♦ »IUI *>■ i *%** Ar* -'■ m 1 $#*** ..»'. Ä ? hßM -"' FESTSCHRIFT HEBEN GEHEIMEN HOFBAT PROFESSOR Dr. OTTO BÜTSCHLI ZUR FEIER SEINES SECHZIGSTEN GEBURTSTAGES AM 3. MAI 1908 IN HERZLICHER VEREHRUNG GEWIDMET Vi )N DANKBAREN SCHÜLERN Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Ernst Ehlers Professor a. d Universität zu Göttingen Neunzigster Band Mit 43 Tafeln und 63 Figuren im Text LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1908 /V/5 Inhalt des neunzigsten Bandes. Seite August Schuberg, Beiträge zur vergleichenden Anatomie und zur Ent- wicklungsgeschichte der Lederhaut der Amphibien, Mit Taf. I. . . 1 Richard Goldschmidt, Das Nervensystem von Ascaris lumbrieoides und megalocephala. Ein Versuch, in den Aufbau eines einfachen Nerven- :.is einzudringen. 1. Teil. (Mit Taf. II— IV u. 22 Fig. im Text.) 73 Wladimir Stantschinsky, Über den Bau der Rückenaugen und die Histo- logie der Rückenregion der Oncidien. (Mit Taf. V — VII u. 1 Fig. im Text 137 Alexander Schepoticff, Die Dcsmoscolcciden. (Mit Taf. Ylll — X.) . . 179 M. Xhh ikoff, Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellcn. nebst einigen Bemerkungen über die Struktur der »hyalinen« Knorpelgrund- substanz. (Mit Taf. XI— XIV u. 5 Fig. im Text.) 205 Eugen Widmann, Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. Mit Taf. XV— XVII u. 4 Fig. im Text.) 258 !•'.. Zugmayer, Über Mimikry und verwandte Erscheinungen 313 S. Bogoljubsky, Zur Kenntnis der Dorsalflosse bei »Motella tricirrata«. (Mit Taf. XVIII.) Wn S. Awerinzew, Über ein parasitisches Infusor aus dem Darme von Ophelia limacina (Rathke). Mit Taf. XIX.) 334 Sergei Tscharhotin. Die Statocyste der Heteropoden. Mit Taf. XX bis XXIV u. 15 Fig. im Text.) U'.\ Clara Hamburger, Zur Kenntnis der Conjugation von Stentor coeruleus nebst einigen allgemeinen Bemerkungen über die Conjugation der Infusorien. Mit Tat'. XXV 423 Ola-W Schinder, Die Sinnesorgane der Skorpionskämmc. Mit Taf. XXVI.) 436 Hugo Merton, Über den Bau und die Fortpflanzung von Pleodorina Uli— noisensis BLofoid. Mit Taf. XXVI 1. XXVIII u. 2 Fig. im Text. . . . 145 Nicolai Kassianow, Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyo- naria. Mit Taf. XXIX XXXI u. 2 Fig. im Text.)' JTs W. Selensky, Untersuchungen üher-^ffie sogenannten Urnen der Sipuri- c iliden." Mit Taf. XXXI 1 -XXXV u. 6 Fig. im Text.) 536 F. Blochmann, Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachio- poden. Mit Taf. XXXVI— XL u. 6 Fig. im Text Robert Lauterborn, Protozoen-Studien. V.Teil. Zur Kenntnis einiger Rhizopoden und Infusorien aus dem (icbjfete des Oberrheins. Mit Taf. Xl.l XU II ^ 645 Nicolai, (Lassianow, Vergleich des Nervensystems der Octocorallia mit dem der Hexacorallia ■ • ,"" Beiträge zur vergleichenden Anatomie und zur Ent- wicklungsgeschichte der Lederhaut der Amphibien. Von August Scliuberg. .Mit Tafel I. Obwohl die Literatur über die Haut der Amphibien fast unüber- sehbar genannt werden muß, gibt es keine umfangreichere und ein- gehendere Darstellung des Baues der Lederhaut, des Coriums. In der Regt] wurde es als das Gewebe, welches die Epidermis begrenzt oder in welches die Drüsen, das Pigment und die Nerven eingebettet sind, so nebenbei geschildert und erfuhr nicht selten, noch in neuerer Zeit, die für die Periode der Kernfärbung und des Kanadabalsams üb- liche Darstellung des Bindegewebes, indem einige Zellkerne und mehr oder weniger verworrene Linien, welche die »Fasern« des Bindegewebes darstellen, als zur histologischen Charakterisierung genügend erachtet wurden. Und doch ist auch das Corium ein Organ des Körpers, oder - ein wesentlicher Teil eines solchen, des Integuments, und ebenso wie andre einer vergleichend-anatomischen Betrachtung zugäng- lich. Es war wohl die Erwartung, daß große Erfolge auf diesem Ge- biete nicht zu erringen seien, welche von einer solchen zumeist ab- halten. Ich selbst muß gestehen, daß auch ich nicht gerade durch die Hoffnung, besondere Lorbeeren zu pflücken, zu einer eingehenderen Beschäftigung mit der Lederhaut der Amphibien vrranlal.it wurde; immerhin glaube ich, daß die Beobachtungen, welche ich im Anschluß an meine Untersuchungen über Zellverbindungen ausführte, nicht ganz ohne Interesse sein werden. Wenig besser als der Bau ist die Entwicklung des Coriums bisher meistens behandelt worden, so zahlreich die einzelnen Angaben sind, die auch hierüber vorliegen. Vielleicht ist hier ebenfalls die Masse der einzelnen gelegentlichen Angaben mit daran schuld gewesen, daß Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 1 2 August Sckuberg, eine eingehendere Darstellung nur in seltenen Fällen unternommen wurde. Den Mangel zusammenfassender Darstellungen des Baues und der Entwicklung des Coriums habe ich selbst bei meinen Untersuchungen über das Vorkommen von Zellverbindungen in der Haut der Amphi- bien (03, 07) sehr vermißt. Es war nicht möglich, diese Unter- suchungen auszuführen, ohne dem Bau und der Entwicklung des Coriums genauere Aufmerksamkeit zu widmen, und so wrurde ich, aus verschiedenen Gründen, nicht nur bald zu einer Ausdehnung meiner Beobachtungen auf mehrere Arten und Gattungen veranlaßt, sondern auch zu einer eingehenden Beschäftigung mit der umfangreichen Lite- ratur gezwungen. Die Ergebnisse dieser Studien, und zwar der prak- tischen wie der literarischen, zusammenzufassen, ist der Zweck der vorliegenden Arbeit. Sie muß, ihrer Entstehung nach, in mancher Hinsicht Lücken offen lassen, die auszufüllen mir selbst zurzeit leider nicht möglich ist. Es wäre wohl wünschenswert gewesen, die Unter- suchung des ausgebildeten Coriums mindestens auf alle einheimischen, vielleicht auch auf noch einige fremde Amphibienarten auszudehnen; auch einzelne Punkte hätten eingehender behandelt werden können — indessen muß ich leider hierauf verzichten, um zunächst die Unter- suchungen, durch welche die vorliegenden veranlaßt wurden, weiter führen zu können. Vielleicht gibt die hier folgende Zusammenfassung dessen, was mir aus der Literatur und aus eigner Beobachtung be- kannt ist, einmal die Grundlage ab für allseitiger und weiter aus- greifende Studien. Da ich mich im ersten Teil meiner Untersuchungen über Zellver- bindungen (03) mit dem feineren Bau des Coriums des Axolotls und im zweiten (07) mit dem Bau und der Entwicklung des Coriums ver- schiedener Formen zum Teil sehr eingehend beschäftigt habe, so kann ich in vielen Punkten auf diese früheren Darstellungen ver- weisen. I. Die Entwicklung der Kenntnisse vom Bau und von der Entstehungsgeschichte des Coriums. Bei der recht erheblichen Menge der zum Teil zerstreuten und oft nur gelegentlichen Angaben über Bau und Entwicklung des Coriums der Amphibien schien es mir geboten, einmal eine etwas gründlichere Literaturübersicht zusammenzustellen, um, soweit als möglich, einen Überblick über das Bekannte zu geben und vor allem das, was dauern- den Wert beanspruchen darf, herauszuheben. Die bisherige Literatur Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 3 über die Lederhaut der Amphibien krankt vielfach an dem Übel der Unkennt ois oder Vernachlässigung der vorhergehenden Untersuchungen, was für das Fortschreiten der Forschung stets von Nachteil ist, vor allem aber vielleicht auf einem Gebiet, das ohnehin fast stets als mehr nebensächlich betrachtet zu werden pflegt. Ich hoffe, daß gerade die Übersicht über unser bisheriges Wissen und Nichtwissen zur Vermeh- rung des Wissens Anregungen geben möchte. Zweckmäßig erschien es, wie später in der Darstellung meiner eignen Untersuchungen, so auch in der literarischen Übersicht, den Bau und die Entwicklung des Coriums getrennt zu behandeln. A. Der Bau des ausgebildeten Coriums. Die erste Beschreibung des Coriums »des Frosches« verdanken wir Ascherson (40, S. 18), der es im Jahre 1840 folgendermaßen be- schrieb: »Unter den Drüsen fand ich eine 0,004 — 005" dicke Schicht einer durchsichtigen Substanz, welche in ziemlich regelmäßigen Zwischenräumen von horizontal liegenden länglichen, den Knorpelkör- perchen ähnlichen, doch weniger scharf umschriebenen Körperchen durchsetzt ist. Stellenweise befinden sich senkrecht laufende Faser- bündel zwischen der beschriebenen Substanz, die sich nach oben und unten ausbreiten und dadurch große vierseitige Felder mit abgerun- deten Ecken bilden, welche man für hohle Räume halten könnte, wenn nicht die Färbung mit Jod das Gegenteil zeigte. « Rathke (47, S. 338) wies sodann, nach dieser ersten, noch recht primitiven Beschreibung, nach, daß »in der Lederhaut der Amphibien die Bündel des Bindegewebes so geordnet sind, daß sie je nach der Dicke der Haut verschiedentlich viele und der Epidermis parallele einfache Schichten zusammensetzen, in deren jeder sie in einer und derselben Richtung verlaufen, dagegen sich mit denen der nächst- folgenden Schicht unter ziemlich rechten Winkeln kreuzen. So verlaufen z.B. am Rumpfe die Bündel der äußersten Schicht nach der Länge, die der zweiten nach der Quere, die der dritten wieder nach der Länge des- selben, und wenn noch mehrere Schichten vorkommen, auch in diesen, wie dieselben aufeinander folgen, abwechselnd nach ganz entgegen., setzten Richtungen«. »Die Faserbündel einer jeden Schicht haben meistens einen sehr langen und schwach geschlängelten Verlauf, liegen in der Regel nahe beieinander und haben nur eine formlose weichere Substanz als Bindemittel zwischen sich, die durch Essigsäure aufgelöst wird, indes die Bündel selbst durch diese Säure nicht aufgelöst. -.Mil- dern von ihr nur aufgeschwellt und in eine fast gallertartige Masse 1* 4 August Schuberg, umgewandelt werden. << Bei Gadus lota (Lota vulgaris) fand Rathke außer- dem noch, andre Faserbündel. »Viele Bündel nämlich gingen von dem Unterhautbindegewebe ziemlich gerade zu der Epidermis hin, standen .säulenartig in mäßig großen Entfernungen voneinander, durchsetzten die beschriebenen Schichten, indem sie zwischen den Faserbündeln der- selben hindurch drangen, und ließen ihre Fasern dicht unter der Epi- dermis und den Schuppen pinselartig auseinander fahren« (1. c. S. 340). Bei andern Fischen und bei Amphibien erinnerte er sich nicht, »der- gleichen durchsetzende Bündel« gesehen zu haben. Czermak (49, S. 252), welcher Eathkes Angaben nicht anführt, bleibt zum Teil wieder etwas hinter diesen zurück; er betrachtet als »Grundgewebe« der Froschhaut das »Derma oder Corium«, eine ziemlich mächtige Lage von Bindegewebsfasern, welche nach Behand- lung mit Essigsäure völlig durchsichtig erscheinen und die bekannten Kernbildungen zeigen. »Die Fasern liegen, ohne sich zu verfilzen, in regelmäßigen horizontalen Schichten beisammen, treten jedoch an be- stimmten Punkten auseinander und bedingen so die Entstehung einer großen Anzahl von Kanälchen, welche das Derma senkrecht von innen nach außen durchbohren.« Diese »Kanälchen« sind natürlich in Wirk- lichkeit nichts andres, als die beim Frosch schon von Ascherson ge- sehenen, von Rathke bei Gadus lota beobachteten, bei den Amphi- bien aber übersehenen »durchsetzenden Bündel«. »Die nächste Schicht nach außen [von dem Derma] bildet ein Gewebe mannigfach verfilzter Fasern, welche einerseits in das Derma und dessen Kanälchen ein- dringen, anderseits aber an die Epidermis grenzen«, in dieser Schicht finden sich die »flaschenförmigen Hautdrüsen«. »Dort, wo sich die Epidermis scharf gegen die verfilzten Fasern absetzt, sind jene Pig- mentzellen, von denen die Färbung der Haut abhängt, in großer Menge abgelagert.« Leydig (51, S. 4) bestätigte zunächst die Angaben Rathkes für die Fischhaut und fügte hinzu, »daß die Bindegewebsbündel sämt- lich von spiralig verlaufenden Kernfasern in sehr engen Touren um- sponnen werden « , und daß die » gerade aufsteigenden und nicht minder von Spiralfasern umsponnenen Bündel« beim Aal und bei Cottus gobio »nicht pinselartig auseinander fahren, wie es Rathke bei Gadus lota schien«, sondern daß »sie unter der Epidermis ineinander über- gehende Bogen darstellen«. In seinen » Anatomisch-histologischen Untersuchungen über Fische und Reptilien« machte Leydig nur wenige Angaben (53, S. 108): »Die Cutis besteht aus Bindegewebe, das nach der freien Fläche zu mehr Beitrüge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 5 kompakt und homogen ist. nach unten hin aber mehr in Strängen auseinander geht (Proteus): mit Alkalien behandelt, zeigt die Bindesub- stanz sein- regelmäßig gestellte Lücken mit Ausläufern, von denen sie durchsetzt wird , und welche machen , daß die Haut aus ordent- lich aneinander gereihten, nicht durcheinander gefilzten Bändeln zu be- atehen scheint.« Auch in seinem klassischen »Lehrbuch der Histologie« (57) und in seinem späteren Werke »Vom Bau des tierischen Körpers« (64) hat Leydig nicht sehr viel Neues verzeichnet. In ersterem Werke erwähnt er die wagerechten und senkrechten Bündel des Coriums der »Repti- lien« (57, S. TU) und bildet sie vom Frosch ab (Fig. 45); er gibt ferner an, daß in der Haut des Frosches sich die elastischen Fasern in den »unteren Lagen« des Coriums zu kontinuierlichen Netzen vereinigen und bestreitet das Vorkommen von glatten Muskeln im Corium der Amphibien (S. 82), was Hensche (56, S. 281) kurz vorher be- hauptet hatte. Dieser Autor glaubte nämlich nachweisen zu können, daß »in der Schichtung der Cutis, wo Drüsen und Pigmente sich berühren, zahl- lose Bündel von glatten Muskeln transversal in den verschiedensten Richtungen sich kreuzen«. Die Muskeln sah Hexsche, ebenso wie auch Bindegewebsfasern »von außen in schräger Richtung sich in die Kanäle hineinsenken«, welche die horizontalen Faserzüge durchsetzen. Eine ausführliche Darstellung der Haut des Frosches gab jedoch dann L. Stieda (65). Er schildert zunächst den Aufbau des Coriums im wesentlichen wie Rathke und beschreibt auch die »aufsteigenden Faserzüge«, die Rathke noch vermißt hatte; weiter gibt er aber noch folgendes an: »Ein großer Teil der senkrechten Züge hängt in der Weise mit den Fasern der wagerechten Schicht zusammen, daß oben die bisher wagerecht laufenden Fasern unter rechtem W7inkel umbiegend direkt nach oben verlaufen, während sich die Gefäße und Nerven ihnen anschließen. Der unterste Rand der wagerechten Schicht zeigt dem- entsprechend an senkrechten Durchschnitten in gewissen Entfernungen Einziehungen, in welche von unten her die Gefäße und Nerven ein- treten. Zur Körperoberfläche hin wird dann die Cutis mit den hier befindlichen Blutgefäßen und Nerven von einem sehr lockeren und feinfaserigen Bindegewebe, dem viel elastisches Gewebe und meist auch ramifizierte Pigmentzellen beigemengt sind, abgeschlossen- (65, S. :>< Die elastischen Fasern seien namentlich in den senkrecht aufsteigen- den Bündeln vorhanden. »Die alleroberste Lage der Cutis, welche an die Epidermis stößt, ist zu einer homogenen, festen, das Licht stark 6 August Schuberg, brechenden, gegen Alkalien sehr resistenten Membran geworden1. An dem der Epidermis zugekehrten Rande erscheint diese Membran auf senkrechten Durchschnitten sehr fein gezähnt, so daß die feinen Zähne der Cutis und die entsprechenden Zacken der untersten Epidermis- schicht ineinander greifen. Die Bindegewebsstränge, welche von unten her zur Oberfläche der Cutis ziehen, verschmelzen zum großen Teil mit dieser Membran« (1. c. S. 59). Stieda beschreibt ferner kleine kegel- förmige Erhebungen (Papillen) des Coriums an dessen der Epidermis zugekehrten Fläche, welche durch die senkrecht aufsteigenden Binde- gewebsbündel gebildet werden. In diesen Papillen sollen die Nerven mit einer leichten Anschwellung enden2. Die Angaben von Hensche über das Vorkommen von glatten Muskeln in der Haut des Frosches stellte Stieda, wie vor ihm schon Leydig, in Abrede. Wenig Neues gab die Arbeit von Bolau (66), welcher die von Leydig bei Fischen gemachten Beobachtungen auch für Salamandra maculosa, Triton cristatus, Bufo cinereus, B. variabüis und Crypto- branchus japonicus bestätigte. Bei letzterer Form gehen jedoch nach Bolau die »senkrechten Fasern« nicht bogenförmig ineinander über, sondern verlaufen nach oben in die Drüsenschicht. nach unten in das »Unterhautbindegewebe« (S. 11); auch über die horizontalen Fasern, die in »Haupt- und Zwischenfasern« unterschieden werden, wird einiges berichtet, namentlich, daß sie sich in Fibrillen auflösen ließen. Auch Szczesnys Dissertation über die Froschhaut (67) brachte im wesentlichen nur Wiederholungen der schon bekannten Verhältnisse; nur hinsichtlich der horizontalen Coriumlagen widersprach er Rathke insofern, als man nicht immer je zwei aufeinander folgende Schichten zugleich berücksichtigen muß, um die eigentümliche gekreuzte Richtung der Elemente zur Anschauung zu bringen. Nicht einfach nebeneinander liegende Bänder bilden die aufeinander folgenden Schichten, sondern jede dieser Schichten besteht für sich aus einem Flechtwerk kreuzweis durcheinander gelegter und in entgegengesetzter Richtung verlaufender Bündel (1. c. S. 33). Das Wesentliche der bisherigen fremden und eignen Beobach- tungen wurde sodann von Leydig kurz zusammengefaßt (68, S. 29): »Was sich mir aber bei fortgesetztem Studium immer wieder in gleicher Weise dargestellt hat, ist eben das Ergebnis, daß die Lederhaut in drei 1 Leydig hatte schon 1857 ganz allgemein angeführt: »Die Bindesubstanz der Lederhaut geht bei allen Tieren, wo darauf geachtet wurde, in eine homogene Grenzschicht, einen hellen Saum vorstellend, aus« (57, S. 79); vgl. unten S. 7. 2 Hierbei handelt es sich um eine unrichtige Deutung glatter Muskeln. Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 7 Hauptschichten zerfalle: in die eigentliche Grundmasse der derben wagerechten Lagen und in zwei Grenzschichten. Die beiden letzteren, also diejenige, welche zunächst unter der Epidermis folgt, und jene, welche die Haut nach innen begrenzt, setzen sich, mitten durch die wagerechten Lagen, in Verbindung und auch die Enden der Querlagen biegen in sie auf. Blutgefäße und Nerven nehmen darin ihren Weg von unten nach oben.« Besonders bemerkt wird noch, »daß der oberste Saum der Lederhaut als ein heller, pigmentfreier Streifen, sich von der farbigen Zone sehr allgemein abhebt« (1. c. S. 30), ein Verhalten, das Leydig auch schon früher ((57, Taf. VI, Fig. 26) in einem Schnitte durch die Haut von Salamandra maculosa abgebildet hatte und was in Übereinstimmung steht mit einer älteren, allgemein gehaltenen Äuße- rung von ihm, wonach »die Bindesubstanz der Lederhaut bei allen Tieren, wo darauf geachtet wrurde, in eine homogene Grenzschicht, einen hellen Saum vorstellend, ausgehe« (57, S. 79). Einen sehr wichtigen Beitrag zur Histologie der Haut von Rana temporaria und R. escidenta lieferte Eberth (69), der vor allem den zelligen Elementen des Coriums besondere Aufmerksamkeit widmete. An dem »sogenannten homogenen Grenzsaum« des Coriums, welcher dieses gegen die Epidermis begrenzt, und durch den »zahlreiche, sehr feine Ausläufer der tiefer gelegenen Bindegewebs- und Pigmentzellen Benkrechl in die Höhe treten« (69, S. 11), beobachtete auch Eberth am ganzen Körper »nahezu gleichgroße, spitze und leicht abgestumpfte Zähnchen«. Wie oben erwähnt, hatte diese Verhältnisse an der Grenz- fläche von Epidermis und Cutis auch schon Stieda für die Froschhaut angegeben, und ebenso hatte F. E. Schulze den gleichen Befund für Triton taeniatus, Triton niger und Rana escidenta (67, S. 166), sowie mehrere Fische (1. c. S. 141) angezeigt. In der die Hautdrüsen um- hüllenden Schicht der Cutis, wrelche »aus einem lockeren, areolären, von weiten Lvmphspalten durchbrochenen Bindegewebe besteht«, be- schreibt Eberth zum ersten Male »sehr zahlreiche, stern- und spindel- förmige unbewegliche und viele amöboide Zellen«. Die Grenze zwischen der äußeren und mittleren Schicht des Coriums (d. h. der aus horizon- talen Fasern bestehenden Lage) »wird von einer feinkörnigen Masse gebildet, die sich bei Rana temporaria an dünneren Schichten in sehr zarte, viele feine Ausläufer tragende und miteinander anastomosierende, graugell»e. kernhaltige Zellen auflöst, die schwache Interferenzerschei- nungen zeigen« ; bei Rana eseuh nt erwachsene «, d.h. geschlechts- reife Axolotl. 12 August Schuberg, bildet die Epidermis beuteiförmige Einstülpungen (1. c, S. 157). Ähn- liche Verhältnisse werden von der äußeren Fläche des Kiemendeckels und von Längsschnitten durch die Kiemenstämme angegeben (1. c. S. 161 ff.). Das Corium von Ichihyophis glutinosus wurde zum ersten Male von P. u. F. Sarasin (87) geschildert. Sowohl bei Larven wie beim ausgebildeten Tier sind hier eine obere und eine untere, aus horizontal verlaufenden Bindegewebsfasern bestehende und durch eine mittlere Schicht getrennte Lamellen vorhanden, welche durch ringförmig den Körper umziehende, senkrecht aufsteigende Lamellen miteinander ver- bunden werden. In der ihrer Grundmasse nach aus lockerem Binde- gewebe bestehenden mittleren Schicht sind die Hautdrüsen und, beim ausgebildeten Tiere, auch die Schuppen enthalten (1. c. S. 79). Für die horizontal geschichteten Lagen des Coriums der Amphi- bien vertrat Rabl (89, S. 52) die Auffassung, daß sie »nicht etwa aus Bündeln« bestehen, sondern »aus Lamellen, die selbst wieder aus, unter ungefähr rechten Winkeln sich durchkreuzenden feinsten Fibrillen zusammengesetzt« seien; die Schichten seien ferner »durch feine Spalt- räume voneinander getrennt«, in welchen, »den Schichten dicht ange- schlossen« die » Bindegewebskörperchen liegen«. In ähnlicher Weise schreibt Maurer (95, S. 129): »Die Lamellen sind aus feinen Faserbündeln von Bindegewebsfibrillen zusammen- gesetzt und die Bündel in jeder Lamelle sind untereinander parallel, in benachbarten Lamellen aber immer rechtwinkelig gekreuzt verlau- fend«. Maurer schildert ferner das Verhalten der glatten Muskeln im Corium des Frosches und deren direkte Verbindung mit der Epi- dermis (94, S. 152; 95, S. 129), was Ficalbi (96) bestätigt. Eine Ver- bindung von glatten Muskeln einerseits mit den Epithelzellen der Epidermis, anderseits mit den Bindegewebszellen des subcutanen Bindegewebes hatte ich selbst schon vor Maurer und Ficalbi (welche beide, ebenso wie auch neuerdings wieder Gaupp [04], meine Angaben unerwähnt lassen) für die Haut des Laubfrosches beschrieben (93, S. 3), nachdem ich schon vorher beim gleichen Tiere einen Zusammen- hang der zelligen Elemente des Coriums mit denen der Epidermis angegeben hatte (91a, S. 14; 91b, 91c). Herrick und Coghill (98, 99) haben trotz aller dieser Angaben die senkrecht aufsteigenden Muskelfasern wiederum als Nerven beschrieben, ein Irrtum, der, wie oben erwähnt, schon von Stieda (65), Ciaccio (67) und Ditlevsex (76) begangen worden war. Die elastischen Fasern in der Haut des Frosches wurden zum Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 13 erstell Male mit den Methoden der modernen Technik von Tonkopp 30) untersucht und abgebildet. Ich selbst veröffentlichte 1902 einen vorläufigen Bericht und 1903 eine ausführliche Arbeit über Zellverbindungen in der Haut von Amphibien, deren Fortsetzungen im vorigen Jahre (07a, 07b, 07c) erschienen. .Meine Angaben für den Axolotl wurden von Esterly im allgemeinen auch für Pletkodon bestätigt (04). In seiner ausgezeichneten Bearbeitung der Ecker- Wiedersheim- schen Anatomie do<. Frosches schilderte Gaupp1 auf Grund eigner Unter- suchungen auch den Bau des Coriums (04). Da auf die Ergebnisse der letztgenannten neuesten Arbeiten vielfach zurückzukommen sein wird, dürfte es ausreichend sein, diese hier nur einfach aufzuzählen. B. Das Corium der Larven und seine Entwicklung. Die ersten rntersuchungen über die Entwicklung des Coriums der Amphibien veröffentlichte Remak (52, S. 64) nach gründlichen und erfolgreichen Beobachtungen an Froschlarven. »Die Anlage der Cutis und de* unterhäutigen Bindegewebes ist in der Unterhaut gegeben.« Die Zellen der Unterbaut, welche »anfänglich einander begrenzen«, weichen mehr und mehr auseinander und bilden hierdurch schmale Aasserhelle Zwischenräume, in denen sich mit Reagenzien »ein unge- • ein feines und zierliches Netz dunkler verästelter Fasern als Aus- läufer der Zellen -. wTelche selbst sternförmig sind, zur Ansicht bringen läßt. Die zwischen den Fasern befindlichen Maschenräume sind durch i ine gallertige (durch Alkohol und Sublimatlösung erhärtende) Zwischensubstanz« erfüllt, welche »an ihrer Oberfläche dicht unter der Oberhaut eine festere Beschaffenheit zeigt«. »Aus dieser Rinde der Zwischensubstanz bildet sich ein scheinbar homogenes Häutchen, die Anlage der Cutis. Im Bereiche des Schwanzes erhält es sich als glashelle Cutismembran durch das ganze Larvenleben. Im Bereiche der Bauchhöhle dagegen verdickt es sich, zeigt dann Quer- und Längs- ifen als Andeutung der mit Kernen besetzten Bindegewebsbündel, welche im entwickelten Zustande ein sehr festes Gitterwerk als Haupt- bestandteil der Cutis bilden.« So wahrscheinlich es demnach auch ist, daß jenes glashelle Häutchen aus Zellen entsteht, so ist es mir doch bisher nicht gelungen, eine besondere Zellenschicht als Anlage für dasselbe zu entdecken: »Der bei weitem dickere, unter der Cutis 1 Von meiner Arbeil über den Axolotl (02 und 03) hat < I u pp leider uirg Notiz genommen, obwohl auch einzelne Angaben über andre Amphibien dort verzeichnet sind. 14 August Schuberg, gelegene Teil der Unterhaut bildet die Grundlage des embryonischen unterhäutigen Bindegewebes«, welches »in der Bauchdecke während des ganzen Larvenlebens eine ziemlich dicke gallertige Schicht bildet, deren Bau im wesentlichen mit dem der Schwanzflosse übereinkommt <<. Später (55, S. 153) erschien es Remak »in hohem Grade wahr- scheinlich«, daß die »glashelle Membran« im Bereiche des Bauches »aus einer Verschmelzung von Zellen hervorgehe«. Hensen leugnete das Bestehen einer derartigen besonderen Mem- bran, obwohl er zugab, »daß eine dichtere Schicht sich auf der Ober- fläche des Schwanzes findet« (64, S. 55). Dieser Irrtum wurde bald darauf von Eberth wieder richtig gestellt (6G, S. 491), welcher jene Schicht, wie Remak, wieder als die »junge Cutis« auffaßte. Er zeigte, daß sie bei jungen Larven »aus feinen steifen, unter rechtem Winkel sich kreuzenden Fasern bestehe«. »Die ganze Lamelle gleicht einem Gitterwerk mit sehr feinen punktförmigen Lücken. Nirgends trifft man um diese Zeit kernhaltiges Protoplasma in derselben, wohl aber zahlreiche feine Protoplasmafäden, die als Ausläufer der darunter ge- legenen Zellen senkrecht die Cutis durchsetzen und bei Flächen- ansichten als feine Punkte erscheinen. Da diese Protoplasmafäden meist in Reihen gruppiert sind, die sich miteinander verbinden, ent- steht an der Oberfläche das Bild eines feinen, durch Punkte ange- deuteten Mosaiks«. Im weiteren Verlauf der Entwicklung nehmen die anfangs starren Cutisfasern mehr das »Aussehen lockiger Bindegewebs- fibrillen« an und »ordnen sich zu feineren und gröberen Bündeln, während zugleich die Zwischenräume sich vergrößern. In die erwei- terten Lücken schiebt sich von den unterliegenden Zellen Protoplasma vor, welches da und dort schon Kerne führt. Diese Protoplasma- klumpen bilden rundliche und längliche, mit Ausläufern versehene Zellen — die jungen Bindegewebszellen der Cutis. — Bevor noch der äußerste Saum des Gallertgewebes im Schwänze sich zu einer festeren Membran verdichtet hat, erscheint an seiner Innenfläche eine sehr zarte, fein- körnige, da und dort Kerne einschließende Schicht, die, anfäng- lich stellenweise unterbrochen, bald eine zusammenhängende Lage bildet « . In einer zweiten Arbeit gibt Hensen zwar die Existenz der »Mem- bran« an der Oberfläche des Froschlarvenschwanzes zu (68, S. 114), kann aber Eberths Auffassung, daß sie »zur eigentlichen Haut« werde, »nicht ganz beistimmen«. Auch Hensen gibt an — was anscheinend auch schon Eberth gesehen — , daß der Innenfläche der Membran, die er als »Basalmembran« bezeichnet, Bindegewebszellen »mit Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. I 5 ihren Körpern sich anschmiegen und auf ihrer inneren Fläche sich verzweigen«. Kin wirkliches Einwachsen der Zellenkörper in den Basalsaum« komme aber nicht vor. Trotzdem gibt er an, daß i d später sehr » durchwachsen« sei und »vielleicht infolge dieser Durch- wachsungv die Tendenz annehme, in Fibrillen sich spalten zu lassen«, die indessen gegen Kali und Essigsäure weit resistenter seien wie ge- wöhnliches Bindegewebe, so daß er sie nicht damit zu identifizieren vermöge. Hensen betont übrigens ausdrücklich, daß »seine Befunde nicht befriedigend seien, denn die Entstehung der Grundsubstanz der Cutis bleibe ganz unklar«. Anscheinend von älteren Larven von Hyla arborea, Pelobates fuscus und Bombinator igneus gab sodann Leydig an, »daß derjenige Teil der Lederhaut, dem unmittelbar die Epidermis aufliegt, aus hellem Gallertgewebe bestehe« (68, S. 44), was Bugnion für den Axolotl be- stätig* (7:;. S. 308). Ein neuer Gegner in der Auffassung Remaks und Eberths von der Entwicklung der Cutis erstand diesen in Goette. Er konnte zwar bei Bomhinator igneus die »subepidermale Schicht« schon an ziemlich jungen Larven »als völlig homogene, glasartig dünne Haut« isolieren und sah. daß sie »zwischen der Oberhaut und einem ihr eng ange- paßten platten Zellennetze des Bildungsgewebes liege, dessen dotter- haltige Eiern* rite noch vollständig den embryonalen Charakter zeigen« (75, S. 522). Er schließt aber daraus, daß diese Membran »in keiner Weise auf umgebildete Zellen zurückgeführt und nur als cuticulare Ausscheidung, sei es von der Epidermis oder von der Interstitialflüssig- keit, aufgefaßl werden könne«. »In der zweiten Larvenperiode findet man sie von rechtwinkelig sich kreuzenden steifen Fasern durchzogen, an ihrer Innenseite aber statt des Zellennetzes nur noch die außer- ordentlich zarten und großen scheibenförmigen Kerne, und zwischen ihnen diffuse protoplasmaähnliche »Substanz, beides mit der Faserhaut innig verbunden.« Auch später noch findet Goette »immer eine voll- st Jim Hg kontinuierliche Haut, welche am Rande, längs dessen sie ab- gerissen winde, nicht ausgefasert, sondern stufenförmig ausgezackt aussieht . so daß man die angeblichen steifen Fase-rn ebensogut für Spalten erklären könnte«. Deshalb halte er »diese Membran nicht für die eigentliche Anlage der Unterhaut, sondern nur für eine verdichtete Grenzschicht der Interstitialsubstanz, welche das Unterhautbinde- gewebe gegen die Epidermis abschließt« (I.e., S. 523); er erklärt sie deshalb auch, nach dem Vorgange Hensens, für »eine bloße Basal- membran«. 16 August Schuberg, Dieser Gegensatz in der Auffassung der unter der Epidermis gelegenen Membran, welche teils als Coriumanlage « (Kemak, Eberth). teils als »Basalmembran« erklärt wurde, zieht sich bis in die Literatur der neuesten Zeit hinein fort, ohne jedoch, daß sich alle Forscher, welche sich darüber geäußert haben, um eine wirkliche Aufklärung der schwebenden Frage eingehender bemüht hätten; sondern vielfach handelt es sich in den nachfolgend zu verzeichnenden Äußerungen um gelegentliche Bemerkungen, die anläßlich andrer Untersuchungen ge- macht werden. So beschreibt Pfitzner das Corium von Froschlarven, deren vor- dere Extremitäten noch unter dem Integument verborgen waren, als »eine Schicht parallelfaserigen Bindegewebes, in der fast nie Kerne zu sehen sind«. Aus dem darunter liegenden Unterhautbindegewebe sehe man »glänzende, stark lichtbrechende Fasern an das Corium heran- treten« (82, S. 732). Diese Fasern, welche »häufig anfangs noch parallel der Oberfläche verlaufen und dann gegen dieselbe umbiegen, um mehr oder minder senkrecht das Corium zu durchsetzen und in die Epithellage einzutreten«, glaubte Pfitzner mit den EBERTHschen Strängen1 der Epithelzellen in Verbindung treten zu sehen und hielt sie für Nervenfasern, die EBERTHschen Stränge aber für Nervenendi- gungen. Canini und Gaule (83, S. 153), von denen letzterer ebenfalls eine Verbindung der aufsteigenden Fasern mit den EBERTHschen Strängen für wahrscheinlich hält, bezeichnen die unter dem Epithel der Froschlarve befindliche Membran, wie Pfitzner, als Corium und halten ein von ihnen beobachtetes, darunter sich ausbreitendes Netz- werk von Zellen und Zellenausläufern für einen Nervenplexus, obwohl sie dessen Zusammenhang mit den Ausläufern der Zellen des Gallert- gewebes des Schwanzes feststellen konnten. Ein ähnliches Netzwerk unter der »subepithelialen hyalinen Schicht« hatte übrigens früher schon Klein beschrieben und ebenfalls für nervös gehalten (70, S. 908 ff.). Auch Mitrophanow (84, S. 196) faßt die fragliche Schicht der Froschlarven als »embryonales Corium« auf, bezeichnet sie aber gleich- zeitig auch als »Basalmembran«; dagegen hält er die »Fäden, welche zur Verbindung der EBERTHschen Gebilde2 mit den Nerven dienen 1 Mit diesem Namen bezeichne ich die zuerst von Eberth beschriebenen sträng- und plattenartigen Differenzierungen in den Epidermiszellen von Amphi- bienlarven und Perennibranchiaten; vgl. Schuberg (07, S. 593). 2 Im Original steht, wohl infolge eines Druckfehlers: »Schilde«; Mitro- phanow spricht sonst stets von den EBERTHschen Gebilden (1. c. S. 196). Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 17 sollen«, einfach für > senkrecht aufsteigende Fasern der Basalmembran uml spricht demgemäß natürlich den EßERTHschen Strängen die Ner- vennat ur ab. Wichtige Beobachtungen verdanken wir wiederum Leydig. Schon IST'.» hatte er gezeigt, daß im Schwänze von Pelobates-Laxven unterhalb der Lederhaut, welche »noch sehr dünn und einfach längs- streifig, d. h. geschichtet« ist, sich eine »epithelartige« Zellenlage abhebt, »von der weg verästigte ,Zellen' in die Substanz des Gallert- mantels sich hineinbegeben« (79a, S. 174). Einen gleichen Zusammen- hang der unter dem Corium gelegenen Zellen mit den Zellen des I Uterhaut bindegewebes zeichnete er dann 1885 nach Schnitten durch die Haut von Salamanderlarven (S. maculosa), bei denen er dann ferner nachwies, daß senkrecht durch die Cutis aufsteigende und mit horizontalen Zweigen versehene Ausläufer der Bindegewebszellen sich mit Fortsätzen der Epithelzellen vereinigen. Von diesem in der Leder- haut sich ausbreitenden Maschenwerk von Zellenausläufern glaubt Leydig, daß sie »die Grundlinien ziehen« für die Durchsetzung der in horizontalen Lagen ausgebildeten Lederhaut durch »aufsteigende senk- rechte Züge«. Die Substanz der späteren wagerechten Lagen sei in diesem Stadium »noch reine Gallerte, von derselben hellen weichen Beschaffenheit, wie sie die Käume zwischen dem Balkenwerk der Zellen im Unterhautbindegewebe ausfüllt« (85, S. 122). Ihrem Her- kommen nach faßt er »die homogenen Lagen« wie früher, »durch Zellenabscheidung nach Art der Cuticularbildungen entstanden« auf. was besonders durch Beobachtungen an »noch sehr jungen Larven von Batrachiern« bewiesen werde, wo »eine zusammenhängende Schicht von hüllelosen Zellenleibern als Matrix der noch dünnen, schieb t- streiflgen Lederhaut erscheine (85, S. 63)1. Nicht ganz klar sind teilweise die Angaben von Carriere (85) am Axolotl. Bei der eben ausgeschlüpften Larve fand Carriere an der Seite des Kopfes und an der Cornea »die Cutis durch eine deut- liche Lage von Zellen dargestellt, welche teils pigmentlos, teils pig- mentiert sind«. Bei der Cornea sind dieselben viel kleiner als an der Schnauze und liegen der Epidermis dicht an. »An dem übrigen Um- fange des Körpers sind es meist nur vereinzelte Chromatophorcn. welche die Cutis darstellen« (85, S. 23). Bei einer 2.2 cm langen Larve ist unter der Epidermis »eine deut- liche Lage fibrillären Bindegewebes« aufgetreten, über dessen Herkunft i Hiermit ist der oben angeführte Befund von 1870 an Pelobates-L&rven gemeint, auf welchen Leydig auch verweist. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 2 18 August Schuberg, und genauere Beschaffenheit indessen nichts berichtet wird (1. c. S. 25). Von einer 8 cm langen Larve ferner beschreibt Carriere das Corium als eine an allen Körperstellen vorhandene »nach der Gegend sehr ver- schieden dicke Lage von Lamellen elastischen Gewebes (Fasern?), die nach außen zu sehr scharf in alle Unebenheiten der Epidermis ein- greifen, an ihrer inneren Grenze in leichten Wellenlinien verlaufen und wie bei den übrigen Amphibien von bindegewebigen Querstreifen durch- zogen sind.« »Selten sieht man Kerne in dieser Schicht«; unter ihr werden vielfach Chromatophoren angetroffen, »welche mit ihren Ver- zweigungen auch in dieselbe hinein ragen können, dann reich verästelte farblose Mesodermzellen, welche mit ihren Ausläufern ein Netz feinster Fasern bilden. Diese Schicht ist besonders da deutlich, wo die oberste C utisschicht nur wenig entwickelt ist, besitzt aber keine Grenze nach innen zu, sondern reicht bis zu den unter der Epidermis gelegenen Organen; infolgedessen ist ihre Ausdehnung oft sehr groß, oft ver- schwindend klein, und es ist fraglich, ob wir sie streng genommen wirklich zur Cutis rechnen dürfen« (1. c. S. 28). Nicht viel wesentlich Neues brachten auch die Untersuchungen Köllikers an Froschlarven, der sich der Hauptsache nach auf den Standpunkt Remaks und Eberths stellte und das unter der »Cutis« gelegene Zellennetz (»Cutiszellen« nach Hensen) ebensowenig als die »radiären«, aufsteigenden Fasern für nervöser Natur erachtete. Letztere hielt er vielmehr für »Protoplasmafäden oder Zellenausläufer, die wahr- scheinlich von den Cutiszellen aus sich entwickeln, möglicherweise auch mit den inneren Zellen der Schwanzgallerte verbunden sind« (86, S. 15 f.). Betreffs der das Corium senkrecht »durchsetzenden Fäser- chen, die Eberth, Pfitzner und Cannini beobachtet hatten, ver- mutete er, daß die Wahrheit vielleicht in der Mitte liege« und jene Fäserchen »teils Ausläufer der Cutiszellen, teils Nervenenden und radiäre Fasern« seien. Auch einige weitere Arbeiten, welche sich übrigens nur beiläufig mit dem Corium beschäftigen und die ich nur der Vollständigkeit halber anführe, erweiterten unsre Kenntnisse vom Bau und der Ent- wicklung des Amphibiencoriums nicht, so die Arbeiten von Fraisse (85, S. 76), von Macallum (86), von Frenkel (86), welcher sich hin- sichtlich der nervösen Natur der aufsteigenden Fasern wieder an (.■annini anschloß, und das Corium als »Basalmembran« bezeichnete, von F. E. Schulze (88, S. 17), welcher für dieselbe den Ausdruck » Grenzf ascie« anwandte, von Jarisch(91, S. 569), Massie (94), Nötzel (95, S. 480) und Ehrmann (96, S. 24). Beiträge zur vergleichenden An.iluuhe usw. dir Amphibien. 19 \'on der Luve "von Ioktkyophis wurde schon oben (S. L2) erwähnt, daß sie nach den Untersuchungen von P. und F. Sakasix, ebenso wie das ausgebildete Tier, zwei »aus horizontalen Bündeln zusammenge- setzte Bindegewebslamellen« besitzt, welche durch vertikale, (\rr Haut- ringelung entsprechende Bindegewebslamellen verbunden werden (X7, S. 7!»). In der Nähe der »Hügelorgane« wurden an der Basis »der äußeren Stütz- und der nächstliegenden Epidermiszellen« lange Fäden beobachtet, welche »die beiden derben Bindesubstanzlagen« durch- dringen und als Zellfortsätze zur Verbindung mit Bindegewebszellen aufgefaßt wurden (1. c. S. 45). Sehr bemerkenswert sind einige Ausführungen C. Rabls (89, S. 50) über die Entwicklung des Coriums von Triton- und Salamandra- Larven. Er betonte, daß die schon bei jungen Larven (Salamandra von etwa 20 mm Länge) bemerkbare, »sehr dünne, aber bald dicker werdende Schichte ungemein feiner, in rechtem Winkel sich durch- kreuzender Fibrillen« keine Basalmembran und nicht von der Epider- mis abzuleiten sei, sondern »die erste Fibrillenschicht der Cutis« darstelle und als »Produkt der oberflächlichsten, dicht unter der Epidermis gelegenen Bindegewebszellen«, welche »mit den Fortsätzen tief erliegen- der Zellen des embryonalen Bindegewebes anastomosieren«, aufgefaßt werden müsse. Die Mehrschichtigkeit der Cutis werde dadurch er- reicht, »daß eine Lage von Bindegewebszellen nach der andern in Cutisgewebe sich umbildet«. Ferner könne man »sehr leicht konsta- tieren, daß ziemlich zahlreiche Bindegewebszellen aus der Tiefe in senkrechter Richtung zwischen den Arealen der einzelnen Cutiszellen aufsteigen, um sich entweder zwischen den oberflächlichsten ditis- schichten und der Epidermis auszubreiten oder aber als perforierende Zellen zwischen den Fibrillen liegen zu bleiben«. Von späteren Vor- gängen wird dann nur noch hervorgehoben, »daß gleichzeitig mit der Ausbildung der Drüsen und vielleicht in Abhängigkeit davon die Hauptmasse der eigentlichen Cutis von der basalen Fläche der Epi- dermis allmählich abgedrängt wird und unter dieser ein ziemlich lockeres, faseriges Gewebe zurückbleibt, in welchem auch die Pigment- zellen liegen«; dieses Gewebe bezeichnete Rabl als »subepidernialc-, Bindegewebe« (1. c, S. 51). Wesentlich auf dem Standpunkt Eberths steht Looss. der w* derum die Froschlarven untersuchte. Wie früher schon andre Autoren gibt er ferner an, daß die unmittelbar unter der Cutis gelegenen Zellen (Cutiszellen Hensens) vielfach durch ihre Ausläufer mit den sl förmigen Bindegewebszellen der >> Flossengallerte« in Verbindung s1 2* 20 August Schuberg, und »daß diese letzteren oft auf längere oder kürzere Strecken sich la- mellenf örmig der Cutis mehr oder minder dicht anlagern und so zur Verdickung derselben beitragen«. Er fand ferner, daß gelegentlieh Leucocyten an der Innenfläche der Cutis hinkriechen, »wie sie denn überhaupt in dem Bindegewebe des Flossensaumes zu jeder Zeit reich- lich angetroffen werden« (89, S. 33). Auch Barfurth (91, S. 447) tritt für die REMAK-EßERTHsche An- schauung ein und spricht sich ausdrücklich gegen die Auffassung des embryonalen Coriums als Basalmembran aus, namentlich im Gegensatz zu den Ausführungen Hatscheks über Amphioxus (88, S. 666). Zu andern Resultaten kam dagegen Maurer (92) bei der Unter- suchung sehr junger Stadien des Axolotls. Er fand, daß »die Cutis- lamelle des Urwirbels sich nach beiden Seiten hin auflöst-, indem sie lateralwärts Zellen zur Bildung der Cutis und des subcutanen Binde- gewebes abgibt, während sie medialwärts Elemente zur Bildung des Perimysium und der Muskelfascie liefert« (92, S. 346). Bei Em- bryonen von 6,5 und 7 mm sei noch keine Cutis vorhanden, doch werde das ectodermale Epithel »durch eine als scharfe Linie erkenn- bare Basalmembran vom unterliegenden Gewebe abgegrenzt« (S. 342). Erst bei Embryonen von 9 mm werde zum ersten Male die Anlage einer Cutis angetroffen, »indem einige platte Zellen der Basalmembran der Epidermis fest anlagern. Es besteht aber noch keine fibrilläre Cutis«. Später entwickeln diese Zellen »in ihrer basalen, d. h. dem Ectoderm zugewandten Hälfte Fibrillen«. Maurer betrachtet also die zuerst sichtbare »Basalmembran« als dem Ectoderm zugehörig, gibt aber auch zu, daß die der Basalmembran angelagerten »Cutiszellen« (im Sinne Hensens) Fibrillen bilden. Noch weiter geht Klaatsch nach Untersuchungen an Triton- und Salamanderlarven, die er, im Anschluß an den vermeintlichen Nach- weis des epidermoidalen Ursprunges der »Scleroblasten« bei Fischen, vornahm (94, S. 224). Zwar äußert er sich nicht näher über den Ur- sprung der »Basalmembran«. Die Zellen jedoch, welche ihrer inneren Fläche anliegen, leitet er von der Epidermis ab, indem er nachzuweisen versucht, daß sie durch Unterbrechungen der Basalmembran aus der Epidermis austreten und sich unter dieser verbreiten, um dann zu Skeletbildnern , zu »Scleroblasten« zu werden. Diese Auffassung Klaatschs fand jedoch von Seiten C. Rabls sofort energischen Wider- spruch (94, S. 169). In einer ausführlichen Schilderung der Entwicklung des Coriums der Amphibienlarven hat sodann Maurer seine vorhin berichteten zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 21 Anschauungen weiter ausgebaut. Diesmal ging er hauptsächlich von dei Untersuchung der Anuren aus. Erst bei Larven, »bei denen sich die inneren Kiemen ausbilden«, »findet man (95, S. L31), daß große, flach ausgebreitete Zellen mit verästelten Fortsätzen sieh der Busal- Qäche des Ectoderms anlagern, aber vereinzelt. Sie bilden noch keine einheitliche Lage, auch ist noch keine Spur einer Stützlamelle anter dem ftetoderm nachweisbar. Erst im vierten Stadium1 tritt eine solche auf in Form einer feinen, aber deutlich doppelt konturierten La- melle, welche ganz homogen erscheint. Dieselbe schließt sich fest der Basalf lache des Ectoderms an, und an ihrer dem Ectoderm abgewandten Fläche erscheinen ihr große Zellplatten mit scheibenförmig abge- plattetem Kern angelagert. Schon in diesem Stadium sieht man feinste Fortsätze der basalen Ectodermzellen in die homogene Coriumlamelle eindringen, und man kann darin den Ausdruck der Beteiligung des Ectoderms an der Bildung dieser Lamelle erblicken.« »Die Lederhaut ist nicht ganz gleichartig, sondern dicht unter der Epidermis ist sie homogen und dunkler gefärbt, während die tieferen Schichten blasser gefärbt sind und fibrilläre Struktur erkennen lassen, so daß die tieferen Lagen offenbar die älteren, die oberflächlichen die zuletzt ge- bildeten Teile des Coriums sind.« Diese Tatsache, sowie das Vor- kommen von »birnförmigen« Zellen in der basalen Epidermisschicht, deren Fortsätze die »Coriumanlage durchdringen«, scheinen Maurer die Frage nach der Beteiligung des Ectoderms an der Bildung des Coriums nahezulegen (1. c. S. 132). Bei älteren Stadien nimmt die Lederhaut zunächst an Dicke zu und wird fibrillär, enthält jedoch noch keine Zellen. Zuerst treten solche in den tiefsten Schichten auf. Gegen die Epidermis zu besteht jedoch noch »bei mittelgroßen Kaul- quappen« eine vollkommen zellenfreie Schicht, welche durch homogene Beschaffenheit und dunklere Färbung sich von den tieferen fibrillären und zellenführenden Schichten unterscheidet. Darausschließt Maurer, »daß an der Basis der Epidermis eine fortwährende Neubildung von Coriumsubstanz stattfindet, die, wenn man sie von Zellen ableitet^ was wohl das einzig Verständliche ist, nur von den basalen Epider- miszellen gebildet sein kann« (1. c. S. 134). Bei einem etwas älteren Stadium findet man in der Gegend der ersten großen Hautdrüsen >die Epidermis von der fibrillären straffen Lederhaut abgedrängt« und zwischen beiden eine neue Schicht entwickelt, »welche allmählicl später um den ganzen Körper ausdehnt«, die »lockere Corium 1 D. h. bei Larven, bei welchen eben die hinteren Exl o als kleine Höckerchen äußerlich sichtbar sind (I.e. S. I2fi - 22 August Schuberg, Die Basalfläche der tiefsten Epidermislage zeigt hier in das Corium eindringende Fortsätze, welche sich mit Fortsätzen der Coriumzellen verbinden sollen. Aus diesem Befunde, wie aus dem »Herausrücken« des größten Teiles des Zellkörpers einzelner Zellen aus der Epidermis in das Corium hinein, wird geschlossen, daß die im lockeren Binde- gewebe zwischen der Epidermis und dem »straffen Corium << gelegenen Zellen wenigstens zum Teil aus der Epidermis stammen, von der sie sich abgelöst haben (S. 138). Ein andrer Teil dieser Zellen stammt jedoch sicher aus dem unter dem straffen Corium gelegenen Bindege- webe. Aus den oben erwähnten »birnförmigen Zellen« bilden sich durch mehrfache Teilung mehrzellige Epidermiszapfen, welche zu den glatten Muskelzellen der Haut werden, die somit ebenfalls ectoder- maler Herkunft sind (S. 140). — Die Hauptzüge der eben geschil- derten Coriumentwicklung hat Maurer später bei andrer Gelegenheit wiederholt (98, S. 331 ff.). Die neuesten Untersuchungen über die Entwicklung des Coriums der Amphibien dürften wohl diejenigen sein, welche ich selbst gelegent- lich meiner Studien über Zellverbindungen veröffentlicht habe. Da ich unten auf sie zurückzukommen habe, kann eine genauere Ausführung meiner Ergebnisse an dieser Stelle unterbleiben. II. Zur vergleichenden Anatomie des Coriums. Als Corium oder Lederhaut wird der dem Mesoderm 1 ent- stammende bindegewebige Teil des Integuments bezeichnet. Während aber nach außen hin, gegen die Epidermis zu, durch diesen andern Teil des Integuments eine sichere klare Abgrenzung des Organs ge- geben erscheint, bedarf die Festsetzung der inneren Abgrenzung be- sonderer Erörterung. Bei den cranioten Wirbeltieren bezeichnet man allgemein eine zwischen Integument und Muskulatur liegende, eben- falls bindegewebige Schicht als »Unterhautbinde gewebe<<, und es erhebt sich daher die Frage, ob und wodurch diese, ihrer geweblichen Zusammensetzung nach mit dem Corium übereinstimmende Schicht sich von diesem in bestimmter Weise abgrenzen läßt? Daß eine solche Erörterung nicht überflüssig ist, ergibt sich dar- aus, daß die innere Grenze des Coriums von den einzelnen Autoren tatsächlich in verschiedener Weise gezogen wurde ; es ist daher schon im Interesse der gegenseitigen Verständigung geboten, wenn möglich, 1 Von der abweichenden Ansicht Maurers und Gegenbaurs wird unten noch die Rede sein. Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. L'"< eine Einigung hierüber herbeizuführen. Um dies tun zu können, ist es allerdings notwendig, der späteren Darstellung etwas vorzugreifen Wie aus der Zusammenstellung der Literatur hervorgeht und ja auch allgemein bekannt ist, besitzt die Lederhaut einen aus straffem oder kompaktem fibrillären Bindegewebe bestehenden Teil, der insbe- sondere auf senkrechten Schnitten durch die Haut deutlich eine »Schichtung« erkennen läßt, wie zuerst Ascherson (40, S. 18), richtiger dann Rathke (47. S. 338) erkannt hat. Nur einige der verschiedene): Rp.np.nTiimgp.Ti dieses Teiles des Coriums seien erwähnt. Stikma (65, S. 57) bezeichnet ihn als »wagerechte Schicht«, Leydig (68, S. 29) als » die eigentliche Grundmasse der derben wagerechten Lage n «, später meistens als den »Grundstock der Lederhaut<< (76). Paulicki (85) als »innere Cutislamelle «, ich selbst als »Innenlage << des Coriums (03).- Gaupp (04, S. 486) schließlich als »Stratum compactum«. Diese Schicht muß nach meiner Ansicht als die innerste Partie des Coriums angesehen werden, wie ich schon früher ausgeführt habe (03, S. 205) und wie vor mir schon von andern Autoren und nach mir auch von Gatjpp betont wurde. Alles, was nach innen von ihr, bis zu dem die Muskulatur umhüllenden Bindegewebe hin folgt, bildet das »Unter- hautbindegewebe«. Manche der früheren Autoren, besonders Ley- dig, hatten noch Teile von diesem als zum Corium gehörig betrachtet; LEYDIG spricht wiederholt von einer aus lockerem Bindegewebe be- stehenden »inneren Grenzschicht«. Den Anlaß zu dieser Auffassung gaben wohl die in der Haut der Anuren auftretenden, besonder- bei den echten Fröschen in sehr ausgedehntem Maße entwickelten Lymphräume der Haut. Durch diese großen Lymphräume, die sog. »Lymphsäcke«, welche als Differenzierungen innerhalb des Unterhaut- bindegewebes aufgefaßt werden müssen, wird bewirkt, daß beim Los- präparieren der Haut bei Anuren, z. B. beim Frosch, der sie nach außen begrenzende Teil des Unterhautbindegewebes zusammen mit der eigentlichen Haut abgetragen wird, so daß derselbe als ein Teil der abgezogenen »Haut« erscheint. Da bei geschwänzten Amphibien diese Lymphräume nur geringere Ausdehnung besitzen — daß sie nicht ganz fehlen, haben Paulicki (85, S. 153 wie ich selbst (03, S. 207) gezeigt — , so ist dies hier nicht möglich. Die Entscheidung dafür, daß die von mir als »Innenlage« be- zeichnete Partie des Coriums dessen innere Grenze bildet, dürfte in- dessei] durch die Entwicklung gegeben sein. Denn, wie aus der folgenden Darstellung ersichtlich sein wird, geht sie direkt aus jener Lage fibrillären Bindegewebes hervor, welche als die erste Anlage des 24 August Schuberg, Coriums erscheint; und alle bei älteren Larven und bei erwachsenen Tieren auftretenden Teile des Coriums erscheinen als Differenzierungen, welche zwischen der ihr schon frühzeitig von innen her anliegenden Zellenschicht, dem sogenannten »Coriumepithel«, und der Epidermis auftreten. Seinem histologischen Charakter nach besteht das Corium hauptsächlich aus fibrillärem Bindegewebe, das seine Hauptmasse aus- macht. Ihm gesellen sich bei : elastische Fasern, gallertige Intercellu- larsubstanz, Pigmentzellen, glatte Muskelfasern, Blutgefäße und Nerven. Für die letzteren bietet das Corium nur das Substrat, durch welches sie an die Epidermis gelangen; ich werde sie hier beiseite lassen, ebenso wie ich das Pigment und die Blutgefäße nur beiläufig erwähnen werde. Das Pigment und seine Verteilung sind vielfach Gegenstand be- sonderer Studien geworden, besonders mit Rücksicht auf die Frage des Farbwechsels und die Genese des Pigments. Seine Darstellung bildet daher ein besonderes Kapitel, das den Rahmen der hier vorliegenden Aufgabe überschreiten würde ; überdies hat erst vor kurzem Gaupp in ziemlich ausführlicher Weise die hierüber bekannten Tatsachen zu- sammengefaßt (04, S. 497). Die Verteilung der Blutgefäße bedarf dagegen einer noch etwas genaueren Erforschung mit Hilfe der Methoden der Injektion; bis jetzt liegen nur für den Frosch (vgl. Gaupp, 04), sowie für Salamandra, Triton und Spelerpes (Bethge, 98) derartige Untersuchungen vor, aus denen hervorgeht, daß eine, eingehendere vergleichende Untersuchung großes Interesse insbesondere für das Problem der Hautatmung besitzt. Schließlich möchte ich noch betonen, daß ich die spezielle Oberfläche ngestaltung des Coriums, die Bildung von Papillen und die Art der Begrenzung gegen die Epidermis hier ebenfalls übergehen werde. Auch dieser Gegenstand dürfte eine besondere Darstellung erfordern. Ich verweise einstweilen auf die Schriften von Leydig (76a; 76b) und Merkel (80). Die nachfolgende Darstellung wird sich also im wesentlichen mit der Schilderung des fibrillären Bindegewebes, der elastischen Fasern und der glatten Muskeln zu befassen haben, welche indessen auch ge- nügen, um die wichtigsten Grundlagen für eine vergleichend -anato- mische Betrachtung des Coriums zu schaffen. Diese soll aber die Hauptaufgabe der vorliegenden Zusammenfassung bilden. iH'iträm' zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 25 Bei der angegebenen Begrenzung des »Coriums« nach innen zu kann man an allen jenen Körperabseknitten erwachsener Tiere, an denen es zu voller Ausbildung gelangt ist, drei Lagen unterscheiden. die ich als: innere, mittlere und äußere Coriumlage bezeichnen will, wie ich es schon seinerzeit bei meiner Bearbeitung des Coriums des Axolotl getan habe (03, S. 205). Da diese sehr ausführlich ist, werde ich, um unnötige Wiederholungen zu sparen, öfter auf sie ver- weisen können. Daß der Axolotl der Hauptsache nach noch einen larvalen Charakter besitzt, wird dem keinen Eintrag tun, da große, -isrlilechtsreife Tiere natürlich schon sehr weit in ihrer Entwicklung fortgeschritten sind. Wie weit übrigens die bei ihnen ausgebildeten Verhältnisse bei der Entwicklung zum Amblystoma noch verändert werden, vermag ich leider bis jetzt nicht zu sagen. — Eine Besprechung in besonderen Abschnitten erfordern die »perforierenden Stränge« der Anuren. 1. Die innere Coriumlage. Die innere Coriumlage besitzt bei allen Amphibien, welche ich untersuchen konnte, ihrer Hauptmasse nach den gleichen Bau, den ich beim Axolotl beschrieben habe. Unterschiede zwischen den einzelnen systematischen Gruppen bestehen nur in der Ausbildung der elastischen Fasern, in der Durchsetzung mit besonderen »perforierenden Strängen* und in der Art der Begrenzung gegen die mittlere Lage. a. Die collagenen Bündel. Die Hauptmasse läßt in senkrechten Durchschnitten überall die charakteristische horizontale »Schichtung« und im Flächenbilde ebenso die typische Kreuzstreifung erkennen, welche beide auf der Anordnungsweise der collagenen Bindegewebsbündel beruhen. Wie die literarische Übersicht zeigt, wurden über das Zustandekommen dieser Schichtung und Kreuzstreifung im wesentlichen zwei Ansichten ge- äußert. Nach der einen » sind die Bündel des Bindegewebes so ge- ordnet, daß sie je nach der Dirke der Haut verschiedentlich viele und der Epidermis parallele einfache Schichten zusammensetzen, in deren sie in einer und derselben Richtung verlaufen, dagegen sich mit denen der nächstfolgenden Schichten unter ziemlich rechten A\ in- keln kreuzen«' (Rathke, 47, S. 339), nach der andern aber bildet jede Schicht für sich eine Lamelle, die selbst wieder aus ungefähr rechtwinkelig sich durchkreuzenden feinsten Fibrillen züsam gesetzt wird; in letzterem Sinne sprachen sich namentlich Szoz 26 August SSchuberg, für den Frosch (67, S. 32) und C. Rabl für den Salamander aus (89, S. 52) ; neuerdings hat auch Gaupp für den Frosch sich dieser Ansicht angeschlossen (04, S. 490). Ich selbst habe nun für den Axolotl gezeigt, daß »die einzelnen Schichten nicht größeren, aus gleich gerichteten Bündeln bestehen- den Lamellen entsprechen, sondern daß schon nach relativ kurzem Verlaufe sich die Bündel, wie in der zur Hautoberfläche parallelen Richtung so auch in andern Richtungen zerteilen, so daß die Bündel aufeinander folgender Schichten also auch von innen nach außen sich miteinander maschenartig verbinden«. Das Corium besitzt also den Bau eines Maschen- oder Schwamm Werkes, dessen einzelne Balken aus den gesetzmäßig an- geordneten »Bündeln« bestehen; jedes Bündel ist aber kein selbstän- diges Element, sondern kommt durch Zerteilung der Enden andrer Bündel zustande (03, S. 213). Indem ich für die genauere Begründung dieser Auffassung, welche mir für das Verständnis der Genese der Struktur von Bedeutung zu sein scheint (s. unten), auf meine frühere Darstellung verweise, möchte ich nur nochmals wiederholen, daß alle andern von mir untersuchten Amphibien den gleichen Bau der ge- schichteten inneren Coriumlage zeigen, wie der Axolotl, was ich auch früher schon in einer Anmerkung erwähnt habe (03, S. 212). Auch die aufsteigenden, die »Schichten« einzeln oder zu wenigen senkrecht durchsetzenden Bündel, die ich beim Axolotl (03, S. 215, Fig. 4, 6, 10, 17 u. a.) genauer beschrieben habe, kommen allen Am- phibien zu, wie ich am andern Orte schon beiläufig bemerkte (S. 218). Zuerst hat sie wohl Leydig beobachtet (76a, S. 224), welcher von Bündeln spricht, welche »die kleinen Lücken der derben Bindesubstanz durchsetzen«; später wurden sie von Herrick und Coghill (98) irrtümlicherweise als Nerven beschrieben, was ich selbst berichtigte (03, S. 216), während sie dagegen von Gaupp richtig dargestellt wurden (04, S. 491). Sehr schön sind sie bei Proteus zu beobachten, von wo ich sie kürzlich abbildete (07, Fig. 23), aber auch bei andern Formen, z. B. Salamandra maculosa (Taf. I, Fig. \a). b. Elastische Fasern. Bemerkenswert ist die Verschiedenheit, welche die Innenlage hin- sichtlich des Gehaltes an elastischen Fasern aufweist. Von den älteren Autoren erwähnte Leydig (57, S. 79), daß diese sich in den »unteren Lagen« des Coriums zu kontinuierlichen Netzen vereinigen. Da das, was er als »untere Lagen« bezeichnet, mit dem »Unterhaut- Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 27 bindegewebe« identisch ist, ist es nur eine Bestätigung seiner Angabe, wenn später Eberth (»>*.)) von dem Vorkommen »zahlreicher elasti- schei Fasern« in dem »eigentlichen Unterhautzellgewebe« berichtet. Kbkkth hebt außerdem hervor, daß elastische Fasern »der eigent- lichen Cutis mangeln«, was zuletzt auch Tonkoff (00, S. 98) be- stätigte. Ich selbst habe ihre Verteilung beim Axolotl (03) und bei Proteus (07) geschildert. Der Vergleich der früheren und meiner noch unveröffentlichten Beobachtungen ergibt nun. daß Urodelen und Anuren ein verschie- denes Verhalten erkennen lassen. Für den Axolotl habe ich gezeigt (03, S. 228, Fig. 15), daß das Unterhautbindegewebe zahlreiche, in gekreuzter Richtung verlaufende, sich auch netzartig verbindende elastische Fasern besitzt, wodurch die Angabe der älteren Autoren bestätigt wird. Von dieser Schicht aus steigen, anscheinend stets dem Verlaufe der aufsteigenden Bindegewebsbündel folgend, gerade oder etwas gewellte Fasern senkrecht durch die Innenlage auf (03, Fig. 14. 17. 18) und treten, mitunter sich gegen die Epidermis zu gabelnd (03, Fig. 17), in der Regel aber unverzweigt, in die mittlere Coriumlage ein. Nur selten findet man winkelig umbiegende, dem horizontalen Verlaufe der collagenen Bündel folgende Fasern. Im all- gemeinen sind sie noch ziemlich dünn, worin sich der noch teilweise larvale Charakter des Axolotls ausspricht. Das gleiche Verhalten zeigen das Unterhautbindegewebe und die [nnenlage des Coriums bei Proteus (07), nur sind die Fasern kräftiger entwickelt und zeigen zum Teil auch horizontalen, d. h. der Schichtung parallelen Verlauf1. Vergleicht man nun hiermit die Haut von Salamandra maculosa, so bemerkt man, daß hier das gleiche Verhalten, nur noch kräftiger und deutlicher ausgeprägt, sich kundgibt (Taf. I, Fig. 2). Das Unter- haut bindegewebe enthält außerordentlich zahlreiche, in mehreren Lagen einander überkreuzende Fasern2. Von ihnen aus entspringen zahl- reiche sehr kräftige Elemente, welche die Innenlage in gerader Rich- tung senkrecht durchsetzen; sie stehen mit denen des Unterhaut binde- gewebes in Verbindung wie der Stamm eines Baumes mit den sich im Grunde verzweigenden und ausbreitenden Wurzeln. Manche der auf- steigenden Fasern sieht man schon innerhalb der Innenlage sich ver- zweigen oder si 34 August Schuberg, größeren Tieren ist hier die Zahl der Bündel , besonders in der inneren Partie der Haut, so groß, daß sie dicht zusammenschließen und die vorher sie trennende gallertige Grundsubstanz mehr und mehr zurücktritt. Mit der Zunahme der Zahl treten auch noch andre Ver- laufsrichtungen hervor, indem die allerdings die Hauptmasse bildenden aufsteigenden Bündel von solchen andrer Richtung durchflochten wer- den. Damit wird der Übergang gebildet zu dem Verhalten der Mittel- lage, wie wir es bei erwachsenen Salamandridenund Anuren treffen, bei denen eine große Anzahl einander durchflechtender Bündel vor- handen ist, von denen aber noch viele senkrecht oder schräg empor- steigen. Die Bündel sind hier dicht aneinander gefügt, anscheinend ohne Ausbildung einer gallertigen Grundsubstanz. Beim Axolotl habe ich die Mittellage senkrecht durchsetzende »säulenartige Züge« von Bindegewebsbündeln gefunden, durch welche die Drüsen mit der Innenlage in Verbindung stehen; sie ent- springen, wie die andern aufsteigenden Bündel, aus der Innenlage, ver- breitern sich gegen die Drüse zu und umfassen sie seitlich (03, S. 222, Fig. 4). Bei Proteus habe ich sie nur mitunter, nicht regelmäßig an- getroffen (07, S. 589). Anscheinend kommt ihnen eine mechanische Funktion zu, indem sie der gallertigen Grundsubstanz als Stütze dienen und deren Durchtränkung mit lymphoider Flüssigkeit gewährleisten (03, S. 223). Bei Anuren fand ich ähnliche säulenartige Züge nur dort, wo die Mittellage eine erhebliche Verdickung zeigt, so besonders bei Rana esculenta in den dorsalen Drüsenwülsten (Taf. I, Fig. 3); sie sind hier jedoch zum Teil mit den »perforierenden Strängen« identisch, auf welche unten noch zurückzukommen sein wird. Ein Teil von diesen bildet genau ebensolche, die Drüsen stützende und sich seitlich um sie ausbreitende Stränge, wie es bei den »säulenartigen Zügen« des Axolotls der Fall ist (Taf. I, Fig. 3, 5, 7). Wenn die Drüsen, wie oft, dicht gedrängt stehen, so ist der Anteil dieser die Mittellage durchsetzenden, sich um die Drüsen ausbreitenden Stränge am Aufbau der mittleren Coriumlage nicht ganz unerheblich, da sie ja zum großen Teil aus Bindegewebsbündeln bestehen (s. unten). Beim Salamander wie bei den Anuren hängt die Dicke der mitt- leren Coriumlage, wie Gaupp schon für den Frosch bemerkt, im we- sentlichen von der Entwicklung der Drüsen ab. Das Verhalten der dorsalen Drüsenwülste von Rana esculenta ist in dieser Hinsicht sehr lehrreich. Seitlich von ihnen enthält die Haut streckenweise gar keine Drüsen, und die Mittellage, die im Drüsenwulst mächtig erhöht war, Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 3-~» verdünnt sich dementsprechend zu einem ganz schmalen Saume. Genau das gleiche Verhalten ist bei allen andern Anuren an entsprechenden Partien zu beobachten; ebenso, auch bei Salamandra maculosa z.B. an der Haut der Kehle (Taf. I, Fig. 2). Übrigens ist beim Sala- mander die Mittellage meistens sehr schmal und zwischen den kleineren Drüsen fast ganz von Pigment erfüllt. Sehr bemerkenswert ist, daß bei den Anuren alle, auch dir größten Drüsen, ganz innerhalb der dadurch erhöhten Mittellage liegen, bei den Kröten sogar die Parotiden und die großen Rückendrüsen. Bei den Salamandern dagegen sind wenigstens die großen Giftdrüsen des Rückens tief eingesenkt: sie liegen nach innen vom ge- samten (Uli um. auch von der Innenlage, im Unterhautbindegewebe (Taf. I, Fig. \ Grundstock < ( innere Lage«), sondern durch die »obere lockere, gefäßtragende Grenzlage« ( »mittlere Lage«) bedingt wird. Eine genauere Untersuchung dürfte wohl auch hier eine »äußere« Lage noch auf- finden lassen. 42 August Schuberg, senkrecht durch die Innenlage auf, geben in diese parallel zur Schich- tung ziehende Fasern ab und strahlen durch die mittlere und äußere Lage pinselförmig bis zur Epidermis hin aus. »Perforierende Stränge« und glatte Muskelzellen fehlen. Die Drüsen liegen nur zum Teil in der mittleren Lage; die Parotiden und die Drüsen der zwei dorsalen Längsreihen, welche embryonal zuerst angelegt werden, durchbrechen das embryonale Corium und liegen ganz im Unterhautbindegewebe. Der Axolotl stimmt mit den einheimischen Salamandrinen in- sofern überein, als die geschichtete Innenlage aufsteigende Bindege- websbündel sowie elastische Fasern enthält und der perforierenden Stränge und Muskelzellen entbehrt; er unterscheidet sich aber durch die Dünne und die mangelnde Schichtung der Außenlage, durch die Entwicklung von gallertiger Grundsubstanz in der Mittellage und durch die Anordnung der Drüsen, welche alle in der letzteren gelegen sind. Die Dünne der Außenlage und die Anwesenheit gallertiger Grundsub- stanz in der dickeren Mittellage hat er ebenso wie die relativ schwache Ausbildung der elastischen Fasern mit allen Amphibienlarven ge- meinsam: dies sind also Charaktere, welche nur zeigen, daß der Axo- lotl bis zu einem gewissen Grade dem larvalen Stadium entspricht — wie auch nicht anders zu erwarten. Die Lagerung der Drüsen bleibt somit als einziger wirklicher Unterschied, dem aber wohl keine zu große Bedeutung beizulegen sein dürfte. Im Unterschiede von den beiden Abteilungen der Urodelen be- sitzen die Anuren vor allem, soweit Angaben hierüber vorliegen, »perforierende Stränge«, welche zum Teil aufsteigende glatte Muskelzellen einschließen. Die Innenlage enthält zwar aufsteigende Bindegewebsbündel, in der Regel aber (abgesehen von den perforieren- den Strängen) keine oder nur wenige elastische Fasern. Die Mittel- lage ist kompakt, scheint keine gallertige Grundsubstanz zu enthalten und wechselt je nach der Einlagerung der Drüsen, von welchen jedoch keine das Corium durchbrechen. Die Gymnophionen schließlich stimmen — nach den Angaben von F. und P. Saeasin (87, S. 79) — mit den Perennibranchiaten durch die Schichtung der äußeren und den »lockeren« Bau der mittleren Lage überein; von diesen unterscheiden sie sich nur durch den Körper ringförmig umziehende, senkrecht aufsteigende »Lamellen« und die Einlagerung von Schuppen. Perforierende Stränge und glatte Muskelfasern scheinen zu fehlen; über die elastischen Fasern ist noch nichts bekannt. Wie diese Zusammenstellung zeigt, stimmt der Bau des Coriums im Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 43 großen und ganzen mit den meist verbreiteten Vorstellungen über die Verwandt schuft sbeziehungen der einzelnen Abteilungen überein und läßt die auch in andern Merkmalen zutage tretende Ursprünglichkeit der Gymnophionen ebenfalls erkennen. Anderseits geht aber aus der Übersicht unsrer Kenntnisse hervor, daß das Corium einer vergleichend -anatomischen Betrachtung nicht nur nicht unwert ist, sondern daß ein weiterer Ausbau der hierzu er- forderlichen Kenntnisse sehr zu wünschen wäre. III. Das Corium der Larven und seine Entwicklung. Es war nicht meine Absicht, die embryonale Herkunft der Elemente des Mesoderms zu untersuchen, welche an der Bildung der Haut, speziell des Coriums sich beteiligen; es kam mir vielmehr nur darauf an, früheste Stadien des Coriums, in denen es schon als solches erkennbar erscheint, zu ermitteln und deren allmähliche Um- wandlung kennen zu lernen. Aber noch in einer andern Hinsicht mußte die Untersuchung eine gewisse Einschränkung erfahren, Die Frage nach der Entwicklung des Coriums ist aufs engste ver- knüpft mit dem Problem der Histogenese der collagenen Ele- mente, des Bindegewebes, ein Problem, über dessen Lösung eine Einheitlichkeit der Meinungen bisher noch nicht erzielt wurde. Eine Lösung desselben gerade am Corium der Amphibien erscheint mir in- dessen ziemlich schwierig; ich bin vielmehr der Ansicht, daß hierzu andre Objekte geeigneter erscheinen, und hoffe dies in späteren Unter- suchungen erweisen zu können. Ich werde daher die Histogenese des Coriums, speziell die Entstehung der collagenen Substanz, hier nur streifen und muß mir vorbehalten, die hierüber geäußerten Anschau- ungen bei andrer Gelegenheit genauer zu begründen. AI »gesehen von dieser hier nur beiläufig zu berührenden Frage, bietet die Ent wickhing des Coriums noch in andrer Richtung ein größeres und allgemeineres Interesse. Mehrfach ist die Meinung ausgesprochen worden, daß noch auf Entwicklungsstadien, in denen die eigent- liche Sonderling der Keimblätter bereits vollzogen ist, die schon zur Epidermis gewordenen Ectodermpartien Zellen abgäben, zui Beteiligung am Aufbau von Organen, welche nach den herrschenden Ansichten auf rein mesodermaler Grundlage entstünden. Zuerst ist diese Meinung für die Entstehung von Skeletgebilden bei Fischen und Amphibien ausgesprochen worden, dann aber auch für die Entwick- lung des Coriums. Da ganz kürzlich erst v. Szily (07) eine ausführ- liche Übersicht der einschlägigen Literatur gegeben hat. darf ich wohl 44 August Schuberg, auf diese verweisen und mich darauf beschränken, allein die für die Entwicklung des Coriums vorliegenden Angaben anzuführen. In erster Linie sind hier die bereits oben erwähnten (s. S. 20) An- gaben Klaatschs (94) und Maurers (95) über die Entwicklung des Coriums der Amphibien zu erwähnen, nach welchen wenigstens ein Teil der Zellen des Coriums aus der Epidermis stammen soll. Viel weiter noch geht Retterer, welcher das ganze Corium wie das Unterhautbindegewebe aus den untersten Zellschichten der Epidermis entstehen läßt, während Kraus (06) für die Reptilien eine Beteiligung der Epidermis am Aufbau des Coriums für wahrscheinlich hält. Aus derartigen Angaben ist der Schluß gezogen worden, daß die Lehre von der »Specifität der Keimblätter« nicht mehr zu Recht bestehe, womit »eines der wichtigsten allgemeinen Resultate der embryo- logischen Forschung« (Ziegler, 02, S. 43) in Abrede gestellt würde. 1. Der Verlauf der Entwicklung. Während ich spätere Larvenstadien von verschiedenen Urodelen- und Anurenarten untersuchte, beschränkten sich meine Beobachtungen an jüngeren Stadien auf den Axolotl. Über sie habe ich schon in anderm Zusammenhange ziemlich ausführlich berichtet (07, S. 559). Maurer (92, S. 342) hatte bei Axolotl-Embryonen von 6,5 und 7 mm Länge eine der Epidermis anliegende »Basalmembran << beschrieben ; bei Embryonen von 9 mm fand er dieser Basalmembran einige platte Zellen fest angelagert, von denen die nicht pigmentierten, hellen, »zur Bildung der Cutis führen«. Daß an der Bildung der Basalmembran das Ectoderm beteiligt ist, betont er bei Darstellung seiner späteren Untersuchungen an Froschlarven ausdrücklich (95, S. 131). Ich selbst habe dann gezeigt? daß die homogene, zellenlose Schicht unter der Epidermis keine Basalmembran, sondern die erste Anlage des Coriums ist, welche sich färberisch schon gerade so verhält wie das Corium der späteren Stadien, über dessen Natur keine Zweifel mehr bestehen. Sie ist bei geeigneter Färbung (besonders nach Mallory) bis gegen die Spitze des Schwanzes hin zu verfolgen. Besonders lehr- reich ist die Untersuchung von Horizontalschnitten; auf ihnen sieht man deutlich, daß das in der Kopf- und vorderen Rumpf region etwas dickere Corium im Schwänze allmählich an Dicke abnimmt, um schließ- lich ganz aufzuhören. Schon bei etwas älteren Larven von 11 — -12 mm ist es aber bis zur Schwanzspitze zu verfolgen. Sowohl auf senkrechten Schnitten wie bei Flächenansicht erscheint diese früheste Anlage des Coriums als eine zusammenhängende Membran. Ob sie, wie Beiträge /.ur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 45 wahrscheinlich, schon vom allerersten Anfang an die sehr bald schon deutlich werdende Ivreuzstreifung besitzt, vermag ich zurzeit noch oichl anzugeben. Ihre Substanz darf man wohl als »Präcolla- gen« bezeichnen, obwohl damit zunächst nichts weiter gesagt ist, als daß später collagene Substanz aus ihr hervorgeht. Wie die erste Anlage des Coriums im Kopfe und der vorderen Region des Körpers dicker ist, als weiter hinten, so liegen ihr hier auch zahl- reichere Zellen von unten her flach an. Ich habe schon früher (07, S. 561) darauf hingewiesen, daß nicht nur die Zahl der Zellen, sondern vor allem auch deren Ausdehnung durch ihre weithin sich erstreckenden Ausläufer größer sind, als aus den früheren Untersuchungen zu ent- nehmen ist. und ich habe daraus geschlossen, daß es nicht notwendig sei, die erste Entstehung des Coriums (der »Basalmembran« nach Maurer u. a.) der Epidermis zuzuschreiben. Diesen Schluß halte ich auch jetzt noch für zutreffend. Ich kann aber nicht umhin, selbst auf eine Tatsache hinzuweisen, welche ihm auf den ersten Blick zu widersprechen scheint. Verfolgt man nämlich die sehr dünne erste Anlage des Coriums im Schwänze di~r Larven, besonders gegen seine Spitze zu, so bemerkt man sowohl auf horizontalen Längs-, wie auf Querschnitten nur ziemlich wenige Zellen, welche dem Corium mit ihrer ganzen Fläche anliegen, und ihre Zahl nimmt gegen die Spitze zu mehr und mehr ab. Daraus echt hervor, daß die dem Corium flach anliegenden Zellen nicht für seine allererste Entstehung in Betracht kommen können. Es läßt sich jedoch zeigen, daß die erste Coriumanlage verbunden ist mit Ausläufern von Zellen, welche in der Mitte der Schwanzflosse liegen; und sie sind es wohl, welche die erste Anlage des Coriums hervorbringen. Diese Zurückführung des Coriums auf Zellausläufer, welche annähernd senkrecht zu ihm aufsteigen, erscheint weniger wunderbar, wenn man weiß, wie die quer durch die Schwanzflosse des Axolotls und andrer Amphibienlarven hindurchziehenden collagenen Bindegewebsfasern ent- stehen. Für sie werde ich an andrer Stelle nachweisen, daß sie auf die gleiche Weise gebildet werden und jedenfalls dann, wenn sie gebildet sind, zu den Ausläufern der sie hervorbringenden Zellen senkrecht schräg gerichtet sind. Wenn also auch der frühesten, sein- dünnen Anlage des Coriums gar keine oder nur wenige ganze Zellen mesoder- malen Ursprunges mit breiter Fläche anliegen, so ist damit noch keineswegs gesagt, daß sie nicht auf die Tätigkeil mesodermaler Zellen zurückzuführen ist. und daß die Epidermis für ihre Bildung verantwort- lich gemacht werden muß. In der vorderen Partie des Körpers liegen jedoch, wie erwähnt, 46 August Schuberg, schon sehr bald zahlreiche Bindegewebszellen und Ausläufer von solchen dem Corium flach an, und bei größeren Larven ist dies Verhalten immer weiter nach hinten zu deutlich ausgeprägt1. An jenen Stellen, an welchen das Corium noch ziemlich dünn ist, hat es noch immer den Charakter einer zusammenhängenden Mem- bran, welche, wie schon manche der älteren Beobachter erkannt haben, eine deutliche Kreuzstreifung erkennen läßt. Sie besitzt den gleichen Bau wie die zarte Außenlage des erwachsenen Axolotls (Schuberg 03, S. 225, Fig. 11), welche ebenfalls eine Kreuzstreifung zeigt und durch kleine runde Lücken durchbrochen ist. Ich glaube, daß diese Kreuz- streifung auf einer besonderen Anordnung der Struktur und zunächst, wenigstens bei ganz dünnen Membranen, noch nicht auf der Anwesen- heit getrennter Bündel beruht, wie sie erst bei etwas größerer Dicke des Coriums zu erkennen sind. Es muß weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben, eine Entscheidung hierüber herbeizuführen. Im wesentlichen den gleichen Charakter behält das Corium ver- hältnismäßig lange bei, bei Salamandra maculosa z. B. bis zum Aus- schlüpfen der Larven. Es besteht aus der ziemlich gleichmäßigen, unter der Epidermis liegenden, zellenlosen Lage von »Präcollagen«, welcher die als das Coriumepithel bezeichnete Schicht von epithelartig angeordneten Zellen innen anliegt (vgl. z.B. Schuberg, 07, S. 562). Mit der allmählich fortschreitenden Dickenzunahme läßt die Lage von Präcollagen, welche vorher nur eine Kreuzstreifung zeigte, immer mehr jene Art von »Schichtung« erkennen, welche für die Innenlage des aus- gebildeten Coriums so charakteristisch ist. Man kann, auf Schnitten, nun schon »Bündel« unterscheiden, und zwar nicht nur parallel zur Hautoberfläche verlaufende, sondern auch aufsteigende, welche die Enden der das Unterhautbindegewebe und die Flossensäume senkrecht durchsetzenden Bündel darstellen. Die Verhältnisse entsprechen ziemlich denen der ausgebildeten Innenlage, sind nur viel feiner. Dieser Bau bleibt im wesentlichen auch dann noch bestehen, wenn von den Zellen des Coriumepithels Fortsätze in das Corium auf- steigen (07, Fig. 2 und 6). Das Coriumepithel wie die das Corium senkrecht durchsetzenden Bündel haben früher wiederholt eine falsche Deutung erfahren. Die letzteren hatte Pfitzner (82, S. 732) für i Auf die dicht unter der Coriumanlage sich ausbreitenden Pigment- zellen soll hier nicht eingegangen werden. Nur das möchte ich erwähnen, daß ich auch bei jungen Larven körnige Zellen fand, deren Körner sich z. B. mit Dahlia stark färbten. Ich glaube, daß es sich um Pigmentzellen handelt, deren » Pigmentgranula « noch farblos waren. Vgl. hierzu Schubebg (03, S. 276). Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 47 Nerven gehalten, welche im Epithel endigen sollten (in den »Eberth- mIi.'h Strängen«), während das Coriumepithel von Canini und G-aule (83, S. 153) als »Nervenplexus« aufgefaßt wurde. Diesen Anschauungen wurde zum Teil schon bald nachher von Mitrophanow (84, S. l'.Ki) wie von Köllikeb (86, S. L5) entgegengetreten. In Wirklichkeit verhält sich das Corium in den fraglichen Stadien (beim Axolotl bei Larven von etwa 50 mm, bei Salamandra maculosa noch bei eben geborenen Larven) tatsächlich in der Art, wie es schon teilweise von Re.mak (52, s. oben) und vor allem von Eberth (66) im wesentlichen völlig zutreffend beschrieben worden ist. Auch die damit ziemlich übereinstimmende Beschreibung Hensens von 1868 trifft in tatsächlicher Hinsicht größtenteils zu; nur ist seine Deutung insofern unrichtig, als er das Corium als »Basalmembran« auffaßt, eine Auffassung und Bezeichnung, welche bis in die neueste Zeit hinein immer wieder zum Vorschein kam, nun aber endlich einmal von der Bildfläche verschwinden sollte. Es ist das um so mehr zu wünschen, als der histologische Begriff der »Basalmembran«, der viel- leicht am besten aus der histologischen Literatur zu streichen würe, nach meiner Meinung ein recht unklarer und unbestimmter ist. Im weiteren Verlaufe der Entwicklung dringen nun, wie ich kürz- lich für verschiedene Formen (Axolotl, Salamander, Unke) nachgewiesen habe (07), in das ( orium von dem unter ihm ausgebreiteten Corium- epithel senkrecht aufsteigende Fortsätze ein, welche sich mit basalen Fortsätzen der untersten Epidermiszellen verbinden und horizontale, d. h. parallel zur Hautoberfläche ziehende Fortsätze abgeben. In gleichem Maße, als das Corium an Dicke zunimmt, wächst auch die Zahl der einzelnen Schichten von horizontalen Fortsätzen. Obwohl ich das Flächenbild dieser horizontalen Fortsätze bei den hier in Rede stehenden jüngeren Larven nicht genauer untersucht habe, darf wohl aus der völligen Übereinstimmung des jungen Coriums mit dem ein- heitlichen Corium der Flossensäume erwachsener Axolotl (vgl. Schu- berg, 03, S. 255; 07, S. 564) gefolgert werden, daß sie nicht nur einfache Fädchen sind, als welche sie in senkrecht zur Hautoberfläche geführten Schnitten erscheinen, sondern einem Maschenwerk angehören, das an seinen Verzweigungsstellen oder Knotenpunkten kleine Protoplasma- ansammlungen besitzt (03, S. 252, Fig. 45). Sobald das Corium eine gewisse Dicke erreicht hat, findet man in ihm außer den immer stärker werdenden Ausläufern der Coriumepithel- zellenauch ganze, kernhaltige Zellen. Ich bin ebenfalls schon früher für die Ansicht eingetreten, daß diese Zellen von unten her, d. h. aus 48 August Schuberg, dem Coriumepithel, in das Corium einwandern (03, S.255; 07, S.565 u. 581), in gleicher Weise, wie eine solche Einwanderung noch an dem einheitlichen Corium der Flossensäume erwachsener Axolotl erfolgt (03, S. 255). Genau entsprechende Bilder, wie ich sie von jenem Objekt zur Stütze meiner Ansicht beizubringen in der Lage war (03, Fig. 52, 38, 44, 51, 42), trifft man im Corium jüngerer Axolotllarven. Ich fand sie vor allem bei einer Larve von 56 mm Länge, bei welcher gerade die ersten Anlagen der großen Hautdrüsen sich zu entwickeln beginnen, in großer Zahl und habe in den Fig. 8 — 15 einige von ihnen wieder- gegeben. Die erste Veränderung der sich zur Einwanderung anschicken- den Zellen des Coriumepithels scheint in einer kugeligen Abrundung zu bestehen, mit welcher eine stärkere Vorwölbung in das darunter- liegende gallertreiche Unterhautbindegewebe verbunden ist (Fig. 8); eine Erscheinung, welche ich auch beim Corium der Flossensäume der erwachsenen Axolotl beobachtete (03, Fig. 52). Wie dort, findet man ferner auch hier Zellen, welche mit ihrem Zellkörper und dem ihn fast vollständig erfüllenden Kern das Corium senkrecht durchsetzen (Fig. 9, 12) und die verschiedensten Stadien der allmählichen horizontalen Um- biegung oder Ausbreitung erkennen lassen. So zeigt z. B. die Fig. 12 eine Zelle, welche sich dicht unter der Epidermis nach rechts umzu- biegen beginnt, und Fig. 10 eine solche, deren hakenförmige Umbiegung noch weiter vorgeschritten ist. Fig. 9 zeigt dagegen den ersten Anfang einer horizontalen Ausbreitung der mit ihrem Hauptteil das Corium senkrecht durchsetzenden Zelle, und die Fig. 11 und 15 lassen erkennen, wie mit der allmählichen horizontalen Ausbreitung der Zelle eine Ver- kürzung der senkrecht aufsteigenden Teile der Zelle Hand in Hand geht. Die Fig. 13 und 14 schließlich machen den Eindruck, als ob die senkrecht aufgestiegenen Zellen sich in einer etwas tieferen Schicht des Coriums ausbreiteten, als sie ursprünglich senkrecht emporgewandert waren. Genau entsprechende Stadien wie vom Axolotl, fand ich bei Larven von Bombinator pachypus Bonap.; sie stimmen dem Wesen nach so weit mit jenen vom Axolotl überein, daß auf eine genauere Be- schreibung verzichtet werden kann. Zur Beurteilung der soeben beschriebenen Bilder ist zunächst zu betonen, daß es sich bei den abgebildeten Zellen tatsächlich um »fixe« Bindegewebszellen1 handelt, und nicht etwa um in oder durch das Corium wandernde amöboide Wanderzellen. Um eine Verwechslung 1 Der übliche Ausdruck entspricht liier zwar nicht mehr dein Wortsinn; er mag aber wohl mit der gleichen Freiheit angängig sein, wie man von der Tei- lung eines »Individuums« bei Infusorien usw. spricht. Beiträgt' zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 49 t:iit solch. 