•ir*» i^B ^ i 1 •W "^^ ■.S^' ■•^' /p4* •;' ' '■■ ■'■"■ ■ 1 l < ^i:^.» :M?"H!' i i • J/3 •-*>• #* a ^ H vV*- - r ;^:-^^ ' \ & y-i"*-- S I^ ?ki^^ ;' .-IPW^.i / ZEITSCHRIFT FÜR WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE BEGRÜNDET VON CARL THEODOR V. SIEBOLD UND ALBERT V. KÖLLIKER HERAUSGEGEBEN VON ERNST EHLERS PROFESSOR AN DER UNIVERSITÄT ZU GÖTTINGEN HUNDERTDREIZEHNTER BAND MIT 178 FIGUREN IM TEXT UND 9 TAFELN LEIPZIG VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 1915 Inhalt des huiidertdreizehnten Bandes Erstes Heft Ausgegeben den 30. März 1915 Seite D. Tretjakoff, Die Parietal organe von Petromyzon fluviatilis. Mit 6 Fi- guren im Text und Tafel I — V - 1 Günther Quiel, Anatomische Untersuchungen an Collembolen. Mit Ta- fel VI und VII 113 Zweites Heft Ausgegeben den 13. April 1915 Walter Schmidt, Die Muskulatur von Astacus fluviatilis (Potamobius asta- CU8 L.). Ein Beitrag zur Morphologie der Decapoden. Mit 26 Fi- guren im Text 165 Walther Dietrich, Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Cope- poden. I. Die Nauplien und das erste Copepodidstadium. Mit 19 Figuren im Text 252 ^ Drittes Heft Ausgegeben den 15. Juni 1915 Arno Glockauer, Zur Anatomie und Histologie des Cephalopodenauges. Mit 37 Figuren im Text 325 Albin Ebersbach, Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. Mit 28 Figuren im Text und Tafel VIII und IX 361 Viertes Heft Ausgegeben den 29. Juni 1915 Wilhelm Keim, Das Nervensystem von Astacus fluviatilis (Potamobius astacus L.). Ein Beitrag zur Morphologie der Decapoden. Mit 28 Fi- guren im Text 485 Wilhelm Flössner, Die Schalenstruktur von Helix pomatia. Mit 33 Fi- guren im Text 546 P. Deegener, Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. Mit 1 Figur im Text 578 ! G. I "] 2- Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. Von D. Tretjakoff (Odessa). Mit 6 Figuren im Text und Taf. I— V. Einleitung. Unter den zahlreichen Verfassern der Arbeiten über den Ban der Parietalorgane der Cyclostomen und der Reptilien findet man be- merkenswerterweise nur einen Forscher, welcher wenigstens eine spezi- fische Methode der Färbung des Nervengewebes scheinbar in erfolg- reicher Weise angewendet hatte. Dieser Forscher ist Retzius (27), welcher im Jahre 1895 eine kurze Abhandlung veröffentlichte, deren Ergebnisse mit Hilfe der GoLGischen Methode erzielt wurden. Die Ergebnisse der RETZiusschen Arbeit waren aber in keiner Weise als abgeschlossen zu betrachten, wie es übrigens auch der Verfasser selber zugibt. Es gelang ihm jedenfalls, im Pinealauge (bzw. in der Epiphysis) bei Ammocoetes Zellen schwarz zu färben, aber diese Zellen sollen nach seiner Meinung nur die verkümmerten Ependymzellen mit einzelnen unter sie eingemengten, zu Neuroglia ausgebildeten Elementen darstellen. Eine reguläre Anordnung der Zellenelemente in Schichten konnte er nicht dartun. Weder sekundäre, noch wirkliche, als Sinnesnervenzellen aufzufassende Sinneszellen ließen sich mittelst der GöLGischen Methode nachweisen. Die Nervenfasern ziehen zwar am hinteren unteren Umfang des Organs vorbei, eine En- digungsweise derselben wie in einem Sinnesorgan konnte der Verfasser keineswegs feststellen. Auf Grund seiner Beobachtungen kommt Retzius zu dem Schluß, daß das Pinealorgan (bzw. die Epiphysis) bei Ammocoetes kaum als ein wirkliches Sinnesorgan aufzufassen ist und daß in ihm jedenfalls kein Auge vorhegt. Hiermit will er aber nicht behaup- ten, daß das Pinealorgan in andern Ausbildungsstadien nicht als ein Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIIl. Bd. 1 2 D. Tretjakoff, Sinnesorgan gedient haben kann, bei Ammocoetes liegt jedoch wahr- scheinhch ein Stadium vor, welches entweder noch nicht dahin gelangt oder auch schon zurückgebildet worden ist. Im Parapinealorgan (bzw. in der Paraphysis) konnte Eetzius dagegen mit GoLGischen Methoden Zellen färben, welche als Sinnes- zellen imponieren und gewiß wohl funktionierende Nervenzellen sein können. Der Verfasser läßt aber gleichzeitig zu, daß diese Zellen auch Ependymzellen sein können, die nur in ihrer Gestalt Nervenzellen ähneln. Fast bestinnnt betrachtet er die Zellen in der oberen-vorderen Wand des Parapinealorgans als Ependpiizellen. Retzius versuchte nicht Beziehungen zwischen seinen Beobachtungen und denen von Mayer (22) zu finden, welche ebenfalls mit der GoLGischen Methode erzielt wurden. Mayer fand nämhch in der unteren Wand des Pineal- organs bei Ammocoetes Ganglienzellen, deren Fortsätze er durch den Nerven des Organs bis in das Gehirn hinein verfolgen konnte. Diese Beziehungen nimmt aber Studnicka (34) in seiner Arbeit über Parietal- organe an. Er betrachtet nämlich die Ganglienzellen von Mayer und die tangentiellen Neurogliazellen von Retzius als identische Gebilde. Studnicka (34) behauptet weiter, daß er mit nicht spezifischen Färbungsmethoden das Vorhandensein der echten Sinnesnervenzellen im Pinealorgan bei Petromyzon nachweisen konnte. Es gelang ihm wirklich, in der unteren Wand des Pinealorgans eigentümUche Zellen zu beobachten, welche als Sinnesnervenzellen anerkannt werden können. Studnicka studierte ihre Formen und Topographie im Pineal- organ der erwachsenen Petromyzonteu (P. planeri und marinus), läßt aber in keiner Weise zu, daß die Struktur desselben bei Ammocoetes sich wesentlich vom Bau des völlig differenzierten Organs unter- scheidet. Aus diesem Grunde spricht er sich ganz bestinnnt über die Beobachtungen von Retzius aus, daß die von diesem Verfasser be- schriebenen >>Cylinderzel]en<< sicherlich die Ependymzellen bzw. Stütz- zellen sind. Die späteren Untersuchungen von Dendy (7) in demselben Gebiet und die Arbeit von Nowikoff(24) über das Parietalorgan von Eidechsen unterstützen die Ansichten von Studnicka. Ich möchte sogar sagen, daß in morphologischer Beziehung die beiden letzten Verfasser sehr wenig Neues im Vergleich mit den An- gaben von Studnicka heferten, sie haben aber in andrer Beziehung gerade sehr wichtige Mitteilungen hervorgebracht. Nowikoff gab genügende Beweise, daß das Parietalorgan der Eidechse als photo- perceptorisches Organ funktioniert, was sich morphologisch durch die Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 3 Verlagerung des Pigments in den Stützzellen dem Grade der Beleuch- tung entsprechend äußert. Nach solcher Feststellung der photopercep- torischen Funktion des Parietalorgans kann man nicht ohne weiteres vom Pinealorgan bei Petromyzon oder bei Ammocoetes behaupten, daß es kein Auge ist. Ganz im Gegenteil kann man denken, daß das Pinealorgan eher ein Auge ist als das Parapinealorgan, dessen Struktur auch nach den Untersuchungen von Studnicka noch sehr dunkel bleibt. Die Arbeiten von Dendy und Nowikoff wurden wieder mit nicht spezifischen Methoden der Färbung der Nervenelemente ausgeführt, und nach dem Vergleich aller Literaturaugaben kann man bis jetzt nicht sagen, daß zwischen den Beobachtungen von Retzius und den- jenigen andrer Forscher eine Harmonie besteht. Man kann gegen- wärtig nicht ohne weiteres bei der Betrachtung der Zeichnungen von Retzius und Studnicka annehmen, daß die von Retzius bemerkten » cylindrischen << Zellen wirklich den Stützzellen, wie Studnicka will, ähnhch sind. Und wenn auch Studnicka in dieser Beziehung Recht hat, sind durch seine und andre Untersuchungen noch keine Vorstel- lungen über die Art und Weise des Zusammenhangs der Elemente des Pineal- und Parapinealorgans gegeben. Diese Erwägungen lieferten mir den Anlaß für die vorliegende Untersuchung. Erste Schritte habe ich in dieser Richtung bei der Untersuchung des Gehirns von Ammocoetes getan, aber viele Seiten der Frage bheben für mich noch so dunkel, daß ich mich damals nicht entschließen konnte, Ergebnisse von Beobachtungen über das Pineal- organ von Ammocoetes zu veröffentlichen. Ich hatte nämlich die Ab- sicht, nach dem Schluß der Gehirnforschuug die Parietalorgane bei Petromyzon in Betracht zu ziehen, was ich in den Jahren 1911 und 1912 ausführen konnte. Dabei muß ich noch bemerken, daß ich in Petersburg zwar sehr reichliches Material von Petromyzon, aber nur in den drei Herbst- monaten kriegen komite, also gerade in der Zeitperiode der intensivsten pädagogischen Tätigkeit. Ich mußte in dieser kurzen Frist eine mög- lichst große Anzahl von Präparaten vital färben, was natürlich die allseitige Bearbeitung des Stoffes in beträchtlicher Weise störte. Des- halb konnte ich manche Fixationsverfahren nicht bis zu den äußersten Grenzen ihrer Wirkung ausprobieren U2id mußte mir an den ersten guten Ergebnissen derselben genügen lassen. Aus diesem Grunde konnte ich auch keine Experimente, um die etwaige photopercep- torische Funktion der Parietalorgane direkt zu beweisen, unternehmen. 4 D. Tretjakoff, Schließlich fand ich beim Aufenthalt in Petersburg, als ich dort Assistent von Dogiel war, keine günstigen Bedingungen für die Ver- öffentlichung dieser und andrer meiner Untersuchungen über das peri- phere Nervensystem und die Sinnesorgane bei Petromyzon. Die Mög- lichkeit dazu bekam ich in Odessa als selbständiger Universitätslehrer, selbstverständlich nach der Erledigung der Aufgaben des Unterrichts, welche wohl jedem Universitätslehrer in der neuen Stellung vorliegen und welche keinen Aufschub dulden. Da ich jetzt keine Möglichkeit mehr habe, frisches Material zu erhalten, muß ich manche Details, welche an meinen Präparaten noch nicht klar auftreten, hier fallen lassen. Ich hoffe trotzdem, daß, was die von mir ausgewählte spezi- fische Färbung der Nervenelemente der Parietalorgane betrifft, meine Untersuchungen vollkommen abgeschlossen sind. Da die vorliegende Beschreibung hauptsächlich auf der Unter- suchung der Parietalorgane beim erwachsenen Petromyzon basiert, könnte man mir den Vorwurf machen, daß meine Ergebnisse, unge- achtet der Anwendung der spezifischen Methode, mit denjenigen von Ketzius direkt nicht vergleichbar sind; aus diesem Grunde muß ich gleich betonen, daß ich mit meiner spezifischen Methode ebenso wie mit der von mir angewendeten nicht spezifischen außer dem Größen- unterschied keine andre wesentliche Abweichung im Bau der betreffenden Organe bei Ammocoetes und beim erwachsenen Petromyzon bemerken konnte. In ganz ähnlicher Weise, wie die Strukturen des Rücken- marks und des größten Teils des Gehirns beim erwachsenen Petromyzon nur die vergrößerten Elemente von Ammocoetes zeigen, finde ich in den Parietalorganen bei Petromyzon und bei Ammocoetes gleiche Ele- mente in ähnlicher Anordnung. Genau in demselben Sinn äußert sich über diesen Gegenstand StudniÖka, der in seiner ersten Arbeit über die Parietalorgane der Cyclostonien (32) Abweichungen im Bau dieser Organe bei Ammocoetes gefunden zu haben glaubte. In der späteren Abhandlung für das OpPELsche Lehrbuch erkennt Studnicka (34), daß es ein Irrtum von seiner Seite war, und daß im Bau der Parietalorgane bei Ammocoetes keine wesentlichen Differenzen vom Bau derselben beim erwachsenen Petromyzon existieren. Die Quelle des Irrtums war die intensive Pig- mentierung des Pinealorgans des erwachsenen Petromyzon. Dank diesen Umständen glaubte ich den richtigen Weg zu wählen, daß ich meine Aufmerksamkeit hauptsächüch auf die Parietalorgane des erwachsenen Petromyzon richtete, da die Präparierung und weitere Behandlung dieser Organe beim erwachsenen Tier mit minderen tech- Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 5 nischen Schwierigkeiten verbunden sind, als bei der Untersuchung des Ammocoetes. Ich gestatte mir also ganz nachdrücklich zu bemerken, daß die Parietalorgane bei der von mir untersuchten Art von Petro- myzon ganz regelmäßig und progressiv sich entwickeln und ihre Diffe- renzierung vom jüngsten Ammocoetes-8i3idi\im angefangen sich gleich- mäßig durch die ganze Periode der Metamorphose fortsetzt. Deswegen muß man denken, daß auch die Funktion der Parietalorgane ebenso allmähhch und gleichmäßig mit dem Wachstum des Tieres sich ent- faltet, oder umgekehrt, wenii es gehngt, die Funktion der Parietal- organe beim erwachsenen Petromyzon in bestimmter Weise zu verstehen, wir dieselbe Funktion auch bei Ammocoetes annehmen können. Nun haben wir in letzter Zeit in der NowiKOFFschen Untersuchung genügende Beweise erhalten, um das Pinealorgan bei Petromyzon ebenso wie das Parietalorgan bei Eidechsen als photoperceptorisches Organ zu betrachten. Nowikoff (24) hat nämhch gefunden, daß in den Stützzellen des Parietalorgans der Eidechsen {Lacerta agilis und Ati- guis fragilis) die Beleuchtung Bewegungen des Pigments hervorruft, welche den Umlagerungen der Pigmentkörnchen im Epithel der Netz- haut der lateralen Augen der Wirbeltiere oder in den Augen der Wirbel- losen ähnhch sind. Müssen wir glauben, daß diese beiden Organe von so ähnhchem Bau verschiedenen Funktionen dienen sollen? Welche Stellung müssen wir weiter zur Behauptung von Ketzius nehmen, daß das Pinealorgan von Ammocoetes sicher kein Auge ist? Bei ganzer Hochachtung vor den Arbeiten von Studnicka und von Nowikoff, welche die Augeimatur der Parietalorgane so wahrscheinlich machen, können wir die Meinung eines in Untersuchung des Nerxengewebes mit spezifischen Methoden so geübten Forschers wie Retzius nicht ohne weiteres ablehnen. Aus den angegebenen Gründen halte ich dafür, daß weiteres Ein- dringen in das Wesen der Parietalorgane ohne Anwendung spezifischer Methoden kaum möglich sei. Aber auch für die andre Seite der Frage, die vergleichend-anatomische Auffassung der Parietalorgane ist die feinere histologische Untersuchung, nach meiner Meinung, unumgäng- lich. Ich meine dabei den Vergleich der Parietalorgane mit den Lateralaugen der Wirbeltiere ; es ist wohl allgemein bekannt, daß über die Beziehungen zwischen diesen Organen schon manche weitgehenden Hypothesen angestellt worden sind, meistens ohne Berücksichtigung der feineren Struktur der Organe, nur an der Hand ihrer allgemeinen Bauart (Studnicka [32, 34], Schimkewitsch [29], Nowikoff [24]) oder nur embryologischer Tatsachen (Bekanek [4], Locy [21], Hill 6 D. Tretjakoff, [17]). Am besten sind solche Betrachtungen von Studnicka begründet, welcher nach der Bekanntschaft mit der Struktur der unteren Wand des Pinealorgans bei Petromyzon an den Eisenhaematoxylin- Präpa- raten zu dem Schluß gekommen ist, daß die ganze untere Wand auf- fallend an die Retina eines paarigen Wirbeltierauges eriimert, von dem sie jedenfalls darin sich unterscheidet, daß sie nicht umgekehrt ist. Wollen wir aber genauer berücksichtigen, welche Strukturelemente dem genannten Verfasser den Anlaß gegeben haben, zu dieser Schluß- betrachtung zu kommen. Nach seiner Betrachtung stellen die Zellen der unteren Wand des Pinealorgans keine Epithelzellen, sondern nur die Elemente dar, welche man in anderen nervösen Wänden der Zentralorgane des Nerven- systems beobachten kann. Man muß unter ihnen die Ependym- zellen, die Sinneszellen, die Neurogliazellen und die Ganglienzellen unterscheiden. Die Ependymzellen des Pinealorgans nehmen mit ihren eigentlichen Körpern die ganze innere Hälfte der Dicke der unteren Wand des Or- gans ein. Ihre dünneren peripheren Fortsätze gelangen bis zur äußeren Grenze der Wand. Die meisten kleinen, feine Fortsätze aussenden- den und außerhalb des Epithelverbandes liegenden Zellen sind sicher Neuroghazellen, die nur in der äußeren Hälfte der Dicke der Wand liegen. Die Sinneszellen liegen mit ihren Körpern hauptsächhch in der inneren Hälfte der Wand, ihre äußeren Enden biegen sich in die tan- gentiell verlaufenden Nervenfasern um. Die großen, außerhalb des Epithelverbandes liegenden, Zellen, die oft dicke Fortsätze aussenden, sind Ganghenzellen, welche nur in der äußeren Hälfte der Wand ge- lagert sind. Ich muß gestehen, daß die angeführte Argumentation von Stud- NiCKA, so weit sie die Ähnlichkeit zwischen der Retina des Pineal- organs und derjenigen der lateralen Augen der Wirbeltiere betrifft, mir sehr leichtwiegend erscheint. Er spricht weiter selber ganz offen aus, daß die Art und Weise, auf welche die Elemente der Parietalorgane mit den Nervenfasern der äußeren Schicht der unteren Wand im Zu- sammenhange stehen, nicht genug bekannt ist. Schuld daran ist nach seiner Meinung die Unzulänglichkeit der speziellen neurologischen Methoden bei diesen meist stark pigmentierten Organen. Speziell für Petromyzon läßt der Verfasser unentschieden, ob die äußeren Fortsätze der Sinneszellen direkt in das Gehirn verlaufen oder zu den Ganglien- zellen des Pinealorgaiis in irgendeiner Beziehung stehen. Es ist zurzeit ganz klar, daß man bei solchen Voraussetzungen Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 7 den wunderbaren komplizierten Apparat der Netzhant der lateralen Augen der Wirbeltiere, welcher uns schon seit Jahrzehnten so genau, wie es nur bei der Anwendung spezieller Methoden möglich ist, bekannt ist, sich nur in äußerst schematischer Weise vorstellen muß, um seine Ähnlichkeit mit dem retinalen Apparat des Pinealorgans anzunehmen. Wenn auch die funktionelle Analogie dieser Organe höchst wahrschein- lich ist, brauche ich in keiner Weise ihre morphologische Homologie als bewiesen zu betrachten. Da unter den zahlreichen Untersuchungen über die Parietalorgane diejenigen mit der Anwendung spezieller Methoden sehr spärlich sind, fürchte ich von vornherein, daß meine Untersuchungen von den Kol- legen, welche die Berienpräparate und die Hämatoxylinfärbung als höchste Leistung der histologischen Technik betrachten, mit Miß- trauen aufgenommen werden. Der Fall Deineka-Goldschmidt-Dogiel (Das Nervensystem von Ascaris) gibt mir Veranlassung, diese Voraus- setzung auszusprechen. Um die mögliche Harmonie zwischen den Ergebnissen der spezifischen und nicht spezifischen Methoden zu ge- winnen, hatte ich eine ganze Reihe von Fixationen und Färbungen unternommen, welche für die Hauptaufgabe meiner Untersuchung schließlich ganz entbehrlich erschienen. Dabei entdeckte ich aber manche Einzelheiten, welche ich vorläufig gar nicht als endgültig festgestellt betrachten kann ; wenn ich sie hier anführe, will ich damit die Möglichkeit zeigen, daß diese Einzelheiten Ausgangspunkte für neue Untersuchungen der Parietalorgane sein können. Am wichtig- sten unter diesen Einzelheiten halte ich die Merkmale der secre- torischen Tätigkeit der Stütz- oder Ependymzellen der Parietalorgane. Um die Bedeutung dieser Merkmale verständlich zu machen, muß ich wieder die allgemeinen Schlußbetrachtungen von Studnicka anführen, welcher die Sache wirklich in meisterhafter Weise verarbeitet hat. Er hat nämlich die Tatsachen der merkwürdigen morphologischen Umwandlung des Pinealorgans in der Reihe der Wirbeltiere in geschick- ter Weise zusammengestellt. Er nimmt auch an, daß dabei ebenfalls ein Funktionswechsel statthatte. Das Pinealorgan wird schon bei Teleostiern zum secretorischen Organ und bekommt die Gestalt der tubulösen oder acinösen Drüse dadurch, daß an seinen Wänden sich in den Innenraum des Organs hineinragende Falten und Zwischen- wände bilden. Dank diesen Umwandlungen können jetzt die Blut- capillaren tiefer in das ganze Pinealorgan hineindringen. Die originelle Erscheinung besteht dabei darin, daß diese drüsenähnUchen Pineal- organe die Struktur der Sinnesorgane noch in bedeutendem Maße 8 D. Tretjakoff, bewahren können. Sie verlieren, nach Ansicht von Studnicka, ihre Bedeutung eines Sinnesorgans noch nicht, da die Struktur ihrer Wände dieselbe bleibt, wie sie früher war, und die Verbindungen ihrer nervösen Elemente mit dem Gehirn allem Anscheine nach bestehen. Die Bau- weise des noch als Sinnesorgan funktionierenden Pinealorgans kann in solcher Weise schon umgestaltet werden, daß es einigermaßen die Ähnhchkeit einer Drüse bekommt, und es wird schwer sein — nach der Meinung des Verfassers — zu sagen, wo die ersten Anfänge dieser Än- derungen zu suchen sind. Bei solchem Zustand der Frage wäre es nach meiner Meinung sehr wichtig, die Anfänge der secretorischen Tätigkeit schon in den aner- kannt photoreceptorischen Parietalorganen zu entdecken. Wir möchten dann schon nicht, wie Studnicka es tut, von funktionellen Modifi- kationen, sondern nur von der weiteren Entfaltung einer schon von Haus aus vorhandenen Tätigkeit sprechen, was uns vielleicht der Lö- sung der Frage nach der wirklichen Funktion dieser scheinbar photo- perceptorischen, in Wirklichkeit noch sehr rätselhaften Organe näher bringen könnte. Wenn man die in der Literatur vorhandenen Beschreibungen der Parietalorgane genau berücksichtigt und die Aufmerksamkeit auf die Tatsache richtet, daß das Pigment und die Sinneszellen in diesen Or- ganen sogar in den Fällen vorhanden sind, in welchen man noch keine Ahnung von der Funktion des Organs hat, kann man nicht den Ge- danken los werden, daß die Funktion der Parietalorgane etwas mehr als rudimentär photoperceptorisch sei. Zu ähnlicher Auffassung kam Studnicka schon im Jahre 1900 und wiederholte im Jahre 1912 buch- stäblich (35) folgendes: >>In der Regel hält man die Parietalorgane für Rudimente von ehemals besser entwickelten Organen; mit größerer Berechtigung kann man aber, wie ich schon einmal darauf hingewiesen habe, in ihnen Organe erblicken, deren Aufgang und Verfall sich noch heute verfolgen läßt<<. Ich glaube, daß diese rein morphologisch klingende Behauptung den von mir supponierten physiologischen Sinn hat. Man kann kaum in andrer AVeise dieses hartnäckige Bewahren der Sinneszellen im Pinealorgane bei Teleostiern oder in der Epiphyse bei Vögeln (bei Melagris nach Studnicka [34]) oder die Anhäufung des Pigments in der Epiphyse bei Sauriern erklärlich machen. Sonst könnte man fragen, welchen Sinn gerade die die photoperceptorische Funktion störende Ansammlung der runden pigmentierten Zellen in der Mitte der Linse des Parietalauges bei Sauriern haben nuiß, die sogar keine Die Parietalorgane von Petroiiiyzon fliiviatilis. 9 Seltenheit darstellt (Spencer 1876). Diese Tatsache einfach mit der Bemerkung abzutun, daß die betreffenden Organe zugrunde zu gehen bestimmt sind (Studnicka [34]), das ist doch wohl nicht angängig schon deswegen, weil dieses Zugrundegehen niemals beobachtet worden ist. Alle diese Erscheinungen veranlassen nach meiner Meinung eine Revision der ganzen Frage über die morphologische Bedeutung der Parietalorgane mit Hilfe eingehender und speziellerer morphologischer Analyse. Ich möchte damit nicht behaupten, daß mir diese Analyse im gegebenen Fall gelungen ist. Dazu fehlt mir der zuverlässige verglei- chend-anatomische Boden. Ich glaube aber, daß in diesem von spe- ziellen histologischen Methoden so vernachlässigten Gebiet die richtige Fragestellung ebenfalls von Wert ist. Man muß nicht als erwiesen das, was noch lange nicht erwiesen ist, betrachten. In dieser Beziehung halte ich die Idee von Studnicka, die Parietalorgane in die Gruppe seiner Ependym-Sinnesorgane einzureihen, für eine ganz fruchtbare. Studnicka bemerkt nämlich (35), daß es ganz primitive Formen der Parietalorgane ( Pinealorgane mancher Teleostier und Ganoiden z. B.) gibt, die von sackförmiger Gestalt sind und die überall zwischen den typischen Ependymzellen Sinneszellen eingestreut haben. Ich konnte in meiner Arbeit über die »centralen Sinnesorgane << bei Petromyzon der STUDNicKAschen Auffassung eine wesentliche Stütze geben, als ich entdeckt hatte, daß das Ependym des Centralnervensystems bei Petromyzon fast nach seiner ganzen Ausbreitung Sinneszellen ent- hält und also als ein oder mehrere Sinnesorgane fungiert. Die Parietalorgane kann man, meiner Meinung nach, als spezielle Epithel- sinnesorgane mit einer noch nicht bekannten Funktion, welche für sie primär ist, betrachten, und die photoperceptorische Funktion ist viel- leicht bei ihnen nur eine sekundäre und komplementäre Funktion. Selbstverständlich muß es von Wert sein, das' Vorhandensein einer andern Funktion neben der photoperceptorischen in dem Parietal- organe beweisen zu können. Eine spezielle Bedeutung kommt der Frage nach dem Wesen der Ausfüllungsmasse des Binnenraums der Parietalorgane zu. Studnicka (34), W'ie viele andre Untersucher haben im Hohlraum der Parietal- organe gewisse morphologische Bestandteile beschrieben. Sie sollen im genetischen Zusammenhange mit den Zellen des Parietalorganes selber stehen. Sie sind zum Teile Fortsätze der Zellen des Parietal- organes selber. Demgegenüber versichert Nowikoff (24), daß die im sogenannten Glaskörper des Parietalauges vorkonunenden Zellen aus 10 D. Tretjakoff, dem Mesoderm entstehen und sekundär ins Parietalorgan hineindringen, er läßt aber gleichzeitig zu, daß andre morphologische Elemente des Glaskörpers jedenfalls den AVandzellen des Organs angehören. Ich brauche wohl nicht ausführhch zu beschreiben, welche Be- deutung dieser Behauptung vom neuroglialen Ursprung und von der ectodermalen Natur des Glaskörpers im Parietalauge für die Lehre von der Entstehung des Glaskörpers der lateralen Augen (Kölliker, Eabl, Szili) hatte. Die Bezeichnung Glaskörper war irreführend und, ohne die Homologie der mit diesem AVort gestempelten Gebilde be- wiesen zu haben, hoffte man im ectodermalen Ursprung des Glaskörpers der Parietalorgane die Bestätigung der ectodermalen Entstammung des Glaskörpers der lateralen Augen zu finden. NowiKOFF (24) hat die widersprechenden Punkte in dieser Erage schon ganz bestimmt gezeigt. Die Glaskörperfasern der lateralen Augen sollen von den Stützzellen der Retina entspringen und von der äußeren Oberfläche der sekundären Augenblase abgehen, während im Parietal- organ die Sinneszellen selber sich in den Glaskörper fortsetzen. In einer ganz neuen Eichtung betrachtet Studnicka (36) die Glaskörperfrage bei den Parietalorganen in seiner neuen Veröffentlichung. Er zählt die morphologischen Elemente des Glaskörpers im Pinealauge dem »extracellulären Protoplasma« zu, welchem Begriff er jetzt eine sehr allgemeine und weitgehende Bedeutung geben will. Reell findet er aber in den Parietalorganen Gebilde, welche zu diesem neuen Be- griff sehr wenig passen. So hat er z. B. bei Raia im Glaskörper des Pinealorgans das kernhaltige Symplasma beobachtet, in welches massen- haft Neurogliafasern hineingedrungen sind. »Was dies zu bedeuten hat, kann ich nicht sagen«, bemerkt er neulich (36) über diese seine Beobachtung. Wir aber können von vornherein sagen, daß der STUDNiCKAsche Begriff des extracellulären Protoplasmas vielleicht nicht so umfassend ist, daß alle Strukturen des Glaskörpers der Parietalorgane durch diesen Begriff verständlicher werden könnten. Um das Recht zu haben, von extracellulären! Protoplasma zu sprechen, muß man nicht luir formell, sondern ganz reell die Grenzen der Zelle bzw. des Zellkörpers in jedem konkreten Fall bestimmen. Hat das Studnicka getan? Ich glaube nicht, so weit es die Parietalorgane anbelangt. Man findet nirgends im Artikel von Studnicka die Bestimmung, was er als Zell- grenze annimmt. Die Frage über die Natur des Glaskörpers der Parietal- organe ist also noch lange nicht in die richtige Bahn geleitet. In solcher Weise häufen sich die Probleme schon bei dem kritischen Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 11 Zusammenstellen der betreffenden Literaturangaben an. Noch be- deutender vergrößert sich die Reihe der Fragen, welche erst bei der Untersuchung entstehen und die nur unten besprochen werden können. Ich will nicht am Raum sparen, um diese Fragen allseitig zu analy- sieren, da nach meiner Überzeugung die Histologie der Parietalorgane wichtige Ergebnisse künftigen Forschern versprechen kann. Um die sichere Einsicht in die behandelten Verhältnisse zu be- wahren, mußte ich zwei Vorarbeiten ausführen lassen und vor dem Schluß dieser Untersuchung drucken lassen: »Zur Anatomie des Auges der Kröte << (40) und »Die centralen Sinnesorgane bei Petromyzon << (41). Ich kann hier die Bemerkung nicht unterlassen, daß in erster Veröffentlichung ich schon eine vorläufige Mitteilung über die Er- gebnisse meiner Untersuchung über die Parietalorgane bei Petromyzon gemacht und mitgeteilt hatte, daß man die unpaaren Augen der Wirbel- tiere nicht ohne weiteres mit den paarigen lateralen Augen homologi- sieren darf. Ich gelangte weiter auf Grund der Struktur der lateralen AVirbeltieraugen zur Schlußbetrachtung, daß die Struktur der un- paaren Augen keine genetischen Beziehungen zur Entstehung der paarigen Augen (gegen Schimkewitsch und Jelgeesma) hat. Jetzt will ich diese Schlußfolgerung mit Hilfe der Beobachtungen über die Struktur der Parietalorgane auf ihre Gültigkeit prüfen. Material und Methode. Mein Material bestand in den Herbstmonaten hauptsächhch aus erwachsenen Neunaugen aus der Newa, in den Frühjahrs- und Sommer- monaten aus Ämmocoetes von demselben Tier. Die Art der Neunaugen bezeichne ich als Petrom. fluviatilis. Für die Fixation brauchte ich von Ämmocoetes ganze Köpfe, beim Neunauge ist es besser, zuerst die obere Partie des Kopfes mit dem Scheitelfleck, den Pinealorganen und der oberen Gehirnhälfte mit einem scharfen Rasiermesser durch einen horizontalen Schnitt abzutrennen und dann nur diese obere Partie des Kopfes zu fixieren. Die Abtötung der Tiere geschah immer ohne Narcotica, durch einfaches Zerschneiden des Körpers mit Scheren in mehrere Stücke. Ich könnte kaum ein andres Gebilde nennen, welches so empfind- Hch gegen die Wirkung der Fixationsflüssigkeiten ist, und so leicht Artefacte zeigen kann, wie die Parietalorgane des Petromyzon, be- sonders das Pinealorgan desselben. Jedes neue Fixierungsmittel gibt ein andres Bild. Man sieht nach den verschiedenen Fixationen so ver- schiedene Bilder, daß man anfangs keine Ahnung haben kann, welches 12 T>. Tretjakoff, von diesen Bildern den vitalen Verhältnissen entspricht. Dabei ist zu bemerken, daß diese Behauptung nicht nur die feinere Struktur der Zellen, sondern auch die Erhaltung der Gesamtform des Pinealorgans betrifft. Nach einigen Fixationen scheinen die Zellen des Pinealorgans dicht nebeneinander zu liegen, nach andern sieht man zwischen ihren äußeren Enden ansehnliche Lücken. An einigen Präparaten erhält sich innerhalb des Pinealorgans nur ein spaltförmiger Eaum, in welchem die Zellen der oberen Wand unmittelbar die Kuppen der Sinneszellen berühren, in andern Fällen ist eine größere Höhle vorhanden, welche mit dem Gebilde ausgefüllt ist, das die meisten Forscher als Glaskörper des Pinealorganes bezeichnen. Manchmal fehlt dieser Glaskörper am Präparat vollständig. Auf Grund der angeführten Besonderheiten der Wirkung der Fixationsgemische stellte ich eine Eeihe von Versuchen an, um zu erfahren, welche unter denselben die besten für das Pinealor- gan sind. Am besten wird die Gesamtform des Organs bei der Fixierung mit Osmiumsäure enthaltenden Gemischen, also mit starker und schwacher FLEMMiNGscher Flüssigkeit; die MEVESsche und die Dues- BERGsche Flüssigkeit sind auch in dieser Beziehung vorzüglich und eignen sich für die Untersuchung der Zellen, da sie am besten die in den Innenraum des Organs hineinragenden Zellenfortsätze erhalten. Sie sind aber für die Untersuchung der Stützzellen wenig passend, da sie die Zellgrenzen undeutlich machen und die Färbung der Sinnes- zellen und der Stützelemente wird nach ihrer Wirkung wenig different. Für letzteren Zweck eignen sich die Sublimatgemische, wie Zenker- sche Flüssigkeit, ZENKER-Formol und sogar ZENKER-Formol-Osmium. Aber gerade bei Sublimat und Sublimatgemischen wird der Binnen- raum des Pinealorgans vergrößert, und innerhalb desselben erscheinen die Strukturen, welche den Forschern den Anlaß gegeben hatten, vom Glaskörper des Pinealorgans zu sprechen. In ähnlicher Weise wirken Alkohol und Alkohol-Formolgemische; noch mehr vergrößert sich der Binnen räum bei der Wirkung der Chrom- und Pikrinsäure. Das Parapinealorgan scheint etwas weniger empfindlich gegen Fixationsflüssigkeiten zu sein, aber auch sein Binnenraum ist nach allen Fixationen weiter als an den mit FLEMMTNGscher oder MEVESscher Flüssigkeit fixierten Präparaten. Ich möchte aber keine der von mir angewendeten Fixierungsflüssigkeiten als die beste bezeichnen, da alle in einigen Beziehungen gut und in andern Beziehungen schlecht sind. Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 13 Nur durch das kritische Überlegen der Ergebnisse jeder Fixations- fUissigkeit kann man die Struktur der Parietalorgane richtig auf- fassen. Unter den Färbungsmethoden erwiesen sich die MALLORYsche Anilinblaufärbung und die ÜEiDENHAiNsche Hämatoxylinfärbung als besonders günstig. Nach der Fixation mit Osmiumsäuregemischen gebrauchte ich mit Erfolg die Phenosafranin-Lichtgrünfärbung oder die Phenosafranin-Wasserblau-Pikrinsäurefärbung. Das Verfahren nach Benda ist nur für die Untersuchung der »Stützzellen brauchbar. Über die Wirkung und die Bedeutung einiger andrer von mir angewendeten Fixati ons- und Färbungsmethoden werde ich unten in jedem speziellen Fall berichten, jetzt aber will ich eingehender die spezifische, Nerven- zellen darstellende Methode beschreiben, um andern Untersuchern, welche ihre Kräfte der Untersuchung der Parietalorgane bei andern Wirbeltieren zuwenden wollen, die Möglichkeit, spezifische Färbung zu erzielen, zu geben. Die Silberfärbung nach Golgi gelingt am Pinealorgan von Petro- myzon ohne besondere Mühe, sie ist aber nur wenig brauchbar, da auf den Querschnitten nur das Aussehen der Sinneszellen richtig wahr- zunehmen ist. Sie gibt aber keine Vorstellung von der Form und der Ausbreitung der Ganglienzellen. Für die Untersuchung der Ganglien- zellen sind Flächenbilder der Parietalorgane notwendig. Deswegen richtete ich meine Aufmerksamkeit hauptsächlich auf die Methylen- blau-Methode, die mir schon von den ersten Versuchen an das beste leistete. Um eine gute Färbung der Parietalorgane mit Methylenblau zu. erreichen, ist die besondere Präparation derselben nötig. Man hat die Aufgabe, die Parietalorgane der Farblösung und dem Sauerstoff der Luft zugänglich zu machen. Nun hängt diese Präparation nicht nur von der Handfertigkeit, sondern auch vom glücklichen Zufall ab, so daß man für die erfolgreiche Färbung eine ganz beträchtliche Menge von Tieren vorrätig haben soll. Die Präparation der Pinealorgane beim erwachsenen Petromyzon besteht in folgenden Manipulationen. Dem lebendigen Tier wird ohne jede Narkose der Kopf genommen. Die abgetrennten Köpfe bleiben noch innerhalb einer Stunde lebendig. Nachdem ich ungefähr zehn solche Köpfe abgeschnitten habe, gehe ich zur Präparation der Parietal- organe über. Ich halte einen im Tuch liegenden Kopf mit der linken Hand und schneide mit scharfem Rasiermesser von der oberen Seite des Kopfes ein Stück ab, um mit ihm zusammen die Parietalorgane 14 D. Tretjakoff, vom Gehirn loszutrennen. Nach einigen Vorversuchen gehngt es tadel- los. Dann liegen die Parietalorgane der unteren Seite des abgetrennten Kopfstückes an und dank dem weißen Pigment des Pinealorgans sind sie gut sichtbar. Für die weitere Färbung eignen sich nur diejenigen Stücke, welche die nicht in ihrer Lage gestörten Parietalorgane ent- halten. Nun lege ich die abgeschnittenen Kopfstücke auf "den Objekt- träger mit den Parietalorganen nach oben gerichtet. Die Schädeldecke bildet dann^in der Gegend, wo die Parietalorgane liegen, eine Vertiefung, in welcher sich die aus den Gefäßen austretenden Bluttropfen sammeln. Mit einem fein auslaufenden Streifen Filtrierpapier muß man das Blut absaugen und die gebliebenen Gehirnteilchen entfernen. Die Parietalorgane liegen jetzt in solcher Weise, daß sie mit ihren unteren, Sinneszellen enthaltenden Seiten nach oben zugekehrt sind. Mit einer V8%ig6n Methylenblaulösung in 0,75%iger Kochsalzlösung befeuchtet, werden sie mit dem Objektträger in die feuchte Kammer gestellt. Nach einer halben Stunde des Aufenthalts in der feuchten Kammer muß man die weitere Färbung nach jeder Viertelstunde unter dem Mikroskop bei schwacher Vergrößerung kontrollieren. Nach der Befeuchtung der Stückchen mit der Methylenblaulösung fangen die Sinneszellen schon nach 10 — 20 Minuten sich zu färben an. Die Ganglienzellen zeigen die Färbung erst viel später an. Im allge- meinen dauert die Färbung ungefähr zwei Stunden. Sobald die Färbung genügend vollkommen ist, nehme ich die Objektträger aus der feuchten Kammer heraus und lasse sie 10 — 30 Minuten frei an der Luft liegen. , Darauf folgt die gewöhnliche weitere Behandlung mit der Molybdaen- AmmoniumU)sung usw. Ich lege besonderes Gewicht auf diesen letzten Moment der Be- handlung bei der vitalen Färbung der Stückchen, welche einige Aus- trocknung des Präparats bedingt. Diese Austrocknung bewirkt eine besonders gesättigte Färbung der nervösen Elemente, und manche Einzelheiten, wie z. B. die Endausbreitungen des Dendriten der GangHen- zellen, treten erst bei dieser Austrocknung auf . Es schei)it, daß die bei der Färbung in der feuchten Kammer die Stückchen bedeckeiide Flüssig- keitsschicht den Zutritt des Sauerstoffs zu den Nervenelementen der Parietalorgane verhindert. Die Austrockiunig des Präparates muß natürlich nicht eine ge- wisse, nur durch Erfahrung erkennbare Grenze überschreiten, sonst geht die ganze Färbung verloren. Die beste Färbung der Nervenelemente des Pinealorgans wird in Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 15 dem Falle möglich, wenn durch die Richtung des Schnittes das Para- pinealorgan entfernt worden ist. Dadurch bleibt die untere Wand des Pinealorgans vollkommen frei und dem Eindringen der Farblösung in das Organ steht kein Hindernis entgegen. Selbstverständlich ist, daß solche Schnittrichtung nur zufällig erlangt werden kann. Da das Para- pinealorgan dem Ganglion habenulae dicht anliegt, ist es viel schwerer, die untere Wand des Parapinealorgans, wenn dasselbe im Präparat vorhanden ist, ebenso frei zu bekommen. Deswegen gelingt die voll- ständige Färbung der Nervenelemente des Parapinealorgans viel sel- tener als beim Pinealorgan. Dabei bleiben beim Parapinealorgan zu oft die Stückchen der Ependymmembran des Gehirns, welche sehr störend für die Färbung sind, zurück. Die weitere Präparation, mit dem Ziel, diese Stückchen zu entfernen, hilft gewöhnlich gar nicht und bei dem Versuch, das Parapinealorgan von ihnen frei zu machen, wird gewöhnlich der ganze Komplex der Parietalorgane geschädigt oder abgerissen. Bei Ammocoetes ist das Pinealorgan mit dem Schädeldach viel schwächer verbunden als bei Petromyzon und bei dem beschriebenen Präparationsverfahren wird es meistens vom Schädeldach abgerissen. Ich war deswegen gezwungen, die Parietalorgane von Ammocoetes mit dem Gehirn zusammen aus dem Schädel herauszupräparieren. Zu diesem Zweck schneide ich den oberen Kopfteil mit einem nicht beson* ders scharfen Rasiermesser ab, um das Gehirn bloßzulegen. Dabei werden an einigen Präparaten die Parietalorgane nicht abgeschnitten, sondern nur mit dem Messer von der Schädeldecke abgerissen und blei- ben im Zusammenhang mit dem Gehirn. Ein andrer Schnitt soll unter- halb des Gehirns gehen. Die in solcher Weise gewonnenen Ausschnitte des Kopfes werden genau ebenso wie die Parietalorgane von Petromyzon, mit Methylenblaulösung gefärbt, nur müssen hier die Stückchen während der Färbung noch zweimal befeuchtet werden, da die Farblösung vom Gehirn zu leicht abfließt. Dabei kommt es nicht selten vor, daß das Pinealorgan mit seiner unteren Wand nach oben gekehrt wird und die Färbung der Nervenzellen genau so wie bei Petromyzon sich voll- zieht. Die schließliche Halbaustrocknung der Präparate, wie oben an- gegeben wurde, ist auch hier nützlich, fordert aber größere Aufmerk- samkeit, da die Parietalorgane bei Ammocoetes schnell trocken werden. Nach der Behandlung der Stückchen mit 10%iger Molybdaen- Ammoniumlösung muß man sie in destilliertes Wasser überführen. Die Präparate von Ammocoetes werden dann mit dem Gehirn zusammen 16 D. Tretjakoff, behandelt und in Kanadabalsam eingeschlossen. Die Parietalorgane von Petromyzon fordern eine weitere Präparation. Nach dem Aufenthalt im Wasser während 10 Minuten werden sie herausgenommen und von der Hautseite her ein wenig mit Filtrier- papier abgetrocknet. Man muß jetzt die Parietalorgane von der übrigen Masse des Stückchens abtrennen. Ich mache es in folgender Weise. Die Hautseite des Stückchens w^ird mit den Fingern der linken Hand leicht umgebogen, so daß die gefärbte Seite mit den Parietalorganen gewölbt wird. Ich trenne mit dem Easiermesser die seitlichen Muskel- massen von der Parietalcornea ab und schneide die Parietalorgane mit einer möglichst dünnen Schicht der Cornea durch einen horizontal geführten Schnitt ab. Diese Corneaschicht rettet die Parietalorgane vor dem Berühren mit Instrumenten bei weiterer Bearbeitung. Die in solcher Weise herauspräparierten Parietalorgane müssen noch eine halbe Stunde in destilliertem Wasser liegen, dann erst soll die Ent- wässerung folgen. In Kanadabalsam hindert die Corneaplatte etwas die Durchsich- tigkeit des Präparats, besonders wenn dasselbe sich zu dunkel färbt. In diesem Fall trenne ich schon in Kanadabalsam mittelst feinster Nadeln die Parietalorgane von der Corneaplatte ab und lasse nur die ersteren in Kanadabalsam bleiben. Diese Manipulation erfordert Lupen- Vergrößerung. Durch diese Bearbeitung wird das weiße Pigment der Stützzellen des Pinealorgans in keiner Weise vernichtet und bildet bei der Unter- suchung des Präparats unter dem Mikroskop ein recht störendes Hin- dernis, da das Präparat bei schwacher Vergrößerung ganz undurch- sichtig bleibt. Aber bei der Anwendung der ölimmersiqn (Zeiss 2,0 mm Apert. 1.30) und des stark kondensierten Auerlichts ist mir die Ver- folgung der feinsten Verzweigungen der Nervenzellenfortsätze in den meisten Fällen gelungen. Ein guter Beleuchtungsapparat ist zu diesem Zweck ganz unbedingt nötig. Zufällig findet man Pinealorgane, welche sehr unbedeutende Menge von Pigment enthalten und die daher keine Schwierigkeiten der Untersuchung bieten. Bei intensiver und prolongierter Färbung des Pinealorgans wer- den nicht nur die nervösen Elemente der unteren, sondern auch dieselben der Pellicula gefärbt, so daß es keine Veranlassung gab, be- sondere Kunstgriffe für die Färbung der oberen Wand des Organes zu suchen. Andeis war es mit der Notwendigkeit, die Flächenbilder, welche man nach oben beschriebenem Verfahren bekommt, durch die Querschnitte zu vervollständigen. Einerseits können hier die Golgi- Die Parietalorganc von Petromyzon fluviatilis. 17 Präparate helfen, andererseits liatte ich das Bestreben, die vollständige Methylenblaufärbung der Parietalorgane auch in dieser Beziehung aus- zunutzen. Mein Verfahren war dabei folgendes. Die mit destilliertem Wasser ausgewaschenen Corneaplatten mit den an ihnen haftenden Parietalorganen werden mit Alauncarmin gefärbt und dann entwässert in Xylol übergeführt. Die vollständig aufgehellten Stückchen werden in Paraffin eingebettet. Die Prä- parate müssen natürlich in allen Keagentien nur die kürzeste not- wendige Zeit verweilen, sonst geht die Färbung verloren oder die Sinnes- zellen schrumpfen im höchsten Grade. Das Schneiden der Parietalorgane selber nüt dem Mikrotommesser bietet wohl keine Hindernisse, die Corneaplatte schneidet sich aber sehr schlecht und wegen ihrer Sprödigkeit geht sehr oft das ganze Prä- parat zu Grunde. Man erzielt also befriedigende Eesultate nur bei Präparaten mit möglichst dünnen Corneaplatten. In diesem Fall ge- lingt es meistens sogar, sehr dünne Serienschnitte zu erhalten. Um die Sinneszellen mit den Verästelungen ihrer äußeren Enden auf den Querschnitten verfolgen zu können, müssen die Querschnitte nicht dünner als 20 /< sein. Wie ich schon oben über die GoLGi-Präparate ausgeführt habe, sind die Querschnitte nur für die Untersuchung der Sinneszellen nützhch, für die vielgestaltigen Ganghenzellen mit ihren tangential verlaufenden Fortsätzen taugen die Schnittserien gar nichts. Nur die Kombination beider Präparatarten — der Flächenpräparate oder Totopräparate mit den Schnittserien — löst die Aufgabe in ge- nügender Weise. Außer der Golgi- und Methylenblaufärbung habe ich viele Ver- suche mit der RAMON-Y-CAJALschen Neurofibrillenfärbung angestellt, aber ohne Erfolg. Auf denselben Serienschnitten durch das Gehirn, wo die Gehirnelemente in vorzüglichster Weise nach dem Ram6n-y- C^AJALschen Verfahren gefärbt wurden, ist im Pinealorgan und im Parapinealorgan keine Spur von der Silberfärbung vorhanden. Ich wendete auch zahlreiche Modifikationen der Methode an, aber alles war umsonst. Höchstens im Nervus pinealis kann man die Nervenfasern färben und sie ins Gehirn hinein verfolgen, nicht aber ihren Zusammen- hang mit den Sinnes- oder Ganglienzellen im Pinealorgan. Ebenso- wenig konnte ich auch mit der Färbung nach Bielschowsky erzielen. Die Methylenblaufärbung eignet sich vorzüghch für die Darstellung des Pinealnerven, um seinen Verlauf bis in das Gehirn hinein zu ver- folgen. Zu diesem Zweck ist es notwendig, den oberen Kopfteil bei der Präparation so abzuschneiden, daß nur die Parietalorgane mit dem Zeitsclirift f. wissensch. Zoologie. C'XIII. Bd. 2 18 D. Tretjakoff, Messer zerstört werden. Darauf muß man mit feiner »Schere den dünnen Rest der »Schädeldecke zu entfernen suchen und den Pineal- nerven in Zusammenhang mit dem Gehirn lassen und dann das ganze Stück des Kopfes mit Methylenblaulösung färben. Nach der Fixation des ganzen gefärbten Stückes mit Molybdaen-Ammoniumlösung muß man das Gehirn vorsichtig herauspräparieren, um es weiter zu be- handeln. Die Methylenblaumethode war mir auch in andern Beziehungen dienstbar; ich konnte z. B. mit ihr die bindegewebigen Zellen der Parietalcornea besser als mit andern Methoden darstellen. Für die Untersuchung der Intercellularsubstanzen der Cornea mußte ich eine ganze Reihe von Methoden ausprobieren, welche ich glück- licherweise von vornherein planmäßig und zielbewußt auswählen konnte. Studnicka (33, 34) erwähnt ganz kurz, daß bei P. marinus die mitt- lere Corneaschicht des Parietalflecks ein Schleimgewebe darstellt und daß bei P. ßuviatilis solches Schleimgewebe der Parietalcornea fehlt. Ich aber konnte schon bei den ersten Schritten der Untersuchung mich überzeugen, daß gerade bei P. ßuviatilis und bei Ammocoetes das vermeintliche Schleimgewebe außerordentlich schön ausgebildet ist und daß es nicht ohne weiteres den Namen »Schleimgewebe« verdient. Nach den ersten Versuchen mit verschiedenen Fixierungsgemischen war mir klar, daß das STUDNicKAsche Schleimgewebe mit dem baso- philen Bindegewebe, welches ich in der Wand der Bluträume der Sinus- haare verschiedener Tiere wahrnehmen konnte (39), übereinstimmt. Ohne die Frage zu entscheiden, ob hier wirklich eine Art des Schleim- gewebes vorhegt, bezeichne ich dieses Gewebe nach den Merkmalen, welche ich unten anführen werde und noch ausführUcher in einer nächsten Veröffenthchung zu begründen hoffe, als »Chondroidgewebe<<. Dieses Gewebe zeichnet sich durch seine basophile Grundsubstanz aus. Ich habe schon in meiner Untersuchung über die Sinushaare angedeutet, daß das Vorkommen des Chondroidgewebes im Körper der Wirbeltiere in keiner Weise nur auf die Sinusshaare sich beschränkt, sondern daß es überhaupt in verschiedenen Organen vorhanden ist; fast regelmäßig blieb das Ghondroidgewebe von den Untersuchern un- bemerkt, da diese Bindegewebsart nur nach einigen ganz bestimmten Fixationen ihre wesentlichen Bestandteile bewahrt. Für die Erhaltung dieser Bestandteile des Glioiidroidgewebes sind, nach meinen Untersuchungen, möglichst neutrale Reagentien not- wendig. Reine Sublimat- oder Subhmat-Kochsalzlösung, absoluter Alkohol und 70%iger Alkohol mit kleinem Zusatz von Formalin sind Die Parietalorgane von Pctromyzoii fluviatilis. 19 in dieser Beziehung die besten Mittel. Jede Behandlung mit Säure, von Cromsäure und Pikrinsäure angefangen, ruft die Lösung der baso- philen Grundsubstanz hervor. Die Anwendung der schwachen Alkali- lösungen oder das lange Verweilen im verdünnten Alkohol verändert die färberischen Eigenschaften des Gewebes und die basophile Färbung der Grundsubstanz bleibt aus. Damit aber wird nicht gesagt, daß die sauren Fixationsgemische hier nutzlos sind, im Gegenteil, nur durch die Wirkung verschiedenster Reagentien gelingt es, die wahre Natur des Chondroidgewebes zu verstehen. Das leichteste Färbungsverfahren für den Nachweis des Chondroid- gewebes ist die Haematoxyhn-Pikro-Fuchsinfärbung nach v. Gieson. Man muß aber erst diese Färbung durch die vorläufigen Versuche am gegebenen Material ausprobieren und die richtige Konzentration des Pikro-Fuchsingemisches zu bestimmen suchen. Ich habe das Chondroidgewebe der Parietalcornea mit gutem BöHMERschen Haematoxylin innerhalb einer Viertel bis halben Stunde gefärbt und dann nur 1 — 2 Minuten mit halbverdünntem Pikro- Fuchsin nachgefärbt. Die basophile Grundsubstanz muß bei dieser Färbung blau oder violett, die collogenen Fasern rot gefärbt sein. Sehr gut ist auch die ÜANSENSche Methylenblau- Pikro-Fuchsin- färbung. So viel ich mit diesen beiden Methoden arbeiten konnte, stimmen die Ergebnisse derselben hinsichtlich des Chondroidgewebes der Parietalcornea vollständig überein. Ich finde jedoch dieHANSENsche Methode in diesem speziellen Fall weniger bequem, als Hämatoxylin- Vorfärbung. Für den Knorpel mag die ÜANSENsche Methode ganz vorzüglich sein, für das Chondroidgewebe paßt sie weniger dadurch, daß sie die Kerne nicht immer deutlich hervorhebt. Im Chondroid- gewebe sind aber die Verhältnisse zwischen den Zellen und der baso- philen Grundsubstanz gerade sehr interessant und verdienen die ein- gehendere Untersuchung. Für mich persönhch war die Anwendmig der ÜANSENschen Methode gerade sehr wichtig, da ich mit Hilfe der- selben sehr viele Übereinstimmungen zwischen dem Chondroidgewebe imd dem Hyalinknorpel wahrnehmen konnte. Dank dieser Überein- stimmungen wähle ich für das basophile Bindegewebe den Namen »Chondroidgewebe <<. Noch wichtiger als diese färberischen Eigenschaften sind die Er- gebnisse der Behandlung des Chondroidgewebes mit verschiedenen Reagentien und die Versuche mit künstlicher (Trypsin-) Verdauung, welche noch weitere strikte Beweise der verwandtschaftlichen Bezie- hungen des Chondroidgewebes zu dem Knorpel Hefern. 2* 20 D. Tretjakoff, Unter den nicht neutralen Fixationsgemischen und Flüssigkeiten ist für die Analyse der Bestandteile des Chondroidgewebes die Flem- MiNGsche Flüssigkeit besonders geeignet. Sie entfernt durch Verflüssi- gen die basophile Grundsubstanz in solcher Weise, daß an Stelle der- selben nur ein zartes Netz aus feinsten Grundsubstanzfibrillen bleibt, welches sich acidophil verhält. Nach andern Säuren und Säuregemischen entsteht bei der Ver- flüssigung der (Jrundsubstanz die Vakuolisation derselben, M'elche die Anordnung der Stützsubstanzfibrillen sehr stört. Ich muß noch be- merken, daß bei der Fixation mit Alkohol-Formalinmischung das Er- halten der basophilen Grundsubstanz sehr von der absoluten Rein- heit des Formalins abhängt. Zeigt die Mischung die saure Reaktion, (Ameisensäure!), dann entstehen wenn auch nicht besonders zahlreiche Vakuolen, welche am richtig fixierten Material gänzlich fehlen können. Dieses von mir festgestellte Verhalten des Chondroidgewebes gegen die Reagentien macht die BjÖRLiNGsche Färbung des von ihm entdeckten Mucoidgewebes in der "Wand der Blutgefäße verständUch. Björling (5) hat nämlich unabhängig von meinen Untersuchungen über das baso- phile Bindegewebe der Sinushaare und wahrscheinlich ohne von meiner Arbeit zu wissen, die Beschreibung einer besonderen Bindegewebsart veröffentlicht. Die Ergebnisse der Beobachtungen von Björling decken sich ganz gut mit meinen Beobachtungen über das basophile Bindegewebe. Da die von Björling angegebene Färbungsmethode kaum als allgemein bekannt, am wenigsten wohl unter den Zoologen, betrachtet werden kann, will ich hier die BjÖRLiNGSche Beschreibung dieser modifizierten UNNAschen Methylenblau-Anilin-Alaunmethode buchstäblich anführen. Das Präparat (nach meiner Erfahrung muß es unbedingt ein Paraffin- schnitt sein, was von Björling nicht angegeben wurde) kommt aus dem Was- ser n\ir so hxnge in polychrome Methylenblaulösung, bis alle Bestandteile vollstän- dig durchgefärbt sind, nicht länger aber als 3/4 Minute (für die Parietalcornea ist längere Färbung notwendig). Darauf folgt Abspülen im destillierten Wasser, Abt'ocknen mit ]*'iltrierpapier und Übergießen mit einer Alischung (oder Un- tertauchen inn>iuigefähr m der .Mitte« liegen und Ahlborn findet ihn in der vorderen Hälfte des retinalen Blattes. Wegen dieser nicht miteinander stimmenden Angaben untersuchte ich speziell in die- ser Richtung eine große Anzahl von Parapinealorganen an Längs- schnitten durch den Kopf und finde, daß wirklich bei einigen Tieren in der Mitte der retinalen Platte sich eine trichterförmige Grube be- findet, welche sich als eine von Zellen begrenzte geschlossene Spalte bis in den Hohlraum des Gehirns durch das Ganglion habenulae fort- setzt. Ich fand diese Spalte wie bei Ammocoetes so auch beim er- wachsenen Petromyzon, aber niemals konnte ich an der Stelle der Spalte einen offenen Kanal, wie Owsjannikow, bemerken. Die obere, trichter- förmige Einsenkung kann mitunter mit lippenartigen Ausstülpungen der Ränder versehen werden. Was die von Ahlborn abgebildete vordere Einsenkung anbetrifft, hat sie, nach meiner Meinung, mit der mittleren nichts zu tun. Die mittlere Einsenkung hat nämlich eher die Tendenz, sich nach hinten zu verlagern, und im Falle von Owsjannikow war wahrscheinlich eine solche nach hinten verlagerte Einsenkung mit dem offenen Kanal vor- handen. Übrigens ist die Oberfläche der retinalen Platte bei P. jluviatilis, nach meinen Beobachtungen, ungemein variabel, und nicht selten sieht sie im Querschnitt wellenförmig aus. Nur die mittlere oder, besser zu sagen, centrale Einsenkung ist ziemlich konstant, obgleich sie manch- mal nur leicht angedeutet ist. Ich lasse jedoch die Frage nach der von Studnicka angenonnnenen Analogie der centralen Einsenkung mit dem Atrium des Pinealorgans vorläufig offen, da ich zuerst die Natur dieses Atriums besprechen muß. Die von mir bemerkte geschlossene Spalte im G. habenulae ebenso wie der OwsjANNiKOWsche Kanal sind w^ohl die Spuren der embryonal vorhandenen Komnnniikation zwischen dem Binnenraum des Para- pinealorgans und dem Hohlraum des dritten Ventrikels. Niemals aber koimte ich die von Ahlborn (1) angegebene offene Kommunikation der Binnenräume beider Parietalorgane wahrnehmen und deswegen bleibt mir die Bedeutung dieser AHLBORNschen Beobachtung sehr fraglich. Bei der großen Variabihtät in der Ausbildung der Parietal- organe bei P. jluviatilis würde das Vorhandensein solcher Konnnuni- kation nicht unwahrscheinlich sein. Ich muß jedenfalls bemerken, daß die Variationen der Parietal- organe nicht gewisse Grenzen überschreiten, so daß es gut möglich ist, die Richtungen der Variabilität zu bestimmen. Zur Untersuchung Die Parietalorganc von Pctromyzon fluviatilis. 25 — ^|-/B^ der äußeren Form der Parietalorgane sind die frischen Präparate ganz ungeeignet, da die Organe sehr zart sind und jede Berührung und etwaiger Druck ihre äußere Form beeinfhißen können. Ich stellte meine Beobachtungen an Methylenblau-Präparaten und an Formolpräparaten an. Letzteres Verfahren geschah so, daß ich mit einem Rasiermesser aus dem Kopfe des mit verdünntem Formol fixierten Neunaugen horizontale Scheiben ausschnitt und dabei auf- paßte, daß die Parietalorgane mit dem oberen Teil der »Schädel- höhle zusammen in einer der Scheiben eingeschlossen waren. Durch nachträgliches Entfernen des Dorsalsackes kann man bei schwacher Vergrößerung dank der undurchsichtigen Pigmentierung die äußere Form des Pinea) - Organs sehen. Das Parapinealorgan wird dabei mit dem Dorsalsack und den G. haben ulae entfernt. Durch den Vergleich der Beobachtun- gen an den Methylenblaupräparaten und an den Formolpräparaten kam ich zu der rn Überzeugung, daß an den Methylenblau- präparaten die Formen des Pinealorgans nicht verändert sind, der Umfang aber etwas größer als an den Formolpräparaten erscheint. Das kann nur dadurch erklärt werden, daß die Methylenblaupräparate durch den Druck des Deckgläschens etwas gequetscht worden sind. ^ , ^ , ,. ,,.*,., t,- ^ ^ Rekonstruktion des \eilaufs des Pi- Die äußere Form des Parapinealorgans nealnerven bei ^mmocoefes. P, Pineal- durch einfaches Präparieren wahrzunehmen, ""'"T' f '''''"''^ p«, Pineainerv; c, ^ Inntere Coinmissur; R«, rechtes Habe- gelingt nicht; zu diesem Zweck sind Se- nuiargangiion. rien von nicht besonders dünnen Schnit- ten notwendig. Manchmal bleibt das Parapinealorgan am Methylen- blaupräparat durch das Pinealorgan unverdeckt, an solchen Präpa- raten kann man natürlich ohne weiteres die äußere Form des ersten Organes wahrnehmen. Ich finde, daß bei Ammocoetes die Form und die gegenseitige Lage der Parietalorgane beständiger als bei erwach- senem P. fluviatilis ist. Ich will deshalb erst die Parietalorgane bei Ammocoetes in dieser Beziehung beschreiben. Auf dem horizontalen Querschnitt durch den Kopf des Ammocoetes, welcher noch den unteren Teil des Parapinealorgans im Zusammenhang mit dem G. habenulae sinistrum zeigt, kann man deutlich sehen, daß die Stelle 26 D. Tretjakoff, dieses Ganglions, welche mit dem Parapinealorgan sich verbindet, in manchen Fällen ganz median hegt. Diese Tatsache läßt sich gewöhn- lich ohne Kekonstruktion dank dem Vorhandensein des an dem- selben Schnitt streng median liegenden Geruchsorgans mit seinen medianen Falten bestätigen: man kann dadurch an den Kamera- zeichnungen die gerade Linie direkt durch die mediane Falte des Geruchsorgans und die Mitte des Ventrikels durchführen, welche das Parapinealorgan in zwei ganz symmetrische Hälften zerteilt. Ebenso median liegt bei solchen Individuen das Pinealorgan. Das rechte G. habenulae nimmt die Stellung ein, welche sich da- durch auszeichnet, daß es mit einem Drittel seines Querdurchmessers nach links von der Medianebene liegt und das linke G. habenulae mit dem hintersten Abschnitt des Parapinealorgans von oben her bedeckt. Wegen dieser Lage des G. habenulae dextrum muß der Pinealnerv, welcher am linken Rand des G. habenulae dextrum verläuft, in seinem Verlauf genau die Kurve beschreiben, welche der Konvexität des Ganghonrandes entspricht, um hinter dem Ganglion an die mediane Stelle der Comm. posterior zu gelangen. Also verläuft der Pinealnerv bei Ammocoetes des P. fhiviatiJis bogenförmig und neben dem linken Rand des G. habenulae dextrum. Bei Ammocoetes des P. Planen zeichnen die Forscher gewöhnlich den geraden Pinealnerven, welcher direkt über dem G. habenulae dextrum verläuft (Wiedeesheim [42]). Dendy (7) zeichnet bei Geotria ähnlichen bogenförmigen Verlauf des Pinealnerven neben dem G. habe- nulae dextrum, den ich bei Ammocoetes bemerken konnte. Geotria steht also in dieser Beziehung den larvalen Verhältnissen näher als andre Petromyzonten. In einer andern Reihe der Fälle finde ich die unsymmetrische Lage des Parapinealorgans bei Ammocoetes. Dabei kann das Pineal- organ seine mediane Lage bewahren oder von ihr nach links abweichen. Das Pinealorgan bewahrt also seine mediane Lage mehr als das Para- pinealorgan. Man bekommt den Eindruck, als ob diese Verlagerung mit dem Grad des A\'aehstums des G. habenulae dextrum zusammen- hängt; je mehr das Ganglion nach links wächst, desto mehr wird das Parapinealorgan verlagert. Ich widmete besondere Aufmerksamkeit der Feststellung der Lage der Parietalorgane, da Dendy der asymmetrischen Lage der Parietal- organe große morphologische Bedeutung zuschreibt. Er fand nämlich, daß bei Geotria das Parapinealorgan ganz bestimmt nach links vom Pinealorgan liegt und schließt daraus, daß beide Parietalorgane dem- Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 27 selben Paar angehören, morphologisch sind sie also, nach seiner Mei- nung, homometamer. Aus meinen Untersuchungen geht es zur Genüge lieTvor, daß solche Schlußfolgerung, wenn sie nur auf der asymmetrischen Lage des Para- pinealorgans begründet würde, kaum einen Wert hätte. Dendy gibt zwar die Anzahl der von ihm untersuchten Geotria (eigentlich series of sections) an, aber so viel ich die Verhältnisse bei P. fluviatilis kenne, ist diese Anzahl zu gering, um alle möglichen Variationen zu umfassen und die Erklärung der Bedeutung dieser Variationen zu liefern. Aus diesem Grund kann man nach meiner Meinung mit einigem Pecht voraus- setzen, daß Dendy eine der vorhan- denen Variationen wahrgenommen hatte, welche bei Geotria \äelleicht öfter als andre vorkommt. Damit ist jedoch noch lange nicht nachgeme- sen, daß gerade diese Variation mor- phologisch wichtiger als die andre ist und die phylogenetisch primitiveren Verhältnisse zeigt. Um die Variabilität der topo- graphischen Beziehungen zwischen den Parietalorganen noch weiter zu charakterisieren, will ich noch einige meiner Beobachtungen anführen. Während bei Geotria nach Dendy beide Organe in gleicher Horizontal- ebene sich befinden und in gleicher Weise mit ihrer oberen Wand der Parietalcornea anliegen, liegt das Parapinealorgan bei europäischen Arten des Petromyzon unter dem Pinealorgan und wird durch letzteres von der Parietalcornea abgedrängt. Das Parapinealorgan berührt dabei das Schädeldach höchstens nur mit dem vorderen Rand. Soviel ich bei P. fluviatilis wahrnehmen konnte, zeigt das Para- pinealorgan in dieser Beziehung die weitgehendsten Verschiedenheiten. Sehr häufig liegt es unterhalb des mittleren Gebiets des Pinealorgans, und da das Parapinealorgan kürzer als das obere Organ ist, so erreicht es mit seinen Enden nicht die Enden des Pinealorgans. Das Parapineal- organ berührt dabei die Parietalcornea mit seinem vorderen Ende Textfig. 2. Verteilung des Pigmentes im Pineal- und im Parapinealorgan. Das Parapinealorgan liegt ungewöhnlich weit nach vorn (siehe Textfig. 3). P, Pinealorgan; Pa, Parapinealorgan; Pn, Pinealnerv; Z, pigmentierte Zone der oberen Wand des Parapinealorgaues; A', Zone, in welcher außer dem weißen Pigment auch noch ein braun-gelbliclies Pigment im Pinealorgan vorkommt. 28 D. Tretjakoff, nicht. Zwischen dem vorderen Ende des Organs nnd der .Schädeldecke schiebt sich diejenige Ependynifalte, welche die Wand der sackartigen Ausstülpung bildet, die Studnicka für die Paraphyse von Petromyzon hält, empor. Ebenso oft gibt es bei P. fluviatilis eine vordere Stellung des Para- pinealorgans, welches dabei unter der vorderen Hälfte des Pineal- organs liegt und mit seinem vorderen Ende die Schädeldecke berührt. Damit wird die Kuppe der Paraphyse nach unten verdrängt und die ependymale Platte bedeutet nur die untere Seite des G. habenulae. Aber zur Parietalcornea hat das Parapinealorgan auch hier keine direkte Beziehung. Textfig. 3. Ungewöhnliche vordere Lage des Parapinealorganes, welches in diesem Fall mit der Parietalcornea in Berührung tritt. Co, untere Fläche der Parietalcornea; P, Pinealorgan; Pa, Parapinealorgan; Pi, Pigment in der oberen Wand des Parapinealorganes; Gpa, Parapinealganglion; Tpa, Tractus parapinealis. Seltener tritt die hintere Lage auf, welche sich dadurch auszeichnet, daß das hintere Ende des Parapinealorgans noch weiter nach hinten liegt als das Atrium. Ich muß gestehen, daß ich solche Lage nur an den Methylenblaupräparaten gefunden hatte, und nur dank dieser Lage konnte ich die mit Methylenblau gefärbten Nervenelemente der Para- pinealoi'gane untersuchen, da dieselben bei andern Lagen wegen der Undurchsichtigkeit des weißen Pigments des Pinealorgans ganz un- sichtbar sind. Noch seltener kommen die Fälle vor, in welchen das Parapineal- organ so nach vorne verlagert ist, daß seine ganze vordere Hälfte vom Pinealorgan unbedeckt bleibt und sich direkt der Eandzone der Parietalcornea anlegt. Man sieht dabei fast die gleichen Beziehungen der Parietalorgane, wie bei Geotria. Also auch in dieser Beziehung weicht Geotria von den Grenzen der Variabilität der europäischen Arten Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 29 nur wenig ab. Man muß aber noch beweisen, daß bei Geotria die Ver- hältnisse immer so sind, wie Dendy an seinen Objekten gefunden hat. Ich habe schon bemerkt, daß Lage und Ausdehnung der Paraphyse von der Lage des Parapinealorgans abhängig sind. Icli kann noch hin- zufügen, daß die Paraphyse bei P. fluviatilis ebenso sehr variabel ist, wie jede andre Falte der Gefaßgeflechte des Gehirns. Bei Ammocoetes ist die Paraphyse verhältnismäßig weniger entwickelt als beim erwach- senen Tier. Ich möchte schließlich noch auf die Mißbildung des Parapineal- organs hinweisen, die ich nur einmal finden konnte. Die untere Wand des Organs wurde in diesem Fall in der Mitte (ich hatte die frontalen Querschnitte) durch eine große Vertiefung durchbrochen, welche sich nach unten in das G. habenulae fortsetzt und mit ab- Textfig. 4. Längsschnitt des Parapinealorganes. Die Fortsetzung iCg) des inneren parapinealcn Hohlraumes in das G. parapiueale; Gpa, G. parapineale; Pa. Parapinealorgan; C, Holihauni des Parapineal- organes. germidetem Boden endigt. Die Wände der Vertiefung im Ganglion selber sind nicht durch Zellen der retinalen Schicht des Parapineal- organs begrenzt, sondern nur von niedrigen, wahrscheinlich epen- dymalen Zellen umgeben. So viel ich an den Serienschnitten ver- folgen konnte, hat die Vertiefung cyhndrische Form und wird am Boden vollständig abgeschlossen. Ein andresmal habe ich bei sonst normalem Parapinealorgan im GangHon selber eine ovale Höhle gefunden, deren Wandzellen sehr den Ependymzellen der oben angegebenen Vertiefung ähnhch waren. Ich denke, daß diese Mißbildungen mimittelbar mit dem Modus der Entwicklung des Parapinealorgans verbunden sind. Es sind wahr- scheinhch ähnliche Reste der embryonalen offenen Kommunikations- stelle zwischen dem Innenraum des Parapinealorgans und dem dritten Ventrikel, die derselben Reihe von Erscheinungen angehören, wie der von OwsjANNiKOW (25) beschriebene Kanal im G. habenulae. Ich muß 30 D. Tretjakoff, weiter meine Verwunderung vor literarischen Angaben über das Vor- kommen des Pigments im Parapinealorgan äußern. »Wodurch sich das Parapinealorgan in jedem Falle von dem oberen Organe unter- scheidet« sagt .Studnicka (34): ist der fast vollständige Mangel an weißem Pigment. Die einzige Stelle, an der man meist, aber auch nicht in jedem Falle, geringe Spuren der betreffenden Substanz finden kann, ist die untere Seite der Pellucida an ihrem vordersten Rande (Ahlboen, OwsjANNiKOw). Die entsprechende Stelle in der Abhandlung von OwsjANNiKOW lautet: »Einmal habe ich übrigens die obere AVand pig- mentiert gefunden«. Bei Geotria gibt Dendy keine Pigmentierung des Parapinealorgans an, obgleich gerade hier sie am ehesten zu er- warten wäre. Ich fand an meinem Material die Pigmentierung der retinalen Platte niemals, die Pigmentierung der Pellucida ungefähr bei der Hälfte der Tiere. Regelmäßig finde ich das Pigment in den Parapinealorganen mit vorderer Lage. Das weiße Pigment liegt hier wirklich in den unteren Teilen der Zellen, welche eine sichelförmige Zone bilden, die sich am vorderen Ende der Pellucida befindet. Aber auch in Organen mit mittlerer und hinterer Lage vermisse ich das Pigment nicht immer; wenn es vorhanden ist, liegt es auch am vorderen Rande der Pellucida. Diese Tatsachen sprechen, nach meiner Meinung, dafür, daß ein Teil der Lichtstrahlen, welche die Parietalcornea passieren, in das Parapinealorgan gelangt. Auf welchem Wege das geschieht, ist wohl eine interessante physiologische Frage. Die Beziehungen zwischen dem Fixationsverfahren und dem Aus- sehen des Pinealorgans sind von den Forschern nicht immer in genü- gender Weise berücksichtigt worden. Aus diesem Grunde wird ver- ständlich, daß in den Verhältnissen der äußeren Form des Pinealorgans, welche besonders von älteren Verfassern gemeldet wurden, nicht schwer Angaben zu finden sind, welche nur dank der mangelnden Technik entstehen konnten. Zum Beispiel sagt Owsjannikow über das Pineal- organ, daß es von der Seite betrachtet Ähnlichkeit mit einer tiefen Schale oder einer Untertasse hat. Aber in der Erklärung der Tafel- figuren führt er noch eine andre kugelige Form (Fig. 2) des Pineal- organs an und bemerkt dabei, daß diese auffällige Form jedenfalls selten vorkommt. Man kann aber nach meiner Erfahrung solche ku- gelige Formen sehr leicht beobachten, man muß mir die Objekte mit l%iger Chromsäure fixieren. Ich betrachte deswegen das kugelige Pinelaorgan, welches Owsjannikow abgebildet hat, als ein Artefact. Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 31 Aber noch andre Forscher sprechen ebenfalls von schüsseiförmigen Pinealorganen, und auf dem ZiEGLEESchcn Wachsmodell des Ammo- coetes-Gehirns ist das Pinealorgan als schüsselfüj-mige »Scheibe plastisch dargestellt. 8. Beakd (3) spricht von der halbkugeligen Gestalt des Pineal- organs bei Ammococtes und P. Planen, dabei soll die obere AVand nur abgeplattet, aber nicht eingestülpt sein. Ahlborn (1) zeichnet das Pinealorgan des P. Planeri mit einer leicht concaven Oberfläche, und bei Studnicka ist sogar ein Querschnitt durch ein andres Gebiet des Pinealorgans bei P. Planeri mit einer tiefen Delle der Oberseite der Pellucida abgebildet. Bei Ammocoetes des P. fluviatilis nach Retzius und beim erwachsenen P. fluviatilis ebenso wie bei P. murinus nach den Abbildungen von Studnicka haben die Pinealorgane eine obere convexe Seite. Dendy zeichnet bei Geotria auch die obere Fläche des Pinealorgans convex. Ich halte die Frage nach der Form der Oberfläche der Pellu- cida des Pinealorgans in der Beziehung beachtenswert, daß, je höher die Convexität derselben ausgesprochen wird, desto mehr sie eine Ähnlichkeit mit der Linse, wenigstens mit der Linse des Parie- talorgans der Saurier hat. Dabei werden für die Verteilung der Lichtstrahlen bei convexer Oberfläche der Pellucida ganz andre Be- dingungen gegeben, als bei Concavität derselben. Am meisten nähert sich die Pellucida bei P. marinus der Linsenform der Saurier, so weit die Zeichnung von Studnicka (34) die typischen Verhältnisse wiedergibt. Es wäre also nach meiner Meinung sehr wichtig, die Form der Oberfläche der Pellucida bei verschiedenen Arten unab- hängig von der Deformation derselben durch unpassende Fixation genauer festzustellen. An meinen Objekten finde ich die Concavität der Pellucida nur bei den Fixationen, welche eine Vergrößerung der Glaskörperhöhle hervor- rufen. Nach allen Fixationen, die ich als für die Untersuchung der Parietalorgane mehr oder weniger passend betrachte, ist die Oberseite der Pellicula flach oder noch öfter leicht convex. Deswegen hat das Organ an Querschnitten die halbrunde Form mit etwas hervor- gewölbter oder geradUniger Oberseite. Woher die OwsjANNiKOWsche Vergleichung des Pinealorgans mit einer Untertasse stammt, kann ich nicht verstehen, da in der Abbildung des Verfassers die Oberseite der Pellucida ebenfalls leicht gewölbt ist. Ich glaube also, daß die von mir gefundene Form des Pinealorgans dem vitalen Zustand entspricht und daß die Lichtstrahlen, welche 32 D. Trotjakoff, die fast gar nicht gewölbte Parietalcoriiea passieren, durch die Ober- fläche der Pellucida unabhängig von der Form der unteren Fläche derselben immer noch etwas kondensiert werden. Ich bin weiter überzeugt, daß bei einem lebenden Tier der Binnen- raum des Pinealorgans eine äußerst geringe Spalte darstellt, in welcher die unteren Enden der Pellucidazellen unmittelbar die kolbenartigen Fortsätze der STUDNiCKASchen »Sinneszellen berühren. Kurz und gut ich glaube, daß für den Glaskörper, welchen andre Autoren im Pineal- organ finden, fast gar kein Raum vorhanden ist. Alle Vergrößerungen dieses spaltförmigen Hohlraumes sind artifizieller Natur. Näheres darüber werde ich weiter im Kapitel über die Binnenräume der Parietal- organe berichten. Ich habe schon oben die Angabe von Owsjannikow angeführt, daß er bei der Betrachtung des Pinealauges von oben oder von unten die Asymmetrie beider Hälften desselben wahrgenommen hatte. Die eine Hälfte der pigmentierten retinalen Platte ist etwas kürzer als die andre. Nach der Meinung desselben Verfassers kannte schon Ahlborn diese Asymmetrie, der dabei noch darauf aufmerksam gemacht hat, daß bei Ascidien das Auge durch einen rechtseitig stark entwickelten Hirnteil nach links zur Seite gedrängt erscheint. Die Tatsache soll also vergleichend-anatomisch sehr wichtig sein. Nun finde ich, daß Owsjannikow die Beobachtung von Ahlborn nicht ganz richtig wiedergegeben hat. In seiner größeren Arbeit (über das Gehirn der Petromyzonten [1]) gibt Ahlborn die Beschreibung des Verlaufs des fadenförmigen Stieles des Pinealorgans in solcher Weise: »Der fadenförmige Stiel ist dem Boden des oberen Bläschens angeheftet; er entspricht dem proximalen und medialen Teile der Epiphyse der Selachier und Amphibien, hat aber nicht wie dort eine mediane Lage, sondern ist hier durch die Asynnnetrie der Tubercula intermedia derart zur Seite gedrängt, daß es seiner ganzen Länge nach den Teilen des linken G. habenulae aufgelagert ist«. In einer andren Arbeit, welche Ahlborn speziell der Frage über die Bedeutung des Zirbeldrüse widmet, sagt er (1), daß bei den Petromyzonten der »proximale« Teil der Epiphysis cerebri durch das rechtseitige, stark asymmetrisch ent- wickelte G. habenulae nach links verschoben ist, und erwähnt dabei die asymmetrische Lage des Auges bei den Ascidien. Nach dieser Zu- sammenstellung der Angaben von Ahlborn ist mir ganz klar, daß Ahlborn nur die asymmetrische Lage des N. pinealis in Gedanken hat, über die Asymmetrie der Endblase sagt er kein Wort. Die Beobachtung von Owsjannikow bleibt demnach ganz isoliert. Die Pariotalox'gane von Pctromj^zon fluviatilis. 33 Ich konnte auf (Jrund meiner rntersueliungen zu der Ansicht gehingen, daß die Asymmetrie der liiiken und der rechten Hälfte der retinalen Platte bei P. fluviatilis wiiklicli vorhanden ist, aber mir als eine Varia- tion. Ich finde in vielen Individuen, besonders bei medianer Lage der Parietalorgane, das Pinealorgm ganz symmetrisch geformt und das Atrium mit dem distalsten Abschnitt des N. pinealis streng median gelagert. Das Pinealorgan sieht dabei kreisförmig oder ein wenig nach vorn verlängert aus. In andern Fällen finde ich, und zwar oft, daß das Pinealorgan eine quer ovale Form hat oder sogar eiförmig ist. Das Atrium ist in solchen Fällen mehr oder weniger nach links verlagert, und der N. pinealis ent- springt natürlich ebenfalls an der linken »Seite des Organs. Die rechte Hälfte bei eiförmigen Pinealorganen ist wohl kürzer als die linke »Seite. Aber auch bei synnnetrischer Lage kann die rechte Hälfte kürzer als die linke sein. Niemals konnte ich bemerken, daß das Atrium auf die rechte Seite verlagert wäre. Diese Tatsachen liefern nach meiner Meinung weitere Beweise, daß in der äußeren Form ebenso wie in den gegenseitigen topographischen Beziehungen der Parietalorgane keine sichere Stütze für die Theorie ihres homomeren Ursprungs zu finden ist. Den Vorstellungen von Dendy zufolge soll das Parapinealorgan das linke und das Pinealorgan das rechte Auge desselben Paares sein. Man mußte nach dieser Theorie erwarten, daß im Ursprung des Nerven vom Pinealorgan oder in der Lage des Atriums die supponierte Angehörigkeit des Pinealorgans zur rechten Seite des Gehirns sich äußern würde. Die Tatsachen zeigen gerade das Gegenteil. Ich glaube deswegen, daß die asymmetrische Differenziation der Parietalorgane bei Petromyzon sekundär entstan- den ist. Die Gesamtform des Pinealorgans wird sehr durch das an seinem hinteren unteren Ende vorhandene Atrium beeinflußt, da das Atrium außer seiner Lage auch noch seine Form ändern kann. Das ganze Organ sieht an den Totalpräparaten so aus, als ob das Atrium als ein selb- ständiger Organteil in die Endblase hineingedrängt sei. In "Wirklich- keit aber, so \äel ich es verfolgen konnte, stellt das Atrium die direkte Fortsetzung der Endblase in die hintere Wand dar, welche sich un- mittelbar in die Wand des Atriums umwandelt. Nur in einigen Fällen wird die Wand der Endblase v^om Atrium durch eine Furche, die mit Bindegewebe gefüllt ist, abgetrennt (Textfig. 5). Über das Atrium bei P. Planen berichtet Studnicka (34), daß Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 3 34 D. Tretjakoff, es bei verschiedenen Exemplaren in seinem Aussehen bedeutend variiert. In normalen Fällen bildet bei dieser Art die Wand des Atriums einen dicken, ziemlich langen, nach dem Gehirn zu allmählich sich verschmä- lernden Schlauch, der sich ganz dicht an die hintere Hälfte der hinteren Wand der Endblase anschmiegt und von ihr nur durch eine .ganz dünne Schicht von Bindegewebe, die man leicht übersehen kann, abgegrenzt wird. Wenn diese Beschreibung wirklich die am häufigsten wieder- kehrenden Merkmale des P. Planen schildert, besteht in dieser Be- Textfig. 5. Fast metlianer sagiftaler Längsschnitt der rarietalorgane von Ammocoetes. FLEMMiNGsche Flüssig- keit, Safranin-I.iclitgrün. Ä, Atrium: C, Pindstück der Sinneszelle; F, Faserschiclit des Parapineal- organes; Ä, Blutcapillare in der Zwischenwand der Parietalorgane; P, Pinealorgan; Pa, Parapineal- organ; PI, Pellucida; Pn, Pinealncrv; J'na, Hohlraum des Pinealnerven; R, Coagulumnetz; So, Sinneszcllc der Pellucida; Su, Sinneszelle (das Atrium liegt fast in der Ebene der Endblase). Ziehung eine deutliche Verschiedenheit zwischen P. Phtneri und P. flu- viatilis. Bei der letzten Art finde ich die Eorni und die Größe des Atriums nur in sehr beschränkten Grenzen variieren. Die feine Schicht von Binde- gewebe zwischen den Wänden beider Organe bei P. jluviutilis existiert nicht, an ihrer Stelle wird höchstens die unbedeutende Leiste vorhanden sein, wie oben angegeben war. Der Pinealnerv lenkte immer die Aufmerksamkeit der Forscher auf sich und wurde zuerst von Ahlbokn (1) als Stiel der Epiphyse be- schrieben. OwsjANNiKOW gab einige Bemerkungen über seine Breite Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 35 (50 u in der Nähe des Pinealorgans) und die Zusammensetzung. So spricht er, daß der Nerv inwendig hohl und röhrenförmig sein kann und daß er von den Blutgefäßen begleitet wird. Studnicka konnte feststellen, daß der Nerv bei einigen erwachsenen Exemplaren aus- nahmsweise der Länge nach sich spalten kann. Er hat ihn entweder nur in der Form zweier parallel verlaufender Stränge, welche erst vor dem Eintritt ins Atrium sich miteinander verschmelzen oder in be- sonders seltenen Fällen auch in mehrere Stränge teilen sehen. Zum Beispiel konnte er bei einem erwachsenen P. Planeri bis sieben voll- kommen parallel nebeneinander laufende Nervenstränge finden, die sich erst vor dem Atrium des Pinealorgans miteinander vereinigten. Gaskell fand, daß der N. pinealis noch mit dem G. habenulae dextrum in Verbindung steht. Diese später nicht bestätigte Hinweisung wiederholt Dendy, welcher versichert und mit entsprechender Ab- bildung illustriert, daß bei Geotria der Pinealnerv sich mit dem G. habe- nulae dextrum mit Hilfe seiner Äste verbindet. Dieser Befund von Dendy ist sicher sehr auffallend und imstande, meine Absicht zu rechtfertigen, seine Kichtigkeit mit Untersuchung auch des P. fluviatilis zu prüfen. Zu diesem Zweck bediente ich mich außer der makroskopischen Präparation der Methylenblaupräparate und der nach Ramon-y-Cajal gefärbten Serienschnitte. Die makroskopische Beobachtung (mit star- ker Lupenvergrößerung) wird dadurch erleichtert, daß der Pineal- nerv bei P. fluviatilis von langverästelten Pigmentzellen bedeckt ist und sich gut von anderen Bestandteilen des Präparats unter- scheiden läßt. Sehr oft ist auch das weiße Pigment in der distalen Hälfte des Pinealnerven vorhanden. Die Nervenfasern des Pinealnerven färben sich mit Hilfe des RAMON-Y-C'AJALschen Verfahrens sehr schön und können sogar in das Gehirn hinein verfolgt werden. Im Pinealorgan kann man sie an solchen Präparaten nur im Atrium verfolgen, ihren Zusammenhang mit den Zellen der retinalen Schicht konnte ich an diesen Präparaten niemals bemerken. Es sind auch Serienschnitte nützlich, welche mit Pikro- Fuchsin oder nach Mallory mit Anilinblau gefärbt worden sind. An den Methylenblaupräparaten sieht man wohl hauptsächlich die feinsten Nervenfasern des Nerven. Das hintere Ende des Pinealorgans ist nach meinen Beobachtungen immer mit der Mitte der Commissura posterior verbunden. Die Ein- trittsstelle Hegt streng median. Von dieser Stelle verläuft der Nerv bei Ammocoetes, wie ich schon früher berichtet habe, bogenförmig neben 3* 36 D. Trctjukoff, dem linken Rand des rechten G. habenulae entlang nach vorn, ohne die geringste Spaltung zu erfahren. Bei 18 cm langen Amniocoeten steht das vordere Ende des Nerven von der Commissura posterior in ge- rader Richtung 0,5 ]nm ab, während das Pinealorgan auf demselben Längsschnitt 0,9 mm lang ist. Außerhalb des Atriums ist kein Hohlraum im Pinealnerv bei Ammocoetes vorhanden. Wegen der geringen Längs- ausdehnung und des fast horizontalen Verlaufs des Pinealnerven bei Amm,ocoetes kann man an dicken Horizontalschnitten durch den Kopf des Ammocostes den ganzen Nerv an einem Präparat sehen und bei der Durchmusterung andrer Präparate seine Verbindung feststellen. An solchen Präparaten konnte ich ebenfalls wie an den sagittalen Längs- schnitten bei Ammocoetes (bis 20 cm) niemals die von Dendy an- gegebene Verbindung mit dem rechten G. habenulae wiederfinden. Beim erwachsenen Petromyzon wird der Pinealnerv verhältnis- mäßig sehr lang (1 — 0,9 mm bei 0,55 mm langem Pinealorgan) und der Teil desselben, der neben dem Ganglion habenulae dextr. ver- läuft, wird mehr oder weniger in die Substanz des Ganglions so ein- gepreßt, daß das Ganglion an seinem linken Abhang eine Rinne für die Aufnahme des Nerven besitzt. Den ganzen Verlauf des Nerven kann man auf fünf bis sechs sagittalen Längsschnitten verfolgen, da der Nerv mit einer nur leichten Biegung nach links im Gebiete des G. habe- nulae dextrum liegt. Bei Ahlborn (1) ist dieser Verlauf fast richtig (Fig. ^9, Taf. XIII) abgebildet, nur sieht man den hinteren Teil des Nerven nicht. Ich finde bei Petromyzon im Pinealnerv einen runden Hohlraum hinter dem Atrium. Dieser Hohlraum ist meistens vom Atrium ganz abgeschlossen und sieht ganz anders aus, als der spalt- förmige von Owsjannikow abgebildete Kanal des Pinealnerven. Da bei Ammocoetes dieser Hohlraum nicht vorhanden ist, halte ich ihn nicht einfach für den Rest des embryonalen Kanals des Pinealnerven, sondern für eine sekundäre Erscheinung. Er ist an den Längs- wie an den Querschnitten gleich rund. Das weiße Pigment begleitet in der Form von Häufchen den Nerv fast bis zum vorderen Rand des G. habenulae dextrum. Die Spaltuiig des Pinealnerven in mehrere »Stränge kann man eigentlich fast an jedem Methylenblaupräparat sehen. Man bemerkt nämlich, daß hinter dem Atrium vom Hauptbündel der Nervenfasern, welcher immer noch als dickster Strang bleibt, sich zwei bis drei klei- nere Bündel abzweigen, welche nach hinten neben dem Hauptbündel verlaufen und ebenfalls von längsverästelten Pigmentzellen begleitet werden. Kurz vor der Commissura posterior verbinden sich aber alle Die Parietalorgane von Pctroniyzon fluvialilis. 37 Abzweigungen wieder zum einzigen Stainin, welcher in diese Conimissur liineindringt. An den makroskopiselien Präparaten und an den Seriensehnitten gelingt es, die sekundären »Stränge immer eben so bequem wie an den Methylenblaupräparaten zu verfolgen; am bequemsten aber in den Fällen, in welchen sie stark pigmentiert sind. Dieser .Spaltung des Nerven kann man kaum höhere phylogene- tische Bedeutung zuschreiben, besonders aus dem Grunde, da bei Ammo- coetes diese Spaltung gar nicht existiert. Die Abzweigungen legen sich so dicht an den Hauptstrang an, daß der ganze Komplex in einer ge- meinsamen Rinne des G. habenulae dextrum oder an dessen Grenze mit dem G. habenulae sinistrum verläuft. Wegen des komplizierteren Baues beim erwachsenen Petromyzon ist es bei ihm viel schwieriger, die Beziehungen des Nerven zum Ganglion habenulae dextrum zu untersuchen. Außer den Golgi- und RAMON-Y-CAJALschen Präparaten sehr nützlich sind in dieser Beziehung die nach van Gieson oder nach Mallory gefärbten Serienschnitte, auf welchen die dünne Piaschicht an der Oberfläche des Ganglions und des Pinealnerven sehr deutlich erscheint. Mit Hilfe solcher Schnitte bin ich zu der Ansicht gelangt, daß zwischen dem G. habenulae dextrum und dem Pinealnerven keine Verbindung vorhanden ist. Ich bin also nicht imstande, die Angaben von Dendy über die Ausstrahlung der Nervenfasern des Pinealstranges ins G. habenulce zu bestätigen. Die hintere Conimissur ist bei P. ßuviatilis vom G. habe- nulae immer durch die dünne Wand des Recessus infrapinealis (Ahl- born) abgetrennt. Bei Geotria sieht nach den Zeichmmgen von Dendy diese Gegend etwas anders aus als bei Petromyzon. Das Hinterstück des Pinealnerven liegt der Wand des Recessus infrapinealis gar nicht an, sondern zieht in einiger Entfernung von ihr direkt zur hinteren Coni- missur. Ich erlaube mir die Bemerkung, daß die Beobachtungen von Dendy ohne Anwendung feinerer histologischer Färbungsniethoden gemacht worden sind und daß die Konservierung der Objekte gerade nicht einwurfsfrei war, »in all my sections<<, sagt der Verfasser, >>how- ever a sniall shrinkage cavity« (Fig. 6, S. C.) is developed just above the posterior commissure and the fibres of this brauch of the pineal- iierv are probably above the shrinkage cavity.« Es ist nach diesen Worten ganz zulässig, zu denken, daß bei Geotria- Material im Gebiet der hinteren Kommissur durch die Fixation Ver- unstaltungen verursacht wurden, die die Beweiskraft der DENDYschen Ausführungen sehr vermindern. Diese Tatsache im Zusammenhang 38 D. Tretjakoff, mit dem Nichtvorhandensein der direkten Beziehung zwnschen dem Pineabierv und dem rechten G. habenulae bei P. jluviatilis spricht nach meiner Meinung entschieden wider die Theorie der homomeren Bedeutung der Parietalorgane. Die Theorie von Dendy verhert also auch diesen Stützpunkt. Die l^hitgefäße der Parietalorgane wurden von den Untersuchern bisher sehr wenig berücksichtigt, sie zeigen aber sehr interessante Beziehungen zu den Wänden dieser Organe. Wie ich schon oben bemerkt habe, wird der Pinealnerv in seinem Verlauf durch ein Blut- gefäß begleitet, welches ich als Pinealarterie bezeichnen möchte. Diese Arterie verbindet sich mit dem Kapillarnetz, welches zwischen dem Pinealorgan und der oberen AVand des Parapinealorgans liegt. Seitlich und oberhalb des Pinealorgans sind keine Blutgefäße vor- handen, das Blut hindert also in keiner Weise den Durchgang der Lichtstrahlen durch die Pellucida des Pinealorgans, was sich vom Parapinealorgan nicht behaupten läßt. Bei letzterem Organ ist nur die vordere seitliche Fläche, welche der pigmentierten Stelle der Pellucida des Parapinealorganes entspricht, von Capillaren frei, also wieder die Zone, welche vielleicht der Lichtperception dient. Die übrige seitliche Fläche, so weit sie von dem Arachnoidalgewebe bedeckt ist, kann eventuell Capillaren haben. Die Hauptbedeutung gehört aber dem Zwischennetz, welches in der dünnen bindegewebigen Lamelle zwischen den beiden Organen liegt. Hier liegen die Capillaren an der Wand der Parietalorgane sehr dicht an, und ein Paar Capillaren tritt regelmäßig in die Masse des Pinealorgans von unten her ein. Diese Capillarschlingen sind immer im Gebiet zwischen dem Atrium und dem übrigen Teil der unteren Wand des Pinealorgans zu finden (Textfig. 5) und sind manchmal 0,04 mm hoch. Sie können also die innere Kernzone der retinalen Platte erreichen. Wenn nach all dem oben Gesagten das Pinealorgan bei P. jluvia- tilis keinen direkten Zusammenhang mit dem rechten G. habenulae, geschweige dem linken Ganglion hat, ist die unmittelbare Verbin- dung des Parapinealorgans mit dem linken G. habenulae auch bei P. jluviatilis nicht zu bestreiten. Ich kann in dieser Beziehung die An- gaben andrer Autoren, welche im allgemeinen keine wesentlichen Unter- schiede bieten, nur bestätigen, ich möchte jedoch einige Änderungen der Nomenklatur der Bestandteile des G. habenulae vorschlagen. Man weiß nämlich, daß das linke G. habenulae in drei Teile zergliedert wird. Die vordere Partie des Ganglions wird nach vorn unter das Parapinealorgan vorgeschoben und verschmilzt mit der Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 39 unteren Wand derselben so innig, daß im mittleren Gebiet der unteren Wand des Parapinealorgans eigentlich keine Grenze zwischen den beiden Gebilden bemerkbar ist. Die Grenze kann man hier nur konventionell angeben, entsprechend der peripheren intermediären Piaplatte, die die Randzone der unteren Wand des Parapinealorgans von der Oberfläche des Ganglionteils abtrennt und die Blutcapillaren trägt. Wegen dieses direkten Zusammenhangs mit dem Parapinealorgan kann man dem vorderen Ganglionteil keine selbständige Bedeutung zuschreiben. Nach meiner Meinung ist es viel richtiger, diesen Teil als integrierendes Glied des Parapinealorgans zu betrachten. Ich halte solche Auffas- sung um so mehr berechtigt, da die von Owsjannikow und von mir beobachteten Verlängerungen des Innenraums des Parapinealorgans sich immer in das Ganglion fortsetzen. Es ist sehr wahrscheinlich, daß sich dieser Teil des G. habenulae in engem Zusammenhang mit dem embryonalen Kommunikationskanal des Parapinealorgans entwickelt und einigermaßen dem »Stiel des Pinealorganes entspricht. Da hier aber sicher Ganglienzellen vorhanden sind, will ich in der folgenden Be- schreibung diesen Teil des linken G. habenulae Ganglion para- pineale nennen. Das G. parapineale wird mit dem hinteren Teil des G. habe- nulae, welchem ich diese Bezeichnung sensu strictiori lasse, durch ein Zirbelpolster verbunden, welches beim erwachsenen P. fluviatilis bis 1,4 mm lang ist; in dieser bei P. fluviatilis rein ependymalen Partie sind Nervenfasern eingeschlossen, welche vom G. parapineale zum Hnken G. habenulae ziehen (Tractus habenularis). Selbst- verständlich nenne ich diese dünne Nervenfaserschicht Tractus para- pinealis, da seine Nervenfasern sicher nur zum Parapinealganghon in direkter oder indirekter Beziehung stehen. Das Hnke G. habenulae nach meiner Nomenklatur ist nur der hintere Teil einer in der embryo- nalen Zeit wohl zusammenhängenden linken ganghonären Masse des habenulären Gebiets. Dieser Teil ist unmittelbar mit der Commis- sura habenularis verbunden und verdient nach diesem Merkmal ebenso wie das rechte Ganglion seinen Namen. Ich lasse weitere Besonderheiten der Parietalgegend bei P. fluvia- tilis unberücksichtigt, da sie nur sehr unbedeutend vom Bau derselben Gegend bei P. Planen (Studnicka) abweichen. Ich vermeide in der weiteren Beschreibung des inneren Baues der Parietalorgane die sonst üblichen Bezeichnungen der unteren Wand der Parietalorgane als retinale Schicht oder sogar »Retina der Parie- talorgane << aus unten beigebrachten Gründen, um eventuelle künftige 40 D. Tretjakoff, physiülogisclie ditersucliuiigeji nicht irrezuleiten. A\'enn man mir einwenden will, daß die untere Wand des Pinealorgans wegen ihrer Pigmentierung als Retina zu benennen sei, kann ich auf das Vorhandensein von Pigment in der oberen vorderen AVand des Para- pinealorgans hinweisen. Wir müßten dann folgerichtig auch diesen Teil des Parapinealorgans Retina nennen, aber dabei wird die mor- phologische Gleichwertigkeit der unteren Wand in beiden Parietal- organen verschleiert. Aus diesem Grunde wähle ich mehi' indifferente Bezeichnungen, welche nur die Topographie der entsprechenden Ge- bilde ausdrücken. Für die obere Wand des Pinealorgans ist die von Studnicka angenommene, von Carkiere eingeführte Bezeichnung >>Pelhicida« ganz passend. AVenn aber Studnicka auch die obere AVand des Parapinealorgans mit diesem Namen belegen will, kann ich ihm in dieser Richtung nicht folgen. »Sie ist kaum für die Durchstrahlung geeignet, da ihre vordere Partie nach meinen Beobachtungen sehr oft pigmentiert ist und die übrige Ausdehnung mit einem Capillarnetz bedeckt wird. Durch die gegebene Beschreibung der äußeren Form der Parietal- organe bei P. fluviatilis sind deren Besonderheiten bei diesem Tier in genügender Weise dargestellt und ich kann die Ergebnisse der Ver- gleichung der Parietalorgane bei P. fluviatilis mit denen bei andern Petromyzontenarten in folgender Weise zusammenfassen. Das Pineal- organ besteht bei P. fluviatilis aus dem 0,8-1 mm langen Pinealnerv und dem eigenthchen Pinealorgan oder der Endblase, welche annähernd laibförmig und an der oberen Seite nur schwach gewölbt ist. Die Endblase ist weiter mit einem engen Binnenraum versehen. Am unteren hinteren Pol der Endblase wird die untere AVand verdickt und nach hinten kegelartig ausgezogen. In diesem Teil, dem Atrium des Pineal- organes, ist ein elhpsoidaler Hohlraum eingeschlossen, Avelcher mit dem Hohlraum der Endblase kommuniziert, nach hinten aber ab- geschlossen ist. Das Atrium verjüngt sich an seinem hinteren Ende und seine caudale Fortsetzung stellt jetzt die vordere etwas dickere Partie des Pinealnerven dar. In diesem Gebiet des Pinealnerven ist bei P. fluviatilis ein zweiter, aber allseitig abgeschlossener Hohlraum von sphärischer Form vorhanden. Noch weiter caudalwärts kann der Pinealnerv in mehrere sekundäre Nebenstränge gespalten werden, welche sich schHeßlich im Gebiet zwischen dem hinteren Rand des rechten Haben ularganglions und der hinteren Commissur wieder zu einem Strang vereinigen, der in die hintere Commissur hineintritt. Die Anfangs- und die Endpartie des Nerven liegen meistens median. Die Parietalorgane von Petromyzon lluviatilis. 41 die mittleren Abschnitte liegen nach links vom G. habenulae dex- trum. Das Parapinealorgan besteht ebenfalls aus drei Abschnitten: End- blase, Parapinealganglion und Parapinealpolster mit dem in ihm ein- geschlossenen Tractus parapinealis. Man darf aber von vornherein diese Bestandteile nicht mit den Teilen des Pinealorgans ohne weiteres horaologisieren. Nur die Endblasen sind wahrscheinlich morphologisch gleichwertig, aber nur in sehr weitem Sinn. Die Endblase ist halb- kugelförmig, die untere Wand derselben wird durch einen Nerven- faserstrang unmittelbar mit dem G. parapineale verbunden. Der Innenraum der Endblase zeigt die Tendenz, sich nach unten ins G. para - pineale fortzusetzen. Das Parapinealpolster zieht vom Parapineal- ganglion bis zum linken G. habenulae. Beide Parietalorgane haben je eine dünne Piahülle, die zwischen den Parietalorganen eine Blutgefäße tragende Pialamelle haben, welche eine Art von Ghoriodea für beide Organe darstellt. Feinere Struktur des Pinealorgans. Wand des Pinealorgans, In der Wand der Endblase des Pinealorgans unterscheiden die meisten Verfasser nur zwei Gebiete: die untere verdickte und pigmen- tierte Platte und die nicht pigmentierte obere Platte oder die Pellucida. Jeder Wand gehört ihre spezielle feinere »Stniktur an, am Übergangs- rand sind nach Studnicka Zellen vom Übergangstypus vorhanden. Ich finde bei P. fluviatilis, daß dieses Übergangsgebiet eine selb- ständige Struktur hat und als ein besonderes Randgebiet des Pineal- organs betrachtet werden muß. Um sich die Merkmale dieses Eand- gebietes vorstellen zu können, muß man erst die beiden andern Gebiete hinsichtlich ihrer allgemeinen Struktur näher berücksichtigen. OwsjANNiKOW (25) hat noch keine bestimmte Bezeichnungen für die beiden Wände des Pinealorgans und spricht manchmal von äußerer, manchmal von vorderer Wand des Organs in demselben Sinn. Soviel ich ihn in dieser Beziehung verstehen kann, handelt es sich hier um die Pellucida, welche nach seiner Beschreibung in der Mitte verdickt werden kann oder zipfelförmig in die Höhle des Pinealorgans hinein- ragt. Studnicka bemerkt nachträglich, daß zipfelförmige Fortsätze ohne Regelmäßigkeit verteilt sind und daß sie in der Mitte der Pellucida in keiner Weise höher sind. Die Pellucida geht auf den Seiten allmähUch vollkommen in die untere Platte über. Zwischen 42 D. Tretjakoff, beiden Schichten befindet sich eine Übergangspartie, die von cyhn- drischen Zellen gebaut ist. Die Form der unteren '\^'and wurde von Owsjannikow nicht berücksichtigt, genauere Angaben finden sich aber bei Studnicka (P. Planeri). Dieser Verfasser sieht bei ganz jungen Ammocoeten die obere Seite der unteren AVand oft stark gewölbt, und die Stelle, wo das Atrium in den Hohlraum des Organs einmündet, befindet sich gerade auf der Höhe dieser Wölbung. Dieses Verhalten erinnert nach meiner Meinung sehr an die Lippen, welche ich am Rande der mittleren Ein- senkung der unteren Wand des Parapinealorgans finde. Bei älteren Ammocoeten und bei vollkommen erwachsenen Tieren ist die untere AVand des Pinealorgans nach Studnicka entweder breit rimienförmig oder unregelmäßig vertieft und in der Mitte befindet sich noch eine besondre Furche, die in die Atriummündung führt. Nach meinen Beobachtungen an P. jluviatüis muß ich sagen, daß wie auf die allgemeine Form so auch auf die Form der unteren Wand das Fixationsverfahren den größten Einfluß hat. Wenn unter der Wirkung der Reaktion, wie Chromsäure oder Sublimat, der Binnen- raum des Pinealorgans vergrößert wird, dann nimmt auch die obere Fläche der unteren Wand stark rimienförmig zu. Man muß aus diesem Grund die Form der unteren Wand nur an solchen Präparaten unter- suchen, welche keine Deformationen der äußeren Formen erfahren haben. Mit diesem Vorbehalt kann man sagen, daß auch beim erwach- senen Tier die obere Seite der unteren Wand leicht gewölbt ist oder ziemlich flach erscheint. Die mittlere Atriumrinne bildet dabei die einzige Einsenkung der AVand, und die Ränder dieser Rinne sind manch- mal höher als die übrige Oberfläche. Das Pinealorgan bewahrt nach meinen Beobachtungen dasselbe allgemeine Aussehen der unteren Wand beim erwachsenen Tier wie bei Ammocoetes. Wegen der Form der unteren Wand des Pineal- organs wurde schon von Gaskell (13) und von Studnicka (34) hervor- gehoben, daß das Pinealorgan (und nach Studnicka auch das Para- pinealorgan) nicht die Gestalt von Kameraaugen haben. Bei jungen Ammocoeten ist das Pinealorgan sicher schon funktionsfähig, die untere Wand desselben aber ist an ihrer oberen Seite gewölbt, statt, wie es in einem Kameraauge sein müßte und wie man das auch in den Parietal- augen der Saurier sieht, becherf()rmig zu sein. Zu diesen Ausführungen fügt Studnicka noch hinzu, daß sich zwar in erwachsenen Tieren die Retina vertieft, dabei aber nur rinnenförmig wird, in der Medianebene vertieft sie sich nicht. Auf seinen Präparaten hatte der Verfasser über Die Paiictalorganc von Petromyzon fluviatilis. 43 dem Atrium immer eine Hervorwölbung der oberen »Seite der unteren AVand gesehen. Ich muß auch diese letzte Stütze der kameralen Natur des Pineal- organs fallen lassen, da ich keine Andeutung von becherförmigem Bau im Pinealorgan finde, und bin geneigt, ein becherförmiges Aus- sehen eher dem Parapinealorgan zuzuschreiben. Ich sehe nach der Zeichnung des Pinealorgans von Studnicka bei P. marimis ([34], Fig. 13), daß bei dieser Art, ungeachtet der linsenförmigen Pellucida, die obere Seite der unteren Wand ganz flach ist. Ich glaube also, daß das Pinealorgan bei Petromyzonten nicht zu den kameralen Augen zu zählen ist, wenn seine Augennatur sogar unzweifelhaft bewiesen wäre. Diese Schlußbetrachtung folgt schon aus dem Verhalten des spaltförmigen Binnenraums des Pinealorgans, wie ich schon gesagt hatte. Die obere Wand des Pinealorgans von P. fluviatilis ist an meinen Präparaten nur selten an ihrer unteren Seite leicht wellenförmig oder ganz eben. Viel öfter ist sie mit nach unten hängenden Zapfen ver- sehen, welche mit ihren abgerundeten unteren Enden bis zu den kolben- förmigen Fortsätzen der Sinneszellen der unteren Wand gelangen. Vom Binnenraum des Pinealorgans bleiben deshalb nur einige Hohl- räume: die Räume zwischen den Zapfen. Diese Räume werden an den besten Präparaten durch ein feines Netzwerk ausgefüllt. In den seltenen Fällen, wo die untere Seite der Pellucida flach oder wellenförmig ist, sind auch diese einzelnen Lacunen nicht vor- handen, und im Pinealorgan bleiben nur kleine Zwischenräume zwi- schen den kolbenförmigen Enden der Sinneszellen und des gleich zu besprechenden Randsinus (Textfig. 6). Im Übercrancrsgebiet sind ganz andre Zellen als in beiden Wänden vorhanden. Sie sind nicht cylindrisch, sondern ganz niedrig, ebenso wie in diesem Gebiet bei Geotria nach Dendy (7); es sind also niedrige prismatische Zellen. Sie umgeben die im Querschnitt halbkugelförmige Rinne, welche sich ganz deutlich vom übrigen Hohlraum des Pinealorgans abhebt. Zum Unterschied von den Zellen der Zapfen der oberen Wand sind die Zellen im Übergangsgebiet an ihrer inneren Seite ganz scharf begrenzt. Dadurch gewinnt die Randrinne, welche ich als »Rand- sinus« bezeichnen möchte, den Charakter eines gesonderten Gebiets des Pinealorgans mit einer eigenen Bedeutung. Wenn man nicht nur die Größe, sondern auch andre Merkmale der Zellen im Randgebiet bei P. fluviatilis in Betracht zieht, kann man nicht wie Studnicka sagen, daß die Pellucida an ihren Seiten allmählich vollkommen in die untere Wand des Organs übergeht. Die Randzellen 44 D. Tretjakoff, unterscheiden sich durch die Färbung und innere glatte Begrenzung sehr scharf von den Zellen der Pellucida, und die pigmentierte untere Wand unterscheidet sich wieder sehr deutlich von der Randpartie. Alle angeführten Merkmale veranlassen mich, die Randpartie als ein drittes Gebiet der Wand des Pinealorgans zu betrachten. Ich muß aber bemerken, daß diese Randpartie nicht immer deut- lich differenziert ist, es fehlt nämlich manchmal der Randsinus. In solchen Fällen sind auch die Randzellen schwer zu unterscheiden. Ac/ T Textfig. 6. Medianer sagittaler Längsschnitt der Parietalorgane vom erwachsenen P. fluviatUix. Sublimat- Osmiunisäure, Eisenhämatoxylin. Ad, distale, pigmentierte Abteihing und Ap, proximale, nicht pigmentierte Abteihmg des Atriums; C, Endlvnopf der Sinneszelle; F, Faserschicht des Parapineal- organes; Ms, llandsinus; Mz, Zellen des Randgebietes der Endblase des Pinealorgans; N., Falte der Wand des Pinealorgans, welche die Endblase vom Atrium abtrennt; P, Pinealorgan; Pa, Para- pinealorgan; PI, Pellucida; Pn, Pinealnerv; So, Sinncszellen der Pellucida; Sinneszellen der unteren Wand der Endblase und des Atriums sind wegen des »weißen« Pigmentes nicht sichtbar. Die innere Höhle des Pinealorgans ist etwas durch die Wirkung des Fixationsgeniisches erweitert, die Ver- bindungsstücke der Pellucidazellen von den Endstücken der Sinneszellen abgetrennt und in die Fasern ausgezogen, welche mit R bezeichnet sind. Die Randzellen gehören, wenn sie gut differenziert werden, mehr der oberen als der unteren Wand an. Das vierte Gebiet der Wand der Endblase gehört dem Atrium an. Bei P. Phineri hat »Studnicka verschiedene Variationen des Atriums gefunden und betont überhaupt die Variabilität dieses Gebildes. Übri- gens soll dessen Wand wie die untere AVand der Endblase zusammen- gesetzt sein. Bei P. jluviatilis finde ich keine große Variabilität des Atriums. Die Parietalorgaric von Petromyzon fluviatilis. 45 Seine Lage und Größe sind liier ziemlich beständig. Nach der Be- schaffenheit der Wand möchte ich zwei Aüschnitte des Atriums unter- scheiden: einen distalen und einen proximalen. Nur der distale Ab- schnitt hat die Struktur der unteren A\'and der Endblase, der proxinuile aber ist pigmentfrei. Sehr oft konnte ich eine Verdickung des oberen Randes der Mün- dung des Atriums in den Hohlraum der Endblase wahrnehmen. Diese Verdickung entspricht der stärkeren Wölbung der oberen Seite der unteren Wand des Pinealorganes, w^ovon schon früher die Rede war. Die untere Wand des Pinealorgans. Schichtung. Eine gewisse Schichtung, welche an der unteren Wand des Pinealorgans sich bemerken läßt und welche durch die Ver- teilung des Pigments und der Zellkerne bedingt wird, hat wohl vor allem die Veranlassung gegeben, diese Wand als eine Retina zu betrachten. Wenn Ahlborn (1) hier der Schichtung noch keine Aufmerksamkeit geschenkt hatte, so hat Beard (3) schon drei Schichten unterschieden. Die untere AVand besteht nach seinen Beobachtungen aus der inneren Stäbchenschicht mit Pigment, der mittleren Kernschicht und der äußeren (granula striated) Faserschicht mit nicht zahlreichen Ganglien- zellen. OwsjANNiKOW (25) findet aber bei P. fluviatilis schon fünf Schichten in der unteren Wand des Pinealorgans: ganz nach unten liegen Fasern, darauf folgen Nervenzellen, noch weiter nach oben finden sich Zellen kleinerer Art und ganz oben liegen die Stäbchen. Nach Studnicka (32) lassen sich bei Ammocoetes vier Schichten unterscheiden : 1. Eine zu unterst liegende Schicht von Nervenfasern, welche mit denen des Pinealnerven in direkter Verbindung stehen. 2. Eine Schicht von basalen Zellen, welche den großen Körper haben. Das Protoplasma dieser Zellen ist nur wenig färbbar und mit einem großen Kern versehen. Auch zwischen diesen Zellen verläuft eine Anzahl von Nervenfasern. 3. Eine Schicht von Kernen, welche den kleineren Zellen angehören. 4. Eine Schicht von cylindrischen Zellen, die den Stäbchen andrer Autoren entsprechen. Diese Schichtenbeschreibung wiederholt Studnicka (34) in seiner Monographie der Parietalorgane wahrscheinlich mit der Absicht, ihre Richtigkeit noch einmal zu betonen. Er erklärt dabei seine frühere Ansicht, daß beim erwachsenen Petromyzon eine etwas andre 46 D. Tretjakoff, Bauweise der unteren AVand vorliegt, als irrtümlich, da er später bei P. marinus schon das bei Ammocoetes wahrgenommene Bild wieder- gefunden hat. Wenn man die von Studnicka gelieferte Beschreibung der ein- zelnen Elemente der unteren Wand berücksichtigt, muß man zum Schluß kommen, daß die Schichtung der vermeintlichen Retina des Pinealorgans in keiner Weise der Schichtung der zelligen Elemente der Retina in den lateralen Augen entsprechen kann, da sie nur eine Schichtung gleichartig differenzierter Teile derselben Zellen darstellt. Diese Schichtung hat also eine spezielle Bedeutung, welche nur nach dem Bekanntwerden mit den einzelnen Elementen der unteren AVand des Pinealorgans verständlich werden kann. Dendy (7) vmterscheidet bei Geotrid nur die Schicht der Epithel- zellen und die untere Schicht der Nervenfasern mit den Ganglienzellen. Vorläufig möchte ich jedenfalls sagen, daß ich bei P. fluviatilis die drei Schichten, welche Beard angegeben hat, sehr gut unterscheiden kann. Eine andre Anzahl der Schichten anzunehmen, ist nach meiner Meinung nicht angezeigt. Die hellen Zellen mit großem Kern treten, nach meinen Beobachtungen, auch bei Ammocoetes von P. fluviatilis nicht als gesonderte Schicht auf, sondern werden zwischen die Ganghen- zellen der äußeren Schicht eingelagert. Dem Gesagten zufolge unter- scheide ich folgende drei Schichten in der unteren Wand des Pineal- organs: die imtere faserige Schicht mit den in derselben zerstreuten großkernigen Zellen, die Schicht der Kerne der Stütz- und Sinneszellen und die obere Schicht der pigmentierten Stützzellenkörper. Diese Schichtung entspricht der Differenzierungsweise der Stützzellen, welche, wie von Studnicka richtig beschrieben worden ist, die ganze Dicke der unteren Wand einnimmt. Die Dreighederung der Stützzellen ist also zum Grundprinzip der Struktur der unteren Wand geworden imd die Teilung desselben in drei Schichten wird durch die Inkorporierung der Sinneszellen und noch andrer Zellenarten gar nicht gestört. Das ist von vornherein verständlich, da die Stützzellen der unteren Wand — wenn wir nur die Angaben von Studnicka hätten — nicht wie die MüLLERschen Fasern der Retina nur die sekundäre mechanische Be- deutung besitzen, sondern als pigmentierte Zellen eine höhere Bestim- mung haben müssen. Die weitere Besonderheit der Schichtung der unteren Wand, beson- ders beim erwachsenen Tier, besteht bei P. fluviatilis nach meinen Unter- suchungen darin, daß die obere pigmentierte Schicht und die mittlere Kernteilung nicht scharf voneinander abgegrenzt werden und die Die Parietalorganc von Petromyzon fluviatilis. 47 oberen Kerne manchmal schon der Pigmentschicht angehören. Ich finde sogar die Pigmentkörnchen in der unteren Faserschicht. Der Unterschied in der Schichtung der Retina bei Ammocoetes mid beim er- wachsenen Tier besteht in meinen Präparaten hauptsächhch in dem Aussehen der unteren faserigen »Schicht. Bei Ammocoetes sind hier die Zellen verhältnismäßig dichter gelagert als beim erwachsenen Tier. Beim letzteren ist diese Schicht hauptsächlich faserig differenziert. In der Zwischenwand des Atriums nimmt die faserige Schicht die inter- mediäre Lage zwischen beiden, oberen und unteren, Kern- und Pigment- schichten ein. Die faserige Schicht nimmt hier die Form eines Fort- satzes der Faserschicht der hinteren Wand der Endblase an, welche sich von hinten nach vorne hineinschiebt. Diese faserige Lamelle wurde von Studnicka (34) unrichtig als ein bindegewebiges Septum beschrie- ben. Cxerade an der Stelle der Verbindung der Lamelle mit der faserigen Schicht (Textfig. 5) der hinteren AVand finde ich bei P. jluviatilis eine Anhäufung von größeren Zellen, welche die angegebene Stelle sehr gut von der Piaschicht unterscheiden läßt. Die Struktur und die Schichtung der unteren Wand der Endblase setzen sich ohne Veränderungen in die distale Partie des Atriums fort, während das proximale Gebiet desselben schon andre Struktur hat. Die Pigmentschicht setzt sich in das Atrium an der oberen wie an der unteren Wand desselben gleich weit fort. In der Richtung zmn Übergangs- oder Randgebiet der Endblase verschmälern sich alle Schichten der unteren Wand der Endblase ganz gleichmäßig und die Pigment- und Faserschicht verschwindet am Rande fast gleichzeitig. Nur die Kernsubstanz setzt sich ununter- brochen unter alhnählicher Verminderung der Kernanzahl als einzige Kernreihe in das Randgebiet fort. Nur am hinteren Rande der End- blase vollzieht sich der Übergang von der unteren bzw. hinteren Wand zur oberen in etwas abweichender AVeise. Hier treten die Zellen des Randgebiets noch früher auf, als die faserige Schicht mit ihren groß- kernigen Zellen verschwindet. Demgemäß endigt hier die Pigment- schicht früher als die äußere faserige Schicht. Hinsichtlich der zelligen Elemente der unteren Wand hätte man eigentlich, um die folgenden Ausführungen verständhch zu machen, nur die mehr modernen Angaben von Retzius und Studnicka zu berück- sichtigen, wenn diese Angaben gleichbedeutend wären. Aber gerade die Übereinstimmung in dieser Frage ist nicht vorhanden. In der Annahme, daß diese beiden Forscher vielleicht ganz andre Elemente gesehen hat- ten, sehe ich keine sichere Rettung, da die genannten Forscher von ihrer 48 D. Tretjakoff, Seite keine Versuche gemaclit liatten, iiire Beobaclituiigen m gegen- seitige Harmonie zu bringen. Ich fühle mich deswegen verpfhchtet, auch die Angaben älterer Untersucher zu berücksichtigen, um meine eigenen Beobachtungen in richtiger Beleuchtung darzustellen. Den ersten Versuch, den Zusammenhang zwischen den verschie- denen Bestandteilen zu verfolgen, hat Beard durchgeführt, welcher dazu den Bau des Pinealorgans bei Ammocoetes benutzte. Die Darstellung von Beard befindet sich vollkommen unter dem Einfluß des Gedankens von der Augenbedeutung des Pinealorgans. Er unterscheidet in der pigmentierten Schicht Stäbchen und sogar Zapfen, welche in der mitt- leren Schicht mit kleinen Zellen zusammenhängen. Die kleinen Zellen verbinden sich unmittelbar mit den Ganglienzellen der (äußeren) unteren Faserschicht, die ihre Nervenfasern in die Pinealnerven senden. Es ist nach meiner Meinung nicht schwer, die Bedeutung der Beard- schen Stäbchen und Zapfen zu verstehen. An seiner Zeichnung (Fig. 7, Taf. VII) sind die Stäbchen hell und die Zapfen dunkel abgebildet. Die Stäbchen entsprechen also den- STUDNiCKAschen Stützzellen und die Zapfen den Sinneszellen. Beard hat diese beiden Arten der Zellen schon lange vor Studnicka gesehen, wenn er auch die übrigen Ver- hältnisse des Zusammenhangs der Elemente der unteren "Wand un- richtig verstanden hat. Ganz richtig aber hat er noch den großen Zellen der unteren Faserschicht die Bedeutung von Ganglienzellen zugeschrieben, obgleich seine Angabe über das Hineindringen der Ner- venfasern derselben in den Pinealkern, wie ich unten zeigen werde, eine reine Intuition ist. OwsjANNiKOW (25) unterscheidet in der pigmentierten Schicht nur eine Zellenart, welche er niedere Zellen nennt, und berichtet weiter, daß diese cylindrischen Stäbchenzellen mit glänzenden Endstücken versehen sind, welche in den Bimieiiraum der Endblase hineinragen, OwsjANNiKOW ebenso wie Beard gibt nicht näher an, worin er eigent- lich das Pigment eingeschlossen vermutet. Er spricht Jiur davon, daß jedes Stäbchen von der Spitze bis zu seinem breiten unteren Ende mit Pigmentk()rnchen bedeckt ist. Von andern Elementen der unteren AVand der Endblase liefert dieser Verfasser nur allgemeine Angaben. Die Stäbchenzellen sollen an ihrem unteren Ende in Fasern auslaufen und sich mit anderen ovalen Zellen verbinden. Noch weiter nach unten vereinigen sich die Fasern wieder. An der Peripherie der Wand scheinen die Fasern an manchen Stellen frei zu endigen, indem sie sich der Piaschicht anlegen, in andern Stellen gehen sie in feine Fasern über und können bis zum Nerven verfolgt werden. Fast in gleicher Weise klingt Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 49 die Beschreibung derselben Elemente bei Gaskell (13), der wieder die stäbchenförmigen Zellen in der pigmentierten Schicht findet und an ihren Enden die stäbchenförmigen Fortsätze beschreibt, welche wohl den glänzenden Endstücken, welche Owsjannikow gefunden hatte, entsprechen und die im Binnenraum der Endblase liegen. Von den Cylinderzellen mit langem Secretfaden, welcher tief im Zellkörper be- ginnt und sich in den Hohlraum der Endblase fortsetzt, berichtet auch Leidig (20), welcher nur die stark durch den Einfluß der Fixations- flüssigkeiten deformierten Pinealorgane untersucht hatte. Der Zustand der Kenntnisse über die tStruktur des Pinealorgans war also nicht sehr befriedigend, alsRETZius seine GoLGi-Färbung des Pineal- organs vorgenommen hatte. Nach seinen Befunden haben die mit GoLGi- Verfahren sich schwarz färbenden Elemente der unteren Wand des Pinealorgans so differente Formen, daß es schwer ist, eine allge- meine Charakteristik derselben zu liefern. Ein Teil von ihnen sind offenbar Cylinderzellen, welche von der äußeren Piaschicht, an der sie ihre etwas erweiterten Füße haben, als schmal gestreckte Zellen gegen die Höhlung des Organs ziehen. Ihr Kern liegt verschieden hoch in der Zelle. Das untere Ende der Zelle ist verzweigt, manchmal in sehr bizarrer AVeise. In der unteren Schicht färben sich Zellen andrer Gestalt, welche mehr tangentiell angeordnet sind und mit ihren Fort- sätzen dem unteren Umfange parallel verlaufen. Die geschilderten Cylinderzellen hält Retzius für verkümmerte Ependymzellen oder wenigstens solchen Zellen ähnlich. Sie sind nach seiner Meinung die Stützelemente. Unter ihnen sind Elemente mit dem Charakter der Neurogliazellen verstreut. Sinneszellen konnte er mit Hilfe der Golgi- schen Färbung nicht finden. Diese Untersuchung wurde am Pinealorgan von Ammocoetes aus- geführt und hat sich der Verfasser in seinen Schlußbetrachtungen in vorsichtiger Weise nur auf die von ihm festgestellten Verhältnisse be- schränkt. Er spricht jedenfalls ganz bestimmt aus, daß das Pineal- organ kaum als ein wirkliches Sinnesorgan aufzufassen ist und daß in ihr sicher kein Auge vorliegt. Er will aber hiermit nicht sagen, daß in andern Ausbildungsstadien das Pinealorgan nicht als ein Sinnes- organ gedeutet werden kann. Bei Ammocoetes liegt aber ein Stadium vor, welches entweder noch nicht dahin gelangt oder auch schon zurückgebildet worden ist. Die Endigungsweise der Nervenfasern, welche aus dem Pinealnerv in die untere Wand der Endblase gelangen, konnte der Verfasser nicht entdecken. Studnicka (34) nimmt ohne weiteres an, daß die von Retzius Zeitschrift f. wissensch. Zoolosie. CXIIl. Bd. 4 50 D. Tretjakoff, beschriebenen Cylinderzellen den von ihm bei Ammocoetes und P. tna- rinus entdeckten pigmentierten Stützzellen entsprechen. Die Stütz- zellen sollen im Niveau der oberen Oberfläche der unteren Wand der Endblase mit einer glatten, mit ganz niedrigen Stäbchensäumen be- deckten Endfläche endigen. Zwischen den oberen Rändern der Stütz- zellen sowie zwischen den Stützzellen und den Sinneszellen hat der Verfasser die CoHN-HEiDENHAiNschen Schlußleisten gefunden. Die Sinneszellen lassen sich in embryonalen Entwicklungsstadien nachweisen. In etwas älteren Ammocoeten zeichnen sie sich durch ihre scharfen Konturen und ihre sehr intensiv färbbaren Körper aus. Sie sind ganz dünn und nur im Kerngebiet ein wenig angeschwollen. Dieses Gebiet befindet sich am unteren Ende der Zelle, welche sich hinter ihm in eine Nervenfaser verlängert; das obere Ende der Sinneszelle läuft in einen eigentümlichen Fortsatz aus, welcher ins Lumen des Organs tief hineinragt und sich verästelt. Bei der Untersuchung des ausgewachsenen Tieres konnte Stud- NiCKA (34) an den oberen Enden der Stütz- und Sinneszellen die hyahnen in das Lumen des Organs hineinragenden Endstücke bemerken. Zwi- schen den runden basalen Zellen schreibt er einigen den Charakter von Ganglienzellen zu. Diese früheren Beobachtungen von Stud- NicKA werden von ihm durch die Untersuchung des Pinealorgans bei P. marinus und P. Planen noch vervollständigt, besonders hinsicht- lich der Sinneszellen. Zum Zwecke der großen Monographie hat der Verfasser die Pinealorgane aller drei europäischen Arten von Petro- myzon nochmals revidiert und noch weitere Einzelheiten hervorge- bracht. Ich werde diese Einzelheiten in jedem speziellen Fall berück- sichtigen. Ich möchte gleich auch von den Struktureigentümlichkeiten der unteren Wand der Endblase bei Geotria erwähnen, daß sie nach Dendy (7) in einigen Beziehungen von denen bei Petromyzon ab- weichen. Es sind das die Stützzellen, welche bei Geotria an den oberen Enden gewölbte und mit Pigmentkörnchen angefüllte kurze Abschnitte tragen; diese halbkugelförmigen Abschnitte sind sehr deutlich von den Zellen selber abgegrenzt. Diese scheinbare Abgrenzung schreibt Dendy dem Vorhandensein besonderer Grenzmembranen zu. Auf Grund dieser Beobachtung äußert sich Dendy gegen die Stud- NicKAschen letzten Angaben über die Stützzellen und macht diesem Verfasser den Vorwurf, daß er seine früheren Ansichten zu früh verlas- sen habe' als er den Stützzellen einen niedrigen Stäbchensaum zuschrieb. Die Sinneszellen haben nach Dendy eine spindelförmige Gestalt, Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 51 ihre unteren Enden zerfallen in Fibrillen, welche sich in der ynteren Schicht verlieren. Ihr Protoplasma wie das obere Endstück sind fuch- sinophil, das letztere Gebilde sieht homogen aus und wird durch pro- toplasmatische Stränge mit den Pellucidazellen verbunden. In der unteren Nervenfaserschicht beschreibt Dendy bei Geotria Nervenfasern, Ganglienzellen mid bindegewebige Zellen (connective tissue cells). Die Ganghenzellen sind an ihren großen runden Kernen erkennbar, an manchen kann man ihre Multipolarität gut wahr- nehmen. An den dünneren Stellen der unteren Wand sind die Ganglien- zellen spärlich; rund um das Atrium aber findet Dendy eine An- häufung von ihnen, welche ein wahres Ganglion bildet. Die bindegewebigen Zellen zeichnen sich durch ihre langen und dunkel gefärbten Kerne aus, welche den Kernen der Piaschicht ähnlich sind. Die bindegewebigen Fasern laufen senkrecht durch die Schichten der unteren Wand des Pinealorgans. Außerdem sind in der Nerven- schicht noch Häufchen von Pigmentkörnern zu treffen, welche jedoch nicht für einen wesentlichen Bestandteil der Nervenfaserschicht gehalten werden müssen. Zu meinen eigenen Untersuchungen übergehend will ich zuerst be- merken, daß bis jetzt kein Forscher die Elemente des Pinealorgans in genügender Weise auf Isolationspräparaten zu durchforschen versucht hat. Ich finde, daß solche Untersuchung sehr leicht gelingt, wenn zu Macerationszwecken schwache Osmiumsäurelösungen benutzt werden. Die Stützzellen verlieren dabei ihr Pigment, und die Sinueszellen be- halten ihre Endstücke. Für das Studium der Stützzellen ist sogar die Anwendung der Macerationstechnik ganz mierläßlich, da die Methylen- blaupräparate oder die nach beliebigem Verfahren gefärbten Schnitte von der Form der unteren Enden der Stützzellen sehr wenig zeigen. Für die Untersuchung der Sinneszellen haben die Macerationsprä- parate neben den Methylenblaupräparaten nur sekimdäre Bedeutung, da die miteren zarten Endfasern der Sinueszellen regelmäßig bei der Isolierung abbrechen. Ganglienzellen. Betrachtet man das totale Methylenblaupräpa- rat des Pinealorgans von P. fluviatilis mit gut gefärbten Sinneszellen von der miteren Seite, so sieht man natürlich die Sinneszellen der verschiedenen Gebiete der Endblase in allen möglichen Stellungen. Diejenigen im Zentrum (Fig. 1, Taf. I) der unteren Wand stehen ganz senkrecht zur Horizontalebene und sehen wie blaue Pünktchen aus. Die Sinneszellen neben dem Randgebiet der Endblase sind aber fast in einer horizontalen Ebene und ihrer Länge nach sichtbar. Zwischen 4* 52 D. Tretjakoff, diesen beiden Grenzstellungen sieht man alle Übergangsstellungen. Am gut gelungenen Präparat, an welchem vermutlich alle Sinneszellen der unteren Wand gefärbt sind, kann man bequem die Zahl der Zellen bestimmen und die Art ihrer Verteilung studieren. Sie sind meistens einzeln oder nur in kleinen Gruppen von zwei bis drei Zellen zwischen den Stützzellen eingeschlossen. Die Dichtigkeit ihrer Ver- teilung ist überall bis zum Randgebiet gleich. Es ist unmöghch, die Sinneszellen ohne die Ganglienzellen und Nervenfasern der unteren Schicht mit Methylenblau gefärbt zu erhalten. Die Färbung dringt erst in die Nervenfaserschicht und ihre Elemente bleiben bis Ende der Färbung immer gefärbt. Um die Lage aller dieser Elemente in der Tiefe des Präparates zu verfolgen, muß man natürlich mit der Mikrometerschraube arbeiten. Mit Hilfe derselben kann man konstatieren, daß die äußerste (bzw. die hinterste) Schicht aus feinen varikösen Nervenfasern besteht, welche sich von allen Seiten der unteren Fläche des Pinealorgans fächerförmig zum Anfangsstück des Pinealnerven sammeln. Ihre fächerartige An- ordnung wird jedoch nur in der centralen Partie der unteren Wand der Endblase gut bemerkbar, im Randgebiet ziehen sie weniger regel- mäßig, kreuzen sich untereinander und die einzehien Fasern biegen sich um den Rand der Endblase herum, um in die obere Wand der- selben einzudringen. Durch ihre Zartheit und Varikositäten miterscheiden sich diese untersten Nervenfasern so deuthch von andern Nervenfasern der im- teren Schicht, daß ich sie sogar bei voller Färbung aller nervösen Bestandteile mit Methylenblau in ihrem Verlauf verfolgen konnte. Sie sind nach meinen Beobachtungen (Fig. 2, Taf. I) die Nerven- fortsätze der Ganghenzellen des Pinealorgans. Die Ganghenzellen liegen in verschiedenem Niveau in der unteren faserigen Schicht; im Präparat liegen sie immer tiefer als das Geflecht der varikösen Nerven- fasern. Es gelingt meistens ohne besondere Mühe, diese Nervenfasern bis zur Verbindung mit den Ganghenzellen zu verfolgen. Die Form der Ganglienzellen an den totalen Methylenblauprä- paraten ist äußerst verschiedenartig (Fig. 1, 2, 3, 4, 5, 6, 7, Taf. I, 16 — 20, Taf. III). Sehr oft haben sie einen spindelförmigen Körper, aber in einigen Fällen haben sie auch sphärische Gestalt. Ich glaube, daß diese Verschiedenheit der Form keine Verschiedenheit ihrer Fmiktionen bedeutet. Sie hat nach meiner Meinung nur strukturellen Sinn, hat also den Zweck, die Verästelungen der Fortsätze gleichmäßig und ökono- misch zu verteilen. Ich will deswegen die Formen der Ganghenzellen Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 53 nur vom morphologischen Standpmikt aus beschreiben. Man könnte wohl unter diesen Zellen verschiedene Typen auswählen und nur sie beschreiben. Das finde ich aber nach der Durchmusterung vieler Prä- parate nicht angebracht, ja sogar falsch. Aus der Betrachtung der Form einzelner Zellen ergibt sich, daß alle möghchen Typen so untereinander durch Übergangsformen verbunden sind, daß die Typengrenzen voll- kommen konventionell sein möchten. Ich werde daher nur einige For- men der Ganglienzellen beschreiben, welche, wie ich noch einmal betone, nicht die Bedeutung von Typen haben, sondern nur die Richtungen der Variabilität der Ganglienzellen des Pinealorgans illu- strieren und verschiedenste Erscheinungen in dieser Beziehung zeigen. Ohne Kenntnis dieser Formen kann man die Bedeutung anderer Elemente der faserigen Schicht nicht verstehen oder die Verbindung der Ganghenzellen mit den Sinneszellen erkennen. Besonders wichtig aber scheint mir die Vorstellung von den Ganghenzellen für den Vergleich der Struktur der unteren Wand des Pinealorgans mit der Retina der lateralen Augen. Man muß sich nur die ganze Menge der prachtvollen Untersuchungen mit speziellen Methoden an der Retina, welche bis jetzt von den bedeutendsten Forschern unsrer Zeit angeführt worden sind, vorstellen, um zu verstehen, daß für den Vergleich der Ganghen- zellen der lateralen Retina mit den Ganghenzellen des Pinealorgans gar kein Material vorliegt. Ich werde weiterhin eine ausführhche Be- schreibung der Ganghenzellen geben. Hinsichtlich der Verteilung der Ganghenzellen in der Wand der Endblase kami ich sagen, daß ich die Angabe von Dendy über die An- häufung der Ganghenzellen um das Atrium nicht bestätigen kann. Bei P. fluviatilis finde ich eine dichtere Ansammlung derselben gerade in der Randpartie der unteren Wand der Endblase, wo sie auch die ver- schiedenartigsten Formen zeigen. In der Nähe des Atriums sind sie spärlicher vorhanden, und dieses Verhalten ist bei P. fluviatilis so be- ständig, daß ich es für typisch halte. Ich glaube deswegen, daß Dendy zu den Ganghenzellen noch andre Zellen, welche diese Bedeutung nicht besitzen, zugezählt hatte. Von einem besonderen Ganghon in der Wand der Endblase scheint mir keine Rede zu sein. In der hinteren Wand über dem Atrium finde ich die Menge der Ganglienzellen nicht größer als in den übrigen Gebieten der Endblase. Ich kann überhaupt nicht ohne weiteres behaupten, daß meine Ganglienzellen streng denjenigen Elementen entsprechen, welche andere Forscher als Ganglienzellen bezeichneten, da sie diese Zellen gewöhnlich nur sehr stiefmütterlich behandelten. Nur Mayee (29) konnte mit 54 D. Tretjakoff, Hilfe der GoLoi-Methode Ganglienzellen bei Ammocoetes finden, wel- che sicher den von mir entdeckten entsprechen. Studnicka (33) fand bei P. marinus entsprechend den MAYERschen Zellen große Ganglien- zellen mit auffallend starkem Neurit, welcher parallel mit der unteren Fläche der Endblase verläuft. Da Studnicka dazu noch bemerkt, daß diese Zellen hauptsächlich in den seithchen Partien der unteren "Wand liegen, können es wirklich Ganglienzellen sein, ihr mächtiger Fortsatz aber kann, nach meiner Meinung, nicht ein Neurit sein. An meinen Präparaten sind die Ganglienzellen meistens bipolar, seltener tripolar (Fig. 2 u. 5, Taf. I). Mehr Fortsätze habe ich bei diesen Zellen nie- mals gesehen. Der bipolare Typus prävaliert in beträchtlichem Maße. Einer der Fortsätze geht in die feine variköse Nervenfaser über, während der andere oder beide andre sich als Dendriten verhalten, nur eine allmähhche Verschmälerung des Zellkörpers zeigen und niemals varikös werden. Sie verlaufen in derselben Ebene, in welcher der Zellkörper liegt, während der Nervenfortsatz sich nach unten vom Zellkörper wendet, um an die unterste Schicht der varikösen Nervenfasern zu gelangen. Die Dendriten laufen parallel der unteren Fläche der Endblase. Aus diesen Gründen glaube ich, daß Studnicka bei P. marinus das An- fangsstück eines Dendriten seiner Ganglienzelle gesehen hat, aber nicht einen Neurit, wie er selber vermutet. Die Zellkörper werden gewöhnlich mit Methylenblau sehr intensiv gefärbt, so daß im Körper und in den Dendriten nur sehr schwach die Neurofibrillen und die Kernstruktur sichtbar werden. Man kann nur feststellen, daß der Kern groß und kugelig ist, wie bei gewissen Zellen, welche an den nicht spezifisch gefärbten Schnitten bemerkbar sind; die Neurofibrillen treten manchmal deutlich auf in den weniger inten- siv gefärbten Dendriten. Die Dendriten bilden an ihren Enden hübsche Endbäumchen, welche verschiedene Formen zeigen. Die Endbäumchen werden durch feine Verästelungen gebildet, die mit kleinen Verdickungen und Plättchen versehen sind. Die Endbäumchen liegen in der unteren faserigen Schicht. Die Endbäumchen aller Dendriten stellen eine fast kontinuierhche Schicht dar, welche sich ungefähr in der Mitte der Höhe der faserigen Schicht befindet. Die Grenze zwischen dem Körper der Ganglienzellen und den Den- driten kann man nicht streng bestimmen, die Dicke des Körpers schwankt. Es sind kurze und lange Zellen (mit kurzen und langen Dendriten) vorhanden. Die langen Zellen liegen hauptsächlich in der Die Parietalorgane von Potromyzon fluviatilis. 55 centralen Partie der unteren Wand, die kurzen gehören dem Eand- gebiet an. Ein gutes Übersichtsbild der Verteilung der Ganglienzellen geben Totalpräparate (Fig. 1, Taf. I) der mit Methylenblau gefärbten Organe, welche mit der unteren Seite nach oben gewendet sind. Die Zeich- nung wurde bei starker Beleuchtung mit Auerlicht ausgeführt, das Pigment ist beim Zeichnen weggelassen worden; sonst könnte man nicht die tiefer im Organ liegenden Endverzweigiingen der Ganglien- zellen und die Sinneszellen des Eandgebiets wiedergeben. In gleicher Weise sind die , Sinneszellen des centralen Gebiets und des Atriums nicht abgebildet, obgleich sie an solchen Präparaten immer mitgefärbt werd3n, dabei aber Klarheit des Bildes in beträchtlicher Weise be- einträchtigen. Die Zeichnung gibt die häufig auftretende nicht ganz symmetrische Form des Pinealkörpers wieder, welcher hier eiförmig gestaltet ist, und wo das Atrium näher zum rechten als zum linken Pol des Organs liegt. Im Zusammenhang mit dieser Asymmetrie des Organs divergieren die fächerartig sich an der unteren Atriumwand verbreitenden Ner- venfasern mehr nach der linken Seite hin. Die Zellkcu-per und die Dendriten der Ganglienzellen zeigen im allgemeinen radiäre Anord- nung, indem die Enden der Zellen, von welchen die Nervenfasern entspringen, zum Atrium und die Dendriten zum Rand des Organs gerichtet werden. Nur selten sind solche Zellen sichtbar, bei welchen Dendriten quer oder längs des Organs verlaufen. Im Randgebiet aber sind viele Zellen vorhanden, deren Dendriten parallel dem äußeren Rand der unteren Pinealwand orientiert sind, so daß sie als tangentielle Zellen bezeichnet werden können. Ich finde gewöhnlich auf solchen Präparaten in der Randpartie der unteren Pinealwand eine dichtere Ansammlung von Ganghenzellen als im centralen Gebiet, wo neben dem Atrium die langen bipolaren Zellen hegen, während die untere Wand des Atriums meistens ganz frei von Ganglienzellen ist oder nur vereinzelt Ganglienzellen enthält. Es ist selbstverständlich, daß die Methylenblaupräparate noch lange nicht alle Ganglienzellen, welche in der unteren Pinealwand vorhanden sind, sichtbar machen können. Im großen und ganzen bin ich jedoch nach der Untersuchung vieler solcher Präparate und der Serienschnitte imstande zu behaupten, daß die Verteilung der Ganglienzellen in solcher Weise stattfindet. Was aber die Verteilung der Endbäumchen anbelangt, so finde ich an sehr intensiv gefärbten Präparaten, daß die End- bäumchen, welche gewöhnlich im Randgebiet ebenfalls ein dichteres 56 D. Tretjakoff , Geflecht als im centralen Teil bilden, in Wirklichkeit auch im cen- tralen Gebiet in reichlicher Menge vorhanden sind. Man sieht aber diese Endbäumchen der centralen Partie nur an den überfärbten Prä- paraten, wo solche intensive Färbung der Sinneszellen vorhanden ist, daß für das Zeichnen das Präparat ganz ungeeignet erscheint. In der unteren Wand des Atriums habe ich niemals Endbäumchen gesehen, hier ist nur ein Geflecht von Nervenfasern vorhanden, von welchen der größte Teil in den Pinealnerv eindringt. Die Verteilung der Ganglienzellen entspricht also der Ausdehnung der unteren Wand der Endblase. In der hinteren Wand der Endblase oberhalb des Atriums sind Ganglienzellen ebenfalls vorhanden und an den totalen Methylenblaupräparaten (Fig. 1, Gn, Taf. I) sichtbar. Sie gehören hier meistens zu den kurzen und tangentiellen Ganglien- zellen. Die eigentliche Atriumwand kann man also als fast frei von Ganglienzellen betrachten. Wenn an den Schnitten hier die großen Zellen in der faserigen Schicht des Atriums auch sichtbar sind, müssen sie eine andre Gruppe der Zellenelemente des Pinealorgans darstellen. Die Dendriten der Ganglienzellen im Randgebiet können auch in die obere Wand des Pinealorgans hineindringen, ebenso wie man Nervenfasern sieht, welche aus der oberen Wand des Pinealorgans in die Randpartie der unteren Pinealwand hineindringen. Die Schicht der Ganglienzellen und der Endverzweigungen ihrer Dendrite findet sich auch an den Querschnitten durch die mit Methylen- blau gefärbten Pinealorgane wieder (Fig. 10 und 11, Taf. II). Diese Schicht liegt aber nicht der äußeren Piahülle unmittelbar an, son- dern findet sich in der Mitte der Höhe der faserigen Schicht. Die Ganghenzellen können auch etwas oberhalb dieses nervösen Geflechts liegen, niemals aber grenzen sie an die Piaschicht an. Dieses Ver- halten wird nach der Bekanntschaft mit der Form der Stützzellen verständlich. Nach dieser allgemeinen Übersicht der Ganglienzellen will ich einige Typen derselben eingehender beschreiben. Die Zeichnungen 2 und 10 der Tafeln I und III geben einfachste Formen der Ganglienzellen wieder. An der Fig. 16 ist eine sehr typische bipolare Ganglienzelle abgebildet, welche sich durch ihren regulären birnförmigen Körper unterscheidet. Das eine Ende ist spitz ausgezogen, das andre geht in den Dendrit über. Von dem spitzen Ende entspiingt der variköse Nervenfortsatz, welcher hier aus Raumersparnis nicht ab- gebildet ist. Der andre Fortsatz ist vom Zellkörper nicht scharf Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 57 abgegrenzt und stellt eine allmählich sich verschniälernde Faser dar, die mit spindelförmigen Verdickungen versehen ist. Unter leichten Biegungen erreicht der Dendrit die terminale Verdickung (Taf. III, Fig. 16), von welcher die Endäste entspringen; die Endäste haben das Aussehen von geknickten, manchmal sich verbreiternden Fäserchen, welche nicht luu' in der Ebene der Terminalverdickung bleiben, sondern auch in andere Ebenen sich verteilen. Das Endbäumchen nimmt also die ganze Dicke des nervösen Geflechts der faserigen Schicht an. Die Zelle mit dem Dendrit zusammen ist 0,13 mm lang, gehört deswegen zu den kurzen Zellen. Solche Ganglienzellen finden sich in allen Gegenden der unteren Pinealwand in großer Anzahl. Die Abweichungen von dieser Form äußern sich meistens dadurch, daß die Grenze zwischen dem Zellkörper und dem Dendriten sich ganz verwischt und die Zelle dadurch eine lange spindelartige Gestalt erhält. Der zugespitzte An- fangskegel des Nervenfortsatzes ist die am wenigsten veränderliche Partie der Ganglienzelle, und bei Zellen von dieser Art ist er immer vorhanden. Die Endausbreitung des Dendriten zeichnet sich im Ver- gleich mit den folgenden Formen durch ihre lockere Zusammensetzung aus und durch ihre schwach ausgesprochene Tendenz, Endplatten oder Endblättchen zu bilden. Die Abbildung 2 (Taf. I) zeigt eine andre Form der einfachen kur- zen bipolaren Ganglienzelle. Der Körper ist auch bei dieser Zelle birn- förmig mit spitzem Anfangskegel des Nervenfortsatzes, welcher hier in der Form eines stark varikösen Fadens sichtbar ist. Der Zellkörper hat hier schon weniger reguläre Konturen als bei der zuerst beschrie- benen Ganglienzelle. Der Dendrit wird vom Zellkörper durch einen verjüngten Abschnitt abgegrenzt und dazu noch geknickt. Darauf läuft er zuerst bogenförmig nach der Seite und schließlich fast gerade bis zur Endigungsstelle. Er stellt keine glatte Faser dar, sondern wird mit Verdickungen versehen, bis er sich endlich in die Endäste spaltet. Die Länge des Dendriten ist bei dieser Zelle ebenso wie bei der ersten fünfmaf so groß wie die Länge des Zellkörpers. Die Endverzweigung hat hier ein etwas andres Aussehen, obgleich sie auf den ersten Blick genau wie die vorherige zu sein scheint. Man hat aber hier nicht Endfaseru wie im ersten Fall, sondern geknickte Endästchen, welche aus sich miteinander verbindenden Blättchen und Plättchen bestehen. Der L^nterschied zwischen dem Endbäumchen der ersten und demjenigen der zweiten Zelle ist so groß, wie zwischen einem blattlosen und einem beblätterten Baum. Das Endbäumchen besteht hier aus zwei Teilen, entsprechend den beiden primären Endästchen, 58 D. Tretjakoff, und ein Teil liegt hciher in der faserigen .Schicht als ein anderer. Beide Teile bilden jedoch ein einziges Endbäumchen zum Unterschied von der folgenden Form, welche mit zwei getrennten Endbäumchen ver- sehen ist. Beide beschriebenen Zellformen mit dem einzigen Endbäumchen sind fast gleich zahlreich, können aber immer so deutlich voneinander unterschieden werden, daß sie als wirkliche Strukturtypeu betrachtet werden können. Auf zwei weiteren Abbildungen (Fig. 3 und 4, Taf. I) von Ganglien- zellen des Pinealorgans kann man außer dem typischen Bilde der Zellen noch Variationen des Zellkörpers sehen, welcher bei dieser Art der Ganglienzellen noch mehr als bei einfacheren Formen variiert. Beide Zellen haben auch ein gemeinsames Merkmal, welches darin besteht, daß sich ihr Dendrit in zwei divergierende Zweige spaltet. Jeder Zweig bildet ein gesondertes Endbäumchen. Man kann also nach diesem Merkmal diese beiden Zellen als die biterminalen Ganglienzellen be- zeichnen, während die Zellen mit einem Endbäumchen uni terminal sind. Eine von den abgebildeten biterminalen Zellen (Fig. 3, Taf. I) be- sitzt einen spindelförmigen Körper mit einem ovalen Kern. Der An- fangskegel des Nervenfortsatzes ist hier gar nicht ausgebildet, statt dessen wandelt sich das entsprechende Zellende in eine Nervenfaser nur ganz allmählich um und biegt sich dabei wellenförmig. Ebenso all- mählich wandelt sich das gegenüberliegende Ende des Zellkörpers in den fast spiralartig verlaufenden dicken Dendrit um, welcher sich an seinem Ende in zwei dicke sekundäre Endzweige teilt. Diese Zweige sind in ihren proximalen Abschnitten frei von Endästen, die distalen Abschnitte sind aber mit feinsten und sich wieder verästelnden, an den Enden knopfartig verdickten Endästchen versehen. Durch diese Endästchen wird ein kompaktes Endbäumchen gebildet, dessen Bestandteile sich mit denjenigen andrer Endbäumchen derselben Zelle nicht berühren. Eine solche biterminale Ganglienzelle hat also zwei ge- trennte Innervationsgebiete in der unteren Pinealwand, wo man sie meistens im Eandgebiet oder an der Grenze desselben mit dem centralen Gebiet findet. Eine zweite Abart der biterminalen Ganglienzelle ist auf der Fig. 4 (Taf. I) abgebildet. Der Zellkörper ist mit seiner Längsachse senk- recht zur unteren Fläche des Pinealorgans gestellt, deswegen sind die Anfangstücke der beiden Fortsätze nicht deutlich sichtbar. Der Nerven- fortsatz entspringt wie ein äußerst feiner und glatter Faden, welcher Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 59 nur im weiten Abstand von der Zelle varikös wird. Nun entspringt vom Nervenfortsatz noch ein andrer, ebenfalls glatter Faden, welchen ich weiter nicht verfolgen konnte; er läuft aber im Verhältnis zum Nervenfortsatz in entgegengesetzter Richtung. Ich glaube, daß wir hier einen collateralen Ast des Nervenfortsatzes haben, wie bei vielen Nervenzellen des centralen Nervensystems der Wirbeltiere. Der Dendrit ist an zwei Stellen verdickt; die erste Verdickung liegt unweit vom Zellkörper die zweite ist eine Endverdickung, welche fast die Dicke des Zellkörpers erreicht und sich in zwei in entgegen- gesetzter Richtung verlaufende Endzweige fortsetzt. Zum Unterschied von der soeben beschriebenen biterminalen Ganglienzelle sind hier beide Endzweige dünn und spalten sich (eine schon unweit von der Teilung- stelle) in weitere lange Endästchen, welche mit kugeligen Varikositäten und Endknöpfchen besetzt sind. Die beiden Endstämmchen haben bei dieser Zelle lockereren Bau als bei den ersten biterminalen Zellen, sie sind aber auch hier voneinander isoliert. Auch diese Zelle hat also zwei Innervationsgebiete des Pinealorgans. Die biterminalen Granglienzellen können auch einen birnförraigen Zellkörper haben, ebenso wie bei ihnen verschiedene Variationen der Endbäumchen vorkommen. Als Hauptmerkmale dieser Zellen bleibt also nur die .Spaltung des Dendrits in beide Endzweige und das Vor- handensein der beiden isolierten Endbäumchen. Weiter folgen die Abbildungen der tripolaren Ganglienzellen (Fig. 5 und 6, Taf. I). Sie besitzen einen Nervenfortsatz und zwei Dendriten. Die seltene Art solcher Ganglienzellen ist auf der Fig. 5 (Taf. I) ab- gebildet. Der Zellkörper hat unregelmäßige Gestalt, der Nervenfort- satz beginnt vom verlängerten und noch abgerundeten Körperende ganz plötzlich, ohne die Bildung eines wahren Anfangskegels. Einer von den Dendriten bildet die Fortsetzung des gegenüberliegenden Körper- endes, ein andrer entspringt von der Seitenfläche der Zelle hinter dem Kern. Beide Dendrite divergieren in ihren proximalen Abschnitten voneinander, um später sich umbiegend nach einer Richtung zu ver- laufen und ihre Endbäumchen an derselben Stelle zu bilden. Der Ver- lauf der Dendrite ist unregelmäßig, es treten starke Knickungen und halbkreisförmige Umbiegungen auf. Die Art der Bildung der Endästchen ist derjenigen der ersten von mir oben beschriebenen uniterminalen Ganglienzelle ähnlich. Aus diesem Grunde sieht das Endbäumchen wie eine lockere Gruppe von Endästchen aus, obgleich es durch die Verzweigungen beider Dendrite gebildet worden ist. 60 D. Tretjakoff, Ich will nur hinsichtlich der in verschiedener Weise zusammen- gesetzten Endbäumchen der Ganghenzellen des Pinealorgans einen Gedanken wiederholen, welchen ich in meiner Arbeit über die Nerven- endigungen an den Sinushaaren des Rindes einmal schon ausgesprochen hatte. Ich sehe nämlich keinen Grund, die Varianten der Endbäumchen für sekundäre Erscheinungen, wie z. B. die Form der Pigmentzellen, zu halten. Jetzt noch mehr als früher können wir glauben, daß die Mannigfaltigkeit der Reflexe im Nervensystem durch die kompli- zierteste morphologische Grundlage bedingt wird. Vielleicht werden alle Variationen der Endbäumchen ihren physiologischen Sinn erst mit der Entdeckung des Wesens des Nervenstroms erhalten, aber für die Morphologie ist nach meiner Meinung immer noch die Notwendig- keit vorhanden, die Mannigfaltigkeit der Bauelemente des Nerven- systems nachdrücklich zu betonen. Von diesem Standpunkt ist auch die zweite, ebenfalls seltene Abart der Ganglienzelle interessant, welche in der Fig. 6 (Taf. I) abgebildet ist. Die Zelle ist wieder tripolar. Der Zellkörper besteht nur aus dem Teil mit dem Kern und aus dem Anfangskegel des Nervenfortsatzes. Von dem kernhaltigen Teil entspringen beide Dendrite, welche in entgegen- gesetzten Richtungen verlaufen und von denen einer sich wieder in zwei dicke Endzweige spaltet. Eine solche (triterminale) Ganghen- zelle bildet drei isolierte Endbäumchen, welche aber nicht zu zahlreich mit Endästchen versehen sind. Die beiden Dendriten sind ungleich- artig gestaltet und von ungleicher Größe. Auch bei dieser Zellart läßt sich die Tatsache bemerken, daß der größere Dendrit nicht direkt sein Endgebiet erreicht, sondern vielfache Biegungen und Knickungen er- fährt, ehe er in die Endästchen zerfällt. Dabei bewahrt er nicht die gleichmäßige Dicke, sondern ist mit spindelförmigen Verdickungen versehen. Beide letztbeschriebenen Ganglienzellenabarten finden sich imr im Randgebiet der unteren Pinealwand. Sie gehören, wie die übrigen oben angegebenen uniterminalen Zellen zu den kurzen Zellen. Es ist bemerkenswert, daß alle diese Zellen ungefähr in gleichen Grenzen ihrer Größe nach wechseln, aber selbstverständhch kommen manchmal auch längere Formen derselben vor. Andre Zellarten bewahren aber ihre Größenvei'hältnisse, und wenn sich auch lange tripolare Zellen finden, unterscheiden sie sich von den kurzen durch einige Merk- male, wie es die Fig. 17 (Taf. III) deuthch zeigt. Bei dieser tripolaren Zelle (Fig. 17) ist der Zellkörper nicht größer als bei kurzen Zellen. Er ist spindelförmig. Der Nervenfortsatz ent- Die Parietalorganc von Petroniyzon fluviatilis. 61 springt an der Seitenfläche des Körpers, ohne einen Anfangskegel zu bil- den. Das Anfangsstück des Nervenfortsatzes ist jedoch ein wenig ver- dickt, aber gleich darauf verjüngt es sich in äußerstem Maße, um sich weiter in den gleichmäßig dicken, mit seltenen spindelförmigen Vari- kositäten besetzten Faden umzuwandeln. Dabei wird der Anfangsteil geknickt und darauf bogenförmig. Die beiden Dendriten sind unmittelbare Fortsetzungen des Zell- körpers und verlaufen in entgegengesetzten Richtungen nach verschie- denen Gebieten der unteren Pinealwand unter mehrfachen Knickungen und Biegungen. Sie werden in ihren mittleren Abschnitten dünner, aber weiter distalwärts verdicken sie sich wieder und laufen in lange spärliche Endzweige aus, welche mit Endplatten und Endverdickungen versehen sind. Auch in den mittleren Abschnitten sind spärliche kurze Endästchen bemerkbar. Ich möchte sagen, daß in der Gestalt der- artiger Zellen sich die Neigung der Zelle äußert, ihre Endbäumchen möghchst weit voneinander zu entfernen und die möglichst weit von- einander abstehenden Gebiete der unteren Pinealwand zu innervieren. Derartige Ganglienzellen treten in einer beschränkten Menge in der centralen Partie des Pinealorgans auf. Die folgende Abart der Ganglienzelle (Fig. 18, Taf. III) unter- scheidet sich von der vorigen dadurch, daß der Nervenfortsatz nicht von der verdickten Partie des spindelförmigen Zellkörpers entsteht, sondern scheinbar von einem Dendriten stammt. Man kann aber die Sache sich auch in solcher Weise vorstellen, daß hier ein Ende des Körpers in einem Fortsatz ausgezogen ist, von welchem einerseits der Nerven- fortsatz, anderseits der Dendrit entspringt. Ich sehe in seltenen Fällen solche Entstehungsweise des Nervenfortsatzes auch bei anderen Ab- arten der Ganghenzellen des Pinealorgans. Beide Dendriten unterscheiden sich wenig von denen der soeben beschriebenen langen tripolaren Zelle, sie sind nur nicht an ihren Endabschnitten verdickt. Die Endzweige ihrer Endbäumchen diver- gieren so, daß sich längliche Endverzweigungen bilden, welche aus spärlichen Endästchen bestehen und mit einer geringen Menge von Endplättchen versehen werden. Auch diese Ganghenzellen sind nicht zahlreich und liegen meistens im centralen Gebiet der unteren Pinealwand. Bei vollständiger Fär- bung der Nerveuelemente des Pinealorgans gelingt es meistens im Ge- wirr aller hier vorhandenen Nervenfasern nicht, die langen Dendriten solcher Ganglienzellen zu verfolgen. Es kommen aber Fälle vor, in welchen derartige lange Ganglienzellen bei nicht intensiver Färbung 62 D. Tretjakoff, des Präparats doch genügend gefärbt, und fast isoliert an dem Prä- parat sichtbar sind. Aus diesem Grund kann die wirkliche Menge langer Ganglienzellen nicht bestimmt werden. Ich muß aber gleich bemerken, daß, obgleich die Zellkörper solcher Zellarten im centralen Gebiet hegen, ihre Endbäumchen dem Randgebiet angehören. Es gibt aber eine andere Ganglienzellengruppe, welche nach meinen Beob- achtungen die spezielle Aufgabe hat, das centrale Gebiet mit ihren Endverzweigungen zu versorgen. Diesen Typus möchte ich als diffuse bipolare Ganglienzelle bezeichnen. Ihre Abbildung ist auf der Fig. 20 (Taf. III) zu sehen. Der Körper dieser Zelle scheint retortenförmig zu sein. Der Nerven- fortsatz geht von der unteren (am Präparat nach oben gerichteten) Fläche des Körpers aus. Der einzige mächtige Dendrit verläuft bogen- förmig und in solcher Weise, daß seine Verästelungen hauptsächlich dem centralen Gebiet des Pinealorgans angehören. Der bogenförmige Dendrit biegt sich wellenförmig und bildet kein Endbäumchen, sonder entsendet in seinem Verlauf einzelne End- zweige, welche isoliert voneinander sich verteilen und mit großen Vari- kositäten versehen sind. In diesen Varikositäten sieht man lockere Neurofibrillen in der Peripherie der Verdickung, während im Innern der Verdickung nur sich hell färbendes oder sogar nicht gefärbtes Neuroplasma bleibt. Derartige Zellen nehmen ein größeres Inner- vationsgebiet ein, dabei kami z. B. ihr Körper links vom Atrium liegen, während die Endverzweigungen des Dendrits sich rechts vom Atrium verteilen. Auch diese Zellen sind nicht besonders zahlreich, und aus diesem Grund kann ich behaupten, daß das Randgebiet im allgemeinen reichhcher mit Endverzweigungen versorgt wird als das centrale Gebiet der unteren Pinealwand, und die Ganglienzellen des Randgebietes sind verschiedenartiger gestaltet als die Ganglienzellen des centralen Gebiets. Ausschließhch im Randgebiet kommen die tangentiellen Ganglien- zellen (Fig. 19, Taf. III) vor, welche den kurzen Ganglienzellen ange- hören. Die von mir abgebildete Ganglienzelle hat einen birnenförmigen Zellkörper mit verdicktem und langem Anfangsteil des Nervenfort- satzes. Letzterer verläuft anfangs ebenfalls wie der Zellkörper parallel dem Rand des PinealorgaTies, im werteren Verlauf biegt er sich in der Richtung nach dem Atriimi um. Die Zelle ist tripolar. Einer der Dendriten verläuft vorläufig auf kurzen Abstand vom Zellkörper parallel dem Rand des Pinealorgans, ein anderer geht in die obere Wand des Pinealorgans hinein. Der erste Dendrit bildet an seinem Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 63 Ende ein Endbäumchen mit spärlichen Endästchen, der zweite Dendrit endigt in der obereji Wand des Pinealorgans mit einigen abgeplatteten formlosen Endzweigen. Es sind auch bipolare Randzellen vorhanden oder tripolare Zellen, bei welchen aber die Dendriten in die obere Pinealwand nicht ein- dringen, sondern nur im Randgebiet der unteren Pinealwand bleiben. Sie alle unterscheiden sich von den übrigen Formen der Ganglienzellen dadurch, daß die Dendriten und manchmal der Zellkörper parallel dem Rand des Pinealorgans verlaufen. Da sie im Totalpräparat tiefer als alle übrigen Ganglienzellen liegen, und da am Rande immer die Sinneszellen sehr intensiv gefärbt werden, lassen sich die Formen der tangentiellen Ganghenzellen nicht immer becjuem studieren. Es kann sein, daß unter ihnen noch weitere Varianten zu finden sind. Alle diese Abarten der Ganglienzellen scheinen beim erwachsenen Tier vollständig und endgültig differenziert. Ich konnte unter ihnen keine Formen sehen, welche als embryonale gedeutet werden könnten. Ich glaube deswegen, daß auch folgende, recht seltene Abart der Ganglien- zelle auch eine endgültig differenzierte Ganglienzelle darstellt (Fig. 21, Taf. III), obgleich ihr Aussehen äußerst ungewöhnlich ist. Es handelt sich um eine tripolare Zelle, welche ich bei der vorzüglichen Färbung in einem Präparat gefunden hatte. Der Zellkörper ist normal gestaltet und der Nervenfortsatz entspringt mit einem gut ausgebildeten An- fangskegel. Einen der beiden Dendriten konnte ich nicht bis Ende ver- folgen, nach seinem Anfangsstück zu deuten, sollte er mit einem End- bäumchen endigen. Ein andrer Dendrit hat eine keulenartige Gestalt. Er ist abgeplattet, sein Endstück verbreitet sich mid trägt an seinem Rande knopfförmige und zungenförmige Ästchen, welche Avie Bläschen dem Rand anliegen. Außerdem wird noch ein Endzweig nach oben entsendet, welcher sich in kurze Endästchen teilt. Dank allen beschriebenen Beobachtungen über die Form der Ganghenzellen des Pinealorgans kann ich jetzt sagen, daß in diesem Organ eine ganze Fülle verschiedener Formen von Ganglienzellen vor- handen ist; diese Formen lassen sich schon bei älteren Ammocoeten sehen. Die Ganglienzellen im Pinealorgan miterscheiden sich durch diese Mannigfaltigkeit der Formen ganz bestimmt von den retinalen Ganglienzellen der lateralen Augen der Wirbeltiere. Während in den lateralen Augen die Ganglienzellen untereinander meistens ganz gleich- förmig sind, sind im Pinealorgan des Petromyzon keine zwei ganz gleichen Ganglienzellen zu sehen. Man könnte mir mit vollem Rechte einwenden, daß die retinalen 64 D. Tretjakoff, Ganglienzellen der lateralen Augen bei Petromyzon noch von nieman- dem mit Hilfe spezifischer Methoden untersucht worden sind. Um auch in dieses Gebiet Klarheit zu bringen, habe ich die Netzhaut der lateralen Augen mit der Methylenblaumethode untersucht und dabei gefunden, daß der Bau der Retina bei diesem Tier demjenigen bei Selachier ähnlich ist. Die retinalen GangHenzellen haben auch bei Petromyzon keine Ähnlichkeit mit den Ganglienzellen des Pinealorganes. Unter den Nervenzellen des Nervensystems bei Petromyzon bilden, soviel ich sie bei meinen Untersuchungen sehen konnte, die pinealen Gang- lienzellen eine ganz selbständige Gruppe und imterscheiden sich durch ihre morphologischen Merkmale scharf von Zellen des Nervensystems. In keiner Variante ihres äußeren Aussehens ähneln sie den Ganglien- zellen der lateralen Augen. Ich glaube nicht, daß jemand jetzt, nach meiner Darstellung der äußeren Form der pinealen Ganghenzellen, die retinalen Ganglienzellen nur dank dem Vorhandensein des Ner- venfortsatzes für ähnhch halten wird, welcher in den Pinealnerven wie die retinalen Fasern in den N. opticus verläuft. Diese Beziehungen sprechen nur dafür, daß beide Zellarten physiologisch vielleicht nahe verwandt sind, morphologisch aber diesem Merkmal kaum ein AVert zugeschrieben werden kann, da alle andern Merkmale gar nicht iden- tisch sind und gerade bei den retinalen Ganglienzellen der Anfangs- kegel des Nerven fortsatzes nicht ausgebildet ist. Ich hatte persönlich Hunderte von Präparaten der Netzhaut des Pferdes mit der Methylen- blaufärbung studiert und einen richtigen Anfangskegel des Nervenfort- satzes niemals gesehen. Gerade bei den pinealen Ganglienzellen ist der Anfangskegel in den meisten Fällen gut differenziert. Die Art der Dendritenbildung und die Verteilung derselben ist bei beiden Ganglien- zellen ganz verschieden. Bei den retinalen Ganglienzellen sind die Endbäumchen eigentlich nicht vorhanden. In dieser Beziehung sind die pinealen Ganglienzellen auch den Nervenzellen des centralen Nerven- systems bei Pe(rom>/zo7i nicht ähnlich. Den letzteren fehlen die so gut differenzierten Endbäumchen, die Endverästelungen haben mehr diffusen Bau. Nach dem Vergleich mit den von mir ebenfalls mit Me- thylenblau untersuchten Nervenelementen des Rückenmarkes und des Gehirns bei Ammocoetes bin ich zu dem Schluß gekommen, daß die pinealen Ganghenzellen mehr den peripherischen Ganglienzellen ähnhch sind, also man muß sie als den spinalen Ganglienzellen nahe verwandte Elemente betrachten. Die pinealen Endbäumchen sehen genau so aus, wie die peripherischen baumförmigen Endigungen der peripheren Fa- sern der spinalen Ganglienzellen der Wirbeltiere. Die Bipolarität besteht Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 65 bei den pinealen Ganglienzellen in mehr als der Hälfte ihrer Anzahl. Die Tripolarität schadet diesem Vergleich nicht, da die multipolaren spinalen Ganglienzellen gar nicht selten sind. Ich kann aber nicht unerwähnt lassen, daß auch zwischen den retinalen Ganglienzellen bipolare Ganglienzellen vorhanden sind, so daß aus einer Betrachtung der pinealen Ganglienzellen ohne Zusammen- hang mit den Sinneszellen noch keine bestinnnten Schlußfolgerungen gezogen werden können. Ich gehe deshalb zur Beschreibung der Sinnes- zellen des Pinealorgans über. In den Methylenblaupräparaten finde ich Sinneszellen des Pineal- organs von zwei Arten (Fig. 22 und 31, Taf. III und IV) Der Zell- körper ist im allgemeinen bei allen Zellen gleichartig ausgebildet, sein unteres Ende ist bei den meisten Zellen unmittelbar unter der Zelle (Fig. 31) in Endäste zerspalten: bei andern, aber weniger zahlreichen Zellen biegt sich das untere Ende (Fig. 29, Taf. IV) der Zelle in die Faserschicht und verläuft in ihr parallel der unteren Fläche des Pinealorgans. Bei beiden Zellarten ist dabei das untere Ende der Zelle in einen Faden ausgezogen, welchen ich den centralen Fortsatz der Sinneszelle nennen will. Ein andrer Fortsatz, welcher zum inneren Hohlraum des Pinealorgans zieht, ist der periphere Fortsatz. Im centralen Gebiet der unteren Pinealwancl neben dem Atrium oder der medianen Rinne finden sich die längsten Sinneszellen (bis 0,09 mm), während in der hinteren AVand über dem Atrium und über- haupt in dem Eandgebiet die Sinneszellen allmählich kürzer werden: die kürzesten liegen ganz am Rande der Endblase. Der Zellkörper ist bei den langen Zellen meistens kurz spindelförmig, bei den kurzen Sinneszellen sieht er birnförmig aus. Der centrale Fortsatz ist bei langen Zellen sehr oft schlank, in andern Fällen bildet er die sich allmählich verschmälernde Fortsetzung des Zellkörpers; die kurzen Zellen besitzen meistens einen sich breit ansetzenden Fortsatz, welcher vom Zellkörper nicht scharf abgegrenzt wird. Das obere Ende des centralen Fortsatzes tritt in die Höhle der Endblase und wandelt sich in eine abgerundete, knopfförmige Anschwellung, welche sich mit Me- thylenblau metachromatisch violett färbt. In der Regel sitzt an jedem Endstück eine gekörnte und ver- schiedenartig gestaltete Endkappe, welche sich manchmal am oberen Pol, manchmal aber seitlich befindet. Sie färbt sich sehr intensiv mit Methylenblau mit etwas grünlicher Nuance. An der seitlichen Fläche des Endstückes ziehen feinste blaue Fibrillen, welche nach unten sich in Neurofibrillen fortsetzen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 5 66 D. Tretjakoff, Die Bestandteile des centralen Fortsatzes wurden schon von mehre- ren Forschern untersucht und man kann die Bilder, welche die Me- thylenblaufärbung gibt, mit den Beschreibungen andrer Untersucher vergleichen. Schon Owsjannikow, welcher zuerst die Endstücke be- schrieben hat, bemerkte ihre Zartheit. Er beschreibt die Endstücke als homogene glänzende Stäbchen, welche abgerundet und manchmal abge- flacht sind, und sagt dabei: >>Andre Formen, die ich angetroffen habe, werden wohl durch Zerrung entstanden sein und ich sehe sie als Kunst- produkt an<<. Andre Untersuchcr bis auf die Arbeiten von Studnicka hatten zu dieser Beschreibung gar nichts Neues beigebracht, und Leydig hatte sogar das Endstück als Secretfaden ganz falsch bezeichnet. Nach Studnicka hat das Endstück der Sinneszelle einen festen Kern in ihrem Innern und ist an seiner Oberfläche von einer mehr- schichtigen, dünnen und nur nach FLEMMiNGscher Fixation deuthch erkennbaren, feinen Membran überzogen. Mittelst besonderer plas- matischer Fädchen steht es mit den Pellucidazellen im Zusanmienhang. Bei P. fluviatilis hängen die Endstücke mit dem im Innern des Organs sich befindenden umfangreichen Syncytium zusammen, und jene Zellen, die sich ganz am Kande des Pinealorgans befinden, gehen in besondere, aus feinem, gekörntem Protoplasma bestehende, hier und da anastomosierende Plasmastränge über, welche ein Netz im Lumen des Organs bilden und sich mit der Pellucida verbinden. Dendy be- streitet die Angaben von Studnicka über das Vorhandensein des feste- ren Kerns im Innern des Endstückes. Bei Geotria sollen die Endstücke (The end-knobs of the rod) vollkommen homogen sein. Dendy ver- mutet sogar, daß Studnicka den proximalen Abschnitt des Aufhänge- fadens dem Endstück zugezählt hat. Nach Untersuchung der mit verschiedenen Reagentien fixierten Pinealorgane konnte ich mich überzeugen, daß die Angaben von Stud- nicka richtiger als diejenigen von Dendy sind, aber daß sie die Eigen- tümlichkeiten der Bauweise der Endstücke noch nicht erschöpfen können. Ich bin auch zu dem Schluß gelangt, daß die FLEMMiNGsche Flüssigkeit sich am besten für die Erhaltuiig normaler Form der End- stücke eignet, aber ich finde dabei, daß sie die Endstücke nicht nur gut fixiert, sondern auch färben kann. Am besten wird diese Färbung am Pinealorgan bei Ammocoetes hervorgerufen (Textfig. 5 und Fig. 47, Taf. V). Wie schon oben von mir angegeben wurde, berühren die un- teren Enden der Pellucidazellen, wenn das Präparat mit Osmium- säure behandelt worden ist, die Endstücke der Sinneszellen der unteren Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 67 Pinealwand so, daß hier fast kein Hohlraum im Innern der Bndblase sichtbar ist. Auf solchen Präparaten sieht man aber die zwischen den Bndstücken und den Pellucidazellen verlaufenden Verbindungs- fäden gar nicht, man findet keine Gebilde, welche den körnigen Kappen der Methylenblaupräparate entsprechen könnten. Die Bndstücke aber sind an solchen Präparaten aus einem innern Kern, welcher genau so aussieht wie der Zellkörper oder der centrale Fortsatz, und einer dunkel- gelben oder braunen mehrschichtigen Membran zusammengesetzt. Auch beim erwachsenen Tier kann man bei prolongierter Wirkung der osmiumsäurehaltigen Gemische genau dieselbe Färbung der Mem- bran erzielen, sonst aber, besonders an den mit den Gemischen von Meves oder von Duesberg behandelten Präparaten, tritt die Färbung nicht deutlich auf, statt dessen wird die feinere Struktur des Bnd- stückes noch besser erkennbar. Schon bei Ammocoefes kann man, gegen Studnicka, die färbbare Membran nach meinen Beobachtungen nicht als dünn bezeichnen, beim erwachsenen Tier ist sie ganz beträchtUch dick. Der innere Kern ist aus feinkörnigem Protoplasma gebildet und wird im Stiel des Bnd- stücks von einer deuthch sich von ihm abhebenden Hülle (Fig. 49, Taf. V) umgeben. Im oberen Teil des Endstückes entfaltet sich die Hülle in der Form eines Hutes, welcher aus zahlreichen ungemein feinen Lamellen zusammengesetzt wird. Die Lamellen können konzentrisch oder fächerförmig angeordnet werden. Das ganze System ist von außen mit einer stärkeren Membran umgeben, welche meistens auf den Stiel des Endstücks nicht übergeht. Die Zwischenräume der Lamellen werden mit einer homogenen, schwach sich färbenden Masse ausgefüllt (Fig. 49, Taf. V). Bei Ammocoetes hat die Hülle die Bedeutung einer äußeren Schicht des Endstückes. Beim erwachsenen Tier sieht die mehrschichtige Membran eher als ein Anhängsel des Endstücks (Fig. 49, Taf. V) aus. Sie bildet nämlich an der seitlichen Fläche des Endstücks eine ganz dünne Schicht, welche sich über dem Endstück in eine ganze Menge feinster konzentrischer Lamellen spaltet, welche in ihrer Gesamtheit ein zweites Endstück darstellen, da sich zwischen den Lamellen homogene Substanz befindet, welche sehr empfindhch gegen AVirkung von Reagentien ist und sich in andrer Weise als das untere Endstück färben läßt. In einigen Endstücken werden die Lamellen fächerartig angeordnet, wobei der körnige Teil des Endstückes den Handgriff des Fächers bildet. Eine ganze Reihe von Reagentien ändert dieses Aus- sehen des Endstücks, welches nach meinen Beobachtungen aus zwei 5* 68 D. TretjakofE, Teilen besteht. ZENKER-Formol-Osmiummischung liefert Bilder, welche denjenigen nach der FLEMMiNGschen Flüssigkeit sehr ähnlich sind, aber die Sonderung des Endstückes in zwei Teile noch deutlicher her- vortreten läßt. Die beiden Fixiel'ungsflüssigkeiten geben auch sonst so gute Er- haltung der Gesamtform und der einzelnen Elemente des Pinealorgans, daß ich gar nicht bezweifeln kann, daß nach ihrer Anwendung das sichtbare Verhalten der Endstücke der Wirklichkeit am meisten ent- spricht. Die Struktur der Endstücke bei P. fhiviatiHs ist also kom- plizierter, als von andern Autoren angegeben wurde. Am richtigsten hat die Struktur Studnicka aufgefaßt, aber ich glaube, daß seine Beschreibung sich hauptsächlich auf die Untersuchung des Pineal- organs bei Ammocoetes gründet. Bei älteren Ammocoeten finde auch ich, daß die mehrschichtige Membran sich nicht vom körnigen End- stück abgrenzt, aber gleichzeitig konnte ich auch feststellen, daß diese Membran oberhalb des körnigen Teils dicker ist als an den seitlichen Flächen desselben. Die Osmiumfärbung der Membran ist von derselben Nuance als auf den gleichen Querschnitten die Färbung der Lipoid- körner in den Arachnoidazellen und erreicht niemals die intensive schwarze Färbung der Fettzellen. Die Versuche, eine spezifische Fär- bung von Lipoiden des Endstücks zu erzielen, lieferten mir keine genügend guten Ergebnisse, da alle für diese Färbung anempfohlenen Gemische die Vergrößerung des Hohlraums der Endblase hervorrufen und die Endstücke verzerren. Ich werde beide Teile des Endstücks der Sinneszelle beim erwach- senen P. fhwiatilis als Stiel und Endknopf bezeichnen. Die andern Untersucher hatten je nach der Fixationsmethode bald dieses bald jenes Gebilde gesehen und beschrieben. Die Osmiumsäure ausge- schlossen, üben andre Säuren auf den Endknopf eine meist auf- lösende AVirkung. Wenn das Präparat mit Alkohol-Essigsäure oder mit l%iger Chromsäure oder mit gesättigter wässeriger Pikrinsäurelösung behandelt wird, vergrößert sich der Binnenraum der Endblase, welche dabei kugelige Form annimmt. Die Pellucidafasern, welche zu den Endknöpfen gelangen, werden dadurch ausgezogen und ziehen die Endstücke mit in die Höhe. Der Endknopf wird teils geschrumpft, teils aber aufgelöst, die Stiele sind ganz enorm verlängert und dünn. Man könnte sagen, daß die Substanzen des Endknopfs sich nicht nur auf- lösen, sondern dabei auch im Binnenraum der Endblase ganz beträcht- lich quellen, und daß durch ihre Quellung der Binnenraum der Endblase vergrößert wird. Eine ähnliche Wirkung hat die MERKELsche Flüssigkeit. Die Parietalorgane von Petroinyzon fluviatilis. 