt, will aber dessen Ansicht, daß das Schicksal der epicellulären Fasern das ist, sich in collagene Fasern zu verwandeln, nicht annehmen. Nach Merkel gehören sie zur inneren Struktur des Protoplasmas. Zur Stütze seiner Behauptung zieht Merkel die Tatsache heran, daß die von Golowinski angeführten vom Zellkörper sich trennenden Fibrillen nur selten angetroffen werden, und ander- seits die epicellulären Strukturen Golowinskis in Zellen vorge- funden werden, die in keinerlei Beziehung stehen zur Fibrillenbildung (z. B. MuskeKaserzellen des Darms der Salamanderlarven und in einigen Epithelien), dagegen in andern Zellen fehlen, die in engem Zusammen- hang stehen mit der Entstehung der collagenen Fibrillen (z. B. in dem in Entwicklung befindüchen Bindegewebe des Kopfes und des Schwanzes der Salamander). Nun scheint mir aber der erste dieser Einwände gegen die Aus- legung Golowinskis nicht stichhaltig zu sein, denn die Tatsache, daß wir eine Erscheinung nur selten feststellen können, reicht noch lange nicht zur Behauptung hin, daß eine gegebene Erscheinung überhaupt nicht eintritt. AVir müssen da eher annehmen, daß die Unzulänglichkeit unsrer Untersuchungsmittel es uns nicht gestattet, die verschiedenen Momente ihres Werdeganges zu fassen. 502 Serafino d'Antona, Dem zweiten Einwand kann man entgegenhalten, daß die Zell- strukturen ganz je nach der Arbeitsleistung einer Zelle eine verschiedene Bedeutung haben. Sowohl eine Muskelfaserzelle wie auch eine Nerven- zelle und eine Epithelzelle können eine fibrilläre Struktur aufweisen und weisen sie auf, wie die Bindegewebszelle, doch dürften die Fibrillen eben in jedem dieser Elemente eine verschiedene Bedeutung haben. Daß dann die GoLOWiNSKischen Strukturen in Zellen fehlen, die un- leugbar in Beziehung stehen zur Genesis der coUagenen Fasern, hat für uns insofern keinen Wert, als wir zugeben, daß diese Strukturen nicht feststehend noch beständig sind für jede Zelle, sondern daß sie auftreten und sich dann ganz je nach dem Alter des Gewebes und den Einflüssen, die ihre Entwicklung bedingen, verändern. Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, daß die Bemerkung, diese Gebilde gehörten »der inneren Protoplasmastruktur << an, die Frage nicht löst, sondern einfach abbricht. Zu denselben Schlüssen gelangt, obgleich von ganz andern Gesichts- punkten ausgehend, Meves in seiner kürzlichen Arbeit. Nach Meves sind die präcollagenen Fibrillen Golowinskis identisch mit den von Malloky beschriebenen Fasern der »Fibroglia <<. Wenngleich ihre Bedeutung sich ihm nicht recht klar ergibt, so ist er doch der Ansicht, daß sie »ein Bestandteil der Protoplasmastruktur << sind, und hält sie »nicht für vergleichbar«, wie Merkel sich ausgedrückt hatte, sondern für identisch mit den von Heidenhain und Benda in den Muskelfaser- zellen beschriebenen Fibrillen (Grenzfibrillen Heidenhains, MyogUa- fibrillen Bendas). Was nun aber Meves zur Stütze seiner Anschauungs- weise anführt, ist weder reiche noch überzeugende Beweisführung. Im wesentlichen stützt er sich dabei auf die angeführten MERKELschen Folgerungen und, was die Wesensgleichheit zwischen den präcollagenen Fasern Golowinskis, der Fibroglia Mallorys, der Myoglia Bendas, und den Grenzfibrillen Heidenhains anbetrifft, auf ihre äußere Iden- tität. Unbegreiflich ist es, wie man in bezug auf die Fibroglia immer noch von einer Komponente der Protoplasmastrukturen reden kann, von dem Augenblick an als ihre Fasern, wie von Mallory und CocA beschrieben worden ist, frei sind und mcht mehr mit dem Zellprotoplasma in Beziehung stehen. Merkel stellt absolut in Abredö, daß die fibrillären-cellulären Strukturen irgendwelche Beziehung zur Entstehung der Fibrillen haben, Meves dagegen spricht sich einerseits in negativem Sinne aus hin- sichtlich des Bestehens einer solchen Beziehung zu den von Golo- wiNSKi beschriebenen Gebilden, nimmt sie aber bezüglich der von über dio Entstehung der Bindegewebsfasern usw. 503 Flemming in den Bindegewebszellen der Salamanderlarven erkannten Fibrillenbildungen an, die von ihm (Meves) mit den Chondriokonteu identifiziert worden sind. Es ist hier angebracht, auseinanderzusetzen, wie sich Meves die Bildung der collagenen Fasern denkt. Nach Meves stellen die von ihm Chondriokonteu genannten Cytoplasmafäden die erste Anlage der Bindegewebsfibrillen dar. Erstere liegen zuerst unregelmäßig im Zellkörper zerstreut, wandern dann aber nach und nach an dessen Oberfläche, Auf diese Weise epicellulär geworden, »ändern sie dann ihre chemische Beschaffenheit, indem sich ihre Substanz in eine solche umwandelt, welche weder durch Eisenhämatoxylin noch durch Fuchsin färbbar ist. Auf diesem Stadium (d.h. während sie nicht sicht- bar sind) treten diejenigen von ihnen, welche in einer Keihe liegen, untereinander mit ihren Enden in Verbindung. An der Bildung einer Fibrille beteiligen sich zahlreiche Zellen (alle diejenigen, denen ihr Verlauf fest anliegt), indem jede einen Fibrillenabschnitt liefert. Die Fibrillen ändern dann zum zweitenmal ihre chemische Beschaffenheit, indem sie eine intensive Färbbarkeit für die Collagenfarbstoffe ge- winnen. Schließlich werden sie von den Zellen frei und kommen in den Spalträumen zwischen ihnen zu hegen.« Bemerkensw^ert ist, daß in einer früheren Arbeit Meves ange- nommen hatte, daß die Körnchen und Fasern Golowinskis identisch seien mit seinen Mitochondren und Chondriokonten. In seiner neuesten Arbeit, auf die wir uns hier beziehen, sagt er dagegen, daß er diese Gleichheit insofern nicht mehr zugeben kann, als die GoLOWiNSKischen Fasern sich von den Chondriokonten sowohl chemisch wie auch morpho- logisch differenzieren: chemisch insofern, als sie von der ZENKERschen Flüssigkeit, die die Chondriokonten auflöst, nicht angegriffen werden; morphologisch insofern, als die Chondriokonten Fadenstücke sind, und auch dann, wenn sie sich an der Zelloberfläche befinden, sich nie- mals auf der Zelle und längs ihrer Ausläufer so weit erstrecken. Mir macht es dagegen den Eindruck, daß sowohl die chemischen, wie auch die morphologischen Eigenschaften kein unüberwindbares Hindernis für die Annahme der Gleichheit der GoLOWiNSKischen Körn- chen und Fasern und der MEVESschen Mitochondren und Chondrio- konten sind. Wir müssen dabei in Betracht ziehen, daß diese Teile lebende Elemente sind, deren Eigenschaften, wie auch Meves zugibt, Veränderungen unterworfen sind, weshalb sie sich den chemischen Agentien gegenüber ganz verschiedenartig verhalten können, ganz je nachdem diese sie in einem oder dem andern Stadium ihres Daseins 504 Serafino d'Antona, treffen. Ebenso lassen sich auch die morphologischen Unterschiede erklären, indem man in Betracht zieht, daß die zwischen Körnchen und Fäden zur Bildung der Fibrillen vor sich gehende Vereinigung mehr oder weniger vorgeschritten, und also das gebildete Fibrille n- segment mehr oder weniger lang sein kann. Eines andern Unistandes verdient dann überdies gedacht zu werden, daß nämlich einer der hauptsächlichsten (wenn nicht geradezu der hauptsächlichste) von Meves zugunsten der Abhängigkeit der Entstehung zwischen Chondriokonten und collagenen Fasern vorge- brachten Beweisgründe in gewissem Sinne dazu geeignet ist, die Deutung GoLOWiNSKis zu stützen. So sagt Meves tatsächlich: Ständen die Chondriokonten in keinerlei Beziehung zur Bildung der Fibrillen, weshalb würden sie denn dann epicellulär werden? Nun ordnen sich auch die zuerst an der Oberfläche des Zellkörpers unregelmäßig zer- streut liegenden GoLOWiNSKischen Körnchen nach und nach zu regel- mäßigen Reihen an, um dann zu Streifen und Fibrillen zu werden. Wir könnten uns also auch ihretwegen fragen: Wenn sie wirklich nichts mit der Fibrillenbildung zu tun hätten, warum würden sie sich dann reihenweise lagern? Ich habe in den LANGHANSschen Zellen mittels des MEVESschen Verfahrens nach Mitochondren gesucht, aber ohne sicheren Erfolg, denn es haben sich mir keine wesentlichen Unterschiede zwischen den zu diesem Zweck hergestellten Präparaten und den von in Sublimat oder Zenker fixierten Stücken herrührenden Präparaten ergeben. Sowohl in diesen, wie auch in den in FLEMMiNGscher Flüssigkeit fixierten Präparaten^ kamen dieselben körnigen und fibrillären Strukturen mit den beschriebenen Merkmalen zum Vorschein. Da wir nun einmal zugegeben haben, daß diese Strukturen den von GoLOWiNSKi beschriebenen entsprechen, entscheidet sich so die Frage ihrer vorhandenen oder nicht vorhandenen Wesensgleichheit mit Mitochondrengebilden, je nachdem wir diese Wesensgleichheit für die GoLOWiNSKischen Gebilde zugeben oder nicht. Die von Golowinski geschilderten Fibrillen haben von ihm den Namen »Präcollagene Fasern << erhalten; diese Benennung können wir aber aus demselben Grunde nicht annehmen, aus dem wir schon die von Laguesse für die amorphe Substanz vorgeschlagene Benennung >>Präcollagene Substanz« zurück- 1 In den von in FLEMMiNOscher Flüssigkeit fixierten Stücken herrührenden Hämatoxylinpräparaten beobachtet man zuweilen die Schwärzung von Körnchen, die nichts mit den beschriebenen Gebilden zu tun haben (es handelt sich da wahr- scheinlich um Entartungsprodukte). i'ber dio Entstellung der Bindegewebsfasern usw. 505 weisen mußten, nämlich weil, worauf wir noch näher eingehen werden, diese Fibrillen unsrer Ansicht nach sich nicht nur in collagene, sondern auch in elastische Fasern verwandeln; ebendeshalb wollen wir sie »Ectoplasmaf ibrillen << nennen, und unter dem Namen »Primitive Fibrillenstrukturen« sowohl die Ectoplasmafibrillen wie auch die ersten körnigen Fäden verstehen, die sich inmitten des Metaplasmas differen- zieren. Gehen wir dann auf die Frage ein, welches Verhalten die Neu- bildung der Fibrillen den Zellveränderungen gegenüber an den Tag legt, so können wir da feststellen, daß je mehr die Entwicklung des Zeilectoplasmas fortschreitet, das Metaplasma desto mehr an Volumen verliert; es erscheint nicht mehr als eine gleichmäßig zwischen die Zellelemente verteilte Masse, sondern tritt uns in Form fleckenartiger Ansammlungen in ihrer Nähe entgegen, und umgibt sie zuweilen auch hofartig (Fig. 9). In diesem Zeitabschnitt erwirbt das Metaplasma die chromatischen Reaktionen der collagenen Substanz, noch bevor in ihm Fibrillen- strukturen deutlich zu erkennen sind. Mit der van GiESONschen und MALLORYschen Methode nimmt es eine schwache, diffuse rote oder blaue Farbe an; nur das BiELSCHOWSKYsche Verfahren läßt uns er- kennen, daß in dem Metaplasma sich noch äußerst feine, körnige Fi- brillen differenzieren. Sobald jedoch die ectoplasmatische Umwandlung der Zellen be- ginnt, werden die ganz unabhängig von den Zellen inmitten des Meta- plasmas zustande kommenden Fibrillen immer seltener; nun erscheinen die meisten Fibrillen an den Umrissen der Zellen selbst, deren Ver- teilung sie folgen (Fig. 9 u. 11). Diese pericellulären Fibrillen sind lang, dünn und leicht gewellt; sowohl sie, wie auch die gleichzeitig im Metaplasma zur Bildung gelangenden Fibrillen verlaufen unterein- ander parallel, sind isoliert oder zu kleinen Bündeln vereinigt; Ana- stomosen werden nicht beobachtet. Die Fibrillen bilden um die Zellen herum sozusagen Manschetten, die mit den das Collagen kolorierenden Farbstoffen eine kräftige Farbe annehmen; doch wird, wie ich bereits in bezug auf die Fibrillen metaplasraatischen Ursprungs hervorgehoben habe, die collagene Reaktion im Anfang nicht so sehr von den Fibrillen, als vielmehr von der zwischen ihnen verteilt liegenden Substanz ab- gegeben. Besonders bei den nach van Gieson hergestellten Präparaten tritt die collagene Färbung diffus hervor, und die Fibrillen lassen sich mehr ihrer . Lichtbrechung als der Farbewirkung wegen erkennen. Dasselbe ist bei den nach Mallory hergestellten Präparaten der Fall. 506 Serafino d'Antona, Nur mit Hilfe der Silbertränkung lassen sich feinste, körnige Fibrillen aufs deutlichste wahrnehmen. Daß diese pericellulären Fibrillen nach dem, was wir über sie gesagt haben, aus den im Ectoplasma beschriebenen Strukturen her- rühren (mögen diese Strukturen als Mitochondrengebilde aufgefaßt werden oder nicht) scheint mir über jeden Zweifel erhaben zu sein. Bringen wir die mit den verschiedenen Verfahren erhaltenen Befunde nebeneinander, so können wir die Veränderungen, die das Zellproto- plasma erfährt, bevor es die Fibrillen schafft. Schritt für Schritt ver- folgen. Ganz besonders die BiELSCHOWSKYsche Methode setzt uns in den Stand, die Fibrillen in einer Zeit vor Augen zu bekommen, in der sie noch mit dem Zellkörper zusammenhängen, und mit den gewöhn- lichen Verfahren noch keine Färbung zu erhalten ist. Leider läßt diese Methode die Ectoplasmagebildei, besonders wenn das Ecto- plasma stark entwickelt ist, nicht erkennen; ihre Lücken werden aber durch die Eisenhämatoxylinpräparate ausgefüllt. Die Verteidiger des intercellulären Ursprungs der Fasern, darunter besonders Merkel, stehen derart im Banne ihres Vorurteils, daß die Bildung der Fasern nur auf eine einzige Art und Weise stattfinden könne, daß sie selbst klar vor uns liegende Tatsachen leugnen. Wenn diese Gebilde wirklich nichts zu tun hätten mit der Bildung der Fasern, welche Bedeutung müßte man ihnen dann beilegen? Warum würden sie dann hervortreten, wenn gerade die Erscheinungsweise der neugebildeten Fasern die Vermutung bekräftigt, daß die Fasern direkt von den Zellen abstammen? Merkel hat nun zwar die Tatsache, daß oft die Fasern und Aus- läufer der Zellen in derselben Richtung verlaufen, damit zu erklären versucht, daß er annahm, daß diese Erscheinung einer in derselben Weise auf Zellen und Fasern einwirkenden Kraft zuzuschreiben sei. Aber dann müssen wir uns doch in unserm Fall ohne weiteres fragen: Warum haben die Fasern, deren Bildung inmitten des Metaplasmas wir feststellen konnten einen von den Zellausläufern unabhängigen Verlauf, während die an der Peripherie des Ectoplasmas auftretenden Fasern den Zellausläufern getreulich folgen? 1 Höchstwahrscheinlich ist das dem Umstand zuzuschreiben, daß die Körn- chen ins Ectoplasma eingeschlossen sind und da von einer homogenen, zähen Substanz festgehalten werden, die sie der Silbertränkung entzieht; tatsächlich werden die körnigen Strukturen wieder sichtbar, wenn sie die Oberfläche des Ectoplasmas erreichen. Es sei hier gleich darauf hingewiesen, daß das eigentüm- liche von Langhans beschriebene Kanalsystem gerade den von der Silberträn- kung weiß gelassenen Ectoplasmen zuzuschreiben ist. t'l)ci- die Entstc'lniiip; der BiiKli'gowcltsfasorn usw. 507 In unserin Fall kann dann auch keine Verschiedenheit der mecha- nischen Verhältnisse untorpjeschoben werden, denn wir haben in ein und derselben knotii;en oder diffusen Intinuiverdickung von der Ober- fläche der Tiefe zu vorgehend nacheinander die beiden Bildungsarten angetroffen. Nun könnte aber doch zur Leugnung der zwischen den Ectoplasma- strukturen und den pericellulären Fasern bestehenden genetischen Ab- hängigkeit das herangezogen werden, was wir bereits festgestellt haben, daß nämlich sehr oft der Durchmesser der Körnchen und der Ecto- plasmafibrillen größer ist, als der der gebildeten collagenen Fibrillen. Auch Meves hat ebendiese Erscheinung bezüglich der Chondriokonten beobachtet und sie den technischen Verfahren zuschreiben zu müssen geglaubt. Kann zu dieser Erklärung gegriffen werden, wo es darauf ankommt, einen Vergleich anzustellen zwischen Fibrillen, von denen die einen mit Hämatoxylin, die andern mit Fuchsin gefärbt worden sind, wie dies bei dem von Meves verwandten Verfahren der Fall ist, so will sie mir doch unannehmbar vorkommen, wenn die intracellu- lären wie auch die extracellulären Gebilde unter der Einwirkung ein und derselben Substanz stehen, wie dies bei der Silbertränkung der Fall ist. Meiner Meinung nach kann diese Erscheinung ihre Erklärung finden, indem man annimmt, daß jede der ectoplasmatischen Fibrillen nicht eine einzige, sondern mehrere collagene Fibrillen hervorruft, daß also die größten Fibrillen im Augenblick ihrer Trennung von der Zelle sich der Länge nach spaltend zu dünneren Fibrillen umwandeln. Diese Vermutung steht mit keiner der von uns erworbenen Kenntnisse in Widerspruch und ist auch insofern gar nicht neu, als dieselbe Ver- vielfältigungsart von V. Ebner, Flemmtng und Heidenhain für die vollentwickelten Fasern angenommen worden ist. Übrigens ist die Vermutung, daß die pericellulären Fibrillen im Metaplasma entstandene und dann an den Zellkörper sich anlegende Fibrillen seien, auch schon durch das bei ihrer weiteren Entwicklung an den Tag gelegte Verhalten hinfällig geworden. Tatsächlich ent- fernen sie, die zuerst eine Art Muff oder Mantel um die Zelle bilden, sich nach und nach von ihr und werden immer weiter zurückgedrängt, bis sie die hellen, zwischen Zelle und Zelle bestehenden Zwischen- räume ausfüllen. Bei ihrem Zurücktreten von der Zelle lagern sie sich dann in ein und derselben Schicht und bilden so eine Lamelle, genau dem entsprechend, was wir bei den Fibrillen haben eintreten sehen, die sich inmitten des Metaplasmas differenzieren. Der Unterschied in der 508 Serafino d'Antona, Entstehung der beiden Lamellengebilde liegt darin, daß im ersten Fall die das Blatteten ausmachenden Fibrillen zuerst netzartig an- geordnet sind und erst später untereinander parallel laufen, hier da- gegen die Fibrillen von Anfang an isoliert und parallel erscheinen. Es verlaufen jedoch nicht alle eine Lamelle bildenden Fibrillen in derselben Kichtung, sondern es besteht ein jedes Blättchen aus zwei oder drei Fibrillensystemen, die sich verschiedene Winkel bildend kreu- zen. Nach der am meisten von mir angetroffenen Lagerung zu urteilen, besteht jedes Blättchen aus einem System circulärer und einem System länglicher Fibrillen, in bezug auf die Achse des Gefäßes. Zwischen diesen beiden grundlegenden Systemen verlaufen wenig zahlreiche, mehr oder weniger schiefe Fibrillen. Die Hauptsache bleibt also, mögen die Fibrillen nun von dem Metaplasma oder dem Ectoplasma abstammen, daß sie schließlich zu einem Gewebe führen, das dieselben Eigenschaften besitzt. IV. Entstehung der elastischen Fasern. A. Gegenwärtiger Stand der Frage. Die Entstehung der elastischen Fasern liegt noch mehr im Dun- keln als die der collagenen Fasern. Ich verzichte darauf, hier auch nur in großen Zügen die reiche darüber bestehende Literatur wieder- zugeben, die ziemlich ausführlich vor nicht langer Zeit von Röthig zusammengestellt worden ist. Ich will hier nur anführen, daß für die elastischen Fasern die verschiedensten, celluläre und extracelluläre. Bildungsweisen beschrieben worden sind. So haben sie einige Forscher an der Peripherie der Zellen ent- stehen (ViRCHow, Hertwig, Spuler, Loisel, Hansen, Acquisto) und andre aus dem ganzen Zellprotoplasma ihren Ursprung nehmen sehen (Deutschmann, Gerlach, Ageno, Spuler, Loisel, Gard- ner, Retterer, Taddei, Teufel, Spalteholz). Die Bildung auf Kosten der Zellausläufer ist von de Lieto-Vollaro, Spuler, Loisel, Hansen, Nakai, Stoss, Jores beschrieben worden; die Umwand- lung ganzer Zellen in elastische Fasern und die Teilnahme des Kernes an ihrer Bildung haben Sondakewitsch, Heller, Kuskow, Panzini, Retterer, Loisel, Spuler, de Kervily, Livini angenommen. Sowohl der unmittelbare intercelluläre Ursprung aus der Grund- substanz wie auch der mittelbare durch Umprägung der collagenen Fasern ist unter andern von Ranvier, Heller, Passarge und Krö- siNG, Meissner, von Ebner, Hansen, Geipel, Schiffmann, Fuss, Matsuoka, Henneguy wahrgenommen worden. t'bfr dii' Eiitstcluiiig der Biiulogcwobsfa.scrn usw. 509 Am verbreitetsten ist heute die Meinung, daß die elastische Sub- stanz in dem Körper der Zelle und ihren Ausläufern vornehmUch in Form von Körnchen auftrete, und daß die Fasern durch Vereinigung dieser Körnchen an der Oborfliiche der Zellen zustande kommen. B. Eigne Beobachtungen. Nach dem, was bereits über die Entstehuno; der coUaüenen Fasern gesagt worden ist, kann sich das über die Bildung der elastischen Fasern zu Sagende deshalb auf wenige Worte beschränken, weil ich in der Bildungsweise dieser beiden Faserarten keine wesentlichen Unterschiede gefunden habe. Genau wie die collagenen Fasern können auch die elastischen Fasern in zweierlei Form auftreten, in Form eines Netzes, inmitten des Metaplasmas (Fig. 12) oder in Form von anfäng- lich vereinzelten Fasern (Fig. 13 u. 14) an den Umrissen der Zelle. Was die Fasern ectoplasmatischen Ursprungs anbelangt, möchte ich hier bemerken, daß ich elastische Fasern niemals im Zellkörper, sondern immer an seiner Peripherie angetroffen habe. Um zwecklose Wieder- holungen zu vermeiden, verzichte ich darauf, Aviederum den ganzen Vorgang zu verfolgen, denn auch hier vereinigen sich die neugebil- deten Fasern und bringen so die schon bei den collagenen Fasern be- schriebenen Lamellengebilde zustande, mit dem Unterschied jedoch, daß hier natürlich die netzartige Anordnung der elastischen Fasern nicht verschwindet, wie wir es bei den collagenen Fasern gesehen haben, sondern die Zweiteilungen und Anastomosen der Fasern das ganze Leben hindurch bleiben, was eine besondere Eigenschaft des elastischen Gewebes ist. Was jedoch hervorgehoben zu werden verdient, ist, daß ich bei der Bildung der elastischen Fasern kein körniges Stadium habe wahr- nehmen können. Das weniger oder mehr vorgeschrittene Alter der elastischen Fasern wurde mir durch die mehr oder wenio;er starke Fixierung der Farbstoffe verraten. Prüfte man diese Präparate, so machte es fast den Eindruck, als ob sie unvollständig differenziert ■wären, denn neben den deutlich gefärbten Fasern ließen sich auch andre wahrnehmen, die verschiedene Farbentöne aufwiesen (Fig. 12). Das gilt ganz besonders von den Fasern, die sich in Form eines Netzes inmitten des Metaplasmas differenzieren, während die an der Peri- pherie des Ectoplasmas entspringenden Fasern von Anfang an deutlich gefärbt, aber glatt und homogen erscheinen. Das steht nun aber in Widerspruch mit dem, was Jores und andre beobachtet haben, daß nämlich die elastischen Fasern der Intima- Zeitschrift f. wisienscli. Zoologie. (IX. I'.il. 34 510 Serafino d'Antona, Verdickungen einen körnigen Ursprung hätten; doch habe ich bereits an andrer Stelle darauf hingewiesen, wie leicht es ist, das als Körnchen zu deuten, was weiter nichts ist, als ein Fibrillendurchschnitt (Fig. 13 und 14). Übrigens leugnet auch Mall, der die Entstehung der elastischen Fasern der Aorta und andrer Organe vom embryologischen Stand- punkt aus gründlich studiert hat, für die Gefäße den körnigen Ursprung dieser Fasern. Nun habe ich zwar zuweilen sowohl im Metaplasma, wie auch (aber seltener) im Protoplasma der Zelle mit den für das Elastin für elektiv gehaltenen Farbstoffen gefärbte Körnchen angetroffen, doch schien mir dieser Befund keine besondere Bedeutung für die Bildung der Fasern zu besitzen, vor allem weil er unbeständig war und dann auch, weil diese Körnchen im Verhältnis zu der bedeutenden Menge Fasern, die sich differenzieren, sehr spärlich sind. Anderseits ist es eine wohlbekannte Tatsache, daß diese Farbstoffe viele andre Gebilde färben, die mit Elastin nichts zu tun haben. Wahrscheinlich können wir gerade hierin den Hauptgrund finden für die Fülle der für die elastischen Fasern beschriebenen Bildungsweisen. Damit soll nun aber natürlich noch gar nicht gesagt sein, daß die elastischen Fasern niemals und in keinem Organ in Körnchenform auftreten können, denn ich stehe gar nicht an, zuzugeben, daß unter bestimmten Verhältnissen und in bestimmten Geweben die elastische Substanz auch unter Form von Körnchen sich zeigen kann. Auch Mall leugnet, wie gesagt, den körnigen Ursprung der elastischen Fasern für die Gefäße, nimmt ihn dagegen aber für den Arytenoid- knorpel an. Bei alledem scheint mir jedoch behauptet werden zu können, daß bei der Neubildung der elastischen Fasern bei den athero- sklerotischen Aortaverdickungen von dem Bestehen eines körnigen Stadiums nicht geredet werden kann. Dem Zeitpunkte nach erscheinen die elastischen Fasern in den Verdickungen sehr früh; wir finden sie oft schon reichlich entwickelt, wenn die rein collagenen Fibrillen als solche noch nicht erkennbar sind. V. Bedeutung der erhaltenen Ergebnisse. Aus dem bisher Ausgeführten geht hervor, daß die Fasern bei den atherosklerotischen Aortaverdickungen auf zwei verschiedene Weisen zustande kommen. Bei der ersten Bildungsart differenzieren sich die fibrillären Gebilde inmitten einer intercellulären, amorphen Substanz (Metaplasma), ohne daß, wenigstens allem Anschein nach, Vhcv clio Kn(«t(Imiig der Bindegewebsfasern usw. 511 die Zellen an dem Fortschreiten des Vorgangs direkt teilnehmen. Bei der zweiten Bildungsweise differenzieren sich die fibrillären Gebilde in einem veränderten peripheren Teil des Zellprotoplasmas (Ecto- plasnia), aus dem sie dann heraustreten und sich in intercelluläre Fasern verwandeln. Der Zeit nach geht die erste Bildungsweise der zweiten vorher. In Wirklichkeit aber werden beide in demselben Stück und in demselben Präparat gleichzeitig beobachtet. Die erste der zwei Entstehungsarten entspricht der intercellulären Bildungsweise der Bindegewebsfasern, wie solche von Merkel, von Ebner, Laguesse, Kenaut und andern aufgestellt worden ist, die zweite dagegen der epicellulären Bildungsweise, die, nur der neuesten Forscher gedenkend, von Hansen, Golowinski, Meves und andern vertreten wird. Aus dem vorher Auseinandergesetzten geht aber deutUch hervor, daß der Kontrast und die Unvereinbarkeit, die man zwischen diesen beiden Bildungsweisen hat erblicken wollen, in Wirk- lichkeit überhaupt nicht besteht. Die fibrillären Gebilde können sowohl intercellulär wie auch epi- cellulär erscheinen, wobei sie ein und demselben Mechanismus folgen, der nur dem Schein nach verschieden ist. In Wirklichkeit rühren die Fibrillen von einem Protoplasma- material körniger Natur her. Dieses Material kann uns als anfänglich amorphe intercelluläre Substanz (Metaplasma) entgegentreten, in der später die fibrillären Gebilde erscheinen (intercellulärer Ursprung); oder aber das Protoplasmamaterial ordnet sich zu Fibrillen an, und zwar in dem peripheren veränderten Teil des Zellkörpers (Ectoplasma), aus dem es unter der Form eines fibrillären Gebildes hervortritt (epi- cellulärer Ursprung). Die von uns den primitiven fibrillären Gebilden zugeschriebene körnige Beschaffenheit stimmt mit der sowohl in der alten, wie auch in der neuen Literatur am meisten verbreiteten Ansicht überein, daß die Fibrillen in Form von reihenweise angeordneten Körnchen er- scheinen, wobei ich daran erinnere, daß auch Merkel mehrmals von dem körnigen Aussehen der jungen der Gallerte entsprungenen Fi- brillen spricht. Die Anschauung, daß die Fibrillen von reihenweise angeordneten Körnchen stammen, wird übrigens in überzeugender Weise durch die kürzlich von FooT gemachten Beobachtungen über das Wachstum des Knochenmarks in vitro bestätigt. Bei Erforschung der von FooT X-Zellen genannten Gebilde hat auch dieser Forscher an ihrer Peri- pherie ein Ectoplasma sich differenzieren sehen, in dem sich Körnchen 34* 512 Serafino d'Antona, einstellen, die vorher um den Kern herum angehäuft waren. Diese Körnchen lagern sich in den Bälkchen des Ectoplasmas reihenweise und bilden so kurze Ketten. Die Ketten werden nach und nach immer zahlreicher und deutlicher, weniger körnig und mehr fibrillär. Bei der Ausdehnung des Zellkörpers dehnen auch sie sich aus, werden länger, bis sie schließlich in Form von Fibrillen die Zelle verlassen. Aber, die ersten intercellulären wie epicellulären Fibrille ngebilde, und heute kann die Übereinstimmung der Forscher in diesem Punkt für vollständig gelten, sind noch keine collagenen Fasern und ebenso- wenig elastische Fasern. Wir haben sie »primitive Fibrillenstrukturen« genannt, weil sie in Wirklichkeit nichts andres darstellen, als eine einfache Struktur, auf der dann die künftigen collagenen und elastischen Fasern zustande kommen. Die Ausbildung dieser undifferenzierten fibrillären Gebilde zu den vollentwickelten, morphologisch und funk- tionell differenzierten Fasern, geschieht durch eine Reihe von Lebens- vorgängen hindurch, die sich inmitten der Intercellularsubstanz ab- wickeln, denn diese ist, wie sich aus den Nachforschungen Flemmings, VON Ebners, Grönroos', Hansens, Studnickas, Heidenhains und vieler andern ergeben hat, wirklich eine lebende Substanz. Die verschiedenen uns bekannten Bindegewebsfasern (Fibroglia Mallorys, Reticulum fibrils Malls und die Gitterfasern Kupfers, die collagenen Fasern, die elastischen Fasern) sind weiter nichts als ebensoviele Stadien oder Formen von Entwicklungsvorgängen der primitiven Fibrillenstrukturen. Was die Fibroglia anbetrifft, vermag ich nicht mit Sicherheit zu behaupten, ob die von uns im Ectoplasma der LANGHANSschen Zellen beschriebenen Fasern, die, nach dem MALLORYschen Verfahren mit Fuchsin gefärbt, rot wurden, wirkliche Fibrogliafasern sind. Ihr Aussehen und Verhalten entspricht zwar dem der von Mallory be- schriebenen Fasern, über die besonderen Eigenschaften und die wahre Natur dieser Fasern bestehen aber noch zu viele Unsicherheiten, als daß wir über dieselben ein positives Urteil abzugeben vermögen. Sind die von uns im Ectoplasma der LANGHANSschen Zellen wahrgenommenen Gebilde fibrogliaischer Natur, so müßten wir zum Schlüsse kommen, daß die Fibrillen der Fibroglia den präcollagenen Fibrillen Golo- wiNSKis entsprechen und dieselbe Bedeutung haben wie diese, d. h. entgegen der von Merkel und Meves vorgebrachten Anschauung, die ersten Züge oder Umrisse der künftigen Bindegewebsfasern sind. Auch CocA ist auf Grund seiner Untersuchungen an Hühnerembryonen zum Schlüsse gekommen , daß die Fibroglia das embryonale Vorstadium über die Entstehung der Bindegewebsfasern usw. 513 der collagenen Fasern des vollentwiekelten Bindegewebes darstellt. Mc.GiLL dagegen hat bei der Untersuchung des Verhaltens dieser Fibrillen in der Darinwaiul des A^ecturus gefolgert, daß sie eine Art Myofibrillen darstellen. Daraus läßt sich also ersehen, daß die Klärung dieser Frage noch weitere Nachforschungen erheischt. Gehen wir dann auf die andern in den Aortaverdickungen ange- troffenen Faserarten ein, d. h. auf die Gitterfasern, die collagenen und elastischen Fasern, so sehen wir, daß die Gitterfasern in der Entwick- lung der primitiven fibrillären Gebilde weniger fortgeschrittene Fasern darstellen. In der Tat sehen sie bei Verwendung der Bielschowsky- schen Methode mehr körnig als homogen aus. Mit den Substanzen, die die collagenen Fasern färben, nehmen sie nur eine schwache Farbe an, besitzen dagegen eine gewisse Anziehungskraft auch für die Farb- stoffe, die dem Elastin gegenüber für spezifisch gehalten werden, so daß also in den Orzein- und Fuchselinpräparaten, wenn die Differen- zierung nicht weit getrieben wird, auch die Gitterfasern gefärbt erhalten werden. Wenngleich nun also die Gitterfasern den primitiven fibril- lären Strukturen gegenüber ein vorgeschritteneres Stadium darstellen, bilden sie doch noch ein indifferentes Stadium, da man sie ihrer Eigen- tümlichkeiten wegen weder zu den collagenen Fasern noch zu den elastischen Fasern zählen kann. Im Hinbhck auf ihre morphologischen und chemischen Eigenschaf- ten entsprechen die Gitterfasern vollständig den zuerst von Mall und dann von Flint unter dem Namen Reticulum fibrils beschriebenen Fasern, denn sowohl die einen wie die andern bilden anastomotische Netze, geben beim Kochen keinen Leim ab, schwellen in den Säuren wenig an, werden aber wohl von dem Trypsin und dem Pepsin an- o;eorriffen. Die Gitterfasern können in diesem Zustand in bestimmten Organen, ganz besonders in den parenchymaleu, kürzere oder längere Zeit und selbst das ganze Leben hindurch verharren, können sich aber auch, wie dies von uns angenommen und auf andern Gebieten auch von RössLE, YosHiDA, RoussAKOFF, Barbacci, Lunghetti, und andern bestätigt worden ist, in coUagene Fasern verwandeln. Nach Rössle und YosHiDA wird die schon normalerweise vor sich gehende Meta- plasie durch die Entzündungsprozesse vermehrt. Ich möchte darauf hinweisen, daß sehr oft die Gitterfasern dicker sind, als die collagenen Fasern. Wir müssen daher annehmen, daß nicht immer jede Gitter- faser eine collagene Faser erzeugt, sondern daß die umfangreicheren sich zu Bündeln verwandeln. Tatsächlich lassen sich sehr oft Gitter- fasern wahrnehmen, die sich in ein Büschel dünner Fibrillen zerflockeu. 514 Serafino d'Antona, Die collagenen Fasern rühren aber nicht alle durch Metaplasie von den Gitterfasern her. Es können diese letzteren spärlich sein, zahlreich dagegen sind die Fasern mit coUagener Reaktion, wie dies zum Beispiel in den umschriebenen Verdickungen der Fall ist, wo die neugebildeten Fasern äußerst frühzeitig die Eigentümlichkeiten der collagenen Fasern erwerben. In diesen Fällen fehlt das Vorstadium »Gitterfasern«; die primitiven fibrillären Gebilde werden unmittelbar zu collagenen Fasern. Leider vermögen wir bei dem heutigen Stand unsrer Kenntnisse noch nicht zu sagen, worin wirklich der Vorgang besteht, demzufolge sich die collagenen und die elastischen Fasern differenzieren. Ich verweise in dieser Hinsicht auf die interessanten Untersuchungen Zachariades' , der nachgewiesen hat , daß die vollentwickelten Bindegewebsfibrillen keinen so einfachen Bau darstellen, wie dies allgemein geglaubt wird. Unterwarf er die Fibrillen der Einwirkung von Säurelösungen, so hat er nur den peripheren Teil anschwellen sehen, während das Centrum dabei ein »filament axile<< blieb, das auch der fortgesetzten Einwirkung der Säuren Widerstand leistet und sich mit Methylenblau färbt. Das collagene Wesen der Fibrille liegt in der den Achsenfaden wie eine Scheide umgebenden Substanz. Diese von Zachariades vorgebrachten Tatsachen stimmen mit der Vorstellung überein, die wir uns von der Histogenese der Binde- gewebsfibrillen gemacht haben. Wir bemerken dazu nur, daß der »Filament axile<<, der Anschauung Zachariades' entgegen, nicht einen Rest des Zellfortsatzes darstellt, aus dem die Fibrille entsprungen ist, sondern unsrer Meinung nach die primitive Fibrille, das körnige Gerüst, auf dem die collagene Faser ihre Form angenommen hat. Die Vermutung Zachariades', daß nämlich jede Faser von einem Zellfortsatz herrühre, wird in den Fällen un verwendbar und unhaltbar, in denen die Fasern sich im Metaplasma differenzieren, während unsre. Auffassung von der ersten Anlage der fibrillären Gebilde als auf alle Fälle anwendbar gelten kann. Etwas Ähnliches geht wahrscheinlich auch in bezug auf die Diffe- renzierung der elastischen Fasern vor sich, daß nämlich in einem Fall die collagene Substanz und im andern die elastische Substanz die primitiven Fibrillengebilde vervollständigt. Auf diese Weise ließe es sich in unserm Falle erklären, weshalb die elastischen Fasern die eigen- tümliche Reaktion stufenweise erwerben und von Anfang an homogen erscheinen. Was diesen Punkt anbetrifft, muß ich daran erinnern, daß nach den Forschungen Malls das Elastin bei den elastischen über die Entstehung der Bindegewebsfasern usw. 515 Fasern nicht den peripheren, sondern den centralen Teil einnimmt, das Gegenteil also von dem, was Zachariades in bezug auf die col- lagene Substanz beobachtet hat. Was die wechselseitigen genetischen, zwischen diesen verschiedenen Faserarten, den Gitterfasern, collagenen Fasern, elastischen Fasern bestehenden Beziehungen anbelangt, haben wir bereits eine Meta- plasie der Gitterfasern in collagene Fasern als bewiesen angenommen. Nicht ausreichend haltbar scheint mir die von Passarge und Krösing, LoiSEL, Linser, Fuss und einigen andern Forschern vorgebrachte Ansicht zu sein, daß die collagenen Fasern sich in elastische umwandeln können. Diese beiden Faserarten haben einen zu hohen und zu ver- schiedenen Differenzierungsgrad erreicht, als daß da ein direkter Über- gang von der einen zur andern einzutreten vermöchte. Ich wenigstens habe in der Aorta niemals etwas wahrgenommen, was diese Möglich- keit auch nur im entferntesten in Aussicht stellte. Einen festeren Boden hat schon die Annahme einer Umwand- lung der Gitterfasern in elastische Fasern. Die Gitterfasern besitzen nämlich Eigentümlichkeiten, die sie sowohl den collagenen, wie auch den elastischen Fasern nahe bringen, mit den letzteren stehen sie über- dies in größter chemischer Verwandtschaft. Genau so wie die elasti- schen Fasern werden nämlich auch die Gitterfasern weder von den Säuren noch von den Alkalien angegriffen, geben beim Kochen keinen Leim, werden aber vom Trypsin und vom Pepsin zerstört. Die engen Beziehungen zwischen den elastischen Fasern und den Reticulum fibrils wurden von Mall eingehend untersucht, der zum Schlüsse kommt, daß "an elastic fibril is a reticulum fibril filled with a tenacious highly refractive substance viz. elastin". Es besteht somit die Wahrscheinlichkeit, daß die Gitterfasern aus ihrem indifferenten Stadium ebensowohl zu den collagenen Fasern, wie auch zu den elastischen Fasern übergehen können, ganz je nachdem die Substanz, die sich ihnen einverleibt, die collagene oder die elastische Substanz ist. Die Wahrscheinlichkeit dieser Vermutung erhält eine Stütze durch das Verhalten der Gitterfasern in den Aortaverdickungen, Wir haben nämlich beobachten können, daß bei den jungen Verdickungen die Gitterfasern sehr zahlreich, die collagenen und elastischen Fasern dagegen spärlicher vorhanden sind; mit dem Altern der Verdickung wird dann im Gegenteil die Zahl der Gitterfasern immer geringer, und die der collagenen und elastischen Fasern immer größer. Wahr-, scheinüch handelte es sich bei der von mehreren Verfassern beschrie- 516 Serafino d'Antona, benen Umwandlung coUagener Fasern in elastische Fasern nicht um wahre, eigentliche collagene Fasern, sondern um Gitterfasern. Die Bildung der Bindegewebsfasern kann an der Hand der unsern Untersuchungen entspringenden Ergebnisse wie auf nachfolgendem Schema zusammengefaßt werden: Syncytiales Gebild. (Zellen mit nacktem Protoplasma = Endoplasma) Metaplasma Primitive Fibrillenstrukturen Ectoplasma I Primitive Fibrillenstrukturen Fibroglia? Gitterfasern Collagene Gitterfasern Fasern Elastische Fasern? Collagene Fasern Elastische Fasern Aus vorstehendem zusammenfassendem Schema lassen sich also die zwei Bildungsarten der Fasern entnehmen: die intercelluläre oder metaplasmatische und die epicelluläre oder ectoplasmatische Bildungs- weise. Den Ausgangspunkt des ganzen Vorgangs stellt der aus den LANGHANSschen Zellen mit nacktem Protoplasma (das dann zu Endo- plasma wird) gebildete Syncytium dar. Zwischen den Maschen dieses Syncytiums befindet sich das Metaplasma (modifiziertes Syncytiums- protoplasma) in dessen Mitte die primitiven Fibrillenstrukturen er- scheinen. In einem weiter vorgeschrittenen Stadium der Gewebs- entwicklung unterliegt das Zellprotoplasma selbst einer Veränderung und führt zur Entstehung der Fibrillen. Es tritt das Ectoplasma auf, von dem Fibrillengebilde ausgehen, die den vom Metaplasma gebildeten entsprechen. i'lxi- die Kiitstfliuiig der Bindegewebsfasern usw. 517 Aus diesen primitiven fibrillären Strukturen, sowohl des Meta- plasmas wie auch des Ectoplasmas, differenzieren sich also die ver- schiedenen Arten von Bindegewebsfasern, In dem Schema habe ich mich damit begnügt, die Fibroglia nur liypothetisc'h hinzustellen, da ja über ihre Bedeutung noch viele Zweifel herrschen. Ebenfalls hypothetisch steht die Abstammung der elastischen Fasern von den Gitterfasern da. Es liegt keineswegs in meiner Absicht, die Frage der Entstehung der Fasern einer allgemeinen Revision zu unterziehen, um daraus zu ersehen, ob dieses Schema bei der einen oder andern oder bei beiden ]\Iöglichkeiten auf alle Fälle angewandt werden kann. Diese Aufgabe liegt außerhalb der Grenzen uiisrer Nachforschun- gen, bei denen wir hauptsächlich die Klärung eines Punktes der Histo- genese der atherosklerotischen Schädigungen der Aorta im Auge hatten; wenn wir dann doch weitere Umschau gehalten haben, und tiefer in die Betrachtung des allgemeinen Problems der Faserbildung ein- gedrungen sind, als wir das zuerst beabsichtigt hatten, so ist dies nur deshalb geschehen, weil die erhaltenen Ergebnisse uns die Möglichkeit einer Beilegung des fast säkularen Zwiespalts durchblicken ließ, der zwischen den Anhängern des intra- und extra cellulären Ursprungs der Fibrillen herrscht. Aber auch ohne die Analyse zu weit zu vertiefen, will es uns so vorkommen, als ob das gegebene Schema, weitzügig ausgelegt, als Führer dienen kann zur endgültigen Beilegung des diese Frage um- schwebenden Streits. Was verschieden sein kann und sicherlich ver- schieden ist, das ist die Art und Weise, in der die Tatsachen uns vor Augen treten, ihre AVesenheit ist vermutlich aber ganz dieselbe in allen Fällen. Das Bestehen einer amorphen Stammsubstanz der Fibrillen scheint mir, wie die Verhältnisse heute liegen, nicht mehr fraglich zu sein, mag es sich nun dabei um das ÜEiDENHAiNsche Metaplasma, das RETTEKERsche Hyaloplasma, die präcoUagene Substanz Laguesses, das Ectoplasma Malls, die Gallerte Merkels handeln, oder man sie für ein AiLsscheidungsprodukt der Zellen halten oder für ein ver- ändertes Protoplasma. Diese Stammsubstanz mag mehr oder weniger reichUch vorhanden und mehr oder weniger dicht sein, sie mag unsern Mitteln gegenüber sichtbar oder unsichtbar sein, sie mag bald die einen, bald die andern chromatischen Reaktionen bieten, das eine aber steht fest, nämlich, daß sie wirklich vorhanden ist und sich in ihr fibril- 518 Serafino d'Antona, läre Gebilde zu differenzieren vermögen ohne ersichtlichen Einfluß von Seiten der Zellen Am meisten umstritten war das Bestehen des Ectoplasmas oder besser die Art und Weise seiner Begriffsbestimmung. Das kommt großenteils, wie wir gesehen haben, von der verschiedenen Bedeutung her, in welcher die einzelnen Forscher das Wort gebraucht haben, teils auch von den technischen Schwierigkeiten, die seiner Beobachtung in den Weg treten. In dieser Hinsicht sind wir insofern vom Glück begünstigt gewesen, als wir auf Elemente gestoßen sind^, bei denen die ectoplasmatische Umwandlung des Zellprotoplasmas in so aus- gedehntem Maße stattfindet. Wahrscheinlich jedoch bildet das Ecto- plasma bei den meisten Bindegewebselementen nur eine ganz dünne Schicht, eine Art Häutchen, das sich der Beobachtung leicht entzieht. Wenn wir uns aber zum Beispiel das Aussehen der jungen Fibroblasten mit ihrem umfangreichen Körper voller Körnchen vergegenwärtigen, und dann auch das feste, gestreifte Aussehen der vollentwickelten Bindegewebszellen mit ihrem äußerst spärlichen, körnigen, perinucleären Protoplasma, kann uns die Vermutung nicht so ganz unwahrscheinlich vorkommen, daß bei der Entwicklung dieser Elemente sich ähnliche Vorgänge abspielen, wie solche von Hansen für die Zwischenwirbel- scheibenzellen und von uns für die LANGHANSschen Zellen beschrieben worden sind. Tatsächlich hat auch Ziegler in den entzündeten Bindegeweben die Fibrillenbildung in einem hellen, homogenen Oberflächenteil des Zellkörpers beschrieben, der vollständig dem Ectoplasma entspricht. Ebenso stellt auch die »Grenzschicht« Golowinskis, die seine präcollagenen Fasern enthält, nichts andres vor, als ein Ectoplasma- häutchen. Ich weise ferner noch darauf hin, daß auch Bruni, bei Erforschung der Histogenese der Bindegewebsfasern der Zwischenwirbelscheibe beim Rind wahrgenommen hat, daß die Bildung der Fasern in einer 1 Einen Punkt wäre ich jedoch nicht in der Lage mit hinreichender Ge- nauigkeit zu klären, nämhch das fernere Schicksal der LANGHANsschen Zellen, d. h. ob ihr Ectoplasma, nachdem sein Faserbildungsvermögen erschöpft ist, kontraktionsfähig wird. Es ist eine feststehende Tatsache, daß die vollständig entwickelten LANGHANsschen Zellen, wie ich bereits in meinem ersten Bericht hervorgehoben habe, die größten morphologischen Analogien besitzen mit den Muskelfaserzellen. Ebensowahr ist es aber auch, daß ich auch aus derart ver- änderten Elementen, wie solche auf Fig. 6 stehen, die Faserbildung habe fort- dauern sehen. Entsprechen die vollentwickelten LANGHANsschen Zellen viel- leicht den «cellules myo-conjonctives» Renaxjts? i'bci- die Eiilsti'luing der Biiuk'gc'wcb.sfasoru usw. 519 ersten Periode sich nur im Metaplasma abwickelt, in einer zweiten Periode dagegen auch auf den Zellkörper übergreift. Aus der Be- schreibung des Verfassers hat sich mir aber diese zweite Bildungsweise nicht ganz klar ergeben. Allem Anschein nach ist Bruni der Wert des von Hansen in denselben Zellen beschriebenen Ectoplasmas ent- gangen. Anderseits hat Hansen bei dem zu weit vorgeschrittenen Stadium der von ihm untersuchten Embryonen ^ die erste histogene- tische Periode nur sehr unvollständig beobachtet, die Bruni in den früheren Stadien beschrieben hat, in denen die Fasern inmitten des Metaplasmas erscheinen. Meine an der Aortaintima vorgenommenen Beobachtungen ergänzen die Hansens und Brunis. Wie aus dem Schema hervorgeht, haben das Metaplasma und das Ectoplasma in bezug auf das Zustandekommen der Fibrillen denselben Wert, denn sowohl durch das eine, wie durch das andre hindurch gelangt man zur Bildung der primitiven Fibrillenstrukturen, die den Ausgangs- punkt bilden für die weitere Differenzierung der verschiedenen Faser- arten. Die mehr oder w^eniger rasch eintretende ectoplasmatische Meta- morphose der Mutterzelle oder das lebenslängliche Verbleiben der- selben im Stadium des nackten Protoplasmas, das mehr oder weniger enge Anliegen der neugebildeten Fasern an die Zellen, ihr geflecht-, bün- del-, oder lamellenartiges Auftreten, sow^ie die mehr oder weniger rasche Annahme der specifischen Reaktionen sind ebensoviele Modalitäten, die in unser Schema hineinpassen und Fall für Fall je nach der Natur des Gewebes, auf das sie sich beziehen, erklärt werden können. Vi. Grundsubstanz. Intercellularsubstanz. Kittsubstanz. Bevor wir mit diesen kurzen Betrachtungen zum Abschluß kom- men, erübrigen sich uns notwendigerweise noch einige Worte über die sogenannten »Intercellularsubstanzen« und »Grundsubstanzen«. Das Unbestimmte, was sich unter diesen Benennungen verbirgt, hat wahr- scheinlich hauptsächlich dazu beigetragen, daß die Forscher bis heute nicht dazu gekommen sind die Entwicklung der Bindegewebe überein- stimmend zu erklären. Mehrere Autoren haben da Abhilfe zu schaffen gesucht, aber ihr Bemühen hat noch keine endgültige Übereinstimmung herbeizu- führen vermocht. Waldeyer unterscheidet bei den Grundsubstanzgeweben 1) die 1 Haxsex untersuchto 40 — 00 cm großo Früchte, Bruni Früchte von 25 cm an. 520 Serafino d'Antona, Grundsubstanzzellen, 2) die Intercellularsubstanz, 3) die Intercellular- fasern. Die Intercellularsubstanz besteht ihrerseits dann aus der Grundsubstanz und den in ihr verborgenen Grundsubstanzfibrillen, Er findet die Benennung Kittsubstanz überflüssig, insofern als sie weiter nichts ist, als die Grundsubstanz, in der die Fasern lagern. Schaffer hat zwar im allgemeinen diese Benennungsweise ange- nommen, hält es jedoch nicht für richtig, den Ausdruck Grundsubstanz durch Intercellularsubstanz ersetzen zu wollen. Die Grundsubstanz kann nur dann auch Intercellularsubstanz genannt werden, wenn die 2]ellen, die sie erzeugen, im Verlauf der sich da abspielenden Prozesse in sie eingeschlossen bleiben, so daß also die Grundsubstanz in Wirk- lichkeit zwischen den Zellen lagert. Verschwinden dagegen die Zellen (Rückenstranghülle einiger Fische, Zahnbein), so kann man nicht von Intercellularsubstanz, sondern nur von Grundsubstanz reden. Ebenso findet er, daß der Name Kittsubstanz beibehalten werden nmß zur Bezeichnung der amorphen Substanz, welche die von der Grund- substanz oder Intercellularsubstanz gebildeten Elemente verbindet. VON KoRFF dagegen unterscheidet bei den Bindegeweben 1) die Grundsubstanz- oder Bindegewebszellen, 2) die Grundsubstanz. Diese Substanz besteht aus Grund- oder Bindegewebsfibrillen und Inter- f ibrillarsubstanz . Die vorstehend angeführten Nachforschungen setzen uns instand, unsre Ansicht darüber preiszugeben, welche Deutung man diesen ver- schiedenen Ausdrücken am besten geben kann. Wir wollen da vor allem darauf hinweisen, daß der in dem Aus- druck »Interzellularsubstanz« enthaltene Begriff stark topographisch klingt, und sich nur schlecht dazu eignet, eine bestimmte Substanz auszudrücken. Die zwischen den Zellen lagernde Substanz ist je nach der Art des Gewebes und besonders je nach seiner Entwicklungszeit verschieden. In unserm Fall, zum Beispiel, besteht die Intercellular- substanz anfänglich ausschließlich aus Metaplasma, später aus Meta- plasma und Fasern; nach vollständiger Entwicklung ist dann das Metaplasma als solches ganz verschwunden, während die Fasern er- halten geblieben sind. Daraus erhellt, daß in diesem Fall der Ausdruck »Intercellularsubstanz« ganz nach dem Stadium, auf das wir uns be- ziehen, etwas Verschiedenes anzeigt. Demnach scheint es uns, daß der Ausdruck »Intercellularsubstanz« nur in rein topographischem Sinne angewandt werden darf, und die Gesamtheit der Substanzen anzuzeigen hat, die sich zwi- schen den Zellen vorfinden oder sich da zu irgend einer über die Entstehung der Bindegewebsfasern usw. 521 Zeit ihrer Entwicklunu vorgefuiulen haben, ohne Rück- sicht auf ihre Natur und Gestalt. Die »Grundsubstanz << ist für uns die amorphe Muttersub- stanz der Fasern. Sie entspricht also der Substanz, die wir Meta- plasma genannt haben, und die von andern Forschern verschieden benannt worden ist (Ectoplasnia von Mall und Studnicka, Hyaloplas- plasma von Retterek usw.). Diese Substanz wird dann endgültig getauft werden können, wenn über Dir eigentliches AVesen volle Klar- heit geschaffen sein wird. Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß der von Heidenhain vorgeschlagene Name »Metaplasma« sich der Eigentümlichkeit dieser Substanz wohl anpaßt. Ferner haben wir erwähnt, daß der Ausdruck »Ectoplasnia« den, Studnicka dieser Substanz geben möchte, besser im Sinne Hansens verwendet wird, um einen peripherischen, veränderten Teil des Zellkörpers zu be- zeichnen. Die »Kittsubstanz << ist der Teil der Grundsubstanz, der nicht zur Bildung von Fasern verwandt wird, sondern im amorphen Zustand verbleibt, die Fasern zusammenhält und das Substrat für die Lamellengebilde abgibt. Die Kittsubstanz kann jedoch ihrer chemischen Zusammensetzung nach nicht für identisch gehalten werden mit der Grundsubstanz, denn diese gibt Färbereaktionen, die sich bei der Kittsubstanz als solcher nicht einstellen. Wenn die von uns dem Metaplasma zugeschriebene Zusammensetzung (nach der es aus einem körnigen Teil und einem homogenen, gallertigen Teil besteht) sich als nachgewiesen heraus- stellte, könnte man wohl daran denken, daß die Kittsubstanz gerade von diesem gallertigen Teil herstammt. In der Kittsubstanz können Fibrillengebilde verborgen bleiben, die dann unter dem Einfluß be- stimmter Einwirkungen zutage treten können. In der Kittsubstanz können sich bestimmte Stoffe ablagern, die dem Gewebe eine besondere Beschaffenheit verleihen (z. B. Knochengewebe). Die Grundsubstanz und die Kittsubstanz stellen die amorphen Elemente des Bindegewebes dar; die Zellen und die Fasern dagegen die geformten Elemente; zwischen diesen Elementen kreist das Plasma, das ihnen das Nahrungsmaterial zuführt. In der Gesamtheit der Bindegewebe unterscheiden wir also: a. Geformte Bestandteile 1. Zellen, 2. Fasern. 