'ii auszuschließen, habe ich nur derartige Zellen zur Darstellung gewählt, welche ich in Dahliapräparaten fand, und bei denen ein mehr oder weniger großes Stückchen des Zellkörpers zeigt, daß die angegebene Verwechslung ausgeschlossen ist. Wie ich früher gezeigt habe (03, S. 295), ermöglichl schon die Form und der Durchmesser der Protoplasma- tbrtsätze eine genügend sichere Unterscheidung zwischen Bindegewebs- zellen und Wanderzellen, so daß also eine Verwechslung mit jenen nicht in Betracht kommt. Da ferner das Corium auf den früheren Stadien zellenlos ist, so können, wTie ausdrücklich betont werden soll, die be- schriebenen Zellformen nur im Sinne einer Einwanderung, und nicht etwa einer Auswanderung, gedeutet werden. Das Wesentliche der obigen Darstellung hat schon Eberth (66, S. l!»l) im allgemeinen durchaus zutreffend beschrieben (s. oben S. 14). Er zeigte, daß in das zuerst zellenlose Corium zahlreiche senkrecht auf- steigende Ausläufer der unter ihm liegenden Zellen eintreten, und gab an, daß sich später »von den unterliegenden Zellen Protoplasma vor- schiebe, welches da und dort schon Kerne führt. << »Diese Protoplasma- klumpen bilden rundliche und längliche mit Ausläufern versehene Zellen — die jungen Bindegewebszellen der Cutis.« Hensen (68, S. 114) leugnete ein »wirkliches Einwachsen der Zellenkörper« in das von ihm als >>Basalsaum« bezeichnete Corium, und, soviel ich sehe, ist erst i . II \i;i. (89, S. 50 f.) wieder für eine Einwanderung von Bindegewebs- zellerj »aus der Tiefe« eingetreten, was Maurer, wenigstens für einen Teil der Zellen, ebenfalls für wahrscheinlich hielt (95, S. 138). Am li K. I . Schneidee spricht von einer Einwanderung der unter dem Corium liegenden Zellen, die er » Corioblasten « nennt (02, S. 815). Ich selbst schließlich habe mich, wie schon erwähnt, bereits mehrfach zugunsten einer Einwanderung ausgesprochen (02, S. 400, 401; 03, S. 255; 07, S. 565 u. 581). Trotz dieser einzelnen, zugunsten der Einwanderung vorliegenden Angaben war es jedoch geboten, auf diese Frage genauer einzugehen, nicht nur weil jene Angaben recht verstreut und wenig beachtet waren, sondern vor allem auch deshalb, weil noch keinerlei durch Abbildungen gestützte Beweise bisher vorlagen1. Der weitere Verlauf der Entwicklung des Coriums ist durch die Untersuchungen von Rabl (89), Maurer (95) und mir selbst (03, 07) klargestellt worden, so daß ich hier, nur um die Darstellung zu ' Meine eignen früheren Abbildungen beziehen sich nur auf die Verhält- nisse ausgebildeter Axolotl, die allerdings an den Flossensäumen mit du embryo- nalen Zuständen übereinstimmen; indessen bedurfte die-; doch wohl eines be- sonderen I Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC IM. 4 50 August Schuberg, vervollständigen, darauf einzugehen brauche, wobei ich mich natürlich kurz fassen kann. Ich selbst habe kürzlich (07, S. 566, 570, 577) gezeigt, daß ein Teil der in das Corium eingewanderten Zellen sich sehr bald in einer Schicht anordnet, welche innerhalb des noch einheitlichen, geschichteten Ge- webes eine bestimmte, der Epidermis unmittelbar anliegende Lage ab- trennt , so daß diese in ähnlicher Weise von einer epithelartigen Schicht begrenzt wird, wie sie an der inneren Grenze des gesamten Coriums im »Coriumepithel« besteht (07, Fig. 6 u. 8). Durch diese Zellenlage wird die erste Scheidung des Coriums in die späteren drei Lagen an- gedeutet, welche bei allen untersuchten Amphibienlarven, sowohl von Salamandriden (einschließlich Axolotl), wie von Anuren und Gymno- phionen auftreten (vgl. z. B. Schuberg, 07, Fig. 14, 15, 18, 22). Zwi- schen jene Zellenlage, welche die Außenlage abgrenzt, und die größere Hauptmasse des Coriums, welche selbst zur Innenlage wird, schiebt sich die aus lockerem fibrillären Bindegewebe bestehende Mittellage ein, für deren genauere Beschreibung ich auf meine früheren Darstellungen, be- sonders vom Axolotl (03) und von Bombinator-L&iven (07) verweisen kann. Ihre Zellen wandern wohl ebenfalls durch die innere Coriumlage herauf, da die Einwanderung in diese auch nach Abtrennung der äußeren Lage noch fortdauert und während des ganzen weiteren Wachstums anhält. Wie ich früher gezeigt habe, findet man in die innere Coriumlage von unten her eintretende Zellen noch bei Axolotln von 128 mm Länge (03, S. 237, Fig. 22 u. 26). Zum großen Teil dienen diese allerdings auch zum weiteren Wachs- tum der inneren Coriumlage selbst, welche, nach dem soeben Aus- geführten, das Wachstum der Hauptmasse des einheitlichen Coriums fortsetzt. Auf eine sehr wichtige Erscheinung des Wachsens der Innen- lage — und das gleiche gilt für alle geschichteten Teile des Coriums — habe ich schon früher aufmerksam gemacht; sie soll auch weiter unten nochmals besprochen werden. Es ist die Erscheinung, daß die Dicke der einzelnen Bündel, welche schichtenweise abwechseln, mit der Größe des Tieres zunimmt, woraus hervorgeht, daß das Wachsen nicht einfach durch eine Anlagerung neuer Bündel erfolgen kann, wie dies von manchen Seiten angegeben wurde, sondern daß die einzelnen Bündel selbst an Dicke zunehmen (vgl. unten S. 55). Während beispielsweise der Durchmesser eines »Bündels« bei einem Axolotl von 128 mm etwa 1,7 u beträgt, wurde bei einem Tier von 220 mm 5 /< gemessen (03, S. 214). Damit soll natürlich nicht gesagt sein, daß eine Vermehrung der Zahl der Bündel überhaupt ganz unterbleibt. Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 5] Bei der Metamorphose der Larven erfolgi jedenfalls eine relativ stärkere Entwicklung des fibrillüren Bindegewebes der mittleren Cori Um- lage, so daß diese die für die ausgebildeten Formen charakteristische kompaktere Beschaffenheit erlangt. Die Entwicklung der elastischen Fasern, auf welche ich hier nicht näher eingehen will, beginnt erst ziemlich spät, wie meine An- gaben für den Axolotl erweisen (03). Nicht eingehen will ich auch auf die Entwicklung des Pigmentes, der glatten .Muskeln der Anuren, der Nerven und Blutgefäße und der die letztgenannten Elemente einschließenden »perforierenden Stränge«. Von den Nerven will ich nur erwähnen, daß sie, wie bekannt, schon außerordentlich frühzeitig zu beobachten sind, insbesondere in Ver- bindung mit den Hautsinnesorganen. Von den Blutgefäßen möchte ich anführen, daß sie, gleichzeitig mit der Ausbildung der mittleren Coriumlage, durch die innere Lage hindurchzutreten beginnen. Die ersten Blutgefäße im Corium fand ich bei einer Axolotllarve von 56 mm Länge in der Gegend der Sinnesorgane der Seitenlinie; die mittlere Coriumlage und ebenso die großen Hautdrüsen fingen gerade an bemerkbar zu werden. Die Entwicklung der letztgenannten Ele- mente verdiente eine besondere FJntersuchung. Eine kurze Besprechung erfordert noch das Verhältnis der Ent- wicklung der Hautdrüsen zur Ausbildung der drei Lagen des Coriums. Wie oben (S. 19) erwähnt, hat zuerst C. Rabl (89, S. 51) angegeben, daß die »Hauptmasse der Cutis« »gleichzeitig mit der Ausbildung der Drüsen und vielleicht in Abhängigkeit davon von der basalen Fläche der Epidermis allmählich abgedrängt wird«, und mit ganz ähnlichen Worten sprach sich auch Maurer in gleichem Sinne aus (95, S. 135; s. oben S. 21); nur hatten beide Autoren die Anwesenheit und die Entstehung der äußeren Coriumlage noch übersehen. Ich selbst habe dann für Axolotl (03, S. 202), Salamander und Unke (07, S. 569 u. 574) gezeigt, dal.i sich das Corium gleichzeitig mit der Entwicklung der Drüsen iti die drei Lagen differenziert und ferner erwähnt, daß die einheitliche Beschaffenheit des Coriums an manchen Körperstellen, vor allem auch an noch im Wachstum begriffenen, wie z. B. den Flossensäumen, bestehen bleibt. Ich habe aber ferner auf eine Eigen- tümlichkeit hingewiesen (07, S. 569), welche bis dahin anscheinend keine Beachtung gefunden hatte, nämlich daß die zuerst entstehenden großen Hautdrüsen der Salamancka-LaTve, die Parotidei) und die zwei dorsalen Längsreihen von Drüsen, die noch einheitliche Coriumanlage durch- brechen und so überhaupt nach innen vom Corium zu liegen kommen. 4* 52 August Schuberg, Das gleiche Verhältnis findet sich, wie ich hier hinzufügen kann, bei den Tritonen. Bei den Anuren dagegen bleiben, ebenso wie bei den Salamandriden die übrigen Drüsen, alle Drüsen nach außen von der Innenlage des Corinms, zwischen dieser und der Epidermis liegen. Diese Tatsache, welche nicht nur einen bemerkenswerten Unterschied zwischen Anuren und Salamandriden ergibt, ist auch in- sofern von Bedeutung, als sie zeigt, daß die Entwicklung der Drüsen und der mittleren Coriumlage zwar gleichzeitig erfolgen, daß jedoch die Anlage der Drüsen nicht als ein die Ausbildung der mittleren Corium- lage ursächlich bedingendes Moment betrachtet werden kann, wie es etwa nach den Worten und im Sinne Kabls vermutet werden könnte. Wenn ein Teil der Drüsen imstande ist, die Coriumanlage zu durchbrechen, dann ist wohl nicht wahrscheinlich, daß durch die andern das Corium rein mechanisch »von der Fläche der Epidermis allmählich abgedrängt wird«. Man könnte ferner auch daran denken, die Tatsache, daß beim Axolotl viele Drüsen die innere Coriumlage gar nicht erreichen, sondern sogar mit dieser durch ziemlich große »säulen- förmige Züge« des Bindegewebes verbunden sind (03, Fig. 4), im gleichen Sinne zu verwerten. Indessen handelt es sich in diesem Falle vielleicht um später entwickelte Drüsen, so daß diese Tatsache weniger in Betracht kommen dürfte. 2. Entstehungsart der collagenen Elemente und Wachstum des Coriums. Eine besondere Erörterung erfordert nun die Frage nach der Herkunft und Entstehungsart der collagenen Elemente des Coriums. Ich habe oben erwähnt, daß ich die Bildung der ersten, noch dünnen Coriumanlage den Ausläufern der aus dem Mesoderm stammenden Bindegewebszellen zuschreibe. Wie erfolgt nun aber das weitere Wachstum, vor allem die so erhebliche Dickenzunahme des Coriums, und auf welche Weise erreicht es die durch die Anordnung seiner collagenen Elemente gegebene, so charakteristische Struktur? Wenngleich es außerhalb des Kahmens dieser Darstellung liegt, diese wichtigen Fragen ausreichend und abschließend zu beantworten, was wohl nur auf Grund einer endgültigen allgemeinen Lösung des Problems der Histogenese der collagenen Elemente geschehen kann, so glaube ich doch, daß gerade die Entwicklung des Coriums vielleicht mancherlei Erscheinungen zeigt, welche geeignet sind, in jenes inter- essante Gebiet wenigstens etwas hineinzuleuchten. Während Leydig ganz allgemein davon gesprochen hatte, daß Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. .V; »die homogenen Lagen« des Bindegewebes, »durch Zellabscheidung nach Art der Outiculaibildungen « eitständen (85, S. L22), isl nach C. Raul (89, S. 50) die erste Coriumanlage, »die erste Fibrillenschichl der Cutis« das »Produkt der oberflächlichsten, dicht unter der Epidermis gelegenen Bindegewebszellen«, und die Mehrschichtigkeil der Cutis wird dadurch erreicht, »daß eine Lage von Bindegewebszellen nach der andern in Cutisgewebe sich umbildet«. Nach Maurer dagegen ist an der Bildung der ersten Anlage des Coriums das »Ectoderm«, d. h. die Epidermis beteiligt (95, S. 131), und die Dickenzunahme des Coriums kommt dadurch zustande, »daß an der Basis der Epidermis eine |. währende Neubildung von ( oriumsubstanz stattfindet, die, wenn man sie von Zellen ableitet, was wohl das einzig Verständliche ist, nur von den basalen Epidermiszellen gebildet sein kann« (I.e. S. 134). Trotz des diametralen Gegensatzes, der zwischen den Ansichten C. Rabls und Maurers besteht, haben sie etwas gemeinsam, nämlich die Vor- stellung, daß die Entstehung der Schichtung durch eine suc- cessive Ablagerung neuer Schichten erfolge, durch eine Ar! von Apposition; der Unterschied besteht nur darin, daß Rabl die Apposition von der unter dem Corium ausgebreiteten Bindegewebs- schicht, also aus dem Mesoderm. Maurer dagegen von der Epidermis, also dem Ectoderm, her zustande kommen läßt. Beide Ansichten stehen mit den von mir beobachteten Tatsachen der Entwicklung des Coriums nicht im Einklang. Ich will zunächst die Frage der Beteiligung des Ectoderms an der Bildung des Coriums, die von Maurer in bejahendem Sinne beantwortet wurde, erörtern. Da ich hierauf schon kürzlich (07) genauer eingegangen bin, kann ich mich kurz fassen. Die Hauptbeweise für seine Ansicht erblickt Maurer darin, daß schon auf frühen Stadien »feinste Fortsätze der basalen Ectodermzellen in die homogene Coriumlamelle eindringen« (95, S. L31) und daß, wie er meint, eine Einwanderung von Epidermis- zellen in das Corium stattfindet. Daß eine solche erfolge, schließt er aus dem Bestehen von Verbindungen zwischen Epidermis- und Binde- gewebszellen. Ich habe demgegenüber gezeigt, daß die Angabe). .Maurers über solche Verbindungen auf einer unzutreffenden Deutung beruhen, und daß das, wTas er als solche deutet, dies gar nicht sind, i vielmehr eine Verwechslung mit in dem lockeren Bindegewebe i mittleren Coriumlage aufsteigenden Bindegewebsbündeln vorliegl (07, S. 576 ff.). Ebenso habe ich schon früher gezeigt, daß für eine Ein- wanderung von Epithelzellen in das Bindegewebe von MAURER keinerlei stichhaltige Beweise gegeben werden, und daß ich selbst niemals etwa- 5-4 August Schuberg, gesehen habe, was in diesem Sinne gedeutet werden könnte (07, S. 584 ff.). Niemals habe ich weder bei Axolotl- noch bei andern Amphibienlarven Zellen gefunden, an welchen eine Einwanderung in das Corium in der Weise zu beobachten wäre, wie ich eine solche für die aus dem Corium - epithel aufsteigenden Zellen wohl einwandfrei nachweisen konnte. Daß schließlich die Tatsache des Bestehens der von mir nachgewiesenen feinen Verbindungsfädchen zwischen Epithel- und Bindegewebszellen nicht als Beweis für eine Einwanderung angesehen werden kann, habe ich ebenfalls schon früher betont und dürfte wohl ohne weiteres ein- leuchten. Mit genau dem gleichen Rechte könnte man aus ihrem Vorhandensein auf eine Einwanderung von Bindegewebszellen ins Epithel schließen: ein Schluß, den noch niemand gezogen hat und wohl auch niemand ziehen wird. Daß die Anlagerung des Coriums an die Epidermis für sich allein nicht dazu berechtigt, das erstere als Abscheidung der letzteren aufzufassen, ist wohl einleuchtend, schon aus dem Grunde, weil die spätere innere Cori Umlage, welche im wesentlichen den gleichen Schichtenbau besitzt, wie das einheitliche Corium früher Stadien, noch recht erheblich weiter wächst, obwohl sie von der Epidermis durch die oft mächtig entwickelte mittlere und die äußere Lage getrennt ist. Damit dürfte wohl gezeigt sein, daß die Gründe, welche von Maurer für eine Beteiligung der Epidermis am Aufbau des Coriums früher Stadien beigebracht wurden, nicht in diesem Sinne verwertet werden können. Aus alledem geht aber ferner hervor, daß die Entwick- lung des Coriums keinerlei Tatsachen zeigt, aus welchen ein Schluß gegen die »Specifität der Keimblätter« gezogen werden könnte1. Aber auch mit der Ansicht Rabls, wonach das Wachstum des Coriums durch eine Art von Appositionsprozeß, durch Anlagerung neuer »Schichten« von innen her, erfolgt, bin ich nicht einverstanden. Ein solches Wachstum ist meiner Meinung nach ausgeschlossen. Schon bei ziemlich jungen Larven läßt das Corium im Flächen- bild die kreuzstreifige, oder, wie sich 0. Schultze (05) nicht unzu- treffend ausdrückt, die »strohmattenartige« Zeichnung deutlich er- kennen, welche die erste Andeutung der späteren Anordnung der Binde- 1 Ich möchte beifügen, daß ich bis jetzt auch keine Beobachtung gemacht habe, Avelche für eine Einwanderung von Zellen der Epidermis zur Be- teiligung am Aufbau von Skeletelementen oder andern Organen zu sprechen scheinen. Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 55 gewebsbündel darstellt, und das gleiche ist bei etwas älteren Larven an solchen Körperstellen der Fall, wo das Corium noch ziemlich dünn ist, wie z. B. an den noch im Wachstum befindlichen Kanten und dem hinteren Ende der Flossensäume. Die Untersuchung auf Schnitten, welche das Corium senkrecht du ichschneiden, zeigt ebenfalls, daß /.war die fibrilläre Schichtung, welche als eine zur Hautoberfläche parallele Streifung erscheint, schon vorhanden ist, aber ohne daß das Corium schon ganze Zellen oder auch nur horizontal sich ausbreitende Ausläufer von solchen enthielte. Da auf entsprechenden, mit Dahlia gefärbten Präparaten die senkrecht durch das Corium aufsteigenden und mit den Epidermiszellen verbundenen Fortsätze der Coriumepithelzellen scharf und deutlich gefärbt sind, so dürfte die Annahme, als ob etwa vorhandene horizontale Ausläufer ungefärbt und deshalb unsichtbar geblieben seien, auszuschließen sein. .Man darf wohl mit Sicherheit behaupten, daß nicht nur kernhaltige Zellen, sondern auch horizontale Ausläufer von solchen dem Corium anfänglich fehlen (vgl. z. B. Schuberg 07, Fig. 9 und 19). Da aber die Schichtung trotzdem schon vorhanden ist, so muß man schließen, daß diese nicht auf einer successiven Um- bildung immer neuer Zellschichten des Bindegewebes be- ruhen kann — im Sinne Rabls — , daß nicht jeder Schicht eine be- stimmte Zellenlage entspricht. Das gleiche beweist ferner das Ver- halten des Coriums auf solchen Stadien, wo es schon horizontale, zur Hautoberfläche parallele Fortsätze der Bindegewebszellen einschließt. Denn die vergleichende Untersuchung von Dahliapräparaten, welche die Zellenausläufer zeigen, von Mallorvpräparaten, welche die fibril- läre Schichtung zur Anschauung bringen, und schließlich von solchen, welche beides zusammen erkennen lassen — die vergleichende \ nter- hung dieser verschiedene« Präparate lehrt, daß die Zahl der über- einander geschichteten Zellfortsätze geringer ist, als die Zahl der erkenn- baren Schichten der collagenen Substanz, ganz abgesehen davon, daß auch in diesen Stadien ganze, kernhaltige Zellen dem Corium noch fehlen1. Vergleicht man schließlich diese jüngeren Stadien des Coriums untereinander sowie mit dem Corium älterer Larven, so erhält man unverkennbar den Eindruck, daß die Schichtung der collagenen Sub- stanz anfangs viel feiner ist als später, und daß die einzelnen, die Schich- tung bedingenden Bindegewebsbündel im Laufe der weiteren Entwick- lung dicker und stärker werden. Für die gleichgebaute Innenlage des i Vgl. z. B. Schuberg (07) Fig. 3, 5, 8, in welchen die Schichten ange- deutet sind, sowie Fig. 17 u. 18 u. a. m. (auch in 03). 56 August Schuberg, Coriums größerer Tiere habe ich diese Dickenzunahme der einzelnen Bündel, wie oben erwähnt, durch Messung direkt bewiesen (03, S. 214). Das gleiche ist der Fall mit den schon frühzeitig erkennbaren, das Corium senkrecht durchsetzenden, aufsteigenden Bündeln. Und da diese in der Regel ziemlich isoliert, meist einzeln verlaufen, so sind sie zur Unter- suchung ihrer allmählichen Dickenzunahme noch geeigneter, als die in alternierend gekreuzten Lagen übereinander geschichteten horizontalen Bündel. An ihnen kann man ziemlich leicht und unwiderleglich fest- stellen, daß jedes einzelne »Bündel« im Laufe der Entwicklung eine Dickenzunahme erfahren muß, genau ebenso wie die die »Schwanzflosse des Axolotls und andrer Amphibienlarven in querer Richtung durch- setzenden Bindegewebsbündel ( »Fasern <<), auf deren Entwicklung ich an anderm Orte zurückzukommen gedenke. Diese Tatsachen beweisen, daß die Dickenzunahme des Coriums nicht durch eine einfache appositionelle Anlagerung neuer Schichten erfolgen kann, sondern daß sie mit einem Dickenwachstum der einzelnen Bündel verbunden ist, daß also das Corium als solches ein in manchem Sinne dem Intussusceptionswachstum vergleich- bares inneres Wachstum besitzt. Auf welche Weise hierbei die ein- zelnen Bindegewebsbündel oder Schichten an Dicke zunehmen, ist eine Frage, die für sich beantwortet werden muß, und es erscheint mir nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern sogar wahrscheinlich, daß bei deren Wachstum tatsächlich eine »Apposition« in Frage kommt. Ich bin nun allerdings der Meinung, daß dieses Wachstum nicht auf einem selbständigen Lebens vorgange der collagenen Elemente selbst beruht, daß es kein autonomes ist, sondern daß es der Tätigkeit und Um- bildung lebenden, in Zellen organisierten Protoplasmas seinen Ursprung verdankt. Obwohl ioh, wie schon früher erwähnt, nicht beabsichtige, hier auf die Histogenese des collagenen Bindegewebes genauer einzugehen, sehe ich mich zu dieser ausdrücklichen Stellung- nahme veranlaßt, um schon von vornherein mich dagegen zu ver- wahren, daß meine Meinung etwa im Sinne der im Laufe des letzten Jahrzehnts von mehreren Seiten verfochtenen Theorie von der Le- bendigkeit der Intercellularsubstanzen verwertet werden könnte. Von Hansen (04), Schaffer (05), Studnicka (03) und ganz neuerdings von M. Heidenhain (07, S. 34 ff.) wird die Ansicht vertreten, daß die Intercellularsubstanzen eine mehr oder weniger große Selb- ständigkeit des Stoffwechsels und des Wachstums besitzen, und daß sie somit nicht als tot, sondern als lebendig zu betrachten seien. Als Hauptbeweis wird die Genese des Knorpelgewebes verschiedener Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. ~>7 Tierformen benutzt. Hierauf einzugehen ist an dieserStelle aal iirlich un- möglich; indessen möchte ich betonen, daß ich die von den genannten Autoren vorgebrachten Gründe nicht als zwingend betrachten kann. Ich halte es vor allein für wahrscheinlich, daß in den noch wachsenden Teilen des Knorpelgewebes mehr lebendes Protoplasma vorhanden ist, als von jenen Autoren angenommen zu werden scheint. Für das Co- riutn ist zweifellos, daß es, wenn auch nicht von Anfang an, so doch ziemlich Erüzeitig, eine recht erhebliche Menge echten Protoplasmas in Form von Zellkörpern und Zellausläufern enthält1. Meine eignen Untersuchungen über Zell Verbindungen (03 und 07) haben gezeigt, daß dies tatsächlich der Fall ist, auch in solchen Stadien, wo dies bis dahin noch vermißt wurde, vor allem auch in jenen, wo das erst zarte und dünne Corium noch keine ganzen Zellen einschließt (07, Fig. 2 — 7; 11 — 13). Jedenfalls ist Protoplasma im Corium in solcher Menge und in derartiger Verteilung vorhanden, daß in dieser Hinsicht keine Schwie- rigkeil besteht, sich ein späteres Wachstum der collagenen Substanz auf seine Kosten vorzustellen, und daß vor allem nichts dazu zwingt, aus dem Mangel lebenden, zelligen Protoplasmas auf ein autonomes Wachstum der Intercellularsubstanz zu schließen. Es kommt hinzu. daß das im Corium vorhandene Protoplasma durch die Zuwanderung von innen her, wie ich sie oben nachgewiesen habe, eine andauernde Vermehrung erfährt, so daß also selbst dann, wenn es selbst nicht zu wachsen imstande sein sollte, das Material zu weiterer Erzeugung collageneT Substanz aus Protoplasma nicht ausgehen würde. Ich möchte diesen Punkt aus dem Grunde nicht unerwähnt lassen, weil ich im geschichteten Gewebe des Coriums bis jetzt noch niemals Mitosen ge- funden habe, auch dann nicht, wenn sie in der Epidermis und im >Co- riumepithel« nicht selten waren. Es ist daher immerhin möglich, daß die Vermehrung des im geschichteten Corium vorhandenen Protoplasmas nicht oder wenigstens nur in geringerem Maße durch Teilung und Wachs- tum der dort vorhandenen Zellen, sondern durch Zufuhr vom Corium- epithel aus erfolg Auf welche Weise nun die collagene Substanz vom Protoplasma gebildel wird, soll hier nicht weiter untersucht werden; wie ich schon oben erwähnte, halte ich das geschichtete Corium zur Entscheidung i Es Lsl mir bei dieser Gelegenheit leider nicht möglich, die Frage ganz all- gemein zu behandeln; ich kann daher auch nicht erörtern, ob nichl vielleicht die Chordascheide niederer Fische, weiche nach v. Ebnek (96) ganz frei von : plasma ist, vielleicht doch feine Zellausfäufer, ähnlich wie das Corium, enthalten könnte. 58 August Schuberg, dieser histogenetischen Frage für nicht sehr günstig, und ich will deshalb hier nicht näher darauf eingehen. Nur einen Punkt möchte ich noch berühren, der zwar auch das Problem der Histogenese berührt, aber doch auch wieder unabhängig davon besprochen werden kann. Ich habe schon bei andrer Gelegenheit die Ansicht ausgesprochen (07, S. 563), daß »die collagenen Fibrillen durch Umbildung des Proto- plasmas der Bindegewebszellen gebildet werden, nicht durch Diffe- renzierung der Grundsubstanz des Bindegewebes, und daß sie ferner nicht als intracelluläre Fibrillen entstehen, wie z. B. Flemming nach- gewiesen zu haben glaubte, sondern, je nach dem Orte der Entste- hung, aus größeren membran- oder zweigartigen Zellenteilen, deren fibrillärer Zerfall, schon während der Entstehung selbst, durch bestimmte im wachsenden Organismus vorhandene Zug- und Druckwirkungen mechanisch bedingt wird«. Wie ich oben schon erwähnt habe, erscheint die erste Anlage des Coriums als eine Membran, gerade so wie die zarte Außenlage des Coriums erwachsener Axolotl (Schuberg, 03, S. 224). Die schon frühzeitig auftretende Kreuzstreifung ist zunächst nur der Ausdruck einer entsprechenden Struktur, und erst später kann man von einzelnen, in gekreuzter Richtung angeordneten, stellenweise durch Zwischenräume voneinander getrennten Bündeln reden1. Die Zer- faserung in einzelne Bündel muß nun, wie ich glaube, ebenso wie die Anordnung der Struktur, welcher sie folgt, eine mechanisch bedingte sein; sie ist der Ausdruck einer funktionellen Selbstdiffe- renzierung, in ähnlichem Sinne, wie dies auch schon Roux und v. Ebner ausgesprochen haben. Diese Ansicht wird gestützt durch die merkwürdige Übereinstimmung zahlreicher Objekte, auf welche bis jetzt nur Biedermann hingewiesen hat (03). Untersucht man die Richtungen der einander überkreuzenden Bündel am Rumpfe, oder noch besser am Schwänze von Amphibien- larven, so sieht man, daß beide Richtungen miteinander ungefähr einen rechten und mit der Längsachse des Tieres einen Winkel von etwa 45° bilden. Die Größe der Winkel ist nicht ganz genau und nur schätzungs- weise bestimmt, jedenfalls aber ist damit der Verlauf der Bündel an- nähernd beschrieben. 1 Ich habe, wie oben (S. 26) erwähnt, am Coriuni des ausgebildeten Axolotl, besonders an der gleich gebauten Innenlage, nachgewiesen, daß es sich nicht um völlig selbständige, frei endigende Bündel handelt, sondern daß jedes Bündel durch die Vereinigung der zerteilten Enden andrer Bündel zustande kommt, in dem schon von Hyktl geäußerten Sinne, daß »das gesamte Bindegewebe des Körpers als ein kontinuierliches Gerüst aufzufassen ist (03, S. 210 u. 213). Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 59 Einen ähnlichen Verlauf von einander überkreuzenden Bündeln ha1 v. Ebneb (96) für die Chordascheide von Myxine, Petromyzon und Adpenser beschrieben; die Verhältnisse sind dort nur insofern ver- schieden, als die Bündel auch innerhalb der gleichen Schicht in be- stimmten nahtartigen Linien wellenartig umbiegen, um einen die vor- herige Richtung kreuzenden Verlauf zu nehmen; jedenfalls aber verlaufen alle Bündel, mit Ausnahme der kurzen Umbiegungsstellen an den >Nähten«, schräg zur Längsachse der Chorda, und alle von innen nach außen aufeinander folgenden Bündel in gekreuzter Richtung. Genau die gleiche Verlaufsrichtung besitzen einige Schichten der so kompliziert gebauten Cuticula mancher Nematoden, wie schon lange bekannt ist, so z. B. bei Ascaris lumbricoides die als »äußere, mittlere und innere Faserschicht « bezeichneten Lagen1, welche gleich- falls in zur Längsachse des Tieres diagonaler Richtung einander über- kreuzen. Von der einfacher gebauten Cuticula der Chaetopoden ist schon lange bekannt, daß sie derartige einander überkreuzende »Linien« er- kennen läßt. Sie wurden früher bald als der Ausdruck besonderer Skulpturen, bald als besondere »Fasern << gedeutet, beruhen aber in Wahrheit auf der besonderen Anordnung der alveolären Struktur der Cuticula. wie zuerst Bütschli (92, S. 89) für die Cuticula von Bran- chiobdella und Sukatschoff für jene von Lumbricus (99, S. 381) nach- wiesen. Daß die kreuzstreifige Struktur der Cuticula bei Oligochaeten wie Polvchaeten sehr verbreitet und wahrscheinlich eine allgemeine ist, zeigt die Zusammenstellung der in der Literatur verzeichneten Fälle, welche schon Eisig (87, S. 318) gegeben hat. Daß in der Cuticula von Insekten gekreuzte Strukturen vor- kommen, ist erst neuerdings von Biedermann (03) wieder erwähnt und genauer ausgeführt worden. Schließlich ist zu erwähnen, daß Bütschli (98) an der Hornachse von Gorgonella (S. 335) und Bütschli (S. 336) sowie Sukatschoff (99, S. 378) an dvn Hornfasern von Hireinia spiralige Kreuzstreifungen nachwiesen, wie sie für viele Pflanzenfasern, besonders Bastfasern, s.it lange bekannt sind. Für alle die letztgenannten Objekte hat Bütschli, für die Hornfasern von Hireinia auch Sukatschoff, gezeigt, daß die Spiralstreifung ebenfalls durch die besondere Anordnungsweise und eine gewisse Umbildung alveolärer Strukturen zustande kommt !■ cO. 1 Vgl. hierzu z. 15. die auf meine Veranlassung und unter meiner Leitung entstandene Arbeit von VAN Bommel (94, Taf. XI, Fig. 3). 60 August Schuberg, Bütschli hat aber außerdem den Nachweis erbracht, daß es mög- lich ist, an wabig gebauten Substanzen unter gewissen Bedingungen gekreuzte Spiralstreifungen herzustellen, und daß diese mit jenen, welche an den in Tieren oder Pflanzen gebildeten Elementen beobachtet wurden, in weitgehendem Maße übereinstimmen. Solche gekreuzte Spiralstreifungen wurden namentlich an gedehnten Fäden von Ge- latine, Gummi arabicum, Collodium duplex und geschmolzenem Kanada- balsam erzeugt (98, S. 191). Es konnte ferner gezeigt werden, daß die Kreuzstreif ung bei Anwendung von Zug auf ein regelmäßiges Waben - werk stets auftreten muß. Bütschli benutzte zu diesem Nachweis in einer Ebene oder in einer Cylinderfläche angeordnete regelmäßige Sechsecke, als welche der Durchschnitt eines regelmäßigen Alveolen - Werkes erscheint, und zeigte, daß, bei Dehnung des einen und Ver- kürzung der beiden andern Seitenpaare der Sechsecke bestimmte, aus ungleichen Seitenpaaren gebildete Linien stärker hervortreten, so daß das Bild einer Kreuzstreifung entsteht. Es ist nun schon von v. Ebner (97, S. 514) der Gedanke aus- gesprochen und weiter begründet worden, daß »die leimgebenden Binde - gewebsfibrillen aus leimgebender Substanz, welche zunächst als nicht fibrilläre, colloidale Masse von den Zellen gebildet wird, unter dem Ein- flüsse orientierter Zug- oder Druckspannung zu bestimmt geordneten Fibrillen wird1. Wie wir mit Roux bei aller Entwicklung die Momente der Selbstdifferenzierung und der Korrelation auseinander zu halten haben, so können wir auch hier an ein Ineinandergreifen dieses doppelten elementaren Geschehens denken, indem zwar wohl die Bildung der leimgebenden Substanz, nicht aber ihre fibrilläre Ausscheidung als eine rein celluläre, von den inneren Bildimgskräften des Protoplasmas aus- gehende Erscheinung wäre.« Gegen diese Anschauung hat sich Biedermann in dem Sinne aus- gesprochen, daß gerade für die erste Entwicklung der Bindegewebs- zellen »die inneren Bildungskräfte des Protoplasmas nicht wohl ent- behrt werden können. Die mechanischen Einwirkungen mögen als auslösende Reize eine Rolle spielen und für die Wachstumsrichtung der Fibrillen maßgebend sein, die Differenzierung derselben aber aus dem Plasma oder einem homogenen Plasmaprodukt ist er geneigt, für einen vitalen Vorgang zu halten« (03, S. 474). Und in gleicher Weise hält es Biedermann »bis auf weiteres für das Wahrscheinlichste, daß die einzelnen Chitinschichten [der Cuticula der Arthropoden] mit allen 1 Muß wohl heißen » werden « ? Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 61 ihren Eigentümlichkeiten entweder unmittelbar ans dein Plasma der Chitinogenzellen sieh differenzieren, oder daß dasselbe in einer zunächst homogenen Suitstanz geschieht, die dann aber ihrerseits notwendig als ein zunächst noch lebendiges Differenzierungs- oder, wenn man will, Absonderungsproduki der Bildungszellen anzusehen wäre« (S. 1:78). Biedermann vermag sich »nicht vorzustellen, wie es durch Zug- oder Druckkräfte irgendwelcher Art möglich sein sollte, eine so absolut regelmäßige Abwechslung des Faserverlaufes in benachbarten Schichten zu erzeugen, ganz abgesehen von der womöglich noch größeren Schwie- rigkeit, die in einzelnen Fällen vorhandene komplizierte Struktur der einzelnen Fibrillen grob mechanisch zu deuten«. Nun hat Bütschli aber, wie oben erwähnt, gezeigt, daß es tatsäch- lich möglich ist. an wabig gebauten colloidalen Substanzen außerhalb des Organismus, auf experimentellem Wege kreuzstreifige Struk- turen zu erzeugen ; für diese hält er es allerdings für wahrscheinlich, daß die Ivreuzstreifung durch der nämlichen Schicht, und nicht auf- einander folgenden Schichten angehörende Strukturen er- zeugt wird. Biedermann hat darin einen der Gründe gefunden, durch welche für ihn die Analogie der natürlich vorkommenden und der künst- lich erzeugten Kreuzstreif ung »sofort alle Anschaulichkeit verliert« S. 168), und welche ihn abhalten, den Versuchen Bütschlis, ebenso wie den früheren Experimenten v. Ebners über die Erzeugung fibril- lärer Strukturen in colloidalen Substanzen, für die Entscheidung der vorliegenden Probleme eine Beweiskraft einzuräumen. Demgegenüber ist es wohl von Interesse, daß das Corium der Am- phibien, wie ich oben mehrfach betont habe, auf seinen jüngsten Stadien, und ebenso die feine Außenlage des Coriums als zusammenhängende, kreuzstreifige Membranen erscheinen. Die Streifung ist zuerst so lein, daß es schwer zu entscheiden ist, ob sie in mehreren Schichten angeofdnel ist oder nicht, wenn aber auch dies letztere der Fall sein sollte, so gehört sie jedenfalls einer zusammenhängenden Mem- bran an, als Ausdruck einer bestimmten Struktur, von welcher ich vermute, daß sie im gleichen Maße eine alveoläre ist, wie jene der ('uticula von Branchiobdella und humbriew I l»i tschli 92, Sukatschoff 99). Der fibrüläre Zerfall triit erst später auf1. Wie Bütschli gezeigt i Nach Laoi esse (03) entstehen die collagenen Fibrillen der Milzkapsel bei Acanthias ebenfalls aus einer zusammenhängenden Membran. Da ich seine Arbeit leider nur aus Referaten kenne, vermag ich mir kein sichi re I rteil dar- über zu bilden, wie weit seine Ansichten und Beobachtungen mit den meinigen übereinstimmen. 62 August Schuberg, hat, werden bei der Dehnung eines Wabenwerkes in bestimmter Rich- tung zur Zugrichtimg liegende Teile dünner, und man kann sich wohl vorstellen, daß bei fortgesetzter gleicher mechanischer Wirkung ein fibrillärer Zerfall eintreten kann. Der fibrilläre Zerfall wäre in diesem Sinne also nur das Ergebnis der Fortdauer der gleichen mechanischen Bedingungen, welche schon die kreuzstreifige Struktur erzeugten. Was nun das Abwechseln der Fibrillen in alternierenden Schichten betrifft, so ist die darin erblickte Schwierigkeit, wie ich glaube, vielleicht doch geringer, als es auf den ersten Blick erscheinen möchte. Denn beim Corium der Amphibien wenigstens handelt es sich gar nicht um streng getrennte einzelne Schichten. Wie ich für die Innenlage des Axo- lotls schon früher, zum Teil in Übereinstimmung mit andern Autoren, ausgeführt habe, gibt es überhaupt keine getrennten Fibrillen - bündel, sondern jedes Fibrillenbündel entsteht aus den zerteilten Enden andrer Bündel, so daß alle zusammen ein Maschenwerk darstellen (03, S. 212); und dies gilt nicht nur für die Bündel der »gleichen Schicht«, sondern ebenso für die von innen nach außen aufeinander folgenden Schichten. »Das Corium [der Amphibien] besteht weder aus in ihrer Verlaufsrich- tung alternierenden Lagen von Bündeln, noch aus einander filzartig durchflechtenden Bündeln, wie es für das Corium der Säugetiere und des Menschen vielfach angegeben wird, sondern es hat einen netzartigen oder, noch richtiger gesagt, einen schwammartigen Bau, wobei jedoch die Maschenräume zum Teil durch in andrer Eichtung verlaufende Netzbalken durchzogen werden, die aber alle untereinander in Verbin- dung stehen, und wozu . . . auch die das Corium senkrecht zu dessen Oberfläche durchsetzenden Bündel beitragen« (03, S. 213). Die Maschen dieses rhombischen Maschen werkes sind allerdings sehr spitzwinkelig. Ich bin nun der Meinung, daß gerade so, wie bei Dehnung eines ebenen, aus regulären Secksecken bestehenden Maschen werkes, unter Verlängerung bzw. Verkürzung bestimmter Seitenpaare, eine scheinbar aus einzelnen Rhomben zusammengesetzte Kreuzstreifung zustande kommt, bei bestimmter mechanischer Inanspruchnahme eines aus mehreren Schichten regulärer Alveolen angeordneten Waben werkes in entsprechender Weise bestimmte Flächen gedehnt, andre dagegen verkürzt werden, und daß schließlich ein seinem Charakter nach ebenfalls im wesentlichen rhombisches körperliches Maschen werk zustande kommen muß. Ich muß einer mechanisch und mathematisch geübteren Kraft überlassen, diese Ansicht, die ich nur Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 63 per analogiam aufstelle, genauer zu begründen. Ist sie, wie ich glaube hoffen zu dürfen, richtig, dann wäre der oben erwähnte Einwand Bie- dermanns behoben; denn dann wäre, da das Corium (bzw. die Innen- lage) einen seinem wesentlichen Charakter nach sehr spitz winkelig- rhombisch-maschigen Bau besitzt, gezeigt, daß der gekreuztfaserige Bau des Coriums rein mechanisch aus einer mehrschichtig alveolären Mem- bran in analoger Weise entstehen könnte, wie nach den Ausführungen Bütschlis eine Kreuzstreif ung aus in einer Fläche angeordneten regulären Sechsecken, bzw. bei einer einschichtigen Wabenlage, zustande kommt. In gleicher Weise, wie, nach meiner oben geäußerten Vermutung, aus der flächenhaften Kreuzstreifung bei weiterer Fortdauer der gleichen äußeren mechanischen Einwirkung ein fibrillärer Zerfall eintritt, würde ein solcher auch hier die schließliche Folge der Dehnung sein. Die räumliche Anordnung der Fibrillen würde dann mit jener des geschichteten Coriums grundsätzlich übereinstimmen. Ich verkenne durchaus nicht, daß diese Vorstellung weiterer Be- gründung bedarf. Zunächst ist noch der tatsächliche Nachweis zu erbringen, daß die erste membranartige Anlage des Coriums einen alveolären Bau besitzt, was ich indessen für sehr wahrscheinlich halte. Man muß ferner wohl annehmen, daß die präcolloidale oder colloidale Substanz des Coriums im Augenblick ihrer Bildung noch den Charakter eines, wenn auch sehr zähflüssigen Schaumes besitzt. Diese Annahme hat allerdings mancherlei für sich. Wäre die Substanz starr, so müßten bei Dehnung des Wabenwerkes die hierdurch verlängerten Seiten,, bzw. Flächen der Alveolen schließlich durchreißen, während dies bei der Entstehung isolierter Fasern nach der vorgetragenen Auffassung um- gekehrt mit den kürzeren, zur Dehnungsrichtung quer stehenden Seiten der Fall sein muß. Bei zähflüssiger Beschaffenheit der colloidalen Substanz nun würde durch die Dehnung zunächst eine gewisse Umord- nung des Waben Werkes hervorgerufen werden, in ähnlicher Weise wie sie Bütschli (92, S. 32, Taf. III, Fig. 7a und b) bei in Stränge aus- gezogenen, sehr zähen Schäumen wirklich erzeugt hat. Nach seinen Allbildungen scheint es, als ob hierbei eine Veränderung in der Ver- teilung der die Alveolenwände bildenden Substanz eintritt, in dem Sinne, daß die in der Richtung der Dehnung liegenden Wände verdickt, die quergerichteten dagegen verdünnt werden, so daß also ein Abfließen der Alveolarsubstanz in der Dehnungsrichtung stattfände. Etwas ähn- liches müßte auch bei der vermuteten Bildungsweise der präcolloidalen Substanz des Coriums stattfinden. Sobald diese dann während oder unmittelbar nach ihrer Bildung erstarrte, so würden bei Fortdauer der 64 August Schuberg, gleichen Bedingungen tatsächlich die kürzeren und dünner gewordenen Querwände eine geringere Widerstandsfähigkeit gegen eine Dehnung besitzen, als die längs- bzw. schräg zur Dehnungsrichtung gerichteten, und durch ihr Durchreißen würde die fibrilläre Struktur zustande kommen können. Die Vorstellung, daß die colloidale Substanz des Coriums im Augen- blick der Bildung noch zähflüssig ist, ist von der Art und Weise, wie man sie sich entstanden denken muß, bis zu einem gewissen Grade unabhängig und sowohl dann möglich, ja wahrscheinlich, wenn sie durch Umbildung, wie wenn sie durch Abscheidung des Protoplasmas erfolgt; ja sie wäre sogar mit der Annahme einer extracellulären Entstehung vereinbar. Aus diesem Grunde würde die vorgetragene Auffassung auch für die Beurteilung entsprechender Strukturen in cuticularen Substanzen Gel- tung haben, und ich glaube, daß die Kreuzstreifung, welche nach der oben gegebenen Zusammenstellung, bei fibrillärem Bindegewebe wie bei cuticularen Bildungen, und in gleicher Weise bei den den letzteren wahrscheinlich verwandten Hornfasern von Spongien auftritt, auf einer Übereinstimmung in der während der Bildung vorhandenen physika- lischen Beschaffenheit der betreffenden Substanzen, sowie in der Ein- wirkung ähnlicher mechanischer Bedingungen beruht. Wie weit dabei der Bau und die Bildung des fibrillären Bindegewebes mit Cuticular- substanzen übereinstimmen (etwa im Sinne der alten Anschauungen Leydigs), wie weit es sich um Umbildung von Protoplasma oder um Abscheidimg eines Secretes handelt, dürfte, wie schon oben bemerkt, dabei als nebensächlich betrachtet werden können. Daß »Secrete« im Augenblick der Abscheidung flüssig, wenigstens zähflüssig sind, stimmt mit den allgemein verbreiteten Anschauungen überein; die gleiche Be- schaffenheit der in Bildung begriffenen betreffenden Substanzen ist aber auch wahrscheinlich bei Annahme einer Entstehung durch Umbildung von Protoplasma, das nach der Ansicht von Bütschli, dem ich mich durchaus anschließe, die Beschaffenheit eines zähflüssigen Schaumes besitzt. Es bedarf schließlich noch genauerer Untersuchung, ob und in welcher Weise die Anordnung der ersten, durch Zerfaserung der pri- mären Coriummembran entstandenen Fibrillenbündel bei weiterem Wachstum des Coriums etwa verändert wird. Daß eine gewisse Veränderung stattfindet, scheint mir schon die Ausbildung der senk- recht aufsteigenden Bündel zu lehren, deren Entstehung ja durch die von mir vorgetragene Hypothese nicht erklärt würde. Nun darf aber nicht vergessen werden, daß das wachsende Corium von einer nicht Beiträge zur vergleichenden Anatomie usw. der Amphibien. 65 geringe]] Anzahl senkrecht aufsteigender, mitunter ziemlich kräftiger Protoplasmafortsätze durchsetzt wird. Die Vermutung indessen, daß die letzteren an der Bildung der aufsteigenden Bindegewebsbündel be- teiligt sein dürften, ist vielleicht schon aus dem Grunde nicht unbe- rechtigt, weil sie diesen vielfach direkt und unmittelbar anliegen (vgl. z. B. Schuberg 03, Fig. i':>). Ferner aber darf nicht außer acht gelassen werden, daß nach dem ersten Ebrillären Zerfall der primären Coriummembran, vielleicht sogar in unmittelbarem Anschluß an ihn, die oben nachgewiesene Einwande- rung von Zellfortsätzen und dann von ganzen Zellen in das Corium erfolgt. Es ist wohl nicht ungereimt, anzunehmen, daß diese Ein- wanderung i\<>n durch den Zerfall gebildeten Spalten- und Lückenräumen Eolgi . und es isl nicht undenkbar, daß, sobald das diese Räume erfüllende Protoplasma neue collagene Substanz erzeugt, diese in einer Weise an- geordnet werden könnte, durch welche die ursprüngliche, einfach rhombisch-maschige Anordnung irgendwie verändert wird. — Es be- dürfte einer besonderen Erörterung, ob nicht gerade hierbei ähnliche Bedingungen geschaffen werden könnten, wie sie nach den Ausführungen Gebhardts bei der Entstellung der Knochenstrukturen wirksam sind. Daß derartige Bedingungen auch bei der Bildung der collagenen Binde- iiewelisfibrillen in Betracht kommen könnten, erscheint auch \ . Ebneb nicht unwahrscheinlich, der neuerdings, trotz der Einwände Bieder- manns, abermals für die Entstehung fibrillärer Strukturen unter der Einwirkung orientierter Spannungen eingetreten ist (06, S. 336). Wie ich oben schon bemerkte, bedarf die vorgetragene Anschauung über die Entstehung des Baues des Coriums wie der verwandten Cuti- cularstrukturen wohl in mancher Hinsicht noch weiterei' Begründung. Immerhin aber glaube ich, daß durch sie doch gezeigt ist, in welcher Richtung es vielleicht möglich ist, sich vorzustellen, daß zwar die Bil- dung der leimgebenden (und ebenso der cuticularen) Substanz - im Sinne v. Ebners - > eine rein celluläre, von den inneren Bildungskräften des Protoplasmas ausgehende Erscheinung« ist, während dagegen der Sbrilläre Zerfall der von den Zellen zunächst als nicht fibrilläre. colloi- dale Masse gebildeten Substanz unter dem Einfluß orientierter Zug- oder Druckspannung, also auf »grob mechanischem. Wege, zustande komme. »Die Differenzierung der Fibrillen aus dem Plasma oder einem homogenen Plasmaprodukt« brauchte also auch nicht, im Sinne Bie- dermanns, für einen vitalen Vorgang gehalten zu werden. Eine besondere Frage ist es, welchen Ursprunges die bei der Bildung der Fibrillen wirksamen orientierten Zug- "der Druckspannungen sind. Zeitschrift i. wissensch. Zoologie. XC. Bd. j 66 August Sckuberg, Man darf wohl als zweifellos annehmen, daß der in wachsenden Orga- nismen vorhandene »Turgor« hierbei eine wesentliche Rolle spielen wird, den ich überhaupt, ähnlich wie Schaper (02, vgl. z. B. S. 396), für einen sehr wesentlichen Faktor bei der Gestaltung des werdenden Organismus halte. Ob er für sich allein genügen kann, um das Zu- standekommen einer »orientierten Zug- oder Druckspannung« zu er- klären, vermag ich selbst nicht zu entscheiden. Möglicherweise muß man daran denken, daß Ungleichmäßigkeit des Wachstums in ver- schiedenen Richtungen, vielleicht auch die Ausbildung axialer Skelet- organe (Chorda) oder die frühzeitige Entwicklung und Aktivitäts- möglichkeit längsgerichteter Muskulatur von Bedeutung sein könnten. Für letzteres Moment würde namentlich die Analogie der bindegewebigen und cuticularen Strukturen bei Amphibienlarven, Chaetopoden und Nematoden sprechen, bei welchen die Längsmuskulatur überwiegt, oder, wie bei den Nematoden, ausschließlich vorhanden ist. Gegen eine Be- deutung derartiger Momente kann allerdings anderseits die Ausbildung ähnlicher Strukturen bei Insekten geltend gemacht werden, deren Chitincuticula sehr frühzeitig erhärtet und bei welchen jene Momente wohl weniger in Frage kommen können. Jedenfalls ist dies ein Punkt, welcher eine besondere Untersuchung, vorwiegend mechanischer Natur, erforderlich machen dürfte. Heidelberg, den 15. Oktober 1907. Literaturverzeichnis1. 1840. Ascherson, Die Hautdrüsen der Frösche. In: Müllers Arch. f. Anat. u. Physiol. 1840. 1891. D. Barfurth, Zur Regeneration der Gewebe. Li: Arch. mikrosk. Anat. Bei. XXXVII. 1898. E. Bethge, Das Blutgefäßsystem von Salamandra maculata, Triton taeniatus und Spelerpes ruscus usw. In: Diese Zeitschrift. 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Für die collagenen Elemente bewährte sich vor allem die v \\ GiESOKsche Methode (auch in der von Weigert aMgegcbeneM Modifikation) und die MALLORYsche Färbung. Elastische Fasern wurden nach \ W\ -Tynzer oder Weigert, die zelligen Elemente des Bindegewebes mit meiner Dahliamethode nachgewiesen. Zur Einbettung wurde außer Paraffin auch Celloidin benutzt, und zwar bei Untersuchung des Coriums der ausgebildeten Amphibien fast ausschließlich. Erklärung der Abbildungen. Die Figuren wurden unter Benutzung eines ZeissscIicii Mikroskops mit dem ABBEschen Zeichenapparat auf Objekttischhöhe entworfen. Die Angaben über die Schnittrichtung sind stets in Beziehung auf das ganze Tier zu verstehen. Für alle Figuren gültige Bezeichnungen: a, aufsteigende Bindegewebsbündel ; ds, Schleimdrüsen; bg, Blutgi ep, Epidermis; c, Corium; Beneidende Bedeutung halten. Aus äußeren < rründen wird die Darstellung dieser Ergebnisse getrennt als zweiter Teil dieser Arbeit erscheinen. Von der eigentlichen Histologie des Organsvstenis wird hier nichts ab- gehandelt, vielmehr soll der schon zum großen Teil fertige dritte Teil den histologischen Bau der Elemente, also Ganglienzellstruktur, Tigroid- substanz und Chromidialapparai, Neurofibrillen und Muskelinnervation sowie die Glia behandeln. Dort wird dann auch der Platz sein, die gewonnenen Ergebnisse in Hinsicht auf allgemeine Fragen zu diskutieren und die neurologische Literatur zu berücksichtigen. Vor nunmehr 7 Jahren lenkte mein lieber Lehrer, Otto Bütschi.i. meine Aufmerksamkeit auf die Nematoden als besonders interessante Objekte für histologische Studien und legte mir besonders warm das Nervensystem ans Herz. Seitdem habe ich immer zwischen andrer Tätigkeil diesen Gegenstand weiter verfolgt und Stück für Stück ge- fördert, und so ist es mir heute eine besondere Genugtuung, diese Studien als Zeichen der Treue und Dankbarkeit dem hochverehrten Manne widmen zu dürfen. 1. Material und Methoden. Für den vorliegenden ersten Teil der Untersuchung kommt vor- wiegend histologisch konserviertes Material in Betracht. Konzentrierte Sublimatlösung mit oder ohne Eisessig gab auch hier die besten Re- sultate. Längs- und Querschnittserien durch das Vorderende sind not wendig. Die Färbung spielt keine große Rolle, einfaches Delafield- Hamatoxylin genügt für die Erforschung der mikroskopischen Ana- tomie. Natürlich wurden aber auch die nach den verschiedensten Methoden für frühere l'ntersuchungen hergestellten Präparate ver- wandt, ebenso wie die für histologische Zwecke nach den modernen Nervenmethoden hergestellten Präparate. Das Haupterfordernis ist d-r ständige Vergleich guter Totalpräparate des Nervensystems mil Schnittserien. Die ersteren werden folgendermaßen erhalten: Mit einem feinen .Messerchen schneide ich den Hautmuskelschlauch des Vorderendes des Wurmes bis auf den Oesophagus durch, und zwar je nach Bedürfnis lateral oder dorsal. Der Schnitt wird bis zu den Lippen geführt und dann vorsichtig der Hautmuskelschlauch maximal aus- einander gesteckt. Dann wird der Oesophagus mit einer Pinzette nach vorn herausgezogen, wobei bei geschickte! Handhabung das ihn um- schließende Nervensystem auf der l'nterlage liegen bleibt. Mit der Lupe wird zunächst der Erfolg der Präparation festgestellt und dann gefärbt. Als besonders günstig erwies sich hierzu Nissiaches Methylen- 76 Richard Goldschmidt, blau in einer etwas veränderten Anwendungs weise. Ich bringe die Präparate für 6 — 8 Stunden in Nissls Seifenmethylenblau in den Brutschrank von 60°, spüle dann ab und stecke sie in ausgestreckter Lage ins Wachsbecken und härte sie hier mit steigendem Alkohol, übertrage sie dann in Nelkenöl, in dem sie bleiben, bis keine Farbe mehr extrahiert wird (2 — 3 Tage). Durch das Nelkenöl wird in aus- gezeichneter Weise die Differenzierung gerade bis zum richtigen Grad getrieben. In einem solchen Präparat treten die Ganglienzellen je nach ihrem Gehalt an Tigroidsubstanz dunkel oder hellblau hervor und lieben sich von dem gelben Ton des Hautmuskelschlauches ab. Alle Kerne sind intensiv blau, aber auch die vier Körperlinien nehmen Farbe an. Die Nervenfasern bleiben ungefärbt, treten aber meist durch ihre scharfen Konturen deutlich hervor. Die in der Subcuticula verlaufenden erscheinen als ausgesparte weiße Streifen auf hellblauem Grund. Merk- würdig ist nur, daß solche Totalpräparate nicht an frisch konserviertem Material zu erhalten sind. Sie gelingen nur an altem Spiritusmaterial, wie es zu Kurszwecken in jedem Institut vorhanden ist. Um Kontroll- präparate für die Zusammensetzung einzelner Ganglien zu erhalten, kann man auch bei einiger Übung aus einem derart vorbereiteten Prä- parat sie herauspräparieren und beliebig färben. Ferner lassen sich auch lebende Würmer so präparieren und auf diese Weise die lebenden Ganglienzellen wenigstens zum Teil studieren, was für einige Fragen von Interesse ist. Natürlich wurden auch Macerationsmethoden angewandt, die damit erhaltenen Resultate sind aber sehr bescheidene. Um einen Einblick in die Zusammensetzung der einzelnen Nervenstämme wie der Commissuren zu erhalten, bleibt aber nichts andres übrig als die mühevolle Methode der Rekonstruktion aus Querschnittserien. Bei der geringen Zahl der Nervenfasern und ihrem meist recht umfangreichen Querschnitt gibt sie aber sehr zuverlässige Resultate, die sich auch an manchen Punkten durch Längsschnitte oder die Totalpräparate kontrollieren lassen. 2. Historisches. Mit dem morphologischen Aufbau des Nematodennervensystems haben sich seit Anfang des vorigen Jahrhunderts zahlreiche Gelehrte befaßt. Die Grundzüge seiner Anordnung wurden zuerst von A. Schnei- der (1866) richtig erkannt. Seitdem haben sich noch manche Forscher bis in die neueste Zeit hinein bemüht, die Kenntnisse auszubauen, von deren Resultaten, soweit sie das Kopfnervensystem betreffen, im Das Nervensystem von Ascaria hunbricoides und megalocephala; 77 folgenden die hauptsächlichsten wiedergegeben werden sollen. Die erste eingehende morphologische und histologische Darstellung stammt von (). Bütschli (1874). Er findet bei den Ascariden uichl weit hinter dem Vorderende um den Oesophagus einen Nervenring, der von einer äerigen Scheide eingeschlossen ist und 40—50 Nervenfasern von un- gleichem Querschnitt enthält. Von ihm entspringen nach vorn vier Nerven in den Submedianlinien, die nur aus wenigen Fasern bestehen, in die Ganglienzellen eingeschaltet sind. Nach hinten treten aus ihm aus ein mit zwei Wurzeln entspringender Bauchnerv, ein Rückennerv und jederseits ein ventraler Nerv, der in der Subcuticula nach der Seitenlinie hin verläuft. Der Bauchnerv ist faserreicher als der Rücken- nerv, und in seinem Verlauf sind hier und da hinter dem Nervenring Ganglienzellen eingestreut. Der nach den Seitenlinien zu gehende Nerv läuft an dem Ring vorbei in der Seitenlinie nach vorn, erhält hier aber auch Fasern aus dem Ring. In der Seitenlinie sind in seinen Verlauf zahlreiche Ganglienzellen eingeschaltet, von denen auch Fasern nach hinten verlaufen und mit Ganglienzellen zusammenhängen, die in der Nähe der Halspapillen liegen. Von ihnen gehen wahrscheinlich Fort- sätze durch die Gewebsbrüeke, die das Excretionsgefäß trägt, nach der Bauchseite, um sich hier mit Ganglienzellen zu verbinden, die in jener Gewebsbrüeke liegen. Es liegen hier jederseits etwa fünf große und sechs kleinere Zellen. Mit dem Bauchnerv entspringt jederseits ein aus wenigen Fasern bestehender Nerv, der in der Subcuticula sublateral und ventral nach hinten verläuft. Dorsal nehmen die entsprechenden Nerven ihren Ursprung aus dem Nervenring in der Seitenlinie. Die Inner- vierung der Muskeln erfolgt durch Fortsätze, die sie zu den Längs- nerven schicken, die in der Gegend des Schlundringes liegenden senden ihre Fortsätze direkt zum Ring. Dieser Darstellung wird von Hesse '_) nicht viel Neues hinzugefügt. Er gibt an, daß sämtliche Lateral- nerve n entweder durch die ventrale subeuticulare Commissur oder auf der Gewebsbrüeke zum Bauchnerven treten. Er gibt ferner eine genauere Darstellung der Lippensinnesorgane und ihrer Nervenversorgung und schildert die Kommissuren, die rechts und links Rücken- und Bauch - nerv verbinden, von denen die vorderste vor dem Nervenring verläuft und eine Anzahl Fasern der beiden Längsnerven an dem Ring vorbei- laufend verbindet. Die Angaben über die Verteilung der Ganglien- zellen stehen hinter denen Bütschlis zurück. Hamanns (1895) Schil- derung des Nervensystems von Lecanoc&phalus weicht in vielen Punkten von dem für andre Nematoden Bekannten ab. Er findet in dem sonst als fast zellenfrei geschilderten Schlundring gegen l'ii Ganglienzellen. 78 Richard Gcldschmidt, Von ihm sollen unabhängig von den Ganglienanhäufungen acht Nerven- züge abgehen, die als verästelte Bündel die vordere Körpermuskulatur versorgen. Eine ventrale Ganglienmasse verbindet rechte und linke Seitenganglien. Aus neuester Zeit endlich besitzen wir drei eingehende Schilderungen des Nervensystems dreier verschiedener Nematoden von Zur Strassen (1904) für Anthraconema, von Looss (1905) für Ankijlo- stomum duodenale und von Rauther (1906) für Mermis albicans. Dazu kommt noch eine genaue Untersuchung des sensiblen Nervensystems von Ascaris (Goldschmidt 1903). Zur Strassen unterscheidet im Nervensystem von Anthraconema acht gesonderte und scharf begrenzte Ganglien. Ein unpaares Dorsalganglion aus symmetrisch gelagerten Zellen von zwei Größen gebildet, liegt quer über dem Oesophagus. Unter ihm liegt das größere, bohnenförmige Ventralganglion. Am umfang- reichsten sind die beiden Lateralganglien, die mehr als 20 Zellen ent- halten. Nahe hinter dem Bauchganglion liegt links und rechts ein post- ventrales Ganglion und ebenso hinter den Seitenganglien postlaterale Ganglien. Diese Ganglien sind durch verschiedene Commissurensysteme miteinander verbunden. Am stärksten ist die Dorsoventralcommissur oder der Schlundring. Mit den Lateralganglien steht er durch die La- teroventralcommissur in Zusammenhang. Zwischen Lateral- und Post- lateralganglien findet sich die schmächtige Postlateralcommissur und ebenso zwischen Ventral- und Postventralganglien die Postventral- commissur. Von diesem Centralorgan gehen nach vorn und hinten Nerven aus. Ventral entspringt mit zwei Wurzeln der Bauchnerv, der durch den ganzen Körper nach hinten zieht. In den Seitenfeldern entspringen aus dem Schlundring die Quernerven, die zwischen Seiten- feld und oberem Seitenmuskel nach hinten ziehen. Vier Paare von zarten Faserbündeln ziehen vom Schlundring radiär zu den acht Längs- muskelbündeln des Vorderleibes. Zu den Sinnesorganen des Kopfes gehen sechs sensible Nerven, deren Verhalten in den wesentlichsten Punkten dem bei Ascaris nach Goldschmidts Darstellung gleicht. Auf letztere brauchen wir hier nicht näher einzugehen, da ihre Resultate in der vorliegenden Arbeit oft angezogen werden müssen. Zweifellos die gründlichste bisher vorliegende Untersuchung eines Nematoden- nervensystems ist die des Ankylostomum von Looss (1905). Von dem Nervenring oder der Kopfcommissur entspringen direkt fünf Nerven, von denen vier nach vorn verlaufen und die dorsalen und ventralen Kopfpapillen versorgen. Der fünfte tritt in die Rückenlinie ein, bildet hier das kleine Ganglion cephalicum dorsale und verläuft als N. dorsalis nach hinten. Die meisten Fasern des Schlundringes treten in das Das Nervensystem von Ascaris lumbricoides und megalocephala. 79 Ganglion cephalicum ventral«' ein. Hier entspringen alle Sauptnerven des Körpers. Eine starke Commissur geht seitlich unter der Haut zu den (;. cephalica lateralia. Aus zwei Wurzeln entspringt der starke N. ventralis, der in der Bauchlinie nach hinten zieht. Von den Wurzeln geht nach vorn ein kleiner Ast ab, der N. anterior ventralis. In der Richtung des Kopfes setzt sich jedes der Lateralganglien in einen Nerven fort, der die seitlichen Kopfpapillen versorgt. Nach hinten entspringen ebenfalls zwei Nerven, von denen aber nur der stärkere direkt vom ( ranglion kommt, der schwächere kommt durch das Ganglion hindurch vom Kopf und tritt in ein eignes kleines Ganglion hinter dem Lateralganglion ein, das G. cephalicum postlaterale. Dann vereinigen sich beide zu dem N. ventrolateralis, der in der Nähe des Excretions- kanals nach hinten verläuft. Eine einzelne Faser des dicken Nerven spaltel sich ab, um in der Seitenlinie dorsal nach hinten zu verlaufen, der X. dorsolateralis. Ventral- und Lateralganglion sind außer durch die große Commissura cephalica cutanea noch durch eine frei in der Leibeshöhle verlaufende C. cephalica interna verbunden. In ihrem Verlauf linden sich wenige spindelförmige Ganglienzellen. Schließ- lich ist auch das G. postlaterale mit dem G. cephalicum ventrale durch eine direkte Commissur verbunden. — Die jüngste Schilderung eines Nematodennervensystems ist endlich die von Rauther über Mermis all '>;< -tins. Auch hier werden Ventral-, Dorsal- und Lateralganglien unterschieden. Die Lateralganglien enthalten 30 — 40 Zellen, die eine vordere und hintere Gruppe bilden. Von ihnen gehen zwei Commissuren zum Bauchganglion, eine große erste Ventrolateralcommissur, eine kleinere zweite. Im übrigen stimmen die Befunde in den wesentlichen Punkten mit den an andern Nematoden gewonnenen überein. In allen diesen Arbeiten ist, mit Ausnahme der von Bütsciii.i und der speziell der Histologie des sensiblen Nervensystems gewidmeten Arbeit von < ioi.osoii.MioT, über den feineren Bau des Nervensystems nicht viel enthalten. Gelegentliche Angaben über die ungefähre Zahl der in den Ganglien enthaltenen Zellen und die Zahl ihrer Fortsätze, einige Mitteilungen über Hüll- und Stützzellen der nervösen Teile sind alles. Dazu kommt in den älteren Arbeiten eine Diskussion darüber, ob die Nervenfasern glatt oder gestreift oder varikös sind und ob sie eine Hülle (iahen odei nicht. Dem histologischen Aufbau des Neina- fcodennervensystems sind dagegen die Arbeiten von Rohde ( L852, L892) und von Apäthy (1893, 1894) gewidmet. Rohde findet, daß die Nerven- fasern in eine aus groben, regellos und meist sehr eng geflochtenen Faserchen bestehende Scheide und in einen von ihr umschlossenen 80 Richard Goldschmidt, Achsencylinder zerfallen. Das Spongioplasma des Achsencylinders wird von meist längs verlaufenden Fibrillen gebildet, welche im Durch- messer außerordentlich variieren, insofern sie alle Übergänge von un- meßbarer Feinheit bis zur Stärke der Scheidefäserchen zeigen. Die Nervenfasern des Schlundringes sind denen des Mediannerven im wesent- lichen gleich gebaut, durchschnittlich aber bedeutend dünner als diese; während ferner in den Nervenfasern des Mediannerven die feinen Fi- brillen überwiegen, herrschen in denen des Schlundringes die gröberen vor. Neben den Nervenfasern enthält der Schlundring noch ein der LEYDiGschen Punktsubstanz ähnliches, grobkörnig fibrilläres Gewebe, welches durch die Vereinigung von benachbarten grobfibrillären Nerven- fasern entsteht. Diese Verschmelzung wird durch eine Lockerung der Nervenfaserscheide eingeleitet. Die groben Fibrillen des Achsencylinders stehen sowohl in dem Mediannerven als besonders in dem Schlundring in direktem Zusammenhang mit den Fäserchen der Nervenfaserscheide. Diese letztere stellt nur eine Modifikation des Subcuticularfasergewebes dar und unterscheidet sich von ihm nur duich ihr engeres Geflecht. Und da ja die Scheidefäserchen sich nach innen in die mit ihnen histologisch in jeder Hinsicht übereinstimmenden groben Fibrillen des Achsencylin- ders fortsetzen und von letzteren alle Übergänge bis zu den feinsten Fibrillen vorkommen, so stellt das ganze Spongioplasma des Achsen- cylinders ein den Subcuticularfasern histologisch gleichwertiges Gewebe dar, und kann daher in den Nervenfasern nicht das Leitende sein, son- dern nur das Stützgerüst darstellen. Das eigentlich Nervöse ist viel- mehr die vom Spongioplasma umschlossene homogene Zwischensubstanz, das Hyaloplasma. Was die Innervierung der Muskulatur anbetrifft, so zerfallen die Muskelfortsätze vor ihrem Ansatz am Längsnerven durch wiederholte Teilungen in kleinere Zweige, welche sich mit den obersten Nervenfasern der Mediannerven direkt verbinden, und zwar in der Weise, daß an der Antrittsstelle die Nervenfaserscheide gänzlich aufgelöst wird, und die Muskelsubstanz in der Form eines Zapfens mehr oder weniger weit in den Achsencylinder vorragt. Die Zapfen zerlegen sich durch fortgesetzte Spaltung in immer kleinere Stücke, bis schließ- lich ihr Spongioplasma sich in einzelne Fibrillen aufgefasert hat, welche von denen des Achsencylinders nicht mehr zu unterscheiden sind, so daß ein direkter Übergang des Spongioplasmas der Muskel zelle in das der Nervenfaser wahrscheinlich ist. Oft ist keine Zapfenbildung, son- dern nur ein unmittelbares Herantreten des Muskelfortsatzes an den an dieser Stelle der Scheide entblößten Achsencylinder zu beobachten. Auch in diesen Fällen zeigt sich ein deutlicher Zusammenhang von D.is Nervensystem von Ascaris lumbiicoid.es und megalocephala. 81 Muskel- und Nervenfaserspongioplasma. Die tiefergelegenen Nerven- fasern des Mediannerven beteiligen sich entweder indirekt an der Innervation durch Abgabe von Xebenfortsätzen, welche sie mit den obersten Nervenfasern verbinden, oder direkt durch Seitenäste, welche Benkrechl bis zum Innenrande der Medianlinie emporziehen und hier mil den Muskelfortsätzen verschmelzen. Gleich den Nervenfasern können auch die zwischen sie eingeschlossenen Ganglienzellen durch au (steigende Fortsätze mit den Muskelfasern in unmittelbaren Zu- sammenhang treten. Kurz nach dieser Schilderung erschien Apäthys kurze Darstellung, die in eine Arbeit über die Muskelfasern von Ascaris eingestreut ist, und die deshalb von besonderem Interesse ist, weil sie eine der ersten näheren Schilderungen von Apäthys Neurofibrillenlehre darstellt. Dort heißt es über den feineren Bau der Nerven und ihre Verbindung mit der Muskulatur: »Nun muß ich, obwohl ich mich hier so weit als möglich «hu- Schilderung des Nervensystems von Ascaris enthalten will, zu aller- erst betonen, daß ich den Schlundring in meinen Präparaten, im Gegen- satz zu Rohdes Anschauung, lediglich aus einer Anzahl circulär gerich- teter Fibrillenbündel bestehend gefunden habe, deren einzelne Fibrillen, obwohl sie ziemlich wellig verlaufen, und deshalb stellenweise aus dem Schnitt verschwinden, um aber in dem nächstfolgenden aufgefunden zu werden, eine zweifellose Individualität und Kontinuierlichkeit be- zeugen. Sie sind ziemlich dünn, jedoch sehr scharf und dunkel ge- zeichnet.« Mehrere (die meisten) Bündel von Primitivfibrillen biegen ventral wärts, andre dorsalwärts und einige seitwärts ab, um in die entsprechenden Längswülste einzutreten und hier mit der größten Anzahl ihrer Primitivfibrillen einen weiteren longitudinalen Verlauf anzunehmen. Nunmehr erscheinen die aus dem Schlundring heraus- getretenen Fibrillenbündel in den folgenden Schnitten in den Quer- schnitten der betreffenden Nerven. Die Primitivfibrillen, welche in diese eingehen, vereinigen sich vorläufig zu mehreren, und deshalb er- Bcheinen die Querschnitte der Primitivfibrillen in den Längsnerven als- größere, stark glänzende, dunkle Punkte, als es den einzelnen Primitiv- fibrillen des Schlundringes wie man sich auf Längsschnitten durch das vordere Körperende überzeugen kann, entsprechen würde. Eine Anzahl der Primitivfibrillen der aus dem Schlundring herausgetretenen Bündel Trennt sich von den andern, biegt zuvörderst nicht um. sondern gehl durch den betreffenden Längswulst schon in der Höhe des Schlundringes in die Subcuticula hinein. Meist vereinigen sich dann in der Subcuticula mehrere solche leitende Primitivfibrillen. biegen seitwärts Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Xc. Bd. 6 82 Richard Goldsckniidt, um und bilden so eine dickere circuläre Subcuticularfaser. Wieder andre, meist ganz schwache Primitivfibrillenbündel biegen direkt in einen dem Schlundring angelegten Markbeutel oder Markbeutelfortsatz ein. Hier werden sie zu jenen Fibrillen, deren Verlauf wir bis in ihre Endästchen, welche die Mittelfibrillen der Muskelrinde sind, geschildert haben.« Und weiterhin : »Durch das Mitgeteilte ist aber auch ein direkter Über- gang von Subcuticularfasern herstellenden Elementarfibrillen in die der leitenden Primitivfibrillen des Schlundringes bewiesen. Anderseits sah ich wiederholt, besonders im vorderen Körperteile, daß starke Subcuticularfasern, z. B. Circulärtasern, in einen der Seitenwülste ein- tretend, Ganglienzellen zugeeilt sind. In der Nähe derselben ange- kommen, strahlten die sie bildenden feineren Primitivfibrillen, vielleicht schon die Elementarfibrillen, trichterförmig auseinander, nahmen die Ganglienzelle in ihre Öffnung, und umgaben sie ganz in der Weise, wie ich es bei Hirudineen wiederholt geschildert habe. — Auf die Tatsache, daß die Markbeutelfortsätze auch in tieferen Körpergegenden leitende Primitivfibrillen den Muskeln zuführen, und daß sie diese größtenteils von den Längsnerven der Medianwülste her bekommen, will ich diesmal nach dem obigen nicht mehr näher eingehen. Der Übergang der leitenden Primitivfibrillen jener Nerven in die Fibrillen der Markbeutel- fortsätze, welche in ihren verjüngten Abschnitten ganz den Charakter der Nerven meines bündeiförmigen Typus besitzen, um weiter gegen den Markbeutel zu mehr in den röhrenförmigen überzugehen, ist eben- falls direkt nachzuweisen: Bütschlis frühere Vermutungen sind also in dieser Hinsicht vollkommen bestätigt. Die in den Fortsatz einge- lenkten Primitivfibrillen der Nerven werden nicht selten sofort zu einer einheitlichen dicken Fibrille zusammengedrängt, welche anfangs eine solide Achse des Fortsatzes bildet. Später löst sich diese Achse wieder in dünnere Fibrillen auf, was auf Schnittserien unschwer zu kontrollieren ist.« Das Verhalten der Primitivfibrillen innerhalb der Muskelfasern ist folgendes : »Die in unsern Schnitten so scharf gezeichneten Fibrillen- stämme verästeln sich nun im Mark der Muskelfasern in verschiedener Weise und gehen verschiedene Verbindungen mit andern Fibrillen des- selben Charakters ein. Oft setzt ein mittelstarker, etwa 1/2 — 1 j« dicker Stamm den ganzen Markraum des Querschnittbildes der Muskelfaser in schräger Richtung durch, wobei er, wenn er nicht ganz in der Ebene des Schnittes liegt, wenigstens aus den nächst benachbarten Schnitten der Serie sicher zu einem ununterbrochenen Ganzen zu ergänzen ist. Die feinen Endästchen dieser Fibrillen oder ihrer seitlichen I>.is Nervensystem von Ascaris lumbricoides und megalocephala. 83 Zweige begeben sich immer in radiärer Richtung in je einen Zwischenraum der eontractilen Leisten und bilden so die schon erwähnten radiären Mittelfibrillen der Zwischenleiste der Rinde. An diesen Endästchen befinden sich meist eine oder mehrere Ver- dickungen. Die Verdickungen entsprechen jenen, welche man in den Längsschnitten in den Mittelfibrillen, an den longitudinalen Mittel - fibrillen, den Zwischenleisten der Rinde, die ganz denselben Cha- rakter wie die Endästchen, die radiären Mittelfibrillen, besitzen, nur noch etwas feiner sind, wahrnimmt. Auch an dem peripheren Ende des Endästchens befindet sich oft eine kleine Verdickung, oder es scheint mit einem deutlichen Pünktchen, ohne sich zu verjüngen oder zu verdicken, zu enden. In besonders günstigen Fällen glaube ich be- merkt zu haben, daß das Endpünktchen bei Heben oder Senken des Tubus trotz des Verschwindens des Ästchens selbst, im mikroskopischen Bilde in unveränderter Lage verblieb. Demnach ist das schein- bare periphere Ende des Ästchens an den Seitenflächen der Muskelfaser — denn an der äußeren Kante derselben endigen sie nicht einmal scheinbar an der Außengrenze der eontractilen Rinde — bloß die Umlegungsstelle, wo die radiäre Mittelfibrille in die longitudinal gerichtete Mittelfibrille übergeht; und auch die Ver- dickungen sind Stellen, wo sich die longitudinalen und radiären Mittel- fibrillen treffen oder wo sie aneinander übergehen bzw. miteinander durch die Perifibrillärsubstanz verkittet werden, welche an diesen so dünnen Primitivfibrillen in situ anderswo kaum nachzuweisen ist. Anders verhalten sich die radiären Endverzweigungen der im Marke verlaufenden und sich verästelnden Fibrillen, kurz bezeichnet die radiären Mittelfibrillen, auf der äußeren Kante der Muskel- faser. Hier sind sie meist etwas stärker als auf den Seiten; sie passieren alle die Anliengrenze der eontractilen Rinde, nachdem sie. wie es scheint, wenigstens eine Elementarfibiille als longitudinale Zwischenfibrille rechtwinkelig abgegeben haben. Sic begeben sich bald in gerader Linie, radiär oder schräg, bald seitwärts umgebogen, in die Subcuticularschicht hinein, wo sie meist als deutliche Fibrillen eine Strecke weit zu verfolgen sind, um bald mit einer starken ( 'irciilarfibrille der Sub- cuticula zu verschmelzen, oder sich mit einer feineren Fibrille der Sub- cuticula zu vereinigen, welche dann ihrerseits, mit mehreren gleichen Fibrillen vereinig! eine stärkere Subcuticularfaser zusammenzustellen hilft. Gelegentlich ist die aus der Rinde herausgetretene radiäre Zwi- schenfibrille nicht weiter zu verfolgen, sie hörl im Schnitt plötzlich auf: <;* 84 Richard Goldschmidt, offenbar hat sie sicli in diesem Fall anstatt seitwärts, nach oben und unten umgebogen und wurde durchschnitten. Oft sieht man da- gegen an einerKante derMuskelfaser, oder auch gleichzeitig an beiden, die aus der Rinde herausgetretenen radiären Mittelfibrillen, schräg nach außen gerichtet, konvergieren, sich zu einem konisch ausgezogenen Bündel vereinigen, welches sich zu einer stärkeren Faser verdichtet und sich als Circulärfaser der Subcuticula fortsetzt.« Ich habe Apäthys Darstellung wörtlich wiedergegeben, weil wir uns mit ihr werden oft befassen müssen und weil sie, abgesehen von den unberücksichtigten Ganglienzellen, die Quintessenz der Neuro- fibrillenlehre in Anwendung auf ein einfaches Nervensystem enthält1. Auf eine wenig glückliche Antwort Rohdes (1894) auf diese Darstellung, veröffentlichte Apäthy (1894) nochmals eine Darstellung des Ver- haltens der Primitivfibrillen zur Muskulatur mit Abbildungen, die alle Verhältnisse innerhalb der Muskelfasern erläutern, das Verhalten zum Nervensystem aber ganz unberücksichtigt lassen. In Apäthys großer Hirudineenarbeit ist endlich von Ascaris nur sehr wenig die Rede. Über den feineren Bau der radiär gestreiften Ganglienzellen von Ascaris handelt noch eine kurze Mitteilung von Goldschmidt (1903), deren Inhalt aber im folgenden noch eingehender behandelt wird2. I. Teil. Topographie. 1. Übersicht des Baues des Vorderendes von Ascaris. Der folgenden Darstellung der Topographie liegt als Objekt aus- schließlich Ascaris lumbricoides zugrunde, welche kleinere Form wieder gewählt wurde, weil sie für die meisten histologischen Fragen sich günstiger erweist als die größere A. megalocephala. Im Prinzip unter- 1 In einem gegen eine kurze vorläufige Mitteilung zu dieser Arbeit gerich- teten polemischen Aufsatz schreibt Apäthy, daß er »nie imd nirgends eine Dar- stellung des feineren Baues des ^4scan's-Nervensystenis gegeben« habe. Wieviel Berechtigung diese Verwahrung hat, derentwegen er, wie er besonders betont, die Feder ergreift, ist aus vorstehendem Zitat zu ersehen. 2 Während des Druckes dieser Arbeit erschien in den Petersburger Akademie- berichten eine vorläufige Mitteilung von Deineka über das Ascaris -Nervensystem. Eine genaue Besprechung von dessen Resultaten muß bis zum Erscheinen der ausführlichen Arbeit verschoben werden. Enthält sie das gleiche wie jene Mit- teilung, so ist er in eine schier unglaubliche Serie von Irrtümern verfallen, indem er alles, was sich nach intravitaler Methylenbauinjektion bläute, als Teile des Nervensystems beschrieb, und zwar Bestandteile so ziemlich aller andrer Organ- systeme. Das Nervensystem von Ascaris lumbricoidea und megalocephala. 85 scheidet Bich «las Nervensystem bei beiden Können gar nicht. Lüden dieselben Ganglienzellen und Nervenfasern vorhanden sind. Ein Unter- schied besteht nur in der bedeutenderen Größe der Elemente bei Ascaris megalocephala, was für manche lTntersuchungen vorteilhaft, für andre ein Nachteil ist. Im zweiten und dritten Teil dieser l ntersuchunjj wird dann mehr auf die größere Form zurückgegriffen werden. Das Nerven- system unsres Wurmes besteht aus 1) dem Centralorgan. 2) den Längs- nerven des Körpers, 3) einem Spezialcentrum für das Hinterende des Körpers, 4) den sensiblen Nerven mit den Sinnesorganen. Außerdem gehört in den Bereich einer Besprechung des Nervensystems auch die Innervierung der Muskulatur. Mir kam es in vorliegender Arbeit darauf an. ein einfach gebautes Centralorgan möglichst vollständig kennen zu lernen. Dazu ist es aber auch nötig, einmal die sensiblen Bahnen zu kennen, die zum Centrum führen, und sodann die abgehenden moto- rischen Nerven bis zum Muskel zu verfolgen. Das im Vorderende des Körpers gelegene Centralnervensystem von Ascaris nimmt nun nur die von den Sinnesorganen des Vorderendes kommenden sensiblen Nerven auf, so daß für diesen Teil der Aufgabe das Studium des Baues des Vorderendes genügt. Ferner gehen vom Centralorgan sämtliche moto- rische Nerven des Körpers aus, die dadurch ausgezeichnet sind, daß sie sich in bezug auf Innervierung der Muskulatur und gegenseitige Verbindungen in ihrem ganzen Verlauf gleich verhalten, so daß das S1 udium eines kleinen Teiles ein Bild des ganzen gibt. Wir werden dem- gemäß im folgenden nur die im vordersten Ende des Tieres gelegenen Teile des Nervensystems, d. i. Centralorgan, sensibles Nervensystem des Kopfes und den vordersten Abschnitt der motorischen Bahnen zu behandeln haben. Bevor wir zur topographischen Schilderung des Nervensystems übergehen, müssen wir aber kurz den Anteil der einzelnen Organsysteme am Aufbau des Vorderendes von Ascaris schildern. Bekanntlich ver- jüngt sich das vordere Ende des drehrunden Wurmes beträchtlich zu einem spitz zulaufenden Kegel, dessen uns hier interessierender Teil etwa 1 cm lang ist. An der Spitze liegt der terminale Mund, der von drei Gewebswülsten umstellt ist, den Lippen. Eine unpaare liegt dorsal, zwei paarige ventral. Sie sind durch eine Einschnürung \ Körper abgesetzt und in ihrem Innern aus einigen wenigen merk- würdig umgebildeten Zellen aufgebaut, wie ich das früher (1903) aus- führlich dargestellt habe. Aid' ihnen liegen die Hauptsinnesorgane des Körpers, die Lippenpapillen, Hautsinnesorgane von charakteristischem Bau und regelmäßiger Anordnung. Die Oberlippe besitzt jeders 86 Richard Goldsekmidt, eine Papille, die zwei verschieden gebaute Sinnesorgane enthält, jede Unterlippe in entsprechender Lage ein gleiches Organ. Außerdem findet sich in jeder Unterlippe ganz vorn ein weiteres solches Doppel- organ, wie aus Textfig. A hervorgeht, die die drei Lippen von der Fläche gesehen darstellt. Die Lippen sind wie der ganze Körper von einer dicken Cuticula überzogen, die die äußerste Schicht des Körpers darstellt. Unter ihr liegt die sogenannte Subcuticula, die zu einem eigenartigen Syncytium umgewandelte Epi- dermis, von der wir später mehr hören werden. Dorsal, ventral und lateral erhebt sich diese zu in den Körper vorspringenden Wülsten, die wohl richtiger als von der Epidermis aufgelagerten mesodermalen Massen gebildet angesehen werden, den Rücken-, Bauch- und Seitenlinien, deren von dem im übrigen Körper abweichendes Verhalten im Vorderende wir weiter unten Textfig. A. "%/KÜ^ Textfig. B. besprechen werden. Einwärts von der Epidermis folgt die Muskula- tur, die durch die vier Längslinien in ebenso viele Felder geteilt wird. Sie wird aus einer Lage parallel nebeneinander stehender lang Das Nervensystem von Asoaxis lumbricoides und megalocephala. 87 spindelförmiger Muskel/eilen gebildet. In der Achse wird das Vorder- ende von dem cylindrischen Oesophagus durchzogen. Zwischen ihm und der .Muskulatur findet sich ein von Flüssigkeit erfüllter Spaltraum, die sog. Leibeshöhle, die aber nicht als eine solche aufzufassen ist. Textfig. C. Etwa 2 mm vom Vorderende entfernt liegen die Centralorgane des Nervensystems. Vor und kurz hinter ihnen zeigen die Körperlinien einige bemerkenswerte Besonderheiten. Während sie sonst nicht zum Darmkanal heranreichen, sondern frei in die » Leibeshöhle << vorspringen, reichen sie von hier bis zum Vorderende, zum Oesophagus, heran und sind durch mesodermale Gewebspartien um den Oesophagus herum miteinander verbunden. Es ist dies auf dem Querschnitt Textfig. B zu 88 Richard Goldschmidt, erkennen, ferner in der noch oft heranzuziehenden Fig. 13, die das Vorderende von Ascaris darstellt, das zwischen der rechten Seitenlinie und der Rückenlinie der Länge nach aufgeschnitten und nach Herausnahme des Oesophagus ausgebreitet wurde. Hier sieht man vorn eine Gewebs- partie gw wie einen Vorhang ausgespannt, die die Körperlinien mit- einander verbindet. Sie schließt hinten mit der Hauptcommissur, dem Nervenring, ab. Ventral setzt sich dieses Gewebe aber nach hinten fort und bildet eine schon Bütschli bekannte zweischenkelige Gewebsbrücke, die Bauch und Seitenlinie miteinander verbindet. Wir unterscheiden an ihr einen vorderen zarteren Teil, der von dem Nervenring jederseits durch ein ovales Fenster getrennt ist und einen hinteren strafferen, der sich jederseits breit an die Seitenlinien ansetzt. Beide werden in der ventralen Mittellinie durch ein großes, etwa dreieckiges Fenster ge- trennt, zwischen dem und dem bogenförmig abschließenden hinteren Rand der Brücke so eine weitere schmale Brücke zustande kommt. Die ganze Brücke enthält charakteristische Verästelungen des Excretions- kanals, wie ich früher (1906) schilderte, die auch in Textfig. C (S. 87) zu sehen sind. An den beiden vorderen Schenkeln der Brücke ver- laufen die beiden paarigen Ausführgänge dieses Organs und vereinigen sich in der Mittellinie zu dem die Bauchlinie schräg durchsetzenden un- paaren Ausführgang, der mit dem Porus excretorius mündet. 