69 In Sublimat und Subliniatgemischen erhält sich der Endknopf, nur wird er gewöhnhch geschrumpft und wenig färbbar. Die sauren Sublimatgemische (Sublimat und Essigsäure) wirken ebenso wie die Cliromsäure, der Binnenraum wird vergrößert und die Endstücke werden durch die Fasern der Pellucida teilweise über die Norm ver- längert, teilweise von den Sinneszellen abgerissen und ins Innere des Hohlraumes mitgezogen. Wenn man die Bilder nach den MEVESschen oder FLEMMiNGschen Flüssigkeiten als normale betrachten kann, sind die Ergebnisse meiner Beobachtungen an den nicht vital gefärbten Querschnitten ziemlich in gutem Einklang mit dem, was die Methylen- blaupräparate liefern. Ich nuiß dabei betonen, daß die Methylenblau- präparate nach der Fixation mit Anmionium molybdaenicum ganz ebenso wie im vital gefärbten Zustand aussehen. Ich habe deswegen keine Veranlassung zu denken, daß die Methylenblaulösung den Bau des Endknopfs schon im vitalen Zustand verändert. Ich möchte lieber glauben, daß diejenigen Bestandteile, welche sich bei der Osmium- behandlung lammellenartig ausscheiden, bei der Fixation mit Molyb- daenammoniumlösung sich aus dem Endknopf entfernen und daß dabei nur die homogene Grundsubstanz des Endstückes bleibt, die sich mit Methylenblau metachromatisch färbt. Aber auch nach einigen Fixa- tionsgemischen (MevesscIic Flüssigkeit, ZENKER-Formol-Osmium, Flüs- sigkeit von Johnston), welche die lamelläre Struktur des Endknopfs nicht erhalten, sieht der Endknopf homogen aus, wie Dendy auf seinen Präparaten von Geotria gesehen hat, und färbt sich, nach meinen Untersuchungen, meistens anders als der Stiel und der Körper der Sinnes- zelle (gelb nach Mallory, rein grün nach Safranin-Lichtgrün usw.). Von diesem Gesichtspunkt aus erscheinen die Bilder, welche nicht nur den homogenen Endknopf, sondern auch den verdickten kör- nigen Stiel zeigen, wie es nach der Fixation mit ZENKEE-Formol- Osmium der Fall ist, nicht ganz normal. Nach Alkohol-Formol sind auch nur die verdickten körnigen Stiele sichtbar, der homogene End- knopf ist vollkommen zusammengeschrumpft und in den netzförmigen Inhalt des Binnenraumes hineingezogen. Sublimat, Forniol und Alkohol rufen eine Verdickung des Stieles hervor. Es bleibt mir jetzt nur die Bedeutung der körnigen blauen Kappe des Endknopfes, welche an Methylenblaupräparaten den Sinneszellen niemals fehlt, aufzuklären. Die Aufhängefasern der Pellucidazellen waren zuerst von Stud- NiCKA (33) angegeben, welcher ihre unteren Enden bis zu den End- knöpfen der Sinneszellen verfolgte. Sie müssen sich nach seinen Vor- 70 D. Tretjakoff , Stellungen an die Endstücke unmittelbar ansetzen oder halbkugelför- mige Kappen um den Endkjiopf bilden. In ähnlicher Weise sind diese Endkappen von Dendy beschrieben, welcher in seinen Zeichnungen abgebildet hat, daß das untere Ende der Faser sich unter allmählicher Verbreitung in die Endkappe umwandelt. Studnicka zeichnet die Fasern bis an den Endknopf gleichmäßig dünn. An meinen Präparaten, welche mit Sublimat oder Alkohol-Formol fixiert wurden, sind die Aufhängefasern meistens sehr gut sichtbar. Sie sehen dann wirklich so aus, wie die Fasern bei Geotria und dabei färbt sich nicht selten die Endkappe anders als die übrige Faser. Da an solchen Präparaten die Aufhängefasern stark ausgedehnt sind, sind auch die Endkappen hoch (Fig. 52, Taf. V) und manchmal von den Sinneszellen abgetrennt. In Präparaten, welche mit Osmiumsäuregemischen fixiert sind, sind die Aufhängefasern ganz kurz, da die untern Enden der Pellu- cidazellen die Endknöpfe fast unmittelbar berühren. Man muß besser sagen, daß hier lange Aufhängefasern als solche gar nicht existieren und die untere breite und kurze Fortsetzung des Zellkörpers der Pellucidazellen den Endknopf umfaßt. Vorausgesetzt, daß die FLEMMiNGSchen Präparate am besten die wirklichen Verhältnisse der Gesamtstruktur des Pinealorgans wieder- geben, muß man die ganze Frage im Zusammenhang mit der Erschei- nung der Vergrößerung des Binnenraumes der Endblase durch einige Fixati onsgemische betrachten. Soviel ich diese Verhältnisse feststellen konnte, sind die Aufhängefasern nur Erzeugnisse der Vergrößerung des Binnenraumes der Endblase und stellen die stark ausgedehnten breiten Verbindungsstücke der Pellucidazellen dar. Die Aufhänge- fasern in der Form, wie sie von Studnicka und von Dendy beschrieben worden sind, betrachte ich also als Artefacte. Sehr oft sind die ausgedehnten, also in Fasern verwandelten Ver- bindungsstücke so abgerissen, daß das sich mit dem Endknopf ver- bindende Ende der Faser isohert am Endknopf bleibt. Gerade diese Erscheinung scheint mir auch an Methylenblaupräparaten vorhan- den. Die Molybdaenammoniumlösung veranlaßt eine Vergrößerung des Binnenraums, die Verbindungsstücke der Pellucidazellen wandeln sich in Fasern und reißen so ab, daß das untere Ende in der Form einer körnigen blauen Endkappe im Zusammenhang mit dem End- knopf bleibt. Das ist umso mehr wahrscheinlich, als die oberen ab- gerissenen Faserabschnitte, welche im Zusammenhang mit den Pellu- cidazellen bleiben, ebenso blau und körnig (Fig. 40, Taf. IV) nach Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 71 der Methylenblaiifüibung sind. Dadurch erklärt sicli die unregelmäßige Form mid unbeständige Größe der Endkappen. Von der Kichtigkeit der angeführteii Auffassung der Natur dieser Gebilde konnte ich mich auch bei der Betrachtung der Methylenblau- präparate vor der Fixierung mit Molybdaenammoniumlösung mit Hilfe der Öl-Immersion überzeugen. Es läßt sich in diesem Fall ganz deutlich erkennen, daß der Endknopf jeder Sinneszelle von der Schicht der körnigen blauen Substanz umgeben wird. Diese blaue Masse ist wohl das Verbindungsstück der entsprechenden Pellucidazelle. Die Neurofibrillen lassen sich innerhalb der Sinneszellen sehr deut- lich an den Querschnitten der mit Methylenblau gefärbten Pinealorgane Ijeobachten. Sie verlaufen in einer nicht großen Anzahl im Köi-per, im centralen Fortsatz und sogar im Stiel des Endknopfes. Im Stiel spalten sie sich unterhalb des Endknopfes in noch feinere Fibrillen, welche in der Peripherie des Endknopfes verlaufen (Fig. 31, Tai. IV). Im Stiel und im centralen Fortsatz verflechten sich die Neurofibrillen, die neben dem Körper ein dichteres Geflecht bilden und sich im unteren zugespitzten Ende sammeln, wo sie sich in eine einzige Neurofibrille (bzw. Neurofibrillenbündel) verbinden. Während an den mit FLEMMiNGscher Lösung fixierten Präparaten die centrale Partie des Zellkörpers körnig erscheint, finde ich in den Alkohol-Formol-Präparaten die interessante Erscheinung der Vacuoli- sation des Protoplasmas der Sinneszellen. Vacuolisiert ist nämlich der centrale Abschnitt der Zelle oberhalb des Kerns bis zum Stiel (Fig. 51, Taf. V). Das ganze Protoplasma dieser Abschnitte sieht an den Prä- paraten netzförmig aus. Die Vacuolen sind von verschiedener Größe, manchmal sind sie so groß, daß der Durchmesser einer Vacuole der Dicke des Zellkörpers über dem Kern entspricht. Meistenteils sind sie jedoch winzig; die Vacuolisation kann auch auf das Gebiet des Zell- körpers oberhalb des Kerns beschränkt werden. Das Gebiet des Zell- körpers unterhalb des Kerns ist nur selten vacuolisiert. Die erste nahehegende Annahme ist, daß es hier fetthaltige Körnchen gibt, welche durch Alkohol gelöst werden. Die Frage ist aber nicht so einfach zu beantworten, da bei andern Fixationen, welche das Fett nicht fixieren, die Vacuolen nicht sichtbar sind. Ich glaube des- wegen, daß im Protoplasma der Sinneszellen spezifische Substanzen vorhanden sind, welche speziell bei Alkohol-Formol extrahiert werden. Da die Größe der Protoplasmakörnchen niemals den Umfang der größten Vacuolen erreicht, möchte ich vermuten, daß vor dem Extrahieren die 72 D. Tretjakoff, entsprechenden Köniclien erst verflüssigt werden und dadurch das Erscheinen verschieden großer Vacuolen bedingen. Der untere Abschnitt der Sinneszelle ist so verschiedenartig ge- staltet, daß ich dieser Seite meiner Untersuchungen spezielle Aufmerk- samkeit widmen muß. Das untere Ende des Zellkörpers geht entweder ganz scharf oder nur allmählich in den fadenförmigen centralen Fortsatz (Fig. 28 und 31, Taf. IV) über, welcher den Nervenfortsatz der Zelle darstellt und die Endigung in der Schicht der Endbäumchen der Ganglienzellen bildet. Im einfachsten Fall endigt der Fortsatz mit einer Endplatte (Fig. 35, Taf. IV) oder Endvarikositäten (Fig.- 36, Taf. IV). Solche Zellen sehe ich wie im centralen Gebiet (Fig. 31, Taf. IV). so auch im Randgebiet (Fig. 3G und 35, Taf. IV), kurze und lange Zellen können mit solcher Endigung versehen werden. Dabei verläuft der periphere Fortsatz selten ganz geradlinig, er ist meistens geknickt und mit unregelmäßigen Verdickungen und Abplattungen versehen. Bei den Sinneszellen des Randgebiets (Fig. 35, Taf. IV) endigt manchmal der Nervenfortsatz nicht unter dem Zellkörper, sondern biegt sich in cen- traler Richtung um und verläuft in kurzem Abstand von der Schicht der Endbäumchen der Ganghenzellen. Weiter sind noch Formen vor- handen, welche einen verzweigten Nervenfortsatz haben (Fig. 30, Taf. IV). Die Verzweigungen sammeln sich in der Form eines End- bäumchens, dessen Ästchen mit Endplättchen und A^arikositäten be- setzt sind (Fig. 32, Taf. IV). Manche miter solchen Sinneszellen er- innern an die von Retzius geschilderten Zellen aus der unteren Wand des Pinealorgans bei Ammocoetes. Ich halte deswegen die Be- hauptung von Studnicka (31), daß Retzius wahrscheinhch die Golgi- Färbung nur der Stützzellen gelungen ist, ebenso für unrichtig wie die Meinung von Retzius selber, daß >> weder sekundäre, noch wirk- liche als Sinnesnervenzellen aufzufassende Sinneszellen << sich mittelst der GoLGischen Methode nachweisen lassen. Ganz im Gegenteil kann ich, vorausgesetzt die Unvollständigkeit der Bilder in den Golgi- Präparaten, alle von Retzius in der unteren Pinealwand abgebildeten schwarzen Zellen unter den an meinen Methylenblaupräparaten sicht- baren Sinneszellen wiedersehen. Es ist natürhch, daß von solchen Zellen Haematoxyhnpräparate, deren sich Studnicka bediente, keine Ahnung geben. Die gaiize Mannigfaltigkeit der Endigungsweise des Nervenfortsatzes kann nur an totalen Methylenblaupräparaten ver- folgt werden, da an den Schnitten durch das mit Methylenblau gefärbte Pinealorgan nur Bruchteile der Endigungen sichtbar sind. Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 73 Ich muß gestehen, daß die Untersuchung der Endigungen der Sinnes- zellen im centralen Gebiet der unteren Pinealwand mir manche Schwierigkeiten gebracht hat, da hier die Aufgabe vorliegt, die senk- recht stehenden Sinneszellen wie die Verästelungen des Nervenfort- satzes mit Hülfe der Mikrometerschraube genau zu verfolgen. Dabei sind gewöhnlich an den gut gefärbten Präparaten die Endverzwei- gimgen der Sinneszellen durch Endbäumchen von Ganghenzellen ver- deckt (Fig. 7, Taf. I). Gute Dienste haben mir gelegenthch zerdrückte Präparate geleistet, in welchen Stückchen der unteren Pinealwand in günstige Lage gerieten; aber dabei bleibt innner der Verdacht, daß man noch nicht volle Endigung vor Augen hat. Es sind weiter Sinneszellen vorhanden, welche am Ende ihres centralen Fortsatzes mit einer großen sternförmigen Platte (Fig. 31, Taf. IV) versehen sind, welche das Aussehen hat, als ob sie durch Verschmelzung verzweigter Endigungen entstanden ist. An Sinneszellen )nit einer guten Neurofibrillenfärbung konnte ich mich überzeugen, daß die Neurofibrillen aus dem unteren Kör- perende in alle Verzweigungen des Nervenfortsatzes hineindringen (Fig. 31, ///, Taf. IV). Wenn der Nervenfortsatz sehr fein ist, müssen natürlich die Neurofibrillen zu einem Bündel verschmelzen, welches sich später in allen Verdickungen und Endplatteii in die einzelnen Fi- brillen spaltet. Alle geschilderten Endigungen des Nervenfortsatzes liegen in der- selben Schicht, wo die Endbäumchen der Ganglienzellen sich verbrei- tern. Ich habe an manchen Präparaten direkte Nachweise, daß beide Endgebilde sich miteinander verflechten in solcher Weise, daß eine Ganglienzelle sich mit mehreren Sinneszellen verbindet. Unter diesen Zellformen finden sich in der unteren Wand noch die recht charakteristischen, weniger zahlreichen Simieszellen, deren Nervenfortsätze länger als bei ersterer Zellenart sind und die sich mit solchen Nervenfortsätzen andrer Zellen in einer eigentümlichen Art verbinden. In der Schicht der Endbäumchen lassen sich nämlich bandartige (Fig. 22, Taf. III, und Fig. 29, Taf. IV) Nervenfaserstränge unter- scheiden, welche ein weitmaschiges Netz in der unteren Pinealwand bilden. Die Knotenpunkte dieses Netzes sehen sternförmig aus. Die Nervenfasern des Netzes unterscheiden sich von den Nervenfasern der Ganglienzellen dadurch, daß sie von Varikositäten frei sind. Bei näherer Untersuchung dieses Netzes überzeugte ich mich, daß es von Nervenfasern der Sinneszellen gebildet wird. Zu jedem stern- 74 D. Tretjakoff, förmigen Knotenpunkt ziehen die Nervenfasern der nächst Hegen- den Sinneszellen (Fig. 22, Tai. III). Manchmal konnte ich deuthch sehen, daß die Nervenfasern innerhalb der Sterne durch eine sich schwach mit Methylenblau färbende Kittsubstanz verbunden werden (Fig. 22, Taf. III). Ich kann aus dem Netz austretende und frei endigende Nerven- fasern nicht finden. In einigen Sternen aber konnte ich bemerken, daß die Nervenfasern innerhalb der Sterne mit Plättchen und Vari- kositäten bedeckt w^erden (Fig. 39, Taf. IV). Andrerseits ist hin- sichtlich der Struktur der Sterne die Tatsache auffallend, daß in die Sterne mehr Nervenfasern hineintreten, als aus denselben heraustreten. Die austretenden Fasern stellien die verbindenden Stränge zwischen den Sternen dar. Diese Verhältnisse kann man nach meiner Meinung nur mit Hilfe der Voraussetzung deuten, daß ein Teil der eintretenden Nerven- fasern innerhalb der Sterne endigt, die austretenden Fasern aber nur die in den folgenden Sternen endigenden Fasern darstellen. In den Sternen sind die Fasern so dicht aneinander gelagert und teilweise ver- flochten, daß es ganz unmöglich ist, die Endigungen oder ein freies Ende der hier endigenden Nervenfasern zu sehen. Nach allem Ver- halten dieser Nervenfasern glaube ich, daß eine andere Erklärung aus- geschlossen ist. Das ganze System der Sterne scheint eine für die Assoziation der Lichtreize bestimmte Verrichtung zu sein. Die Verbindungsfasern sind wahrscheinlich die Sammelfasern, welche die Reize einzelner Elemente sammeln und von einem Stern zum andern übergeben. Schließlich sind die Sterne ebenfalls in der Schicht der gangliösen Endbäumchen eingeschlossen, so daß die Reize der zu den Sternen gehörigen Sinnes- zellen den Ganglienzellen sicher vermittelt werden. Die Sinneszellcn dieser Gruppe sind im centralen Gebiet der Pineal- wand ebenso wie im Randgebiet (Fig. 29, Taf. IV) vorhanden. Man kann sie an den Querschnitten durch das mit Methylenblau gefärbte Pinealorgan ebenfalls wahrnehmen (Fig. 29, Taf. IV), da sie von den Zellen mit gleich sich verästelndem Neurit durch ihren langen tangential verlaufenden Nervenfortsatz unterscheidbar sind. Sie sind eigentlich dank diesem tangentialen Neurit auch an den Haematoxy- linpräparaten leicht zu finden. Studnicka hat sicher diese Sinnes- zellen gesehen und sie in sein Schema über den Bau des Pinealorgans bei P. marinus aufgenommen (34). Beide Abarten der Sinneszellen des Pinealorgans bei P. fluviatilis unterscheiden sich durch ihre Verbin- Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 75 (hingen in solchem Maße, daß sie nach meiner Meinung ganz verschie- dene Namen verdienen. Ich schlage vor, die nicht mit Sternen zusam- menhängenden Sinneszellen als isolierte Sinneszellen, die mit deii Ster- nen verbundenen als verbundene Sinueszellen zu bezeichnen. Nach allen von mir gelieferten Angaben über die nervösen Ele- mente der unteren Pinealwand kann man sich jetzt eine genügende Vorstellung vom Aufbau des nervösen Geflechts in der unteren Faser- schicht bilden. Es sind hier folgende Bestandteile vorhanden: die Endbäumchen der Ganghenzellen und die Körper der Ganglienzellen mit ihren Dendriten, die Endverzweigungen der isolierten Sinneszellen und die Nervenfortsätze mit den Sternen der verbündeten Sinnes- zellen; ganz unten zwischen den Fußstücken der Stützzellen verlaufen endlich die aus dem allgemeinen Geflecht austretenden varikösen Ner- venfortsätze der Ganglienzellen. AVie aus der folgenden Beschreibung der oberen AVand der Endblase ersichtlich sein wird, gesellen sich im Randgebiet zu den genannten Elementen noch die Nervenfortsätze der Sinneszellen der Pellicula hinzu. Alle diese Nervenfasern verflechten sich in der unteren Faserschicht in einer so komplizierten AVeise, daß die Untersuchung einzelner Elemente nur dank der Fähigkeit des Methylen- blaus, die einzelnen Bestandteile des Geflechts isohert darzustellen, möglich ist. Selbstverständlich ist dazu eine große Anzahl von Prä- paraten nötig, welche wegen der wechselnden Umstände der vitalen Färbung bald diese bald jene Elemente zeigen. Die Stütz Zellen. Literarische Angaben über die Stützzellen der unteren Pinealwand wurden schon oben angeführt. Es ist auffallend, daß die Struktur der Stützzellen in keiner Weise als endgültig be- kannt bezeichnet werden kann, obgleich für ihre Untersuchung die gewöhnhchen techmschen Methoden genügend sind. Im großen und ganzen unterscheidet man unter den Stützzellen zwei Abarten der- selben, die Pigmentzellen und die Neuroghazellen (Studnicka). Dazu erwähnt Studnicka bei Amrnocoetes noch die hellen basalen Zellen, die er aber nicht näher bestimmt hat. • Bei P. fluviatilis konnte ich nur die Pigmentzellen und die basalen Zellen wahrnehmen. Was die angeblichen Neuroghazellen betrifft, so vermag ich ihr Vorhandensein mcht zu bestätigen. Die Form der Pigmentzellen ist schon an FLEMMiNGSchen Prä- paraten leicht zu sehen, am besten aber eignen sich für diesen Zweck die Sublimat- und Alkoholgemische, welche nicht zu sehr die innere Höhle der Endblase vergrößern. Durch die Behandlmig mit diesen Gemischen werden auch die intercellulären Substanzen der Pinealwand 76 D. Tretjakoff, gequellt und die iiiteicelluläreu Räume der unteren Hälfte derselben stark aufgetrieben. Dadurch wird das ganze Gerüst der unteren Faser- schicht recht gut erkennbar. Die unteren Enden der Pigmentzellen laufen in einen oder mehrere Fortsätze aus, welche mit seitlichen Abzweigungen nachbarliche Stützzellen miteinander verbinden und sich schließlich mit etwas erweiterten kegelförmigen Enden an die Piascheide anheften. Dadurch entsteht ein Fachwerk, welches die Stütze der in ihm eingeschlossenen Ganglienzellen und des Nerven- ^eflechtes darbietet. Der Bau des oberen, pigmentierten Abschnitts der Pigmentzelle entspricht nach meinen Untersuchungen den Angaben von Dendy (gegen Studnicka). Ich finde nämhch bei P. fluviatilis keinen Stäbchensaum — von welchem Studnicka berichtet — an der oberen Endfläche der Pigmentzellen, sondern die Kuppen der Pigment- zellen ragen oberhalb des Systems der CoHN-HEiDENHAiNschen Schluß- leisten kuppelartig abgerundet in den Hohlraum der Endblase hinein (Fig. 45, Taf. V). Ich finde nun nicht, daß diese Endstücke der Pig- mentzellen von ihnen so scharf abgegrenzt sind, wie Dendy be- hauptet. Die Pigmentkörnchen setzen sich ununterbrochen aus dem Zellkörper in die Kuppe hinein fort. Ich sehe deswegen keine Veran- lassung, das Vorhandensein besonderer >>limiting membrane<< außer der Schlußleiste (Dendy) anzunehmen. Die Endstücke unterscheiden sich auch in anderen Beziehungen hinsichtlich ihrer feineren Struktur nicht von dem Zellkörper. Jedes Endstück hat die breite Grundfläche, welche der ganzen Dicke des oberen Endes der Pigmentzelle entspricht und ist höchstens nur halb so hoch, wie die Stiele der Sinneszellknöpfe. Sie bilden eine deutliche kontinuierliche Schicht an der oberen Fläche der unteren Pinealwand, welche nur durch die Stiele der Endknöpfe durchsetzt wird. Seitwärts sind die Endstücke niedriger, und in der Richtung zum Randgebiet verstreicht ihre Schicht ganz allmählich so, daß sie bei den randständigen Pigmentzellen nur unbedeutende Her- vorwölbungen darstellen. Die Endstücke der Pignientzellen sind gegen die Wirkung der Reagentien weniger empfindlich als die Endknöpfe der Sinneszellen, aber innner noch zarte und leicht einschrumpfende Gebilde. Gerade die für die Endknöpfe beste FLEMMiNGsche Flüssigkeit ändert das iVussehen der Endstücke in solcher Weise, daß sie, wie wahrscheinlich auch Studnicka an seinen Präparaten bemerkte, einen Stäbchensaum (Fig. 47, Taf. V) vortäuschen können. An den Methylenblaupräpara- ten sind die Endstücke überhaupt nicht sichtbar, obgleich die Pigment- körner sich vollständig erhalten. Die Parietalorganc von Petromyzon fluviatilis. 77 Die beste Untersuchung über das Pigment der unteren Pinealwand ist nach meiner Meinung von Leydig (20) gehefert worden. Dieser Ver- fasser hat das Vorhandensein von Pigmentkörnern zweierlei Art in der- selben Pigmentzelle nachgewiesen. Das sogenannte weiße Pigment ist nach Leydig bei durchfallendem Licht von schmutzig-gelber Farbe, das dem guaninhaltigen Pigment der Hautdecke entspricht. Gleich- zeitig mit diesem, bei auffallendem Licht weißen Pigment sind in den Pigmentzellen noch braun-schwarze Körnchen vorhanden, aber in geringerer Zahl. Studnicka hat diese Angaben bestätigt. Es ist ganz richtig, daß nach der Entfernung des weißen Pigments durch KSäurebehandlung aus der unteren Pinealwand in den Pigment- zellen kleine dunkelbraune Körnchen, ^^^e auch Studnicka bemerkte, sichtbar sind. Ich finde nur, daß diese Körnchen bei P. fluviastüis nicht dunkel, sondern eher sehr hell gelblich und im Gegensatz zu den K()rnchen vom weißen Pigment vollkommen durchsichtig sind. Diese Körnchen werden aber durch einige Reagentien dunkel, fast schwarz, was vielleicht die Veranlassung lieferte, von braun-schwarzem Pigment zu sprechen. Sie kommen in größerer Anzahl in der Rand- partie und im Atrium vor. Einige Angaben von »Studnicka über die Verteilung der Pigmentkörnchen sind nach meiner Meinung ganz un- richtig oder bieten wenigstens eine unrichtige Auffassung der Tatsachen dar. Dieser Verfasser spricht nämlich, daß die Pigmentkörnchen auch iu den Ganglienzellen vorkommen, welche, wenn sie mit ihnen stark gefüllt sind, das Aussehen von unregelmäßigen Klumpen bekommen. Außerdem sollen sehr viele Pigmentkörnchen auch intercellulär in der unteren Partie der "Wand liegen. Ich finde bei P. fluviatilis in einigen Fällen unregelmäßig pigmen- tierte Klumpen in der unteren Faserschicht. Da ich an den Methylen- blaupräparaten in den Ganglienzellen niemals die Pigmentkörnchen sehen konnte, glaube ich nicht, daß die erwähnten Klumpen den Ganglien- zellen entsprechen. Ich bin geneigt, diese Klumpen als die pigmen- tierten basalen Zellen zu betrachten, welche ebenfalls wie die Pigment- zellen eher den Stützelementen angehören. Was die interceUulären Pigmentkörnchen betrifft, so sind sie nach meiner Meinung nur unter der Wirkung des Mikrotommessers entstanden. Nach der Paraffineiu- bettung werden die Pigmentkörnchen ziemhch hart, was sich beson- ders beim Schneiden der mit Methylenblau gefärbten Präparate fühlen läßt, und werden dann leicht mit dem Mikrotommesser ausgeschleu- dert. Soviel ich an Celloidinpräparaten beobachten konnte, liegen die Pigmentkörnchen nur intracellulär. Sie können aber wirklich die 78 D. Tretjakoff, unteren ZellfortScätze bis zu den Endfüßclien begleiten. Bei P. fhivi- atilis sind aber solche Pigmentkörnchen gar nicht zahlreich und kommen überhaupt im Zellabschnitt unterhalb des Kernes nur ausnahmsweise (wie bei Geotria [nach Dendy]) vor. Ich habe schon oben gesagt, daß der Kern der Pigmentzellen sich fast nicht vom Kern der Sinneszelle unterscheidet. Er hat ebenfalls das basophile Kernkörperchen oder mehrere Kernkörperchen und das grobkörnige C'hromatingerüst. Nach der Form ist er mehr als der Kern der Pigmentzelle sphärisch. Obgleich ich systematische Versuche vom Einfluß des Lichts und der Dunkelheit auf die Verteilung des Pigments nicht angestellt hatte, führte ich doch die Abtötung der Tiere und die Fixation in verschiedenen Stunden des Tages und der Nacht aus und konnte dabei niemals eine Veränderung in der Verteilung des Pigments finden. Ich konnte auch keine Vorrichtung für die eventuell mögliche Bewegung der Pigmentkörnchen innerhalb der oberen Abtei- lung der Zelle entdecken. Das Protoplasma ist hier niemals streifig, sondern immer granulär. Nur im unteren Fortsatz und in den Ver- ästelungen desselben sind Stützfasern wahrnehmbar. Es lassen sich aber im Protoplasma des oberen Hauptteils des Zell- körpers wie in den Fortsätzen an den Sublimat-Essigsäure- Präparaten eigentümliche Körperchen sehen, welche für die Frage der Bedeutung des Pinealorgans nach meiner Meinung gerade sehr wichtig sind. Es handelt sich hier um die meistens halbmondförmigen oder spindel- förmigen Körperchen, welche 2 — 4 /< lang sind und sich mit Eisen-Häma- toxylin (nach M. Heidenhain) intensiv schwarz färben. Diese Halb- mondkörperchen sind in den Endstücken ebenso wie in den Fußsohlen der unteren Fortsätze vorhanden. Gerade in den Fußsohlen erreichen sie die größte Länge und Dicke und sind hier sehr dicht gelagert (Fig. 45 und 46, Taf. V). LTnter den Halbmondkcirperchen finden sich in geringerer An- zahl runde Körnchen, die doppelt zusam)nengesetzt sind. Das grau gefärbte Mittelstück wird von einer schwarzen halbmondförmigen Zone umgeben. Es lassen sich übrigens alle Übergangsformen von solchen Doppelkörnchen bis zu den spindelförmigen Körperchen heraus- finden. Da die halbmondförmigen und spindelförmigen Körperchen weitaus größeren Umfang als die doppelten Körnchen erreichen, kann man alle diese Formen als Stadien desselben Entwicklungsganges der spindelförmigen K()rperchen aus den doppelten oder auch homogenen Körperchen auffassen. Die homogenen schwarzen Körperchen, welche ich als Vorstufen Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 79 der doppelten betrachte, sind sehr spärhch und winzig. Die Abspaltung des Halbmondk()rperchens von der mittleren weniger färbbaren Partie tritt nur beim A\'achstuni des homogenen Körperchens auf. Die mittlere Partie des doppelten Körperchens wird allmählich noch weniger färb- bar und schheßlich gar nicht vom übrigen Protoplasma unterscheidbar. Das Halbmondkörperchen wird frei, und mit solchen Körperchen wird die ganze Pigmentzelle angefüllt. Einige Halbmondkörperchen werden aufgerichtet und in asymmetrische spindelförmige Körperchen verwan- delt. Die letzten sind besonders an den seitlichen Flächen der pig- mentierten Partie angehäuft. Da die meisten Körperchen halbmondförmig sind, muß man den- ken, daß dieses Stadium der ganzen Entwicklung besondere funktionelle Bedeutung für die Pigmentzelle hat. Ich bin nach der Durchforschung vieler ähnlicher Präparate zu der Ansicht gelangt, daß die Halbmond- körperchen einigermaßen beständige Organellen der Pigmentzelle sind. Da sie auch im unteren Zellfortsatz massenhaft vorhanden sind, glaube ich nicht, daß die Halbmondkörperchen irgendwelche Beziehungen zu den Pigmentkörnchen haben. An den Präparaten, welche mit Dues- BERGscher Flüssigkeit fixiert wurden, sind die Halbmondkörperchen weniger gut sichtbar, aber die übrige Plasmastruktur ist besser er- halten, und an solchen Präparaten sind die Halbmondkörperchen in den Sohlen der Pigmentzellen immer mit einer hellen Vacuole versehen. Überhaupt sind die Halbmondkörperchen der Sohlen beständigere Be- standteile der Pigmentzellen, da sie in den oberen Abschnitten der selben auf manchen Präparaten nicht vorhanden, in den Sohlen aber immer sichtbar sind. Unzweifelhafte Bilder der Resorption der Halb- mondkörperchen oder ihrer Verwandlung in irgendwelches Sekret konnte ich nicht bemerken. Es ist gegenwärtig nach den Untersuchungen von Heidenhain (15) und seiner Schüler nicht schwer, die Bedeutung der Halbmondkör- perchen zu enträtseln. Er hat zuerst an der Beckendrüse der Tritonen bewiesen, daß die Drüsengranula eine Doppelstruktur zur Entwicklung bringen können. Man muß die ganze Reihe der von M. Heidenhain für die Entwicklung dieser CTranula angestellten Stufen verfolgen, um sich zu überzeugen, daß die Entwicklung der Halbmondkörperchen in genau derselben Weise in den Beckendrüsen der Tritonen und in den Pigment- zellen des Pinealorgans sich vollzieht. Aus den homogenen winzigen Körnchen differenzieren sich die Doppelkörperchen, welche aus dem kughgen, blaß gefärbten »Träger« und einer dunkleren schalenförmigen Kapuze zusammengesetzt sind. Die Kapuze präsentiert im optischen 80 D. Tretjakoff, Querschnitt das Bild einer .Sichel. Die Größe der Halbmondkörperchen in den Zellen des Pinealorgans ist genau dieselbe wie in den Becken- drüsenzellen. 8ie berühren sich innerhalb der Zellen niemals unmittel- bar, weswegen ein Wabensystem mit runden Maschen entsteht. Darauf quillt der Träger auf und nimmt dabei an Dichtigkeit so ab, daß er schließlich nicht sichtbar ist, und an seiner Stelle bleibt nur eine helle v^acuolenähnliche Stelle bemerkbar, an deren Peripherie das Halbmond- körperchen dicht an das umgebende Protoplasma angepreßt \\ärd. Von dieser Stufe ab bietet der Entwicklungsgang der Halbmondkörperchen in den Pigmentzellen von den involutiven Prozessen derselben in den Beckendrüsenzellen einige Abweichung dar. In den letzteren Zellen sinkt der Träger allmählich zusammen und wird wieder sichtbar, aber er füllt jetzt die ihm zugehörige Protoplasmalacune (Vacuole) nicht mehr vollkommen aus, wodurch die Kapuze von der Wand der Lacune entfernt wird. Sie krümmt sich bei weiterer Verdichtung und Verkleinerung des Trägers immer stärker zusammen. Die Trägersub- stanz verschwindet schließlich vollständig, die Kapuze wandelt sich in ein Sekundärgranulum um. welches vielleicht in das Secret über- gehen kann. Daß involutive Erscheinungen der Halbmondkörperchen in den Pigmentzellen des Pinealorgans ebenfalls vorkommen, kann man aus dem Grunde vermuten, daß in dem pigmentierten Abschnitt die Halb- mondkörperchen fehlen können. Ich konnte aber die Art ihrer In- volution nicht genauer verfolgen; die sekundären Granula habe ich niemals gesehen. Nun gibt auch M. Heidenhain (16) selber zu, daß er in den Beckendrüsen auch andre Involutionserscheinungen der Halbmondk()rperchen sehen konnte, welche er als atypische In- volution betrachtete. Es kann nach meiner Meinung sein, daß diese atypische Involution für die Pigmentzellen ganz typisch ist und sich ohne Bildung der Sekundärgranula vollzieht, vielleicht ungefähr in solcher AVeise wie in den Zellen der Tränendrüse vom Kalbe nach Fleischer (9). Die Kapuzen degenerieren vollständig innerhalb des Protoplasmas und werden durch neu erschienene Vollgranula wieder hergestellt. Nach allen meinen Beobachtungen ist im Pinealorgan bei P. fluviatüis nur dieser Vorgang der Involution der Halbmond- körperchen vorhanden. Alle Angaben über die doppelten Granula (Held, Heidenhain, Nicolas, Fleischer [9]) sprechen zugunsten einer Bedeutung derselben für den Sekretionsvorgang. Aus eigenen Beobachtungen kenne ich schon hinge die doppelten Granula in jungen Eizellen der Ascariden, wo sie eine ansehnliche Größe erreichen. Diese Die Parietalorgane von Petromyzoii fluviatilis. 81 Granula sind in letzter Zeit von I. Hirschler (18) und Faure-Fre- MiET (8) genau beschrieben und ihre Homologie mit den Heidenhain- schen Doppelkörnchen ist von diesen Verfassern auch angenommen. Da die Eizelle von Ascaris kaum irgendwelche Secretsubstanzen nach außen ergießt, steht das Auftreten der doppelten Körnchen in ihr im Zusammenhang mit inneren sekretorischen Prozessen. Die Doppel- körnchen wandeln sich schheßhch in flüssige Nährsubstanzen um, welche die Vacuolen der Eizellen ausfüllen. Ich sehe also kein Hindernis, den Doppelkörnchen und speziell den Halbmondkörperchen in den pinealen Pigmentzellen ebenfalls eine sekretorische Bedeutung zuzuschreiben. Diese Pigmentzellen sind nach meiner Meinung, sekretorische Zellen, und das Pinealorgan ist eine Drüse. Da die Halbmondkörperchen in den Sohlen der Pigment- zellen am größten und hier am häufigsten zu finden sind, kann man dem unteren Ende der Zelle besonders intensive sekretorische Tätig- keit zuschreiben und dabei annehmen, daß das Sekret der Pigment- zellen vielleicht direkt in die Capillaren des zwischen dem Pineal- und Parapinealorgan liegenden Netzes hineindringt. Ich finde weitere Bestätigung meiner Annahme einer sekretori- schen Funktion der Pigmentzellen im Bau der basalen Zellen. Die basalen Zellen sind von Studnicka (32) als besondere Art der Elemente der unteren Pinealwand beschrieben, welcher bei Am- mocöetes eine Schicht von diesen Zellen findet und sie als große, sehr klare Zellen mit wenig färbbarem Plasma und mit großem Kern beschreibt. Ich finde bei P. fluviatilis und bei dessen Ammocoetes große helle Zellen, welche der von Studnicka gegebeneu Darstellung entsprechen, sie bilden aber keine besondere Schicht und liegen gar nicht aus- schließhch neben der unteren Nervenfaserschicht, wie Studnicka an- gegeben hatte. An meinen Präparaten sind sie bei Ammocoetes keulenförmig, bei einem erwachsenen Tier oval und stecken gruppen- weise in der Schicht, welche den Kernen der Pigmentzellen und der Sinneszellen entspricht. Bei Ammocoetes gelangen ihre oberen Enden bis zur Hälfte der Höhe der pigmentierten Schicht, bei einem erwach- senen Tier erreichen sie diese Höhe nicht. Nach der Kernstruktur sind diese Zellen den Ganglienzellen sehr ähnlich, unterscheiden sich aber von denselben durch ihr doppeltes Kernkörperchen (Fig. 46, Taf. V) und durch ihr helles Protoplasma. Ich finde weiter, daß in diesen basalen Zellen, welche eigentUch diese Bezeichnung kaum verdienen, neben ihrem runden großen Kern Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. CXIII. Bd. 6 82 D. Tretjakoff. ein Nebenkörper vorhanden ist, welcher an den mit Osmiumsäure fixierten Präparaten homogen zu sein scheint. Die chemischen Eigenschaften der Nebenkörper scheinen an demselben Präparat nicht immer gleich zu sein. An den mit Chrom- Osmiumgemischen fixierten und nach Mallory mit Anilinblau ge- färbten Präparaten nehmen die Nebenkörper verschiedene Farben- nuancen an, einige werden gelb, andre blau gefärbt. Es kann sein, daß es sich dabei um Entwicklungsstufen der Nebenkörper handelt. Ich konnte die Entwicklung der Nebenkörper von den ersten Stadien an nicht verfolgen, da bei meinen Ammocoeten die Nebenkörper schon vollständig ausgebildet sind und fast dieselbe Größe haben, wie bei einem erwachsenen Tier. Sie treten wahrscheinlich schon bei ganz jungen Ammocoeten auf. Der helle periphere Hof der Zelle ist an allen mit Chrom-Osmiumsäuregemischen fixierten Präparaten sicht- bar. An den mit Alkohol, Formol und Sublimat fixierten Präparaten ist er schon weniger ausgesprochen, und überhaupt haben die basalen Zellen an solchen Präparaten kleineren Umfang. Sie sind dabei nur fast so dick wie die Körper der Pigmentzelle. Die Chrom-Osmiumgemische rufen wahrscheinlich Quellung der Substanzen der Basalquellen hervor. Es sei dazu noch bemerkt, daß die Chromsäuregemische mit geringem Gehalt an Osmiumsäure oder ohne solche starke Quellung der intercellulären Flüssigkeit der unteren faserigen Schicht bedingen. Aus diesem Grunde möchte ich sagen, daß die intercellulären Substanzen der unteren Pinealwand und die intercellulären Substanzen der basalen Zellen miteinander nahe ver- wandt sind und daß der Übertritt der Substanzen der basalen Zellen in die intercelluläre Flüssigkeit der Pinealwand sehr wahrscheinlich ist. Die basalen Zellen sind also wie die Pigmentzellen als sekretorische Zellen des Pinealorgans zu betrachten. An den nicht mit C*hrom-Osmiumgemischen fixierten Präparaten verlieren die Nebenkörper ihre Homogenität und bieten ein ganz andres Aussehen dar. Sie werden teilweise vacuohsiert, teilweise resorbiert. Sehr interessante Bilder erhielt ich mit Hilfe des Chromsäure-Formol- Essigsäure-Gemisches. Die Nebenkörper behalten an solchen Präpa- raten ihre Form und sehen wie ein Körper aus, welcher aus einem sich intensiv färbenden Faden besteht, und in dessen Maschen nur blaß gefärbte Reste der Grundsubstanz und helle Vacuolen bleiben. An Sublimat- und an Alkohol-Formolpräparaten bleiben nur wenige Nebenkörper in den Basalzellen erhalten (Fig. 45, Taf. V), welche sich dabei sehr intensiv mit Eisen-Haematoxylin färben. Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 83 Da die Nebenkörper andrer Autoren sicher noch lange nicht homo- loge Gebilde sind, halte ich es für ganz zwecklos, hterarische An- gaben über die Nebenkörper hier anzuführen. Ich will nur das Vorkommen der Nebenkörper in unzweifelhaft sekretorischen Zellen (Pankreas) erwähnen, um zu zeigen, daß eine Gruppe von Neben- körpern mit den Erscheinungen einer sekretorischen Tätigkeit der Zelle sicher verbunden ist. Nach allen diesen Ausführungen glaube ich das Recht zu haben, in der unteren Pinealwand zwei Abarten der sekretorischen Zellen zu unterscheiden, die Pigmentzellen und die basalen Zellen. Die Anzahl beider Elemente ist nicht geringer als die der Sinneszellen. Das Pineal- organ bei Ammocoetes und Petromyzon ist also nach meiner Meinung nicht nur ein photoperceptorisches Organ, wie seit Jahrzehnten an- genommen wird, sondern auch eine Drüse mit innerer Secretion, wie die Pinealorgane und die Epiphysen andrer Wirbeltiere, bei welchen ihre photoperceptorische Funktion verloren gegangen ist. Die sekre- torische Tätigkeit ist also eine allgemeinere Eigenschaft der Pineal- organe als die photoperceptorische, was bis jetzt beim Vergleich der Pinealorgane mit seitlichen Augen gar nicht in Betracht genommen wurde. Die sekretorischen Erscheinungen sind wohl auch im lateralen Auge vorhanden (Pars ciliaris retinae), aber das Lateralauge ist nicht von Haus aus eine Drüse mit innerer Sekretion, wie das Pineal- organ. Ich denke nicht, daß die Sekrete der Pigmentzellen und der basalen Zellen sich in den Hohlraum des Pinealorgans ergießen, da dieser Hohl- raum sehr beschränkt ist und sicher ganz andern Aufgaben dient. Die Flüssigkeit, welche ihn ausfüllt, kann auch von den Pellucidazellen aus- geschieden werden. Ganz anders steht es mit der Möglichkeit, wie die Pigmentzellen und die basalen Zellen ihre Secrete durch die intercellu- lären Eäume zu den Blutcapillaren befördern. Ich hatte schon früher darauf hingewiesen, daß die Blutcapillaren ganz innig mit dem Pineal- organ verbunden sind, da sie sogar in die untere Wand hineindringen. Die Sekretionstätigkeit des Pinealorgans kann wahrscheinlich lebhaft verlaufen und die funktionelle Ausschöpfung und Degeneration der sekretierenden Zellen bedingen. Die Degeneration der Pigmentzellen läßt sich sehr oft beobachten und ebenfalls ist notwendige Rege- neration der Pigmentzellen eine gar nicht seltene Erscheinung sogar bei vollkommen erwachsenen Tieren. Die Pigmentzelle bleibt dabei pigmenthaltig, ihr oberer Abschnitt wird breiter und teilt sich auf dem Wege der Mitose, wie die Zelle des cyhndrischen Epithels. Da 84 • D. Tretjakoff, die sich teilende Zelle den Zusammenhang mit dem unteren verzweigten Abschnitt bewahrt, muß auch dieser Abschnitt an der Teilung teil- nehmen, welche Tatsache darauf hindeuten kann, daß dieser mitere Abschnitt schon lange lediglich Stützverrichtung erhalten hat, aber sich als ein vollständig lebendiger Teil der Zelle erweist. Schheßlich möchte ich noch ein paar Worte über die binde- gewebigen Elemente, welche Dendy im Pinealorgan der Geotria ge- funden hat, sagen. Seine Beschreibung läßt keinen Zweifel übrig, daß er unter den »connective-tissue cells of the retina« keine Neurogliazellen — wie Studnicka — versteht. Sie sind nach seiner Meinung an ihren länglichen Kernen erkennbar, welche den Kernen der bindegewebigen Zellen in der Piascheide des Pinealorgans ent- sprechen; die mehr oder weniger senkrecht in die untere Pinealwand hineindringenden bindegewebigen Fasern sollen diese bindegewebigen Kerne begleiten. Ich kann bestimmt sagen, daß ich solche bindegewebige Zellen in der unteren Pinealwand bei P. fluviatilis nicht finden konnte; was die bindegewebigen Fasern anbelangt, so kann jedes nach Malloey gefärbte Präparat den Beweis liefern, daß solche Fasern innerhalb der unteren Wand nicht vorhanden sind, nur die eindringenden Capillaren werden von einer dünnen bindegewebigen Membran begleitet, welche aber nicht zwischen die Elemente der Pinealwand hineintritt und von den anheftenden Sohlen der Pigmentzellen bedeckt wird. Die obere Wand des Pinealorgans. Die obere Wand des Pinealorgans wird aus Zellen des Eand- gebietes und Pellucidazellen zusammengesetzt. Die Zellen des Eand- gebietes sind schon oben genügend charakterisiert Avorden. Ich will hier nur den Pellucidazellen Aufmerksamkeit widmen. Die Beschrei- bungen einiger älterer Autoren hinsichtlich der Pellucida und ihrer Zellen stehen sehr deutlich unter dem Einfluß der Idee, daß die obere Wand des Pinealorgans ebenso wie im Parietalauge der Saurier eine Linse darstellt. Aus diesem Grunde sprechen sie von der hnsen- förmigen Verdickung der oberen Wand bei Ammocoetes (Beakd, Ows- JANNIKOW, Retzius) Und von faserförmigen Zellen dieser Verdickung, Aber zugleich werden von andern Forschern (Ahlbokn) bei erwach- senen Tieren ganz bestimmt die »stalaktitischen« Fortsätze der Pellu- cida nachgewiesen, welche eigenthch auch auf den Zeichnungen von Beard und OwsjANNiKOW zu sehen sind. Studnicka lehnt ganz ent- schieden die linsenförmige Struktur der Pellucida ab. Die feineren Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 85 Verhältnisse der Pellucida sind von den Autoren in verschiedener Weise beschrieben worden. Wenn die älteren Autoren (Ahlbokn, Owsjannikow) von den Fasern der Pellucida sprechen und Ahlborn diese als bindegewebige Fasern bezeichnet, sind alle neueren Untersucher darin einig, daß hier ein zylindrisches Epithel vorliegt. Außer diesen Zellen hat Ahlborn noch größere helle Zellen in der Pellucida gesehen, (tAS- KELL aber findet hier kleinere Zellen, die eine besondere Schicht bilden. Mit der GoLGi-Methode hat Retzius in der Pellucida von Ammo- coetes Zellen nachgewiesen, welche er als Zylinderzellen von eigentüm- licher und sehr wechselnder Gestalt beschrieben hat. Ein Ende dieser Zellen ist gegen den Hohlraum der Endblase zugekehrt, ein andres aber ist verdickt, mit Kern versehen und am Fußende verästelt. Der Verfasser zählt diese Zellen den Stützelementen des Pinealorgans zu. Zwischen diesen Zellen sieht er noch in Neurogliaelemente umgewan- delte Zellen. Nervenfasern konnte er in der Pellucida niemals mit der GoLGi-Methode nachweisen. Studnicka gehören ausführlichere Angaben über die Struktur der Pellucida auf Grundlage von Eisen- haematoxylinpräparaten an. Wie es schon Ahlborn bemerkte, ist nach Studnicka die Struktur der Pellucida nicht bei allen Arten dieselbe. Ausnahmsweise kommen bei P. Planeri am Rande der Pellucida vereinzelte Sinneszellen oder solchen ähnhche Zellen vor. Die eigentlichen Elemente der Pellucida sind nichts andres als Ependymzellen, deren untere Enden miteinander durch die CoHN-HEiDENHAiNschen Verschlußleisten verbunden wer- den. Die Kerne liegen in den unteren Zellabschnitten, die oberen Ab- schnitte sind in Ependymfasern umgewandelt, ziemhch locker gelagert und durch weite Lücken voneinander getrennt. Diese Fortsätze können sich eventuell teilen, sich miteinander verbinden und hängen hier und da mit kleineren Zellen zusammen. Dendy (7) hat bei Geotria kleine Kerne in der Pellucida be- schrieben, welche er wieder für Kerne von Bindegewebszellen hält. Außerdem sieht er hier runde Kerne, welche den Kernen der Ganglien- zellen ähnlich sind. Übrigens stimmt seine Beschreibung der Pelli- cula bei Geotria mit der von Studnicka für die europäischen Petro- myzonten gelieferten überein. Ich konnte mit Hilfe der Methylenblaumethode nachweisen, daß in der Pellucida bei P. fluviatilis zwei Abarten zelhger Elemente vor- handen sind. Die Zellen der ersten Art sind vollkommen den Sinnes- 8G D. Tretjakoff, Zellen in der unteren Pineahvand ähnlich. Ich werde sie einfach als obere Sinneszellen der Endblase bezeichnen. Sie unterscheiden sich von den Sinneszellen der unteren Pineahvand nur dadurch, daß die metachromatische Methylenblaufärbung des Endknopfes bei ihnen weniger deutlich ausgesprochen ist. Die oberen Siimeszellen sind an nicht spezifisch gefärbten Prä- paraten durch die dunkle Färbung ihrer Körper sehr gut unter- scheidbar. Ich wundere mich, daß andre Autoren sie nicht gesehen haben oder daß Studnicka (34) sie nur ausnahmsweise bei P. Planen am Rand der Pellucida bemerkte. Sie sind an meinen Präparaten auch im zentralen Gebiet der Pellucida vorhanden. Wenn man das gewöhn- liche Bild der Pellucida im Präparat hat, kann man die oberen Sinnes- zellen in den unteren x4.bschnitten der stalaktitartigen Fortsätze ebenso wie in den dünneren Stellen der Pellucida beobachten. Eine bessere Einsicht über die Verteilung der Sinneszellen in der Pellucida liefern wieder die totalen Methylenblaupräparate, welche mit der Pellucida nach oben gerichtet eingebettet worden sind. Am besten eignen sich für solche Totalpräparate die Pinealorgane von Ammocoetes (Fig. 12, Taf. II). Die oberen Sinneszellen sind immer mit langen Neuriten versehen, welche sich in den oberflächlichen Schichten der Pellucida sammeln und peripheriewärts radial verlaufende Stränge bilden (Fig. 12, Taf. II). Durch diese Stränge wird aber keine kontinuierliche Schicht oder kein Geflecht gebildet, da einzelne Stränge von einander immer durch freie Zwischenräume getrennt sind und ziemlich isoliert verlaufen, wenn auch Anastomosen zwischen einzelnen Strängen vorhanden sind. Die Stränge bestehen auch im Randgebiet aus spärlichen Nervenfasern, da einzelne Nervenfasern schon in der Pellucida in den Strängen endigen. Ich konnte in der Pellucida ebensolche Sterne aus Nerven- fasern, obgleich nicht so zahlreich wie in der unteren Pineahvand, beob- achten. Alle Stränge des Randgebiets biegen schheßlich in die untere Pinealwand hinein und treten sogleich ins Geflecht derselben. Aus diesem Grund ist die Verfolgung einzelner Nervenfasern fast unmög- lich. Es ist wahrscheinlich, daß sie sich in diesem Geflecht ebenso wie die Nervenfasern der unteren Siimeszellen verlieren. Es kann auch sein, daß einzelne Nervenfasern schon im Randgebiet der Pellucida sich mit den Nervenendigungen der randständigen Ganglienzellen durch Kontakt verbinden, da solche Ganglienzellen ihre Dendriten in die Randgebiete der oberen Wand senden. Die oberen Sinneszellen bieten ein sehr wechselndes Aussehen. Im Die Parietalorganc von Petroniyzon fluviatilis. 87 allgeineiiien hängt ihre Länge mit der Dicke des ihr angehörigen Ab- schnitts der Pelliicida ziisanniien und die längsten Zellen sind in den stalaktitartigen (Fig. 9, Taf. II) Fortsätzen zu finden. Es lassen sich aber auch umgekehrte Verhältnisse bemerken. Die langen Zellen (Fig. 25, Taf. III) haben spindelartige Form oder sind pyramidal. Man sieht auch sehr kurze (Fig. 23, Taf. III) Sinneszellen, deren kern- haltiger Körper unmittelbar unter dem Endstück sich findet und deren Nervenfortsatz erst senkrecht steigt, um sich später parallel dem oberen Rand der Pellucida umzubiegen. Bei andern Sinneszellen ist zwischen dem Endstück und dem kernhaltigen Abschnitt des Körpers ein dünner peripherer Fortsatz (Fig. 25, Taf. III) vorhanden, welcher manchmal wieder spindelartig (Fig. 24, Taf. III) verdickt wird. Besonders häufig sind Sinneszellen zu sehen, welche spindelartig und dabei noch bogenförmig sind, oder deren Körper sich umbiegend tangential zur Oberfläche der Pellucida verläuft. Der Kern wird manchmal in den tangentialen Abschnitt des Körpers verlagert (Fig. 10, Taf. II). Alle diese Zellen unterscheiden sich von den übrigen Zellen der Pellucida, welche man als Stützzellen betrachten muß, durch ihre meist runden Kerne auch auf den nicht spezifisch gefärbten Präpa- raten. Obzwar der Kern der oberen Sinneszelle kleiner als der Kern der Ganglienzelle der unteren Pinealwand ist, können die tangential liegenden Zellabschnitte dank ihrem Kern leicht Ganglienzellen vor- täuschen, wenn der Querschnitt nur den tangentialen Teil der Zelle getroffen hat. Ich denke, daß die von Dendy angegebenen Kerne, welche denen der GangHenzellen ähnlich sind, gerade die Kerne solcher Sinueszellen sind. Der Nervenfortsatz ist in seinem Anfangsteil nicht immer von dem Zellkörper abgegrenzt, welcher mitunter auch einen dünnen Fortsatz bildet, der jedenfalls dicker als der der Nervenfaser ist (Fig. 24, Taf. III). Die Neuriten sind meistens varikös (Fig. 38, Taf. III). Sie verlaufen (Fig. 10, Taf. II) nicht unmittelbar neben der oberen Fläche der Pellu- cida zwischen den oberen Enden der Stützzellen, sondern in einigem Abstand von derselben. Das Endstück der oberen Sinneszelle (Fig. 23, Taf. III) besteht aus dem körnigen Stiel und dem kolbenförmigen Endknopf. An den Methylenblaupräparaten sitzt diesem letzteren manchmal eine blaue granuherte Endkappe an. Wahrscheinlich verkleben sich einige obere Endstücke mit den Verbindungsstücken nachbarlicher Stützzellen. Das Verhalten dieser Abschnitte gegen Reagentien ist dasselbe, wie bei 88 D. Tretjakoff, den unteren Sinneszellen. Sie sind aber an den Präparaten, welche mit Flüssigkeiten behandelt worden sind, welche eine Vergrößerung des Hohlraumes der Endblase hervorrufen, gewöhnlich noch mehr als die imteren Endstücke lädiert. An den mit Chroniosmiumgemischeu fixierten Präparaten schieben sich die oberen Knöpfe (Textfig. 5) zwi- schen die unteren hinein, andre obere Endknöpfe füllen die Zwischen- räume unter den Fortsätzen der Pellucida, so daß auf dem Querschnitt ein mehrschichtiges Lager der Endknöpfe im schmalen Hohlraum der Endblase entsteht. Besonders dicht sind in diesem Fall die Endknöpfe bei Ammocoetes gelagert; was nur in der Weise verständlich ist, wenn bei Ätnmocoetes schon dieselbe Anzahl der Sinneszellen vorhanden ist wie beim erwachsenen Tier; in der kleineren Endblase müssen sie sich dichter aneinander anlagern. Die Stützzellen der Pellucida färben sich (Fig. 11, Taf. II) sehr oft mit Methylenblau, deswegen konnte ich ihre Formen sehr genau verfolgen. Im allgemeinen können die Stützzellen als zylindrische Zellen be- zeichnet werden, aber ihre seitlichen Flächen sind äußerst unregel- mäßig gestaltet. Sie sind mit kurzen seitHchen Fortsätzen versehen (Fig. 42 und 43, Taf. IV), welche bei manchen Zellen Endverdickungen zeigen (Fig. 27, Taf. III). Die Fortsätze dringen in die entsprechen- den Einbuchtungen nachbarlicher Stützzellen, so daß alle Stützzellen mit Hilfe dieser Fortsätze miteinander verflochten werden. Einige Zellen setzen sich breit an die Grenzmembran an, andre sind am oberen Ende in kurze (Fig. 27, Taf. III) oder lange (Fig. 26, Taf. III) Fort- sätze zerspalten. Es sind vielleicht noch andre Stützzellen vorhanden, welche mit ihren Enden die Grenzmembran nicht erreichen (Fig. 40, Taf. IV). Der ovale Kern der Stützzelle liegt meist näher zum unteren Ende derselben; aber es gibt Stützzellen (Fig. 43, Taf. IV), welche den Kern in ihrem oberen Ende bergen. Solche Kerne hat Dendy bei Geotria als Kerne der bindegewebigen Zellen gedeutet. Das Protoplasma ist an den Methylenblaupräparaten deutlich fibrillär, wobei die Fibrillen nicht streng parallel verlaufen, sondern wellenförmig gestaltet sind. Außer den Fibrillen kann man noch mit Methylenblau färbbare Körnchen Avahrnehmen, welche sonst auch an den nach BENDAscher Mitochondrialmethode gefärbten Präparaten immer im oberen Abschnitt der Stützzellen vorhanden sind. Die Fibrillen lassen sich nach Sublimatbehandlung mit Eisen -Haema- toxylin (Fig. 53, Taf. V) färben und verlaufen an solchen Präparaten Die Parietalorgane von Petroinj^zon fluviatilis. 89 mehr geradlinig. 8ie ziehen durch die ganze Zelle hindurch, und nicht, wie iStudnicka angibt, nur im oberen Abschnitt der Zelle; sie färben sich mit Eisen-Haematoxyhn ; aber nach Benda niemals so intensiv, wie die echten Ependymfasern. Das untere Ende der Stützzelle sendet in den Hohlraum der End- blase hinein einen oder mehrere feine Fortsätze (Fig. 40, 42, 43, Taf. IV), über welche ich schon oben das nötige gesagt hatte. Sie sind also nach meiner Meinung künstliche Erscheinungen. Das richtige Bild von dem Bau des unteren Endes ist nur an den mit Chromosmium- säuregemischen fixierten Präparaten zu sehen. Die von mir ange- gebenen Bauverhältnisse der Pellucida weichen sehr von den Stud- NiCKASchen Beschreibungen ab und lassen andre, und wie mir scheint richtigere Deutungen der von Retzius mit der GoLGi-Methode ent- deckten zelligen Elemente der Pellucida zu. Die mit langen tangen- tial verlaufenden Fortsätzen versehenen sipndelförmigen Zellen sind nicht Ependymzellen, wie Retzius und Studnicka behaupten, son- dern entsprechen vollkommen den sich mit Methylenblau färbenden oberen Sinneszellen. Also, nach meiner Meinung hat Retzius mit der GoLGi-Methode die Sinneszellen in der unteren und oberen Wand dargestellt. Ich möchte schließhch bemerken, daß die unteren stalaktitartigen Fortsätze der Pellucida an den Methylenblaupräparaten sehr selten sichtbar sind, dass die Pellucida gleichmäßig dick oder nur in der Mitte etwas verdickt erscheint (Fig. 9, 11, Taf. II). Ein ähnliches Aussehen hat sie aber auch nach andern Fixationsgemischen, welche den Hohl- raum der Endblase vergrößern. Nur Sublimat und Formol können in der ausgedehnten Endblase die Fortsätze erhalten. Die eingehende Untersuchung dieser Verhältnisse brachte mir die Überzeugung, daß man den Stützzellen der Pellucida einen gewissen Grad von Kontraktilität zuschreiben muß, da die mechanische Wirkung allein nicht imstande wäre, die Abplattung der stalaktitartigen Fort- sätze zu erzielen. Daß den Elementen des embryonalen Nervenrohrs kontraktile Eigenschaften zukommen können, zeigt die Entwicklung der Augenmuskeln aus der Wand des Nervenrohrs, welche sich zur Augenblase umwandelt. Besonders könnten die dunkleren axialen Stützzellen jedes Fortsatzes der Pellucida als kontraktile Elemente be- trachtet werden, da sie immer sehr deutlich fibrillär sind. Sie sind aber diejenigen Zellen, welche par excellence sich mit ihren unteren Enden mit den Endknöpfen der unteren Sinneszellen verbinden. Nach allem von mir über die Struktur der AVände der Endblase 90 D. Tretjakoff, Gesagten ist die ganze Wand derselben mit Sinneszellen versehen, welche überall dieselben Züge haben; wenn man den unteren Sinnes- zellen eine photoperzepitorische Funktion zuschreibt, gibt es keinen Grund, dieselbe Funktion den oberen Sinneszellen abzusprechen. Da das weiße Pigment undurchsichtig ist, müssen auf die Endstücke die vom Pigment abgeworfenen Strahlen ebenso wirken wie direkt ein- fallende Strahlen. Die Endstücke aller Sinneszellen stehen also in ähn- lichen Beziehungen zu den ins Pinealorgan eindringenden Lichtstrahlen. Warum soll man die untere Wand als Retina betrachten und die obere nur für eine indifferente Pellucida halten? Der Inhalt des Hohlraums der Endblase. Die älteren Autoren (Beard, Owsjannikow, Leydig) bezeichneten den Inhalt des Binnenraums der Endblase als Koagulat einer ehe- mahgen Flüssigkeit, Gaskell aber (13) meinte, daß das Pinealorgan bei Ämmocoetes eigentlich keine Höhle besitzt, sondern durch zelhge Elemente vollkommen ausgefüllt ist. Studnicka findet bei P. Planen innerhalb des Hohlraums nur kurze Fäden, welche die Endstücke der Sinneszellen mit der Pellucida verbinden. Bei P. ßuviatüis aber hat er im Innern des Pinealorgans bei alten Exemplaren ein Syncytium wahrgenommen, welchem er die Bedeutung eines Glaskörpers zuzu- schreiben geneigt war. Nach seiner Beschreibung soll diese syncytiale Masse einerseits mit den Sinneszellen der unteren Pinealwand, ander- seits mit den Pellucidazellen mittelst feiner Fortsätze verbmiden sein. Die syncytiale Substanz ist homogen und nur teilweise schaumartig, sie wird mit Kernen an ihrer Peripherie versehen. Die kleinen, zahl- reichen Kerne sehen auffallend homogen aus, sie sind, nach der Vor- stellung des Verfassers, einigermaßen verändert. Dendy (7) beschreibt bei Geotrin eine ähnliche Füllmasse der Endblase, hält sie aber für ein Kunstprodukt und äußert sich über die Bestrebung, diese Masse als Glaskörper des Pinealorgans zu betrachten, in folgender Weise: >>It is extremely doubtful whether it is desirable to apply the terin , corpus vitreum' to such very definite structures as the protoplasmic Strands which connect the pellucida with the retina, although it is quite possible that these inay be imbebbed in a ,corpus vi- treum' during life«. Studnicka (34) hat den Querschnitt des mit ZENKERscher Flüssig- keit fixierten Pinealorgans von P. fluviatilis abgebildet, an welchem das angegebene Syncytium gut sichtbar ist. Er hat recht, an den mit Subhmat, Zenker, ZENKER-Formol usw. hergestellten Präparaten finde Die Parle talorgane von Petromyzon fluviatilis. 91 auch ich im Hohhaum der Endblase eine FüHmasse, welche aber je nach der Fixation immer etwas anders aussieht. An den mit Flem- MiNGScher Flüssigkeit fixierten Präparaten ist keine Spur von solchem Syncytium auch bei P. fluviatilis an meinen Präparaten vorhanden. Ich betrachte die syncytiale Masse von Studnicka als ein reines Kunst- produkt, welches aus verschiedenen Elementen zusammengesetzt wird. Die von den Pigmentzellen ausgeschiedene »Secretsubstanz, die aus- gedehnten und zerrissenen Verbindungsfasern der Pellucida, die ge- platzten Endknöpfe und ihre Substanzen mischen sich zusammen und werden koaguliert; infolgedessen entsteht ein bizarres Netzwerk, dessen Maschen mit einem homogenen Niederschlag ausgefüllt werden können. Auch die verdickten Stiele der Endknöpfe können dabei von den Sinneszellen abgerissen, in das Netzwerk eingezogen werden und er- scheinen dann als die sich mit Haematoxylin färbenden Gebilde, welche Studnicka für die Kerne der syncytialen Substanz angesehen hat. An den Chromsäurepräparaten kann man im Netzwerk sogar echte Kerne sehen, es sind die Kerne der Stützzellen der Pellucida, welche bei der Vergrößerung der Endblase aus der Pellucida in deren Inneres hineingezogen werden. Es gibt also nach meiner Meinung kein »corpus vitreum pineale<<, welches w^ir mit embryonalen Stadien des ectodermalen Glaskörpers der lateralen Augen vergleichen könnten. Unter allen Beschreibungen des Hohlraums der Endblase ist dieAHLBORNsche(l) vielleicht die rich- tigste, da er vom lacunären Aussehen derselben spricht. Außer dem Spaltraum, in welchem beim erwachsenen P. fluviatilis die Endknöpfe der Sinneszellen hegen, muß man, nach meinen Beob- achtungen noch zwei Systeme von Lacunen unterscheiden: die Rand- lacune oder den Randsinus und die Hohlräume zwischen den unteren Pellucidafortsätzen. In beiden Systemen finde ich nur ein feines Netz- werk, welches in den Präparaten aus den Verbindungsfasern der Pellu- cidazellen und dem Koagulum entsteht. In den engen Räumen der Falten der Ependymalwand im Gehirn sieht man an denselben Prä- paraten ein ganz ähnliches Netzwerk, welches sicher hier keinem Glas- körper entspricht. Das Atrium des Pinealorgans. Der Bau des Atriums wurde zuerst von Studnicka mit genügender Genauigkeit beschrieben, welcher hier keine wesentlichen Abweichungen von der Struktur der unteren Pinealwand gefunden hat. Die untere Wand des Atriums zeigt in seinem vorderen Teil dieselben Pigment- und 92 D. Tretjakoff, .Sinneszellen und in derselben Anordnung, wie in der unteren Pineal- wand. Die zahlreichen runden Zellen der mächtigen faserigen Schicht betrachtet der Verfasser als Neurogliazellen, die allmählich in die Neurogliazellen des Pinealnerven übergehen. Die obere Wand des Atriums soll hauptsächlich aus Stützzellen bestehen, nur auf dem Über- gange zu der Retina fand Studnicka Sinneszellen. Bei P. fluviatilis ist nach meinen Beobachtungen das Atrium sehr deutlich in eine proximale unpigmentierte und eine distale pigmentierte Abteilung geteilt. In der pigmentierten Abteilung sind die Sinneszellen überall in der oberen wie in der unteren (Fig. 8, Taf. II) Wand gleich zahlreich vorhanden und gelangen bis an die hintere Grenze dieser Abteilung. Dabei ist die obere Atriumwand von der unteren Wand der Endblase nicht durch eine bindegewebige Platte, me Studnicka meint, abgegrenzt, sondern stellt die unmittelbare Fortsetzung der- selben dar, indem hier die Pigmentzellen sehr lang sind und die Scheidewand zwischen dem Atrium und der Endblase bilden. Diese Scheidewand ist also nur eine Falte der epithelialen Wand des Pineal- organs. In der faserigen Schicht des Atriums sind auch bei P. fluvia- tilis zahlreiche Zellen vorhanden, welche meistens den basalen Zellen ähnlich sind und manche sogar mit den Nebenkörpern versehen, nur sind diese Atriumszellen kleiner und besitzen einen kleineren Kern als die basalen Zellen der unteren Pinealwand. Nach dem Gesagten sind also im Atrium wie in der Endblase die Sinneszellen vorhanden, welche hinsichtlich der Beleuchtungsrichtung invertiert sind und im Atrium wahrscheinlich nur reflektiertes Licht perzipieren können. Der Hohlraum des Atriums bewahrt meistens unabhängig von dem Fixationsverfahren seinen Umfang und wird mit einer koaguherbaren Flüssigkeit gefüllt. Die Endknöpfe dei> Sinneszellen haben keine Ver- bindung weder mit den Pellucidazellen noch mit andern Elementen. An Methylenblaupräparaten entbehren sie demgemäß der blauen End- kappe. Die Wände des proximalen unpigmentierten Atriumteils ent- halten keine Siimeszellen, aber sonst ist die Anordnung der zelligen Elemente prinzipiell dieselbe wie übei'all in der Wand der Endblase. Das Grundgerüst wird duicli schmale (Jylinderzellen gebildet, welche die Form der Pignientzellen luichahmen. Sie besitzen schmale und sich intensiv färbende Kerne (Textfig. 6) in ihren zum Lumen des Atriums gerichteten Körperenden, deswegen wird der Hohlraum unmittelbar von einer Kernreihe umgrenzt. Zwischen den Füßen der Stützzellen liegen kleine runde oder ovale Zellen, welche durch ihre runden Kerne Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 93 und durch das helle Protoplasma eine Modifikation der basalen Zellen darstellen. Man kann auch in diesen Zellen Körnchen bemerken, welche wahrscheinlich den Nebenkörpern der großen basalen Zellen homolog sind. Der Pinealnerv. Der distale Hohlraum des Pinealnerven (S. 36) hat dieselbe Struktur seiner Wand wie die proximale unpigmentierte Abteilung des Atriums. Ich unterscheide hier auch die mit einem sich stark färbenden Kern versehenen Stützzellen und die basalen hellen Zellen. Auch im übrigen Stiel des Pinealorgans konnte ich diese beiden Elemente mit ihren cha- rakteristischen Zügen wiederfinden. Die hellen basalen Zellen sind auch im Pinealnerv durch ihre gut entwickelten Nebenkörper gekennzeich- net und finden sich im distalen Teil des Nerven in sehr großer Anzahl. Die Stützzellen unterscheiden sich auch hier durch ihre schmalen ovalen Kerne und sind nicht regelmäßig angeordnet; sie liegen hauptsächlich in solcher Weise, daß ihre Kerne parallel der Längsachse des Nerven gelagert sind. Ihre verzweigten Körper bilden ein Netzwerk, in dessen Maschen die Basalzellen liegen. Die äußeren Enden der Stützzellen stehen mehr oder weniger senkrecht zur Oberfläche des Nerven, und in ihren Zwi- schenräumen verlaufen auf der ganzen Oberfläche des Nerven Nerven- fasern, welche eine kontinuierliche Nervenfaserschicht bilden. Es ist sehr wahrscheinlich, daß die Stützzellen des Nerven den Pigmentzellen ebenso wie die basalen Zellen des Nerven den basalen Zellen der Endblase homolog sind, was übrigens auch dadurch bewiesen wird, daß in diesen Stützzellen Pigmentkörnchen aufgespeichert werden. Im proximalen Abschnitt des Nerven verschwinden die basalen Zellen, spärliche Stützzellen begleiten die Nervenfasern bis zum Ge- hirn. Die abgespalteten Stränge des Nerven bewahren die Struktur des Hauptstranges. Obgleich schon Retzius und Mayer mit der GoLGi-Methode die Nervenfasern des Pinealnerven darzustellen vermochten, sind die lite- rarischen Angaben über den Bau des Pinealnerven noch wenig über- einstimmend, und Schilling (28) rühmt sich in seiner Arbeit über das Gehirn von Petromyzon, daß es ihm gelungen ist, die Neuro- fibrillen im Pinealnerv mit Bielschowskys Silbermethode darzu- stellen. Unter den neueren Angaben über die Struktur des Pineal- nerven (Gaskell, Studnicka, Leydig, Petzius, Mayer, Johnston) sind diejenigen von Studnicka (34) wohl die richtigsten; aber ich möchte nicht die basalen Zellen als Neurogliazellen betrachten, wie 94 D. Tretjakoff, er es tut. Auch im Pinealnerv sind diese Zellen nach meiner Meinung secretoi'ische Elemente und stellen specifische Bestandteile des Pineal- organs dar. Dank den Beobachtungen an den Methylenblaupiäparaten kann ich die Angaben von Mayer über das Verhalten der Nervenfasern des Pinealnerven in der hinteren Commissur bestätigen. Sie teilen sich in der Commissur T-förmig und ihre Aste vereinigen sich mit den übri- gen Commissurfasern so, daß es ein Ding der UnmögUchkeit ist, den weiteren Verlauf der Aste zu verfolgen. Dendy (7) versicherte, daß es ihm gelungen sei, bei Geotria die Verbindung der Fasern des Pinealnerven nicht nur mit der hinteren Commissur, sondern auch mit dem Epithel der von ihm ge- nauer untersuchten Ependymgruben und mit dem rechten Habenular- ganglion festzustellen. Was die Verbindung mit dem Habenular- ganglion betrifft, so konnte ich bei P. fluviatiUs auch mikroskopisch nichts Ähnliches finden. Die Verbindung mit den Zellen der Ependym- gruben, welche dem EEissNERschen Faden den Ursprung geben, ist auch an meinen nicht spezifisch gefärbten Querschnitten zu sehen. 8ie ist aber, so viel ich sie verfolgen konnte, in keiner Weise von nervöser Natur, sondern zieht die Ependymfasern der Zellen bündel- artig zur Anheftungsstelle des Pinealnerven, sich hier an die äußere Grenzmembran des Gehirns anheftend. Dieser Zusammenhang ist jedenfalls sehr bemerkenswert und hat wahrscheinlich embryologische und phylogenetische Gründe. Gegenwärtig ist nach meiner Meinung beim erwachsenen Tier dieser Zusammenhang nur von mechanischem Wert, da die Ependymzellen der Gruben den KEissNERschen Faden in seiner Lage halten. Weder Methylenblau noch Silberpräparate konnten mir Spuren eines direkten Zusammenhangs der Zellen der Ependym- gruben mit den Nervenfasern des Pinealnerven nachweisen. AVeder am eigentlichen Pinealorgan noch an dessen Nerv konnte ich die von den Verfassern (Studnicka [34]) erwähnte gliale Membran entdecken. Die breiten Sohlen der Stützzellen setzen sich unmittelbar an die feine Hülle an, welche aus feinsten acidophilen bindegewebigen Fasern besteht und welche ich oben immer als Piaschicht bezeichnete. Der äußeren Seite dieser Piaschicht hegen die Blutcapillaren, die Pig- mentzellen und die blasigen Zellen der Arachnoidea an. Das Parapinealorgan. Die feinere Struktur des Parapinealorgans wurde fast immer nur nebensächlich untersucht. Man begnügte sich mit der Feststellung einer Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 95 Ähnlichkeit mit dem Bau des Pinealorgans und der scheinbar noch mehr ausgesprochenen rudimentären Struktur. AVährend es Ows- JANNIKOW bei P. fluviatilis als gut entwickeltes Organ bezeichnet, findet es Leydig bei demselben Tier nur wenig differenziert. Beard und Oaskell schenken ihm überhaupt keine Aufmerksamkeit. Nach Ahlborn (1) stimmen die zelligen Bestandteile des Parapineal- organes mit denen des Pinealorganes überein. Owsjannikow war der erste Forscher, welcher der Struktur des Parapinealorganes eingehende Untersuchungen gewidmet hatte. In der unteren Wand des Parapinealorganes sind nach Owsjaxnikow lange Cylinderzellen eingeschlossen, welche er mit den von ihm beschrie- benen stäbchenförmigen Zellen des Pinealorgans vergleicht. Außer- dem unterscheidet er noch recht große, fast runde Zellen, welche in größerer Zahl an der Stelle vorkommen, wo die obere (vordere) und hintere Wand ineinander übergehen. Die untere Wand hat unten die Nervenfaserschicht, in welcher kleine, spindelförmige Nervenzellen liegen, welche in der oberen Wand meistens gar nicht vorkommen. Retzius (27) hat in der unteren Wand bipolare Zellen entdeckt, welche er mehr als die von ihm im Pinealorgan gefärbten Zellen zu den Sinneszellen zuzuzählen geneigt ist. Sie erinnern nach seiner Dar- stellung an Riechzellen oder innere Retinazellen. Ein Fortsatz dieser Zellen zieht gegen die Höhlung des Organs, in deren Nähe er mit schwa- chen Verästelungen endigt, ein andrer feinerer Fortsatz senkt sich nach dem unteren-hinteren Pol des Organs hin, biegt sich dort um und schheßt sich dem dort vorbeiziehenden Nervenzweig an. »Die Zellen sehen wie Nervenzellen aus«, sagt der Verfasser, »und können wohl funktionie- rende Nervenzellen sein. Es ist aber auch möglich, daß sie Ependym- zellen sind, welche in ihrer Gestalt Nervenzellen ähneln, also gewisser- maßen als solche maskiert sind«. Außerdem konnte Retzius noch vereinzelte Cylinderzellen bemerken, die mit einem in den Hohlraum des Parapinealorgans hineindringenden Härchen versehen waren. Der Körper dieser Zelle ist mit kleinen seitlichen Dornen bedeckt. In der oberen- vorderen Wand konnte Retzius Zellkörper wahrnehmen, welche kurz waren mid einen oder mehrere, zuweilen verästelte Fort- sätze nach den Seiten hin entsendeten. Diese Zellen nennt der Ver- fasser ganz bestimmt Ependymzellen. Nach dem Sammelbericht von Studnicka (34) kann man im Para- pinealorgane gewöhnliche Ependymzellen und neben ihnen stäbchen- förmige, mit Nervenfasern zusammenhängende Zellen, welche wohl 96 ' D. Tretjakoff, Sinneszellen sind, voneinander unterscheiden. Außer diesen Zellarten sind noch Ganglienzellen vorhanden. Die Sinneszellen und die Ganglien- zellen kommen nur in der unteren Wand vor, welche Studnicka als Retina bezeichnet, er nimmt dabei an, daß in der Retina des Parapincalorgans dieselben Bestandteile unterscheidbar sind, wie in der Retina des Pinealorgans. Die Elemente des Parapincalorgans sind jedoch kleiner als diejenigen im Pinealorgan. Die Art und Weise, auf welche die parapinealen Sinneszellen auf der Oberfläche der Retina endigen, konnte Studnicka nicht mitteilen, da es nach seinen Worten noch niemandem gelungen sei, im Parapinealorgan solche lichtbrechende Endstücke an den Sinneszellen zu entdecken, wie im Pinealorgan. Weiter gibt der Verfasser an, daß die obere A\ and des Parapincal- organs ebensolche Auswüchse an ihrer unteren Fläche bilden kann, wie die Pellucida des Pinealorgans, welche sich innerhalb des Hohl- raumes zum Netzwerk vereinigen, welches auch Zellen oder sogar kleine Syncytien einschließen kann. Fast in derselben Weise beschreibt Dendy das Parapinealorgan bei Gentria, aber dieser Verfasser konnte nicht ganz deutlich die Ependym- Zellen von den Sinneszellen unterscheiden. Die Endstücke der Sinnes- zellen im Parapinealorgan bei Geotria sind nicht sichtbar. Im Hohl- raum des Organs findet sich ein Netz von plasmatischen Fortsätzen der Pellucidazellen, welche zur Verbindung der miteren Wand mit der oberen bestimmt sind. Die Nervenfasern sammeln sich in einen Strang, welcher an der oberen Seite der unteren ganghösen Masse des Para- pincalorgans zieht, manchmal biegen die Fasern dieses Stranges nicht nur in die untere AVand (Retina des Verfassers), sondern auch in die obere ein (Pellucida). Ich finde alle diese Angaben auffallend oberflächhch, da schon an gut fixierten Präparaten mit Hilfe nicht specifischer Färbung die Verhältnisse sich ganz anders herausstellen. Für die Erhaltung der normalen Größe des Hohlraums des Parapi- nealorgans ist wieder die Anwendung von Chrom-Osmiumgemischen notwendig. An solchen Präparaten sieht man deuthch, daß die obere Wand in keinem Fall einschichtig ist. Ich konnte in derselben wenig- stens zwei Kernreihen bemerken (Fig. 55, Taf. V) und nur in einigen Fällen ist sie wirklich einschichtig. Die untere Wand ist auffallend kernreich, dabei sehen alle Kerne ganz gleich aus. Auf der inneren Oberfläche der unteren Wand kann man eine Reihe kleiner Knöpfchen bemerken, welche sich mit sauren Farben sehr intensiv färben lassen. Die Paiietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 97 Der Hohlraum ist normal nicht besonders breit, ist aber von geformten Elementen außer den erwähnten Knöpfchen ganz frei. An den Prä- paraten wird er durch die Koagulate ausgefüllt, welche ein zierhches Netz bilden können. An den totalen Methylenblaupräparaten und besonders an den Querschnitten derselben (Fig. 13, 14, 15, Taf. II) sehe ich die Sinnes- zellen überall in der oberen wie in der unteren Wand des Parapineal- organs. Die Sinneszellen sind sehr schlanke Elemente, welche nur im kerntragenden Abschnitt verdickt werden, sonst aber feine Fortsätze darstellen. Einer der Fortsätze zieht zum Hohlraum des Organs und endet innerhalb desselben mit einem winzigen Endknöpfchen (Fig. 54, Taf. V), welches über die obere Seite der unteren Wand hervorragt. Ein andrer, centraler Fortsatz biegt sich in einiger Entfernung von der äußeren Grenze der Wand um und läuft in der unteren Wand weiter parallel der Oberfläche des Organs und fast horizontal. Durch diese Fortsätze wird in der Wand des Parapinealorgans ein Geflecht (Fig. 13, Taf. II) gebildet, welches in einiger Entfernung von der äußeren Oberfläche der Wand gelagert ist. Aus diesem Ge- flecht ziehen Nervenfasern direkt in das Parapinealganglion, wo sie in der Mitte der unteren Wand eine mächtige Faserschicht bilden. Ganglienzellen in der Wand des eigentlichen Parapinealorgans konnte ich nicht wahrnehmen. Was andre Untersucher mit diesem Namen benannt hatten, hat nach meinen Beobachtungen eine ganz andre Bedeutung als die meisten Neuroghazellen. In den dünnen Stellen der oberen Wand sind die Sinneszellen ganz kurz. Sie sehen dann genau so aus, wie sie Eetzius in seiner Figur abgebildet hat. Im vorderen, meistens pigmentierten Abschnitt der oberen Wand (Fig. 14, Taf. II) werden die Simieszellen höher, in den dicksten Stellen der unteren Wand sind sie ganz hoch und bieten das charakteristische Aussehen. Die Sinneszellen sind auch auf den nicht spezifisch gefärbten Prä- paraten, wenn dies genügend feine Querschnitte sind, sehr gut unter- scheidbar. Ihr Protoplasma färbt sich immer dunkler, als bei den übrigen Zellen, und es gelingt manchmal, solche Zellkörper unter der Unmasse der Kerne der unteren Wand bis an die acidophilen End- knöpfchen zu verfolgen (Fig. 54, Taf. V). In einigen Parapinealorganen sind im centralen Gebiet der unteren Wand Sinneszellen vorhanden, welche denjenigen des Pinealorgans vollkommen ähnhch und mit ähn- lichen und großen Endstücken versehen sind. Sie sind aber immer spärlich. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 7 98 D. Tretjakoff, Am zahlreichsten sind die Sinneszellen des pigmentierten Teils der oberen A\''and. In andern dünnen Abschnitten derselben können sie ganz fehlen und sind überhaupt nicht zahlreich. So viel ich au den Totalpräparaten sehen konnte, endigen die langen Nervenfortsätze niemals in der "Wand des eigentUchen Parapinealorgans. In dieser Beziehung ist das Pinealorgan ganz anders gebaut als das Para- pinealorgan. Da die Sinneszellen des Parapinealorgans von denselben Zellen des Pinealorgans sich durch die Struktur ihrer Endstücke unter- scheiden, kann man nach meiner Meinung nicht ohne weiteres von einem ähnlichen Bau beider Organe sprechen; im Bau und in der An- ordnung der nicht nervösen Elemente ist jedoch eine gewisse Überein- stimmung bemerkbar. Ehe ich aber zu der Beschreibung dieser letzten Elemente übergehe, will ich meine Ergebnisse mit den Angaben von Retzius vergleichen. Für mich ist es ganz klar, daß Retzius im Parapinealorgan mit der' GoLGi-Methode die echten Simieszellen gefärbt hatte, und zwar nicht nur in der unteren Wand, sondern auch in der oberen Wand. Die letzteren Elemente sind also nicht Ependymzellen, wie er dachte. Rätselhaft für mich bleiben aber die Verästelungen der inneren Fort- sätze der langen Sinneszellen der unteren Wand. An den Methylen- blaupräparaten konnte ich solche Fortsätze nicht finden und die Be- grenzung des Zellkörpers ist immer ganz glatt. Aus mir nicht verständhchen Gründen färben sich mit Methylen- blau die Sinneszellen der oberen Wand immer leichter als diejenigen in der unteren Wand und besonders sind die Sinneszellen des pig- mentierten Gebietes gut färbbar. Dieses Verhalten ist vielleicht an eine Funktion der Zellen gebmiden, da nur die Sinneszellen des pig- mentierten Gebietes als besonders lichtempfindhche Elemente be- trachtet werden können. Andre Sinneszellen stehen kaum unter dem Einfluß des Lichtes. Bei prolongierter Färbung gehngt es schheßlich auch, die Sinneszellen der unteren Wand zu sehen (Fig. 13, Taf. II), aber immer nur näher am Randgebiet des Pinealorgans. Die nicht nervösen Zellen des Parapinealorgans sind hauptsächhch Stützzellen. In der hohen unteren Wand sind die Stützzellen hoch und haben einen spindelförmigen Körper. Die Kerne liegen in diesen Zellen auf verschiedenen Höhen, dadurch entsteht auf dem Quer- schnitt die auffallende Mehrschichtigkeit der Kerne. Die Kerne sind oval mit gleichmäßig verteilten Chromatinkörnchen, Neben dem oberen Rand der unteren Wand sind keilförmige, stark gefärbte Kerne (Fig. 54, N, Taf. V) der Stützzellen sichtbar, welche sehr den Kernen der Die Parietalorganc von Petromyzon fluviatilis. 99 nicht pigmentierten Ötützzellen des Atriums des Pinealorgans ähn- lich sind. Die unteren Enden der 8tützzellen der unteren Wand setzen sich in die Ependymfasern fort, welche in die untere Faserschicht hinein- dringen. Hier in der Faserschicht sind noch andre Zellen sichtbar, welche ich zu den Neurogliazellen zähle und welche von andern Autoren als Ganghenzellen angesehen waren. In der unteren Wand sind keine andern Zellen vorhanden. In der oberen Wand sind auch kurze Stützzellen vorhanden. Im pig- mentierten Abschnitt der AVand werden die Stützzellen zu Pigmentzellen. In den Stützzellen des Parapinealorgans konnte ich keine secre- torischen Körnchen oder Halbmondkörperchen entdecken. Sehr auf- fallend ist aber dabei, daß in der oberen Wand, hauptsächhch im hinteren, nicht pigmentierten Teil derselben, runde helle Zellen zwi- schen den Stützzellen liegen, welche den basalen Zellen des Pineal- körpers vollkommen ähnUch sind. Diese Zellen sind manchmal sehr zahlreich und nehmen die obere Hälfte der Höhe der Wand ein. Jede Zelle ist mit einem rimden Kern und mit einem Nebenkörper ver- sehen. Ich konnte bei den Nebenkörpern dieselben Beziehungen zu den Fixationsgemischen und den Farben feststellen wie bei den Neben- körpern der pinealen Basalzellen. Nach meiner Meinung ist es beson- ders bemerkenswert, daß diese »basalen« Zellen des Parapinealorgans gerade in der oberen Wand des Organs liegen, also in der Nähe der Blutcapillaren, welche in der bindegewebigen Zwischenwand zwischen dem Pineal- und Parapinealorgan verlaufen. Ich sehe in dieser Lage eine weitere Stütze für meine Ansicht, daß die basalen Zellen ins Blut gelangende Substanzen produzieren. Das Parapinealorgan ist dem- gemäß auch nicht nur als Sinnesorgan, sondern noch als Drüse mit innerer Secretion tätig. Von diesem Standpunkt aus ist es auch ver- ständlich, daß die untere Wand des Parapinealorgans meistens keine basalen Zellen oder andre secernierende Zellen enthält. Nur ausnahms- weise findet sich eine Gruppe von basalen Zellen in der unteren Wand. Die untere Seite der oberen Wand des Parapinealorgans ist normal stets glatt begrenzt. Ich wenigstens konnte solche Auswüchse der oberen Wand, wie Dendy bei Geotria gesehen hat, nicht finden. In gleicher Weise fehlen den Zellen die Hauptfasern von Studnicka oder die Ver- bindungsstücke meiner Nomenklatur, welche die Endstücke der Sinnes- zellen mit den Stützzellen der oberen Wand verbinden. Bei ungeeig- neter Fixation treten aber Veränderungen auf, welche leicht die Veranlassung geben können, die Angaben beider Verfasser als richtig 100 D. Tretjakoff, ZU l)etrachten. Bei der Vergrößerung des Hohlraums werden einzelne Zellen mitunter in das Koagulat eingezogen und können dann »Glas- körperzellen << vortäuschen. Es sind also nach meinen Beobachtungen invertierte Sinneszellen im Parapinealorgan ebenso wie im Pinealorgan vorhanden, und im Parapinealorgan sind nur invertierte Sinneszellen mit Pigmentzellen verbunden und stellen einen einigermaßen retinaähnlichen Teil des Parapinealorgans dar. Das Licht kann jedenfalls von oben zwischen den Pigmentzellen in die Siuneszellen eindringen, man muß dabei nicht außer Acht lassen, daß im Parapinealorgan die Pigmentzellen gerade an der Stelle liegen, welche nicht von Pigmentzellen des Pinealorgans bedeckt wird. Ich möchte deswegen auf die andre Möglichkeit hin- weisen, die nämlich, daß die Pigmentzellen die Lichtwirkung auf die Sinneszellen des Parapinealorgans hemmen oder als ein Lichtfilter wirken, indem sie nur bestimmte Strahlen durchlassen. In dieser Be- ziehung kann ich die Behauptung von Studxicka, daß die Körnchen des weißen Pigments nur wenn sie in mehreren Schichten liegen, un- durchsichtig sind, nur bestätigen. Anderseits sind die braunen Pigment- körnchen so verteilt, daß sie den Durchtritt der Lichtstrahlen im cen- tralen Gebiet der unteren Pinealwand zu dem Parapinealorgan nur wenig stören können. Nach alledem kann man dem Parapinealorgan die Bedeutung eines photoreceptorischen Organs nicht absprechen. Für die physiologische Untersuchung sind wohl hier interessante Er- gebnisse zu erwarten. Das Ganglion parapineale ist im frontalen Qvierschnitt nach meinen Beobachtungen wie bei Geotria (nach Dendy) dreiteihg und nur der mittlere Teil verbindet sich direkt mit dem Parapinealorgan. Die Beziehungen zwischen den aus dem Parapinealorgan in das Ganglion eintretenden Nervenfasern der Sinneszellen und die Ganglienzellen konnte ich nicht genau feststellen. Im allgemeinen verlieren sich die Nervenfasern im Neuropil des Ganghons, in welchem auch die Dendriten der Ganghenzellen mit den Endverzweigungen endigen. Wahrschein- lich sind beide Bestandteile des Neuropils ebenso miteinander durch Kontakt verbunden, wie überall nach meinen Untersuchungen (38) im centralen Nervensystem bei Petromyzon diese Verbindung vorkommt. Am Tractus parapinealis nehmen nur die Nervenfortsätze der Gang- lienzellen teil, die Nervenfasern der Simieszellen gehen direkt in den Tractus, wie Dendy bei Geotria findet, bei P. fluviatilis in keiner Weise über. Das Parapinealganglion hat also für die Sinneszellen des Parapinealorgans dieselbe Bedeutung einer ersten Unterbrechung der Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 101 Bahnen erster Ordnung wie die Ganglienzellen des Pinealorgans für dessen Sinneszellen. In keiner Weise aber möchte ich jedoch be- haupten, daß die untere Faserschicht des Pinealorgans mit den Ganghenzellen dem G. parapineale homolog ist, im Gegenteil sind sie nach meiner Meinung grundverschieden nach ihrer Struktur, den topographischen Beziehungen und dem Ursprung. Die äußere Hülle des Parapinealorgans schließt in sich keine besondere gliale Mem- bran ein, sondern besteht ausschheßlich aus der Piaschicht. Die parietale Cornea. Obgleich ich bei der Beschreibung der Parietalorgane die Be- zeichnungen, welche der Nomenklatur der lateralen Augen entnommen sind, absichtlich vermied, möchte ich für die durchsichtige Hautstelle über den Parietalorganen den Namen »Parietalhornhaut << bewahren, da dieser Name bisher noch von niemandem mißbraucht wurde. Die Zusammensetzung der Parietalcornea wurde von den Forschern wenig berücksichtigt, nur StuDNiCKA hat ihre eigentümliche Struktur be- achtet. Die Beschreibung dieses Autors gilt zunächst für P. Planen. Er versteht unter dem Namen »Cornea« alle die Schichten, die sich zwi- schen dem Pinealorgan und der Oberfläche des Körpers befinden. Es gibt hier nach den Angaben von Studnicka wenigstens drei bindegewebige Schichten, welche mit einem gar nicht veränderten Hautepithel bedeckt werden. Die unterste Schicht stellt eine verdünnte und durchsichtige Stelle des fibrösen Schädeldachs dar, die oberste wird vom durchsichtig gewordenen Corium gebildet. Auffallender ist die dicke mittlere Schicht, welche eine reichliche homogene Grundsubstanz und spär- liche, immer nur senkrecht gegen die Oberfläche der Cornea gerichtete Bindegewebsstränge, die das Schädeldach mit dem Corium verbinden, besitzt. Dieses Gewebe hat bei P. marin us das Aussehen eines Schleim- gewebes, bei P. fluviatilis ist es dagegen kein Schleimgewebe. Die Corneaschichten sind frei von Pigmentzellen und Fettzellen. Das Lager des Gewebes der mittleren Schicht stellt einen abgestutzten niedrigen Conus dar, dessen Spitze nach den Parietalorganen hin gerichtet ist. Ich finde, daß die Beschreibung von Studnicka zu den Verhält- hältnissen der Struktur der Parietalcornea bei P. fluviatilis ganz gut paßt, aber wie ich schon oben hervorgehoben hatte, konnte ich auch bei P. fluviatilis die Merkmale des Schleimgewebes in der mittleren Schicht 102 D. Tretjakoff, ganz unzweifelhaft bemerken. Durch die Untersuchung mit ver- schiedensten Methoden, besonders mit der Methode von Bjöelixg gelangte ich zu der iVnsicht, daß das Gewebe der mittleren Schicht ein Chondroidgewebe ist. Seine Zusammensetzung ist nach meinen Beob- achtungen folgende. Die Grundsubstanz des Gewebes sieht nur in dem Fall vollkommen homogen aus, wenn das Präparat mit neutralem Gemisch fixiert wurde. Sie färbt sich dabei sehr intensiv mit BöHMERSchem Hämatoxylin, das Eisenhämatoxylin läßt sie dagegen fast ungefärbt. In dieser Sub- stanz sind spindelförmige Zellen eingelagert, welche nicht scharf von der Grundsubstanz abgegrenzt sind. Die Zellen sind nicht so flach, wie die Zellen im Schädeldach und dem Corium, sie besitzen eine an- sehnliche Menge von Protoplasma. Nur ausnahmsweise liegen sie den groben, acidophilen Strängen an, welche sich zwischen dem Schädel- dach und dem Corium hinziehen, meistens sind sie von diesen Strängen durch basophile Substanz abgetrennt. Die Basophilie konnte ich be- sonders nach dem Verfahren von Hansen (Methylenblau- Pikrofuchsin) feststellen. , Nach der Fixation mit sauren Gemischen ändert sich das Aus- sehen. Die homogene Grundsubstanz versch-svdndet vollständig, an ihrer Stelle ist eine Unmenge feinster, sich jetzt acidophil färbender Fasern sichtbar, welche größtenteils parallel den dicken acidophilen Strängen ziehen. Unmittelbar um die Zelle sind diese Grundsubstanz- fibrillen äußerst dicht gelagert, und die Oberfläche der Zelle ist des- halb an solchen Präparaten sehr scharf konturiert. Nach der Färbung der mit Alkohol fixierten Präparate nach Björ- LiNG werden die groben Stränge blau, die feinsten Grundsubstanz- fibrillen aber rot oder rosa. Die Eigentümhchkeit der BjÖRLiNGschen Färbung besteht nach meiner Untersuchung gerade darin, daß hier das polychrome Methylenblau die Grundsubstanzfibrillen auch auf den mit neutralen Gemischen fixierten Präparaten färbt. Die homo- gene Grundsubstanz wird dabei teils erhalten und nur schwach rosa gefärbt, teils aufgelöst und vacuolisiert. Das frische Chondroidgewebe färbt sich bei der vitalen Färbung mit Methylenblau nicht. Es quillt im Wasser sehr beträchtUch, sogar nach der Fixation mit dem Molybdänammonium. Wer mit dem frischen Chondroidgewebe der Parietalcornea zu tun hatte, kann leicht den wahren Sinn der Angabe von Stannius (31) verstehen, welche von Ahlborn (!) leider seinerzeit mißverstanden wurde. Stannius sagt nämlich: »Die. Epiphyse erscheint oft als ein Die Parietalorgane von Petromyzon fluviatilis. 103 rundes, weißliches, aus Molecularkörnern bestehendes, sackförmiges Gebilde hoch aufwärts in der Schädelhöhle und bisweilen in Kom- munikation mit einer gallertartigen, hinter dem Geruchsorgan gelege- nen Masse, welche oberflächlich nur von der Haut bedeckt ist. << Zu dieser Behauptung bemerkt Ahlborn (1), daß der letzte 8atz des angeführten Zitats von besonderem Interesse ist, denn er läßt das Vorhandensein eines extracraniellen Epiphysenteils wahrscheinlich erscheinen. Allerdings liegt an der von Stannius bezeichneten Stelle hinter dem~ Geruchsorgan eine gallertige Masse, aber das Gewebe der- selben hat mit dem der Epiphyse bzw. des Pinealorgans gar nichts gemein, denn es besteht nur aus modifizierten Elementen der Schädel- kapsel. Bei der Präparation des frischen Materials konnte ich mich über- zeugen, daß das Pinealorgan sehr fest mit der Parietalcornea zusam- menhängt, und eher reißt sich der Pinealnerv als das Pinealorgan von der Parietalcornea ab. Es kann sein, daß Stannius das Wort Kommunikation im Sinne von Verbindung hier angewendet hatte und nicht im Sinne einer offenen Verbindung, wie Ahlborn seine An- gabe versteht. Ich möchte noch hinzufügen, daß Chondroidgewebe im Körper des Petromyzon (und Ämmocoetes) überhaupt an vielen Stellen noch vor- handen ist, daß aber das Gewebe der Parietalcornea durch die dichte Umhüllung der Zellen mit den Grundsubstanzfibrillen eine besondere Stellung hat. Dank dem Vorhandensein des Chondroidgewebes kann nach meiner Meinung die Parietalcornea kaum der Lateralcornea homolog sein. Die letztere kann nach ihrer Struktur, wenn man die Epithelschicht un- berücksichtigt läßt, nur dem Coriumteil der Parietalcornea ent- sprechen. Zieht man aber noch die schon bei Petromyzo7i spezifisch differenzierte vordere Epithelschicht der lateralen Cornea in Betracht und vergleicht sie mit dem unmodifi zierten Hautepithel der Parietal- cornea, so wird die Verschiedenheit der Struktur beider Hornhäute noch auffallender. Also auch in den Hilfsapparaten beider Sinnesorgane finden wir keine solche Ähnlichkeit, welche die Homologie dieser Ge- bilde beweisen könnte. Das Nebenparietalorgan. Das Nebenparietalorgan habe ich nur einmal bei P. fluviatilis ge- funden. Es stellt ein isoliertes sphärisches Gebilde von epithelialem Bau unpigmentiert dar. Sein Durchmesser war viermal so kurz als 104 D. Tretjakoff, der des Pinealorgans. Sein Platz war vor dem Parapinealorgan unter dem vorderen Rand des Pinealorgans. Kein Hohlraum war innerhalb des Körperchens zu sehen, unter den Zellen konnte ich Stützzellen und den >> basalen« Zellen ähnliche runde, helle Zellen unterscheiden. Sinneszellen fehlten dem Körperchen. Schlußbetrachtungen. »Die Zirbel tritt gewissermaßen mit allen Prätensionen eines wichtigen Gehirnabschnittes in der Entwicklmigsgeschichte auf, um später eine jener dunklen Existenzen als sogenannte Blutdrüse zu führen, von der wir nur genau das wissen, daß wir nichts von ihr wissen. << Diesen Ausspruch von Rabl-Rückhard (26, [1882]) könnte man auch heute noch als richtig anerkennen. Obgleich derselbe Ver- fasser, wie später Ahlborn von der Augenähnhchkeit der Parietal- organe gesprochen hatte, bleibt die wahre Funktion dieser augen- ähnlichen Organe für uns noch immer rätselhaft. Auf Grund meiner Untersuchungen bin ich zu dem Schluß gelangt, daß die Augenähnlichkeit der Parietalorgane gar nicht so groß ist, daß dadurch die Frage nach der Funktion dieser Organe gelöst wäre. Man könnte wohl denken, daß die Parietalorgane Augen von Wirbel- losen entsprechen; aber auch diese Behauptung kann wieder nur einen ganz allgemeinen Sinn haben, da wir kaum imstande sind, ein Auge der Wirbellosen zu nennen, welches wirkhch genau dem Parietalorgan entsprechen könnte. Man soll von Herzen solche neue Versuche begrüßen, wie die- jenigen von K. V. Frisch (10, 11), welcher die Frage über die Funk- tion der Parietalorgane bei den Knochenfischen auf experimentellem Wege lösen wollte. Dieser Verfasser fand nämUch, daß bei Ellritzen, weniger bei Forellen, die Anpassungsfähigkeit der Färbung an den Untergrund durch die Gesichtswahrnehmungen reguhert wird; das Centrum dafür hegt im verlängerten Mark. Dagegen ist die Reaktion auf die Intensität des Lichtes unabhängig von den lateralen x\ugen, aber in hohem Grade abhängig vom Parietalorgan dieser Fische, Avelches das Pinealorgan darstellt mid das neben drüsigen Ependymzellen auch Sinneszellen enthält. Diese Sinneszellen sind* dann mit den pigmento- motorischen Nerven verbmiden und vermitteln den oben beschriebenen Reflex. Diese Behauptung von Frisch mag richtig sein, aber damit wird noch nicht bewiesen, daß bei Petromyzon die Parietalorgane dieselbe Funktion haben. Und dann bleibt noch das Parapinealorgan, welches Die Parietalorgane von Petromyzon flu\aatilis. 105 auch funktionsfähig sein muß, da nach meinen Untersuchimgen sein nervöser Apparat ebenso komphziert ist wie der des Pinealorgans. Wenn das Parapinealorgan dem so augenähnlichen Parietalorgan der Saurier homolog ist, kann seine Funktion nicht dieselbe wie bei letz- terem Organ sein, da ich im Parapinealorgan ganz andre Struktur als beim Parietalorgan der Saurier finde. Es ist sehr wahrscheinUch, daß beide Parietalorgane bei Petromyzon üchtempfindhche Organe sind, aber ich möchte dabei nachdrückhch betonen, daß sie nicht aus der Liste der drüsigen Parietalorgane zu streichen sind. Ich behaupte, daß sie von Haus aus Organe einer inneren Secretion, wie die übrigen Parietalorgane der Wirbeltiere sind, und da die secretorische Tätigkeit derselben die allgemeinere Funk- tion ist, betrachte ich sie als Hauptfunktion auch der Parietalorgane bei Petromyzon. Die Lichtempfindhchkeit ist dagegen nur eine sekmi- däre und vielleicht der secretorischen Funktion dienstUche Eigenschaft dieser Organe. Nicht weniger dunkel bleibt die morphologische Bedeutung der Parietalorgane. Als Ahlborn (2) die Theorie aufgestellt hatte, daß die Pinealdrüse der Wirbeltiere als das Rudiment einer vmpaaren Augeu- anlage anzusehen sei, wollte er das Pinealorgan mit dem unpaaren Auge der Tunicaten und sogar mit dem vorderen Pigmentfleck des Amphioxus homologisieren. In neuerer Zeit sind die Voraussetzmigen ausgesprochen, daß beide Parietalorgane, welche sich bei Petromyzon finden, als Reste von paarigen lateralen Augenanlagen (Locy [21]), welche den lateralen Augen homolog sind, betrachtet werden können. Andre neuere Unter- sucher nehmen weiter an, daß das Pinealorgan und das Parapineal- organ die unsymmetrisch differenzierten Organe desselben Paares dar- stellen (Gaskell [13], Dendy [7], Sterzi, Fürbringer [12], Gisi [14], Cameron [6], NowaKOFF [23, 24]). Ich konnte die Tatsachen, auf welchen die letzte Anschauimg be- gründet war, nicht bestätigen und fand solche Abweichungen in der Struktur beider Organe, daß ich keine Veranlassung habe, sie einem Paar zuzuzählen. Nach den anatomischen Verhältnissen kann ich nur eine ursprünghche Paarigkeit des Parapinealorgans zulassen, da es auch jetzt nicht immer die mediane Stellung bewahrt. Man könnte denken, daß ursprünglich auch das rechte Habenularganghon sein Parapinealorgan hatte. Einige Autoren (Terry [37], Camerox, Hill, Nowikoff) haben die paarige Anlage des Pinealorgans bzw. der Epi- physe beschrieben, aber diese Paarigkeit ist meistens nur eine äußerst seltene Erscheinung und kann vielleicht einfach abnorm sein. Man 106 D. Tretjakoff, muß sich auch vorstellen, daß diese drüsigen Organe von Haus aus zur Faltenbildung geneigt sind, und daß die Paarigkeit der Anlage nur eine frühe Äußerung dieser Fähigkeit ist. Aus diesen Gründen und nach meinen Untersuchungen der topographischen Beziehungen und der Struktur des Pinealorgans halte ich seine ursprüngliche Paarigkeit für nicht wahrscheinlich. Für die Morphologie der Parietalorgane bei Petromyzon wäre es sehr wichtig, ihre Homologie mit den lateralen Augen tatsächlich zu begründen. Einige diesbezügliche Bemerkungen über diese Frage sind schon in meiner Arbeit über >>Die Centralorgane bei Petromyzon << zu finden. Weitere Besprechung dieser morphologischen Verhältnisse wird aber nur bei dem detailHerten Vergleich der Struktur der Eetina der lateralen Augen bei demselben Tier möglich sein, zu welchem Zweck eine Untersuchung der lateralen Augen bei Petromyzon mit spezifischen neurologischen Methoden leider bis jetzt noch fehlt. Solche Unter- suchung werde ich in einer folgenden Mitteilung vorlegen. Odessa, im Mai 1914. Literaturverzeichnis. 1. Ahlboen, f., Untersuchungen über das Gehirn der Cyclostomen. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXIX. 1883. 2. — Über die Bedeutung der Zirbeldrüse. Ibid. Bd. XL. 1884. 3. Beard, J., Tlie parietal Eye of the cyclostome Fishes. Quart. Journ. of micr. Sc. Vol. XXIX. 1889. 4. Beraneck, E., Das Parietalauge der Reptilien. Jenaische Zeit. Bd. XXI. 1887. 5. Björlikg, E., Über mucoides Bindegewebe. Vü-ch. Arch. Bd. 205, H. 1. 1911. 6. Cämerok, J., On the Origin of the Pineal Body as an Amesial Structure, de- duced from the Study of its Developement in Amphibia. Anatom. 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Gisi, J., Das Gehirn von Hatteria punctata. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. Bd. XXV. 1907. 15. Heidenhain, M., Beiträge zur Topograjjhie und Histologie der Kloake und ihrer drüsigen Adnexa bei den einheimischen Tritonen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. 35. 1890. 16. — Plasma und Zelle. 1. Abteil. 1907. 17. Hill, Gh., Two e^ilphyses in a foiu'-day Chic. Bullet. Northwestern Univ. Med. School. Chicago 1900. 18. HmscHLER, J., Über die Plasmastruktiuren in den Geschlechtszellen der As- cariden. Arch. f. Zellf. Bd. IX. H. III. 1913. 19. JoHNSTON, J. , The brain of Petromyzon. Journ. of comp. Neurology. VoLXII. 1902. 20. Leydig, f., Zur Kenntnis der Zirbel und Parietalorgane. Abhandl. d. Senken- berg. GeseUsch. Frankfurt a. M. Bd. XIX. 1896. 21. LocY, W. A., The derivation of the Pineal Eye. Anat. Anz. Bd. IX. 1893. 22. JIayer, F.jDasCentralnervensj'stem von Ammocoetes. Anat. Anz. Bd. XIII. 1897. 23. NowiKOFF, ÄL, Zur Frage über die Paarigkeit der Epiphyse und des Parietal- auges der Saurier. Biol. 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Studnicka, f. K., Sur les organes parietaux de Petromj^zon Planeri. Sitz.- Ber. der Kg. Ges. d. Wissensch. in Prag. 1893. 33. — Über den feineren Bau der Parietalorgane von Petromyzon marinus. Ibid. 1899. 34. — Die Parietalorgane. Lehrbuch der vergleichenden mikr. Anatomie der Wirbeltiere, herausg. von A. Oppel. Teil V. 1905. 108 1). Trcljakoff, 35. Studnicka, f. K., Über die Entwicklung und die Bedeutung der Seitenaugen von Ammococtcs. Anat. Anz. Bd. 41. 1912. 3G. — Das extraceUuläre Protojilasma. Ibid. Bd. 44. 1913. 37. Terry, J. R., The morphologie of the pineal region in Teleosts. Journ. of Älorphül. Bd. XXL 1910. 38. Tretjakoff, D., Das Nervensystem von Ammococtcs. II. Gehirn. Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. 74. 1909. 39. — Das Gallertgewebe der Sinneshaare. Anat. Anz. Bd. XXXVII. 1910. 40. — Zur Anatomie des Auges der Kröte. Zeitschr. f. A\iss. Zool. Bd. CV. 1913. 41. — Die centralen Sinnesorgane bei Petromyzon. Arch. f. mikr. Anatomie. Bd. LXXXIII. 1913., 42. WiEDERSHEiM, R., Vergleichende Anatomie der Wirbeltiere. Erklärung der Abbildungen. Tafel I. In allen Figuren bedeutet: n = Xem-it, K = Zellkörper, T = End Verzweigung des Dendrits, L — präterminale Verdickung des Dendrits. Fig. 1. Totales Präparat des Pinealorgans vom erwachsenen P. jluviatilis. Das Pinealorgan ist mit seiner unteren Wand nach oben gewendet. Pigmente sind nicht abgebildet. Die Sinneszellen sind, außer den randständigen, weggelassen. G = GanglienzeUe, Gm = tangentieUc Ganglienzelle des Randgebietes, Gn = GanglienzeUe der hinteren Wand der Endblase, N — Pinealnerv, PI = Neuriten- geflecht an der Atriumwand. Vergrößerung 450 mal. Fig. 2. Bipolare uniterminale GanglienzeUe des Pinealorgans. Vergröße- rung 900mal. Fig. 3. Bipolare biterminale GanglienzeUe des Pinealorgans. Vergrößerung 900 mal. Fig. 4. Bipolare biterminale GanglienzeUe des Pinealorgans. KI. = Kol- lateral. Vergrößerung 900 mal. Fig. 5. Tripolare uniterminale GanglienzeUe des Pinealorgans. Vergröße- rung 900 mal. Fig. 6. Tripolare triterminale GanglienzeUe des Pinealorgans. Vergröße- rung 900mal. Fig. 7. Bipolare biterminale GanglienzeUe des Pinealorgans. S = Sinnes- zeUc, deren Endverzweigung sich mit der Endverzweigung des Dendrites der GanglienzeUe verflicht. Vergrößerung 900 mal. Sämtliche Zeichnungen sind Präj^araten vom Pinealorgan verschiedener Exemplare von P. fluviatilis entnommen. Die Präparate sind intra vitam mit Methylenblau gefärbt worden. Tafel II. In aUen Figuren bedeutet: C = Endstück der SinneszeUe, G — GangUenzeUe, 0 — obere Wand, U = untere Wand, P — weißes Pigment, So = SinneszeUen der oberen Wand, Su — SinneszeUen der unteren Wand. Fig. 8. Sagittaler Querschnitt des Atriums, nicht ganz medial geführt. KP = Pinealnerv, S = Sinneszellen der unteren Atriumwand, Sm = Sinnes- Die Parietalorganc von Petronij^zon fluviatili.s. 109 Zellen der oberen Atriumwand, ST = quergeschnittene Sinneszellen. Vergröße- rung 950 mal. Fig. 9. Frontaler Querschnitt des Pinealorgans vom erwachsenen Tier. A — unterer Fortsatz der Pelluoida, PI = nervöses Geflecht in der unteren Wand. In der Pellucida sind lange Sinneszellen (So) zu sehen. Vergrößerung 450 mal. Fig. 10. Frontaler Querschnitt des Pinealorgans vom erwachsenen P. flu- viatilis. In der Pellucida sind km-ze Sinneszellen zu sehen, n = Neurite der Sinneszellen der Pellucida, Pi — iiuierste Pialamelle. Vergrößerung 450 mal. Fig. 11. Frontaler Querschnitt des Pinealorgans bei erwachsenem P. flu- viatüis. In der Pellucida sind hauptsächlich die Stützzellen zu sehen. Mi = Stütz- zelle, Pi = innerste Pialamelle, PI = nervöses Geflecht der unteren Wand. Ver- größerung 450 mal. Fig. 12. Totales Präparat des Pinealorgans bei Ammocoetes, mit di'ei Viertel der Pellucida nach oben gewendet. Sinneszellen der Pellucida. F = Stränge der Nervenfortsätze der Sinneszellen, Z — Verbindungspunkte der Nervenfortsätze (Sterne). Np = Pinealnerv. Pigment ist nur in der Ebene des Randgebietes ab- gebildet. Vergrößerung 900 mal. Fig. 13. Sagittaler Querschnitt des seitlichen Teils des Parapinealorgans vom erwachseneu P. fluviatiUs. St = quergetroffene Sinneszellen. Vergrößerung 450 mal. Fig. 14. Sagittaler Querschnitt des Parapinealorgans und des Parapineal- ganglions. (?;;«- Parapinealganglion mit dem Geflecht der Nervenfortsätze der parapinealen Siimeszellen, n = Neurit der Sinneszelle, Tpa = Parapinealbahn (Tractus parapinealis). Vergrößerung 450 mal. Fig. 15. Sagittaler Querschnitt des Para^iinealorgans vom erwachsenen P, fluviatiUs. P = nervöses Geflecht aus den Nem-iten der Sinneszellen; ST = quergetroffene Sinneszellen der unteren Wand. Vergrößerung 450 mal. Sämtliche Zeichnungen sind Präparaten von den Pineal- und Parapineal- organen verschiedener Exemplare von Petroviyzon jluviatilis und Ammocoetes ent- nommen. Die Präparate sind intra vitam mit Methylenblau gefärbt worden. Tafel III. Fig. 16. Bipolare uniterminale Ganglienzelle des Pinealorgans. K = Zell- körper mit Kern, n = Neurit, T = Endbäumchen des Dendrites. Vergrößerung 900 mal. Fig. 17. Tripolare GangüenzeUe mit langen Dendriten. D = Dendrit, K = Zellkörper mit Kern, n = Neurit, T = Endbäumchen. Vergrößerung 900 mal. Fig. 18. Tripolare GanglienzeUe mit langen Dendriten. D = Dendrit, K = Zellkörper, n = Neiu-it, T — Endbäumchen. Vergrößerung 900 mal. Fig. 19. Tangentiale GanglienzeUe aus dem Randgebiet der unteren Wand des Pinealorgans. K = Zellkörper, % = Neurit, To = Endigung des Dendrit s in der oberen Wand des Pinealorgans (Randgebiet), Tu = Endigung des Dendrits in der unteren Wand des Pinealorgans. Vergrößerung 700 mal. Fig. 20. Diffuse GanglienzeUe. D = Dendrit, K = Zellkörper, ?i = Neirrit, V = große Varikositäten der Endverzweigungen. Vergrößerung 900 mal. Fig. 21. GangUenzelle abnormer Gestalt. D = verdickter Dencüit, K = ZeUkörper mit Kern, d = Dendrit, dessen Endigung nicht weiter verfolgt wurde, n = Neurit. Vergrößerung 900 mal. 110 D. Tretjakoff, Fig. 22. Sirmeszellen der unteren pinealen Wand, die mit langen Neuriten versehen sind. Die Abbildung ist dem totalen Präparat des mit der PeUucida nach oben gerichteten Pinealorgans vom Petromyzon fluv. entnommen. Deswegen sind die inneren Zellabschnitte konventionell intensiver gefärbt dargestellt. C = Endstück, H = Endkappe, K = Zellkörper mit Kern, N = Nervenfortsätze der Sinneszellen, Z — Verbindungspunkte der Nervenstränge (Sterne). Vergrößerung 1000 mal. Fig. 23. Km'ze SinneszeUe aus der Pellucida des Pinealorgans. C = End- stück, K = ZeUkörper, n = Nervenfortsatz. Vergrößerung 1100 mal. Fig. 24. Lange Sinneszelle aus der PeUucida des Pinealorgans. C = End- stück. K = ZeUkörper, n — Nervenfortsatz. Sekundäre Verdickung des inneren Fortsatzes. Vergrößerung 1100 mal. Fig. 25. Lange Sinneszelle aus der Pellucida des Pinealorgans. C = End- stücke, K = ZeUkörper, n = Nervenfortsatz. Vergrößerung 1100 mal. Fig. 26. StützzeUe aus der PeUucida des Pinealorgans. N = Kern, O = verzweigter oberer Abschnitt der Zelle, E = Rest des Verbindungsstückes. Ver- größerung 1100 mal. Fig. 27. StützzeUe aus der Pellucida des Pinealorgans. N = Kern, 0 = oberer Abschnitt der ZeUe, R = Rest des Verbindungsstückes. Vergrößerung 1100 mal. SämtUche Zeichnungen sind Präparaten vom Pinealorgan verschiedener Exemplare vom erwachsenen Petromyzon entnommen. Die Präparate sind intra vitam mit Methylenblau gefärbt worden. Tafel IV. In aUen Figm'en bedeutet: C = Endstück der SinneszeUe, H = körnige Endkappe des Endstücks, K = ZeUkörper, n = Neurit, T = Endverzweigung des äußeren (centralen) Fortsatzes (Neurits) der SinneszeUe, B — Verbindungsstück. Fig. 28. Gruppe der SinneszeUen im Randgebiet der unteren pinealen Wand am Querschnitt derselben. G — GangUenzeUe, Gn = Nem:it der GangUen- zeUe, Gp — Dendrit der GangUenzeUe, P — äußerer Fortsatz der SinneszeUe. Vergrößerung . 1 1 00 mal. Fig. 29. Gruppe der Sinneszellen mit langen Nervenfortsätzen aus dem Randgebiet der unteren Wand im Querschnitt derselben. Vergrößerung llOOmaL Fig. 30. SinneszeUe aus der unteren pinealen Wand. Die Verzweigung des äußeren Fortsatzes (P). Vergrößerung 1100 mal. Fig. 31. Drei (I, II und III) SinneszeUen aus dem dicksten Teil der imteren Wand der Endblase des Pinealorgans. I = plattenförmige Endigung des äußeren Fortsatzes, II und III = Formen der Endverzweigung des äußeren Fortsatzes. Vergrößerung 1100 mal. Fig. 32 und 33. SimieszeUen aus der unteren Pinealwand nach dem totalen Präparat gezeichnet. Sie sind in Wirklichkeit länger. Vergrößerung 11 00 mal. Fig. 34. SinneszeUe aus der unteren Pinealwand mit kompliziertem End- bäumchen des äußeren Fortsatzes, Vergrößerung 11 00 mal. Fig. 35 und 36. SinneszeUen aus dem Randgebiet der unteren Pinealwand. P = äußerer Fortsatz der Zelle. Vergrößerung 11 00 mal. Fig. 37. SinneszeUen aus der Pellicula mit den gut entwickelten Endstücken, Endkappen und NeurofibriUen. Vergrößerung 11 00 mal. Die Parietalorganc von Petroniyzon fluviatilis. 111 Fig. 38. Siimeszellen aus dem Randgebiet der Pellucida mit den varikösen Nervenfortsätzen. Vergrößerung 11 00 mal. Fig. 39. SinneszeUen der PeUucida nach dem totalen Präparat gezeichnet. Die Verbindung ihrer Neuriten zu Strängen. Z — sternförmiger Verbindungs- pimkt der Stränge. Vergrößerung 11 00 mal. Fig. 40. StützzeUen der Pellucida. O = obere Seite der PeUucida. Die Zellkörper sind nicht vollständig gefärbt. Vergrößerung 1100 mal. Fig. 41. Zwei Stützzellen (I u. II) der Pellucida mit den sich spaltenden oberen Abschnitten. Vergrößerung 11 00 mal. Fig. 42. StützzeUen der PeUucida aus dem Randgebiet derselben. In einer ZeUe ist eine große Vacuole sichtbar. Vergrößerung 1100 mal. Fig. 43. Querschnitt der Pellucida mit den Stützzellen, welche die ver- schiedene Lage des Kerns demonstrieren. Vergrößerung 11 00 mal. Fig. 44. StützzeUe der PeUucida mit körnigem Protoplasma. Vergrößerung 1100 mal. SämtUche Zeichnungen sind Präparaten vom Pinealorgan beim erwachsenen P. fluviatilis entnommen. Die Präparate sind intra vitam mit Methylenblau ge- färbt worden. Tafel V. Fig. 45. Querschnitt der unteren Wand der Endblase des Pinealorgans. SubUmat-Essigsäure, Eis.-Hämatoxylin. B = rote Blutkörperchen, C = End- knopf (deformiert), G = GangUenzeUe, K = Stiel des Endknopfes, W — Halb- mondkörperchen, Jlb = Halbmondkörperchen in den Sohlen der PigmentzeUen, N = Kern der SinneszeUe, Nb = Nebenkörper der basalen ZeUe, 0 = Kuppen der Pigmentzellen, P = PigmentzeUe, Pi = Piaschicht, S = Sinneszelle, V = Blutgefäß. Vergrößerung 1000 mal. Fig. 46. Querschnitt durch die untere Wand des Pinealorgans bei P. flu- viatilis. Chromsäm'e-Formol-Essigsäure. Eis.-HämatoxyUn. B = basale ZeUe, C = Endknopf, Ca = aufgelöster Endknopf, N = Kern der basalen ZeUe, Nb = Nebenkörper, P = PigmentzeUe mit den Halbmondkörperchen, S = SinneszeUe. Vergrößerung 750 mal. Fig. 47. Querschnitt durch die untere Wand des Pinealorgans bei Ammo- coetes. FLEMMiNGsche Flüssigkeit, Safranin-Lichtgrün. B = basale ZeUe, N = Kern der basalen ZeUe, ^6 — Nebenkörper, 31 = Lipoidreiche Membran (gefaltet) des Endstückes, P = PigmentzeUen, G = GanglienzeUe. Vergrößerung 750 mal. Fig.'48. Querschnitt durch die untere Wand des Pinealorgans von Petro- myzon fluv. DuESBERGsche Flüssigkeit, Safranin-Lichtgrün. C = Endknopf, G = GangUenzeUe, K = Stiel des Endknopfes, P = PigmentzeUe, S = Sinnes- zeUe. Vergrößerung 750 mal. Fig. 49. Querschnitt durch die untere Wand des Pinealorgans von P. flu- viatilis. FLEMMESTGSche Flüssigkeit. Safranin-Lichtgrün. Endstücke der Sinnes- zeUen. K = Stiel des Endstückes, C = Endknopf, M = LameUen des Endknopfs, P = Kuppe der PigmentzeUe. Vergrößerung 2000 mal. Fig. 50. Querschnitt durch die untere Wand des Pinealorgans von P. flu- viatilis. ZENKERSche Flüssigkeit. K = Stiel des Endknopfes (der Endknopf selber ist aufgelöst), G = GanglienzeUe, P = PigmentzeUe, Pc = Sohlen der Pigment- 112 D. Tretjakoff, Die Parietalorgane von Petroniyzon fluviatilis. Zellen, *S' = Sinneszelle, X = Schicht der seitlichen Fortsätze der Pigmentzellen. Vergrößerung 700 mal. Fig. 51. Querschnitt durch die untere Pinealwand von P. fluviatilis. Al- kohol-Formol. C = Endlinopf, A' = Stiel desselben, G = Gangüenzelle, P = Pigmentzelle, S = vacuolisierter Körper der Sinneszelle. Vergrößerung 700 mal. Fig. 52. Querschnitt durch die untere Pinealwand von P. fluviatilis. Subli- mat, Anilinblaufärbung nach ÄIallory. C = Endknopf, H = Rest des Verbindungs- stückes, welches der blauen Endkappe des Methylenblaupräparats (Fig. 31, H) entspricht. P = Pigmentzelle, S = Sinneszelle. Vergrößerung 750 mal. Fig. 53. Querschnitt durch die Pellucida des Pinealorgans von P. fluvia- tilis. Sublimat, Eis.-Haematoxylin. K = Körper der Stützzelle, E — Rest des Verbindungsstückes, So = Sinneszelle (Endknopf). Vergrößerung 750 mal. Fig. 54. Querschnitt der unteren Wand des Parapinealorgans von P. flu- viatilis. MEVESSche Flüssigkeit, Färbung mit AniUnblau nach jMallory. C = Endknopf der Sinneszelle, F = Bündel der Nervenfortsätze, quergeschnitten, G = Stützzellen, J*' = Stützzellen mit dem keilförmigen Kern. Vergrößerung 750 mal. Fig. 55. Querschnitt der oberen Wand des Parapinealorgans bei P. flu- viatilis. FLEMMiNGSche Flüssigkeit, Safranin-Lichtgrün. B — basale Zelle, N = Kern der basalen Zelle, Nb = Nebenkörper, A' = Körper der Stützzelle. Ver- größerung 750 mal. J Anatomische Untersuchungen an Collembolen. Von Günther Quiel. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Berlin.) Mit Tafel VI und VII. Inhaltsübersicht. seite Einleitung 113—114 Literatm- 114—115 Material und Methode 115—116 Lage- und Riclitungsbezeichnungen 116 — 117 Topographie des abdominalen Fettkörpers 117 — 128 Fettkörper und Muskulatur der Fm'cula 128 — 138 Excretionsorgane 138 — 140 Nephrocyten 140^158 Zusammenfassung der Hauptergebnisse 159 Verzeichnis der al^f geführten Schriften 160 — 162 Erklärung der Figuren 162 — 164 Einleitung. Die große Zahl der Arbeiten biologischen, faunistischen und ana- tomischen Inhalts über die einheimischen Collemhola läßt es nicht sehr aussichtsvoll erscheinen, sich mit diesem Gegenstande zu beschäftigen. Ich ging deshalb nicht mit besonderen Hoffnungen an das Studium dieser Tiere. Wider Erwarten zeigte es sich indessen bei meinen Unter- suchungen, die sich in anatomischer Beziehung zuerst auf eine einzige Art, Orchesella cincta (Linne), beschränkten, daß hier noch mancherlei einer gründlichen Bearbeitung harrt. So ergaben sich neue, mitmiter recht interessante Tatsachen in bezug auf Biologie, Faimistik, Inte- gument, Darmkanal, Fettkörper, Muskulatur, Exkretionsorgane und andres mehr. Die in der vorhegenden Schrift enthaltenen Mitteilimgen stellen eine erste Auslese aus diesen Ergebnissen dar. Das Wichtigste der- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 8 114 Günther Quid, selben schien mir die Auffindung der eigentümlichen, dem ventralen subepidermalen Fettkörper des Abdomens aufliegenden Syncytien zu sein. Bei der Darstellmig ihre Lagebeziehungen zum Fettkörper ergab sich die Notwendigkeit, die Topographie eines Teiles des letzteren zu besprechen. Die hieran geknüpfte Beschreibung des furcalen Fett- körpers bedingte wiederum die Erörterung der manubrialen Muskulatur, wobei deren Funktion nicht unberücksichtigt bleiben sollte. Ferner führte die Deutung der Syncytien als Nephrocyten dazu, ein kurzes zusammenfassendes Kapitel über die Exkretionsorgane einzufügen. Die vorliegende Arbeit kann ledighch als eine Vorarbeit betrachtet werden. Es liegt dies einmal darin begründet, daß im folgenden nur eine Art, eben Orchesella cinda (Linne) , behandelt wird, während die bereits begonnenen Beobachtungen an andern Arten hier noch nicht verwertet werden; abgesehen davon aber bedarf, wie sich zeigen wird, der Stoff noch in zahlreichen Punkten der Ergänzung und genaueren Untersuchung. Ausgeführt wurde die Arbeit im Zoologischen Institut der Uni- versität Berlin. Es ist mir eine angenehme Pflicht, an dieser Stelle meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geheimen Regierungsrat Pro- fessor Dr. F. E. Schulze für Überlassung eines Arbeitsplatzes sowie der zahlreichen Hilfsmittel des Instituts aufrichtig zu danken. Zu großem Danke bin ich auch Herrn Professor Dr. P. Deegener und Herrn Dr. P. Schulze verpflichtet für die stets gern gewährte Hilfe und ihre zahlreichen Ratschläge bei Ausführung meiner Untersuchungen. Herr Dr. P. Schulze gab mir auch die Anregung zum Studium der CoUemhola. Literatur. Die über die hier behandelten Fragen bereits erschienene Lite- ratur besonders zu besprechen, wäre zwecklos, teils weil diese Arbeit in keiner Beziehung monographischen, erschöpfenden Charakter trägt, teils weil über manches, wie z. B. die Syncytien, kaum Literatur vor- handen ist. Ich habe mich bemüht, in der Arbeit möglichst vollständig auf die Angaben früherer Autoren zurückzugreifen. Sollte trotzdem, was unvermeidhch sein dürfte, hie und da eine einschlägige Literatur- stelle nicht herangezogen sein, so rechne ich umsomehr auf Nachsicht, als ich leider beim Studium der Literatur über CoUemhola wahrnehmen mußte, daß öfters infolge nachlässiger Literaturbenutzung Angaben über bereits bekannte Dinge in einer Form erscheinen, daß sie dem Unkun- digen als neu gelten müssen. Anatomische Untersuchungen an CoUembolen. 115 Entsprechend dem schon betonten vorläufigen Charakter der Arbeit habe ich mich im allgemeinen auf Anführung der Literatur über Aptery- gota beschränkt, diejenige über Pteryqota dagegen nur wenig herangezogen. Material und Methode. Die zur Untersuchung gebrauchten Exemplare von Orchesella cincta (Linne) wurden sämtlich in Berlin, von wo bereits Schäffer [96] die Art verzeichnet, im Garten des Zoologischen Instituts gesam- melt; die Art war dort an feuchten Stellen unter Laub, zwischen Gras- wurzeln, in Vegetabilienhaufen usw. sehr gemein. Zum Fange bediente ich mich eines Reagenzglases von 9 cm Länge und 1,5 cm Weite — größere Gläser sind unbequem zu handhaben — • und eines kleinen Pinsels. Dem einzufangenden Tiere wurde die Öffnung des etwa wagerecht gehaltenen Glases vorgehalten, dann wurde das Tier durch Annäherung des trockenen Pinsels zum Springen veran- laßt. Bei einiger Übung gelingt es fast stets, das Tier auf diese Weise in das Reagenzglas zu bringen, aus dem man dann, nachdem man mehrere beisammen hat, die Tiere in größere Gefäße zum Lebendtransport oder auch unmittelbar in Konservierungs- bzw. Fixiermigsflüssigkeiten schütten kann. Diese Fangmethode gewährleistet für bloß systematische Zwecke eine bessere Erhaltung der Tiere als »die Verwendung eines feinen Haarpinsels, welcher in Alkohol getaucht und mit welchem das zu fangende Tier erst bedeckt und dann von seiner Unterlage abgehoben wird« (Schäffer [98]), sie erscheint mir auch praktischer als »vor- sichtiges Überstülpen kurzer Eprouvetten« (Prowazek [00]) und als die von Hoffmann [08] beschriebene merkwürdige Art des Fanges mit Hilfe eines auf den Erdboden gelegten schwarzen Wachstuches. Der vorbereitende Charakter dieser Arbeit kommt auch in einer gewissen Einförmigkeit der angewandten Methoden zum Ausdruck. Ein Teil der Tiere wurde zur Lebendbeobachtung, zu Totalpräparaten usw. benutzt. Die meisten Resultate wurden indessen an Schnittserien gewonnen. Abgetötet wurde in der Fixierungsflüssigkeit, fixiert nach Carnoy in einem Gemisch von absolutem Alkohol, Eisessig mid Chloroform im Verhältnis 6:1:3. Als Intermedien zwischen absolutem Alkohol und dem stets zum Einbetten benutzten Paraffin kamen Chloro- form und Cedernholzöl zur Anwendung. »Bei Anwendung von Chloro- form ist die vollständige Verdrängung des Alkohols nicht ganz leicht, die Objekte schwimmen nicht nur anfangs, sondern oft fast dauernd auf der Oberfläche« (Schuberg [10]). Das von Schuberg hiergegen empfohlene Untertauchen der Objekte mit Hilfe eines Kupferdraht- IIG Günther Quiel, siebes erwies sich als ungeeignet, da die Tiere infolge ihrer geringen Größe und gestreckten Gestalt sowie ihrer langen Extremitäten bald im Drahtsiebe hängen blieben, bald zwischen Glaswand und Sieb ge- klemmt wurden. Das Verfahren von Schuberg ist wohl für kompak- tere, meist größere Objekte ohne bedeutendere Anhänge gedacht; so wurde es z. B. von Bullrich [13] mit gutem Erfolge für Cynipiden- Larven angewandt. Ich half mir dadurch, daß ich das Chloroform mit den Tieren in gut verschlossenem Gefäße auf den Thermostaten setzte. Durch die Erwärmung von unten entstehen in der Flüssigkeit Strö- mungen, die einmal eine schnelle und gründliche Durchmischung von Chloroform und Alkoholspuren bewirken, außerdem aber die Objekte, wenn diese eine gewisse Größe nicht überschreiten, mit sich nehmen und mit immer neuem Chloroform in Berührung bringen. Auf diese Weise erreicht man in kurzer Zeit die Verdrängung des Alkohols. Es wurden Transversal-, Sagittal- und Frontalschnitte in wech- selnder Dicke (20, 15, 10, 7 //) angefertigt. Geschnitten wurde unter Anwendung von Mastix-Kollodium; ich hatte es infolgedessen bei Orchesella cincta (Linne) nicht nötig, »zur Ausführung lückenloser Serien« »entweder ziemlich junge Tiere oder solche auszuwählen, die gerade erst gehäutet haben«, wie Hoffmann [08], der ohne Mastix- Kollodium gearbeitet zu haben scheint, bei Tomocerus plumheus (Linne), konnte vielmehr mit befriedigendem Erfolge wahllos schneiden. Auf- geklebt wurden die Schnitte mit Eiweißglycerin und "Wasser, zur mög- lichsten Entfernung des Mastix-Kollodiums kamen sie aus Xylol zu- nächst in ein Gemisch von absolutem Alkohol und Äther im Ver- hältnis 1:1, dann erst in reinen absoluten Alkohol, Gefärbt wurde stets auf dem Objektträger in Alaunhämatoxyhn nach Delafield (Grenacher), welches fast stets bis zur Kotfärbung mit Essigsäure angesäuert wurde (saures Hämatoxyhn von Bütschli), nachgefärbt mit Pikrinsäure-Säurefuchsin nach van Gieson, eingeschlossen in Kanadabalsam. Lage- und Richtungsbezeichnungen. Hinsichtlich der im folgenden gebrauchten Lage- und Eichtungs- bezeichnungen genügt der Hinweis, daß ich mich tunlichst der von F. E. Schulze [08] definierten Termini bedient habe. Näherer Er- läuterung bedarf nur deren Anwendung auf die Furcula. ScHÄFFER [96] sagt: »Um Lageverhältnisse an der Furca zu be- zeichnen, denke ich mir dieselbe nach hinten ausgestreckt. Die dann nach oben gekehrten Flächen nenne ich Oberseite (dorsal), die nach Anatomische Untersuchungen an Collenibolcn. 117 unten gekehrten Unterseite (ventral)«. Zu dieser Bezeichnungsweise sah sich Schäffer offenbar dadurcli veranlaßt, daß die nach hinten ausgestreckte Furcula den Eindruck einer caudalen Fortsetzung des Abdomens macht, wenigstens bei den Entomohryidae; bei den AcJio- rutidae ist dies in weit geringerem Maße der Fall. Selbstverständlich faßte ScHÄFFER die Furcula als einen aus einem Extremitäten- paar hervorgegangenen Ventralanhang des Abdomens auf, seine Ver- gleichung derselben mit einem Endanhange des Abdomens hingegen verfolgte nur praktische nomenklatorische Zwecke. Es ist aber nicht zu verkennen, daß »Schäffer sich hier einer Inkonsequenz schuldig macht, die meines Erachtens unbegründet ist. Wenn wir über die Natur der Furcula als eines abdominalen Ventralanhanges im klaren sind, so erscheint es doch als das natürlichste, bei Bezeichnung der Lage- beziehungen an ihr ebenso zu verfahren, wie wir es auch bei andern Ventralanhängen zu tun gewohnt sind. Die Orientierung der Furcula, nach der die Lagebezeichnungen zu wählen sind, ist demnach nicht parallel der Prinzipalachse des Körpers, wie Schäffer will, sondern senkrecht zu ihr. Demnach ist Schäffers »Oberseite (dorsal)« als Hinterseite (caudal) und seine »Unterseite (ventral)« als Vorderseite (rostral) zu benennen. Hierdurch kommen die Lagebezeichnungen an der Furcula in Übereinstimmung mit denen am Ventraltubus und am Retinaculum. Die hier verteidigte Bezeichnungsweise befolgt auch Willem [99]; er denkt sich die Furcula >>ä demi etendue . . .; dans une Position analogue a celle des pattes thoraciques «. Topographie des abdominalen Fettkörpers. Der Fettkörper der CoUembola ist seit seiner ersten Erwähnung durch NicoLET [42] von Lubbock [62], v. Olfers [62], Tullberg [72], Sommer [85], Fernald [90], Heymons [97], Willem [99], Prowazek [00] und namenthch von Philiptschenko [06] einer genaueren Unter- suchung unterzogen worden. Bei Philiptschenko findet sich auch eine Besprechung der Arbeiten seiner Voruntersucher. Ich kann daher auf eine solche verzichten und möchte nur auf einen merkwürdigen Irrtum in der Schrift von v. Olfers [62] hin- weisen, der meines Wissens bisher unbeachtet gebUeben ist. Dieser Autor schreibt (S. 12) bei Beschreibung des vermeinthchen Tracheen- systems: »Tracheae filo spirali praeditae sunt, fasciculi subtihores glo- merulos frequentes efficiunt, qui glomeruli in continuitate esse videntur cum magnis saccis, inferiorem abdominis partem occupantibus, cellu- losis vel spongiosis, aere in vesiculas minimas diffviso refertis. Hi sacci 118 Günther Quiel, colore albo per abdominis integumenta cognosci possimt magnamque habent branchiariim aeriferarum, quas apud Oniscos invenimus, simi- litudinem. Hos quidem saccos etiam apud Podiiras brachypodas vidi«. Die hier erwähnten, durch das Integument des Abdomens weißhch hin- durchschinnuernden Säcke sind nun in der Tat vorhanden, sie stellen indessen nicht Teile eines Tracheensystems, sondern die Harnzellen des Fettkörpers dar. Die vermeintlichen kleinen Luftbläschen in den Säcken sind nichts andres als die Uratkonkretionen, die im auffallenden Lichte ja weiß erscheinen. Daß v. Olfers ([62] 8. 16) »corpus adiposum<< kurz beschreibt, spricht nicht gegen diese Auslegung; denn die angebhchen Luftsäcke entsprechen in ihrer Lage den ventralen Teilen des Fettkörpers, während das erwähnte »corpus adiposum<< »in dorso ventricuh« liegen soll. Letztere Angabe macht es etwas zweifelhaft, welchen Teil des Fett- körpers v. Olfers als »corpus adiposum« angesprochen hat, da der subepidermale Fettkörper dorsal vom Mitteldarm sehr schwach ist und sein Nachweis mit den damaligen Hilfsmitteln sehr sch^\^erig ge- wesen sein dürfte, die stärkeren »inneren Stränge« (Philiptschenko [06]) hingegen nicht dorsal, sondern seitlich vom Mitteldarm Hegen, außerdem infolge ihrer vielen Harnzellen weiß durch die Haut schimmern und daher auch von v. Olfers für Luftsäcke gehalten w^orden sein dürften. Ob, wie Philiptschenko [06] annimmt, die granula minima von v. Olfers ([62] S. 16) Uratkonkretionen sind, möchte ich dahin- gestellt sein lassen; daß er sie obscura nennt, spricht jedenfalls nicht dafür, ebensowenig die meines Erachtens kaum anzuzweifelnde Fest- stellung, daß er die Uratkonkretionen gerade in den Teilen des Fett- körpers, wo sie am zahlreichsten sind, für Luftbläschen gehalten hat. Eine Lösung dieser Schwierigkeiten könnte in der Annahme gesucht werden, v. Olfers habe den Fettkörper mit den Konkretionen zweimal beschrieben, einmal in situ als Luftsack mit Luftbläschen, dann heraus- präpariert als corpus adiposum mit den granula. Damit hätte man sich allerdings bereits in das Gebiet vager Spekulation begeben. Ich will in dieser Arbeit nicht näher auf den in der Philiptschen- Koschen Abhandlung gut dargelegten histologischen Bau des Fett- körpers eingehen. Auch von der Topographie des Fettkörpers soll nur ein Teil be- handelt werden, nämlich die Topographie des subepidermalen Fett- körpers der Ventralseite des Abdomens, einmal weil die Mitteilungen hierüber in der Literatur recht unvollständig und wenig klar sind, Anatomische Untersuchungen an Collembolcn. 119 dann aber weil die Kenntnis der hier vorliegenden Verhältnisse für die Besprechung der Lage der Nephrocyten wünschenswert erscheint. Über den subepidermalen Fettkörper der Dorsalseite des Abdomens wird eine kurze Bemerkung genügen. Im Anschluß hieran soll dann des Zusammenhanges der im Inneren des Abdomens gelegenen Fett- körperstränge mit der Epidermis gedacht werden. Ich gebe zunächst eine Darstellung der betreffenden Bildungen bei Orchesella cincta (Linne) und werde dann die Befunde mit den spär- lichen, über andre CoUemhola in der Literatur vorhandenen Angaben vergleichen. Noch möchte ich bemerken, daß sich meine Mitteilungen im all- gemeinen auf Tiere beziehen, die ganz oder fast ganz ausgewachsen sind, aber erst mäßig entwickelte Gonaden haben, also auf ein Alters- stadium, in dem der Fettkörper seine stärkste Ausdehnimg aufweist. Ich hoffe, in einer späteren Arbeit in andrem Zusammenhange zeigen zu können, daß es zweckmäßig und berechtigt ist, für vergleichend- anatomische Untersuchmigen des Fettkörpers der CoUemhola von dem erwähnten Altersstadium und nicht von dem völlig geschlechtsreifen Tiere auszugehen. Der subepidermale Fettkörper ist bei Orchesella cincta (Linne) »be- sonders an der ventralen Fläche des Abdomens« stark entwickelt, wie es Sommer [85] auch für Macrotoma plumhea (Linne) angibt. Am bequem- sten ist seine Anordnung in dieser Gegend auf Transversalschnitten (Taf. AHf, Fig. 1, 2, 3, 4) zu verfolgen, da er sich aus einer Anzahl von Längssträngen zusammensetzt, deren Verlauf durch Kombination ihrer Querschnittsbilder auf den einzehien Schnitten leicht festzustellen ist. Ein Transversalschnitt durch die caudaie Hälfte des 1. Abdominal- segments (Fig. 1) zeigt — abgesehen von den fast ganz im Körperinnern liegenden, nur wenig mit dem Integument in später näher zu besprechen- der Weise in Verbindung stehenden Strängen (Fig. 1 inn) — zunächst 2 Längsstränge (Fig. 1 lat), welche sich rechts und links der ventralen Hälfte der Seitenwände des Körpers anschmiegen; diese sollen als Lateralstränge bezeichnet werden. Zwar sind ihre Spuren rostrad in den Thorax verfolgbar, wo sie mancherlei Komplikationen, wie Spal- tungen in kleinere Stränge, Vorsprünge in die Körperhöhle usw. er- fahren; da sie indessen im rostralen Teile des 1. Abdominalsegments an Stärke fast bis zu völhgem Schwimde abnehmen und dann im cau- dalen Teile desselben Segmentes plötzhch wieder anschwellen, um caudad in zwar wechselnder, aber doch immer ansehnhcher Stärke zu 120 Günther Quiel, verlaufen, kann man ihren im Abdomen gelegenen Abschnitt als ein ge- schlossenes Ganzes auffassen. Außer den Lateralsträngen ist noch eine unpaare ventrale Fettkör- permasse zu beobachten. Diese nimmt ihren Ausgang von dem großen, dem proximalen Teile der Caudalwand des Ventraltubus anliegenden Fettkörperklumpen, der sich bei AVillem [Ol] für Orchesella cincta (Linne) ([Ol] Taf. 23 Fig. 10 a), sowie für Orchesella rufescens (AVulfen) ([Ol] Taf. 23 Fig. 11 a) und bei Hoffmann ([04] Fig. 9 x) für Tomocerus plumheus (Linne) abgebildet findet; Hoffmann bezeichnet ihn und einen entsprechend gelegenen, aber schwächeren Fettkörperteil ([04] Fig. 9 y) an der Rostralwand des Ventraltubus als »die medianen Zell- wülste des Tubus« und spricht diesen » Zellpolstern << eine hohe Bedeu- tung für die Mechanik des Ventraltubus zu, erwähnt indessen ihre Zugehörigkeit zum Fettkörper nicht. Von jenem Fettkörperklumpen also erstreckt sich caudad ein breiter, die Mitte der Ventralseite einnehmender und mehr oder weniger weit laterad ausladender Fettkörperstreifen, der schon bald eine Glie- dermig in zwei oder, wenn man will, drei Abschnitte erkennen läßt, nämhch zwei seithche Längswülste (Taf. VI, Fig. 1 ventr) und einen unpaaren, aber meist eine untergeordnete Rolle spielenden Mittelteil (Taf. VI, Fig. 1 med). Diese Bildungen sollen im folgenden als Ven- tralstränge bzw. Medialstrang bezeichnet werden. Der in der geschilderten Weise aus den beiden Lateralsträngen, den beiden Ventralsträngen und dem Medialstrang bestehende sub- epidermale Fettkörper der Ventralseite des Abdomens zeigt nun, wenn wir seine Ausbildung caudad verfolgen, ein recht wechselndes Ver- halten. Der schon zu Anfang recht flache Medialstrang nimmt schnell an Höhe ab und verschwindet bei manchen Individuen stellenweise fast ganz, auf diese Weise die Ventralstränge beinahe voneinander isolie- rend, wird dann aber allmählich wieder stärker (Taf. VI, Fig. 2 med). Er bleibt aber bedeutungslos, da er durch die starke Ausdehnung, welche die Ventralstränge (Taf. VI, Fig. 2 ventr) nach der Medianebene zu erfahren, stark beengt und in seiner Ausbildung behindert wird. Zugleich mit dieser Zunahme der Ventralstränge, die sich auch in ihrer wachsenden Dicke äußert, zeigt sich eine starke Entfaltung der Lateralstränge (Taf. VI, Fig. 2 lat), welche weniger in einer Vergrößerung ihrer Höhe, als vielmehr in einer zunächst ventrad, später auch weit dorsad ausgreifenden Verbreitermig ihrer Basalfläche an der Epidermis zum Ausdruck kommt. Es bleiben aber hierbei die dorsad gelegenen Anatoiiiische Uiiteisuchungeu an ColIeinLüIen. 121 Partien der Lateralstränge flach, so daß die Achse ihrer Masse immer der Ventralfläche genähert verläuft. Die Folge dieser Ausdehnmig der Ventral- und Lateralstränge ist ihre schließliche Vereinigung zu einer zusammenhängenden Masse (Taf. VI, Fig. 2 med + ventr + lat), welche die Körperwandmig ventral und lateral auskleidet und nur durch den Durchtritt der dorsiventralen Muskeln unterbrochen wird. Diese Masse läßt indessen stets mehr oder nii]ider deuthch, je nach der größeren oder geringeren Tiefe der Einschnitte zwischen den Komponenten, eine Gliederung in einen flachen, sehr schmalen Mittelteil (Fig. 2 med), der dem Medialstrang angehört, die beiden in die Körperhöhle wulstig vortretenden Ventral- stränge (Fig. 2 ventr) und die breiten, nicht sehr hohen, seitUchen, von den Lateralsträngen (Fig. 2 lat) gebildeten Partien erkennen. Die Ventralstränge bilden weiter caudad zum Teil sehr stark in das Körperinnere vorragende Wülste, die mitunter so mächtig ent- wickelt sind, daß sie über dem Medialstrang in der Medianebene des Körpers mit breiter Fläche aneinanderstoßen. Eine ähnliche Ausbildung können die Ventralstränge übrigens auch in ihrem Anfangsteile hinter dem Ventraltubus zeigen. Im 3. Abdominalsegment ändert sich das Bild (Taf. VI, Fig. 3), inso- fern hier ein Ausgleich in der Höhe der verschiedenen Komponenten stattfindet; die Ventralstränge (Fig. 3 ventr) treten nicht mehr wulstig hervor, während der bisher flache Medialstrang (Fig. 3 med) sich erhöht und stellenweise sogar wenig, aber doch deuthch das Niveau der Ventral- stränge überragt. Gleichzeitig tritt eine Konzentration des subepider- malen Fettkörpers nach der Ventralseite ein, indem die dorsale Aus- dehnung der Lateralstränge (Fig. 3 lat) geringer wird. In der so gekennzeichneten Region liegt das Retinaculum. Der Bau des weiter hinten gelegenen Fettkörperteils bietet wenig Interesse; es sei nur kurz bemerkt, daß caudad vom Retinaculum die bisher zusammenhängende Masse allmählich in zwei Teile gespalten wird (Taf. VI, Fig. 4), indem sich in dieselbe die breite, tiefe, zur Aufnahme der Furcula im Ruhezustande bestimmte Furche (Fig. 4 vf) in der ventra- len Mittelhnie dorsad einkeilt und sie dadurch dextrad und sinistrad in die beiden lateralen Längsfalten des Integuments auseinanderdrängt. Diese beiden so entstandenen Teile zeigen zunächst noch mehr oder minder deuthch eine Ghederung in je drei Längsstränge, nämhch in laterimedialer Reihenfolge einen stark ausgebildeten an der lateralen Falten wand (Fig. 4 lat), einen ebensolchen in der Faltenfirste (Fig. 4 ventr) und einen schwächeren an der medialen Faltenwand (Fig. 4 med)^ 122 Günther Quifl, die anscheinend auf einen der beiden Lateralstränge, einen der beiden Ventralstränge und eine Hälfte des durch die Spaltung ebenfalls zu einem paarigen Gebilde gewordenen Medialstranges zurückzuführen sind, weiter caudad indessen verwischt sich diese Gliederung mehr und mehr, die Stränge werden immer einheitlicher und zugleich flacher, um schließlich kurz vor dem Ansatz der Furculabasis ihr Ende zu finden. Im Gegensatz zu diesem reich gegliederten und stark entwickelten ventralen subepidermalen Fettkörper ist der dorsale (Taf. VI, Fig. 1, 2, 4 dors) im Abdomen sehr schwach ausgebildet. Er stellt einen flachen Belag der Innenseite der Epidermis zu beiden Seiten der dorsalen Mittel- linie dar, der in seiner Dicke etwas variiert, an einzelnen Stellen wohl auch vollkommen fehlt (Taf. VI, Fig. 3). Seine Ausdehnung laterad ist gering. Eine GHederung läßt er nur insofern erkennen, als er oft (Fig. 1, 2 dors) in der Medianlinie dünner ist als seitlich von ihr, indem sich dort das Rückengefäß (Fig. 1,2 rg) dorsad vorwölbt. Um die im vorhergehenden beschriebenen Verhältnisse mit den Angaben in der Literatur vergleichen zu können, muß vorerst noch auf den Zusammenhang der im Innern des Abdomens gelegenen Fettkörper- stränge (Fig. 1, 2, 3, iinn) mit dem Integument eingegangen werden, da dieser Zusammenhang, wie sich zeigen wird, für die Homologi- sierung der Fettkörperteile bei verschiedenen Arten von Wichtigkeit erscheint. Diese Stränge, die von Tullberg [72] als »urinrörens«, von Sommer [85] als >>Exkretionsorgane<< und später von Philiptschenko [06] als die »inneren Stränge« beschrieben wurden, mögen zusammenfassend mit einem Wort Innenstränge heißen, gegenüber den oben behandelten Subepidermalsträngen, die dem entsprechen, was Sommer »retikuläre Schicht« und Philiptschenko »periphere subhypodermale Schicht« nannten. Die Anordnung der Innenstränge selbst soll nur, soweit es zu gedachtem Zwecke unbedingt nötig ist, erörtert werden. Die distad entsandten Ausläufer der Innenstränge, durch die diese mit der Epidermis in Berührung treten, sind, wie auch die Innenstränge selbst, im Abdomen paarig angeordnet. Es lassen sich jederseits vier, im ganzen also acht solcher Aus- läufer und demnach ebenso viele Berührungsstellen beobachten. Diese vier Paare von Verbindungen verteilen sich so auf die Abdominal- segmente, daß je ein Paar auf das 1., 2., 3. und 4. Segment kommt. Da die Innenstränge in das 5. Segment höchstens noch mit ihren dünnen Endzipfeln, in das 6. überhaupt nicht mehr hineinragen, fehlen in die- Anatomische Untersuchungen an Collembolon. 123 seil beiden letzten Segmenten natürlich auch die Verbindungen mit dem Integument. Die Verbindungen des 1., 2. und 3. Segments finden sich dorsal, die des 4. dagegen ventrilateral. Wenn schon durch diesen Umstand die Verbindungen in den drei ersten Segmenten gegen die im 4. sich ab- heben, so läßt sich zeigen, daß sie nicht bloß noch in andrer Weise übereinstimmend von diesen sich unterscheiden, sondern auch unter- einander eine engere Zusammengehörigkeit erkennen lassen. Die drei Paare von Ausläufern, die die Verbindungen in den drei ersten Segmenten herstellen, gehen von den Innensträngen rechtwinkhg zu deren Längsachse dorsad ab. Sie sind außerdem ein wenig laterad gerichtet, so daß jedes Paar nach dem Rücken etwas auseinanderweicht (Taf. VI, Fig. 1 dvh). Alle drei Paare stellen übereinstimmend den Konnex mit der Epidermis dadurch her, daß sie jederseits durch die schmalen, in der Längsrichtung des Körpers verlaufenden Spalten hindurchtreten, die die Längsmuskelbündel (Fig. 1 lä>n) der Dorsalseite zwischen sich lassen. Da diese beiden Spalten entsprechend der vom L zum 3. zunehmenden Breite der Segmente caudad etwas divergieren, so müssen natürlich auch die Entfernimgen, welche die Fußpunkte eines jeden Paares an der Epidermis voneinander trennen, vom L zum 3. Paare etwas größer w^erden. Alle Dorsalverbindungen sind auf die rostrale Hälfte der Segmente beschränkt, können sich aber hier mehr oder weniger weit in der Längs- richtung der Spalten ausdehnen. Diese Spalten dienen nun avicli in jedem Segmente jederseits zwei Muskelzügen zum Durchtritt. Der eine von ihnen (Taf. VI, Fig. 2 dvm) läuft von der hinteren Segmentgrenze ventrirostrad, der andre (Taf. VI, Fig. 1 dvm) setzt vor der Mitte des Segments an der Dorsalseite an und ist ventrad gerichtet. Ersterer entspricht nach seiner Lage etwa den von LuBBOCK ([70] Taf. 46 Fig. 18, [73] Taf. 59) im 3. Abdominalsegmente hei {Choreutes =) Tomocerus longicornis (Müller) mit Sund 9, letzterer den ebenda mit 6 und 7 bezeichneten Muskeln. Beide Muskeln sind im 1., 2. und 3. Abdonnnalsegment ganz in gleicher Weise ausgebildet und erzeu- gen daher auf Sagittalschnitten das Bild einer Zickzacklinie, wovon LuBBOCKs eben angezogene Zeichnungen für das 2. und 3. Segment eine Vorstellung geben. Die dorsalen Teile dieser Muskeln sind anscheinend auch auf der Zeichnung Prowazeks ([00] Taf. 2 (23) Fig. 59) für Isotoma grisea Lubbock zur Darstellung gekommen. Wie aus dem Gesagten hervorgeht, gewinnen die Ausläufer der 124 Günther Quid, Innenstränge (Tai. VI, Fig. 1 dvb) und der an zweiter Stelle angeführte, ventrad gerichtete Muskelzug (Fig. 1 dvm) die Verbindung mit dem dor- salen Integument (Fig. 1 cu + ep) in übereinstimmender Weise, indem sie durch die dorsalen Spalten zwischen den Längsmuskeln (Fig. 1 läm) in der rostralen Hälfte der Segmente hindurchtreten. Da jeder Muskel- zug die ganze Breite der schmalen Spalte ausfüllt, trennt er gewöhnlich die Berührmigsfläche des Fettkörperausläufers mit der Epidermis in zwei Teile, einen rostrad und einen caudad von seinem Ansatz an die Cuticula liegenden. Aus der gleichen Anordnung der drei Verbindungspaare in den drei vorderen Abdominalsegmenten, insbesondere aus ihrer Lage- beziehung zu den homodynamen Dorsiventralmuskeln dieser Segmente erhellt deutlich, daß diese Verbindungspaare untereinander ebenfalls homodynam sind, daß sie mithin die Segmentiermig der Innenstränge im 'Abdomen bekunden. Philiptschenko [06] sagt darüber: >>Diese Segmentierung äußert sich für gewöhnlich darin, daß diese Stränge entweder am Anfang und am Ende des Segments mit dem peripheren Fettkörper in Verbindung treten, während sie in dessen mittlerem Ab- schnitt frei verlaufen, oder aber dadurch, daß ein derartiger Zusammen- hang an der dorsalen Seite gewöhnlich nur im vorderen Teil des Seg- ments vorhanden ist, im hinteren Teil desselben jedoch fehlt: über- haupt ist eine gewisse Wiederholung in der Anordnung des Fettkörpers nach den Segmenten zu konstatieren«. Die Verhältnisse bei Orchesella cinda (Linne) entsprechen dem- nach Philiptschenkos zweitem Typus. Philiptschenko selbst hat keine Angaben über das Vorkommen der beiden Typen bei den einzelnen Arten gemacht. Indessen kann man auf Grund einer seiner Figuren ([06] Taf. 17 Fig. 3) vermuten, daß Neanura muscorum (Templeton) mit bezug auf die dorsalen Verbindungen sich ähnlich verhält wie Or- chesella citicta (Linne). Der abgebildete Sagittalsclmitt zeigt nämlich an der Dorsalseite des Abdomens der Epidermis angelagerte Fettkör- perteile nur in den drei ersten Segmenten des Abdomens. Diesen drei ventrad deutlich vorspringenden Teilen entsprechen am Innenstrange drei Vorwölbungen, die nun aber im 1. und 2. Segment die ihnen ent- gegenkommenden dorsalen Teile nicht erreichen, während im 3. eine Vereinigung zustande kommt. Danach würde sich Neanura mus- corum (Templeton) von Orchesella, cincta. (Linne) durch das Fehlen von Dorsalverbindungen im 1. und 2. Abdominalsegment unterscheiden. Nvm nehmen aber bei Orchesella cincta (Linne) die Transversal- abstände der Dorsalverbindungen, wie oben erwähnt wurde, vom 3. Anatomische Untersuchungen an Collenibolen. 125 zum 1. Abdominalsegmeiit ein wenig ab; daher braucht ein genauer Sagittalschnitt, der die Verbindungen des 3. Segments trifft, die des 2. und 1. nicht zu treffen. Nehmen wir die rostrad konvergierende Anordnung der Dorsal- verbindungen auch für Neanura muscorum (Templeton) an, so läßt sich das Fehlen der Dorsalverbindungen des 1. und 2. Abdominalseg- ments auf Philiptschenkos Zeichnung einfach dadurch erklären, daß sie nicht angeschnitten sind, sondern mediad von dem abgebildeten Sagittalschnitte liegen, eine Erklärung, zu deren Gunsten auch das bereits erwähnte Vorhandensein einander entgegenstrebender Vor- wölbungen der dorsalen und der inneren Fettkörperteile spricht. In diesem Falle würden also Neanura muscorum (Templeton) und Orchesella cincta (Linne) darin übereinstimmen, daß die Innenstränge des Fettkörpers im 1., 2. und 3. Abdominalsegmente je ein Paar Aus- läufer an die dorsale Epidermis entsenden, daß diese drei Ausläufer- paare homodynam sind, daß endhch dorsale Ausläufer im 4., 5. und 6. Abdominalsegment fehlen. Eine von den besprochenen dorsalen Ausläufern in den drei vor- deren Adominalsegmenten gänzlich verschiedene, mit ihnen in keiner morphologischen Beziehung stehende Bildung ist nun die ventrilaterale Verbindung zwischen Innen- und Subepidermalsträngen im 4. Seg- mente. Diese kommt nicht durch in rechtem Winkel abgehende Seiten- zweige der Innenstränge zustande, wie jene, vielmehr durch eine Teilung der Innenstränge, die sich schon im 3. Segment (Taf. VI, Fig. 3) vor- bereitet. Der Innenstrang (Taf. VI, Fig. 3 inn) jeder Seite spaltet sich in zwei Teilstränge; einer von diesen (Taf. VI, Fig. 4 inn) verläuft caudad paral- lel dem Darm als geradlinige Fortsetzung des ungeteilten Abschnitts der Innenstränge und endigt, wie schon oben gesagt, nach alhiiähhcher koni- scher Verschmälerung zu Anfang des 5. Segmentes, der andre (Fig. 4 vvb) dagegen entfernt sich ventrilaterad von der Prinzipalachse des Körpers. Dieser letztere Teilstrang nun tritt im 4. Segmente mit schmaler Basis an die Epidermis dorsal von den Lateralsträngen (Fig. 4 lat), an die er sich dabei breit anlegt, um mit ihnen zunächst an der Basis, weiter caudad aber an der ganzen Berührungsfläche zu verschmelzen, ohne indessen eine dauernde Verstärkung derselben hervorzurufen. Die abdominalen ventralen Subepidermalstränge stehen bei Or- chesella cincta (Linne) nur an dieser einzigen Stelle im 4. Abdominal- segment mit den Innensträngen in Verbindung, und zwar durch Ver- mittlmig der Lateralstränge. 126 (Günther Quiel, Nachdem im vorhergehenden die lieziehmigen zwischen den sub- epidermalen und den inneren Fettkörperbildungen auseinandergesetzt worden sind, ist es angezeigt, auf die wenigen Angaben der Literatur über den (xegenstand einzugehen. Die Mitteikmgen von Philiptschenko [06] über die Dorsalverbindungen habe ich bereits besprochen ; genaueres über diese vermißt man bei den sonstigen Autoren. Ganz unbestimmt sind die Bemerkungen von Ferxald [90] über den abdominalen Fettkörper hei Anurida maritima (Guerin); er sagt: »In the abdomen the limits of the fat body are more indefinite and it seems to occupy the greater part of the body cavity, attaching itself at raany points to the hypodermis <<. >>Inthe first abdominal segment it consists of a large mass lying on each side of the gut, and pressing against it, but having no prolongations to the outer surface of the body<<. Aus diesen Sätzen ist nur so viel zu entnehmen, daß Anurida maritima (Guerin) dadurch von OrcheseUa cincta (Linne) abweicht, daß ihr die Dorsal- verbindung im 1. Abdominalsegment fehlt. Auch Prowazek [00] beschränkt sich auf die kurze Bemerkung über das »reticuläre Gewebe <<: >>Bei Aexisotoma hat es keine so charak- teristische, wenn auch gut ausgeprägte Anordnung wie bei der Macro- toma, die in dieser Hinsicht wiederum mehr dem Achorutes ähnelt, denn hier sondert es sich auf der Ventralseite vornehmlich in drei Teile und springt in der Gegend des Enddarmes in ganz auffallender Weise von den Gegenseiten zapfenartig weit vor«. Immerhin lassen sich hieran schon etwas w^eitergehende Vermutungen knüpfen. Bei Acho- rutes viaticus Tullberg — denn dies ist die von Prowazek untersuchte Art — könnten die erw^ähnten drei Teile vielleicht die beiden Lateral- stränge und die durch die beiden Ventralstränge mid den Medialstrang gebildete Masse darstellen, und es könnten ferner die zapfenartigen Vorsprünge der stark wulstig entwickelten Partie der Ventralstränge (Fig. 2 ven^r) bei OrcheseUa cincta (Linne) entsprechen, welche aller- dings bei dieser Art nicht, wie Prowazek für jene angibt, in der Gegend des Enddarmes, sondern in der des Mitteldarmes (Fig. 2 m.d) liegt. Wenn schon durch letzterwähnten Umstand diese Homologien unsicher werden, so ergeben sich weitere Bedenken und Schwierigkeiten daraus, daß Prowazek Macrotoina zum Vergleiche heranzieht, die von Sommer [85] untersucht wurde. Sommer [85] erwähnt für Macrotoma jjlumbea (Linne) im Texte zwar lediglich die Tatsache des Zusammenhangs der reticulären Schicht mit den Excretionsorganen, bildet aber ([85] Taf. 34 Fig. 5, 6) zwei »Querschnitte durch das Tier aus dem mittleren Teile des Abdomen« Anatomische Untersuchungen an C'ollenibolen. 127 ab und bemerkt dazu in seiner Erklärung der Abbildungen: »ß', wulst- föruiige Körper zu beiden Seiten des Darmes verlaufend mit Konkre- tionen, in Fig. 5 den Zusammenhang mit der am Integument liegen- den retikulären Schicht (R) zeigend«. In der Tat sieht man auf dem einen Schnitte ([85] Taf. 34 Fig. 5 R) zwei große Vorsprünge des reti- culären Gewebes von der Ventralseite an die lateralen Wände des Mittel- darmes aufsteigen; auf dem andern Schnitte ([85] Taf. 34 Fig. 6 R^) befinden sich an der Stelle der Dorsalenden dieser Vorsprünge die Querschnitte der Excretionsorgane, die hier keinen Zusammenhang mit dem reticulären Gewebe zeigen, ebenso wie dieses auch keine Vor- sprünge erkennen läßt. Nun könnte man erstens im Hinblick auf Prowazeks [00] oben zitierte Äußerung annehmen, dieser halte die zapfenartigen Vorsprünge bei Achorutes viaticus Tullberg für Homologa der von Sommer [85] für Macrotom.a plumbea (Linne) dargestellten Vorsprünge und hätte bei der ersteren Art einen ebensolchen Zusammenhang zwischen Innen- und Subepidermalsträngen beobachtet, wie Sommer bei der letzteren, eine Annahme, die, wie die Vergleichung der Verhältnisse von Orche- sella cincta (Linne) und Macrotoma plumbea (Linne) zeigen wird, die oben versuchte Homologisierung der Fettkörperteile bei Orchesella cincta (Linne) und Achorutes viaticus Tullberg recht zweifelhaft machen würde, gegen die aber wieder wie dort der Umstand spricht, daß Prow^azek [00] die zapfenartigen Vorsprünge in die Enddarmgegend verlegt, Sommers Abbildung ([85] Taf. 34 Fig. 5) aber einen Mittel- darmquerschnitt zeigt. Man könnte zweitens daran denken, die von Sommer [85] bei Macrotoma plumbea (Linne) beobachteten Vorsprünge mit der wulstigen Partie der Ventralstränge (Fig. 2yen^r) von Orchesella cincta (Linne) zu homologisieren, da beide in ihrer Lage im »mittleren Teile des Ab- domen« in der Mitteldarmregion übereinstimmen; dann würde sich aber daraus eine Schwierigkeit ergeben, daß in diesem Falle die Innen- stränge bei Macrotoma plumbea (Linne) im >> mittleren Teile des Ab- domen« eine ventrale Verbindung mit den Subepidermalsträngen, und zwar den Ventralsträngen zeigen würden, während bei Orchesella cincta (Linne) nur eine ventrilaterale Verbindung (Fig. 4 vvb) hinter der Mitte des Abdomens im 4. Segmente besteht, überdies nicht mit den Ventral- strängen, sondern mit den Lateralsträngen (Fig. 4 lat). Man kann das Gesagte wohl dahin zusammenfassen, daß eine Ho- mologie der zapfenartigen Vorsprünge Prowazeks [00] bei Achorutes viaticus Tullberg und der von Sommer [85] für Macrotoma plumbea 128 Günther Quid, (Linne) abgebildeten Vorsprünge weder untereinander noch mit der wulstigen Partie der Ventralstränge bei OrcheseUa cincta (Linne) mit einiger Sicherheit angenommen werden kann. Fettkörper und Muskulatur der Furcula. Wie oben gesagt, enden die ventralen Subepidermalstränge des Abdomens vor der Furculabasis. Der subepidermale Fettkörper des Abdomens steht demnach mit dem Fettkörper der Furcula in keiner Verbindung; letzterer stellt vielmehr topographisch ein selbständiges Gebilde dar, das in der Hauptsache im Manubrium liegt, während in den Dentes nur schwache Andeutungen subepidermalen Fettgewebes sich finden, die im folgenden nicht berücksichtigt werden sollen. Die Anordnung des manubrialen Fettkörpers ist nun bedingt durch die im jManubrium vorhandenen Muskeln. Ich muß daher nähere Mit- teilungen über diese hier einschieben und knüpfe daran Bemerkungen über ihre mutmaßliche Funktion, die hier ihren Platz finden mögen, wenn ich auch eine zusammenhängende Darstellung der Mechanik der Furcula in dieser Arbeit noch nicht geben will. Zunächst sei bemerkt, daß alle Muskeln des Manubriums vollstän- dig in diesem liegen. Die ganz allgemein gehaltene Angabe von Haase [89], daß in das »Basalstück (Manubrium) der Sprunggabel << »starke Muskelzüge hineintreten«, ist daher wenigstens für Orchesella cincta (Linne) unrichtig. Haase wiederholt damit übrigens nur eine offenbar falsche Mitteilung bei v. Olfers [G2], der von »duobus fasciculis mus- culorum, in dentibus insertis, per manubrium ad dorsum animalculi, distentis« spricht. Auch für Orchesella cincta (Linne) zutreffend sind dagegen Haases [89] Bemerkungen: »Bei keiner der untersuchten Formen treten Muskeln in die Arme hinein; so sind auch die Gabel- spitzen (Mucrones) unbeweglich«, d. h. nicht willkürhch beweglich gegen die von Haase als »Arme« bezeichneten Dentes. Das Manubrium wird nun in seiner ganzen Ausdehnung von einem Paare von Längsmuskeln (Taf. VI, Fig. 5, 6, 7, 8, 9, 10 hn) durchzogen, die überall seiner caudalen — man beachte das oben über Lagebezeich- nungen an der Furcula Gesagte — Wandung innen anhegen. Diese Längsmuskeln setzen am proximalen Teile der Caudalwand jederseits der Mittellinie nebeneinander an (Taf. VI, Fig. 10 Imhs) und verlaufen dann auch distad zunächst (Taf. VT, Fig. 10, 9, 8, 7 Im) parallel neben- einander als ansehnliche Muskeln bis etwa zur Mitte des Manubriums (Fig. 10 man). Von hier aus divergieren sie dann (Fig. 6, 5 Im), um ein Anatomische Untersuchungen an CoUembolen. 129 wenig proximad von der Basis der Dentes an den schmalen Lateral- fläclien des Manubriums zu inserieren. Diese divergierenden Abschnitte der Muskehl verjüngen sich distad alhnähhch. Diese Längsmuskeln des Manubriums von Orchesella cincta (Jjinne) sind sicherhch homolog den von Lubbock [70, 73] für Sminthurus fuscus (Linne) angegebenen Manubrialmuskeln. Lubbock ([70] Taf. 45 Fig. 11 s^, [73] Taf. 57 st) bildet nur den rechtsseitigen Muskel ab; seine Zeichnung läßt erkennen, daß der Muskel von Sminthurus fuscus (Linne) in bezug auf Lage, Verlauf und Insertionsstellen sich ganz ähnlich dem oben beschriebenen von Orchesella cmcta (Linne) verhält. Willem [99] führt den in Rede stehenden paarigen Muskel als »muscle ( intraf emoral) raidisseur du tibia«, »muscle divaricateur du ramus <<, >> muscle ecarteur de la brauche de la f urca « auf und gibt für Isotoma viridis (Bourlet) ([99] Taf. 8 Fig. 2) und Sminthurus fuscus (Linne) ([99] Taf. 12 Fig. 8) Abbildungen. Die von Prowazek [00], der eine »etwas schematisierte Darstel- lung der wichtigsten Muskeln des Abdomens der Isotoma << grisea Lubbock gibt ([00] Taf. 2 (23) Fig. 59), abgebildeten manubrialen Längsmuskeln, welche weder nach ihrer Lage noch nach ihrer Anzahl mit denen von Orchesella cincta (Linne) und Sminthurus fuscus (Linne) übereinstimmen, will ich hier nicht zum Vergleiche heranziehen, da es sehr zweifelhaft erscheint, ob Prowazeks nicht sehr genau angefertigte, im Texte gar nicht erwähnte Zeichnung die Verhältnisse zutreffend wiedergibt. Dagegen möchte ich die eben schon erwähnten duo fasciculi mus- culorum bei v. Olfers [62] mit den manubrialen Längsmuskeln identi- fizieren. V. Olfers begeht jedoch einen doppelten Irrtum, einmal in- dem er die Muskeln aus dem Manubrium heraustreten und am Rücken inserieren läßt, dann indem er meint, sie hülfen bei der >>extensio<>Bei den Formen mit höher ent- wickeltem Sprungapparat wird die Gabel vom lebenden Tier in der Ruhe nach vorn umgeschlagen und in dieser Lage außer durch die Kon- traktion der Beugemuskeln noch oft durch den Widerstand des meist am dritten Segment liegenden leierförmigen, außen gezackten Häkchens (Hamulus) gehalten, das zwischen den Armen vor das Manubrium tritt«. Das Tier kann also aus dieser Lage die Furcula nicht ohne weiteres zum Absprunge ventricaudad herabschlagen, da die Dentes an den late- rad gerichteten Zähnchen des Retinaculums (Hamulus, Taf. VI, Fig. 12) eine Hemmung erfahren. Kontrahiert das Tier jedoch die manubrialen Längsmuskeln, so können die Dentes, die infolge ihrer Drehmig nach den Seiten zwischen sich nunmehr einen größeren Abstand freilassen, jederseits ungehindert an diesen Zähnchen vorbeistreichen. Ähnlich liegen die Verhältnisse mit bezug auf den Ventraltubus, Anatomische Untersuchungen an Collembolen. 131 wenigstens bei OrchescIIa cincta (Linne), wo »the terminal branches reach about to the posterior end of the thorax« (Lubbock [73]), die Dentes also jederseits den lateralen Tubuswänden anliegen. Zunächst sind, wenigstens wenn die Tubusbläschen ausgestülpt sind, die distalen Tubusteile etwas breiter als die proximalen; man vergleiche hierzu die Abbildungen, die Hoffmann ([04] Fig. 1,2) für den Ventraltubus von Tomocerus plumbeus (Linne) gegeben hat. Dieser Umstand würde zusammen mit der Reibung, die die Dentes an den Tubuswänden bei ihrer ventricaudalen Bewegung erfahren müßten, die Sprungbewegung der Furcula, wenn auch vielleicht nicht direkt hemmen, so doch be- hindern und verlangsamen und dadurch die Stärke des Abstoßes und mit ihm Weite und Höhe des Sprunges beeinträchtigen. Die erwähnte Reibung wäre besonders wirksam durch die an den Caudalflächen der Dentes ausgebildeten Querfältchen, Chitindörnchen und gefiederten Borsten, alles Cuticularbildungen, die noch dazu der Bewegungsrich- tung der bewegt gedachten Tubusflächen gegen die unbewegt gedachten Dentes entgegengerichtet sind. Letzterer Umstand würde auch die Gefahr mit sich bringen, daß Fältchen und Dörnchen abgeschliffen, Borsten abgebrochen werden könnten, was, da alle diese Bildungen Vorrichtungen zur Verhinderung des Ausgleitens auf der Absprung- fläche sind, auf eine Verringenmg der Zuverlässigkeit und des Gebrauchs- wertes der Furcula hinausliefe. Alles dies wird nun vermieden durch die laterale Drehung der Dentes, da diese hierdurch von den Tubus- flächen abgehoben werden und in gehöriger Entfernung von diesen eine hindernisfreie Bahn für ihre Bewegung finden. Zusammenfassend kann also gesagt werden, daß die Längsmuskeln des Manubriums die Aufgabe haben, die Dentes laterad zu drehen, um sie dadurch in erster Linie aus ihrer Verankerung am Retinaculum auszuhaken, dann aber auch der Behinderung durch den Ventraltubus zu entziehen. Diese durch Kontraktion der Muskeln bewirkte Be- wegung der Dentes muß das Tier als vorbereitende Handlung jedesmal der Sprungbewegimg vorausschicken. Die Veränderung in der gegenseitigen Stellung von Manubrium und Dentes vor dem Sprmige muß ferner auf den Sprungakt selbst ge- wisse Nebenwirkungen haben, von denen zwei hier hervorgehoben seien. Beim Absprunge ist als Abstoßfläche von der Unterlage ein gleich- schenkhges Trapez anzusehen, dessen Schenkel die Mucrones, vielleicht zunächst zusammen mit den Distalenden der Dentes, sind, das aber während der Abstoßbewegung an Höhe abnimmt und schheßhch im 9* 132 Günther Quiel, letzten Augenblick vor dem Abschnellen des Tieres in eine Gerade über- geht, die die Spitzen der Mucrones miteinander verbindet. Das Aus- einanderrücken der Mucrones durch die Drehbewegung der Dentes vor dem Sprunge bedeutet nun eine Verlängerung sowohl der Grundlinien des Trapezes wie der Geraden, d. h. eine Verbreiterung der Abstoßbasis (Taf. VI, Fig. 11). Diese Verbreiterung aber vermindert die Gefahr des seitlichen Umkippens des Tieres während des Abstoßes und kommt daher der Sicherheit und daneben der Höhe des Sprunges zugute, da naturgemäß die Ebene der Sprungbahn ungefähr zu der erwähnten Geraden senkrecht stehen wird. In der Verbreiterung der Absprung- basis sah übrigens Nicolet [42], der die Seitwärtsbewegung der Dentes vor dem Sprunge anscheinend am lebenden Tiere beobachtet hat, den Zweck dieser Bewegung; er sagt darüber: »Dans l'action du saut, les filets terminaux . . . s'ecartent afin d'offrir un point d'appui plus large«. Dieser für den Sprungakt vorteilhaften Nebenwirkung der Dens- bewegung steht eine andre gegenüber, die sich gerade im entgegen- gesetzten Sinne geltend machen muß. Durch die Drehung der Dentes nach den Seiten werden diese zur Mittelachse der Furcula schräger gestellt (Fig. 11). Dies bedeutet aber eine Verkürzung der Gesamtlänge der Furcula. Da nun erfahrungsgemäß Formen mit kurzer Furcula wie z. B. Achorutes sehr viel schlechtere Springer sind als die mit langer Furcula wie die Entomohryidae, mithin die Sprungkraft mit der Länge der Furcula zunimmt, ist die in der erwähnten Weise verkürzte Furcula nicht so leistungsfähig, me sie es wäre, wenn sie die Länge, die sie in der Ruhelage hat, beim Sprunge behalten könnte. In dieser Beziehung wirkt also die nicht zu umgehende Bewegung der Dentes vor dem Sprunge nachteihg, wenngleich auch wohl nur in sehr geringem Grade. Nachdem im vorhergehenden Lage und Funktion der manubrialen Längsmuskeln besprochen worden sind, ist noch die Frage zu erör- tern, auf welche Weise die durch diese Muskeln bewirkte Bewegung der Dentes rückgängig gemacht wird, wenn das Tier die Furcula in die Ruhelage zurückbringt. Ein Muskel, der als Antagonist gegen die Längsmuskeln wirken sollte, müßte (vgl. Fig. 11) im proximalen Teile des Manubriums an die Wandung desselben entweder, wenn er unpaar wäre, in der sagit- talen Mittelebene, oder, wenn er paarig wäre, an behebiger Stelle laterad von dieser ansetzen; seine andre unpaare oder paarige Insertionsstelle müßte an den medialen Teilen der beiden Densbasen liegen, etwa dort, wo letztere sich in der Medianebene berühren. Wie ohne weiteres er- Aiiiitüinisclu' Untersuchungen an CoUenibolen. 133 sichtlich, würde dieser Muskel durch seine Kontraktion eine Drehung der Deutes im entgegengesetzten 8inne, nämlich mediad, bewirken. Ein solcher Muskel ist nun im Manubrium nicht vorhanden, vielmehr sind die beiden Seitwärtsdreher der Dentes dessen einzige Längsmus- keln. Die Gegenkraft gegen sie muß daher eine andre als Muskel- kraft sein. Als solche scheint lediglich die Elastizität der Chitincuticula in Betracht zu kommen. Wie oben gesagt, können die Längsmuskeln un- mittelbar nur eine Bewegung der Teile des Manubriums gegeneinander bewirken. Diese wäre immöglich, wenn die Cuticula desselben starr wäre. Für das Funktionieren der Muskeln ist daher die Elastizität des manubrialen Chitins eine notwendige Voraussetzung. Wie ebenfalls bereits oben besprochen worden ist, besteht die Be- wegung der Teile des Manubriums gegeneinander darin, daß die Distal- ecken der von ihm dargestellten »viereckigen Platte« (Haase [89]) gleichzeitig seiner Basis und seiner Längsachse genähert werden. Hier- durch muß offenbar eine Form Veränderung des Manubriums eintreten. Seine lateralen Wände, in geringerem Maße vielleicht auch die rostrale und caudale AVandung, müssen sich infolge der Verkürzung der Seiten- teile des Manubriums in flacher Wölbung nach außen vorbiegen (Fig. 11). Diese Wölbung müssen sie, solange die Muskeln kontrahiert sind, auch beibehalten. Sie verhalten sich in diesem Zustande wie ein ge- spannter Bogen, indem sie infolge ihrer Elastizität das Bestreben haben, wieder ihre gestreckte Form anzunehmen. Sobald daher die Muskeln erschlaffen und infolgedessen der zwingende Zug aufhört, kehren sie aus der gekrümmten in die gerade gestreckte Lage zurück (Fig. 11). Dadurch nehmen die Seitenteile des Manubriums ihre frühere Länge wieder an und schieben dabei jederseits die lateralen Teile der Dens- basen distad und laterad vor sich her, die Dentes drehen sich um ihre Basis mediad und kehren in die Lage, die sie vor der Muskelkontraktion innehatten, zurück. Damit hat die Furcula wieder die Form ange- nommen, die sie vor dem Sprunge in der Ruhelage hatte. AVie aus vorstehendem hervorgeht, ist das Chitinskelet der Fur- cula in seinem Verhalten einer selbstschheßenden Pinzette zu verglei- chen. Beide zwingen ihre durch äußere Einmrkung, die im einen Falle in dem Zuge der manubrialen Längsmuskeln, im andern im Drucke der Hand besteht, voneinander entfernten Arme (Dentes) durch die ihnen innewohnende Federkraft selbsttätig wieder in die urspüngliche Lage zurück, sobald die Einwirkung von außen aufhört. Wann die Dentes ihre gewöhnliche Stelkmg wieder einnehmen, 134 Günther Quiel, ist schwer festzustellen. Es könnte dies geschehen, sowohl nachdem die Furcula wieder eingeschlagen, als auch während sie noch ausgestreckt ist. Im ersten Falle würden die Dentes zunächst laterad von Retina- culum und Ventraltubus liegen und dann beim Erschlaffen der Längs- muskeln sich mediad unmittelbar an die seithchen Kerben des Retina- culums und an den Ventraltubus anlegen, ohne vorher mit diesen bei- den Ventralanhängen in Berührung zu kommen. Im zweiten Falle dagegen würden beim Einschlagen der Furcula die einander bereits genäherten Dentes am Retinaculum und am Ventraltubus jederseits entlangstreichen müssen. Ein solches Verhalten nimmt Hoffmann [04] für Tomocerus plmnheus (Linne) an; er sagt vom Ventraltubus dieser Art: »Auf den lateralen Flächen des Tubus finden sich weder Schuppen noch Borsten. Ich vermute, daß erstere zwar bei jeder Häu- tung angelegt, jedoch sehr bald durch die scheuernde Bewegung der sich einschlagenden Springgabel entfernt werden«. Bedenken gegen diese zweite Möghchkeit könnten mit dem Hin- weise begründet werden, daß oben die Unzweckmäßigkeit eines solchen Scheuerns betont und die Aufgabe der manubrialen Längsmuskeln gerade darin gesucht wurde, das Scheuern zu vermeiden. Indessen darf man nicht vergessen, daß beim Einschlagen der Furcula die Verhältnisse wesentlich anders zu beurteilen sind als beim Ausstrecken derselben. Während beim Ausstrecken jede Reibung vom Übel ist, weil sie die Be- wegung der Furcula verlangsamt und abschwächt und so auf die Kraft des Sprunges ungünstig wdrkt, ist beim Einschlagen, w^o es weder auf Schnelhgkeit noch auf Wucht der Bewegung ankommt, eher das Vm- gekehrte der Fall. Auch die Borsten, Dörnchen und Fältchen der Dentes können beim Einschlagen während des Entlangstreichens an den Tubus- seitenflächen weder hindern noch in die Gefahr einer Beschädigung kommen, da sie dabei umgekehrt wie beim Ausstrecken mit der Be- wegungsrichtung der Tubusflächen gegen die Dentes gleichgerichtet sind. Die Zähnchen am Retinaculum (Taf. VI, Fig. 12) bilden, wie ihre Gestalt zeigt, ebenfalls kein Hemmnis für die Dentes beim Einschlagen. Jeder Ast des ähnlich der Furcula gabelig zweiarmig entwickelten Retina- culums trägt an seiner lateralen Kante bei Orchesella cincta (Linne) vier solche Zähnchen, während die mediale Kante vollkommen glatt ist. Jedes Zähnchen bildet im Profil etwa ein stumpfwinkliges Dreieck; von dessen dem stumpfen Winkel anliegenden Seiten stellt die längere die Basis des Zähnchens, die kürzere die proximale und endUch die dem stumpfen Winkel gegenüberliegende Seite die distale Profilhnie des Zähnchens dar. Übrigens ist, wie die Abbildungen von Haase Anatomische Untersuchungen an C'oUenibolen. 135 ([89] Taf. 14 Fig. 5) für Isotoma palustris (Müller) und von Prowazek ([00] Taf. 1 (22) Fig. 18) für Isotoma grisea Lubbock zeigen, bei diesen Arten die Gabelung und Zähnelung des Retinaculums ganz ähnlich wie bei Orchesella cincta (Linne); besonders Prowazeks Figur zeigt deut- lich die Vierzahl und charakteristische Form der Zähnchen. Der be- zahnte Rand (Fig. 12) ähnelt einer Säge und läßt ^vie diese ein Ent- langgleiten nur in einer Richtung zu, indem in der entgegengesetzten die Zähnclien widerhakenartig wirken. Letztere Richtung ist die nach dem Distalende des Retinaculums; daher müssen, wie gesagt, die Dentes vor dem Sprunge vom Retinaculum entfernt Werden, um ventrad be- wegt werden zu können. In der Richtung vom Distalende zur Basis des Retinaculums dagegen könnten die Dentes, ohne erheblichen Wider- stand zu finden, über die Zähnclien hinweggleiten. Man würde sich vorzustellen haben, daß die Dentes dabei dank dem federnden Chitin- skelet der Furcula dem Drucke nach außen nachgebend leicht aus- einanderweichen, bis sie die Spitze eines Zähnchens passiert haben, und dann elastisch in die folgende Kerbe einschnappen, und zwar wahrscheinlich mit den von Willem [99] festgestellten »arretes tran- chantes portees interieurement par les bases des dentes«, deren einen er als »dent d'arret correspondant aux crans du retinacle« für Smin- thurus fuscus (Linne) abbildet ([99] Taf. 12 Fig. 8). Aus alledem geht hervor, daß die Notwendigkeit einer Entfernung der Dentes von den Ventralanhängen vor dem Ausstrecken der Fur- cula der MöglicBkeit einer AViederannäherung der Dentes vor dem Einschlagen durchaus nicht widerspricht, viehnehr beides sich sehr wohl vereinigen läßt. Im Anschluß hieran sei noch kurz darauf hingewiesen, daß das eben erwähnte, durch die Federkraft des Cuticularskelets bemrkte Einschnappen der Dentes in die Kerben ein Mittel darstellen würde, um ohne Anwendung von Muskelkraft eine feste Verankerung der Furcula am Retinaculum zu gewährleisten, und ferner, daß die Be- ziehungen zwischen Furcula und Retinaculum in Wirkhchkeit ver- wickelter sind, als sie hier dargestellt wurden, da auch das Retina- culum durch eine eigene Muskulatur (Taf. VI, Fig. 3, 16 mii, rm^) be- weglich ist, ein Umstand, der bei einer Darstellung der Mechanik der Furcula wird berücksichtigt werden müssen. Außer dem Längsmuskelpaare sind im Manubrium noch einige Muskeln vorhanden, die den Innenraum in verschiedenen Richtungen senkrecht zur Längsachse durchsetzen. Zunächst ist ganz an der Basis des Manubriums ein sehr schwacher 136 Günther Quiel, Muskel (Taf. VI, Fig. 8, 10 q))i) entwickelt, der parallel der Perlateral- achse verlaufend rechts und links an den Seitenwänden des Manubriums ansetzt. Infolge seiner Kleinheit entgeht er besonders auf Sagittal- schnitten, wo er quer geschnitten wird, sehr leicht der Beobachtung. Weit stärker sind zwei Muskelgruppen ausgebildet, die der pro- ximalen Hälfte des Manubriums angehören und sich aus breiten band- artigen Zügen zusammensetzen. Die strichförmigen Ansatzstellen dieser Bänder an der Cuticula sind parallel der Längsachse des Manubriums orientiert. Daher erhält man auf Sagittalschnitten der Furcula (Taf. VI, Fig. 10) Quer- oder Flächenschnitte der Muskelbänder, auf Querschnit- ten der Furcula (Taf. VI, Fig. 6, 7) dagegen schmale Längsschnitte der Muskelbänder. Solche Furculaquerschnitte sind sehr geeignet, die Anordnung dieser Muskelgruppen zu zeigen. Ich will daher bei der Beschreibung von den Querschnitten ausgehen und w^erde von den beiden Muskelgruppen, die ich als proximale und distale unterscheide, zunächst letztere besprechen, w^eil sie gewisse Verhältnisse deutlicher erkennen läßt. Die distale Muskelgruppe liegt unmittelbar vor der Mitte des Manu- briums. Ein Querschnitt durch diese Gegend (Taf. VI, Fig. 6) hat etwa die Form eines gleichschenkligen Dreiecks, dessen Basis die Caudalfläche und dessen beide Schenkel die dachartig gewölbte Rostralfläche des Manubriums liefert. Dieses Dreieck erscheint nun durch die Muskehi in drei Teile geteilt. Es geht nämlich jederseits von einem Punkte etwas über der Mitte der Schenkel ein stärkerer Muskel (Fig. 6dism^) aus. Beide Muskeln treffen miteinander und mit zwei schwächeren, nebeneinander von der Basismitte aus zwischen den quergeschnittenen Längsmuskeln (Fig. 6 l)>i) mit der Höhe des Dreiecks aufsteigenden Muskeln (Fig. 6 dism^) auf letzterer in einem Punkte zusammen, der von den drei Ansatzstellen ungefähr gleich weit entfernt ist. In ihrem Treffpunkt bilden die vier Muskeln eine gemeinsame Sehne. Da man ein ähnliches Bild auf einer Anzahl aufeinanderfolgender Querschnitte erhält, müssen, wie bereits bemerkt, alle vier Muskehl als breite Bänder ausgebildet sein, wovon man sich unmittelbar auf Sagittalschnitten (Taf. VI, Fig. 10) überzeugen kann. Auf diesen erblickt man schiefe Querschnitte der beiden stärkeren (Fig. 10 dism'^), Flächenschnitte der beiden schwächeren Muskeln. Die proximale Muskelgruppe, die etw'a in der Mitte zwischen Ma- nubriumbasis und distaler Gruppe liegt, zeigt nun fast die gleichen Ver- hältnisse, insbesondere mit bczug auf die von der dachartigen Eostral- f lache des Manubriums ausgehenden beiden stärkeren Muskeln (Taf. VI, Anatomische Untersuchungen an Collenil^olen. 137 Fig. 7, 10 prxm). Sie unterscheidet sich nur dadurch, daß von der Basis- mitte des Querschnittdreiecks nicht ein deutUcher paariger Muskel auf- steigt wie bei der distalen Gruppe. Viebiiehr wird die Verbindung der gemeinsamen »Sehne mit der Caudalfläche des Manubriums nur durch ein sehr dünnes, anscheinend paariges Faserband (Fig. 7 fs) vermittelt, so dünn, daß es kaimi gelingt, sich auf Querschnitten von seiner Exi- stenz zu überzeugen, während auf günstigen Sagittalschnitten sich die Fasern deutlich erkennen lassen. Ob diese Fasern auch hier musku- löser Natur sind oder nicht, muß ich dahingestellt sein lassen. In der Literatur ist über die Quermuskeln so gut wie nichts er- wähnt. Nur Prowazek ([00] Taf. 2 (23) Fig. 59) deutet auf seiner schon oben erwähnten flüchtigen Skizze der Muskulatur von Isotoma grisea Lubbock einen Quermuskel im Manubrium an; er hat offenbar eine der beiden eben beschriebenen Muskelgruppen beobachtet. Über die Funktion der Quermuskeln sei hier nur bemerkt, daß sie wie die Längsmuskehi unmittelbar nur Formveränderungen des Manubriums veranlassen können. Diese Veränderungen dürften in Zusammenhang zu bringen sein mit den Beziehungen zwischen der Ftircula mid der Ventralfurche des Abdomens, in der die Furcula in der Ruhelage eingebettet ist. Auch wäre zu erwägen, w4e sich das Zu- sammenarbeiten der Längs- und Quermuskeln gestaltet. Doch soll an dieser Stelle hierauf nicht weiter eingegangen werden, sondern in der durch die Beschreibung der Manubrialmuskeln unterbrochenen Besprechung des manubrialen Fettkörpers fortgefahren werden. Alle Teile des manubrialen Fettkörpers sind subepidermal. Los- gelöste innere Stränge fehlen, wie es bei dem geringen Rauminhalt des Manubriums natürlich ist. Für die Beschreibung erscheint es bequem, ähnlich wie beim ab- dominalen Fettkörper, die einzehien Längsstränge nach ihrer Lage zu benennen. Solcher Längsstränge lassen sich drei unterscheiden, zwei Lateralstränge und ein unpaarer Medialstrang. Ein Bedenken gegen diese Bezeichnungen könnte daraus hergeleitet werden, daß eine Ver- wechselung der Stränge der Furcula mit den gleichbenannten des Abdomens oder umgekehrt vorkommen könnte, indessen vermag man, wo die Gefahr eines Mißverständnisses naheliegt, die Möghchkeit eines solchen in einfachster Weise zu beseitigen, indem man den Körperab- schnitt, dem der betreffende Strang angehört, zu dessen Benennung hinzufügt und also z. B. von den Lateralsträngen des Manubriums, dem Medialstrange des Abdomens usw. spricht. 