522 Serafino crAntona, b. Amorphe Bestandteile 1. Grundsubstanz, 2. Kittsubstanz. Alles zusammen vom Nährplasma umkreist. Die Grundsubstanz, die Fasern und die Kittsubstanz können in den verschiedenen Arten ihres Auftretens mit dem Namen »Inter- cellularsubstanz << belegt werden, wobei wir diesem Ausdruck die be- reits erwähnte topographische Bedeutung geben. Zusammenfassende Betrachtungen. Unsre Untersuchungen sind unter ganz andern Verhältnissen abgelaufen, als dies bei ähnlichen Untersuchungen der Fall zu sein pflege. Das unsern Nachforschungen zugrunde liegende Gewebe besitzt eine nur schwache Lebensfähigkeit, w^eshalb sich in ihm rasch Ent- artungserscheinungen einstellen. Dieser Umstand hat in gewissem Sinne unsre Aufgabe noch mehr erschwert. Anderseits ist der größte Teil der von uns erhaltenen Ergebnisse der besonderen Natur des von uns studierten Gewebes zuzuschreiben. Seine Zellelemente erreichen einen Umfang, wie solcher sich in keiner andern Art Bindegewebszellen des menschlichen Organismus fest- stellen läßt, wodurch ihre Erforschung bedeutend erleichtert wurde. Außerdem laufen in ihm die da auftretenden Wucherungsvorgänge unter bestimmten Verhältnissen derart rasch ab, daß wir ihnen zu- weilen durch einfaches Verschieben des Präparats durch ihre ver- schiedenen Phasen hindurch folgen können. Angesichts der vielfachen Ursachen, die den Verlauf dieser Vor- gänge zu verändern vermögen, wollen wir uns nicht weiter bei den Einzelheiten unsrer Beschreibung aufhalten, sondern uns darauf be- schränken, die hauptsächlichsten unsrer Forschungen entspringenden Tatsachen zusammenzufassen. Das Bedeutendste, was wir glauben klar und deutlich nachge- wiesen zu haben, ist, daß bei den Aorta verdickungen die Faserbildung zweierlei Vorgängen entspringt. Bei dem einen Vorgang treten diese in einer primitiv amorphen Substanz (Metaplasma) unabhängig von jeder direkten Beziehung zum Zellkörper auf; bei dem andern Vorgang stammen sie unmittelbar von einem veränderten peripheren Teil (Ecto- plasma) des Zellkörpers her. Der Zeit nach geht die erste dieser beiden Bildungsarten der zweiten voran, in Wirklichkeit aber lassen sich die beiden Vorgänge zu gleicher Zeit miteinander kombiniert beobachten. Da die erste dieser beiden der intercellulären Entstehung der Fasern über die Kiitstcluiii}]; der Bindegewebsfasern usw. 523 entspricht, und die zweite der cellulären Bildungsweise, so erhellt daraus, daß die beiden ßildungsarten nebeneinander wahrgenommen werden können, und der Kontrast, die geglaubte Unvereinbarkeit beider in Wirklichkeit nicht besteht. Recht haben weder diejenigen, die behaupten, daß die Fasern ausschließlich von der Grundsubstanz herrühren, noch diejenigen, die dafür eintreten, daß sie ausschließlich von der Zelle abstammen, sondern es haben teilweise die einen recht und auch die andern. Wahrscheinlich liegt der Hauptgrund für diese bestehende Mei- nungsverschiedenheit, wie schon Loisel und Bruni bemerkt haben, darin, daß die verschiedenen Forscher den Vorgang nicht in seiner ganzen Entwicklung verfolgt, sondern sich mit der Beobachtung einer oder weniger Stadien beonüo;t haben. Darüber, ob die Muttergrundsubstanz der Fibrillen ein verändertes Protoplasma darstellt, oder ein Ausscheidungsprodukt der Zellen ist, kann noch gestritten werden, wenngleich dieser Streit für das Wesen der Tatsachen keinen besonderen Wert hat. Unsrer Ansicht nach besteht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß sie ihrer biologischen Eigen- tümUchkeiten wegen für ein verändertes Protoplasma, ein Meta- plasma zu halten ist. Für ausgeschlossen halten wir es jedoch nicht, daß an ihrem Zustandekommen auch Ausscheidungsprodukte der Zellen teilnehmen können. Dadurch, daß wir die Grundsubstanz als ein verändertes Proto- plasma betrachteten, schien uns der Bildungsvorgang der Fibrillen leichter verständlich zu werden: Zuerst wird dieses morphologisch weniger differenzierte Material zum Aufbau der Fibrillen verwandt, und dann verändert sich das Zellprotoplasma selbst und bildet sich in Fibrillen um. Dieser zweite Abschnitt des Vorgangs fällt mit der Bildung des >>Ectoplasmas<< zusammen, einem Ausdruck, dem wir dieselbe mor- phologische Bedeutung beilegen wie Hansen. VON Ebner und Meves fassen das Ectoplasma Hansens falsch auf, wenn sie annehmen, daß das Ectoplasma die fibrillär gewordene Grundsubstanz darstelle, denn das Ectoplasma ist nicht die fibrilläre Grundsubstanz, sondern das Zellprotoplasma, das in Veränderung be- griffen ist zur Erzeugung der Fibrillen. Auch der andre von v. Ebner, v. Korfp, Merkel und Meves erhobene Einwand, daß nämlich in den gut o;efärbten Geweben immer eine Grenze zwischen Zelle und Interzellularsubstanz erkennbar sei, hat keinen praktischen AVert, denn die Grenze zwischen Zelle und 524 Serafino d'Antona, Intercellularsubstanz erscheint nur dann relativ deutlich, wenn der Fibrillenbildungs Vorgang ganz oder fast erloschen ist, während man, solange er noch andauert, wie unsre Abbildungen zeigen, unmerklich vom Zellkörper zur Intercellularsubstanz gelangt. Wir haben gesagt »relativ deutlich«, denn auch in den Zellen, in denen die Fibrillenbildung fast erloschen ist, kann bei aufmerksamer Beobachtung in vielen Fällen wahrgenommen werden, wie das Protoplasma sich mit der umstehenden Substanz fortsetzt. »Eine scharfe Sonderung in , Protoplasma', ,Zellkörper' und ,Grund- substanzen' läßt sich in vielen Fällen unmöglich aufrecht erhalten oder nachweisen. Ob man sagt, die Zelle ,scheide' an ihrer Oberfläche Grundsubstanz ,aus', oder ,bilde' solche, oder ob man sagt, die peri- pheren Protoplasmaschichten ,verwandelten sich' in Grundsubstanz oder in ein Vorstadium derselben, so bleibt die Tatsache doch die, daß in einer großen Menge von Fällen irgendwo ein mehr oder weniger umfangreicher, oft direkt nachweisbarer Übergang aus , Protoplasma' in Grundsubstanz angetroffen wird« (Hansen). Ob die von uns in den LANGHANSschen Zellen beschriebenen Körn- chen und Fasern Mitochondrenbildungen vorstellen, das erlaubt uns der gegenwärtige Stand unsrer Kenntnisse weder zu behaupten noch in Abrede zu stellen, denn die Unterscheidungsmerkmale dieser Ge- bilde sind noch zu unsicher, und noch zu unbestimmt ist die Vorstellung, die sich auf sie bezieht, als daß man in ihrer Hinsicht ein sicheres Urteil abzugeben vermöchte. Nehmen wir aber auch selbst an, daß diese Körnchen und Fibrillen Mitochondren sind, so können wir doch der Anschauung Meves' und VON KoEFFs nicht beistimmen und also nicht annehmen, daß die Mito- chondren das einzige Bildungsmaterial der Fasern darstellen, die immer von der Umbildung der cytoplasmatischen Strukturen herrührten, eben weil wir Zeuge waren, daß die Fasern auch unabhängig von der Umbildung der cytoplasmatischen Strukturen zustande kommen, die sich nur in einem bestimmten Zeitabschnitt verändern und in Fibrillen verwandeln. Mögen die ersten Fibrillen vom Metaplasma oder vom Ectoplasma abstammen, so sind sie doch weder collagene noch elastische Fasern. "Wir haben ihnen den Namen »Primitive Fibrillenstrukturen« beigelegt, weil sie in Wirklichkeit nichts andres darstellen, als einfache Struk- turen, an denen sich dann die differenzierten Fasern des vollentwickelten Bindegewebes modellieren, gleichviel ob man dabei die collagene Sub- stanz und die elastische Substanz als unmittelbare Erzeugnisse der über die Entstehung der Bindegewebsfasern usw. 525 Zelltätigkeit betrachten will, oder als durch die im Metaplasnia ab- laufenden Lebensvorgänge zustande gekommene Substanzen. Soweit wir nachweisen konnten, stellen die Gitterfasern, die colla- genen Fasern, die elastischen Fasern nichts andres dar, als ebensoviele Stadien der Entwicklungsvorgäuge, deren gemeinsamer Ausgangspunkt in den »Primitiven Fibrillcnstrukturen« liegt. Wie schon Merkel bemerkt hat, ist kein scharfer Unterschied zulässig zwischen Collagen und elastisch, »dies sind nur die beiden Endpunkte einer Reihe, in welcher je nach Lokalität und Bedürfnis des ausgebildeten Körpers Z\vischenstufen vorkommen, welche jedoch sämtlich auf einen gemeinsamen Ausgangspunkt zurückgehen«. Siena, Juli 1913. Literatur. V. AcQUiSTO, Genesi e sviluppo della sostanza elastica. Atti della R. Accad. d. Sc. med. Palermo 1901. L. Ageno, L'istogenesi e la metainorfosi delle fibre elastiche e la dottrina cellulare. Genova 1884. Zitiert nach Bruni. O. Barbäcci, II fegato duro arterioscierotico. Lo sperimentale. 1910. — Patologia del sistema delle »Gitterfasern« in alcuni organi parenchimaU. Atti della R. Accad. dei Fisiocritici in Siena. 1910. F. BoLL, Untersuchungen über den Bau und die Entwicklung der Gewebe. Arch. f. miki-. Anat Bd. VIII. 1872. A. C. Bruni, Contributo aUa conoscenza dell'istogenesi delle fibre coUagene. Atti della R. Accad. deUe Scienze. Torino. 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Fixierung, Färbung und Vergrößerung wie bei 3. Fig. 5. LANGHANssche Zelle mit ziemlich gut entwickeltem Ectoplasma. In den Ausläufern ist die ectoplasmatische Umbildung fast vollkommen, nur in dem centralen Teile derselben bleiben Spuren von Endoplasma zurück. Der ZeUkörper besteht noch fast ausschließlich aus Endoplasma. Fixierung, Färbung und Vergrößerung wie bei Fig. 1 und 2. Fig. 6. LANGHAJsrssche Zelle. Der ZelLkörper besteht fast ausschüeßhch aus Ectoplasma; unverändertes Endoplasma bleibt nur an den Kernpolen zurück. Fixierung, Färbung und Vergrößerung wie bei Fig. 1 und 2. Fig. 7. LANGHANssche Zelle mit stark entwickeltem, fibrillenenthaltendem Ectoplasma. An dem einem der Kernpole unverändertes Endoplasma. Fixie- rung, Färbung und Vergrößerung wie bei Fig. 3. Fig. 8. LANGHANssche Zelle mit stark entwickeltem, fibrillenenthaltendem Ectoplasma und Spuren von Endoplasma um den Kern. Fixierung und Ver- größerung wie bei Fig 3. Färbung mit Anilinblau-Fuchsin-Orange nach jVIallory. Fig. 9. Flächenschnitt durch eine Gallerte- Plaque: LANGHANssche Zellen mit beginnender ectoplasmatischer Umwandlung. Das Zmschengewebe ist leicht rosa gefärbt und läßt Zeichen einer fibrillären Struktur nur in der Nähe der Zellen- körper erkennen. Fixierung, Färbung und Vergrößerung wie bei Fig. 1 und 2. Tafel XIII. Fig. 10. Schrägschnitt dm-ch eine diffuse Intimaverdickung. Die ober- flächlichste Lamelle ist amorph, körnig; die tief erliegenden Lamellen zeigen immer deutlichere körnige Fibrillen. Eine Lamelle enthält eine stärker gefärbte, durchschnittene LANGHANssche Zelle: die Fibrillen stehen in keinem nachweis- baren Verhältnis mit der Zelle. Hier und da sind LANGHANssche Kerne, deren Protoplasma nicht sichtbar ist. Formol. Gefrierschnitt. Bielschowsky. Ko- RISTKA, Hom. Immers. 1/15, Comp.-Oc. 8. Fig. 11. Der Schnitt wurde aus demselben Stücke angefertigt, aus dem das Präparat der Fig. 9 herkommt : nur die Färbung ist verschieden. Ectoplasma 530 Serafino d'Antona, Über die Entstehung der Bindegewebsfasern usw. hell, Endoplasma körnig. An der Peripherie des Ectoplasmas, Fibrillenbündel, die die Zellfortsätze in ihrem Verlaufe begleiten. Auch das mit der van Gieson- schen Färbung anscheinend strukturlose Zwischengewebe zeigt hier eine zarte fibrilläre Struktur. Fixierung, Färbung und Vergrößerung wie bei Fig. 10. Fig. 12. Intimale Lamelle einer atherosklerotischen Verdickung mit neu- gebildeten elastischen Fasern. Die Fasern stehen in keinem Verhältnis mit den Zellen, haben einen unregelmäßigen Verlauf und bilden ein Netz. Formol. Ge- frierschnitt. Safranelin-Hämatein. Koristka, Hom. Immers. 1/15, Comp.-Oc. 8. Fig. 13. Querschnitt durch eine LANGHANSsche Zelle. Das stärker gefärbte Endoplasma ist geschrumpft und daher hat es sich vom Ectoplasma etwas ab- gelöst. An der Peripherie des Ectoplasmas sind kleine, ihm eng aufliegende Pünktchen zu sehen. Sublimat. WEiGERTsche Flüssigkeit für die elastischen Fasern. PjTonin. Koristka, Hom. Immers. 1/15, Comp.-Oc. 8. Fig. 14. Schrägschnitt durch eine LANGHANSsche Zelle. Zeigt, daß die in der obigen Figur sichtbaren Pünktchen der Sektion von neugebildeten elasti- schen Fasern entsprechen. Fixierung, Färbung und Vergrößerung wie bei Fig. 13. Beiträge zur Kenntnis des histologischen Baues von Veretillum cynomorium (Pall.). Von Dr. phil. Albert Niedermeyer, (Aus dem kgl. zoologischen Institut der Universität Breslau.) Mit Tafel XIV und XV. Inhalt. Seite Einleitung 532 Historischer Überblick 532 Material und Technik 534 Äußere Morphologie 535 Histologie 539 A. Allgemeiner Teil 539 1. Das Ektoderm = . 539 2. Das Entoderm 543 3. Drüsenzellen 545 B. Spezieller Teil 551 1. Die Polypen 551 a) Tentakel 551 b) Mundscheibe 556 c) Schlundrohr 557 d) Mauerblatt 558 e) Septen 559 f) Mesenterialfilamente 559 g) Geschlechtsprodukte 561 2. Zooide und Dimorphismus 562 3. Muskulatur *. 566 4. Nervensystem 567 5. Mesogloea 571 6. Achse 578 7. Kanalsystem 583 Phylogenetische Schlußbemerkungen 586 i^itscbrift t. wisseasch. 'Loo\o>iie CIX. Bd. 36 532 Albert Niedermeyer, Einleitung. Die Familie der Veretilliden stellt in vielen Beziehungen einen recht interessanten Zweig des Pennatulaceenstammes dar und weicht in manchen Punkten von den typischen Vertretern der Ordnung, den Gattungen Pteroeides und Pennatula, die echte »Seefedern«, mit wirk- lich federförmigem Bau darstellen, so weit ab, daß es dem Verfasser als eine lohnende Aufgabe erschien, einen Vertreter dieser Familie zum Gegenstande einer ähnlichen Untersuchung zu machen, wie sie seinerzeit über Pteroeides griseum (33.) unternommen worden war. Diese Untersuchungen gewannen für den Verfasser um so mehr an Interesse, als nach den Ergebnissen der grundlegenden Forschungen von Kükenthal und Broch (34.) die radiär gebauten Pennatuliden auf Grund systematischer Erwägungen als primitivste Gruppe an die Wurzel des ganzen Stammes der Pennatuliden gestellt wurden — eine Auffassung, die ja bekanntlich der vieler Autoren direkt widerspricht, die die radiären Formen als abgeleitete ansehen und die Einfachheit ihres Baues als sekundäre Rückbildung auffassen. Es lag daher nahe, zu fragen, ob denn nicht das Studium des reineren Baues beitragen könnte, um die eine oder die andere Auf- fassung mit neuem Tatsachenmaterial zu stützen. Wie immer man aber das System der Pennatuliden auffassen will, ob man nun die radiär gebauten Veretilliden an die Wurzel stellen oder sie als abge- leitete Formen ansehen will, — soviel ist sicher, daß sie in erheblichem Gegensatze zu der hoch komplizierten bilateral-symmetrischen Fa- milie der Pteroeididen stehen. Aus diesem Grunde lag dem Verfasser daran, auch Veretillum etwas eingehender zu untersuchen, um so einen Beitrag zur Kenntnis und zum Vergleich der beiden entgegengesetzten Endglieder der Pennatulidenreihe liefern zu können. An dieser Stelle sei es dem Verfasser auch gestattet, Herrn Prof. Kükenthal für die Erlaubnis zur Benutzung von Präparaten und von Material des Breslauer Museums auf das wärmste zu danken ; ferner sage ich Herrn Geheimrat Prof. Müller in Greifswald für die Über- lassung eines Arbeitsplatzes und für verschiedentliche Unterstützung meinen besten Dank. — Eine vorläufige Mitteilung über die Ergebnisse vorliegender Arbeit ist im »Zoologischen Anzeiger« (39.) erschienen. Historische Übersicht. Da Veretillum cynomorium (Pall.) eine sehr weit verbreitete See- federnart ist und auch an den europäischen Küsten (Golf von Biscaya Beiträge z. Könnt n. d. liistol. Baues von Vorotilluni cj'noinoriuin (Pall.). 533 und Mittelmeer) liäufig voikoninit, so ist sie schon lange bekannt und bereits melufatli zum Gegenstande nnkroskopiscb-anatomischer und histolouisclier Untersuchungen gemacht worden. 1829 hat Rapp (1.) unsere Art genauer beschrieben und einige anatomische Beobachtungen gemacht, von denen später noch die Rede sein wird. Da er im Gegen- satze zu den meisten anderen Korallenforschern seinerzeit die Tiere lebend beobachtet hatte, so war er auch in der Lage, einige wertvolle Aniraben über ihre Lebensweise zu machen. Erdl (2) hat 1842 die Tentakel der Polypen von Veretillum cyno- morium auf ihren feineren Bau hin untersucht und vieles richtig beob- achtet, doch wußte er seinen Beobachtungen nicht die immer richtige Deutung zu geben; darum sind seine Angaben nur mit vorsichtiger Kritik zu verwenden. KÖLLiKER (4) hat 1872 über den feineren Bau von Veretillum eigentlich nicht viel berichtet, was ein wenig Wunder nehmen muß, da er Pennatula und Pteroeides sehr eingehend untersucht hat. Seine Angaben sind jedoch alle mit großer Sorgfalt und Exaktheit gemacht und wo in unwesentlichen Dingen eine Unrichtigkeit zu finden ist, erklärt sich diese ohne weiteres aus der Unzulänglichkeit des Materiales für histologische Untersuchungen. Von späteren Arbeiten, die sich mit dem feineren Bau von Veretillum beschäftigten, sind zu nennen die von Korotneff (10) (1887), von BujOR (19) (1901) und von Kassianow (27) (1908). Die zuerst genannte Abhandlung von Korotneff ist eine sehr oberflächliche und wenig wertvolle Schilderung, die zum Teil auf ganz unrichtige Beobachtungen gegründet ist und eine sehr unklare Terminologie ent- hält, so daß man oft Mühe hat, herauszufinden, was der Verfasser mit seinen Bezeichnungen eigentlich meint. — Die Arbeit Bujors enthält eine Anzahl genauer und guter Beobachtungen über die mikroskopische Struktur von Veretillum cynomorium, ist aber lückenhaft und nicht frei von irrigen Auffassungen. Kassianow endlich erbrachte manche histologische Detailangaben über unsere Pennatulide, besonders über den Bau der Epithehen, und über die Muskulatur, doch waren seine Untersuchungen hauptsächhch speziell auf das Nervensystem ge- richtet. Das letzte große Werk über Pennatulaceen, von Kükenthal und Broch (34), 1911 erschienen, enthält einen eigenen größeren Abschnitt über die Anatomie der Seefedern, die hier mehr Berücksichtigung als in den früheren Bearbeitungen findet. Auf ein Eingehen auf die fei- nere Histologie ist jedoch hier mit Absicht verzichtet worden. 36* 534 Albert Niedermeyer, Material und Technik. Das Material, das dem Verfasser zur Verfügung stand, stammte zum Teil von der deutschen Tiefsee-Expedition, Station 76, (Große Fischbucht). Es waren dies drei in Formol- Alkohol konservierte Exemplare mit schön ausgestreckten Polypen, von denen das eine durch eine intensiv schokoladenbraune Färbung ausgezeichnet war. Ferner stammten vier Exemplare aus den alten Beständen des Bres- lauer zoologischen Museums, teils ohne Angabe des Fundortes, teils mit der Fundortsnotiz »Mittelmeer«. Zwei dieser Exemplare besaßen sehr schön ausgedehnte Polypen. Endlich waren noch einige Exem- plare des Breslauer Museums vorhanden, die aus Arcachon stammten; sie waren jedoch stark kontrahiert und infolge ihrer mangelhaften Konservierung für histologische Untersuchungen nicht recht geeignet. Für die Schnittserien war vom Verfasser zum größten Teile ein vorzüglich konserviertes Exemplar der deutschen Tiefsee-Expedition verwendet worden; diese Serien sind auch bei der Bearbeitung der PennatuHden der Tiefsee-Expedition durch Kükenthal und Broch verwendet worden. Über die Technik sei kurz folgendes berichtet: Zum Entkalken eignete sich am besten die Entkalkungsflüssigkeit nach Haug in fol- gender Zusammensetzung : Alkohol 70% 100,0 Salpetersäure conc 5,0 Phloroglucin 1,0. Beim Schneiden harter Gebilde, wie z. B. der Achse, erwies es sich als vorteilhaft, sie vor dem Einbetten, und zwar nach der Ent- kalkung, mit Seifenspiritus zu behandeln, wodurch die Objekte ge- schmeidiger werden. Das Einbetten muß stets sehr vorsichtig geschehen, insbesondere ist Xylol als Intermedium immer zu vermeiden, und statt dessen Chloro- form oder noch besser Zedernöl zu verwenden. Von Färbungsmethoden wurde eine große Zahl verwendet, je nach den Strukturelementen, auf die gerade die Untersuchung gerichtet war. Im allgemeinen eignet sich sehr gut zur Färbung das Delafield- sche Hämatoxylin in Verbindung mit Eosin, Van-Gieson, Orange-G, oder mit Safranin und Pikrinsäure (Dreifachfärbung nach Stöhr). Auch Heidenhainsches Eisenhämatoxylin lieferte gute Resultate. Für die drüsigen Elemente wurden vor allem verwendet: Mucikarmin, Thio- Beiträge z. Kenntnis d. histol. Bauca von Veretillum cynomoriuni (Pall.). 535 nin, und Orceiii; für die Bindesubstanz Pikronigrosin, bei dem sich aber, wenn mau es allein verwendet, der Mangel einer Kernfärbung oft störend bemerkbar macht. Ich suchte daher diese Färbung mit einer Kernfärbung zu kombinieren und fand als besonders geeignet zu diesem Zwecke die Vorfärbung der Kerne mit Bismarckbraun, wo- nach die Färbung mit Pikronigrosin nach Freebokn erfolgte. Für die Elemente des Nervensystems verwandte ich mit Erfolg die Methode der »Nach Vergoldung << nach Apathy und die Behandlung der Schnitte mit Osmiumsäure und darauffolgender Reduktion durch Holzessig; die Vergoldungsmethode lieferte Bilder von ganz besonderer Schön- heit und Klarheit der mikroskopischen Strukturen. Es sei kurz erwähnt, daß nicht nur Schnittserien untersucht wurden, sondern es wurde auch des öfteren Gebrauch von der Macerations- methode und von Toto- Präparaten gemacht. Äußere Morphologie. Veretillum cynomorium gehört, wie bereits erwähnt wurde, zu den radiär gebauten PennatuUden und kann als deren typischer Vertreter gelten; die Bezeichnung »Seefedern << ist für diese Formen eigentlich gar nicht recht am Platze, da sie ja nichts federartiges mehr an sich haben. Eine Beschreibung der äußeren Körperform ist hier wohl nicht weiter nötig, da diese oft genug geschildert worden ist; es ge- nügt wohl, auf die letzte genaue Beschreibung bei Kükenthal und Broch zu verweisen. Ich werde mich für die einzelnen Teile der Ko- lonie auch der Terminologie der genannten Autoren bedienen und mit ihnen die Bezeichnungen Kiel oder Rhachis, und Stiel, Polypen und Zooide, Ventral und Dorsalseite im Sinne Jungersens (14, 22) ver- wenden. Am Stiele unterscheiden Kükenthal imd Broch zwei Anschwel- lungen, den sogenannten »Bulbus« und die »Endblase«. Diese lassen sich bei vielen Pennatuliden deutlich erkennen; bei Veretillum war der Bulbus zwar auch deutlich am Übergange des Stieles in den Kiel sichtbar, doch ließ eine Endblase am basalen Ende des Stieles sich nicht feststellen; sie fehlte bei allen Exemplaren, die mir zu Gesicht gekommen waren. Eine Frage, die beim Studium der äußeren Form Verhältnisse noch zu lösen wäre, ist die, ob sich irgendwelche Andeutungen von Bila- teraütät entdecken lassen und ob wir gewisse Unterschiede der Ventral- seite gegenüber der Dorsalseite feststellen können. AVie Kükenthal und Broch hervorheben, ist der radiäre Bau ja nur ein äußerer; im 536 Albert Niedermeyer, Inneren ist die Kolonie bilateralsymmetrisch gebaut, wie es ja selbst- verständlich erscheint, wenn man daran denkt, daß sie von einem symmetrischen Primärpolypen abstammt. Die beiden medianen Hauptkanäle (der dorsale und der ventrale) lassen sich, wenigstens im Kiele, deutlich von den lateralen unterscheiden; der radiäre Bau der Kolonie besteht nur darin, wie Kükenthal und Broch treffend bemerken, daß sie befähigt ist, nach allen Richtungen gleichmäßig Polypen knospen zu lassen. Läßt sich nun eine Andeutung von Bilateralität in der Anordnung der Polypen am Kiele bemerken — etwa in ähnlicher Weise wie dies bei Echinoptilum der Fall ist? Es ist dem Verfasser nicht gelungen, nur eine Spur eines solchen Verhaltens der Polypen und Zooide am Kiele zu finden. Eine gewisse Regelmäßigkeit der Anordnung in Längsreihen, wie sie bereits Kölliker gesehen hat, läßt sich nicht verkennen, von Andeutungen bilateraler Symmetrie ist aber nichts zu entdecken. Diese Tatsache erscheint mir als eine Stütze der von Kükenthal und Broch vertretenen Ansicht, daß Veretillum als pri- mitive Form anzusehen sei, wie am Schlüsse im Kapitel über die Phylo- genie noch des näheren erörtert werden soll. Es ist auf Grund des oben Gesagten auch nicht möglich, zu sagen, wo wir an der erwachsenen Kolonie die Dorsal- und wo die Ventral- seite zu suchen haben, wie wir dies z. B. bei Echinoptilum wohl können. Gewiß können wir auf Querschnitten wenigstens in der Kielregion deutlich die medianen Hauptkanäle von den lateralen unterscheiden, doch sind wir nicht ohne weiteres in der Lage, zu sagen, welches der ventrale und welches der dorsale ist. Betreffend die Anordnung der Polypen und Zooide an der Kolonie ist noch zu bemerken, daß sie durchweg eine derartige ist, daß stets die dorsale Seite der Individuen apikalwärts gerichtet ist, wie ich dies schon bei Pteroeides festgestellt habe und auch bei allen übrigen beob- achteten Pennatuliden fand. Es ist also stets die dorsale Seite die »axiale <<, um eine Bezeichnung von M. Marshall (11) zu gebrauchen. Das gleiche Verhalten zeigen nicht nur die Polypen von Pennatuliden; Reinhardt (26) erwähnt es zum Beispiel auch von Nephthyiden. Es scheint sich bei dieser Anordnung der Individuen an der Kolonie um ein ganz allgemeines Wachstumsgesetz der Pennatuliden, vielleicht sogar aller kolonie- bildenden Alcyonarien zu handeln; ein zweites derartiges Gesetz für das Wachstum der Seefedern läßt sich darin finden, daß die Wachs- Beiträge z. Kenntnis d. histol. Baues von Veretillum cynomorium (Fall.). 537 tumszone stets basal gelegen ist, sowohl beim Einzeltier, wie auch bei der ganzen Kolonie. Die Anzahl der Individuen einigermaßen genau zu schätzen war nicht möglich, nur so viel läßt sich behaupten, daß trotz des all- seitigen Wachstumes von Polypen und Zooiden die Zahl der die Kolonie zusammensetzenden Tiere bedeutend geringer ist als bei Pleroeides; die primitive Anordnung der Individuen von Veretillum läßt keine derartig vollkommene Raumökonomie erkennen wie wir sie in der komplizierten Gruppierung der Polypen und Zooide von Pteroeides finden. Über die Größen Verhältnisse kann das von Pteroeides und anderen achsentragenden Formen Gesagte in noch erhöhtem Maße gelten, daß ihnen nämlich infolge der außerordentlich großen Kon- traktilität keinerlei Konstanz und irgendwelche Bedeutung zukommt. Es möge daher unterbleiben, hier eine Tabelle mit den Maßen der untersuchten Exemplare zu geben, zumal da bereits oft genug der- artige Messungen angestellt worden sind. Auch KöLLiKEÄ steht, wenigstens soweit es Veretillum betrifft, auf diesem Standpunkte. Es heißt da auf S. 333: »Über die Größenverhältnisse der Stöcke und ihrer einzelnen Teile geben Spiritusexemplare gar keinen näheren Aufschluß und übergehe ich daher alle in dieser Beziehung gefundenen Unterschiede«. KüKENTHAL uud Broch, die im Gegensatze zu Jungersen (22) und Balss (31) größeren Wert auf die Größenverhältnisse und auf genaue Messungen legen, gestehen zu, daß bei achsenlosen Formen die Schwankungen größer und Messungen leicht irreführend sind. Ich konnte beobachten, daß bei Veretillum nicht einmal das Verhältnis der Länge des Stieles zu der des Kieles annähernd konstant ist. Färbung. Die lebenden Kolonien von Veretillum cynomorium sind intensiv orangerot gefärbt. Entsprechend den Befunden über die Farben von Pteroeides griseum liegt es nahe, anzunehmen, daß diese intensive Färbung in einem gewissen Zusammenhange mit dem Reichtum an Drüsenzellen im Ektoderm steht. Man findet keine geformten farbigen Elemente, sondern der Farbstoff ist diffus verteilt. Ein in Formol konserviertes Exemplar der deutschen Tiefsee-Expedition war, wie bereits erwähnt, auf der ganzen Oberfläche, wie auch im ganzen In- neren dunkelbraun gefärbt. Bei der mikroskopischen Untersuchung ließen sich auch hier keine geformten Pigmente nachweisen, sondern 538 Albert Niedermeyer, der Farbstoff war gleichmäßig diffus durch alle Gewebe verteilt. Wohl fanden sich in der Mundscheibe der Polypen auch reichlich dunklere Drüsenzellen, aber die braune Färbung war nicht an deren Verteilung gebunden. Nach dem Entkalken ging sie stets verloren, so daß auf Schnitten nichts mehr von ihr zu erkennen war. Die Färbung be- ruhte aber nicht, wie dies bei vielen Pennatuliden, z. B, bei Pennatula phosphorea, Renilla amethystina usw. der Fall ist, auf dem Besitze gefärbter Spicula, denn diese waren auch bei dem vorliegenden Exem- plare ungefärbt, sondern wir haben es hier mit einem Falle zu tun, wo sich bei einer Pennatulide ein durch die ganze Kolonie gleichmäßig verteilter, in Alkohol unlöslicher Farbstoff vorfindet, der nicht an Drüsenzellen oder gefärbte Kalkkörperchen gebunden ist. Die orangerote Färbung der Wandungen der Kolonie, die am Stiele besonders stark ausgeprägt ist, und durch ihre geringe Wider- standsfähigkeit gegen Formol und Alkohol ausgezeichnet ist, ist da- gegen meines Erachtens in Beziehung zu den ektodermalen Drüsen- zellen zu bringen, die am Stiele, gerade im Bereiche der intensivsten Färbung sich so zahlreich vorfinden. (S. Fig. 6.) In einem Falle konnte ich nachweisen, daß die Färbung gewisser Stellen direkt von geformten drüsigen Sekreten herrührte. Einige Exemplare waren nämlich durch eine dunkle Färbung der Polypen unterhalb der Krone, nur im Bereiche des Schlundrohres ausgezeichnet. Die mikroskopische Untersuchung ergab hier das Vorhandensein brauner Zellen mit körnigem Inhalt im dunkel gefärbten Bezirke des Polypen; diese Zellen waren etwas kleiner als die braun gefärbten körnigen Drüsenzellen, die ich bei Pteroeides beschrieben habe. Auch lagen sie nicht wie bei Pteroeides im Entoderm sondern im ekto- dermalen Schlundrohrepithel. Es kommen aber auch Zellen dieser Art in den ventralen (entodermalen) Mesenterialfilamenten vor. Auch im Epithel des inneren Mauerblattbelages waren diese Zellen vorhanden, aber auch hier vorwiegend im Bereiche des Schlund- rohres. Stellenweise finden sich Gruppen von Sekretkörnchen, die unter- einander in Zusammenhang treten oder die Form von kleinen Klum- pen mit feinen Ausläufern haben, so daß das Aussehen von Pigment- zellen und freien Pigmentanhäufungen oft täuschend nachgeahmt wird. Wir werden aber immerhin diese Gebilde trotz der gelegent- lichen Ähnlichkeit mit Pigmentzellen von höheren Tieren als etwas morphologisch durchaus verschiedenes betrachten müssen, da ja ein drüsiges Sekret der Träger der Färbung ist, während die Pigment- I I Beiträge z. Kenntnis d. histol. Baues von Voretilluin cynomoriuin (Pall.). 539 zelle eine Bindegewebszelle ist. Physiologisch dagegen dürften sie jedoch mit den Pigmentzellen höherer Tiere vieles gemeinsam haben. Man kann ja, wenn man will, sagen, daß die Drüsenzelle gleichzeitig als Pigment Zelle funktioniert und sie wegen dieser doppelten Funktion als Piirmentdrüsenzelle bezeichnen. Histologie. A. Allgemeiner Teil. Bevor auf den feineren Bau der einzelnen Teile der Kolonie ein- gegangen werden soll, erscheint es zweckmäßig, eine kurze Charak- teristik der beiden primären Epithelien, die am Aufbau aller Organe beteiligt sind, des Ektoderms und des Entoderras vorauszuschicken. Da die Epithelien der Coelenteraten nur von den primären Keimblättern stammen, sind wir ja wohl berechtigt, die Namen Ektoderm und Ento- derm, die ja eigentlich nur in die Entwicklungsgeschichte gehören, auch für die erwachsenen Tiere anzuwenden und verstehen daiiinter die fertigen, zum Teil hochdifferenzierten Gewebe, die histologisch wohl charakterisiert sind und sich untereinander leicht unterschei- den lassen. 1. Das Ektoderm. Das ektodermale Epithel erweist sich als sehr verschieden gebaut je nach der Region, von der wir es untersuchen und diese Verschieden- heiten im einzelnen zu beschreiben wird erst bei der Beschreibung der einzelnen Teile der Kolonie möglich sein. Hier soll vor allem das Ektodermepithel der gemeinsamen äußeren Körperbedeckung, das Ektoderm des Coenenchyms kurz charakterisiert werden. Das Ektoderm des Coenenchyms läßt zwei deutlich voneinander verschiedene Formen erkennen: die eine findet sich in der Rhachis, die andere im Stiel. Das Epithel der Rhachis ist ein Zylinderepithel, das der Haupt- masse nach aus sehr schmalen und ziemlich hohen Zellen besteht. Dieses Epithel besitzt im Mittel eine Höhe von 0,035 mm. Die Zellkerne liegen in sehr verschiedenen Höhen, doch meist der Basalfläche des Epithels genähert, so daß das bekannte Bild eines mehrschichtigen Epithels entsteht; in Wirklichkeit ist das Epithel bloß mehrreihig. Die Zellkerne sind stets elliptisch, in der Längsachse 0,0045 mm, in der Querachse 0,0025— 0,0035 mm groß. Im Plasma der Zellen lassen sich sehr zarte und dichte Körnerstrukturen wahrnehmen. 540 Albert Niedermeyer, Interstitielle Zellen, die nicht die freie Fläche des Epithels erreichen, werden an der Basalfläche vorgefunden, Deckzellen von der Form, wie sie Kassianow (27) beschreibt, konnte ich ebenfalls wahrnehmen. Am häufigsten waren sie im oberen Teile der Khachis, wo das Epithel oft tiefe, geradezu kryptenartige Falten bildet. (Fig. 1.) Sie sind sehr schmal und verbreitern sich gegen die freie Epithel- fläche hin ein wenig und tragen außen einen tischplattenförmigen Auf- satz, der mehrere Zellen überdeckt. An ihrer Basis besitzen diese Zellen feine Fortsätze, die man besonders dort, wo sie sich von der darunter liegenden Mesogloea abgehoben haben, deutlich wahrnehmen kann. (Fig. 3.) Ob diese feinen Fortsätze nur zur Verankerung der Zelle dienen, oder mit der subepithelialen Nervenschicht im Zusammenhange stehen, ist schwer zu sagen, doch scheint mir eher das erstere zuzutreffen, da eine Verbindung von Deckzellen mit nervösen Elementen sich physio- logisch kaum recht erklären ließe. Von polaren Differenzierungen der Zellen des Ektodermepithels ist zu erwähnen, daß sich an der freien Fläche Cuticularbildungen deutlich beobachten lassen. Am schönsten waren solche an Schnitten durch Tentakel und durch das Mauerblatt zu sehen, wo das Epithel meist in feine Falten gelegt ist (Fig. 4 und 12), aber auch im Ektoderm des Coenenchyms. (Fig. 2.) Es ist hier ein äußerst feiner Cuticularsaum vorhanden, der auch die verbreiterten Enden der Deckzellen über- zieht; es hat den Anschein, als ob er von außerordentlich feinen Poren durchbohrt wäre, die darauf hindeuten, daß hier beim lebenden Tiere eine, wenn auch sehr zarte Bewimperung verhanden gewesen sein mußte. Wir haben es hier mit einer »crusta« im Sinne Pütters (23) zu tun, da sie im Gegensatze zu einer echten Cuticula gegen das Innere der Zellen nicht scharf abgegrenzt erscheint. Eine derartige »crusta« besitzt das Epithel der Aktinien regelmäßig. Bei Alcyonarien sind solche Strukturen noch nicht genau beobachtet worden, doch beruht dies lediglich darauf, daß sie hier nur viel subtiler und daher schwieriger zu beobachten sind; vorhanden sind sie aber ebenso wie bei den Ak- tinien. Wir werden im folgenden noch öfters Gelegenheit haben, zu sehen, daß bei genügend genauer Beobachtung hinlänglich fein kon- servierter Schnitte die histologischen Unterschiede zwischen den beiden Hauptgruppen der Anthozoen sich bedeutend reduzieren lassen und im feineren Bau sonderlich tiefgreifende Unterschiede zwischen beiden gar nicht bestehen. Beiträge z. Kenntnis d. liistol. Baues von Veretillum cynomorium (Fall.), 541 Wenn mau in Toto- Präparaten das Epithel bei starken Vergröße- rungen von der Fläche her betrachtet, so beobachtet man eine außer- ordentlich fein granulierte Struktur, die wahrscheinlich mit der eben beschriebenen, an Schnitten beobachteten Cuticularstruktur identisch ist. Was die Frage der Bewimperung des Epithels betrifft, so habe ich Flimmerung wohl direkt nicht feststellen können, und Unter- suchungen an frischem Material zu machen, die darüber hätten Auf- schluß geben können, war leider nicht möglich. Bei Pteroeides habe ich keine Spur von Bewimperung finden können. Hickson (16) hat bei Alcißmium diijitatum ebenfalls keine gefunden, auch Kölliker spricht sich gegen ihr Vorhandensein aus, gibt aber zu, daß die Ekto- dermzellen auch »Flimmerung zeigen können« (S. 424). Die bei Vere- tillum vorgefundene Struktur der Crusta läßt es aber immerhin als glaubhch erscheinen, daß beim lebenden Tiere das Ektoderm eine Flimmerung besitzt, mag sie vielleicht auch schwach sein, und dies körmte wohl mit Recht als ein primitiver Charakter angesehen werden, aus Gründen, die noch erörtert werden sollen. Um derartige Strukturen des Epithels mit einiger Deutlichkeit sehen zu können, ist es am besten, die Schnitte mit der Goldchlorid- Imprägnationsmethode nach Apathy zu behandeln. Man kann dann an solchen Stellen, an denen das Epithel schräg getroffen ist, daß seine freie Fläche sich zum Teil in Oberflächenansicht darbietet, auch das Schlußleistennetz deutlich sehen. Es gelingt auch Basalkörner zu finden, die ja offenbar auf eine Bewimperung hindeuten. Solche Basalkörner findet man natürlich in der schönsten Ausbildung im Epithel des Schlundrohres der Polypen, wo ja Flim- merung allseitig vorhanden ist. (Fig. 5.) Die Basalkörner sind hier in doppelter Reihe gelegen (Diplochondren) und im Inneren der Zellen sieht man die Wurzelfasern der Flimmerhaare als deutlich ausgebildete Chondriomiten, die zu den Basalkörnern hinführen und mit ihnen den kinetischen Apparat der Flimmerhaare bilden. (Wie die Basalkörner physiologisch funktionieren, ob sie für die Flimmerbewegung ein kine- tisches Zentrum darstellen oder nicht, darauf kann hier nicht ein- gegangen werden; bei Pütter (23) findet sich über diesen Gegenstand alles sehr schön zusammengestellt.) Die letztgenannten feinen Strukturen im Inneren der Zellen ließen sich in den Epithelzellen des Coenenchyms nicht nachweisen. In den Zellen des ektodermalen Epithels findet man oft allerhand Einschlüsse, Vakuolen, Sekrettröpfchen und Fettkügelchen, die meist in Gruppen zusammenliegen, gewöhnlich nahe der freien Epithelfläche. 542 Albert Niedermeyer, Von polaren Differenzierungsprodukten des Epithels finden wir im Ektoderm des Coeno'arks auch Muskelfasern an der Basalseite der Zellen, allerdings nicht häufig und nur sehr schwach ausgebildet, so daß sie der Beobachtung leicht entgehen können. (Fig. 2.) Daß das Epithel der allgemeinen Körperbedeckung auch eine Muskelschicht besitzt, ist bei Pennatuliden durchaus ungewöhnlich. (Vgl. KÖLLIKER, S. 424.) Ektodermale Epithelmuskeln kommen sonst nur in den Polypententakeln, der Mundscheibe und allenfalls im oberen Teile des Mauerblattes vor. Wir finden also in dieser Ausbildung des Epithels von Veretillum einen Charakter, in dem es sich von anderen Pennatuliden unterscheidet. Von den übrigen histologischen Elementen des Ektoderms des Coenenchyms sind folgende zu erwähnen: 1. Drüsenzellen, unter denen sich verschiedene Typen unter- scheiden lassen, die noch ausführlicher « beschrieben werden sollen. Teils sind es schmale längliche mit netzförmiger oder körniger Struktur des Inhalts, teils sind es große, rundlich-ovale vom Typus der Becher- zellen, die sehr hell erscheinen und ein sehr feines, schwach färbbares, weitmaschiges Plasmanetz enthalten. Die Größe der Becherzellen beträgt 15 — 20 /< in der Länge, 9 — 11 i^i in der Breite; die der läng- lichen Drüsenzellen 30 — ^35 f^i in der Länge, 5 f.i in der Breite. Die Becherzellen verleihen durch ihren Reichtum dem coenenchymalen Epithel der Rhachis zum größten Teil sein charakteristisches Aus- sehen, denn im Epithel des Stieles kommen sie nicht vor, sondern andere Formen von Drüsenzellen. (Fig. 1.) 2. Sinneszellen sind sehr spärlich vorhanden, was ja nicht Wunder nehmen kann, da das Epithel des Coenosarks mit der Außen- welt nicht so in Berührung kommt, wie das der Polypen. Als Sinnes- zellen spreche ich sehr schmale, mit einem feinen Fortsatze an der freien Seite versehene Zellen an, die sich am häufigsten in der Um- gebung der Becherzellen finden, welche letztere oft von einer Anzahl schmaler Epithelzellen gewissermaßen knospenartig umgeben sind; zwischen diesen Stützzellen sind vereinzelt die eben beschriebenen Zellen vorhanden, die sich auch mit Goldchlorid dunkler färben als ihre Umgebung und nach ihrem ganzen Verhalten für nichts anderes als für Sinneszellen angesehen werden können. (Fig. 1, 2 und 4.) 3. Nervenzellen und -fasern. Auch deren Vorhandensein war nur an Goldchloridpräparaten mit einiger Sicherheit zu erweisen und zwar liegen sie zwischen den Epithelzellen und der Muskelschicht, doch kommt es nicht zur Ausbildung einer sehr distinkten Nerven- Beiträge z. Kenntnis d. hiatol. Baues von Veretillum cynomorium (Pall.). 543 Schicht, sondern nur zu der eines feinen und lockeren Plexus. (Fig. 2.) Daß Nervenelemente im Ektoderm des Coenenchyms vorkommen, wird aucli nicht weiter "Wunder nehmen, da ja, wie bereits erwähnt wurde, auch Muskulatur hier angetroffen wird. Das Ektodermepithel des Stieles unterscheidet sich von dem der Rhachis in folgenden Punkten: Die Becherzellen fehlen hier, dafür sind Drüsenzellen in großer Zahl vorhanden, die denen der ersten Form von der Rhachis sehr ähneln. Das Epithel bildet hier ferner zahlreiche papillenförmige Erhebungen, während es an der Rhachis kryptenartige Vertiefungen aufweist. (Fig. 6.) Die Höhe des Epi- thels beträgt durchschnittlich 50 ^i, die der Papillen 80 — 100 /<. Die Struktur der Crusta läßt sich hier nicht mit Deutlichkeit erkennen: Goldchloridpräparate zeigen zwar, daß sie auch hier vorhanden ist, aber lange nicht so deutlich wie in der Rhachis. Es erscheint wohl die Annahme gerechtfertigt, daß die Epithelzellen des Stieles keine Flimme- rung besitzen. Mit Sicherheit ließe sich dies natürlich nur an lebenden Tieren feststellen, deren mir ja leider keine zur Verfügung standen. Ein weiterer Unterschied ist der, daß die ektodermale Muskulatur hier vollständig fehlt. Das Verhalten der Nervenschicht ließ sich nicht mit voller Sicherheit feststellen. Bei Goldimprägnation findet man ja zahlreiche sehr feine dunkel gefärbte Fasern, die sich auch verzweigen, sich aber nicht parallel der Oberfläche ausbreiten, sondern zwischen den einzelnen Zellen aufsteigen, oft die Drüsenzellen umspinnend. (Fig. 6.) Wenn diese Fasern Nervenfibrillen sind, so kann es sich beim Fehlen der Muskelschicht hier nicht um motorische sondern höchstens um sekretorische Fasern handeln. — Endlich ist zu bemerken, daß Sinneszellen in diesem Anteil des Ektoderms nicht gefunden worden sind. 2. Das Entoderm. Während das Ektoderm an den verschiedenen Stellen der Kolonie ein sehr verschiedenes Aussehen hat, so ist das Entoderm in allen inneren Hohlräumen ziemlich gleichmäßig ausgebildet und weist in seinen Elementen eine recht gleichartige Zusammensetzung auf; Unter- schiede lassen sich fast nur in der Stärke und Höhe des Epithels fest- stellen, dermaßen, daß in den stärksten Kanälen, den vier Haupt- kanälen, das Epithel am höchsten ist und eine Stärke von 50 ^i erreicht, und hier sogar mehrere Zellagen übereinander liegen können, wodurch es den Charakter eines mehrschichtigen, nicht eines mehrreihigen Epithels gewinnt; in den kleineren Kanälen nimmt es an Höhe ab und erscheint als einschichtiges zylindrisches oder kubisches Epithel, wie 544 Albert Niedermeyer, in den Hohlräumen der Polypen und Zooide, und endlich in den klein- sten Gefäßen kann es den Charakter eines flachen Endothels annehmen. Die Entodermzellen besitzen eine Höhe von durchschnittlich 8,5 /<, und ihr' Kern einen Durchmesser von 3,5//. Durch einigermaßen komplizierteren Bau sind nur die entodermalen (ventralen) Mesen- terialfilamente ausgezeichnet. Die Elemente des Entoderms besitzen ein charakteristisches Aussehen und dem einigermaßen geübten Auge fällt es nicht schwer, sie sofort von den Elementen des Ektoderms zu unterscheiden. Der Hauptmasse nach sind es kleine rundliche Zellen mit kreisrundem Kerne. Wie wir bei den Ektodermzellen stets ovale oder elliptische Kerne finden, so kehren hier immer Kerne von der genannten Form wieder, so daß wir in den Kernen schon geradezu ein charakteristisches Merkmal für die primären Epithelien besitzen. (Fig. 7.) Auch die Konsistenz des Plasmas muß bei den Zellen eine verschiedene sein, da die Entodermzellen eine ausgesprochene Affinität zu sauren Plasma- farbstoffen besitzen; auf den Schnitten erscheinen sie meist heller und das Zellplasma scheint ein weniger dichtes Gefüge zu besitzen als das der Ektodermzellen. KÖLLiKEE (4) schreibt über das Entoderm folgendes: (S. 424) »Beim Entoderma scheint da, wo dasselbe größere Höhlen auskleidet, Flimmerung Regel zu sein, ebenso können auch Nesselorgane in dem- selben vorkommen {Kofhohelemnon), deren Verteilung jedoch noch genauer zu prüfen ist. Sehr häufig sind die Entodermzellen Sitz von Pigment- und Fettkörnchen, auch können dieselben Kalkkörperchen von Otolithenform in sich erzeugen. [Virgularia, Renillaceae, Veretillidae.)<< Die angeführten Angaben Köllikers scheinen nicht in allem zuzutreffen. Von Nesselorganen hat sich im Entoderm nichts nach- weisen lassen, doch bezieht sich die zitierte Angabe freilich auf Kopho- belemnon. Die Pigmentkörnchen stammen jedenfalls vom körnigen Sekrete der Drüsen her, an denen das Entoderm auch hier recht reich ist; Fettröpfchen sind des öfteren anzutreffen. Das Vorkommen von Kalkkörperchen im Inneren von Entoderm- zellen halte ich nach allem, was ich bisher an Pennatuliden zu beobachten Gelegenheit hatte, für sehr unwahrscheinlich. Es kommen wohl kleine »Otolithen «förmige Kalkkörperchen in der dem Entoderm unmittelbar angrenzenden Mesogloeaschicht vor, doch stammen diese offenbar aus Zel- len der Mesogloea und nicht aus solchen der epithelialen Auskleidung. Es ist nun die Frage, ob den Entodermzellen eine Flimmerung zukommt, wie Kölliker annimmt. Wie schon mehrfach betont wurde, Beiträge z. Kenntnis d. histol. Baues von Veretillum cynomorium (Pall.). 545 ist es schwer, an der Hand konservierten Materiales diese Frage zu entscheiden; Macerations- und Totopräparate geben hierüber keine Auskunft, doch müssen sich, wenn Flimmerung beim lebenden Tiere vorhanden war, an guten Schnitten gewisse Strukturen des Epithel- saumes noch wiederfinden lassen; am ehesten wohl in den Hohlräumen der Polypen. Tatsächlich finden wir derartige Strukturen, wie feine Basalkörnchen (Fig. 7), die darauf hinweisen, daß auch das Ento- derm im lebenden Zustande Bewimperung besitzt. Auch Bujor (19) bildet die Entodermzellen als bewimperte Zellen ab. Zoochlorellen, die bei Alcyonarien sehr häufig im Entoderm auftreten und es in großen Massen erfüllen, habe ich bei Veretillum nicht finden können. Die untersuchten Exemplare stammten zum Teil von der afrikanischen Küste (Große Fischbucht), und es wäre nach Pratt (25) bei einer tropischen Form eigentlich das Vorhanden- sein von Zoochlorellen zu erwarten gewesen, aber auch diese Exem- plare waren völlig algenfrei. Das Entoderm bildet auch in ausgedehntem Maße Muskulatur, und zwar überall, wo die Muskulatur direkt subepithelial ist, King- oder transversale Fasern, was besonders dort auffällt, wo nach außen das Ektoderm Epithelmuskelfasern bildet, die dann longitudinal ver- laufen. Schon KöLLiKER hat auf diese Tatsache kurz hingewiesen, und auch Ashworth (17) machte eine ähnliche Beobachtung an Xenia HicJcsoni, ohne aber näher darauf einzugehen. Bei der Regelmäßig- keit dieses Verhaltens der Epithelien erscheint es mir aber nicht un- wichtig, darauf besonders hinzuweisen; es wäre doch immerhin möglich, daß es in der Entwicklungsgeschichte tiefer begründet ist, daß die Entodermzellen die Tendenz zur Bildung von Ringmuskel- fasern, und die Ektodermzellen die zur Bildung von Längsmuskel- fasern besitzen; es wäre interessant, wenn auf diesen Punkt sich die Aufmerksamkeit der Beobachter richten wollte, um vielleicht diese eigentümliche Erscheinung noch aufzuklären. Eine scheinbare Ausnahme ist vorhanden, indem die großen Längsmuskelzüge der Kolonie und die Muskelfahnen in den Septen der Polypen auch vom Entoderm her- stammen, aber wir finden, daß in solchen Fällen stets die Muskulatur in die Tiefe der Mesogloeafalten versenkt ist und epitheloiden Charakter angenommen hat. 3. Drüsenzellen. Unter den Drüsenzellen können wir nach dem Charakter ihres Sekretes Schleimzellen und Eiweißzellen unterscheiden. Auch 546 Albert Niedermeyer, im Vorkommen dieser beiden Typen von Drüsen zeigt sich eine tTber- einstimmung mit dem histologischen Bau der Aktinien. Die beiden genannten Formen lassen sich im allgemeinen ganz leicht durch ihr Verhalten den Farbstoffen gegenüber unterscheiden, doch ähneln sie in ihrer Form einander oft sehr. Es ist wohl möglich, daß Übergangs- formen zwischen diesen beiden Typen auch in physiologischer Beziehung vorkommen, so wie sie ja morphologisch nicht so ganz streng zu scheiden sind. Im großen und ganzen kann man wohl sagen, daß die Schleim- drüsen vorwiegend basophil, die Eiweißdrüsen hingegen acidophil sind. Als charakteristische Reaktionen auf Schleimzellen haben sich die Färbung mit Mucikarmin nach Mayer und die metachromatische Färbung mit Thionin bewährt, welch letztere leider nicht haltbar ist; auch das Delafieldsche Hämatoxylin gibt eine gute brauchbare Reaktion. Über das Verhalten von Drüsenzellen bei Nephthya gegenüber Farbstoffen macht Reinhardt (26) einige Angaben, die aber so irre- führend sind und falsche Vorstellungen erwecken, daß ich sie hier anführen möchte, weil sie nicht unwidersprochen bleiben sollen. Da Reinhardt mit Orcein bei einigen Drüsen eine blaue, bei anderen eine rote Färbung des Inhaltes erzielte, und da das Orcein den gleichen Farbenwechsel im Reagensglase als Indikator für Säuren und Alkalien zeigt, glaubt Reinhardt, daß man von basischen und sauer reagieren- den Drüsen reden dürfe. So einfach ist denn doch das histologische Verhalten der Drüsen nicht, daß sich derartige Reaktionen wie im Reagensglase vollziehen sollten; und wenn die Schnitte durch eine Reihe von Flüssigkeiten hindurchgeführt worden sind, die teils sauer, teils alkalisch reagieren, so muß doch die ursprüngliche chemische Reaktion der Zellen längst verändert worden sein. Jedenfalls sind die Vorgänge, die sich bei der Färbung der Zellen abspielen, viel kompli- zierterer Art, als die, die beim Farbenwechsel eines chemischen Indikators eintreten! — Im übrigen habe ich versucht, ob sich die basophilen und acidophilen Zellen dem Orcein gegenüber verschieden verhalten, doch fand ich, daß sich sämtliche Drüsenzellen mit diesem Farbstoffe in gleicher Weise rot oder rotbraun färbten. Nach ihrer ontogenetischen Herkunft haben wir noch die ekto- dermalen Drüsen den entodermalen gegenüberzustellen. Auf Grund ihrer charakteristischen morphologischen und färbe- rischen Merkmale lassen sich eine Reihe verschiedener Typen von Drüsenzellen gegeneinander abgrenzen: 1. Die Drüsenzellen des kolonialen ^ Ektoderms der Rhachis. 1 D^r Ausdruck »koloniales Ektoderm« erscheint mir für das Ektoderm Beiträge z. Kenntnis d. liistol. Baues von Veretillum cynomoriiim (Pall.). 547 2. Die des Tentakel-Ektoderms. 3. Die des Mauerblatt-Ektoderms, 4. Drüsen der Mundscheibe und des Schlundrolires; unter ihnen sind wiederum mehrere Formen zu unterscheiden. 5. Drüsen des Stieles. 6. Der dorsalen Mesenterialfilamente. 7. Der ventralen Mesenterialfilamente. 8. Der allgemeinen Entodermauskleidung. Die Drüsen des kolonialen Ektoderms (Fig. 1 und 2), die in außer- ordentlicher Menge vorhanden sind, sind Becherzellen, und wie ihre Färbbarkeit mit Mucikarmin beweist, Schleimzellen, doch jedenfalls solche ganz besonderer Art. Mit Delafieldschem Hämatoxylin färben sie sich im allgemeinen nicht, nur bei einigen ließ sich ein schwach blau gefärbtes, weitmaschiges Netz erkennen, zwischen dessen Maschen sich zweifellos noch eine ungefärbte, wahrscheinlich kolloide Substanz befinden mußte, da die Zellen prall gefüllt aussahen. Thionin färbt sie so gut wie garnicht, dafür nehmen sie Bleu de Lyon an. Da dieses ein saurer Farbstoff ist, müssen sie auch acidophile Bestandteile ent- halten. Ganz ungefärbt bleiben sie bei folgenden Färbungen: Heiden- hainsches Eisenhämatoxylin, Biondi und Gold-Imprägnation. Wir werden diesen Drüsen wohl eine spezielle Funktion zuschreiben müssen, die sich nur durch physiologische Experimente wird erweisen lassen; doch möge es gestattet sein, im Folgenden wenigstens eine Vermutung darüber auszusprechen. Im Tentakel-Ektoderm sind Drüsen nicht gerade häufig, doch lassen sie sich durch Mucikarmin nachweisen, es sind also Schleim- drüsen. Sie ähneln sehr den oben beschriebenen, sind aber kleiner und mehr rundlich. Hierher gehören auch die Drüsenzellen des Mauerblattes der Polypen, die meist im äußeren Teile der Ektodermf alten sitzen; auch sie sind nicht sehr zahlreich. Im Schlundrohre und in der Mundscheibe kommen zahlreiche Drüsen vor, die in beiden Regionen gleich sind, jedoch mehrere Typen unterscheiden lassen : a) schmale Zellen mit körnigem Sekret, ohne Schleim. Muci- karmin färbt sie nicht, mit Goldchlorid imprägnieren sie sich tief dunkel. Gegenüber der Färbung mit Delafield-van Gieson verhalten sie sich des Coenosarks ganz passend im Gegensatz zu dein der Polypen- und Zooidindi- viduen, da wir ja aiieh z. B. individuelles und koloniales Nervensystem unter- scheiden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 37 548 Albert Niedermeyer, nicht gleich, bald färben sich die Sekretkörner hellgelb, bald heller oder dunkler braun. Mit Thionin werden sie sehr dunkel. Diese Drüsen bilden die Hauptmasse der Drüsenzellen des Schluudrohres. Die mit Delafield dunkel gefärbten sind mehr rundlich und tiefer ge- legen und bilden wohl einen Übergang zur nächsten Form. b) rundliche Schleimzellen, die die Reaktionen mit Thionin und Mucikarmin geben. Sie sind in geringerer Anzahl vorhanden. c) ziemlich kleine Drüsenzellen mit homogen erscheinendem Inhalt, die sich mit Thionin blau, mit Delafield- van Gieson braun färben. Goldchlorid imprägniert sie sehr kräftig. Diese Zellen kommen vorwiegend im unteren Teile des Schlundrohres vor und sind anschei- nend identisch mit gleich aussehenden Drüsen der Mesenterialfila- mente. Da sie durch Mucikarmin gefärbt werden, so dürfte ihr Sekret auch schleimartig sein, jedenfalls nehmen sie eine Mittelstellung zwischen basophilen und acidophilen Zellen ein. Kassianow (27) beschreibt noch in der Tiefe des Epithels »un- entwickelte Drüsen«, nach seiner Beschreibung ist es aber nicht aus- geschlossen, daß er nur teilweise getroffene Drüsenzellen dafür an- gesehen hat. Im Stiele finden sich auch mehrere Formen von Drüsenzellen vor, die den bei Pteroeides beschriebenen sehr ähneln und die jedenfalls nur verschiedene Phasen des Sekretionszustandes darstel- len. Deutlich lassen sich nur zwei Typen sondern, größere läng- liche, sehr schmale und kleine rundliche Zellen. Ihr Sekret ist schleimig, und wird von Mucikarmin gefärbt und verhält sich anderen Farbstoffen gegenüber basophil; das Aussehen der Drüsenzellen ist ein stark granuliertes. Sie finden sich auf Epithelpapillen vor, die über den ganzen Stiel verteilt sind. (Fig. 6.) Die Anordnung dieser Drüse n- papillen des Stieles ist die gleiche wie bei Pteroeides: Im basalen Teile des Stieles sind sie rundlich oder polygonal geformt, im oberen, der Rhachis angrenzenden Teile des Stieles sind sie mehr länglich, wulst- artig, in der Richtung senkrecht zur Längsachse der Kolonie gestreckt. In den dorsalen Mesenterialfilamenten wurden basophile Becher- zellen (Schleimzellen) beobachtet, die alle Schleimreaktionen gaben. In den ventralen Mesenterialfilamenten treten, obgleich sie ento- dermal sind, die drei gleichen Typen von Drüsenzellen auf wie im Schlundrohre: a) basophile, mit Körner- oder Netzstruktur, wohl je nach der verschiedenen Sekretionsphase, b) acidophile mit körnigem, c) neutrale mit homogenem Inhalte. Das allgemeine Entoderm enthält im Gegensatze zu Pteroeides Beiträge z. Kenntnis <1. histol. Baues von Veretilhun cynoniüiiuni (Pall.). 