2. Topographie des Nervensystems. Das Nervensystem benutzt als Lagerstätte einmal Subcuticula und Körperlinien, sodann die verschiedenen erwähnten Gewebebrücken. Seine Einlagerung in diese Teile ist aber eine sonst im Tierreich wohl nie vorkommende. Es bildet nämlich keine einheitliche Masse, ließe sich also niemals im Zusammenhang herauspräparieren, sondern ist auch grobmorphologisch in seine einzelnen Komponenten aufgelöst. Die Nervenfasern sind nur in den großen Längsstämmen und Comis- suren zu Bündeln vereint, die dem übrigen Gewebe als eine Einheit gegenüber treten. Vielfach verläuft aber jede einzelne Nervenfaser für sich im umgebenden Gewebe, auch wenn sie peripher oder central zu einem einheitlichen Bündel vereinigt sind. Diese Eigentümlichkeit erschwert einigermaßen eine topographische Schilderung des Baues des Nervensystems wenigstens in bezug auf die Ganglien, die in einzelne mehr oder weniger deutlich getrennte Gruppen einzelner Ganglienzellen zerlegt sind. Man kann aber innerhalb solcher größeren Gruppen wieder kleinere zusammenfassen nach Herkunft und Schicksal der zu den be- treffenden Ganglienzellen gehörigen Nervenfasern. Auf diese Weise erhält Das Nervensystem von Ascaria Lumbricoides und megalocepli alä. 89 man ein Schema des Nervensystems, wie es in Kig# \y Taf. II wiederge- gegeben ist. Ihm der außerordentlich geringen Zahl von Ganglienzellen, die au dem Aufbau des J^ram-Nervensystems teilnehmen, ist es dabei möglich, dal! für eine einzelne oder zwei Ganglienzellen ein Ganglion statuiert werden muß, ebenso wie ein Nerv nur aus einer einzigen Nerven- faser bestellen kann. Fig. 1 stellt das Vorderende von Ascan's mit dem blau eingetragenen Nervensystem dar; die Ganglien sind dunkler ge- tönt. Die wiedergegebene Form der Ganglien ist natürlich, da keine rieht i-jen geschlossenen Ganglienknötchen existieren, stark schematisch. Rückennenr Bauchganglion __-^- BaiicJmerx- Excretionsgefäß Textfig. D. Das centrale < tegau des Nervensystems, um das sich alles gruppiert, ist der sog. Nervenring, der früher für das eigentliche nervöse Centrum gehalten wurde, sich aber als eine große Commissur erwies, die Com- missura cephalica, wie wir sie mit Looss nennen wollen. Sie umgibl geschlossener Ring den Oesophagus, ihm dicht anliegend. Hinter ihm liegt auf der Rauchseite das größte und auch das einzige wahrhaft einheitliche (ianglion. das Hauchganglion oder Ganglion cepha- 90 Richard Goldschmidt, Jferrenrmg licum ventrale, das mit zwei annähernd symmetrischen Schenkeln ventral dem Oesophagus aufliegt und hier die beiden die Excretions- gefäße nach vorn führenden Schenkel der beschriebenen Gewebsbrücken einnimmt. Seine Lage im Körper ist auch aus dem Querschnitt Textfig. D ersichtlich. Nächst ihm erscheint als eine bedeutende Gangiienmasse die Gruppe von Ganglienzellen, die in der Seitenlinie vor, neben und hinter dem Nervenring sich findet und bisher als Lateralgan- glion bezeichnet wurde, das wir aber seiner heterogenen Zusam- mensetzung wegen in mehrere Gan- glien auflösen müssen. Sie sind sämtlich der Seitenlinie eingelagert, wie ein durch diese geführter Längsschnitt, Textfig. E, zeigt, der auch erkennen läßt, daß im Präpa- rat die Trennung der einzelnen Ganglien nicht direkt durchführbar ist. Wir unterscheiden zunächst eine der Commissura cephalica direkt jederseits ansitzende Gruppe von Ganglienzellen als Ganglion cephalicum laterale inter- niim. Es hat einen Abschnitt vor und einen hinter der Commissura cephalica, und von diesem letzte- ren ist ein besonderes kleines Ganglion abgegliedert, das Gan- glion cephalicum laterale in- ternum posterius. Während diese Ganglien in der Seitenlinie dem Oesophagus genähert liegen, findet sich ein weiteres schon mehr nach außen, ebenfalls auf der Höhe der Commissura cephalica liegend, das Ganglion nervi papillaris lateralis majoris. Die hinter diesem folgenden drei in ihrem morphologischen Aufbau sehr ungleichen Lateralganglien sind der Seitenlinie bereits da eingelagert, wo sie hin- ter der Commissura cephalica nicht mehr bis zum Oesophagus her- anreicht. Es ist das kleine Ganglion cephalicum laterale ex- ternum anterius, das größere Ganglion cephalicum laterale Textfig. E. Die schräg stellenden Zahlen bedeuten die Nu merierung der Ganglienzellen, s. u. Das Nervensystem von Ascaris lumbriooides und mcgalocephala. 91 externum mediale und das sehr kleine Ganglion cephalicum laterale externum posterius. Gegenüber dem ventralen Haupt- gangliozi liegi der Commissura cephalica, da wo die Rückenlinie zum Oesophagus heranreicht, dicht an das unpaare kleine Ganglion cephalicum dorsale, und jederseits dicht hinter der Commissura cephalica findet sich mitten zwischen Rücken- und Seitenlinie das sehr kleine Ganglion cephalicum subdorsale. Schließlich haben wir noch als zum Centralnervensystem hinzugehörig die nahe vor dem Nervenring in dem den Oesophagus umgebenden Gewebe ge- legenen Ganglien der Papillennerven zu nennen, die im Bereich der Seitenlinien liegenden Ganglia nervi papillaris lateralis minor is, und die zwischen Rücken- bzw. Bauch- und Seitenlinie gelegenen Ganglia nervi papillaris subdorsalis und sub- ventralis jeder Seite. In dem Schema ist schließlich noch das im Verlauf des Bauchnerven gelegene Ganglion ventrale I eingetragen, das als vorderstes und umfangreichstes peripherisches Ganglion hier noch mitbetrachtet wird. Diese Ganglien stehen untereinander und mit den Körpernerven durch ein kompliziertes Commissurensystem in Verbindung, dessen ('entrinn, die Commissura cephalica, wir bereits kennen lernten. Es wurde auch bereits erwähnt, daß diese früher als das eigentliche nervöse Centralorgan betrachtet wurde, und zwar geschah dies deshalb, weil von ihr aus die Hauptnervenstämme des Körpers abgehen, die wir zuerst betrachten wollen. In der ventralen Mittellinie entspringt der mächtigste aller Nerven, der Bauchnerv oder Nervus ventralis, der vom Oesophagus aus zunächst schräg nach außen, d. i. ventral, verläuft, um dann, der Bauchlinie eingelagert, geradeswegs nach hinten zu ziehen. Wie die Abbildung auch zeigt, liegt er ventralwärts vom Ganglion cephalicum ventrale. Er ist der wichtigste motorische Nerv des Körpers. Ihm gegenüber tritt dorsal aus dem Schlundring, wieder nach außen, also dorsal vom Ganglion cephalicum dorsalis gelegen, der Rückennerv aus, der Nervus dorsalis, der ebenso in der Rückenlinie nach hinter] ziehl und der motorische Nerv der dorsalen Körperhälfte ist. Er ist viel schwächer als der Bauchnerv. Ferner entspringt in der ventralen .Mittellinie dicht neben dem Ursprung des Nervus ven- tralis ein Paar kleiner Nerven, die Nervi subventrales, die in einem Arkadenbogen die Bauchlinie durchsetzen, in die Hypodermis eintreten und lateralwärts verlaufen, um. in der Nähe der Seitenlinie angela.ngt, nach hinten umzubiegen und geradeswegs nach rückwärts zu ver- laufen. Sir sind auch in Fin Ascarie lumbricoides und megalocephala. 91) liegen, also beiden Seiten angehören, jede Zelle der einen Seite ihren spiegelbildlichen Partner auf der andern Seite besitzt. Die Abbildungen, mit denen wir diesen Abschnitt erläutern wollen, sind sämtlich nach Totalprä |>a rat en angefertigt, wodurch es oft scheinen wird, daß die Trennung der einzelnen Ganglien eine ganz willkürliehe ist, da die im Objekt in verschiedenen Ebenen liegenden Zellen in der Zeichnung in eine Ebene projiziert sind. Allerdings liegen aber auch bisweilen Ganglienzellen, die wir verschiedenen Ganglien zuteilen müssen, dicht beieinander und andre, die wir zum gleichen Ganglion ziehen, weit voneinander entfernt. Man wird sich also hieran nicht stoßen dürfen. Um mich in späteren Kapiteln leicht auf jede Ganglienzelle beziehen zu können, sollen sie einzeln durchnumeriert werden, und zwar er- halt--n die Zellen, die auf beiden Seiten spiegelbildlich sind, nur eine Nummer mit dem Zusatz r rechts oder 1 links oder rl rechts und links. Sämtliche im Centralnervensystem von Ascaris vorkommenden Ganglienzellen sind in Fig. 13 so dargestellt, wie sie sich in einem ge- lungenen Flächen präparat bei schwacher Vergrößerung präsentieren. Das Präparat wurde in der im Abschnitt »Methoden« dargestellten Weise angefertigt, und zwar wurde eines gewählt, bei dem der Haut- muskelschlauch in der Mitte zwischen Rücken- und rechter Seitenlinie aufgeschnitten worden war. Die Abbildung entspricht in den Farben ziemlich genau den Präparaten, nur daß dort der Methylenblauton der Ganglienzellen etwas heller und nicht bei allen Zellen der gleiche ist. Die Lippen wurden weggelassen, der Vorderrand des Bildes entspricht also der Lippenbasis. Schematisiert wurde nur insofern, als Über- flüssiges weggelassen und die Muskulatur nur ähnlich ihrem wirk- lichen Verlauf eingetragen wurde, da eine genaue Wiedergabe jeder einzelnen Muskelzelle sehr mühselig und für unsern Zweck unnötig wäre. Aus dem ausgebreiteten Körper ist nichts entfernt als der Oesophagus. Die Fortsätze der Ganglienzelle sind, da bei der Methode fast ungefärbt, bei dieser Vergrößerung nicht zu sehen, der ausgebreitete Nervenring nur durch seine färbbare Scheide kenntlich, nur die in der Subcuticula verlaufenden Nerven leuchten als helle Stränge aus ihrer hellblau ge- färbten Unterlage hervor. Die bei stärkerer Vergrößerung ebenfalls nach derartigen Präparaten gezeichneten Detailbilder, Fig. 2 — 11, stammen meist von andern Präparaten und zeigen daher die kleinen Schwankungen in d^n Lageverhältnissen der Zellen, die durch Kon- fcraktionszustand und Konservierung bedingt sind. I. Das Ganglion cephalicum ventrale. Wir beginnen mit diesem größten Ganglion, das sich durch seine Zusammensetzung auch als 100 Richard Goldschmidt, das eigentliche Centralorgan erweist, das wir an Hand des Gesamtbildes Fig. 13, wie des Detailbildes, Fig. 5, studieren können. An seinem Aufbau nehmen insgesamt 33 Zellen teil, von denen eine unpaare in der Mittellinie liegt, zwei unsymmetrische ausschließlich der rechten Hälfte angehören, die übrigen 30 in je 15 links und rechts symmetrische Zellen geschieden sind. Die Gesamtheit der Zellen ist in vier Gruppen ge- sondert, die je nach dem Kontraktionsgrad des Tieres einander sehr genähert oder deutlich getrennt sind. Die erste liegt dicht hinter dem Nervenring, und zwar dorsal vom Ursprung des Bauchnerven in dem schmalen Teil der Gewebsbrücke, der direkt in die umhüllenden Gewebe des Nervenringes übergeht. Sie besteht aus jederseits sechs Zellen von überaus charakteristischer Form und Anordnung und vollständigster Symmetrie, die sämtlich besonders geeignet sind, das oben über die Konstanz der Zellen Gesagte zu erhärten. Fünf von ihnen gehören dem Typus der pyriformen kleinen direkten Centralzellen an, die sechste ist eine jener bipolaren Zellen unbekannter Bedeutung. Am meisten lateral liegt jederseits die Zelle 1 (rl), charakterisiert durch einen lang beuteiförmigen Körper, der sich zu einem schlanken Fortsatz ver- jüngt, der schräg nach außen zum Nervenring tritt. Ihr benachbart ist die Zelle 2 (rl) von plumperer, birnförmiger Gestalt, deren gerader, vom Körper abgehender Fortsatz medialwärts zum King tritt. Näher am King und der Mittellinie genähert liegt die Zelle 4 (rl), von ähnlichem Aussehen wie die vorige, aber stets größer als sie und mit einem kurzen Nervenfortsatz am Ring befestigt. Ihr benachbart liegt die besonders charakteristische Zelle 6 (rl), deren Form am meisten mit einem Dudel- sack zu vergleichen ist und die stets ihren kurzen Fortsatz im gleichen Winkel schräg nach außen zum King sendet. Nicht minder charakte- ristisch ist auch die ldeinste Zelle dieser Gruppe, die Zelle 5 (rl), die, hinter 6 gelegen, ebenfalls ihren langen, schlanken Fortsatz schräg nach außen zum Ring schickt und in der charakteristischen Form einer holländischen Pfeife erscheint. Die einzige bipolare Zelle des Ganglions, die Zelle 3 (rl), liegt etwas tiefer zwischen den Zellen 1 und 4, hat die Spindelform der typischen Sinneszellen und sendet ihren peripheren Fortsatz schräg nach hinten in den Bauchnerv. Die zweite Zellgruppe des Ganglion cephalicum ventrale enthält die größte Ansammlung großer Zellen im ganzen Nervensystem, die sämtlich dem Typus der corynoiden großen direkten Centralzellen an- gehören und auch in ihrem feineren histologischen Bau übereinstimmen. Es sind dies jederseits fünf Zellen und eine unpaare in der Mittellinie. Die letztere, Zelle 16, erscheint in Fig. 5, wie es oft der Fall ist, nach Das Nervensystem von Asraris luiid>ii< nid. •> und niegalocvphala. 101 rechts vorschoben, was durch die Umbiegung einer kleinen Gewebsfalte, in der sie liegt, bei der Präparation bedingt ist. Sie ist meist ein wenig kleiner als die übrigen Zellen, die annähernd von gleicher Größe sind, höchstens daß die Zelle 0 (rl) größer erscheint. Ihre äußere Form gibt leicht zu Täuschungen Anlaß, da sie sehr von der Umgebung beeinfluß- bar ist und bisweilen durch seitlichen Druck lang ausgezogen erscheint. Sie sind ferner in ihrer Umgebung auf bestimmte Weise befestigt, wie wir später sehen werden, und da kommt es durch Schrumpfung bei der Konservierung oft vor, daß ein peripherer Zipfel der Zelle befestigt bleibt, während der Rest aus der Umgebung herausschrumpft, und dann werden leicht bipolare Zellen vorgetäuscht. Die Art der Befestigung im umliegenden Gewebe bringt es mit sich, daß die Zellen auch leicht Verschiebungen erleiden, so daß man die gegenseitige Lage nicht immer konstant findet, wie dies auch aus einem Vergleich von Fig. 13 und 5 hervorgeht. Immerhin kann man gewöhnlich die Zellen 7 und 8 eine vordere und 9, 10, 11 eine hintere Reihe bilden sehen. Die breit von der Zelle entspringenden und dann schlanker werdenden Fortsätze sind bei den hinteren Zellen sehr lang und ziehen schräg nach vorn gerades- wegs zum Nervenring, in den sie nach innen von den Nervenfortsätzen der ersten Gruppe eintreten. Auch die dritte Zellgruppe des Ganglions ist in ihrer Lage von den Verschiebungen der Umgebung abhängig und erscheint nur bei guter Streckung des Tieres einheitlich. Ihre Zellen liegen dann nahe bei- einander, während sie sonst mehr isoliert sind. Die Gruppe ist der einzige unsymmetrische Teil des Nervensystems, indem sie links aus nur drei, rechts aus fünf Zellen besteht. Auch die Zellen dieser Gruppe sind in hohem Maße von ihrer Umgebung in der Form abhängig und täuschen daher ebenfalls gern, wenn peripher in einen Zipfel ausgezogen, bipolare Zellen vor. Auf diese Weise kommt auch die etwas unregel- mäßige Form der Zellen L3 und 1-1 (1) zustande. Symmetrisch sind auf beiden Seiten die Zellen I .'5, 11 1 ö (rl), die dem Typus der corynoiden kleinen direkten Centralzellen angehören. Ihre Lage zu den großen Zellen der vorigen Gruppe geht aus den Fig. 28 und 5 hervor, ebenso der Verlauf ihrer langen Fortsätze medialwärts zum Nervenring. Auf der rechten Seite gehören dieser Gruppe noch an die unsymmetrischen Zellen 17 und 18 (r), von denen letztere dem Typus der corynoiden mittleren direkten Centralzellen zuzurechnen ist. Sie liegt bisweilen mehr isoliert dem hinteren Rand des die I rewebsbrücke durchbrechenden Fensters genähert. — Als vierte Gruppe müssen wir schließlich jeder- seits eine einzige Zelle vom gleichen Typus wie 7 II bezeichnen, die 102 Richard Goldschmidt, Zelle 12 (rl), die stets von allen Zellen des Ganglions abgesondert liegt, in der Gewebsbrücke stark lateral verschoben, oft so stark, daß sie dicht bei der Seitenlinie liegt. In stark gedehnten Tieren kann sie dann mehr als die Länge des ganzen Ganglions von den Zellen der dritten Gruppe entfernt sein. Ihr langer, in weitem Bogen zum Nervenring ziehender Fortsatz kann dann leicht als ein Nerv erscheinen, der Bauchganglion und Seitenlinie verbindet, und war vielleicht auch schon Ursache der fälschlichen Beschreibung einer derartigen Commissur. II. Das Ganglion cephalicum dorsale. Dieses einzige dorsale Ganglion ist durch seine sehr geringe Größe ausgezeichnet, besteht es doch nur aus einem Paar großer Ganglienzellen, der Zelle 1(.> und 20 (Fig. 13 u. 3). Diese beiden Zellen sind die einzigen Vertreter des sog. amphoroiden Typus der großen direkten Oentralzellen. Sie liegen dicht beieinander gleich hinter dem Nervenring innerhalb der Rückenlinie. Der Körper der einen ist plumper (19), der der andern (20) schlanker, erscheint bei stark gestrecktem Tier sogar bisweilen wurstförmig. In diesem Fall liegen die Zellen schief hintereinander. Die beiden nach beiden Seiten divergierenden Fortsätze, die zum Nervenring treten, sind in Fig. 3 zu sehen. III. Die Ganglia cephalica subdorsalia sind ebenfalls sehr schmächtig und nur aus je zwei kleinen Zellen vom pyriformen Typus der kleinen direkten Oentralzellen zusammengesetzt. Die beiden Zellen liegen direkt dem hinteren Rande des Nervenringes an und sind stets vergesellschaftet mit zwei Bindegewebszellen, die einen Teil der faserigen Umhüllung der Muskulatur liefern, wie ich schon früher schilderte (Goldschmidt 1906). Die eine, die Zelle 21 (rl), ist größer und plumper und sitzt mit schlankem Stiel dem Nervenring an, während die andre, Zelle 22 (rl), schlank und langgestreckt ist (Fig. -4). IV. Die Ganglia cephalica lateralia interna. Wenn wir uns jetzt der Zusammensetzung der Lateralganglien zuwenden, so sei nochmals darauf hingewiesen, daß die Zusammenfassung einzelner Zellgruppen zu Ganglien erst auf Grund ihrer genauen Kenntnis möglich ist und nicht vollständig mit der räumlichen Lage der betreffenden Zelle sich be- gründen läßt. Man kann daher auch alle diese Ganglien als Teile eines großen Lateralganglion ansehen. Immerhin ist die Trennung der ein- zelnen Zellgruppen eine viel schärfere, als es auf den in eine Ebene projizierten Abbildungen der Totalpräparate scheinen möchte. Als Ganglia cephalica lateralia interna fassen wir eine Reihe von Ganglien- zellen zusammen, die teils vor, teils neben und teils hinter dem Nerven- ring liegen und sämtlich direkte Centralzellen, also unipolare, ihren Das Nervensystem von Ascaris lumbrieoides und mogalocephala. lu.'i Fortsatz zum Nervenring Bchickende Zellen sind. Es sind im ganzen sieben Zellen sehr verschiedener Form und Größe, die wir hier zusammen- fassen, und die auf beiden Seiten symmetrisch vorkommen. Da ist zunächst ein Paar von Zellen, von denen die eine vor, die andre hinter dem Nervenring liegl und die beide dem Typus der chonoiden großen direkten Centralzellen angehören, von denen bereits oben gesagt wurde, dal.! sie die größten Zellen des ganzen Nervensystems sind. Sie sind außer in Fig. L3 in Fig. 2 dargestellt, die uns im Totalpräparat die Seiten- linienregion in der Nähe des Nervenringes zeigt, und zwar die linke von innen gesehen, und das Ganglion cephalicum laterale internum. Ganglion cephalicum laterale internum posterius, Ganglion cephalicum laterale externum anterius und die Ganglia nervi papillaris lateralis majoris und minoris einschließt. Vor dem Nervenring liegt die Zelle 23 am meisten medial wärts in der Seitenlinie und im Schnitt dicht am Oesophagus. Sie sendet ihren kräftigen breiten Nerven- fortsatz schräg lateralwärts zum Nervenring, in den er von vorn ein- tritt. Durch die aus der Figur ersichtliche Art seines Abganges vom Zellkörper wird es bedingt, daß in den gewöhnlich verwandten Sagittal- und Frontalschnitten des Vorderendes die Zelle stets ohne ihren Fortsatz getroffen wird. Das gleiche gilt auch für die hinter dem Ring liegende Zelle 24 (rl), die der andre Repräsentant dieses Typus ist und auch in dem später zu besprechenden feineren Bau auf das genaueste mit jener übereinstimmt. Sie liegt nicht weit hinter dem Ring am Rand der Seitenlinie, da wo deren zum Oesophagus sich aus- dehnendes Gewebe an das vordere Ende der sog. Leibeshöhle stößt. Ihr elitiitalls schräg lateralwärts verlaufender Fortsatz tritt seitlich in den Nervenring da ein, wo der Subdorsalnerv aus ihm entspringt. Außer diesen Leiden großen Zellen gehören dem Ganglion auch zwei mittlere Zellen an, die einzigen Repräsentanten des lagenoiden Typus. Die Zeih- 25 liegl stets dicht neben der Zelle 23, aber weiter lateral, zeigt den charakteristischen kugeligen Körper und schlanken, von vorn in den Ring eintretenden Fortsatz und ist auf Schnitten sogleich an ihrer überaus charakteristischen feineren Struktur zu erkennen. Die Zelle 26 könnte auch zur Aulstellung eines eignen Ganglions verwandt werden, da sie von der Gruppe, zu der wir säe rechnen, weit ab liegt. Sie liegt vorn in der Seitenlinie auf halbem Weg zwischen Nervenring und Lippenbasis und stellt die am weitesten vorn liegende Zelle des Nerven- systems dar. Sir ist stets vollkommen kugelig und Bchickt ihren schlan- ken Fortsatz in der Seitenlinie zum Ring, in den er von vorn eintritt. Schließlich gehören dem Ganglion noch drei kleine Zellen vom pvri- 104: Richard Goldschmidt, formen Typus an, von denen die Zellen 27 und 28 hinter dem Ring, 29 seitlich vom Ring liegt. Die am meisten lateral liegende Zelle 27 ist durch ihre ausgesprochene Retortenform charakterisiert, die besser an Schnitten zu erkennen ist (Textfig. F)} und den für ihre geringe Größe relativ starken Fortsatz, den sie in den Nervenring schickt, während Zelle 28, die dicht bei ihr liegt und deren Fortsatz direkt neben jenem in den Ring tritt, schlank beuteiförmig erscheint. Sehr charakteristisch erscheint endlich auch Zelle 29, die genau seitlich vom Nervenring liegt und von ihrem birnf örmigen Körper den Fortsatz in leichtem Bogen schräg rückwärts zum Ring sendet, in den er von der Seite eintritt. Die Zelle sitzt so wie ein Glühkörper auf einem Kandelaberarm dem Ring an. V. Die Ganglia cephalica lateralia interna posteriora sind mit den vorigen in engem topographischen Konnex und nur durch die Bedeutung ihrer Zellen von ihnen zu scheiden. Sie bestehen jeder- seits aus nur drei Zellen, die sämtlich dem Typus der indirekten Central- zellen angehören, also ihren einen Fortsatz nicht direkt, sondern auf Umwegen zum Ring schicken. Eine Zelle ist eine vom großen chonoiden Typus, Zelle 30 (rl), die stets mit der Zelle 24 des vorherbesprochenen Ganglion eng vergesellschaftet ist. Sie schickt ihren kräftigen Fortsatz im Bogen schräg lateralwärts durch die Seitenlinie hindurch zur Sub- cuticula, wo er sich der Commissura cephalica ventrolateralis zugesellt und in ihr zum Nervenring verläuft. Das gleiche gilt von dem Fortsatz der beiden andern kleinen corynoiden Zellen 31 (rl) und 32 (rl), die in der Seitenlinie genau hinter dem Beginn jener Commissur liegen, da wo die von hinten und vorn kommenden Nervenfasern sich zu ihr vereinigen. VI. Die Ganglia cephalica lateralia externa anteriora bestehen aus jederseits vier Zellen, deren gemeinsamer Charakter ist, daß sie ihre centralen Fortsätze zur Commissura cephalica ventro- lateralis schicken. Zwei von ihnen, die Zellen 33 und 34 (rl) (Fig. 13 u. 10), sind Centralzellen, also unipolar und gehören somit dem Typus der kleinen indirekten Centralzellen an. Die Zelle 35 (rl) ist eine kleine bipolare Zelle, die ihren peripheren Fortsatz in der Seitenlinie nach hinten schickt und die wir zur Gruppe der nicht näher zu charakteri- sierenden Zellen stellen müssen. Auch die vierte Zelle 36 (rl) ist bipolar, aber von sehr bedeutender Größe und schickt ihre mächtigen Fortsätze ebenfalls nach vorn zur Commissur und nach hinten in die Seitenlinie. VII. Die Ganglia cephalica lateralia externa medialia sind die größten von den drei äußeren Lateralganglien und enthalten jederseits sieben Zellen, denen gemeinsam ist, daß sie einen centralen Das Nervensystem von Asoaris Lumbricoides und rnegalocephala. 105 Fortsatz zum Nerveniing Bchicken. Die größte Zelle ist die Zelle 37 (rl), überhaupt eine der größten Zellen des ganzen Nervensystems. Sie ge- hört dem Typus der großen corynoiden direkten Centralzellen an, und schickt ihren kräftigen Fortsatz geradeswegs zum Ring, in den er von der Seite eintritt. Ihr benachbart liegen drei Zellen 38, 39 und 40 (rl), die im Totalprä parat spindelförmig mit nicht ganz klaren Konturen erscheinen und die alle den merkwürdigen aranoiden Typus des Baues repräsentieren, charakterisiert durch das Vorhandensein einer Anzahl vom Zellkörper abgehender Nebenfortsätze, von denen wir später Näheres boren werden. Die Zelle 38 ist dabei gleichzeitig Vertreter des collate- ralen Sinneszellentypus, indem von ihrem centralen Fortsatz im rechten Winkel der Nerv für die Lateralpapille abbiegt. Sie ist ebenso wie 39 bipolar, wenn man nur die Hauptfortsätze berücksichtigt, und ihre centralen wie peripheren in der Seitenlinie nach hinten verlaufenden Fortsätze liegen stets dicht beieinander. Die Zelle 40 ist kleiner und zeigt den aranoiden Typus nicht so ausgesprochen wie die beiden andern. Sie ist eine direkte Centralzelle. Zu dem Ganglion gehören weiterhin die kleinen direkten corynoiden Centralzellen 41 und 42 (rl) und die kleine bipolare Zelle 43 (rl), die ihren centralen Fortsatz zum Ring, den peripheren in der Seitenlinie nach hinten schickt. Das Schicksal der peripheren Fortsätze aller dieser Zellen werden wir bei Betrachtung des Faserverlaufs kennen lernen. VIII. Die Ganglia cephalica lateralia externa posteriora sind die kleinsten der Lateralganglien, indem sie jederseits nur aus zwei kleinen Zellen bestehen, den Zellen 44 und 45 (rl). Diese sind kolben- förmig, liegen dicht beieinander und senden ihren einen Fortsatz durch die Seitenlinie hindurch zur Commissura cephalica ventrolateralis posterior. Da sie auf diesem Wege zum Nervenring gelangen, gehören sie dem Typus der kleinen indirekten Centralzellen an. IX. Die Commissurenganglien. Unter dieser Bezeichnung wollen wir die Ganglienzellen besprechen, die sich innerhalb der Kopf- commissuXj des NTervenringes befinden. Es sind im ganzen vier Zellen, die genau symmetrisch angeordnet sind, je eine lateral und je eine ventral und dorsal. Ihrem Bau nach sind die beiden lateralen einan- der gleich und ebenso die ventrale und dorsale. Die beiden lateralen, die Zellen 16 (fl), repräsentieren den Typus der kleinen Commissuren- zellen. Sie sind außer in Fig. 13 auch in Fig. 2 zu sehen, in letzterer scheinbar außerhalb des Nervenringes liegend, aus dem sie im Präpa- rat ein wenig hervorgepreßt war. Die Zelle liegt ziemlich genau in der Frontalebene und innerhalb des Nervenringes an dessen vorderem 106 Richard Goldschmidt, Rand, wie auf dem Querschnitt durch einen Teil des Ringes, Textfig. G, zu erkennen ist. Dort ist auch ein Teil ihrer Fortsätze getroffen, die in der aus dem Bild hervorgehenden charakteristischen Weise zu den Nervenfasern der Commissur treten, wovon wir später mehr hören werden. Die einander entsprechenden dorsalen und ventralen Zellen repräsentieren den Typus der großen Commissurenzellen. Sie liegen im Ring an dessen vorderer und äußeren Seite, haben etwa Spindelform und sind an ihren beiden Polen im Total - präparat nicht scharf begrenzt, was daher rührt, daß sie hier in einen eigenartig gestalteten Fortsatz über- geht, von dem wir später hören werden. \ Die dorsale Zelle 47 ist die größere und zeigt oft deutlich einen unvermit- telt vom Körper in der Nähe des Ker- nes entspringenden Fortsatz, der in den Nervus dorsalis eintritt (Fig. 3). Die ventrale Zelle 48 ist kleiner, aus- gesprochener spindelförmig und läßt den in den Bauchnerv eintretenden Fortsatz im Totalpräparat meist nicht erkennen (Fig. 5). Eine erschöpfende und einwandfreie Schilderung dieser ganz besonders merkwürdigen Zellen kann aber erst im Zusammenhang mit dem Bau des Nerven- rings gegeben werden. Anhangsweise sei hier noch eine Zelle erwähnt, die im Nervensystem sonst einzig dasteht, da sie in den Ursprung eines Längsnerven ein- geschaltet ist. Es ist dies die bipolare spindelförmige Zelle 49 (rl), die den Habitus einer Sinneszelle hat, aber in eine der den Nervus subdor- salis zusammensetzenden Nervenfasern kurz nach ihrem Ursprung vom Ring in der Seitenlinie eingeschaltet ist (Fig. 2). X. Die Ganglia nervi papillaris subdorsalis und sub- ventralis. Wir wenden uns nunmehr den Sinnesganglien zu und be- schreiben die sie zusammensetzenden Ganglienzellen, ohne zunächst ihren physiologischen Wert zu berücksichtigen, den wir erst später diskutieren wollen. Es sei nur bemerkt, daß man diese Zellen auch als Sinneszellen und nicht als Ganglienzellen bezeichnen könnte. Die vier hier zu besprechenden Ganglien sind in ihrem Aufbau völlig identisch und paarweise spiegelbildlich gleich, so daß das linke subdorsale Ganglion Textfig. G. Das NYrvcnsystem von Ascaris lumbricoides und oiegalocephala. 107 sein Spiegelbild in dem rechten subdorsalen, aber auch in dem linken subventralen Ganglion hat. Es ist dies dadurch möglich, daß die sieben jedes dieser Ganglien zusammensetzenden Zellen in ihrer Form wie in ihrer gegenseitigen Lage eine ganz unglaubliche Konstanz zeigen, wie man sieh besonders sehön überzeugen kann, wenn man ein solches ( ranghon, was bei einiger Übung leicht gelingt, mit einem feinen Messer- chen herausschneidet. Als Beispiel diene das rechte subventrale Gan- glion, das in Fig. 1 1 abgebildet ist. In Fig. 13 erscheinen die Zillen bei der gewählten schwachen Vergrößerung ziemlich undeutlich. Die Zellen des Ganghon sind stets in zwei Gruppen geteilt, von denen die eine fünf, die andre zwei Zellen zählt. Sämtliche gehören dem Typus der direkten Sinneszellen an. In der ersten Gruppe fällt vor allem eine Zelle auf, die Zelle 50. die nur als eine sehr unbedeutende spindelförmige Anschwellung einer sehr dicken Nervenfaser erscheint. Es ist dieselbe Faser, die ich in einer früheren Arbeit (1903) beschrieben habe als zu dem lateralen Submedialorgan gehörig und von der ich irrtümlicherweise angab, daß sie zum Nervenring gelange, ohne in eine Zelle einzutreten. Es kam dies durch die ausschließliche Verwendung von Schnittprä- paraten, in denen dieser Kern sehr leicht übersehen wird. In ihrer Nähe liegt eine Zelle, die ebenfalls als spindelförmige, aber wesentlich stärker markierte Anschwellung einer Nervenfaser erscheint und durch ihren im Verhältnis zum Zellleib relativ kleinen Kern auffällt, die Zelle 51 (rl). Sie wird beiderseits flankiert von je einer kleinen spindelförmigen Zelle 52 (rl) und 53 (rl), von denen die letztere an ihrer medialen Seite stets eine bauchige Auftreibung zeigt. An sie setzt sich eine Gliafaser zipfelförmig an. so daß oft auf Totalpräparaten der Eindruck erweckt wird, als ob hier ein dritter Nervenfortsatz seitlich austrete. Schließlich gehört zu dieser Gruppe noch die Zelle öl (rl), die viel größer erscheint und an ihrer inneren Seite in der aus der Figur ersichtlichen Weise bauchii! vorgewölbt erscheint. Alle diese Zellen liegen nicht weit vor dem Nervenring, in den ihre centralen Fortsätze nahe beieinander ein- treten, während die peripheren sich zu einem Nervenbündel vereinigen, dem betreffenden Papillcnnerv. Diesem gehören auch die peripheren Fortsätze der beiden Zellen der zweiten Gruppe an, die aber, kurz bevor sie zu ihren Zellen gelangen, lateralwärts abbiegen, so daß die Zellen stets von den andern isoliert liegen. Zwischen den beiden Gruppen zieht die kräftige Stützfaser st hindurch, deren genaues Verhalten ich in einer früheren Arbeit schilderte. Besonders charakteristisch is1 die Zelle 55 (rl) durch ihre Vogelkopfform und die Lagerung des Kernes in dem schmalen peripheren Teil der Zelle, während die Zelle 56 (rl) 108 Richard Goldschmidt, gewöhnliche Spindelform aufweist. Ihre centralen Fortsätze ziehen parallel zueinander schräg nach hinten und treten da in den Nervenring ein, wo die Stützfaser in dessen Hüllgewebe übergeht. Die subdorsalen entsprechenden Ganglien bedürfen nach dem vorausgehenden keiner besonderen Schilderung, ihre Zellen seien in der gleichen Keihenfolge 57 — 63 (rl) genannt. XI. Die Ganglia nervi papillaris lateralis minoris finden sich in ähnlicher Weise wie die vorigen dem betreffenden Papillennerven kurz vor dem Nervenring eingeschaltet. Sie liegen innerhalb der Seitenlinie, und zwar innen, nahe dem Oesophagus. Sie bestehen jeder- seits aus vier spindelförmigen Zellen vom Typus der direkten Sinnes- zellen. Sie liegen ziemlich weit voneinander entfernt auf die ganze Breite der Seitenlinie verteilt, was auch vom Eintritt ihrer centralen Fortsätze in den King gilt. Die größte, auch etwas bauchig ausgebuchtete Zelle 64 (rl) liegt am weitesten vorn, dahinter die Zellen 65 (rl) und die kleinere 66 (rl) und ganz nahe beim King und am meisten lateral die Zelle 67 (rl) (Fig. 2 und 13). XII. Die Ganglia nervi papillaris lateralis majoris sind die letzten zum eigentlichen Centralnervensystem gehörigen Ganglien. Sie liegen jederseits seitlich und hinter dem Nervenring in der Seiten- linie und bestehen aus je elf wieder rechts und links genau symmetri- schen Zellen. Sämtliche repräsentieren den Typus der indirekten Sinnes- zellen, da ihre peripheren Fortsätze von einem der Lippensinnesorgane kommen, die centralen dagegen in der Commissura ventrolateralis zum Ring verlaufen. Die Zellen liegen sämtlich eng beieinander, zu einem Ganglienknötchen vereinigt und sind in drei Gruppen zu sondern. Die erste umfaßt drei Zellen, die am weitesten nach vorn liegen, genau spindelförmig sind und relativ groß erscheinen, die Zellen 68 (rl), 69 (rl), 70 (rl) (Fig. 2 und 6). Die zweite Gruppe liegt hinter dieser und umfaßt vier Zellen, die bei sonst gleichem Bau sich nur durch ihre geringere Größe von jenen unterscheiden, die Zellen 71 (rl), 72 (rl), 73 (rl), 74 (rl). Die dritte Gruppe umfaßt ebenfalls vier Zellen, die in einer Reihe am meisten hinten liegen und durch eine besondere Gestalt charakterisiert sind. Ihr peripherer Fortsatz kommt je von vorn, der centrale biegt lateralwärts ein, weshalb die Abgangsstellen der Fortsätze einander sehr genähert sind, und an ihnen hängt der eigentliche Zellkörper wie ein Beutel. Seine Form ist von dem Dehnungszustand abhängig und ist in mittlerem Zustand aus Fig. 2 zu ersehen, in extremer Ausbildung aus dem Schnitt Fig. 6, der diese vier Zellen enthält, ferner 69 und 70 und die direkte Centralzelle 27. (Fig. 6 ist in der Reproduktion auch im Das Nervensystem von Ascaris lumbricoides und megalocephala. 109 Ganglia nervi papillaris late- ralis majoris i 1 1 1 1 ' ' 1 1 ' 1 1 1 1 X 1 - ■/- sc '■ " 1 1 Ganglia nervi papillaris lato - ralis minoria til 67 (rl) Ganglia nervi papillaris sub- dorsalis u. Bub- ventralis 50— 63 (rl) Commissuren- ganglien 47, 48 46 (rl) 49 (rl) (iiiiifilia cepba- raliaex-< terna posterior a 44 (rl) 45 (rl) i cepha- lica lateralia ex- terna medialia Ganglia cepha- licalateralia ex- terna anteriora 37 (rl) 40 (rl) 41, 42 (rl) 38 (rl) 39 (rl) 43 (rl) 34 (rl) 33 (rl) 36 (rl) 35 (rl) Ganglia cepha- lica Lateralia in- terna posteriore Ganglia cepha- lica lateralia in- terna 30(rl) 31. 32 (rl) — : :- 2 1 (rl) 25,26 (rl) 27—29 (rl) Ganglia cepha- lica subdorsalia 21, 22 (rl) Gangl. cephali- cum dorsale 19, 20 Gangl. cephali- cuin ventrale i 73 1 I i » 1 \**t% MI II II 1 1 I II IS 1 M es :- - — T ': : — - - < 1 % c , 1 < c - 1 — PC 'c 4 "z 0 o -si-i -Li c 1 1 1 i - q < M s j c — 1— 1— — c - < - ä .PC s 1 t — — — PC - = c e c o ~ Jj> < "3 n: > - - 110 Richard Goldschmidt, Ton der Methylenblau- Total präparate wiedergegeben, aber nur aus prak- tischen Gründen, da sie nach einem nach Cajals Silbermethode her- gestellten Schnitt gezeichnet ist.) Die Zellen seien von innen nach außen 75 (rl), 76 (rl), 77 (rl), 78 (rl) genannt und noch bemerkt, daß mit ihrer Beutelform auch eine interessante Besonderheit ihrer feineren Struktur zusammenhängt, die im histologischen Teil beschrieben wird. Damit haben wir die Zusammensetzung der einzelnen Ganglien des Centralnervensystems kennen gelernt und damit sämtliche an dessen Aufbau teilnehmende Ganglienzellen. Der bequemen Orientierung halber seien sie nochmals in der vorstehenden Tabelle zusammengestellt, in der die horizontalen Reihen sich auf den Typus der mit ihrer Nummer bezeichneten Zelle beziehen, die vertikalen auf das Ganglion, dem die betreffende Zelle angehört. Im Anschluß an das eigentliche Centralnervensystem sei zum Schluß noch das vorderste Ganglion des Bauchnerven besprochen, das wir der Vollständigkeit halber in den Kreis unsrer Betrachtungen ziehen müssen. Innerhalb des Bauchnerven liegen nämlich in gewissen Abständen Ganglienzellen eingeschaltet, und zwar in größerer Zahl als man früher annahm, wie aus Fig. 9 und 8 hervorgeht, die den vordersten Abschnitt des Bauchnerven darstellen. Zu einer als Ganglion zu bezeichnenden einheitlichen Gruppe schließen sie sich aber nur nahe hinter dem Central- nervensystem, hinter der Commissura ventrodorsalis II zusammen. Hier bildet auch die Bauchlinie eine spindelförmige Anschwellung, die dieses Ganglion ventrale I. enthält. Es wird aus 13 Zellen ungleicher. Größe gebildet, die alle, wo sie in den Verlauf von Nervenfasern ein- geschaltet sind, Spindelform haben (Fig. 13 u. 9). Vorn liegen drei kleinere schlanke Zellen, die Zellen 79, 80, 81, auf die zwei ebensolche etwas größere folgen, 82 und 83. Hinter ihnen folgen zwei große spindel- förmige Zellen 84 und 85, in deren Nähe drei riesengroße Zellen 86, 87, 88 liegen, die sich immer nahe beieinander finden und an ihren Enden nicht deutlich in einen Fortsatz übergehen, wie die kleineren Zellen. Auf sie folgt wieder eine große, eine mittlere und eine kleine spindel- förmige Zelle (89, 90, 91). Die Beziehungen aller dieser Zellen zu den Nervenfasern des Bauchnerven werden wir später kennen lernen. Ihre gegenseitige Lage schwankt natürlich auch nach dem Kontraktions- zustand des Tieres. Hinter diesem Ganglion liegen die Zellen dem Bauchnerven nur vereinzelt eingelagert, höchstens in Gruppen von zweien oder dreien; es zeigt dies bei schwacher Vergrößerung Fig. 8, die den Bauchnerven in seiner Fortsetzung im Anschluß an Fig. 9 zeigt. Wir gehen auf diese Zellen nicht weiter ein, weil für unsre Aufgabe das I>a^ Nervensystem von Ascaria lumbricoidea und megalocephala. 111 Nervensystem bloß bis zu dem Qoch den Centralorganen anzugliedernden Ganglion ventrale 1. reicht. In andre Längsnerven des Körpers sind niemals Ganglienzellen eingelagert. Somit bestehl das ganze Centralnervensystem von Asca/ris aus hii' Ganglienzellen mit den zugehörigen, ausschließlich ihre Fortsätze darstellenden Nerven. 2. Die Nerven und Commissuren. Wenn wir ans [etzl der Betrachtung der mit diesen Ganglienzellen des ( lentralnervensystems zusammenhängenden Nervenfasern zuwenden, mi müssen ein [mar orientierende Bemerkungen erst vorausgeschickt werden. Alle Commissuren wie auch Längsnerven sind aus einer kon- stanten Zahl von Nervenfasern zusammengesetzt. Eine jede von ihnen ist charakterisiert durch ihre Lage, ihren Umfang wie durch ihren I eineren Bau und ihre typischen Verbindungen. Die letzteren bieten der Erforschung ja dadurch ein besonders günstiges Objekt, daß sie lireit und massiv sind. Dendritische Verästelungen der Nervenfasern, die dann nur in großen Zügen dargestellt werden könnten, gibt es außer teilweise im Nervenring nicht. So wie die Fasern selbst starke, zum Teil sogar mächtige plasmatische Stränge sind, so sind es auch ihre Verbindungen. Mit den gewohnten Begriffen des Achsencylinders, der Verästelungen der unendlich feinen Nervenfäserchen darf man nicht an dieses Objekt herantreten. Die massige Ausbildung der Nervenfasern und ihre geringe Zahl ist natürlich ein sehr günstiger l "instand, der es erlaubt, jeden Nerven aus Schnittserien im Detail zu rekonstruieren und diese Rekonstruktionen mit den Ergebnissen von Totalpräparaten zu vergleichen. Eine Besonderheit fällt dabei stets besonders in die Augen, die ganz ungleiche Stärke der Nervenfasern. Da gibt es solche, die den Durchmesser großer Ganglienzellen haben und die als breite plasmatische Bänder erscheinen neben sehr zarten, dünnen Fädchen. Je ein und dieselbe Faser kann in verschiedenen Teilen ihres Verlaufes verschieden stark sein. Im großen und ganzen kann man sagen, daß die sensiblen Fasern meist, mit wenigen Ausnahmen, zart sind, während die motorischen nicht unter ein gewisses Kaliber heruntergehen und ausschließlich die riesigen Fasern enthalten; auch die Commissurenfasem sind meistens kräftig. Darin aber sind die größten wie die kleinsten Fasern gleich, sie sind nichts als Fortsätze von Ganglienzellen. Einige Fasern lassen sich auf sehr bedeutende Strecken ihres Verlaufs verfolgen, ohne daß sich darin etwas ändert. Es gibt weder eingeschaltete Nervenzellen, noch irgendwelche mit den 112 Richard Goldschmidt, ScHWANNschen Kernen vergleichbare Gebilde, die für die Entstehung der Nervenfasern verantwortlich gemacht werden können. Es ist also dieser Teil der Neuronenlehre, die Zusammensetzung des Nervensystems aus ausschließlich Ganglienzellen und ihren Fortsätzen hier verwirklicht. Wie es mit der Verbindung der Neurone steht, wird sich im Verlauf der folgenden Darstellung zeigen. Im wesentlichen gehen diese inner- halb des Schlundringes vor sich, in den alle Nerven, wie alle Fortsätze von Ganglienzellen direkt oder indirekt gelangen. Nur einige wenige Neurone treten außerhalb des Schlundringes miteinander in Zusammen- hang. Es wird sich deshalb auch im folgenden als praktisch erweisen, zunächst die Zusammensetzung usw. der Nerven und Commissuren bis zum Eintritt in den Schlundring zu besprechen und dann erst den Aufbau dieser Centralcommissur zu schildern. Der Besprechung sei die halbschematische Fig. 14 zugrunde gelegt. Dieses Bild ist wieder ebenso erhalten wie Fig. 13, indem der Hautmuskelschlauch subdorsal rechts der Länge nach aufgeschnitten gedacht ist und ausgebreitet. Alle Nervenfasern sind in ihrem Verlauf bis zum Nervenring dargestellt, was hier mit ihnen geschieht, wird erst im zweiten Teil dargestellt werden. Von Ganglienzellen sind nur die in den Verlauf eines Nerven eingeschalteten gezeichnet und ferner die indirekten Centralzellen. Die verschiedene Dicke der Nervenfasern entspricht annähernd der Wirk- lichkeit, soweit es bei der geringen Vergrößerung durchführbar ist. Die in einem Bündel dicht zusammengepackt verlaufenden Fasern sind auseinander gelegt dargestellt. Ferner ist in Rücksicht auf den Raum das ganze Bild in der Längsausdehnung verkürzt, wie ein Vergleich mit Fig. 13 lehrt. Alle mit gleicher Farbe gezeichneten Fasern gehören einem System an, d. h. sie sind in irgend einer Weise außerhalb des Ringes kontinuierlich ineinander übergehend. Schwarz punktiert sind die Fasern, die bei relativ einfachem Verlauf nur einmal im Nervensystem vorhanden sind. Fasern, die in ganz gleicher Weise mehrmals im Nervensystem vorhanden sind, sind nur einmal gezeichnet und schwarz schraffiert. Dies trifft zu für die sublateralen Sinnesnerven, deren sieben Fasern nur durch eine repräsentiert sind, ferner für die elf Fasern des großen lateralen Papillennerven, für die indirekten Centralzellen der Seitenganglien, vertreten durch die Zelle 31, für alle im Bauchnerven glatt durchlaufenden Fasern, wie die zu einer einfachen bipolaren Zelle des hinteren Bauchganglions tretenden, endlich für die Subdorsal- und Sub ventralnerven. Es sind daher von folgenden Nerven und Commis- suren sämtliche Komponenten eingetragen : Nervus dorsalis, Nervus lateralis dexter et sinister, Commissura ventrodorsalis I und II, Com- \),\< Nervensystem von Ascaris lumhricoides und meualccepliah. I I :'> missura wm rodorsalis obliqua, ( lommissura ventrodorsalis anterior dex- fcra ei Binistra. Endlich sind im Rückennerv noch die Stellen, an denen Muskelinnervierung stattfindet, durch ein Kreuz bezeichnet. Alles Weitere wird sich aus der folgenden Schilderung ergeben. Die wirklichen, nicht schematisierten Verhältnisse ergeben sich dann leicht ans dem Vergleich mi1 den abgebildeten Schnitten usw. a. Sensible Nerven. Um eine vollständige Schilderung des Nervensystems zu geben, muß ich in diesem Abschnitt manches wiederholen, was ich schon in einer früheren Arbeit (Goldschmidt 1903) schilderte; es werden da- bei aber auch manche dort vorhandene kleine Irrtümer berichtigt, sowie die frühere Darstellung in vielen Punkten ergänzt werden. Die Sinnesorgane, von denen sensible Nerven zum Centralorgan treten, liegen größtenteils in den Lippen, Lippenpapillen, nur ein Paar, die Halspapillen. liegen hinter dem Nervenring. Die Sinnesorgane sind sämtlich als freie Nervenendigungen aufzufassen, da keinerlei periphere Sinnes/eile vorhanden ist. Die Nervenfaser endet dicht unter oder an der Oberfläche der Cuticula mit einem besonderen speeifischen End- organ, dessen Bau früher eingehend behandelt wurde. Wir unter- scheiden an den Lippen einmal vier symmetrische Papillen, von denen jede Unterlippe eine, die Oberlippe je zwei enthält; jede dieser Sub- medianpapillen enthält zwei verschiedene Nervenendigungen, das mediale und laterale submediane Lippensinnesorgan. Außerdem findet sich auf jeder l'nterlippe ganz vorn ein Sinnesorganpaar, das dorsale und ventrale Lateralsinnesorgan der Unterlippe. Die Submedialorgane senden ihre Nervenfasern durch die subdorsalen und subventralen Sinnesnerven zu n Ascaria lumbricoides und megalocephala. 115 verschmelzen peripher zu einem einzigen sensiblen Endzapfen. Nur in einem einziges Falle isl es mir neuerdings gelungen, eine feine Streifung des Zapfens nachzuweisen, die auf seine Zusammensetzung aus elf Fasern hindeutet. Sie verlaufen dann als ein starkes Bündel in ihrer früher geschilderten Stützzelle nach hinten, biegen am Nervenring nach stz.Jo Text f ig. K. lateralwärts aus und treten in die elf Ganglienzellen des Ganglion nervi papillaris lateralis majoris ein. die ja dann ihre centralen Fortsätze durch die Seitenlinie nach außen in die in der Subcuticula verlaufende Commissura cephalica ventrolateralis schicken, in der sie zum Ring treten. (In Fig. 14 repräsentiert durch Zelle und Faser 68.) Late- ral verlauft ferner noch der sensible Nervus papillaris lateralis minor, der aus vier zarten Fasern besteht. Zwei von ihnen gehören den beiden Nervenendigungen des ventralen Late- ralorgans an (Textfig. L). Die eine verläuft direkt mit ihrer Stütz- und Geleitzelle, wie früher geschildert, nach hinten zum Ring. ihm ist in dem zugehörigen Ganglion die Zelle 66 eingeschaltet. Die andre macht ihren Weg ventralwärta ausbiegend, wobei sie. wie früher geschildert, eine Zeitlang innerhalb der Unterlippenfaserzelle verläuft. Sic tritt unter Einschaltung der Zelle 67 zum Ring. Die beiden andern, die direkt von den Lippen zum Ring verlaufen, und in seiner Nähe die Zellen 64 und Im enthalten, verästeln sieh ebenfalls im Vorderende. 8* stz.re glz.re Cu Textfig. L. 116 Richard Goldschmidt, Dies sind die sensiblen Nerven des Vorderendes vor dem Ring. Hinter dem Ring findet sich in dem von uns hier betrachteten Körper- bereich nur ein Sinnesorgan, die Halspapille. Ihre Lage, jederseits lateral, ist aus Fig. 1 zu ersehen. Unter der Cuticula endigt eine Nerven- faser in der in Textfig. M -wiedergegebenen Weise. (Es ist zu dieser Figur noch zu bemerken, daß sie meine frühere Darstellung des End- organs dahin modifiziert, daß die Neurofibrille mit ihrem Knöpfchen *#9£&N #f \ \ ' I I \ \ I ■\\ Cu 'stz.ha m "glzlux. Textfig. 31. nicht frei in einer Alveole der Subcuticula endet, sondern in einer von der Nervenfaser selbst gebildeten Endkuppe.) Sie tritt dann schräg nach innen durch die Seitenlinie hindurch, von ihrer früher beschrie- benen Stützzelle begleitet. Nach kurzem Verlauf aber gabelt sie sich. T-förmig in einen auf- und einen absteigenden Ast. Ersterer verläuft als gleichmäßig schlanker Nerv innerhalb des Nervenbündels, das das Ganglion cephalicum laterale externum mediale mit dem Ring ver- bindet, nach vorn und tritt in den Ring ein. Im Querschnitt durch dieses Bündel (Fig. N) ist er mit 39 bezeichnet. Der andre Ast verläuft in der Seitenlinie nach hinten und tritt nach kurzem Verlauf in die Das Nervensystem mmi Ascaris lumhricoides und meijalucepliala. 117 Zelle 39 des Ganglion cephalicum laterale externum mediale ein. Diese ist ja, wenn wir von den dendritischen Ästen, die ihr die Bezeichnung aranoid eintrugen, absehen, bipolar, und ihr hinterer Fortsatz läuft nun eine Strecke weit nach hinten zum Ganglion cephalicum laterale ex- ternum posterius, biegt, hier angekommen, nach außen um, tritt in die Subcuticula und verläuft hier innerhalb der Commissura cephalica ventrolateralis posterior zum Bauchnerven, in den er - jeder- seits — eintritt. Hier zeigt er ein recht eigenartiges Verhalten. Direkt WJ ss C 59 w\. ■>:■: Textfig. N. Querschnitt der Seitenlinie in Zelle 31, 32. nach ihrem Eintritt in den Bauchnerven gabelt sich die Nervenfaser in einen dicken und einen dünnen Ast (s. Fig. 14, wo dies System grau punktiert ist). Der erstere läuft, ohne irgendwelche Besonderheit zu zeigen, geradeswegs nach vorn zum Nervenring. Der kleine Ast hin- gegen durchsetzt, während er im Bauchnerv nach vorn läuft, diesen, lagert sich ihm mehr medial ein, tritt auf der Höhe des großen Bauch- ganglions zwischen seine Ganglienzellen ein, indem er sich von den übrigen Nervenfasern des Bauchnerven isoliert, und eilt zu der Zelle :;. der einzigen bipolaren dieses Ganglions, deren peripheren Fortsatz er darstellt, während der centrale in den Nervenring tritt. Wahrlich ein sehr merkwürdiges Verhalten eines Sinnesnerven ! Der Reiz, den die Faser aufnimmt, kann einmal direkt zur Centralcommissur geleitet 118 Richard Goldschmidt, werden, sodann durch eine Ganglienzelle (oder Sinneszelle, wie man will) hindurch auf einem großen Umweg indirekt zur Centralcommissur, oder aber von diesem letzteren Wege wieder ab durch eine weitere Ganglien- oder Sinneszelle hindurch zum Centrum. Die Bedeutung dieser merkwürdigen Gruppierung kann mit andern ähnlichen Dingen gemeinsam erst im allgemeinen Teil diskutiert werden. Hier sei nur betont, daß wir hier zum erstenmal in unsrer Schilderung einem kontinuierlichen Zusammenhang zwischen zwei Neu- ronen begegnen. Da wir an dieser Stelle zum erstenmal einer aranoiden Zelle be- gegnen, so seien ihr ein paar Worte gewidmet. Außer den Commissuren- zellen und den merkwürdigen Durchgangszellen des Bauchnerven, die durch mehrere Fortsätze mit mehreren Nervenfasern in Verbindung stehen, sind dies die einzigen multipolaren Zellen des .4smm-Nerven- systems. Ich habe mir viele Mühe gegeben, ihre Bedeutung aufzuklären, und das Resul- tat ist, daß sie nur eine besonders merk- würdige Modifikation bipolarer Zellen dar- stellen. Das was sie von solchen unterschei- det, sind die zahlreichen feinen Fortsätze, die außer den Hauptfortsätzen von ihrem Körper abgehen. Form und Art des Ab- ganges dieser stets fein fadenartigen Fort- sätze ist besser als aus einer Beschreibung aus Fig. 12, nach einem Schnittpräparat im Längsschnitt der Zelle, zu sehen. Man sieht, daß die feinen Fäden auch am Ursprung des centralen Hauptfortsatzes entstehen und die- sem streckenweise parallel laufen. Ihr Ver- halten in einem Schrägschnitt der Zelle zeigt nach einem Cajal- Präparat Textfig. 0. Diese Fortsätze sind nun auf ziemlich weite Strecken innerhalb des Gewebes der Seitenlinie zu verfolgen, verlieren sich aber dann. Eine Verbindung mit benachbarten Nervenfasern kann ausgeschlossen werden, irgend eine Form der Auflösung oder ein Verlauf auf weitere Strecken war nicht zu erweisen, aber auch nicht eine sichere Endigung. Auf Grund aller Bilder, wie der Überlegung etwaiger Möglichkeiten, bin ich schließlich zur Überzeugung gekommen, daß diese Fortsätze nicht leitend-nervöser Natur sind. Und so sehr ich mich im Innern dagegen sträubte, muß ich sie als Plasmafortsätze Textfig. 0. I>.is Nervensystem von Ascaris Lumbricoides and megalocephala. 119 iitH'h der früheren Fassung des Begriffes in der Wirbeltierhistologie, un- bekannter, aber nicht nervöser Funktion ansehen. Schließlieh sei noch bemerkt, daß ich in einem Kall es beobachtete, daß die vom Sinnesorgan kommende eollaterale Nervenfaser nicht in einiger Entfernung von der Zelle mit deren proximalem Fortsatz ver- schmolz, sondern in die Zelle selbst eintrat. Derartige Variationen wurden auch von Apäthy im Hirudineennervensystem beschrieben. Näheres darüber im 3. Teil. b. Motorische Nerven und Commissuren. Wenden wir uns nunmehr den motorischen Nerven, sowie den ver- schiedenen Verbindungen zwischen Teilen der Centralorgane zu, so sei vorausgeschickt, daß durch die bekannten merkwürdigen Verhältnisse der Muskelinnervierung bei Ascaris hier die Möglichkeit ohne weiteres gegeben ist, den motorischen Nerven bis zum Endorgan zu verfolgen. Der Nerv tritt nämlich hier nicht zum Muskel, sondern umgekehrt der Muskel zum Nerv. Eine jede Muskelzelle sendet in einer später genau zu besprechenden Weise einen oder mehrere Innervierungsfortsätze zu einem Längsnerven, an dem angelangt er mit einer Nervenfaser ver- schmilzt. Da dies im ganzen Körper in gleicher Weise erfolgt, so ist mit einer Beschreibung der Längsnerven vom Centralorgan bis zur ersten Dorsoventralcommissur auch das Verständnis für den Bau dieser Teile im ganzen Körper gegeben. Wir beginnen unsre Darstellung mit den meist kurzen Nerven, die die einzelnen Ganglien des Centralorgans miteinander verbinden, um so die Schilderung der Centren zu ergänzen. Da steht zunächst der Nervenring in Verbindung mit dem Ganglion cephalicum laterale ex- ternum mediale durch ein Nervenbündel, welches aus elf Nervenfasern besteht. Von diesen ist stets eine sehr stark, wie der Querschnitt dieses Bündels, Fig. N, zeigt. Verfolgen wir sie nach hinten, so erweist sie sich als der Fortsatz der großen unipolaren Zelle 37. Zwei weitere haben mittleren Durchmesser. Sie treten im Ganglion cephalicum laterale externum mediale zu den aranoiden Zellen 38 und 39. Das Schicksal der einen kennen wir schon, es ist die sensible Faser der Hals- papille, die andre verhält sich, außer daß sie keine Verbindung mit dem Sinnesorgan besitzt, genau ebenso, tritt also auch jenseits ihrer Ganglienzelle durch die Commissura cephalica ventrolateralis posterior zum Bauchnerv, in dem die Faser nach vorn zum Ring verläuft. Diese beiden Nervenfasern sind es denn auch, die in unserm Schema, Fig. 1, den dünnen Faden bilden, der die Ganglia cephalica lateralia externa 120 Richard Goldschmidt, medialia und posteriora miteinander verbindet. Die andern acht Fasern sind sehr zart. Drei von ihnen gehören als Fortsätze zu der unipolaren aranoiden Zelle 40 des Ganglion cephalicum laterale externum mediale, und zwar verschmelzen zwei von ihnen nicht weit hinter dem Ring zu einem einheitlichen Stamm, der dritte vereinigt sich mit diesem wieder nicht weit von der Ganglienzelle selbst (Fig. 10). Eine solche Ver- einigung zweier zunächst parallel laufender Fasern oder richtiger von der Ganglienzelle aus betrachtet, eine Spaltung des unipolaren Fortsatzes einer Zelle in zwei parallele Fasern findet auch bei dem Fort- satz der Zelle 41 statt, zu der also zwei weitere Fasern des Nervenbündels gehören (Textfig. N). Es bleiben nunmehr noch drei Fasern im Bündel übrig, von denen eine den unipolaren Fortsatz der Zelle 42 darstellt (Fig. 10), eine andre den centralen Fortsatz der bipolaren Zelle 43. Ihr peripherer Fortsatz gelangt an den medialen Rand der Seitenlinie — das eben besprochene Nervenbündel liegt in ihr dorsal — und verläuft als eine der vier zarten Fasern des Nervus lateralis dicht neben dem Excretionskanal nach hinten. Die elfte Faser endlich verläuft ohne in eine Ganglienzelle einzutreten durch das Ganglion cephalicum laterale externum mediale hindurch und tritt, nachdem sie sich ebenfalls in zwei parallel laufende Fasern gespalten hat, auch zu dem Nervus lateralis (Fig. 14). Nach dieser Darstellung findet man natürlich im Querschnitt unsres Nervenbündels nur nahe beim Nervenring elf Fasern, weiter hinten nur neun. Fig. N zeigt uns im Querschnitt der Seitenlinie noch ein weiteres Nervenbündel, welches ventral gelegen ist. Es besteht aus nur vier Nervenfasern, von welchen eine sehr dick ist, die übrigen zart erscheinen. Dies Bündel stellt den Nervenfaden dar, welcher im Schema Fig. 1 das Ganglion cephalicum laterale externum anterius mit der Commissura cephalica ventrolateralis verbindet. Von den kleinen Fasern sind zwei die Fortsätze der im Ganglion cephalicum laterale externum anterius gelegenen unipolaren Zellen 33 und 34. Sie treten in der Nähe des Ringes, ebenso wie die andern Fasern dieses Bündels, in die Com- missura cephalica ventrolateralis ein und verlaufen in dieser ventral- wärts zum Ring. Die dritte kleine Faser, die sich centralwärts ebenso verhält, verläuft nach hinten zur bipolaren Zelle 35 des gleichen Gan- glion. Ihr peripherer Fortsatz wendet sich wieder medialwärts und tritt zum Nervus lateralis, dessen vierte Faser bildend (Fig. 14). Diese Faser stellt im Schema Fig. 1 den Verbindungsfaden zwischen Ganglion ce- phalicum externum laterale anterius und dem Lateralnerv dar. Von bedeutend größerem Interesse ist dagegen die vierte dickste Faser dieses Das Nervensystem von Ascaris lumbricoides und oaegalocephala. 121 Bündels, deren Verlauf uns wiederum ein Faktum von großer prin- zipieller Bedeutung enthüllen wird. Centralwärts verhält sie sich ebenso wie die drei andern Fasern, d. h. sie tritt durch die große Commissura cephalica ventrolateralis zum Nervenring. Innerhalb des Ganglion ce- phalicum laterale externum anterius verbindet sie sich dann mit der großen bipolaren Ganglienzelle 3(>. Deren peripherer Fortsatz verhall sich nun rechts und links etwas verschieden. Rechts verläuft er. wenn das Tier nicht sehr gedehnt ist, nur eine kurze Strecke in der Seitenlinie nach hinten (in Fig. II blau punktiert), um dann mit einer Nerven- faser, welche die Seitenlinie schräg von vorn nach hinten durchsetzt, zu verschmelzen. Ich sage absichtlich nicht, sie gabelt sich T-förmig. denn es liegt eine wirkliche Verschmelzung vor, da die erwähnte, die Seitenlinie durchsetzende Nervenfaser sich in ihrer später zu besprechenden feineren Struktur typisch von den eigentlichen Fortsätzen der Zelle 3(> unterscheidet. Wir haben hier nichts andres vor uns als die Grenze zweier Neurone, die zwar vollständig miteinander in Kontinuität stehen, deren Grenze aber doch in der feineren Struktur der beiden Zell- territorien ausgedrückt ist. Welches ist aber nun das Schicksal der so mit der Zelle 3(3 verbundenen Nervenfaser? Sie stellt, wie sich Leicht nachweisen läßt, die eine der beiden ganz gleichmäßig aussehenden und sehr kräftigen Nervenfasern dar, die die Commissura ventrodorsalis ol)li(|iia bilden, und zwar die hintere von diesen. Sie verläuft demnach. centralwärts die Seitenlinie durchsetzend, in der das Bauchganglion ent- haltenden Gewebsbrücke direkt zum Nervenring, in den sie mit dem Bauchnerven eintritt. Peripher von der Verschmelzungsstelle tritt sie dagegen aus der Seitenlinie, schräg nach hinten verlaufend, in die Subcuticula ein und verläuft hier im Bogen dorsalwärts zur Rückenlinie, um hier in den Rückennerven einzutreten, nachdem sie noch vorher mit dem Subdorsalnerven eine später zu besprechende Verbindung ein- gegangen. In ersterem gabelt sie sich in einen auf- und einen absteigen- den Ast, die zusammen die blau punktierte Nervenfaser des Rücken- nerven darstellen. Peripher verläuft sie, so weit wde das Gebiet unsrer Intersuehuntf lieht, geradeswegs nach hinten und nimmt bald hinter der Gabelungsstelle an der Muskelinnervierung teil. Centralwärts ver- läuft sie im Nervus dorsalis bis kurz hinter den Nervenring. Da biegt sie plötzlich nach rechts" aus, tritt wieder in die Subcuticula ein und nimmt einen Verlauf nach der rechten Seitenlinie zu. Sie stellt jetzt nicht- andres dar als die rechte Commissura ventrodorsalis anterior. Sie verläuft nun parallel mit dem Nervenring, bald auf seiner Höhe, 122 Richard Goldsehmidt, bald auch vor ihm gelegen zur Seitenlinie, durchsetzt sie, tritt dann wieder in der Subcuticula schräg nach hinten, gesellt sich der Commis- sura cephalica ventrodorsalis ungefähr in ihrer Mitte bei und verläuft, an ihrem Vorderrande gelagert, direkt mit ihr zum Nervenring! Innerhalb der linken Seitenlinie ist der peri- phere Fortsatz der Zelle 36 ziemlich weit nach hinten zu verfolgen (das rote System der Fig. 14). In der Höhe der die beiden Excretionsgefäßschenkel ver- bindenden Brücke scheint er in den Schnitten plötz- lich aufgehört zu haben. Genauere Untersuchung zeigt aber, daß diese Faser der linken Seite ebenso wie die der rechten, nur weiter rückwärts, mit einer die Seitenlinie durchsetzenden Nervenfaser ver- schmilzt. Auch hier wieder dieselbe Erscheinung, daß trotz der Verschmelzung die Struktur der bei- den Fasern getrennt bleibt, was hier noch bedeu- Textfig. P. tungsvoller ist, da sich hier bei der linken Faser mit absoluter Sicherheit nachweisen läßt, daß hier die Verschmelzungsgrenze zweier Neurone liegt. In Textfig. P ist diese bedeutungsvolle Stelle aus einem frontalen Längsschnitt ab- gebildet. Von vorn kommt die längsgetroffene Faser der Zelle 36 und geht an der durch Pfeile bezeichneten Stelle kontinuierlich in die quer- getroffene Commissurenfaser über. Diese ist ein wenig abgeflacht und schickt der andern Faser einen Wulst wie einen Empfängnishügel ent- gegen. An der Verschmelzungsstelle geht unvermittelt die blasse, homogene Struktur der einen Faser in die körnige der andern über. Die die Seitenlinie durchsetzende Nervenfaser ist hier auf der linken Seite eine der Fasern der Commissura ventrodorsalis II, und zwar die vordere von den beiden dicken Fasern, die zusammen mit einer zarten die Commissur zusammensetzen. Verfolgen wir diese Faser von der Verschmelzungsstelle nach der Ventralseite, so sehen wir sie in der Subcuticula zum Bauchnerv gelangen, in den sie eintritt. Hier gabelt sie sich sofort in zwei Äste, von denen einer den Bauchnerven von ventral nach dorsal quer durchsetzt, um sich dann wieder T-förmig zu gabeln in einen absteigenden und aufsteigenden Ast. Ersterer verläuft im Bauchnerv rückwärts durch das Ganglion ventrale I hindurch, also so weit wir ihn verfolgt haben, ohne weitere Besonderheiten zu zeigen, letzterer verläuft innerhalb des Bauchnerven in wechselnder Lage nach vorn und gelangt so ohne weitere Schicksale zum Nervenring. Der zweite Gabelast der Commissurenfaser läuft dagegen direkt nach dem Das Nervensystem von Ascaris lumbricoides und megalocephala. 123 Hintritt in den Bauchnerv geradeswegs rückwärts, gelangt in das Ganglion ventrale 1, und tritt hier in die große bipolare Gan- glienzelle 84 ein, deren peripherer Fortsatz dann wieder im Bauennerv nach hinten verläuft. Damit ist eine weitere absolut einwand- freie Verbindu üg zweier Neurone auf dem Weg durch ziem- lich lange Bahnen statuiert. Außerordentlich kompliziert gestaltet sich das Schicksal dieser selben Nervenfaser in ihrem Verlauf dorsal von der Verschmelzungs- stelle in der Seitenlinie. Hier tritt sie nun durch die Subcuticula in den Rückennerven ein, in dem angelangt sie sich sofort wieder in einen und aufsteigenden Ast T-förmig gabelt. Der nach rückwärts ver- laufende Ast bietet keine Besonderheiten. Der andre verläuft zunächst ohne weitere Verästelungen bis nahe hinter den Nervenring, wobei er unterwegs auch zur Muskelinnervierung verwandt wird. Nicht weit hinter dein Nervenring nimmt er eine zweite parallel mit ihm von hinten nach vorn verlaufende Faser auf, deren Schicksal wir gleich besprechen werden. (Natürlich kann man unsre Nervenfaser auch in ihrem Verlauf von vorn nach hinten betrachten; dann spaltet sie sich an dieser Stelle in zwei Fasern.) Nicht weit vor dieser Stelle ist sie mit einer andern charakteristischen, später zu besprechenden Faser des Rückennerven durch eine feine Brücke verbunden. Es scheint, daß hier wieder eine < rrenze zwischen zwei Neuronen vorliegt. Und nunmehr läuft die Faser geradeswegs am Nervenring vorbei nach vorn, um sich dann etwa auf der Höhe des Nervenringes oder ein wenig vor ihm im rechten Winkel nach rechts zu wenden und wieder innerhalb der Subcuticula der rechten Seitenlinie zuzueilen. An der Umlegungsstelle verschmilzt sie ebenfalls wieder mit einer von hinten her kommenden Nervenfaser des Rücken- nerven, die ohne weitere Verbindungen im Nervenstrang verläuft. Nunmehr stellt unsre Nervenfaser eine der beiden Fasern dar, die die rechte Commissura ventrodorsalis anterior zusammensetzen. In dieser verläuft sie dann ebenso, wie es für die linke Seite dargestellt wurde, zu der Commissura cephalica ventrolateralis, mit der sie dann in der ventralen Mittellinie zum Nervenring gelangt. Um das Gesamtgebiet dieser interessanten Nervenfaser zu erledigen, bleibt uns jetzt noch die Besprechung des Schicksals t\c> Astes übrig, der mit ihr kurz hinter dem Nervenring im Rückennerven verschmolz. Dieser ist im Nerven l>is zur Eintrittsstelle der Commissura ventrodorsalis obliqua zu ver- folgen; hier gabelt er sich T-förmig, und der eine Ast läuft als Fortsetzung <{<■!■ bisherigen Faser im Nerven, so weit wir ihn verfolgt haben, nach hinten und dient dann auch der Muskelinnervation. Der seitlich 124 Richard Goldsohmidt, abgehende Ast stellt' dagegen die zweite Faser der Commissura ventro- dorsalis obliqua dar, und verläuft mit der andern bereits geschilderten durch die Gewebsbrücke des Bauchganglion ventral wärts zum Ring, wobei er ebenfalls unterwegs eine später zu besprechende Verbindung mit dem Subdorsalnerven eingeht. Also ein gewaltiges Gebiet zu- sammenhängender Nervenfasern! Ihre verschiedene Stärke geht aus dem Faserverlaufsschema Fig. 14 hervor. Im Anschluß an die Darstellung dieser zwei Neuronengebiete können wir gleich die sonstige Zusammensetzung des Rückennerven erledigen. Dicht am Nervenring finden wir ihn nur aus drei Nerven- fasern zusammengesetzt. Zwei kleinere stellen die beiden eben be- sprochenen Fasern dar, die zu der einen Faser der linken Commissura ventrodorsalis anterior verschmelzen. Die dritte ist eine Nervenfaser von sehr bedeutender Dicke, eine der stärksten des ganzen Nerven- systems (in Fig. 14 ebenfalls rot). Verfolgen wir sie nach vorn, so sehen wir, daß sie nicht etwa aus dem Nervenring kommt, sondern an ihm vorbei nach vorn zieht und dann plötzlich im rechten Winkel nach rechts biegt, um in der Subcuticula, die rechte Seitenlinie durchsetzend, nach der Bauchseite zu gelangen und hier wieder rechtwinkelig nach hinten zu biegen. Sie bildet also, und zwar ganz allein, die Commissura ventrodorsalis I. Am Nervenring läuft sie dann ventral vorbei, gibt aber einen rechtwinkelig abgehenden, charakteristischen Ast in den Ring ab (s. auch den, Längsschnitt Textfig. Q). Nunmehr tritt sie in den Bauchnerven ein und verläuft in diesem ohne weitere Verbindungen nach hinten. Kehren wir nun wieder zu der Stelle ihres Eintrittes in den Rückennerven zurück, so sehen wir sie in diesem in unverminderter Stärke gerades wegs nach hinten verlaufen. Nicht weit hinter dem Ring gibt sie nun im rechten Winkel einen feinen Seitenast ab (Text- fig. R 1*), der mit einer Faser des Systems der Zelle 84, wie oben schon erwähnt, verschmilzt und diese beiden Gebiete miteinander verbindet. Kurz vor dem Eintritt der Commissura ventrodorsalis II dient die Faser dann der Muskelinnervierung. An der Eintrittsstelle dieser Com- missur gabelt sie sich plötzlich in Kreuzform. Dies geschieht, indem sie einmal im rechten Winkel eine Faser für die Commissur abgibt oder aus der Commissur aufnimmt, nämlich die dritte und dünnste der drei diese Commissur bildenden Fasern. Sie tritt in der Commissur zum Bauchnerv und verläuft in diesem rückwärts, so weit wir sie verfolgt haben, ohne mit einer Ganglienzelle in Verbindung zu treten. Sodann verläuft von der Teilungsstelle aus ein Ast, der nun dünner ist als die ursprüngliche Nervenfaser, direkt nach hinten, ein andrer durchsetzt Das Nervensystem von Ascaria lumbricoidcs und mo^aloccpli.-ila. 125 erst quer den Nerven, um dann auch nach hinten umzubiegen uud weiter zu verlaufen. Ein weiterer Nervenfaserkomplex kommt dem Rückennerven ebenfalls von der Yentralseite aus zu. Es wurde bereits erwähnt, daß die linke Commissura ventrodorsalis anterior im Gegensatz zur rechten aus zwei Nervenfasern besteht. Die zweite in der Commissur hinten liegende Faser kommt ebenfalls vom Nervenring, aus dem sie ventral austritt, zunächst durch die Commissura cephalica ventrolateralis und dann ersl in der erwähnten ( 'ommissur zur Rückenseite (Fig. 14, das Syste/it 8¥ Textfig. Q. System. a> Nervensystem von Ascaris lumbricoides und megalocephala. Jl'7 mediale stammend und durch die Commissui dem Bauchnerven zu- geleitet. Die andern beiden sind die Fortsätze der beiden unipolaren Ganglienzellen 11 und T> des Ganglion cephalicum laterale externum posterius, die ebenfalls durch die Commissur zum Bauchnerven ge- langen und hier direkt nach vorn zum NYrvenring verlaufen, wodurch jene beiden Zellen als indirekte Centralzellen charakterisiert werden (s. Fig. 14). Nunmehr bleibt der Besprechung nur noch die Zusammensetzung der Hauptlängsnerven des Körpers mit Ausnahme des Rückennerven übrig. Von diesen wurde der Aufbau des schmächtigsten von allen, des Lateralnerven, aus vier zarten Nervenfasern, bereits geschildert, von denen zwei direkt aus dem Ring kommen, und je eine aus dem Ganglion cephalicum laterale externum anterius und mediale. Weiter- hin verläuft der Nerv aber, ohne im hier betrachteten Bereich irgend etwas Besonderes zu zeigen, neben dem Excretionskanal nach hinten. Er stellt, indem er im Hinterende in den sogenannten Bursalnerv über- seht, wie schon Brandes beschrieb, die Verbindung mit den sensiblen Centren des Hinterendes her und ist daher wohl auch als ein sensibler Nerv aufzufassen, wofür auch seine Zusammensetzung aus äußerst feinen Fasern spricht. Vier weitere Längsnerven sind die beiden Nervi subdorsales und su b ventrales. Ihre Zusammensetzung ist eine sehr einfache. Ein jeder besteht aus vier Nervenfasern, von denen eine stärker, die andern schwächer sind, die, nahe beieinander liegend, in den Sublateral- linien nach hinten verlaufen und der Muskelinnervation einer bestimmten Muskelgruppe dienen. Die Fasern entspringen sämtlich direkt aus dem Nervenring, mit Ausnahme eines Paares, nämlich je eines der zarten Nervenfasern der Subdorsalnerven, deren Ursprung am Ring die bi- polare Ganglienzelle 1(.> eingeschaltet ist. Ähnlich wie der Rückennerv erhalten auch die Subdorsal- und Subventralnerven ständig Verbin- dungen mit den andern Hauptnerven, und zwar betrifft dies in dem von uns betrachteten Bezirk den linken Subventral- und den rechten Subdorsalnerven. An ersterem zieht ja innerhalb der Subcuticula die Oommissura ventrodorsalis II dicht vorbei, und da löst sich von deren hinterster Nervenfaser nahe der Seitenlinie ein kurzer Ast los, der mit der dicken Nervenfaser des Subventralnerven verschmilzt, der deshalb in Fig. II auch blau gezeichnet ist. Nach der Strukturdifferenz zu schließen, scheint hier wieder die Grenze zwischen zwei Neuronen zu sein. Ebenso wird der rechte Subdorsalnerv von der Commissura ventrodorsalis obliqua gekreuzt, und an dieser Stelle erhält einmal seine 128 Richard Goldschmidt, dicke, deshalb rot bezeichnete Nervenfaser einen Seitenast der vorderen Nervenfaser dieser Commissur, während eine andre Faser einen solchen der hinteren Commissurenfaser erhält (blau punktiert). Es kann danach wohl keinem Zweifel unterliegen, daß die Subdorsal- und Subventral- nerven auf diese Art ständig im Körper mit den übrigen Längsnerven verbunden sind und natürlich auch mit den Gebieten dort befindlicher Ganglienzellen. (In Fig. 14 repräsentieren so die schraffierten Fasern €N \ r 1 O Textfig. S. subdorsal links je drei Fasern, sub ventral rechts vier, sub ventral links drei, während der Nervus subdorsalis dexter vollständig ist.) Und damit wenden wir uns der Betrachtung des größten und wichtigsten aller Nerven des /Isram-Körpers, des Bauchnerven, zu. Er ist aus einer relativ sehr großen Zahl von Nervenfasern zusammen- gesetzt. Natürlich schwankt sie auch, je nach dem Ort, an dem wir zählen, da in dem Nerven sowohl Verbindungen verschiedener Nerven- fasern, wie auch Aufspaltungen vorkommen. Dicht hinter dem Schlund- ring sind es 55 Fasern, die den Nerven zusammensetzen. Um den Aus- mündungskanal des Excretionsorgans herum läuft der Nerv, wie schon früheren Autoren bekannt war, in zwei ungleichen Schenkeln, von denen der rechte 38, der linke 17 Fasern führt, wie der Querschnitt Textfig. S Das Nervensystem von Ascaris lumbricoides und megalocephala. li".> zeigt, der durch die Bauchlinie in dieser Region gelegt ist und auch ooch Teile des Bauchganglions enthält. Die den Nerv zusammen- setzenden Fasernsind wieder äußerst ungleich an Volumen und wechseln in ihrer Lage. Von Zeil zu Zeit taucht eine der tiefer gelegenen Fasern an die dem Innenrand der Bauchlinie zu gelegene Oberfläche, um hier der Muskelinnervation zu dienen, was übrigens auch beim Rücken- nerven der Fall ist , und dann wieder in die Tiefe zu steigen. Die meisten lei Nervenfasern zeigen während ihres Verlaufes bis zum (Janglion ventrale 1 nichts Besonderes, viele lauten sogar ohne wei- te res durch dieses Ganglion hindurch. Sic sollen nicht weiter beschrieben werden. In dem Querschnitt Text- figur '/'. der durch das Gan- glion ventrale I gelegt ist, >ind sie unbezeichnet geblie- ben und im Faserverlaufs- schema Fig. '2i alle zusam- men durch die schraffierte Faser angedeutet. Ferner ist das Schicksal der aus verschie- denen* '.mimissiiren kommen- den Fasern bereits in andern) Zusammenhang dargestellt worden. Außer den zu den Ganglienzellen les Ganglion ventrale I in Beziehung tretenden Fasern ist dann nur loch ein Fasersystem bemerkenswert. Es sind dies zwei auffallend dicke Nervenfasern, die von dem Ring entspringen und im Bauch- nerven so nach hinten verlaufen, daß eine im rechten, die andre im linken Asl bei der Teilung des Nerven um den Excretionskanal ver- läuft (n in Textfig. S). Nicht weit hinter dieser Stelle vereinigen sich aber die beiden Fasern zu einer ungeheuer dicken Faser, die so weit als unser I Intersuchungsgebiet reicht, sich nach hinten verfolgen läßt (Text - figur T n) und in Fig. 14 punktiert dargestellt ist. Alle andern irgendwie bemerkenswerten Fasern stehen also in Be- ziehung zum Bauchganglion. Eine Anzahl seiner Zellen sind allerdings einfache bipolare Ganglienzellen, deren centraler Fortsatz ohne weiteres zum Nervenring läuft, deren peripherer im Bauchnerv nach hinten zieht. Es ^nd dies die Fortsätze de,- Zellen 79, 81, 83, 89, 90, '.»1 für die repräsentativ in Fig. 14 Zelle 79 dargestellt ist. Der centrale Fo i Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC Bd. auf das Bild zu bringen. Nach einem Methylenblautotalpräparat. _ . 380. Fig. 3. Das Gangl. cephal. dors. mit der Zelle 47 innerhalb des Nerven- ringes. Methylenblautotalpräparat. Vergr. 380. Fig. 4. Das Gangl. cephal. subdors. mit den beiden Bindegewebszellen. Methylenblautotalpräparat. Vergr. 380. Fig. "). 1 >as Gangl. cephal. ventrale. Methylenblautotalpräparat. Vergr. 250. Fig. 6. Ein Teil des Gangl. nervi papill. later. maj. im Schnitt, um die Formverhältnisse dir drei Zellgi'uppen zu zeigen. Cajals Silbermethode. (Nur der bequemeren Reproduktion wegen auch im Methylenblauton gedruckt.) Vergr. 590. Fig. 7. Die beiden in direkter Kontinuität stehenden Ganglienzellen der hinteren Bauchlinie (s. Fig. 8). Methylenblautotalpräparat. Vergr. 380. Fig. 8. Ein Stück der Bauchlinie hinter dem Gangl. ventr. I, um die ein- gestreuten Ganglienzellen zu zeigen, und die beiden in Fig. 7 stärker vergrößerten Zellen. Methylenblautotalpräparat. Vergr. 45. Fig. 9. Das Gangl. ventr. I innerhalb des Bauchnerven. Die Nerven- : -in sind m\ ht deutlich. Methylenblautotalpräparat. Vergr. 240. Fig. 10. Die Gangl. ceph. lat. ext. innerhalb der rechten Seitenlinie. Methylenblautotalpräparat. Vergr. 250. Fig. 11. Das Gangl. nervi papill. subventr. dextr. st die Stützfaser der Nervenfaser ."•<> (s. Coi.pschmidt 1903a). Methylenblautotalpräparat. Vergr. 380. Fig. 12. Die Zelle 38 des Gangl. ceph. lat. ext. med. im Schnitt zur De- monstration der aranoiden Zellform. R. Heiden hains Chromsäure-Hämatoxylin. (Methylenblauton nur in der Reproduktion.) Vergr. 600. Tafel III. Fig. 13. Methylenblautotalpräparat des ganzen Centralnervensvstems mit den sämtlichen existierenden Ganglienzellen. Der Hautmuskelschlauch ist rechts subdorsal der Länge nach aufgeschnitten und nach Entfernung des Oesophagus 136 Richard Goldsohmidt, Das Nervensystem von Ascaris lumhricoides usw. und der Lippen ausgebreitet. Der Nervenring erscheint wie ein Band eingelagert in sein gliöses Hüllgewebe. Die Körperlinien sind stark blau gefärbt, zwischen den Seitenlinien sind die Gewebsbrücken avisgespannt, die die durchschimmernden Excretionskanäle enthalten. Muskulatur gelb. Alle innerhalb der Subcuticula verlaufenden Nervenfasern schimmern hell durch. Bei dieser schwachen Vergröße- rung sind nur die dunkelblau gefärbten Ganglienzellen sichtbar, ihre blassen Fortsätze nicht zu erkennen. Das Bild ist nur insofern schematisiert, als der Ver- lauf der Muskelfasern, der nur mühevoll wiederzugeben wäre, nur ungefähr dar- gestellt ist, und daß Ganglienzellen, die sich überdeckten, nebeneinander gezeichnet wurden, ferner daß auf differente Tinktion der einzelnen Zellgruppen, die die Präparate zeigen, keine Rücksicht genommen wurde. Tafel IV. Fig. 14. Halbschematische Darstellungen des Faserverlaufs außerhalb des Nervenringes. Genaue Erklärung im Text S. 112. Über den Bau der Rückenaugen und die Histologie der Rückenregion der Oncidien. Von Wladimir Stantschinsky. (Aus dem Zoologischen Institut Heidelberg.) Mit Tafel V— VII und 1 Figur im Text. Eine der interessantesten Eigentümlichkeiten der Oncidiiden bilden die bei den meisten Arten auf dem Rücken stehenden Augen, die sich in ihrem Bau wesentlich von den Kopfaugen der Gastropoda unterscheiden. Diese Rückenaugen sind bald einzeln zerstreut (Arten der Gattung Oncis), bald dagegen zu Gruppen vereinigt (Oncidium) und sind meistens in die Haut einziehbar. Den Arten der Gattungen Oncidina und On- cidinella, ferner Oncis lata Plate, Oncis coeca Plate, Oncidium amboine Platf. Oncidium muUinotatum Plate und Oncidium aberrans Semper fehlen die Rückenaugen. Die Augen der Oncidiida sind ausgezeichnet durch eine invertierte Retina und das Vorhandensein eines blinden Fleckes, der wie bei den Wirbeltieren von dem Durchtreten des Sehnervs durch die Pigment - und Sehzellenschicht ins Innere des Auges hervorgerufen wird. Ent- decki wurden diese Augen von C. Semper, der sie im Jahre 1877 ein- gehend beschrieb. In den seitdem verflossenen 30 Jahren wurden den Rückenaugen der Oncidien nur die zwei Seiten der kurzen Mitteilung v. Lenden- felds idmet. in welcher er die Resultate seiner Untersuchung dei Lugen von Oncidium daemelii Semper darlegt. Die in neuester Zeit erschienene umfangreiche Arbeil Platin (93) über die Oncidiiden gehl auf die Histologie der Augen nicht ein. Inzwischen erfuhren die Augen vieler andrer wirbelloser Tiere eine umfassende Bearbeitung mit Zuhilfenahme (\ry modernen Methoden der mikroskopischen Technik, 138 AVladimir Stantschinsky, was auf dem Gebiete der Augenhistologie eine ganze Reihe neuer Fragen entstehen ließ. Es war also jedenfalls von Interesse, auch die Rücken- augen der Oncidien erneut zu untersuchen, um so mehr, als sich die- selben in so wesentlichen Punkten von denen andrer wirbelloser Tiere unterscheiden. Leider stand mir, der Seltenheit dieser Tiere wegen, kein wirklich histologisch konserviertes Material zur Verfügung, was der Untersuchung bedeutende Schwierigkeiten in den Weg legte; nur eine große Anzahl von Präparaten und eine möglichst verschiedenartige Färbung ermög- lichten eine genauere Erforschung mancher histologischer Details. Zu meiner Verfügung standen neun Oncidienexemplare, die das Heidelberger Zoologische Institut von Prof. Dr. H. Simroth erworben hatte. Drei derselben gehörten zu Oncidium verrucidatum Cuv., die sechs übrigen waren neue Arten, die ich in meiner kürzlich veröffent- lichten Arbeit als Oncidium buetschlii, Oncidium meriakrii und Oncidium fungiforme beschrieben habe1. Oncidium buetschlii war in vier Exem- plaren vertreten, während die beiden übrigen Arten nur je durch ein Exemplar repräsentiert wurden. Sämtliche neun Exemplare stammten von Queensland. Über ihre Konservierung kann ich nichts Bestimmtes sagen, doch war hierfür augenscheinlich Alkohol verwandt worden. Der Erhaltungszustand war im ganzen ein befriedigender, nur stellenweise hatte sich die Cuti- cula von dem unterliegenden Epithel abgehoben. Weniger gut war das mir aus dem Berliner Museum für Naturkunde freundlichst über- lassene Material. Dasselbe bestand aus zwei Exemplaren von Oncidium tumidum Semp. und Hautläppchen vom Rücken von Oncidium peronii Cuv., Oncidium multinotalum Plate und Oncis coriacea Semp. Verhältnis- mäßig am besten war die Haut von Oncidium peronii Cuv. erhalten, während die andern Arten eine histologische Untersuchung nicht er- laubten. Auch dieses Material war augenscheinlich nur in Alkohol konserviert. Große Schwierigkeiten bot die Färbung der aus solchem Material an- gefertigten Präparate. Die meisten von mir versuchten Färbungsmetho- den ergaben nicht die gewünschten Resultate; nur die folgenden waren zu histologischen Zwecken anwendbar : 1) Hämatoxylin nach Delafield, Säurefuchsin- Pikrinsäure nach van Gieson, 2) Jod-Jodkali-Goldchlorid- Anilinwasser nach Nabias und 3) Eisenhämatoxylin nach Bütschli 1 Zoologische Jahrbücher. Abteil, f. Systemat. Bd. 25. 1907. S. 353. Über d. Bau der Rückenaugen a. die Histol. d. Rückenregion d. Oncidicn. 139 oder Heidenhain. Letztere Färbung ergab die besten Resultate. Nach Fisenhämatoxylin wandte ich zur Nachfärbung starke Lösungen von Orange an, wodurch sämtliche faserige Gebilde sich sehr schön differenzierten. Schließlich verwendete ich noch die Kerntinktion durch Borax- karmin und nachfolgende Methylenblaufärbung. Letztere Behandlung dient bekanntlich zur Differenzierung sämtlicher drüsiger und schlei- miger Kiemente. Die Objekte winden in Paraffin eingebettet und in Schnitte von 5 — 7. bisweilen von 3/u, zerlegt. Die vorliegende Arbeit wurde im Zoologischen Institut der Uni- versitäl Heidelberg begonnen auf Veranlassung meines hochverehrten Lehrers Herrn Prof. Dr. 0. Bütschli, dem, meine tiefgefühlteste Dank- barkeit für sein stets gütiges Entgegenkommen an dieser Stelle auszu- drücken, mir eine besondere Genugtuung gewährt. Meinen Dank spreche ich auch Herrn Prof. A. Schuberg für viele wertvolle Ratschläge aus. Beendet wurde die Arbeit im Institut für Vergleichende Anatomie der Universität Moskau. Dem Direktor dieser Anstalt, Herrn Prof. ML Menzbier, bin ich für seine liebenswürdige Erlaubnis, in genanntem Institut zu arbeiten, gleichfalls zu bestem Danke verpflichtet. Der Rücken der Oncidien besitzt eine für jede Art äußerst charakteristische Skulptur. Bisweilen ist er eine beinah glatte, leicht gewellte Fläche, meistens jedoch wird er von verschieden großen Pa- pillen und Granula bedeckt. Die Anordnung dieser Gebilde auf dem Rücken und ihre Dimensionen verleihen jeder Art ein bezeichnendes Gepräge und bilden ein systematisch äußerst wichtiges Merkmal. Die Struktur des Rückens der verschiedenen Arten wurde deshalb bereits in den verschiedenen systematischen Arbeiten genauer be- sprochen (Sempeb [77, 1 1, Plate [93], Stantschinsky [07]). Ich muß sie daher nur insoweit berühren, als dies zum besseren Verständnis der histologischen Eigenarten des Mantels der einzelnen Arten nötig erscheint. Bezeichnend für die verschiedenen Species ist auch die durch das Hautpigmenl bedingte Färbung des Rückens. Die auf dein Rücken zerstreuten Augen sind bisweilen schon mit bloßem Auge als schwarze Pünktchen zu erkennen. Bei Oncidrium, wo sie in Gruppen angeordnel sind, sind sie bald (z. B. bei Oneidium verruculatum) zu unregelmäßigen Gruppen vereinigt, bald regelmäßig um eine mittel- ständige Papille angeordnet und besitzen in letzterem Fall die Fähig- keit, sich tief in die Haut einzustülpen. Die Anzahl der Augen variiert 140 Wladimir Stantschinsky. meistens selbst innerhalb ein und derselben Art. Nach den Untersu- suchungen Sempeks lassen sich die bedeutendsten Schwankungen bei Oncis coriacea, Oncidium ambiguum und verruculatum feststellen. Bei letzterer Art steht die Zahl der Rückenaugen in direkter Beziehung zum Alter des Tieres: kleine Exemplare besitzen mehr als größere. »Es beweist dies wohl unwiderleglich, daß mit dem Alter dieser Tiere die Zahl der Augen abnimmt« bemerkt Semper (77, 2 S. 5). Histologie des Mantels. Die Körperwand der Rückenseite, die häufig nicht ganz richtig als Mantel bezeichnet wird, besitzt bei den Oncidien eine bedeutende Dicke, da unter dem von einer dünnen Cuticula überzogenen Epithel eine Bindegewebs- und Muskelschicht liegt, die eine große Zahl von verstreut liegenden Blutsmusen und Nerven enthält. Dieser Umstand berechtigt uns durchaus, die ganze Körperwand einfach als Haut zu bezeichnen. In der bindegewebigen Haut der Oncidien lassen sich, ebenso wie in der andrer Pulmonaten, mit größerer oder geringerer Deutlichkeit zwei Schichten unterscheiden: eine äußere bindegewebereichere Schicht und eine innere Muskelschicht. Im folgenden will ich erst eine allgemeine Charakteristik der ver- schiedenen histologischen Elemente entwerfen und dann auf die Be- sonderheiten einer jeden Art hinweisen. Das Epithel (Taf. V, Fig. 1, 2, 3 und 4 e). Das einschichtige Cylinderepithel wird von einer dünnen, 1,5 — 2 f.i dicken Cuticula be- deckt {et). Die Epithelzellen haben in Flächenansicht das Aussehen von dicht aneinander gedrängten Polygonen. Die inneren, etwas zu- gespitzten Enden der Zellen zeigen auf den Längsschnitten zwischen sich Lücken, die von dem unterliegenden Bindegewebe ausgefüllt werden. Die Höhe der Zellen ist an verschiedenen Stellen wechselnd, was mit dem verschiedenen Kontraktionszustand der Haut im Zusammenhang steht. An den Stellen, wo die Papillen eingestülpt sind, werden die Epithelzellen stark seitlich zusammengedrückt und erscheinen daher hoch und schmal, wogegen die ausgestülpten Papillen von nied- rigem, nahezu kubischem Epithel überkleidet werden. Dem inneren Ende der Zellen genähert liegen die rundlichen oder ovalen chromatin- armen Kerne (ek). Das Protoplasma weist eine deutliche Wabenstruktur mit senkrecht angeordneten Wabenreihen auf und bildet unter der Über (1. Hau der Rückenaugen u. die lli-iol. d. Rückenregion d. Onoidien. 