138 Günther Quid, Die beiden Lateralstränge des Manubriuras beginnen an der Furcula- basis mit einer großen, durch Einschnürung in der Medianebene zweitei- ligen Masse (Taf. VI, Fig. 9, 10 Itbs), die mit zwei Zipfeln noch ein wenig in die Abdoniinalhr)hle hineinragt (Taf. VI, Fig. 8, 9 Itbs). Über die rostrale Oberfläche dieser Masse läuft der schwache basale Quermuskel (Taf. VI, Fig. 8, 10 qm) des Manubriums hinweg. Distad von diesem Muskel teilt sich die Masse vollständig in der Medianebene, so daß zwei getrennte Lateralstränge (Fig. 8 U) entstehen, die die 8eitenkanten des ^lanubriums ausfüllen, während die Mittelbahn der Caudalfläche von den Längsmuskeln (Fig. 9, 8, 7, 6 Im) eingenonnnen wird. Noch weiter distad breiten sich die Lateralstränge (Fig. 7, 6, 5 It) auf der Rostral- fläche aus, bis sie in deren Mittelfirste mit ihren unmittelbar der Epi- dermis anliegenden Teilen zusammenstoßen; ihre dem Innern zuge- kehrten Teile bleiben aber auch hier durch eine mehr oder minder tiefe Furche getrennt. Durch die an der Rostralfläche ansetzenden stärkeren Muskeln (Fig. 7 frxm, Fig. 6 dism^) der beiden Quermuskelgruppen wer- den die Lateralstränge (Fig. 7, 6 It) streckenweise in je zwei Bahnen ge- spalten. Dadurch, daß die Längsmuskeln zunächst (Fig. 9, 8, 1, 6 Im) stärker werden, dann (Fig. 5 Im) nach den Seitenkanten divergieren, werden die Lateralstränge (Fig. 7, 6, 5 It) gegen das Distalende des Manubriums hin mehr und mehr nach der Rostralfläche verdrängt, wo ihre Ausläufer schheßlich an den Basen der Dentes enden. Den durch das Auseinanderweichen der Längsmuskeln freigewor- denen Mittelstreifen der Caudalfläche nimmt der Medialstrang (Fig. 5, 10 mdl) ein, der also auf die distale Hälfte des Manubriums beschränkt bleibt und hier distad an Breite zunimmt, um ebenfalls vor den Basen der Dentes zu enden. Das Verhältnis zwischen Muskulatur und Fettkörper im Manu- brium ist im ganzen derart, daß alle Flächen an der Innenseite des Integunients, die die Muskeln frei lassen, von subepidermaleni Fett- gewebe eingenommen werden. In der Literatur hat der manubriale Fettkörper bisher keine Er- wähnung gefunden. Excretionsorgane. Über die Excretionsorgane der Collembola äußerte sich Willem [99] 1 899 : »Les CoIIeinholes ne possedant ni tubes de Malpighi ni autres organes elirainateurs pouvant y suppleer, le corps adipeux represente le seul Systeme excreteur de leur organisme«. Dieser Satz entsprach den damahgen Kenntnissen vollkommen. Anatomische Untersuchungen an Collcmbolen. 139 Daß die MALPiGHischen Gefäße den Collembola fehlen, war, nachdem zunächst ihr Vorhandensein behauptet worden war (Nicolet [42], V. Olfers [62]), einwandfrei nachgewiesen worden (Lubbock [62, 70, 73], Laboulbene [64], Tullberg [72], Sommer [85], Fernald [90], Heymons [97], Willem [99]). Auch die Rolle des Fettkörpers als Ex- cretionsorgan war gut bekannt (Lubbock [62], Tullberg [72], Sommer [85], Heymons [97], Willem [99]). Während aber in diesen beiden Punkten der Satz Willems auch heute noch als zutreffend anerkannt werden muß, kann der dritte Punkt, nämlich das Fehlen anderweitiger Excretionsorgane außer dem Fett- körper, nicht mehr aufrecht erhalten werden. Zunächst haben 1906 Folsom und Welles [06] für die periodisch erfolgenden Abstoßungen des Mitteldarmepithels eine excretorische Be- deutung in Anspruch genommen. Ferner wurde 1908 von Bruntz [08 b] und Philiptschenko [08, 12 b] die Homologie und Analogie der tubulösen Drüsen des Hinter- kopfes bei den CoUemhola mit den Labialnieren der Thysanura sehr wahrscheinlich gemacht. Endlich gelang es mir, Zellen aufzufinden, die ich nach den histo- logischen Befunden als geschlossene Nephrocyten ansprechen muß, wenngleich der experimentelle Nachweis ihrer excretorischen Funk- tion aus unten näher zu erörternden Gründen bisher nicht gelungen ist. Wir haben also bei den Collembola die Beteiligung von viererlei verschiedenen Elementen an der Excretion in Betracht zu ziehen; diese sind: 1. Labialnieren, 2. Urocyten (Harnzellen) im Fettkörper, 3. Nephrocyten (freie Excretionszellen), 4. Mitteldarmepithel. Während man aber bei den drei ersten die ausschließliche oder hauptsächliche Aufgabe in der Elimination unbrauchbarer Stoffe zu suchen hat, kann diese beim Mitteldarmepithel nur als untergeordnete Nebenfunktion betrachtet werden. Was die drei Arten speziell für die Excretion bestimmter Organe betrifft, so scheint dieser Reichtum an sonstigen Ausscheidungsorganen wohl geeignet, die fehlenden MALPiGHischen Gefäße zu ersetzen; es sei in diesem Zusammenhang an den Satz von Bruntz [08 b] über die Labialnieren erinnert: >>Chez les Insectes, les tubes de Malpighi sont d'autant plus developpes que les reins le sont moins«. Es möge auch darauf hingewiesen werden, daß nach Sulc [11] die vollkommene Rück- 140 Günther Quiel, bildung der ^lALPiOHischen Gefäße bei den Aphiden sich erklären ließe durch Annahme excretorischer Funktion der eigentümhchen Mycetorae. Im folgenden gebe ich eine Darstellung meiner bisherigen Unter- suchmigsergebnisse über die Nephrocyten, die in manchen Punkten eigenartige Verhältnisse zeigen. Nephrocyten. Der Terminus >>nephrocyte« ist hier im Sinne von de Ribaucoukt [Ol] für »toute cellule excretrice ne formaut pas mi appareil et dont l'excretion permanente ou passagere s'opere directement ou indirecte- ment<< im Gegensatz zu »nephridiocyte<<, welche Bezeichnung de Ribaucoukt für die »cellules excretrices de 1' appareil nephridien« an- gewandt wissen will, gebraucht. Es erscheint notwendig, dies zu be- tonen, um Mißverständnisse zu verhindern, die leicht entstehen könnten, da der Ausdruck >)Nephrocyte<< in der Literatur in wechselndem Sinne gebraucht wird. So z. B. wendet Schneider [02, 08] »Nephrocyte« im Sinne von de Ribaucouets >> nephridiocy te << an ; obwohl er in beiden Ar- beiten den Aufsatz von de Ribaucourt im Literaturverzeichnis aufführt, scheint er dessen Definitionen doch nicht beachtet zu haben, da ihrer im Texte keine Erwähnung geschieht. Es ist dies um so merkwürdiger, da Schneider sonst großen Wert auf präzise Nomenklatur legt und, um diese zu erreichen, unbedenklich alte Bezeichnungen, die ihm nicht pas- send erscheinen, durch neue ersetzt, ferner im Vorworte zu seinem »Praktikum« [08] lebhaft Klage über zu geringe Beachtung seiner »Hi- stologie« [02] führt. Für die in dieser Arbeit in Rede stehenden Zellen der Arthropoda hat meines Wissens zuerst Bruntz [04] den Terminus von DE Ribaucourt angenommen und umgrenzt. Über Nephrocyten bei den Collemhola läßt die Literatur jede An- gabe vermissen. Zwar hat Bruntz [08 b] die Vermutung geäußert, daß die von Hoffmann [08] bei Tomocerus plumbeus (Linne) beschrie- benen und als >>Kopfnieren<< bezeichneten Zellmassen »zu beiden Seiten der oberen Schlundganglien << möglicherweise » des amas de nephrocytes << seien, indessen hat Becker [10] nachgewiesen, daß Hoffmanns »Kopf- nieren« in AVirklichkeit die Sinneszellen des Postantennalorgans dar- stellen; damit w^ird natürlich, worauf schon Nabert [13] hinweist, die Deutung der »Kopfnieren« als Homologa der Corpora allata der Ptery- gota durch Hoffmann (und Ehlers) [08] hinfällig, und ebenso ist auch Anatomische Untersuchungen an Collenibolen. 141 der Vermutung von Bruntz [08 b], es liandele sich hier um Nephro- cyten, der Boden entzogen. Daß die Nephrocyten der Collemhola bisher übersehen oder, wie weiter unten auseinandergesetzt werden wird, nicht als solche erkannt wurden, liegt vielleicht an ihrer eigenartigen Lage im Körper. Es sei zunächst eine genaue Beschreibung der in Betracht kommen- den Verhältnisse bei Orchesella cincta (Linne) gegeben und daran dann eine Erörterung einiger Punkte geknüpft, die bei Vergleichung der Nephrocyten der CoIIemboJa mit denen der TJujsanura auffallen. Bei Orchesella cincta (Linne) findet man folgendes: Eigentliche Pericardialzellen fehlen allem Anscheine nach durch- aus, wie überhaupt in der dorsalen Körperhälfte keine Nephrocyten entwickelt sind. Diese sind vielmehr rein ventral gelegen. Bezüglich ihrer Verteilung in den Körperregionen ist festzustellen, daß sie im Thorax und anscheinend auch im Kopfe fehlen, mithin auf das Abdomen beschränkt sind. Diese ventralen abdominalen Nephrocyten sind nun in paarigen Syncytien — es wird an späterer Stelle auf die Frage zurückzukommen sein, ob der Ausdruck >>8yncytien« korrekt ist — symmetrisch zur Medianebene angeordnet, und zwar lassen sich zwei Paare solcher Syncytien beobachten, die als vorderes und hinteres Paar unterschieden werden sollen. Die Lage dieser beiden Paare ist leicht festzulegen, da sie in enger topographischer Beziehung zu den beiden vorderen Ventralanhängen des Abdomens stehen. Das vordere Paar (Taf. VI, Fig. 1 vS) liegt ein wenig caudal von der Basis des Ventraltubus (Fig. 1 i'^), das hintere (Taf. VI, Fig. 3, 16 liS) verhält sich ähnUch zum Retinaculum (Taf. VII, Fig. 16 ret). Irgendeine Beobachtung, die dieser Anordnung mehr als eine nur topographische Bedeutung geben könnte, ließ sich nicht machen. Das vordere Paar (Taf. VI, Fig. 1, Tai. VII, Fig. 13v/S) hegt im 1. (Fig. 13 Abd I), hart an der Grenze des 2., das hintere (Tai. VI, Fig. 3, Taf. VII, Fig. 16 hS) im 3. Abdominalsegment, also jedes Paar in dem Segment, dem der betreffende Ventralanhang angehört. Allerdings gibt ScHÄFFER [96] die Lage des Retinaculums für das 2. Abdominalsegment an, indessen sind alle andern Autoren, z. B. Lubbock [73], Haase [89], UzEL [98], Willem [99], Prowazek [00], Philiptschenko [12 b] über die Zugehörigkeit desselben zum 3. Abdominalsegment einig; im Embryo- nalzustande kann über die Natur des Retinaculums als Ventralanhang des 3. Abdominalsegments kein Zweifel bestehen, wie die Abbildungen, 142 Günther Quiel, die UzEL ([98] Taf. 6, Fig. 88, 89) für Macrotoma vulgaris Tiillberg, Prowazek ([00] Taf. 1 (22) Fig. 9, 11) für Isotoma grisea Lubbock und Philiptschenko ([12 a] Fig. 4) für Isotoma cinerea Nicolet gegeben haben, deutlich zeigen; beim erwachsenen Tier von OrcheseUa cincta (Linne) ist allerdings diese Beziehung schwer zu erkennen infolge der mannigfachen morphologischen Komplikationen, die im Chitinskelet der Ventralseite des Abdomens eintreten, aber man könnte auch hier höchstens im Z^veifel sein, ob das Retinaculum dem 3. oder einem weiter caudad gelegenen Segmente zuzurechnen sei, keinesfalls jedoch käme ein weiter rostrad gelegenes als das 3., also etwa das 2., wie ScHÄFFER [96] meint, in Betracht. A.ußer durch ihre topographischen Beziehungen zu den Ventral- anhängen und Segmenten des Abdomens läßt sich die Lage der Ne- phrocyten genauer bestimmen durch die Stellung, die sie zu ihrer Um- gebmig einnehmen. Hierbei sind dreierlei Bildungen zu berücksichtigen, nämhch der Fettkörper, die Muskulatur und das Nervensystem, letzte- res allerdings nur für das vordere Paar der Nephrocyten. AVas zunächst die gegenseitige Lage von Nephrocyten und Fett- körper betrifft, so ist diese an Hand des oben über dessen Topographie Mitgeteilten leicht auseinanderzusetzen. Das vordere Paar (Taf. VI, Fig. 1 vS) liegt wenig caudal vom Ven- traltubus (Fig. 1 vt), genauer an der Stelle, wo sich die vom Fettkörper des Ventraltubus ausgehende Masse eben in den flachen Medialstrang (Fig. 1 med) und die wulstigen Ventralstränge (Fig. 1 ventr) gesondert hat, wo der Medialstrang noch keine Verminderung seiner Höhe zeigt, wo endlich Ventral- und Lateralstränge (Fig. 1 lai) noch völlig getrennt voneinander verlaufen. In der zwischen diesen beiden klaffenden Lücke nun liegen die Syncytien des vorderen Paares (Fig. IvS), und zwar stützen sie sich mediad an die Lateralfläche der Ventralstränge (Fig. 1 ventr), ventrad auf die sehr niedrige Epidermis (Fig. 1 ep). Mit den Lateralsträngen (Fig. 1 lat) stehen die Syncytien in keiner Berüh- rung. Das hintere Paar (Taf. VI, Fig. 3, Taf. VII, Fio. 16 h S) befindet sich in der Region wenig caudal vom Retinaculum (Fig. 16 ret), wo ein Ausgleich in der Höhe der zu einer zusammenhängenden Masse ver- einigten Subepidermalstränge und eine Konzentration des Fettkörpers nach der Ventralseite, ferner eine schwache Hervorwölbung des Medial- stranges (Fig. 3, 16 med) sich bemerkbar macht. Hier liegen die Syncy- tien des hinteren Paares (Fig. 3, 16 hS) mit ihrer ventralen Hälfte zwi- schen Medialstrang (Fig. 3, 16 med) und Ventralstränge (Fig. 3, 16 ventr) Anatomische Untersuchungen an Collembolen. 1-43 eingesenkt, so daß sie mediad jenem, laterad diesen anliegen. Yentrad stützen sie sich hingegen nicht auf den Fettkörper, sondern auf gewisse Muskehl, welche hier zwischen den erwähnten Strängen durchtreten. Doch soll bei Besprechung der Lagebeziehungen zwischen Nephro- cyten und Muskulatur wiederum zunächst das vordere Paar berück- sichtigt werden. Jedes Syncytium desselben (Tai. VI, Fig. 1, Taf. VII, Fig. 13 vS) tritt in Berührung nur mit einem einzigen Muskel. Dieser Muskel (Fig. 1, 13 msc) findet seine Ansatzstelle auf der inneren Firste einer Querfurche (Taf. VII, Fig. 13, 14, 15 qf) der ventralen Guticula, die anscheinend die Grenze zwischen dem 1. und dem 2. Abdominalsegmente darstellt. Von hier steigt er dorsad auf und verliert sich bald in dem Gewirre der ventralen Längsmuskeln. Dieser kurze Muskel liegt nun lateral von dem Syncytium des vorderen Paares an der betreffenden Körperseite und läuft so dicht an der lateralen Fläche desselben ent- lang, daß er eine leichte Einbuchtung in dieser Fläche erzeugen kann. Bemerkenswerter als diese sind die bereits angedeuteten Beziehun- gen z^^'ischen der Muskulatur und den Syncytien des hinteren Paares. Diese beiden Syncytien (Fig. 3, 16 hS) hegen nämhch mit ihren schmalen Ventralflächen den beiden Muskelzügen (Fig. 3, 16 rm^, rm^) auf, die das Retinaculum (Fig. 16 ret) bew^egen. Diese Muskelzüge setzen im Innern des Retinaculums an, treten von dort aus durch den ventralen subepidermalen Fettkörper jederseits zwischen Medialstrang (Fig. 3, 16 med) und Ventralsträngen (Fig. 3, 16 ventr) hindurch in die Körper- höhle und streben recht stark divergierend laterirostrad. wie es auch LuBBOCK ([70] Taf. 46 Fig. 20 [73] Taf. 61) für {Choreutes =) Tomocerus longicornis (Müller) abbildet. Ihr weiterer Verlauf interessiert hier nicht. Nebenbei sei darauf hingewiesen, daß jeder dieser Muskelzüge nicht einen einheithchen Muskel darstellt, sondern aus zwei recht verschiedenen Muskeln, einem dickeren, cylindrischen (Fig. 3, 16 rm^) mit ovalem bis abgerundet-quadratischem Querschnitt und einem breiten, band- artigen (Fig. 3, 16 riH^), der erst lateral, dann rostral ersterem anhegt und viel mehr proximal als jener im Retinaculum ansetzt, zusammen- gesetzt ist. Ich bemerke dies hier, weil AVillem ([99] Taf. 9 Fig. 5) im Retinaculum von Tomocerus plumheus (Linne) jederseits nur einen >>muscle ecarteur des branches<< abbildet. Die erwähnte Berührung zwischen den Muskeln mid den ventralen Flächen der Syncytien fin- det in der Spalte zwischen dem Medialstrang und den Ventralsträngen statt. Es bleibt noch die Beziehung z^^^schen dem Nervensystem und den Syncytien des vorderen Paares zu besprechen. Diese besteht darin. 144 Günther Quid, daß an der medialen Fläche jedes Syncytiums (Taf. VI, Fig. 1, Taf. VII, Fig. 13, 14, 15 vS) ein latericaudad verlaufender Nervenstrang (Fig. 1, 13, 14, 15 n) entlangläuft. Dieser Nervenstrang geht von dem 4. — das Unterschlundganglion als 1. gerechnet — Bauchganghon (Fig. 1, 13 gangl), dem »ganglion metathoraco-abdominal« "Willems [99] aus, genauer von dem Teile desselben, der den verschmolzenen Abdominalgauglien ent- spricht (>>abdominalganghet<< von Tullberg [72]). AVelchem der nach den Beschreibungen und Abbildungen von Tullberg und Willem von diesem Teile ausgehenden Nerven der in Rede stehende Strang gleichzusetzen ist, möchte ich einstweilen dahingestellt sein lassen. Die Beziehung zwischen Nerv und Syncytium ist rein topographisch. Wie die Vergleichung von Transversal- (Taf. VI, Fig. 1, 3) oder Frontalschnitten (Taf. VII, Fig. 13, 16) zeigt, ist der Abstand von der Medianebene bei den Syncytien des vorderen Paares (Taf. VI, Fig. 1, Taf. VII, Fig. 13 vS) erheblich größer als bei denen des hinteren (Taf. VI, Fig. 3, Taf. VII, Fig. 16 hS). So betrug z. B. bei einem ^, das noch keine reifen Spermatozoen im Hoden hatte, die Entfernung der vorderen Syncytien voneinander 178 //, die der hinteren voneinander dagegen nur 8 //. Bei einem $ mit noch wenig entwickelten Gonaden Avaren die entsprechenden Maße 180 und 21 ii, bei einem andern, eben- falls noch nicht geschlechtsreif en $ 213 und 38//. Diese Maße variieren natürlich nach der Körpergröße und daher nach Alter und Geschlecht des Tieres. Die große Lücke zwischen den beiden vorderen Syncytien (Fig. 1, 13 -üÄ) wird zum großen Teile vom Metathoraco-Abdominal- ganghon (Fig. 1, 13 gangl) eingenommen, dessen Breite an dieser Stelle in den erwähnten Fällen 114, 117 und 125// betrug. AVie bereits oben beschrieben worden ist, kommt die Verschiedenheit der Querentfernun- gen bei den vorderen und hinteren Syncytien in ihren Lagebeziehungen zum ventralen subepidermalen Fettkörper dadurch zum Ausdruck, daß die vorderen (Fig. 1 vS) zwischen Lateral- (Fig. 1 lat) und Ventral- strängen (Fig. 1 ventr), die hinteren (Fig. 3, 16 hS) aber zwischen Ven- tralsträngen (Fig. 3, 16 ventr) und Medialstrang (Fig. 3, 16 med), oder kürzer, daß die vorderen lateral, die hinteren medial von den Ventral- stiängen gelegen sind. Die Lage der Syncytien ist derartig, daß sie mit der Blutflüssigkeit reichlich in Berührung kommen. Bei völlig geschlechtsreifen Tieren ändern sich allerdings die Verhältnisse etwas, indessen möge ein Hin- weis auf die Bemerkung über die Altersstadien in der Einleitmig zum Abschnitt über den abdominalen Fettkörper genügen, welche auch hier- für Geltung hat. Anatomische Untersuchungen an CoUenibolen. 145 Nachdem im vorhergehenden die topographischen Beziehmigen erörtert worden sind, gehe ich nunmehr zur Beschreibung der Be- schaffenheit der Syncytien selbst über. Da das vordere und hintere Paar in dieser Beziehmig keine bemerkUchen Unterschiede aufweisen, bezieht sich das Folgende, wenn nichts andres bemerkt ist, stets auf beide Paare. Jedes Syncytium (Taf. VI Pig. 1, Taf. VII Fig. 13, 14, 16 vS, Taf. VI Fig. 3, Taf. VII Fig. 16 hS) stellt ein in sich abge- schlossenes, gegen seine Umgebung, insbesondere gegen den Fettkprper (Fig. 1 ve7itr, Fig. 3, 16 ventr + med, Fig. 14, 15 fk) scharf abgegrenztes Gebilde dar. Die Form ist etwas wechselnd; sie kann nahezu kugelig sein, besonders beim vorderen Paare (Fig. 13, IbvS), oft ist sie lang eiförmig (Fig. 16 kS rechts), meistens aber etwas miregelmäßiger, indem durch den Druck der anhegenden Organe — Epidermis (Fig. 14 ep), Fettkörper (Fig. 16 ventr), Muskehi — in der Oberfläche des Syncytiums (Fig. livS, Fig. IQhS hnks) flache Dellen mid Furchen erzeugt wer- den. Man muß wohl den Syncytien eine gewdsse Plastizität zuschrei- ben, die ihnen eine Formanpassung an ihre Umgebung ermöghcht. Die Größe der Syncytien variiert auf den ersten Bhck ebenfalls recht beträchtlich. Die selten kreisförmigen, meist ovalen oder ein wenig gelappten Schnittbilder zeigen eine Längenausdehnung zwischen 40 und 80 jii, ihre Breite bewegt sich zwischen 20 und 60 ß. Indessen kann man daraus, daß die Schnittbilder meistens größere Länge mit geringerer Breite und umgekehrt größere Breite mit geringerer Länge vereinigen, schheßen, daß das Veränderhche hauptsächlich die Dimen- sionen und damit die funktionell weniger wichtigen äußeren Formen sind, während der Voluminhalt, der für die Wirksamkeit des Syncytiums hauptsächlich von Bedeutung ist, bei Tieren gleicher Altersstufen einiger- maßen konstant ist, ein Umstand, der besonders deutlich in die Er- scheinung tritt, wenn man homotype Syncytien eines und desselben Individuums nachmißt, imd der ferner ebenfalls die Annahme einer Plastizität der Syncytien nahe legt. Ein interessanter Beleg für das eben Erläuterte sei hier kurz an- geführt. Bei einem ausgewachsenen reifen (^ findet sich bei den Syn- cytien des vorderen Paares eine Abweichung von den normalen Ver- hältnissen, indem statt eines Syncytiums auf der rechten Seite deren zwei (Taf. VII Fig. lovS) vorhanden sind, während auf der linken Seite wie gewöhnhch ein einziges (Taf. VII Yig.livS) ausgebildet ist. Von den beiden rechtsseitigen Syncytien hegt das eine, mehr ventral und rostral gelegene, in der gewöhnhchen Weise dem ventralen sub- epidermalen Fettkörper (Fig. 15 fk) an, das andre stützt sich mit Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 10 146 Günther Quiel, breiter, eben abgeplatteter Fläche auf das erstere und zeigt die vorhin erörterten topographischen Beziehungen zu Muskulatur und Nerven- system (Fig. 15 >(). Beide sind ungefähr gleich groß; Längs- und Querdurchmesser betragen maximal 59 und 42 bzw. 60 und 46 /<. Das einzige Syncytium der hnken Seite dagegen weist als entsprechende Maße 67 und 59 /< auf, also mindestens 7 — 8 f.i mehr. Schätzt man auf Grund dieser Maße die Volumina der drei Syncytien, so gut es geht, ungefähr ab, so ergibt sich, daß das Volumen des linksseitigen der Summe der Volumina der beiden rechtsseitigen recht nahe kommt. Die Begrenzung jedes Syncj^tiums ist durchaus einheitlich und zeigt niemals scharfe Einschnitte. Jedes Syncytium ist von einer deut- lichen feinen Membran (Fig. 16 membr) umgeben. Die Zahl der Kerne ist recht wechselnd; sie ist nicht innner leicht zu ermitteln, da die großen Syncytien auf Schnittserien sich auf mehrere Schnitte verteilt zeigen. Da jedoch ein Schnitt gleichzeitig nie mehr als fünf Kerne aufweist, dürfte deren Höchstzahl sechs oder sieben betragen. Anderseits sind wohl stets mindestens zwei vorhanden. Eine Regelmäßigkeit in der Anzahl der Kerne ist nicht zu erkennen, sie scheint selbst bei homotypen Syncytien eines Individuums oft ver- schieden zu sein. Vom Alter des Tieres ist sie nicht abhängig; so wies z. B. bei einem ganz jungen, fast noch ganz unpigmentierten, kaum 1 mm langen Individuum eines der hinteren Syncytien vier Kerne auf, beim ausgewachsenen Tiere aber kann die Zahl der Kerne sowohl mehr wie weniger als vier betragen. Die Form der Kerne (Taf. VII Fig. 16, 17 h) ist veränderhch, sie kann fast kugelig bis länglich eiförmig sein. Gestalten, die natürlich nicht streng innegehalten werden, insbesondere oft mehr oder minder deuthch zu nierenförmigen Gebilden hinneigen. Die Länge der Kern- schnittbilder schwankt zwischen 10,5 und 13,5//, ihre Breite zwischen 5,5 und 9,5 /<. Auch hier macht sich, wie beim Messen der Syncytien, wenn auch, wahrscheinlich infolge der geringeren Größe der Objekte und der dadurch bedingten größeren Ungenauigkeit der Messungen, in weniger klarer Weise, der Umstand bemerkbar, daß die längeren Kernschnittbilder schmäler, die kürzeren breiter sind. Wie dort ist daraus zu schließen, daß die Kerne bei wechselnder äußerer Gestalt und wechselnden Dimensionen untereinander ein ziemlich gleiches Volumen aufweisen. In betreff der Struktur der von einer sehr zarten Kernmemb ran um- gebenen Kerne (Taf. VII Fig. 16^-) ist zu bemerken, daß jeder Kern viele kleinere und eine Anzahl größerer C*hvomatinbrocken aufweist, die in Anatomische Untersuchungen an Collenibolen. 147 ihrer Verteilung eine Bevorzugung der Kernperiplierie meist nur schwach erkennen lassen. Ein schwächer gefärbter Nucleolus (Fig. 16 ncl) konnte in einigen Fällen beobachtet werden ; auch mehrere Nucleoli scheinen mitunter vorzukommen. Die Lage der Kerne innerhalb des Syncytiums kann verschieden sein. Oft liegen sie dicht beieinander in seinem centralen Teile (Taf. VII Fig. 17), in andern Fällen dagegen lassen sie letzteren frei und zeigen eine gleichmäßigere Verteilung in den peripheren Partien (Taf. VII Fig. 16). Diese Verschiedenheit der Lage dürfte ihren Grund in ver- schiedenen funktionellen Zuständen des Syncytiums haben, die auch im Verhalten des Cytoplasmas, zu dessen Beschreibmig ich jetzt über- gehe, zum Ausdruck kommen. Das Cytoplasma zeigt bei Färbung nach Delafield-van Gieson eine eigentümliche gelbhche bis rötliche Tönung, durch die die Syn- cytien sich stets von allen andern histologischen Elementen, avich vom Fettkörper, scharf abheben. Am auffallendsten ist bei Betrachtung des Cytoplasmas die starke Durchsetzung desselben mit mancherlei Hohlräumen, die eine beträchthche Größe erreichen können. Man er- kennt in ihnen nur wenig undeutlich körnige Massen, im allgemeinen scheinen sie von klarer Flüssigkeit erfüllt zu sein. Bei ihrer stärksten Ausbildung erscheinen diese Hohlräume als w^eite Lacunen (Fig. 16 lac). Von diesen nur durch Größe und Form verschieden und vielfach direkt in sie übergehend sind größere Kanäle (Fig. 16 hm), die die Zwischen- form zwischen den Lacunen und den zahlreichen kleinen Kanälen (Fig. 16 kanch) und Gängen bilden, die das Plasma durchsetzen. Die größeren aller dieser Hohlräume zeigen eine recht scharfe Begrenzmig, die kleineren heben sich oft nur undeuthch ab und gehen scheinbar stellenweise, vne auch die größeren an ihren Enden, unmerklich in das umliegende Plasma über. Bei starker Ausbildmig der großen Lacunen liegen diese meist in der Mitte des Syncytiums und stehen mit mehreren größeren Kanälen in Verbindmig, die sich weit gegen den Rand hin verfolgen lassen (Fig. 16). In diesem Falle nehmen die Kerne, da im Centrum für sie kein Raum ist, die oben an zweiter Stelle erwähnte Lage in den peripheren Partien ein. Sind dagegen die Lacunen nicht vorhanden, sondern nur Kanälchen, so zeigen die Kerne das Bestreben, ins Centrum nahe an- einander zu rücken (Fig. 17). An der Peripherie des Syncytiums zeigen die Kanälchen eine recht regelmäßige Anordnung (Fig. 16), indem ihre Längsachsen auf der Umgrenzungsfläche des Syncytiums mehr oder minder senkrecht stehen, 10* 148 Günther Qniel, was auf eine strahlige Orientierung hinausläuft. Da ferner in dieser Gegend das Cytoplasma einen dichteren Bau zeigt, so entsteht eine gestreifte Randzone (Fig. IQrdz), die sich unter Umständen, und zwar in solchen Fällen, wo im Centrum große Lacunen vorhanden sind, recht deutlich abheben kann; die Kerne (Fig. IG k) liegen dann zwischen der Randzone und den centralen Lacunen. Da die Kanalchen letzten Endes als Lücken im Gerüstwerk des Cytoplasmas aufzufassen sind, bedeutet ihre strahhge Anordnung in der Randzone eine strahlige Anordnung des Gerüstwerkes. Dieses ist in Syncytien mit centralen Lacunen nur an der Peripherie deuthch zu erkennen; fehlen letztere dagegen, so ist es durch das ganze Syncytium verfolgbar und zeigt dann auf günstigen Präparaten einen bemerkens- werten Aufbau. Betrachtet man bei solchen Präparaten den größten Schnitt durch das Syncytium (Taf. VII Fig. 17), so bemerkt man eine Orientierung der Gerüstlinien nicht nach einem Centralpunkt, sondern nach einer Achse, die zugleich die Längsachse des Syncytiums darstellt. Die Hauptrichtung der Gerüsthnien ist dieser Achse parallel. Diese Rich- tung wird jedoch in der Randzone zugunsten der strahhgen Anordnung mehr oder minder stark abgeändert, am wenigsten an den Polen der Achse, am stärksten an dem zu ihr gehörigen Äquator. Dieser Ver- lauf der Gerüstlinien, das Zusammenströmen an einem Pole, die paral- lele Richtung in der Mittelpartie und das Auseinanderweichen am entgegengesetzten Pole, erinnert in gewisser Weise an den Verlauf der Richtungen der Plasmaströmung bei manchen Amöben, wenn diese ohne Aussendung von Pseudopodien durch Dahinfließen der kompakten Körpermasse sich fortbewegen. Eine weitere eigentümhche Beobachtung läßt sich an Anschnitten der Randzone der Syncytien machen (Taf. VII Fig. 18). Auf diesen erscheint das Gerüstwerk in Form stark gewundener, mäandrisch ver- krümmter Linien. Heben und Senken des Tubus bewirkt nicht ein plötzliches Verschwinden dieser Linien und das Erscheinen andrer ähnUcher, sondern nur ein kontinuierliches Übergehen dieser Linien in andre Formen. Das Gerüstwerk ist denmach nicht als ein Faden- werk, sondern als ein Wandwerk aufzufassen; es läßt sich, roh aus- gedrückt, nicht mit einem Badeschwamm, sondern etwa mit einer Morchel vergleichen. Es erübrigt nun noch, die Einschlüsse des Cytoplasmas zu be- sprechen. Solche treten in zwei Formen auf. Einmal kommen sehr kleine, stark färbbare Körnchen vor, die von einem hellen Hofe um- Anatomische Untersuchungen an Collembolen. 149 geben sind. Diese (Tai. VII Fig. 16 kr) konnten nur in einem einzigen Falle gut beobachtet werden, wo sie in Anzahl in einem der hinteren Syncytien und zwar hauptsächlich an einem Ende desselben vorhan- den waren. In allen andern Fällen, wo auf Schnitten ähnliche Körner zu beobachten waren, schien die Möglichkeit nicht vollkommen ausge- schlossen, daß Verunreinigungen des Präparats vorlagen, was indessen wohl nur für einen Teil dieser Fälle zutraf. Immerhin möge es ge- nügen, hier lediglich auf das Vorkommen dieser Körnchen hinzuweisen. Eegelmäßiger auftretend und, w^e sich noch zeigen wird, wichtiger für die Beurteilung der Syncytien sind ge\visse Gebilde (Fig. 16 legi), denen man, da ihre Schnittbilder im allgemeinen kreisrund erscheinen, ungefähr Kugelform zuschreiben muß. Sie können recht klein sein, erreichen aber mitunter auch einen Durchmesser, der der Breite der langgestreckten Kerne entspricht. Sie zeigen gleiche Färbung mit dem Plasmagerüst und erscheinen meist homogen, besitzen aber wohl doch eine Struktur. Ihr Vorkommen scheint einigermaßen Hand in Hand zu gehen mit dem Auftreten centraler Lacunen. Sie zeigen sich in jedem Syncytium nur in mäßiger Anzahl. Nachdem im vorhergehenden die Syncytien eingehend beschrieben worden sind, erhebt sich die Frage, ob diese Gebilde bereits in der Lite- ratur Erwähnung gefmiden haben. Eine Durchsicht der Schriften über die Anatomie der Collemhola nach dieser Richtung ergibt, daß die Syncytien fast von allen Beobachtern mit Schweigen übergangen und demnach wohl übersehen worden sind. Die einzige Ausnahme hiervon findet sich in der Arbeit von Fernald [90]. Hier gibt der Autor bei der Darstellung der Anatomie von Ayiurida maritima (Guerin) eine durch eine Abbildung ([90] Taf. 49 Fig. 45) erläuterte Bemer- kung, die auf die Syncytien bezogen werden kann und muß. Feenald sagt: »In the same place <<, nämlich >>the anterior edge of the fourth abdominal segment<<, >>I found in sections two nearly spherical masses of cells, shghtly resembling gland cells in a stage of degeneration, separated from the hypodermis by the fat body, which here hnes the body wall (Fig. 45)«. Diese »masses of cells« stim- men also mit den Syncytien in ihrer Lage auf dem ventralen sub- epidermalen Fettkörper und in ihrer ungefähr kugehgen Form überein; auch die Vergleichung mit degenerierenden Drüsenzellen ist für die Syncytien nicht von der Hand zu weisen. Jeden Zweifel an der Identi- tät der »masses of cells« mit den Syncytien beseitigt Fernalds Ab- bildung; sie gibt die häufig vorkommende länglich ovale Form der 150 Günther Quid, letzteren deutlich wieder, auch der allgemeine histologische Eindruck ist unverkennbar der der Syncytien; im einzelnen ist hervorzuheben, daß die charakteristischen großen Lacunen sich scharf hervorheben, daß aber anderseits in bezug auf Kerne und Cytoplasmaeinschlüsse und -Struktur genaueres aus der Zeichnung nicht zu entnehmen ist. Über die Identität der Syncytien mit Fernalds »masses of cells<< hinaus läßt sich noch genauer feststellen, daß diese mit den Syncytien des hinteren Paares bei Orchesella cincta (Linne) mehreres gemeinsam haben. Hierzu ist dreierlei anzuführen: Erstens stimmt bei beiden die Lage in bezug auf die Abdominal- segmente ungefähr überein. Die geringe Differenz, daß Fernald hier- bei die »masses of cells<< an den Vorderrand des 4. Abdominalsegments verlegt, während oben die Lage der Syncytien des hinteren Paares für das 3. Abdominalsegment angegeben wurde, dürfte kaum von Wich- tigkeit sein, denn abgesehen davon, daß infolge der bereits gestreiften Schwierigkeit, die Grenzen der Abdominalsegmente auf der Ventral- seite sicher festzustellen, eine der beiden Angaben unzutreffend sein könnte, ist es auch nicht ausgeschlossen, daß die Lage der Syncytien nicht streng an bestimmte Segmente gebunden sein und bei verschie- denen Arten etwas variieren könnte. Zweitens sind die »masses of cells<< bei Anurida maritima (Guerin) in gleicher Weise wie die Syncytien des hinteren Paares (Taf. VI Fig. 3, Taf. VII Fig. \Q)hS) bei Orchesella cincta (Linne) »separated from the hypodermis by the fat body<<, während die Syncytien des vorderen Paares (Taf. VI Fig. \ vS) bei letzterer Art, wie oben beschrieben, teilweise der Epidermis anliegen. Daß die bei Orchesella cincta (Linne) vorhandene Lagebeziehung zwischen den hinteren Syncytien und den Muskeln des Ketinaculums (Fig. 3, 16 rmi, nn^) auf der Zeichnung von Fernald nicht zum Ausdrucke kommt, erklärt sich daraus, daß bei Anurida maritima (Guerin) mit der Kückbildung des Retinaculmns (Laboulbene [64], Claypole [98]) auch dessen funktionslos gewor- dene Muskulatur verschwunden sein dürfte. Drittens ist noch der bei Orchesella cincta (Linne) stark hervor- tretende Unterschied zwischen vorderen und hinteren Syncytien in der Querentfernung der Syncytien eines jeden Paares zu berücksich- tigen. Während der gegenseitige Abstand bei den vorderen Syncytien (Fig. 1, 13 vS), wie die oben mitgeteilten Messungen zeigen, viel größer ist als der größte Durchmesser eines Syncytiums, ist er bei den hin- teren Syncytien (Fig. 3, l^hS) beträchtlich kleiner als dieser. Wie Anatomische Untersuchungen an Collembolen. 151 nun aus der Figur Fernalds hervorgeht, ist bei den »masses of cells<< von Anurida maritima (Guerin) das letztere der Fall. Aus dem Gesagten dürfte mit Sicherheit hervorgehen, daß Fee- NALDs »masses of cells« bei Anurida maritima (Guerin) die Homologa der Syncytien des hinteren Paares bei Orchesella cincta (Linne) dar- stellen. Die Frage, ob bei jener Art auch die Syncytien des vor- deren Paares vorhanden sind oder nicht, läßt sich natürlich nur danach, daß Fernald sie nicht erwähnt, nicht in verneinendem Sinne beantworten; die Entscheidung darüber kann nur eine erneute Unter- suchung der mir leider nicht zur Verfügung stehenden Art bringen. Über die Bedeutung der von ihm beschriebenen Gebilde hat Fer- nald eine Vermutung ausgesprochen, die meines Wissens bisher un- widersprochen geblieben ist. Ryder [86] hat auf »the presence of a very rudimentary spring or elater« >>produced from the anterior, inferior part of the fourth ab- dominal Segment« >>in the just-hatched larval Anurida« aufmerk- sam gemacht, während >> on the ventral side of the adult no sign of its presence is visible«. Es sei übrigens daran erinnert, daß Claypole [98], die ebenfalls Anurida maritima (Guerin) untersuchte, das Homo- logon der von Ryder beschriebenen Bildung nur beim Embryo, hier hingegen ähnliche, jedoch kleinere Anhänge auch am zweiten und dritten Abdominalsegmente fand; die Deutung Ryders, es handle sich um ein Furcularudiment, führt sie an, ohne ihre Meinung darüber zu äußern. Indem sich Fernald auf die Mitteilungen von Ryder bezieht und auf die übereinstimmende Lage des angeblichen Furcularudiments und der >> masses of cells « hinweist, äußert er sich über diese : >> What these masses represent I do not know, unless they are the rudiments of the structure described by Ryder in a stage of degeneration, remai- ning after all external trace of the structure is lost«. Diese Auffassung der >> masses of cells« von Anurida maritima (Guerin) als letztes Über- bleibsel der rückgebildeten Furcula wird durch den Nachweis ihrer Identität mit den hinteren Syncytien hinfälhg, denn nicht nur kommen diese Syncytien bei Orchesella cincta (Linne) in genau derselben Aus- bildung neben einer Furcula, die nicht die geringste Spur einer Rück- bildung zeigt, vor, sondern es zeigt sich bei dieser Art auch, daß sie nicht einmal topographische Beziehungen zur Furcula haben. Auch das Vorhandensein ganz analoger Bildungen, der vorderen Syncytien, im 1. Abdominalsegment bei Orchesella cincta (Linne) ist unvereinbar mit der Ansicht von Fernald, Es kann nach dem Gesagten das Vor- 152 Günther Quiel, kommen der hinteren Syncytien bei Anurida maritima (Cliierin) auch nicht, wie es Feexald tut, als Argument für die Ableitvmg der eine Furcula entbehrenden CoUemhola von mit Furcula versehenen Formen betrachtet werden, natürhch unbeschadet dessen, daß diese Anschau- ung für Anurida maritima (Guerin) durch die erwähnten Beobachtun- gen von Ryder, der denn auch auf diese Folgerung verallgemeinernd zweimal mit Nachdruck hinweist, und umfassender unter anderm durch die Auseinandersetzungen von AVillem [99] und Philiptschenko [12 h\ nahegelegt wird. Die letzten Erörterungen führen naturgemäß auf die Frage, mit welchem Rechte denn nun die Syncytien als Nephrocyten angesprochen werden dürfen. Daß die CoUemhola überhaupt Nephrocyten besitzen, könnte man durch den Hinweis wahrscheinlich zu machen suchen, daß bei allen andern daraufhin untersuchten Apterygota solche nachgewiesen wurden (Bruntz [04, 08 a], Philiptschenko [07]), wogegen sich indessen ein- wenden Heße, daß, wie die MALPiGHischen Gefäße, bei den CoUemhola auch die Nephrocyten rückgebildet sein könnten; anderseits könnte man das Fehlen der MALPiGHischen Gefäße auch zugunsten des Vor- handenseins der Nephrocyten auslegen, da nicht anzunehmen sei, daß gleichzeitig zwei Exkretionsorgane verschwunden seien. In ähn- Hcher Weise zieht ja Sulc [11] die Tatsache der vollkommenen Rück- bildung der MALPiGHischen Gefäße bei den Aphiden als Stütze für die Annahme excretorischer Tätigkeit der Mycetome dieser Tiere heran. Derartigem widerspruchsvollen Theoretisieren gegenüber würde der experimentelle Nachweis der Nephrocyten sofort Klarheit schaffen. Das zu diesem Zwecke einzuschlagende Verfahren ist bekanntlich die Injektion gewisser Farblösungen in die Leibeshöhle. Auf die historische Entwicklung dieser Methode brauche ich hier nicht einzugehen, sie ist von Bruntz [04] ausführhch dargestellt worden. Auch die Streitfrage, ob die Aufspeicherung der injizierten Farbstoffe durch bestimmte Or- gane wirklich den Schluß auf eine excretorische Funktion derselben rechtfertigt, ist hier nicht zu erörtern, es kann hier ebenfalls auf eine Schrift von Bruntz [10] verwiesen werden, wo die in Betracht kommende Literatur zusammengestellt und die Frage in bejahendem Sinne beant- wortet wird. Aber selbst wenn, was nicht wahrscheinUch ist, die An- sicht von Bruntz in dieser Sache sich als irrig herausstellen sollte, so daß die farbstoffspeichernden Organe nicht als excretorische ange- Anatomische Untersuchungen an Collembolon. 153 sprochen werden dürften, bleibt die Analogie aller dieser Organe bei verschiedenen Formen bestehen, ein Punkt, der als Begründung für die folgenden vergleichenden Bemerkungen ausreicht. Auf die Apterygota ist das Inj ektions verfahren zuerst von Bruntz [04], dann von Philiptschenko [07] angewendet worden. Beide For- scher imtersuchten ectognathe Thysanura in bezug auf Nephrocyten bzw. Pericardialzellen, indem sie ammoniakalischen Karmin in die Leibeshöhle injizierten. Dieses Vorgehen wäre daher auch für die Col- lemhola, das gegebene. Leider stellen sich dem aber bei den CoUembola große Schwierigkeiten entgegen, nämlich einmal die geringe Körpergröße, worauf schon Bruntz [04] für die Wirbellosen im allgemeinen und für die Thysa- nura im besondern hinweist, obgleich die Thysanura den CoUembola beträchtlich an Körpergröße überlegen sind, zweitens aber die äußerst hohe Empfindlichkeit der CoUembola gegen Abweichungen von ihren natürlichen Lebensbedingungen, die von verschiedenen Seiten, so z. B. von Sommer [85], Philiptschenko [06], Hoffmann [08] und andern, bestätigt w^orden ist. Unter diesen Umständen dürfte das Injektions- verfahren bei den CoUembola w^enig Aussicht auf Erfolg haben, zu- mal wenn an günstigeren Objekten erworbene Erfahrung fehlt; ich habe daher die Inj ektions versuche vorläufig aufgeschoben, bis ich über letztere verfügen werde. Eine andre Methode zur Aufsuchung der Excretionsorgane — ich ver- weise abermals auf Bruntz [04] — besteht darin, daß man Wassertiere in Lösungen oder Suspensionen von Farbstoffen hält. Da die Farbstoffe in diesem Falle auf dem Umwege durch den Darm in das Blut gelan- gen, bedeutet dies für Landtiere eine Füttermig mit den Farbstoffen. Diese den natürhchen Verhältnissen weit näher kommende Methode hat Philiptschenko [08] bereits auf die Labialnieren — so nannte Bruntz [04] diese Organe bei den Thysanura — der CoUembola ange- wendet; er beobachtete »Ausscheidung von Indigokarmin in der tubu- lösen Drüse einer Collembole, und zwar von Isotoma {Folsomia) fime- taria L. <<, »welche Erde mit darein gemischtem verriebenen Indigo- karmin gefressen hatte«. Wenn Bruntz [08 &] an der Zuverlässigkeit dieses Versuchs zweifelt, indem er sagt: »Le produit colore que Philip- tschenko a vu dans les ,glandes tubuleuses', est probablement entre accidentellement mais n'a pas du etre ehmine«, so denkt er offenbar an die Möghchkeit, daß die Farbstoffe durch die Ausführungsgänge eingedrungen sein könnten, was indessen unwahrscheinhch ist, da dieses Eindringen gegen die Strömungsrichtung der austretenden Flüssigkeit 154 Günther Quid, geschehen müßte. Für die Nephrocyten als Organe ohne Ausführgänge kommt jedenfalls eine derartige Möglichkeit nicht in Frage, und für sie ist die Fütterungsmethode ganz einwandfrei. Ich habe sie denn auch bei Orchesella cincta (Linne) angewendet. Es wurden 12 größere Tiere in einer Glasschale eingezwingert, deren Boden mit Erde, Rindenstücken und andern Pflanzenteilen bedeckt war, nachdem dies alles vorher mit einer wässerigen Lösung von ammo- niakalischem Karmin getränkt worden war. Die Tiere wurden nach- einander in Abständen von 1 — 2 Tagen in absolutem Alkohol fixiert, nachdem sie 5 — 17 Tage im stets feucht gehaltenen Zwinger gelebt hatten. Ein einziges Tier starb eines natürlichen Todes. Auf den an- gefertigten Schnittserien zeigte sich nun zwar, daß sämtliche Tiere von dem Karmin gefressen hatten, welches oft das ganze Lumen des Mitteldarmes erfüllte, anderseits aber ergab sich, daß das Karmin vom Mitteldarmepithel nicht absorbiert wurde und daher nicht in das Blut und zu den Syncytien gelangte. In diesem Falle war der Nachweis der Nephrocytennatur der Syncytien durch die Fütterungsmethode also mißglückt; daß er auf diesem Wege unmöghch wäre, möchte ich aber hieraus im Hinbhck auf den oben mitgeteilten Befund von Phi- LiPTSCHENKO [08] an Isotoma fimetaria (Linne) nicht schließen. Viel- leicht führen Versuche mit abgeänderten Bedingungen (längere Zeit- dauer, andre Futtermittel) zum Ziele. Da durch das Experiment keine Bestätigung des excretorischen Charakters der Syncytien erlangt werden konnte, muß nach Beweis- mitteln andrer Art Umschau gehalten werden. Eine starke Stütze für die Ansicht, daß die Syncytien Nephrocyten sind, liegt in ihrer weit- gehenden Übereinstimmung mit Zellen, für die der excretorische Cha- rakter experimentell nachgewiesen ist, nämlich den Nephrocyten ge- wisser Thysanura, die nach den Untersuchungen von Bruntz [04, 08 a] ammoniakalischen Karmin speichern. Im folgenden werde ich nur die zweite, endgültige Arbeit von Bruntz [08 a] heranziehen,' ein- mal weil Bruntz in seiner größeren Arbeit [04] die Ergebnisse seiner Beobachtungen an Machilis folypoda (Linne) unzulässigerweise auch auf Lepisma saccharinum Linne übertragen hat, was Philiptschenko [07] zuerst erkannte und Bruntz [08 a] selbst dann bestätigte, außer- dem weil Bruntz in der ersten Arbeit [04] mehreres, was unten zu be- sprechen sein wird, z. B. das Fehlen der Pericardialzellen bei Machilis, das Vorkommen ventraler Nephrocyten bei Lepisma und Machilis, Anatomische ITntersuchungon an Collenibolon. 155 nicht oder wenigstens nicht so klar wie in der zweiten Arbeit [08 a] ausgesprochen hat. Bkuntz [08 a] unterscheidet bei den Thysanura zwei Typen in der Verteikmg der Nephrocyten, näniUcli »Type Machilis«: »Les nephro- cytes presentent des caracteres analogues a ceux des cellules adipeuses <<, und »Type Lepisme<<: »Les nephrocytes presentent des caracteres assez differents de ceux des cellules adipeuses «.-^ Hiernach wären die Syncytien der Collembola, die ja, wie wir sahen, vom Fettkörper sich scharf abheben, dem Lepisma-TyT^iis zuzurechnen. In der Tat sind die Nephrocyten von Lepisma saccharmum Linne nach den Abbildungen von Bruntz ([08 a] Tai. 16 Fig. 5, 6) den Syncytien von Orchesella cincta (Linne) außerordentlich ähnlich. In beiden Fällen finden sich die großen Lacunen (Taf. VII Fig. 16 lac), sowie die eigentümlichen kleineren und größeren kugehgen Gebilde {Fig. 16 JcgI) . Von diesen letzteren sagt Bruntz [08«]: »Ce sont ces boules qui se colorent en rose apres elimination decarmin ammoniacal«. Der übereinstimmende Habitus der Nephrocyten dort und der Syncytien hier läßt keinen Zweifel darüber, daß beides analoge Bildungen sind. Nichtsdestoweniger finden sich natürlich Unterschiede. So sind bei Lepisma saccharinum Linne die » boules << zahlreicher als bei Orchesella cincta (Linne). Ferner ist die Zahl der Kerne eines Nephrocytenkomplexes bei jener Art mitunter größer als bei dieser; einer der von Bruntz abgebildeten Komplexe ([08 ö] Taf. 16 Fig. 6) entspricht mit seinen 2 Kernen ganz den Syncytien, der andre ([08 a] Taf. 16 Fig. 5) da- gegen weist trotz anscheinend nicht vollständiger Abbildung 9 Kerne auf, während für die Syncytien oben 6 — 7 als Maximum angegeben wurde. Wichtiger als diese geringen Abweichungen ist der Umstand, daß Bruntz [08 «] für die Nephrocyten von Lepisma saccharinum Linne den syncytiellen Charakter energisch in Abrede stellt. Bruntz denkt sich nämlich die großen Lacunen dadurch entstanden, daß »la fixation a legerement retracte les corps cellulaires (fig. 5)<<. Er betrachtet also die Lacunen als intercellulär, nach der oben vertretenen Auffassung dagegen wären sie bei Orchesella cincta (Linne) intrasyncytiell. Doch gibt Bruntz auch für Lepisma saccharinum hinne das Vorkommen in- tracellulärer Lacunen an; eine solche ist seiner Meinung nach die »la- cune centrale« ([08«] Taf. 16 Fig. 6), die also von den ([08 a] Taf. 16 Fig. 5) dargestellten Bildungen, die von Bruntz übrigens gar nicht bezeichnet werden, scharf zu scheiden wäre. Es ist also zu erwägen, ob bei Orchesella cincta (Linne) die Lacunen intercellulär sein könnten. Dagegen spricht aber vielerlei (vgl. Taf. VII 156 Günther Quiel, Fig. 16): Zunächst sind sie nicht überall scharf begrenzt, die mit ihnen in Verbindung stehenden großen Kanäle dringen ferner nicht ganz bis an den Rand des Syncytiums vor und sind kaum scharf von den klei- neren Hohlräumen im Plasma zu trennen. Für ihre Natur als Inter- cellularräume ließe sich ins Feld führen, daß sie oft mehr oder minder deutlich das Syncytium in mehrere kernhaltige Abschnitte teilen, die man als Zellen ansprechen könnte. Indessen werden in ganz derselben Weise auch kernlose Teile lose abgegrenzt, und die Teilung ist nicht bis an die Peripherie zu verfolgen, vielmehr gehen hier die einzelnen Ab- schnitte ohne Grenze ineinander über. Außerdem finden sich große Kanäle auch zwischen Kernen und Syncytialperipherie. Daß die großen Lacunen ihren Platz in der Mitte des Syncytiums einnehmen und da- durch die peripherisch liegenden Kerne voneinander trennen, ist ver- ständlich. Es ist ja auch oben darauf hingewiesen worden, daß beim Fehlen der großen Lacunen die Kerne in der Mitte des Syncytiums nahe aneinanderrücken (Fig. 17); in diesem Falle ist von einer Existenz einzelner getrennter Zellen keine Spur zu entdecken. Gegen die An- nahme eines Zellhaufens spricht auch (Fig. 16) die einheithche, keine Einschnitte aufweisende Umgrenzung jedes Syncytiums, die einheit- hche gestreifte Randzone und (Fig. 17) die einheitliche Anordnung des Plasmagerüstes, die beim Fehlen centraler Lacunen hervortritt. Aus dem Vorstehenden dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit hervorgehen, daß die großen Lacunen intrasyncytielle Bildungen sind. Es ergibt sich daher für die Nephrocyten von Orcliesella cincta (Linne) dasselbe Resultat wie für die von Philiptschenko [07] untersuchten Pericardialzellen von Ctenolepisma lineotum (Fabricius) : In beiden Fällen handelt es sich nicht um Zellhaufen, sondern um Syncytien, in letzterem um »Pericardialsyncytien <<, in ersterem um Nephrosyncytien. Diese Feststellungen erregen Bedenken gegen die Darstellung von Bruntz [08 a] für Lepisma saccharinum Linne. Es ist schwer, sich vor- zustellen, daß die von ihm abgebildeten, den Lacunen bei Orcliesella cincta (Linne) so sehr ähnlichen Gebilde mit diesen nichts Gemeinsames haben sollten. Es sei noch darauf hingewiesen, daß seine Figur ([08 o] Taf. 16 Fig. 5) deutlich zeigt, daß die angeblichen Intercellularräume zum Teil an ihren Enden ins Plasma übergehen und die Peripherie des Zellkomplexes nicht erreichen, ganz wie die Lacunen von Orcliesella cincta (Linne). Auch zeigt die Figur die oben erwähnten kernlosen Ab- schnitte. Stärker noch erschüttert wird das Vertrauen in die Richtig- keit der BRUNTZschen Angaben dadurch, daß er selbst auch eine intra- celluläre »lacune centrale« abbildet ([08 r/] Taf. 16 Fig. 6), die nach Anatomische Untersuchimgon an Collembolen. 157 der Tafelerklärung allerdings an einer Stelle liegen soll, wo »entre deux neplirocytes voisins la niembrane a disparu<<, und daß er ferner für einen Teil der Neplirocyten Zweikernigkeit angibt. Damit wider- spricht er strenggenommen sieh selbst, demi eine Zelle mit zwei gleich- wertigen Kernen ist eben schon ein Syncytimn. Jedenfalls ist eine Nachuntersuchung der Nephrocyten von Lepisma saccharinum Linne daraufhin, ob diese Zellhaufen oder Syncytien darstellen, wünschenswert. Im Anschluß hieran möchte ich noch auf die Monographie der Larve von Mycetophila ancyliformans Holmgren von Holmgren [07] hin- weisen. HoLMGREN bezeichnet nach ihrer Lage zwei Gewebearten als die » subvasalen << und die >> suboesophagealen Fettgewebe << ; erstere sind »Pericardialzellen «, letztere weisen »genau dieselbe histologische Zu- sammensetzung« auf und werden »Suboesophagealzellen« genannt. Holmgren gibt nun für die Pericardialzellen »im Zellkörper << »große verzweigte Hohlräume« und »peripherisch« »streifige Struktur« an und bildet beides für die Suboesophagealzellen auch ab. Diese Abbildung ([07] Taf. 5 Fig. 71 a)^ zeigt, daß es sich um analoge Bildungen han- delt, wie die Lacunen bzw. den gestreiften Randsaum der Syncytien von OrcheseUa cincta (Linne). Sie zeigt ferner, daß unter den Sub- oesophagealzellen von Mycetophila ancyliformans Holmgren neben Ein- zelzellen, die im Texte allein erwähnt werden, auch mindestens zwei- kernige Suboesophagealsyncytien vorkommen, die im Aussehen äußerst stark an die Nephrosyncytien von OrcheseUa cincta (Linne) erinnern. Für die Deutmig der letzteren als Analoga der Pericardialzellen und Nephrocyten scheint mir ihre weitgehende Übereinstimmung mit den von Holmgren beschriebenen Pericardial- und Suboesophagealzellen von Mycetophila ancyliformans Holmgren eine starke Stütze zu sein, weshalb ich diese Hinweisung hier einschalte. Endlich sind noch einige Bemerkungen über die Lokahsierung der Nephrocyten von OrcheseUa cincta (Linne) im Vergleich zu denen andrer Insecta am Platze. Das Auffallendste ist sicherlich das Fehlen der Pericardialzellen bei OrcheseUa cincta (Linne). Ein solches Verhalten ist bisher nur in einem einzigen Falle bekannt geworden und zwar durch Bruntz [08 a] bei Machilis maritima (Leach) und Machilis polypoda (Linne). Jeden- 1 Wie mir Herr Dr. Holmgren freundliclist bestätigte, muß es in seiner Arbeit auf p. 76 in der Erklärimg von Tafel V heißen: Fig. 70. Umriß einer Pericardialzelle der Larve A. Fig. 71. a) Suboesophagealzelle der Larve G. h) Umriß einer Suboesophagealzelle der Larve G. 158 Günther Quiel, falls geht hieraus hervor, daß es vollkommen berechtigt war, wenn Deegener [13] die Literaturangaben nur mit Vorbehalt dahin zu- sammenfaßte: >>Die Pericardialzellen finden sich als eigentümliche Ele- mente, wie es scheint, bei allen Insekten <<. Denn dieser Satz muß auf die Pteri/gota beschränkt werden. Bei den Apterygota dagegen zeigt sich ein wechselndes Verhalten. Unter den Thysanura sind Pericardial- zellen vorhanden bei Ctenolepisma lineatum (Fahricivis) (Philiptschenko [07]), Lepisma aureum Dufour (Philiptschenko [07]) und Lepisma sac- charinum Linne (Bruxtz [08«]), fehlen dagegen bei Machilis polypoda (Linne) (Bruntz [08 a]) und Machilis maritima (Leach) (BRUNTz[08a]). Unter den Collembola fehlen sie bei der einzigen bisher daraufhin unter- suchten Form, Orchesella cincta (Linne). Während nach Bruntz [08 a] >>chez les Machilis <<■ >>cette absence de veritables nephrocytes pericardiaux peut s'expliquer par ce fait que les nephrocytes epars sont neanmoins localises dans le sinus pericardial <<, trifft letzteres für Orchesella cincta (Linne) nicht zu; diese Form bildet vielmehr, da die dorsale Körperhälfte überhaupt keine Nephrocyten enthält, unter den Insecta die einzige bis jetzt bekannte Ausnahme des Satzes von Bruntz [04]: >>I1 existe toujours des nephrocytes de chaque cote du tube dorsal«. Was nun die ventrale Lage der Nephrocyten bei Orchesella cincta (Linne) anbelangt, so ist dieses Verhalten nicht etwas dieser Art allein Zukommendes. Unter den Apterygota — die Pterygota mögen hier un- berücksichtigt bleiben — kommen ventrale Nephrocyten nach Bruntz [08 a] bei Lepisma saccharinum Linne, Machilis maritima (Leach) und wohl auch Machilis polypoda (Linne) vor, die sich indessen von den ventralen Nephrosyncytien von Orchesella cincta (Linne) in zweierlei Weise unterscheiden: Jene sind, wie gesagt, neben dorsalen Nephro- cyten, diese allein vorhanden, jene sind auf den Thorax, diese auf das Abdomen beschränkt. Man sieht also, daß die Ausbildung rein ventraler, rein abdomi- naler Nephrosyncytien, die in zwei Paaren mit topographischer Bezie- hung zu Ventraltubus und Retinaculum angeordnet sind, eine sehr eigenartige und charakteristische anatomische Besonderheit von Or- chesella cincta (Linne) bildet. Die nächsten Aufgaben weiterer Forschung werden sein: zunächst der Versuch, den experimentellen Nachweis der Nephrocytennatur der Syiicytien auf irgend eine AVeise doch noch zu erbringen, und ferner die Untersuchung andrer Collembola, namenthch der Vertreter der Symphypleona, auf die Syncytien hin. Anatomische Untersuchungen an Collembolen. 159 Zusammenfassung der Hauptergebnisse. A. Anatomie von Orchesella oincta (Linne): 1. Der abdominale Fettkörper gliedert sich in Innen- und Sub- epidermalstränge ; letztere sind 1 Dorsalstrang, 1 Medialstrang, 2 Ven- tral- und 2 Lateralstränge. 2. Die Innenstränge treten im 1., 2., 3. und 4. Abdominal- segmente jederseits an je 1 Stelle mit der Epidermis in Verbindung, im 4. Segmente auch mit den Lateralsträngen. Die Verbindungen des L, 2. und 3. Segments liegen dorsal und sind homodynam, die Verbin- dung des 4. Segments liegt ventrilateral. 3. Der manubriale Fettkörper ist subepidermal und ghedert sich in 2 Lateralstränge und 1 Medialstrang. 4. Das Retinaculum wird durch 2 Muskelpaare bewegt. 5. Im Manubrium finden sich 1 Paar Längsmuskeln, 1 schwacher basaler Quermuskel und 2 Quermuskelgruppen. Die Längsmuskeln drehen die Dentes vor dem Sprunge laterad, um sie von Ventraltubus und Retinaculum abzuheben; diese Bewegung wird rückgängig ge- macht durch die Elastizität des manubrialen Chitinskelets. 6. Als Excretionsorgane kommen Labialnieren, L^rocyten, Mittel- darmepithel und Nephrocyten in Betracht. 7. Pericardialzellen fehlen; die Nephrocyten liegen rein ventral und abdominal und sind als paarige Syncytien entwickelt; mau unter- scheidet ein vorderes und ein hinteres Paar, mit topographischer Be- ziehung zu Ventraltubus und Retinaculum. B. Berichtigungen von Angaben früherer Autoren: 1. Die von v. Olfees [62] beschriebenen vermein thchen Luft- säcke des Tracheensystems sind die verkannten Haruzellen des Fett- körpers. 2. Fernalds [90] Deutung der von ihm aufgefundenen »masses of cells« bei Anurida maritima (Guerin) als Furcularudimente ist un- haltbar; die »masses of cells << sind das hintere Paar der Nephrosyn- cytien. Berlin-Lichterfelde, im Januar 1914. 160 Günther Quid, Verzeichnis der aufgeführten Schriften, ' Becker, E. [10], Zum Bau des Postantennalorgans der CoUembolen. Zeitschr. f. w. Zool. Bd. 94, S. 327. Leipzig 1910. Bruntz, L. [04], Contribution ä l'etude de l'excretion chez les Arthropodes. Ai'- chives de Biologie v. 20, p. 217. (Liege) Paris 1904. — [08 a], Nouvelles recherches sur Texeretion et la phagocytose chez les Thysa- noures. Ai'chives de Zoologie experimentale et generale 4. serie v. 8, p. 471. Paris 1908. — [08 b], Les reiris labiaux et les glandes cephaliques des Thysanoures. Archives de Zoologie exjDerimentale et generale 4. serie v. 9, p. 195. 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Abd, Abdominalsegment; an, Anus; 6, Bein (Querschnitt); cu, Cuticula; dens (dentes), Dens (Dentes) der Furcula; dism., Muskeln der distalen Quermuskelgruppe des Manubriums; dors, Dorsalstränge des abdominalen subepi dermalen Fettkörpers; dvb. Dorsale Verbindung der Innenstränge des Fettkörpers mit der Epidermis im zweiten Abdominalsegment; dvm, Dorsoventralmuskeln des Abdomens; ed, Enddarm; edm, Enddarmmuskulatur ; ep, Epidermis; fk, Subepidermaler Fettkörper; fs, Faserband der proximalen Muskelgruppe des Manubriums; (jangl, Metathoraco- Abdominalganglion; gö, Genitalöffnung; hS, Nephrosyncytien des hinteren Paares; inn, Innenstränge des abdominalen Fettkörpers; k. Kern; kan, Größere Kanäle in den Nephrosyncytien; kanch, Kleinere Kanäle in den Nephrosyncytien; kgl, KugUge Plasmaeinschlüsse der Nephrosyncytien; kr, Körnige Plasmaeinschlüsse der Nephrosyncytien; lac, Lacunen in den Nephrosyncytien; lä7n. Dorsale Längsmuskeln des Abdomens; lat, Lateralstränge des abdominalen subepidermalen Fettkörpers; Im, Längsmuskeln des ^Manubriums; Anatomisclie Untersucliungen an Collembolen. 163 Imbs, Proximale Insertion der Längsmuskeln des Manubriums; U, Lateralstränge des manubrialen Fettkürpers; Itbs, Proximaler gemeinsamer Basalteil der Lateralstränge des manubrialen Fett- körpers ; man, Manubrium ; md, Mitteldarm ; mdl, Medialstrang des manubrialen Fettkürpers; med, Medialstrang des abdominalen subepidernialen Fettkörpers; membr, Syncytialmembran der Nephrosyncytien ; msc, Muskel, der an der Lateralfläche der vorderen Nephrosyncytien entlang- streicht; mu, Muskulatur; n, Seitemierv des Metathoraco - Abdominalganglions , der an der Medialfläche der vorderen Nephrosyncytien entlangstreicht; ncl, Nucleolus; ov, Ovarium; pgm,, Pigment der Epidermis; prxm. Muskehl der proximalen Quernniskelgruppe des Manubriums; pyl, Pylorusgegend ; qf, Querfalte der ventralen Cuticula zwischen erstem und zweitem Abdominal- segment ; qm. Schwacher Quermuskel an der Basis des IManuliriums; rdz. Gestreifte Randzone der Nephrosyncytien; ret, Retinaculum (Anschnitt); ry, Rückengefäß; rm, Muskeln des Retinaculums; test, Testis; Th , Thoracalsegment ; ventr, Ventralstränge des abdominalen subepidernialen Fettkörpers; vf, Ventralfurche des Abdomens zur Aufnahme der Furcula in der Ruhelage; vS, Nephrosyncytien des vorderen Paares; vt, Ventraltubus (Anschnitt); vvb, Ventrilaterale Verbindung der Innenstränge mit Epidermis und Lateral- strängen im vierten Abdominalsegment. Tafel VI. Sämtliche Figuren beziehen sich auf Oirhesella cincta (Linne) und sind mit dem AsBEschen Zeichenapparat angelegt. Fig. 1 — 10 und 13 sind mit Objektiv 4 und Ocular I, Fig. 14 und 15 mit Objektiv -i und Ocular 3, Fig. 12 und 16—18 mit Ölimmersion 1/12 und Ocular I, sämtlich von Leitz, gesehen. Fig. 1. Etwas schiefer Transversalschnitt an der Grenze des ersten und zweiten Abdominalsegments. Vergr. 115: 1. Fig. 2. Transversalschnitt dm-eh den mittleren Teil des zweiten Abdominal- segments. Vergr. 115: 1. Fig. 3. Transversalschnitt durch das dritte Al)dominalsegment. Vergr. 115: 1. Fig. 4. Transversalsclniitt durch das vierte Abdominalsegment. Vergr, 115: 1. 11* 164 Günther Quiel, Anatomische Untersuchungen an Collembolen. Fig. 5. Querschnitt durch den distalen Teil des Manubriums. Vergr. 115:1. Fig. 6. Querschnitt duich den mittleren Teil des Manubriums auf der Höhe der distalen Quermuskelgruppe. Vergr. 115: 1. Fig. 7. Querschnitt durch den proximalen Teil des Manubriums auf der Höhe der proximalen Quermuskelgruppe. Vergr. 115: 1. Fig. 8 — 9. Zwei aufeinanderfolgende Transversalschnitte durch das fünfte Abdominalsegment mit der Furculabasis, in Fig. 8 nur der ventrale Teil des Schnittes wiedergegeben. Vergr. 115: 1. Fig. 10. Sagittalschnitt durch die Fm'cula seitlich von der Medianebene. Vergr. 115: 1. Fig. 11. Schema der Furcula (schwarz) ziu- Erläuterung der AVirkungs- weise der manubrialen Längsmuskeln (rot); ausgezogene Linien : Furcula in Ruhe, gestrichelte Linien: Fiurcula bei kontrahierten Längsmuskeln. Fig. 12. Retinaculum. UmrißUnien der Arme. Vergr. 625: 1. Tafel VII. Fig. 13. Etwas schiefer Frontalschnitt durch das Metathoraco-Abdominal- gangUon mit den vorderen Nephrosyncytien. Vergr. 115: 1. Fig. 14 — 15. Sagittalschnitte dm'ch die vorderen Nephrosyncytien eines reifen ö, Hnksseitig (Fig. 14) normal, rechtsseitig (Fig. 15) anormal. Vergr. 175:1. Fig. 16. Frontalschnitt durch die hinteren Nephrosyncytien. Umgebung nur angedeutet. Vergr. 625: 1. Fig. 17. Schnitt dm'ch ein vorderes Neplirosyncytium, nm- die Anordnung des Plasmagerüstwerks zeigend. Vergr. 625: 1. Fig. 18. Schnitt durch die Randzone eines vorderen Nephrosyncytiums, nur das Gerüstwerk wiedergegeben. Vergr. 625: 1. Die Muskulatur von Astacus fluviatilis (Potamobius astacus L) Ein Beitrag zur Morphologie der Decapoden. Von Walter Schmidt. (Aus dem Zoologischen Institut zu Marburg.) Mit •2{j Figuren im Text. Inhalt. ^. , Seite 1. Einleitung. Kurzer Literaturüberblick 166 2. Präparationsmethode 167 Die Muskulatm-. A. Die Stammesmuskulatur 168 a. Die Längsmuskeln . 168 1. Die Ventralmuskeln 169 2. Die Dorsalmuskeln 186 3. Die Lateralmuskeln 189 b. Die Ringmuskeln 193 c. Die Dorsoventralmuskeln 194 B. Die Extremitätenmuskulatur 194 L Der Kopf 197 1. Das Auge 197 2. Die erste Antenne 202 3. Die zweite Antenne 205 4. Die Mandibel .211 5. Die erste Maxille 214 6. Die zweite Maxille 216 II. Der Thorax 220 1. Der erste Kieferfuß 220 2. Der zweite Kieferfuß 223 3. Der dritte Kieferfuß 228 4. Die Schreitfüße 232 IIL Das Abdomen 238 1. Erstes bis fünftes Pleopodenpaar 238 2. Die Uropoden 242 Literaturverzeichnis 249 Erklärung der Abkürzungen der Stammesmuskulatur 249 Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 12 166 Walter Sfhinidt, Einleitung. Vorliegende, rein auatoniische Arbeit soll sich auf die Beschrei- bung der Morphologie der Stamm- und Extremitätenmuskulatur be- schränken. Während der Flußkrebs schon frühe Gegenstand zahlreicher Untersuchungen war, ist eine Beschreibung der Morphologie der Mus- kulatur erst spät erfolgt. W. L. .Suckow gibt im Jahre 1818 an Hand zahlreicher Abbildungen eine kurze Beschreibung der Stamm- und Extremitätenmuskeln des Flußkrebses. Ohne ihn zu erwähnen, be- schreibt M. MiLNE Edwaeds im Jahre 1834 eingehend die dorsale und ventrale Stanunesmuskulatur des Hummers, der ganz ähnhche Verhältnisse wie der Flußkrebs aufweist. Da mir selbst zur Unter- suchmig des Hummers nur zwei Exemplare zur Verfügung standen, konnte ich seinen Angaben nur wenige Ergänzungen beifügen. Auf die Extremitätenmuskulatur geht Milne Edwards nur ganz allgemein ein und unterscheidet zwischen jnuscles flechisseurs et extenseurs. Die- selben Bezeichnungen wendet M. Victoire Lemoine an, der an Hand des großen Scheerenfußes die Extremitäten behandelt und auf die Lage der Muskeln hauptsächlich nach der Anordnung der Sehnen schließt. Eine eingehende Beschreibung der Muskeln der Schreitfüße gibt Th. List, der sie ebenfalls als Beuger und Strecker bezeichnet. Die Muskeln inserieren sämtlich mittels Chitinsehnen, die nicht un- mittelbar an den Proximalrändern der jeweihgen Gheder angreifen, sondern an der Gelenkhaut an einer durch Kalkeinlagerung verstärkten Platte, die dicht an dem Rande des Gliedes gelegen und mit ihm beweg- lich verbunden ist. Die Basalmuskehi der Augen sind für den Hummer von F. MocQUARD beschrieben, während Gerstaecker und Ortmann ebenso wie Giesbrecht eine Zusammenfassung der Untersuchungen der Muskulatur der Dekapoden geben, ohne neue Tatsachen aufzu- führen. Nicht unerwähnt darf die Monographie von Huxlev: »Der Krebs« bleiben, die einige allgemeine Angaben bringt, ohne sich zu sehr in Einzelheiten zu verlieren. Sie diente mir hauptsächlich zur Einführung für meine Untersuchungen und ihr sind die Skeletbezeich- nungen entnommen. So weit es angängig erschien, sind die Muskelbezeichnmigen dieser Autoren nach Übersetzmig ins Lateinische beibehalten worden, stets aber in Klannnern beigefügt. Bei der Benennung der Muskeln habe ich mich von dem Gedanken leiten lassen, durch gleichartige Bezeich- nmigen die homologen Muskeln der einzelnen Segmente hervorzuheben, Die Muskulatur von Astaeus fluviatilis. 167 ein Bestreben, dem allerdings leider durch die sehr starke Heteronoraie mitunter ein unüberwindlicher Widerstand entgegengesetzt wurde. Es sei noch hervorgehoben, daß wii- infolge der lockeren Verbindung der einzelnen Muskelfasern häufig ein Bestreben nach Dezentralisation, also nach einer Teilung des Muskels vorfinden. »Solche einzelnen Muskel- teile sind dann wieder durch gleichartige Bezeichnung zusammen- gefaßt. Präparationsmethode . Wegen der großen Weichheit und Unübersichtlichkeit der Mus- keln in frischem Zustande erwies sich eine vorherige Konservierung als unerläßlich. Sehr gute Ergebnisse erhält man durch ZENKERsche Lösung, der man mit Vorteil noch etwas Eisessig zusetzt. Um das Ein- dringen der Flüssigkeit zu erleichtern oder überhaupt zu ermöglichen, wurden die Krebse an mehreren Stellen, die bei der jeweiligen Präpa- ration nicht in Frage kamen, aufgeschnitten. \\^ill man einen Krebs möglichst vollständig haben, so schneidet man vom hinteren Rande des Carapax zwischen den Branchiocardialfurchen, jedoch nicht zu nahe an diesen, bis zur Nackenfurche einen schmalen Skeletstreifen heraus. Aus diesem Spalt kann man mit einer feinen Pinzette das Herz, die Geschlechtsorgane und Leber sehr leicht herausnehmen, ohne bei einiger Vorsicht irgendwelche Muskeln zu zerstören. Um schheßhch noch die Abdominalmuskulatm- der Konservierungsflüssigkeit zugäng- lich zu machen, führt man entweder einen genau medianen Schnitt ventral von dem zweiten bis fünften Abdominalsegment aus, oder man schneidet vorsichtig mit einer spitzen Schere rings um den After einen Kreis in das Chitin. Man kann dann den Darm, der meistens schon in- folge der ersten Operation vom Magen losgerissen ist, am After mit einer Pinzette fassen und vollkommen herausziehen. Bei dieser Me- thode bleiben die einzelnen Segmente unverletzt, während die Flüssig- keit durch den entstandenen Kanal gut eindringen kann. Je nachdem man einen ganzen Krebs oder einzelne Teile konservieren will, läßt man ihn sechs bis vierzehn Stmiden in der Konservierungsflüssigkeit, wässert darauf ebenso lange in fheßendem Wasser und führt die Ob- jekte allmähhch in etwa 70% Alkohol über. Höherer Alkohol ist vor der Präparation nicht von Vorbeil, da durch ihn die einzelnen Muskeln zu hart mid brüchig werden. Aus ganz demselben Grunde ist eine Kon- servierung mit Formol abzuraten. In 70% Alkohol wurde auch die Präparation ausgeführt, makroskopisch oder mit Hilfe des ZEissschen 12* 168 Walter Schmidt, Binoculars. Die Objekte wurden dabei entweder in Waehsschalen mittels Nadeln befestigt oder, wenn sie hierzu zu klein waren, nach der Methode von A. Bauer in Paraffin festgelegt. Nur in wenigen Fällen mußte ich mikroskopische Präparate zu Hilfe ziehen. Die Muskulatur. Die Muskulatur der Crustaceen können wir in zwei Kategorien einteilen, in eine segmentale, die nur auf ein Segment beschränkt ist, mid eine intersegmentale, die ein oder mehrere Segmente miteinander verbindet. Die intersegmentale Kategorie setzt sich bei Astacus aus der gesamten Längsmuskulatur zusammen, die nur auf den Stamm be- schränkt ist {vsth, vstha, vsa, vp, dp, l in Fig. 1). Die intersegmen- tale Kategorie besteht aus solchen Muskehi, die noch deuthch als King- muskeln zu erkennen sind {^p<' \ I I /- Fig. 3 (Erklärung nebenstehend). Die Aluskülalur von Astacus fluviatilis. 175 Musculi, ven trales profundi. (M. MiLNE Edwards: La couche profondc des muscles flechisseurs de l'abdomen.) (k2>- Fig. 1.) Im Gegensatz zu der vorigen Miiskelgruppe, die aus einzelnen, von einander abgesetzten Muskeln besteht, haben wir hier eine fest zu- sammenhängende, von dem zweiten Thoracalsegmeut bis zum Telson sich erstreckende Muskelmasse, deren Einheitlichkeit ims am besten bei dorsaler Ansicht (Fig. 4) vor Augen tritt. Musculi transver.si. (M. MiLNE Edwards: Le muscle transversal.) Betrachten wir die gesamte Muskulatur von der Ventralseite (Fig. 5), so fallen dorsal von den Längsmuskeln mehrere Transversal- muSkebi auf, die wir zunächst betrachten wollen, da sie gewissermaßen das Gerüst für die Längsnniskelii bilden. Musculus transversus thoracis. {tr.th. Fig. 1, 3, 4, 5.) J[m letzten Thoracalsegmeut gelegen stellt er sich als eine einfache Schleife dar {trth., Fig. 3), die von dem dorso-lateralen Teile der in den vorhergehenden Thoracalsegmenten gelegenen Muskulatur gebildet wird. In Fig. 1 ist er wie alle andern Transversalmuskeln quergetroffen (bei Homarus vulgaris fehlt dieses Querband). Musculi transversi abdominis. (<'••« (i, 2. 3, 4, 5, 6) 3^ig-l. 3, 4, 5.) Der erste Trausversalmuskel des Abdomens ist bedeutend stärker ausgebildet als das Thoracalquerband, es kommt jedoch nur ein gerin- ger Teil von ihm als Gerüst in Betracht {tr.a-Jj, Fig. 3), und dieser allein ist in Fig. 3 wiedergegeben. Er erhält zum Teil seinen Ursprung von der Thoracalmuskulatur, mit der er dorsal sehnig verknüpft ist {tr.a^f, Fig. 4), zum Teil heftet er sich dorsolateral im ersten Abdominalsegment an (tr.aiS, Fig. 3, 4). Wir können demnach diesen als segmentalen Ast von dem intersegmentalen unterscheiden. Beide sind median fest mit- einander verschmolzen. Ventral von ihnen verläuft der zweite größere Teil {tr.a-^a, Fig. 5) des ersten Abdominalquerbandes, der ventrolateral Fig. 3. Ventnilansicht des die Stütze der tieferen Ventralmuskelscliicht bildendeu Muskelsystems. ca/, als Falte äußerlich siciitbare Insertiousstelle des M. compressor ani; daf, als Falte äußerlich sichtbare Insertionsstelle des JI. dilatator ani. Weitere Erklärungen siehe unten Seite 249. 176 Walter Schmidt, endigt {tr.a^a.f, Fig. 5) und einige noch zu beschreibende Muskeln ent- springen läßt, die sehnig mit ihm verknüpft sind. Die folgenden Transversalmuskeln stehen liiusichtlich ihrer Stärke nur wenig hinter dem ersten zurück und lassen im wesenthchen den Bau des dorsalen Teiles dieses Muskels {tr.a-J), Fig. 3) erkennen. Auch hier haben wir einen segmentalen Abschnitt (ir.aoV, tr.a^v, Fig. 3, 5), der sich dorsolateral in demselben »Segmente mittels ganz kurzer Sehne anheftet {tr.aovs, tr.a^vs, Fig. 4). Median von ihm getrennt liegt dorsal der bedeutend stärkere intersegmentale Abschnitt, der beiderseits unter Bildung je einer Schrauben windmig {tr.a^d, tr.a^d, Fig. 3, 5) dorsolateral im vorhergehenden Segmente mittels kurzer Sehne an- heftet {tr.a2ds, tr.a^ds, Fig. 3, 4). Sein Faserverlauf ist demnach derart, daß er median in einem Segmente und lateral in dem vorhergehenden Segmente transversal gerichtet ist, während ein längsgerichteter Ab- schnitt zwischen diesen Teilen die Verbindung herstellt. Stets findet dorsolateral eine innige Verschmelzung des segmentalen Muskelastes eines Segmentes mit dem intersegmentalen des nächstfolgenden statt, die in dorsaler Ansicht als eine feste Muskelmasse erscheint (^r.a^+s, tr.a.,^^, Fig. 4). Die beiden letzten Transversalmuskeln weichen dadurch von den vorhergehenden ab, daß sie des segmentalen Teiles entbehren {tr.a^, tr.aQ{a u. b), Fig. 3, 4, 5). Während das fünfte Querband in seinem Bau genau dem des intersegmentalen Teiles der vorhergehenden Mus- keln entspricht (tr.a^, Fig. 3, 5), zeigt der letzte Transversalmuskel eine wesentliche Abänderung. Ein Ast {IrM^a, Fig. 3) zeigt genau den Verlauf des vorhergehenden Querbandes, dem er nur an Stärke etwas nachsteht. Er heftet sich dorsolateral im fünften Segmente mit zwei kurzen Sehnen an {tr.agS, Fig. 4) und verschmilzt medioventral mit dem andern Teile {tr-a^h, Fig. 3), der ventrolateral an dem Caudalrande des fünften Segmentes inseriert. Das sechste Querband kommt infolge- dessen auf der Grenze zwischen dem fünften und sechsten Segmente zu liegen {tr.dQ, Fig. 1), obwohl es nur zum sechsten Segmente gehört. Im Telson ist kein Transversalmuskel ausgebildet. (M. MiLNE Edwards erwähnt beim Hummer nur fünf abdominale Transversalmuskeln. Auch ich konnte nur fünf mit voller Sicherheit nachweisen. Diese Verhältnisse bedürfen jedoch wohl noch der Nach- prüfung, da mir zur Untersuchung nur zwei Exemplare zur Ver- fügung standen. Auf seine Beschreibung der Transversahnuskeln werden wii- weiter unten noch zu sprechen kommen.) Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 177 Musculi thoi-acales anteriores. {th.a Fig. 1, 3, 4, 5.) Das System der Transversalmuskeln erhält im Thorax seinen Halt durch die vorderen Thoracalmuskeln, die sich von dem zweiten bis zum sechsten Thoracalsegmente erstrecken. Sie lietren dorsal auf dem Eiulophragmalsystem unmittelbar über den Musculi ventrales super- ficiales thoracis. Während sie am zweiten Thoracalsegment fast medial zusammenstoßen (Fig. 4), lassen sie in den nächsten »Segmenten einen etwas größeren Zwischenraum frei, der in dem fünften Segmente seine größte Breite erreicht und die Mesophragmen (mg, Fig. 4) unbedeckt läßt. In dem folgenden Segmente findet wieder eine geringe Annähe- rung statt. In jedem Segmente sehnig verknüpft entspringen sie am C'audal- rande des zweiten Segmentes in zwei Teilen. Der mediane Teil {t/iMim, Fig. 3, 4, 5), der sich häufig noch in zwei. Äste teilt, setzt an den Para- phragmen, Mesophragmen und den letztere verbindenden dünnen sehni- gen Bändern an {c.end.2, Fig. 2, 4). Der laterale Teil [tJi.a-J, Fig. 3, 4, 5) entspringt an dem Caudalrande des Epimerits desselben Segmentes und trifft mit dem medianen Teile erst in dem vierten Segmente zusammen. Während er in seiner Form ziemlich beständig ist, ist der erste Ab- schnitt des medianen Teiles, der von dem zweiten bis zu dem dritten Segmente reicht, einer großen Variation unterworfen. Er zeigt meistens die Tendenz nach Teilung und läßt oft drei bis vier einzelne Aste er- kemien. Gelegentlich konnte ich sogar beobachten, daß er oder einige Abzweigungen von ihm überhaupt nicht mehr mit den nächstfolgenden Muskelsegmenten in Zusammenhang standen, sondern getrennt von diesen von dem zweiten nach dem dritten Thoracalsegmente verliefen, ähnhch wie die Musculi ventrales superficiales. Dieses Verhalten be- rechtigt uns, die Ausbildung dieser sehnigen Verknüpfungen, die im übrigen eine sehr veränderliche Lage einnehmen können, auf ehemalige segmentale Anordnung dieser Muskeln zurückzuführen. (Bei Homarus vulgaris finden wir etwas ganz Ahnliches. Das erste Muskelsegment verläuft migeteilt, die erste sehnige Verknüpfung ist stärker ausgebildet. Bei einem von den zwei zur Verfügung stehenden Tieren war diese Sehne sehr verbreitert und heftete sich ganz wie bei Astacus im dritten Segmente an.) An dem Epimerit des dritten Segmentes entspringt ebenfalls ein Muskel {th.a 2, Fig. 3, 4, 5), der die laterale Muskulatur des ersten Schreit- fußes überbrückend sicli im fünften Segmente mit den vorhergehenden 178 Walter Schmidt, Fig. 4 (Erklärung nebensteliciid). Die IMuskulatur von Astaeus fluviatili«. 179 Muskeln vereinigt. Von den Paraphragnien des vierten und fünften Segmentes entspringt schließlich caudal noch je ein Muskel {th.a^, th.a^, Fig. 3, 5), die beide erst im sechsten und siebenten Segmente mit den vorhergehenden zusammenstoßen. Wie wir gesehen haben, setzt sich der dorsolaterale Teil dieser Muskeln in den ^lusculus transversus thoracis fort, während aus den andern Teilen im Abdomen verlaufende Schrägnuiskeln entspringen. Musculi obliqui anteriores. (M. MiLNE Edwards: Muscle oblique.) Musculus obliquus anterior 1. {oMmi Fig. 3, 4, 5.) Verfolgen wir den ventralen Teil der vorderen Thoracalmusculatur über das sechste Segment hinaus (Fig. 4, 5), so finden wir, daß die mediane Annähermig im nächsten Segmente bis zu einer Verbindmig mittels eines dünnen, sehnigen Bandes -fortgeschritten ist {ohl.a-^v, Fig. 4, 5), an der Stelle, an der der Muskel eine sehnige Verknüpfung zeigt. Er wendet sich darauf meder lateral und heftet sich ventrolateral am Rostral- und Caudalrande {obl.air u. obl.a.iC, Fig. 5) des ersten Abdominalsegmentes mittels einer flachen Sehne an. Von hier setzt er sich weiter in das nächste Segment fort und zieht in ihm lateral von der Ventral- nach der Dorsalseite. Er gibt dabei einige Muskel- fasern ab, die dorsolateral dicht bei den Ansatzstellen des dritten ab- dominalen Querbandes {tra^ds, Fig. 4) inserieren {ohl.a-^s, Fig. 4) und umschlingt dessen längsverlaufenden Teil, um schließlich dorsomedian in einer mäßig breiten Fascie zu enden {obl.a-^f, Fig. 1, 4). Musculus obliquus anterior '1. {obl.ao Fig. 1, 4, 5.) Er entspringt rostrolateral an dem ventralen Teil des ersten ab- dominalen Transversalmuskels {obl.a2U, siehe Fig. 5), umschlingt dorso- lateral sich wendend die längsverlaufenden Fasern des dorsalen Teiles dieses Querbandes {tr.ajb, Fig. 3), um sich darauf wieder median {ohl.a^, Fig. 4) von der dorsalen nach der ventralen Seite zu begeben {obl.a2, Fig. 5). Hier heftet er sich ventrolateral an dem Caudalrande des zweiten Abdominalsegmentes mit flacher Sehne an [ohlxio, Fig. 1, ohl.a2C, Fig. 5), um dann ganz dem ersten vorderen Schrägmuskel ent- sprechend dorsolateral in dem dritten Segmente einige Fasern ab- Fjg. 4. Tiefere Lage der ventralen Längsmuskulatur dorsal gesehen, m^, Mesophragmen des fünf- ten Thoracalsegmentes. Weitere Erklärungen siehe unten Seite 249. 180 Walter Schmidt, zugeben {obl.aoS, Fig. 4) und daselbst inediaii in einer Fascie zu enden {ohl.a2J, Fig- 4). Diese ist so lang, daß sie den Transveisalnniskel des vierten Segmentes überdeckt. Musculus oblifjuus anterior 3. {obl.a^ Fig. 4, 5.) Derselbe entspringt ventrolateral an dem Rostralrande des ersten Abdominalsegmentes (obJji^U. siehe Fig. 5) mid steht hier mit der Sehne des Musculus obliquus anterior 1 {obLoir, Fig. 5) und mit dem ventro- lateralen Teile des ersten Abdominalquerbandes {tr.a-^a, Fig. 5) in Ver- bindung. Laterodorsal sich wendend umschlingt er den längsverlaufen- den Teil des zweiten Transversalmuskels des Abdomens {tr.a2d, Fig. 5), zieht dorsomedial (obl.a^, Fig. 4), um sich von hier wieder ventral zu begeben {obl.a^, Fig. 5). Sein fernerer Verlauf entspricht vollkommen demjenigen der beiden ersten vorderen Schrägmuskeln. Er heftet sich ventrolateral am C'audalrande des vierten Segmentes an, gibt dorso- lateral einen kleinen Ast ab und endigt dorsomedian in demselben Seg- mente in einer langen Fascie {obl.a^f, Fig. 1, 4). Musculus obliquus anterior 4. [ohla^ Fig. 1, 4, 5.) Auch er ist nur in seinem Ursprung von den vorhergehenden ver- schieden. Er stellt gewissermaßen die Fortsetzung des ersten vorderen Schrägmuskels dar, indem er dorsomedian an der von diesem gebildeten breiten Fascie {obLuif, Fig. 1, 4) im dritten Segmente entspringt. Von hier zieht er ventral [obl.a^^, Fig. 1, 5) und endet nach genau entsprechen- dem Verlaufe dorsomedial vor dem letzten Transversalmuskel in einer Fascie {obl.aj, Fig. 1, 4), die mit der des vorhergehenden vorderen Schrägmuskels {obl.a^f, Fig. 1, 4) in Verbindung steht und so den vor- letzten Transversabnuskel dorsal überdeckt (obl.o.J, obJ.a^f, Fig. 1). Musculus obliquus anterior 5 u. 6. (oW.a(5,6) Fig. 5.) Während diese Muskeln dem vierten vorderen Schrägmuskel in ihrem Ursprung entsprechen imd die Fortsetzung des zweiten und dritten vordei-en Schrägmuskels darstellen, sind sie in ihrem ferneren Verlaufe etwas verschieden. Der Musculus obliquus anterior 5 {obl.a^, Fig. 5) entspringt dorsomedian an der Fascie des zweiten vorderen Schrägmuskels {obl.a^f, Fig. 4) und setzt sich ventrolateral an dem Caudalrande des fünften Segmentes an {obl.n^c, Fig. 5). Er wendet sich Die IMuskiilatur von Astacus fluviatilis. 181 hierauf laterodorsal, um sich im sechsten Segmente mit breiter Fläche dorsolateral anzuheften, ohne dorsomedian einen Zusammenschluß zu erreichen (ohl.ar^s, Fig. 4, 5). Der sechste vordere Hchrilgmuskel {obLcif^, Fig. 5) unterscheidet sich von ihm dadurch, daß er zwar ganz ent- sprechend dem vorhergehenden an der medianen Fascie des dritten vorderen Schrägmuskels {obl.a^f, Fig. J, 4) dorsal entspringt, daß er sich aber ebenfalls am Caudalrande des fünften Segmentes anheftet {ohl.a^c, Fig. 5) und sich hier mit dem fünften vorderen Schrägmuskel vereinigt. Musculus obliquus anterior 7. (oW.ay Fig. 5.) Er stellt eine Fortsetzung des vierten und also auch des ersten vorderen Schrägmuskels dar, indem er ganz den drei vorhergehenden vorderen Schrägmuskeln entsprechend dorsomedian an der Fascie des vierten vorderen Schrägmuskels entspringt {ohl.a^f, Fig. 1, 4). Ventral in der Mitte des sechsten Segmentes geht er in eine dünne Sehne über, {ohl.a-jS, Fig. 4, 5, 26), die sich im Innern des Protopodits der sechsten Abdominalextremität ventromedian anheftet [ohl.ayi, Fig. 26). An dieser Sehne entspringen vier weitere Muskeln, die weiter unten noch besprochen werden sollen. Musculi obliqui posteriores. (M. MrLNE Edwards: Le muscle di'oit.) , Außer den großen vorderen Schrägmuskeln treten in mehreren Segmenten noch hinter diesen gelegene, schwächere Muskeln auf, die M. MiLNE Edwards als »muscles droits« bezeichnet. Da diese indessen mindestens ebenso schräg verlaufen, sollen sie hier als Musculi obhqui posteriores aufgeführt werden. Musculus obliquus posterior 1. {ohl.pi Fig. 3, 4, 5.) Er leitet sich zum geringen Teile von der dorsomedialen vorderen Thoracalmuskulatur ab {obl.p^, Fig. 3), der weit größere Teil aber ent- springt rostromedial an dem ventralen Abschnitt des ersten Abdominal- querbandes (obl.piU, Fig. 5). Von hier wendet er sich dorsomedian {obl.pi, Fig. 4), vereinigt sich mit dem von vorn kommenden Teile mid zieht nach Umschhngmig des thoracalen Transversalmuskels ventral, medial von dem Musculus obliquus anterior 1 gelegen und zum kleinen Teil ventral von ihm bedeckt. Mit ihm heftet er sich ventral an dem Zeitsclirift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 13 182 Walter Schmidt, fha,m fr.a-, d - tra^v OOl d-jS can dan Fig. ö (Erklärung nebenstehend). Die jMuskulatur von Astacus fluviatilis. 183 caudalen Rande des eisten Abdoniinalsegiiieiites an {ohlxiiC, Fig. 5). Kurz hinter dem thoracalen Querband zeigt er eine durch sehnige Ver- knüpfung hervorgerufene Einselniürung {ohl.pif, Fig. 5), durch die er gelegentüch median mit seinem Gegenüber in Verbindung treten kann, ähnhch me es bei dem Musculus obhquus anterior 1 regelmäßig im sie- benten Thoracalsegmente der Fall ist {ohl.a^v, Fig. 5). Musculus obliquus posterioj- 2. {ohl.pn Fig. 4, 5.) Auch er steht mit dem ventralen Teile des ersten abdominalen Querbandes, wenn auch nicht unmittelbar, in Verbindung. An dessen lateralem Ende {tr.a-^,aj, Fig. 5) entspringt caudal ein breiter Muskel (ohLpo^ , Fig. 4, 5), der sich lateral nach der Dorsalseite wendet und hier dicht über dem medianen Abschnitte des ersten abdominalen Trans- versalmuskels in einer von vorn median nach hinten lateral ziehen- den flachen Sehne endigt (obl.p2f, Fig. 4). Mit ihr und zum Teil mit dem dorsolateralen, verschmolzenen Teile des ersten und zweiten Abdominalquerbandes verknüpft ist der eigentliche Musculus obliquus posterior 2 {obl.po, Fig. 4). Median unmittelbar hinter dem ersten ab- dominalen Transversalmuskel wendet er sich ventral {obl.p2, Fig. 5) mid inseriert hier an dem C^audalrande des zweiten Abdominalseg- mentes, zusammen mit dem zweiten vorderen Schrägmuskel {obl.a^c, Fig.'ö). Musculus obliquus posterior 3, 4, 5. (oW.p3. 4.5 Fig. 4, 5.) Sie entspringen mittels einer schrägen, von vorn median nach hinten lateral verlaufenden Sehne {obLpJ, Fig. 4) an dem dorsomedialeu Teile der aus der Verschmelzung des segmentalen Abschnittes des Trans- versalmuskels eines Segmentes mit dem intersegmentalen Teile des nächstfolgenden Querbandes hervorgegangenen Muskelmasse (fr.a., ^ .3, tr.a.^ + 4, Fig. 4). Median unmittelbar hinter dem Transversalmuskel wendet er sich ventral und heftet sich hier an dem Caudalrande des nächsten Segmentes an, zusammen mit dem entsprechenden vorderen Schrägmuskel {obl.po, Fig. 5). Für die beiden letzten vorderen Schrägmuskeln sind keine ent- sprechenden hinteren Schrägmuskeln vorhanden. Fig. 5. Tiefere Lage der ventralen Längsmuskeln, ventral gesehen. (Auf der linken Seite sind die Musculi obliqui bis auf den letzten entfernt.) Erklärungen siehe xniten Seite 249. 13* 184 Walter Schmidt, [M. MiLNE Edwards erwähnt außer dem muscle oblique und muscle droit, die hier als Musculus obliquus anterior und posterior be- zeichnet sind, noch einen in der Längsrichtung verlaufenden muscle central. Der muscle transversal soll diesen Muskel umschlingen, um darauf zum muscle oblique und droit zu werden, nachdem er vorher lateral noch einige Muskelbündel abgegeben hat. Auch bei Astacus können wir für den ersten abdominalen Transversalmuskel etwas Ähn- liches feststellen, indem ein Teil von ihm dem zweiten Schrägmuskel- paar seinen Ursprung gibt und dabei einen in der Längsrichtung ver- laufenden Muskel (muscle central) umschlingt. Dieser ist aber kein selbständiger Muskel, sondern hier wie in den andern Segmenten der längsgerichtete Teil des Transversalmuskels. Auch bei Homarus kann man ihn mit Sicherheit als solchen feststellen, und die ]\Iuskelbündel, die das Querband bei der Umschlingmig lateral abgeben soll, sind der dorsolaterale Teil des Transversalmuskels. Wie wir gesehen haben, stehen mit den folgenden Transversalmuskeln nur noch die Musculi obliqui posteriores in Verbindmig, während sich die Musculi obliqui anteriores nicht von ihnen herleiten. Bei Homarus scheint auch in dieser Beziehung weitgehende Übereinstimmimg zu herrschen. Es wäre aber über den Rahmen dieser Arbeit hinausgegangen, diese Ver- hältnisse eingehender zu untersuchen. Wie schon gesagt, fehlt das thoracale Querband bei Homarus und dementsprechend auch der erste hintere Schrägmuskel (m. obliquus posterior 1).] Alle diese tieferen Ventralmuskeln (v.j), Fig.l; tJia, tr.th, tr.a, ohl.a, ohl.f, Fig. 5) bewirken ebenso wie die ventralen Superficialmuskeln (v.sth, vstJia, vsa, Fig. 1, 2, 7) eine Beugung des Abdomens in der Sa- gittalebene. Eine andre Bewegungsrichtmig wird durch den festen Bau der Angelgelenke unmögHch gemacht. Da wir das Transversalmuskel- system als Gerüst für die Schrägmuskeln kennen gelernt haben, ist es ohne weiteres klar, daß bei Kontraktion dieser Querbänder auch die ventralen Ansatzstellen der Schrägmuskeln dem vorhergehenden Seg- mente genähert werden, so daß eine Beugung des Abdomens erfolgt. Die größte Wirkung dürften aber wohl die Schrägmuskeln selbst, be- sonders die großen vorderen erreichen. Da die letzten vier vorderen Schrägmuskeln die Fortsetzung der ersten drei darstellen, demnach eine über mehrere Segmente sich erstreckende Muskelmasse, verfügen sie über eine erhebliche Kontraktionsfähigkeit. Hierdurch wird die äußerst starke Beugungsfähigkeit erklärt, die wohl durch eine aus- schheßlich segmentale Anordnung wie etwa bei den Superficialmuskeln kaum denkbar wäre. Die ]\ru.sknl;itiir von Astacus fluviatilis. 185 Musculus flexor telsonis anterior. ifUa Fig. J, 25, 20.) Er entspringt laterodistal an der langen Sehne des letzten Scliräg- muskels {obl.a-^s, Fig. 4, 2G) und inseriert mit breiter Fläche dorso- median in der Nähe des proximalen Randes des Telsons. Er bewirkt eine Ventralbewegung, also Beugung dieses Körperabschnittes. Musculus flexor telsonis posterior. {jltp Fig. 4, 5, 25, 26.) In seiner Funktion dem vorhergehenden Muskel gleich entspringt er auch ventral von ihm an derselben Stelle. Er inseiiert dorsolateral an dem distalen Teile des Telsons ohne Sehnenbildung und reicht bis zu dessen hinterem beweglichen Abschnitte, den er indessen nicht in Bewegung setzt. Musculus compressor ani. [c. an Fig. 4, 5, 26.) Er entspringt an dem medialen proximalen Teil der langen Sehne des letzten Schrägmuskels {obI.a~s, Fig. 4, 5, 26) und inseriert medio- ventral ohne Sehnenbildung an dem vorderen Ende der Afterspalte. Seine Insertionsstelle ist schon äußerlich durch eine Falte gekenn- zeichnet {ca.f, Fig. 3). Durch seine Kontraktion wird die Afterspalte geschlossen. Musculus dilatator ani. ((/. an Fig. 5, 26.) Er entspringt an derselben Sehne distal und zieht ebenfalls medio- ventral, wo er sich zu beiden Seiten des Afters an einer ebenfalls äußer- lich sichtbaren Längsfalte anheftet {da.f, Fig. 3). Durch seine Kon- traktion wird der After geöffnet. Es war mir leider nicht möglich, die Muskulatur des Telsons mit der der vorhergehenden Segmente zu homologisieren. Entsprechend seiner Bedeutung als Ruderorgan ist das Telson dahin abgeändert, daß seine Beugungsfähigkeit gegen das sechste Abdominalsegment nicht so stark ist wie die der vorhergehenden Segmente gegeneinander. Würde doch dadurch seine wirkungsfähige Fläche verkleinert. Auf die Bedeutung, die die Muskulatur für die Auffassmig des Telsons als Segment oder als ein Abschnitt des sechsten Segmentes hat, wollen wir imten bei Besprechung der sechsten Abdominalextremitäten noch zurückkommen. 186 Walter Schmidt, 2. Die Dorsalmuskeln. Ebenso wie bei den \^entraliniiskeln können wir auch hier eine einfach gebaute oberflächhche und eine kompHzierter gebaute tiefer- gelegene Schicht unteischeiden. Der vollkommenen Verschmelzung der Dorsaldecken der Thoracalsegmente entspricht es, daß die segmentale Anordnung der im Thorax liegenden Muskulatur nur angedeutet ist. Die gesamten Muskeln dienen lediglich zur Bewegung des Abdomens und sind als solche die Antagonisten der Ventralmuskcln. Doch sind sie bedeutend schwächer ausgebildet als diese. Musculi dorsales superficiales. (M. MiLNE Edwards: La couche superfioielle des muscles extenseurs.) {(hii.y) Fig. 1, 6, 7.) Sie inserieren sämtlich an dem Vorderrande der einzelnen Seg- mente. Der erste Muskel (dsi, Fig. 1, 6) entspringt lateral etwa in der Mitte des distalen Abschnittes der Epimeralplatte {E, Fig. 1, 6, 7) und inseriert an dem ganzen dorsaleii Vorderrande des ersten Segmentes, median einen mäßig breiten Zwischenraum freilassend. In der Regel zerfällt er in einen kleineren lateralen und einen größeren medialen Teil, eine Aufspaltung, die wir bei den nächsten fünf Muskeln stets vorfin- den {dso, ds^, Fig. 6, 7). Der mediale Teil entspringt dorsolateral kurz hinter dem Vorderrande eines Segmentes, um sich der Medianen genähert an dem dorsalen Vorderrande des nächstfolgenden Segmentes anzuheften. Er zieht demnach von lateral vorn nach hinten median und läßt median einen Zwischenraum frei. Der laterale Teil dieses Muskels entspringt dorsolateral in der Mitte eines Segmentes und heftet sich an dem Vorder- rande des folgenden Segmentes an, lateral von dem medialen Teile ge- legen, den er infolge seines schräger gestellten Fasernverlaufes zum geringen Teile dorsal überdeckt. Im Telson ist dieser Muskel ungeteilt {ds-^, Fig. 6, 7). Er entspringt in der Mitte des sechsten Segmentes dorso- lateral, der Medianen jedoch etwas mehr genähert als die eben beschrie- benen Muskeln, und zieht median nach hinten, wo er vollkommen medial an dem dorsalen Vorderrande des Telsons inseriert. Alle diese Muskeln sind schwächer als die ventralen Superficialmuskeln und be- wirken eine Streckung des Abdomens. (Bei Homarus sind die dorsalen Superficialmuskeln ebenfalls gut ausgebildet und zerfallen in einen lateralen Teil, der den medianen dorsal etwas überdeckt. Der mediane Teil liegt hier vollkommen median und seine Fasern verlaufen gerade in der Längsrichtung. Der laterale Teil Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 187 hat schräg gerichtete Fasern, die denen des medialen Teiles an Länge gleichkommen.) Musculi dorsales profundi. (AI. MiLNE Edwards: La couche pidfonde des uiuseles flcchisseurs.) Ebenso wie die entsprechenden Ventralmuskeln sind sie aus thora- calen wie abdominalen Bestandteilen zusammengesetzt. Eine »Seg- mentierung ist indessen nicht mehr in ähnlicher AV'eise wie dort nach- zuweisen, eine Folge der vollkommenen Verschmelzung der dorsalen Abschnitte der Thoracalsegmente. Im Abdomen herrscht natürlich eine gut durchgeführte Gliederung, die aber nicht verhindert, daß die ganze Muskulatur sich als ein zusammenhängendes, von den vorderen Thoracal- segmenten bis zu dem sechsten Abdominalsegment ziehendes Band darstellt. Musculi dorsales profundi thoraco-abclominales. {d.th.{m u. l) Fig. 1, 6.) Sie entspringen lateral im Thorax an der Epimeralplatte (E, Fig. 1, 6). Wir können einen größeren medialen {dthm, Fig. 1, 6) und zwei kleinere laterale Teile {d.tJd Fig. 1, 6) unterscheiden. Der mediala Ast entspringt abgeplattet mit breiter Fläche kurz hinter dem dorsorostralen Rande etwa in der Mitte der Epimeralplatte und inseriert rostral an dem dorsomedialen Rande des ersten Abdominalsegmentes mittels einer flachen »Sehne, medial einen Zwischenraum freilassend. Die beiden kürzeren lateralen Teile {d.thl, Fig. 1, 6) entspringen ebenfalls lateral etwa in der Mitte der Epimeralplatte in dem vierten und fünften Seg- ment. Lateral von dem medialen Aste gelegen inserieren auch sie dorsal an dem Rostralrande des ersten Abdominalsegmentes mittels einer Sehne. Musculi dorsales profundi abdominis. {d a m Fig. 1, dam, dal Fig. 6.) Auch im Abdomen ghedern sich die Muskeln in einen medialen und einen lateralen Teil. Der mediale Teil {dam, Fig. 1, 6) fällt dadurch auf, daß er einen gedrehten Fasernverlauf aufweist, und zwar laufen die Fasern bei ventraler Ansicht (Fig. 6) von lateral vorn nach medial hinten. Mit der Sehne an dem dorsalen Rostralrande des ersten Abdo- minalsegmentes verknüpft gibt er in jedem folgenden Segmente einige Fasern ab {d.u.m, Fig. 1), die sich vollkommen median an der caudalen Hälfte des dorsalen Segmentabschnitts anheften. In jedem Segmente 188 Walter Schmidt, erhält er nach Abgabe dieses Astes einen Zuwachs von dem lateralen Teile, so daß er erst in den beiden letzten .Segmenten merklich an Größe abnimmt (Fig. 6). Er füllt genau den Zwischenraum aus, den die Super- strep dthm d thl da m dal Fig. G. Die dorsale Längsniuskulatur ventral gesehen. (Auf der linken Seite ist die tiefere Muskelschicht entfernt.) E, Epimeralplatte. Weitere Erklärungen siehe unten Seite 249. ficialmuskehi {ds^,, ds^, Fig. 6) median freigelassen haben, mid endigt im sechsten Segmente, an dessen vorderer Hälfte sich anheftend. Der laterale Teil (dal, Fig. G) liegt dicht an dem medialen Teile und hat geraden Fasernverlauf. Er zieht von Segment zu Segment und zeigt Die Musknlatiir von Astacus fluviatilis. 189 eine segmental angeordnete sehnige Verknüpfung, mit der er sich dorsal an dem Eostralrande eines jeden »Segmentes anheftet. Nach jeder In- sertion gibt er einige Fasern ab, die zur Verstärkung des medianen Teiles dienen. Auch er findet sein Ende in dem sechsten Segmente, an dessen Vorderrande er inseriert. Im Telson fehlt die tiefere Muskel- lage. Es erhebt sich hier die Frage nach der Bedeutung der gedrehten Faserrichtung des medianen Teiles. Infolge der starken Bevigungs- fähigkeit des Abdomens durch die Ventralmuskeln werden die Dorsal- muskeln dementsprechend in die Länge gezogen, und zwar medial am stärksten. Wir sehen daher gerade medial die spiralige Faserrichtung auftreten, die erlaubt, durch eine geringe Drehung des Muskels um seine Längsachse eine große Ausdehnung zu ermöglichen, ohne ihn dabei zu überspannen und dadurch in seiner Wirkung zu beeinträch- tigen. (Bei Homarus weichen diese Verhältnisse dahin ab, daß auch der mediane Teil, der ebenfalls spirahgen Fasern verlauf aufweist, segmental angeordnete, sehnige Verknüpfungen aufweist und ebenso wie der laterale Teil an dem Eostralrande der einzelnen Segmente inseriert. Nur dadurch ist auch eine vollkommen mediane Lagerung der dorsalen Superf icialmuskeln ermöglicht. ) 3. Die Lateralmuskeln. Sie haben ebenfalls eine dorsale Lage, sind aber noch schwächer als die andern Längsmuskeln entwickelt. Sie bestehen ebenfalls aus thoracalen wie abdominalen Bestandteilen. Musculus contractor epimeralis. {cep. Fig. 7.) Derselbe besteht aus einer flachen Schicht, die sich im dorsalen Teile der Epimeralplatte anheftet und von dem vierten nach dem fünften Thoracalsegmente zieht. Demnach ist er der einzige, im Thorax selbst scharf abgesetzte, dorsale Längsmuskel. Durch seine Kontraktion be- wirkt er eine Zusammenziehmig des dorsalen Teiles der weichen, un- gegliederten Epimeralplatte. Welche Bedeutung damit verbunden ist, ist schwer zu sagen. Immerhin wäre es möglich, daß er bei der Häutung von irgendwelcher Wichtigkeit wäre. Bei sämtlichen Tieren, die ich auf ihn mitersuchte, war er gut und gleichmäßig entwickelt (und das- selbe Verhalten zeigte auch Homarus). 190 Waltor Schmidt, ödc/pmane/ Fig. 7 (Erklärung nebenstehend). Die jMuskulatiii' von Astaous fluviatilis. 191 Musculi laterales thoraco -abdominales. {l.th. {m u. l) Fig. 7.) tSie verbinden lateral das Abdomen mit dem Thorax und lassen einen stärkeren medialen und einen schwächeren lateralen Teil erkennen. Der mediale Ast {Ith m, Fig. 7) entspringt dorsal am Carapax etwas hinter der Nackenfurche, dicht an der Branchiocardialfurche, median von ihr gelegen. Er ist somit der einzige Längsmuskel, der im Thorax nicht am Endopragmalsystem, sondern am Außenskelet inseriert. Lateral an dem caudalen Ende der Epimeralplatte an der Stelle, wo sie mit dem ersten Abdominalsegmente in Verbindung steht, findet er seine Insertionsstelle. Außen wird diese Stelle von dem Hinterrande des Carapax überdeckt. (Bei Homarus sitzt dieser Muskel dicht hinter der Nackenfurche an, hat im übrigen dieselbe Lage und ist ziemlich kräftig entwickelt.) Der laterale Teil dieser Muskulatur {Ithl, Fig. 7) ist abgeplattet, entspringt an der Epimeralplatte und läßt einen stär- keren und zwei ganz schwache Äste erkennen. Der kräftigere Teil ent- springt im fünften Segmente an dem dorsalen Abschnitte der Epimeral- platte, kurz hinter dem Musculus contractor epimeralis {cep, Fig. 7). Die beiden schwächeren Aste entspringen lateral in der Mitte der Epi- meralplatte in den beiden letzten Thoracalsegmenten. Mit dem stär- keren Aste vereinigen sie sich an der Insertionsstelle des medialen Teiles mid heften sich ebenfalls hier an. Durch beiderseitige Kontrak- tion dieser Muskeln wird das erste Segment des Abdomens und somit dieses selbst an den Thorax herangezogen, während es durch einseitige Kontraktion gegen die Längsachse des Thorax schräg gestellt werden kann. Musculi laterales abdominis. {la Fig. 7.) Sie sind bis auf ein von Segment zu Segment ziehendes sehniges Band reduziert und weisen nur gelegentlich noch kontraktile Substanz auf. An den einzelnen Gelenkpunkten der Segmente inserierend gehen sie durch Aussendung kurzer Aste eine innige Verbindung mit der Hypodermis ein. Häufig treten im zweiten und dritten Segmente am Fig. 7. Medianschnitt. (Die tieferen Schiciiten der dorsalen und ventralen Längsmuskeln, ebenso der erste dorsale Superficialmuskel, sind entfernt, um die laterale Muskulatur zu zeigen. Der Klar- heit halber sind die Muskeln der Abdoniinalextremitäten nicht eingezeichnet.) oba(obp), M. oculi basalis anterior (posterior); prom[rem)lIAnt, M. promotor (remotor) II. Antennae; addpmand, Adductor posterior mandibulae; prom, M. promotor der Schreitfüße; proms, Sehne des Proniotors der Schreitfüße; E, Epimeralplatte; depr., M. depressor der Schreitfüße. Weitere Erklärungen siehe unten Seite 249. 192 Walter Schmidt, caudalen Teile des Bandes kurze, schwach ausgebildete Muskelfasern auf {lac, Fig. 7). Im sechsten Segmente reicht das Band kaum bis zur Mitte, wo es sich lateral in der Hypodermis verliert, während im Telson keine laterale Muskulatur ausgebildet ist. Der Zweck dieses sehnigen Bandes ist nicht ohne weiteres zu ersehen. Ganz abgesehen von seiner sehnigen Natur vermöchte es keinerlei Richtungsänderung der Abdo- minalsegmente hervorzurufen, da es unmittelbar an den Gelenkpunkten angreift, die infolge ihrer Festigkeit keine seitliche Bewegmig zulassen. Es trägt daher wohl in erster Linie zur Festigung der einzelnen Ge- lenke bei. Immerhin könnte man vielleicht an irgend welche Bedeu- tung bei dem Häutungsprozesse denken, indem dabei der weiche Körper durch dieses Band aus der abdominalen Hülle herausgezogen würde. (Bei Homarus vulgaris ist dieses Band noch nicht so stark reduziert. Auch hier findet die Insertion in den Gelenkpunkten statt. An den caudalen Enden der einzelnen segmentierten Abschnitte finden sich in den ersten drei Segmenten, an derselben Stelle, an der sie bei Astacus nur gelegentlich im zweiten und dritten Segment auftreten, gut aus- geprägte kurze Muskeln, während die andern Segmente der Muskeln ^itbehren. Der vordere Teil der einzelnen Bandsegmente ist ebenfalls sehniger Natur, verbreitert sich aber bedeutend und stellt einen Ab- schluß der Stammesmuskeln gegen die Extremitätenmuskeln her. Auch hier finden war eine Verschmelzung mit der Hypodermis. In dem sechsten Segmente ist kaum noch eine Spur des Bandes nachzuw^eisen, im Telson fehlt es vollständig.) Ich habe diese Muskulatur ebenfalls als dorsale Muskulatur be- zeichnet. Da die Gelenkpunkte des Abdomens dorsal gelegen sind, ist diese Bezeichnung für das Abdomen zweifellos richtig. Der mediane Teil der thoracalen Lateralmuskeln liegt ebenfalls dorsal, denn er zieht von einem dorsalen Thoracalteil, dem Carapax, nach einem dorsalen Teile des ersten Abdominalsegmentes. Da dieser letzte Punkt zugleich der Epimeralplatte angehört und die andern lateralen Teile der late- ralen Thoracalmuskeln doch nur als Aste des medialen Teiles aufzu- fassen sind, so glaube ich nicht irre zu gehen, wenn ich auch sie der dorsalen Muskulatur zurechne. Demgemäß wäre auch der dorsale Teil der Epimeralplatte als wirklich dorsal aufzufassen im Gegensatz zu der Ansicht, daß das ganze Endophragmalsystem eine ventrale Lage habe. Dafür spricht auch noch, daß die Musculi dorsales, die doch zweifellos dorsale Muskeln sind, ebenfalls an der Epimeralplatte ent- springen. Die Muskulatui' von Astaciis fluviatilit:. 193 b. Die Kiugiiiuskclii. üie segmentale Muskulatur steht an Jiedeutung und Stärke hinter den intersegmentalen Längsmuskeln weit zurück. Sie setzt sich nur aus schmalen, kurzen Fasern zusannnen und ist auf zwei Körperregionen des Thorax beschränkt. Musculus compressor endo])hragmali.s 1. (c.etid.i Fig. 2, U, 16.) Er verbindet die Mesophragmen des Kopfapodems, des vorderen Endes des Endophi-agmalsystems. In der Hauptsache sehniger Natur, übernimmt er wohl weniger die Funktion der Kontraktion als die einer festen Verbindung und eines guten Abschlusses des unter ihm liegenden Unterschlundganglions gegen den auf ihm lastenden Magen. Musculus compressor endophragmalis 2. {c.end.2 Fig. 2, 4, 17.) Er verbindet die verschmolzenen Mesophragmen des ersten und zweiten Thoracalsegmentes (mg, Fig. 2) und besteht aus zwei dünnen sehnigen Bändern, die keine Kontraktionsfähigkeit besitzen. Wie wir gesehen haben, dienen sie dem medialen Teile der Musculi ventrales pro- fundi zum Teil als Ansatzstelle (vgl. S. 177). Musculus attractor epimeralis. {attr.ep. Fig. 1, 6, 7, 21.) Dieses Muskelband dient zur Verbindung des Endoskeletes mit dem Exoskelet. Es setzt sich einerseits an dem dorsalen Rande der Epimeralplatte, andererseits an dem Carapax, und zwar an der Branchio- cardialfurche und dem lateralen Teile der Nackenfurche an. Es reicht von dem Hinterende des Carapax bis nach vorn, wo es in der Höhe des Kopfapodems an der Nackenfurche sein Ende erreicht. (Es ist auf Fig. 1 und 7 vollkommen zu sehen und wird nur zum Teil von dem medianen Aste der lateralen Muskulatur verdeckt.) Der Muskel stellt daher ein über die gesamten Thoracalsegmente sich erstreckendes Band dar, dessen Fasern senkrecht zur Bandrichtung verlaufen und nicht immer dicht aneinanderliegen. Im Gegensatz zu der Ansicht Suckows steht er nicht mit dem Abdomen in Verbindung. (Auch bei Homarus ist dieser Muskel gut ausgebildet und verläuft ebenso. ) 194 Walter Schmidt, c. Die Uorsoveutralmuskeln. Diese Gruppe ist nur sehr spärlich durch zwei Muskehi vertreten, die mehr zur Befestigung als zur Kontraktion dienen. Musculus dorsovontralis anterior. (dv. a Fig. 1, 2, 7.) Er entspringt lateral von der Dorsalseite des Kopfapodems mit breiter Fläche, geht aber bald in eine dünne lange Sehne über, die sich neben der Ansatzstelle des großen Mandibelmuskels (m.adductor pos- terior mandibulae [add. p. mand. Fig. 1, 7]) an dessen vorderen late- ralen Ende anheftet. Er vermag den vorderen Abschnitt des Carapax dem Kopfapodem etwas zu nähern, dient aber wohl in der Hauptsache zur Befestigung. Von Suckow wurde er als Mandibelschheßmuskel aufgefaßt. (Bei Homarus ist dieser Muskel ziemlich kräftig entwickelt.) Musculus dorsoventralis posterior. (ÖUCKOW : Schläfenmuskel. ) {dv. j) Fig. 2, 14, 16.) Er entspringt als breites sehniges Band ebenfalls lateral an dem Kopfapodem, ventral von dem vorderen Dorsoventralmuskel und zieht in horizontaler Richtung, fast senkrecht zur Sagittalebene, nach dem Carapax, an dem er sich dicht hinter der Nackenfurche mit kurzen Muskelfasern anheftet. (Bei Homarus ist er verhältnismäßig schwach entwickelt.) SucKOW erwähnt bei der Beschreibung der abdominalen Mus- kulatur nur je eine dorsale und ventrale Längsmuskelschicht. Sowohl der gedrehte Faserverlauf des medianen Teiles der abdominalen Dor- salmuskeln wie das Vorhandensein der Transversalmuskeln bei der ventralen Längsmuskulatur waren ihm bekannt, ohne indessen eine nähere Besclireibung zu finden. B. Die Extremitätenmuskulatur. Bevor wir auf die Muskulatur selbst eingehen, wollen wir die Glie- derung der Extremitäten einer allgemeineren Betrachtung unterziehen. Die Crustaceenextremitäten können wir mit Ausnahme der ersten An- tenne auf den Spaltfuß zurückführen. Wir unterscheiden an ihm einen meist zweigliedrigen Stamm, den Protopodit (Fig. 8), an dem die bei- Die Muskulatur von Astacus fhiviatilis. 195 Profopodif den Äste, der Endopodit und der Exopodit, und häul'io; aucli noch ein drittes Gebilde, der Epipodit, sitzen. Plaben wir einen zweigliedrigen Protopodit, so bezeichnet man das proximale Olied als Coxopodit, das distale (Jlied als Basipodit, an dem Exopodit und Endopodit ent- springen (Fig. 8). Zugunsten des letzteren tritt in der Regel der Exo- podit zurück und fehlt gänzlich bei der Mandibel, bei den Maxillen, den Schreitfüßen und der ersten Abdoniinalextremitcät. Der Endo- podit erreicht seine höchste Bewegungsfähigkeit und dementsprechend zweckmäßigste Gliederung in den letzten Schreitfüßen. Zur Veran- schaulichung dieser wie der vorher- gehenden Verhältnisse habe ich ver- sucht, ein Schema aufzustellen, eine Kombination aus dem ersten Kiefer- fuß und einem der beiden letzten Schreitfüße (Fig. 8). Der Exopodit besteht nur aus einem Grundgliede, an das sich eine aus mehreren Ringen bestehende Geißel ansetzt. Bei der zweiten Antenne besteht der Exopodit nur aus der unge- gliederten Schuppe. Der Endopodit ist in seiner einfachen Form ebenso gebaut wie der Exopodit. Bei den Abdominalextremitäten besteht er ebenfalls nur aus einem Grund- gliede und einer bew^eglichen Geißel. Bei der höchsten Gliederung des Endopodits (Fig. 8) können wir fünf Glieder miterscheiden, von denen das proximale, dem Basipodit ansitzende Ghed, als Ischiopodit, das nächste als Meropodit, das dritte als Carpopodit, das vierte als Pro- podit und das letzte schließlich als Dactvlopodit bezeichnet wird. Bei den Mundextremitäten tritt der Endopodit zu Gunsten des Protopodits zurück, bei den beiden Maxillen besteht er nur noch in einer unge- gliederten Platte, ebenso wie beim ersten Kieferfuß, wo ihm der Exo- podit an Größe überlegen ist. Auch bei dem letzten Extremitätenpaare, den Uropoden, überragt der Exopodit gegenüber dem Endopodit. Der Epipodit tritt nur bei der zweiten Maxille und den Thoracal- extremitäten mit Ausnahme des letzten Schreitfußes auf. Er entspringt Endopodit Fig. 8. SchfMiia einer Thoracalextremität von Aslacus. 196 Walter .Schmidt, an dem Coxopodit (Fig. 8) und trägt meistens Kiemen. Nur bei der zweiten Maxille und dem ersten Kieferfuß stellt er einen lappenförmigen Anhang dar und nur hier ist er mit einer eigenen Muskulatur versehen. Der Coxopodit sämtlicher Extremitäten ist um eine in der Frontal- ebene liegende, meist auf der Sagittalebene senkrecht stehende oder etwas dagegen geneigte Achse drehbar. Die Muskeln, die diese Be- wegung ausführen, seien als Promotoren und Remotoren bezeichnet. Der Basipodit ist stets so eingelenkt, daß er sich in einer zur Bewe- gungsebene des Coxopodits senkrecht stehenden Ebene bewegen kann (Fig. 8). Die Gelenke des Coxopodits und des Basipodits ergänzen sich demnach zu einem Kugelgelenk und bewirken die Rotationsfähigkeit des Basipodits. Ganz dem entsprechend ist auch die Muskulatur, die zur Bewegung der Coxopodits und Basipodits dient, derart ausgebildet, daß der Basi- podit rotieren kann. Im Cephalothorax wird diese Bewegung durch vier Muskeln ausgelöst. Zwei Muskeln dienen zur Bewegung des Coxo- podits, also je ein Promotor mid Remotor, während die beiden anderen senkrecht dazu den Basipodit bewegen und als Levator und Depressor bezeichnet werden sollen. Ganz anders liegen die Verhältnisse im Ab- domen. Hier haben wir nicht wie im Cephalothorax die festen zwei- anghgen Gelenke, die nur eine Bewegung in einer Ebene zulassen, viel- mehr stellt sich das Gelenk als ein mehr oder weniger breiter, dünner Chitinring dar. Der Coxopodit ist ein nach derRostralseite offener Halb- ring, an dem nur ein Muskel, ein Remotor, inseriert (rem, Fig. 23). Ihm entgegen wirken zwei den Basipodit angreifende, in einem Winkel von etwa GO Grad zueinander stehende Muskeln, die zugleich durch ihre geneigte Stellung den Basipodit rotieren lassen können. Hierauf werde ich noch bei der Einzelbeschreibung zurückkommen. Auch dort, wo Coxopodit und Basipodit verschmolzen sind, ist die Rotierfähigkeit gewahrt. Wir sahen uns hier veranlaßt, dem Coxopodit und dem Basipodit, beide als Protopodit zusammengefaßt, eine besondere Stellmig unter den Gliedern der Extremitäten einzuräumen. Ganz entsprechend wer- den wir diese Unterscheidimg auch bei ihren Muskeln vornehmen können. Die Muskulatur einer jeden Extremität zerfällt in eine Gruppe, die die Extremität mit dem Körper verbindet, und eine zweite Gruppe, die in den Extremitäten selbst liegend deren einzelne Gheder gegen- einander bewegt. Die Muskeln, die zur Bewegung des Protopodits dienen, entspringen im Körper und stellen die erste Gruppe dar gegen- über allen andern Muskeln in den Extremitäten selbst. AVir wollen Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 197 demgemäß auch für die Muskeln des Protopodits besondere Bezeich- nungen anwenden. Promotor und Remotor soll daher stets nur für den Coxopodit verwandt werden, während Levator und Depressor auf den Basipodit im Cephalothorax hinweisen. Im Abdomen dient zur Be- wegung des Basipodits ein Rotator dorsalis und Rotator venti'alis. Die Hervorhebung dieser Muskelgruppe hat für uns noch einen Vorteil. Er weist uns sofort auf die Einheitlichkeit in dem Grundplane der Extremitäten hin und läßt die Homologie der Muskeln mehr in den Vordergrmid treten. Demgegenüber ist die Ausbildung des Exo- podits und des Endopodits in den einzelnen Extremitäten so verschieden, daß uns eine ähnliche Homologiesierung nur sehr schwer gelingen und oft sogar unmöglich gemacht wird. Bei den Gliedern des Endopodits und des Exopodits sehen wir häufig Bewegungsrichtungen auftreten, die denjenigen des Coxopodits und des Basipodits parallel oder ähnlich verlaufen. Für die in ihrer Wirkung den Pro- und Remotoren ent- sprechenden Muskeln wollen wir die Bezeichnung Pro- und Reductoren einführen. Die den Levatoren und Depressoren analogen Muskeln seien als x4bductoren und Adductoren bezeichnet. Die verschiedenen andern Bezeichnungen, die außerdem noch angewandt sind, finden ihre Er- klärung, soweit sie einer solchen bedürfen, bei den Einzelbeschreibungen. Auf eine nähere Beschreibung des Endopodits müssen wir hier infolge seiner sehr verschiedenen Ausbildung in den einzelnen Extre- mitäten verzichten und verweisen daher auf die Einzelbeschreibungen. Bezüglich des Exopodits sei hier noch erwähnt, daß die Achse des Gelenkes, das ihn mit dem Basipodit verbindet, parallel zu der Achse steht, um die der Basipodit gegen den Coxopodit bewegbar ist. Zur Bewegung des Exopodits dient demnach ein Abductor bzw. Adductor. Diese Ausführungen gelten natürlich nicht für die erste Antenne, die keinen 8paltfußcharakter trägt, noch auch für das Auge, das eben- falls hier beschrieben wird. Auch die Mandibel macht dadurch eine Ausnahme, daß ihr Protopodit nur um eine Achse beweglich ist, also nicht rotieren kann. I, Der Kopf. 1. Das Auge. Musculus oculi basal is anterior, (o. b. a Fig. 1, 7, 9, 12.) (IM. MiLNE Edwards: Muscle flechisseur des yeux. Mocquard: Muscles moteurs extrinseques des tiges oculiferes.) Er entspringt median an dem vordem Ende des Epistomas zwischen den Coxalgliedern der zweiten Antenne (Fig. 12) mit einer langen, Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. CXIII. Bd. 14 198 Walter .Schmidt, uiipaaren Sehne {oh s Fig. 9, 12), wird darauf paarig und inseriert an dem dorsomedianen proximalen Rande des die beiden Augenstiele ver- bindenden weichen Chitinringes. (In Fig. 10 ist dieser Muskel abge- trennt und seine Ansatzstelle mit x bezeichnet.) Seine Wirkungsweise wird uns klar werden, wenn wir uns den Bau der Augenstiele vergegen- wärtigen. Das Auge losgelöst vom Kcnper zeigt in dorsaler Ansicht (Fig. 10) einen mittleren, unpaaren, weichen Chitinring, der die auf ihn folgenden festeren Glieder verbindet. Dieser ist jedoch nicht voll- kommen geschlossen, sondern erhält an seiner proximalen Seite einen Ausschnitt in verkürzter Eiform (o Fig. 12), der das Körperinnere mit dem Augeninnern verbindet. Dieser Ausschnitt kommt in seiner horizontalen Ausbreitung derjenigen des medianen Chitinringes gleich, stöfJt denmach lateral unmittelbar an das feste Glied des Augenstieles, das um diesen Punkt drehbar ist. Da die beiden Muskeln dicht neben- einandergelagert vollkommen medial an dem weichen Chitinring an- greifen, so wird dieser infolge der Kontraktion in seinem medianen Umfange verkürzt. Die Folge davon ist eine Einknickung des weichen Ringes, die an der distalen Seite am stärksten ist. Das auf ihn folgende feste Glied ward infolgedessen mit seinem distalen Ende in der Hori- zontalebene bewegt und vom Körper etwas entfernt, die Augen somit einander etwas genähert. (Die paarige, den medianen Chitinring angreifende Muskulatur weist darauf hin, daß dieser Ring keine unpaare Ausstülpmig des Körpers, sondern die verschmolzenen Grmidglieder der Augenstiele darstellt. Das darauf folgende feste Glied, das man bisher als Grund- glied bezeichnet hat, ist demnach in Wirklichkeit das zweite Glied und sei daher fernerhin auch so bezeichnet. Ohne auf ihre Beschreibmig einzugehen, stellt M. Milne Edwards diesen Muskel auf Taf. XIII, Fig. 2 dar und bezeichnet ihn als flechis- seur des yeux. Eine Sehne hat er dabei nicht angegeben.) Musculus oculi basalis posterior, (o. b. p. Fig. 1, 7, 9, 12.) Er entspringt an derselben unpaaren Sehne {u b s Fig. 9, 12), die sich noch ein kurzes Stück unpaar über die von ihr abgehenden vordem Basalmuskeln fortsetzt. Er mrd dann ebenfalls paarig, geht schwach divergierend in eine dünne Sehne ausgezogen zwischen den vordem Magenmuskeln hindurch und heftet sich dorsal kurz hinter dem Rostrum an. Diese Stelle ist häufig schon äußerlich durch zwei kleine Einbuch- tungen des Carapax kurz hinter dem Rostrum zu erkennen. Der Muskel Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 199 steht nicht mit dem Auge in unmittelbarer Verbindinig und hat eine sehr eigenartige Aufgabe. Betrachten wir Fig. 9, die einen schematischen Medianschnitt durch das Vorderende des Kopfes darstellt, so sehen Avir, daß die unpaare Sehne (o b s Fig. 9) dicht über das Oberschlund- ganglion {g Fig. 9) hinwegführt. Es ist leicht zu ersehen, daß durch Kontraktion des vorderen Basalmuskels {oh a Fig. 9) ein Druck der Sehne auf das Ganglion ausgeübt würde. Dies wird verhindert durch den hinteren Basalmuskel {ohp Fig. 9), der die Sehne von dem Ganglion wegzieht und zugleich den vorderen Muskel verstärkt. [Auch dieser Muskel ist bei Homnrus gut ausgebildet und weicht nur dadurch ab, o öp. ob. 3 o.b.s. Fig. 9. Scheniatischer Äfedianschnitt durch das Vorderende des Kopfes, o.h.a, M. oculi basalis anterior; O.b.p, M. oculi basalis posterior; o.b.s. Sehne des M. oculi basalis anterior; g, Oberschlundganglion. daß seine Divergenz etwas geringer mid seine Sehne, mit der er doi'sal ansitzt, bedeutend kürzer ist.] In Zusammenhang mit den Basalmuskeln stehen noch einige sehnige Fasern, die ebenso T\äe die hinteren Basalmuskeln wohl lediglich zum Schutze des Oberschlundganglions dienen. An der Stelle, die von der unpaaren Sehne die vorderen Basalmuskeln abgehen läßt, biegt zu beiden Seiten je ein dünnes sehniges Band ab (Fig. 12), das sich lateral an dem in die Augen führenden Ausschnitte ansetzt. Von hier zieht beiderseits ein dünnes Band dorsal zur Insertionsstelle des hinteren Basalmuskels. [Das System der Augenbasalmuskeln weist bei Homarus einige Abweichmigen auf. Die bei Astacus mipaare lauge Sehne zeigt bei Homarus kurz nach ihrem Ursprünge einen langen Schlitz, ist demnach teilweise paarig, wird jedoch kurz vor der Abzweigung der paarigen 14* 200 Walter Schmidt, vorderen Aupjenmiiskelii wieder iinpaar. Der weitere Verlauf entspricht ganz den Verhältnissen bei Astacus mid unterscheidet sich nur darin erheblich, daß diese lange Sehne an ihrem Ursprünge zwei sehnige Äste nach hinten entsendet, die zu beiden Seiten des Ösophagus ihr Ende finden. Mocquard beschreibt den contractilen Teil der vorderen Augen- muskeln als »Musclos moteurs extrinseques des tiges oculiferes«, während er das gesamte übrige sehnige System als »Appareil musculo-tendineux cephalique« bezeichnet. Die beiden hinteren Basalniuskeln der Augen nennt er »ses branches superieurs«, bringt sie denuiach nicht mit den Augen in Zusammenhang, die beiden die Augenöffnung überspannenden sehnigen Bänder »ses expansions laterales <<.] Musculus oculi attractoi". [attr. Fig. 10.) Er entspringt mit kurzer Sehne nahe bei der Stelle, an der das zweite feste Glied lateral mit der in die Augen führenden Öffnung des Kopfskelets (o Fig. 12) zusammenstößt. Kegelförmig sich ver- breiternd heftet er sich mit schmal ovaler Fläche der dorsodistalen Seite des zweiten Gliedes an. Er vermag das distale Ende des zweiten Ghedes dem Körper zu nähern, so daß es fest anliegt, und stellt daher den Antagonisten der eben beschriebenen Basalniuskeln dar. Er ist nur schwach ausgebildet. Musculus oculi adductor. (add. Fig. 10.) An dem dorsodistalen Abschnitte des zweiten Gliedes olme Sehne entspringend zieht er nach dem Augenbecher, wo er sich medioproximal ebenfalls ohne Sehne anheftet. Er hat gerade, cylindrische Gestalt und bewegt den Augenbecher in der Frontalebene medial nach vorn. Durch seine schräge Stellung vermag er eine Drehmig des Augenbechers um seine Längsachse hervorzurufen, und zwar bewegt er den rechten Augenbecher proximal gesehen im Sinne des Uhrzeigers. Musculus oculi abductor. [abd. Fig. 10.) Er entspringt im ventroproximalen Teile des zweiten Gliedes, dicht bei der Ursprungsstelle des Attractors mit ganz kurzer Seime. Seine etwas gedrehten Fasern heften sich lateral mit breiter Fläche etwa in der Mitte des Augenbechers an. In seiner Hauptwirkung der Anta- gonist des Adductors vermag auch er den Augenbecher in demselben Sinne wie dieser um seine Tjängsachse zu drehen. Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 201 Musculi oculi retractores. Vier an der Zahl entspringen sie an der das zweite Glied mit dem Augenbecher verbindenden Geleukhaut und heften sich im Augenbecher selbst an. Sie vermögen diesen somit an das zweite Glied bzw. an den Körper heranzuziehen. Eine Sehnenbildung findet bei ihnen nicht statt. Musculus oculi retractor dorsalis. (rd Fig. 10.) Er entspringt mit schmal ovaler Fläche, die in ihrer Längsachse dem Adductor ungefähr parallel verläuft und mit ihrem proximalen ab(^ atfr attr nd Fig. 10. Augen vom Körper losgelöst, Stiel geöffnet, norsalansicht. ahd, M. oculi abductor; add, M. oculi adductor; aür, M. oculi attractor; rd, M. oculi retractor dorsalis; rl, M. oculi retractor lateralis; rm, M. oculi retractor medialis; rv, Jl. oculi retractor ventralis; x Insertionsstcllc der Basalmuskeln. Ende den dorsodistalen Rand des zweiten Gliedes fast berührt. Seine Fasern verlaufen zu denen des Adductors etwa in einem Winkel von 75*^ Und inserieren an dem mittlem dorsoproximalen Abschnitte des Augen- bechers. Außer seiner retraktorischen Funktion wirkt er durch seinen schrägen Fasernverlauf dem Adductor in seiner Drehbewegung entgegen. Musculus oculi retractor ventralis. {rv Fig. 10.) Er liegt dem dorsalen Retraktor gerade gegenüber, zeichnet sich aber durch geraden Fasernverlauf aus. An der Ventralseite der Gelenk- haut flach ausgebreitet entspringend, inseriert er in dem ventrodistaleu Teile des x\.ugenbechers. 202 Walter Schmidt, Musculus oculi letractor lateralis. {rl Fig. 10.) Etwas schwächer als die beiden vorhergehenden Retractoren ent- springt er lateral an der Gelenkliaut und läßt zwei Teile erkennen. Der eine Ast zieht dorsal und heftet sich hier lateral von dem dorsalen Retractor an, während der andre Ast lateral bleibt und an dem proxi- malen Teile des Augenbechers inseriert. Musculus oculi retractor medialis. {rm Fig. 10.) Dicht bei der Insertionsstelle des Adductors sich anheftend ent- springt er diesem parallel laufend an der Gelenkhaut. Er stellt nur eine dünne kleine Schicht ganz kurzer Fasern dar und liat infolgedessen für die Bewegung des Auges keine allzugroße Bedeutung. [SucKOW gibt nur vier Augenmuskeln an, die den Augenbecher bewegen, mid zwar je nach ihrer Lage nach oben, unten, innen und außen. Seiner Abbildung nach läßt er sie alle proximal im Grundgliede entspringen. Leider läßt er sich auf eine nähere Beschreibmig nicht ein.] 2. Die erste Antenne. Die Sonderstellung, w^elche die erste Antenne unter den Extre- mitäten einnimmt, kommt auch in ihrer Muskulatur zum Ausdruck. Zwar wird auch bei ihr das erste Glied mn eine auf der Sagittalebene senkrecht stehende Achse bewegt, so daß wir auch hier einen Promotor und einen Remotor finden. Das zweite Glied ist aber nicht senkrecht zu der Bewegungsrichtung des ersten Gliedes zu bewegen, sondern nur parallel. Ebenso verhalten sich auch die weiteren Glieder. Dem- entsprechend weicht auch die Muskulatur von der der anderen Extre- mitäten ab. Musculus promotor I. Ant. {■prom, Fig. 11, prom I Fig. 12.) Er entspringt an der lateralen Ecke des dreieckigen Ausschnittes, der die Verbindung des Körperinnern mit dem Innern der ersten Antenne herstellt (I.Ant. Fig. 12). Hier entspringt er dorsal wie ventral und heftet sich mit seinen kurzen dünnen Fasern dorsolateral an dem proxi- malen Rande des ersten Gliedes an. Er bewegt die erste Antenne in der Sagittalebene und wird unterstützt durch die dorsale, zwischen dem ersten Gliede und dem Kopfskelet nur kurze Gelenkhaut, die wie ein elastisches Band wirkt. Die Muskulatur von Astacus t'luviatilis. 203 Musculus leuiotor a. I. Aut. {rem.a Fig. 11, rcmal Fig. 12.) Er entspringt mit kurzer iSeline an der caudalen Ecke der in die erste Antenne führenden Öffnung (/. A^it. Fig. 12). Kegelfönnig sich verbreiternd heftet er sich mit breiter Fläche an der ventralen Seite ^d(/i remb prom Erste Antenne, Dorsalansicht, prom, M. promotor; rema. M, remotora; remb, M. remotorb; ■prodz, M. productor des zweiten Gliedes; redz, M. reductor des zweiten Gliedes; prods, M. pro- ductor des dritten Gliedes; reds, M. reductor des dritten Gliedes; abd^, M. abductor des dritten Gliedes; red^, M. reductor der Riechgeißel. des ersten Gliedes an und reicht hier bis in die Mitte desselben. Er liegt demnach ventral unter der Statocyste und stellt den Antagonisten des Promotors dar. Musculus remotor b. I. Ant. {rem.b Fig. 11.) Ohne Sehnenbildung dicht neben dem Remotor a entspringend inseriert auch er ventral im ersten Gliede, median von dem Remotor a 204 Walter .Schmidt, gelegen. Er besteht nur aus einer flachen Schicht kurzer, dünner Fasern, steht hinter jenem an Stärke weit zurück und unterstützt ihn in seiner Wirkung. Musculus productor 2. I. Ant. (prod.2 Fig. 11.) Lateral in der distalen Hälfte des ersten Gliedes mit breiter Fläche entspringend inseriert er dorsolateral an dem proximalen Rande des zweiten Gliedes ohne Sehnenbildung. Er bewegt das zweite Glied in der Sagittalebene in dorsaler Richtung. Musculus reductor 2. I. Ant. {red. 2 Fig. 11.) Er entspringt medial in der Mitte des ersten Gliedes mit breiter Fläche und heftet sich ventromedial an dem proximalen Rande des zweiten Gliedes ebenfalls ohne Sehnenbildung an. Er wirkt dem Pro- ductor 2 in seiner Funktion entgegen und übertrifft ihn an Stärke. "o""©" Musculus productor 3. I. Ant. {pwd.s Fig. 11.) Er nimmt ohne Sehnenbildung ventrolateral in dem proximalen Teile des zweiten Gliedes seinen Ursprung und inseriert sich etwas ver- jüngend mit ganz kurzer, flacher Sehne dorsolateral an dem proximalen Rande des dritten GHedes. Er bewegt das dritte Glied dorsalwärts in der Sagittalebene. Musculus reductor 3. I. x\nt. (/•edg Fig. 11.) Als Antagonist des Productors 3 nimmt er eine diesem genau ent- gegengesetzte Lage ein. Dorsomedian in dem proximalen Abschnitte des zweiten Gliedes ohne Sehne entspringend zieht er sich etwas ver- jüngend medioventral, wo er sich mit ganz kurzer, flacher Sehne an dem proximalen Rande des dritten Gliedes anheftet. Seinem Anta- gonisten kommt er an Stärke gleich. Musculus abductor 3. I. Ant. (aM.g Fig. 11.) Er entspringt ventrolateral in der distalen Hälfte des zweiten Gliedes mid inseriert lateral an dem proximalen Rande des dritten Gliedes. Er ist nur schwach ausgebildet und besteht aus wenigen dünnen Fasern. Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 205 Da das dritte Glied nur in einem Punkte median fest eingelenkt ist, wird es durch ihn in der Horizontalebene bewegt und von der Medianen entfernt. Als Antagonist dient die in der Nähe des Gelenkpunktes elastische Gelenkhaut. Das dritte Glied wird dadurch in den »Stand gesetzt, zu rotieren, eine Bewegung, die wir bei den andern Extremitäten in dieser Ausbildung nur beim Basipodit oder höchstens noch beim Coxopodit wiederfinden. Musculus reductor 4 I. Ant. {red.^ Fig. 11.) Medial in dem proximalen Abschnitte des dritten Gliedes ent- springend heftet er sich mittels kurzer, flacher Sehne sich etwas ver- jüngend ventral an dem proximalen Rande des ersten Ringes der Riech- geißel an. Er bewegt diese ventralwärts in der Sagittalebene. Ihm entgegen wirkt die dorsale elastische Gelenkhaut, so daß im Ruhe- zustande die Riechgeißel in einem Winkel von etwa 40^ zur inneren Geißel steht. Weder diese noch die einzelnen Ringe der Geißeln sind durch eigene Muskulatur ausgezeichnet. 3. Die zweite Antenne. Die zweite Antenne weist von allen Kopfextremitäten die beste Gliederung und dementsprechend größte Bewegungsfähigkeit auf. Trotz ihres etwas komplizierten Baues können wir sie gut auf miser Schema zurückführen. Musculus promotor II. Ant. [prom.II Fig. 12, prom. Fig. 13, prom.II Ant. Fig. 1, 7.) Ventral von den Scheitelfortsätzen {s Fig. 12), den Ansatzstellen der vorderen Magenmuskeln, entspringt er lateral an dem dorsalen Kopfschild mit breiter Fläche. In seiner Form sehr abgeplattet, ver- jüngt er sich stark und läuft in eine kurze, kräftige Sehne aus, die proximal an dem Rostralende des Coxopodits ansitzt. Er bewirkt eine Vorwärtsbewegung bzw. Hebung des Coxopodits. Musculus remotor II. Ant. {rem. Fig. 13, rem.II Fig. 12, retn. II Ant. Fig. 1, 7.) Er ist in seiner Form seinem Antagonisten, dem Promotor, sehr ähnlich mid entspringt, ventral von ihm gelegen, ebenfalls lateral an dem dorsalen Kopfschilde, um sich mit kurzer, kräftiger Sehne lateral an dem proximalen Rande des caudaleu Abschnittes des Coxopodits 206 Walter Schmidt, anzuheften. [Bei Homanis weicht dieser Muskel gegenüber seinem xVntagonisten dadurch ab, daß er bedeutend verstärkt und nicht ab- gephittet ist.] [SucKow hält den Coxopodit der zweiten Antenne für ein Gehör- organ, das von den hier als Promotor und Remotor bezeichneten Muskeln in Bewegung gesetzt wird. Die zweite Antenne beginnt infolge- dessen nach ihm erst mit dem Basipodit.] pro ml depra I depr.d depr.a mera remal Fig. 12. Vorderei- Kopfabschnitt in Caudalansicht. oha, M. oculi basalis anterior; ohp, M. oculi basalis posterior; ohs, Scline des M. oculi basalis anterior; o, Augenhöhle; remal, M. remotor a I. Antennae; ■proml, M. proniotor I. Antennae; lAnt, Höhle der ersten Antenne; pr07n.II, M. promotor II. An- tennae; rem. II, M. remotor II. Antennae; lev, ISl. levator II. Antennae; depr{a,b,c,d), 'M. depres- sor(a, b,c, d) II. Antennae; comprB, M. compressor basipoditis II. Antennae; exabd.c, M. exopodi- tis abductor c II. Antennae; mera, M. meropoditis a; merb, M. meropoditis b; Bv, dorsomedianer Vorsj)riing im Basipodit; s, fSchcilelfortsatz. Musculus levator II. Ant. {lev. Fig. 12, 13.) Er entspiingt in der medianen Hälfte des caudalen Abschnittes des Coxopodits in der Nähe des proximalen Randes mit kräftiger Sehne. Zu einem starken, kompakten Muskel anschwellend inseriert er ohne tSehnenbildimg proximal in dem lateralen Abschnitte des Basipodits. Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 207 Er ist horizontal gelagert und bewegt diesen um den ventralen Gelenk- punkt {B Fig. 13) in der Horizontalebene von innen nach, außen. Er weicht dadurch von der Norm ab, daß er nicht im Körper seinen Ur- sprung findet. depnc prom Fig. 13. Zweite Antenne. Dorsalunsieht. Auf der linken Seite die untere Muslielschicht freigelegt, p^om., M. promotor; re^n., M. remotor; lev., M. levator; depr{a,b,c,d), BI. depressor(a, b, d,c); compr.B, M. compressor basipoditis; exadd., M. adductor exopoditis; exabd(a,b,c), M. abductor exopoditis; redi, M. reductor iscliiopoditis ; mer.a, M. nieropoditis a; mer.b, M. meropoditis b; carp {.au.b), M. carpopoditis (a u. b); ext.i, M. extensor propoditis; flex.^, M. flexor propoditis; ext.^, M. extensor dactylopoditis ; flex^, M. flexor dactylopoditis ; B, Gelenkpunkt zwischen Coxopodit und Basipodit; BV, dorsomedianer Vorsprung im Basipodit. Musculi depressores II. Ant. Vier an der Zahl wirken sie dem Levator entgegen. Da der Basi- podit nur in einem Punkte {B Fig. 13) fest eingelenkt ist, sind sie im- 208 Walter Schmidt, Stande, vermöge ihrer in verschiedenen Winkehi gegeneinander ge- richteten Stellung denselben rotieren zu lassen. Musculus depressor a. II. Ant. (depr.a Fig. 12, 13.) Er entspringt ventromedial in dem proximalen Teile des Coxo- podits und inseriert ventromedial an dem proximalen Rande des Basi- podits. Er besteht aus zwei dünnen übereinanderliegenden Schichten, die beide in dem proximalen Teile mehr als die mediale Hälfte des Coxo- podits einnehmen und hier einander vollkommen decken. An der In- sertionsstelle bleibt jedoch die ventrale Schicht infolge der medialen Faserrichtung der dorsalen Schicht von dieser lateral unbedeckt. Musculus depressor b. II. Ant. {depr.b Fig. 12, 13.) Er entspringt lateral im Coxopodit an dessen rostralem Ende dicht bei der Insertionsstelle des Promotors. Sich etwas verjüngend inseriert er mit kurzer Sehne in der Mitte des mediodorsalen Abschnittes des Basipodits. Infolge dieser Lage führt er außer depressorischer auch noch pro motorische Bewegung aus. Zum besseren Verständnis dieser Verhältnisse verweise ich auf die beiden Abbildungen 12 und 13, von denen die eine (13) die zweite Antenne in dorsaler Ansicht darstellt, die andere (12) den vordem Kopf abschnitt in Caudalansicht zeigt, so daß man in das Innere der zweiten Antenne hineinsieht. Musculus depressor c. IL Ant. {depr.c Fig. 12. 13.) Dorsal dicht neben dem Promotor mit breiter Fläche entspringend heftet sich der schwache, zu einer langen, dünnen Sehne ausgezogene Muskel an der Insertionsstelle des Depressors b an. Er bildet mit diesem einen Winkel von etwa 45^ und hat noch mehr als dieser eine promotorische Funktion. Musculus depressor d. IL Ant. {depr.d Flg. 12, 13.) Auch er heftet sich an der Insertionsstelle des Depressors b und c an und zieht ein wenig sich verbreiternd median, wo er an dem Vorder- ende des Epistomas, zwischen den beiden Coxopoditen der zweiten An- tenne seinen Ursprung findet. Er bildet mit dem Depressor b einen Winkel von etwa 100^ mid wirkt ihm wie dem Depressor c entgegen, indem er remotorische Bewegungen auszuüben vermag. Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 209 Musculus compressor basipoditis II. Ant. {compr.B. Fig. 12, 13.) Er entspringt dorsolateral in dem proximalen Abschnitte des Basipodits und inseriert mediodorsal in der Mitte des distalen Teiles des Basipodits an einem festen Skeletvorsprung {B.v Fig. 12). Da er dem Depressor b parallel läuft, wird er in Caudalansicht von ihm ver- deckt. Er bewirkt eine Zusammenpressung des nicht vollkommen festen Basipoditringes, eine Funktion, die wir in keiner andern Extre- mität wiederfinden. Musculus exopoditis adductor II. Ant. {ex.add. Fig. 13.) An dem ebenerwähnten Vorsprunge an der Mediodorsalseite des Basipodits {B v Fig. 12, 13) entspringend teilt er sich in zwei Blätter, von denen sich das eine dorsal, das andere ventral im Innern der »Schuppe, nahezu in der Mitte anheftet. Er bewegt die Schuppen in der Hori- zontalebene und nähert sie einander. Musculus exopoditis abductor (a, b, c) II. Ant. [ex.abd. [a,b,c] Fig. 12, 13.) Er ist der Antagonist des Adductors und läßt drei Teile erkennen, die alle an dem lateralen Proximalrande der Schuppe inserieren. Der dorsal gelegene Ast (ex.ahd.a Fig. 13) entspringt dorsolateral im Basipodit, der mittlere Ast (ex.ahd.h Fig. 13) entspringt lateral im Basipodit, während der bedeutend stärkere ventrale Ast {ex.abd.c Fig. 12, 13) in dem proximalen Abschnitte des Basipodits ventro- lateral seinen Ursprung hat. Musculus reductor ischiopoditis II. Ant. {red.i Fig. 13.) Dicht neben der Ursprungsstelle des ventralen Abductorastes des Exopodits entspringt auch er ventral im Basipodit, inseriert ventral an dem Proximalrande des Ischiopodits, des ersten Gliedes des Endo- podits, und hat eine flach abgeplattete Gestalt. Den Ischiopodit bewegt er in der Sagittalebene ventral wärts. Da dieser zugleich mit dem ventrolateralen Ende des Carpopodits, des dritten Gliedes des Endo- podits, verbunden ist, so bewirkt der Muskel eine Drehung des Carpo - podits um seine Längsachse, und zwar wird derselbe bei der linken Extremität bei caudaler Ansicht entgegengesetzt dem Sinne des Uhr- zeigers gedreht. 210 Walter Schnüdt, Musculus meiopoditis a. II. Ant. {mer.a Fig. 12, 13.) Er entspringt niediodorsal an dem schon mehrfach erwähnten Vor- sprmige des Basipodits {B v Fig. 12, 13) und inseriert ventral in der Mitte des proximalen Abschnittes des Meropodits, des zweiten Gliedes des Endopodits. Er bewegt das Glied in der Transversalebene ventral. Da der Meropodit dorsomedial init dem Carpopodit verbunden ist, wird dieser bei Kontraktion des Muskels ebenfalls um seine Längsachse ge- dreht, imd zwar in entgegengesetztem Sinne, indem er durch den Mus- culus reductor ischiopoditis bewegt wird. Dieser ist demnach der Antagonist des Musculus meropoditis. Musculus meropoditis b. II. Ant. {mer.b Fig. 12, 13.) Er nimmt dicht neben dem Compressor des Basipodits {compr.B Fig. 12), also dorsolateral seinen Ursprung und inseriert sich verjüngend an dem Proximalrande des Meropodits, dicht neben dem Musculus mero- poditis a, den er in seiner Wirkung unterstützt. Musculus carpopoditis (a u. b). II. Ant. (carp.[a u. b] Fig. 13.) Der bei weitem größere, median gelegene Muskel {cnrp.a Fig. 13) entspringt in dem proximalen Teile des Meropodits und heftet sich dorsal in der Mitte des Proximalrandes des Carpopodits, des dritten Endo- poditgliedes, an. Der sehr schwache und nur kurze laterale Muskel {carp.b Fig. 13) nimmt dorsolateral am Eande des Meropodits seinen Ursprung und inseriert dorsolateral an dem Proximalrande des Carpo- podits. Beide Muskehi bewirken eine Hebung des Carpopodits, der in geringem Grade die ventrale elastische Gelenkhaut entgegenwirkt. Musculus flexor propoditis IL Ant. (/kr.4 Fig. 13.) Ventrolateral im proximalen Teile des Carpopodits entspringend heftet er sich ventrolateral an dem Proximalrande des Propodits, des vierten Endopoditgliedes, mit einer kurzen, flachen Sehne an. Er be- wirkt eine Auswärtsbewegung des Propodits. Musculus extensor propoditis IL Ant. {ext. 4^ Fig. 13.) Er wirkt dem Flexor des Propodits entgegen und nimmt dorso- medial in dem proximalen Teile des Carpopodits seinen Ursprimg, um Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 211 sich dorsomedial an dem Pioximalrande des Propodits mit eiiKM- kurzen, flachen Sehne anzuheften. Musculus floxor dactylopoditis II. Ant. {flex.^ Fig. 13.) Derselbe entspringt dorsolateral in der proximalen Hälfte des Propodits und setzt sich lateral an dem Proximalrandc des Dactylo- podits, der Geißel der zweiten Antenne, mit einer flachen Sehne an. Er bewirkt eine Auswärts- bzw. Rückwärtsbewegung der Geißel. Musculus extensor dactylopoditis II. Ant. {ext. 5. Fig. 1:5.) Er ist der Antagonist des Flexors der Geißel, entspringt medio- ventral in dem proximalen Teile des Propodits und inseriert medial an dem Pjoximalrande der Geißel mittels einer kurzen Sehne. 4. Die Mandibel. Die Mandibel nimmt unter den Extremitäten eine gewisse Aus- nahmestellung ein. Eine Rotationsfähigkeit des Protopodits, des ver- schmolzenen Coxo- und Basipodits, ist nicht vorhanden, vielmehr nur eine Bewegung in einer Ebene um eine durch zwei Gelenkpunkte ( x , X X Fig. 14) festgelegte Achse möglich. Da auch die Muskulatur dementsprechend verändert ist, ist es ohne entwicklungsgeschichthche Untersuchungen unmöglich, die den Pro- bzw. Remotoren und den Le- vatoren bzw. Depressoren entsprechenden Muskeln festzustellen. AVir wollen daher hier diese Bezeichnungen beiseite lassen und die alten Bezeichnungen xVdductor und Abductor beibehalten. Musculus abductor maior mandibulae. (SucKOW: Öffner der Mandibel.) {dbd.ma Fig. 14.) Er entspringt median am Endoskelet, an dem lateralen Fortsatze des Kopfapodems, und heftet sich lateral an dem Innenrande der Man- dibel an, an dem dorsalwärts gerichteten Vorsprmige. Der ziemlich kräftige Muskel bewirkt eine Öffnung der Mandibel. (Bei Homarus ist er etwas schwächer entwickelt.) Musculus abductor minor mandibulae. (SuCKOW: Öffner der Mandibel.) {abd.mi Fig. 14.) Er entspringt lateral an dem dorsalen Kopfschild dicht vor der Nackenfurche und inseriert spitz zulaufend mit kurzer Sehne lateral 212 Walter ychiiiidt. an der Außenseite, kurz vor dem liinteren Gelenkpunkte ( x x Fig. 14). Auch er bewirkt eine Öffnung der Mandibel. (Bei Homarus ist er ver- hältnismäßig stark ausgebildet.) Musculus adductor posterior niandibulae. (StrcKOW: Der große Temporalmuskel.) {add.p Fig. 14, add.p.mand. Fig. 1, 7.) Dorsal zu beiden Seiten des Magens mit großer Fläche entspringend läuft er in eine lange, kräftige Sehne aus, die unter dem lateralen Vor- ^ddi abd.ma abd. mi Fig. 14. Die -Maiidibcl, J)(irs:ilaiisi(ht. Auf der linken Seite ist die tiefere ^fuslcellage freigelegt, abd.ma. M. abductor maior; abd.mi, jM. abductor minor; add.p, M. adductor posterior; add.a, M. adductor anterior; add.l, M. adductor lateralis; x, x x, vorderer und hinterer (Jelenkpunkt der Mandibel VC, M. ventralis capitis; cendi, M. conipressor endophragnialis 1; dva, JI. dorsoventralis anterior; dvp, M. dorsoventralis posterior. Sprung des Kopfapodems hindurchlüuft und sich medial an dem cau- dalen Proximalrande der Mandibel anheftet. Er bewirkt eine Schließung der Mandibel und ist der kräftigste Extreinitätenmuskcl. Seine Sehne zeigt meist eine bläuliche Färbung. [Bei Homarus weicht dieser Muskel nicht nur dadurch ab, daß er schwächer entwickelt ist, sondern seine Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 213 Sehne spaltet noch sehr früh median einen dünnen Ast ab, der sich zu- sammen mit den hinteren Magenmuskehi vollkommen median mit nur wenigen, kurzen Fasern anheftet. Über seine Bedeutung bin ich mir nicht recht klar geworden.] Musculus adductor anterior mandibulae. (SxTCKOW: Schließer der Mandibel.) {add.a Fig. 14.) Derselbe entspringt lateral an dem Vorderende des Kopfapodems als zwei übereinanderliegende Blätter mit zwei flachen, kräftigen Sehnen, die ventral dicht unter dem M. abductor maior liegen. Er inseriert im ventralen Innenteile der Mandibel mit zwei schmalen, langen Flächen, wobei das größere ventrale Blatt einen großen Teil des MandibeHnnern ausfüllt. Auch er ^^ '^ fungiert als Schließer der Mandibel. Musculus adductor lateralis ^^^^^Hr \ ^Ü^-^^/ex^/^ mandibulae. (SucKOw: Öffner der Mandibel.) {oM.l Fig. 14.) Lateral an dem Kopfschild vor der Nackenfurche und dem Musculus abductor minor entspringend heftet er sich an der Außenseite des dorso- lateralen Mandibelvorsprunges an. Er läßt zwei Teile erkennen, von denen der vordere in der Kegel den hintern an Stärke übertrifft. Auch er fungiert als Schließmuskel. [Bei Romarus sind diese Muskehi be- deutend stärker entwickelt. Es sind demnach beim Hummer die late- ralen Mandibelmuskeln auf Kosten der medialen im Vergleich zu Astacus sehr verstärkt.] Fig. 15. Linke Jlandibel, dorsal aulpräpariert und vom Körper losgetreimt. flexb.p, M. flcxor b palpi; flerai), il. flexor a palpi; addps, Sehne des M. adductor posterior. Musculus flexor a palpi mandibulae. iflex.ap Fig. 15.) Er entspringt ventromedian im Innern der Mandibel an dem hinteren Ende der Kaufläche und inseriert medioventral an dem Proxi- malrande des ersten Palpusgliedes. Er bewegt dieses medianwärts und findet seine gegenwirkende Kraft in der Elastizität der lateralen Gelenk- haut des ersten Gliedes. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 15 214 Walter Schmidt, Musculus flexor b palpi niandibulae. {flex.bp Fig. 15.) Das letzte Glied des Palpus wird ebenfalls von einem Flexor in Bewegung gesetzt, der lateral in dem proximalen Teile des vorher- gehenden Gliedes entspringt und dorsomedian an dem Proxiraalrand des letzten Gliedes inseriert. Auch ihm wirkt die elastische Gelenkhaut entgegen. [SucKOW nimmt drei freibewegliche Glieder des Palpus an und läßt jedes von ihnen sowohl von einem Ausspanner wie von einem Beuger bewegen.] ^ 6. Die erste Maxille. Die erste Maxille ist stark abgeplattet und bei der Nahrungsauf- nahme behilflich. Bei dieser Funktion treten die beiden Gheder des Protopodits, besonders der Coxopodit {C Fig. 16) in Tätigkeit. Infolge- dessen sehen wir den Exopodit verschwunden und den Endopodit {Eil Fig. 16) bis auf einen kurzen ungegliederten Anfang reduziert. Dafür weist aber die Muskulatur des Coxopodits eine ungewöhnliche Entwicklung auf. Außer einem Promotor und einem Remotor treten noch weitere Muskeln auf, mit Hilfe deren das Glied rotieren kann. Diese Bewegimg wird dadurch ermöglicht, daß bei den Maxillen keine festen Angelgelenke, sondern durch Chitin verdünnimg gebildete Gelenk- ringe auftreten. Musculus promotor I. maxiUae. (prom, Fig. 16.) Er entspringt lateral am Kopfapodem, dicht vor dem M. dorso- ventrahs posterior {dvp Fig. 16), mid inseriert dorsolateral im proxi- malen Abschnitte des Coxopodits (C Fig. 16). Diesen bewegt er um eine gegen die Sagittalebene ein w^enig nach hinten geneigte Achse nach vorn bzw. dorsal und hat eine cylindrische Gestalt, ohne irgendwelche Selmenbildung erkennen zu lassen. Musculus remotor (a u. b) I. maxillae. (rem.[a u. b] Fig. 10.) Derselbe besteht aus zwei Ästen, die keinerlei Sehnenbildung auf- weisen und ventrolateral im proximalen Abschnitte des Coxopodits, ventral von dem Promotor inserieren. Der dorsal gelegene Ast {rem a Fig. 16) entspringt dicht neben und vor dem Promotor und hat eine Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 215 dünne, cylindrische Gestalt, während der bedeutend stärkere ventrale Ast {rem.b Fig. 16) ebenfalls lateral am Kopfapodern, aber ventral von dem Promotor seinen Ursprung ninnnt. Er hat eine abgeplattete Ge- stalt und läßt häufig noch eine Teilung in zwei dicht aufeinander liegende Blätter erkennen. Musculus adductor lateralis coxopoditis I. maxillae. {add.lx Fig. 16.) Er entspringt lateral kurz hinter der Nackenfurche, dorsal von dem M. dorsoventralis posterior {dvpFig.lQ) mid ventral von dem Vorderende des M. attractor epimeralis {attr.ep Fig. 1, 7) mit einer langen, dünnen Sehne. Verhältnismäßig stark anschwellend heftet er sich ohne Sehne an dem mediodorsalen Vorsprunge des Coxopodits (cyFig. 16) an. Er bewirkt eine Hebung bzw. Annähermig des medialen Teiles des Coxopodits an die Mundöffnung. Musculus adductor medialis coxopoditis I. maxillae. {add.m.c Fig. 16.) Derselbe findet seinen Ursprung an dem Kopfapodem dicht neben und vor dem dorsalen Aste des Remotors {rem.a Fig. 16) und inseriert an demselben mediodorsalen Coxopoditfortsatze (c v Fig. 16). Er ist nur schwach ausgebildet und unterstützt den lateralen Adductor des Coxopodits in seiner Wirkung. Musculus abductor coxopoditis I. maxillae. {ahd.c Fig. 16.) Dicht hinter der Nackenfurche vor der langen Sehne des lateralen Adductors des Coxopodits entspringend heftet er sich lateral an dem proximalen Ende des Coxopodits an, ohne in seinem Verlauf Sehnen- bildung zu zeigen. Er hat eine cylindrische Gestalt und wirkt den Ad- ductoren des Coxopodits entgegen. Musculus levator I maxillae. {hv. Fig. 16.) Er entspringt lateral an dem Kopfapodem, ventral unter dem Pro- motor, dem dorsalen Aste des Remotors und dem medialen Adductor des Coxopodits und dorsal über dem ventralen Aste des Remotors ge- legen. Stark abgeplattet ohne Sehnenbildung inseriert er mediodorsal an dem proximalen Rande des Basipodits {B Fig. 16), den er etwas zu heben vermag. 15* 216 Walter Schmidt, Musculus depressor I maxillao. {depr. Fig. 16.) Derselbe liegt ventral dicht unter dem Levator, läuft mit ihm — ebenfalls stark abgeplattet — parallel inid hat dieselbe Ursprungsstelle. Er inseriert medio ventral an dem Proximalrande des Basipodits und ist der Antagonist des Levators. Fig. 16. Die ersto Maxiüe dorsal gesehen. Auf der linken Seite sind einige oberflächliche Muskeln entfernt, um die tiefere Lage zu zeigen, prom, M. proniotor; rem{au.b), M. remotor (;iu. b); add.l.c, M. ad- ductor lateralis coxopoditis; add.m.c, M. adductor medialis coxopoditis; abd.c, M. abductor coxopo- ditis; lev, M. levator; depr, M. depressor; add-end, M. adductor eudopoditis; cv, mediodorsaler Vorsprung des Coxopodits; cendi, M. compressor endophragmalis 1; dva, 'M. dorsoventralis anterior; dvp, M. dor.soventralis posterior; c, Coxopodit; B, Basipodit; En, Endopodit. Musculus adductor endopoditis. [add.end. Fig. 16.) Er besteht aus einer einfachen, nur aus wenigen Fasern zusammen- gesetzten Schicht, die proximal im Basipodit entspringt und im Endo- podit {E71 Fig. 16) sich verästelnd inseriert. Er bewirkt eine Annäher img des Endopodits an die Mediane und findet seine gegenwirkende Kraft in der Elastizität der Gelenkhaut. 6. Die zweite Maxille. Die zweite Maxille hat eine ganz ähnliche Funktion wie die erste Maxille und ist ebenfalls stark abgeplattet. Coxopodit (C Fig. 17) wie Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 217 Basipodit {B Fig. 17) zeigen einen langen Einschnitt, so daß sie zu- sammen als vier dünne Blätter erscheinen. Der Endopodit {En Fig. 17) ist nur schwach ausgebildet. Im Gegensatz zur ersten Maxille tritt hier noch ein langer, breiter, lappenförmiger Anhang, der Scaphognathit hinzu. Die zweite Maxille scheint bei der Nahrungsaufnahme keine sehr große Bedeutung zu haben, da sie nur von sehr schwachen Muskeln bewegt wird. Nichtsdestoweniger wird auch bei ihr eine Rotations- fähigkeit erreicht, indem zu dem Promotor und dem Remotor ein dritter Fig. 17. Die zweite Maxille dorsal gesehen. Auf der linken Seite sind die oberflächlichen Muskeln entfernt, um die tiefere Lage zu zeigen, prom, M. promotor; rem, M. remotor; addc, M. adductor coxopoditis; depr, M. depressor; addend, M. adductor endopoditis; flexscg, M. flexor scaphognathitis; ra, M. respiratorius primus; rb, M. respiratorius secundus; rc, M. respiratorius tertius; rd, 51. respiratorius Quartus; re, M. respiratorius quintus; rf, M. respiratorius sextus; rg, M. respiratorius septimus; cendi M. compressor endophragmalis 1; cendi, M. compressor endophragnialis 2; C, Coxopodit; B, Basi- podit; En, Endopodit. Muskel hinzutritt, der indessen ebenfalls nur sehr schwach ist. Um so mehr fallen eine Reihe kräftig entwickelter Muskeln auf, die allein zur Bew^egung des Scaphognathits dienen. Eine Sehnenbildung findet bei keinem Muskel der zweiten Maxille statt. Musculus promotor II. maxillae. {prom. Fig. 17.) Abgeplattet entspringt er dorsolateral an dem Vorderrande des Endopleurits des mit den beiden ersten Thoracalsegmenten verschmol- 218 Walter Schmidt, zenen letzten Kopfsegmentes und inseriert dorsolateral an dem Proxi- malrande des Coxopodits. Er bewegt diesen imi eine Transversalachse dorsalwärts. Musculus remotor II. maxillae. [rem. Fig. 17.) Derselbe entspringt ventrolateral an dem Endosternit desselben Segmentes, hat dieselbe Gestalt und Größe wie der Promotor und in- seriert ventrolateral an dem Proximalrande des Coxopodits, ventral von dem Promotor, dessen Antagonisten er darstellt. Musculus adductor coxopoditis II. maxillae. {add.c. Fig. 17.) Noch schwächer als die beiden vorhergehenden Muskeln entspringt er medioventral an dem Endosternit und inseriert dorsolateral an dem Proximalrande des Coxopodits dicht neben dem Promotor. Er bewirkt eine Aimäherung des Coxopodits an die Mediane und kann ihn daher mit Hilfe des Promotors und Kemotors rotieren lassen. Musculus depressor II. maxillae. [depr. Fig. 17.) Er besteht aus zwei sehr dünnen Ästen, die proximal etwa in der Mitte des Basipodits inserieren, schwach divergierend den Coxopodit proximal etwa in seiner Mitte durchbrechen und ventromedial an dem Endosternit entspringen. Sie bewegen den Basipodit und mit ihm zugleich die ganze Maxille in der Horizontalebene nach innen. Ein Levator fehlt. Musculus adductor endopoditis II. maxillae. (add.end. Fig. 17.) Medial im proximalen Abschnitte des Basipodits als eine flache Schicht weniger Fasern entspringend heftet er sich nach kurzem Ver- lauf etwas verästelt in dem distalen Teile des Endopodits an. Er be- wirkt dessen Beugung nach innen. Ihm entgegen wirkt die elastische Gelenk haut. Musculus flexor scaphognathitis II. maxillae. {flex. scg Fig. 17.) Derselbe entspringt lateral im proximalen Teile des Basipodits als dünner, flacher Muskel und zieht nach dem Scaphognathit, wo er sich Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 219 anheftet, in drei Äste verzweigt, die noch einmal, meist dreiteilig ver- ästelt sind. Diese Verästelung ist typisch für diesen Muskel und stets vorhanden. Er bewirkt eine Beugung des Scaphognathits. Musculi respiratorii II. maxillae. {r[a,b,c,d, e, f, g] Fig. 17.) Die Hauptmasse der Muskulatur der zweiten Maxille, die eine Gruppe von sieben Muskeln darstellt, wird zur. Atemfunktion heran- gezogen. In nur geringem Maße Antagonisten des Depressors dienen sie fast ausschließlich zur Bewegung des Scaphognathits, das sie zu- sammen mit dem Flexor des Scaphognathits in S-förmige, schrauben - artige Bewegung versetzen und dadurch das Atemwasser durch die Kiemenhöhle von hinten nach vorn durchstrudeln. Diese Aufgabe er- klärt die komplizierte Anordnung dieser kräftig ausgebildeten Muskeln. Der erste dieser Muskeln, Musculus respiratorius primus (r a Fig. 17), entspringt dorsolateral an dem Vorderrande des Endopleurits dicht neben dem Promotor, zieht ventral unter diesem hinweg und heftet sich dorsal an dem distalen Ende des durch diese Muskelmassen hervor- gerufenen Skeletwulstes an. Der zweite Muskel, Musculus respiratorius Becundus (r b Fig. 17), ist etwas stärker ausgebildet, entspringt medio- dorsal am Kopfapodem, zieht unter dem ersten Muskel (r a) ventral in einem Winkel von etwa 80^ zu diesem hindurch und heftet sich lateral an dem proximalen Teile des Skeletwulstes an. Der dritte Muskel. Musculus respiratorius tertius {r.c Fig. 17) entspringt ebenfalls medio- dorsal am Kopfapodem, hinter dem zweiten Muskel (r h), führt ventral unter ihm hindurch und inseriert ventrolateral etwa in der Mitte de? Skeletwulstes. Der vierte Muskel, Musculus respiratorius quartus (r d Fig. 17) entspringt mediodorsal am Kopfapodem, ventral von dem zweiten und dritten Muskel gelegen, und heftet sich lateral an dem distalen Teile des Skeletwulstes an. Er ist schwächer als die beiden vorhergehenden Muskeln und etwas abgeplattet. Dasselbe Verhalten zeigt auch der fünfte Muskel, Musculus respiratorius quintus (r e Fig. 17), der ebendort ventral von ihm inseriert und ventral unter dem hinteren Aste des Depressors zum Teil durchführend ventromedial an dem Endo- sternit entspringt. Der sechste Muskel, Musculus respiratorius sextus (r / Fig. 17) ist wieder bedeutend stärker und entspringt medioventral an dem Endosternit, von allen Muskeln am weitesten nach vorn ge- lagert. Ventral unter den ersten fünf Muskeln hindurchziehend inseriert er ventrolateral an dem proximalen Teile des Skeletwulstes, ventral von dem zweiten Muskel (r h Fig. 17). Der siebente Muskel, Musculus respi- 220 Walter Schmidt, ratorius septinms (r (j Fig. 17) ist wieder viel schwächer und hegt ventral von allen andern Muskeln. Er entspringt ventrolateral an dem Endo- sternit und heftet sich ventral an dem distalen Ende des Skeletwnilstes an, ventral von dem Insertionspunkte des ersten Muskels {r a Fig. 17). Diese Muskeln finden kein Analogen in den andern Extremitäten. Immerhin wäre die Frage zu erwägen, ob sie von einem Levator des Basipodits abgeleitet werden dürfen, zumal da sie eine ebensolche Lage einnehmen, wie sie für einen Levator, der hier ja fehlt, zu erwarten wäre, und in geringem Maße Antagonisten des Depressors darstellen. [SucKOW hat nur zwei Muskeln, einen Heber und einen Senker des Scaphognathits angegeben. Er betrachtet diesen als Grundglied der zwei- ten Maxille, seine respiratorische Funktion war ihm indessen bekannt.] II. Der Thorax. Im Thorax haben wir acht Extremitätenpaare, die vielleicht mit Ausnahme des ersten Kieferfußes einen gemeinsamen Bau erkennen lassen. Es treten im Gegensatz zu den Maxillen gut ausgeprägte Angel- gelenke auf, die eine Bewegung nur in einer Ebene gestatten. Coxopodit und Basipodit sind niemals verschmolzen und weisen hinsichthch ihrer Achsen Verhältnisse auf, wie wir sie in dem Schema {Fig. 8) kennen gelernt haben. Der Endopodit erreicht hier seine höchste Entwicklung. Im ersten Kieferfuß nur ein kleiner, ungegliederter Anhang, zeigt er in den folgenden Segmenten eine immer größere Entfaltung, die in den Gehfüßen am stärksten ausgeprägt ist. Ein Exopodit ist nur in den drei Kieferfüßen ausgebildet. 1. Der erste Kieferfuß. Der erste Kieferfuß gleicht in Funktion und Gestalt den beiden Maxillen. Die Gelenke haben noch nicht die Festigkeit, wie wir sie bei den übrigen Thoracalextremitäten vorfinden, und die Muskulatur ist nur schwach entwickelt. Auffällig ist das gänzliche Fehlen eines Remotors und das Auftreten zweier Promotoren. Dafür tritt zur Be- wegung des Epipodits ein Muskel auf, der in den übrigen Thoracal- extremitäten vollkommen fehlt. Zu diesen steht der erste Kieferfuß auch dadurch in Gegensatz, daß keiner seiner Muskeln eine Chitinsehne aufweist. Musculus promotor medialis I. pedis maxillaris. {prom m Fig. 18.) Derselbe entspringt an der Ventralseite der verschmolzenen Para- phragmen des ersten und zweiten Thoracalsegmentes {p Fig. 18) und Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 221 inseriert mediorostral an dem Proximalrande des Coxopodits (C Fig. 18). Er bewegt diesen um eine zur 8agittalebene senkrecht stehende Achse vorwärts bzw. aufwärts und ist nur sehr schwach ausgebildet. Musculus promotor lateralis I. pedis maxillaris. {prom.l Fig. 18.) Lateral von dem M. promotor medialis entspringt auch er an der Ventralseite der Paraphragmen und heftet sich rostrolateral an dem Proximalrande des Coxopodits an. Er unterstützt den M. promotor medialis in seiner Wirkung und ist bedeutend stärker als dieser. Ein Remotor fehlt merkwürdigerweise. Musculus attractor epipoditis I. pedis maxillaris. [attr.ep. Fig. 18.) Er entspringt ebenfalls an der Ventralseite der Paraphragmen dicht hinter dem M. promotor lateralis und heftet sich caudal an dem proxi- malen Teile des Epipodits {Ep Fig. 18) an, den er etwas zu heben ver- mag. Eine entsprechende Bildung dieses Muskels finden wir in keiner der folgenden Extremitäten wieder. Ob man vielleicht daran denken dürfte, ihn von dem hier fehlenden Remotor abzuleiten, wäre immerhin zu erwägen. Musculus levator I. pedis maxillaris. {hv. Fig. 18.) Ventral von dem Endosternit entspringend inseriert er den Coxo- podit durchdringend lateral an dem proximalen Ende des Basipodits {B Fig. 18). Er bewegt diesen um eine auf der Transversalebene senk- recht stehende Achse nach außen. Musculus depressor I. pedis maxillaris. {depr. Fig. 18.) Derselbe nimmt median im proximalen Abschnitte des Coxopodits seinen Ursprung und heftet sich median an dem Proximalrande des Basipodits an. Er ist der Antagonist des Levators. Musculus reductor endopoditis I. pedis maxillaris. [red. end. Fig. 18.) Lateral am proximalen Ende des Coxopodits entspringend inseriert er sich etwas verjüngend an dem hinteren Proximalrande des Endo- podits {En Fig. 18), den er nach hinten bewegt. Einen Antagonisten hat er nicht. Der Endopodit wdrd aber zum Teil mitbewegt durch den Exopodit, der dicht hinter ihm liegt. 222 Walter Schmidt, Musculus adductor exopoditis I. pedis maxillaris. {add. ex. Fig. 18.) Er entspringt lateral im proximalen Abschnitte des Basipodits und heftet sich an der Hinterseite im proximalen Abschnitte des Grund- add ex red end Fig. 18. Der erste Kieferfuß von vorn gesehen. Die rechte Seite ist etwas weiter aufi.räpariert und hier der M. adductor exopoditis entfernt, vromm., M. promotor medialis; vroml, M. proniotor laterahs; attr.ev, M. attractor epipoditis; lev, M. levator; rfepr, M. depressor; redend, M. reductor endopoditis; addex, M. adductor exopoditis; ahdH-, M. abductor flagelli exopoditis; /^a?, M. flagellaris exopoditis; p, raraphragnien des ersten und zweiten Thoracalsegmcntes; c end.. M. compressor endophragmali3 2; C, Coxopodit; B, Basipodit; i>, Epipodit; En, Endopodit; Ex, Exopodit. Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 223 gliedes des Exopodits {Ex Fig. 18) au. Dieses bewegt er nach innen inid etwas nach vorn. Ihm entgegen wirkt die laterale elastische Gelenkhaut. Musculus abdnctor flagelli exopoditis I. pedis maxillaris {abd. ß. Fig. 18.) Median im proximalen Abschnitte des Grundgliedes des Exopodits entspringend zieht er durch das ganze Grundglied medial hindurch, um sich schließlich am distalen Ende lateral an einer Platte anzuheften, die gegen das Grundglied beweglich und mit dem ersten Gliede der Geißel durch eine Gelenkhaut verbunden ist. Er bewegt die Geißel nach außen. Musculus flagellaris exopoditis I. pedis maxillaris. iflag. Fig. 18.) Derselbe entspringt lateral an dem ersten, die andern an Größe überragenden Gliede der Geißel, durchläuft diese fast bis zu ihrem Ende und gibt an die einzelnen Glieder dünne Fäserchen ab, die sich daselbst anheften. Die Geißel wird durch ihn in mannigfacher Weise gekrümmt. [SucKOW gibt zur Bewegung des Epipodits zwei Muskeln an, die sich beide einander decken und die Platte heben und senken. Wie hier, so läßt er stets jede Bewegung durch mindestens zwei Muskeln statt- finden mid gibt daher häufig mehr Muskeln an, als ich finden konnte. So beschreibt er je zwei Muskeln, die der Bewegung des Grundgliedes des Exopodits wie dessen Geißel dienen, und bezeichnet sie als Aus- spauner und Beuger. Auch die beiden Promotoren waren ihm bekannt. Er gibt ihnen indessen eine falsche Deutung, indem er sie den Coxo- podit nach innen und außen bewegen läßt. Auch den Levator läßt er lateral an dem Coxopodit angreifen. Die als Beweger des Basipodits angegebenen lateralen Muskeln finden wohl in dem Reductor des Endo- podits ihre Erklärung.] 2. Der zweite Kieferfuß. Der zweite Kieferfuß läßt wie alle folgenden Thoracalextremitäten gut ausgeprägte Angelgelenke erkennen. Eine Ausnahme hiervon machen nur die Glieder des Exopodits. Wie bei allen folgenden Tho- racalextremitäten weisen die Muskeln an ihrer Ursprungsstelle keinerlei Sehnenbildung auf, sondern heften sich hier mit breiter Fläche dem Skelet an. Ebenso inserieren sämtliche Muskeln an dem Proximalrande 224 Walter Schmidt, des zu bewegenden Gliedes mittels stark abgeplatteter Chitinsehnen. Auch hiervon machen nur die Glieder des Exopodits eine Ausnahme. Die am Basipodit angreifenden Muskeln zeigen das Bestreben nach Fig. 19. Der zweite Kieferfuß von vorn gesehen. Auf der rechten Seite ist die obere Muskellage entfernt. prom, M. promotor; rem, M. remotor; lev.a, Hauptast des M. levator; lev.b, Xebenast des M. levator; depr.a, Hauptast des M. depressor; depr.b, Nebenast des M. depressor; abdez. M. abductor exopo- ditis; abdfl, M. abductor flagelli exopoditis; flag, M. flagcllaris exopoditis; prod^, M. productor meropoditis; red2, M. reductor nieropoditis; abda, M. abductor carpopoditis; add^, M. adductor carpopoditis; prod^, M. productor propoditis; red^, M. reductor propoditis; prods, M. productor (iactyloi)oditis; red^, M. reductor dactylopoditis; cendz, M. compressor endophragnialis 2; p, Para- l)hragnien; C, Coxopodit; B, Basipodit; Ex, Exopodit; /, Ischiopodit; M, Meropodit; K, Carpo- podit; P, l'rotopodit; D, Dactylopodit; Ki, Kiemen. Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 225 Teilung, ein Verhalten, das uns in den folgenden Extremitäten noch stärker vor Augen treten wird. Der Endopodit besteht aus fünf Gliedern, von denen das erste mit dem Basipodit vollkonmien verschmolzen ist und keine Muskulatur aufweist. Der Exopodit ist ganz ähnlich wie bei dem ersten Kieferfuß ausgebildet, ein Muskel zur Bewegung des Epipodits bzw. der Kiemen tritt von jetzt an nicht mehr auf. Musculus promotor II. pedis maxillaris. {prom. Fig. 19.) Er entspringt an der Ventralseite der Paraphragmen des ersten und zweiten Thoracalsegmentes {p Fig. 19), heftet sich etwas verjüngt mit kurzer, flacher Sehne mediorostral an dem Coxopodit {C Fig. 19) an und bewegt diesen nach vorn um eine zur Sagittalebene nach vorn etwas geneigte Achse. Musculus remotor II. pedis maxillaris. [rem, Fig. 19.) Derselbe entspringt ebenfalls an der Ventralseite der Paraphragmen dicht hinter dem Promotor und inseriert laterocaudal mit kurzer, flacher fSehne an dem Coxopodit. Er hat etwa dieselbe Gestalt und Größe wie der Promotor, dessen Antagonist er ist. Musculus levator (a u. b) II. pedis maxillaris. {lev. [a, b] Fig. 19.) Der Levator besteht hier wie in den folgenden Extremitäten aus einem Hauptaste {lev.a Fig. 19), der im Körper am Endoskelet ent- springt, und einem oder zwei kleineren Ästen {lev.b Fig. 19), die im Coxopodit entspringen. Der Hauptast (lev.a Fig. 19) nimmt seinen Ursprmig an der Ventralseite der Paraphragmen dicht hinter dem Remotor und dem medianen Teile des Endosternits des zweiten Tho- racalsegmentes. Er heftet sich rostrolateral an dem Basipodit (B Fig. 19) an und bewegt diesen nach außen um eine gegen die Trans- versalebene nach innen ein wenig geneigte Achse. Der hier in Einzahl vorhandene kleinere Ast [lev.h Fig. 19) entspringt rostromedial an dem Proximalrande des Coxopodits und vereinigt sich mit dem Hauptaste an dessen Insertionsstelle, indem er ihn in seiner Wirkmig unterstützt. Musculus depressor (a u. b) II. pedis maxillaris. (depr. [a, b] Fig. 19.) Für den Depressor gilt dasselbe, was von dem Levator gesagt ist. Auch er hat einen im Körper entspringenden Hauptast (depr.a Fig. 19) 226 Walter Schmidt, und einen kleineren im Coxopodit entspringenden Seitenast {depr.b Fig. 19). Der Hauptast {depr.a Fig. 19) entspringt zum Teil an der Ventralseite der Paraphragmen dicht hinter dem Hauptaste des Le- vators, zum Teil an dem lateralen Teile des Endosternits des zweiten Thoracalsegmentes und inseriert mediocaudal mit einer kurzen, flachen Sehne am Basipodit. Der kleinere Ast {depr.b Fig. 19), der sich hier mit ihm vereinigt, nimmt lateral an dem Proximalrande des Coxopodits seinen Ursprung und steht zu dem kleineren Aste des Levators in einem Winkel von etwa 90 o. Der Exopodit. (Ex. Fig. 19.) Die Muskulatur des Exopodits ist entsprechend ausgebildet wie im ersten Kieferfuß. Der Musculus flagellaris exopoditis {flag. Fig. 19) zeigt dieselbe Gestalt und Funktion wie dort, während der Musculus abductor flagelli exopoditis {abd.fl. Fig. 19) nur dadurch abweicht, daß er lateral im proximalen Abschnitte des Grundgliedes entspringt. Ganz anders stellt sich der Muskel dar, der das Grundglied gegen den Basi- podit bewegt. Musculus abductor exopoditis II. pedis maxillaris. (abd.ex Fig. 19.) Proximal in der Mitte der Hinterseite des Basipodits entspringend heftet er sich lateral an dem Proximalrande des Grundgliedes ohne Sehne an. Er bewegt dieses nach außen und etwas nach vorn. Der Endopodit. Musculus productor meropoditis II. pedis maxillaris. (prod.2 Fig. 19.) Derselbe entspringt proximal an der Hinterseite des verschmol- zenen Ischiopodits (J Fig. 19) und Basipodits, hat eine abgeplattete Gestalt und inseriert rostrolateral mit kurzer flacher Sehne an dem Meropodit {M Fig. 19), den er nach vorn bewegt. Musculus reductor meropoditis II. pedis maxillaris. Bedeutend schwächer als der Productor des Meropodits, dem er entgegenwirkt, entspringt er medial an der Vorderseite des Ischiopodits, hat ebenfalls eine flache Gestalt und heftet sich mit ganz kurzer Sehne caudal an dem medialen Abschnitte des Meropodits an. Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 227 Musculus abductor carpopoditis II. pedis maxillaris. {abd.s Fig. 19.) Rostrolateral an dem proximalen Abschnitte des Meropodits seinen Ursprmig nehmend inseriert er mit dünner, schmaler Sehne lateral an dem Carpopodit {K Fig. 19). Er bewegt diesen nach außen um eine auf der Transversalebene senkrecht stehende Achse und hat eine schmale, abgeplattete Gestalt. Musculus adductor carpopoditis II. pedis maxillaris. (add.s Fig. 19.) Er entspringt caudolateral im proximalen Abschnitte des Mero- podits hinter seinem Antagonisten, dem Abductor des Carpopodits, den er an Größe übertrifft. Er ist abgeplattet und heftet sich mit flacher, dünner Sehne medial am Carpopodit an. Musculus productor propoditis II. pedis maxillaris. (prod.^ Fig. 19.) Derselbe ist sehr schwach und kurz, entspringt rostrolateral am Proximalrande des Carpopodits und hat eine abgeplattete Gestalt. Er inseriert mit stark reduzierter Sehne rostromedial an dem Propodit {P Fig. 19), den er vorwärts bewegt. Musculus reductor propoditis II. pedis maxillaris. (rerf.i Fig. 19.) Als Antagonist des Productors des Propodits hat er dieselbe Ge- stalt und Größe wie dieser und unterscheidet sich nur dadurch von ihm, daß er caudolateral entspringt und caudomedial inseriert. Musculus productor dactylopoditis II. pedis maxillaris. {prod.^ Fig. 19.) Er entspringt rostrolateral im proximalen Ende des Propodits und heftet sich an dem vorderen distalen Abschnitte des Dactylopodits (D Fig. 19) an, den er nach vorn bewegt. Er ist stark abgeplattet mid weist nur eine sehr kurze Sehne auf. Musculus reductor dactylopoditis IL pedis maxillaris. (rerf.g Fig. 19.) Derselbe ist ebenfalls stark abgeplattet und schwächer als der Productor des Dactylopodits, dem er entgegenwirkt. Er entspringt 228 Walter Schmidt, caudolateral nahe bei dem proximalen Rande des Propodits mid in- seriert an der Hinterseite des Dactylopodits etwa in der Mitte mit sehr kleiner Sehne. 