549 nur sehr wenige Drüsenzellen und die vorhandenen sind typische Schleimzellen und gleichen nicht im geringsten den braun gefärbten Pionientdrüsenzellen von Pteroeides. Pigmentierte Drüsenzellen finden sich bei Veretillum im Ektoderm und es scheint, daß gewissen Zuständen der Sekretion der ektodermalen Drüsen eine dunklere Pigmentierung entspricht. Außer dem Schleim, der als intracytäre Differenzierung in den Drüsenzellen auftritt, finden wir an bestimmten Stellen des Körpers regelmäßig extracytäre Schleimüberzüge vor, die in dünner Schicht das Epithel bedecken. So finden sie sich z. B. im Schlundrohr der Autozooide und der Siphonozüoide, bei letzteren jedoch nur an der Dorsalseite, da die Ventralseite von der Siphonoglyphe eingenommen wird. An dieser Stelle möge auch die Frage erörtert werden, was die »globules spheriques« sein mögen, die Bujor (19) bei Veretillum be- schreibt. BuJOR schreibt über diese Gebilde : >>0n sait, que les Veretilles sont phosphorescentes. Une parti- cularite caracteristique de tous les elements cellulaires de ces animaux c'est" leur richesse en petites gouttelettes spheriques de differentes ■grandeurs, qui ont seulement l'apparence de la graisse et qui doivent contribuer ä la phosphorescence. << >>En outre dans toute la colonie on trouve en grande abondance des gros globules spheriques, lesquels renferment les memes goutte- lettes et doivent contribuer aussi ä la phosphorescence. Lorsque ces gouttelettes s'echappent des cellules et des vesicules, qui les renfer- ment, elles presentent des mouvements browniens plus ou moins rapides. << Die Tröpfchen von Fett, die in den Geweben vorkommen, kann BüJOR nicht gemeint haben, dagegen spricht sowohl die ganze Schil- derung wie insbesondere die Abbildung, die er von den »globules spheri- ques« gibt. Es wäre nun meines Erachtens nicht unmöglich, daß die fraglichen Gebilde rundliche Drüsenzellen sind, wie wir sie im Ekto- derm der Tentakel und des Mauerblattes gefunden haben (Typus 2 u. 3) die »gouttelettes«, die in ihnen vorkommen, wären sonach Körnchen eines Sekretes, das die Fähigkeit zu leuchten besitzt. Solche Körnchen finden wir, wie schon erwähnt, auch mehrfach außerhalb der Zellen vor, auch finden sie sich noch in verschiedenen anderen Drüsenzellen. Andere Gebilde, die mit den »globules spheriques« identisch sein könnten, habe ich weder auf Schnitten noch in Macerations- oder Toto- präparaten finden können, wohl aber fand ich in letzteren, besonders 37* 550 Albert Niedermeyer, im Tentakelektoderm rundliche leicht gelblich oder bräunlich gefärbte Zellen, die ganz den von Bujor geschilderten Gebilden entsprachen und sich als Drüsenzellen vom Typus 2 und 3 erwiesen. Auch Panceri (5) hält fettartige Kügelchen für die Ursache des Leuchtens, die in acht »cordoni luminosi« (damit sind die Ansätze der Septen am Schlundrohr und der Mundscheibe gemeint) angeordnet seien, ferner fand er Zellen mit »granulazioni albuminoidi <<, die eben- falls am Leuchten beteiligt sein sollen. Einige Abbildungen, die er von den beiden genannten Zellformen gibt, weisen eine ganz über- raschende Ähnlichkeit mit unseren Drüsenzellen auf. Panceri will von einer Beteiligung von Drüsen am Leuchten nichts wissen, doch lassen seine Abbildungen wirklich kaum einen Zweifel darüber aufkom- men, daß es sich auch hier um drüsige Organe handelt. Nur eine Angabe Panceris läßt sich mit dieser Annahme nicht ganz leicht in Übereinstimmung bringen, nämlich die, daß die »materia grassa« beim Konservieren in Alkohol aus den Geweben verschwindet. Die Frage, ob in den lebenden Drüsenzellen sich etwa noch Elemente befinden, die durch Alkohol aufgelöst werden, aufzuklären, ist mir infolge des Mangels lebenden Materials nicht möglich gewesen. Immer- hin glaube ich die leuchtenden Elemente, die Panceri abbildet und die »globules spheriques« Bujors für Drüsenzellen ansehen zu dürfen, in Übereinstimmung mit den Ansichten, die vom Verfasser bei Ptero- eides über die Drüsenzellen und ihren Zusammenhang mit der Phos- phoreszenz geäußert worden sind. Auch die »großen saftreichen und körnigen Leuchtzellen«, die Korotneff (10) bei Veretillum beschreibt, sind allen Anscheines Drüsenzellen. Veretillum cynomorium ist, wie wir gesehen haben, an Drüsen im ektodermalen Epithel ganz außerordentlich reich; es wird auch an- gegeben, daß dieses Tier ein sehr starkes Leuchtvermögen besitzt. Diese beiden Tatsachen stehen wohl in einem gewissen ursächlichen Zusammenhange, und wir werden wohl in den Drüsenzellen der Ten- takel und des Mauerblattes, und wohl auch in den so zahlreichen Drüsen des kolonialen Ektoderms, die ja den erstgenannten Formen sehr ähnlich sind, die Hauptursache des Leuchtens zu erblicken haben. Darin dürfte wohl auch die »spezielle Funktion« bestehen, von der oben die Rede war; natürlich muß diese Funktion nicht auf die drei ersten Drüsenformen beschränkt sein, sondern kann vielleicht mehr oder weniger auch den anderen zukommen. Für die Annahme, daß die geschilderten Drüsen die hauptsächlichen leuchtenden Organe sind, spricht ihr histologisches Verhalten auch Beiträge z. Kcimtnis d. liistt)!. Baiu-s von Veretilluiu cynoinoriuin (l'all.)- 551 insoferne, als die Hauptmasse ihres Inhaltes keine Färbungen an- ninimt, also eine ganz spezifische chemische Substanz darstellt. Dies erinnert au die »negative Färbung« von Leuchtzellen, wie sie Kut- SCHERA (29) bei Ächoloe astericoln beschreibt. (Vergl. die angeführte Arbeit über Pteroeides.) B. Spezieller Teil. Im folgenden Abschnitte sollen nun, nachdem die Epithelien und ihre Elemente beschrieben sind, die einzelnen Teile der Kolonie im Speziellen auf ihren histologischen Aufbau untersucht werden, und zwar zunächst die Individuen, die Polypen und Zooide, und dann die Organe des Coenenchyms. 1. Die Polypen. An den Polypen unterscheiden wir Tentakel, Mundscheibe, Schlund- rohr, Mauerblatt, Septen und Mesenterialfilamente. Die Terminologie wird noch immer nicht von allen Autoren einheitlich gehandhabt, und es herrscht bei einigen, z. B, Koeotneff (10) eine ziemliche Verwirrung in der Bezeichnungsweise. Korotneff spricht bei Veretillum von »Kelchen« der Polypen, und meint damit offenbar die Mundscheibe, Was wir unter einem >>Kelch << verstehen, in dem Sinne, wie nach Küken- thal und Broch die Terminologie der Pennatuliden anzuwenden ist, gibt es bei Veretillum nicht. — Die Beschreibung des feineren Baues der Polypen von Veretillum cynomorium, die Korotneff gegeben hat, ist im Ganzen sehr unklar und verworren und entspricht auch in Einzel- heiten, auf die wir später noch zurückkommen, nicht den Tatsachen. a) Die Tentakel der Polypen eignen sich ihrer Durchsichtigkeit wegen sehr gut zum Studium des histologischen Aufbaues an Toto- Präparaten in Glycerin. Infolge ihrer Funktion als Sinnes- und Be- wegungsorgane ist ihr Aufbau besonders kompliziert und bietet recht interessante Verhältnisse dar, die schon des öfteren zum Gegenstande des Studiums gemacht worden sind. Die Tentakel von Veretillum hat Erdl (2) schon 1841 histologisch untersucht, doch war er wegen der Un Vollkommenheit der damaligen histologischen Methoden noch nicht in der Lage, alle seine Beobachtungen richtig zu erklären, immerhin hat er aber bereite manche Einzelheiten richtig gesehen und abgebildet. Die äußere Form der Tentakel unterscheidet sich in manchen Punkten von der bei Pteroeides beobachteten. Es finden sich beim erwachsenen Polypen 14 — 15 Pinnulae zu jeder Seite des Tentakels und es scheint diese Anzahl eine gewisse Konstanz zu besitzen. Von 552 Albert Niedermeyer, diesen Pinnulae sind die distalen sehr lang und nicht mehr ganz regel- mäßig angeordnet, wie dies bei den proximalen der Fall ist. So kom- men hier in der Tat Formen zustande, die es verstehen lassen, daß Vogt und Young (13) von »hirschgeweihartigen Verzweigungen der Tentakel« sprechen können, wiewohl auch hier eine mehrfache Ver- zweigung nie gesehen wird. (S. Fig. 8.) Die Wachstumszone der Pinnulae liegt auch hier wieder, wie die der ganzen Kolonie, basal. An den Tentakeln, vor allem an den Fiederchen, kann man an Totopräparaten Epidermiswülste beobachten, die eine ganz bestimmte Anordnung besitzen, wie sie in der Fig. 8 wiedergegeben ist, und die dem Tentakel sein charakteristisches Aussehen verleiht. Wenn man diese Epidermiswülste an kontrahierten Tentakeln betrachtet, so ver- mögen sie den Eindruck hervorzurufen, als wären die Pinnulae noch- mals gefiedert. An ausgedehnten Tentakeln dagegen, wo sie mehr zerstreut liegen, erkennt man deutlich, daß man es mit Nesselwülsten zu tun hat. Diese Nesselwülste sind derart angeordnet, daß sie im proximalen Teile der Tentakel rundliche Flecke bilden, distalwärts und an den Pinnulae dagegen ringförmig den Tentakel, bzw. die Pin- nulae zu umgreifen scheinen. Die äußersten Enden der Tentakel, sowie die letzten Pinnulae sind frei von diesen Wülsten; die Nessel- kapseln sind hier gleichmäßig und spärlich verteilt. Vom Ektoderm der Tentakel ist folgendes zu berichten: Das Epithel besitzt eine nicht unbeträchtliche Höhe, von 25 — 60 ^i und es finden sich eine ganze Anzahl I^agen von Zellkernen übereinander. Nach den Abbildungen Kassianows dagegen erscheint es niedrig, mit größeren Zwischenräumen zwischen den Zellen. Es scheint nach dieser Abbildung, als ob sie von schlecht konserviertem Material ge- wonnen wäre. — Wenn man die Tentakel an durchsichtigen Stellen bei starken Vergrößerungen von der Fläche her betrachtet, so beob- achtet man an ihnen eine außerordentlich feine körnige Struktur der Oberfläche des Epithels. Diese Struktur ist meines Erachtens nichts anderes als die Cuticularstruktur, die man auf Schnitten beobachten kann, und an der man sowohl feinste Poren, wie Basalkörner unter- scheiden kann. Deren Vorhandensein ist wohl beweisend für eine im Leben vorhandene Bewimperung, und tatsächlich ist eine solche nach Erdls Beobachtungen an den Tentakeln lebender Tiere in sehr reichem Maße vorhanden. — • Die Form der Deckzellen des Tentakelepithels fand ich so, wie Kassianow sie beschreibt. Sinneszellen sind sehr reichlich vorhanden (Fig. 4), besonders an den Enden der Pinnulae. Das Vorkommen von Drüsenzellen bestimmter Form wurde bereits Beiträge z. Kenntnis d. liistol. Baues von Veietillum cynomorium (Pall.). 553 festgestellt. Die Drüsenzellen kommen auch in den Nesselwülsten vor. In Totopräparaten finden wir große körnige Zellen, offenbar Drüsenzellen, die ganz den »saftreichen Leuclitzellen « Korotneffs entsprechen; ihr Durchmesser ist 12 — 15//, ihre Form rundlich; häu- figer finden sie sich im distalen Teile der Tentakel. Bei kontrahierten Exemplaren erscheinen sie viel kleiner und von sphärischer Gestalt. Ihr Inhalt ist gelblich gefärbt, ihre Größe hier nur 6,5 — 8 ,« im Durch- messer. Ich glaube, annehmen zu können, daß sie mit den erwähnten »globules spheriques« identisch sind. Die Nesselzellen sind hier größer als bei Pteroeides und lassen die Ein^ielheiten ihres Baues deutlicher wahrnehmen. Sie sind 6 — 8 fi lang und 3 — 4 n breit, erscheinen dem Auge des Beobachters gewöhnlich sehr hell, und besitzen, wie man mit Immersion feststellen kann, Cnido- cile. Deren Vorhandensein wird von Kassianow bestritten. Cnido- blasten finden sich überall vor, mit einem halbmondförmigen, der Nesselkapsel anliegenden Kerne versehen. Am untersten Teile der Tentakelbasis erscheinen die Cnidoblasten überwiegend, die Nessel- kapseln gleichmäßiger und weniger zahlreich über die Oberfläche verteilt. — Die bessere Ausbildung der Nesselkapseln bei Veretillum im Vergleich zu Pteroeides scheint mir dafür zu sprechen, daß bei der letzteren Form eine starke Rückbildung der Cniden stattgefunden hat, die doch sonst bei primitiven Cnidariern, z. B. Hydra sehr wohl ent- wickelt sind. Die Nesselorgane finden sich, wie bereits erwähnt wurde, in eigen- tümlichen Nesselwülsten gehäuft vor, die einen komplizierten Bau besitzen. An ihren Enden finden sich Sinneszellen häufig und es läßt sich eine, wenn auch nur äußerUche Ahnhchkeit mancher Nesselwülste mit Hautsinnesknospen gewisser wasserlebender Tiere nicht leugnen. Auch Drüsenzellen finden sich hier vor, ferner feine Fibrillen, die gegen die Basis des Epithels zu verlaufen. Diese Faserbündel divergieren nach außen, sind mitunter verzweigt, und stehen in Beziehung zu den Nesselkapseln, wie auch zu den Sinneszellen und Drüsenzellen, wenn auch ein direkter Zusammenhang sich nicht hat erweisen lassen. Es erscheint aber trotzdem als sehr glaublich, daß wir es hier mit Nerven- fasern zu tun haben, und wir finden auch spindelförmige und poly- gonale Zellen darunter, die wir als Ganglienzellen zu deuten haben werden. Manche der Fasern führen zu der subepithelialen Muskulatur hin, was unsere Annahme bekräftigt, (Siehe Fig. 4.) Es ist hier also ein Nervensystem vorhanden, von dem die Muskeln Sinnes- und Nesselzellen, und wahrscheinUch auch die Drüsenzellen 554 Albert Niedermeyer, innerviert werden. Auch über die ganze Fläche (Oralseite) der Ten- takel verbreitet sich ein deutlich entwickelter Nervenplexus, der dem Ektoderm angehört. Dieser reiche Plexus ist besonders unter den Nesselanhäufungen entwickelt, die von seinen Fasern dicht umsponnen werden. An einer Stelle, an der das Präparat zerrissen war, fand ich schön isolierte Ganglienzellen und Nervenfasern. (Fig. 11.) Es ist also ein wohl ausgebildetes individuales Nervensystem vorhanden, das sich in den Tentakeln besonders schön studieren läßt. Vom Entoderm der Tentakel ist Besonderes nicht zu erwähnen. Eedl gibt an, daß es ebenfalls lebhaft flimmern soll, und dem würden ja auch die bei der allgemeinen Beschreibung des Entoderms von mir angeführten Tatsachen entsprechen. Eine besondere Betrachtung erfordert bei den Tentakeln die Mus- kulatur. Diese ist nämlich bei Veretillum sehr wohl ausgebildet und eignet sich besonders gut zum Studium. An Totopräparaten erkennt man deutlich die Längsmuskulatur. Die Fasern nehmen oft keinen geraden Verlauf, sondern sind mehr oder weniger gewunden. Nach Reinhardt (26) scheiden die Ektodermzellen der Nephthyiden an ihrer Basis Längsmuskelfasern aus, die in zwei Längsstreifen ange- ordnet sind, die die Mittellinie freilassen. Ein derartiges Verhalten habe ich bei Veretillum nicht beobachten können. — Außer den Längs- fasern findet sich in den Tentakeln eine deutlich entwickelte Ring- muskulatur. Diese ist allerdings viel schwächer als die Längsmusku- latur und daher meist übersehen worden. Erdl (2) hat sie richtig ge- sehen und abgebildet, stellte sie sich aber als spiraligen Faden vor, der den Tentakel durchläuft. Man erkennt an sehr durchsichtigen Stellen, daß die etwas länglichen Kerne der Ringmuskelfasern mit ihrer Längsachse senkrecht zu denen der Längsmuskelfasern stehen (Fig. 10); ferner sieht man die Ringfasern bei tieferer Einstellung deuthcher als die Längsfasern. Daher erscheint es von vornherein wahr- scheinlich, daß die ersteren dem Entoderm, die letzteren dem Ekto- derm angehören. Eine entodermale Ringmuskulatur der Tentakel wurde aber bisher an Alcyonarien nur bei Kenia von Ashworth (17) beschrieben. Nach HiCKSON (16) und KL^ssianow fehlt sie. An Schnitten kann man nun ganz einwandfrei feststellen, daß die Längsmuskulatur ekto- dermal ist, wie dies ja auch Kassianow angibt, die Ringmuskulatur dagegen entodermal. Seine Angabe, daß das Entoderm der Tentakel von Veretillum muskellos sei, ist daher unrichtig. Auch hierin stimmt Veretillum^ wie vielleicht überhaupt alle Alcyonarien, mit den Aktinien Beiträge /. Kenntnis d. Iiistol. Baues von V'crctilliun cyiionioriiun (Pall.). 555 Überein, in deren Tentakeln die Muskulatur das gleiche Verhalten be- sitzt. Interessant wäre es entschieden, zu untersuchen, ob sich bei allen Alcyonarien diese Feststellung machen läßt, oder ob sich das ge- nannte Verhalten nur bei den primitiveren Formen findet und die abgeleiteten die entodermale Ringmuskulatur verloren haben. Auch in den Pinnulae ist die Muskulatur deutlich zu erkennen und zeigt die gleiche Ausbildung, wie im Stamme der Tentakel. Die Eiugnmskulatur ist allerdings im basalen Teile der Tentakel deut- licher und scheint im distalen Ende und in den Pinnulae zu verschwin- den, doch läßt sie sich bei hinreichend genauer Untersuchung von Totopräparaten, wie auch an Schnitten, auch noch hier nachweisen. "Wir können also die Tatsache feststellen, daß die Tentakel von Veretillum eine kräftig entwickelte Muskulatur besitzen, und daß deren Ausbildung mit einer starken Entwickelung des Nervensystems Hand in Hand geht. In der Mesogloea der Tentakel wurden des öfteren eigenartige ringförmige Versteifungen der Tentakelwandung gefunden, wie sie bisher noch nicht beschrieben worden sind. Es sind Falten in der Mesogloea, die bei der Färbung des Präparates mit Bleu de Lyon sehr stark hervortraten (Fig. 9). Es lag nahe, sie für bloße Kontraktions- falten anzusehen, doch findet man sie auch in unkontrahierten Ten- takeln. Auch an ungefärbten Präparaten sind sie deutlich zu erkennen. Ihre Anordnung ist eine ziemlich regelmäßige. Wenn man Schnitte durch die Tentakel untersucht, dann erkennt man, daß es sich nicht um bloße Kontraktionsfalten handeln kann, sondern um wirkliche innere Vorsprungsbildungen, die eine ständige Erscheinung bilden und offenbar zur Versteifung der Tentakel dienen. In den Tentakeln, wie auch in den Fiederchen, kommen auch ganz kleine Spicula vor, von sphärischer oder ovaler, bzw. ellipsoidischei Form. Erdl (2) hat sie auch gesehen und abgebildet, bezeichnet sie aber als »kleine Bläschen«, doch geht aus der Abbildung und seiner Beschreibung hervor, daß er die Spicula gesehen hat. Von Kassianow ist die Frage aufgeworfen worden, ob die »orale « Seite der Tentakel sich in ihrem histologischen Bau von der »aboralen << Seite unterscheidet. Schon Kölliker fand, daß die »konkave << ( = orale) Seite ein stärker entwickeltes Epithel und reichhchere Muskulatur besitzt als die »konvexe« (= aborale) Seite. Diese Unterschiede habe ich auch wiedei gefunden, das Ektodermepithel der oralen Seite ist höher (75 — SO fi an der höchsten Erhebungen), als das der aboralen Seite (50 — 56 /t an den höchsten Papillen). Auch die Muskulatur ist 556 Albert Niedermeyer, stärker entmckelt, ebenso das Nervensystem und die Sinneszellen, die sich aboral nur äußerst spärlich finden. Die Pinnulae (von Erdl »Tastläppchen << genannt) unterscheiden sich in ihrem histologischen Aufbau nicht von Stamme der Tentakel. Eine merkwürdige Erscheinung konnte ich aber an den letzten Fieder- chen des distalen Endes beobachten, die sich schon durch ihre äußere Form von den übrigen unterscheiden. Hier war das ganze Gewebe viel lockerer, die Zellgrenzen undeutlich geworden, histologische Ein- zelheiten ließen sich viel schwerer beobachten und die ganze geweb- liche Differenzierung erschien herabgesetzt. Wie man auf Fig. 8 sehen kann, fehlen hier auch die Nesselwülste, wenn auch Nesselkapseln noch spärlich verteilt vorkommen; es können manchmal auch ganz unvermittelt wulstartige Verdickungen auftreten. Das Ganze macht den Eindruck, als hätten wir es mit Anzeichen einer gewissen Degene- ration des äußersten Endes zu tun ; da die Wachstumszone der Pinnulae an der Basis der Tentakel liegt, so ist diese Erklärung nicht von der Hand zu weisen, denn die distalen Pinnulae sind ja auch die ältesten. Es wäre aber immerhin möglich, daß diese Erscheinung nur eine ge- wisse Arbeitsteilung der Fiederchen darstellt, und daß die distalen Pinnulae eine andere Funktion besitzen als die proximalen. Darüber könnten bloß experimentelle Untersuchungen am lebenden Tier Klar- heit verschaffen. So viel über die Tentakel der Polypen. b) Die Mundscheibe. In der Mundscheibe geht das Epithel langsam in das des Schlundrohres über. Da nach Kassianows Unter- suchungen hier das Zentrum des individualen Nervensystems der Alcyonarien zu suchen ist, so hat er dieser Region seine besondere Aufmerksamkeit zugewendet. Ich kann mich daher auf die eingehen- den und ausgezeichneten Untersuchungen von Kassianow berufen, gegen die ich keine widersprechenden Befunde anzuführen habe. Nur die Form der Epithelelemente war auf meinen Schnitten nicht ganz die gleiche, wie auf Kassianows Abbildung, sondern das Gefüge war dichter und stets ließen sich mehrere Lagen von Zellkernen erkennen, das Epithel ist auch hier mehrreihig, nicht einschichtig. Von der Abbildung, die Kassianow von der Mundscheibe gibt, kann wohl das Gleiche wie von der der Tentakel gelten. — Bei Pteroeides fand ich die Mundscheibe reich an braun gefärbten Drüsenzellen, die eine cha- rakteristische Anordnung besaßen. Solche Drüsen kommen auch hier vor, allerdings nicht so zahlreich und ohne die charakteristische Anordnung wie bei Pteroeides. Wir haben diese Drüsenzellen oben als Beiträge z. Kcniitiiis d. liistol. Baues von Veretillum eynonioriuiii (Fall.). 557 >>Pigineiitdiüsenzellen<< «rekennzoiclinet. Deren Vorkommen in der Miindscheibo, dein nervösen nnd sensiblen Zentralorgan der Polypen, dürfte vielleiclit mit einer neuerdings vom Physiologen R. F. Fuchs (38) geäußerten Hypothese ihre Erklärung finden, wonach die Pigmente eine Rolle als Sensibilisatoren für gewisse Formen strahlender Energie spielen. c) Das Schlund röhr ist im wesentlichen recht gut bekannt. Die Epithelzellen, ektodermalen Ursprunges, sind hier sehr schmal und hoch (bis 90//), die Zellkerne sehr dicht gedrängt. Auch dieses Epithel ist bloß ein mehrreihiges, nicht ein mehrschichtiges Zylinder- epithel. Man findet es von einer dünnen, distinkten Schleimschicht überzogen, deren Nachweis durch die bekannten Mucinreagentien er- bracht wird. Die Schnitte lassen hier deutlich Reste einer im Leben vorhandenen allseitigen Flimmerung erkennen. (Fig. 5.) Es ist ein Cuticularsaum vorhanden, in dem man eine doppelte Reihe von Basal- körnern, Diplochondren, unterscheiden kann, zu denen aus dem In- neren der Zelle heraus feine Fäden, Mitochondrien, ziehen, der kine- tische Apparat der Flimmerhaare. — Spuren einer Siphon oglyphe sind auch bei den Autozooiden nachzuweisen, indem die Bewimperung an der Ventralseite des Schlundrohres viel deutlicher ist als an den übrigen Seiten; auch besteht hier das Epithel nur aus langen Zylinder- zellen. Eine Siphonoglyphe scheint auch, allerdings viel schwächer, in der dorsalen Rinne des Schlundrohres ausgebildet zu sein, wie es bei den Aktinien regelmäßig der Fall ist. Das Schlundrohr besitzt eine kräftige Muskulatur im Entoderm, und auch Muskelzüge unter dem Ektodermepithel, die freilich sehr schwach sind und sich nicht an allen Stellen finden lassen. Eine Nerven- schicht ist vorhanden. Basale Fortsätze und Fäden zur Verankerung kommen den Epithelzellen zu. Weiterhin ist das Schlundrohr charakterisiert diirch eine große Anzahl körniger, schlanker Drüsenzellen. Es lassen sich von diesen verschiedene Typen, wie sie bereits oben geschildert wurden, unter- scheiden. Mit K. C. Schneider (20) kann man wohl die basophilen für Schleimdrüsen, die acidophilen für seröse Drüsen halten. Asn- WORTH (17) nimmt an, daß das Auftreten von Drüsen am Stomodaeum von Xenia als Korrelation zum Fehlen der ventralen Mcsenterial- filamente aufzufassen sei. Doch muß dieser Annahme auf Grund der vorliegenden Beobachtungen widersprochen werden. Schon bei Pteroeides habe ich bei vollkommener Ausbildung der Mesenterial- filamente Drüsen im Schlundrohrc gefunden, wenngleich viel kleinere 558 Albert Niedermeyer, und spärlichere als bei Veretillum. Das Vorkommen von Drüsen- zellen im Schlundrohre ist also weit verbreitet und vom Vorhandensein oder Fehlen der Mesenterialfilamente unabhängig. Daß im Epithel der Siphonoglyphe Drüsenzellen fehlen, braucht wohl nicht besonders hervorgehoben zu werden. d) Das Mauerblatt. Das Epithel des Mauerblattes ähnelt im Aufbau dem der Aboralseite der Tentakel, nur ist es niedriger, und nimmt gegen die Basis zu an Höhe ab. Das Epithel weist auch hier zahlreiche feine Fältelungen auf. Die bei den Tentakeln erwähnte feine »granulöse Struktur« der Epitheloberfläehe ist auch hier vorhanden. Die Drüsen des Mauerblattes sind bereits beschrieben und ähneln auch sehr denen der Tentakel. Es findet sich im Mauerblatte subepitheliale ektodermale Längsmuskulatur und eine sehr deutlich ausgebildete entodermale Ringmuskulatur. Die Mesogloealamelle zwischen den beiden Epithelien läßt manchmal deutlich eine Zusammensetzung aus zwei getrennten Lamellen erkennen. (Fig. 12). Es ist wahrscheinlich, -daß die Stützlamelle wohl überall sich als zusammengesetzt erweisen lassen wird; Reinhaedt (26) gibt an, daß bei Lithophytum die dem Entoderm angrenzende Schicht sich durch dunklere Färbung von der äußeren abhebt. Nach Kassianow soll im Mauerblatt die Nervenschicht fehlen. Er beschreibt nervenähnliche Zellen mit Fortsätzen, die aber sicher keine Ganglienzellen sein sollen. Der Mangel der Nervenschicht soll mit dem Fehlen ektodermaler Muskulatur zusammenhängen. Nun besitzt aber Veretillum auch hier eine, wenn auch schwache ektodermale Längsmuskulatur (Fig. 12 mfs), und wenn sich eine Nervenschicht nach Kassianow noch nicht mit Sicherheit hat erweisen lassen, so spricht nach seinen Befunden wenigstens nichts dagegen, daß sie doch auch hier zu finden sein würde. Leider war auf meinen Schnitten das Mauerblatt nirgends so kon- serviert wie es wünschenswert gewesen wäre, um diese Frage mit voller Sicherheit zu entscheiden, die, wie Kassianow sehr richtig betont, von Bedeutung ist für die Frage des Zusammenhanges des individualen mit dem kolonialen Nervensystem. Feine Fibrillen, die zwischen den Zellen gegen die Oberfläche des Epithels zu aufsteigen, habe ich auch gefunden. Diese Fasern hat Kassianow ganz richtig beobachtet; es erscheint mir aber noch gar nicht ausgemacht, daß sie nicht ner- vöser Natur sein müssen. Kassianow führt dagegen nur die Größe der zu den Fasern gehörigen Zellen an. Mit Goldchlorid imprägnieren sie sich dunkel, und man erkennt auch unterhalb des Epithels plexus- Beiträge z. Kciinlnis d. histol. Baues von Vcretilluiii cynoinorium (l'all.). 559 artige Verbindungen solcher Fasern. Ich weiß nun freiUch nicht, ob die sternförmigen Zellen Kassianows mit denen, die ich gesehen habe, identisch sind; es scheint kaum der Fall zu sein, da die von mir gesehe- nen sehr klein sind; jedenfalls aber möchte ich diese Zellen für ner- vöse Elemente halten, da sie in ihrem histologischen Verhalten mit den Nervenzellen der Tentakel und anderer Körperregionen übereinstimmen. Es wäre empfehlenswert, die Frage der Nervenschicht des Mauerblattes noch zum Gegenstande spezieller Untersuchungen zu machen; nach meinen Befunden spricht alles dafür, sie in positivem Sinne zu ent- scheiden. e) Die Septen von Veretillum cijnomorium hat Kassianow auch einer eingehenden Untersuchung unterzogen und den Verlauf der Muskulatur genau klargestellt. Kassianow nimmt an, daß die Septen- muskulatur der Polypen vom Ektodcrm aus innerviert wird, da er keine entodermale Nervenschicht feststellen konnte. Es ist aber, wie die Goldchlorid- Präparate erweisen, auch hier eine Nervenschicht im entodermalen Epithelüberzug der Septen vorhanden. Die Muskulatur der Septen ist sehr kräftig entwickelt, nicht nur die longitudinale, sondern auch die transversale auf der Dorsalseite. Ein Vergleich mit Pteroeides ergibt, daß die Muskelfahnen bei Veretillum eine größere Anzahl von Mesogloealamellen, daher auch mehr Muskelfasern be- sitzen als bei Pteroeides. — Die Septen werden, wie bekannt, nach dem Inneren der Polypenkanäle zu immer kleiner und verlaufen in den Fortsetzungen der Kanäle nur als niedrige Leistchen, für die KöL- LiKER den Terminus »Septula<< eingeführt hat. Nach der Ansicht des Verfassers würde es sich aber empfehlen, diesen Terminus auf- zugeben, da ein tatsächlicher Unterschied zwischen »Septen << und >>Sep- tula<< nicht besteht; »Septula<< sind eben nichts weiter als der schmale basale Teil der Septen. f) Die Mesenterialfilamente, a) Die dorsalen Mesenterial- filamente stammen, wie bekannt, vom ektodermalen Epithel des Schlund- rohres, mit dem sie auch in ihrem mikroskopischen Bau vollkommen übereinstimmen, nur ist die histologische Differenzierung keine so reiche. Drüsenzellen habe ich hier nur spärlich beobachtet; es waren basophile Becherzellen, die die Schleimreaktionen gaben. Die Epithel- zellen besitzen lebhafte Flimmerung und lassen einen deutlichen Cuti- cularsaum mit Basalkörnern und kinetischem Apparat erkennen. (Fig. 13.) Kassianow gibt an, daß er eine Nervenschicht nicht habe finden können, doch könne man kaum annehmen, daß sie vollkommen fehle. Diese Annahme kann ich auf Grund meiner Beobachtungen 560 Albert Niedermeyer, nur bestätigen; eine Nervenschicht ist tatsächlich vorhanden, nur für gewöhnUch schwach entwickelt, an vergoldeten Schnitten jedoch mit Deutlichkeit zu erkennen. In seiner Beschreibung des Baues der Filamente gibt Wilson (9) an, daß sie auf dem Querschnitte V- oder Y-förmig aussehen und daß die Kerne der Zylinderzellen ( »columnar-cells <<) zwei Reihen bilden : 'The nuclei of the band are arranged in two lateral groups to correspond with the two external lobes. Between these two groups is a clearer obscurely triangulär mass, the structure of which I have been able clearly to make out but which would well repay investi- gation. In Gorgonia a few pale rounded bodies may be seen in it, which are apparently nuclei. In Paralcyonium very similar nuclei occur, and in addition a number of bodies which have the appearance of columnar cells. It is possible, that these structures may be some kind of a nervous apparatus.". Die Beschreibung Wilsons ist vollkommen richtig, und ich habe auch diese Zellkerne — denn solche sind die »pale rounded bodies« in der Tat — beobachten können. Die genannten Kerne unterschieden sich wesentlich von denen der Zylinderzellen, denn diese sind elliptisch, kleiner und färben sich sehr dunkel, während jene kreisrund, größer und blaß gefärbt sind. Es erscheint mir aber ausgeschlossen, daß sie zum nervösen Apparat gehören; ihr ganzes histologisches Verhalten spricht so absolut dagegen. (Fig. 13.) Dagegen stimmen sie voll- kommen ihrem histologischen Charakter nach mit den Entoderm- zellen überein, die den äußeren Epithelbelag der Filamente bilden. (Fig. 13 ent.) Ich bin der Überzeugung, daß diese »Wilsonschen Zellen« {Wz) in der Tat Entodermzellen sind, die von den beiden vom Schlund- rohr herab wachsenden Ektodermleisten eingeschlossen worden sind und nun einen inneren entodermalen Strang zwischen den beiden Strängen der Zylinderzellen bilden. Ob diesen »Wilsonschen Zellen« eine physiologische Bedeutung zukommt oder ob sie nur eine gene- tische Bedeutung besitzen, läßt sich auf histologischem Wege natür- lich nicht ermitteln. ß) Die ventralen (entodermalen) Mesenterial filamente sind ihrem Baue nach wohl studiert und durch Wilsons schöne Untersuchungen gut bekannt. Das Epithel ist bewimpert und enthält Nesselkapseln und verschiedene Formen von Drüsenzellen, die bereits beschrieben sind. Daß diese Drüsenzellen alle gleichartig sind, und nur verschiedene Sekretionsphasen darstellen, glaube ich nicht auf Grund ihres färbe- rischen Verhaltens, da die einen acidophil, die anderen basophil sind. Beiträge z. Kenntnis d. lii.stol. Baiu-s von Vt'irtilluiu cynonioriuni (L'all.). 561 Eine Nervenschicht habe ich auch hier deutlich beobachtet. Kas- SIANOW hat sie zwar nicht gesehen, nimmt aber auch an, daß sie vor- handen sein müsse. Auf Querschnitten durch die ventralen Gastralfilaniente kann man erkennen, daß sie hier nicht einfache, runde Verdickungen der freien Septentoile sind, wie bei den von AVilson untersuchten Formen, sondern deutlich bemerkt man eine Dreilappigkeit und die Bilder erinnern an die Querschnittsbilder, die K. C. Schneider (20) von den Gastralwülsteu der Aktinien gibt. Im mittleren Lappen sind die Drüsen häufiger als in den seitlichen Lappen (Fig. 14), daher kann man wohl mit Kecht auch hier eine Unterscheidung in »Flimmer- << und >>Drüsenstreif en << vornehmen, wie dies Schneider tut. Auch hier befindet sich die Keimschicht der Urgenitalzellen im Winkel zwischen dem mittleren und den seitlichen Wülsten. Auch im Bau der Mesen- terialfilamente offenbart sich die histologische Übereinstimmung mit den Aktinien. g) Geschlechtsprodukte. In geschlechtsreifen Kolonien findet man alle Hohlräume dicht erfüllt mit Geschlechtspicdukten, und zwar, wie bei den meisten Alcyonarien, stets mir mit solchen einer Art in einer Kolonie. Hermaphroditismus wurde bisher nur bei wenigen Formen gefunden, so von Keinhardt (26) bei Dendronephthya maxima, und von Ashworth bei Xenia viridis. — Die männlichen Kolonien sind bei weitem seltener als die weiblichen; doch vermag eine männ- liche durch die ungeheuere Zahl der produzierten Spermien eine große Anzahl weiblicher befruchten. — Über den Bau der Geschlechtspro- dukte sei folgendes erwähnt: Hoden, wie Eier, sind umgeben von einem einschichtigen flimmernden Epithel von 10 — 15 (.i Höhe, das durch eine Basalmembran, die Ashworth für eine dünne Mesogloealamelle erklärt, gegen die Eizelle bzw. gegen die Hodenkapsel abgegrenzt ist. Mir erscheint es richtiger, daß diese Membran erst von den Follikel- epithelzellen gegen die Geschlechtszelle abgeschieden wird, also eine Basalmembran ist, und nicht von der Mesogloealamelle des Septums abstammt. Im übrigen ist die große Ähnlichkeit der Membran mit Mesogloea nur ein Beweis für die Anschauung des Verfassers, daß die Mesogloea als eine Art von Basalmembran aufzufassen sei. — Das Follikelepithel ist entodermaler Herkunft. Nach Reinhardt hängt es direkt mit dem Entoderm der Septen zusammen, und die darunter- liegende Membran mit dem >>Mesenchymstrang<< des Stieles, der den Genitalfollikel mit dem Septum verbindet. Danach scheint die Basal- membran doch von der Mesogloea des Septums herzustammen, doch 562 Albert Niedermeyer, erscheint der von Reinhardt beobachtete Zusammenhang der Follikel- membran mit der Mesogloea noch nicht ganz überzeugend. Wie käme denn das Ei, das vom Entoderm stammt, in die Mesogloea hinein? Die Hoden sind kugeüg, oder dort, wo sie in engen Kanälen dicht- gedrängt beieinander Hegen, flachgedrückt; birnförmige wie sie Köl- LiKER bei seinem einzigen männlichen Exemplar beschrieb, habe ich nicht finden können. Die Samenzellen sind derartig angeordnet, daß in der Mitte der Hodenkapsel ein freier Raum bleibt, der wohl von Flüssigkeit — nach Hickson (16) von einem >>coagulum<< erfüllt ist. Das >>coagulum« soll nach Reinhardt da entstehen, wo bei nicht sehr guter Konservierung die Schwänze der Spermien zusammen- gebacken sind. An den Hoden läßt sich ferner beobachten, daß die Samenzellen in strahligen Zügen angeordnet liegen. Über den Bau der Eizellen ist Besonderes nicht zu vermerken. An einem weiblichen Exemplar beobachtete ich zuerst was ich dann an männlichen wiederfand, daß nämlich junge Geschlechtszellen nicht nur in den Mesenterialfilamenten, sondern auch in dem Epithelbelag der Wand des Septums angetroffen werden, wie wir dies auch bei den Aktinien finden, während sonst für Alcyonarien das erst geschilderte Verhalten als die Regel angesehen wird. Auch hierin finden wir wieder eine Übereinstimmung im histologischen Verhalten mit den Aktinien. 2. Zooide und Dimorphismus der Individuen. Zwischen den Polypen befinden sich über die ganze Rhachis ver- teilt die rudimentären Individuen, die Zooide, angeordnet in mehr oder weniger deutlichen Längsreihen; stets sind sie derartig situiert, daß sie mit ihrer Dorsalseite gegen die Spitze der Kolonie gerichtet sind, wie es auch bei Pteroeides und allen anderen beobachteten Penna- tuliden zu finden war. Der Dimorphismus der Individuen ist schon seit langem bekannt, und die Unterschiede zwischen beiden Formen von Einzeltieren sind bei Kölliker und bei Kükenthal und Broch genau charakterisiert. Eine zusammenfassende Arbeit über den Di- morphismus bei den Alcyonarien hat B. Cylkowski (35) verfaßt; über Pennatuliden hat er jedoch keine eigenen Untersuchungen angestellt. Cylkowski stellte fest, daß bei manchen Alcyonarien der Dimorphismus innerhalb einer und derselben Art vorkommen und fehlen kann; jeden- falls ist er ziemlichen Variationen unterworfen. Es ist nun ganz inter- essant, wie sich die Erscheinung des Dimorphismus innerhalb der Reihe der Pennatulaceen verhält, bei denen wir eigentlich von einem Trimorphismus der Individuen reden müßten. Bei Pteroeides hatten Beiträge z. Kenntn. d. hislol. Baues von Verotillum cynomorlum (PalL). 563 wir einen sehr stark ausgeprägten Trimorphismus und die Unterschiede der einzelnen Individuen ließen sich scharf präzisieren. Bei Vere- tillum finden wir nun diese Verhältnisse etwas anders. Die Zooide besitzen auch bei VeretiUum ein kurzes, dickes und leicht dorsalwärts gebogenes Schlundrohr, dessen Epithel dem des Schlundrohres der Polypen sehr ähnelt; es ist aber einfacher gebaut, es fehlt hier die Muskelschicht, auch habe ich keine Nervenschicht wahrnehmen können; ferner sind die Elemente des Epithels viel gleich- artiger und sind fast ausschließlich lange, schmale Zylinderzellen. Es ist sehr arm an Drüsenzellen, die nur spärlich an der Dorsalseite vorhanden sind, was ja verständlich ist, wenn man bedenkt, daß das Schlundrohr zum größten Teil von der starken Siphonoglyphe ein- genommen wird. Das Epithel der Siphonoglyphe ist nicht, wie vom Verfasser in der früheren Arbeit über Pteroeides angegeben wurde, von einer Stäbchencuticula bedeckt, — was auch andere Autoren annehmen, und zum Teil auch aus ihren Abbildungen hervorzugehen scheint, sondern die Cuticularstruktur besitzt den schon mehrmals geschilderten komplizierten Charakter. Eine doppelte Reihe von Basalkörnern am Grunde der langen Cilien wüd auch hier immer ge- funden. Die Zellkerne im Schlundrohre sind elhptisch und wegen der Schmalheit der Zellen dicht gedrängt. Vom Schlundrohre aus ragen sehr lange dorsale Mesenterial- filamente in den Gastralraum und noch weit in die angrenzenden Er- nährungskanäle hinein. Die Septen sind wohl entwickelt und nicht rudimentär, wie bei den Blattzooiden von Pteroeides. KoROTNEFF (10) gibt eine Beschreibung der Zooide von Vere^ tillum, die in manchen Punkten nicht zutrifft. Ein eigentliches Mauer- blatt ist nach ihm nicht vorhanden. Man kann dies jedoch nicht sagen, das Mauerblatt geht nur direkt in das Mundfeld über, da ja die Ten- takel fehlen. Im Schlundrohre sollen sehr zahlreiche kleine Nemato- cysten vorhanden sein, und das veranlaßt Korotneff, die Zooide als »Nesselpolypen << zu bezeichnen. Es kommt ja bei einigen Alcyo- narien vor, daß die Zooide an Nesselorganen sehr reich sind, so daß man sie z. B. bei den Chrysogorgiiden geradezu als Nematozooide be- zeichnet hat; für VeretiUum trifft diese Auffassung aber ganz gewiß nicht zu. Ich habe nicht finden können, daß die Zooide reichlicher mit Nesselkapseln versehen sind als die Polypen, eher das Gegenteil. Die Mesenterialfilamente bezeichnet Korotneff nicht als solche, sondern bloß als »schnurförmige Wülste«, ohne etwas weiteres über sie auszusagen. Insofern macht er sich über die Funktion der Zooide Zeitsclirit't f. wisseuBch. Zuulutjie. CIX. Bd. 38 564 Albert Niedermeyer, eine richtige Vorstellung, als er ihnen die Aufgabe der "Wasseraufnahme und -abgäbe zuschreibt, gleich darauf bringt er aber ganz irreführende und unklare Angaben über die Bedeutung des Dimorphismus bei Vere- tillum: Die Geschlechtspolypen sollen alle männlich sein, die Eier dagegen sich im Stamme selbst bilden, und in Form von vier Längs- strängen vorkommen, die äußerlich an vier Seiten des inneren Achsen- kanales angebracht sind. (Was Korotneff damit meint, ist ganz unklar.) >>Da die Eier näher zu den ungeschlechtlichen Polypen stehen, so kann man vielleicht annehmen, daß ursprünglich alle Polypen ge- schlechtlich waren, mit der Zeit aber reduzierte und veränderte sich die frühere Funktion, die weiblichen Geschlechtsprodukte rückten ins Innere der Kolonie, was endlich eine Entstehung von geschlechts- losen Polypen hervorrief«. Eine Kritik dieser eigenartigen Vorstellungen von der Entstehung des Dimorphismus erübrigt sich wohl. Trotz der äußeren Gleichförmigkeit der Zooide von Veretillum, die nicht einen so auffallenden Dimorphismus beistzen, wie die Pin- nular- und Rhachidozooide von Pteroeides, ist es dem Verfasser doch gelungen, zwei verschiedene Formen von Zooiden festzustellen. Die beiden Formen zeigen keine auffälligen Unterschiede, immerhin aber sind die einen deutlich kleiner und besitzen weder an den Septen, noch sonst im Entoderm eine Spur von Muskulatur; die anderen dagegen sind mit einer ganz wohl entwickelten Septenmuskulatur versehen und besitzen außerdem eine Ringmuskulatur, die entodermalen Ur- sprunges ist. Was nun die Lage der genannten Formen betrifft, so be- finden sich die ersteren an der Basis des Polypars und zwischen den Polypen verstreut, die letzteren nur an der Spitze der Rhachis. Auf- fallend dicht waren bei den letzteren die zwischen den Septen gelegenen Gastralkammern mit Entodermzellen erfüllt, zwischen denen oft eigen- artige Zellen mit blasigem Inhalte gesehen wurden. Der Dimorphismus der Individuen von Veretillum und anderen Formen ist bekanntlich von einigen Autoren geleugnet worden, die, wie BujOR (19) die Zooide bloß für junge Polypen ansehen wollen. Es gäbe also keine Zooide, bloß Polypenknospen. ( »bourgeons «, BujOR.) Es könnte aber auch folgendes der Fall sein, daß Polypen- knospen und Zooide nebeneinander vorkommen und zwar gleich- mäßig untereinander verteilt, oder so, daß Knospen nur in der basalen Bildungszone auftreten. Dieser letztere Fall scheint mir nach meinen Beobachtungen für Veretillum zuzutreffen. Gewiß sind einige der zooidartigen Gebilde nur Knospen, die sich noch zu vollkommenen Beiträge z. Kenntnis d. histol. Baues von Veretillum cynomorium (Pall.). 5G5 Polypen entwickeln, aber nur an der Basis des Kieles; die übrigen sind dagegen echte Zooide, aus denen sich keine Polypen mehr ent- wickeln und besitzen eine spezielle Funktion im Dienste der gesamten Kolonie. Daß bei Veretillum die Frage, ob die Zooide bloß Knospen seien, überhaupt aufgeworfen werden konnte, hat meines Erachtens folgende Ursache: Bei Pteroeides und überhaupt allen Penniformes ist infolge der Ausbildung der Blätter kein Zweifel möglich, daß die am Rande der jüngsten Blätter stehenden Knospen zu Polypen, die an der Basis stehenden zu Zooiden werden. Durch ihre verschiedene Lage sind sie eindeutig charakterisiert. Bei Veretillum und den radiär gebauten Pennatuliden besteht diese Differenzierung eben nicht und daher ist es bei rein äußerer morphologischer Betrachtung ohne wei- teres nicht möglich, zu sagen, wo man Knospen und wo Zooide vor sich hat, denn durch ihre Lage sind sie ja nicht charakterisiert. Eigenartig ist nun aber die Tatsache, daß wir auch bei Veretillum zwei verschiedene Arten von Zooiden vorfinden, wenngleich sie nicht so auffallende Unterschiede aufweisen, wie die von Pteroeides. Im wesentlichen ist aber genau das gleiche Verhalten zu konstatieren, wie bei den Zooiden, die ich dort Pinnular- und Rhachidozooide genannt habe. Offenbar sind die einen auch hier die primären, direkt aus den Knospen hervorgegangenen Zooide, die anderen die sekun- dären, aus sich rückbildenden Polypen an der Spitze der Kolonie ent- standenen. Wir können daher allgemein die ersteren als Protozooide, den letzteren als Meta zooiden gegenüberstellen, wobei dann natür- lich die vom Verfasser seinerzeit vorgeschlagenen Termini »Pinnular- und Rhachidozooide« als nicht allgemein zutreffend fallen zu lassen wären, denn Pinnulae gibt es bei den radiären Formen nicht und die Protozooide sind bei ihnen genau so wie die Metazooide an der Rhachis gelegen. Wenn wir nun versuchen wollen, den »Dimorphismus « — genauer ausgedrückt, den Polymorphismus, denn wir haben Polypen, Knospen und zwei Formen von Zooiden — bei Veretillum vom vergleichend- anatomischen Standpunlct zu beurteilen, so müssen wir zunächst die Tatsache konstatieren, daß der Gegensatz zwischen Polypen und Zooiden kein so scharfer ist wie bei Pteroeides, wie auch desgleichen der Unterschied zwischen den beiden Zooidformen. Die Septen der Protozooide sind wohl entwickelt, desgleichen die dorsalen Mesen- terialfilamente, die ja bei Veretillum ganz auffallend weit ins Innere der Kolonie hinabreichen; die Polypen besitzen eine, wenn auch nicht so starke, so doch ganz deutlich entwickelte Siphonoglyphe, dio bei 38* 566 Albert Niedermeyer, Pteroeides vollständig fehlt; und so ließen sich noch mehrere derartige Unterschiede feststellen. Da ein Beweis dafür, daß die angeführten Verhältnisse durch ganz spezielle Anpassungen hervorgebracht worden wären, nicht erbracht werden kann, so bleibt nur die Annahme übrig, daß die Zooide nicht so weit reduziert sind, wie bei Formen mit hoch- gradig entwickeltem Polymorphismus, daß der Polymorphismus hier somit noch auf einer viel geringeren Höhe der Ausbildung steht und auch dies spricht wieder mit für die Auffassung von Veretillum als einer primitiven Pennatulidenform. 3. Die Muskulatur. Veretillum cynomorium ist ausgezeichnet durch eine reiche Ent- wicklung des Muskelgewebes. Es wurde bereits bei der Beschreibung einzelner Teile der Kolonie darauf hingewiesen, daß wir bei Veretillum auch an solchen Stellen Muskelfasern finden, an denen sie bei Alcyo- narien sonst meist nicht gefunden worden sind ; auch sind sie an anderen Stellen, wo sie sonst sehr schwach entwickelt sind, gut ausgebildet. Solche Stellen sind: a) Das Schwaimngewebe der Khachis. Hier ist eine ganz deut- liche entodermale Bpithelmuskulatur vorhanden. b) Das Epithel der Hauptkanäle. Ringmuskelfasern kommen hier für gewöhnlich vor, sind aber bei Veretillum besonders stark ent- wickelt, während sie bei Pteroeides nur sehr schwach sind. c) Das Entoderm der Tentakel; es bildet epitheliale Eingmusku- latur. d) Das Mauerblatt der Polypen; besitzt entodermale Ringmuskeln und ektodermale Längsmuskulatur. e) Das Schlundrohr der Polypen, ist mit kräftigen entodermalen und mit schwachen ektodermalen Muskelfasern versehen. f) Das Ektodermepithel des Coenenchyms besitzt im Bereiche der Rhachis schwache epitheliale Muskulatur; im Stiele fehlt sie. — Veretillum ist nach Kölliker die einzige Pennatulide, bei der er direkt unter der »Epidermis« Muskulatur gefunden hat. Sehr stark ist die Septenmuskulatur entwickelt; die Muskel- fasern sitzen auf sehr zahlreichen Mesogloealamellen. Auf den anatomischen Bau der großen Muskelzüge des Stieles und der Rhachis will ich hier nicht näher eingehen. Er ist gut be- kannt, vor allem wohl deshalb, weil die Anordnung der Muskellamellen in engen Beziehungen steht zum Kanalsystem, dessen Negativ sie gewissermaßen darstellen. Die Muskellamellen sind stark verzweigt Beiträge z. Kenntnis d. histol. Bauca von Veretillum cynomorium (Pall.). 567 und geben auf dem Querschnitte schöne baumförmige Bilder, wie ich sie auch bei Pteroeides gesehen habe. HauptsächHch sind es Längs- fasern im Stiele, die großen Retraktoren der Kolonie; im Sphinkter, am Übergange des Stieles in den Kiel, überwiegen die Ringfasern. Die Längsfasern stammen vom Entoderm, stellen aber nicht Epithel- muskelfasern, sondern in die Tiefe gerückte epitheloide Muskulatur dar. — Balss (31) will in der Anordnung der Muskelzüge in der Kolonie ein Merkmal erblicken, das für bestimmte Arten charakteristisch sein soll, doch kann ich dem nicht zustimmen. Gerade die Muskulatur ist so abhängig von speziellen Anpassungen und wir werden bei Formen mit ähnlicher Lebensweise auch ähnliche Ausbildung derselben finden; für systematische Zwecke ist dieses Merkmal schon aus diesem Grunde nicht gut verwertbar. Auch in den feineren Ernährungskanälen der Kolonie finden wir noch Muskelfasern. Mit dieser reichen Ausbildung steht die starke Kontraktions-fähigkeit im engsten Zusammenhange. Muskuläre Verschlußeinrichtungen im Kanalsystem, wie sie von Kükenthal und Broch bei Echinoptilum, ferner von mir (37) bei Pemuitula und Pteroeides beschrieben worden sind, habe ich hier nicht finden können. Doch spricht die Anordnung der Muskelzüge um die Gastralhöhlen der Zooide dafür, daß hier ein rascher Verschluß gegen die tieferen Kanäle möglich ist; bei den Polypen mag er wohl durch die Ringmuskulatur des Schlundrohres und durch die Fasern der Mund- scheibe gegen außen hin ermöglicht werden, so daß im Inneren der Kolonie ein beträchtlicher Überdruck herrschen kann ohne daß das Wasser durch die Polypen- und Zooidmündungen zu entweichen braucht. Veretillum besitzt also, wie wir gesehen haben, eine kräftige indi- viduale Muskulatur. Es besitzt aber auch eine reich entwickelte kolo- niale Muskulatur, die nächst verwandten Formen, wie Cavernularia, im Bereiche der Rhachis völlig fehlt. In innigem Zusammenhange mit der Entwicklung der kolonialen Muskulatur steht die von Kas- SIANOW aufgeworfene Frage nach dem Vorhandensein des kolonialen Nervensystems. 4. Nervensystem. Bereits bei der Beschreibung der Epithelien im allgemeinen, wie der Polypen, ist gezeigt worden, daß wir bei Veretillum cynomorium ein ganz wohl ausgebildetes Nervensystem vorfinden, wie wir es ja von vornherein bei der starken Entwickelung der individualen und 568 Albert Niedermeyer, kolonialen Muskulatur erwarten konnten. Eine ganz eingehende Detailuntersuchung des Nervensystems war dem Verfasser allerdings nicht möglicli, da er ja auf zwei wichtige Methoden verzichten mußte: Die vitale Färbung mit Methylenblau nach Bethe und die Maceration frischer Objekte. Dafür gelang es, mit Hilfe der Methode der »Nach- vergoldung« nach Apathy wenigstens festzustellen, wo wir nervöse Elemente zu finden haben, wenngleich die feineren Einzelheiten des histologischen Aufbaues nicht zu ergründen waren, da hierzu das Material doch nicht geeignet war. Die Untersuchung konnte nur mit der ölimmersion von Zeiss (Apochromat 2 mm) geschehen, da die Strukturen äußerst subtil waren. — An einzelnen Stellen gelang es immerhin, Ganglienzellen mit voller Deutlichkeit zu erkennen, wie eine solche in der Figur 11 abgebildet ist. Die Größe der Ganglien- zellen betrug durchschnittlich 6 — 7 (.i. Wo Ganglienzellen auch nicht ganz deutlich zu erkennen waren, fand sich immerhin ein feines Faser- werk von Neurofibrillen vor, das durch seine dunkle Imprägnation charakterisiert war. Diese Fibrillen waren meist als subepithehale Nervenschicht zwischen dem Epithel und der Epithelmuskulatur entwickelt. Die Nervenschicht wurde im Besonderen an folgenden Stellen gefunden : a) Im Ektoderm der Polypententakel. Hier wurden Ganglien- zellen mit besonderer Deutlichkeit beobachtet. (Fig. 4.) Im übrigen verweise ich auf die genauere Beschreibung bei den Tentakeln. b) In der Mundscheibe; hier ist sie auch sehr deutlich entwickelt, und ich kann mich wohl der Ansicht Kassianows anschließen, daß in ihr das Zentrum des individualen Nervensystems zu erblicken ist. c) Im ektodermalen Schlundrohrepithel der Polypen (Fig. 5); in dem der Zooide habe ich sie nicht finden können, doch ist es wohl möglich, daß sie auch hier vorhanden ist. d) In den dorsalen Mesenterialfilamenten der Polypen. e) Im Ektoderm des Mauerblattes der Polypen (Fig. 12). f) Im Ektoderm des Coenosarks der Ehachis (Fig. 2); im Stiel waren wohl auch feine Fibrillen zu finden, deren Verlauf jedoch ein anderer war: nicht parallel der Epitheloberfläche, sondern zwischen den Zellen emporsteigend. Wenn diese Fasern Neurofibrillen sind und nicht Stützfibrillen irgendwelcher Art (Fig. 6), so sind sie keines- falls als motorische Fasern anzusehen, sondern als sekretorische, da sie zu den Drüsenzellen hinführen, die hier in den Papillen des Stieles besonders zahlreich vorhanden sind. Beiträge z. Kenntnis d. liistol. Baues von Verelilluni eynoiuorium (Pall.). 569 Soweit waren ektodermale nervöse Elemente festzustellen. Aus dem Entoderm stammten sie an folgenden Stellen: g) Im Entodermepithel des Schlu ndrobres (Fig. 7). li) Im Entoderm der Septeu der Polypen. i) In den ventralen Mesenterialfilamenten. k) Im Entoderm der Polypenliolilräume fand ich zwar auch nervöse Elemente, doch kommt es hier nicht zur Ausbildung einer distinkten Nervenschicht und es ist anzunehmen, daß hier nur lockere plexusartige Verbindungen vorkommen. 1) Im Entoderm der Hohlräume der Rhachis finden wir, besonders an den Längsmuskelzügen lose plexusartige Verbindungen. Die gleichen Plexus finden wir auch in den Hohlräumen des Stieles, besonders in den Muskellamellen entwickelt (Fig. 15). m) Im Entodermepithel der Hauptkanäle. Hier finden wir wieder die nervösen Elemente mehr als distinkte Nervenschicht entwickelt zwischen Epithel und epithelialer Ringmuskulatur (Fig. 16). An folgenden Stellen, an denen ich nervöse Elemente beobachtet habe, sind sie von Kassianow nicht gesehen worden: In den Mesen- terialfilamenten, im Mauerblatt der Polypen, im Coenosark. Im Ento- derm der Septen fand er nur vereinzelte Ganghenzellen. Wenn mr nach den Ergebnissen der vorliegenden Beobachtungen die Resultate der Arbeit Kassianows nachprüfen, können wir sagen, daß er größtenteils richtige Angaben gemacht hat. Überall, wo er Nervensubstanz beschrieben hat, war sie auch bei den vorliegenden Untersuchungen wiederzufinden; dort, wo er sie nicht beschrieben hat, fehlt sie allerdings auch nicht, doch ist dies insofern kein Wider- spruch gegen ELassianow, als er ja nicht behauptete, daß sie fehle, sondern nur, daß er sie nicht beobachten konnte. — Die Verteilung des Nervensystems, wie Kassianow sie beschreibt, konnte ich aller- dings nicht nachprüfen, da mir nur Schnitte zur Verfügung standen. Nach ihm soll um das Schlundrohr herum ein Ring von Nervenfasern entwickelt sein, von dem aus radiär, entsprechend dem Ansätze der Septen, stärkere Züge ausgehen sollen; ferner sind nach ihm stärkere Züge im Schlundrohre längs der Ansatzlinien der Septen vorhanden. Diese Befunde scheinen wohl den Tatsachen vollkommen zu entsprechen. Nur in einem Punkte möchte ich Kassianow entschieden wider- sprechen: Er nimmt an, daß die entodermale Muskulatur der Polypen von den ektodermalen Nerven her innerviert werden soll, und zwar durch die »Gallerte« (die Mesogloea) hindurch. Eine Beobachtung, die dafür sprechen könnte, vermag er nicht anzuführen und gründet 570 Albert Niedermeyer, seine Ansiclit lediglicli darauf, daß er im Entoderm keine Nerven- elemente gefunden hat. Es sind aber solche vorhanden und dienen natürlich in erster Linie zur Innervation der entodermalen Muskel- fasern, wie die ektodermalen auch von ihrer eigenen subepithelialen Nervenschicht her innerviert werden. In der Gallerte finden wir kei- nerlei nervöse Elemente. Es wäre auch sehr merkwürdig, wenn die starken entodermalen Muskelzüge keine direkte Innervation besäßen; der KASSiANOWsche Erklärungsversuch der Innervation durch die Gallerte erscheint gesucht und gekünstelt und konnte auch ohne daß positive Tatsachen gegen ihn gefunden worden wären, nicht befriedigen. Die Frage nach dem »kolonialen Nervensystem«, die Kassi- ANOW für Alcyonium negativ beantwortet, während er bei Verctillum eine positive Lösung nicht für ausgeschlossen hält, werden wir auf Grund des vorhegenden Beobachtungsmateriales unbedingt positiv zu entscheiden haben. Die Polypen stehen untereinander in nervösem Zusammenhange vermittels der Nervenschicht des Mauerblattes und des Coenenchyms ; die inneren Teile der ganzen Kolonie besitzen ento- dermale Nervenplexus und so stehen alle Teile des Ganzen unterein- ander in engster Verbindung. In einer zweiten Abhandlung wurde von Kassianow (28) die Frage aufgeworfen, ob das Nervensystem der Alcyonarien sich mit dem der Aktinien vergleichen lasse. Dies ist nach ihm in weitgehender Weise der Fall und ich kann mich dieser Anschauung um so mehr anschließen, als sich ja auch in so vielen anderen histologischen Einzelheiten, wie z. B. im Bau der Mesenterialfilamente usw. Übereinstimmungen finden, und da sich Nervensubstanz an verschiedenen Stellen hat nachweisen lassen, von denen man bisher angenommen hatte, daß sie nur bei den Aktinien, nicht aber bei Alcyonarien Nervenelemente enthielten, wie z. B. im Entoderm der Polypen, im Mauerblatte, in den Mesenterial- filamenten u. a. m. Es ist wahrscheinlich, daß die bestehenden Unter- schiede bei fortgesetzter Untersuchung der feineren Struktur der Alcyo- narien sich immer mehr werden reduzieren lassen. Auf die neueren Arbeiten von Havet, Wolpf und Heider über das Nervensystem der Aktinien, die Kassianow in seiner letztge- nannten Abhandlung zitiert, näher einzugehen, ist dem Verfasser unmöglich gewesen und er konnte ihre Ergebnisse nur so weit in Be- tracht ziehen, als er sie bei Kassianow angeführt fand. Es wäre jedoch eine dankenswerte Aufgabe, das Nervensystem der Alcyonarien und der Aktinien zum Gegenstande einer gründUchen vergleichenden Spezial- untersuchung zu machen. Das Gebiet ist freilich so umfangreich Beiträge z. Kenntnis d. histol. Baues von Veretilluni cynomoriuin (Fall.). 