141 Cuticula einen aui Längsschnitten schön sichtbaren Alveolarsaum Taf. \ 11. Fig. I Auf Flächenschnitten (Taf. \'. Fig. •".) kann man erkennen, daß Bich vom Bindegewebe aus in die Zwischenräume zwischen den Epithel- zellen Kittleisten einschieben (/./): zwischen denselben bemerkt man kleine Höhlungen, die Intercellulargänge, die sich bis unmittelbar unter die Cuticula erstrecken, wo sie ein Maschenwerk von feinsten Kanäl- chen bilden Tal. Y, Fig. 1, 2, :) ig). An der Innenwand eines jeden Kanälchens verläuft eine durch HEiDENHAiNsches und Delafield- Bches Hämatoxylin intensiv färbbare Spiralfibrille (^'/), die sowohl auf Flächen-, als auch auf Yertikalsclmitten deutlich erkennbar ist. Intercellulargänge im Epithel dvr Mollusken wurden bereits von Leydig (76 u. 83), Carriere (82) und Nalepa (83) beschrieben; letz- terer Autor wies durch Injektionen ihren Zusammenhang mit dem Bin bei den Pulmonaten nach. Bei den Oncidien be- stellen gleichfalls ähnliche Beziehungen. Der allmähliche Übergang Blutsinuse des Coriums in die Intercellulargänge des Epithels läßt sich bei 0. verruculatum verfolgen. Die Blutsinuse bilden bei dieser Art unter dem Epithel ein ganzes Maschenwerk von Kanälen, das selbst an Totalpräparaten von in Nelkenöl aufgehellten Hautstückchen deut- lich hervortritt (Taf. VI, Fig. 19 cnz). Von diesem Netzwerk aus steigen feine Kanälchen zwischen die Zellen des Epithels hinauf, wo sie >ich mit den [ntercellulargängen vereinigen (Taf . V, Fig. 1 cl). Leydig und Nalepa nehmen an, daß die Intercellulargänge die Beziehung des Blutgefäßsystems mit dem äußeren Medium vermitteln und dem Wasser den Zutritt zum Blut ermöglichen, ('ärmere ist dagegen der Ansicht, daß sie bei der ausscheidenden Tätigkeit der Haut eine Rolle spielen. Nalepa gibt die Möglichkeil einer solchen Funktion neben der ersteren zu, besonders in hezug auf die Schalenbildung. Bei den schalenlosen, ein amphibisches Leben führenden On- cidien haben die Intercellulargänge, meiner Ansicht nach, jedenfalls .•ine besonders wichtige Bedeutung für den Atmungsprozeß, da bei den meisten Formen dieser Familie zweifellos die ganze Hautoberfläche zur Atmung unter Wasser dient. Der oben erwähnten Spiralfibrille kommt wohl eine Eormative Bedeutung zu und bestimmt dieselbe bei der Kontraktion der Kanalwandungen die Bewegungsrichtung des Blutstromes '. 1 Ahnliche Fibrillen wurden von Zimmermann (98) in den Lymphgängen des menschlichen Darmepithels nachgewiesen. Koltzoff erwähnt in seinen »Studien über die Gestall der Zelle. Untersuchungen über die Spermien der Decapoden 142 Wladimir Stantschinsky, Die Drüsen. Zwischen den Epithelzellen münden die Ausführ- gänge einzelliger Drüsen. Bei den von mir untersuchten Oncidien finden sich in der Rückenhaut drei verschiedene Arten von Drüsen- zellen: 1) kleine Drüsen mit kurzen Ausführgängen, deren Inhalt sich schwach oder gar nicht färbt; 2) Drüsenzellen von ebensolcher Größe, doch mit längeren Ausführgängen, deren Inhalt sich intensiv mit Hei- DENHAiNschem Hämatoxylin färbt; 3) große Drüsenzellen mit eigenarti- gem Secret und einem mit Sphincter versehenen Ausführgang. Die kleinen einzelligen Drüsen des ersten Typus (Taf.V, Fig. 1, 4, 5 d) sind äußerst zahlreich und über die ganze Rückenhaut verstreut; mei- stens sind sie gleichmäßig über die Seiten und Gipfel der Papillen ver- teilt, bisweilen bilden sie jedoch Anhäufungen auf den Gipfeln. Sowohl nach Größe und Gestalt, als auch hinsichtlich ihrer Lagebeziehungen zum Epithel weisen sie eine ganze Reihe individueller Schwankungen auf. Meist sind sie flaschenförmig mit verdicktem inneren Ende, das in das Corium hinabreicht. In andern Fällen ist ihre Gestalt unbestimmter, ihr Umriß wellig und das innere Ende tiefer eingesenkt. Diese Eigentümlichkeiten hängen wohl von der in der Drüse befindlichen Secretmenge und von dem Druck ab, welchen eine jede Zelle durch das umliegende Gewebe erleidet. Die Länge der Zellen übertrifft die der Epithelzellen annähernd zwei- bis dreimal. Sämtliche Zellen be- sitzen einen glashellen, sich meist gar nicht fingierenden Inhalt. Die Protoplasmareste lassen sich nur an der Zellmembran erkennen, während die runden und noch häufiger ovalen, zuweilen stark gebogenen Kerne an den proximalen Pol der Zelle verdrängt worden sind. Dieselben sind stark färbbar, da sie eine große Anzahl von Chromatinkörnern ent- halten. Es ist von Interesse, daß von diesen Zellen eine ganze Reihe von Übergängen zu den in den äußeren Hautschichten des Rückens überall zerstreuten Schleimzellen des Bindegewebes (Taf. V, Fig. 4 sl) führen. Der rundliche, sehr chromatinreiche Kern der letzteren liegt in der Mitte des stark vacuolisierten Protoplasmas. Die Vacuolen erscheinen hell, während das Protoplasma nur ganz schwach gefärbt ist. Neben solchen typischen Schleimzellen begegnen wir andern, in denen die Vacuolen als Einleitung in das Problem der Zellengestalt« (05) der Arbeit Zimmermanns und gibt seiner Meinung über die Bedeutung einer solchen Fibrille Ausdruck: »Eine einzige solche Fibrille genügt bei gewissen Veränderungen in der angrenzen- den Protoplasmamembran bereits, um die beständige bestimmte Richtung der intercellularen Lymphströmungen anzudeuten « (S. 526). Analoge Verhältnisse finden wir auch im Mantelepithel der Oncidien. Über d. Bau der Rückenaugen u. die Histol. d. Rückenregion d. Oncidien. 143 an Größe zugenommen haben, zusammengeflossen sind und so eine einzige große, die ganze Zelle ausfüllende Vacuole bildeten, die den Kern zur Seite geschoben hat. »Solche Zellen sind auf derselben Figur (Tat. V, Fig. 1 >/') dargestellt. Hier finden sich ferner noch zwei ebensolche Zellen, deren äußerer Teil sich gegen das Epithel ver- längert hat (Fig. 1 sl-). Wenn sich dieser Auswuchs zwischen die Epi- thelzellen hineinschiebt, so hätten wir bereits eine typische einzellige Drüse vor uns. Es läßt sieh also in der Haut der Oncidien dasselbe beobachten, was Plate (98) bei einigen Jane lüden nachgewiesen hat. Die von ihm beobachteten Übergänge der einzelligen Drüsen zu den Schleimzellen lassen ihn sich der Ansieht anschließen, daß diese Drüsen bei den Mol- lusken nicht epithelialen, sondern bindegewebigen Ursprunges seien1. Doch erscheint es zunächst keineswegs ausgeschlossen, daß die Schleim- zellen selbst unter die Hautoberfläche gerückte und veränderte Epithel- zellen sind. Ein ganz andres Aussehen zeigen die Drüsenzellen des zweiten Tvpus (Fig. 5 dr). Diese treten bedeutend seltener auf, als die des eisten Typus und sind anscheinend nicht bei allen Arten vorhanden. Ihr Inhalt wird von IlEiDENHAiNschem Eisenhämatoxylin stark gefärbt und liest cht aus leinen Körnchen und Stäbchen, die sämtliche Hohl- räume des die Zellen völlig einnehmenden Protoplasmas ausfüllen. Der rundliche Kern liegt in der Mitte des verdickten Teiles; der geschlängelte Ausführkanal hat in manchen Fällen eine bedeutende Länge, was mit der tiefen Lage dieser Zellen in der Haut im Zusammenhang steht. Da ich bisweilen Zellen mit genau ebensolchem Inhalt sehr tief unter der Hautoberfläche antraf, und all meine Bemühungen, einen Ausführkanal derselben zu entdecken, fruchtlos blieben, so halte ich es für möglich, daß auch diese Drüsen bindegewebigen Ursprunges sind. Eine ganz eigenartige Struktur weisen die großen einzelligen Drüsen auf (Fig. G u. 7 Dt). Dieselben übertreffen die eben beschriebenen des ersten und zweiten Tvpus bedeutend an Größe, indem sie die 10- bis 50fache Länge der Epithelzellen erreichen (bis 0,4 mm). Ihre Größen- verhältnisse sind auf Fig. 6 wiedergegeben, welche den Gipfel einer in Nelkenöl aufgehellten Papille von Onoidium meriahrii darstellt. Ich 1 Plate erwähnl in seiner Arbeit genauer die Autoren, die sich zugunsten der Theorie des bindegeweblichen oder epithelialen Ursprunges der Drüsen bei den Mollusken ausgesprochen haben. Ich halte es daher für überflüssig, an dieser Stelle genauere Literaturangaben zu machen und verweise alle, die sieh für die erwähnte Traue interessieren, auf die genannte Arbeit (S. 207 — 208). 1-44: Wladimir Stantschinsky, bemerke dazu noch, daß die großen Drüsen bei 0. meriakrii kleiner sind als bei andern Arten. Die großen Drüsen sind bald einzeln, bald in Gruppen über den ganzen Rücken zerstreut, und ihre Ausführgänge münden gewöhnlich an den Papillengipfeln. An der Mündungsstelle der Ausführgänge bemerkt man stets ein kleines, vom Epithel und der Cuticula ausge- kleidetes Grübchen; betrachtet man es von (Fig. 6) oben, so erscheint es länglich oder Y-förmig. Am verbreiterten Ende dieser epithelialen Einsenkung mündet der mehr oder weniger lange, mit einem starken und eigenartig gebauten Sphincter (Sph) versehene Ausführgang der Drüse (Fig. 7 u. 8 ag). Fig. 8 stellt einen Längsschnitt durch den Ausführgang einer großen Drüse von Oncidium buetschlii dar. Zu beiden Seiten des feinen, von einer eignen Membran ausgekleideten Ausführganges (ag) liegt je eine lange Reihe von rundlichen Zellen mit besonderen, stark färbbaren, dem Ausführgange zugekehrten Fort- sätzen und rundlichen, chromatinarmen Kernen (smz). Fig. 9, ein Querschnitt durch den Ausführgang einer ebensolchen Drüse, zeigt, daß die Fortsätze dieser Zellen den Gang in ein bis zwei Windungen umziehen und sich dann scheinbar an die Membran desselben befestigen. Die geißelartigen Fortsätze dieser Zellen zeigen eine fibrilläre Struktur und färben sich ebenso wie die contractile Substanz der Muskelzellen; bei der Doppelfärbung durch HEiDENHAiNsches Hämatox)7lin und Orange färben sie sich jedoch mit Hämatoxylin weniger intensiv als die contractile Substanz. So haben wir denn hier eigenartig modifizierte Muskelzellen vor uns, deren Sarcoplasma sich mit dem Kern an das eine Ende der Zelle verschoben hat, während die contractile Substanz am andern Ende in Form eines langen Fortsatzes auftritt. Da diese contractilen Fortsätze den Ausführgang umwinden, so führt ihre Kontraktion zur schnellen und vollständigen Schließung des Ganges. Bei gleichzeitiger Kontraktion der Muskelzellen des Sphincters und der Muskelzellen des die Drüse umgebenden Gewebes, muß sich das Secret nach außen entleeren. Die Dimensionen des Sphincters hängen direkt von der Länge des Ausführganges ab. Zum Sphincter ziehen Nervenverästelungen, doch konnte ich leider die Verbindungs- weise dieser eigenartigen Muskelzellen mit den Nervenfasern nicht verfolgen. Die Drüse selbst zeigt die für einzellige Drüsen überhaupt be- zeichnende Flaschenform (Fig. 7). Am Boden der Flasche befindet sich der etwas ausgebogene große spindelförmige Kern mit zahlreichen Chromatinkörnern; Pläsmareste kann man nur noch an der Wand der Über <1 Bau der Rückenaugen u, die Eistol. d. Rückenregion d. Oncidien. 145 Drüse, hauptsächlich um den Kern erkennen. Von außen wird die Zellmembran der Drüse noch durch eine besondere bindegewebige Hülle mit darin verstreuten gewöhnlichen Bindegewebskernen {Bk) bekleidet. Der Drüseninhalt ist ein selir eigenartiger. Kr hallt sich zuweilen zu einer Kugel zusammen oder zerfällt in zwei verschiedene Teile, einen oberen mit Faseriger Struktur und einen unteren, nahezu homogenen. Bei Doppelfärbungen mit Hämatoxylin wird der obere Teil stets höchst intensiv gefärbt, während sich der untere mit Säurefuchsin, Pikrinsäure oder Orange stärker tingiert. Das Bindegewebe hat in den äußeren Hautschienten das Üher- gewicht und besteht aus einem Fasergeflecht, in dessen Zwischenräumen verschiedene bindegewebige Zellelemente eingebettet sind, und zwar: I) Kleine spindelförmige oder sich verzweigende Zellen mit unbedeu- tenden, stark färbbaren, ovalen Kernen. Häufig lassen sich die Zell- grenze!] oicht erkennen, und die Kerne scheinen zwischen den Fasern zerstreut zu liegen. Diese Zellen sind überall vorhanden, ihre Kerne treffen wir in den Nervenhüllen, denen der Blutsinuse, der großen Drüsen und der verschiedenen Elemente der Augen (Taf. V, Fig. 1, 8, 13, 14; Taf. VI, Fig. 20, 21, 22, 27; Taf. VII, Fig. 36, 38 [bz, bk, nhh, Lhk; Rhh\). 2) Große rundliche Zellen (Schleimzellen) mit hellem, schwach färbbarem Protoplasma, das große Vacuolen enthält. Die Kerne sind rundlich und liegen entweder im Centrum der Zelle oder sind zur Ober- t lache verschoben (Fig. 4 sl). Diesen Sehleimzellen begegnen wir haupt- sächlich in den äußeren Hautschichten, und ihre Beziehungen zu den einzelligen Drüsen des ersten Typus wurden schon oben besprochen. .">) Meist stark- verzweigte Pigmentzellen (Fig. 4 u. 10 />:). die besonders häufig in den äußeren Hautschichten vorkommen. Durch Anastomosen ihrer Fortsätze kann unter dem Epithel eine Art Netzwerk zustande kommen (Fig. 6 /<:). Das hell- oder dunkelbraune Pigment (p) ist fein- körnig: den kleinen rundlichen Kernen fehlt das Chromatin heinahe völlig. Außer diesen verzweigten Zellen mit feinkörnigem Pigment stoßen wir noch auf Pigmentzellcn ohne Fortsätze, mit gröberen Pig- mentkörnern, ja seihst mit einem einzigen großen Pigmenti« >rn (/>) (Fig. 10 '/. /'. '/). Von den einen zu den andern führen eine ganze Reihe allmählicher Übergänge. Auf Taf. V sind mehrere solche über- gangsformen dargestellt (Fig. 10 a — /). Man gewinnt den Eindruck, als wenn das Pigment sich anfangs in großen Körnern anlege und erst später in feine Körnchen zerfiele, während die Zelle selbst sich zu ver- ii beginnt. Alle drei Typen von spezialisierten Bindegewebszellen sind durch Zeitschrift i wiswensch. Zoologie. XC. Bd io 146 Wladimir Stantschinsky, Übergangsfornien mit kleinen, protoplasmareichen, indifferenten Zellen verbunden (Fig. 1, iiz). Die Kerne letzterer sind rund und intensiv färbbar, das Protoplasma nicht vacuolisiert. In dem einen Falle dehnen sich diese Zellen in die Länge, die Kerne nehmen eine spindelförmige Gestalt an, kurz, die Differenzierung schlägt die Richtung zu der Binde- gewebszelle des ersten Typus ein ; im andern Falle wird das Protoplasma unbedeutend vacuolisiert, die Zelle quillt gewissermaßen auf und bildet ein Übergangsstadium zu den Schleimzellen (Fig. 4 iz'); endlich begegnen wir indifferenten Zellen mit Spuren von im Entstehen begriffenen Pig- mentkörnern (Fig. 10 a). Die bindegewebige Haut ist ferner von einer großen Anzahl Muskel - zellen (mz) durchsetzt. Diese liegen hauptsächlich in den inneren Schichten und bilden hier kompakte Geflechte, die Hautmuskelschicht. Hier verlaufen die Muskelzellen in verschiedenen Richtungen, haupt- sächlich aber der Länge und Quere nach, oder sie verbinden, nach außen hinziehend, die untere Muskelschicht mit dem Epithel. Subepithelial verästeln sich die Muskelzellen, dringen in die Zwischenräume zwischen den Epithelzellen ein und befestigen sich hier an die Kittleisten. Sie dienen zur Einstülpung der Papillen und Wärzchen. Die Ausstülpung der Papillen bewerkstelligen Muskelzellen, die das Epithel der gegen- überliegenden Seiten der Papille verbinden. Sie verlaufen in verschie- dener Richtung, entweder der Oberfläche parallel, oder biegen in der Mitte nach innen aus. Die Muskelzellen sind äußerst lang ausgezogen; ihre contractile Substanz (Fig. 11 cn) umgibt das mittelständige Sarcoplasma (pr), in dem auch der chromatinarme ovale Kern (mk) eingebettet liegt. Die contractile Substanz besteht aus feinen Fibrillen, die in schwach ge- wundenen Spirallinien den Sarcoplasmakörper umwinden. Diese Ver- hältnisse lassen sich sowohl an Längsschnitten durch die Muskelzellen (Fig. IIa), als auch an Querschnitten bei Drehung, der Mikrometer- schraube beobachten. Bei Doppelfärbung mit HEiDENHAiNschem Hämatoxylin-Orange tingieren sich die Fibrillen besonders intensiv, während das Sarcoplasma kaum gefärbt ist. Diese Doppelfärbung macht es möglich, in den Muskelzellen noch ein neues Element, und zwar besondere elastische Fibrillen, die wahrscheinlich die Bedeutung von Stützelementen besitzen, zu erkennen. Wie auf den Querschnitten von Muskelzellen (Fig. 116) erkennbar, sind ein, zwei bis zehn dieser Fibril- len (ef) an der Grenze zwischen der contractilen Substanz und dem Sarcoplasmakörper der Zelle eingelagert. Bei Drehung der Mikro- meterschraube können wir uns leicht davon überzeugen, daß dieselben Über d. Bau der Rückenaugen u. die Histol. d. Rückenregion d. Oncidien. 147 gleichfalls Spiralwindungen beschreiben, wenn das Gewinde auch etwas gedrängter ist. als «las der Fibrillen der contractilen Substanz. Die elastischen Fibrillen ti meieren sich äußerst intensiv mit Eisenhämatoxylin und heben sich dadurch scharf von dem durch Orange gefärbten con- tractilen Teil und dem nahezu farblosen Sarcoplasma ab. Beim Studium der Enden der Muskelzellen (Fig. 12) kann man bemerken, daß an den Stellen, wo sie sich gegen das Epithel ver- zweigen, dieser Verästelung eine Spaltung der elastischen Fibrillen vorausgeht; sowohl der sarcoplasmatische, als auch der contractile Teil verschwinden nach und nach, und nur die elastischen Fibrillen setzen sich weiter fort. Sie dringen zwischen die Epithelzellen ein, heften sich an die zwischen denselben befindlichen Kittleisten an (Fig. 12) und übernehmen so die Rolle von Sehnen an den Muskelzellen. Es kann gar kein Zweifel obwalten, daß die Bedeutung dieser Fibrillen in den .Muskelzellen eine formative1 ist. rberall in der Haut stoßen wir auf mehr oder weniger ansehnliche Nerven, welche Verästelungen der drei Paare von Pleuralnerven dar- stellen. An einem jeden bedeutenderen Nervenstrang läßt sich eine Binde- gewebshülle (Fig. 13 u. 14 nh) mit darin zerstreuten Kernen (nhk) unter- scheiden. Diese Hülle umgibt den Nervenstrang mit seinen zahlreichen Fibrillen (nf). Diese letzteren verflechten sich untereinander und werden von einer glashellen, von einem spinngewebigen Gewebe durch- setzten Substanz umgeben. Eigentliche Nervenfasern konnte ich im Nervenstrang nicht unterscheiden, was den Eindruck erweckt, als wenn die eine jede Fibrille umgebende Substanz, wahrscheinlich Apathys myelinhaltige Perifibrillärsubstanz, zu einer einheitlichen Masse ver- schmolzen sei. Innerhalb des Nervenstranges, namentlich an den Rändern desselben, begegnen wir kleinen ovalen oder rundlichen Kernen, die den Bindegewebskernen sehr ähnlich sind und sich hauptsächlich 1 Koltzoff (05) nimmt ;in, daß sämtlichen Fibrillen der Muskelzellen die ßedeutuiiLr \<>n Skeletgebilden zukommt, welche die ungeordnete Bewegung des Protoplasmas in eine in bestimmter Richtung wirkende Kontraktion umwandelt. Daß tatsächlich im den Muskelzellen Skeletbildungen vorhanden sind, ist zweifellos, Bonsl wart- (redet die Gestalt, noch die Kontraktion der Zellen erklärbar, doch will es nur scheinen, daß wir schon deshalb nicht sämtlichen Fibrillen ausschließlich die Bedeutung von Skeletelementen beimessen können, weil der protoplasmatische Teil in der Mehrzahl der Falle einen im Verhältnis zum fibrülären, »contractilen-, wie er gewöhnlieh bezeichnet wird, zu geringen Raum einnimmt. Ich bin der Ansicht, 'laß die »contractilen Fibrillen« wirklich contractu sind und aus diesem Grunde voraussichtlich eine eigenartige Struktur besitzen. 10* 148 Wladimir Stantschinsky, durch ihre Chromatinarmut und ihre mehr rundliche Gestalt unter- scheiden. Es sind die Kerne von Nervenzellen (Fig. 13 kgz). Außer diesen kleinen Ganglienzellen kann man auch größere, mit großen runden Kernen beobachten. Bisweilen trifft man letztere innerhalb der Nerven- stränge an, meistens jedoch an den Ursprungsstellen der einzelnen Nervenstränge (Fig. 16 g.gz). Die Konturen der Ganglienzellen sind auf meinen Präparaten sehr undeutlich, weshalb es mir nicht gelungen ist, die Anzahl ihrer Fortsätze zu bestimmen und mir Klarheit über ihre Beziehungen zu den Nervenfasern zu verschaffen. Die sensiblen und motorischen Fasern sind in einem Strange vereinigt. Letztere gehen in Form kleiner Äste oder einzelner Fasern auf der ganzen Ausdehnung vom gemeinsamen Stamme ab. Leider verhinderte mich das mangel- haft konservierte Material daran, ihr Schicksal bis zur Vereinigung mit den Muskelzellen zu verfolgen. Was die sensiblen Fasern und deren Beziehungen zu den sensiblen Zellen angeht, so glückte es mir, darüber eine gewisse Klarheit zu gewinnen. Auf ihre Beziehungen zu den Seh- zellen werde ich weiter unten, bei der Beschreibung des Auges, näher eingehen, hier will ich nur die epithelialen Sinneszellen und die be- sonderen epithelialen Sinnesorgane, die bei allen von mir untersuchten Arten nachzuweisen waren, erwähnen. Das Vorhandensein von Sinneszellen im Epithel der Oncidien wurde zuerst von v. Lendenfeld (85) nachgewiesen. Er gibt an, daß zwischen den Epithelzellen >>are slender sensitive cells, particulary abundand round the eyes or on the sides of the tubercles (blind species) «, was auch mit meinen Beobachtungen völlig übereinstimmt. Doch muß ich darauf hinweisen, daß die Sinneszellen nicht nur an den Seiten der Papillen, sondern auch an ihren Gipfeln sitzen, und zwar nicht nur bei blinden Arten, sondern auch bei den mit Rückenaugen versehenen auf den augenlosen Papillen. Die Sinneszellen (Fig. 15 u. 16 si) sind äußerst fein, und ihre ver- breiterten unteren Enden liegen meist subepithelial, so daß nur ihr langer und feiner Fortsatz zwischen den Epithelzellen hindurch bis zur Cuticula emporsteigt. Leider verhinderte mich die mangelhafte Kon- servierung, die Endigungen der Sinneszellen unter der Cuticula genauer zu verfolgen, und das Schicksal, welches die Nervenfibrillen in den Sinneszellen erleiden, festzustellen. Nur stellenweise gelang es über- haupt, das Vorhandensein von Nervenfasern unter der Cuticula und von noch feineren, in das Innere der Zellen hineinragenden Fortsätzen derselben nachzuweisen. Fig. 15 stellt die deutlichsten von mir ge- sehenen Hautsinneszellen dar (si). Wir sehen hier drei Sinneszellen Über d. Bau der Rückenaugen u. cl i*.- Ilistol. d. Bückenregion d. Oncidien. 149 am Gipfel einer Papille von Ontidium peronii, an der Seite eines halb eingezogenen Auges. Die eigentlichen Zellkörper mit ihren rundlichen blassen Keinen liefen unter den lang ausgezogenen Kpithelzellen, zu denen sich die stützenden Fibrillen der Muskelzellen (ef) hinziehen. Von unten her tritt an die Sinneszelle eine Nervenfaser heran (nv). Ähnliche Sinneszellen wurden von Retzius (92) für die Limaeiden beschrieben. An den Gipfeln einiger großen und kleinen Papillen bilden diese Sinneszellen Gruppen, so daß wir hier von einem besonderen epithe- lialen Sinnesorgan sprechen können. Schon bei Betrachtung der in Nelkenöl aufgehellten Hautstückchen kann man an den Gipfeln mancher Papillen ein rinnenförmiges Grübchen wahrnehmen. Die die Ränder und den Boden dieses Grübchens auskleidenden Epithelzellen erscheinen bei der Betrachtung von oben äußerst klein, bedeutend kleiner als an andern Stellen. Auf Schnitten durch diese Stellen be- merkt man, daß die Epithelzellen an den Seiten der Vertiefung und an deren Boden tatsächlich äußerst schmal und bedeutend verlängert sind (Fig. 16 e), weshalb ihre Kerne hier nicht rund, sondern oval sind. An den Seiten der Einsenkiing münden häufig zahlreiche Drüsen vom erstenTypus (d), während sich bei einigen Arten (Oncidium verrueulatum, buetschlii) hier in der Regel Drüsenzellen mit dunklem, durch HeidenhainscIics Hämatoxylin gefärbtem Inhalt (zweiter Drüsentypus dr) finden. Un- mittelbar unter der Einsenkung liegen eine oder mehrere eigentümliche große Zellen {giz) mit großem Kern und eigenartigem Inhalt, der sich seiner Struktur und Färbung nach den Linsenzellen der Rückenaugen und dem Seeret der großen Drüsen wesentlich nähert. Ebenso wie bei letzteren, besteht derselbe aus zwei Teilen: einem oberen faserigen, in- tensiver sieh färbenden und einen verhältnismäßig homogenen unteren. Bei Doppelfärbungen tingiert sich der obere Teil mit Hämatoxylin, der untere mi1 Fuchsin, Pikrinsäure und Orange. Der Kern ist oval, mit einem Nucleolus und unbedeutenden Chromatinkörnchen. Von den tieferen Hautschichten her zieht zu diesem Sinnesorgan ein Xerv i.V) mit allen für einen solchen bezeichnenden Elementen: der Bindegewebsmembran und den kleinen Ganglienzellen. Kurz bevor er die gigantischen Zellen erreicht, beginnt er sich zu verästeln und zeigl eine bedeutende Zahl von großen Ganglienzellen an den Ver- ästelungsstellen (g. gz). Die leinen Nervenästchen, bzw. die einzelnen Fasern, ziehen zum Teil zu den gigantischen Zellen hin, um welche sie herumbiegen, zum Teil gehen sie zum Epithel, um dort mit den zahl- reichen Bubepithelialen Sinneszellen (si) in Verbindung zu treten. 150 Wladimir Stantschinsky, Letztere dringen bisweilen tief in das Corium ein und sind mit langen Fortsätzen versehen, die zwischen die schmalen Epithelzellen am Boden und an den Seiten der Einsenkimg hineinragen. Über die eventuellen Beziehungen der großen C4anglienzellen zu den mit den Sinneszellen in Verbindung tretenden Nervenfasern, konnte ich mir keine genügende Klarheit verschaffen. Auch die Bedeutung der gigantischen Zellen in diesem Organ wurde mir nicht klar. Es ist von Interesse, daß es auf einigen Präparaten, so z. B. dem auf Fig. 18 (Taf. VI) abgebildeten, das einen Teil des epithelialen Sinnesorgans von 0. peronii darstellt, festzustellen gelang, daß die Nervenverästelungen unmittelbar an die gigantischen Zellen herantreten und sie von allen Seiten mit ihren Fasern umspinnen (nv). Doch ist es mir trotz eifrigen Bestrebens nicht ge- glückt, das Schicksal der einzelnen Nervenfasern zu verfolgen. Das geschilderte Sinnesorgan wurde von Semper zuerst bei On- cidinella Steindachneri entdeckt und in seiner von den Rückenaugen der Oncidien handelnden Arbeit beschrieben. Aus der Beschreibung und der Textfigur ist ersichtlich, daß die von Semper geschilderten Organe mit den von mir beschriebenen identisch sind und sich von letzteren hauptsächlich nur durch eine besondere linsenförmige Ver- dickung der Cuticula über der Epitheleinsenkimg unterscheiden. Die von Semper zwischen den gigantischen Zellen und dem Epithel beob- achtete Faserstruktur bedeutet wahrscheinlich nichts andres, als die Sinneszellen mit ihren Fortsätzen und die stets vorhandenen , die gegen- überliegenden Seiten der Papillengipfel verbindenden Muskelzellen. Bei den übrigen von Semper untersuchten Arten fanden sich analoge Bildungen vor; da er aber keine Cuticularverdickungen entdecken konnte und der Sinneszellen überhaupt nicht ei wähnt, so wird der Irrtum, in den er verfiel, leicht begreiflich: er faßte nämlich die epithe- lialen Sinnesorgane als Bildungsstadien der Augen auf. Nachdem ich im vorstehenden eine allgemeine Charakteristik der histologischen Elemente der Rückenhaut entworfen habe, will ich jetzt kurz auf die Besonderheiten hinweisen, welche für die einzelnen, von mir untersuchten Arten bezeichnend erscheinen. Oncidium verruculatum Cuv. Die Rückenoberfläche ist bei dieser Art von großen einfachen und komplizierten Papillen bedeckt. Auf dem hinteren Rückendrittel ver- wandeln sich die letzteren nach und nach in Kiemenbäumchen. Die Augen stehen auf den großen komplizierten Papillen (zwei bis sieben auf Über d. Bau der Rückenaugen u. die Histol. d. Rückenregion uerfasern ziehen sich ander Grenze der Bindegewebs- schichl hin. Die kleinen einzelligen Drüsen sind zahlreicher als bei 0. buetscJdii] gu1 entwickelt sind auch die großen einzelligen, mit einem Sphincter versehenen Drüsen. Mit ihren inneren Enden erreichen sie beinahe die Quermuskelfasern. Der zweite Drüsentypus ist hier an- scheinend gar nicht vertreten. Das Bindegewebe ist sehr reich an Zellen. Die verästelten, mit feinkörnigem Pigment angefüllten Zellen dringen tief in die Haut ein und kleiden auch die Wand der Körperhöhle aus. Tili die Augen fehlen die eigenartigen Zellen mit Einschlüssen, wogegen Schleimzellen mit lichtem Inhalt äußerst zahlreich sind. Die 154 Wladimir Stantschinsky, epithelialen Sinnesorgane sind meist nur von einer einzigen gigantischen Zelle begleitet. Oncidium meriakrii Stantsch. Diese Art nähert sich den beiden letzt beschriebenen sehr. Eine charakteristische Eigentümlichkeit bildet der Reichtum an einzelligen Drüsen, besonders der kleinen erster Art und der großen. Fig. (i (Taf. V) zeigt einen in Nelkenöl aufgehellten Papillengipfel. Inmitten der zahlreichen kleinen Drüsenzellen (d) befinden sich drei große Drüsen (Dr). Letztere erreichen nicht die Dimensionen wie bei 0. verruculatum, peronii und zum Teil buetschlii, ja, sie unterscheiden sich in ihrer Größe sogar nur wenig von den Drüsenzellen des Typus I, die hier bisweilen ansehnlicher werden. Bedeutend seltener sind die Drüsen der zweiten Art. Das Bindegewebe ist sehr zellenreich; besonders finden sich viele »Schleimzellen, was mit der Menge der kleinen Drüsenzellen zusammen- hängt. Die anastomosierenden verästelten Pigmentzellen bilden ein dichtes subepitheliales Maschen werk und dringen ziemlich tief in die Haut hinab, ohne jedoch die Wand der Körrjerhöhle auszukleiden. Die Muskelzellen sind hauptsächlich auf die inneren Hautschichten be- schränkt und liegen nicht in geordneten Schichten. Ein Teil steigt jedoch bis zu den äußersten Hautschichten herauf, was die Grenze zwischen den zwei gewöhnlichen Coriumlagen verwischt erscheinen läßt. Die epithelialen Sinnesorgane werden stets nur von einer einzigen großen Zelle begleitet. Der Bau der Rückenaugen. Die Rückenaugen teilt Semper in zwei Kategorien. Zur ersten Gruppe rechnet er die Augen »mit epithelartiger Retina«, d. h. solche Augen, in denen die cylindrischen Sehzellen eine regelmäßige Schicht bilden. Hierher gehören: Oncidium verruculatum, graniferum, sama- rense, trapezoideum, cinereum und savignyi. Die zweite Gruppe bilden die Augen »mit unregelmäßig geschichteter Retina«. Hierzu gehören Oncis coriacea, glabra und lutea sowie Oncidium ambiguum und typhae. Alle von mir untersuchten fünf Arten besitzen Augen mit einer regelmäßigen Schicht von Sehzellen. Oncidium verruculatum Cuv. Die Augen sitzen in Gruppen von je zwei bis sechs an den großen Papillen. Diese Gruppen sind bisweilen unregelmäßig, häufig ordnen sich die Augen jedoch ringförmig um die Papillenspitze, wie Fig. 19 Tbor d. Bau der Rüokenaugen u. die Histol. d. Rückenregion d. Oncidien. 155 (Taf. VI) zeigt. Die Augenachsen sind in diesem Falle der der Papille nicht parallel, sondern bilden mit ihr einen mehr oder weniger spitzen Winkel. Der Sehnerv tritt als einheitlicher Stamm zur Augengruppe heran und verästell sieh dann erst, um jedes Auge mit einem Ast zu versorgen. Zu einem jeden Auge zieht ein besonderer Blutsinus, so daß die Augen stets mit Blut versehen werden. Von dem subepithe- lialen Blutsinusgeflecht (;). Diese Muskelzellen erhöhen bei ihrer Kon- 156 Wladimir Stantschinsky, traktion die Konvexität der Linse und verengern gleichzeitig die Pupille. Weniger konvex wird die Linse wohl durch ihre eigne Elastizität; doch ist es möglich, daß auch der Druck, den die Cornea bei der Kontraktion der das Auge einstülpenden Muskeln auf die Linse ausübt, hierbei eine gewisse Bedeutung hat. Die oben beschriebenen Ringmuskelzellen treten auch auf Längsschnitten durch das Auge in Gestalt von dunkel gefärbten Punkten an den Seiten der Pupille hervor, wie dies Fig. 20 (m), Taf. VI, zeigt. Im Auge lassen sich folgende Teile unterscheiden (Fig. 20, Taf. VI): 1 ) die aus einer äußeren Epithelschicht und faserigem Bindegewebe be- stehende Cornea (C). 2) Die den Bulbus von außen allseitig, die Pupille ausgenommen, umkleidende Pigmentschicht (P). 3) Die von innen der Pigmentschicht anliegende invertierte Retina (B') mit ihrer von den Nervenfasern des Sehnervs gebildeten Nervenfaserschicht. Der Sehnerv tritt durch die zwei ersterwähnten Schichten hindurch und bildet auf diese W'eise einen ebensolchen blinden Fleck wie bei den Wirbel- tieren. 4) Die den ganzen Zwischenraum zwischen Retina und Cornea ausfüllende Linse. Die Cornea (Taf. VI, Fig. 20 C) übertrifft nur selten die Dicke von 20 — 25 («. Die von der gewöhnlichen Cuticula überzogenen Epithel- zellen sind hier ein wenig niedriger als an andern Stellen der Haut, so daß das Gewebe das Aussehen eines kubischen Epithels annimmt. Die Bindegewebsschicht besteht aus ringförmig verlaufenden, der Oberfläche der Cornea parallelen Fasern. Zwischen ihnen begegnen wir den üblichen kleinen ovalen Binde gewebskernen (bz). Die An- nahme Sempers, daß die auf Längsschnitten der Oberfläche parallel ziehende Strichelung der Hornhaut mit deren Schichtung in Zusammen- hang stehe, trifft daher nicht zu. Die Linse (Taf. VI, Fig. 20 L), welche die ganze Augenkammer ausfüllt, besteht aus mehreren großen Zellen und wird außen von einer kompakten Bindegewebsmembran (Lk) überzogen. Diese letztere ist 1 ii dick, von faseriger Struktur und enthält meist Bindegewebskerne, so daß die Annahme Sempers, welcher in ihr >> nur eine verdickte Zell- membran (Cuticula) << erblickte, unrichtig erscheint. Die Linse besitzt zwei ungleich große Abschnitte, deren jeder noch von einer eignen Binde- gewebsmembran umhüllt wird. Der obere oder distale Teil ist kleiner (U) und bikonvex, während der untere proximale größer, distal konkav, proximal konvex ist. Jeder Teil wird von mehreren Zellen gebildet; meine Beobachtungen decken sich in dieser Beziehung keineswegs mit denen Sempers, welcher angibt, daß die obere Hälfte von einer Über d. Bau der Rückenaxigi n u. dir Histol. d. Rückenregion d. Oncidien. 157 einzigen großen Zelle gebildel werde, während die unten' aus vier bis hs kleinen Zeilen bestehe. Auf Grund meiner Beobachtungen komme ich zur Überzeugung, daß */) frei. Die Mächtigkeit der Schicht über- steigi selten 15 (i. Ihre größte Dicke erreicht sie in der Pupillenregion, 'loch liegen die Pigmentkörner hier weniger dicht als im proximalen Teil dr- Auges. Das hell- oder dunkelbraune Pigment bedeckt das Auge in Form von kleinen Körnchen oder größeren Körnern nicht ununter- brochen, sondern es bleiben an den Grenzen der Pigmentzellen gewisse Zwischenräume davon frei. Doch kann diese Erscheinung auch eine Folge der Konservierung sein. Jedenfalls sind die ein bis drei Schichten bildenden Pigmentzellen mit ihren Seiten nicht senkrecht zur Ober- fläche dv> Auges orientiert, was den Eintritt von Lichtstrahlen durch die wenig von Pigment «reschützten Wände der Zellen verhindert. Die runden Kerne der Pigmentzellen sind blaß und unterscheiden sich nicht von denen der Pigmentzellen des Coriums (pzk). Die Pigment- zellen des Auges dringen mit ihren Enden in das Bindegewebe ein; da ferner um das Auge stets Pigmentzellen im Bindegewebe angehäuft 158 Wladimir Stantschinsky, sind, so erscheint die Pigmentschicht des Auges von dem um- gebenden Bindegewebe nicht scharf abgegrenzt. Immerhin bildet das Bindegewebe um das Auge ein kompakteres Geflecht, eine Art Sclerotica Nach innen ist die Pigmentschicht von der Sehzellenschicht durch eine feine Membran getrennt (bm), deren Mächtigkeit 1 f.i nicht über- steigt. Hin und wieder begegnet man in ihr ovalen, chromatinreichen Kernen (Fig. 22 bmJc). Auf dieser Basalmembran, wie wir diese Membran bezeichnen kön- nen, sitzen die proximalen Enden der Sehzellen auf. Auf Längsschnitten (Fig. 24) haben letztere das Aussehen eines einschichtigen Cylinder- epithels, während sie auf Querschnitten als Vielecke erscheinen. Aus den Längsschnitten kann man ersehen, daß ihre der Linse zugekehrten Enden abgerundet sind. Die Sehzellen kleiden in einer eng gedrängten Schicht die ganze proximale Hälfte des Bulbus aus, wobei ihre Achsen nur in den der Pupille gegenüberliegenden Teilen der Retina mit den Radien des Augapfels übereinstimmen; an den übrigen Stellen ist ihre Achse schräg, der Pupille zugekehrt, wodurch voraussichtlich eine Über- einstimmung derselben mit der Richtung der gebrochenen Strahlen erzielt wird. Diese Sehzellenschicht wurde von Semper deshalb als »Stäbchen- zellenschicht« angesprochen, weil im äußeren Ende jeder Zelle sich »ein eigentümlicher homogener Körper« (S. 11) befindet. >>Da er nun genau dort liegt, wo sich auch die Stäbchen der Wirbeltierretina finden, so glaube ich ihn auch als Stäbchen bezeichnen zu können. << Eine ähn- liche Bildung beschreibt auch v. Lendenfeld in seiner vorläufigen Mit- teilung (85). In der Tat lehrt uns schon die Betrachtung mit schwächeren Vergrößerungen, daß die Sehzellen an ihren proximalen und distalen Enden nicht die gleiche Struktur aufweisen: der distale Teil ist gefärbt und enthält den Kern, während der proximale, scharf abgegrenzte Teil sich gar nicht färbt und deshalb durchsichtig erscheint. Auf Fig. 22, Taf. VI ist ein Teil der Retina eines durch die Augen- achse geführten Längsschnittes bei starker Vergrößerung dargestellt. Man kann sich überzeugen, daß von der Basalmembran aus Fortsätze zwischen die proximalen Enden der Sehzellen eindringen und den- selben als Stützleisten dienen (stl). Die Sehzellen erreichen eine Höhe bis 20/«. Sie bestehen aus zwei scharf voneinander abgegrenzten und annähernd gleich großen Teilen. Der distale Teil enthält stark färb- bares wabiges Protoplasma und den großen runden Kern (szk), dessen Durchmesser ungefähr 5 [i beträgt. Über d. Bau der Rückenaugea u. die Histol. d. Rückenregion d. Oncidien. 159 Der proximale Teil wird von dein distalen durch eine scharfe konkave Grenze geschieden. Auf dieser Grenze liegt in der Mitte der Zelle ein stark gefärbtes kleines Gebilde (kn) quer zur Zellachse, welches wir der Kürze halber als Knopf bezeichnen wollen, da die vielleicht passen- dere Benennung desselben als »Stäbchen« nur zu Mißverständnissen führen könnte. Der proximale Teil der Zelle färbt sich an seinen Rändern gar nicht und erscheint deshalb dort völlig durchsichtig, während er in der Mitte ein wabiges Protoplasmaklümpchen (kl) aufweist, in dem stellenweise dunkle Punkte hervortreten. Die Verbindungen der Nervenfasern mit den Sehzellen lassen sich sowohl auf Fig. 22, Taf. VI oder noch besser auf Fig. 23 verfolgen, welche von einem Längsschnitt des seitlichen Teiles der Retina ent- nommen ist und die Sehzellen schräg durchschnitten zeigt. Die Nervenlaser (nv) besteht aus einer schwach lichtbrechenden, gar nicht färbbaren homogenen Substanz; die Achse der Faser wird von einer stark lichtbrechenden , intensiv färbbaren Fibrille gebildet (nf); die Nerven- fasern sind durch Bindegewebe voneinander getrennt (bg). Eine solche Nervenfaser tritt bis zur Sehzelle heran und geht unmerklich in sie über, verschmilzt gewissermaßen mit ihr. Die Sehzelle ist an ihrer Verbindungsstelle mit der Nervenfaser gleichfalls nicht färbbar und nimmt erst in einiger Entfernung wieder eine schwache Färbung an. Die Nervenfibrille dringt ganz unverändert in die Zelle ein, bis zum Kern. Kurz bevor sie diesen erreicht, verbreitert und spaltet sie sich, wobei ihre Verästelungen den Kern umspinnen. Nur auf wenigen Präparaten gelang es, die Verästelung der Nervenfibrille zu verfolgen, auf den meisten verlor sie sich kurz vor dem Kern und endigte mit einem intensiv färbbaren, dem Kern zugewandten Kegel. Diese Ver- hältnisse sind auf Fig. 22 an der zweiten Zelle von rechts zu erkennen. Auf derselben Fig. 22 bemerkt man, daß vom Kern aus dunkel färbbare Faserchen (pf) in distaler Richtung hinziehen. Diese Fäserchen, die, wie mir scheint, die Verästelungen der Nervenfibrille sein dürften, ziehen vom Kern zum proximalen hellen Teil der Zelle und treten dort mit dem oben erwähnten dunklen queren Knöpfchen in Verbindung. Von letzterem gehen seinerseits wieder zahlreiche feine Fädchen (pf) durch den proximalen hellen Teil der Zelle, die sich dann in dem Proto- plasmaknäuel verlieren. I her das weitere Schicksal dieser Fäserchen kann ich nichts aus- sagen. Sowohl auf <^uer-, als auch auf Längsschnitten bemerkt man im Knäuel dunkel gefärbte Punkte; außerdem heftet sich der Knäuel durch leine Fäden an die Zellmembran an. 160 Wladimir Stantschinsky, Querschnitte durch die Sehzellen bestätigen im allgemeinen das Gefundene. Fig. 24 zeigt einen solchen Querschnitt durch die Sehzellen- schicht. Da die Retina konkav ist, so sind die Sehzellen in den verschie- densten Höhen getroffen. In Zelle sz' ist gerade die Vereinigungsstelle der Sehzelle mit der Nervenfaser getroffen ; die Zelle ist hier vollständig durchsichtig, und nur die Nervenfibrille (nf) tritt deutlich in ihr hervor. In der Nachbarzelle sieht man die Nervenfibrille zerfallen; sz2 sind Querschnitte von Zellen, in denen die Nervenfibrillen am Rande des Kernes zu erkennen sind. Die Zellen sz3 sind in der Region zwischen dem proximalen Teil und dem Kern getroffen; sie zeigen deutlich die Protoplasmastränge und das Knöpf chen, welches auf dem Querschnitt als viereckiges Plättchen erscheint. Das Protoplasma ist sehr dunkel und zeigt stellenweise dunkle Punkte, die Querschnitte der Fibrillen. Ein Schnitt durch die proximale Hälfte ist durch Zelle sz1 vertreten. Die ganz feinen Punkte (pf), die sich hier vom helleren Hintergrunde abheben, sind die proximal vom Knopf zum Protoplasmaknäuel (kl) ziehenden Fäserchen. Auf einer der Zellen sind die Plasmafäden, mit denen sich der Knäuel an die Zellmembran anheftet, sehr schön zu sehen. Läßt sich nun der proximale Teil der Zelle als >> Stäbchen << be- zeichnen? Diese Benennung wurde, wie schon Hesse (02, S. 606) richtig bemerkte, auf die verschiedensten Gebilde ausgedehnt, und es muß daher in erster Linie die Frage gelöst werden, was wir unter diesem Terminus verstehen wollen. Hesse (02, S. 607) hat bereits eine Definition des Stäbchenbegriffes gegeben, doch hat dieselbe den Nachteil, daß sie eine Art Zusammenfassung aller bis jetzt gemachten Anwendungen des Aus- druckes » Stäbchen << darstellt. Hesse bemerkt auch selbst, daß der Be- zeichnung »Stäbchen« in diesem Sinne keine morphologische Bedeu- tung beigemessen werden könne. Indessen können kurze Bezeichnungen nur dann bei einer morphologischen Beschreibung angewendet werden, wenn sie in einer bestimmten Weise umschrieben sind. Ich schließe mich deshalb völlig der Ansicht Mertons (05) an, welcher meint, daß der Begriff »Stäbchen« nur auf die Fälle beschränkt werden sollte, wo wir es mit »einem plasmatischen Differenzierungsprodukt« der Sehzelle zu tun haben. Ein Stäbchen ist also ein plasmatisches Differenzierungsprodukt des Endes einer Sehzelle, das die recipierenden Endigungen der Nervenfibrillen enthält, in- sofern solche ausgebildet sind. Einer solchen Definition entspricht der proximale Teil der Sehzellen der Rückenaugen der Oncidien ziemlich gut, wenn wir nur die in Übet d. Bau der Rückenaugen u. > Knauf des Stäbchens «. welcher, ebenso wie bei den Oncidien zum proximalen Ende der Zelle hin konvex ist. Hesse nimmt an, das Stäbchen wäre in seiner Gesamtheit nur eine umgewandelte Neurofibrillenendigung, doch scheint mir die Abbildung dieser Zellen eher dafür zu sprechen, daß die Neurofibrille im Stäbchen in zahlreiche feinere Elementar - fibrillen zerfällt und ebenso in demselben verschwindet, wie dies bei den Oncidien der Fall war. Doch sind dies nur Annahmen. Bei den Gnathobdell iden finden wir im Innern der Sehzellen eine durch- sichtige Vacuole. welche ebenfalls an die durchsichtige äußere Schicht lies Stäbchens in den Sehzellen der Oncidien erinnert. Die Verästelung der Neurofibrillen in der Sehzelle in feinere Fi- brillen trifft man sehr häufig an. Hesse (02) verdanken wir die Be- schreibung einer Bolchen Verästelung in den Grubenocellen der Gastro- poden (Patella, Haliotis, Turbo, Murex), und ebenso könnte auch der Zerfall der Neurofibrillen in »Stiftchensäume«, den Hesse in den Seh- zellen verschiedener Tiere nachwies, insofern sich dies bestätigte, der- selben Art von Erscheinungen zugerechnet werden. Was die physiologische Bedeutung der Rückenaugen betrifft, so stellen sie in ihrer höchsten Ausbildung zweifellos wirkliche Bildaugen oder [dorgane Beers dar. Hierauf weist auch das Vorhandensein einer Linse und die regelmäßige Anordnung der Sehzellen, sowie der Accomino- dationsmuskulatur hin. Die Augen von Oncidium ambiguum besitzen dagegen wohl kaum die Fähigkeit, wirkliche Bilder aufzunehmen, da sn hätten wir in ihnen den Augen der Oncidien ihrem Ursprange nach sehr nahe- stehende Gebilde vor uns. Die Linse bildet sich hier ebenso wie bei den Oncidien aus Bindegewebszellen. Der Pigmentschicht, welche hier durch pigmentiertes Epithel ersetzt ist, entspricht die Argentea, die sich in die Linsenkapsel fortsetzt. Dieselbe verdankt gleichfalls dem Bindegewebe ihren Ursprung, und der Nerv bildet bei seinem Durchtritt in ihr eine Öffnung (Zugmayer, 04). X 176 Wladimir Stantschinsky, die Mehrschichtigkeit der Retina diesem ein unüberwindliches Hindernis in den Weg legt. Im übrigen würde es sich wohl verlohnen, diese Augen einer nochmaligen genauen Untersuchung zu unterziehen. Moskau, 6. Juni 1907. Literaturverzeichnis. 97. St. Apäthy, Das leitende Element des Nervensystems und seine topographi- schen Beziehungen zu den Zellen. Mitt. d. Zool. Station Neapel. Bd. XII, S. 495. 82. J. Carriere, Die Fußdrüse der Prosobranchier und das Wassergefäßsystem der Lamellibranchier und Gastropoden. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXI, S. 438. 97.1 R. Hesse, Untersuchungen über die Organe der Lichtempfindung bei nie- deren Tieren. II. Die Augen der Plathelminthen, insonderheit der Tricladen Turbellarien. Diese Zeitschr. Bd. LXII, S. 527. 87.2 — Desgl. III. Die Sehorgane der Hirudineen. Ebenda, S. 671. 02. — Desgl. VIII. Weitere Tatsachen. Allgemeines. Ebenda. Bd. LXXII, S. 565. 96. E. Jaenichen, Beiträge zur Kenntnis des Turbellarienauges. Diese Zeit- schrift Bd. LXII. S. 250. 82. J. Joyeux-Laffuie, Organisation et developpement de l'Oncidie. Arch. zool. experim. T. X, p. 225. 85. R. v. Lendenfeld, Preliminary report on the histological structure of the dorsal papillae of certain species of Onchidium. Proc. Linn. Soc. New South Wales. 1885. Bd. X, p. 730. 88. F. Leydig, Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Tiere. Bonn. 05. H. Merton, Über die Retina von Nautilus und einiger dibranchiaten Cephalo- poden. Diese Zeitschr. Bd. LXXIX, S. 325. 84. A. Nalepa, Die Intercellularräume des Epithels und ihre physiologische Bedeutung bei den Pulmonaten. Sitzungsber. der k. k. Acad. der Wiss. Wien. IL Gl. I. Abt. Bd. LXXXVIII, S. 1180. 86. W. Patten, Eyes of Molluscs and Arthropods. Mitt. d. Zool. Station Neapel. Bd. VI, S. 542. 93. L. Plate, Studien über opisthopneumone Lungenschnecken. IL Die On- cidiiden. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. Bd. VII, S. 93. 98. L. Plate, Beiträge zur Anatomie und Systematik der Janelliden. Zool. Jahrb. Abt. f. Anat. Bd. XI, S. 193. 92. G. Retzius, Das sensible Nervensystem der Mollusken. Biologische Unter- suchungen. N. F. Bd. IV, S. 11. Stockholm. 77.1 C. Semper, Reisen im Archipel der Philippinen. 2. Teil. Bd. III. Land- mollusken. Wiesbaden. 77.2 — Über Sehorgane vom Typus der Wierbeltieraugen auf dem Rücken von Schnecken. Ebenda. Bd. III. Ergänzungsheft. 77.3 — Über Schneckenaugen vom Wirbeltiertypus. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XIV, S. 1172. Über d. Bau der Rückenaugen u. die Eistol. d. Rückenregion d. Oncidien. 177 n7. \v. Stants« binsky, Zur Anatomie und System. nik der Gattung Oncidram. Zool. Jahrb. Abt. t. System. Bd. XXV, S. 353. 98. K. v. Wissel, Beitrage zur Anatomie der Gattung Oncidiella. Zool. Jahrb. Suppl. Bd. IV. S. 583. ^4. Zugmayeb, K. Ober Sinnesorgane an den Tentakeln des Genus Cardium. Diese Zeitschr. Bd. LXXVI, S. 478. Erklärung der Abbildungen. (ii-ineinsame Bezeichnung: .1. \ ^usführgang der großen einzelligen 1 trüsen; im. Accommodationsmuskel des Auges; bg, Bindegewebe; t'k. Kern der Bindegewebszefle ; '■in. Basalmembran : iiz. Bindegewebszelle; ( '. Cornea ; rl. [ntercellulargang; • i uticula ; ■■-.. Konkretionszelle; iL kleine einzellige Drüse mit durch- sichtigem [nhall (Typus I); Dr, große einzellige I >rüse; dr, kleine einzellige Drüse mit dunkel- färbbaren] Enhall ; g, Epithel; < /.-. Kern der Epithelzelle; F, Nervenfaserschichl der Retina ; a ■ oße I langlienzelle ; b _ mtische Zelle des epithelialen Sinnesorgans; I langlienzelle ; if, [ntercellulargangsfibrille; \z, indifferente Bindegewebszelle; legz, klein- ( langUenzelle ; kl. Bog. knäuelartiges Gebilde in den Sehzellen ; len, knöpfchenart. i Sebildein d. Sehzellen; kt, Kittleisten des Epithels; L. Linse; Lh, bindegewebige Linsenhülle; Lhk, Kern der Linsenhülle ; llc, Kern der Linsenzelle; Jz, Sinneszelle; in. .Muskelzelle; mk, Kern der Muskelzelle; N, Nerv; «/. Nervenfibrille ; nh, Nervenhülle; rihk, Kerne der Nervenhülle; nv, Nervenfaser; P, Pigment sehieht des Auges; p, Pigmentkörnchen ; pf, Nervenfibrillenverzweigungen ; pz, Pigment zelle ; pzk, Pigmentzellenkern ; S, Sehzellenschicht des Auges; si, Sinneszelle; sl. Schleimzelle; mm, Sphinctermuskelzelle ; aph, S|)hincter der großen einzelligen ! »rüsen; 8t, Stäliehen; stl, Stützleisten zwischen den Sehzellen; /.. Stiitzzelle; Sehzelle; szk, Kern der Sehzelle. Tafel V. Fig. l. vertikalschnitl durch das Epithel einer Papille von Oncidium venu- iiiliitiim. Unter dem Epithel (e) liegt die Bindegewebssehichl der Haut. Die Epithelzellen zeigen unter der Cuticula (et) einen Alveolarsaum (as); sie weisen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 12 178 Wladimir Stantschinsky, eine Wabenstruktur mit jiarallel der Zellachse geordneten Wabenreihen auf. Vergrößerung 540. Fig. 2. Flächenschnitt durch das Epithel von Oncidium fungiforme. Der Schnitt ist unmittelbar unter der Cuticula geführt. Vergrößerimg 540. Fig. 3. Idem. Tieferer Schnitt durch das Epithel von Oncidium fungiforme, in der Höhe der Zellkerne. Man sieht die Kittleisten (kt) zwischen den Epithel- zellen (e). Vergrößerung 540. Fig. 4. Vertikalschnitt durch die Bindegewebsschieht der Haut von Ort- cidium buetschlii zwischen zwei Papillen. Vergrößerung 540. Fig. 5. Oncidium buetschlii. Schnitt durch einen Papillengipfel. Drh, Binde- gewebshülle einer tiefer liegenden großen Drüse, darin ein Kern. Eisenhämato- xylin-Orange. Vergrößerung 540. Fig. 6. Oncidium meriakrii. Flächenschnitt durch einen Papillengipfel, in Nelkenöl aufgehellt, a, Mündung der kleinen Drüsenzellen; a\ Mündung der großen Drüsenzellen. Vergrößerung annähernd 350. Fig. 7. Oncidium verruculatum. Längsschnitt durch eine große einzellige Drüse, ei. Epitheleinsenkung, in welche der Ausführgang mündet. Drk, Kern der Drüse; Sk, zusammengeballter Inhalt der Drüse. Vergrößerung 200. Fig. 8. Oncidium buetschlii. Längsschnitt durch den Ausführgang einer großen einzelligen Drüse. Vergrößerung 540. Fig. 9. Oncidium buetschlii. Querschnitt durch den Ausführgang einer großen Drüse. Vergrößerung 540. Fig. 10 a — /. Oncidium buetschlii. Verschieden gestaltete Pigmentzellen aus dem Corium. Vergrößerung 740. Fig. 11 — 11&. Oncidium buetschlii. Muskelzellen aus der Haut, mk, Kern der Muskelzelle; pr, Sarcoplasma; cn, contractile Substanz; e/, Stützfibrillen. Vergrößerung 1000. 11 a stellt einen Längsschnitt, 11 & Querschnitte dar. Auf letzterer Abbildung sind Zellen mit verschiedener Anzahl von Stützfibrillen ab- gebildet. Fig. 12. Oncidium buetschlii. Endigung einer Muskelzelle am Epithel. Längsschnitt. Vergrößerung 540. Fig. 13. Oncidium verruculatum. Querschnitt durch einen Nervenstrang der Haut. Vergrößerung 740. Fig. 14. Dieselbe Art. Längsschnitt durch einen Nerv. Vergr. 740. Fig. 15. Oncidium peronii. Sinneszellen des Rückenepithels in der Nähe der Augen. Längsschnitt. Vergr. 1000. Fig. 16. Oncidium verruculatum. Längsschnitt durch einen Papillengipfel mit einem epithelialen Sinnesorgan, mm, zur Ausstülpung des Sinnesepithels dienende Muskelzellen. Vergr. 540. Fig. 17. Oncidium peronii. Komplizierte Papille mit drei Augen. Lupen- vergrößerung. Tafel VI. Fig. 18. Oncidium peronii. Gigantische Zellen des epithelialen Sinnesorgans. Man sieht wie die Verästelungen (V) des Nervs (N) dieselben mit ihren Fasern (nv) umspinnen. Vergr. 540. Fig. 19. Oncidium verruculatum. Papillengipfel mit vier Augen, in Nelkenöl aufgehellt, enz, subepitheliales Blutsinusnetz. Vergr. 70. Über d. Bau der Rückenaugen u. die Histol. «I. Kückenregion d. Oncidien. 170 Fig. 20 — "2s. Oncidium verruculatum. Fig. 20. Schnitt durch die Achse des Auges, m, zur Retraktion des Auges dienende Muskelzellen; hg", kompaktes Bindegewebe, welches eine Art Hülle am das Auge bildet. Vergr. 420. Fig. 21. Querschnitl durch das Auge in der Höhe der Pupille. Vergr. 540. Fig. 22. Längsschnitt durch die Sehzellen des Retinagrundes, bz', Binde- gewebszellen in der Faserschicht der Retina; pz', runde Pigraentzelle außerhall) der Pigmentschichl ; /<. Sehzellen des distalen Teiles der Retina, schräg geschnitten. Ver- größerung [(Hill. Fig. 24. Querschnitt durch die Sehzellen des Retinagrundes, az', an ihrem inneren Ende zwischen dem Kern und der Nervenfaser durchschnittene Sehzellen; sz2, in der Gegend des Kernes; szs, in der Region der knopfartigen Verdickung geführter Schnitt : sz4, Querschnitt des Stäbchenteiles. Vergr. 1000. Fig. 25 28 -teilen Schnitte aus einer Querschnittserie des Auges dar. Fig. 2."). Querschnitt durch den Sehnerv kurz vor dem Eintritt in das Auge. Um den Nerv sieht man die Pigmentzellen (pz) mit verschieden großen Pigment- körnern (/<). Vergr. 1000. Fig. 20. Querschnitt durch die Durchtrittsstelle des Nervs durch die Pig- mentlage des Auges (blinder Fleck). Vergr. 1000. Fig. _'T. Querschnitt durch die Retina (blinder Fleck). N1 — A74, die vier durch Bindegewebe voneinander getrennten Nervenbündel. Vergr. 1000. Fig. 28. Querschnitt durch den proximalen Teil des Bulbus. Nervenfaser- s< hicht der Retina. Auf der Abbildung sind einzelne Nervenstränge (X1) mit den von ihnen abgehenden Verzweigungen (nv) und einzelne Nervenfasern sicht- bar. Vergr. 1000. Fig. 29. Oncidium peronii. Aus sechs Augen bestehende Gruppe auf einer Papille. Die Spitze der Papille ist abgeschnitten und in Nelkenöl aufgehellt. Im Centrum des von den Augen gebildeten Ringes liegt eine große einzellige Drüse (Dr). Vergr. 70. Fig. 30. Oncidium meriakrii. Längsschnitt durch die Sehzellen. Im Binde- gewebe der Faserschicht der Retina [F) sieht man einen Kern (bk). Vergr. 1000. Tafel VII. Kig. •'!!- .'!.'!. ( liiriiliiiiii jiniittii. Fig. 31. Längsschnitt eines Auges. Der Schnitt ist seitwärts vom blinden Fleck und dem Sehnerv geführt. A''. Verästelungen des Sehnervs, die sich zu den Sinneszellen (*») des Epithels um das Auge hinziehen. In der Umgebung des Auges liegen zahlreiche Zellen mit dunkel färbbaren Konkretionen. Vergr. 540. Fig. 32. Drei Sehzellen im Längsschnitt. Vergr. 1000 . I-'il'. •".'.. ».nippe von Zellen mit dunkel färbbaren Konkretionen in nächster Nachbarschaft de> Auges, czk. Zellkerne; cc, Konkretionen. Vergr. 1000. Fig. 34 — 38. Oncidium buetschlii. Fig. 34. Gipfel einer Papille mit vier Augen, in Nelkenöl aufgehellt. Die Augen sind tief eingezogen und werden durch die Ränder der entstandenen Ein- senkung und den Oentralteil der Papille überdacht. Vergr. 70. Fig. 35. Vertikalschnitt durch eine Papille mit vier Augen. Der Schnitt 12* 180 Wladimir Stantschinsky, Über d. Bau der Rückenaugen usw. d. Oncidien. hat zwei Augen längs getroffen; an dem einen sieht man den Eintritt des Sehnervs. Die Augen sind eingestülpt und werden durch den Centralteil der Papille (cp) überdacht. Die Linsenzelle (L) ist in zwei Abschnitte differenziert: einen äuße- ren grobfaserigen und dunkler färbbaren (Iz1) und einen inneren feinfaserigen (Iz1) mit dem Kern (Ik). cz, Zellen in der Augengegend mit dunkelfärbbarem Inhalt. Vergr. etwa 180. Fig. 36. Längsschnitt durch die Sehzellen. Vergr. 1000. Fig. 37. Querschnitt der Retina, sz', Querschnitt des inneren Teiles einer Sehzelle; st, durch den Stäbchenteil. Vergr. 1000. Fig. 38. Querschnitt des Sehnervs vor seiner Spaltung in vier Stränge für jedes Auge der Papille. Im Nerv ist der Kern einer Ganglienzelle (gz) sichtbar. Im Bindegewebe erkennt man verschiedene Zellelemente, mz, Muskelzellen; bz, spindelförmige und verästelte Bindegewebszellen; sl, Schleimzellen; cz, Zellen mit dunkel färbbaren Konkretionen. Vergr. 900. Fig. 39. Oncidium fungiforme. Axialer Längsschnitt durch das Auge. Iz1 u. Iz2, äußerer und innerer Teil der Linse; bk, Bindegewebskerne ; gzk, Kerne der Ganglienzellen der Nervenfaserschicht der Retina. Vergr. 540. Fig. 40. Oncidium fungiforme. Längsschnitt durch die Sehzellen. Bezeich- nungen wie auf Fig. 39. Vergr. 1000. Die Desmoscoleciden. Von Dr. Alexander Sckepotieff (St. Petersburg). Mit Tafel VIII— X. I. Historisches. Desmoscolex wurde zuerst von Claparede im Jahre 1862 in St.Vaast in der Normandie beobachtet. Er bezeichnete ihn als eine » abweichende, mit den Anneliden verwandte Tierform«, gab aber nur eine sehr kurze Beschreibung der äußeren Form. L865 beobachtete Metschnikofe eine hierhergehörige Form in Helgoland und betrachtete sie als Larve eines noch unbekannten Arthropoden. »Jkeeff untersuchte 1869 mit großer Genauigkeit den von Cla- parede beobachteten Desmoscolex minutus. Er beurteilte Desmoscolex als eine »Zwischen- bzw. Entwicklungsstufe vom Nematoden zum Annelidentypus«, als eine Form, die äußerlich den Anneliden ähnelt, innerlieh aber noch den Grundbau der Nematoden aufweist. Abgesehen v Lei Beschreibung einiger neuer Arten und gründlicherer Unter- suchung ihrer äußeres Blörperform, studierte er auch die innere Orga- nisation, soweit sie sich an Totalpräparaten feststellen ließ. Er konnte den Verlauf des Darmkanals und die allgemeine Gestalt der Genitalien erkennen. L876 beschrieb Pangeri zwei neue Arten und gab nochmals eine Beschreibung der äußeren Körperform von Desmoscoh < minutus, wäh- rend er die innere Anatomie nur kurz berührte. Reinhard entdeckte 1883 zwei weitere Arten, ohne ihren inneren Bari zu berücksichtigen. Seitdem ist^ die Gruppe dieser eigentümlichen Würmer von den Zoologen fasl gänzlich vergessen worden. In vielen Lehrbüchern, wie z. B. in denen von Korscuf.lt und Beider, Lang, CLAUS oder R. 182 Alexander Schepotieff, Hertwig, werden sie überhaupt nicht erwähnt, auch nicht unter den Nematodenfamilien. In den wenigen Lehrbüchern, die sie besprochen, wie z. B. im >>Traite de Zoologie « von Perrier oder in der »Cambridge Natural History« (Harmer und Shipley), stehen sie entweder unter den Nematoden oder bilden eine besondere Klasse, die als Anhang zu den Nematoden bezeichnet ist. II. Die allgemeine Körperform. Die Desmoscoleciden haben einen gestreckt walzenförmigen Körper, der sich vorn und nach hinten allmählich verjüngt. Sie sind getrennt- geschlechtlich, und das Weibchen ist stets fast doppelt so lang als das Männchen. Am Körper aller Arten (abgesehen von einem einzigen — D. chaeto- gasler) finden sich dunklere, undurchsichtige Querringe (R, Fig. 1, 2, 5, 8, 9, 14, 37, Taf. VIII; Fig. 5u. 6, Taf. IX), die mit hellen durchsichtigen Zwischenzonen (Zz, Fig. 1, 2, 5, 9, 13, 24, 37, Taf. VIII; Fig. 5 u. 8, Taf. IX) abwechseln. Ein gut abgesonderter Kopf (Kf, Fig. 1, 2, Taf. VIII usw. der Fig.1) ist ferner zu erkennen. Die Zahl der Querringe variiert je nach der Art von 12 bis 72. Sie sind meist hohe, scharf abgegrenzte und von der äußeren Cuticula un- abhängige Gebilde, von welchen Borsten entspringen (R, Fig. 5, Taf. IX). Auf Querschnitten durch den Körper in der Höhe der Ringe (Fig. 9, Taf. IX) kann man stets eine dünne innerste Schicht oder die eigent- liche Körpercuticula (Cut) und eine sehr breite äußere Schicht (R) erkennen, welch letztere den eigentlichen Ring bildet. Zwischen beiden Schichten besteht immer eine deutliche Grenze. Die Substanz der Ringe ist brüchig, undehnbar und schneidet sich sehr schwer. Auf den Schnitten kann man bei schwachen Vergrößerungen im Innern der Ringe eine Anzahl Zwischenräume erkennen. Die genauere Unter- suchung zeigt, daß die Ringe aus einem Aggregat kleinster Bruchstücke von Fremdkörpern zusammengesetzt sind, die durch ein Secret der Körperwand verkittet sind. Es finden sich Sandkörner, Bruchstücke von Foraminiferenschalen und Diatomeen (neben R, Fig. 9, Taf. IX). Alle diese Körper sind durch eine grobkörnige Grundsubstanz zu einem festen Ring verbunden, der äußerlich glatt ist. In der Substanz des Ringes können oft hohle Lückenräume vorhanden sein, welche die Ver- änderungen der Farbe der Ringe bei verschiedener Beleuchtung i Kf, Fig. 1—3, 6, 11, 13, 20, 24, 25, 27, 30, 34 u. 35, Taf. VIII; Fig. 1, 3, 7 u. 10, Taf. IX. Die Desrnoscoleciden. 183 erklären. Bei auffallender Beleuchtung schon die Ringe wie dunklere (z. B. Fig. 5j Tal*. IX). manchmal ins Olivengrün spielende Gebilde aus; in durchfallendem daueren sind sie grau, häufiger ganz schwarz, undurchsichtig (z. B. Fig. 7 u. 8, Taf. IX). Bei Arten mit vielen schmalen Ringen (z. B. Fig. L5 oder 21, Taf. VIII), oder überhaupt bei schwacher Vergrößerung erscheinen alle Ringe fast gleich breit. Bei Arten mit wenigen, alter stark entwickelten, hohen Ringen ist ihre Breite dagegen verschieden (Fig. 5, 7 u. 8, Taf. IX). Ihre größte Breite und Höhe erreichen die Ringe in der Körpermitte, während sie in der vorderen Region etwas schmäler sind (Fig. 1 u. 2, Taf. VIII usw.). Auch die einzelnen Ringe haben oft in ihrem Verlauf verschiedene Höhe oder Breite und bieten daher in verschiedenen Lagen des Tieres ein wech- selndes Aussehen (R, Fig. 5, Taf. IX). Am meisten unterscheidet sich von den übrigen der hinterste oder der sog. Endring. Die Zwischenzonen ( Z;) sind dehnbar, indem beim Kriechen die Ringe näher oder weiter voneinander abstehen. Bei der Fixierung strecken sich die Tiere gewöhnlich aus, so daß, wie es bei den meisten Figuren auf Taf. VIII der Fall ist, die Zwischenzonen in ihrer größten Ausdehnung erscheinen. Der Abstand der Ringe voneinander, bzw. die Länge der Zwischenzonen, ist bei Tieren in ausgedehntem Zustand ebensowenig gleich, wie die der Ringe. Bei allen Arten liegen die Ringe in der vorderen Körperregion näher aneinander als in der mittleren oder hinteren. Die Oberfläche der Zwischenzonen ist nicht glatt, son- dern läßt eine feinere Querringelung erkennen (sog. Nebenringe; Nr, Fig. 2, 5 u. 7. Taf. IX und bei Zz, Fig. 1 u. 2, Tai. VIII). Die Neben- ringe sind den echten Hingen nicht vergleichbar, sondern bloß ring- förmige Querfalten d^r Cuticula selbst, entsprechend der Ringelung der Nematodencuticula. Die Borsten sitzen ausschließlich auf dvn Ringen und gewöhnlich paarweis nahe beieinander. Man kann zusammengesetzte (z. B. Kb, Fig. 1". Taf. IX) und einfache Borsten (z. B. Vb, Fig. 12, Taf. X) unterscheiden. Die zusammengesetzten bestehen aus einem dünnen Hauptstamm [B, Fig. LO, Taf. IX) und einem Endglied (Egl). Nach der änl.ieren Form kann man stachelförmige (Egl, Fig. 8 u. 10, Taf. IX) und kopfförmige (Egl, Fig. 5, Taf. IX) Endglieder unter- scheiden. In ihrem Mau unterscheiden sich die beiderlei Borsten be- deutend. Die einlachen Borsten sind solide zugespitzte cuticula re Stacheln I Vb, Fig. 12, Taf. X). Der Hauptstamm der zusammen- gesetzten dagegen ist hohl (B, Fig. 22, Taf. X). enthält einen Axial- kanal {Ar), durch den eine sehr leine Muskelfaser zieht, die sich an die 184 Alexander Schepotieff, Basis des Endgliedes {Egl) anheftet. Mit dieser Einrichtung können sich die Tiere lebhaft bewegen, sogar auf einer glatten Oberfläche, z. B. einem Uhrglas, und gegen einen starken Wasserstrom. Die zusammen- gesetzten Borsten der Desmoscoleciden sind also locomotorische Organe. Jede Borste — einfach oder zusammengesetzt — durchsetzt die ganze Dicke des Ringes und inseriert sich auf dem Gipfel einer beson- deren cuticularen Erhebung (Papille), die um die Borstenbasis eine Art »Scheide oder Borstentasche bildet Bt, Fig. 13 u. 15, Taf. IX; Fig. 7, 12 u. 22, Taf. X). Von den Längsmuskelfasern der Körper- wand gehen zu der Basis jeder Borste die Bewegungsmuskeln der Borsten (Mf, Fig. 22, Taf. X). Nach ihrer Lage kann man dorsale (Db, Fig. 1 u. 2. Taf. VIII usw. der Fig.1), seitliche (Sb, Fig. 15 u. 30, Taf. VIII) und ventrale ( Vb, der Fig.2) Borsten unterscheiden, die alle gleich lang sind, bis auf die am Endring sitzenden sog. End borsten (Ebr der Fig. 3), die gewöhn- lich länger sind als die übrigen. Besondere Copulationsborsten fand ich nur bei den Männchen und den Weibchen von D. minutus und D. ncmatoides auf, und nur bei geschlechtsreifen Exemplaren (Copb, Fig. 1 u. 2, Taf. VIII; Fig. 11, Taf. X). Sie sind sehr lang, zuweilen viermal länger, als die übrigen und stets einfach. Bei unreifen Exemplaren steht an ihrer Stelle ein Paar ventraler (D. nematoides) oder seitlicher (D. minutus) Borsten, die aber den übrigen vollständig gleich sind. Der Kopf hat von vorn gesehen einen kreisförmigen (Fig. 10. Taf. IX), von der Seite einen annähernd dreieckigen Umriß (Kf, Fig. 7, Taf. IX). In der Mitte verlängert er sich nach vorn in einen kurzen vorderen Vorsprung oder ein Rostrum (Rs, Fig. 11 u. 30, Taf. VIII; Fig. 7 u. 10, Taf. IX), das die Mundöffnung (M) trägt. Das Rostrum ist im Querschnitt entweder kreisförmig oder dorsoventral schwach abgeplattet. Die Mundöffnung ist also entweder kreis- oder spalt- förmig. Sie ist von einem Kreis kurzer, dreieckiger Zähnchen umgeben. An beiden Seiten des Kopfes liegt je ein blasiger hohler Wulst oder ein sog. flügelartiger Anhang (fA, Fig. 2, Taf. VIII; Fig. 10, Taf. IX usw.4). Diese Anhänge hängen sich an beiden Seiten des Rostrums als schmale bandförmige Wülste an und erweitern sich nach außen i Db, Fig. 1 u. 2, Taf. VIII; Fig. 3, 4, 7, Taf. IX; Fig. 12, Taf. X. 2 Vb, Fig. 1 u. 2, Taf. VIII; Fig. 3 u. 7, Taf. IX; Fig. 12, Taf. X. 3 Ebr, Fig. 1, 2, S, 14, 24, 26 u. 28, Taf. VIII; Fig. 2 u. 8, Taf. IX. 4 fA, Fig. 2, 8, 11, 27 u. 30, Taf. VIII; Fig. 3, 7, 10—13, Taf. IX. Die Desnioscoleciden. 185 und hinten zu breiten Gebilden. In seiner Mitte hat jeder Anhang eine kleine Vertiefung. Vom Kopf entspringen zwischen den flügelartigen Anhängen dorsal und ventral eine oder zwei Kopf borsten (Kb, Fig.10, Taf. IX usw.1). Sic sind den übrigen Borsten vollständig gleich — einfach oder zusam- mengesetzt, nur sind sie gewöhnlich etwas länger. Sie sind auch frei glich, wie die andern Körperborsten. Die feinen Bewegungs- muskeln der Kopfborsten (Mf, Fig. L2, Taf. IX) bilden die direkten Fortsätze der Längsmuskeln der Körperwand. An der Dorsal- und Ventralfläche des Kopfes, zwischen den flügelartigen Anhängen, wo die Kopfborsten entspringen, findet sich dieselbe, aus Fremdkörpern bestehende Substanz, welche die Querringe bildet. Man kann also den Kopi als ersten Querring betrachten, der nur durch die flügelartigen Anhänge unterbrochen ist. Der Bndring (Er der Fig.2) unterscheidet sich etwas von den übrigen Ringen. Er ist entweder von derselben Länge wie diese oder etwas verlängert, walzenförmig und trägt stets eine besondere End- spitze (Esp, Fig. 1. Taf. VIII usw. der Fig. 3), die je nach der Species verschieden entwickelt ist. Bei I). miwutus ist diese Endspitze hohl und 1 lüdet das eigentlich-' Körperende (Esp, Fig. 8, Taf. IX). In diesem Fall ist der Endring den übrigen Querringen des Körpers vollständig deich (Er) und scharf abgegrenzt. Bei den andern Arten ist die End- spitze dagegen ^Au\ und bildet eine Art Stachel. Bei diesen Formen i>t der Endring nur vorn scharf abgegrenzt, während er nach hinten ohne erkennbare Grenze in die Endspitze übergeht (Esp u. Er, Fig. -4 -der Fig. iL'. Taf. VIII). An diu- Oberfläche von Desmoscolex findet man beim Männchen drei, beim Weibchen vier Offnungen. Die Mundöffnung liegt, wie erwähnt, terminal am Rostrum: der After (A, Fig. 17, Taf. X) findet sich ventral in der hinteren Körperregion auf einem Vorsprung, den, sog. Afterhügel (Ah, Fig. I u. 31, Tat. VIII; Fig. 2 u. 8, Taf. IX; Fig. 17 u. 20, Tat. X). Bei den meisten Arten liegt dieser After- hügel aui einem Querring (z. B. Ah, Fig. 8, Taf. IX). Bei einigen liegt • ■! jedoch in einer Zwischenzone (z. B. Ah, Fig. 2, Taf. IX). In der vorderen Körperregion ventral und median liegl der sehr feine Excre- i /.l. Fig. 1.11, l'T. 30 u. 35, Tai. VIII; Fig. 3, 4, 7, 10, 11 u. 13, Tai. IX. - Er, Fig. I. 2, t. T. s. 12—14, 24 u. 3G, Taf. VIII; Fig. 2 u. 8, Taf. IX; Fig. 20 u. 21, Taf. V 3 Esp, Fig. 1. 4, 7, S, 10, 12, 14, 15, 20, 23, 25, 26, 2S, 29 u. 30, Tai. VIII; Fig. -2 u. S. Tat. IX. 186 Alexander Schepotieff, tionsporus (Exp, Fig. 2, Taf. X). Die weibliche Genital - Öffnung findet sich ungefähr in der Körpermitte, ventral in einem der nächsten Ringe hinter den Copulationsborsten (Gp, Fig. 10, Taf. X). Abgesehen von ihrer bedeutenderen Größe unterscheiden sich die reifen Weibchen von den Männchen gewöhnlich leicht durch die an der Körperoberfläche, neben dem Genitalporus in Ein-, Zwei- oder Vier- zahl angeklebten großen Eier (E, Fig. 2, Taf. VIII). Erst nach erfolgter Segmentation fallen sie vom Körper ab. Die Größe der einzelnen Individuen ist je nach der Species und dem Geschlecht sehr verschieden, im ganzen aber sehr gering. Die meisten Arten sind mit bloßem Auge gar nicht erkennbar. Nur D. maximus erreicht etwa 1 mm Länge. Die mittlere Länge der ver- breitetsten Arten, D. minutus und D. nemaloides, variiert von 0,3 bis 0,5 mm. Diese geringen Dimensionen sind wahrscheinlich der Haupt- grund, weshalb diese Tiere, die gar nicht selten sind, bis jetzt so wenig bekannt wurden. III. Arten und geographische Verbreitung. Die Desmoscoleciden sind ausschließlich freilebende und kriechende Meeresbewohner. Sie wurden bis jetzt in der Normandie (Claparede, 1863), in Helgoland (Greeff, 1869; Metschnikoff, 1870), Ostende, Dieppe, Nieuport, St. Malo (Greeff, 1869), Ischia (Panceri, 1876) und Odessa (Rheinhard, 1881) beobachtet. Kürzlich fand sie Vanhöffen (1905) bei St. Helena und bei Kaiser- Wilhelms-II. -Land im Südpolar- gebiet. Ich fand sie in sehr großer Zahl von Arten und Exemplaren in Bergen, in Rovigno, Brindisi und im Golfe von Neapel (Schepotieff, 1907). Man kann also zweifellos die Desmoscoleciden als Kosmopoliten betrachten. Wie ich schon in meinem vorläufigen Bericht über die Systematik der Desmoscoleciden betonte, müssen folgende Hauptmerkmale der Systematik zugrunde gelegt werden: l)DieZahl derRinge. Diese ist für jede Art konstant und ver- ändert sich nicht mit der Geschlechtsreife. 2) Die Gestalt des Endringes. Bei gewissen Arten hat der Endring eine sehr kurze Endspitze und zwei seitliche Endborsten, bei andern aber fehlen letztere, und die Endspitze ist mehr oder weniger stark verlängert. Nach dieser Eigentümlichkeit kann man alle Arten in zwei Gruppen zerlegen: zu einer Gruppe gehören die, die zwei End- borsten haben — sog. Bicerca, zu der andern die, welche lange End- spitze und kleine Endborsten haben — sog. Monocerca. Die Dcsmoscoleciden. 187 3) Die Zahl der Kopf borsten. Bei einigen Arten sind vier, bei andern zwei eine dorsale und eine ventrale — Kopfborsten vor- handen. 4) Die Lage des Afters. Bei den meisten Arten liegt der After- hügel auf einem Querringe, bei einigen aber in einer der Zwischenzonen. Die Lage und die Zahl der Borsten auf den Ringen hat nur bei den Formen mit wenigen Ringen eine systematische Bedeutung, da bei den andern ihre Lage und Zahl entweder unregelmäßig oder nur sehr schwer festzustellen ist. a. Die Arten mit zwei Endborsten und schwach entwickelter, kleiner Endspitze (Bicerca). 1) Desmoscolex miinitns Claparede (1863; Fig. 1 u. 2, Taf. VIII; Fig. 3 -25, Taf. IX; Fig. 3—5 u. 7, Taf. X). Zahl .. 8. (Copulations- itlich liegend, aber ventralwärts gerichtet), 12. und L5. (After- ring) Ring \ orkoinmen. D. minvius is1 die typische und verbreitetste Art 188 Alexander Schepotieff, von allen Bicerca. Er ist in Bergen, Helgoland, St. Vaast, Neapel, Brindisi und Odessa beobachtet worden. 2) Desmoscolex annulatus Schepotieff (1907; Fig. 8 u. 9, Taf. VIII). Zahl der Ringe = 17. Diese Art wird durch sehr breite, niedrige, durchsichtige Ringe charakterisiert, die wie dunklere Querstreifen aussehen. Nur an den Längsschnitten kann man erkennen, daß sie denselben Bau haben wie die Ringe der übrigen Arten (R, Fig. 9, Taf. VIII). Die Zwischenzonen (Zz) sind äußerst schmal. In ausgestrecktem Zustand sind sie kaum halb so breit wie die Ringe. Keine Nebenringe. Kopf klein, mit vier zusammengesetzten Kopfborsten. Die übrigen Borsten entweder zusammengesetzt oder einfach, in beiden Fällen ziem- lich kurz. Endring stark gewölbt, mit sehr kleiner Endspitze (Esp). V o r k o m m e n : Neapel (selten ) . 3) Desmoscolex minor Schepotieff (1907; Fig. 13 u. 14, Taf. VIII). Zahl der Ringe = 12. Diese Art ist sehr klein, kaum 0,1 mm lang. Körper sehr fein, haarförmig, gerade gestreckt. Ringe sehr schmal und hoch. An aus- gestreckten Exemplaren sind die Zwischenzonen etwa fünf bis sieben- mal breiter als die Ringe. Keine Nebenringe. Kopf klein, mit vier langen, zusammengesetzten Borsten. Die übrigen Borsten etwas kürzer und alle einfach. Endring viel größer als der Kopf, mit großer Endspitze und zwei sehr langen einfachen Endborsten. Ihre Länge erreicht etwa 1/2 der Gesamtlänge des Körpers. 4) Desmoscolex adriaticus Schepotieff (1907; Fig. 24, Taf. VIII; Fig. 1 u. 2, Taf. IX). Zahl der Ringe = 18. Ringe sehr schmal, bei ausgestreckten Exemplaren etwa fünf- bis siebenmal schmäler als die Zwischenzonen. Sehr deutliche Nebenringe (Nr, Fig. 2, Taf. IX). Auf jeder Zwischenzone kann man vier Neben- ringe erkennen. Afterhügel (Ah) sehr hoch; nicht auf dem Ringe, son- dern auf der Zwischenzone zwischen dem 16. und 17. Ringe. Kopf (Kf, Fig. 1, Taf. IX) sehr groß, mit zwei einfachen Kopf- borsten. Endring sehr groß und walzenförmig (Er, Fig. 2, Taf. IX), etwa sechsmal breiter als die übrigen Ringe. Große Endspitze ventralwärts gerichtet. Endborsten einfach, doppelt so lang und dicker als die übrigen. Vorkommen: Bergen (selten), Rovigno, Brindisi (häufig), Neapel. Die Deamosooleciden. 189 5) Desmo8Colex lanuginosus Panceri (1876; Fig. 6 u. 7, Taf. VIII). Zahl der Ringe 36. Ringe hoch und ziemlich schmal. Kopf klein, mit vier einlachen Kopfborsten. Bndring klein, mit kurzer Endspitze und kurzen End- borsten, deren Länge der der übrigen gleich ist. Alle Borsten einlach, kurz auf der dorsalen, etwas länger auf der ventralen Körperfläche. Eine ähnliche Erscheinung triti auch noch bei I>. chaetogastt r auf. Vorkommen: Neapel, [schia (häufig). 6) Desmoscolex chaetogaster (Ireeff (1869; Fig. 25— 28, Taf. VIII). Diese Art steht wegen der ihr fehlenden Querringe unter allen übrigen Desmoscolex- Kxten ziemlich isoliert, da bloß Nebenringe vor- handen, die jedoch viel schwächer entwickelt sind als bei D. minutus. Bei schwacher Vergrößerung scheint die Oberfläche nur schwach ge- runzelt, fast glatt. Man kann etwa 46 solcher Nebenringe erkennen. Kopf nicht mit zwei, wie ich früher (1907) meinte, sondern mit vier zusammengesetzten Borsten. Er ist von dem übrigen Körper nicht abgesondert und unterscheidet sich von ihm außer durch die Borsten noch durch die Anwesenheit der flügelartigen Anhänge, die ziemlich groß sind ./.!. Fig. 27, Taf. VIII). Afterhügel median ventral in der hintersten Partie des Körpers, nahe der Endspitze (Ah, Fig. 26, Taf. VIII). \- i übrigen Körper kann man ferner nur die ventral gerichtete Endspitze Esp) unterscheiden, die ziemlich klein ist. An der ventralen Körperfläche sind acht Paare langer stachelartiger Borsten vorhanden Vb, Fig. 25 n. :.'*'>. Tal. VI II). an der dorsalen kurze und feine haarförmige />/>). deren Zahl zwischen acht und zehn Paaren variiert. Beiderseits von <\^r Endspitze sitzen starke Endborsten, die denen der .•Mitralen Körperfläche fast gleich sind (Ehr). Vorkommen: Bergen, Neapel. Helgoland (selten). b. Die Arten ohne Endborsten mit stark entwickelter Endspitze (Monocerca). 7) Desmoscolex ru matoides Greeff ( L869; Fig. 3—5, Taf. VIII; Fig. 2, - 21, Taf. K). Zahl der Ringe -".7. Körper stark dunkelbraun gefärbt. Ringe sehr hoch, doch stets schmäler als die Zwischenzonen bei ausgestreckten Exemplaren. lv.pl mit vier einfachen Kopfborsten (nicht ohne solche, wie ich und GREEFF früher meinten). 190 Alexander Schepotieff, Endring (Fig. 4, Taf. VIII) etwas verlängert, ohne scharfe Grenze in eine lange Endspitze übergehend, deren Länge etwa dreimal größer ist als die Breite der Ringe. Jeder Ring trägt Borsten, die, überall einfach, unregelmäßig zer- streut sind. Neben den paarigen dorsalen oder ventralen Borsten kann man noch unpaarige seitliche, ventrale und dorsale erkennen. Alle Borsten sind ziemlich lang. Vorkommen: Diese Art ist die verbreitetste von allen Mo nocerca. Ihre Größe ist etwas geringer als die von D. minutus. Sie ist in Neapel, Helgoland und Bergen (sehr häufig) beobachtet worden. 8). Desmoscolex medius Reinhard (1881; Fig. 32 u. 33, Taf. VIII). Zahl der Ringe = 34. Diese Art ähnelt bei flüchtiger Betrachtung sehr dem D. nema- toides, ist jedoch viel kleiner. Kopf sehr klein, mit vier einfachen Kopfborsten. Endring klein, mit kleiner Endspitze. Alle Borsten einfach und ziemlich kurz. Ringe ziemlich schmal. Vorkommen: Neapel, Odessa (nicht selten). 9) Desmoscolex elongatus Panceri (1876; Fig. 15 u. 16, Taf. VIII). Zahl der Ringe = 38. Diese Art ist der äußeren Körperform nach dem D. nematoides ähnlich. Die Ringe sind schmal und hoch, die Zwischenzonen in aus- gestrecktem Zustand mäßig breit. Keine Nebenringe. Kopf klein, mit vier kurzen einfachen Kopfborsten, alle einfach und lang. Endring groß, mit langer Endspitze. Vorkommen: Neapel, Ischia (häufig). 10) Desmoscolex maximus Schepotieff (1907; Fig. 20, Taf. VIII; Fig. 1, Taf. X). Zahl der Ringe = 39. Diese Art wird durch ihre bedeutenden Dimensionen charakteri- siert; das Weibchen erreicht bis 1 mm Länge, so daß es leicht mit bloßem Auge erkannt werden kann. Die allgemeine Körperform ähnelt der des D. nematoides. Ringe sind breit und hoch. Die Zwischenzonen der mittleren Körperpartie sind bei den Exemplaren in stark ausgestrecktem Zu- stand viel breiter als die Ringe. Keine Nebenringe. Kopf klein, mit dorsoventral abgeplattetem Rostrum. Mundöffnung spaltförmig. Zwei einfache Kopfborsten. Endring klein, mit langer Endspitze. Sämt- liche Borsten einfach, ziemlich kurz. Vorkommen: Neapel (nur zwischen Algen, selten). Die Desruoscoleciden. 191 IM Desmoscolex Greeffii Bernhard (1881; Fig. 21— 23, Taf. VIII). Zahl der Ringe = 43. Die Ringe sind schmal und niedrig. Bei ausgestreckten Tieren sind alle Zwischenzonen breiter als die Ringe. Die allgemeine Körperform ähneil der des / >. m ni'iinides. Kopf ziemlich klein, mit vier einfachen Kopfborsten. Endring klein, mit kurzer Endspitze. Alle Borsten ziemlich kurz und einfach. Vorkommen: Neapel, Odessa (selten). 12) Di smoscokxbergensisSckeipotiefl(19Q7; Fig. 29—31, Taf. VIII). Zahl der Ringe 56. Körper sehr schmal und lang, bei schwacher Vergrößerung wie ein feines Haar aussehend, gewöhnlich schwach ventralwärts gebogen. Die Ringe sind ziemlich hoch und sehr schmal ; die Zwischenzonen sind bei ausgestreckten Exemplaren viel breiter als die Ringe. Kopf sehr klein, mit vier langen, einfachen Kopfborsten. Rostrum dorso- ventral allgeplattet; Mimdöffnung spaltförmig. Der Atterhiigel liegt wie bei D. adriaticus in einer Zwischenzone /.wischen dem 45. und dem 46. Ringe. Er ist sehr hoch, stark gewölbt und verarsachl eine Verschiebung der nebenbei liegenden Ringe. End- \ 3ehr klein, mit kleiner, kurzer Endspitze. Vorkommen: Bergen (sehr selten). L3) Desmoscolex norvegicus Schepotieff (1907; Fig. 10-12, Taf. VIII). Zahl der Ringe = 02. Korper sehr breit, in der vorderen Partie etwas gewölbt. Ringe schmal und niedrig, die Zwischenzonen ebenfalls, oft noch schmäler als die Ringe. Kopf mit zwei einfachen, sehr feinen Kopf- i'ii und dmsoventral abgeplattetem Rostrum. Im Vergleich mit dem übrigen Körper ist der Kopf äußerst klein. Endring klein, mit einer sehr langen, für diese Art charakteristischen Endspitze. Bei einiger Exemplaren erreicht die Länge desselben die Breite der hinter- sten zwöli Rinv.»- und Zwischenzonen zusammen. Zahlreiche dorsale, ventrale und seitliche paarige und unpaarige einfache Borsten. Vorkoni inen : Bergen (sehr häufig). I 1) Desmoscolex adelphus Greeff (1869; Fig. 17—19, Taf. VIII). Zahl d>! Ringe = 72. Der allgemeinen Körperform nach dem D. nematoides ähnlich. Ringe hoch und schmal. Kopf klein, mit zwei einfachen Kopf borsten. Endring klein, mit gut entwickelter Endspitze. Borsten alle einfach und kurz, unregelmäßig zerstreut. Vorkommen: Reigen. Nordsee (häufig). 192 Alexander Schepotieff, 15) Desmoscolex profundus Schepotieff (1907; Fig. 34—37, Taf. VIII). Zahl der Ringe = 68. Körper spindelförmig, durch sehr schwach entwickelte Querringe- lung charakterisiert. Bei schwacher Vergrößerung ähneln die Quer- ringe den Nebenringen des D. minutus und können nur an Längsschnitten gut beobachtet werden (R, Fig. 37, Taf. VIII). Seinem allgemeinen Aussehen nach erinnert D. profundus sehr an D. chaetogaster. Kopf sehr klein und kurz, mit zwei kurzen einfachen und langen Kopfborsten. Endring groß und walzenförmig gewölbt, mit kurzer Endspitze. Alle Borsten einfach und kurz. Vorkommen: Bergen (in großer Zahl von Exemplaren nur ein- mal in der tiefsten von mir gemachten Dredgung — bis 400 m — ge- funden). Die erwähnten Angaben Vanhöffens (1905) beschränken sich bloß auf eine Feststellung des Vorhandenseins von Desmoscolex an folgenden Stellen : 1) »Gauß« Winterstation. Tiefe 365 m. 2) Treibeiszone neben Kaiser- Wilhelms- II. -Land. Tiefe etwa 3000 m. 3) St. Helena I. Tiefe 45 m. Nach der äußeren Körperform kann man sämtliche Arten von Desmoscolex in folgende Gruppen zerlegen : a. Formen mit wenigen und sehr scharf entwickelten und hohen Querringen : D. minutus, D. adriaticus, D. minor. b. Formen mit zahlreichen gut entwickelten Querringen und deut- lichen Zwischenzonen : D. nematoides, D. lanuginosus, D. medius, D. elongatus, D. maximus, D. Greeffii, D. bergensis, D. adelphus, auch D. norvegicus. c. Formen mit schwach entwickelten Qüerringen : .2). annulatus. d. Formen mit undeutlichen Querringen : D. profundus. e. Letzterwähnte Art bildet den Übergang von den fein geringelten zum D. chaetogaster, der gar keine Querringe besitzt und als Vertreter einer besonderen Untergattung betrachtet werden darf. Die Konservierung der Desmoscoleciden ist sehr schwierig, da die Cuticula für Reagenzien fast undurchdringlich ist. Die Einbettung der Tiere in toto in Paraffin ist daher auch ganz unmöglich. Von zahl- reichen angewendeten Fixierungsflüssigkeiten gab heiße Sublimatlösung I »ii> I »esraoscoleciden. 