3. Der dritte Kieferfnß. Für ihn gilt dasselbe, das wir schon bei dem zweiten Kieferfuß gesagt haben. Seiner stärkeren Ausbildung entspricht das Auftreten großer, abgeplatteter Chitinsehnen, die besonders bei den Muskeln des Coxopodits und Basipodits in die Augen springen. Der Exopodit tritt gegenüber dem kräftig entwickelten Endopodit stark zurück. Musculus promotor III. pedis maxillaris. {prom. Fig. 20.) Ganz entsprechend wie bei dem zweiten Kieferfuße entspringt er an der Ventralseite der Paraphragmen {p Fig. 20) sowie an dem dor- salen Abschnitte des rostralen und caudalen Endosternits des dritten Thoracalsegmentes. Er inseriert rostromedial an einer schmalen Sehne des Coxopodits {C Fig. 20) und bewegt ihn nach vorn. Musculus remotor III. pedis maxillaris. {rem. Fig. 20.) Bedeutend kräftiger entwickelt als der Promotor, dem er ent- gegenwirkt, entspringt er lateral an der Epimeralplatte {E Fig. 20) und zum Teil an der Dorsalseite des Endopleurits. Er heftet sich caudo- lateral an einer langen Sehne (rem. s Fig. 20) des Coxopodits an. Musculus levator (a, b, c) III. pedis maxillaris. {kv. [a, &, c] Fig. 20.) Die Verzweigung des Levators ist noch etwas weiter entwickelt, außer dem Hauptaste treten noch zwei Nebenäste auf. Der Hauptast {lev.a Fig. 20) entspringt an dem ventralen Teile des Endosternits dicht hinter dem Promotor und inseriert mittels einer schmalen Sehne rostro- lateral am Basipodit {B Fig. 20). Ebendort heftet sich der sehr kleine mediane Ast {lev.h Fig. 20) an, der rostromedial an dem Proximalrande des Coxopodits bei der Insertionsstelle des Promotors entspringt. Der laterale Ast {lev.c Fig. 20), der im zweiten Kieferfuß fehlte, ist ziemlich stark entwickelt. Er entspringt in zwei Teilen caudolateral im proxi- malen Teile des Coxopodits und heftet sich rostrolateral mit einer kurzen, flachen Sehne am Basipodit, lateral von dem Hauptaste, an. Diese Levatoren bewegen den Basipodit um eine gegen die Transversalebene etwas nach innen geneigte Achse nach außen. Die Musktilatur von Astacus fluviatilis. 229 Fig. 20. Der dritte Kieferfuß von vorn gesehen. Auf der rechten Seite ist die höhere Muslvellage und zum Teil der Depressor entfernt, um die tiefere Lage zu zeigen, prom, M. promotor; rem, M. remotor; rems, Seline des M. remotor; lev.a, Hauptast des Levators; lev.b, medianer Nebenast des Levators; lev.c, lateraler Xebenast des Levators; depr.a, Hauptast des Depressors; depr.a-i, im Coxopodlt ent- springender Teil des Hauptastes; depras, Sehne des Hauptastes des Depressors; deprb, Xebenast des Depressors; abdex, M. abductor exopodltls; abdfl, M. abductor flagelll exopoditis; flag, M. flagel- laris exopoditis; flex2, M. flexor meropoditis; prod^ired^), IL productor (reductor) carpopoditis; extiUleXi), M. extensor (flexor) propoditis; ext^Ulex^), M. extensor (flexor) dactylopoditis; p, Paraphragmen; E, Eplmeralplatte; C, Coxopodlt; B, Basipodit; J, Ischiopodit; M, Jleropodit; K, Carpopodit; P, Propodlt; D, Daetylopodit; Ex, Exopodit; Ki, Kiemen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXm. Bd. 1(5 230 Walter Schnüdt, Musculus depiessor (a, b) III. pedis niaxillaris. {depr. [a, b] Fig. 20.) Der Depressor, der dem ]jevator entgegenwirkt, ist bedeutend kräftiger als dieser, zeigt jedoch wie im zweiten Kieferfuße nur zwei .iste. Der Hauptast {depr.a Fig. 20) entspringt lateral an der Epimeral- platte und an der Dorsalseite des Endopleurits dicht vor dem Remotor, ein Teil seiner Fasern nimmt indessen seinen Ursprung lateral an der Ventralseite der Paraphragmen, wieder ein andrer Teil {depr.a ^ Fig. 20) entspringt rostrolateral im proximalen Abschnitte des Coxopodits. Einige kurze Fasern entspringen schließlich noch median im Coxopodit und heften sich zusammen mit allen andern Teilen dieses Hauptastes vermittels einer sehr langen kräftigen Sehne {depr.a s Fig. 20) medio- caudal an dem Basipodit an. Der schwache Seitenast {depr.h Fig. 20) entspringt lateral im proximalen Abschnitte des Coxopodits z\vischen dem lateralen Seitenast des Levators {lev.c Fig. 20) und einem Teile des Hauptastes des Depressors {depr.a ^ Fig. 20) und inseriert mittels einer kurzen, flachen Sehne mediocaudal am Basipodit, lateral neben dem Hauptaste. Die Ausbildung der Muskulatur des Coxopodits und des Basipodits läßt ohne weiteres Schlüsse zu auf die Funktion des dritten Kieferfußes. Am stärksten ausgebildet ist der Depressor. Er bewirkt eine Annähe- rung der scharfen, kauladenähnUchen Innenränder des mit dem Basi- podit verschmolzenen Ischiopodits {J Fig. 20). Zwischen diesen Rändern wird die Nahrung festgehalten, der Mandibel zugeführt und auch hier festgepackt. Jetzt tritt der zweitstärkste Muskel, der Remotor, in Tätigkeit. Er bewirkt eine Entfernung des Ischiopodits von der Man- dibel und damit eine Zerreißung der Nahrung. Beobachtungen eines Krebses bei der Nahrungsaufnahme werden unsre Schlüsse auf eine Reißfunktion des dritten Kieferfußes bestätigen. Der Exopodit. {Ex Fig. 20.) Er ist wie im zweiten Kieferfuße ausgebildet. Weder der .Musculus abductor flagelU exopoditis(öM./L Fig. 20) noch der Musculus flagellaris exopoditis {flag. Fig. 20) zeigen eine Abweichung. Der Musculus ab- ductor exopoditis {ahd ex Fig. 20) weicht allein dadurch ab, daß er etwas verlängert rostromedial am Proximalrandc des Basipodits ent- springt, im übrigen aber dieselbe Lage und Funktion hat wie der ent- sprechende Muskel des zweiten Kieferfußes. Die jMuskulatur von Astaciis fluviatili«. 231 Der Endopodit. Musculus flexor nieropoditis III. pedis maxillaris. {flex.o Fig. 20.) Derselbe entspringt caiuial an der proximalen Hälfte des Ischio- podits {J Fig. 20) und greift mit langer, schmaler Sehne rostromedial an dem Meropodit (M Fig. 20) an. Er bewegt diesen nach innen und nach vorn bzw. oben, während ihm die geringe Elastizität der lateralen Gelenkhaut entgegenwirkt. Musculus productor carpopoditis III. pedis maxillaris. {prod.^ Fig. 20.) Rostral in dem proximalen Abschnitte des Meropodits entspringend inseriert er mit kurzer Sehne an der Vorderseite des Carpopodits {K Fig. 20), den er um eine auf der Sagittalebene senkrecht stehende Achse nach vorn bewegt. Musculus reductor carpopoditis III. pedis maxillaris. (m/.3 Fig. 20.) Er hat genau dieselbe Größe und Gestalt wie sein Antagonist, der Productor des Carpopodits, entspringt caudal in dem proximalen Ab- schnitte des Meropodits und heftet sich mit kurzer Sehne an der Rück- seite des Carpopodits an. Muscvilus extensor propoditis III. pedis maxillaris. {ex«.4 Fig. 20.) Derselbe nimmt rostrolateral im proximalen Teile des Carpopodits seinen Ursprung und heftet sich mit kurzer Sehne an der Rostralseite des Propodits (P Fig. 20) an, den er streckt und dabei von hinten medial nach vorn lateral bewegt. Musculus flexor propoditis III. pedis maxillaris. (flex.^ Fig. 20.) Als Beuger des Propodits nimmt er eine entgegengesetzte Lage ein wie dessen Strecker, den er etwas an Größe übertrifft. Er entspringt proximal an der Caudalseite des Carpopodits und greift mit kurzer Sehne an der Caudalseite des Propodits an. Musculus extensor dactylopoditis III. pedis maxillaris. {ext^ Fig. 20.) Die der Bewegung des Dactylopodits (D Fig. 20) dienenden Muskeln sind nur sehr klein. Der Strecker entspringt rostrolateral im Proximal- 16* 232 Walter Schmidt, abschnitte des Propodits und inseriert mit kleiner Sehne an der Rostral- seite des Dactylopodits, den er streckt und nach vorn bewegt. Musculus flexor dactylopoditis III. pedis maxillaris. {flex., Fig. 20.) Etwas kräftiger als der Strecker entspringt er caudolateral im Proximalabschnitte des Propodits und heftet sich mit kurzer Sehne an der Caudalseite des Dactylopodits an. Er beugt diesen gegen den Propodit und bewegt ihn nach innen. [Auch die Muskeln der beiden letzten Kieferfüße waren Suckow zum größten Teile bekannt. Sowohl Promotor und Remotar werden als Beuger und Ausspanner im wesentlichen richtig angegeben. Auf- fällig ist, daß er die am Basipodit angreifenden Muskeln sämtlich im Coxopodit und nicht im Körper entspringen läßt. Die beiden Aste des Depressors bezeichnet er als Beuger und Ausspanner des zweiten Ghedes, während er von den beiden Asten des Levators das Grundglied des Exopodit^ bewegen läßt. Der wirkliche Beweger des Grundgliedes wird nicht angegeben. Zur Bewegung des Flagellums des Exopodits gibt er wie im ersten Kieferfuß zwei Muskeln an, ebenso läßt er den Meropodit des dritten Kieferfußes von zwei Muskeln bewegen.] 4. Die Sclireitfüße. Diese verhalten sich hinsichtlich der Muskulatur des Coxopodits und des Basipodits ganz entsprechend wie der zweite und dritte Kiefer- fuß. Im Gegensatz zu diesen fehlt ihnen der Exopodit, während der Endopodit desto stärker entwickelt ist. Entsprechend seiner Funktion ist seine Bewegungsfähigkeit in ganz vorzüglicher Weise ausgebildet. Indem dasselbe Prinzip angewandt ist wie bei dem Coxopodit und dem Basipodit, nämlich die Bewegungsachse eines Gliedes senkrecht zu der des vorhergehenden zu stellen, ergänzen sich stets zwei aufeinander- folgende Gelenke zu einem Kugelgelenk. Dadurch wird eine Mannig- faltigkeit der Bewegungen erlaubt, die besonders bei den vier letzten Thoracalextremitäten erstaunlich ist. Den ersten Schreitfuß, den Scherenfuß, wollen wir zunächst noch außer Acht lassen, da er einige Abweichungen aufweist, die weiter unten noch besprochen werden. Wie bei dem zweiten und dritten Kieferfuße entspringen die Muskeln stets ohne Sehnenbildung, während sie sich andrerseits stets vermittels blattförmiger Sehne an dem Proximalrande des zu bewegenden Gliedes anheften. Als Beispiel für diese Verhältnisse wollen wir zunächst den zweiten Schreitfuß, die fünfte Thoracalextremität betrachten (Fig. 21). Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 233 Musculus proinotor. (SucKOW: Strecker der Hüfte; Lemoine: f lechisseui' ; List: Beuger des ersten Gliedes. ) (/jrom. Fig. 1, 7, 21.) Derselbe ist einfach gestaltet wie im dritten Kieferfuße. Er ent- springt an den Paraphragmen {p Fig. '21), an dem dorsalen Abschnitte Fig. 21. Fünftes Thoracalsomit mit Extremität von vorn gesehen. Auf der rechten Seite ist die oberfläcliliche Muskellage entfernt, pro^n, M. promotor; rema, lateraler Hauptast des M. remotor; remb, vorderer Ast des M. remotor; remc, mittlerer Ast des M. remotor; leva, Hauptast des M.levator; levb, medialer ]!vebenast des M. levator; levc, lateraler Xebenast des il. levator; depra, Hauptast des M. depres- sor; deprb, Nebenast des M. depressor; redi, M. reductor ischiopoditis; reda^, M. reductor mero- poditis dorsaler Teil; redh^, M. reductor meropoditis ventraler Teil; abdz, M. abductor carpopo- ditis; addaz, M. adductor carpopoditis, dorsaler Teil; oMa^s, Sehne des dorsalen Adductors des Carpopodits; addbs, M. adductor carpopoditis, ventraler Teil; prodi, M. productor propoditis; redi, M. reductor propoditis; addi, M. adductor dactylopoditis; abd^, M. abductor dactylopoditis; attrep., M. attractor epimeralis; E, Epimeralplatte ; p, Paraphragmen; C, Copoxodit; B, Basipodit; J. Ischiopodit; M, Meropodit; E, Carpopodit; P, Propodit; D, Dactylopodit; Ens, Endostemit. des rostralen und des caudalen Endosternits {Ens Fig. 21) des fünften Thoracalsegmentes, so^^^e lateral mit wenigen Fasern am Grunde der 234 Walter Schmidt, Epimeralplatte {from. Fig. 1, 2, 7). Mittels einer flachen Sehne {prom. s Fig. 1, 7) greift er rostromedial am Coxopodit (C Fig. 21) an. Musculus remotor (a, b, c). (SuCKOw: Beuger der Hüfte; Lemoine: extenseur; List: Strecker des ersten Gliedes. ) {rem. [a, h, c] Fig. 21.) Er läßt drei Aste erkennen. Der vordere Ast [rem.h Fig. 21) ent- springt an der Ventralseite der Paraphragmen und heftet sich caudo- lateral an dem Coxopodit mittels kurzer Sehne an. Der mittlere Ast {rem.c Fig. 21) entspringt an dem Endopleurit, etwas lateral und hinter dem vorderen Aste, mit dem er sich am Insertionspunkte vereint. Der größere Hauptast nimmt lateral an der Epimeralplatte {E Fig. 21) seinen Ursprung und heftet sich mittels einer langen Sehne caudolateral mit den andern Asten an. Musculus levator (a, b, c). (Lemoine: flecliisseur; List: Beuger des II. Gliedes.) {lev.[a,h,c:] Fig. 2L) Der Levator entspricht in seiner Ausbildung genau demjenigen des dritten Kieferfußes. Der Hauptast {lev.a Fig. 21) entspringt lateral an den Paraphragmen und dem mittleren Abschnitte des caudalen Endosternits {Ens Fig. 21) dicht hinter dem Promotor und heftet sich mit mäßig langer Sehne rostrolateral an dem Basipodit {B Fig. 21) an. Der mediane Ast {lev.h) ist sehr schwach und entspringt rostromedial an dem Proximalrande des Coxopodits, um sich bald mit dem Hauptaste an der Insertionsstelle zu vereinigen. Der laterale Ast {Jev.c Fig. 21) entspringt caudolateral am Proximalrande des Coxopodits, ist hier nicht geteilt und greift neben dem Hauptaste mittels einer ganz kurzen Sehne rostrolateral am Basipodit an. Er dient zur Hebung des Beines. Musculus depressor (a, b). (Lemoixe: extenseur; List: Strecker des II. Gliedes.) ((Zepr. [a, 6] Fig. 21.) Der Hauptast des Depressors {depr. Fig. 2, 7, depr.a Fig. 21) läßt zwei Teile erkennen. Der vordere, mediane Teil entspringt an dem ventralen Teile des Endosternits {Ens Fig. 21) und lateral an der Ven- tralseite der Paraphragmen. Der laterale, hintere Teil des Hauptastes {depr.a Fig. 21) entspringt lateral an der Epimeralplatte, zieht zwischen dem vorderen {rem.h Fig. 21) und dem mittleren Aste des Kemotors {rem.c Fig. 21) hindurch, um zu-^ammen mit dem vorderen, medialen Die Muskulatiu- von Astacus fluviatilis. 235 Teile mittels einer langen 8ehne caudomedial am Basipodit anzugreifen. Der kleinere Nebenast [depr.b Fig. 21) entspringt eaudolateral am Proximalrande des Coxopodits vor dem lateralen Nebenaste des Le- vators (lev.c Fig. 21) und heftet sich caudal neben dem Hauptaste mittels ganz kurzer Sehne am Basipodit an. Der Dcpressor ist der stärkste Muskel des Coxopodits und des Basipodits, drückt den Endo- podit nach unten und bewirkt dadurch eine Hebung des auf dem Endopodit lastenden Körpers. Wie im zweiten und dritten Kieferfuße läßt Suckow sowohl den Levator wie den Depressor im Coxopodit entspringen, gibt beide als migeteilte Muskeln an und bezeichnet sie als Strecker und Beuger des Oberarmes (des ersten Scherenfußes). Musculus reductor ischiopoclitis. [List: Strecker des III. Gliedes.] {red., Fig. 21.) Derselbe entspringt in der proximalen Hälfte des Basipodits zu beiden Seiten und inseriert dorsocaudal an dem Ischiopodit {J Fig. 21) mittels einer in der Transversalebene abgeflachten Sehne. Er bewegt das Glied um eine in der Transversalebene liegende Achse nach hinten. Musculus reductor (a, b) meropoditis. [List: Strecker des IV. Gliedes.] {red. [ff, h]o Fig. 21.) Dieser Muskel läßt einen größeren dorsalen und einen kleinen ven- tralen Teil erkennen. Der dorsale Teil {red.cto Fig. 21) entspringt dorsal zu beiden Seiten des Ischiopodits und nimmt distal etwa ^/ 3 des ganzen Gliedes ein. Vermittels einer in der Transversalebene abge- platteten Sehne heftet er sich an der Rückseite des Meropodits {M Fig. 21) dorsal an. Der bedeutend schwächere ventrale Teil entspringt ventral im proximalen Abschnitte des Ischiopodits und inseriert mittels einer kurzen, schmalen Sehne ventral an der Rückseite des Meropodits. Beide Muskeln bewegen das Glied nach hinten mn eine in der Traus- versalebene liegende Achse. Die Muskeln dieser beiden ersten Glieder des Endopodits, des Ischio- und des Meropodits, fallen dadurch auf, daß sie beide Glieder in derselben Ebene bewegen. Das Prinzip, wonach die Achsen zweier aufeinander folgenden Glieder aufeinander senkrecht stehen, wird also hier durchbrochen. Diese Muskeln sind aber auch noch dadurch aus- gezeichnet, daß ihnen weder ein besonderer Muskel noch eine elastische Gelenkhaut entgegenwirkt. Im allgemeinen liegt das Coxopodit nicht 236 Walter Schmidt, in der Transversalebene, wie es in Fig. 21 dargestellt ist, sondern wird meistens nach vorn geschoben. Dadurch kommt die Vorderseite der ersten beiden Endopoditglieder etwas nach oben zu stehen. Ihre Ge- lenke werden infolgedessen durch das Gewicht des auf ihnen lastenden Körpers eingeknickt, eine Bewegung, die der durch die Keductoren der beiden ersten Endopoditglieder bedingten Wirkung entgegengesetzt ist. [Sowohl SucKOW wie Lemoine erwähnen zwei zur Bewegung des Meropodits dienende Muskeln, die sich einander entgegenwirken. Le- moine bezeichnet sie als extenseur und flechisseur, Suckow^ als Beuger und Strecker des Oberarmes. Zwei sich entgegenwirkende Muskeln sind aber mit Bestimmtheit nicht vorhanden, vielmehr wirken beide als Kemotoren bzw. Strecker.] Musculus abductor carpopoditis. [SucKOW: Strecker der Handwurzel; List: Strecker des V. Gliedes.] {abd.3 Fig. 21.) Er entspringt mit sehr großer Fläche an der Vorderseite des Mero- podits und läßt distal nur einen kleinen Raum frei. Mittels einer in der Horizontalebene ausgebreiteten, das ganze Meropodit durchziehenden Sehne heftet er sich dorsal am Carpopodit (/v Fig. 21) an. Er bewirkt eine Hebung bzw. Streckmig des Carpopodits. Musculus adductor (a, b) carpopoditis. [ctdd.a — Beuger nach List und Suckow.] {add. [«, 6]3 Fig. 21.) Der Adductor des Carpopodits läßt einen schwachen, langen, ven- tralen Ast und einen starken dorsalen Ast erkennen, der dem Abductor des Carpopodits entgegenwirkt und ihm an Größe gleichkommt. Der dorsale Teil {add.a^ Fig. 21) entspringt an der Hinterseite des Meropodits und läßt auch hier nur distal und ventral einen kleinen Raum frei. Mit langer, in der Horizontalebene ausgebreiteter Sehne {add.a^.s Fig. 21) inseriert er ventrocaudal an dem Carpopodit. Der ventrale Muskel nimmt an der ganzen Ventralseite des Meropodits seinen Ursprung und heftet sich mit sehr dünner, langer Sehne ventral neben dem dorsalen Muskel an. Musculus productor propoditis. [List: Beuger des VL Gliedes; Suckow : Beweger der Hand.] {pwd.i Fig. 21.) Derselbe nimmt bei seinem Ursprünge die ganze Vorderseite des Carpopodits mit Ausnahme eines kleinen distalen Platzes ein und greift Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 237 mit ebenfalls in der Längsrichtung des Tieres abgeplatteter Sehne rostral in der Mitte des Propodits (P Fig. 21) an, den er nach vorn bewegt. Musculus reductor propoditis. [List: Strecker des VI. Gliedes; Suckow: Beweger der Hand.] (rerf.4 Fig. 21.) Er wirkt dem Productor des Propodits entgegen und hat eine diesem genau entsprechende Lage und Gestalt. Er entspringt mit großer Fläche an der Caudalseite des Carpopodits und heftet sich mittels einer in der Längsrichtung abgeplatteten Sehne caudal an dem Propodit an. Musculus abductor dactylopoditis. [List: Strecker des VII. Gliedes; SucKOW: Beweger des Daumens.] {abd., Fig. 21.) Er entspringt an der Rostral- wie Caudalseite des Propodits in der ganzen Länge des der Medianen abgewandten Skeletteiles. Mit dünner, in der Transversalebene ausgebreiteter Sehne inseriert er lateral an dem Dactylopodit, den er nach außen bewegt. Ist durch einen distalen Fortsatz des Propodits eine Schere gebildet (Fig. 21), so dient er als Öffner der Schere. Musculus adductor dactylopoditis. [List: Beuger des VII. Gliedes; Suckow: Beweger des Daumens.] {add.^ Fig. 21.) Bedeutend kräftiger entmckelt als der Abductor des Dactylopodits, dem er entgegenwirkt, entspringt auch er zu beiden Seiten des Pro- podits. Er nimmt den ganzen übrigen Ramn ein, den dieser im Pro- podit freigelassen hat, mit Ausnahme des distalen Endes imd, falls eine Scherenbildung stattgefunden hat, des Scherenfortsatzes des Pro- podits. In letzterem Falle stellt er den Schließmuskel dar. Wie im zweiten Gehfuß, sind auch in den anderen Schreitbeinen dieselben Muskeln in ganz entsprechender Form und Lage ausgebildet. In den beiden letzten Thoracalextremitäten sind keine Scheren mehr entwickelt. In der Muskulatur drückt sich dieser Mangel nur in der etwas schwächeren Ausbildmig des vorher als ScherenschHeßmuskel fungierenden Adductors des Dactylopodits aus. Bei dem ersten Scheren- fuß ist der Ischiopodit mit dem Basipodit verschmolzen. Infolgedessen fehlt der beide verbindende Reductor des Ischiopodits. Die Muskeln des ersten Schreitfußes, die in der Hauptsache nur dm'ch ihre Größe 238 Walter Sthniidt, von denen des zweiten abweichen, haben eine geringe Funktionsände- rung erfahren. Dadurch, daß hier nicht mehr die Achsen zweier auf- einander folgenden GHeder aufeinander senkrecht stehen, werden auch die einzelnen Glieder in etwas ver- änderter liichtung bewegt. Der Productor des Propodits {'prod.^ Fig. 21) wäre hier {prod.^ Fig. 22) viel besser als Abductor zu bezeich- nen. Im letzten Gliede ist schließ- lich die Drehung soweit fortgeschrit- ten, daß die beiden Muskeln des Dactylopodits ihre Lage vertauscht zu haben scheinen. Der Schließmus- kel liegt hier lateral {add.^ Fig. 22), während er im zweiten 8chreitfuße (add. ^¥'ig. 21) eine mediale Lage ein- nimmt. Nichtsdestoweniger sind es genau die entsprechenden Muskeln. (Bei Homarus sind in der großen »Schere ebenfalls nur zwei Muskeln vorhanden, die genau entsprechende Lage und Gestalt haben.) III. Das Abdomen. 1. Erstes bis fünftes Tleopodeupaar. Die ersten fünf Abdominalex- tremitäten weisen einen sehr über- einstimmenden Bau auf, den wir zunächst an der dritten Abdominal- extremität (Fig. 23) kennen lernen wollen. add. abd' Fig. 22. Linke große Schere, geöffnet, dorsal gesehen. 'proü^, M. prodnctor propoditis; red^, M. re- ductor propoditis; ubda'X, M. abductor dactylo- poditis; add^^, M. adductor dactylopoditis; M, Meropodit; K, Carpopodit; P, Propodit; D, Uactylopodit. 1' 'dit Musculus remotor III. spurii. {rem. Fig. 23.) Er entspringt lateral am Ter- gum des dritten Abdominalsomits mit breiter Fläche und inseriert sich etwas verjüngend an dem caudalen Proximalrande des C'oxopodits (C Fig. 23). Da dieser einen rostral offenen Halbring darstellt, ist der Remotor der einzige Muskel, der Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 239 ihn mit dem Körper verbindet und um eine Transversalachse nach hinten bewegt. Musculus rotator dorsalis basipoditis III. pedis spurii. {roLd Fig. 23.) Derselbe nimmt ebenfalls lateral am Tergum vor dem Remotor mit breiter Fläche seinen Ursprmig und heftet sich rostral an dem Proximalrande des Basipodits {B Fig. 23) an. Er erreicht dieselbe Große wie der Remotor und bewegt den Basipodit nach vorn außen. Fig. 23. Dritte Abdominalextremität von vorn gesehen. Auf der rechten Seite ist die obere Muskellage entfernt, rem, M. remotor; rotd, M. rotator dorsalis; rotv, M. rotator ventralis ; redb, M. reductor basipoditis; addend, M. adductor endopoditis ; abdend, M. abductor endopoditis; abdex, M. abductor exopoditis; f tagend, M. flagellaris endopoditis; f lag ex, M. flagellaris exopoditis; C, C'oxopodit; B. Basipodit; En, Endopodit; Ex, Exopodit. Musculus rotator ventralis basipoditis III. pedis spurii. {rot.v Fig. 23.) Mediocaudal am Sternum ohne Sehnenbildung entspringend heftet er sich rostromedial ebenfalls ohne Sehne neben dem dorsalen Rotator au. Er ist bedeutend schwächer als dieser und bewegt den Basipodit nach vorn innen. Bei gleichzeitiger Kontraktion der beiden Rotatoren wird eine Bewegung des Basipodits ausgelöst, die der durch den Remotor be- dingten Bewegung des Coxopodits und damit auch des Basipodits entgegengesetzt verläuft. Dieser kann sich demnach sowohl in 240 Walter Schmidt, der Sagittalebene wie in der Transversalebene bewegen mid daher rotieren. Musculus reductor basipoditis 111. pedis spurii. {red.b Fig. 23.) Er entspringt caudal am Coxopodit nahe bei der Insei-tionsstelle des Remotors, durchzieht den ganzen Basipodit und heftet sich an dessen distalem Ende an der Caudalseite an. Eine Sehnenbildung findet nicht statt. Er bewegt den Basipodit nach hinten, ist der stärkste in ihm verlaufende Muskel und bildet neben dem Remotor den Anta- gonisten der beiden Rotatoren des Basipodits. Musculus adductor endopoditis III. pedis spurii. {add.end. Fig. 23.) Rostromedial am Proximalende des Basipodits entspringend heftet er sich ohne jegliche Sehnenbildmig rostromedial im proximalen Ab- schnitte des Endopodits {En Fig. 23) an. Er bewegt das Grundglied des Endopodits nach innen. Musculus abductor endopoditis III. pedis spurii. {abd.end. Fig. 23.) Derselbe w^irkt dem Adductor des Endopodits entgegen, ist aber bedeutend schwächer als er. Nur wenige Fasern stark entspringt er medial im distalen Drittel des Basipodits und steht mit einer dünnen Sehne lateral mit dem Grundghede des Endopodits in Verbindmig. Endopodit und Exopodit {Ex Fig. 23) sind dicht aneinandergelagert, so daß durch eine Bewegung des einen auch die des andern ausgelöst wird. Wir wollen daher zunächst die Muskulatur des Exopodits betrachten. Musculus abductor exopoditis III, pedis spurii. {abd.end. Fig. 23.) Derselbe nimmt lateral im proximalen Ende des Basipodits seinen Ursprung, zeigt keinerlei Sehnenbildung und heftet sich lateral in dem kurzen Grundgliede des Exopodits an. Er bewegt das Exopodit und mit ihm das Endopodit nach außen und stellt daher den Antagonisten des Adductors des Endopodits dar, den er indessen nicht an Größe erreicht. Musculus flagellaris endopoditis III. pedis spurii. {flag.end. Fig. 23.) Medial im proximalen Abschi\itte des Grundghedes des Endopodits entspringend, dicht neben der Insertionsstelle des Adductors des Endo- Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 241 podits, durchzieht er diesen fast bis zu dessen Ende und gibt dabei viele Fasern ab, die sich an den einzehien Ringen der Endopoditgeißel anheften. Er erlaubt eine Krünnnung der Geißel in verschiedener Richtung. Musculus flagellaris exopoditis III. pedis spurii. iflag.ex. Fig. 23.) Genau so gestaltet wie der Flagellarmuskel des Endopodits ent- springt er lateral in dem kurzen Grundgliede des Exopodits und heftet sich mittels dünner Fasern an den Gliedern der Geißel an. Er ist morpho- logisch nicht gleichwertig mit dem Flagellarmuskel des Exopodits, den wir bei den Kieferfüßen vorfinden, vielmehr schUeßt er auch noch den die Geißel als solche gegen das Grundglied bewegenden Muskel, den M. flagelli exopoditis der Kieferfüße in sich ein. [SucKOW gibt zur Bewegmig des Grundgliedes der Abdominal- anhänge zwei Muskeln, einen Beuger imd einen Ausspanner an und sagt, »alle andern Glieder verhalten sich wie diejenigen der Palpen << (des zweiten mid dritten Kieferfußes). Er nimmt demnach für jedes Glied einen Beuger und einen Strecker an.] Das dritte bis fünfte Pleopodenpaar ist hinsichtlich seiner Mus- kulatur vollkommen gleichgebaut, ebenso die zweite Abdominalextre- mität des Weibchens, wie schon äußerlich aus der gleichen Gestalt hervorgeht. Auch das zweite männliche Pleopodenpaar, der Hilfspenis, schließt sich eng an den Bau der folgenden Extremitäten an. Bei ihm ist das Grmidglied des Endopodits stark vergrößert, ohne indessen eine Änderung in der Anordnung der Muskulatur hervorzurufen. Nur der Unterschied fällt in die Augen, daß die von dem Körper nach dem Hilfspenis ziehenden Muskeln, besonders der M. rotator ventralis be- deutend verstärkt sind. Anders scheint es sich auf den ersten Blick mit der ersten männlichen Extremität zu verhalten. Haben wir doch in ihr nur ein einziges, starres Glied vor uns. Dementsprechend sind auch niu" die drei das Glied gegen den Körper bewegenden Muskeln, bedeutend verstärkt, ausgeprägt. Der Remotor {rem. Fig. 24) hat noch emen kleineren medianen Ast abgespalten, der an der Caudalseite ent- springt mid sich mit dem cyhnderförmigen Hauptaste an dem caudalen Proximalrande des Protopodits, der Insertionsstelle, vereinigt. Der dorsale Rotator mid der ventrale Rotator {rot.d, rot.v Fig. 24) zeigen hinsichtlich ihrer Lage nichts Besonderes, nur kann mau bemerken, daß der ventrale Rotator {rot.v Fig. 24) noch mehr verstärkt ist als der dorsale. Der erste abdominale Anhang des Weibchens hat eine sehi 242 Walter Schmidt, reduzierte Muskulatur. Sowolil der Remotor wie der dorsale Rotator läßt sich indessen bei gut ausgebildeter Extremität stets auffinden, während der Nachweis des ventralen Rotators auf große Schwierigkeiten stößt. In dem geißeiförmigen Anhange selbst ist keine Muskulatur ausgebildet. rot-d Fig. 24. Erste männliche Abdoniinalextremität. rem, M. remotor; rotd, y\. rotator dorsalis auf der rechten Seite entfernt; rolv, M. rotator veiitralis, auf der rechten Seite entfernt. 2. Die Uropoden. Schon äußerlich fallen zwar die Uropoden dadurch auf, daß der Exopodit den Endopodit an Cröße überragt, scheinen jedoch im übrigen ganz normal als Spaltfuß entwickelt zu sein. Betrachten wir uns aber die Muskulatur, so finden wir eine derart komplizierte Anordnung, daß wir sie nicht auf unser Schema zurückführen können. Der Proto- Die ]\Iuskulatui" von Astacus fluviatilis. 243 podit, entstanden aus der Verschmelzung von Coxopodit und Basipodit, sitzt am Körper nicht in einem festen Angelgelenk, sondern ist mit ihm wie bei den übrigen Abdominalextremitäten durch einen dünnen (*hitinring verbunden, der ihm rotierende Bewegmigen eilaubt. Das- selbe gilt für die Gelenke des Endo- und Exopodits. Zunächst scheinen die drei Hauptmuskeln, die den Protopodit mit dem Körper verbinden, ebenso wie bei den anderen Abdominalextremitäten wieder aufzutreten. rotd rem / abdcxd- prod ex redex abdexl- addend n.tp nt3 Fig. 25. Die Uropoden, dorsal gesehen. Auf der rechten Seite ist die obere Muskellage entfernt, reml, M. remotor lateralis; rem»;, M. remotor medialis; ro< rf, M. rotator dorsalis protopoditis; tua, M. telso- uropedalis anterior; tul, M. telso-uropedalis lateralis; tuv, M. telso-uropedalis posterior; ts, medialer Ast der Sehne des letzten Schrägmuskels; abdexd, M. abductor exopoditis dorsalis; abdexv, M. ab- ductor exopoditis ventralis ; abdexl, M. abductor exopoditis lateralis; prodex, M. productor exopo- ditis; redex, M. reductor exopoditis; addex, M. adductor exopoditis; addend, M. adductor endo- poditis; obLa^s, Insertionsfläche des M. obliquus anterior 5; tra^, M. transversus abdominis 6; flta, AI. flexor telsonos anterior; jUp, M. flexor telsonos posterior; Pt, Protopodit; Ex, Exopodit; En, Endopodit; T, Telson. Musculus remotor lateralis protopoditis uropodos. {rem.l Fig. 25, 26.) Er entspringt dorsolateral in der Nähe des Vorderrandes des sechsten Abdominalsegmentes, läßt häufig eine geringe Aufteilung erkennen imd inseriert dorsolateral an dem Proximalrande des Protopodits {Pt Fig. 25, 26) mittels einer kurzen,flachen Sehne. Wenn man die Drehung der Uro- 244 Walter Schmidt, poden in die Horizontalebene in Betracht zieht, so entspricht er seiner Lage nach dem Remotor der übrigen Abdominalextremitäten und hat auch dieselbe Funktion. Musculus remotor medialis protopoditis uropodos. {rem.m Fig. 25, 26.) Dorsomedial in der Nähe des Caudalrandes des sechsten Abdominal- somits ohne Sehne entspringend heftet er sich dorsal, medial von dem lateralen Remotor und zum Teil an derselben Sehne an dem Proximal- rande des Protopodits an. Er bewegt ihn nach außen und etwas dorsal bzw. nach hinten und hat demnach die Funktion eines Abductors. Da er indessen an derselben Sehne, wie der laterale Remotor, inseriert, wird man ihn nichtsdestoweniger als einen Ast des Remotors auffassen und bezeichnen dürfen. Er ist kräftiger als der laterale Remotor ent- wickelt und läßt zwei dicht aufeinanderliegende Blätter erkennen, von denen das dorsale das schwächere ist. Bevor wir in der Beschreibung der Uropodenmuskulatur weiter- gehen, wollen wir uns noch einmal kurz den Bau der hinteren, ventralen Stammesmuskulatur vergegenwärtigen. Der letzte M. obliquus anterior (ohl.a^ Fig. 26) läuft in eine dünne Sehne aus {ohl.a-^ s Fig. 26), die in den Protopodit der Uropoden eindringend medioventral sich anheftet {ohl.a^ i Fig. 26). Von dieser Sehne entspringen dann die beiden After- muskeln {can, dan Fig. 26) und die beiden Beuger des Telsons {fl ta, fl tp Fig. 25,26). Mit der Sehne des letzten Schrägmuskels steht auch die Uropodenmuskulatur in innigem Zusammenhang. Musculus rotator dorsalis protopoditis uropodos. {rot.d Fig. 25, 26.) Derselbe entspringt mediodorsal im caudalen Abschnitte des sechsten Abdominalsomits mit langer, schmaler Fläche. Er hat eine blattförmig abgeplattete Gestalt und heftet sich stark verjüngt zum Teil mittels einer kurzen, flachen Sehne ventromedial am Proximal- rande des Protopodits an, während -der mediale Teil seiner Fasern eine innige Verbindung mit der Sehne des letzten Schrägmuskels {ohl.a^ s Fig. 26) eingeht. Er bewirkt eine Bewegung der Uropoden ventral bzw. nach vorn und nach innen. Musculus rotator ventralis protopoditis uropodos. {rot.v Fig. 26.) Ventromedial an der Gelenkhaut in der Nähe des Sternums des fünften Abdominalsegmentes ohne Sehne entspringend nimmt er eine Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 245 stai'k abgeplattete Gestalt an und läuft in eine dünne, breite Sehne aus, die mit der dos letzten Schrägmuskels kurz vor ihrem Eintritt in den Protopodit verschmilzt. Diesen bewegt er ventral bzw. nach vorn und nach innen. Auffällig an ihm ist die Tatsache, daß er nicht im Sternum des sechsten Segmentes, sondern an der Gelenkhaut entspringt, nahe bei der Ursprungsstelle des letzten ventralen Superficialmuskels, einer Stelle demnach, die wir zum fünften Segment zu rechnen geneigt waren. Konnten wir diese Muskeln immerhin noch mit denen der übrigen Abdominalextremitäten vergleichen, so werden uns jetzt eine Reihe von Muskeln entgegentreten, die in ihrer Ausbildung vollkommen allein stehen. Musculus telso-uropedalis anterior. {tua Fig. 25.) Er entspringt dorsolateral in der Nähe des Vorderrandes des Telsons (T Fig. 25,26) ohne Sehne, besitzt eine cylindrische Gestalt und inseriert ventromedial am Proximalrande des Protopodits an der Insertionsstelle des dorsalen Rotators. Er stellt demnach eine Verbindung des Telsons mit dem Protopodit her, das er nach außen ventral bewegt. Musculus telso-uropedalis lateralis. {tili Fig. 25.) Derselbe entspringt ebenfalls dorsolateral im Telson an der Ur- sprungsstelle des M. telso-uropedalis anterior mit sehr dünner Sehne und besteht nur aus wenigen Fasern. Er zieht in den Protopodit herein und heftet sich hier dorsolateral an der Rostralseite ohne Sehnen- bildung an. Musculus telso-uropedalis posterior. {tu p Fig. 25, 26.) Er ist der kräftigste Muskel, der dorsolateral im Telson mit den beiden ebenbeschriebenen entspringt. Mit einer kurzen, kräftigen Sehne hier ansitzend zieht auch er in das Innere des Protopodits herein, wo er dorsomedial mit breiter Fläche sich anheftet. Er bewegt das distale Ende des Protopodits gegen das Telson ventral bzw. nach vorn. Die Uropoden bilden infolgedessen zusammen mit dem Telson eine ventral konkave Fläche, die bei der Ruderbewegung von großem Nutzen ist. Die drei das Telson mit den Uropoden verbindenden Muskeln sind an ihrer Ursprungsstelle fest miteinander verschmolzen, und diese Stelle Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 17 246 Walter Schmidt, steht mit der Sehne des letzten Schrägmuskels durch ein dünnes sehniges Band {ts Fig. 25) in Verbindung. [Alle diese am Protopodit angreifenden Muskeln treten in genau derselben Lage und Stärke bei Homariis vulg. auf, in einer solchen Über- einstimmung, daß sich ein weiteres Eingehen hierauf erübrigt. Er- wähnt sei nur noch, daß auch das sehnige Band {ts Fig. 25), das die obl.a, obl.g,s 0bL9yi dan canFIta Fig. 26. Die Uropoden, ventral gesehen. Auf der rechten Seite ist die obere Muskellage entfernt, reml, M. remotor lateralis; remm, M. remotor medialis; rotd, M. rotator dorsalis protopoditis; roi«, M. rotator ventralis protopoditis; tup., M. telso-uropedalis posterior; ahdexd, M. abductor exopoditis dorsalis; abdexv, M. abductor exopoditis ventralis; abdexl, Jl. abductor exopoditis lateralis; addex, M. adductor exopoditis; prodcx, M. productor exopoditis; redex, M. reductor exopoditis; addend, M. adductor endopoditis; obl.a-,, M. obliquus anterior 7; obl.a-iS, Sehne des M. obliquus anterior 7; oblMii, Insertionsstelle des M. obliquus anterior 7; fl.ta, M. flexor telsonos anterior; fl.tp, M. flexor teisonos posterior; can, M. compressor ani; dan, M. dilatator ani; T, Telson; Pt, Protopodit; En, Endopodit; Ex, Exopodit. Ursprungsstelle der im Telson entspringenden Muskeln mit der Sehne des letzten Schrägmuskels verbindet, in gleicher Weise vorhanden ist. Die Anordnmig dieser Muskehi gibt uns Gelegenheit, eine Betrach- tung über die Natur des Telsons hier anzuschließen. Zwei Ansichten stehen sich gegenüber; die eine wird von Huxley vertreten, der das Telson nicht als ein siebentes Abdominalsegment, vielmehr als einen un- Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 247 paaren Anhang des sechsten Segmentes betrachtet. Er setzt sich damit in Gegensatz zu der von Milne Edwards aufgestellten Hypothese, daß das Telson ein zwar rückgebildetes, aber echtes Abdominalsegment sei. Auf Grund der starken Ausbildung des Telsons fand diese Ansicht eine fast allgemeine Anerkennmig. Wie wir schon in unsern einleitenden Betrachtungen gesehen haben, ist die Extremitätenmuskulatur segmental augeordnet, das heißt, sie beschränkt sich stets auf ein einziges Segment. Wenn wir daher jetzt sehen, daß die Muskulatur der Uropoden nicht nur in dem sog. sechsten Abdominalsomite , sondern auch im Telson seinen Ursprung nimmt, so müssen wir zweifellos zu der Ansicht Huxleys kommen, daß das Telson nicht als selbständiges siebentes Segment, sondern nur als ein beweghcher Teil des sechsten Segmentes zu werten ist. Hingewiesen sei auch noch darauf, daß die Ausbildung der Stammesmuskulatur uns diesen Gedanken ebenfalls nahe gebracht hat.] Musculus abductor exopoditis dorsalis uropodos. {abd.ex.d Fig. 25, 26.) Derselbe besteht aus einem kurzen, dünnen Teile, der dorsolateral an der Rostralseite des Protopodits entspringt, und einem größeren, ventral von ihm gelegenen Aste, der rostrodorsal im proximalen Teile des Protopodits seinen Ursprung nimmt. Beide Blätter weisen keinerlei Selnienbildung auf und inserieren dorsolateral an dem Proximalrande des Exopodits {Ex Fig. 25, 2G), den sie nach außen bewegen, d. h., sie bewirken eine Ausbreitung des Schwanzfächers. Musculus abductor exopoditis ventralis uropodos. {abd.ex.v Fig. 25, 26.) Dem kleinen Aste des dorsalen Abductors des Exopodits in Größe und Gestalt gleich entspringt er ventrolateral an der Rostralseite des Protopodits und heftet sich ventrolateral an dem Proximalrande des Exopodits an, den dorsalen Abductor in seiner Wirkung unterstützend. Musculus abductor exopoditis lateralis uropodos. {abd.ex.l Fig. 25, 26.) Er entspringt lateral an der Rostralseite des Protopodits, zieht zwischen den dorsalen mid ventralen Abductoren, denen er in seiner Funktion gleichkommt, hindurch bis weit in das Innere des Exopodits, wo er sich lateral in der distalen Hälfte des ersten Gliedes anheftet. 17* 248 Walter Schmidt, Musculus adductor exopoditis uropodos. {add.ex Fig. 25, 26.) In seiner Gestalt ähnlich, aber kürzer als der laterale Abductor entspringt er ventrocaudal im proximalen Ende des Protopodits und heftet sich ebenfalls in der distalen Hälfte des ersten Exopoditgliedes medial an. Er wirkt den Abductoren entgegen, faltet demnach den Schwanzfächer zusammen. Musculus productor exopoditis uropodos. {prod.ex Fig. 25, 26.) Derselbe nimmt dorsal im proximalen Abschnitte des Protopodits mit breiter Fläche seinen Ursprung, hat eine feste, kompakte Gestalt mid heftet sich mit dünner Sehne ventral kurz hinter dem Proximal- rande des Exopodits an. Er bewegt diesen ventralwärts bzw. nach vorn. Musculus reductor exopoditis uropodos. {red.ex Fig. 25, 26.) Er ist der Antagonist des Productors des Exopodits, jedoch be- deutend schwächer als dieser und entspringt dicht neben ihm dorsal im proximalen Abschnitte des Protopodits ohne Sehne. Er inseriert dorsal gegenüber dem Productor kurz hinter dem Proximalrande des Exo- podits, zeigt jedoch nur schw^ache Sehnenbildung. Musculus adductor endopoditis uropodos. {add.end. Fig. 25, 26.) Er entspringt dorsomedial im Protopodit und inseriert ventro- medial an dem Proximalrande des Endopodits (En Fig. 25, 26). Er weist keine Sehne auf, ist nur sehr kurz und schwach und bewirkt eine Bewegung des Endopodits nach innen. Als Antagonisten wirken die Abductoren des Exopodits, mit dem der Endopodit eng verbunden ist und mitbewegt wird. Im Gegensatz zu den übrigen Extremitäten haben vär hier bei den Uropoden eine mächtig entwickelte Muskulatur des Exopodits gefunden, während der Endopodit nur einen einzigen, schwachen Muskel auf- weist. Auch in dieser Beziehung weichen demnach die Uropoden von dem normalen Extremitätentypus ab. Die Bewegung des kurzen End- gliedes des Exopodits wird nicht durch Muskulatur bewegt, sondern geschieht automatisch bei der Ruderbewegmig. [Die gr()ßeren IVIuskeln der Uropoden sind auch Suckow bekannt Die Muskulatur von Astacus fluviatilis. 249 gewesen, wenn er sie auch nicht einer eingehenden Beschreibung unter- zieht, sondern nur kurz darauf hinweist.] Zum Schluß sei es mir gestattet, Herrn Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. E. KoRSCHELT, auf dessen Anregung ich diese Untersuchung vor- nahm, für das stete, gütige Interesse meinen ergebensten Üank auszu- sprechen. Desgleichen bin ich Herrn Prof. Dr. C. Tönniges sowie vor allem Herrn Privatdozenten Dr. W. Harms zu großem Danke ver- pflichtet. Marburg a. L., Februar 1914. Literaturverzeichnis. 1. Bauer, A. Die Muskulatur von Dytiscus marginalis. In: Zeitschr. f. wiss. Zeel. Bd. XCV. 1910. 2. Gerstaecker, A. und Ortmann, A. E. Decapoda. In: Bronn, Klassen u. Ordnungen des Tierreiches. V. Bd. 2. Abt. 1901. 3. GiESBRECHT, W. Crustacea. In: Handbuch der Morphologie der wirbel- losen Tiere. Bd. IV. Ai-thropoda. Jena 1913. 4. HuxLEY, Ph. Der Krebs: Eine Einführung in das Studium der Zoologie. Leipzig 1881. 5. Lemoine, M. Victoire. Recherches pour servir ä l'histoire des systemes ner- veux, musculaire et glandulaire de l'ecrevisse. In: Annales des Sci- ences NatvireUes. Zoologie. V. Ser. Paris 1868. (5. List, Th. Morphologisch-biologische Studien über den Bewegungsapparat der Arthropoden. I. Teil: Astacus fluviatilis. In: Morphologisches Jahrbuch. Leipzig 1895. 7. IVIllne Edwards, M. Histoire naturelle des Crustaces. Bd. I u. Atlas. Paris 1834. 8. MocQUARD, F. Recherches anatomiques sur l'estomac des crustaces podoph- thalmaii'es. In : Annales des Sciences Natiu-elles. Zoologie. Tome XVI. Paris 1883. 9. SucKOW, Er. WrLH. Ludwig. Der Flußki-ebs (Astacus fluviatilis). In: Ana- tomisch-Physiologische Untersuchungen der Insekten und Krustentiere. Bd. I. Heft. 1. Heidelberg 1818. Erklärung der Abkürzungen der Stammesmuskulatur. [Die in eckigen Klammern beigefügten Zahlen verweisen auf die Abbildungen.] aür.ep = M. attractor epimeralis [1, 6, 7, 21]. can = M. compressor ani [4, 5, 26]. cendx = M. compressor endophragmahs 1 [2, 14, 16]. 250 Walter Schmidt, c.end2 = M. compressor endopliragmalis 2 [2, 4, 17]. c.ep = M. contractor epimeralis [7]. d.an = M. dilatator ani [5, 26]. d.a.l = M. dorsales profund! abdoniinis, lateraler Teil [6]. d.a.m — M. dorsales profundi abdominis, medialer Teil [1, 6]. dp — M. dorsales profundi [1]. d.th.l = IVL dorsales profundi thoraco-abdominales, lateraler Teil [1, 6]. d.th.m = M. dorsales profundi thoraco-abdominales, medialer Teil,[l, 6]. ds{i_'j) = M. dorsales superficiales (1 — 7) [1, 6, 7J. dv.a — M. dorsoventralis anterior [1, 2, 7]. dv.p = M. dorsoventralis posterior [2, 14, 16j. jlta = M. flexor telsonos anterior [4, 2.5, 26]. fldp = M. flexor telsonos posterior [4, .5, 25, 26]. l = M. laterales [1]. La = M. laterales abdominis [7]. lac = M. laterales abdominis, Muskelfasern [7]. l.th.l, = M. laterales thoraco-abdominales, lateraler Teil [7]. l.th.m = M. laterales thoraco-abdominales, medialer Teil [7]. obl.a(i_-) = M. obUqui anteriores (j_7) [1, 3, 4, 5]. obLttiC \= Insertion des M. obliquus anterior 1 am caudalen und am rostra- obLuir \ len Ventralrande des ersten Abdominalsegmentes [5]. obl.aiV = M. obUquus anterior i, mediane sehnige Verbindung [4, 5]. oW.a(] 2)* = M. obliquus anterior^ 2)» lateraler Muskelast [4]. obl.a{^_^)f = M. obliquus anterior (1—4), dorsomediane Fascie [1, 4]. o6?.a(2 .-,)c = M. obliquus anterior (2.5)» Insertion am Caudalrande des zwei- ten bzw. fünften Abdominalsegmentes [5]. obl.a{2 ■^)U = M. obliquus anterior (2, 3), Ursprung [4]. obl.a^s = M. obliquus anterior 5, dorsolaterale Insertion [4, 5, 25]. obl.a^s = Sehne des M. obliquus anterior [4, 5, 26]. obl.a-ji — Insertion des M. obhquus anterior 7 [26]. o&Z.p(j_5) = M. obliqui posteriores d—j) [3, 4, 5]. obl.piU = Ursprung des M. obliquus posterior i [5]. obLpif = Sehnige Einschnürung des ]\I. obliquus posterior ^ [5]. obl.p2 ^ = Muskel, an dem der M. obliquus posterior o entspringt [4, 5]. obl.p2,sf — Sehne, mittels der der M. obliquus posterior o, 3 entspringt [4]. th.a = M. thoracales anteriores [1, 3, 4, 5]. th.aim, tliMil = Der mediale und laterale erste Abschnitt der M. thoracales ante- riores [3, 4, 5]. th. «(2 34) = Die im zweiten, dritten und vierten Segmente entspringenden Äste der M. thoracales anteriores [3, 4, 5]. tr.th = M. transversus thoracis [1, 3, 4, 5]. >. . . aber selbst von diesen Süßwasser-Copepoden war nicht einmal die Zahl der durch- laufenen Naupliusstadien mit Sicherheit bekannt und unter wirklich genauem Eingehen auf jede Extremität waren diese Vorgänge noch bei keinem behandelt . . . << Wie sehr dieser Satz zu Recht besteht, zeigt am besten die 1907 erschienene Arbeit von Klintz, in der im ganzen nur 7 Stadien ein- schließlich des geschlechtsreif en Tieres angenommen werden, und zwar entfallen auf das Nauplius- bzw. Metanaupliusstadium zwei, auf die Copepodidstadien fünf Formen. Klintz behauptet also, sechs Häu- tungen erfolgten; dem steht die Aussage von Maupas (1892) über die Metamorphose des Harpacticiden Belisarius viguieri gegenüber: ». . . . Le developpement larvaire se divise en six Stades naupliens et six Stades cyclopoides y compris l'etat exulte. II y a donc onze mues, dont six naupliennes et cinq cyclopoides. J'ai constate une evolution identique chez le Canthocampius staphj/Iinus.<< GiESBRECHT (1898) nahm nur fünf Nauphusstadien an; neuer- dings (1913) im »Handbuch der Morphologie der wirbellosen Tiere« schreibt er der Naupliusperiode, wahrscheinlich unter dem Eindruck der OßERGschen Abhandlung, sechs Stadien zu, zwei Nauphen und vier Metanauplien. Aus all diesen Andeutungen erhellt, daß eine Untersuchung der Metamorphose der Süßwassercopepoden, namentlich der so gut wie überhaupt nicht beachteten Harpacticiden sehr vonnöten war, zumal da eine Menge spezieller Arbeiten über Copepoden (Chromosomen- verhältnisse, Keimbahnen) von V. Haecker und seinen Schülern ge- liefert sind. Aber noch ein anderer Grund bestimmt mich zur Inangriffnahme dieser Frage: ein hydrobiologisches Interesse i. Wenn man irgend- eine Faunenliste oder auch quantitative Studien über irgendwelches Gewässer durchsieht, so stcißt man sicher auf das große Sammelkonto Nauplien, und es heißt schon recht viel, wenn der betreffende Autor sich die Mühe genommen hat, die Copepodide auseinander zu halten 1 Das Verständnis für Hydi'obiologie in mir geweckt zu haben, verdanke ich meinem hochverehrten Lelirer Herrn Professor Dr. Richard Woltereck. Seine Vorlesungen, Übungen und Besprechungen boten Anregungen in reichem Maße. Aus ihnen heraus ist diese Arbeit entstanden. Die Metainorplio.se der freilel)enden Süßwasser-Copepodeii I. 255 als Diaptomuslarven oder junge Cyclopen. Auch hier niuü Wandel geschaffen werden durcli unterscheidende Kenntnis der Nauplien. Denn um die Fortpflanzungsperioden der C'opepoden zu ermitteln, kann man nicht allein auf das Maximum der eisacktragenden Weib- chen Rücksicht nehmen, man muß sie auch aus der Zahl der Nauplien zuweilen schließen, wenn es sich um dauereibildende Formen handelt, wie Diwptomus vulgaris, D. castor nach Wolf (1903), Diaptomus laci- niatus, D. denticornis nach Haecker (1901), Diaptomus gracilis nach Brehm, Diaptomus salinus, D. nnerzejskii nach eigenen Befunden, Heterocope saliens nach Kessler (1913). A. Material und Methode. Als Material für die Untersuchung wurde naturgemäß in erster Linie das genommen, was die Leipziger Gegend bot. Von den drei Famihen der Süßwassercopepoden, C*entropagiden von den Gymno- pleen, Cyclopiden und Harpacticiden von den Podopleen, wurde je ein Vertreter genau behandelt, natürlich unter Seitenblicken auf nahe- stehende Formen. Von den Centropagiden ist eingehend untersucht worden Diaptomus vulgaris 8chmeil, von den Cyclopiden Cyclops strenuus Fischer und endlich von den Harpacticiden Canthocamptus staphi/linus Jurine. Nebenher sind beobachtet worden, namentlich zur Kontrolle der Familienunterschiede, hauptsächlich letzte Metanauplien von Diap- tomus castor Jurine, D. salinus Daday, D. wierzejskii Richard, D. gracilis Sars, D. denticornis Wierzejski. Von den Cyclopiden wurden zum Vergleich herangezogen Cyclops Icuckarfi Claus, C. bicuspidatus Claus, C. viridis Jurine, C. serrulatus Fischer und von Harpacticiden Ca7ithocamptus northumhricus Brady. Dieses Material wurde, wie bereits erwähnt, zum allergrößten Teil aus Leipzigs näherer und weiterer Umgebung herbeigeschafft. So lieferten das Freilandbecken im Garten des Leipziger Zoologischen Institutes Diaptomus vulgaris, Cyclops strenuus und C. viridis, der größere Albertparkteich Diaptomus gracilis, von Cyclopiden: Cylops strenuus, C. serrulatus, C. hicuspidatus und Canthocamptus staphyUnus. Die Teiche in Lauer beherbergten Diaptomus castor, ferner Cyclops strenuus, C. viridis, C. hicuspidatus und C. serrulatus, außerdem Can- thocamptus staphylinus und C. northumhricus. Ehe ich mich den Fängen aus weiterer Umgebung Leipzigs zu- wende, möchte ich außer einigen Lehmstichen und Altwässern der Elster mid Pleiße noch eines Ortes Erwähnung tun, der mir Diap- 256 WalthcT Dietrich, tomus u'ierzejskii Richard lieferte. Diesen Centropagiden hat in Deutschland bisher nur Schmeil in der Umgebung von Halle a. S. gefunden. Meine Fundstelle ist eine kleine, etwa 100 qm große, höch- stens 1 m tiefe Wasserfläche in einem Lehmloch an der Straße zum Bahnhof von Zuckelhausen bei Leipzig. Da das Gelände rings etwa 2 — 3 m höher liegt, so liegt die AVahrscheinlichkeit nahe, daß der Tüm- pel den (Jiund einer Bauplatzausschachtung bedeckt, allenfalls einer Lehmgrube. Über das biologische Verhalten des Diaptomus sei auf den dritten Teil dieser Arbeit verwiesen. Endlich seien noch die Fänge aus der weiteren Umgebung Leip- zigs genannt, zuerst die der Kohrbacher Teiche. Sie ergaben für mich Diaptomus vulgaris, D. castor (Großteich), D. grucilis (Mittelteich) und Cyclopiden. Dasselbe Material lieferten die AVermsdorfer Teiche: D. vulgaris (Doktorteich, Häuschenteich), D. gracilis ( Kirchen teich, Zeisigteich, Horstsee) und Cyclopiden. Diaptomus salinus, Cyclops leuckarti und C. strenuus erhielt ich aus dem Mansfelder See außer aus einigen eigenen Fängen durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. V. CoLDiTZ. Mein Freund Hans-Adam Stolte überheß mir aus seinen Naidenfängen die nebenbei erbeuteten Coj)epoden. So erhielt ich durch ihn aus einem kleinen Bache von Dorna im Muldentale bei Grimma i. S. Canthocamptus crassus Sars, der sich aber leider als zur Kultur ungeeignet erwies. Die Untersuchung der Tiere erfolgte an totem wie an lebendem Material, zum Teil auch an abgeworfenen Häuten. Dies letztere aller- dings nur bei Podopleen; bei Gymnopleen ist die Chitinhaut zu fein, als daß sie unversehrt erhalten bliebe. Die besten Resultate gab mir das lebende Objekt, nachdem es mir gelungen war, durch einige Kunstgriffe die Tiere festzuhalten. Cyclopiden- und Harpacticidennauplien habe ich ohne besondere Be- handlung unter das Mikroskop gebracht. Mit einer sehr fein und sehr lang ausgezogenen Pipette wird der Nauplius aus dem Zucht- glas mit sehr wenig AVasser auf einen nicht hohlgeschliffenen Objekt- träger gebracht: darüber kommt ein mit Plastilinafüßchen versehenes Deckglas, so daß der Tropfen nur die Mitte des Deckglases netzt. Dann sieht man den Nauplius in dem Tröpfchen hin- und herschießen. Mit dem Mikroskop bei schwacher Vergrößerung beobachtend, drückt man mit dem Finger, besser als mit Nadeln, die vier Füßchen gleichmäßig nieder, bis das Deckglas den Nauplius eben, meist an der Mundkappe, berührt. Der Nauplius wird dann unter heftigen Schlägen um diesen Berührungspunkt rotieren, gibt das aber sehr bald, wohl infolge Sauer- Die Metaiiior))hose der freilebenden Süßwasser-Cope])oden I. 257 Stoffmangels und physischer Erlahmung auf. Ist der Druck noch nicht groß genug, um das Tierchen zu fixieren, so genügt meist die Deck- glasdurchbiegung unter dem Einfluß der capillarcn Kräfte bez. des Luftdruckes, wenn man vorsichtig mit nur wenigen Fasern eines Stück Fließpapieres ein wenig Wasser absaugt. Liegt der Nauplius noch nicht günstig — ■ meist muß er auf dem Kücken liegen — so muß man ihn vor dem Festlegen »rollen«. Dies gelingt sehr gut bei Cyclo- piden mit ihrem beinahe kreisrunden Querschnitt. Bei den dorso- ventral fast zu einer Scheibe abgeplatteten Harpacticiden hat das Drehen Schwierigkeit, meist gelingt es durch ein Lüften des Deckglases. Bei den Centropagiden ist diese Methode ziemlich ausgeschlossen. Denn die Nauplien sind lateral stark komprimiert, und die lange erste Antenne, die das geschlechtsreife Tier in Rückenlage erhält, ist eben noch nicht vorhanden. So ist es bei den Nauplien ziemlich hoffnungs- los, sie auf dem Rückenfirst zu balancieren und mit der Mundkappe einzuklemmen, wenigstens bei lebenden Exemplaren. Hier müssen künstliche Mittel angewandt werden: entweder Verdickung des Me- diums durch Zusatz von Quittenschleim oder Betäubung der Tiere. Ich habe das letztere meist angewandt, und zwar mit Cocain und Chloralhydrat. Cocain hat sich aber wenig geeignet erwiesen: die Tiere platzten, sobald man nicht äußerst verdünnte Lösungen ver- wandte, in denen aber die Betäubung erst nach einer Stunde und später eintrat. Auch ein Absaugen des cocainhaltigen Wassers nach der Betäu- bung und ein Ersetzen durch frisches Wasser ließen das Opakwerden und Platzen nicht verhindern. Um so mehr aber kann ich das Chlor- alhydrat empfehlen. Hier trat ein Quellen und Zersprengen des Chitinpanzers überhaupt nicht ein und ein Opakwerden und Absterben nur bei zu konzentrierten Lösungen. Ich habe Verdünnungen von etwa 1 : 10 000 verwandt, nach dem Betäuben das Wasser ersetzt und mit dieser Methode sehr gute Erfolge gehabt. Die Präparate wurden über Nacht in einer »feuchten Kammer« kühl aufbewahrt, eventuell unter Zusetzen eines Tropfen Wassers, so daß es mir gelang, dasselbe Tier unter dem Deckglase etwa 3 bis 4 Tage lebend zu erhalten, ja sogar Häutungen vollziehen zu lassen. Ein Übelstand ist es bei dieser Art Präparate, daß das Wasser unter dem Deckglas verdunstet und infolgedessen der Deckglasdruck steigt und das Tier zerquetscht. Eine gewisse Fertigkeit, im rich- tigen Augenblicke die richtige Menge Wasser an die richtige Stelle, den Rand des Deckglases zu bringen, so, daß sie nicht mit dem in- 258 Walther Dietrich, nern Tropfen zusammenfließt, bringt die Übung mit sich. Ich habe mir auch zuweilen dadurch geholfen, daß ich einen Vaselinerand um das Gläschen legte. Es ist dann zwar mißlich, das AVasser zu ersetzen, aber oft genügen doch die wenigen Stunden, die das Tier unverändert bleibt, zur Beobachtung. Die Tiere für meine Untersuchungen habe ich ex ovo gezüchtet. Nauplien, aus der Freiheit in Gläser gebracht, sterben rasch ab; nur im Winter bei rund 0° habe ich sie längere Zeit erhalten können. Zur Zucht des Diaptomus und Cyclops verwandte ich in der Hauptsache kleine runde Gläser von etwa 4 cm Durchmesser und 8 cm Höhe mit etwa 75 ccm Wasser gefüllt, für Canthocamptus bedeutend kleinere mit ungefähr 20 — 25 ccm Inhalt. Nach längeren vergeblichen Zuchtversuchen gelang es mir doch, wenigstens einige Formen zu ziehen. Als erfolgreich für Züchtimg erwiesen sich Diaptomus vulgaris und D. ivierzejskii, Cyclops strenuus und C. viridis und Canthocamptus staphylinus. Meine Kulturen setzte ich auf zweierlei Weise an: einmal brachte ich eisacktragende Weibchen in das Glas, ließ sie ablegen und fing sie danach heravis, zum andern präparierte ich die Eiballen unter dem Mikroskop, bald aber selbst bei dem kleinen Canthocamptus mi- bewaffneten Auges mit Schweinsborsten und zugeschliffenen Insekten- nadeln ab und legte die Eiersäcke — oft zu einem Dutzend — in die Zuchtgläser. Mit dieser Methode hatte ich sehr viel Erfolg, im Gegen- satz zu Klintz (1907); denn mindestens 90% dieser so abgetrennten Eiballen entwickelten sich weiter. Auch die Quantität der erhaltenen Nauplien w^ar größer, denn die Alten fressen die Jungen auf, nament- lich bei den Cyclopiden. Als Futter gab ich auf Agar-Agar rein gezüchtete einzelHge Algen, Chlorella, die mir Herr Prof. Dr. Wolteeeck fremidhch überheß. Diese Chlorellen wurden von allen drei Famihen, auch von den Alten, gefressen, wie der Darminhalt und das Absterben bei Weglassung dieses Futters zeigte. Von Einfluß auf das Gedeihen der Kulturen war das verwendete Wasser; Leitungswasser ließ die Tiere eingehen; ich nahm daher altes, klares Aquariumwasser, das durch chemische Filter oder Müllergaze Nr. 25 filtriert wurde. B. Literatur. Der erste, der einen Cyclops abbildet und gleichzeitig über die Zusammengehörigkeit von Cyclops und Nauplius Bescheid weiß, ist Die Metamorphoso dor froilebcMidcn Süßwasser-Copcpodon I. 259 Antonius von Leeuwenhoek (17J9, 1099), (Opera omnia Tom. III. 1719). Ob ihm zur Abbildung des Embryo wirklich ein Nauflius vorgelegen hat, wird bestritten und will ich nicht entscheiden. Nur möchte ich eine Vermutung meinerseits zur Diskussion stellen, daß es sich nämlich um einen Embryo einer Hydrarachnoide handeln könne. Mir selbst sind in einigen Kulturen solche Tierchen begeg- net. Daß Leeuwenhoek tatsächlich den Zusammenhang zwischen Nauplius und Hüpferling gekannt hat, geht aus dem Text hervor. Er beobachtet das »Schlüpfen der Nauphen aus den Eiballen und sieht, daß am andern Tage die Mütter alle Embryonen gefressen haben; in einem Kontrollversuch tötet er nach der Eiablage die Mutter und erhält die Nauplien am Leben, ja sogar aus den Eisäckchen toter Weib- chen zieht er Larven. Karl Degeer (1783) ist der nächste, der sich wissenschaftlich mit Copepoden befaßt. Er bildet vöIHg eindeutig Nauplien als Em- bryonen von Copepoden (Monoculus) ab. Der eine Nauplius steht etwa auf der Höhe der Abbildungen von Jurine (1820). In einem Bild gibt Degeer ganz deutlich die Gestalt eines verendeten Tieres mit schlaff herabhängenden Mundgliedmaßen und dem im Tode so typisch in Kugeln koagulierten Eiweiß. Und in der dritten Figur endlich reproduziert er einen Nauplius, der im Begriff steht, sich zu häuteb, dabei aber eingegangen ist. Das sind die Befunde, die sich aus seinen Zeichnungen ergeben und die für die Treue seiner Beob- achtungen beredt Zeugnis ablegen. Daß er diese Abnormitäten falsch deutete, nicht als solche erkannte, haben wir kein Recht ihm zum Vorwurf zu machen. Die Kenntnis, daß der Nauplius das Jugendstadium von Mono- culus ( = Cyclops) sei, ging verloren. 1785, also nur wenige Jahre nach Degeers »Memoires pour ser\är a l'histoire des insectes« (Stockholm 1778, deutsch 1783) erschien die für die weitere wissenschaftliche Betrachtung der freilebenden Cope- poden grundlegende Arbeit »Entomostraca seu Insecta testacea, quae in aquis Daniae et Norvegiae reperit, descripsit et iconibus illustravit Otho Fridericus Müller«. In der Kenntnis der Entwicklung der Copepoden bedeutet sie einen Rückschritt. Die Nauphen erscheinen als besondere Genera: Nauplius und Amipnone; von Nauplius unter- scheidet Müller zwei Formen: N. bracteatus und saltatorius. Nach den Abbildungen zu urteilen ist N. bracteatus der Nauplius eines Canthocamptus, N. saltatorius der eines Cyclopiden. Von Amymone kennt er gar sechs Species: A. Sati/ra, Silene, Maenas, Fauna, Baccka 260 Walther Dietrich, und Thi/as. Von diesen würde wohl A. Satyra (vielleicht auch A. Fauna) der Nauplius eines Cyclopiden sein, die anderen, bestimmt A. Baccha, die Larven von Harpacticiden. Weiter zu gehen und die einzelnen Formen ganz bestimmten Cyclo'ps- Arten als Jugendstadien zuzuschreiben, wie es Gerstaecker in Bronns Klassen und Ord- nungen des Tierreiches (1866 — 1879) tut, geht meines Erachtens nicht an. Dazu sind es der Arten zu viele und unserer Kenntnisse zu wenige; außerdem genügen die Bilder gar nicht eingehenderen Ver- gleichen; auch insofern bedeuten sie einen Rückschritt im Vergleich mit Degeer. Gegen die Aufstellung der Genera Nauplius und Amymone wendet sich bereits 1797 Louis Jurine, der die Arbeiten von Degeer kennt. 1820 erscheint sein bekanntes Werk: »Histoire des Monocles qui se trouvent aux environs deGeneve«. Außer trefflichen Beobachtungen über die Biologie der Copepoden enthält es Angaben über ihre Mor- phologie und Entwicklungsgeschichte. Die Metamorphose wird von Jurine erkannt, er weiß, daß jedes Stadium von dem vorhergehenden durch eine Häutung getrennt ist. Aber eine vollständige Entwick- lungsreihe kann er auch nicht geben. Seine Befunde erläutert er durch sehr gute Zeichnungen. Von den deutschen Forschern hat Heinrich Rathke ^(1833) zuerst wieder die Nauplien als Jugendform der Copepoden gezeichnet. Er ist imstande, die von Jurine einfach »Beine« genannten Mund- gliedmaßen als Maxillen und Mandibeln zu analysieren. Seine Bilder der Jugendformen von Cyclops quadricornis (zwei Nauplien, zwei Copepodide) bedeuten keinen Fortschritt gegen Jurine, im Gegen- teil, die Segmentierung der einzelnen Glieder hat Rathke nicht ge- sehen. Wollte man versuchen, das Alter der Tiere zu bestimmen, so wären sie etwa als 1. und 4. Nauphus, 1. und 3. Copepodid zu be- zeichnen. Bald danach (1835) bildet Koch ebenfalls einen Nauphus ab von Glaucea. hyalina, einer Form, die etwa unserem Diaptomus gracilis entspricht. An diese Arbeiten schließen sich die zahlreichen Untersuchimgen des Altmeisters Carl Claus in den Jahren 1857 — 1893 an. Seine beiden Hauptarbeiten sind: »Zur Anatomie und Entwicklungsge- schichte der Copepoden, 1858« und »Die freilebenden Copepoden mit besonderer Berücksichtigung der Fauna Deutschlands, der Nord- see und des Mittelmeers, 1863«. Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 261 Claus bildet darin sehr gut einzelne Naiiplien verschiedener Copepoden ab, und zwar sind es nach unseren heutigen Kenntnissen Orthonauplius von Cyclops coronatus Claus = C. fuscus Jur. C. serrulatus Fisch. C. canthocarpoides = C. fhaleratus Koch. Canthocamptus staphylinus Jur. Cyclopsine castor = Diaptomus castor Jur. 1. Metanauplius von Cyclops gigas Claus = C. viridis Jur. C. tenuicornis Claus Dactylopus Stroemii (marin. Calanide) 2. Metanauphus von Cyclops tenuicornis Claus 3. Metanauplius von Cyclops spec. C. serrulatus Fisch. CantJiocamptus staphylinus Jur. zweier mar. Calaniden (IcMhyophorhal). Man sieht, es ist nicht einmal aus den verschiedenen Arten eine Ent- wicklungsreihe vollständig aufzustellen. Mit den Untersuchungen Claus' setzen die modernen Arbeiten ein. Er hat im Prinzip alles gesehen, was den Früheren entgangen war und entgehen mußte aus technischen Gründen. So haben Jurine und Rathke sich darauf beschränkt, die drei Mundgliedmaßen, allen- falls noch die Maxillen, anzugeben, und eine Einordnung ihrer Bilder nach unserer heutigen Gruppierung ist nur nach der Zahl der Seg- mente möglich. Bei Claus ist es anders. Wenn seine Angaben im einzelnen auch manche Unrichtigkeiten aufweisen, so bieten sie doch im großen und ganzen eine brauchbare Grundlage. Ihm kam es ja nicht auf das Verfolgen aller Einzelheiten an, sondern auf die Tat- sache, daß der Nauplius nach einer gewissen Zahl von Häutungen den Sprung zum Copepodiden macht, und schließlich, wieder nach einer gewissen Zahl von Häutmigen, ins geschlechtsreife Tier übergeht. Diese Copepodidstadien hat Claus eingehend untersucht, namentlich in bezug auf die Entwicklung der ersten Antennen, so daß bei einer neuen Untersuchung spezielle Probleme gestellt werden müssen: Fragen nach Verwandtschaft einzelner Arten bzw. Gruppen, wie in jüngster Zeit Brehm (1913) angedeutet hat. Im Jahre 1877 bringt eine neue Arbeit wieder einen Beitrag zur Kenntnis der Metamorphose der Copepoden: P. P. C. Hoeks Beitrag >>Zur Ent^^äcklungsgeschichte der Entomostraken. II. Zur Embryo- logie der freilebenden Copepoden« erscheint. Wenn er auch in der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 18 262 Walther Dietrich, Hauptsache die Entwicklung im Ei behandelt, so bringt er doch zwei Bilder von Nauplien: den eben geschlüpften Nauphus von Cy- clops brevicaudatus Claus und den zweiten Nauplius (»nach einmahger Häutung«) von Canthocamptus staphylinus. Wieder vergehen einige Jahre, bis die nächste Abhandlung zur Entwicklung der Copepoden erscheint: Carl Grobben (1881), »Die Entwicklungsgeschichte von Cetochilus septentrionalis Goodsir ( = Calanus finmarchicus Gunnar)«. Auch ihm ist die Zahl der Nauplien unbekannt: »In der Weiterentwicklung erleidet der Nauphus eine Anzahl von Häutungen, deren Zahl ich nicht genau anzugeben ver- mag«, lautet der einleitende Satz zur »freien Metamorphose des Nau- plius« (1881, S. 17). Er bildet etwa das erste, zweite, vierte und fünfte Nauphus- mid das erste Copepodidstadium ab, soweit die Figuren über- haupt ein Erkennen gestatten. 1882 ergreift Rehberg zur Embryonalen twicklmig von Cyclopiden das Wort, und zwar scheint er die Jugendformen einer Anzahl von Arten gekannt zu haben, aber er veröffentlicht darüber so gut Avie nichts. Am meisten interessiert ihn das erste Copepodidstadium. Hier will er auf Grmid gleicher Entwicklung der ersten Antennen (Zerfall in gleiche Zahl von Güedern) die mehr oder minder große Ver- wandtschaft einzehier Copepoden untereinander feststellen. So sollen Cyclops fimhriatus Fischer, C. Poppei Rehberg (nach Schmeil [1892, S. 168] = Cyclops fimhriatus var. Poppei Rehberg) und C. phaleratus Koch in ihren Entwicklmigsstadien vollständig übereinstimmen. An- dere sollen eine gemeinsame Entwicklung haben, aber auf verschie- denen Stadien gewissermaßen stehen geblieben sein. »C. alhidus (Jur.) und C. fuscus (Jur.) sind bis zur letzten Häutung in ihren em- bryonalen Stadien nicht zu unterscheiden und zeigen erst nach der Häutung die charakteristischen Merkmale, ohne daß dieselben einen Übergang der einen Art in die andere in irgendeiner Weise erkennen ließen. « Wieder mit marinen Copepoden befaßt sich der nächste Autor, Eugene Canu: »Les Copepodes du Boulonnais«. 1892. Er bringt die Metamorphose einer großen Zahl mariner Copepoden, ohne aber auf die genaue, vergleichende Untersuchung der Gliedmaßen der ein- zelnen Stadien einzugehen. Im selben Jahre wie Canu gab Maupas über die Entwicklung des Süßwasserharpacticiden Belisarius viguien an, daß sie aus zwölf Stadien bestehe, das erwachsene Tier mitgerechnet, und ebenso ver- laufe die Entwcklung von Canthocamptus staphylinus. Irgendwelche Die Metamorphose der freilebenden Süßwasscr-Copepoden I. 263 nähere Angaben oder Zeichnungen bleibt jedoch Maupas schuldig. Durch Bilder belegte Angaben gibt Al. MrIzek (1894). Er zeichnet einen älteren (vierten?) Nauplius von dem blinden Harpacticiden Epactophanes richardi Mräzek. Im Jahre darauf veröffentlicht W. Giesbrecht in seinen »Mit- teilungen über Copepoden« einige Bilder vom vorletzten und letzten Nauplius von Rhincalmius nasutus Giesbr., um die Ansicht Claus' zu widerlegen, daß die Maxillipeden von Diaptomus, Cyclops, Can- thocamptus aus einer Anlage hervorgehen. Dann tritt wieder eine Pause von etwa 10 Jahren ein. 1906 läßt Max Oberg seine Untersuchungen über: »Die Metamorphose der Plank- toncopepoden der Kieler Bucht << erscheinen. Er bringt für eine An- zahl mariner Copepoden vollständige Entwicklungsreihen: sechs Nau- pliusstadien, sechs Copepodide, einschheßhch des geschlechtsreifen Tieres. Sein Material brachte es mit sich, daß er fast ausschließlich Gymnopleen behandelt. Und wenn ich endlich noch die Abhandlung von J. H. Klintz (1907) erwähne, deren Ergebnis in dem Satze ausgedrückt wird: »Die normale postembryonale Entwcklimg von Cyclops verläuft in sechs Häutungen, nach der sechsten Häutung sind die Tiere geschlechts- reif« (S. 134), so glaube ich die Berechtigung der folgenden Unter- suchungen dargetan zu haben, trotz Klintz' Versicherung (S. 128): »Die nachembiyonale Entwicklmig verhält sich genau nach den in Bronns Tierreich von Claus gemachten Angaben.« IL Die Metamorphose. 1. Charakteristik der Unterordnungen und der Familien in ihrer Entwicklung!. Die Entwicklung der beiden Unterordnungen Gymnoplea und Podoplea läuft natürlich parallel, ist aber doch auch w^esenthch von- 1 Im folgenden halte ich mich vornehmlich an die Bezeichnungen von Giesbrecht im s>Handbuch der Morphologie der wirbellosen Tiere«, in zweiter Linie an die OsERGsche Nomenklatm-. So sclireibe ich mit Giesbrecht Cope- podid statt Copepodit (Oberg), denn es soU doch eben betont werden, daß die Larven bereits dem erwachsenen Copepoden ähnlich sind. Ferner bezeichne ich die verschiedenen Lobi mit Giesbrecht als Endite und Exite ; auch die For- men das Exopodit, das Endopodit übernehme ich von Giesbrecht. Und für Coxo- und Basipodit scheinen mir die Namen Coxale und Basale entsprechender zu sein; denn man kann die beiden Endäste wohl als Füße bezeichnen, nicht aber die ExtremitätenstielgUeder. 18* 264 Walther Dietrich, einander verschieden. Der Hauptunterschied ist die Tatsache, daß die Gymno'plea zwei Orthonauplien und vier Metanauplien, zusammen also sechs Nauplien haben, während die Podoplea nur fünf Naupliusstadien aufweisen, und zwar einen Orthonau- plius und ebenfalls vier Metanauplien. Hierbei nenne ich Or- thonauplius den Nauplius im ursprünghchen Sinne: das Stadium mit drei Mundgliedmaßen. Da als Metanauplien in der Lite- ratur bald die älteren Nauplien, bald die Copepodide bezeichnet werden, so definiere ich hiermit Metanauplius als Nauplius mit min- destens vier Gliedmaßen und schlage vor, beide Formen als Nauplien zu benennen, wie es Obekg tut. Die Zahl der Copepodid- stadien ist für beide Unterordnungen identisch, sechs, einschheßlich des geschlechtsreifen Tieres. A. Crymnoplea. Wenn man den Verlauf der Entwicklmig der Gymnopleen kurz charakterisieren wdll, so kann man sagen: die Entwicklungsinten- sität ist über alle Stadien gleichmäßig verteilt. Es treten nach allen Häutungen neue Segmente auf, oft auch neue Ghedmaßen, oder doch es werden die angelegten Gliedmaßen weiter entwickelt. Dies Vorhalten zeigen auch noch die Copepodide. Die Metamorphose ist demnach nicht so sprunghaft. Farn. Centropagidae, (Diaptomus vulgaris Schmeil.) Fig. 1—7. Diaptomus vulgaris steht als Glied der Famihe der Centropagidcie von den von Oberg untersuchten Arten dem Centropages hamatus Lilljeb. am nächsten, ohne ihm natürlich ganz zu gleichen; denn es sind ja verschiedene Subfamilien, denen beide Spezies untergeordnet sind. Der Nauphus von Diaptomus besitzt eine schlanke, elhptische, seitlich zusammengedrückte Gestalt im Gegensatz zu dem der Cyclo- piden, deren NaupUus, wie wir sehen werden, annähernd birnenförmig gestaltet ist, von Harpacticiden ganz zu schweigen. Das Verhältnis von Körperlänge zu Breite — diese gleich 1 gesetzt — steigt beim Durch- laufen der Naupliusstadien von 1,74 zu 1 auf 2,59 zu 1 (vgl. Tab. I). Das Kopfschild tritt stark zurück im Vergleich zu der Entwick- lung bei den Podopleen. Ein weiteres Merkmal der Centropagiden- nauplien — ich kann das allgemein für die Gymnopleen überhaupt Fig. 1.1 Diaptomus vulgaris, 1. Orthonaupliiis. '^^' ' 1 Die Erklärang der den Figuren angeschriebenen Buclistaben befindet sich am Schhisse der Abhand- lung S. .S24. 265 Fig. 2. Diaptomus vulgaris, 2. Orthonauplius. Fig. 4. Diaptomus vulgaris, 2. Metanauplius. Fig. 3. Diaptomus vulgaris, 1. Metanauplius. 266 Walther Dietrich, unter Benutzung der OBEKGschen Resultate aussagen — ist die seit- liche Kompression. /, Rg. 6. Diaptomus vulgaris, 3. Metanaiipllus. Fig. 6. Diaptomus vulgaris, 4. Metanaupliiis. Ebenso allgemein findet sich bei dieser Unterordmmg die Ver- mehrung der großen Fiederborsten des Endgliedes der ersten Antenne mit steigendem Alter über die Zahl 4 hinaus, meist bis auf 10 und 12. Dies dürfte das Zeichen für die Hydrobiologen sein, an dem sie die Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 26/ beliebte Rubrik »Naupiien« zerlegen können. Denselben Dienst, aber schwieriger, zum mindesten unbequemer, würde das Merkmal leisten, das Oberg zur Bestimmung seiner Nauplien angibt: die Form der Lade am Endopoditeu der Mandibel. Diese Lade ist bei allen drei Familien, man kann wohl sagen, prinzipiell verschieden gestaltet: die Podopleen tragen einen >> daumenf örmigen Fortsatz« (Oberg), der Diaptomiis vulgaris, 1. Copepodid. bei Harpacticiden mid Cyclopiden wieder w^esenthch verschieden ist. Die Gymnopleen kennen ihn nicht; bei ihnen setzen die Borsten direkt in einem schwachen Wulst an das Glied an. Charakteristisch für die Gymnopleen ist der reiche Zerfall des Exopoditen der zweiten Antenne in sechs bis sieben Ringe. Dann sei noch ein Befund angeführt, für den ich kein Analogou in der Literatur kenne und den ich nur für Diaptomus behaupten kann, daß nämhch die Metanauplien in der Furca jederseits einen zweige- spaltenen Sinneskolben tragen. 268 Walther Dietrich, Schließlich sei noch erwähnt, daß die Furcalbewehrung Verschie- denheiten zeigt; aber diese sind nicht als Familiencharakteristica brauchbar, sondern nur als Gattungsmerkmale, wahrscheinlich sogar nur als Artdifferenzen. Die Furcalbewehrung ist den marinen Formen gegenüber recht schwach entwickelt; sie besteht anfänglich aus zwei säbelartig gekrümmten, schwachen Haken, die im Laufe der Ent- wicklung unsymmetrisch werden. Bei Diapt07nus vulgaris ist diese Ungleichheit relativ gering, stärker bei den mehr planktouisch leben- den Formen, z. B. Diaptomus gracilis, der auch als Nauplius ein höchst eleganter und rascher Schwimmer ist. Wie die Bedeutung dieser star- ren Borste im Sinne Wolterecks (1913) zu finden ist, folgt unten. B. Podoplea. Will man das Prinzip der Metamorphose der Podopleen angeben, so muß man sagen, es besteht in einer möglichsten Konzentration der Entwicklung. Dies drückt sich einmal darin aus, daß ein Sta- dium unterdrückt ist, bzw. zwei Stadien zusammengezogen sind zu einem, und zum andern darin, daß die Nauplien untereinander wenig verschieden sind außer durch ihre Größe (die Segmente werden dem- nach regelmäßig aiigelegt). Gliedmaßen werden kaum neugebildet, und wenn doch, so entwickeln sie sich langsam; nur der erste Cope- podid weist starke Verschiedenheiten gegen den vorhergehenden Nau- plius auf. Hier entstehen Extremitäten aus ganz geringen Anlagen auf einmal beinahe in definitiver Gestalt. Mit diesem Verhalten -svird die Entwicklung noch einmal konzentriert, indem die Copepodidstufen gewissermaßen ausgeschaltet werden, oder doch vorweggenommen, ähnhch, wie der erste Podopleennauplius die Eigenschaften der beiden ersten Nauplien der Gynniopleen in sich vereinigt. a) Farn. Cyclopidae. (Cyclops strenuus Fischer.) Fig. 8—13. Die Cyclopidennauplien sind diejenigen Nauplien, die man am häu- figsten beim Fangen in kleineren Gewässern erbeutet. Sie sind fast auf den ersten Bhck durch ihren gedrungenen, starken Bau zu erkennen. Die Form des Nauplius ist etwa die einer Birne, oval, auf dem ersten Stadium noch am ehesten einer Kugel angenähert. Die Strek- kung in die Länge erfolgt recht langsam, sie steigt von 1,56 im ersten auf 1,90 im letzten Naupliusstadium, immer die Breite als Einheit genommen. Eine Segmentierung ist kaum zu sehen, auch bei den älteren Larven nicht. Die Anlagen der GUedmaßen nach der ersten Die Metamorpliose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 269 Fig. 8. Cycl&ps strenuus, Orthonauplius. Fig. 9. Cyclops strenuus, 1. Metanauplius. Fig. 10. Cyclops strenuus, 2. Metanauplias. Fig. 11. Cyclops strenuus, 3. Metanauplius. 270 Walther Dietrich, Maxille erfolgen sehr spät und sehr spärHch, so daß die einzehien Naii- pHen voneinander nur um wenig verschieden sind, außer durch ihre Größe, obwohl ein Stadium weniger vorhanden ist als bei Diaptomus. Ferner sehen wir die erste Maxille bereits nach der ersten Häu- tung angelegt, bei den Gymnopleen erst nach der zweiten. Diesen rig. 12. Cydops strenuus, 4. Metanauplius. Fig. 13. Cydops strenuus, 1. Copepodid. Befund erhielt Oberg auch bei seinem Cyclopiden Oithona similis Claus. Es erscheinen also die Extreme, wie gesagt, gewissermaßen auf den Anfang und das Ende konzentriert. Wie weit dies für die einzelnen Organe gilt, wird bei der Besprechung der Entwicklung der einzelnen Ghedmaßen erörtert werden. Die Furcalbewaffnung ist bei den Arten recht variabel; hier hat Die Metamorphose der freilebenden Süßwasscr-Copcpoden I. 271 wohl später die Aufstellung der Speziescharaktere einzusetzen. All- gemein sei nur gesagt, daß im fünften Stadium die fünf Borsten auf- treten, die dann auch der Copepodid trägt. Die Podien sind gegen die Diaptomusgliedmaßen ziemlich ver- schieden gebaut. Die erste Antenne behält am Ende des distalen Ghedes konstant drei Borsten, die ganze Antenne bleibt kurz; eine so ausgesprochen ruderblattähnhche Ausbildung, wie sie bei Diap- tomus und den übrigen Centropagiden und Calaniden statthat, erfolgt nicht. Haltung und Gebrauch sind allerdings gleich. Bei der zweiten, der eigenthchen Kuderantenne, sind im Exopoditen die beiden ersten Glieder verschmolzen. Die Mandibel ist für die Cyclopiden äußerst charakteristisch durch die Ausbildung der Lade des Endopoditen. Dieses Endopodit hat sich vom Ghed erhoben, ist selbständig bewegUch geworden und trägt anfänglich drei, dann vier ganz charakteristisch geformte, starke, mit kräftigen Fiedern besetzte Kauhaken, die säbelklingenartig, leicht gekrümmt nach innen ragen. Die zweite Maxille und der Maxillarfuß sind noch auf dem letzten Stadivmi kaum als Wülste angedeutet; aber auch von den drei Schwimm- fußpaaren haben sich nur zwei flossenartig entwickelt, von dem dritten ist keine Spur zu sehen. Die Umbildung der Gliedmaßen beim »Sprung« vom letzten Metanauplius zum ersten Copepodiden verläuft wesenthch anders als bei den Gymnopleen. Bei den Cyclopiden findet teilweise eine ganz enorme Rudimentation einzelner Glieder bis zur beinahe end- gültigen Gestalt statt; so verschwindet das Exopodit der zweiten An- tenne fast völHg, ebenso das der Mandibel. Anderseits entstehen zweite Maxille und Maxillarfuß in fast vollständig definitiver Form, wie aus dem Nichts. Dadurch zeigt Cyclops als Copepodid ein Aussehen, das viel mehr an das Bild des Adulten mahnt, als dies bei Diaptomus der Fall ist. Nur die erste Antenne und die Pleopodien erfahren beim Durch- laufen der Copepodidstadien noch weitgehende Veränderimgen ; aber selbst die Furca ist fast fertig; nur die erste Borste wird im zweiten Copepodidstadium ergänzt. Alles in allem läßt dies ein Zusammendrängen der Entwicklung erkennen. Dies hat in einem Spezialfälle bei Oitho7ia similis auch Oberg gesehen, und ich kann diesen Abschnitt mit seinen Worten schHeßen: »Die Metamorphose ist durch die Geringfügigkeit der Ver- änderungen während der NaupHuszeit und das ganz plötzhche Auf- 272 Walther Dietrich, treten aller Copepoditen-Eigentümlichkeiten bei der kritischen Häu- tung eine völlig sprunghafte.« b) Farn. Harpacticidae. (Canthocamptus staphyhnus Jurine.) Fig. 14—19. Die Nauplien der Canthocaniptiden sind sofort kenntlich durch die mächtige Ausbildung des ungefähr kreisrunden Kopfschildes, unter dem die GHedmaßen fast völlig verschwinden und nur die sehr lano^en Borsten des Exopoditen der Mandibel und des letzten Ghedes der ersten Antenne hervorragen. Fig. 14. Canthocamptus staphylinus, Orthonauplius. Fig. 15. Canthocamptus staphylinus, 1. Mctanauplius. Der NaupHus ist sehr kurz, beinahe so breit als lang (1,05 : 1); von einer Gliederung ist kaum etwas zu bemerken. Das Kopfschild ist, wie eben erwähnt, fast kreisrund; dadurch erscheint der Nauphus beinahe scheibenförmig, denn er ist stark dorsoventral abgeplattet, mindestens doppelt so breit als hoch. Infolgedessen ist es unmögHch, ihn unter dem Deckglas in Seitenlage zu betrachten. Die Ausbildung der Furca erfolgt ziemlich früh. Auf Stadium IV ist sie vollendet, bei der Metamorphose bleiben die Borsten alle unter teilweiser starker Streckung erhalten. Die Asymmetrie, die bei der mittelsten Furcalborste auftritt, ist individuell, betrifft bald die hnke, bald die rechte Seite. Bei demselben Tier, soweit sie nicht ausgeglichen Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 273 wird in den Häutungen, bleibt die Asymmetrie natürlich gleichsinnig, stets links oder stets rechts, erhalten. at' Fig. 16. Canthocamptus staphylinus, 2. Metanauplius. >57> III A (obere Hälfte) S. 286, 287, » III B (untere Hälfte) S. 288, 289. 4. Vergleichende Besprechung der Stadien. Die Zahl der Nauplien beträgt, wie oben gesagt, bei den Gym- nopleen sechs, und ebenso groß ist die Zahl der Copepodide, wenn man das geschlechtsreif e Tier darin einbegreift; dagegen besitzen die Podo- pleen nur fünf Nauplien und sechs Copepodide. Jedes Stadium geht aus dem vorhergehenden durch eine Häutung hervor, da nur so eine Vergrößerung des Chitinpanzers, und das sind doch neue Borsten, erfolgen kann. A. Die Orthonauplien. Fig. 1, 2, 8, 14 (S. 265, 269, 272). In der Zahl der Orthonauphen oder Nauphen im engeren Sinne unterscheiden sich die beiden Unterordnungen: die Gymnoplea haben zwei Orthonaupliüsstadien, die Podoplea nur eines. Das erste NaupHusstadium ist bei allen drei Famihen recht ähn- lich gebaut, so ähnhch, daß es schwer fällt, Cyclops imd Diaptomus ohne weiteres auseinanderzuhalten; Canthocamptus unterscheidet sich durch seinen gesamten Habitus. Die Nauplien haben ungefähr die Größe und auch die Form des Eies behalten, dem sie entschlüpfen. Auch Diaptomus ist noch re- lativ rund gebaut, wenn auch seine spätere Schlankheit schon ange- deutet ist. Alle Orthonauplien besitzen nur drei Gliedmaßenpaare, die alle unter dem Kopfschilde hegen; ja der ganze Körper wird von diesem überdeckt, nur bei Canthocamptus ragt er eine Spur darüber hinaus. Bei Cyclops und Canthocamptus ist der Körper gegen das Kopf- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 19 278 Walther Dietrich, Tabelle I A. Stadium I. 1. Orthonauplius IL 2. Orthonauplius III. 1. Metanauplius Länge 0,157 mm 0,195 mm 0,236 mm Breite 0,090 mm 0,102 mm 0,110 mm Länge zu Breite (Breite = 1 1,74 1,91 2,15 Allgemeines Ausseben jElIiptisch, lang ge- wie Stad. I, der Kör- wie Stad. II, weiter streckt, die Glied- per tritt unter dem in die Länge ge- maßen überragen Kopfschild her- streckt. das Kopfschild vor Zahl (überhaupt der Allgemeines Aussehen Si2 cq Allgemeines Aussehen a Endopodit Exopodit «2 t-4 ca Allgemeines Aussehen a Endopodit ü CO Exopodit 1— 1 1— ( «4- rfl 1— 1 Allgemeines Aussehen Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. Diaptomus vulgaris. 281 IV. 2. Metanauplius V. 3. Metanauplius VI. 4. Metanauplius i VII. 1. Copepodid Wie Stadium II Wie Stadium II, In- nenseite sehr reich bewehrt, vier End- borsten Wie Stadium IV viergliedrig mit je einer Fiederborste, das Endglied mit I. Stadium nm- zwei. Die Lade ist deutlich, trägt drei Borsten unverändert Als Wulst vorhan- den (Protopodit) Endo- und Exopodit deutlich geschie- den, mit je 3 End- borsten, dasEndo- podit außerdem eine Lateralborste Wie Stadium IV Reicher bewehrt, einzelne Laden mit ihren Borsten erkennbar Deutlich von einan- der geschieden. Basale mit Endit und Borsten Sehr reich bewehrt, namentlich auf der Innenseite Die Extremität hat sich in ihrer Ausbildung der Gestalt des Er- wachsenen angenä- hert, hat die volle Bor- stenzahl noch nicht erreicht, die Verteilung der Borsten auf die Endite (Lobi) ist er- kennbar, dazu s. S. 303 Höcker mit zwei An- hängen und kleine Dornen Die Extremität hat ungefähr die Ge- stalt des 1. Cope- podiden angenom- men: ein flächen- haft entwickeltes Organ mit reicher Beborstungaufder Innenseite, dieEin- teilung der Lobi ist aber noch nicht zu sehen Wulst mit zwei An- hängen Hat ungefähr die Gestalt des adulten Tieres an- genommen Hat ungefähr die Gestalt des adulten Tieres an- genommen Flossenförmig, zwei- lappig Drei Spitzen (Zipfel) Drei Spitzen , zwei am Ende, eine am Außenrand Zweiästig, Protopodit zweigliedrig Eingliedrig, zwei End-, eine Randborste Eingliedrig, drei End , eine Innenrandborste, einen Außenranddorn Flossenförmig, zwei- lappig Zwei Spitzen Drei Spitzen, zwei am Ende, eine am Außenrand Zweiästig, Protopodit zweigliedrig Drei Endborsten , eine Innenrandborste Vier Endborsten, zwei Außenranddorne Ein ganz schwacher Wulst Wie Schwimmfuß II auf Stadium VI. 282 Walther Dietrich, Tabelle IIA. Stadium I. Orthonauplius II. 1. Metanauplius Länge 0,167 mm 0.213 mm Breite 0,107 mm 0,131 mm Länge : Breite (Breite = 1) 1,56 1,76 Allgemeine Gestalt oval, schwach birn- wie Stadium I förmig, Quer- schnitt etwa kreisförmig Zahl 1 überhaupt der J unter dem Kopfschild 4 ö :o 4 5 i4 Segmente ) frei Zu welcher Extremität gehört das erste freie Segment? 0 0 Furcalbewehrung beiderseits eine Borste wie Stadium I Zahl der Abschnitte L Abschnitt: Wirbel II. Abschnitt: Schaft Zahl der III. Abschnitt: Blatt 1 Borsten am f g^^^' I Ventralrand ' Dorsalrand kurz, cylindrisch, wie Stadium I unbewehrt i durch alle Stadien unverändert: etwas die stärkste, die kommende Zer Coxale Basale Endopodit Exopodit Lade vorhanden, Lade vorhanden, mit einem Kau- aber mit 2 Kau- haken I haken. dui-ch alle Stadien unverändert: einfache eingliedrig. Lade durch eine starke u. eine schwache Borste angedeu- tet, zwei End- borsten sechsgliedrig, jedes Glied außer dem ersten eine Bor- ste, Endglied zwei, das zweite Glied das längste wie Stadium I, aber wie Stadium I Coxale Basale unverändert durch alle Stadien; unverändert diu-ch alle Stadien; Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 283 Cyclops strenuus. III. 2. Metanauplius IV. 3. Metanaupliua V. 4. Metanauplius VI. 1. Copepodid 0,233 mm 0,129 mm 1,80 0,269 mm 0,147 mm 1,83 wie Stadium I ein laterales Bor- stenpaar legt sich an , dazu zwei schwache Dor- saldornen wie Stadium I Streckung in die Länge, Abdomen überragt das Kopfschild 7 7 0 wie Stadium III 0,309 mm 0,165 mm 1,90 wie Stadium IV 10 6 4 1. Pleopod wie Stadium IV, aber noch je eine Borste und ein Randdorn 0,520 mm 0,201 mm 2,60 Im Prinzip die Gestalt des Erwachsenen , nur mit weniger Segmenten. 11 6 5 1. Pleopod Die Furca wird bis auf die innerste Borste, die erst im zweiten Copepodid- stadium erscheint, defini- tiv. Im einzelnen s. S. 307. 3 wie Stadium I 3 wie Stadium I wie Stadium I komprimiert, mit drei Fiederborsten, von denen die distalste, legung in Teilglieder durch Einschnürung oft angelegt 2 ganz schwache 2 schwache 3 wie Stadium II 3 schwache, km-ze 4 schwache 3 6 schwache 4 schwache 3 6 Der Wirbel bleibt als erstes Glied erhalten, erhält drei Borsten. Der Schaft zerfällt in zwei Glieder, drei neue Bor- sten treten hinzu. Das Blatt zerfällt in drei Glieder; über die Vertei- lung d. Borsten s. S. 297. wie Stadium II, wie Stadium IV aber noch eine Borste proximale Lade eine Doppelborste, distale Lade eine Borste zu den zwei Endborsten ist noch eine Nebenborste getreten siebengliedrig, doch das dritte Glied mit dem zweiten meist verschmolzen, sodaß das zweite zwei Fiederborsten trägt Lade und Bewehrung schwinden vollständig. Die Verwachsung mit dem ersten Glied des Endo- poditen wird aufgegeben. Beide Laden durch Bor- sten angedeutet. dreigliedrig: das vom Ba- sale freigewordene Glied und das ursprüngliche Endglied, das sich noch- mals teilt; reiche Be- wehrung. fast vollkommene Reduc- tion -.einrunzligerHöcker mit einer Borste. Lade mit einer gefiederten Borste proximale und distale Laden durch je eine starke und schwache Borste vertreten Coxale und Basale sind nicht von einander zu trennen ; dieFiederborste derCoxallade schwindet; die Kaulade tritt ganz plötzlich in der Form des Erwachsenen auf. 284 Walther Dietrich, Tabelle IIB. ca . a I a IS 1 Stadium I. Orthonauplius i II. 1. Metanauplius 'S a es Endopodit Exopodit zweigliedrig, das erste Glied mit stark Kauborsten mit starker Fiederung trägt; Endborsten unverändert durch alle Stadien: vier a 1—5 Coxale Basale Endopodit Exopodit \ Ein Höcker beider- seits mit je einer starken Fieder- borste 'S ^ 1—4 Allgemeines Aussehen. Erkennbar- keit der späteren Teile CQ 'm Allgemeines Aussehen ca a a '^ o CO 1—5 Allgemeines Aussehen Endopodit Exopodit • II. Schwimmfuü Allgemeines Aussehen Endopodit Exopodit Allgemeines Aussehen Die Mctamorjjhose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 285 Cyclops strenuus. 111. 2.Metanauplius ilV. 3. Metanauplius V. 4.Metaiiauplius VI. 1. Copepodid entwickelter, beweglicher Lade, die drei, dann vier mächtige das zweite Glied mit zwei, bei den Metanauplien mit drei xind zwei Innenborsten Glieder mit je einer Fiederborste, das Endglied außerdem mit einer Endborste stark reduziert; ein zwei- geteilter, runzliger Hök- ker mit zwei Borsten ist der liest. völlig geschwunden. wie Stadium II Ein Wulst: Pro to- podit Endo- nnd Esopodit sind schwach, aber doch deutlich durch eine Kerbe ge- trennt drei End- borsten zwei Lateral- borsten drei End- borsten wie Stadium IV, nur eine Borste auf der Innen- seite ist aufge- treten wie Stadium IV wie Stadium IV Die Extremität ist plötz- lich in beinahe definitiver Form aufgetreten. Coxale und Basale sind nicht mehr abgesetzt. Die Coxallade wird durch drei Borsten angedeutet. >Die stärkste Bewehrung zeigt der Lobus internus III. Endo- und Exopodit sind durch je ein Glied re- präsentiert mit drei bis vier Borsten. Ein Epi- podialanhang fehlt. Ein Wulst ohne jeden Anhang Unvermittelt in fast völlig definitiver Form aufge- treten. Ein Höcker Ganz unvermittelt in end- gültiger Gestalt gebildet. flossenförmig, zwei- lappig, Protopo- dit angedeutet zwei Endborsten, ein Randdorn drei Endborsten, ein Randdorn zweiästig mit je einem Glied, Protopodit zweigliedrig. eingliedrig, aus den ange- legten Borsten entstehen End- und Innenrand- borsten. eingliedrig, aus den ange- legten Borsten ent- stehen zwei End- und zwei Innenrandborsten. flossenförmig, zwei- lappig zwei Borsten drei Borsten wie beim I. Schwimmfuß. wie beim 1. Schwimmfuß. wie beim 1. Schwimmfuß. nicht bemerkbar wie Schwimmfuß II auf Stadium V. 286 Walther Dietrich, Tabelle III A. Stadium I. Orthonaiiplius 11. 1. Metanauplius Länge 0,088 mm 0,119 mm Breite 0,084 mm 0,112 mm Länge : Breite (Breite = 1) 1,05 1,06 Allgemeine Gestalt fast krei8rund,stark dorsoventral ab- geplattet.Rücken- schild kreisrund, Körper darunter verborgen, bis auf wie Stadium I eine geringe Spur O. b Zahl 1 überhaupt 4 5 M der > unter dem Kopfschild 4 ö Segmente J frei 0 0 Zu welcher Extremität gehört das erste freie Segment? Furcalbewehrung jederseits eine wie Stadium I, kurze Borste Furca schwach geteilt Zahl der Abschnitte 3 3 L Abschnitt: Wirbel km-z, cylindrisch, unbewehrt wie Stadium I IL Abschnitt: Schaft Nicht komprimiert, wie bei Diaptomus. o • <» 'S wachsen, alle stark < III. Abschnitt: Blatt Zahl der /Ventralrand Borsten am jg-al-d 0 0 zwei und ein Sinr- neshaar dazu 0 0 wie Stadium I, aber drei Borsten Coxale Basale Endopodit Exopodit mit wohl entwickel- wie Stadium I, auf ter Kaulade mit gezähnter Reib- Säche ! Unverändert durch alle Stadien: Die schwachen, Unverändert durch alle Stadien: ein Sinnesborste vertreten. Zwei End ein Unverändert durch alle Stadien: vier Endglied und das zweite Coxale Basale Unverändert durch alle Stadien: Fast unverändert durch alle Stadien: bis vier Die Metamorj)hose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 287 Canthocainptus s ätaphylinus. III. 2.Metanauplius IV. 3. Metanauplius V. 4. Metanauplius VL 1. Copepodid 0,135 mm 0,121 mm 1,12 0,157 mm 0,126 mm 1,33 0,233 mm 0,157 mm 1,48 0,303 mm 0,096 mm 3,15 rund oval, wie Sta- dium I. Körper ragt unter dem Rückenschild vor 6 6 0 Körper weiter ver- längert, so daß Furca und After unter dem Schild völlig hervor- sehen 7 7 0 oval. Von den Schwimmfüßen an ragt der Kör- per unter dem Rückenschild hervor, ohne Glie- derung 10 6 4 Im Prinzip die Gestalt des adulten Tieres. 11 6 5 1. Pleopod 1. Pleopod. ein Paar Lateral- bors ten,sonst wie Stadium I, Furca deutlich geteilt, an der Innenseite je ein Höcker wie Stadium III, außerdem ein Paar Endborsten und ein Paar Dor- saldornen wie Stadium IV, dazu noch je ein Randdorn im wesentlichen definitive Anlage. 3 3 3 wie Stadium I wie Stadium I wie Stadium I Der Wirbel bleibt als erstes Glied erhalten. Drei Borsten, die alle senkrecht aus dem Gliede heraus- ausgebildet, die distalste aber doch die stärkste. Der Schaft teilt sich in zwei Gliedei-. Nr. 2 und 3 Glied drei erhält den zweiten Sinneskolben. 1 1 wie Stadium II 1 wie Stadium II 3 5 wie Stadium 11 Das Blatt hat sich nicht geteilt. der Rückenseite deutet eine schwache Borste die distale Lade an Die Lade schwindet völlig mit ihrer Borste. beiden Laden deutlich angelegt, mit je einer langen, geschwungenen Borste bewehrt die distale Lade durch eine Borste vertreten , die proximale unbewehrt. gliedrig, lang cylindrisch, Kaulade durch eine lange, feine borsten, von denen die innere wie ein Taschenmesser um Gelenk einklappbar ist gliedrig, mit je einer nur spärlich gefiederten Borste, das Glied außerdem noch je zwei Borsten Das Glied behält seine Schlankheit, legt eine Menge neue Borsten an. stark reduziert, ein kleines Glied mit zwei Borsten. Lade mit einer gefi proximale Lade ein parallelstehende Bo ederten Borste Pinselhaken, dista rsten angedeutet le Lade durch drei Coxale und Basale ver- schmelzen miteinander; die mächtig entwickelte Kaiüade tritt in fast end- gültiger Form auf. 288 Walther Dietrich, Tabelle HIB. Stadium I. Orthonauplius II. 1. Metanauplius 'S o Endopodit Exopodit Unverändert durch alle Stadien: ein weglichen Flügeln einer Unverändert durch alle Stadien: durch zum Rudern ungeeignet. Die Endborste .2 Coxale Basale Endopodit Exopodit Auf einem Höcker eine fiircalwärts gerichtete Fie- > derborste ent- steht auf dem Platz der künf- tigen Maxille .2 es t— 1 Allgemeines Aussehen, Erkennbarkeit der späteren Teile 'S Allgemeines Aussehen ca a a o Allgemeines Aussehen Endopodit Exopodit ca g a Allgemeines Aussehen Endopodit Exopodit ca a a o a 1— ( Allgemeines Aussehen 1 Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Coi)epoden I. 289 Canthocamptus staphylinus. III. 2.Metanauplius IV. 3.Metanauplius j V. 4. Metanauplius VI. 1. Copepodid gliedrig, kin-z, die beiden Endborsten zu kurzen, leicht be- Zange geworden, die mit Dornen bewehrt sind Verschmelzung zweigliedrig mit je zwei Fiederborsten, aber riesig lang, reicht bis über die dreifache Länge des Exopo- diten hinaus stark reduziert bis auf einen Höcker mit zwei Borsten. völlig geschwunden. ■ wie Stadium I Ein Wulst: topodit Pro- durch einen Ein- schnitt schwach geteilt mit zwei eiidstän- digen Borsten mit drei endstän- digen Borsten wie Stadium IV wie Stadium IV, aber drei End- und zwei Seiten- borsten wie Stadium IV ^Coxale und Basale ver- schmelzen miteinander. Endit des Coxale durch drei Haken vertreten, ebenso die beiden ande- ren Endite. je ein Glied mit drei bis vier Borsten. breiter Höcker mit vier bis fünf Vor- wölbungen am Kand erscheint plötzlich in un- gefähr definitiver Ge- stalt. länglicher Wulst mit einer stump- fen Vorwölbung in definitiver Gestalt. flossenförmig,zwei- lappig mit einer Borste (Zipfel) mit vier Borsten, 2 lange, 2 kurze zweiästig wie beim er- wachsenen Tier. Proto- podit zweigliedrig. drei endständige Borsten. drei End- und drei Außen- randborsten. flossenförmig,zwei- lappig mit einer Borste (Zipfel) drei Borsten, zwei lange, eine kurze wie I. Schwimmfuß. wie I. Schwimmfuß. wie I. Schwimmfuß. nicht angedeutet wie der zweite Schwimm- fuß auf Naupliusstad. V. 290 Walther Dietrich, Schild abgesetzt, wenn auch undeutlich. Aber undeuthche Segmen- tierung ist überhaupt eine Eigenart der PodopleeunaupUen. Das Analsegment ist also angelegt. Daher müssen wir für Cyclo'ps und Canthocamftus von vornherein vier Segmente annehmen, während Diaptomus im ersten Naupliusstadium nur drei Segmente und erst im zweiten deren vier aufweist. Bei allen drei FamiHen bildet je eine Borste jederseits die gesamte Furcalbewehrung; nur bei CantJiocrmiptus, der sich ja überhaupt durch Borsten- und Dornenreichtum auszeichnet, treten zwei Reihen feiner Dornen auf, ein Verhalten, das sich auf dem zweiten, viersegmentigen Stadium von Diaptomus wiederholt. Die drei ersten Gliedmaßen sind im Prinzip bereits als Nauphus- gliedmaßen fertig angelegt; sie zeigen natürlich nicht die volle Zahl der Glieder und Borsten. Dies ist besonders bei Diaptomus der Fall: die Bewehrung der zweiten Antenne und der Mandibel ist recht man- gelhaft; die Endite (Kauladen) sind nur durch relativ schwache Bor- sten ersetzt. Hier tritt die stärkere Bewehrung erst auf Stadium II, dem zweiten Orthonauplius ein. Bei Cyclopiden und Harpacticiden sind die kräftig entwickelten Coxalladen an den beiden Mundgliedmaßen bereits von vornherein da. Dies ist ein Befund, den auch Oberg für seinen einzigen Podo- pleen, OitJiona, erhalten hat. Es ist bei den Podopleen eben auf den ersten und einzigen Nauphus das konzentriert, was bei den Gymno- pleen auf die beiden Orthonauplien verteilt ist. Infolgedessen ist es mir auch anfänghch gar nicht einleuchtend gewesen, warum Oberg den scharfen Unterschied zwischen dem ersten Nauphus und allen übrigen macht. Er schreibt bei der Besprechung des Stadiums II : >> Mit diesem Stadium haben die Nauphen die Ge- stalt, wenn auch nicht die Größe erreicht, die sie durch fünf Stadien hindurch in den wesenthchen Zügen festhalten und nur ganz allmäh- lich ändern«. Nach meinen Befunden war die Gestalt der Nauphen bereits im ersten Stadium gegeben. Fassen wir zusammen: Diaptomus 1. Stadium: drei Segmente, schwache Kau- lade, 2. Stadium: vier Segmente, starke Kau- lade, Cyclops und Canthocamptus Orthonauplius vier Segmente, starke Kau- lade, Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 291 SO können wir wohl behaupten, daß beide Stadien bei den Podopleen zusammengezogen sind. Die Konzentration der Entwicklung werden wir im weiteren Verlauf der Metamorphose noch mehrfach sehen. Man könnte mir hier den Einwand machen, ich hätte die ersten Stadien beider Famihen übersehen. Dem möchte ich entgegenhalten, einmal, daß ich die Nauplien habe unter dem Deckglas schlüpfen sehen, zum andern einen Hinweis auf die Literatur. Zunächst, Oberg hat für Oithona auf Stadium II Anlagen der ersten Maxillen gefunden und betont die starke Entwicklung der Lade. Ja er beruft sich für diesen seinen Ergebnissen an den Gymnopleen nicht entsprechenden Befund geradezu auf Claus (1858), (Fig. 57 — 61). Claus hat eben ge- schlüpfte Nauplien mit starker Bewehrung gezeichnet. Ferner möchte ich auf HoEK (1877) hinweisen, der das Bild eines zweiten Nauplius (erster Metanauplius mit Anlage der Maxille) ausdrücklich als »Larve von Canthocam])tus staphylinus nach einmaliger Häutung« bezeichnet. B. Die Metananplieu. Fig. 3—6, 9—12, 15—18 (S. 265, 266, 269, 270, 272—274). Die Zahl der MetanaupHen beträgt für alle drei Famihen je vier. In diesem Teil der Metamorphose findet mehr oder minder langsam die Ausbildung der einzelnen Gliedmaßen statt. Aber auch hier sind tiefgreifende Unterschiede in dem Verhalten der Gymnopleen und Podopleen zu konstatieren. Während bei den Gymnopleen eine ziem- lich konstante, gleichmäßig rasche Weiterbildung erfolgt — man be- trachte z. B. die stetig sich steigernde Borstenzahl an dem Endghed der ersten Antenne oder die Entwicklung der ersten Maxille — so findet bei den Podopleen wieder eine Konzentration statt. Bei diesen treten die 2. Maxillen und die Maxillarfüße im letzten Nauphussta- dium gerade andeutungsweise auf, während sie bei den Gymnopleen bereits reich entwickelt sind. Über den biologischen Wert dieser Erscheinung und ihre Begründung wird im dritten Teil dieser Arbeit zu handehi sein. a) Das erste Metanaupliusstadium. Fig. 3, 9, 15 (S. 265, 269, 272). Der erste MetanaupHus ist charakterisiert dm'ch das Auftreten der ersten Maxille in Gestalt eines Höckers mit daraufsitzender star- ker, gefiederter Borste. In Parallele damit hat sich die Zahl der Segmente auf fünf erhöht. Diese sind nicht scharf getrennt, sondern bleiben unter das Kopfschild einbezogen. Nur bei Diaptomus kann 292 Walther Dietrich, man allenfalls eine leichte Segmentierung erkennen. Eine Senkung des Hinterkörpers gegen das Kopfschild ist nicht zu bemerken. Die Larven haben alle an Größe, namentlich an Länge erhebHch zugenommen. Besonders bei Diaptomus tritt die Schlankheit des Baues hervor: Länge zu Breite verhalten sich wie 2,15 : 1. Die Bewaffnung der Lade, die Beborstung der einzelnen Glied- maßen hat sich an Stärke vergrößert oder an Zahl vermehrt. In der Furcalbewaffnung ist bei den Podopleen keine Änderung eingetreten. Bei Diaptomus kommen in diesem Stadium die merk- würdigen, zwei gespaltenen Sinneshaare auf der Dorsalseite zur Ausbil- dung, die sich in dieser Gestalt bis zum letzten Metanauplius erhalten und bei den Copepodiden und dem erwachsenen Tier am Innenrand als einfache Sinneshaare stehen. b) Das zweite Metanaupliusstadium. Fig. 4, 10, 16 (S. 265, 269, 273). Der Körper ist in seiner Form derselbe geblieben; er hat nur weiter an Länge zugenommen und tritt deutlicher unter dem Kopf- schild hervor. Der Abstand zwischen erster Maxille und der Furca hat sich vergrößert, ein Hinweis, daß ein neues, sechstes Segment angelegt ist, das der zweiten Maxille. Aber von der Extremität selbst ist auch nicht die geringste Andeutung in Form eines Höckers zu sehen. Die Entwicklung ist fortgeschritten, hat namentUch an der ersten Antenne des Diaptomus neue Borsten erscheinen lassen. Die erste Maxille ist bei den Podopleen auf dem Stande des ersten Metanauplius stehen geblieben, bei Diaptomus hat sie sich deutlich in Protopodit und daraufsitzenden Endo- und Exopodit gegliedert und vom Körper erhoben. Dies ist ein Beweis für die verschiedene Entwicklungs- geschwindigkeit der Gymno- und Podopleen. In der Bewehrung der Furca hat sich bei Diaptomus nichts ge- ändert, bei Cyclops und Canthocamptus sind zu den Endborsten noch je ein Paar Lateralborsten hinzugetreten. Bei Cyclops sind durch schwache Dornen auf dem Rücken die Dorsalborsten angedeutet, außerdem sind die Ansatzstellen der Endborsten von kleinen Zähnen umsäumt. Canthocamptus hat an der Innenseite der Furca je einen Höcker gebildet, der im nächsten Stadium die Medianborsten trägt. c) Das dritte Metanaupliusstadium, Fig. ö, 11, 17 (S. 266, 269, 273). Wie auf allen Stadien hat auch hier die Häutung ein Größer- werden ermöglicht. Dazu sind ziemlich bedeutende Veränderungen Die Metamorpliose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 293 getreten. Die Streckung des Körpers in der Wachstumszone ist bei Diaptomus ziemlich beträchtlich. Das siebente Segment, das des Maxillipeden hat sich eingeschoben; aber von dem Maxillarfuß selbst ist nichts zu sehen. Auch bei den Podopleen ist eine Verlängerung eingetreten, wir dürfen ihnen wohl auch ein siebentes Segment zu- schreiben. Von den Veränderungen an den Ghedmaßen fällt vor allem die Entwicklung der ersten Maxille auf. Sie ist nun auch bei Cyclops und Canthocamptus zu einem deutlich, aber gar nicht tief geteilten Wulst mit einer Anzahl Borsten geworden; bei dem Vertreter der Gymnopleen ist die Entwicklung weiter fortgeschritten. Die Zahl der Borsten hat sich vermehrt, Endite sind aufgetreten. Von der zweiten Maxille ist nur bei Diaptomus deutlich eine An- lage zu sehen: ein Wulst mit zwei Borsten. Die Podopleen lassen, wie nach den bisherigen Erfahrungen zu erwarten war, keine Andeu- tung davon erkennen. Es bleibt noch die Furcalbewaffnmig zu erörtern. Diese hat sich bei Diaptomus in keiner Weise geändert, ebenso ist sie bei Cy- clops dieselbe geblieben. Der Canthocamptus hat jederseits auf dem Wulst des vorigen Stadiums eine Borste angelegt und außerdem je eine kleine dorsale. d) Das vierte Metanaupliusstadium. Fig. 6, 12, 18 (S. 266, 270, 274). Der \äerte MetanaupHus ist der letzte Nauphus. Die Größen- zunahme ist beträchthch; steigt doch die Länge bei Diaptomus von 0,297 mm auf 0,362 mm Cyclops von 0,269 mm auf 0,309 mm Canthocamptus 0,157 mm auf 0,233 mm. Bei allen drei Familien findet ein erhebhches Schlankwerden statt: der Quotient von Länge und Breite, wenn man die Breite gleich 1 setzt, erhöht sich bei Diaptomus auf 2,59 Cyclops auf 1,90 Canthocamptus auf 1,48. Diese Längenzunahme ist bedingt durch das Entstehen neuer Segmente: alle drei Famihen lassen Schwdmmfüße erscheinen, und zwar je zwei Paare. Der Platz für das dritte Paar ist auch bereits mit angelegt: eine ganz leichte AVölbung bei Diaptomus könnte man Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII.. Bd. 20 294 Walther Dietrich, allenfalls als den dritten Schwimmfuß ansprechen. Damit würde sich die Zahl der iSegmente auf zehn erhöhen. Die MundgHedmaßen (zweite Antenne und Mandibel) beginnen sich bei Diaptomus zurückzubilden ; sie werden kleiner, ihre Beweh- rung schwächer außer der Mandibularlade, die mächtig entwickelt ist. Bei den andern Familien bleibt die Bewehrung in alter Stärke erhalten. Die erste Maxille ist bei Diaptomus reicher gegliedert, nähert sich der Form des ersten Copepodiden stärker an, ist dagegen bei Cyclops und CantJiocamptus höchstens auf dem Stande des dritten Metanauphus von Diaptomus angelangt. Die zweite Maxille igt bei Diaptomus beinahe in der Copepodidform bereits auf diesem Stadium vorhanden, und der Maxilhped ist als wohlabgesetzter Anhang mit zwei Haken angelegt. Dagegen existiert bei den Podopleen so gut wie nichts davon, das meiste noch bei CantJiocamptus. Hier sind deutlich abgehobene Wülste vorhanden, die dicht nebeneinander erscheinen: auf der Innen- seite der Maxillarfuß mit einem kleinen Höcker, nach außen die zweite Maxille, deren unterer Rand durch vier bis fünf Vorsprünge gezähnelt erscheint. Beide Podien entstehen dicht nebeneinander, scheinbar aus einem gemeinsamen Wulst (gleich Protopodit), so daß dieses Ver- halten sehr wohl verständhch macht, daß Claus (1858) die zweite Maxille und den Maxillarfuß als Endo- und Exopodit eines einzigen Ghedmaßenpaares ansah. Aber die Befunde au Diaptomus und auch an Cyclops geben Giesbrecht (1895) Recht. Bei Cyclops ist von diesen Extremitäten nur je ein Wulst vorhanden, die, beide hinter- einander gelegen, verschiedenen Segmenten angehören. Die Furcalbewehrung nimmt bei allen drei Formen zu. Diap- tomus fügt zu den beiden Anhängen ein Paar Mittelborsten, Cyclops ein Paar Lateralborsten und zwei seitliche Dornen, Canthocamptus ein Paar Seitenborsten hinzu. C. Das erste Copepodidstadium. Fig. 7, 13, 19 (S. 267, 270, 275). Die Häutung aus dem letzten Nauplius zum Copepodiden läßt das Tier seine definitive Form im Prinzip annehmen. In der weiteren Entwicklung durch die Copepodidstadien hindurch entsteht nichts Neues (die Zahl der Segmente und Schwimmfüße nimmt zwar zu), sondern es wird nur ausgebaut. Die Längenzunahme ist sehr beträcht- lich, sie erscheint noch größer durch die Ausbildung der langen Furcal- Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 295 borsten. Es tritt ein neues Abdominalsegment auf, womit die Gesamt- zahl auf elf steigt. Der Grad der Umwandlung ist für die einzelnen Familien ver- schieden, am wenigsten stark für die Gymnopleen; denn bei ihnen ist einmal auf dem letzten Naupliusstadium bereits sehr vieles der künf- tigen Gestalt angenähert, so daß also der Sprung vorwärts klein ist, zum andern aber ist die Reduktion der vorhandenen Ghedmaßen gering, der Sprung nach rückwärts also ebenfalls klein. Sehr bedeutend gestaltet die Metamorphose die Podopleen um. Wie schon oben erwähnt, treten bei ihnen auf dem ersten Copepodid- stadium Gliedmaßen in fast adulter Form auf, die beim letzten Nau- plius kaum angedeutet waren, so die zweite Maxille und der Maxillar- fuß. Anderseits finden ganz erhebhche Reduktionen statt, die wieder beinahe zu der Form der Extremität des erwachsenen Tieres führen: so an zweiter Antenne, Mandibel, erster Maxille. Auch die Form der Furca ist schon beinahe definitiv. Die weitere Entwicklung der Copepodide zum geschlechtsreifen Tier ist von Claus gut bearbeitet w^orden, so daß hier nur noch auf auf die diffizileren Unterschiede in der Entwicklung geachtet werden muß, die sich nicht mehr auf FamiHen beziehen, sondern auf Species oder Gruppen von Species. Diese Betrachtung geht aber über den Rahmen dieser Arbeit weit hinaus ; denn sie kann sich nicht auf wenige Typen beschränken, sondern muß mögUchst viele Arten umfassen. Sie muß vor allem die Greuzformen untersuchen, wie Heterocope oder Cyclops phaleratus und C. fimhriatus, und sehen, ob vielleicht, was keineswegs feststeht, über diese beiden Cyclopiden die Brücke zu den Harpacticiden führt. Von den marinen Formen wären Pon- telliden erwünschte Untersuchungsobjekte wegen etwaiger Beziehungen zu Cyclopiden. Dann kann die Entwicklungsgeschichte auch syste- matische und phylogenetische Aufschlüsse geben, wie sie Brehm (1913) verlangt. 5. Die Entwicklung der einzelnen Gliedmaßgn und der Furca. A. Die praeoralen Gliedmaßen. Die erste Antenne. Die erste Antenne w^ird bei allen drei Familien in gleicher Weise angelegt, insofern sie aus drei Teilen besteht, die ich mit Oberg als »Wirbel, Schaft und Blatt« bezeichnen will. Diese Dreighedrig- keit erhält sich bei allen bis zum letzten NaupHus, nur findet bei ein- zelnen Formen auf späteren Stadien eine mehr oder minder tiefe Ein- 20* 296 Wallher Dietrich, schnürung des Schaftes statt, an den Stellen, wo bei den Copepodiden der Zerfall in einzelne Gheder erfolgt. Der Wirbel ist bei allen drei Familien kurz cyhndrisch und bor- stenlos. Der Schaft hat ebenfalls überall gleiche Gestalt. Die Veu- tralseite ist allein bewehrt, sie läßt bei allen Famihen drei Borsten erkennen, die den Schaft etwa dritteln, so daß sie bei erfolgter Durch- schnürung in Teilglieder am Ende eines jeden Ringes stehen; die di- stalste Borste ist meist die stärkste. Besonders angeordnet sind nur die Borsten der Harpacticiden : sie stehen senkrecht zur Achse der Antenne, so daß die Nauplien sich auf sie stützen können. Das am mannigfachsten gestaltete Glied ist das distale, das Blatt. Bleibt bei den Podopleen die Zahl der großen Fiederborsten dieses Gliedes gering, nämlich drei, so nimmt sie bei Diaptomus von Sta- dium zu Stadium konstant zu, von drei auf vier, fünf, sieben, neun, elf. Diese Borsten des Blattes sind starke Fiederborsten, die der Ex- tremität ihr Gepräge als Ruder geben. Die Podopleen tragen an ihrer Stelle ungefiederte Dornen in geringerer Zahl. Bei Canthocamptus zeigt sich die eine Endborste modifiziert zu einem Sinneshaar, das vom ersten Stadium an da ist. Schaft und Blatt sind bei Diaptomus stark zusammengedrückt, bei Cyclops nur schwach und bei Canthocamptus überhaupt nicht. Durch diese Kompression entsteht bei Diaptomus ein Rand, auf wel- chem die Borsten sitzen. Mit der Metamorphose treten sehr bedeutende Verändermigen der Gliedmaßen überhaupt ein, Hand in Hand mit einem völligen Funktionswechsel: die nauploiden Rudergliedmaßen dienen der Nah- rungsaufnahme, geben die Lokomotion auf, oder werden zu einem Balancier- und Spürorgan. Diese letztere Umbildung erfährt die erste Antenne. Schon ihre Haltung zeigt dies: ungefähr senkrecht zur Symmetrieebene, nicht mehr parallel zu ihr; morphologisch drückt es sich in einer besonders bei den Gymnopleen bedeutenden Verlän- gerung aus; Diaptomus bekommt als erster Copepodid eine lange zehn- gliedrige Antenne. Der Wirbel der Nauphusantenne bildet auch auf dem Copepodid- stadium das erste Glied, erhält nur distal eine Borste. Die drei An- hänge des Schaftes bleiben erhalten, der Schaft selbst teilt sich ober- halb der mittleren Borste, so daß diese distal am zweiten Ghede steht. Das Blatt zerfällt in sieben Teilstücke, und zwar gleicht sein Verhalten völlig, wie das der ganzen Antenne, dem des Calaniden Pseudocalanus. Die Metamorphosp der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 297 Ich kann daher in bezug auf Borstenverteilung und Homologisierung auf Oberg verweisen. Die Podoplea zeigen eine viel geringere Bewehrung im letzten Metanauphusstadium. Gegen die Endborsten treten die Dorsal- und Ventraldornen stark zurück, stehen auch nicht in einer Reihe, da der Rand fehlt. In der ]\Ietaniorphose bilden sich bedeutend weniger Gheder als bei Diaptomus; die erste Antenne zählt bei Cyclo ps nur sechs, bei CantJiocamptus gar nur vier Glieder. Der Wirbel der Naupliusantenne von Cyclops bleibt als erstes Glied bestehen; er erhält drei Anhänge. Der Schaft teilt sich, genau wie bei Diaptomus, hinter der mittleren Borste in das zweite und dritte Ghed. Zu den drei Borsten ist je eine neue hinzugetreten. Das Blatt zerfällt derart in drei Glieder, dai3 die beiden proximalen Dorsaldornen der Naupliusantenne zu distalen Borsten des vierten und fünften Ghedes werden. Ein kleiner Ventralranddorn ^\-ird ventrale Distal- borste des fünften Gliedes. In das Endglied gehen zwei der großen Fiederborsten, zwei dorsale und ein ventraler Randdorn ein. Noch durchsichtiger liegen die Verhältnisse bei CantJiocamptus. Hier metamorphosiert sich die erste Antenne nur von der dreighed- rigen zur vierghedrigen. Der Wirbel bleibt borstenlos. Der Schaft teilt sich auch hier in zwei Glieder, aber die Gelenkfalte wird hinter der ersten Borste angelegt. Dieses zweite Ghed erhält noch zwei Bor- sten. Der Rest des Schaftes bekommt auch neue Anhänge, eine Borste und den zweiten Sinneskolben. Dieser entsteht zwischen der mittleren und distalen Fiederborste. Beim erwachsenen Tier mit achtghedriger Antenne ist er auf dem vierten Ghed inseriert, so daß das Blatt im Laufe der Entwicklung ebenfalls, wie es bei Cyclops bereits im ersten Stadium geschehen, sich in drei Gheder zerlegt. Andeutungen dazu zeigt bereits der erste Copepodid. Zusammenfassend können wir sagen: Der Wirbel erhält sich bei den drei Familien auch in den Cope- podidstadien, der Schaft zerlegt sich in zwei Gheder, deren Trennungs- linie im ersten oder im zweiten Drittel auftreten kann. Das Blatt hat die Tendenz, in eine größere Zahl von Teilen zu zerfallen. B. Die postoralen Gliedmaßen. a. Die zweite Antenne. Von der zweiten Antenne an werden alle Extremitäten als zwei- ästige Podien, als Spaltfüße angelegt, auch wenn im erwachsenen Zustande durch Unterdrückung des Exopoditen die Gliedmaßen ein- 298 Walther Dietrich, ästig erscheinen, wie z. B. die zweite Antenne, die Mandibel bei Cy- clops und Canthocamptus, denn durch seine, des Exopoditen, reiche Befiederung ermöghcht er erst den Gebrauch der zweiten Antenne als Ruderorgan. Das Exopodit ist daher vom ersten Nauphus an sehr stark entwickelt. Unterstützt wird die lokomotorische Funktion durch eine starke Abplattung der ganzen Extremität. Das Coxale ist kurz und kräftig; auf seiner Innenseite erhebt sich ein verschieden stark ausgebildetes Endit, das eine auch im Lar- venstadium brauchbare Kaulade darstellt. Bei Diaptomus sind vom ersten Nauphus an zwei breite, fast gerade stehende Kauhaken vor- handen, die, mit kräftiger Befiederung versehen, recht verwendbar erscheinen. Verhältnismäßig schwach beim Orthonauphus nehmen sie rasch an Stärke und Länge zu, um dann bereits im letzten Meta- naupHusstadium sich wieder rückzubilden, nachdem sie wie die ganze Extremität (dasselbe gilt auch für die Mandibel) im fünften Stadium das Maximum der Ausbildung erreicht haben. Diese Rückbildung unterbleibt bei den Podopleen. Auch bei ihnen sind zwei Anhänge im Orthonauphus angelegt. Bei Cyclops ist der eine etwas höher und weiter vornstehende ein überaus kräf- tiger, leicht nach innen geschwungener Haken mit Fiederung, der andere ein schwächerer von ähnlicher Gestalt; beide bleiben bis zum letzten Nauphus erhalten. Anders Hegen die Verhältnisse bei Canthocamptus. Hier ist nur ein Endit von Anfang an vorhanden, und dieses bleibt auch das ein- zige von Bedeutung. Es ist weit stärker entwickelt, und zwar vom ersten Stadium an zu einer Kaulade mit gezähnter Reibfläche weit ausgezogen. Nur bei den Metanauplien erinnert eine schwache Borste auf der Rückenseite der Lade an das distale Endit. Das Basale geht verschiedenthch Verschmelzungen ein, so mit dem ersten Ghed des Endopoditen bei den Diaptomiden. Deutlich sieht man einen Zipfel, der ohne weiteres zu den Endopoditen zu rech- nen wäre, wenn eine Gelenkfalte existierte. Daß bei den Podopleen das gleiche der Fall ist, ersieht man aus dem Wiederauftreten des ersten Gliedes des Endopoditen nach der Häutung zum Copepodiden. Das Basale trägt zwei Höcker, deren Borsten recht ungleich stark entwickelt sind. Bei Diaptomus ist die proximale Lade wohl ausge- bildet und trägt einen kräftigen Kauhaken von der Form der Haken des Coxale, und dazu treten einige schwächere Borsten. Auch dieser Kauhaken erscheint auf dem zweiten Stadium deutlicher. Die distale Lade des Basale gehört ursprünglich dem ersten Glied des Endo- Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 299 poditen an und ist erst durch die Verschmelzung zum Basale gekommen. Ihre Bewehrung ist schwach; zu irgendwelcher Tätigkeit erscheinen die Borsten nicht geeignet. Die eigenthche distale Lade des Basi- poditen ist in der schwachen Borste zwischen den beiden andern En- diten angedeutet. Diese Andeutmig einer mittleren Lade ist bei den Podopleen nicht vorhanden. Auch hier sind beide Endite angelegt als mehr oder minder schwache Höcker. Relativ ansehnhch sind sie bei Can- thocamptus, wo sie je eine lange, geschwungene, schwache Borste tragen, die eher zum Betasten als zum Zerkleinern oder Festhalten der Nahrung dienen mag. Die proximale Borste ist meist durch eine schwache verstärkt. Bei Cyclo j)S sind die Laden kaum sichtbar; ihre Bewehrung ist dieselbe wie bei Canthocamptiis, nur schwächer ausgebildet: proximal eine kleine Doppelborste, distal eine schwache einfache. Das Endopodit erscheint bei allen drei Famihen einghedrig; bei den Diaptomiden ist die Verschmelzung des ersten Ghedes mit dem Basale, wie erwähnt, noch deutlich erkennbar. Bei den als Nauplien dauernd schwimmenden Formen, Diaptomiden und Cyclopiden, ist das Endopodit gleich ausgebildet: ein Ruderblatt, ähnhch dem letzten Glied der ersten Antenne. Beide Genera tragen am Ende zwei Fieder- borsten, deren Zahl sich allmähHch von zwei auf vier bei Ci/dops, auf fünf bei Diaptomus steigert. Beide Formen besitzen auch auf der Innenseite, etwa auf der Mitte, auf der Andeutung einer Lade zwei bis drei kleinere Borsten. Ganz abweichend gestaltet ist dieses Endopodit bei dem meist auf einer Unterlage auch als Nauphus sich bewegenden Canthocam])- tus. Bei ihm ist das Glied ausnehmend lang und trägt zwei Endborsten, von denen die innere messerkhngenartig, mit einem Gelenk zum Ein- klappen versehen, mächtig ausgebildet ist. Das Tier trägt diese Waffe bald ausgestreckt, bald um 90° eingeschlagen. Eine sehr schlanke, leicht geschwungene Haarborste dient gewiß dem Getast. Das Exopodit ist bei allen drei Famihen vielghedrig. Bei Diap- tomus sind anfänglich sechs, dann sieben Ringe erkennbar; der zweite, bei weitem der längste, verschmilzt meist mit dem dritten Ring. Nach diesem langen Ghed nehmen die übrigen sehr rasch an Größe ab, so daß das Exopodit sich verjüngt. Jedes GHed trägt auf der Ventral- seite eine reich gefiederte Borste, das Endghed außerdem eine, vom ersten Metanauplius an zwei Endborsten; das zweite Ghed hat die Borste des mit ihm verschmolzenen dritten übernommen. Durch die 300 WaltluT Dietrich, Kleinheit der Endglieder stehen die distalen Eckborsten sehr dicht und bilden ein vorzügliches Ruderorgan, Bei Cyclops ist das Exopodit genau so gebaut, nur ist die Ver- jüngung der Güeder nach dem dritten bedeutend geringer. Der ganze Ast ist also noch stärker ausgebildet als bei Diaptomus. Dies hängt mit der bei Cyclops relativ geringen Entwicklung der ersten Antenne zusammen, die durch ihre Ruderblattform bei Diaptomus einen guten Teil der Lokomotion überninnnt. Anders als bei den schwinmienden Formen ist die zweite Antenne bei den Harpacticiden gestaltet. Das Endopodit hat hier nur vier Ringe auf allen Stadien ausgebildet. Sie sind ungefähr gleich lang, nur der zweite ist größer und trägt drei Anhänge; die Borsten sind nur spärhch gefiedert; das Organ ist daher in keiner Weise besonders ruderfähig. Betrachten wir die Metamorphose zum Copepodiden. Beide Un- terordnungen zeigen da ein gänzlich verschiedenes Verhalten. Ge- meinsam ist beiden nur das völlige Verschwinden der Coxalladen. Das Basale bleibt bei Diaptomus und Canthocamptus mit dem ersten Ghed des Endopoditen verschmolzen, bei Cyclops wird es bereits im ersten Stadium frei; die distale Lade ist bei allen drei Arten durch Borsten vertreten; auch die proximale ist, außer bei Canthocamptus vorhanden und bewehrt. Das Endopodit bildet bei Diaptomus und Canthocamptus ein reich befiedertes Glied; bei Cyclops besteht es aus drei Stücken, da das Endglied sich nochmals geteilt hat. Den einschneidendsten Unterschied zwischen Gymnopleen und Podopleen zeigt das Verhalten der Exopodite: bei Diaptomus bleiben die Gheder alle erhalten, sie verteilen sich nur anders in bezug auf Verschmelzung; bei den Podopleen findet eine fast vollkommene Reduktion statt: ein runzliger Höcker mit einer Borste bei Cyclops, ein kleines Glied mit zwei Borsten bei Canthocamptus sind die Reste. Hierin zeigt sich die Konzentration der Entwicklung: die Diap- tomus-Antenne bildet sich allmählich durch die Copepodidstadien hindurch zur definitiven Form um, die die Podopleen bereits im ersten Stadium fast erreicht haben. b. Die Mandibel. Die Mandibel, der zweite Spaltfuß unter den Naupliusextremi- täten, ist von Anfang an als solcher vorhanden. Im großen und ganzen verläuft ihre Entwicklmig wie die der zweiten Antenne. Das Coxale ist verhältnismäßig unansehnlich entwickelt; in den Die Metamorphose der freilebenden Süßwasscr-Copepoden I. 301 ersten Naupliusstadien bis zum ersten Metanauplius besteht die Be- wehrung bei allen drei Familien aus einer Lade mit einem kleinen ge- fiederten Kauhaken. Diese Form bleibt bei den Podopleen bis zur Metamorphose erhalten; bei Diaptomus dagegen tritt mit der dritten Häutung eine Umbildung des Hakens zu einer Lade mit deutlich ge- zähntem Rand ein. Die Bezahnung der Kaufläehe nimmt mit stei- gendem Alter zu. Auf ihrer konvexen Seite trägt die Lade eine Borste. Das Basale ist bei allen drei Genera ungefähr gleich ausgebildet. Das Endit ist durch eine Vorwölbung angedeutet, auf der eine Anzahl Borsten sitzen, die bei Diaptomus ziemlich stark in größerer Zahl auftreten. Cyclops trägt auf seinen kaum angedeuteten Laden zwei schwache Fiederborsten und darunter einen Dorn. Bei CantJiOcampius sind zwei Endite angelegt: das proximale besteht aus einem Pinselhaken, einem vorn abgerundeten, ringsum gefiederten Stab. Er mag als »Speiseschieber oder -roller« dienen. -Die distale Lade bilden vier kammartig parallel stehende, leicht nach außen gekrümmte, -glatte Borsten. Sie sind unmittelbar hinter und unter dem Endopoditen inseriert, von dem auf älteren Stadien mit diesen ebenfalls eine Borste in eine Reihe tritt. Das Endopodit ist bei jeder der betrachteten drei Formen anders gebaut. Bei Diaptomus erscheint es eingliedrig und ist am Ende so- wohl wie an der Innenseite sehr reich beborstet. Diese starke Be- waffnung hat ihren Grund in dem Fehlen einer ausgebildeten Lade, wie sie die Podopleen aufweisen. Aus demselben Grunde ist auch die Beborstung der Basallade eine stärkere als bei Cyclops. Die Podopleen besitzen am Endopoditen eine besondere Beweh- rung. Bei Ci/clops erscheint das Endopodit zweigliedrig: ein sehr kurzes und ein längeres Glied mit drei und mehr End- und zwei bis drei Innenrandborsten. Das erste Ghed trägt die für die Cyclopiden so charakteristische Kaulade. Diese ist ein dreieckiger Anhang, der für sich allein beweghch ist und anfänglich drei, dann vier Fieder- borsten trägt. Diese Borsten sind typisch gestaltet: sie sind säbel- artig gebogen, sehr stark gefiedert, stehen ungefähr parallel, drei in einer Ebene, die vierte etwas tiefer. Endlich ist bei Canthocamptus die extreme Ausbildung noch weiter gediehen: das ganze Endopodit ist zu einer Zange ausgestaltet. Es ist eingliedrig geblieben. Die beiden Endborsten sind zu kurzen, gedrungenen, sehr kräftigen, leicht beweglichen Messern geworden, die in ihrem Zusammenwirken wie eine Zange funktionieren. Das Exopodit ist bei den schwimmenden Formen gleich gestaltet; es be- 302 Walther Dietrich, steht aus vier Gliedern mit mindestens je einer Fiederborste, das End- glied hat zwei. Bei Canthocamptus sind die ersten drei Glieder ver- schmolzen, so daß das Exopodit nur zweigliedrig erscheint mit je zwei Borsten. Die Metamorphose zum Copepodiden hat wenig Einfluß bei den Gymnopleen. Die Coxallade war bereits ausgebildet, sie verliert nur die Borste. Die drei andern Teile ändern sich kaum. Die Bewehrung des Basale ist verringert; dafür hat sich die Lade des Endopoditen verstärkt. Das Exopodit ist unverändert geblieben. Um so größer sind die Umgestaltungen bei den Podopleen, die so weit gehen, daß die Gheder von der erwachsenen Form sich kaum unterscheiden: Coxale und Basale sind miteinander verschmolzen und bilden die mächtig entwickelte Kaulade. Das Exopodit ist völlig geschwunden, das Endopodit stark reduziert. Auch hier ist ein Zusammendrängen der Entwicklung bei den Podopleen, dagegen gleichmäßige Entwicklungsgeschwindigkeit bei den Gymnopleen zu konstatieren. c. Die erste Maxille. Die erste Maxille tritt bei den Gymnopleen und Podopleen auf verschiedenen Naupliusstadien auf: die Gymnopleen machen vorher zwei Häutungen durch, die Podopleen nur eine. Das Erscheinen der ersten Maxille ist, wie die Definition besagt, für das erste Metanau- phusstadium charakteristisch. Die Gestalt, in der die GHedmaße auftritt, ist bei allen drei Famihen, und nach Obeeg auch bei den Calaniden und Pontelliden, dieselbe, nämlich unterhalb der Mandibel ein deutlich analwärts abgesetzter Wulst mit einer kräftigen, nach der Furca gewandten Fiederborste, die etwas gekrümmt über den Körper verstreicht. Die weitere Entwicklung verläuft für beide Un- terordnungen verschieden. Bei den Gymnopleen schreitet die Bildung kontinuierhch weiter. Da ist schon auf dem nächsten Stadium die spätere Gestalt der Ghed- maße erkennbar: ein leicht geteilter Lappen (Endo- und Exopodit), der einem Wulste (Protopodit) aufsitzt. An dem Endo- und Exopodit sind bereits einige End- und Lateralborsten entwickelt, sogar Andeu- tungen der Endite (Lobi) finden sich. Auf diesem zweiten Metanaupliusstadium zeigen die Podopleen noch genau dieselbe Maxille wie auf dem ersten. Nach der nächsten Häutung ist die Vervollkommnung der Ghedmaße bei den Diapto- Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 303 miden weiter fortgeschritten: die Zahl der Borsten hat sich vermehrt, und die Endite sind deutUcher hervorgetreten. Die Podopleen haben auf diesem dritten MetänaupHusstadium kaum die Stufe des zweiten der Gymnopleen erreicht; ein Wulst mit daraufsitzendem Lappen, der ganz schwach zweigeteilt erscheint, ist die ganze Anlage. Endo- und Exopodit tragen wie jene je drei End- borsten, das Endopodit außerdem zwei Lateralborsten. Auf dem nächsten Stadium, dem letzten Metanauplius, hat sich der Bau bei ihnen nur geringfügig geändert, weniger als bei den Gymnopleen die Differenz zmschen dem vierten und fünften Nauphus beträgt. Die Kerbe zwischen Endo- und Exopodit ist deutlicher geworden, und das Protopodit hat bei Cyclops einen Haken bekommen, der aber bei Canthocamptus auch noch fehlt. Ganz anders bei Diaptomus. Hier ist das Coxale scharf abgesetzt, seine Lade, das Endit, deutlich entwickelt. Das Basale ist vom Endo- und Exopodit nicht getrennt, diese untereinander auch nicht. Man kann an ihm aber die beiden Endite (Lobi) bereits erkennen. Das erste Endit des Basale ( = Lobus internus II der äußeren Maxille des erwachsenen Tieres) ist durch eine gegen das Coxopodit scharf ab- gegrenzte Lade mit zwei Borsten angedeutet; das andre Endit des Basale ( = Lobus internus III) wird durch eine dritte Borste markiert. Endo- und Exopodit zeigen keine besonderen Eigentümlichkeiten, höchstens den Umstand, daß durch zwei Reihen Zähnchen die Ver- schmelzung des Endopoditen aus mehreren (drei) Ghedern angedeutet erscheint. Im Grunde besitzen sie die Gestalt des erwachsenen Tieres, natürlich mit geringerer Bewehrung. Verfolgen wir zunächst bei Diaptomus die Metamorphose zum ersten Copepodiden, so fällt die überaus reiche Bewehrung des Coxale auf. Das Endit des Coxale (Lobus internus I) zeigt völlig unvermittelt die starke Beborstung des geschlechtsreifen Tieres. Anderseits hat der Epipodialanhang (Lobus externus I) ebenfalls seine definitive Bewaffnung in der Form, wenn auch nicht in der Stärke angenom- men. Damit kommen wir zum Basale. Die beiden Endite (Lobus internus I et II) sind deutlich abgesetzt und tragen je drei Borsten; das Exit besteht aus einer schwachen Vorwölbung mit einer Borste. Endo- und Exopodit haben sich der definitiven Gestalt weiter ge- nähert. Das Endopodit läßt wieder schwach eine Verschmelzung erkennen. Betrachten wir den entsprechenden Vorgang bei den Podopleen. Wir sahen auf dem letzten Nauphusstadimn die erste Maxille relativ 304 Walther Dietrich, unentwickelt. Um so mehr überrascht die Tatsache, daß sowohl bei Cyclopiden wie Harpacticiden im ersten Copepodidstadium die Ex- tremität bis auf Kleinigkeiten völlig fertig ist. Coxale und Basale verschmelzen vollkommen miteinander. Das Endit des Coxale wird durch drei kurze, gedrungene Haken vertreten. Die beiden Endite — wenn überhaupt man eine Homologisierung mit den Diaptomiden vornehmen darf — werden durch je drei Borsten angelegt; namentlich der Lobus internus III, das äußere Endit, ist durch einen sehr starken Kauhaken charakterisiert. Der Epipodialanhang ist nicht entwickelt. Exo- und Endopodit sind recht schwach als je ein Glied mit wenigen (drei bis vier) Borsten angelegt. Bei Canthocamptus sehen wir die gleiche Tatsache: fast aus dem Nichts heraus ersteht das fast fertige Organ. Das Endit des Coxale entwickelt sich mächtig und trägt eine Reihe starker Kauhaken; da- gegen ist das Basale, sow^eit es sich von Coxale überhebt abhebt, völhg unbewehrt. Endo- und Exopodit sind recht gut entwickelt und stark beborstet. Das Endopodit läßt durch Anhäufung von Borsten eine Verschmelzung erkennen. Alles in allem zeigt sich auch hier die Tatsache, daß die Podo- pleenentwicklung zusammengedrängt erscheint gegenüber der der Gymnopleen. d. Die zweite Maxille. Auch in dem Auftreten dieses Fußes zeigt sich die Eigentümlich- keit, daß die Gliedmaßen der Poclopleen bedeutend später auftauchen, dann aber rascher die definitive Gestalt annehmen, als die der Gym- nopleen. Bei Cyclops und Canthocamptus ist erst auf dem vierten Meta- naupliusstadium eine deutliche Spur wahrzunehmen: Cyclops zeigt oberhalb der Schwimmfüße einen langgezogenen Wulst, der bei Can- thocamplus durch eine Anzahl von Kerben in vier oder fünf rundliche Höcker zerfällt. Aus diesen winzigen Anlagen gehen bei beiden Fa- milien in dem Sprung zum Copepodiden die fast vollständig fertigen Extremitäten hervor. Das Coxale ist lang und borstenlos; deuthch ist seine Entstehung aus zwei Gliedern zu sehen. Das Basale ist ab- gesetzt, seine proximale Lade ist scharf erkennbar und trägt eine sehr starke Fiederborste. Ferner schließt sich an ihn ein recht schlankes Glied mit einer großen und einer kleinen Endborste, das ich als Endo- podit ansehen möchte. Es könnte allenfalls auch ein Endit sein. Das Basale trägt außerdem ein Exopodit, das leicht zweigespalten ist; Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 305 drei bis vier Fiederborsten sind die Bewehrung. Alles zusammen- genommen zeigt dieses Stadium bereits auffällig die definitive Gestalt. Auch Ckinthocamptus bildet keine Ausnahme. Das Coxale zeigt zwei Endite (Lobus internus I et II) mit je zwei kräftigen Borsten. Der Lobus internus III wird von dem Endit des Basale dargestellt. Dazu kommt noch der Palpus, das Endopodit mit etwa einem halben Dutzend Borsten, die zum Teil durch ihre Anordnung noch eine wei- tere Gliederung erkennen lassen. Wesensverschieden ist die Metamorphose der zweiten Maxille bei den Gymnopleen, bei Diaptomus. Das Segment, das die zweite Ma- xille trägt, entsteht auf Metanauphusstadium II ; es ist äußerlich nichts zu sehen, nur der Platz für den Fuß ist geschaffen. Bei einigem guten Willen kann man eine geringe Erhebung als Anlage der zweiten Ma- xille ansehen, aber es gehört, wie gesagt, guter Wille dazu. Dafür aber wird die Anlage auf dem nächsten Stadium recht deutlich: ein scharf abgesetzter Wulst mit zwei Anhängen. Der letzte Nauplius trägt eine zweite Maxille, die schon ganz die Gestalt der des ersten Copepodiden angenommen hat. Sie ist ein flächenhaft entwickeltes Organ, das sich dem Körper anschmiegt. Eine Trennung von Coxale und Basale vorzunehmen, ist nicht möglich, und auch das allein ent- wickelte Endopodit ist kaum abzugrenzen. Auf der Innenseite kann man eine ganze Reihe Lobi auseinanderhalten. Bei dem Sprung zum ersten Copepodiden werden die Endite (Lobi) deutlich geschieden. Das Coxale trägt zwei wohlausgestal- tete Laden mit drei und zwei Borsten, ebenso das Basale, dem das Endopodit aufsitzt. Dieses ist ein viergeteiltes Glied nach Gies- BRECHT. Jedes Glied fast ist enditartig ausgewölbt und trägt die Be- fiederung (je zwei Borsten). Der weiteren Metamorphose bleibt kaum noch etwas zu tun übrig. C. Die Rumpf^liedmaßen. a. Der Maxillarfuß. Das Auftreten des Maxillarfußes ist bei den beiden Unterord- nungen sehr verschieden. Andeutungen, daß sein Segment wenig- stens zu gleicher Zeit bei Gymnopleen und Podopleen angelegt wird — auf dem zweiten Metanauphusstadium — sind allerdings vorhanden. Bei den Gynmopleen erscheint das erste deutlich erkennbare Zeugnis von ihm auf dem letzten Naupliusstadium : ein zweigeteilter, in Spitzen ausgezogener Lappen neben bzw. unter den zweiten Ma- xillen; unterhalb der Spitzen stehen zwei Reihen kurzer Dornen. Aus 306 Walthor Dietrich, dieser Anlage ersteht im nächsten (ersten Copepodid-) Stadium der Maxillarfuß in ungefähr endgiltiger Gestalt. Das Coxale und Basale zeigen bereits die Endite; ihre Larvenform verraten sie nur durch den zu geringen Borstenbesatz. Die Endglieder sind noch recht ein- fach gestaltet, haben sich noch nicht genügend geteilt. Bei den Podopleen sind die Anlagen im vierten Metanauplius noch geringer: Cyclops zeigt nur einen Höcker, bei CantJiocamptus ist doch wenigstens an diesem noch ein kleiner runder Zipfel zu sehen. Diese beiden Wülste stellen die Keime für die Ghedmaßen dar, die durch die nächste Häutung fast zu ihrer definitiven Gestaltung ge- bracht werden. Bei Canthocamptus fehlt imr eine schwache Borste an dem säbelförmigen Endopoditen, und ebenso ist am Maxillarfuß des Cyclops kaum eine Verschiedenheit zu bemerken. Über die Unabhängigkeit des Maxillipeden von der zweiten Ma- xille habe ich schon oben gesprochen. Auch an dieser Extremität ist, obschon nicht so scharf -wie bei den oben betrachteten Gliedmaßen, die Tendenz zu erkennen, bei den Podopleen die Entwicklung gegenüber den Gymnopleen abzukürzen. b. Schwimmfüße. Die Schwimmfüße werden bei allen drei Formen auf dem vierten Metanaupliusstadium angelegt. Auch hier zeigt sich, wenn auch schwach, die Tatsache, daß die Podopleen als Metanauplien hinter der Entwicklung der Gymnopleen scheinbar zurückbleiben. Denn Diaptomus legt sofort drei Paar Schwimmfüße an, wenn auch das dritte erst als geringen Wulst, die Podopleen dagegen nur zwei. Die Schwimmfuß anlagen sind flossenförmige, gespaltene liappen (Endo- und Exopodit), die einem Protopodit aufsitzen. Die Enden der beiden Aste sind in Spitzen oder Borsten verlängert. Auf dem ersten Copepodidstadium sind die drei Schwimmfüße bei allen Familien gleich gut entwickelt: die beiden ersten Pleopodien bestehen alle aus einem zweighedrigen Protopodit, dem eingliedrige Endo- und Exopodite aufsitzen. Die Bewaffnung läßt die definitive Form etwas hervortreten. Das dritte Schwimmfußpaar steht bei allen drei Famihen in seiner Ausbildung auf der Höhe des zweiten Paares im letzten Nauplius. D. Die Fnrca. Die Furca wird erst im ersten Copepodidstadium als tatsächlich zweiästige Furca angelegt. Auf den älteren NaupHusstadien ist deut- lich nur die paarige Anordnung, zwei Ausbuchtungen mit einer Kerbe Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 307 dazwischen, zu erkennen. Die Andeutung der Spaltung fehlt gänzlich bei allen drei Familien dem ersten Nauphus, tritt aber dann allmählich mehr und mehr hervor. Am schärfsten ausgeprägt erscheint sie bei Canthocamptus. Bei Diaptotnus tragen die beiden OrthonaupHen je ein Paar End- borsten, das, im ersten Stadium gleichmäßig entwickelt, im zweiten asynmietrisch wird. Die Metanauplien erhalten im ersten Stadium jederseits ein zweigespaltenes Sinneshaar, das in dieser Form bis zum Stadium IV erhalten bleibt und im ersten Copepodiden zu dem an der Ecke des Innenrandes der Furca stehenden Sinneshaar wird. Ein neues Borstenpaar wird erst im vierten MetanaupKusstadium zwischen dem alten angelegt. Diese Borsten metamorphosieren sich im Cope- podiden zu den Endborsten Nr. 2 und 4, von der Furcalmitte aus gezählt; Nr. 3 und ein Randdorn entstehen in diesem Stadium neu. Etwas anders verläuft die Bildung der Furca bei den Podopleen. Hier tritt ebenfalls je eine Endborste als erste Bewehrung auf. Ein neues, dem ersten gleiches Borstenpaar legt sich lateral beim zweiten Metanauphus an. Bei Cyclops weisen hier kleine Dornen auf die spä- teren Dorsalborsten hin. Der dritte Metanauphus zeigt bei Cyclops keine Veränderung, bei Canthocamptus haben sich ein Borstenpaar und der Randdorn neu angelegt. Im letzten Nauplius endhch erhalten Cyclops und Canthocamptus noch ein Paar Lateralborsten, Cyclops außerdem den Randdorn, den CatitJiocamptus bereits ein Stadium früher angelegt hatte. Bei der Metamorphose werden die vorgebil- deten Borsten zu den Endborsten Nr. 2 und 3, die Dorsalborste bleibt als solche erhalten, ebenso die Eckborste und der seitliche Dorn. Die Endborste Nr. 4 legt sich hier neu an. Die innerste Furcalborste erscheint erst im zweiten Copepodidstadium. III. Biologische Beobachtungen und allgemeine Folgerungen. » Bau und Lebensweise verhalten sich wie die beiden Glieder einer Gleichung, welche beide nur äquivalente Änderun- gen zulassen«. ^^^^ Atlantis. Begründung und Auswertung der Entwicklungsunterschiede der Gymnopleen und Podopleen. Wir hatten gesehen, daß in der Metamorphose der beiden Unter- ordnungen ein starker Unterschied besteht: die Gynmopleen ent- wickeln sich mit einer im wesentlichen konstanten Schnelhgkeit und 308 Wahlior Dietrich, verteilen diese Entwicklung gleichmäßig auf die sechs Nauplien und die sechs Copepodide; die Podopleen zeigen eine Konzentration ihrer Ausgestaltung auf fünf Nauplien und sechs Copepodide; innerhalb der bereits der Zahl nach reduzierten Stadien drängt sich die Ent- wicklung nochmals zusammen; denn auf einen bereits relativ hoch entwickelten Orthonauplius folgen vier Metanauplien, die unterein- ander sich außer durch ihre Größe recht wenig unterscheiden und darauf im ersten Copepodiden das beinahe fertige Tier erstehen lassen. Können wir dieses auffallende Verhalten so nahestehender For- men irgendwie begründen und so unserni Verständnis näher bringen? Vergegenwärtigen wir inis ihre Lebensweise. Die Gymnopleen sind in ihrer Überzahl Meeresbewohner oder doch Bewohner größerer Gewässer, soweit sie überhaupt im Süßwasser leben; ganze Familien, Calaniden, Pontelliden, sind auf das Meer beschränkt. Die Cyclo- piden sind ebenso typische Bewohner des Süßwassers. (Giesbrecht führt in seiner • Monographie der Copepoden des Golfs von Neapel als marinen Cyclopiden nur Oithona an.) Die Cyclopiden sind, da sie nicht »schweben« können wie die Gymnopleen, nicht in dem aus- gesprochenen Sinne planktonische Tiere, wie die Centropagiden, son- dern leben hauptsächlich in kleineren seichten Teichen und Tümpeln, bzw. im Litoral größerer Gewässer. Seen und ausgedehnte Teiche zeichnen sich durch eine relative Konstanz ihrer chemischen und phy- sikalischen Koeffizienten aus; die Extreme sind gemildert. Dagegen sind Pfützen und Tümpel gewaltigen Schwankungen ausgesetzt: im Sommer steigt die Temperatur entsprechend ihrer raschen Zunahme im umgebenden Boden in ihnen schneller und höher hinauf als in einem See; das Wasser verdunstet relativ viel stärker, der »Lebensraum« eines jeden Organismus wird enger; die Konzentration der gelösten Stoffe und damit der osmotische Druck des Wassers steigen und nicht selten tritt der Grenzfall ein: völlige Austrocknung. Das andere Ex- trem, im Winter, besteht in dem völhgen Ausfrieren des Wassers, wodurch wiederum ein Leben im allgemeinen unmöglich wird. Dem- nach ist das Tier des Sees viel konstanteren Bedingungen unterworfen als das Tier im Kleingewässer. Wenden wir dies auf das Verhalten der Gymnopleen und Podo- pleen in ihrer Entwicklung an. Die Gynmopleen sind Bewohner der großen AVässer mit konstanten Bedingungen. Sie haben daher keine Veranlassung, ihre Entwicklung zu beschleunigen; Gefahr, daß die Larven nicht zur Geschlechtsreife und damit nicht zur Fortpflanzung kommen, liegt nicht vor. Und Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden T, 309 wenn ein Diaptomus (wie D. vulgans, D. castor, D. ivierzejskü) ein kleines Gewässer bewohnt., das auch einmal austrocknen und aus- frieren kann, so ist in der Erhaltung der nach Ekman primitiven Fä- higkeit, Dauereier zu bilden, eine andere Möglichkeit zur Erhaltung der Art gegeben. Bei den Podopleen liegt die Gefahr einer Störung der Entwicklung vor, sowohl durch Austrocknen als durch Ausfrieren. Hier ist die Notwendigkeit der Abkürzung der Metamorphose im Interesse der Erhaltung der Art gegeben. Diese Abkürzung ist ein- geleitet, aber noch nicht abgeschlossen. Daß sie noch nicht abgeschlossen ist, das sehen wir aus der Tat- sache, daß die Metanauplien, obwohl relativ wenig verschieden von- einander, doch noch ausgebildet werden. Wir können aber ebenso die Konzentration der Entwicklung auf den ersten Copepodiden als einen Hinweis betrachten, daß dieses Stadium bei einer künftigen w^eiteren Reduktion, wie sie bei andern Crustaceen bereits eingetreten ist, erhalten bleibt. Der Verlauf der Häutungen würde dann viel- leicht folgendem Modus zustreben: Orthonauplius, letzter Metanau- plius, erster Copepodid, adultes Tier. Aber auch von der Tendenz, den letzten MetanaupHus zu unterdrücken, zeigen sich in der geringen Ausbildung der Rumpfgliedniaßen Andeutungen. Diese Folgermigen, die aus dem Resultat sich ergeben, sehen wir in der Entwicklung der parasitären Copepoden bestätigt. Dort haben sich die Stadien (nach Giesbrechts Angaben in Längs Hand- buch) auf den ersten und letzten Nauplius und Copepodide reduziert; es kann die Verminderung sogar noch weitergehen bis auf den ersten Nauplius und Copepodidstadien. Die Zahl der Copepodide ist dort zum Teil dieselbe wie bei den freilebenden Formen, zeigt also keine Reduktion; dies hängt w^ohl damit zusammen, daß die Parasiten eine Rückbildung, die auch nur in Häutungen erfolgen kann, durch- machen. Bei allen Formen, das betont Giesbrecht ausdrücklich, wird die Entwicklung nicht dadurch abgekürzt, daß die ersten Nau- pliusstadien in das Ei verlegt werden, sondern durch Unterdrückung der Metanauplien; der Orthonauplius verläßt stets die Eihülle. Dies Verhalten zeigen auch die untersuchten Formen. Aus diesen Resultaten folgen für die Systematik wichtige Schlüsse, die die an morphologischen Merkmalen von MrAzek und Claus ge- fundenen Ergebnisse über die Phylogenie der Copepodenfamihen be- stätigen, wonach die Diaptomiden die ursprünglichsten Formen sein sollen gegenüber den Cyclopiden (und Harpacticiden) entgegen Schmeil (1892, S. 19). Die Gymnopleen haben die größere, ursprünglichere Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 21 310 WalthcT Dietrich, Zahl von Nauplien erhalten ; die Podopleen haben sie reduziert. Daß die verringerte Zahl der Stadien wirklich nicht primitiv ist, zeigt das analoge Verhalten bei andern Tieren, — Cladoceren z. B. haben im allgemeinen die freie Metamorphose aufgegeben — , und die Tatsache, daß die weitere Reduktion der Stadien noch nicht stattgefunden hat, Avohl aber vorbereitet ist, ferner die Tatsache, daß bei den sicher jungen Formen der parasitären Copepoden die Einschränkung noch weiter gediehen ist. Es ergibt sich also eine phylogenetische Gruppiermig von primi- tiven zu höher entwickelten Formen wie folgt: Gymnopleen, Podo- pleen (Halb- und Ganzparasiten), und bei den Podopleen stehen die Harpacticiden über den Cyclopiden. Diese Aufeinanderfolge zeigt sich auch im einzelnen; als Beispiel sei die Bewehrung der Endopodite der Mandibeln genannt: bei Diaptomus wird sie durch einen schwachen Wulst (Andeutung einer Lade) mit einer Anzahl Borsten dargestellt. Cyclops trägt ein mächtig entwickeltes Endit mit drei bis vier starken Fiederborsten; hier ist die Lade beweghch. Canthocamptus endlich geht noch weiter. Er macht auch noch die Borsten für sich beweghch, er bildet eine Zange. Ahnliches läßt sich beim Endopoditen der zweiten Antenne verfolgen: Diaptomns und Cyclops zeigen keine besondere Gestaltung, Canthocamptus hat sich ein einklappbares Messer er- schaffen. Die Erscheinung, daß in süßem Wasser Formen mit komplizierter Metamorphose so gut wie gar nicht vorhanden sind, ist weit verbreitet. Tiere mit ausgedehnter Metamorphose sind in der Hauptsache Meeres- tiere: Echinodermen, Würmer, Mollusken. (Die Dreisseno, die im Süßwasser Larven bildet, ist eingeschleppt.) Auch die überwiegende Fülle der larvenbildendeu Cruster sind Meeresbewohner. Eine Meta- morphose erleiden im Süßwasser nur die Ostracoden und Copepoden. Die Cladoceren, die die Naupliusperiode völlig ins Ei verlegt haben (außer Leptodora, die aber vorzüglich größere Wässer bevölkert), sind beinahe ausschließlich Bewohner der Binnengewässer. Die Tendenz der Abkürzung der Entwicklung bei den Copepoden stellt also nichts Außergewöhnliches dar, das unterschiedliche Ver- halten der beiden Unterordnungen ist biologisch begründet. Die Bewegung der Copepoden. Pesta (1908) unterscheidet die Copepoden nach drei Typen: Schweber, Schwimmer und Schlängler. Dabei fallen die Diaptomiden ganz unter die Gruppe der Schweber, die Cyclopiden in der Haupt- Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 311 Sache iinter die der Sclnvimmer, die Harpacticiden endlieh gehören alle dem schlängelnden Typ an. Pesta stellt Beziehungen zwischen Körperbau und Art der Lokomotion auf. Graeter (1903), durch den Pesta zu seiner Untersuchung an- geregt wurde, unterscheidet ebenfalls Schweber und Schwimmer. Die Bewegungsweise der Copepoden ist schon oft zu analysieren versucht worden, mit den verschiedensten Resultaten; Klarheit ist keineswegs geschaffen. So werden noch im letzterschienenen Lehr- buch der Zoologie, Hesse-Doflein, Tierbau und Tierleben (1910) die ersten Antennen als Ruderorgane bezeichnet. Chun hat sie bereits 1896 als Schwebefortsätze erkannt. Daß die großen Antennen den Anschein erwecken, als schlügen sie wie Ruder zurück, hat schon Imhof gesehen (1888), und er gibt die richtige Deutung: bei dem Stoß werden die schlanken Antennen durch den Widerstand des Wassers dem Körper angelegt. Ich habe die Bewegung der Copepoden und ihrer Nauplien eben- falls untersucht und manches von den Angaben bestätigt gefunden, dazu aber doch auch neue Beobachtungen gemacht. Die Typen, die Pesta aufstellt, sind richtig. Die Gymnoplea, z. B. Diaptomus, sind Schweber, die niemals eine Unterlage freiwillig berühren. Graeter gibt völlig richtig die Art der Bewegung und Lage an: zeitweises Schlagen der Ruderfüße, Vorschießen, Ruhen, an den großen Antennen Aufgehängtsein, leichtes Absinken, wiederum Schlagen der Ruderfüße usf. Dadurch soll nach ihm das Schweben ermöglicht sein. Ich kann dies nicht bestätigen, denn auf diese Weise wird die Bewegung von Ort zu Ort bewirkt, aber das Schweben, das viertelstundenlange Beharren in ganz kleinem Raum, z. B. unter dem Gesichtsfeld einer binoculären Lupe bei Seitenansicht, wird anders ermöghcht, nämlich durch das Strudeln der MundgUedmaßen, vor- nehmlich der zweiten Antenne. Durch deren nie ruhende Bewegung wird ein Wasserstrom erzeugt in der Absinkrichtmig des Diaptomus; diese Strömung trägt den Diaptomus, d. h. der Diaptomus bewegt sich durch Schlagen seiner zweiten Antenne so schnell aufwärts in bezug auf das umgebende Medium, wie das Wasser nach abwärts fheßt. Beide Bewegungen sind entgegengesetzt gleich, der Diaptomus bleibt also an Ort und Stelle. Dieses Flottieren möchte ich mit dem Tellern eines sch\\ammenden Menschen vergleichen, der allein durch rasche Hin- und Herbewegung der an den Körper angelegten Hände leicht an der Oberfläche des Wassers sich halten und treiben lassen kann. Daß diese leichte Vibrationsbewegung tatsächlich den Diaptomus 21* 312 Walther Dietiicli, fortbewegt, dafür ist der Beweis die Beobachtung, daß ein schnelleres Schlagen der Mundgliedmaßen, das man sehr gut unter der binoku- laren Lupe unterscheiden kann, das Tier langsam in schräger Rich- tung nach oben steigen läßt. Die Fähigkeit des Schwebens liaben die Podopleen völhg ver- loren; sie können sich nicht mehr auf einer Stelle halten, sondern durcheilen das Wasser in raschen Sprüngen, den Körper beliebig ge- richtet. Für die sprunghafte Bewegung der Diaptomiden sowohl we der CVclopiden liefern in erster Linie die Schwimmfüße den Impuls durch ihr synchrones Abwärtsschlagen. Zum andern Teile, das ist bisher übersehen worden, trägt das Abdomen zur Bewegung bei, es schlägt ruckweise, aber synchron mit den Ruderfüßen nach vorn. Dadurch wird dem Schlag der Schwimmfüße in gewissem Sinne entgegenge- wirkt: der Körper wird nach vorn bewegt, aber er überschlägt sich nicht. Wir haben somit drei C*entren für die Bewegung zu unterscheiden: 1. die Schwimmfüße, 2. das Abdomen, 3. die strudelnden Mundgliedmaßen (nur bei Gymnopleen). Die Steuerung erfolgt in der Hauptsache durch die Furcalborsten, in zweiter Linie durch die erste Antenne. Die Furcalborsten werden beim Schlagen der Schwimmfüße ventral niedergedrückt als Gegen- wirkung gegen das eventuelle Überschlagen, das durch die Ruderfüße bewirkt w^erden könnte, da der Bewegungsimpuls schief zur Körper- achse erfolgt. Fehlen die Endborsten, was bei Cyclops sehr häufig der Fall ist, so wird das ganze Abdomen stärker einwärts gebogen und wirkt so als Steuer. Die Funktion der ersten Antenne besteht außer der Verwendung als Schweborgan in der Stabihsierung und Steuerung. Die lange Antenne wirkt bei Diaptonius wie eine Balan- cierstange, sie ermöghcht eine symmetrische Haltung, die für das gleichmäßige Zuströmen und Durchseihen des Wassers nötig ist. Zum andern dienen sie als Steuerorgane, namentUch bei Cyclops, in seinen Kreuz- und Quersprüngen. Durch Heben oder Senken der einen Antenne erfolgt ein Auf- oder Absteigen; sie wirken bei rascher Bewegung ähnlich den Tragflächen der Flugmaschinen. Ich habe mehrfach Cyclopen beobachtet, die durch Heben der einen und Senken der andern Antenne sich auch über einer kleinen Grmidfläche in spi- ralig auseinander gezogenen Kreisen emporschraubten. Die steif- gehaltenen Antennen sind in dieser Beziehung den Stabihsier- und Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser- Copcpoden I. 313 Steuerflächen ati Cladoceren gleichzustellen, die Woltereck (1913) beschrieben hat; nur liegen hier die Verhältnisse noch viel mannig- faltiger, die Kombi nationsmöglichkeiten sind viel größer, da diese Organe hier willkürlich in ihrer Haltung verändert werden können. Versuche, die Antennen einseitig in verschiedener Länge wegzu- schneiden und den Einfluß auf die Bewegung zu untersuchen, miß- lang am Eingehen der Tiere, da ich nur den empfindlichen Diaptomus gracilis verwenden konnte, robustere Formen mir aber (Spätsommer 1913) nicht zur Verfügung standen. Noch ein Wort folge über die Bewegung der Nauplien. Diese Bewegung kann man kurz charakterisieren als Daphnidenbewegung: das Hauptruderorgan ist die zweiästige zweite Antenne; sie wird unterstützt von der ersten. Der namentlich bei Diaptomus schlanke Körper und der hochgelegene Angriffspunkt der Bewegung lassen die Tiere senkrecht im Wasser schwimmen. Die Körperachse wird zuweilen {Diaptomus) durch die Endborste stark verlängert, durch die eine weitere Stabilisierung erzielt wird. Die Nahrungsaufnahme der Copepoden. Mit der verschiedenen Form der Bewegung der Gynmopleen und Podopleen steht die verschiedene Art der Nahrungsaufnahme im Zu- sammenhang. Auch hierin zeigen die Gynmopleen ein primitiveres Verhalten. Wir haben gesehen, daß die Centropagiden vermöge der dauernden Bewegung der zweiten Antenne flottieren können. Bei diesem Schweben erzeugen sie eine Strömung, die das Wasser in ziem- lich weitem Umfange in Bewegung versetzt und durch ihre Mund- ghedmaßen fließen läßt. Die Maxillen sind als Seihapparate prächtig ausgestaltet, die alles Corpusculäre in herbeigestrudeltem Wasser ohne Wahl auffangen. Das Brauchbare \\ird an die Mundöffnung gebracht und aufgenommen, das Ungeeignete durch einen schwachen Schlag der Ruderfüße, der einen Zug erzeugt, entfernt. Solange die Tiere fressen, unterbleibt die Strudelung der zweiten Antenne. Infolge- dessen sinken sie ein Stück abwärts. Die Podopleen haben die Fähigkeit des Strudeins nicht ausgebildet. Sie suchen sich ihre Nahrung aktiv, indem sie in behebiger Richtung hin- und herschießen und Nahrungspartikel ergreifen. Sie halten ihre zweite Antenne gerade vor, so daß der Eindruck tatsächlich entsteht, als hätte man es mit >> vierhörnigen << Tieren zu tun, wie die alten Namen oft angeben: Monoculus, Cyclops quadricornis. Diese vorgehaltene zweite Antenne ist es aucii, mit der der Cyclops größere Objekte, eine 314 Walther Dietrich, junge Daphnide z. B. erfaßt. Ct/clops ergreift nicht nur frei im Wasser suspendierte Teilchen, sondern er sucht seine Nahrung auch auf Unterlagen. Das kann man jederzeit beobachten., wenn er z. B. an der Aquariumswand die Algenflecke abgrast oder auf dem Boden der Zuchtgläser die niedergesunkenen Chlorellen frißt. Nach Hökham- MER (1910) hat Cydops auch Bakterienkulturen \'on ihrem Substrat abgeweidet. Ausschließlich von Unterlagen ninnnt Canihoeam'ptus die Nahrung auf. Die Nahrungsaufnahme der Nauplien habe ich nur bei Caniho- eam'ptus unter dem Mikroskop beobachten können, bei den schwim- menden Nauplien trotz binoculärer Lupe nicht. Die Harpacti- ciclennauplien sieht man im Tropfen über Partikeln des Grundes (zu- sanmiengeballte Algen, Detritus) emsig hin wegkriechen, wobei sie, wie oben angedeutet ist, sich auch auf die Borsten des zweiten Gliedes der Vorderantenne stützen. Beim Fressen bringen sie Chlorellen z. B. hauptsächlich mit der Zange der Mandibel in die Mundöffnung. Durch kleine Haare, die unterhalb dieser und an der Mundkappe stehen, ist eine Art Reuse gebildet, so daß ein Ausweichen der Nah- rung nach der Seite verhindert wird. Bei dieser Bewegung der Mund- gliedmaßen beim Fressen nach vorn wird ein Bewegungsimpuls des ganzen Tieres nach rückwärts erzeugt. Aber diese Bewegung und damit ein Verlieren des Futters verhindern Säume kleiner Dornen auf den Basalia der zweiten Antenne und Mandibel, die das Tier am Grunde festhalten. Die Witterung der Nahrung. (Theorie einer mechnuischen Schwarmbilduug.) Angeregt durch die Versuche Hörhammers (1910) über das Ver- tilgen von Typhusbakterien durch Copepoden habe ich denselben Versuch mit Algenfutter (Chlorella) angestellt. Hörhammers Inter- esse war ein medizinisch bedingtes (Reinigung der Gewässer). Ich stellte die Frage: Können die Cyclopiden dargebotenes Futter auf- spüren, durch irgendwelchen Sinn wahrnehmen? Hörhammer hatte in ein H-förmiges Rohr auf der einen Seite Bakterienklümpchen (durch Centrifugieren gewonnen) eingebracht, auf der andern Seite Cyclopiden. Dann bemerkte er ein rascheres Überwandern aus dem einen Kolben in den andern als im Kontroll- versuch mit beiderseits reinem Wasser. Analoge Versuche habe ich angestellt, bin aber zu andern Resultaten oder doch andern Schlüssen gekonmien. Ich setzte als Vorversuch z. B. 60 Cyclopen vorsichtig Die Metainorphost' der freilebenden SüßwasHer-Copepoden 1. 315 unter Absperrung der Verbindungsstücke in der einen Seite ein. Es ergab sich, daß am andern Tage auf der Einsetzseite 29, auf der andern 28 und in den Verbindungsstücken drei (\yclopen sich aufhielten; es war also ein völliger Ausgleich eingetreten. Dies Resultat überiaschte mich, denn ich hatte bedeutend weniger erwartet. Mein Gedanken- gang war folgender gewesen: der Cylindermantel hat eine Fläche von 63 qcm, davon sind freigegeben durch die Verbindungsstücke 6 qcm, vom ganzen also 6/63 = 1/10. Wenn die Tiere beliebig nach allen »Seiten schwimmen, können sie rmr an i/^q der begrenzenden Fläche durchkommen, also auch nur i/jo der Tiere oder sechs in den Ver- bindungsgang eintreten. Was ich anfänglich übersehen hatte, war, daß die Tiere ja beim Anstoßen an die Wand eine neue Richtung er- halten, also neu gezählt werden müssen. Nach der Zeit, bis jedes Tier im Durchschnitt einmal an die Wand gekommen ist, beginnt der Ver- such von neuem, also von dem Rest würde wieder i/jq durch die Pforte schlüpfen usf. Anderseits gelten für den zweiten Cyhnder genau dieselben Bedingungen für das Rückwandern, so daß im End- zustand nach genügend langer Zeit gleichviel hinüber und herübergehen. Für mich kam es nunmehr darauf an, zu sehen, ob in der Seite mit Futter eine Anhäufung von Cyclopen stattfand oder nicht. Eine Ansammlung habe ich beobachten können, und zwar ist sie ziemlich beträchtlich, rund 40 gegen 20. Und zwar glaube ich dies einzig und allein auf die Anwesenheit von Nahrung schieben zu sollen; denn ich war bestrebt, alle übrigen Faktoren auszuschalten. Ungleich starke Beleuchtung und dadurch bedingte ungleichmäßige Verteilung infolge von Phototaxis waren vermieden, indem ich die Versuche im Dunkeln ausführte. Durch die Dunkelheit war eine Sauerstoffentwicklung aus- geschlossen, die die Tiere auch anlocken würde; die Kohlendioxyd- bildung war nicht unterdrückt, sie würde aber einen Fehler in ent- gegengesetzter Richtung hervorrufen. Temperatureinflüsse habe ich ausgeschaltet, indem ich die Versuche in ungeheiztem Zimmer ohne jede Quelle für Wärmestrahlen, die einseitig wirken könnten, vor- nahm. Die täglichen Temperaturschwankungen machen nichts aus, da sie das ganze System betreffen. Die Nahrung hat also eine Konzentration der Tiere bewirkt. Und doch ist damit noch nicht bewiesen, daß diese Wirkung, chemotak- tisch etwa, durch Witterung erfolgt, wie es für das Zusammenkommen der Geschlechter Neubaues nette Versuche zeigen (1913). Diese Ansanniilung der Cyclopen kann auf AVitterung beruhen, kann aber auch rein mechanisch erfolgen. 316 Walther Dietrich, Wenn wir einseitig reich füttern, eine >>Wolke<< von Chlorellen dem Wasser zusetzen, so bilden diese Algen einen >> Schwärm <<. Ander- seits haben wir eine Menge beliebig angeordneter Tiere, die, wie der Versuch zeigt, nach recht kurzer Zeit im ganzen Raum sich gleich- mäßig verteilen und wirr durcheinander schwimmen. Die Tiere haben im Durchschnitt eine gleiche Entfernung voneinander; diese ungefähr gleiche Verteilung im Wasser wird ja von Hydrobiologen immer wieder betont. Wenn nmi diese Tiere in einen eventuell künstlich hervor- gerufenen Schwärm von Futter kommen, so werden sie fressen und ihre Bewegung einstellen, unterdes ist aber auch das Nachbartier in die Futterwolke eingedrungen, macht Halt, jetzt nur noch in einem Bruchteil der früheren Entfernung von dem nächsten usf. Dies gibt dann ganz mechanisch einen Schwärm von Tieren. So könnte die Anreicherung der Cyclopen in der Futterzone auch begründet werden. Übertragen wir diesen Laboratoriumsversucli ins große, in die Natur. Dann würde der Tierschwarm sich, da beliebig viele Tiere zur Verfügung stehen, als ein wohl abgeschlossenes Ganze erweisen. Denn wenn die Futterwolke von Tieren erfüllt ist, dann stellt sich als Endzustand ein Gleichgewicht her, in welchem ebenso viele Tiere hinaus wie hinein gehen, analog den Anschauungen der kinetischen Gastheorie von einem festen Körper. Jeder einzelne Cyclops ent- spricht dann einer Molekel. Die Hydrobologie lehnt ja eine Schwarmbildung ab, und auch die neuesten Befunde von Lantzsch (1914) und Colditz (1914) lassen eine gleichmäßige Verteilung des Centrifugenplanktons wie auch des Zooplanktons erkennen. Die mechanische Theorie der Schwarmbil- dung passiv beweglicher Organismen, die W. Ostwald (1913) ver- sucht, ist, soweit ich sehe, physikalisch allgemein nicht haltbar, gilt nur für vertikale Verteilimg, nicht aber für horizontale. Eine Schwarmbildung der passiv beweglichen Planktonten ist Voraus- setzmig für die Schwarmbildmig der aktiv beweglichen. Noch wird die der passiv beweglichen bestritten, so daß diese Schwarmbildung, wie gezeigt, sich bislang nur im Experiment verifizieren läßt. Die Nahrung der Copepoden. Über die Frage nach der Ernähnmg der Copepoden werden die widersprechendsten Angaben gemacht: Detritus, Centrifugenplankton, Phytoplankton, größere Organismen, alles das wird als Nahrung be- hauptet und alles -wird bestritten. Cnd doch lassen sich wohl alle Be- Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepoden I. 317 fimde miteinander in Einklang bringen, denn die Copepoden verhalten sich nicht einheitlich. Sie sind stark verschieden untereinander. Die verschiedene Art der Nahrnng hängt mit der verschiedenen Art der Nahrungsaufnahme zusammen, und diese ist eine Folge der verschie- denen Art der Bewegung. Wenn z. B. Lohmann (1909) sagt: »Dies beweist , daß die Copepoden keine Räuber sind, die ihre Beute ergreifen, sondern daß sie .... das von ihnen durchschwommene Wasser abfiltrieren und den Filterrückstand auf schlürfen«, so ist das völlig richtig, wenn man dazu weiß, daß die C*opepoden, auf die er sich bezieht, CaJnnus gracilis und C. tenuicornis, Gymnopleen sind. Will man allgemein für die Copepoden die Nahrung angeben, so muß man sagen, sie sind Onmivoren, sie fressen alles, was sie finden, wenn es nicht zu groß und nicht zu klein ist. Die Gymnopleen als >> passive« Fresser strudeln sich die im Wasser suspendierten Partikelchen zu und sannneln sie auf ihrem von den Mundgliedmaßen gebildeten Reusenapparat. Je reiner das Wasser von Detritus ist, im Meer und in großen, tiefen Seen, um so mehr lebende Nahrung nehmen die Gymnopleen auf: eine aktive Scheidung zwischen geformter und desorganisierter Nahrung findet nicht statt. Bis zu welcher Kleinheit das Nannoplankton aufgenommen wird, hängt nur von der Dichtigkeit der Reuse ab, ist also für die einzelnen Formen verschieden. Die Podopleen sind »aktive« Fresser, sie erfassen die Nahrmig. Naturgemäß wird bei ihnen als Tieren des Litorals und kleinerer Ge- wässer ein guter Teil der Nahrung aus Detritus bestehen, anderseits aber grasen sie Unterlagen, Pflanzen, Laub usw. ab. Sie fressen aber auch Centrifugenplankton, wie die Fütterung aller meiner Kulturen mit Chlorellen zeigt. Auch hier ist eine untere Grenze der Größe ge- geben: Hörhammer beschreibt in dem oben berichteten Versuch, daß die Cyclopen Bakterien vertilgen, wenn er sie centrifugiert, also in Klumpen zusammengeballt hatte, oder sie weiden ganz eingebrachte Kulturrasen ab; aber er konstatierte keine Abnahme der Bakterien, bei deren Verteilung im Wasser. Die Typhusbazillen waren zu klein zur Aufnahme. Über die Ernährung der Nauphen kann ich nur die Angabe ma- chen, daß die Tiere sich in meinen Kulturen bei ausschließhcher Chlo- rellenfütterung sehr gut gehalten haben, und zwar von allen drei Fa- milien. Es können natürhch auch Protisten im Kulturwasser gewesen sein, aber die Chlorellen habe ich vielfach im Darm gefunden. 318 Walther Dk-trich, Der Gang der Entwicklung. Dauereibildung. A\'ic bereits mehrfach betont, habe ich alle »Stadien in Reinkul- turen selbst gezogen. Hinsichtlich der Schnelligkeit der Entwicklung kommen die grüßten Verschiedenheiten vor. Die Extreme für die Ausbildung des eben entschlüpften Nauplius bis zum geschlechts- reif en Tier liegen zwischen 19 Tagen und etwa 3 Monaten. Cantho- camptus habe ich in einer Kultur im Februar-März 1913 in 19 Tagen bis zur Bildung des Eisäckchens gebracht. Die normale Dauer der Entwcklung ist etwa 30 — 40 Tage. Das Minimum für Diaptomus waren 29 Tage, für Cyclops 26; für die Dauer bis zur Häutung zum ersten Copepodiden sind die entsprechenden Zahlen 6, 9, 8 Tage. Die Entwicklungsdauer hängt von verschieden Faktoren ab, der wichtigste ist nach meinen Erfahrungen die Größe des Lebensraumes, der jedem Individuum zukommt. Wollte ich zum Vergleich Nauphen verschiedener Stadien gleichzeitig erhalten', so setzte ich in gleich großen Gefäßen verschieden starke Kulturen an. Unter gleichzei- tiger Verschlechterung der andern Faktoren habe ich dann Nauplius- stadien etwa 6 — 7 Wochen lang züchten können, ehe die Metamor- phose eintrat. Als weitere Faktoren kommen in Frage Temperatur, Nahrung, Sauerstoffgehalt, Reinheit des Wassers. Im allgemeinen kann man behaupten, daß eine Steigerung der Temperatur eine Beschleunigung der Entwicklung herbeiführt, aber bereits bei Zimmertemperatur (18° C) hört die beschleunigende Wirkung, wenigstens bei Canthocampttis staphylinus, auf. Er entwickelt sich am raschesten bei etwa 8 — 10°. Die alten Tiere, die ich im Kühlen, zum Teil im Eisschrank, den ganzen Sommer über in Eiproduktion erhalten habe, stellen diese bei einer Temperatur von rund 12° ein; im Mai verschwand Canthocamp- tus staphylinus in den beiden Jahren 1912 und 1913 in den von mir beobachteten Gewässern, während er im Winter, November bis März, in unzähhgen Tausenden vorhanden war. Sauerstoffmangel, wenig Nahrung, Unreinheit des Wassers (viel Bakterien) ließen die Kulturen ebenfalls sich sehr langsam entwickeln, zum Teil völhg eingehen. Überhaupt ist zu konstatieren, daß von den eingesetzten Eiern nur ein Bruchteil bis zur völligen Ausbildung kommt. Daher war es nicht möglich, zu bestimmen, ob aus einem Eisack nur Weibchen oder nur Männchen hervorgehen, ob dasselbe Weibchen während seines ganzen Lebens nur ein Geschlecht produziert. Die Dauer, bis das Ei verlassen wird, ist recht verschieden; bei Die Metamorphose der freilebenden Süßwasser-Copepodcn I. 319 Podopleen kann man damit rechnen, daß am andern oder übernäch- sten Tag die Nauplien ausgeschlüpft sind; was am dritten Tag noch in den Eihüllen Hegt, kommt im allgemeinen nicht mehr zur Entwick- lung. Anders ist es bei den Gymnopleen. Von Diaptomus wierzejskii blieben Eiballen zuweilen 12 — 14 Tage unentwickelt und lieferten dann noch Embryonen. Ähnlich war es auch bei D. vulgaris. Von D. salinus fand ich im Juni auf dem grünen Algengrund des Zucht- glases rote Eisäckchen in großer Zahl mit meist vier bis fünf Eiern liegen ; ich isolierte die Eiballen und hielt sie unter Kontrolle : nicht ein einziger Nauplius entschlüpfte bis Anfang September, wo mir beim Umbau dos Zoologischen Instituts die Kulturen verloren gingen. Ich stehe aber nicht an, diese Eier als Dauereier anzusprechen, be- sonders da D. salinus nach Colditz (1914) ein ausgesprochenes Maxi- mum im Juni- Juli zeigt mit raschem Abfall im August-September. Ein solches ausgeprägtes Maximum kann ich auch für Diaptomus ivierzejskii angeben. Im April 1912 erfuhr ich zuerst von seiner An- wesenheit; er Avar in großen Mengen in dem oben beschriebenen Lehm- loch in Zuckelhausen anzutreffen. Das Wasser hatte damals noch eine Tiefe von 30 — 50 cm; Ende Mai war es in dem in seiner ersten Hälfte recht warmen Sommer 1912 fast völlig eingetrocknet, nur in der Mitte, in Löchern, stand es noch einige Zentimeter hoch. Da habe ich die Diaptomi buchstäblich geschöpft. Mitte Juni, es hatte inzwischen einmal tüchtig geregnet, waren fast alle verschwimden. Im August setzte die Regenperiode ein, der Tümpel füllte sich wieder, Anfang September aber fing ich trotz langen Fischens nur drei Weib- chen. Im Frühjahr (April) 1913 war der Diaptomus wieder in großer Zahl vorhanden, wenn auch nicht in den Massen, wie das Jahr vorher. Mitte Mai war er wieder fast völhg verschwunden. Auch hier habe ich kein Bedenken, Dauereibildung anzmiehmen, die angedeutet ist durch das späte und unregelmäßige Ausschlüpfen der Nauphen, zumal im trocknen Sommer 1911 der Tümpel sicher ausgetrocknet gewesen ist. Und endhch kann ich für Diaptomus vulgaris ein ähnliches Verhalten berichten : in einem Becken im Clarten des Zoologischen Instituts trat dieser Diaptomus Mitte Mai in unreifen Copepodiden auf, war bis Mitte Juni in ungezählten Mengen vorhanden, um dann sehr rasch zu verschwinden. Von Oktober bis April war nichts von ihm zu sehen. Dasselbe plötzliche, fast gänzhche Verschwinden innerhalb 14 Tagen habe ich auch in den Wermsdorfer Teichen (Doktorteich) beobachtet. Auch hier ist für dies Verhalten Dauereibildung, \vie sie Wolf (1903) beschrieben hat, in Anspruch zu nehmen. 