571 und schwierig, daß es im Kahmen dieser Arbeit nicht möglich war, die Frage weiter zu verfolgen und mehr beizubringen, als einige Bruch- stücke. 5. Die Mesogloea. Die Mesogloea soll nach der Auffassung der meisten Autoren aus einer homogenen, strukturlosen Grundsubstanz bestehen und überall die gleiche Beschaffenheit besitzen. So charakterisiert sie auch Kassi- ANOW, Reinhardt (26) bezeichnet sie als vollkommen strukturlos, zuweilen aber etwas faserig. — Homogen erscheint die Mesogloea jedoch nur bei flüchtiger Beobachtung in ganz dünnen Schichten, be- sonders bei Anwendung von Hämatoxylingemischen. In dickerer Schicht weist sie deutliche Strukturen auf, die Bourne (18) zwar für Kunstprodukte erklärt, die aber meines Erachtens in der Natur der Mesogloea begründet liegen (Fig. 16). Diese Strukturen sind nicht überall gleich sondern sogar sehr verschieden in den verschiedenen Regionen der Mesogloea und geben ihr ein charakteristisches Aus- sehen. Es sind feinste Fibrillen, die bald wellenförmig, bald netz- artig verbunden verlaufen; bald sind sie dicht, bald wieder lockerer, und so gewinnt die Mesogloea ein sehr verschiedenartiges Aussehen. Die genannten Strukturen sind nicht mit allen Farbstoffen gleich gut zu erkennen. Deutlich zu sehen sind sie an Präparaten, die mit Pikroni- grosin nach Freeborn gefärbt sind, besonders schön aber bei Gold- Imprägnation. Die Grundsubstanz der Mesogloea besteht also vorwiegend aus fibrillären Elementen. Bei sehr starken Vergrößerungen erscheint die Mesogloea auch in ganz dünnen Lagen nicht mehr als homogene Lamelle, sondern ist auch hier aus Fibrillen zusammengesetzt. "Wo die Mesogloea zwischen zwei nahe benachbarten Epithelien, wie z. B. zwischen Ektoderm und Entoderm des Mauerblattes oder der Tentakel nur sehr dünne Schichten bildet, läßt sich nachweisen daß sie aus zwei Lamellen besteht, deren eine offenbar vom Ektoderm, die an- dere vom Entoderm abgeschieden ist. (Fig. 12). Dort, wo die Mesogloea dick ist, finden wir auch direkt unter den Epithelien eine dichtere Struk- tur, die Schneider (20) als »Grenzlamelle << beschreibt. (S. auch Fig. 16.) Reinhardt gibt an: »Mit Säurefuchsin färbt sie sich rosa, wobei die an das Entoderm angrenzende Schicht durch dunklere Färbung her- vortritt <<. Auf Grund der beobachteten Tatsachen erscheint es gerecht- fertigt, die Grundsubstanz der Mesogloea als eine Art von Basal- 572 Albert Niedermeyer, membran oder bindegewebiger Propria auffassen zu wollen, die vom Ektoderm- wie vom Entodermepithel ausgeschieden ist und zwischen beidf/^n Epithelien allerdings an manchen Stellen große Mäch- tigkeit erlangen k^inn. An gewissen Stellen (Tentakel, Schlundrohr) ähnelt die Mesogloea sehr einer dünnen Propria, und andrerseits ist die dünne Membran, die zwischen Ei und Follikelepithel sich befindet, eine typische Basalmembran, und zeigt genau den gleichen Bau, wie die Mesogloea in sehr dünner Schicht. In die Grundsubstanz der Mesogloea sind mannigfache zellige Elemente eingelagert, die aus den Epithelien stammen und als Wander- zellen den epithelialen Charakter verloren haben und nach Aufgabe ihrer polaren Differenzierung zu mesenchymatischen Zellen geworden sind. Dazu gehören die Bildungszellen der Spicula, die hauptsächlich aus dem Ektoderm stammen und die »Gallertzellen << (Kassianow), die vorwiegend entodermalen Ursprunges sind. Die »Gallertzellen« sind diejenigen, die den »mesogloeal cell-plexus << (Peatt, 25) bilden. Nach KÖLLIKER (3) sind sie Bindegewebszellen. Pratt schreibt ihnen wegen einer äußerlichen Ähnlichkeit mit Ganglienzellen auch ge- wisse nervöse Funktionen zu, als »Neurophagocyten <<, wogegen Kas- SIANOW mit Recht polemisiert. Als Derivate des Entoderms sind sie ihrer Funktion nach hauptsächlich Ernährungszellen; nach ihrer Lage in der Mesogloea sind sie Bindegewebszellen. Histologisch bieten sie ein wohl charakterisiertes Aussehen dar und sind nicht mit anderen Zellen, wie z. B, Nervenzellen oder Entoderm-Epithelzellen zu ver- wechseln. Ich glaube sie folgendermaßen am besten charakterisieren zu können: Gallertzellen sind die mesenchymatischen Zellen der Mesogloea, die bald einzeln, bald in Gruppen oder zum »mesogloeal cell-plexus« vereinigt liegen; sie besitzen einen stark körnigen Zellinhalt und acido- philen Charakter. Ihre Größe ist 15 — 20/« im Durchmesser; sie be- sitzen einen sehr deutlichen Kern, der 3 — 4 j.i im Durchmesser mißt. Ihre Form ist sehr veränderlich, sie sind amöboid und erscheinen bald geballt, bald rundlich, spindelförmig oder polygonal. (Fig. 17.) Sie sind besonders in der Mesogloea des Stieles entwickelt, aber auch in der Bhachis. In der Gallerte finden sich oft Nester oder dichte Zellhaufen, oder solide Zellstränge ohne Lumen, die netzartig miteinander zusammenhängen, bald feine Kanäle, in denen sie nach und nach in typische Entodermzellen übergehen, die die Wandungen der größeren Kanäle auskleiden. Die Kanäle stehen untereinander auch wie die Zellstränge in vielfacher Verbindung. (Fig. 16.) Beiträge z. Kenntnis d. histol. Buuos von Voretillum cynomorium (Fall.). 573 Reinhardt sagt von den Zellen der Mesogloea aus, ihr Inhalt gleiche dem der Ektodermzellen, >>da außer dem runden Kern noch viele kleine, sich ebenfalls dunkel färbende Körnchen vorhanden sind«. Die Granula der Gallertzellen sind jedoch von denen der Ektoderm- zellen wesentlich verschieden, viel größer und außerdem stark acido- phil. Ferner gibt Reinhardt an, daß diese Zellen »Muskelfasern ab- scheiden können, die leicht zu erkennen sind, da sie durch Eisenhäma- toxylin stark gefärbt werden können«. Muskelfasern können sie ganz sicher nicht abscheiden; die Beobachtung Reinhardts beruht auf einem Irrtum und wenn er sich auf andere Färbungen als bloß die Heidenhainsche gestützt hätte, hätte er jedenfalls auch gesehen, daß diese Fasern keine Muskelfasern sind; die Untersuchung von Präpa- raten, die nach van Gieson gefärbt sind, zeigt dies mit Deutlichkeit. Es sind bloß Bindegewebsfasern der Mesogloea, die in der Umgebung der Zellen liegen. Spicula. Da nach Kükenthal und Broch die Spicula ein be- sonders wichtiges Unterscheidungsmerkmal für die Systematik sind, so ist es von einigem Interesse, auch ihren feineren Bau zu studieren, der bei den Kalkkörperchen der Seefedern noch sehr wenig bekannt ist ; denn gewöhnlich wird den Spiculis nicht mehr Beachtung geschenkt, als für systematische Zwecke erforderlich ist. — Was zunächst die äußere Form der Spicula betrifft, so fällt auf, daß trotz einer gewissen Übereinstimmung in der allgemeinen Erscheinung sich kaum zwei gleich geformte vorfinden. Im allgemeinen ist die Form einfach elliptisch oder biscuitf örmig ; auch gabelförmige kommen bisweilen vor, worauf besonders hingewiesen sein möge, da Kükenthal und Broch das Vor- kommen solcher Spicula bei Lituaria zum Anlaß nehmen, um diese Form im System vor VeretiUum zu stellen. Ferner finden sich Zwil- linge, auch Drillinge vor, in allen möglichen Graden der Ausbildung, manchmal innig miteinander verbunden, manchmal nur lose zusammen- hängend. Es erschien angezeigt, zu untersuchen, ob wir es wirklich mit echten Zwillingen im mineralogischen Sinne zu tun haben, oder ob es bloß Aggregate mehrerer Spicula sind, die durch Teilung oder An- einanderlagerung entstanden sind. Einige Formen von größeren Spiculis dieser Art sind in Figur 18 abgebildet; die Zwillinge haben meist die Form von Semmeln. — Außer diesen größeren Formen finden wir noch kleinere von ovaler oder ellip- tischer bis sphärischer Gestalt. Verteilung der Spicula: Wie Kükenthal und Broch gefunden haben, ist jede bestimmte Körperregion durch eine für sie charakte- 574 Albert Niedermeyer, ristisclie Spiculation ausgezeichnet. Über die Verteilung der Spicula- formen bei Veretillum machen sie folgende Angaben: »Die Spicula des Stielin nern sind sehr kleine schmale, längs- ovale Körperchen, die in kleinen Gruppen angeordnet sind. Die Spicula der Stiel rinde sind breite ovale Platten von durch- schnittlich 0,06 mm Länge, die häufig Biscuitform annehmen, und bei denen auch sehr häufig Spaltungen vom Zentrum aus sichtbar werden, die das Spiculum in meist vier, aber auch 5 — 6 radial ange- ordnete Abteilungen trennen. Diese dicht gelegenen Spicula erfüllen nicht nur die Rinde, sondern ziehen auch in dicht angeordneten Zügen ventralwärts ins Stielinnere, sich schließlich in kleine Nester auflösend, die zwischen den Gruppen der eigentlichen kleinen Spicula des Stiel- inneren liegen. In der Binde des Polypars finden sich ähnliche aber in allen Dimensionen kleinere und noch mehr abgeplattete Spicula als in der Stielrinde. Diese Spicula können in den basalen Teil des Polypen übergehen und kommen auch in den Tentakeln vor.« Meine eigenen Beobachtungen stimmen mit diesen Angaben über- ein. Die Spicula des Stielinneren sind vorwiegend rundliche oder ovale Körperchen von ungefähr 15 /.i Länge und 4,6 — 8 fi Breite. Diese Spicula finden sich in etwas größeren Formen, sehr dicht gehäuft in den Radiallamellen des Stieles, und zwar im oberen Teile größere als im basalen. Es kommen aber auch im Stielinneren Spicula von der Form der Rindenspicula vor: ovale oder biscuitförmige Platten oder auch zusammengesetzte Formen. (Fig. 18 u. 19.) Einige gemessene Längen und Breiten von Spiculis betrugen: Länge in /<: 74 90 63 50 50 Breite in ^i : 37 45 50 25 45. Das Verhältnis von Länge zu Breite betrug in der Mehrzahl un- gefähr 2:1, näherte sich aber bei einigen dem Werte 1:1. In der Stielrinde finden wir besonders entlang der Ansatzstellen der Radiallamellen dichte Längszüge von ovalen, mittelgroßen Spiculis von etwa 40 ^u Länge, Die größeren Formen, die auch eine größere Mannigfaltigkeit aufweisen, finden wir wieder in peripherer Lage, im oberen Teile des Stieles sehr zahlreich. Doch kommen auch unter ihnen viele sehr kleine vor. Im Kiele ist die Spiculation viel schwächer: Die Kalkplättchen sind viel kleiner und spärlicher als im Stiele und es sind nur runde kleine Spicula in größerer Anzahl vorhanden. Das gleiche gilt vom Beiträge z. Kenntnis d. histol. Baues von Veretilluni cynomorium (Pall.). 575 Kielinneren wie von der Kielrinde. In den Polypen sind spärliche und kleine Spicula von ovaler Form vorhanden. In den Tentakeln kommen ganz kleine spindelförmige Spicula vor, die nicht sehr dicht gehäuft sind, Ihre Enden sind abgestumpft. Folgende Größen wurden bei ihnen gemessen: (in «0 4,7 6,2 10,9 15,6 17 18,7 23,4. Es kommen endlich ganz kleine Körperchen im Kiele und im Stiele vor, die wie korrodiert aussehen und vielleicht die Trümmer von größeren, vielleicht aber auch erst im Entstehen begriffen sind, zum Teile aber auch sicher eigene Formen darstellen. Ihre Größe betrug 3,5 — 6,2 (.i. Von Kükenthal und Broch wurden sie nicht beschrieben, Sie sind ungemein zahlreich, von Gestalt mehr oder weniger um'egelmäßig. Sie liegen manchmal zu zweien oder dreien hintereinander oder bilden traubige und klumpige Aggregate. Auch bei diesen kleinsten Formen kommen noch Durchkreuzungszwillinge vor, und auch die . kleinsten lassen bereits die Strukturen erkennen, die deutlicher bei den größeren Formen beobachtet werden konnten. In ihrem Inneren ist ein zen- traler Hohlraum, der die organische Grundsubstauz enthalten hat, Struktur der Spicula, Bei genauerer Betrachtung erscheinen die Spicula durchaus nicht homogen, sondern selbst die kleinsten lassen noch ganz deutliche Strukturen erkennen. Im Inneren hebt sich deutlich eine zentrale Masse ab, die die Umrißform des Spiculums wiedergibt. Sie ist oft durch dunklere Färbung unterschieden und wir werden wohl nicht fehlgehen, w^nn wir hier eine stärkere Anhäufung orga- nischer Substanz annehmen. Ferner findet sich eine Marksubstanz vor, die sich durch etwas gelbliche Färbung von der hellen Rinden- substanz abhebt. Außerdem finden wir ziemlich regelmäßige konzen- trische Strukturen; an den Polen der Spicula sind die Ringe dieser konzentrischen Strukturen voneinander weiter entfernt als in der Mitte. Von der Zentralsubstanz aus strahlen radiale Strukturen, bald feiner, bald gröber gegen die Peripherie aus, in letzterem Falle wie Risse aus- sehend. Sie fallen auch oft durch dunklere Färbung auf, mitunter besonders an den Stellen, wo die radialen Strukturen sich mit den konzentrischen durchkreuzen, — Die radialen und konzentrischen Strukturen der Spicula treten nach Kochen in Eau de Javelle sehr deuthch hervor, doch erscheint die organische Grundsubstanz ver- schwunden. An ihrer Stelle findet man dann oft größere Sprünge im Inneren des Spiculums, Wenn man die Spicula mit einer Säure behandelt, sie jedoch nicht 576 Albert Niedermeyer, ganz auflöst, so findet man, daß die konzentrisclien Strukturen ver- schwinden, die radialen dagegen in Form von Rissen und Sprüngen sehr auffällig hervortreten. In deren Richtung zerfallen sie denn auch bei weiterer Fortsetzung des Auflösungsprozesses. Demnach scheinen die radialen Strukturen die Richtungen der geringsten Kohäsion der Moleküle zu bezeichnen. Ferner geht aus der genauen Betrachtung der Strukturen und ihres Verhaltens hervor, daß sie nicht der Ober- fläche angehören, sondern ein Produkt des Wachstumes und der inneren Organisation der Spicula sind. — Außer den genannten Strukturen finden sich noch ganz feine Riefungen, die in diagonaler Richtung ver- laufen und der Oberfläche anzugehören scheinen. Die Untersuchung der Spicula mit dem Polarisationsmikroskop ergab folgendes: Sie sind, wie dies ja zu erwarten war, anisotrop, hellen das dunkle Gesichtsfeld zwischen den gekreuzten Nicoischen Prismen auf. Dabei treten bei den dünneren die Newtonschen Inter- ferenzfarben auf, deren Aufeinanderfolge jedoch nicht den Schichten der konzentrischen Strukturen entspricht, soweit man dies bei den kleinen Objekten mit Sicherheit behaupten kann. Weder die radialen noch die konzentrischen Strukturen weisen ein verschiedenes optisches Verhalten auf, woraus sich ergibt, daß die Substanz der Spicula durcTi- weg gleichartig ist und ihre Schichtungen nur auf Wachstumsver- schiedenheiten beruhen. Das optische Verhalten der organischen Grund- substanz aus der Mitte des Spiculums ließ sich nicht mit Genauigkeit feststellen. Die Auslöschungsrichtung ist bei den länglichen Formen parallel zur Längsachse: es ist also gerade Auslöschung vorhanden. Bei den zusammengesetzten Formen ließ sich feststellen, daß die Auslöschungsrichtungen nahezu vollkommen symmetrisch zur Mittel- ebene liegen, und sie sich somit optisch genau so wie echte Zwillings- bildungen verhalten. Auch bei scheinbar einfachen Spiculis wurde des öfteren ein der- artiges Verhalten gefunden, das darauf schließen ließ, daß in Wirk- lichkeit zusammengesetzte Formen vorlagen. Insbesondere war dies bei den biscuitförmigen oft der Fall. Ob die Spicula optisch ein- oder zweiachsig sind und es sich dem- nach um Calcit oder Arragonit handelt, ließ sich wegen ihrer Klein- heit und der sich daraus ergebenden Unmöglichkeit, Schnitte senk- recht zur optischen Achse zu erhalten, auf dem Wege der Untersuchung im convergenten polarisierten Licht nicht feststellen. Ebensowenig ließ sich über den Charakter der Doppelbrechung, ob positiv oder negativ etwas aussagen. — Die MEiGENsche Reaktion (Kochen mit Beiträge z. Koimtnis d. histol. Baues von Vorotillum cynomorium (Pall.). 577 Kobaltnitrat) ergab, daß die anorganische Substanz der Spicula aus Calcit besteht: Die Spicula färbten sich auch nach langem Kochen nur ganz schwach hellblau ; auch mikroskopisch war keine Veränderung der so behandelten Spicula zu beobachten. Eine Frage, die noch zu entscheiden wäre, ist die, ob die zusammen- gesetzten Kalkkörper durch Teilung oder durch Aneinanderlagerung ursprünglich getrennter Teile entstehen. Für die letztere Annahme sprechen folgende Tatsachen: 1. Kommen tatsächlich Zwillingsbildungen im mineralogischen Sinne vor, als Berührungs -und Durchkreuzungszwillinge. 2. Finden wir manchmal in jedem Teile eine eigene Zentralpartie organischer Grundsubstanz. 3. Oft sind schon ganz kleine Spicula aus mehreren zusammen- gesetzt. 4. Entstehen die jüngsten Spicula stets in dichten Haufen oder Nestern. Dagegen und für die Entstehung durch Teilung sprechen jedoch folgende Punkte: 1. Man kann ganze Reihen verschiedener Übergänge beobachten, wie aus einem einfachen Spiculum durch Stärkerwerden eines radialen Risses zwei, aus einem Doppelindividuum ebenso vier, sechs, usw. werden. 2. Nicht alle verhalten sich wie Zwillinge: Es kommen auch An- häufungen von 5 und 7 Individuen vor, deren gemeinsamer Umriß oft noch die frühere Zusammengehörigkeit erkennen läßt. 3. Die Strahlen scheinen dann von einem gemeinsamen Zentrum organischer Grundsubstanz zu entspringen. Wir werden daher wohl annehmen dürfen, daß beide Arten der Bildung zusammengesetzter Spicula nebeneinander vorkommen können. Entstehung der Spicula : Die Art der Entstehung der Kalkkörper- chen als intracelluläre Differenzierungen innerhalb einer vom Ektoderm stammenden Zelle, eines »Skleroblasten <<, läßt sich deutlich an einigen Schnitten studieren. An der Stelle des Spiculums befindet sich eine Lücke in der Mesogloea, durch die Entkalkungsflüssigkeit hervorgerufen; am Rande dieser Lücke ist der Rest der Bildungszelle mit ihrem Kerne zu sehen. — Das Wachstum der Spicula geschieht durch Apposition. Organische Grundsubstanz: In der Mitte solcher Lücken, wie wir sie eben beschrieben haben, finden wir einen Rest organischer Grund- substanz, der bei jungen Spiculis noch genau die ovale oder biscuit- 578 Albert Niedermeyer, förmige Gestalt erkennen läßt, ebenso die konzentrische Faserrichtung. Dieser Best liegt bei größeren Spiculis genau an derselben Stelle, wie im uuentkalkten Zustande die dunkle Zentralsubstanz. KöLLiKER wirft die von ihm nicht entschiedene Frage auf, ob der Rückstand nur eine Cuticula ist, wie bei anderen Alcyonarien, oder ob er den ganzen Kalkkörpern entspricht. Nach allen meinen Be- obachtungen bin ich der Ansicht, daß er keine cuticulare Bildung ist, sondern bindegewebige Grundsubstanz, wofür auch der fibrilläre Auf- bau des Rückstandes spricht. Auch histologisch gibt der Rückstand alle Reaktionen des Bindegewebes, besonders deutlich mit Pikronigrosin. 6. Das Achsenskelett. Bekanntlich unterscheidet man nach Kölliker bei Veretillum cynomorium zwei Varietäten, die var. astyla, der ein Achsenskelett fehlt, und die var. stylifera, die ein solches besitzt ; außer diesem variab- len Verhalten besitzt die Achse von Veretillum noch einige Merkwürdig- keiten. Sie ist in jedem Falle sehr klein und kümmerlich entwickelt. Balss (31) sieht darin eine Anpassung an das Leben im bewegten Wasser; demnach wäre die Achse sekundär rückgebildet, doch könnte ihre mangelhafte Ausbildung auch ein primitives Verhalten darstellen. Freilich ist es auch oft festgestellt worden, daß Variabilität gerade bei reduzierten Organen auftritt, doch kann man allein aus ihrem Auftreten noch keinen Rückschluß auf sekundäre Reduktion ziehen. Jedenfalls erlaubt uns das Verhalten der Achse weder nach der einen noch nach der anderen Richtung etwas Bestimmtes auszusagen. Die histologische Struktur der Achse ist folgendermaßen beschaffen: Es lassen sich an ihr drei Schichten unterscheiden (Fig. 20), eine innerste, der »Zentralstrang«, eine mittlere, und eine äußere. Der Zentralstrang ist nicht, wie bei anderen Korallentieren, deutlich abgegrenzt, sondern geht allmählich in die Mittelsubstanz über. Er zeichnet sich nur durch größere Kompaktheit aus. Die Hornfasern sind hier sämtlich longitudinal angeordnet. Bei Pteroeides habe ich sie in konzentrischer Anordnung gefunden. Die drei genannten Schichten sind auf Querschnitten, die in ver- schiedener Höhe durch die Achse gelegt werden, in sehr verschiedener Ausbildung wahrzunehmen und haben nicht überall gleichmäßig Anteil an der Achsensubstanz. — ■ Auch bei der Achse von Veretillum ist eine Umbiegung des oberen Endes festzustellen. Diese Umbiegung tritt nicht so deutlich in die Erscheinung wie bei Formen mit wohl aus- gebildetem Achsenskelett, doch ist sie auf Querschnitten durch das Beiträge z. Kenntnis d. histol. Baues von Veretillum cynomoriuni (Fall.). 579 obere Ende der Achse schon bei schwacher Vergrößerung zu erkennen: Man findet im Bindegewebe die Achse doppelt getroffen, einmal mit dickem, einmal mit dünnem Querschnitte. Auf einem Querschnitte durch das oberste Achsenende ist es schwer, die einzelnen Schichten, die in der mittleren Höhe der Achse deutlich voneinander unterscheidbar sind, gegeneinander scharf ab- zugrenzen und richtig auszudeuten. Das liegt einmal daran, daß die beiden inneren Schichten ineinander übergehen und eine gemeinsame Mittelschicht bilden, andrerseits daran, daß die äußere Schicht, die weiter unten, gegen die Mittelhöhe der Achse zu, ausgesprochen ver- hornt ist, hier rein bindegewebigen Charakter besitzt und durch zell- ähuHche Elemente von der Mittelschicht getrennt ist. Dadurch ge- winnt die äußere Schicht ein derartiges Aussehen, daß man sie für eine bindegewebige »Achsenscheide << halten kann, wie wir eine solche bei Pteroeides vorfinden, und als ob die zellähnlichen Elemente dem dort gefundenen »Achsenepithel << homolog wären. Diese Verhältnisse lassen sich am besten durch die Abbildung auf Figur 20 erläutern. Wir können uns von ihnen zwei Auffassungen möglich denken. Nach der ersteren wäre die mit c bezeichnete Schicht ein Teil des Schwammgewebes der Rhachis, a und h das entodermale Epithel der zentralen Hohlräume des Kanalsystems; d wäre demnach die binde- gewebige Achsenscheide, / die Reste des Achsenepithels und e die Achse selbst. Diese Auffassung ist jedoch, wie die genaue Verfolgung der Schnitt- serie und die histologische Untersuchung ergibt, nicht die richtige, sondern eine andere. Nach dieser wäre c die bindegewebige Achsen- scheide, a und h Teile des Achsenepithels, d die periphere Schicht der Achse, die hier zwar noch fast ganz aus reinem Bindegewebe besteht, jedoch bereits Spuren beginnender Verhornung aufweist, wie die In- tensität der Färbung schließen läßt; demnach ist e die Mittelschicht der Achse mit dem Zentralstrauge, ferner haben wir bei / bloß Spuren oder Reste von Zellen vor uns, die mit dem Achsenepithel nichts zu tun haben, sondern es handelt sich hier offenbar um solche zellige Elemente, wie sie Schneider (24) als >>Spongioblasten<< bezeichnet hat, von denen die Umwandlung der Bindesubstanz in Hornsubstanz ihren Ausgang nimmt. Eine Tatsache von einer gewissen Bedeutung ist das Vorkommen von Spiculis in der peripheren Schicht der Achse bei g. Ganz im Inneren der Schicht e kann man auch schon eine An- deutung der Differenzierung des Zentralstranges erkennen. Dafür, daß diese Auffassung die richtige ist, spricht, daß das Zeitgclirift f. wisseuscli. Zoologie. C'iX. üd. 39 580 Albert Niedermeyer, Achsenepithel, wie die Untersuchungen bei Pteroeides ergeben haben, den Charakter des Entodermepithels besitzt, was vom Epithel bei a und b wohl zutrifft, aber keinesfalls von den Zellen bei /, die aus- gesprochen mesenchymatischen Charakter besitzt; ferner der Um- stand, daß im Bindegewebe der Mesogloea im obersten Teile der Achse eine allmähliche hornige Umwandlung des Bindegewebes gegen die Achse zu stattfindet, und man kann beobachten, daß diese umge- wandelte Bindesubstanz sich direkt in die peripheren Schichten der Achse fortsetzt. Die Schichten, die wir am oberen Teile der Achse unterscheiden können, haben also folgenden Bau: Die äußerste ist in Umwandlung begriffene Bindesubstanz, in der man konzentrische Struktur, Reste von Zellen und Spicula vorfindet. Die mittlere besteht aus Fasern, die vorwiegend in der Längsrichtung verlaufen. Spicula kommen auch in dieser Mittelschicht vor. Ganz im Inneren bemerkt man noch einen dünnen Strang, in den die Mittelschicht ohne scharfe Grenze übergeht. Wenn wir das äußerste umgebogene Ende der Achse auf diesen Schnitten untersuchen, so bemerken wir, daß die bindegewebige Schicht fast den ganzen Raum einnimmt; in ihr finden wir deutlich Spicula, und im Inneren einen dünnen, seitlich zusammengedrückten Strang, der eine blasig-maschige Struktur besitzt. Auch in diesem Strange finden wir Zellen vor; er entspricht der mit dem Zentrais brange ver- einigten Mittelschicht. Wenn wir die Schnittserie nach abwärts, gegen die Mittelhöhe der Achse zu verfolgen, so finden wir, daß die periphere Schicht (d) an Ausdehnung immer mehr abnimmt, je mehr wir uns der Mitte nähern; wo die Achse am stärksten ist, ist die periphere Schicht am schwächsten. Sie behält ihre konzentrische Struktur bei, verhornt jedoch mehr und mehr, und erscheint mehr und mehr homogen. — In dem gleichen Maße, wie bei dem Dicken Wachstum der Achse der Anteil der peri- pheren Schicht zurücktritt, wächst der der inneren, die sich deutlich in Mittelschicht und Zentralstrang differenziert. Diese beiden Schich- ten sind also aus der gleichen Grundlage hervorgegangen. Die Mittel- schicht nimmt in der Mittelhöhe der Achse den größten Raum ein. Die Längsfasern, aus denen sie besteht, erscheinen hier in radiär an- geordneten Zügen gruppiert, die auch stellenweise zwischen die kon- zentrischen Fasern der äußeren Schicht treten. Die innerste Schicht, der Zentralstrang, ist von der Mittelschicht auch hier nicht mit scharfer Grenze gesondert, sondern der Übergang ist noch immer ein allmäh- Beiträge z. Kenntnis d. histol. Baues v-^on Vcretillum cynomorium (Pall.)- 581 lieber. Im Zentralstrange erscheinen die Fasern etwas mehr regellos durcheinandergeflochten. Reste von Zellen sind im peripheren Teile der Mittelschicht zu finden. Ferner finden wir darin radiäre Faser- züge von Bindegewebe, die offenbar aus der peripheren Schicht stammen. Die Achsenscheide besteht aus Mesogloea, die hier den typi- schen welligen Verlauf ihrer Fibrillen besitzt. Sie ist von zahlreichen Kanälen durchsetzt, so daß sie netzartig aufgelockert erscheint. Diese Kanäle sind ausgekleidet von einem Epithel, das durch die fast kubi- schen, oft etwas blasigen Zellen mit ihren kreisrunden Kernen hin- reichend deutüch als entodermales Epithel zu erkennen ist. In der Mesogloea finden sich die großen, oft polygonalen, stark körnigen Gallertzellen. Das Achsenepithel ist nur sehr unvollkommen erhalten, doch kann man nach allem, was sich beobachten läßt, auch sagen, daß seine Zellen den Charakter der entodermalen Zellen der Kanalepithelien besitzen. Seine Höhe beträgt 25 — 30 f.i. Für die Beurteilung der morphologischen Bedeutung des Achsenepithels scheint mir folgende Tatsache von Bedeutung zu sein: Die periphere Schicht der Achse ist ganz außen begrenzt von einem sehr feinen Saum, den ich auf Grund der Untersuchung mit der stärksten Vergrößerung nur als Basal- membran des Achsenepithels ansprechen möchte. Demnach wäre die der Achse zugewendete Seite des Achsenepithels als dessen basale anzusehen und somit die Anschauung von v. Koch (6), daß die Achse eine kutikulare Ausscheidung des Achsenepithels sei, unhaltbar, da eine solche doch nur an der freien Epithelseite entstehen könnte. Daß es sich tatsächlich so verhält, dafür scheint mir der Umstand zu sprechen, daß sich im Achsenepithel zwei getrennte Lamellen nach- weisen lassen. (Fig. 20, a, b.) Somit fasse ich das Achsenepithel auf als die entodermale Auskleidung des Hohlraumes, in den hinein sich aus der Bindesubstanz durch hornige Umwandlung und nachfolgende Kalkeinlagerung die Achse entwickelt; hierbei wird das Lumen dieses Raumes ausgefüllt, und die beiden Entodermlamellen werden anein- andergedrängt. Wenn bei starker Entwicklung der Achse das Epithel verschwindet, so haben wir dann die Verhältnisse vor uns, wie wir sie bei Funiculina finden. Sonach gäbe es keinen prinzipiellen Unter- schied zwischen Formen mit und ohne Achsenepithel. Bemerkungen zu den Theorien über die Achsenentstehung. Über die Theorien von v. Koch (6) und Studer (12) ist in letzter Zeit so viel geschrieben worden, daß es wohl nicht nötig erscheint, 39 682 Albert Niedermeyer, auf die bisher bekannt gewordenen Tatsachen nochmals einzugehen. Hier möge diese Frage nur soweit berührt werden, als es nötig ist, um das Verhalten von Veretillum in dieser Hinsicht klarzustellen. Ich verweise auf die Arbeiten von Schneider (24) und Neumann (36), die sich mit der Achsenfrage bei den Gorgoniden in neuerer Zeit be- schäftigt haben. Beide Autoren sprechen sich unbedingt zu Gunsten der SxuDERschen Theorie aus. Ob die Achsen der übrigen Alcyonarien wirklich den einheitlichen Entstehungstypus, den die STUDERsche Theorie fordert, besitzen, vermag ich nicht zu entscheiden, jedenfalls bringt Neumann viel überzeugendes Beweismaterial bei ; für die Penna- tulaceen scheint mir nach meinen bisherigen Untersuchungen eine derartige einheitliche Form der Achsenentstehung festzu- stehen. Für die Theorie von v. Koch scheint ja freilich auch hier zunächst das Vorhandensein des Achsenepithels zu sprechen, aber gerade dessen genauere histologische Untersuchung zeigt, wie bereits erwähnt, daß es identisch ist mit dem Epithel entodermaler Kanäle, während es nach v. Koch ektodermales Epithel, das von der Fuß- scheibe des Primärpolypen aus ins Innere vorgestülpt ist, sein müßte. Ferner sprechen meines Erachtens unbedingt für die Gültigkeit der SxuDERschen Theorie für die Pennatulaceen folgende Punkte: 1. Das variable Verhalten der Achse von Veretillmn. 2. Das Vorkommen von zwei Achsen bei Veretillum, das zuerst von BujOR (19) festgestellt und von mir gleichfalls mehrmals beob- achtet worden ist. 3. Der bindegewebige Charakter der peripheren Schicht, die ge- wissermaßen die Grundlage der ganzen Achse bildet und sich erst nach und nach unter Mitwirkung zelliger Elemente in Hornsubstanz umwandelt. 4. Das Vorkommen von Spiculis in der Substanz der Achse. 5. Das Verhalten des Achsenepithels und seiner Basalmembran. So scheinen mithin die Achsen der Pennatulaceen in einheitlicher Weise aus der Bindesubstanz zu entstehen, und es ist wohl möglich, daß eine derartige Einheitlichkeit für die ganzen Oktokorallia gilt. R. Müller (32) hat für Gorgonac.een allerdings vor kurzem einige entwicklungsgeschichtliche Tatsachen beigebracht, die für die v. Koch- sche Ansicht sprechen. In Ermangelung von entwicklungsgeschicht- lichen Beweisen liefert aber für die Pennatulaceen die histologische Untersuchung ausreichende Beweise für die Theorie der einheitlichen mesodermale n Achsenentstehung. 1 Beiträge z. K(>iHi(nis d. liistol. Baues von Veretillum cynomorium (Fall.). 583 7. Das Kanalsystem. Das Kanalsystem von Veretilhim ist gut bekannt und von mehre- ren Forschern beschrieben worden. Wir können daher hier auf eine ausführlichere Beschreibung verzichten, indem wir uns den Angaben von Kükenthal und Broch anschließen und wollen nur einige be- sondere Punkte hervorheben. a) Das Schwammgewebe ist hier sehr schwach entwickelt, im Gegensatze zu Pteroeides griseum; die Hohlräume des Kieles sind ihrer Hauptmasse nach direkte Fortsetzungen der Gastralräume von Po- lypen und Zooiden, von denen die letzteren bedeutend länger sind als bei anderen Pennatuliden , was wir der geringv?.ren Ausbildung des Polymorphismus zuschreiben. E. Musgrave (30) spricht von einer Verschiedenheit des Epithels des Schwammgewebes von dem der übrigen Kanäle, indem die Zellen niedriger sein und Drüsenzellen fehlen sollen. Es seien daher die Kanäle des Schwammgewebes nicht als Ernährungs- gefäße im Sinne Köllikers, sondern als »erektile Gefäße« anzusehen. Die eine Beobachtung, daß das Epithel niedriger ist, ist entschieden richtig; wir haben auch bereits auf die Erscheinung hingewiesen, daß es mit fortschreitender Kleinheit der Kanäle an Höhe abnimmt. Ich vermag jedoch nicht zu bestätigen, daß Drüsenzellen fehlen sollen. Immerhin mag es möglich sein, daß bei höher differenzierten Formen auch eine funktionelle und histologische Verschiedenheit der Kanäle sich bemerkbar macht. Auch Muskelfasern fehlen dem Epithel des Schwammgewebes nicht. b) Im Stiele sind die Kanäle bekanntlich dem Verlaufe der muskel- tragenden Bindegewebslamellen entsprechend angeordnet. Wir haben hier mehrere Lamellensysteme, radiale und transversale, mit Längs- bzw. Ringmuskulatur. Bei den Radiallamellen nun unterscheiden KÜKENTHAL und Broch zentrifugale und zentripetale Radiallamellen. Diese Unterscheidung ist aber nicht völlig begründet. Es lassen sich nämUch zentrifugale und zentripetale Radiallamellen nur unterscheiden, wenn man einen einzelnen Schnitt untersucht; dann erscheinen die zentripetalen von der äußeren Stielwand gegen innen gerichtet, und erreichen nicht die Ringmuskellage, und umgekehrt die zentrifugalen von der Transversallamellenschicht nach außen gerichtet und erreichen die Stielwand nicht ganz. Wenn man aber die Schnittreüie verfolgt, und sich einen Aufriß der Lamellen rekonstruiert, findet man, daß eine und dieselbe Lamelle in verschiedener Höhe bald als zentripetale, bald als zentrifugale erscheint, je nachdem zwischen ihr und der äußeren 584 Albert Niedermeyer, Stielwand oder zwisclien ihr und der Transversallamellenschiclit sich Lücken befinden. Die Lamellen sind untereinander durch vielfache Anastomosen verbunden, c) Die vier Hauptkanäle reichen bei Veretillum bis an das basale Ende des Stieles. Nach Kükenthal und Broch ist dies ein Verhalten, das im allgemeinen den radiär gebauten Pennatulaceen zukommt. Die Frage, ob die vier Hauptkanäle mit Stielporen versehen sind, ist vom Verfasser auch bei Veretillum cynomorium an einer lückenlosen Serie von Längsschnitten durch das untere Stielende untersucht worden. Es hat sich aber hier nicht die geringste Spur von Poren, wie sie an Schnitten von Pennatula und Pteroeides mit der größten Deutlichkeit beobachtet werden konnten, finden lassen. Von Kapp (1) sind zwar vier derartige Poren bei Veretillum beschrieben worden, jedoch erscheint diese Angabe sehr zweifelhaft. Rapp gibt auch an, daß durch diese Poren Wasser ausgespritzt werden könne, was nach unseren Anschau- ungen (33, 37) schwerlich möglich ist. Es kann nun sehr wohl sein, daß derartige Stielporen durchaus nicht allen Pennatulaceen zukommen müssen. Es mag sich hier um ganz spezielle Anpassungen handeln, über deren biologische Bedeutung wir uns noch nicht ganz klar sind. Jedenfalls kann den Stielporen, wie Verfasser bei Pteroeides hervor- gehoben hat, schwerlich eine große Rolle bei der Wasserbewegung zukommen. Wenn wir derartige Bildungen bei Veretillum noch nicht vorfinden, so können wir uns wohl die Frage vorlegen, ob es sich hierbei nicht auch um ein primitives Verhalten unserer Form handelt, und es ist doch sehr wohl denkbar, daß dies der Fall ist, und die Stielporen sich erst später bei den Pennatulaceen entwickelt haben; sie wären demnach kein primitiver Besitz dieser Ordnung, sondern erst sekundär mit ganz bestimmten Anpassungen erworben. Dafür spricht auch, daß ich bei den nächst verwandten Gattungen Cavernularia und Cavernulina auch keine Stielporen habe finden können; bei den beiden Arten Caver- nularia obesa und elegans sollen nach Kükenthal allerdings Poren vorhanden sein, aber nur zwei, den beiden medianen Hauptkanälen entsprechend. Die vier Hauptkanäle des Stieles lassen sich ohne weiteres nicht als dorsal, ventral und lateral erkennen. Die lateralen erkennt man als solche, wenn man sie bis zum Kiele verfolgt, da sie sich dann von der Medianlinie entfernen. Für die Unterscheidung des dorsalen vom ventralen Hauptkanal läßt sich kein Merkmal angeben; ein terminaler Primärpolyp, der zur Orientierung dienen könnte, ließ sich nicht fest- Beiträge z. Kenntnis d. liistol. liiuies von Veretilluni cynoniorium (Pall.). 585 stellen, auch histologisch gelingt es nicht, irgendwelche Unterschiede aufzustellen: Das Epithel zeigte ii\ allen vier Kanälen des Stieles das gleiche Verhalten, und erwies sich als ein hohes Epithel aus typischen Eutodernizellen mit Drüsenzellen und einer recht kräftigen Ring- niuskelschicht. Hier könnte bloß die Entwicklungsschichte einen Aufschluß geben. d) Die Septen der vier Hauptkanäle bestehen nach Kölliker aus »fibrillärein Bindegewebe, dessen Fasern vorwiegend in der Rich- tung der Dicke verlaufen«, daneben kommen aber sehr viele Längs- fasern vor. Ferner beschreibt er »bindegewebige Ringfasern dicht unter dem Epithel der Kanäle«; dagegen war es ihm nicht möglich »Muskelfasern in den genannten Scheidewänden zu entdecken und kommt daher die Verdickung derselben an kontrahierten Stöcken einzig und allein auf Rechnung der Elastizität ihres Gewebes«. Hierin hat Kölliker Unrecht; es handelt sich bei den genannten Fasern nicht um Bindegewebs-, sondern um Muskelfasern, die auch als die einzige Ursache der Kontraktilität anzusehen sind. Innerhalb der Septen der vier Hauptkanäle finden wir zusammen- hängende Zellstränge, die oft sehr stark ausgebildet sein können und zu spaltförmigen Bildungen Anlaß geben, die Kükenthal als »Intra- septalräume« bezeichnet und die bei einigen Pennatulaceen, nament- lich bei CaveninJaria- Arten sehr stark ausgebildet sind. Diese »Intra- septalräume« sollen nach Kükenthal eine besondere Bedeutung haben, indem man in ihnen möglicherweise Reste des ursprünglichen Gastral- raumes des Primärpolypen erblicken könne, derart, daß je zwei Septen des achtkammerigen Gastralraumes sich durch Aneinanderlagerung zu einem Septum vereinigt hätten und so nur vier Kammern übrig blieben, und die übrigen als »Intraseptalräume « in den Septen der Hauptkanäle zu suchen seien. — Diese Annahme muß so lange als unbewiesen gelten, als sich nicht entwicklungsgeschichtliche Tatsachen für sie anführen lassen; vorläufig aber steht sie im Widerspruche zu den Tatsachen, die von Jüngersen (14) über die Entwicklung von Pennatula phosphorea gefunden worden sind, wonach die Lateral- kanäle Bildungen eigener Art sind, die mit den medianen Hauptkanälen nichts zu tun haben. Dieser Anschauung schließen sich ja Kükenthal und Broch auch sonst durchwegs an. Die histologische Untersuchung der Zellen der »Intraseptalräume« ergab nun, daß die Zellen innerhalb der Septen ganz typische Gallert- zellen sind, wie sie oben ausführlich beschrieben worden sind. Das Entodermepithel der Hauptkanäle ist deutlich verschieden von den 586 Albert Niedermeyer, Intraseptalzellen, schon durch seinen polaren Charakter, während die letzteren apolar, mesenchymatisch sind, viel größer nnd von stark körnigem, acidophilen Inhalte. Sie bilden oft wenig regelmäßige Stränge, die bald aufhören, bald doppelt verlaufen und miteinander anastomosieren können. Sie haben ganz das Aussehen der in Figur 16 abgebildeten Zellstränge. Auch bei Cavernuluna piisiUa war das gleiche histologische Verhalten festzustellen: Die Intraseptalzellen waren vom Entoderm völlig verschieden, stimmten aber mit den Zellen der Stränge in der Mesogloea durchaus überein. Somit läßt sich die Frage, ob den »Intraseptalräumen << eine tiefere Bedeutung für die Entwicklungsgeschichte zukommt, auch auf bloßem histologischem Wege lösen, ohne daß wir gezwungen wären, erst die Ergebnisse der Entwicklungsgeschichte abzuwarten: Von einem Zu- sammenhange mit dem Gastralraume des Primärpolypen kann hier nicht die Rede sein. Phylogenetische Schlußbemerkungen. Wie bereits in der Einleitung hervorgehoben worden ist, gibt es zwei Ansichten über die phylogenetische Stellung von Veretillum und den Pennatulaceen mit radiärer Anordnung der Polypen, von denen die eine, vertreten vor allem von Jungersen (22) und Balss (31) Veretillum als eine abgeleitete Form an das Ende des Systems stellen will, und die Einfachheit des radiären Baues als sekundären Charakter ansieht, während die andere, von Hubrecht, Hickson, v. Koch, Wilson und vor allem von Kölliker vertreten, die Veretilliden an die Wurzel des Systems gesetzt wissen will. Kölliker nimmt auf Grund der Bilateralität des inneren Baues allerdings an, daß sie von bilateralen Urformen abstammen. Kükenthal und Broch haben neuerdings in außerordentlich überzeugender Weise dargetan, daß tatsächlich Vere- tillum zu den primitivsten Formen gehört, und darauf ihr phylogene- tisches System aufgebaut. Nach ihnen ist es nicht einmal nötig, mit Kölliker auf Grund der inneren Bilateralität eine Abstammung von noch primitiveren bilateralen Urformen anzunehmen; die radiäre Symmetrie, die hier in Frage käme, beruhe ja lediglich auf der Fällig- keit des Primärpolypen, allseitig Knospen zu bilden, und dies müßte entschieden als primitives Verhalten angesehen werden. Obgleich Kükenthal und Broch ihre Ansicht sehr wohl stützen, erkennen sie an, daß der endgültige Beweis für ihre Anschauungen von der Entwicklungsgeschichte erbracht werden müßte, die bis jetzt jedoch noch sehr wenig bekannt ist. Bei den vorliegenden histolo- Beiträge z. Kenntnis d. histol. Baues von Vcretilluin cynoniorium (Pall.). 587 gischen und mikroskopiscli-anatomischen Untersuchungen legte der Verfasser sich stets die Frage vor, ob die Befunde dieser Untersuchungen in irgendeiner Weise zur Klärung dieses Problems beizutragen ver- möchten, sei es nach der einen, sei es nach der anderen Richtung. Tatsächlich ist es auch möglich gewesen und die gefundenen Tatsachen waren, wie an den betreffenden Stellen stets hervorgehoben worden ist, ist, immer Stützen der von Kükenthal und Broch vertretenen An- schauungen und keine einzige Beobachtung sprach gegen diese. Als weiteres Ergebnis der vorüegenden Untersuchungen erscheint ferner dem Verfasser dies, daß ein prinzipieller Unterschied im histologischen Bau zwischen den Octocorallia und den Hexacorallia gar nicht besteht und daß die histologischen Charaktere, die bei letzteren ge- funden worden sind, auch den ersteren nicht fehlen, sondern nur wegen der größeren Feinheit und der Kleinheit aller Einzelheiten viel schwerer zu beobachten sind. Es müßte besonders interessant sein, die primi- tivsten, koloniebildenden Aktinien, die Zoantheen, nach dieser Rich- tung hin ganz genau auf ihr histologisches Verhalten zu untersuchen. Es ließe sich sehr wohl denken, daß von Formen, die den Zoantheen nahe stehen, sich beide Stämme, die Aktinien, wie die Alcyonarien nach divergenten Richtungen entwickelt haben. Insofern dürften wir wohl auch deutlichere Anklänge an den Bau der Aktinien bei Alcyo- narien als primitives Merkmal beurteilen können. Der Wert eingehender histologischer Untersuchungen für die Lösung derartiger Probleme scheint dem Verfasser nicht gering anzuschlagen zu sein und vor allem dort, wo der Mangel an entwicklungsgeschichtlichen Kenntnissen uns hindert, phylogenetische Spekulationen sicher zu begründen, vermag auch die Histologie noch einige Beiträge zur Lösung derartiger Fragen zu liefern. Breslau, im Oktober 1913. Literaturverzeichnis S 1. 1829. M. W. Rapp, Untersuchungen über den Bau einiger Polypen des Mittelländischen Meeres. Nova Acta Acad. Caes. Leop. Car. Bd. XIV. 2. S. 643. 1 Während des Druckes vorliegender Arbeit sind einige Abhandlungen erschienen, auf die hier nicht mehr eingegangen werden konnte. Öie sollen in einer späteren Arbeit Berücksichtigung finden. 588 Albert Niedermeyer, 2. 1841. W. Erdl, Über die Organisation der Fangarme der Polypen. Mül- lers Archiv f. Anat. u. Physiologie. 1841. S. 423. 3. 18G5. A. V. KÖLLIKER, Icones histiologicae. 2. Abt. Leipzig. 4. 1872. — Anatomisch-systematische Beschreibung der Alcyonarien. Die Pennatuliden. In: Abhandl. der Senckenberg. naturf. Ges. Vol. VII und VIII. Frankfurt a. M. 5. 1872. P, Pancbri, Gli organi luminosi e la luce delle Pennatule. Atti della R. Accad. Scienze Fisiche e Matemat. Vol. V. G. 1878. G. V. Koch, Das Skelett der Alcyonarien. Morph. Jahrb. Bd. IV. 7. 1883. S. J. HiCKSON, On the ciliated groove (siphonoglyphe) and the stomo- daeum of the Alcyonarians. Phil. Trans. Roy. Soc. Vol. III. 8. 1883. E. B. Wilson, The development of Renilla. Phil. Trans. Roy. Soc. 9. 1884. — The mesenterial filaments of the Alcyonaria. Mitt. zool. Stat. Neapel. Vol. V. p. 1. 10. 1887. A. KoROTNEFF, Zur Anatomie und Histologie des Veretillum. Zool. Anz. S. 387. 11. 1887. (1883.) A. MiLNES Marshall, Report on the Pennatulida, dredged by H. M. S. »Triton«. Transact. Roy. Soc. of Edinburgh. Vol. XXXII. 1883. p. 119—152. 12. 1887. Th. Studer, Versuch eines Systems der Alcyonaria. Arch. f. Natur- geschichte. Bd. I. S. 1—74. 13. 1888. C. Vogt und E. Young, Lehrbuch der praktischen vergleichenden Anatomie. 14. 1888. H. F. E. Jungersen, Über Bau und Entwicklung der Kolonie von Pennatula phosphorea L. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLVIL 15. 1894. G. H. FowLER, On two Sea-Pens of the family of the Veretillidae from the Madras Miiseum. Proc. Zool. Soc. London, p. 376. Taf. XXII. 16. 1895. S. J. HiCKsoN, The anatomy of Alcyonium digitatum. Quart. Journ. micr. Sc. Vol. XXXVIL 17. 1899. A. Ashworth, The structure of Xenia Hicksoni etc. Quart. Journ. micr. Sc. Vol. XLII. 18. 1900. B. C. BouRNE, Anthozoa. In: A Treatisc on Zoology, editet by E. Ray-Lankester. Part II. 19. 1901. P. BuJOR, Sur l'organisation de la Veretille. Arch. Zool. exp. gen. Vol. IX. Notes et Revue Nr. 4. 20. 1902. K. C. Schneider, Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere Jena, Gustav Fischer. 21. 1904. S. J. HicKSON, Polymorphism in the Pennatulida, Rep. 73. Meeting Brit. Ass. for the Adv. of Sc. p. 688. 22. 1904. H. F. E. Jungersen, Pennatulida, Danish Ingolf Expedition. Vol. V. Nr. 1. 23. 1904. A. Pütter, Die Flinmierbewegung. Ergebnisse der Physiologie. 24. 1905. A. Schneider, Das Achsenskelett der Gorgoniden. Arch. f. Naturg. Bd. LXXI. 25. 1905. Edith M. Pratt, The digestive organs of the Alcyonaria and their relation to the mesogloeal cell-plexus. Quart. Journ, micr. Sc. Vol, XLIX. Beiträge z. Kenntnis d. lii.stol. Baues von Verotilluin cynonioiinin (Pall.). 589 26. 190G. H. Reinhakdt, Übor tlen foinoron Bau einiger Nephthyiden. Jenai- sche Zeitschr. f. Naturw. Bd. XLII. 27. 1908. N. Kassianow, Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyo- naria. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XC. 28. 1908. — Vergleich des Nervensystems der Octocorallia mit dem der Hexa- corallia. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XC. 29. 1909. F. KuTSCHERA, Das Leuchten von Acholoe astericola. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XCII. 30. 1909. E. M. MusiiRAVE (Pratt), Ex]H'rimcntal observations on the organs of circulation and the powers of locomotion in the Pennatulids. (^uart. Joiu-n. micr. Sc. Vol. LIV. ol. 1910. H. Balss, Japanische Pennatuliden. In: Doflbin, Beiträge zur Naturg. Ostasiens. Abh. math.-phys. Kgl. Bayr. Akad. Wiss. 1. Suppl. 32. 1910. R. Müller, Über die Bildung des Achsenskelettes von Corallium. Mitt. zool. Stat. Neapel. Bd. XX. 33. 1911. A. Niedermeyer, Studien über den Bau von Pteroides griseum (Bohadsch.). Arb. zool. Inst. Wien. Bd. XIX. Hft. 1. 34. 1911. W. Kükenthal und Hj. Broch, Pennatulacea. In: Wiss. Erg. der Deutschen Tiefsee-Expedition. 35. 1911. B. Cylkowski, Untersuchungen über den Dimorphismus bei den Alcyonarien. Inaug.-Dissert. Breslau. 1911. 3t). 1911. H. Neumann, Untersuchungen über die Bildung des Achsenskelettes einiger Gorgonaceen. Jenaische Zeitschr. f. Naturw. Bd. XLVII. N. F. XL. Hft. 4. 37. 1912. A. Niedermeyer, Über Verschlußeim-ichtungen an den Stielporen von Pennatula und Pteroeides. Zool. Anz. 38. 1912. R. F. Fuchs, Die physiologische Funktion des Chromatophorensy- stems als Organ der physikalischen Wärmereguherung der Poikilo- thermen. Sitzber. d. physik. med. Societät in Erlangen. Bd. XLIV. 39. 1913. A. Niedermeyer, Über einige histologische Befunde an Veretillum cynomorium. Zool. Anz. Bd. XLIII. Erklärung der Abbildungen. Tafel XIV und XV. Fig. 1. Ektodermepithel des Coenenchyms (Übersichtsbild). Krypten- artige Vertiefungen des Epithels. Leitz, Obj. 5, Oc. 0. Fig. 2. Teil des Ektodermepithels vom ('oenenchym, stärker vergrößert. Goldchloridpräparat, Seibert, Obj. V, Oc. 2. dz, Deckzelle; sz, Sinneszelle; drz, Drüsenzelle; bz, Becherzelle; mf, Muskelfasern; ns, Nervenschicht; mg, Mesogloea, et, Crusta. Fig. 3. Einzelne Üeekzellen vom Kktodermepithel. Leitz, Obj. 9, Oc. 2. Fig. 4. Ektodermepithel von einem Polypententakel. Goldchloridpräparat, Zeiss, Obj. F, Oc. 2. cn, Nesselkapsel; cn^, Cnidoblast ; ggl, Ganglienzelle; m, Muskulatur. 590 Albert Niedermeyer, Beiträge zur Kenntnis des histol. Baues usw. Fig. 5. Ektodermepithel vom Schlundrohr. Goldchloridpräparat. Leitz, Obj. 9. Oc. 2. mf, Muskelfasern. Fig. 6. Ektodermepithel vom Stiel; papillenförmige Erhebungen. Gold- chloridpräparat, Leitz, Obj. 5, Oc. 5. gz, Gallertzellen. Fig. 7. Entodermepithel vom Schlundrohr. Goldchloridpräparat, Leitz, Obj. 9, Oc. 1. ns, Nervenschicht; mfs, Muskelfaserschicht. Fig. 8. Tentakel eines Polypen, ausgestreckt. Nesselwülste. Vergr. 12 : 1. Fig. 9. Tentakel eines Polypen, etwas kontrahiert. In der Mesogloea deutüche Falten. Zeiss, Apochromat 16 mm, Compens.-Oc. Nr. 2. Fig. 10. Längs- und Ringmuskulatur von einem Tentakel. Macerations- präparat. Zeiss, Apochromat 4 mm, Oc. 4. Fig. 11. Ganglienzelle aus der. Nervenschicht eines Tentakels. Goldchlorid- präparat. Zeiss, homog. Immersion 2 mm, Compensationsocular 18. Fig. 12. Ektoderm und Entoderm vom Mauerblatte eines Polypen, ect, Ektoderm; ent, Entoderm; mg'^, äußere; mg^, innere Mesogloealamelle. Fig. 13. Querschnitt durch ein dorsales Mesenterialfilament eines Polypen. Leitz, Obj. 7, Oc. 5. jz, Flimmerzellen; Wz, WiLSONsche Zellen. Fig. 14. Querschnitt diu-ch ein ventrales Mesenterialfilament. Leitz, Obj. 7, Oc. 1. Fig. 15. Stück eines Flachschnittes durch die Längsmuskulatm* des Stieles. Nervenplexus. Goldchlorid, Leitz, Obj. 9, Oc. 1. gz, Gallertzellen; ggl, GangUen- zellen. Fig. 16. Stück aus dem Innern eines Querschnittes durch den Stiel. Leitz, Obj. 5, Oo. 5. ep. Epithel des Hauptkanals; ns, Nervenschicht; m.fs, Muskel- faserschicht; gs, Grenzschicht der Mesogloea; mg, Mesogloea; gz, GaUertzellen. Fig. 17. Gallertzellen aus der Mesogloea des Stieles, a. mit ausgedehnten Fortsätzen, b. mit eingezogenen Fortsätzen. Leitz, Obj. 9, Oc. 2. Fig. 18. Verschiedene Formen von Spicula. Zeiss , Apochromat 4 mm, Oc. 4. Fig. 19. Kleine Spicula aus dem Stielinnern. Zeiss, Apochromat 4 mm, Oc. 4. Fig. 20. Querschnitt durch das obere Ende der Achse und ihre Umgebung. Leitz, Obj. 2, Oc. 5. I Zur Kenntnis des Nervensystems der Myopsiden. Von Boris Schliaflf aus St. Petersburg. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Heidelberg.) Mit Tafel XVI— XVIU. L Einleitung 591 II. Literatur 593 III. Das Centralnervensystem 594 IV. Nerven des Ganglion cerebrale 600 V. Nerven des Ganglion viscerale 603 VI. Nerven des GangUon pedale 614 VII. Nerven des Ganglion brachiale 618 VIIL Das sympathische Nervensystem 621 Literatm'verzeichnis 627 Erklärung der Abbildungen 628 I. Einleitung. Von meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Bütschli, auf die Lückenhaftigkeit imsrer Kenntnisse über das Nervensystem der Cephalopoden aufmerksam gemacht, beschloß ich im Sommer 1912 das Nervensystem der Familie der Myopsidae einer möglichst gründlichen Bearbeitung zu unterziehen. Zuerst hatte ich die Absicht, die Vertreter der Gattungen Sefia, Sepiola und Loligo zu untersuchen ; als aber im Herbst 1912 die ausgezeichnete Arbeit von R. Hillig über das Nervensystem von Sefia officinalis L. erschien, beschränkte ich mich auf die beiden letztgenannten Gattungen. Von den Loligo- Arten habe ich die Art Loligo marmorae Ver. und von den vielen Arten, in welche Sepiola rondektti Leach neuerdings ^ aufgelöst worden ist, 1 Naef, Teuthologische Notizen. Zoolog. Anzeiger. Bd. XXIX. Nr. 7 vom 12, März 1912. 592 Boris Schkaff, Sepietta minor Naef gewählt, da diese beiden Aiten wegen ihrer ge- rin^^en Größe sich zur mikroskopischen Untersuchung besonders gut eigneten. Das Material stammte ausschließlich aus dem Golfe von Neapel und war von mir selbst fixiert worden. Als Fixierungsmittel wurden angewandt: Sublimatessigsäure (95 Teile gesättigter Sublimat-See- wasserlösung und 5 — ^20 Teile Eisessig), Pikrinsalpetersäure, 4%iges Formol (in Seewasser gelöst), Alkohol-Eisessig (3 T. Alk. absol. und 1 T. Eisessig). Alle diese Flüssigkeiten gaben mehr oder minder brauch- bare Resultate. Die Untersuchung geschah hauptsächlich an Schnitt- serien nach allen drei Hauptrichtungen, besonders an Querschnitt- serien; zum Teil habe ich auch die Methode der anatomischen Zergliederung angewandt. Die Schnittdicke betrug bei der großen Mehrzahl der Serien 15 ju, da diese sich als die geeignetste erwies. Vor der Einbettung wurden den Tieren die Augenlinsen herausgenommen, da sie sich in Paraffin kaum schneiden lassen und das Messer beschädigen. Von Färbungen habe ich folgende angewandt: A. Färbungen in toto mit 1) Boraxcarmin-Chromhämatoxylin (nach Schubeeg)!; die Objekte kamen dabei successive auf je 24 Stun- den in Boraxcarmin, in salzsauren Alkohol, in V6% wässerige Lösung von Hämatoxylin vmd in V2% Lösung von chromsaurem Kali, und 2) mit Borax-Carmin, Osmiumsäure, Holzessig (nach Schuberg ^); B. Schnittfärbungen mit 3) Eisenhämatoxylin, Säurefuchsin- Pikrin- säure (nach Weigert-van Gieson) und 4) Säurefuchsin, Anilinblau, Orange (nach Mallory). Besonders die erste und die dritte Methode gaben sehr gute Re- sultate; die erste hat wohl den Vorzug größerer Bequemlichkeit. — Die Färbung der Schnitte mit Methylenblau nach Bethe versagte dagegen vollständig. Um Mißverständnissen vorzubeugen, bemerke ich hier, daß ich bei der folgenden Beschreibung die physiologische, nicht aber die mor- phologische Orientierung des Cephalopodenkörpers gelten lassen werde. Die Trichterseite wird also als Bauch-, die Schulpseite als Rücken be- zeichnet werden; der Kopf liegt vorn, die Eingeweidesaokspitze hinten. — Nach dem Vorgang der neueren Autoren (Chun, Hillig, Meyer) werde ich für die Bezeichnung der Ganglien, Commissuren und Nerven nur lateinische Namen anwenden. 1 ScHUBERO, Zoologisches Praktikum. Bd. I. 1910. Zur Kenntnis des Nervensystems der Myopsiden. 593 11. Literatur. Die Literatur über das Nervensystem der Cephalopoden ist ziem- lich umfangreich und recht verstreut; ein sehr ausführliches Ver- zeichnis derselben ist der oben genannten Arbeit von R. Hillig bei- gefügt, freilich werden darin viele Werke zitiert, die zu dem Gegen- stand nur eine sehr indirekte Beziehung haben. Indem ich hier auf dieses Verzeichnis und auf die kurze Literaturübersicht im Anfange der Arbeit von Hillig verweise, bemerke ich nur, daß über das Nerven- system der uns hier näher interessierenden Gattungen Sepiola und Loligo bis jetzt folgende Arbeiten existieren: A. Über S epiola. 