193 (35 C) im Seewassei oder in 70 igem Alkohol die besten Resultate; gu1 wirkten auch GiLSONSche oder PERENYische Flüssigkeit. Bei der weiteren Behandlung müssen die Tiere unbedingt zuerst zerschnitten werden, entweder schon in der Konservierangsflüssigkeit oder später im Alkohol. Ihre Kleinheit erschwert die Einbettung außerordentlich. Alle folgenden Angaben über den inneren Bau gründen sich auf das Studiuni von zwei Arten — D. minutus und D. nematoides — , die die häufigsten sind. Aus denselben Gründen konnte ich viele Eigen- tümlichkeiten ihrer Organisation, besonders hinsichtlich der Muskulatur und de- Nervensystems, nicht erkennen. Obwohl die Cuticula in den Zwischenzonen durchsichtig ist, ergibt das Studium der Totalpräparate doch nicht vielmehr, als was Greeff L869) seinerzeit festgestellt hat. IV. Körperwand und Muskulatur. Die Körperwand besteht, abgesehen von den Querringen, aus der Cuticula, der Hypodermis und der Längsmuskelschicht. Die verhältnismäßig dicke Cuticula {Cut, Fig. 9 u. 13, Taf. IX; Fig. 11, Taf. X) besitzt an allen Körperstellen (abgesehen vom Kopf) gleiche Dicke und erscheint auf den Schnitten als eine dünne, sich homogen färbende Schicht. Die äußere feine Kingelung der Cuticula (Nebenringe und ähnliehe Gebilde) ist durch ihre ganze Dicke zu ver- folgen. Die f I iiue] artigen Anhänge des Kopfes sind hohle Gebilde, wie auf den Schnitten leicht zu erkennen ist (fA, Fig. 12 u. 13, Taf. IX). Ihr innerer Hohlraum ist oval, seitlich plattgedrückt (iR) und öffnet sieh mit einen, nach hinten gerichteten quergestellten Schlitz nach nullen. Im Innern des Hohlraumes liegt ein kurzer Vorsprung der Cuticula [Cut, Fig. 12). Die geringen Dimensionen der Tiere erlauben oich.1 die eventuellen Beziehungen dieses Vorsprunges zu den inneren ■eii zu erkennen. Die Hypodermis ist ziemlich stark entwickelt (Epz, Fig. 18, Tal. [X; Fig. 11. Taf. X). Zellgrenzen sind nirgends zu erkennen, sondern nur kleine Kerne in einem netzartigen Protoplasma. Der Kopf sowie die vorderste Region des Körpers sind vollständig von Hypodermis- gewebe erfüllt. In der Region der mittleren und hinteren Partie des Oesophagus (b< ,; l>. minutus zwischen dem zweiten und siebenten Quer- ring) ist die Hypodermisschicht entweder äußerst dünn oder gar nicht entwickelt. In dieser Gegend sind die Längslinien deutlich erkennbar, Die Seitenlinien {Sl, Fig. L6, .Tai IX: Fig. 17, Taf. X) sind Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 13 194 Alexander Schepotieff, ziemlich breit und bestehen aus einer Protoplasmamasse mit mehreren Kernen, die quer durch die ganze Breite der Leibeshöhle bis zur Ober- fläche des Oesophagus oder des Nervenringes sich erstreckt. Die Rückenlinie (Rl, Fig. IG u. 20, Taf. IX; Fig. 9, Taf. X) besteht aus einem Protoplasmastreifen, der den Seitenlinien ähnelt; sie ist nur etwas schmäler. Die Bauchlinie (Bl, Fig. 14, Taf. IX) ist, äußerst schmal und nur eine kurze Strecke in der vorderen Körperregion erkennbar. Die Submedianlinien (SM, Sbl', Fig. 16, Taf. IX) sind bei besonders günstigen Exemplaren nur in der Höhe des Nervenringes erkennbar. Eine Leibeshöhle kann man nur in der vorderen Körperregion etwa von den ersten Querringen bis zur Höhe des Magens (Lh, Fig. 15 u. 16, Taf. IX; Fig. 3 u. 17, Taf. X) nachweisen. Hinter der Körper- mitte drängen in die Leibeshöhle zahlreiche protoplasmatische Fort- sätze der Hypodermis hinein, so daß in der Höhe der Genitalorgane alle Zwischenräume zwischen den inneren Organen durch netzartige Protoplasmamasse mit vielen kleineren Kernen erfüllt sind. Zwischen den plasmatischen Netzbahnen finden sich freie Lückenräume als Teile der Leibeshöhle (Lh, Fig. 13, Taf. X). Hier sind die Körperlinien nicht mehr wahrzunehmen. In der hinteren Körperregion sind alle Räume zwischen den Organen und der äußeren Cuticula fast vollstän- dig durch eine kontinuierliche Protoplasmamasse erfüllt, welche man als Körperparenchym (Par, Fig. 18, 20 u. 21, Taf. X) bezeichnen kann. Die Längsmuskulatur (Mf, Fig. 14—16, Taf. IX; Fig. 3, 4 u. 6, Taf. X) besteht aus zahlreichen schmalen Muskelzellen, deren Zahl bis etwa 30 steigt. Die einzelnen Zellen sind schmale, stark abgeplattete Fasern, welche durch schmale Zwischenzonen getrennt sind, in denen oft die Epithelzellen liegen. Eine sarcoplasmatische Substanz der Muskelzellen läßt sich von den Plasmafädchen der Hypodermiszellen nicht unterscheiden. Wegen der Kleinheit der Zellen gelang es mir niemals, Kerne aufzufinden. Da, wo Längslinien ausgebildet sind, ist die Muskelschicht regelmäßig in vier (Fig. 15, Taf. IX) oder acht (Fig. 16) Längsfelder gesondert. Hier fehlen auch gewöhnlich die sonst zwischen ihnen sich eindrängenden Hypodermiszellen. An den übrigen Körperstellen ist die Anordnung der Muskelfasern etwas unregelmäßiger. Die erwähnten Borstenmuskeln sind seitliche Ausläufer der Längsmuskelfasern . Die Desmoscoleciden. 1'.'." V. Der Darmkanal. Die kreis- oder Bpaltförmige Rtundöffnung ist von mehreren kleinen dreieckigen Cuticularzähnchen umgeben (M, Fig. 10, Taf. IX), deren Zahl sich nicht genau feststellen ließ. Sie führt in eine sehr enge dreieckige Mundhöhle (.1///. Fig. 12 u. 13, Taf. IX), die mit starker Cuticularauskleidung versehen ist. Von ersterer gehen nach vorn drei radiäre Muskelfasern, die sich an der Kopfcuticula direkt anheften {Mi', Fig. \-. Tat. IX). Die drei Wände der Mundhöhle sind in das Innere zahnartig etwas verdickt. Die Mundhöhle führt in den sich hinten etwas erweiternden Oesophagus (Oe, der Fig.1). Die vordere Region des Oesophagus umzieht der Xervenring; beiderseits von seiner hinteren Region liegen die Excretionsorgane. Im Querschnitt erscheint der Oesophagus dreilappig (Oe, Fig. 17 bis 22, Tai. IX). .\^\rr Lappen ist stark angeschwollen und mit den benachbarten durch eine sehr dünne Wandstelle verbunden. Die Lappen bestehen ans radiär gerichteten Muskelfibrillen und plasmatisch-kör- niger Grundsubstanz, in welcher an einigen Stellen besonders stark gefärbte .Massen liegen. Letztere sind größer als die Kerne der Oeso- phaguszellen und stellen wahrscheinlich Oesophagealdrüsen dar (Oed. Fig. 20 22, Taf. IX). In jedem Lappen liegt eine solche Drüse. Eine innere, äußerst dünne Cuticularauskleidung des Oesophagus ist oft zu sehen. Der Oesophagus ist durch eine tiefe Einschnürung von dem Darm abgesetzt. Die vordere Region des letzteren streckt sich teilweise nach vom und umfaßt den hintersten Teil des Schlundes (Mie Desmoscoleciden. i'ol Die Familie tier DesnioscoUvidcn nnil.i also, neben Trickoderma, eine besondere Stellung anter den jetzt bekannten Nematoden er- halten. st. Petersburg, im August 1907. Literatur. 1863. E. C'latarede, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte der wirbellosen Tiere usw. Leipzig. ] sii'.i. |;. i.i;i u'K. liitersuchungen über einige merkwürdige Tiergruppen des Arthropoden- und Wurmtypus. Arch. f. Naturg. Bd. XXXV. 1865. E. Mets< iimkoff, Über einige wenig bekannte niedere Tierformen. Diese Zeitschr. IUI. XV. Is7<». - Bemerkungen über Echinoderes. Bull. Acad. Imp. Sc. St. Petersbourg. 1876. P. Panceki, Osservazioni intorno a nuovi forme di vermi nematodi marini. Atti il. Accad. sc. fis. e mat. Napoh. Vol. VII. 1881. W. Hi:iMi\i:r>, Über Echinoderes und Desmoscolex der Umgegend von Odessa. Zool. Anz. Bd. XXXI. 1907. A. Si Hin »ii i:i k. Zur Systematik der Xematoideen. Zool. Anz. Bd. XXXI. 1905. .1. Y\M("Ui.\. Kinige zoogeographische Ergebnisse der deutschen Südpolar- Expedition. Verb, deutsch. Geographentages in Danzig. Erklärung der Abbildungen. Allgemeine Bezeichnungen: .1, After; Ek, Excretionskanal ; Adr1, Adr-, Anhaugsdrüsen der Hoden; Epz, Hypodermiszellen ; Ah, Afterhügel; Er, Endring; B, Borate; Esp, Endspitze; bK, braune Körner der Darmzellen; Ex, Excrctionsdrüse; Bl, Bauchlinie; Exp, Excretionsporus ; Bt, Borstenta.sche; fA, flügelartiger Anhang; Copb, Copulationsborsten; Gfa, Genitalporus ; Cut, Cuticula; Gz, Ganglienzellen ; D, Darmkanal ; Hd, Hoden; Db, Daraalborate; Eh, Haarkreise; dKp, dunklere Körper der Excretions- iE, innerer Raum; drüsen; A'. Kern; Dz, Darmzellen; Kb, Kopfborste; E, Ei; Kf, Kopf; Ehr, Endborate; Lh, Leibeshöhle; Egb, Endglied der Borate; .1/. Mundöffnung; 202 Alexander Schepotieff, Mf, Muskelfibrillen ; Rl, Rückenlinie; Mg, Magen; Rs, Rostrum; Mh, Mundhöhle; Sb, Seitenborste; Nr, Nebenring; SM, Submedianlinie ; Oe, Oesophagus; Sdr, Schwanzdrüse; Oed, Oesophagusdrüse ; Sl, Seitenlinie; Ov, Ovarium; Ut, Uterus; Par, Parenchym; Vb, Ventralborste; Protr, M. protractor spiculae ; Vd, Vas deferens ; R, Querring; Vg, Vagina; Ret, M. retractor spiculae ; Zz, Zwischenzone. Tafel VIII. Alle Figuren der ganzen Tiere sind bei Vergr. 305 dargestellt. Fig. 1. Desmoscolex minutus. Männchen von der rechten Körperseite. Fig. 2. D. minutus. Weibchen von der rechten Körperseite. Fig. 3. D. nematoides. Dorsalansicht. Fig. 4. Hinterende von D. nematoides. Vergr. 580. Fig. 5. Randpartie von D. nematoides. Vergr. 915. Fig. 6. D. lanuginosus von der linken Körperseite. Fig. 7. Hinterende von D. lanuginosus. Vergr. 580. Fig. 8. D. annulatus. Männchen von der linken Körperseite. Fig. 9. Randpartie der mittleren Körperpartie von D. annulatus. Vergr. 580. Fig. 10. D. norvegicus von der Dorsalseite. Fig. 11. Kopf von D. norvegicus von der rechten Körperseite. Vergr. 610. Fig. 12. Hinterende von D. norvegicus. Vergr. 610. Fig. 13. D. minor. Dorsalansicht. Fig. 14. Hinterende von D. minor. Dorsalansicht. Vergr. 610. Fig. 15. D. elongatus von der rechten Körperseite. Fig. 16. Kopf von D. elongatus von der rechten Körperseite. Vergr. 580. Fig. 17. D. adelphus. Fig. 18. Kopf von D. adelphus. Seitenansicht. Vergr. 580. Fig. 19. Hinterende von D. adelphus. Vergr. 580. Fig. 20. D. maximus von der rechten Körperseite. Fig. 21. D. Greeffii. Dorsalansicht. Fig. 22. Kopf von D. Greeffii. Dorsalansicht. Vergr. 580. Fig. 23. Hinterende von D. Greeffii. Vergr. 610. Fig. 24. D. adriaticus von der linken Körperseite. Fig. 25. D. chaetogaster. Weibchen von der linken Körperseite. Fig. 26. Hinterende des Männchens von D. chaetogaster von der linken Körperseite. Fig. 27. Kopf von D. chaetogaster. Dorsalansicht. Vergr. 610. Fig. 28. Hinterende von D. chaetogaster. Dorsalansicht. Vergr. 610. Fig. 29. D. bergensis. Fig. 30. Vorderende von D. bergensis. Seitenansicht. Vergr. 610. Fig. 31. Hinterende von D. bergensis von der rechten Körperseite. Vergr. 610. Fig. 32. D. medius. Seitenansicht. Die Desrnoscoleciden. 203 Fig. 33. Kopf vonD.medius. Dorsalansicht. Vergr. 580. Fig. .". t. l>. profundus. Fig. 35. Vorderende von D. profundus. Vergr. 580. Fig. 3( i. Einterende von D. profundus. Vergr. 610. Fig. 37. Randpartie des Körpers von D. profundus. Vergr. 776. Tafel IX. Fig. 1. Vorderende von D. adriaticus. Vergr. 610. Fig. 2. Hinterende von D. adriaticus. Vergr. 610. Fig. 3 — 25. ' D. minutus. Fig. 3. Schema der Borstenanlage der vorderen Körperpartie. Dorsal- ansicht. Fig. 4. Schema der Lage der Dorsalborsten. Fig. 5. Ansicht einer Körperpartie mit stark entwickelten Querringen. Vergr. 1098. Fig. ü. Handpartie des vorderen Körperendes. Vergr. 1160. Fig. 7. Vorderes Körperende. Ansicht von der linken Körperseite. Vergr. 915. Fig. 8. Hintere Körperpartie von der linken Körperseite. Vergr. 915. Fig. 9. Eine Partie des Schnittes durch einen Querring. Vergr. 1830. Fig. lü. Kopf von D. minutus. Ansicht von vorn. Vergr. 1098. Fig. 11 — 22. Serie der Querschnitte durch die vordere Partie des Körpers eines Männchens bei Vergr. 1160. Die Richtung der meisten Schnitte ist auf Fig. 25, Tat. XX angegeben. Fig. 11. Schnitt durch das Rostrum. Fig. 12. Schnitt durch den Kopf in der Höhe der flügelartigen Anhänge. Fig. 13. Schnitt in der Höhe der hinteren Partie des Kopfes. Fig. 14. Schnitt in der Höhe des ersten Querringes. Fig. 15. Schnitt in der Höhe des zweiten Querringes. Fig. 16. Schnitt in der Höhe des Nervenringes (Zwischenzone zwischen dem zweiten und dritten Querring). Fig. 17. Schnitt mit erhalb des Nervenringes. Fig. 18. Schnitt in der Höhe des vierten Querringes durch die vordersten Teile der Excrctinnsi.rirane. Fig. 19 — 22. Schnitte in der Höhe der Excretionsorgane. Fig. 19, in der Zwischenzone zwischen dem vierten und fünften Querring; Fig. 20, in der Höhe des fünften Querringes; Fig. 21, in der Zwischenzone zwischen dem fünften und sechsten Querring und Fig. 22, in der Höhe des sechsten Querringes. Fig. -'.'>. Schema der weiblichen Geschlechtsorgane von D. minutus von der rechten KLöi i < i Seite. Fig. 24. Schema der männlichen Geschlechtsorgane. Fig. _'■' Schema des Nervensystems und der Excretionsorgane von der rechten ELörperseite. Tafel X. Fig. 1. Eine Partie des Querschnittes durch D. maximus in der Höhe der Exci'eti(ins(.iL.'ane. Vergr. 770. Fig. 2. Querschnitt durch D. nemaloides in der Höhe des Excretionsporus. Vergr. 1160. 204 Alexander Schepotieff, Die Desmoscoleciden. Fig. 3 — 5. Serie von Querschnitten durch D. minutus in der Höhe des Magens. Vergr. 1160. Fig. 3. Schnitt oberhalb der Verbindung des Oesophagus mit dem Magen. Fig. 4. Schnitt in der Höhe der Verbindung des Oesophagus mit dem Magen. Fig. 5. Schnitt durch die mittlere Partie des Körpers. Fig. 6. Querschnitt durch ein Männchen von D. nematoides in der Höhe der vorderen Partie des Hodens. Vergr. 1098. Fig. 7. Querschnitt durch ein Weibchen von D. minutus in der Höhe der distalsten Partie des Ovariums (7. Querring). Vergr. 1098. Fig. 8 — 10. Drei Querschnitte durch Weibchen von D. nematoides. Fig. 8. Schnitt oberhalb des Ovariums in der Höhe der hinteren Fortsätze der Excretionsorgane. Vergr. 1098. Fig. 9. Schnitt durch die mittlere Partie des vorderen Ovariums. Vergr. 1098. Fig. 10. Schnitt in der Höhe des weiblichen Genitalporus. Vergr. 1160. Fig. 11 — 19. Eine Serie von Querschnitten durch die hintere Körperpartie eines Männchens von D. nematoides. Vergr. 1160. Fig. 11. Schnitt oberhalb des Genitalschlauches in der Höhe der Anheftungs- stellen der Copulationsborsten. Fig. 12. Schnitt in der Höhe des Hodenschlauches. Fig. 13. Schnitt in der Höhe der Distalpartie einer Anhangsdrüse. Fig. 14. Schnitt in der Höhe der beiden Anhangsdrüsen oberhalb der Spi- culataschen. Fig. 15. Schnitt durch die vorderste Partie der Spiculataschen. Fig. 16. Schnitt oberhalb des Afters. Fig. 17. Schnitt in der Höhe des Afters. Fig. 18. Schnitt unterhalb des Afters. Fig. 19. Schief getroffener Schnitt durch den Endring. Halbschematisiert. Fig. 20 u. 21. Zwei etwas schief gehende Längsschnitte durch die hintere Partie des Körpers von D. nematoides. Etwas schematisiert. Vergr. 915. Fig. 22. Schema einer zusammengesetzten Körperborste von D. minutus. Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen, nebst einigen Bemerkungen über die Struktur der ..hyalinen" Knorpelgrundsubstanz. Von Dr. M. Nowikoff. Au- dem Zoologischen Institut zu Heidelberg.) Mit Tafel XI— XIV und 5 Figuren im Text. Inhaltsverzeichnis. Zelle und Zellteilung im Knorpel 205 I. Historische übersieht 205 II. .Material und Methode 211 III. Bau der ruhenden Zelle 214 IV. Indirekte Kernteilung 219 1) Prophase 219 2) töetaphase 221 3) Anaphase 223 4) Telophase 224 a. Rekonstruktion der Tochterkerne 224 b. Bildung der Scheidewand zwischen den Tochterzellen . 227 5) Bemerkungen zur Frage über die Bedeutung der Nucleolen . 22b V. Direkte Kernteilung 232 VI. Beziehungen /wischen der indirekten und direkten Kernteilung im Knorpel 234 Bildung der Kapselscheidewand 239 .Struktur der Kimrpelgrundsubstanz 241 I. Literaturangaben 241 IL Eigne Untersuchungen 244 Verzeichnis der zitierten Literatur 251 Erklärung der Abbildungen 254 Zelle und Zellteilung im Knorpel. I. Historische Übersicht. Die ersten Beobachtungen über den Kernteilungsprozeß in den Knorpelzellen (allen der Zeit nach mit dem Beginn der modernen Studien 206 M. Nowikoff, über die Zellvermehrung zusammen. Schon im Jahre 1875 beschrieb Strasburger in seinem Buche über Zellbildimg und Zellteilung neben pflanzlichen Zellen auch einige tierische, darunter Netzknorpelzellen aus der Ohrmuschel eines Kalbes. In diesen Zellen hat er die Andeu- tung einer äquatorialen Platte beobachtet, weiter auch Zustände, die ihm »ein begonnenes Auseinanderweichen zweier Plattenhälften zu zeigen schienen«. Zwischen den weiter auseinander gerückten Kern- hälften sieht er Verbindungsfasern, die er Kernfäden nennt, und in der Mitte derselben eine Trennungsschicht, welche er als den Anfang der Zellplatte deutet (S. 187). Nach dem Schluß seiner Beschreibung be- merkt Strasburger ausdrücklich, daß » die Zellkerne der Knorpelzellen nicht biskuitförmig ein- und durchgeschnürt << werden, und daß, obgleich das Objekt im allgemeinen für das Studium des Teilungs Vorganges un- günstig ist, so zeigt es doch keine andern Bilder der Kernteilung, als nur diejenigen, welche er auch in den Pflanzenzellen beobachtete, d. h., nach der später eingeführten Nomenclatur, die Bilder der indirekten oder caryokinetischen Teilung. Einen andern Schluß zog Bütschli aus seinen Studien der Knorpel- zellen, welcher hierüber schon im Jahre 1876 (S. 183) bemerkte, daß hier ein Modus der Kernteilung vorliege, der sich nicht mit dem von ihm und Strasburger beschriebenen in Zusammenhang bringen läßt. Eine ausführlichere Arbeit über den Teilungsprozeß der Knorpel- zellen publizierte Bütschli dann im nächsten Jahre, wo er seine Beob- achtungen an verschiedenen Hyalinknorpeln, vorwiegend an dem des Schultergerüstes von Triton taeniatus und sehr jungen Individuen von Rana esculenta schildert. Im Gegensatz zu Strasburger, nach welchem die Scheidewand zwischen beiden Tochterzellen » simultan in der ganzen Trennungsfläche angelegt wird« (75, S. 187), findet Bütschli, daß diese Scheidewand in Zusammenhang mit der Zellkapsel an der einen Seite der Zelle hervorzuwachsen beginnt. Weiter schreitet sie »in dem Maße, als sich die Teilung des Zellprotoplasmas vollzieht, nach der andern Seite fort, um sich schließlich an der ihrem Ursprung entgegengesetzten Seite mit der Zellkapsel zu vereinigen, und so, nach gänzlicher Durch- schnürung des Zellenleibes, eine völlige Scheidewand zwischen den Tochterzellen herzustellen« (77, S. 210). Entsprechend diesem einseitigen Vordringen der Scheidewand be- schrieb Bütschli einen eigenartigen Modus der Kernteilung, der später als Amitose bezeichnet wurde. Die erste Veränderung, welche der Kern in einer » noch keine Spur des bevorstehenden Teilungsaktes verratenden Zelle« erfährt, besteht in einer Längsstreckung. In den Zellen, bei I'.col'aehtungon ül>er die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 207 welchen die Bildung der Scheidewand schon begonnen hat, sind die beiden Enden des Kernes mehr oder weniger angeschwollen und liegen je in einer der späteren Tochterzellen. Das die angeschwollenen Enden verbindende Kernband zerfallt in der Mitte, und so vollzieht sich die Kernteilung. Die beiden Tochterzellen bleiben nachher noch eine Zeit- lang durch eine leine Plasmabrücke miteinander verbunden. Diesen Prozeß vergleicht Bütschli mit der Teilung des Macronucleus der In- fusorien und hält ihn für eine Modifikation des ursprünglichen Kern- teilungsprozesses. Veranlaßt durch Bütschlis Angaben, hat auch Bigelow (79) Unter- Buchungen über die Knorpelzellen an zahlreichen Objekten angestellt, deren Resultate mit den BüTSCHLischen insofern übereinstimmten, als BiGELOW auch nur eine direkte Kernzerschnürung beobachtete. Den ganzen Prozeß der Zellteilung führt er jedoch zu dem älteren, seit Remae (58) angenommenen Schema: Zuerst streckt sich der Kern bandförmig, nimmt eine biskuitartige Form an, zerfällt in beide Tochter- kerne, und erst nachher beginnt die Zellscheidewand sich zu bilden. Obgleich Bigelow das Vorhandensein der Bilder, wo »ein Septum als halb durch den Zellenleib gehend« geschildert wird, bezweifelt, gibt er doch an, »daß das Einschneiden der Teilungsfurche weder beim Kern noch beim Xellkörper im ganzen Umfange dieser Gebilde gleich schnell vorgeht : es resultieren daraus nieren- und hufeisenförmige Kern- und Zellenformen <• (79, S. 461). Etwa zu derselben Zeit haben zwei weitere Autoren, Mayzel und Schleicht. n. ihre I fnl ersuchungen über die Knorpelzellteilung veröffent- licht . deren Ergebnisse sich jedoch mehr an diejenigen von Strasburger anknüpfen lassen. In ihren fast gleichzeitig erschienenen Arbeiten wurde ein BLernteilungsprozeß in den Knorpelzellen beschrieben, welcher dem von Strasburges und Bütschli in den übrigen tierischen und pflanz- lichen Geweben entdeckten entsprach und seither mit dem von Schlei- ch ki: eingeführten Xanten ( 'aryokinesis bezeichnet wurde. Der Begriff Caryokinesis umfaßt jedoch nach Schleicher nicht den ganzen Prozeß der Kernteilung, sondern nur »die mannigfaltigen Erscheinungen des gesonderten, zur eigentlichen Teilung sich anschicken- den Ken,.. T'.i. S. 265), d. h. nur die Vorbereitungsstadien zur eigent- lichen Teilung. Diese Caryokinesis besteht darin, daß die stark glän- zenden Stäbchen und Körner, in welche der sämtliche Kerninhalt samt dem Nucleolus und der Membran zerfallen ist, verschiedenartige An- ordnung, darunter manchmal eine sternförmige, annehmen. Dabei be- wegt sich auch die ganze Kernmasse, indem sie langsam und meist 208 M. Nowikoff, unregelmäßig durch das Plasma, von einem Pol der Zelle zum andern, hinschwimmt. Eine dritte Bewegungserscheinung stellen die recht- winkeligen Umdrehungen des differenzierten Kernes dar, die jedoch nur selten vorkommen, und deren Aufgabe darin bestehe, die sich zur Tei- lung vorbereitende Kernmasse in eine bequemere Lage zu bringen. Die Bilder, welche Schleicher bei seinen Untersuchungen vor- wiegend an lebenden Knorpelzellen bekommen hatte, waren jedoch ziemlich undeutlich, so daß er seiner Caryokinesis keinen Charakter von Regelmäßigkeit zuzuschreiben vermochte (79, S. 269). Was die eigentliche Kernteilung angeht, so konnte Schleicher diesen sich rasch vollziehenden Prozeß nur ungenügend studieren. In einigen günstigeren Fällen bemerkt er, »daß in der caryokinetischen Masse die Stäbchen sich plötzlich parallel legen, im ganzen eine ellip- tische Form bildend, und daß sich dann sofort die Trennung einstellt« (S. 275). Dabei hat er aber sowohl die Protoplasmastrahlungen und Verbindungsfasern zwischen den beiden getrennten Kernpartien, als auch die Kernspindel (obgleich nur ein einziges Mal) beobachtet. Hinsichtlich der Rekonstruktion der Tochterkerne hob Schleicher folgende Momente hervor: Zuerst werden die Bestandteile jedes Tochter- kernes miteinander mehr oder weniger vollständig volschmolzen, nachher zerfällt diese geschmolzene Masse von neuem in einige Körnchen und Stäbchen, welche verschiedenartige Bewegungen ausführen. Aus einigen solchen Stäbchen wird die Kernmembran gebildet, die andern zerfallen in Körner, so daß im Kerne »schließlich nur noch einige Fädchen und Körner sichtbar« sind (S. 281). Inzwischen entsteht auch der Nucleolus, dessen Zustandekommen Schleicher jedoch nicht beobachten konnte. Die Scheidewand zwischen den Tochterzellen bildet sich nach Schleicher simultan durch die ganze Breite der Mutterzelle aus »feinen, seitlich aneinander gelegenen« Protoplasmafädchen (S. 283). Diese Scheidewand spaltet sich in zwei gleich dicke parallele Blätter, welche später auseinander weichen, indem zwischen ihnen die Knorpelgrund- substanz gebildet wird. Die Bilder Bütschlis, die von den seinen so stark abweichen, erklärt Schleicher ohne weiteres für » einfache Arte- fakte« (S. 295). Ich bin auf diese ersten Angaben über die Knorpelzellteilung etwas näher eingegangen, weil die Meinungsdifferenz, welche zwischen Bütschli und Bigelow einerseits, Mayzel und Schleicher anderseits aus- gebrochen ist, auch bis zur neuesten Zeit bestehen blieb. Für die caryokinetische oder indirekte Kernteilung in den Knorpel- zellen hat sich Flemming in seinem Werke von 1882 ganz entschieden I'.ciiiurliimi-cn üIrt die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 209 ausgesprochen. Er beschrieb da zwar nicht den ganzen Prozeß der Knorpelzellteilung, sondern bemerkte nur, da 1.5 dieser Prozeß unter sein allgemeines Schema pal.it. daß also bei der Kernteilung folgende Stadien zu beobachten sind : Knäuel- und Sternform des Mutterkernes, weiter die sog. Metakinesis oder Aquatorialplatte und schließlich Stern- und Knauclloriii der Tochterkerne (S. 195). In bezug auf eine direkte Zell- teilung bemerkl Fi.kmmixg, daß eine solche nur bei amöboiden Zellen und gar nicht hei fixen Gewebszellen vorkommt (S. 347). Dementsprechend beurteilte Flemming den Teilungsmodus der Knorpelzellen auch im Jahre 1892 in seiner Publikation über Entwick- lung und Stand der Kenntnisse über Amitose. »Die Befunde von BüTSCHLI und Bigelow über Teilung von Knorpelzellen«, schreibt er dort, »welche auf einen entweder rein direkten, oder doch — die ersteren - auf einen von der Mitose weit abweichenden Kernteilungsmodus hinauszulaufen schienen, waren nur scheinbare; in Schleichers und meinen gleichzeitigen Arbeiten war gezeigt, daß auch für die Knorpel- zellen die Vermehrung mit Mitose gilt, und daß die Kernteilungsfiguren bei den Arbeiten der genannten beiden Forscher entweder übersehen, oder vermöge der Behandlung unkenntlich geblieben sein mußten« (S. 49). Was jedoch die Bildung der Scheidewand anbetrifft, so ist Flem- ming in dieser Frage mit Bütschli ziemlich einverstanden, indem er angibt, daß die Scheidewand in den Knorpelzellen »in Form einer schmalen Furche auftritt, die einseitig beginnt, allmählich herumgreift und ohne Erweiterung tiefer eindringt, ähnlich wie es z. B. bei der Furchung des Amphibieneies der Fall« (82, S. 249). Eine weitere Bestätigung für das Vorhandensein der mitotischen Kemteüungsfiguren in den Knorpelzellen finden wir in den Arbeiten v.\.\ i>kk Stricht*. In seinen »Recherch.es sur le cartilage hyalin« (87) bildet er zw-i Kerne ab (Fig. 24), von denen der eine im Stadium des Knäuels, der andre in dem der Kernplatte sich befindet. Die Figuren sind allerdings nur mit wenigen Strichen angedeutet, und im Text erwähnt van DEB Stricht gar nichts vom Modus der Knorpelzell- teü ung. In seiner späteren Abhandlung vom Jahre 1892 bildete van der Stricht ziemlich genau einige Stadien der caryokinetischen Zellteilung in den Knorpelzellen verschiedener Tiere ab und beschrieb den Central- körpei mit der Attraktionssphäre sowohl in den ruhenden Zellen als auch im Laufe der Kernteilung. In dieser Arbeit aber, welche speziell »ä 1 etude de la sphere attractive« gewidmet ist, schildert er den eigent- Zeitschrift i. wlsaenscfa Zoologie. XC Bd. 14 210 M. Nowikoff, liehen Prozeß der Kernteilung nur skizzierend und spricht gar nichts von der Bildung der Zellenscheidewand. In demselben Jahre gab Sieveking (92) einige Abbildungen der mitotischen Kernteilungsfiguren in den Knorpelzellen des Kaninchen- und Mäuseohrs, ohne sie jedoch genauer zu beschreiben. Neben diesen Arbeiten, deren Studium zur Überzeugung führt, daß die Knorpelzellen sich ausschließlich auf mitotischem Wege vermehren können, existieren aber einige Publikationen über den Knorpel, in welchen allein von einer direkten Kernteilung die Rede ist. Ausführliche Angaben über die Vermehrung der Knorpelzellen machte Hamm ak in seiner Arbeit über den feineren Bau der Gelenke (94). Er findet namentlich in der oberflächlichsten Region des Gelenkknorpels, sowohl vom Menschen als auch vom Pferd, Kuh, Hund und Katze »ganz ausgeprägt lobierte Kerne«. »Was die innere Beschaffenheit des Kernes betrifft, << sagt Hammar (S. 852), »so war diese sehr wechselnd. Nur eins war konstant: die Abwesenheit aller Anzeichen einer mito- tischen Teilung. Der Kern hatte stets den Charakter eines Kernes im , Ruhezustand' : eine deutliche Kernmembran, ein mehr oder weniger feinfaseriges Kernnetz und (in einigen Fällen) typische Kernkörperchen entweder nur eines oder nicht selten zwei. « Manche Zellen waren außerdem »durch ein hervorragendes^ Septum unvollständig geteilt«. Diese Bilder, deren Ähnlichkeit mit den Figuren von Bütschli und Bigelow auffallend ist, veranlaßten Hammar, die obenerwähnten An- gaben Flemmings über die Teilung der Knorpelzellen zu bezweifeln und das Vorhandensein der amitotischen Kernteilung in den oberfläch- lichen Knorpelzellen für wahrscheinlich zu halten. Studnicka bemerkt bei seiner Beschreibung der mehrkernigen Zellen im Knorpel von Petromyzon, daß er keine Kernteilungen aufgefunden habe, meint aber, daß es sich in diesen Zellen » sicher nur um Resultate von Kernfragmentierungen (Amitose) << handelt, welche er in dem Vor- knorpel von Myxine direkt beobachten konnte (97, S. 621). In Schaffers (01) Arbeit finden wir folgende Bemerkung in bezug auf den Flossenstrahlenknorpel eines 9 V2 cm langen Ammocoetes. » Als sehr auffallend muß ich erwähnen«, schreibt er (S. 129): »daß es mir trotz achtsamen Suchens ... an diesen Objekten niemals gelungen ist, in den Knorpelzellen eine Mitose zu entdecken. Eine einzige fand ich im Perichondrium. Dagegen stößt man auf Kernformen, welche zur Annahme einer direkten Kernteilung zwingen. « Ebenso bildet Hansen (05), der sich allerdings mit der Kernteilung speziell nicht beschäftigte, in seinen Fig. 11 und 12 gelappte Kerne von I'.. ar!itim!_r>collagene Fasern «Hansens) blau gefärbt, welcher Umstand sie von der übrigen braunen Grundsubstanz sogar bei schwä- cherer Vergrößerung ohne Schwierigkeit zu unterscheiden erlaubt. Ich habe sowohl in Paraffin als in Celloidin eingebettet. Die erste Methode hat sich für den jüngeren, noch ganz weichen Knorpel als recht geeignel erwiesen. Dagegen war es sehr schwer, ordentliche Paraffinschnitte von dem schon ziemlich harten Knorpel junger Frösche zu erhalten. Der Druck des Mikrotommessers erzeugt hier später zu erwähnende Kunststrukturen, so daß zur Kontrolle solcher Präparate < 'elloidinschnitte nötig Bind. An dieser Stelle ergreife ich die Gelegenheit, Herrn Prof. 0. Bütschli für Beinen hilfsreichen Beistand bei der Ausführung der vorliegenden Arbeit meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Ebenso bin ich Herrn Prof. A. SCHTJBERG zu besonderem Dank verpflichtet für die freundliche Überlassung von gut konserviertem Material von Boinh'nmioi paehypus, 214 M. Nowikoff, sowie einiger von seinen Schnittserien. Nach diesen vortrefflich ge- färbten ScHUBERGschen Präparaten sind die meisten Figuren meiner Taf. XI ausgeführt. Herrn Dr. N. Koltzoff, der mir das Entwicklungs- material von Lacerta muralis überließ, bin ich auch zu aufrichtigem Dank verpflichtet. III. Bau der ruhenden Zelle. Vor Beschreibung des Teilungsprozesses möchte ich einige Be- obachtungen über den Bau der ruhenden Knorpelzelle mitteilen. Die Formen der Zelle sind, wie es die beigegebene Textfig. 1 zeigt, sehr mannigfaltig. Neben fast kugelrunden trifft man eckige, ovale und, be- sonders oft an der Peri- pherie des Knorpels, stark abgeplattete Zellen (siehe auch Chatin 04). Wie aus der Betrachtung der Zellteilungsfiguren folgt, können die in der Mitte des Knorpels ge- legenen Zellen, welche also von einer dickeren Lage der Grundsubstanz umgeben sind, auch ihre Form verändern. Die Zellen, die sich im Zu- stand intensiver Ver- mehrung befinden, sind demzufolge oft gruppen- weise angeordnet. Die neugebildeten Zellen einer jeden Gruppe sind voneinander durch feine Textfig. 1. Scheidewände getrennt, Wirbelknorpel aus einem Querschnitte durch die Larve von zwischen den »allzeit Bombinator pachypus. Vergr. 450. Amit, amitotische Tei- . 8 lungsfigur; Bgwz, Bindegewebszelle; Grs, Knorpelgrundsub- Gruppen ist dagegen die stanz; Em, Knorpelzelle; Mit, mitotische Teilungsfigur; GrUlldsilbstailZ bedeU- N, Zellkerne. Bgwz Knz. Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 215 tend dicker. Die Zwischenwände im Knorpel der Amphibien und Reptilien verlaufen immer gerade oder nahezu gerade (Textfiu. L); ich konnte hier niemals beobachten, daß eine Knorpelzelle eine andre halbmondförmig umgibt, wie es von Studnicka (97, Taf. XXXI, Fig. 2) und Schaffer (OG) bei Cyclostomen gefunden wurde. Im Kopfknorpel von Annnocoetes habe ich jedoch ebenfalls ähnliche Zell- gruppen beobachtet . von denen ich auf Textfig. 2 drei besonders charakteristische wiedergebe. Entgegen der Annahme von Sch lffeb (06, S. 199), nach welchem es sieh hier um das Zugrunde- gehen einzelner Zellen handeln soll, hervor- gerufen durch das energische Wachstum einer Nachbarzelle, möchte ich es für wahr- scheinlicher halten, daß die halbmond- förmigen Zellen schon bei der Zellteilung Kopfknorpel aus einem Sagittal- als solche entstehen, indem die beneide- schnitte durch Ammocoetes bran- wand in einer stark gebogenen Linie an- cWaKg.Vergr.iooo. ers,Knorpei- . grundsubstanz; Evz, Knorpelzel- gelegi wird, Da ich aber keine genauere len. N> zeiikem. Untersuchung hierüber anstellte, kann ich nichts entscheidendes sagen, nur möchte ich hervorheben, daß solche Zellgruppen, besonders dann, wenn die halbmondförmigen Zellen die größere Zelle von mehreren Seiten umgreifen, recht lebhaft an die Tei- lungsbilder der Seheitelzelle von Pteridophyten erinnern (wenn man eine solche Scheitelzelle mit den sie umgebenden Segmentzellen von oben betrachtet). Der Plasmareichtum der Knorpelzellen ist verschieden, und zwar besitzen die jüngeren Zellen (Fig. 24, 25) in der Regel viel mehr Proto- plasma als die älteren (Fig. 26—42), wo der Zellinhalt eine den Pflanzen- zellen ähnliche Beschaffenheit annimmt. Die Zellwand nämlich sowie die Kernoberfläche werden hier gewöhnlich nur von einer dünnen proto- plasmatischen Lage bedeckt, zwischen welcher mehr oder weniger dicke protoplasmatische Stränge oder Lamellen (Fig. 73 P) sich ausspannen. Der übrige Zellraum besteht aus Vacuolen (v). Bezüglich der Protoplasmastruktur bemerke ich, daß nach Flkm- mim. (82, S. 21—24) und einigen andern Autoren die Knorpelzellen der Amphibien I Scdamandra) ein sehr schönes Beispiel für die faserige Plasmastruktur bilden, während in der früheren Literatur andre, ab- weichende Meinungen ausgesprochen wurden. Um einige davon zu nennen, will ich zuerst eine ältere Angabe von Fromann (79) anführen. Dieser Autor findet sowohl in fixierten als auch in lebenden Knorpel- 216 M. Nowikoff, zellen von Salamandra maculosa »in großer Zahl und dichter Stellung feine und kurze Fäden, die sich zu einem das Zellinnere durchziehenden, sehr engmaschigen Netz verbinden. . . . Die Körnchen des Protoplasmas erscheinen dann als etwas derbere Knotenpunkte der Fäden, welche zur Bildung der Maschen zusammentreten« (79, S. 4). Die Netze sind manchmal so fein, daß sie sogar bei 900facher Vergrößerung kaum wahrnehmbar sind. Auch Leydig beschreibt eine netzige Beschaffen- heit des Protoplasmas in den Knorpelzellen von Urodelen und Säuge- tieren (85, S. 4). Von neueren Angaben kann ich die von Schaffer anführen, welcher im Protoplasma der Knorpelzellen von Myxine » einen ziemlich grobwabigen oder schwammigen Bau« findet »mit teilweise radiär vom Kern gegen die Kapsel ziehenden Strängen« (06, S. 161). Nach der Beschreibung Schaffers ist es jedoch nicht klar, ob sein »grob wabiger Bau« im Sinne der BüTSCHLischen Wabenstruktur auf- zufassen sei, oder ob seine Waben nur die oben von mir beschriebenen Vacuolen darstellen. Die Größenangabe von Fromann kann jedoch darauf hindeuten, daß die von ihm gesehenen Netze nichts andres sind als die später von Bütschli (92) in vielen Zellen beobachtete Waben- struktur. Meine in Kanadabalsam eingeschlossenen Schnitte zeigen in den oben erwähnten, durch die Vacuolen ziehenden Plasmasträngen einen (anscheinend) faserigen Bau (Fig. 73). Wenn ich jedoch dieselben Schnitte bei stärkster Vergrößerung im Wasser betrachtete (Fig. 65), erschienen die Plasmastränge an geeigneten Stellen deutlich wabig. Die dünneren, faserartigen Stränge bestehen dabei aus einer bis einigen Reihen von Waben. Manchmal zeigen auch die reihenweise angeord- neten Knotenpunkte der Waben oder etwas verdickte Wabenwände eine gewisse Ähnlichkeit mit Fibrillen, wie es auf meiner Fig. 65 dargestellt ist. Das äußere, die Kapsel berührende Protoplasma besteht in seiner Dicke oft nur aus einer einwabigen Lage, wie es z. B. Fig. 64 (P) zeigt. In den meisten der von mir untersuchten Knorpelzellen finde ich stark lichtbrechende Kugel chen oder Tröpfchen, welche entweder im Protoplasma selbst oder in Vacuolen eingelagert sind. Diese Ge- bilde wurden auch von früheren Forschern erwähnt. Flemmings (82) und Hammars (94) Angaben jedoch, daß es sich um Fetttröpfchen handelt, kann ich nicht bestätigen, da die Tröpfchen in den mit Äther behandelten Schnitten erhalten sind und sich mit Osmiumsäure nicht stärker als das umgebende Plasma schwärzen. Ich bin auch mit Schaffer (06, S. 162) nicht ganz einverstanden, wenn er bemerkt, daß diese Kügelchen sich mit Methylenblau färben, und sie daher als basophil Beobachtungen über ilie Vermehrung der Knorpelzellen usw. 217 bezeichnet. Ich beobachtete, daß die Kügelchen in manchen Fällen auch ausgesprochen acidophil sind. Auf Präparaten z. B., die mit Jodgrün-Säurefuchsii) behandelt wurden, ist die Knorpelgrundsubstanz grün, die Kügelchen dagegen sind wie das Protoplasma intensiv rot gefärbt. Anderseits kann man eine gewisse Farbendifferenz auch zwischen dem Plasma und den Kügelchen auf den mit Boraxkarmin, Bismarckbraun und Bleu de Lyon fingierten Schnitten beobachten. Nach Längerer Einwirkung von Bleu de Lyon werden sowohl das Proto- plasma als auch die Kügelchen gleichmäßig bläulich (Fig. 69 unten rechts). Bleiben aber die Schnitte nur kurz in Bleu de Lyon, so wird das Zell- plasma braun, die Kügelchen aber erscheinen gewöhnlich blau (Fig. 69). Ihre »iröße ist sehr verschieden; neben kaum sichtbaren finden sich auch größere, sogar solche, die nur wenig kleiner sind als der Zellkern (Fig. 69 b). In den größeren Kügelchen bemerkte ich oft eine Struktur Fig. 73 b), welche darauf zu deuten scheint, daß sie durch Zusammen- fließen einiger kleinerer entstanden. In andern Fällen beobachtete ich Vereinigung der Kügelchen zu stäbchenartigen Gebilden (Fig. 69). Die gäbe Spulers (95), nach welchem die Kügelchen zum Aufbau der Grundsubstanz dienen sollen, werde ich in einem späteren Kapitel besprechen. Der Centralkörper und die Attraktionssphäre, welche in den Knorpelzellen, soweit mir bekannt, zuerst von van der Stricht (92) aufgefunden wurden, sind sowohl in den sich teilenden, als auch in vielen ruhenden Zellen zu erkennen. Ich konnte feie am deutlichsten Schnitten durch eine Bombinator-haiTve beobachten, die nach Hermann fixiert and mit Safranin und BLOCHMANNscher Flüssigkeit Lrb1 waren (Fig. 73 ck, sph). Bei dieser Methode, ebenso wie bei der Kombination der letztgenannten Farbe mit Boraxkarmin, erscheint der < entralkörper neben dem rot gefärbten Kern tief blau. Ich finde auf meinen Präparaten sehr selten einen einzigen ruhenden Centralkörper gj. 23 ck), meist ist er in Teilung begriffen (Fig. 26, 73 ck) oder in Zweizahl vorhanden (Fig. 10 ck), ein Zeichen dafür, daß eine Verdop- pelung des Centralkörpera der Kernteilung lang vorangeht. In einigen Fällen (Kg. 10 ck) gelang es, festzustellen, daß jeder Centralkörper aus mehreren Körnchen besteht, daß er also im Sinne Heidenhains ein Microcentrum < (94 8. 163) darstellt. Die sog. Attraktionssphäre ( Fig. 23, 73 sph) erscheint um die ruhen- den und sich teilenden Centralkörper in Form einer Anhäufung dichteren Protoplasmas, in welchem ich keine oder nur kaum bemerkbare Spuren von Strahlung bemerkte (Fig. 26 sph). Letztere tritt jedoch in späteren 218 M. Nowikoff, Stadien, wo die beiden geteilten Centralkörper voneinander weiter ge- trennt sind, deutlich hervor (Fig. 10 sph). Oft bemerkt man hier um die Centralkörper auch einen hellen Hof, von dessen Peripherie die Strahlen der Sphäre entspringen. Die Kerne der Knorpelzellen sind entsprechend der Form der letzteren verschiedenartig gestaltet. Die rundlichen Zellen besitzen kugelige Kerne, in den abgeplatteten sind auch die Kerne scheiben- förmig. Die Kernmembran ist ziemlich dick (Fig. 73 m) und färbt sich mit Hämatoxylin, Boraxkarmin und Safranin ebenso intensiv wie die chromatischen Elemente des Kernes. In der Kernhöhle (Fig. 1, 4, 5, 6) unterscheide ich ein mehr oder weniger weitmaschiges Netz schwach färbbarer Substanz (achr), in welchem chromatische Körnchen ver- schiedener Größe (ehr) eingelagert sind. Die achromatischen Netz- fäden haben ein mehr oder weniger deutlich perlschnurförmiges Aus- sehen. Ein in den Zellen der Bombinator-Laxve besonders auffallendes Gebilde ist der Nucleolus. Seine bedeutende Größe (Fig. 1 n) läßt ihn ohne Schwierigkeit von den größeren Chromatinkörnchen und seine regelmäßige Kugelgestalt von den Anhäufungen der letzteren unter- scheiden. Der Nucleolus enthält in seiner Mitte eine größere oder kleinere Vacuole (Fig. 2, 3), so daß er als ein Bläschen mit dicken Wänden erscheint. Die Oberfläche ist manchmal höckerig, und man sieht in optischen Durchschnitten nicht selten, daß die Wand des Bläschens von radiär zu seiner Oberfläche gestellten dunklen Linien durchsetzt wird, wodurch das Bild einer alveolären Struktur entstellt (Fig. 2). Dieses Kernkörperchen, das nach Flemming als Hauptnucleolus bezeichnet werden soll, ist fähig, sich durch eine Zerschnürung zu ver- mehren (Fig. 4 — 6 n). Zuerst nimmt der Nucleolus eine ovale Form an, wobei seine Vacuole verdoppelt wird. Weiter erfolgt die Zerschnü- rung; die beiden Tochtergebilde bleiben jedoch eine Zeitlang durch ein dünnes Hälschen verbunden. Endlich werden sie voneinander voll- ständig getrennt. Es scheint mir ganz sicher zu sein, daß es sich hier wirklich um eine Teilung und nicht etwa um eine Verschmelzung zweier Nucleolen handelt. Ich beobachte nämlich oft, daß die jüngeren, vor kurzem geteilten Kerne nur ein Kernkörperchen enthalten, die älteren dagegen, d. h. solche, die sich zur Caryokinese vorbereiten, durch das Vorhandensein von zwei Kernkörperchen charakterisiert werden. Bei den übrigen von mir untersuchten Species sind die Kernkörper- chen zum Studium weniger geeignet, als bei der Bombinator '-Larve. Mit Hilfe sowohl des Jodgrün-Säurefuchsins als auch andrer Färbungs- Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 219 nii-t boden konnte ich nur feststellen, daß die Knorpelzellen von Lacerta muralis (Fig. 26, •*'>7) und Rana esculenta (Fig. 61, 62), ähnlich wie Bom- binator, uninucleoläre Kerne besitzen, d. h. Kerne mit einem oder höch- st ms y.wr\ Kernkörperchen, die Kerne der urodelen Amphibien da- gegen (Triton [Fig. 68] und Salamandra) multinncleolär sind. In letz- teren konnte ich bis acht Kernkörperchen zählen. IV. Indirekte Kernteilung. Den carvokinetischen Prozeß habe ich an den Knorpelzellen von Bombinator-L&iven und den Embryonen von Lacerta muralis studiert. Die Verhältnisse bei Lacerta sind jedoch wegen der geringen Kerngröße wenig deutlich, so daß ich im folgenden hauptsächlich die Kernteilung der Bombinator-Tjorve beschreiben werde. Der Übersichtlichkeit wegen teile ich den ganzen Prozeß nach E. Wilson (00) in folgende vier Phasen: 1) Prophase oder vorbereitende Veränderungen, 2) Metaphase, deren wesentliches Moment die Teilung der Chromatinsubstanz bildet, 3) Ana- phase oder Auseinanderweichen der Kernplattenhälften und 4) Telo- phase, die Rekonstruktion der Tochterkerne und Bildung der Zell- scheidewand. 1. Prophase. Wir haben schon oben eine Veränderung im Innern des Kernes kennen gelernt, nämlich die Verdoppelung des Nucleolus. Ich will aber nicht mit Sicherheit behaupten, daß eine solche Verdoppelung der Kernteilung stets unmittelbar vorhergeht. Die eigentliche Vorbereitung zur Teilung besteht darin, daß die meisten Chromatinkörnchen sich an der Oberfläche des Kernes ansammeln (Fig. 7, 28 ehr). Dabei bewahren die beides Nucleoli, wie ich es bei der Ilt>nil>inator-\ji\Tvi> beobachten konnte, ihre frühere Stellung im Innern des Kernes (Fig. 7 »). Die achromatischen Faden (adhr) sind jetzt in geringerer Zahl vorhanden, dafür at.cr dunkler üngierbar als im ruhenden Kern. Ihr perlschnur- förmiger Charakter tritt nun viel deutlicher hervor. Sie bleiben, wie früher, mit den Xucleolen in Verbindung; in ihren Knotenpunkten führen Bie einige Chromatinkörnchen. In den Zellkernen von Lacerta mwatis is1 dies Stadium (Fig. 28) insofern von Interesse, als hier die Chromatinkörnchen {ehr) sich nicht gleichmäßig an der Kernoberfläche sammeln, sondern sich in Gruppen vereinigen, von denen jede vermut- lich zum Autbau eines späteren < 'hrmnosoms dient. Auf diesem Stadium is1 der Umfang des Kein,. s schon bedeutend vergrößert (vgl. Fig. 6 und 7 oder 26 und 28), und sein früher kugeliger Umriß wird oval. 220 M. Nowikoff, Auf einem etwas späteren Stadium (Fig. 8) ist die Kernhöhle von Chromatinkörnchen fast völlig frei ; letztere (ehr) bilden nun eine dichte Lage an der Kernoberfläche, unmittelbar unter der Kernmembran. Durch die Kernhöhle ziehen auch hier noch Fäden (achr), welche jeden- falls den achromatischen entsprechen, jetzt aber ungefähr ebenso dunkel färbbar sind wie die Chromatinkörnchen. Diese Fäden werden immer dicker und glattrandiger. Die Nucleoli beginnen jetzt undeutlicher zu werden, und zwar, wie es scheint, dadurch, daß sie ihre Substanz all- mählich an die mit ihnen in Verbindung stehenden achromatischen Fäden abgeben. Darauf, sowie auf longitudinaler Verschmelzung ein- zelner Fäden beruht ihre Verdickung. Ein ganz eigenartiges Aussehen bieten diese Fäden im Knäuel - Stadium. Auf den Fig. 9 und 9 a ist ein und derselbe Kern abgebildet, und zwar auf Fig. 9 seine Oberfläche und auf Fig. 9 a der optische Durch- schnitt. Der Kern ist schon ziemlich stark abgeplattet, und die Fäden des dichten Knäuels (Kri) verlaufen an seiner Oberfläche vorwiegend in einer bestimmten Richtung (auf Fig. 9 von oben nach unten). Dieser regelmäßige Verlauf wird noch deutlicher auf einem späteren Stadium. Dann sieht man, wie die Fäden des sog. lockeren Knäuels (Fig. 44 Rana esculenta Kn) meridional angeordnet sind, wobei eine kreisförmige Partie der Kernoberfläche, das sog.» Polfeld, frei von Fäden bleibt (p). Diese Bilder entsprechen vollkommen denen, auf welche C. Rabl (85) seine Theorie der Polarität der Kerne begründet hat. Die Höhle des Kernes (Fig. 9 a) wird von den früher erwähnten, aus dem achromatischen Netz gebildeten Fäden durchzogen (achr), welche nun in ihrem Aussehen den chromatischen Knäuelfäden ähnlich sind, mit dem Unterschied jedoch, daß sie nicht geschlängelt verlaufen, wie die letzteren, sondern ganz gerade. Sie bilden zusammen eine verästelte Figur, in deren Knotenpunkten man Reste der Nucleolen (Fig. 9a n) bemerken kann. Zu derselben Zeit, wo einzelne Chromatinkörnchen sich in Knäuel- fäden vereinigen, vollzieht sich auch die Auflösung der Kernmembran, welche, wie ich oft beobachten konnte, in kleine Körnchen zerfällt und sich so wohl auch an der Bildung der Knäuelfäden beteiligt (Fig. 28). In den Zellkernen von Lacerta muralis konnte ich die verästelten Fäden, welche die Höhle des Kernknäuels durchziehen, nur selten und unvollkommen beobachten. Der Grund hierfür ist wohl, daß die ge- nannten Fäden wegen des kleineren Kernumfanges von den Knäuel- fäden kaum zu unterscheiden sind. Während der Zeit, da die chromatische Kernsubstanz sich zum Knäuel umbildet, weichen auch die beiden Microcentra (Fig. 10 ck) mit Beobachtungen ül>er die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 221 ihren Attraktionssphären (sph) auseinander. Nach gänzlichem Schwin- den der [Lernmembran dringen sie in die Region des Kernes hinein (Fig. I 1), wo sie an die beiden gegenüberstehenden Enden des letzteren treten. Eine ähnliche Bildung des Amphiasters aus dem Cytoplasma und sein Eindringen in die Kernxegion wurde auch bei andern Amphibien beobachtet, /.. B. von Meves (97) in den Hodenzellen von Salamandra. Die Knäuelfäden sind inzwischen zu Chromosomen oder, wie sie von 0. Hertwk; (06) bezeichnet werden, Kernsegmente, zerfallen (Fig. 11 /,'x). welche im Centrum des ehemaligen Kernes und der Zelle dicht und unregelmäßig zusammengetreten sind. Jetzt beginnt eine Verkürzung der Chromosomen sowie ihre Anordnung zu einer Äquatorialplatte. Gleichzeitig bildet sich die Spindelfigur aus, welche in den Zellen der Kidechse (Fig. 30 — 33 spn) besonders klar hervortritt. Die Spindelachse fällt nicht immer mit der Längsrichtung der Zelle zusammen. Manchmal stellt sich die Spindel quer (Fig. 31) oder schief (Kg. 12) zur Zellachse ein. Da jedoch die späteren Teilungsfiguren gewöhnlich der Länge der Zelle nach orientiert sind, so muß man an- nehmen. Jaß die zuerst quer oder schief angelegten Spindeln ent- sprechende Umdrehungen machen, wie es auch Schleicher (79) in den lebenden Zellen beobachtete. Die Centralkörper erscheinen auf diesem Stadium als homogene Kügelchen, deren Tinktionsfähigkeit viel schwä- cher ist als die der Chromosomen (Fig. 12, 30 ck). Die Polstrahlen, welche ebenso wie die Spindelstrahlen in ihrem Verlaufe knotenförmige Verdickungen zeigen (Fig. 13 sph), verästeln sich an ihren Enden und gehen auf diese Weise ohne scharfe Grenzen in das Zellprotoplasma (P) aber. 2. Metaphase. Die .Metaphase, deren wesentliches Merkmal darin besteht, daß die Chromatinfäden sich längsspalten, greift bei manchen Zellarten in die Prophase hinein, indem die Zerspaltung schon in dem Knäuel- Stadium vot sich geht. Bei meinen Objekten scheint dies jedoch nie ilrv Fall zu sein; ich beobachtete wenigstens die erste Andeutung der Spaltung entweder im Monasterstadium (Fig. :V2 ks) oder kurz vor dem- selben Kg. Ii' Im). Die Zahl der ' 'hromosomen ist in den Knorpelzellen von Bombinator paohypw viel geringer als bei den übrigen Amphibien. Durch vielfache Zählung der Chromosomen sowohl in den Mutter- als Tochtersternen habe ich die ("Urzeugung gewonnen, daß diese Zahl nur sechs beträgt. Bilder, wir J?ig. i4-? Wo ganz deutlieh zwölf paarweise angeordnete 222 M. Nowikoff, Chromosomen (ks) zu sehen sind, entsprechen meiner Ansicht nach der Zeit, wo das Auseinanderweichen der gespaltenen Kernsegmente schon begonnen hat. Eine so stark abweichende Chromosomenzahl (in den somatischen Zellen von Salamandra und Rana beträgt sie 24) kann uns jedoch nicht sehr befremden, da auch in andern Tierabteilungen solch aberrante Fälle erwiesen wurden. In der von Wilson (00. S 206—7) zusammengestellten Tabelle finden wir, daß bei den Anneliden die Gattung Thalassema 24, die Gattung Ophryotrocha dagegen nur vier Chromosomen der Körperzellen bildet. Ebenso besitzt die Mus Musculus 24, M\is decuManus wahrscheinlich 16 Chromosomen. Weitere ähnliche Beispiele sind in der Tabelle zu finden. Die Zahl der Chromosomen der Knorpelzellen von Lacerta agilis war viel schwieriger festzustellen. Ich kann nur angeben, daß sie zwischen fünf und zehn betragen muß. Die Chromosomenschleifen sind auf den meisten Stadien, abgesehen vom Beginn der Anaphase (Fig. 15 ks), in Gestalt und Länge recht ver- schieden. Von den sechs typischen Schleifen, bzw. den sechs Paaren solcher, lassen sich jedoch sofort zwei weitere chromosomenartige Ge- bilde unterscheiden (Fig. 13, 14 ks1). In einer jüngeren Kernplatte besitzen sie die Gestalt kurzer Stäbchen, die mehr oder weniger gebogen sein können, jedoch keine Schleifen bilden (Fig. 13). Im Laufe der weiteren Entwicklung runden sie sich mehr und mehr ab (Fig. 14). Ihre gewöhnliche Lage ist in der Mitte des Sternes. Der Zergliederungsprozeß der Knäuelfäden in Kernsegmente ist sehr schwer zu beobachten, weil die Fäden sich dabei klumpenartig vereinigen (Fig. 11 ks). Deswegen konnte ich auch keine direkte Beob- achtung über die Herkunft der beiden kurzen Kernsegmente anstellen. Wenn man aber das Knäuelstadium, wie ich es auf Fig. 9 und 9 a ab- gebildet habe, mit dem Stadium der Äquatorialplatte (Fig. 13, 14) vergleicht, so drängt sich der Gedanke auf, daß die beiden kurzen Segmente nichts andres sind, als Produkte der in Fig. 9 a dargestellten, das Kerninnere durchziehenden Fäden, die ihrerseits durch Verschmel- zung der Nucleolen mit dem achromatischen Kernnetz gebildet sind. Sowohl die abweichende Form der kurzen Kernsegmente, sowie ihre mittlere Lage in der Äquatorial platte, als auch ihr späteres Schicksal, wie wir noch sehen werden, sprechen für eine solche Vermutung. Ich kann mich der Meinung von Flemming durchaus nicht an- schließen, welcher in den Äquatorialplatten einzelne viel kürzere, Chro- . mosomen als die übrigen, findet und vermutet, » daß die Sache auf einer künstlichen Zerfällung durch die fixierenden Reagenzien beruht« J!fnli;i( lituiiLi n ülier die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 223 (82, S. 236). Eine gewisse Ähnlichkeit besitzen die beiden kürzeren Ki'rnstMfiix'iiti' von Bombinator mit «lern sog. accessorischen Chromosom der Geschlechtszellen einiger Insekten, welches nach den neueren Untersuchungen von Wassujeff (07) ebenfalls aus dem Nucleolus her- vorgeht. Dieses accessorische Chromosom, das gewöhnlich nur in Einzahl vorkommt, geht während des Teilungsprozesses in eine der Tochterzellen ungeteilt über, um später zugrunde zu gehen. In dieser Binsichl unterscheidet es sich von unsern kurzen Kernsegmenten, welche aui späteren Stadien wieder in Form von Nucleolen auftreten. 3. Anaphase. In dieser Phase der mitotischen Kernteilung, welche von Flem- mixg als Dyaster bezeichnet wurde, erfolgt das Auseinanderweichen der Tochterchromosomen. Der Prozeß ist für Lacerta muralis auf den Fig. 33, ■"> ! und 25, für Bombinator pachypits auf Fig. 15 und 16 dar- gestellt. Die < 'hromosomenschleifen wenden sich jetzt mit ihren Winkeln den Polen zu (Fig. 15 ks), und in dieser Lage entfernen sich die beiden Tochtersterne voneinander (Fig. 34). Ich erhielt manchmal den Ein- druck, daß die I hromosomen zu dieser Zeit wieder länger würden Fig. 15 ks), um bei der Annäherung an den Centralkörper (Fig. 16) sich von neuem zu verkürzen. Durch die Annahme eines passiven Ausein- anderziehens der Chromosomen seitens der Spindelfasern ließe sich diese nochmalige Ausdehnung der Chromosomen eventuell erklären. Es geling! manchmal, auch in den Tochtersternen, ein kleines ovales Kernsegmenl aufzufinden, welches auf Fig. 16 (ks1) etwa in der Mitte der chromatischen Sternfigur, neben dem Centralkörper liegt. Zwischen den auseinanderweichenden Chromosomen bilden sich die sog. Verbindungsfaden (Fig. 16, 34 Vf), die bei Bombinator in der äquatorialen Ebene Verdickungen zeigen (Fig. 16). An einigen Zellen bemerke ich schon auf diesem Stadium eine schwache einseitige Einbuchtung der Knorpelgrundsubstanz in die Zelle (Fig. J ursprünglich nicht einer, sondern mehrere kleine Kerne, so namentlich bei C-urnUnnus chijans, ursprünglich auch bei NepheHswad vielleicht auch bei den Schnecken. Eine genaue Feststellung der ersten Momente dieses Vorganges ließ sich bis jetzt durch Beobachtung nicht gewinnen. Man kann sich die Sache so vorstellen, daß die Elemente der Kernplatte sich nicht zu einem gemeinsamen Körper, sondern zu mehreren vereinigen, von welchen dann jeder für sich zu einem bläschen- förmigen Kern sich differenziert. Bei Nephelis haben diese Kernchen nur sehr kurze Zeit eine gesonderte Existenz, indem sie sehr bald ver- schmelzen; bei Cucullanus hingegen vereinigen sie sich erst relativ spät und nachdem sie bedeutend herangewachsen sind, zu einem Kern« (76, S. 197). In neuerer Zeit beschreibt auch Wilson (00, S. 71), daß in den Fnrchungseiern von Toxop neustes jedes Chromosom bei der Kern- rekonstruktion ein hohles Bläschen bildet, und daß diese Bläschen sich später sämtlich zu einem Tochterkern vereinigen. Die oben von mir beschriebenen kurzen Kernsegmente sind im Prozesse der Kernrekonstruktion, wo die Chromosomen sehr nah an- einander liegen, nur selten sichtbar. Daß aber diese Gebilde den Tochter- kernen nicht fehlen, daß also in jeden Tochterkern ein kurzes Segment übergegangen ist, beweisen am besten Polansichten der Tochterkerne i Fig. 18 TN). Hier liegt das ovale Körperchen (ks1), ebenso wie in der Anaphase, etwa in der Mitte zwischen den übrigen Kernsegmenten. Im Knäuelstadium des Tochterkernes bemerke ich dasselbe Körperchen wieder in der Mitte zwischen den drei Kernabschnitten (Fig. 20 n). Hier Bcheinl es in seinem Fm fange etwas vergrößert zu sein. Das Studium der weiteren stauen der Kernrekonstruktion (Fig. 21, 22, 23) über- zeugte mich, daß dies Körperchen, dessen Entstehen aus dem Nucleolus und der achromatischen Kernsubstanz ich schon früher für höchst- wahrscheinlich erklärt habe, sich wieder in den Nucleolus (n) um- wandelt. Seine Längliche Gestalt (Fig. 21 ri) wird kugelig (Fig. 22 n), und in seinem Innern bildet sich eine Vacuole (Fig. 23 n). In dem bereits fertigen Tochterkern von Lacerta mwalis finde ich gewöhnlich auch ein deutliche- Kern körperchen (Fig. 42 n). An dieser Melle möchte ich noch einer Erscheinung im Verlaufe der Kernivkoiistruktion grdrnken, die auch von H. Rabl (95) aus- führlich beschrieben wurde. Es ist dies die Bildung der sog. Neben - kerne. In den Epithelzellen der Sala)ii>ni>Abspaltungsprodukt oder Zwischenprodukt des Stoffwechsels, welches während der vege- tativen Tätigkeit de] Zelle und des Kernes in oder- an den chromatischen Balken und Fäden zur Abscheidung gelangt und noch während der Kernruhe oder zu Beginn der Mitose als eine Art Secret aus dem Kern- raum entfern! wird«. Zu einer mit Haecker übereinstimmenden Auffassung gelangt in eueren Zeit auch Rohde (03, S. 620), nach dessen Meinung »der Hauptnucleolus der uninucleolären Zellen offenbar ein dem Zellkörper und Zellkern gleichwertiges Organ der Zelle von wahrscheinlich vor- borischer Funktion« darstellt. Auch Montgomery (99, s. 536) vermutet, daß der Nucleolus »in intimate connection with the phenomena of nutrition of the nucleus« steht. Anderseits bezweifelt Wilson (00, S. 128, 130) die Richtigkeit der Kernsecrettheorie, indem er mehr zu Deutung der Nücleolen als einer Reserveansammlung gewisser Stoffe geneigt ist. Ebenso zeigt Eisen, daß sowohl >Lininoplaste << oder echte Nücleolen als auch >> Chromoplaste « (ChromatinnucleoH) Vorratsstoffe »storage reservoir«, darstellen, die erst eren für Linin-, die zweiten für Chromatinkörnchen (99, S. L34). Meine eignen I nt ersuchungen über die Kernkörperchen beziehen sich, wie schon brüher gesagt', fast ausschließlich auf die Knorpelzellen von Bombinator-Laiven. Die Kerne dieser Zellen sind, nach Rohdes Nomenklatur uninucleolär und enthalten keine Xebennucleolen, so daß meine folgenden Auseinandersetzungen nur die sog. Hauptnucleolen betreffen. Zuerst möchte ich bemerken, daß ich an diesen Kernkörperchen keine Bilder beobachtet habe, die im Sinne einer Secretionstätigkeit aufgefaßt werden konnten. In ganz jungen, eben ausgebildeten Tochter - kernen (Fig. 21, 22 n) sind die Nücleolen beinah so groß wie in den ruhenden und Bich zur Teilung anschickenden Kernen (Fig. 1— s //). Handelt.' es -ich hier um ein Lbspaltungsprodukt, so sollten die Kern- körperchen zuersl ganz winzige Gebilde auftreten und in der Zeit zwischen zwei Kernteilungen allmählich in ihrer Größe zunehmen. Anderseits linde ich auch nie die von Rohde beschriebenen Bilder des Austretens eine-, Nucleolus aus dem ruhenden Kern. Ich begegnete 230 . M. Nowikoff, allerdings einigen Fällen, wo der Nncleolus außerhalb des Kernes lag; man kann sich aber in solchen Fällen ohne Schwierigkeit überzeugen, daß der Kern beim Schneiden beschädigt und der Nucleolus, ebenso wie einige Chromatinkörnchen durch das Mikrotommesser aus dem Kern gewaltsam entfernt worden sind. Wie wir aus der von mir gegebenen Beschreibung des Baues von ruhenden und sich mitotisch teilenden Kernen ersehen konnten, stehen die Nucleolen überall in naher Beziehung zu der achromatischen Kern- substanz. Die Färbungsversuche mit Jodgrün-Säurefuchsin, die soAvohl von früheren Autoren als auch mit Tri tonen- und Froschzellkernen von mir selbst gemacht wurden, bestätigen diese Auffassung. Im Gegensatz zu den grün gefärbten Chromatinkörnchen erscheinen dabei die Nucleolen und das achromatische Netz rötlich gefärbt. Diese Doppelfärbung konnte ich allerdings beim Studium der caryokinetischen Figuren der Bombinator-LdLive nicht anwenden, weil mir ausschließlich mit Her- MANNscher Flüssigkeit konserviertes Material zur Verfügung stand1. Die Beobachtungen Rohdes (03) und andrer Forscher zeigen jedoch, daß die chemische Zusammensetzung und damit auch die Affinität zu sauren und basischen Farbmitteln in den Bestandteilen des Kernes veränderlich sind, so daß die Färbungsreaktionen für die Beurteilung der Natur dieser Bestandteile nicht ausschlaggebend sind. Ebenso lehren die Beobachtungen von R. Hertwig (98,99) an Actinosphaerium, »daß zwischen Plastin- und Chromati nnucleoli gar keine scharfe Grenze existiert. Je mehr erstere Chromatin aufstapeln, um so mehr nehmen sie die Charaktere der letzteren an, und umgekehrt, je mehr letztere Chromatin abgeben, um so mehr werden sie ersteren ähnlich (99, S. 714). Deswegen halte ich mich für berechtigt, einige Vermutungen über die Bedeutung des Hauptnucleolus, der nach R. Hertwig als Plastin- nucleolus bezeichnet werden soll, auf Grund meiner Safranin- und Hämatoxylinpräparate auszusprechen. Dieser Nucleolus stellt ein sich selbständig durch Teilung vermehrendes Kernelement dar. Seine nahe Beziehung zu der achromatischen Kernsubstanz äußert sich darin, daß er im ruhenden Kern einen Punkt (oder zwei Punkte) bildet, um welchen diese Substanz in Form von radiären, sich verästelten Ausläufern an- geordnet wird. Bei Beginn der Kernteilung vereinigt er sich mit 1 Meine Versuche, die in HERMANNscher Flüssigkeit konservierten und mit Safranin gefärbten Schnitte noch mit Gentianaviolett nachzufärben, haben auch keine ausgesprochen differente Bilder der Kernbestandteile geliefert. Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 231 derselben Substanz1 zur Bildung eines Balkenwerkes im Innern des Knäuels, aus welchem später zwei kurze Kernsegmente sich bilden. Bei der Kernrekonstruktion wird vermutlich achromatische Substanz in Form eines Netzes vom Nucleolus (oder richtiger vom kurzen Kernsegment) von neuem entwickelt. Die aus dem Zerfall der Chromo- somen hervorgehenden Chromatinkörnchen zerteilen sich dann in diesem Netz. Einer solchen Auffassung des Nucleolus als eines Centralpunktes der achromatischen Kernsubstanz widerspricht, meiner Ansicht nach, in keiner Weise auch die Tatsache, daß die Zellkerne einiger andrer Tierformen mehrere llauptnucleoli enthalten. In solchen Fällen besteht die achromatische Kernsubstanz aus einigen Regionen, deren jede um einen besonderen Mittelpunkt (Xucleolus) orientiert ist. Was die exzentrische Lage des Kernkörperchens angeht, so kann diese vielleicht mit der Polarität der Zelle in Zusammenhang gebracht werden. .Mein Untersuchungsmaterial war jedenfalls zu gering, um eine solche Tatsache fest zu begründen, ich habe aber oft ruhende Kerne beobachtet (Fig. 23 untere Zelle), in welchen der Nucleolus dem Centralkörper sehr nahe in der »organischen Achse der Zelle<< Heiden- hai.vs id. h. in der Linie, die durch die Mitte des Microcentrums und des Kernes hindurchgeht) lag. Diese Erscheinung ist natürlich nicht immer zu beobachten, weil man selten eine entsprechende Lage des Kernes trifft : ich habe a\^t wenigstens keine dieser Deutung vollständig wider- sprechenden Bilder gefunden. Die Stadien mit geteilten Nucleolen und Centralkörpei (Fig. 10, 73) zeigen auch eine mehr oder weniger regel- mäßig zusammenhängende Anordnung dieser Gebilde. In bezug auf die chromatische Kernsubstanz möchte ich bemerken, daß meine obigen Auseinandersetzungen mit der BovERischen (04) Theorie der Chromosomenindividualität nicht im Einklang sind, da- gegen mit >\<>w Ansichten von 0. Hertwig und Wilson in Überein- stimmung gebracht werden können, nach denen die Chromosomen keine selbständigen Individuen, sondern nur Gruppen von unzähligen kleinen Chromatinkörnchen sind, welchen Letzteren allein der Wert der Individuen zukommt (0. Hertwig, 06, S. 208). Die regelmäßige Ver- fceilung der Chromatinkörnchen in die Kernsegmente, ebenso wie die konstante Zahl dei letzteren, könnten, meiner Ansicht nach, durch 1 Oder wenigstens mit einem Teile dieser Substanz, insofern sie auch in dem Aufbau der Chromosomen als Kittmasse für die Chromatinkörnchen ver- wendet wird. 232 M. Nowikoff, eine bestimmte Anordnung der achromatischen Kernsubstanz um die Nucleolen erklärt werden. V. Direkte Kernteilung. In seinen theoretischen und experimentellen Beiträgen zur Kenntnis der Amitose unterscheidet Wa siele wski (03, 04) zwei verschiedene Modi dieser Kernteilung. Der erste Modus, welchen er Diaspase oder Distraktion nennt, »beginnt nach Teilung des Nucleolus mit einer An- häufung der Kernsubstanz in zwei einander gegenüberliegenden Seiten des Kernes, gleichzeitig entfernen sich diese Partien voneinander, so daß der Kern zu einem allgemein als hanteiförmig bezeichneten Gebilde sich umwandelt. Indem die Verbindungs brücke immer schmäler wird, reißt sie endlich durch, und die Tochterkerne sind isoliert«. Der zweite Modus (Diatmese oder Dissektion) besteht darin, daß der zuerst etwas gestreckte Kern sich ungefähr senkrecht zu seiner Längsachse schnürt (03, S. 400, 1). Diese beiden Bilder der direkten Kernteilung beobachtete ich auch im Knorpel. Die Bilder des ersten Modus dominieren gewöhn- lich an der Oberfläche des Knorpels und im Perichondrium (Fig. 45, 53—58), die des zweiten Modus im Innern des Knorpels (Fig. 48 — 50, 61 N). Man findet aber außerdem so zahlreiche Übergangsstufen zwi- schen beiden Formen, daß ich es kaum für berechtigt halte, sie als zwei verschiedenartige Prozesse zu unterscheiden. Die Bilder der direkten Kernteilung sind in allen von mir unter- suchten älteren Knorpeln zu finden. Beim Studium solcher Bilder muß man natürlich nicht außer acht lassen, wie auch Flemming (82, S. 150, 1) bemerkt hat, daß nicht jeder eingeschnürte Kern als Teilungsstadium aufgefaßt werden darf. Im Perichondrium, wo die Grenzen der Zellen bei gewöhnlichen Färbungsmethoden nicht unterscheidbar sind, kann das Vorhandensein allmählicher Übergänge von einem in die Länge ausgezogenen (Fig. 58) oder biskuitförmigen (Fig. 57) zu einem fast ganz geteilten (Fig. 54, 55) Kern und endlich zu zwei nebeneinander liegenden Kernen (Fig. 51) zur Überzeugung führen, daß es sich hier um wirkliche Amitosen, und nicht bloß um polymorphe Kerne handelt. Charakteristisch ist in manchen Fällen die längsfaserige Struktur des Zwischenstückes (Fig. 56, 57), welche dem betreffenden Kern eine auffallende (jedoch nur schein- bare) Ähnlichkeit mit einem gewissen Stadium des mitotisch sich teilenden Micronucleus von Paramaecium verleiht. Auf dem Stadium, wo die Verbindungsbrücke zwischen beiden angeschwollenen Kernenden ganz schmal geworden ist, erscheint die gewöhnlich gleichmäßig dicke Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 233 Kernmembran sehr fein (Kg. 55), was jedenfalls als Zeichen eines nahe bevorstehenden Kernzerfalles betrachtet werden kann. Die Kernkörperchen, «leren Teilung nach dem alten REMAKschen !*•">) Schema der Kernteilung vorangeht, sind in den meisten von mir gesehenen bisk unförmigen (uninucleolären) Kernen in Zweizahl vorhanden, je ein Kernkörperchen in jedem Kernende (Fig. 56, 57). Irh kann jedoch der Angabe von Wasielewski (03, S. 399), daß das erste Kennzeichen eines sich zur amitotischen Teilung anschickenden Keines in einer Verdoppelung des Nucleolus besteht, nicht beistimmen, da ich in vielen Füllen ausgesprochen hanteiförmige Kerne mit einem einzigen Nucleolus (Fig. 58), in andern die Verdoppelung des Nucleolus in ziemlich fortgeschrittenen Stadien der direkten Kernteilung (Fig. 53, 5 I n) beobachte. Beim Studium der Aniitosen im Innern des Knorpels kann man auch die verschiedensten Formen, nur wenig ausgebuchtete (Fig. 46, 47 N) bis zu vollständig durchgeschnürten Kernen auffinden (Fig. 48 bis 51 -V). Eine weitere, ganz sichere Garantie dafür, daß wir es hier mit echten Amitosen zu tun haben, bietet das Auftreten der Zellenscheide- wand auf dem Stadium, wo der Kern noch nicht gänzlich geteilt ist. Diese Scheidewand wird, entsprechend der mehr oder weniger deutlich ausgesprochenen U -förmigen Gestalt des Teilungskernes, immer einseitig angelegt. Man sieht das natürlich am deutlichsten auf Profilbildern durch die sich teilenden Zellen (Fig. 46 Sohiv); jedoch auch in den Zellen, welche in einer Kielern Lage sich befinden (Fig. 50 Sohw), kann man die Anlage der Scheidewand über dem noch nicht ganz durchgeschnürten Kern A) beobachtend Die erste Anlage dieser Wand, oder richtiger der Grenze zwischen den Tochterzellen, ist gewöhnlich rein proto- plasmatisch (Fig. 16, 50 Schw); erst nachträglich beginnt in ihr, wie ich später genauer achildern werde, die Ausscheidung der Knorpel- grundsubstanz (Fig. 17. 18 Kschw). Bei solchen Amitosen verlauten manchmal die beiden Prozesse, Kern- und Zellteilung, parallel miteinander (Fig. 46— 49), in andern Fällen tritt die erste Anlage der Scheidewand erst auf, wenn der Kern schon beinahe durchgeschnürt ist. Fig. 62 zeigt ein solches Beispiel, wo die beiden späteren fast vollständig voneinander getrennten Tochter- ken] sogar schon zu einer neuen A mit ose anzuschicken scheinen. In noch weiteren Fällen unterbleibt die Bildung der Scheidewand überhaupt, und auf diese Weise entstehen die im Knorpel so oft be- schriebenen zwei- und mehrkernigen /eilen (Fig. 27, 51). Ich habe in Knorpelanlagen, wo die Zellteilung ausschließlich durch Caryokinese 234 M. Nowikoff, vor sich geht, solche Zellen niemals beobachtet, anderseits habe ich keinen einzigen Fall gefunden, wo die mitotische Kernteilung sich ohne Scheidewandbildung vollzieht, so daß ich den Schluß für berechtigt halte, daß mehrkernige Zellen des Knorpels nur auf dem Wege der direkten Kernteilung zustande kommen. VI. Beziehungen zwischen der direkten und indirekten Kernteilung im Knorpel. Nachdem das Vorkommen der Caryokinese in den meisten tierischen Geweben festgestellt wurde (etwa im Anfang der achtziger Jahre), hat man angefangen, die funktionelle Bedeutung der direkten, früher für einzig möglich gehaltenen Kernteilung mehr und mehr in Abrede zu stellen. Ziegler behauptete im Jahre 1891, »daß die amitotische Kernteilung stets das Ende der Reihe der Teilungen andeutet« (S. 374), und vom Rath äußerte sich noch energischer, indem er schreibt : »Wenn einmal eine Zelle direkte Kernteilung erfahren hat, so ist damit ihr Todesurteil gesprochen, sie kann sich zwar noch einige Male direkt teilen, geht dann aber bald unfehlbar zugrunde. Es ist nicht wohl denk- bar, daß Zellkerne, die sich einmal amitotisch geteilt haben, sich nachher wieder mitotisch teilen sollen« (91, S. 331). Einer ähnlichen Ansicht begegnen wir in der jüngsten Zeit auch bei Boveri, nach welchem eine direkte Kernteilung nur bei Zellen vorkommt, die »sich nur noch zu solchen ihresgleichen vermehren und nur transitorische Bedeutung haben« (04, S. 101). Zu einer ganz andern Vorstellung über die Bedeutung der Amitose ist man auf Grund von Experimenten über künstliche Hervorrufung dieses Teilungsmodus, sowie einiger andrer Beobachtungen der neueren Zeit gekommen. Zuerst hat Gerassimow (92, S. 112, 3) gefunden, daß der Einfluß der Kälte auf Spirog yr a-K.eme die mitotischen Teilungen der letzteren hemmt, und daß dabei die Kerne zuweilen direkt durch eine einfache Durchschnürung sich zu vermehren beginnen. Die Versuche von Nathanson (00) an Spirogyra und von Wa- sielewski (03, 04) an einigen höheren Pflanzen haben gezeigt, daß in den Zellen, deren Vermehrung vorher auf indirektem Wege geschah, unter der Einwirkung verschiedener Narpotica, Äther, Chloral, Chloro- form u. a., ebenfalls Amitosen auftreten. Nach einem späteren Rück- versetzen der Objekte in normale Bedingungen sollen in denselben Zellen wieder mitotische Teilungsfiguren gebildet werden. Des- wegen meint Wa siele wski, daß die Amitose keine Senilitäts- und Beobachtungen über die Vermehrung der Kncrpelzellen usw. 235 Degenerati<>nserscheinung soi, da »Degeneration audi nach mitotischer Teilung eintreten kann und nach amitotischer keineswegs einzutreten brauch.1 •• (04, S. 586). Auch N km i'.c. obgleich er die Möglichkeit, amitotische Kernteilungen durch Chloraliaierung hervorzurufen, bezweifelt, nimmt doch an, daß solche Teilungen sowohl durch Ätherisation als auch durch Verwundung zuweilen erziell werden können (04, S. 708). Auf dem zoologischen Gebiete liegen die Beobachtungen Haeckers (00) vor. der durch 2 — 3stündige Einwirkung einer 5%iger Ätherlösung auf CtyoZops-Eier an den Kernen derselben amitosenähnliche Bilder er- zeugen konnte. »Nach Aufhebung der Ätherwirkung kehren die Kern- teilungen zum normalen mitotischen Typus zurück« (S. 19). Über sehr interessante Beobachtungen von W. Magnus (00) und K. Shikata (Ol*) berichtet Strasburger in seiner Zusammenstellung über die Ontogenie der Zelle (06). Bei der sog. endotrophischen My- corrhiza, wo die Pilzmycelien im Innern von Wurzelzellen leben, erhalten die Letzteren dadurch eine außerordentlich reichliche Nahrung. Dabei teilt sich der Kern der vom Pilz befallenen Zellen wiederholt auf direktem Wege. »Die so entstandenen Kerne verteilen sich gleich- mäßig im Mycelknäuel, erhalten amöboide Gestalt und nehmen mit fortschreitender Pilzverdauung, worauf die starke Farbstoffspeicherimg hindeutet, an Chromatingehalt zu. Nach beendigter Pilzverdauung verlieren sie ihre Tinktionsfäbigkeit und werden wieder rundlich. Die amitotische Teilung darf dabei nicht als rückschrittliche Erscheinung gedeutet werden, sie stellt vielmehr ein schneller zum Ziele führendes Mittel dar. die Zahl der Kerne zu vermehren. Daher die caryokinetische Kernvermehrung unter denselben Umständen auch nicht ausgeschlossen - I e \ 3BURGER 06, S. 81). In einem ähnlichen Sinne äußert sich auch Klemensiewicz (03, >2), indem er sagt, daß »der Unterschied zwischen beiden Teilungs- formen hauptsächlich ein gestaltlicher sei und in der Schnelligkeit des Verlaufes seinen Grund zu haben scheine«. Dieser Reihe der durch verschiedene Reize (thermische, chemische, traumatisch,. Qutritorische) hervorgerufenen Amitosen möchte ich auch die direkte Kernteilung im Knorpel anschließen, wo meiner Ansicht !i die erste Veranlassung zur Amitose von einer mechanischen Aus- dehnung der Zelle gegeben wird. Ich habe schon früher kurz erwähnt, daß in verschiedenen embryo- nalen Stadien v.»n Lacerta muralis die Verhältnisse zwischen Mitosen und Amitosen verschieden sind. Im Kopfknorpel eines etwa lV2cm 236 M. Nowikoff, langen (vom Mund bis zum Schwanzende) Embryo finde ich sehr viele mitotische Teilungsfiguren. Die Amitosen fehlen hier fast vollständig. Nur in seltenen Fällen trifft man hanteiförmige Kerne an der Ober- fläche der Knorpelanlage. Bei Tieren, deren Länge etwa 2 cm beträgt. sind die caryokinetischen Figuren ebenfalls häufig. Daneben findet man aber auch einige Amitosen, vorwiegend am Rande, höchst selten in der Mitte des Knorpels. Auf dem dritten, von mir untersuchten Stadium (Embryo von 3l/2 cm Länge) sind caryokinetische Bilder im Kopfknorpel sehr selten, amitotische Figuren dagegen überall verbreitet. Handelte es sich hier um Amitosen, als eine Senilitätserscheinung, so sollten wohl die mittleren Knorpelzellen, welche sich früher specifi- zierten, zuerst zu diesem Teilungsmodus übergehen, und nicht die dem Knorpel neu hinzutretenden oberflächlichen Zellen. Dasselbe sollte ebenfalls gültig sein, wenn die Hypothese von Ziegler (91, S. 37<>) auch für unsern Fall anwendbar wäre, die Hypothese nämlich, daß bei den Metazoen »die amito- tische Kernteilung bei solchen Kernen vorkommt , welche einem ungewöhnlich inten- siven Secretions- oder Assi- -hnz. . milationsprozeß vorstehen <<. Die Vergrößerung der Knorpelmasse erfolgt, wie es von mehreren Forschern (Sie- veking 92, Studnicka 9s, Schaffer Ol u. a.) nachge- wiesen wurde und wie ich Textfig 3. selbst beobachten konnte, so- Querschnitt durch den Zungenknorpel von Laeerta wu- Wohl durch intllSSUSCeptio- ralis (Embryo). Vergr. 450. Bgwz, Bindegewebszellen; nelleg (Zellteilung) als auch Knz, Knorpelzellen. ° durch appositionelles (An- lagerung der Bindegewebszellen) Wachstum. Auf dem jüngsten Sta- dium der Knorpelbildung (Textfig. 3), wo die Ausscheidung der Grund- substanz kaum begonnen hat, wandeln sich die um die Knorpelanlage angehäuften Bindegewebszellen (Bgwz) allmählich in Knorpelzellen (Knz) um, ohne ein deutliches Perichondrium zu bilden. Auf diesem Stadium bemerkt man weder amitotisch sich teilende Kerne, noch deformierte Zellen. Im Knorpel dagegen, wo die Grundsubstanz schon gebildet ist, und wo die oberflächlichen Bindegewebszellen zu einer besonderen perichondralen Schicht (Textfig. 4 Prch) vereinigt sind, treten, zuerst Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 237 in dieser oberflächlichen Lage und später immer weiter in der Mitte des Knorpels, direkte Kernteilungen hervor. Die Kerne des Perichondriums Bind dabei meist stark in die Länge ausgezogen, wie es die Flächenbilder (Kg. 53- 60) zeigen, und außerdem sehr stark abgeplattet, was man auf Querschnitten durch den Knorpel (Textfig. 4 Prch) beobachtet. Diese Bilder werden sofort verständlich, wenn wir bedenken, daß die Knorpelmasse im Innern des Knorpels sich sowohl durch Zellteilung als auch durch Ausscheidung der Grundsubstanz vergrößert, d.h. viel rascher wächst als die des Perichondriums, wo noch keine Grund- substanz gebildel wird. Deswegen wird das Peri- chondrium zusammenge- drückt, bzw. auch tan- gential gespannt, und zwar so stark, daß viele seiner Kerne unter Ver- schmelzung ihrer Chro- inkörnchen zugrunde liehen und von der um- enden Protoplasma- masse resorbiert werden, wie es auf Fig. 60 in ver- dienen Stadien (iV1 .V») dargestellt ist. Ein solch.- Verschwinden einzelner Kerne veranlaßt wohl die Nachbar- kerne Bich noch weiter zu verlängern, was schließlich zum Zerreißen d< c Kerne, also zu ihrer Teilung auf amitotischem Wege führt (Fig. 55). .Manchmal beginnt dabei der Nucleolus erst auf dem Stadium sich zu teilen, wo der Kern schon hanteiförmig geworden ist (Fig. 53, 54 n). Die Kerne, welche sich auf dem Knäuelstadium befinden, sind hier auch abgeplattet und gelappt (Kg. 59), so daß man nicht selten Bilder trifft, die als Qbergangsstufen zwischen direkter und indirekter Kern- teilung gedeutet werden können, in Wirklichkeit aber nur unter dem Einfluß der Dehnung deformierte, caryo kinetisch sich teilende Kerne darstellen. Solch abgeplattete, vorwiegend amitotisch sich vermehrende Kerne triltt man auch in den oberflächlichen, unter dem Perichondrium liegenden Knorpelzellen. Ihre Amitosen sind offenbar auch durch eine mechanische Dehnung veranlaßt. Das Vorkommen direkter Teilungs- figuren in den tieferen Lagen des älteren Knorpels kann ent- weder gleichfalls auf ungleiche Wachstumsintensitäten verschiedener Textfig. 4. Schnitt durch den Rand des Omosternums von einer jungen Eana csculenta. Vergr. 1000. Bgwz, Bindegewebszellen; Qrs, Knorpelgrundsubstanz; Km, Knorpelzelle; N, Zell- kern; Prch, Perichondrium. 238 M. Nowikoff, Knorpelpartien zurückgeführt werden, oder eventuell auf die Unfähigkeit der sozusagen gewaltsam auseinander gerissenen Tochterkerne sich von neuem caryokinetisch zu teilen. Wäre das letztere zutreffend, so bleibt doch für diejenigen Kerne, welche von vornherein in der Mitte des Knorpels sich befanden (Textfig. 3 Knz), wie für solche, die im Peri- chondrium imstande waren, den Prozeß der Mitose durchzumachen (Fig. 60 Kn), die Möglichkeit vorhanden, sich auch im älteren Knorpel caryokinetisch zu vermehren. Eine andre Auffassung der Bedeutung der abgeplatteten oberfläch- lichen Knorpelzellen sowie der degenerierenden Kerne hat Hammar in seiner Untersuchung über den Gelenkknorpel (94) vorgetragen. Er vermutet nämlich, daß an den Gelenkflächen »eine Abnutzung der Grundsubstanz des Knorpels und eine Zerstörung ihrer cellulären Ele- mente« stattfinde, wogegen die Regeneration ausschließlich im Innern des Knorpels vor sich gehe (S. 862, 3). Indem er weiter die von ihm in der oberflächlichen Knorpelregion gefundenen gelappten Zellkerne mit den Figuren der direkten Kernteilung, wie solche von Flemming in den Leucocyten beschrieben wurden, vergleicht, wirft er folgende Frage auf: »Können nicht diese anscheinend konstanten Kernformen in der Flächenschicht des Knorpels darauf hindeuten, daß die Knorpel- zellen einen letzten Teilungsprozeß durchmachen, und zwar durch Fragmentierung, ehe sie in der Gelenkfläche zunächst nach und nach untergehen?