320 Walther Dietrich, IV. Zusammenfassung der Hauptergebnisse. Die Entwicklung der freilebenden Copepoden geht in ihren Grund- zügen parallel, im einzelnen ist sie in den beiden von Giesbrecht aufgestellten Unterordnungen verschieden. Diese Unterordnungen sind demnach wohlbegründet. Diese Verschiedenheit der Entwicklung besteht in zweierlei Tat- sachen : Erstens ist die Zahl der »Stadien verschieden: die Gymnopleen be- sitzen sechs Nauplien und sechs Copepodide, die Podopleen nur fünf Nauplien und ebenfalls sechs Copepodide. Die Reduktion ist durch Zusammenziehen der beiden ersten Stadien, der OrthonaupUen der Gymnopleen auf einen Orthonauphus erfolgt. Zweitens ist die Entwicklungsintensität auf die einzelnen Stadien bei beiden Unterordnungen verschieden verteilt. Bei den Gymno- pleen geht die Ausbildung von Stadium zu Stadium ungefähr in glei- chem Maße vor sich; bei den Podopleen wird die Entwcklung auf einige Stadien, namentlich den ersten Copepodiden zusammengedrängt, der sehr schwach angelegte Organe zu (beinahe) definitiver Gestal- tung bringt. Es zeigt sich die Tendenz, die Zahl der Larven zu redu- zieren, etwa auf Orthonauphus, letzten Metanauplius, ersten Cope- podid, wie es die parasitären Copepoden bereits getan haben. Für die Systematik und Phylogenie ergibt sich, daß die Mrazek- CLAUSSche Annahme der Gymnopleen als primitiveren Formen zu Recht besteht. Die Harpacticiden sind weiter speziahsiert als die Cyclopiden. Für die morphologischen Resultate im einzelnen sei auf die Ta- bellen S. 278 — 289 verwiesen. Leipzig, am 15. Mai 1914. Literaturverzeichnis. Bbehm, V. 1913. Über die Harpacticiden IVIitteleuropas. I., II. 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Fig. 13 — 18, Nauplien von Canthocamptus staphylinus, Fig. 19, 1. Coj)epodid von Canthocamptus staphylinus. Die den Gliedmaßen angescliriebenen Bezeichnungen bedeuten: at' = 1. Antenne; at" = 2. Antemie; md — Mandibel; mx' = 1. MaxiUe; mx" = 2. MaxiUe; mp = Maxilliped; plp' = 1. Schwimmfuß; plp" = 2. Sch^nmm- fuß; plp'" = 3. Schwimmfuß. Zur Anatomie und Histologie des Cephalopodenauges. Von Aruo Olockauer ( r.fip/.ig). (Aus dem Zoologisrlim Institixt der Universität Leipzig.) Mit 37 Figuren im Text. Inhalt. Seite Einleitung .'?25 Vorbenierkung{>n 32(» I. Verglcicliend -anatomische Darstellung 327 A. Äußere Augenmuskeln 327 1. Topographie 32J) a) Decapoden 32!) b) Octoi)oden 338 2. Funktionelle Bcch-utung 341 B. Knorpelgebihle 34;> IL Anatomisehe und histologisi-he rnti'rsuehungen, vornelimlieh bei (7//- roteuthis imperator 344 L Argentea externa 344 2. Äußere Augenmuskeln 346 .'). Argentea interna 34(> 4. Sclera :Ut> .5. Ciliarnniskel 34«) (1. Die muskulösi^ Verbindung des Ätpiatorialknorpels mit der hin- teren Knorpelhaut 352 7. Corpus ciliare 353 8. Retina 3.54 Zusammenstellung der wichtigsten Erget)nisse 357 Literaturverzeichnis 358 Erklärung der Abkürzungen 360 Vorliegende Arbeit ist auf Anregung meines hochverehrten Leh- rers, Herrn Prof. Dr. Carl Chun, entstanden. Leider hat ihn wäh- rend des Abschlusses meiner Arbeit der unerbittliche Tod von seiner ZeitÄ./ O m sup coo. \ /77.a/?/tCO/?./' -ij — 1 1-4 ~ \S i'lg. 8. Fig. 9. J)ic A'eiX'iniguiigsstclkii der M. cuiiiuucti von Illex J)ic Vcit'iiiiguii^'sstcUeii dur .M. Coiiiuiicti von im Seliema (von üben gesehen). Vergr. 5. LoU'jo iui Schema. Vergr. 5. M. ant. coniuncti. Sie sind bei Oegopsiden (Fig. 10, 11) und Myopsideu (Fig. 12, m.sup. co/?!^ - m.gnA- CO/7.I1 Fig. 10. Innere Vorderansieht von Illex: M. cuniuueti. m. an/-, m. sup. cor?. m.an/-. con.I' ' m. an/:J[ Kig. 11. Innere Vurderansieht von Äbraliopsis: M. couiuucti. Vergr. 4. 13, 14) ausgebildet, doch will ich sie getrennt, behandeln, da sie von verschiedener Gestalt sind. Zur Anatomie uiul Histologie des ('ei)halopodenauges. 335 Oegopsideu : M. ant. con. I (Fig. 10, 11). Die kurzen, in einzelne, deutlich getrennte Züge aufgelöste Mus- keln treffen auf einer von zwei Knorpelstücken gebildeten Platte zu- sainnien, die am vorderen, media- nen Orbitalknorpelrand zwischen beiden Knorpelstielbasen gelegen ist. Die kurzen, schwachen Mus- keln nehmen einen geraden, fächerförmigen Verlauf, parallel den Knorpelstielen. M.ant.con.II(Fig.lO,ll). Die Vereinigungsstelle beider Muskeln ist breit entwickelt. Diese kurzen Muskeln nelunen einen schräg ventralwärts ge- richteten Verlauf. Myopsiden : Die entsprechenden Muskeln, deren »Sehnen eine Vereinigung miteinander eingehen, sind von andrer Gestalt. Die Vereinigungs- stellen bringt Fig. 9 zur Darstel- lung. Lange, schmale .Sehnen sind für diese Muskeln der Myo- psiden bezeichnend. M. ant. con. I (Fig. 12—14). Auffallend ist die äußerst lauge, dünne Sehne. Der Muskel verläuft parallel dem Knorpel- stiel und inseriert mit fächerför- miger Ausbreitung etwas unter- halb des proximalen Aquatorial- knorpelrandes. m.ao/: conl'^ ^•'^^m.dn/:con./I -Tr Fig. 12. Iiiiiore Vordoniusidit von Rosvia: M. uuiiiuiati, Fig. 13. lauere Vurderausicht von Loliyo: M. couiuuuti. ^- m.dnt.cor/.I m (9/7/ co/?./- Fig. U. Innere \ orderansicht von Hepia: M. coniuncti. M.ant.con.II(Fig.l2-U). Bezeichnend ist wieder die über die Knorpelstielbasis hin- wegziehende, schmale Sehne. Der Verlauf des Muskels entspricht genau dem der Oegopsiden. Bei Rossia (Fig. 12) am besten ausgebildet, 336 Arno (UoekaiKT, m.trochl.r m. sup.con. m. trocM/l Fig. 15. Innere \'orderau.>ielit vun lUi'x: Tiuchleurkuorpel- nuiskeln. bei Loiia)' unter dem Knorpelstiel entlang. In bezug auf seinen Ansatz geht er eine innige Verschmel- zung mit dem des M. ant. con. I ein (Fig. 1 1 ). Abraliopsis (Fig. 1 1 ) zeigt eine breite Entwicklung des Fächers bei schwächeier Aus- bildung der Wurzel. Mächtig entwickelt ist der M. ant. I bei den Myopsiden (Fig. 17, 19), mit Ausnahme von Ross/d (Fig. 18), wo er außerdem parallel dem Knorjjelstiel zieht. Bei Sepia (Fig. 19) ist er füi' den Durchtritt eines an der »Spitze des Knorpel- stieles entspringenden Muskels gespalten. M. ant. II (Fig. 11,17-19). Der kräftige Ursprung ist untei' dem des M. ant. I am vor- deren, medianen ()r])italknorpel gelegen. Der Muskel zieht schräg ventralwärts. Seine fächerförmig ausstrahlenden Fasern sind mit denen des M. ant. con. II ver- schmolzen (Fig. 11 ). Dieser Mus- kel ist bei allen von mir unter- suchten Arten gefunden worden. Eine merk\^^rdige Ausnahme macht Sepia (Fig. 19). Hier tritt offenbar der schon von Krohn beschriebene schmale Muskel ein. CO/?. Fig. 17. Inneip Vonler.'iiisieht von Uhx: ^^. antprimi m an/.I Fig. 18. Uinere Vorderaitsicht von Ronniii: M. .intPiiores. md/?Al' m.a/?/I Fig. i<». Innere VoKlcransiiht von ,S,'piii: M. anteriores. 338 Arno (Jlofkrtuor, Er eutspiin>Es stellte sich bald heraus, daß diese hochorganisierten Tiere ein System von kompensatorischen Augenbewegungen besitzen, wie vielleicht kein andrer Repräsentant sowohl der Vertebraten als der Invertebraten. Die Eigenart der kompensatorischen Augenbe- wegungen der Octopoden liegt vornehmhch darin, daß dieselben haupt- sächhch, ja fast ausschheßhch in der vertikalen, mit der Längsachse des Tieres zusammenfallenden Ebene zu Stande kommen«. Er stellte fest, daß das Tier eine kompensatorische Augenrotation bis 90 ° vollzieht. Es ist also zweifellos, daß die Augen der meisten Cephalopoden ausgiebige Bewegungen auszuführen vermögen. Auf Grund des ana- tomischen Befmides der Muskeln ist es ersichtlich, daß eine derartige nach allen Richtungen gehende Bewegung möghch sei, wenn auch nicht alle von mir beschriebenen Muskeln Bewegungen des Bulbus vermitteln dürften. Zunächst bei den Decapoden wird der schwache M. post. I (Fig. 1, 2) von ganz geringem Einfluß sein. Dem M. ant. con. I und II (Fig. 10—14) und dem M. sup. con. (Fig. 6, 10, 11) ist infolge ihrer schwachen Ausbildung eine Bewegungsmöglichkeit des Bulbus kaum zuzuschreiben. Die M. anteriores con. der Oegopsiden (Fig. 10, 11) dienen scheinbar nur dem Zwecke, die vorn sehr nahe aneinander tretenden Augen zusammenzuhalten. Es sind gewisser- maßen Verbindungsbrücken zwischen beiden Augen bei Ermange- lung des Orbitalknorpels an dieser Stelle. Dagegen dürften die fol- genden kräftigen Muskeln der Decapoden eine Bewegung des Bulbus vollziehen können: der M. post. II, die M. inf., die M. sup. und die beiden M. ant. Was die Leistungsfähigkeit der Muskeln bei den Octo- poden anlangt, so kommen vor allem die vier kräftigen Muskeln in Frage, während die beiden andern schwach ausgebildeten eine Be- wegung kaum vermitteln können. Zur Aiiatomio und Jlislülogic des Cephalopodenaugcs. 34:3 B. Knorpelgebilde. In Zusanmienhanif mit den Aluskeln sind die beiden Kiiorpel- gebilde, der Troclilearknorpel und der Hufeisenknorpel, zu behandeln. Beide sind nur für die Decapoden typisch; die Octopoden haben sie nicht aufzuweisen. Der an der vorderen, medianen Fläche des Auges gelegene Trochlearknorpel ist von verschiedener Gestalt. Charakte- ristisch für die Oegopsiden {Illex, Todarodes) ist eine kurze, schmale Form des Stiels mit einer dichotomen Verzweigung (Fig. 10). Bezeichnend für die Myopsiden [Rossia Fig. 12, Loligo Fig. 13, Sepia Fig. 14) ist eine lange, oft keulenförmige Ausbildung. Den Tiefseeformen Chiroteuthis und Ahraliopsis fehlt dieser Trochlear- knorpel. Der Hufeisenknorpel konnte bei allen von mir untersuchten For- men der Decapoden festgestellt werden. Auch die Tiefseeformen be- sitzen ihn, allerdings in ganz schwacher Ausbildung. Hensen (1865) beschreibt diesen Knorpel folgendermaßen: »Rings dem dickeren Ab- schnitt der Knorpelhaut angelehnt, finden %vir nun noch bei Sejna und SepioJa einen besonderen Hilfsapparat, den Hufeisenknorpel. Es liegt dieser Knorpel rings in den Winkel eingekeilt, welcher an der Ansatzstelle des visceralen Kapselblattes hinter dem Bulbus sich bil- det, nur vorn, wo der Trochlearknorpel liegt, fehlt er. In der Nähe desselben endet er mit zugeschärftem Rande. Er hat einen dreieckigen Querschnitt, die Basis dieses Dreieckes ist konkav und liegt dem Bul- bus an, die .Spitze ist ein wenig ausgezogen, so daß der ganze Knorpel hier eine Firste trägt, doch setzen sich keine Muskeln an ihn an. Ich bemerkte auch nirgends Apparate, die ihn innig an den Bulbus binden, sondern er liegt nur in einer von zierhchen, sternförmigen Zellen durch- setzten Gallerte.« Entgegen der Behauptung Hensens, daß sich am Knorpel keine Muskeln ansetzen, kann ich feststellen, daß sich bei allen Formen, die ich untersuchte, am Knorpel in seiner ganzen Länge zahlreiche, kurze Muskelbündel anheften. Sie entspringen am hinteren Orbitalknorpel- rand unmittelbar imter dem Ursprmig des M. post. II und inserieren an der von Hensen beschriebenen Firste des Knorpels. Die mikro- skopische Untersuchung läßt die muskulöse Struktur dieser kurzen Bündel deutHch erkennen. Außerdem nehmen an beiden Enden des Knorpels Muskelfasern ihren Ursprung, die sich am Bulbus an- setzen. Es ist somit eine Bindung des Knorpels an den Bulbus geschaffen. 23* 344 Arno Glockauer, II. Anatomische und histologische Untersuchungen, vornehmlich bei Chiroteuthis imperator. Es gelangten fünf Exemplare von Chiroteuthis imperator zur Un- tersuchung. Eins von ihnen wurde auf der deutschen Tiefsee-Expe- dition erbeutet, die andern stammen aus der Sannnlung Dofleix und wurden in der japanischen Sagamibai gefangen. Für die Über- lassung dieses so wertvollen Materials bin ich Herrn Geheimrat Chun zu ganz besonderem Danke verpflichtet. Von andern Arten wurden herangezogen: Abraliopsis, Illex, Ommatostrephes, Sejna, Loligo, Rossio. Chun (1910) machte über das Auge von Chiroteuthis vor allem, was die äußere Form angeht, folgende Angaben: »Die in der Mitte des Kopfabschnittes liegenden Augen quellen nicht vor und bedingen dadurch die walzenförmige Gestalt der gesamten Partie. Sie besitzen in der Aufsicht eine annähernd kreisrunde Kontur und sind in der Kichtung der Hauptachse abgeplattet. Der Querdurchmesser beträgt bei dem von der Expedition erbeuteten Exemplare 23 mm, während die Hauptachse etwa 15 nun mißt. Wie aus diesen Maßen hervorgeht, handelt es sich immerhin um ansehnliche Augen, welche in der 'Me- diane des etwa 32 mm breiten Kopfes so stark genähert sind, daß sie nur eine schmale Brücke zwischen sich frei lassen. Der Bulbus ist von schwärzlich grauer Farbe, und die 6 mm breite Iris zeigt Me- tallglanz. Die Pupille weist einen Durchmesser von 9 mm auf und wird von der etwas vorquellenden Linse ausgefüllt. Das Sehganglion ist stumpf dreieckig und hegt der hinteren Innenfläche des Bulbus, ein wenig der Dorsalseite genähert, an. Es ist in der Richtung der Augenachse abgeplattet und besitzt eine größte Breitenausdehnung von 13 mm. Wie eine Guirlande umfaßt es der unregelmäßig gelappte und dem Bulbus sich innig anschmiegende weiße Körper.« Meine Untersuchungen beginnen mit der Ärgentea externa, die nach Entfernung des parietalen Blattes der Kapsel in ganzer Aus- dehnung zu Tage tritt. 1. Ärgentea externa. Sie zeigt bei Chiroteuthis (Fig. 27) denselben Verlauf wie bei allen andern Decapoden. Ausgezeichnet ist sie durch die prächtigen Leucht- organe (Fig. 27 lu), die Chun (1910) so trefflich beschreibt. »Bei Chi- roteuthis sind eine große Zahl hnsenförmiger Leuchtorgane ausgebildet, die sich auf der Ventralfläche des Auges in drei Reihen anordnen und Zur Anatomie und Histologie dos Cephalopodenauges. 345 durch ihren intensiven ({lanz wie eine Kette von Edelsteinen auf dem dunklen Grunde des l^ulbus hervorblitzen. << «^ s Eine auffällig starke Entwicklung der Argentea externa in der Iris haben Illex (Fig. 28 Ar, e) und Sepia aufzuweisen. 346 Arno Glockauor, 2. Äußere Augenmuskeln. Es sind die für Decapoden typischen Muskeln (Fig. 27 m), aller- dings zimi Teil sehr zart ausgebildet. In Ermangelung eines Knor- pelstiels fehlen selbstverständlich die Trochlearknorpelniuskeln. 3. Argentea interna. In ihrem ganzen Verlauf schmiegt sie sich bei Chiroteuthis eng an die Sclera als äußerst dünne Schichte an. Die Plättchen liegen nur ganz vereinzelt auf der dünnen Bindegewebelamelle. Nahe an der siebförmig durchlöcherten Stelle der hinteren Knorpelhaut ist sie kaum wahrnehmbar, während sie doch bei andern Arten {Loligo, Illex) ge- rade hier eine auffallende Stärke besitzt. 4. Sclera. Nach Hensen (1865) ist von einer Dreiteilung der Sclera zu spre- chen, a) dem Irisknorpel, b) dem Äquatorialknorpel, c) der hinteren Knorpelhaut. Die genannte Teilung in drei Partien sei für Sepia und Loligo durchaus durch den histologischen Unterschied der Teile, aber auch durch die Funktion bedingt. Was den histologischen Unter- schied betrifft, so kann ich bei Chiroteuthis (Fig. 27), wie bei allen andern Oegopsiden feststellen, daß Iriskuorpel {Jk) und hintere Knor- pelhaut {h hl) von gleicher Struktur sind. a) Irisknorpel. Nach Hensen, der vor allem Sepia untersuchte, ist der Ring eine dünne, homogene, sehr biegsame Platte, in der sich nur hin und wieder Kerne zeigen. Bei Chiroteuthis (Fig. 29 Jk) und Illex (Fig. 28) finde ich dies nicht ganz bestätigt. Der Irisknorpel, in dem hier zahl- reiche Knorpelkörper verstreut liegen, ist relativ dick entwickelt, bei manchen Exemplaren übertrifft er sogar den Aquatorialknorpel an Dicke. Auffallend dünne Entwicklung zeigt der Knorpel an der nach der hinteren Körperregion gelegenen Fläche des Augenbulbus. Bei Chi- roteuthis (Fig. 27, 29) bedeckt er das Corpus cihare in ganzer Länge, während der bei Illex (Fig. 28) kurz, aber besonders dick ausgebildete Knorpel ungefähr bis zur Mitte des Corpus cihare sich erstreckt, um dann nach vorn in eine dünne, bindegewebige Lamelle auszulaufen. Was die an den Irisknorpel ansetzende Muskulatur betrifft, so kom- men die bei Hensen erwähnten Sphincteren vor allem in Betracht, die nach seiner Beschreibung bei Sepia auf der äußeren Fläche des Zur Anatüinic iiiul Histologie des Cephalopodenauges. 347 Knorpels liegen. Er unterscheidet zwei Gruppen, die einen an und auf dem inneren freien Rande, die andern stärkeren an dem hinteren Fig. 28. Schnitt durch das vordere Viertel des Auges von Illex. Vergr. 15. Rande der Platte; auf der Mitte sei die Muskulatur sehr spärlich. Dagegen konnte ich bei Ckiroteutliis (Fig. 27, 29) und lUcx (Fig. 28) Ar,e JA sph Fig. 29. Schnitt durch das vordere Viertel des Auges von ChiroteuUns. Vergr. l.j nur eine, dafür aber sehr kräftig ausgebildete 8t eile des Sphincters feststellen, und zwar bei Chiroteuthis (Fig. 27, 29) gerade in der Mitte 348 Arno Glockauer, des Knorpels, wo die Muskulatur bei Sejyia nach Hensen sehr spär- lich ist. Bei Illex (Fig. 28) ist sie weiter nach vorn gelegen. Wie der Irisknorpel an der nach der hinteren Körperregion gelegenen Fläche des Augenbulbus eine schwache Entwicklung zeigt, so gilt dies in ganz besonderem Maße für den Sphincter an dieser Stelle des Bulbus. An der Vorderfläche des Augenbulbus sind sowohl Irisknorpel als Sphinc- ter am kräftigsten ausgeprägt. b) Aquatorialknorpel. Er ist bei Ckiroteuthis (Fig. 27) nicht überall von gleicher Länge. Der die Ventralfläche des Bulbus ausmachende Teil ist ungleich länger ausgebildet als der dorsal gelegene Teil. Auch die an sich geringe Dicke des Knorpels ist ganz verschieden. An der dorsalen und ven- tralen Seite war er bei einem Exem- plar 0,12 mm stark, während der , .,, .^., . ,\ an der Hinterfläche gelegene Teil i :0::l^'^V.(3';\:??° . nur 0,08 nun maß. Die sehr dün- -^ M o - - , ^ O, ■jj.-''—^-.-'' —rrrrr-- ÜfljS^I®!*: i|o \^:\ ■■:] ■ ■:! -\^-,. ,__y ■ '^- ^■;;^;V;9:.|\.-^ :- ^ | nen Wände zwischen den einzelnen Zellen sind allein stehen geblieben, da die Knorpelkörper meist infolge von Resorption geschwunden sind, -li'^'l •®i ^^^'^t'"^'' ■ .'1-; ^^^c^i ^i^ Wände des Knorpels an der Innen- und Außenseite des Bulbus zeigen ganz schwache Ent- , ,,-'.,, , Wicklung. Meist erstreckt sich, wie Längsschnitt (lurch ilen Aquatorialknorpel von _ ° ommatostrephes. Vergr. 104. dics Hensen auch für Sepia fand, nur eine Zelle durch die ganze Dicke des Knorpels. Daß dies jedoch keine allgemeine Geltung haben kann, lehren verschiedene Beispiele. In dem mit dem Irisknorpel verbun- denen Ende des Aquatorialknorpels kann man bei Ckiroteuthis bis- weilen zwei Reihen von Zellen beobachten. Ebenso ist es bei Illex der Fall. Das glänzendste Beispiel liefert die Ausbildung des Äqua- torialknorpels von Ommatostrephes (Fig. 30). Hier sind sogar vier Zellen durch die ganze Dicke des Knorpels entwickelt. Somit finden Langers Angaben, die Hensen für unzutreffend erklärt hatte, auch ihre Bestätigung. c) Hintei'e Knorpelhaut. Sie besteht bei Ckiroteuthis (Fig. 27) aus einer dünnen, knorp- ligen Haut, in der vereinzelte Knorpelzellen anzutreffen sind. An Zur Anatoniie und Histologie des Cephalojjodeuauges. 349 der hinteren, inneren Fläche des Bulbus, wo das Ganglion dem Bul- bus anhegt, und an der siebförmig durchlöcherten Stelle, wo die Seh- nerven hindurchtreten, ist sie auffallend stärker entwickelt, während man in der Gegend des vorderen, iinieren Umfanges des Bulbus nur von einer zarten, bindegewebigen Lamelle sprechen kann. Durch ganz besondere Dicke zeichnet sich die hintere Knorpelhaut bei Illex aus, dort wo sie mit dem Aquatorialknorpel der hinteren Fläche des Bulbus in Verbindung steht. Hier übertrifft sie fast den Äquatorial- knorpel an Stärke. Nach der vorderen Fläche hin nimmt sie alhuäh- lich an Dicke ab. 5. Ciliarmnskel. Bereits Langer (1850), nach dem der Muskel benannt worden ist, hat ihn folgendermaßen beschrieben: »An dem vorderen Stück der Sclerotica entsteht ein Binnenmuskel des Auges; seine Lage im Ciliarkörper, sein Verhältnis zur Linse machen es sehr wahrscheinlich, daß er der Accommodation des .Auges diene. Er ist ringförmig ge- staltet und hängt einerseits mit der knorpligen Sclerotica an ihrem Einge, andrerseits durch seinen inneren Rand mit dem Strahlenkranz zusammen. Sein Gewebe besteht aus Fasern, die von dem andrer Muskeln dieser Tiere sich in nichts unterscheiden. Es sind platte, sehr lichte Bänder, am Rißende undeutlich längsgestreift und mit nur wenigen bemerkbaren Kernen versehen. Die Fasern liegen dicht gedrängt aneinander und bilden die Radien in diesem muskulösen Ringe, nach außen entstehen sie vom Knorpelring, nach innen endi- gen sie an den Falten des Strahlenkranzes, und da dieser in die Linse eingeht, so ist unmittelbar der andre Angriffspunkt des Muskels die Linse selbst. << Dieser LANGERsche Muskel w^urde von H. Müller (1854) bestätigt. Er stellte außerdem schiefe und kreisförmige Mus- kelfasern fest. Hensen (1865) gab folgende Beschreibung: »Der radiäre Muskel liegt am weitesten nach innen, er geht mit vielem Bindegewebe ge- mischt, teilweise zmn Corpus ciliare; mit seinen äußeren Fasern setzt er sich aber an die innere Fläche des Irisknorpels. Nach außen von ihm folgt der Ringmuskel, der übrigens auch ein wenig schräg gerichtet ist; er ist nicht mit dem Sphincter der Iris kontinuierlich; nach außen von diesem wiederum liegt der Schrägmuskel, der Aveiter nach der Iris zu fast radiär wird und sich stark an die Kante des Knorpels befestigt. << Hess (1909), der die Accommodation des Cephalopodenauges auf Grund physiologischer Untersuchungen an diesem Muskel feststellt, 350 Arno Clockauor, — m. ob/. -m.röä. macht nachstehende makroskopische Angaben über die Anatomie des Muskels, indem er den Augenbulbus von innen aus betrachtet: »Peri- pheriewärts von dem CiUarring (Corpus ciUare) treffen wir bei allen Cephalopoden auf einen zwei- ten konzentrischen Ring, der aber zum Unterschied von jenem nicht überall gleiche Breite hat. Er ist durch wesentlich dunkel- braune, bei »Sepien fast schwarze Farbe ausgezeich- net und sowohl ciliarwärts Avie netzhautwärts scharf begrenzt. Oben und unten ist er am schmälsten, vorn und hinten meist um die Hälfte breiter. Es ist eine meist gleichmäßig weiße oder zart gestreifte, halb durchscheinende Masse. Am gehärteten Auge tritt die Streif ung sehr viel deutlicher vcrgr.73. hcrvor. Die einzelnen Strei- fen vereinigen sich ciliar- Ae pep JK Fig. 31. Längssfhnitt durch deiiCiliarmuskcl von lUex. m.rao. Fig. 32. LängssLiinitt durch d(?n Ciliarnuiskcl von Chiroteidhis. Vergr. 7:i. wärts zu feinen Bündeln, die kontinuierlich in die radiären Pfeiler des Ciliarringes übergehen. << Was den ganzen Bezirk, den Radiär-, Ring- und Schrägnmskel, Zur Anatomie und Histologie des Cephalopodenauges. 351 bei ChiroteutJiis (Fig. 32) anlangt, so stimmt er mit dem von Illex (Fig. 31 ) in bezug auf Ursprung, Verlauf und Ansatz vollkonnnen überein. Die schiefen, ringförmigen Muskelfasern sind genau so aus- geprägt wie bei Sepia; doch der Radiärnuiskel läßt in bezug auf den Ursprung (Fig. 28, 29) eine kleine Abweichung erkennen. Er ent- springt bei Chiroteutkis und Illex nicht, wie Hensen bei Sepia fest- stellt, an der äußeren Kante des Äquatorialknorpels, sondern nimmt seinen Ursprung an der inneren Wand des Knorpels, und zwar in der Mitte desselben, wo die Retina ihr Ende hat (Fig. 27, 28, 29). Dieses Verhalten scheint für alle Oegopsiden typisch zu sein. Den Verlauf des Radiärmuskels, der für eine Accommodation des Auges haupt- sächlich in Frage konnnt, möchte ich eingehender, als es bisher ge- schehen ist, beschreiben. Er läßt erkennen (Fig. 31, 32), daß er sich aus drei Teilen zusammensetzt. Zunächst zieht dieser Muskel, z. B, bei Illex, wo er am deutUchsten ausgeprägt ist, dem Knorpel eng an- liegend, bis an dessen Ende (Fig. 28), um sich hier in zwei Aste zu teilen, die die großen Blutgefäße zmschen sich nehmen. Der innere, der am kräftigsten entwickelte, verläuft unterhalb der großen Ring- gefäße und geht in den inneren Teil des Corpus ciliare. Der äußere Ast, der sich abermals teilt, zieht oberhalb der großen Gefäße. Der eine Teil, der zu äußerst gelegen ist, setzt sich an der hinteren, inne- ren Kante des Irisknorpels an, der andre, der stark von Bindegewebe durchsetzt ist, zieht nach dem Corpus ciliare, um sich in das starke Bindegewebsseptum fortzusetzen. Übrigens ist auch bei Sepia diese Dreiteilung des Radiärmuskels zu bemerken, nur mit dem schon er- wähnten Unterschied, daß er an der vorderen Kante des Aquatorial- knorpels entspringt. Sind diese drei Teile des Muskels bei Sepia kräftig, bei Illex (Fig. 31) sogar äußerst kräftig ausgebildet, so ist bei Chiroteuthis (Fig. 32) eine ganz schwache Entwicklung recht sinn- fällig. Interessant ist z. B. ein Vergleich der Stärke des innersten Astes des Radiärmuskels von Illex und Chiroteuthis bei gleichgroßen Augen. Bei Illex hat die dünnste Stelle eine Dicke von 0,025 mm, die dickste 0,05 mm aufzuweisen, während bei Chiroteuthis die dickste Stelle nur 0,0065 mm mißt. Die dünnste Stelle von Illex ist also viermal, die dickste sogar achtmal so stark wie bei Chiroteuthis. Außerdem tritt bei Chiroteuthis das Bindegewebe stark in den Vorder- grund, wie dies am besten die van GiESONsche Färbung beweist, die den Radiärmuskel z. B. fast nur rot färbt. Gelbgefärbte Muskelfa- sern sind nur ganz vereinzelt zu sehen. Diese starke Reduktion des Ciliarmuskels bei Chiroteuthis ist eine leicht erklärliche Anpassung 352 Arno Glockauer, an das Tiefenleben, und man kann wohl auf Grund dieses Befundes, für Chiroteuthis wenigstens, die berechtigte Annahme machen, daß dieser Tiefseeform kaum ein Accommodationsvermögen zukommen kann. Chun (1910) konnte bei Benthoteuthis auch nur eine ganz schwache Ausbildung des Ciliannuskels feststellen; er war jedoch der Meiimng, daß den Tiefseecephalopoden eine geringe Accommodations- fähigkeit nicht abzusprechen sei. Bei Chiroteuthis sprechen also zwei Gründe gegen eine Funktionsfähigkeit. 1. die äußerst schwache Ent- wicklung dieses Muskels, zumal wenn man die relativ große Form der Augen in Betracht zieht, 2. die vorwiegende Ausbildung des Binde- gewebes, in dem Muskelfasern nur ganz vereinzelt anzutreffen sind. 6. Die mnskalöse Verbindung des Äquatorialknorpels mit der hinteren Knorpelhaut. Präpariert man ein Auge, z. B. von Illex, so weit ab, daß die ganze Sclera zutage tritt, so kann man an der ganzen vorderen Fläche des Augenbulbus zwischen Äquatorialknorpel und hinterer Knorpelhaut schon mit bloßem Auge einen deutlich sich abhebenden, sichelför- migen Bezirk beobachten (Fig. 10, 15, 17), der dorsal- und ventral- Fig. 33. Längsscliiiitt iliirch die muskulöse Veibiiulung des Äquatorialknorpels mit der hinteren Knorpel- haut. Versir. 41. wärts ganz allmählich immer schmäler wird. Er ist bisher noch nicht beschrieben worden. Untersucht man diese Stelle mikroskopisch, so findet man, daß es sich um eine Einschaltung zwischen Aquatorial- knorpel und hinterer Knorpelhaut handelt, die bei Illex fast aus- schheßhch aus Muskelfasern, wie Fig. 33 (mu) zeigt, bei den Myop- siden Rossia und Loligo aus Bindegewebe und Muskelfasern besteht. Die Muskelfasern, die radiär verlaufen, sind mit den typischen, läng- lichen Kernen ausgestattet. Bei den Tiefseeformen Ahraliopsis und Zur Anatomir und Histologie des (V])haIopodenauges. 353 Chiroteuthis läßt sich eine deutliche Ausbildung nicht feststellen. Die Myopsiden zeigen eine breitere Entwicklung des ganzen Bezirkes. xMögliclierweise steht dieser sichelfiu'niige Muskelbezirk im Dienste der Acconimodation. Bekanntlich hat Hkss (1909) eine einwand- freie, jetzt allgemein anerkannte Theorie über den Acconnnodations- niechanisnnis aufgestellt. Ihm gelang es, durch Reizung des Gehirn- ganglions die Kontraktion des Ciliarnniskels zu bewirken. Diese Kon- traktion bedingt es, daß die dem Muskel entsprechende, ringförmige Partie der Augenhöhle verkleinert, und der Druck im Innern erheb- Kch gesteigert wird. Durch den gesteigerten intraocularen Druck wird nicht nur die mit den BulbushüUen aufs innigste zusammen- hängende Linse ohne Änderung ihrer Form nach vorn gedrängt, sondern daneben werden, wie Hess besonders hervorhebt, auch die nachgiebigen Hüllen der hinteren Bulbushälfte ausgebuchtet. Da der von mir beschriebene Muskelbezirk einen Teil der Bul- bushülle selbst ausmacht, kann er um so eher für die Acconimodation in Frage kommen. Zw^ei Möglichkeiten einer Erklärung lassen sich anführen: 1. die Kontraktion erfolgt gleichzeitig mit der des Ciliar- muskels, wobei der intraoculare Druck entsprechend erhöht werden dürfte. 2. die Kontraktion tritt erst ein, nachdem sich der C'iliarmus- kel kontrahiert und die hintere Hälfte des Bulbus ausgebuchtet hat. Auf diese Weise könnte es der Muskel bedingen, daß diese hintere Bulbushälfte in ihre alte Lage gebracht würde. Der Muskelbezirk befindet sich, wie erwähnt, nur an der vorderen Augenfläche. Dies hat seinen Grund in folgendem: an der hinteren, median gelecrenen Fläche liegt das Ganglion dem Bulbus eng an, so daß hier der Bulbus sich nicht ausbuchten kann. Also würde an dieser Stelle der Muskel überhaupt nicht wirken können. 7. Corpus ciliare. Es zeigt bei Chiroteuthis (Fig. 27, 29) denselben Bau wie bei allen andern Cephalopoden ; besonders reichlich ist es von Blutgefäßen durchsetzt. Das Bindegewebsseptimi, das aus dem mittleren Teil des Radiärmuskels hervorgeht, läuft bis zur Linse. Es ist kurz vor dem Übergang in die Linse durch eine Verdickmig ausgezeichnet (Fig. 27, 29), die, scheinbar knorpliger Natur, einen schützenden Ring um das Auge bildet. Unterhalb dieser Anschwellung in dem hinteren Ciliarknorpel treten stark pigmentierte Zellen auf (Fig. 29). Die großen Epithelzellen (auf den Zeichnungen nicht zu sehen) kommen kaum bis an die verdickte Stelle des Bindegewebsseptums heran, stehen also 354 Arno Glockauer, 'k^'^-s/- in weitem Abstand von der Linse, so daß ihre faserigen Ausläufer, die alle nach der Linse streben, besonders lang erscheinen. Das der hinteren Fläche des Corpus ciliare anhegende Pigment epithel ist nur schwach entwickelt (Fig. 29). 8. Retina. Für die Erörterungen übei' die Retina niiichtc ich ausschheßhch die von Chiroteuthis in Betracht ziehen. 8ie erstreckt sich allseitig bis zur Mitte des Ac^uatorialknorpels (Fig. 27). Zwischen ihr und der Sclera kommen viele große Capillaren in einem sternförmigen Bindegewebe vor (Fig. 27, 34). ^ -^ Auch unterhalb der Basal- membran (Fig. 34) liegen zahl- reiche Gefäße, die mehr oder weniger von rundUchen Blut- körpern und ihren meist zwei- und dreilappigen Kernen er- füllt sind. Die Retina ist nicht überall, wie Fig. 27 zeigt, von derselben Dicke, und zwar sind es vor allem die verschie- den langen Stäbchen, die diese Formveränderung be- dingen. In der Mitte ist eine Zone, die kürzere Stäbchen von 0,21 mm Länge aufzu- weisen hat. Dorsalwärts sind sie bereits 0,27 nun lang. Die dickste Stelle aber, die des deutlichsten Sehens, ist mehr ventral gelegen und ist durch 0,32 mm bis 0,36 mm lange, dicht gedrängt stehende Stäbchen aus- gezeichnet. An dieser Stelle zeigt auch die Kernregion (Fig. 27) ein besonderes Verhalten, indem hier mehrere Schichten von Sehzellen- kernen, die teils oval, teils rund gestaltet sind, auftreten. Eine Fovea, wie sie Chun (1910) bei Benthoteuthis beschreibt, konnte ich nicht feststellen; die ventral gelegene, verdickte Stelle entspricht ihr offenbar. Was die Pigmentverhältnisse der Retina anlangt, so kann ich über eine recht interessante Erscheinung berichten. Chun (1910) fand bei allen pelagischen Tiefseeformen eine ausgesprochene Dun- • /^'i'(i".';/!»,'.''U'.'jf'.'"//''^«»i •;«l''J,v,V '"'»'•«iV»"'« -^ ^-r^^i^ r^ö^ Fig. 34. Längsschnitt durch die Retina von Chirotcathi Vergr. 109. Zur Anatoniio luul Histologie des (\'])lialo])0(len;uigL'S. 355 kclstellung des Pigments und kam daher zu folgender Annahme: »Bei dem Befund«, so schreibt er, »spiegelt sich die pelagische Eigenart unsrer Tiefseeformen so simifällig wieder, daß es mir zweifelhaft [er- scheint, ob ihnen überhaupt eine Pigment Wanderung zu- kommt.« Daß aber eine Pigmentwanderung bei Tiefseeformen unter bestimmten Verhältnissen nicht ausgeschlossen ist, lehrt ein Exem- plar von Chi rote Utk is, das Pigment sogar vitralwärts in den zugespitz- ten Enden der Stäbchen in kolbenf()rmiger Anordimng zeigt (Fig. 35). AVie Hess (1905) bei allen andern, nicht in der Tiefsee lebenden Arten hat nachweisen können, so nniß auch hier das Pigment, durch irgend- welchen Lichtreiz veranlaßt, in den Stäbchen nach vorn gewandert sein, wo die einzelnen Pigmentanhäufungen eine dichte innere Zone, die sich über die ganze Retina erstreckt, zusammensetzen. Es ist also hiermit ent- gegen der Vermutung Chuns festgestellt, daß eine Pigmentwanderung auch bei Tiefsee- cephalopoden möglich ist. Über die Ursache, welcher Lichtreiz diese Wanderung bedingt hat, lassen sich nur Vermu- tungen aussprechen. Da allgemein angenommen wird, daß in der Tiefsee dauernde Dunkelheit herrscht, ist es wohl ausgeschlossen, daß eine Rei- zung der lichtperzipierenden Elemente in der Tiefe stattgefunden hat. Obgleich für diese äußerst licht- empfindlichen Dunkeltiere der Lichtreiz gar nicht , , . Längsschnitt duirli die SO intensiv zu sein braucht, um zu reagieren, so distale stäbciienregion dürfte doch die Leuchtkraft der Leuchtorgane ^on chiroteuthis; Pig- Iichtproduzierender iiere kaum ausreichen, um eine -,,„1 derartige Pigmentwanderung bis in die vitralwärts gelegenen Enden der Stäbchen hervorzurufen. Eine andre Deutung wird wohl die richtigere sein. Chun (1910) erwähnt in der Einleitung zu seinem großen Tiefseewerk, daß die Tiefseecephalopoden in Aus- nahmefällen, durch verschiedene Bedingungen veranlaßt, in gutem Zu- stand an die Oberfläche getrieben werden. Nun ist es möglich, daß das in Rede stehende Exemplar, in oberflächliche Regionen gedrängt, am Tage erbeutet worden ist, so daß der intensive Lichtreiz die Pig- mentwanderung bis in die äußersten Enden der Stäbchen hat veran- lassen können. Denkbar wäre noch die Möghchkeit, daß das Tier beim Heraufziehen aus der Tiefe an die Oberfläche hier dem intensiven Sonnenhcht ausgesetzt gewesen ist. Eines steht jedenfalls einwandfrei Fig. 35. 356 Arno Glockaucr, fest, daß den Tiefenformen unter bestimmten Verhältnissen eine Wande- rung des Pigmentes zukommen kann. Eine merkwürdige, auf irgendwelche mechanische Einflüsse zu- rückzuführende Erscheinung ist noch erwähnenswert. In den Stäbchen von Chiroteitt/iia findet sich bei einigen Exemplaren eine Unmenge von großen imd kleinen körnigen Gebilden (Fig. 36), die teils rund, teils oval gestaltet sind. Sie werden nur durch Heidenhainsches Eisen- hämatoxylin intensiv schwarz gefärbt, bei andern Färbungsmitteln, z. B. Hämalaun, Delafieldschem Hämatoxyhn und van Giesonscher Färbung treten sie nur ganz undeutlich in die Erscheinung. Die Stäb- chen sind meist auseinanderge- di'ängt und zum Teil zerrissen ■,., ,^ ,.. . . i<;|jijjp|riilb5:>:v (Fig. 37). Die Stäbchenschichte . . , / ' ';, '■-■'}^- hat sich in toto von der übrigen ■,,,,:'...■.,.,■■:.'■■■' .■';;'• V'' ■;!:':■ Retina losgetrennt. i ■ • ■■ V : '^ :^- ■'•',..''■''■■'''■■■'■:■'' "■:';:■[■:''■ Hensen (1865) fand in den I,-; ..•:,.■,,-.■.■•,.'. . 7 ■■','■■•,,■,■■' ,■.•:'. :- ■; .•;'''•'.'',■, :<, '■'■;•;■ Stäbchen von Sepia feinkörnigen ;■. :. ; ..'; •; ' , ' ':.',■•.; ,,-.,:',-' ; : Inhalt, zum Teil auch mit größe- • V ';•;:•;'! ^'<;:;;■^ .. 1-7 ^y^i' ren Körnern. Scheinbar sind ..' • ■-':'^::'':':i'-'-''''':'-'.:''-:'-'fX'-^-' diese Gebilde mit den soeben -'■ '" ,;'■•'',■ ^',, ^''.,~r. beschriebenen identisch. Mer- .] '■ ' - ;. : ' . ' . ]:': , ; ! ',:' ^ i;|;4^ ton (1905) erwähnt, daß in den > V:';•::■^.,'■/v^ ^V^■^ '.'/•' ^;v-'^''f Stäbchen von lUex große und ■-!■ - ^:;::vv.';>?;/.'m'.v;v kleine tropfenartige Gebilde auf- v.'-v ...v,.> i-i'.'r.."' •■ •' treten, die seiner Vermutung nach Fig. 36. von blasigen, unterhalb der Basal- Längsschiiitt durch die stäbchenrcgion von chiro- mcmbran gelegenen Elementen teuthis mit dun »cliwarzcn, körnigen Gebilden. , ..-, i r j_j • n ■■^■ vei-T 109 herrühren und fettiger oder öli- ger Natur sein sollen. Die Annahme, daß es Fett oder öl sein könne, ist auszuschließen, da weder Sudan III noch Osmiumsäure irgendwelche Reaktion er- kennen lassen. Wie erwähnt, liegen bei normalem Auge unterhalb der Basal- membran (Fig. 34) zahlreiche Capillaren, die mit den zwischen Sclera und Retina gelegenen in Verbindung stehen. Der Inhalt aller Gefäße hat, wie es auch bei den körnigen Gebilden in den Stäbchen der Fall ist, nur bei HEIDENHAIN-Färbung eine tief schwarze Farbe aufzuweisen. Bei genauerer Untersuchung läßt sich feststellen, daß der Blutkörper- inhalt der Capillaren aus kleinen Körnchen und rundlich und oval gestalteten Kernen besteht. Nach Cuenot (1891) enthält das Plasma Zur Anatomie und Histologie des Cephalopodenauges. 357 der Blutkörperchen zahlreiche Körnchen. Die Kerne der Blutkör- perchen sind meist zwei- bis dreilappig oder rund und oval gestaltet Insbesondere die mit ovalen Kernen oder bestehen aus zwei Teilen ausgestatteten Blutkörperchen sind ganz erfüllt von Körnchen. Diese Körnchen und Kerne sind aller Wahrscheinhchkeit nach dieselben Gebilde, die in den Stäbchen angetroffen wer- den (Fig. 36, 37).^ Von Blutge- fäßen mit Inhalt unterhalb der Basalmembran und zwischen Sclera und Retina ist bei die- sen Augen nichts wahrzuneh- men. Wie auch die Gebilde in die Stäbchenschichte hinein- gekommen sein mögen, ob durch die Konservierungsflüs- sigkeit bedingt oder durch den kolossalen Druckunterschied, der zwischen den Regionen der Tiefsee und der Oberfläche be- steht, hervorgerufen, will ich dahingestellt sein lassen. Ver- muthch hat sich der Inhalt sämthcher, in der Retina ge- legenen Capillaren in die Stäbchen ergossen, was eine starke Ver- letzung der Sockelregion und eine Lostrennung der Stäbchenschichte in toto zur Folge gehabt hat. Fig. 37. Längsschnitt durcli die proximale Stäbclienregion von Chirotheuthis. Vergr. 605. Zusammenstellung der wichtigsten Ergebnisse. 1. Die vergleichend- anatomische Darstellung der äußeren Augen- muskeln ergab eine nahezu vollkommene Übereinstimmung bei Oegop- siden und Myopsiden. Die Octopoden bilden eine in sich abgeschlos- sene Gruppe. Argonauto argo stellt in bezug auf die Augenmuskulatur die niedrigste Organisationsstufe dar. 2. Auf Grund des anatomischen Verhaltens der Augenmuskeln ist eme allseitige Bewegung des Bulbus möghch. 3. Die äußerst schwache Ausbildung des Ciharmuskels der rela- Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. CXIII. Bd. 24 358 Arno Glockauer, tiv großen Augen von Chiroteuthis imperator schließt eine Accommo- dationsmöglichkeit aus, was auf den Lichtmangel in der Tiefsee zu- rückgeführt werden kann. 4. Die muskulöse Verbindung des Aquatorialknorpels mit der hinteren Ivnoipelhaut {Illex, Rossia, Sepia) dürfte im Dienste der Accommodation stehen. 5. Die ventral gelegene, durch auffallend lange fStäbchen (Ü,3G mm) ausgezeichnete Stelle der Retina von Chiroteuthis entspricht offenbar der von Chun bei Benthoteuthis beschriebenen Fovea. 6. Eine Pigmentwanderung in der Retina der Tiefseecephalo- poden {Chiroteuthis) kann unter bestmmiten Verhältnissen stattfinden. Bei einem Exemplar wurde eine dichte, innere Pigmentzone gefunden. 7. In der Stäbchenschichte der Retina -wiirden bei einigen Exem- plaren von Chiroteuthis zahlreiche körnige, mit Heidenhain tiefschwarz gefärbte Gebilde festgestellt, die aller Wahrscheinhchkeit nach den Inhalt der vielen, in der Retina gelegenen Capillaren repräsentieren. Leipzig, im April 1915. Literaturverzeichnis. 1835. Krohn, Beitrag zur näheren Kemitnis des Auges der Cephalopoden. N. acta Acad. Leop. Carol. 1842. — • Nachtr. Bemerkungen über den Bau des Cephalopodenauges. VhdL d. Leop. Carol. Akad. Bd. XIX. 1850. Langer, Über einen Biiuienmuskel des Cephalopodenauges. Sitzber. d. K. Akad. d. Wiss. M. u. Cl. 1850. 1854. MÜLLER, Bau der Cephalopoden. Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. IV. 18G2-18G6. Bronn-Keferstein, Klassen und Ordnungen der Weichtiere. Bd. III. 2. Abt. Leipzig. 1864. Babuchln, Bau der Cephalopodem-etina. Würzbgr. Natunv. Zeitschr. Bd. V. 1865. Hensen, Bau des Cephalopodenauges. Zeitschi*. f. wiss. Zool. Bd. XV. 1865-1866. Steinlin, Beiträge zur Anatomie der Retina. 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Erklärung der Abkürzungen. m. ant., Musculus anterior; m. ant. con., Musculus anterior coniuuc- tus; m. inj., Musculus inferior; m. post., Musculus posterior; m. sup., Musculus superior; Ae, Äquatorialknorpel; Ar, e, Argentea externa; Ar, i, Argentea interna; bgf, Blutgefäß; bni, Basalmembran; CO, ci, Corpus ciliare; D, Durch trittssteile des Schlundkopfes; Jikn, hintere Knorpelhaut; Jk, Irisknorpel; kn, knorplige Anschwellung; /, Linse; lu, Leuchtorgan; m, Muskel; m. ci, Ciliar muskel ; w. .sup. con., Musculus superior coniunc- tus; m. trochl., TrochlearknoriDelmuskel; 0, Orbitalknorpel; Tr, TrochlearknorpeL m.circ, Ringmuskelfasern; m.hyal., Membrana hyaloidea; m.ohl., schräg verlauf ende Fasern; m.rad., Radiärmuskelfasern; mu, muskulöse Verbindung; ns. Kerne der Sehzellen; pep, Pigmentepithel; jnz, Pigmentzellen; re, Retina; s, Septum; so, Sockeh'cgion ; sph, Sphincter Iridis; st, Stäbchen. Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. Von Albin Ebersbach aus Rüsdorf bei Glauchau. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Leipzig.) Mit 28 Figuren im Text und Tafel VIII und IX. Inhaltsangabe . ö Seite Einleitung und Literatur 362 Körperform und äußere Gliederung 364 Farbe 369 Pallialkomplex 369 Kopfknorpel und Flossenstütze 374 Muskulatur, Flossen und Arme 377 Darmkanal mit seinen Anliängen 387 Kiemen mit Kiemenmilz (»Weißer Körper«) 395 Cölomsystem 398 Nieren 400 Pericard 403 Gesclilechtsapparat 405 Gefäßsystem 417 Venensystem . . , 418 Arteriensystem 433 Nervensystem 441 Die ganglionären Centren und ihre Commissuren 442 Das periphere Nervensystem 446 Sinnesorgane 471 Geruchsorgan 472 Statisches Organ 472 Auge 474 Zusammenfassung 475 Literatur 476 Verzeichnis der Abbildungen im Text 479 Tafelerklärungen ; 482 362 Albin Ebersbach, Einleitung und Literatur. Unter den Octopoden bildet die von Kefekstein (1866) gegrün- dete Familie der Cirroteuthiden eine scharf umschriebene, aberrante Gruppe. Sie umfaßt Formen mit flügeiförmigen Flossen und ein- reihig angeordneten Saugnäpfen, die mit paarigen Cirren wechseln. Formen, deren Mantel ferner rundum bis zur Trichterbasis mit dem Kopfe verwachsen ist und die sich durch einen »Rückenknorpel << wie durch den Mangel des Tintenbeutels auszeichnen. Sie werden heute in folgende Gattungen zusammengefaßt: Cirro- teuthis Eschricht 1836, Stauroteuthis Verrill 1879, Opisthoteuthis Ver- rill 1883, Vampyroteuthis Chun 1903, Froekenia Hoyle 1904 und Cirrothauma Chun 1911. Neuerdings hat Naef (1912) die Opisthoteu- thiden als selbständige Familie von den Cirroteuthiden abgetrennt. Zwar wurde die Gültigkeit des ursprünglich auf nur ein einziges weib- liches Exemplar gegründeten Genus Stauroteuthis von P. Fischer (1883) und anfangs auch von Hoyle (1885) bezweifelt, jedoch hat der letztere dieser beiden Forscher nach späterer genauer Unter- suchung mehrerer hierzu gehöriger Exemplare die Selbständigkeit dieses Genus vollkommen anerkamit (Hoyle 1904) und rechnet ihm folgende drei Arten zu: Stauroteuthis syrtensis Verrill, Stauroteuthis meangensis { = Cirroteuthis meangensis) Hoyle und Stauroteuthis hip- pocrepium Hoyle. Die letztere Art erachtet er für identisch mit Cir- roteuthis umbellata. Die erste Beschreibung der Species Cirroteuthis umhellata gab uns Paul Fischer (1883) in seiner »Note prehminaire sur une nou- velle espece du genre Cirroteuthis«. Sie gründet sich auf drei auf den Fahrten des »Travailleur<< und des »Talisman« gefangene Indi- viduen, von denen die beiden größeren schwer beschädigt waren und das dritte zwar unversehrt und noch lebend die Oberfläche erreichte, jedoch noch auf einem sehr jugendlichen Stadium sich befand. So mußte denn die in den vorläufigen Mitteilungen gegebene erste Dia- gnose sehr unvollkommen und lückenhaft ausfallen, was um so unan- genehmer empfunden wurde, als ihr keinerlei Abbildungen beigefügt waren. Diesem Mangel wurde erst einigermaßen abgeholfen durch die von H. Fischer viel später (1906) veröffentlichte genaue Beschrei- bung derselben drei Exemplare, die besonders noch durch Photo- graphien und nach dem lebenden Tiere angefertigte Aquarelle an Wert gewinnt. Inzwischen wurde im Jahre 1896 auf der Ausfahrt der »Prin- Zur Anatomie von CiiToteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 363 cesse- Alice << abermals ein Vertreter dieser Species in 4366 m Tiefe ge- fangen und von Joubin (1900) in Wort und Bild dargestellt. Leider aber gibt auch dieser Forscher nur eine äußere Beschreibung und er- wähnt namentlich nichts über Gestalt und Lage des für die Systematik wichtigen »Rückenknorpels«. Erst Hoyle (1904) macht hierüber in seiner Beschreibung des Stauroteuthis hippocrepium genauere An- gaben und gibt uns einen Schlüssel zur Unterscheidung der bis dahin bekannten Genera und Species der Familie der Cirroteuthiden. Schließ- lich bringt noch Massy (1907) einige kurze Notizen über die Art Cir- roteuthis umbellata, die jedoch auch nur eine rein äußerliche Beschrei- bung enthalten. Über die Anatomie selbst der Cirroteuthiden lagen bis 1906 nur spärHche Angaben vor. Sie beschränken sich in der Hauptsache auf die Arbeit der beiden Dänen Reinhardt und Frosch (1846) über SciadopJiorus ( = Cirroteutkis) Mülleri. Die erste gründUchere Un- tersuchung einer Species, nämlich von Opisthoteuthis depressa, ver- danken wir W. Th. Meyer (1906). Auf sie werde ich in meiner Arbeit immer wieder zurückkommen müssen. Endlich berichtet uns noch Chun (1911) über die Anatomie des blinden Cirrothauma Murrayi, wohl des eigenartigsten Vertreters der ganzen Familie der Cirroteu- thiden. In größerer Anzahl wurden Individuen von Cirroteutkis umbel- lata erst auf der im Sommer 1910 von Sir John Murray ausgerüsteten Tiefseeexpedition gefangen, welche auf dem Stationsschiff »Michael Sars<< die Tiefen des Nordatlantischen Ozeans zwischen England und der Neufundlandsbank und südlich bis zu den Canarischen Inseln in ozeanographischer und biologischer Hinsicht untersuchte, und von deren reicher Ausbeute Herrn Geheimrat Chun die Cephalopoden an- vertraut wurden. Die Ergebnisse ihrer Sichtung sind im »Report of the Scientific results of the .Michael Sars' North Atlantic deep Sea Expedition 1910« niedergelegt (Chun 1912). Herr Geheimrat Prof. Chun stellte mir nun die Aufgabe, an die- sem wertvollen Material von Cirroteuthis umbellata die bis jetzt sehr spärlichen Angaben über die Anatomie dieser seltenen Species zu er- gänzen, eine Aufgabe, der ich mich gern unterzogen habe. Meine Untersuchungen ^vurden noch unter der Leitung dieses hochverehrten Lehrers völlio; zu Ende geführt. Leider war es mir aber nicht ver- gönnt, ihm auch die abgeschlossene Arbeit noch vorlegen zu können. Für die stete Anteilnahme beim Fortgang meiner Untersuchungen, worin er mich mit so manchem fachmännischen Rat unterstützte, 364 Albin Ebersbach, bin ich ihm zu herzlichem Danke verpflichtet. Auch Herrn Prof. Dr. Woltereck und den Herren Dr. Steche und Dr. Hempelmann schulde ich Dank für ihr freundliches Interesse. Körperform und äußere Gliederung. (Textfig. 1 und 2.) Das äußere Aussehen der mir vorhegenden sechs Exemplare, welches im wesenthchen durch den sackförmigen Mantel mit den paddeiförmigen Flossen und das merkwürdige, die Arme unterein- ander verbindende große Segel bedingt wird, erinnert an Opisthoteu- tJiis und gemahnt uns daran, daß wir es mit Tiefenformen zu tun haben, welche nahe dem Grunde leben, wofür auch die Tatsache spricht, daß alle Tiere mit dem Trawl gefangen worden sind. Der Mantelabschnitt zeigt wegen seiner gallertigen Umbildung keine scharf umrissene Form. Er ist plump sackförmig, hinten ab- gerundet und durchweg ein wenig breiter als lang. Bei dem von Sta- tion 70 stammenden, außergewöhnlich großen, leider etwas beschä- digten Exemplar, das eine Gesamtlänge von 390 mm hat, beträgt die Mantellänge (ventral bis zum Trichter) 75 mm bei einer zwischen den Flossen gemessenen Körperbreite von 80 mm. Das vorzüglich erhaltene Exemplar von Station 25 besitzt bei einer Gesamtlänge von 185 mm und einer Körperbreite von 85 mm eine ventrale Mantel- länge von 60 mm. Von den vier auf Station 53 gefangenen, etwas kleineren Tieren will ich nur die Maße des größten von ihnen angeben. Sie sind: Gesamtlänge 175 mm, Körperbreite 70 mm und ventrale Mantellänge 50 mm. Die beiden in der Mitte des Eumpfes seitlich wagerecht abstehenden Flossen haben die gewöhnliche, breit lanzett- liche Form. Ihr Hinterrand ist etwas verdickt, während der seitliche und vordere Kand in einen dünnen Flossensaum auslaufen. Sie sind bei dem von Station 70 stammenden Exemplar 25 mm breit und 50 mm lang, bei dem Exemplar von Station 25 nur 22 mm breit, aber 34 mm lang, und bei dem größten Tiere von Station 53 endlich erreichen sie eine Länge von 45 mm bei einer Breite von 20 mm. Nach vorn zu geht der Rumpf immerklich in den Kopfabschnitt über. Dieser ist also vom Rumpf durchaus nicht abgesetzt und er- reicht ihn auch vollkommen in der Breite, die hauptsächlich durch die großen, ziemlich weit auseinandergerückten Augen bedingt wird. Die Augen sind an allen Exemplaren nur als dunkle Flecken unter der dicken, halbdurchscheinenden Haut bemerkbar. Ihre Öffnungen sind an fast allen Tieren fest zugekniffen. Zur Anatomie von C'iiToteuthis vimbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 365 Die von außen kräftig muskulös erscheinenden Arme sind un- gleich lang und durch ein gewaltiges Segel, die Umbrella, unterein- ander verbunden. An ihrer Basis haben sie einen stumpf keilförmi- gen Querschnitt und nehmen im ersten Drittel ein wenig an Stärke zu, so daß sie einen ovalen Querschnitt erlangen. Dann verschmälern sie sich allmählich wieder und laufen in eine stummeiförmige Spitze aus. Die dorsalen Arme sind die längsten, die ventralen immer die kürzesten. Hier sind ihre Maße: Tier v. Stat. 70 Tier V. Stat. 25 Größtes Tier v. Stat. 53 1. Arm 300 130 120 2. Arm 260 115 115 3. Arm 230 104 100 4. Arm 220 96 90 Die Umbrella erstreckt sich ziemlich weit gegen die Armspitze. Sie erreicht sie sogar mit einem sehr dünnen, schmalen Saum, der beiderseits am Arme zur Spitze hinaufläuft. Immerhin kann man bei dem Exemplar von Station 70, soweit dies sein Erhaltungszustand erkennen läßt, ein 5 — 8 cm langes Spitzenstück als frei von der Um- brella betrachten. Bei den übrigen Exemplaren bleibt nur ein 4 — 6 cm langes Stück frei. Hierbei ist jedoch noch zu bemerken, daß an der Ventralseite jedes Armes die Umbrella nicht ganz so weit hinauf reicht. Ihr vorderster Anheftungspunkt, der durch eine kleine knötchenför- mige Verdickung gekennzeichnet ist, liegt etwa 1 cm hinter dem an der Dorsalseite zmiick. Die Umbrella sitzt an den beiden Seiten, wie an der den Saugnäpfen gegenüberliegenden Außenseite den Armen an, so daß ein Zwischenseptum, wie bei Cirroteuthis Müllen nicht vorhanden ist. Die Arme liegen also in der Umbrella und ragen nach innen nur als stumpf keilfömige Erhebungen vor, nach außen sind ihre Konturen aber durch das reichlich entwickelte subcutane Binde- gewebe fast völlig verwischt, wie dies namentlich an dem wohlerhal- tenen Tier von Station 25 deutlich hervorgeht. Ein Schema des Arm- kranzes mit der daran ansetzenden Umbrella würde also völlig mit dem von Joubin (1900) und H. Fischer (1906) gegebenen überein- stimmen. — Die einreihig angeordneten Saugnäpfe eines jeden Armes schwanken an Zahl, bei dem Exemplar von Station 70 zwischen 55 imd 45, bei dem von Station 25 zwischen 60 und 50 und bei dem größten Tiere von Station 53 endlich zwischen 55 und 45. Sie liegen tief in die gallertige Cutis eingesenkt mid ragen nur mit ihrer schmalen, kreisförmigen Randscheibe vor. Sie gleichen sich bei allen Exem- 366 Albin Ebersbach, plaren an Größe, indem der Durchmesser der größten unter ihnen 1,5 mm nicht überschreitet. Nur das große Exemplar von Station 70 macht eine Ausnahme, seine Saugnäpfe erreichen eine Breite von 3 mm. Textfig. 1. Dorsalausicht von Cirroteuthis umbellata. Mit den Saugnäpfen wechsebi die paarig angeordneten und seit- lich zwischen ihnen stehenden fadenförmigen C^irren ab. Sie sind wahrscheinlich Organe eines chemischen Sinnes. Da sie retractil sind, kann uns ihre wechselnde Länge nicht weiter auffallen. Die größte Länge erreichen sie bei dem Exemplar von Station 70, an dem ich Zur Anatomie von Cirrotcuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 367 10 — 12 mm gemessen habe. Bei den andern kleineren Tieren von Station 25 und 53 überschreiten sie nicht 5 nun. Gegen die Armspitze, die ja dauernd einen embryonalen Charakter trägt, nehmen die Girren, wie auch die Saugnäpfe an Größe ab, werden undeutlich und machen sich schließlich nur noch als winzige Höcker bemerkbar. Wenn in der bis jetzt geschilderten äußeren Erscheinung alle Exemplare eine große Übereinstimmung aufwiesen, abgesehen von den etwas größeren Maßen der Girren und Saugnäpfe des besonders großen Tieres von Station 70, so haben sich doch bei diesem letzteren Tiere am Trichter Verhältnisse ausgebildet, die es zweifelhaft erschei- nen lassen können, ob es derselben Art wie die übrigen Exemplare zugehört. Bei den Tieren von Station 53 und 25 wird nämhcli der schlanke, dünnwandige Trichter wie gewöhnlich von dem vorderen Mantelrande eng umfaßt, so daß nur eine schmale, hufeisenförmige Mantelöffnung freibleibt. Bei dem Tiere von Station 70 ist die Mantelöffnung fest zugekniffen und der Trichter äußerlich nicht mehr zu sehen. Wie sich beim öffnen der Mantelhöhle und beim Anschneiden des Trichters herausstellte, war seine Muskulatur stark eingefaltet. Da seine bekleidende Haut sich glatt über die tiefen Falten hinweg- legte, und der Trichter auch an seiner Ausmündung die gleiche zarte leuchtend-braune Pigmentierung wie die übrige Mantelhöhle aufwies, so dürfte mit Sicherheit anzunehmen sein, daß er auch im Leben nicht aus der Mantelhöhle hervorgestreckt wird. Daß wir es in diesem Falle nicht mit einer bloßen Abnormität eines Tieres der Art Cirro- teuthis umbellata, sondern offenbar mit einem Vertreter einer neuen Species zu tun hatten, sollte die vorgenommene Untersuchung der inneren Anatomie ergeben. Sie zeigte eine über individuelle Schwan- kungen weit hinausgehende Verschiedenheit von der des andern zergliederten Tieres, nämlich des größten von Station 53, dessen Zugehörigkeit zur Species Cirroteuthis umbellata zweifelfrei feststand. Wegen der hufeisenförmigen Gestalt des horizontal, also in der Längs- richtung des Tieres gelegenen und später noch genauer zu beschrei- benden »Eückenknorpels« ist das Tier, wie übrigens auch Cirroteuthis umbellata, dem Genus Stauroteuthis zuzurechnen, wenn wir der von HoYLE (1904) gegebenen Systematik folgen. Die kurze Charakteristik des Tieres ist folgende: Eückenknorpel hufeisenförmig, in der Längsrichtung des Tieres gelegen, freie Enden nach vorn. Flossen breit lanzettlich. Umbrella an der Dorsalseite des Armes etwa in vier Fünftel seiner Länge an- setzend, auf der Ventralseite etwas weniger weit reichend und hier 368 Albin Ebersbach, Textfig. 2. Vcntraliinsicht von Stauroteuthis sp. Zur Anatomie von Cirrotcuthis uinbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 369 mit einer knötchenförmigen Anscliwellung versehen. Zwischenseptum fehlend. Trichter aus der ManteUiffnung nicht vorragend. Eadula fehlend. Ich werde es in folgendem einfach als Stauroteuthis bezeichnen. Die Farbe. Die Farbe der in Formol fixierten und in Alkohol aufbewahrten Tiere ist bei den vier Exemplaren von Station 53 ein zartes Violett- blau, das den ganzen Körper, die Flossen und die Außenseite des Arm- schirmes gleichmäßig bedeckt. Nur am hinteren Körperpole — ich wende immer die sog. physiologische Orientierung an — ist der Farb- ton gewöhnlich etwas intensiver. Das wohlerhaltene Exemplar von Station 25 ist bedeutend blässer, beinahe weißlich gefärbt. Bei dem großen Tiere von Station 7ü endlich war die ursprüngliche Farbe nicht mehr sicher zu erkennen. Sie scheint aber gleichmäßig braun gewesen zu sein. Eine ziegelrote Farbe, wie sie Joubin (1900) angibt und auch auf T. I darstellt, habe ich nie beobachtet. Dagegen zeigen alle Exem- plare an der Innenseite des Armschirmes das gleiche prächtige, weiche Blauviolett, von dem sich nur die Umgebung des Mundes und die Saugnäpfe durch eine hellere Tönung abheben. Die Girren zeigen im allgemeinen denselben dunklen blauvioletten Farbton, wie die Innen- seite des Armschirmes, oft zeichnen sie sich sogar durch eine etwas dunklere Färbung aus. Der Pailialkomplex. Wenn auch der Mantelkomplex eines männlichen Cirroteuthiden schon von Keinhardt und Frosch (1846), wie von Joubin (1900) dargestellt wurde, so dürfte es angezeigt erscheinen, nochmals auf ihn einzugehen. Eröffnet man durch einen Medianschnitt den Mantel von der Bauchseite, so liegt die zarte und halb durchsichtige Bauch- decke fast in ganzer Ausdehnung frei vor, da sie bei Cirroteuthis um- hellata (Fig. 3) nur durch eine schmale Muskelbrücke, den M. adductor pallii mediq^ius mit der ventralen Mantelpartie in Verbindung steht, und der Trichter wird völlig sichtbar. • Bei Stauroteuthis (Fig. 4) da- gegen ist die ventrale Muskulatur in ziemlicher Ausdehnung mit deui Eingeweidekomplex fest verbunden, indem sie Teile des Geschlechts- apparates überwächst. Auch zeigte hier die auskleidende Haut im Gegensatz zu Cirroteuthis umbeUata, wo sie fast farblos erscheint, in ihren vorderen Partien eine zarte herrliche Braunpigmentierung, die sich auch gleichmäßig über den ganzen Trichter erstreckt. 370 Albin Ebersbach, Der Trichter stellt bei Cirroteuthis umhellata ein kräftiges, konisch- zugespitztes ]Miiskelrohr dar. Mit seiner verbreiterten Basis ragt er bis an den Eingeweidesack, nämlich an den Vorderrand der gewaltigen Leber, vor und überschneidet unter normalen Verhältnissen mit seiner ventralen Fläche den After, so daß die Excremente nicht erst in die Kiemenhöhle oelanoen. An seiner Dorsalseite ist der Trichter inrund Q.OIF. an. branch ^^' /Xä V branch. 1_ ren.- ^ Textfig. 3. Pallialkomplex von Cirroteuthis umbcllata. zur Hälfte mit dem Kopfabschnitt durch Bindegewebe fest ver- bunden. Muskelzüge aber, welche den Trichteradductoren hätten entsprechen können, waren nicht aufzufinden. Seine Innenfläche, an der wir wie bei allen Octopoden eine Klappe vermissen, ist mit einer Schleimdrüse oder dem VERRiLLschen Organ ausgestattet. Bei Stauro- teuthis ist die Trichtermuskulatur, wie schon erwähnt, stark einge- faltet. Zur Anatomie von Cirroteuthis unibellata Fischer und «tauroteutliis sp. 371 An der verbreiterten Basis des Trichters setzt sich beiderseits der M. collaris an. Sein äußeres Blatt ragt mit dem freien Rande in die Mantelhöhle vor und verhütet bei den Formen mit weiter Mantcl- öffnung während der Schwinnnbewegungen einen Rückstau des Atem- wassers durch die Mantelöffnung. Bei Cirroteuthis unibellata um- .-<^> - ^,w'^'_ Mant-elöf^ '^ GM -.:-... ^. N ■ ■■ '^'''^ ■Golf. \coll.— rect. Jlß^. dors. Mantel//, uret— ure/-. tbranck. tm .1..4- ren. cbranch- — branch. — . gl. acc.pen. __i cbranch. I I Textfig. 4. Pallialkoniplex von Staurotenthis sp. schließt der freie Mantelrand so eng den Trichter, daß schon eine schwache Kontraktion der vorderen Partie seiner Ringnniskulatur einen genügenden Verschluß der Mantelöffnung herbeiführt. Die äußeren Collarisblätter sind also fast funktionslos und daher schwach ausgebildet. Der Emgeweidesack wird somit vorn vom hintern Trichterrand 372 Albin Ebersbach, begrenzt, hinten schließt ihn der Rückenknorpel ab, der die ganze hintere Partie des Eingeweidekomplexes hufeisenförmig umspannt und den Flossen als Widerlager dient. Am Eingeweidesack fallen zunächst die bei Cirroteuthis umbellata kleinen, braun pigmentierten Kiemen auf, die als halbkugelförmige Gebilde ungewöhnlich weit nach vorn bis in die Höhe der Trichterbasis verlebt sind. Diese Verlage- rung dicht an den Eingang zur Mantelhöhle mag vielleicht in der engen Mantelöffnung begründet sein, die im Verein mit der wenig muskulösen Ausbildung des Mantels ein kräftiges Durchspülen auch der hinteren Partien der Mantelhöhle mit frischem Atemwasser nicht recht ermöglicht. Das Aussehen der Kieme ist treffend mit der Hälfte einer geöffneten Orange verglichen worden. Die Kiemenmilz wird von den Kienienblättchen völlig verdeckt. Die hinter den Kiemen, zu Seiten der Leber gelegenen Kiemenherzen schimmern deutlich durch die dünne Bauchdecke hindurch. Bei Stauroteuthis sind die Kiemen etwas kräftiger entwickelt, zeigen deutlichere Ähnlichkeit mit denen der übrigen Octopoden und besitzen die gleiche prächtig blauviolette Färbung, wie die Innenseite des Armschirmes. Sie sind nicht so weit nach vorn verlagert wie bei Cirroteuthis umheUota. Die Leber liegt innerhalb einer unvollständig geschlossenen muskulösen Kapsel. Sie nimmt fast die ganze vordere Hälfte des Eingeweidesackes in An- spruch, hebt sich jedoch äußerlich nicht ab, da sie ventral noch von den Kiemen, dem Enddarm und Teilen des männlichen Ausführweges überlagert wird. Vom gesamten Darmtractus, der als einfache Schlinge von der Rückenfläche zur Bauchseite zieht und sich um die Leber herumlegt, ist äußerlich nur der After als zart violett pigmentierte höckerförmige Erhebung sichtbar. Bei Stauroteuthis wird auch dieser noch von der ventralen Trichterwandung verdeckt. Die Magen liegen in der Mediane der Hinterfläche der Leber an und sind von ihr nur durch den membranös ausgebildeten Teil ihrer Kapsel getrennt, der als Diaphragma den Körper in eine vordere und hintere Hälfte scheidet. An die Magen stößt hinten, ebenfalls median gelegen, mit ihrer Vorderfläche die Gonade an. Sie zeichnet sich äußerlich kaum ab. Der männliche Leitungsweg ist in seinem distalen Teile sehr ober- flächlich gelegen. Der kurze, stunnnelförmige Penis macht sich auf der linken Körperhälfte von der Bauchdecke frei und ragt am konser- vierten Exemplar nach rechts in die Kiemenhöhle vor. Das Paket seiner großen, nur den Cirroteuthiden zukommenden Drüsen ist bei Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis s]). 373 Stauroteuthis von der ventralen Mantelmuskulatur überwachsen. Bei Cirroteuthis umbellata tritt es als biskuitförmige Erhebung auf der linken Seite des Einaeweidesackes deutlich hervor. Durch ihre riesige Textfig. 5. Präparat von Stauroteuthis sp. dorsal. Ausbildung, wodurch auch der schwache M. adductor pallii medianus etwas aus der Mediane nach rechts verdrängt wird, rufen die Drüsen eine leichte Asymmetrie des Eingeweidesackes hervor. Sie liegen der Leberkapsel, dem Enddarm samt der Vena cephalica auf. Dem Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 25 374: Albin Ebersbach, Drüsenpaket liegen linksseitig, aber nur undeutlich sichtbar, die drei Abschnitte der Vesicula seminalis an, die ebenfalls der Leberkapsel aufliegen und nur von der die Mantelhöhle auskleidenden Haut über- deckt werden. Der übrige Teil der Leitungswege ist von den paarigen Nierensäcken verdeckt. Diese liegen unmittelbar unter der Haut, verdecken zum Teil Gonade und Magen und dringen mit ihrem vorderen Abschnitt seit- lich der Magen, zwischen Leber und Gonade, in die Tiefe. Ihre Aus- mündungen erheben sich nach innen von den Kiemenherzen gelegen, als fleischige Papillen. Hinter ihnen sieht man als einzigen Teil des Gefäßsystems die Venae branchiales in nach vorn-innen offenen Bogen zu den Kiemen verlaufen. Bei genauerem Zusehen kann man ferner an der Mantelöffnung, zu Seiten des Trichters je einen kleinen Höcker von gelblichem Schim- mer wahrnehmen. Wir werden in ihnen später die Geruchsorgane erkennen. Endlich sei noch auf zwei Öffnungen hingewiesen, die vor den Kiemen seitlich von den Flügeln des Kragenmuskels liegen, und welche die Eingänge in die dorsale Mantelhöhle repräsentieren. Letz- tere wird bei den Octopoden vom M. adductor pallii lateralis, dem M. depressor infundibuli, dem M. collaris, dem Mantel und der Leberkapsel begrenzt. Bei den Cirroteuthiden ist sie, wie aus meinen eigenen Befunden an Cirroteuthis umhellata und Stauroteu- this, ferner aus den Untersuchungen von Reinhardt und Frosch an Cirroteuthis Mülleri und von Meyer an Opisthoteuthis depressa hervorgeht, zu einem engen, röhrenförmigen Gang reduziert, der zwi- schen Leberkapsel und Mantel dorsal über den vorderen Teil der Leber hinwegzieht. Über ihre Lage werden wir uns genauer orientieren können, sobald wir die Eumpfnmskulatur werden kennen gelernt haben. Der Kopfknorpel und die Flossenstütze. Der Kopfknorpel der Cephalopoden wird von einer glattwandigen, das Hirn und die statischen Organe bergenden Kapsel und von den seitlich an ihm ansitzenden und ihre Form oft stark beeinflussenden Orbitalknorpeln gebildet. Diese Hirnkapsel kann stellenweise zu dün- nen Bindegewebslamellen, durch welche das Gehirn schimmert, aus- gezogen sein. Bei Cirroteuthis ist sie fast in ganzer Ausdehnung in eine solche Bindegewebslamelle umgebildet; ja selbst diese ist an manchen Stellen nicht mehr nachweisbar. Zur Anatomie von C^irrotouthis umbt-llata Fi.soluT und Stauroteuthi.s sp. 375 Eröffnet man die Kopfregion von der Dorsalseite, so stößt man nach Entfernung der Haut und der Muskulatur auf eine dünne durchscheinende Bindegewebshaut, die seitlich an den Orbitalknorpeln ansitzt, vorn in eine ebensolche Bindegewebshaut übergeht — die, wie hier schon vorausgesagt sein mag, aus der reduzierten Arm- muskulatur hervorgegangen ist — , nach hinten aber sich verliert. Bei weiterer Präparation ergibt sich, daß das ganze, den Oeso- phagus eng umfassende Hirn, mit- samt den beiden schön eiförmig geformten Augenganglien, voll- Textfig. 6. kommen frei in einem weiten •''tatocystenkapsel mit abgeschnittenen Orbital- Hohlraum liegen, der nur von '""'''"' '°" StauroteutMs sp. Dorsalansicht. äußerst zarten, spinnwebefeinen Bindegewebsfasern durchzogen wird. Von dem ganzen Knorpelschädel sind nur die beiden, allerdings riesig entwickelten Kapseln für die statischen Organe erhalten (Textfig. 6), die nun dem Hirn und den Opticusganglien als l^nterlage dienen,' und die einen großen Teil des Kopfes einnehmen. Ihnen sitzen seitlich die becherförmig gestalteten Orbitalknorpel an, die ein weites Foramen auf- weisen, durch das die Orbita in die Hirnhöhle sich öffnet, und das allen Augennerven und Augengefäßen zum Durch- tritt dient (vgl. auch Text- fig. 5). Vom Kopfknorpel weit getrennt ist die Flossenstütze (Textfig. 7 und 8), der Eücken- knorpel der früheren Autoren. Sie entspricht nach Appellöf (1898) den beiden Chitinstäbchen der Octopoden, die in die Mantel- muskulatur eingelagert sind und den Trichterdepressoren als Ansatz dienen. Die Flossenstütze von Cirroteutkis umbellata und von Stauro- teuthis stellt eine kräftige, hufeisenförmig gestaltete Spange dar, die, völlig in der Mantelmuskulatur verborgen, die gesamte hintere Hälfte 25* Textfig. 7. Flossenstütze von Cirroteutkis umbellata. 37G Albin Ebersbach, des Eingeweidekomplexes umspannt. Ihre Lage ist unzweideutig horizontal, also mit der Längsrichtung des Tieres übereinstimmend. An der Außenseite beider Schenkel setzen in der ganzen Länge mit etwas verbreiterter Basis die Flossen an. Wie schon Reinhardt und Prosch angegeben haben, liegt die Spange, die übrigens von diesen beiden Autoren der Schale der Deca- poden für homolog erachtet wird, in einem Sacke, mit dem sie aber in keinerlei organischer Verbindung stehen soll. Auch bei den von mir untersuchten Exemplaren hatte sich der Sack zum größten Teile von dem Corpus der Flossenstütze losgelöst, so daß dieses sich leicht herausnehmen ließ. Die Wände des Sackes sind, wie schon Appellöf Textfig. 8. Flossenstütze von Stauroteuthis sp. (1898) festgestellt hat, mit einem Epithel ausgekleidet, das als Matrix für das Corpus der Flossenstütze dient. Wir haben also einen echten Schalensack vor uns. Die Matrixzellen und der gewebliche Aufbau des Sackes stimmen mit denen von Opisthoteuthis vollkommen über- ein, so daß ich nur auf Meyers Beschreibung und Abbildungen zu verweisen brauche. Das Corpus ist von knorpliger Konsistenz, aber wasserklar. Appellöf hat durch histologische Untersuchungen zwei- felsfrei festgestellt, daß es »nicht knorpliger, sondern chitin- oder conchyolinartiger Natur« ist (S. 7). Ich konnte an Schnitten den- selben fein lamellösen Bau mit konzentrischer Schichtung erkennen, den Meyer für Opisthoteutliis, in Übereinstimmung mit den Befunden Zur Anatomie von Cirrotciithis unibellata Fisclier und Stauroteuthis sp. 377 Appellöfs an Octopus, beschreibt, jedoch konnte icli eine intensivere Färbung nur an den alleräußersten, also von der Matrix zuletzt ab- geschiedenen Schichten feststellen, während sich sonst das Corpus durch ein geringes Tinktionsvermögen auszeichnet. Vereinzelte, sich sehr intensiv färbende Kerne, die sich bei Octopus und Opistkoteuthis im Innern finden sollen, konnte ich nicht auffinden. Muskulatur, Flossen und Arme. Die Mantelmuskulatur der Cephalopoden wird bekanntlich von einzelnen Muskelschichten aufgebaut. Am kräftigsten ist gewöhnlich die Ringmuskellage, deren Fasern parallel dem Mantelrand verlaufen, ausgebildet. Ihr liegt nach innen und außen zu eine bedeutend schwä- cher entwickelte Lage von Muskelfasern auf, die in der Längsrichtung des Tieres verstreichen. Senkrecht zu beiden Schichten verlaufen die Radiärmuskelfasern, die gew^öhnlich als dünne Lamellen in regel- mäßigen Abständen die Ringmuskulatur durchsetzen (Tippmar 1913). Bei Cirroteutkis wnbeUata wie bei Stauroteuthis nun zeigt die Mantel- muskulatur eine eigenartig gallertige Degeneration. Von der Ring- muskulatur sind nur noch zwei dünne Schichten erhalten. Ihr Kern hat sich in ein zartes Gallertgewebe umgewandelt, das am hinteren Körperpole, ähnlich wie nach Chun (1902) bei Bolüaena, eine Dicke von 1 cm erreicht. Bei der Präparation ergibt sich, daß sie durch- setzt wird von feinen Säulchen aus Radiärmuskelfasern. Sie sind also nicht, wie bei den Formen mit derber Muskulatur, zu Lamellen angeordnet. Die äußere und innere Längsmuskulatur bilden ebenfalls ziemlich dünne Lagen. Von den Körpermuskeln fällt beim öffnen der Mantelhöhle zu- nächst nur der M. adductor pallii medianus (Textfig. 3 u. 4 m. add. fall, med.) auf, die übrigen Muskeln, namentlich auch die gewöhnlich stark hervortretenden Trichterdepressoren, sind völlig verdeckt und äußerlich unsichtbar. Der M. adductor pallii medianus entspringt von der ventralen Mittellinie der Innenseite des Mantels und zieht bei Cirwteuthis umbellata als äußerst schwaches Muskelband von da zur Leberkapsel, auf der seine Fasern, den Enddarm beiderseits um- fassend, nach vorn verstreichen und die dorsale Trichterwand er- reichen. Bei Stauroteuthis überwächst er das Paket der accessori- schen Drüsen des Penis in eigentümlicher Weise, so daß hier ein wohlausgebildeter, scharf abgesetzter Muskel gar nicht vorhanden ist. Nach Reinhardt und Prosch fehlt er bei Cirroteuthis Müller i voU- ständio;. 378 Albin Ebersbach, Dieses Fehlen trägt nach Brock (1880) >> vielleicht ein sehr altes Verhalten zur Schau, welches durch eine sonst in dieser Form nicht wieder bekannte vollständige Verwachsung des oberen (vorderen) Mantelrandes mit dem Kopf, die nur die untere (hintere) Trichteröff- nung freigibt, augenscheinlich kompensiert wird<<. Die übrigen Körpermuskeln, die eine Verbindung des Mantels mit dem Trichter und dem Kopfe vermitteln und nach Brock als Trichterdepressoren und als Retractoren des Kopfes unterschieden werden, sind alle an der Bildung der muskulösen Leberkapsel so stark beteiligt, daß sie in noch höherem Grade, als dies bei den Octopodiden der Fall ist, ihre Selbständigkeit aufgegeben haben, so daß es über- haupt fast unmöglich ist, von einzelnen Muskeln zu reden. Ein einziges Muskelpaar ist, wenn auch nur in seinen vorderen Teilen noch scharf abgesetzt. Es sind dies zwei Muskeln, die jeder- seits an den Enden der Flossenstütze entspringen und anfangs inner- halb der Leberkapsel, in der sie als kräftige Muskelzüge wahrzu- nehmen sind, schräg nach innen-vorn verlaufen, später aber, nachdem sich von ihnen seitlich ein dünner Muskelstreifen abgespaltet hat, sich von der Leberkapsel frei machen und als verhältnismäßig kräftige Muskeln von beinahe rundem Querschnitt dorsal über den Trichter hinweg zur Basis der beiden ventralen Arme ziehen, an denen sie, jeder mit zwei Köpfen, ansetzen (Taf. VIII, Fig. 1 m.dep.injtmd.). Diese beiden Muskeln stellen die einzige ventrale Verbindung des Armkranzes mit dem Rumpfe dar. — Ein genau entsprechendes Muskelpaar hat Meyer bei Opisthoteuthis beschrieben, das »an der Flossenstütze in- seriert, nach der Mitte zu in die Tiefe geht, und fächerförmig ver- breitert mit etwas stärkeren Rändern an der Innenseite des vierten Armpaares ansitzt«. Meyer bezeichnet diese Muskeln als Retractores capitis. Ich halte diese Bezeichnung für verfehlt, und zwar aus folgen- dem Grunde: der dünne Muskelstreifen, der sich bei Cirroteuthis von jedem der beiden in Frage stehenden Muskeln abspaltet, strahlt nämlich innerhalb der Leberkapsel nach vorn fächerförmig aus und verstreicht mit seinen Fasern schließlich in der dorsalen Trichterwand. Es unter- liegt somit keinem Zweifel, daß diese dünneren Muskelzüge nichts andres als die unscheinbaren Reste der sonst so kräftigen Trichter- depressoren darstellen. Sie verlaufen also bei Cirroteuthis umhellata wie auch bei OpisfJiofeuthis seitlich von den an dem vierten Armpaare inserierenden Muskelstänmien, schließen also diese über die Bauch- seite der Leber verlaufenden Muskelstämmc zwischen sich ein. Ein derartiger Verlauf der Retractoren des Kopfes ist mir bei keinem Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 379 Dibrancliiaten bekannt. Vielmehr ziehen diese Muskehi immer über die Seiten- oder die Rückenfläche der Leber hinweg und setzen am Kopfknorpel an. Ich halte es für wahrscheinlicher, daß die zu den ventralen Armen verlaufenden Muskeln nur einen abgespaltenen Teil der Trichterdepressoren darstellen. Die Mm. retractores capitis aber suche ich vielmehr in den seit- hehen und dorsalen Teilen der Leberkapsel, in deren Bildung diese Muskeln bei allen Octopoden völlig aufgehen. Die muskulöse Leberkapsel ist bei den Octopoden allgemein voll- kommen in sich abgeschlossen. Sie wird also bei Cirroteuthis umhel- lata in ihren seitlichen und dorsalen Partien, die vom Mantel nur durch die enge, gangförmige dorsale Mantelhöhle geschieden ist, von den Retractoren des Kopfes, in ihrer ventralen Portion von den Trichter- depressoren gebildet. Die breite Lücke zwischen den beiden letzteren Muskeln ward von einer dünnen Muskelschicht, dem Diaphragma musculare Cuviees, überspannt, in die einerseits die Trichterdepres- soren, anderseits der M. adductor pallii medianus mit ihren Fasern einstrahlen. Nach hinten setzt sich das Diaphragma, indem es binde- gewebige Beschaffenheit annimmt, über die Ansatzstellen der Trichter- depressoren, nämlich die Enden des Rückenknorpels, hinaus fort und erreicht hinter der Leber die dorsale Innenseite des Mantels. So werden vordere und hintere Körperhälfte völlig voneinander geschieden. Von der Leberkapsel werden umschlossen die Leber mit dem Pan- creas, die hintere Speicheldrüse, der Oesophagus und der vordere Teil der Arteria cephalica, während die Magen, die mit dem membra- nösen Teil des Diaphragmas fest verwachsen sind, der Mittel- und Enddarm, das Herz und die Kiemenherzen, die Nieren und der ge- samte Geschlechtsapparat außerhalb der Leberkapsel gelegen sind. Hierdurch wird bedingt, daß das Diaphragma, und zwar der der Leber hinten anliegende membranöse Teil, vom Oesophagus, den Leber- ausführgängen, der Arteria cephalica und Ästen der Mesenterialvenen durchbrochen wird. Bei den Octopoden setzt die Leberkapsel vorn in ihrem ganzen Umfange am Kopfknorpel an und reicht mit ihren Fasern bis zu den Ursprüngen der Armmuskulatur. Da nun bei beiden Formen der ganze Schädelknorpel bis auf die beiden Statocysten- kapseln geschwunden ist, so erstreckt sich der dorsale Teil der Leber- kapsel über die Kopfhöhle hinweg nach vorn, bis zu den Ansatzstelleu der Armmuskulatur an den dünnen, häutigen Kanal der Armbasis, auf den bei der Beschreibung der Arme eingegangen werden soll. Diese breite, zwischen den weit auseinander gerückten Augen gelegene mus- 380 Albin Ebersbach, kiilöse Kopfdecke, die mit ihren seitlichen Fasern an der Oberseite der Statocystenkapsel bzw. an den Augenknorpehi ansetzt, schließt also die Kopfhöhle dorsal ab. Die seitlichen und ventralen Partien der Leberkapsel aber inserieren an den gesamten seitlichen und unteren Flächen der Htatocystenkapseln. Die Leberkapsel ist also nach vorn nicht geschlossen, sondern geht in die Kopf höhle über. Ein Ab- schluß ist nur insofern geschaffen, als eine äußerst zarte, binde- gewebige Membran die Leber von den Statocystenkapseln und dem Hirn scheidet. Mit dem Vorderrande des Mantels ist die Leberkapsel nur lose durch einzelne spärliche Muskelbündel verbunden, denn vom Kragen- muskel, der ja bei den Octopoden durch seine Verschmelzung mit der Leberkapsel und dem Mantel eine feste Verbindung dieser Teile herbeiführt, sind nur noch die stark rückgebildeten freien Teile des äußeren Blattes, die seitlich am Trichter ansetzen, nachzuweisen. Völlig fehlen die MM. adductores pallii laterales, die bekanntlich bei den Octopoden und den Sepioliden eine Verbindung der Leber- kapsel mit den seitlichen Partien des Mantels herstellen und den N. pallialis scheidenförmig umhüllen. Dagegen sind die MM. nuchales, welche unmittelbar unter der vom Mantel auf den Kopf übertretenden Haut von der Außenseite des Mantels zu den dorsalen Armen verstreichen, gut ausgebildet; sie sind nicht nur auf die Dorsalseite des Kopfes beschränkt, sondern erfahren eine Erweiterung durch ein dünnes, in einzelne Muskelbündel aufgelöstes Muskelband, welches jederseits von den Flanken des Man- tels unterm Augenbulbus hinweg zur Basis des zweiten Armes zieht. Die dorsale, zwischen den Augen gelegene Muskelgruppe ist wie bei Opisthoteuthis in vier Bündel zerlegt. Die beiden mittleren von ihnen setzen an der Innenseite des ersten Armpaares, die beiden seitlichen zwischen den ersten und zweiten Armen an. Mit den Statocystenkapseln endlich steht der Armkranz jeder- seits durch einen schwachen Muskel, der an der Basis des dritten Armes inseriert, in Verbindung. Seine beiden Köpfe, mit denen er an den Statocystenkapseln ansetzt, sind auf Taf. VIII, Fig. 1 einge- zeichnet. Schließlich wären nocli der die Augenöffnung imischließende und bei allen Exemplaren stark kontrahierte M. sphincter oculi samt den von ihm ausstrahlenden zwei Muskelbündeln zu erwähnen. Das vor- dere dieser Bündel zieht zur Basis des zweiten und dritten Armes, das hintere zum seitlichen Mantelrande. Zur Anatomie von C'irroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sj). 381 Die Flossen. Ließ schon die recht schwach entwickelte Mantel- und Trichtermuskulatur auf eine nur geringe Fähigkeit des Tieres zur Ortsbewegung mittels Rückstoß schließen, so stand zu erwarten, daß die beiden Flossen in höherem Maße, als dies bei den Decapoden der Fall ist, sich an der Locomotion beteiligen würden. In der Tat sind sie durch ihre kräftig muskulöse Ausbildung und feste Veran- kerung an dem Rückenknorpel wohl dazu geeignet. Als Stützgerüst dient der Flosse eine in ihrem Innern gelegene, weißlich gefärbte elastische Membran von 1 mm Dicke, die Verrill wie Reinhardt und Frosch als Flossenknorpel bezeichnen. Sie teilt die ganze Flosse in eine, zufolge der Anordnungsweise der Muskulatur vollkommen zu einander symmetrische, obere und untere Hälfte. Gegen den hin- teren, namentlich aber den seitlichen und vorderen Rand der Flosse zieht sie sich zu einer äußerst dünnen, durchscheinenden Lamelle aus und bildet so einen Flossensaum. Nur an der Flossenbasis ist dies nicht der Fall. Hier verschmälert sich die Stützmembran sogar etwas, um sich erst unmittelbar vor ihrer Verwachsung mit dem Sack des Rückenknorpels wieder zu verbreitern. Im Leben muß diese Stützmembran eine ganz vortreffliche Elastizität besitzen. Diese hat sich sogar am Alkoholmaterial noch etwas erhalten, obgleich das Gewebe durch die Konservierung offenbar stark verändert wor- den ist. Sie besteht keinesfalls aus echtem Knorpel, wie bei den Deca- poden, da typische Knorpelzellen völlig fehlen. Auf Schnitten sieht man vielmehr ein weitmaschiges, unregelmäßiges Netzwerk, in dessen meisten Maschen wir einen, selten zwei Kerne finden. Plasmareste sind nur noch spärlich vorhanden. Sie legen sich entweder den Balken des Netzes dicht an oder umgeben den Kern. Nur ganz verein- zelte Maschen fand ich noch gleichmäßig von Plasma erfüllt. Dann zeigte der Kern immer eine annähernd zentrale Lage. Nach, diesem Befunde zu urteilen, dürfte die Stützmembran aus einer einheitlichen, vielleicht gallertigen Masse mit großen Kernen bestehen. Zu innerst finden wir auf der elastischen Membran eine feine Lage Ringmuskulatur. Auf sie folgt auf der Ober- wie Unterseite, in der Längsrichtung der Flosse verstreichend, ein breiter, kräftiger Muskelstamm, dessen Fasern an dem Sacke der Flossenstütze an- sitzen. Sie ermöglichen ein kraftvolles Auf- und Abwärtsschlagen der Flosse. Ihre Wirkung wnrd verstärkt durch zwei darübergelegene Muskeln, die auch beide ihre Fasern vom Rückenknorpel beziehen. Der schwächere von ihnen zieht schräg von vorn nach hinten seit- 382 Albin Ebersbach, wärts (Textfig. 9, m.obl.) und erreicht mit seinen Fasern beinahe den Hinterrand der Flosse. Seine Kontraktion, die naturgemäß mit dem unter ihm gelegenen Längsmuskel immer gleichzeitig erfolgen muß, hat ein Emporheben des hinteren Flossenrandes über das Niveau des vorderen Randes 7a\v Folge. Bei einem Schlage gegen das Wasser ist also die Breitseite der Flosse immer schräg zur Schlagrichtung eingestellt, derart, daß beim Aufwärts- wie Abwärtsschlagen der hintere Flossenrand immer dem vorderen in der Bewegung voraus ist. Es wird also ein Antrieb nach hinten erreicht, der den durch das Aus- pressen des Atemwassers aus dem Trichter erzeugten Rückstoß nicht n.pinn. =n.pall.int. Mbd. \ m.long.sup. Textfig. 9. Flossenmuskulatur von Cirrotheuthis umbellata. unwesentlich verstärken dürfte. Diese Fähigkeit wird durch eine, wenn auch sicher nur geringe Beweglichkeit der Flosse von hinten nach vorn erhöht, die der Flosse durch den stärkeren der beiden er- wähnten oberflächlichen Muskeln verliehen wird. Dieser Muskel {m.long.sup.) verläuft am Vorderrande der verschmälerten Flossen- basis und strahlt zum Teil in den vorderen und seitlichen Flossensaum aus. Ein sehr schwaches Muskelband {Mhd.), das von der Körper- oberfläche abgeht und in den vorderen Rand der Flosse ausstrahlt, sei nur nebenbei erwähnt. In der kräftigen Ausbildung der Muskulatur und in deren Gliederung in einzelne, scharf umgrenzte Muskeln, ferner in der ausgeprägten dorso-ventralen Symmetrie steht die Flosse der Cirroteuthiden bedeutend über denen der Decapoden. Zur Anatomie von CiiToteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 383 Die Arme. Am Cephalopodenarm kann man nach Guerin (1908), dem wir eine ausgezeichnete Bearbeitung der komplizierten Muskuhitur und der Nerven dieser eigenartigen Bewegungsorgane verdanken, zwischen einer Stammuskuhitur, den Saugnäpfen und der diese beiden Teile verbindenden Befestigungsnuiskulatur unter- scheiden. V brach. SU psr- r/c. m. '.Iah ext:— m.l.lal: /n/-----^^ m. obl. exh m. obl. int. — \ itä V. brach. proF. — -v — m.l.int \ 4-^ m.ac.brach. - ar. brach. — intram.Ggf- -i -I n.brach. -n. 30. Textfig. 10. AnuQuersfhnitt von Cirroteuthis umbellata. Schematisiert. Die Stammuskulatur der Octopodenarme wird von mehreren regelmäßig angeordneten Muskelzügen, nämlich Längs-, Schräg- und Quermuskelbündeln, aufgebaut. Sie stellt gewöhnlich einen durch- aus kompakten, kräftigen Muskelstrang dar, der in seiner Mitte nur einen engen Kanal für den mächtigen Armnerven freiläßt. Nach außen wird die Stammuskulatur von einer derben Bindegewebshaut allseitio; umschlossen. Bei den von mir untersuchten Formen nun 384 Albin Ebersbach, sind die einzelnen Muskelstämme ungemein schwach entwickelt, namentlich bei der sonst so kräftig ausgebildeten Längsmuskulatur, von der nur noch die peripheren Partien erhalten sind, fällt dieser Schwund besonders auf. So ist es zur Ausbildung eines weitlumigen, aus einzelnen Muskelstämmen zusammengesetzten Muskelschlauches «iekommen, dessen Hohlraum von einem sich über die ganze Länge des Armes erstreckenden Längsseptum und von zahlreichen Quer- septen durchsetzt wird. Immerhin am kräftigsten sind naturgemäß noch die Längsmus- kelstämme ausgebildet, von denen wir vier, einen äußeren, einen inneren und zwei Paar seitliche vorfinden. Der äußere, also an der den Saugnäpfen gegenüberliegenden Seite verlaufende, zeigt bei den Octopoden einen etwa elliptischen Querschnitt. Der Verlauf seiner inneren Begrenzung bei den Octopoden dürfte bei beiden von mir untersuchten Formen etwa durch das quer ausgespannte Längsseptum gegeben sein, so daß demnach der ganze obere, durch das Längsseptum vom unteren abgegrenzte Eaum einfach durch die hochgradige Rück- bildung des äußeren Längsmuskelstammes bedingt sein würde, der untere aber dem Nervenkanal der übrigen Cephalopodenarme ent- spräche. Der äußere Längsmuskelstamm wird, wie übrigens alle andern auch, durch die später noch zu beschreibenden Quermuskelbündel in einzelne Züge zerlegt. Der innere, zwischen dem nervösen Achsenstrang und den Saug- näpfen verstreichende Längsmuskelstrang steht an Stärke dem äußeren etwas nach. Seitlich wird er immer durch eine deutliche Rinne abgegrenzt, auf die ich besonders aufmerksam machen möchte, da in ihr ein Nervenstrang verläuft. Auch dieser Muskelstamm ist durch Quermuskelbündel in einzelne Züge zerlegt, jedoch sind deren nur drei, ein mittlerer, zwischen den Saugnapfnerven verstreichender, und je ein seitlicher deutlich sichtbar. Sie gehen an der Armbasis eine ähnlich eigentümliche Verflechtung wie bei Opisthoteuthis unter- einander ein. Die beiden seitlichen Züge weichen an ihrer Basis etwas auseinander und biegen schließlich seitwärts um. Dabei legen sich die einander zugewendeten Stämme benachbarter Arme übereinander und bilden so einen kräftigen Muskelring, dem auch der mittlere Längsmuskelzug seine Fasern beigesellt (Taf. VIII, Figl). Auch das innere Paar der seitlichen Längsmuskelstännue be- teiligt sich mit einem Teile seiner Fasern an der Bildung dieses Mus- kelringes. Von ihnen wird nämlich an der Armbasis durch die Com- Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 385 missura interbrachialis eine untere Partie abgetrennt, die dann nach innen umbiegt und ihre Fasern in den Muskelring einstreichen läßt. Ob freilich auch das äußere Paar der seitlichen Längsmuskel- stämme sich an dieser Verflechtung beteiligt, konnte ich nicht fest- stellen. Von den Schrägmuskelbündeln sind bei beiden Formen nur noch zwei Paare vorhanden. Das dritte, welches dem innersten der Octo- poden entspricht, ist hier völlig geschwunden. Sie sind in symme- trischer Anordnung in den Seitenwänden der Stammuskulatur gelegen, das äußere Bündel unter der derben Bindegewebshaut, das innere zwischen den beiden seitlichen Längsmuskelstämmen. Ihre Fasern verlaufen von innen hinten nach außen vorn, bzw. umgekehrt von innen vorn nach außen hinten. Als Ansatz dient in beiden Fällen die feste äußere Bindegewebshaut der Stammuskulatur. Die Quermuskulatur endlich ist bei beiden Formen an zarte, senkrecht zur Armachse stehende bindegewebige Quersepten gebun- den, die an der Scheide des Armnerven entspringen. Infolge ihrer, namentlich bei Stauroteuthis außerordentlichen Zartheit reißen sie bei unvorsichtiger Präparation leicht ein und können dann übersehen werden. Die kräftigsten in ihnen verlaufenden Quermuskelzüge sind jene, welche das Längsseptum des Armes aufbauen. Wie auch aus Fig. 10 hervorgeht, setzen sie mit den Fasern der inneren Schräg- muskellage gemeinsam an der derben Bindegewebshaut der Stamm- muskulatur an und durchziehen dann das Armrohr quer in nach innen ausgesacktem Bogen. Sie strahlen, von außen her kommend, in die ebenfalls an der Bindegewebshaut entspringenden Muskelzüge ein, welche den äußeren Längsmuskelstamm in einzelne Bündel zer- legen. Sie erreichen also die Scheide des Armnerven, wie dies bei den Octopoden der Fall ist, nicht mehr. An dieser Scheide setzen nur sehr spärliche, von der Innenseite, wie von der Außenseite des Armes kommende Quermuskelbündel an. Die meisten aber der zwischen den Seitenwandungen ausgespannten Quermuskelbündel ziehen frei über den Armnerv hinweg, durchsetzen die seitliche Längs- und Schrägmuskulatur und setzen an der derben Bindege- webshaut an. Wir haben den anatomischen Aufbau der Stammuskulatur der Arme in großen Zügen kennen gelernt. Es soll nun gezeigt werden, wie sich diese Muskelstränge an der Armbasis gegenseitig verfestigen. Im allgemeinen finden wir bei den Cephalopoden die Muskulatur der Armbasis ungemein kräftig und derb entwickelt. Bei Cirroteuthis 386 Albin Ebersbach, aber wie bei Stauroteuthis ist diese Miiskelpartie stark reduziert, und es haben sich durch diesen Schwund höchst eigenartige Verhältnisse herausgebildet, wie sie mir nur in ähnlicher, aber nicht ganz gleicher Art bei Opisthoteuthis bekannt sind. An Stelle der derben Mus- kulatur finden wir nämlich nur einen breiten, geräumigen, vollständig in sich geschlossenen Kingkanal, der den »Schlundkopf umkreist und dessen Längsflächen fast völlig bedeckt. Seine Wandung wird von einer resistenten Bindegewebsmembran gebildet. Ein äußerst zartes, weitmaschiges Bindegewebsnetz, wie es auch in dem Lumen des Arm- muskelschlauches sich zwischen den zahlreichen Quersepten vor- findet, füllt sein Inneres aus. An der Wandung dieses Kingkanals nun inseriert, so wenig er auch für eine feste Verankerung des Armkranzes geeignet erscheint, der bei weitem größte Teil der Längsmuskulatur der Arme. Nur die sich zu dem Muskelring verflechtenden Stämme sind davon ausgenommen. Da aber dieser Muskelring hinten in eine Membran ausläuft, welche in ganzem Umkreise an der Wandung des Kingkanals ansetzt, sind auch diese Muskelstämme letzten Endes an dem so wenig widerstandsfähigem Gebilde verankert. Über die Be- festigung mit dem Kumpfe ist schon bei Besprechung der Körper- muskulatur gehandelt worden. Die Saugnäpfe. Die kleinen, einreihig angeordneten Saug- näpfe sind tief in das subcutane Bindegewebe eingesenkt und ragen kaum mit dem Napfrande hervor, der ihre Mündung umkreist. In ihrer äußeren Erscheinung gleichen sie in hohem Maße denen von Opisthoteuthis, wenngleich sie in ihrem Aufbau dem Typus der Saug- näpfe von Octopus etwas näher kommen als jene, insofern als bei den von mir untersuchten Formen die Kandscheibe im Verhältnis zur Größe der Saugnapfkammer besser und namentlich gut muskulös entwickelt ist. Bei Opisthoteuthis trägt sie ja keinen musku- lösen Charakter mehr. Diese Verhältnisse sind deutlich auf einem medianen Längsschnitt zu ersehen (Textfig. 10). In ihrem Aufbau zeigen sie dieselben Verhältnisse, wie sie Guerin für Octopus be- schreibt. Die Befestigungsmuskulatur des Saugnapfes am Arme bildet in ihrer Gesamtheit einen Kegelmantel, der ein dickes Polster von Binde- gewebe umschließt, in dem die zahlreichen Armnerven verlaufen. Diese Muskulatur läßt ihrerseits wieder eine Anordnung ihrer Fasern, welche von der Wandung der Saugnapfkammer in der Peripherie der Napfmündung entspringen, zu einzelnen konisch zugespitzten Bündeln erkennen, auf deren Anordnung aber nicht eingegangen werden soll. Zur Anatomie von Cirrotcuthis nmbcllata Fischer und .Stauroteuthis sp. 387 Sie werden außen gemeinsam von einer dünnen Lage Eingnniskidatur umschlossen, die vielleicht geeignet ist, durch ihre Kontraktion den Saugnapf vorzustrecken. Die einzelnen Saugnäpfe stehen untereinander durch eine schwache Muskelbrücke in Verbindung, die mit der Befestigungsmuskulatur gemeinsam ansetzt und dicht unter der Haut zvmi benachbarten Saug- napf verläuft. Sie dient offenbar dazu, die Saugnäpfe einander zu nähern und ein Einreißen des Bindegewebes zwischen ihnen zu ver- hindern. Diese Muskelzüge sind in gleicher Weise auch bei Opistho- teuthis ausgebildet, während sie weder Niemec (1885), noch Guerin (1908) bei den Octopoden erwähnen. Die Girren. Die bei Stauroteuthis außerordentlich langen, peit- schenförmigen Cirren zeigen bei beiden von mir untersuchten Formen in ihrem Aufbau die gleichen von Meyer für Ojnsfhoteuthis geschil- derten Verhältnisse, so daß ich auf die Anatomie dieser eigenartigen Sinnesorgane nicht einzugehen brauche. Die Umbrella endlich wurde in ihrer äußeren Erscheinuno; schon eingangs charakterisiert. Ihr Aufbau aus Längs- und Quer- muskelbündeln, die in mächtig entwickeltes, braunpigmentiertes Binde- gewebe eingelagert sind, stimmt prinzipiell mit dem von Guerin für die Octopoden beschriebenen überein. Der Darmkanal mit seinen Anhängen. Das Darmrohr der Dibranchiaten stellt eine von der Rücken- seite zur Bauchfläche verlaufende Schleife dar, an deren hinterem Pole die beiden Magen aufgehängt sind. Wir werden sehen, daß der Darmkanal von Cirroteuthis umhellata, wie von Stauroteuthis den ein- fachsten Fall jener Schleife repräsentiert, insofern als er sich einfach um die gewaltigste seiner Anhangsdrüsen, die Leber, herumlegt (Text- fig. 11). Solcher Anhangsdrüsen werden bei den Cephalopoden allgemein die unpaare Unterkieferdrüse, ein Paar (vorderer) Speicheldrüsen, die Leber und die paarigen Giftdrüsen (sog. hintere Speicheldrüsen) unterschieden. Bei den Dibranchiaten mündet ferner noch in den Enddarm der Ausführgang des Tintenbeutels, einer vergrößerten After- drüse, ein. Wie schon bekannt, fehlt dieses Drüsenorgan den Cirro- teuthiden vollständig. Aber auch für die übrigen Anhangsdrüsen hat sich nach meinen Untersuchungen ein in manchen Punkten vom Normalen abweichendes Verhalten herausgestellt (Textfig. 11, 12, 13; Taf. VIII, Fig. 2, 3). Der Schlundkopf. Schon bei der äußeren Betrachtung der 388 Albiii Ebersbach, Innenfläche des Armschirnies fallen die beiden in seinem Zentrum gelegenen kreisförmigen Mundlippen auf. Die äußere Lippe ist schwä- cher entwickelt als die innere {hb.), welche dick und etwas gefurcht ist und sich den hornigen Kiefern unmittelbar auflegt. An der den Kiefern zugewendeten Fläche ist sie mit Drüsenzellen besetzt, die sich bei Staurotheuthis an der hinteren Umschlagsstelle der Lippe zu einem kompakten Drüsenpolster verdichten, das somit ringförmig den Pharynx umgibt. Auf dem Vorderrande der Lippe hingegen erheben sich kleine, papillenartige Höcker, die ihr ein beinahe warziges Aus- sehen verleihen. Ihre Muskulatur besteht aus einem breiten Ring- -S/-om. 5Aom. coec. phar. ingl. J / 'P^"'' hep. X_J^%^ "^^^^"^ — Shom-J. an.- rect. Textfig. 11. Darmtractus von Cirroteuthis umbellata. muskelband, an Längsmuskulatur finden sich nur einige schwache Muskelbündel, die von der Lippe nach hinten über den Schlundkopf hinweglaufen und an die Armbasis herantreten. Der Öchlundkopf selbst zeigt die für den Pharynx aller Cephalo- poden typische ovale Form. Wie wir oben gesehen haben, wird er von dem membranösen Ringkanal der Armbasis umspannt, an dem er auch durch mehrere Muskelbänder, die namentlich auf der Dor- salseite gut entwickelt sind, befestigt ist. Eine weitere Befestigung wird erzielt durch eine ihm hinten aufhegende Muskelplatte, die über den Öchlundkopf hinweg nach vorn acht unter den Armnerven ver- Zur Anatomie von Cirrotouthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 389 laufende Zungen (Fig. 12) entsendet, welche alle mit ihren Fasern an dem durch die Verflechtung der Armmuskulatur hervorgegangenen Muskelring ansetzen und offenbar sehr geeignet sind, den Pharynx zum Erfassen der Beute mit den kräftigen Kiefern etwas nach vorn zu bewegen. Am Schlundkopf lassen sich folgende Teile unterschei- den: die Kiefer mit ihrer Bewegungsmuskulatur, der Zungenapparat mit der Radula und das Öubradularorgan. Hierzu gesellen sich noch die Unterkieferdrüse und die Buccaldrüsen, ferner, da sie vom Pha- rynx aus angelegt wird, die Giftdrüse. Die kräftigen, dunkelbraun gefärbten Kiefer (k), die zusammen einem umgekehrten Papageischnabel gleichen, sind für Cirroteuthis Kw. gl. sal. ent- ert, bucc. KX-- Subradorg. - g/.subm. Kw. Textfig. 12. Präparat des Sfhluudkopfes von Cirroteuthis iimbelJata. Linke Seite. Mülleri von Reinhardt und Prosch abgebildet und etwa folgender- maßen beschrieben worden : »In ihrer Form schließen sie sich engstens den Octopoden an, nur sei hervorgehoben, daß die Flügel des Ober- kiefers verhältnismäßig stärker sind, und daß beide Kiefer hinten gerade abgeschnitten sind, während bei den Octopoden der hintere Rand des Oberkiefers in eine Spitze ausläuft, der des Unterkiefers hingegen V-förmig eingeschnitten ist. « Diese Beschreibung trifft auch für Cirroteuthis umbellata, wie für Stauroteuthis zu. Bewegt werden die Kiefer durch kräftig ausgebildete Muskeln, die sog. Kieferwülste (Kw), die mit ihren vorderen Teilen an den Kiefern ansetzen und in ihnen wie in Scheiden stecken, nach hinten aber zu einer einheithchen basalen Muskelmasse verschmelzen. Auf dieser erheben sich beider- seits, innen den Kiefern anliegend, die Zungentaschen {Zt), zwei Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. CXIII. Bd. 20 390 Alhin P:bersbach, dicke Muskelplatteii, die, wie ihr Name schon andeutet, die Zunge und zum geringen Teil auch das Subi'adularorgan zwischen sich ein- schheßen. Unter der Zunge (Z) verstehe ich mit Heinrich (1904) nur den in die Mundhöhle vorragenden Muskelwulst, der die Radula trägt. Sie stellt sich bei Cirroteuthis umhellata als kleiner, runder Knopf dar, dessen Muskulatur eine Sonderung in einzelne Stütz- und Bewegungs- muskeln nicht erkennen läßt. Die Radula zeigt bei den Cephalopoden im allgemeinen eine typische Ausbildung. Nur für die Cirroteuthiden wurde ihr Fehlen als charakteristisch angesehen. Lütken (1882) stellte diese Formen daraufhin als Lioglossae den Trachyglossae gegenüber. Auch Naef (1912) hält in seinen »Familien der Octopoden« die Hoyle- sche Gliederung der Octopoden in die Unterordnung Lioglossae als >> Octopoden mit rückgebildeter Radula« und Trachyglossae als »Octo- poden mit wohl ausgeprägter Radula« noch aufrecht. Bei Staii- roteuthis nun fehlt eine Radula, und mit ihr die ganze Zunge, voll- ständig. Cirroteuthis umhellata hingegen zeigt noch einen, wenn auch stark rückgebildeten und offenbar völlig funktionslosen Rest der Reib- platte. Es waren nur noch drei Längsreihen wanziger, höchst einfach gebauter Zähnchen vorhanden. Wir haben aber neuerdings einen Cirroteuthiden, Cirroteuthis macrope Berry, kennen gelernt, der eine wohlausgebildete Radula mit allen sieben Zahnreihen besitzen soll (Berry 1911). Es steht zu erwarten, daß wir bei fortschreitender Erforschung der Anatomie der Cirroteuthiden noch mehrere Ver- treter dieser eigenartigen Familie kennen lernen werden, welche eine wohlausgebildete Radula aufweisen. Wir kommen also zu dem Ergebnis, daß die Radula erst innerhalb der Familie der Cirroteu- thiden rückgebildet wird. Es ist daher zu erwägen, ob nicht statt der übhchen Ghederung der Octopoden in ^> Trachyglossae << und >>Lio- glossae« besser die sich mit ihr völlig deckende von Reinhardt und Frosch aufgestellte Einteilung in Pteroti und Apteri anzu- wenden ist. Vor der Zunge, von ihr nur durch eine sich einsenkende Nische getrennt, erhebt sich ein zweiter muskulöser Zapfen, der von JouBiN noch als Zunge aufgefaßt, seit Pelseneer aber als Sub- radularorgan (Subradorg.) bezeichnet wird. AVie wir bei der Be- schreibung des Nervensystems sehen werden, sind in seine Musku- latur die beiden Gangha subradularia eingelagert, von denen zahlreiche Nerven an seine mit kleinen Papillen ausgestattete Ober- fläche herantreten. Zur Anatomie von C'irroteuthis unibcllata Fischer und Stauroteutliis sp. 391 Die ganze vordere, dem Oberkiefer zugekehrte Fläche des 8ub- radularorganes wird von einem dicken Polster aus langen Drüsen- schläuchen bedeckt, die alle getrennt in die Mundhöhle einmünden. Es ist dies die allen Dibranchiaten zukommende Unterkieferdrüse oder Glandula submaxillaris {(ß.subm.), von deren Secret man weder Beschaffenheit noch Bedeutung kennt. Das Subradularorgan steht außerdem noch in enger Beziehung zu den, bei den Octopoden gewöhnhch paarig ausgebildeten sog. hinteren Speicheldrüsen, insofern diese von hier aus angelegt werden und ihr gemeinschaftUcher Ausführgang dieses Organ in seiner ganzen Länge durchzieht und auf ihm ausmündet. Bei Cirroteuthis umbellata ist diese Drüse (Taf. VIII, Fig. 1, 3 gl.sal.post.) nur noch unpaar ausgebildet. Sie verrät nur noch durch die paarige Ausbildung der in ihrem Inneren gelegenen Sammelkanäle ihren doppelten Ursprung. Bei Stauroteu- this wie bei Opisthoteuthis fehlt sie gänzhch. Die Drüse ist weit vom Schlundkopf abgerückt und liegt dicht hinter dem Gehirn ventral dem Oesophagus an, innerhalb eines kleinen venösen Sinus. Ihr Aus- führgang zieht an der Unterseite des Oesophagus durch den nervösen Schlundring nach vorn und dringt an der Unterseite des Schlundkopfes in dessen Muskelmasse ein. Nach den Untersuchungen Lo Biancos sind die hinteren Speicheldrüsen starke Giftdrüsen, deren Secret zur Lähmung, bzw. zur Tötung der Beutetiere dient. Bei den Cirroteu- thiden scheinen sie nur noch geringe oder gar keine Bedeutung mehr zu haben, da sie innerhalb der Famihe einen Rückbildungsprozeß durchmacht, der mit dem Schwund der Radula Hand in Hand geht und der darauf deutet, daß als Nahrung nur noch kleinere, leicht zu überwältigende Organismen dienen. Die vorderen Speicheldrüsen oder Buccaldrüsen (Textfig. 12 (jl.sal. ant.) liegen bei den Octopoden dem Schlundkopf symmetrisch zu beiden Seiten als breite, bräunlich bis grünlich gefärbte Lappen an und sind mit ihm nur durch einen Ausführgang verwachsen. Stauroteu- tliis zeigt dieselben Verhältnisse. Bei Cirroteuthis umbellata konnte ich außeii am Schlundkopf keine Drüsen entdecken. Dagegen fand ich in die Muskulatur der Zungentasche jederseits eine kompakte, langausgezogene Drüse eingebettet, die sich mit sehr kurzem Ausführ- gang zu beiden Seiten der Zunge in die Mundhöhle öffnet. Zwar ist noch bei keinem Octopoden ein derartig intrabulbär gelegenes Drüsen- paar bekannt, doch finden sich bei den Sepiiden und Sepiohden die vorderen Speicheldrüsen in eben dieser Lage und münden an derselben Stelle (WÜLKER 1910). Die Loliginiden und die Oegopsiden spielen 26* 392 Albin Ebersbach, insofern eine vermittelnde Rolle, als ihre Buccaldrüsen in einen intra- bulbären und einen extrabiilbären Teil geschieden sind, die nur durch eine schmale Brücke miteinander in Verbindung stehen. In Anbetracht dieser Verhältnisse stehe ich nicht an, die eben beschrie- benen Drüsen von Cirroteuthis umhellata mit den Buccaldrüsen zu homologisieren. Da das von mir untersuchte Exemplar geschlechts- reif war, die Drüsen also nicht auf einem embryonalen Stadium sich befinden können, bleibt also die Tatsache bestehen, daß Cirroteuthis umhellata als einziger Octopode intrabulbär gelegene Buccaldrüsen besitzt. Aus der Beschreibung von Reinhardt und Frosch ist die Lage der Buccaldrüsen von Cirroteuthis Mülleri nicht recht ersicht- hch. Bei Opisthoteuthis fehlen sie nach Meyer (S. 203) vollständig. gl.subm. Textfig. 13. Schlundkopf von CirroteHthis umhellata. Bis zur Medianebene aufpräpariert. Die Mundhöhle ist von einem hohen, mit derber C\iticula bedeckten Epithel ausgekleidet, das sich auch auf den Oesophagus hinüber- schlägt. Nur die beiden Zungentaschen von Cirroteuthis umhellata machen hiervon an ihrer äußeren, den Seitenwänden des Unterkiefers zugekehrten Seite eine recht bermerkenswerte Ausnahme. Hier ver- lieren die Zellen ihre starke Cuticula und bilden ein Drüsenepithel, das sich reichlich und tief zu Schläuchen einfaltet, so daß ein dickes, kompaktes Drüsenpolster entsteht, das über zwei Drittel der Außen- flächen der Zungentaschen bedeckt und an Masse die Buccaldrüsen übertrifft. Meines Wissens ist ein derartiges Drüsenpaar in der gesamten CephalopodenUteratur noch nicht beschrieben worden. Bei Stauroteuthis fand sich keine Spur von Drüsengewebe an jenen Stellen. Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 393 Der Oesophagus. Die Speiseröhre (Textfig. 11 oes.) ist, wie auch der Schlundkopf, von einer derben Lage prächtig purpurnen Binde- gewebes umhüllt, in das die zuführenden und ableitenden Blutgefäße, wie auch der Plexus der sympathischen Nerven eingebettet sind. Nach- dem er das Gehirn durchsetzt hat, durchbricht er die dünne binde- gewebige Membran, welche der Leberkapsel vorn als Abschluß dient, und zieht, spindelförmig anschwellend, in der Medianebene dorsal über die Leber hinweg, ohne auch nur eine seichte Rinne auf diesem gewaltigen Drüsenorgan hervorzurufen. Nun verjüngt sich die Speise- röhre wieder, tritt, indem sie das membranöse Diaphragma durch- bohrt, aus dem Innern der Leberkapsel hervor, und mündet in den kräftigen Muskelmagen ein. Die kropfartige Erweiterung, wie sie den Octopoden fast allgemein zukommt, scheint bei Cirroteuthis umhellata auf den ersten Bhck zu fehlen. Erst bei sorgfältiger Wegnahme des umhüllenden pigmentierten Bindegewebes nimmt man in der über dem Vorderrande der Leber gelegenen Partie des Oesophagus eine sanfte, hinten scharf abgesetzte Aussackung (Textfig. 11 ingl.) seiner Ventralfläche wahr. Ihre Homologie mit dem Kröpfe der Octopoden ist unzweifelhaft. Bei Stauroteuthis fehlt sie, wie auch bei Cirro- teuthis Mülleri und bei Opistotheufhis vollkommen. Die Wandung des Oesophagus ist innen aus zahlreichen Längs- muskelfasern, außen aus Ringmuskelzügen aufgebaut. Ihn durchziehen in seiner ganzen Länge mehrere Längsfalten, die von Bindegewebs- strängen gestützt werden. Die Innenfläche ist mit würfelförmigen Epithelzellen ausgekleidet, die eine Cuticula abgeschieden haben. Die Magen. Am Muskelmagen (Textfig. 11 stom.) sind, zufolge seiner Aufgabe, die aufgenommene Nahrung zu zerschroten, die mus- kulösen Wandungen und die auskleidende Cuticula entsprechend stärker ausgebildet. Er sitzt dem Darmrohr rechtsseitig an, zeigt eine sackförmige Gestalt und ist ebenfalls kräftig purpurn pig- mentiert. Ihm legt sich ventral der Nebenmagen oder Drüsenmagen (Text- fig. 11 stom.coec.) an, der sich ebenfalls rechtsseitig in den Mitteldarm öffnet. Dieser Magen stellt einen kurzen, blindgeschlossenen Schlauch vor. Er ist nach vorn hakenförmig umgebogen und läßt, da er nicht pigmentiert ist, durch seine dünne Wandung, namentlich an seiner konvexen Außenfläche, eine Anzahl sichelförmiger Falten, sog. Spiral- falten, undeuthch hindurchschimmern. Diese halbmondförmigen Falten ragen, parallel zu einander in zwei Reihen angeordnet, frei in das Lumen des Magens vor, nur einen schmalen Raum freilassend. 394 Albin Ebersbach, Den Drüsenmagen fand ich an beiden Tieren leer vor, während die Muskehnagen und bei Cirroteuthis umhellata auch der Oesophagus mit kleinen Krustern vollgefüllt waren. Diese waren nur schwach beschädigt, da die Radula funktionsunfähig, die Kiefer aber zum Kauen der Nahrung ihrer Form nach untaugUch sind. Im Muskelmagen freilich hatte ein Teil der verschlungenen Kruster schon eine gründ- liche Bearbeitung erfahren. Beide Magen stoßen vorn an die Hinter- fläche der Leber an, von ihr nur durch das membranöse Diaphragma getrennt, mit dem sie übrigens durch Bindegewebe fest verbunden sind. Hinter dem Magenkomplex ist die Gonade gelegen. Rechts- seitig legt sich ihm das arterielle Herz an, das mit seinem linken, lang ausgezogenen Zipfel sich noch zwischen Drüsenmagen und Gonade einschiebt. Mitteldarm und Enddarm. Meyer schildert für Opistho- teuthis einen dritten Magen, dem er resorbierende Funktionen bei der Nahrungsaufnahme zuschreibt. Er ist morphologisch nichts andres als der erweiterte Mitteldarm. Bei beiden von mir untersuchten For- men konnte ich eine gleiche Erweiterung feststellen, und nach Rein- hardt und Frosch ist sie auch bei Cirroteuthis Mülleri vorhanden. Distalwärts verengert sich der Mitteldarm wieder und geht unmerklich in den Enddarm (Textfig. 11 rect.) über, der in geradem Verlaufe unter der Bauchdecke nach vorn zieht. Der After, der jeglicher Analan- hänge entbehrt, liegt an der Basis des Trichters, von dessen ventraler Wand er noch überschnitten wird. Vom Tintenbeutel fehlt bei den Cirroteuthiden bekanntUch jede Spur. Die Verdauungsdrüse oder Leber (Textfig. 5 u. 11 hep.), über deren muskulöse Kapsel wir schon oben näheres hörten, gleicht in ihrer Lage und in ihrer mächtigen Entwicklung völlig der der Octopoden. Bei Cirroteuthis umhellata zeigt sie eine stumpf elliptische, beinahe kugelige Gestalt und ist dorsal sanft abgeplattet. Dir größerer Durchmesser hegt, wie bei den Philonexiden, quer zur Längsrichtung des Tieres. Die Leber von Stauroteuthis hat ganz ähnliche Form, nur ist sie auf der Rückenseite etwas stärker gewellt, auf der Bauchseite ab- geflacht und an ihrer Hinterfläche von den dicht anhegenden Magen stark eingebuchtet (Textfig. 5), so daß sie hinten beinahe zweizipfehg erscheint. Die grünlich-grau bis bräunlich gefärbte Drüsenmasse wird außen von einer zarten Bindegewebshülle umgeben, die aber des bei vielen Cephalopoden zu beobachtenden prächtig metalhschen Glanzes völlig entbehrt. Durch sie hindurch sieht man deuthch die in die Leber eindringenden Verzweiiiunsüen der Venae mesentericae hindurch- Zur Anatomie von Cirrotcuthis uinbellata Fisclier und Stauroteuthis .sp. 395 schimmern. Die beiden kurzen, symmetrisch von der Mittellinie an der Hinterseite der Leber entspringenden Ausführgänge (Textfig. 11 duct. hep.) sind an ihrer Austrittsstelle von einer weißlichen, länglich elhptischen Zone umgeben, die sich gegen die dunkler gefärbte Drüsenmasse der Leber scharf abhebt, und eine dicke, von der Leber mcht zu trennende Drüsenmasse bildet. Es ist das Pancreas (Text- fig. 11 Pancr.). Die Leberausführgänge umfassen beiderseits den Mittel- darm unter dem Drüsenmagen, in den sie mit gemeinsamer Öffnung einmünden. Die Kiemen mit Kiemenmilz (,. weißer Körper'')< Die Kiemen. Die bräunlich gefärbten Kiemen von Cirroteuthis umbellata sind auffallend klein und ganz nahe an die Trichterbasis herangerückt. In ihrer äußeren Erscheinung weisen sie eine große Ahnhchkeit mit den vom Octopodentypus so stark abweichenden Kiemen von Opisthoteuthis auf, indem sie statt der Kegel- bis Pyra- midenform eine etwa halbkugelförmige Gestalt besitzen. Jedoch stehen sie vermittelnd zwischen Opisthoteuthis und den übrigen Octopoden, insofern, als ihre Kiemenblättchen der Zahl nach keine so starke Re- duktion erfahren haben und auch nicht von Knorpelstrahlen getragen werden, sondern eine deutlich zweireihige Anordnung an dem mus- kulösen Aufhängeband der Kieme erkennen lassen. Die halbkugel- förmige Gestalt der Kieme wrd dadurch erreicht, daß jede Reihe nur aus wenigen Kiemenblättchen gebildet wird, so daß also das Atmungsorgan stark verkürzt ist. Dazu kommt die allmähliche Ver- kürzung der Blättchen sowohl gegen die Spitze, als gegen die Basis der Kieme zu, ferner die Verwachsung der einzelnen Blättchen mit ihrem ganzen inneren Rande an dem kurzen, beinahe knopfförmigen Aufhängeband, und zwar nicht nur an dessen Seitenflächen, sondern auch an seiner Vorderseite. Was die Lage der Kieme in situ anbelangt, so ist noch hervor- zuheben, daß sie, wie dies auch Joubin (1900) beschreibt, nach hinten überkippt ist, so daß man bei geöffneter Mantelhöhle auf die Spitze der Kieme bUckt und einen Teil des Aufhängebandes sieht. Der Kiemenkamm aber ist dem Eingeweidesack zugekehrt. Auf meiner Fig. 3 sind die Kiemen absichtlich wieder nach vorn gekippt, um die Anordnung der einzelnen Elemente erkennen zu lassen. Das Aufhängeband der Kieme (Fig. 14) zeigt nur in seinen Rand- zonen eine schwach muskulöse Ausbildung. Die gesamten inneren Partien, welche die kleine, bei Cirroteuthis umhellata beinahe kugel- 396 Albin Ebersbach, förmige Kiemenmilz, die Kiemennerven und die zuführenden und ableitenden Gefäße bergen, sind in Gallertgewebe umgewandelt. Die von JouBiN (1900) auf Taf. III, Fig. 4 u. 5 dargestellte Lage der Kiemenrailz ist irrig. Die Kiemenarterie verläuft nicht unter, sondern über ihr. Da die Kiemenblüttchen an ihrem ganzen halbkreisförmig gebogenen Innenrande mit dem Aufhängeband verwachsen sind, ver- missen wir den für alle Dibranchiaten so charakteristischen Kiemen- kanal vollständig, so daß die Kieme in ihrem Querschnitt stark an die von Nautilus erinnert (vgl. Schaefer 1904, Taf. I, Fig. 1). Die einzelnen Kiemenblättchen oder Elemente I. Ordnung stim- men in ihrer Gliederung in kleinere Elemente mit denen von Opistho- Elm E. I.Kbl.- n. branch Km .... SchnH.EIm.E. -.V. branch. .— r.Kbl. vas. eFr.I. - art. branch. — vas. aFF.l. vas.aFF.l. Textfig. 14. Kieme von CirroteitthU umbeUnta. teuthis und den Octopodiden vollkommen überein, so daß ich hier keine nähere Beschreibung zu geben brauche. Ich verweise nur auf meine Fig. 14, die auf der linken Seite ein Kiemenblättchen bei starker Vergrößerung in Seitenansicht darstellt. Es ist schon angedeutet worden, daß die Kiemenblättchen an Größe recht verschieden sind. Dieser Größenunterschied macht sich aber nicht in einer Ungleichheit der beiden Kiemenhälften, wie sie ja bei den Octopodcn ausgeprägt ist, geltend, sondern nur innerhalb der Reihen selbst. Am größten ist immer, von der Kiemenbasis aus gerechnet, das zweite Blättchen; am kleinsten das an der Spitze gelegene der inneren Reihe. Folgende Tabelle gibt die Zahl der Elemente II. Ordnung an. i 7 7 10 9 9 10 9 9 10 10 6 8 7 7 Zur Anatomie von Cirroteuthis uaibcllata Fischer und ytaui'oteuthis sp. 397 Innere Reihe Äußere Reihe 1. Kiemenblättchen: vorn 8 8 hinten 2. Kiemenblättchen: vorn hinten 3. Kiemenblättchen: vorn hinten 4. Kiemenblättchen: vorn hinten Tiefer gehende Unterschiede, als sie in der äußeren Form, der geringen Zahl der Blättchen und dem Fehlen des Kiemenkanals gegenüber der Dibranchiatenkieme gegeben sind, waren im Verlaufe der Kiemengefäße festzustellen. Hierüber in dem Abschnitt Gefäßsystem. Die Kiemen von Staurotheuthis (Textfig. 4 hranch.) sind relativ größer als bei Cirroteuthis umhellata, nicht ganz so weit nach vorn gerückt und von prächtig bläulicher bis dunkelvioletter Farbe. Sie zeigen ebenfalls etwa halbkugelf(")rmige Gestalt, jedoch sind ihre großen, wie bei allen Octopoden »baumförmig« verästelten Blättchen derartig ineinandergefaltet, daß es erst einer eingehenden Untersuchung bedarf, um ihre zweireihige Anordnung zu erkennen. Auf Textfig. 4 sind sie daher etwas schematisiert worden. Beide Reihen zählten vier Blättchen. Mit ihrem schmalen, kurzen Innenrand sind diese ebenfalls in ganzer Ausdehnung an dem Aufhängeband verwachsen, so daß auch hier ein Kiemenkanal fehlt. Das Aufhängeband zieht sich an der Kiemen- basis in einen schwachen, schon von Cuvier für Octopus beschriebenen Muskel aus, der über den Nierensack nach hinten zur Flossenstützc zieht, aber kaum eine ausgiebige Bewegung der Kieme ermöglichen wird. Bei Cirroteuthis umbellata habe ich derartige Muskelzüge nicht auffinden können. Die in dem Aufhängebande geborgene Kiemenmilz, ein kom- paktes, drüsiges Gebilde von röthcher Farbe, ist bei Stauroteuthis etwas mehr in die Länge gezogen als bei Cirroteuthis. In histolo- gischer Hinsicht stimmt sie mit den übrigen Dibranchiaten überein. insofern sie aus den gleichen großkernigen, polygonal abgeplatteten Zellen aufgebaut ist. Über ihre Funktion ist noch nichts Sicheres bekannt. Sie wird zwar vielfach mit dem »weißen Körper« zusam- men als Bildungsstätte der Blutzellen gedeutet, jedoch fehlt für die Richtigkeit dieser Annahme ein sicherer Beweis. Die »weißen Körper«. Die »weißen Körper« liegen gewöhn- 398 Albin Ebersbach, lieh in Form eines ringförmigen, dicken Wulstes dem Angapfel hinter seinem Äquator dicht an, indem sie den Zwischenraum zwischen Augenbulbns und Augenganghon ausfüllen. Dabei schmiegen sie sich den Bewegungsmuskeln des Auges innig an und werden von den Retinanerven durchbohrt. Stauroteuthis hat im allgemeinen diese Ver- hältnisse bewahrt. Bei ihm ist der herrlich dunkelviolett gefärbte »weiße Körper« als ein dickes, ringförmiges Band, das sich um die zu einem Bündel ver- einigten Retinanerven herumlegt, ZM'ischen Orbitalknorpel und die Muskelschicht des Auges eingezwängt. Mit dem Opticusganglion steht er nicht mehr in so inniger Beziehung, da dieses weit von ihm weggerückt, in der Kopfhöhle gelegen ist. Bei Cirroteuthis umbellata ist der >> weiße Körper« stark reduziert, beinahe \\dnzig ausgebildet (Textfig. 15). Er stellt einen flach Textfig. 15. gedrückten Körper von elliptischem Umriß dar. Rechtseitiger »Weißer Körper« . . ^-^ i -i^ • j_ i in --i -i von Cirroteuthis umbellata. ^^ seiner Dorsalseite ist er durch das über ihn hinwegstreichende Bündel der Retinanerven stark eingebuchtet. An ihnen ist er durch ein Bindegewebsband, das offenbar aus den geschwundenen dorsalen Partien des »weißen Körpers« hervorgegangen ist, gleichsam aufgehängt. In seiner Lagebeziehung zum Augapfel und Augenganglion stimmt er genau mit Stauroteuthis überein. Faussek (1893) hat die Entwicklung und Histologie dieses Organs an Sepia und Loligo untersucht. Seine Befunde treffen auch für beide von mir untersuchten Formen zu. Das Cölomsystem. Als Cölomsystem bezeichnet Naef (1909) drei Organe, Gonade, Pericard und Niere, deren Zusammengehörigkeit für die Mollusken charakteristisch ist. Mit seiner Entwicklung bei den Cephalopoden haben sich eingehender Bobretzky und Faussek beschäftigt. Ihre zum Teil widersprechenden Befunde hat in neuerer Zeit Naef (1909) einer gründlichen Nachuntersuchung an Embryonen von Loligo unter- zogen, deren Ergebnisse ich auch meinen Ausführungen in der Haupt- sache zugrunde lege. Wie schon Bobretzky gefunden hat, legen sich das Pericard und die Nieren etwa gleichzeitig im Mesoderm an, ersteres als paarige Spalträume, letztere nach Naef »in Form von soliden Anlagen, die alle voneinander wohl geschieden sind«. Die Pericardialanlagen, die Zur Anatomie von Cirroteuthis unibellata Fischer und Stauroteuthis sp. 399 allmählich von einem deutlichen Epithel ausgekleidet werden, treten später in der Mediane zusammen und vereinigen sich »unter vorüber- gehender Bildung eines Mesenteriums« zum unpaaren Pericard, welches das Herz vollkommen umwächst. Mit den Nierenanlagen, die nach Naef schon »von Anfang in engster Beziehung zu den Hohlvenen« stehen, und deren den Venen zugekehrtes Epithel >>in Form einer deutlichen Verstärkung die Anlage der Venenanhänge« darstellt, tritt das Pericard nach den Untersuchungen desselben Forschers erst sekun- där durch Ausbildung der Nierenspritzen in offene Verbindung. Diese neueren Angaben stehen in direktem Gegensatz zu den Befunden Fausseks, der schon für die frühesten Anlagen des Pericardialkom- plexes eine paarige renopericardiale Verbindung beschreibt und auf Grund deren seine Nephrocöltheorie aufstellt. Am erwachsenen Tiere endlich stehen die beiden Nierensäcke durch zwei Querbrücken mit- einander in offener Verbindung und münden durch die Ureter in die Mantelhöhle aus. Das Cölomsystem besteht somit aus einem Hohl- raum, der von den Nieren und dem Pericard, die untereinander »sowohl in ihrem Lumen wie in ihrer epithelialen Auskleidung zu- sammenhängen«, gebildet wird. Bei den Decapoden wird der hintere Teil des Pericards durch eine Querfalte unvollständig abgetrennt und repräsentiert die Gonaden- höhle. In diese ragen Magen und Gonade hinein; zugleich werden auch die Geschlechtsprodukte in sie entleert. Das Pericard umschließt das Herz, das nur an seinen Gefäßen und einem schwachen Mesenterium aufgehängt ist, und die beiden Kiemenherzen mit ihrem Anhang, die seitlich in das Lumen herein- drängen. Alle in der Pericardialhöhle gelegenen Organe, bei den Deca- poden also Herz, die Kiemenherzen mit Anhang, Magen und Geschlechts- drüse, sind von Peritonealepithel überzogen. Vigelius (1880) hat diese Höhle deshalb als Visceropericardialhöhle bezeichnet, Grobben (1884) faßt sie, da sie sich wie ein normales Cölom verhält, als sekundäre Leibeshöhle auf. Bei den Octopoden haben die einzelnen Abteilungen dieser Höhle eine starke Einschränkung erfahren und Magen, Herz und Kiemen- herzen sind daraus verdrängt worden. Es ist also zur Ausbildung des von Krohn zum erste Male beschriebenen »Wassergefäßsystems« gekommen. Von der in sich abgeschlossenen Gonadenhöhle, in die nur die Keimdrüse hineinragt, gehen außer den Gonoducten zwei lange, dünne Gänge, die Wasserkanäle, ab, die nach vorn zu den Kie- menherzen verlaufen und sich dort zu einer zarthäutigen, den Kiemen- 400 . Albin Ebersbach, herzanhang umfassenden Kapsel erweitern. Jede dieser flaschenför- mig gestalteten Kiemenherzkapseln steht durch einen kurzen, dick- wandigen Kanal, die Nierenspritze, mit den Nieren in Verbindung, die übrigens bei den Octopoden nie miteinander kommunizieren. Die bei den Octopoden so auffallende Reduktion zeigt sich in gleicher Weise bei Stauroteuthis. Bei Opisthoteuthis jedoch ist sie noch einen Schritt weitergegangen und hat zu einein fast völligen Schwund des rechten Wasserkanals geführt. Ich bin nun in der Lage, dieses von Meyer geschilderte, bis jetzt einzig dastehende Verhalten auch für Cirroteuthis umbellata feststellen zu können. Die Nieren. Ich wende mich zunächst zur Darstellung des Excretionssystems. Die Nieren von Cirroteuthis umbellata wie von Stauroteuthis (Text- fig. 16 u. 26 re7i.) bestehen aus zwei wohlgesonderten Säcken, die an der Unterseite des Eingeweidesackes liegen und fast dessen ganze, hinter dem Diaphragma gelegene Hälfte überdecken. Sie sind zum größten Teile unmittelbar unter der die Mantelhöhle auskleidenden Körper- haut gelegen, lassen sich von ihr jedoch ohne Einreißen ihrer zarten Wandung leicht lösen. Sie stellen lang ausgezogene Säcke dar, die sich in engem, seithch offenem Bogen um den dem Herzen genäherten Teil der Kiemenvenen herumschlingen. Ihre Berührungsfläche, die infolge der umfangreicheren Ausbildung des linken Nierensackes etwas nach rechts von der Medianebene des Tieres verschoben ist, besitzt ziemlich große Ausdehnung; trotzdem lassen sich die beiden Säcke bei sorgfältiger Präparation völhg unverletzt voneinander trennen. Jeder Nierensack wird an seiner Umbiegungsstelle durch eine lokale Verengung unvollständig in eine vordere und hintere Kammer geschieden. Die vordere Kammer steht zwar an seitlicher Aus- dehnung der hinteren nach, erreicht jedoch deren Umfang durch eine größere dorsale Aussackung, die sich seitlich der Magen zwischen Leber und Gonade, auf der rechten Seite zwischen Leber und Herz einschiebt. Auf der Unterseite ^\'ird die linke, vordere Kammer von den Drüsen des Geschlechtsausführganges überlagert, die rechte da- gegen liegt fast in ihrer ganzen Ausdehnung unmittelbar unter der Haut. Nur über die hinteren Zipfel beider vorderen Nierensackkam- mern schieben sich auf der Unterseite die den Ureter tragenden Par- tien der hinteren Kammern hinweg. Die hinter den Kicmenvenen, den Vorhöfen früherer Autoren, gelegenen Nierenkammern sind beider- seits röhrenförmig gestaltet und liegen quer zur Längsrichtung des Zur Anatomie von Cirrotoutihs umboUata Fischer und Stauroteuthis sp. 401 Tieres. Sie legen sich beide über die Unterseite der Gonade hinweg, werden aber in ihren hinteren Partien von dieser seitlich auseinander gedrängt. An ihrer vorderen Wand zeigen sie in ihrer dem Kiemen- herzen genäherten Partie bei Cinoteuthis umhellata eine scliwache Ausbuchtung nach vorn, der der papillenförmige Ureter aufsitzt. Die Ureter liegen völlig symmetrisch medial von den Kiemenherzen, etwas vor der Kiemenvene und ragen frei in die Mantelhöhle vor. Bei Stauroteuthis sind die trichterförmigen Ausbuchtungen, welche die Ureter tragen, stark verlängert, so daß letztere weit vor dem Kiemenherzen median von den Kiemen gelesen sind. Textfig. 16. Xierensäcke von C'irroteutkis umhellata. Die zarte Wand der Nieren ist durchweg glatt und ungefaltet, nur an ihren Berührungsflächen mit den vorbeistreichenden Venen hat sie sich zu den sog. Venenanhängen ausgebildet. Seit Cuvier faßte man die Venenanhänge allein als die Nieren der Cephalopoden auf und bezeichnete die Höhlen, in die sie hineinragen, als »Bauch- felltaschen«, da man ihre anatomische Zugehörigkeit zur Niere nicht erkannt hatte. Die Venenanhänge stellen bei Cirroteuthis umhellata gelbliche, schwammige Gebilde von ungefähr kolbenförmiger Gestalt dar, die den Venen mit schmaler Basis aufsitzen und durch gegen- seitigen Druck vielfach abgeplattet sind. Sie sind also deuthch von- einander gesondert, im Gegensatz zu Opisthoteuthis, wo mr »eine Glie- derung dieser Venenanhänge in distinkte Teile, in einzelne Anhänge« vermissen. Eigentümlicherweise zeigt in diesem Punkte Stauroteuthis mit Opisthoteuthis völlige Übereinstimmung. Die Venenanhänge stellen 402 Albin Ebersbach, hier ebenfalls vollständig ungegliederte, mächtige Wülste von bleigrauer Farbe dar. Sie sind die eigentlich excretorisch tätigen Teile der Nieren. An ihrer Oberfläche zeigen sich zahllose feine, kreisrunde Löcher, die in lange, sich nach innen allmählich erweiternde, manchmal auch sich verzweigende Einstülpungen der Nierensackwand führen. Reiche Ver- ästelungen der Venen haben sich zwischen diese Einstülpungen hinein- geschoben, so daß also eine möglichst große Berührungsfläche zu diffu- sionellem Austausch geschaffen ist. Derartige Venenanhänge kommen den beiden Venae cavae und Venae mesentericae zu. Die ersteren laufen in nach vorn offenem Bogen an der oberen Wand der hinteren Nierensackkammer seitwärts zu den Kiemenherzen, die letzteren ziehen an der oberen Wand der vorderen Nierensackabteilunoen entlang gegen die Rückenseite zu den Eingeweiden. Dabei buchten diese Venen die Nierenwand so vollkommen ein, daß es den Anschein erregt, als durchbrächen sie dieselbe und verliefen im Lumen des Nierensackes, mit seiner oberen Wand nur in einem schmalen Streifen verwachsen. Auf Schnitten kann man jedoch feststellen, daß das Nierenepithel auf die Vene umbiegt. Die Venenanhänge von C irroteuthis umhellata zeigen durchgängig ungefähr gleiche Größe, nur an den Venae cavae nehmen sie gegen die Kiemenherzen hin allmählich an Umfang zu, so daß die hintere Nierenkammer von den Anhängen fast prall er- füllt ist. Bei Siauroteuthis geht dieser Größenzunahme der einzelnen Venenanhänge gegen die Kiemenherzen zu ein Zunehmen des Wulstes an Mächtigkeit parallel; jedoch erfüllt dieser bei weitem nicht in dem Maße die hintere Nierensackabteilung wie bei C irroteuthis umhellata. Die fleischige Wandung der Ureter ist durch in Bindegewebe eingelagerte Längs- und Ringmuskeln stark verdickt und erweist sich an ihrer Innenseite als längs gefältelt. Die in den Harnsack aus- strahlenden Falten sind von einem hohen Cylinderepithel bekleidet, in das einzelne Schleimzellen eingestreut liegen. Nach dem Nieren- sack zu flacht sich das Clyhnderepithel allmählich ab, besteht zu- nächst aus kubischen Zellen, um dann in ein typisches Plattenepithel überzugehen, in dem ebenfalls Schleimzellen nachzuweisen sind. Dieses niedrige Epithel bedeckt die gesamte glatte Wand des Nierensackes; erst an den Venenanhängen werden die Zellen wieder höher und bilden ein kubisches bis cylindrisches Epithel. Eine feine Streifung, die Grobben im basalen Teil dieser Epithelzellen öfters beobachtet hat, und die als eine »Folge des durch die Epithelzellen streichenden Excretionsstromes« aufzufassen ist, konnte ich auch stellenweise wahr- nehmen. An ihrer freien Oberfläche haben die Epithelzellen, die sich Zur Anatomie von Cirroteuthis uinbellata Fischer und Stauroteuthis sji. 403 alle durch große Kerne auszeichnen, eine freie Stäbchencuticula ab- geschieden, die übrigens auch dem Epithel des glatten Teiles des Nierensackes zukommt. Nach außen folgt auf das Nierenepithel eine Bindegewebslage, die durch reichlich eingestreute Muskelfasern ver- stärkt ist. Nach den Untersuchungen von Vigelius (1880) beobachtet man selbst an ganz frischen Tieren beim Aufschneiden der Nierensäcke nie eine ausströmende Flüssigkeit, sondern man >> findet die fort- während in Kontraktion begriffenen Venenanhänge meistens von einer schleimigen Masse überdeckt«. Bei Cirroteuthis umbellata habe ich in den Nierensäcken weißhche Klumpen gefunden, die oft die Venen- anhänge untereinander verklebten, und die offenbar die stickstoff- haltigen Excrete darstellen. Das Pericard. Wie schon angedeutet, weist Stauroteuthis in der Ausbildung des Pericards die gleichen Verhältnisse -wie die Octopodiden auf. Bei Cirroteuthis umbellata hingegen hat, wohl wie bei Opisthoteuthis ent- sprechend der einseitigen Ausbildung der ausleitenden Geschlechts- wege, die Rückbildung des Pericards geradezu ihr Extrem erreicht, indem bloß der linke »Wasserkanal« vollständig entwickelt ist, der rechte dagegen die Gonadenhöhle nicht mehr erreicht. Die Mündung des vorderen Teiles des Pericards, die Nierenspritze (Textfig. 16 u. 26 Nsp.), in die Niere liegt auf einer kleinen, mit Radiärfalten ausgestal- teten Papille an der oberen Innenseite des Ureters, dort, wo er sich in den Nierensack erweitert. Die Nierenspritze ist ein kurzer, dick- wandiger Gang, dessen Innenseite mit wellenförmigen, nach außen durchscheinenden Längsfalten besetzt ist. Dieser Gang zieht von der Ureterbasis z\\äschen den sich überlagernden Partien der vorderen und hinteren Nierensackkammern seitwärts zur Oberseite des Kiemen- herzens. Auf seinem hinteren Teile erweitert er sich flaschenförmig zu einem ovalen, zarthäutigen Blindsack, der Kapsel des Kiemenherz- anhanges, auf die auch seine Längsfalten in Form von gefalteten Wül- sten ausstrahlen und auf der sie allmählich verstreichen. Vom Hals- teil dieser Kapsel geht als ein dem eben erwähnten Kanal an Dicke und Aussehen gleicher Gang, »der Wasserkanal« ab, (Textfig. 16 Wk), der an der Oberseite des hinteren Nierensackabschnittes medianwärts zieht, bis er den proximalen Teil des Vas deferens unten kreuzt. Dann biegt er nach hinten um, läuft mit dem Vas deferens, dem er innen anhegt, gemeinsam über die Niere liinweg gegen den hinteren Körper- 404 Albin Ebersbach, pol und erweitert sich zur Gonadenhöhle. Diese Höhle liegt dicht neben der des Vas deferens. Der rechtsseitige »Wasserkanal« ist bei Stauroteuthis sehr dünn. Bei Cirroteuihis umbellata ist er zu einem kurzen, zapfenförmigen Gebilde reduziert, das nur wenig über das Kiemenherz hinausragt. In ihrem histologischen Aufbau sind das »Wassergefäß« und die Nierenspritze ziemhch gleichartig ausgebildet. Ihre verhältnismäßig dicke, fleischige Wand zeigt in Bindegewebe eingelagerte Längs- und Ringmuskulatur und ist auf ihrer Innenseite mit wellenförmigen Längs- falten ausgestattet, die, wie überhaupt das ganze Kanalsystem, von einem flimmernden Cylinderepithel ausgekleidet sind. An der er- weiterten Öffnung des Wasserkanals verstreichen seine Falten all- mählich in der Wand der Gonadenhr)hle, die, wie wir oben sahen, als ein wesentlicher Teil der sekundären Leibeshöhle aufzufassen ist. Bevor ich jedoch zur 8childerung der Gonadenhöhle übergehe, möchte ich hier erst die Beschreibung des Kiemenherzanhanges (Text- fig. 16 u. 26 Pdr.) einfügen, dessen Zugehörigkeit zum Pericard Grobben erwiesen und ihm deshalb den Namen Pericardialdrüse beigelegt hat. Sie ist ein drüsiges Gebilde von gelb-rötlicher Farbe und beinahe kuge- liger Gestalt, das der Oberseite des Kiemenherzens hinten aufsitzt, mit ihm jedoch nur in ganz geringer Ausdehnung verwachsen ist. Dennoch wäre es verfehlt, die Drüse als gestielt zu bezeichnen. Sie liegt innerhalb der f lasche nförmi gen Ampulle des reduzierten Peri- cards, die als Kapsel des Kiemenherzanhanges nur dieser Drüse als Tasche dient. Das Kiemenherz liegt außerhalb. Das Kapselepithel schlägt sich an der Basis der Drüse über dieselbe hinweg und stülpt sich an der ihrer Anheftungsstelle gegenüberliegenden Seite spaltför- mig in die Drüsenmasse ein. Es ist wie bei Opisthoteuthis nur ein der- artiger großer Spalt wahrnehmbar, im Gegensatz zu Eledone, wo man nach Grobbex »eine Anzahl von Spalten, welche ins Innere der Drüse führen«, bemerkt. An ihn schließt sich eine Zerklüftung der Gewebs- masse in ein System von Gängen und Hohlräumen an. In der Aus- kleidung der Hohlräume stimmt die Pericardialdrüse mit der von Eledone überein, indem hier die epithelial aneinander geordneten Zel- len keine festgeschlossene Reihe bilden, sondern bauchig in das Lu- men der Drüse vorragen und von wechselnder Größe sind. Ihre Grenze gegen das eindringende Cölothel ist schwer festzustellen. An der Fest- haftuno-sstelle der Drüse geht ihr Gewebe in das des Kiemenherzens über und dient einer großen Blutlacune, die mit der Kammer des Kiemenherzens in offener Verbindung steht und in das Drüsensvstem Zur Anatomie von Cirroteuthis iimbellata Fischt-r und Stauroteuthis sji. 405 allseitig eindringt, zum Übertritt. Dies stimmt mit den Befunden von Meyer an Opisthoteuthis und Octopus defilippi und von Grimpe an Octopus vulgaris genau überein. Über den morphologischen AVert und die Funktion dieser drüsi- gen Organe ist bis jetzt noch keine Einigkeit erzielt. Neuerdings liat Naef folgende Vermutung ausgesprochen: »Die Anlage derselben hat eine auffallende Ähnlichkeit mit der der Gonade, ihre spätere Differenzierung speziell mit der des Hodens; es scheint mir daher nicht völlig ausgeschlossen, daß wdr in ihnen metamer homonome Ge- bilde derselben Kategorie, d. h. rudimentäre Gonaden, vor uns haben. << Grobben kommt auf Grund seiner morphologischen Forschungen an Sepia und Eledotie zu dem Schluß, daß die Pericardialdrüse ex- cretorisch tätig sein müsse, ein Ergebnis, zu dem er auch durch physiologische Untersuchungen an den Pericardialdrüsen der Lamelli- branchier gelangte. Dagegen leugnet Kowalewsky eine excretori- sche Funktion völlig, da er bei Sepia und Sepiola eine Reaktion der Pericardialdrüse weder auf Inchgocarmin, noch auf Lacmuslösung oder carminsaures Amnion nachweisen konnte. Meyer schließlich stellte bei OpisthofeutJns die Vermutung auf, »daß mit Hilfe dieses Or- gans die im Kiemenherzen aufgespeicherten Excrete entfernt würden«. Der Geschlechtsapparat. Der Hoden (Textfig. 16 lest.) liegt im Fundus des Eingeweidesackes, der Innenseite der Flossenstütze dicht angedrückt. Vorn stößt er an das Herz an. Der Raum seithch von ihm bis zur Flossenstütze wird von den gut entwickelten Venenanhängen ausgefüllt. Bei Cirro- teuthis umheUata wrv der Hoden kugelig, bei Stauroteuthis, der sich in vollster Geschlechtsreife befand, hat er die Gestalt eines Ellipsoids mit quergestellter Achse. In seiner Beziehung zur Visceropericardial- höhle hält er etwa die Mitte zwischen den Decapoden und den Octo- poden. Bei ersteren liegt er völhg außerhalb des Cöloms, unterhalb der Gonadenhöhle, bei den Octopoden, speziell Octopus, stülpt er da- gegen von hinten her die Wand der Gonadenhöhle derartig ein, so daß er völhg innerhalb derselben gelegen ist, nur an einem Aufhänge- band befestigt, durch das auch die Gefäße an ihn herantreten. Bei Cirroteuthis umheUnta nun, wie bei Stauroteuthis stößt der Hoden mit seiner Vorderfläche zwar ebenfalls an den als Gonadenhöhle zu bezeichnenden Abschnitt der Visceropericardialhöhle an, buchtet dessen Wand jedoch nur mäßig ein (Textfig. 18 v.p.), so daß also die engräu- mige Gonadenhöhle etwa becherförmig der Keimdrüse vorn anhegt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 27 406 Albin Ebersbach, In seinem Aufbau aus den schlauchförmigen, geraden Hoden- kanälchen, welche alle gegen das seithch und ein wenig dorsal an der Vorderseite des Hodens gelegene Mündungsfeld zusammenlaufen, stimmt die Keimdrüse völlig mit der der Octopoden überein. Die einzelnen Kanälchen, deren Wand aus dem Keimepithel gebildet wird, werden untereinander durch Bindegewebe verbunden, das sich an der Außenseite des Hodens zu einer derben Tunica propria verdichtet. Die Spermatozoen, die übrigens nach den Untersuchungen Thesings (1904) nicht im Hoden, sondern erst in den einzelnen Abschnitten des Leitungsweges ihre endgültige Größe und Gestalt erreichen, ge- langen in die Gonadenhöhle. Von hier aus stünde den Geschlechtsprodukten nun der Weg durch die Visceropericardialhöhle und die Nieren offen, um die Außen- welt zu erreichen. Er wii-d in der Tat auch bei vielen Mollusken be- nutzt. Bei den Cephalopoden jedoch haben sich besondere Gono- ducte herausgebildet, die sich »postembryonal durch Abschnürung einer Rinne vom Pericardialepithel<< entwickeln und sich unter topo- graphischen Beziehungen ausbilden, »welche vermuten lassen, daß es sich um einen ursprünglichen Nierenweg für die Geschlechtsprodukte handle << (Naef 1909, S. 261). Entsprechend der paarigen Anlage des Pericards ist es wahrscheinlich, daß eine Duplizität der Leitungswege das ursprüngliche Verhalten ist, Avie sie ja auch noch im weiblichen Geschlecht bei vielen Oegopsiden und den Octopoden, außer den Cirroteuthiden, im männlichen Geschlecht bei Calliteuthis gewahrt ist. Marchand (1907) hat in neuerer Zeit eine eingehende Schilderung der anatomischen Verhältnisse des männlichen Leitungsweges gege- ben. Ich möchte in meiner Darstellung mich eng an die von ihm an- gewandten Bezeichnungen halten, und daher sei es mir gestattet, an der Hand seiner Ausführungen in kurzen Worten einen Überbhck über den Bauplan des männlichen Leitungsweges der Dibranchiaten zu geben. Der gesamte Leitungsapparat, den Marchand als Vas deferens im weiteren Sinne auffaßt, stellt ein Rohr dar, das durch mannigfache Ummodelung und histologische Differenzierung eine reiche Ghede- rung aufweist. Man kann an ihm einen proximalen und einen distalen Teil unterscheiden. Der proximale Teil reicht bis zur Spermatopho- rendrüse, der Vesicula seminalis der älteren Autoren. »Er entspringt an der Wand der Gonadenhöhle, hat in der Regel einen mannigfach gewundenen und geschlängelten Verlauf << und erweitert sich schließ- lich zur Spermatophorendrüse. Diese ist bei den Decapoden die eigent- I Zur Anatomie von Cirroteuthis unibellata Fischor und Stauroteuthis sp. 407 liehe Bildungsstätte der Spermatophoreii und läßt durch ihre S-för- mige Knickfigur schon äußerhch eine Gliederung in drei histologisch differenzierte Abschnitte erkennen. Ihr Ausführgang mündet in die dem Paket links anhegende »Prostata«, die als erste Umkehrstation für die Spermatophoren dient und deshalb von Marchand als Rangierdrüse bezeichnet wird. Kurz auf sie folgt der nur als ein un- vollkommen verschmolzener Knick des distalen Vas deferens zu pen V --^ ves.sem.JR gl.acc.pen.3 \ ~~'w^ — " gläcc. gl.acc.pen.2 f ._._:_ ves.sem.JI. gl.acc.pen.i \.^ .-' — ^—ves.sem.I Wk. -^- Kcf.prox. ■/■est. Text f ig. 17. Männlicher Geschlechtsapparat von Cirroteuthis umbellata. Ventralausicht. deutende Bhndsack (Prostatablindsack) und endhch die als »Spermato- phorenreservoir und zweite Umkehrstation ausgebildete Needham- sche Tasche, in deren Fundus das Vas deferens, von vorn kommend, eintritt. Der distale Teil der NEEDHAMschen Tasche ist bei den Octopoden regelmäßig zu einem gut abgesetzten, muskulösen Penis umgebildet, der frei in die Mantelhöhle vorragt und auf halber Höhe ein sog. Penisdivertikel tragen kann. 27* 408 Albin Ebersbach, Alle diese Teile des Leitungsapparates liegen zu einem Knäuel vereint, wobei der Spermatophorendrüse, der Rangierdrüse und dem Blindsack die peristaltischen Bewegungen dadurch erleichtert werden, daß sie frei in der Genitaltasche liegen. Mit dieser Tasche, die bei Illex aucli noch am erwachsenen Tier sich in die Mantelhöhle öffnet, -— pen. gl.äcpen 3 b Needh. — gl ac.pen — vessem.M ves.seml Wk dext —\^esseml Wkstn. --- vd prox Scliematische Darstellung tles Textfig. 18. uäiinlichen Geschlechtsapparates von iStauroteiUhis sp. ansieht. Veiitral- also als eine Einstülpung der Mantelhöhle aufzulassen ist, in die sich die genannten Teile des Vas deferens hineingedrängt haben, steht bei den Decapoden der Leitungsweg durch den sog. Flimmertrichter in umnittelbarer Verbindung. Von dem eben aufgestellten Baiiphm kommen bei den verschie- denen Formen mancherlei Abweichungen vor, hauptsächüch Rück- bildungserscheinungen, jedoch auch Weiterbildungen, und ^\^r werden Zur Anatomie von Cirroteuthis unibcllata Fischer und iStauroteuthis sp. 409 sehen, daß letztere bei den Cirroteuthiden ilir Extrem erreichen. In der Tat weicht der Leitnn^sapparat der Cirroteuthiden so stark von dem der Octopoden ab, daß Meyer noch von einem fundamentalen Unterschied zwischen beiden sprechen konnte. Später hat jedoch Marchand in den Hectocoty Uferen Ocijthoe und Argonauta vermit- telnde ZwischengUeder zwischen beiden gefunden, so daß es uns jetzt sehr gut möglich ist, den Leitungsweg der beiden von mir untersuchten Formen Avie auch von Opisthoteuthis, die sich in ihrer Ausbildung recht nahe kommen, auf den der Octopoden zu beziehen. Bei C irroteuthis umbellata beginnt der proximale Teil des Vas deferens (Textfig. 17 v.d.prox.) mit einer ansehnhchen Erweiterung, die offenbar der spindel- oder zitronenförmigen Ampulle der Octopoden entspricht, sich aber nicht so scharf absetzt, an der vorderen, links- seitigen Wand der Gonadenhöhle. Er ist, in Übereinstimmung mit OpisthoteidJus, ziemhch kurz, dickwandig und im Innern mit Längs- falten ausgestattet. Sich allmähUch verjüngend, zieht er in leicht geschwungenem Bogen über die obere Wand des hinteren Nierensack- abschnittes schräg nach vorn außen, läuft über die Kiemenarterie und Kiemenvene hinweg und mündet auf der Unterseite der vorderen Nierensackkammer in die dreiteihge Spermatophorendrüse ein. Bei Stauroteutkis ist dieser Teil des Leitungsweges aufs äußerste verkürzt, so daß die, allerdings dafür etwas mehr in die Länge gezogene Sper- matophorendrüse fast unmittelbar aus der Gonadenhöhle entspringt (Textfig. 18 v.d.prox.). Die Spermatophorendrüse (Textfig. 17 u. 18 ves.sem.I, II, III) liegt ziemlich oberflächlich der Unterseite der vorderen linken Nierensack- kammer, mit ihrem dritten Abschnitt sogar der Leberkapsel auf. Alle drei Abschnitte sind scharf voneinander abgesetzt, aber nicht in S-förmiger Krümmung aneinander gelegt, sondern sie liegen alle fast in einer Eichtung vor einander, die senkrecht zu der des proximalen Vas deferens steht. Der erste Abschnitt (Textfig. 19), der nach Marchand bei den Octopoden einem Rückbildungsprozeß unterliegt, ist auch bei den von mir untersuchten Formen der kleinste. Er zeigt etwa kugelförmige Gestalt und besitzt eine stark verdickte, drüsige Wandung, von deren oberer Seite ein Längs\\ailst von stimipf keilförmigem Querschnitt ins Lumen vorragt. Die Ausbildung eines derartigen Wulstes im ersten Abschnitt der Spermatophorendrüse ist nicht die Regel, sie scheint aber den Cirroteuthiden allgemein zuzukommen, denn er ist auch bei OpistJio- teuthis vorhanden. Durch den Wulst wird vom eigentlichen Lumen, in 410 Albin Ebersbach, Textfig. 19. Querschnitt durch den ersten Abschnitt der Vesicula seminalis von C irrote.uthis umliellata. das sich von der Drüseuwandung wie vom Wulste selbst noch Längs- falten erheben, der Leitungsweg der Spermatozoen unvollständig abge- ghedert, so daß er nur durch eine enge Spalte mit ihm in Verbindung steht. Er ergibt sich als umnittelbare Fortsetzung des Lumens des proxi- malen Vas deferens. Bei dem einen von mir untersuchten männhchen Exemplar von CirroteAdhis umhellata war er von einem Ballen Spermato- zoen erfüllt. Seine Wandung ist nicht drüsig ausgebildet und besitzt keine Längsfalten. Beim Übergang vom ersten zum zweiten Abschnitt verengert sich des- sen Lumen plötzlich zu einem engen, kurzen Kanal mit dünner Wandung, der nach vorn verläuft, die verdickte Wand des zweiten Abschnittes durchbohrt und in sein Lumen hineinführt. Dieser Abschnitt (Textfig. 20) liegt dem ersten dicht an, wird von ihm sogar an seiner hinteren Fläche etwas ein- gebuchtet, ist aber sonst von ihm scharf gesondert. Er legt sich nach vorn innen über die vordere Kammer des Nierensackes hinweg. Seine dicke, ebenfalls stark drüsige Wandung umschließt ein spaltförmiges, durch Längs- falten der Wand unregel- mäßig begrenztes Lumen. In Übereinstimmung mit Opisthoteuthis ist es jedoch nicht zur Ausbildung des für die übrigen Dibranchiaten charakteristischen Längswulstes gekommen, der hier regelmäßig eine Gleitbahn für die Spermatophoren von dem -6/^r Textfig. 20. Querschnitt durch den zweiten Abschnitt der Vesicula seminalis von Cirroteuthis umbellata. Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 411 übrigen Drüsenlumen abgrenzt. Und dennoch scheint eine gesonderte (lleitrinne vorhanden zu sein. Erster wie zweiter Abschnitt der Sper- niatophorendrüse sind nänihch trotz ihrer reichen Oberflächenver- größerung imd der Dicke der Drüsenpolster, die sie zu fast massiven Gebilden machen, nicht als eigentliche Anhangsdrüsen aufzufassen, sondern sie müssen als Differenzierungen des Vas deferens betrachtet werden. Nur hat sich beim zweiten Abschnitt die Wandung nicht all- seitig verdickt und drüsig ausgebildet, sondern es bleibt ein unver- dickter Teil übrig, der als verhältnismäßig enge Rinne {Gltr.) dem Drüsenabschnitt entlang läuft und sich durch einen »Spalt in des- sen Lumen öffnet. Seitlich vävd die Rinne durch die Ränder des verdickten Tei- les der Wand überwallt, so daß äußerüch in der Berüh- rungszone der Überwallun- gen nur eine feine in der Längsrichtung des Drüsen- abschnittes verlaufende Ein- kerbung erkennbar ist. Ob freilich die Spermatophoren nur in dieser Rinne entlang gleiten, und nicht ins Drüsen- lumen selbst geraten, läßt sich nicht sicher angeben, denn der zweite Abschnitt war völlig frei von Spermato- zoen. Für die Richtigkeit meiner Annahme spricht aber der Umstand, daß die Rinne mit Fhmmerepithel ausgekleidet ist, ein Verhalten, das auch, wie wir noch sehen werden, für die durch den Wulst abgetrennte Gleitbahn im ersten Abschnitt der Spermatophoren- drüse zutrifft, wie überhaupt für alle die Teile des Vas deferens, die nur ausleitende Funktionen zu verrichten haben. Andrerseits ist frei- lich der Spalt, durch den sich die Rinne in den Drüsenraum öffnet, zu weit, um ein Hinübertreten der Spermatophoren zu verhindern. Es wäre jedoch nicht ausgeschlossen, daß eine künstliche Verbreiterung der Spalte durch Kontraktionen infolge der Konser\äerung hervorgerufen worden ist. Der dritte Abschnitt der Spermatophorendrüse (Textfig. 21) ist bei Textfig. 21. Schnitt durch eine Windung des dritten Absclinittes der Vesicula seniinalis von Cirroteuthis umbellata. 412 Albin Ebersbach, Cirroteuthis umbellata mit dem zweiten wiederum durch einen kurzen, etwas gewundenen Gang verbunden. Er stellt einen weitlumigen, namentlich bei Cirroteuthis iimheUata eng aufgewundenen Schlauch vor. Jede drüsige Ausbildung seiner dünnen Wandung ist unterblieben. An seiner Innenseite zeigt er eine reiche, netzartige Fältelung. Das Lumen ist mit rudimentären, in reichlich abgesonderte Secretmassen einge- betteten Spermatophoren erfüllt. Der Ausführgang der Spermatophorendrüse hat ein sehr viel engeres Lumen und ist nur mit spärlichen, niedrigen Längsfalten ausgestattet. Kurz nach seinem Austritt sitzt ihm bei Cirroteuthis umheUata eine kleine, knopffcirmige Anhangsdrüse auf, die durch ihr starkes Drüsenpolster und nur enges Lumen recht massiv ausge- bildet ist. Diese Drüse liegt der Innenfläche des dritten Abschnittes der Spermatophorendrüse dicht an und buchtet sie sogar etwas ein. Offenbar stellt sie die rudimentäre Rangierdrüse (Textfig. 17 gl.acc.) vor, die die Funktion einer Umkehr- station nicht mehr ausübt. Bei Stauroteuthis konnte ich keine Spur einer derartigen Drüse auffinden. Das Vas deferens läuft nun medianwärts und ein wenig nach hinten weiter und tritt an ein kompaktes Drüsenpaket heran, das dem Hoden an Umfang ungefähr gleichkommt, und das von gewaltigen Drüsen gebildet wird, die, wie Marchand an Opisthoteuthis nach- gewiesen hat, aus dem Penisdivertikel hervorgegangen sind. Dieses Paket legt sich, nur von der Körperhaut bedeckt, schräg nach vorn rechts über Leber und Enddarm hinweg und hebt sich schon äußerhch als biskuitförmige Emporwölbung ab. Von ihm entspringt der kurze, muskulöse Peius, der in die Mantelhöhle hineinragt. Dem Drüsenpaket liegt oben, also an seiner der Leber zugewen- deten Seite eine längliche, dünnwandige Tasche fest auf. Sie steht ihm an Länge und Breite etwas nach und ist mit ihm so fest verwach- sen, daß man sie auf den ersten Bhck als zu ihm gehörig betrachten möchte. Eine genauere L^ntersuchung ergibt jedoch, daß sie nichts Textfig. 22. Querschnitt durch die hintere der accessorischen Drüsen des Penis. Zur Anatomie von Cirroteuthis uuibellata Fischer und iStauroteuthis sp. 413 andres als die NEEDHAMsche Tasche (Textfig. 18, 23 b.Needh.) repräsen- tiert. Das distale Vas deferens zieht nämlich, zwischen sie und die hintere der drei Anhangsdrüseii des Penis eingekeilt, auf ihrer Unter- seite nach vorn imd mündet in ihr vorderes Viertel ein. Diese so weit nach vorn verschobene Einmündung kann nicht weiter auffallen, wir finden dasselbe Verhalten bei Scaeurgus unicirrus ausgeprägt, ja es macht sich allgemein bei den Octopoden die Tendenz bemerkbar, die Einmündung des distalen Vas deferens mehr nach vorn zu verschieben. Bei Cirroteuthis und Opisthoteuthis hat diese Verschiebung aber ihr Ex- trem erreicht, indem Einmündung und Ausmündung zusanmienfallen. Die NEEDHAMsche Tasche besitzt aber nur eine Öffnung, durch die die Spermatophoren ein- und austreten, und die sich an der Stelle gl.dcc.penjr^ pen. 2 glacc.pen.3 \-pen. 1 'v.d.disf: -b.Needh. Textfig. 23. Schnitt durch die beiden vorderen der accessorischen Drüsen des Penis befindet, wie die Ausmündung bei Octopus und Scaeurgus. Sie wird also nach vorn von einem stumpfen Blindsack der NEEDHAMschen Tasche überragt. Am aufgehellten Präparat läßt die NEEDHAMsche Tasche die unregelmäßig netzförmige Zeichnung eines Systems von niedrigen, nach innen vorspringenden Falten mit T-förmigem Quer- schnitt erkennen. Von einem Wulst, der bei den Octopoden als letzte Andeutung der bei den Decapoden ausgebildeten spirahgen Einrollung der NEEDHAMschen Tasche vorhanden ist, fehlt wie bei Opisthoteuthis jede Spur. Zu einer drüsigen Ausbildung des Fundus, die ja bei den Octopoden angebahnt und bei den Hectocotyhferen Ocythoe und Är- gonauta sehr weit vorgeschritten ist, ist es bei den von mir untersuch- ten Formen ebenfalls nicht gekommen. Erfüllt ist die Tasche, 414 Albiii Ebersbach, namentlich in ihrem hinteren Abschnitt, mit zahlreichen, von Secret- massen umhüllten rudimentären Spermatophoren. Der Ausführgang der NEEDHAMschen Tasche dringt nach unten zwischen die beiden vorderen der großen Anhangsdrüsen ein, beschreibt ein nach vorn offenes Knie und setzt sich als kurzer Penis in die Mantel- hohle fort. Das Drüsenpaket läßt auf Schnitten seine Zusammenset- zung aus einer am hinteren Ende gelegenen größeren Drüse (Textfig. 17, 18, 22 gl.acc.pen.l) und einem vorderen Drüsenpaar (Textfig. 17, 18, 23, 26 gl.acc.'pen.2, 3) erkennen, deren Berührungszone sich äußerhch durch eine sanfte Einbuchtung andeutet. Die unpaare Drüse hat kughge Gestalt. Ihr Lumen öffnet sich nach vorn durch einen weiten Kanal in den Ausführgang der NEEDHAMschen Tasche, also den Penis, an der Stelle seiner knieförmigen Krümmung. Die beiden vorderen Drüsen erreichen beide zusammen erst die unpaare Drüse an Masse. Sie hegen rechts und links symmetrisch dem Penis an, in den sie auch ihr Secret, distal von der Einmündungssteile der hinteren Drüse, er- gießen. Alle drei Anhangsdrüsen des Penis lassen sich durch Präpa- ration nicht voneinander trennen. Wir finden also am Leitungsapparat alle bei den Octopoden aus- geprägten Teile wdeder, mit Ausnahme der Rangierdrüse bei Stauro- teuthis und des Blindsackes (Appendix) bei beiden Formen. Von letzterem fehlt jede Spur. Aber er ist schon bei den Octopoden kleiner als bei den Decapoden und ist bei Ocythoe geradezu rudimentär zu nennen. Von der Genitaltasche habe ich keine Andeutung finden können, ihre Rückbildung dürfte Hand in Hand gegangen sein mit der Reduktion der Rangierdrüse und des Blindsackes und der festen Verlötung der NEEDHAMschen Tasche an die Anhangsdrüsen des Penis. Auf die kompUzierte Histologie der einzelnen Teile des Leitungs- apparates möchte ich nur in ganz groben Zügen eingehen. Sie zeigt in der Hauptsache völlige Übereinstimmung mit Opisthoteuthis. Die Wand des proximalen Vas deferens besteht aus Bindegewebe, in das nur spärliche Längs- und Ringmuskulatur eingelagert ist. Ein hohes, fUmmerndes Cylinderepithel kleidet ihre gesamte innere Ober- fläche aus, \vie überhaupt alle die Teile des Ausführapparates, die nicht, bei Übernahme einer andern als zuleitenden Funktion, eine anderweitige histologische Differenzierung erfahren haben. So finden wir am ersten Abschnitt der Spermatophorendrüse das Flimmerepithel in dem als Leitungsbahn der Spermamassen dienenden Teil in gleicher Weise wieder. Die Wandung dieses Abschnittes der Spermatophorendrüse setzt sich in der Hauptsache aus langen, oft- Zur Anatomie von Cirrotcutliis unibcllata Fischer und Stauroteuthis sp. 415 mals sich sekundär noch verzweigenden Drüsenschläuchen zusammen, die in eine, die ganze Drüse umhüllende Bindegewebsschicht einge- senkt sind. Die DrüsentubuH, wie auch das das Drüsenlumen aus- kleidende Epithel, werden von cyhndrischen Drüsenzellen gebildet. Flimmerzellen finden sich nur spärhch. Nur der Wulst macht davon eine Ausnahme, indem hier die meisten Zellen des Epithels fUmmern. Und dennoch deutet dessen Einfaltung zu Drüsenschläuchen auf secretorische Tätigkeit hin. In der Tat findet man im oberen Teile der AVimperzellen große, stark lichtbrechende Secrettropfen, die sich infolge ihrer stärkeren Aufnahme von Farbstoffen auch dann noch gut abheben, wenn sie dem aus den übrigen Teilen der Drüse stam- menden Secret beigemischt sind. Der zweite Abschnitt der Spermatophorendrüse unterscheidet sich histologisch nur wenig von dem ereten. Die Drüsenwandung zeigt denselben tubulösen Bau und die Leitungsbahn- dasselbe Fhmmer- epithel wie die entsprechenden Teile des ersten Abschnittes. In der dünnen Wandung des dritten Abschnittes vermissen wir Drüsenzellen vollständig. 8ie ist innen mit kubischem bis cylindri- schem Flinimerepithel überkleidet. Auf diese folgt nach außen eine dünne Bindegewebsschicht mit nur vereinzelten Muskelfasern. Das distale Vas deferens ist bis zu seiner Einmündung in die Need- HAMsche Tasche gleichartig ausgebildet. Wie der proximale Teil, be- steht es aus einer Bindegewebswand mit eingelagerten Längs- und Ringmuskelfasern, der innen ein Flimmerepithel aufhegt. Die ein- mündende knopfförmige Drüse stimmt ganz mit der bei OpistJioteu- this überein. Ihr Lumen ist, me auch das der ganzen Drüse, mit Se- cret dicht erfüllt, das sich durch seine starke Absorptionsfähigkeit für Farbstoffe von dem der Spermatophorendrüse unterscheidet. Die W^and der NEEDHAMschen Tasche zeigt reichhcher eingela- gerte Muskulatur, die auf eine energische Kontraktionsfähigkeit deutet. Sie ist, me auch das Netz der vorspringenden Falten, mit kubischem Flimmerepithel bedeckt. Drüsenzellen fehlen völhg. Wenn wir uns schheßlich dem Paket der Anhangsdrüsen des Penis zuwenden, so mag gleich hier betont werden, daß sie in ihrem Aufbau fast völlige Übereinstimmung mit denen von Opisthoteiithis zei- gen. Die hintere, unpaare Drüse (Textfig. 22) ward von langen Drüsen- schläuchen mit verhältnismäßig weitem Lumen gebildet, die alle gegen den Mittelpunkt der Drüse konvergieren und sich, öfters mehrere gemeinsam, in den zentral gelegenen Drüsenraum öffnen. Die ganze 416 Albin Ebersbach, Drüsenmasse ist von einer kräftigen Muskellage umfaßt. Zwischen den einzelnen Drüsenschläuchen liegt nur wenig Bindegewebe mit vereinzelten Muskelfasern. Ein Querschnitt durch den hinteren Teil der Drüse, der auch die Drüsenschläuche noch quer trifft, zeigt deren dicht gedrängte Lage in beinahe regelmäßiger, bienenwabenartiger Anordnung. Das Epithel der Drüsentubuli besteht aus Cylinderzellen. Flimmerzellen fehlen völlig. Die beiden vorderen Drüsen (Textfig. 23) zeigen etwa halbkugelför- mige Gestalt. 8ie sind in ihren hinteren Partien durch eine starke Bindegewebswand gut voneinander geschieden, während in ihren vor- deren Teilen selbst auf Querschnitten ihre gegenseitige Begrenzung nicht genau festgestellt werden kann, da hier die trennende Binde- gewebswand nur die Dicke der zwischen die einzelnen Drüsentubuli liegenden Bindegewebslage erreicht. Sie besitzen jede einen engen Ausführgang, in den die radiär zu ihm angeordneten, oft ungewöhn- lich erweiterten Drüsenschläuche einmünden. Die Ausmündungs- stellen der Drüsen liegen sich genau gegenüber. Auch diese beiden Drüsen sind von einer Muskelhülle zur Ejakulation ihrer Secrete um- geben, die offenbar erst durch den Reiz der durch den Penis gleitenden Spermatophoren bewirkt wird. Der kurze, in die Mantelhöhle frei hineinragende Penis besitzt eine starke Bindegewebswand mit nur geringer eingelagerter Musku- latur. Innen ist er mit einem flimmernden Cylinderepithel be- kleidet. Wenn ich nun kurz noch einmal die Eigentümlichkeiten des Lei- tungsapparates hervorheben darf, so möchte ich, gestützt auf die Untersuchungen Marchands, darauf hinweisen, daß die Cirroteuthiden neben Argonauta das Endglied einer von den Oegopsiden ausgehenden und fast in gerader Linie über die Myopsiden zu den Octopoden fort- schreitenden Umbildungsreihe der einzelnen Organe darstellen. So finden wir bei den Cirroteuthiden das proximale Vas deferens auf- fällig verkürzt. Von der Spermatophorendrüse steht der erste Ab- schnitt, im Einklänge mit den Octopoden vmd im Gegensatz zu den Decapoden, hinter den übrigen zurück. Der Rangierdrüse oder ac- cessorischen Drüse, die eben bei den Octopoden ihre höchste Ent- wäcklung erreicht hat, steht ein Rückbildungsprozeß bevor. Der Blindsack ist ganz geschwunden und die NEEDHAMsche Tasche end- lich zeigt durch den Verlust des Wulstes und ihre Verkürzung eine Vereinfachung. Dagegen weist das Penisdivertikel durch seine Aus- bildung zu den mächtigen Anhangsdrüsen eine derartige Weiterent- Zur Anatomie von Cirroteuthis uuibellata Fischer und Stauroteuthis sj). 417 Wicklung auf, daß es an Bedeutung alle übrigen Teile des Leitungs- apparates übertrifft. Das Gefäßsystem. Das Gefäßsystem entsteht nach Naep (1910) aus Lücken im Mesoderm, die aus den angrenzenden Zellen ihre Wandung erhalten. Bei den Decapoden bedarf es zwar noch durchaus einer genaueren Untersuchung, jedoch läßt sich schon jetzt mit Sicherheit feststellen, daß ihr Gefäßsystem höher entwickelt ist als das der Octopoden, in- sofern, als bei letzteren die zu geräumigen venösen Blutsinus erweiter- ten Lücken, in welche arterielle Gefäße und periphere Venen ihr Blut ergießen, größere Venen es aber wieder dem Kreislaufe zuführen, in weit umfangreicherem Maße erhalten sind als bei den Decapoden. So finden wir nach den erst in jüngster Zeit ausgeführten Untersu- chungen Grimpes (1913) bei den Octopoden noch einen den Schlund- kopf von hinten umgreifenden Sinus venosus buccalis, ferner die bei- den dem Augenbulbus becherförmig anhegenden und das Ganglion opticum wie das Corpus luteum umspülenden Sinus ophthalmici und schließlich in gewaltiger Ausdehnung den als Schizocoel zu deuten- den Sinus mesentericus, in dem, gleichsam in venösem Blute ge- badet, die sog. hinteren Speicheldrüsen, der vordere Teil der Arteria cephalica, der Oesophagus mitsamt seiner kropfartigen Erweiterung, ferner der Muskelmagen und der Drüsenmagen liegen. Bei den Deca- poden hat sich vielfach an Stelle dieser Sinus das Gefäßsystem ge- schlossen, so daß die arteriellen Capillaren unmittelbar in venöse über- gehen. Ließen nun die Cirroteuthiden schon in andern Organsystemen eine besonders hohe Ausbildung erkennen, so stand auch beim Blut- gefäßsystem eine über die Verhältnisse bei den übrigen Octopoden hinausgehende Weiterdifferenzierung zu erwarten. Ich habe daher, in der Absicht, eine möglichst erschöpfende Darstellung des Kreislaufes zu geben, gerade der Frage nach dem Vorhandensein und der Ausdehnung venöser Sinus besondere Aufmerksamkeit ge- \vidmet. 'Bei der Schilderung des Gefäßsystems werde ich im wesentlichen der Circulationsrichtung des Blutes folgen. Es sollen zunächst die venösen Blutbahnen bis zum Kiemenherzen und der dann folgende Kiemenkreislauf, der die Circulation innerhalb der Kieme und die Wege des nunmehr arterialisierten Blutes von den Kiemen zum Her- zen umfaßt, beschrieben werden. Hieran knüpft sich die Schilde- rung des arteriellen Systems. 418 Albin Ebersbach, I. Das Venensystem. Die beiden Armvenenringe mit den einmündenden Gefäßen. An der Außenseite jedes Armes verlaufen seitlich in der schon von CuviER für Octopus beschriebenen Lage zwei Venen, die Venae brachiales superficiales (Textfig. 10; Taf. IX, Fig. 4 v.brach.superfic). Sie nehmen mit unregelmäßig angeordneten Zweigen das venöse Blut aus den äußeren Partien der Armmuskidatur, der sie bedeckenden Haut und der Umbrella in sich auf. Das Blut aus den Saugnäpfen aber wird ihnen nur zum Teil zugeführt, da, wie \vir später sehen wer- den, zur Ableitung ihres Blutes an jedem Arme zwei besondere Venen ausgebildet sind. Die äußeren Armvenen von Stauroteuthis zeigen eine sehr regelmäßige Anordnung, indem sie in geradem Verlaufe nach hinten ziehen und an der Armbasis jede getrennt in die Sammelvenen einmünden, die beiderseits halbkreisförmig den Kopf umfassen und sich an der Ventralseite über den Trichter zu der mächtigen Kopfvene vereinigen. Dadurch, daß die beiden Venen auch auf der Rückenseite des Tieres, zwischen den beiden ersten Armen unmittelbar ineinander übergehen, bilden sie bei allen Octopoden einen Venenring. Ich be- zeichne ihn als Circulus venosus brachialis externus. Bei Cirroteuthis umheUata vereinigt sich an der Armbasis jede Vena brachialis super- ficialis des einen Armes mit der ihr zugeordneten des Nachbararmes zu einem kurzen, gemeinsamen Stamm, dem Primitivstamm, der weiter nach hinten läuft und sein Blut in den großen, venösen Arm- ring ergießt. Nur die beiden einander zugekehrten äußeren Armvenen des ersten und vierten Armpaares machen eine Ausnahme. Sie ver- einigen sich nicht, sondern münden getrennt in den Venenring ein. Es werden demgemäß genau wie bei Octopus nur drei Paar Primitiv- stämme^ Venae brachiales, gebildet, die Vena brachialis I zwischen dem ersten und zweiten Armpaar, die Vena brachialis II zwischen dem zweiten und dritten und die Vena brachialis III zwischen dem dritten und vierten Armpaar (Taf. IX, Fig. 4 v.brach. I, II, III). Die einander zugeordneten und getrennt in den Venenring einmündenden äußeren Armvenen des vierten Armpaares nun schheßen zwischen sich die Mündung des äußeren Venenringes in die Vena cephahca ein. Der Circulus venosus brachialis externus ist ein vor den Augen gelegenes Ringgefäß, welches den ganzen Kopf in mäandrischen Win- dungen umspannt. Es liegt oberflächlich der Kopfmuskulatur auf, ist also durch Wegpräparieren der Haut schon freizulegen. Nur die Zur Anatomie von Cirrotcutliis iinibellata Fischor und Staurotenthis sp. 419 beiden seitlichen der zwischen den Augen gelegenen Stämme des M. nuchalis schlagen sich über ihn hinweg, so daß er also zwischen diesen und dem als »Kopf decke << dienenden Teil der dorsalen Leberkapsel hindurchzieht. Bei den von Grimpe untersuchten Octopoden nimmt der äußere Armvenenring neben den äußeren Armvenen nur noch die aus den oberflächlichen Partien des Kopfes stammenden Venen auf, bei Cirroteuthis umhellata hingegen gibt er ein Sammelreservoir für das gesamte venöse Blut aus den Armen und dem Kopfe ab. Ahn- liches gilt auch für Stauroteuthis. Das venöse Blut aus den Armen wird nämlich außer von den äuße- ren, noch von den inneren Armvenen, den Venae brachiales profundae (Textfig. 10 und Taf. IX, Fig. 4 v. brach, pro f.), die die inneren Muskel- partien des Armes und den käftigen Armnerv vaskularisieren, abge- leitet. Sie schmiegen sich bei Cirroteuthis umhellata eng den Seiten- flächen des Armnerven an und durchziehen mit ihm gemeinsam den Arm in seiner ganzen Länge. Bei Stauroteuthis sind sie seithch weit von dem Armnerv abgerückt. Es finden sich somit acht Paare der- artiger Venen. An der Armbasis biegt jedes Venenpaar von den Seiten- flächen des Armnerven nach dessen unterer, den Saugnäpfen zu- gekehrter Seite ab und vereinigt sich hier zu einem gemeinsamen Stamm, der Vena brachialis profunda communis (Taf. IX, Fig. 4 V. brach, frof.com,.). Diese so gebildeten acht Venenstämme durchbre- chen nach der Innenseite des Armkranzes zu die Muskulatur und münden in ein völhg geschlossenes Ringgefäß, den Circulus venosus brachialis internus, ein. Dieser hegt zwischen dem Armkranz und dem Schlundkopf in dem unter den Lippen befindlichen subepithe- lialen Bindegewebe, kurz vor der Commissura interbrachialis. Seine Lage entspricht also genau der des Armvenenringes der Decapoden. Bei Stauroteuthis ließen die inneren Armvenen keine so regelmäßige Anordnung erkennen, nur einige von ihnen vereinten sich zu Vena brachiahs profunda communis. Als letzte von den Armen kommende Venen nimmt der innere Armvenenring schließhch noch die schwachen Venen für die Saug- näpfe auf, von denen jedem Arme zwei zukommen. Ich möchte sie als Venae acetabuÜ (Textfig. 