1. Die Arbeit von Dietl (1878); sie behandelt fast ausschließlich das Centralnervensystem ; die beigefügten Abbildungen sind sehr schematisch und zum Teil, wie weiter unter gezeigt werden soll sehr ungenau. In der Arbeit von Pelseneer (1888) finden wir eine schema- tische Zeichnung des Gehirns von Sepiola von der Seite. Sonst geht Pelseneer auf das Nervensystem der Sepiola nicht ein. B. tJhev Loligo. 1. Die Arbeit von Cheron (1866) enthält unter anderm eine Be- schreibung des Nervensystems von Loligo vulgaris. 2. Williams (1909) beschreibt das Nervensystem von Loligo pealii, einer nordamerikanischen Art. Außerdem finden wir noch einige kurze Bemerkungen über das Nervensystem von Loligo vulgaris in den Arbeiten von Jhering (1877) und Brock (1880). Es existiert also bis heute nur eine Arbeit über das Nervensystem von Se'piola rondeletti Leach, die dabei nur einen kleinen Teil des Gegen- standes behandelt; über das Nervensystem von Loligo marmorae Ver. liegen gar keine Untersuchungen vor; auch die Darstellungen von Cheron und Williams, die den nahestehenden Arten Loligo vulgaris und L. pealii gelten, sind ziemlich kurz und entbehren fast der Ab- bildungen. Was die übrige Literatur betrifft, so war für mich von großer Wichtigkeit besonders die schon genannte Arbeit von Hillig (1912), in welcher das Nervensystem von Sepia officinalis sehr ausführlich beschrieben ist. Leider hat aber der Verfasser nur die Methode der 594 Boris Schkaff, makroskopisclien Präparation benutzt, ohne sie durcli die Unter- suchuno- von Schnittserien zu ergänzen; daher vermochte er über einige interessante Fragen keinen Aufschluß zu geben ^. III. Das Centralnervensystem. Das Centralnervensystem (»Gehirn« der Autoren) ist bei Sefiola rondeletti und bei Loligo marmorae höchst ähnlich gebaut. Es setzt sich wie bei allen dibranchiaten Cephalopoden aus vier Ganglien zu- sammen, die den Ösophagus kurz nach seinem Austritt aus dem Schlund- kopf umgeben und miteinander teils direkt verwachsen, teils durch Commissuren verbunden sind. Über dem Oesophagus liegt das Gan- glion cerebrale, unter dem Oesophagus liegen hintereinander drei Ganglien, vorn das Ganglion brachiale, in der Mitte das Ganglion pedale oder, wie es auch bezeichnet wird, das Ganglion infundibulare, hinten das Ganglion viscerale (Taf. XVII, Taf. XVIII, Fig. la). Jedes von diesen vier Ganglien ist durch Verwachsung von je ein Paar Gan- glien entstanden, doch läßt sich die Doppelnatur an den G. cerebrale, G. pedale und G, viscerale nur undeutlich erkennen; dagegen zeigt sie das Ganglion brachiale sehr deutlich (Taf. XVIII, Fig. 2«, Fig. 3). Die drei ventralen Ganglien bestehen aus einer centralen Faser- masse und einer Rinde von Ganglienzellen verschiedener Größe. Der Bau des Ganglion cerebrale ist viel komplizierter, worüber unten aus- führlich die Rede sein wird. Alle Ganglien sind von einer bindegewebi- gen Membran umhüllt; außerdem wird das Centralnervensystem mit Ausnahme des Ganglion brachiale vom becherförmigen Kopfknorpel geschützt (»Schädelkapsel«), welcher das Gehirn dorsal, anal und zum Teil ventral umfaßt; die Ventralseite des Ganglion pedale ruht zum Teil auf demselben, zum Teil aber auch auf dem Statocystenknorpel, welcher ja eigentlich einen Teil des Kopfknorpels bildet; die Ventral- seite des Ganglion viscerale liegt in ihrer ganzen Ausdehnung dem Statocystenknorpel auf. Dagegen hat das Ganglion brachiale keine Beziehungen zum Kopfknorpel: seine Ventralseite ruht auf der starken ventralen Muskulatur des Kopfes, da der Kopfknorpel nach vorn nur ungefähr bis zu der Stelle reicht, wo die Commissura brachiopedalis aus dem G. pedale austritt (vgl. Taf. XVIII, Fig. la). 1 Als diese Arbeit schon abgeschlossen war, erschien im August 1913 eine ausführliche, ebenfalls ausschließlich makroskopische Untersuchung von K. Richter über das Nervensystem der Oegopsiden. Ich nehme auf diese Arbeit in Anmerkungen unter dem Text Bezug. Zur Kenntnis des Nervensystems der Älyopsidcn. 595 Die Veibiudungen zwischen den einzelnen Ganglien des Central- nervensystems sind folgende: 1) Das Ganglion cerebrale verwächst mit dem Ganglion pedale in der ganzen Ausdehnung desselben und mit seinem hintersten Ab- schnitt auch mit dem vordersten Teil des Ganglion viscerale. Ich hebe diesen Umstand hervor, weil Bütschli (1912, S. 530) bemerkt: »Infundibular- und Visceralganglion (der Cephalopoden) sind mit dem Cerebralganglion seitlich in ganzer Ausdehnung verwachsen.« Das trifft für Sepiola und Loligo (vgl. Taf . XVII) jedenfalls nicht zu, und auch nicht für Sepia officinalis, wie ich mich an Schnitten überzeugen konnte und wie man es auch aus der Arbeit Hilligs ersieht (Taf. VIII). In dieser (aber nicht in seiner ganzen) Ausdehnung, wie es z. B. Stieda (1874) fälschlich für Sej)ia officinalis behauptet, bildet das Centralnervensystem einen den Oesophagus, die zwei Arteriae cephalicae und den Ausführungsgang der hinteren Speicheldrüsen vollkommen umschließenden Ring. Die Markmassen der Ganglion cerebrale und Ganglion pedale werden jederseits durch einen außerordentlich mächtigen Faserstrang ver- bunden, den wir als Commissura cerebropedalis bezeichnen werden ( »Commissura lateralis« von Hillig, »Commissure posterieure << von Cheron). Die Fasern dieser Commissur entspringen in den Lobus basalis anterior und Lobus basalis posterior ^ (s. unten) des Ganglion cerebrale, steigen an beiden Seiten des Oesophagus hinab und treten in das Ganglion pedale ein. Diese Commissur steht in enger Beziehung zu den beiden hochwichtigen Nerven des Ganglion cerebrale, dem Nervus opticus und dem Nervus staticus, wovon weiter unten die Rede sein wird. Nahe ihrem Hinterende entspringt aus der Markmasse des G. cerebrale auf jeder Seite ein kurzer Faserstrang, der schräg nach unten und nach außen verläuft und sofort in die vorderste seitliche Ecke des Ganglion viscerale eintritt, da wo es mit dem G. pedale ver- wächst. Diesen Strang bezeichne ich als Commissura cerebrovisceraUs (Taf. XVIII, Fig. 2d; cotrim. cer.visc). Es sei hier noch betont, daß diese beiden Commissuren innerhalb und nicht, wie etwa die später zu erwähnenden Commissura cerebrobrachialis und Commissura cere- brobuccalis außerhalb des Gehirns verlaufen, ein Umstand, den die Autoren nicht ausdrücklich hervorheben. 2) Das Gaughon pedale und das Ganglion viscerale hängen an ihren Außenseiten zusammen, dagegen sind diese beiden Ganghen 1 Ebenso Richter, S. 297. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 40 596 Boris Schkaff, in der Mitte durch eine dünne knorpelige Membran, die sich vom statischen Knorpel an der Grenze zwischen den beiden Ganglien nach oben erhebt, vollkommen voneinander getrennt. Sagittal schnitte durch das Centralnervensystem (Taf. XVIII, Fig. la u. b) zeigen diese Verhältnisse sehr deutlich: an den medianen Sagittalschnitten er- scheinen die beiden Ganglien durch die erwähnte knorpelige Membran getrennt, an den seitlichen dagegen zusammenhängend. Ganz ähnlich liegen die Verhältnisse bei Sepia ofjicinalis (vgl. Owsjannikow und KowALEVSKY (1866), Taf. III, Fig. 1). Die Markmassen beider Ganglien werden jederseits durch je einen sehr kurzen lateralen Faser- strang verbunden [Commissura visceropedalis = >>connectif pleural« von Pelseneer (1888), Taf. XVIII, Fig. 2d, comm.viscped.]. 3) Das Ganglion brachiale ist mit dem Ganglion pedale durch eine ziemlich lange (bei Sefiola ist sie verhältnismäßig länger als bei Loligo) und sehr starke, median verlaufende, unpaare Commissur verbunden (Commissura brachiopedahs ; Taf. XVII, Taf . XVIII, Fig. la; comm. hr.fed.). Es ist wohl bekannt, daß die Beziehungen dieser beiden Ganglien zueinander in der Reihe der Dibranchiaten verschieden sind: während sie bei Octopus vollständig miteinander verschmolzen sind und bei Sepia dicht aneinanderliegen, sind sie bei Loligo und bei Sepiola ziemlich weit voneinander getrennt und durch eine lange Commissur verbunden, ein Verhältnis, das natürhch an Sagittal- und Horizontal- schnitten besonders klar hervortritt, aber auch an Querschnittserien deutlich zu erkennen ist. Um so mehr muß es überraschen, daß Dietl in seiner Fig. 31, welche einen medianen Sagittalschnitt durch das Centralnervensystem von Sepiola darstellt, beide Ganglien dicht an- einanderliegend zeichnet (die Beschreibung im Text ist unklar). Da- gegen bringt die von Pelseneer gegebene Abbildung (1888, Taf. XXXVII, Fig. 4) das Verhältnis beider Ganglien zueinander richtig zur Anschauung. 4) Das Ganglion viscerale entsendet von seinem vorderen Teile zwei Faserstränge nach vorn, welche das GangHon pedale lateroventral durchziehen und in die Commissura brachiopedahs einmünden, an der Stelle, wo diese aus dem Ganglion pedale austritt. Die Fasern ver- laufen dann mit der Commissura brachiopedahs weiter nach vorn und treten in das Ganglion brachiale ein. Diese Commissur, die wir als Commissura brachiovisceralis bezeichnen werden, entspricht der Com- missura longitudinalis, die Haller (1912) bei Eledone gefunden hat; Haller behauptet aber irrtümlich, sie sei von allen früheren Autoren übersehen worden. Das ist insofern nicht richtig, als sie schon von Zur Kennt iiis des Nervensystems der Myopsiden. 597 Pelseneer (1888) bei Octopus unter dem Namen Commissura pleuro- bracliialis beschrieben und abgebildet worden ist (Pelseneer, Taf. XXXVIII, Fig. 26. (Vgl. auch Lang [1900]). 5) Endlich ist noch das Ganglion cerebrale mit dem Ganglion brachiale durch eine paarige Connnissur verbunden (Commissura cere- brobrachialis;Taf.XVII, comm. cer.hr ach.); dieselbe entspringt im Lobus frontalis inferior des Ganglion cerebrale, verläuft seitlich vom Oeso- phagus nach vorn und ventral und tritt in den Hinterrand des Gan- glion brachiale ein. Kurz vor der Eintrittsstelle dieser Commissur zweigt sich von ihr die schräg nach oben und nach vorn verlaufende Commissura brachiobuccalis ab. Wir wenden uns nun zur Betrachtung der einzelnen Ganglien des Centralnervensystems . Das GangHon cerebrale ist mächtig entwickelt und zeigt, dorsal betrachtet, eine etwa birnförmige Gestalt ; der breitere Teil liegt hinten, der schmälere vorn; dabei liegt der hintere Teil etwas höher als der vordere. Auf Schnitten durch das Ganglion cerebrale kann man eine Anzahl verschiedener Abschnitte (Lobi) unterscheiden, die von ver- schiedenen Autoren recht verschieden benannt worden sind. Eine Zusammenstellung aller dieser verschiedenen Bezeichnungen hat Dietl in seiner Arbeit (1878) gegeben; wir wollen uns hier an die Terminologie von Dietl halten und teilen mit ihm das Gehirn in fünf Abschnitte oder Lappen (Lobi) ein. Diese Lobi bestehen aus einer centralen Nervenfasermasse und einer Rinde von Nervenzellen; ihre Abgrenzung gegeneinander ist vielfach undeutlich. Am besten läßt sich die An- ordnung der Lobi und ihre gegenseitigen Beziehungen an Sagittal- schnitten studieren; wir verweisen auf Taf. XVIII, Fig. \a und h, Fig. 2& und c. I. Der untere Frontallappen (Lobus frontalis inferior; Taf . XVIII, Fig. la u. 6, lob. front. inj. ) liegt vorn und tiefer als der obere Frontallappen. Aus seiner Vorderseite entspringen zwei wich- tige Commissuren — nämlich die Commissura cerebrobuccalis und nach außen von dieser, aber dicht neben ihr die Commissura cerebrobrachialis. Nach hinten verbindet sich dieser Lappen durch einen kräftigen, paarigen Faserstrang (s. Taf. XVIII, Fig. 26, fs) mit dem hinteren Basallappen (Lobus basalis poste- rior). Außerdem verbindet sich der Lob. front, inf. durch einen weniger kräftig ausgebildeten und ebenfalls paarigen Faserstrang mit dem vorderen Basallappen (Lobus basaUs anterior) (s, Taf. XVIII, Fig. la) ; dieser, von Dietl bei Sepiola übersehene 40* 59ß Boris Schkaff, Faserstrang zieht nach hinten und nach unten und mündet in den untersten Teil des Lobus basalis anterior ein. IL Der obere Frontallappen (Lobus frontalis superior; Taf. XVIII, Fig. la u. b, Fig. 26, lob.jront.swp.) liegt etwas hinter und ober- halb des unteren Frontallappens. Seine Markmasse hängt breit mit der oberen Partie des Lobus basalis posterior zusammen ( = Lobus centralis der Autoren). Dorsal hängt er zusammen mit dem III. Scheitellappen (Lobus verticalis; Taf . XVIII, Fig. la u. &, lob. vert.), welcher hinter und über dem Lobus frontalis superior liegt und mit dem Lobus basalis posterior breit zusammenhängt. Auf Querschnitten zeigt die untere Fläche seiner Markmasse einen deutlich ausgeprägten medianen kielartigen Fortsatz. IV. Der vordere Basallappen (Lobus basalis anterior; Taf. XVIII, Fig. la u. b, Fig. 2b, lob.bas.ant.) liegt unter der vom Lobus fron- talis inferior zum Lobus basalis posterior ziehenden Commissur. Seine Markmasse ist in drei Blätter gespalten. Die Commissur, die ihn mit dem Lobus frontalis inferior verbindet, wurde schon oben erwähnt. Er verbindet sich nach hinten mit V. dem hinteren Basallappen (Lobus basalis posterior; Taf. XVIII, Fig. la u. b, Fig. 2c u. d; lob.bas.fost.), welcher den bei weitem größten Abschnitt des Ganglion cerebrale bildet. Von einigen Autoren wird er in zwei Lappen zerlegt, in einen hinteren unteren und in einen centralen. Es wird jedoch allgemein zugegeben, daß sich eine scharfe Grenze zwischen beiden nicht ziehen läßt. "Wir wollen sie also nach dem Vorgang von Dietl zusammen- fassen. Die Markmasse dieses Lappens liefert die große Mehr- zahl der Nervenfasern, durch welche die breite Commissura cerebropedalis gebildet wird. In diesem Lappen verläuft auch die Sehnervencommissur, die von einem Nervus opticus quer zum andern zieht (Taf. XVIII, Fig. la u. b, Fig. 2c, comm.nerv.opt.). Vom Ganglion cerebrale gehen vier Commissuren aus: 1) Commissura cerebropedalis, 2) Commissura cerebrovisceralis, 3) Commissura cerebrobrachialis, 4) Commissura cerebrobuccalis — s. unten, im Abschnitte über das Buccalnervensystem. Zwei wichtige Nerven nehmen im Ganglion cerebrale ihren Ursprung. Es sind: 1) der Nervus opticus und 2) der Nervus staticus. Zur Kc'tinlnis dos Nervensystems der Myopsiden. 599 Das Ganglion brachiale liegt ventral am Oesophagus kurz nach seinem Austritt aus dem Schlund, etwas weiter nach hinten als die beiden Buccalganglien. Es ist vorn ziemlieh hoch und wird nach hinten zu niedriger (Taf. XVII) i. Auf Querschnitten zeigt es eine charakteristische zweilappige Gestalt (besonders ausgeprägt bei Sepiola; Taf. XVIII, Fig. 2a, Fig. 3)2. Seine Ventralseite ruht, wie oben gesagt, auf der ventralen Kopfnniskulatur, nicht auf dem Kopfknorpel. Durch die Commissura cerebrobrachialis ist er mit dem Ganglion cerebrale verbunden, durch die Commissura brachiobuccalis mit dem Ganghon buccale superius, durch die Commissura brachiopedalis mit dem Gan- glion pedale und durch die Commissura brachiovisceralis mit dem Ganglion viscerale. Es entsendet folgende Nerven: Fünf Paar Nervi brachiales, deren Fasern jedoch hauptsächlich aus dem Ganglion pedale stammen (s. unten), ferner die Nervi antorbitales superiores und Nervi antorbitales inferiores. Bei Octopoden {Eledone, Octopus, O'pisthoteuihis) stehen die beiden, miteinander halb verwachsenen Hälften des Ganglion brachiale noch durch eine dünne supraösophageale Commissur in Verbindung (Cheron, Haller, Meyer). Sepiola und Loligo fehlt eine solche, wie sie denn überhaupt bei Decapoden noch nicht gefunden worden ist. Nach Haller befindet sich bei Eledone zwischen den beiden Hälften des Ganglion brachiale ventralwärts noch eine Querverbindung, die er als Commissura anterior bezeichnet. Eine solche konnte ich bei Sepiola und Loligo nicht auffinden. Das Brachialganglion wird jetzt wohl allgemein als ein abgelöster Teil des Pedalganglions gedeutet ; zugunsten dieser Auffassung sprechen die Ontogenie, die vergleichende Anatomie (s. oben, S. 596) und die Tatsache, daß die Fasern der Brachialuerven größtenteils aus dem Ganglion pedale kommen, was zuerst Jatta (1889) festgestellt hat. ■ — Ich möchte noch bemerken, daß die Fig. 31 von Dietl, welche einen Querschnitt durch Sepiola rondeletti auf der Höhe des Ganglion brachiale darstellt, nach meiner Überzeugung unmöghch dieser Art entsprechen kann: das Ganglion brachiale liegt bei Sepiola (und auch bei Loligo) nicht unter dem Ganglion cerebrale, sondern viel weiter nach vorn. 1 Vgl. Richter, S. 304: »das Armganglion hat eine von vorn nach hinten sich verjüngende Gestalt.« 2 Vgl. Richter, S. 304: »die Andeutung einer Zweiteilung, und zwar in eine linke und rechte Hälfte, in Verbindung mit flach rinnenförmiger Ausbildung der Dorsalfläche des Ganglion brachiale habe ich stets beobachten können.« 600 Boris Schkaff, Das Ganglion pedale oder Ganglion infundibulare liegt direkt unter dem Ganglion cerebrale und ist mit ihm in seiner ganzen Aus- dehnung verwachsen. Seine untere Fläche ruht auf dem hier sehr starken Kopfknorpel, zum Teil auch auf dem statischen Organ. Über die Commissuren, die es mit den benachbarten Ganglien verbinden (Commissura cerebropedalis, Commissura brachiopedalis und Commis- sura visceropedalis) wurde schon oben berichtet. Nach Haller soll das Ganglion pedale bei Eledone eine Quercommissur (Commissura media) besitzen. Ich habe eine entsprechende Commissur weder bei Sepiola noch bei Loligo finden können. Folgende Nerven nehmen ihren Ursprung aus dem Ganglion pedale: Nervus infundibuli anterior, Nervus infundibuli medianus, Nervus ophthalmicus inferior posterior, Nervus olfactorius und oculo- motorius inferior, und zum Teil Nervi brachiales und Nervus tenta- cularis. Bei Loligo marmorae gesellt sich dazu noch der Nervus oph- thalmicus inferior anterior. Das Ganglion viscerale liegt hinter dem Ganglion pedale und etwas mehr dorsal, da der Oesophagus hier eine Knickung nach oben macht (Taf. XVIII, Fig. 1«). Seine Ventralseite ruht auf dem statischen Organ. In der Mitte der dorsalen Seite erscheint es ein wenig einge- drückt (bei Sepiola deutlicher als bei Loligo; Taf . XVIII, Fig. 2e). Über seine Verbindungen mit dem Ganglion pedale und dem Ganglion cerebrale, über die Commissuren cerebrovisceralis, visceropedalis und brachiovisceralis ist schon oben das Nötige gesagt worden. Aus ihm entspringt eine große Anzahl wichtiger Nerven und zwar auf jeder Seite die Nervus visceralis, Nervus pallialis, Nervus collaris, Nervus retractoris capitis anterior, Nervus infundibuli posterior, Nervus post- orbitalis, Nervus ophthalmicus und oculomotorius superior. IV. Nerven des Ganglion cerebrale. Außer vier Commissuren (Commissura cerebrobrachialis, C. cere- bropedalis, C. cerebrovisceralis und die später zu beschreibende C. cerebrobuccalis) wurzeln im Cerebralganglion zwei wichtige Nerven: 1) Nervus opticus und 2) Nervus staticus. 1) Nervus opticus. Der außerordentlich mächtige Sehnerv (der bei weitem mächtigste Nerv der Cephalopoden ; vgl. Taf. XVII) bezieht seine Fasern aus dem Lobus basalis anterior, Lobus basalis posterior und Lobus verticalis des Cerebralganglions, und steigt — zum Teil durch die Commissura cerebropedalis — nach außen und ventral hinab, wobei er durch Fasern verstärkt wird, die aus dem Ganglion pedale Zur Kenntnis des Nervensystems der Myopsiden. 601 kommen und ebenfalls durch die Commissura cerebropedalis hinauf- steigen. Vor dem Austritt aus dem Gehirn werden die beiderseitigen Nervi optici durch eine Quercommissur verbunden, die im Lobus basalis posterior verläuft (Comni. nerv, optic, Taf. XVIII, Fig. au, 16, Fig. 2c). Bei den beiden untersuchten Arten ist der Nervus opticus außerordentlich kurz^ (viel kürzer als bei Se^ia officinalis) und tritt gleich nach seinem Austritt aus dem Centralnervensystem in das große Ganglion opticum ein, welches bei Sepiola und Loligo (wie auch bei Chiroteuthis nach Chun, 1910) dem Cerebralganglion dicht anliegt. Über und hinter dem Sehnerven, dicht neben dem Cerebral- und Pedal- ganglion, liegt ein kleines Ganghenknötchen, das sogenannte Ganglion pedunculi (Taf. XVII, G.pedunc), dessen Markmasse mit dem Nervus opticus durch Nervenfasern verbunden ist. Dies Ganglion galt früher als das Ganglion olfactorium, weil man aus ihm den Nervus olfactorius entspringen ließ, was sich später als irrtümlich erwies (vgl. unten den Abschnitt über den Nervus olfactorius). Physiologische Versuche (Klemensiewicz, 1878) haben gezeigt, daß das Ganglion pedunculi der Sitz der Chromatophorentätigkeit ist, Bauer (1909) bezeichnet es deshalb als das »Kolorationsganglion <<, Die Ganglia optica sind die größten und entwickeltsten Ganglien von Sepiolu vmd Loligo, wie der Cephalopoden überhaupt, Sie liegen, vom Augenknorpel, einer Fortsetzung des Kopfknorpels, geschützt, rechts und links vom Centralnervensystem und übertreffen es an Masse bedeutend (vgl. Taf, XVI, Fig, 1 und 2). Freilich erreichen sie bei Sepiola nicht dieselbe relative Größe, wie bei Sepia; während sie (nach Hillig) bei Sepia sich vom Hinterrand des Ganglion viscerale bis zum Vorderrand des Ganglion buccale superius erstrecken, be- ginnen sie bei Sepiola erst etwa in der Höhe des Hinterrandes des Ganglion cerebrale und erstrecken sich nach vorn nur etwa bis zum Hinterrand des Ganghon brachiale, Loligo hält in dieser Beziehung die Mitte zwischen Sepia und Sepiola. Die Gestalt der Ganglia optica ist bei den beiden unter- suchten Arten ungefähr bohnen- oder nierenf örmig ; die Krümmung ist bei Loligo stärker als bei Sepiola. Beide Ganglien konvergieren nach vorn und drücken in ihrem vorderen Teile den Oesophagus stark zusammen, indem sie für seinen Durchtritt nur einen sehr schmalen Raum übrig lassen. Die ganze Oberfläche des Augenganglions ist von einer Schicht kräftiger Nervenfasern ( »Stäbchenf aserschicht << von 1 Vgl. Richter, S. 309: »der Sehnerv ist außerordentlich kurz und geht fast unvermittelt in das Augenganglion über, « 602 Boris Schkaff, KopscH, 1899), welche die Nervi retinae bilden, überzogen. Die bisto- logiscbe Struktur des Ganglions scheint im wesentlichen dieselbe zu sein, wie sie für Sepia, Eledone und Loligo vulgaris beschrieben wurde (vgl. die Arbeit von Kopsch); man erkennt deutlich die Mark- und die Rindenzone, welche letztere wieder in vier Schichten zerfällt; von außen nach innen gerechnet: 1) die äußere Körnerschicht, 2) die reti- näre Schicht, 3) die innere Körnerschicht, 4) die Palissadenzellen- schicht. 2) Nervus staticus. Die Fasern, die den Nervus staticus (früher als Nervus acusticus bezeichnet) bilden, entspringen im Gan- glion cerebrale und zwar nach meinen Beobachtungen, mit welchen auch die Angaben von Haller für Eledone (1912) übereinstimmen, im Lobus basalis anterior. Sie steigen durch die Commissura cerebro- pedalis nach hinten, ventral und schräg medial hinab, wobei die Fasern jedes Nervenbündels sich mit denjenigen des andern in der Markmasse des Ganglion pedale in charakteristischer Weise kreuzen (Chiasma nerv, static, Taf. XVIII, Fig. la u. b, Fig. 2c). Nach Austritt aus dem Chiasma wendet sich jedes Faserbündel nach außen und spaltet sich, an der Grenze des Pedal- und Visceralganglions angelangt, in drei Äste. Der innere Ast wendet sich direkt ventralwärts, durchbohrt die obere Knorpelwand der Statocyste und innerviert die Macula statica, indem er sich in mehrere feine Ästchen zerteilt (Nervus maculae staticae; Taf. XVIII, w.mac.stoi.). Es ist dabei zu beachten, daß die beiderseitigen Nervi maculae staticae bei Sepiola, bevor sie den Stato- cystenknorpel durchsetzen, noch durch einen im Ganglion pedale ver- laufenden Faserstrang verbunden sind, was schon Dietl erkannt hat (Taf. XVII, Fig. la; Comm.nerv.mac.stat.). Bei Loligo marmorae habe ich diese Commissur nicht gefunden, — Die beiden äußeren Äste des Nervus staticus wenden sich nach außen und nach hinten und treten in die Seitenwand der Statocyste; der eine innerviert den vorderen Teil, der andre den Rest der Crista statica (Nervi cristae staticae; Taf. XVII, n.crisUtaL und Taf. XVIII, Fig. 4). Ganz ähnlich wird von Williams (1909) der Verlauf des statischen Nerven bei Loligo pealii geschildert. Er sagt: "Each cristic nerve arises from the back end of the pedal ganglion and, as it enters the cartilage of the skull, divides into 2 branches, one of which innervates the ventral transverse portion of the crista and the other the remainder of the crista. The fibres pass aloug the surface of the ganglion for perhaps half its length and then turn in ward and form at least a partial chiasma. Each macular nerve arises from the back end of the pedal Zur Kennt iiis des Xcrvciisystcins (liT Myop.sidcn. 603 ganglion somc distaiice iinvard fioin the roots of the preceding nerve. It passes iminediately into the cartilage and divides into several small branches, which end in the macula." In einer kleinen Abhandknig (1911) weist Chun darauf hin, daß bei den Cephalopoden überhaupt der Nervus staticus nicht, wie man manchmal angegeben findet, zwei, sondern drei Wurzeln im Ganglion pedale hat. Damit stimmen meine Befunde an Sepiola und Loligo vollkommen überein — der Nervus maculae staticae würde die eine und der zweiästige Nervus cristae staticae die beiden andern Wurzeln repräsentieren. V. Nerven des Ganglion viscerale. 1) Nervus visceralis. Der Verlauf und die Verzweigung der Eingeweidenerven (Nervi viscerales) bietet bei Sefiola und Loligo so große Verschiedenheiten dar, daß eine gesonderte Schilderung durchaus notwendig erscheint. A, Sepiola rondeletti. DiestarkenEingeweidenerven(Taf.XVI,Fig.l, Taf.XVII, Taf.XVIII, Fig. la; n.visc.) entspringen aus der hinteren unteren Ecke des Gan- glion viscerale, ihre Wurzeln sind im Ganglion getrennt, aber beim Austritt aus dem Ganglion legen sich beide Nerven vollkommen an- einander, so daß kein Zwischenraum zwischen ihnen bleibt. Bei Sepia sind sie nach Cheron und Hillig bei ihrem Austritt aus dem Ganglion noch als zwei deutlich gesonderte, obwohl nur wenig voneinander ent- fernte Stämme zu erkennen. — Sie steigen bei Sepiola zuerst in der Mittellinie eine kurze Strecke direkt ventralwärts zwischen den Leber- lappen hindurch; dann entfernen sie sich etwas voneinander, wenden sich nach außen, durchsetzen gleich darauf die ventrale Leberkapsel (das »Diaphragma musculare« von Brock [1880]) und erreichen die Seiten der Vena cava, an welche jeder von ihnen einen ziemlich kräftigen Ast abgibt ; diesen Ast bezeichnen wir als Nervus venae cavae (Taf . XVI, Fig. 1 n.v.cav.). In derselben Höhe geben sie auch einen starken Ast nach außen ab; derselbe verläuft in der bindegewebigen Membran zwischen der muskulösen Leberkapsel und der dorsalen AVand des hintersten Abschnittes des Trichters und tritt dann von der Dorsal- seite her in die Seitenwand des Trichters ein, da wo diese in den Mus- culus depressor infundibuli übergeht; er dringt in den Muskel ein und ist in demselben auf weite Strecke zu verfolgen. Ich bezeichne diesen Nerven demnach als Nervus depressoris infundibuli (Taf. XVI, Fig. 1 604 Boris Schkaff, n.defr.infd.). Er ^vllrde von verscliiedenen Autoren für Sefia offici- nalis^ beschrieben. Etwas entfernter vom Hauptstamm des Nervus visceralis zweigt ein Nerv dorso-lateralwärts und nach hinten ab; nach einem sehr kurzen Verlauf dringt er in den ventralen Teil der Leberkapsel ein, wo er sich verzweigt. Im Anschluß an die Terminologie von Brock (1880) bezeichne ich diesen Nerven als Nervus diaphragmatis muscu- laris (Taf. XVI, Fig. 1 n.dia'phr.musc.). Bald darauf zieht von jedem Visceraluerv ein kurzer aber ziem- lich starker Seitenast median- und ventralwärts ; er spaltet sich gleich wieder in zwei Äste; der äußere tritt bald darauf in den Musculus retractor pallii medianus ein, nicht weit von dem vordersten Ende dieses Muskels, da wo sich der bis dahin einheitliche Muskel in zwei Bündel gabelt. Dieser Nerv wurde bis jetzt für keinen Decapoden beschrieben, was nicht wunder nehmen darf, da unter den Decapoden nur die Gattungen Sepiola und Rossia diesen, den Octopoden eigen- tümlichen Muskel besitzen. Ich bezeichne diesen Nerven als Nervus retractoris pallii mediani (Taf. XVI, Fig. 1 n.retr.paU.med.). — Der zweite Ast verläuft etwas mehr nach innen und dringt bald in die Wand des Enddarmes ein, an der Stelle, wo der Tintengang in ihn mündet; etwas vor seinem Eintritt in die Wand des Enddarmes sendet er ein feines Ästchen aus, welches den Tintengang innerviert. Ich bezeichne diese Nerven als Nervus recti, bzw. Nervus ductus atramenti (Taf. XVI, Fig. 1 n.rect.mid n.duct.atram.). Die beiden Hauptstämme der Visceralnerven verlaufen dann weiter von vorn nach hinten, etwas nach außen divergierend eine lange Strecke an den Seiten der Vena cava entlang. Sie geben dabei einige sehr feine kurze Nerven ab, von denen einer nach oben zur Leber zieht (Nervus hepaticus; Taf. XVI, Fig. 1 n.hep.), ein andrer zum Tinten- beutel (Nervus atramenti; Taf. XVI, Fig. 1 n.atram.), ein dritter zum sogenannten Leuchtorgan. Weiter verläuft jeder Visceralnerv in der Wand des Eingeweidesacks und teilt sich etwas hinter der Stelle, wo sich die Vena cava in zwei Nierenvenen gabelt, in zwei ungleich starke Äste. Der innere Ast zieht nach innen und etwas nach hinten und vereinigt sich mit demjenigen der andern Seite zu der sogenannten Commissura visceralis (Taf. XVI, Fig. 1 comm.viscer.), welche bei Se- fiola sehr dünn ist und einen nach hinten convexen Bogen bildet. Es gelang mir leider trotz aller Mühe nicht festzustellen, ob und welche 1 Und von Richter für die von ihm untersuchten Oegopsidenarten. Zur Kennt 11 is dos Xorvcnsj'stcnis der Myopsiden. 605 Nerven aus dieser Conimissur entspringen. Solche sind für Sej)ia ojficinalis beschrieben (sie sollen die Geschlechtsorgane und das Herz innervieren, doch wird nach v. Jhering bei Sepia das Herz von Seiten- ästen des Nervus branchialis innerviert, wie ich es auch für Sepiola gefunden habe). Bei Sepiola ist die Visceralcommissur nur schwach ausgebildet und die von ihr eventuell entspringenden Nerven dürften kaum ohne spezielle histologische Methoden sichtbar gemacht werden können. Auch für Sepia, wo die Commissur viel stärker ausgebildet ist, bemerken Cheron und Hillig, daß die Nerven, die von ihr abgehen, schwer zu verfolgen sind. Der stärkere äußere Stamm des Nervus visceralis (von hier ab auch Kiemennerv, Nervus branchialis, genannt) wird bald ebenfalls sehr dünn. Er verläuft in der Wand des Eiugeweidesackes in derselben Richtung weiter und gibt nach meinen Beobachtungen einen feinen kurzen Nervenfaden nach innen ab, welcher sofort in die Wand des Herzens eintritt. Ich bezeichne ihn deshalb als Nervus cordis (Taf . XVI, Fig. 1 n.cord.). An der Basis der Kieme angelangt, schwillt der Visceral- nerv etwas an und bildet das kurze und bei Sepiola ziemlich schwach ausgebildete Kiemenganglion (Ganglion branchiale ; Taf. XVI, Fig. 1 G.branch.). Vor dem Eintritt in das Ganglion sendet der Nerv einen kurzen Zweig nach innen aus, welcher das venöse oder Kiemenherz innerviert (Nervus cordis branchialis; Taf. XVT, ¥ig. 1 n.cord. brauch. ). Nach seinem Austritt aus dem Kiemenganglion wendet sich der Kiemen- nerv nach vorn und etwas nach außen, tritt in die Kieme selbst ein und verläuft in ihr von hinten nach vorn bis zu ihrer Spitze zwischen der Kiemendrüse (unter dem Nerv) und der Kiemenarterie (über ihm)^. Rechts und links gibt er feine Seitenäste in die Kiemenblätter ab. Ich möchte noch bemerken, daß ich im Verlaufe des N. visceraHs von Sepiola nirgends, abgesehen von den Kiemenganglien, Ganglien- zellen nachweisen konnte, wie sie für einige Cephalopoden an ver- schiedenen Stellen des Nervs beschrieben worden sind. B. L 0 li g 0 mar m o r a e. Der Nervus visceralis (Taf. XVI, Fig. 2, Taf. XVIII, Fig. 4 n.visc.) entspringt als ein kräftiger unpaarer medianer Nerv aus der hinteren ventralen Ecke des Ganglion viscerale. Dabei ist aber zu bemerken, daß er wie bei Sepiola zwei Wurzeln im Ganglion viscerale besitzt. Die beiden aus diesen Wurzeln entspringenden Nervenstränge ver- 1 Vgl. SchJvfek, Über die Atniungsorgane der tetra- und dibranchiaten Cephalopoden. Leipzig 1904. (306 Bori*^ Schkaff, schmelzen bei ihrem Austritt aus dem Ganglion zu einem unpaaren. Sie sind dabei nicht nur dicht aneinandergelegt, wie es bei Sepiola der Fall ist, sondern verschmelzen tatsächlich zu einem unpaaren Nerven- strang. Ganz dieselben Verhältnisse finden wir nach Williams bei Loligo fealii ("the two visceral nerves arise separately in the ganglion viscerale and, uniting as they leave the ganglion, form a median nerve"); von Loligo vulgaris sagt Cheron: «leurs (der Visceralnerven) origines sont distinctes dans la boite cranienne, mais ils s'accolent aussitot». Der auf solche Weise gebildete Nervus visceralis verläuft zuerst über der dorsalen Wand der Statocyste direkt nach hinten, dann steigt er eine weite Strecke durch die Leber schräg nach hinten und ventral- wärts hinab. An der ventralen Wand der Leber (dem Diaphragma musculare) angelangt, gabelt sich der Nerv; beide Aste divergieren ein wenig voneinander und senden hier zwei Paar Nerven nach außen aus: jederseits einen dünnen Nerv, welcher sich in dem eben erwähnten Diaphragma musculare verzweigt und welchen wir deshalb als Nervus diaphragmatis muscularis anterior bezeichnen (Taf . XVI, Fig. 2 n. diaphr.musc.ant.), und dann einen starken Nerv, der das Diaphragma musculare durchsetzt, nach außen und nach hinten verläuft und dann in die Dorsal wand des Trichters eindringt, wo diese in den Musculus ;depressor infundibuli übergeht (Nervus depressoris infundibuli anterior Taf. XVI, Fig. 2 n.depr.infd.ant.). Er entspricht wohl dem Nervus depressoris infundibuli von Sepiola und Sepia. Die Hauptäste der beiden Eingeweidenerven laufen dorsal vom Diaphragma musculare noch eine Strecke weiter nach hinten; dann durchsetzen sie das Diaphragma musculare und geben dabei zwei Paar feiner Nerven nach außen ab, welche sich im Diaphragma muscu- lare verzweigen und die wir als Nervi diaphragmatis muscularis medius et posterior bezeichnen (Taf. XVI, Fig. 2 n.diaphr.musc.med. und n. diaphr.musc.post.). Nachdem sie das Diaphragma musculare durch- setzt haben, verlaufen die Visceralnerven an beiden Seiten und etwas oberhalb der Vena cava eine sehr lange Strecke weiter nach hinten und nähern sich dabei etwas. Etwa in der Höhe des Hinterraudes der Stellarganglien zweigt sich von jedem Visceralnerven ein Ast nach außen ab, welcher nach außen und nach hinten verläuft und den Mus- culus depressor infundibuli innerviert. Wir bezeichnen ihn als Nervus depressoris infundibuli posterior — zur Unterscheidung von dem oben beschriebenen Nervus depressoris infundibuli anterior. Er ist weniger kräftig ausgebildet als dieser letztere. In ihrem weiteren Verlaufe zweigt sich von jedem Visceralnerven Zur Kennt iiiö des Norvensystenia dei" IMyopsiden. 607 je eiu starker Ast ab, der ventralwärts zieht und zuerst au den Seiten' der V. Cava verläuft, parallel und unterhalb des Hauptastes des Nervus visceralis. Dann wendet sich dieser Ast mehr nach innen zu und ver- einigt sich unter der Vena cava mit demjenigen der andern Seite zu einem uupaaren Nervenstamm. Dieser Stamm zieht direkt nach hinten und gabelt sich sehr bald in zwei Stränge: der eine ist kurz, verstreicht nach ventral und hinten und tritt bald in die Wand des Enddarmes ein, gerade an der Stelle, wo der Tintengang in denselben mündet (Nervus recti; Taf. XVI, Fig. 2 7i.rect.). Der andre Strang ist lang und verläuft in der Medianlinie ebenfalls nach unten und nach hinten in der bindegewebigen Membran zwischen der Vena cava und dem Tintengang, bzw. dem Tintenbeutel, sich allmählich diesem letz- teren nähernd. Er spaltet sich in zwei Äste und tritt dann gleich in die Wand des Tintenbeutels ein, in welcher er sich verzweigt (Nervus atramenti; Taf. XVI, Fig. 2 n.atram.). Die beiden Hauptäste der Eingeweidenerven von Loligo verlaufen dann weiter von vorn nach hinten, immer an den Außenseiten der Vena cava entlang, und beginnen bald zu divergieren. Etwa da, wo die Vena cava in die Niere eintritt, werden beide Nerven durch eine Com- missur verbunden (Commissura visceralis; Taf. XVI, Fig. 2 comm.visc), die bedeutend kräftiger ausgebildet ist, als bei Sepiola. Diese Com- missur liegt auf der Ventralseite der Vena cava. Es gelang mir, ebenso- wenig und aus denselben Gründen wie bei Sepiola, festzustellen, ob und welche Nerven aus dieser Commissur entspringen. Gleich hinter der Stelle, wo sich vom Hauptstamm der Visceralnerven die Visceral- commissur abzweigt, lagern sich an den Nervus visceralis einige Ganglien- zellen an. Dieselbe Erscheinung beschreibt auch Chebon bei Loligo vulgaris; er sagt: «l'observation microscopique m'a permis de constater la presence des elements ganglionnaires au niveau de cette bifurcation du visceral, ce qui autorise ä considerer ce point du nerf, comme l'ana- logue du ganglion fusiforme de VEledone et du Poulpe». Die Hauptäste des N. visceralis, die man von nun an auch als Nervi branchiales bezeichnet, verlaufen in den Wandungen des Nieren- sackes schräg nach außen und nach hinten bis zur Kiemenbasis. Hier angelangt, geben sie je einen Ast an die Kiemenherzen ab (Taf. XVI, Fig. 2 n.cord.branch.) und schwellen dann zu den Ganglia branchialia an. Aus letzteren tritt der Kiemennerv in die Kieme selbst ein, und zwar ver- läuft er dicht unter der Kiemenarterie — ganz analog den Verhältnissen bei Sepiola. Nach der Kiemenspitze zu nimmt er an Stärke ständig ab. Der Verlauf des Nervus visceralis von Loligo weicht, wie aus dem gQ3 Boris Schkaff, oben Gesagten ersiclitlicli ist, von den Verhältnissen bei Sefia und Sepiola bedeutend ab; dagegen wird ein sehr ähnlicher Verlauf des Ein> Diese Beschreibung stimmt mit meinen Befunden an Sepiola rondeletti und Loligo marmorae gut überein. 4. Nervus olfactorius und oculomotorius inferior. Der Nervus olfactorius (Taf. XVII, Taf. XVIII, Fig. 2c, w.oZ/.) ent- springt aus der Commissura cerebropedalis an der Grenze zwischen dem Ganglion pedale und dem Ganglion cerebrale, allerdings mehr nach dem Ganglion pedale zu (vgl. Taf. XVIII, Fig. 2c). Seine Aus- trittsstelle liegt dicht neben dem Ganglion pedunculi, doch habe ich ebensowenig wie Miss AVatkinson (1909) je einen Zusammenhang zwischen der Markmasse des letzteren und den Fasern des Nervus olfactorius zu finden vermocht. Die Frage über den Ursprung des Nervus olfactorius bei den Cephalopoden ist eine sehr strittige: die älteren Autoreu (Hancock, Cheron, Owsjannikow und Kowalewsky, V. Jhering, Dietl) ließen ihn aus dem Ganglion pedunculi entspringen ; nach Zernoff (1869) und Chun (1911) entspringt er bei Sepia vor- und seitwärts von dem Ausgangspunkt des vorderen Trichternerven; dagegen nach Jatta (1887 b) aus dem Ganglion cerebrale (und zwar aus dem Lobus frontalis superior), was vom theoretischen Stand- 1 Und nach Richter, der diesen Nerv als »Nervus oi^hthalmicus inferior« bezeichnet (S. 326—327). Zur Kenntnis dos Xorvensystenis der Myopsiden. 617 punkte aus am ehesten zu erwarten wäre. Mit Hilfe der von mir ange- wandten Färbungsmethoden war es mir leider nicht möglich den Ver- lauf der Fasern des Nervus olfactorius innerhalb des Centralnerven- systems unzweideutig festzustellen und damit zu entscheiden, ob die Olfactoriusfasern im Ganglion cerebrale oder im Ganglion pedale oder in beiden (was die Ansicht von Miss Watkinson ist) ihren Ursprung nehmen. Nach seinem Austritt aus dem Ganglion pedale verläuft der an- fangs sehr dünne Nervus olfactorius zuerst ventralwärts, dann — bei Sepiola — in einem Bogen auf der Ventralseite der Orbita zwischen dem Augenknorpel und dem Ganglion opticum nach vorn und nach außen, parallel und oberhalb des Nervus ophthalmicus inferior posterior, von dem er durch eine dünne bindegewebige Membran getrennt bleibt. Dann durchsetzt er den ventralen Augenmuskel, welcher an dem inneren Rand des Augenknorpels inseriert, und gibt dabei einen feinen Ast ab, der sich in dem erwähnten Muskel reich verzweigt. Ich bezeichne diesen Ast als Nervus oculomotorius inferior (Taf. XVII, w.ocw/omof.m/.). Der Hauptstamm durchbohrt dann den Augenknorpel nicht weit von seinem äußeren Rande und verläuft nun im Unterhautbindegewebe, wobei er ganz bedeutend anschwillt. Er macht dann eine kleine Bie- gung nach dorsal und hinten und tritt bald in das Geruchsorgan ein, in welchem er sich reich verzweigt. — Ein ganz ähnlicher Verlauf wird für den Nervus olfactorius von Sepia officinalis von Zernoff (1869) und Hillig beschrieben. Nur beschreibt Hillig ^ einen selb- ständigen >>Nervus oculomotorius posterior «, der in der Nähe des Nervus olfactorius entspringen und dicht neben ihm verlaufen soll. Nach meinen Beobachtungen ist der untere Augenmuskelnerv, wenigstens bei Sepiola und auch bei Loligo marmorae (siehe gleich unten), nur ein Ast des Nervus olfactorius, welcher also sowohl sensible wie motorische Fasern enthält. Etwas anders liegen die Verhältnisse bei Loligo marmorae. Hier teilt sich der Nervus olfactorius bald nach seinem Austritt aus dem GangUon pedale in zwei Äste — der eine verläuft nach vorn und nach außen auf der Ventralseite der Orbita und tritt in den ventralen Augen- muskel ein. Er entspricht wohl dem Nervus oculomotorius posterior von Hillig, nur soll dieser Nerv nach diesem bei Sepia einen selb- ständigen Ursprung im Ganglion pedale haben. Der andre Ast (Nervus olfactorius sensu stricto) geht in einem Bogen nach außen und nach 1 Und ebenso Richter (8.311—313, 31«]— 320). (318 Boris Schkaff, hinten zwischen dem Augenknorpel und dem GangHon opticuni. Er bieo-t dann nach vorn um, durchsetzt den Augenknorpel und tritt gleich darauf in das Geruchsorgan ein. 5. Nervus ophthalmicus inferior anterior. Bei Loligo marmorae entspringt an den Außenseiten des vorderen Teils des Ganglion pedale jederseits ein Nerv, der ventral und nach außen verläuft. Er innerviert die Ventralfläche des Augenbulbus, weshalb ich ihn als Nervus ophthalmicus inferior anterior (zum Unter- schied von dem oben besprochenen Nervus ophthalmicus inferior posterior) bezeichne. — Bei Sepiola fehlt er. — Entsprechende Nerven wurden beschrieben von Chun (1910) bei Chiroteuthis imperator (»Nervus ophthalmicus inferior«) und von Williams bei Loligo 'pealii ("a pair of nerves arise from the sides of the front end of the ganglion. Each nerve passes outward and forward above the pedal process and the capsule of the eye and below the optic ganghon. They supply the muscles and capside of the eye"). VII. Nerven des Ganglion brachiale. 1. Nervi brachiales und Nervus tentacularis. Aus dem Vorderrande des Ganglion brachiale treten jederseits fünf kräftige Nerven aus, von denen vier in die Arme gehen (Nervi brachiales), während der fünfte den Tentakel (den Fangarm) inner- viert (Nervus tentacularis). Es ist von vornherein hervorzuheben, daß die Fasern, welche die erwähnten Nerven bilden, zum größeren Teile aus dem Ganglion pedale stammen, durch die Commissura brachio- pedalis in das Ganglion brachiale gelangen und es durchziehen, wobei sie allerdings aus seiner Markmasse Verstärkungen bekommen (vgl. Taf. XVIII, Fig. la). Natürlich lassen sich diese Verhältnisse nur an Sagittal- und Horizontalschnitten feststellen, nicht aber an Quer- schnitten. Das Verdienst diese für die morphologische Beurteilung des Ganglion brachiale wichtige Tatsache aufgeklärt zu haben, gebührt Jatta. Er schreibt (1889): <> Meine Beobachtungen an Sepiola und Loligo stimmen mit diesen Angaben Jattas vollkommen überein. Von den vier Armnerven, die jederseits aus dem Vorderrande des Bracliialganglions ausstrahlen, entspringt einer an der Ventralseite, der Mittellinie genähert (Taf. XVI, Fig. 1 u. 2, Taf. XYll n.hrach.IV), zwei an der Außenseite (n.hrach.ll und ///), und einer an der dorso- lateralen Ecke des Ganglions {n.hrach.l). Sie verlaufen in der Wand des Schlundkopfes von hinten nach vorn, und zwar nimmt der erste Aimnerv die dorsale, der vierte die ventrale, der zweite und der dritte die Außenseite des Schlundkopfes ein. Vom ersten Armnerven zweigen sich kurz nach seinem Austritt aus dem Ganglion bei Seyiola ein, bei Loligo zwei Seitenäste ab, welche sich dorsal wenden und bald in die dorsale Kopfmuskulatur eintreten. Diese Seitenäste des ersten Armnerven rechnen wir zu den Nervi antorbitales superiores (vgl. unten). Den vierten Ai'mnerven, welcher die sogenannten fleischigen Arme innerviert, habe ich bei Sepiola, wenigstens in seinem Anfang, etwas schwächer gefunden, als die andern Armnerven. Nach langem Verlauf in der Wand der Buccalmasse treten die Armnerven in die Muskulatur der Arme ein, wobei sie zu ziemlich großen Ganglien an- schwellen, indem sie einen mächtigen peripheren Belag von Nerven- zellen bekommen, was an den mehr dorsal verlaufenden Nerven etwas später auftritt, als an den mehr ventralen. Jedes dieser Ganglien ist mit seinen Nachbarn durch eine Commissur (Commissura interbrachialis; Taf. XVI, Fig. 1 u. 2, Taf. XVII cowm.mier&r.) verbunden, so daß alle acht Armnerven miteinander in Verbindung stehen. Es scheint wichtig zu bemerken, daß diese Commissur sich bei den beiden von mir untersuchten Arten an jedem Armganglion schleif en- förmig verdoppelt. Dasselbe Verhältnis hat Cuvier (1817) bei Octopus'^ gefunden (<>nerf buccal« von Cheron; »nervus buccalis« von Meyer; s. Taf. XVII, comm.hucc.sup.mf.). Bei Loligo marmorae ist die Commissur sehr kurz, da die Ganglien sehr nahe aneinander liegen. Außer diesen drei Commissuren entspringen vom Vorderrande des Gan- glion buccale superius bei Sepiola etwa sechs bis sieben, bei Loligo etwa fünf Paar feiner Nerven (Taf. XVI, Fig. 1 u. 2; Taf. XNll, n.siipr.phar.). Diese Nerven ziehen nach vorn und verlaufen bei Sefiola zunächst in einer durchsichtigen Membran, dann legen sie sich innig den äußersten Muskelschichten der Buccalmasse an. Sie werden bald sehr dünn und verHeren sich allmählich in der oberen Wand der Buccalmasse; bei Loligo treten sie fast sofort in die obere Muskel wandung der Buccal- 624 Boris Schkaff, masse ein. Ähnlich verlaufende Nerven wurden bei verschiedenen Cephalopoden beschrieben, meistens (Cheron, Hillig) unter dem Namen Nervi labiales, da sie angeblich die Lippen innervieren sollen. Ich ziehe dagegen den Namen Nervi suprapharyngei vor, den Chun bei seiner Beschreibung des Nervensystems von Chirotheutis imperator adoptiert hat; ich habe nämlich, ebenso wie Chun (1910) und Hancock (1852), diese Nerven nie bis zur inneren Lippe verfolgen können, und was die äußere Lippe (sogenannte Mundhaut) betrifft, so wird sie nach meinen Beobachtungen wenigstens bei Sejnola und Loligo nicht von diesen Nerven, sondern von den Nerven und den Ganglien pili buc- calis innerviert, welche aus den Armnerven ihren Ursprung nehmen (s. oben). Bei Loligo marmorae sah ich aus dem oberen Buccalganglion noch einen paarigen Nerven entspringen. Derselbe ist sehr fein und tritt aus der ventralen seitlichen Ecke des Ganglions, etwas vor der Aus- trittsstelle der Commissura buccalis superior inferior aus. Er zieht ventrolateral, zuerst dicht an der Seite des Ganglion buccale inferius und verzweigt sich in der den venösen Sinus umgebenden Membran. Ich bezeichne ihn als Nervus septi buccalis. — Bei der Beschreibung des Nervensystems von Loligo vulgaris erwähnt Cheron folgende Tatsache (S. 70) : <> Ich vermute, daß diese Nervenfäden unserm Nervus septi buccalis entsprechen. IL Das untere Buccalganglion — Ganglion buccale inferius — liegt an der Ventralseite des Schlundkopfes, da, wo er in den Oeso- phagus übergeht, meist etwas vor dem Ganglion buccale superius und dem GangHon brachiale (Taf . XVII, Taf . XVIII, Fig. 1 a, g.hucc.inf.) ; doch, wie oben erwähnt, lag es in einigen von mir untersuchten Exemplaren von Sepiola direkt unter, in andern sogar etwas hinter dem oberen Buccalganglion. Es zeigt im Querschnitt die Gestalt eines Rechtecks, dessen größerer Durchmesser senkrecht zur Medianlinie des Tieres steht. Bei Sepiola ist an ihm keine Andeutung von Paarigkeit wahr- zunehmen, etwas mehr dagegen bei Loligo. Durch die oben besprochene Commissura buccalis superior in- ferior steht es in Verbindung mit dem oberen Buccalganglion und durch dessen Vermittlung mit dem Centrainer vensystem. Aus dem Ganglion buccale inferius tritt eine Reihe von Nerven aus. Es sind: I Zur Kenntnis des Nervensystems der Myopsiden. 625 1) Nervi linguales oder Nervi buccales medii. Sie entspringen, der Medianlinie genähert, in der Zahl von zwei (Sepiola) bis vier (LoJigo) Paar aus der Ventralseite des Vorderrandes des Ganglion buccale inferius (Taf. XVII, w.6wcc.we"Xiko\v und A. Kowalewsky, Über das Centraluervensystem und das Gehörorgan der Cephalopoden. Memoircs de TAcadeaiie Imp. d. Sciences de St. Petersbourg. Serie 7. T. XI. 1888. P. Pelseneer, Sur la valeur morphologique des bras et la composition du Systeme nerveux central des Cepbalopodes. Archives de Biologie. T. vill. Paris. 1899. — Recherches morphologiques et phylogenetiques sur les Mollusques archaiques. Mem. couronnes et Mem. d. savants etrangers, publ. p. l'Acadeinie royale des sciences de Belgique. T. LVII. 1913. K. Richter, Das Nervensystem der Oegopsiden. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. CVI. 1874. L. Stieda, Studien über den Bau der Cephalopoden. I. Abt.: Das Central- nervensystem des Tintenfisches (Sepia officinalis). Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXIV. 1909. Gr. Watkinson, Untersuchungen über die sogenannten '>Geruchsorgane « der Cephalopoden. Jen. Zeitschr. f. Naturw. Bd. XLIV. 1909. L. Williams, The Anatomy of the Common Squid (Lohgo pealii). Pub). under the Patronage of the Amer. Museum of Natxiral History. New- York City. 1910. G. WüLKER, Über Japanische Cephalopoden. Beiträge zur Naturge- schichte Ostasiens. (Abhandlungen der math.-physik. Klasse der K. Bayerischen Akademie der Wissenschaften. III. Suppl. Bd. I. Ab- handlung). 18G9. D. Zernoff, Über das Geruchsorgan der Cephalopoden. Bull. Soc. d. nat. d. Moscou. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenerklärung: ch.n.st, Chiasma nervorum staticorum; comm.br.bucc, Commissura brachiobuccalis; comm.hr. 'ped., Commissura brachiopedalis; comm.br.visc, Commissura brachiovisceralis; comm.bucc.sup.hif., Commissura buccalis superior inferior; comm.cer. brach., Commissura cerebrobrachialis; comm.cer.bucc, Commissura cerebrobuccalis ; comm.cer.ped., Commissura cerebropedaüs; comm.cer.visc, Commissura cerebrovisceralis; comm.interbr., Commissura interbrachialis; comm.interpall., Commissura interpallialis; C07nm.nerv.opt., Commissura nervorum opticorum; comm.n.macstat., Commissura nervorum maculae staticae; comm.visc, Commissura visceralis; comm.visc.ped., Commissura visceropedalis ; duct.gl.sal., ductus glandis saUvalis; fs, Faserstrang zwischen Lobus frontalis inferior und Lobus basaUs posterior; I Zur Kenntnis des Nervensystems der Myopsiden. 629 g.brach., Ganglion biaelüale; g.branch., Ganglion branchiale; g.bucc.inf., Ganglion buccalc inferius; g.bucc.sup., Ganglion buccale superius; g.cer., Ganglion cerebrale; g.gastr., Ganglion gastrieum; g.opi., Ganglion optieuiu; g.ped., Ganglion pedale; g.pedunc, Ganglion peduneuli; g.pil.bucc, Ganglion pili bucealis; g.sttlL, Ganglion stellatuui; g.visc, Ganglion viscerale; lob.bas.ant., Lobus basalis anterior; lob.bas.posL, Lobus basalis posterior; lob.front.inf., Lobus frontalis inferior; lob.front.sup., Lobus frontalis superior; lob.verL, Lobus verticalis; nmsc.colL, Musculus collaris; musc.retr.cap., Musculus retractor capitis; n.antorb.inj.. Nervi antorbitales inferiores; n.arUorb.sup., Nervi antorbitales superiores; n.atr., Nervus atramenti; n.brach.I, II, III, I V, Nervus brachialis I, II, III, IV; n.branch., Nervus branchialis; n.bucc.lat.inj., Nervus bucealis lateralis inferior; n.bucc.lat.post., Nervus bucealis lateralis posterior; n.bucc.med.. Nervi buccales medii; n.coll., Nervus collaris; n.cord., Nervus cordis; n.cord.branch., Nervus cordis branchialis; , n.criät.fitat., Nervus cristae staticae; n.depr.infd., Nervus depressoris infundibuli; n.depr.infd.ant., Nervus depressoris infundibuli anterior; n.depr.infd.post., Nervus depressoris infundibuli posterior; n.diaphr.musc, Nervus diaphragmatis muscularis; n.diaphr.musc.ant., Nervus diaphragmatis muscularis anterior; n.diaphr.musc.med., Nervus diaplu-agmatis muscularis medius; n.diaphr.musc.post., Nervus diaphragmatis muscularis posterior; n.duct.atr., Nervus ductus atramenti; n.duct.hep., Nervus ductus hepatici; n.gl.inf., Nervus glandis infundibuli; n.hep., Nervus hepaticus; n.inf.ant., Nervus infundibuli anterior; n.inf.med., Nervus infundibuli raedianus; n.inf.post., Nervus infundibuli posterior n.infr.ant., Nervus infraorbitalis anterior; n.infr.posL, Nervus infraorbitalis posterior; n.mac.stat., Nervus maculae staticae; 42* 630 Boris Schkaff, Zur Kenntnis des Nervensystems der Myopsiden. n.nuch., Nervus nuohalis (sive postorbitalis) ; n.oculomot.inf., Nervus oculomotorius inferior; n.oculomot.sup., Nervus oculomotorius superior; n.olf., Nervus olfactorius; n.opMhJnf.ant., Nervus ophthalmicus inferior anterior; n.ophth.inf.post., Nervus ophthalmicus inferior posterior; n.ophth.sup., Nervus ophthalmicus superior; n.opt., Nervus opticus; n.palL, Nervus pallialis; n.pil.bucc., Nervus pili buccalis; n.pinn., Nervus pinnae; n.rect., Nervus recti; n.rectrxap.ant., Nervus retractoris capitis anterior; n.retr.cap.post., Nervus retractoris capitis posterior; n.supr.phar.. Nervi supraphary ngei ; n.stell.. Nervi stellati; n.stom.. Nervi stomachi; n.stom.coeci. Nervi stomachi coeci; n.symp., Nervus sympathicus; n.tent., Nervus tentacularis ; n.ven.cav., Nervus venae cavae; n.visc, Nervus visceralis; oes., Oesophagus; stat., Statocyste. Tafel XVI. Fig. 1. Das Nervensystem von Sejjiola rondeletti von der Dorsalseite. Rekonstruktion. Fig. 2. Das Nervensystem von LoUgo marmorae von der Dorsalseite. Re- konstruktion. Tafel XVII. Das Nervensystem von Sepiola rondeletti von der rechten Seite. Re- konstruktion. Tafel XVIII. Fig. 1. Sepiola rondeletti. Sagittalschnitte durch das Centralnervensystem. Vergr. 11. a, beinahe in der Medianlinie; h, seitlich. Fig. 2a — e. Sepiola rondeletti. Querschnitte durch das Gehirn auf der Höhe der Linien a — e der Fig. \a. Vergr. 11. Fig. 3. LoUgo marmorae. Querschnitt durch den vorderen Teil des Kopfes. Vergr. 11. Fig. 4. Lohgo marmorae. Querschnitt durch das ganze Tier, gleich hinter dem Visceralganglion. Vergr. 