« (S. 867). Eine solche Erklärung, die vielleicht für die Oberfläche eines Ge- lenkknorpels, der beständigem Druck unterworfen ist, ganz plausibel erscheinen kann, ist, meiner Ansicht nach, auf den embryonalen, erst vor kurzem angelegten Knorpel kaum anwendbar. Hier findet sich kein äußerer Druck auf die Knorpeloberfläche; auch ist in einem so jungen Gewebe die Möglichkeit eines Abnutzungsprozesses kaum denkbar. Außerdem müßten bei der Anwendbarkeit der HAMMARschen Ansicht auf unsre Objekte folgende Bedingungen gelten: 1) eine aus- schließlich caryokinetische Kernteilung im Innern des Knorpels, 2) eine ausschließlich amitotische an der Oberfläche und 3) erschiene ein appositionelles Wachstum des Knorpels in diesem Fall ausgeschlossen. Wie wir jedoch schon oben fanden, sind alle diese Bedingungen bei der Entwicklung des von mir untersuchten Knorpels nicht erfüllt. Das gleichzeitig innerliche wie appositionelle Wachstum des Knorpels, das gleichzeitige und gleichörtliche Vorkommen von caryokinetischen und amitotischen Kernteiluneisfiguren lassen Hammars Ansicht für unsre Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 239 Objekte ganz unannehmbar erscheinen, stehen dagegen mit der von mir oben entwickelten Anschauung in guter Übereinstimmung. Bildung der Kapselscheidewand. Die Einlagerung der Knorpelgrundsubstanz zwischen die Tochter- zellen erfolgl en1 weder erst zur Zeit, wo die beiden Zellenleiber sich schon voneinander vollständig abgesondert haben (Fig. 20 und 23 Bombinator- Larve), oder auf dem Stadium, wo die protoplasmatische Grenze (Schiv) zwischen den Tochterzellen noch nicht ganz ausgebildet ist, wie es bei den amitotischen Teilungen (Fig. 46, 48, 49, 62) gewöhnlich vorkommt. In den mitotisch sich teilenden Knorpelzellen von Lacerta muralis, wo die Bildung der Scheidewand mit dem Zusammenziehen des früher be- Bchriebenen Kernraumes in Verbindung steht, bemerkte ich auch oft (Fig. $9), daß schon auf die erste ringförmige Anlage der Scheidewand eine Einbuchtung der Grundsubstanz (Kschw) in diese Scheidewand folgt. Hinsichtlich der oft diskutierten Frage, ob die Kapselscheidewand in die Zelle einseitig einwächst, oder ob sie sich von Anfang an als eine ringförmige Platte bildet, halte ich sowohl das eine als auch das andre für möglich. Den ersteren, viel häufigeren Fall finde ich gewöhnlich bei allen sich direkt teilenden Zellen (Fig. 48, 52, 62 Kschw) und ebenso bei den mitotisch sich vermehrenden Zellen der Bombinator-haive (Mg. 23 Kschw). Zur sicheren Feststellung dieser Verhältnisse sind selbstverständlich genaue Profilbilder der Zellen erforderlich. Die Existenz <\r> zweiten Modus scheint mir bei den caryokinetischen Tei- lungen von Loa rta mwralis (Fig. 39 Kschw) sehr' wahrscheinlich zu sein. In vielen von mir beobachteten Knorpelzellen dieser Eidechse finde ich aul dem Stadium der Tochterkernrekonstruktion eine mehr oder weniger tiefe ringförmige äquatoriale Einschnürung (Fig. 39. VI), welche nach der vollzogenen Kernrekonstruktion weiter centralwärts fortschreitet (Fig. 26 Kschw). Eine junge, einseitig in die Mutterzelle vordringende Grundsub- stanzlage isl gleichmäßig dünn (Fig. 18, 52 Kschw) oder sieht auf Durchschnitten etwas keilförmig aus (Fig. 23 Kschw). Ihr freier Rand i>t gewöhnlich schart, ihre Basis verbreitert, so daß sie ganz allmählich in die übrige Knorpelgrundsubstanz übergeht. Bilder, welche die Grundsubstanz in Form eines breiten Dreiecks in die Zelle vorragend zeigen (Fig. 19), beruhen zum Teil wohl darauf, daß die Scheidewand nicht genau läng>. sondern schief zu ihrer Fläche geschnitten wurde. Anderseits finde ich aber auch ganz sichere Beispiele dafür, daß die 240 M. Nowikoff, Knorpelzelle durch das Einwachsen einer recht dicken Grundsubstanz- lage geteilt wird (Fig. 45). Eine interessante Beziehung konnte ich in manchen Zellen zwischen der einseitigen Kapselscheidewand und der Lage des Zellkernes feststellen. Die Kerne der Tochterzellen liegen hier beiderseits ganz nahe an der Scheidewand (Fig. 23, 52 N). Dies macht gewissermaßen den Ein- druck, als ob solche Scheidewände unter dem direkten Einfluß der Zellkerne angelegt würden und sich nur so weit in die Zelle erstreckten, als dieser Einfluß reicht. Haberlandt hat ähnliche Bilder in pflanz- lichen Geweben beobachtet, und ist dabei zum Schlüsse gekommen, daß der Kern »meist in größerer oder geringerer Nähe derjenigen Stelle sich befindet, an welcher das Wachstum am lebhaftesten vor sich geht, oder am längsten andauert. Dies gilt sowohl für das Wachstum der ganzen Zelle als solcher, wie auch speziell für das Dicken- und Flächen- wachstum der Zellhaut« (87, S. 98, 9). Durch die Annahme einer näheren Beteiligung des Kernes an der Bildung der knorpeligen Scheide- wand erklärte sich erstens die Tatsache, daß diese Scheidewand nicht durch die ganze Zellenbreite auf einmal angelegt wird und zweitens die charakteristische U -förmige Gestalt der amitotisch sich teilenden Kerne. Die beiden noch durch eine Zwischenbrücke miteinander verbundenen Endanschwellungen eines solchen Kernes (Fig. 48, 49, 61 N) strecken sich nämlich möglichst nah zur Anlagestelle der Scheidewand, welche auf diese Weise zwischen den beiden Schenkeln des U -förmigen Kernes zur Ausbildung kommt Es ist mir nicht gelungen, den eigentlichen Prozeß der Kapsel- wandbildung direkt zu verfolgen. Ich glaube aber, daß die von mir oben beschriebenen, im Protoplasma der Knorpelzellen zerstreuten Kügelchen dabei irgend eine Rolle spielen. Sie sind auf den Schnitten durch jüngere, intensiv wachsende Knorpel besonders zahlreich. Spuler (95) hat schon ähnliche Körnchen beobachtet und meint, daß sie zum Aufbau der Grundsubstanz dienen. »Diese«, sagt er, »würde also in einem bestimmten Organ der Knorpelzelle gebildet, in Form kleiner Körnchen nach außen transportiert und dort abgeschieden, vermutlich verwandeln sich diese Körnchen dann unter Wasseraufnahme in die Grundsubstanz« (95, S. 8). Ähnliche Prozesse sind auch in andern tierischen Geweben beschrieben worden. So besteht der Bildimgs- prozeß der Chordascheide von Teleostiern nach Ussow darin, »daß in der plasmatischen Schicht eines undifferenzierten Epithels sich Tropfen einer Substanz entwickeln, welche, indem sie zusammenfließen, die (anfänglich) homogene Substanz der faserigen Scheide liefern« IV, bachtnngen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 241 00, S. 18). Ich habe ferner bei einer Phyllopode, Limnadia lenticularis, beobachtet, daß die Eischalensubstanz in den sog. Secretzellen des Ovarialepithels in Form kleiner Tröpfchen gebildet wird, welche ent- weder einzeln, oder nachdem mehrere Tröpfchen einer und derselben Zelle zu einer größeren Secretmasse vereinigt werden, die Zelle verlassen, um an der Oberfläche des Eies sich anzukleben und zur Schale zu ver- einigen (05, Fig. I. 7 die Schnittt' im Kanadabalsam eingeschlossen sind. Die Grundsubstanz eines ganz jungen Knorpels erscheint dann ganz homogen. Nur die Untersuchung der fixierten und stark gefärbten Schnitte in schwächer lichtbrechenden Medien, am besten im Wasser, zeigt den wabigen Bau dieser Grundsubstanz (Grs Fig. 63 Rana esouhnta, Fig. (i-i BombinaUn- Larve, Fig. 66 Lacerta mwrcMa). Die Anordnung der durchschnittlich 0,3 — \u großen Alveolen ist in der jungen Grundsubstanz ziemlich gleichmäßig; man bemerkt hier noch keine Zugdifferenzierungen, welche von Bütschli und andern Autoren beschrieben wurden und welche wohl in einem älteren Stadium des Knorpelwachstums hervortreten. Nur die innerste, mit den Knorpel- zellen in Berührung tretende Lage der Grundsubstanz ist durch radiäre Anordnung der Wabenwände (Fig. 63, (57 dlvs), wie es auch in den plasmatischen Alveolarsäumen der Fall ist, charakterisiert. Die Mei- nung Hansens (05, S. 7(.i-~>), daß dieser auch von Bütschli beschriebene Alveolarsaum mit seinem Retraktionskammerwerk, d. h. mit einem System radiärer Plasmazüge, welche sich zwischen der Zellhöhlenwand und dem durch schlechte Fixierung zusammengezogenen Protoplasma ausspannen, identisch sein soll, ist vollkommen unrichtig. Diese Re- traktionskammerwerke bestehen aus Protoplasma, der von Bütschli beschriebene Alveolarsaum gehört dagegen unzweifelhaft der Grund- substanz an. Ich habe Retraktionskammerwerke auch nicht selten beobachtet (Fig. 61 rkw), finde aber in ihnen keine Ähnlichkeit weder mit Alveolarsäumen der Knorpelgrundsubstanz noch mit solchen des Zellprotoplasmas überhaupt. Die Grenze zwischen der Grundsubstanz und der Knorpelzelle tritt immer sehr scharf, in Form einer dunkel gefärbten pelliculaartigen Linie hervor (Fig. 63, 64, 66, 67). Die auf meinen Präparaten manchmal vorkommenden ("bergangsbilder zwischen den beiden Substanzen (Fig. 69, 71 ./■) beruhen darauf, daß die Zelle beim Schneiden tangential getroffen wurde und die erwähnte Grenzlinie dadurch undeutlich wird Im Knorpel mit et was stärker entwickelter Grundsubstanz bemerkt man schon zwei (Fig. 66 Kk) bzw. auch mehrere (Fig. 68 Kk) Reihen radiär zu der Zelloberfläche gestellter Wabensäume, welche in Form von konzentrischen Kreisen deutlich hervortreten und gewöhnlich als Kapsel bezeichnel werden. Da die Knotenpunkte solcher reihenweise ange- ordneter Waben in einer Linie liegen, sind die letzteren gewöhnlich durch bedeutendere Dicke und intensivere Färbung von der übrigen Struktur ausgezeichnet. Eine zwischen zwei Tochterzellen eben ausgebildete Kapselscheide- 24G -^- Nowikoff, wand besteht zunächst nur aus einer einreihigen Lage von oft mehr oder weniger abgeplatteten Waben (Fig. 63, 66 Ksohw). Diese Lage stammt jedenfalls von beiden Zellen, welcher Umstand zugunsten der Hypothese spricht, daß die Grundsubstanz von den Knorpelzellen ausgeschieden wird (Schaffer, Ol) und nicht ein Umwandlungsprodukt der äußersten Zellenschicht darstellt (Tenderich 93, Waldeyer 00), Auf einem späteren Entwicklungsstadium erscheint die Scheidewand auf Querschnitten dreireihig (Fig. 67). Hier hat also jede Tochterzelle noch eine weitere Lage von Grundsubstanzalveolen ausgeschieden. Die mittlere, ursprünglichere Wabenlage bleibt manchmal auch in dem älte- ren Knorpel durch ihre hellere Beschaffenheit ausgezeichnet, wie es auf Fig. 68 {Zig) an einigen Stellen zu sehen ist; dadurch entsteht eine An- deutung der von mehreren Forschern (neuerdings auch von Schaffer 06, S. 217) beobachteten Zellterritorien in der Knorpelgrundsubstanz. In den meisten von mir untersuchten Fällen verwischt sich aber der Unterschied zwischen den ersten und den späteren Alveolenlagen voll- ständig (Fig. 63, 66 Grs), so daß daraus die Angaben andrer Autoren (z. B. Hansen 05), welche das Vorkommen von Zellterritorien vernei- nen, auch verständlich werden. Die Strukturbilder der Knorpelgrundsubstanz sind sowohl nach Sublimat- als auch nach HERMANNscher Fixierung einander ziemlich gleich. Ich habe auch die Grundsubstanz des lebenden Knorpels zu stu- dieren versucht. Zu diesem Zweck präparierte ich an einem chloroformier- ten Frosch möglichst rasch Stückchen des Schultergürtelknorpels ab und untersuchte sie in physiologischer Kochsalzlösung (natürlich mit stärkster Vergrößerung). Solche Knorpelstückchen, obgleich von einem ganz jungen Frosch genommen, sind doch ziemlich dick, welcher Umstand für das genauere Strukturstudium große Schwierigkeiten bietet. Es gelingt aber mitunter, an günstigen dünneren Stellen bei der Erfüllung der früher erwähnten Bedingungen der Beleuchtung auch in der Grund- substanz des lebenden Knorpels Andeutungen der Netze wahrzunehmen, welche den Bildern der fixierten Grundsubstanz entsprechen. Auf Schnitten durch einige ältere Knorpel bin ich imstande eine mehr oder weniger klar ausgesprochene Wabenstruktur der Grund- substanz auch in dem Falle zu unterscheiden, wenn die betreffenden Schnitte (möglichst dünne1 und stark gefärbte) im Kanadabalsam i Die Untersuchung der Struktur vom Knorpel bietet wesentliche Schwierig- keiten dadurch, daß aus diesem Gewebe sehr dünne Schnitte ohne Beschädigung der Grundsubstanz unmöglich zu erzielen sind. Es gelingt mir, die Tiere, deren Knorpelgrundsubstanz spärlich, nur eben ausgebildet ist, in brauchbare Schnitte Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 247 eingeschlossen sind. Fig. 68 zeigl einen solchen Schnil t durch den Wirbel- knorpel einer etwa 3cm langen Tritonenlarve. Hier sieht man um die Zellen sogenannte Kapseln (Kk), die aus mehreren konzentrischen Schichten bestehen. Zum Teil tritt in diesen Schichten eine radiäre Anordnung der Wabenquerwände recht deutlich hervor, /.um andern Teil sieh! man Querverbindungen in den Kapselschichten nur sehr schwer oder gar nicht, wodurch ein scheinbares Bild von konzentrisch um die Zellen verlaufenden Fibrillen entsteht. Andersartige, ebenfalls scheinbare Faserbilder habe ich im Zungenbeinknorpel junger Frösche beobachtet. Dieser Knorpel wird beim Schneiden oft bescheädigt (Fig. 72), indem in seiner Grundsub- stanz i Grs) mehr oder weniger breite Spalten (sp) auftreten. Daß diese Spalten nicht das Resultat der Einwirkung der Konservierungsflüssig- keit sind, sondern durch den Druck des Mikrotommessers hervorgerufen werden, folgt aus ihrer regelmäßigen, der Lage des Messers stets paral- lelen Anordnung. Bei der Betrachtung solcher Stellen mit schwacher Vergrößerung kann man leicht den Eindruck bekommen, daß es sich hier entweder um eine Art von » Saftkanälchen « oder um eine jedenfalls ziemlich grobe Faserstruktur handelt. Diese Struktur gehört zur Kategorie der von Solger, Studnicka, Hansen u. a. eingehend be- sprochenen Pseudostrukturen. Bei starken Vergrößerungen kann man jedoch auch an solchen Stellen Spuren der echten Struktur beobachten. Man sieht nämlich, daß die dunkel gefärbten Partien der Grundsubstanz ' Gf8), welche zwischen den Spalten liegen, aus Alveolen, in diesem Falle \// Dicke zu zerlegen. Al«er auch an diesen Schnitten wird die Ober- fläche etwas beschädigt, so daß man nur durch die Einstellung des Mikroskoptubus auf die mittlere Schnittflache ein richtiges Strukturbild bekommen kann. 248 M. Nowikoff, chemische Umwandlung der mittleren, also älteren Partien der Grund- substanz. Die Grundsubstanz eines sehr jungen Knorpels erscheint nach der Färbung mit Bismarckbraun und Bleu de Lyon ganz braun, nach der Färbung mit Methylenblau, Säurefuchsin, Pikrinsäure (nach Hansen) — blau. »Die gewöhnliche j unge Knorpelgrundsubstanz «, sagt auch Hansen (05, S. 673), »ist in ihrem ganzen Umfang stark basophil, mithin überall stark chondroitinschwefelsäurehaltig. << Auf meinen Schnitten durch älteren Knorpel bemerke ich nun, daß einige Wabenwände der mittleren Regionen der Grundsubstanz, nach der Behandlung mit Bismarckbraun, Bleu de Lyon, eine blaue, für das Collagen charakteristische Farbe annehmen (Fig. 71 Grs1). Zahlreiche Obergangsstufen zwischen den braunen und blauen Wabenwänden be- weisen, daß die chemische Umwandlung hier ganz allmählich vor sich geht. Nicht selten trifft man auch Bilder, wo die Grenze zweier Waben- reihen auf eine kürzere oder längere Strecke blau gefärbt wird (Fig. 71 links), auf welche Weise eine Art »Fibrillen« entsteht, die gerade oder gebogen verlaufen und deren Dicke ziemlich großen Schwankungen unterliegt. Manchmal sind diese »Fibrillen« sogar mit den stärksten Vergrößerungen kaum wahrnehmbar. An einigen Stellen werden nicht nur solche, in einer Linie gelegene, sondern auch andre Wabenwände chemisch umgewandelt, so daß dadurch verschiedenartig verästelte blaue Figuren auf braunem Grunde entstehen (Fig. 71 rechts). Auch kommen dabei Waben vor, deren sämtliche Wände blau gefärbt sind und solche, bei denen sogar die Innenräume etwas bläulich aussehen. Diese blauen, in einer Reihe angeordneten Waben können bei schwächerer Vergrößerung sehr leicht das Bild einer dickeren Faser vortäuschen. Die chemisch umgewandelten Partien der Grundsubstanz sind an einigen Stellen meiner Schnitte von bedeutenderem Umfang und bilden in ihrem Zusammenhang eine Art Trabekelwerk zwischen den Zell- gruppen (Fig. 69 Grs1). Betrachtet man solche Stellen mit einer sogar ziemlich starken Vergrößerung (Apochr. 2 mm, Oc. 4), so bekommt man den Eindruck eines faserigen Baues der Grundsubstanz. Die blau ge- färbten Lamellen des Trabekelwerkes scheinen auf ihren Querschnitten (Fig. 69 oben) aus sehr dicht angeordneten, auf Flächenschnitten (Fig. 69 unten) aus lockeren, welligen und manchmal netzartig ge- flochtenen Fibrillen zu bestehen. Diese Bilder entsprechen ganz genau der Beschreibung von Hansen, nach welchem die den Knorpelzellen angrenzenden Gebiete der Grund- substanz am meisten chondroitinschwefelsäurehaltig. mithin auch am Beobachtungen iibei die Vermehrung der Knorpelzellen usw. '2VJ homogenstei] aussehend sind. Die Fibrillenzüge, welche zwischen diesen Gebieten in verschiedenartiger Anordnung verlaufen, bestehen nach ihm aus dem iimiiaskierten Collagen. Sic fehlen dem ganz jungen Knorpel, sind da also maskiert, und werden erst in einem späteren Alter durch das Entfernen der Chondroitinschwefelsäure freigelegt. Durch einen immer weiter fortschreitenden Prozeß der Entfernung der genannten Saure aus den älteren Partien der Grundsubstanz sollen die aus Fibrillen Lest ehendcn Trabekel größer und zahlreicher werden (Hansex 05, S. 680 usw.). Wenn man jedoch eine solche Knorpelgrundsubstanz mit den stärksten Vergrößerungen (Oc. 12 oder 18) betrachtet, so tritt an Stelle der homogenen und fibrillären eine ganz deutliche Wabenstruktur hervor. Man bekommt dabei (Fig. 70) ein dem auf Fig. 71 dargestellten ganz ähnliche- Bild, nur ist hier die Zahl der blau gefärbten Wabenwände viel größer (Grs1). Auch hier kann man alle möglichen Farbenüber- gänge zwischen den braunen und blauen Wänden beobachten. Es scheint mir berechtigt zu sein, auf ähnliche Umwandlungen der chemischen Zusammensetzung der Alveolenwände (vielleicht auch des Alveolen- inhalts) die ganze .Mannigfaltigkeit der Färbungsreaktionen in verschie- denen Partien der Grundsubstanz, wie sie z. B. Hansen (05) und Schaffer (06) in älteren Knorpeln dargestellt haben, zurückzuführen. Ich möchte noch hinzufügen, daß die eben geschilderte Waben- struktur mit dem von Hansen (05) beschriebenen (S. 796) und abge- bildeten (Fig. 23) >Maschenwerk« keine Ähnlichkeit besitzt. Dieses Biaschenwerk wird nach Hansen im älteren Knorpel dadurch gebildet, dal! Kall, sich in Verbindung mit der Kittsubstanz unter der Form größerer oder kleinerer Körnchen in den Knorpel einlagert«. Die Größe der Maschen (welche nach meiner Messung an Hansens Fig. 23 etwa LO/u bildet), ebenso wie ihre unregelmäßige Form und Anordnung verraten sofort eine sekundär entstandene Struktur. Zur richtigen Beurteilung der Grundsubstanzstruktur ist die Frage über das Vorhandensein oder Fehlen von Zellenausläufern im Knorpel von großer Wichtigkeit. Die netzige Struktur von Heitzmaxx (7^) und die schwammige von Leydig (85) sollen, nach diesen Autoren, von Ver- ästelungen der radiären Knorpelzellausläufer herrühren. In der neueren Literatur sind jedoch die meisten früher beschriebenen Zellverästelun- gen des Knorpels auf Pseudostrukturen zurückgeführt worden. Schon VAN i'i.i: Strichi ls7. S. 70) nimmt das Vorhandensein unzweifelhafter Zellenfortsätze nur für den Knorpel von Cephalopoden, Selachiern und in einigen Gelenkknorpeln von Säugetieren an. Dieselbe Angabe finden 250 M. Nowikoff, BgwFr Zausl. Crrs. wir auch bei Hansen (05, S. 774). Ich habe den letzterwähnten Knorpel nicht untersucht; in dem Kopfknorpel von Cephalopoden (Eledone moschata) finde ich aber ganz deutliche verästelte Zellenausläufer. Da- gegen bin ich nicht imstande gewesen, irgendwelche Spur von solchen Ausläufern im ausgebildeten Knorpel der Reptilien und Amphibien, als auch der Cyclostomen und Selachier zu beobachten. Bei allen diesen Tierformen sind die Knorpelzellen durch eine ganz scharfe, ununter- brochene Grenze von der Grundsubstanz getrennt. Nur an der Ober- fläche des Knorpels, wo das Wachstum desselben durch Apposition von Bindegewebszel- len geschieht, behalten (wie es auch Hansen bemerkt hat) die in den Knorpel aufge- nommenen Bindege- webszellen eine Zeit- lang ihre Verästelun- gen. An solchen Stellen (Textfig. 5) beobachtet man, daß die Ausläufer ( Zausl ) der Binde- gewebszellen (Bgwz) desto vollkommener verschwinden, je mehr Grundsubstanz die Zellen absondern, je mehr sie sich also in typische Knorpelzel- len (Knz) umwandeln. Ebenso konnte ich auf Querschnitten durch einen älteren Embryo von Spinax niger mich über- zeugen, daß nur diejenigen Zellen, welche in den äußeren Partien des Wirbelknorpels liegen und ihren bindegewebigen Charakter noch nicht ganz verloren haben, miteinander durch Ausläufer verbunden sind. Die älteren Knorpelzellen, ebenso wie diejenigen der übrigen, von mir unter- suchten niederen Wirbeltiere, sind vollständig abgerundet und zeigen keinerlei Ähnlichkeit mit den verästelten Zellen von Cephalopoden1. ® Textfig. 5. Wirbelkiiorpel aus einem Querschnitte durch die Larve von Bombinator pachypus. Vergr. 500. Bgwf, Bindegewebsfasern; Bgwz, Bindegewebszelle; Grs, Knorpelgrundsubstanz; Knz, Knorpelzelle; N, Zellkern; Zausl, Zellenausläufer. 1 Während die vorliegende Arbeit schon im Druck war, bekam ich Ge- legenheit auch den Gelenkknorpel zu beobachten. Ich untersuchte nämlich Schnitte durch die Gelenke von Femur, Tibia und Fibula junger Mäuse. In Beobachtungen über die Vermehrung der Kimrpelzellcn usw. 251 Ob das Verschwinden der Zellausläufer durch ihr Zurückziehen in den übrigen Protoplasmaleib der Zelle nach Art der Amöbenpseudo- podien vor sich geht, oder durch ihre Auflösung bzw. »Maskierung« in der Grundsubstanz, ist schwer zu entscheiden. Die Textfig. 5, deren Konturen mit Hilfe des Zeichenapparates entworfen sind, macht den Eindruck, daß der Prozeß sich auf dem ersteren Wege vollzieht. Das betrifft allerdings nur die Zellausläufer (Textfig. 5 Zausl); die feinen, fadenförmigen Bindegewebsfasern {Bgwf) werden als solche in die Knorpelgrundsubstanz aufgenommen, wo sie allmählich undeutlicher werden, um schließlich ganz zu verschwinden bzw. maskiert zu werden. Solche Fasern sind jedoch nicht imstande einen wesentlichen Einfluß auf die Struktur der Knorpelgrundsubstanz auszuüben. Bei der Histo- genese einiger Knorpel (Textfig. 3) fehlen sie nämlich vollständig, bei der der andern (Textfig. 5) ist ihre Anzahl sehr gering. Die Fasern werden vermutlich zwischen den Wabenreihen der Grundsubstanz ein- geschlossen, und ihr Vorhandensein im Knorpel verursacht vielleicht den Anfang der oben beschriebenen chemischen Umwandlung der Grundsubstanz. Heidelberg, im September 1907. Verzeichnis der zitierten Literatur. 79. W. S. Bigelow, Xotiz über den Teilungsvorgang bei Knorpelzellen sowie über den Bau des Hyalinknorpels. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XVI. 04. Th. Boveri, Ergebnisse über die Konstitution der chromatischen Substanz des Zellkernes. Jena. Tti. 0. BÜTS< in. i. Studien über die ersten Entwicklungsvorgänge der Eizelle, die Zellteilung und die Conjugation der Infusorien. Abhandl. d. Senckenb. naturf. Gesellschaft.. Bd. X. 77. — Zur Kenntniß des Teilungsprozesses der Knorpelzellen. Diese Zeitschr. Bd. XXIX. 92. Untersuchungen über mikroskopische Schäume u. das Protoplasma. Leipzig. 98. — Untersuchungen über Strukturen, insbesondere über Strukturen nicht- zelliger Erzeugnisse des Organismus und über ihre Beziehungen zu Strukturen, welche außerhalb des Organismus entstehen. Leipzig. ml die Verästelung der Knorpelzellen habe ich hier dieselben Verhältnisse, wie in dem Wirbelknorpe] von Amphibien (Textfig. 5) gefunden. Die echten, innerhalb des Knorpels liegenden Zellen sind nie verzweigt. Diejenigen dagegen, welche an der Knorpeloberflache liegen und ein Ubergangsstadium zwischen den Bindegewebs- und Knorpelzellen darstellen, sind entsprechend der Abbildung Hansens ((>."">), mit verästelten Ausläufern versehen. 252 M. Nowikoff, 04. J. Chatin, Sur la morphographie comparee de la cellule cartilagineuse. Compt. rend. de l'Acad. des Sciences. Paris. T. CXXXIX. 99. G. Eisen, The Chromoplasts and the Chromioles. Biolog. Centralbl. Bd. XIX. 82. W. Flemming, Zellsubstanz, Kern und Zellteilung. Leipzig. 92. — Entwicklung und Stand der Kenntnisse über Aniitose Ergebn. d. Ana- tomie u. Entwicklungsgesch. Bd. II. 79. C. Frommann, Über die Struktur der Knorpelzellen von Salamandra rnacu- lata. Sitzungsber. d. Jenaisch. Gesellsch. f. Med. u. Naturw. 92. J. J. Gerassimow, Die kernlosen Zellen der Conjugaten. Bull, de la Soc. Imp. des Natural. Moscou. T. VI. 87. G. Haberlandt, Über die Beziehungen zwischen Funktion und Lage des Zellkernes bei den Pflanzen. Jena. 99. V. Hacker, Praxis und Theorie der Zellen und Befruchtungslehre. Jena. 00. — Mitosen im Gefolge amitosenähnlicher Vorgänge. Anatom. Anz. Bd. XVII. 94. J. A. Hammar, Über den feineren Bau der Gelenke. IL Der Gelenkknorpel. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLIII. 05. F. C. C. Hansen, Untersuchungen über die Gruppe der Bindesubstanzen. I. Der Hyalinknorpel. Anatom. Hefte. Bd. XXVII. 94. M. Heidenhain, Neue Untersuchungen über die Centralkörper und ihre Beziehungen zum Kern und Zellenprotoplasma. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLIII. 72. C. Heitzmann, Studien am Knochen und Knorpel. Wiener Medizin. Jahrb. 06. O. Hertwig, Allgemeine Biologie. Jena. 98. R. Hertwig, Über die Bedeutung der Nucleolen. Sitzungsber. d. Ge- sellschaft f. Morph, u. Physiol. Mimchen. Heft 1. 99. — Über Kernteilung, Richtungskörperbildung und Befruchtung von Acti- nosphaerium Eichhorni. Abhandl. d. Kgl. bayer. Akad. d. Wissensch. Mathem.-physik. Classe. Bd. XIX. III. Abt. 98. R. W. Hoffmann, Über Zellplatten und Zellplattenrudimente. Diese Zeitschr. Bd. LXIII. 03. R. Klemensiewicz, Über Amitose und Mitose. Untersuchungen an Wander- zellen, Eiterzellen und freilebenden amöboiden Zellen. Zieglers Bei- träge zur pathol. Anatomie. Bd. XXXIII. 85. F. Leydig, Zelle und Gewebe. Bonn. 97. F. Meves, Über die Entwicklung der männlichen Geschlechtszellen von Salamandra maculosa. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLVIII. 99. Th. H. Montgomery, Comparative Cytological Studies. with Especial Regard to the Morphology of the Nucleolus. Journ. of Morphology. Vol. XV. 00. A. Nathansohn, Physiologische Untersuchungen über amitotische Kern- teilung. Jahrb. f. wiss. Botanik. Bd. XXXV. 04. B. Nemec, Über die Einwirkung des Chloralhydrats auf die Kern- und Zellteilung. Jahrb. f. wiss. Botanik. Bd. XXXIX. 05. M. Nowikoff, Untersuchungen über den Bau der Limnadia lenticularis L. Diese Zeitschr. Bd. LXXVIII. 85. C. Rabl, Über Zellteilung. Morpholog. Jahrb. Bd. X. 95. H. Rabl, Über das Vorkommen von Nebenkernen in den Gewebezellen der Salamanderlarven, ein Beitrag zur Lehre von der Amitose. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLV. Beobachtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 253 91. 0. vom Rath, Über die Bedeutung der amitotischen Kernteilung im-Hoden. Zoolog. An/.. Jahrg. L4. B. Remak, Cl>cr die Teilung der Blutzöllen beim Embryo. .Millers Archiv. 03. E. Rhode, Untersuchungen über dvn Bau der Zellen. I. Kern und Kern- körper. Diese Zeitschr. Bd. LXXHI. (•1. .1. SCHAFFER, Über den feineren Bau und die Entwicklung des Knorpel- gewebes und über verwandte Formen der Stützsubstanz. I.Teil. Diese Zeitschr. Bd. LXX. nti. Dasselbe. LI. Teil. Diese Zeitschr. Bd. LXXX. 7!». \V. S( m.KK heb, Die Knorpelzeil teilung. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XVI. 92. H. Sievektng, Beitrage zur Kenntnis des Wachstums und der Regeneration des Knorpels nach Beobachtungen am Kaninchen- und Mäuseohr. Mor- phologische Arbeiten. Bd. I. 88. B. Solger, Über Sehrumpfungserscheinungen am hyalinen Knorpelgewebe des Menschen und deren Beziehungen zu den Fibrillen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXI. 87. C. H. H. Spronck, Zur Kenntnis der Struktur des Hyalinknorpels. Anatom. An/. Jahrg. 2. 95. A. Siiij.i;. riier Bau und Entstehung des elastischen Knorpels. Sitzungs- ber. der physik.-med. Societät. Erlangen. Heft 27. 70 E. STRASBURGES, Über Zellbildung und Zellteilung. 1. Aufl. Jena. 06. - Die Ontogenie der Zelle seit 1875. Progressus rei botanicae. Bd. I. B7. 0. VA» deb > i ki. iii. Recherches sur le cartilage hyalin. Archives de Bio- logie. T. VII. 92. - Contribution a betude de la sphere attractive. Bull, de l'Acad. royale de Belgique. T. XXIII. 97. F. K. Studnicka, Über die Histologie und die Histogenese des Knorpels der Cyclostomen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XLVIII. 98. — Weitere Bemerkungen über das Knorpelgewebe der Cyclostomen und seine Histogenese. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LI. 05. — Über einige Pseudostrukturen der Grundsubstanz des Hyalinknorpels. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LXVI. 93. H. Tenderich, Untersuchungen über genetische und biologische Verhält- nisse der Grundsubstanz des Hyalinknorpels. Virohows Archiv. Bd. CXXXI (Mi. S. Ü8SOW, Zur Anatomie und Entwicklungsgeschichte der Wirbelsäule der T< leostier. Bull. Soc. Natural. Moscou. T. XV. oo. \Y. \Y m.i.kvkk. Kittsubstanz und Grundsubstanz. Epithel und Endothel. Arch. i. mikr. Anat. Bd. LVII. (»3 — 04. W. v. Wasiklewski, Theoretische und experimentelle Beiträge zur Kenntnis der Amitose. Jahrb. f. wiss. Botanik. Bd. XXXVTII, XXXIX. <>7. A. Wassm.ik.kf. Die Spermatogenese von Blatta germanica. Archiv f. mikr. Anat. Bd. L.W. E. B. WILSON, The Cell in Development and Inheritance. Second edition. Xew York. 91. EL E. Ziegler, Di.- biologische Bedeutung der amitotischen (direkten) K«-rnteihmy im Tierreich. Biolog. Centralbl. Bd. XL 254 M. Nowikoff, Erklärung der Abbildungen. Gemeinsame B achr, achromatische Kernsubstanz; alvs, Alveolarsaum ; b, im Protoplasma der Knorpelzellen eingeschlossene Kügelchen ; ehr, chromatische Kernsubstanz; ck, Centralkörper ; Grs, Knorpelgrundsubstanz ; Grs1, chemisch umgewandelte Knorpel- grundsubstanz ; Kk, Knorpelkapsel; Kn, Knäuel; ks, Kernsegmente (Chromosome) ; ks1, kurze Kernsegmente; Kschw, Knorpelscheidewand zwischen den Tochterzellen; m, Kernmembran; N, ZeUkern; N1 — N*, zugrunde gehende Kerne des Perichondriums ; n, Kernkörperchen ; NN, Nebenkern; P, Protoplasma der Knorpelzelle ; ezeichnungen: p, Polfeld des Kernes; Prch, Perichondrium ; rkw, Retraktionskammerwerk ; Schw, protoplasmatische Scheidewand zwischen den Tochterzellen; sp, Spalte der beschädigten Knorpel- grundsubstanz ; sph, Attraktionssphäre ; spn, Spindel; TN, Tochterkern; v, Vacuole im Protoplasma der Knorpel- zelle ; vc, Vacuole im Tochterkern; vcl, Vacuole zwischen den Verbindungs- fasern ; Vf, Verbindungsfasern ; Z, Knorpelzelle ; Ztg, Grenze der Zellterritorien ; x, Stelle, wo das Protoplasma einer tangential durchgeschnittenen Knorpelzelle in die Grundsubstanz allmählich überzugehen scheint. Die Figuren sind mit Hilfe des AßBEschen Zeichenapparates (Mikroskop von Zeiss) entworfen. Tafel XI. Apochr. von Zeiss 2 mm, Oc. 12. Vergrößerung auf Objekttischhöhe nach meinen eignen Messungen beträgt 1950. Alle Figuren beziehen sich auf die Zellen des Wirbelknorpels von Bombi- nator paehypus (Larve). Fixierung — HERMANNsche Flüssigkeit. Färbung: Fig. 10 — 12: Safranin, BlochmannscIics Gemisch, alle übrigen Hämatoxylin, chromsaures Kali. Fig. 1. Ein Kern im Ruhezustand. Fig. 2 u. 3. Nucleoli der ruhenden Kerne. Fig. 4. Ein Kern, dessen Nucleolus sich zu teilen beginnt. Fig. 5. Ein weiteres Stadium der Nucleolusteilung. Fig. 6. Ein Kern mit zwei Kernkörperchen. Fig. 7. Ein zur mitotischen Teilung sich anschickender Kern.- Seine Chromatinkörnchen sammeln sich an der Oberfläche. Fig. 8. Ein weiteres Vorbereitungsstadium zur Mitose. Die Nucleoli fangen an sich mit der achromatischen Kernsubstanz zu vermischen. B obaohtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 255 Fig. o. Kin Kern im Stadium des diohten Knäuels von der Oberfläche gesehen. Eig. 9a. I >ie Eöhle desselben Kernes mit dem Balkengerüst. Fig. Id. Kine Zelle mit zwei (Vntralkörpern und zwei Attraktionssphären. Fig. 11. Kine Zelle, deren Kernknäuel in Chromosomen zerfallen ist. Fig. 12. Eine Zelle mit einer schief gestellten Kernplatte. An einigen Chromosomen bemerkl man Längsspaltung. Fig. 13. Kin etwas weiter fortgeschrittenes Stadium der C'aryokinese. Einige Chromosomen sind der Länge nach schon gespalten. Fig. 11. Kine Zelle, deren Kernplatte von der Polseite zu sehen ist. Die Chromosome sind gespalten und liegen paarweise angeordnet. Fig. 15. Eine Zelle in der Anaphase. Auseinanderweichen der Tochter- ehromosomen. Fig. 16. Dieselbe Phase weiter fortgeschritten. Zwischen den auseinander gegangenen Tochterchromosomen verlaufen Verbindungsfasern. Anfang der Bil- dung einer Spindelplatte. Fig. 17. Tochterkernrekonstruktion und Bildung der Zellplatte. Fig. 18. Dasselbe Stadium wie Fig. 17. Der Tochterkern ist von der Pol- seite zu sehen. Fig. 19. Eine Zelle im weiteren Stadium der Tochterkernrekonstruktion. Jeder Tochterkern besteht aus drei Teilen. Die Zellplatte ist beinahe vollständig ausgebildet. Tafel XII. Apochr. 2 mm. Oe. 12. Vergr. 1950. Fig. 20 — 23 beziehen sich auf die Wirbelknorpelzellen der Bombinator '-Larve. ÜEBMANNSche Flüssigkeit. Hämatoxylin, chromsaures Kali. Fig. 24 — 13. Kopfknorpelzellen von Lacerta muralis (Embryo). Sublimat. Boraxkannin, Bi.ocu.maxns Gemisch. Fig. lt. Kern einer Brust knorpelzelle von Bana esculenta (junges Tier). Sublimat, Eisenhämatozylin nach Heidenhain. Fig. 20. Zwei Toehterzellen, deren Kerne sich im Stadium der Tochter- knäuel befinden. Bildung der Nebenkerne. Fig. 21. Bildung des Kerngerüstes in einem Tochterkerne. Die Dreiteilig- keil des Kernes isl noch erhalten. Fig. 22. Ein weiteres Stadium der Tochterkernrekonstruktion. I _ 23 Zwei Tochterzellen, zwischen welchen eine Scheidewand aus Grundsubstanz sich bildet. Fig. 24 u. 25. Zwei Zellen mit Mitosen aus einem ganz jungen Knorpel rte-Embryo von 15 mm Länge). Fig. 26. Vier Zellen im Ruhezustand, von einem 20 mm langen Embryo. I | 27. Eine zweikernige Zelle von demselben Embryo. Fig. 28 u. 29. Bildung des Knäuels in dem Zellkerne desselben Tieres. Fig. 30 — 33. Kernplatte und Spindel in den Zellen desselben Embryos. Fig. 34. Derselbe Embryo. Auseinanderweichen der Tochterchromosomen. Fig. 35. Tochterchromosomen von der Polseite gesehen. Fig. 36 ii. :;7. Zwei Stadien der Tochterkernrekonstruktion. Die Zellen sind von ihrer Oberfläche zu sehen. 256 M. Nowikoff, Fig. 38 u. 39. Dieselben Stadien wie auf Fig. 36 u. 37. Der Mikroskop- tubus ist auf die Mitte der Zellen eingestellt. Man sieht eine zwischen den Ver- bindungsfasern gelegene Vacuole. • Fig. 40 — 42. Dasselbe, Embryo. Weitere Stadien der Tochterkernrekon- struktion und der Scheidewandbildung. Fig. 43. Ein Stück der knorpeligen Augenkapsel von einem 35 mm langen Zacerta-Embryo. Zwei Tochterzellen sind voneinander abgesondert. Die Kapsel- scheidewand beginnt zwischen ihnen einseitig einzuwachsen. Fig. 44. Stadium des lockeren Knäuels. Das Polfeld des Kernes ist deut- lich zu sehen. Tafel XIII. Fig. 45. Bombinator pachypus (Larve). Wirbelknorpel. Eine direkt sich teilende Zelle. HEBMANNsche Flüssigkeit, Häniatoxylin, chromsaures Kali. Vergr. 1950. Fig. 46 — 50. Lacerta muralis (Embryo von 35 mm Länge). Sublimat, Boraxkarmin, Blociimanns Gemisch. Verschiedene Ansichten und Stadien der amitotisch sich teilenden Zellen des Kopfknorpels. Vergr. 1950. Fig. 51. Eine Zelle von demselben Knorpel, deren Kern bereits amitotisch geteilt ist. Vergr. 1950. Fig. 52. Zwei Paare von Tochterzellen aus demselben Knorpel. Das rechts- gelegene Paar der Zellen ist nur durch eine protoplasmatische Scheidewand von- einander getrennt, zwischen den Zellen des linken Paares ist schon zum Teil eine Kapselscheidewand ausgebildet. Vergr. 1950. Fig. 53 — 58. Rana esculenta (junges Tier). Flächenschnitt durch das Omosternum. Sublimat, Boraxkarmin, Bismarckbraun, Bleu de Lyon. Kerne des Perichondriurns • in verschiedenen Stadien der Durchschnürung. Vergr. 1300. Fig. 59. Ein Kern desselben Perichondriurns, der sich im Knäuelstadium befindet, dabei aber die Gestalt, welche für direkte Kernteilung charakteristisch ist, angenommen hat. Vergr. 1300. Fig. 60. Flächenschnitt durch eine Partie desselben Perichondriurns mit stark abgeplatteten Kernen, von denen der eine sich in dem Knäuelstadium be- findet. Man sieht hier vier Stadien (N1 — iV*) des allmählichen Zugrundegehens einiger Kerne. Vergr. 1300. Fig. 61 u. 62. Rana esculenta (junges Tier). Flächenschnitt durch das Omosternum. Sublimat, Boraxkarmin, Bismarckbraun, Bleu de Lyon. Zwei amitotisch sich teilende Knorpelzellen. Vergr. 1950. Fig. 63. Rana esculenta (junges Tier). Flächenschnitt durch das Epister- num, Schnittdicke 5 /u. Sublimat, Boraxkarmin, Blochmanns Gemisch; Wasser. Eine zwischen drei Knorpelzellen gelegene Partie der Grundsubstanz. Vergr. 2925. (Apochr. 2 mm. Oc. 18.) Fig. 64. Bombinator pachypus (Larve), Querschnitt von 10 ,u Dicke. Her- MANNsche Flüssigkeit, Safranin, Blochmanns Gemisch, Wasser. Eine zwischen zwei Zellen gelegene Partie der Grundsubstanz aus dem Wirbelknorpel. Vergr. 2925. (Apochr. 2 mm. Oc. 18.) Fig. 65. Aus demselben Schnitt. Ein Teil des Knorpelzellenplasmas, auch im Wasser betrachtet. Vergr. 2925. (Apochr. 2 mm. Oc. 18.) Fig. 66. Lacerta muralis (Embryo von 35 mm Länge). Ein 5 ;i dicker I'ciihathtungen über die Vermehrung der Knorpelzellen usw. 257 Schnitt durch den Kopfknorpel. Sublimat, Boraxkarmin, Blociimannsc1u> Flüssig- keit, Wasser. Zwei Zillen mit der sie umgebenden Knorpelgrundsubstanz. Vcrgr. 20-2.1. (Apochr. 2 mm. Oc. 18.) Fig. <>7. Ans demselben, im Wasser eingeschlossenen Schnitt. Ein Teil der Knorpelscheidewand (Grundsubstanz) zwischen zwei Zellen. Vergr. 2925. (Apochr. 2 nun. Oo. 18.) Fig. GS. Triton taeniatus (Larve). Querschnitt von 10 [x Dicke. Sublimat, van GlESONS Färbung, Kanadabalsam. Ein Teil des Wirbelknorpels. Vergr. 1950. (Apochr. 2 mm. Oc. 12.) Tafel XIV. Alle Figuren sind in den Farben der Präparate wiedergegeben. Fig. 69. Rana esculenta (junges Tier). Ein 10 tu dicker Flächenschnitt durch den Zungenbeinknorpel. Sublimat, Boraxkarmin, Bismarckbraun, Bleu de Lyon, Kanadabalsam. Ein Teil des Knorpels mit blauen Zügen der chemisch umgewandelten Grundsubstanz. Vergr. G50. (Apochr. 2 mm. Oc. 4.) Fig. 70 u. 71. Einzelne Partien der Fig. 69. Vergr. 2925. (Apochr. 2 mm. Oc. 18.) Der Wabenbau der Knorpelgrundsubstanz. Fig. 72. Ans demselben Schnitte. Ein Teil der beschädigten Knorpel- grundsubstanz, zwischen zwei Zellen. Vergr. 2925. (Apochr. 2 mm. Oc. 18.) Fig. 73. Bombinator pachypus (Larve). Eine Zelle des Wirbelknorpels. HermanxscIic Flüssigkeit, Safranin, Blochmanns Gemisch, Kanadabalsam. Vergr. 1950. (Apochr. 2 mm. Oc. 12.) Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 17 Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. Von Eugen Widmann aus Frankfurt a. M. (Aus dem zoologischen Institut zu Heidelberg.) Mit Tafel XV— XVII und 4 Figuren im Text. Inhaltsverzeichnis. Seite Einleitung 259 Technisches 260 I. Stellung und Benennung der Spinnenaugen 262 II. Anatomie und Histologie 267 A. Allgemeine Orientierimg über den gröberen Bau 267 B. Der feinere Bau der invertierten Augen 26S 1. Bauprinzip 268 2. Linse 269 3. Glaskörper 270 4. Retina 272 5. Retinazelle 273 6. Recipierende Elemente (»Stäbchen«) 275 7. Zwischengewebe und postretinale Membran 282 8. Nervus opticus 284 '9. Muskeln und das den Augenbulbus umgebende Gewebe . . . 286 C. Der feinere Bau der convertierten Augen 288 a. Bauprinzip 288 b. Con vertierte Augen mit trichterförmigem Tapetum (Netzspinnen) 289 1. Linse und Glaskörper 290 2. Retina 292 3. Recipierende Elemente (Rhabdomplatten) 295 c. Convertierte Augen mit rostförmigem Tapetum (freilebende Spin- nen) 296 1. Linse und Glaskörper 296 2. Retina 297 3. Recipierende Elemente 302 d. Convertierte Augen mit trichterförmigem und rostförmigem Tapetum (Scheitelauge bei Epeira) 304 Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 259 Seite III. Zusammenfassung und Allgemeines 306 Literaturverzeichnis 307 Erklärung der Abbildungen 308 Einleitung. Die Erforschung der Ocellen der Arachniden hat schon seit der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts die Aufmerksamkeit mancher Forscher in Anspruch genommen. Dennoch sind, wegen der Fülle des Materials, nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl Arachniden in bezug auf den feineren Bau ihrer Sehorgane eingehender geprüft worden. Dies veranlaßte mich, auf Vorschlag meines hochverehrten Lehrers, Herrn Prof. Dr. 0. Bütschli, nähere Untersuchungen über den feineren Bau der Sehorgane, speziell bei den Araneinen anzustellen. Ich fühle mich verpflichtet, auch an dieser Stelle meinem hochgeschätzten Lehrer für seine ständige Teilnahme und seinen Rat, mit dem er mich bei der Ausfuhrung meiner Untersuchungen nach jeder Richtung hin auf die liebenswürdigste Weise unterstützte, meinen ergebensten Dank aus- zusprechen. Ebenso danke ich Herrn Prof. Dr. Schuberg für seine wertvollen technischen Ratschläge bei der Ausführung der Präparate, wie auch der Abbildungen. Das Material für die vorliegenden Untersuchungen sammelte ich in der I | von Heidelberg und Frankfurt a/M. im Sommer und Herbst 190G und im Frühjahr 1907. Zur Bestimmung benutzte ich die Tabellen von Dahl (83) und BÖSENBERG (01 03). Zur Verfügung standen mir auf verschiedenste Weise konservierte Exemplare Eolgendei Gattungen: 1. Euetrioidae Thoreil. Epcim diadvnmtn Clerck. Epeim sclopetaria Walck. Epcira drohtcdfin'd Walck. Zilla x-notata 01. Meto 8egmentata Cl. _'. Theridioidae Menge. Theridium tepidarium ('. L. Koch. • "-. A.gelenoidae Th. Tegenaria domestica Cl. Argyroneto aquatica Cl. 260 Eugen Widmann, 4. Dictynoidae Th. Amaurobius ferox C. L. K. 5. Drassoidae Th. Drassus sculalalus C. L. K. Prosthesima pedestns C. L. K. 6. Dysderoidae Th. Dysdera crocota L. K. 7. Lycosoidae Th. Lycosa agricola Cl. Pisaura mirabilis Cl. Dolomedes fimbriatus Cl. Tarentula (sp.?) Cl. 8. Heteropodoidae Th. Micrommata virescens Cl. Technisches. Zur Konservierung benutzte ich die verschiedensten Gemische. Die besten Dienste leisteten mir Sublimatgemische, Sublimatalkohol, Sublimateisessig und die von Nowikoff (05, S. 433) so besonders emp- ■ fohlene GiLSONsche Flüssigkeit, sowie Osmiumgemische. Von dem letzteren verwandte ich fast ausschließlich und mit gutem Erfolge die FLEMMiNGsche Lösung. Um schnellstes Eindringen dieser Flüssigkeiten zu ermöglichen, ist es jedoch unbedingt nötig, den Ocellen tragenden Teil des Cephalothorax mit einer feinen Schere abzupräparieren. Ich habe die angeführten Flüssigkeiten dann teils heiß, teils kalt angewandt und in beiden Fällen gute Konservierung des Gewebes erzielt. Wie bei fast allen Arthropoden erschwert die Cuticula die Her- stellung dünner Schnittserien außerordentlich. Ich bin diesem Übel- stande auf verschiedene Weise begegnet. Am häufigsten habe ich nach dem Einbetten, wie es Hesse (01, S. 349) empfiehlt, teils mit einem feinen Messer, teils mit dem Mikrotom, erst die Linse entfernt und nochmals eingebettet. Da mir aber auch daran lag, die Linsenstruktur und die Zusammenhänge der Linse mit dem Gewebe zu studieren, so mußte ich auch versuchen, nach vorherigem Erweichen die Objekte mit der Linse zu schneiden. Vorzügliche Dienste leistete mir hierbei die für diesen Zweck oft empfohlene Salpetersäure. Ich wandte ein Gemisch von 10 Teilen Alkohol 95% und 1—1 1/2 Teilen HN03 (63%) an. Objekte, die auf Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 2G1 diese Weise je nach der ' rröße \- - •'!<> Stunden behandelt waren, konnten mit der Cuticula noch gut ">/t geschnitten werden. Zum Studium der leinst eii Strukturen benutzte ich natürlich nur Objekte, an denen die Cuticula ent (eint war, und die mir daher gestatteten, Schnitte von '2 u und vereinzeil noch dünnere zu erreichen1. Da das Zwischengewebe aller Spinnenaugen stark mit Pigment erfüllt ist. ist es QÖtig, pigmentierte Schnitte mit pigmentfreien zu ver- gleichen. Anfänglich habe ich nach der von Nowikofp (05, S. 4.j.'5) verwendeten Methode in toto entpigmentiert, indem ich die abprä- parierten Stücke des Cephalothorax auf Watte in Alkohol 95%, dem einige Tropfen HN03 und eine Messerspitze KC103 zugefügt waren, legte. Jedoch ergab sich dabei der Ubelstand, daß ich dem Objekt von außen nicht ansehen konnte, ob es vollständig entpigmentiert war othr nicht. Meist saß das Pigment an Stellen, deren Histologie für die Auffassung der Augen wichtig ist, wie z. B. in der Iris, trotz langer Einwirkung noch fest. Ich beschloß daher, da ich doch keine Färbungen in toto vornahm, erst auf Schnitten zu entpigmentieren, und kann dies besonder- empfehlen, da man den Vorgang hier von Zeit zu Zeit unter dem Mikroskop kontrollieren kann. Zum Bleichen der Schnitte verwertete ich die oxydierende Wirkung des Wasserstoffsuperoxyds und des freien Chlors, und zwar letzteres am häutigsten. Im Färbeglas stellte ich mir eine Mischung von drei Teilen Alkohol 95% und einem Teil frischem Chlorwasser her. Diese Mischung bleicht außerordentlich gut. Nach etwa 1 Stunde sind die Schnitte völlig pigmentfrei und können nach gutem Auswaschen in er mit jeder beliebigen Farbe tingiert werden. Die Mischung hat ihre entpigmentierende Wirkung verloren, sobald sie farblos geworden ist und den charakteristischen Geruch des Acetaldehyds angenommen hat. durch Oxydation des Alkohols und Bildung von Salzsäure. K.i rhu ii _> dimorph« gebaut sind, daß also bei jeder Spinne zwei völlig voneinander ver- schiedene Augenarten vorhanden sind. Über diesen »Dimorphismus«, wie er es nennt, konnte er keine Angaben machen, da er sich mit der Entwicklungsgeschichte der Augen nicht näher beschäftigt hat. Bertkau (86) bestätigte diese Angaben und erweiterte sie, indem er nachwies, daß die beiden Mittelaugen der ersten Reihe bei allen Spinnen gleich gebaut sind, während die sechs übrigen von jenen Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 263 verschieden, aber wiederum unter sich gleich sind. Er nannte die beiden ersteren »Hauptaugen«, die sechs übrigen >> Nebenaugen«. Wie bekannt, handelt t\s sich bei dieser Verschiedenheit um die Tatsache, daß in den sog. >>Hauptaugen « der Kern der Retinazellen proximal von den Stäbchen liegt, während in den Nebenaugen, die ein Tapetuni besitzen, die Retinakerne distal von den Stäbchengebilden Heuen. Den Grund dieser scheinbaren Umkehrung der Retinazellen in einem der beiden Augentypen konnte auch Bertkau nicht er- klären. Graber (80) hatte die Spinnenaugen auf Grund der oben erwähnten Tatsache in >Augen mit postbacillärem Kern« (Hauptaugen) und »Augen mit präbacillärem Kern« getrennt, um damit die Lage des Kernes zu den Stäbchen hervorzuheben. Später fand Kishinouye (91), daß die Augen der Spinnen mit denen der Skorpione nach Bau und Entwicklung homolog seien. Er schlug deshalb vor, sie nach Analogie der Bezeichnung der Skorpion- augen »Lateral- und Medianaugen« zu nennen, um eine Übereinstim- mung der Augenbenennung in der Klasse der Arachnoideen her- beizuführen. So sagt er (91, S. 383): »The Lateral eyes of spiders were called« , Augen mit präbacillärem Kern'" by Graber, and ,Nebenaugen' by Bertkau, but as they are homologous as a whole to the lateral eyes of scorpions and to the lateral Compound eyes of Limalus, I propose to call them lateral eyes, . . .<< Auch Hextschel (99, S. 515) bemerkt, daß er die BERTKAUschen Benennungen nicht für ganz berechtigt halte, und daß dadurch nur ein morphologisches Verhältnis zum Ausdruck gebracht würde, denn in biologischer Beziehung dürften die ,Nebenaugen' keineswegs den , Hauptaugen' gegenüber eine untergeordnete Rolle spielen«. Nur um neue Bezeichnungen zu vermeiden, hat Hentschel die alten beibehalten, trotzdem er nachweisen konnte, daß die sog. Hauptaugen invertiert und die Nebenaugen vertiert seien. Auf Grund der Befunde Kishinouyes, der für die Entwicklung der Augen von Agdlena ähnliches nachwies, hatten nun Korschelt und Heider (90) der Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebenaugen • ine größere Bedeutung beigelegt (S. 594): »die Haupt- und Nebenaugen Bind nicht nur durch den Bau, sondern auch durch den Modus ihrer Entwicklungsgeschichte verschieden, wodurch eine derartige (?) Bezeichnung berechtigt wäre«. Die letztgenannten Autoren halten also diese Unterscheidung für berechtigt. Es bleibt dabei jedoch unklar, ob sie damit nur haben 264 Eugen Widmann, ausdrücken wollen, daß die Unterscheidung zwischen beiden Augen- typen berechtigt sei, oder daß gerade diese Benennungen hier am Platz seien. Schon früher (07) wies ich darauf hin, daß ich aus anatomischen, biologischen und besonders ontogenetischen Gründen die Bertkau- schen Benennungen nicht beibehalten könne und daher die Bezeich- nungen: Invertierte und Convertierte1 Augen vorschlage. Ich möchte gleich hier betonen, daß ich auch für diejenigen inver- tierten Augen, die infolge späterer » Reversion « den Anschein eines ein- fachen, convertierten Auges gewähren können, und die Scrtmke witsch (06, S. 66) sekundär nicht invertierte Augen- nennt, die Benennung invertierte beibehalten möchte, da sie alle durch Inversion entstanden sind. Im folgenden will ich die Gründe anführen, die mich zu der Änderung bewogen. Schon Bertkau (85), der die Bezeichnung zuerst aufstellte, mußte zugeben (S. 628), daß die Hauptaugen mancher Spinnen unvollkommener gebaut seien als die Nebenaugen, und daß sie vor diesen nur die Accommodationsmuskeln voraus haben. Man könnte aber aus Bertkaus Bezeichnungen leicht schließen, daß die physiologische Leistungsfähigkeit dieser »Hauptaugen << (vordere Mittelaugen) bedeutender sei als die der »Nebenaugen«. Schon aus diesem Grunde möchte ich diese Namen verwerfen, denn wie ich schon früher (07) für die Nebenaugen von Lycosa zeigte, deutet ihre Größe sowie ihr Stäbchenreichtum auf eine bedeutendere Sehschärfe (Text- fig. 16), als die der Hauptaugen hin. Auch die Anwesenheit eines re- flektierenden Tapetums berechtigt wohl zu diesem Schlüsse. So besitzt auch das Nebenauge bei einer Lycosa nach Bertkaus annähernd ge- nauer Zählung etwa 2500 Stäbchengebilde, während ich die des Haupt- auges nur auf etwa 280 — 310 schätzen konnte. Nicht ohne Interesse ist auch wohl, daß bei der von mir untersuchten Dysdera die »Haupt- augen« völlig fehlen und nur die sechs »Nebenaugen« vorhanden sind. Nun hat Kishinouye (91) in dankenswerter Weise den Versuch gemacht, die Augen aller Arachnoideen zu homologisieren, indem er überall zwischen Lateral- und Medianaugen unterschied. 1 Ich schlage vor, die Bezeichnung »convertiert« statt der seit einiger Zeit eingebürgerten »vertiert« zu gebrauchen; einmal deshalb, weil »vertiert« keinen Gegensatz zu »invertiert« ausdrückt, sondern eigentlich dasselbe besagt, während convertere doch wenigstens auch in der Bedeutung von »hinwenden oder zuwenden« gebraucht wird. Zweitens aber wird dadurch der häßliche Doppelsinn vermieden, welchen »vertiert« in der neueren deutschen Ortho- graphie unwillkürlich erhält. Ober den feineren Hau der Augen einiger Spinnen. 265 Doch lassen sich diese Bezeichnungen nicht bei allen Spinnen auf die Augenstellung anwenden, denn nach ihm wären dann auch die Mittelaugen der /weiten Reihe, die genau in der Mitte des Kopfab- schnittes liegen, Lateralaugen. Ursprünglich beabsichtigte ich nicht, die Terminologie wiederum zu ändern. Jedoch überzeugte ich mich im Laufe der eingehenden Untersuchung der Anatomie und Entwicklung, daß es am vorteilhaf- testen sei. die Benennungen Invertierte und convertierte Augen einzuführen. Ich beschreite damit den von Kishinouye angebahnten Weg der Homologisierung der Ocellen aller Arachnoideen. Die Entstehung der » Hauptaugen « durch Einstülpung wurde schon früh durch Lucys (86) und Marks Arbeiten (87) bekannt. Diese Autoren schrieben auch den Nebenaugen Inversion zu. Kishinouye (91) war der erste, der für Agelena nachwies, daß die Entwicklung der »Lateralaugen« auf einem einfachen Einsenkungs- prozeß der Hypodermis ohne Inversion beruhe. Hentschel (99) fand dasselbe bei Lycosa. Ich selbst kann diese Befunde für Lycosa bestätigen und habe bei Epcira, Zilla, Meta, Tegenaria und Argyronela ebenfalls gefunden, daß die sog. Nebenaugen einfache convertierte Augen sind. Als Belege der Entwicklung der invertierten Augen dienen mir ein sagittaler Längsschnitt (Taf. XV, Fig. 1) und ein hori- zontaler Längsschnitt (Taf. XV, Fig. 2) durch die Augenanlage eines Embryos von Epeira, dessen Alter ich. mir leider nicht genau notiert habe. In Fig. 1 ist die Einstülpung noch besonders gut zu sehen. Fig. •"> und 1 zeigen dagegen die erste Entstehung des convertierten Auges aus einer einfachen Einsenkung ohne Umkehrung. Besonders I g. 3 zeigt, daß der zur späteren Retina werdende Teil der Hypoder- mis (Fig. 3 //) einfach einsinkt, während die seitlich von dieser Ein- Benkung liegenden Zellen in die Länge wachsen und zum Teil distal von der Retina (Fig. I gl), zum Teil proximal (Fig. ±pig.ziv) eine Lage von Zellen bilden. Wie bereits oben bemerkt, sollen diese Abbildungen 1 — 4 nur als Belege für die Richtigkeit der von mir vorgeschlagenen Bezeichnungen »invertierte und convertierte Augen« dienen, da ich in dieser Arbeit nicht beabsichtige, die Entwicklung ausführlicher zu behandeln. Bevor ich v.n meinem eignen Thema übergehe, möchte ich noch betonen, daß die von mir vorgeschlagenen Benennungen auch auf die Ocellen der übrigen Arachnoideen passen, da fast überall außer zwei invertierten Augen noch mehrere convertierte vorkommen, soweit die Entwicklungsgeschichte bekannt ist. 266 Eugen Widmann, Die Augenstellung ist bei den einzelnen Spinnen sehr ver- schieden und spielt in der Systematik eine überaus wichtige Rolle. Sie ist völlig abhängig von der Lebensweise der betreffenden Spinnen. Zunächst möchte ich die Stellung der Augen am Cephalothorax etwas näher betrachten und dann zur Richtung der Sehachsen übergehen. Die Klasse der Spinnen zerfällt nach Bösenberg (01/03) in zwei große Untergruppen: 1) Spinnen mit acht Augen, 2) Spinnen mit sechs Augen. Zu letzteren gehören nur einige wenige Gattungen. Zu ersteren dagegen die große Mehrzahl der bekannten Spinnen. Bösenberg teilt diese dann wieder ein in a. Spinnen mit zwei Augenreihen, b. Spinnen mit drei Augenreihen. Diese Einteilung schließt zugleich eine weitere in bezug auf die Lebensweise der einzelnen Spinnen ein. Fast alle Spinnen mit zwei Augenreihen bauen Fangnetze, um ihre Beute darin zu verstricken 1 (Sedentaria, Netzspinnen); während die Spinnen mit a drei Augenreihen nie Fangnetze bauen, sondern ihre ja Beute im Sprunge erreichen (Vagabundae, freilebende ^,,1 Spinnen). Wir werden sehen, daß diese beiden Grup- a s a. pen sowohl hinsichtlich der Stellung als besonders des b Baues der Augen differieren, und daß die Augen der .A, freilebenden Spinnen naturgemäß weit höher entwickelt und vollkommener sind, als die der Netzspinnen. Betrachten wir zunächst die für die Netzspinnen charakteristische Stellung der Augen. Textfig. 1 a gibt Textfis. 1. die Augenstellung bei Epeira an. Die beiden Augenreihen a, Augenstellung stehen am vorderen oberen Rande des sog. Cephalo- von Epeira. thorax. Die beiden Mittelaugen der vorderen Reihe gj), Augenstellung .... ^ von Lycosa. sind die invertierten Augen (J.A). Für die Netzspinnen j.a, die mver- • + • gesagt, die Stellung der beiden Augenreihen in tierten Augen. ' & & ' _ & & Die Pfeile geben zwei mehr oder weniger geschweiften Linien, nur am die Richtung der vorderen oberen Rande des Cephalothorax charak- Augenachsen an. L a.s.a, äußere Sei- teristisch, so daß der Sehkreis der Augen nur nach vorn tenaugen der 2. \[eot Alle Netzspinnen bauen nun ein Fangnetz und bzw. 3. Reihe. . & l & die meisten, im Anschluß daran, eine Wohnungsröhre, von wo aus sie das Netz überschauen können. Aus diesem Grunde ist es vorteilhaft, wenn möglichst alle Augen ihre Richtung nach vorn nehmen. Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 267 Ganz anders dagegen stehen die Augen der freilebenden Spinnen Vagabund ae), die weder ein Fangnetz noch ein Wohnungsnetz bauen. Als Beispiel wähle ich die weit verbreitete Lycosa. Diese Spinne lebt immer am linden und erbeutet ihre Nahrung im Lauf und Sprung. Sie muß daher einen möglichst großen Gesichtskreis besitzen, um ihre ganze Umgebung beobachten zu können, und ihre Augen müssen be- sonders scharf sein, damit sie die Beute in sicherem Sprunge erreichen kann. Deshalb sind die Seitenaugen der zweiten Augenreihe weiter rückwärts verlegt und bilden eine dritte Reihe (Textfig. 1& a.S.a.). Dazu kommt, daß speziell bei den freilebenden Spinnen sich auf dem Cephalothorax ein scharf ausgeprägter Kopfabschnitt erhebt, an dessen seitlicher Wölbung die vier großen convertierten Augen sitzen. An der vorderen vertikalen Fläche dieses Kopfabschnittes stehen die vier Augen der ersten Reihe. Die Achsen der beiden convertierten Augen der ersten Reihe bilden einen Winkel von 90° untereinander. Der Gesichtskreis der Augen der ersten Reihe liegt also nur vor der Spinne. Interessant isl ferner noch, daß die Achse der invertierten Augen (Textfig. 1 bJ.A) genau horizontal verläuft, während die der convertierten Augen der eisten Reihe immer etwas nach unten gerichtet ist. Die vier großen convertierten Augen der zweiten und dritten Reihe stehen an den seitlichen, gewölbten Flächen des Cephalothorax und übersehen den ganzen Raum neben, über und hinter der Spinne. Dies kommt dadurch zustande, daß die Achsen der Augen der zweiten Reihe ch vorn oben und seitlich, die der dritten Reihe nach hinten oben und seitlich gerichtet sind. Da nun diese großen convertierten Augen außerordentlich viele Stäbchengebilde besitzen, und jedes von ihnen einen Sehwinkel von über 120° besitzt, ist ihr Gesichtskreis so _ iß, daß die Spinne ohne sich zu bewegen alles beobachten kann, was im Umkreise vorgeht, ein Umstand, der für ihre ganze Lebensweise jedenfalls von großer Bedeutung ist. II. Anatomie und Histologie der Augen. A. Allgemeine Orientierung über den gröberen Bau. V>r der Schilderung der einzelnen Elemente des Spinnenauges, -ch, im es wichtig, den gröberen Bau kurz zu skizzieren. Alle Augen bestehen aus zwei deutlich voneinander geschiedenen Abschnitten, einem dinptiischen Teil und einem lichtreeipierenden Teil. Der dii.p frische Teil besteht aus der von der Körpercuticula gebildeten Linse und dem aus der Hypodermis hervorgegangenen Glaskörper. 268 Eugen Widmann, (Taf. XV, Fig. 5, Taf. XVI, Fig. 20, 21, 25 L.gl). Der innere licht- recipierende Teil des Auges wird gebildet von der Retina und der sog. Nervenfaserschicht (Fig. 5, 20, 21, 25). Nach innen wird der Augen- bulbus durch die postretinale Membran abgeschlossen1. Einen charakteristischen Hauptunterschied zwischen invertierten und convertierten Augen bildet der Bau der Retina. Während im invertierten Auge der Kern der Retinazelle immer proximal vom Stäbchengebilde liegt (Fig. 5 rzk), findet man im conver- tierten Auge die Kerne immer dicht hinter dem Glaskörper distal von den Stäbchengebilden (Fig. 20, 21, 25 rzk). Die Ursache und die Be- deutung dieses auffallenden Unterschiedes bildete, zugleich mit der Frage nach der Art der Innervierung der Retinazellen, einen Haupt- streitpunkt in der Auffassung der Spinnenaugen. Ein lichtreflektierendes Tapetum kommt nur in den convertierten Augen dicht unter den recipierenden Stäbchengebilden vor (Fig. 20 tap, 25 tpstr). Innerviert werden die Augen durch einen direkt vom Gehirn ausgehenden Nerven. In den invertierten Augen tritt der Nerv immer mehr oder weniger von der dorsalen Seite ins Auge (Fig. 5 n.o), während bei fast allen convertierten Augen der Eintritt des Nerven am proxi- malen Augenpol liegt (Fig. 20, 21, 25 n.o). B. Der feinere Bau der invertierten Augen. (Fig. 5—19.) 1. Bauprinzip. Die früher als >> Hauptaugen « bezeichneten invertierten Augen sind trotz ihres einfachen Baues bei den einzelnen Gattungen sehr verschieden. Auch hier müssen wir die invertierten Augen der Netzspinnen von den höher entwickelten Augen der freilebenden unterscheiden. Bei beiden Gruppen sind die Glaskörperzellen völlig radiär zur Linse gestellt und gehen peripher kontinuierlich in die Hypodermiszellen über. Die Retina ist jedoch bei beiden Gruppen völlig verschieden. Betrachten wir zunächst kurz die Retina der Netzspinnen. Wie wir wissen, ist die Retina aus dem äußeren Blatt der Einstülpungsblase (Augenbecher) hervorgegangen (Fig. 1 rt). Der Nerv trat auf diesem Ent- wicklungsstadium zwischen Glaskörper (d. h. der der Retina aufliegenden Hypodermis) und der Retina ein (Fig. 1 n.o). Bei den auf niedriger 1 Diese Membran stellt Hentschel (99) den beiden eben besprochenen Teilen des Auges als dritten gegenüber. Ich muß jedoch aus später zu erörternden Gründen diese Membran nur als Teil der Retina auffassen, da sie zum Zwischen- gewebe der Retina gehört. Über den feineren Ban der Augen einiger Spinnen. 2(>9 Entwicklungsstufe stehen bleibenden Augen der Netzspinnen ist dieser dorsale Eintritt des Nerven noch völlig erhalten (Fig. 5 n.o). Die ein- zelnen Nervenfasern verbinden sich hier mit den Retinazellen zwischen deren Kern- und Stäbchenteil (Fig. 5u. 9). Die Retinazellen sind durch stark pigmentiertes Zwischengewebe (Zwischenzellen) voneinander ge- trennt, nur ihre distalen »Stäbchenteile« stoßen zusammen, um an den Berührungsstellen die Stäbchengebilde auszuscheiden (Fig. 5 und 9). Bei freilebenden Spinnen ist der Nerv durch sog. >>Reversion« (nach Hentschel, S. 514) an den inneren Pol des Auges gerückt und tritt dann mehr oder weniger in der Augenachse ein. Die Nerven- fasern gehen dann einfach in die proximalen Enden der Retinazellen über, die in ihrer mittleren Region den Kern und am distalen Ende die Stäbehen bilden (Fig. 14). Bei dieser Gruppe fand ich immer, daß die Retinazellen bis zum Glaskörper durch Zwischengewebe völlig von- einander isoliert waren, was erst durch sekundäres Vordringen dieses Gewebes entstanden ist (Fig. 14). Es kommen allem Anschein nach auch Übergangsformen zwischen den beiden geschilderten Gruppen vor, wie wir später sehen werden. lau Tapet um kommt in den invertierten Augen nicht vor, wohl aber besitzen alle einen oder mehrere Muskeln, die zum Teil als Be- wegungs-, zum Teil als Accommodationsmuskeln zu deuten sind. Ich gehe nun zur eingehenden Besprechung der einzelnen Elemente der invertierten Augen über. 2. Die Linse. Die Linse bildet den Hauptteil des dioptrischen Apparates des Auges. Von den früheren Autoren: Grenacher (79), Bertkau (So), Purcell (94) und Redikorzew (00), wurde die Linse der Arachnoi- deen und andrer Arthropoden in jeder Hinsicht gut untersucht, so daß ich nur weniges hinzufügen kann. Wie die Körperruticula ein Abscheidungsprodukt der Hypodermis ist, so entsteht auch die Linse als Secret der Glaskörperzellen. Sie be- sitzt eine geschichtete Struktur aus abwechselnden stärker färbbaren, stärker brechenden, und heller gefärbten, schwächer brechenden Schichten (Taf. XVI. Fig. 20, 21, 25). Die so oft beschriebenen Porenkanäle, in senkrechten! Verlauf zu dieser Schichtung, muß ich i unint verneinen. Vielmehr glaube ich, daß es sich auch bei den Spinnen um eine Zellzeichnung in der Linse handelt, ähnlich wie es Redikorzew (00) bei [nsekten gefunden hat. Allerdings zeigen meine Schnitte in der Außenlage der Linse sowohl, 270 Eugen Widmann, wie in der Cuticula (Fig. 20, 21, 25 La), von der ich noch zu sprechen habe, immer bedeutende Risse und Sprünge. Doch möchte ich dies teils auf die Wirkung der verschiedenen Reagenzien auf die spröde Außen- lage, teils auf die zerreißende Wirkung des Messers, infolge der großen Härte der Linse, zurückführen, zumal da an einer frisch im Blute des Tieres untersuchten Linse nichts derartiges zu sehen ist. Wie bei den meisten Arthropoden ist die Cuticula und mithin auch die Linse aus drei Lagen zusammengesetzt. Die Außenlage (Fig. 5, 20, 21, 25 La) ist nicht tingierbar und infolge ihrer Dichte am stärksten lichtbrechend. Auf den meisten Präparaten hat sie einen hellgelben, bei Lycosa einen hellbraunen Ton und behält auch in der Linse ihre überall gleiche Dicke bei. Die Mittellage (Fig. 5, 20, 21, 25 Lm) der Cuticula ist stark pigmentiert. Sie ist meist äußerst dünn und wird nur über der sog. »Iris« dicker, um anscheinend ebenfalls seitliches Licht abzublenden. Bei Lycosiden ist die pigmentierte Mittellage weit stärker und erreicht oft die doppelte Dicke der Außenlage. Auf der Linse ist sie dann naturgemäß pigmentfrei. Die Innenlage (Fig. 5, 20, 21, 25 Li) bildet den Hauptteil der Linse; sie ist infolge ihrer Weich- heit und geringeren Dichte sehr leicht färbbar. — Die Gestalt der Linse ist immer eine symmetrische. Die Wölbungen ihrer beiden Flächen sind ungleich, die äußere ist meist schwächer gekrümmt. Für die einzelnen Spinnen hat Bertkau (85) die Gestalt der Linse eingehender besprochen, so daß ich dies hier übergehen kann. An der Übergangsstelle der Linse in die Körpercuticula zieht eine tiefe innere Rinne rings um die Linse, die von besonders differenzierten Zellen der Hypodermis, der Iris, ausgefüllt ist (Fig. 5, 25). 3. Der Glaskörper. Als weiterer dioptrischer Apparat liegt unter der Linse der Glaskörper. Er ist ein besonders differenzierter, durchsichtiger Teil der Hypodermis, der die Retina von der Linse trennt (Taf. XV, Fig. 5 und 6 gl). Die Hypodermiszellen (%) sind in distaler Richtung in die Länge gewachsen und erreichen etwa das Vierfache ihrer ursprünglichen Höhe. Unter der Linse sind sie zu hohen Cylinderzellen geworden, deren Kern an der Basis liegt (Fig. 5 und (i ;//£•). An der Übergangs- stelle des Glaskörpers in die Hypodermis werden die Zellen mehr spindel- förmig, und der Kern liegt dort nicht mehr an der Zellenbasis, sondern mehr in der Mitte (Fig. 6 ir). Um über die Natur dieser Glaskörperzellen völlig ins klare zu Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 271 kommen, war es nötig, Querschnitte mit Längsschnitten zu vergleichen uml außerdem die Zellen frisch zu studieren. Die Glaskörperzellen erinnern ihrem Aussehen nach besonders auf Querschnitten an die Chordazellen niederer Wirbeltiere (Fig. 8 glz), doch scheint ihre Funktion der der »Becherzellen« ziemlich gleich zu kommen. Auch bei den Glaskörperzellen ist das Zellplasma auf den hintersten Teil der Zelle beschränkt und reicht an den Seitenwänden in dünner Lage bis zur Linse (Fig. (i und 8 gl.pl). An der basalen Wand der Zelle liegt, von einer dünnen Plasmalage umschlossen, der Kern (Fig. 6 und 8 glk), der relativ klein ist : er liegt dann genau in der Mitte der Zellenbasis (Fig. (5 und 7 glk). Nur bei den Lycosiden und verwandten Formen, deren Glas- körperzellen besonders groß sind, wobei das Plasma noch weiter reduziert wurde und überall nur noch in ganz dünner Lage der Zell- wand anliegt, hat der Kern eine mehr spindelförmige Gestalt angenom- men (Fig. 8 glk). Die Kerne liegen dann dicht an die Basis der Seiten- wand der Zelle angeschmiegt, ebenfalls nur von ganz dünner Plasmalage umschlossen (Fig. 8 und 25 glk). Während also das Plasma der Glaskörperzellen nur auf die Seiten- wände und die Basis beschränkt ist, wird die ganze übrige Zelle im lebenden Zustand von einem Secret ausgefüllt (Fig. 6 und 8 gls). Auf Schnitten sind nur noch Reste dieses Secrets zu finden (Fig. 6), während die Hauptmasse durch die Behandlung mit den verschiedenen Rea- genzien in Lösung ging. Auf Präparaten von frisch im Blute der Tiere zerzupftem Glaskörper zeigte es sich, daß das durchsichtige Secret äußerst stark lichtbrechend ist. Schon Gbenacheb (79, S. 41) hat bei frisch zerzupftem Glaskörper von Phcdangium festgestellt, daß die Zellen »im frischen Zustand stark lichtbrechend sind, und daß die Wände kaum zu erkennen sind«. Ich kann dies auch für die Araneinen bestätigen. Er beobachtete weiter, daß ■■die Zellwände bei Einwirkung von Alkohol stärker würden und der Inhalt der Zelle sein Lichtbrechungsvermögen einbüßte«. Die Zellwände erscheinen »stärker«, weil die bis zur Linse sich erstreckende dünne Plasmalage gerinnt. Die Glaskörperzellen scheiden also in ihrem Innern ein zähflüssiges, stark lichtbrechendes Secret ab. In allen invertierten Augen sind die Glaskörperzellen regel- mäßig radiär zur Linse gestellt, was aus der Entwicklung des Auges leicht zu verstehen ist. Sie gehen nämlich aus cylindrischen Hypo- dermiszellen hervor (vgl. Fig. 1 und 2 <ß). Eine unsymmetrische 272 Eugen Widmann, Ausbildung, wie wir sie später bei convertierten Augen zu besprechen haben, kann also hier nicht vorkommen. Zuweilen kommt es an den Kanten der Zellen zur Bildung von Intercellularräumen, die anscheinend ebenfalls mit Secret erfüllt sind (Fig. 7 int). Von der Retina wird der Glaskörper durch eine scharfe Trennungs- linie, die präretinale Membran, geschieden (Fig. 6 pr.m). Früher schrieb man dieser Membran eine zellige Natur zu und behandelte sie als selbständigen Teil der Retina. Hentschel (99) hat nachgewiesen, daß sie nur eine Abscheidung des Plasmas der Glaskörperzellen ist. Sie geht allseits in die von den Hypodermiszellen proximal aus- geschiedene starke Basalmembran über (Fig. 5 und 6). Die Übergangsstelle des Glaskörpers in die Retina, die sog. Iris (Fig. 6 ir), müssen wir noch einen Augenblick näher betrachten. Im frischen Zustand ist die Iris stark pigmentiert und leistet den Blei- chungsflüssigkeiten großen Widerstand. Um diese Stelle genau studieren zu können, ist es aber unbedingt nötig, sie völlig von Pigment zu be- freien. Fig. 6 stellt einen pigmentfreien Längsschnitt durch das in- vertierte Auge von Tegenaria dar, auf dem die Übergangsstelle gut zu studieren war. Die Glaskörperzellen nehmen gegen die Iris zu an Höhe und Breite ab. Ihr Secretraum wird kleiner, so daß das Plasma allmäh- lich die ganze Zelle erfüllt (Fig. 6 *). Die Iris umfaßt etwa sechs bis zehn Zellen (Fig. 6* bis*). Der Kern ist in die Mitte der Zellen gerückt, und diese sind ganz von stark pigmentiertem Plasma erfüllt. An der Umlegungsstelle sind die Iriszellen (ir) infolge ihrer spindelförmigen Gestalt ineinander geschoben, so daß es den Anschein erwecken könnte, als sei die Iris hier zweischichtig. Die Iris hat die Funktion, seitlich ins Auge eintretendes Licht abzuhalten, wobei sie, wie wir oben gesehen haben, von dem breiten pigmentierten Ring der Mittellage der Linse unterstützt wird. 4. Die Retina. Überall setzt sich die Retina aus zwei Arten von Zellen zusammen. Es finden sich nämlich zwischen den eigentlichen lichtempfindlichen Retinazellen (Fig. 5 rz), die an ihrem distalen Ende »Stäbchen << aus- bilden, indifferente Zwischen- oder Stützzellen {pig.zw). Nur diese letzteren sind mit Pigment erfüllt, während ich in den Retinazellen selbst nie Pigment beobachtete, wie es Grenacher (79), Bertkau (85) und Hentschel (99) beschrieben. Es ist zu verwundern, daß allen den genannten Autoren, die im Zwischengewebe dicht hinter dem Stäbchen Über den Feinen d Bau der Augen einiger spinnen. 273 liegenden Kerne (Fig. 5 zwk) völlig entgangen sind. Dagegen hat man schon Lange erkannt, daß in der Retina der Spinnen nie »Retinulae- bildungen vorkommen«, d. h. Gruppen von mehreren Retinazellen, < U< ■ an ihrer Berührungsstelle ein einziges Rhabdoni ausscheiden, sondern daß hier jede einzelne Zelle ein besonderes Stäbchengebilde ausscheidel . 5. Die Retinazellen. Bei fast allen Netzspinnen tritt, wie schon erwähnt, der Nerv von der dorsalen Seite, etwa in einem rechten Winkel zur Augenachse ein (Fig. 5 n.o). Dies ist der Grund für die eigenartige Innevierung der einzelnen Retinazellen zwischen deren Kern- und Stäbchen- teil (Fig. 5 und 9). Die Retinazellen besitzen etwa die Gestalt eines Destillierkolbens (Fig. 9). Ich habe zur Abbildung sagittale Schnitte durch das Auge von Tegenaria benutzt, die mir für diese Verhältnisse am klarsten zu sein schienen. Die Zellen sind nur in der Mitte der Retina genau radiär zur Linse gestellt (Fig. 5 und 9 rz), und hier sehr gchmal und lang. Im distalen oder Stäbchenteil scheidet das Plasma, da die Zellen sich hier allseitig berühren, im ganzen Umfang der Zelle ein Stäbchengebilde ab (Fig. 5 und 9 rec.el). Im proximalen, etwas angeschwollenen Teile der Zelle liegt der Kern (Fig. 5 und 9 rzk). Etwa in der Mitte zwischen Kern und Stäbchen verbindet sich in diesen Augen die Nervenfaser mit den Retinazellen. Die Zelle macht an dieser Stelle eine leichte Biegung gegen die Nervenfaser hin. Am Rand des Auges nehmen die Retinazellen eine etwas andre Form an. Sie sind breiter und viel niedriger und liegen der präretinalen Membran fast par- allel (Fig. 5 oben und 6). — Die merkwürdige Innervierung der Retina- zellen, die, soweit mir bekannt ist, sonst nirgends vorkommt, findet ihren Grund in der Entwicklung des Auges. Sie läßt sich dadurch er- klären, daß die Nervenfasern in den frühesten Stadien in das Distalende *\ry Zellen traten (Fig. 1 wo), wie es bei invertierten Augen Regel ist. Später wuchs dieses Ende der Retinazellen in distaler Richtung zu dem 31 ibchenteil aus, während die Eintrittsstelle der Faser sich nicht verschob. In den höher entwickelten invertierten Augen der freilebenden Spinnen wird die Form der Retinazelle ebenfalls durch den charak- teristischen, fast axialen Eintritt des Nerven bedingt. Die einzelnen Nervenfasern treten, wie Hentschel (99) beschrieb, von hinten an die Retinazelle heran. Die Übergangsstelle der Fasern in die Retinazelle konnte Hentschel nicht verfolgen. Meine Präparate zeigen deutlich, tachrift f. wiasenscb. Zoologie- XC. Bd. 18 274 Eugen Widmann, daß die Nervenfasern von hinten ohne äußerlich erkennbare Grenze einfach in die Retinazellen übergehen (Fig. 14 *). Die Retinazellen haben in diesem Falle eine etwa spindelförmige Gestalt. Dicht hinter dem Glaskörper bilden auch diese Zellen ihre lichtrecipierenden Stäb- chengebilde aus. Zum Unterschied von den Netzspinnen sind hier sämmtliche Retinazellen radiär zur Linse gestellt. Die einzelnen Retinazellen sind, wie bekannt, durch pigmentiertes Zwischengewebe voneinander isoliert. Bei Netzspinnen stoßen sie, wie oben bemerkt, im Stäbchenteile zusammen (Fig. 9), während sie bei freilebenden Spinnen vollständig voneinander isoliert sind. Jede Retinazelle besitzt einen großen, fast kugeligen Kern, der in den invertierten Augen immer proximal von den Stäbchengebilden in einer keulenförmigen Anschwellung der Zelle liegt (Fig. 5, 6, 9, 14 rzh). Graber (80) schrieb den »Ganglienzellen«, wie er die Retinazellen nannte, drei Kerne zu, einen »Vorder-, Mittel- und Hinterkern«, die gleichzeitig in derselben Zelle vorkommen sollten. Den »Vorderkern« zeichnet er in seiner Abbildung dicht hinter der präretinalen Membran noch vor den Stäbchen, an einer Stelle, wo überhaupt kein Kern mehr liegen kann, da die Stäbchengebilde bis zum Glaskörper reichen. Diese Angaben wurden bereits früher von Bertkau (85) und Hentschel (99) dahin berichtigt, daß die Retinazellen nur einen, und zwar »postbacil- lären« Kern besäßen. Als den sogenannten Mittelkern deutete er jedenfalls die vorderen Kerne des Zwischengewebes (Fig. 9 zwh), das er ja überall übersah, welche er irrtümlicherweise an jenen Stellen in die Retinazellen verlegte. Die Struktur des Protoplasmas der Retinazellen wurde von den älteren Forschern nur wenig beachtet. Nach Bertkau (85y S. 607) soll es »ein Gerüst feiner Fädchen« sein, »das dicht hinter den Stäbchen in Kügelchen und Tröpfchen übergeht«. In neuester Zeit hat Hesse (01) im Plasma der Zellen, das er sonst nicht näher beschreibt, Neurofibrillen gefunden (S. 444). Er sagt hierüber: »Zwar konnte ich letztere Fibrillen nicht durch den ganzen Zellkörper in den Nerven- fortsatz verfolgen, sie verlaufen aber nach dieser Richtung«. Ich gehe nun zu den eignen Befunden über. Fig. 6 zeigt die Retina- zellen von Tegenaria bei etwa 750facher Vergrößerung. Es könnte allerdings den Anschein erwecken, als seien in das locker maschige Alveolenwerk des Plasmas Fibrillen eingelagert. Um diese Verhält- nisse besser studieren zu können, müssen wir die stärksten Vergröße- rungen zu Hilfe nehmen. Ich habe deshalb versucht, in Fig. 9 das Plasma zweier Retinazellen bei etwa 1 500 f acher Vergrößerung möglichst Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 275 naturgetreu wiederzugeben. Die Zeichnung (nach einem in Wasser auf- gestellten etwa - ii dicken Schnitte mit Eisenhämatoxylin [Bütschli] gefärbt), zeigt den lockeren, großmaschigen alveolaren Bau des -Plas- mas. Leider, ist der Giundton etwas zu dunkel angegeben. Doch ist leicht zu erkennen, wie durch die streckenweise Aufeinanderfolge der Wände der in die bange gestreckten Plasmamaschen leicht der Anschein erweckt wird, als seien selbständige isolierbare Fibrillen eingelagert, die man. wie Hesse (Ol, S. 44-1) sagt, »nur eine Strecke weit verfolgen kann«. Leider bin ich im Zeichnen solcher Strukturen noch zuwenig geübt, so daß das von mir wiedergegebene Bild ein wenig schematisiert aussieht. Jedoch möchte ich nochmals betonen, daß ich besonders hervortretende länger verfolgbare Fibrillen, trotz Anwendung derEisen- häinatoxylinmeilioden und der Nachvergoldung nach Apäthy, nicht finden konnte, sondern überall denselben alveolaren Bau des Plasmas. In den Knotenpunkten der Alveolen sind stärker färbbare körnige Elemente eingelagert, die durch ihre Aufeinanderfolge in den reihen- weise angeordneten Knotenpunkten noch wesentlich dazu beitragen, für kurze Strecken den Anschein von fibrillären Elementen zu er- wecken. Ähnliche längsgeordnete Reihen von Plasmawaben hat auch Pur- cell (94) für die Retinazellen von Phalangium beschrieben und abge- bildet (diese Zeitschr. Bd. LVIII, Taf. II, Fig. 13). Einen besonders schrmen alveolaren Bau zeigen die Retinazellkerne (Fig. 9 und 19 rzh). Sehr charakteristisch für diese sind die in den Knotenpunkten der Waben zwar in geringer Anzahl vorkommenden, aber sehr großen Chromatineinlagerungen (Fig. 9 und 19). Diese Tatsache erleichtert die Unterscheidung der Retinazellkerne von den Zwischengewebskernen sehr (Fig. '•» /•:/.-. -"/.). die ja auch meist klein sind, aber immer weit mehr und kleinere Chromatineinlagerungen haben. Die fast genau kugelrunde Gestalt der Retinazellkerne wurde bereits betont. Die Struktur des Plasmas an der Eintrittsstelle der Nervenfaser werde ich später im Zusammenhange mit der Struktur des Nerven und der Nerven- fasern besprechen. 6. Recipierende Elemente (Stäbchengebilde). Icli wende mich nun zu dein schwierigsten Teil meiner Unter- suchung, zur Histologie der stäbchenartigen Gebilde. Es ist in letz- ter Zeil wiederholt darauf hingewiesen worden, daß die Bezeichnung »Stäbchen« für die Axthropodenaugen durchaus ungeschickt gewählt sei. Besonders versuchte Hesse (Ol) nachzuweisen, daß wir es hier 18* 276 Eugen Widmann, mit freien, lichtrecipierenden Endigungen von Neurofibrillen, den sog. »Stiftchensäumen«, zu tun hätten. Meine Präparate zeigen zwar bei schwacher Vergrößerung ähnliche Bilder; durch genaues Studium bei der stärksten Vergrößerung und den verschiedensten Tinktionen kann ich sie jedoch mit aller Bestimmtheit nur als eine besondere Differenzierung des alveolaren Retinazellplasmas und nicht als freie Fibrillenendigungen deuten. Wenn ich also in bezug auf die Histologie dieser »recipierenden Elemente«, wie sie Hesse (Ol) nennt, mit ihm nicht übereinstimmen kann, so werde ich doch die von ihm gut gewählte Bezeichnung »lichtrecipierende Elemente« übernehmen, da sie nicht nur hier, sondern in allen lichtempfindlichen Organen besser anwendbar ist, als die meist unzutreffende Bezeichnung »Stäbchen«. Über den feineren Bau dieser Elemente der Arthropoden liegt eine so umfangreiche Literatur vor, daß ich mich gezwungen sehe, hier nur das zu berücksichtigen, was über den Bau dieser Elemente bei Arach- noideen mitgeteilt wurde. Ich möchte an dieser Stelle ausnahms- weise einen kurzen Überblick über die geschichtliche Entwicklung der Erkenntnis dieser Elemente geben. Die ersten näheren Angaben finden wir bei Gren acher (79). Ich berücksichtige an dieser Stelle nur das, was er von den invertierten Augen mitteilt. Er hat die »Stäbchen« des invertierten Auges von Epeira besonders untersucht (79, S. 44). »Die Stäbchen erscheinen prismatisch an bei- den Enden rundlich abgestutzt, und, nach Erhärten in Alkohol., von nur geringem Lichtbrechungsvermögen. Sie werden durch eine äußerst zarte Längslinie halbiert, und außerdem habe ich zuweilen an den Rändern eine höchst feine, sich nicht bis zur Mittellinie erstreckende Querstreifung gesehen, als Andeutung einer hier sich findenden Blättchenstruktur. « Querschnitte lagen Grenacher nicht vor. Bertkatj (85, S. 598) äußert sich folgendermaßen über die Elemente des » Hauptauges«: »Die meisten (?) Retinazellen lassen nun ... an dem an den Glaskörper angrenzenden Teile die sog. Stäbchen hervorgehen, die hierdiesenNamen vielleicht nicht mit Recht führen. Es sind dies nänilich nichts andres als das umgewandelte wandständige Plasma des Endteiles der Zelle selbst. Und zwar besteht die Umwandlung darin, daß das Plasma homogen, fester und stark lichtbrechend wird. Oft tritt diese Umwandlung im ganzen Umkreise der Sehzelle ein, und dann erscheint das Stäbchen somit als ein Röhrchen, in dessen innerem Hohlraum man immer unschwer einen Strang von gestricktem Plasma wahrnehmen kann, der mit dem Plasma der übrigen Zelle in Verbindung steht. « Hentschel (99) bespricht den Bau der Stäbchen in den »Hauptaugen« gar nicht. Ganz besonders muß ich an dieser Stelle die Befunde Hesses (Ol) anführen. Er hat die recipierenden Elemente in den invertierten Augen von Epeira und Über den feineren Bau der Augen einig i Spinnen. 277 Steatoda geschildert. Bei beiden kam er zum Resultat, daß die oben von Bert- kau beschriebene »Umwandlung des Plasmas darin bestehe (VII, 1901, S. 444), »daß sieh am Zellrande ringsum ziemlich starke, eng stehende, senkrecht zur Oberfläche der Zelle gerichtete, kurze Striche finden, die nach innen an Dicke abnehmen und im Zellplasma versehwinden.« Jene Striche sollen dann im Zell- innern in feinste Fibrillen übergehen, die das Zellplasma durchziehen, die aber Hesse nie Ins zum Nerven verfolgen konnte Den reeipierenden Elementen der Phalangiden sehrieb Purcell (94) einen wabigen Bau zu. Und zwar unterschied er zwischen einem axialen stärker farbbaren und einem äußeren, weniger gefärbten Teile. Die Augen der Hydrachniden hat Lang (05) untersucht und kam etwa zu folgenden Resultaten (05, S. 468): »Es haben die Retinazellen nur an der Mitte ihrer Berührungsstellen ein Rhabdom ausgeschieden. Besondere Struktur- verhältnisse bieten diese Gebilde nicht, nur daß ihre Kontur gegen das Zellinnere etwas verschwommen zu sein scheint.« Auch er behauptet, daß die Rhabdome im Hydrachnidenauge (S. 470) »gegen das Zellinnere in Spitzen auslaufen, an die die Neurofibrillen bürstenförmig herantreten«. Bevor ich zur Besprechung meiner Befunde über diese äußerst komplizierten Verhältnisse herantrete, möchte ich noch darauf auf- merksam machen, daß es zur Beurteilung solcher Strukturen nötig ist, daß neben gut geführten Längsschnitten möglichst genaue Querschnitte vorliegen. Selbstverständlich ist, daß die Schnitte allerhöchstens •'! // dick sein dürfen. Es ist mir gelungen — allerdings immer nur vereinzelte — weil dünnere Schnitte zu erhalten (bis zu 1 ii). Ich habe sie meistens in Wasser untersucht, weil, wie bekannt, feinere Struk- turen im Kanadabalsam wegen dessen hohem Lichtbrechungsvermögen sehr verblassen. Als Färbung bewährten sich die Eisenhämatoxvlin- methoden vorzüglich. Das Ergebnis meiner Untersuchungen der reeipierenden Elemente ist kurz folgendes: In keinem Falle fand ich die von Hesse (Öl) beschrie- benen and auf seinen mehr oder weniger schematisierten Abbildungen wiedergegebenen freien Nervenendigungen, die 'Stiftchensäume«. Ich muß mich daher der alten Anschau- ung Bertkaüs (85) anschließen, daß die reeipierenden Ele- b te nur uns »umgewandeltem Plasma der Retinazellen • ehen <<. Die. Umwandlung besteht darin, daß am Rande der Retinazellen senkrecht zur Zellwand Reihen von stärker brechenden Alveolen entstanden sind (Fig. 9, 10, 11. L5 ah). Von Wichtigkeil ist das Verhältnis der Retinazellen zum Zwischen- gewebe in der distalen Region der Retina, d. h. ob die Retinazellen im & Stäbchenteile« zusammenstoßen oder durch Zwischengewebe isoliert 278 Eugen Widmann, sind. Wir sahen schon oben, daß bei den Netzspinnen die Retinazellen sich in der »Stäbchenregion << allseitig berühren. Fig. 9 zeigt die recipierenden Elemente (rec.el) im Längsschnitt; sie sind besondere, an der Peripherie der Zelle auftretende Differenzie- rungen des Plasmas, während das undifferenzierte Plasma (Fig. 9 rzpl) axial bis zum Glaskörper reicht und durch schwächere Färbung leicht kenntlich ist; es bildet wohl die von Grenacher (79) beschriebene »schwache Grenzlinie« zwischen je zwei Stäbchen. An der Zellwand bemerkt man nun die HESSEschen (Ol) »Stiftchen- säume« (Fig. 9 und 10 alv). Die Grenze zweier sich berührender Stäb- chenteile der Retinazellen wird gebildet von einem sehr dunkel ge- färbten »Cuticularsaum« (Fig. 9 und 10 es), den Hesse auffallenderweise nirgends abgebildet hat. Er läßt vielmehr seine »Stiftchen«, die also hier den auf die Zellgrenzen senkrecht gerichteten Wandungen der Waben entsprechen, mit denen der benachbarten Zelle verschmelzen. Auf allen meinen Präparaten fällt der erwähnte Cuticularsaum (Fig. 9 und 10 es) infolge seiner dunklen Färbung und starken Lichtbrechung sofort auf. Die Alveolarsäume (Fig. 9 und 10 alv) bestehen aus senkrecht zu den Cuticularsäumen (es) gestellten fast gleichgroßen Alveolen, die in drei bis vier Reihen stehen. Die recipierenden Elemente bestehen also aus zwei Teilen, den Alveolarsäumen (alv) und den von ihnen abgeschiedenen Cu- ticularsäumen (es). Auf den Fig. 9 und 10 sind die Verhältnisse keineswegs schematisiert, wie ich nochmals betonen möchte, ich habe mir vielmehr viel Mühe gegeben, alles möglichst naturgetreu abzubilden. Durch die regelmäßigen, gleichgroßen, in Reihen geordneten Alveolen (alv) erreicht die Struktur der recipierenden Elemente eine fast schema- tische Regelmäßigkeit, die dadurch noch auffallender wird, daß das undifferenzierte axiale Zellplasma (Fig. 9 und 10 rz.pl) sehr unregel- mäßige, langgestreckte Alveolen zeigt. Die Knotenpunkte der Maschen des Zellplasmas sind sehr ungleich, wegen häufiger Einlagerung körniger Elemente (Fig. 10 rzpl), während die Knotenpunkte der Alveolen in den recipierenden Elementen ziemlich gleich sind. Da die Alveolen der letzteren weit kleiner sind als die des Zell- plasmas, so erscheinen die recipierenden Elemente im gesamt viel dunkler und stärker lichtbrechend, da in der gleichen Dicke im recipie- renden Element (Fig. 9 und 10 rec.el) mehr Alveolen übereinander liegen als im lockeren Zellplasma (rzpl). Dazu trägt bei ersteren auch noch die anscheinend dichtere Substanz der dicken Wabenwände bei. Über den feineren Bau der Augen einiger spinnen. 