10, Taf. IX, Fig. 4 v.ac.) bezeichnen. Sie verlaufen an der Außenseite des Armes beiderseits der Basis der Saug- näpfe und empfangen jede von den einzelnen Saugnäpfen ein schw^a- ches Gefäß, so daß also jeder Saugnapf, wie bei Octopus, zw^ei eigene Venen besitzt. Während ihres ganzen Verlaufes anastomosieren die Saugnapfvenen reichlich mit den Venae brachiales superficiales, so 420 Albiii Ebersbach, daß es, namentlich in den vorderen Partien des Armes zweifelhaft ist, ob man es mit selbständigen Venen oder nur mit einem Teile des an Anastomosen reichen Verzweigungssystems der äußeren Armvenen zu tun hat. An der Armbasis vereinigen sich, entsprechend den letzteren, je zwei zugeordnete Saugnapf venen benachbarter Arme zu einem kurzen Stamm. Es befindet sich somit regelmäßig zwischen je zwei Armen ein derartiger Stamm, der dann in den inneren Arm- venenring einmündet. Nur zwischen den beiden ventralen Armen vereinigen sich die Saugnapfvenen nicht, sondern münden getrennt ein. Auch diese Venen zeigten bei Stauroteuthis in bezug auf ihre Vereinigung keine so regelmäßige Anordnung. Mehrere feine, aus den Lippen kommende und von hinten in den inneren Armvenenring einmündende Gefäße sollen nur nebenbei erwähnt werden. Aus dem inneren Venenring wird das Blut bei Cirroteuthis um- bellata beiderseits durch ein Gefäß, den Ductus communicans (Tai. IX, Fig. 4 duct.comm.), der zwischen dem dritten und vierten Arm ver- läuft, in die Vena brachiahs III abgeleitet und somit dem äußeren Armvenenringe zugeführt. Bei Stauroteuthis fi^den sich drei Paare derartiger Ductus communicantes. Sie verlaufen zwischen dem ersten und zweiten, dem zweiten und dritten und schließlich zwischen dem dritten und vierten Armpaar. In der Ausbildung eines zweiten, inneren Armvenenringes stehen die beiden von mir untersuchten Formen bis jetzt unter den Cephalopoden einzig da. Jedenfalls führen bei den Octopoden nach den Untersu- chungen Grimpes die Venae brachiales profundae ihr Blut in die Vena perioesophageaUs, ab, die ihrerseits eine Verbindvmg zwischen Buc- calsinus und Mesenterialsinus herstellt. Über die inneren Armvenen finden sich bei Meyer keine Angaben. Jedoch glaube ich an ihrem Vorhandensein nicht zweifeln zu dürfen, da sie ja den Dibranchiaten allgemein zukommen. Ob ein innerer Armvenenring vorhanden ist, könnte dagegen zweifelhaft erscheinen. Da aber zwischen Opistho- teuthis und Cirroteuthis in allen Organsystemen eine auffallende Ähn- lichkeit besteht, so läßt sich auch hier die Ausbildung eines derartigen Ringgefäßes vermuten. Folgende Angaben Meyers sind vielleicht dazu angetan, meine Annahme zu bekräftigen. Er schreibt: »Im inneren (der Mundöffnung genäherten) Teile des Armkranzes läuft zwischen zwei Annen eine Vene, die sich bis zur Basis der Arme (also bis zur Mundöffnung, wie auch aus der Fig. 14 hervorgeht) verfolgen läßt, mit Ausnahme der beiden Arme des ersten Armpaares. << Aus der weiteren Schilderung; und der Abbildung 2;eht klar hervor, daß Zur Anatomie von Cirroteiithis unibcllata Fischer und Stauroteuthis sp. 421 sie von Gefäßen entspringen, welche den von mir als Venae brachiales I, II, III bezeichneten Primitivstämnien genau entsprechen. Ihre Gleichartigkeit in Ursprung und Verlauf mit den Ductus communi- cantes von Stauroteuthis ist offenbarlich und macht es sehr wahr- scheinlich, daß auch bei OpistJioteuthis ein innerer Armvenenring vor- handen ist. Aus den äußeren Partien des Kopfes wird das Blut durch die Venae supraorbitales und die Venae circumorbitales dem äußeren Venenring zugeführt. Die beiden feinen Venae supracephalicae (Taf . IX, Fig. iv.supraceph.), die ihm das Blut aus dem M. nuchahs und der darunter hegenden >> Kopf decke << zuführen, mögen nur nebenbei er- wähnt werden. Die paarigen Venae supraorbitales (Taf. IX, Fig. 4 v.supraorh.) sammeln das Blut aus der, die Dorsalseite des Auges be- deckenden Haut und aus den seitlichen Partien der >> Kopfdecke << und münden, von hinten kommend, zwischen den Venae brachiales I und den sich nicht zu einem Primitivstamm vereinigenden äußeren Arm- venen des ersten Armpaares in den äußeren Armvenenring ein. Das Vascularisationsgebiet der Venae circumorbitales (Taf. IX, Fig. 4 v.circumorb.) dagegen erstreckt sich auf den, die ventrale Fläche des Auges bedeckenden Hautkomplex und auf die Hautpartien des vor- deren dorsalen Teiles des Mantels. Sie verläuft, vom hinteren Pole des Auges kommend, unter diesem an der seitlichen Wand der Stato- cystenkapsel dicht unter der Ansatzstelle des Augenknorpels nach vorn und mündet zwischen den Venae brachiales II und III in den äußeren Armvenenring ein. An der Vascularisation des Trichters, vde sie es bei den Octopoden tut, beteiligt sie sich also nicht, wohl aber nimmt sie von ventral her einen Ast aus der seitlichen Partie der an der Statocystenkapsel ansetzenden muskulösen Leberkapsel auf. In der Ausbildung dieser drei Gefäße stimmt Stauroteuthis genau mit Cirroteuthis umhellata überein. Das Blut aus den inneren Partien des Kopfes wird bei den Octo- podiden in dem Sinus venosus buccaUs und in den Sinus ophthalmici gesammelt. Bei Stauroteuthis und Cirroteuthis umhellata spielen diese Sinus nur eine untergeordnete Rolle, an ihre Stelle ist zum Teil ein Venennetzwerk getreten. An Stelle des den Schlundkopf von hinten becherförmig umfassenden Sinus buccahs, der bei den Octopoden sämthches Blut aus den Pharynx sammelt und es zum Teil durch die Vena perioesophagealis dem Mesenterialsinus, zum Teil durch den Ductus reuniens in die Vena cephahca abführt, haben sich bei den von mir untersuchten Formen weit verwickeitere Verhältnisse Zeitsclirift f. wisseasch. Zoologie. CXIII. bd. 28 422 Albin Ebersbach, herausgebildet, die aber ganz bestimmte Beziehungen zu den Octo- podiden nicht verkennen lassen. Stauroteuthis spielt hier eine ver- mittelnde Rolle zwischen den Octopodiden und Cirroteuthis umhel- laia. Bei ihm ist der Sinus buccahs stark eingeengt, nur die beiden kleinen, allein die vorderen Speicheldrüsen umfassenden Sinus glan- dulae salivahs anterioris (Taf. VIII, Fig. 2 sinxjl.sal.ant.) sind noch er- halten, jedoch deutet ein, namenthch auf der Dorsalseite des Schlund- kopfes in der Nähe des Austritts des Oesophagus reich entwickeltes und die beiden Sinus verbindendes venöses Netzwerk auf ihre Ab- stammung vom Sinus buccahs hin. Aus diesen Sinus geht beiderseits des Oesophagus je eine Vene hervor, die sich an der Unterseite der Speiseröhre innerhalb des nervösen Schlundringes zu der Vena sub- ocsophagealis (Taf. VIII, Fig. 2 v.suboes.) vereinigen. Die Homologie dieser Vene mit der Vena perioesophageahs der Octopodiden ist, auch infolge ihrer Ausmündung bei Cirroteuthis umbellata, unverkennbar. Bei diesem Tiere ist der Sinus buccahs, wohl auch infolge der Verlage- rung der vorderen Speicheldrüsen in die Muskelmasse des Pharynx, völhg geschwunden. Die Vena suboesophageaUs (Taf. VIII, Fig. 3 v.suboes.) empfängt also ihr Blut aus einem in den hinteren Partien des Schlundkopfes ausgebildeten Venennetze und ergießt es, nach kurzem Verlaufe an der Unterseite des Oesophagus, in den Sinus der hinteren Speicheldrüse, nicht ohne vorher einen feinen Ast vom Oeso- phagus aufzunehmen. Dieser Sinus glandulae salivalis posterioris (Taf. VIII, Fig. 3 und Taf. IX, Fig. 4 sin.gl.sal.fost.) birgt in sich nur die hintere Speichel- drüse. Bei Stauroteuthis fehlt er natürhch, da hier eine hintere Speicheldrüse nicht vorhanden ist. Er ist offenbar der Rest der vorderen Partie des bei den Octopodiden so gewaltig ausgebildeten Sinus mesentericus. Als letztes, unscheinbares Rudiment der hinte- ren Partien dieses Sinus möchte ich einen Bindegewebsstrang deuten, in den sich die Wand des Speicheldrüsensinus auszieht, und der zwischen Oesophagus und Leber nach hinten bis in die Gegend des Magens verläuft, Meyer beschreibt für Opisthoteuthis ein ihm »in seinem Bau und in seiner Bedeutung rätselhaft gebliebenes Organ, das unter dem Oeso- phagus vor dem Magen und zwischen dem Leberlappen hegt und dessen einer der drei Zipfel sich unter dem Oesophagus entlang nach vorn bis zum Gehirn« auszieht. Er spricht die Vermutung aus, »daß wir es mit dem Überrest des alten Dottersackes zu tun haben, bzw. mit dem obliterierten vorderen Teile des uroßen venösen Sinus«. Die- Zur Anatomie von Cirroteuthis urabellata Fischer und Stauroteuthis sp. 423 ses »rätselhafte Organ« entspricht in seiner Lagebeziehiing genau dem von nur bei Cirroteuthis umbellata aufgefundenen Bindegewebs- streifen, der vorn in die Wandung des Speicheldrüsensinus übergeht, und den ich daher als Rudiment des gesamten mittleren und hinteren Teiles des Mesenterialsinus erklären möchte. Bei Opisthoteuthis frei- Uch, wo ja die hinteren Speicheldrüsen fehlen, dürfte er als liest des ganzen Mesenterialsinus aufzufassen sein, denn Meyers Annahme, daß ein venöser Sinus vorhanden sei, der »sich auf die Magen und auf die nächste Umgebung beschränkt«, scheint mir nach meinen Befunden an Cirroteuthis umhellata und Stauroteuthis hinfäUig ge- worden zu sein. Der Sinus buccalis der Octopodiden steht fernerhin durch den Ductus reuniens mit der suprainfundibularen Erweiterung der Vena cephalica in Verbindung. Ein ihm entsprechendes Gefäß stand auch für die Cirroteuthiden zu erwarten. Ich bezeichne es, da namenthch bei Cirroteuthis umhellata der Name Ductus unangebracht wäre, als Vena pharyngeahs inferior (Taf. VIII, Fig. 2, 3; Taf. IX, Fig. 4 v.phar.inf.), mit der Bemerkung, daß auch in der Ausbildung dieses Gefäßes Stauroteuthis die Mitte hält zwischen den Octopodiden und Cirroteuthis umbellata. Es geht bei Stauroteuthis ebenfalls aus der Ver- einigung der aus den Sinus glandulae saUvahs anterioris kommenden Venen hervor, welche die Vena suboesophageahs bilden, zieht an der Hinterseite des Schlundkppfes, dann an der Vorderwand der Stato- cystenkapsel hinab zur suprainfundibularen Erweiterung der mäch- tigen Kopfvene. Daß es tatsächUch dem Ductus reuniens homolog ist, geht außer aus der vollkommen gleichartigen Ausmündung auch daraus hervor, daß es aus den beiden Sinus glandulae saHvahs ante- rioris je einen kräftigen Zweig aufnimmt. Außerdem führen in dieses Gefäß noch Venen, die aus der ventralen Muskelmasse des Schlund- kopfes hervorkommen, ihr Blut ab. Die des weiteren gleich zu be- schreibenden, in die Vena pharyngealis inferior einmündenden Venae cerebro-ophthalmicae ermögüchen uns eine sichere Wieder erkennung der ersteren auch bei Cirroteuthis umbellata. Hier ist nämhch dieses Ge- fäß (Taf. IX, Fig. 4 und Taf. VIII, Fig. 3 v.fhar.inf.) ziemhch schwach entwickelt und tritt, obgleich ursprüugUch das Hauptgefäß, nur als Seitenast der linken Vena cerebro-ophthalmica auf, der sich auf der Unterseite des Schlundkopfes verzweigt. Die Venae cerebro-ophthalmicae selbst (Taf. IX, Fig. 4 und Taf. VIII, Fig. 2, 3 v.cer.-ophth.) sind zwei ansehnhche Gefäße, die, wie ihr Name schon sagt, das venöse Blut aus dem Gehirn und den Augen 28* 424 Albin Ebersbach, abführen, und zwar bei Stauroteuthis wie eben erwähnt, in die Vena pharyngeahs inferior ( = Ductus reuniens), hei Cirroteuthis umbeUata aber in den äußeren Armvenenring selbst. Das Blut im Auge wird capillar gesammelt und durch fünf bis sechs Venen, deren Verzweigung und Verlauf ich nicht weiter unter- sucht habe, dem Augensinus zugeführt. Der Sinus ophthalmicus (Taf. IX, Fig. 4 sin.ophth.), von dessen Vorhandensein und Ausdehnung ich mich auf Schnitten genau über- zeugt habe, ist in seinem Umfang stark eingeengt. Er faßt nur den »weißen Körper« in sich, dessen Formen er sich gut anschmiegt. Das Ganglion opticum liegt im Gegensatz zu den Octopoden bei beiden Formen außerhalb, da es ja in der Kopfhöhle gelegen ist, während der »weiße Körper« weit von ihm entfernt in der Orbita sich dem Augenbulbus anlagert. Aus dem Augensinus wird etwa die Hälfte des Blutes durch die Vena cerebro-ophthalmica abgeleitet, deren beide Äste (Ramus an- terior und Ramus posterior, Taf. IX, Fig. 4) mit den Retinanerven gemeinsam die Orbita durch das große in die Kopfhöhle führende Foramen verlassen und dann vor, bzw. hinter dem Augenganglion auf der Statocystenkapsel medianwärts bis in die Nähe des Hirnes verlaufen, wo sie sich dann vereinigen. Die aus der Vereinigung hervorgegangene Vene biegt etwa an der Grenze des Fuß- und Arm- ganglions nach hinten um und zieht bei Stauroteuthis zur Vena pharyn- geahs inferior, bei Cirroteuthis umhellata an der Vorderseite der Stato- cystenkapsel hinab zum äußern Armvenenring, in den sie eiimiündet, kurz bevor dessen beide Schenkel sich zur Vena cephalica ver- einigen. Während ihres Verlaufes am Hirn nimmt die Vena cerebro-oph- thalmica bei Stauroteuthis eine verhältnismäßig kräftige Vene auf, die Vena cerebri. Diese empfängt Zweige in außerordentlich reicher Zahl von der gesamten Supraoesophagealportion des Hirnes, vom Visceral- und Pedalganglion und ferner einen ansehnlichen Ast, der aus dem Foramen cerebri hervorkommt und scheinbar sich auf dem den nervösen Ganglienring durchziehenden Oesophagus aufzweigt, in Wirklichkeit aber in beiden von mir untersuchten Fällen sich auf der Innenseite des Brachialganglions reichUch verzweigt. Er nimmt von vorn her die Vena pharyngealis superior auf, deren Verbreitungsgebiet auf der gesamten dorsalen Fläche wie einem Teile der Seitenflächen des Pharynx liegt, und die dicht über den Nerven des ersten Armes seitlich am Schlundkopf verläuft. Zur Anatomie von Cirroteuthis unibellata Fischer und Stauroteuthis sp. 425 Bei Cirroteuthis umbellata ist die Vena cerebri (Taf. VITI, Fig. 1, Taf. IX, Fig. 4 v.cer.) weniger mächtig entwickelt und nimmt außer der Vena pharyngealis superior mir noch Äste vom BrachialgangUon und der Oberschhmdmasse des Gehirns auf. Die feinen Venen, welche das Pedal- und VisceralgangUon versorgen, münden unmittelbar in den hinteren Ast der Vena cerebro-ophthalmica ein (Taf. VIII, Fig. 1). Da ferner, me wir gesehen haben, bei Cirroteuthis umbellata dem Sinus der hinteren Speicheldrüse die rückwärtige Verbindung mit der Vena cava fehlt, wie sie bei den Octopodiden durch den Sinus mesen- tericus und die Venae mesentericae (Peritonealtuben Milne Edwards) gebildet wird, so wird sein Blut durch ein zu beiden Seiten von ihm abgehendes Venenpaar, die Venae glandulae sahvalis posterioris (Taf. VIII, Fig. 1, 3, Taf. IX, Fig. 4 v.gl.saliv.post.), in die nahe vor- überstreichenden Venae cerebro-ophthalmicae entleert. Bei Stauro- teuthis, dem ja die hintere Speicheldrüse fehlt, stellen die in Rede stehenden Venen nun einfach ein Verbindungsgefäß zwischen den beiden Venae cerebro-ophthalmicae dar, in das von vorn herkommend natürlich die Vena suboesophagealis einmündet, welche bei Cirroteu- this umbellata ihr Blut ja in den Sinus der hinteren Speicheldrüse er- gießt. Wir haben nun die Vena cerebro-ophthalmica mit allen ihren Verzweigungen kennen gelernt. Es handelt sich jetzt darum, den morphologischen Wert dieses namentlich bei Cirroteuthis umbellata so eigenartigen Gefäßes kennen zu lernen. Es ist offenbar aus der Vena pharyngo-ophthalmica der Octopodiden hervorgegangen. Diese entspringt aus dem Sinus ophthalmicus, durchbohrt (nach Grimpe, S. 572) den Scleroticalknorpel und den ihm an dieser Stelle anliegenden Kopfknorpel und erreicht das Gehirn an der breiten Commissura la- teralis posterior. Nun biegt die Vene nach vorn ab und dringt schließ- lich durch das vor der hinteren Lateralcommissur gelegene Foramen cerebri in die Tiefe, um ihr Blut der Vena perioesophagealis zuzuführen. Vorher geht sie jedoch regelmäßig noch eine Anastomose mit einer kleinen Vene ein, die auf dem Pedal- und Brachialganglion sich aus- breitet (Vena ganglii pedalis) und in den Ductus reuniens einmündet, der seinerseits eine Kommunikation mit der Vena cephalica herstellt. Durch diese Anastomose ist also auch bei den Octopodiden eine Blut- bahn offen, die genau dem Wege der Vena cerebro-ophthalmica von Stauroteuthis entspricht. Immerhin scheint sie nur von nebensäch- licher Bedeutung zu sein. Sie wird jedoch zum Hauptgefäß in einem ebenfalls von Grimpe beschriebenen abnormen Falle, indem >> die von 426 Albin Ebersbach, Sinus ophthalmicus kommende Vena pharyngo-ophthalmica mit allen ihren Zweigen einen Teil der Vena ganglii pedalis darstellte. Die Kom- munikation mit der Vena perioesophagealis unterblieb in diesem Falle völlig«. Dieser abnorme Fall repräsentiert aber nichts andres als das typische Verhalten bei Stauroteuthis . Auch hier erreicht die Vena cerebro-ophthalmica den Oesophagus nicht mehr und leitet ihr Blut nach vorn ab in die dem Ductus reuniens entsprechende Vena pha- ryngealis inferior. Daß die Vena cerebro-ophthalmica von Cirroteu- this umhellafa der von Stauroteuthis homolog ist, leuchtet von selbst ein, auch wenn sie getrennt und selbständig in den äußeren Arm- venenring einmündet. Das Homologon der Vena cerebro-ophthalmica ist bei Opistho- teuthis in der Vena anterior zu sehen. Endlich ist noch eine Blutbahn zu beschreiben, die den Augen- sinus unmittelbar mit dem äußeren Armvenenring verbindet, nämlich die Vena ophthalmica (Taf. IX, Fig. 4 v.ophth.). Sie ist bei Cirroteuthis umhellata wie bei Stauroteuthis in gleicher Weise ausgebildet. Vom Augensinus zweigt sie sich an dessen unterem Ende ab, nimmt eine von den ventralen Partien des radiären Augenmuskels und vom Cor- pus epitheliale kommende Vene auf, durchbricht dann den Augen- knorpel an seiner Ventralseite und läuft nun schräg nach unten vorn auf den Venenring zu, in den sie zwischen der Vena circumorbitalis und der Vena brachialis II einmündet, nicht ohne vorher noch ein Gefäß aus dem Sphincter oculi aufzunehmen. Bei Opisthoteuthis ist sie als Vena orbitalis in ganz entsprechender Ausbildung vorhanden. Ich glaube, sie mit Kecht als Homologon der Vena ophthalmica der Octopodiden in Anspruch nehmen zu können, denn ihre Einmündung in den- äußeren Venenring anstatt in die suprainfundibulare Erweite- rung scheint mir einfach durch das weite Auseinanderrücken der Augen bedingt zu sein. Verlauf und Verästelung der Vena cephalica. Das gesamte, im Circulus venosus brachialis externus gesammelte Blut wird in die mächtige Kopfvene (Taf. IX, Fig. iv.ceph.) ergossen. Diese zeigt vorn eine leichte Anschwellung, die suprainfundibulare Erweiterung. Sie läuft, von den vorderen Portionen des M. depressor infundibuli flankiert und von den Muskeln des Trichters überwachsen, an der Unterseite der Statocystenkapsel nach hinten und zieht dann auf der Ventralseite der Leberkapsel entlang, bis sie sich bei ihrem Eintritt in die Nierensäcke in die beiden Venae cavae gabelt. Ihr Zur Anatomie von Cirrotouthis luiibcllata Fischer und Stauroteuthis sp. 427 Verlauf ist zunächst genau median, später aber weicht sie dem median gelegenen Enddarm aus, so daß sie bei Stauroteuthis in voller Über- einstimmung mit den Octopoden asymmetrisch links vom Enddarm zu liegen kommt. Bei Cirroteuthis umhellata aber weicht sie auffal- lenderweise nach rechts vom Enddarm aus. Diese rechtsseitige Lage bei Cirroteuthis umhellata ist umso bemerkenswerter, als bei den Octopoden durchgängig die linksseitige das Normale ist, im Gegensatz zu allen Oegopsiden, bei denen die Vena cephahca »stets in weitem rechtsseitigem Bogen die Leber umkreist« (Chun, 1910). Noch größere Bedeutung aber erlangt das Verhalten von Cirroteuthis umhellata durch den Nachweis Naefs (1910), daß die Lage der Kopfvene rechts, bzw. hnks vom Enddarm nicht auf einer zufälligen Verschiebung durch das Rectum herrührt, sondern entwicklungsgeschichtlich, nämlich durch den Schwund des hnken, bzw. rechten Hohlvenenschenkels zu erklären ist. Gegen eine rein zufälHge, individuelle Abweichung der Lage der Vene bei dem von mir untersuchten Exemplare spricht das Verhalten seiner Genitalarterie (siehe Herz). Reinhaedt und Frosch erwähnen die Vena cephalica von Cir- roteuthis Mülleri leider überhaupt nicht, auch bei Meyer finden sich für Opisthoteuthis keine Angaben über ihre Lage. Es ist mir deshalb unmöglich, anzugeben, ob die rechtsseitige Lage und somit der Schwund des linken Hohlvenenschenkels unter den C'irroteuthiden weiter ver- breitet ist. Die suprainfundibulare Erweiterung ist durch Semilunarklappen vom übrigen Teil der Vena cephahca abgegrenzt und soll als Organ der Druckregulation dienen. Sie nimmt drei Gefäße aus dem Trichter auf: ganz vorn, zwischen den beiden Schenkeln des einmündenden Armvenenringes die unpaare Vena infundibuli propria (Taf. IX, Fig. 4 v.infund.propr.), darauf folgen die paarigen, seitlich einmündenden Venae infundibuH laterales. (Taf. IX, Yig. iv.infund.lat.), die beide, wie schon ihr Name sagt, das venöse Blut aus dem Trichter abführen. Dicht hinter dem letztgenannten Venenpaar mündet die ebenfalls paarige Vena m. depressoris infundibuli (Taf. IX, Fig. 4 v.m.depr.infund.) in die Kopfvene ein und führt dieser das venöse Blut aus dem Herabzieher des Trichters, aber auch aus den seithchen Partien der Leberkapsel zu. Cirroteuthis und Stauroteuthis stimmen in der Aus- bildung aller dieser eben genannten Venen mit den Octopodiden völhg überein. In ihrem weiteren Verlauf unter der Leberkapsel nimmt nun die Kopfvene bei den Octopoden von oben her die mächtige, aber kurze 428 Albin Ebersbach, Vena hepatica auf. Bei beiden von mir untersuchten Formen fehlt ein derartig gelegenes unpaares Gefäß vollständig. Die weitere Aus- führung wird beweisen, daß bei ihnen die beiden Venae mesentericae die Vascularisation der Leber mit übernehmen. Dagegen sind ^vieder in voller Übereinstimmung mit den Octopodiden die an die Unterseite der Kopfvene herantretende Vena analis (Taf. IX, Fig. 4 v.an.) und Vena m. pallii mediani (Taf. IX, Fig. 4 v.musc. fall. med.) vorhanden. Die Vena analis verzweigt sich reichlich auf der ganzen Länge des Enddarms, empfängt aber noch Äste von dem Ausfuhrgange der Ge- schlechtsprodukte und von dessen Drüsen. Die Vena m. pallii me- diani läuft auf der Kopfvene erst eine kurze Strecke nach hinten und biegt dann ventral zu dem schwachen M. adductor pallii medianus ab, den sie in seiner ganzen Länge durchzieht. Sie verzweigt sich außerdem in den angrenzenden Mantelpartien und am hinteren Pole der Mantelmuskulatur. Ihre Funktion stimmt also mit der Vena m. pallii mediani der Octopodiden vollständig überein. Die Venae cavae mit den einmündenden Gefäßen und das Kiemenherz. Kurz nach Aufnahme der Vena m. palUi mediani teilt sich die Kopf- vene in die beiden Hohlvenen, die Venae cavae (Textfig. 16; Taf. IX, Fig. 4 v.cav.), die sogleich in die Harnsäcke eindringen. Während ihres Verlaufs in den Nierensäcken beschreiben sie einen weiten, nach vorn offenen, halbkreisförmigen Bogen. An ihrer Dorsalseite sind sie mit der Nierensackwand fest verwachsen, und ihre gesamte in den Nierensack vorragende Wand ist mit den sog. Venenanhängen bedeckt, wie wir gesehen haben, harnausscheidänden Organen, deren baumförmig verzweigtes Lumen mit der Hohlvene in offener Verbin- dung steht. In Übereinstimmung mit den Octopodiden kommen bei Cirroteuthis und Stauroteuthis derartige Venenanhänge ferner nur noch den Venae mesentericae zu. Die Venae mesentericae (Textfig. 16 und Taf. IX, Fig. 4 v.mes.) sind recht ansehnliche Gefäßstämme. Sie sind während ihres Verlaufes in den vorderen Abteilungen der Nierensäcke ebenfalls mit deren dorsaler Wand fest verbunden, während sie bei den von Grimpe un- tersuchten Octopoden »nirgends mit der Harnsackwand in fester Ver- bindung stehen, sondern rings herum Venenanhänge tragen <<. Aber in einem weit wichtigeren Punkte weichen sie in ihrem Verhalten noch von dem der Octopodiden ab. Bei diesen stellen sie eine unver- zweigte Verbindung nnt dem gewaltig entwickelten Sinus mesente- Zur Anatomie von Cirroteuthis umbcUata Fischer und Stauroteuthis sp. 429 ricus her, in welchem der weitaus größte Teil des Verdauungsappa- rates (Speicheldrüsen, Oesophagus, Magen) gelegen ist, und dem durch die Vena genitalis ferner das Blut aus der Gonade zugeführt wird. Bei Cirroteuthis umhellata und bei Stauroteuthis ist, wie wir gesehen haben, der Sinus mesentericus bis auf den kleinen Speicheldrüsen- sinus, bzw. vollständig geschwunden. An seine Stelle ist das Ver- zweigungssystem der Venae mesentericae getreten, das sich auf den Oesophagus, den Kau- und Drüsenmagen und den Mitteldarm er- streckt. Statt des offenen Kreislaufes finden mr hier also einen ge- schlossenen, bei dem die arteriellen Capillaren unmittelbar in die ve- nösen übergehen. Selbst die Vascularisation der Leber hegt bei beiden Formen den Mesenterial venen ob. Sie empfangen von dieser gewal- tigen Drüse Stämme, die durch die Vereinigung zahlreicher, in der Drüsenmasse baumförmig verästelter Venen zustande kommen und die durch die dünne, bindegewebige Hülle der Leber deutlich zu er- kennen sind (Textfig. 5). — Meyer konnte bei der Untersuchung dieser Verhältnisse zu keinem bestimmten Ergebnis gelangen, da er aber die Venae mesentericae als Venae cavae hepaticae bezeichnet, schien er doch der Ansicht zuzuneigen, daß sie auch die Vascularisation der Leber übernehmen. Cirroteuthis umbellata und Stauroteuthis stehen in diesem Verhalten in direktem Gegensatze zu den Octopoden, bei denen ja »die Peritonealtuben mit der Leber nicht das geringste zu tun haben« (Grimpe). Von ganz besonderem Inter'esse ist nun, daß bei Cirroteuthis um- hellata und bei Stauroteuthis in die rechte Vena mesenterica als kräf- tiger Ast die Vena genitalis (Taf. IX, Fig. 4 v.genit.), von der Keim- drüse und der Wand der Gonadenhöhle kommend, herantritt. Wie schon erwähnt, mündet sie bei den Octopoden in den hinteren Teil des Sinus mesentericus ein. Jedoch kommen hier Anomahen vor, indem sie zuweilen ihr Blut in die rechte Peritonealtube ergießt. Aus diesem, bei Eledone sogar nicht einmal seltenen Verhalten schloß Grimpe, »daß die rechte Peritonealtube der Octopoden der Vena ge- nitalis der Decapoden homolog ist<<. Meine Befunde an Cirroteuthis umhellata und Stauroteuthis bestätigen diesen Schluß aufs entschie- denste. — Bei Opisthoteuthis erwähnt Meyer die Vena genitalis leider überhaupt nicht, denn das von ihm als Vena genitalis bezeichnete Gefäß ist als Ast der Mantelvene ganz offensichtlich dem Ramus gonoducalis der Octopodiden homolog. Wie aus den vorliegenden Ausführungen hervorgeht, wird der bei weitem größte Teil des venösen Blutes durch die mit Venenan- 430 Albin Eborsbach, hängen bedeckten Venae cavae und Venae mesentericae geleitet und ihm somit Gelegenheit gegeben, Excrete auszuscheiden. Nur die, freihch nicht unbeträchtHchen, Blutmassen, welche durch die Venae palliales (Taf. IX, Fig. 4 v.paJl.) gesammelt werden, sind davon aus- geschlossen, da die Mantelvenen erst in die Hohlvenen einmünden, nachdem diese den Harnsack verlassen haben, also dicht vor ihrem Eintritt in die Kiemenherzen. Die Venae palliales sind ansehnhche Gefäße, die im Dienste der Vascularisation des Mantels und der Flos- sen stehen und die das Vas effermis der Kiemenmilz, die Vena bran- chio-henahs (Taf. IX, Fig. 4 v. brauch. lien.), in sich aufnehmen. Die Hauptmasse ihres Blutes beziehen sie aus den Flossen, aus denen es durch die Vena pinnaUs (Taf. IX, Fig. 4 v.pinn.) abgeleitet wird, die entstanden ist durch die Vereinigung von drei stärkeren und zwei schwächeren Venen, die sich auf der Ober- und Unterseite der Flosse reich aufzweigen. Die Vena pinnahs verläßt die Flosse am Vorder- rande ihrer Basis und verläuft vor den Enden der Flossenstütze dor- sal über die Kiemenarterie hinweg medianwärts. Nun vereinigt sich mit ihr der Ramus stellatus (Taf. IX, Fig. ir.stell.), der von der seit- lichen Partie des Mantels kommt. Kurz darauf empfängt sie ein zweites venöses Gefäß, das die mehr dorsalen Mantelteile versorgt. Ferner mündet in die Mantelvene der allerdings nur hnksseitig, ent- sprechend der nur einseitigen Entwicklung der Geschlechtsausführ- wege, ausgebildete Ramus gonoducahs ein, der einen Teil des venösen Blutes aus den accessorischen Drüsen des Penis ableitet (Taf. IX, Yig. i r .gonod .) . SchließUch empfängt die Mantelvene dicht vor den Kiemenherzen noch eine Vene, die der Innenseite des hufeisenförmig gekrümmten Rückenknorpels entlang zieht und bis zu dessen hinterem Pole zu verfolgen ist. Sie nimmt mehrere feinere Zweige aus der Man- telniuskulatur auf. Die Mantelvene läuft nun an der Innenseite des Kiemenherzens nach hinten, bis sie die Hohlvene erreicht. Die Kiemenherzen (Textfig. 15; Taf. IX, Fig. 4 ehr mich.), in die die beiden Hohlvenen einmünden, liegen dicht hinter der Kieme und kurz vor den Enden der Flossenstütze, unmittelbar unter der Haut des Eingeweidesackes. Sie stellen elhptische, etwa in der Längsrich- tung des Tieres gelegene bleigraue bis bläuhche Körper dar, und ragen nicht, wie bei den Decapoden, in die Visceropericardialhöhle vor, in welcher nur der auf der Rückenseite des Kiemenherzens befestigte Kiemenherzanhang gelegen ist. Die Mündung der Vena cava ins Kie- menherz wird von einem ins Herzlumen vorragenden Klappenpaar umsäumt. Das Lumen selbst stellt eine große Blutlacune dar, von Zur Anatomie von Cirrotouthis umbcllata Fischer und Stauroteuthis sp. 431 der sich kleinere, verzweigte Lacimcn in dem spongiösen Gewebe der Herzwandung abgliedern. Eine von ihnen dringt sogar in die Peri- cardialdrüse ein, wie dies Grimpe auch schon für die Octopoden be- schrieben hat. In ihrem histologischen Aufbau stimmt die Kiemen- herzwandung vollkommen mit der von OpisfJioteuthis überein, so daß ich, wie auch wegen der excretorischen Tätigkeit des Kiemenherzens nur auf Meyer und Grimpe zu verweisen brauche. Der Kiemenkreislauf. Über die Anordnung und den Verlauf der Gefäße innerhalb der Kieme sind wir bei den Decapoden wie bei den Octopoden durch die Arbeiten Joubins (1885) und Schaefers (1904) wohlunterrichtet, ja selbst für Cirroteuthis unibellata liegt von dem ersteren dieser beiden Forscher eine Beschreibung des gröberen Gefäßverlaufes innerhalb der Kieme vor (Joubin, 1900, S. 25—26, Taf. III, Fig. 1, 3—5). Da jedoch hiernach Cirroteuthis iimbellata in seiner Gefäßanordnung ganz ungew^öhnlich stark von den übrigen Cephalopoden abweichen soll, und ferner diese Angaben, wie Joubin selbst hervorhebt, nur auf eine rein äußerliche Betrachtung der Kieme und ihrer Blättchen gestützt sind, so lag es für mich nahe, an der Hand von Schnittserien ihre Rich- tigkeit nachzuprüfen. Wenn es mir nun auch am nicht injizierten Material nur möghch war, den gröberen Gefäßverlauf festzustellen, so zeigt es sich doch schon hierin, daß sich Cirroteuthis umhellata in der Anordnung seiner Kiemengefäße bei weitem nicht so stark von den übrigen Cephalopoden unterscheidet, wie dies Joubin an- nimmt. Immerhin finden sich mancherlei auffallende Eigentümlich- keiten, so daß es sich wohl verlohnen dürfte, etwas näher darauf ein- zugehen. Die aus dem Kiemenherzen entspringende Kiemenarterie (Textfig. 14 art.hranch.) verläuft wie gewöhnhch innerhalb des Aufhängebandes der Kieme, oberhalb der Kiemenmilz (nicht unter ihr, wie dies Joubin in Fig. 4 und 5 darstellt), und gibt an die einzelnen Kiemenblättchen die Vasa afferentia erster Ordnung (Textfig. 14 vas.aff. I) ab. Diese treten aber im Gegensatz zu Octopus unmittelbar an die Basis der Kie- menblättchen heran und ziehen zu deren Spitze hinab, was einfach dadurch bedingt wird, daß der sog. Kiemenkanal fehlt, und daß das die Kiemenmilz bergende Aufhängeband zwischen die beiden Reihen der Kiemenblättchen hineingeschoben ist. Letztere sind also wie bei Nautilus an ihrem inneren Rande mit ihm fest verwachsen. Die Strömungsrichtung des Blutes in den Vasa afferentia erster Ordnung 432 Albm Ebersbach, ist also der der Octopoden entgegengesetzt und stimmt mit Nautilus überein. Von einer Gabelung dieses Gefäßes aber in einen oberen und unteren Ast, wie dies Joubin beschreibt und in Fig. 4 PI III abbildet, kann nicht die Rede sein. Von den zuführenden Gefäßen der Kiemenblättchen entspringen wechselseitig die Vasa afferentia zwei- ter Ordnung (Textfig. 14 vas.aff. II), die innerhalb der Kiemenelemente zweiter Ordnung verlaufen, auf deren Oberfläche durchtreten und sich in die Elemente dritter Ordnung verzweigen. Weiter ließ sich die Verästelung nicht verfolgen. Das arterielle Blut wird durch die Vasa efferentia höherer Ord- nung den Vasa efferentia erster Ordnung (Textfig. 14 vas.eff. I) zuge- führt; erst diese ließen sich mit Sicherheit feststellen. Sie verlaufen bei Nautilus und den Decapoden ganz oberflächhch am Kamm der Kiemenblättchen, bei den Octopoden aber sind sie mehr in das Innere verlegt worden. Sie verstreichen hier mitten in der bindegewebigen Membran, welche die Elemente erster Ordnung in zwei gleichartige Teile zerlegt (Schaeper). Bei Cirroteuthis umbeUata nun sind sie noch weiter als bei den Octopoden in die Tiefe gerückt, indem sie un- mittelbar über den Vasa afferentia erster Ordnung verlaufen, von dessen abgehenden Zweigen sie beiderseits umfaßt werden. Die zu- führenden und ableitenden Gefäße der Kiemenblättchen verlaufen so- mit an deren Innenrande. Dies Verhalten scheint für die Familie der Cirroteuthiden charakteristisch zu sein, denn Meyer beschreibt es auch für Opisthoteuthis. Die Kiemenvene (Textfig. 14 und Taf. IX, Fig. 4 v.hrayich.), in welche sich die Vasa efferentia erster Ordnung ergießen, zeigt natürhch eine entsprechende Verlagerung in die Tiefe. Während sie gewöhnhch an der Oberfläche des Kiemenkammes ver- streicht, zieht sie bei Cirroteuthis umbeUata dicht auf der Kiemenar- terie entlang, indem nur eine dünne Bindegewebslage zwischen beide Gefäße eingeschaltet ist. Sie ist also ebenfalls in dem Aufhängeband der Kieme gelegen, was deshalb besonders zu betonen ist, als eine derartige Lage sonst noch nirgends beschrieben worden ist. Joubins irrtümhche Angabe, daß sie auf die Oberfläche des Kiemenganges übertrete, ist durchaus entschuldbar, denn in der Tat erwecken bei äußerer Betrachtung die einzelnen Kiemenblättchen den Anschein, als trügen sie an ihrem oberen Rande ein Gefäß. Diese eigenartige Gefäßanordnung, die weder mit der eines Di- branchiaten, noch mit der von Nautilus vollkommen übereinstimmt, wird im wesentlichen durch den Mangel dea Kiemenkanales begründet, so namentlich die einander entgegengesetzte Strömungsrichtung in Zur Anatomie von Cirrotcuthis nnibellata Fischer und Stauroteuthis sp. 433 den Vasa afferentia und den Vasa efferentia erster Ordnung. Für die Verlagerung aber der Vasa efferentia erster Ordnung an den In- nenrand der Kiemenblättchen und für die Aneinanderlagerung von Kiemenarterie und Kiemenvene innerhalb des Aufhängebandes läßt sich ein Grund nicht erkennen. Was schheßUch die Circulation innerhalb der Kiemenmilz an- langt, so konnte ich einige Äste von der Kiemenarterie in sie eintreten sehen. Ihre Anordnung ließ aber keinerlei Beziehung zu den Ur- sprungsstellen der Vasa afferentia erster Ordnung erkennen. Das venöse Blut aus der Kiemenmilz wird durch die Vena branchio-he- naUs der Mantelvene zugeführt. Das nunmehr arteriell gewordene Blut wird aus den Kiemen durch die Venae branchiales (Taf. IX, Fig. 4 v.6ranc/i.), die Herzvor- höfe der älteren Autoren, dem Herzen zugeführt. Von der Kiemen- basis aus verlaufen diese Venen dicht unter der die Mantelhöhle aus- kleidenden Haut, durch die sie auch nach außen hindurchschimmern, nach hinten, der Innenseite des Kiemenherzens entlang. Sie treten dann auf die ventrale Wand des hinteren Harnsackabschnittes über und biegen dicht hinter der Ureterpapille medianwärts um. Die linke Kiemenvene wird dabei von der hinteren der drei großen accessori- schen Drüsen des Penis überlagert. Nunmehr dringen die Venen zwischen vorderen und hinteren Harnsackabschnitt in die Tiefe zimi Herzen, in das die linke Kiemenvene seitlich, die rechte aber von der Ventralseite eimnündet. II. Das Arteriensystem. Das Herz mit den abgehenden Aorten. Das Herz (Taf. IX, Fig. 4 c.art.) stellt einen stark muskulösen, nach vorn oben hornförmig gekrümmten Schlauch dar, von dem die durchscheinenden Kiemenvenen scharf abgesetzt sind. Es steht quer zur Längsrichtung des Tieres und ist etwas nach rechts verschoben. Somit schiebt sich nur sein linker Teil zwischen Magen mid Gonade ein, seine rechte Hälfte aber liegt hinten dem Diaphragma dicht an. Wie bei den Octopodiden hat es sich von der bei Cirroteuthis umbellaia in besonderem Maße rückgebildeten Visceropericardialhöhle losgelöst. Im allgemeinen entspringen vom Herzen der Cephalopoden \m- mittelbar drei große arterielle Gefäßstämme, nämhch die Aorta ce- phalica, die Aorta posterior und die Aorta genitaUs (Taf. IX, Fig. 4 aort.ceph., aort.post.). Dies stimmt genau für Stauroteuthis. Doch kann, so bei den Oegopsiden, die Aorta genitalis ihre Selbständigkeit 434 Albin Ebersbach, verlieren und als Ast der Aorta posterior auftreten. Dies letztere Verhalten trifft auffälligerweise auch für Cirroteuthis umhellata zu (Taf. IX, Fig. 4 aort.ceph., aort. fost. und aort.genit.) und nach Meyer für Opisilioteuthis . Für Cirroteuthis Mülleri finden sich bei Rein- hardt und Frosch leider keine Angaben. Dieses Unselbständigwerden der Genitalaorta bei Cirroteuthis um- hellata trifft nun merkwürdigerweise mit der rechtsseitigen Lage der Vena cephalica zusammen, so daß dieses Tier die für die Oegopsiden typischen Verhältnisse aufweist. Wegen dieses Zusammentreffens möchte ich auch die rechtsseitige Lage der Kopfvene als die normale für Cirroteuthis umhellata, nicht etwa für eine zufälUge individuelle Abweichung ansehen. Die Ausprägung dieser Verhältnisse deutet offenbar auf eine höhere Organisation hin. Sie hat sich ja schon im Venensystem gegenüber Stauroteuthis gezeigt und fernerhin in der bei Cirroteuthis umhellata noch weiter als bei Stauroteuthis fortge- schrittenen Eeduction der Visceropericardialhöhle dargetan. Die Aorta cephalica ist gleichsam die Fortsetzung des rechten Teiles des Herzschlauches. Ihr Ursprung ist aber durch eine schwache, ringförmige Einschnürung bezeichnet. Die Aorta posterior dagegen entspringt von der Ventralfläche des Herzens etwa in der Mitte zwi- schen den Eiimiündungen der Venae branchiales. Die Aorta cephalica mit ihren Verzweigungen. Der Aorta cephalica (Textfig. 5 und Taf. IX, Fig. 4) Hegt bekannt- lich die Vascularisation der vorderen Hälfte des Eingeweidesackes und des ganzen Kopfes mitsamt den Armen ob. Wie bei allen Dibran- chiaten entspringt sie aus der rechten Herzhälfte. Ihr Eingang ist, wie auch der der Aorta posterior und Aorta genitaUs, von einem Herz- klappenpaar umsäumt, das einen Rückstau des Blutes bei der Dia- stole verhütet. Die Kopfaorta steigt dicht hinter dem Diaphragma dorsalwärts auf, indem sie den Magenkomplex in weitem Bogen rechtsseitig um- kreist, durchbricht rechts von dem dem Magen genäherten Teile des Oesophagus selbständig das Diaphragma und erreicht schließlich auf der Speiseröhre innerhalb der Leberkapsel die Mediane. Nun biegt sie nach vorn um und läuft, dorsal der Leber aufUegend, nach vorn, bis sie hinter dem Gehirn sich in die beiden Arteriae pedales (Textfig. 5 und Taf. IX, Fig. 4 art.ped.) aufteilt. Während dieses Verlaufes gibt die Kopfaorta mehrere Aste ab, die der Vascularisation des Mantels und des Darmtractus mit der Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 435 Leber dienen. Jedoch weichen Cirroteuthis umbellata und Stauro- teuthis in der Anordnung dieser abgehenden Gefäße auffallend von- einander ab. Wie zu erwarten, steht auch hierin Stauroteuthis den Octopodiden näher. Es sei mir daher gestattet, zunächst die Verhält- nisse für Stauroteuthis zu schildern. Bald nach dem Austritt aus dem Herzen zweigt sich bei ihm, ähnhch wie bei Eledone, von der Kopfaorta ein Gefäß von äußerster Kürze, der gemeinsame Stamm der beiden Arteriae palhales laterales (Textfig. 5 art.pall.lat.) ab. Infolge der asymmetrischen Lage der Kopfaorta übertrifft natürlich die linke Mantelarterie ihren rechten Partner beträchthch an Größe. Beide Gefäße ziehen dicht hinter dem membranösen Diaphragma seitwärts bis in die Nähe der Enden der Flossenstütze. Dort geben sie nach vorn einen kräftigen Ast ab, der die seitlichen Partien des Mantels und das Sterngangliou versorgt. Das Hauptgefäß aber zieht zu den Flossen, in denen es sich aufzweigt. Beim Durchtritt der Kopfaorta durch das Diaphragma zweigen sich von ihr die recht ansehnhchen Gefäße für die Magen und die Leber ab, die bei den Octopoden einen gemeinsamen Stamm besitzen, bei Stauroteuthis aber getrennt voneinander entspringen. Es sind die beiden Arteriae hepatogastricae (Textfig. 5 art.hep.gastr.). Da auch bei ihrer Abzweigung die Kopfaorta noch asymmetrisch rechts vom Oesophagus hegt, zeichnen auch sie sich durch verschiedene Länge aus. Die rechte Arteria hepatogastrica teilt sich kurz nach ihrem Ursprung in zwei Aste, die an der rechten Seite des Muskelmagens, zwischen diesem und dem rechten Leberzipfel in die Tiefe dringen und schließlich in die gewaltige Verdauungsdrüse eintreten. Vorher sehen wir jedoch noch von dem vorderen dieser beiden Aste einen kräftigen Zweig an den Muskelmagen abgehen und sich auf ihm reich- lich verzweigen. Die linke Arteria hepatogastrica gabelt sich eben- falls in zwei Äste, von denen der hintere wieder unmittelbar in der Leber verschwindet, während der vordere sich erst in einige Zweige auflöst. Von den letzteren wendet sich ein ziemlich starker nach hinten zum Muskel- und Drüsenmagen. Während des Verlaufes der Arteria cephalica auf dem Oesophagus konnte ich an diesen bei Stauroteuthis zwei feine Gefäße abgehen sehen, von denen vielleicht das vordere der Arteria hgamenti ent- sprechen dürfte. Von einem Ligament aber, das die Kopfarterie an der Speiseröhre befestigt, konnte ich keine Spur auffinden. Bei Cirroteuthis umbellata fehlen überdies auch die eben genannten kleinen Arterien an den Oesophagus. 436 Albin Ebersbach, Was nun die Anordnung der Arteriae palliales laterales und der Arteria liepatogastrica bei Cirroteuthis imibellata anlangt, so zweigen sie gerade in umgekehrter Reihenfolge ab als bei Stauroteuthis. Die Arteria hepatogastrica (Taf . IX, Fig. 4 art.hep.gastr.) entspringt von der Kopfaorta kurz nach deren Austritt aus dem Herzen. Sie durchbohrt das membranöse Diaphragma, dringt zwischen Magen und Leber nach links seitwärts vor und teilt sich in vier Äste auf. Zwei davon, die Arteriae hepaticae, treten in der Nähe der Lebergänge durch das der Leber hinten anliegende Pancreas hindurch in die Leber ein und lösen sich hier capillar auf. Die andern beiden Äste, die Arteriae gastricae, müssen, um an die Magen herantreten zu können, von vorn das Diaphragma nochmals durchbrechen. Sie legen sich dann, das Ganglion gastricum zwischen sich fassend, beiderseits dem Muskel- magen, bzw. dem Drüsenmagen an, auf denen sie sich reich verzweigen. Einen Zweig konnte ich sogar auf den Oesophagus hinüber verfolgen. Die Arteriae palliales laterales (Taf. IX, Fig. 4 art.paU.Iat.) zweigen sich erst da von der Kopfaorta ab, wo diese an den Oesophagus heran- tritt, also an der Stelle, wo bei Stauroteuthis die Arteriae hepato- gastricae entspringen. Beide dringen sofort in die Mantel muskulatur ein und verlaufen innerhalb derselben seitwärts auf die Enden der Flossenstütze zu. Kurz bevor sie dieselben erreichen, geben sie nach vorn einen Ast ab, der am Sternganglion vorüberzieht und die seit- hchen Partien des Mantels vascularisiert. Der Hauptstamm der Mantel- arterien aber tritt auf die Flossen über, auf denen er sich mehrfach verzweigt. Opisthoteuthis kommt in der Anordnung der Mantelarterien und der Arteria hepatogastrica den Verhältmssen von Cirroteuthis um- bellata recht nahe, nur haben dort die Mantelarterien einen gemein- samen Ursprung. Nachdem nun die Arteria cephalica mit dem Oesophagus die nach vorn offene Leberkapsel verlassen hat, gabelt sie sich hinter dem Hirn in die beiden Arteriae pedales (Textfig. 5 und Taf. IX, Fig. 4 art.ped.). Diese umfassen den Oesophagus schräg nach vorn unten, indem sie mit ihm in den ganglionären Schlund eindringen, anastomosieren auf der Unterseite der Speiseröhre miteinander und durchbrechen dann gemeinsam die suboesophageale Portion des Ge- hirnes durch ein an der Grenze zwischen Pedal- und Visceralganghon gelegenes Foramen. Hierauf ziehen sie, etwas divergierend, an der Unterseite des Pedal- und BrachialgangUons nach vorn zum Schlund- kopf, dessen Flanken sie zwischen dem dritten und vierten Arm- Zur Anatomie von Cirrotcutliis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 437 nerven erreichen. Entsprechend den jederseits vier vorhandenen Armnerven teilt sich jede Pedalarterie in vier Arteriae brachiales Taf. IX, Fig. 4 art.hrach.) auf, die auf die Außenseite der entsprechen- den Armnerven übertreten, mit ihnen den Schlundkopf umfassen und in den unteren Raum der Arme eintreten. Sie durchziehen die Arme in ihrer ganzen Länge und versorgen mit feinen Zweigen die Arm- muskulatur, den Armnerven, die Saugnäpfe und die Umbrella. Noch bevor aber die Arteriae pedales in den nervösen Schlund- ring eintreten, geben sie die Arteriae ophthalmicae ab (Taf. VIII, Fig. 1 und Taf. IX, Fig. 4 art.ophth.). Diese paarige Arterie läuft hinter dem Ganglion opticum auf der Statocystenkapsel seitwärts in die Orbita, in die sie mit dem Bündel der Retinanerven gemeinsam durch das schon erwähnte weite Foramen eintritt. Kurz nach ihrem Ursprung gibt sie, dicht nebeneinander, zwei Gefäße ab, die nach vorn verlaufen und an das Hirn dicht über der Ursprungsstelle des mächtigen Augennerven herantreten. Da ich bei Cirroteuthis umbellata an die großen Augenganglien keine arteriellen Gefäße herantreten sah, nehme ich an, daß die in Rede stehenden Gefäße nicht nur das Hirn vascularisieren, sondern auch Zweige über den Nervus opticus hinüber zu eben diesem Ganghon entsenden. An der Ursprungsstelle dieser beiden Hirngefäße zweigt sich von der Arteria ophthalmica eine weitere Arterie ab, die in ihrem Vascu- larisationsgebiet der Arteria collaris der Octopoden entspricht, bei Cirroteuthis umbellata aber eher die Bezeichnung Arteria capsulae hepaticae (Taf. VIII, Fig. 1 und Taf. IX, Fig. 4 art.caps.hep.) verdient. Sie läuft nach hinten über die Statocystenkapsel hinweg, legt sich dem Nervus pallialis an, den sie fast bis an das Sternganghon be- gleitet, und zweigt sich dann in den vorderen seithchen Partien der Leberkapsel auf. Noch bevor sich aber diese Arterie dem Mantel- nerven anlegt, gibt sie einen Ast ab, der die Nackenpartie der Leber- kapsel versorgt, also den dorsalen Teil derselben, der sich zwischen den Augen über die Kopfhöhle hinweg nach vorn bis zur Armbasis erstreckt. Nach ihrem Eintritt in die Orbita teilt sich die Arteria ophthal- mica in drei Äste auf. Zunächst zweigt sich die Arteria ophthalmica inferior ab. Sie läuft nach vorn über das Bündel der Retinanerven hinweg und biegt dann zwischen Bulbus und »weißem Körper« ven- tralwärts ab. Dabei gibt sie einen feinen Zweig an das Corpus luteum ab, der sich capillar auflöst. Sie selbst gabelt sich bald darauf in zwei Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 29 438 Albin Ebersbach, Äste. Der eine von ihnen dringt an der dem Kopfe zugekehrten Seite des Bulbus in letzteren ein; der andre durchbricht die Sclera, läuft unter ihr an der Ventralseite des Auges zuni Ciliarkörper und ergießt sein Blut in den Circulus arteriosus ciliaris. Dieser Circulus arteriosus ciliaris wird durch den zweiten Ast der Arteria ophthalmica gebildet, die Arteria ciliaris (Taf. IX, Fig. 4 art.cil.). Sie läuft unter der Muskelschicht des Auges auf dessen Dorsalseite zum Ciliarkörper und gibt dabei im Äquator des Auges nach vorn und hinten einen feinen Zweig ab. Im Ciliarkörper gabelt sie sich zu dem arteriellen King- gefäß, das ScHOEBL (1878) für Sepia, ferner Krohn (1842) und in neuerer Zeit Grimpe für die Octopoden beschrieben haben. Der dritte Ast endUch der Arteria ophthalmica, die Arteria ophthalmica superior (Taf. IX, Fig. 4 art.ophth.sup.), sendet einen Zweig zur ventralen Por- tion der Muskelschicht des Auges. Sie selbst aber durchbohrt mit dem N. ophthalmicus superior posterior gemeinsam den Augenknorpel und zieht auf der Dorsalseite des Auges zimi M. sphincter ocuh. Von den Pedalarterien zweigen sich ferner noch dicht hinter der Ursprungsstelle der Arteriae ophthalmicae die Arteriae buccales (Taf. VIII, Fig. 2, 3, Taf. IX, Fig. 4 art.bucc.) ab. Sie legen sich seit- hch der Speiseröhre an, durchziehen mit dieser das Gehirn und laufen bei Cirroteuthis umbellata ventral über die unteren Schlundganglien hinweg zur hinteren Fläche des Schlundkopfes, wo sie sich in zwei bis drei Zweige aufteilen. Ihnen allein hegt die gesamte Blutzufuhr zum Pharynx und der in ihm gelegenen Drüsen ob. Ferner versorgen sie, ob mit einem oder mit zwei Ästen, konnte ich leider nicht feststellen, die hintere Speicheldrüse. Bei Stauroteuthis geben die Buccalarterien jeder Seite einen Ast an das Gehirn ab. Er zieht in dem von der Com- missura laterahs posterior und dem Ganglion viscerale gebildeten Winkel seitwärts und teilt sich sogleich in zwei Zweige auf, von denen der eine unter dem mächtigen N. opticus nach vorn zum Pedal- und Brachialganghon zieht, der andre an der Unterseite des N. opticus auf das große Augenganglion übertritt. Ein derartiges Gefäß ist bis- her noch nicht beschrieben. Aber auch fernerhin zeigt die Buccal- arterie von Stauroteuthis noch eine Eigenheit. Sie läuft nämlich nicht über die Ventralseite der unteren SchlundgangUen, sondern durch- bohrt die kräftige, die unteren mit den oberen Schlundganglien ver- biiidende Commissura buccalis superior inferior. Auf die Bedeutung dieses auffälhgen Verhaltens soll bei der Beschreibung des N. man- dibularis eingegangen werden. EndUch sind noch als letzte von den Pedalarterien sich abzweigende Zur Anatomie von Cirroteuthis uuibellata Fischer und Stauroteuthis sp. 439 Gefäße die zarten Arterien für die statischen Organe und die Tricliter- arterien zu erwähnen. Erstere entspringen aus den Pedalarterien gleich nach deren Austritt aus dem Gehirn. Sie laufen an der Vor- derwand des Statocystenknorpels etwas seitwärts, gabeln sich typisch in zwei Äste, welche in die Kapsel (zwischen den N. maculae staticae und den N. cristae staticae anterior) eindringen. Die Trichterarterien (Taf. VIII, Fig. 1 art.infund.'prop.) sind mit dem N. infund. ant. durch Bindegewebe fest verbunden. Sie laufen mit ihm gemeinsam vor der Statocystenkapsel zum Trichter hinab, in dessen Muskulatur sie sich aufteilen. Die Aorta posterior und ihre Verzweigungen. Die Aorta posterior (Taf. IX, Fig. 4 aort.post.) ist ein Gefäßstrang mittlerer Stärke, der sich bald nach seinem Austritt aus dem Herzen in die beiden für die Octopoden typischen Arterien aufteilt, in die Arteria palliahs media und die Arteria rectahs (Arteria anahs Naef). Letztere entsendet bei Cirroteuthis umbeUata die Arteria genitalis. Die Arteria palhaUs media (Taf. IX, Fig. 4 art.pall.med.) läuft hinter den Magen zwischen den beiden sich berührenden Nierensäcken hindurch ventralwärts zu dem M. add. palHi medianus. Mit diesem tritt sie auf die ventrale Mantelmuskulatur über, um sich auf der- selben wie am hinteren Körperpole zu verzweigen. Bei den Octo- poden gibt die Arteria palHalis media einen Zweig, nämUch die Arteria anahs, an den Enddarm und den Tintengang ab. Ein derartiges Gefäß konnte ich nicht feststellen. Der zweite Hauptstamm der Aorta posterior verdient eigenthch wegen seines hauptsächlichsten Versorgungsgebietes die Bezeichnung Arteria gonoducalis, allein aus vergleichend-anatomischen Rücksichten möchte ich sie als Arteria rectahs (Taf. IX, Fig. 4 art.rect.) benennen. Sie verläuft über die Ventralfläche des Herzens hinüber zur linken Kiemenvene. Hier angelangt, biegt sie nach vorn ab und zieht an der dorsalen Wandung der vorderen Abteilung des Nierensackes nach vorn zum Enddarm, an den sie mit zwei Ästen herantritt. Der eine Ast verzweigt sich hauptsächlich auf der' Ventralseite des Enddarms und erreicht mit seinen Verzweigungen fast den After. Der zweite Ast aber biegt beim Herantreten an den Enddarm rechtwinkhg um und zieht am Rectum entlang rückwärts gegen die Magen zu und übernimmt auch die Vascularisation der Leberausführgänge. Der von der Arteria rectalis abgehende und auf der Kiemenvene weiter entlang laufende Stamm verdient, obgleich er stärker entwickelt ist, 29* 440 Albin Ebersbach, nur als Seitenast (Ramus gonoducalis) angesprochen zu werden. Dieser biegt etwa in der Höhe der Ureterpapille ebenfalls nach vorn ab, nicht ohne vorher noch einen Zweig, nämlich die Arteria cordis bran- chialis, abzugeben, und tritt dann an den männlichen Leitungsweg heran. An dessen Drüsen gibt er zunächst zwei Äste ab, welche sie mit einem arteriellen Netz förmlich umspinnen. Weiterhin verläuft der Ramus gonoducalis zwischen den accessorischen Drüsen und den ihnen links anhegenden drei Abschnitten der Vesicula seminalis nach vorn und gibt dabei reichlich Zweige an alle diese Drüsen des märm- lichen Leitungsweges ab. Die Arteria cordis branchialis (Taf. IX, Fig. 4 art.cord.hranch.), die sich vom Ramus gonoducalis abzweigt, läuft als unscheinbares Gefäß weiterhin die Kiemenvene entlang und ist bis zum Kiemenherzen zu verfolgen. An der Ureterpapille gibt sie zwei feine Zweige an die dorsale Harnsackwandung, ferner auch einen Zweig, der auch einige zarte Gefäße an den Kiemenherzanhang entsendet, an den Krohn- schen Wasserkanal ab. Besonders bei Stauroteuthis habe ich eine gute arterielle Blutversorgung dieses drüsigen Organs feststellen können. Auf der rechten Seite werden Nierensack und Kiemenherz mit Anhang, ferner der Wasserkanal von einem feinen Gefäß versorgt, das der linksseitigen Arteria cordis branchialis in seinem Verlaufe genau entspricht, sich aber, wie bei den Octopoden, unmittelbar von der Aorta posterior, dicht hinter deren Ursprung aus dem Herzen, abzweigt. Für Opisthoteuthis wurde eine Arteria cordis branchialis nicht fest- gestellt, wohl aber die unsrer Arteria rectahs entsprechende Arteria genitalis. Die Arteria genitalis von Cirroteuthis umhellata endhch steigt am Vorderrande des Herzens empor, zieht über dessen Dorsalseite nach hinten und läuft geradewegs zur Keimdrüse. Auf deren Rückenseite teilt sie sich in drei Zweige auf, von denen zwei nur der Hodenkapsel selbst anzugehören scheinen, die dritte aber die Keimdrüse selbst versorgt. — Meyer hat für OpistJwteuthis eine in ihrem Ursprung und Verlauf genau entsprechende Arteria testis nachgewiesen. Bei Stauroteuthis ist, ^vie schon betont, eine Genitalaorta aus- gebildet. Sie entspringt aus der Hinterseite des Herzens und tritt nach sehr kurzem Verlauf auf die dem Herzen unmittelbar hinten anliegende Gonade über. Ich bin nun am Ende meiner Schilderung des Kreislaufes an- gelangt. Wenn ich die Hauptergebnisse, die sich nur allzusehr unter der Fülle der Einzelheiten verlieren, hier kurz zusammenfassen darf, Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 441 SO dürfte an allererster Stelle die in ganz ungewöhnlich hohem Grade ausgebildete Geschlossenheit des Gefäßsystems hervorzuheben sein, wie wir sie, wenigstens soweit bis jetzt unsre Kenntnisse reichen, bei keinem andern Octopoden vorfinden, und wie sie selbst von dem hoch- entwickelten Gefäßsystem der Decapoden nur selten erreicht, aber nicht übertroffen werden dürfte. Denn im ganzen Körper geht das Capillarensystem der Arterien in das der Venen über, mit der einzigen Ausnahme der Speicheldrüsen und der beiden »weißen Körper«. Im Arteriensystem ist vor allem das Fehlen einer selbständigen Genital- aorta bei Cirroteuthis umbellata zu betonen, das bisher nur für Oyi- sthoteuthis nachgewiesen war. In seiner sonstigen Anordnung aber zeigt das Arteriensystem die für die Octopoden typischen Verhält- nisse, was sich namenthch an dem quergestellten Herzen und in dem Verluste der Arteriae abdominales der Decapoden kundtut. Die noch vorhandenen kleineren Abweichungen sind geringfügiger Natur und sollen hier nicht besonders angeführt w^erden. Das Venensystem da- gegen weist zahlreiche Eigenheiten auf, die allerdings zum großen Teile durch die hochgradige Rückbildung der Sinus bedingt sind, und die oft eine gewisse Ähnhchkeit mit dem Venensystem der Decapoden hervorrufen. Zunächst soll auf die doppelte Ausbildung der Arm- venenringe, wie wir sie bisher bei noch keinem Cephalopoden kennen, hingewiesen werden. Der innere von beiden entspricht seiner Lage nach dem Armvenenring der Decapoden. Ob er freilich mit diesem sonst etwas gemein hat, vermag ich nicht zu entscheiden. Ferner wären die typisch ausgeprägten Mesenterialvenen zu nennen, die den Peritonealtuben der Octopoden homolog sind und die durch die Auf- nahme der Vena genitahs den von Grimpe und vor ihm schon auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Untersuchungen von Naef (1910) gezogenen Schluß bestätigen, daß die rechte Peritonealtube der Octo- poden der Vena genitalis der Decapoden homolog ist. Schheßhch muß noch die rechtsseitige Lage der Vena cephahca bei Cirroteuthis umbellata, ein unter den gesamten Octopoden bis jetzt einzig sicher nachgewiesenes Verhalten, hervorgehoben werden. Das Nervensystem. Das Nervensystem der Octopoden hat neuerdings durch Pfeffer- korn im hiesigen Zoologischen Institut eine eingehende Bearbeitung erfahren. Seine Untersuchungen erstrecken sich in der Hauptsache auf Eledone moschata, Octopus vulgaris und Argonauta argo, jedoch hat er, gestützt auf die vorhegenden neueren Arbeiten, fast alle 442 Albin Ebersbach, Familien der Octopoden in den Kreis seiner Betrachtungen ein- bezogen und ist so in der Lage gewesen, einige recht wertvolle ver- gleichend-anatomische Überbhcke über das Nervensystem der Octo- poden geben zu können. Beim Abschluß seiner Arbeit stand ich noch mitten in der Ausführung meiner Untersuchungen, so daß ich ihm leider nur wenige für die vergleichende Betrachtung geeignete Befunde an Cirroteuihis umhellata zur Verfügung stellen konnte. Ich werde jedoch bei meiner Schilderung des Nervensystems, in der ich mich im übrigen mit einer fast rein morphologisch-topographischen Be- schreibung bescheiden möchte, die von Pfefferkorn zum Ver- gleich herangezogenen Punkte besonders berücksichtigen. Was die Nomenclatur anlangt, so werde ich mich, soweit als möglich, an die von Chun und Pfefferkorn angew^andten Bezeichnungen halten. Die Benennung einzelner Nerven wird infolgedessen von der von Meyer für Opisthoteuthis gebrauchten etwas abweichen. Ich werde aber nicht verfehlen, in j-edem einzelnen Falle auf die bestehende Homologie besonders hinzuweisen. Die ganglionären Centren und ihre Commissuren. Das centrale Nervensystem von Cirroteuthis umhellata und von Stauroteuthis setzt sich aus den bekannten vier Ganglienpaaren zu- sammen, nämlich aus den über dem Oesophagus gelegenen Cerebral- ganghen und den ventral davon gelegenen Visceral-, Pedal- und BrachialgangUen. Sie sind, wie bei allen Octopoden, zu dem kom- pakten Schlundring verschmolzen. An ihm kann man zwar eine supra- oesophageale und eine suboesophageale Portion, die beide durch zwei vom Foramen cerebri voneinander getrennte Commissurenpaare, ein hinteres und ein vorderes, miteinander in Verbindung stehen, unter- scheiden. Jedoch ist die ursprünghche Paarigkeit der Ganglienknoten äußerhch in keiner Weise mehr zu erkennen, so daß man gemeinhin von nur einem Gangüon cerebrale und von nur einem GangHon viscerale, pedale und brachiale spricht. Hierzu gesellen sich das ursprünghch ebenfalls paarige obere SchlundgangHon (GangUon buc- cale superius), das bei den Octopoden in seiner ganzen Breite mit dem Cerebralganglion zu der Oberschlundmasse verschmolzen ist, und die beiden paarig erhaltenen unteren Schlundganghen. Mit Ausnahme dieser beiden letzteren Ganglien sind die genannten Centren, beson- ders die der Suboesophagealportion, in noch höherem Maße als bei den Octopodiden zu einer einheithchen Masse zusammengedrängt, so daß sich nur schwer, oft überhaupt nicht, eine Grenze zwischen ihnen Zur Anatomie von Cirroteutliis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 443 erkennen läßt. Bei Opisthoteuthis hat diese Konzentration geradezu ihr Extrem erreicht, »und erst Längsschnitte durch das Gehirn zeigen seinen Aufbau aus verschiedenen Ganglien« (Meyer). Wenn es mir bei Cirroteuthis umbellata dennoch gelungen ist, schon äußerhch eine Ghederung des Cerebralganghons in verschiedene Abschnitte zu er- kennen, so war dies erst nach monatelangem Aufbewahren des her- auspräparierten Hirns in niedrigprozentigem Alkohol möghch. Nach begonnener Maceration hoben sich dann die Gangliencentren von dem mehr gelbhchen Untergrunde ab. Ganglion cerebrale (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 g.cer.). Das Ganghon cerebrale hat etwa die Form einer dicken Platte von beinahe quadra- tischem Umriß, die mit flacher Wölbung dem Oesophagus aufhegt. Seine höchste Erhebung liegt auf der hinteren, ein wenig breiteren Hälfte und wird bei Cirroteuthis umbellata von einer Kappe gebildet, die durch seichte Furchen in mehrere Wülste (Windungen, v. Jhe- ring) zerlegt wird. Sie verlaufen, fingerförmig angeordnet, von vorn nach hinten. Ich glaubte, ihrer sechs zählen zu können, möchte jedoch auf diese Zahl kein Gewicht legen, da die Wülste erst nach längerer Zeit hervortraten. Wenn wir in der Bezeichnung der das Cerebralganglion zusammensetzenden Teile Dietl folgen, so wäre diese Kappe als Lobus verticahs zu benennen. Vor ihm ist in gleicher Höhe der obere Frontallappen (Lobus frontalis superior) gelegen, der eben- falls erst spät sichtbar wurde. Er erreicht den Scheitellappen nicht ganz an Breite, steht also dem entsprechenden von Octopus an Größe bedeutend nach und zeigt von oben gesehen etwa die Umrisse eines Kreisabschmttes. Bei Stauroteuthis war auch lange Zeit nach vor- genommener Herauspräparation keinerlei Begrenzung eines Lobus frontalis superior oder Lobus verticalis, noch irgend eine Gliederung des letzteren in Wülste zu erkennen. Der Lobus frontalis inferior ist ungewöhnlich stark ausgebildet und als mächtiger Querwulst der gesamten hinteren Partie des Cerebralganghons vorgelagert. Seine Grenze gegen das obere Schlundganglion (Lobus supraoesophagealis Dietl) war bei Cirroteuthis umbellata wie bei Stauroteuthis schon am herauspräparierten Hirn deutUch als seichte Furche zu erkennen. Ebenso begrenzt ihn eine deutliche Furche gegen die hinter ihm und unter dem Scheitellappen gelegenen beiden Basallappen. Diese beiden Lappen, der Lobus basahs anterior und der Lobus basahs posterior, bilden den beträchthchsten Teil des Cerebralganghons. Ihre gegen- seitige Begrenzung ist durch die von ihnen seithch ausgehende breite und starke Commissür, welche das Cerebralganghon mit dem Pedal- 444 Albin Ebersbach, und dem Visceralganglion verbindet, nämlich die Commissura lateralis posterior, völlig verwischt. Diese Commissur ist ziemhch kurz. Auf ihr entspringt der mächtige, im Querschnitt kreisrunde N. opticus. Das zweite Commissurenpaar, das vom Cerebralgangüon ausgeht, wird von den ebenso kurzen, aber bedeutend schwächeren Commis- surae laterales anteriores gebildet. Sie entsprechen in dem Teile, der vom Lobus frontahs inferior ausstrahlt und zum Seitenrande des Brachialganghons zieht, der bei den Decapoden selbständigen Com- missura cerebro-brachiaUs. Der übrige Teil der vorderen Seitencom- missur strahlt von dem Ganglion buccale superius aus und entspricht der Commissura brachio-buccahs. Pfefferkorn fand bei Octopus und Eledone beide Teile der Commissur noch durch einen feinen Spalt geschieden. Bei Cirroteuthis umbellata und Stauroteuihis aber stellt sie ein völhg einheithches Gebilde dar; ihre Doppelnatur ist nur noch daran zu erkennen, daß sie deuthch vom Lobus frontahs inferior und vom Ganghon buccale superius ausgeht. Ganglion buccale superius (Taf. IX, Fig. 5, 6 g.hucc.sup.). Das obere Schlundganglion wurde wegen seiner innigen Verschmel- zung mit dem Ganghon cerebrale von den früheren Autoren vielfach als ein Teil desselben betrachtet. Es erreicht bei Cirroteuthis umbel- lata und bei Stauroteuthis an Breite vollkommen den Lobus frontalis inferior, ist jedoch, wie schon erwähnt, scharf von ihm abgesetzt, schärfer als der ihm homologe Lobus suprapharyngeahs bei Opistho- teuthis. In seinen Seitenpartien ist es in Übereinstimmung mit den übrigen Octopoden stark angeschwollen, in seinem mittleren Teile dagegen schwächer ausgebildet und deutet so auf seine Entstehung aus zwei ursprünglich getrennten Ganghen hin. Mit seinem vorderen Rande, von dem die zahlreichen Lippennerven und die zu den unteren Schlundganghen verlaufenden kurzen Commissurae buccales superiores inferiores entspringen, stößt er an den Schlundkopf an, dessen Run- dung er sich gut anlegt. Ganglion viscerale (Taf. IX, Fig. 5, 6 g.visc.). Die Suboeso- phagealportion zeigt bei den Cirroteuthiden die größtmöghche Kon- zentration. Ihr vorderer Rand schneidet mit dem des oberen Schlund- ganglions gerade ab, ihr hinterer Teil ragt nur wenig, bei Cirroteuthis umbellata und Stauroteuthis etwas mehr als bei Opisthoteuthis, über das Cerebralganghon hinaus, so daß Ober- und Unterschlundmasse sich nur wenig an Länge unterscheiden. Von den drei unter dem Schlundrohr gelegenen Ganghen ist am besten noch das Visceralgang- lion abgesetzt. Es steht in bezug auf Länge und Breite zwischen Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 445 Brachial- und Pedalganglion und ist gegen letzteres leicht nach unten ab- geknickt. An seiner Oberseite weist es eine sanfte, muldenförmige Rinne für den Oesophagus auf. Seine 8eitenpartien, von denen die kräftigen Mantelnerven entspringen, sind wulstförmig verdickt und laden seitwärts etwas breiter aus als das PedalgangUon. Mit ihrem oberen Rande sind sie etwas aufgerichtet, so daß das Ganghon von der Seite gesehen die Form einer Birne erlangt, deren Stiel durch den bei Cirroteuthis umbel- lata ungemein langen gemeinsamen Stamm der Visceralnerven gebildet wird. Wie schon erwähnt, steht es, wie auch das Pedalganghon, mit dem Cerebralganglion durch die Commissura lateraHs posterior in Verbindung. Ganglion pedale (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 g.fed.). Das Fußganghon ist das kleinste und schmälste der drei Ganghen der Unterschlund- masse. Es ist stark verkürzt, in allen Teilen gleichbreit und zeigt an seiner Oberseite ebenfalls eine Rinne für den Oesophagus. Fast unmerkhch geht es in die ihm anliegenden Ganghen über, nur gegen das Visceralganghon ist es besonders dadurch deuthch abgesetzt, daß an seiner Grenze das Foramen für die beiden Pedalarterien gelegen ist. Ganglion brachiale (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 g.hrach.). Das Arm- ganglion endlich, als das größte der drei Ganglien, schließt sich ohne scharfe Abgrenzung vorn an das Pedalganglion an. Es ist tief mul- denförmig gestaltet, mit seinem Vorderrande scharf an die Hinter- wand des Schlundkopfes herangeschoben und gewissermaßen dadurch in seinen vorderen Teilen stark verbreitert. Von seinem halbkreis- förmig gestalteten Vorderrande entspringen in gleichen Zwischen- räumen die acht Armnerven. Nur die beiden zu oberst entspringen- den Nerven für das dorsale Armpaar sind durch einen weiten, die ganze Breite des Oesophagus umfassenden Zwischenraum getrennt. Über die von der Mitte seiner Seitenränder ausstrahlende Com- missura laterahs anterior wurde schon berichtet. Es ist jedoch noch eine Commissur zu erwähnen, die zwischen den seithchen Rändern des Armganghons ausgespannt ist und frei über den Oesophagus hin- wegzieht. Es ist die nur den Octopoden zukommende Commissura ganghi brachialis. Sie scheint auch bei den Cirroteuthiden allgemein ausgebildet zu sein. Ich habe sie sowohl bei Cirroteuthis umbellata als auch bei Stauroteuthis nachweisen können. Meyer beschreibt sie auch für Opisthoteuthis. Ganglia buccalia inferiora (Taf. VIII, Fig. 2 u. 3 g.hucc.inf.). Die beiden unteren Schlundganghen sind zwar von den übrigen Gang- lien durch starke Commissm'en getrennt, sie sollen aber dennoch an dieser Stelle besprochen werden. Sie sind bei Cirroteuthis umbellata 44G Albin Ebersbach, und Stauroteuthis wie auch bei Opisthoteuthis nocli weit voneinander getrennt und nur durch eine kräftige Comrnissur (Commissura gangl. bucc. inf.), die unter dem Oesophagus hinweg verläuft, miteinander verbunden. Sie sind etwas abgeflacht und haben von unten gesehen etwa die Gestalt eines abgestumpften Dreieckes und liegen unter dem Oesophagus, in der Nische, die dieser mit dem Schlundkopf bildet. Mit dem oberen SchlundgangUon ist jedes durch die kurze, aber starke Commissura buccalis superior inferior (Taf. VIII, Fig. 2 u. 3 und Taf. IX, Fig. 5 u. 6 c.hucc.sup.inf.) verbunden, die an dessen vor- derem Rande seithch ansetzt. Das Centralnervensystem von Cirroteuthis umhellata ^\^e von Stau- roteuthis zeigt also alle für die Octopoden typischen Eigenheiten. Zu betonen wäre nur die starke Konzentration aller Ganghenknoten, die sich besonders in der Suboesophagealportion ausprägt und bei Stauro- teuthis sich auch am Cerebralganglion durch die teilweise Verwischung der Grenzen der einzelnen Lobi kundtut, ferner die auffällige erhal- tene Trennung der unteren Schlundganghen und die außerordenthche Verkürzung der Commissuren. Das periphere Nervensystem, a) Nerven des Ganglion cerebrale. 1. Nervus opticus. Der gewaltige Stamm des Sehnerven (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 n.opt.) wurzelt gewöhnlich im Lobus basalis des Cerebral- ganghons. Bei Cirroteuthis umhellata wie bei Stauroteuthis jedoch ist sein Ursprung, ähnhch wie bei Argonauta, fast völlig auf die breite Commissura lateralis posterior verlegt, die bis auf einen schmalen vorderen Rand fast vollständig von seinem kreisrunden Querschnitt verdeckt wird. An Stärke dürfte er neben dem von Opisthoteuthis wohl alle Octopoden übertreffen. Er ist außerordenthch kurz und erscheint geradezu imr als ein breiter, zwischen die hintere Seiten- commissur und das Opticusganghon eingeschalteter Wulst. Seine Kürze ist um so merkwürdiger, als bei beiden von mir untersuchten Formen die großen Augen doch ziemlich weit auseinandergerückt sind und so eher eine Verlängerung des Nervus opticus, ähnhch der bei den Bolitaeniden, zu erwarten stand. Ein Ganghon peduncuh, das, stecknadelkopfförmig gestaltet, ihm gewöhnlich anhegt, konnte ich nur bei Stauroteuthis auffinden, und zwar an der Unterseite des Opticusstammes. Da es als Erregungscentrum der Chromatophoren erkannt ist, kann uns sein Fehlen bei Cirroteuthis, wie auch Meyer für Opisthoteuthis hervorhebt, nicht auffallen, denn bei diesen For- Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 447 men vermissen wir jene gewöhnlich in die Cutis eingelagerten Farb- zellen, während ich sie bei Stauroteuthis nachweisen konnte. Vom Sehnerven ist das AugengangUon (Taf. IX, Fig. 5 g.opt.) scharf abgesetzt. Es ist entsprechend der Größe der Augen kräftig ausgebildet und erreicht an Masse etwa das Zweifache des GangUon cerebrale. Von der bei den Dibranchiaten allgemein übhchen bohnen- oder nierenförmigen Gestalt weicht es, wie auch nach Reinhardt und Prosch bei Cirroteuthis MüUeri, stark ab, indem es schön eiför- mig gestaltet ist. Auch liegt es nicht wie gewöhnlich in der Orbita dem Augenbulbus dicht an, sondern es ist vom Auge weit weggerückt und mit dem Hirn gemeinsam in der Kopfhöhle gelegen. Dabei hat es sich von dem »weißen Körper <<, der es gewöhnUch ringsherum um- gibt, völhg losgelöst. Durch die völlig freie Lage in der Kopfhöhle dürfte auch seine Abrundung zu dem schön eiförmigen Gebilde zu erklären sein, dessen Längsachse übrigens nicht rein seitwärts, son- dern schräg nach hinten -außen gerichtet ist. Vom Augenganghon gehen die zahlreichen Retinanerven (Nn. retinae) aus, die von seiner ganzen seitHchen Hälfte entspringen, sich rasch zu einem starken Bündel vereinigen und nun in langgestrecktem Verlaufe zum Auge ziehen. Gerade durch ihre Vereinigung zu nur einem runden Bündel tragen sie viel dazu bei, dem Augenganghon seine charakteristische Gestalt zu geben. An Zahl stehen sie hinter den Octopodiden, bei denen es nach Pfefferkorn bedeutend mehr als 200 sind, weit zurück; ich habe für Cirroteuthis umhellata nur 20, für Stauroteuthis 21 gezählt. Durch ihre auffälhge Länge müssen sie die Kürze des N. opticus ausgleichen. An den Augenbulbus treten sie, ohne vorher die von den Autoren gewöhnUch besonders betonte fingerförmige Durchkreuzung aufzuweisen, auf einer Kreisfläche heran, und zwar die weitaus meisten an der Peripherie derselben. Sie durchbrechen die Sclera und teilen sich unter ihr in feine Nerven- zweige auf, die radiär ausstrahlen, den Bulbus fast völlig umfassen und sich schheßhch in der Retina auffasern. 2. Nervus olfactorius. Der Geruchsnerv (Taf. IX, Fig. 6 n. olf.) ist ein schwacher Nerv. Er entspringt bei den Octopoden ge- wöhnhch aus dem hinteren Rande des Opticusstieles ; bei Cirroteuthis umhellata und Stauroteutliis ist seine Ursprungsstelle auf die Unter- seite des Augennerven, beinahe, wie dies bei den BoHtaeniden der Fall ist, auf das GangHon pedale heruntergerückt. In seinem Ver- lauf zeigt er bei Cirroteuthis umhellata volle Übereinstimmung mit Stauroteuthis. Er zieht zunächst mit dem N. ophthalmicus inferior 448 Albin Ebersbach, gemeinsam seitwärts über die dorsale Wand der Statocystenkapsel hinweg und tritt durch das weite Foramen, das auch dem Bündel der Retinanerven zum Durchbruch dient, in die Orbita ein. Hier verläuft er unter dem »weißen Körper« hinweg auf der ventralen Par- tie des Orbitalknorpels, den er dicht an dessen Ansatzstelle an der Statocystenkapsel durchbohrt. Nun trennt er sich vom N. ophthal- micus inferior und wendet sich schräg nach hinten unten zum Vor- derrand des seitlichen Teiles des Mantels, an dem er dann, in reichlich entwickeltes Bindegewebe eingehüllt, in weitem seithchen Bogen ent- lang bis zur Mantelöffnung zieht und dem Geruchsorgan zustrebt. Während dieses eigentümlichen Verlaufes am vorderen Rand der Mantelmuskulatur wird er anfangs nach außen noch von dem dünnen in einzelne Bündel zerlegten Teil des M. nuchahs überdeckt, der unter dem Auge hinweg zur Basis des zweiten und dritten Armes zieht, später aber liegt er unmittelbar unter der Haut. Ein ähnhches Ver- halten beschreibt Pfefferkorn für den Geruchsnerven von Argo- nauta argo. Dicht unter dem Geruchsorgan schwillt der Nerv leicht an, jedoch kann von einem eigentlichen Ganghon nicht die Rede sein. Bei Opisthoteuthis ist der N. olfactorius ebenfalls auf die Unter- seite des Opticusstieles herumgerückt und beinahe auf die Unter- schlundmasse verlegt. 3. Nervus ophtha! micus superior anterior. Dieser Nerv (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 n.ophiJi.sup.ant.) dürfte dem N. oculomotorius superior anterior von Opisthoteuthis homolog sein, da ich aber meine Nomenclatur möghchst mit der von Pfefferkorn angewandten in Einklang bringen möchte, will ich ihn als N. ophthalmicus superior anterior benennen. Er entspringt bei Cirroteuthis umhellata mit zwei Wurzeln dicht am Opticusstiel, und zwar nüt der hinteren über ihm, mit der vorderen vor ihm. Beide Wurzeln laufen vorn über das eiförmige Opticusganghon, dem sie sich eng anschmiegen, hinweg seit- wärts und vereinigen sich dabei zu einem mittelstarken, abgeplatteten Nerven. Dieser läuft vor dem Bündel der Retinanerven seitwärts weiter und tritt mit ihnen in die Augenkapsel ein, wo er sich sogleich in drei Äste aufteilt. Der hintere und der mittlere von ihnen lassen sich bis in die Muskelhaut des Auges verfolgen, in der sie sich auf- fasern. Vielleicht versorgen sie auch noch die Argentea externa. Der vordere Ast aber zerteilt sich weiter in drei Zweige, die alle den Augen- knorpel an seiner Vorderseite nach außen durchbrechen, und zwar die beiden vorderen durch ein gemeinsames Foramen. Sie laufen dann eine kurze Strecke außen auf dem Augenknorpel seitwärts weiter, Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 449 wenden sich dabei fächerförmig auseinander und durchbrechen schUeß- hch wieder die feine durchsichtige Membran, in die sich der Augen- knorpel fortsetzt, um mit ihren Fasern den vorderen oberen Teil der Muskelhaut des Auges zu innervieren. Ob sie während ihres extra- orbitalen Verlaufs, den ich auf beiden Seiten feststellen konnte, Fasern abgaben, kann ich leider nicht angeben. Bei Stauroteuthis weist der N. ophthalmicus superior anterior einige kleine Abweichungen auf. Er entspringt nur mit einer Wurzel unmittelbar über dem N. opticus. Sie dürfte also der hinteren Wur- zel des Nerven bei Cirroteuthis umbellata entsprechen. Infolge des soweit hinten gelegenen Usrprungs ist der Nerv von der Oberseite des AugengangUons an dessen hintere Seite hinabgeglitten, so daß er also wie der N. ophthalmicus superior posterior hinter dem Augenganglion seitwärts läuft. Er biegt jedoch bei seinem Eintritt in die Orbital- höhle ^\'ieder nach vorn ab, kommt auf die Vorderseite des Bündels der Retinanerven zu liegen und splittert sich dann in drei bis fünf Äste auf, von denen zwei weiter innerhalb der Orbita verlaufen und den vorderen oberen Teil der Muskelhaut des Auges innervieren. Die übrigen durchbrechen den Orbitalknorpel durch drei weite Foramina, laufen extraorbital weiter und verhalten sich weiterhin wie die ent- sprechenden Nervenäste von Cirroteuthis umbellata. 4. Nervus ophthalmicus superior posterior. Dieser Nerv (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 n.ophth.sup.post.) entspringt an der hinteren Seitenwand des Ganghon cerebrale, beinahe schon auf der hinteren Seitencommissur, verläuft als kräftiger, runder Nerv in der Kopfhöhle hinter dem Ganglion opticum seitwärts und tritt dann hinter dem Bündel der Retinanerven in die Orbita ein. Kurz vorher schwillt er aber bei Cirroteuthis umbellata noch zu einem kleinen, spindelför- migen Ganglion an, dem Ganghon ophthalmicum. Nach seinem Ein- tritt in die Orbita gibt er nach vorn einen feinen Zweig ab. Er selbst aber durchbricht sofort den Orbitalknorpel an seiner hinteren oberen Wölbung, nahe an seinem medianen freien Rande, und zieht dann seitwärts außen über den Augenknorpel hinweg. Dabei gabelt er sich in zwei Äste, welche sich der Membran, in die sich der Augen- knorpel fortsetzt, eng anschmiegen, und über sie hinweg zum Sphincter oculi laufen, in den der hintere Ast eintritt, ohne sich vorher noch zu verzweigen, während der vordere sich erst in drei feine Zweige auf- löst. Zweige an den M. nuchalis, wie dies Pfefferkorn bei den Octo- podiden und Argonauta argo beobachtet hat, gibt er nicht ab, dagegen ist es sehr wahrscheinhch, daß er den auf dem Auge gelegenen Haut- 450 Albin Ebersbach, komplex mit innenäert. Der feine Zweig, den der Nerv kurz nach Verlassen des Ganglion ophthalmicum nach vorn abgibt, durchbricht nicht den Orbitalknorpel, sondern wendet sich auf der Argentea externa und der Muskelhaut, an die er einen feinen Zweig abgibt, nach vorn, biegt dann schräg nach außen um und ist als äußerst feines Fäserchen bis in die Iris zu verfolgen. Zwar war es mir unmöghch, ihn bis zur Iris frei zu präparieren, dazu war er zu fein, jedoch konnte ich durch geeignete Beleuchtung ihn als seideuglänzende Faser deuthch hervor- schimmern sehen und ihn so mit aller Sicherheit bis in die Iris ver- folgen. Wir haben es hier offenbar mit dem feinen Ramus iridicus des N. ophthalmicus superior posterior zu tun, den Pfefferkorn bei den Octopodiden und Argonauta argo beschrieben hat, und den er als Erregungsnerv für die Chromatophorenspiele der Iris anspricht. Für Opisthoteuthis beschreibt Meyer diesen Nerv als N. ophthal- micus superior. Er erwähnt zwar \veder eine gangUonäre Anschwel- lung noch einen Zweig, der zur Iris geht, jedoch stimmt dieser Nerv in seinem sonstigen Verhalten mit dem von Cirroteuthis umbellata überein. Meyer beschreibt schheßhch noch einen schwachen, vom Gang- hon cerebrale abgehenden Nerven, den N. anterior, der die Schädel- kapsel durchbohrt und den M. anterior versorgt. Ich konnte weder bei Cirroteuthis umbellata noch bei Stauroteuthis einen derartigen Nerven auffinden, obgleich ich genau darauf acht gegeben habe. Auch Pfefferkorn hat keinen entsprechenden Nerven bei den von ihm untersuchten Formen feststellen können. b) Nerven des Ganglion pedale. 5. Nervi statici. Die beiden statischen Nerven entspringen aus der Seitenfläche des GangHon pedale, gerade unter dem N. oph- thalmicus inferior und dem N. olfactorius und etwas hinter und über dem vorderen Trichternerven. Der vordere übertrifft den hinteren um das Doppelte an Stärke. Sie ziehen ventralwärts zu der Statocysten- kapsel und durchbrechen deren Knorpel bei Cirroteuthis umbellata gerade da, wo mit ihm die Statocyste fest verwachsen ist, bei Stauro- teuthis etwas weiter seitlich davon. Der hintere, schwächere Nerv zieht, der Wand der Statocyste innen platt angedrückt, zu deren der Leber zugekehrten, also hinteren Fläche. Dort ist bei Cirroteuthis umbellata die Statocystenwand zu einem flachen Wulste verdickt, auf dessen oberem und unterem Ende sich je ein zapfenförmiger Vor- sprung erhebt. (Auf Taf. IX, Fig. 6 ist nur der untere Zapfen darge- Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata und Fischer Stauroteuthis sp. 451 stellt.) Zwischen diesen beiden Zapfen legt sich der Nerv über den Wulst hinweg und tritt an die Crista statica heran, die unmittelbar hinter dem Wulste beginnt. Bei Stauroteuthis verläuft der Nerv seit- lich vom bindegewebigen Wulste. Ich bezeichne diesen hinteren der beiden statischen Nerven als N. cristae staticae posterior (Taf. IX, Fig. 6 n.crist.stat.post.). Der vordere, bedeutend stärkere Nerv teilt sich bei Stauroteuthis schon kurz nach seinem Ursprung beim Durchbrechen der knorpligen Statocystenkapsel in zwei gleich starke Aste, die sich in ihrem weiteren Verlaufe als platte Nerven ebenfalls der Wand der Statocystenblase innen anlegen. Der hintere der beiden Aste inner- viert die Macula statica. Er ist bis zu ihrer Mitte zu verfolgen, auf der er sich radiär auffasert. Ich bezeichne ihn als N. maculae sta- ticae (Taf. IX, Fig. 6 n.mac.stat.). Der vordere Ast legt sich als N. cristae staticae anterior (Taf. IX, Fig. 6 n.crist.stat.ant.) der Crista ziemlich an ihrem vorderen, der Macula genäherten Ende an, läuft ein Stück an ihr entlang und strahlt mit seinen Fasern allmählich in sie ein. Die Crista statica wird somit von zwei Nerven versorgt, ein Ver- halten, das meines Wissens Chun (1914) nur noch für Bolitaena nach- gewiesen hat. Dort entspringt der N. cristae staticae anterior sogar als selbständiger Nerv, so daß Bolitaena drei Nn. statici besitzt. Meyer beschreibt für Opisthoteuthis jederseits nur einen stati- schen Nerven, der sich bei seinem Eintritt in die Statocyste in zwei Aste, den N. maculae staticae und den N. cristae staticae teilt. Ob der letztere dem N. cristae staticae anterior oder posterior von Cirro- teuthis entspricht, ist nicht ersichtlich. 6. Nervus infundibuli anterior. Der vordere Trichternerv (Taf. IX, Fig. 6 ndnfund.ant.) entspringt von der Unterseite des Pe- dalganglions beiderseits und ein wenig nach vorn von dem Foramen, das den beiden Arteriae pedales zum Durchtritt durch die Suboeso- phagealportion des Gehirnes dient. Er ist bei beiden von mir unter- suchten Formen ein Nerv mittlerer Stärke und zieht jederseits nahe der Medianebene an der Vorderwand der Statocystenkapsel abwärts, läuft dann, in gallertiges Bindegewebe eingebettet, bei Cirroteuthis umbellata über die Außenseite der mächtigen Vena cephalica hinweg und zwischen den beiden an der Basis des unteren Armpaares anset- zenden Stämmen des M. depressor infundibuli hindurch zur dorsalen Wand des Trichters. Bei Stauroteuthis verläuft er noch vor den bei- den Schenkeln des äußeren Armvenenringes, beiderseits des Ductus reuniens. Schon kurz nach seinem Ursprung tritt an ihn die Arteria 452 Albin Ebersbach, infundibuli propria von hinten heran und legt sich ihm während seines ganzen Verlaufes bis zum Trichter so fest an, daß man auf den ersten Bhck Nerv und Arterie für ein einheitliches Gebilde hält. Erst auf der Trichterwand trennt sie sich von ihm. Kurz bevor der Nerv an der suprainfundibularen Erweiterung der Vena cephalica vorüber- kommt, gibt er einen Ast ab, der mit einem Zweig den zur Basis des vierten Armpaares ziehenden Stamm des M. depressor infundibuli versorgt, mit einem andern die dünne, von der Statocystenkapsel zur Basis des dritten Armes ziehende Muskellage innerviert. Der Nerv dringt schUeßhch in die Trichtermuskulatur ein, in der er sich reichlich verzweigt. Ein Ganglion infundibuli, wie es Pfefferkorn bei Eledone und Octopus aufgefunden hat, konnte ich weder bei Cirro- teuthis umhellata noch bei Stauroteuthis nachweisen. Bei Opisthoteuthis ist der N. infundibuli anterior in ganz entspre- chender Ausbildung vorhanden. Daß er hier auf dem Grunde der Leberkapsel nach hinten zieht, ist lediglich durch die eigentümliche Deformierung des Körpers bedingt. 7. Nervus ophthalmicus inferior. Dieser Nerv (Taf. IX, Fig. 6 n.ophth.inf.) entspringt bei Cirroteuthis umhellata an der Hinter- fläche des Pedalganglions, dicht unter dem Opticusstiel und gerade über der Ursprungsstelle der beiden statischen Nerven. Dicht hinter ihm, aber doch mit selbständiger Wurzel, verläßt der N. olfactorius das Gehirn. Der untere Augennerv zieht in seithcher Richtung vor dem Ganglion opticum über die dorsale, knorpelige Wand der Stato- cystenkapsel hinweg zu der Orbitalhöhle, in die er durch das weite Foramen des Orbitalknorpels eintritt. Er läuft dann unter dem »wei- ßen Körper« hinweg, unter dem er sich in zwei Aste aufteilt. Der eine von ihnen läuft, der ventralen Partie des Orbitalknorpels lose angelagert, seitwärts und verstreicht in der unteren Portion der dün- nen Muskelhaut des Auges, die sich ringsherum am Orbitalknorpel ansetzt und deren Fasern etwa radiär zum Bulbus ausstrahlen. Der vordere Nervenast durchbricht den Orbitalknorpel dicht an seiner Ansatzstelle an die seitUche Wand der Statocystenkapsel, läuft extra- orbital an der Unterseite des Auges über den Orbitalknorpel und die durchsichtige Haut, in die er sich fortsetzt, hinweg zum Sphincter oculi. — Bei Stauroteuthis ist dieser Nerv ungewöhnUch kräftig aus- gebildet. In seinem Ursprung und Verlauf stimmt er mit dem von Cirroteuthis umhellata völlig überein. Jedoch splittert er sich in der Orbitalhöhle unter dem »weißen Körper« in zahlreiche Aste auf, von denen einige die untere Partie des Augenmuskels versorgen, vier aber Zur Anatomie von Cirroteuthis unibcUata Fischer und Stauroteuthis sp. 453 durch auffällig weite Foraniina den Orbitalknorpel durchbrechen. Zwei Äste von ihnen ließen sich bis zum Sphincter ocuh verfolgen. In seinem Ursprung und Versorgungsgebiet entspricht der N. ophthalmicus inferior also vollkommen dem der Octopodiden, nur findet sich bei den von mir untersuchten Formen, wie auch bei Opisthoteuthis, keine ganglionäre Anschwellung, die Pfefferkorn als Ganglion ophthalmicum inferius bezeichnet. 8. Nervus oculomotorius inferior posterior. Dieser an- sehnhche, den N. ophthalmicus inferior an Stärke übertreffende Nerv (Taf. IX, Fig. 6 n.oculom.inf.post.) entspringt beiderseits ziem- hch an der oberen Kante des Pedalganglions, ebenfalls wie jener dicht am N. opticus, aber an dessen vorderer Seite. Er läuft neben dem N. ophthalmicus inferior vor dem AugengangUon seitwärts in die Orbitalhöhle und zweigt sich nach seinem Eintritt in dieselbe in drei Äste auf. Diese ziehen in der eingeschlagenen Richtung unter dem »weißen Körper« hinweg, weiterhin zwischen den ventralen Teil des Orbitalknorpels und der innen an ihm ansetzenden Muskelschicht des Auges hindurch, indem sie seitlich auseinanderweichen und sich allmählich in zahlreiche Fasern zerteilen, die bei Cirroteuthis unibel- lata an einem hellbraunen Streifen herantreten. Dieser eigenartige, mir seiner Natur nach vollkommen rätselhafte Streifen von etwa 1 mm Dicke läuft an der Unterseite der Augenhöhle beinahe halbkreisför- mig von vorn nach hinten. Er hegt in der Zone, wo der Orbitalknor- pel an seinem seitlichen Rande in das dünne, durchsichtige Häutchen übergeht. Einen einzigen Zweig habe ich über diesen Streifen hinaus verfolgen können. Er ging vom mittleren Ast ab und verlor sich in der Muskelschicht des Auges. Auch für Opisthoteuthis beschreibt Meyer diesen Streifen von hellbrauner Farbe, zu dem einige Äste des N. oculomotorivis posterior inferior ziehen, die sich durch größere Stärke und eine andre Färbung auszeichnen. Auch ich habe gefun- den, daß alle in der Orbitalhöhle gelegenen Teile dieses Nerven sich durch eine etwas intensivere Gelbfärbung von den übrigen unter- scheiden. Bei Stauroteuthis zeigt der Nerv ein völhg normales Ver- halten, indem er mit allen seinen Zweigen in die Muskelschicht des Auges eindringt. 9. Nervus oculomotorius inferior anterior. Der etwas schwächere N. oculomotorius inferior anterior (Taf. IX, Fig. 6 n. oculom.inf.ant.) entspringt in der Höhe des N. ophthalmicus inferior seithch aus dem Pedalganghon, etwa an dessen Grenze gegen das Armganglion, Er zieht mit dem eben erwähnten Nerv und dem Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 30 4:54: Albin Ebersbach, N. oculoraotorius inferior posterior gemeinsam in die Augenhöhle. Kurz vor dem Eintritt in sie teilt er sich in zwei Äste, die vor dem »weißen Körper« an dem Orbitalknorpel entlang seitwärts laufen und die vordere, sowie die vordere untere Partie der Muskelhaut des Auges innervieren. — Bei Opisthoteuthis ist ein genau entsprechen- der Nerv, der N. oculomotorius anterior inferior, vorhanden. In seinem Verbreitungsgebiet entspricht dieser Nerv mit dem vorher beschriebenen N. oculomotorius inferior posterior zusammen dem N. oculomotorius anterior der Octopoden, wie dies auch Pfeffer- korn schon festgestellt hat. c) Nerven des Ganglion brachiale. 10. Nervi brachiales. Die Armnerven (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 n.hrach. 1, 2, 3, 4) entspringen mit regelmäßigen Zwischenräumen in etwa halbkreisförmiger Anordnung vom Vorderrande des Ganglion brachiale, das sich ja muldenförmig der unteren Seite des Oesophagus anlegt. Die beiden dorsalen Armnerven sind also schon an ihren Ursprungsstellen durch die dazwischen liegende Speiseröhre weit von- einander getrennt. Alle acht Nerven ziehen nun an der Innenseite des membranösen Kanals, der aus der Muskulatur der Armbasis her- vorgegangen ist, über den Schlundkopf hinweg, indem sie sich seiner Rundung eng anschmiegen, und dringen schließhch in die Arme ein. Während dieses Verlaufes platten sie sich keineswegs, wie dies bei den Octopodiden und Argonauta argo der Fall ist, zu einem breiten Bande ab, sondern behalten ihren rundlichen Querschnitt immer bei. Dies mag vielleicht dadurch bedingt sein, daß der membranöse, von ungemein zartem Gewebe erfüllte Kanal, keinen Druck auf die unter ihm vorbeistreichenden Nerven ausübt, wie dies ja durch die kräftige Pfeilermuskulatur bei den Octopoden und Decapoden allgemein ge- schieht. Bei ihrem Eintritt in die Arme biegen sie nur sehr sanft nach außen ab. An der Armbasis werden sie alle durch die kräftige Ringcom- missur, die Commissura interbrachiahs, miteinander verbunden. Sie ist auf Fig. 6 in situ dargestellt Diese bei den Myopsiden einfache Commissur hat sich bei den Oegopsiden und bei sämtlichen Octopoden in eine Doppelcommissur zersplittert, derart, daß in der Nähe des Arnmerven sich von der Hauptcommissur ein Zweig abspaltet, dann frei unter dem Nerv als Nebencommissur hinwegläuft, um sich auf dessen andrer Seite wieder mit der Hauptcommissur zu vereinigen. Die Nebencommissur ist immer schwächer als die Hauptcommissur. Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fisclier und Stauroteuthis sp. 455 Letztere setzt sich breit, aber ohne ganghonäre Anschwellung seitlich an den Armnerven an und läßt einen großen Teil ihrer Fasern nach vorn umbiegen und erst allmähhch in dessen äußeren, nur aus Faser- masse aufgebauten Teil einstrahlen. Auf Taf. IX, Fig. 6 sind diese Verhältnisse deutHch zu sehen. Da ich den vollkommen freien Durch- tritt der Nebencommissur unter den Armnerven bei Cirrotevthis um- bellata \vie auch bei Stauroteuthis immer mit voller Sicherheit fest- stellen konnte, ein Verhalten, das schon Meyer, gestützt auf seine Befunde an Opisthoteuthis ganz richtig vermutete, so ist wohl end- gültig der von Brock auf Grmid der Abbildungen von Reinhardt und Frosch (Taf. V, Fig. 2) aufgestellte dritte Typus einer Arm- nervencommissur hinfälhg geworden, wonach bei Cirroteuthis Mülleri auch die Nebencommissur am Armnerven ansetzt. Im Arme verläuft der Nerv, an Stärke allmähhch abnehmend, in den unteren, den Saugnäpfen zugekehrten Raum nach vorn bis zur Armspitze. Er wird dabei immer von der Armarterie begleitet, die auf seiner Außenseite in einer flachen Rinne verstreicht. Er liegt immer dem inneren Längsmuskelstamm der Arme fest an und ist von einer Bindegewebescheide umhüllt. In seinem Bau stimmt er selbst in seinen Einzelheiten mit dem von Opisthoteuthis völhg überein. Er zeigt den typischen, etwa T-förmigen Querschnitt, an dem man deut- lich drei Zonen unterscheiden kann. Die Rindenzone, ausschließhch aus Ganglienzellen bestehend, hat im Querschnitt eine hufeisenförmige Gestalt. Über jedem Saugnapf ist dieser Belag von Ganghenzellen besonders dick, so daß man deutHch eine Reihe von lauggezogenen Ganghen unterscheiden kann. Aus jedem derselben brechen in zwei- zeiliger Anordnung 8 — 12 Nerven für die Saugnäpfe hervor. Zm- schen diesen Ganghen ist also der Zellenbelag etwas dünner und zeigt nur an den beiden Seiten des Nervs kleine paarige Anschwellungen von zapfenförmiger Gestalt. Es sind die Ganghen für die Cirren, denn aus jedem von ihnen geht ein kräftiger N. cirri hervor. Die Gang- lienzellen, welche die Rindenzone aufbauen, sind nach Guerin (1908) unipolar. Ihre Fortsätze sind alle wenigstens zu Anfang nach innen gerichtet und nehmen den Hauptanteil an der Bildung der Medul- larzone. Der Rest dieser zweiten Zone wird von den Neuriten sensibler oder motorischer Zellen gebildet, die außerhalb des nervösen Achsen- stranges liegen. Der obere, breit ausladende Teil endUch, als dritte Zone, besteht aus Achsencyhndern, die unmittelbar aus dem Hirn kommen. Sie bilden zwei seithche Bündel, zwischen die hinein Bindegewebsmassen der Nervenscheide eindringen. 30* 456 Albin Ebersbach, Von den zahlreichen, aus dem nervösen Achsenstrang hervor- kommenden Nerven sind die weitaus stärksten die für die Saug- näpfe. Sie durchbrechen den inneren Längsmuskelstamm des Armes und verlaufen, in pigmentiertes Bindegewebe eingebettet, innerhalb der etwa zu einem Kegelmantel angeordneten Befestigungsmuskulatur des Saugnapfes. Sie enden hauptsächhch am äußeren Rande der von NiEMEC (1885) als Infundibulum bezeichneten Randscheibe und machen diese zu einem offenbar höchst sensiblen Organ. Bevor sie jedoch noch den Saugnapf erreichen, gibt jeder von ihnen — und das habe ich bei Cirroteuthis umbellata, wie auch bei Stauroteuthis am Präparate unter der Lupe immer deutlich beobachtet — einen äußerst feinen Zweig ab, der an ein klei- nes, zentral zwischen den Saugnapf nerven gelegenes Ganglion herantritt(Textfig.24). NiEMECs Behauptung, dies Ganglion sei eine Anschwellung eines einzigen Saug- napfnerven, wurde schon von Guerin (1908, S. 127) mit Recht zurückgewiesen. Er hebt ganz richtig hervor, daß es bei Octopus vulgaris mit mindestens zwei Saugnapf nerven in Verbindung stehe. Ich habe schon betont, daß überhaupt jeder Saugnapf nerv ein feines Astchen an das GangUon entsendet. Nach Guerin ist dies Ganglion aus der Verschmelzung zweier, aus motorischen Elementen auf- gebauter Ganglien entstanden. Er unter- scheidet dementsprechend zwischen einer )>region acetabulaire « und einer »region brachiale«, die noch durch eine Bindegewebsschicht voneinander getrennt seien. Ob freihch die aus dem Ganghon hervorgehenden Nerven, von denen ein Teil die Befesti- gungsmuskulatur des Säugnapfes, der andre Teil bestimmte Muskelzüge des Saugnapfes innervieren soll, auch nach ihrem Ursprung eine rein- liche Sonderung in entsprechende Gruppen, deren eine der »region brachiale«, die andre der »region acetabulaire« zugehöre, möglich sei, konnte er nicht entscheiden. Da ich bei meinen Schnittpräparaten keine specifische Nervenfärbung angewendet habe, kann ich hierüber kein Urteil abgeben. Mittels freier Präparation konnte ich nur zahl- reiche Nerven von dem Ganglion an dem Saugnapf feststellen. Textfig. 24. Armnerv mit Sauguapfnerven von Cirro- teuthis umbellata. Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 457 Die übrigen, von dem nervösen Achsenstrang des Armes abgehen- den Nerven durchbrechen alle die seitUchen Partien der ganghonä- ren Rindenzone, lassen aber sonst kaum eine regelmäßige Anord- nung erkennen. Die zu oberst entspringenden Nerven (Textfig. 10) innervieren das Längsseptum des Armes und die äußeren Partien der Stammuskulatur, die weiter unten entspringenden, etwas schwächeren und kürzeren Nerven verzweigen sich in deren seitlichen und inneren Partien. Ich konnte nun sehr oft beobachten, daß diese Nerven durch einen feinen Zweig mit Nervensträngen in Verbindung stehen, welche die Arme in ihrer ganzen Länge durchziehen. Diese Nervenstränge sind in der Vierzahl vorhanden. Das eine Paar liegt seitlich in dem äußeren Längsmuskelstamm eingelagert, das andre Paar verläuft jederseits in der Rinne, welche den inneren Längsmuskelstamm von den beiden inneren seitlichen scheidet. Es sind die von Guerin ent- deckten intramuskulären Ganglienleisten (cordons nerveux intramus- culaires, Fig. 9 GL), von denen allen Octopoden vier, den Decapoden sechs zukommen. Guerin konnte sie nur auf Schnittpräparaten auf- finden. Bei beiden von mir untersuchten Formen gelang es leicht, sie in ihrer ganzen Länge frei heraus zu präparieren. Ein eigentüm- liches Verhalten zeigen die inneren Paare dieser Ganglienleisten an der Armbasis, indem sie mit den beiden seitlichen Muskelbündeln des inneren Längsmuskelstammes nach außen umbiegen, sich gegen- seitig überkreuzen und sich schheßlich innerhalb des durch die Ver- flechtung dieser Längsmuskelstämme hervorgegangenen Muskelringes verzweigen. Ob sie gegenseitig in Verbindung miteinander treten, konnte ich wegen der äußersten Feinheit ihrer Zweige, die sich gegen die weißen Muskelfasern nicht abhoben, nicht feststellen. 11. Nervi antorbitales superiores. Als Nervi antorbitales superiores (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 n.antorb.sup.) möchte ich zwei Ner- ven bezeichnen, die dicht beieinander aus der Seitenfläche des Gang- lion brachiale, etwas nach hinten von der Ursprungsstelle des ersten Armnerven entspringen. Der hintere Nerv ist immer der stärkere von beiden. Er läuft unmittelbar vor dem AugengangUon seitwärts und gibt vor diesem einen, manchmal auch zwei Äste ab, die in der geräumigen Hirnhöhle schräg nach oben außen ziehen, die durch- scheinende Bindegewebshaut, welche die Hirnhöhle dorsal abgrenzt, durchbrechen und den mehr medianen Teil der darüberliegenden mus- kulösen »Kopf decke << innervieren. Der Nerv selbst läuft in der ein- geschlagenen Richtung vor dem Bündel der Retinanerven weiter und teilt sich in drei bis vier Äste auf, welche die erwähnte Bindegewebs- 458 Albin Ebersbach, haut durchdringen und sich in den seitUchen Partien der breiten muskulösen »Kopfdecke« auffasern. Nur ein Ast ist bis in die seit- lichen der zwischen den Augen darüber hinziehenden Stämme des M. 2iuchaHs zu verfolgen. Der schwächere, vordere N. antorbitalis superior zieht ebenfalls vor dem Augenganglion schräg nach oben außen, durchbricht in gleicher Weise die Eindegewebsmembran und innerviert die mehr median gelegenen Partien der muskulösen * Kopf- decke« und die beiden mittleren Stämme des M. nuchalis. Bei Stau- roteuthis fand ich rechts drei, links vier entsprechende Nerven. In ihrem Verbreitungsgebiet stimmen die Nn. antorbitales supe- riores vollkommen mit denen der von Pfefferkorn untersuchten Formen überein, nur entspringen sie dort unmittelbar aus dem ersten Armnerven. — Bei Opisthoteuthis möchte ich die Homologa dieser Nerven unter den Nn. interbrachiales der ersten und zweiten Arm- nerven suchen. 12. Nervi antorbitales inferiores. Die unteren Antorbital- nerven (Taf. IX, Fig. 6 n.antorh.inf.) werden bei Cirroteuthis um- bellata durch drei Nervenstämme dargestellt. Zwei davon entspringen an der Basis des dritten, bzw. des vierten Armnerven, der dritte stärkste aber nimmt weiter oben, ziemUch an der Grenze des Armganghons gegen das Ganglion pedale seinen Ursprung. Dieser etwas abgeplattete Nerv läuft nach unten außen an der Vorderwand der Statocysten- kapseln entlang zu dem Muskel, der jenen vorn anliegt, sich aber an der Ansatzstelle des Orbitalknorpels mit breiter Basis ablöst und zur Basis des dritten Armes zieht. Er wurde schon mehrfach erwähnt. An diesen Muskel gibt der Nerv einige feine Zweige ab, biegt nun ventral wärts um und spaltet sich in mehrere Zweige auf, welche alle den dünnen seitlichen Stamm des M. nuchahs innervieren, der von der Flanke der Mantelmuskulatur seitUch an der Statocysten- kapsel vorüber, also unterm Augenbulbus hinweg, zur Basis des zweiten Armes zieht. Der eben beschriebene Nerv ist mit dem N. inferior von Opisthoteuthis homolog. Der an der Basis des dritten Armnerven entspringende, ziemlich schwache Antorbitalnerv zieht ebenfalls nach unten außen über die Vorderwand der Statocystenkapsel hinweg und innerviert das schmale Muskelband, das den Orbitalknorpel in seiner vorderen, der Stato- cyste genäherten Partie mit der Basis des dritten Armes ver- bindet. Der dritte untere Antorbitalnerv endUch ist mcht immer nach- weisbar. Er zieht ebenfalls von der Statocystenkapsel ventralwärts Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 459 und dringt in den Stamm des M. depressor infundibuli ein, noch be- vor er an der Basis des vierten Armpaares ansetzt. Diese beiden letzteren Nerven erwähnt Meyer bei Opisthoteuthis nicht. Pfefferkorn hat bei allen seinen Formen nur einen, aller- dings typischen Antorbitalnerven auffinden können, der an der Basis des dritten und vierten Armnerven entspringt. Ich glaube jedoch, daß die von ihm als Nervi interbrachiales beschriebenen Nerven mit unter meinen unteren Antorbitalnerven ihre Homologa finden. Bei Stauroteuthis entspringt unmittelbar an der Basis des vierten Arnmerven ein schwacher unterer Antorbitalnerv, der an der Vorder- wand der Statocystenkapsel, seitlich vom N. infundibuli anterior, ventralwärts verläuft und mit seinen beiden Zweigen den Stamm des M. depressor infundibuli innerviert, kurz bevor dieser an der Basis des vierten Armpaares ansetzt. Ferner verlassen kurz hinter der Ursprungsstelle des dritten Arm- nerven zwei kräftige Nerven das Hirn. Der eine von ihnen zieht eben- falls dicht an der Vorderwand der Statocystenkapsel nach unten seit- wärts und fasert sich mit allen seinen Ästen in dem Muskel auf, welcher seitlich an der Statocystenkapsel entspringt, über deren Unterseite schräg nach vorn zieht und mit dem Stamm des M. depressor infundibuli gemeinsam an der Basis des vierten Armpaares ansetzt. Der zweite Nerv zieht an der Vorderseite der Statocystenkapsel fast rein seitwärts und teilt sich in dem Muskel auf, der mit dem vorigen zusammen entspringt, aber zur Basis des dritten Armpaares zieht. d. Nerven des Ganglion viscerale. 13. Nervus oculomotorius superior posterior. Dieser Nerv (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 n.oculom.sup.'post.) entspringt oben aus der sanft aufgerichteten Seitenwand des Visceralganglions, in dem Winkel, den dieses mit der breiten Commissura lateralis posterior bildet, dicht unter dem N. ophthalmicus superior posterior und vor dem Mantel- nerven. Er gleicht hierin somit völlig dem N. oculomotorius superior posterior von Opisthoteuthis. Mit diesem stimmt er bei Cirroteuthis umbellata auch insofern überein, als er mit dem N. capsulae hepa- ticae, wie ich den dem N. posterior von Opisthoteuthis entsprechen- den Nerven bezeichnen mll, gemeinsam entspringt und sich von ihm erst beim Kreuzen mit der Vena ophthalmica abzweigt. Bei Stauroteuthis entspringen beide obengenannten Nerven ge- trennt, aber dicht nebeneinander. Der N. oculomotorius zieht mit dem N. ophthalmicus superior posterior gemeinsam hinter dem Augen- 460 Albin Ebersbach, ganglion seitwärts, tritt durch das weite Foramen in die Orbita ein und zweigt sich mit zwei bis drei Asten in den Muskelzügen auf, welche von der Innenseite des hinteren Teiles des Orbitalknorpels nach oben außen zum Bulbus ziehen. 14. Nervus capsulae hepaticae. Dieser Nerv (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 n.caps.hep.) zieht innerhalb der Kopfhöhle vor dem Mantel- nerven in der Kopfhöhle schräg nach hinten außen und ein wenig nach oben, durchbricht unter dem seithchen der zwischen den Augen verlaufenden Stämme des M. nuchalis die dünne Bindegewebsmem- bran, welche die Kopfhöhle nach oben abschUeßt, und erreicht die dorsale Partie der muskulösen Leberkapsel gerade unter dem vorderen Rande der Mantelmuskulatur. Numnehr splittert sich der Nerv in vier bis sechs Zweige auf, welche nach hinten verlaufen und bald in die Muskulatur des dorsalen Teiles der Leberkapsel eindringen. Fasern an die seithchen Nuchalisstämme, wie sie Meyer für Opisthotevthis nachgewiesen hat, habe ich nicht auffinden können. 15. Nervus pallialis. Die beiden außerordentlich kräftigen, den Nn. brachiales an Stärke kaum nachstehenden Mantelnerven (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 n.pall.) entspringen wie bei den übrigen Octo- poden vom oberen Seitenrande des Visceralganglions, nur wenig hinter der mächtigen Commissura lateralis posterior. Sie haben runden bis elliptischen Querschnitt und ziehen beiderseits des Oesophagus schräg nach hinten außen über die mächtige Statocystenkapsel hinweg, bis sie die Leber erreichen, die ja umnittelbar an diese Knorpelkapseln anstößt. Noch während dieses Verlaufes geben die Mantelnerven als schwachen Ast den N. accessorius palhahs ab. An der Leber an- gekommen, biegen sie seitwärts ab und laufen nun am Vorderrande und später an der Seitenfläche dieser Drüse, der Innenfläche der mus- kulösen Leberkapsel eng angeschmiegt, schräg nach hinten außen, durchbrechen hinter der dorsalen Mantelhöhle die Leberkapsel und treten auf die seithche Mantelmuskulatur über, auf der sie sich in zwei etwa gleichstarke Stämme spalten. Nur der äußere, mehr ventrale von beiden Stämmen tritt in das Ganglion ein, der innere zieht am dorsalen Rande des Ganghons völlig frei nach hinten und steht mit ihm bei beiden von mir untersuchten Formen nur noch, ähnhch wie bei Ommatostrephes unter den Oegopsiden, durch einen zweiten Schenkel in Verbindung. Das gleiche Verhalten trifft nach Reinhardt und Frosch (Taf. V, Fig. 2) auch für Cirroteuthis MüUeri zu, während bei Opisthoteuthis wie bei allen Octopoden der zweite Schenkel fehlt. Zur Anatomie von Cirrotcuthis iinibcUata und Fischer Stauroteuthis sp. 461 n pal Lex h npallint- y-g.stell. Das Ganglion stellatuni (Textfig. 25) liegt unmittelbar unter der Haut in dem Winkel, den die Mantel muskulatur und die Leberkapsel miteinander bilden, kurz vor den Enden der Flossenstütze. Seine Gestalt ist in allen Fällen die eines Rechteckes, dessen längere Seiten in der Richtung des Mantelnerven gelegen sind. Von seinen freien Rändern strahlen nach allen Seiten sternförmig zahlreiche Nerven aus; bei Stauroteuthis auffallend wenige an dem hinteren Rande des Ganglions. Die Nerven dringen bald in die Mantelmuskulatur ein, in der sie zum Teil auf der äußeren Längsmuskelscliicht, zum Teil zwischen den Radiärfasern auf der inneren Ringmuskelschicht in oft eigentümUch geschlängeltem Verlaufe verstreichen und sich sehr weit verfolgen lassen, so die hintersten bis ziemhch zum hin- teren Körperpole. Anastomosen gehen sie nicht miteinander ein. Ebenso habe ich nie eineCommis- sur zwischen den beiden Stern- gangUen finden können, wie auch Pfefferkorn dieselbe für die von ihm untersuchten Formen in Abrede stellt. Der innere, am Sterngan- gHon vorüberziehende Stamm des Pallialnerven (N. pallialis in- ternus) steht ausschließlich im Dienste der Innervierung der Flosse. Er spaltet sich in der Höhe des Hinterrandes des Gan- glions in mehrere Äste auf, die sich bald weiter verzweigen und von vorn an die Basis der Flosse herantreten. Im Gegensatz zu Opistho- teuthis treten die Nerven, die vom SterngangUon kommen, nie in die Flossenmuskulatur ein. Durch die Abspaltung des N. pallialis internus zeigt der Mantel- nerv der Cirroteuthiden ähnliche Verhältnisse wie bei Sepia, wo auch der innere Ast im Dienste der Flosseninnervierung steht. 16. Nervus accessorius pallialis. Als Nervus accessorius palUaUs (Taf. IX, Fig. 5 n.acc.pall.) möchte ich einen schwachen Nerven bezeichnen, der sich vom Mantelnerven bei dessen Übertritt auf die Leber loslöst, innerhalb der Leberkapsel seitwärts zieht, ihre Muskelwandung durchbricht und sich auf der hinter den Augen Textfig. 25. Rechtes Sternganglion von Stauroteuthis sp. 462 Albin Ebersbach, gelegenen Mantelmuskulatur aufzweigt. Er ist unzweifelhaft dem N". collaris der andern Octopoden homolog. Da er aber nicht selbständig aus dem Gehirn entspringt, sondern erst sehr spät sich vom Mantel- nerven abzweigt und namentlich nicht den Kragenmuskel innerviert, denn ein solcher ist bei den von mir untersuchten Formen in der ganzen dorsalen und seitlichen Partie nicht ausgebildet, möchte ich die von den früheren Autoren, so auch von Meyer angewandte Be- zeichnung beibehalten. 17. Nervus visceralis. Wie schon bei der Beschreibung des centralen Nervensystems hervorgehoben wurde, zieht sich das Vis- ceralganglion an seinem hinteren unteren Ende, ähnhch wie bei Eledonella und Opisthoteuthis, in einen kräftigen, den Armnerven an Stärke keineswegs nachstehenden Nervenstamm aus, der bei Stau- roteuthis sehr kurz, bei Cirroteuthis umhellata aber ungewöhnhch lang ist und einen rundUchen bis kurz elHptischen Querschnitt hat. Er entpuppt sich bei beiden Formen als gemeinsame Wurzel der Vis- ceralnerven, der hinteren Trichternerven und der Nerven der Kopfvene. Die Visceralnerven sind die stärksten von allen. Sie zweigen sich bei Stauroteuthis mit den übrigen Nerven fast gleichzeitig von dem Wurzelstamm ab, und zwar so, daß sie zwischen sich die Nerven der Kopfvene einschieben, seitlich von ihnen aber die hinteren Trichter- nerven gelegen sind. Sämthche Nerven ziehen nun parallel dicht nebeneinander in der Mediane an der Hinterwand der Statocysten- kapsel hinab, etwa bis zu deren Mitte. Bei Cirroteuthis umhellata zweigen sie sich von dem gemeinsamen Nervenstamm erst ab, nach- dem dieser die Mitte der hinteren Statocystenwand bereits erreicht hat, und zwar in der gleichen seithchen Anordnung zu den Nn. infun- dibuli posteriores und dem N. venae cavae. In den Grundzügen stimmen die Eingew^eidenerven (Textfig. 26 n. visc.) mit denen der Octopoden überein, immerhin zeigen sie einige bemerkenswerte Eigenheiten, die eine eingehendere Darstellung dieses reichverzweigten Systems wohl rechtfertigen. Meiner Darstellung lege ich hauptsächlich die Befunde an Stauroteuthis zu Grunde, da ich bei der Präparation dieses Tieres meine Aufmerksamkeit nicht in dem hohen Maße wie bei Cirroteuthis umhellata auch auf die andern Organsysteme zu richten brauchte, und ich infolgedessen vollstän- diger berichten kann. Während ihres bogenförmigen Verlaufes an der Hinterwand des Statocystenknorpels sind die Visceralnerven völüg unverzweigt. Erst nachdem sie die ventrale, an den Statocystenkapseln ansetzende Mus- Zur Anatomie von Cirroteuthis umbcUata Fischer und Stauroteuthis sp. 463 kelscliicht der Leberkapsel durchbrochen und die mächtige Kopfvene erreicht haben, geben sie einige, wenn auch nur sehr feine Zweige an eben dieses Gefäß ab, dem sie sich eng anschließen. Sie biegen dann nach hinten um und begleiten die Vene, sich immer seitlich von ihr haltend, bis zu den vorderen Abteilungen der Nierensäcke. Aller- dings wird dabei der eine der beiden Nerven, bei Cirroteuthis umbel- 77 /e/7 cat^ n. \f'isc n. inFund post. nv.ceph -n.depr inFund, -n.m. add-pall. med. cg. bfanch. n.cordbranch, g.cdrdbran Pdr- cbranch: c.branch. ren. n.saccren nsaccren. '■ cvisc. \ ngonod'- nsacc.ren. ren. gl.acc.pen. ngonod. Textfig. 26. VIsceralnervRn von Stauroteuthis sp. Ventralansicht. lata der rechte, bei Stauroteuthis der linke, durch den Enddarni von der Vene abgedrängt und gibt infolgedessen auch keine Zweige weiter- lün an dieses Gefäß ab, während der andre noch ab und zu einige feine Fasern an dasselbe entsendet. Dabei werden die Nerven nur von den nach vorn in die Leberkapsel und in die dorsale Trichterwandung einstrahlenden Zügen des M. adductor pallii medianus überdeckt, an den sie etwa in der Höhe des Afters einen ansehnhchen, sich reich 464 Albin Ebersbach, verzweigenden Nerven abgeben (N. adductoris pallii median!) . Kurz vor dem Ursprung dieses Nerven zweigt sich ein andrer, nicht minder kräftiger Nerv ab, der in fast rein seithchem Verlauf zu dem in der Bildung der ventralen Partie der muskulösen Leberkapsel fast völlig aufgegangenen M. depressor infundibuli zieht und sich in ihm auf- zweigt. Dieser N. depressoris infundibuli kommt in gleicher Weise den Octopodiden als auch Ärgonauta zu. An der Innervierung des Enddarmes beteiligen sich beide Vis- ceralnerven außer durch einen belanglosen feinen Zweig des rechten Nerven durch je einen auffallend starken Ast, von denen der eine die Kopfvene dorsal kreuzt und dann, wie auch sein Partner, auf die Rückenseite des Enddarmes übertritt. Eigentümhcherweise vereinigen sich bei Stauroteuthis beide Nerven, nachdem sie zuvor schon eimge feine Fasern an den Enddarm abgegeben haben, zwischen Enddarm und dem membranösen Teil des Diaphragmas, ein wenig ventral vom Ganghon gastricum, so daß eine recht ansehnliche Nervenbrücke zwischen den beiden Eingeweidenerven zustande kommt. Ich halte diese Vereinigung, da sie sich bei Cirroteuthis umhellata nicht findet, für rein zufälhg. Jedenfalls aber ist sie schon ihrer Lage wegen kaum als vordere Viscerahscommissur anzusprechen, wie sie Cheron (1866, S. 25) für Eledone beschreibt. Eine derartige Commissur, welche der Commissura viscerahs anterior der Oegopsiden homolog zu setzen wäre, ist überdies nach den Untersuchungen Pfefferkorns bei den Octopoden überhaupt nicht ausgebildet. Der aus der Vereinigung hervorgehende N. recti verstreicht in geschlängeltem Verlaufe auf der der Leber zugekehrten Seite des Enddarms, geht aber, und das hervorzuheben scheint mir von Wichtigkeit, trotz seiner Nachbar- schaft zum Ganglion gastricum keinerlei Anastomose mit den bei Stauroteuthis reichlich von diesem Ganghon an das Rectum abgehen- den Nerven ein. Eine Verbindung zwischen dem Magenganghon und den Eingeweidenerven, wie sie bei den Oegopsiden durch che Com- missura viscero-gastrica gegeben ist, findet sich also nicht. Beim Übertritt auf die Ventralseite der vorderen Harnsackab- teilungen geben beide Eingeweidenerven seitwärts einen oder zwei kräftige Nerven an die von Cuvier als Diaphragma bezeichnete Muskelschicht ab. Ich bezeichne sie im Anschluß an Pfefferkorn als Nn. abdominales, indem ich dabei bemerke, daß die gleichnamigen, von Pfefferkorn zuerst aufgefundenen Nerven der Octopodiden etwas weiter vorn als bei Cirroteuthis umhellata und bei Stauroteuthis entspringen. Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 465 Wir sind nun niit unsrer Untersuchung an der Stelle angekom- men, wo bei den Octopodiden der N. visceralis zu einem mehr oder minder deutlich ausgebildeten Ganglion anschwillt, . dem Ganglion cardiacum (Ganghon fusiforme Cheron), das, me schon sein Name sagt, in inniger Beziehung zur Innervierung des Herzens, ferner aber auch der Harnsäcke und des Geschlechtsapparates steht. Weder bei Cirroteuthis umbellata noch bei Stauroteuthis konnte ich makroskopisch irgendeine gangUonäre Anschwellung erkennen, und auch Meyer er- wähnt dieses Ganghon nicht für Opisthoteuthis. Dagegen konnte ich bei beiden von mir untersuchten Formen an dieser Stelle von den Eingeweidenerven sowohl mehrere Aste an die Nierensäcke und an den Gonoduct, als auch je einen feinen Herznerven abgehen sehen. Eine beide Gangha cardiaca verbindende Commissura viscerahs, welche der hinteren Visceraliscommissur der Decapoden homolog zu setzen ist, konnte ich in kräftiger Ausbildung nur für Stauroteuthis feststellen. Bei Cirroteuthis umbellata konnte ich wegen der verwickelten Ver- hältnisse und der vielen feinen Blutgefäße zu keinem bestimmten Ergebnis gelangen. Die feinen Nerven an die Nierensäcke wechseln an Zahl und sind sehr unregelmäßig angeordnet. Ich bezeichne sie als Nn. sacc. ren. Die Herznerven (Nn. cordis) verstreichen an der Harnsackwandung, bis sie die Kiemenvenen erreichen, auf denen ent- lang sie dann zum Herzen ziehen. Die zum Teil recht kräftigen Ner- ven an den Geschlechtsapparat (Nn. gonoducales) zweigen sich eben- falls erst von der Viscerahscommissur ab, die sich der Dorsalseite der beiden mächtigen Anhangsdrüsen des Penis dicht anlegt. Nach Abgabe dieser zahlreichen Nerven ziehen die Nn. viscerales unter mannigfacher Schleifenbildung, dicht der ventralen Wandung der vorderen Abteilung des Nierensackes angeschmiegt, schräg nach hinten außen, werden dabei bauchwärts von dem bei Stauroteuthis lang trichterförmig ausgezogenen Teil des Nierensackes, der die Ureterpapille trägt, überkreuzt und erreichen schheßhch die Nische zwischen Kiemenherz und Pericardialdrüse, wo ihnen das stecknadelkopfförmig gestaltete, bekannte Kiemenherzganghon (Gan- ghon cardiobranchiale) ansitzt. Dieses Ganghon gibt regelmäßig an das Kiemenherz einen, auch mehrere Nerven (N. cordis bran- chiahs) und ferner feine Fasern an die Pericardialdrüse und den KROHNschen Wasserkanal ab. Bei Stauroteuthis fanden sich beiderseits außerdem einige feine Nerven an die Harnsäcke. Wie sich Cirroteuthis umbellata hierin verhält, kann ich weiter nicht angeben. Vom Kiemenherzsanghon wendet sich der Eingeweidenerv als 466 Albin Ebersbach, eigentlicher Kiemennerv (N. branchialis) etwas vor und über der Kie- menarterie wieder schräg nach vorn außen zur Kiemenmilz, schwillt an ihrer Basis zu einem kleinen Ganglion an, von dem aus er sich in zwei Äste gabelt. Diese Äste verlaufen innerhalb des die Kiemen- milz bergenden Muskelbandes und schwellen in regelmäßigen Abstän- den, entsprechend der Anordnung der Kiemenblättchen, zu kleinen Ganglien an (Gangha branchialia), von denen aus die Nerven für die Kiemenblättchen und die Kiemenmilz abgehen. Untereinander sind die GangHen bei beiden Formen durch feine, aber deutlich zu er- kennende Commissuren verbunden (Commissurae branchiales). Opistho- teuthis verhält sich in der Gabelung des Kiemennerven in zwei gangUentragende Äste ganz entsprechend. Meyer erwähnt zwar die die einzelnen Ganglien verbindenden Commissuren nicht, jedoch glaube ich ihr Vorhandensein mit Recht annehmen zu können. Eine der- artige Gabelung des Kiemennerven ist, wie auch Pfefferkorn her- vorhebt, sonst noch nirgends beobachtet worden. Sie ist also ein Charakteristikum der Cirroteuthiden. 18. Nervus infundibuli posterior. Die hinteren . Trichter- nerven (Textfig. 26 u. Taf. IX, Fig. 6 n.infund.post.) sind die schwäch- sten der von dem gemeinsamen Visceralisstamm abzweigenden Ner- ven. Sie verlaufen ebenfalls an der Hinterwand der Statocystenkapsel schräg seitlich nach unten, durchbrechen die Leberkapsel und schwellen bei Cirroteuthis umbellafa, kurz bevor sie die Trichterbasis erreichen, zu einem kleinen, spindelförmigen Ganglion an, das sich durch seine gelbe Farbe deutlich von dem weißen Nerven abhebt. Meines Wissens ist eine ganglionäre Anschwellung dieser Nerven noch nicht be- schrieben. Stauroteuthis und Opisthoteuthis zeigen sie nicht. Nach kurzem, fast rein seitlichem Verlauf treten die Nerven an die seit- Hchen Teile der Trichterbasis heran, in der Nähe der Ansatzstelle des M. collaris, und fasern sich in der Muskulatur auf. Sie zeigen im wesentlichen volle Übereinstimmung mit den gleichnamigen Nerven von Opisthoteuthis und der übrigen Octopoden. 19. Nervus venae cavae. Nach der von mir bei der Schilde- rung des Blutgefäßsystems im Anschluß an Grimpe angewandten Nomenclatur wären diese Nerven als Nn. venae cephalicae zu be- nennen, da sie die Innervierung der mächtigen Kopfvene übernehmen. Um aber im Einklang auch mit den neueren Nervenarbeiten bleiben zu können, möchte ich die in der Literatur eingebürgerte Bezeich- nung N. venae cavae beibehalten. Das Nervenpaar entspringt mit gemeinsamer Wurzel als mittelster der aus dem Nervenstamm, in Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 467 den sich das Visceralganglion auszieht, hervorgehenden Nerven, läuft in der Mediane an der Hinterwand der Statocystenkapsel hinab, durch- bricht die an letzterer ansetzende Leberkapsel, um nach hinten um- zubiegen und nach nur kurzem Verlaufe an der Außenseite der Leber- kapsel an die Vena cephalica heranzutreten. Dies geschieht kurz vor dem After. Auf der Kopfvene teilt sich der Nerv in mehrere Äste, die reichlich miteinander anastomosieren, so daß ein förmlicher Ner- venplexus entsteht, der allerdings nur in geringer Ausdehnung zu verfolgen ist. Bei Cirroteuthis umbellata gibt der Nerv noch während seines Verlaufes an der Statocystenkapsel beiderseits einen schwachen Zweig ab, der erst etwas hinter dem Hauptnerv an die Kopfvene herantritt. In dem unpaaren Ursprung dieses Nerven stimmt Cirroteuthis umbellata und Stauroteuthis mit Opisthoteuthis überein, ferner auch darin, daß der Nerv zwischen den beiden Visceralnerven und nicht z\\-ischen dem Visceralnerven und dem hinteren Trichternerven ent- springt, \xie dies bei den Octopodiden der Fall ist. Ein N. venae cavae anterior, den Pfefferkorn für die Octo- podiden und Argonauta beschreibt, ist bei Cirroteuthis umbellata und Stauroteuthis nicht ausgebildet. e. Nerven des Ganglion buccale superius. 20. Nervi labiales. Die Lippennerven (Taf. IX, Fig. 5 u. 6 n.lab.) entspringen in asymmetrischer Anordnung vom Vorderrande des mit dem Cerebralganglion verschmolzenen oberen Öchlundgang- hons. Wie auch aus den Untersuchungen Pfefferkorns hervor- geht, schwanken sie stark an Zahl. Bei Cirroteuthis umbellata habe ich 13, bei Stauroteuthis 11 zählen können. Nach Eeinhardt und Prosch besitzt Cirroteuthis Mülleri deren nur acht, Meyer gibt für Opisthoteuthis sogar nur sechs an. Es sind rundUche, verschieden stark ausgebildete Nerven. Sie ziehen, sich kaum verzweigend, über die Dorsalseite und die Flanken des Schlundkopfes nach vorn und sind während ihres ganzen Verlaufes in loses, durch reichhche Pig- menteinlagerung purpurn gefärbtes Bindegewebe eingebettet, das den Raum z^^^schen Schlundkopf und dem diesen ringförmig umfassenden membranösen Kanal der Armbasis erfüllt. Alle Nerven dringen mit ihren Endigungen in die den Kiefern unmittelbar aufliegenden Lippen ein, nur einige von ihnen geben Zweige an die Muskulatur des Pharynx ab. 468 Albin Ebersbach, f. Nerven der Ganglia buccalia inferiora. 21. Nervus mandibular is. Als kräftigster vom unteren Schlundganglion abgehender Nerv ist der N. mandibularis^Taf. VIII, Fig. 2, 3 n.mand.) zu nennen. Er zweigt sich mit breiter Basis ziem- lich mitten auf der Unterseite des Ganglions ab, gerade nach vorn von der Einmündungsstelle der Commissura buccalis superior inferior. Er läuft ventral über die vordere Partie des Ganglions und über die hintere und untere Seite des Schlundkopfes hinweg, um dann seit- lich des Ausführganges der hinteren Speicheldrüse in die Muskulatur des Unterkiefers einzudringen. Hier teilt er sich bei Cirroteuthis um- hellata in zwei gleich starke Aste auf. Bei Stauroteuthis verteilt er sich schon während seines Verlaufes über die dem Schlundkopf hinten anliegenden Speicheldrüsen in zwei bis drei Äste. Sie verzweigen sich in der Unterkiefermuskulatur. Nur je einer dringt bei beiden Formen tiefer in den Schlundkopf ein, zieht innerhalb der der Unterkiefer- drüse hinten anhegenden Muskulatur auf den Ausführgang der hin- teren Speicheldrüsen zu und läuft diesem von nun an parallel in das vor der Zunge gelegene Subradularorgan. Hier schwillt er zu dem kleinen, einem Weizenkorn ähnhchen, Ganglion subradulare (Text- fig. 13 g.suhrad.) an. Dieses Ganglion liegt also in der Muskulatur des Subradularorgans, nur in geringer Entfernung von der vor ihm liegenden Unterkieferdrüse eingebettet. Kurz nach Verlassen des Ganglions teilt sich der Nerv in mehrere feine Zweige, die radiär auseinanderstrahlen und zur Oberfläche des Subradularorgans laufen, das somit infolge dieser zahlreichen Nervenendigungen zu einem offenbar sehr sensiblen Organ wird. Zweige an die Unterkiefer- drüse konnte ich bei der Kleinheit des Objektes zwar nicht nach- weisen, doch glaube ich, daß die Drüse von hier aus innerviert wird, da nach den Untersuchungen Pfefferkorns aus den Subradular- ganglien Äste in die Drüsensubstanz selbst eintreten. Wie Pfefferkorn nachgewiesen hat, werden von den Mandibular- nerven aus auch die hinteren Speicheldrüsen versorgt, indem während des Verlaufes der Nerven entlang dem Ausführuugsgang dieser Drüsen Äste an diesen herantreten und auf ihn bis in die Drüsensubstanz zu verfolgen sind. Ich halte eine Innervierung der hinteren Speichel- drüse von den Mandibularnerven aus bei Cirroteuthis umbellata auch für wahrscheinlich, konnte jedoch ebenfalls wegen der Kleinheit des Objektes zu keinem bestimmten Ergebnis gelangen. Schheßhch möchte ich noch einige Worte über den Ursprung Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 4G9 des Mandibularnerven sagen. Pfefferkorn fand diesen Nerv von Octopus und Eledone regelmäßig als vom oberen Schlundganglion gemeinsam mit der Commissura buccalis superior inferior abgehend, von der er sich bald trennt, um als selbständiger Nerv frei am unteren Schlundganghon vorüberzuziehen. Mit dem unteren Schlundganglion steht er nur durch den Ramus communicans in Verbindung. Der Nerv enthält also nach Empfang dieses Verbindungszweiges Fasern aus dem oberen, wie aus dem unteren Schlundganglion. Bei Cirro- teuthis umbellata konnte ich nun leicht nachweisen, daß die Fasern der Commissur nur zum Teil in das Ganglion einstrahlen, zum andern Teil aber unter der das Ganglion umhüllenden Nervenscheide ver- streichen und unmittelbar in den Mandibularnerven übertreten. Sie ließen sich mit der Nadel künstUch vom GangUon abheben, so daß sie an dem einen Ende nur noch mit der Commissur, am andern mit dem Nerven zusammenhingen. Mithin empfängt auch bei Cirroteuthis umbellata der Mandibular- nerv eine Wurzel aus dem oberen Schlundganglion, nur ist dieselbe während ihres ganzen Verlaufes mit der Commissura buccalis superior inferior verschmolzen. So erklärt sich auch das merkwürdige Ver- halten der Arteria buccalis von Stauroteuthis, welche scheinbar die ebengenannte Commissur durchbohrt, in Wirklichkeit aber nur zwi- schen der Commissur und der aus dem oberen Schlundganglion kom- menden Wurzel des Mandibularnerven quer hindurchzieht und so deren völhge Verschmelzung verhindert (Taf. VIII, Fig. 2). Bei Opisthoteuthis zweigt der N. mandibularis, als welcher offen- bar der in Textfig. 21 mit n. l. bezeichnete Nerv anzusprechen ist, sich ebenfalls erst vom unteren Schlundganghon ab. Es ist dies über- haupt das normale Verhalten, von dem nur Octopus und Eledone eine Ausnahme machen. 22. Nervus maxillaris. Der kurze, aber kräftige Oberkiefer- nerv (Taf. VIII, Fig. 2 u. 3 n.max.) entspringt vom seitlichen vorderen Rande des unteren Schlundganglions. Er läuft auf der Seitenfläche des Schlundkopfes schräg nach vorn oben und teilt sich bald in mehrere Äste auf, die alle in die Kiefermuskulatur eindringen. Schließlich sind noch einige vom Vorderrande jedes unteren SchlundgangUons abgehende Nerven zu nennen, die ich als Nervi pharyngei (Taf. VIII, Fig. 3 n.phar.) zusammenfassen will. Sie senken sich bald in den Schlundkopf ein. Ich habe sie aber nicht weiter verfolgt. 23. Nervi sympathici mit Ganglion gastricum. Diebeiden Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 31 470 Albin Ebersbach, sympathischen Nerven (Textfig. 27 u. Taf. "VT^II, Fig. 3 n.symp.) ent- springen an der Innenseite der paarigen Unterschlundganglien. Sie schmiegen sich sogleich nach ihrem Ursprmig der Ventralfläche des Oesophagus an, auf dem sie, in dem prächtig purpurn pigmentierten Bindegewebe versteckt, das in dicker Lage die Speiseröhre und die Magen umhüllt, hinab zum Magenganghon verlaufen. Beide Nerven sind durch ihre Neigung zur Plexusbildung ausgezeichnet, die sich ■rec/: - g.gastr. nn. rech, nn. duct. hep. du ct. hep. Textfig. 27. Magengaiiglioii (Ganglion gastricuiii) von C irrote iithis tmibellata mit ausstrahlenden Xerven. schon während ihres Verlaufes durch den ganglionären Schlundring in gelegentlichen Schleifenbildungen kundtut, zu schönster Entfal- tung aber erst auf dem hinter dem Kropf gelegenen Teil des Oeso- phagus gelangt, indem sich hier die Nerven reichhch in Stämme aufteilen und durch häufige Anastomosen ein enges Nervengeflecht liefern (Textfig. 27). Gegen die Magen zu vereinigt sich dieser Ner- venplexus wieder zu zwei kräftigen Stämmen, die von vorn an das Magenganghon herantreten. Zur Anatomie von Cirroteuthis uinbcllata Fischer und Stauroteuthis sp. 471 Das Ganglion gastricum liegt den Magen an ihrer der Leber zu- gekehrten Seite an und ist in die vom Hauptmagen, Mitteldarm und Nebenniagen gebildete dreickige Nische eingeklemmt. Es ist flach gedrückt und zeigt einen eiförmigen Umriß. Von ihm strahlen im ganzen Umkreis wie auch von der den Magen zugewendeten Flüche Nerven aus, die Magen und Enddarm innervieren. Zunächst sei dreier kräftiger Nerven Erwähnung getan, die als Nn. stomachi über den Muskelmagen an seiner der Leber zugewendeten Seite hinweggreifen und mit ihren Verzweigungen zum Teil seine gegenüberhegende Fläche erreichen. Der Drüsenmagen wird ebenfalls von drei Nerven, den Nn. stomachi coeci innerviert, von denen sich einer auf seiner Vorder- und Ventralseite aufteilt, die beiden andern aber zwschen Muskel- und Drüsenmagen hindurch zu seiner Dorsal- und Hinterfläche verstreichen. An das Rectum gehen bei Cirroteuthis umbellata zwei, bei Stauroteuthis drei Nerven ab (Nn. recti), von denen ich den stär- keren bis zum After verfolgen konnte. In der hinteren Kante des Magenganghons wurzeln die beiden ansehnhchen Nerven der den Mitteldarm umfassenden Lebergänge, die Nn. ductus hepatis. Nach ihrem Ursprung aus dem Ganglion laufen sie über den Drüsenmagen hinweg zu der gemeinsamen Ausmündungsstelle dieser Gänge, auf che sie dann übertreten und in deren Wandung zur Leber ziehen. Schheßhch sind noch einige feine, unregelmäßig angeordnete Ner- ven zu erwähnen, die in der Hauptsache den Mitteldarm innervieren. Die Nn. sympathici und das Ganghon gastricum zeigen also die gleiche Ausbildung \\äe bei den andern Octopoden. So wird bei Ele- done und Octopus für die sympathischen Nerven ebenfalls eine Ple- xusbildung am Oesophagus beschrieben, ebenso von Meyer für Opisthoteuthis. Sein Ganglion splanchnicum ist unserm Ganghon gastricum homolog. Die Sinnesorgane. Cirroteuthis umheUata wie Stauroteuthis zeigen jene aviffallende, für viele Tiefseeorganismen so charakteristische riesenhafte Vergröße- rung der Sinnesorgane. Namentlich haben che Augen, in dem Be- streben, möglichst alle, wenn auch noch so geringen Spuren von Licht aufzufangen und für eine Wahrnehmung nutzbar zu machen, geradezu enorme Dimensionen angenommen. Sie machen beide zusammen fast ein Drittel des Körpers aus. Ebenso sind die statischen Organe bei- nahe monströs entwickelt. Sie übertreffen die Gleichge\\ächtsorgane von Oberflächenformen um das Drei- bis Vierfache. 31* 472 Albin Ebersbach, Die Geruchsorgane. Die Geruchsorgane, denen als Organen eines chemischen Sinnes, analog den Osphradien der übrigen Mollus- ken, die Prüfung des Atemwassers obUegt, zeigen bei Cirroteuthis um- bellata und noch mehr bei Stauroteuthis eine verstecktere Lage als bei den Octopoden. Sie hegen völlig innerhalb der Atemhöhle zu beiden Seiten der Trichterbasis, kurz vor den Kiemen, und sind von außen nur bei gewaltsamer Erweiterung der Mantelöffnung sichtbar. Schon JouBiN hat sie bei Cirroteuthis umbellata gesehen, wenn ihm auch ihre Bedeutung unbekannt bheb. Er schreibt: »Des deux-cotes du siphon, sur le bord palleal, sont deux petits tubercules jaunätres dont je ne connais d'analogue chez aucun autre cephalopode <<. Auch bei den von mir untersuchten Exemplaren zeigten sie eine gelbliche Färbung und hoben sich durch ihre geringere Durchsichtigkeit von der umgebenden Haut als sanfte Erhebungen von etwa ovalem Um- riß deutlich ab. Sie sind also, im Gegensatz zu Octopus und Eledone, bei denen sie taschenförmig gestaltet, eher nach dem papillenförmigen Typus gebaut. Ihr Epithel setzt sich aus Sinneszellen, die in neuerer Zeit Watkinson bei zahlreichen Dibranchiaten eingehend unter- sucht hat, und dazwischen eingestreuten Wimperzellen zusammen. Unter dem Sinnesepithel zeigt der N. olfactorius eine leichte Ver- dickung. Die statischen Organe. Die beiden statischen Organe von Cirroteuthis und Stauroteuthis fallen sowohl durch ihre riesenhafte Größe als auch durch Eigenheiten in ihrem Bau gegenüber denen der Octopoden auf. Als äußerst zarte und gegen Druck ungemein empfind- hche Gebilde sind sie von mächtigen Knorpelkapseln von kugel- bis eiförmiger Gestalt umschlossen, che mit ihrem breiteren, also flacher gewölbten Pole in der Mediane zusammenstoßen, so daß ihre Lumina nur durch eine dünne Knorpelwand voneinander geschieden sind. Die Länge der Kapsel beträgt bei Stauroteuthis 15 mm, die Breite beider zusammen 30 mm. Bei Cirroteuthis umbellata sind die Größen- verhältnisse ganz entsprechend: Länge 1 cm. Breite beider zu- sammen 2 — 3 mm. Sie nehmen also einen beträchtlichen Teil des Kopfes ein. In voller Übereinstimmung nüt den Octopoden ist die Statocyste nur lose in ihrer Knorpelkapsel aufgehängt, da sie nur an der Stelle des Nerveneintrittes mit ihr fest verwachsen ist, sonst aber durch den perilymphatischen Raum (Textfig. 28 u. Taf. IX, Fig. 6 p.) von ihr getrennt ist und nur durch zarte Bindegewebsstränge, die zwischen der Knorpclwand und der Statocystenblase ausgespannt sind, in ihrer Zur Anatomie von Cirroteuthis uinbellata Fischer und Stauroteuthis sp. 473 Lage gehalten wird. Ihre dünne, bindegewebige Wand ist innen mit einem niedrigen Epithel ausgekleidet und unischUeßt den sog. endo- lymphatischen Raum (c. end.). öffnet man die Blase, so fallen bei Cirroteuthis umbeUata schon bei Betrachtung mit bloßem Auge zahl- reiche vorspringende Zapfen {Za) auf, die bisher als ein scharfes Erkennungsmerkmal für die Statocyste der Decapoden galten, gegen- über dem bindegewebigen Wulste der Octopoden. Jede Statocyste besitzt in gleicher Anordnung und Ausbildung sechs solcher Zapfen, deren Lage zum größten Teile aus Taf. IX, Fig. 6 zu ersehen ist. Zwei davon, die sich auf gemeinsamer Basis (Bd.w.) erheben, stehen insofern in naher Beziehung zur Crista, als diese dicht hinter ihnen beginnen und ihr Nerv z'^äschen ihnen hindurchzieht. Sonst aber Textfig. 28. Statocysten von Stauroteiithis sp. läßt sich zwischen Crista und Zapfen keinerlei Beziehung, wie sie ja bei den Decapoden ausgeprägt ist, erkennen. Die Ausbildung der Zapfen bei Cirroteuthis umbeUata ist um so merkwürdiger, als diese bei Stauroteiithis völlig fehlen. Hier findet sich nur, in Übereinstim- mung mit den Octopoden, ein bindegewebiger Wulst, der seiner Lage nach genau den beiden, auf gemeinsamer Basis sich erhebenden Zapfen an dem einen Ende der Crista von Cirroteuthis umbeUata entspricht. Die epitheUale Auskleidung der Statocyste erhebt sich an be- stimmten Stellen zu den reizpercipierenden Organen, der Macula sta- tica und der Crista statica. Die Macula statica (Textfig. 28 u. Taf. IX, Yig. Q mac.stat.) nimmt die gewöhnliche Lage in der Wölbung der vorderen zur unteren und medianen Statocystenwand ein. Sie hat 474 Albin Ebersbach, nierenförmige Umrisse und hebt sich durch ihre weißgelbliche Fär- bung deutüch ab. Ihr liegt der Statolith auf, der von ihr gebildet wird und infolgedessen ihren Umriß wiederholt. Unter ihr ist die Bindegewebswand, in der auch der N. maculae staticae verstreicht, etwas verdickt. Der Nerv ist bis in die Mitte der Macula zu verfolgen, dann erst strahlen seine Fasern radiär aus. — Die Crista statica (Text- fig. 28 u. Taf. IX, Fig. 6 crist.stat.) springt leistenartig ins Innere vor und zieht in hufeisenförmiger Krümmung von der hinteren Wand der Statocyste über die seitliche und vordere Wand hinweg, wo sie in der Nähe der Macula endet. Über ihre, besondere Eigenheiten aufweisende Innervierung habe ich in dem Kapitel über das Nerven- system berichtet. — Dicht über der Crista mündet an der vorderen, bei Stauroteuthis an der seitlichen Wand der Statocyste auf einer klei- nen Erhebung der von Kölliker an Lohgoembryonen entdeckte und nach ihm benannte Fhmmergang (Textfig. 28 u. Taf. IX, Fig. 6 Köll.g.) ein. Er zeigt eine leichte S-förmige Krümmung. In seinem vorderen Teile ist er weit und, wie auch die wallartig seine Mündung umgren- zende Erhebung, von hohen, mit ungewöhnlich langen Wimpern aus- gestatteten Cylinderzellen aufgebaut. In seinem hinteren engeren Teil, der sich in spitzem Winkel unter die Crista einschiebt und dort bUnd endigt, nehmen die Zellen Würfelform an und verlieren die Wimpern. Die Augen. Die beiden riesigen Augen liegen in den knorpligen, becherförmig den Statocystenkapseln seitlich ansitzenden Augenkap- seln. Sie sind also, wie schon mehrfach erwähnt, weit auseinander gerückt. Die Höhlung der Orbita öffnet sich gegen die Kopfhöhle durch ein weites Foramen, durch das, wie wir gesehen haben, sämt- liche Blutgefäße und Nerven des Auges hindurchtreten. In dieser sind das Gehirn und die beiden Augenganglien gelegen. Eine Mem- bran, welche wie bei Opisthoteuthis die Kopfhöhle von der Augenhöhle trennt, konnte ich nicht auffinden. Bei dem von mir untersuchten Exemplar von Cirroteuthis umhellata zeigten die Augen eine beinahe kugehge Gestalt. Bei Stauroteuthis waren sie etwas flacher ge- wölbt. Hier betrug ihr größter Durchmesser 30 mm, der der Linse 10 mm. In ihrem anatomischen Aufbau stimmen die Augen beider unter- suchten Formen weitgehend mit den von Meyer beschriebenen von Ofisthoteutliis überein. Hervorgehoben werden soll nur die schwache Entwicklung der Bewegungsmuskulatur, die eine Sonderung in ein- zelne Muskeln nicht zuläßt. Zur Anatomie von Cirroteuthis umbellata Fischer und Staurotcuthis sp. 475 Zusammenfassung. Bei der Beschreibung der einzelnen Organe haben sich als wich- tigste Resultate ergeben: Die Cirroteuthiden stellen als Formen mit einteiliger, innerer Schale, mit flügelartigen Flossen und zweireihig angeordneten Cirren eine scharf umschriebene Gruppe dar. Bei ihnen geht mit der gallertigen Ummodelung der Mantel- und Armmuskulatur ein Schwund des Kopfknorpels Hand in Hand. Die hinteren Speicheldrüsen können fehlen. Cirroteuthis um- bellata besitzt intrabulbär gelegene Buccaldrüsen. Die Radula wird erst innerhalb der Familie der Cirro- teuthiden rückgebildet. Die Abgüederung der Cirroteuthiden als »Lioglossae<< von den Octopoden dürfte deshalb unzweckmäßig sein. Dafür wird die von Reinhardt und Frosch gegebene Ein- teilung der Octopoden in Pteroti und Apteri erneut in Vorschlag gebracht. Diese würde sich mit den Unterordnungen >>Trachyglossae<< und »Lioglossae<< decken. Die Visceropericardialhöhle erfährt erst innerhalb der Famihe der Cirroteuthiden eine über die Verhältnisse bei den übrigen Octo- poden hinausgehende Rückbildung. Der männüche Geschlechtsapparat der Cirroteuthiden ist nicht prinzipiell von dem der andern Octopoden verschieden, sondern läßt sich auf diesen zurückführen. Das Gefäßsystem ist bis auf die Circulation innerhalb der Speicheldrüsen und der »weißen Körper« geschlossen. Es wurden zwei Armvenenringe nachgewiesen. Cirroteuthis umbel- lata besitzt wie Opisthoteuthis keine selbständige Genitalaorta. Hier- zu gesellt sich bei Cirroteuthis umbellata eine rechtsseitige Lage der Vena cephalica. Die gangHonären Centren zeigen die für die Octopoden typischen Verhältnisse, aber eine beinahe größtmöghche Konzentration. Nur die beiden unteren SchlundgangUen sind durch eine deutliche Com- missur getrennt. Das periphere Nervensystem stimmt weitgehend mit dem der Octopoden überein. Insbesondere wurde die von Brock vorgeschlagene Aufstellung eines dritten Typus der Armnervencommissur als unbe- rechtigt zurückgewiesen. 476 Albin Ebersbach, Die Sinnesorgane weisen die für viele Tiefseeorganismen charak- teristische enorme Vergrößerung auf. Die Statocysten von Cirro- teuthis umhellata erinnern durch Ausbildung der bindegewebigen Zapfen lebhaft an die statischen Organe der Decapoden. Leipzig, im Juni 1914. Literaturverzeichnis. 1894. Appellöf, Die Schalen von Sepia, Spirula und Nautilus. Svenska AJcad. Handl. Bd. XXV. Nr. 7. 1898. — Über das Vorkommen innerer Schalen bei den achtarmigen Cepha- lopoden. Bergens Museum Aarborg. XII. Bergen. 1909. Bauer, Einführung in die Physiologie der Cephalopoden. Mitt. d. Zool. Stat. Neapel. Bd. XIX. 1911. Berry, Notices. of some New Pacific Cephalojiods. In: Proceedings of the United States national Museum. Bd. XL. S. 589. 1879. Brock, Über die Geschlechtsorgane der Cephalopoden. Erster Beitrag. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXII. 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M. mich., Muse. nuchali.s; Kpfd., Kopf decke; n. -pall., Nerv, pallialis; oes., Oeso- phagus; art. ceph., Arteria cephalica; hep., Hepatopancreas; art. hep. gast., Arteria hepato-gastrica ; stom., Magen; c, Blindmagen. Textfig. 6 (S. 375). Statocystenkapsel mit abgeschnittenen Orbitalknorpeln von Stauroteuthis sp. Dorsalansicht. Photographie. Textfig. 7 (S. 375). Flossenstütze von Cirroteuthis umbellata. Textfig. 8 (S. 37()). Flossenstütze von Stauroteuthis sp. Photogr. Textfig. 9 (8. 382). Flossenmuskulatur von Cirroteuthis umbellata. Flst. Flossenstütze; m.obl, Muse, obliquus; m.long.sup., Muse, longitudinalis superior; N. pinn., Nervus pinnalis (internus); Mbd., Muskelbündel. Textfig. 10 (S. 383). Armquerschnitt von Cirroteuthis umbellata. Schema- tisiert, tn. l. e.xt., Muse, longitudinalis externus; v.brach.superfic, Vena brachiaUs superficialis; m.l.lat.int., Muse, longitudinalis lateralis internus; m.l.lat.ext., Muse, longitudinalis lateralis externus; m.obl.ext., Muse, obliquus externus; m.obl.int., Muse, obliquus internus; v.brach.prof., Vena brachialis profunda; m.l.int., Muse, longitudinalis internus; m.ac.brach., Saugnapf muskeln; ac, Saugnapf; n.ac, Saug- napfnerv; n.brach., Armnerv; v.ac, Saugnajjf vene : intram.Oangl., intramusku- läres Ganglion; ar. brach., Armarterie. Textfig. 11 (S. 388). DaiTmiica.ct\xs,\on Cirroteuthis umbellata. p/(aj-., Schlund- kopf; oes., Oesophagus; ingl., Kropf; hep., Leber; stom., Kaumagen; stom.coec, Blindmagen ; duct. hep. , Gallengang ; stom. 3, Dritter Magen ; rect. , Enddarm ; an. , After. Textfig. 12 (S. 389). Präparat des Schlundkopfes von Cirroteuthis um- bellata. Linke Seite. K., Kiefer; Kw., Kiefervvülste; oes., Oesophagus; Z., Zunge; Zt., Zungentasehe; Subradorg., Subradularorgan; gl.subm., Glandula submaxil- laris; gl.sal.ant., Glandula salivalis anterior (Buccaldrüse); art.bucc, Buccalarterie. Textfig. 13 (S. 392). Schlundkopf von Cirroteuthis umbellata. Bis zur Me- dianebene auf präpariert. Bezeichnungen teilweise wie in Textfig. 12. Ferner: lab., Lippe; g.subrad., Ganglia subradularia; n.niand., Nervus mandibularis; c.g.bucc.inf., Kommissur der Unterschlundganglien; duct.gl.sal.post., Ausführgang der hinteren Speicheldrüse. Textfig. 14 (S. 396). Kieme von Cirroteuthis umbellata. Elm.II., Elemente 2. Ordnung; Schnfl., angeschnittene Elemente 2. Ordnung; l.Kbl., linkes Kiemen- blatt; n.branch.. Nervi branchiales; Km., Kiemenmilz; v.branch., Kiemen vene; r.Kbl., rechtes Kiemenblatt; vas.eff.I., Vasa efferentia 1. Ordnung; art.branch., Kiemenarterie; vas.aff.L, Vasa afferentia I. Ordnung; vus.ajj.IL, Vasa afferentia 2. Ordnung. Textfig. 15 (S. 398). Rechtsseitiger »Weißer Körper« von Cirroteuthis um- bellata. Textfig. 1() (S. 401). Nierensäcke von Cirroteuthis umbellata. ren., Nieren- säcke; uret., Nierenmündung; c.branch., Kiemenherz; v.mes., Vena mesenterica; Pdr., Pericardialdrüse (Kiemenherzanhang); v.cav., Vena cava; Venenanh., Nieren (Venenanhänge); ^es^., Hoden; Nsp., Nierenspritze; Wk., Wasserkanal; vas def.prox., Vas deferens prox. Zur Anatomie von Cirroteuthis umbcllata Fischer und Stauroteuthis sp. 481 Textfig. 17 (S. 408). Männlicher Geschlechtsapparat von Cirroteuthis um- bellata. pen., Penis; gl.acc.pen.',], dritte accessorische Drüse des Penis; gl.acc.pen.2, zweite accessorische Drüse des Penis; gl.acc.pen.l, erste accessorische Drüse des Penis; WL, Wasserkanal; test., Hoden; v.d.prox., Vas deferens prox. ; ves.sem.I., Vesicula seminalis 1; ves.sem.IL, zweite Samendrüse; ves.sem.I IL, dritte Samen- drüse; gl.acc, accessorische Samendrüse. Textfig. 18 (S. 409). Schematisclie Darstellung des männlichen Geschlechts- apparates von Stauroteuthis sp. Ventralansicht. Bezeichnung wie in 17. Ferner: b.Needh., Needhamsche Tasche; Wk.dext., rechter Wasserkanal; Wk.sin., linker Wasserkanal. Textfig. 19 (S. 410). Querschnitt durch den ersten Abschnitt der Vesicula seminalis von Cirroteuthis umbellata. Gltr., Gleitrinne; W., Längswulst; Sp., Sperma. Textfig. 20 (S. 411.) Querschnitt durch den zweiten Abschnitt der Vesicula seminalis von Cirroteuthis timhellata. Gltr., Gleitrinne. Textfig. 21 (S. 412). Schnitt durch eine Windung des dritten Abschnittes der Vesicula seminalis von Cirroteuthis umbellata. Textfig. 22 (S. 41.3). (Querschnitt durch die untere der accessorischen Drüsen des Penis. Textfig. 23 (8. 414). Schnitt durch die beiden vorderen accessorischen Drüsen des Penis. Bezeichnungen wie in Textfig. 18. Textfig. 24 (S. 456). Armnerv mit Saugnapf nerven von Cirroteuthis um- bellata. g.cirri., Ganglion einer Cirre; n.cirri., Cirrennerv; nn.ac, Saugnapf nerven; g, Saugnapfganglion; ac, Saugnapf. Textfig. 25 (S. 4(31). Rechtes Sternganglion von Stauroteuthis sp. n.pall.ext., Nervus paUiahs externus; n.pall.int., Nervus pallialis internus; g.stelL, Mantel- ganglion. Textfig. 26 (S. 463). Visceralnerven von Stauroteuthis sp. Ventralansicht. n.visc, Nervus visceralis; n.v.ceph.. Nervi venae cephalicae; n.depr.infund., Nervus musculi depressoris infundibuli; n.m.add.pall.med., Nervus musculi adductoris pallii mediani; rect., Enddarm; n.rect.. Nervi rectales; uret., Nierenpapille; Xsp., Nierenspritze; n.cord.branch., Kiemenherznerv ; g.card.branch., GangUon cardiacum branchiale; Pdr., Pericardialdrüse (Kiemenherzanhang) ; c.branch.. Cor branchiale; n.cord., Nervus cordis; n.abd., Nervus abdominalis; pen., Penis; c.g.branch., Kom- missuren der Kiemenganglien; orf.&/-aric/(., Kiemenarterie; (/.tranc/t., Kiemenganglien n.sacc.ren., Nierensacknerven ; n.gonod., Nervus gonoductus; gl.acc.pen., accesso- rische Drüsen des Penis; ren., Nierensack; c.visc, Kommissur der Visceralnerven. Textfig. 27 (S. 471). MagengangUon (GangUon gastricum) von Cirroteuthis umbellata mit ausstrahlenden Nerven, oes., Oesophagus; rect., Enddarm; nn.symp., sympathische Nerven; nn.stom., Kaumagennerven; 7in.stom.coec., Blindmagenner- ven; stom., Kaumagen; stom.coec, Blindmagen; duct.hep., GallengAng; nn.duct.hep.. Nervi ductuumhepaticorum(Gallengangnerven); nn.recti., Enddarmnerven; g.gstr., Magenganglion. Textfig. 28 (S. 473). Statocysten von Stauroteuthis sp. B.d.tv., Basis der Zapfenwülste; c.end.. Endolymphatischer Raum; crist.stat., Crista statica; mac.stat. Macula statica. 482 Albin Ebersbach, Erklärung der Tafelabbildungen. Tafel VIII. Fig. 1. Präparat der Ko])fj)artic von Cirroteuthis iimhellata. Rechte Seite. art.caps.hep., Arteria capsulae hepaticae; art.inj'und.prop., Arteria infundi- buli propria; art.ophth., Arteria ophthahnica; c.v.brach.ext., C'ircukis venosus brachiahs externus; gl.sal.post., hintere Speicheldrüse; infund., Trichter; Kpfh., Kopfhöhle; m.depr. infund., M. depressor infundibuli; Orbitalkn., Orbitalknorpel; phar., Schlundkopf; St.K., Statocystenkapsel; v.cer., V. cerebri; v.cer.ophth. V. cerebro-ophthalniica {r.ant., r.post., vorderer und hinterer Ast); v.injund.lat., V. infundibuli lateralis; v.injund.prop., V. infundibuli propria; v.phar.stip., V. pharyngealis superior. Fig. 2. Schlundkopf von Stauroteuthis sp., von hinten, art.hucc, Arteria buccalis; c.bucc.sup.inf., Commissura buccalis superior inferior; c.g.hucc.inf., Commissur der unteren Schlundganglien; g.bvcc.inf., unteres Schlundganglion; n.mand., N. mandibularis; n.max., N. niaxillai'is; oes., Speiseröhre; sin.gl-ml. ant., Sinus der vorderen Speicheldrüsen; v.cer.ophth., V. cerebro-ophthalraica; v.phar.inf., V. pharyngealis inferior (= Ductus reuniens); v.suhoes., V. suboeso- phageaUs. Fig. 3. Schlundkopf von Cirroteuthis iimbellata. Ventralansicht, art.bucc, Arteria buccalis; Bdgw. Str., Bindegewebsstreif en ; c.bucc.sup.inf., Commissura buccalis superior inferior; c.g.bucc.inf., Commissur der unteren Schlundganglien; duct.gl.sal.post., Ausführgang der hinteren Speicheldrüse; g.bncc.inf., unteres Schlundganglion; lab., Lippe; n.mand., N. mandibularis; n.max., N. maxillaris; n.symp., N. sympathicus; oes., Speiseröhre; phar., Schlundkopf; sin.gl.sal.post., Sinus der hinteren Speicheldrüse; v.gl.sal.post., V. glandulae salivaHs posterioris; v.phar.inf., V. pharyngealis inferior (= Ductus reuniens); v.suboes., V. suboeso- phagealis. Tafel IX. Fig. 4. Gefäßsystem von Cirroteuthis urnbellata. Ventralansicht. Aort. ceph., Aorta cephalica; aort.post., Aorta posterior; art.caps.hep., Art. capsulae hepaticae; art.branch., Kiemenarterie; art.cil., Ciliararterie ; art. cor d. brauch., Kie- menherzarterie; art.genit. Genitalarterie; art.hep.gastr., Arteria hepatogastrica; art.ophth., Arteria ophthalmica; art.ophth.inf., Arteria ophthalmica inferior; art.ophth.sup., Arteria ophthalmica superior; art.pall.lat., Arteria pallialis late- ralis; art.pall.med., Arteria pallialis media; art.ped., Arteria pedalis; art.rect., Ar- teria rectalis; c.v.brach.ext., Circulus venosus brachialis externus; c.v.brach.int., Circulus venosus brachiahs internus; c.art.. Cor arteriosus; c.branch.. Cor bran- chialis; duct.com., Ductus communicans; sin.gl.sal.post., Sinus glandulae sali- valis posterioris; sin.ophth., Sinus ophthalmicus; v.ac, v. acetabuli; v.an., v. analis; v.brach.1, 11,111, v. brachialis I, II, 111; v.brach.prof., v. brachialis jn-o- funda; v.brach.prof. com., v. brachiahs profunda communis; v.brach.superfic, V. brachialis superficialis; v.branch.lien., v. branchio-lienalis; v.cav., v. cava; v.ceph., V. cephalica; v.cer. -ophth., v. cerebro-ophthalmica; v.circumorb., v. cir- cumorbitalis; v.genit., v. genitalis; v.gl.sal.post., v. glandulae salivalis posterio- Zur Anatomie von Cirrotcutliis umbellata l'isclicr und Stauroteuthis sp. 483 ris; v.infnnd.lat., Vena infundibuli lateralis; v.infund.prop., v. infundibuli pro- pi'ia; v.mes., v. niesenterica ; v.m.chpr.infund., v. inusculi depressoris infundibuli; v.m.pall.med., v. musculi pallii inediani; v.nphth., v. ophthalniica; v.palL, v. pallialis; v.phar.inf., v. pliaryngealis inferior; v.suboes., v. suboesophagealis; v.supraceph., v. supracephalica; v.supraorh., v. supraorbitalis. Fig. 5. Zentrales Nervensystem von Cirroteuthis umbellata. Dorsalansicht. c.bucc.sup.inf., Commissura buccalis superior inferior; c.lat.post., Commissura lateralis posterior; g.hrach., Ganglion brachiale; g.hucc.swp., Ganglion buccale superius; g.cer., Ganglion cerebrale; g.ophth., Ganglion ophthalmicum; g.opt., GangHon opticum; g.visc, Ganglion viscerale; lob.bas.ant., Lobus basalis ante- rior; lob.bas.post., Lobus basalis posterior; lob.front.inf., Lobus frontalis inferior; lob.front.sup., Lobus frontalis superior; lob.vert., Lobus verticalis; n.acc.pall., N. accessorius pallialis; n.antorb.sup., N. antorbitalis superior; n.brach.I,II,III, N. brachialis I, II, III; n.caps.hep., N. capsulae hepaticae; n.lab., N. labialis; n.oculom.sup.post., N. oculomotorius superior posterior; n.o phth.su p.ant., N. oph- thalmicus superior anterior; n.ophth.sup.post., N. ophthalmicus superior poste- rior; n.opt., N. opticus; n.pa., N. palhalis; n.ret., N. retinae, n.visc, N. visceralis. Fig. 6. Zentrales Nervensystem von Cirroteuthis umbellata. Linke Seite. Wie Fig. 5. Ferner: Bdw., Bindegewebswulst; c.end., endolymphatischer Raum ; c.interbrach., Commissura interbrachialis; c.lat.ant., Commissura lateralis ante- rior; c.p., perilymphatischer Raum; crist.stat., Crista statica; g.ped., Ganglion pedale; Köll.g., KöLLiKERscher Gang; mac.stat., Macula statica; n.ac, Saugnapf- nerv; n.antorb.inf., N. antorbitalis inferior; n.cirr., N. cirri; 7i.crist.stat.ant., N. cristae staticae anterior; n.crist.stat.post., N. crista staticae posterior; n.infund. ant., N. infundibuh anterior; n.infund. post., N. infundibuli posterior; n.mac.stat., N. maculae staticae; n.oculo7n.inf.ant., N. oculomotorius inferior anterior; n.ocu- lom.inf.post., N. oculomotorius inferior posterior; n.olf., N. olfactorius; n.ophth. inj., N. ophthalmicus inferior; n.ven.cav., N. venae cavae. Das Nervensystem von Astacus fluviatilis (Potamoblus astacus L.). Ein Beitrag zur Morphologie der Dekapoden. Von Wilhelm Keim, Assistent am zoologischen Institut. (Aus dem Zoologischen Institut in Marburg.) Mit 28 Figuren im Text. Die grob morphologischen Verhältnisse des Nervensystems von Astacus iluviatihs zu untersuchen, soll die Aufgabe der nachfoloenden Arbeit sein. Zur allgemeinen Orientierung und Einführung in diese Studien diente die Arbeit vouKuxley: »Der Krebs«. Die Literatur zeigt vielfach Unklarheiten und Differenzen, deshalb sei im folgenden nur ganz kurz die hauptsächhchste Literatur, die sich mit der Mor- phologie des Nervensystems der Crustaceen beschäftigt, erwähnt- naher darauf eingegangen soll im speziellen Teil dieser Arbeit werden' Die morphologischen Arbeiten beschränken sich meistens auf die Be- handlung des »Kopfganghons« (Ganghon supraoesophageum) und der Äopfnerven, während die Arbeiten von Krohn, Lemoine, Moquard und Police hauptsächlich das sympathische Nervensystem, und zwar die Ganghen und Nerven des Magens behandeln. Der Verlauf der Nerven im Thorax und Abdomen ist, außer von Brandt und von Krohn, bisher selbst noch nicht genauer dargestellt worden. Als die ältesten Arbeiten über den Flußkrebs, die auch Ancraben über das Nervensystem enthalten, müssen die Untersuchungen von Willis (1672), Swammerdam (1720), Rösel (1755), Herbst (1790) und CuviER (1805) genannt werden. Bis zum Jahre 1818 war nur das centrale Nervensystem des Flußkrebses bekannt, und erst Suckow entdeckte einen Teil des sympathischen Nervensvstems : den Herz- nerven. Zehn Jahre später »gkubte« J. Müller ein länghches — Gan«-- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. oo "^ 486 Willielin Koim, lion frontale — entdeckt zu haben, das dem Ganglion ventriculi siiperius in dieser Arbeit gleichkäme. In demselben Jahre (1828) veröffentlichten Audouin und Milne Edwards ihre Arbeit: Troisieme memoire sur l'anatomie et la Phy- siologie des Crustaces; recherches anatomiques sur le Systeme ner- veux; sie erwähnen zum erstenmal, daß das sympathische Nerven- system aus den Schlundcommissuren seinen Ursprung nimmt und beschreiben das Oesophagusganglion und den Magennerven. Brandt (1829) beschrieb außer dem centralen Nervensystem die Innervation der Schere, ferner den näheren Verlauf der Magennerven (1836); außerdem stellte er fest, daß zwischen dem Nervensystem des Flußkrebses, des Hummers und der Krabben kein wesentlicher Unter- schied besteht. Krohn (1834) fand außer der Mageninnervation auch die Inner- vation des Darmes vom letzten Abdominalganglion aus. Die Beobachtungen Brandts wurden zum Teil später (1844) von Schlemm bestätigt; er konnte den Magennerven bis zur Leber verfolgen. Nervus hepaticus. Lemoine (1861) fand die beiden Verbindungsnerven des Gehirns mit dem sympathischen Nervensystem; ferner beschrieb er einen Herznerven an der Unterseite des medianen Blutgefäßes; diese Beob- achtung wurde jedoch später von Mocquard widerlegt. Im Jahre 1863 gab Owsjannikow mehrere Arbeiten über ver- gleichend anatomische und histologische Untersuchungen bei Crusta- ceen heraus. Weiter seien die Arbeiten von Rouch (1886) und Bou- vier (1889) erwähnt. Mocquard (1883) hat ausführUch den Magen der thoracostraken Crustaceen bearbeitet. Seine Resultate über das Magenmuskelsystem legte ich meinen Untersuchungen zu Grunde und benutzte die von ihm gebrauchten Bezeichnungen für die Magenmuskulatur. Die Be- schreibung des sympathischen Nervensystems habe ich für den Fluß- krebs ergänzt und teilweise richtiggestellt. Zu erwähnen ist zum Schluß noch die Arbeit von Police (1909), der ebenfalls bei einer ganzen Reihe von Crustaceen das sympathische Nervensystem untersucht hat. Eine eingehende histologische Bearbeitung des Nervensystems hat Krieger, der hauptsächhch die räumliche Anordnung der histo- logischen Elemente und ihre Verbindung untereinander untersuchte, gegeben. Kriegers Arbeit, in der, auf Grund der histologischen Unter- suchungen, die Anzahl der von den Ganglien abgehenden Nerven Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 487 angegeben worden ist, diente mir zur Auffindung der gesuchten Ner- ven, deren Ursprung Krieger richtig angibt, deren weiterer Verlauf aber öfters nicht mit Kriegers Angaben übereinstimmt. Meine Aufgabe bestand in der Hauptsache nun darin, das bisher über das Nervensystem von Astacus fluviatilis Gefundene zusammen- zufassen und zu vergleichen, ferner die Innervation des Thorax, des Abdomens und der Extremitäten topographisch darzustellen. Die verschiedenen Abweichungen, die ich bei meinen Untersuchungen gefunden habe, sind im speziellen Teil jedesmal hervorgehoben. Soweit für die Nerven schon Namen vorhanden waren, habe ich diese in der Hauptsache beibehalten oder unter mehreren den be- zeichnendsten herausgewählt. Die neuen Namen, die sich haupt- sächlich auf den Thorax und das Abdomen beziehen, habe ich aus vergleichenden Betrachtungen mit den Arthropoden genommen unter Berücksichtigung der Arbeit über Dijtiscus marginal is L. von Holste und besonders der Arbeit von W. Schmidt über das Muskelsystem von Astacus fluviatilis. Meinen Zeichnungen konnte ich vielfach, dank des Entgegen- kommens meines Freundes W. Schmidt, die Darstellung des Muskel- systems zu Grunde legen. Was die Zeichnungen selbst betrifft, so ist zu sagen, daß oft größere Verschiedenheiten bei der Innervierung der einzelnen Organe festzustellen sind. Die gegebenen Zeichnungen stellen ein Bild dar, ^vde es sich aus einer Reihe von Beobachtungen ergibt ; nur die konstant wiederkehrenden Nerven sind hier angegeben und grobe Abweichungen sind dabei nicht berücksichtigt worden. Präparationsmethode. Es wurden in Chloroform abgetötete Tiere verwandt, die 2 bis 3 Tage in, 60% Alkohol gehärtet worden waren. Für die Auffindung der feineren Nerven benutzte ich Tiere, die in einer ZENKERSchen Lösung konserviert waren, da hierbei die Muskelpräparation besser von statten geht. In Formol aufbewahrte Tiere sind für Nervenprä- parationen erst nach langem Liegen geeignet und daher unpraktisch. Die Methylenblaufärbung am ganzen Tier führte zu keinem Re- sultat, dagegen konnte ich mit der Injektion von einer schwachen Methylenblaulösung am lebenden Tier sehr schöne Färbungen beob- achten. Zur Injektion benutzte ich eine Methylenblaulösung 1:10000 (in physiologischer Kochsalzlösung gelöst), und zwar injizierte ich in die Ganghenkette des Abdomens. 32* 488 Fig. la, Gesamtbild dc3 zentralen Nervensystems von Astacus fluviatilis. Cephalothorax und Abdomen, sowie erster und fünfter Gehfuß von oben geöffnet. Zeigt das Ober- und UntersclilundganglioD, das Kommissurenganglion, das Oesopliagusganglion, die fünf Ganglien des Tliorax und die fünf Abdoniinalganglien sowie das Scliwanzganglion. — Die Buchstabenerklärungen für sämtliche Figuren befinden sich am Sclilusse der Arbeit iS. 542. Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potaniobins astacus L.). 489 Fig. 1 6 (Erklärung auf S. 488). 490 Wilh.-lm Koim, Kleinere Körperabschiiitte wurden zur Befestigung in Paraffin eingebettet und alsdann aufpräpariert. Zur groben Präparation wurde eine schwache Lupe und für feinere Untersuchungen das Zeißsche Binocular (ag 2) benutzt. Zum Vergleich wurden ferner Ästacus leptodactylus und Homarus vulgaris herangezogen. Allgemeines. Die Verteilung der Ganglien und Nerven beim Flußkrebs gestaltet sich folgendermaßen: Im Cephalothorax finden wir zunächst das Oberschlundganghon (Ganglion supraoesophageum g. s.) durch zwei Schlundcommissuren (Nervus commissurae, n.c.) mit dem Unterschlundganglion (Ganghon infraoesophageum, g.i.) verbunden; weiter setzt sich das Centralner- vensystem in die fünf Thoracalganglien (Ganglion thoracale primum — quintum, g.ih.i_-) und dann im Abdomen in die fünf Abdominal- ganglien (Ganglion abdominale primum — quintum, g.a.i_^) fort, um mit dem Schwanzganghon (Ganglion postabdominale, g.p.) zu endigen. (Siehe Fig. la u. b, S. 488 u. 489.) Es ist demnach folgende Einteilung des Nervensystems beim Flußkrebs festzuhalten. A. Cephalothorax. I. Ganglion supraoesophageum (g.s.). II. Ganglion commissurae (f/.c). Sympathisches Nervensystem: 1. Ganghon oesophagei (g.oe.). 2. Ganghon frontale {g.f. Fig. Ib). 3. Ganghon ventriculi superius (g.v. Fig. Ib). 4. Darminnervierung (Fig. 13). III. Ganglion infraoesophageum {g.i.). IV. Ganghon thoracale primum — quintum {g.th.-^_^). B. Abdomen. V. Ganghon abdominale prinuim — quintum ((/.«. i— ö)- VI. Ganghon postabdominale {g.p.). Ceplialothorax. Das Oberschlundganglion. (Ganglion siipraoesopliageuin, g.s. Fig. [1], 2, [.'{, i, 5, la u. b, 12 und 13].) Das scheibenförmige Oberschlundganghon (Fig. 2 gs) liegt vorn im Kopfe, zwischen den Muscuh basales {oba u. p) und dem Exoskelet, Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 491 und zwar auf dem Antcnnularsomit. Nach oben verjüngt sich das Gehirn in die beiden Lobi optici {lo. Fig. 3), von denen die Augen- nerven (Nervi optici, n.Oi Fig. 2 u. 3) ausgehen, dicht hinter diesen Augennerven entspringen die Augennniskehierven (Nervi oculomotorii, n.02 Fig. 2 u. 3). Weiter gehen vom Oberschlundganghon an der Vorderseite die Nerven für die erste Antenne (Nervi antennales primi, «.«1 Fig. 2 u. 4) ab, desgleichen in horizontaler Richtung nach beiden Seiten die Ha-utnerven (Nervi tegumentarii, n.t. Fig. 2) und endlich /7ÖJ na, y*' *<;, n<9p endo. Fig. 2. Aufsicht auf das Oberschlundganglion. Cephalothorax hinter den Scheitelfortsätzeu aufprä- pariert. Die Figur zeigt das Oberschlundganglion mit abgehenden Nerven. von der hinteren unteren Seite die Nerven für die zweite Antenne (Nervi antennales secundi, w.a.2Fig. 2 u. 5). Zu diesen fünf paarigen Nerven kommen noch zwei unpaare Magennerven, die schon Lemoine festgestellt hat (Nervus ventricuU impar superior, n.v.i.s., und Ner- vus ventriculi impar inferior, w.u. t'.*. Fig. 2), der obere unpaare Magen- nerv, der zwischen den Augennerven seinen Ursprung nimmt, und der untere unpaare Magennerv, der zwischen den Schlundcommissuren entspringt. Der weitere Verlauf dieser beiden Nerven wird bei Be- sprechung des sympathischen Nervensystems berücksichtigt werden. 492 Wilhelm Keim, Zwei weitere Nerven, die Owsjannikow angibt und die zu den beiden seitlichen Stirnfortsätzen gehen sollen, sind von Krieger nicht beschrieben worden. Es ist mir auch nicht gelungen, diese Ner- ven, die zwischen dem Augennerven {n.Oi Fig. 2) und dem Nerv der inneren Antenne {n.ai Fig. 2) entspringen sollen, aufzufinden; es könnte sich nur um mikroskopisch kleine Nervenfasern handeln, die bei der Präparation mit dem Binocular nicht erkannt werden können. Derselbe Forscher stellt folgendes in bezug auf das Oberschlundgang- lion fest : »Vergleichen wir nun das Kopfganglion unseres Flußkrebses mit dem des Palinurus locusta, so finden wir, daß viele Verhältnisse _ - _ — nOt Fig. 3. Augen- und Augenmuskclnerven. Augenstiel von oben geöffnet. (Museuhis oculi retractor dorsalis abpräpaiiert.) einander gleich sind. Nur in der Form findet eine geringe Abweichung statt. Beim Flußkrebs ist es etwas länger und schmäler als beim Palinurus locusta, deshalb ist beim ersten ein größerer Zwischenraum zwischen dem Sehnerven und demjenigen, welchen Milne-Edwards als >>tegumentaire<< bezeichnet. Der Augenmuskelnerv ist beim Astacus fluviatilis vom Opticus mehr entfernt als beim Palinurus.« Mit dem Unterschlundganglion {g.i. Fig. 6) ist das Gehirn durch zwei Commissuren {n.c. Fig. 6) verbunden, die den Oesophagus um- schließen und durch eine Querbrücke {br. Fig. 6), die dicht hinter diesem liegt, miteinander in Verbindung stehen. Kurz vor dieser Das Nervensj^stem von Astacus fluviatilis L. (Potainobius astacus L.). 493 Brücke finden wir die beiden Comniissurenganglien (Ganglion coni- missurae, g.c. Fig. 6) als Anschwellungen der Schlundcommissuren (Nervi commissurae, n.c. Fig. 6). Augennerv. (Nervus ü])tic'us, n.o^ Fig. [2] und 3.) Der Augennerv verläßt, wie schon erwähnt, das Oberschlundgang- lion an den beiden Verjüngungen des Gehirns, die als Lobi optici (lo) bezeichnet werden. Er wendet sich sofort dorsal und liegt in der Mitte des Augenstieles zwischen dem Musculus oculi adductor {add) und dem Musculus oculi abductor (abd), ferner zwischen dem Mus- culus oculi retractor dorsalis und dem Musculus oculi retractor ven- tralis {r.v. Fig. 3; der dorsale Muskel rd ist hier wegpräpariert). Nach vorne verbreitert er sich allmählich zu einem dicken, cylindrischen Augenganglion (Ganghon opticum, g.o. Fig. 3). Seitlich werden von dem Augennerven keine Nervenfasern abgegeben; die Innervation der Augenmuskel geschieht durch den Augenmuskelnerven {n.02 Fig. 3). Augenmuskelnerv. (Nervus oculomotorius, n.02 ^ig- [2] und 3.) Dieser bei weitem schwächere Nerv hat die Aufgabe, sämtliche Muskeln des Auges zu innervieren, und zwar liegt er dicht neben dem Augennerven (Fig. 3W.O2). Der erste Nerv a, der von ihm abgeht, innerviert die Musculi basales {oh Fig. 2), und ist deshalb mit ein Be- weis, daß die von Walter Schmidt beschriebenen Muskeln (Mus- culus ocuh basalis anterior und Musculus oculi basahs posterior {oba u. ohp Fig. 2) zu den Augenmuskeln gehören, von diesem Seitenast a wird auch der Musculus oculi attractor {attr. Fig. 3) mit Nerven ver- sorgt. Ein weiterer Ast h innerviert den Musculus oculi abductor (abd), den Musculus ocuh retractor laterahs (rl) und dorsahs {rd), des- gleichen c den Musculus oculi retractor medialis {rm) und ventrahs {rv) und den Musculus ocuh adductor {add); ferner verteilen sich die weiteren eingezeichneten Nervenäste, die hier nicht näher bezeichnet werden sollen, im Bindegewebe des Auges (Fig. 3 a, b, c). Hautnerv. (Nervus tegunientarius, n.t. Fig. 2, [ii n.v., und 14].) Von Milne-Edwards wurde dieser Nerv zum ersten Male be- schrieben und als »nerf tegumentaire« bezeichnet; er zieht an dem oberen Rande des Antennularsternums nach der Seitenwand des Cepha- lothorax und verteilt sich im Bindegewebe desselben {7i.t. Fig. 2). 494 Wilhelm Keim, Kurz hinter seiner Ursprungsstelle teilt sich der Hautnerv in viele Äste, von denen der eine unter der grünen Drüse herzieht und Fig. 4. Innervation der ersten Antenne. Dorsal aufiiräpariert. Nervus antennalis primus ««i und Nervus acusticus 7iaa. die Harnblase mit Nerven versorgt {n.v. Fig. 6), indem dieser Nervus vesiculae sich um die grüne Drüse und die Harnblase herumlegt und auf dieser wieder nach vorne zieht (Fig. G). Auch die Hypodermis Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 495 Über dem Magen ^vird vom Haiitnerven innerviert {n.t. Fig. 14); die Beobachtung dieser Nerven wird meistens durch eingelagertes Pigment erschwert. Nerv der ersten Antenne. (Xerus antennalis primus, n.ai Fig. [2] und 4.) Der erste Antennennerv verläßt das Gehirn auf der Vorderseite; er zieht zwischen dem Musculus remotor b (reni.b) und dem Musculus remotor a {rem.a) der ersten Antenne (Fig. 4) hindurch nach vorne. An der hinteren Ansatzstelle dieser Muskel entsendet er zwei Äste, von denen der eine zum Gehörorgan zieht und als Nervus acusticus bezeichnet wird {n.a.a. Fig. 4). Ob ein eigenthches Ganglion dort zu finden ist, konnte ich bei dieser grob morphologischen Arbeit nicht feststellen; vom Kath sagt hierüber folgendes: »Zum Gehörorgan zweigen sich von dem Nervenast der Antennula Fasern ab, welche sich unter der Gehörgrube, nach einer chromatophorenreichen Zellen- schicht, in feine Faserbüschel auflösen. << Weiter wird an den Musculus remotor {rem.a) der Nervenast a, an den Musculus promotor {prom) der Ast h (Fig. 4), ferner c an den Musculus reductor., (redo) und endhch d an den Musculus productora {frod^) abgegeben. In jedem folgenden Segment werden die Musculi productores (frod) und reduc- tores (red) von den entsprechenden Nerven d^ und c^ usw. innerviert (Fig. 4 a, h, c, d, d^, c^); ein schwacher Muskel — Musculus abductor (abd) — wird von einem Ast e versorgt. Der Musculus remotor b {rem.b) wird, wie aus Fig. 4 ersichtlich ist, von einem besonderen, sehr feinen Nerven innerviert. Die Geißeln selbst enthalten keine Muskulatur mehr, und die dort vorhandenen Nerven gehen zu den Hautsinnes- organen; ob diese in direktem Zusammenhang mit den Nerven stehen, soll hier nicht näher behandelt werden, es sei nur auf die Arbeiten von Ketzius, vOxM Rath und Claus verwiesen, die sich eingehend mit dieser Frage beschäftigt haben. Nerv der zweiten Antenne. (Nervus antennalis secundus, n.ao Fig. [2] und 5.) Als letzter vom Oberschlundganglion ausgehender Nerv sei der zweite Antennennerv genannt; er entspringt an der hinteren Ecke des Gehirns, zieht über den Musculus depressor d {depr.d) zmn Mus- culus depressor b {depr.b) und teilt sich hier in zwei fast gleich starke Aste, von denen der eine den Endopoditen (Fig. 5 na2endo), der andere den Exopoditen (Fig. 5 na^exo) der zweiten Antenne innerviert (Nervus endopoditis und Nervus exopoditis). 496 Wilhelm Keim, Der Nervus endopoditis zieht zwischen den MuscuU flexores {flex) und extensores (ext) nach vorn und geht, nachdem er diese Muskeln und den Musculus carpopoditis {carp.a) innerviert hat (Fig. 5 a, h, c), als ein dicker Ast in die Geißel, wo die analoge Inner\nerung, wie in der ersten Antenne stattfindet; besonders reich mit Nerven sind die Gelenke der einzelnen Segmente versehen (Fig. 5 na^endo). Fig. 5. Innervation der zweiten Antenne. Wie bei der ersten Antenne geöffnet. (Musculus meropoditis a abpräpariert.) Der Nervus exopoditis zieht über den Musculus compressor basi- poditis (compr.B) hin, teilt sich in zwei Äste (a und ß), von denen a sich im Bindegewebe des Exopoditen verzweigt, während ß den Musculus exopoditis abductor a (ex.abd'.a) innerviert und sich dann im Bindegewebe und den Sinnesorganen verteilt. Vom Exopodit- Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potainobius astacus L. ). 497 nerven {na2exo) werden ferner die Musculi depressores (6 u. c), {depr.h u. c), der Musculus promotor (from), der Musculus compressor basi- poditis {compr.B), ferner die Musculi exopoditis abductores {b u. c), (ex.ahd.h u. c), der Musculus reductor {red) und endlich die Musculi meropoditis {a u. h), {nier.a u. b) innerviert (Fig. 5 na 2^x0). Von einem besonderen Nervenast d werden die Musculi depressores (« u. d), {depr.a u. d), sowie der Musculus remotor (rem) und levator (lev) versorgt, desgleichen wird der Musculus exopoditis adductor {ex. add) von einem selbständigen Nerven e innerviert (Fig. 5 d u. e). Commissurenganglion. (Ganglion commissurae, [j.c. Fig. 1, (J, [7, 12, 13 und 16a].) An die Schlundcommissuren ist, auf der nach dem Oesophagus zugekehrten »Seite, ein gesondertes sympathisches Ganghon angelagert, während die Nervenfasern in den Commissuren selbst einen ganz un- gestörten Verlauf haben. Diese schwache Anschwellung der Schlundcommissuren — Com- missurenganglion (Fig. 6 g.c.) — bildet eine Hauptversorgungsquelle für das sy*mpathische Nervensystem und wurde deshalb schon früh als Ganghon bezeichnet. Schlemm verwirft diese Bezeichnung, in- dem er sagt: »Ex utriusque nervi recurrentis communicantis, ubi lateri oesophagei adiacent, parte tumida, quam ob id ipsum non ausini appellare ganglion, hi quattuor exeunt nervi.