11. Die Anatomie von Protomyzostomum polynephris Fedotov. Von D. Fedotov. (Aus dem Zootomischen Laboratorium der kaiscrl. Universität zu St. Petersburg. Mit 2 Figuren im Text und Tafel XIX— XXII. In der vorliegenden Arbeit beabsiclitige ich eine Beschreibung der Anatomie und zum Teil auch der Histologie von Protomyzostommn polynephris gen. nov., sp. nov. zu geben^, eines AVurmes, den ich im Sommer des Jahres 1911, im Kola-Fjord, in den Geschlechtsorganen von Gorgonocephalus eucnemis entdeckt habe. Im Sommer 1912 fuhr ich fort Material über diesen Parasiten zu sammeln und diesen letzteren auf der Biologischen Murmanstation der St. Petersburger Naturforschergesellschaft zu studieren; hier stand ein außerordentlich reichliches Material zu meiner Verfügung, welches ich dem liebenswürdioen Ento-egeiikommen des Leiters der Station, Herrn H. A. Kluge, verdanke, dem ich auch hier meinen aufrichtigen Dank ausspreche. Für manche Katschläge und stetes Interesse für meine Arbeit bin ich Herrn Professor Wl. M. Schimkewitsch sowie Herrn Professor V. A. Dogiel, in dessen Laboratorium meine Arbeit ausgeführt wurde, aufrichtigen Dank schuldig. Diagnose von Protomyzostomum polynephris Fedotov. Flacher, planarienförmiger, bis zu 3 cm langer AVurm, fleisch- orangefarben (seltener rötlich-zimmtfarben), Länge etwa doppelt so groß wie die Breite, Dicke 2,5 — 3 mm. Die Ränder ohne Girren, etwas verdickt. Vorder- und Hinterende des Körpers breit, das letztere mit dem Cloacalkegel. In fünf Ausschnitten der Körperränder sitzen fünf Paare sehr schwach entwickelter, beinahe rudhnentärer Para- 1 Eine vorläufige Mitteilung über diesen Parasiten habe ich im »Zoolo- gischen Anzeiger«, Bd. XXXIX, 1912, Nr. 21, 22, veröffentlicht. 632 schlr- D. Fedotov spdr -->^^ /f '^ H K pdl -3^5^ F^i / -Ihdd 2hda ----3hdü ^ uhdd cm öJida 7hda /Z/ £ - il a 25 » s •- . ^„ g '^ s Ol ^ S •§ M S - 's o £ o "* .- SP " *^" c C ^ 'S s> s o EH 'S 5 •= °°" b'i 2 'S 'S äs ■* oj ai 1 r =:§. = ■§ o s ~ "U 3 ^ ÖH 3 o "5 2 ^ ■-* - t: 5 5 — .t; a> *a 'S K = >-5 'S o; o '^ S! .-^ _ 3 ■3 Ä % g g s g S "•3 "!^ >> o" " 5 1 R, o 2 •= tf V. = s ,« 09 *^ T^ -TS — S ® a> V o .1« .o "« Cl ^ -* CO 'S o j. -" ^ g i, •■ ~ ^ "S i- 1 " 2 & 2 I I I a. ü, ■^ 2 c o ^ ^ I 2 -< 'S 2 =^ IM "« xj- 634 D- Fedotov, podien. Gegenüber den Parapodien befinden sich auf dem Rücken oder am Körperrande fünf Paare von Seitenorganen. Körper mit einer dünnen Cuticula bedeckt; Körperepithel einge- senkt unter die subcuticulare Muskulatur, ohne Wimpern. Mund endständig, am Körperrande; Cloacalöffnung am Gipfel eines Cloacal- kegels, endständig. Rüssel fehlt. Der muskulöse Pharynx ist kurz. Darm länger, mit 8 — 10 — 13 Paaren seitlicher Hauptäste. Rectum sehr kurz, Cloake ziemlich lang. Hermaphroditen. Leibeshöhle oder »Uterus>> stark entwickelt, die Zahl der Seiten- äste ihres mittleren Abschnittes (über dem Darm) entspricht nicht der Zahl ihrer Verästelungen und die Anordnung derselben ist nicht sym- metrisch. Sie mündet an dem äußersten Ende der Cloake in diese letztere ein. Die beiden unpaaren, hinter einander angeordneten Ovarien von diffusem Charakter, liegen an den Grenzen des mittleren Körperdrittels, oberhalb des Darmes. Die stark verästelten follikulären Moden liegen über den weiblichen Geschlechtsorganen und dem Darm angeordnet. Die vorderen und hin- teren Äste des Vas deferens münden jederseits in die Vesicula seminalis. Die Geschlechtsöffnungen des cf liegen zwischen dem III. Paare der Parapodien und demjenigen der Seitenorgane. Penis schwach entwickelt. Nervensystem leiterartig segmentiert, mit acht Lateralnerven- paaren und einem unpaaren hinteren Nerv; das vorderste Nervenpaar bildet den Schlundring. Muskulatur schwach entwickelt. Mehrere Paare von Nephridien, deren Zahl auf beiden Seiten eine verschiedene sein kann. Entoparasit in den Genitalschläuchen von Gorgonocephalus eucnemis Müller und Troschel. In seiner Eigenschaft als Entoparasit weist Protomyzostomum im Gegensatz zu den übrigen Vertretern der Familie Myzostomidae, zu der es gehört, eine Reihe von Merkmalen regressiven Charakters auf. Gleichzeitig besitzt es Merkmale von außerordentlich primitivem Charakter. Die Besprechung dieser Merkmale gebe ich weiter unten. Unter den bis jetzt beschriebenen Vertretern der Gruppe der Myzostomidae besitzt Protomyzostomum die bedeutendste Größe, indem es die größten Myzostomum- Alten um mehr als das dreifache Dio Anatomie von Protoinyzostoiniun polyncphris I'cdotov. 635 Übertrifft. Von großem Interesse ist die Ersclieiiuing seiner entopara- sitischen Lebensweise in den Geschlechtsorganen von Gorgonocephalus. Es ist dies der erste Fall eines Entoparasiti.snuis in Ophiuroideen und der vierte Fall von Entoparasitisnius für die Familie der Myzostomiden überhaupt. Bis jetzt waren bekannt: M. asteriae Marenz. in den Darmdivertikeln von Asterias richardi und Stolasterias neglecta E. Per.; M. fisheri AVheeler in der Leibeshöhle von Tosia {Pentagonaster) lepto- ceramus Fisher ; M. pulvinar im Darme von Antedon phalawjium (Müller). Bekannt sind zwei Fälle von Ectoparasitismus auf Ophiuroideen: M. japonicum Mc.Cl. auf Ophiocreas und Astroceras pergamena Lyman, Mc.Clendon (1906) und eine unbekannte Art von Myzostomum auf Ophiocantha vivipara Köhler (1907). Überhaupt wurde der Ectoparasitismus auf Crinoideen als für die Myzostomiden charakteristisch angesehen. So sind von 101 Arten {StelecJiopus, Protomyzostomum, die erwähnte nicht beschriebene Art und eine subsp. n., sowie eine var. n. mit eingeschlossen) 96 Parasiten von Crinoideen. Ihr Auffinden in Asteroideen und Ophiuroideen gibt uns Veranlassung zu erwarten, daß sie auch in andern Ordnungen der Echinodermen aufgefunden werden können. Protomyzostomum polynephris parasitiert in den Geschlechtsorganen von Gorgonocephalus eucnemis Müller et Troschel und zwar in den weiblichen sowohl, wie auch in den männlichen (Taf. XIX, Fig. 1). Der Parasit dringt in die Geschlechtsschläuche {g) ein, sowohl auf der dorsalen, wie auf der ventralen Seite der Scheibe, wird aber häufiger auf letzterer angetroffen. Indem er sich von den Geschlechtsprodukten seines Wirtstieres nährt, ruft er eine weitgehende Kastration desselben hervor. In von dem Parasiten infizierten Teilen der Genitalschläuche finden wir an deren Wänden nur noch wenige Lappen dieser Produkte oder gar keine, indem der größte Teil bereits vernichtet ist. Durch den von dem Paraisten verursachten Reiz werden die Ge- nitalschläuchewandungen dicker und gröber, wobei sie bis zu einem so hohen Grade verkalken, daß die Gegenwart von Kalk durch An- fühlen bemerkt werden kann. Die Genilalschläuche werden auf diese Weise zu ziemlich dick- wandigen Cysten (Taf. XIX, Fig. 1**), welche bedeutend heller er- scheinen, als die nicht infizierten Gonaden und nicht selten an blut- unterlaufene Stellen erinnernde Flecke aufweisen. Die Cyste ist geöffnet (Taf. XIX, Fig. 1*), in derselben sind mehrere Protomyzostomum zu sehen {Pm). 636 D- Fedotov, Junge Parasiten wurden nicht selten in der Bursalhöhle oder unterhalb des Bursalepithel angetroffen. Für gewöhnlich sind sie bei der Präparation des Gorgonoceyhalus durch das Gewebe hindurch be- merkbar. Sie liegen gewöhnlich nicht tief im Gewebe des Wirtstieres, oder ragen sehr häufig mit ihrem einen Ende in die Bursalhöhle, während sie mit dem andern in das Gewebe versenkt sind. Nachdem die jungen Parasiten unter das Bursalepithel gelangt sind, dringen sie immer tiefer hinein, bis sie die Gonaden (Genital- schläuche der Autoren) erreicht haben, in denen sie dann eine Art von Cysten oder Kapseln bilden. Die Zahl der in einer Kapsel befindlichen Parasiten ist eine verschiedene : seltener sind es ihrer ein oder fünf, häu- figer zwei, drei oder vier. In der Cyste befinden sich gewöhnlich Parasiten von gleichen Dimensionen. Es ist anzunehmen, daß der in die Leibes- höhle des Wirtstieres gelangte Parasit der im Gewebe hinterlassenen Spvir seines kürzlich durch dasselbe hindurchgedrungenen Vorgängers folgt. Nicht selten habe ich unter dem Bursalepithel mehrere junge Exemplare in einem Häufchen angetroffen. Einer nach dem andern erreicht die Gonade, wo sie dann gemeinsam eine Kapsel bilden. Die Infektion von Gorgonocephalus habe ich nicht beobachtet, vermute indessen, daß wir e^ hier mit einer wohl dicht am Boden frei schwimmenden Larve zu tun haben, welche durch die Spalten der Bursa in das Wirtstier eindringt. Infizierte Gorgotiocephalus-J^xemplave kann man an folgenden Merkmalen erkennen: Gewöhnlich wird das Gewebe des Interradius der unteren Scheiben- fläche unterhalb des betreffenden Parasiten vorgestülpt (Taf. XIX, Fig. 2), wobei diese Stelle sich von normal gebauten durch größere Dichtigkeit und andre Farbe auszeichnet. Die Farbe ist hier statt orange-fleischrot mehr hell, fast weißlich. Bisweilen weist die vorge- stülpte Wand Flecke von unbestimmter Gestalt auf, welche wie blut- unterlaufene Stellen aussehen. An der oberen Fläche der Scheibe von GorgonocepJialus ist die Anwesenheit des Parasiten weniger zu be- merken. Bisweilen wird die Wand der Kapsel mit dem Parasiten durch die Bursalspalte nach außen vorgestülpt (Taf. XIX, Fig. 2 Pm.), wahrscheinlich infolge des von dem Trawl, mit welchem die Gorgono- cephalus gewöhnlich gefangen werden, ausgeübten Druckes. Die Infektion des Gorgonocephalus beträgt bis zu 47 — 50% dieser Tiere. Im Mittel kommen auf ein Wirtstier lOVie % Parasiten. In einem Wirtstier wurden 119 (Taf. XIX, Fig. 2) Parasiten angetroffen, wobei wahrscheinlich nicht w^enige kleine Exemplare meiner Aufmerk- Die Anatomie von Protomvzostomuin |)()lyiu'i)liiis Fcdotov. 637 sanikeit entgangen sind; in einem 05, in einem 33, in 3 — ^8, in 1 — 1, in 3 — 6, in 4 — 5, in 2 — 3, in lü — 2, in 3 — ■! Parasit usw. Infiziert sind gewölmlich grol3e Exem|)lare von Gorgonocephalus mit entwickelten Gesclilechtsorganen, von 87 — 35 mm Scheibendurch- messer; kleinere Exemplare enthielten keine Parasiten. Von Interesse ist der Umstand, daß von den beiden Gorgonocephalus- Alten, welche den Kola-Fjord unter vollständig gleichartigen Bedingungen bewohnen und meist zusanunen angetroffen werden, nur G. eucnemis infiziert wird, während ich in G. agassizi niemals Parasiten angetroffen habe. Dabei sind diese beiden Arten bekanntlich häufi"- sehr schwer von einander zu unterscheiden, so daß sogar Zweifel an ihrer Selbständig- keit ausgesprochen w^orden sind. Der von mir angeführte Umstand spricht gegen eine solche Annahme. Protomyzostomum wird an vielen Stellen des Kola-Fjordes (in Tiefen von 40 — 160 m) angetroffen und ist wohl ein steter Begleiter von Gorgonocephalus eucnemis. Man wird annehmen können, daß dieser Parasit im Karischen Meere häufig angetroffen wird. Und zwar hat Levinsen schon im Jahre 1887 bei der Beschreibung der Geschlechts- organe von Gorgonocephalus eucnemis aus Kara-Havet die Parasiten für » eggesamlinger << angesehen, wobei die Kapseln, in denen dieselben sich befanden, hinter dem Peritonealsacke lagen. Die Abbildungen dieser »eggesamlinger« (Taf. XXXV, Fig. 3 — 6) erinnern sehr an den Körper von Protomyzostomum. Levinsen gibt an, daß er solche in allen von ihm untersuchten G^orf/onocep/iaZws-Exeraplaren angetroffen hat. Untersuchimgsmethoden. Ich habe das Studium von Protomyzostomum sowohl an lebendem, wie an fixiertem Material ausgeführt. Zum Fixieren bediente ich mich folgender Flüssigkeiten: Flemming- sches Gemisch (von einigen Stunden bis zu 1 Tag) ; MEVESsches Gemisch (24 Stunden); Alkohol mit Formalin; GiLSONsches Gemisch, von 10 Mi- nuten bis zu 3 Stunden (gewärmt); LenhossekscIic Flüssigkeit, 3 bis 6 Stunden; Sublimat (gesättigte Lösung in physiologischer Kochsalz- lösung mit 5 — 20% Essigsäure, von 5 Minuten bis zu IV2 Stunden) (erwärmt). Die besten Resultate erhielt ich durch Sublimat (in Seewasser) mit 20%iger Essigsäure. Zum Färben verwandte ich nachstehende Färbemethoden: Dela- FiELDsches Hämatoxylin, Nachfärbung mit Eosin; WEiGERTsches Hämatoxylin, Nachfärbung mit Pikrofuchsin (nach van Gieson); 638 D- Fedotov, ÜEiDENHAiNsches Eiseiiliämatoxylin, Nachfärbung mit Orange oder Eosin; Boraxcarmin, Nachfärbung mit BLOCHMANNscher Flüssigkeit. Als das beste Färbemittel erwies sich das HEiDENHAiNsche Eisen- hämatoxylin nach der DßEYERschen Methode, namentlich für die Differenzierung des Nervensystems. Für das Beizen verwandte ich eine Lösung von 2,5 g Eisenalaun auf 100 ccm Wasser + 5 ccm 40% Formalin auf 1 Tag, in Eisenhämatoxylin, 1 Tag; Differenzierung mit der gleichen Mischung. Für das Studium der Organe von Protomyzostomum bediente ich mich häufig der Rekonstruktionen nach Zeichnungen von Schnitt- serien. Die Zeichnungen habe ich mit Hilfe des großen Zeichenapparates von Zeiss und Mikroskopen von Krauss und Zeiss angefertigt. Da die Taf. XXI bei der Reproduktion um l,35mal verkleinert wurde, so muß man die angegebenen Vergrößerungszahlen dement- sprechend verändert auffassen. Gestalt des Körpers. Der Körper ist flach, planarienartig, vorn und hinten abgerundet (Taf. XIX, Fig. 3a,b; Textfig. 1). Die Ränder sind etwas verdickt und besitzen fünf Paare von Hauptausschnitten, in denen die Parapo- dien liegen. Man findet nicht selten, namentlich bei großen Exemplaren, auch noch sekundäre Ausschnitte, welche in keinen Beziehungen zu den Parapodien stehen. An der Dorsalseite treten die Verzweigungen des »Uterus« etwas hervor (Taf. XIX, Fig. 3 a) und sind die Umrisse der Seitenorgane mit der Lupe zu erkennen. An der Ventralseite treten das Nervensystem und die Verästelungen des Darmes hervor (Taf. XIX, Fig. 3 &). Die Gestalt des Körpers weist öfters Unregelmäßigkeiten auf, und dieser ist bei jungen Exemplaren in die Länge gestreckt (Taf. XIX, Fig. 4). Es kommen Exemplare vor, deren Länge viermal größer ist als die Breite. Die Länge des Körpers übertrifft gewöhnlich dessen Breite etwa um das Doppelte. Abweichungen sind in beiden Richtungen zu bemerken. Ein aus der Kapsel herausgenommener Parasit von kleinen oder mittleren Dimensionen, verändert seine Körpergestalt recht energisch (Taf. XIX, Fig. 5 a — d). Indem er sein Vorderende zu einem Rohr kontrahiert, streckt er dasselbe in die Länge, dreht es nach den Seiten, läßt es wieder breiter werden, wölbt bald seinen Rücken, bald seine Die Anatomie von Protomyzostoinum polynephris Fedotov. 639 Ventralseite blickelartig vor, zieht die Ränder des Körpers zusammen, welche eine stark wellenförmige Gestalt annehmen, biegt sie nach oben um u. dergl. m. Die gewöhnliche Größe von Protomyzostomum beträgt 15 — 25 mm, Exemplare von 30 mm sind eine Seltenheit. Kleine Exem- plare von 1 — 2 nun werden hauptsächlich im Juni angetroffen. Das Intej^unieiit. Körperepithel und Hautmuskelschlauch. Die Körperober- fläche entbehrt der Wimpern, ist aber von einer dünnen, fein gewellten Cuticula überdeckt (Taf. XIX, Fig. G cu). Unter der Cuticula liegen langgestreckte Epidermiszellen, welche an ihren distalen Teilen mit- einander verschmolzen sind und eine subcuticulare plasmatische (Taf. XIX, Fig. 6 sc.s) Schicht bilden. Hier sind keine Zellgrenzen zu sehen. In dieser Schicht liegen längsgerichtete und ringförmige Muskelfasern (Taf. XIX, Fig. 6 sc.r, sei.), von denen weiter unten noch die Rede sein wird. Der größte Teil einer jeden Epithelzelle hegt unterhalb dieser Muskulatur, und stützt sich auf das Parenchym. Unterhalb der Muskeln sind die Zellgrenzen deutlich zu unter- scheiden, was auf Querschnitten durch die Epithelzellen am besten zu erkennen ist (Taf. XXI, Fig. 10 ep). Die Epithelzellen sind von langgestreckter Gestalt mit etwas erweitertem und abgerundetem Ende (Taf. XIX, Fig. 6 cp). In diesem erweiterten Teil der Zelle liegt ein ovaler Kern (Taf. XIX, Fig. 6 k.ej)), mit vielen kleinen Chromatin- klümpchen. Das Zellplasma, welches in seinem distalen Teile einen faserigen Bau aufweist, färbt sich hier intensiver, während es in dem erweiterten Teil der Zelle eine blassere Färbung hat und sich häufig zusammen- zieht, offenbar unter der Einwirkung der fixierenden Flüssigkeiten. Die Dimensionen der Zellen sind sehr mannigfaltig. Die aller- höchsten Zellen finden wir an der Dorsalfläche (etwa 45 (.i) und zu beiden Seiten des Körpers, während sie an der Ventralseite kleiner sind. Eine so regelmäßige Anordnung der Zellen, wie sie auf der Zeich- nung zu sehen ist, läßt sich auf Präparaten nur selten antreffen. Infolge des Umstandes, daß die Zellen nicht genau senkrecht zur Körper- oberfläche, sondern häufig schräg zu derselben gerichtet sind, finden wir auf Schnitten gewöhnlich nur Teile von Zellen und Kerne, welche in verschiedener Höhe liegen. Man erhält nicht die Vorstellung von einzelnen Zellen, sondern den Eindruck einer gemeinsamen plasma- tischen Masse mit darin zerstreuten Kernen. Ganz besonders stark 640 D- Fedotov, wird die Anordnung der Zellen in den Fällen beeinträchtigt, wo die sich entwickelnden Hoden einen Druck auf dieselben ausüben. Für gewöhnlich ist das Körperepithel an der Ventralseite niedriger. Die die Zellen bedeckende Cuticula ist dünn und weist kleine und häufige wellenförmige Krümmungen auf. Sie ist nur schwach differenziert und hebt sich nur wenig von der subcuticularen Plasmaschicht ab. Auf stark gefärbten Präparaten ist sie dank ihrer dunkleren Färbung deutlich zu erkennen. Nur selten löst sie sich allein in ganzer Schicht von der Epidermis ab; gewöhnlich erfolgt bei der Maceration eine Ablösung ganzer Schichten der Cuticula und der subcuticularen Schicht zusammen mit den Muskeln. Gewöhnlich ist die Körperoberfläche mit einfachen Epithelzellen bekleidet. Nur am Ende des Cloacalkegels (Taf. XIX, Fig. 8 Mrz) sehen wir stets, bisweilen außerdem im vorderen Teil des Körpers in der Nähe der Mundöffnung (Taf. XXI, Fig. 11 hdfz), auch noch Haut- drüsenzellen (Taf. XIX, Fig. 7 Mrz). Große, birnförmige Zellen (Taf. XIX, Fig. 9 Mrz) mit schmalem und langem Hals umgeben die Cloacalöffnung. Sie sind um dieselbe konzentriert, doch kann man vereinzelte solche Zellen auch weit von derselben entfernt an- treffen. Eine jede Zelle dringt mit ihrem basalen erweiterten Ende tief in das Parenchym hinein, während sie mit dem schmalen und langen distalen Teil, oder dem Hals, zwischen den Epithelzellen ver- läuft. Da, wo sie auf die Cuticula trifft, wölbt sie dieselbe in Gestalt eines kleinen Kegels vor (Taf. XIX, Fig. 9, 10 cu.kg). Ein Teil der Zellen mündet augenscheinlich direkt in das Lumen der Cloacalöffnung. Das Secret der Zelle erfüllt in Gestalt von kleinen runden Körnchen das ganze Plasma der Zelle (Taf. XIX, Fig. 7), so daß der Kern ganz unsichtbar wird. Da ihr Secret mit HEiDENHAiNschem Eisen- hämatoxylin stark gefärbt wird, so treten diese Zellen auf so behan- delten Präparaten deutlich hervor. Indem das Secret in dem basalen Teil der Zelle gebildet wird, läßt es diesen anschwellen und verändert durch seine allmähliche Verlagerung nach dem distalen Ende die birn- förmige Gestalt der Zelle (Taf. XIX, Fig. 9 Mrz). Wir finden Zellen von birnförmiger Gestalt mit langem, schmalem, kaum bemerkbarem Hals, andre Zellen besitzen einen stark erweiterten, mit Secret er- füllten mittleren Teil und einen schmalen Halsteil, während ihr basaler Teil nicht zu sehen ist. Endlich trifft man auch Zellen an, bei denen der Halsteil stark aufgetrieben ist. Das hierher verlagerte Secret übt einen Druck auf die Cuticula aus und stülpt dieselbe vor. Der übrige, tiefer liegende Teil der Zelle ist schmal und kaum bemerkbar. Dil' Anatoniio von Protoniy/.ostoinum i)()lyiu'])hiis Fcdotov. 641 Öffnungen der Zellen nach außen sind nicht vorhanden, so daß man annehmen muß, daß die Abschcidung des Secrcts durch Zerreißen der Cuticula erfolgt. Die Dimensionen der Zellen sind verschieden, etwa 135 — 'löO /<. Ihre Kerne liegen im basalen Teil der Zelle (Taf. XIX, Fig. 9 hdrz); sie sind klein, rund, arm an Chromatin, sie besitzen einen runden Nu- cleolus und sind schwach färbbar. Drüsenzellen in dem Cloacalkegel finden sich (Taf. XXII, Fig. 1 hdrz), Avenn auch in verschiedener Anzahl, bei allen Individuen von Protomyzostonium. Seltener finden wir Hautdrüsenzellen im vorderen Körperende, namentlich in der Nähe der Mundöffnung (die Dimensionen der Zellen etwa 80 /^i). Diese Zellen erinnern durch ihre Gestalt und ihr Secret außerordentlich an die oben beschriebenen Zellen (Taf. XIX, Fig. 7 hdrz), doch erreichen sie niemals so große Dimensionen wie letz- tere. Dabei liegen diese Zellen zerstreut angeordnet und nicht zu Gruppen vereinigt, wie wir dies in dem Cloacalkegel gesehen haben. Bei einigen Individuen trifft man noch ziendich häufig, und zwar sowohl an der Ventral- wie auch an der Dorsalseite kleine vorgewölbte Kegel auf der Cuticula an, gleich den oben beschriebenen. Unter der Cuticula finden sich an diesen Stellen Keste von Plasma und Kern. Die Be- deutung dieser Bildungen ist unklar, doch ist es möglich, daß sie Überreste von degenerierten Drüsenzellen darstellen. Zu dem Bestand des Hautmuskelschlauches gehören rings- und längsgerichtete subcuticulare Muskeln und die subepitheliale Musku- latur. In der subcuticularen (Taf. XIX, Fig. 6 sc.s) Plasmaschicht liegen, wie bereits weiter oben hervorgehoben wurde, unmittelbar unter der Cuticula Rings-, (Quer-) und Längsmuskeln {sc.r, sei). Diese Muskeln bilden nicht etwa zwei einzelne Schichten, sondern sie kreuzen sich und sind untereinander verflochten, so daß es schwer fällt von einer äußeren und einer inneren Schicht zu sprechen. Indem diese Fasern sich kreuzen, bilden sie ein Netzwerk aus ziemlich regelmäßigen viereckigen Maschen (Taf. XXII, Fig. 17 sc.m), wie dies bei verschie- denen Cestoden und Trematoden, so z. B. bei Apoblema (Beandes, 1893) beobachtet wurde. Die Kegelmäßigkeit, mit welcher die Fasern einander kreuzen, ist auf Flächenschnitten besonders deutlich zu sehen. Etwas tiefer, im Parenchym unter dem Körperepithel, liegt ein System von schräggerichteten, einander kreuzenden Muskeln (Taf. XIX, Fig. 6 se.m), welche, wie dies auch bei den subcuticularen Muskeln der Fall w^ar, ein Netzwerk bilden, das hier indessen um^egelmäßig gestaltet ist (Taf. XXII, Fig. 18 se.m). Die Fasern verlaufen schräg in bezug 642 !>• Fedotov, auf die Längsachse des Körpers. In den von ihnen gebildeten Maschen trifft man nicht selten Eier an. In dem Bau des Integuments von Protomyzostomum bemerken wir beträchtliche Unterschiede von den Verhältnissen bei den ecto- und entoparasitischen Arten von Myzostomum. Bei ersterem ist das Körper- epithel unregelmäßig bewimpert (Graff 1877, Semper 1858). Die Cuticula ist wohl entwickelt, so daß Nansen (1885, S. 75) in derselben zwei Schichten beschrieben hat. Stummer (1903) beschreibt für M. asteriae (S. 506—507, Taf. XXXV, Fig. 1—3 et), daß die Cuti- cula von jeder Zelle einzeln abstehen kann, d. h. daß dieselbe keine ununterbrochene Schicht bildet, wie wir dies bei Protomyzostomum sehen. Das Integument von Myzostomum (Graff 1877, Nansen 1885, Stummer 1903) besteht aus dem gewöhnlichen Cylinderepithel, zwischen dessen Zellen Nansen (S. 71) mit einigem Zweifel, Stummer (S. 504) dagegen mit voller Bestimmtheit Drüsenzellen beschreiben. Diese Zellen sind indessen nicht größer als die gewöhnlichen Epithelzellen; sie sind nach Gestalt und Charakter den oben beschriebenen Drüsen von Protomyzostomum nicht ähnlich und sind auch nicht unter die Epidermis in das Parenchym versenkt, wie dies bei der genannten Gattung beobachtet wird. Die Kerne der Drüsenzellen sind größer als diejenigen der gewöhn- lichen Zellen, nicht aber kleiner als dieselben ; ihr Secret besteht aus hyali- nen, stark färbbaren Tröpfchen (S. 504—506, Taf. XXXV, Fig. 2, 3 Hdrz). Bei Protomyzostomum sind keine Unterschiede zwischen den Körper- epithelialzellen zu finden, wie sie Stummer angibt, welcher gewöhnliche Zellen und Zellen mit schmalem Basalteil und schmäler werdendem Kern unterscheidet (S. 502—504, Taf. XXXV, Fig. 3 cz). Bei keinem einzigen Vertreter der Gattung Myzostomum finden wir Anhäufungen von Drüsen in der Nähe der Cloacalöffnung, wie sie weiter oben für Protomyzostomum beschrieben wurden. Man wird annehmen müssen, daß das Auftreten dieser Drüsen eine Folge der parasitischen Lebens- weise darstellt, obgleich ihre Bedeutung mir nicht bekannt ist. Eine Basalmembran unterhalb des Epithels, wie sie z. B. Stummer für M. asteriae beschreibt (S. 507—508, Taf. XXXV, Fig. 1—3 Bm), habe ich bei Protomyzostomum nicht finden können : hier liegt unter den Epithel- zellen ein Parenchym, welches man mit der von den Autoren bei Myzosto- mum beschriebenen Cutis vergleichen kann. Einen wesentlichen Unterschied bemerken wir auch zwischen Proto- myzostomum und Myzostomum in bezug auf den Hautmuskelschlauch. Bei den Arten der letzteren Gattung liegen unter dem Körperepithel Die Anatoinio von Protoinyzostoinuin polynephris Fedotov. 643 nach Stummer (1903) und Graff (1877) zwei Schichten von Muskeln. »Die äußere besteht aus radial vom Centrum der Scheibe zum Rande ver- laufenden und hier auf die andre Seite übertretenden Fasern, während die innere Lage aus parallel zum Körperrande in Form konzentrischer Ringe gelegten Fasern zusammengesetzt ist«, d. h. außen eine radiale, innen dagegen eine ringförmige Schicht (Graff 1877). Nansen dagegen hat keine Regelmäßigkeit in der Anordnung der Muskeln bei andern Arten von Myzostomum gefunden (S. 71). Kein einziger Vertreter der Gattung Myzostomum besitzt eine subcuticulare Muskulatur gleich der von Protomyzostomum. Was die subepitheliale Muskulatur von Protomyzostomum betrifft, so habe ich bei derselben, wie oben erwähnt, keinerlei Regelmäßigkeit in Aqv Anordnung der Fasern bemerken können. Wir wissen, daß man bei den Cestodes (Bronn, Bd. IV, S. 1231 bis 1247, Taf. XL VII, Fig. 1 — ^6) eine Grenzmembran oder Cuticula, eine subcuticulare, in typischen Fällen aus einem sich rechtwinklig kreuzenden, in Längs- und Querrichtung verlaufenden Fasersystem bestehende Muskulatur und eine Subcuticularschicht aus pallisaden- artig gestellten Subcuticularzellen unterscheidet. Mit einem Worte, es sind dies Verhältnisse, welche mit denen außerordentlich überein- stimmen, die wir bei Protomyzostoinum gefunden haben. Selbst ihrer Gestalt nach unterscheiden sich die Subcuticularzellen, z. B. bei Triaeno- phorus nodidosus (Bronn, Taf. XL VII, Fig. 2), fast in keiner Weise von den Epithelzellen bei Protomyzostomum. Die einzelligen Drüsen erinnern ebenfalls an diejenigen bei unserer Form. Auch bei den Trematodes finden wir unterhalb der Cuticula und der Subcuticular- schicht Ring- und Längsmuskeln, unter welche Drüsenzellen versenkt liegen. Maclaren bildet bei der Beschreibung jener Veränderungen, welche das Integument bei Distommn sp. durchmacht (1903, S. 522) Vorsprünge der Cuticula ab, in denen Überreste degenerierter Epithel- zellen enthalten sind. Etwas ähnliches finden wir auch bei Proto- myzostomum, worüber ich weiter oben gesprochen habe. Ebenso wie dies bei den Trematoden der Fall war, erleidet das Integument auch bei Protomyzostomum während der postembryonalen Entwicklung Veränderungen. Und zwar habe ich bei jungen Exem- plaren (von etwa 1 mm Länge) eine beträchtliche Anzahl von Drüsen- zellen unter den Epithelzellen angetroffen. Mit fortschreitendem Alter verschwinden dieselben. Bei Exemplaren von 4 — 6 mm Länge trifft man recht häufig kegelförmig vorgewölbte Stellen der Cuticula an, unter denen Kerne liegen, die ich für Überreste von degenerierten Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. BJ. 43 644 D. Fedotov, Zellen halte; Drüsenzellen bleiben fast ausschließliGh im Cloacalkegel erhalten. Bei großen Exemplaren sind solche Kegel für gewöhnlich nicht vorhanden. Die Übereinstimmung im Bau des Integuments bei Protomyzo- stomum einerseits und den Cectodes und Trematodes anderseits verdient aus dem Grunde Interesse, weil unter der Einwirkung der entoparasitischen Lebensweise bei außerordentlich weit voneinander stehenden Gruppen gleiche Bilder entstehen können: die Epithelzellen sind unter die Muskelschicht versunken, und in der oberflächlichen Schicht sind die Zellgrenzen verschwunden. Parapodien. Die Parapodien, fünf Paare, sind schwach entwickelt, beinahe rudimentär (Textfig. 1). Sie stellen kleine Kegel dar, welche am Rande des Körpers in entsprechenden Ausschnitten desselben liegen. Die I., II., IV., V. Parapodien sind einander genähert, die II., III. und IV. weiter voneinander entfernt. Mit bloßem Auge sind die Para- podien wegen ihrer geringen Größe kaum zu erkennen. Bei großen Individuen sind sie nach der Ventralseite des Körpers verschoben (Taf. XIX, Fig. 3 b, pr.pd), bei kleinen dagegen (von etwa 1 mm Länge) befinden sie sich am Rande selbst (Taf. XIX, Fig. 4 / — V), wo sie nach außen vorspringend, mit der Lupe gut zu bemerken sind. Ein Ein- und Ausstülpen der Borsten und ein Hin- und Herbewegen der Parapodien habe ich nur bei jungen Individuen bemerken können. In jedem Parapodium finden wir einen Haken und einen Stützstab (Taf. XX, Fig. 2 hk, st.st), die in aus Sackmembran scm.h und Drüsen- epithel bestehenden Borstenfollikeln (Taf. XX, Fig. 3, 5 /) eingeschlossen sind (wie dies von Stummer 1903, S. 512 — 550 auch für Myzostoma be- schrieben worden ist). Der Haken ist um das anderthalbfache kürzer (230—280—370 /<) und um das doppelte dünner (Taf. XX, Fig. 3 hk) als der Stützstab {st.st). Sein verschmälerter Teil endet in Gestalt einer hakenförmig gekrümmten scharfen Spitze (Taf. XX, Fig. 2 hk). Nach der gerade abgestumpften Basis zu wird der Haken allmählich und gleichmäßig dicker. Der Stützstab ist gerade oder leicht gekrümmt (350 bis 410 bis 600<<)- Seine Basis ist abgestutzt und erweitert, während sein mittlerer Abschnitt dünner wird. Das distale Ende ist erweitert und endet mit einer gebogenen, ziemlich stumpfen Spitze (Taf. XX, Fig. 2 st.st.), welche wie gewöhnlich mit einer Verdickung zur Stütze des Hakens versehen ist. Die Anatomie von Protoinyzostomuiii polynephris Fedotov. 645 In den iiuteiou Teil des Follikellumens mündet eine ziemlich kompakte kleine Gruppe von Drüsenzellen (Taf. XX, Fig. 3 pdr), die Parapodialdrüsen der Autoren, welche bei Mijzostomum meist stark entwickelt erscheinen. Bei Protomyzostomum sind sie dagegen nur schwach entw'ickelt, die Zahl der Zellen ist eine nur geringe und sie können auf Schnitten leicht übersehen werden. Die Muskulatur der Parapodien habe ich nicht eingehender unter- sucht, doch dürfte dieselbe sich wohl kaum w^esentlich von derjenigen der Myzostomum-Avten unterscheiden, unter denen wir auch solche mit reduzierten Parapodien kennen. Die Unterschiede im Bau der Parapodien bei Protomyzostomum von den durch die Autoren für Mijzo- stomum beschriebenen Verhältnissen bestehen in folgendem: Bei Myzostomum findet sich in den Follikeln außer den beiden funktionierenden Borsten noch eine unbestimmte Anzahl von Ersatz- haken. Diese letzteren ersetzen die in Tätigkeit befindlichen Haken sobald dieselben abgenutzt werden. Ich habe bei Protomyzostomum drei Stadien in der Entwicklung der Haken beobachten können. Individuen von 1 — 2 mm Länge be- sitzen zwei Borsten von fast gleicher Größe (Taf. XIX, Fig. 4), von denen die Haken beträchtlich weit nach außen hervorragen. Individuen von 2 bis etwa 15 mm besitzen mehr als zwei Borsten. In einem jeden Parapodium können deren häufiger drei bis vier, seltener mehr, bis zu neun bis zehn vorhanden sein. Die Anzahl dieser Borsten ist sow'ohl in verschiedenen Parapodien, wie auch in den Parapodien eines Paares eine verschiedene. Häufig erwiesen sich nicht zwei, sondern mehr Borsten als in Tätigkeit befindlich. Wenigstens habe ich bisw^eilen in einem Para- podium mehrere gleich lange Borsten angetroffen, w^elche mit ihren distalen Enden zusammenstießen. Außerdem habe ich in ein und demselben Parapodium zu je zwei Stüt^stäben angetroffen (Taf. XXI, Fig. 9 st.st). So viel mir bekannt ist, wm'de ein solches Verhalten bei Myzostomum nicht festgestellt, wo die Ersatzhaken meist viel kleiner als die in Tätigkeit befindlichen sind und nur einer derselben, der zum Funktionieren bereit ist, diesen letzteren an Größe gleichkommt. Das dritte Stadium endlich, welches Individuen von 1,5 — 2 cm Länge und mehr umfaßt, ist mit je zwei Borsten versehen (Taf. XX, Fig. 2). Individuen dieses Stadiums habe ich denn auch untersucht, als ich meine vorläufige Mitteilung verfaßte, wo ich für Protomyzostomum zwei Borsten als ständige Zahl für jedes Parapodium angegeben habe. Dafür finden wir bei Individuen der letzteren Kategorie in dem Gewebe 43* (346 D. Fedotov, der Follikel Körperchen von verschiedener Größe und Gestalt, welche aus der gleichen Substanz wie die Borsten bestehen (Taf. XX, Fig. 5 cu.hr). Dieselben werden in gleicher Weise gefärbt wie die Borsten und sind in frischem Zustande ebenso goldfarben-durchsichtig wie diese letzteren. In den Parapodien mit zwei Borsten finden wir stets solche Körperchen (Taf. XX, Fig. 2 cu.kr). Sie werden von Zellen der Follikel gebildet, in deren Wandungen sie in Gestalt kleinster, allmählich an Größe zunehmender Körnchen im Zellplasma angeordnet sind (Taf. XX, Fig. G cu.lr). Nachdem sie eine beträchtliche Größe erreicht haben, welche dem Querdurchmesser der Borsten gleichkommt oder denselben sogar übertrifft (90 /<), fallen sie in die Höhlung der Follikel der Borsten (Taf. XX, Fig. 5 cu.kr), wobei sie sich bisweilen unten in der Nähe des Stützstabes, dicht an denselben gedrängt, an- häufen. Diese Körperchen sind bisweilen von unregelmäßig abgerun- deter Gestalt (Taf. XX, Fig. 7 a), häufiger haben sie die Gestalt lansaestreckter, rosenkranzförmiger Gebilde, aus deren Form man entnehmen könnte, die Körnchen entstünden aus runden, kleinen Körperchen, welche miteinander verschmolzen sind (Taf. XX, Fig. 7b,c). Dimensionen der Cuticularkörper 20, 40, 90 fi Länge. 10, 30, 75 /< Breite. Das Alter eines Protomyzostomum genau zu bestimmen, wenn das- selbe in jedem Parapodium nur zwei Borsten mit Körperchen besitzt, ist nicht möglich ; wahrscheinlich sind hier sehr weitgehende individuelle Schwankungen möglich. Wie aus den Beschreibungen des Baues der Borstenfollikel bei Myzostomum durch Stummer (1903, S. 530 — 544, 1910), bei Sigalion durch C. Schneider (S. 380 — 381, 1902) und bei Lumbricus durch G. Sajovic (S. 4 — 14, 1907 — 1909) bekannt geworden ist, unterscheidet man in dem Drüsenepithel der Borstenfollikel eine Borstenbildungs- zelle = Basalzelle, aus welcher die Borste hervorgeht, während die übrigen Zellen an der Bildung der Verbindungsstücke der Borsten mit der Sackmembran (Taf. XX, Fig. 3 scmb.) beteiligt sind. Beide sind auch bei Protomyzostomum vorhanden, obgleich ich Überreste der Borstenbildungszelle hier nur sehr selten finden konnte, aber nirgends habe ich Hinweise darauf gefunden, daß die Drüsen- zellen der Follikel Cuticularkörper ausschieden, wie wir sie bei Proto- myzostomum kennen gelernt haben. Die Anzahl der Borsten in den Parapodien von Protomyzostomum kann mit der Lebensweise dieses Parasiten in Zusammenhang gebracht werden. Individuen von 1 mm Länae fand ich gewöhnlich frei in der Dir Anatomio von IVotoiny/.ostoimiin polym'[)liris Fedotov. 647 Bur.salhülile von Gorgonocepludua, und zwar bis zu dem Augenblick ihres Eindringens in die Geschlechtsorgane des AVirtstieres. Hierdurch wird es verständUch, daß sie einstweilen nur zwei Borsten besitzen, d. h. wir haben es hier mit einem ersten Anfangsstadium zu tun. Hier- auf erfolgt das Eindringen des Parasiten in das CTCwebe der Geschlechts- organe des Wirtstieres, wo er sich einen "Weg bahnt um Nahrung zu finden und wohl auch auf der Suche nach seinesgleichen zur Vollendung seines Entwicklungscyclus. Dies macht die Notwendigkeit begreiflich, Ersatzborsten zu besitzen, durch welche die abgenutzten Haken ersetzt werden könnten; dieses Alter entspricht dem zweiten Stadium. Schließ- lich liegt keine Notwendigkeit mehr vor, sich fortzubewegen und der Parasit hat sich mit andern Individuen in einer aus den Geweben der Geschlechtsorgane gebildeten Cyste festgesetzt; es liegt nunmehr kein Bedürfnis mehr vor Ersatzhaken zu bilden, und statt der Borsten werden nur noch Körperchen gebildet, Avelche gleichsam nur eine Erinnerung an die frühere bildende Tätigkeit der Zellen bedeuten und \ielleicht zur Befestigung der beiden Borsten dienen, indem sie sich anhäufen und an deren Ende ankleben. Von besonderem Interesse ist ein anormaler Fall, wo bei einem großen Individuum das eine der Parapodien bis zu 20 Borsten aufwies (Taf. XX, Fig. i hk). während die übrigen Parapodien deren je zwei besaßen. Seitenorgane. Entsprechend der Parapodienzahl besitzt Protoimjzostonmm fünf Paare von Seitenorganen (Textfig. 1 so), und zwar liegen das IL, III. und IV. Paar oberhalb und gegenüber den Parapodien (Taf. XXI, Fig. 1 so), während das I. und V. Paar dagegen etwas nach außen verlagert ist. Die Verlagerung des I. und V. Paares der Seitenorgane steht im Zusammenhang mit der Bildung des Mundes und des Cloacal- kegels. Die Seitenorgane liegen auf der Dorsalseite oder sind nach dem Körperrande zu verschoben, was sich hauptsächlich auf das I. und V. Paar bezieht. Für gewöhnlich erkennen wir bei Lupenver- größerung auf der Dorsalseite das IL, III. und IV. Paar. Für Protomyzostomum halte ich die Lage der Seitenorgane ober- halb und gegenüber den Parapodien für die ursprüngliche. Gegen- über den Parapodien liegen sie stets bei jungen, am wenigsten ver- änderten Individuen. Bemerken wir dagegen eine gewisse Verlagerung der Seitenorgane, so ist dieselbe eine ganz unwesentliche und zwar auf Grund nachstehender Erwäjiuniien. Diese Verschiebunü in der G48 D- Fedotov, Richtung von den Parapodien beträgt nur Bruchteile von Milhmetern bei einer Entfernung von bis zu 10 mm zwischen den Parapodien. Eine Verlagerung der Seitenorgane wird bei großen Exemplaren ange- troffen und wird häufig durch eine ungleichmäßige Entwicklung der Eier hervorgerufen, deren Masse einen ungleichen Druck auf die ver- schiedenen Teile des Körpers ausübt. Sie kann auch die Folge einer Kontraktion des Wurmes bei der Fixierung darstellen. Die Fälle, wo eine Verlagerung der Seitenorgane auf Schnitten festgestellt wurde, können durch die Orientierung der Schnittfläche erklärt werden. End- lich spricht auch der Umstand für eine künstliche Verlagerung des Seitenorgans, daß dasselbe sowohl etwas vor, wie auch etwas hinter dem betreffenden Parapodium liegen kann. Äußerlich sind die Seiten- organe mit unbewaffnetem Auge kaum zu bemerken. Mit ihrer Längsachse sind die Seitenorgane des ersten Paares nach vorn gerichtet, diejenigen des V. nach hinten, diejenigen des IL, IIL und IV. Paares nach den Seiten. Die Organe des I. und V. Paares sind mit ihrer Längsachse, gleich den entsprechenden Parapodien, mit der Hauptachse des Tieres parallel gerichtet, oder mit ihren Enden etwas nach außen — das V., oder nach innen — • das I. Paar. Das III. Paar der Seitenorgane steht senkrecht zur Längsachse des Tieres, w^ährend das IL und das III. Paar einen gewissen Winkel mit ihr bilden. In verticaler Richtung sind die Seitenorgane schief nach oben gerichtet, ihr innerer Gang verläuft mit seinem blindgeschlossenen Ende nach oben und seine Umrisse treten bisweilen etwas über die Oberfläche des Tieres hervor. Dieses Verhalten ist bei dem IL, III, und IV. Paar schärfer ausgesprochen. Das I. und das V. Paar von Seitenorganen ist mit seiner Längsachse etwas nach unten geneigt oder liegt fast horizontal, so daß diese beiden Paare auf Querschnitten durch Proto- myzostomum nicht selten quergeschnitten erscheinen. Ein kleines, schräggeneigt liegendes Grübchen führt in das Seiten- organ. Sein oberer Rand ist leicht aufgeworfen und ragt in Gestalt eines kleinen Vorsprunges nach oben hervor. Das Grübchen führt in den äußeren Gang des Seitenorgans (Taf. XXI, Fig. 2 a.h) von etwa 80 bis 240 II Länge, welcher seinerseits in den zwiebeiförmigen mittleren Ab- schnitt übergeht {m.t) (etwa 80 — ^110 ix Länge bis 240 ^i Durchm.), der mit einem langen inneren Kanal endet {i.k.) (etwa 150 — 540 /t Länge). Der äußere, durch eine Einstülpung des Körperepithels gebildete Gang kommuniziert durch eine weite Öffnung mit dem äußeren Medium und mündet (Taf. XXI, Fig. 2 o.so) durch eine engere Öffnung in den mittleren zwiebeiförmigen Abschnitt des Seitenoroans : indem der Gang Die Anatomie von Protomyzostoinuni ])olynei)hris Fedotov. 049 sich erweitert, bildet er die Wölbung des mittleren Teiles, dessen Boden unregelmäßige Vorsprünge aufweist (Taf. XXI, Fig. 2 mt.). Durch diese Vorsprünge wird die untere Hälfte dieser Höhle in mehrere schmale Lumina zerlegt, welche zwischen ihren Rändern liegen (Taf. XXI, Fig. 3). Der obere, unterhalb der Wölbung liegende Teil der Höhlung dagegen ist ziemlich umfangreich (Taf. XXI, Fig. 2 mt.). Indem diese stark verengerte Höhlung des mittleren Abschnittes der Seitenorgane in die Höhlung des inneren Kanales übergeht, bildet sie eine Erweiterung (Taf. XXI, Fig. 2). Auf Tangentialschnitten hat der innere Kanal das Aussehen eines langen Dreiecks mit sehr spitzem Gipfel, welches mit seiner Basis nach dem mittleren Abschnitt, mit seiner Spitze dagegen nach hinten gerichtet ist. Das Lumen des Kanales, welches in seinem vorderen Abschnitte in dorso-ventraler Richtung komprimiert erscheint, wird im Querschnitt nach seinem hinteren blindgeschlossenen Ende zu rund. Die Wandung des äußeren Kanales wird, wie ich dies schon früher erwähnt habe, durch die eingestülpte Epidermis des Körpers gebildet. Wir können an ihr folgende Teile unterscheiden: eine Cuticula, eine subcutioulare Muskulatur, aus der der Sphinkter der äußeren Öffnung gebildet wird, und die gewöhnlichen Epidermiszellen. Die Kerne des äußeren Kanales sind indessen etwas kleiner, als die Kerne der Epidermis. Die Wölbung des mittleren Teiles besteht aus epidermalen Zellen, unter deren Cuticula sich ebenfalls Muskeln befinden. Der Boden des mittleren Teiles wird hauptsächlich von Muskelfasern gebildet (Taf. XXI, Fig. 3 m.so), von denen ein ganzes System von Muskeln des Seitenorgans ausgeht. Der Boden trägt einen Belag von Wimper- zellen (Taf. XXI, Fig. 3 ivz.so; etwa 6—7 u Länge). Die distale, freie Oberfläche der einzelnen Zellen ragt kappenförmig vor und ist dicht mit langen Wimpern besetzt (Taf. XXI, Fig. 4 wz.so). Die Zellen sind von cylindrischer Gestalt, wobei ihre Länge den Querdurchmesser etwa um das Doppelte übertrifft. Ihre Kerne sind hell, von ovaler Gestalt {k.u'z), chromatinarm; die Basalkörperchen der Wimpern sind ziemlich groß (Taf. XXI, Fig. 4). Die Wimperzellen sind auch in der Erweiterung des mittleren Teiles gut zu sehen, wo derselbe in den inneren Kanal übergeht. Zwischen die Wimperzellen dringen Muskel- und wahrscheinlich auch Nervenzellen herein (Taf. XXI, Fig. 3 m.so). Der mittlere Ab- schnitt des Seitenorganes ist futteralartig von großen Drüsenzellen umgeben (Taf. XXI, Fig. 2 dz.so) (etwa 75—160—175 ii Länge). Diese Zellen liegen dicht aneinandergedrängt, wobei ein Teil derselben mit den G50 D- Fedotov, erweiterten basalen Enden nach vorn gerichtet, andre dagegen in bezug auf das Seitenorgan radiär nach den Seiten und nach hinten angeordnet sind. Sie sind von beträchtlichen Dimensionen, von un- regelmäßig kolbenförmiger Gestalt und mit ihrem distalen schmalen Ende nach dem Boden des mittleren Teiles gerichtet. Ihr Plasma färbt sich deutlich aber ungleichmäßig mit HEiDENHAiNschem Eisen- hämatoxylin und ihr erweitertes basales Ende (Taf. XXI, Fig. 5, 6 dz.so) enthält runde, gleichartige Einschlüsse — ein Secret, welches die Ge- stalt von Körnchen oder Tröpfchen hat. In dem schmalen distalen Teil der Zelle befindet sich eine Menge kleinerer, sehr stark färbbarer Körner (Taf. XXI, Fig. 5), durch welche das Plasma verdeckt wird. Die Zellen enthalten zwei bis fünf Kerne; diese sind rund mit scharf ausgesprochenen Umrissen, und reich an Chromatin; die kleineren Körnchen liegen an der Peripherie des Kernes, in dessen Mitte sich ein bis zwei größere Klümpchen befinden (Taf. XXI, Fig. 5, 6 k.dz). Diese Zellen sind sehr zahlreich und sie liegen dicht aneinander gedrängt. Dank dem Umstände, daß das Seitenorgan nach der Dorsal- fläche verschoben ist, sind die an der oberen (dorsalen) Wandung des Organes befindlichen Zellen kleiner als die tiefer liegenden. Der innere Kanal wird von ebenso großen Zellen gebildet (Taf. XXI, Fig. 2z.so); seine Zellen (etwa 103 — 160 u Länge) sind von keulenförmiger, birn- förmiger oder kolbenförmiger Gestalt (Taf. XXI, Fig. 7 z.so), mit ihrem erweiterten, basalen Ende auseinandergerückt, mit ihren verschmälerten distalen Enden einander genähert. Dank diesem Verhalten begrenzen sie das Lumen des Kanales, indem sie dessen Wandung bilden. Die Wandungen des Kanales bestehen aus einer wellenförmigen Cuticula (Taf. XXI, Fig. 1 cu.ik), welche diesen Zellen augehört; hierauf folgen Muskelfasern, welche meist längsgerichtet sind und von den Retractoren {r.so) des Organes verlaufen; hinter ihnen liegen kleine Kerne {k), welche zwischen den großen Zellen liegen. Diese Kerne gehören wahrschein- lich Muskel- und Bindegewebszellen an. Die Zahl der die Wandungen des Kanales bildenden Zellen ht verhältnismäßig gering; sie sind in bezug auf die Längsachse des Seitenorganes schief nach hinten gerichtet (Taf. XXI, Fig. 2 z.so). Das Plasma der Zellen ist homogen, ohne Ein- schlüsse und weist nur in dem erweiterten Teil der Zelle einen schwach wabigen Bau auf. Bisweilen bemerkt man in ihnen, wohl infolge der Fixation, eine starke Vacuolisierung;. Die Kerne liefen in dem erweiterten Ende der Zelle oder in deren Mitte (Taf. XXI, Fig. 7, 8 k.z). Sie sind von ovaler Gestalt, mit blassen Umrissen und schwach färbbar. In der Mitte Die Anatoiiiio von Protoinvzostoinuin polyncjiluis Fedotov. 651 des Kernes liegt ein großes Chroniatinklümpchen und kleine Körnchen sind über den ganzen Kern zerstreut. Die größten Zellen sind die, welche am Ende des Kanales liegen. Aus deutlichsten tritt die Diffe- renzierung in den Zellen des mittleren Teiles und des inneren Kanales bei Färbung mit HEiDENHAiNschem Hämatoxylin hervor, wenn die ersteren ihre Farbe gut beibehalten, die zweiten dagegen schon fast entfärbt sind. Die Natur der Zellen des inneren Kanales ist mir unklar geblieben; doch scheint auf Grund der bestehenden Übergänge in der Färbung beider, wie auch der Fälle von Teilungen und der hiermit zusammen- hängenden Verminderung der Dimensionen der Kerne in den Zellen des inneren Kanales, der Gedanke nicht so unglaubwürdig, daß die Zellen des inneren Kanales und die Drüsenzellen des mittleren Teiles den gleichen Charakter besitzen. Ein Unterschied besteht darin, daß erstere sich im Ruhezustande befinden, letztere dagegen in einem Stadium intensiver Secretion. Das Seitenorgan ist mit einer mächtigen IMuskulatur versehen. Die Muskelfasern sind am Grunde des mittleren Teiles des Seiten- organes konzentriert, wo sie eine Art von Muskelkörbchen oder -gerüst bilden (Taf. XXI, Fig. 2, 3), auf dem die Wimperzellen ruhen, und von wo Systeme von Muskeln auslaufen, durch welche die Bewegungen des Seitenorganes besorgt werden. Eine beträchtliche Anzahl von Muskeln verläuft längs der Peripherie des mittleren Abschnittes, indem sie dessen Sphinkter, den inneren Sphinkter des Seitenorganes, bildet. Einige kräftige Muskelfasern, w^elche parallel oder schief zum inneren _ Kanal gerichtet sind, verlaufen nach hinten; es sind dies die Retrac- tores (Taf. XXI, Fig. 2 r.so). Mächtige Bündel, die Dilatatores (dl.so), verlaufen vom mittleren Abschnitt radiär nach den Seiten. Eine beträchtliche Anzahl von Muskelbündeln verlaufen von dem mittleren Abschnitt nach vorn, zur Körperoberfläche des Tieres; diese Bündel wird man für Protractores ansehen können (Taf. XXI, Fig. 2 p.so). Allein ihre "Wirkung ist eine kompliziertere, indem man drei Systeme von Bündeln in ihnen unterscheiden kann. Die längsten Fasern ver- laufen nach dem Hautmuskelschlauch und bilden durch ihre Kontrak- tionen die wahren Protractores des mittleren Abschnittes des Seiten- organes. Die mittleren Bündel verlaufen zur Cuticula der Wandung des äußeren Kanales in der Nähe seiner Ausmündung; bei der Kon- traktion verkürzen und erweitern sie den äußeren Kanal. Die aller- kürzesten Muskelbündel inserieren an der AVölbung und am inneren Ende des Ausführganiies. weshalb sie als die Dilatatores seiner Ausmündung (552 D. Fedotov, angesehen werden können. Auf der Abbildung (Taf. XXI, Fig. 2) sind die Systeme der Protractores nicht zu erkennen, da der Schnitt durch die Mitte des Seitenorganes geführt ist. Es fällt natürlich schwer, für die Richtigkeit dieser Bezeichnungen für die Muskeln einzustehen, da wir nicht wissen, in welcher Aufeinanderfolge sie tätig sind. Ich habe eine Erweiterung, Verengerung, Verlängerung, Verkürzung des äußeren Ganges beobachtet, ferner eine wellenförmige Krümmung und Streckung des inneren Kanales, endlich eine Vergrößerung und eine Verringerung des Lumens im mittleren Abschnitt des Seiten- organes. Das III. linke Seitenorgan besaß bei einem Exemplare zwei innere Kanäle von 110 bzw. 230 a Länge und gewohntem Bau; das entsprechende Organ der gegenüberliegenden Seite war durchaus normal gebaut. Bekanntlich besitzen die Vertreter der Gattung Myzostomum nicht fünf, sondern nur vier Paare von Seitenorganen, welche nicht gegen- über den Parapodien, sondern zwischen denselben, und zwar auf der Ventralseite des Körpers angeordnet liegen. Die Anzahl von vier Paaren ist für sie charakteristisch und es sind nur wenige Ausnahmen von dieser Regel bekannt geworden. Stummer (1903) beschrieb für M. asteriae vier paarige (im ganzen acht) und ein unpaares neuntes Seiten- organ. BouLENGER (1911, S. 350 — 351) stellte kürzlich für M. costatum Leuckart, bei dem man früher vier Paare von Seitenorganen angenom- men hatte, deren sechs Paare fest, doch kann es sich hier um einen Fall anormaler Vermehrung der Zahl der Organe handeln. Der Autor spricht den Gedanken aus, daß auch andre Myzostomum- Arten mehr als vier Paare von Seitenorganen besitzen dürften. Boulenger er- wähnt u. a., daßGRAFF (1877) einen Fall beschrieben hat, wo ein Exem- plar von M. glabrum Leuck. rechts vier Parapodien, dafür aber fünf Seitenorgane aufwies. Bei 31. moehianum nimmt Boulenger z. B. auf Grund von Angaben in der Literatur fünf Paare an. Allein in den beschriebenen Fällen liegen die Seitenorgane an der Ventralseite und zwischen den Parapodien. Wenn die Seitenorgane sich bei Myzostomum nicht zwischen den Parapodien, sondern gegenüber denselben befinden würden, so könnte man voraussetzen, daß die Arten dieser Gattung mehr als vier Paare von Seitenorganen, und zwar fünf Paare, besitzen können. Geht man indessen alle auf Myzostomum bezüglichen Arbeiten von den ältesten bis zu den neuesten durch, in denen schon die neuen Untersuchungs- methoden angewandt wurden, so wird man sich davon überzeugen können, daß für Myzostomum stets vier auf der Ventralseite und Die Anatoinii' von Protoiiiy/.o.stoinuin polynephris Fedotov. 653 zwischen den Parapodien gelegene Paare von Seitenorganen charakte- ristisch sind. Es ist ein Fall bekannt, wo eine Befestigung der Seitenorgane an den Parapodien beschrieben wurde, und zwar bei M. calycotyle Graff (1884, S. 42, Taf. III, Fig. 24—26). Ich teile indessen durchaus den von Wheeler (1896) ausgesprochenen Zweifel bezüglich der Be- deutung dieser Organe als Seitenorgane, und vermute, daß dieselben vielmehr den >> ventral cirri« bei M. circinatum Wheeler (1896, 8. 286) homolog sind. Die Anordnung und vor allem die Überein- stimmung der Zahl von Seitenorganen mit der Zahl der Parapodien bei Protomyzostomum weist darauf hin, daß sich hier ursprüngliche Züge des Baues erhalten haben, daß hier die Eigentümlichkeiten des Baues ihrer polychäten Vorfahren besser fixiert sind, als dies bei Myzo- stomum der Fall ist. Das Vorhandensein von fünf Paaren von Seitenorganen bei Proto- myzostomum bewahrt uns auch vor der gewagten Vermutung, daß der Penis ein abgeändertes Seitenorgan darstellt (Wheeler 1896, S. 285), oder daß der Penis sich aus einem Parapodium gebildet habe (Bou- lenger 1911, S. 350 — 351), eine Annahme, die der Autor selbst nicht zu verteidigen wagt. Es ist dies dieses selbe fünfte Paar von Seitenorganen, welches Stummer (1903, S. 565) bei der Vergleichung von Myzostomum mit den Polychaeta finden wollte. Auch in bezug auf ihren Bau unterscheiden sich die Seitenorgane von Protomyzostomum ebenso beträchtlich von denjenigen bei Myzo- stomum. Nicht eine einzige Art dieser letzteren Gattung besitzt ein so kompliziert gebautes Seitenorgan. Wir haben hier einen äußeren Kanal und eine mehr oder weniger umfangreiche Höhlung des Organes. Niemals können wir in demselben drei Abschnitte unterscheiden, wie dies bei Protomyzostomum der Fall ist. Die beste Beschreibung des histologischen Baues des Seitenorganes verdanken wir Stummer (1903, S. 553 — 565) für M. asteriae. Hier wird die Wandung des erweiterten Teiles durch große »drüsenähnliche Zellen« gebildet (Taf. XXXVII, Fig. 4 Sz), welche wir mit den Zellen des inneren Kanales vergleichen köimen, den ganzeii Teil selbst dagegen mit dem inneren Kanal bei Protomyzostomum. Es ist dies die einzige Art der Gattung Myzostomum., wo der Bau des Seitenorganes den entsprechenden Verhältnissen bei Protomyzostomum sehr ähnlich ist. Die Beschreibungen dieser Organe sind bei den einzelnen Autoren sehr verschieden gehalten und stimmen nicht miteinander überein. Wimpern sind in den Seitenorganen nicht 654 ^- Fcdotov, ein einziges Mal mit Sicherlieit beschrieben worden. Wenn auch die großen Zellen des Seitenorganes bei Myzostomum bezüglich ihrer Natur Widersprüche hervorgerufen haben, so unterliegt der drüsige Charakter der Zellen des mittleren Abschnittes bei Protoniyzostomum doch wohl kaum einem Zweifel. Bei keiner einzigen Art der Gattung Myzostomum ist eine so komplizierte Muskulatur beschrieben worden, wie bei unserm Wurm. Gewöhnlich wird nur ein Sphinkter und ein Retractor beschrie- ben (Stummer 1903, Nansen 1885, Wheeler 1896), oder auch ein Dik- tator (Nansen 1885, S. 75 — 76). Dabei ist jene bei Myzostomum aus dorsoventralen Muskeln um das Seitenorgan gebildete Muskelkapsel (Stummer 1903) bei Protomyzostomum nicht vorhanden. Bekanntlich treten die Seitenorgane von Myzostomum , welche mit den Seitenorganen der Capitelliden verglichen werden (Wheeler 1896), meistens in Gestalt äußerlich deutlich bemerkbarer, runder oder ovaler, an der Ventralseite des Tieres gelegener Saugnäpfe auf. Es wurde ihnen die Rolle von Befestigungsorganen zugeschrieben, woher auch der Ausdruck »Saugnäpfe << stammt (Gräfe 1877). Ihre Ausmündung führt in eine Höhle, welche durch kleine, schmale Lumina zwischen den Wandungen des Organes vertreten sein kann. Die Gestalt desselben kann auf Schnitten birnförmig oder sphärisch sein (Wheeler 1896). Seltener trifft man solche Organe an (M. platypus), deren Boden konvex ist, so daß keine Höhlung in demselben vorhanden ist und dann er- innert ein solches Organ ganz besonders an die Seitenorgane der Poly- chäten (Wheeler 1896). Der innere Bau des Organes hat in den Be- schreibungen durch die einzelnen Autoren stets Widersprüche hervor- gerufen und gibt keine Antwort auf die Frage nach der Bedeutung dieser Gebilde. Die bisher beschriebenen Myzostomum-Arten könnten auf Grund der Eigenschaften ihrer Seitenorgane in zwei Gruppen eingeteilt werden. Zur ersten Gruppe gehört die Mehrzahl der ectoparasitischen Arten, sowie etwa ein Drittel der in Cysten lebenden Arten (86 Arten), welche vier Paare von Seitenorganen besitzen (zwischen den Para- podien und auf der Ventralseite). Sie haben das Aussehen von runden oder ovalen Saugnäpfen. Der innere Bau ist bei den einzelnen Arten ein verschiedener, und weist eine nur geringe histologische Differen- zierung auf. Diese Organe funktionieren offenbar öfters mechanisch als Befestigungsorgane. Zugunsten ihrer drüsigen Natur liegen eben- sowenig Angaben vor, wie für eine sensible. Die Vertreter der zweiten Gruppe, welche zum Teil von ecto- parasitischen freilebenden, zum Teil von in Cysten lebenden Formen Die Anatmnic von l'cotuaiyzo.stonmm pDlyncphris Fcdutüv. 