279 Der Durchmesser der Waben in den recipierenden Elementen betrügt schätzungsweise u.25 <>.:*>"; sie sind also nur mit den stärksten Systemen zu erkennen. Die recipierenden Elemente sind etwa 1-1.5// brerl und 10« lang (Fig. 9 rec.el). Sir sind stark lichtbrechend, am stärksten der Cuticular- sauni (es). Letzterer ist daher jedenfalls am dichtesten und festesten, i nu Li also emr Art Stützorgan zwischen den einzelnen Zellen bilden, das vielleicht in -.wissen Fällen vermöge seiner hohen Lichtbrechung durch totale Reflexion verhindert, daß ein einmal in die Zelle eingedrungener Lichtstrahl seitlich wieder heraustreten kann. Ein genauer Querschnitt durch die recipierenden Elemente der- selben Netzspinne bestätigt das Beschriebene (Fig. 10). Er zeigt jedoch das wichtige Verhalten, daß in den Zusammenstoßungslücken zwischen den Zellen das pigmentierte Zwischengewebe bis zum Glaskörper vor- dringt (Fig. 1<> pig.zw), während bei den meisten übrigen Netzspinnen die recipierenden Teile der Zellen allseitig völlig miteinander verwachsen sind (Fig. 11). Sehr auffallend ist ferner noch die scharfe Grenze zwischen den Alveolarsäumen und dem Retinazellplasma (Fig. 10 bei *). Diese Grenze wird dadurch verschärft, daß die Knotenpunkte, in denen die Waben der Alveolarsäume mit denen des Zellplasmas zusammenstoßen, sehr stark hervortreten. Bevor ich weiter -ehe. möchte ich darauf hinweisen, daß bei andern bi;hropoden bereits ähnliche Strukturen der recipierenden Elemente beschrieben winden. So hat Purcell nachgewiesen, daß sie bei Phalangiden wabige Struktur besitzen. Er fand (94, S. 2-1—25), daß die Waben ebenfalls in Reihen lagen, durch deutlich hervortretende »Quer- und Längslamellen« getrennt, und zwar sowohl in Quer- und Längsreihen, daß also das »Stäbchen« eine Quer- und Längsstreifung zeigl (94, Taf. II. Fig. 14 — Hl), wie sie vor ihm schon Patten (86) beschrieb. Bei Calopteryx Land ferner Redikorzew (00, S. 598), daß dem cuticularen 'Stäbchen« entweder »eine ganz dünne Schicht besonders großer Waben anliegt, welche wir als eine Alveolarschicht be- zeichnen können, oder man beobachtet beiderseits des Stäbchens eine breite, mehr als die Hälfte der Zellenbreite einnehmende Zone mit deutlicher querer Anordnung der Waben« (vgl. Redikorzew, 00, Taf. XXXIX. Fig. I. II und 12). Später hat XOwikoff (05, S. 450) ähnliche Älveolarsäume, die an die »Stäbchen << grenzen, in den 280 Eugen Widmann, Komplexaugen von Branckipus nachgewiesen; dieselben waren jedoch nur ein wabig. Die von mir oben beschriebenen mehrwabigen Säume fand ich außer bei Tegenaria bei Amaurobius, Theridium, Argyroneta und Drassus. Etwas anders sind die recipierenden Elemente bei Epeira, Zilla, Meta und Prosthesima (Fig. 11) gebaut. Zunächst fällt hier sofort auf, daß zwischen die recipierende Region der Zellen überhaupt kein Zwischengewebe mehr eindringt. Die Zellen stoßen allseitig völlig zusammen und bilden an allen Berührungsflächen recipierende Säume aus. Da sich die Zellen naturgemäß gegeneinander abplatten müssen, so bilden sich die recipierenden Elemente in Gestalt von meist fünf- bis sechsseitigen, untereinander netzförmig zusammen- hängenden Hohlprismen aus. Der Hohlraum ist vom undifferenzierten Plasma der Zelle ausgefüllt. Die Querschnitte zeigen dann mäandrische Bildungen, wie sie in Fig. 11 wiedergegeben sind. An den Berührungs- flächen der Zellen haben die hier meist einwabigen Alveolarsäume (Fig. 11 alv) wiederum dichtere stärker färbbare Cuticularsäume (es) ausgebildet. Die Alveolenwände der Cuticularsäume (es) sind außerdem dicker als die der Alveolensäume (alv). Zuweilen kamen mir auch Cuticularsäume aus zwei parallel verlaufenden Wabenreihen zu Gesicht. Es wäre dies ja auch an sich das Nächstliegende, daß die Alveolarsäume jeder Zelle eine Reihe von Waben dichter und fester werden ließen. Doch muß man in der Deutung solcher Bildungen sehr vorsichtig sein, da etwas schiefe Schnittrichtung leicht eine anscheinende Verdoppelung vortäuschen kann, oder die Säume in ihrem Verlaufe zuweilen gekrümmt sind. Auf genau quer getroffenen Schnitten fand ich immer, daß die Cuticularsäume (Fig. 11 es) nur aus einer Wabenreihe bestanden. Auch die anliegenden Alveolarsäume sind hier überall nur ein wabig. (Fig. 11 alv). Vollständig unvereinbar ist nun meine Abbildung dieser Bildung mit der wohl ziemlich schematisierten Fig. 105 Hesses (01). Leider hat Hesse in jener Figur nicht mehrere benachbarte Zellen gezeichnet, so daß es mir nicht möglich ist, seine Ergebnisse mit den meinen zu ver- gleichen. Auch hier finden wir wieder die scharf hervortretende Grenze zwischen den recipierenden Säumen und dem Zellplasma (rzpl), die früher als stark lichtbrechende Wand der »Stäbchen« beschrieben wurde (Fig. 11 bei *). Wir gehen nun zur Besprechung der recipierenden Elemente der freilebenden Spinnen über, bei denen, wTie oben erwähnt, das Zwischen- Über dm Irinnen Hau der Augen einiger Spinnen. 281 gewebe bis zum Glaskörper vordringt und die Zellen vollständig von- einander isoliert (Fig. 12 und 14). Querschnitte zeigen, daß die Retinazellen hier in der »Stäbchen- region« fast rund sind (Fig. 12). Unterhalb dieser Region nehmen sie .■inen mehr polygonalen Umriß an. Auch hier hat das Zellplasma nach außen mehrwabige, stark lichtbrechende Alveolar- und Cuticularsäume gebildet (Fig. 12 und L3 alv.es), jedoch haben die letzteren ihre Lage nicht mehr auf der Oberfläche der Zelle, sondern sind ins Innere der Zelle verlegt (Stützorgane?). Die recipierenden Elemente erscheinen auf Querschnitten in ihrer Gesamtheit als zwei halbmondförmig sich gegenüberstehende Gebilde (Fig. 12 rec.el). Grenachkr (7'.», S. 44) beschrieb diese beiden Gebilde einer Zelle als ein einziges »Stäbchen«, das im Längsschnitt »prismatisch, an beiden Ecken abgerundet und durch eine zarte Längslinie halbiert sei«. Diese Linie muß wohl als das zwischen den beiden recipierenden Ele- menten hindurchziehende indifferente Zellplasma gedeutet werden (Fig. 12 und L3 rzpl). Hentschel (99, S. 517) behauptete dann später, daß wir es mit »einem zweiteiligen« und »nicht zwei einzelnen Stäbchen« zu tun hätten. Erst Hesse (Ol) erkannte, bei Steatoda, daß zwei einzelne re- cipierende Elemente im Innern einer Zelle vorliegen (S. 445). Er be- merkt hierüber: »Es scheint mir . . ., daß die , Umbildung des Plasmas' auf zwei entgegengesetzte Seiten der Zelle beschränkt ist . . . also zwei Stiftchensäume an entgegengesetzten Seiten der Zelle, dazwischen Zellplasma«. Wir finden also bei freilebenden Spinnen im invertierten .\uur'' in einer Zelle zwei scharf voneinander getrennte re- cipierende Elemente (Fig. 12, 13). Der Querschnitt (Fig. 12) zeigt, daß diese balbmondförmigen einander gegenüberstehenden Elemente in den einzelnen Retinazellen verschieden gerichtet sind, zum Unter- schied von dein später zu besprechenden convertierten Auge. Nur mit den stärksten Systemen ist die Struktur dieser Elemente zu er- kennen i Fig. L3). Ein einzelnes Elemenl bestehl aus einem der Zellwand parallel Laufenden Saume von drei Reihen regelmäßig gestalteter Waben (Fig. 13 alv.os), die stärker licht brechend sind als das indifferente Zellplasma ; L3 /•-./-/). Fig. |."> ist ein klein wenig schematisiert, während in !•"> ein Längsschnitt bei stärkster Vergrößerung möglichst natur- getreu wiedergegeben ist. 282 Eugen Widmann, Auch hier ist aus den dichteren Alveolarsäumen ein (wohl als Stützorgan fungierendes?) inneres festes cuticuläres Gebilde hervor- gegangen, wohl durch einfaches Festerwerden der mittleren Reihe von Waben der Säume. Ich behalte die Bezeichnung Cuticularsaum für diese Wabenreihe, trotz der Lage im Innern bei, weil vieles für ihre gleiche funktionelle Bedeutung mit dem äußeren Cuticularsaum spricht. Die beiden Elemente werden durch indifferentes Zellplasma völlig von- einander getrennt (Fig. 13 rzpl). Letzteres besitzt den schon oben mehr- fach erwähnten längsmaschigen lockeren Alveolarbau (Fig. 15 rzpl). Bei dieser Gruppe von Spinnen bot sich Gelegenheit, das Proto- plasma der Retinazellen dicht unter den recipierenden Elementen genauer zu studieren. Auf Querschnitten sind die Zellen in dieser Region nicht mehr kreisrund, sondern unregelmäßig polygonal. Das Plasma wird von einem einwabigen, stark lichtbrechenden Alveolarsaum be- grenzt. Längsschnitte (Fig. 15) zeigen, daß dieser Saum auffallender- weise mit dem in der Stäbchenregion innen liegenden Cuticularsaum (es) in Verbindung steht, während die äußere dünne Alveolenlage, die die Cuticularsäume außen bedeckt, erst in der Stäbchenregion auftritt. Ich möchte noch einige Beobachtungen, die mir beim Studium der Entwicklung der recipierenden Elemente auffielen, mitteilen, weil sie für deren Auffassung wichtig erscheinen. Auf einem Längsschnitt durch das Auge eines etwa i Wochen alten Embryos von Epeira waren stark lichtbrechende Alveolarsäume schon vollständig ausgebildet; je- doch war noch nichts von dem Cuticularsaum zu sehen (vgl. Fig. 11 es). Es scheint dies ein Beweis meiner oben angeführten Vermutung, daß die Cuticularsäume erst durch späteres »Erhärten« einer Wabenreihe der Alveolarsäume entstanden seien (Bütschli, 92, S. 156; vgl. auch am Schluß, Epeira convert. Augen). Die Cuticularsäume sind auch tatsächlich dichter, fester und wider- standsfähiger gegen macerierende Reagenzien. So habe ich öfter auf stark macerierten, etwas zerklopften Schnitten gesehen, daß die Struktur der Retinazelle völlig verloren gegangen war, während die Cuticular- säume gar nicht gelitten hatten. Ich halte daher die Bezeichnung Cuticularsäume für zutreffend, ohne daß ich damit sagen möchte, daß ihre Substanz etwa der der Cuticula völlig gleich käme. 7. Das Zwischengewebe und die postretinale Membran. Das Zwischen- oder Stützgewebe ist bei Spinnen bis jetzt völlig übersehen worden. Es trennt die einzelnen Retinazellen voneinander und erfüllt den hinteren Teil des Augenbulbus. Da ich nie eine Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 283 deutliche Zellgrenze zwischen den einzelnen Stützzellen finden konnte, inul.i ich annehmen, daß sie miteinander innigst anastomosieren. Ich nenne also diesen ganzen Zellkomplex »Zwischengewebe«. (Fig. 5, 6, 9, LÖj 1_. II pig.zw). Das Protoplasma dieses Gewebes ist in den inver- tierten Augen (im (Jegmsatz zu den convertierten Augen) immer voll- ständig mi1 Pigmenl erfüllt. Wir haben oben schon gefunden, daß das Zwischengewebe bei Netz- spinnen nur bis zum proximalen Ende der recipierenden Elemente reicht (Fig. 5, 6, '•»). und daß es erst in den höher entwickelten Augen der freilebenden Spinnen bis zum Glaskörper vordringt (Fig. 12 und 14). Wir halien bei Tegt naria auch schon eine Übergangsform dieser beiden Typen kennen gelernt, wo das pigmentierte Zwischengewebe nur in den Linken der sonsl zusammenstoßenden Zellen bis zum Glaskörper reicht (Fig. 10 zw). Was die allgemeine Verteilung des Zwischengewebes be- t'illt. so finden wir. daß es in mäßig dicker Lage den Augenbulbus nach außen abschließt (Fig. 5, 6, 9) und so verhindert, daß das einmal in das Auge eingedrungene Licht weder nach hinten noch nach den Seiten her- ausdringen kann. Zwischen den proximalen Partien der Retinazellen findet sich infolge ihrer bauchigen Anschwellung nur sehr wenig Zwischen- gewebe; dagegen verbreitert es sich wieder dicht hinter den recipieren- den Elementen in dem gleichen Maße, als die Retinazellen schmäler werden (Fig. 5, 9, 14). Dort liegt regelmäßig je ein Kern (zwk) zwischen zwei Retinazellen. Zu erwähnen wäre ferner noch die starke Pigment- anhäufung unter der Iris in der von der präretinalen und postretinalen Membran gebildeten Ecke (Fig. 6). Da die Retinazellen nicht ganz bis zum Außenrande reichen, findet sich hier eine starke Verbreitung des pigmentierten Zwischengewebes, das die Wirkung der Iris erhöht. Die Kerne des Zwischengewebes sind kleiner als die Retinazellenkerne und meist von unregelmäßiger, etwas länglicher Gestalt, was sie leicht von diesen unterscheiden läßt. Der ganze Augenbulbus wird nach innen von der postretinalen Membran abgeschlossen (Fig. 5, 6, 9 pstm). Man hat dieser Membran früher eine besondere Bedeutung zugeschrieben, indem man sie allein aus dem inneren Blatt der Einstülpungsblase her- vorgehen ließ (vgl. Fig. I) und ihr dabei' eine zellige Natur zuschrieb mach Makk. 87). Da jedoch die postretinale Membran (Fig. 5 und L6 pstm) sich auf Nerven Eortsetzl (nm) und seitlich mit der präretinalen Membran (Fig. 6), sowie der unter der Hypodermis hinziehenden Basalmembran in direkter Verbindung steht, so glaube ich bestimmt, daß es sich nur um eine Ausscheidung des Zwischengewebes, bzw. des Glaskörpers und 284 Eugen Widmann, der Hypodermis handelt. Die genauere histologische Untersuchung lehrt ferner, daß die Kerne, die manchmal scheinbar in der postretinalen Membran liegen, ihr nur dicht anliegen und daher zum Zwi- schengewebe gehören. Aus dem inneren Blatt der Einstülpungsblase entsteht also nicht allein diese Membran, sondern in der Hauptsache das hintere Zwischen- gewebe, das die Retinazellen nach außen begrenzt (Fig. 5 und 9), und dieses bildet die Membran. Wie diese Membran sich allseitig über den Nerven fortsetzt (Fig. 16 nm), so dringt auch das Zwischengewebe zwischen die Nervenfasern ein; davon zeugen die zwischen den Nerven- fasern liegenden Kerne (Fig. 16 zwk). • 8. Nervus opticus. Bei Netzspinnen tritt der Nerv, wie bemerkt, immer von der dor- salen Seite ins Auge, so daß »das Auge am Nerv sitzt, wie etwa eine Eichelcupula an ihrem Stiele« (Bertkau, 85, S. 598). Die weitere Aus- breitung des Nerven im Auge hat derselbe Autor geschildert, nur ist ihm, wie auch Hentschel (99) die Verbindung der Nervenfasern mit den Retinazellen entgangen. Wir haben oben schon gesehen, daß die Nerven- fasern zwischen dem Kern und den recipierenden Elementen in die Retinazellen eintreten (Fig. 5 und 9). Bei den höher entwickelten in- vertierten Augen der freilebenden Spinnen hat nach Hentschel (99, S. 514) der Nerv infolge einer sog. »Reversion« das Auge von der dor- salen Seite »zum definitiven basalen Eintritt umgangen«. Auch hier hat sich die Verbindungsstelle der Nervenfaser mit. den Retinazellen der Beobachtung der genannten Forscher entzogen. Ich habe schon oben darauf hingewiesen, daß die Nervenfasern hier einfach von hinten in die Retinazellen übergehen (Fig. 14). Freilich ist es dann schwer zu sagen, wo die Grenze zwischen Nerv und Retinazelle zu ziehen ist, dies muß erst die Struktur lehren. Der geschilderte Eintritt des Nerven ins Auge ist wiederum ein Beweis für die Richtigkeit meiner Behauptung, daß die Augen der Netzspinnen phylogenetisch jünger sind, als die der frei- lebenden Spinnen, da die Entwicklungsgeschichte beweist, daß auch die Augen der freilebenden Spinnen das Stadium durchgemacht haben, auf welchem die der Netzspinnen dauernd stehen bleiben. Ich habe die Struktur der einzelnen Nervenfasern auf den dünn- sten Längs- und Querschnitten bei Anwendung der für diese Elemente gebräuchlichsten Färbungen untersucht. Doch konnte ich nie, selbst mit der Nachvergoldungsmethode nach Apäthy, die für die Arthropoden so oft beschriebenen Neurofibrillen finden, sondern konnte immer Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 285 2 a. rec el. erkennen, daß die Nervenfasern eine deutlich wabige Struktur besitzen, ähnlich wie sie \M Tsciiu (*>■_>, S. in») für Astacus und Nowi- Koi'i' (05, S. |.">l) bei Phyllopoden beschrieb. Auf möglichst dünnen, stark gefärbten Querschnitten ist der alveoläre Bau deutlich zu erkennen (Fig. 17, das Präparat war mit Dahlia nach Schuberg gefärbt). Die einzelnen Nervenfasern haben im Querschnitt eine unregelmäßige polygonale Gestalt. Ihr Durch- messer schwankt daher zwischen 1 — 3,6,«. Sie sind durch pigment- Ereies Zwischengewebe voneinander isoliert (Fig. 17 zw), in welchem langgestreckte Kerne vorkommen (Fig. 16 und 17 zivl). Inwiefern dieses Zwischengewebe samt seinen Kernen ein Bestandteil der Nerven- faser selbst ist, oder ein wirkliches Zwischengewebe, kann nur die Onto- genie entscheiden. Längsschnitte (Fig. 18) zeigen ebenfalls klar die alveoläre Struktur. Die Alveolen sind in Reihen geordnet, die der Wand der Faser parallel verlaufen. Dadurch kommt es, daß die Längswände der Waben immer kontinuierlich in- einander übergehen und daher viel stärker her- vortreten als die Querwände. Oft fiel es mir auf, dal.l die äußere Wabenreihe, der >> Alveolarsaum << Bdtschlis, hier heller gefärbt war (Fig. 18 und 19 afo), während die innere Schicht sich durch dunklere Färbung und stärker gefärbte Knoten- punkte hervorhob. Besonders interessant ist das Verhalten der Nervenfaser beim Eintritt in die Retinazelle. Bei den Netzspinnen ist schon durch die Lage der Eintrittsstelle eine genaue Grenze zwischen Nerven- faser und lieiinazelle gegeben (Fig. 0 nj). Dage- gen läßl -ich bei freilebenden Spinnen nur mit Hilfe der Struktur eine ungefähre Grenze an der Übergangsstelle bestimmen (Fig. 19 bei *). In bei- den Fällen gehl das Plasma der Nervenfaser in das der Retinazelle einlach über. Das charakte- ristische, in Längsreihen von Waben geordnete Plasma der Faser lösl sich in das lockere, groß- ma8chigere Netzwerk des Zellplasmas mit den zahlreichen grob hervortretenden Knotenpunkten auf (Fig. 19 bei *). Irgendwelche Fibrillen, die vom Nerven aus in die Zelle treten, waren auch hier nicht zu sehen. Textfig. 2. A, Schematische Darstel- lung der Retinazelle eines invertierten Auges einer Netzspinne, nf, Nerven- faser; n. Korn: Kt, Kern- teü der Zelle; rec.el, re- nde Elemente. Die Richtung der Pfeile gibt die Verschiebung der ein- zelnen Elemente beim Übergang in eine Retina- zelle eines inveri Auges einer freilebenden Spinne (B) an. 286 Eugen ^'idmann, An dieser Stelle möchte ich eine kurze Betrachtung einfügen, wie eigentlich das invertierte Auge der freilebenden Spinnen aus dem phylo- genetisch älteren der Netzspinnen hervorgegangen ist, d. h., wie die sog. »Reversion « (Hentschel) sich vollzog. Textfig. 2 A zeigt das Schema einer Retinazelle, wie sie uns bei allen Netzspinnen entgegen- tritt. Textfig. 2 B stellt eine Retinazelle aus dem invertierten Auge einer freilebenden Spinne dar. Es könnte leicht den Anschein erwecken, als sei diese letztgenannte Retinazelle einem einfachen, nicht durch Inversion entstandenen Auge entnommen, da die Nervenfaser (Text- fig. 2 B nf) von hinten in die Retinazelle übergeht, und diese ihre re- cipierenden Elemente (rec.el) an dem dem Lichte zugekehrten Ende ausbildet. Jedoch fand ich, daß diese in Textfig. 2 B dargestellten Re- tinazellen der freilebenden Spinnen in ihrer Entwicklung ein Stadium durchlaufen, auf welchem die Nervenfaser von vorn seitlich zutritt, so daß sie also erst sekundär durch die >> Reversion« ihre definitive Gestalt annehmen. Diese Umbildung vollzog sich wesentlich in der Weise, daß der bauchige Kernteil der Retinazellen der Netzspinnen (Textfig. 2 A Kt.) allmählich verkümmerte, während der Stäbchenteil sich vergrößerte und der Kern (n) sich in der Pfeilrichtung nach den recipierenden Elementen (rec.el) zu verschob. Die Verkümmerung des ersteren Teiles hatte zur Folge, daß der Nerveneintritt von der Seite nach dem proximalen Pole der Retinazellen verschoben wurde, so daß der Nerv nun in der Achse ins Auge tritt und in die einzelnen Retinazellen von hinten übergeht (Textfig. 2 B). 9. Die Muskeln und das den Augenbulbus umgebende Gewebe. Sehr charakteristisch für alle invertierten Augen ist der Besitz von Muskeln, die an dem Bulbus inserieren und nach meinen Befunden teils als Accommodationsmuskeln, teils als Bewegungsmuskeln zu deuten sind. Schon Grenacher (79, S. 45) fand sie »nur an einer der beiden Augenarten «. Er hält sie für Bewegungsmuskeln, » um ein andres Bild auf die Linse zu projizieren«. Bertkau (85, S. 605) hat sie bei Micrommata näher studiert und schreibt diesen Augen vier Muskeln zu. Über die Wirkung dieser Muskeln äußert er sich nicht. Ich habe die Muskeln besonders bei Lycosa, Argyroneta, Tegenaria und Amaurobius untersucht. Textfig. 3 zeigt etwa die Lage der Muskeln bei Lycosa. Die Muskeln inserieren hier genau in der dorsoventralen Medianebene des Auges, so daß wir Über den feineren Bau der Augen einig« c Spinnen. 287 auf demselben Schnitt die Muskeln und den Nerveneintritt finden. Sie Bind einerseits mit der postretinalen Membran des Auges verwachsen, anderseits inserieren sie zwischen den Hypodenniszellen des Stirnrandes. Schwieriger ist zu unterscheiden, welcher Funktion diese Muskeln dienen. Aul meinen zahlreichen Präparaten von Lycosa konnte ich nie bemerken, daß die Auuenach.se verschoben war, was durch Kontraktion nur eines dieser Muskeln hervorgerufen worden wäre. Vielmehr fand ich bei der Vergleichung mehrerer Präparate, daß sich meist entweder beide Muskeln im Ruhe-, oder beide im Kontraktionszustande be- fanden. Im letzteren Falle war dann der Nerv oft gerissen und der Glaskörper erniedrigt, so daß die Wände der Glaskörperzellen stark gefaltel waren. Anders waren die Verhältnisse bei Argyroneta, Tege- naria und Amaurobiits. Bei allen diesen Netzspinnen ist nur ein Muskel vorhanden. Und zwar bei Argyroneta nur ein ventraler, beiden andern nur ein dorsaler. Hier kann man sofort auf die Funktion dieses Textfig. 3. Schematische Darstellung der Muskeln an dem invertierten Auge von Lycosa. J.A, invertier- tea Auge; mu, Muskeln. dorsal J. A ventral Textfig. 4. Schematische Darstellung des einen Muskels am invertierten Auge von Argyroneta. J.A, in- vertiertes Auge; m«, Muskeln. Der gestrichelte Pfeil gibt die Richtung der Achse des Auges in (irr Ruhelage an. Muskels schließen, und zwar kann es sich nur um einen Bewegungs- muskel handeln. Der eine dorsale Muskel bei Tegenaria und Aman- minus entsprichl in seiner Lage genau dem dorsalen Muskel der Lycosa (vgl. Textfig. 3), dagegen fand ich bei Argyroneta andre Verhältnisse (Textfig. 4). Der eine ventrale Muskel dieser Gattung heftet sich nicht »ns1 an der Stirnwand, sondern merkwürdigerweise an der ven- fcralen Wand des < Vphalothorax an. Am Auge inseriert er außerhalb der Medianebene, so da!.i wir auf demselben Schnitte hier den .Wrvneiiitritt nicht treffen. Auf einem dieser Präparate konnte ich deutlich die Wirkung dieses einen zur Bewegung dienenden Muskels beobachten (Textfig. 1). Die Augenachse war aus ihrer gewöhnlichen 288 Eugen Widmann, Richtung um etwa 15° gedreht, so daß sie nunmehr nach der dorsalen Seite gewendet war. Diese eigentümliche Bewegungsvorrichtung findet wohl ihren Grund in der Lebensweise der Argyroneta, die im Wasser, sowohl in ihrem Kokon als auch beim Schwimmen, immer die Dorsal- seite dem Boden zugewendet hat. Wir finden also teils Bewegungs- und teils Accommodations- muskeln an den invertierten Augen. Zum Schluß möchte ich noch des eigentümlichen Gewebes gedenken, das alle Augen rings umgibt, und über das ich mir leider keine völlige Klarheit verschaffen konnte. Alle Augen sind, wie bekannt, von Blut- räumen umgeben (Fig. 5 und 6). Innerhalb dieser findet man eine Menge anscheinend frei eingelagerter Zellen unbekannter Funktion. Es finden sich kleinere, dunkler gefärbte Zellen mit keiner besonderen Struktur, die ich wohl als Blutzellen deuten muß (Fig. 5 und 6 blz). Die größeren Zellen (Fettzellen? Fig. 5 und 6 ftz) enthalten ein struktur- loses Gerinnsel. Ich konnte in allen Bluträumen des Cephalothorax diese letzteren Zellen neben den kleineren Blutzellen auffinden. In der Literatur vermochte ich keine sicheren Angaben über diese Zellen zu finden. C. Der feinere Bau der coiivertierten Augen, a. Bauprinzip. Wie bekannt, besitzen alle con vertierten Augen, im Gegensatz zu den invertierten, ein Tapetum, d. h. eine unterhalb der recipierenden Elemente gelegene lichtreflektierende Zellschicht. Die Ausbildung eines solchen Tapetums bewirkte, wie ich später zu zeigen versuchen werde, die Verlagerung der lichtrecipierenden Elemente unter oder proximal- wärts von den Kernen der Retinazellen. Während also im invertierten Auge die Elemente der Retina im allgemeinen von innen nach außen sich folgen: als Nervenfasern — Retinazelle — Kern — recipierendes Element, so folgen sie hier in nachstehender Reihe aufeinander : Nerven- faser — Retinazelle — recipierendes Element — Kern (vgl. die Sche- mata Fig. 24 und 26,4). In den convertierten Augen tritt der Nerv immer von hinten in der Augenachse ein. Die einzelnen Nervenfasern durchbrechen hierauf in einer oder mehreren Spalten das Tapetum und verbinden sich mit den Retinazellen. Diese bilden direkt vor dem Tapetum ihre recipierenden Elemente aus, während ihre Kerne weiter vorn, direkt unter dem Glas- körper liegen (vgl. Fig. 24 und 26 A). Die Retina aller convertierten Über den feineren Bau der Avisen einiger Spinnen. 289 Augen entsteht, wie ich schon früher mitteilte, aus einer einfachen Ein- Benkung der ffypodermis ohne Inversion (Fig. 3). Die um diese einge- renkte Partie liegenden Kctodermzellen verlängern sich, wie ich bei Lijvosn, Tegenaria und Epa'nt fand, und wachsen von der einen Seite über die eingesenkte Partie zur Bildung des Glaskörpers aus (Fig. !die zusammen •■inen länglichen trichterförmigen Raum umschließen. Der Grund des Trichters ist entweder ein schmaler Spalt, oder er ist gegittert, indem schmale Tapetumbrücken von dem einen Flügel zu dem andern reichen«, Von der Retina berichtet er nur, daß sie (S. 603) »sich von den beiden Flügeln des Tapetums her bis in den Grund des Trichters senke, hier sowohl, als auch an den Seiten wänden umbiegend, so daß Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC Bd. 19 290 Eugen Widinann, die Gestalt der Stäbchen V-förmig ist. Ihre Zahl ist bei allen diesen Augen eine geringe, auch darin weichen sie von den übrigen ab, daß ihre Größe in demselben Auge beträchtlichen Schwankungen unter- worfen ist, und daß sie nicht in Pigment eingehüllt sind, das in dem ganzen Tapetumtrichter fehlt«. Ich habe mich besonders bemüht, genaue Längs- und Querschnitte zu erhalten und habe bald einsehen müssen, daß die Vergleichung zweier senkrecht aufeinander stehender Längsschnitte zum Verständnis durchaus notwendig ist (Fig. 20 und 21). 1. Linse und Glaskörper. Der dioptrische Apparat des Auges besteht auch hier aus Linse und Glaskörper. Die Linse wurde bei den invertierten Augen so eingehend geschildert, daß nichts mehr zuzufügen ist. Bei Betrachtung des Glaskörpers (Fig. 21 gl) fällt sofort seine unsymmetrische Ausbildung auf. Die Glaskörperzellen entspringen nur von der einen Seite des Auges und sind von da unter der Linse nach der andern Seite ausgewachsen. Der in Fig. 20 dargestellte Längsschnitt ist in senkrechter Richtung zu der Ebene von Fig. 21 geführt; die langgestreckten Glaskörperzellen sind daher auf diesem Schnitt sämtlich quer getroffen worden (Fig. 20 gl). Bertkau (85) untersuchte die Ausbildung dieser Glaskörperzellen bei Atypus, Dysdera und Epeira (S. 597) »die Zellen sind in diesem Falle immer sehr lang und schmal, fast faserig, von einem exzentrisch ge- legenen Punkte der Linse aus vorwiegend nach der einen Seite der Linse hin entwickelt und verlaufen fast alle mehr oder weniger der Retina parallel«. Als Ursache dieser merkwürdigen Ausbildung gibt er (S. 598) an, daß »es den Anschein habe, als ob die Zellen durch eine von vorn (distal) nach hinten (proximal) wirkende Kraft zurückgedrängt seien, und gerade, wie es an den Seitenaugen von Micrommata schien, als ob dieselben von innen nach außen zur Seite gedrängt seien«. Da er die Entwicklungsgeschichte dieser Augen nicht kannte, war es ihm unmöglich, den wahren Grund dieser asymmetrischen Ausbildung zu erkennen. Wie ich schon früher (07) gezeigt habe, ist der Glaskörper hier »durch einseitiges Herüberwachsen des Ectoderms über die zur Retina werdende eingesenkte Ectodermpartie entstanden« (vgl. auch Taf. XV, Fig. 3 und 4 gl). Die asymmetrische Ausbildung des Glas- körpers ist demnach hier keine sekundäre Erscheinung, wie sie Bertkau darzustellen versuchte, es handelt sich vielmehr um ein phylogenetisch jüngeres Stadium des Glaskörpers, als bei den später zu besprechenden con vertierten Augen mit rostförmigem Tapet um, bei denen der Glaskörper Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 291 sekundär symmetrisch und radiär zur Linse geworden ist. Auch in Letzteren Augen durchläuft der Glaskörper bei seiner Entwicklung das hier beschriebene Stadium. Aus dieser Entwicklung des Glaskörper- folgt ferner, daß er nur auf der einen Seite in die Hypodermis umbiegen kann (Fig. -I links), und zwar besteht dieser Zusammenhang natürlich auf jener Seite, von welcher aus er durch starke Verlängerung seiner Zellen über die Retina herübergewachsen ist (vgl. Taf. XV, Fig. 4 gl). Auf der entgegengesetzten Seite (Fig. 21 rechts) stößt er mit den Hypo- dermiszellen zusammen, die die Iris (ir) bilden, und die gegen die Grenze von Cuticula und Linse in die Länge gestreckt sind. Ein Über- gang findet sich hier nicht. Der Grad dieses unsymmetrischen Baues des Glaskörpers ist bei den einzelnen Gattungen der Netzspinnen sehr verschieden. Am flachsten fand ich den Glaskörper bei Theridium und Argyroneta; hier verlaufen alle faserigen Zellen vollständig parallel der Linse, und ihre Kerne liegen nur auf der zwischen Cuticula und Linse ausgebildeten Rinne. Bei der eben behandelten Tegenaria (Fig. 21) und noch mehr bei der später zu besprechenden Epeira (vgl. Taf. XVII, Fig. 34 gl) finden wir dagegen einen allmählichen Übergang zum radiärsymmetrischen Bau des Glaskörpers. Das Plasma der Glaskörperzellen erstreckt sich hier ebenfalls nur in dünner Lage an den Zellwänden bis zur Linse, während das Zellinnere von Secret erfüllt ist (Fig. 21 gls). Die Lage der Glaskörperkerne hängt natürlich von dem Bau des ganzen Glas- körpers ab. In den phylogenetisch älteren Augen, wo die Glaskörper- zellen noch flacher sind als hier, finden sich die Kerne nur einseitig am Rande der Linse. Von dort aus ziehen die faserförmigen Zellen parallel i\rr Linse nach der andern Augenseite. Bei Tegenaria, wo die Zellen sozusagen schon nach der andern Seite zu wandern beginnen, erstrecken sich ihr« Kerne »hon etwas nach der Mitte des Auges (Fig. 21 und 34). Die allseits an den Rand des Glaskörpers stoßenden Hypodermis- zellen sind mit Pigment erfüllt und bilden die Iris (Fig. 20 und 21 ir). An der einseitigen Ibergangsstelle zwischen Hypodermis und Glas- körper konnte ich keine scharfe Grenze zwischen beiden bemerken. Nur aus der Verteilung des Pigments kann man schließen, daß etwa an der mit :;: (Fig. 21) bezeichneten Stelle der Glaskörper aufhört und die Lris beginnt. Auf der entgegengesetzten Seite besteht dagegen eine scharfe Grenze zwischen Iris und Glaskörper. Scheinbar ist dort die Hypodermis zweischichtig geworden. Jedoch erkennt man bei genauem Studium, dal.» dir Zellen nur spindelförmig geworden sind und ihre Kerne in verschiedenen Höhen liegen. 19* 292 Eugen Widmann, 2. Retina. Die komplizierten Lageverhältnisse der einzelnen Elemente der Retina der convertierten Augen machen es notwendig, die Retina mit ihren einzelnen Bestandteilen gemeinsam zu schildern. Ich schicke deshalb nur weniges über die Form und Lage der einzelnen Elemente voraus. Verfolgen wir auf dem Schema Fig. 24 A, das die Form einer Retinazelle darstellt, den Verlauf der Nervenfaser (nf), so finden wir, daß sie nach dem Durchbruch der postretinalen Membran (pstm), d. h. nach dem Eintritt in den Bulbus, ohne deutlich erkennbare Grenze in den Basalteil der Retinazelle übergeht (bs). Bertkau (85) hat diesen Teil der Retinazelle noch zur Nervenfaser gerechnet. Im Hinblick auf das großmaschige, lockere Plasma an dieser Stelle, muß ich annehmen, daß wir hier schon die Retinazelle vor uns haben; ich nenne diesen Teil also Basalteil der Retinazelle. Dieser Basalteil (Fig. 24 A bs) hat etwa die vierfache Dicke der Nervenfaser angenommen. Weiter distal verjüngt sich die Retinazelle beträchtlich und erlangt wiederum den Charakter einer Nervenfaser (bs.e). An dieser Stelle tritt die Zelle durch den schmalen Spalt zwischen den beiden Flügeln des Tapetums. Nach dem Durchtritt verbreitert sie sich plattenförmig und bildet die recipierenden Elemente aus (Rhabdom- platten), die in Fig. 24 A in Flächenansicht erscheinen (rec.el). Im weiteren Verlaufe krümmt sich das Ende der Zelle >> retortenartig << zurück; in diesem Teil liegt der Kern (Fig. 24^4 rzk). Dies ist im allgemeinen die Form der Retinazellen. Fig. 24 B zeigt einen schema- tischen Längsschnitt durch die eben besprochene Retinazelle, der senk- recht zu dem vorigen verläuft und die Nervenfaser trifft. Wir sehen dabei wiederum, wie die Faser in den Basalteil der Retinazelle übergeht (Fig. 24: Bbs), diese sich dann verjüngt zum Durchtritte durch den Tapetumspalt (bs.e) und nach Ausbildung der randständigen recipie- renden Elemente (rec.el) wegen der Umbiegung senkrecht zur Schnitt- ebene ihren Abschluß findet. Nach dieser kurzen, zum Verständnis der Retina nötigen Bemerkung über die Form der Retinazellen gehe ich nun zur Besprechung der gesamten Retina über. Wie Fig. 22 zeigt, ist der genaue Querschnitt eines solchen Auges nicht kreisrund, sondern elliptisch. Einen Längsschnitt in der Rich- tung der kleinen Achse dieser Ellipse stellt Fig. 20 dar, einen in der Richtung der großen Fig. 21. Betrachten wir zunächst Fig. 20 genauer. Die beiden »Flügel des Tapetums« (tap), die die recipierenden Elemente umhüllen, sind hier quer getroffen. An der Basis sind sie durch die Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 293 hindurchtretenden Basalteile dei Betinazelle (bs) voneinander ge- trennt (tps). Nach Bertkau (so, S. (iOO)soll »der Grund dieses Tapetümtrichters entweder ein Spalt oder gegittert sein, indem schmale Tapetumbrücken von dem einen Flügel zu dem andern« zwischen den liier stark ver- Bchmälerten Retinazellen hindurchtreten. Ich kann dies bestätigen und will hinzufügen, daß ich diese »Tapetumbrücken« immer gefunden habe. Der ganze recipierende Apparat der Retinazellen (rec.el) wird also proximal vom Tapetum eingehüllt. In den Tapetumflügeln liegen in unregelmäßiger Anordnung die zugehörigen Kerne. Innerhalb des Protoplasmas des Tapetums finden sich nach Bertkaus Unter- suchung (SO) kleine, stark lichtbrechende Kristallenen, die durch alle Reagenzien äußerst leicht zerstört werden. Bertkau hat diese Kristall - chen so ausgiebig untersucht, daß ich. nur noch hinzufügen möchte, daß sie zwischen gekreuzten Nicols keine Doppelbrechung zeigen. Dicht unterhalb der Tapetumflügel findet sich eine breite, stark pigmentierte Zwischengewebsschicht. Der Innenraum des Tapetunitrichters wird von den lichtempfindlichen Teilen der Retinazellen (rec.el) ausgefüllt. während die Kerne der letzteren, teils dicht vor den reeipierenden Elementen, teils ganz seitlich in den Enden der retortenartig gekrümmten Sehzellen liegen (rzk). Vollkommen falsch hat nun Bertkau die Innervierung der Retina- zellen dargestellt. Der Grund hierfür ist wohl, daß seine Schnitte meist schiefe waren, und er es versäumte, in der Richtung des in Fig. 20 dargestellten Schnittes zu schneiden. Er hat die Frage nach der Inner- vierung der Retinazellen und ihrem Verlauf überhaupt nicht näher erörtert, so daß sieh nur aus seinen Abbildungen (85, Taf. XXXI, Fig. <> und Tat. XXX 11. Fig. 12 6) schließen läßt, daß er seine Schnitte falsch gedeutet haln-n muß. Jedenfalls scheint er der Meinung gewesen zu sein, daß die Nervenfasern sich mit dem Kernten1 der Retinazellen ver- binden, daß >h- dagegen nicht durch den Tapetumspalt (tps) mit den reeipierenden Elementen zusammenhängen. Auf meinen Schnitten sclic ich überall deutlich, daß die Nervenfasern (n.o) in die Basalteile der Retinazellen (bs) übergehen und diese, durch <\vn Tapetumspalt hindurchtretend, dann zu dem distalen, den Kern führenden Enden der Retinazellen hinziehen. Eine andre Verbindung der Basalteile mit dem Keinteil der Zellen ist schon wegen der breiten, zwischcnlagemden pigmentierten Z wischenge webs- schicht völlig ausgeschlossen (Fig. 20 pig.zw). Die benachbarten Retinazellen stoßen nur in dem Tapetumtrichter 294 Eugen Widmann, zusammen, um die recipierenden Elemente (die sog. Rhabdomplatten) an ihren Berührungsflächen auszubilden. In ihrem übrigen Verlaufe sind sie, wie auch die Basalteile (bs) und die Nervenfasern durch pig- mentiertes Zwischengewebe voneinander isoliert (Fig. 20, 21, 22 pig.zw). Zum besseren Verständnis war es nötig, auch in der Richtung der großen Achse des elliptischen Augenquerschnittes (Fig. 22) Längs- schnitte zu führen (Fig. 21). Ist ein solcher Schnitt genau median gelegt, so müssen wir überall die Übergänge der Basalteile der Retina- zellen (6s) in den recipierenden Teil antreffen und können nur zwischen den benachbarten Basalteilen die »Tapetunibrücken« quer treffen. Selbstverständlich ist es schwer, einen genauen derartigen Schnitt zu erhalten; Fig. 21 zeigt einen solchen. Die meisten Basalteile (bs) setzen sich direkt in die distalen Zellenden fort; sie sind durch Zwischengewebe voneinander getrennt, worauf dessen zwischengelagerte Kerne (zwk) deuten. Mit ihren recipierenden Teilen treten die Retina- zellen in direkte Berührung und bilden an ihren Berührungsflächen die recipierenden Elemente, die Rhabdomplatten, wie ich sie früher (07) nannte, aus (rec.el). Im weiteren Verlaufe sind die Retinazellen dann durch pigmentfreies Zwischengewebe isoliert. Eigenartig ist die Lage der Kerne einzelner Retinazellen dicht vor den recipierenden Elementen (Fig. 21), wie wir auch schon in Fig. 20 bemerken konnten. Nur fünf bis sechs Kerne haben diese Lage, während alle andern Zellen seitlich umbiegen. Wie Fig. 22 zeigt, hängen die beiden Flügel des Tapetums beiderseits (tap) miteinander zusammen, so daß wir auf dem Längsschnitt in der Richtung der großen Achse (Fig. 21) die Stelle treffen müssen, an der sie zusammenstoßen (Fig. 21 tap). Der Querschnitt durch das Auge (Fig. 22) zeigt besonders schön, daß die Retinazellen (rz) durch pigmentiertes Zwischengewebe von- einander gesondert sind. Die untere Hälfte des Schnittes, die nach der Entpigmentierung ausgeführt ist, zeigt die unregelmäßige Lage der Zwischengewebskerne (zwk). Die beiden Tapetumflügel (tap) um- schließen die recipierenden Elemente (rec.el). Auf die Struktur dieser Elemente werde ich sofort zurückkommen müssen, und möchte nur noch darauf aufmerksam machen, daß die ganze recipierende Region durch eine feine Linie in zwei Teile geschieden ist (Fig. 22, vgl. auch Fig. 20). Dies zeigt, daß von einem Tapetumflügel zum andern zwei Reihen von Retinazellen nebeneinander stehen. Daher biegen die Enden der Retinazellen auch genau von dieser Mittellinie der recipie- renden Region beiderseits nach außen um (Fig. 20). Über den feineren Bau der Augen einiger Spinaen. 295 3. Recipierende Elemente (Rhabdomplatten). Bertkat (85, S. 604) vermutete, daß >>die Retinazelle vielleicht mehr, als zwei Stäbchen entwickele«. Hesse (Ol) hat von Spinnen dieser Gruppe nur Latroclectes näher untersucht. Er bemerkt hierüber (Ol, S. 445) »die Stiftchen selbst sind sehr deutlich, und ihre Beziehungen zu den benachbarten Zellen finden, in ihrer Richtung auf jene zu, ihren unverkennbaren Ausdruck . . . Das Zellplasma zwischen den beiden Stiftchensäumen erscheint an meinen Präparaten — wohl infolge ungenügenden Eindringens des Konservierungsmittels — homogen und stark färbbar, von Vacuolen durchsetzt, so daß man Neurofibrillen in demselben nicht erkennen kann; nur nach Analogie kann ich schließen, daß wir es hier wirklich mit einem echten Stiftchensaum zu tun haben.« Leider stand mir die genannte Spinne nicht zur Verfügung. Ich habe die fraglichen Verhältnisse hauptsächlich bei Tegenaria, Aman- >(s und Argyroneta untersucht und bin zu dem Resultate gekommen, daß hier, ebenso wie in den invertierten Augen, das randständige Plasma der Retinazellen zu mehrwabigen Alveolarsäumen differenziert ist, die ihrerseits wiederum an ihren Berüh- rungsflächen stark färbbare Cuticularsäume entwickeln. Auf allen Präparaten treten diese Cuticularsäume zwischen den -ein- zelnen Retinazellen stark hervor (Fig. 21, 22, 24 B es). Ich unter- suchte diese Strukturen nur auf den dünnsten Schnitten in Wasser (Fig. 23). Während, wie betont, die basalen Teile (bs) der Retinazellen durch pigmentiertes Zwischengewebe (pig.zw) isoliert sind, treten sie nach dem Durchtritte durch das Tapetum in direkte Berührung. Die beiden in Fig. 23 dargestellten Zellen sind einem Fig. 21 entsprechen- den Längsschnitte entnommen, der nicht genau durch die Mittelebene des Auges ging, so daß nur einzelne Zellen die Verbindung mit dem Basalteil (bs.e) zeigen, während andre, infolge der auf Fig. 20 und 24 A dargestellten Ausbuchtung der Basalteile {bs), durch das Tapetum in zwei Teile getrennt erscheinen (Fig. 23 tap). In allen Fällen ließ sich auch hier erkennen, daß der »Stiftchensaum« Hesses nicht aus freien »Stiftchen« besteht, sondern daß diese untereinander durch Querfädchen zu einem Alveolarwerk verbunden sind. Eis findel sich also hier ebenfalls ein mehrwabiger Alveolarsaum an der Berührungsfläche der Zellen (Fig. 23 ah). Die »Stiftchen« kommen dadurch zustande, daß drei bis vier gleich große Alveolen in einer zur Wand der Zelle senkrechten Reihe angeordnet sind. Die 296 Eugen Widmann, senkrecht zum Cuticularsaum (es) gerichteten Wände dieser Waben gehen kontinuierlich ineinander über und fallen daher viel leichter ins Auge, als die ohnehin etwas feineren Querwände. Der Cuticularsaum (es) muß wohl auch hier aus einer festeren, dichteren Substanz bestehen, da er stärker färbbar ist, auch viel dickere Wabenwände und Knoten- punkte besitzt. Auf stark macerierten Schnitten fand ich gleichfalls, daß die Cuticularsäume (es) der Maceration großen Widerstand ent- gegengesetzt hatten und in ihrer Form kaum verändert waren; doch war die sonst ziemlich deutliche alveoläre Struktur dann an manchen Stellen verwischt; es schien, als seien die Säume etwas gequollen. Zwischen je zwei zu einer Zelle gehörigen reeipierenden Elementen liegt das indifferente Zellplasma (rzpl), das den Basalteil der Retina - zelle (bs) mit ihrem Kernteil verbindet. Die Struktur des übrigen Zellplasmas ist ebenfalls eine großmaschig alveoläre, wie ich sie bereits oben für die invertierten Augen beschrieb. Das Tapetum (Fig. 23 tap) zeigt in der Richtung der großen Achse des ellipsoidisch gebauten Auges eine längsfaserige Maschen- struktur. Wie die oben erwähnten Kristallenen zu den längsgestreckten Alveolen des Plasmas liegen, konnte ich leider nicht erkennen, da es mir nicht gelang, Zupfpräparate von genügender Feinheit anzufertigen. Auf Schnitten sind die Kristallenen immer verschwunden, da sie, wie es scheint, schon von Alkohol gelöst werden. c. Convertierte Augen mit rostförmigem Tapetum (freilebende Spinnen). (Fig. 25—33.) Diese Augen sind von den früheren Autoren verhältnismäßig am besten untersucht worden. Der Grund hierfür ist wohl, daß sie in der Regel die größten aller Augen sind. 1. Linse und Glaskörper. Bei allen freilebenden Spinnen ist die Linse äußerlich stark vor- gewölbt (Fig. 25 L). Ihre Struktur ist die gleiche wie die der früher geschilderten Augen. Der Glaskörper (Fig. 25 gl) hat hier seine höchste Entwicklung erreicht. Seine Zellen sind vollkommen radiärsyrnme- trisch zur Linse geordnet, nachdem sie während der Entwicklung dieselben asymmetrischen Stadien durchlaufen haben, die oben für die convertierten Augen der Netzspinnen beschrieben wurden (vgl. Taf . XV, Fig. 3 und 4 gl). Die einzelnen Glaskörperzellen sind bedeutend ver- längert, und ihr Plasma bildet nur eine ganz dünne oberflächliche Lage. Der kleine längliche Kern (f//Ä') ist deshalb der Zellwand dicht Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 297 angeschmiegt, wie ich es schon oben beschrieb (vgl. Tal'. XV, Fig. 8glk). Weitaus der größte Teil der Zelle isi von durchsichtigem Secret erfüllt (Fig. 25 v/n). Wie schon GRENACHEB (79, S. 17) hervorhebt, »erreichen die peri- pheriscb gelegenen Zellen des Glaskörpers die Retina nicht«. Diese Zellen endigen also Erei mit ihrer nach innen abgeschiedenen Membran an dem den A.ugenbulbus umhüllenden Gewebe. Eine Iris ist auch hier vorhanden, jedoch ist sie wenig ansehnlich (Fig. 25 ir). 2. Retina. Ret inazellen. Zwischengewebe, Tapetum.) Nach Grenachers Untersuchungen (79, S. 48) besteht die Retina aus drei Zonen, einer vorderen, dem Glaskörper anliegenden, dunklen, auf die eine mittlere, etwas durchsichtigere folgt, in der man die • pallisadenartig nebeneinander stehenden Stäbchen« erkennen kann. An diese Zone schließt sich proximal eine >>längsstreifige « letzte an. Grenacher erkannte, daß sich die Pigmentierung der Retina bis zum distalen Ende der Stäbchen erstreckt; doch behauptete er, daß »diese nicht allseitig von Pigment umhüllt sind, sondern daß sie in Reihen _ ordiet sind, die durch Pigmentstreifen voneinander getrennt sind«. Jeder Retinazelle schrieb er nur ein Stäbchen zu, das in ihrer Mitte gelegen sei. Erst Bertkau (85) gelang es, das Tapetum auch bei diesen Typus des convertierten Auges aufzufinden. Mit Recht behauptete er, daß das in »Streifen zerschlitzte Tapetum« für die ganze Anordnung der übrigen Elemente des Auges maßgebend ist. Er beschrieb dieses System parallel zueinander verlaufender Tapetumstreifen sehr genau für Dolomedes limbatus S. 61 1 1. Durch die Spalten zwischen den einzelnen Tapetum - ifen treten die Nervenfasern zu den »Stäbchen«. Bertkau ver- mutete, daß die Nervenfasern zwischen beiden Stäbchen hindurch als len • bis zum Kern verlaufen. Eentschel (99), dessen Hauptverdienst es ist, die Entwicklung dieser Augen richtig erkannt zu haben, bringt für das ausgebildete Auge im wesentlichen nicht viel Neues. Die Nervenfasern sollen nach dem Durchtritt durch die Tapetumspalten sich »an die Stäbchen anschmiegen« und nach oben immer enger anschrieben (S. 522). »Erst am oberen • der Stäbchenschicht geht ihre Spur zwischen den dichtgedrängten schlauchförmigen Zellen verloren.. Die Verbindungsstelle zwischen N ' 3er und Retinazelle entzog sich also seiner Beobachtung. Durch \ ergleich derin verschiedenster Weise geführten Längsschnitte 298 Eugen Widmann, mit Querschnitten, was auch hier von großer Bedeutung für das Ver- ständnis ist, glaube ich manche Punkte, die die erwähnten Autoren teils übersehen, teils falsch gedeutet haben, aufklären zu können. Während wir im vorigen Kapitel fanden, daß die Basalteile der Retinazellen bei den Netzspinnen nur in einem medianen Spalt das trichterförmige Tapetum durchbrechen, finden wir hier, daß die Basalteile (Fig. 25 bs) plötzlich schmäler werden und zu je zweien durch die Spalten zwischen den Tapetumstreifen (tpstr) zu den recipierenden Elementen (rec.el) treten. Es scheint zweckmäßig, auch hier zunächst die Gestalt und den Verlauf der Retinazellen auf einem Schema zu betrachten (Fig. 26 ^4). Die hier dargestellten vier Retinazellen sind dem Längsschnitt (Fig. 25) eines Auges der zweiten Augenreihe von Lycosa entnommen, der sagittal durch den Cephalothorax geführt ist. Wir sahen oben, daß die Nervenfasern nach dem Eintritt in den Bulbus in die Basalteile der Retinazellen übergehen (Fig. 26 A bs). Die früheren Autoren haben diesen Teil der Retinazellen noch zur Nervenfaser gerechnet. Die Untersuchung seiner Plasmastruktur bestimmt mich jedoch, ihn als den basalen Teil der Retinazellen anzusehen, da ihm schon die charakteristische lockermaschige Struktur des Plasmas der Retinazellen mit den Knotenpunkten zahlreich eingelagerten, stark färbbaren körnigen Elementen zukommt. Diese Basalteile (Fig. 26 A bs), welche durch pigmentiertes Zwischen- gewebe voneinander getrennt sind, treten zu je zweien1 zwischen den hier quer getroffenen Tapetumstreifen (tpstr) hindurch zu den recipie- renden Elementen (rec.el). Auf einem Tapetumstreifen stehen also je zwei Reihen recipierender Elemente, die auf Fig. 26 A von der Fläche zu sehen sind (rec.el). Auch die recipierenden Elemente werden all- seitig durch pigmentiertes Zwischengewebe voneinander isoliert (pig.ziv). Im weiteren Verlaufe bleiben die Retinazellen bis zum Glaskörper durch Zwischengewebe getrennt, nur findet sich vor den recipierenden Elementen naturgemäß kein Pigment mehr im Zwischengewebe. Dies vordere, pigmentfreie Zwischengewebe, das alle Retinazellen allseitig umgibt, bildet zwischen je zwei Retinazellen einen verdickten Streifen, der genau über dem betreffenden Tapetumstreifen liegt und diesem parallel zieht (ztv.pa). In diesen verdickten parallel zueinander ver- laufenden Zwischengewebsstreifen liegen die Kerne des gesamten distalen Zwischengewebes. Für das genauere Verständnis dieser schwierigen 1 Das heißt, eigentlich in je zwei Reihen, die hier jedoch quergeschnitten sind, so daß nur zwei ihrer Zellen getroffen wurden. über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 299 Verhältnisse ist es wichtig, festzustellen, daß die beiden Retinazellen (Fig. 26 A 2 u. 3), welche durch denselben Tapetunispalt treten, weiter distal wiederum zwischen den entsprechenden Zwischengewebsstreifen [zw.pa) zu ihren Kernen ziehen. Nach diesen Bemerkungen über Form und Verlauf der Retinazellen können wir den Längsschnitt Fig. 25, der aus später zu erwähnenden Gründen nicht genau durch die Medianebene geht, verstehen. Wir sehen die Retinazellen (Fig. 25 rz) dicht über den recipierenden Elementen (rec.el) zu je zweien zwischen den oberen parallelen Zwischen- gewebsstreifen (zw.pa) zu ihren Kernteilen anschwellen. Bevor ich den Schnitt Fig. 25 näher beschreibe, muß hervorgehoben werden, daß die oberen parallelen Zwischengewebsstreifen (Fig. 28 zw.pa) sich in einer axialen Mittelebene des Auges zu einem breiten mittleren Zwischen- gewebsstreifen vereinigen, der senkrecht zu den parallelen Zwischen- ebsstreifen das Auge durchzieht (s. den Querschnitt Fig. 28 zw.m). Aus dem Dargelegten geht klar hervor, daß wir in Fig. 25 und 2QA keine ganz genau medianen Schnitte vor uns haben, da sie den in der Medianebene das Auge durchsetzenden mittleren Zwischen- gewebsstreifen (Fig. 28 zw.m) nicht getroffen haben, vielmehr die parallelen Zwischengewebsstreifen (Fig. 25, 26^1, 28 zw.pa) quer durchschneiden. Ich habe in Fig. 25 als Ubersichtsbild absichtlich keinen genau medianen Schnitt gewählt, weil auf einem solchen die recipierenden Elemente mit den kernführenden Enden der Retinazellen nicht in Verbindung ständen, wegen des breiten dazwischen geschobenen Zwischengewebsstreifen, welchen die Retinazellen umgehen müssen. Fig. 27 zeigt einige Zellen, die solch einem genau medianen Schnitte, der durch den breiten Zwischengewebsstreifen (zivm) geht, entnommen sind. Der Zwischengewebsstreifen ist noch nicht genau mitten getroffen, sonst dürfte überhaupt keine Verbindung 'zwischen den recipierenden Elementen und den Kernteilen zu finden sein, alle Retinazellen müßten vielmehr durch den Zwischengewebs- streifen in zwei Teile getrennt sein, wie es auch genau in der Mitte des Auges der Fall is1 . Verfolgen wir nun auf Fig. 27 den weiteren Verlauf der. durch pigmentiertes Zwischengewebe voneinander isolierten Basalteile der Retinazellen (bs). Basalteil 1 und 2 (bs) treten nach einer starken Einschnürung (hs.e) gemeinsam zwischen zwei Tapetumstreifen tpstr) zu den zugehörigen Elementen irrer/). Dasselbe gilt für die Basalteile (bs) 3 und 4. Jedoch fällt es auf, daß auf demselben Schnitte immer nur der Eintritt der Basalteile I. ■">. 5 oder 2, 1, 6 usw. sichtbar ist. Dies rührt daher, daß die Spalten zwischen den Tapetumstreifen so 300 Eugen Widmann, schmal sind, daß die Retinazellen trotz ihrer starken Einschnürung nur in einer Reihe durchtreten können. Der nächstfolgende Schnitt würde dann den Durchtritt Basalteile 2 und 4 zeigen. Wir sehen ferner, daß auf dem Schnitt Fig. 27 nur die recipierenden Elemente (rec.el) der Zellen 1, 3, 5 längs getroffen sind, während die der Zellen 2 und 4 tiefer liegen, von Pigment überdeckt sind und bei hoher Einstellung nur durchschimmern. Um diese Verhältnisse zu erklären, müssen wir den Querschnitt Fig. 29 durch die recipierenden Elemente zu Hilfe nehmen. Die Rich- tung des Pfeiles in Fig. 29 zeigt etwa an, wie der Längsschnitt Fig. 27 geführt ist. Es sind drei Reihen von Retinazellen im Querschnitt dar- gestellt. Nehmen wir an, die Reihen 1 und 2 (Fig. 29 "j") stünden auf demselben Tapetumstreifen, so entspricht die von dem in der Pfeil- richtung geführten Längsschnitt getroffene Retinazelle der Reihe 1 auch der Retinazelle 1 in Fig. 27. Da die Retinazellen etwa 4 — 5 u breit, und die Schnitte etwa ebenso dick sind, so wird von der zweiten Reihe (Fig. 29) zwar eine Zelle wohl noch etwas angeschnitten werden, ist aber, wie wir sehen, zum größten Teil von dem in der Hauptsache getroffenen Pigment überdeckt (Fig. 27, Retinazelle 2 rec.el). Während bis jetzt nur Längsschnitte besprochen wurden, die in der Richtung des mittleren oberen Zwischengewebsstreifens geführt sind, müssen wir nun auch die hierzu senkrechten betrachten (Fig.265 und C). Dieselben werden zweierlei Bilder zeigen, je nachdem sie einen Tapetumstreifen (Ipstr) und den zugehörigen parallelen Zwischengewebs- streifen (zw.pa) (Fig. 26 B) längs getroffen haben, oder ob sie (Fig. 26 C) die Basalteile (bs.c) der Retinazellen treffen. Im ersteren Fall müssen die Retinazellen durch den Tapetum- und den Zwischengewebsstreifen, um den sie herum biegen müssen, auf Schnitten in drei Teile zerlegt werden (Fig. 26 B); im zweitgeschilderten Falle dagegen können wir die Retinazellen in ihrer völligen Ausdehnung bis zu den Kernen ver- folgen (Fig. 26 C). Ich habe dies nur deshalb ausführlicher hervorgehoben, weil Bilder, wie Fig. 26 B, leicht zu dem Irrtum führen könnten, daß eine Ver- bindung zwischen Basalteil und recipierendem Teil einerseits und zwi- schen recipierendem Teil und Kernteil der Retinazellen anderseits nicht bestehe. Nachdem der komplizierte Verlauf der Retinazellen auf Längsschnitten geschildert wurde, gehe ich zur Besprechung der Querschnitte über, die zum vollen Verständnis notwendig sind. Im Grunde des Augenbulbus besitzen die Basalteile der Retina - Zeilen polygonale, unregelmäßige Querschnitte. Je näher sie den Ober den feineren Hau der Augen einiger Spinnen. 301 recipierenden Elementen kommen, um so mehr nähern sie sich einer keilförmigen (iestalt ( Fig. 30 hs). In dieser Gegend rücken die beiden Reihen von Zellen, die weiter distal durch denselben Tapetumspalt nvten. näher zusammen, indem zwischen ihnen und den beiden benach- barten Doppelreihen von Zellen etwas breitere Streifen von Zwischen- gewebe auftreten, was auch auf Längsschnitten (Fig. 27) unterhalb des Tapet ums zu erkennen ist. Beim Durchtritt durch das Tapetum (Fig. 30 tpstr) sind, wie schon oben beschrieben, die beiden Zellreihen dicht ineinander geschoben, so daß sie nur noch eine einzige Reihe bilden (bs.e). Der Querschnitt der Zellen ist an der Durchtrittsstelle nur ein Fünftel so dick, als der der Basalteile. Nach dem Durchtritt nimmt die Retinazelle sofort wieder ihre frühere Dicke (Fig. 30 rz) an und bildet am Rand die beiden recipierenden Elemente aus Infolge der alternierenden Anordnung der Basalteile, sowohl unter- halb des Tapet ums als auch noch bei ihrem Durchtritt durch den Ta- petumspalt, sowie infolge ihres Verlaufes abwechselnd nach rechts und links auf die benachbarten Tapetumstreifen, wird das Alternieren der benachbarten Retinazellreihen in der recipierenden Region hervor- gerufen, wie wir es auf Fig. 29 sehen. Die einzelnen Retinazellen (rz) sind in der Stäbchenregion durch pigmentiertes Zwischengewebe von- einander isoliert (jrig.zw). Hier bilden sie auf ihrer Oberfläche je zwei in allen Retinazellen gleich gerichtete recipierende Elemente aus. Diese sind auf dem Querschnitt als etwa halbmondförmige, innerhalb der Zellen opponierte Gebilde zu erkennen. Über die Struktur dieser Elemente weide ich im folgenden Abschnitte berichten. Distal von der Region der recipierenden Elemente (Fig. 28) rücken die Retinazellen, die sich über demselben Tapetumstreifen erhoben haben, wieder näher zusammen, während sich zwischen den benachbarten zwei Zellreihen die verbreiterten, parallelen Streifen des Zwischengewebes entwickeln [zw.pa). Vergleiche ich nun kurz meine Befunde mit denen der früheren Autoren, so finde ich, daß durch Bertkai (85) zum ersten Male fest- gestelll wurde, daß die Basalteile (»Nervenfasern«) zu je zweien dureh die Tapetumspalten zu den »Stäbchen« treten, und daß diese letzteren in alternierenden Reihen stehen. Jedoch gelang es weder Bertkau (85) noch Hentschel (09), den Durchtritt der Basalteile genau festzustellen; beide haben ferner das System der oberen Zwischengewebs-t reifen nicht erwähnt. 302 Eugen Widmann, 3. Recipierende Elemente. Die ersten Angaben über die recipierenden Elemente in den conver- tierten Spinnenaugen finden wir bei Hentschel (99, S. 517). »Allem Anscheine nach bildet die Zelle ein zweiteiliges (nicht zwei ein- zelne!) Stäbchen aus, das die Form eines längsgespaltenen, meist oben und unten abgerundeten Cylinders hat. Auf Querschnitten erscheinen die beiden Teile infolgedessen halbmondförmig mit einander zugewandten geraden Seiten. Bei der Untersuchung von Längsschnitten, die etwas maceriert sind, läßt sich häufig noch eine Schicht artige Querteilung der Stäbchen erkennen, wie sie von Pürcell für die Phalangidenaugen beschrieben wurde«. Hesse (Ol) hat dann nachgewiesen, daß die Ansicht Hentschels (99), es sei in jeder Zelle »mir ein zweiteiliges Stäbchen«, falsch ist. Er erkannte, daß zwei recipierende Elemente an gegenüberstehenden Seiten einer Zelle sich vorfinden. Er bemerkt hierzu (S. 445): »Nur ist der Plasmarest zwischen den beiden Stiftchensäumen so reduziert, daß er nur wie eine dicke Scheidelinie aussieht, die das Stäbchen in zwei Teile trennt«. Der Ansicht Hesses, daß es sich hier um »Stiftchensäume«, also um die freien Endigungen von Neurofibrillen, handle, kann ich nicht zustimmen. Nirgends fand ich irgendwelche Bildungen, die fibrillen- ähnlich waren. Hesse muß selbst zugeben (S. 446), daß er Neuro- fibrillen, mit denen er doch seine Stiftchensäume immer in Beziehung bringt, »im einzelnen nicht verfolgen konnte «. Nach meinen Befunden sind auch hier die beiderseits auf der Seitenfläche der Zelle liegenden recipierenden Elemente nur besonders differenzierte alveoläre Bildungen des Zellplasmas. Auf etwa 5 u dicken Querschnitten der Augen von Lycosa (Fig. 31^4), die mit Dahlia, Bleu de Lyon und der BLOCHMANNschen Methode gefärbt sind, erscheinen die recipierenden Elemente (rec.el) als zwei dunkelgefärbte halbmondförmige Gebilde. Zwischen ihnen liegt das Zellplasma (rz.pl), dem sie ihre Entstehung verdanken. Untersucht man solche Schnitte in Wasser, so erkennt man an den Elementen die Andeutung einer Zusammensetzung aus zwei Schichten und einer wa- bigen Struktur. Deutlich wird letztere erst an äußerst dünnen (etwa 1 — 1,5 ju), mit Eisenhämatoxylin stark gefärbten Schnitten (Fig. 31 B). Wir erkennen dann, daß die recipierenden Elemente auch hier aus zwei Schichten, den Cuticularsäumen (es) und den Alveolarsäumen (alv), bestehen. Das Retinazellplasma (rz.pl) hat also an seiner Oberfläche Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. '503 zwei Lagen von ziemlich gleich großen Alveolen differenziert; die äußere dieser Lagen (es) ist fester, dichter und am stärksten licht- brechend geworden; sie bildet den Cuticularsaum. Daig zwischen den beiden reeipierenden Elementen befindliche undifferenzierte Plasma ist in den einzelnen Fällen verschieden ansehnlich ausgebildet. So besitzt es in Fig. .")l />' [rz.pl) eine Breite von zwei bis drei Alveolen, wäh- rend es in Fig. 31 C nur noch aus einer Alveolenreihe mit äußerst stark hervortretenden Knotenpunkten besteht. Im Gegensatz zu dem eben geschilderten Bau der reeipierenden Elemente fand ich bei Tarentula, daß der Cuticularsaum nach außen noch von einer äußerst dünnen Plasmalage überzogen war. die einen äußersten Alveolarsaum (Fig. 31/) u!r) bildete, der sich durch hellere Färbung vom Cuticularsaum (es) deutlich unterschied. Ähnliches fanden wir ja schon oben in den in- vertierten Augen der freilebenden Spinnen (vgl. Taf. XV, Fig. 13). Wir sahen oben (Fig. 30), daß der Basalteil der Retinazelle (bs) nach dem Durchtritt durch einen Tapetumspalt (bs.e) sich oberhalb des Tapetumstreifs (tpstr) bedeutend verbreitert und nun die beiden reei- pierenden Elemente ausbildet (rec.el). In Fig. 32 ist nun ein Querschnitt durch den Basalteil der eben beginnenden reeipierenden Elemente ab- gebildet (bei stärkster Vergrößerung in Wasser). Der Schnitt war mit Dahlia gefärbt. Infolgedessen haben sich die reeipierenden Elemente (rec.el) sehr dunkel tingiert, wie schon oben erwähnt. Wir bemerken das Plasma des Basalteiles (bs) mit seiner lockeren unregelmäßigen Maschenstruktur, in deren Knotenpunkten verschiedene körnige Ele- mente eingestreut sind. Distalwärts zieht sich das Plasma allmählich ganz zwischen die beiden reeipierenden Elemente zurück. Beim Anfertigen der Längsschnitte gelang es mir, einen äußerst dünnen Schnitt zu erreichen, auf dem die Verhältnisse besonders klar erscheinen (Fig. 33). Die beiden Retinazellen, deren mittlere Region vorliegt, sind in verschiedener Weise getroffen. Bei 1 ist der Übergang des Basalteiles (bs) in den reeipierenden Teil genau zu verfolgen. Wir erkennen ferner deutlich die einwabigen Cuticularsäume (es), deren äußere Wabenwände besonders stark lichtbrechend und dicht erscheinen; innen schließen sich ihnen die einwabigen Alveolarsäume an (ah). Zelle 2 ist dagegen so getroffen (vgl. Fig. 26 /?), daß sie von dem unter ihren recipierendeE Elementen gelegenen Tapetumstreif (tpstr) mit seiner längsfaserigen .Maschenstruktur unterbrochen wird. Ferner ist die Zelle anscheinend nach dem Typus des in Fig. 31 C dargestellten Querschnitts gebaut, \\ ogegen Zelle 1 etwa dem Querschnitt 31 B ent- spricht. Das Zellplasma (rzpl) ist so stark reduziert, daß es nur noch 304: Eugen Widmann, durch eine Lage von Waben gebildet wird, deren Knotenpunkte beson- ders kräftig sind, so daß man sie in ihrer Aufeinanderfolge bei schwä- cherer Vergrößerung leicht für eine Fibrille oder für eine Scheidewand zwischen beiden recipierenden Elementen halten könnte, wie dies Hentschel (99) anscheinend getan hat. Hesse (01, S. 445) hat diesen stark reduzierten Plasmarest als »eine granulierte, aus zahlreichen Pünktchen zusammengesetzte Scheide- wand« beschrieben und erkannt, daß sie der »Plasmarest der Zelle << ist. Die von ihm beschriebenen »Pünktchen« sind eben die Knoten- pünktchen der Waben, von deren Vorhandensein er sich nicht über- zeugt hat. Hervorzuheben wäre nur noch, daß am distalen Ende der recipierenden Elemente das zwischen ihnen befindliche Zellplasma meist an Dicke bedeutend zunimmt, so daß die Elemente an ihrem Distalende fast immer etwas divergieren (Fig. 33). d. Convertiertes Auge mit trichterförmigem und rostförmigem Tapetum. Während bei Epeira die seitlich gelegenen Augen nach dem ge- wöhnlichen Typus der convertierten Augen mit trichterförmigem Tapetum gebaut sind, weichen dagegen die sog. hinteren Mittelaugen beträchtlich davon ab. Diese Augen setzen sich aus zwei ungleichen Hälften zusammen, von denen die eine nach dem Typus der convertierten Augen der Netz- spinnen, die andre dagegen nach dem der freilebenden Spinnen gebaut ist. So weit es mein Material erlaubt, möchte ich annehmen, daß wahr- scheinlich alle Species der Gattung Epeira solch dimorphe Mittelaugen der zweiten Keihe besitzen. Bertkau (85) hatte zuerst »die total verschiedenartige Ausbildung der verschiedenen Teile desselben Auges« bei Epeira erkannt. Ich werde mich mit seinen Befunden im folgenden noch zu beschäftigen haben. Wie ein Querschnitt des Auges (Taf. XVII, Fig. 35) lehrt, ist ein solches Auge ebenfalls ellipsoidisch gebaut. Wir betrachten zunächst einen Längsschnitt, der in der Richtung der kleinen Achse dieser Ellipse geführt ist (Fig. 34). Die linke Hälfte dieses Schnittes (Fig. 34) ist, wie wir sofort bemerken, nach dem Typus der convertierten Augen mit rostförmigem Tapetum gebaut, während die rechte dem der conver- tierten Augen mit trichterförmigem Tapetum nahezu entspricht. Wir beobachten in ihr ebenfalls ein trichterförmiges Tapetum (tap), das allerdings hier ungleichseitig ausgebildete »Flügel« besitzt, indem der Flügel, der diese Augenhälfte von der Gegenhälfte trennt, gleich Über i\rn feineren Bau der Anteil einiger Spinnen. 305 einer Mauer, einen Abschluß bildet. Die retortenartig gekrümmten Ibtinazellen (rz) sind nur nach der Bulbusoberfläche hin entwickelt. Sonst entspricht diese Augenhälfte, wie auch der Querschnitt lehrt (Fig. 30 rechte Hälfte), im allgemeinen ganz dem oben beschriebenen (■(invertierten Augen der Netzspinnen. Die andre Augenhälfte (links Fig. 31 und 35) ist der Medianebene des Körpers zugewendet. Wir erkennen sofort an den Tapetumstreifen (Fig. 35 tpstr), daß wir es hier mit einem Auge mit rostförmigem Tapetum zu tun haben. Der Längsschnitt (Fig. 31) ist annähernd in der Richtung der Tapetumstreifen geführt, so daß er stellenweise die (hier ein wenig schief) längsgetroffenen Tapetumstreifen (tpstr) unter der recipierenden Region zeigt. Während also das Bauprinzip mit dem des convertierten Auges der freilebenden Spinnen übereinstimmt, werden wir doch sehen, daß im einzelnen ein- fachere Verhältnisse herrschen. Zu diesem Zweck studieren wir einen Längsschnitt, der in der Richtung der großen Achse der Augenellipse geführt ist, und der die fragliche Augenhälfte getroffen hat. Ich habe in Fig. 37 drei Retina- zellen eines solchen Schnittes dargestellt. Verfolgen wir die von hinten ins Auge eintretenden Nervenfasern (nf), so beobachten wir wieder- um ihren direkten Übergang in die Basalteile der Retinazellen (bs). Im weiteren Verlauf erfahren jedoch diese Basalteile (bs) beim Durchtritt durch die Tapetumspalten keine Einschnürung (bs. e), sondern treten, im Gegensatz zu den oben beschriebenen Verhältnissen, in voller Breite in die recipierenden Elemente ein. Dies Verhalten ist nur dadurch zu erklären, daß die Tapetumstreifen hier viel schmäler sind und deshalb keine Einschnürung der Basalteile hervorrufen. Diesen Durchtritt der Basalteile (bs.e) hat Bertkau (85, S. 625) völlig übersehen; er be- hauptete, daß hier »die Nervenfasern (Basalteile) blind enden«, also nicht durch den Tapetumspalt mit den distal vom Tapetum gelegenen Retinazellen zusammenhängen. Als Ersatz für die nach seiner Meinung fehlenden Stäbchen hätten die Nervenfasern »von einer Membran um- schlossene und mit einem homogenen, zähflüssigen Inhalt erfüllte Käst- chen« ausgebildet. Diese vergleicht er mit den Phaosphären der Skor- pione. Ich werde unten noch auf diese Angabe zurückkommen müssen. Verfolgen wir zunächst den Verlauf der Retinazellen (rz) von den reci- pierenden Elementen (rcr.cl) zum Kern (r:k). Auch hier haben wir ganz einfache Verhältnisse; die Retinazellen sind von gleichmäßig verteiltem pigmentfreien Zwischengewebe (zw.pgji) umgeben, ohne daß besondere »Z wischenge websstreifen« gebildet sind, um welche die Zellen herum- biegen müßten, um zu ihrem Kernteil zu gelangen. Der Kernteil der Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 2< > 306 Eugen Widmann, Retinazellen liegt also hier stets direkt vor dem zugehörigen recipieren- den Teil (Fig. 34, 37 rzh). Zum Schluß möchte ich noch etwas auf die recipierenden Elemente dieser Augenhälfte eingehen. Bertkau (85) meinte, daß die oben er- wähnten »Kästchen« (Fig. 34, 36, 37 rec.el) eine Art Phaosphären seien. Die nähere Untersuchung zeigte mir jedoch, daß es sich um Elemente handelt, welche dieselbe Struktur haben wie die recipierenden Ele- mente der meisten andern Augen. Der Querschnitt dieser Elemente (Fig. 36), welche durch pigmen- tiertes Zwischengewebe (pig.zw) voneinander isoliert sind, zeigt uns, daß auch hier an den zwei gegenüberliegenden Flachseiten der Zellen Alveolarsäume ausgebildet sind, von dichterer und stärker lichtbrechen- der Beschaffenheit. Nach außen sind diese Säume durch eine feste und dunkel gefärbte pelliculaartige Membran abgeschlossen. Dagegen ist von einem scharf hervortretenden Cuticularsaum nichts zu er- kennen. Dies erinnert an das, was ich im embryonalen invertierten Auge von Epeira beobachtete, wo ebenfalls nur Alveolarsäume vor- handen waren, während ein dichterer Cuticularsaum noch fehlte. Zwischen den beiden Alveolarsäumen (alv) ist deutlich, wenn auch in dünner Lage, das unregelmäßige undifferenzierte Zellplasma {rz.pl) zu sehen. III, Zusammenfassung und Allgemeines. In der vorliegenden Arbeit hoffe ich eine annähernd allgemein gültige Klassifikation der anscheinend so verschiedenen Spinnenaugen gefunden zu haben. Wir sahen, daß die Einteilung auf dem Bau und dem Entwicklungsstadium beruht, bis zu welchem die Augen fort- geschritten sind, und daß das letztere wieder abhängig ist von der Lebensweise der betreffenden Spinnen. Als Hauptresultat möchte ich deshalb den Nachweis anführen, daß die Augen der freilebenden Spinnen in ihrer Entwicklung weiter fortgeschritten sind als die der Netzspinnen. Diese fortgeschrittenere Entwicklung der ersteren wird durch die freie Lebensweise ohne die Anfertigung eines Fangnetzes erklärt, indem sie beim Erbeuten ihrer Nahrung hauptsächlich durch die Schärfe ihrer Augen geleitet werden. Die Spinnenaugen sind einfache Ocellen, die zum Teil durch Inversion (vordere Mittelaugen), zum Teil durch einen einfachen Ein- Senkungsprozeß (hintere Mittelaugen und Seitenaugen) entstanden sind. Retinulaebildungen, d. h. die Bildung eines axialen Rhabdoms Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 307 durch eine Gruppe von Retinazellen, kommen bei echten Spinnen nicht vor. Vielmehr finden wir bei den auf einer niederen Stufe stehenden Augen der Netzspinnen, daß die einzelnen Retinazellen in der reeipie- renden Region immer zusammenstoßen und jede Zelle an allen Berührnngsilächen mit den benachbarten Zellen reeipierende Säume ausbildet. Bei den höher entwickelten Augen der freilebenden Spinnen sind die Retinazellen durch sekundäres Vordringen des pigmentierten Zwi- schengewebes auch in der reeipierenden Region allseitig voneinander isoliert, so daß jede Zelle zwei reeipierende Elemente an den entgegen- gesetzten Seitenflächen hervorgehen läßt. Die Erörterung, ob wir die rhabdombildenden Augen der Skorpio- niden und Phalangiden, oder die einfachen Ocellen der Aran- einen, Pedipalpen und Hydrachniden als eine höhere ent- wicklungsgeschichtliche Stufe des Arachnidenauges auffassen sollen, ist an dieser Stelle nicht meine Aufgabe. Heidelberg, im Oktober 1907. Verzeichnis der zitierten Literatur. 1886. Ph. Bertkau, Beiträge zur Kenntnis der Sinnesorgane der Spinnen. I. Die Augen der Spinnen. Aren. mikr. Anatom. Bd. XXVII. S. 589. 1886. — Über den Bau der Augen bei Spinnen. Verhandl. Naturbist. Verein für Rheinland und Westfalen. 42. Jahrgang. S. 218. 1901/03. \V. Bösenberg, Die Spinnen Deutschlands. Zoologica. Bd. XIV. Lief. 1. 1892. 0. Bütsciili, Untersuchungen über mikroskopische Schäume und das Protoplasma. Leipzig 1892. 1883. Fr. Daiil, Analytische Bearbeitung der Spinnen Norddeutschlands. Ver- handl. des natiirw. Vereins für Schleswig-Holstein. Bd. V. Heft 1. 1880. V. Graber, Über das unicorneale Tracheatenauge. Arch. mikr. 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Widmann, Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. Zool. Anz. Bd. XXXI. Nr. 24. Erklärung der Abbildungen. Gemeinsame Bezeichnungen: alv, Alveolarsäume ; int, Intercellularraum ; blr, Blutraum; ir, Iris; blz, Blutzelle; L, Linse; bs, Basalteil der Retinazelle; La, Außenlage der Linse; bs.e, Durchtrittsstelle des Basalteiles zu Li, Innenlage der Linse; den recipierenden Elementen ; Lm, pigmentierte Mittellage der Linse ; es, Cuticularsaum ; nj, Nervenfaser; ftz, Fettzelle; n.m, Hüllmembran des Nervus opticus ; gl, Glaskörper; n.o, Nervus opticus; glk, Kern der Gläskörperzelle; pig, Pigment; glpl, Plasma der Glaskörperzelle; pig.zw, pigmentiertes Zwischengewebe; gls, Secretraum der Glaskörperzelle; fr. in, präretinale Membran; ylz, Glaskörperzelle; psf.m, postretinale Membran; hy, Hypodermis; rec.el, recipierende Elemente; Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 309 rt, Retina: zw, Zwischengewebe; rz, Retinazelle; zwk, Kern des Zwischengewebes; rzfc. Kern der Retinazelle; zw.m, mittlerer oberer Zwischengewebs- rz.ph Plasma der Retinazelle; streifen; tap, Tapetuin; zw.pa, parallele obere Zwischengewebs- tph, Kern des Tapetums; streifen; fps, Tapetumspalt ; zw.pfr, pigmentfreies Zwischengewebe. tpstr, Tapetunistreifen ; Sämtliche Figuren, mit Ausnahme der Schemata, sind mit dem AßBEschen Zeichenapparat entworfen. Tafel XV. (Invertierte Augen.) Fig. 1. Epeira diademata. Sagittaler Längsschnitt durch die Anlage des invertierten Auges eines etwa 12 Tage alten Embryos. Die Abbildimg zeigt deutlich die Einstülpung des Ectoderms. Kernfärbung nach Weigert — Säurefuchsin. Vergr. 300 : 1. Fig. 2. Epeira diademata. Querschnitt durch die Anlagen der beiden invertierten Augen eines etwa 14 Tage alten Embryos. Weigert — Säurefuchsin. Vergr. 300 : 1. Fig. 3. Epeira diademata. Sagittaler Längsschnitt durch die Anlage eines con vertierten Auges eines etwa 14 Tage alten Embryos. Weigert — Säurefuchsin. Etwa 450 : 1. Fig. 4. Zilla x-notata. Sagittaler Längsschnitt durch die Anlage eines convertierten Auges eines etwa 14 Tage alten Embryos. Weigert — Säure- fuchsin. Etwa 450 : 1. . Fig. 5. Tegenaria domestica. Sagittaler Längsschnitt durch ein inver- tiertes Auge. Etwas schematisiert. Entpigmentiert. Weigert — Säure- fuchsin. Vergr. 300 : 1. Fig. G. Tegenaria domestica. Randpartie eines sagittalen Längsschnittes durch das i n v erti <• rte Auge. Die Grenzen der Iris (ir.) sind durch ** be- zeichnet. Eisenhämatoxylin. (Heidenhain) — Säurefuchsin. Vergr. 750 : 1. Fig. 7. Pnosthesima pedestris. Querschnitt durch die Kernregion des Glaskörpers des invertierten Auges. Weigert — Säurefuchsin. Vergr. 600 : 1. Fig. 8. Lycosa agricvla. Querschnitt durch die Kernregion des Glas- körpers des invertierten Auges. Weigert- Blochmann. Vergr. 300 : 1. Fig. 9. Tegenaria domestica. Zwei Retinazellen aus einem sagittalen I.iin.usschnitt durch das invertierte Auge. Die linke Hälfte ist entpigmentiert wiedergesehen. In Wasser untersucht. Eisenhämatoxylin (Bütschli). Obj. 2 mm. Ocul. 12. 1500 : 1. Fig. 10. Tegenaria domestica. Querschnitt durch die recipierenden Ele- mente. Auffallend Bind die stark hervortretenden Knotenpunkte (bei *) zwischen dem Plasma der Älveolarsäume (alv) und dem undifferenzierten Zellplasma (rzpl). Eisenhämatoxylin (BÜTSOHLl). Wasser. Obj. 2 mm. Ocul. 12. 1500:1. Fig. 11. Prosthesima pedestris. Querschnitt durch die recipierenden Ele- mente des invertierten Auges. * Knotenpunkte, wie in Fig. 9. Eisenhämatoxylin (Heidenhain). Wasser. Obj. 2 mm. Ocul. 12. 1500 : 1. 310 Eugen Widmann, Fig. 12. Lycosa agricola. Querschnitt durch die recipierenden Elemente des invertierten Auges. Etwas schematisiert. Vergr. etwa 750 : 1. Fig. 13. Lycosa agricola. Querschnitt durch eine Retinazelle des inver- tierten Auges in der recipierenden Region. * wie bei Fig. 9. Eisenhämatoxylin (Bütschli). Entpigmentiert. Schnittdicke etwa 1,5 — 2,«. Obj. 2 mm. Ocul. 18. 2250 : 1. 1 i Fig. 14. Lycosa agricola. Längsschnitt durch drei Retinazellen des in- vertierten Auges. Weigekt-Blochmann. Die Grenze zwischen Retinazelle und Nervenfaser ist etwa bei *. Links ist das Pigment weggelassen. Vergr. 300 : 1. Fig. 15. Lycosa agricola. Längsschnitt durch eine Retinazelle des in- vertierten Auges in der recipierenden Region. Entpignientiert. Eisenhämatoxylin (Bütschli), Wasser. Obj. 2 mm. Oc. 18. Vergr. 2250 : 1. Fig. 16. Lycosa agricola. Sagittaler Längsschnitt durch den Nervus opti- cus bei seinem Eintritt in das invertierte Auge. Entpigmentiert. Härnatoxylin- Eosin. Vergr; 300 : 1. Fig. 17. Lycosa agricola. Querschnitt durch einen Teil des Nervus opticus des invertierten Auges. Dahlia. Untersucht in Wasser. Obj. 2 mm. Ocul. 12. Vergr. 1500 : 1. Fig. 18. Meta segmentata. Längsschnitt durch eine einzelne Nerven- faser des Nervus opticus. Eisenhämatoxylin. (Bütschli). Wasser. Schnitt- dicke etwa 1,5 /n. Obj. 2 mm. Oc. 18. Vergr. 2250 : 1. Fig. 19. Lycosa agricola. Längsschnitt durch den Eintritt der Nerven- faser in eine Retinazelle des invertierten Auges. Die Grenze zwischen dem Plasma der Retinazelle und der Nervenfaser ist etwa bei **. Eisenhämatoxylin. (Bütschli), Wasser. Obj. 2 mm. Oc. 18. Vergr. 2250 : 1. Tafel XVI. Convertierte Augen. Fig. 20. Tegenaria domestica. Längsschnitt durch ein Mittelauge der zweiten Augenreihe. (Convertiertes Auge.) Aus einer Serie von Schnitten, die in frontaler Richtung zum Cephalothorax geführt sind. In der rechten Hälfte ist das Pigment weggelassen. W'eigert — Säurefuchsin. Vergr. 300 : 1. Fig. 21. Tegenaria domestica. Sagittaler Längsschnitt durch ein Mittel- auge der zweiten Augenreihe. (Convertiertes Auge.) Ganz entpigmentiert. Die Grenze zwischen Iris (ir) und Glaskörper ist durch * bezeichnet. Vergr. 300 : 1. Fig. 22. Amaurobius ferox. Querschnitt durch ein convertiertes Auge. Die untere Hälfte ist entpigmentiert gezeichnet. Hämatox^ylin-Eosin. Vergr. 300 : 1. Fig. 23. Amaurobius ferox. Längsschnitt durch die reeipierende Region zweier Retinazellen. (Aus einem sagittalen Längsschnitt durch ein convertiertes Auge.) * wie Fig. 10. Schnittdicke etwa 2 /j. Eisenhämatoxylin. (Heiden- hain) Wasser. Obj. 2 mm. Oc. 18. Vergr. 2250:1. Fig. 24. Zwei Schemata zur Veranschaulichung des Verlaufes und der Ge- stalt der Retinazellen im convertierten Auge der Netzspinnen. A. Aus einem fron- talen Längsschnitt. B. Aus einem sagittalen Längsschnitt. Vergr. etwa 300 : 1. Fig. 25. Lycosa agricola. Sagittaler Längsschnitt durch ein convertiertes Auge der zweiten Augenreihe. Der Schnitt ist absichtlich nicht genau durch die sagittale Medianebene des Auges geführt, weshalb der genau durch die sagittale Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. 311 Medianebene führende mittlere obere Zwischengewehsstreifen nicht getroffen ist. Eämatoxylin (Dia^ArrBLD)-Säurefachsin. Vergr. etwa 110:1. Kg. 26. I. Schema des Verlaufes einer Gruppe von vier Betinazellen aus einem sagittalen Längsschnitte durch das eonvertierte Auge der 2. Augenreihe einer freilebenden Spinne. B. Schema einer Retinazelle aus einem frontalen Längs- schnitt desselben Auges. Der Schnitt ist so geführt (vgl. A.), daß der Tapeturn- streifen (tpstr) und der obere quere parallele Zwischengewehsstreifen (zw.pa) ge- troffen ist. C. Schein;! einer Zelle aus demselben Schnitte wie B. Der Schnitt ist so geführt, daß (vgl. A.) die Retinazelle in ihrer ganzen Ausdehnung getroffen ist. Fig. 27. Lycosa agricola. Sagittaler Längsschnitt, fast genau durch die sagittale Medianebene des Auges geführt. Infolgedessen ist der genau in dieser Richtung verlaufende mittlere Zwischengewehsstreifen (zw.m) angeschnitten, so daß an dieser Stelle die meisten Retinazellen in ihrem Verlaufe unterbrochen sind, da sie um diesen Zwischengewehsstreifen in senkrechter Richtung zur dar- gestellten Ebene herumbiegen müssen. Weigert — Säurefuchsin. Vergr. etwa 600 : 1. Fig. 28. Lycosa agricola. Querschnitt durch einen Teil des convertierten Auges in der Region der oberen Zwischengewehsstreifen. Weigert-Bloch m \ \ \ . Vergr. 500 : 1. Fig. 29. Lycosa agricola. Querschnitt durch einen Teil eines convertierten Auges in der reeipierenden Region. Der Pfeil zeigt die Schnittrichtung des in Fig. 27 dargestellten Längsschnittes an. Weigert-Blochmann. Obj. 2 mm Oc. 8. Vergr. 1000 : 1. Fig. 30. Lycosa agricola. Querschnitt durch ein convertiertes Auge in der oberen Basaln-^ion der Retinazellen (bs) und der Tapetunistreifen (tpstr). Weigert — Säurefuchsin. Vergr. 650 : 1 . Fig. 31. Querschnitte durch die reeipierenden Elemente A. von Lycosa agricola. Gefärbt mit Dahlia. Die Alveolarsäume (alv) und der Cuticularsaum haben beide die Farbe so stark angenommen, daß es den Anschein erwecken könnte als sei keine Grenze zwischen ihnen. B. und C. von Lycrosa agicola. Gefärbt mit Eisenhämatoxylin (Bütsohli). Erst hier ist die Struktur deutlich. Bei C. ist das Plasma (rzpl) stark reduziert. I). von Tarentula sp. Gefärbt mit Eisen- hämatoxN lin J lü ts< iii.i). Hier ist der Cuticularsaum (es) noch von einer dünnen ialag< {alv) umgehen. A. — D. Untersucht in Wasser, Schnittdicke etwa 1,5— 2 n. Obj. 2 nun. Oc. 18. Vergr. 2250 : 1. Fig. 32. Lycosa agricola. Querschnitt durch eine Retinazelle an der Basis der reeipierend« n Elemente, um den Eintritt des Basalteiles zwischen die reei- pierenden Elemente (bs) zu demonstrieren. In den mit Dahlia gefärbten Prä- paraten haben Bich die reeipierenden Elemente so stark tingiert, daß ihre Struktur mir andeutungsweise zuerkennen ist. üntersuchl in Wasser. Obj. 2mm. Oc. 18. Vergr. 2251 > : 1 . Fig. 33. Lycosa agricola. Längsschnitt durch die reeipierende Region zweier Eletinazellen des convertierten Auges. Eisenhämatoxylin (Bütsohli), V. Obj. 2 mm. Oc. 18. Vergr. 