« Diese Auffassung ist jedoch nicht zu billigen, denn diese An- schwellungen sind schon mit bloßem Auge beim Krebs zu erkennen, während sie beim Hummer verhältnismäßig kleiner sind. Als »Knoten« (Kkohn), die, wie schon oben erwähnt, die Hauptnerven für das Eingeweidenervensystem hefern, sind sie doch wohl als Ganglien zu bezeichnen, da sie sich auch bei der histologischen Untersuchung als solche erweisen. Schlemms Benennungen für die später erwähnten Nervi oesophagei superior und inferior mit den Namen Nervi ven- triculi anterior und laterahs sind der Lage nach nicht gut gewählt und deshalb auch nicht weiter angewandt worden. Der Name »ganghon mandibulaire« (Mocquard) für das Com- niissurenganghon ist ebenfalls nicht zu empfehlen, denn hierdurch könnte man leicht irregeführt werden und meinen, dieses Ganglion versorge hauptsächlich die Mandibelmuskulatur mit Nerven. Dies ist aber nicht der Fall, sondern nur ein Nerv geht von den Schlund- commissuren und nicht direkt aus dem Ganglion zu dem Musculus adductor lateralis {add.l.) und dem Musculus abductor minor [abd. 498 Wilhc-lm Keim, mi.), während die Innervierung der übrigen Muskeln der Mandibel vom Unterschlundganglion aus erfolgt (vgl. Fig. 16a und Mandibel- beschreibung). ni/ii — -nths ndl. Fig. 6. Cephalothorax in der Branchiocardialfurche geöffnet; zeigt den Ursprung des sympatliischen Nervensystems und die Innervation der tlioracalcn Muskulatur. Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 499 Von diesen Commissurenganglien gehen sowohl an die vordere, als auch an die hintere Magenwand Nerven ab, die schon früher von AuDOUiN und Milne-Edwards, Brandt, Krohn, Lemoine und MocQUARD beschrieben worden sind. Bei AuDOUiN und Milne-Edwards finden wir zum erstenmal die von den Schlundcommissuren ausgehenden Magennerven erwähnt. Brandt und Krohn erweiterten die Kenntnis des sympathischen Nervensystems. Lemoine fand den Zusammenhang des sympathischen Nerven- systems mit dem Gehirn. Er untersuchte das sympathische Nerven- system sehr genau und gibt ein anschauliches Bild des gesamten Ner- vensystems; die Angaben über die Hauptnerven stimmen mit denen von Brandt überein; er selbst hat den Verlauf der Nerven noch weiter verfolgt und fand bei den Magennerven che feinsten Verzweigungen. Allerdings präparierte Lemoine die feineren Nerven erst aus dem Objekt heraus und untersuchte sie auf dem Objektträger unter dem Mikroskop und hierbei scheint manche Verlagerung der Nerven vor- gekommen zu sein, so daß w^ohl hierdurch einige Abweichungen, die ich feststellen konnte, zu erklären sind. MocQUARD ist der erste, der das sympathische Nervensystem im Zusammenhang mit den Muskeln untersuchte, und zwar vergleichend- anatomisch bei vielen Thoracostraken. Er stellte viele Abweichungen gegenüber den Angaben Lemoines fest. Diese sind aber teilweise auch so zu verstehen, daß gerade bei der Mageninnervation große Verschiedenheiten vorkommen. Mocquard erwähnt diese ebenfalls in seiner Mitteilung, S. 295: >)0n trouve donc ici les irregularites sig- nalees plusieurs fois dans le cours de cette description, et l'on voit que si les racines, le tronc et les branches terminales du stomato- gastrique ont, chez les Brachyures et les Macroures superieurs, un trajet et des rapports constants, la disposition des rameaux secon- daires est au contraire essentiellement variable. La meme remarque avait ete faite par Krohn et Brandt chez l'Ecrevisse.« Um einen Überbhck über die Mageninnervation und ihre Ab- weichungen zu geben, habe ich die Schemata 9 und 10 (Fig. 9 u. 10) zugefügt; hier sind deutlich die starken Verschiedenheiten bei der Innervierung zu sehen (näheres Seite 505). Von jedem Commissurenganghon (Fig. 7 gc) entspringen je zwei Nerven, die dicht an dem Oesophagus vorbei nach vorne ziehen und sich vor demselben vereinigen. Diese Vereinigungsstelle nennt Allen Oesophagusganghon (Fig. 6, 7a u. b n.o.s., n.o.i. und Fig. 1, 6, 7a u. b 500 Willu'lin Keim, goe.); vom Gehirn ausgehend ziclit hier in dieses Ganglion der untere unpaare Magennerv (Fig. G, 7«, nvii). Brandt bezeichnet die oben erwähnten beiden Nerven als Ner- vus oesophageus anterior und posterior. Diese Bezeichnung ist aber nicht so passend, wie die von Lemoine gebrauchte, er benennt diese beiden Nerven nach ihrer Lage superior und inferior; Mocquard schheßt sich dieser Bezeichnungsweise an. Um nun ihre Lage im ^ Cephalothorax noch deuthcher zu charak- terisieren, führt man am besten die Be- zeichnung ein: Nervus oesophageus superior und Nervus oesophageus inferior. Oberer Ösophagusnerv. (Nervus oesoiihageus superior, n.o.s. Fig. 6, 7a u. b.) Dieser Nerv entspringt auf der oberen Hälfte des Commissurenganghons (Fig. 1, 6, 7a u. h, gc), wendet sich nach vorne, geht etwas ventral — zwischen den Musculi dila- tatores anteriores inferiores oesophagei hin- durch — und steigt wieder in die Höhe, um sich mit dem Nervus oseophageus inferior (Fig. 6, la u. h, n.o.i.) zu vereinigen. Einige feinere Nervenäste werden von ihm an die Magenwand entsandt, die oft miteinander anastomosieren und dort auf dieser ein Schematische Darstellung des syni- feiuCS NerveUgcflecht darstellen. pathisfhen Nervensystems, dorsal gesehen. Ober- und Unterschlund- i; gangiion und ihre Verbindung, die Unterer OsophagusHerv. Schlundconimissuren; ferner das (Nervus oesophageus inferior, n.o.i. Fig. 6, la u. h.) Commissurenganglion und die ent- springenden Oesophagusnerven, un- Auf der entgegengesetzten Seite des terer unpaarer Magennerv üeso- CommisSUreilganghonS entspringt ZUCrst phagusganglion, jvervus stomato- o o i o gastricus inferior. vcutral gerichtet der untere Oesophagus- nerv (Fig. 6, la u. h, gc, n.o.i). Den Mus- culus dilatator lateralis inferior oesophageus umschlingend, geht er nach vorn, um sich mit dem Nervus oesophagei superior zu ver- einigen und um zusammen mit dem unteren unpaaren Magennerven (Nervus ventriculi impar inferior [Fig. 2, 6, 7, nvü]) das Oeso- phagusganglion zu bilden (Fig. 6 u. 7, g.oe.). Dieser untere Oeso- phagusnerv innerviert auch die Musculi dilatatores laterales superio- res und inferiores oesophagei, sowie die Museuli dilatatores anteriores Fig. la. Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 501 superiores (Fig. 12, m.oe.as.) und inferiores oesophagei {m.oe.ai., auf Fig. 12 wegpräpariert) ; er entsendet ferner feine Nerven in die Ober- lippe, wie es Mocquard auch beim Hummer festgestellt hat. Unterer unpaarer Magennerv. (Nervus ventriculi iinpar inferior, Fig. [2, G], 7« u. 6, n.v.i.i.) Der untere unpaare Magennerv ist so stark entwickelt, daß seine Existenz noch nicht bezweifelt worden ist; sein Verlauf ist deutUch zu beobachten; er zieht mitten durch das sehnige Band, das zwischen Fig. Ib. Desgleichen von der Seite gesehen. Wie vorlier, weiterer Verlauf des Xervns stomato-gastricua inferior um den Magen lierum, oberer unpaarer Magennerv, Stimganglion, Nervus stomato-gastricus superior mit den Seitennerven: dem ßostrumnerv und dem Herznerven; Magenganglion mit den Nerven der oberen Magenwand. den Schlundcommissuren liegt, und vereinigt sich mit dem oberen und unteren Oesophagusnerven, ohne vorher bemerkenswerte Nerven abgegeben zu haben (Fig. 6, 7a u. b n.v.i.i. und n.o.s., n.o.i.). Diese fünf soeben beschriebenen Nerven ziehen zusammen in das Ösophagusganglion, (Ganglion oesophagei, Fig. 1, 6, 7« u. b, 12, g.oe), von dem der Hauptmagennerv ausgeht. Dieses GangUon bildet eine ganz schwache Anschwellung, trotzdem es für die Irmervation des Magens von großer Bedeutung ist. Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. CXIII. Bd. 33 502 Wilhelm Keim, Unterer Magennerv. (Nervus stomato-gastrieus inferior, Fig. [(>], Ib, 12, n.s.g.i.) Von dem Oesophagusganglion (g.oe.) wölbt sich nach vorn in der Medianen um den Magen herum der Hauptmagennerv (Nervus sto- mato-gastrieus inferior), der nach allen Seiten feine Nervenäste an die Magenwand abgibt und vom oberen Teile des Oberschlundgang- lions den oberen unpaaren Magennerven: Nervus ventriculi impar superior (Fig. 2, 76, 12 n.v.i.s.) empfängt; er ist sehr kurz und zieht direkt von der Oberseite des Ganglion supraoesophageum {g.s.) zur Magenwand. OwsJANNiKOW stellt auf Grund seiner histologischen Unter- suchungen den Ursprung eines Nerven am oberen Ende des Ober- schlundganglions fest. Er sagt: »Beim Flußkrebs existiert ein un- paarer Nerv, welcher zu der vorderen Spitze des Kopfschildes geht, beim Palinurus finden wir an seiner Stelle zwei gesonderte Nerven. << Diese Angaben über die Innervierung der vorderen Spitze des Kopfschildes stimmt beim Flußkrebs nicht; wir haben es hier sicher mit dem oberen unpaaren Magennerven zu tun, den auch Krieger in seiner Arbeit angegeben hat, und der mit dem Nervus stomato- gastrieus inferior zum GangUon frontale verschmilzt. Stirnganglion. (Ganglion frontale, Fig. Ib, g.f.) Die Bezeichnung Ganglion frontale (Lemoine) ist nicht identisch mit der früheren Benennung J. Müllers, der das Magenganglion als Ganglion frontale bezeichnet; den Zusammenhang mit dem Gehirn »glaubt« Müller auch schon gefunden zu haben, er schreibt über das. Nervensystem der Crustaceen folgendes: »Bei dem Flußkrebse glaube ich ein längliches »Ganglion frontale« bemerkt zu haben, das sich nach aufwärts und abwärts auf dem Magen verzweigt und durch sehr kurze und feine Verbindungen mit dem Gehirn zusammenhängt. <<■ Die SucKOWschen Angaben über den Magen- bzw. Herznerven scheinen J. Müller entgangen zu sein. Dieses Ganghon frontale bildet, wie schon erwähnt, die Ver- einigungsstelle des Nervus stomato-gastrieus inferior mit dem Nervus- ventriculi impar superior (Pig. 7b g.f-); eine schwache Anschwellung, die nach oben einen Hauptast entsendet — den oberen Magennerven. (Nervus stomato-gastrieus superior), wie ich diesen Nerven im Gegen- 503 nya - n \f m- nv p — nh — —nia — /tMj, Fig. S. Cephalothorax in der Branehiocardialfurche geöffnet. Hypodermis entfernt. Innervation des Alasens der Leber; ferner ein Teil der Darminnervierung. 33* 504 Wilhelm Keim, satz zu dem früher erwähnten Nervus stomato-gastricus inferior bezeichnen will. Dieser sehr kurze Nerv gibt nun einen wichtigen Seitenzweig ab — den Herznerven (Nervus cardiacus, n.ca. Fig. 7&), und schwillt selbst zum Magenganghon an (Fig. 76 n.s.g.s.; n.ca.; g.v.). Magenganglion. (Ganglion ventriculi superius, Fig. [76], 8, [9, 10] g.v.) Lemoine und Mocquard bezeichnen dieses Ganghon als »gang- lion stomato-gastrique << ; ich möchte jedoch die von Bronn gebrauchte Bezeichnung — Ganghon ventriculi superius — benutzen, die mehr b. -n med -nvi Fig. 9 und 10, schematisiert. Cephalothorax in gleicher Weise geöffnet. Zeigen die Verscliiedenheiten der Mageninnervation. die Lage des Ganglions charakterisiert und deshalb sich enger den übrigen Benennungen anschheßt. Dieses spindelförmige Ganglion, das zwischen den vorderen Magen- muskeln dicht auf der Magenwand aufliegt, gibt nach den Seiten mehrere Nervenfasern, darunter gewöhnhch drei stärkere Äste ab, die die vordere Magenwand und die vordere Magenmuskulatur inner- vieren (Fig. 8 ti.v.a., n.v.m., n.v.p. und Fig. 12 n.v.m., n.v.p.). Der erste Nerv, der das Magenganglion (g.v.) verläßt — Nervus ventricuh anterior, n.v.a. — , versorgt in der Hauptsache die Magen- wand mit Nerven; der zweite etwas stärkere Magennerv — Nervus Das Nervensystem von Astacus fliiviatilis L. (Potamobius astacus L.). 505 ventriculi medius — inner\äert die ganze vordere Magenmuskulatur, also die Musculi gastrici anteriores {m.g.a.) und die Musculi dilatatores anteriores superiores (m.g.a.s.) und anteriores inferiores ventriculi (ni.ga.i.) und geht ebenfalls weiter auf die Magenwand (Fig. 12 m.g.a., m.g.a. Fig. 11. Dorsale Muskeln und Nerven des Magens vom Hummer (nach Mocqttard). Figurenerklärung: aim, Musculus adductor internus mandibularis; Ja, fp, seine beiden Muskelbündel, vorderer und hinterer, ein wenig vom Magen entfernt; apr, Scheitelfortsatz; brl, Seitenzweig des Nervus stomato- gastricus {beim Krebs Ganglion ventriculi superius) ; hrs, die oberen Äste des muskulösen-sehnigen Apparates; cp, Musculus cardio-pyloricus; gpe, äußeres Muskelbündel des hinteren Magenmuskela; gpi, inneres Muskelbündel des hinteren Magenmuskels (Musculus gastricus posterior); in, Darm; ü, Zwischenraum zwischen dem vorderen Muskelbündel des Musculus adductor internus mandi- bularis; mo, Musculus oculi basalis posterior; nam, Nervus musculi adductoris interna mandibu- laris; psa, Musculus dilatator dorsalis pylorici anterior; tist, Nervus stomato-gastricus; e', seine Verbreiterung; brt, seine Nervenäste; rmc, Rameaux destin^s ä la voüte cardio-pylorique; ngs, oberer Zweig des Musculus gastricus posterior; ngi, unterer Zweig des Musculus gastricus posterior; nt, Seitenzweig zur Hypodermis gehend. Die übrigen mit dem Krebs übereinstimmenden Bezeich- nungen sind bei der allgemeinen Erklärung der Abkürzungen am Schluß dieser Arbeit aufgeführt. m.g.a.s., m.g.a.i.; Fig. 8, yi.va. undi n.v.m.). Nervus ventriculi posterior {n.v.j).), der dritte stärkere vom Magenganglion ausgehende Nerv ver- sorgt die vordere obere Magenwand mit Nerven (Fig. 8 u. 12 n.v.p.). Die weitere Innervierung der oberen Magenwand, insbesondere der mittlere obere Magennerv (Nervus ventriculi medianus dorsalis. 506 Wilhelm Keim, n.med. Fig. 8, 9, 10), zeigt öfters größere Variationen. Zwei solcher Abweichungen sind in den Fig. 9 und 10 festgelegt. Die typische Mageninnervation ist in Fig. 8 dargestellt, sie zeigt große Verschieden- heiten gegenüber der Mageninnervation des Hummers und der andern Decapoden. Schema 9 kommt vielmehr der Verteilung der Nerven auf der Magenoberfläche beim Hummer (Fig. 11 hrl und hrt nach Mocquard) gleich; es zeigt den stark reduzierten Nervus ventriculi medianus dorsalis (njned.), während der stark entwickelte Nerv a seine Stelle vertritt. Die Innervierung der vorderen Magenmuskeln erfolgt wie vorher durch den Nervus ventriculi medius des Magen- ganglions. Im Schema 10 ist auf der rechten Magenhälfte der Nervus ventriculi medianus dorsalis noch schwach ent^^^ckelt, während er auf der linken Seite ganz fehlt; dagegen ist direkt hinter den vorderen Magenmuskeln jederseits ein Nerv b vorhanden, der erstens den Mus- culus gastricus anterior {m.g.a.) innerviert und zweitens die obere Magenwand mit Nerven versorgt; Nervus ventriculi medius versieht ebenfalls von unten her diese Muskeln mit Nerven. Wir haben es hier also mit einer doppelten Innervierung der vorderen Magenmus- keln zu tun. Vom Ganglion ventriculi superius zieht median nach hinten der Nervus ventriculi dorsalis (Fig. 8 ti.v.d.), der in der Mitte des Magens den schon erwähnten Nervus ventriculi medianus dorsalis nach beiden Seiten hin abgibt; er versorgt die Magenwand mit Nerven (Fig. 8 n.med.). Die hintere Magenmuskulatur wird durch die beiden Nervi ventriculi laterales (Fig. 8 u. 12 n.v.l.) versorgt. Seitlicher Magennerv. (Nervus ventriculi lateralis, ii.v.I. Fig. 8 und 12.) Nach Abgabe des mittleren dorsalen Magennerven (Fig. 8 n.med.) zieht der Nervus ventriculi dorsalis noch ein kurzes Stück median nach hinten, um sich alsdann in zwei Aste zu teilen. An seiner Teilungs- stelle bildet er eine dreieckige Platte, die aber bei den einzelnen Crustaceen sehr verschieden ent\nckelt ist, so fehlt sie z. B. beim Hummer gänzlich. Von hier zieht der Nervus ventricuH lateralis (n.v.l.) zwischen dem hinteren Magenmuskel (Musculus gastricus poste- rior, m.g.f.) und dem großen Mandibelmuskel (Musculus adductor posterior mandibulae, add.p.vi. Fig. 8) hindurch nach unten zur hin- teren Magenwand und versorgt die zahlreichen hinteren Magenmuskel und die Magenwand mit Nerven. Vom seitlichen Magennerven geht ein Ast a zu dem Musculus Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potaniobius astacus L.). 507 gastricus posterior {m.g.p.), die nach vorn ziehenden Nerven h, c und d innervieren die Musculi interiores cardiaci laterales A, B, D, des- gleichen die hintere Magenwand, e versorgt die Musculi dilatatores dorsales pylorici anteriores und posteriores {m.p.s.a., m.'p.s.p.), während ein letzter Nerv / die einzelnen Teile H, I, K, L, M, N des Musculus pylorici lateralis versorgt; gleichfalls entsendet der Nervus ventriculi lateralis {n.v.l.) einen Nervenast zur Hypodermis (Fig. [8] u. 12, n.v.l., a, b, c, d, e, /). Eine Innervierung des Mandibelmuskel durch diesen Nerven, wie sie Owsjannikow angibt, findet nicht statt. Vom seitlichen Magennerven zweiat auch ein Ast: .). Innervierung des Darmes. Hieran anschießend sei gleich die Darminnervation besprochen, die vom Schwanzganglion aus erfolgt. Es steigt vom Ganglion post- abdominale {g.p. Fig. 1, 13, [26]) ein Nerv fast senkrecht in die Höhe und teilt sich in drei Äste, von denen zwei nach vorn an den Darm ziehen und ihn seitlich rechts und links bis zum Mitteldarm begleiten: ervi intestinales anteriores. (Fig. [8] und 13 nia.) Der dritte unpaare Ast zieht nach hinten und liegt auf der Unter- seite des Darmes: Nervus intestinalis posterior. (Fig. 13, nip.) Krohn war der erste, der das Eingeweidenervensystem der deca- poden Krebse als aus zwei Abschnitten, einem vorderen (»Magen- nervengeflecht«) und einem hinteren, den Hinterdarm innervierenden, bestehend, richtig beschrieben hat. Lemoine kam, ohne die Kesul- tate Krohns zu kennen, zu demselben Ergebnis. Diese Darmnerven entsenden nach allen Seiten feine Nerven- fasern, die die Darmwand reich innervieren und auf derselben viel- fach ein Geflecht bilden. Eine Innervierung der Leber und der Ge- schlechtsorgane durch die Nervi intestinales anteriores geschieht nicht. Die Innervierung der Leber ist schon erwähnt worden, die Ge- schlechtsorgane werden vom dritten, bzw. fünften Thoracalganglion Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 509 innerviert und werden bei den thoracalen Ganglien besprochen werden. Herznerv. (Nervus cardiacus, n.ca. Fig. Ib und 14.) Dieser Nerv wurde von Lemoine entdeckt und nimmt seinen Ursprung, wie schon gesagt, aus dem Nervus stomato-gastricus supe- rior iß'ig.lh n.s.g.s.; n.ca.). SucKOW beschreibt zwar auch schon einen Herznerven, der direkt vom Gehirn über den Magen zum Herzen gehen soll; wahrscheinlich hat er aber bei seinen Untersuchungen den stärkeren Magennerven gesehen, denn es ist nicht gut denkbar, daß Suckow diesen feinen Herznerven gefunden und den viel stärkeren und leichter auffind- baren Magennerven übersehen hat. gs oc g.c j]i yM, y/Aj ya? ma ysj- gp nip Fig. 13, Schema. Übersicht über das centrale Nervensystem von der Seite gesehen. Innervation des Darmes; die Ganglien des Cephalothorax und des Abdomens. Lemoine glaubt, daß dieser Nerv an der Unterseite des medianen Blutgefäßes entlang zieht und aus dem Magenganglion entspringt. Diesen Befund konnte ich aber nicht bestätigen. DoGiELs Schilderung über den Ursprung des Herznerven aus dem Unterschlundganglion ist falsch und unklar, es erübrigt sich, näher auf diese Arbeit einzugehen; desgleichen ist die Angabe Rouchs nicht richtig, w^onach der Herznerv vom ersten Thoracalganglion aus- gehen soll. ' MocQUARD hat die wahre Lage des Nervus cardiacus auf dem medianen Blutgefäß festgestellt; nach seinen Untersuchungen kommt jedoch dieser Nerv direkt vom Gehirn und nimmt nicht aus dem Ner- vus stomato-gastricus superior seinen Ursprung. Es war mir aus technischen Schwierigkeiten nicht möghch, diesen Befund Mocquards an der Languste nachzuprüfen. Auf jeden Fall konnte ich beim Fluß- 510 Wilhelm Keim, krebs feststellen, daß der Herznerv aus dem Nervus stomato-gastricus superior entspringt und zwar, ^vie es aus Schema Ib zu entnehmen ist, eine kurze Strecke hinter dem Ganglion frontale. Ich muß mich zwar der Ansicht Mocquards anschließen, der sagt: >>Le Systeme nerveux stomato-gastrique est dispose, dans ses traits essentiels, d'une maniere tellement uniforme chez les Decapodes superieurs, qu'il n'est guere possible d'admettre qu'un rameau nerveux aussi important que celui dont il est ici question, naisse tantot du nerf stomato-gastrique, tantot des ganglions cerebroides. « MocQUARD konnte den Ursprung des Herznerven beim Fluß- krebs nicht finden, »je n'ai pu suivre, chez l'Ecrevisse, le nerf cardia- que jusqu'ä son origine«. Der Herznerv entspringt bei Astacus fluviatiUs, ebenso wie beim Hummer, aus dem Nervus stomato-gastricus superior (Fig. 76 n.ca.). MocQUARD hat diesen Nerven auch beim Hummer angegeben (vgl. Fig. 229//.); nur bei dev hangiiste {Palmurus vulgaris) soll der »nerf cerebro-cardiaque << direkt aus dem Gehirn entspringen (vgl. Bull. Soc- Philomat. 1912, Fig. 1). Police hat den Nervus cardiacus bei Astacus faUipes, Galathea strigosa und Scyllarus latus untersucht und fand den Ursprung dieses Nerven im Magenganglion selbst: »II settimo nervo (Fig. 12, 13 7iam) parte dalla faccia superiore del ganglio e si adatta posteriormente, lä dove si continua col nervo impari, lungo la faccia inferiore dell' arteria oftalmica.<< Diese letzte Angabe habe ich schon bei Besprechung der Arbeit von Lemoine für Astacus fluviatiUs widerlegt und kann nur noch ein- mal auf die Arbeit von Mocquard verweisen, der den Herznerven auf der Oberseite des medianen Blutgefäßes beschreibt. Auf Grund meiner morphologischen Arbeit kann ich natürlich nicht behaupten, daß die Nervenfasern des Nervus cardiacus {7i.ca. Fig. 7h) nun direkt in dem Nervus stomato-gastricus superior {n.s.g.s. Fig. 76) ihren Ursprung nehmen, sondern es wäre möglich, daß der Nervus ventriculi impar superior [n.v.i.s. Fig. 76) seine Nervenfasern weiter in den Nervus stomato-gastricus superior {n.s.g.s. Fig. 76) leitete, und daß diese ^^äederunl ihre Fortsetzung im Nervus car- diacus {n.ca. Fig. 76) fänden; dies nachzuweisen ist aber Aufgabe einer histologischen Untersuchung. Ins Rostrum geht vom Herznerven ein feiner Rostrumnerv — Nervus rostralis — , der sich über dem medianen rostralen Blutgefäß Das Nervensystem von Astacus fluviatiUs L. (Potamobius astacus L.). 511 n r — — — /?/. .mB. — n C3 Kg. 14. Innervation der Hypodermis durch den Hautnerven. Median ist die Hypodermis entfernt und die Herz- und Blutgefäßinnervierung dargesteUt; Kostrumnerv. 512 Wilhelm Keim, reich verzweigt. Der Herznerv selbst geht ohne Verzweigung bis zum Herzen; dort verzweigt er sich in drei Hauptäste, die das Herz reichhch mit Nerven versehen (s. Fig. 14 n.ca., n.r.). Rostrumnerv. (Nervus rostralis, Fig. 14, n.r.) Der Ursprung des Rostrumnerven wurde bei Besprechung des Herznerven erwähnt — ein äußerst feiner Nerv, der median über dem Blutgefäß zur Spitze zieht. Außerdem wird das Bostrum vom Haut- nerven (Nervus tegumentarius, n.t.) aus durch einen sehr feinen Nervenast (n.t.r.) auf jeder Seite innerviert. Innervierung der Hypodermis des Cephaiothorax. (Fig. 14.) Die Beobachtung der Hautnerven wird durch eingelagertes Pig- ment oft beeinträchtigt und erst nachdem der Farbstoff durch Alkohol ausgezogen worden ist, treten diese Nerven deutlicher hervor. Vom Hautnerv (Nervus tegumentarius, n.t. Fig. 2) sehen wir zwei mittel- starke Nerven zur Hypodermis gehen und von den Scheitelfortsätzen nach hinten ziehen (Fig. 14 n.t.). Diese Nerven, die wieder sehr vielen Variationen unterworfen sind, überspannen mit einem feinen Nerven- geflecht die Hypodermis des Cephaiothorax. Äußerer Mandibelnerv. (Nervus mandibularis exterior, Fig. lQa,n.me.) Nachdem nunmehr das sympathische Nervensystem besprochen worden ist, müssen wir zur Betrachtung der Schlundcommissuren zu- rückkehren, die nicht nur eine Versorgungsstelle für das sympathische Nervensystem bilden, sondern die auch einen Nerven für die äußere Mandibelmuskulatur hefern (Fig. 16a, n.me). Milne- Edwards be- schreibt schon diesen Nerven, und zwar stützt er sich auf eine frühere Angabe Cuviers; diesen Befund konnte ich bestätigen. Der Nervus mandibularis exterior (n.me.) zieht z\vischen dem Musculus abductor mandibularis (abd.ma.) und dem Musculus ad- ductor a {add.a) lateral und teilt sich in die Aste (a^ und &i), die den Musculus adductor lateralis {add.l.) und den abductor minor {abd.nii.) innervieren. Die innere Mandibelmuskulatur wird vom Unterschlund- ganglion aus mit Nerven versorgt (siehe Unterschlundganglion). Eine Erklärung für diese eigenartige Erscheinung der verschie- denen Innervierung der Mandibelmuskulatur zu geben, ist mir nicht Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 513 möglich; vielleicht kann auf Gruncl entwicklungsgeschichtlicher Ar- beiten diese Tatsache geklärt werden. Bei Allen, der die Jugend- stadien des Hummers untersucht hat, ist nichts, was diesen Punkt betrifft, erwähnt. Vielleicht kommen die Nervenfasern des äußeren Mandibelnerven auch aus dem Unterschlundganglion; histologische Untersuchungen werden diese Frage lösen können. Unterschlundganglion. (Ganglion infraoesophageum, Fig. [1. (i, la u. b, 12, 13], 15«, [17 — 21]^.«'.) Das Unterschlundganghon (gi), das wohl bei der Präparation die meisten Schwierigkeiten bietet, da es unter dem Kopfapodem liegt, ist durch Verschmelzung von mehreren Ganglien hervorgegangen. Was nun diese interessanten Verschmelzungen betrifft, so sei hier einige Literatur angeführt, die Näheres darüber angibt. Milne-Edwards sagt zuerst etwas über diese Centralisation des Nervensystems aus; diese findet nicht nur im transversalen, sondern auch im longitudinalen Sinne statt (. . . dans le sens transversal; mais qu'elle se fait aussi suivant la longueur de l'animal). BouviER spricht über verschiedene Decapoden und sagt bei den »Astacides« folgendes über die Verschmelzung des Nervensystems: >>Leur Systeme nerveux presente une concentration remarquablement plus faible dans le sens transversal, et la concentration dans le sens longitudinal est egale ou plus faible — c-[ue chez les PaUnurides .... Chez les Decapodes, la concentration du Systeme nerveux dans le sens transversal va en diminuant, ä mesure qu'on se rapproche des Brachyures. « Es sei hier ferner Kriegers Arbeit erwähnt, der auf Grund seiner histologischen Befunde zuerst das Unterschlundganghon in zwei getrennte Ganglien zerlegen wollte, später aber davon abgekommen ist, und sechs Abteilungen des Unterschlundganghons unterscheidet. Seine Einteilung begründet er folgendermaßen: »Gegen die Bezeich- nung dieser letzten Abteilung als erstes Thoracalganglion und ihre Trennung von den vorhergehenden Abteilungen spricht aber der Um- stand, daß sie ihrer Funktion nach — es geht aus ihr der Nerv für den letzten Kieferfuß hervor — zu der vierten und fünften Abteilung gehört, welche die beiden ersten Kieferfüße mit Nerven versorgen. Ich ziehe es daher jetzt vor, auch die sechste Abteilung mit zu dem Unterschlundganghon zu rechnen, besonders auch mit deshalb, weil die Bezeichnung »unteres Schlundganghon << einmal für den ganzen Knoten gebräuchlich ist.« Dieser Auffassung Kriegers schheße ich 514 Wilhelm Keim, mich an, da aus den morphologischen Befunden keine Entscheidung in dieser Frage gefällt werden kann. Daher kommen wir sofort zur Untersuchung des Unterschlund- ganglions selbst, aus dem zwölf Nerven hervorgehen (Fig. 15a). Krie- ger stellte auf Grund seiner histologischen Arbeit fest, daß vier obere und sechs untere Nerven abgehen ; zu diesen unteren Nerven kommen aber noch zwei Nerven hinzu, die bisher noch nicht angegeben worden sind. Es handelt sich um zwei Nerven, die dicht unter den Schlund- commissuren nach vorne verlaufen und deshalb wohl der Beobach- tung entgangen sind, sie innervieren die grüne Drüse und verteilen sich im Binde- gewebe des Kopfes, die Funktion dieser sehr feinen Nerven ist mir nicht wei- ter bekannt. Die Beschrei- bung des Verlaufs dieser vom Unterschlundganghon abgehenden Nerven ist von Krieger zum Teil falsch angegeben worden. MiLNE -Edwards be- schreibt ebenfalls nur zehn Paar Nerven des Unter- schlundganghons, und zwar gibt er als zweites Nerven- paar Nerven an, die an das Gehörorgan ziehen sollen ; er scheint hiermit die Nervi glandulae viridis (n.g.v.) zu meinen, die noch weiter nach vorn ziehen, aber nicht bis in die erste Antenne gehen. Nach dem verschiedenen Ursprung der vom Unterschlundganglion ausgehenden Nerven wollen wir diese Nerven auch getrennt betrachten und uns zunächst den unteren Nerven dieses Ganglions zuwenden. Fig. 15 a. Schema. Das Unterschlundganglion. Übersicht über die 7 unteren und 4 oberen vom Unterschlundganglion aus- gehenden Xerven. Nervi inferiores. 1. Nerv der grüneii Drüse. (Nervus glandulae viridis, Fig. 1, 15b, n.g.v.) Die beiden verschiedenen Innervierungsarten der grünen Drüse und der Harnblase sind schon bei Besprechung des Hautnerven er- Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 515 - \ ngv nth. Fig. 15&. Cephalothorax in der Branchiocardialfurche geöffnet, die thoracale Muskulatur entfernt des- gleichen das Harnsäckchen und das Oberschlundganglion mit den Schlundcommissuren abprä- pariert. Zeigt die Verteilung der Nerven im Kopf, im Thorax, ferner die segmentalen Thorax- nerven und die Innervierung der grünen Drüse. 516 Williclm Keim, wähnt worden; hier soll nur noch der Verlauf der Nerven selbst be- sprochen werden. Vom Hautnerv (Fig. 2 n.t.) zieht mitten unter der grünen Drüse ein Nerv nach hinten und schlingt sich um dieselbe herum dorsal; er innerviert die Harnblase, die über der grünen Drüse liegt (Fig. 6 n.v.). Die grüne Drüse selbst wird durch den Nervus glandulae viridis innerviert. Dieser Nerv, der unter den Schlundcommissuren seitlich Fig. 16a. Mandibelinnervation. Zeigt den äußeren und inneren Mandibclnerv, sowie den ersten oberen Xerv des Unterschlundganglions, abdma, Musculus abductor mandibularis; aöd mt, Musculus abductor minor. Die Öffnung zwischen den beiden Mandibeln ist hier dunkel gehalten, um das Nervensystem besonders die Brücke (br) vom Untergrund besser abheben zu können. nach vorne zieht, verteilt sich, nach Innervierung der grünen Drüse, über die er reich verzweigt hinzieht, im Bindegewebe des Kopfes (Fig. 15& n.g.v.). Die Angaben Marchals, der eingehend die grüne Drüse behandelt hat, daß eine Innervation vom Antennennerven, eine zweite vom Ge- hirn selbst stattfände, sind nicht richtig. Wahrscheinlich hat der be- treffende Autor bei seiner Beobachtung den Hautnerven mit dem zweiten Antennennerven verwechselt. .f lex. ab. Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 517 2. Innerer Mandibelnerv. (Nervus mandibularis interior, Fig. [15a], 16« u. h, n.mi.) Die Innervierung der äußeren Mandibelmuskulatur von den Schlundcommissuren aus wurde schon besprochen; es ist jetzt der vom UnterschlundgangHon ausgehende Nervus mandibularis interior (Fig. 16a, n.mi.) zu untersuchen. Der innere Mandibelnerv entspringt dicht neben den Schlund- commissuren unter dem Nervus superior primus (siehe Fig. Wan.s.i) und zieht nach vorne in die innere Muskulatur der Mandibel. Er teilt sich in vier Hauptäste, von denen der erste a zum Musculus adduc- tor posterior {add.p.) und zum Musculus abductor mandibularis {abd.ma.) geht (Fig. 16a, n.mi., a); ^'' ^ nach vorn ziehen zwei weitere Äste h und c zu dem Musculus adductor anterior (add.a.), wäh- rend der vierte Ast d die Unter- s '^ n.rnild) lippe innerviert (Fig. lQa;b, c, d). Der Nervus mandibularis interior '■ d verläuft bis in den Taster der ^:" ^ Mandibel und innerviert die Mus- culi flexores. Eine weitere Unter- ^°' , , ,, . __ . ■ Mandibel weiter aufiiräparieit. suchung der temsten Verzwei- gungen in der Unterlippe wurde nicht vorgenommen. 3. Nerv der ersten Maxille. (Nervus maxillaris anterior, Fig. [15a], 17, n.tn.Xi.) Als dritter unterer Nerv verläßt der Nerv der ersten Maxille das Unterschlundganglion; er zieht unter dem Musculus dorso-ventralis anterior (d.v.a.) nach vorn und verläuft über dem Musculus levator (lev.) in den gegliederten Endopoditen der ersten Maxille. Entspre- chend der reichen Muskulatur ist die erste Maxille mit vielen Nerven versehen, die sich schließUch in dem Coxo-, Basi- und Endopoditen stark verzweigen und sich in die einzelnen Sinnesborsten begeben (Fig. 17). Ein erster Nerv a teilt sich in zwei Nebenäste, von denen der eine den Musculus abductor coxopoditis {ahd.c.) und den Musculus promotor (prom.) innerviert, der andre die Musculi remotores a und b {rem. a u. h) versorgt, ferner werden von ihm zahlreiche Aste in das Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 34 518 Wilhelm Keim, Bindegewebe abgegeben. Weiter innerviert auf der gegenüberliegen- den Seite des Endopoditnerven ein Ast h den Musculus adductor lateralis und medialis coxopoditis {add.l.c. und add.me.); der dritte abgehende Nerv c versorgt den Musculus levator {lev.) und depressor (depr.) mit Nerven; ein schwacher Nerv d ist noch zu erwähnen, der in das Coxopodit geht — Nervus coxopoditis, desgleichen seien nach ihrem weiteren Verlauf diese andern Nerven als Nervus basipoditis (Fig. 17, n.ba.) und Nervus endopoditis (Fig. 17, n.mxi endo.) bezeich- net. Der Nervus endopoditis innerviert noch einen stärkeren Muskel, Fig. 17, Erste Maxille dorsal aufpräpariert; zeigt den vorderen Teil des Untersclilundganglions mit dem ersten Maxillarnerven. den Musculus adductor endopoditis {add.end.). Die drei letztgenannten Nerven verzweigen sich reich in den einzelnen Gliedern der ersten Maxille (Fig. 17 c, d, n.mxi endo.). 4. Nerv der zweiten Maxille. (Nervus maxillaris posterior, Fig. [15«], 18, n.m.Xz-) Die Innervierung der zweiten Maxille geschieht durch den vierten unteren Nerven des Unterschlundgaiiglions. Vom Ganglion infra- oesophageum {(j.i.) zieht dieser Nerv nach der medianen Insertions- stclle des Musculus respiratorius h {rh)\ dort verzweigt er sich den- Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potaniobius astacus L.). 519 dritisch in vier Hauptäste a, b, c, d (Fig. 18), von denen der Ast a sich teilt und Coxo-, Basi- und Endopodit innerviert, so daß wir hier ana- log der ersten Maxille wieder den Nervus coxopoditis, basipoditis und endopoditis erkennen; seitlich werden von ihnen feinere Nervenäste in das Bindegewebe abgegeben, die sich dort diffus verteilen. Der Nervus endopoditis innerviert wieder den Musculus adductor endo- poditis (Fig. 18, add.end.). Der etwas dünnere Ast b versorgt den Musculus adductor coxo- poditis {add.c), den Musculus respiratorius e (re.) und geht weiter £n Fig. 18. Innervation der zweiten Maxille: dorsal geöffnet. ins Scaphognathit, wo er den Musculus flexor scaphognathitis {flex. scg.) versorgt. Der stärkste dieser Nerven c innerviert das Scapho- gnathit und von den sieben Muskeln, die zur Atemfunktion dienen, die Musculi respiratorii a, d, /, g {ra, rd, rf u. rf/) und den Musculus promotor {prom.) und remotor {rem.). Die Musculi respiratorii b und c {rb u. rc) werden vom letzten Nervenast d versorgt. Die Depressoren (Musculi depressores, depr.) werden von einem besonderen Nerven e innerviert (Fig. 18 a, b, c, d, e), jedoch sind auch hier wieder Ab- weichungen festzustellen. 34* 520 Wilhelm Keim, Während die Extremitäten des Kopfes, entsprechend ihrer ver- schiedenen funktionellen Ausgestaltung, sich nicht auf einen gemein- samen Grundplan zurückführen lassen, ist bei den folgenden Extre- Fig. 19. Erster Kieferfuß; zeigt die Innervierung vom Untersclüuiulgiingliou aus. mitäten ein gemeinsamer Bauplan zu erkennen; allerdings macht hiervon der erste Kieferfuß noch eine Ausnahme. Den Typus der thoracalen P^xtremitäteninnervierung stellt Fig. 22 und 22 a dar, die das zweite Gehfußpaar veranschaulichen. Das Nervensystem von Astaeu.s fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 521 5. Nerv des ersten Kieferfußes. (Nervus pedis maxillaris primus, Fig. [loa], 19, n.p.m.x^.) Die nun folgenden drei unteren Nerven des Unterschlundgan- glions sind für die Innervation der Kieferfüße bestimmt. Der Nerv des ersten Kieferfußes zieht über den Musculus promotor medialis {prom.m.) zum Endopodit, lateral gibt er einen Ast (Nervus basipo- ditis, Fig. 19, n.ba.) zum Basipoditen ab, der den Musculus levator (lev.) und depressor (depr.) innerviert und dann im Bindegewebe des Basipoditen sich reichlich verzweigt. Der Hauptnerv zieht über den Musculus reductor endopoditis {red.end.) und adductor exopoditis {add. ex.) hin, innerviert chese und sendet weitere Nerven in den Exo- und Endopodit (Nervus exopoditis und endopoditis, Fig. 19, n.exo. und n.endo.). Von diesen letzteren verzweigt sich der Nervus exopoditis sehr reich, innerviert den Musculus abductor flagellae (abd.fl.) und versorgt die Sinnesborsten des Flagellums (Nervus flagellae, u.ß. Fig. 19). Die Musculi attractores epipoditis (attr.ep.) und promotores mediales (prom.m.) und laterales {prom.l.) werden von zwei seitlichen Nerven a und h des ersten Kieferfußnerven versorgt; desgleichen geht über dem Musculus reductor endopoditis {red.end.) ein Nervenast n.ep. in den Epipodit (Nervus epipoditis, Fig. 19 n.ep.). 6. Nerv des zweiten Kieferfußes. (Nervus pedis maxillaris secundus, Fig. [15o]. 20, n.p.m.x.!.) Hinter dem Nervus pedis maxillaris primus entspringt der zweite Kieferfußnerv. Er zieht zwischen dem Musculus levator a {lev. a), dem promotor {proni.) und dem remotor {rem.) einerseits und dem Musculus depressor a {depr. a) anderseits hindurch, entsendet dorsal den Ast a zum Musculus promotor {prom.), den Ast b, der sich teilt, zum Musculus levator a (lev.a) und remotor {rem.). Der Hauptnerv zieht weiter in den Exopoditen (Nervus exopoditis, Fig. 20 n.exo.), seitwärts gibt er zunächst den Nervus podobranchialis {n.po.) ab, der in den unteren Teil der Podobranchie einmündet und seinerseits meder den Musculus depressor b {depr. b) mit Nerven versorgt. Der Nervus flagellae {n.fl.) verhält sich analog dem Nerven in dem Flagellum des ersten Kieferfußes, er zieht über den Musculus abductor flagellae (abd.fl.) nach vorn, inner\dert diesen und entsendet viele feine Ner- venäste in die Sinnesborsten. Ein zweiter Hauptnerv zieht über den Musculus productor.2 (prod.o), den Musculus adductorg (add.^) usw. in den Dactylopodit, indem er jedes einzelne Glied mit Nerven ver- 522 Willielin Keim, sorgt und an jeden Muskel (Musculus adductorg (add.^), abductorg (abd.^), productor4 {prod.^), productor^ (prod.^) einen Nerven abgibt. Im Dactylopodit verläuft der Nerv fein verteilt in die Sinnesorgane. Ey abd Fig. 20. Zweiter Kieferfuß; zeigt außer der Innervation des zwcitrn- Kieferfußes die drei letzten oberen ^Nerven des Unterseliluiultiaiiglions. 7. Nerv des dritten Kieferfußes. (Nervus pedis maxillaris tertius, Fig. [1.5«], 2\, n.p.m.xs). Der dritte Kieferfuß ist in der Nervatur den Gehfüßen am ähnlichsten; der Exopodit ist kleiner und der Endopodit größer ge- worden, dementsprechend ist auch die Innervation modifiziert worden. Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potaniobius astacus L.). 523 Zmschen Musculus promotor (prom.) und levator a {lev.a) zieht der Nervus pedis maxillaris tertius in den Coxopoditen, er innerviert — _ /7 exo n po \ - -"/" Fig. 21. Dritter Kieferfuß dorsal geöffnet. Hinterer Teil des UnterscMundganglions mit dem dritten Kiefer- fußnerven. (Die Musculi abductores exopoditis und extensores 4 + 5 sind abpräpariert.) diese beiden Muskeln und den Musculus remotor {rem.), ferner den Musculus depressor a (depr.a). Ein stärkerer seitlicher Ast zieht in 524 Wilhelm Keim, die Podobranchie — Nervus podobranchialis (n.po.) — und inner- viert die Musculi depressores a^ (depr.ai) und (6 depr.h). Der Haupt- nerv zieht über die vordere Insertionsstelle des Musculus depressor a {depr.a) nach vorn, innerviert mit feinen Seitennerven den Musculus levator h (lev.b), den abductor exopoditis {abd.ex.) und den levator c (lev.c), dann teilt er sich in zwei Äste, den Nervus exopoditis {n.exo.) und Nervus endopoditis {n.eyido.). Über den Verlauf des ersten ist nicht viel zu sagen, er verzweigt sich sehr stark und zieht schließlich analog dem eben beschriebenen Flagellumnerven (Nervus flagellae, n.jl.) in die Sinnesborsten des Flagellums (Fig. 20 u. 21). Dagegen teilt sich der Nervus endopoditis in die typischen drei Nervenäste: Nervus externus, medius und internus. Der Nervus internus (Fig. 21 yi.int.) innerviert den Musculus flexorg {flex.o), während die beiden andern Nerven weiter nach vorne ziehen. Der Nervus externus (n.ex.) wird im Meropoditen sehr fein und verteilt sich hier diffus im Bindegewebe. Der Nervus medius {n.m.) innerviert die Muscuh productoress (prod.^) und reductoresg (red.^) und ferner die Musculi flexores 4 + 5 {flex. 4+5) und exten- sores 4+5 {ext. 4+5), alsdann verzweigt er sich wie bei den beiden ersten Kieferfüßen stark im Dactylopodit (Fig. 21). Nervi superiores. (Nervus superior primus — quartus.) Es sind jetzt nur noch die vier oberen vom UnterschlundgangUon ausgehenden Nerven zu besprechen, die bedeutend dünner sind als die eben beschriebenen unteren Nerven und deren Funktion Krieger zum Teil falsch angegeben hat. Die drei hinteren von ihnen dienen zur Innervation der dorso-ventralen Muskeln und der am zweiten Thoracalsegment ansetzenden Längsmuskeln, und zwar wollen wir nach ihrem Verlauf diese Nerven betrachten. 1. Nervus superior primus. (Fig. [15a]. 16a u. 17, n.Si.) Der erste obere Nerv (w.s.j), der die dorso-ventrale Muskulatur, die Musculi dorso-ventrales anteriores (Fig. 16a; d.v.a.) und posteriores (Fig. 16«; d.v.]).) innerviert, wurde schon bei Besprechung des Man- dibelnerven erwähnt. Es soll nur noch hinzugefügt werden, daß er dicht an dem Musculus dorso-ventralis posterior (Fig. 17 d-V-p.) ent- lang nach außen läuft, und daß er auch die äußeren Insertions- stellen der Musculi abductores coxopoditis (Fig. 17 abd.c.) und ad- Das Nervensystem von Astaciis fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 525 diictores laterales coxopoditis (Fig. 17 add.l.c.) der ersten Maxille innerviert, weitere Aste verteilen sich im Bindegewebe des Cephalo- thorax. Von diesem Nerv sagt Krieger: >>Er ist von ansehnlicher Stärke und versorgt, soviel ich sehen konnte, die Muskeln der Flagella . . . « Diese Beobachtung Kriegers kann ich nicht bestätigen; es handelt sich hier um eine ganz getrennte Innervierung der dorso-ventralen Muskulatur. 2. Nervus superior secundus. (Fig. 6 u. 26, n.S2.) Der zweite obere Nerv zieht vom Unterschlundganglion dicht vor der Insertionsstelle der Musculi thoracales anteriores {tli.a.) unver- zweigt in den Musculus thoracalis anterior lateralis (th.a.l.) und den Musculus attractor epimeralis {attr.ep.), sowie in die laterale Hypo- dermis des Thorax. 3. Nervus superior tertius. (Fig. 6 u. 26, n.S3.) Dieser dritte Nerv versorgt nicht nur die Musculi thoracales an- teriores (th.a.) mit Nerven, sondern sendet ebenfalls einen Nervenast zum Musculus attractor epimerahs (attr.ep.). Entsprechend der seg- mentalen Natur der ventralen Längsmuskelu im Thorax dienen beide Nerven, die als letzte stärkere Nerven vom Unterschlundganglion ausgehen, nicht zur Innervierung der ganzen Längsmuskeln, sondern jedes einzelne Segment dieser Muskeln empfängt aus den folgenden Thoracalganglien einen segmentalen Nerven. 4. Nervus superior quartus. (Fig. 6, n.s^.) Der letzte sehr schwache Nerv des Unterschlundganglions zieht über das Mesophragma des zweiten Thoracalsegmentes zu den Mus- culi ventrales superficiales thoracis {v.s.th.) und verteilt sich diffus im median gelegenen Bindegewebe des Thorax. Thoracalganglien. (Ganglion thoracale primum — quintuni, g.th.i 5 Fig. 1, 13, 26.) Die fünf Thoracalganglien liegen an der ventralen Seite des Cephalothorax in einer Rinne, die aus festen Skeletteilen gebildet wird. Diese Rinne ist über den drei ersten Ganglien des Thorax zu einem Kanal geschlossen. Die beiden letzten Thoracaljianshen hegen dicht 526 Wilhelm Keim, zusammen, der Hauptnervenstrang weicht auseinander und läßt das sternale Blutgefäß durchtreten. Da die thoracalen GangUen auf einen bei weitem kürzeren Raum zusammengedrängt sind als die Ansatz- stellen der fünf Gehfüße, so muß jeder der aus ihnen entspringenden stärkeren Nerven sich unter einem andern Winkel zur Län2;sachse des Bauchstranges seinem Bestimmungsort zuwenden. Aus jedem Thoracalgangiion, die im wesenthchen im Bau über- Fig. 22. Zweites Gehfußpaar. Typische Innervation der thoracalen Extremität, Tliorax im Querschnitt dargestellt, Extremität dorsal aufpräpariert. einstimmen, gehen zwei Nerven ab: ein stärkerer Nerv innerviert die Gehfüße (Nervus pedalis), ein schwächerer Nerv die Muskulatur des Thorax (Nervus thoracalis). Gehfußnerv. (Nervus pedalis, Fig. 1, 22 und 22«, n.p.) Da die Innervation der öchreitfüße untereinander ganz analog ist, so soll zunächst der zweite Gehfuß betrachtet werden. Der Geh- Das Ne^vcns5^steln von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 527 fußnerv zieht zwischen dem ]\Iuscuhis promotor (prom.) und deprcssor {depr.a).) lateral und gibt bald nach seinem Austritt aus dem GangUon mehrere Nervenäste ab, die die Muskulatur des Coxopoditen mit Ner- Fig. 22 ö. Linker Gehfuß (fünftes Thoracalsomit) Thoracalganglion, Nervus pedalis2 (np) teilt sicli in die drei Äste: Nervus externus {n.ex), medius (n.m) und internus {n.int). ven versorgen. Ein stärkerer Nerv — Nervus superior — (Fig. 22 und 22a, n.su.) läuft nach oben, innerviert die Musculi remotores a, b, c {rem. a, h, c) und versorgt dann, indem er sich reich verzweigt, die Kiemen mit Nerven. Der Hauptnerv läuft durch den Coxopodit 528 Wilhelm Keim, zwischen dem Musculus levator b {lev. h) und depressor a {depr. a) hindurch, innerviert sie, desgleichen den Musculus promotor (prom.) und die Musculi levatores {a und c) (lev. a u. c) des Coxopoditen und durchzieht als ein Hauptnervenstrang Basi- und Ischiopodit, die Mus- culi reductores «i, «2 und h^, ho, {red. cii, 02... &i, ?>2) innervierend. Im Gelenke zwischen Ischio- und Meropodit teilt sich der einfache Nerv in drei Aste, den Nervus externus, medius und internus. Nervus externus (Fig. 1. 22 und 22a, n.ex.) innerviert den Musculus adductorg {add^) und reductor4 {red^), zieht dann in den Musculus abductors {ahd^) des Propoditen und verläuft an der Externseite des Propodits fein verteilt im Bindegewebe. Nervus medius. (Fig. 1. 22 und 22a, n.m.) Der mittlere Nerv versorgt den Musculus abductor «3 {ahd. «3) und productor4 (prod^), sowie den adductorg {add^) des Propoditen. Im Dactylopodit verläuft er alsdann reich verzweigt, indem er den Nervus internus überkreuzt. Ihm fällt auch die Aufgabe zu, die ein- zelnen Gelenkhäute mit Nerven zu versorgen. Nervus internus. (Fig. 1, 22 und 22a, nJnt.) Dieser an der Internseite der Gehfüße verlaufende Nerv geht stets dicht unter der Hypodermis bis in den Propodit, wo er sich in der Hypodermis reich verzweigt. Die drei ersten Schreitfüße sind, was die Innervation betrifft, ganz analog gebaut. Bei den beiden letzten Gehfüßen verteilt sich der Nervus externus schon in der Hypodermis des Carpoditen, da bei diesen beiden Extremitäten keine Schere ausgebildet ist. Die Schere ist dem zweiten Gehfuß ganz gleich gebaut, nur daß hier die Nerven entsprechend der stärkeren Ausbildung auch stärker ent- wickelt sind. Was die Anastomosen in den quergestreiften Muskeln betrifft, so habe ich die Untersuchungen Mangolds bestätigt gefunden, daß: »Auf den breiten Muskelfasern die feinen Doppelnerven verlaufen, deren beiderseitige Ästchen nach Übergang der Nervenscheide ins Sarcolemm sich innerhalb des letzteren verzweigen und die kontrak- tile Substanz umfassen, umspinnen, ohne jedoch auch nur Spuren von Anastomosen und Netzen zu bilden. Ich habe noch in keinem Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 529 quergestreiften Skeletmuskel eines Arthropoden eine nerveise Ana- stomose gesehen.« Der Thoracalnerv. (Nervus -thoracalia, n.tli. Fig. 1, n.th.i 5 Fig. 6, 26.) Der zweite Nerv, der von dem Thoracalganglion ausgeht, zieht über die Musculi ventrales superficiales thoracis (Fig. 6 v.s.th.), die er zunächst innerviert, dann unter den Musculi thoracales anteriores (Fig. 26 th.a.) hindurch zur Epinieralplatte, zieht dicht an derselben tergal und innerviert den Musculus attractor epimerahs (Fig. 26, attr.ep.), und zwar ebenfalls segmental; ferner die Musculi laterales thora- cis (Fig. 26, l.), so\vie die Musculi dorsales profundi (Fig. 26, d.j).) und den lateralen Teil der Musculi dorsales thoracis (Fig. 26, d.th.) und schließlich den Musculus contractor epimeralis; daß er auch noch die segmentalen Teile der Längsmuskeln des Thorax innerviert, ist schon oben erwähnt worden. Eine Abweichung zeigt der Nervus thoracalis beim dritten Tho- racalganglion beim Weibchen und beim fünften thoracalen Ganghon beim Männchen, indem nämhch dort ein stärkerer Genitalnerv von ihm abgegeben wird. Der Genitalnerv. (Nervus genitalis, Fig. 1, n.ge.) Entsprechend der verschiedenen Endigungsweise der Geschlechts- organe beim Flußkrebs — beim Männchen am fünften Gehfußpaar, beim Weibchen am dritten — findet auch eine verschiedene Inner- vation der Geschlechtsorgane statt. Beim Männchen gibt der fünfte Thoracalnerv einen Seitenast (Nervus genitalis, Fig. 1 ti.ge.) ab, der zu der Geschlechtsöffnung führt. Hier zieht dieser Nerv in den Ring, der diese Öffnung umgibt, während ein zweiter Nervenast an das Vas deferens sich begibt und von der Ge- schlechtsöffnung dorsal zum Hoden läuft, indem er sich zwischen dem vielfach gewundenen Samenleiter hindurch an die Keimdrüse begibt. Beim Weibchen geht dieser Genitalnerv vom dritten Thoracalnerv ab, zieht zur Mündung des Eileiters und geht analog dem Genital nerv beim Männchen an den Oviduct und das Ovarium; er ist bedeutend kürzer als der Genitalnerv beim Männchen, entsprechend der kurzen Beschaffenheit des Eileiters im Vergleich zu dem langen Samen- leiter. 530 Wilhelm Keim, Wie schon bei der Innervation des Darmes hervorgehoben wurde, gehen keine stärkeren Nervenäste von den vorderen Eingeweidenerven zu den Geschlechtsorganen. Die Darminnervation und die Innervie- rung der Geschlechtsorgane ist also eine ganz getrennte und steht in keinem Zusammenhang. Entsprechend der verschiedenen ent- Avicklungsgeschichtüchen Anlage, der mesodermalen Keimdrüse und der ectodermalen Geschlechtsöffnung sollte man auch, wie bei der grünen Drüse und der Harnblase, eine verschiedene Innervierung er- warten; diese Annahme ist aber bei den Geschlechtsorganen nicht richtig, oder nur mikroskopisch feine Nerven könnten diesen Zusam- menhang herstellen. B. Abdomen. Die Abdominalganglien sind nicht so stark als eigentliche Gan- glien ausgeprägt wie die Thoracalganglien, sie stellen knotenartige An- schwellungen der Längscommissuren dar und liegen tergal über der unteren Abdominalarterie und dem Sternum der Abdominalsomite. Hier finden wir wieder die größte Übereinstimmung, was den Bau des Gan- glions selbst und die daraus entspringenden Nerven betrifft. Wie bei Besprechung der Thoraxganglien soll deshalb nur das dritte abdominale Ganglion näher beschrieben werden und bei den einzelnen Extremitäten nur der Besonderheiten gedacht werden (Fig. 1, 25 und 2Q g.a.i_^). Dicht nebeneinander kommen aus dem Abdominalganglion zwei. Nerven hervor, von denen der erste Nerv, Nervus pedis spurii (Fig. 1, 23, 24, 25, n.p.s.), direkt in die Extremität zieht; der zweite hervor- gehende Nerv, Nervus dorso-lateralis (Fig. 1, 25 und 27, n.d.l.), inner- viert besonders die obere Stammesmuskulatur des Abdomens. Etwas hinter diesen ersten beiden Nerven entspringt als dritter Nerv der Nervus ventralis, der in die Musculi obliqui {ohJ. Fig. 25 und 27) zieht und diese innerviert. Schwimmfußnerv. (Nervus pedis spurii, Fig. 1, 23, 24, 25, n.p.s.) Der erste vom Abdominalganghon abgehende Nerv zieht unver- zweigt bis in den Coxopoditen der Abdominalextremität (Fig. 23, 24 und 25 n.f.s.). Hier zieht zunächst ein oberer Nerv (Nervus supe- rior, n.su. Fig. 23 und 24) in den Musculus remotor (rem.) und den Musculus rotator dorsalis {rot.d.) ; der Musculus rotator ventraUs (rot.v.) wird von einem besonderen Nerven (a) versorgt. Ein weiterer Ner- venast (Nervus pleuralis, n.pleu. Fig. 24) zieht in die Pleuren der Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 531 Abdominalsoniite und verteilt sich dort reichlich im Bindegewebe. Alsdann teilt sich der Nervus pedis spurii wieder in drei Aste, in den Nervus externus {n.ex. Fig. 24), den Nervus medius {n.m. Fig. 24) und den Nervus internus {n.int. Fig. 24), von denen der erste den Musculus abductor. exopoditis (abd.ex.) und den Musculus flagellae '— — n SU Fig. 23. Penis dorsal geöffnet; der Xervus pedis spurii mit dem Xervus internus und Xervus "externus, der Xervus medius reduziert exopoditis {f lag. ex.) innerviert, und zwar verläuft er unter dem Mus- culus abductor exopoditis (abd.ex.) (Fig. 24 n.ex.). Der Nervus medius zieht über den Musculus reductor b {red b Fig. 24), innerviert diesen und läuft alsdann in den Endopoditen, er innerviert außerdem noch den Musculus adductor endopoditis {add.end.) und den ^lusculus ab- ductor endopoditis {add.end.) und ferner den Musculus flagellae 532 Wilhelm Keim, endopoditis {flag.end.) (Fig. 24 n.m.). Der Nervus internus (Fig. 24 n.int.) ist viel schwächer als die beiden eben beschriebenen Nerven, von ihm wird die Hypodermis des Basipoditen innerviert; zwischen Basi- und Endopodit verzweigt er sich reich und zieht nicht mehr weiter in den Endopoditen (Fig. 24 w.mi.). Beim Penis ist die Innervation ganz analog, hier ist nur der Ner- vus medius reduziert; während der Nervus superior bestehen bleibt, desgleichen die übrigen Nerven, der Nervus intei'nus wird stärker -nple. Fig. 24. Typische Abdominalfußinuervation - dritter Abdominalfuß - zeigt den Nervus pedis spurii mit seinen drei Hauptästen, dem Nervus externus, medius und mternus. ausgebildet und zieht auf der Internseite des Penis bis in die Spitze (Fig. 23, n.int; n.ex.). Beim Weibchen können wir ebenfalls in dem stark reduzierten ersten Abdominalanhang dieselbe Innervierung feststellen, nur daß hier die Nerven entsprechend feiner geworden sind. Der zweite Anhang des Abdomens beim Männchen unterscheidet sich insofern, als hier der Internnerv (Nervus internus, Fig. 23 und 24 n.int.) bis in die Spitze der eingerollten Platte des Endopoditen geht, während der Nervus medius das geghederte Ende des Endopo- diten mit Nerven versorgt. Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potaniobius astacus L.). 533 Nervus dorso-lateralis. (Fig. 1, 25, 27 71. d.i.) Dicht hinter dem Nervus pedis spurii (Fig. 23, 2i und 25 n.p.s.) verläßt der Nervus dorso-laterahs das AbdoniinalgangUon (Fig. 25 nfe/v ff^l - nps — - - n ven 9^5 ~ 9P — n tel d \ Fig. 25. Abdomen ventral geöffnet; auf der linken Seite sind die Musculi obliqui bis auf den letzten entfernt. Erstes bis fünftes Abdominalganglion, sowie das Schwanzganglion mit den abgehen- den Xerven. '--.fi.l.). Er verläuft zwischen dem Musculus transversus abdomiuis ventraUs {tr.a.v. Fig. 25) und dem Musculus obliquus anterior {ohl.a. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIIT. Bd. 35 534 Wilhelm Keim, Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potamobius astacus L.). 535 Fig. 25) nach der Seite, liegt dicht auf dem Musculus transversus ab- dominis ventraUs {tr.a.v. Fig. 25) auf und zieht lateral um die Stammes- muskulatur herum dor.sal. Auf der Grenze zwischen dem Musculus transversus abdominis {tr.a. Fig. 27) und dem Musculus obhquus anterior {obl.a. Fig. 27) geht er median in die Musculi dorsales (Fig. 27 n.d.l.). Von ihm werden die Musculi transversi und entsprechend der segmentalen Anordnung auch die in dem betreffenden Segment liegenden Musculi dorsales und laterales (diese Muskeln sind auf der Figur nicht zu sehen, Musculi dorsales, Fig. 26 d.a.ni.) innerviert, ferner hat der Nervus dorso-lateraUs noch die Aufgabe, die Hypoder- mis des x^bdomens zu innervieren. Nervus ventralis. (Fig. 1, 25, n.ven.) Ein kurzes Stück hinter den eben beschriebenen, vom Abdomi- nalganghon ausgehenden Nerven entspringt aus den Längscommis- suren der ventrale Nerv (Fig. 25 & n.ven.). Er zieht in die Musculi ob- liqui (obl.), zwischen dem Musculus obhquus anterior (obl.a.) und dem Musculus obhquus posterior (obl.p.) hindurch dorsal, von ihm werden außer den genannten Musculi obliqui noch die Musculi ventrales superficiales abdominis (v.s.a.) und die Musculi profundi (Fig. 26 v.p.) innerviert. Schwanzganglion. (Ganglion postabdominale, Fig. 1, 25, 20, 28a u. h, g.p.) Dieses letzte Ganglion ist etwas stärker als die besprochenen Abdominalganglien, aus ihm entspringen elf Nerven, die die Uro- poden und das Telson mit Nerven versorgen, desgleichen geht aus dem Schwanzganghon der unpaare Darmnerv (Fig. 13 n.i.a. und n.i.]). Fig. 26 n.in.) hervor, der bei Besprechung des sympathischen Nerven- systems schon eingehender behandelt worderi ist. Der Verlauf der übrigen Nerven ist in den Fig. 28 a und b dargestellt. Der erste Nerv des Schwanzganglions — • Nervus anterior — zieht zwischen dem Musculus obliquus anterior^ {obl.a-^) nach außen über den Musculus remotor laterahs (reiw.L) hinweg und innerviert den Musculus rotator ventrahs {rot.v.) und dorsahs {rot.d.); seine weiteren Aste ver- sorgen die Pleuren des letzten Segmentes mit Nerven (Fig. 286, n.ant.). Nervus uropedalis {n.ur.), der zweite vom Schwanzganghon ab- gehende Nerv, zieht z^vischen dem Musculus rotator dorsalis {rot.d.) und dem Musculus obliquus anterior^ {obl.a-^) hindurch in den Exo- 35* 536 Wilhelm Keim, poditen des Uropoden, innerviert die Musculi remotores (rem.), des- gleichen die Musculi abductores exopod[tifi{abd.ex.), sowie den Musculus adductor {add.ex.), productor {'prod.ex.) und reductor exopoditis {red.ei.) und verzweigt sich dann dendritisch im Exopoditen (Fig. 286, n.ur.). nd/ -nfeld Fig. 27. AbdoiiH'ii dorsal geöffnet — Doreolateralnerv i 5. Der Nervus telsonos vcntralis {n.tel.v.) zieht der Sehne des Mus- culus obhquus anterior 7 parallel unter dem Musculus diiatator ani (d.an.) und dem Musculus comprcssor ani (c.an.) her in den Endopo- diten (Fig. 28 w.^e/.?\). Von ihm werden der Musculus telsonos uro- pedalis anterior (t.u.a.) und posterior {f.ii.p.), sowie der Musculus adductor {add.end.) und abtluctor endopoditis {nhd.end.) und schließlich Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potaniobius astacus L.). 537 der Musculus dilatator (d.an.) und compressor ani {c.an.) innerviert (Fig. 28b n.tel.v.). Der dorsale Telsonnerv — Nervus telsonos dorsalis [n.tel.d.) — • geht zwischen dem Musculus compressor ani {c.an.) und dem Mus- Fig. 28 a. Scheinatische Darstellung des Schwanzganglions Fig. 28&. Schwanzganglion und seine Nerven, ventral gesehen. — - — n. tel. f. add end 538 Wilhelm Keim, culus flexor telsonos anterior {jl.t.a.) und posterior (fl.t.p.) hindurch ins Telson, er innerviert die beiden Musculi flexores {ll.t.a. und fl.t.f.) und verzweigt sich alsdann sehr stark, um in die Sinnesborsten des Telsons hineinzugehen (Fig. 28, n.iel.d.). Als letzter Nerv des SchwanzgangUons ist noch der Nervus ani {n.an.) zu nennen, der keine stärkeren Muskeln versorgt, sondern sich in der Muskulatur des Anus verteilt (Fig. 28?>, n.an.). Zur schnellen Orientierung über die Ganglien und die abgehenden Nerven sei nachstehende Tabelle zugefügt, die eine Übersicht über das centrale und sympathische Nervensystem von Ästacus fluviatilis gibt, sie stellt zusammenfassend die besprochenen Ganglien mit den daraus entspringenden Nerven dar (vgl. Fig. la und b). Zum Schluß der vorliegenden Arbeit sei es mir gestattet, meinem verehrten Lehrer, Herrn Geh. Keg.-Kat Prof. Dr. E. Korschelt für die Anregung zu derselben, für das stete gütige Interesse und seine jederzeit bereite Unterstützung meinen aufrichtigen Dank zu sagen. Auch den Herren Prof. Dr. C. Tönniges und Dr. W. Harms bin ich für ihre freundhchen Eatschläge bei Ausführung der Untersuchungen zu Dank verpflichtet. Marburo- i. H., Juh 1914. Das Nervensystem von Astacus fluviatilis. A. Cephalothorax. Ganghon supraoesophageum (Oberschlundganghon) g.s. Nervus opticus (Augennerv) tio^. Nervus oculomotorius (Augenmuskelnerv) no2- Nervus tegumentarius (Hautnerv) nt. Nervus antennahs primus (Nerv der ersten Antenne) nui. Nervus antennahs secundus (Nerv der zweiten Antenne)wa2- Nervus ventricuh inipar superior (oberer unpaarer Magen- nerv) nvis. Nervus ventriculi impar inferior (miterer unpaarer Magen- nerv) nvii. Nervus commissurae (Schlundconnnissur) nc. Ganglion commissurae (Commissurenganglion) gc. Nervus oesophagei superior (oberer Oesophagusnerv) nos. Nervus oesophagei inferior (unterer Oesophagusnerv) noi. Das Nervensystem von Astacus fluviatilis L. (Potaniobius astacus L.). 539 Ganglion oesophagei (Oesophagusganglion) goe. Nervus stoiiiato-gastricus inferior (unterer Hauptmagennerv) nsgi. Ganglion frontale (Stirnganglion) g.f. Nervus stomato-gastricus superior (oberer Hauptmagennerv) n s g s. Nervus cardiacus (Herznerv) nca. Nervus rostralis (Rostrumnerv) nr. Ganglion ventriculi superius (Magenganglion) gv. Nervus ventriculi dorsalis (dorsaler Magenuerv) nvd. Nervus ventriculi anterior nva. Nervus ventriculi medius 7ivni. Nervus ventriculi posterior nvp. Nervus ventriculi medianus dorsalis 7imed. Nervus ventriculi lateralis (seitlicher Magennerv) nvl. Nervus hepaticus (Lebernerv) nh. Nervus ventriculi inferior posterior (hinterer Magennerv) nvip. Nervus mandibularis exterior (äußerer Mandibelnerv) nme. Ganglion infraoesophageum (Unterschlundganglion) gi. Nervus glandulae viridis (Nerv der grünen Drüse) ngv. Nervus mandibularis interior (innerer Mandibelnerv) nmi. Nervus maxillaris anterior (Nerv der ersten Maxille) nmxj. Nervus maxillaris posterior (Nerv der zweiten Maxille) nmx2- Nervus peths maxillaris primus n^mx-^. |(Nerv des ersten Nervus pedis maxillaris secundus w/jmxg.J'bis dritten Kief er- Nervus pedis maxillaris tertius npmx^. j fußes). Nervus superior primus — quartus (erster bis \'ierter oberer Nerv) MSi_4. Ganghon thoracale primum — quintum (erstes bis fünftes Thora- calganghon) gth-^__^. Nervus pedalis (Gehfußnerv) g Pi_5- Nervus thoracalis (Thoraxnerv) w ^ J3 ^q 'ä ii ;_J C --; •fj ^ ^ :« r, Ph < f^ f5 -s 3 5 o C3 3 Ä •3 g ■^ CK •S < a c; ^ s H ^ « y O o ^ '^ 'o cq to t^ ?4 ^ H ■o a 'S o •" a '" -C! '- 7^ t(l HH '^ 'f« ^ n J5 P^ ■A ^ •Ü 554 Wilhelm Flössner, des Querschnittes heben sich die Lagen voneinander ab. Die Anwachsstreifen lassen sich auf dem Periostracum als wellenartige Erhöhungen und Vertiefungen erkennen. .Senkrecht zu den Anwachs- streifen verlaufen dicht gedrangt feine, wellenförmige, oft unterbro- chene Linien, wie es auch schon v. Nathusius-Königsborn angibt. 5. Die Struktur der Schale. A. Allgemeines. Bei der Schilderung der Struktur möchte ich, um dem Leser das Verständnis zu erleichtern, gerade umgekehrt vorgehen wie bei meinen Untersuchungen. Meine sämtlichen Strukturlülder wurden zu einem idealen Ausschnitt (Fig. 8) aus der Schale verarbeitet, und zu dessen besserm Verständnis wurde noch ein Schema entworfen (Fig. 7), das sich mehr den natürlichen Verhältnissen anschmiegt, einen Übergang bildet von dem ganz primitivem Schema (Fig. 1) zum Idealausschnitt (Fig. 8). Es bleibt so dem Leser die Mühe erspart, sich die Schliff- bilder räumlich vorzustellen und die verschiedenartigsten Bruch- stücke entsprechend den Schliffbildern den einzelnen Schichten zuzuord- nen. Aber dennoch wnrd er sich eine Vorstellung von der Schwierigkeit der Untersuchung machen können, zumal hier zum ersten Male eine Schneckenschale, die von Helix pomatia, in allen ihren Schichten in voller Ausführlichkeit genau beschrieben wird, was, soweit ich die Literatur übersehe, bis jetzt noch bei keiner Schneckenschale der- artig geschehen ist. Das Schema in Fig. 7 zeigt uns wiederum die beiden äußeren Schalenschichten (A^ und A2) von Helix pomatia. Die Zahl der sie zusammensetzenden Platten ist vergrößert, die Plattenrichtung ist dieselbe wie in Fig. 1. Die Platten der ersten Außenschicht Ä^ sind bedeutend kürzer und dünner als die der zweiten Außenschicht ^2- Hier, in Fig. 7, sind die Platten mehr der Wirklichkeit entsprechend gezeichnet; sie laufen nach ihren kurzen, schmalen Seitenflächen spitz zu, sind stark ineinander gekeilt, wie ineinander getrieben. Die Plat- ten gehen mit ihrer kurzen, schmalen Seitenfläche durch die ganze Dicke einer Schicht meistens hindurch, nur hin und wieder, z. B. bei DE, sind sie auch hier keilförmig entwickelt. Es verlaufen die Platten der Schicht A^ senkrecht zu den Anwachsstreifen, die der Schicht A2 dementsprechend parallel den Anwachsstreifen. Die Platten sind, wie in Fig. 1, aus Balken, in der Struktur »Fibrillenbündel«, zusam- mengesetzt. Die Richtung dieser Balken ist in zwei benachbarten Die kSchalonstruktur von Helix poniatia. 555 Platten ungefähr rechtwinklig gekreuzt, wie es deutlich an der vor- deren Fläche von Schicht A^ und an der Seitenfläche von Schicht A2 zu sehen ist. Die Platten mit derselben iiaikeiiiiciitung zeigen dieselbe Helligkeit. Die erste Schicht A^ ist längs ab zahnartig in die zweite Schicht eingesetzt, wie es auch auf dem Idealausschnitt, Fig. 8, zu sehen ist. Das Anhangsstück der zweiten Schicht A^: ABCD soll einen Spezialfall vorstellen und gleichzeitig auch noch das letzte Struktur- dement der Schale, die Fibrille, uns vor Augen führen. Wir sehen hier, wie jeder Balken (Fibrillenbündel) aus Fasern oder Fibrillen, hier durch einfache gerade Linien dargestellt, zusannnengesetzt ist, so daß, wenn die Platten durchsichtig sind, eine Fibrillenkreuzung zustande kommen muß, wie eine Stelle der Seitenfläche über BC zeigt. Das Anhangsstück stellt mit der Fläche cdef den Fall dar, w^o die einen Platten parallel ihrer Fibrillen und dementsprechend die benachbarten Platten senkrecht zu ihren Fibrillen getroffen sind, so daß wir jenes eigenartige Bild vor uns haben, Platten mit nebeneinanderliegenden Fibrillen, damit abwechselnd Platten mit Balken- und Fibrillenquer- schnitten, letztere durch Punkte ausgedrückt. Der Idealausschnitt (Fig. 8) zeigt die natürlichen, räumlichen Verhältnisse der Struktur, er stellt eine Zusammensetzung und Ver- arbeitung meiner sämtlichen Strukturbilder dar. Die Größenverhält- nisse sind aus den Schliffen berechnet. Jede Schicht, als Parallel- epiped gezeichnet, gibt mit der oberen Fläche das Flächenbild wieder, mit der vorderen, langen Seitenfläche ein Querschliffsbild parallel den Anwachsstreifen, mit der kurzen Seitenfläche dagegen ein Quer- schliff sbild senkrecht zu den Anwachsstreifen. A^ und Ao sind die Außenschichten, die leichter strukturell zu erkennen sind als die In- nenschichten {Ji und .7 2), von denen oft nur die erste (Jj) vorhanden ist, besonders bei jüngeren Schalen. Sämtliche Schichten zeigen im Prinzip denselben Bau, nämlich eine Zusammensetzung aus Platten, die, wie die Flächenbilder zeigen, stark zerfasert, noch mehr, als in Fig. 7, ineinander gekeilt sind, was besonders bei J^ auffällt. Die spindelförmige Ausbildung der Platten, ihr Zerfasern bringt es mit sich, daß bei Schliffen parallel den Plattenhauptflächen niemals nur eine Platte allein getroffen wird, sondern es werden mehrere ange- schliffen, so daß der Schliff, besser die Schicht, mit der Plattenhaupt- fläche, d. h. mit der Fibrillenkreuzung, ein schuppiges Aussehen zeigt; im Querschliff parallel zu den Anwachsstreifen: A2 und J2, im Quer- schliff senkrecht zu den Anwachsstreifen: A^ und Jj.. Wegen ihrer 556 Wilhelm Flössner, starken Lichtbrechungsverhältnisse sind die Innenschichten nur sehr schwer zu beobachten, eine FibrillenkrouzunL^ tritt klar zu Tage, K^ ^ C > s- §• öj O 3 ^ ^' -.^ !|.- •■ |;\%isrt Mi X ;=_ Fibrillen sind stets vorhanden, eine Zusammensetzung aus Fibrillen- bündeln ist weniger deutlich, oft gar nicht, zu erkennen als in den Außenschichten (Ä^ und Ao). Die .Schalcnstruktur von Helix iiomatia. 557 Nun sind noch die Schliffe und Bruchstücke zu beschreiben, die zur Annahme jener an der Hand der Schemata und des Idealaus- schnittes erläuterten Struktur führten. Einen Schliff parallel den Anwachsstreifen stellt Fig. 9 dar, einen Schliff senkrecht zu den Anwachsstreifen dageoen Fi^r. K). ^^ifliiiiiiiiMi ■11 ry.-j^-per 7pi } r. 1 Fig. 9. Querschliff durch die letzte Windung parallel den Anwachsstreifen. Vergr. 100 x . pi Pig- mentstreifen; ver Periostnicum; A^ erste, A. zweite Außenschicht; I^ erste lunenschicht. " Beide Querschliffe habe ich schon an andrer Stelle ausführlicher besprochen. Beide Schliffe zeigen oben das Periostracum {fer) als dünnen Streifen, darunter liegen je drei Kalkschichten, zwei Außen- schichten (^1 und .4 2) und eine Innenschicht J ^. Die erste Au- r;:: — per Fig. 10. Querschliff durch die letzte Windung senkrecht zu den Anwachsstreifen. Vergr. 100 x . per Periostracum; vi Pigmentstreifen; z Zuwachslinie, v angeschliffene Platten; A^ erste, A. zweite Außenschicht; /j erste Innenschicht. ßenschicht A^ ist in Fig. 9 prismatisch strukturiert, in Fig. 10 dagegen bandartig, zeigt hier links etwas fibrilläre Struktur. Die zweite Au- ßenschicht A^ besitzt in Fig. 9 gekreuzte Fibrillen, in Fig. 10 dagegen scheinbar prismatischen Bau, wobei ähnlich wie in ^^ in Fig. 9 die 558 "Wilhchn Flössner, prismatischen Gebilde abwechselnd hell und dunkel erscheinen, was hervorgerufen wird durch den verschiedenen Verlauf der Fibrillen in den Platten, die sich ii\ den prismatischen Gebilden in ihren Quer- schnitten zeigen. Die Fibrillenkreuzung zeigen die Platten auf ihren Hauptflächen. Pigmentkörner {pi) sind streifenartig in der Schicht Ao abgelagert. In Fig. 10 ist in ^2 noch eine Zuwachs- oder Tren- nungslinie {z) zu l^eobachten, die ich später noch an andern Schliffen näher beschreiben werde. Die erste Innenschicht J^ bietet im Prin- zip dieselben Bilder wie ^^ in beiden Figuren. Ihre starke Licht- brechung unterscheidet sie von den beiden andern, in ]) (Fig. 10) sind sie zusammensetzende Platten angeschliffen. Beide Schliffbilder fin- -4^ J2 ^ Fig. 11. Sdiliff durch die erste Schaleinvindung parallel den Anwachsstreifen. A^ erste, Jl» zweite Aiißen- schicht; Zj erste, /»zweite Innenschicht. Bei «eine Platte mit Fibrillen sichtbar. Yergr. 133 x . den wir auch im Idealausschnitt, Fig. 9 auf den vorderen langen Sei- tenflächen, Fig. 10 auf den kurzen Seitenflächen. Es fehlt eben nur die zweite Innenschicht e/o. Diese ist auf dem Querschliff, parallel den Anwachsstreifen, in Fig. 11 zu sehen. Hier ist kein Periostracum vorhanden, die erste Außenschicht A^ ist scheinbar prismatisch. Die zweite Außenschicht xi^ zeigt, da viele Platten angeschliffen sind, ein schuppiges Aussehen. Links sind zwei Platten, die eine ragt unter der andern hervor, mit Fibrillenbündeln, scharf ausgezogen, und Fi- brillen zu erkennen. Die untere Hälfte der Schicht zeigt Pigment- körner. Die erste Innenschicht J ^ ist scheinbar prismatisch struktu- riert, sie zeigt dunkle Risse und Sprünge. Durch das Schleifen hat sich die zweite Innenschicht Je, etwas von ihr abgehoben, die wieder- Die iSchalenstruktur von Hclix pomatia. 559 um gekreuzte Fibrillen zeigt, an einer Stelle links, bei a, sind die Fi- brillen einer Platte allein zu sehen. Es fällt hier auf, daß der Kreu- zungswinkel der Fibrillen viel kleiner ist als der der Fibrillen in der zweiten Außenschicht Ao, und dal.) auch die Fibrillen der Innenschich- ten viel feiner entwickelt sind als die der Außenschichten. B. Die Struktur der beiden Außenschichten. Interessant ist es, daß, wenn beim Schleifen ein Schalenstück zerreißt, stets die beiden Außenschichten zusammenhalten, die Innen- schichten dagegen ab- springen, so daß die beiden Außenschichten für sich abgebildet wer- den (Fig. 12, 13 und U). An dem Schliff inFig. 12, 1 -Z parallel den Anwachs- .^pi streifen geschliffen, be- merken wir eine scharfe Grenze zwischen den Ap \ ^P^ beiden Außenschichten {Äy^ und Ao), nur hin und wieder ist ein zalin- artiger Einsatz zu beob- achten. Die zweite Außenschicht Ao be- steht hier aus zwei über- einanderliegenden Plat- Fig. 12. ten rechts unten bei Cl Bruchstück eines Schliffes parallel den Anwachsstreifen. J.i erste, ,. . T _^2 zweite Außenschicht; z Zuwachslinie; per Periostracum; pi ragt die eine nervor ; iiigmentstreifen. Bei a Platte mit Fibrillenbümleln und Fibril- Fibrillenbündel und Fi- icn. vergr. i87x. brillen sind deutlich zu erkennen. Charakteristisch für A2 sind die starken Pigmentstreifen {fi). Die Trennungs- oder Zuwachslinie (::;) durchzieht wie ein feiner Messingdraht die Schicht. Durch ihre Schärfe ist sie deut- lich von Pigmentstreifen zu unterscheiden. Ich bezeichne sie des- halb als Trennungslinie, weil zuerst in ihr ein Zerreißen der Schicht eintritt, wie es deutlich Fig. 13 zeigt. Es müssen sich die ein- zelnen Lagen der zweiten Außenschicht Ao, in der Fig. 13 sind es drei, durch ihre physikalischen Verhältnisse unterscheiden. Einen solchen Unterschied kann ich mir so erklären, daß die verschiedenen 560 Wilhelm Flössner, Lagen zu verschiedenen Zeiten entstanden sind, daß also die Tren- nungslinien (2) die Grenzen des jeweiligen Zuwachses angeben, wes- halb ich diese auch als Zuwachslinien bezeichnet habe. In Fig. 13 geht der Schliff, da senkrecht zu den Anwachsstreifen geführt, durch letztere, die sich als Erhebungen (a) in der Schicht A ^ erkennen lassen. In den Erhebungen scheint besonders viel Pigment angehäuft zu sein. Die Natur der Streifen, die hier die Schicht Ai durchziehen, ob sie ^I^UOIDIE: -?- Fig. 13. Schliff senkrecht zu den Anwachsstreifen (a) in den Zuwachslinien (z) zerrissen, ^i erste, Ao zweite Außenschiclit. Vergr. 64 x . ^1 Fig. 14. Rruchstücli eines Schliffes senkrecht zu den Anwachsstreifen. Vergr. 64 x . Äi erste, A2 zweite Außenschicht. Pigmentstreifen oder Trennungslinien vorstellen, ist wegen der Dicke des Schliffes nicht näher anzugeben. Das Schliff bruchstück in Fig. 14 bietet im wesentlichen dasselbe wie der Schliff in Fig. 13. Ich bitte hier, in Fig. 14, für meine späteren Ausführungen die Krümmungen einiger scheinbar prismatischen Gebilde der zweiten Außenschicht A2 zu beachten. Bei den beiden Schliffen in Fig. 13 und 14 fällt das ab- wechselnde Hell und Dunkel der scheinbar prismatischen Gebilde auf. Die Sclialenstruktur von Hclix poniatia. 561 /?/ bewirkt dadurch, daß in zwei benachbarten prismatischen Gebilden (Platten!) sich die Fibrillen kreuzen. Fig. 15 zeigt das linke Ende der Schicht Ä^ in Fig. 14 bei stär- kerer Vergrößerung. Auch diese Schicht zeigt eine Zusammensetzung aus in der Figur übereinanderliegen- den Platten, die sich aus Fibrillen- bündeln und diese wieder aus Fibril- len zusammensetzen. Besonders klar ist dies bei b und an den angeschlif- fenen Platten zu sehen, die so der Schicht ein etwas schuppiges Aus- sehen verleihen. Trennungslinien oder Zuwachslinien sind ebenfalls zu beob- achten zu den Anwachsstreifen werden die Platten der Schicht A^ quer getrof- fen, d. h. die Schicht erscheint, wie wir es aus den Fig. 9, 11 und 12 wissen, prismatisch. Bei stärkerer Vergrößerung, wie es Fig. 16 zeigt, bemerken wir jedoch, daß die Platten miteinander anastomosiereUj Fig. 15. Auf einem Schliff parallel ^^'^^^'^ ^ "^"^^ vorigen Präparates (Fig.'14) stär- " ^ ker vergrößert. Bei b Platte mit Fibrillen- bündeln und Fibrillen. Vergr. 480 x . A \ / Fig. 16. Fig. 17. Stück eines Schliffes parallel den Anwachsstreifen. Ai erste, Flächenbild d. ersten Außenschicht jig zweite Außenschicht; a & Ansatzlinie. Vergr. 480 x. (Ai). Vergr. 200 x. daß auch nicht alle die ganze Schicht durchdringen. Interessant ist die Stelle, längs ab, wo die erste Außenschicht A^ der zweiten A^ aufsitzt. Die Einsatzlinie ab, vgl. Idealausschnitt, ist zackig ge- 562 Willielin Flössner, brochen; die Zacken besitzen meistens als Spitzenwinkel den Kreuzungs- winkcl der Fibrillen in der Schicht A2. Ein Flächenbild der ersten Außenschicht A^, das Fig. 17 bietet, macht einen netzartigen Eindruck, es erinnert an die Rinde eines Weidenbaumes, üie Platten, hier von oben gesehen, sind ab- wechselnd hell und dunkel, letztere füllen die Maschen des Netzes aus. Die Platten laufen parallel der Spiralwindung des Gehäuses, senkrecht also zu den Anwachsstreifen. Nach dem Aussehen der Schicht A^ in der Fläche, wie hier, bezeichnet Biedermann die erste Außenschicht, die er am wachsen- den Schalenrand mit polarisiertem Licht untersucht hat, als Stalaktiten- schicht. Auf die erste Außenschicht A^ folgt, wie schon Biedermann mit- teilt, etwas weiter vom wachsenden Schalenrand entfernt, eine zweite ähnliche Stalaktitenschicht Ao, die sich von der ersten dadurch unter- scheidet, daß ihre Platten senkrecht zu deren Platten gerichtet sind. Eine Flächenansicht der zweiten Außenschicht A2 gibt Fig. 18 wieder. Das Präparat erhielt ich als Bruch- stück einer weißen Schale (Fig. 6). Unter dem Mikroskop erkannte ich daran noch eine dünne Lage der zweiten Außenschicht, die darunter P1 P2 Fig. 18. Flächenbild der zweiton Außenschiclit {A ■>) Vcrgr. 20ü x . gelegene Schicht war schon Innen- schicht. Die Platten, die, wie ich vorwegnehmen muß, auch hier die Schicht zusammensetzen, erstrecken sich bandartig, zerfasern sich, laufen an den Enden spindelförmig zu, sind stark ineinander verkeilt. Die Platten, z. B. f-y und /^o» zeigen geringen Helligkeitsunterschied. Eine feine, gestichelte Faserung ist auch zu beobachten, was jeden- falls durch das Eindringen von Säure bewirkt sein mag. Einen prachtvollen Einblick in die fibrilläre Struktur der zweiten Außen- schicht gewährt Fig. 19. Dieses Bild erinnert lebhaft an ähnliche Bilder von v. Nathusius- Königsborn für Stromhus gigas und von Die .Schalenstruktur von Helix poniatia. 563 Biedermann für Mitra cucumerina. Anhangsstückes der Schicht Ao im Schema, Fig. 7, vor uns in Wirk- lichkeit, in der Schalenstruktur. Das Bruchstück, von dem die Ab- bildung stammt, sieht im Prinzip senau so aus wie ienes xVnhan>Band<< wieder aus feinsten Kalk- fäserchen zusammengesetzt wäre; und wenn dies auch viel- leicht im vorliegenden Falle bezweifelt werden könnte, so werden wir später doch ganz analoge Strukturen — Biedermann meint die Struk- turen der Meeresgastropoden — zu besprechen haben, wo jeder Zweifel an dem Vorhandensein eines faserigen Baues ausgeschlossen er- scheint. Da sich nun jedes einzelne Kalkf äserchen, dessen kristalli- nische Natur wohl als sicher gelten darf, optisch wie ein Kalk- spatprisma verhalten wird, so würde sich das oben geschilderte Ver- halten eines Flächenschliffes durch die Bänderschicht im polarisierten Lichte in einfachster Weise erklären, wenn man annehmen dürfte, Die Schalenstruktur von Hclix poniatia. 569 daß die Achsen der Kalkfäserchen in je zwei benachbarten Elementen senkrecht aufeinander stehen, so daß die Richtung der Faserung in den stets dunkel bleibenden Bändern der Achse des Mikroskops pa- rallel verliefe und im Flächenschliffe an den betreffenden Stellen nur Faserquerschnitte vorlägen. « Ein Blick auf meine Fig. 23, 24, 25 und 2G, die Abbildungen der Innenschicht oder Bänderschicht bieten, wird uns von der Richtig- keit und der Berechtigung von Biedermanns Vermutung überzeugen; zu ergänzen ist nur, daß der Kreuzungswinkel der Fasern oder Fibrillen kein rechter, sondern ein spitzer Winkel ist. Für die erste Außenschicht A^, die »Stalaktitenschicht«, hat Biedermann ähnliche, kurze Angaben gemacht, die mit meinen mor- phologischen Ergebnissen übereinstimmen. Ich kann daher vollstän- dig Biedermann zustimmen, wenn er schreibt, »daß in allen wesent- lichen Punkten eine völlige Übereinstimmung im Bau der äußeren , faserigen' Kalkschichten und der inneren , Bänder'- oder richtiger Blätterschicht der HelixSchale besteht«. Dem Nachsatz, »und daß es sich eigentlich nur um allerdings sehr erhebliche Größenunterschiede der einzelnen Elemente handelt«, kann ich nur beipflichten, wenn ich, wie es Biedermann jedenfalls auch getan hat, die erste Außen- schicht A^ mit den Innenschichten J^ und J2 vergleiche. Für die zweite Außenschicht A2 ist das weniger der Fall; ihre Platten gleichen in der Dicke meistens denen der Innenschichten, siehe Ideal- ausschnitt, Fig. 8, wenn ich auch hier gleich betonen möchte, daß ein eigentlicher Maßstab hierfür nicht vorhanden ist, vielmehr vari- iert die Größe und Stärke der Strukturelemente selbst in dersel- ben Schicht derselben Schale. Meistens besitzen jedoch die Platten der zweiten Außenschicht die größten Hauptflächen (Breite x Länge),' so daß alle andern Schichten gegen diese Schicht zurücktreten, siehe Fig. 8. E. Mechanische Verhältnisse in der Schalenstruktur von Helix pomatia. In diesem Abschnitte sollen einige Schliffe beschrieben werden, an denen mir Strukturverhältnisse auffielen, die eine Erklärung durch spezielle mechanische Beanspruchung, meiner Ansicht nach, zulassen. Es handelt sich zunächst um Schliffe durch die Ansatzstelle der letzten Windung (!) an die vorletzte (//), wie Fig. 27 einen solchen darstellt; der Schliff ist natürlich parallel den Anwachsstreifen geführt. Die letzte W^indung (/) zeigt zwei kräftig pigmentierte (dunkle) Schichten 570 Wilhelm Flüssner, {Ai und Ao), darauf folgt eine prismatische Schicht (a), danach eine kleine pigmentierte und schließlich mehrere Lagen heller Innenschicht. Es fällt auf, daß hier mehr Schichten als gewöhnlich vorhanden sind. Einige Schichten der letzten \\'indung (/) setzen sich nach der Krüm- mung weiter fort, indem sie sich an die vorletzte Windung (//) an- Fig. 27. Querschlifi durch den Ansatz der letzten Windung (/) an die vorletzte (//). Ai erste, Äo zweite Außenschiclit; /i erste, /a zweite Innenschicht, a durch ilire mechanischen Verhältnisse auf- fallende Schiclit. Vergr. 48 x . legen. Die Schichten der letzten A\'indung (/) gehen an der vorletzten Windung (//) weiter, nachdem sie vorher eine kräftige Krümmung erfahren haben. Eigenartig ist es, daß die beiden äußeren Schichten {A^ und A2) kein Pigment mehr besitzen von der Stelle ab, wo sie der vorletzten Windung (//) anliegen. Letztere besitzt eine Struk- tur, wie sie für einen Querschliff parallel den Anwachsstreifen typisch ist: zwei äußere Schichten A^ und Ao und zwei innere Schichten Jj Die Schalenstruktiir von Hclix jjoniatia. 571 und Jo- Besonders fiel mir die Schicht a der letzten Windung (/) auf; ihre Plattenc|uerschnitte, in der Abbildung prismatisch, liegen sämtlich senkrecht zur Drucklinic, sie sind in die Richtung der Krümmungsradien der Biegungskurve eingestellt. Ihre Anordnung erinnert lebhaft an die Lage der Bogenbegrenzungssteine einer Stein- brücke. Einen feineren Schliff durch die Ansatzstelle der letzten ^\'in- dung an die vorletzte (77) bietet uns Fig. 28. Auffallend stark ent- wickelt ist das Periostracum {per) der vorletzten Windung (77); von der letzten AA'indunii; ist nur ein Stück der zweiten Außenschicht vor- .u^ N V ^2\ I Fig. 28. Aasatzstelle der letzten Windung an die vorletzte (//). per Periostracum; A^ erste, -4 2 zweite Außenschicht. Vergr. 166 x . banden, das über dem Periostracum ruht. Die vorletzte Windung (77) besitzt eine erste äußere, scheinbar prismatische Schicht A^ und eine zweite äußere Schicht Ä2 mit eigenartig gebogenen (vielleicht mechanisch bedingt!) Fibrillen. Ein weiteres Bruchstück von demselben Schliff wie der Ansatz in Fig. 28 zeigt uns Fig. 29. Wir sehen hier ein Stück der zweiten Außenschicht, das nach der Ansatzstelle zu an Breite zunimmt. Unten im Bild verlaufen die sich kreuzenden Fibrillen geradlinig, nach oben, der Ansatzstelle zu, treten allmählich krummlinig gebogene Fibrillen auf. Diese Tatsache, diesen krummlinigen Fibrillenverlauf, konnte 572 Wilhelm Flössner, ich an allen genügend dünnen Querschliffen durch die Ansatzstelle der letzten Windung an die vorletzte beobachten. Künstlich kann man diese Krümmung nachah- men, indem man sich auf einem Gummi sich kreuzende gerade Linien zeichnet; biegt man das Stück Gummi, so tritt jene charakteristische Fibrillenkrüm- mung auf, so daß ich vermute, \ ■ daß jene Fibiillenkrümmuug mechanisch bedingt ist infolge der Biegung der letzten Win- dung durch die Schwere des Gehäuses. Im Prinzip gleicht der Schicht a in Fig. 27 die zweite Außenschicht A ^ in Fig. 30, die einen Schliff senkrecht zu den 1 Anwachsstreifen darstellt. Der ' Schliff geht hier durch eine pathologische Änderung, eine Yw, 29 starke Knickung der Schale, Bruchstüfk der zweiten Außenschicht (^ o) der letz- bewirkt jedenfalls durch äußere ten Windung aus der Nähe der Ansatzstelle. FinflÜSSe Auch hier sind die Krümmung der Fibrillen. Vergr. 200 x . Plattenquerschnitte von A 2, piis- matisch, senkrecht zur Drucklinie gerichtet. Auch die Schliffe in Fig. 14 bzw. Fig. 31 zeigen ähnliche Verhältnisse von A^ bzw. A^. Fig. 30. Querschliff, senkrecht zu den Anwachsstreifon, durch eine Einknickung in der Schale. Ax erste, 4 2 zweite Außenschicht, deren mechanische Verhältnisse auffallen; /j erste Innenschicht. Vergr. 40 x . Ich habe in diesem Abschnitt nur angedeutet, welche Bildungen in der Schalenstruktur etwa besonderen mechanischen Verhältnissen Die Schalenstruktur von Helix poniatia. 573 entsprechen können. Es müßte dieses Problem mit Hilfe von Ver- suchen noch näher untersucht werden, mit Aussicht auf Erfolg jeden- falls an den grob strukturierten Gehäusen der Meeresschnecken. Ich hoffe jedoch, einen Beitrag zur mechanischen Auffassung gewisser Ver- hältnisse der Gastropodenschalenstruktur geliefert zu haben, und glaube somit die Ansicht Biedermanns unterstützen zu können: »Es bedarf kaum eines Hinweises, daß es sich in allen diesen Fällen um funktionelle Strukturen im 8inne von Roux handelt, welche sich in Anpassung an die im gegebenen Falle wirkende mechanische Be- anspruchung entwickelt haben.« 6. Schalenperlenartige Bildungen. Angeregt durch die im hiesigen Institut ausgeführten Perlen- untersuchungen von RuBBEL und Alverdes, suchte ich festzustellen. ■>^i^--r" Fig. 31. Schliff durch eme Schaleuperle; siehe Text. Ai erste, Äo zweite, A3 dritte, ^4 vierte, A^ fünfte Außenschicht; / Innenschiclit. Vergr. 30 x . ob nicht unsre Weinbergschnecke dazu befähigt ist, wenigstens Scha- lenperlen zu bilden, d. h. zwischen Schale und Mantel befindliche Fremdkörper mit Schalenschichten zu überziehen und so unschädlich zu machen. So konnte ich denn auch beobachten, daß erdige Teile in die Schale aufgenommen waren, an einem Schliff (Fig. 31) war so- gar ein Schalenstückchen, wahrscheinlich von derselben Schale, auf- genommen. Die zweite Außenschicht Ao, hier scheinbar prismatisch, ist von zwei bandartigen Schichten Ai und A^ umgeben. In eine große Lücke der ^ 3-Schicht ist das Schalenstückchen eingelagert, rechts und links von ihm sieht man noch sphäritenartige Gebilde zu Ketten nebeneinander liegen. Unter der Schicht A^ liegt eine kurz prisma- tische A^^ und darunter eine bandartige A^. Die als bandartig be- zeichneten Schichten zeigen bei stärkerer Vergrößerung Fibrillen- 574 W'illielin Flüssner, kreuzung. Auf die Außenschichten, die an Zahl den Durchschnitt übertreffen, folgt die Innenschicht von nie beobachteter Stärke. Sechs Lagen lassen sich unterscheiden; bei gewcihnlichem Licht läßt sich nichts über ihre Struktur aussagen, nach dem Verhalten im polari- sierten Licht vermute ich schräg angeschliffene, aus Fibrillen beste- hende Platten. Brachte ich durch eine künstlich hergestellte Öffnung in der letz- ten Schalenwindung Fremdkörper zwischen Mantel und Schale, so wurden diese in kurzer Zeit mit Schalenschichten überzogen. Mit Säure wurde zunächst eine Stelle der letzten Windung verdünnt, dann ein Loch gebrochen und durch dieses der Fremdkörper eingeschoben, dann die Umgebung des Loches mit Alkohol desinfi- ziert und schließlich kleine Verbandstreifen mit Collo- dium darübergeklebt. Die beigebrachten und nachher überzogenen Fremdkörper waren Fischchen, vorher in Alkohol konserviert, Schalenstückchen, Stroh- halme. Das nebenan ab- gebildete Fischchen (Fig. 32) wurde in 14 Tagen überzogen. Korschelt hat eine ähnliche Abbildung von einer Perlmuschel- schale mit überzogenem Fischchen gegeben. An Haliotis machte Boutan ähnliche Versuche, indem er eingeführte Kügelchen aus Perlmuttersubstanz von einer irisierenden Perlmutterschiclit überziehen ließ. Cooke hat ein im Britischen Museum aufbewahrtes Stück Schale von Helix rosacea mit aufgenommenem Strohhalm abgebildet. Bekanntlich werden ja auch stehengebliebene Winterdeckelreste von Schalensubstanz über- zogen und so der Schale einverleibt. Ein Versuch, den ich mit den Schalen zweier Schnecken machte, spricht für eine außerordentliche Festigkeit von Regeneraten. Be- sonders ausführlich ist die Regenerationsfähigkeit der Gastropoden von Techow beschrieben worden. An zwei Schneckenschalen nahm ich entsprechende Stücke heraus, drückte die beiden Gehäuse an die- Fig. 32. Schalenbruchstück mit übcrzogeiieiii Fischchcn. Vcrgr. 2 x . Die Sclialenstruktiu" von Holix pomatia. 575 sen Stellen fest zusammen, klemmte sie fest und ließ nun die Schnecken mehrere Wochen in dieser Stellung verharren. Das nun gebildete Regenerat hält beide Schnecken fest zusammen, sie leben scheinbar in Parabiose. Meist geht jedoch eine der Schnecken ein, so daß nach- her die überlebende Schnecke das leere Haus der andern mit sich herumträgt. Eine solche Schnecke trug über 3 Monate ein leeres Haus, bis sie Anfang des AVinters durch Erfrieren einging; die beiden übrig- gebliebenen Gehäuse zeisit in ihrer charakteristischen Lage Fig. 33. Tig. 33. Zwei durch gemeinsames Kcgeucrat zusaiinneiigehaltciie Sclmeckcuschalen. Nat. Cir. 7. Chemische Zusammensetzung der Schale. Nach Döring enthält die Schale von Helix pomatia (nach Bütschli auf zwei Dezimalen abgekürzt) : Kohlens. Kalk 97,57 Phosphors. Kalk 0,02 Kiesels. Kalk 0,20 Kohlens. Magnesia 0,08 Alkalien 0,11 Eisenoxyd 0,04 Manganoxydul | Kali > Spuren Strontium j Organische Substanz 1,77. Nach Bütschli ist die Helix-^chale ein Aragonitgebilde. 576 Wilhelm Flössncr, Zum Schlüsse sei es mir gestattet, Herrn Geh. Reg.-Kat Prof. Dr. E. KoR.scHELT, auf dessen Anregung ich diese Arbeit vornahm, für seine jederzeit bereite Unterstützung meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Auch den Herren Prof. Dr. C. Tönniges und Privat- dozenteu Dr. Harms bin ich für die Ratschläge, die sie mir während der Ausführung der Untersuchungen zuteil werden ließen, zu Dank verpflichtet. Marburg i. H., Februar 1914. Literatur. 1. Alverdes, f. Versuche über die künstliche Erzeugung von Mantelperlen bei Süßwassermuscheln. Zool. Anz., Bd. XLII. 1913. 2. K. Beck, Anatomie deutscher Buliminus- Arten. Diss. Jena 1912, auch Jenaische Ztschr. f. Naturw. Bd. XLVIII. 1912. 3. W. Biedermann, Untersuchungen über Bau und Entstehung der Mollus- kenschalen. Jenaische Ztschr. Bd. XXXVI. 1901. 4. — Über die Bedeutung von Kristallisationsprozessen bei der Bildung der Skelette Avirbelloser Tiere, namentlich der Molluskenschalen. Ztschr. f. allgem. Physiologie. Bd. I. 1902. 5. — Geformte Sekrete. Ebenda. Bd. II. 1903. 6. — Physiologie der Stütz- und Skelettsubstanzen im Handbuch der vergl. Physiologie, herausgeg. von H. Winterstein. 7. Graf E. de Bournon, Traite complet de la chaux carbonatec et de l'ara- gonite. 3 vols. London 1808. Auszug von Nöggerath in Troschels Archiv f. Xaturgesch. Jahrg. 15. 1849. 8. L. BouTAN, Production artificieUe des perles chez Ics Hahotis. Compt. rend. Acad. Paris. T. CXXVII. 1898. 9. J. S. Bowerbank, On the structure of the shells of moUuscous and con- chiferous animals. Transact. of the microsc. Soc. Vol. I. 1844. 10. Bütschli, 0. Untersuchungen über organische Kalkgebilde. Abhdl. d. K. Ges. d. Wiss. zu Göttingen. Math.-physik. Kl. X. F. 6. 1910. 11. — Referat über die Arbeit von Biedermann, Über Bau und Entstehung der Molluskenschalen. Zool. Centralblatt. VIII. Jahrg. 1901. 12. Cooke, Mollusca in The Cambridge Natural History. 13. A. Döring, Bemerkungen über die Bedeutung und Untersuchungen über che- mische Zusammensetzung der Pulmonatenschale. Diss. Göttingen 1872. 14. W. Flössner, Zur Kenntnis der Schalenstruktur von Helix pomatia. Zool. Anz. Bd. XLIII. Nr. 10. 1914. 15. A. Jacobi, Anatomische Untersuchungen an malaj-ischen Landschnecken (Amphidromus chloris u. A. interruptus). Arch. f. Naturgesch. LXI. 1896. 16. E. KoRSCHELT, Perlen. Fortschritte der Naturwiss. Forschung (herausg. v. E. Abderhalden). Bd. VII. 1912. Die Schalcnstruktur von Helix pomatia. 577 17. E. KORSCHELT, Perk'U und Pcrlenbildung. Im Handwörterbuch der Natur- wissenschaften. 18. F. Leydig, Die Hautdecke und Schale der Gastropoden. Arch. f. Natur- gesch. Bd. XLII. 1876. 19. Longe et Mer, De la formation de la coqiiille dans les Helix. Compt. rend. Acad. Paris. T. XC. 1880. 20. JoH. Meisenheimer, Die Weinbergschnecke. Leipzig 1912. 21. A. Nalepa, Beiträge zur Anatomie der Stylommatophoren. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. zu Wien. Bd. LXXXVII. 1883. 22. W. VON Nathusius-Königsborn, Über die Hüllen, welche den Dotter des Vogeleies umgeben. Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. XVIII. 1808. 23. — Untersuchungen über nichtcelluläre Organismen. Berlin 1877. 24. R. Rassbach, Beiträge zur Kenntnis der Schale und Schalenregeneration von Anodonta cellensis. Ztschr. f. wiss. Zool. Bd. CHI. 1912. 25. C4. Rose, Über die heteromorphen Zustände der kohlensauren Kalkerde. Abhandl. d. Akad. d. Wiss. Berhn 1858. 26. A. RuBBEL, über Perlen und Perlenbildung bei Margaritana margaritifera. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. Bd. XXXII. 1911. 27. H. SiMROTH, Mollusken in Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreiches. 28. G. Techow, Zur Kenntnis der Schalenregeneration bei den Gastropoden. Arch. f. Entw.-Mech. Bd. XXXL 1910. 29. T. TuLLBERG, Über den Bau und das Wachstum des Hummerpanzers und der Molluskenschale. Kongl. Svensk. Vetensk. Akad. Handl. Bd. XIX. 1882. Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. Von Prof. Dr. P. Deegener (Berlin). Mit 1 Figur im Text. Da jeder lebende Organismus dem Tode verfallen ist, muß dem Aussterben der Art dadurch vorgebeugt werden, daß ein ständiger, die Verluste an Individuen ausgleichender Ersatz stattfindet. Dieser Ersatz wird sichergestellt durch die Fortpflanzungsfähigkeit, die jedem Tiere (wie auch jeder Pflanze) normalerweise ursprünglich eigen ist. Abnorme Sterilität einzelner Individuen kommt vor, und daß secundär normale Unfähigkeit zur Fortpflanzung entstehen konnte, lehren u. a. die unfruchtbaren Weibchen der sozialen Hymenopteren. Die Fortpflanzung führt zur Entstehung neuer artgleicher Indi- viduen, die an Stelle der absterbenden Eltern die Art repräsentieren; es bedeutet also Fortpflanzung stets notwendig eine Vermehrung der Individuen mit Eücksicht auf alle bisher gewesenen Kepräsentanten der Art. Wenn wir aber mit der Fortpflanzung in dem angedeuteten Sinne richtig den Begriff der Vermehrung verbinden, so muß man sich doch darüber klar sein, daß der noch lebende Bestand der Art, d. h. die Anzahl der tatsächlich vorhandenen Individuen, nicht not- wendig durch die Fortpflanzung vermehrt wird. Es gibt vielmehr Fälle, in welchen eine Mutter nach ihrem Tode nur eine Tochter, ja es kommt vor, daß selbst ein Elternpaar nur einen einzigen Nach- kommen hinterläßt, womit der Präsenzbestand der Art derselbe bleibt oder um die Hälfte sinkt. Der erstere Fall liegt z. B. da vor, wo die auf ungeschlechtlichem Wege von der Mutter produzierten Brutkörper- chen (Gemnndae) nicht je einen neuen Schwamm aus sich hervorgehen lassen, sondern alle im Nadelskelet der abgestorbenen Mutter [Spongilla lacustris L., Efhydatia fluviatilis L.) verbleibend, im Frühjahre an Stelle ihrer Mutter nur einen neuen Schwamm bilden, indem ihr Inhalt zu- sammenfließt. (Vgl. G. Jaffe, DieEntwicklung von SpomjiUa lacustris L. Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 5/9 und E phijdatia fluviatilis \j. aus den Geinmulac. Inaug.-Dissertat. Berlin 1912 u. Zool. Anz. Bd. XXXIX, S. 657.) Demselben Falle begegnen wir bei den lierniapliroditischen Kettenfonnen der Haipen, indem hier, wo es sich um geschlechtliche Fortpflanzung liandelt, jedes Tiei' nur ein einziges Ei produziert. — Die zweite M<)gliehkeit sehen wir da wirklick geworden, wo etwa ein Cladocerenweibcheti zusammen mit einem Männ- chen nur ein einziges befruchtetes Dauerei (Latenzei) liefert, aus dem nur eine Tochter als Ersatz eines Elternpaares hervorgeht. Natürlich kann eine Fortpflanzung ohne Vermehrung oder gar mit Verminderung des Präsenzstandes der Individuen in keinem Falle die einzige, herrschende und dauernde Form der Fortpflanzung sein, weil sonst infolge der Sterblichkeit, die überall aus den verschieden- sten Ursachen einen beträchtlichen Prozentsatz der Einzeltiere in allen Altersstufen hinwegrafft, die Art in kurzer Zeit erlöschen müßte. Darum sehen wir in der Tat fast jede Mutter eine viel größere Anzahl von Nachkommen hervorbringen, als durch Generationen hindurch am Leben bleiben könnten, wenn auch nur mit Rücksicht auf den Raum, den die Erde ihren Bewohnern bietet. So ward durch die Fort- pflanzung nicht nur der Verlust ausgeglichen, den der Tod der Eltern bedingt, sondern es werden so viele neue Individuen geschaffen, daß allen Ausfällen zum Trotze das Fortbestehen der Art in der Regel gesichert bleibt und diese nur verhältnismäßig selten und unter ganz besonders uno'ünstigen Bedingunoen wirklich ausstirbt. Aus dem Gesagten ergibt sich als allgemeiner Begriff der Fort- pflanzung die Erzeugung neuer artgleicher Individuen oder Personen unter Vermehrung der Artrepräsentanten. Die Formen, unter w^el- chen sich der Vorgang der Fortpflanzung vollzieht, die Mittel, deren sich die Natur bedient, um dem Tode der Art entgegenzuarbeiten, sind außerordentlich verschieden und sollen uns zum Teil im Folgen- den beschäftigen. Empirisch haben alle Formen der Proliferation eine Tatsache gemeinsam: jedes Individuum setzt die Existenz eines artgleichen Individuums voraus, von dem es abstammt. Es gibt also in der Erfahrung nur Elternzeugung (Tocogonie), die sich in dem Satze »omne vivum ex vivo« ausspricht. Die uns hier ausschließlich be- schäftigende ungeschlechtliche Fortpflanzung (Monogonie) kann man eine Erzeugung ohne Zeugung nennen; denn mit dem Begriffe der Zeugung pflegen wir die Vorstellung zu verbinden, daß zwei Tiere (Männchen und Weibchen) in Tätigkeit treten, um ein neues kindliches Individuum entstehen zu lassen. Dies trifft aber für die ungeschlecht- 580 P. Deegener, liehe Fortpflanzunp; nicht zu, da hier nur ein (mütterliches) Indivi- duum die Tochter hervorbringt. Diese Definition reicht aber noch nicht auSi denn auch auf geschlechtlichem Wege körmen Nachkommen erzeugt werden, ohne daß ein Elternpaar tätig sein nmß, weil ja auch unbefruchtete Eier entwicklungsfähig sein können, und die Tochter dann nur eine Mutter, aber keinen Vater hat. Wesentlich zur Unter- scheidung der Monogonie und Amphigonie ist die Tatsache, daß bei monogonischer Fortpflanzung keine Geschlechtszellen, vielmehr nur Körperzellen (somatische Zellen) beteiligt sind, während bei der am- phigonischen Entstehung die individuelle Existenz des Kindes stets mit dem (befruchteten oder unbefruchteten) Ei (Metazoen) oder einer ihm äquivalenten Zelle (Protozoa), also einer Geschlechtszelle beginnt. Es besteht eine entschiedene Neigung, die Monogonie mit Lang^ und Kexnel^ als eine besondere Form der Regeneration anzusehen oder die Regenerationsfähigkeit als conditio sine qua non der mono- gonischen Vorgänge zu betrachten. Ich glaube, mit Unrecht. Unter Regeneration versteht man den Ersatz verloren gegangener Körper- teile. Nun ist freilich ein Teilstück, eine abgeschnürte Knospe usw. in der Tat ein Stück der Mutter; aber es ist nicht durch einen äußeren Eingriff von ihr getrennt worden, und seine Sonderung bedeutet nicht immer einen Verlust und keine Verletzung der Mutter, welcher der Er- satz folgen muß. Die Regeneration als solche schafft niemals spontan ein neues Individuum, vielmehr kann ein solches nach künstlicher Halbierung oder Teilung in ungleiche Stücke höchstens dadurch entstehen, daß die Teilstücke sich auf Grund ihres Regenerationsver- mögens wieder zu vollständigen Tieren ergänzen. Ist hier die Fort- pflanzung accidentiell, so ist sie bei der Monogonie der charakteristi- sche und wesentliche Vorgang, der mit einer Regeneration verbunden sein kann, aber nicht muß. Eine Hydrenknospe besaß bei ihrer Ent- stehung noch keine Tentakeln, hat diese also auch nicht verloren, und man kann nicht von einer Regeneration sprechen, wenn sie Ten- takeln neubildet, um so die Gestalt der Mutter anzunehmen, die eben- falls nicht in die Lage kommt, etwas regenerieren zu müssen, nach- dem sich die Tochter abgelöst hat. Es gibt eine ganze Anzahl von Knospungsformen, bei welchen die Töchter neu geschaffen werden und in keiner Phase das Bild der Regeneration, des Verlustersatzes gegeben erscheint. Man tut also gut, beide Begriffe wohl auseinander 1 Über den Einfluß der festsitzenden Lebenswesen auf die Tiere usw. Jena 1888. 2 Über Teilung und Knospung der Tiere. Dorpat 1887. Yersuch zu einem System der Moiiogonie im Tierreiche. 581 ZU halten und ihre Wesensverschiedenheit nicht dadurch zu ver- schleiern, daß man die Monogonie eine besondere Form der Regene- ration nennt. Es ist doch ein Unterschied, ob ein Tier spontan zum Zwecke der Vermehrung Teilstücke bildet oder ob es, künstlich zer- legt, Verluste wieder ausgleicht, wobei aus einem Tiere mehrere werden können, also ganz secundär und mehr zufällig eine Vermehrung statt- findet. Im allgemeinen ist die Regeneration nur eine Reparatur des Individuums, steht aber nicht primär im Dienste der Arterhaltung. Schon Seeliger hat sich gegen die Ableitung der Monogonie von der Regeneration ausgesprochen. Er sagt (Verh. Deutsch. Zool. Ges. 1896, S. 52) : »Die ursprünglichsten Regenerationserscheinungen bestehen lediglich in dem Ersatz verlorener Glieder, ohne daß die letzteren zu neuen Tieren sich regenerieren könnten. Es fehlt also in diesem Fall noch die Fortpflanzung durch Teilung, und gerade in diesem Unterschied liegt meines Erachtens ein so wesentlicher Ge- gensatz, daß es nicht angeht, ohne weiteres eine Zeugung durch Tei- lung aus einer einfachen Regeneration abzuleiten. Denn die Vor- gänge sind weit entfernt, sich, wie Weismann meint, in eine konti- nuierliche Reihe bringen zu lassen. Eine ganz allmählich im Laufe der phylogenetischen Entwicklung immer mehr sich steigernde Re- generationsfähigkeit läßt sich sehr wohl begreifen, und es ist leicht vorstellbar, wie zuerst vielleicht nur die verletzte Schwanzspitze eines Wurmes sich neu bilden konnte, dann ein immer größerer Schwanz- teil, bis endlich der Kopfabschnitt einen ganzen Hinterleib zu regene- rieren vermochte. Fortpflanzung durch Teilung setzt aber doch voraus, daß gleichzeitig der Hinterleib den vorderen regeneriert. Um zu verstehen, wie die Schwanzspitze allmählich die Fähigkeit erlangt habe, den gesamten Vorderleib zu regenerieren, muß man von einem solchen Anfangsstadium ausgehen, bei welchem es sich zunächst nur um die Regeneration verletzter Kopffragmente handelte. Es ist daher einleuchtend, daß die Entwicklung dieses Vermögens mit dem andern nicht nur nicht zusammenfallen konnte, sondern in selbstän- dio;er Reihe ganz unabhängio; erfolgt sein nmßte. Ich kann mir schwer vorstellen, wie diese beiden Fähigkeiten, die offenbar niemals gleich- zeitig an denselben Tieren sich vervollkommnen konnten, dennoch in ein und demselben Individuum sich vereinigten. Es scheint mir da- her die Zurückführung der Zeugungsteilung auf Regeneration kaum eine befriedigendere Erklärung zu bieten als die Auffassung, die ich hier vertreten habe und die die Teilungsfähigkeit als ein ursprüng- liches Vermögen der ältesten und einfachsten Metazoen ansieht . . . Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 38 582 P. Deegener, Zu erwarten, daß ein häufig in Verlust geratener Körperteil allmäh- lich die Fähigkeit gewinnen werde, zu einem neuen ganzen Organis- mus zu werden, scheint mir völlig aussichtslos.« — Der Vorgang der Monogonie stellt sich formell als ein in verschie- denen Graden durchgeführtes Selbständigwerden von Teilstücken der Mutter dar, wobei die Mutter vorher über die für die Individuen der Art typische Größe hinausgewachsen sein kann, aber nicht muß. Die Monogonie als eine bloße Folge des Wachstums über die normale Größe hinaus anzusehen, geht deshalb nicht an, weil es Tiere gibt, die sich schon in der Jugend, also im Zustande des Nichterwachsen- seins ungeschlechtlich fortpflanzen, eine Erscheinung, die uns auch bei der geschlechtlichen Fortpflanzung (als Neotenie, Pädogenese) begegnet. Als Beispiele seien folgende angeführt: bei einem von Metsohnikoff beobachteten Hydroidpol3^pen {Oceania armata Köl- liker) kann sich schon die Blastula als frühes Jugendstadium durch Teilung vermehren. Die Planula von Chnjsaora zerfällt nach Busch (Beobachtungen üb. Anat. u. Entw. einig, wirbellos. Seetiere, BerUn 1851) durch Teilung in zwei Tochterplanulae (vgl. K. u. HA Fig. 559A S. 513). Ist schon dieser letztere Vorgang jedenfalls als Knospung zu bezeichnen, so gibt es noch andre Fälle, in welchen die Knospen- bildung schon im jugendHchen Zustande erfolgt. Dies lehrt Halere- mita cumulans Schaudinn (von dem noch die Bede sein wird), wenn die von ihrer Mutter abgelösten Knospen schon vor der Tentakelbil- dung Enkelknospen hervorbringen, ja wir können es an jeder Hydra beobachten, sobald die von der Mutter noch nicht getrennte Knospe ihrerseits eine Tochter hervorsprossen läßt; und die archi- und para- tomische Polytomie (vgl. diese!) beruhen geradezu darauf, daß die entstandenen Töchter sich schon vor ihrem Selbständigwerden und bevor sie erwachsen sind, wieder teilen und so Ketten jugendlicher, in Teilung begriffener Individuen {Microstoma) entstehen lassen, deren Personen weder erwachsen, noch über die normale Artgröße hinaus- gewachsen sind, wenn sie zur monogonischen Fortpflanzung schreiten. Für die ungeschlechtliche Vermehrung im Jugendzustande liefern auch die Tunicaten zahlreiche Beispiele (vgl. S. 593). Der monogonische Prozeß kann mit einer Kegeneration in ver- schiedener Weise verbunden sein. Beide sind im Tierreiche weit ver- breitet. Wir begegnen der ungeschlechtlichen Fortpflanzung bei den Protozoen, Poriferen, Cnidaria, Würmern, Bryozoen, Echinodermen und Tunicaten, Tierformen, welche zugleich über ein weitgehendes 1) Vgl. Anmerkung Seite 607. Versnoli zu einem System der Monogonie im Ti(Treiche. 583 Eegenerationsvermögen zu verfügen pflegen. Bei den hochorgani- sierten Molhisken, Arthropoden und Wirbeltieren, die des Regenera- tionsvermögens keineswegs ganz entbehren, es vielmehr zum Teil in recht erheblichem Maße besitzen, fehlt gleichwohl diese Form der Fortpflanzung. Eine direkte Beziehung engerer Art zwischen Mono- gonie und Regeneration in ihrer Beschränkung auf gewisse Tiertypen läßt sich allein aus dem Vorkommen beider in den Kreisen des Tier- reiches nur sehr allgemein erkennen. Das freilieh haben ungeschlecht- liche Vermehrung und Regeneration gemeinsam, daß mit beiden Wachs- tumsprozesse verbunden sind. Die Regeneration beruht auf der Fähigkeit des Wiederwachsen- oder Nachwachsenlassens, die Monogonie auf der Fähigkeit, Nachwuchs zu erzeugen. Wird letztere von der Regenerationsfähigkeit (als ihr vorausgehend) abgeleitet, so tritt als ihr wesentlicher Charakter die Vermehrung des Individuenbestandes hinzu. Daß die Produktionsfähigkeit (Propagation) und die Repro- duktionskraft (Regeneration) dieselbe Wurzel haben, wird niemand leugnen; sie sind zwei verschiedene Äußerungen einer ihnen gemein- samen Grundfähigkeit des Organismus, ohne doch voneinander ab- geleitet werden zu können. Produktionsfähigkeit nuißte jeder Or- ganismus haben, wenn er überhaupt am Leben bleiben sollte, Repro- duktionsfähigkeit verlorener Teile dagegen nicht. Wenn daher die eine die andre voraussetzen soll, so geht die Produktionsfähigkeit in ihrer Wirkung voraus; denn erst was sie produziert hat, kann ver- loren gehen und reproduziert werden. Die Monogonie erscheint dem- nach wesentlich als Produktion (Propagation), der, wenn sie durch die frühzeitige Abtrennung der Tochter zu einer noch nicht abge- schlossenen wird, eine unter dem Bilde der Regeneration erscheinende nachträgliche Produktion bis zur Komplettierung folgt i. Es ist bemerkenswert, daß monogonische Fortpflanzung nur bei Parasiten und Wasserbewohnern vorzukommen scheint. Das hierin liegende Problem soll an dieser Stelle nicht behandelt werden. Ferner sind es vorwiegend die sessilen Tiere, welche zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung neigen (Spongien, Hydrozoen, Scyphozoen, Anthozoen, Bryozoen, Ascidien), denen wir die Parasiten angliedern können, weil ihre Lebensweise vielfach den Charakter der Sessilität trägt. Ahn- 1) Wenn eine Planarie an künstlichen Wundstellen überzählige Kopf- und Schwanzenden produziert, so kann dieser Vorgang unmöglich als Regeneration bezeichnet werden, und Loeb hat vollkommen Recht, wenn er für »irrtümliche« Neubildungen auch einen anderen Ausdruck wählt, indem er sie Heteromorphosen nennt. 38* 584 P. Deegcner,. liches gilt auch für andre monogoniscli fortpflanzungsfällige Lebe- wesen, von denen Lang (Jena. Zeitschr. f. Naturw. Bd. XXXVIII. N. F. 31. 1903) sagt: »Die festsitzende Lebensweise ist nicht scharf unterschieden von der Lebensweise der tubicolen und solcher Tiere, die in Gängen, Löchern, Spalten, Ritzen des Gesteins, in abgestor- benen Röhren und Gehäusen andrer Tiere, im Kanalsysteni von Schwämmen, in den Schlupfwinkeln der Korallenbänke usw. sich aufhalten, ohne fest und untrennbar mit der Wohnstätte verkittet zu sein. Die Syllideen zeigen viele Beispiele solcher quasi-sedentären Tiere, die sich durch ungeschlechtliche Fortpflanzung vermehren. Eine mit dieser letzteren nahe verwandte biologische Gruppe ist die der limicolen Tiere, die im Schlamme, Sande, Mull und Detritus ein mehr oder weniger verborgenes heruntergekommenes Dasein fristen. Zu dieser Gruppe gehören diejenigen Ohgochaeten und Turbellarien, die sich durch die Fähigkeit ungeschlechtlicher Fortpflanzung auszeichnen.« Allerdings sehen wir, daß wenigstens bei den Protozoen unge- schlechtliche Vermehrung auch bei solchen Tierformen vorkommt, die von sessilen Vorfahren abzuleiten wir kein Recht haben, und daß somit bei vielen frei schwimmenden einzelligen Tieren diese Fortpflan- zungsart herrscht, die bei den frei schwimmenden Metazoen, die keine sessilen Ahnen haben, stark zurücktritt. Es braucht hier nur an die Ciliaten erinnert zu werden, bei welchen die Sessilität secundär ist. Auch die Sarcodina liefern hierfür Beispiele. Hinsichtlich der Flagel- laten kann man vielleicht in Zweifel sein, doch treten hier, wie auch bei den Metazoen (z. B. Cristatella, Siphonophora) frei bewegliche, durch ungeschlechtliche Vermehrung entstandene Tierstöcke auf {Sy- nura, Volvox, Dinobryon u. a.). Wenn auch die Sessilität unzweifel- haft die monogonische Fortpflanzung begünstigt, so ist diese doch nicht an sessile oder sozusagen sessile oder an freie von sessilen ab- stammende Tiere gebunden, wie andrerseits die Sessilität keineswegs immer zu dieser Fortpflanzungsart geführt hat (Cirripedien, sessile Rotatorien), ebensowenig wie der Parasitismus (Nematoden, Trema- toden, parasitäre Crustaceen). Über die Bedeutung der ungeschlechtlichen Vermehrung ist mehr- fach geschrieben worden und sie ist zu bekannt, als daß sie hier außer- halb des eigentlichen Rahmens dieser Arbeit eingehend behandelt werden müßte. Ihr Hauptwert liegt, wie der jeder Fortpflanzungs- form, in der Erhaltung der Art, wenn auch bei den in ihrer Folge oft entstehenden Kolonien nebenher Vorteile für die Person, das Einzel- tier dieses Tierverbandes oder -Staates mit ihr verbunden sein können. Versuch zu einem System der Monogonic im Tierreiche. 585 Einen Überblick über die verschiedenen Formen der Monogonie, keine erschöpfende Darstellung aller monogonischen Vorgänge, und einen Vorschlag für ihre systematische Ordnung will die folgende Be- sprechung geben. Teilung und Knospung. Wenn man bei dem Versuche, die monogonischen Fortpflanzungs- vorgänge zu klassifizieren, von alters her Teilung und Knospung unter- schieden hat, so lehrt doch ein Blick in die Literatur, daß diese beiden Begriffe keineswegs einheitlich gefaßt werden. Daher gibt es eine ganze Reihe von ungeschlechtlichen Vermehrungsprozessen, die hier als Teilung, dort als Knospung bezeichnet werden. Man gewinnt hieraus den Eindruck, als sei eine scharfe Abgrenzung beider gegen- einander nicht möglich, als existierten Zwischenformen und als könne einer dieser Vorgänge von dem andern abgeleitet werden. Und doch sind Teilung und Knospung wesensverschieden und keine kann als die Vorstufe der andern angesehen werden, wenngleich Kombinationen beider vorkommen, welche ein phylogenetisches Verhältnis vortäu- schen können. Freilich muß man bei der Bestimmung dieser Begriffe nicht so oberflächliche Kriterien anwenden wollen wie den Größen- unterschied oder die Präexistenz eines beider Teilstücke, von denen das angeblich und scheinbar präexistente und größere als Mutter einer Knospe angesehen wird, während bei ziemlicher Gleichheit beider von einem Verschwinden der Mutter und von einem Teilungsprozesse ge- sprochen wird. Man übersieht hierbei, daß es Fälle gibt, in welchen eine Knospung vorliegen soll und doch die Tochter größer ist als die Mutter, und daß auch bei einer Ungleichteilung von einer Präexistenz eines der beiden Teilstücke nicht die Rede sein kann, da man jedes Teilstück mit demselben Rechte als Mutter ansprechen kann und die geringere Größe der sogen. Tochter oder Knospe keinen ausreichen- den Grund gibt, nun plötzlich von einer Knospung zu reden, obwohl es sich sonst um genau dasselbe Geschehen handelt wie bei der Tei- lung. Sehr viele Autoren stellen sich auf den Standpunkt, Teilung und Knospung als durch Übergänge miteinander verbundene Fort- pflanzungsarten anzusehen, und einige lassen ohne weiteres die Tei- lung (Gleichteilung) da zur Knospung werden, wo doch nur eine Un- gleichteilung vorliegt, indem dann eben das größere Teilstück als Mutter, das kleinere als Knospe angesprochen wird (vgl. die Literatur- besprechung unten). Es fragt sich — und wir werden im folgenden diese Frage bejahen 586 P. Deegener, müssen — ob nicht andre Unterschiede zwischen Teikmg und Knos- pung (Divisio und Gemmatio) bestehen, die die Wesensverschiedenheit hervorheben, die beispielsweise zwischen der monopodialen Knospung eines Hydroidstöckchens und der Gleich- und Ungleichteilung tat- sächlich und fühlbar existiert. Zunächst nniß man sich darüber klar werden, daß, eine Teilung nur dann als solche aufzufassen, wenn sie gleichhälftigc Teilung ist, nicht berechtigt erscheint, daß vielmehr eine Ungleichteilung eben doch auch ihrem ganzen Wesen nach eine Teilung bleibt und nicht daduicli zu einem z. B. der Knospung einer Hydra wesensgleichen Prozesse wird, daß eine Verschiebung der Tei- lungsebene nach vorn oder hinten stattfindet, worin sich nur ein ganz äußerlicher formaler Unterschied kundgibt. Die Ungleichteilung ist von der wirklicheu Knospung aber tatsächlich ebenso verschieden, wie sie unzweifelhaft eine Teilung und eben darum keine Knospung ist. Die ganz allgemein als Knospuug gefaßte digene exo- und endo- tomische sowie die polygene endotomische Fortpflanzung der Sucto- rien (vgl. Übersicht über das System) sind Teilungen. Die orale Strobilation der Scyphostomen imd die aborale Strobilation von Myria- nida u. a. sind gegen das vielfach gefällte Urteil, wie nachzuweisen sein wird, kerne. Knospungen, sondern Teilungen, allerdings Ungleichtei- lungen, doch unschwer von der Gleichteilung abzideiten. Beide, Tei- lung und Knospung, kommen bei Hydra vor; beide sind nicht durch Übergänge miteinander verbunden, weil in ihrem Wesen verschieden. Und ebenso wesensverschieden wie diese Knospung von der gleich- hälftigen Teilung ist, ist sie auch von der Ungleichteilung. Im folgenden sollen die Formen zunächst der Teilung und weiter- hin der übrigen monogonischen Vorgänge eingehender besprochen und gleichzeitig die Daten zu einem System gewonnen werden. Zuvor sei jedoch auf Grund einer keinen Anspruch auf Vollständigkeit er- hebenden, aber für die hier verfolgten Zwecke ausreichenden Zu- sammenstellung von Literaturstellen nachgewiesen, daß in der Tat der bestehende Unterschied zwischen Teilung und Knospimg keines- wegs so zum Ausdruck kommt, wie seit v. Wagners Ausführungen (Zool. Jahrb. IV. Bd. 1890) hätte erwartet werden können. Literatur. Fkanz v. AV agner verdanken wir (1. c. S. 404 e. s.) eine klare De- finition der Teilung und Knospung, welche beide Fortpflanzungsarten ihrem Wesen nach bestimmt und zwischen ihnen die Grenze zieht, die durch die wirklichen Verhältnisse gegeben erscheint. Auf Grund Versuch zu einem .Sj-steui der ]\Ionogoni(> im Tierreiche. 587 der gewonnenen Einsicht kritisiert v. Wagner die Auffassung einiger seiner Vorgänger, welchen die Unterschiede zwischen Teilung und Knospung nicht völlig klar geworden waren. So nennt nach v. Wag- ners Bericht 0. Schmidt (Die rhabdocoelen Strudelwürmer des süßen Wassers, Jena 1848 und Handbuch der vergl. Anatomie, 8. Aufl., Jena 1882) die Fortpflanzung der Microstomeen eine Teilung; an an- dern! Orte aber (Neue Beiträge zur Naturgeschichte der Würmer, Jena 1848) sieht er in ihr bei denselben Würmern und bei den Naiden eine Knospung. — M. Schultze (Über d. Fortpflanzg. durch Teilung bei Nais proboscidea, Arch. f. Naturgesch., 15. Jahrg., Bd. I, S. 293) beurteilt die Monogonie von Nais richtio- als Teilung und v. Graff (Neue Mitteilungen über Turbellarien, Zeitschr. f. wiss. Zool., Bd. XXV, S. 407) ebenso die von Microstoma, die er dann aber (1882) als un- zweifelhafte Knospung auffaßt (Monographie der Turbellarien. I. Ehab- docoelida. Leipzig 1882). Graf Zeppelin (Üb. d. Bau u. die Teilungs- vorgänge des Ctenodrilus inonostj/los nov. spec. Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XXXIX, 1883, S. 615) hält die Fortpflanzung von Nais, Chae- togaster und Ctenodrilus für eine Teilung, die Monogonie von Auto- lytus, Füograna, Myrianida dagegen für eine wahre Knospung. — Die Strobilation der Scyphostomen sieht Haeckel (Monographie der Medusen I. 1879. — Metagenesis und Hypogenesis von Aurelia au- rita. Jena 1881) als terminale Knospung an. Demgegenüber stellen sich Claus (Unters, üb. d. Organisat. u. Entw. der Medusen. Leipzig 1883) und Götte (Entwicklungsgesch. d. Aurelia aurita u. Cotylorhiza tuberculata. Leipzig 1887. S. 48) sehr entschieden auf den Stand- punkt, daß es sich um eine Teilung handle (vgl. polydiske Strobi- lation). Haeckel (Generelle Morphologie der Organismen. Berlin 1866) unterscheidet Teilung und Knospung nach folgenden Gesichtspunkten: »Bei der Selbstteilung ist das die Fortpflanzung einleitende Wachs- tum des Individuums ein totales und es zerfällt dasselbe bei der Spal- tung in seiner Totalität, so daß die Teilungsprodukte gleichwertig sind. Bei der Knospenbildung dagegen ist es ein einzelner Körper- teil des Individuums, welcher durch bevorzugtes Wachstum zur Bil- dung einer neuen Individualität (Knospe) führt, und diese trennt sich dann von dem elterlichen Individuum unvollständig oder vollständig, ohne daß dessen eigene Individualität dadurch vernichtet wird. Es sind also die beiden Spaltungsprodukte hier ungleichwertig.« Nach Haeckel wären die durch Teilung entstandenen Personen gleichaltrig; mit ihrem Auftreten verschwinde zugleich die Mutter, 588 P. Deegener, während die Knospe nicht das gleiche Alter mit der Mutter habe, die unverändert fortbestehe. Diese aus Richtigem und Irrtümlichem zusammengesetzten Darlegungen sind nicht ohne Widerspruch ge- blieben, und schon Götte (1. c.) hält ihnen entgegen, daß die Knospen öfter der Mutter gleichen als die Produkte der Teilung einander. F.V.Wagner zitiert hierzu (I.e. S. 409) aus Götte folgende Sätze: »Was Haeckel ferner unter dem ungleichen Alter der Knospungs- produkte versteht, zeigt die der Definition auf dem Fuße folgende Anwendung auf die Strobila, deren Scheiben eine nach der andern entständen und so das ungleiche Alter, das Merkmal der Knospung, besäßen. Er meint also in diesem Falle nicht den Altersunterschied zwischen den Spaltungsprodukten des einzelnen Knospungsvorganges, sondern das verschiedene Alter der successiv aufeinander folgenden Scheiben. Genau derselbe Unterschied besteht aber auch bei allen successiven Teilungen desselben Tieres, wie solche z. B. so anschau- lich bei Microstoma auftreten; er ist daher als unterscheidendes Kenn- zeichen der Knospung ganz unbrauchbar. — Und nicht zuverlässiger ist endlich das Merkmal des bald totalen (Teilung), bald nur parti- ellen Wachstums (Knospung); denn, abgesehen von der häufigen Schwierigkeit einer solchen Unterscheidung, berechtigt uns die Er- fahrung keineswegs, ein Wachstum überhaupt für die notwendige Ursache jeder Teilung zu erklären.« V. Wagnee fährt dann fort: >> Götte kann daher die von Haeckel angeführten unterscheidenden Kennzeichen der Teilung und Knospung als ausreichende und zutreffende nicht anerkennen und definiert seinerseits die Teilung als eine , Trennung von zusammen- hängenden, also bereits fertig vorliegenden Teilen', die Knospung aber als eine ,Neubildung von mehr oder weniger selbständig werdenden Teilen auf dem Wege eines lokalen Wachstums'.« Haeckels Auffassung erfuhr ferner eine Kritik durch v. Kennel, die, soweit sie v. Wagner für zutreffend hält, nicht erörtert wird. Wohl aber unterzieht v. Wagner die Begriffsbestimmungen von Tei- lung und Knospung, die v. Kennel i gibt, einer Besprechung, die hier nicht übergangen werden kann. »Vergleichen wir, << sagt v. Kennel, »alle Propagationsvorgänge miteinander, so finden wir, daß bei der einen Gruppe die Masse der aus der Fortpflanzung hervorgegangenen Produkte zusammengenom- men gleich ist der Masse des ursprünglichen Individuums vor Beginn 1 Über Teilung und Knospung der Tiere. Dorpat 1888. Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 589 der sichtbaren Veränderungen, welche die Propagation einleiten. In allen andern Fällen wird die Propagation eingeleitet durch Auftreten neuer Teile, die mit dem Individuum nichts zu tun haben, durch einen Zuwachs von organischer Substanz, so daß die Teilstücke, nachdem sie vollständig geworden sind, in ihrer Gesamtheit mehr Masse reprä- sentieren, als das ursprüngliche Tier vor Auftreten der Propagations- erscheinungen besaß. Ersteres können wir als Teilung, letzteres als Knospung bezeichnen. << »Demnach,« sagt v. AVagner, »erblickt v. Kennel ausschließlich im Vorhandensein oder Fehlen eines Wachstums das Kriterium der Knospung beziehungsweise der Teilung. Daß wenigstens für die letz- tere v. Kennels Definition eine künstliche und willkürliche Be- schränkung bedeutet, ist ohne weiteres ersichtlich. — Führt man in- des V. Kennels Aufstellungen konsequent durch, so gelangt man zu der Folge, daß innerhalb der Metazoen Teilungen überhaupt nicht vorkommen. Denn es kann von diesen Tieren keine ungeschlecht- liche Fortpflanzung namhaft gemacht werden, bei welcher ,die Masse der aus der Fortpflanzung hervorgegangenen Produkte zusammen- genommen gleich ist der Masse des ursprünglichen Individuums vor Beginn der sichtbaren Veränderungen, welche die Propagation ein- leiten', weil jede Teilung bei den Metazoen unabänderlich mit Rege- nerationen oder Neubildungen andrer Art verbunden ist und sein muß. Diese aber bedingen ebenso notwendig eine Zunahme an orga- nischer Substanz.« »Nun ist es ja gewiß kein Grund, einen Vorgang deshalb als eine Teilung anzusprechen, weil, täte man dies nicht, die Teilung als Pro- lifikationsform der Metazoen vollkommen in Fortfall käme. Aber V. Kennel selbst qualifiziert die von Zacharias freilich nur mangel- haft beschriebene . . . ungeschlechtliche Fortpflanzung der Planaria suhtentaculata als Teilung und hat uns überdies mit der interessanten Prolifikation einer Süßwassertriclade bekannt gemacht, welche er als jQuerteilung' bezeichnet, obzwar in beiden Fällen mit Rücksicht auf die dabei erfolgenden Regenerationsprozesse ein Zuwachs an orga- nischer Substanz nicht in Abrede gestellt werden kann. Im Grunde erschöpft sich v. Kennels Teilungsbegriff in dem nackten Zertrennungsvorgang, also dem, was ich als Dissection inner- halb einer Paratomie benannt habe. Damit postuliert dieser Forscher, daß, wenn man bei den Tieren von Teilung sprechen wolle, der be- treffende Prozeß mit der Zerlegung eines Steinblocks identisch sein müsse. Dies ist aber der tierischen Organisation gemäß unmöglich. 590 P. Deegcner, Nicht besser steht es mit v. Kennels KnospungsbegTiff. ]Mieb . . . für die Teihing so gut wie nichts, so umfaßt nun die Knospung nach V. Kennel alle insexuellen Propagationen, bei welchen irgend- ein Wachstum zutage tritt. Es ist folglich ganz gleichgültig, ob der betreffende Wachstumsvorgang an dem Tiere als eine Besonderheit sich abspielt und die individuelle Erscheinung desselben unberührt läßt, oder ob er zusammenfällt mit der normalen Größenzunahme dieses Tieres, wie sie uns auch bei den nächsten Verwandten desselben entgegentritt, welche aber der Fähigkeit ungeschlechtHcher Fortpflan- zung ermangeln. I)i(>. Knospung einer Salpe oder Bryozoe, die Ephyrenbildung der Medusen, die Strobilationsprozesse der Würmer, die Hydren- und Korallenkuospung usw. sind demnach im Prinzip dasselbe, und zwar so sehr, daß, wie zuerst v. Kennel . . . und unabhängig von ihm fast gleichzeitig Lang (Über den Einfluß der festsitzenden Lebensweise auf Tiere usw. Jena 1888) wahrscheinlich zu machen gesucht haben, alle diese Prozesse auch auf einen und denselben Ausgangspunkt — das Regenerationsvermögen der Tiere - — zu beziehen seien. Nichts scheint mir für die Auffassung v. Kennels von der Knos- pung'so charakteristisch, wie folgende Ausführungen dieses Forschers« fährt V. Wagner fort. Diese Ausführungen lauten nach v. Wagners Zitat: >>Treten . . . bei manchen Kingeivvürmern, wie Nais, Chaetogaster, Aeolosoma, Syllis u. a. etwa in der Mitte des segmentierten Körpers Neubildungen auf, durch welche Vorder- und Hinterhälfte des Kör- pers auseinandergeschoben werden; differenziert sich diese neu ein- geschaltete Körperstelle in eine größere Anzahl junger Segmente, die sich weiterhin ausbilden teils in neue Kopfglieder für den dahinter liegenden Körperabschnitt, teils in neue Rumpfsegmente des vorher- gehenden — so ist damit offenbar eine Knospenbildung gegeben, denn es ist an dem ursprünglichen Individuum eine anfangs kleine, von ihm ernährte und wachsende Neubildung erschienen. Schnürt sich in der Folge diese Knospung ungefähr in ihrer Mitte mehr und mehr ein bis zur völligen Trennung, so dürfte es keinen Widerspruch er- fahren, wenn man das eine Propagation durch Knospung nennt.« Dazu bemerkt v. Wagner: >>v. Kennel bezeichnet also hier die , anfangs kleine und vom ursprünglichen Individuum ernährte und wachsende Neubildung' als Knospe. Diese angebhche Knospe, welche in Wahrheit nichts andres als die sogen. Knospungszone (Regenera- tionszone) darstellt, ist gar kein Individuum, kein organisches Wesen, Versuch zu cinoin System der IMonogonie im Tierreielie. 591 sondern ein mixtum compositum, gebildet aus den verkehrt zusam- mengelegten hinteren und vorderen Hälften zweier verschiedener Tiere; und für die Entstehung dieser beiden bleibt schließlich doch kein andrer Ausweg als — Teilung. Auch ist ohne weiteres klar, daß V. Kennel hier Teilungen vor iVugen hat, welche, wie man sich aus- drückt, auf Knospungsvorgängen beruhen, und die besondere Art be- stimmter Regenerationsprozesse als Knospungsvorgänge bezeichnend, die ganze Propagationsform nun einfach als Knospung deutet. Wenn fernerhin v. Kennel die mannigfaltigen Knospungsfor- nien in eine axiale (Strobilation i. w. S.) und eine laterale Knospung sondert, so ist diese Einteilung auch wenig zutreffend, da ihr allein die Verschiedenheit der Richtung des Wachstums zugrunde liegt, also stillschweigend im übrigen eine Gleichartigkeit der betreffenden Pi^)- zesse statuiert wird, welche durchaus nicht zutrifft. Zudem ist es in vielen Fällen eine »Sache rein persönlicher Auffassung, die betreffende Knospe als eine laterale oder terminale zu betrachten (Entstehung mancher Hydromedusen durch Knospung). — Mit andern Worten, ob ein Tier als solches wächst und sich während des Wachstums oder nochmals in eine Anzahl von Individuen zerlegt, oder ob ein Tier durch ein besonderes Wachstum an sich neue Zooide erzeugt, sind zwei ganz differente Prozesse; jedenfalls ist ihr Unterschied weit größer als der, ob die Knospen an der Seite, vorne oder hinten an einem Tiere zur Entwicklung gelangen, wenn die Bildung derselben nur sonst über- einstiuunt. << Diesen wichtigen kritischen Ausführungen v. Wagners mußte ein breiterer Raum gewährt werden. Indem ich im übrigen ausdrück- lich auf seine Arbeit verweise, wäre nunmehr darzulegen, daß auch nach V. Wagners Publikatioji die Klärung, die num hätte erwarten können, keineswegs eingetreten ist und bis in die jüngste Zeit hinein in den Lehr- und Handbüchern verschiedene Auffassungen vertreten werden, die großenteils den tatsächlichen Verhältnissen nicht genü- gend Rechnung zu tragen scheinen. Alexander Brandt (Grundriß der Zoologie und vergl. Anato- mie. Berlin 1911) sagt 8.43: »Zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung gehören zwei nicht streng zu sondernde Typen: Teilung und Knos- pung.« — 8.45: »Beide Fortpflanzungsweisen, Teilung und Knos- pung, können auch miteinander kombiniert sein, bzw. ineinander übergehen, wobei an den sich abtrennenden Teilstücken, den Tochter- individuen, die ihnen fehlenden Organe durch Knospung neu gebildet werden (gewisse Würmer << — [Hinweis auf Myrianida und Micro- 592 P. Deegener, Stoma] — »Seesterne). Bei einzelligen Tieren lassen sich zwischen ungleichmäßiger Teilung und Knospung keine Grenzen ziehen.« Man sieht, daß Brandt Knospung als Monogonie und »Knos- pung << als Entstehung von hervorwachsenden Körperteilen nicht unter- scheidet. Aber selbst unter dieser Voraussetzung wird mir nicht ver- ständhch, inwiefern in den von ihm anoeführten Fällen Teilung und Knospung ineinander übergehen sollen. Diese Fälle sollen jedenfalls nur auf die Kombination bezogen werden; und wenn deren Existenz auch keineswegs geleugnet wird, so liegt sie doch bei Myrianida und Microstoma ebenso wenig wie bei der Teilung der Seesterne vor. Daß Teilung und Knospung bei gewissen Protozoen nicht leicht als solche erkennbar sind, stelle ich nicht in Abrede; daß aber bei den Einzel- ligen keine Grenze zwischen beiden gezogen werden könne, ist doch wohl zu viel gesagt. Daher kann ich Brandt auch nicht zustimmen, wenn er (S. 91) sagt: » Die Fortpflanzung (— der Protozoen^ — ) geschieht durch Teilung (Hinweis auf Figur von Balmitidium^), seltener durch Knospung (Hinweis auf Figur von Podophrya'^), welche bei einem einzelligen Wesen auch als ungleichmäßige Teilung angesehen werden kann.« — Bei der von Brandt abgebildeten Podophrya liegt ganz unzweifelhaft- Knospung vor. — Die Strobilation der Scyphostomen bezeichnet Brandt als Knospung, sogar als aborale (dies letztere jedenfalls nur ein Druckfehler). Korschelt und Heider (Lehrb. d. vergl. Entwicklungsgesch. 1. u. 2. Aufl. Allg. T. Jena 1909) unterscheiden (S. 473) Teilung und Knospung wie folgt: »Die erstere ist dadurch gekennzeichnet, daß bei ihr der Körper in annähernd gleich große Teilstücke zerlegt wird, an denen also die der betreffenden Körperhälfte entsprechenden Organe bereits vorhanden vmd die Neubildungen nicht so beträcht- lich sind. Bei der Knospung hingegen ist es nur eine verhältnismäßig kleine und zumeist wenig zellenreiche Partie des Körpers, die sich zur Bildung des neuen Individuums von ihm ablöst, ohne daß sein eigener Bestand dadurch wesentlich beeinflußt würde und erhebliche Veränderungen sich an ihm vollzögen, während solche in hohem Maße an der noch ganz unentwickelten Knospe stattfinden müssen.« Meine Stellung diesen Begriffsbestimmungen gegenüber geht aus dem Vorstehenden und Nachfolgenden hinlänglich hervor und bedarf deshalb an dieser Stelle keiner besonderen Präzisierung. — Die Stro- bilation der Scyphostomen fassen die genannten Autoren in Über- 1 Die eingeklammerten Zusätze stammen von mir, um deutlich zu machen, wovon die Rede sei. Versucli zu cincju System der Slonogonie im Tierreiche. 593 einstimmung mit der hier vertretenen Ansicht als Teilung auf, ebenso die seriale Heterotomie der Anneliden. Hinsichtlich der Beziehungen zwischen Teilung und Knospung äußern sieh Korschelt und Heider dahin, daß es sehr leicht sei, zwischen beiden eine Brücke zu schlagen; »denn ungeschlechtliche Fortpflanzungserscheiiumgen, deren Einord- nung unter den einen oder andern der beiden Begriffe zweifelhaft erscheint, finden sich allenthalben im Tierreich.« — Daß ich beide Formen der Monogonie für heterogen halte und höchstens Kombi- nationen gelten lasse, ist an anderem Orte ausgeführt; ebenso, daß zwar nicht überall leicht zu beurteilen sei, ob Knospung oder Teilung vorliege, dennoch aber damit ein Übergang empirisch noch nicht ge- geben erscheine. (Vgl. auch .Seeliger, Verhdl. Deutsch. Zool. Ges. 1896, der eine am ausgebildeten Organismus spontan auftretende Knospung nur bei den Tunicaten als ursprüngliche phylogenetische Erscheinung anerkennt, bei allen übrigen Metazoen aber die Knospung von der Teilung ableitet.) In demselben Lehrbuche 8. 472 finde ich die Sätze: »Die unge- schlechtliche Fortpflanzung geht stets von nur einem Individuum aus, daher die Bezeichnung als Monogonie. An diesem Individuum kann sie nicht selten zunächst unter der Form eines Wachstumsvor- ganges erscheinen, wodurch die Auffassung der Fortpflanzung als ,ein Wachstum über das individuelle Maß hinaus' (C. E. v. Baer) besonders verständlich wird.« — Da diese letzte Auffassung ziemlich überall in Lehr- und Handbüchern wiederkehrt, mag an dieser Stelle folgende Überlegung Platz finden: die Monogonie kann als Wachstum über das individuelle Maß hinaus nicht ganz allgemein beurteilt werden. Unter dem »individuellen« Maße des Wachstums stellt man sich doch wohl ein Maß des Wachstums vor, das erfüllt ist, wenn das Tier die typische Artgröße oder seine Maximalgröße erreicht hat. Denkt man sich dar- unter etwas andres, z. B. die Größe, die ein Tier in dem Zustande besitzt, in welchem es zur monogonischen Fortpflanzung schreitet, so wüßte ich nicht, nach welcher Richtung hin das Maß durch den Zusatz »individuell << bestimmt werden sollte. Oder soll individuell in Verknüp- fung mit Wachstumsmaß so viel heißen wie normales Wachstum, das zur Ausbildung der für die Art typischen Form führt? Dann wäre der Ausdruck wenig klar und treffend, und die Teilung würde dann nicht auf einem solchen Wachstume beruhen. Ist aber mit dem individuellen Maße des Wachstums, wie es wohl allgemein verstanden wird, ein Wachstum gemeint, dem die typische Artgröße, die übrigens innerhalb sehr weiter Grenzen schwanken kann, sein Ziel setzt, so 594 P. Deegener, kann in allen denjenigen Fällen von einem solchen Wachstume nicht die Rede sein, in welchen nionogonische Prozesse schon beginnen, wenn das Tier noch mehr oder minder weit vom Zustande des Er- wachsenseins entfernt ist. Von solchen Fällen war schon die Rede und wird noch wiederholt zu sprechen sein (Bryozoen, Tunicaten u. a. m.). In dem Lehrbuche der Zoologie von Claus-Grobben (1905) wird die Strobilation im Gegensatze zu Brandt (1. c.) als auf der Quer- teilung beruhend bezeichnet (S. 290), und auch die Monogonie der Byllideen ist zutreffend als Teilung dargestellt (S. 371). Wenn als die bei den Suctorien herrschende Fortpflanzungsform die Knospung genannt wird (S. 248), so dürfte die von mir als Teilung aufgefaßte Fortpflanzung hiermit in der Mehrzahl der Fälle als Knospung gedeutet werden. In dem schwierig zu beurteilenden Falle von Amaroecium wird eine Teilung angenommen (S. 205). Wenn R. Hertwig (Lehrb. d. Zool, 3. Aufl. 1895) sagt: »Bei der Teilung . . . zerfällt ein Tier in zwei oder mehr untereinander gleich- wertige Stücke« (S. 113), so scheint daraus hervorzugehen, daß alle Vorgänge der Ungleichteilung (Heterotomie) von ihm nicht als Tei- lungsprozesse anerkannt werden. Dies bestätigen die folgenden Sätze (S. 113): »Bei der Knospung sind die sich ergebenden Produkte un- gleichwertig. Das eine Tier führt den Bau des Muttertieres weiter. Der durch lokales Wachstum bedingte Auswuchs dagegen, die Knospe, erscheint als eine Neubildung, als das Tochterindividuum. Immerhin ist der Unterschied zwischen Teilung und Knospung kein unvermit- telter. Wenn wir von der Zweiteilung ausgehen, so wird dieselbe sich der Knospung in gleichem Maße nähern, als die Teilprodukte ungleich werden, so daß das eine mehr und mehr den Charakter einer Knospe, das andre den Charakter des fortexistierenden Muttertieres annimmt. Solche Übergänge sind namentlich bei der terminalen Knospung mög- lich, bei der die Knospe in der Verlängerung des Muttertieres an dem einen Ende der Hauptachse auftritt. Der Charakter der Knospung ist dagegen unverkennbar, wenn die Knospe unter Neubildung ihrer Körperachse als ein seitlicher Ausw^uchs der Mutter entsteht . . . oder wenn von einem gemeinsamen Muttertiere zahlreiche Knospen ab- geschnürt werden . . . (laterale und multiple Knospung).« Es ist nicht richtig, daß bei der Knospung die sich ergebenden Produkte ungleichwertig sind, sonst wäre die Entstehung der Poly- pen an Polypen, der Schwäinmo an Scliwänunen, der Bryozoenper- sonen an gleichartigen Personen keine Knospung. — Wenn als Krite- Versufli zu einem >*>ystem der Monogonie im Tierreiche. 595 riiim zwischen Teilung und Knospung der Größenunterschied namhaft gemacht wird, so war darüber an andrer Stelle schon die Rede. Ist der Größenunterschied maßgebend, so verwischen sich natürlich die Grenzen zwischen Divisio und Gemmatio völlig und die Unterschei- dung wird überhaupt wertlos. Hertwig sieht konsequenterweise bei den Suctorien auch da eine Knospung, wo eine Teilung vorliegt; er erblickt in der Strobilation der Scyphostomen eine terminale Knospung (S. 205) und natürlich auch in der Annelidenteilung (Myrianida) einen Knospungsvorgang. In der mir vorliegenden neuesten Auflage des zitierten Lehrbuches von 1912 vertritt R. Hertwig noch dieselbe Auf- fassung. Max Weber (Lehrb, der Biol. für Hochschulen von M. Nuss- BAUM, G. Karsten undM. Weber. Leipzig 1911) rechnet (S. 466) die Strobilation der Scyphostomen zur Teilung. Folgende Sätze seien hier noch wiedergegeben: »Sind die Teilstücke ungleich groß, so sprechen wir bei Einzelligen von Sporenbildung. Unter Sprossung, auch wohl Gemmulation oder Knospenbildung versteht man insonderheit die Erscheinung, daß vom Körper der Mehrzelligen ein aus verschieden zahlreichen Zellen bestehendes Stück sich ablöst, um ein neues Wesen zu bilden. Da diese Zellen von andern Körperzellen sich nicht unterscheiden, nennt man die ungeschlechtliche oder vegetative Zeu- gung auch somatogene. << Außer diesen wenig präzisen Angaben findet der Leser nur noch sehr spärliche Daten zu seiner Orientierung über ungeschlechtliche Vermehrung. Lang (Lehrb. der vergl. Anatomie d. wirbellos. Tiere, Protozoa. Jena 1901) unterscheidet bei den Protozoen vier Hauptformen der Fortpflanzung: Zweiteilung, Knospenbildung, vielfache Durchschnü- rungsteilung, Sporenbildung oder Zerfallteilung. »Die Zweiteilung (Hemitomie) vollzieht sich entweder am aktiven, tätigen Tier, oder am ruhenden und dann meist encystierten Organismus. Sie ist ent- weder eine gleichhälftige, wenn beide Tochterindividuen gleich groß und gleich organisiert sind, oder eine ungleichhälftige, wenn die beiden Tochterindividuen ungleich groß und häufig auch etwas verschieden organisiert sind. Der letztere Teilungsmodus leitet zur Knospung hinüber. — In gewissen Fällen folgen gleichhälftige Zweiteilungen oft und rasch hintereinander, so rasch, daß die Abkömmlinge nicht Zeit haben, ihre Organisation zu entwickeln, sich zu ernähren und zu wach- sen (Polytomie). Eine solche Fortpflanzungsweise vollzieht sich meist nach erfolgter Encystierung und liefert eine größere Zahl kleiner Ab- kömmlinge, die man als Sporen bezeichnen kann. Diese Sporen sind 596 P. Deegcner, entweder beweglich oder unbeweglich. Jede Spore entwickelt sich direkt oder nach erfolgter Karyogamie zu einem dem Muttertier ähn- lichen Organismus.« Lang vertritt also die Ansicht, daß die ungleichhälftige Teilung zur Knospung hinüberführe, was doch nur dem äußeren Scheine nach zutreffen kann. >>Die Knospung (Gemmatio) <<, fährt Lang fort (I.e. S. 163), »ist eine Art Teilung, bei welcher die beiden Zellprodukte sehr ungleich groß und verschieden organisiert sind, so daß das größere als Muttertier, das kleinere als Knospe an ihm imponiert. << — Während Lang dementsprechend nur wenigen Suctorien eine Fort- pflanzung durch Teilung zuschreibt (Podophryen, Sphärophryen), hält er bei diesen Protozoen die Knospung für herrschend und nimmt auch da eine solche an, wo konsequenterweise von einer modifizierten Tei- lung (Heterotomie) die Kede sein müßte, zumal er diese von der Tei- lung ableitet. Die sogenannte innere Knospung würde dann ihrem Wesen nach dasselbe sein wie die Knospung von Ephelota {Podophrya) gemmlpara R. Hertw., bei der wirklich eine Knospung vorliegt. Also auch bei Lang finden wir die präzise Unterscheidung von Teilung und Knospung nicht, die übrigens auch v. Wagner für die Protozoen als völlig durchführbar zu behaupten nicht gewagt hat. Ich kann hier nur wiederholen, daß zwar bisweilen die Unterscheidung von Knospung und Teilung bei den Protozoen auf Schwierigkeiten stoßen kann, daß aber faktisch entweder Teilung oder Knospung vorliegen muß, weil beide der Ausdruck eines heterogenen Geschehens sind. Ganz allgemein werden die Teilprodukte notwendig kleiner sein müssen, als ihre Mutter war (Teilung), oder die Mutter bleibt intakt und ist nach Ablösung der Knospen (wenn sie nicht inzwischen selbst un- abhängig vom Auftreten der Knospen gewachsen ist) ebenso groß wie zuvor (Knospung). Gerade bei den Suctorien kann es wohl in keinem Falle zweifelhaft sein, welche Form der Monogonie vorliegt. BüTsCHLi sagt (Bronns Klass. u. Ord. Protozoa I, 3. 1887 — 89. S. 1899): »Die Beschreibung, welche Stein von der Geburt der Knospe bei Tocophrya Astaci gibt, erinnert lebhaft an die Vorgänge bei Den- drocotnetes. Der herausgedrungene Sprößling nimmt nämlich viel mehr Plasma aus der Mutter mit, als er zu enthalten schien, solange er sich in deren Innerem befand. Die Tocophrya verkleinert sich bei der Entleerung des Sprößlings ganz ungemein, ja dieser ist entschieden viel größer wie die Mutter.« Da hier die »Mutter« nicht intakt bleibt, sondern an Größe verliert, kann nur eine Teilung vorliegen. (Vgl. unten Teilung und metagene Heterotomie.) — Versuch zu einem System der Älonogonie im Tierreiche. 597 Boas (Lehrb. d. Zool., Jena 1890) äußert sich S. 32 wie folgt: »Die Teilung findet in der Weise statt, daß an dem betreffenden In- dividuum Längs- oder Querfurclien auftreten, welche immer tiefer in den Körper hineindringen und denselben endlich in zwei gewöhnlich ungefähr gleich große Teile trennen, welche durch Wachstum vor, während oder nach der Trennung sich derartig vervollständigen, daß jeder Teil dem ursprünglichen Individuum gleich wird; seltener findet die Teilung ohne vorhergehende Einschnürung, als eine plötzliche Sprengung des Tieres in zwei Stücke, statt. Die Sprossung ist da- durch von der Teilung abweichend, daß nur ein kleinerer Teil (welcher jedoch immer Teile, die aus den verschiedenen Keimblättern . . . stam- men, enthalten muß) des Körpers des ursprünglichen Individuums durch starkes Wachstum sich zu einem neuen Tiere entwickelt, so daß jenes sich als Mutterindividuum, als erzeugendes, dem Sprößling gegenüber verhält, während bei der Teilung die beiden Individuen als gleichwertig erscheinen. Übrigens gehen diese beiden Fortpflan- zungsformen derartig ineinander über, daß es vielfach uimiöglich ist, zu sagen, ob man einer Teilung oder einer Sprossung gegenüber steht. << Über die Suctorien finde ich bei Boas (auch in der 7. Aufl. 1913) nichts. Die Strobilation der Scyphostomen scheint er als Teilung aufzufassen (S. 122); die aborale Strobilation der Polychäten dagegen bezeichnet er als Sprossung. In der 7. Aufl. (1913) sagt Boas (S. 58): »Bei manchen Borstenwürmern findet vom Hinterende des Körpers eine Knospung statt: das hintere Ende wächst aus, wird gegliedert usw. und löst sich schließlich als ein neues Individuum ab. Aus einem solchen Fall ersieht man leicht, daß ein wesenthcher Unterschied zwi- schen Knospung und Teilung nicht besteht; wenn — wie es bei andern Borstenwürmern der Fall sein kann — ein größeres Stück des Tieres sich als neues Individuum konstituiert hätte, wäre es eine Teilung gewesen; jetzt, da es ein kleineres Stück ist, nennt man es Knospung. << Für DoFLEiN (Lehrb. d. Protozoenkunde. 3. Aufl. Jena 1911) ist das maßgebende Kriterium zwischen Teilung und Knospung die verschiedene Größe. »Während bei der Teilung gleichgroße Teikings- produkte entstehen, trennt sich bei der Knospung ein kleineres Tochter- individuum von einem größeren Mutterindividuum. << — Die Teilung von Tocophrija quadripartita nennt Doflein innere Knospung. Von Sphaerophrya pusilla Cl. und L. sagt er S. 994: »Die Vermehrung erfolgt durch gleichhälftige oder etwas ungleiche Teilung (Fig. 949^) oder durch Knospenbildung. Bei der letzteren entstehen Schwärmer, welche sich mit Hilfe eines ringförmigen Ziliengürtels lebhaft zu be- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 39 598 !*• Deegener, wegen vermögen (Fig. 949 C).<< — Gerade bei diesem Siictor erweist sich die sogenannte Knospung unzweifelhaft als Teilung (Hetero- tomie). 0. Hertwig (Allgem. Biologie. 3. Aufl. Jena 1909) sagt S. 260: »Von Knospung redet man, wenn das eine Teilprodukt an Größe hinter dem andern so sehr zurückbleibt, daß es nur als ein kleines Anhängsel an ihm erscheint und kaum zu einer Verminderung seiner Körpermasse führt. Das kleinere Teilprodukt nennt man die Knospe, das andre die Mutterzelle. Bei dieser Vermehrungsweise gibt es zwei Unterarten, je nachdem eine oder mehrere Knospen an der Mutter- zelle ihren Ursprung nehmen. — Im Tierreiche spielt der Knospungs- prozeß bei der Reife des Eies eine Rolle und führt zur Entstehung der Richtungskörperchen oder Polzellen. << Wie die Bildung der Richtungskörper unzweifelhaft auf eine Zell- teiluns zurückzuführen ist, erscheint sie auch nach der von mir ver- tretenen Anschauung keineswegs als Knospung. Ich halte mit E. L. Mark (Maturation, fecondation and segmentation of Limax campe- stris. Bull, Mus. Comp. Zool. Harvard Coli. Boston. Vol. VI. 1881) die Richtungskörperchen für abortive Eizellen. Wenn die erste Rei- fungsteilung der Eier bei gewissen Pulmonaten gelegentlich zwei fast gleich große Zellen liefern kann; wenn ferner alle möglichen Stufen der Reduktion des Umfanges an den Richtungskörpern beobachtet worden sind, so sehen wir die Richtungskörperbildung überall von einer Teilung ableitbar, d. h. die schließlich sehr ausgesprochene Un- gleichteilung ist nur eine Modifikation der Gleichteilung. Das Wesen des Teilungsprozesses wird durch das Kleinerwerden eines Teilstückes nicht berührt; und wenn die Polkörperbildung als Knospung aufge- faßt werden soll, so weiß man nicht, wo bei der Entstehung dieser Zellen die Grenze zwischen Knospung und Teilung gezogen werden soll. Daß die Polzellenbildung hier nur erwähnt wurde, um 0. Hert- wiGs Meinung über Teilung und Knospung klarzulegen, bedarf wohl kaum des Hinweises. Um einen der uns hier ausschließlich interessie- renden monogonischen Prozesse handelt es sich nicht, denn die Pol- zellenbildung vollzieht sich an Geschlechtszellen. Meisenheimer (Entwicklungsgeschichte der Tiere II. Sammlung Göschen. 1908) sagt (S. 128): »Eine etwas andre Form ungeschlecht- licher Fortpflanzung ist die Knospung, bei welcher ein bestinmiter Körperabschnitt des Muttertieres verstärktes Wachstum zeigt und sich knospenartig vorwölbt. Eine solche Knospe enthält alle wesent- lichen, aus den embryonalen Primitivanlagen hervorgegangenen Ge- i Vorsuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 599 websschichten, die schließlich ein Tochterindividuuin aufbauen, das in allem der Organisation der Mutter entspricht.« Der letzte 8atz scheint die heterogene Knospung als Knospung auszuschließen, bei welcher Mutter und Tochter recht verschieden sind, ohne daß hierdurch der Fortpflanzungsvorgang seine Eigenart als Knospung einbüßt. Die gegebene Auswahl beweist wohl hinlänglich, daß von einer einheitlichen Stellungnahme gegenüber den als Teilung und Knospung benannten Vorgängen auch jetzt noch ebensowenig die Eede sein kann wie zu jener Zeit, in welcher sich v. Wagner bemüht hat, eine Klärung herbeizuführen; und diese Tatsache läßt den vorliegenden Versuch gerechtfertigt erscheinen. I. Divisio (Teilung). Die Propagationsindividuen entstehen nicht durch ein für sie specifisches lokales, von dem normalen der Mutter abweichendes Wachstum. Bei der Teilung in ihrer unbestritten als solche anerkannten Form zerfällt die Mutter in zwei oder mehr (meist 2 . x) untereinander gleich- wertige Töchter (gleichhälftige Teilung: Hemitomie und Polytomie). Eine Mutter als Person bleibt nach diesem Vorgange naturgemäß nicht bestehen, löst sich vielmehr in ihre Töchter auf, in denen sie fortlebt. Natürlich sind dabei die Töchter notwendig kleiner, als die Mutter war, zu deren Größe sie später erst als selbständige Individuen heranwachsen. Die Ursache dieses Teilungsprozesses ist nicht be- kannt. Gehen wir von diesem Teilungsvorgange aus, der niemals Zweifel darüber erweckt hat, daß er als Divisio anzusprechen sei, so sehen wir ihn in vielen Fällen, die sonst ganz das Gepräge der Teilung tragen, in eine andre Form übergehen, die als Ungleichteilung erscheint und auch als solche bezeichnet werden sollte. Diese Heterotomie, wie ich sie im Gegensatze zu der Homotoniie nennen will, ergibt sich aus der Gleichteilung dadurch, daß die erste Teilungsebene nicht mehr die Mutter in der Mitte durchschneidet, sondern einem der beiden Körperpole näher gerückt wird. Ho entstehen zwei Individuen, von denen das eine größer ist als das andre und deshalb nach der vielfach vertretenen Auffassung als »Mutter« angesehen wird. Auch wenn mehrere kleinere Individuen abgeschnürt werden, faßt man diese gewöhnlich als Töchter auf. Nun ist die polygene Heterotomie zweifellos nur eine Modifika- tion der digenen Heterotomie und diese letztere nur eine andre Form 39* 600 P- Deegener, der Hemitomie und von dieser nicht wesensverschieden. Dement- sprechend findet man auch zahlreiche Übergänge von der Homotomie zur Heterotomie; und faßt man letztere ohne innere Berechtigung als Knospung auf, so wäre einerseits eine Grenze zw^ischen Teilung und Knospung nicht scharf zu ziehen, andrerseits aber wäre die Hete- rotomie mit Vorgängen echter Knospung identifiziert, die sich in der Tat nach einem ganz andern Plane vollzieht und nicht von irgend- einer Form der Teilung ableitbar ist; denn die Knospung läßt neue Individuen entstehen, welche durch ein für sie specifisches, von dem normalen der Mutter abweichendes lokales Wachstum gebildet werden, und davon kann bei der Heterotomie als modifizierter Hemitomie keine Kede sein. Bleiben wir zunächst bei der Homo- und Heterotomie und ihrem Verhalten zu einander stehen, so ergibt sich, daß durchaus kein we- sentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen beiden ausfindig gemacht werden kann: sie sind nur zwei verschiedene Formen desselben Ge- schehens. Dies lehrt das Verhalten mancher Protozoen (Suctorien), ebenso wie das gewisser Metazoen. Wir sehen, daß bei primitiven Suctorien die Teilung gleichhälftig ist, während bei den meisten andern die eine Tochter (der mit Cilien ausgestattete »Schwärmer«) kleiner ist als die andre. »Alle Übergänge verbinden diese beiden Modi- fikationen, ja sie treten bei derselben Art häufig nebeneinander auf« (BüTSCHLT, Bronns Klass. u. Ord. Protozoa. 1887 — 89), und es kommt auch vor, daß bei der heterotomischen Teilung der »Schwärmer« größer ist als seine sessile Schwester. Der Größenunterschied der Töchter berechtigt uns nicht, die Heterotomie als wesensverschieden von der Homotomie anzusehen; und wenn die eine Tochter Cilien erhält, die andre Saugtentakeln behält, so wird hierdurch das Wesen des Vor- ganges in seiner Eigenart als Teilung durchaus nicht berührt. Auch wenn, wie in der Regel, die eine Tochter in eine »Bruthöhle« der an- dern zu liegen kommt, ist die Teilung nur insofern modifiziert, als die Teilungsebene die Töchter nicht auseinanderschneidet, sondern die eine (den Schwärmer) aus dem Körper des ursprünglichen Individu- ums herausschält, indem nur die Teilungsebene eijie andre Form an- genommen hat. Daß hier überall eine zur Heterotomie modifizierte hemitomischc Homotomie vorliegt, ist offensichtlich. Zu demselben Resultate kommen wir bei den Metazoen. Wenn bei der Teilung (Polytomie) von Microstoma nach F. v. Wagners Beobachtungen (Zool. Jahrb. Anat. IV. Bd. 1891) die Teilstücke entweder einander gleich sind, oder durch Verlagerung der Teilungs- Versuch 7.u einem System der Monogonie im Tierreiche. 601 ebene verschieden groß werden, indem bald das vordere, bald das hintere Teilstück größer wird, so ändert dies an der Tatsache der Teilung gar nichts. Die Polytomie geht hier so unmerklich in eine Ungieichteilung über und bleibt so unzweifelhaft eine Divisio, daß die Gleich- Lind Ungleichteilung durchaus nur als verschiedene Formen desselben Vorganges erscheinen. Dasselbe gilt für die Strobilation bei den Scyphostomen und Anneliden, wenngleich hier der Teilungs- verlauf ein etwas andrer ist. Es entstehen zunächst zwei ungleiche Teilstücke. Von diesen teilt sich nicht wie bei der Microstorna- Teilung jedes Teilstück wieder, sondern nur das größere. Daher ordnen sich die Schwestern so, daß das kleinste Teilstück dem größten am nächsten liegt, d. h. hinter (aborale Strobilation) oder vor (orale Stro- bilation) dem größten Teilstücke eine Reihe successive, an Größe zu- nehmender Teilstücke angetroffen wird. In dieser verschiedenen Gruppierung ist ein Merkmal nicht gegeben, welches die Deutung des Vorganges als Divisio unmöglich macht. Das verschiedene Alter der Teilstücke kann in diesem Sinne ebenfalls nicht verwendet werden, denn auch bei der Microstoma-T eilung sind nicht alle Teilstücke gleich- zeitig als solche entstanden und als Individuen gleich alt. Durch die Tatsache, daß die Heterotomie nicht nur verschieden große, sondern auch verschieden organisierte Individuen liefert, kann ihr Wesen als Teilung ebenfalls nicht in Frage gestellt werden. Wenden wir uns nunmehr zu dem Verhältnis der divisionalen zur gemmationalen Monogonie, so werden wir von der Definition der Knospung ausgehen können, die ich im folgenden feststellen werde. Unter Gemmatio (Knospung) sollen hier nur diejenigen monogoni- schen Vorgänge verstanden werden, die im wesentlichen Gegensatze zur Divisio an einem Mutterkörper durch specifisches (>>differenti- elles<< V.Wagner), vom normalen (»individuellen« v. Wagner) der Mutter abweichendes lokales Wachstum Töchter entstehen lassen. In diesem Sinne unterscheidet auch F. v. Wagner Teilung und Knos- pung. Er sagt in seiner schon wiederholt zitierten Abhandlung (1891) S. 404: »Die Teilung ist ein Trennungsprozeß ursprünglich zu einem ein- heitlichen Ganzen gehöriger, durch normales Wachstum entstan- dener oder im Entstehen begriffener Teile, bei welchem ergänzende Neubildungen unter Beseitigung der ursprünglichen Einheit neue In- dividuen bilden.« »Die Knospung dagegen ist ein ausschließlich auf einem vom normalen verschiedenen, besonderen (differentiellen) Wachstum 602 P. Deegener, beruhender Neubildungsprozeß ganzer Individuen, bei welchem die knospende Lebenseinheit in der Regel unverändert erhalten bleibt. << »Das differentielle Wachstum stellt sich als ein gewissermaßen über die Organisation und Lebenseinheit des knospenden Mutter- tieres hinausgehendes dar, bedeutet also keine Größenzunalime des letzteren und führt eben deshalb mit Notwendigkeit zur Hervor- bringung einer neuen Individualität: es berührt in seiner einfachsten Form in keiner Weise die Organisation und Individualität des knos- penden Individuums, wie dies z. B. bei der Hydra klar zutage tritt. Demgegenüber bedingt das individuelle Wachstum eine tatsächliche Größenzunahme des früher oder später sich teilenden Tieres, welche aber zusammenfällt mit der Wachstunisform, wie sie diesem Organis- mus überhaupt zukommt, indem sie eben nichts andres als die natür- liche Größenzunahme (normales Wachstum) des betreffenden Wesens vorstellt, ob nun gleichzeitig oder nachmals eine ungeschlechtliche Fortpflanzung eintritt oder nicht.« Bei den hemitomischen, polytomischen und heterotomischen Pro- zessen findet ein vom normalen abweichendes Wachstum nicht statt, wohl aber kann eine mit Wachstum verbundene Umwandlung der Teilstücke schon stattfinden, bevor sie sich voneinander getrennt haben. Da das Verhalten der Mutter eine wesentliche Rolle spielt, werden wir dieses hier eingehender zu erörtern haben. Bei jeder Divisio hört die Mutter auf, als Individuum zu existieren. Dennoch stellen sich viele Autoren auf den Standpunkt, daß bei jeder Heterotomie eine Mutter übrig bleibe und dadurch diese Fortpflan- zungsart zur Gemmatio werde, für welche die Fortexistenz der Mutter kennzeichnend sei. Letzteres trifft in der Tat zu. Die Mutter, die an ihrem Wesensbestande, an ihrer Person durch die Knospung nichts verliert, bleibt intakt. Sie läßt die Tochter an ihrem Leibe erst neu entstehen, bevor sie sie abschnürt (Gemmatio perfecta); sie zerfällt nicht selbst in Teilstücke. Deshalb ist es bei der Knospung auch ganz unmöglich, ein beliebiges Individuum als Mutter oder Tochter aufzu- fassen: immer ist die Tochter an der Mutter entstanden, nie kann die Knospe als Mutter aufgefaßt werden. Anders bei der Heteroto- mie. Sieht man diese als Knospung an, weil ein Teilstück größer ist als alle übrigen, so wird ganz willkürlich das größte Teilstück zur Mutter gemacht, deren Töchter dann die übrigen Teilstücke sein sollen. Der Vorgang bei der Heterotomie ist aber wesentlich derselbe wie bei jeder andern Teilung und vollzieht sich nach dem Schema der Versuch zu einem System der Monogoni(! im Tierreiclie. ()0-'3 Zweiteilung; daher sind beide Teilstücke Töchter der nun nicht mehr existierenden Mutter. Wollte man die Teilung der Suctorien nur durum als Knospung auffassen, weil in den meisten Fällen der Schwärmer das kleinere Teil- stück ist, so wäre die sessile Hälfte die Mutter, der »Schwärmer di(^ Tochter. Ist dagegen wie bei Tocophrfja astaci (Clap. und L.) der Schwärmer größer, so müßte er jetzt konsequenterweise als Mutter und das basale Teilstück als Tochter (Knospe) angesehen werden; und dem steht, wenn das einzige Kriterium die verschiedene Größe sein soll, nichts im Wege. Einander homologe Teilstücke würden danach bald Mutter, bald Tochter sein. Legt man aber den Hauptwert auf die Verschiedenheit beider Teilstücke (deren eins Saugtentakeln, das andre Cilien besitzt), so wäre die Tochter der Hydra keine Knospe, denn sie gleicht ihrer Mutter schon, bevor sie sich von ihr trennt. Ist die axiale Suctorienteilung auch als innere und heterogene unbedingt als Divisio aufzufassen, weil kein Teilstück vom andern erst unter besonderem Wachstum produziert wird, so stehen diesen Vorgängen doch bei den Suctorien solche gegenüber, welche unzwei- felhaft als Gemmatio anzusehen sind. Man beobachtet sie bei Ephe- lota gemmipara Hertw., an deren Körper durch ein vom normalen der Mutter abweichendes lokales Wachstum Knospen hervorsprossen und auch das Verhalten des Kerns ein ganz andres ist als bei der Tei- lung. Diese echte Knospung ist keineswegs von der Teilung abzu- leiten wie die Pseudoknospung andrer Suctorien und läßt die Mutter als solche intakt. Sie ist ein mit der Teilung in keinem Falle zu ver- wechselnder Prozeß und entspricht durchaus der Knospung am Leibe der Hydra, nur ist der Ort der Knospung in Beziehung zu den Kör- perachsen ein andrer, und die Fortpflanzung vollzieht sich natürlich unter verschiedenen Wachstumsformen, wie sie in der Natur der Pro- tozoen und Metazoen als ein- und vielzelligen Organismen begründet sind. Niemals kann hier ein Zweifel bestehen, welches die Mutter sei und welche Personen zu ihr im Verhältnisse der Töchter stehen. Wird diese Knospung unvollständig, schnüren sich die Töchter von ihrer Mutter nicht mehr ab und erfolgt auch kein Zerfall des Kerns, so entstehen Kolonien von der Form des Dendrosoma radians Ehrbg., dessen Personen einen reich verzweigten gemeinsamen Kern besitzen, Knospungskolonien mit persistierender Stammutter, die bei Teilungs- kolonien natürlich immer fehlen muß. Hält man die Unterscheidung von Knospung und Teilung nach der verschiedenen oder übereinstimmenden Größe der monogonisch 604 P. Deegener, entstandenen Individuen fest, so befindet man sich auch gegenüber der ungeschlechtlichen Vermehrung von Euglypha (und andrer be- schälten Sarcodinen) in einiger Verlegenheit. Teilt sie sich oder bildet sie eine Knospe? Die ersten Teilungszustände zeigen dann ganz das Bild einer Knospung infolge der Tatsache, daß sich die den Körper umhüllende Schale nicht an der Zerlegung beteiligen kann. Nach- dem die Pseudopodien eingezogen sind, wölbt sich aus der Schalen- mündung eine allmählich größer werdende Protoplasmamasse hervor, an deren Oberfläche unter Verwendung der schon vorher aufgespei- cherten Reserveplatten eine neue Schale aufgebaut wird. Die Anlage des neuen Individuums erscheint, zunächst kleiner als die »Mutter«, wie deren Knospe, löst sich aber nicht in diesem »Knospen «-Zustande ab, sondern vergrößert sich (ohne eigentliches Wachstum) so lange, bis eine der »Mutter« an Größe völlig gleichende Tochter entstanden ist. Nun erst beginnt der eigentliche Fortpflanzungsprozeß, der ganz den Charakter der vollständigen Hemitomie trägt: der Kern teilt sich mitotisch, jede Tochter erhält eine Kernhälfte, und beide nun gleich großen Teilstücke trennen sich voneinander. Wenn wir als Kenn- zeichen der Teilung die Tatsache kennen, daß die Töchter stets kleiner sein müssen, als die Mutter war, so scheint es sich hier um eine Aus- nahme zu handeln, weil die Schale der »Knospe« ebenso groß ist wie die Schale der »Mutter«. Tatsächlich ist aber der lebende Protoplas- makörper, auf den es wesentlich ankommt, halbiert worden und be- trägt bei jeder Tochter nur die Hälfte des ursprünglichen Körpers der Mutter. In der Tat kann ein Zweifel, ob Knospung oder Teilung vorliege, in diesem Falle nicht bestehen, wenn beide Vorgänge nach dem hier vertretenen Standpunkte beurteilt werden. Es liegt natür- lich eine Teilung vor. Soll aber da von einer Knospung die Rede sein, wo ein Teilstück das andre an Größe übertrifft, so würde Eu- glypha anfangs eine Knospe bilden und sich dann teilen. Zu demselben Resultate kommen wir, wenn wir die Metazoen betrachten. Wenn ein Autolytus cornutus A. Ag. sich so teilt, daß sein vorderes Teilstück kleiner ist als sein hinteres: ist dann das hin- tere die Mutter des vorderen? Und wenn der Autolytus sich so teilt, daß sein vorderes Teilstück größer ist als sein hinteres: ist dann plötz- lich das vordere Mutter des hinteren? Ist der Fortpflanzungsprozeß in seinem Wesen dadurch irgendwie berührt, daß die Teilungsebene in der Mitte oder einem beider Körperenden näher liegt? Wird er wirklich durch diese Verlagerung der Teilungsebene zur Knospung und hört er allein durch sie auf, Teilung zu sein? Versuch zu einem System der Monogonie im Ticrreielie. 605 Diese Schwierigkeiten fallen ganz von selbst fort, wenn man das völlig unhaltbare Kriterium der (i!r()ße ausschaltet. Dann bleibt Tei- lung in allen Fällen, was sie ist: der Zerfall in (gleiche oder ungleiche) Stücke einer gemeinsamen Mutter, die mit dem Vollzug der Teilung aufgehört hat, zu existieren, und den Streit mit verschwinden läßt, welches Teilstück denn eigentlich die Mutter sei. Entstehen durch vorübergehend unvollständige Teilung Ketten, so ändert dies gar nichts. Ob sich die beiden ersten Töchter vonein- ander trennen, oder ob sie durch Vermittlung der unter weiterer suc- cessiver Teilung entstandenen Teilstücke zunächst noch verbunden bleiben, ist dabei ganz nebensächlicher Natur; und ob jede Tochter sich vor der Trennung wieder teilt {Microstoma) , oder nur das größte Teilstück {Autolytus, Myrianida) mit der Teilung fortfährt, ändert an der Tatsache nichts, daß wir eine Teilung und keine Knospung vor uns haben; und wenn die Teilstücke auch in ihrer Organisation ver- schieden werden (Strobilation), so hebt diese Tatsache das Fortbe- stehen des monogonischen Prozesses mit dem Charakter der Teilung nicht auf. Nachdem wir so das Verhältnis der Teilung zur Knospung fest- gestellt haben, soll der Versuch einer Klassifizierung der verschiedenen Teilungsvorgänge gemacht werden, die alle als Formen desselben Ge- schehens auch voneinander ableitbar sein müssen. Dabei sollen die Protozoen nicht von den Metazoen gesondert werden, weil analoge Voroänge unter denselben Beoriff gebracht werden können ohne Rück- sieht darauf, daß sie sich das einemal an der Zelle, das anderemal am Zellenstaat abspielen. Mit Recht hat man ohne Bedenken für Proto- zoen und Metazoen die Ausdrücke Teilung und Knospung angewendet. Einer phylogenetischen Ableitung der Metazoenmonogonie von der Protozoenmonogonie soll damit nicht das Wort geredet werden. Phy- logenetische Spekulationen fallen überhaupt fast ganz aus dem Rah- men der folgenden Betrachtungen heraus, denn sie haben den mono- gonischen Prozessen gegenüber nur geringe und recht beschränkte Aussicht auf Erfolg und sind für die Aufstellung eines Systems bei- nahe wertlos. Die Formen der Divisio. Innerhalb der Divisio unterscheiden wir zunächst die Honioto- mie und Heterotomie voneinander. Von einer Homotomie soll da die Rede sein, wo die Teilstücke nach Ablauf des vollständigen (holo- tomischen) oder unvollständigen (merotomischen) Teilungsprozesses 606 P. Dcegener, untereinander gleich sind, oder, da eine absolute Gleichheit kaum jemals zu erwarten ist, doch annähernd und wesentlich untereinander übereinstimmen. Es ist leicht zu erkennen, daß die Homotomie von der Heterotomie nicht durch eine absolute Grenze gesondert werden kann; denn wenn die Teilstücke merklich verschieden werden, geht aus der Homotomie durch Vermittlung aller Übergänge die Hetero- tomie hervor und steigert sich von fast noch homotomischer Teilung bis zur ausgesprochensten Heterotomie. Da es sich hier nur um for- male Unterschiede handelt, nicht um solche, die das eigentliche Wesen des Vorganges berühren, werden zweifelhafte Zwischenstufen nicht fehlen können. Praktisch aber ist diese Unterscheidung nicht wert- los, denn in den meisten Fällen vermag man sehr Avohl zu entscheiden, ob die Teilung als homo- oder heterotomische zu bezeichnen sei. Formen der Homotomie. Die Homotomie kann nun wieder eine Hemitomie oder Poly- tomie sein. 1. Hemitomie (Zweiteilung oder gleichhälftige Teilung): ein hemitomischer Vorgang liegt da vor, wo die Mutter in zwei einander gleiche Teilhälften zerfällt. Da diese Teilhälften im mathematischen Sinne wohl einander niemals gleich sein können, mag es gerechtfertigt erscheinen, die Hemitomie mit ditomischen Fällen der Heterotomie zu vereinigen. Beide Formen sind aber in der Praxis, von Übergangs- formen abgesehen, sehr wohl voneinander unterscheidbar; deshalb sollen sie hier auch gesondert behandelt werden, obwohl der Unter- schied natürlich nicht als wesentlich aufgefaßt werden kann. Die Hemitomie kann sein: a) eine vollständige (holotomische) Zweiteilung, indem die beiden Töchter sich voneinander trennen und so aus der Mutter zwei geson- derte Individuen hervorgehen; oder b) eine unvollständige (merotomische) Zweiteilung, bei welcher die beiden Töchter miteinander verbunden bleiben und der fortge- setzte Teilungsvorgang zu der Entstehung einer Kolonie führt. Daß Kolonien (Tierverbände oder Tierstöcke, Gormen) nicht nur auf diesem, sondern auch auf dem Wege der Knospung entstehen können, wird später zu berücksichtigen sein. Die ebenfalls zu diesem Resultate führende Goncrescenz interessiert uns hier nicht, weil sie nicht oder nicht direkt durch einen Fortpflanzungsvorgang bedingt erscheint. Die holotomische Hemitomie kommt bei Protozoen und Metuzoen vor, und wir unterscheiden folgende Fälle: Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 607 a) Prot oto mische: Teilungsebene ohne siehe)- bestimmbare Lage. Als Beispiel diene uns Amoeha polypodia M. Seh., die sich in der allgemein bekannten Weise teilt. {D. Fig. 132, S. 136) '. Beson- dere Vorbereitungen zur Teilung werden nicht bemerkt, die Pseu- dopodien behalten ihr gewöhnliches Verhalten bei, der Kern schnürt sich durch und zerfällt in zwei gleiche Hälften, die auseinanderrücken. Die Teilung des Kerns hat zur Folge, daß auch der übrige Körper sich zur Teilung anschickt. Während vor der Teilung die Lage der Teilungsebene nicht vorausgesagt werden kann, läßt sich jetzt eine durch die beiden Tochterkerne hindurchgehende Achse konstruieren, auf deren Mitte die Teilungsebene senkrecht steht. Im Bereiche der Peripherie der Teilungsebene verschwinden die Pseudopodien, wäh- rend sie im Polbereiche der durch die Kerne hindurchgelegten Achse erhalten bleiben. Die Zelle schnürt sich nun im Bereiche der Teilungs- ebene ein, die eingeschnürte Partie verliert an Durchmesser und zer- reißt schließlich so, daß nun zwei der Mutter gleichende, nur kleinere Amöben entstanden sind, die selbständig weiterleben und heran- wachsen. Regenerationsvorgänge werden nicht beobachtet, man müßte denn das Auftreten einer neuen pulsierenden Vacuole in der einen Tochter schon während der Teilung als solchen auffassen. Ein zweites Beispiel, Acanihocystis aculeata Hertw. und Lesser, soll uns zeigen, daß man zwar in gewissen Fällen eine bestimmte Tei- lungsebene festlegen kann, daß es aber zweifelhaft bleibt, ob diese eine Längs- oder Querteilung des Tieres bedinge. Ferner ist der pri- mitive (prototomische) Teilungsvorgang hier insofern komplizierter, als im Gegensatze zu der Amöbe ein Centralkorn in Tätigkeit tritt und die Teilung des Kerns auf indirektem Wege (karyokinetisch oder mitotisch) erfolgt. Der Körper des in Rede stehenden Heliozoons ist kuglig. Dennoch läßt sich eine Hauptachse konstruieren, weil der Kern excentrisch, das Centralkorn im Centrum liegt. So ergibt sich eine konstante, durch Kern und Centralkorn hindurchgehende Achse, 1 Zur größeren Bequemlichkeit des Lesers sind die Beispiek> so gewählt, daß er Abbildungen der besprochenen monogonischen Vorgänge in den Hand- und Lehrbüchern findet, die jedem leicht zugänglich sind; in erster Linie in Lang's Lehrb. d. vergl. Anat. d. Wirbellos. 