655 gebildet wird, besitzen reduzierte oder gar keine Seitenorgane (16 Arten besitzen keine Seitenorgane, davon leben sieben in Cysten). Sind die Seitenorgane Organe der Befestigung, so wird es verständlieh, daß sie sich bei solchen unbeweglich lebenden Formen auf dem Wege der Rückbildung befinden oder ganz fehlen, wie z. B. bei den in den Armen der Crinoideen in Cysten lebenden Arten. Die Bedeutung von drüsigen oder von Sinnesorganen haben sie bereits eingebüßt. Die entoparasitische Form Protomijzostomum besitzt fünf Paare von Seitenorganen von deutlich ausgesprochenem drüsigen Charakter. Die hochausgebildete anatomische und histologische Differen- zierung weist auf einen tätigen Zustand des Organes hin. Es ist dies wahrscheinlich durch die entoparasitische Lebensweise bedingt, was auch durch M. asteriae bestätigt wird. Letztere Art bildet einen Über- gang zwischen Protomijzostomum und den übrigen Myzostomum- Arten auf Grund des Charakters und der Zahl der Seitenorgane. Wie bereits erwähnt worden ist, besitzt die genannte Art vier paarige und ein fünftes unpaares Seitenorgan. Der Verfasser hält dieses letztere auf Grund seiner Innervation für paariger Abstammung. Der Bau der Seitenorgane des Entoparasiten aus der Leibeshöhle des Seesternes Tosia leptoceramus (Wheeler 1904) ist uns leider nicht bekannt. M. pulvinar, welches zw^ar ein Entoparasit ist, gehört auf Grund des Baues der Seitenorgane, wie auch seiner andern anatomischen Eigenschaften doch zu der zweiten Gruppe. Allein seine Existenzbe- dingungen unterscheiden sich dadurch von denen der ersten drei Arten, daß dieser Parasit in dem vorderen Abschnitte des Darmes von Antedon phalangium lebt (Prouho, 1892) ; hierzu kommt, daß M. pulvitiar erst kürzlich zu einem Entoparasiten geworden ist, weshalb seine Organisa- tion sich noch nichtstark verändern konnte. Wir wissen, daß Graff (1884, S. 42), welcher diese Art entdeckte, dieselbe auf dem Peristom von A. phalangium, d. h. als einen Ectoparasiten, gefunden hat. Die Zahl der Seitenorgane, ilire Anordnung und ihre Lmervation durch einen Ast des Parapodiumnerven, nicht aber durch einen selbstän- digen Nerv, wie dies bei Myzostomum der Fall ist (Stummer 1903; Nansen 1887), tragen demnach bei Protomijzostomum einen ursprüng- licheren Charakter, als bei Myzostomum. Bei letzterem ist sowohl die Zahl, wie auch die Anordnung der Seitenorgane sekundär verändert. Gleichzeitig stehen die Seitenorgane von Myzostomum in Bezug auf ihren Bau denjenigen der Capitellidae näher (Eisig 1887) als diejenigen von Protomyzostomum, w^as wahrscheinlich auf die ento- parasitische Lebensweise dieser letzteren Gattung zurückzuführen ist. 656 D. Fedotov, Der Diirmkauiil. Der Darmkanal verläuft median durch die gesamte Länge des Körpers (Textfig. 1). Der Mund mündet an dem Kande des vorderen Körperendes nach außen (Taf . XIX, Fig. 3 a, m), die Cloacalöffnung befindet sich an dem Gipfel des Cloacalkegels (Taf. XIX, Fig. 13 kl.o). Der Darmkanal besteht aus der Mundhöhle (Taf. XX, Fig. 10 mh), dem Schlund oder Pharynx, dem mittleren Abschnitt oder Magen mit lateralen Verästelungen, dem kurzen Kectum und der Cloake (Taf. XX, Fig. 1; Taf. XIX, Fig. 12, 13). Die am Grunde einer runden Ein- senkung (Taf. XX, Fig. 10 m.g) am Rande des Körpers ausmündende Mundöffnung (m.o) führt in eine geräumige Höhle (mJi.). Letztere ist mit der Epidermis der Körperoberfläche ausgekleidet, während ihr Boden von dem vorderen Teil des Schlundes gebildet wird. Die Mund- öffnung (Taf. XXI, Fig. 11 m.o) ist mit einem kräftigen Sphinkter (sph.m) und radial von demselben auslaufenden Bündeln von Musculi dilatatores versehen {dl.m). Unter den Epithelzellen der Mundhöhle und der Einsenkung werden die oben beschriebenen Drüsenzellen angetroffen (Taf. XXI, Fig. 11 hdrz). Das vordere Ende des Schlundes ist von einem Ring großer Drüsenzellen (etwa 146 // Länge) (Speichel- drüsenzellen Stummers) eingeschlossen (Taf. XXI, Fig. 11 sp.dr). Diese mit ihren erweiterten basalen Enden nach vorn, radial nach den Seiten sowie nach hinten gerichteten Enden treten mit ihren schmalen distalen Enden an dem Schlünde zusammen und münden in den erweiter- ten Teil der Mundhöhle (Taf. XX, Fig. 10). Diese Zellen sind von langgestreckt birnförmiger Gestalt (Taf. XIX, Fig. 11) und beträcht- licher Größe; ihr erweitertes Ende enthält einen großen ovalen Kern mit scharf ausgesprochener Hülle und ein oder zwei Nucleolen und einer unregelmäßig gelappten Chromatinmasse, welche bei Färbung mit HEiDENHAiNschem Hämatoxylin und Nachfärbung mit Eosin einen bräunlichen Ton annimmt. Die Anzahl dieser Drüsenzellen ist bei verschiedenen Individuen beträchtlichen Schwankungen unterworfen; bisweilen findet man ihrer über 200 auf einem einzigen Querschnitt (Taf. XXI, Fig. 11 sp.dr). Der Schlund stellt eine in der Verticalebene etwas gekrümmte Röhre dar (Textfig. 2 ph.). Sein vorderes Ende ist erweitert (Taf. XIX, Fig. 12 ph.), während er nach hinten zu schmäler wird. Sein Lumen ist, namentlich in den hinteren zwei Dritteln seines Verlaufes, seitlich stark komprimiert (Taf. XX, Fig. 8). Die Wand des Schlundes besteht (Taf. XX, Fig. 8 iv.ph.) aus einer Die Anatoinii' von rrotDinyzostoinum itolynephris Ft-dotov. 657 bindegewebigen (Inindsiibstanz mit ziciulich .starker Muskulatur und dem sein Lumen auskleidenden Epithel. Die Epithelzellen .sind in dem vorderen, in die Mundhöhle herein- rasenden Teil des Schlundes höher als in dem Lumen des Schlundes (Taf. XX, Fig. 10 cp.pJi.). Sie sind durch eine Membrana basilaris (Taf. XX, Fig. 8 mb.) von der Schlundwandung geschieden. Das Epithel des den Boden der Mundhöhle bildenden Teiles des Schlundes besteht aus hohen Zellen, welche mit verhältnismäßig kurzen Wimpern besetzt sind; diese Wimpern fehlen in dem verengerten Lumen des Schlundes. Für gewöhnlich bleiben die Wimpern nicht erhalten und ich habe dieselben nur auf wenigen Präparaten sehen können. Auf dem Epithel des Schlundlumens dagegen habe ich in keinem einzigen Falle Wimpern finden können (Taf. XIX, Fig. 15, 16 ep.ph.), wobei die Zellen hier bedeutend niedriger sind als die oben erwähnten. Die Zellen haben eine unregelmäßig prismatische Gestalt, sie sind stark zusannnengedrückt und zwischen ihnen verlaufen Muskelfasern (Taf. XIX, Fig. 16 m.f). wovon weiter unten die Rede sein wird. Infolge der Kontraktion der Muskeln wird die Gestalt der Zellen beim Fixieren stark verändert und kann nur dadurch festgestellt werden, daß man die Quer- und Längsschnitte durch epitheliale Flächenschnitte ergänzt. Auf diesen ist die prismatische, unregelmäßig vieleckige Gestalt der Zellen deutlich zu erkennen (Taf. XIX, Fig. 17 ep.ph). In der Wandung des Schlundes können wir radial verlaufende Muskeln (Taf. XIX, Fig. 8 rd.m) und eine äußere Ringmuskelschicht (a.r) unterscheiden, wobei diese Muskeln an einigen Stellen in das Innere der Wandung eindringen und bis zu dem Epithel des Lumens verlaufen. Unmittelbar unter dem Epithel liegen die Bündel der inneren Ringmuskeln (Taf. XX, Fig. 8 i.r), welche indessen keinen ununter- brochenen Ring bilden. Der Schlund liegt im Parenchym, von welchem er durch eine wellenförmige Membrana basilaris (Taf. XX, Fig. 8 mb) getrennt ist. Mit seinem vorderen Ende stößt er, wie schon oben erwähnt worden ist, auf den Boden der Mundhöhle, während er sein hinteres Ende in den Magen, oder richtiger gesagt, in den Mitteldarm vorstülpt (Taf. XXI, Fig. 15 ph) und in diesen ausmündet (Taf. XIX, Fig. 12 ph.). Die Muskulatur, welche die Bewegung des Schlundes besorgt, besteht aus Protractoren und Retractoren (Taf. XX, Fig. 8 r.ph.). Von dem vorderen Körperende aus verlaufen an dem erweiterten vorderen Drittel des Schlundes inserierende Muskelbündel, die Musculi 658 D. Fedotov, protractores. In den das Nervensystem begleitenden mächtigen Längs- muskeln differenzieren sich Muskelbündel, welche in das Innere der Schlundwandung bis an das Epithel hineindringen und als Retractoren fungieren. Obgleich Protomyzostomum keinen Rüssel besitzt, so gestatten das Vorhandensein einer geräumigen Mundhöhle, sowie die Fähigkeit des den Schlund einschließenden Parenchyms sich zu kontrahieren, dem Schlünde dennoch sich etwas nach vorn zu strecken oder sich nach hinten in das Lumen des Mitteldarmes vorzustülpen (Taf . XIX, Fig. 12 ph). In diesem Falle kann es vorkommen, daß letzterer fast die Hälfte des Schlundrohres wie ein Futteral umfaßt. Die Schlundmuskulatur steht in sehr naher und unmittelbarer Beziehung zum Schlundepithel. Dünne Muskelfasern dringen, nament- lich von den radiär verlaufenden Muskeln und, wie mir scheint, von den Pro- und Retractores ausgehend, durch die Membrana basilaris zwischen die Epithelzellen ein und endigen in Gestalt dünner Verzweigungen an der oberen Grenze der Zellen (Taf. XIX, Fig. 15, 16 ?nf). Diese Verhältnisse erinnern an die Beziehungen der Muskeln zu den Schalen- zellen bei Anodonta mutabilis (Schneider 1902, S. 544, Fig. 461). Dank dem Umstände, daß die Epithelzellen eine unregelmäßig vieleckige Gestalt besitzen und dicht an einander liegen, erhält man auf Schnitten oft den Eindruck, als ob das Muskelfäserchen an die Ober- fläche einer Epithelzelle tritt und dort eine Verdickung bildet. Die so erhaltenen Bilder erinnern einigermaßen an die von Nansen (1885) im Schlundepithel von Myzostomum graffi beschriebenen langgestreckten sensiblen Zellen, welche ich bei Protomyzostomum nicht gefunden habe. Der mittlere Abschnitt des Darmes ist der längste (Taf. XX, Fig. 1 mgd) und gibt die Hauptäste ab, deren Zahl 8, 10, 11, 13 beträgt; am häufigsten trifft man zehn Astepaare an (Taf. XX, Fig. 1 hda; Taf. XIX, Fig. 12, 13). Offenbar verändert sich die Zahl der Seiten- äste des Darmes mit dem Alter des Tieres. Die geringste Anzahl von Asten habe ich bei älteren Individuen angetroffen, bei denen ein großer Teil des Körpers mit in der Entwicklung begriffenen Eiern angefüllt ist (Taf. XXI, Fig. 15 ei). In der Reihenfolge der Abzweigung und in dem Entwicklungsgrad der Hauptäste ist keine Symmetrie zu bemerken (Taf. XX, Fig. 1 hda). Die Hauptäste geben eine Menge von Neben- ästen ab, deren feinere Verzweigungen bis an den Rand des Körpers unter das Epithel seiner Oberfläche herantreten. Bei jüngeren Indivi- duen nehmen die Verästelungen des Darmes den größten Teil des Körpers ein (Taf. XX, Fig. 11 da). Seinem Bau nach unterscheidet Dil' AnatDiiiic von I'rotomyzostomimi i>olynoi)hris Fcdotov. 659 sich das mediane Kohr einigermaßen von den Seitenästen. Sein Epithel besteht aus hohen schmalen Zellen (TaL XX, Fig. 13 ep.d), deren dista- les Ende etwas erweitert ist. An dem verschmälerten basalen Ende, dicht an der Basis der Zelle, liegen kleine ovale Kerne. Die Zellen liegen auf der Membrana basilaris , an welche sich die Ring- und Längs- muskeln anlegen, in deren Anordnung keine Regelmäßigkeit zu be- merken ist. Das mediane Rohr wird, wie dies auch bei Myzostomum beobachtet wurde, wie mit einem Überzug von Bindegewebe (Taf. XX, Fig. 12, 13 hd.d) umgeben, in welchem auch Muskelfasern anzutreffen sind. Dies zum Teil auch auf die Hauptäste des Darmes übergehende Parenchym, zeigt einige Unterschiede von dem Parenchym des übrigen Körpers. Bei Färbung mit WEiGERTschem Hämatoxylin (nach van Gieson) tritt es durch seine bräunlich-gelbliche Färbung hervor; bei Färbung mit Eisenhämatoxylin und Nachfärbung mit Eosin nimmt es eine ziemlich stark ausgesprochene rosa Färbung an. Dieses Par- enchym fehlt auf den Wandungen der Seitenäste des Darmes, welche von der Leibeshöhle durch flache Zellen mit kleinen Kernen abgegrenzt und in der Art eines Pseudoepithels (Stummer 1903) bekleidet werden. Die Seitenastwände bestehen aus einem Epithel mit Grenzmem- bran und Muskelfasern. Die Epithelzellen der Darmseitenäste sind beträchtlich niedriger und breiter als diejenigen des medianen Darm- rohres. Im allgemeinen hängt ihre Breite und Höhe natürlich davon ab, ob Nahrung in dem Darm enthalten ist, oder nicht. Die Kerne der Zellen sind von fast regelmäßig runder Gestalt und basal an- geordnet. Von außen schheßen sich Ring- oder Längsmuskelfasern an die Grenzmembran an, welche sich längs den Wandungen der Seiten- äste hinziehen. Sie sind so dünn und so spärlich angeordnet, daß sie nur bei Färbung mit HEiDENHAiNschem Eisenhämatoxylin sichtbar werden. Im Darm fand ich Reste von Eiern und Spermatozoen von Gor- gonocephalus. Bei der Sektion von Protomyzostomum-Indwiduen, welche etwa zwei Monate hindurch in 70%igen Alkohol gelegen hatten, traten aus dem Darme große orangegelb gefärbte Fetttropfen hervor, die augenscheinlich aus den Eiern des Gorgonocephalus herstammten. In den hinteren Abschnitt des Mitteldarmes, welcher keine Seitenäste mehr entsendet, ragt, seine Wandungen noch vorn vorstülpend, das Rectum in Gestalt eines kurzen Rohres (von 350 — 100 // Länge) herein, das gleich darauf in die Cloake übergeht (Taf. XIX, Fig. 14 r). Die Cloake besitzt die Gestalt eines Rohres mit beträchtlich er- weitertem Vorderende (Taf. XIX, Fig. 13; Taf. XX, Fig.l kl), welches Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 44 660 D- Fedotov, allmählicli schmäler werdend, unterhalb des Uterus nach hinten ver- läuft und nach der dorsalen Oberfläche ansteigend, vermittels einer kleinen Öffnung am Gipfel des Cloacalkegels nach außen mündet (Text- fig. 2 klo.). Nur selten sind die Wandungen der Cloake ganz glatt (Taf.XXII, ¥ig. 3 kl). Meist entspringen von ihrer unteren und den lateralen Wandungen eine Reihe von Vorsprüngen, oder aber ihre Wandungen bilden Falten (Taf. XX, Fig. 9 M). Diese mit ihren blindgeschlossenen Enden nach vorn oder nach hinten gerichteten Auswüchse zerfallen nicht selten in eine Reihe kleinerer Höhlungen, welche sich in dem die Cloake umgebendem Parenchym verlie- ren. Die Länge und das Lumen der Vorsprünge sind außerordentlich mannigfaltig. Nicht selten sind sie nur wenig schmäler als das Lumen der Cloake selbst. Von besonders beträchtlicher Größe sind die Aus- wüchse, die von den lateralen Cloakenwandungen ausgehen, in welche die Nephridien einmünden (Taf. XX, Fig. 14 a.kl.). Neben solchen finden sich auch, wie dies schon weiter oben erwähnt wurde, Exemplare mit einer Cloake ohne Auswüchse und es gibt allmähliche Übergänge von einer nur geringen bis zu einer außerordentlich großen Anzahl von Auswüchsen. Das hintere, schmale Ende der Cloake besitzt gewöhn- lich keine Auswüchse oder Falten und hat die Gestalt eines runden Rohres mit glatten Wandungen. Die Cloakenwandungen bestehen aus Flimmerepithel (Taf. XIX, Fig. 14 epM.) und Muskelfasern (Taf. XX, Fig. 9 r.M). Die Epithel- zellen sind lang und sehr schmal. Ihre langgestreckten Kerne sind basal angeordnet. Das distale Ende der Zelle trägt eine lange Geißel, welche nicht selten die Zelle selbst an Länge übertrifft und aus mit- einander verklebten Wimpern besteht. Das Lumen der Zelle ist wegen der Höhe der Zellen und der Länge ihrer Geißeln nur unbedeutend (Taf. XX, Fig. 9 M.). Die Geißeln der benachbarten Zellen verkleben miteinander und bilden gleichsam Zotten, welche in das Lumen der Cloake hereinragen. Das Protoplasma der Epithelzellen ist stark vacuolisiert und färbt sich ziemlich schwach; die Geißeln dagegen werden, besonders von HEiDENHAiNschem Hämatoxylin, sehr intensiv gefärbt. Die Zellen der Cloake sind meist sehr schlecht erhalten, obgleich verschiedene Fixierungsmethoden angewendet wurden. Die Cloaken- wandung wird durch kräftige Ringmuskeln gebildet (Taf. XX, Fig. 9 rM; Taf. XXI, Fig. 19 r.H), denen sich einige Längsfasern {l.kl) anschließen, und zwar namentlich am Hinterende der Cloake. Was den Bau des sogenannten Rectums betrifft, welches genau genommen einen Teil der bis zu den Nephridien von dem Mitteldarm Die Aiiatoinic von Protoinv/Dstoiniiin ])()lyiicpliris Fedotov. 661 umgebenen Cloake ausmacht, so entsteht sein Epithel aus dem Epithel der Cloake (Taf. XIX, Fig. 14 r), wobei die Zellen dieser letzteren bei ihrem Eintritt in das Rectum immer niedriger werden und ihre Wimpern nach vorn gerichtet sind. Im Epithel des Rectums sind die Wimpern nur schwach entwickelt, während die Basalkörper meist gut zu sehen sind. Die Cloake ist nebst dem »Uterus << in einen dicken parenchymatösen Überzug eingeschlossen (Taf. XX, Fig. 9, 14 bd.u), in dem nachstehende Muskeln unterschieden werden können. Die Hauptmasse des Futterals bilden Ringmuskelfasern; Längsfasern verlaufen von den ringförmigen Fasern nach innen und nach außen und zwischen ihnen befindet sich ein System sich kreuzender Muskeln. Nicht selten bilden die Ringmus- keln die Grenze des parenchymatösen Überzuges gegen das Parenchym des Körpers. Bei der Präparation löst sich die Cloake, dank diesem Futteral, stets zusammen mit dem Uterus ab. Die Färbung des Darm- kanales des lebenden Wurmes ist folgende: der Schlund ist weißlich, der mittlere Teil des Darmrohres und die Wurzeln der Hauptäste weiß, die Verzweigungen orangegelb und die Cloake rötlich-orangegelb gefärbt. Die Unterschiede, welche zwischen Protomyzostomum und Myzo- stomum in bezug auf ihren Darmkanal bestehen, sind folgende. Die für die meisten Myzostomum- Arten charakteristische ventrale Lage der Mund- und Cloacalöffnung. Es sind nur w^enige Ausnahmen be- kannt, wo dieselben terminal gelegen sind, und zwar bei M. injlator Graff (Graff 1883, 1884, 1887), M. murrayi Graff (1883, 1884, 1887), M. ■pentacrini Graff (1884), M. willemoesii, Graff (1887), 31. cysticolum Graff (1883, 1884, 1887) (Mc.Clendon 1906), M. clarki (Mc.Clendon 1906). Protomyzostomum besitzt weder Papillen des Mundrandes, noch Rüsselpapillen, wie sie bei den Vertretern der Gattung Myzo- stomum häufig angetroffen werden. Unsrer Gattung fehlt eine für Myzostomum charakteristische Bildung, und zwar der Rüssel nebst Rüsselscheide. Ersterer besteht aus Wimperepithel, Bindegewebe und Muskelfasern, und dem Bulbus musculosus (Graff 1877, Nansen 1885), er ist in eine Scheide eingeschlossen und besitzt eine große Beweglich- keit. Allein schon bei 31. asteriae bemerken wir eine starke Rückbildung des Rüssels. Protomyzostomum besitzt weder einen Rüssel, noch eine Rüsselscheide; als Erinnerung an diese Gebilde ist nur die geräumige Mundhöhle zurückgeblieben, welche als ein Überrest der Scheide an- gesehen werden könnte. Der nmskulöse Schlund liegt unmittelbar im Parenchym, ähnlich wie wir dies bei den Trematoden sehen. 4i* 662 D. Fedotov, Unter den Myzostomiden besitzt nur M. asteriae (Stummer 1903) einzellige Drüsen, welche in den hinteren Abschnitt der Rüsseltasche einmünden und die man mit den oben beschriebenen Drüsen von Protomyzostomum vergleichen könnte. Der Bulbus musculosus von Myzostomum besitzt nur eine Ring- schicht und regelmäßig angeordnete Bündel radialer Fasern; bei Proto- myzostomum haben wir zwei Schichten von Ringmuskelfasern und die radiären Fasern ^ind hier nicht so regelmäßig angeordnet, wie Graff (1877) dies abbildet. Für Myzostomum ist ein Eindringen von Muskelfasern zwischen die Epithelzellen nicht vermerkt worden, wie es bei Protomyzostotnum nachgewiesen worden ist. Dafür habe ich, wie schon oben bemerkt, unter den Epithelzellen dieser letzteren Gattung die von Nansen (1885) im Bulbus musculosus von Myzostomum beschriebenen langgestreckten Sinneszellen nicht antreffen können. Die bei Myzostomum zwischen dem Bulbus musculosus und dem Magen vorhandene Klappe sowie ein Oesophagus fehlen bei Proto- myzostomum. Der Mitteldarm (Magen) ist bei Protomyzostomum stark in die Länge gestreckt und macht den größten Teil des Darmkanals aus, während er bei Myzostomum kurz ist. Die Seitenäste des Darmes sind bei Myzostomum meist in der Zahl von zwei bis drei Paaren, selten bis zu fünf Paaren M. elegmis (Graff, 1877, 1883, 1884, 1887); M. rotundatum (Graff, 1883, 1884, 1887) vorhanden. Der Charakter des Darmkanales von Protomyzostomum erinnert stark an die Verhältnisse bei Spinther, wie sie von Graff (1888) ab- gebildet worden sind. In den Wandungen des medianen Rohres von Myzostomum findet sich nur Ringmuskulatur (Stummer 1903, Graff 1877,) zu welcher Nansen (1885) noch eine radiale Muskulatur (Dilatatores) beschrieben hat. Nur für M. cysticolum Graff hat Stummer kürzlich (1908) eine äußere ringförmige und eine innere längsgerichtete Muslmlatur be- schrieben, d. h. solche Verhältnisse, wie wir sie bei Protomyzostomum kennen gelernt haben. Die Unterschiede im Charakter der Epithelzellen auf der dorsalen und ventralen Seite der Seitenäste, wie sie von den meisten Autoren für Myzostomum vermerkt worden sind, habe ich bei Protomyzostomum nicht finden können. Ebenso fehlt hier jene Übereinstimmung in der Abzweigung der Darmäste und der Verästelungen der Leibeshöhle, wie sie für Myzostomum (z. B. für M. asteriae, Stummer 1903) be- Die Anatoink' von l'rotoinyzostoimiin [lolyiu'phris J'Vdotov. G03 schrieben worden ist. Für keinen einzigen Vertreter der Gattung Myzostomum ist die Bildung von Auswüchsen an der Cloake beschrieben worden, welche au die oben geschilderten erinnern würden. Ebenso fehlt hier die Anhäufung von Hautdrüsen in der Nähe der Cloacal- öffnung, wie sie weiter oben erwähnt worden ist. Leibeshöhle iiud Geschlechtsorgane. Der mediane Teil der Leibeshöhle oder des »Uterus «, wie er von den Autoren bei Myzostomum bezeichnet worden ist, erstreckt sich in Gestalt eines Rohres längs der Dorsalseite des Körpers, in dessen Mitte, über dem Darmkanal; vermittels seiner seitlichen Fortsätze steht er in Verbindung mit den geräumigen Bezirken der Leibeshöhle, welche den Raum zwischen dem Darm und dem Parenchym ausfüllen. Dieser mediane Teil tritt schon über der hinteren Hälfte des Schlundes auf (Textfig. 2 ut), während die Verzweigungen der Leibeshöhle sich bis an das vorderste Körperende des Tieres erstrecken. Diese anfangs schmale Höhle nimmt nach hinten an Breite und Höhe zu. Von unten wird sie durch den Darm begrenzt und gibt seitlich unsynunetrisch von beiden Seiten auslaufende Seitenäste ab. Deutlich ausgesprochene eigne Wandungen erhält sie annähernd in den hinteren zwei Dritteln oder der hinteren Hälfte. Hier bestehen seine Wandungen aus einem ziemlich hohen Epithel (Taf . XXII, Fig. 2 ep.ut), welches häufig an der oberen Seite niedriger ist (Taf. XXII, Fig. 1 ep.ut), einer Membrana basilaris (Taf. XXII, Fig. 12 m.h) und kräftigen Muskelfasern (Taf. XX, Fig. 9 m.ut), zwischen welche sich das Parenchym erstreckt. Dieser Teil der Leibeshöhle, oder des »Uterus«, steht von dem Darme ab, welcher bis dahin seine untere Wandung dargestellt hat (Taf. XX, Fig. 13 ut). Er steigt etwas zur Dorsalseite an und zwischen ihm und dem Darm liegt eine Parenchymschicht, welche auf der Höhe der Nephridien ihre größte Mächtigkeit erreicht (Taf. XX, Fig. 14 ut). Auf der Höhe des vorderen Cloacalabschnittes zw^eigen die Nephridien nach unten zu von ihm ab (Taf. XXI, Fig. 14 neph.). Das bisher breite und hohe Lumen des »Uterus« beginnt jetzt beträchtlich kleiner zu werden und die Wandungen des »Uterus« werden flach. Der im Querschnitt viereckige (Taf. XXII, Fig. 2 ut) »Uterus« nimmt oft eine halbmondförmige Gestalt an (Taf. XX, Fig. 9 ut), indem er die Cloake von oben umfaßt. AVeiter nach hinten nimmt der halbmondförmige »Uterus« die Gestalt eines engen Rohres an, welches der Cloake dicht anliegt, so daß seine untere Seiten ein- 064 I>- Fedotov, gedrückt werden (Taf. XXII, Fig. 1 ut.). Nicht weit von der Cloacal- öffnung mündet der »Uterus« in die obere Cloakenwandung (Text- fig. 2 ut.o.). In seinem hinteren Abschnitt hegt der »Uterus« der Cloake nicht nur dicht an, sondern er erhält von ihr auch seine Ringmuskulatur (Taf. XXII, Fig. 1 r.M). GewöhnUch sind die Epithelzellen der oberen Uteruswand weniger hoch als die Zellen der unteren Wandung. Wimpern habe ich nicht finden können, allein die basalen Körperchen bleiben nicht selten erhalten. Die mächtigen muskulösen Wandungen bestehen hauptsächlich aus Ringmuskeln (Taf. XXI, Fig. 14; Taf. XXII, Fig. 2 rm.ut). Nur an den Ecken des »Uterus« kann man Muskelfasern antreffen, welche eine Längsrichtung aufweisen (Taf. XX, Fig. 9 m.ut). Ein großer Teil der Verzweigungen geht von den vorderen zwei Dritteln des »Uterus« ab. Hinter den Nephridien bildet der »Uterus« keine Verzweigungen mehr. Die Zahl der Seitenäste variiert in Ab- hängigkeit von dem Alter des Tiefes: bei größeren Individuen ist ihre Zahl eine größere. Ihre Zahl und Anordnung zu beiden Seiten ein und desselben Individuums weist keine Symmetrie auf, indem sie augen- scheinlich infolge des Druckes der heranreifenden Eier gebildet werden. In einigen Fällen begleiten sie die Seitenäste des Darmes (Taf. XXII, Fig. 11 v.ut.), in andern verlaufen sie unabhängig von diesen. Ihre Zahl beträgt 8 — 9, 11 — 17, 18 — 17. An lebenden Exemplaren sind die Umrisse der Leibeshöhle mit ihren Verzweigungen deutlich zu sehen, und zwar infolge der Menge der in ihren enthaltenen blaß-rosa gefärbten Eier (Taf. XX, Fig. 13 ei; Taf. XXII, Fig. 3 ei), welche an der dorsalen Oberfläche durchschimmern. Durch die Eier wird auch die Felderung der Rückenfläche bei fixierten Exemplaren hervorge- rufen. Die Umrisse des »Uterus« treten auf dem hinteren Drittel des Körpers hervor (Taf. XIX, Fig. 3 a). Die Gestaltung des Lumens und namentlich der Charakter der Wandungen des hinteren Uterusdrittels sind sehr mannigfaltig. Ich will hier einige Beispiele anführen, welche beweisen, daß die Entwicklung des »Uterus« bei verschiedenen Individuen durchaus nicht in gleicher Weise verläuft. Bei einem Exemplare sehen wir, wie breite, abgeplattete Fortsätze hinter den Nephridien von den Wandungen des »Uterus« abzweigen, welche mit ihren blindgeschlossenen Enden nach vorn ge- richtet sind. Es zweigen auch Auswüchse in Gestalt enger Rohre ab, welche an beiden Enden mit dem »Uterus « in Verbindung stehen. Stellen- weise geht von der inneren Wandung des »Uterus« in dessen Höhlung ein kleiner kompakter Fortsatz aus, welcher walzenförmig in die Uterus- Dio Aiialomii' vun J'iotomyzostoinum [xilyiK'pln'i.s Fedotov. 665 höhle vorspringt und sodann frei in die Uterushöhle hineinragt, wobei er sich von dessen Wandung entfernt, und nach der andern Wand des »Uterus« hinübergehend sich mit dieser verbindet. Hier verläuft er anfangs wiederum in Gestalt eines "Walles, um dann allmählich zu verschwinden. Es entsteht auf diese Weise eine Art schmale Zwischen- wand, welche von dem Uterusepithel, Parenchym und Muskelfasern gebildet wird. In einigen Fällen ist ein solches walzenförmiges Gebilde nicht kompakt, sondern hohl und tritt nicht auf die entgegengesetzte Seite des »Uterus« über; wir haben dann ein dünnwandiges Rohr vor uns. (Taf. XXII, Fig. 12 a, h, c). Die Bedeutung dieser Bildungen habe ich mir nicht klar machen können. Bei einem zweiten Exemplar sind solche walzenförmige Gebilde nicht vorhanden, dafür ist aber die Uterushöhle an mehreren Stellen, so z. B. auf der Höhe des I. und II. linken Nephridiums, durch eine breite Zwischenwand, welche Muskel- fasern enthält, in zwei Teile geschieden (Taf. XXII, Fig. 2 ut). Die Wandungen des hinteren Uterusabschnittes bilden symmetrische Falten. Bei einem dritten Exemplar sind die Uteruswandungen nicht faltig und gewunden, wie dies bei den zwei ersten Exemplaren der Fall war, sondern glatt. Hinter den Nephridien zweigen bald rechts, bald hnks, seitUch oder von der unteren Uteruswand, kleine zusammen- gedrückte Kanälchen ab, welche an ihren beiden Enden mit der Uterus- höhle in Verbindung stehen. Am hinteren Ende des »Uterus«, kurz vor dessen Verbindung mit der Cloake, entspringen zwei Auswüchse, welche in zw^ei runde, regel- mäßig geformte Kanäle übergehen, von denen der linke sich in Gestalt eines Siphons in einer Ausdehnung von etwa 360 a längs dem Uterus hinzieht. Rechts verläuft der Kanal in einer Ausdehnung von 50 {.i, worauf er mit der Uteruswand verschmilzt, sich auf einer Strecke von 55« von neuem von ihr trennt und dami in die Uterushöhle ein- mündet. Auf Grund des Baues ihrer Wandungen können diese Kanäle nicht als ein einfacher Abschnitt der Leibeshöhle angesehen werden, sondern zeigen vielmehr Übereinstimmung mit Nephridialröhren, wenn auch ihr Epithel nicht mit Wimpern versehen ist. Derartige Kanälchen habe ich nur bei zwei Exemplaren angetroffen. Bei einem vierten Exemplar finden sich im Uterus weder Aus- wüchse, noch walzenförmige Bildungen; seine Höhle ist an einer Stelle durch eine Zwischenwand in zwei Hälften eingeteilt (Taf. XXII, Fig. 2 ut), dafür bilden aber seine ventralen und seine lateralen Wan- dungen hinter den Nephridien starke Falten. OGG D. Fedotov, Es gibt auch iiocli andre Unterschiede, welche die Beziehungen zwischen »Uterus << und Nephridien betreffen und weiter unten be- sprochen werden sollen. Unter den von mir untersuchten Protomyzostomum kann man überhaupt mit Leichtigkeit eine Reihe Übergänge feststellen, von dem glattwandigen »Uterus« mit einfachem Lumen bis zu einem an von seinen Wandungen ausgehenden Auswüchsen, Schläuchen und walzen- förmigen Bildungen reichen »Uterus << mit stark gefältelten Wandungen, wobei das Lumen dieses letzteren Extrems stellenweise eine Zwei- teilung erfahren kann. Häufig wird die grobe Faltenbildung der Uterus- wandungen natürlich auf die Kontraktion des Tieres bei der Fixierung zurückgeführt werden können. In der Leibeshöhle (oder dem Uterus) liegen etwa an der vorderen oder der hinteren Grenze des mittleren Drittels des Körpers an der unteren Darmwandung die beiden unregelmäßig gestalteten Ovarien (Textfig. 1, 2 ofi, ov^). Wir unterscheiden ein vorderes {ov'^) und ein hinteres [ov"^) Ovarium, welche weit voneinander entfernt liegen. Sie besitzen eine langgestreckte, unregelmäßige, mehr oder weniger gelappte Gestalt und stellen, wie dies auch bei Myzostomum der Fall ist, eine Anschwellung des peritonealen Epithels dar. In meiner vorläufigen Mitteilung habe ich das Ovar irrtümlich als unpaar beschrieben. Diese Ovarien entstehen nicht als streng lokalisierte Anlage, sondern sie sind das Ergebnis der Wucherung und Verschmelzung einer unbestimmten Anzahl von Anschwellungen des Peritoneums , welche sowohl paar- weise zu beiden Seiten des Darmes (Taf . XXI, Fig. 13 ov.), wie auch unpaar an dessen oberen Wandung auftreten (Taf. XXI, Fig. 12 ov.). Mit fortschreitendem Wachstum verschmelzen diese Anschwellungen untereinander und bilden zwei Ovarien, eine Zahl, welche bei Proto- myzostomum am häufigsten beobachtet wird. Das Nichtvorhandensein einer strengen Lokalisierung der Ovarialanlagen geht daraus hervor, daß bei ein und demselben Individuum das eine Ovar paarig, das andre unpaar, und zwar auf der Mitte des Darmes liegend, vorhanden sein kann. Eine Regelmäßigkeit in der Anordnung der Ovarialanlagen ist nicht zu bemerken. Neben Individuen mit zwei Ovarien habe ich auch solche ange- troffen, welche fünf kleine Ovarien besaßen: ein erstes unpaares, me- dianes, ein zweites links vom Darm, ein paariges drittes und viertes und ein fünftes unpaares, medianes. Ein andres großes Exemplar besaß hnks fünf, rechts drei Ovarien und eine lange mediane Ovarialanlage oder Gruppen von Anschwel- Dil' Analoiiik' \on l'rotomy/.nstoiuuin |)()lyiu'i)luis l*\'dotov. 667 limgen. Mit eiiieiu Worte, die Ovarien weisen bei Protofm/zostotnum einen ditfusen Typus au£ und zeigen mehr iUmlichkeit mit denjenigen der Polychäten. Wie dies bei Myzostomum der Fall ist, so konnte ich auch hier Oogonien, größere Zellen und kleinere "accessory cells" (Wheeler 1894, S. 178) nachweisen. Augenscheinlich bilden die Oogonien auch hier mit den "accessory cells" die für Myzostomum erstmals durch AVhkklek (1890, 8.233) beschriebenen "triplet cells". Auf den Ab- bildungen {Tai. XXI, Fig. 12 u. 13) sind diese Details wegen der ge- ringen Vergrößerung nicht zu sehen. Diese Zellen reißen sich augenscheinlich ebenfalls von den Ovarien los, befestigen sich an den Wandungen der Leibeshöhle (Taf. XXI, Fig. 12 oo) und gelangen hier zur Reife, worauf sie frei in der Leibes- höhle {Ih.) umherschwimmen (Taf. XX, Fig. 13, 14; Taf. XXII, Fig. 3 ei). Bei großen Individuen erfüllen die Eier in großer Anzahl die Leibes- höhle (Taf. XXI, Fig. 15 ei), wobei sie zum Teil den Darm rein mecha- nisch zurückdrängten, während bei jüngeren Individuen der Darm einen größeren Raum eimiinnnt und die Leibeshöhle beinahe gar keine Eier enthält (Taf. XX, Fig. 11 Ih.). In dieser Beziehung habe ich die Angaben von Stummer (1908, S. 21 — 22) nicht bestätigen können, wonach bei größeren Individuen der Gattung Myzostomum der Darm eine stärkere Entwicklung auf- weist, da die Mengen der in der Entwicklung begriffenen Eier eines energischeren Stoffwechsels bedürfen. Die männlichen Geschlechtsorgane liegen beiderseits in Gestalt stark verästelter Hoden (Textfig. 1 1) an der oberen, dorsalen Körper- seite, oberhalb der weiblichen Geschlechtsorgane, wobei sie sich (Text- fig. 2 t; Taf. XXII, Fig. 4 t) auf die Epidermis stützen. Zu beiden Seiten des Körpers, über dem III. Parapodienpaare und unterhalb des III. Paares von Seitenorganen, liegen die kleinen spaltförmigeu Ausmündungen (Taf. XXI, Fig. 1 cf .0) der Geschlechtsorgane. Jede Spalte führt in einen kurzen Ductus ejaculatorius (Taf; XXII, Fig. 6 d.ej), welcher durch eine Einstülpung des Körperinteguments gebildet wird. Der Ductus geht in eine birnförmige Vesicula seminalis über (Taf. XXII, Fis. 7 V.S.), von der nach vorn und nach hinten ein vorderes und ein hinteres ziemlich breites Vas deferens ausläuft (Textfig. 1 ; Taf. XXII, Fig. 7 v.d.). Letztere verzweigen sich stark dendritisch, und bilden eine Menge von Vasa efferentia (Taf. XXII, Fig. 4 v.ef), welche ihrer- seits in die Follikel der Testes {t) übergehen. Mit einem Worte, man wii-d die männlichen Geschlechtsorgane von Protomyzostomum, von 668 D. Fedotov, deren besonderen Eigenheiten weiter unten die Rede sein wird, auf den Typus des »verzweigten Hodens« beziehen können, d. h. einen der drei von Stummer (1908) für die Myzostomum-Aiten aufgestellten Hodentypen. Der Penis ist verkümmert und besitzt die Gestalt einer durch das Körperepithel gebildeten Saugwarze (Taf . XXII, Fig. 6, 7 p); er er- scheint als eine bloße Andeutung auf einen Penis und ist häufig gar nicht zu bemerken, was mit dem Zustande der Muskeln beim Fixieren zusammenhängt. Die Hodenfollikel bestehen aus Gruppen von Keimepithel oder Spermatogonien (Taf. XXII, Fig. 5 sp.g) und einer Tunica propria (t.p). Indem die Zellen sich teilen, ergeben sie Spermatocyten I. und II. Ord- nung; andre Zellen, als die Keimzellen habe ich in den Follikeln nicht beobachtet. Schon in den basalen Abschnitten der Vasa efferentia sind die heranreifenden Spermatozoen zu Gruppen vereinigt, welche in den Waben liegen, während die Kerne der diese Waben bildenden Zellen wandständig liegen (Taf. XXII, Fig. 4 v.ef). Wenn wir zu den Vasa deferentia übergehen, finden wir in ihnen bereits echte epitheliale Wandungen mit großen hellen Kernen. Bündel von Spermatozoen liegen in den Maschen des Protoplasmas, in deren Knotenpunkten Kerne angeordnet sind. Außerdem liegen zwischen ihnen und wand- ständig Gruppen von kleinen Zellen mit kleinen dunklen Kernen. Es ist wohl möglich, daß diesen Zellen die Bedeutung von Nährzellen zukommt. Ähnliche Zellen finden sich auch bei Myzostomum, allein Stummer (1903, S. 583) hält sie hier für »degenerierte, unentwickelte Spermato- yten«. Dies ist indessen wohl kaum der Fall, indem sie sonst nicht nur vom Vas deferens angefangen, sondern auch in den kleinen Ver- ästelungen der Vasa efferentia angetroffen werden müßten, was ich nicht feststellen konnte. Außerdem sind ihre Kerne bedeutend kleiner als die Kerne der Spermatocyten. Die Hauptäste der Vasa deferentia besitzen in ihrer Wandung außer dem eignen Epithel auch noch Muskel- fasern, welche in der Längs- und Querrichtung des Ganges verlaufen. Ihr Epithel wird in der Nähe der Vesicula seminalis höher und die Zahl der oben erwähnten Zellen zwischen den Spermatozoengruppen wächst an. Es muß hier bemerkt werden, daß in den feineren Verästelungen des Ganges, so z. B. in den Vasa efferentia, ein eigentliches Lumen fehlt. Es sind dies eher Teile des Hodens, welche aber funktionell als ausführende Gänge tätig sind. Man wird sich vorstellen können, daß Die Auutüinic von rrotoinyzostoimiin iHjlyiiciiliris Fedotov. 669 die Spermatozoeu bei fortschreitender Entwicklung und Teilung der »Sperniatügonien sich in dichter Masse fortbewegen bis sie das Lumen der Vasa deferentia erreichen. Die Vesicula seminalis besteht aus großen P^pithel/^ellen mit großen hellen Kernen, einer Membrana basi- laris und sich kreuzenden Muskelfasern, welche der Länge nach und ringförmig verlaufen. Das Plasma der Zellen der Vesicula seminalis oder deren Aus- scheidungsprodukte umfassen die 8permatozoengruppen in Gestalt eines Netzes, indem sie dieselben offenbar zu Klumpen verkleben (wie dies für Myzostomum von Semper 1858, S. 56 und Graff 1877, S. 61 bis 62 beschrieben worden ist). Durch den kurzen, von dem eingestülpten Körperepithel gebil- deten Ductus ejaculatorius (Taf. XXII, Fig. 6 d.ej) mündet die Vesicula seminalis nach außen. Ein beweglicher einstülpbarer Penis fehlt bei Protomi/zostomum, und dieser hat die Gestalt einer kleinen Saugwarze. Das Vorhandensein des Parapodiums und des Seitenorganes mit deren Muskeln oberhalb und unterhalb der Ausführgänge der männlichen Geschlechtsorgane erschwert das Auffinden der Muskulatur dieser GänjTe. Doch gelingt es Muskelbündel, welche wahrscheinlich als Dilatatores und Retractores dienen, wie auch auf der Peripherie des Ausführganges verlaufende Bündel, d. h. einen Sphinkter, aufzufinden. Für gewöhnlich sind die Spermatozoenballen um ein etwas wabiges Plasma herum angeordnet (Taf. XXII, Fig. 8), in welchem w^ir, indessen bei weitem nicht immer, kleine Kerne antreffen. Diese Kerne färben sich intensiv und besitzen häufig ein unregelmäßiges zerkmttertes Aussehen (Taf. XXII, Fig. 8 k.cy). Mit einem Worte, wir haben es mit einem Gebilde zu tun, welches einem Cytophor ähnlich sieht. Bei Färbung mit DELAFiELDschem Hämatoxylin und Nachfärbung mit Eosin oder bei Färbung nach Giemsa tritt dieses Plasma sehr deutlich hervor. Seine Bildung verdanlvt es miteinander verschmolzenen Über- resten des Plasmas von Spermatocyten, wobei man zu Beginn der Streckung des Kernes und der Verwandlung der Spermatiden in Sperma- tozoen das Plasma der Zellen erkennen kann, welches sich im Centrum einer Gruppe zukünftiger Spermatozoen ansammelt. Anfangs sind auch die Grenzen der Zellen noch zu sehen, welche gegen das Ende der Spermatozoenbildung verschwinden. Setzt man voraus, daß eine der Spermatiden sich nicht in ein Spermatozoon verwandelt und in der Gruppe dieser letzteren zurückbleibt, so haben wir damit eine Er- klärimg für die Anwesenheit eines Kernes in dem von Spermatozoen umgebenen Plasma. ßYQ D. Fedotov, Die lebenden Spermatozoen sind in Seewasser unbeweglich; sie besitzen einen langen, fadenförmigen, an seinem vorderen Ende leicht zuo-espitzten Kopf (etwa 45 /< Jjänge) und einen diesen letzteren an Länge um das dreifache übertreffenden Schwanzteil (Taf. XXII, Fig. 9). An gefärbten Spermatozoen kann man in dem Kopfe Chromatin- körnchen bemerken (Taf. XXII, Fig. 10 ch), welche in zwei Reihen längs dieses letzteren angeordnet liegen. Ihre Anzahl läßt sich sehr schwer feststellen; sie ist offenbar nicht beständig und schwankt in der Nähe von 20 in jeder Reihe. Indem man die Entwicklung der Spermatozoen verfolgt, kann man bemerken, wie sich das Chromatin des Spermatidenkernes allmählich in die Länge streckt und in langen Stäbchen anordnet, deren es anfangs auf dem Querschnitt durch die Spermatide vier sein können; bei erwachsenen Spermatiden dagegen zerfallen diese Stäbchen in einzelne Klümpchen, welche in zwei Reihen längs des Kopfes angeordnet liegen. Die Entwicklung der Spermatozoen bei Myzostomum ist von Semper (1858) und Mc.Clendon (1906) beschrieben worden; hiernach sind bei dem unreifen Spermatozoon von M. ja-ponicum (Taf. XVII, Fig. 31 — 34) zwei Reihen von Chromatinkörperchen vorhanden, während das reife Spermatozoon, wie dies schon von Wheeler (1897) nach- gewiesen worden ist, nur eine Reihe von Chromatinkörperchen besitzt. Ich habe zwei Reihen von Chromatinkörperchen in Spermatozoen von Protomyzostomum gesehen, welche sich in der Nähe der Ausmün- dungsöffnung befanden und wohl kaum unreif waren. Diese beiden Reihen von Chromatinkörperchen in dem Kopf eines Spermatozoons habe ich besonders deutlich auf Trockenpräparaten gefunden, die nach GiEMSA in der für die Malariaparasiten üblichen Weise gefärbt waren (Taf. XXII, Fig. 10 ch). Auf solchen Präparaten liegen die Spermato- zoen einzeln und nicht zu Bündeln versammelt, und hier tritt ihr Bau deutlicher zutage. Leider ist es mir nicht gelungen mit Hilfe der Färbung nach Biondi nachzuprüfen, ob diese Klümpchen von Chromatin herstammen, wie dies die meisten Autoren für Myzostomum annehmen, oder ob sie auf Kosten des Nebenkernorganes entstehen, wie Retzius (1910, S. 67 — ^69) dies annimmt. Nach den Angaben dieses Autors ist das eigentliche Chromatin im Kopf des Spermatozoons von Myzostomum in Gestalt eines seitlich in der Ausdehnung eines Drittels der Spermatozoenlänge verlaufenden Streifens angeordnet. Der letztgenannte Autor hat zu dieser Fest- stellung die neuesten Methoden angewandt, wie die BiONDische Färbung Dir Anatomie von Trotonivzostoinuin iinlyncjihris Fedotov. 671 auf Chroniatin. so daß wir mit seinen Angaben zu rechnen haben. Ich beabsichtige mich späterhin unter Anwendung der modernen Methoden speziell mit der Spermatogenese von Protomijzostomum zu beschäftigen, welches ein sehr passendes Objekt für diese Zwecke darstellt. Die Unterschiede, welche im Bau der Leibeshöhle und der Ge- schlechtsorgane zwischen Protomyzostomum und Mijzostomiim bestehen, sind nachstehende. Die Leibeshöhle ist bei unserem Wurm umfangreicher, als dies bei verschiedenen Vertretern der letzteren Gattung beobachtet worden ist; die Zahl der Seitenäste des »Uterus« entspricht nicht der Zahl der Hauptäste des Darmes, indem ihrer häufig mehrere sind als letztere. Außerdem fehlt jene Übereinstimmung zwischen der Abzweigung dieser Aste untereinander, wie dies z. B. für Myzostomum asteriae von Stum- mer beschrieben wurde, wo je ein Ast der Leibeshöhle einen Ast des Darmes begleitet. Die Zahl der Hauptäste des »Uterus << beträgt bei dieser Art z. B. nur zwei. Das Uterusepithel ist bei Myzostomimi ein Flimmerepithcl (Stum- mer 1903; Nansen 1885), ein Pseudoepithel aus Bindegewebszellen befindet sich auf den Seitenästen (Stummer 1903) ; bei Protomyzostomum besitzt der »Uterus« nur in seiner hinteren Hälfte einen epithelialen Belag. Für Myzostomum ist von den Autoren eine Bildung von Vor- sprüngen und Zwischenwänden durch die Uterus wand, wie wir sie bei Protomyzostomum kennen gelernt haben, nicht signalisiert worden. Was die Ovarien betrifft, so sind dieselben bei Myzostomum mehr lokalisiert, und stellen paarige Organe dar. In der Zahl von einem oder zwei Paaren liegen sie in Gestalt von mehr oder weniger gelappten Anschwellungen des peritonealen Epithels zu beiden Seiten dorso- lateral oder latero-ventral vom Darme (Wheeler 1896, Mc.Clendon 1906, Nansen 1885, Maidl 1910). Allein auch hier ist ein Fall bekannt, wo nur ein einziges, unpaares Ovarium vorhanden ist, und zwar bei M. fischeri (Wheeler 1904). Für die Gattung Myzostomum ist die dorsale Lage der weiblichen Geschlechtsorgane über dem Darm, und die ventrale Lage der männ- hchen Organe unter dem Darm charakteristisch. Im Gegensatz hierzu nehmen bei Protomyzostomum, worauf ich auch schon in meiner vor- läufigen Arbeit hingewiesen habe, die männUchen Geschlechtsorgane eine dorsale Lage über dem Darm ein. Nur bei M. helU nnd M. cry- ptopodn (Wheeler 1896, Stummer 1910) liegen die Hoden, wie bei Protomyzostomum, auf der Dorsalseite, aber die weibHchen Organe haben eine ventrale Lage unter dem Darm. Es besitzt demnach 672 ^- Fedotov, kein einziger Vertreter der Gattung Mystozomum eine solche Lage, wie wir sie bei Protomyzostomum antreffen. Für gewöhnlich besitzt Myzostomum einen wohlentwickelten, ein- stülpbaren Penis, welcher bei Protomyzostomum im Zusammenhang mit der entoparasitischen Lebensweise eine Reduktion erfahren hat. Ebenso fehlt hier ein zweiter Sphinkter, wie ihn Graff (1877) am Anfang des Ductus ejaculatorius für Myzostomum beschreibt, allein ein solcher fehlt auch bei M. asteriae (Stummer 1903). Die einen Autoren beschreiben für verschiedene Myzostomum- Axten eine Tunica propria der Hoden (Graff 1877), andre leugnen eine solche (Stummer 1903 für AI. asteriae). Bei Protomyzostomum ist diese Tunica propria vorhanden. Nach Stummer (1903) besitzt M. asteriae in den Wandungen der Vasa deferentiae keine Muskelfasern, wie sie bei Protomyzostomum wohl entwickelt sind. Meist finden sich in dem Kopfteil des Spermatozoons der Myzostomum- kxten nicht zwei Reihen von Chromatinkörperchen, wie dies bei Protomyzostomum der Fall ist, sondern nur eine Reihe und in dieser sind viel mehr solcher Körperchen enthalten. Kein einziger der Autoren hat bei Myzostomum ein Cytophor beschrieben und nur Nansen (1885) spricht, wenn auch ohne Bestimmtheit die Annahme aus , daß die Kerne der in der Nähe der Spermatozoen liegenden Zellen (S. 56, Taf. VIII; Fig. ^ A, h, e, s) Cytophoren angehören könnten; allein aus seinen Abbildungen geht nicht hervor, daß diese Zellen in der Tat Cytophore darstellen. Wie bekannt haben zuerst Beard (1884) und nach ihm Stummer (1903) die Vermutung ausgesprochen, daß der sogenannte Uterus Cölom ist, welches an der Bildung nicht nur der weiblichen, sondern auch der männlichen Geschlechtsorgane Anteil nimmt. Späterhin ist diese Vermutung von Maidl (1910) bestätigt worden, welcher den Uterus als Eier.-ack bezeichnet. Dieser Autor gibt an, daß bei der Entwicklung die Vesiculae seminales als ein Cölombezirk mit Epithel angelegt werden, welcher durch Wucherung auf die Vasa deferentia, die Vasa efferentia und die Testes übergeht, wobei die beiden ersteren ein Epithel erhalten, während die Testes nur aus Keimzellen bestehen. Von der kompakten Anlage der Vesiculae seminales verlaufen Veräste- lungen in das Parenchym, aus welchen dann die verästelten Testes des erwachsenen Tieres hervorgehen. Ich schließe mich der Auffassung vollauf an, wonach die männ- lichen Geschlechtsorgane von Myzostomum einen Bezirk der Leibes- höhle darstellen, und halte dieselbe auch für Protomijzostomum für gültig. Ich habe ebenfalls beobachten können, daß bei jungen Individuen (von Die Anatomie von l'rotomyzostoinuni |)olyncphris Fedotov. 673 1 mm Länge) /Aierst gerade die Vesiculae seminales zur Bildung ge- langen, wie dies von Maidl für Mijzostomum beschrieben worden ist. Nur kann bei Protomyzostomum wegen der dorsalen Lage der Hoden nicht von einer Entwicklung der männlichen Geschlechtsorgane aus einem ventralen Bezirk der Leibeshöhle die Rede sein, wie dies für Myzostomum mitgeteilt wurde (Stummer 1903). Alle von mir untersuchten Exemplare von Protomyzostomum waren Hermaphroditen, doch waren die männlichen und weiblichen Geschlechts- organe bei ihnen in sehr verschieden hohem Grade entwickelt. Bei Exemplaren von etwa 1 mm Länge fand ich bereits Anlagen von Ova- rien wie auch von Hoden. Allein die männlichen Geschlechtsorgane be- ginnen bei ihnen früher zu funktionieren. Ich schließe mich der Auffassung von Wheeler an (1896), daß Myzostomum einen protandrischen Hermaphroditen darstellt, wie dem- nach auch Protomyzostomum, wofür auch spätere Studien sprechen. Es scheint mir, als bedürfe die Feststellung von >> complemental males<< Beards (1884) bei den Myzostomum- Alten noch einer Bestätigung, weshalb es meiner Ansicht nach etwas voreihg erscheint, die von Smith aufgestellte "Theory of Dwarf Males cirripedia" auf die geschlecht- lichen Verhältnisse bei Myzoston^um anzuwenden, wie Coventry (1910) dies getan hat. In der Leibeshöhle findet man gewöhnlich zwischen den Ovarien oder etwas hinter denselben Bildungen von unbestimmter Gestalt, welche aus einer Anhäufung von Zellen mit einer Menge gut färbbarer Kerne bestehen. Die Zellen sind miteinander verschmolzen, wobei sie Vacuolen bilden, in denen degenerierte Eier und Spermatozoen angetroffen werden. Die Bedeutung dieser Gebilde beabsichtige ich später klar zu stellen. Ich will hier nur hinzufügen, daß auch die "subectodermal testes" von Nansen (1885, S. 79) schließlich zusammen mit den in ihnen zur Bildung gelangenden Spermatozoen in dieser Zellenanhäufung degenerieren und keinen lebensfähigen Samen her- vorbringen. Nephridien. Die Nephridien bestehen bei Protomyzostomum aus einem Kanal (240—270 /t Länge) mit Wimperzellen (Taf. XXI, Fig. 14 neph.), welcher durch ein Nephrostom (nephs.) in den »Uterus« mündend, abwärts nach der Cloake verläuft, in deren vorderem Abschnitt er vermittels eines Nephroporus (nephp.) einmündet. Diese Kanäle nenne ich Ne- phridien, indem ich mich an die für Myzostomum angenommene 674 D- Fedotov, Terminologie halte, obgleich man jedenfalls nur für einen Teil echter Nephridien ansehen könnte. Erst die Zukunft wird ihre morphologische Bedeutung aufklären. Der Nephridialkanal ist meist etwas gewunden, im Querschnitt fast rund (Taf. XXII, Fig. 11). Seine Wandungen bestehen aus cylindri- schen Zellen {ep.neph.) (von etwa 15 /t Länge), welche auf einer Membrana basilaris (m.b.) sitzen und deren lange Wimpern zu einem Plättchen verklebt sind. Indem die Wimpern benachbarter Zellen längs der Mitte des Kanals herabhängen, verkleben sie miteinander. Von be- sonderer Länge sind die in der Höhlung der Cloake hereinragenden Wimpern des Nephroporus (Taf. XXII, Fig. 16 c). In dem oberen Schenkel des Nephridialkanales sind die Wimpern der Zellen nach dem »Uterus« hin gerichtet (Taf. XXII, Fig. 14), in dem unteren Schenkel dagegen in umgekehrter Richtung, nach der Cloake zu. Die Kerne der Zellen sind rundlich-oval und enthalten zahlreiche kleine Chromatinkörnchen. Auf den Wandungen der Nephridien verlaufen Längs- und Ring- muskelfasern (Taf. XX, Fig. 15 m.nepli.), deren Verlauf ein etwas diagonaler ist. Die diagonale Anordnung der Muskelfasern in den Nephridienwandungen ist an den Enden der Nephridien deutlich zu sehen (Taf. XX, Fig. 16 7n.neph.). Der Nephridialkanal geht vom unteren Winkel des »Uterus << aus, verläuft dann nach unten und mündet nach schwacher Krümmung seitlich oder vom unteren Winkel der Cloake aus in letztere ein. Nicht selten ist das Nephridium nach vorn oder nach hinten gebogen; außerdem kann es nicht direkt vertical nach unten, sondern nach vorn oder hinten geneigt den »Uterus« verlassen. Auf Querschnitten durch Protoynyzostomwm finden wir daher nicht selten den ganzen Nephridialkanal nicht im Längs- schnitt, sondern entweder den Nephroporus und das Nephrostom ohne Verbindung miteinander (Taf. XX, Fig. 14 neph.), oder nur die obere oder nur die unteren Schenkel des Nephridiums. Es sind mehrere Paare von Nephridien vorhanden (Textfig. 2 neph.) (Taf. XIX, Fig. 14 neph. — • in dem Frontalschnitt), welche aufeinanderfolgen, wobei eine Symmetrie in ihrer Anordnung auf beiden Seiten meist nicht zu bemerken ist. Seltener entspringen zwei Nephridien gleichzeitig auf einer Seite; dann befindet sich innen ein kürzeres, welches von außen von einem längeren umbogen wird. Ebenso wie beträchtliche Unterschiede im Charakter der Wandungen der Cloake und des »Uterus« bestehen, welche bald glatt, bald stark gefältelt sind, mit einfachem Lumen oder Die Anatüini<' von Proloiiiyzostoinuiii polyncphris Fedotov. 675 Vorsprängen, chcn^o l'imlcu wir auch verschiedene Verhältnisse zwischen den NephriditMi und der Cloake und dem »Uterus«. Typisch ist die uiunittelbare Abzweigung des Nepliridiums von einer Ecke des »Uterus« und dessen Einmündung in die Cloacalhöhle (Taf. XXI, Fig. 1-i). Man trifft indessen auch Individuen an, bei denen der »Uterus« einen in das Parenchym eindringenden Auswuchs abgibt, von dem dann erst ein oder mehrere Nephridien ausgehen (Taf. XX, Fig. 14 a.ut.). Bisweilen steht dieser Fortsatz an mehreren Stellen, entsprechend einem jeden Nephridium, in Verbindung mit dem »Uterus«, wobei diese Verbindung hinter dem Nephridium verloren geht. Die "Wandungen des »Uterus«, von wo die Nephridien ausgehen, sind entweder glatt oder sie bilden eine Menge kleiner Falten. Nicht selten bildet die Uteruswand vor dem Nephrostom eine in die Uterus- höhlung hereinragende Verdickung (Taf. XXI, Fig. 14 vd.ut.). Ebenso kann der Nephroporus des Nephridialkanales entweder direkt in die untere Cloacalecke einmünden (Taf. XXI, Fig. 14 neph.p), oder aber mit jenen Vorsprüngen der Cloacalhöhle in Verbindung stehen, welche von der Cloacalwand ausgehen (Taf. XX, Fig. 14 a.kl). Dabei gehen bei ein und demselben Individuum die einen Nephridien unmittelbar von der Uterushöhle aus und verlaufen in die Cloake, andre dagegen entspringen von ihren Fortsätzen aus und münden wiederum in diese oder in die Cloaken selbst. Das für Protomyzostomum typische Verhalten ist ein einfacher Nephridialkanal. Seltener finden wir eine Verzweigung der unteren Schenkel des Nephridiums in zwei Aste, d. h. ein Nephrostom und zwei Nephroporen. Eine Symmetrie in der Anordnung der Nephridien auf beiden Seiten ist, worauf ich schon hingewiesen habe, nicht vor- handen: die Nephridien der einen Seite entspringen unabhängig von denen der anderen Seite. Die Zahl der Nephridien ist bei den einzelnen Individuen und auf beiden Seiten eine verschiedene, was durch nach- stehende Beispiele erläutert wird. 1) Protomyzostomum von 1,6 mm Länge, 0,7 mm Breite — ein Paar Nephridien; 2) 5 mm Länge, 2,5 mm Breite — rechts 4, links 4; 3) 5,4 mm Länge, 3 mm Breite — rechts 4, hnks 4; 4) 19 mm Länge, 12 mm Breite — rechts 7 (ein unvollkommenes), links 4 Nephridien (1 mit zwei Nephroporen); 5) 25 mm Länge, 13 mm Breite — rechts 3, links 2 Nephridien; 6) 25,1mm Länge, 15,1mm Breite — rechts 5, hnks 6 Nephridien; 7) 25,9 mm Länge, 16 mm Breite — rechts 3, hnks 3 Nephridien. Abgesehen hiervon habe ich bei verschiedenen Individuen neben vollkommenen Nephridien auch unvollkommene angetroffen. Ein Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CIX. Bd. 45 676 ^- Fedotov, derartiges Nephridium bestand aus einem blindgeschlossenen Rohre, welches entweder einen Nephroporus oder ein Nephrostom besitzt. Sein bhndgeschlossenes Ende verläuft sich im Parenchym, welches die Cloaken und den »Uterus << umgibt. Es werden Exemplare angetroffen, bei denen von dem »Uterus« zur Cloake Fortsätze ausgehen, welche an ein noch nicht ausgebildetes Nephridium erinnern (Taf. XXII, Fig. 3 a.ut). Wir wissen, daß Wheeler (1896) bei Myzostomum belli Nephridien mit nur einem Nephroporus angetroffen hat. Derartige Fälle lassen sich bisweilen durch den Verlust einiger Schnitte aus einer Serie erklären, in anderen Fällen aber haben wir es augenscheinlich entweder mit einer Degeneration oder noch eher mit einem noch nicht ausgebildeten Nephridium zu tun. Mit einem Worte, die Un- beständigkeit in der Zahl der Nephridien bei Protomyzostomum läßt sich auf zweierlei Weise erklären: entweder wir haben es mit Alters- veränderungen zu tun, deren Aufeinanderfolge indessen noch nicht festgestellt ist, oder aber wir haben Organe von selbständigem Charakter vor uns und ihre Zahl ist eine unbestimmte. Ich habe bei kleinen Individuen von etwa 1 mm Länge entweder ein Paar sehr kleiner, schlecht ausgebildeter, sich von dem umgebenden Gewebe nur undeutlich abhebender Nephridien, oder aber ein Paar noch gar nicht ausgebildeter Nephridien angetroffen. In dem Gewebe, welches augenscheinlich an der Entwicklung des »Uterus« beteihgt ist, geht eine Differenzierung vor sich: die Zellen begrenzen die Höh- lung des künftigen Nephridiums, indem sie sich wandständig anordnen. Dieser Gang wächst in die Länge und nimmt nach und nach seinen definitiven Charakter an. Bei größeren Individuen können wir bereits drei Paare von Nephridien antreffen, obgleich dieselben noch nicht definitiv ausgebildet sind. Durch diese meine Beobachtungen wird die von Maidl (1910) ausgesprochene Ansicht bestätigt. Dieser Autor hatte eine Überein- stimmung in den Anlagen der Leibeshöhle (Uterus) und der Nephridien bei Myzostomum festgestellt und sprach die Vermutung aus, daß letztere auf Kosten des Cöloms entstanden seien. Eine solche Annahme scheint mir auch für Protomyzostomum durchaus bestätigt zu sein. Die Details in der Bildung der Nephridien habe ich indessen bei diesem Wurm einstweilen noch nicht verfolgen können. Es ist unbedingt erforderhch Versuche mit Injektionen anzustellen, um die physiologische Funktion dieser Organe festzustellen. Meine diesbezüghchen Versuche miß- langen, indem die mit ammoniakalischem und Indigocarmin injizierten Würmer rasch zugrunde gingen. Auch für Myzostomum bedürfen die Die Anatomie von l'i'oloMiy/.ostoniuin polyncjiliris Fedotov'. 077 Nephridieu weiterer Versuche mit Injektionen, da auch ilire Funktion noch nicht sicher festgestellt worden ist. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sie nur zur Wegschaffung der überflüssigen iSperniatozoen und Eier dienen. Beides haben verschiedene Autoren denn auch in den Nephridien von Myzostomum angetroffen. Bekanntlich sind Nephri- dien bei Myzostomum zuerst von Wheeler und Beard nachgewiesen worden; die beste histologische Beschreibung derselben finden wir bei Stummer, und zwar für M. (isteriae. Der mittlere Abschnitt der Nephri- dien von M. (isteriae Stummer unterscheidet sich in bezug auf den Bau seiner Wandungen in keiner Weise von den beiden andern Abschnitten, so daß wir auch hier keinen drüsigen Abschnitt antreffen, der ein not- wendiges Element für jedes Nephridium darstellt. Erst kürzlich hat Stummer (1908, S. 20, fig. 8, 10) für eine Myzostomum- kit, M. cysti- colum, eine Endblase mit deutlichem Drüsenepithel und ohne Wimpern beschrieben; es muß jedoch bemerkt werden, daß die betreffende Aus- beute von einer antarktischen Expedition stammt, und daß daher nicht auf einen guten Erhaltungszustand gerechnet werden kann. Das wichtigste Merkmal, welches Protomyzostomum von Myzo- stomum unterscheidet, ist das Vorhandensein mehrerer Paare von Ne- phridien; es ist dies zweifellos ein ursprüngliches Merkmal. Wir wissen, daß Myzostomum nur ein Paar von Nephridien besitzt, welches dazu noch häufig einen gemeinsamen Nephroporus oder ein gemeinsames Nephrostom besitzen (Wheeler 1896). Die Nephridien treten bei Myzostomum gew^öhnlich in Gestalt ziemlich langer, schlauchförmiger Röhren auf, welche horizontal verlaufen, so daß der Nephroporus im Vergleich mit dem Nephrostom beträchtlich weit nach hinten ver- schoben ist. Beide heben sich undeutlich von den umgebenden Geweben ab, weshalb sie auf Schnitten leicht übersehen werden können. Ihre histologische Differenzierung steht auf einer etwas niedrigeren Stufe, als bei Protomyzostomum. So befinden sich bei M. asteriae in ihren Wandungen nur Ringmuskelfasern. Muskulatur und Bindegewebe. Die Muskulatur ist bei Protomyzostomum ziemüch schw^ach ent- wickelt, was mit dem parasitischen Leben dieses Wurmes im Zusannnen- hang steht. Dorso-ventrale Bündel verlaufen hauptsächhch zu beiden Seiten des Darmes (Taf. XX, Fig. 11 d.v.m) und zwischen den Längs- strängen des Nervensystems (Taf. XX, Fig. 12 d.v.m), während sie von dem Darm nach der Peripherie hin etwas schwächer (Taf. XXI, Fig. 15 d.v.m) und wenig bemerkbar werden. 45* 678 r)- rtdotov, Außer den dorso-ventralen Muskeln finden wir noch Muskelbündel (Textfig. 2 m.7i), welche längs dem Körper des Tieres hinziehen, wobei sie das Nervensystem begleiten (Taf. XX, Fig. 12 m.n). Ein System von Muskeln befindet sich unter dem Nervensystem, das andre über demselben und unter dem Darme. Ein Teil der Muskeln befestigt sich an der Schlundwand und funktioniert als deren Retractores. Zum Teil begleiten die Muskeln auch die lateralen Nerven. Der Unterschied zwischen dem Muskelsystem von Protomyzo- stomum und demjenigen von Myzostomum besteht darin, daß bei ersterem keine radiäre Anordnung von Muskeln zu finden ist. Ebenso fehlt die »bauchständige Muskelmasse«, welche bei Myzostomum radiär aus- einanderlaufende Muskelsepten bildet. Bei unserni Tier ist demnach keine Verbindung durch Muskel- fasern zwischen allen Parapodien vorhanden, wie dies von Graff (1877) für Myzostomum beschrieben worden ist. Bekanntlich liegt bei Myzostomum unter dem Nervensystem eine mächtige bauchständige Muskelmasse, welche bei den frei beweglichen Arten besonders stark entwickelt ist. Bei den entoparasitischen Arten ist dieselbe schwächer entwickelt (Stummer 1903). Es ist sehr wohl möglich, daß die Muskelbündel unter dem Nervensystem von Proto- myzostomum Überreste eines solchen Systems darstellen, welches sich unter der Einwirkung der entoparasitischen Lebensweise rückgebildet hat, und dies um so mehr, als die Musculi retractores des Rüssels bei Myzostomum ebenfalls von ihm ausgehen. Die Längsmuskeln unter dem Nervensystem finden sich auch bei Myzostomum-ATten. Das Parenchym stellt nichts besonderes dar und ist im hinteren Körperabschnitt, namentlich in der Nähe der Cloake stark entwickelt, Nervensystem. Das Nervensystem ist strickleiterförmig gebaut und besteht aus einem Schlundring und dem Bauchmark (Textfig. 1). Letzteres ist aus zwei Längsstämmen zusammengesetzt, welche durch zehn Commissuren miteinander verbunden sind ; von ihnen gehen ein Paar vorderer Nerven, acht Paare lateraler Nerven und ein hinterer unpaarer Nerv aus.. Die Stränge liegen tief unter dem Epithel im Parenchym (Taf. XX, Fig. 12 cn). Von oben und unten werden sie von den schon oben erwähnten Längs- muskelbündeln begleitet, welche dem Nervensystem gleichsam zur Stütze dienen (Taf. XX, Fig. 12, 13 m.n). Wir unterscheiden zwei vordere Nerven (Taf. XIX, Fig. 18, 19 v.n), welche nach vorn zum Schlünde verlaufen und indem sie ansteigen, Die Aiiiitoinic von l'rotomyzostorimiii |)(il\ ii(|)liris Fcdotov. G79 sich über diesem letzteren vereinigen und so einen King bilden (Text- fig. 1 schl.r) In demselben befindet sich eine kleine Anhäufung von Ganglienzellen (Taf. XXII, Fig. 13 gz). Hier, wie auch bei Myzostomum, ist die schwache Entwicklung des Gehirns äußerst charakteristisch, ein Umstand, welcher ]3eaki) (1884) veranlaßte, M yzostomum als kopflos zu bezeichnen ("has no head"). Acht Paare von Lateralnerven entspringen zwischen dem vorderen und dem hinteren Nerv von den beiden Sträni-en (Taf. XIX, Fio-. 18, 19, 1 — 8). Unter den Lateralnerven kann man dickere Hauptnerven 1, 2, 4, 6, 8 und dünnere kleinere Nerven unterscheiden 3, 5, 7. Die mächtigen Hauptnerven zerfallen in zwei Äste (Taf. XIX, Fig. 18, 1, 2, 4, 6, 8), ohne die feineren Verzweigungen zu rechnen; sie innervieren die Parapodien und Seitenorgane, sowie den Penis. Es sind ihrer fünf Paare. Die dünneren kleineren Nerven sind unverzweigt (Taf. XIX, Fig. 18, 3, 5, 7) und innervieren die Geschlechtsorgane, hauptsächlich die Hoden. Der Unterschied in der Dicke der Nerven ist bei jungen Exemplaren gut zu bemerken. Der hintere Teil des Nervensystems setzt sich in Gestalt eines unpaaren Nervs (Taf. XIX, Fig. 18, 19 h.n.) nach hinten unter die Cloake fort. Die Reihenfolge im Abgang der Nerven ist folgende. Das I. Paar — Hauptnerven — entspringt in der Nähe der vor- deren Nerven (Taf. XIX, Fig. 18, 1). So viel ich auf Schnitten er- kennen konnte, innerviert ihr vorderer Ast das I. Paar von Para- podien und Seitenorganen. Das IL Paar — Hauptnerven — ■ innerviert das IL Parapodien- paar (Taf. XIX, Fig. 18, 2). Das III. Paar — kleinere Nerven — innerviert die Geschlechts- organe (Taf. XIX, Fig. 18, 3). Das IV. Paar — dritte Paar von Hauptnerven — ist sehr mächtig und innerviert das III. Parapodienpaar, die Seitenorgane und den Ausführgang der männlichen Geschlechtsorgane (Taf. XIX, Fig. 18, 4). Das V. Paar — zweite Paar kleinerer Nerven — innerviert die Geschlechtsorgane (Taf. XIX, Fig. 18, 5). Das VI. Paar — vierte Paar von Hauptnerven; ihr vorderer Ast innerviert das IV. Parapodienpaar, der hintere Ast das IV. Paar von Seitenorganen (Taf. XIX, Fig. 18, 6). Das VII. Paar — • dritte Paar von kleineren Nerven — versorgt augenscheinlich die Geschlechtsorgane (Taf. XIX, Fig. 18, 7). 680 D. Fedotov, Das VIII. Paar — fünfte Paar von Hauptnerven; ihr vorderer Ast innerviert das V. Parapodienpaar, der hintere Ast das V. Paar von Seitenorganen (Taf. XIX, Fig. 18, 8). Der hintere unpaare Nerv verläuft unter der Cloake (Taf. XIX, Fig. 18 h.n). Es ist außerordenthch schwer, den Verlauf der Nerven auf Schnitten zu verfolgen. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die kleineren Nerven (drei Paare) in keinerlei Beziehungen zu den Parapodien und den Seitenorganen stehen, sondern vielmehr die Geschlechtsorgane und wahrscheinlich auch die Darmfortsätze innervieren. Was die Haupt- nerven betrifft, so war es sehr schwer den Verlauf der Verzweigungen aller Paare zu verfolgen. Augenscheinlich werden aber die Seiten- organe durch ihren hinteren Ast innerviert, die Parapodien dagegen nicht nur durch den vorderen, sondern auch durch den hinteren Ast. Und zwar nähern sich die anfangs weit voneinander entfernten beiden Äste des Hauptnerven, wie dies bei jungen Exemplaren gut zu sehen ist, in der Nähe der Parapodien einander ganz beträchtlich. Die Längsstämme des Nervensystems sind durch Quercommissuren miteinander verbunden, deren es, die vordere und hintere mitgerechnet, im ganzen zehn sind (Taf. XIX, Fig. 18 cm^ — cm'^^). Die Commissuren, welche dem Paare der vorderen Nerven und dem I. Paar von Lateralnerven entsprechen, sind einander, gleich den Nerven selbst, stark genähert (Taf. XIX, Fig. 18 cm^, cm^). Dem II., III, ,V., VI. und VII. Nervenpaar entspricht je eine Commissur, wobei diese Commissuren entweder gegenüber dem Nerv liegen, oder aber von seinem Ursprung nach vorn oder nach hinten verlagert sein können; dem IV. Nervenpaar entsprechen zwei Com- missuren (Taf. XIX, Fig. 18 cm^, cm^). Das VIII. Paar und der hintere unpaare Nerv entspringen von der hintersten Commissur. Die letzte und die vorletzte Commissur sind einander stark genähert (Taf. XIX, Fig. 18 cm9, cwi»), gleich dem VII. und dem VIII. Ner- venpaar. Die genauen Beziehungen zwischen den Commissuren und den Lateralnerven lassen sich nur nach speziell dazu (so z. B. nach Golgi) bearbeiteten Präparaten feststellen. Der Umstand, daß dem IV. Paare mächtiger Nerven, welche nicht nur einPaar von Seitenorganen und Parapodien, sondern auch noch die männlichen Ausführgänge samt dem Penis innervieren, zwei Commissuren entsprechen, kann zu- gunsten der Annahme gedeutet werden, daß dieses Paar durch Ver- schmelzung zweier Nerven jeder Seite hervorgegangen ist. Die Anitoinio von Prütomyzostoinuin |u)lyM('j)liris Forlotov. 681 JSoweit ich dies auf mit HEiDENHAiNschem Eisenliüinatoxylin ge- färbten Präparaten erkennen konnte, ist ein recht deutUcher Über- gang der Fasern der V. und VI. Commissur in das IV. Nervenpaar zu sehen. Nichtsdestoweniger ist es nicht unmöglich, daß die Com- missuren in bezug auf die lateralen Nerven verlagert sind, d. h. daß die VI. Commissur dem V. Nervenpaar entspricht, und dies um so mehr, als das gleiche Verhalten auch bei den andern Commissuren beobachtet wird. Die Längsstränge verlaufen ziemlich weit voneinander entfernt. Zwischen ihnen befindet sich Parenchym und verlaufen Bündel dorso- ventraler Muskeln (Taf. XIX, Fig. 12 d.v.m). Bisweilen schieben sich zwischen die Stränge des Nervensystems Verästelungen des Darmes oder Bezirke der Leibeshöhle herein, welche Eier (Taf. XX, Fig. 13), oder sogar Gruppen von Oogonien enthalten. Die Stränge sind bei jungen Individuen weiter voneinander entfernt (Taf. XIX, Fig. 18), bei älteren stehen sie näher voneinander, bisweilen auf größere Strecken Entfernung hin (Taf. XIX, Fig. 19). Zwischen den Hauptstämmen zieht sich noch ein unpaarer dünner Nervenstrang — intermediärer Nerv — (Textfig. 1; Taf. XXII, Fig. 14 in) hin, welcher von Fasern der auf den Commissuren liegenden Ganglien- zellen gebildet wird. Auf Totalpräparaten sind dieselben undeutlich zu sehen; auf der Fig. 18, Taf. XIX, sind sie nicht eingezeichnet. Sein Verlauf ist ein unregelmäßiger, indem er bald über die Com- missur hinweggeht, bald an deren Grenze endet. Bei seinem Verlaufe zwischen den Hauptstämmen berührt er bald den rechten, bald den linken dieser Stämme. Ich habe diesen Nerv zwischen dem I. und IL und zwischen dem VII. und VIII. Paar nicht bemerken können. Ein derartiger Strang ist von Nansen für Myzostomiim (1885) beschrieben worden und er gehört wahrscheinlich dem sympathischen System an. Ganglienzellen Hegen den Commissuren auf der vorderen und hinteren Grenze avif (Taf. XXI, Fig. 16 cm^, cm^), ebenso an den Wurzeln der lateralen Nerven und der auf den Längssträngen (Taf. XXII, Fig. 14 gz) ; sie sind im allgemeinen ziemlich unregelmäßig. Es ist sehr wohl möglich, daß solcher Anhäufungen zehn vorhanden sind, entsprechend der Anzahl von Commissuren, doch ist es schwer zu entscheiden, in wie weit sie in bezug auf die beiden ersten Com- missuren selbständig sind. Sie sind hier einander so sehr genähert, daß an dieser Stelle vielleicht nur eine Ganglienanhäufung vorhanden ist. Abgesonderte paarige Ganglien gibt es hier nicht; die Beziehung 682 ^- Fedotov, der Ganglienzellen zu den Nerven ist hier die gleiche, wie sie für Mijzo- stomum beschrieben worden ist. Die Zahl der Ganglien ist überhaupt nicht groß. Es gibt hier, ebenso wie bei Myzostomum, große und kleine Ganglienzellen (Taf. XXI, Fig. 16 gz.g, gz.k.). Die großen Zellen liegen auf der vorderen und hinteren Grenze der Commissuren, sowie an der inneren Seite der Längs- stämme (Taf. XXII, Fig. 15 gz) (da wo die Nerven abzweigen). Kleine Zellen finden wir außerdem längs den Längsstämmen und an den Wurzeln der lateralen Nerven (Taf. XXI, Fig. 16 gz.k). Das Nervensystem ist in eine bindegewebige Hülle (Taf. XXII, Fig. 15 6Ä.n) mit zahlreichen, kleinen schmalen Kernen (k.b.h) ein- geschlossen; die Zellen dieser Hülle umgeben die Stämme und Com- missuren und vermehren auf diese Weise die Anzahl von zelligen Ele- menten des Nervensystems. Das allerwesentlichste Merkmal, welches das Nervensystem von Protomyzostomum von demjenigen der Myzostomum- Arten unterscheidet, besteht darin, daß ersteres nach dem Typus einer segmentierten Leiter gebaut ist. Seine Hauptstämme stehen ziemlich voneinander entfernt, ebenso die meisten Commissuren mit ihren Ganglienzellen. Bei Myzostomum dagegen hat das Nervensystem die Gestalt einer konzentrierten, kompakten, ovalen Masse, von welcher Seitennerven ausgehen. In demselben sind (Nansen) zwei Längsstämme und ein dritter medianer Stamm zu unterscheiden; zwischen den Commissuren liegen Ganglienzellen angeordnet (Nansen 1887, Taf. XIX, Fig. 1). Nansen (1887) erblickt eine Segmentierung des Nervensystems in der Abzweigung der Nerven ; indem er zugibt, daß es sehr schwer fällt in der Verteilung der Ganglienzellen eine bestimmte Anzahl von Segmenten festzustellen, fügt er hinzu, daß das Nervensystem von Myzostomum von einer »früher stärker ausgeprägten Segmentierung hergeleitet werden« könne; Mit einem Worte, seine Vermutung wird durch die Befunde bei Protomyzostomum durchaus bestätigt. Ein Unterschied zwischen beiden Gattungen besteht auch in der Anzahl der Nerven. Ich stütze mich auf die Angaben von Nansen, als desjenigen Autors, welcher das Nervensystem von Myzostomum am gründlichsten erforscht hat. Bei M. giganteum haben wir ein vorderes Nervenpaar, welches demjenigen von Protomyzostomum und ein hinteres Paar, welches dem unpaaren Nerv dieser Gattung ent- spricht. Wir sehen ferner fünf nach den Parapodien verlaufende Hauptnerven und fünf kleinere Nerven, statt drei, wie dies bei Proto- myzostomum der Fall ist. Allein diese Nerven sind vielmehr Teile 1 Dil' Anatomie von Protoinj'zostoiiiuiii |)(ilyiu'])hris l'^-dotov. 683 der Hauptnerven, und besitzen nklit jene Selbständigkeit, wie wir sie bei Protomyzostomum kennen gelernt haben. Entsprechend der Zahl der Nerven sind auch mehr Connnissuren vorhanden, und zwar elf, die vordere und die hintere mitgerechnet. M. graffi besitzt deren nach Nansen (1885) 16. Das vordere Nervenpaar bildet den Schlundring, wie bei Proto- myzostomum, allein außerdem ist noch ein Nervensystem des Rüssels vorhanden. Dasselbe ist von Nansen und Wagner beschrieben worden und dieses System eben felilt bei Protomyzostomum. Dasselbe ist übrigens durchaus nicht bei allen Myzostomum-kitQn vorhanden. Das Nervensystem nimmt bei Protomyzostomum nicht weniger als die halbe Körperlänge ein, ohne die vorderen und den hinteren Nerv mitzurechnen, während es bei Myzostomum stark verkürzt ist; so er- reicht es z. B. bei M. gigas nach meinen Beobachtungen nur etwa ein Zehntel der Körperlänge. Nansen führt den Fall an, daß es bei 31. graffi so klein sein kann, daß man Mühe hat es zu entdecken. Bei Protomyzostomum habe ich das äußere Neurilemm nicht auf- finden können, welches von Nansen und Wagner bei Myzostomum- Arten beschrieben wurde. Sowohl Nansen wie auch Wagner leiten das Nervensystem von Myzostomum von einem Typus ab, auf den auch das Nervensystem von Protomyzostomum bezogen werden könnte. Ein Unterschied besteht nur in der Zahl der Segmente; allein der Typus der Myzostomidae ist hier schon ausgesprochen, indem die Ganglien eines jeden Paares von Lateralnerven bereits zu einem einzigen Ganglion verschmolzen sind. Nansen erblickt in dem Nervensystem Spüren von sechs Seg- menten. Wagner spricht bei der Schilderung eines Schemas der Phylogenese des Nervensystems von Myzostomum von sechs Ganglien- paaren, durch deren Verschmelzung das definitive Nervensystem ent- standen sei. In dem Nervensystem von Protomyzostomum kann man zehn Segmente annehmen. Es muß darauf hingewiesen werden, daß das vierte Nervenpaar Spuren einer Verschmelzung von zwei Nerven- paaren aufweist, wenn man zwei Commissuren auf desselbe bezieht. Natürlich ist dies nur eine Voraussetzung und es ist sehr schwer anzu- geben, wie viele Segmente in Wirklichkeit in seinem Nervensystem enthalten sind, und dies um so mehr, als sein vorderer und sein hinterer Teil oft bedeutend verdickt sind. Es ist auch wohl möglich, daß der kleine Lateralnerv, der zwischen dem L und II. Hauptnervenpaar fehlt, mit ersterem verschmolzen ist. 684 D. Fedotov, Schlußbetrachtung. Für das Verständnis der zwischen Myzostomum und Protomyzo- stomum bestehenden Beziehungen ist die Gattung Stelechopus außer- ordenthch wichtig. Es ist sehr zu bedauern, daß ihre Anatomie wegen Mangels an Material ungenügend erforscht ist. Größe Körpergestalt Cirri: Parapodien Seitenorgane Körperepi- thel Muskulatur Laged.Mund- und Cloacal- öffnung Rüssel Darm Myzostomum von 1 — 9 mm rund, seltener langgestreckt meist 20 Cirri am Rande des Körpers, seltener mehr als 20 Cirri oder diese fehlen ganz. Fünf Paare radial angeord- neter Parapodien, durch Muskeln miteinander ver- bunden, welche sich zu ei- ner gemeinsamen Muskel- masse vereinigen (Graff, 1884), 1 Stützstab, 1 Ha- ken + Ersatzhaken. Meist 4 Paare von Seiten- organen auf der Ventral- seite, zwischen den Para- podien. Cy linder epithel, ungleich- mäßig bewimpert oder ganz ohne Wimpern. Hautmuskelschlauch aus zwei Schichten, welche unter dem Epithel liegen. Bauchständige Muskel- masse mit radiären Mus- kelschichten, unter dem Nervensystem. Mund- und Cloacalöffnung meist auf der Ventralseite beweglicher Rüssel mit Rüs- selscheide. verkürzt, mit 2 — 3 Paaren lateraler Hauptäste, sel- tener mitS Paaren solcher Protomyzostomum bis zu 32 mm. langgestreckt Ränder des KörjDers ohne Cirri. Paare voneinander un- abhängiger Parapodien. 1 Stützstab und 1 Haken + Cuticularkörperchen. 5 Paare von Seitenorganen auf der Dorsalseite oder am Körperrande gegen- über den Parapodien. »Eingesenktes « Epithel, mit einer Cuticula bekleidet. Hautmuskelschlauch aus subcuticulären Ring- und Längsschichten und einer Schicht subepithelialer schrägverlaufender Mus- keln. Längsmuskelbün- del unter dem Nerven- system, aber ohne radiäre Septen. Mund- und Cloacalöffnung terminal. Rüssel fehlt. lang, mit 8 — 10 — 13 Paaren lateraler Hauptäste. Stelechopus 3,5 mm langgestreckt Ränder des Kör- pers ohne Cirri. 5 voneinand. un- abhängige Para- podienpaare. Stützstab -f ein Haken. Seitenorgane feh- len. Epithel mit einer Cuticula beklei- det. Ring- und Längs- muskelschicht; keine radiären Muskelsepten. Mund- und Cloa- calöffnung ter- minal. Rüssel fehlt. lang, ohne late- rale Äste. Die Anatomie von Protoinyzoslonnnu |)()lyne])hris Feilotov. 685 Nervensy- stem Die Leibes- liöhle oderd Uterus be- sorgt die ge schlechtliche Funktion. Hermaphro- diten. Weibliche Ge schlecht sor- gane MännlicheGe schlechtsor- gane Nephridien Myzoslomum konzentriert in Gestalt einer kompakten ovalen, aus Längsfasern und Gan- glienzellen bestellenden Masse; um mehrere Male kürzer als die Körper- lange. Ein oder zwei Paare von Ovarien zu beiden Seiten des Darmes Hoden unterhalb des Dar- mes; zwei Ausmündun- gen unter d. III. Parapo- dienpaar; wohlentwickel- ter Penis 1 Paar Prolomyzoslomum langes segmentiertes Ner- vensystem, leiterförmig; Länge nicht weniger als V2 t'^'i' Körperlänge. zwei unpaare oder, richtiger gesagt, diffuse Ovarien Hoden über dem Darme und den weiblichen Ge- schlechtsorganen; zwei Ausmündungen über dem III. Parapodienpaare ; Penis rudimentär mehrere Paare Stelechopus Hau unbekant. unbekannt. unbekannt. unbekannt. Indem wir die Merkmale dieser drei Gattungen einander gegen- überstellen, erkennen wir, daß die Gattung Protomyzostomum mit grö- ßerem Rechte als die Gattung Stelechopus in eine besondere Familie ausgeschieden werden kann, und zwar hauptsächüch auf Grund des Baues des Nervensystems. Da das Studium von Protomijzostomum noch nicht abgeschlossen ist, belasse ich diese Gattung innerhalb der Grenzen der Familie Myzostomidae, aus der sie späterhin immer noch ausgeschieden werden kann. In der Anatomie von Protomyzostomum lassen sich Merkmale primitiven Charakters hervorheben, und solche, welche sekundärer Natur und durch die entoparasitische Lebensweise hervorgerufen sind. Einer dritten Kategorie von Merkmalen endlich kommt eine un- bestimmte Bedeutung zu, indem dieselben nach individueller Auf- fassung sowohl als primäre, wie auch als sekundäre Merkmale ge- deutet werden können. Ihre wahre Bedeutung wird uns die Entwick- lungsgeschichte aufklären können. 686 D- Fedotov, A. Merkmale von primitivem Charakter. 1) Ein langgestrecktes, leiterförniig segmentiertes Nervensystem. Dasselbe erinnert an jenen Ausgangspunkt, von dem Nansen und Wagnek das Nervensystem von Myzostomum abgeleitet haben. 2) Die Anzahl der Seitenorgane (fünf Paare) und deren Lage. Er- kennt man ihre Homologie mit den Seitenorganen der Polychäten an, so wird man ihre Zahl bei Myzostomum als reduziert, ihre Lage als ursprünglich ansehen müssen. 3) Die Anzahl von Nephridien (mehrere Paare). Die Zahl der Nephridien erscheint bei Myzostomum im Vergleich zu deren Zahl bei Protomyzostomum reduziert. 4) Ein langgestreckter Magen mit zahlreichen Hauptästen (oft bis zu zehn Paaren) (im Vergleich mit dem Darm von Spinther, Aphrodi- tidae). Bei Myzostomum ist in Abhängigkeit von der Verkürzung der Körperachse auch der Magen stark verkürzt und die Zahl der lateralen Fortsätze verringert. 5) Fehlen einer scharfen Lokalisation der Ovarien. 6) Die terminale Lage der Mund- und Cloacalöffnung. Ln Vergleich mit Stelechopus und den Polychaeten überhaupt, ist die endständige Lage der Mund- und Cloacalöffnung bei Protomyzo- stomum als ein primäres Merkmal anzusehen. Bei Myzostomum sind dieselben auf die Ventralseite verlagert (mehr als 50 Arten); bisweilen befindet sich die Cloacalöffnung auf der Dorsalseite. Dabei gibt es aber auch in der Gattung Myzostomum Arten mit terminaler Lage der Mund- und Cloacalöffnung (15 Arten). B. Sekundäre Merkmale, welche unter dem Einfluß des Entoparasitismus entstanden sind. 1) Das Fehlen von Wimpern auf dem Körperepithel ; ein eingesenktes Körperepithel und im Zusammenhang hiermit das Auftreten einer subcuticulären Plasmaschicht und einer Muskulatur, worin eine Ähn- lichkeit mit den Cestoden und Trematoden und einigen Turbellarien zutage tritt. 2) Die starke Keduktion der Parapodien, welche an großen Exem- plaren kaum zu sehen sind und die Reduktion der Borstenzahl auf einer bestimmten Altersstufe bis zu zwei Borsten, wobei statt ihrer unregelmäßige Körperchen gebildet werden. 3) Die schwache Entwicklung der die Bewegungen des Wurmes besorgenden Muskulatur. Die Aiialoiiiir von Protoiny/.ostoiinmi polyncpliris Fcdotov. 687 4) Das [)lanarienartige Aussehen uiul die beträchtlichen Dimen- sionen können mit der bewegungslosen parasitischen Lebensweise und dem Überfluß an Nahrung in Verbindung gebracht werden. C. Merkmale von unbestimmter Bedeutung, welche als primitiv oder als sekundär aufgefaßt werden können. 1) Das Fehlen der Cirri am Körperrande. Sieht man die Cirri von Myzostomum als den dorsalen Cirri der Polychäten homologe Gebilde an (Wheeler 1896) und zieht in Be- tracht, daß sie bei den entoparasitischen Arten und bei den meisten der in Cysten lebenden fehlen, so ist dieses Merkmal als ein sekundäres anzusehen. Allein wir wissen, daß Stelechopus und einige (nicht weniger als neun) ectoparasitische 3Iyzostomum- Arten keine Cirri besitzen. Außerdem ist die Homologie der Cirri von Myzostomum mit denen der Polychaeta nicht bewiesen und zweifelhaft. Nur zwei Myzostomum- Arten besitzen eine den Parapodien ent- sprechende Anzahl von Cirri, und zwar fünf Paare; gegen 50 Arten besitzen deren die doppelte Anzahl, auf jedes Parapodiumzwei, d. h. zehn Paare. Gegen 20 Arten besitzen ihrer mehr als zehn Paare, und zwar bis zu 100, wobei die Zahl eine unbestimmte sein kann, ohne dabei irgendwelche Metamerie und Beziehung zu der Zahl der Parapodien aufzuweisen. EndUch kennen wir mehrere Myzostomum- Arten, wie z.B. M. füicauda Graff (1884), bei denen die hinteren der zehn Cirrenpaare länger als der Körper sind und die Geschlechtsorgane und den Darm enthalten. Man wird demnach die Cirri gut als ein von der Gattung Myzostomum unabhängig erworbenes Merkmal ansehen können, wie man sie als Tastorgan auffaßt. Dann kann man auch das Fehlen der Cirri bei Protomyzostomum als ein primäres Merkmal ansehen. 2) Das Fehlen von radiären Muskelsepten. Ein Merkmal von primärem Charakter im Vergleich mit Stele- chopus und den übrigen Polychäten. Wir wissen aber, daß durch die entoparasitische Lebensweise sehr leicht eine Reduktion der bauch- ständigen Muskelmasse mit ihren radiären Septen hervorgerufen werden kann, und dies umso mehr, als diese ebenso bei den entoparasitischen Mijzostomum- Alten eine beträchtliche Rückbildung erleidet. 3) Das Fehlen eines Rüssels. Der Rüssel könnte bei Proto- myzostomum auch rückgebildet sein, obgleich er ein charakteristisches und beständiges Merkmal für Myzostomum darstellt; bei M. asteriae ist er aber zum Beispiel stark reduziert und der Übergang von diesem 688 D. Fedotov, Verhalten zu Protomyzostomum bietet keine Schwierigkeit, Anderseits besitzt auch Stelechopus keinen Rüssel, so daß Protomyzostomum den seinigen vielleicht gar nicht verloren, sondern niemals einen besessen hat. 4) Die schwache Entwicklung des Penis (dessen Fehlen). Betrachtet man die Myzostomidae als eine Familie der Poly- chaeta, so wird man das Fehlen eines Penis bei Protomyzostomum als ein Merkmal ansehen müssen, welches auf eine nahe Verwandtschaft mit derselben hinweist. Überhaupt ist der Penis ein charakteristisches Merkmal für den Bau der Myzostomidae und ist bisweilen länger, als die Parapodien. Anderseits gibt es aber Arten mit beträchtlich reduziertem Penis, weshalb dieser bei Protomyzostomum eher ein se- kundäres Merkmal darstellt. Protomyzostomum erscheint demnach auf Grund einer Keihe von Merkmalen als eine den Polychaeta näher als die Myzostomidae stehende Form. Nichtsdestoweniger halte ich es für übereilt, dieselben direkt in die Gruppe der Nereimorpha zu stellen, wie dies einige Autoren getan haben (so z. B. Claus-Gkobben 1910), welche sie als den Familien der Phyllodocidae, Hesionidae, Eunicidae gleichbe- rechtigt ansehen. Die Myzostomidae sind immerhin so eigenartig, daß man ihnen eher die Bedeutung einer Unterordnung, als einer Familie der Poly- chaeta zusprechen kann. Augenscheinlich hat die parasitische Lebens- weise einen tiefeingreifenden Einfluß auf ihre Organisation ausgeübt. St. Petersburg, den 28. Juni 1913. Literaturverzeichnis. John Beard, On the life Histoiy and DeveloiDinent of the Genus Myzostoma (F. S. Lbuckabt). Mitt. Z. Stat. Neapel. Bd. V. 1884. p. 544—580. tab. XXXI and XXXII. — The Natura of the Hermaphroditism of Myzostoma. Zool. Anz. 1894. Bd. XVII. S. 399—404. — The sexual Conditions of Myzostoma glabrum (F. S. Leuckart). Mitt. Z. Stat. Neapel. 1898. Bd. XIII. S. 293—324. Taf. X. Ch. Boulenger, The "Suckers" of the Myzostomidae. Zool. Anz. 1911. Bd. XXXVII. Nr. 7. S. 346—351. G. Brandes, Zum feineren Bau der Trematoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. 1892. Bd. LXVII. S. 558—577. M. Braun, Trematodes und Cestodes. Bronn, Klassen und Ordnungen. Bd. IV. Abt. I. 1879—1893. 1894—1903. 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Sajovic, Anatomie, Histologie und Ersatz der Borstenorgane bei Lumbricus. Ai-beiten zool. Inst. Wien. 1907—1909. Bd. XVII. C. Semper, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Gattung Myzostoma (Leuckart). Zeitschr. f. wiss. Zool. 1858. Bd. IX. Hft. 1. S, 48 bis 64. Taf. III und IV. K. C. Schneider, Lehrbuch der vergleichenden Histologie der Tiere. 1902. S. 1—988. F. Wagner, Das Nervensystem von Myzostoma (F. S. Leuckart). Graz 1886. S. 1—32. Mit 1 Tafel. — Myzostoma bucchichii (nova species). Zool. Anz. 1887. Bd. X. S. 363 — 364. W. M. Wheeler, Protandric Hermaphroditism in Myzostoma. Zool. Anz. 1894. Bd. XVII. S. 177—182.. — The Sexual Phases of Myzostoma. Mitt. Zool. Stat. Neapel. 1896. Bd. XII. Hft. 2. S. 227—302. Taf. X— XII. — The Maturation, Fecundation and Early Cleavage of Myzostoma glabrum (Leuckart). Aixh. Biol. 1897. Bd. XV. S. 1—77. Taf. I— III. • — J. Beard on the sexual Phases of Myzostoma. Zool. Anz. 1899. Bd. XXII. S. 281—288. ■ — A new Myzostoma, parasitic in a Starfish. Biol. Bullt. Mar. Biol. Labor., Woods HoU. Mass. 1904. Vol. VIII. p. 75—78. Erklärung der Abbildungen, Allgemeine Bezeichnungen: a.k, äußerer Kanal des Seitenorganes; cy., Cytophor; a.kl., Auswuchs der Cloake; d, Darm; a.r., äußere Ringmuskelschicht des d.a., Darmast; Pharynx; d.ej, Ductus ejaculatorius; a.uL, Auswuchs des »Uterus«; dl.m., Dilatatores der Mundöffnung; bd.d., bindegewebiger Überzug des dl.so, Dilatatores des Seitenorganes; Darmes; d.v.m, dorsoventrale Muskeln; hd.u., bindegewebiger Überzug der dz.so, Drüsenzellen des Seitenorgans; Cloake nebst dem »Uterus«; ei, Ei (Eier); hh.n., bindegewebige HüUe des Nerven- ep., Körperepithel; Systems; e'p.d, Darmepithel; c, Cilien des Nephridialepithels ; ep.kl., Wimperepithel der Cloake; eh., Chromatinkernchen ; ep.neph.. Epithel des Nephridiums; cm., Commissur des Nervensystems; ep.ph., Pharynxepithel; cn, Längsnervenstrang; ep.ut.. Epithel des Uterus; cu., Cuticula; /., Borstenf ollikel ; cu.ik, Cuticula des inneren Kanales des g., Gonaden von Gorgonocephalus eucne- Seitenorganes ; mis ; cu.kg., Cuticularkegel; gz, Ganglienzelle; cu.ir, Cuticularkörper des Parapodiura; gz.g, große Ganglienzelle; Die Anatomio von Protomyzüstoiuum polyncphi-is Pcdotov. 091 (jz.k., kloine Ganglienzelle; hd.a, Hauptdarniast ; hdrz, Hautdrüsenzelle; lik, Haken; hn, hinterer unpaarer Nerv; ik, iiuierer Kanal des Seitenorganes; in, intermediärer Nerv;j /./•., innerer Muskelring des Pharynx; k. Kerne; k.bh.. Kerne der bindegewebigen Hül- len des Nervensystems; k.cy.. Kerne des Cytophors; k.dz. Kerne der Drüsenzellen des Seiten- organes; ^•.ep., Kerne des Körperepithels; kf. Kerne des Borstenf ollikels ; kl, Cloake; kl.kg (Kl. Kg), Cloacalkegel; kl.L, Cloacallumen; kl.u, Cloacalöffnung; k.pa, Kerne des Parenchyms; k.icz. Kerne der Wimperzellen des Seitenorganes; k.z, Kerne der Zellen des inneren Kanals des Seitenorganes; Ih, ventrale Abschnitte der Leibeshöhle ; l.kl., Längsmuskel der Cloake; m, Mund; m.b., Membrana basilaris; m.f., Muskelfasern; mg, Mundgrube; 7ngd, Magendarm ; 7n.h, Mundhöhle; m.n., Nervensystem begleitende Mus- keln; m.neph., Muskulatur des Nephridiums; m.o., Mundöffnung; m.pd., Muskulatur der Parapodien; inso., Muskeln des Mittelteiles des Seitenorganes ; mt., Mittelteil des Seitenorganes; jn.ut., Muskulatur des »Uterus«; neph., Nephridium; neph.p., Nephroporus; neph.s., Nephrostom; 00, Oocyten; O.SO, äußere Offiuing des Seitenorganes; O.V., Ovarium; ZeitBchrift f. wissenscli. Zoologie. CIX. Bd. <5o, männliche Geschleehtsöffnung; p., Penis; pa, Parenchjan; pd., Parapodien; p.dr, Paraijodialdrüse ; pd.III, III. Paar Parapodien; ph, Pharynx; Fm. , Prutomyzostomum ; pr.pd., I. Paar Parapodien; p.so, Protractores des Seitenorganes; r. Rectum; rdm, radiale Muskulatur des Pharynx; rkl, Ringniuskeln der Cloake; rni.ut, Ringmuskeln des »Uterus«; r.ph., Retractbres des Pharynx; r.so., Retractores des Seitenorganes; s.c.l, subcuticuläre Längsmuskulatur; scmb., Sackmembran des Borstenf olli- kels ; sc.m, subcuticuläre Muskulatur; sc.r, subcuticuläre Ringmuskulatur; sc.s, subcuticuläre Plasmaschicht; se.m., subepitheliale Muskulatur; s.o., Seitenorgan; sp., Spermatozoen ; sp.c, Spermatocyten ; sp.dr, Speicheldrüse; sp.g, Spermatogonien ; sph.m, Sphinkter der Mundöffnung; st.st, Stützstab; t, Hoden; t.p. Tunica propria; ut, »Uterus«; vd., Vas deferens; vd.ut, Verdickung der Uteruswand; v.ef, Vas efferens; v.n., vorderes Nervenpaar; v.s, Vesicula seminalis; v.ut, Uterusverzweigung; w.f. Wand des Borstenf ollikels ; w.ph, Wandung des Pharynx; ivz.so, Wimperzellen des Seitenorganes; Z.SO und z., große Zellen des inneren Kanales des Seitenorganes; / — V, Fünf Paar Parapodien; 1, 2, 4, 6, 8, Haupt lateralnervenpaare; 3, 5, 7, kleinere Lateralnervenpaare. 46 692 ^- Fedotov, Tafel XIX. Fig. 1. Geöffnete Scheibe von Gorgonocephalus eucnemis mit zahlreichen Parasiten — Protomyzostomum polynephris — in den Geweben der Geschlechts- organe. Der größte Teil der Gonaden ist mit Protomyzostomum infiziert. Eine Cyste ist geöffnet, in derselben sind mehrere Parasiten zu sehen *; **, ungeöffnete Cysten mit Parasiten. Photographiert, etwa 1/2 der natürlichen Größe. Fig. 2. Scheibe von Gorgonocephalus eucnemis von unten gesehen (in der- selben befinden sich 119 Exemplare von Protomyzostomum); die Scheibe ist durch die Parasiten aufgetrieben; ein Teil derselben ist durch die Bursalspalte vor- gestülpt {Pm.). (Photographiert, etwas verkleinert). Fig. 3. Protomyzostomum polynephris. Habitusbild; a, von der Dorsal- seite; b, von der Ventralseite. Natürliche Größe. Fig. 4. Protomyzostommn polynephris. Junges Exemplar (etwa 1,6 mm Länge, 0,7 mm Breite, d, Umriß des Darmes). Alkohol. Oc. 12,5 Kbäuss, Obj. «2 Zeiss. Vergr. 43. Fig. 5. Protomyzostomum polynephris. a, h, c, d, Veränderungen der Körper- form während der Bewegung. Natürliche Größe. Fig. 6. Teil eines Querschnittes durch Prtm. polynphr. Körperepithel (ep). Sublimat mit Eisessigsäure, HEiDENHAiNsches Eisenhämatoxylin. Eosin. Oc. 12,5, Obj. 4 mm Krauss. Vergr. 550. Fig. 7. Eine Hautdrüsenzelle. Suhl. -Eisessig, H.-Häm. Oc. 12,5, Obj. 4 mm Krauss. Vergr. 550. Fig. 8. Teil eines Frontalschnittes durch das Hinterende von Protomyzosto- mum polynephris, auf dem die Anordnung der Hautdrüsenzellen des Cloacal- kegels zu sehen sind. Subl. -Eisessig, H.-Häm., Eosin. Oc. 7,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 80. Fig. 9. Hautdrüsenzellen des Cloacalkegels. Subl. Eisessig, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5; Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 250. Fig. 10. Konische Vorsprünge der Cuticula des Körperepithels, welche durch die distalen Enden der Hautdrüsenzellen des Cloacalkegels nach außen vorgestülpt wird. Subl. -Eisessig, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 4 mm Krauss. Vergr. 550. Fig. 11. Eine Speicheldrüsenzelle. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 12.5, Obj. 4 mm Krauss. Vergr. 550. Fig. 12. Teil eines Frontalschnittes durch den vorderen Teil des Darmes. Flemming, H.-Häm., Eosin. Oc. 4, Obj. «2 Zeiss. Vergr. 34. Fig. 13. Teil eines Frontalschnittes durch den hinteren Teil des Darmes. Flemming, H.-Häm., Eosin. Oc. 4, Obj. «2 Zeiss. Vergr. 34. Fig. 14. Teil eines Frontalschnittes durch den Darm auf dem Niveau der Nephridien, man sieht den Übergang der Cloake durch das Rectum in den Magen- darm. Subl. -Eisessig, H.-Häm., Eosin. Oc. 4, Obj. AA Zeiss. Vergr. 100. Fig. 15. Teil eines Querschnittes diu-ch den Pharynx. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 7,5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 150. Fig. 16. Epithel des Pharynx. Flemming, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 4 mm Krauss. Vergr. 550. Fig. 17. Pharynxepithel auf einem Flächenschnitt. Flemming, H.-Häm. Die Anatomie von Protomyzostonuun ]iolynephris Fedotov. 693 (iil)ge;inclert(> Methode von Dreyer). Comp.-Üe. 12, Imni. 1/12 Zeiss. Ver- größeiung 1750. Fig. 18. Frontalsehnitt diucli das Nervensystem eines jungen ExompIcUes von Protomyzostomnvi polynephris ; der intermediäre Nerv ist nicht eingezeichnet. Flbmmino, Del.vf. Häm. Oc. 3, obj. «o Zeiss. Vergr. 29. Fig. \9. Abbildung des Nervensystems eines großen Exeniplares von Protomyzostonutm. Die Längsstänime sind einander genähert, der intermediäre Nerv ist nur stellenweise und undeutlich zu sehen. Die Commissuren lassen sich auf Totalpräi)araten schwer zählen. Das Nervensystem ist durch Maceration herauspräpariert worden. Vergr. etwa 6 — 7mal. Tafel XX. Fig. 1. Herauspräparierter Darm mit zehn Paaren von Hauptseitenästen; links ist ein Ast nicht sichtbar. Nach einem frischen Präparat; etwa lOmal ver- größert. Fig. 2. Stützstab und Haken eines Parapodiums (aus dem Parapodium eines Protomyzostomum der dritten Altersstufe). Nach einem frischen Präparat Oc. 7,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 80. Fig. .3. Querschnitt durch die BorstenfoUikel; man erkennt die Beziehung der Parapodialdrüseu zu dem Follikel. Subl. -Eisessig, H.-Häm. Oc. 7,5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 150. Fig. 1. Querschnitt durch die BorstenfoUikel. Abnorm große Anzahl von Borsten — gegen 20 Stück. Die Länge dieses Exemplares von Protomyzostomum beträgt 25 mm, seine übrigen Parapodien sind normal. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 7.5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 150. Fig. 5. Längsschnitt durch die BorstenfoUikel (der Schnitt ist etwas schräg geführt); man sieht eine Menge kleiner und ein großes cuticuläres Körperchen. Alkohol, Hämatoxylin, Pierofuchsin (nach van Gieson). Oc. 7,5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 150. Fig. 6. Teil der BorstenfoUikelwandung mit cuticulären Körperchen. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 4 mm. Krauss. Vergr. 550. Fig. 7 a, b, c. Verschiedenartige Formen der Cuticulärkörperchen eines Parapodiums. Oc. 12,5, Obj. 4 mm Krauss. Vergr. 550. Fig. 8. Querschnitt durch den Pharynx. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 1, Obj. AA. Zeiss. Vergr. 45. Fig. 9. Teil eines Querschnittes durch das hintere Körperende; man sieht den »Uterus«- (die Leibeshöhle) und die Cloake. Vorzugsweise Ringmuskeln des »Uterus«, Längsmuskeln sind an den Ecken des »Uterus« zu sehen. Die Cloake und der »Uterus « sind von Bindegewebsüberzug umgeben ; in letzterem sieht man Ring-, Längs- und schräge Muskeln. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 4, Obj. «2 Zeiss. Vergr. 34. Fig. 10. Teil eines Frontalschnittes durch den vorderen Teil des Pharynx und die Mundöffnung. Fixierung mit Alkohol, die Wimpern des Epithels sind nicht erhalten. Alkohol, DELAF.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. Iß mm. Kr.\uss. Vergr. 130. Fig. 11. Teil eines Querschnittes durch die Körpermitte eines jungen Exemplares von Protomyzostomum. Ein Ast des »Uterus« (der Leibeshöhle) {v.ut) 46* 694 D. Fedotov, stimmt mit einem Ast des Darmes (hda) überein. Flemming, H.-Häm. Oc. 4, Obj. «2 Zeiss. Vergr. 34. Fig. 12. Teil eines Querschnittes durch den Magendarm (mit einem Haupt- ast) und den Bauchatrang. Die Längsnervenstränge sind weit auseinandergerückt und durch dorso-ventrale Muskelbündel getrennt. Subl. -Eisessig, H.-Häm. (abge- änderte Methode von Dreyeb). Oc. 3, Obj. AA. Zeiss. Vergr. 90. Fig. 13. Teil eines Querschnittes durch den Magendarm (mit einem Haupt- ast) und den Bauchstrang. Die Längsnervenstränge sind weit auseinandergerückt und durch die Leibeshöhle mit Eiern getrennt; unter dem Bauchstrang liegt ein Darmast. Alkohol, Häm.-Picrofuchsin (nach van Gieson). Oc, 2, Obj. AA. Zeiss. Vergr. 20. Fig. 14. Teil eines Querschnittes des Körpers auf dem Niveau der Ne- phridien. Auf dem Schnitte sieht man den »Uterus«, die Nephridien und die Cloake mit Auswuchs, in welchem nur einige Schnitte weiter das Nephridium von links einmündet. Das Nephridium von links geht von dem (Fortsatz) Aus- wuchs des »Uterus« aus, rechts unmittelbar von dem »Uterus«. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 7,5 Krauss, Obj. «2 Zeiss. Vergr. 27. Fig. 15. Teil eines Flächenschnittes durch das Nephridium. Man sieht Längs-, Ring- und schräge Muskeln des Nephridiums. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 250. Fig. 16. Teil eines Flächenschnittes durch den unteren Teil (Schenkel) des Nephridiums; die Muskulatur der Wandung besteht hier aus schrägen Muskeln. Flemming, H.-Häm. Oc. 12,5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 250. Tafel XXI. Fig. 1. Teil eines Querschnittes, am Körperrande sieht man die Anordnung des Seitenorganes, der Vesicula seminalis (der schwach entwickelte Penis ist nicht abgebildet) und des Parapodiums (ein junges Exemplar von Protomyzostomum von 2,9 mm Länge, 1,5 mm Breite). Gilson, H.-Häm., Orange. Oc. 12,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 130. Fig. 2. Längsschnitt durch das Seitenorgan. (Die Abbildung ist nach zwei Schnitten kombiniert.) Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 7,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 80. Fig. 3. Querschnitt durch den Mittelteil des Seitenorganes. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 7,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 80. Fig. 4. Wimperzellen des Mittelteiles des Seitenorganes. (TeilJ eines etwas schiefen Querschnittes durch den Mittelteil des Seitenorganes.) Len- hossek, H.-Häm., Eosin. Oc.-Comp. 12, Hom. Imm. 2 mm Zeiss. Vergr. 1500. Fig. 5. Schiefer Längsschnitt durch die Drüsenzellen aus dem mittleren Teil des Seitenorganes (der Schnitt hat nur einen geringen Teil derselben getroffen). Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 4 mm Krauss. Vergr. 550. Fig. 6. Querschnitt durch die Drüsenzellen aus dem mittleren Teil des Seitenorganes. Jede Zelle enthält mehrere Kerne, die Grenzen der Zellen sind undeutlich. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 4 mm Krauss. Vergr. 550. Fig. 7. Teil eines Längsschnittes durch den inneren Kanal des Seiten- organes. Große Zellen des Seitenorganes mit blassem Plasma und hellen Kernen (Zellen des inneren Kanales). Lenhossek, H.-Häm., Eosin, Oc, 12,5, Obj. 4 mm Krauss, Vergr. 550, Die Anatoniie von Protomyzostoinuiu polynephris Fedotov. 695 Fig. 8. Querschnitt durcli die Zellen des inneren Kanales des Seitenorganes (z.so). Lenuosskk, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, übj. 4 nun Krauss. Vergr. 550. Fig. 9. Zwei Stützstäbe und drei Haken (alle funktionierend) eines Para- podiums von Protomi/zostomum (17 mm Länge). Nach einem frischen Präparat. Oc. 12,5, Obj. 10 mm. Krauss. Vergr. 130. # Fig. 10. Teil eines Flächenschnittes durch den unteren Teil der Körper- epithelzellen. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Comp.-Üc. 12, hom. Imm. 2 mm Zeiss. Vergr. 1500. Fig. 11. Querschnitt durch die Mundöffnung, auf welchem die Anordnung der Speicheldrüsen zu sehen ist, zwischen letzteren die dunkel gefärbten Haut- drüsenzellen. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 7,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 80. Fig. 12. Teil eines Querschnittes, man sieht den »Uterus« mit dem un- paaren medianen O varium auf der Wand des Magendarmes. Subl. -Eisessig, H. -Häm. Eosin. Oc. 7,5, Obj. 16 mm. Krauss. Vergr. 80. Fig. 13. Teil eines Querschnittes durch das paarige Ovarium. Alkohol, Häm.-Picrofuchsin (nach van Gieson). Oc. 7,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 80. Fig. 14. Teil eines Querschnittes durch den »Uterus«, das Nephridium unk die Cloake. Die Wimpern des oberen Schenkels sind dem »Uterus «, die des unteren der Cloake zugewendet. Alkohol 90°, Häm.-Picrofuchsin (nach van Gieson). Oc. 7,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 80. Fig. 15. Teil eines Querschnittes auf der Höhe des Pharynx, wo letzterer in das Lumen des Magendarmes vorgestülpt ist (großes Exemplar von Proto- mi/zostomum mit einer Menge von Eiern in der Leibeshöhle). Alkohol, Häm.- Picrofuchsin (nach VAN Gieson). Oc. 7,5 Krauss, Obj. «2 Zeiss. Vergr. 27. Fig. 16. Teil eines Frontalschnittes durch das vierte Paar der Hauptlateral- nerven. Man sieht zwei Anhäufungen der Ganglienzellen auf der fünften und sechsten Commissur. Subl. -Eisessig, H.-Häm. (abgeänderte Methode von Dreyeb). Oc. 7,5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 150. Da die Taf. XXI bei der Reproduktion um l,35mal verkleinert woirde, so muß man die angegebenen Vergrößerungszahlen dementsprechend verändert auffassen. Tafel XXII. Fig. 1. Querschnitt durch den Cloacalkegel, man sieht den »Uterus« und die Cloake. Ringmuskeln {r.kl. ) der Cloake, welche teils auch auf den »Uterus « über- gehen. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 130. Fig. 2. Querschnitt durch den »Uterus«. Eine breite Zwischenwand aus Bindegewebe mit Muskeln teilt jene Höhlung in zwei Abschnitte. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 7,5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 150. Fig. 3. Teil eines Querschnittes durch den »Uterus« xuid die Cloake; von dem »Uterus« gehen Auswüchse zur Cloake aus, welche an Nephridien erinnern. Alkohol, Häm.-Picrofuchsin (nach van Gieson). Oc. 12,5, Kjiauss, Obj. «2 Zeiss. Vergr. 43. Fig. 4. Teil eines Querschnittes, man sieht die Hoden und einen Teil der Leibeshöhle mit Eiern. Subl. -Eisessig, H.-Häm., Eosin (abgeänderte Methode von Dreyer). Oc. 3, Obj. C. Zeiss. Vergr. 210. 696 D. Fedotov, Die Anat. von Protomyzostomum polynephris Fedotov. Fig. 5. Querschnitt durch die Hodenfollikel. Lenhossek, ÜELAF.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 4 mm Kraxjss. Vergr. 550. Fig. 6. Etwas schräger Längsschnitt durch den Penis und die Vesicula semi- nahs. GiLSON, Häm.-Picrofuchsin (nach van Gieson). Oc. 2, Obj. AA. Zeiss. Vergr. 60. Fig. 7. Halbschematische Darstellung (nach mehreren Schnitten) der männ- lichen Ausführgänge (im Frontalschnitt). Alkohol, Häm.-Picrofuchsin (nach VAN Gieson). Oc. 1, Obj. AA. Zeiss, Vergr. 45. Fig. 8. Spermatozoenbündel um ein Cytophor. Lenhossek, DELAJ'.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 4 mm Krauss. Vergr. 550. Fig. 9. Spermatozoid (nach einem frischen Präparat). Comp.-Oc. 12, Imm. 1/12. Zeiss. Vergr. 1750. Fig. 10. Spermatozoidenkopf (nach einem Trockenpräparat, gefärbt nach Giemsa). Comp.-Oc. 12, Imm. 1/12. Zeiss. Vergr. 1750. Fig. 11. Querschnitt durch ein Nephridium. Subl. -Eisessig, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 8 mm. Krauss. Vergr. 250. Fig. 12. Querschnitt durch die Uteruswand, auf dem der Fortsatz an der- selben zu sehen ist: a. anfangs erscheint er in Gestalt eines beinahe massiven Wulstes (110 ^ Länge); h. in einer Ausdehnung von 50 ^ löst er sich von der Wan- dung ab und enthält Höhlungen; c. in einer Ausdehnung von 110^ in Gestalt eines hohlen Wulstes. Lenhossek, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 8 mm Krauss> Vergr. 250. Fig. 13. Teil eines Querschnittes durch den oberen Teil des Schlundringes. GiLSON, H.-Häm. (modifizierte Methode von Dreyer). Oc. 12,5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 250. Fig. 14. Teil eines Frontalschnittes durch das Nervensystem. Subl. -Eis- essig, H.-Häm. (modifizierte Methode von Dreyer). Oc. 2, Obj. AA. Zeiss. Vergr. 60. Fig. 15. Querschnitt durch die Commissur des Bauchstranges. Man sieht nur wenige Ganglienzellen. Flemming, H. -Häm. ( modifizierte Methode von Dre yeb). Oc. 7,5, Obj. 8 Krauss. Vergr. 120. Fig. 16. Etwas schiefer Längsschnitt durch den Nephroporus des Nephri- diums. Alkohol 90°, Häm.-Picrofuchsin (nach van Gieson). Oc. 7,5, Obj. 8 mm Krauss. Vergr. 120. Fig. 17. Teil eines Flächenschnittes durch die subcuticulare Muskulatur des Hautmuskelschlauches. Die Regelmäßigkeit der Längs- und Quermuskel- anordnung kommt wegen der geringen Dimensionen der Zeichnung nicht zur Geltung. Subl. -Eisessig, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 16 mm Krauss. Ver- größerung 130. Fig. 18. Teil eines Flächenschnittes durch die subepitheUale Muskulatur des- Hautmuskelschlauchsystems der sich regellos kreuzenden Muskeln. Subl.- Eisessig, H.-Häm., Eosin. Oc. 12,5, Obj. 16 mm Krauss. Vergr. 130. i Druck von BreitUopf & Härtel in Leipzig. Zeitschrift f. iciss. Zoologie. Bd. CTX. Taf. I. ~ -. \ ^ ., 1 1 \ / : 1 m n SC \ Fig. 2 I I pr I ew bl Fig. 3 Fig. 6 Fig. 6 Zeitschrift f. iciss. Zoologie. Bd. CIX. Taf. IT. Wilh'"" '"^ ^' fn i,, Zeihchnft f. wks. Zoologie. 1kl. ClX. Tnf. III. ^O S onp .siih ^W I I bi ph Fig. 18 Fiff. 19 l'ig. 20 ,l',,M/'n£'e'''1*"wi, »*<'.'V"/I ^3 -^0 7^— " fef ^"P^'g und Berlin. Zeitschrift f. ums. Zoologie. Bd. CIX. Taf. IV. Fig. 26 Fis. 29 Fig. 30 Fig. 27 Fig. 28 Fig. 31 Verlag vo„ WilKelm B''S^"<''"'m Uip,:^ ^ Zntschnt) /' /iv5.s Zoologie Dd. ('IX. rar. V Fig TMtrailuuio pinx , Ftg 2-21 W Hamen, del verlos mWük>l-t>^^\ra,^^f^-;^- lux AnstrJekwuiArnii.Jma ZfiLv-hritl f. in.ss. Zooloyk Bd. CIX. 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Fig.5 Fig.! Verlag von Wilhelm Engilminn ,•„ t^,^^,.^ ^„^ ß^^,,„ Zeitschrift f. iviss. Zoologie. Bd. CIX Tafel XV. V !■ y^ f «^y '^m Fig. 18 *^ Fig. 17 a Fig. 17 b de c Fig. 15 Verlag von Wilhelm Engelm"« k i_^.^^.^ ^^^ ^^^^.^ Zeitschrift f. triss. Zooloyiv. Bd. ( 'IX. Tafel XVII. Schkaff. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig und Berlin. Zeitschrift f. iciss. Zoologie. Bd. CIX. Tafel XVI. Geruchsorgan. g.branch. ~* Geruchsorgan Fig. 1. Verlag von Wilhelm Engelmann i„ Leipzig und Berlin. Zeitschrift f. tviss. Zoologie. Bd. CIX Tnfd XVIII. ybüccsup. HopFhnorpel lob.F^onhsup. \ Lob.venl: . Lob.ß-onhinP \ > ' iob.bas.anh Comm.n opt. wf0m*. ^^^ .HopFhnorpel Ws'-m M^'^^Öes. fei- '''■;^ ^ '' ^\ch.nerv.stat. W^ Ä --X'^p^ -IK^ mr- i"oip- n.brachUi Oes.y Schkaff. Verlag von mihtlm £nff''l«on„ ;, Leipzig und Bertin. ZeUschrifl f. niss. Zoologie. Bd. CIX. Taf. XIX. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig und Berti) Zeitschrift f. iviss. Zoologie. Bd. CIX. Taf. XX. ph 1- Jhda stM cal V,Ät: bdd~: -'--^vr%^l 77. "'" ■:// in cn dvm ^'' n^n'-- f^ da Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig ^t; //! a.hl. m.neph. neph 76. Ziitsclirift f. iriss. Zoologie. Bd. CIX. ^ # hitz /sph n\ sph m fe ■dm m^d ' *?^*N 12. Z.SO ~kpa 8. 10. *" wf:- ( e/7(/- ■- — ---j-BsH- 'fl'."' ^P da dvm gzk Fedotov. Verlag von Wilhelm Enselmann in Leipzig und Berlin. Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. CIX. ep-ut ^-cu. hdrz eput rmut uf / vd Taf. XXI r. ßp SCr sei 6s:-, I KcHag von Wilhelm Engelmann in Leipzig und Berlin. 5 WHSE 0 854 iljXI ^ t -V. [ h^--^f i1%>''' »^t 'S*: /1r ... 'xt ^^ i^ -■#::■ /^^.^l