2. Aufl. 2. Liefg. Protozoa. Jena 1901; DoFLEiN, Lehrb. d. Protozoenkunde, IIL Aufl. Jena 1911; Kokschelt u. Heider, Lehrb. d. vergl. Entwicklungsgesch. d. wirbellosen Tiere. 1. u. 2. Aufl. AUg. T. Jena 1909. - — Bei den Hinweisen auf Figuren, deren Reproduktion hier unterbleiben kann, bedeutet L. das citierte Werk von Lang, D. das von DoFLEiN, K. und H. das von Koeschelt und Heidee. In denselben Büchern findet man Zusammenstellungen der Literatur. 608 P. Deegener, von der wir aber nicht sagen können, ob sie als Quer- oder Längs- achse aufzufassen sei, daher es auch unentschieden bk^ben muß, ob eine Längs- oder Querteihmg stattfinde. Jedenfalls liegt die Haupt- achse in der Teilungsebene, wie man leicht erkennt, wenn man an der Hand der Fig.L. ISOA, B, C; i8lÄ, B,C, S. 170 und ITP dem Teilungsvorgange folgt. Dieser bleibt hier nicht ohne Einfluß auf die Gestalt des Muttertieres, da die Pseudopodien eingezogen werden, bevor sich zuerst das Centralkorn zur Teilung anschickt, indem es hanteiförmig wird und in zwei auseinanderrückende Hälften zerfällt, Wobei sich die zuvor auf das eine Centralkorn centrierte Strahlung auf die beiden Teilhälften centriert und so ein doppeltes Strahlen- system entsteht. Inzwischen hat auch der Kern Lage und Gestalt verändert: er ist zwischen die beiden Strahlensysteme und ihre Cen- tralkörner gewandert und sein Chromatin hat die für die Karyokinese charakteristische Verteilung angenommen. Es entsteht eine Spindel, eine Äquatorialplatte, deren Zerlegung in zwei Tochterplatten erfolgt usw. In demselben Maße, in welchem sich die Centralkörner von- einander entfernen, streckt sich das kuglige Heliozoon in die Länge und schnürt sich schließHch durch, wobei dann jedem Tochtertier ein Kern und ein Centralkorn zufällt. Den besprochenen Fällen stehen solche gegenüber, in welchen die Teilungsebene eine bestimmte Lage einnimmt und deshalb von einer Quer-, Längs- oder Schrägteilung die Rede sein kann. Diese Teilungsformen sind durch die polare Differenzierung der Tiere, an denen sie beobachtet werden, bedingt. ß) Plagioto mische Hemitomie (vollständige Querteilung). Von einer Querteilung kann nur da die Rede sein, wo der Bau des Tieres die sichere Konstruktion einer Längsachse zuläßt, die auf der Teilungsebene senkrecht steht. Die vollständige (holotomische) hemitomische Plagiotomie begegnet uns bei Protozoen und Metazoen und wird ihrem Wesen nach aus folgenden Beispielen erkennbar. Von den Protozoen wählen wir Paramaecium. Die Teilung spielt sich an dem beweglichen freien Mutterindividuum in der Weise ab, daß zunächst die Kleinkerne (Micronuclei) unter Annahme spring- schnurförmiger Gestalt durchgeschnürt werden. Indem auch der Großkern (Macronucleus) sich teilt, tritt die quer gelegene Teilungs- ebene des Zelleibes durch das Auftreten einer peripherischen Ring- furche deutlich in Erscheinung (L., Fig. 90, S. 72). Der Teilungsvor- 1 Vgl. Anmerkung 1 Seite 607. Versucli zu eiiiojii .System clor Monogonio im Tierreiche. 609 gang ist bei Paramaecium mit Neubildungsprozessen verbunden, die in dem Bau des Körpers begründet liegen. Das Hinterende sieht anders aus als das Vorderende, und wenn dies Protozoon in der Mitte quer zerlegt wird, kann z. B. der vorderständige Zellmund (Cyto- stoni) mit dem Cytopharynx nicht beiden Teilhälfton zufallen. Er wird deshalb von der hinteren Hälfte, die ihn infolge der Teilung ver- Heren nmß, neugebildet, und diese Neubildung geschieht nicht ganz unabhängig von dem mütterlichen Apparate zur Nahrungsaufnahme; denn dessen Cytostoma verlängert sich spaltenförmig nach hinten und sein hinteres Ende wird zur Anlage des neuen Zellnmndes (der hin- teren Tochter), während der Cytopharynx eine sackförmige Ausstül- pung bekommt, welche der ersten Anlage des neuen Zellschlundes entspricht. Das alte Cytostom und die Anlage des neuen schnüren sich voneinander ab, und die hintere Tochter komplettiert den teil- weise von ihrer Mutter übernommenen Apparat, während die vordere Tochter mit der besprochenen Einschränkung den mütterlichen Mund und Schlund übernimmt. Die pulsierenden Vacuolen werden schon vor der Teilung verdoppelt und gehen in gleicher Anzahl auf beide Töchter über. Daß es sich hier trotz der Neubildungsprozesse um eine Teilung nach der gegebenen Definition handle, bedarf des speziellen Beweises wohl nicht. Wenn man die Querteilung der Ciliaten als Knospung auffassen wollte, so müßte dies unter folgender Begründung geschehen: da die vordere Tochter den nutritorischen Apparat der Mutter allein übernimmt, erscheint sie als persistierendes Muttertier dauernd von dem hinteren Teilstücke verschieden. Nun kann aber diese hintere Teilhälfte deshalb ebenso gut als Mutter der vorderen aufgefaßt wer- den, weil sie allein die hintere Körperhälfte der Mutter übernimmt. Lassen sich hiernach beide Töchter jede der andern gegenüber mit demselben Scheinrechte als Mutter deuten, so werden wir, da nicht jede Tochter die Mutter ihrer Schwester sein kann, beide als Töchter einer Mutter und daher den ganzen Vorgang nur als Teilung, nicht als Knospung bezeichnen müssen. Bemerkt sei noch an dieser Stelle, daß bei der Einteilung der hemitomischen Vorgänge darauf Rücksicht genommen werden könnte, ob die Teilung im freien oder encystierten Zustande stattfindet. An der Natur des Voroanoes als Divisio ändert das Vorhandensein einer Cyste natürlich nichts. Als Beispiele für denselben Teilungsmodus seien aus den Metazoen noch folgende herausgegriffen: Protohydra, Gonactinia, Lumbriculus. 610 P. Deegener, Bei Protohydra leuckarti Greeff.i vollzieht sich die vollständige Querteilung ohne bemerkbare Vorbereitung. Der tentakellose schlauch- förmige Körper läßt einen Mundpol und einen Fußpol unterscheiden, gestattet also die Konstruktion einer Längsachse, die auf der Mitte der queren Teilungsebene senkrecht steht. Der Teilungsprozeß ist hier noch einfacher als bei Paramaecium und bedarf kaum einer Er- läuterung (K. u. H., Fig. 334, S. 494). Die apicale (oder orale) Tochter bildet den Fußpol, die basale (aborale) den Mundpol neu, und die beiden ihrer Mutter vöUig gleichenden Individuen sind selbständig. — Wenn dieser sehr einfache hemitomische Prozeß als primitiv in dem Sinne aufgefaßt wurde, daß man ihn als Folge eines die individuelle Größe überschreitenden Wachstums beurteilte, welches das Tier zwang, sich zu teilen, so hängt dies mit der Tendenz zusammen, die Vermeh- rung überhaupt als aus übermäßigem Wachstum resultierend anzu- sehen. Inwiefern aber und ob überhaupt dies Wachstum ein über- mäßiges sei, bleibt ebenso unerklärt, wie die Frage unbeantwortet, warum denn das Tier über eine Größe hinauswachse, in der es noch existieren könne, ein Fehler, der dann nur durch Teilung zu reparieren sei. Man könnte wohl mit mehr Recht sagen, der Polyp M^achse, um sich zu teilen, und man hätte darin dann ein Analogon dafür, daß bei der Paratomie (siehe unten!) die Teilung durch das Auftreten neuer Organe vorbereitet wird. Der Teilungsprozeß der Protohydra würde als ein Fall von Archi- tomie (v. Wagner) zu bewerten sein, wenn man als Unterscheidungs- merkmal dem im folgenden zu besprechenden Teilungsmodus (Para- tomie) gegenüber das zeitliche Auftreten der Neubildungsprozesse in ihrer Beziehung zum Teilungsvoroange selbst betonen will. Bei einer architomischen^ Teilung hätten wir dann eine der Teilung folgende Regeneration zu konstatieren, während bei der Paratomie^ die »Re- generation«^ oder besser Neubildung dem Teilungsprozesse voraus- geht. 1 R. Greeff, Zeitschr. f. wiss. Zool. XX. Band 1870, Seite 37. — Aders, Zool. Anz. XXVI. Bd. 1903 (10. Xov. 1902) Seite 33. 2 Die Ausdrücke » paratomisch « und »arcJiitomiscli«habeieh von v. Wagner übernommen. 3 In diesem Falle kann man von einer Regeneration wohl nicht sprechen, da diese ja doch eigentlich als Ersatz dem Verluste nur folgen, niclit vorausgehen kann. Riclitiger wird man deshalb hier die Bezeichnung lie^generation vermeiden und sagen: bei der Paratomie findet die Produktion von Organen, die durch die Teilung verloren gehen müssen, an ck'r Tochter schon statt, bevor die Teihing durch- geführt ist. Versucli zu einem System der Moiiogouie im Tierreiche. 611 Ein paratomischer Vorgang ist z. B. die Querteilung von Gonac- tinia frolijera Sars. Der Beginn dieser Teilung macht sich dadurch bemerkbar, daß basal wärts von der späteren Teilungsebene ein Kranz von Tentakelanlagen auftritt, welche weiterhin die Tentakeln aus sich hervorgehen lassen. Oralwärts von diesen neuen Tentakeln findet dann die Durchschnürung statt, welche aus der Mutter zwei fertige Töchter entstehen läßt (K. u. H., Fig. 336, S. 497). Aus dem Vergleiche dieses paratomischen mit dem vor ihm be- sprochenen architomischen Teilungsprozesse ergibt sich, daß bei der Architomie eine nachträgliche, d. h. der Teilung folgende Ergänzung der beiden Töchter stattfindet, die Verluste ausgleicht, während bei der Paratomie diesem Verluste dadurch vorgebeugt wird, daß die Organe, welche infolge des polaren Baues eines Tieres bei der Quer- teilung den Teilhälften (oder einer Teilhälfte) verloren gehen müssen, schon wenigstens zum Teil vor Durchführung der Teilung neu gebildet werden. Ein letztes, den Anneliden entlehntes Beispiel wäre Lumhriculus, der gleich andern Anneliden spontan in zwei Stücke zerfallen kann, eine Querteilung, die sich als Architomie dadurch erweist, daß nach der Sonderung der Töchter das vordere Teilstück ein neues Hinter- ende, das hintere Teilstück ein neues Vorderende erhält. y) Katatomische vollständige Hemitomie: Die holotomi- sche Hemitomie kann ferner eine Katatomie (Längsteilung) sein. Dann fällt die Längsachse des sich teilenden Tieres in die Teilungs- ebene. Auch diese Art der Teilung findet sich bei Protozoen und Metazoen. Für erstere liefern die Flagellaten Beispiele, bei welchen die katatomische Hemitomie vorherrscht. Wir können hier von einem paratomischen Vorgange sprechen, wenn sich die Anzahl der Geißeln vor der Teilung verdoppelt, ohne daß sich die vorhandenen Flagellen teilen; und in der Regel scheinen diese neugebildet zu werden. Die Spaltung des Muttertieres erfolgt in der Weise, daß sie gewöhnlich von vorn nach hinten fortschreitet, weshalb die beiden Hinterenden der Töchter sich zuletzt voneinander trennen (D., Fig. 142, S. 143). Unter den Metazoen finden wir vollständige Längsteilung z. B. bei den Cnidaria. Sie wurde bei Polypodium hydriforme, Hydra und einigen Hydromedusen als architomischer Vorgang beobachtet und beginnt überall am Mundpol so, daß bei den Polypen die aboralen Enden sich zuletzt voneinander trennen und bei den Medusen zuerst der von der Mitte der Subumbrella herabhängende Mundschlauch halbiert wird (K. u. H., Fig. 347, S. 504 und Fig. 348^, S. 505). — 612 P. Deogener, Als architomischer Vorgang begegnet sie uns ferner bei den Seesternen {Ästerias-, Asterina-, Stichaster- und Cr ibrelJa- Arten). Die Längs- achse des radiären Körpers wird durch den Mund und After bestimmt. Sie liegt in der Teilungsebene, wenn die sechsarmige Scheibe in zwei dreiarniige, die achtarmige in zwei vierarmige Hälften zerfällt, die unter Neubildung der fehlenden Arme zu der Mutter gleichenden Töchtern werden. Selbstverständlich müssen alle in der Scheibe ge- legenen, durch die Teilung halbierten Organe ebenso komplettiert werden, wie der ganze Seestern, wozu eine außerordentliche Regene- rationskraft gehört, die sich bei den Seesternen auch dadurch als wirk- sam erweist, daß unter Umständen ein abgetrennter Arm die ganze Scheibe und ihre Arme, also den ganzen übrigen Körper zu ersetzen vermag. d) Loxoto mische Hemitomie (Schrägteilung). Wenn weder die Längsachse, noch die auf ihr senkrechte Querachse in die Teilungs- ebene fällt, kann man von einer Schrägteilung (Loxotomie) sprechen. Ein Beispiel für diese ist Stentor. Die Teilung ist bei ihm paratomisch, indem zuerst eine für die basale Tochter bestimmte neue Membra- nellenzone als künftige adorale Wimperzone ausgebildet wird, die dem Verluste dieses wichtigen Ernährungsorganells für die basale Teil- hälfte vorbeugt. Das gleiche gilt für den Cytopharynx der basalen Tochter. Vor dem neuen erst allmählich seine definitive Lage und Form gewinnenden Membranellenbande und vor der Cytopharynx- anlage der hinteren Tochter markiert sich die Teilungsebene durch eine schiefe Ringfurche, deren Lage durch die Lage und Beschaffen- heit der neuen adoralen Zone bedingt erscheint. Infolge der Ein- schnürung wird die Verbindung zwischen beiden Töchtern immer dünner und reißt schließlich durch. Jede Tochter ist nach erfolgter Teilung wie die Mutter organisiert und für eine selbständige Lebens- führung ausgerüstet (L., Fig. 189, S. 178). Auch bei Ceratium hirudinella 0. F. M. wird eine schiefe oder schräge Teilung beobachtet. Sie erscheint hier als eine Modifikation der Längsteilung im Gegensatz zu Stentor, wo sie im Prinzipe eine Querteilung ist. Ich will deshalb die modifizierte Querteilung von Stentor als plagioloxotomische, die modifizierte Längsteilung von Ce- ratium als kataloxotomische bezeichnen. Nachdem wir die Formen der vollständigen Hemitomie kennen gelernt haben, wenden wir uns der unvollständigen oder meroto- mischen Hemitomie zu. Sie führt zur Entstehung von Tierstöcken oder Kolonien, indem die beiden Töchter stets miteinander verbunden Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 613 bleiben und dasselbe auch wieder für ihre Töchter zutrifft usw. Alle Einzeltiere einer solchen Kolonie stammen also von derselben Mutter ab und sind untereinander nahe verwandt. Jedes Stöckchen, das sehr individuenreich werden kann, repräsentiert einen Stanmibaum zahlreicher lebender Generationen, doch so, daß (abweichend von den durch unvollständige Knospung entstandenen Kolonien) nur die zuletzt entstandenen Generationen durch Individuen tatsächlich ver- treten werden (in denen die Vorfahren fortleben), nicht aber auch deren Eltern, Großeltern usw. bis zur Stammutter. Dies letztere trifft aber bei Kolonien, die durch unvollständige Knospung ent- standen sind, zu: hier behält im Stocke die Urahne ihre persönliche Existenz zugleich mit ihren Töchtern, Enkeln, Urenkeln usw., und so entsteht ein Stammbaum, an welchem alle Generationen gleich- zeitig leben. Dieser Unterschied der Kolonien, der auf der verschiedenen Form der Fortpflanzung beruht, ist festzuhalten. Bei der unvollständigen Hemitomie kann die Lage der Teilungs- ebene wechseln, und dementsprechend wird der Aufbau der entstan- denen Stöcke oder Kolonien recht verschieden ausfallen müssen. Ferner gibt es wie bei der vollständigen Hemitomie Fälle, in welchen sich die Lage der Teilungsebene nicht sicher bestimmen läßt. — Die Besprechung von Beispielen beginne mit der a) prototomisch-merotomischen Hemitomie^ die wir da vor vms haben, wo die Teilungsebene ihrer Lage nach nicht sicher bestimmt werden kann. Dies trifft bei den kolonialen Eadiolarien {Poli/ci/ttaria) zu. Die das Innenplasma und den Kern (oder mehrere Kerne) umschließende kuglige Centralkapsel teilt sich, ohne daß die Teilungsebene als Längs-, Quer- usw. Ebene bezeichnet werden könnte. Während nun die außerhalb der Kapsel gelegene Körpermasse (Ex- tracapsulum) bei holotomischer Teilung ebenfalls zerlegt wird, unter- bleibt bei den Polycyttarien diese Teilung, und so entstehen Kolonien, deren Einzeltiere in ein gemeinsames Calymma eingeschlossen liegen. Die Gestalt der individuenreichen und mehrere Zentimeter groß wer- denden Kolonien ist bei den Arten verschieden (D., Fig. 587, S. 652). Von einer unvollständigen Querteilung würde da die Rede sein müssen, wo die durch eine quere Furche der Körpermitte gesonderten beiden Töchter dauernd miteinander in Verbindung bleiben. Man kann sich aber kaum einen tierischen Organismus vorstellen, für wel- chen diese Art der Fortpflanzung günstig sein könnte, weil sie zwei (oder, wenn fortgesetzt, mehrere uniserial angeordnete) hintereinander gelegene Individuen schaffen würde, die, dauernd miteinander ver- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 40 614 P. Dcegener, bundon, in ihrer ungünstigen Lage zueinander sich gegenseitig nur in ihrer Bewegung, Nahrungsaufnahme usw. beeinträchtigen müßten. Da dergleichen nicht im Plane der Natur liegen kann, kommt eine unvollständige Querteilung normalerweise nicht zustande und begeg- net uns nur als vorübergehender Zustand bei der Polytomie und Heterotomie. Nun gibt es aber Flagellatenkolonien {Poteriodendron, Blochmann, Mikroskop. Tierw. d. Süßwassers. I. Protozoa. 2. Aufl. Hamburg. Taf. III, Fig. 58), deren Einzeltiere sich durch Querteilung vermehren. Aber die Kolonie kommt gar nicht dadurch zustande, daß die Querteilung unvollständig bleibt, sondern dadurch, daß sich stets eine nach der Teilung frei werdende Tochter unter Ausbildung eines neuen Gehäuses mittelst eines Stieles an dem alten Gehäuse fest- setzt, welches die andre Schwester von der Mutter übernimmt. Der Fall lehrt, daß Kolonien weder auf unvollständiger Teilung, noch unvollständiger Knospung beruhen müssen. — [Bei den uniserialen Ketten der Gregarinen handelt es sich nicht um Kolonien, die aus unvollständiger Querteilung hervorgegangen sind, sondern um eine secundäre Vereinigung von Einzeltieren in Vorbereitung geschlecht- licher Vorgänge.] ß) Katatomisch-merotomische Hemitomie: Da bei dieser unvollständigen Längsteilung die Individuen der entstehenden Ko- lonie nebeneinander zu liegen kommen, weil die Längsachse des Kör- pers in die Teilungsebene fällt, erscheint sie vom Standpunkte der Zweckmäßio;keit sehr wohl möglich und tritt uns auch bei Protozoen und Metazoen in einer Anzahl von Fällen entgegen. Als Beispiele greifen wir aus den Flagellaten Sijnura und Volvox heraus. Die Kolonien von Synura sind kuglig, frei beweglich und bestehen aus einer wechselnden, oft beträchtlichen Anzahl (etwa 60) von Einzeltieren, welche durch Längsteilung auseinander und in letzter Linie aus einer gemeinsamen Mutter hervorgegangen sind. Sie bleiben an ihrem Hinterende miteinander verbunden, indem eine das Centrum der Kolonie einnehmende protoplasmatische Verbindung erhalten bleibt; oder die Teiluno; ist eine weniger unvollständige und erstreckt sich auf den ganzen Protoplasmakörper, weshalb dann nur die Hüllen der Einzeltiere verbunden bleiben und so ein lockerer Zusammenhang be- wahrt wird. Übrigens ist schon durch die Form der Kolonie und den Bau des Einzeltieres und seiner Hülle der Individuenanzahl eine Grenze gesetzt. Eine über diese hinausgehende Vermehrung der Individuen kann aber dadurch ermöglicht werden, daß die ganze Kolonie sich teilt. Übrigens kann aber die unvollständige Teilung auch nachträg- ? Versuch zu einem System der Monogonie im TieiTeiche. 615 lieh dadurch zu einer vollständigen werden, daß die ganze Kolonie in ihre Einzeltiere zerfällt. Auch die Volvox-Ko\onien sind ursprünglich das Produkt unvoll- ständiger Längsteilung. Hier hängen die Einzeltiere nicht central, sondern seitlich zusammen, indem protoplasmatische Brücken den or- ganischen Zusammenhalt vermitteln. Infolgedessen und weil die ganze Kolonie durch eine innere Gallertmasse gestützt wird, ist die Anzahl der Individuen viel weniger beschränkt als bei Synura: der Zusam- menhang der Tiere bleibt gewahrt, wie weit sich diese auch vom Cen- trum der kugligen Kolonie entfernen; und in je höherem Maße letz- teres der Fall ist, um so mehr Platz für Einzeltiere bietet die Peri- pherie. Die Kolonie kann aus 10 000 Individuen aufgebaut sein. Ferner können bei den Ciliaten durch unvollständige Längstei- lung Kolonien entstehen, die entweder durch einen gemeinsamen Stiel an einer Unterlage befestigt sind (Carchesium) oder frei im Wasser flottieren {Ophrydium). Bei Carchesium und Verwandten sprechen wir von einer Längsteilung, indem wir als Längsachse die Verlänge- rung des Stiels zum Peristom ansehen. (Faßt man mit BütschliI die Wiraperscheibe als Rücken, die übrige Körperfläche als Bauch auf, so muß die Teilung als Querteilung bezeichnet werden.) Da eine der beiden Töchter schon vor der Teilung Neubildungen in der Peri- stomregion erfährt, ist die Teilung eine vorbereitete, also paratomische. Der Stielmuskel teilt sich nicht, sondern wird von einer Tochter neu gebildet, während die andre Tochter den alten beibehält. Eine voll- kommenere Teilung liegt bei dem nahe verwandten Zoothamnium vor, weil hier auch die Stielfäden längsgespalten werden und sich daher alle am Grunde miteinander vereinigen. Daher ist auch der Zusammenhang der Einzeltiere hier ein andrer und bedingt eine einheitliche Kontraktion der ganzen Kolonie, während sich bei Car- chesium einzelne Teile des Stockes voneinander unabhängig zusam- menziehen können. — Indem die dichotomisch verzweigten Stiele von Carchesium ungleich wachsen, gelangen die Einzeltiere auf verschie- dene Höhe und liegen nicht alle nebeneinander auf der Oberfläche einer Scheibe oder eines Schirms wie die Einzelblüten eines Umbel- latenblütenstandes, sondern auch übereinander. Ferner ist auch die Teilung der Einzelindividuen nicht in allen Gegenden des Stockes gleich lebhaft, weshalb eine baumartige vielverzweigte und nicht re- gelmäßige Kolonie entsteht. 1 Bronn, Klass. und Ord. I, 3. 40* 616 P. Deegener, Ophri/dium bildet umfang- und individuenreiclie Kolonien, die einen Durchmesser von 10 — 15 cm erreichen {0. versatile 0. F. M.) und als meist grüne Gallertklumpen häufig ufernahe in Seen gefunden werden. Die dichotomisch verzweigten dünnen Stiele sind im Cen- trum der kugligen oder unregelmäßigen Kolonie miteinander verbun- den, und der Zusammenhalt der Einzeltiere wird dadurch gesteigert, daß es (ähnlich wie bei Volvox) zu einer Gallertausscheidung kommt. Jedes Eiiizeltier bildet eine es umhüllende Gallertröhre, und diese legt sich an die benachbarten an, wobei es zu Verschmelzungen kommt. Über den so entstandenen kompakten Gallertklumpen ragen die Ein- zeltiere mit einem großen Teile ihres schlanken Körpers hinaus. Diese auf die Protozoen beschränkte Ausw^ahl lehrt, daß die für die kata-merotomische Hemitomie charakteristischen Merkmale noch einen weiten Spielraum zum Entstehen recht verschiedener Formen kolonialer Verbände lassen. Die unvollständige Längsteilung ist nicht auf die Protozoen be- schränkt, sondern wird auch bei manchen Metazoen beobachtet, z. B. bei den Anthozoen, bei welchen übrigens der Grad der Unvollständig- keit verschieden ist und einen entsprechend verschieden innigen Zu- sammenhang der Einzeltiere eines Stockes, sowie dessen Gesamtform bedingt. Als Beispiele dienen die Mäandrinen, deren Teilung derart unvollständig bleibt, daß mehrere Individuen von einem gemeinsamen Mauerblatte umschlossen werden. Diese Mauerblätter nehmen eine beträchtliche Ausdehnung an, strecken sich in die Länge und verlau- fen gewunden, die zahlreichen Septen der von ihnen umschlossenen, reihenweise angeordneten Individuen umgebend. An solchen Koral- lenstöcken ist die Verbindung der Einzeltiere derart innig, daß sie sich vielfach kaum noch als solche auseinanderkennen lassen. y) Eine unvollständige Schiefteilung (loxotomisch-me - rotomische Hemitomie) begegnet uns als ein (wie die vollständige Schiefteilung) abgeleiteter und seltener Fortpflanzungsmodus, für den Cerattum vultur ein Beispiel liefert. Wir sahen schon, daß bei den Dinoflagellaten eine auf Längsteilung zurückzuführende Schrägteilung vorkonnnt. Bleibt diese Teilung unvollständig, so entstehen Ketten von zugleich neben- und hintereinander gelagerten Individuen, frei schwebende eigenartige Kolonien mit uniserial angeordneten Kompo- nenten (D., Fig. 466, S. 523). Damit hätte ich, soweit es im Plane dieser Arbeit liegt, die ver- schiedenen Fälle der Hemitomie oder Zweiteilung durchgesprochen, um mich iiunmehr der Polytomie zuzuwenden. Versuch zu einem System der Monogonic im Ticrreiclie. 617 2. Polytomie. Wie in der organischen Welt Übergänge und deshalb oft nur labile Grenzen vorhanden zu sein pflegen, so läßt sich ein scharfer Unterschied zwischen Zwei- und Vielteilung nicht machen. Wir können mit Beschränkung auf die Metazoen die Polytomie der Hemitomie gegenüber als eine Teilung definieren, welcher eine Halbierung (Hemitomie) zugrunde liegt, die sich aber so schnell wie- derholt, daß schon innerhalb des Verbandes des mütterlichen Kör- pers mehr als zwei Töchter entstehen, noch bevor sich die beiden zu- erst entstandenen Teilstücke voneinander getrennt haben. Es würde also eine gewisse Ähnlichkeit mit der unvollständigen Hemitomie vor- handen sein, da auch bei der Polytomie vorübergehend an Stöcke oder Kolonien erinnernde Tierverbände entstehen. Aber diese Stock- bildung ist nie von Dauer, da die Polytomie immer eine vollständige Teilung ist. Die hemitomischen Vorgänge erfolgen aber in so schneller Aufeinanderfolge, daß die beiden Töchter sich schon w^ieder teilen, bevor sie sich voneinander getrennt haben, und wenn diese Teilungen in gleichem Tempo weitergehen, entstehen Tierketten (seriale Poly- tomie), bevor die Teilung völlig durchgeführt ist und die Individuen selbständig geworden sind. Wenn bei den Metazoen der Polytomie deutlich erkennbar eine Hemitomie zugrunde liegt, so kann in gewissen Fällen polytomischer (oder multipler) Fortpflanzung, die wir als Conitomie bei den Proto- zoen beobachten, ein Zerfall des Mutterkörpers stattfinden, der aus- gesprochen hemitomische Vorgänge nicht erkennen läßt. Dann ent- stehen alle Nachkommen einer Mutter nahezu gleichzeitig in und aus dieser, wodurch sich ein Unterschied allen hemitomischen Vorgängen gegenüber ergibt (simultane Polytomie). Wir unterscheiden im folgenden eine successive von der nur bei den Protozoen als normaler Fortpflanzungsmodus auftretenden simul- tanen Polytomie. Bei der successiven Polytomie erfolgen die Tei- lungen zeitlich nacheinander, bei der simultanen findet ein (nicht immer durch hemitomische Prozesse am Kern eingeleiteter) Zerfall des Mutterkörpers derart statt, daß alle Töchter gleichzeitig gebildet werden. a) Die successive Polytomie kann a) eine inseriale sein; dann haben die Töchter keine gemeinsame Längsachse und überneh- men nicht die Längsachse der Mutter, Diesen Fall veranschaulichen die Thalassicollen und Tripyleen unter den Radiolarien. Besonders interessant ist diese Art der Teilung dadurch, daß sie direkt zu der merotomischen Hemitomie der kolonialen Polycyttarien überleitet. 618 P. DeegentT, Die Centralkapsel nebst Inhalt teilt sich, die entstandenen Tochter- kapseln zerfallen ihrerseits wieder noch vor der Teilung des extrakap- sulären Körpers, und so kommt es, daß vier oder acht Centralkapseln in dem noch ungeteilten Calymma liegen, bevor auch dieses zerlegt wird und damit die Teilung vollständig wird. Zwischen dieser inse- rialen successiven Polytomie und der Conitomie besteht eine gewisse Ähnlichkeit, von der weiter unten noch die Rede sein wird. ß) Bei der serialen^ successiven Polytomie übernehmen die Töchter, solange sie im mütterlichen Verbände bleiben, die Längs- achse der Mutter; es handelt sich hier also um eine Plagiotomie, wäh- rend die inseriale Polytomie auf prototomischen Vorgängen beruht. Schema 1. Seriale Polytomie. 1, erste Tei- lungsebene; 2, zweite Teilungs- ebenen (zwischen zwei Enkeln); S, dritte Teilungsebenen (zwi- schen zwei Urenkeln). Schema 2. Heterotomie. 1 — 5, erste bis fünfte Teiluugsebeue. Schema 3. Couibination von Hemi- und Heterotomie. a und b die bei- den hemitomisch entstandenen Töchter. 1, 2, 3 wie in Schema 2. Die seriale Polytomie unterscheidet sich von der serialen Heterotomie insofern nicht scharf, als hier die Teilstücke ebenfalls von verschie- dener Größe sein können; doch ist die Reihenfolge der Individuen eine andre, indem sich bei der Polytomie jede Tochter wieder teilt, bei der Heterotomie dagegen nur die bei der Teilung jedesmal ent- stehende größere Tochter mit der Teilung fortfährt. Den Unterschied veranschaulichen beistehende Schemata. Tritt eine Kombination von Hemitomie und Heterotomie auf, so entstehen die >>biserialen<< Ketten von Nais barbata O.F.Müll. (Schema 3). 1 Dieser Bezeichnung bediente sich meines Wissens zuerst ÜATSCitEK. I Versuch zu oiiuuu System der Monogonie im Tierreiche. 619 Innerhalb der serialen Polytomie können wir einen architomi- schen und einen paratoniischen Teilungsverlauf unterscheiden. Findet vor der Trennung der Individuen keine (dem durch sie notwendig werdenden Verluste) vorbeugende Neuproduktion von Organen statt, so haben wir eine Architomie vor uns, für welche Ctenodrilus (K. u. H., Fig. 429, 8. 602) ein Beispiel liefert. Der Wurm kann spontan in mehrere Teilstücke zerfallen, deren jedes nur aus wenigen (bis sechs) Segmenten besteht, ohne daß zuvor diese Teilung vorbereitende Vor- gänge bemerkbar werden. Während nun bei der Zweiteilung, wenn sie (wie hier) eine Querteilung ist, die vordere Tochter das Hinterende, die hintere Tochter ihr Vorderende neu zu bilden hat, müssen alle übrigen auf polytomischem Wege entstandenen Teilstücke beide Kör- perenden neu bilden, eine Tatsache, die bei der Hemitomie natürlich niemals zur Beobachtung kommen kann. Die architomische Poly- tomie erfordert also weitgehende, ihr folgende Entwicklungsvorgänge, während welcher die übrigen Lebensfunktionen der Töchter (und zwar am längsten die der nicht endständigen, die ja weder Kopf noch Analende besitzen) stark beeinträchtigt erscheinen. Nach dieser Rich- tung hin erscheint die paratomische Polytomie für die Teilstücke weit günstiger, indem sie die Töchter noch vor ihrer Trennung im Verbände des mütterlichen Körpers für ihr künftiges selbständiges Leben ausstattet. Dies sehen wir recht deutlich bei Stenostoma und Microstoma, zwei rhabdocölen Turbellarien (K. u. H., Fig. 425, S. 587). Bei den zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung schreitenden Würmern sind noch keine Geschlechtsorgane vorhanden. Als auf hemitomi- scher Grundlage entstanden erweist sich hier die Polytomie dadurch, daß zuerst ungefähr in der Körpermitte eine ringförmige Einschnü- rung (Stenostoma) oder eine bindegewebige Membran (Microstoma) die erste Teilungsebene andeutet, worauf dann bei jeder Tochter in ähnlicher Weise die beginnende Teilung angebahnt wird. Bei Micro- stoma bilden sich nun die neuen Organe (Augen, wimpernde Haut- grübchen, Cerebralganglien, Pharynx) hinter der zuerst entstandenen Scheidewand, während die Neubildung der Organe bei Stenostoma dem ersten Auftreten der Teilungsfurchen noch vorauseilt. Erst wenn die erwähnten Organe des Vorderendes jeder Tochter soweit ent- wickelt sind, daß sie das Tier zu selbständigem Leben fähig machen, beginnt die Durchschnürung, welche die Töchter schließlich vonein- ander trennt. Auch die Art des Zerfalls der Kette, die bei Micro- stoma 16 — 18, bei Stenostoma bis 8 Individuen enthalten kann, lehrt, daß es sich bei der paratomischen Polytomie um schnell aufeinander 620 P- Deegener, folgende hemitouiische Vorgänge handelt, die jede entstandene Toch- ter wieder betreffen; denn die Kette zerfällt zunächst in zwei Ketten von gleicher Individuenzahl, jede Tochterkette ebenso usw., bis durch fortgesetzte Zerlegung jedesmal in zwei gleiche Hälften die ganze Kette vollständig in Einzeltiere aufgelöst ist. b) Die simultane Polytomie kann mit dem gebräuchlichen Namen als »Conitomie« oder conitomische Polytomie bezeichnet wer- den. Sie unterscheidet sich von der archi- und paratomischen Poly- tomie dadurch, daß sie die Mutter in nicht serial hintereinander ge- legene Töchter zerlegt, mithin keine Querteilung ist, sondern den Mutterkörper meist mit Hinterlassung eines toten Restes (Schale, Kestkörper) in eine große Anzahl von Töchtern zerfallen läßt, die stets frei und selbständig werden wie bei jeder Art der Polytomie. Dieser Fortpi'lanzungsform liegt keine erkennbare Hemitomie mehr zugrunde, wenngleich da, wo mehrere wiederholte Kernteilungen der Conitomie vorausgehen, hemitomische Vorgänge noch vorliegen, die sich aber nicht mehr auf den ganzen Mutterkörper erstrecken. Viel- mehr bleiljt während des Zerfalls des Kernes die Integrität der Mutter gewahrt, d. h. die Teilung des Kernapparates hat nicht (wie z. B. bei der Polytomie der oben erwähnten Radiolarien, Thalassicollen und Tripyleen) unmittelbar die Teilung wenigstens eines Bestandteils des mütterlichen Plasmaleibes zur Folge. Die Conitomie kommt nur bei den Protozoen vor. Die durch sie entstandenen Fortpflanzungskörper sind keine Eier oder Gameten, denn sie werden ohne Einfluß eines geschlechtlichen Aktes zu ihrer Mutter gleichenden oder auch von ihr verschiedenen, aber artgleichen Individuen. Allerdings kann man in Zweifel sein, ob die conitomisch entstandenen Individuen nicht zum Teil den parthenogenetischen Eiern der Metazoen verglichen, wenngleich diesen niemals absolut gleichgesetzt werden können. Man kann zwei Arten der Conitomie unterscheiden: eine homo- gene und eine heterogene Conitomie. Beide unterscheiden sich da- durch voneinander, daß die homogene Conitomie der Mutter gleichende, die heterogene Conitomie der Mutter nicht gleichende Töchter ent- stehen läßt. a) Homogene Conitomie beobachten wir z.B. an Plasmodium vivax Gr. und F., dem bekannten Tertiana-(Malaria-)Parasiten. Die Mutter behält während der wiederholten Kernteilungen, die 12 — 24 Kerne ergeben, ihre Bewegung bei. Jeder Kern umgibt sich dann mit einem Teile des mütterlichen Cytoplasmas, und die so entstan- Versuch zu einem System der Monogonle im Tierreiche. 621 denen Töchter trennen sich unter Zerfall des Mutterkörpers, um zu Tieren heranzuwachsen, die der Mutter völlig gleichen (D., Fig. 133, S. 137). Ein zweites Beispiel liefert uns Eimer ia (Coccidium) schuhergi Schaudinn, ein Parasit im Darme unseres gewöhnlichen Tausendfußes Lithobius forficatus Lin. Nachdem der Parasit in der Wirtszelle zu einem einkernigen, kugligen Körper herangewachsen ist (D., Fig. 626, S. 705), beginnt die wiederholte Teilung des Kerns, worauf sich jeder Kern mit einem Teile des mütterlichen Cytoplasmas umgibt. Die so entstandenen Töchter ordnen sich in Form einer Rosette um einen kernlosen, toten Rest der Mutter (Restkörper), trennen sich dann voneinander, wandern als sehr bewegliche >> Keime << aus der Darm- zelle aus, in welcher ihre Mutter lebte, und dringen in andre Darmzel- len ein, um hier heranzuwachsen und sich dann in derselben Weise fortzupflanzen wie ihre Mutter, oder um, schon bevor sie die Größe der Mutter erreicht haben, in der beschriebenen Weise zu zerfallen. — Der homogenen steht die ß) heterogene Conitomie gegenüber. Als heterogen ist diese Form der Teilung deshalb zu bezeichnen, weil die durch sie entstan- denen Töchter der Mutter nicht gleichen. Dabei können die hetero- morphen Töchter wieder entweder zeitlebens von der Mutter ver- schieden bleiben (ametabologene Conitomie von Polystomella und andern Foraminiferen), oder später die Gestalt der Mutter annehmen (meta- bologene Conitomie der Radiolarien). Für die ametabologene Conitomie wählen wir aus den Fora- miniferen Polystomella als Beispiel. Man unterscheidet bekanntlich zwei verschiedene voneinander abstammende Formen: die megalo- sphärische mit verhältnismäßig großer erster Schalenkammer und großem Principalkern; die microsphärische mit kleiner erster Schalen- kammer, (Centralkammer, Embryonalkammer) und zahlreichen kleinen Kernen ohne Principalkern. Beide pflanzen sich in verschiedener Weise fort und entstehen auf verschiedenen W^egen. Uns interessiert hier nur die agame (ungeschlechtliche) Fortpflanzung der microsphä- rischen Form. Ihr Weichkörper zerfällt in der Schale und verläßt diese in Gestalt zahlreicher Töchter, die sich unter Aussendung von Pseudopodien bewegen und zunächst noch keine Schale besitzen oder eine solche schon in der mütterlichen Schale ausgebildet haben ( >>Pseu- dopodiosporen<<). Die Schale, welche die Nachkommen der micro- sphärischen Form aufbauen, ist im Gegensatze zu der Schale ihrer Mutter megalosphäiisch, hat also eine große erste Kammer, und der 622 P. Deegener, Plasmaleib der »Embryonen« enthält nur den Principalkern, der ihrer Mutter fehlt. Da somit die direkten Nachkommen der microsphäri- schen Form die Charaktere der megalosphärischen besitzen und zeit- lebens behalten, ist ihre Entstehung als dauernd heterogene oder ame- tabologene Conitomie zu bezeichnen. Von einer vorübergehend heterogenen oder metabologenen Conitomie können wir bei denjenigen Radiolarien sprechen, "bei welchen die der Mutter nicht gleichenden Fortpflanzungskörper später die Gestalt der Mutter annehmen. Natürlich kommen hier nur un- geschlechtliche Nachkommen für uns in Frage, und die Möglichkeit ihres Vorkommens muß so lange zugegeben werden, wie wir über ihr späteres Schicksal nichts Sicheres wissen. Allerdings liegt die An- nahme nahe, daß die Flagellosporen (Isosporen, Schwärmer) gar nicht als ungeschlechtliche Fortpflanzungskörper angesehen werden müssen, vielmehr entweder als parthenogenetische Erzeugnisse ihrer Mutter gedeutet werden können, w^elche die Befruchtungsbedürftigkeit se- cundär aufgegeben haben und somit unter denselben Gesichtspunkt fallen wie die parthenogenetischen Eier der Metazoen; oder als Iso- gameten, die mit andern ihnen gleichenden Isogameten copulieren. Leider läßt diese Frage sich zur Zeit nicht beantworten. Die An- nahme, daß bei den Kadiolarien vorübergehend heterogene Conitomie vorkomme, ist deshalb als eine vorläufige zu bewerten. Der Prozeß dieser Fortpflanzung vollzieht sich in der Weise, daß sich der Inhalt der Centralkapsel in zahlreiche gekernte Töchter aufteilt, nachdem sich den Angaben nach zunächst der Kern durch wiederholte mitotische oder amitotische Teilung oder durch multiplen Zerfall vermehrt hat. Die als Fortpflanzungskörper entstehenden Iso- sporen nehmen eine mehr oder minder gestreckte, ovale oder bohnen- förmige Gestalt an (D., Fig. 586^1,5, C, S. 649) und enthalten häufig je einen kristallartigeu Körper, weshalb sie als Kristallschwärmer be- zeichnet worden sind. Als ßewegungsorganelle besitzen sie Flagellen, sind also ganz anders organisiert als ihre Mutter, deren Gestalt sie aber später, wie man anninnnt, gewinnen. Sie schwärmen aus ihrer Mutter aus, deren absterbender Rest (Calymma) ebenso wie die Cen- tralkapsel und das Skelet ungeteilt zurückbleiben. B. Heterotomie. Wir wenden uns nunmehr der Heterotomie zu, einem Teilungsvorgange, der vielfach, wie nachgewiesen wurde, irrtümlich als Knospung aufgefaßt worden ist und wird. Bei der Heterotomie sind die Teilstücke einander nicht gleich. Entweder bestehen nur Größenunterschiede zwischen den Epigonen, oder eine Vorsuch y.u fiiuMU System der Monogonie im Tierreiehe. G23 Gruppe untereinander gleich organisierter Individuen ist von einer einzigen der gemeinsamen Mutter gleichenden Schwester durch ihre Organisation verschieden, wobei an die Stelle der Gruppe ein einziges Tochterindividuum treten kann, das dauernd oder vorübergehend von seiner Schwester verschieden ist. Die Heterotomie ist eine Ungleich- teilung (ungleiche Zweiteilung), durch deren schnelle Wiederholung Ketten nach Art polytomisch entstandener Tierserien entstehen kön- nen, in welchen dann aber die Reihenfolge der Individuen anders ist, wie dies bei der Besprechung der Polytomie schon auseinandergesetzt und durch Schemata erläutert worden ist. 1. Die homogene Heterotomie ist als sei'iale von der Poly- tomie deutlich durch die andre Reihenfolge der Teilstücke verschieden. Von der heterogenen Heterotomie unterscheidet sie sich durch die Gleichheit der höchstens in ihrer Größe verschiedenen Teilstücke. Die homogene Heterotomie ist holotomisch. Wir unterscheiden als diffuse die Art der homogenen Heterotomie, bei welcher keine gemeinsame Achse durch die Töchter hindurchgelegt werden kann, während bei der serialen homogenen Heterotomie die Längsachse der Mutter mit der Längsachse der Töchter identisch bleibt; daher ist die Teilung im letzteren Falle eine Querteilung und kann als plagio- tomische Heterotomie der diffusen (»Plasmotomie«) gegenübergestellt werden. Ein Beispiel für die diffuse Heterotomie liefert unter den Protozoen Myxidium lieherJcühni Bütschli, ein vielkerniges Myxo- sporidium aus der Harnblase des Hechtes. Die Teilstücke entstehen in größerer Anzahl als hervorquellende und sich schließlich von dem größeren Teilstücke abschnürende Vorwölbungen, deren jede von vorn- herein der gemeinsamen Mutter und dem größten Teilstücke darin gleicht, daß sie mehrere Kerne enthält. Zunächst erinnert diese Fortpflanzung an eine Knospung; aber die Entstehung der »Knospen« beruht nicht auf einem (für sie speci- fischen) Wachstum. Die >>nuütiple Knospung << von Myxidium (zu- erst von CoHN, Zool. Jahrb. IX. Bd. 1895 beschrieben), läßt den Angaben nach ein »Muttertier« übrig, welches größer ist als alle üb- rigen Individuen. Da die »Mutter« aber durch Abschnürung der Teilstücke kleiner wird, kann es sich nicht um eine Knospung handeln, vielmehr wird diese Fortpflanzung als ein Fall der Heterotomie be- urteilt werden müssen. Da die eine Tochter sich nur durch ihre Größe von allen übrigen unterscheidet, so wird diese Heterotomie als homo- gene bezeichnet werden können. Doflein nennt diese Fortpflan- 624 P. Deegener, zimgsform >> Plasinptomie << (Zool. Jahrb. Anat. XI. Bd. 8. 317. 1898) und will sie von der gewöhnlichen Zweiteilung und der Knospung namentlich mit Rücksicht auf die Tatsache, daß hier eine vielkernige Zelle ohne begleitende Kernteilung in vielkernige Teilstücke zerfällt, unterschieden wissen. — Daß hier eine Form der Teilung, keine Knos- pung vorliegt, ergibt sich nicht nur aus dem Kleinerwerden (also Nichtintaktbleiben) der »Mutter«, sondern auch aus der Möglichkeit, die Plasmotomie von einer (»plasmotomischen<<) Zweiteilung {Chloro- myxum) abzuleiten (vgl. Doflein 1. c). Für die plagiotomische homogene Heterotomie mögen Nais und Gonactinia als Beispiele dienen. In der Nähe des Hinter- endes von Stylaria lacustris L. {Nais pxphoscidea Müll.) tritt die erste Teilungsebene auf, welche zwei ungleich große Töchter entstehen läßt. Die vordere größere Tochter teilt sich wieder ebenso heterotomisch usw., bis schließlich eine Kette uniserial angeordneter Töchter (bis acht Individuen) gebildet ist, von denen die zuletzt entstandene kleinste der größten vorderen am nächsten, die zuerst entstandenen beiden Töchter terminal liegen und voneinander durch alle übrigen von vorn nach hinten an Größe und Alter zunehmenden Teilstücke gesondert sind (vgl. ev. Fig. 2, Taf. I in 0. F. Müller, Von Würmern des süßen und salzigen Wassers, Kopenhagen 1771). — Wenn man diese Fort- pflanzungsart Strobilation nennen will, so ist sie als homogene Stro- bilation von denjenigen Knospungsarten zu unterscheiden, die wir als Strobilation bezeichnen wollen. Zu dieser selben Art der Teilung ist die ungeschlechtliche Ver- mehrung von Gofiactinia zu rechnen, wenn mehr als zwei Teilstücke entstehen. Bei ihr kann die paratomische Hemitomie dadurch zu einer Heterotomie werden, daß die orale Tochter, bevor sie sich von der basalen abschnürt, ihrerseits unter Ausbildung neuer Tentakeln in ihrer Körpermitte zur Teilung schreitet (K. u. H., Fig. 337, S. 497). Sieht man die Strobilation entgegen der hier vertretenen Auf- fassung als eine Form der Knospung an, so wäre auch die heteroto- misch-paratomische Fortpflanzung von Gonactinia eine Knospung. Es müßte dann das oral gelegene Teilstück als Mutter der beiden abo- ral gelegenen angesehen werden. So betrachtet, würde sich wieder ergeben, daß zwischen der Knospung nach der gewöhnlichen Fassung \md der Teilung kein greifbarer Unterschied bestehe, und man würde zu der Konsequenz gelangen, daß die Fortpflanzung von Gonactinia, die eine typische Teilung ist, nicht wesensverschieden voji der echten Knospung sei, wie sie z. B. bei Hydra vorliegt. Die Heterotomie von Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 625 Gonactinia aber geht unzweifelhaft aus einer Hemitomie hervor, in- dem sich die eine der hemitomisch entstandenen Töchter wieder he- mitomisch teilt, bevor noch die erste Teilung vollständig geworden ist. Von der Polytomie unterscheidet sie sich trotz annähernd glei- cher Größe und übereinstimmender Organisation der entstandenen Individuen durch die Reihenfolge der Teilstücke. Teilte sich die ba- sale Schwester ebenso wie die apicale, so läge eine Polytomie vor. Da die Teilstücke sich nur durch Größendifferenzen unterscheiden, ist die Heterotomie hier als homogene zu bezeichnen. — Außerdem vermag sich Gonactinia prolifera 8ars durch laterale Knospung zu vermehren. Nais und Gonactinia dienten uns als Beispiele für die holotomi- sche homogene Heterotomie. Diese würde zu einer merotomischen werden, wenn die entstandenen Teilstücke sich nicht voneinander sonderten. Dieser Fall scheint indessen nicht vorzukommen und könnte wohl nur in Verbindung mit andern Formen monogonischer Fortpflanzung existieren, weil sonst rein uniserial gebaute Stöcke ent- stehen würden, die nur unter schwer vorstellbaren Bedingungen exi- stenzfähig sein könnten. Eine merotomische homogene Heterotomie könnte unter den Bryozoen von UrnnteUa gracilis Leidy (K. u. H., S. 660) vorgetäuscht werden. Hier entstehen durch terminale homo- gene Knospung Serien bildende Individuen, welche von den Poly- piden durch negative Merkmale verschieden sind und weder den Ten- takelapparat, noch einen Darm besitzen (>>Caularien<<). Sie setzen sich durch Scheidewände voneinander ab und machen ganz den Ein- druck, als wären sie durch Teilung entstanden. Schon die Tatsache, daß bei den Bryozoen die Knospung herrscht, legt es nahe, daß diese Komponenten der Kolonie als heteromorphe Knospen anzusehen seien, die untereinander gleich bleiben. Dazu kommt noch, daß die Reihen- folge dieser Personen weder mit der übereinstimmt, die bei der serialen Polytomie, noch mit der, die bei der Heterotomie vorliegt. Dies ist einer der Fälle, der aus besonderen Gründen zwar die Beurteilung erschwert, ob Teilung oder Knospung vorliege (weil die Knospen ter- minal entstehen und serial verbunden bleiben), der aber keineswegs als Übergang zwischen Teilung und Knospung angesehen werden kann (vgl. unten, heterogene Knospung der Bryozoen). Anmerkung: Wer die Segmentierung der Anneliden und ihrer Descendenten als auf ungeschlechtlicher Vermehrung beruhend auf- faßt und dementsprechend den metamer gegliederten Körper als >>Cor- mus<< oder serialen Tierstock ansieht (Anhänger der Cormentheorie), 626 P. Decgener, müßte die Segmentbildung als unvollständige Heterotomie bezeichnen, ohne doch streng genommen ein Recht zu haben, sie dieser völlig gleich zu setzen. Die Segmentierung ist indessen nach meiner Überzeugung keineswegs das Resultat eines monogonischen Prozesses; vielmehr stelle ich mich auf den wohlbegründeten Standpunkt Längs, daß die Metamerie unter Vermittlung der sogenannten Pseudometamerie von der Cyclomerie (dem radiären Bau) abzuleiten sei. (Vgl. Lang, Beiträge zu einer Trophocöltheorie. Jena. Zeitschr. für Naturw. Bd. XXXVIIL N. F. Bd.XXXL 1903). 2. Heterogene Heterotomie. — Bei der nunmehr zu bespre- chenden heterogenen Heterotomie treten außer Größendifferenzen noch andre Unterschiede der entstehenden Nachkommen hervor. Sind diese vorübergehend vmd werden die heteromorphen Teilstücke schließ- lich der Mutter gleich, so haben wir eine metabologene Heterotomie vor uns. Diese kann epigen sein, dann sind die kleineren Töchter, die sich selbst zunächst nicht wieder teilen, bei ihrer Trennung von dem mit der Teilung fortfahrenden Individuum durch negative Merk- male verschieden, die später verschwinden, indem alle Teilstücke schließlich einander gleich werden. Zu dieser Art der Teilung wird man die ungeschlechtliche Vermehrung von Hypohjtus peregrinus Murbach (K. u. H., S. 576) zählen müssen. Tatsächlich sind hier die basalen Teilstücke von dem oralen nur durch negative Merkmale ver- schieden, und es handelt sich um einen ausgesprochen architomischen Vorgang. Den abgeschnürten basalen Teilstücken (>>Blastolyten<<) feh- len die Tentakeln und der Mund; und erst indem sie diese Organe ausbilden und heranwachsen, nehmen sie nachträglich die Gestalt der Mutter an, welche das apicale Teilstück unter Abzug des durch die Teilungen erlittenen Verlustes beibehält. Diese von Murbach (Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XLIL 1899. S. 341) beschriebene Fortpflanzung erscheint als eine Modifikation der homogenen Hete- rotomie, indem sie dieser gegenüber ein augenfällig architomischer Prozeß ist. Auch bei den Protozoen kommt die epigene Heterotomie vor, z. B. bei Acanthocystis aculeata Hertw. u. Lesser. Im Gegensatze zur Hemitomie, die wir bei demselben Heliozoon schon besprochen haben, ist an dem Fortpflanzungsvorgange das Centralkorn völlig unbeteiligt. Dementsprechend ist auch die Teilung des Kerns, welche der Heterotomie vorausgeht, keine karyokinetische, sondern erfolgt auf direktem Wege, und der Kern des heteromorphen Teilstückes ist oft kleiner als der Kern des homomorphen (der Mutter gleichen- Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 627 den) Individuums. Die Teilung des Kerns kann sich schon wieder- holen, noch bevor der Teilungsprozeß am Cytoplasma begonnen hat, weshalb die Mutter, die übrigens ihre Pseudopodien nicht einzieht, vorübergehend mehrkernig erscheint, stets aber nur ein einziges Cen- tralkorn besitzt. Der kleiiu>ie Tochterkern (oder deren mehrere) wandert dann an die Peripherie des Mutterkörpers, wölbt hier Plasma und Nadeln des Kieselskelets vor, und die heteromorphen Teilstücke schnüren sich schließlich unter Vervollkommnung des Skelets von dem größeren, der Mutter gleichenden Teilstücke ab, mit dem sie vor- übergehend eine Kolonie gebildet haben. Da sich das Centralkorn nicht teilt, sondern in dem größten Teilstücke verbleibt, unterscheidet sich jedes kleinere Teilstück von der gemeinsamen Mutter durch den Mangel dieses Zellorgans, das erst nach einer Ruhepause von 3 — 4 Ta- gen im Kern entsteht, worauf dann jedes heteromorphe Teilstück unter Ausbildung der Pseudopodien das Leben der Mutter zu führen beginnt und heranwächst. — Da das Centralkorn in den heteromorphen In- dividuen anfangs fehlt, wird man von einer heterogenen Teilung spre- chen müssen, die sich nach der gegebenen Definition als epigene Hete- rotomie erweist. Man kann wohl nicht in Zweifel sein, daß die besprochene Tei- lung von Aconihocystis auch wirklich mit Hertwig (Jena. Zeitschr. f. Naturw. XI. Bd. 1877) gegen Schaudinn (Verhandl. Deutsch. Zool. Gesellsch. 1896, 8. 121) als solche angesehen werden könne. Leider sind »ScHAUDiNNs Figuren (1. c, S. 120) nicht mit Vergrößerungsan- gaben versehen, und auch der Text gibt keinen Aufschluß darüber, ob das Heliozoon bei der »Knospen <>Knospuug<<) Individuen liefere, die sämtlich kleiner sind als die Stammutter, und daß eben dadurch die fragliche Fortpflan- zungsform als Teilung charakterisiert werde, bei der keine intakte Mutter erhalten bleibt. Wird die metabologene Heterotomie im Gegensatze zu der epi- genen eine metagene, so sind die Teilstücke, die nicht im ganzen die mütterliche Organisation behalten, durch positive Merkmale von der gemeinsamen Mutter verschieden, werden jedoch später der Mutter gleich, indem diese positiven Merkmale verschwinden und das Teil- stück sich metamorphosiert. Die metagene Heterotomie kann eine exotomische und endo- tomische sein. Im ersteren Falle findet keine Verlagerung der Tei- 628 P. Dcegener, lungsebene statt: diese schneidet die Teilhälften einfach auseinander. Im zweiten Falle aber schält die Teilungsfläche die eine Tochter aus dem Leibe der Mutter heraus, und die endotomische erscheint als eine Modifikation der exotomischen Teilung. Wie sehr auch die endoto- mische Heterotomie einer Knospung zu gleichen scheint, ist sie doch von der exotomischen, die unzweifelhaft das Bild der Teilung zeigt, ableitbar und somit selbst eine Form der Teilung, wie oben ausgeführt worden ist. Als Beispiel für die exoto mische Heterotomie diene uns Sfhraerophrya fusüla Cl. u. L. (D., S. 994). Sie kann sich hemito- misch teilen. Diese Hemitomie wird zu einer Heterotomie, indem die eine Teilhälfte durch Ausbildung von Cilien zum »Schwärmer« und hierdurch von der andern Teilhälfte durch positive Merkmale verschieden wird. Nach dem späteren Verschwinden der Cilien ge- winnt der »Schwärmer« die Charaktere eines Suctoriums. Ein zweites Beispiel ist Acaniliocystis aculeata Hertw, u. Lesser, bei welcher, wie wir sahen, auch eine epigene Heterotomie vorkommt. Bei den heteromorphen kleineren Teilstücken treten Flagellen auf. Die so entstandenen flagellaten Individuen verlassen ihre Kieselhülle in Gestalt eines mit zwei Geißeln ausgerüsteten Schwärmers, um dann erst amöboid zu werden und schließlich nach Verlust ihrer Geißeln zu der Form ihrer Mutter und ihrer größeren Schwester zurückzukehren (ScHAUDiNN, Verh. Deutsch. Zool. Ges. Bonn 1896). Die endotomische Heterotomie kann wieder digen oder po- lygen sein, d.h. es entsteht nur ein »Schwärmer« {Tocophrya quadri- fartita Clp. u. A.) oder es werden mehrere »Schwärmer« gebildet ( Ophri/odendron) . Bei Tocophrya quadripartita Clp. u. Lehm, beginnt nach Bütschli (Jena. Zeitschr. f. Naturw. Bd. X. 1876) die Schwärmerbildung mit einer kleinen Einsenkung in der Mitte der apicalen (dem fixierten Pole gegenüberliegenden) Fläche (L., Fig. 195, S. 185), die sich ver- tieft und erweitert, aber mit der Außenwelt durch eine enge Öffnung verbunden bleibt. Der Boden dieser Einsenkung (»Bruthöhle«) wird zum »Schwärmer«, der nirgends über die Peripherie des Mutterkör- pers hinausragt. Indem die Höhlung den »Schwärmer« basalwärts umfaßt, wird dieser aus dem mütterlichen Cytoplasma herausgeschält und erhält einen seinen Körper umfassenden Wimperbogen. Die Hälfte des sich teilenden Macronucleus tritt in den »Schwärmer« über, die letzte Verbindungsbrücke am Boden der Bruthöhle, die beide Schwestern noch zusammenhält, schnürt sich durch, und die nun- Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 629 mehr selbständige orale Tochter liegt frei in dem Brutraume der an- dern Tochter. Ihr Wimporbogen schließt sich zu einem Wimperringe, dessen Cilien schlagen und den >>tSch\värmer<< in rotierende Bewegung setzen. Da die enge öfinung, durch welche die Bruthöhle mit der Außenwelt komnmniziert, den Scliwärmer nicht ohne weiteres durch- läßt, kommt es zu einem »Geburtsakt«, bei welchem die sessile Schwe- ster die Anstrengungen des ins Freie strebenden »Schwärmers« unter- stützt. — Die Unterschiede zwischen der frei schwimmenden und der festsitzenden Tochter veranschaulicht die letztzitierte Figur. Wie bei allen Suctorien wird der ciliate »Schwärmer« später, indem er sich festsetzt, zu einem der Schwester und gemeinsamen Mutter gleichen- den cilienlosen, aber mit Saugtentakeln ausgestatteten Individumn. Treten statt des einen gleichzeitig mehrere »Schwärmer« auf, so haben wir eine polygene innere Heterotomie vor uns, die eben- falls bei den Suctorien vorkommt. Entweder tritt dann für jeden »Schwärmer« eine besondere Bruthöhle auf {Defidrosoma), oder in einer Bruthöhle entstehen mehrere »Schwärmer«, die nacheinander die Bruthöhle verlassen. Die polygene innere Heterotomie von Ophryodendron abietinum Clap. u. Lachm. ist nur eine Modifikation der endotomisch-digenen Teilung; denn der zuerst gebildete »Schwärmer« teilt sich noch in der Bruthöhle hemitomisch, und durch weiteren hemitomischen Zerfall der so entstandenen beiden »Schwärmer« können 16 — 20 Individuen gebildet werden, bevor sie die Bruthöhle verlassen. — In andern Fällen tritt keine Kombination von Hetero- und Hemitomie auf, sondern die Befunde deuten darauf hin, daß bei marinen Acineten nacheinander mehrere »Schwärmer« entstehen, die alle auf heterotomischem Wege von dem sessilen Teilstücke successive abgeschnürt werden und noch einige Zeit in der gemeinsamen Bruthöhle verbleiben. Als ametabologene Heterotomie bezei(?hne ich die Teilung dann, wenn die heterotomisch entstandenen Teilstücke zeitlebens ver- schieden bleiben, also nicht nach ihrem Freiwerden die Gestalt der Mutter gewinnen. Bei der oralen ametabologenen Heterotomie liegt die Tei- lungsebene vor der Körpermitte, d. h. dem oralen Körperende näher. Man hat diesen Fortpflanzungsmodus als Strobilation bezeichnet, ein Name, der sich eingebürgert hat und deshalb auch hier beibehalten werden soll. Findet eine einmalige Teilung statt, so ist die Strobi- lation monodisk, wiederholen sich die Teilungen schnell nacheinander, bevor die Trennung durchgeführt wird, so ist die Strobilation poly- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 41 630 . P. Deegoner, disk und führt vorübergehend zur Entstehung einer serialen Kolonie oder Tierkette. Ein Beispiel für die nionodiske Strobilation liefern die Scy- phozoen. Der Vorgang ist der gleiche wie bei der polydisken Strobi- lation dieser Tiere, nur mit dem unwesentlichen Unterschiede, daß eine einzige Ephyra gebildet wird. Beide Strobilationsformen kommen bei derselben Art vor. Die orale polydiske Strobilation der Scyphostomen vollzieht sich in der bekannten Weise: der Polyp, das Scyphostoma, der bei der oben erwähnten monodisken Strobilation nur eine junge Meduse {Ephyra) abschnürt, nachdem die künftigen Randlappen der Meduse am Peristomfelde ausgebildet sind, die Proboscis (der Mundkegel) des Polypen zum Manubrium der Medvise und das Gastralraumsystem des Polypen weitgehend umgebildet worden ist, schnürt statt der einen mehrere Ephyren ab, indem sich die erwähnten Prozesse so schnell wiederholen, daß sich die erste (orale) Ephyra noch nicht ab- gelöst hat, wenn die letzte (basale) schon gebildet ist. Infolge dieser schnell wiederholten monodisken Strobilation, als welche sich die poly- diske Strobilation erweist, entsteht vorübergehend ein Tierstock (Stro- bila), an welchem das basale Teilstück (Polyp) von den übrigen Teil- stücken sehr auffallend verschieden ist. Nachdem die heteromorphen Teilstücke (Ephyren) frei geworden sind, bleibt das basale Teilstück (Polyp) als von den Ephyren dauernd verschiedenes Tier erhalten und nimmt unter Ausbildung der Proboscis, des Peristomfeldes und der Tentakeln die Gestalt wieder an, die es vor der Strobilation besaß. Da bei dieser Fortpflanzung die Integrität des Polypen (der Stamm- mutter) keineswegs gewahrt bleibt, da ferner dessen Präexistenz nach der Ausbildung der ersten Ephyra den übrigen Ephyren gegenüber nicht behauptet werden kann, weil der Polyp nach der ersten Teilung (Ephyrabildung) als' präexistentes Individuum zu existieren aufgehört hat und mit der ersten Ephyra, dann mit der zweiten, dritten usw. gleichaltrig weil deren Schwester ist; weil somit die Mutter bei jeder Entstehung einer neuen Ephyra nur in ihren beiden heteromorphen Ttk'htern fortlebt und die Ephyra ursprünglich infolge normalen (nicht für sie spezifischen lokalen) Wachstums des Polypen, dessen Oral- ende sie repräsentiert, entstanden ist, kann die Strobilation nur als Teilung angesehen werden. Die Knospung erscheint als ein von dem hier beobachteten durchaus wesensverschiedener Vorgang. Daran kann die Tatsache nichts ändern, daß die oralen Teilstücke sich unter spezifischem Wachstum umbilden und zu heteromorphen Individuen Versuch zu i'inein System der Monogonie im Tierreiehe. G31 werden. Diese Forinverschiedenheit zwischen Scyphostoma und Ephyra geht sehr weit und wird mit dem Wachstum der frei gewor- nenen Teilstücko immer größer. An die Hauptunterschiede braucht hier nur erinnert zu werden. Der Polyp ist eine aus dem Ei der artgküchen Meduse hervorge- gangene, also geschlechtlich erzeugte festsitzende Form, der ihre Sessilität der freien Meduse gegenüber die Hauptcharaktere aufprägt. Die Ephyren sind junge, noch nicht geschlechtsreife Medusen, die während ihres freien Lebens im Meere aktiv schwimmend eine wei- tere Entwicklung durchmachen, die uns hier nur insofern interessiert, als sie die Meduse dem Polypen nur noch unähnlicher werden läßt. Als selbsttätig frei schwimmender Organismus muß die Ephyra natürlich ganz anders organisiert sein als der Polyp, und daß die heteromorphen Teilstücke hier in der Tat ganz verschiedene Tiere sind, geht aus einem Vergleiche des Polypen mit der Meduse, der an dieser Stelle nicht durch- geführt zu werden braucht, klar hervor. Der ametabologene Cha- rakter der Strobilation liegt darin, daß die frei gewordenen Teilstücke niemals später die Gestalt des aboralen Polypen und der gemeinsamen Stammutter annehmen. Natürlich bleiben beide Formen trotz ihrer weitgehenden Verschiedenheit artgleich, und der Satz, daß jedes Tier bei seiner Fortpflanzung artgleiche Nachkommen hervorbringe, hat auch in diesem scheinbaren Ausnahmefalle seine Gültigkeit. Claus (Untersuchungen über die Organisation und Entwickl. d. Medusen. Leipzig 1883) führt über seine Auffassung der Strobilation (S. 16) folgendes aus: >>Zum richtigen Verständnis der Strobilationserscheinungen ist vor allem die Tatsache in Erinnerung zu bringen, daß die Neubildung einer Ephyra an der Mundscheibe des Scyphostoma innerhalb des diesem angehörigen Tentakelkranzes in keinem einzigen Falle nach- gewiesen ist. Es gibt keine terminale Ephyraknospung an der Oral- scheibe des Scyphostomapolypen, vielmehr sind die Anlagen der Ephyrascheibe Abschnitte des Scyphostomaleibes selbst, welche sich außerhalb des Tentakelkranzes durch Einschnürung der Becherwand absetzen und als Teilstücke des Ephyraleibes zur Sonderung gelangen. << Im Gegensatze zu Haeckel weist Claus darauf hin, daß '>tat- sächlich das zur Ephyra werdende Endstück der ,monodisken' Stro- bila . . . kein jüngeres Wachstumsprodukt des Scyphostoma, sondern die vordere Körperhälfte desselben ist, welche sich nach vorausge- gangenem gleichmäßigen Wachstum des Scyphostomaleibes durch Einschnürung abgesetzt hat und als Teilstück loszulösen anschickt. 41* 632 P. Deegener, Mit der Lostrennung desselben ist ferner das elterliche Individuum als solches vernichtet und in zwei neue Individuen zerfallen, indem auch das hintere Individuum nur einem Teilstücke des elterlichen ent- spricht. Beide Spaltunusprodukte sind einander koordiniert, da der Basalstummel mit oder ohne Tentakelkranz doch im wesentlichen dem einer Qualle gleichwertigen Organismus eines Polypen entspricht. Beide, Ephyra und Polyp, sind demnach in ihrer gegenseitigen Be- ziehung einem in Querteilung begriffenen Infusorium vergleichbar, von welchem lediglich das eine Teilstück Mund und adorale Wimper- zone besitzt, das andre noch solcher entbehrt oder dieselben erst in der Bildung begriffen zeigt. Wollte man aber den einen Abschnitt für älter als den andern erklären und diesen jenem subordinieren, so dürfte mit größerem Rechte der hintere unvollständigere Abschnitt als der jüngere Teil betrachtet und dann einer Terminalknospe ver- glichen werden können. In Wahrheit aber sind beide, ontogenetisch betrachtet, gleichaltrig und einander gleichwertig. Der vordere aber differenziert sich früher zu einer als Meduse frei werdenden Form, während der hintere sich später regeneriert und vervollständigt.« Aus den zitierten Abschnitten geht hervor, daß und mit welchem Rechte Claus in der Strobilation eine Teilung sieht. Daß auch Götte (Entwicklungsgesch. der Aurelia aurita usw. Leipzig 1887) diese Auf- fassung teilt, bezeugt er in folgenden Sätzen (S. 50): »Da die erste Ephyrascheibe nur der weiter entwickelte orale Abschnitt des Scyphostoma ist, so kann sie natürlich in keiner Weise als eine Knospe aufgefaßt werden. Das, was an ihr an Knospung er- innert, z. B. das Hervorwachsen des Lappenkranzes, gehört ebenso wie das vorausgegangene Hervorwachsen der Tentakeln des Scypho- stoma — beides wohl auch nach freierem Sprachgebrauch ,Hervor- knospen' genannt — einfach zur fortschreitenden Entwicklung des ganzen identisch bleibenden Abschnittes. Folglich kann auch die Ablösung der ersten Ephyra nichts andres sein als die Trennung zweier in Entwicklung begriffener, aber schon vorher bestandener Abschnitte eines Organismus oder einfache Teilung. An dem zurückbleibenden Stiel der monodisken Larven entsteht aber die neue Ephyra genau in derselben Weise wie die erste durch eine Umbildung seines ursprüng- lichen oralen Abschnittes in eine Scyphostomascheibe, welche sich erst secundär in eine Ephyrascheibe verwandelt. Für die Ephyrabildung der monodisken Larven muß also die Knospung durchweg in Abrede gestellt werden. Bei der Übereinstimmung dieser Bildung bei den mono- und polydisken Larven gilt aber für die letzteren notwendig Versuch zu einem Systeiu der Mouogonie im Tierreiclic. 633 dasselbe wie für die ersteren. Die Ephyrascheibe entsteht also nir- gends durch Knospung und daher ist die Strobilation in allen Fällen eine einfache Teilung in Entwirklung begriffener Larven.« Wenn bei der ametabologenen Heterotomie die Teilungsebene aboralvvärts verlagert wird und dann hinter der Mitte liegt, so kchmeu wir sie als aborale Strobilation bezeichnen. Beispiele für diese Art ungeschlechtlicher Fortpflanzung liefern uns unter den Würmern die 8yllideen. Wenn bei Autolytus (K. u. H., Fig. 438^, S. Gl 3) da von einer Teilung, nicht von einer Knospung gesprochen werden nuiß, wo der größere hintere Teil des Körpers sich von dem kleineren vor- deren abschnürt, so müssen wir diesen Fall nach unsrer Definition und im Vergleiche mit der Scyphostomateilung als aborale monodiske Strobilation auffassen. Das vordere Teilstück produziert keine Ge- schlechtszellen und ist auch morphologisch von dem zum Geschlechts- tier werdenden hinteren Teilstücke verschieden. Beide sind ungleiche (heteromorphe) Töchter derselben Mutter. Hier von einer Knospung sprechen zu wollen, nur weil das eine Teilstück größer ist als das andre, läßt sich nicht rechtfertigen; und welches Teilstück soll die »Mutter« sein? Das größere Geschlechtstier übernimmt ebenso gut einen Teil des Mutterkörpers wie das kleinere vordere. Ist dies letztere die »Mut- ter«, weil es den Kopf und das Vorderende der Stammutter behält, während das hintere Teilstück den Kopf neu bildet, so ist die »Mut- ter« kleiner als die »Tochter«. Sieht man das größere hintere Teil- stück als »Mutter« an, so bildet sie ihren Kopf später als die »Tochter«. Präexistent ist weder die eine, noch die andre Tochter, sondern nur deren gemeinsame Mutter, die als Individuum nach der Teilung zu existieren aufgehört hat^. Deutlich bleibt dieser Vorgang auch da seinem ganzen Charakter nach eine Teilung, wo die Trennungsebene zwischen beiden Töchtern so weit hinten liegt, daß die hintere Tochter viel kleiner wird als die vordere. Bei gewissen Autolytus- Axioa wird nun diese monodiske Strobilation dadurch zu einer polydisken, daß am Hinterende zahl- reiche serial angeordnete Teilstücke entstehen, welche vorübergehend eine Kette bilden, weil die Ablösung der hintersten Tochter erst 1 Wenn man die Proglottidenbildung der Cestoden als einen Akt mono- gonischer Fortpflanzung ansieht, so würde es sich um eine Art der Strobilation handeln. Wie diese zu bezeichnen wäre, habe ich zu ermitteln nicht die Pfhcht, weil ich die Proglottidenbildung ebenso wenig wie die Segmentierung als Form einer monogonischen Proliferation ansehe. — Vgl. J. W. Spengel, Die Monozootie der Cestoden. Zeitschr. f. wiss. Zool. 82. Bd. 1905. 634 P- Deegener, erfolgt, nachdem eine größere oder geringere Anzahl jüngerer Töchter angelegt worden ist. Die jüngste Tochter liegt stets dem sich fort- gesetzt teilenden vorderen Individuum am nächsten und ist jedes- mal dessen Schwester. Immer sind also die beiden vorderen Indivi- duen gleichaltrig, die jüngsten und Schwestern als Töchter derselben Mutter. — Bei Myrianida (K. u. H., Fig. 440, S. 615) kann die Kette oder Strobila aus 30 Individuen bestehen. Auch hier repräsentiert das sich fortgesetzt teilende vordere Individuum die ungeschlecht- liche Generation, während sich die ungeteilt bleibenden Töchter ge- schlechtlich fortpflanzen. Es soll jedoch vorkommen, daß auch das vorderste Individuum sich später zu einem Geschlechtstiere um- wandelt. Seeliger, der die Knospung in den meisten Fällen von einer Teilung ableiten zu können glaubt, meint in Myrianida eine Gattung vor sich zu haben, welche den Übergang zwischen beiden Fortpflan- zungsarten zeige. Er äußert sich hierüber (Verh. Deutsch. Zool. Ges. 1896, S. 44) wie folgt: >>Noch weiter entfernen sich von der ursprüng- lichen Querteilung die Fortpflanzungserscheinungen bei den Syllideen. Myrianida bildet ebenfalls Strobilaketten. Das Muttertier gibt aber nach der Darstellung Malaquins (C. K. Acad. Paris. V. CXI. 1890. — Revue Biol. Lille 1891. — Mem. Soc. Lille 1893) nur das After- segment an das hinterste Kettentier ab und verliert bei der Zeugung aller andern Mitteltiere keine weiteren Segmente mehr, denn alle Individuen bilden sich ganz und gar aus der Substanz der Regenera- tionszone. Diese funktioniert hier in der Tat wie ein terminaler Stolo prolifer, und die ursprüngliche Teilung zeigt sich in einer so modifi- zierten Weise, daß alle Merkmale der typischen Knospung, aber keines mehr der typischen Teilung zutreffen. Die ursprüngliche Teilung ist in terminale Knospung übergegangen.« Bei Myrianida teilt sich schon die Regenerationszone, die Tei- lungsebene wird hier also sehr weit nach hinten verlegt und die Tei- lungen folgen sehr schnell aufeinander. Daß hierdurch die Teilung zu einer Knospung werde, kann ich nicht zugeben; denn andernfalls müßte auch überall da eine Knospung angenommen werden können, wo bei typischer Teilung eine Regenerationszone zwischen zwei Teil- stücken liegt. Es ist ein normales regeneratives Wachstum am Hin- terende der vorderen Tochter, welches das Material für die übrigen (mittleren) Töchter liefert, kein vom normalen (individuellen) der Mutter abweichendes Wachstum, wie sehr ein solches auch durch die Lokalisierung am Hinterende vorgetäuscht wird. Daher sehe Versufli zu einem System der Moiiogonie im Tierreiche. 635 ich in der Fortpflanzung von Myrianida mit Kokschelt und Heidek nur eine modifizierte Teilung, ohne aber mit diesen Autoren »von einem Übergang zwischen Teilung und Knospung« sprechen zu wollen. II. Gemmatio (Knospung, Sprossung). Zu allen als Divisio zu- sammengefaßten bisher besprochenen Arten ungeschlechtlicher Ver- mehrung steht die Gemmatio oder Knospung in prinzipiellem Gegen- satze, der eingangs schon erörtert worden ist. Es sei hier wiederholt, daß die Knospen durch ein für sie spezifisches lokales, von dem normalen der Mutter abweichendes Wachstum entstehen und daß diese Form der Monogonie von keiner Art der Teilung abgeleitet werden kann. Kombinationen kommen natürlich vor, d. h. dasselbe Tier kann sich sowohl durch Teilung, als auch durch Knospung fort- pflanzen (z. B. Gonactinia prolifera Sars, Scyphostomen u. a.). Zum Zwecke der Erzeugung von Nachkommen können nun entweder durch Knospung besondere Ausläufer (Stolonen) am Mutter- körper entwickelt werden, die dann in verschiedener Weise als proli- ferierende Stolonen die Töchter entstehen lassen, oder solche Stolo- nen treten nicht auf, und die Knospe entsteht direkt am Mutter- körper. Eine vollkommen scharfe Definition des Stolo zu geben, erscheint zur Zeit kaum möglich, weil seine genetische Deutung oft auf Schwie- rigkeiten stößt. War der Stolo von vornherein ein Fortsatz des Mutterkörpers ohne den Wert einer Person, der im Dienste der Proli- feration gebildet wurde? War er, was viel wahrscheinlicher ist, ur- sprünglich selbst eine Knospe, die zu einem fertigen Individuum wurde, dann aber selbst schon so frühzeitig zur monogonischen Fortpflanzung schritt, daß er seine Natur als Person verlor? Und beruht die Bil- dung des Stolo in allen Fällen (wie wohl sicher in vielen) auf einem Knospungsvorgang, oder nahm sie erst secundär diesen Charakter an, ursprünglich auf einer Teilung beruhend? Solange diese Fragen nicht beantwortet sind, wird es auch nicht möglich sein, zu einer scharfen Begriffsbestimmung der Stologonie zu gelangen, und es wird Fälle geben, denen gegenüber man in Zweifel bleibt, ob sie der Stologonie oder einer andern Form der Knospung zuzurechnen seien. Soviel aber können wir im Interesse einer systematischen Gruppierung einst- weilen zur Kennzeichnung des Stolo festhalten, daß er selbst zwar am Mutterkörper direkt entsteht, die neuen Personen dagegen nicht an diesem, sondern am Stolo, und daß der Stolo ausschließlich im Dienste der Fortpflanzung steht. 636 P. Deegener, Wenden wir dies z. B. auf die Hydrozoen an, um zu entscheiden, ob bei ihnen von einer stolonialen Knospung die Rede sein könne, so kommen wir zu einem negativen Resultate. Vergleichen wir den einfachen Stolo einer Clavellina mit den >>Rhizostolonen<< der Hydroi- den, so ergibt sich folgender Unterschied: die AVurzelausläufer der Hydroiden dienen ebenso wie die Basalfortsätze der Clavellina zum Befestigen des Tierkörpers an der Unterlage. Während aber jeder Zweig der Hydrorhiza potentiell im Stande ist, eine Hydranthen- knospe hervorzubringen, weil alle Zweige gleichen Bau haben und nichts anders sind als (im Gegensatze zu dem aufrechten Hydrocau- lus) kriechende Cönosarkröhren,- liegen die Verhältnisse bei Clavel- lina ganz anders. Hier ist nicht jeder Wurzelausläufer zur Prolife- ration fähig; vielmehr ist der Stolo von diesen verschieden, indem er erst zum Proliferationsorgan wird durch den Besitz eines den Wur- zeln fehlenden Septums (Fortsatz des Epicardialrohres oder des linken Peribranchialsackes?). Während also bei Clavellina ein echter Stolo vorliegt, entspricht die Hydrorhiza nur dem Cönosark und somit dem Mauerblatte des Polypen; die rhizale Knospung, wie ich sie nennen will, ist nur eine modifizierte laterale Knospung, von der sie nicht wesentlich verschieden ist, da bei ihr ja die Knospen auch direkt am Mutterkörper entstehen. Schwieriger erscheint die Abgrenzung der sogenannten stolofiialen Knospung der Scyphostomen und Anthozoen (Actinarien, Alcyonarien). Es ist bis zu einem gewissen Grade der Willkür anheimgegeben, ob man bei den Scyphostomen von einer Stologonie sprechen wolle oder nicht. Ob die Knospen, durch eine mehr oder minder lang ausge- zogene Basalpartie mit der Mutter verbunden, an deren Seitenwand in einiger Entfernung vom Fußpole oder als seitliche Ausläufer des Fußendes selbst erscheinen, wird als maßgebender Unterschied nicht bewertet werden können. In beiden Fällen wäre die Knospung ent- weder stolonial oder astolonial, denn die Lage allein macht den Stolo nicht zum Stolo. Wenn der sogenannte Stolo sich noch über die erste Knospe hinaus so fortsetzt, daß diese als seine Knospe und er selbst als Knospenträger erscheint, so kann doch der Stolofortsatz über den Knospenkörper hinaus wieder als Anlage einer zweiten Knospe an der Basis der ersten augesehen werden, und dann wird man nicht ge- neigt sein, von einem Stolo zu sprechen, wiewohl der Fall, der uns bei Clavellina vorliegt, ebenso gedeutet werden kann. Wir wissen bei den Scyphostomen sicher, daß die basale Knospung nur eine Mo- difikation der lateralen ist, die als fortgesetzte homogene Knospung Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 637 die Form einer Stologonie gewinnen kann; dabei erscheint dann der Htolo als ein Teil der Knospe, die Knospe nicht als ein Produkt des Stolo. Aber dies kann auch für die Stolonen der Tunicaten zutreffen und ein Unterschied ist so nicht zu gewinnen. Sagt man, der echte »Stolo weiche vom Bau des Mutterkörpers und der Knospe ab, so läßt sich auch hieraus ein befriedigendes Kri- terium nicht gewinnen: die ersten Anlagen der Knospen am »Stolo haben dessen Bau und sind trotz aller Homogeneität doch stets an- fangs von ihrer Mutter verschieden. Ich sehe einstweilen keinen an- dern Ausweg, so sehr ich ihn zu betreten zögere, als willkürlich die in Rede stehende Knospungsart der Scyphostomen entweder als Stolo- gonie oder als Astologonie einzuordnen, wobei ich niemandes persön- lichem Urteile vorgreifen will und überhaupt diesen Standpunkt nur als einen vorläufigen so oder so zu verbessernden angesehen wissen möchte. Auch in den sogenannten Stolonen der Alcyonarien vermag ich keine echten Stolonen zu erbhcken. Soweit ich auf Beschreibungen ^ gestützt diesen Prozeß >>stolonialer<< Knospung zu beurteilen vermag, erinnert er zu sehr an die rhizale Knospung der Hydrozoen, als daß hier eine wirkliche Stologonie angenommen werden zu können scheint. Ct. v. Koch (Anatomie der Clavularia prolifera n. sp. in: Morphol. Jahrb; VII. Bd. 1882) sagt (S.483): »Bei den Alcyonarien geschieht die ungeschlechtliche Fortpflanzung niemals durch Teilung oder durch direkte Knospenbildung, sondern immer indirekt durch Stolonen oder diesen homologe Bildungen.« — Ob und inwiefern diese Stolonen in Beziehungen zu den Ehizostolonen der Hydrozoen gesetzt werden können, mag der Spezialforschung zur Entscheidung anheimgegeben sein. Ich halte es für möglich, eine >> stoloniale « Knospung von der Art, wie sie bei den Alcyonarien vorliegt, als eine Modifikation der rhizalen Knospung aufzufassen. Außer bei den Tunicaten ist dann schließlich noch bei gewissen Bryozoen {Pedicellina, UrnateUa, Ascopodaria usw.) von einer Stologonie die Rede gewesen. Bei der Knospung, wie sie Seeliger (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd. XLIX. 1890) für Pedicellina beschreibt, erscheint der >) Stolo«, der am Stiele des Primärindividuums entsteht, als eine Knospe, an deren Ende sich ein zweites Individuum bildet, dessen Stiel der »Stolo« ist. Jeder neu entstehende »Stolo« wird zum Stiel eines neuen Individuums und gehört somit diesem selbst an, ist dessen 1 G. V. Koch, Die Gorgoniden des Golfes von Neapel. Fauna und Flora des Golf von Neapel. XV. 1887 S, 5 e. s. u. a. 638 P. Deegener, basaler Körperteil. Die >>Stolonen<< entsprechen also jeder durchaus dem Stiele des Primärindividuunis; und oehört der Stiel als integrie- render Bestandteil zum Körper des Individuums, so entstehen auch die Knospen (>>Stolo<< + Einzeltier) direkt am Körper der Mutter, und von einer Stologonie kann nicht wohl die Rede sein. Faßt man den >>Stolo<< als eine Knospe auf, an der erst das Zooecium durch Knospung seinerseits entstehe, so könnte der >>Stolo<< selbst als heteromorphe Person des Stockes gedeutet werden, wobei man zugunsten dieser Auffassung die Tatsache heranziehen könnte, daI3 eine, wenn auch unvollständige Abgrenzung des Stolo von dem Polypid stattfindet. In ihm einen Fortsatz des Mutterkörpers zu sehen, der nur im Inter- esse der Fortpflanzung gebildet worden sei, läßt der Vergleich mit dem Primärindividuuni nicht zu. Demzufolge will mir scheinen, als hätte man hier ebensowenig ein Recht, von einem Stolo zu sprechen, wie etwa bei der Knospung der Hydroidmeduse am Polypenstöckchen der Stiel, der die Meduse mit dem Cönosark verbindet, oder der Blastostyl, der die Medusen- knospen trägt, als Stolonen bezeichnet werden können. Wo die »Stolonen« (wie bei Urnatella gracilis Leidy) sich, serial aufeinander folgend, voneinander abgrenzen, wird man in jedem Gliede eine unvollständige Person, der das Zooecium fehlt, erblicken müssen. Ehlers (Abhandl. d. kgl. Gesellsch. d. Wiss. Göttingen, XXXVI. Bd. 1889/90) sagt (S. 11) über »Die Stolonen und ihre Glieder« u. a. fol- gendes: »Die Stolonen, an welche wie die Befestigung und Ausbrei- tung des Stockes, so auch dessen Wachstum durch Größenzunahme seiner einzelnen Teilstücke und durch ungeschlechtliche Vermehrung, Knospung, geknüpft ist, sind im allgemeinen fadenförmig und werden aus zwei ungleichen Arten von Gliedern zusammengesetzt, welche stets regelmäßig abwechselnd aufeinander folgen. In ihren jüngsten Entwicklungsstadien sind beide Arten der Form nach einander gleich, in ihrer vollendeten Ausbildung weichen sie derartig voneinander ab, daß nach den Hauptachsen, welche sich durch sie legen lassen, leicht die einfachen einachsigen Schaltglieder von den mehrachsigen kelch- tragenden zu sondern sind. Beide Formen gehen bei dem Wachstum des Stockes auseinander hervor, so daß die einachsigen je ein mehr- achsiges, die mehrachsigen aber in der Regel nicht mehr als drei ein- achsige zu erzeugen imstande sind« (vgl. Fig. 4, Taf. I, reproduziert bei K. u. H., S. ö70, Fig. 479 ß). S. 40: »Eine besondere Art von Außenknospung findet nun in dem statt, was ich als Stolonenknos- pung bezeichnen möchte. Diese Art tritt bei den stoloniferen Versuch zu einem System der Mouogouie im Tiernüehe. 639 Bryozoen und den vielgliedrigen Pedicellineen auf. Ihr Wesen beruht darin, daß aus dem Leibe eines einzelnen Bryozoon oder einer Pedi- cellinee ein Ausläufer wächst, an welchem weiterhin auf dem Wege der Knospung voll ausgebildete Einzeltiere entstehen. Diese zur Knospenbildung befähigten Ausläufer werden aber durch die Ent- wicklung von Scheidewänden entweder völlig von dem Hohlraum des Tieres, aus dem sie hervorgehen und welches sie erzeugen, abgeson- dert (Stoloniferen) oder so weit, daß nur ein beschränkter Zusammen- hang zwischen den sich in solcher Weise gliedernden Stolonen und den voll ausgebildeten Einzel tieren besteht. Diese Sonderung der Stolonen in einzelne Glieder kann man als eine besondere Art von Teilknospung bezeichnen. « Der Umstand, daß die »Stolonen« wie Knospen entstehen, macht es wahrscheinlich, daß sie primär die Natur von Personen haben, deren Zoöcium nicht mehr entwickelt wurde; und dieser Eindruck wird verstärkt durch die Tatsache, daß sich die am »Stolo<< entstan- denen Personen ebenfalls von diesen abgrenzen können, wie die >>Stolo<<- glieder gegeneinander. Die sogenannten Stolonen und Stolonenglieder wären dann nichts andres als heteromorphe Personen des Stockes, und wenn an ihnen Zoöcien entstehen, so knospen sie direkt an der Körperwand einer unvollständigen Person, die nicht wohl als ein Stolo, ein bloßer proliferierender Ausläufer des Mutterkörpers angesehen werden kann, vielmehr selbst eine von der Tochter oder von ihrer Mutter und ihrer Tochter verschiedene mütterliche Person ist. Von den Tunicaten wird noch die Kede sein. Geschieht die Knospenbildung ohne eigentlichen Stolo prolifer, so nenne ich sie Astologonie ; tritt ein echter Stolo prolifer auf, so heiße sie Stologonie. A. Die Astologonie kann eine vollständige (perfekte s. kom- plette) sein oder unvollständig (imperfekt, inkomplett) bleiben. Im letzteren Falle entstehen Kolonien, die sich von den Teiluno;skolonien auffallend unterscheiden. Ist die perfekte Astologonie homogen, so sind die Töchter bei der Ablösung von ihrer Mutter höchstens durch Größe verschie- den, sonst aber ebenso organisiert, wenn auch z. B. die Anzahl der Tentakeln bei Polypen noch geringer sein kann und erst nach dem Selbständigwerden normal wird. Bei der exogenen homogenen Knospung ragen die Töchter über die Peripherie des Mutterkörpers hinaus, bei der endogenen nicht. Die exogene Knospung kann lateral oder diffus sein. Ist sie lateral, 640 P. Deegener, SO entstehen die Knospen an der Seitenwand der Mutter und bilden Winkel mit der Längsachse des Mutterkörpers. Beispiele hierfür sind Hydra, Dipurena, Lophocalyx, Oscarella u. a. Bei den solitären Hy- dren verläuft die Knospung in der typischen Weise und zeigt deutlich die Merkmale, durch welche sich diese nionogonische Fortpflanzung von allen Arten der Teilung unterscheidet. Die Knospe besteht aus denselben Gewebsschichten wie die Mutter; indem sie als lokale Aus- stülpung der intakt bleibenden präexistenten Mutter durch für sie spezifisches Wachstum an Größe zunimmt, gewinnt sie unter Aus- bildung der Tentakeln (als peristomalen schlauchförmigen Ausstül- pungen ihrer Körperwand) und Durchbruch einer Mundöffnung in der Mitte ihrer freien Endfläche zwischen den Tentakeln die Gestalt ihrer Mutter. W^ie bei jeder Knospung sind am Aufbau des Tochter- körpers nur somatische Zellen, keine Geschlechtszellen der Mutter aktiv beteiligt. Endlich löst sich die für ein selbständiges Leben voll- kommen ausgestattete Knospe von ihrer Mutter ab, um erst im freien Zustande zu deren voller Größe heranzuwachsen, ihre Tentakeln zu vermehren und schließlich selbst wieder zur Knospenbildung zu schrei- ten. Es kommt indessen häufig vor, daß die Mutter schon eine zweite, dritte usw. Knospe entstehen läßt, bevor sich die erste Tochter ge- sondert hat, ja diese letztere kann ihrerseits schon eine Enkelknospe ausbilden, während sie noch an ihrer Mutter sitzt, und dann entstehen vorübergehend ziemlich individuenreiche kleine Stöcke, die sich aber schheßlich immer wieder unter Freiwerden der Einzeltiere auflösen. Dieselbe Form der Knospung begegnet uns auch bei Hydromedusen (vorwiegend Anthomedusen). So entstehen z. B. am Manubrium von Dipurena doUchogaster Haeckel (K. u. H., Fig. 398, S. 557) Medusen als seitliche Knospen, wobei sich die Knospenbildung nicht auf die Basis des Manubriums und das freie Mundende erstreckt. Die Töch- ter können auch hier schon Enkel knospen liefern, bevor sie sich von ihrer Mutter getrennt haben; infolgedessen entsteht dann vorüber- gehend eine kleine Medusenkolonie. Ein gewisser Unterschied der Hydrenknospung gegenüber würde sich bei der Medusenknospung in- sofern ergeben, als die Medusenknospe nur aus einem Keimblatte ihrer Mutter, dem Ectoderm, hervorgehen soll. Nach einer andern Auffassung (Braem) wäre bei den Margeliden die »Knospung« über- haupt kein ungeschlechtlicher Vorgang, da jede Knospe aus einem parthenogenetischen Ei hervorgehe. Dann müßte man hier eine Art des Lebendiggebärens annehmen, wenngleich die Töchter nicht im, sondern am Mutterkörper heranwachsen (>>Gonoblastie<<) und von ihm Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 641 ernährt werden. Weitere Untersuchungen haben diese Frage zu klären. Als laterale vollständige Knospung würde auch die bei manchen Schwämmen beobachtete Fortpflanzungsart zu bezeichnen sein. Denn da bei diesen die Knospen weder am fixierten Pole noch auch am Osculum entstehen, wird man sie als Seitenknospen auffassen müssen. Bei Polylophus philippinensis Gray (K. u. H., Fig. 327, S. 482) wölben sich die Knospen über den Mutterkörper vor und bleiben mit diesem durch einen basalen Stiel oder schließlich nur noch durch einen Na- delschopf so lange verbunden, bis sie zu vollständigen kleinen Schwäm- men mit Ectoderm, Mesenchym und Geißelkammern geworden sind, die auch schon die verschiedenen Nadelformen ihres Skelets besitzen und deren Osculum noch vor ihrer Ablösung durchbricht (F. E. Schulze Challenger Keport Zool. Vol. XXI. 1887). Auch bei Oscarella lobularis 0. Schm. beobachtete F. E. Schulze (Zool. Anz. Bd. II. S. 636) Knospung: Von der Mutter lösen sich blasenförmige Körperchen ab und setzen sich fest, nachdem sie eine Zeit lang frei im Wasser flottiert haben, um dann zu einer neuen Os- carella-Kniste zu werden. Da diese Fortpflanzungskörper schon den typischen Bau und alle Gewebe ihrer Mutter besitzen, müssen wir hier von einer homogenen Knospung sprechen, wenngleich die Knos- pen anfangs insofern von der Mutter verschieden sind, als sie tage- lang frei leben, um sich dann erst festzusetzen. Diffus mag die Form der äußeren (exogenen) Knospung genannt werden, bei welcher die Knospen an beliebigen Stellen der Peripherie des mütterlichen Körpers entstehen können. Es bedarf kaum des Hinweises darauf, daß laterale und diffuse Knospung sich nur mit Rücksicht auf die Organisation der Mutter, an der die Nachkommen entstehen, voneinander unterscheiden. Die Beschaffenheit des Mutter- körpers bedingt den Ort der Entstehung der Knospen, ohne daß eine wesentliche Verschiedenheit des Knospungsprozesses selbst vorliegt. Im Interesse der Übersichtlichkeit aber darf man die hier gewählte Un- terscheidung wenigstens vorläufig beibehalten, bis eine weitergehende Durcharbeitung des Stoffes eine andre Einteilung fordert und an die Hand gibt. Taenia echinococcus Sieb, zeigt mehrere verschiedene Formen der Knospung. Von einer diffusen exogenen homogenen vollständigen Gemmatio kann bei diesem Cestoden in demjenigen Falle die Rede sein, in welchem sich von der Mutterblase nach außen hin Tochter- blasen ablösen, um zu Stannnüttern neuer (vorübergehend bestehender) 642 P. Deegener, Kolonien zu werden. Dieselbe Knospungsform liegt bei Cysticercus longicollis von Taenia crassiccfs Rud. vor (K. u. H., S. 598). indem die exogenen Knospen diffus entstehen, der Mutterblase gleichen und sich von dieser vollständig sondern. Endogen ist die vollständige lioinogene Knospung bei Taenia coenurus v. Sieb, und zum Teil bei Taenia echinococcus Sieb. — Die endogene Gemmatio von Taenia coenurus v. Sieb., einem Bandwurm, der als Erreger der Drehkrankheit sein Finnenstadium im Gehirn oder Rückenmarke des Schafes (und andrer Wiederkäuer) durchmacht, besteht darin, daß an der Wand der bis hühnereigroßen Finnenblase zahlreiche, oft mehrere Hundert Scolices entstehen, die sich untereinander gleich verhalten und sämtlich als Töchter derselben Mutter einer Generation angehören. Fassen wir als ihre Mutter die Blase auf, so sind sie von dieser augenfällig verschieden (heteromorph). Es erscheint nun aber keineswegs berechtigt, hier die Blase allein als Mutter anzusehen und von einer heterogenen Knospung zu sprechen. Man muß vielmehr, von der einfachen (nur einen Scolex enthaltenden) Finne ausgehend, diese Finne als die Mutter aller übrigen Scolices ansehen; dann wäre die Knospung nicht als heterogene, sondern als homogene aufzufassen. Phylogenetisch gedacht, erscheint diese Auf- fassung wohl allein möglich und berechtigt: an der einfachen Finne, der Mutter, entstehen, auf deren Blase lokalisiert, neue Scolices, die der Mutter gleichen und die Blase mit ihr gemeinsam haben. Aber auch die Blasen können als Tochter- und Enkelblasen an der Blase der ursprünglichen Mutter (Finne) entstehen: dann erstreckt sich die Knospung auf mehrere Generationen und die vorübergehend beste- hende Kolonie enthält nicht nur Töchter, sondern auch Enkel der aus dem Ei hervorgegangenen Finne. So stellt sich die Knospung bei Taenia echinococcus Sieb, dar, dessen kuglige, ellipsoide, höckerige oder traubige Finne in verschiedenen Organen, vorzugsweise der Leber bei dem Menschen, Schwein, Pferd u. a. Säugern, ja bei Vögeln (Pfau) lebt, hirsekorn- bis menschenkopfgroß wird und 15 kg Gewicht er-' reichen kann. Auch dieser Knospungsvorgang wird ursprünglich eine homogene Knospung gewesen sein, ist es jedoch nicht geblieben, wes- halb er uns bei der heterogenen Knospung noch beschäftigen soll. Aber auch eine homogene Knospung ist als endogene bei T. echino- coccus Sieb, festzustellen. Sie tritt uns da entgegen, wo sich von der Mutterblase nach innen Tochterblasen völlig abschnüren, die sich wie die Mutterblase verhalten, indem sie ihrerseits endogene Blasen (En- kelblasen) entstehen lassen. Versuch zu (Mnoni System der Monogouie im Tierreiche. G43 Gegenüber der homogenen soll von einer heterogenen Knos- pung hier in allen denjenigen Fällen die Rede sein, in welchen sich die Töchter durch negative oder positive Merkmale von ihrer Mutter unterscheiden, also weniger hoch oder anders organisiert sind als diese. Die heterogene vollständige Knospung kann metabologen und ametabologen sein. Trifft ersteres zu, so wird- die Tochter infolge einer nach ihrer Ablösung stattfindenden Verwandlung ihrer Mutter schließlich gleich; die Verschiedenheit besteht jedoch noch zu der Zeit, in welcher die Sonderung von Mutter und Knospe durchgeführt wird. Innerhalb der metabologenen Knospung können wir je nach der positiven oder negativen Verschiedenheit zwischen Mutter und Tochter eine epigene und eine metagene Knospung unterscheiden. Bei der epigenen begegnen uns auf selten der Tochter nur negative Merkmale. Unter Ausbildung dieser anfangs fehlenden Bestandteile des Körpers wird die Tochter ihrer Mutter gleich. Bei der metagenen Knospung besitzt dagegen die Tochter positive Merkmale, d. h. Or- gane (oder Organelle), welche ihrer Mutter fehlen und welche die Toch- ter nachträglich verlieren muß, um ihrer Mutter gleich zu werden. Als Beispiele für die epigene Knospung wähle ich Spirochona, Haleremita, die Actinien->>Fragmentation« und Hydrozoen->>Frustula- tion«. Betrachten wir zunächst Spirochona gemmipara Stein (L., Fig. 196, S. 187), ein peritriches Ciliat, das man an den Kiemen von Gammarus findet. Neben dem eigenartigen spiraltrichterförmigen Peristom der Mutter tritt zunächst die iVnlage eines neuen Peristoms auf. Stets streng lokalisiert an derselben Stelle (links ventral) bildet die Mutter eine Vorwölbung ihres Cytoplasmakörpers, die apicalwärts empor- wächst und sich immer deutlicher abliebt, um schließlich nur noch durch einen Stiel mit der Mutter in Zusammenhang zu bleiben. Die sackförmig gewordene Anlage des Peristoms wächst in den apicalen (freien) Pol der Knospe hinein, wobei ihre anfänglich bestehende Ver- bindung mit dem mütterlichen Peristom allmählich verschwindet. Diesen Vorgängen am Cytoplasma gehen Veränderungen des Kern- apparates parallel: zuerst teilen sich die Micronuclei, dann der Macro- nucleus. Die Hälfte der Kerne wandert in die Knospe über, deren Peristomanlage sich nach außen öffnet, ohne jedoch schon die Form des mütterlichen Peristoms anzunehmen. In diesem Zustande löst sich die Knospe ab und hat zunächst keine Ähnlichkeit mit ihrer Mut- ter. Nachdem sie unter Benutzung der vorläufig zur Locomotion die- nenden Peristomwimpern einige Zeit ein freies Leben geführt hat, 644 P. Deegener, setzt sie sich am Rande einer Gafmnarus-K'ieTae fest, um heranzu- wachsen und die Gestalt ihrer Mutter anzunehmen. — Wenn auch in der Regel nur eine Knospe gebildet wird und erst nach deren Ab- lösung eine zweite, dann eine dritte usw., so kann doch bei lebhafter Proliferation die zweite Tochter schon angelegt werden, bevor sich die erste abgelöst hat. Dann haben wir eine multiple laterale Knos- pung vor uns, wie sie besser ausgebildet bei Kentrochonopsis multi- para Dofl. (L., Fig. 198, 8. 188) vorzuhegen scheint (vgl. Zool. Jahrb. Anat. X. Bd. 1897. S. 642 u. Taf. XLVII). Die epigene Knospung kommt auch bei den Metazoen vor. Ein Beispiel hierfür liefert der. Hydroidpolyp Haler emita cumulans Schau- dinn, dessen ungeschlechtliche Fortpflanzung Schaudinn (Sitzungsber. Ges. Nat.-Frde. Berlin 1894. S. 230) beobachtet und beschrieben hat. Die an der Seitenwand des Polypen entstandenen mund- und tentakellosen Knospen, die Schaudinn als Frustein auffaßt, lösen sich in diesem von dem ihrer Mutter sehr verschiedenen Zustande ab. Erst während ihres selbständigen Lebens erhalten sie an ihrem sich rüssel- artig streckenden Vorderende (Oralende) eine Mundöffnung und er- nähren sich selbständig, ohne jedoch schon die Gestalt ihrer Mutter gewonnen zu haben. Diese heteromorphen Knospen pflanzen sich nun ihrerseits wieder, bevor sie ihre definitive Gestalt erhalten haben, durch Knospen fort. Dann erst geben sie ihre lange währende Ver- schiedenheit von ihrer Mutter auf, indem sie Tentakeln ausbilden und sich festsetzen. Die sogenannte Laceration oder Fragmentation der Actinien wer- den wir dieser Knospungsart ebenfalls zurechnen müssen. Sie äußert sich darin, daß am basalen Körperrande der Mutter eine Verbreite- rung entsteht, die, den Kontakt mit der Unterlage wahrend, mehr und mehr vom Faße der Mutter abrückt und sich schließlich ganz von diesem ablöst. Die so entstandene Knospe gleicht ihrer Mutter so wenig, daß man in ihr kaum eine Actinie zu erkennen vermag, wächst aber schließlich zu einem der Mutter in allen Stücken glei- chenden Individuum heran. Bei der Beurteilung dieser Knospungsprozesse kann man in Zwei- fel sein, ob man sie überhaupt als heterogen bezeichnen könne. Wenn wir von einer Verschiedenheit zwischen Mutter und Tochter schlecht- hin sprechen, so liegt eine solche hier unzweifelhaft vorübergehend vor; aber vorübergehend von ihrer Mutter verschieden sind ja die Knospen streng genommen immer, und wäre es nur durch ihre Größe, weshalb auch der Ausdruck homogene Knospung zu viel zu sagen Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 645 scheint. Ist nur eine negative, später zum Ausgleich kommende Ver- schiedenheit bei der Tochter vorhanden, so könnte man, wie in den vorhegenden Fällen, auch von einer homogenen Knospung sprechen, indem man Mütter und Töchter im erwachsenen Zustande vergleicht. Besitzt dagegen die Tochter positive Merkmale der Mutter gegenüber, so kann an der Heterogeneität der Knospung kein Zweifel sein. Man würde also, je nachdem, in welchem Sinne man die Verschiedenheit faßt, die Fragmentation der Actinien als homogene oder vorüber- gehend heterogene Knospung ansehen können. Für den Vergleich zwischen Mutter und Tochter sehe ich nun aber den Zeitpunkt als maßgebend an, in welchem die Tochter frei wird. Ist dann die Tochter nur durch negative Merkmale von der Mutter verschieden, so kann man von einer epigenen Knospung sprechen {Halereniita usw.), besitzt die Tochter jedoch (wie bei Ephelota) der Mutter gegenüber positive Merkmale (Cilien), so kann diese Form vorübergehend heterogener (metabologener) Knospung als metagene von der epigenen unter- schieden werden. Als provisorisch organisiert möchte ich diese meta- genen Knospen nicht bezeichnen; denn provisorische Organe sind solche, welche die Jugendform secundär umgestaltet oder neu erwor- ben hat. Die Cilien der Suctorienknospen werden aber wohl mit Recht als von ciliaten Vorfahren ererbte Organelle angesehen und sind eben deshalb nicht provisorisch im Sinne der provisorischen Organe andrer secundär veränderter Jugendformen, z. B. der Insektenlarven (vgl. meine Abhandig. üb. die Metamorphose der Insekten. Leipzig und Berlin, B. G. Teubner. 1909). — Bei Halereniita könnte man di« Knospung architomisch nennen; zu der Architomie steht aber die Paratomie im Gegensatze und nicht die metagene Knospung, die der paratomischen nicht gleichgesetzt werden kann. Deshalb gebe ich den Bezeichnungen epigen und metagen und der durch sie ausge- drückten Unterscheidung der Knospungsformen den Vorzug. Das vorstehend Gesagte findet auch auf die sogenannte Frustu- lation oder Scissiparation seine Anwendung, die bei Obelien, Plumu- larien, Campanularien, Corymorphen u. a. beobachtet wurde. Die Knospe entsteht hier als ein Seitenzweig, der sich von dem Polypen- stöckchen als der Mutter unähnliche Tochter ablöst, aber nach seiner Festheftung auf einer Unterlage unter Bildung von Polypenknospen zu einer neuen, der Mutter gleichenden Kolonie auswächst. Auch hier unterscheidet sich die Knospe anfangs nur durch negative Merk- male von ihrer Mutter. Diese >>Frustulation<< ist jedenfalls nur eine Modifikation der rhizalen Knospung, indem der »Stolo<< sich früh- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 42 64:6 P. Deegener, zeitig von der Mutterkolonie trennt. Aber sie kann auch als Modi- fikation der gewöhnlichen unvollständigen Knospung angesehen wer- den, indem an Stelle der normalen Individuen (Polypen) oder der Zweigsprosse indifferente >>Stolonen<< entstehen, die als Anlagen einer neuen Hydrorhiza durch Knospung eine Tochterkolonie entstehen lassen. Die metagene Knospung, deren Eigenart oben festgestellt worden ist, findet sich bei EjjJielota gemmipara Hertw. Nach Hert- WIG (Morphol. Jahrb. Bd. I. 1876) werden gleichzeitig vier bis zwölf Knospen am freien Pol des mütterlichen Körpers gebildet. »Der hufeisenförmige Kern (Macronucleus) treibt zahlreiche sich verästelnde Knospen. Über den Enden der Kernknospen bilden sich auf der Körperoberfläche kleine Höcker, in welche die sich verlängernden Endäste des Kerns hineinwachsen. Hier biegen sich letztere huf- eisenförmig um; die an Größe zunehmenden Höcker höhlen sich auf einer Seite muldenförmig aus und bedecken sich auf derselben mit Flimmern. Dann schnürt sich zuerst der neu gebildete Kern, dem- nächst der ganze Schwärmer ab, worauf letzterer nach längerem Um- herschwimmen sich fixiert, einen Stiel ausscheidet und eine neue Ephe- lota bildet.« — Die Knospen erinnern an hypotriche Ciliaten, indem nur die eine Fläche ihres Körpers Cilien trägt. Der metabologenen Astologonie steht die ametabologene ge- genüber als eine Form der vollständigen Knospung, bei welcher Töch- ter gebildet werden, die von der Mutter zeitlebens verschieden bleiben. Dabei kann die Knospung exogen oder endogen erfolgen. Die exo- genen Knospen können ihrerseits wieder an verschiedenen Stellen des Mutterkörpers hervorsprossen, weshalb wir hier eine subterminale und eine laterale Knospung unterscheiden wollen. Für die subterminale ( >> coUaterale <<) Knospung ist Trypanosyllis ein Beispiel, weil bei diesem Wurm die Töchter ventral etwas vor dem Analende der Mutter entstehen. Daß hier übrigens nur eine Modifikation der lateralen Knospung vorliegt, deutet nicht allein die Lage der Knospen am Mutterkörper an, sondern es wird auch da- durch wahrscheinlich, daß bei verwandten Syllideen laterale Knos- pung vorkommt. Jedenfalls handelt es sich aber bei Trypanosyllis ingens Johnson, gemmipara^ und misaJciensis^ um eine eigenartige Knospungsform, welche einer terminalen analen sehr nahe kommt und deshalb hier als subterminale unterschieden werden mag. — Die 1 Vgl. JoTiNSEN, Amer. Natural. Vol. 3G. 1902. S. 302. 2 IzuKA, Annot. zool. Japon. Tokyo Vol. 5. S. 2.58. Vorsuch zu oinoni System der Monogonie im Tierreiche. 647 ventroterminalen Knospen bilden schließlich ein ganzes Bündel un- gleichaltriger divergierender Töchter (bis 50 Individuen) am Hinter- ende der Mutter. Als heterogen erweist sich diese Knospung dadurch, daß die Töchter (»Zoidc<<) im Gegensatze zu ihrer Mutter Geschlechts- tiere sind und in ihrem Bau (Kopfform, Fehlen des Darms usw.) er- heblich von dem Stammtiere abweichen; als araetabologen dadurch, daß die Töchter zeitlebens von der Mutter verschieden bleiben. Die Natur der lateralen exogen -ametabologenen Knospung lassen die Hydrozoen erkennen, deren heteromorphe Medusen frei werden. Sie lehren, daß auf dem Wege der Knospung dasselbe erzielt werden kann, wie bei der oralen Strobilation der Scyphozoen, nämlich die Ausbildung von Medusen als schwimmenden geschlecht- lichen Polypenformen, die sich von dem sessilen Polypen zwar gene- tisch ableiten lassen, in ihrem gesamten Körperbau jedoch erheblich von ihm abweichen. Dementsprechend handelt es sich in den Knospen nicht um einfache Ausstülpungen der mütterlichen Körperwand, sondern zugleich um Entwicklungsprozesse komplizierterer Art, deren Resultat die Meduse ist. Welchen Verlauf diese Entwicklung nimmt, braucht hier nicht erörtert zu werden. Wie bei der homogenen Knos- pung der Hydrozoen, bei welcher Polypen aus Polypen hervorgehen, ist die Anlage der Medusenknospe eine einfache Ausstülpung von Ento- und Ectoderm. Daß aus dieser die Meduse nicht auf demsel- ben Wege hervorgehen kann wie der Polyp, ist im Hinblick auf die weitgehende Verschiedenheit beider Tiere selbstverständlich. Die Me- duse unterscheidet sich durch die Art ihrer Fortpflanzung sowie durch ihre ganz? Lebensführung vom Polypen und besitzt demgemäß zeit- lebens eine ganz andre Organisation. Um eine endogen-ametabologene Knospung handelt es sich bei Taenia echinococcus Sieb., wenn an den selbst keine Scolices produ- zierenden Blasen Knospen in Form von scolicigenen Blasen auftreten. Letztere sind ihrer Mutter gegenüber heteromorph und bleiben es. Als vollständig ist diese Knospung deshalb aufzufassen, weil sich die hier gemeinten endogenen Knospen von ihrem Mutterboden spontan lostrennen. Erfolgt diese spontane Abtrennung nicht, werden viel- mehr die Töchter erst frei, wenn alle Blasen im Darm des definitiven Wirtes zugrunde gehen, so wird die Knospung dem Anscheine nach zu einer unvollständigen (imperfekten). In der Tat wird man, da ja die Mutterblase mit den hier gemeinten Tochterblasen zeitlebens verbun- den bleibt und keine der Blasen die Sonderung überlebt, die Knospung unvollständig nennen müssen. Wo, wie bei T. coenurus v. Sieb. 42* 648 P. Deegener, die Scolices die Lösung ihres Verbandes überleben, ist dagegen die Knospung vollständig. 2. Imperfekte Astologonie: Der bisher behandelten perfekten Astologonie steht die iniperfekte astologene Knospung gegenüber, welche zur Bildung homo- oder polymorpher Tierstöcke führt, je nach- dem, ob die Knospung homogen (Kalkschwämme, Bryozoen pr. p., Hydrozoen pr. p., Anthozoen pr. p.) oder heterogen ist (Hydrozoa pr. p., Siphonophora, Bryozoa pr. p., Botrylliden). Die heterogene ist oft mit einer homogenen unvollständigen Knospung kombiniert. Die homogene imperfekte Astologonie kann wieder exogen oder en- dogen sein. Im ersteren Falle ragen die Knospen über den Mutter- körper nach außen vor, wie z. B. bei manchen Kalkschwämmen, bei welchen dann das Resultat dieser Knospung dadurch übersichtHch bleibt, daß Concrescenzen nicht zustande kommen (K. u. H., Fig. 322, S. 476). Die seitHchen Knospen bilden mit der Längsachse der Mutter spitze Winkel und gleichen, wenn sie erwachsen sind, dieser völHg. Jede Tochter besitzt ihr eigenes Osculum und ist vom Stocke in dem Maße unabhängig, daß sie ein eigenes selbständiges Leben zu führen vermag. Der Zusammenhang zwischen den Einzeltieren dieser Kolo- nien ist also noch ein ziemlich lockerer, und der Vergleich des Einzel- tiers mit einem Organ in Beziehung zum Gesamtverbande nicht zu- lässig. Aus der verschiedenen Art ihrer Entstehung; ergeben sich zwi- sehen den Knospungs- und Teilungskolonien bemerkenswerte Unter- schiede. In den Knospungskolonien können als Komponenten (Ein- zelpersonen) neben der sich erhaltenden Mutter die Töchter und Enkel fortbestehen, während im Gegensatze hierzu bei den infolge unvoll- ständiger Teilung entstandenen Kolonien bei jeder Teilung die Mutter als solche notwendig verschwindet, also selbst nicht mehr ein Einzel- tier des Stockes repräsentiert. Dieser Unterschied in der Zusammen- setzung der Kolonien hängt natürlich notwendig mit der Verschie- denheit zwischen Teilungs- und Knospungs Vorgang zusammen. Wenn durch Knospung entstandene Kolonien existieren, denen die Stamm- mutter als Komponent fehlt, so ist hier die Mutter gestorben, nicht infolge der Vermehrung als Mitglied des kolonialen Verbandes ver- schwunden (z. B. Tunicaten). Die bekannten massigen Kolonien z. B. der Hornschwämme lassen eine Sonderung der Individuen nur noch unvollkommen oder gar nicht mehr erkennen, weil von vornherein oder erst infolge weit- gehender Concrescenzen die Verbindung zwischen den Einzelpersonen Versuch zu einem System der Äloiiogonie im Tierreiche. 649 sehr imiig ist. Die Anzahl der Oscula als maßgebend für die Anzahl der Individuen eines Stockes anzusehen, ist nicht unbedenklich und liefert ein unsicheres Kriterium. Ja, man kann zweifeln, ob es sich bei allen solchen kompakten 8chvvammkörpern überhaupt noch um eine Kolonie handle und nicht viehnehr um das Ergebnis eines nor- malen Wachstums und der Komplikation eines Individuums. Beruht die so zustande gekommene Form phylogenetisch auf ungeschlecht- licher Vermehrung, so ist deren charakteristisches Bild doch häufig in dem Grade verwischt, daß die Entstehung genügend gesonderter Einzeltiere nicht mehr zur Beobachtung kommt. Die Knospen wür- den dann von vornherein mit der Mutter in engster Verbindung bleiben und mit ihr mehr einen einheitlichen Organismus als eine Kolonie bilden. Die Knospung würde in diesem Falle als hochgradig unvoll- ständig zu bezeichnen sein. Ferner ist bei allen denjenigen Bryozoen der vorliegende Fall der Knospung gegeben, bei welchen untereinander gleiche Individuen den Stock zusammensetzen. Zwar könnte es bei einem Blick auf die Dar- stellung der Knospenentstehung, wie sie etwa Braem (Zoologica VI, 1890, Taf. VI) für CristateUa gibt, gerechtfertigt erscheinen, hier von einer endogenen Knospung zu sprechen, weil die Knospenanlage in die Leibeshöhle der Mutter hineinragt und sich zunächst nicht über die Peripherie des Mutterkörpers erhebt. Kolonien von der schließ- lichen Gestalt der Bryozoenstöcke können aber auf dem Wege rein endogener Knospung gar nicht entstanden sein, denn sonst müßten alle Individuen der Kolonie schließlich in dem Körper der gemein- samen Stammutter liegen und ineinandergeschachtelt sein, was dem tatsächlichen Verhalten keineswegs entspricht (vgl. H. Nitsche, Zeit- schr. f. wiss. Zool. XXV. Bd. Suppl. 1875. S. 343). Man könnte allerdings die verschiedenen Knospungstypen der Bryozoen, sofern sie überhaupt zu der in Rede stehenden Kategorie gehören, ihrerseits wieder unterscheiden und die Bryozoenknospung ihrem Charakter nach von der Schwamm- und Hydroidenknospung abtrennen, mit denen sie als schließlich exogene homogene unvoll- ständige Astologonie gemeinsame Züge hat. Aber eine so weit ge- hende Spezification der monogonischen Prozesse liegt nicht im Plane des vorliegenden Versuches, der nur ein grundlegendes Gerüst zu kon- struieren unternimmt. Mit heterogener vollständiger oder unvollständiger Knospung kombiniert, begegnet uns diese exogene Astologonie bei den Hydro- zoen. Natürlich ist es auch hier unter Berücksichtigung der speziellen 650 P. Deegener, rönnen, unter welchen sich diese Knospung vollziehen kann, möglich, eine weitere Einteilung vorzunehmen. So hat man je nach der Art des Wachstums bei den Kydroidstöckchen monopodiale, sympodiale und )>stoloniale<< Kiiospung unterschieden. Au Stelle der nach meiner Auffassung irreführeudeii Bezeichming >>stoloiiial« habe ich aus den obengenannten Gründen vorgeschlagen, sich zur Benennung dieser Kuospungsform des Ausdruckes rhizal zu bedienen. Monopodiale, sympodiale und rhizale Knospung sind ausgesprochen lateral; den- noch sind die durch sie bedingten Stockformen recht verschieden. Da neuerdings A. Kühn (Entwicklungsgesch. u. Verwandtschaf tsbez. der Hydrozoen. 1. Die Hydroiden. Ergebnisse u. Fortschr. d. Zool. V. J. W. Spengel. IV. Bd. LH. 1913. S. 85 e. s.) diese verschie- denen Arten der Knospung zusammenfassend dargestellt hat, kann ich hier auf seine Arbeit verweisen. Als endogene begegnet uns die homogene unvollständige Knospung bei Sphaerozoen (?) und Cestoden. Eine endogene Knos- pung dieser Art würde überall da vorliegen, w^o der Mutter gleichende Töchter, ohne sich von ihrer Mutter zu trennen, im Inneren des müt- terlichen Körpers erzeugt werden. Dies scheint unter den Protozoen den Angaben nach bei kolonialen Sphaerozoen zuzutreffen. In jugend- lichen Kolonien, bei welchen eine Kapselmembran noch nicht ent- wickelt ist, knospen rundliche Lappen aus dem kernhaltigen, dem Intracapsulum entsprechenden Bestandteile des Körpers hervor, wer- den frei und vermehren, in dem gemeinsamen Extracapsulum der Kolonie verbleibend, deren Bestand an Einzeltieren. Da das Extracapsulum einem Teile des Radiolarienkörpers entspricht, der keineswegs nur als Hülle aufgefaßt werden kann, müßten wir diese Knospung, wenn die Beobachtung und Deutung richtig ist und nicht ein anders zu deutender Fortpflanzungsmodus vorliegt, als eine innere bezeichnen. Es fragt sich nun, ob diese Knospungsform auch bei den Meta- zoen vorkommt. Als solche könnte höchstens die Entstehung von der Mutterblase gleichenden Tochterblasen im Echinococcus ange- sehen werden, sofern diese Blasen zum Teil mit der Mutterblase zeit- lebens verbunden bleiben und als Blasen niemals eine selbständige Existenz führen. Danach würde diese Bandwurmblase allein nach den bisherigen Feststellungen folgende vier Formen ungeschlecht- licher Vermehrung zeigen: 1. diffuse exogene homogene perfekte — bei der Entstehung äußerer freiwerdender, der Mutterblase gleichen- der Blasen; 2. homogene innere perfekte — bei der Entstehung der Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 651 sich nach innen ablösenden Tochterblasen; 3. dauernd heterogene (ametabologene) innere perfekte — bei der Bildung von Scolices in den Blasen; 4. innere homogene imperfekte, von der soeben die Rede war. Eine fünfte Form wird uns noch beschäftigen. Ist die unvollständige Knospung heterogen, so entstehen mindestens dimorphe, häufig polymorphe Tierstöcke (Hydrocorallina, Tubularina, Campanularina, Siphonophora, Bryozoa). Wenn bei- spielsweise die Medusenknospen der Hydroidstöckchen sich nicht mehr ablösen, sondern dauernd mit ihrer Mutter verbujiden bleiben, so ist damit ein Dimorphismus der Kolonie auch dann erreicht, wenn die medusoide Knospe infolge ihrer Sessilität die typische Medusen- gestalt in dem Maße verhert, daß sie nicht mehr oder kaum noch als Meduse kenntlich bleibt; denn die medusoide Knospe nimmt nie die Gestalt des sessilen Schwester- oder Mutterpolypen an und repräsen- tiert daher stets eine von dieser verschiedene Individuenform, die regelmäßig Trägerin der Geschlechtsprodukte bleibt. Zumeist ist die unvollständige heterogene Astologonie exogen, in seltenen Fällen aber auch endogen {Flustra, Echinococcus). Als exogene treffen wir sie bei den Hydrozoen, den polymorphen Sipho- nophoren, Bryozoen und den Botrylliden. Bei den Hydroiden pro- duziert sie sessile Medusen, die sehr verschiedene Grade der Rück- bildung gegenüber der freien Meduse zeigen und, wie wir schon sahen, den Stock stets dimorph werden lassen. Da die sessile Meduse von der Kolonie ernährt wird, kann sie alle Organe zum Nahrungserwerb ebenso rückbilden wie die Organe, welche im Dienste der Locomotion standen, also den Mund, die Tentakeln, das Velum, die Sinnesorgane. Spricht sich schon hierin ein dem Polypen gegenüber bemerkenswerter Unterschied in der Organisation aus, so bleibt auch die sessile Meduse stets Trägerin der Geschlechtszellen, also Geschlechtsperson oder Gono- phore. Der geringste Grad der Rückbildung läßt noch eine Meduse erscheinen (Kuhns »Eumedusoide«), die von der freien nur wenig verschieden ist. Von dieser aus gibt es alle Stufen der Rückbildung bis zur Entstehung einer Gonophorenknospe, welche weder Medusen- charaktere noch auch die Gestalt des Polypen zeigt und mehr den Eindruck eines Genitalorgans als einer Person des Stockes macht. So wird eine Annäherung an den einfachen Organismus vom Werte einer Einzelperson angebahnt, die wir bei den Siphonophoren zu hohem Grade gesteigert sehen. Aber schon bei den Hydroidstöckchen kann durch heterogene laterale Knospung ein Polymorphismus dadurch ent- stehen, daß die Polypen nicht nur ihnen gleichende Tochterpolypen 652 P- Deegener, hervorknospeu lassen, sondern Polypenformen von ganz andrer Ge- stalt, sei es, daß die Träger der Gonophorenknospen die Form eines nmnd- und tentakellosen Polypen (des sogen. Blastostyls) annehmen, sei es, daß abweichend gestaltete Personen als Machopolypen (Wehr- polypen) besondere Funktionen (Schutz der Kolonie, Festhalten der Beute) übernehmen und dementsprechend ihnen eigentümliche For- men gewinnen (Dactylozoide, Spiralzoide von Hydractinia). Bei den Siphonophoren führt die heterogene unvollständige Knos- pung zur Entstehung der bekannten polymorphen Kolonien, die weitgehende Ähnlichkeit mit einer reich organisierten Einzelperson haben, indem die wirklichen Einzelpersonen des Stockes unter Ar- beitsteilung und in tiefgreifender Abhängigkeit von ihrer Verbindung mit der Kolonie den morphologischen und physiologischen Wert von Organen gewonnen haben. Daß die Knospung hier eine laterale ist, lehrt schon die »Larve << mit den seitlichen Anlagen künftiger Personen, wobei freilich der Pneumatophor als terminale Anlage und später terminale Person eine Ausnahme macht. Man kann an dem Sipho- nophorenstock eine größere Anzahl verschiedener Personen unter- scheiden, welche wenigstens zum Teil wohl sicher aus Individuen her- vorgegangen sind, die teils die Form des Polypen, teils die der Meduse besaßen^. Ob auch Teile der Kolonie existieren, welche nicht von einer dieser beiden Grundformen der Cnidaria abstammen, die also, phylogenetisch betrachtet, niemals Polyp oder Meduse gewesen sind, kann hier nicht erörtert werden; sie würden dann nicht als Knospen angesehen werden können. Für den hier vorzunehmenden Vergleich des polymorphen Stockes mit dem einfachen Organismus vom Werte einer Person genügt die Tatsache, daß medusoide (und polypoide?) Personen in der Tat vorhanden sind, welche sich von der ihnen ur- sprünglich eigenen Medusen- und Polypenform Aveit genug entfernt und sich derart spezialisiert haben, daß sie wie Organe des (als Person sich darstellenden) Gemeinwesens erscheinen. Indem wir den Vergleich durchführen, wird sich der Unterschied zwischen dem Tierstock mit seinen Personen und dem einfachen Organismus als Einzelperson mit seinen Organen trotz aller Übereinstimmungen herausfinden lassen; und dieser muß erwiesen werden, weil sonst der Siphonophorenstock seiner Entstehung nach gär nicht als Produkt ungeschlechtlicher Vermehrung, sondern als Ergebnis einer Entwicklung angesehen werden müßt e und uns in diesem Falle an dieser Stelle gar nicht interessieren könnte. 1 Oder (Medusen-Theorie) wahrschemlicher genetisch auf Medusen zurück- gehen, welche die Pol^-penform schon aufgegeben hatten. Vcr«iu'b zu (Miicni Systi-m der I\ronogonii' im 'riorroiclio. 653 Das Oroaii der Person fällt physiologisch und scheinbar auch morphologisch unter denselben Begriff wie die Person des Hiphono- phorenstockes : beide stehen in engster Relation zum (Janzen, dessen Werkzeuge sie in Ausübung spezieller Funktionen sind; beide sind diesen Funktionen entspi-echend gestaltet und haben, um eine beson- dere Leistung iibernehnuui zu können, andre Leistungen andern Or- ganen (oder Personen des Stockes) überlassen müssen, d. h. die Dif- ferenzierung und die Steigerung der Leistung beruht auf einer Arbeits- teilung, wobei jedes Organ (oder jede Person) auf das andre, also jedes Organ (jede Person) im allgemeinen auf das ganze Individuum (den ganzen Stock) angewiesen ist. Wie etwa ein Fisch besondere Loco- motionsorgane, ein besonderes hydrostatisches Organ (Schwimmblase), besondere Organe im Dienste des Beuteerwerbs, Geschlechtsorgane und so weiter besitzt, so hat der Siphonophorenstock besondere Or- gane (Personen) zur Ortsbewegung in den Schwimmglocken, einen hydrostatischen Apparat in dem Pneumatophor, Personen zur Auf- nahme der Nahrung (Freßpolypen), Gonophoren als Träger männ- licher und w^eiblicher Geschlechtszellen usw. So betrachtet, würde sich also ein principieller Unterschied zwischen dem Tierstock und dem einfachen Tiere nicht ausfindig machen lassen. Der tatsächlich vorhandene Unterschied tritt allein in der genetischen Beurteilung deutlich zutage: beide sind auf verschiedenen Wegen entstanden. Berücksichtigt man indessen allein die Ontogenesis, so könnte man freilich den Arm, das Bein, das Ovar usw. eines Säugetiers etwa als heterogene Knospen ansehen und hier einen ähnlichen Bildungsprozeß annehmen wie bei der Entstehung der polymorphen Tierstöcke. Phy- logenetisch betrachtet aber stellen sich die Entstehungsformen doch ganz anders dar. Primär waren die Individuen eines Stockes der Mutter und untereinander gleich; secundär wurden sie unter Arbeits- teilung voneinander verschieden: so war die Meduse, phylogenetisch beuiiieilt, einmal Polyp, die medusoiden Personen waren ursprüng- lich einmal Medusen. Im Gegensatze hierzu war der Flügel eines Vogels niemals, stammesgeschichthch betrachtet, selbst ein Vogel, die Schwimmblase des Fisches nie ein Fisch, das Bein eines Menschen nie ein Mensch, der Stachel nie eine Biene usw., kurz das Organ war nie eine Person, wohl aber das Einzeltier des Stockes. Zu diesem Urteil über die Personen des Stockes gelangen wir übrigens nur auf Grund der vergleichenden Morphologie, die uns die wesentlichen Daten zur Konstruktion der Phylogenesis erst liefert. In letzter Linie sind also gegen den Schein doch die morphologischen 654 P. Deegener, Verhältnisse maßgebend, wenn wir in der Siphonophorenkolonie einen auf Grund heterogener unvollständiger Knospung entstandenen Per- sonenverband erblicken. Die polymorphen Kolonien der Bryozoen entstehen in ähnlicher Weise. Bei den Chilostomen treten als besondere umgebildete Indi- viduen des Stockes die sogenannten Avicularien auf, die ihren Namen wegen ihrer Ähnlichkeit mit einem Vogelkopfe erhalten haben und heterogene laterale Knospen repräsentieren. Diese Individuen haben ihrer abweichenden Form entsprechend auch eine ganz andre Auf- gabe für den Stock zu erfüllen als die den Primärindividuen gleichen- den homomorphen Personen, indem sie als muskulöse Zangen durch ihre schnappenden Bewegungen wohl der Kolonie einen gewissen Schutz gewähren, dann aber auch kleine Beutetiere und Nahrungs- körper festhalten, deren zerfallende Reste durch die Tentakeln der Polypidindividuen deren Mundöffnungen zugestrudelt werden. Daß es sich hier nicht nur um Organe, sondern um umgebildete Personen des Stockes handelt, geht daraus hervor, daß sie unter ganz ähnlichen Erscheinungen hervorknospen wie die Polypide, von denen sie phy- logenetisch ableitbar sind, zumal noch Zwischenformen zwischen beiden Individuenarten existieren (Flustra). AVenn sich der sogenannte Un- terkiefer der Avicularien stark verlängert und geißelartige Gestalt an- nimmt, entstehen die >>Vibracularien<<, die durch Vermittlung der Avicularien von den gewöhnlichen Personen abzuleiten und somit ebenfalls als Personen, nicht als bloße Organe des Stockes aufzufassen sind. Schließlich können noch als umgestaltete Individuen Personen entstehen, welche im Interesse der Arterhaltung spezialisiert sind: Gonoecien, Ooecien oder Ovicellen, in welchen die Eier entstehen oder nur eine Brutpflege genießen und welche recht verschiedene Formen annehmen können. Wie bei den Gonophoren der Hydroidstöckchen, ist auch hier bisweilen eine so weitgehende Rückbildung dieser Ooe- cien zu bemerken, daß man in Zweifel sein kann, ob sie wirklich als selbständige Personen anzusehen seien. Bei den Botryllideii entstehen mir vorübergehend dimorphe Kolo- nien, die bald zu homomorphen werden. Die sogenannten »pallealen« sind äußere laterale Knospen. Sie entstehen an dem aus dem Ei her- vorgegangenen, also geschlechtlich erzeugten Individuum (>>Oozoid<<) als Töchter, die sich von ihrer Mutter nicht nur durch die Fähig- keit geschlechtlicher Fortpflanzung, sondern auch in ihrer Organisation (wenn auch nur in geringem Maße) unterscheiden. Die Knospen sind heteromorph, die Knospung am Oozoid also heterogen. Ein » Versucli zu eineju System der Mouogonic im Tierreit'he. 655 dimorpher individuenarmer Stock existiert aber nur kurze Zeit, da die Mutter unter Degeneration zugrunde geht und die Tochter (>>Bla- stozoid«) nur wieder Blastozoide erzeugt. Diese Knospung ist dann homogen, die entstandene Kolonie homomorph. Die >>pyhHische<< Knospuug der Didenniiden und Dipk)Soniiden darf als ein freilich recht merkwürdiger Fall heterogener lateraler Knospung angesehen werden, der von der pallealen Knospung ab- leitbar erscheint. Hinsichthch der Einzelheiten dieses Vorganges ver- weise ich auf PizoN (L'evolution des Diplosomes, Arch. Zool. Exp. 4. ser. T. IV. 1905; mit Literaturverzeichnis und farbigen Tafeln). Viel seltener als die exogene ist die endogen -heterogene unvollständige Astologonie. Als solche können wir die innere Knospung von scolicigenen Blasen an scolexfreien Blasen des Echino- coccus ansehen. Heteromorph sind die scolicigenen Blasen, sofern sie im Gegensatze zu ihrer Mutterblase selbst Scolices entstehen lassen. Bleiben diese scolicigenen Blasen mit der Mutterblase verbunden, so ist die Knospuhg unvollständig; denn eine spontane Lostrennung erfolgt nicht; die Trennung ist eine gewaltsame, in deren Folge die Blasen, um die allein es sich hier handelt, zugrunde gehen und nur die Sco- lices erhalten bleiben. Dieser endogenen Knospung begegnen wir ferner bei Flustra. Hier entsteht die Ovicelle durch Einstülpung der Cystidwand ins In- nere gegen die Leibeshöhle hin (»endozooeciale Ooecien<< Levinsens). Wenn in diesem Falle das Ooecium als umgewandelte Person des Stockes aufgefaßt werden darf, eine Frage, die zu entscheiden hier nicht der Ort ist, so läge eine heterogene innere Knospung vor. B. Stologonie. Wir wenden unsre Aufmerksamkeit nuimiehr der Stologonie zu. Daß es einstweilen ohne Anwendung von Willkür kaum möglich erscheint, festzulegen, in welchen Fällen ein echter Stolo prolifer als vorhanden anerkannt werden solle, ist oben erörtert worden. Wenn man die Stolonenbildung, die Entstehung der Knospen am Stolo, Ort und Zeit der Ausbildung des proliferierenden Fortsatzes vergleichend betrachtet, gewinnt man eine Fülle von Gesichtspunkten zur Gruppierung, die noch vermehrt werden, sobald man auch phylo- genetische Erwägungen mitsprechen läßt. Im Hinblick aber auf die beiden herrschenden Formen der Monogonie im Tierreiche drängt sich dem vergleichenden Beschauer sofort die Tatsache auf, daß die Stologonie diese beiden Formen wiederholt, indem sie entweder unter dem Bilde einer Teilung (des Stolo) oder einer Knospung (am Stolo) 656 P. Deegener, verläuft. Daß der »Stolo, z. B. bei den Pyrosomen und Haipen, durch, einen typischen Teilungsprozeß in die Tochterindividuen zerfällt, hebt die Natur dieses Vorganges als Knospung nicht auf, weil der Stolo als Gesamtanlage der Nachkommen selbst den Charakter einer Knospe am Mutterkcirper besitzt und an ihm durch ein lokales, vom normalen des Muttertieres abweichendes Wachstum entstanden ist. Hier läge m()gl icherweise der Fall vor, daß eine Knospung phylogenetisch im Anschlüsse an eine Teilung entstanden sein könnte. Die Möglichkeit wenigstens wäre zuzugeben, daß sich die Vorfahren der genannten Tunicaten heterotomisch fortpflanzten, und man könnte sich wohl vor- stellen, daß aus der Heterotomie dadurch eine Stologonie wurde, daß die noch ungesonderten Anlagen der Töchter die Gestalt des Stolo mit dem Charakter einer Knospe gewannen. Aber der phylo- genetische Entwicklungsweg kann auch ein andrer gewesen sein. Wir können die in Rede stehende Art der stolonialen Knospung als divisionale Stologonie bezeichnen und sie von der gemmationalen Stologonie unterscheiden, die, wie Clavellina und Perofhora zeigen, unter dem typischen Bilde der Knospung verläuft, indem ein örtlich beschränkter, von dem normalen Stolowachstum abweichender Wachs- tumsprozeß zur Entstehung einer echten Knospe am Stolo prolifer führt. Es wird die Aufgabe der Spezialforscher bleiben müssen, Klar- heit darüber zu schaffen, in welchem genetischen Verhältnisse beide Stologonien zueinander und zu andersartigen monogonischen Pro- zessen der Tunicaten stehen. Soweit ich den hier in Frage kommen- den Stoff übersehe, läßt sich ein hinlänglich begründeter Standpunkt diesen Problemen gegenüber zur Zeit noch nicht gewinnen, um als sichere Grundlage für eine systematische Bearbeitung zu dienen. Betrachten wir die divisionale Stologonie an der Hand einiger Beispiele, so sehen wir, daß sie bei den Pyrosomen schon zu einer Zeit beginnt, in welcher die aus dem Ei entstehende Mutter selbst noch weit entfernt ist, das Ziel ihrer Entwicklung erreicht zu haben. Wenn hier (vgl. K. u. H., S. 753) schon während der Embryonalentvvicklung des Oozoids ein Stolo gebildet wird, der durch Querfurchen in vier Blastozoidanlagen zerlegt wird, so kann hier so wenig wie in andern Fällen monogonischer Fortpflanzung davon die Rede sein, daß die Knospung auf einem Wachstum über die Artgröße hinaus beruhe; denn die Mutter hat die Artgröße noch lange nicht erreicht, wenn sie zur Fortpflanzung schreitet. — Die Natur des Stolo als Knospe am Mutterkörper erscheint hier weniger deutlich, weil der Mutterkörper selbst noch auf embryonaler Entwicklungsstufe steht; aber die Ent- Versuch zu c'ineui Systt'Ui der Monogonic im Tierreiclu'. 657 stehung des Stolo, der alsbald unter dem Bilde der Teilung Blasto- zoide liefert, darf dennoch als ein Wachstunisprozeß beurteilt werden, der mit einem normalen allgemeinen Kcirperwachstum, welches das Mutterindividuuni seine definitive Größe erreichen läßt, nichts zu tun hat. Deutlich als »Stolo gekennzeichnet erscheint der prolife- rierende Fortsatz der Blastozoide, der sich als solider Auswuchs zap- fenförmig über den Mutterkörper erhebt und mit diesem verglichen als Knospe erscheint. Auch der Stolo der Blastozoide proliferiert nach dem divisionalen Typus. Die monogonische Fortpflanzung der Polychniden wird von KoR- SCHELT und Heider (S. 732) als pseudostoloniale Knospung bezeich- net, »weil das stark veränderte Hinterende mit einem Stolo vergleich- bar ist und auch die Neubildung der Individuen ähnlich wie an einem solchen vor sich geht.« — Entweder ist nun der Pseudostolo ein Stolo und die Knospung stolonial, oder er ist kein Stolo, täuscht einen sol- chen nur vor, und die Fortpflanzung ist eine Heterotomie. Es fragt sich also, ob das sogenannte Postabdomen als solches aufgefaßt und bezeichnet werden könne oder nicht. Maßgebend für dessen Beur- teilung scheint mir zu sein, ob man glauben dürfe, daß dieser Fort- satz des Hinterendes in dieser seiner Form dem Tiere jemals andre Dienste geleistet habe und ein integrierender Teil des Körpers der Mutter gewesen sei, noch bevor er die Aufgabe monogonischer Proli- feration übernommen hatte. Mir scheint zu aller sonstigen Ähnlich- keit mit der Stologonie dieses Auswachsen des Hinterendes recht deutlich aus dem Rahmen der normalen Wachstumsvorgänge heraus- zufallen, wenn man in dem >>Postabdonien<< nicht einen primären Wurzelausläufer nicht proliferierender Natur erblicken will. Immer- hin ist die Entscheidung recht schwierig, wie auch aus der zu keinem definitiven Urteil gelangenden Erörterung bei Korschelt und Heider (Lehrb. d. Entwicklungsgesch. 1. u. 2. Aufl. Allg. T., S. 736) her- vorgeht. Diese Stelle lautet: Das Postabdomen »stellt eine schlauch- förmige Verlängerung des Körpers dar, bestehend aus Ectoderm, Mesoderm und Entoderm, den Fortsetzungen der entsprechenden Körperschichten und letzteres besonders des Kiemendarms (als Epi- cardialrohr). Das sind ungefähr die gleichen Bauverhältnisse, wie sie die Stolonen andrer Tuiiicaten erkennen lassen . . . Auch bei ihnen verläuft in der Mitte des Stolo ein Entodermfortsatz, durch welchen die Leibeshöhle in einen dorsalen und ventralen Abschnitt getrennt wird, die sich dadurch voneinander auszeichnen, daß der Blutstrom in beiden ein entgegengesetzter ist . . . Allerdings ist ein Unterschied 658 P. Deegener, darin gegeben, daß im Postabdomen der Polycliniden das Herz am freien Ende dieses Körperfortsatzes gelegen ist, während es bei echten Stolonen*, wie bei denen von Clavellina und andrer sozialer Ascidien an der Basis des Stolo liegt. Ferner gelangen im Postabdomen noch Geschlechtsorgane zur Ausbildung, während die Stolonen andrer Tuni- caten keine wichtigeren Organe des mütterlichen Körpers mehr enthalten, sondern zu Fortsätzen geworden sind, die ausschließlich der ungeschlechtlichen Fortpflanzung dienen. Das Postabdomen der Polycliniden gehört also noch mehr der ganzen Organisation des müt- terlichen Körpers an, als es bei jenen eigentlichen Stolonen der Fall ist. Man hat daran gedacht, daß die »Stolonen durch ein solches Auswachsen des Körpers, Avie man es im Postabdomen der Polycli- niden vor sich hat, entstanden sein könnten. Dann hätten sich Herz und Genitalorgane allmählich aus diesem verlängerten hinte- ren Körperteil zurückgezogen und an seine Basis verlagert; dabei ist übrigens zu bemerken, daß diese Verlagerung nicht immer in gleicher Weise erfolgt wäre, denn bei den Clavellinen liegt das Herz an der Ventralseite des Epicardialrohrs, bei den Pyrosomen hingegen dorsal von dem, letzteren zu vergleichenden Endostylfort- satz . . .<< »Die genannten Unterschiede in den einzelnen Abteilungen wür- den für die Beurteilung des Vorganges kaum in Betracht kommen, nur fragt es sich, ob der Stolo wirklich durch ein derartiges Auswach- sen des ganzen Hinterendes oder nicht vielmehr knospenartig an einem beschränkteren Teil des Kiemendarmes und der Körperoberfläche entstanden ist, worauf die früher besprochenen Knospungserschei- nungen hindeuten könnten. . . . Denkbar ist es jedenfalls, daß in einem auf diesem Wege entstandenen Fortsatz des Körpers jene Organe (Herz und Geschlechtsorgane) erst nachträglich verlagert würden. Dann wäre der Weg für die Deutung des Postabdomens der Polycli- niden ein umgekehrter und es würde sich von den Stolonen andrer Tunicaten und Ascidien herleiten. Daß an ihm die Neubildung der Individuen nach Art einer Querteilung stattfindet, würde sich auch mit dieser Auffassung vereinigen lassen, denn an den echten Stolonen können die Blastozoide auf ganz ähnliche Weise entstehen. Ebenso würde das Verhalten derjenigen Polycliniden damit zu vereinigen sein, bei welchen das Postabdomen ganz besonders lang wird, sich verzweigt und wie ein Stolo an der Unterlage hinkriecht, wie es bei Circinalium der Fall sein kann. Mit Recht ist dieses letztere Verhal- ten andrerseits auch so gedeutet worden, daß es sich hierbei um eine Versuch zu einem System der Monogonic im Tierreiche. 659 besonders weitgehende, direkte Verlängerung des Körpers zur Sto- lonenbildung handele. << Ich glaube dem »Postabdomen« den Wert einer lokalen Ecres- cenz zuschreiben zu dürfen, die durch divisionalen Zerfall den Cha- rakter eines Stolo prolifer erhält. Auch Seeliger (Verh. Deutsch. Zool. Ges. 1896, S. 46) glaubt das »Postabdomen << von einem Stolo ableiten zu müssen, der durch Verlagerung des Herzens und zum Teil auch der Geschlechtsorgane nach hinten »als ein wesentlicher Teil des Ascidienkörpers und nicht mehr wie ein eigens zu Fortpflanzungszwecken entstandenes Gebilde erscheint«. Wenn dementsprechend Seeliger »die Segmentierung des Stolos« zu »einer Querteilung des Muttertieres« werden läßt, so stelle ich mich demgegenüber auf den Standpunkt, daß hier eine divi- sionale Stologonie in modifizierter Form vorliege. Daß diese vorläufige Auffassung, die sich mit dem vorliegenden schwierigen Falle ad hoc im Interesse seiner Einordnung in das System auseinanderzusetzen hat, einer begründeten Korrektur nicht unzu- gänglich sein wird, die vonseiten der Spezialforschung erwartet werden kann, mag ausdrücklich betont werden. Bei den Salpen und Dolioliden ist an der Natur des Stolo ebenso- wenig zu zweifeln wie an der divisionalen Entstehung ihrer Blasto- zoide. Der Salpenstolo entsteht ventral am hinteren Körperende. An seinem Aufbau beteiligen sich Ento-, Ecto- und Mesoderm, und seine Bildung beginnt mit einem Divertikel der Pharynxwand hinten am Endostyl schon bei dem Embryo. Von einer inneren Knospung kann hier deswegen nicht die Eede sein, weil der Stolo schließlich frei über den Körper der Mutter hinausragt und von einem besonderen Teile des Mantels umschlossen wird (K. u. H., Fig. 574, S. 777). Man kann den Stolo in der Jugend als die Anlage der Gesamtheit aller später sich ausbildenden Knospen ansehen oder selbst als Knospe, die sich dann durch Teiluno; ihrerseits vermehrt. Dabei bleibt der Zusammen- hang mit der Mutter anfangs ein inniger, und deren Gewebe liefern alle Organe der Töchter: aus dem Ectoderm geht das Hautepithel und der Cellulosemantel hervor; das im Stolo enthaltene Nervenrohr liefert das Ganglion und die Flimmergrube; vom Entodermrohre des Stolo aus entstehen Pharynx, Oesophagus, Magen und Darm usw., kurz die Anlagen, das Material für alle Organe der Töchter ist im Stolo, der es von der Mutter erhalten hat, enthalten. Die Proliferation ist sehr reich. Es entstehen zunächst unter ringförmigen Einschnü- 660 P. Deegcner, rungen des Stolo 50 — 100 hintereinander gelegene Individuen, die sämtlich ungefähr auf der gleichen Entwicklungsstufe stehen und dem distalen Ende des Stolo angehören; darauf folgt die Ausbildung einer zweiten jüngeren proximalen Knospengruppe usw. (K. u. H., Fig. 581, S. 783). Die spätere Umgruppierung der Knospen oder Blastozoide ist für den Charakter des Knospungsvorganges ohne Be- deutung und interessiert uns deshalb an dieser Stelle nicht; natürlich ist sie für die definitive Form der entstehenden Salpenkette von be- stimmendem Einfluß. Die Einzeltiere der Kette bleiben vorläufig durch Verbindungsstränge miteinander in Zusammenhang und diese repräsentieren jetzt den Stolo im Gegensatze zu den Personen der Kolonie, während in dem jungen Stolo die Knospenanlagen noch mit- enthalten waren und in keinem morphologischen Gegensatze zu ihm standen. Bei den Salpen würde man also einen typischen, nur der Proliferation dienenden Stolo vor sich haben. Solange sich dieser Stolo erhält, liegt noch eine unvollständige Knospung vor, die sogar dem äußeren Anscheine nach unvollständig bleibt, da die Salpenkette sich als solche erhält. In Wirklichkeit ist jedoch die stoloniale Knospung hier eine vollständige, denn die Verbindungsstränge zwischen den Personen verschwinden, und diese werden daher insofern frei, als sich ihr primärer Zusammenhang miteinander und mit der Mutter löst. Die Verbindung zwischen den Blastozoiden wird aber secundär wiederhergestellt durch Ausstülpungen (Haftpapillen) der Körper- wand jedes Individuums, die sich mit denen benachbarter Individuen vereinigen. So entsteht die definitive Kolonie durch Concrescenz und nicht durch unvollständige Knospung (K. u. H., Fig. 598 B, S. 891). Übrigens ist der Zusammenhalt in der Salpenkette nicht so fest, daß sich nicht einzelne Individuen abtrennen und solitär leben könnten. — Als dauernd heterogen (ametabologen) erweist sich hier die Stologonie dadurch, daß die Mutter (Oozoid) von den Kettensal- pen in ihrer Organisation und in der Art ihrer Fortpflanzung verschie- den bleibt (Generationswechsel). Unter den Begriff der vollständigen divisionalen Stologonie fällt auch die ungeschlechtliche Fortpflanzung der Dolioliden. Die Knospen lösen sich vom ventralen Stolo ab, und wenn sie auch zu dem sogenannten Dorsalstolo wandern und zum Teil mit diesem dauernd verbunden bleiben, so ist doch diese Verbindung erst eine nachträg- liche, nicht durch vollständige Knospung bedingte. Die Knospen sind nicht nur von der Mutter, sondern auch untereinander verschie- den, und wenn die Knospung unvollständig wäre, würde eine poly- Versii ch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 661 morphe Kolonie entstehen. Wir haben es demnach hier mit einer heterogenen Knospung zu tun, welche unter sich verschiedene Indi- viduen entstehen läßt, die jedoch frei werden. Man könnte diese Art der divisionalen Stologonie als polyheterogene bezeichnen im Gegen- satze zu der monoheterogenen, die nur von der Mutter verschiedene, aber untereinander gleiche Töchter hervorbringt. Bleibt die mono- heterogene Knospung unvollständig, so entstehen dimorphe Tier- stöcke, bleibt die polyheterogene unvollständig, so treten als ihre Folge polymorphe Tierstöcke auf. — Die polyheterogene vollständige Knospung der Dolioliden zeigt, kurz zusammengefaßt, folgende merk- würdigen Erscheinungen: Schon bei der geschwänzten Larve von Doliolum (dem Oozoid) entsteht der eigentliche echte Stolo an der Ventralseite des Körpers, während der »Dorsalstolo«, dem dieser Name als nicht proliferieren- dem Körperfortsatze nicht zukommt, am Kücken der Larve auftritt. An dem aus acht zelligen Strängen (dem unpaaren dorsalen Mesoderm- strang, dem unpaaren ventralen Herzstrang, den paarigen Pharyn- gealsträngen, den vorderen und hinteren Cloakensträngen) bestehenden außen vom Ectoderm überzogenen Ventralstolo, dessen Stränge die Anlagen für die Knospen liefern, entstehen diese, indem sich durch Ringfurchen vier bis fünf und später mehr Töchter voneinander son- dern, welche in ihrem Bau mit dem Stolo, als dessen Teile sie er- scheinen, übereinstimmen. Diese Knospen lösen sich am distalen Stoloende ab, und basal entstehen am Stolo immer neue Teilstücke. Die Knospung erweist sich somit als vollständige. Die abgelösten Knospen verlassen aber den Mutterkörper nicht, sondern schicken sich zu einer sehr eigenartigen Wanderung an, deren Ziel der »Dorsal- stolo<< ist. Die Wanderun«; kommt durch Vermittelung amöboider Zellen (Korotnefps Phorocyten) zustande, welche von der Ecto- dermscheide des Stolo prolifer (Ventralstolo) herstammen und von denen gewöhnlich jeder Knospe drei bis vier zugeteilt werden. Am Dorsalstolo angelangt, setzen sich die Knospen, die inzwischen noch während ihrer Wanderung eine Vermehrung durch vollständige Hemi- tomie erfahren haben, an diesem fest und teilen sich auch noch in seinem Bereiche weiter; aber es entstehen keine Knospen am Dorsal- stolo selbst und aus dessen Geweben. Dieser ist somit kein prolife- rierender Körperteil und besteht auch im Gegensatze zu dem echten Stolo als hohle langgestreckte hintere Ausstülpung der Körperwand nur aus der Epithelschicht mit Mantelcuticula und Bindegewebe; ihn durchziehen ein rechter und linker mit der Leibeshöhle der Mutter Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. CXIII. Bd. 43 662 P. Deegener, kommunizierender Hohlraum (Blutgefäße). Seine Bestimmung ist, die Knospen, die er nicht produziert hat, zu ernähren. Diese entwik- keln sich verschieden. Es entstehen 1. die Laterälblastozoide als löffelförmige, kurzstielige, mit wohl entwickeltem Darmkanal ausge- stattete Individuen, welche die andern Blastozoide und die Mutter (deren Darm und Pharyngealapparat schwinden) ernähren und für sie atmen (>>Gastrozoide<<). Sie pflanzen sich nicht fort und bleiben dauernd mit dem Dorsalstolo verbunden. 2. Die Medianblastozoide mit der Organisation der Geschlechtstiere und der jungen Stamm- mutter (Oozoid) und von tonnenförmiger Körpergestalt, jedoch ohne Genitalorgane. Mit einem ventralen hinteren Stiele sitzen sie zunächst am Dorsalstolo fest und behalten den Stiel, nachdem sie frei geworden sind. — Als dritte Form treten an dem Stiele der letztgenannten In- dividuen ( »Pflegetiere <<, »Phorozoide <<) Knospen auf, welche die Ge- schlechtstiere liefern. 4. Die »Protogonozoide«, aus AVanderknospen entstandene Individuen, die im embryonalen oder larvalen Zustande verharren und, dem Dorsalstolo der Mutter oder dem Ventralfort- satze der Phorozoide aufsitzend, durch Knospung Geschlechtstiere entstehen lassen. Diese letzteren ( >> Gonozoide <<) gleichen den Phoro- zoiden in ihrer Organisation, leben wie diese frei, haben tönnchen- förmige Körpergestalt und pflanzen sich geschlechtlich fort, werden also zu Eltern der Oozoide (Grobben, Uljanin, Neumann). 2. Die gemmationale Stologonie begegnet uns bei den Cla- velliniden und Perophoriden. Wie der proliferierende Stolo sich von den verankernden Wurzelausläufern unterscheidet, wurde schon er- örtert. Dieser Unterschied ist festzuhalten, weil sonst überall da von einer Stologonie die Rede sein könnte, wo Ausläufer am Mutterkörper auftreten, welche Knospen hervorbringen oder selbst Teile von Knos- penanlagen sind. Daß die in Rede stehende Knospungsform als gemmationale be- nannt wird, bedarf des Berechtigungsnachweises kaum; denn hier teilt sich der Stolo nicht, er wird nicht in eine Anzahl von Töchtern zerlegt, sondern bleibt selbst intakt, indem an örtlich ganz beschränk- ten Stellen seiner Wand Knospen hervorsprossen auf Grund eines von dem normalen des - Stolo abweichenden Wachstumsvorganges. Die Entstehung der Blastozoide am Stolo ist durchaus nur als Knos- pung zu beurteilen. III. Menontogonie. Den bisher besprochenen Formen der Mono- gonie gegenüber bleiben noch gewisse, in ihrem Vorkommen be- Versuch zu cüiem System der Monogonie im Tierreiche. G63 schränkte Arten ungeschlechtlicher Fortpflanzung zu berücksich- tigen, die man wohl am besten als gesonderte Formen monogonischen Geschehens von der Knospung und der Teilung abtrennen wird, wenn auch Beziehungen bestehen, die uns instandsetzen, diese Vorgänge teils als Knospung, teils als Teilung zu erklären. Es handelt sich um die Entstehung von Dauerkörpern, die für die Spongilliden als Gem- mulae, die Bryozoen als Statoblasten und Hibernacula, die Scypho- stomen als »Statoblasten« bekannt sind. Von einer zu ihrer Entste- hung führenden Teilung des Mutterkörpers in dem hier festgehaltenen Sinne könnte höchstens bei den Scyphostomen die Rede sein; und wenn man die übrigen ungeschlechtlich erzeugten Dauerkörper als Knospen bezeichnen wollte, so würde es sich um besondere Dauerknospen han- deln, die in recht verschiedener Weise entstehen. Diese Fortpflan- zungskörper überdauern als solche oft die Mutter und werden in ge- wissen Fällen erst nach dem Absterben des Körpers, der sie erzeugt hat, frei. Als Dauerkeime vollenden sie erst nach Ablauf einer Euhe- periode, die das aktive Leben der Individuen unterbricht oder doch stark herabsetzt, die Entwicklung zu einem der Mutter gleichenden Organismus und sind zu ihrem Schutze während ihrer Latenzperiode mit besonderen Hüllen ausgestattet, die noch Nebenfunktionen über- nehmen können. Darin liegt die Charakteristik der Dauerkörper mit ihren sie von der gewöhnlichen Teilung und Knospung unterschei- denden gemeinsamen Merkmalen. Einem Vorschlage meines ver- ehrten Lehrers F. E. Schulze folgend, werde ich diese Fortpflanzungs- körper, die ihr Analogon bei der geschlechtlichen Fortpflanzung in den Dauer- oder Latenzeiern finden, unter dem gemeinsamen Namen Menonten zusammenfassen und ihre Entstehung Menontogenesis, ihre Erzeugung Menontogonie nennen. Die Entstehung der Gemmulae der Spongilhden als endogener Vorgang ist wie auch die Statoblastogonie der Phylactolaemata all- gemein bekannt und so augenfällig von der Divisio und Gemmatio verschieden, daß auch nach dieser Richtung hin eine Beschreibung und aus dieser sich ergebende Begründung, weshalb sie hier als be- sondere Arten der Monogonie aufgefaßt werden, überflüssig erscheint. Es gibt aber noch andre Arten der Entstehung von Dauerkeimen (Latenzknospen, Menonten), die sich im Gegensatze zu den Subitan- knospen nicht im unmittelbaren Anschluß an ihre Entstehung bis zu ihrem Endziele entwickeln und die wir zunächst vergleichend be- trachten müssen, um die für den hier verfolgten Zweck gewünschten Kriterien zu gewinnen. 43* 664: P- Deegener, Beginnen wir mit den Poriferen, so stellt sich heraus, daß die Menonten keineswegs auf die Spongilliden beschränkt sein dürften. AVenigstens fanden Ijima (Studies on the Hexactinellida. Journ. Coli. Sc. Tokyo. Vol. XV and XVIII. 1901 and 1903) und F. E. Schulze (Hexactinellida, Wiss. Ergebn. Deutsche Tiefsee-Exped. IV. Bd. 1904) im Parenchym von Hexactinelliden Körper, welche gleich dem Inhalte der reifen Gemmulae aus wahrscheinlich als Ar- chäocyten zu deutenden Zellen bestehen und deren Eigenschaft als monogonische Fortpflanzungskörper sich auf Grund ihres Verhaltens dem Beobachter aufdrängt. Diese von F. E. Schulze sogenannten Sorite können einerseits den Gemmulae, anderseits ähnlichen Körpern andrer Schwämme verglichen werden. Solange indessen die wahre Natur dieser Fortpflanzungskörper nicht völhg klar erwiesen ist, wird ihre Zuzählung zu den Menonten auch nur mit Vorbehalt ausgespro- chen werden dürfen, und man wird vorläufig mit seinem Urteile darüber zurückhalten müssen, wie sie sich in das System einfügen werden. Als echte Menonten erweisen sich die Gemmulae, die nicht nur bei den Spongilliden auftreten und den Winter oder die Trockenzeit überdauern, sondern auch bei marinen Monactinelliden {Suherites, Ficulina) beobachtet worden sind (Topsent, Sur les gemmules de quelques Silicisponges marins. C. E. Ac. Sc. T. CVI. 1888. — Cotte, Observatious sur les gemmules de Suherites domuncula. C. R. Soc. Biol. Paris. T. LIV. 1902. — Lundbeck, Porifera. Danish Ingolf- Exp. Kopenhagen. Vol. VI. 1902, u. a.), bei welchen ihr ganzes Verhalten darauf hindeutet, daß sie den Gemmulae gleichzusetzen sind. Der Charakter der Gemmulae als Dauerknospen spricht sich morpho- logisch in ihrer reichen Ausstattung mit Nährmaterial (Reservenah- rung, Dotter) und in den verschieden gestalteten Schutzhüllen aus, welche den zelligen Inhalt umschließen. Ihr weiteres Verhalten bei den Spongilliden läßt jeden Zweifel schwinden, daß es sich in den Gemmulae um Menonten handele. Da sie in ihrer Form und der Art ihrer Entstehung von andern Menonten stark abweichen, sei ihre Aus- bildung als Gemmulatio andren Arten der Menontogonie gegenüber- gestellt. Menonten wurden ferner von Herouard (Existences de Stato- blastes chez le scyphistome. C. R. Acad. Paris. T. CXLV. 1907. — Sur les cycles evolutivs d'un scyphistome. Ebenda. Febr. 1909) bei einem Scyphostoma beobachtet und als Statoblasten bezeichnet. Wenn nach seiner Beschreibung die Dauerkörper nacheinander als Erhe- bungen an der Basis des Polypen entstehen, die sich durch eine Ring- Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 665 furche schließlich völlig von ihrer Mutter abschnüren und mit einer chitinösen Hülle umgeben werden, um dann in der Form einer Bla- stula eine Latenzperiode zu durchlaufen und schließlich einen der Mutter gleichenden Polypen zu liefern, so sind diese Fortpflanzungs- körper zwar als Menonten zu beurteilen, aber sie bleiben von den Stato- blasten der Bryozoen sehr deutlich unterschieden und sind auch nicht wie diese endogene Menonten, können daher auch mit diesen den Namen nicht teilen. Falls ihr Entdecker keinen passenderen Namen für sie wählt, schlage ich vor, sie Menomeren, ihre Entstehung Me- nomerogenesis, ihre Erzeugung Menomerogonie zu nennen. Über die Bedeutung dieser Menomeren sagt Herouard in seiner zitierten ersten Mitteilung S. 603: >>Si l'on compare ces productions avec Celles qui, dans le regne animal, semblent presenter avec elles quelque analogie, on est amene ä penser que ce sont des bourgeons destines a permettre ä l'espece de franchir une periode critique ä l'abri des influences nefastes; mais, contrairement ä ce que se passe d'ordi- naire la formation des statoblastes a lieu ici, non pas ä la fin du cycle vital de l'individu, mais avant qu'il ait revetu sa forme adulte; ces statoblastes sont donc destines ä assurer la conservation de la forme larvaire. << Die von van Beneden entdeckten Winterknospen (Hiberna- cula) der Bryozoen (Paludicella) stellen sich nach Kraepelin (Die deutschen Süßwasserbryozoen, Hamburg 1887, S. 76) »lediglich als Modifikationen der gewöhnlichen Außenknospen dar. Letztere neh- men im Herbst und unter besonderen Umständen auch schon früher eine von der gewöhnlichen, gestreckt keulenförmigen Gestalt abwei- chende Form an, sind bald bauchig eUipsoidisch, bald ganz unregel- mäßig, bleiben auf einer bestimmten Stufe des Wachstums stehen und umgeben sich mit einer starren hellgelben . . . Cuticula, die durch ihren großen Gehalt an Kalkkörperchen ausgezeichnet ist. Während- dem schwendet der Inhalt aus allen erwachsenen Köhren, ja diese selbst gehen zum großen Teil zugrunde, so daß schließlich fast nur noch jene Winterknospen übrig sind, die teils der Unterlage fest auf- liegen, teils aber auch an den aufrechten Zweigen, soweit diese nicht zerstört sind, frei in das Wasser hineinragen. Im nächsten Frühjahr zerplatzt die harte Chitinbekleidung der Winterknospe in zwei Hälf- ten, aus deren Spalt das junge Individuum direkt- hervorwächst . . . Ähnliche Gebilde finden sich auch bei Victorella und Potts iella Kraepelin. Aus dieser Darstellung geht zur Genüge hervor, daß die Hiber- nacula Menonten sind, deren Eigenart uns berechtigt, die Art ihrer G66 P. Deegener, Entstehung als exogene Mcnontogonie und im Gegensatze zu der eben- falls exogenen Menomerogonie der Scyphostomen als Hibeniaculatio zu bezeichnen, indem wir den vorhandenen und eingebürgerten Namen l)eibehalten. Wesenberg-Lund beschreibt füi' Lofliopus (liiologiske Studier over Ferskvandsbryozoer. Vid. Meddel. Nat. For. Kjöbenhavn (5). 8. Aarg. 1896) Fortpflanzungskorper, welche unzweifelhaft Dauerzu- stände sind. Aber die 1. c. im französischen Resunie gegebenen Daten reichen nicht aus, um sie mit Hücksicht auf ihre Entstehungsweise dem Entwürfe des hier versuchten Systems mit einiger Sicherheit einzuordnen. Die Statoblasten Allmans sind nur für die Phylactolaemata be- kannt. Bei aller verschiedenen Form, welche diese Fortpflanzungs- körper besitzen können, erscheinen sie doch untereinander so ähn- lich, daß sie unzweifelhaft nur verschiedene Arten desselben Typus sind. Da sie im Inneren des Mutterkörpers unter Beteiligung des Ectoderms und des Mesoderms des Funiculus entstehen, werden wir sie wie die Genmmlae als endogene Menonten bezeichnen müssen, die sich jedoch durch die Art ihrer Entstehung und ihres Aufbaues von den Gemmulae als besondere Art endogener Menonten unterscheiden. Wie die Gemmulae überdauern sie das Absterben des Mutterkörpers und sind als echte Dauerkörper mit einer resistenten Hülle aus- gestattet. Falls sich übrigens die Statoblasten als aus parthenogenetischen Wintereiern hervorgegangen erweisen sollten, wofür Verworn (Beiträge z. Kenntn. d. Süßwasserbryozocn, Zeitschr. f. wiss. Zool. XL VI. Bd. 1888. S. 119 e.s.) und Rabito (Ricerche intorno alla formazione degli statoblasti nei Briozoi d'acqua dolce. Natural. Sicil (2) Anno 2. 1898) eingetreten sind, würden sie natürlich ganz aus der vorliegen- den Betrachtung herausfallen. Solange aber die wohl mit Recht herrschende und zuletzt wieder von v. Buddenbrook (Zeitschr. f. wiss. Zool. Bd XCVI. 1910. S. 477) begründete Auffassung sie als unge- schlechtliche Fortpflanzungskorper anerkennt, wird ihnen ihre Stellung in unserm System angewiesen werden müssen. Die Menontogonie, die sie hervorbringt, würde gleich der Gemmulation als endogene und im Gegensatze zu dieser als Statoblastogonie zu bezeichnen sein. Wenn sich mit Sicherheit nachweisen ließe, daß die Redien und Cercarien der Trematoden nicht aus parthenogenetischen Eiern, son- dern auf ungeschlechtlichem Wege entstehen i, so hätten wir darin 1 Vgl. Seeligek, Verh. Deutsch. Zool. Ges. 1890. Ö. 20. Versuch zu cijicm System der Monogonie im Tierreiche. 667 eine für die Metazoen besondere Form der Monogonie vor uns, ganz der analog, die nach K. Hertwig (Sitzgsber. Ges. Morph. Physiol. München. Bd. XV. 1899) und Hartmann (Unters, üb. den Gene- rationswechsel der Dicyemiden. Acad. roy. Belg. (4). T. I. 19G6) bei den Dicyemiden vorläge. 11. Hertwig (1. c.) äußert sich darüber (8. 150) so: »In der Entodermzelle von Dicyema entstehen Fortpflanzungs- zellen, welche in manchen Fällen direkt, in andern Fällen wahrschein- lich nach vorausgegangener Befruchtung junge Tiere liefern. Erstere Fortpflanzung dient zur Autoinfektion (Infektion des eigenen Wirtes), letztere (vielleicht durch ungünstige Ernährungsbedingungen hervor- gerufen) tritt wahrscheinlich ein, wenn die Parasiten auf neue Wirte übertragen werden sollen. Die erstere Fortpflanzung wird vollkom- men willkürlich »Parthenogenesis« genannt, da das Kriterium der Parthenogenesis (Rückbildung der Befruchtung) nicht erwiesen ist; sie entspricht offenbar der sogenannten ungeschlechtlichen Fortpflan- zung der Protozoen.« Demgegenüber könnte man sich auf den Standpunkt stellen, daß die Annahme, es handle sich hier um Monogonie, ebenso willkürlich sei, da nicht erwiesen ist, daß eine Rückbildung der Befruchtung nicht vorliegen könne. KoRSCHELT und Heider (Lehrb. d. Entw. Allg. T.) nehmen zu dieser Frage (S. 868) mit folgenden Aborten Stellung: »Für die Auf- fassung dieses Zeugungskreises ist es vor allem von Bedeutung, ob die agametischen Keimzellen ihren Charakter als solche von vorn- herein besaßen oder ihn erst angenommen haben, d. h. in letzter In- stanz als parthenogenetische Eier anzusehen sind, die dann anschei- nend eine starke Modifikation erfahren hätten. Die neueren Autoren, voran M. Hartmann, stellen sich auf den ersteren Standpunkt, und R. Hertwig verglich die Fortpflanzung durch Agameten der unge- schlechtlichen Fortpflanzung der Protozoen, wie dies auch von selten Hartmanns auf Grund seiner genaueren Kenntnis der Dicyemiden geschah. Doch ist dabei zu bedenken, daß es sich dort um einzellige, hier aber um mehrzelhge Tiere handelt und infolgedessen auch bei den Agametocyten der Gegensatz zu dem ganzen mehrzelligen Kör- per bestehen bleibt und sie einander nahe bringt. In beiden Fällen handelt es sich um einzellige Fortpflanzungskörper, für welche die Vermutung, daß sie in enger Beziehung zueinander stehen möchten, trotz alledem vieles für sich hat.« Da zu dieser Frage nur auf Grund weiterer Untersuchungen Stel- 668 P. Deegener, lung genommen werden zu können scheint, und die Möglichkeit zu- gegeben werden muß, daß die hier vorliegende Fortpflanzung ohne Befruchtung! auch eine secundäre sein könne, die Entwicklung des Individuums also von einer unbefruchteten Geschlechtszelle ausgehe, sehe ich davon ab, diesen noch zweifelhaften Prozeß monogonischer Fortpflanzung im Zusammenhange mit unzweifelhaft ungeschlecht- lichen Vorgängen zu berücksichtigen. Im folgenden gebe ich eine orientierende kurze Übersicht über das System der Monogonie, soweit es im vorstehenden begründet worden ist. Monogonie. I. Divisio: Die Propagationsindividuen entstehen nicht durch für sie spezifisches lokales Wachstum am Mutterkörper. S. 599. A. Homotomie: Teilstücke nach Ablauf des vollständigen oder unvollständigen Teilungsprozesses untereinander gleich. Bei serialer Polytomie Keihenfolge der Töchter anders als bei serialer Heterotomie. S. 605. 1. Hemitomie: Gleichhälftige Zweiteilung. S. 606. a. holoto mische: vollständige Trennung beider Töch- ter. S. 606. a. prototomische: Teilungsebene ohne bestimmbare Lage (-4 moe6a 'polypodia, Acanthocystis aculeata) S. 607. ß. plagio tomische: Querteilung {Paramaecium, Pro- tohijdra, Gonactinia, Lumhriculus) »S. 608. y. katatomische: Längsteilung (Flagellata pr. p. Po- lypodium, Hydra, Seesterne zum Teil) S. 611. d. loxoto mische: Schrägteilung. S. 612. plagioloxotomische: modifizierte Querteilung {Stentor, manche Suctorien) S. 612. kataloxotomische: modifizierte Längsteilung (Ce- ratium hirudinella) S. 612. 1 Härtmann (Biol. Ccntralbl. 24. Bd. 1904) neimt clicsc Fortpflanzung Agamogonie und rechnet sie gleich der Gamogonie (Fortpflanzung durch Gameten, zu der auch die Parthenogenese gehört) der Cytogonie zu, die er in Gegensatz zur vegetativen Propagation stellt. Da diese letztere der Monogonie in der vorüegen- den Abhandlung entspricht, würde die Agamogonie Hartmanns nicht der Mono- gonie zuzuzählen sein. (Vgl. Hartmanns Tabelle 1. c. S. 27.) Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 669 b. merotomische: die beiden Teilstücke bleiben ver- bunden. S. 612. a. prototo mische vgl. oben {Polycyttaria) S. 613. ß. katatomische vgl. oben {Synura, Volvox, Carche- sium, Ophrydium, Zoothamnium. Maeandrinen) S. 614. y. loxoto mische vgl. oben {Ceratium vultur) S. 616. 2. Polytomie: 2 . x Töchter im Verbände des mütterlichen Körpers. Bei serialer Polytomie Reihenfolge der Töchter anders als bei der serialen Heterotomie. S. 617. a. successive: Teilungen erfolgen nacheinander. S. 617. a. inseriale: Töchter ohne gemeinsame Achse (Thalassi- collen, Tripyleen) S. 617. ß. seriale: Töchter mit gemeinsamer Längsachse S. 618. architomische (Architomie) : vor der Trennung keine Neuproduktion der Körperteile, die durch die Teilung verloren gehen müssen (Ctenodrilus) S. 619. par atomische (Paratomie): vor der Trennung Neu- produktion der Körperteile, die durch die Teilung verloren gehen müssen {Stenostoma, Microstoma) 8. 619. b. simultane s. conitomische (Conitomie): Zerfall der Mutter simultan S. 620. a. homogene Conitomie: Töchter der Mutter gleich, nur durch Größe, nicht durch spezifische Organisation von ihr verschieden oder überhaupt von andrer Orga- nisation {Plasmodium vivax, Eimeria schuhenji) S. 620. ß. heterogene Conitomie: Töchter von ihrer Mutter wenigstens anfangs wesentlich verschieden. S. 621. metabologene: Töchter anfangs (nach der Tren- nung) von ihrer Mutter verschieden, später ihr gleich werdend (Radiolaria pr. p.?) S. 622. ametabologene: Töchter dauernd von ihrer Mutter verschieden {Polystomella u. a.) S. 621. B. Heterotomie: Teilstücke nach ihrer Sonderung nicht unter- einander gleich, mindestens auffallende Größenunterschiede. Bei serialer Heterotomie Reihenfolge der Töchter anders als bei serialer Polytomie. S. 622. 1. homogene: höchstens Größenunterschiede der Töchter. a. diffuse: Plasmotomie [Myxidium lieberkühni) 8. 623. b. plagiotomische: (Nais, Gonactinia) S. 624. 670 P. Deegencr, 2. heterogene: nicht nur Größenunterschiede der Töchter. S. 626. a. metabülogene: Töchter vorübergehend voneinander verschieden. tS. 626. a. epigene: kleinere Töchter bei der Trennung von der größeren Tochter durch negative Merkmale verschie- den, später alle untereinander gleich {Hypolytus, Acanthocijstis). iS. 626. ß. me tagen e: kleinere Teilstücke durch positive Merk- male vom größeren Teilstücke verschieden, später vmtereinander gleich. S. 627. exoto mische : ein Teilstück von anderen nicht um- faßt {Sphaerophrya fusiUa, AcantJwcystis) S. 628. endoto mische: ein Teilstück umfaßt das andre. S. 628. digene: zwei Teilstücke {Tocoplirya quadripar- tita) S. 628. polygene: mehr als zwei Teilstücke [Ophryo- dendroti) S. 629. b. ametabologene: Teilstücke zeitlebens verschieden. 8.629. a. orale Strobilation: Teilungsebenen dem oralen Ende näher gelegen. »S. 629. monodiske Strobilation: nur zwei Töchter (Scy- phostomen) Ö. 630. polydiske Strobilation: mehr als. zwei Töchter (Scyphostomen) S. 630. ß. aborale Strobilation: Teilungsebenen dem abo- ralen Körperende näher gelegen {Autolytus, Myria- nida) S. 633. II. Gemmatio: Die Töchter entstehen am intakt bleibenden Mutter- körper als Knospen durch ein für sie spezifisches lokales Wachs- tum. S. 635. A. Astologonie: Kein Stolo prolifer als besonderer nach Art einer Knospe entstandener, im Dienste der Proliferation stehender Fortsatz des Mutterkörpers. S. 639. 1. perfekte: Trennung der Töchter von der IVIutter S. 639. a. homogene: Töchter unmittelbar nach ihrer Ablösung von der Mutter höchstens durch Größe verschieden, sonst ebenso organisiert, wenn auch z. B. die Anzahl der Ten- takeln bei Polypen anfangs geringer sein kann. S. 639. Vorsucli zu ciiK'in Syslciii der ]\l()jU)goiii(- im Ticrn-iclic. 071 a. exogene : Töchter ragen nach außen in)cr denMutter- korper liervor. S. 639. laterale: Knospen an der Seitenwand des Mutter- körpers {Hydra, Difurena, Lophoealyx, Oscarella). S. 639. diffuse: Knospen ohne Beschränkung auf die Seiten- wand, an beliebigenStellen der Peripherie der Mutter. {Taenia echinococcus) . S. 641. ß. endogene: Töchter im Mutterkörper [Taenia coenu- rus, Taenia echinococcus.) S. 642. b. heterogene: Töchter durch positive oder negative Merkmale von ihrer Mutter verschieden, weniger hoch oder anders organisiert als diese. S. 643. a. metabologene: Tochter nach der Trennung ihrer Mutter schließlich gleich werdend. S. 643. epigene: Tochter durch negative Merkmale von ihrer Mutter verschieden ( Spirochona, Haleremita, Actinienfragmentation, Hydrozoenfrustulation.) S. 643. nietagene: Knospe durch positive Merkmale von der Mutter verschieden. {Epkelota.) S. 646, ß. a metabologene: Die von ihrer Mutter verschiedenen Knospen verwandeln sich nicht in die Form der Mut- ter, von der sie zeitlebens verschieden bleiben. S. 646. exogene: S. 646. [subterminale: {TfjjpanosijUis) S. 646. laterale: (Hydrozoen mit freien Medusen) S. 647.] endogene: (Taen/a echinococcus) S. 647. 2. i niper fekte : Mutter und Töchter bleiben verbunden S. 648. a. homogene: S. 648. a. exogene Porifera pr. p., Bryozoen pr. p., Hydrozoa pr. p., Anthozoa pr. p.) S. 648. ß. endogene: (Sphaerozoa?, Taenia echinococcus) S. 6bO. b, heterogene: S. 651. a. exogene: (Hydrozoa pr. p., Siphonophora, Bryozoa pr. p., Botrylliden.) S. 651. ß. endogene: {Flustra, Taenia echinococcus) S. 655. B. Stologonie: Stolo prohfer vorhanden. S. 655. 1. divisionale: Unter dem Bilde der Teilung verlaufend ■ {Amauroecium, Pyrosoma, Salpa, Doliolum.) S. 656. 672 P. Deegener, 2. gemmationale: Unter dem Bilde der Knospung ver- laufend {Clavellina, Perophora.) S. 662. [II. Menontogonie: Ausbildung von Dauerkörpern (Menonten) S. 662. A, endogene: Menonten im Mutterkörper S. 663. 1. Gemmulatio: Bildung von Gemmulae. (Spongilliden; marine Monactinelliden.) S. 664. 2. Statoblastogonie: Bildung von ötatoblasten. (Phylacto- laemata.) S. 666. B. exogene: Menonten am Mutterkörper 8. 665. 1. Menomerogonie: Bildung von Monomeren. (Scyphosto- men) S. 664. 2. Hibernaculatio: Bildung von Hibernacula. (Bryozoen pr. p.) S. 665. Schlußwort. In der vorstehenden Abhandlung ist der Versuch gemacht worden, die recht mannigfachen Formen der monogonischen Fortpflanzung in ein System zu bringen, das eine erleichterte Übersicht über einen um- fangreichen Lehr- und Lernstoff zum Zwecke hat. Wie jedes zum ersten Male versuchte System wird auch dieses einerseits gewissen Ab- änderungen, andererseits einem weiteren Ausbau unterworfen bleiben. Ich möchte ausdrücklich betonen, daß es mir nur darauf ankam, mit bewußtem Verzicht auf unsichere phylogenetische Spekulationen, die gerade für den hier behandelten Stoff nur wenig Positives zu leisten vermögen, rein auf Grund morphologischer und genetischer Merkmale einen Überblick über die Vielgestaltigkeit des monogonischen Geschehens zu gewinnen und zu vermitteln. Dabei ist die Spezifikation nur soweit (und teils nur provisorisch) durchgeführt, wie es im Interesse einer allgemeinen Übersicht unter Berücksichtigung der Proto- und Metazoen wünschenswert erschien. Das vorgeschlagene System will zunächst nur praktischen Zwecken dienen. Es zieht daher auch nicht alle Tiere zur Exemplifikation heran, für welche ungeschlechthche Fortpflanzung be- kannt geworden ist, dem Verfasser schwebte aber das Ziel vor, die Möglichkeit zu geben, jede Form monogonischer Erzeugung von Nach- kommen nach seinem System für den allgemeinen, nicht für den Gebrauch des Spezialisten ausreichend zu bestimmen. Ich habe darauf verzichtet, jeder Art der Teilung usw. einen beson- deren Namen zu geben (sofern ein solcher nicht schon vorlag), der ihre Bezeichnung weit bequemer machen würde. Mit Rücksicht auf die Weiterentwicklung des gegebenen systematischen Versuches, sowie im Versuch zu einem System der Monogonie im Tierreiche. 673 Hinblick auf die Tatsache, daß in der Anwendung der mehr oder minder gebräuchlichen von anderen Autoren eingeführten Namen keineswegs Übereinstimmung herrscht, glaube ich von dieser Namengebung noch absehen zu sollen. Es wird von niemandem als wünschenswert empfun- den werden, daß hier ein Beitrag zu jener babylonischen Verwirrung gegeben werde, die, wie in der Nomenclatur, so auch in der Terminologie einen beängstigenden Umfang zu gewinnen begonnen hat. Es war in- dessen nicht zu umgehen, die einzelnen Kategorien mit einer sie charakte- risierenden Bezeichnung zu versehen. Auch diese Bezeichnungen, die so leichtverständHch wie möglich gewählt wurden, sind nur Vorschläge, die mit besseren zu vertauschen jederzeit meinen Wünschen entgegen- kommen würde. Berlin, im Februar 1915. Druok von Breitkopf J'' :- /)^ 4k -1 ß. Trüjakofr del Verlag mn WühelmEngelmaiuiuiieifi^ü, LitkAmtv.JohannesAmdtJena. Zeitschrift f. n'iss. Zoologie. Bd. CXJB. Taf. VI. QuUl gez Verlag von WUhdm Engelmcoi iriit^^ia. liAAnst.i'JaluuvusAmdt.J'tMa. Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. CXIII. Taf. VJI. QuXel gez. Verlag von, IVUhelmEngelmann inläpzig IWi.Anst viJoha.'wes Arndt, Jena.. Zeüschnflf.wiss. Zoologie Bd.CXIII. Taf- VIII. ajl:.caps.fup nrlophtn r.post, Orbitalh"' . L'.cer-opWt. .- aH.infimi.pnp.. StK. . c.u brach. ed.. m-ieprinfimd,. v.vt/wui.Uit/. t^ i'.infund prop. art.biuY Sui.i/Lsal II. u suha,:-, v ccr-ophjh.l ' plw.- Ulf c.hujx.sup.inj. g.baa.üü'. c.g.baxc.inl'. phnr. ■phurinf-^ ai'l.hucc u.sl[ iJ sm gl.inLpost . i, Bdüiv Str. ... "j^' jbach gez VerldgiT Wilhelm Engelmann tnle^zig l'L Anst-vHAFtafalfif ~ ZeitsrJirip /." uiss. ZooIiHjic Bd. CXIH. r.gurwd art.cerdbnmduaiu.^ arUrect arLard^cuuiuiUxL. arb.post artpail.nusdj eurt,. - art.genit. v-bracfi.prof. V. braclvprof' com. v.az. v.bnuh.inl/. v.brach-.l. -/^„ mic. tjitf^rbi^ach.--- -v.bracli.U. ■usupraceph. .CV.bracJv.ej'i vsapraorb. v.braclvJU. i'.supoes-. ij.opidk,. i> cer-op}tlK. v.gl.saLpost. svuophtK. gl.sal.posl. v.uühtui.prop. V. drcunwrh . V LfifujuL. Uli. V nv depr.vi/imä^- Taf.lX. nphth siip.ajtL. posi antarb sup. .ocuXom. .inf.post. onJUh. suij. nost. onhüi: utf ..:nslstiiLpost. nnuic.stat. n.cnst.st4Xt. a/tl. crisL.SUÜ,. Tiuicstal. Za. ni/ifimd' , n.i'encav. q opiith Verlag v"Wnhelm Engelmann, iale^zig LsKAsstTEArndxIapij ^^ g r li 5 WHSE 01858 ». *?^» r#^ *^*^ ^ 't'%1 ■:^ > ' .-■f^ '< j ■•< '?m ^^ :^^:^ * ^^ :':*•'■ ■:■■■ ■ n..-'