2250:1. Tafel XVII. . Fig. 34 — .'57. Epeira diademata. Fig. 34. Epeira diademata. Längsschnitt durch das Mittelauge der zweiten 312 Eugen Widmann, Über den feineren Bau der Augen einiger Spinnen. Augenreihe (convertiertes Auge). In der Iris (ir) ist beiderseits das Pigment weggelassen. Weigert — Säurefuchsin. Vergr. 300 : 1. Fig. 35. Epeira diademata. Querschnitt durch das Auge. Der Dimor- phismus der Retina tritt deutlich hervor. Weigert — Säurefuchsin. Vergr. etwa 200 : 1. Fig. 36. Epeira diademata. Querschnitt durch die recipierenden Ele- mente zweier Retinazellen. Aus der der Körpermitte genäherten Augenhälfte. Cuticularsäume fehlen! Eisenhämatoxylin (Heidenhatn), Wasser. Obj. 2 mm. Oc. 18. Vergr. 2250 : 1. Fig. 37. Epeira diademata. Retinazellen der Augenhälfte mit rostförmigem Tapetum. Aus einem sagittalen Längsschnitt. Weigert — Säurefuchsin. Vergr. etwa 300 : 1. Über Mimikry und verwandte Erscheinungen, Von E. Zugmayer. Kaum jemals hat eine wissenschaftliche Theorie so rasch in wei- testen Kreisen Fuß gefaßt und ist so populär geworden, wie die seit dem Jahre 1862 aufgestellte Theorie von Bates und Wallace über »Mi- mikry und andre schützende Ähnlichkeiten bei Tieren <<. Sie wurde bei ihrem Auftreten nicht nur von der wissenschaftlichen Welt mit geringen Ausnahmen angenommen, sondern verbreitete sich rascher als dies sonst der Fall zu sein pflegt auf das gebildete Laienpublikum. In diesem letzteren hat sie auch heutigen Tages noch fast unbeschränkte Geltung, von Fachmännern dagegen wurde besonders in den letzten Jahren wiederholt der Versuch gemacht, die Mimikrytheorie entweder ganz abzuschaffen oder wenigstens ihre Gültigkeit bedeutend einzu- schränken. Gewiß ist die Theorie der schützenden Nachahmung sehr geeignet, ein Gebiet großer Übertreibungen zu werden, zumal mit ihr oftmals Schutzfärbung und andre Mittel, durch die sich Tiere ihren Verfolgern zu entziehen suchen, zusammengeworfen werden. Gegen derartige Verwechslungen und gegen die übertriebene Bedeutung, die dem mimetischen Schutz gelegentlich zugemessen wird, zu Felde zu ziehen, ist mir gerechtfertigt; verfehlt aber scheint es, die Mimikry- theorie stürzen zu wollen, bevor für die unstreitig vorhandenen Phä- nomene, die ihr zugeschrieben werden, eine bessere Erklärung vor- handen ist, als die bisherige. CJewiß gilt jede Theorie oder Hypothese nur so lange, als sie nicht durch eine bessere und uns richtiger schei- nende ersetzt wird, aber solange man sie nicht ersetzen kann, darf in an ihr die Daseinsberechtigung nicht absprechen. In der Übersetzung der grundlegenden Abhandlungen von Wall \< t. ' 1 »Mimikry und andre schützende Ähnlichkeiten bei Tieren« und »Bei- träge zur Theorie der natürlichen Zuchtwahl « ; deutseh von A. B. Meyer, Erlangen 1870. 314 E. Zugmayer, durch A. B. Meyer wird der Begriff der Mimikry folgendermaßen definiert : »Die Mimikry ist dasjenige Phänomen der natürlichen Zuchtwahl, daß gewisse Tiere durch ihr Äußeres, d. h. Form und Farbe, oder auch durch gewisse Gewohnheiten derart das Äußere von andern Tieren oder leblosen Objekten, die durch gewisse Eigenschaften vor ihren Feinden geschützt sind, nachahmen, daß sie sich nun selbst dieses Schutzes erfreuen.« Ganz rückhaltlos kann auch der Verteidiger der Mimikrytheorie diese Definition nicht annehmen ; sie bedarf vielmehr einer Erweiterung insofern, als die Mimikry nicht nur dem Schutz vor Feinden dienen, sondern auch Räubern das Erreichen ihrer Beute erleichtern kann; ich würde hier gern von aktiver und passiver Mimikry sprechen, eine Unter- scheidung, auf die ich später zurückkommen werde. Ferner müßten unter leblosen Objekten auch Pflanzen verstanden werden, und es ist durchaus nicht nötig, daß das mimetisierende Tier eine Pflanze oder einen Gegenstand nachahmt, der vor seinen Feinden geschützt ist, son- dern es genügt, wenn das nachgeahmte Objekt keine Feinde hat; durch diese Konzession wird die Zahl der mit Vorteil nachgeahmten Objekte bedeutend vermehrt. Gegen die Basierung der Mimikry theorie auf die natürliche Zucht- wahl wendet Denso1 ein, daß die Anfänge einer durch gelegentliche Variation hervorgerufenen Ähnlichkeit notwendig viel zu gering sein mußten, um dem nachahmenden Tier bereits genügenden Schutz vor seinen Feinden zu verschaffen, auf daß sich die schützenden Merkmale durch Kumulation infolge der natürlichen Auslese als tatsächlich wirk- sam erweisen könnten und folgert daraus (S. 7 I.e.), daß die natürliche Zuchtwahl unmöglich dieses Resultat hervorgebracht haben könne. Der Einwand ist gewiß bis zu einem bestimmten Grad berechtigt, aber stehen wir in Fragen der natürlichen Auslese nicht überall vor diesem schwierigen Punkt? Konnte zum Beispiel der erste kleine Ansatz auf dem Frontalknochen eines hirschartigen Tieres diesem genug Vorteil bieten, um durch Selection vererbt und zum Geweih ausgebildet zu werden ? Und doch bleibt uns keine andre Annahme übrig. Was uns also bei andren Fragen als Erklärung dient, muß auch bei der Mimi- krytheorie zulässig erscheinen. Ein andrer Einwurf, der gegen die Mimikry theorie erhoben wurde, ist der, daß sie zu sehr anthropomorphistisch — besser anthropocen- 1 P. Denso, Über Mimikry. Bull. Soe. Lepiclopt. Geneve, I. 1905. Über Mimikry und verwandte Erscheinungen. 315 irisch — sei. daß bei weitem nicht erwiesen sei, daß, was uns Menschen einen bestimmten Farbeneindruck erzeuge, denselben auch bei Tieren hervorrufe . und daß möglicherweise die Tiere ganz andre Farben- empfindungen hätten wie der Mensch. Dagegen läßt sich nun freilich nichts einwenden, aber es wird auch schwer fallen, diese Ansicht zu beweisen, und solange dies nicht geschehen ist, können wir mit Ruhe annehmen, daß die Sinneswahrnehmungen der Tiere, wenigstens der Wirbeltiere, bei gleichen Erregern die gleichen seien wie bei uns, daß, wenn sie einen braunen Baum braun sehen, sie auch den darauf sitzen- den, für uns gleichfarbigen Käfer ebenfalls gleichfarbig empfinden, und daß ein Bacillus, der uns wie ein Ästchen erscheint, ihnen eben- falls wie ein Ästchen erscheint. Bezüglich der Geruchsempfindungen ist der Parallelisnms allerdings schwieriger, ebenso wie für den nah- verwandten Geschmackssinn. Daß jedoch eine Spitzmaus sich vor dem scharfen Geruch eines Carabiden erschreckt zurückzog, konnte ich selbst beobachten, und die Beobachtung Densos, daß ein Sperling mit einer der für widerlich riechend geltenden Cossus - Raupen zum Nest flog, liefert keinen Beweis, da die Beobachtung nicht bis zum Gefressen- werden der Raupe ausgedehnt wurde. Ebensowenig kann ich das Bei- spiel gelten lassen, das Stichel1 und nach ihm v. Aigner-Abafi2 er- wähnt und da- 'ine Beobachtung Fruhstoefers erzählt. Fruhstorfer warf in Java einige Schmetterlinge den Hühnern vor, und darunter befanden sich auch Exemplare der Gattung Euploea, die als ein Bei- spiel für Schutz durch schlechten Geschmack, verbunden mit Warn- Earbe, gilt. Die Hühner pickten die Schmetterlinge wTahllos auf und ließen die Euploen eist lallen, als sie den schlechten Geschmack emp- fanden. Daraus folgert v. Aigner, daß »das Kleid des Schmetterlings ihn nicht vor dem Angriffe schützt. Wird er dabei für gu1 und ge- nießbar befunden, so hilft keine Schutzfarbe« (1. c). Das Beispiel scheint mir nicht stichhaltig; zunächst sind Hühner als mehr oder weniger domestizierte Tiere keine geeigneten Objekte für solche Ver- suche, und dann ließen sie ja die Euploen wieder lallen, wahrscheinlich ohne sie getötet zu haben. Ganz gewiß muß sich der insectivore Vogel hauptsächlich durch Erfahrung von dem schlechten Geschmack be- stimmter Insekten überzeugen, obzwar es bei nesthockenden Vögeln wahrscheinlich ist, daß sie hauptsächlich diejenigen Insekten verfolgen, ' ihnen gewissen aßen bereits durch ihre Eltern empfohlen sind. 1 St* ihi. Berl. Ent. Zeitachr. Bd. XLV. L900. S. 52 u. 53. •- L. v. Ah.m k- Ar. vfi. Über Mimikry. Ällg. Zeitschr. für Entom. Bd. VII. 1902. 316 E. Zugmayer, Jedenfalls aber wird sich der Vogel bald merken, welche Insekten übel schmecken, und wenn er diese nicht mehr verfolgt, wird er ebenso die- jenigen verschonen, die den derart geschützten ähnlich sind; v. Aigner nennt es selbst eine Tatsache, daß Hühner die Euploen und Danaiden verschmähen, und hätte Fruhstorfer die erwähnten Hühner regel- mäßig mit Schmetterlingen gefüttert, so würde er bestimmt beobachtet haben, daß sie zu unterscheiden lernen und nicht einmal mehr einen Versuch machen, die übelschmeckenden Formen aufzupicken. Solange der Feind unbefangen ist, wird er wahllos alles aufnehmen, was sich ihm bietet, das Widerliche jedoch wieder fallen lassen und sich merken; ist dergestalt erst Erfahrung vorhanden, so wird auch für die mime- tisierende Form ein klarer Vorteil entstehen, ebenso wie ein solcher dadurch gegeben ist, daß die widerlich schmeckende Form sich durch lebhafte — Trutzfarben — bemerkbar macht. Hier stehen sich allerdings, wie auch Denso bemerkt, zwei An- sichten diametral gegenüber; die eine, die behauptet, daß ein Vorteil durch Farbenmimikrv erreicht werden könne und eine andre, die gerade in auffälligen Farben ein Schutzmittel sieht; gegen die erstere wird nicht viel einzuwenden sein; daß ein Tier, das in der Färbung mit seiner Umgebung übereinstimmt, sich eines Vorteiles erfreut, ist klar; schwieriger ist es, Trutzfarben überhaupt zu erklären, und insbeson- dere mimetische Trutzfarben; die mimetische Nachahmung andrer Tiere ist ja wohl der schwächste Punkt der Mimikrylehre und auch nur ein Teil derselben, obgleich der Teil, durch den ihre Autoren zu- erst auf die ganze Lehre aufmerksam gemacht wurden. Trotzdem wird man auch in diesem Punkt mit den Anhängern der Mimikryhyothese übereinstimmen müssen, wenn man beispielsweise den Fall von Papilio merope betrachtet, über den u. a. Rey1 berichtet. Bei dieser Form, die besonders auf Madagaskar und in Afrika verbreitet ist, findet sich ein auffallender Dimorphismus zwischen q* und Q ; am geringsten ist dieser in Madagaskar, in verschiedenen Teilen Afrikas dagegen sehr groß; während die Männchen aller Verbreitungsbezirke ziemlich uni- form gefärbt sind, sind die Weibchen überall anders gefärbt und regel- mäßig auffallend ähnlich mit geschützten Formen der Gattungen Da- nais und Amauris. Unter diesen Umständen ist es schwer eine andre Erklärung für dieses Phänomen zu finden, als eben mimetische Nach- ahmung einer durch Ekelgeschmack geschützten Form. 1 Nach E. Haase, Untersuchungen über Mimikry. Berliner Ent. Zeitschr. Bd. XLV. 1900. Übet Mimikry und verwandte Erscheinungen. 317 Ein ähnliches Beispiel ist Sesia, von der gesagl wird, daß sie durch Nachahmung von Wespen geschützt sei; hier wendet v. Aigner 1. c. ein, daß diese Nachahmung nichts nütze, da Wespen auch Feinde hätten, die sie trotz ihres Stachels verzehrten. Gewiß ist kein Tier durch seine Schutz- oder Trutzwaffe jeder Verfolgung entzogen; spe- ziell bei Wespen jedoch ist es bekannt, daß sie von Kreuzspinnen, die sonst jede Fliege sofort töten und einwickeln, absichtlich durch Zer- beißen der Netzfäden befreit werden, wenn sie sich in das Netz ver- stricken. Jedenfalls ist die Spinne durch große Ähnlichkeit mit einer Wespe zu täuschen und wird auch der mimetisierenden Form die Frei- heit wiedergeben. Bezüglich Sesia fügt v. Aigner hinzu: »Übrigens ist die angebliche Nachahmung in diesem Fall auch sonst unwahr- scheinlich, weil von den Sesien, ihrer Lebensweise zufolge, mit Sicher- heit angenommen werden kann, daß sie ihre Gestalt und Färbung seit ihrer Entstehung nicht veränderten.« Dies will nicht recht einleuchten; einen Zeitpunkt der Entstehung des Genus Sesia kann man füglich nicht annehmen, denn bis zum Erreichen ihres heutigen Aussehens haben sie wohl eine ganze Reihe von Stadien durchgemacht, in denen sie anders gestaltet und gefärbt waren wie heutigentags, und wenn die Ähnlichkeit mit Wespen einen Vorteil bot, so kann die weitere Aus- bildung der Sesien auch in dieser Richtung erfolgt sein. Hierbei ist es auch oiclrl einmal nötig, die nachgeahmten Hymenopteren als phylo- genetisch älter aufzufassen, als die nachahmenden Lepidopteren, ob- gleich es in diesem Fall so ist. Die Lage kann sehr gut so gedacht werden, daß bei zwei phylogenetisch gleichaltrigen Gruppen die eine die andre zu imitieren beginnt; es kann sogar die phylogenetisch ältere Form, nachdem sie lange Zeit ohne mimetischen Schutz existiert hat, damit beginnen, eine neuauftauchende, stammesgeschichtlich jün- gere Form zu imitieren, die sich aus irgend einem Grund als vor ihren Feinden besser geschützt erweist. Wenn man diese Möglichkeit leugnen wollte, müßte man auch behaupten, daß von Tieren imitierte Pflanzen stets stammesgeschichtlich älter sein müßten als die betreffenden Tiere. Deshalb fällt es mir auch schwer, mit Werner1 übereinzustimmen, wenn er betont, daß die Boiden und Aglyphen älter seien als die •■ii Schlangen und in dieser Tatsache eine Schwierigkeit sieht, inso- fern, als die älteren giftlosen Schlangen nicht leicht die jüngeren gif- tigen mimetiscli hätten nachahmen können. Was im übriger] Wkkxers 1 F. Werner, Das Ende der Mimikrj Hypothese. Biol. Centralblatt. Bd.XXvTI. 1907. Nr. 6. 318 E. Zugmayer, Ausführungen über die Fragwürdigkeit der Beispiele von Schlangen- mimikry anbelangt, so sind sie allerdings so überzeugend, daß sich wenig oder nichts dagegen erwidern läßt. Immerhin scheint es mir nicht ganz richtig, daß Schlangen überall gleichmäßig von Wilden und Gebildeten erschlagen werden; im Gegenteil ist die Angst vor ihnen meist größer als die Mordlust oder der Mut und in gewissem Sinn sind alle Schlangen wenigstens vor dem Menschen einigermaßen durch die Tatsache geschützt, daß es überhaupt giftige Schlangen gibt, und daß dem Laien jede Schlange von vornherein als verdächtig erscheint. Nimmt man aber an, daß der Mensch giftige Schlangen tötet, ungiftige jedoch verschont, so käme man zu dem merkwürdigen Schluß, daß die mimetische Nachahmung einer Giftschlange der mimetisierenden Form sogar verderblich werden müßte. Anderseits braucht man aber nur die ebenso unbegründete . wie heftige Angst zu betrachten, die die Ungebildeten der meisten Nationen vor Eidechsen haben, um zu sehen, daß die unbedingte Furcht vor einem Tier seitens der Menschen sehr zu dessen Schutz beiträgt. Und da vollends Naturvölker zwar alle Schlangen fürchten werden, die wirklich giftigen jedoch aus Erfahrung kennen und besonders meiden, würde mit Rücksicht auf den Menschen für die imitierende Schlange ein Vorteil in ihrer Mimikry liegen. Nun ist es freilich schwer auszudenken, daß irgend eine Form der Mimikry erst durch die Verfolgung seitens des Menschen entstanden sei, obgleich auch dies nicht ganz unmöglich ist; wir kennen eine Reihe von Tieren, besonders Parasiten, die ihre heutige Ausbildung offenbar erst seit dem Bestehen des Menschengeschlechtes erlangt haben und die also in relativ kurzer Zeit bedeutende Veränderungen durchgemacht haben; so wäre es auch nicht ausgeschlossen, daß auch Mimikry in Gestalt der Nachahmung eines vor dem Menschen mehr oder weniger sicheren Tieres erst seit dem Auftreten des Menschen entstanden sei. Sicher aber gibt es Mimikry in Gegenden, die von Menschen nie be- treten wurden, und sicher hat es Mimikry lange vor den ersten Menschen gegeben; nur diese zu täuschen kann also unmöglich ihre Funktion sein. Von Affen jedoch wird berichtet, daß sie giftige und giftlose Schlangen zu unterscheiden vermögen und dementsprechend vor einer mimetischen Form in gleicher Weise die Flucht ergreifen, wie vor einer wirklich gefährlichen. Und so werden sich wohl auch Tiergruppen, die zu Schlangen in einem Nahrungs Verhältnis stehen, durch mimetische Formen abschrecken lassen, obzwar mir ein Beispiel dafür nicht be- kannt ist. Bezüglich der turkestanischen Arten von Phrynocephalus, speziell Über .Mimikry und verwandte Erscheinungen. 319 /'//. interscapularis und hclioscopus, habe ich bereits einmal1 eine Be- obachtung erwähnt, die ich, wenngleich mit Zweifeln, mit Mimikry in Zusammenhang brachte, insofern nämlich, als die roten, blau umrän- derten Flecken auf dem Rücken dieser Tiere als mimetische Nach- ahmungen von Häufchen Vogelkot gedacht seien. Es ist sicher weil gegangen, wenn man mimetische Imitationen auf Dejekte ausdehnen will, und ich würde das Beispiel nicht wieder erwähnen, wenn ich nicht ein ähnliches seither erfahren hätte. Sehr oft findet man im Wald die Blätter von Bäumen und Sträuchern mit weißlichen Flecken bedeckt, den Darmdejeki.ii von Vögeln, die über den Blättern saßen. Solchen Flecken sind gewisse Mikrolepidopteren in der Ruhelage außerordent- lich ähnlieh, besonders da sie sehr flach sind und nur wenig über die Ebene des Blattes hervorragen. Dem menschlichen Sammler oder Be- obachter allerdings wird auf größere Entfernung der hellfarbige Fleck auffallen und ihn näherlocken, da er wie ein auf dem Blatt sitzender kleiner Schmetterling aussieht; hier also kann von Mimikry nicht die Rede sein, vielmehr es ist nicht der Mensch, der derart getäuscht werden soll. Vögel jedoch müssen in jenen weißen Flecken, die sie ja selbst hervorrufen, ein alltägliches Ding sehen und schenken ihnen vermutlich keinerlei besondere Aufmerksamkeit; durch die Ähnlichkeit mit diesen Kotfleckchen erscheinen also die kleinen Lepidopteren vor den Verfolgungen von Seiten der Vögel geschützt. Daß die Nachahmung von organischem Detritus nicht eine allzu abenteuerliche Idee ist, zeigen verschiedene Blattheuschrecken und Schmetterlinge, die nicht nur frische Blätter imitieren, sondern auch solche, die bereits verwelkt, braun, durchlöchert und ausgefasert sind (Pterochroza , Aenea usw.). Und wem derartige Schutzmittel als zu kompliziert erscheinen, um glaubwürdig zusein, der denke nur an das Rebhuhn, das den Verfolger von seinem Nest abzieht, indem es vor- gibt, flügellahm zu sein und dem Feind derart eine bessere Beute in Aussichl stellt. Der Fall kann zwar nicht unter dem Titel Mimikry eingereiht werden, aber er zeigt, wie reichhaltig der Vorrat an Mitteln ist, die in der Tierwelt zum Schutz angewendet werden. Dies bringt mich auf die Frage, ob den durch Farben- oder andre Mimikry bevorteilten Tieren dieser Vorteil bewußt sei und ob sie die ihrer Färbung oder Gestalt entsprechende Umgebung mit Überlegung nicht verlassen, beziehungsweise wieder aufsuchen. Inwieweü wir Be- wußtsein, Erinnerungsvermögen und überlegte Handlungen im Tierreich 1 E. ZroMAYER, Beitr. z. Herpetologie von Vorderasien. Zool. Jahrb. Syst. Bd. XXIII, 1906. 320 E. Zugmayer, annehmen dürfen, kann hier zu erörtern nicht meine Sache sein, und es ist auch gar nicht nötig, den mimetisierenden Tieren Über- legung zuzuschreiben; insbesondere meine ich hier die durch Schutz- färbung ausgezeichneten; in einer mit seiner Farbe stark kontrastie- renden Umgebung wird das Tier leichter erkennbar sein, und nach dem Gesetz des Überlebens des Geeignetsten werden die Formen, die sich in ein andres Milieu begeben, als das, dem sie angepaßt sind, bald ver- schwinden. Doch erwähnt Vosseler1 bezüglich einiger nordafrikanischer Acridier, daß sie, die an ihre Umgebung meisterhaft angepaßt sind, den- selben eng umgrenzten Platz wieder aufsuchen, wenn sie davon ver- trieben werden. Derselbe Autor nennt das Beispiel von Eremobia, die so sehr auf ihre Anpassung vertraut, daß sie mit dem Fuß angestoßen werden kann, bevor sie die Flucht ergreift. Werner dagegen betont, daß gerade das Vertrauen auf die Anpassung gering sei, und daß ihm vielfach Flucht oder Herabfallenlassen vorgezogen wird, mit Ausnahme einiger namentlich aufgeführter Gruppen. Hasen, Kaninchen, Hühner und auch Enten bleiben in der Tat in ihren Bodenmulden beim Heran- nahen des Jägers so lange still liegen, bis die unmittelbare Gefahr des Zertretenwerdens sie in die Flucht treibt. Dasselbe läßt sich aber auch von Heuschrecken, Eidechsen und andern sagen, und dazu kommt, daß der Verfolger eben nur die Tiere entdeckt, die erschreckt die Flucht ergreifen, während die zweifellos weit zahlreicheren, die ruhig sitzen bleiben, einfach nicht bemerkt werden. Sowie sich das Tier entdeckt glaubt oder weiß, oder sowie es wahrnimmt, daß der Verfolger speziell ihm als Individuum nachstellt, wird die Flucht zum besten Schutz- mittel, aber darin eben liegt der Vorteil der mimetischen Anpassung, daß die betreffende Form überhaupt nicht Gegenstand der Verfolgung wird. Es kann auch nicht als Beweis dagegen gelten, wenn gut ange- paßte Formen trotzdem ihren Feinden zum Opfer fallen. Das Beispiel der schutzgefärbten Heuschrecken in Vogelmagen beweist nur, daß die Anpassung keinen absoluten Schutz gewährt; einen solchen bietet über- haupt kein Mittel. In diesem von Werner zitierten Fall ist das massenhafte Auftreten der Heuschrecken an sich schon ein Mittel zur Erhaltung der Art, und dazu kommt noch die Schutzfärbung, die aller- dings nicht alle Vertreter der Art zu retten vermag. Man kann sich kein Tier denken, das trotz der besten Anpassung geschützt wäre, wenn es in Schwärmen auftritt ; mit einem Vergleich : Ein Heer von in Khaki gekleideten Soldaten wird immer auffallen, der einzelne Mann jedoch oder kleine Abteilungen werden unbemerkt bleiben. i R. Vosseler, Zool. Jahrb. Syst. Bd. XVII. 1903. Über Mimikry und verwandte Erscheinungen. 321 Sehr charakteristisch ist das Verhalten der Eidechsen der Gattung Phrynocephftlus, die ich unzählige Male zu beobachten Gelegenheit hatte. Diese sind stets in vollendeter Weise ihrer Umgebung angepaßt, gleich- gültig, ob sie im Sand der Wüste leben oder auf einer Halde aus De- tritus d»T verschiedensten Gesteine. Ich habe in Tibet wiederholt Phrynocephali gefangen, die ganz unwahrscheinlich prächtig gefärbt waren. Ich führe die Beschreibung an, die ich an Ort und Stelle von den Farben eines frisch gefangenen Tieres in mein Notizbuch schrieb: »Oberseite mit tiefschwarzer Zeichnung auf zart blaugrünem Grund, Kopf ziegelrot, ebenso Augenlider, Nasenlöcher und Kieferspitzen; Flanken graugrün, Kieferränder abwechselnd blau, gelbgrün und ziegel- rot; Schwanzende tief schwarz. Flecken auf Kehle und Bauch tief- schwarz, Unterseite im übrigen fleischfarbig.« Jedenfalls ist dies eine ziemlich prunkvolle Färbung, aber trotzdem war dieser Phrynocephalus ebenso wie zahlreiche andre, die ich erbeutete, so vollendet an die Farbe der Umgebung angepaßt, die aus Grus granitischer Gesteine bestand, daß ich die Tiere auf eine Entfernung von 2 Metern nicht mehr wahrnehmen konnte, trotzdem ich sie eine Sekunde vorher noch hatte laufen sehen und trotzdem ich wußte, daß die Eidechse in näch- ster Nähe sitzen müsse. Erst unmittelbar vor meinem Fuß ergriff sie wieder die Flucht, um nach wenigen Metern wieder still sitzen zu bleiben. Hier ist das Vertrauen auf die Schutzfarbe außerordentlich und sehr berechtigt. Die Phrynocephali der sandigen Ebene wenden genau dasselbe Verfahren an; sie laufen, wenn man sie aufscheucht, einige Meter und bleiben dann stehen, bis man wieder auf nahezu Greifdistanz herangekommen ist; trotzdem die Gestalt eines aufrecht stehenden Menschen ihnen jedenfalls große Furcht einflößt, bleiben sie geradezu in seinem Schatten liegen und vertrauen ihrer Färbung mehr als ihrer Schnellfüßigkeit. Außerdem aber haben sie eine Gewohnheit die ich. wenngleich nur mit starkem Zweifel, als ein Beispiel von Mi- mikrv nach einem Skorpion anführen möchte. Nähert man sich einem stillsitzenden P/rri/noccphalus, den man durch einen günstigen Beleuch- tungseffekt wahrgenommen hat, so verharrt er zunächst regungslos; kommt ni.in ihm näher, so biegt er den Schwanz nach rückwärts in die Höhe und bewegt ihn heftig hin und her; erst im Moment des Er- hascht werdens will er die Flucht ergreifen. Dieses Verhalten ist sehr auffallend; die Schwanzbewegungen gleichen genau denen, die ein auf- gestörter Skorpion ausführt und durch die Ringelung des Schwanzes. dieanSegmentation erinnert, sowie durch die dunkel abgesetzte Schwanz- spitze wird die Ähnlichkeit noch größer. Das Hochheben des Schwanzes Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC Bd. 21 322 E. Zugmayer, kann dem Tier keinen sonstigen ersichtlichen Vorteil bieten, denn auf der Flucht wird der Schwanz nachgeschleppt und das Hochheben kann also nicht als Sprungbereitschaft gelten. Die Eingeborenen glauben fest daran, daß die kleine Eidechse mit der Schwanzspitze giftige Stiche versetzen kann und fürchten sie deshalb sehr; mir erzählte ein sonst sehr glaubwürdiger und gebildeter Turkestaner sogar, daß ein Knabe seiner Bekanntschaft an einem solchen Stich gestorben sei ! Die Haupt- feinde der Phrynocephali in der Ebene sind Igel und Wiesel; von ersterem ist mir allerdings nicht bekannt, wie er sich Skorpionen gegen- über verhält, die letzteren dagegen werden möglicherweise durch die mimetische Nachahmung in Furcht gehalten. Was mich besonders veranlaßt, den Fall anzuführen, ist, daß die Phrynocephali der tibeta- nischen Hochebene die so charakteristischen Schwanzschwingungen nicht ausführen ; nur einmal , und zwar unmittelbar an der Grenze zwischen Turkestan und Tibet, habe ich einen PhrynocepTialus in dieser Stellung gesehen, sonst in Tibet nicht wieder, obgleich ich dort Hun- derte von ihnen beobachtete oder fing1. In Kaschmir jedoch zeigen sie wieder diese eigentümliche Gewohnheit, und hier finden sich auch wieder die Skorpione, die in Tibet fehlen, ebenso wie der Aberglaube der Be- völkerung hier wieder auftaucht. Die Feinde der Phrynocephali in Tibet sind lediglich Corviden und kleinere Raubvögel wie Buteo, Tinnun- culus, Circus u. a. Vor diesen, die während des Fluges nach Beute ausspähen, schützt sich die kleine Echse durch die Schutzfarbe besser als durch jedes andre Mittel, wenngleich sie trotzdem ihren Verfolgern oft genug zum Opfer fällt; aber ein vollständiger Schutz kann durch nichts erreicht werden. Daß vielfach, wie bei Hühnervögeln, ferner bei Eidechsen und Schmetterlingen das Weibchen bedeutend besser schutzgefärbt ist als das Männchen, oder daß das Weibchen geschützte Formen nachahmt, wie bei Papilio merope, Hypolimnas misippus u. a., bei denen das Männchen keinerlei besonderen Schutz hat, hängt mit dem Brutgeschäft zusammen, bzw. mit der größeren Wichtigkeit des eiertragenden Weib- chens für die Erhaltung der Art und ist nicht verwunderlich. Bei Schmetterlingen lebt oft das Männchen nur ganz kurze Zeit — vgl. besonders Bombyx mori — und erfüllt seine Fortpflanzungsfunktion kurz nach dem Ausschlüpfen; das Weibchen dagegen lebt länger, ist mehr Gefahren ausgesetzt und entsprechend besser geschützt. Besonders 1 Die tibetanische Form, ist Ph. Theobaldi; auch die hier erwähnte Aus- nahme gehörte zu dieser Art. Über Mimikry und verwandte Erscheinungen. 323 einleuchtend ist dies, wenn die Eier bebrütel weiden, oder wenn, wie bei Eidechsen, die Weibchen kurz vor der Eiablage schwer beweg- lich sind. Das Männchen, das nie durch ähnliehe Funktionen in seiner Beweglichkeil gehemmt ist, bedarf keines besonderen Schutzes durch Mimikry oder Schutzfärbung; ihm ist seine Schnellfüßigkeit ein solcher Vorteil, daß es sogar durch besonders lebhafte Farben ausgezeichnet sein kann, ohne dadurch zu sehr gefährdet zu sein; anderseits dürfte die Prachtfärbung von selectiver Bedeutung für die Erhaltung der Art sein, wenngleich die eigentlichen Hochzeitskleider wohl nur auf den Überschuß von Säften hinweisen, der zu jener Zeit besteht, und nur indirekt selective Bedeutung haben, indem sie auf ein vollkräftiges Individuum schließen lassen. Diese Prachtkleider zur Paarungszeit werden sich schwerlich durch Farbenphotographie erklären lassen, die von manchen Autoren, z. B. Vosseler und Denso , zur Deutung von Schutz- und mimetischen Farben herangezogen wird. Vosseler führt aus , daß bei schutzge- färbten Orthopteren die letzte Häutung bei Tag stattfindet, wenn die stärksten chemisch wirksamen Sonnenstrahlen herrschen, und daß die Schutzfärbung dadurch zur höchsten Ausbildung gebracht wird, daß auch bei eng begrenzten Distrikten jedes Individuum bei der betreffenden Häutung den Farbenton seiner Umgebung annimmt, und daß es daher in derselben Art zahlreiche verschieden gefärbte Individuen geben kann und gibt, die jedes die Farbe der Stelle tragen, auf der sie sich end- gültig gehäutet haben. Daß die Farbe der Umgebung, bzw. die der Belichtung, auf die Farbe des entstehenden oder metamorphosierenden Tieres einwirkt, kann kaum bezweifelt werden und ist experimentell wiederholt bewiesen (Standfüss u. a.). Auch in der Natur mag der Farbenton der Umgebung auf gewisse Tiere korrespondent färbend wirken, aber wohl nur dann, wenn ein einheitlicher Ton oder wenig- stens ein vorherrschender vorhanden ist und wenn die Färbung des Tieres nicht bereits embryonal vorgebildet ist. Nicht anwenden läßt sich die farbenphotographische Theorie auf Tiere, die vielfarbig und dabei doch gu1 .ingepaßt sind, und auf solche, die ihre Färbung im Laufe des W tchstums ändern. Der photographische Gesamteindruck einer aus den verschiedensten Farben zusammengesetzten Umgebung muß notwendig weiß oder mattgrau sein, das so gefärbte Tier würde sich aber dann sehr vom Boden abheben; dagegen ist es, wie die oben er- wähnten Phrynocephali, vorzüglich angepaßt, wenn es ebenso bunt gesprenkelt und gefleckt ist, wie der Boden, auf dem es lebt; dazu kommt, daß bei Reptilien schon vor jeder Häutung die neue Haut mit 21* 324 E. Zugniayer, allen ihren Farbeneigentümlichkeiten unter der alten, erst abzustrei- fenden, bereits vorgebildet ist, bevor sie dem Licht ausgesetzt war, und daß bei ovoviviparen sowie viviparen Formen ebenfalls die Färbung be- reits ausgebildet ist, bevor das Individuum dem Licht ausgesetzt wird. Bei gefiederten und haartragenden Tieren vollends, bei denen die cha- rakteristische Färbung nicht in der Haut liegt, sondern oft nur auf der äußeren Seite der Federn oder in den distalen Enden der Haare, kann Farbenphotographie nicht angenommen werden, wenn auch das bleibende Kleid oft erst nach der ersten Jugend ausgefärbt wird. Es wäre naheliegend, die weiße Winterfärbung mancher Säugetiere und Vögel durch Farbenphotographie zu erklären, beziehungsweise durch zeitgemäße Annahme der Farbe der schneebedeckten Umgebung durch gewisse Prozesse im Individuum , oder aber durch eine periodische Herabsetzung des Stoffwechsels im Winter. Der letzteren Annahme widerspricht aber, daß es ständig weiß gefärbte Tiere gibt (Eisbär u.a.), bei denen solche Perioden infolge des Wohngebietes ausgeschlossen sind. Eine chemische Anpassung des Individuums wird dadurch wider- legt, daß z. B. Hermeline und Schneehühner sich oft weiß verfärben, lange bevor die ersten Schneefälle eintreten, und daß gefangene Stücke trotz des Mangels an Kälte und weißer Umgebung ihr Winterkleid erhalten, und zwar nicht durch allmähliches Verblassen, sondern durch fleckenweise Färbung durch neue Haare. Ebenso geht die Umfärbung im Frühling vor sich, und eine Zeitlang sind die Tiere braun und weiß gefleckt. Einer chemischen Einwirkung widerspricht auch das Schwarz- bleiben der Schwanzspitze beim Hermelin, ebenso einer periodischen Senilität, da sonst das distalste Endchen zuerst bleichen müßte. Gerade der vorübergehende Nachteil, der für die umfärbenden Formen dadurch entsteht, daß sie oft schon vor dem ersten Schnee weiß wer- den, anderseits auch nach starken Schneefällen noch dunkel sind, be- weist, daß wir es hier weder mit einer teleologischen Zweckmäßigkeit zu tun haben, noch mit einer individuellen chemischen Beeinflussung durch die Umgebung, sondern daß es sich hier nur um eine durch Selection Generationen lang gestärkte und vererbte Eigenschaft handelt. Mag Farbenphotographie auch bei manchen Tiergruppen als Faktor dienen, der eine mimetische oder Schutzfärbung hervorruft — beson- ders letztere — so kann man sie doch unmöglich zur Erklärung aller derartigen Phänomene heranziehen. Aber selbst dort , wo sie gültig ist, muß sie nicht im strengen Widerspruch zur selectiven Auffassung stehen und ebensowenig wird dieser letzteren ein empfindlicher Stoß Ober .Mimikry und verwandte Erscheinungen. 325 versetzt, wenn man wie Entz1 (zitierl bei Werner l. c.) die Schutz- färbung als ein Nebenprodukt des Stoffwechsels betrachtet. Auf irgend eine Weise muß der Organismus die Farbe — oder deren Fehlen — hervorbringen , und ein Produkt des Stoffwechsels ist sie selbstver- ständlich. Nehmen wir an, daß bei Tieren, die die Farbe der Umge- bung auf sich photographieren, diese Fähigkeit bei einigen mehr aus- gebildet ist. wie bei andern, so haben wir schon eine nutzbringende Eigenschaft, die durch Selection verstärkt und vererbt werden kann. Und wenn die Farbstoffe, die die Schutzfärbung bewirken, ursprünglich nur ein Nebenprodukt des Stoffwechsels waren, so waren sie der be- treffenden Form jedenfalls von solchem Vorteil, daß sie ebenfalls selectiv vererbt wurden und an Wichtigkeit ständig zunahmen. Ähn- liches wäre der Fall bei manchen Drüsen, die ein riechendes Secret ausscheiden. Ursprünglich nebensächlich, hat sich das Secret zu einer Substanz ausgebildet, die bei vielen Tieren besonders für das geschlecht- liche Leben wichtig ist. und die Drüsen sind zu einem konstant ver- erbten Charakteristikum geworden. Keinesfalls al»er kann Farbenphotographie oder eine verwandte Auslegung zur Erklärung von Mimikry der Form , der Bewegung (Werner) und der Gewohnheit verwendet werden. Die mimetischen Nachahmungen bestimmter Gegenstände der Form nach, die Imita- tionen von Astchen, Blättern usw. sind zu augenfällig, als daß sie anders wie durch Selection zu erklären wären, und auch zu bekannt, als daß darauf näher eingegangen werden müßte. Daß der Tierwelt indivi- duelle Farbenanpassungen zur Verfügung stehen, für deren Erklärung man keine Photographie braucht, zeigen die durch Chromatophoren bedingten, mehr oder weniger willkürlichen Verfärbungen von Cha- maeleo. Hyla, Pleuronectiden, Octopus usw. Durch nichts als durch Selection läßt sich auch meiner Ansicht nach die Erscheinung erklären. daß manche Tiere mimetische Ähnlichkeiten im aktiven Sinn ge- brauchen, also um ihre Beute leichter zu erlangen, wie Lophius, der mit seinen algenartigen Kieferanhängen und den in kleine Läppchen endigenden Fühlern Würmer oder ähnliche Tierchen vortäuscht, die. über Algen schwimmen, «Hier Ortopus, der aus einer Höhle heraus die Enden seiner Fangarme hin und her spielen läßt, um durch Vortäu- schung von Würmern seine Beute, Fische, zu ködern. Der Einsiedler- krebs, der regelmäßig auf seiner Schneckenschale die Actinie Adamsia pattictia trägl und diese beim Umzug in eine neue Schale mit sich 1 Diu ia einer magyarischen Zeitschrift erschienene Arbeit ist mir nicht bekannt. 326 E. Zugmayer, Über Mimikry und verwandte Erscheinungen. nimmt, wodurch er seinem Gehäuse den Anschein gibt, als sei es un- bewohnt und sich daher wirksam schützt, kann ebenfalls nur durch Annahme einer durch Selection großgezogenen Gewohnheit verstanden werden. Ein weiteres schlagendes Beispiel ist der Algenfisch (Phyllo- pteryx egues u. a.), der mit zahlreichen, ganz wie die Algen, zwischen denen er lebt, geformten Anhängen versehen ist; trotzdem er sich in- folgedessen zwischen den Pflanzen nur behindert bewegen kann, bietet ihm seine Mimikry offenbar mehr Schutz als es durch große Geschwin- digkeit oder andre Mittel erreicht werden könnte. Selbst die Schutzfärbung großer Säugetiere verdient meines Er- achtens noch mehr Würdigung als z. B. Wernes ihr zugestehen will. Werner zitiert u. a. das Buch von Schillings »Mit Blitzlicht und Büchse« und bemerkt, daß die dort als Beispiele von Mimikry — besser Schutzfärbung — • gebrachten Bilder ihren Zweck verfehlen, da die Tiere auf ihnen sehr wohl sichtbar sind. Hierzu muß aber bemerkt werden, daß gerade die Blitzlichtaufnahme — eine andre liegt nicht vor und war auch undurchführbar — die Unterschiede zwischen Licht und Schatten, zwischen hellen und dunklen Farben, ungemein grell gestaltet, greller als heller Sonnenschein. Nun jagen aber die großen Raubtiere der Tropen bei Nacht und haben als Licht nur den Mond oder die Sterne. Bei einer solchen ungewissen Beleuchtung werden sowohl der fahl gefärbte Löwe, als auch die gefleckten oder gestreiften Raubkatzen im Dickicht oder Röhricht viel weniger sichtbar sein, wie schwarze oder gar hell gefärbte Tiere, und anderseits werden auch die Beutetiere durch ihre Erdfarbe geschützt erscheinen. Dem Geruchs- sinn darf hierbei keine übertriebene Wichtigkeit zugemessen werden. Er lehrt das Raubtier nur, daß Beute vorhanden ist, und bringt ihm oft genug die Witterung einer ganzen Herde oder eines verstreut weidenden Rudels. Wo das einzelne Beutetier sich befindet und wie weit, wird immer dem Auge zur Aufgabe gelassen werden, und wenn der Geruch auch anzeigt, daß das verfolgte Objekt nahe sein muß, wird es doch unentdeckt bleiben, wenn seine Farbe es schützt. Keine andre Theorie vermag die zweifellos vorhandenen Erschei- nungen der Mimikry und Schutzfärbung zu erklären, außer der alten, auf Selection gegründeten. Jede, die es vermag, wird willkommen sein, aber bis auf weiteres wird man wohl an der Auslegung von Wallace und Bates festhalten müssen. Wienern Oktober 1907. Zur Kenntnis der Dorsalflosse bei „Motella tricirrata". Von S. Bogoljubsky, Stud. rer. Nat. der Universität Moskau. Mit Tafel XVIII. Motella tricirrata besitzt zwei Dorsalflossen: eine hintere, die nach dem Typus der gewöhnlichen unpaarigen Flosse der Teleostei gebaut ist und eine vordere, welche nur ihrer Stellung nach Flosse genannt werden kann. Die letztere befindet sich 1/2 cm weit vom Kopf und endet 1 cm vor der Aboralflosse, welche sich bis zur Caudalflosse hinzieht. Meine Beschreibung soll sich nur auf die vordere (Oralflosse) beschränken. Sie steht in einer zwischen den stark entwickelten Seitenmyomeren liegenden Furche, die in Form von Wällen ihren unteren Teil ver- decken; bei toten Tieren mit zusammengefalteter Flosse ist sogar die ganze Flosse unbemerkbar. Ihre Strahlen sind nicht gleich; der erste ist länger und dicker als die übrigen. Bei lebenden Tieren ist ihre Lage eine zur Achse des Fisches perpendikuläre oder etwas nach hinten geneigte und ist sie gut sichtbar, besonders der fast unbewegliche vordere Strahl. Vorerst fällt die wellenartige Bewegung der Flosse ins Auge. Diese Bewegung ist fast ununterbrochen; beim gesunden Fisch wird dieselbe nur selten, durchaus nicht periodisch, für einige Sekunden oder 1 - o Minuten, eingestellt. Diese Bewegung nähert sich dem Schema der Flimmerbewegung der Ciliata (nach Verworn). Die gewöhnliche Bewegung setzt sich aus der selbständigen Bewegung jedes Strahles (5 — 7 mal in der Sekunde) und der allgemeinen Bewegung sämtlicher Strahlen, welche in acht Gruppen eingeteilt sind, zusammen; die Bewegung des letzten Viertels der Flosse ist äusserst schwach: die paarigen Gruppen neigen sich in eine Richtung, die unpaaren in die andre, so daß sich keine Grenze zwischen der rechten und linken Bewegung ziehen läßt. Eine Ausnahme bildet «1er erste Strahl, der 328 S. Bogoljubsky, oft eine Seitenvibrierung, welche nur mit der Lupe zu bemerken ist, besitzt. Die Schnelligkeit der Bewegung bleibt unverändert beim ruhig auf dem Grunde liegenden und beim schwimmenden Tiere. Sie kann künstlich durch leichtes Berühren der Wälle der Furche verändert werden. Auf dieselbe Weise kann man an der Berührungsstelle und manchmal an der ganzen Flosse die Bewegung zum Stillstand bringen, doch tritt dies öfters sogar beim Berühren der Strahlen nicht ein. Beim ersten Anblick möchte man diesem Organ irgend eine physio- logische Funktion zuschreiben, jedoch geben weder die morphologischen Forschungen, noch einige Experimente dafür einen Anhalt. Ich glaube, daß dieses Organ als Lockapparat funktioniert. Die Seequappe (Motel !a tricirrata) hat einen phlegmatischen Charakter; sie liegt gewöhnlich still auf dem Grunde und wartet auf Beute. Die vorüberschwimmenden Fische können auf das Flimmern acht geben und auf Grund dessen näher heranschwimmen, was Motella tricirrata nur braucht. Nach den früheren Beobachtungen 1 dienten die Fühler (Cirri) am Maul als Lock- apparat. Jedoch habe ich niemals ihre selbständige wurmartige Be- wegung beobachten können. Darnach ist diese Flosse identisch und homolog dem Lockapparat, welchen z. B. Lophius piscatorius und andre besitzen. Die hintere Flosse beginnt mit einem oder zwei ganz unentwickel- ten Hornstrahlen, was als allgemeine Regel für die Struktur der un- paaren Flossen dienen kann2. Die vordere Flosse zeigt jedoch das Gegenteil. Ihre Rolle besteht darin, die übrigen Strahlen vor Schlamm zu schützen, der sie gewöhnlich mit einer dicken Schicht überzieht. Ein größeres Hindernis zwingt sie, sich samt den übrigen Strahlen in die Furche zu beugen, wobei die Bewegung öfters nicht eingestellt, sondern nur verringert wird. Ich verklebte die Flosse mit Gelatine und bestrich sie von oben mit Tannin, schnitt sie sogar ganz weg, und dabei schwamm der Fisch wie früher, ohne daß man physische Unbe- quemlichkeiten dabei bemerken konnte. Das Wegschneiden der Strahlen führte zu ihrer Regeneration. Die schuppenfreie Haut bedeckt den Boden der Furche und umhüllt gleich Handschuhfingern die Flossenstrahlen. Die Hautfalten zwischen den Strahlen bilden einen rechten Winkel, weshalb die Bewegung jedes Strahles mehr oder minder frei ist. Die äußere Hülle besteht aus mehrschichtigem Epithel, mit einer großen Anzahl von Schleimdrüsen, 1 Nikolsky, ßiby y gady (Rußlands). 2 Braus in Hertwigs Handbuch usw. Bd. III. Zur Kenntnis der Dorsal flösse bei »Motella trieirrata«. 329 welche besonders im vorderen Strahl entwickelt sind; unter demselben befindet sieh eine pigmentreiche Schicht, welche nur an den Spitzen der Strahlen fehlt. Das Gewebe der allgemeinen Strahlenhülle ist sehr zart und besteht aus weichem faserigen Bindegewebe. Deshalb kommt ihm der Name »Membrana« zu. Jeder Strahl kann als Teil eines Segments betrachtet werden, welches Strahlen träger. Gelenk, Muskeln, Nerven und Blutgefäße ent- hält. Der Strahlenträger besteht aus besonders an der Basis sehr kalk reichem H yalinknorpel. Er hat die Form einer Säule, an welcher Kopf, Hals und Basis zu unterscheiden sind. Im Bau des Strahlenträgers habe ich Dimor- phismus beobachtet; bald geht der Kopf allmählich in den Hals über, bald ist er schärfer abgegrenzt; die letztere Eigentümlichkeit paart sich gewöhnlich mit einer stärkeren Krümmung des Strahlenträgers. Einem ähnlichen Dimorphismus unterliegt der Strahlenträger des ersten Segments. Er ist stärker gekrümmt, an der Basis länger und besitzt einen rostral gerichteten, seitlich abgeflachten Fortsatz. Alle Strahlen sind Hornfäden. Nur der erste Strahl stellt einen einheit- lichen, an der Basis gespaltenen Faden von konzentrischem Bau dar; die Seiten der Basis haben je drei kleine Hügel zur Befestigung der Sehnen. Die übrigen Strahlen bestehen jeder aus zwei Fäden, die voneinander durch Bindegewebe geschieden sind und an an ihrer Basis je einen stark entwickelten, sporenartigen hinteren Fortsatz und einen kleinen kugelförmigen vorderen aufweisen. Die leicht gespaltene Basis des Hornfadens des vorderen Strahles schließt sich direkt dem Strahlenträger an und verbindet sich mit demselben durch den Em- bryonalknorpel, welcher das Gelenk von allen Seiten umfaßt. Diese Knorpelart geh.1 unvermerkt in ein umgebendes grobfaseriges Binde- gewebe über. Dieses Gewebe erstreckt sich über die ganze Flosse, bildet und befestigt die Gelenke der übrigen Segmente; die letzten Gelenke unterscheiden sich dadurch, daß ihre Strahlen sich nicht direkt an den Strahlenträger, sondern an ein Kügelchen, welches seinerseits an den Kopf angegliedert ist, anschließen. Die Basis der Hornfäden ist von einem vielschichtigen Epithel umgeben. Die Flosse ist an ihrer Stelle mit Hilfe eines Ligamentum be- festigt, welches die Dornfortsätze der Wirbel von beiden Seiten um- hüllt und bedeckt, von beiden Seiten fächerartig aufsteigend, neun bis elf Segmente, so daß die Strahlenträger zwischen den Wirbel- segmenten durch das Ligamentum auseinander geschoben werden und einen spitzen Winkel bilden. Das Ligamentum ist in der Gelenkgegend 330 S. Bogoljubsky, befestigt und bekleidet die Segmente. Es nimmt am Fortsatz des Supraoccipitale seinen Anfang und geht weiter hinter die Flosse, wo sich das rechte und linke Blättchen vereinigen und stemmt sich gegen die zweite Flosse. Den Wirbelsegmenten entsprechend, flechten sich Ligamente von jeder Rippe ein. Zwischen den Strahlenträgern befindet sich ein all- gemeines unpaariges Ligamentum, welches sich durch eine kompaktere Struktur unterscheidet; durch dasselbe werden sämtliche Strahlen- träger fixiert. Unter der ganzen Flosse befinden sich acht Wirbel, und zur Darstellung der äußersten Entwicklung der Flossensegmente führe ich hier folgende Verhältnisse der beiden unpaarigen Flossen von Motella tricirrata an: die erste 82/8, die zweite 58/31 (Salmo solar 13/i2)- Die Lage der Muskeln ist an beiden Seiten ganz symmetrisch, deshalb werde ich nur eine Seite beschreiben. Von dem nach hinten gebogenen, sporenartigen Fortsatz zieht sich eine feine Sehne schräg zum Hals des Strahlenträgers und geht hier in einen kegelförmigen Muskel über. Derselbe geht, sich längs des Halses hinziehend, all- mählich zur Seite und verflicht seine Fasern zwischen dem inneren und äußeren Blatte des Ligamentum. Da er eine schräge Richtung zur Achse des Strahlenträgers hat, so kann er als Depressor wirken, d. h. er kann die Strahlen in die Furche einklappen. Der zweite Muskel befestigt sich am vorderen Hügel und vereinigt, fast vertikal herabsteigend, seine Fasern mit dem Depressor und hat seinen Punc- tum fixum etwas niedriger. Er wirkt wie ein Erector. Da sämtliche Muskeln kegelförmig sind, so schließen sie sich an ihrer Basis fest an- einander, da sie keine eignen Fascien haben, und werden von allen Seiten, die Basis ausgenommen, vom Strahlenträger bedeckt. Dank der oben beschriebenen Einrichtung der Gelenke können die beiden Muskeln bei gleichzeitigem Zusammenziehen einen speziellen Inclinator ersetzen. So sehen wir, daß der vordere Strahl nicht die Fähigkeit besitzt, sich zur Seite zu beugen, und darin ist ihm auch der dritte Muskel wenig behilflich, welcher sich zwischen dem Depressor und dem Erector hinzieht. Die Hügel für die Sehnen liegen bei demselben an der Basis des Strahles, wodurch sein geringes Vibrieren möglich ist. Längs der äußeren Wand des Ligamentum läuft der Ramus late- ralis Nervi trigemini1, der sich bis zum Gelenk hinzieht und sich ungefähr bis zur Basis des Strahlenträgers erstreckt. Dieser Nerv gibt 1 Stannius. Zur Kenntnis der Dorsalflosse bei •Motella tricirrata«. 331 nach der Anzahl der Wirbelsegmente, etwas hinter den Dornfortsätzen, Verzweigungen zur Flosse ab. Die Zweige entspringen unweit des Austrittes der Dorsospinalnerven. Die erste Vereinigung dieser Nerven befindet sich noch vor dem ersten Strahl. Zwischen der Abzweigung der großen Segmentnerven befinden sich in unbestimmter Menge feine Nerven; was die Innervation der Flosse anbetrifft, so stoßen wir auf widersprechende Angaben. Bei den einen Knochenfischen wird von diesem Nerv die Flosse garnicht innerviert (Pleuronectes1, Carassius auratus2), bei den andern jedoch (Gadus) führen die Zweige vom Ra- ums lateralis zur Flosse. Um die Frage zu lösen, welche Bedeutung die Innervation des Ramus lateralis im gegebenen Falle hat, habe ich ihn auf beiden Seiten beim lebenden Tiere durchschnitten, doch hatte dasselbe durchaus keinen Einfluß auf die Bewegung der Flosse. Folg- lich muß die Hauptrolle bei der Innervation den Rückenmarksnerven zugeschrieben werden. Da nun die Rückenmarksnerven an und für sich an die Rückenflossen von Motella tricirrata keine selbständigen Zweige abgeben, so treten ihre Fasern doch durch den Ramus lateralis hindurch; es gibt Fälle, wo der Dorsalnerv einen Zweig entsendet, welcher den Ramus lateralis umgeht und mit Fortsätzen des Ramus lateralis einen kleinen Strang bildet, welcher an der äußeren Wand des Ligamentum liegt und einzelne Segmente der Flosse innerviert. Eine solche Lage variiert sehr bei einzelnen Individuen. Sämtliche Zweige treten durch die Ligamentschicht mit vielen Fortsätzen. An der Oberfläche der Muskeln angelangt, zerfallen sie in drei bis vier Zweige, welche sich wiederum in feinere verzweigen, untereinander kreuzen und anastomosieren. So bildet sich eine oberflächliche Verzweigung, welche ober- oder unterhalb einen allgemeinen Collector besitzt; er erstreckt sich un- unterbrochen längs der ganzen Flosse und verbindet die Nerven ein- zelnei Segmente. Dank einer sehr gelungenen vitalen Färbung mit Methylenblau (nach Dogiel) konnte man am Totalpräparat und an den Schnitten bei starker Vergrößerung noch feinere und tiefere Nervenver- zweigungen und deren Beziehungen zu den Muskeln beobachten. Diese Verzweigungen geben ein neues Netz für jede Muskelfaser, deren einzelne Fäserchen in Form von Varicositäten in der Muskelfaser enden. Von der zweiten Verzweigung führen durch die Muskelmasse und durch die Gelenke Nervenstränge in jeden Strahl, zu einem von jeder Seite. 1 Stajtsics, Das peripherische Nervensystem der Fische. 2 Harrison, Entwicklungsgeschichte der unpaarigen Flossen bei Teleostiern. 332 S. Bogoljubsky, Doch gleich bei seinem Eintritt in den Strahl verzweigt sich jeder Nerv in zwei, so daß man an den Schnitten der distaleren Teile des Strahles vier asymmetrisch gelegene Stränge, welche ihrerseits sich auch verzweigen und in der Pigmentschicht enden, sehen kann. Hier- bei muß bemerkt werden, daß die meisten Nerven dem ersten Strahl zukommen. Am wenigsten Nerverzweigungen sind in dem lockeren Bindegewebe vorhanden. Außer den Nerven durchkreuzen den Strahl noch einige Blutgefäße, von denen das größte zuerst zwischen den beiden Hornfäden liegt. Ich mache auf die bei Motella tricirrata und anderen Gadoidei außerordentlich stark ausgeprägte Differenzierung der Rückenmyomere in zwei sich über die ganze Körperlänge erstreckende Schichten auf- merksam. Die obere Schicht besitzt eine eigene Sehne, welche an dem Os occipitale befestigt ist. Diese Schicht läßt sich ohne besondere Mühe bis zur Schwanzflosse abnehmen ; unter ihr finden wir eine glatte Schicht des unteren Teiles der Myomeren. Sie schließt sich fest an das Ligamentum der ersten Flosse in der Gegend der acht Myocomen an, in dem sie eine feste Unterlage für den Ramus lateralis bildet. An die zweite Flosse befestigt sich diese Schicht durch ein sehr lockeres Zellgewebe; in dieser Gegend ist sie mit Inclinatormuskeln bedeckt. Eine so starke Befestigung an der ersten Flosse kann dadurch Erklärung finden, daß die Schicht die Kontraktion der einzelnen Myotonie durch die Segmentneigung der Flosse regulieren kann, da sie in gewissem Maße wie ein Inclinator, aber etwas schräg, wirkt. Jedoch gelang es mir nicht, auf experimentellem Wege eine solche Kontraktion festzustellen. So zeigt denn, glaube ich, die direkte Verbindung der beiden Flossen durch das Ligamentum und die Ähnlichkeit in der Struktur der ersten Strahlen der zweiten Flosse und sämtlicher der ersten, daß die Differenzierung der Oralflosse auf regressivem Wege vor sich ging, und die Rückbildung ihres ersten Segments als sekunkäres Resultat auftrat. Sebastopol, Rußland, Biologische Station, Oktober 1907. Erklärung der Abbildungen, Allgemeine Bezeichnungen: Str, Strahl (Hornfäden); I Str, erster Strahl; Mm, Myocomma; Glk, das Gelenk; Strtr, Strahlenträger; Lig, Ligamentum; Zur Kenntnis der Dorsalflosse bei MoteUa tricirrata . 333 31. Er. Musculus orector; M.Dep, Musculus depressor; Inc. Musculus inclinator; Pr.sp, Processus spinosi; R.D, Rami dorsales; Emb.Kn, Embryonalknorpel ; Allg. Str, Allgemeiner Strang; N, Xerv; Kug, Kugel; In. V, Innere Verzweigung ; Aus. V, Äußere Verzweigung. Tafel XVIII. Eig. 1. Das allgemeine Aussehen der beiden Flossen und des ausgeschnit- t> neu Teiles der oberen Myomere. Fig. 2. Schematische Zeichnung der Flosse und ihres Ligamentum. Fig. 3. Das Gelenk des ersten Segments der Flosse. Fig. 4. Der Typus der Gelenke der andern Segmente. Fig. .">. Einer von den typischen Strahlenträgern des ersten Segments. Fig. 6. Der Durchschnitt des Ramus lateralis durch die Verbindungs- stelle mit den dorsalen spinalen Nerven. Fig. 7. Die Flosse nach Entfernung des Ligamentum. Über ein parasitisches Infusor aus dem Darme von Ophelia limacina (Rathke). Von S. Awerinzew, Privatdozent an der St. Petersburger Universität, Leiter der marinen biologischen Station an der Murmanküste. Mit Tafel XIX. Mit dem Studium der Gregarinen aus dem Darme verschiedener mariner Würmer beschäftigt, habe ich unter anderm auch ein Material von verschiedenartigen parasitischen Infusorien gesammelt, welche ich bei meinen Untersuchungen zufällig angetroffen habe. Indem ich gegenwärtig meine Arbeit über die Gregarinen aus dem Darme von Ophelia limacina zu Ende führe, glaube ich nunmehr auch diejenigen Beobachtungen veröffentlichen zu können, welche ich bezüglich der gemeinschaftlich mit den Gregarinen in diesem Wurme parasitierenden Infusorien angestellt habe. Was die von mir angewandten Untersuchungsmethoden betrifft, so wurde das genannte Infusor natürlich vor allem in lebendem Zu- stande entweder einfach in einem Tropfen Darmsaft oder zusammen mit dem Darminhalt von Ophelia limacina untersucht, wobei in letz- terem Falle entweder Seewasser oder physiologische Kochsalzlösung hinzugefügt wurde. Bei der Anfertigung von Präparaten wandte ich zum Fixieren fast ausschließlich die ScHAUDiNNsche Flüssigkeit (Sublimat und Alkohol) an, worauf die Präparate nach der für auf Glas geklebte Schnitte üb- lichen Methode weiter bearbeitet wurden. Die ScHAUDiNNsche Flüssig- keit ergab in diesem Falle die gleichen ausgezeichneten Resultate wie bei der Fixierung der meisten übrigen Protozoen. Zum Färben habe ich recht verschiedene Substanzen verwendet, allein die besten Resul- tate erreichte ich mit DELAFiELDschem Hämatoxylin und Eisen- hämatoxylin nach Heidenhain. Über ein parasit. Infusor aus dem Darme von Ophelia limacina (Rathke). 335 In einigen Fallen habe ich übrigens auch die Färbung durch i'osiusawiv-. Methylenblau mit nachfolgender (.sehr kurz dauernder) Differenzierung durch Aceton angewendet, worauf das Präparat über Aceton-Xylol in reines, zweifach destilliertes Xylol übergeführt und in neutralem Kanadabalsam eingeschlossen wurde. Diese Färbemethode gibt in einigen Fällen sehr interessante Resultate und kann bei dem Studium der Anordnung der Kernelemente in der Zelle mit Erfolg angewendet werden; ich hoffe in andern bereits fast vollendeten Arbeiten über parasitische Protozoen ausführlicher auf diese Methode und die damit erzielten Bilder näher eingehen zu können. Das hier zu beschreibende Infusor wird im Darme der bei der Murman-Station (Barents-Meer, Kola-Fjord) erbeuteten Ophelia lima- cina ziemlich selten angetroffen; bei den übrigen Vertretern der gleichen Gattung habe ich diesen Parasiten niemals finden können. Dieses Infusor muß seines langgestreckt -cylindrischen, gleichsam wurmförmigen Körpers wegen zu den monaxonen Formen (Taf. XIX^ Fig. 1) gestellt werden; sein Vorderende läuft in einen kleinen konischen Kopf aus, welcher etwas in das Innere des Körpers eingezogen werden kann, in der An wie wir dies bei den Vertretern der Gattung Didinium sehen. Das Hinterende des Infusors erscheint auf den ersten Blick gleichmäßig abgerundet, allein bei den meisten Exemplaren erkennt man bei genauerer Untersuchung, daß der centrale Teil dieses Körper- endes gleich einem Flaschenboden etwas nach innen eingebogen ist. Seinen Dimensionen nach muß unser Infusor zu den sehr großen Formen gerechnet werden, da die Länge seines Körpers (im erwachsenen Zustand, nicht aber sofort nach beendeter Teilung) 0,280 — 0,360 mm erreicht, bei einer Breite von 0,035 — 0,050 mm . Die sehr langen (etwa 0,015 — 0,018 mm) und außerordentlich dünnen Wimpern liegen mit Ausnahme des obenerwähnten Köpfchens auf der gesamten Ausdehnung der Körperoberfläche in mehreren parallelen Reihen angeordnet, welche schraubenförmig gewunden von dem vor- deren nach dem hinteren Pole des Körpers verlaufen. Die Windung der Wimperreihen ist eine verschiedene: bei den einen Exemplaren verlaufen diese Streifen fast meridional, während bei andern ihre Spiralwindung ziemlich stark ausgesprochen ist. Die Länge der Wimpern ist auf der gesamten Ausdehnung der Körper- oberfläche die gleiche. In einem jeden Streifen liegen die Wimpern außerordentlich eng aneinander, und es ist infolge der Dichtigkeit des Wimperbelages 336 S. Awerinzeu, schlechterdings unmöglich, dieselben auf irgendeinem Bezirk von be- stimmter Länge zu zählen. Was das Vorhandensein eines Mundes und Schlundes betrifft, so haben meine ziemlich lang andauernden diesbezüglichen Untersuchungen keinerlei positive Resultate ergeben, welche auf die Anwesenheit dieser Bildungen bei unserm Infusor hindeuten würden. Am wahrscheinlich- sten erscheint die Annahme, daß wenn an dem Gipfel des kegelförmigen unbewimperten Köpfchens auch wirklich eine kleine, nur bei dem Ein- ziehen des Köpfchens in das Körperinnere bemerkbare Vertiefung vor- handen ist, diese Vertiefung doch nichts anderes darstellt, als das Rudiment einer wahren Mundöffnung, welche seinerzeit bei den freilebenden Vorfahren unsres Infusors vorhanden war. Angesichts des Fehlens einer wahren Mundöffnung kann man a priori auch auf das Fehlen einer Afteröffnung bei unsrer Art schließen, wie wir dies auch bei andern Infusorien sehen, welche ihre Mundöffnung infolge der parasitischen Lebensweise eingebüßt haben. Contractile Vacuolen sind bei unserm Infusor stets vorhanden, und zwar schwankt ihre Zahl bei verschiedenen Exemplaren zwischen drei und zehn. Diese Vacuolen sind in einer Reihe angeordnet, und zwar in der Art, daß ihre Anordnung, von der Seite ihrer Pori excretorii be- trachtet, das Aussehen einer schwach gebogenen Linie hat. Bei der Kontraktion ist der sehr kurze cylindrische Ausführgang, welcher die Verbindung der Vacuolenhöhle mit dem äußeren Medium herstellt, stets gut zu sehen. Auf einem meiner Präparate ist dieser Ausführgang mit seinem trichterartig erweiterten äußeren Rande außerordentlich deutlich zu sehen. Nach diesem Präparate habe ich denn auch mif Hilfe des Abbe- schen Zeichenapparates die Zeichnung Taf. XIX, Fig. 10 angefertigt, da einige Protistologen darauf hinweisen, daß die Ränder des Porus excretorius der Infusorien meist einen angeschwollenen äußeren Rand besitzen. Der Porus excretorius befindet sich wie immer zwischen zwei Wimperstreifen und besitzt die Gestalt einer runden Öffnung. Die für die Diastole einer jeden contractilen Vacuole erforderliche Zeit ist ziemlich beträchtlich und beträgt 5 und in gewissen Fällen sogar 8 Minuten, obgleich es nicht ausgeschlossen ist, daß die Dauer der Diastole unter normalen Bedingungen eine andre sein kann. Der Macronucleus ist stets in der Einzahl vorhanden und hat die Gestalt eines sehr langen und ziemlich dicken, bisweilen leicht spiral- förmig gewundenen Bandes, welches im Entoplasma liegt und in der Über ein paraait. [nfusor aus dem Darme von Ophelia limacina (Rathke). 337 Längsrichtung des [ntusorienkörpers, etwas näher zum hinteren als /um vorderen Ende, angeordnel ist. Während der vegetativer] Lebensperiode des [nfusors habe ich bei diesem niemals die Anwesenheit eines Micronucleus beobachten können, welcher Ihm der Teilung stets vorhanden ist, doch glaube ich durchaus nicht, daß derselbe nur in diesem letzteren Falle auftritt, sondern ver- mute vielmehr, daß der Micronucleus unsres [nfusors für gewöhnlich nur aus dem Grunde nicht zu sehen ist, weil er sich nicht färben läßt. Der Körper des Infusors ist sehr biegsam, aber nicht contractu. Seine Fortbewegung erfolgt nicht allzu rasch, gleichmäßig und dabei sowohl vorwärts wie auch rückwärts; während des Fortbewegens dreht sich das [nfusor sehr rasch um seine Längsachse; hierdurch wird der Kindruck hervorgerufen3 als ob die an fixierten Exemplaren regelmäßig um den ganzen [nrusorienkörper angeordneten Wimpern bei den meisten Lebenden Exemplaren wegen des schraubenförmigen Verlaufes der \Vini|MTrcihen gleichsam den Körper des Infusors in mehreren einzelnen Ringen umschlingen, wodurch Bilder hervorgerufen werden, wie wir sie auf optischen Längsschnitten lebender Balantidium elonyatum und einiger andrer Infusorien beobachten. Bei dem Versuche, das oben beschriebene parasitische Infusor zu bestimmen, bin ich auf Grund der mir augenblicklich zu Gebote stehen- den, allerdings nicht allzu reichen Literatur, zu der Überzeugung ge- langt, daß wir es hier offenbar mit einer neuen, noch nicht beschrie- benen Form zu tun haben. In Anbetracht der Eigentümlichkeit seines Baues, namentlich wegen des Vorhandenseins des äußerst charakte- ristischen kegelförmigen Vorsprunges mit einer rudimentären Mund- öffnung an seinem Vorderende — ein wesentliches Merkmal zur I nter- Bcheidung von .\>i<>i>)tl<>i>hr;ial — stelle ich für das betreffende Infusor eine wnv Gattung auf. für welche ich zu Ehren meines hochverehrten Lehrers, Prof. Dr. 0. Bütschli — denNamen Bütschliella vorschlage; der Axtname läßt sieh von dem Namen des Wirtstieres unsres Infusors — Ophelia ableiten. Indem ich nunmehr zu t\w ausführlicheren Beschreibung der 1 Leider ist mir u. a. auch Herpdophrya astoma aus Polymnia nebulosa unliekannt geblieben, welche von Siedlecki (Bull. Acad. Gracovie. 1902) be- schrieben wurde; dieses Infusor besitzt einen Sehnabel (P. Mayer, Protozoa. In: Zoolog. Jahresber. für 1902, S. 27). welcher vielleicht an den kegelförmigen Vorsprung von Bütschliella erinnert. Allein das Fehlen von contractilen Vacuolen und die abweichende Teilungs weise veranlassen mich zu der Annahme, daß Her- petophrya und Bütschliella keine identischen Formen darstellen. Zeitschrft f. wissensch. Zoologie. XC Bd. 22 338 S. Awerinzew, Struktur des Protoplasma und des Kernes von Bütschliella opheliae, sowie zu deren Teilungsweise übergehe, möchte ich vor allem ein paar Worte über die Stellung dieses Infusors unter den übrigen Aspiro- tricha (Schewiakoff) einschalten. Nach der kürzlich erschienenen Arbeit von Neresheimer über die Fortpflanzung der Opalinen (Die Fort- pflanzung der Opalinen. Arch. Protistk. Suppl. 1 1907) kann kein Zweifel mehr darüber bestehen, daß wir die von Stein aufgestellte Familie der Opalinina als durchaus künstlich fallen lassen müssen. Was nun die übrigen Gattungen dieser Familie (mit Ausnahme von Opalina, Opa- linopsis und Chromidina [?]), d.h. Protophyra, Hoplitophrya, Discophrya u. a. betrifft, zu welcher man natürlich auch die von mir beschriebene Bütschliella rechnen könnte, so stellen auch sie wohl kaum irgend eine mehr oder weniger natürliche Familie dar; dieselben repräsentieren im Gegenteil höchstwahrscheinlich Vertreter durchaus voneinander ver- schiedener, miteinander in keiner Weise verwandter Formen, welche sich an eine parasitische Lebensweise angepaßt und einige Züge ihrer ursprünglichen Organisation eingebüßt haben. Es ist sehr wohl mög- lich, daß die Vorfahren von Bütschliella ihrer Organisation nach den Vertretern der jetzt lebenden Familie der Holophryinae (Perty- Schewiakoff) am nächsten standen. Das Ectoplasma von Bütschliella opheliae hat das Aussehen einer stark lichtbrechenden, außerordentlich dünnen, homogenen Schicht, in welcher ich niemals die für das alveoläre Ectoplasma so charakteristi- schen einzelnen Waben unterscheiden konnte. Das Entoplasma besitzt natürlich einen wabigen Bau; außerdem ist dasselbe, wie ich auf meinen Präparaten stellenweise, namentlich in den centralen Teilen des In- fusorienkörpers bemerken konnte, bisweilen einigermaßen vacuolisiert, was übrigens vielleicht eine Folge des Fixierungsprozesses ist, obgleich ich persönlich eine solche Vacuolisierung für vollständig normal und unabhängig von der Wirkung der Reagenzien ansehe. Sowohl der Macro- wie auch der Micronucleus von Bütschliella opheliae besitzt eine nicht besonders dicke, mit Kernfarben schlecht färbbare Hülle; diese Hülle halte ich ihrem Ursprünge nach für ein protoplasmatisches Gebilde, was unter anderm auch durch ihre Fähig- keit, sich mit dem Protoplasma in dem gleichen Tone zu färben, be- wiesen wird. Der körnige Macronucleus von Bütschliella besitzt eine fein wabige Struktur, und in seinem Innern liegt meist eine ziemlich beträchtliche Anzahl von Nucleolen verschiedener Größe. Trotz aller Bemühungen ist es mir bis jetzt noch kein einziges Mal gelungen, in diesen Nucleolen Über ein paxasit. Infusor aus dem Darme von Ophelia Umacina (Rathke). 339 irgendwelche struktur zu entdecken. Nur in den größeren Nucleolen sind stets mehrere mit Flüssigkeit gefüllte Vacuolen enthalten, und aus- nahmsweise enthält diese Flüssigkeit irgendwelche von mir nicht näher untersuchte Kristalle. Bei der Färbung mit eosinsaurem Methylenblau nehmen die Nucleolen von Bütschliella eine Rosafarbe an, welche einigermaßen an die Färbung des Protoplasma erinnert, mit derselben aber nicht übereinstimmt. Bei der Fortpflanzung ergibt Bütschliella opheliae durch eine Reihe in kurzen Zwischenräumen aufeinander folgende Teilungen Ketten von Individuen verschiedener Größe (Taf. XIX, Fig. 2), wobei sich gewöhn- lich eine jede neue Knospe unmittelbar von dem Mutterorganismus abschnürt; doch ist zu bemerken, daß ich in zwei Fällen unter anderm auch eine Zweiteilung der jungen Knospe beobachtet habe, wobei letztere noch mit dem Mutterorganismus in Verbindung stand (Tai. XIX, Fig. 3). Vor dem Beginn der Teilung verschiebt sich der Macronucleus von Bütschliella noch näher als sonst zum Hinterende des Infusors. Gleich- zeitig verliert derselbe allmählich einen beträchtlichen Teil seiner Nu- cleolen und wird immer mehr und mehr gleichartig, bis endlich eine feinfaserige Struktur in ihm zum Vorschein kommt (Taf. XIX, Fig. 3). Zu derselben Zeit tritt vorzugsweise in der hinteren Hälfte des zur Teilung schreitenden Infusors eine gewisse stetig anwachsende Menge von Einschlüssen auf, welche von einigen Farbstoffen (wie z. B. Hämato- xvlin nach Delafield) gefärbt werden. Diese Einschlüsse bleiben auch in den sich vom .Mutterorganismus abschnürenden Knospen noch einige Zeil hindurch erhalten, bis sie schließlich in dem sie umgebenden Proto- plasma vollständig verschwinden. Es ist mir nicht möglich gewesen, den Bau und die chemische Zu- sammensetzung dieser Einschlüsse eingehend zu untersuchen, doch ächeint deren Entstehung aus dem Macronucleus des zur Teilung schrei- tenden Infusors keinem Zweifel zu unterliegen. Ich habe auf meinen Präparaten mehrfach den Macronucleus in der Periode des Verschwin- dens seiner Nucleoli beobachten können und muß bemerken, daß meiner Ansicht nach ein beträchtlicher Teil dieser letzteren nicht in dem Macronucleus verbleibt, sondern aus demselben mit einer ganz geringen Bienge Chromatin in das umgebende Protoplasma ausgestoßen wird. Auf ein solches Ausstoßen kann man unter anderm aus den Con- touren des Macronucleus während dieser Periode seines Bestehens schließen (Taf. XIX, Fig. 11), ebenso auch daraus, daß sowohl die Nucleolen als auch die Einschlüsse im Protoplasma in der Teilung be- 22* 340 S. Awerinzew, grif fener oder zur Teilung sich vorbereitender Exemplare von Bütschliella opkeUae, sich den Farbstoffen und namentlich dem eosinsauren Me- thylenblau gegenüber in gleicher Weise verhalten. Das Auftreten einer feinfaserigen Struktur im Macronucleus eines in der Teilung begriffenen Infusors läßt sich, wie mir scheint, durch jene Strömungen erklären, welche um diese Zeit besonders stark im Kern auftreten, wobei dessen Waben sich, der Strömung folgend, in parallelen Reihen anordnen. Die bis dahin in den Wandungen der Waben des Macronucleus wohl zu unterscheidenden Chromatintröpf- chen werden unsichtbar, und an ihrer Stelle färben sich die Wandungen der Waben selbst, welche parallel der Längsachse des Macronucleus an- geordnet sind, sehr stark mit Kernfarben (ohne einzelne Chromatin- tröpfchen aufzuweisen). Bei sich teilenden Bütschliella werden die einzelnen Fasern, an der Einschnürungsstelle des Macronucleus angelangt, gleichsam in zwei Teile abgedreht und treten von der oberen Fläche der einen Kernhälfte zur unteren Fläche der andern Hälfte über und umgekehrt (Taf. XIX, Fig. 3). Um die gleiche Zeit, wo der Macronucleus sich zur Teilung anschickt und in dem Protoplasma die oben beschriebenen Einschlüsse auftreten, welche die in das Protoplasma ausgestoßenen Nucleolen darstellen, läßt sich bisweilen unweit des unteren Endes des Infusors, und zwar meist näher zur peripheren Schicht des Entoplasma als zum Macro- nucleus, das Vorhandensein eines kleinen Micronucleus feststellen (Taf. XIX, Fig. 2 u. 4). Der Micronucleus von Bütschliella opheliae besteht aus zwei Ab- schnitten; einem strukturlosen, welcher die Fähigkeit fast eingebüßt hat, sich mit Kernfarben zu färben und einem andern, körnigen Ab- schnitt, welcher sich ziemlich stark färbt. Obgleich es mir nicht gelungen ist, alle Stadien der Teilung des Micronucleus von Bütschliella festzustellen, so bietet das von mir Be- obachtete nichtsdestoweniger ein gewisses Interesse, indem wir bis jetzt überhaupt sehr wenig über die Teilung dieser Gebilde bei den Infusorien kennen. Bei dem Beginn der Teilung zieht sich der Micronucleus des hier beschriebenen Infusors spindelförmig in die Länge, wobei jedoch die Teilung in zwei Teile — einen homogenen und einen körnig-faserigen — immer noch bestehen bleibt (Taf. XIX, Fig. 5). Die Hülle des Micro- nucleus bleibt während der ganzen Dauer dieses Teilungsprozesses er- halten, wie dies auch bei den andern Infusorien der Fall ist; ebenso Cbor ein parasit. [nfusor aus dem Darme von Ophelia limai-ina (Ratbke). 341 lassen sich in drin ihn umgebenden Protoplasma keinerlei besondere Strukturen, wie /.. I'>. Strahlungen oder dgl. mehr, beobachten. Bei der ferneren Längsstreckung des spindelförmigen Micronucleus in der Längsachse tritt in dessen homogenem Teile eine durch besondere Anordnung seiner Waben bedingte schwache Längsstrichelung auf, in dem körnig-faserigen, chromatinhaltigen Teile dagegen differenzieren sich zwei sich stark- färbende Gebilde, welche ich mit Chromosomen vergleiche Tal. XIX. Fig. 6). Diese Gebilde besitzen unregelmäßige Konturen und bestehen, wie dies aus einigen Präparaten zu entnehmen ist, aus miteinander abwechselnden stärker und schwächer gefärbten Bezirken. Ferner ist es mir gelungen, auf einem meiner Präparate ein Tei- lungsstadium des Micronucleus von Bütschliella zu finden, welches ich für ein auf das soeben beschriebene folgendes Stadium halte. Die beiden in einer Hälfte Acs .Micronucleus enthaltenen Chromosomen spalten sich augenscheinlich in der Längsrichtung, eine jede in zwei Chromosomen (Taf. XIX. Fig. 7), welche darauf eine centrale Lage in der Spindel des Micronucleus einnehmen (Taf. XIX. Fig. 8) und nunmehr an die bei der Teilung des Micronucleus andrer Infusorien bekannten Bilder erinnern. Auf welche Weise der weitere Vorgang des Auseinanderrückens der I hromosome vor sich geht, kann ich einstweilen nicht angeben, indem ich nur bereits viel ältere Teilungsstadien des Micronucleus gefunden habe (Taf. XIX, Fig. 3 u. 9); da mir die Art und Weise des Auseinander - tretens der Chromosomen unbekannt geblieben ist. kann ich auch die Frage nicht beantworten, was wir eigentlich in dem von der Fig. 7 dar- gestellten Stadium vor uns haben. Auch die Untersuchung der Teilung des Micronucleus bei andern parasitischen Infusorien hat mir bis jetzt keinerlei Auskunft über diese Frage geben können, und /war sowohl infolge häufiger Unterbrechungen während meiner Beobachtungen, als auch wegen einiger Abweichungen vom allgemeinen Typus bei dem Teilungsprozeß des Micronucleus verschiedener Arten. Alexandrovsk, Gouv. Archangel, im Augusl 1(.>07. 342 S. Awerinzew, Über ein parasit. Infusor usw. v. Ophelia limacina (Rathke). Erklärung der Abbildungen, Tafel XIX. (Alle Zeichnungen sind mit dem ABBEschen Zeichenapparat auf dem Niveau der Basis des Mikroskopstatives entworfen.) Bütschliella opheliae nov. gen., nov. sp. Fig. 1. Kombinierte Zeichnung nach lebenden Exemplaren und einem Präparat. Zeiss. Objekt. D, Komp.-Oc. 4. Fig. 2. Präparat eines Infusors mit zwei Knospen (der Wimperbelag ist weggelassen). Mi = Micronucleus. Zeiss. Objekt. D, Komp.-Oc. 4. Fig. 3. In der Zweiteilung begriffene Knospe. Macro- und Micronucleus im Stadium der Teilung. (Der Wimperbelag und die Einschlüsse im Protoplasma sind weggelassen.) Zeiss. Homog. Imm. 1/12» Komp.-Oc. 4. Fig. 4. Micronucleus vor dem Eintritt der Teilung. Zeiss. Homog. Imm. Vi2, Komp.-Oc. 18. Fig. 5 — 9. In der Teilung begriffener Micronucleus. Zeiss. Homog. Imm. 1/12, Komp.-Oc. 18. Fig. 10. Umrisse der contractilen Vacuole, ihres Ausführungsganges und seiner äußeren Öffnung (nach einem Präparat). Zeiss. Homog. Imm. 1/12, Komp.-Oc. 12. Fig. 11. Hinterende des Infusors vor dem Beginn der Teilung. (Der Wimperbelag ist weggelassen.) Zeiss. Homog. Imm. 1/12, Komp.-Oc. 4. Die Statocyste der Heteropoden. Von Serge'i Tschachotin. (Aus dem Zoologischen Institut Heidelberg.) Mit Tafel XX— XXIV und 15 Figuren im Text. Inhaltsübersicht. Seite I. Einleitung 344 II. Methodik 345 III. Untersuchung 347 A. Morphologie der Statocyste 347 1. Topographie derselben 347 2. Bau der Statocyste 349 a. Hüllkapsel 349 b. Nervenfaserschichl 350 Epithel 351 i. WiiNjM r/rllentypus 352 I Centralzelle in der Macula 352 1. Kleine Sinneszellen in der Macula 354 ::. Wimperborstenzellen in der Antimacula 356 •4. Zusammenfassung der Merkmale dieses Typus .... 363 b. Typus der indifferenten Zellen 364 I. Pericentrale Stützzellen in der Macula 364 J. Kleine Stützzellen in der Macula :!. Pflasterzellen in der Antimacula 366 4. Zusammenfassung der Merkmale dieses Typus .... 366 d. Statolymphe 366 e. Statolith 367 ■ hemische Zusammensetzung 367 1». Struktur 370 c. Vergleich mit künstlichen Galcosphäriten 373 • I. Bildungsweise des Statolithen 377 .'!. Accessorische Organe der Statocyste 380 a. Der Medianstrang 380 b. Die Lateralstränge 381 4. Nervus staticua und Faserverlauf im Cerebralganglion 382 344 Sergei Tschachotin, Seite B. Physiologie der Statocyste 390 1. Die Statocyste ist kein Gehörorgan 390 2. Die Statocyste als Gleichgewichtsorgan 392 3. Mechanismus ihres Funktionieren 404 4. Funktionen der accessorischen Organe 410 IV. Literaturverzeichnis 411 V. Erklärung der Abbildungen 413 I. Einleitung. Das Objekt, dessen Studium mir mein hochverehrter Lehrer. Herr Professor Bütschli, empfohlen hatte, ist schon öfters Gegenstand von Erörterungen und Untersuchungen gewesen, wohl deshalb, weil es relativ groß und schön ist und weil es vermöge seiner vollkommenen Durchsichtigkeit auf die Forscher stets eine gewisse Anziehungskraft ausübte. Schon Leuckart (1854, 35), Gegenbaur (1855, 23), Ley- dig (1863, 36), Boll (1869, 9) und Ranke (1875, 41, 42) beschäftigten sich eingehend mit dem Bau und der Funktion des Organs bei der erwähnten Molluskenklasse, aber erst Claus (1876, 12, 13) gelang es, in einer schönen Arbeit mit dem ihm eigentümlichen Scharfsinn die Tatsachen genauer zu beschreiben und sie richtig zu würdigen, so daß seine Abbildung der Heteropoden-Statocyste als klassisches Beispiel dieses Organs bei Mollusken überhaupt in alle Lehrbücher aufgenom- men wurde, und man allgemein der Meinung war, die Verhältnisse seien nach Claus' Bearbeitung derart geklärt, daß eine Neubearbei- tung ganz überflüssig schien. Dadurch erklärt sich, daß seit Claus kein einziger Forscher, soviel mir bekannt, dies wunderschöne Objekt zum Gegenstand eingehender Studien machte. In der neuesten Zeit beschäftigten sich wiederum einige Forscher damit, aber nur flüchtig: so versuchten Solger (1899, 46) und Retzius (1901, 43) die vitale Methylenblaufärbung an ihm, und Ilyin (1900, 30,31) stellte physio- logische Experimente an Pterotracheen an. um die Frage nach seiner Funktion zu ermitteln. Mein hochverehrter Lehrer, Herr Prof. Bütschli, hatte recht; das Objekt hat sich trotz der CLAUsschen Arbeit der Untersuchung wert erwiesen, ja es hat sich eine ganze Reihe neuer Tatsachen, morpho- logischer wie physiologischer, ergeben, sowie daß gewisse Angaben und Annahmen von Claus irrig waren und der Berichtigung be- dürfen. - Da die ältere Literatur über die Heteropoden-Statocyste in den Die Statocyste der Heteropoden. 345 Arbeiten von Ranke (41) und Claus (12) angeführt und kritisch be- sprochen wurde, und da seit Claus, wie gesagt, fast gar nichts Neues darüber erschien, so verweise ich auf obige Arbeiten und gehe direkt zur Beschreibung der von mir gebrauchten Methodik und der Ergeb- nisse meiner Untersuchungen über. II. Methodik. Entsprechend den beiden Zielen, die ich in vorliegender Arbeit verfolgte, einerseits der Ergründung des morphologischen Baues, anderseits der physiologischen Bedeutung des Organs und seiner ein- zelnen Teile, müssen auch die Methoden, deren ich mich dabei bediente, in zwei Gruppen geteilt werden: in morphologische und physio- logische. Von den ersteren wurde zunächst das Studium der Statocysten in toto. sowohl in situ als auspräpariert, an lebendem und fixiertem Material verwertet. Als Fixierungsmittel verwendete ich dabei Formol, Sublimat-Formel, Sublimat, Sublimat-Essigsäure, Liq. Perenyi, Flem- MiM.-rhe Flüssigkeit. Osmiumsäure l°0ig und 0,l%ig, Hermanns Ge- misch und schließlich noch l%iges Kaliumbichromat nach Angabe von Boll (9, S. 81). Die mit letzteren vier Fixiermitteln behandelten Objekte konnten zum Teil ungefärbt untersucht werden; in andern Fällen wandte ich verschiedene Färbemethoden an, von welchen vor- züglich Boraxkarmin, Delafields Hämatoxylin, Hämalaun und be- sonders Heidenhains Eisenhämatoxylin, das ausgezeichnete Dienste leistete, verwei id. -t wurden. Auch Apathys Vorvergoldungsmet b< »de (vgl. Lee u. Mmki: 33, §373), sowie die vitale Methylenblaufärbimg wurden mit Erfolg probiert; in letzterem Fall wurde das Tier in See- wasser, das mit Methylenblau mäßig dunkel gefärbt war, auf ein paar Stunden eingelegt und dann in frischem Seewasser untersucht. In diesem Fall, wie überhaupt bei Lebenduntersuchung, wurden die Stato- cysten entweder auf dem Objektträger isoliert untersucht, oder am ganzen Tier, das in einem zu dem Zweck konstruierten, weiter unten zu beschreibenden Fixiergestell immobilisiert war, wenn es sich darum handelte, dies Lebende Organ in situ intakt zu beobachten. Weiter wandte ich Zerzupfungs- und .Macerationsverfahren mit verschiedenen .Mitteln an. von welchen mir das HERTWiGsche Osmium- Essigsäure-« Jeniisch (Lee u. Mayer, 33, §527) die besten Dienste leistete. Schließlich wurde das Objekt auch aufschnitten studiert. die mit Boraxkarmin-Bleu de Lyon, Boraxkarmin-Osmiumsäure-Holz- 346 Sergeii Tschachotin, essig und Boraxkarmin-Hämatoxylin-chromsaurem Kali, beides nach Prof. Schuberg (45, S. 190), dann auch mit Hämalaun-Eosin und be- sonders mit Eisenhämatoxylin gefärbt wurden. Für physiologische Zwecke wurden erstens isolierte Statocysten unter dem Deckglas beobachtet, zweitens in situ in dem oben erwähnten Fixiergestell und schließlich wurden mit den Tieren noch ein Reihe von Experimenten angestellt, indem ich ihnen eine oder beide Stato- cysten exstirpierte, oder auch verschiedene Nerven oder Ganglien durchschnitt und die dabei auftretenden neuen bzw. Ausfallserschei- nungen verfolgte. Letzteres Verfahren nebst der vitalen Methylenblau- färbung und Studium der Serienschnitte gaben mir auch die Möglichkeit die Grundzüge des Faserverlaufes im Cerebralganglion zu ermitteln. Da in der Umgebung dieses Ganglions die von ihm abgehenden Nerven mit ihren Zweigen, sowie Bindegewebs- und Muskelzüge ein höchst kompliziertes Gewirr darstellen, so versuchte ich mit Erfolg die Entwirrung dieses Durcheinanders durch Anfertigung eines Modells aus Modellierton usw. herbeizuführen und so das Wesentliche aus diesem Gewirr herauszuschälen und hervorzuheben. Auch wurden den Tieren einige Gifte, wie Curare, Strychnin, injiziert und ihre Wirkung auf die Statocyste in dem nun zu beschrei- benden Fixiergestell beobachtet. Dieses letztere besteht, wie die bei- gefügte Textfig. 1 näher erläutert, aus zwei Holz- platten a und b, die miteinander durch zwei starke Metalldrähte c und d verbunden sind, in solcher Weise, daß sie auf denselben gegen- einander verschoben werden können ; die eine von diesen Holzplatten (b) ist von einem größe- ren Loch durchbohrt, in welchem ein Glasrohr R steckt; in dieses Glasrohr wird das Tier T hereingeschoben und mittels eines Kaut- schukschlauchstückes K am Ausschlüpfen verhindert; der Rüssel des Tieres wird durch ein kleines Loch o in der Platte a gezogen und hier mit einer Fadenschlinge am Stift n festgebunden. Das ganze Gestell samt dem Tiere wird nun in ein mit Seewasser gefülltes Gefäß G, das auf den Objekttisch des Mikroskopes kommt, gestellt; durch Drehen Textfig. 1. Fixiergestell zur Beobachtung der Statocysten in situ beim lebenden Tier. Erklärung im Text . Die Statocyste der Heteropoden. 347 des Rohres l\ um seine Längsachse kann das Tier in eine beliebige Stellung gebracht und die Statocysten von allen Seiten aus beobachtet werden. Schließlich muß ich noch die mikrochemischen Methoden, deren ich mich bei der Untersuchung des Statolithen bediente und die in dem betreffender] Kapitel näher angegeben werden, erwähnen. Was das untersuchte Material anbelangt, so benutzte ich haupt- sächlich Pterotrachea r<>r<0H). in welcher man die einzelnen Haare doch gut unterscheiden kann und die wohl dadurch zustande kommt, daß hier die Haare durch irgendwelche Substanz miteinander verkittet werden; ob sie eine Art Bürstenbesatz (siehe Gtjkwttsch 24, S. (i7) darstellt, ist zweifelhaft. [nteressanterweise besitzt die Platt«' genau in ihrer Längsachse einen Hohlraum (o), der auf dem Querschnitt wie ein Loch in deren Mitte erscheinl Fig. 20, Taf. XXI): es fehlen also an dieser Stelle die Sinne<- aaare; welche Bedeutung diese Lücke hat. vermag ieh nicht zu ver- muten, denn soviel mir bekannt wurde tiie etwas ähnliches an Wimper- oder Sinneszellen beschrieben. Auf die Platte (zp) Eolgl schließlich noch ein letzter Abschnitt des Haarbüschels (fr), und zwar ragen hier die Härchenenden frei ins Lumen der Statocyste, sind also nichl zu- sammengeklebt, so daß jedes von der Statolymphe allseitig bespült 23* 356 Sergeii Tschachotin, wird. Entgegen Ranke (41, S. 90) konnte auch ich, ebensowenig wie Claus (12, S. 116), knopfartige Verdickungen der freien Enden der Sinneshaare wahrnehmen. Während nun aber bis jetzt immer betont wurde, daß die Sinnes- haare starr seien, kann ich mitteilen, daß es mir bei sorgfältiger Beob- achtung glückte, an lebenden Statocysten festzustellen, daß, obgleich die beiden unteren Abschnitte des Wimperbüschels tatsächlich starr zu sein scheinen, die freien, blasseren Enden (fr) der Sinneshaare schnelle Schwingungen ausführen, wenn auch sehr schwache und kaum merkbare. Dieser Umstand liefert, meiner Meinung nach, einen weiteren Beweis dafür, daß die Sinneszellen echte Wimperzellen sind, bei welchen die Wimperhaare eine besondere Funktion, die der Sinneshaare, er- langt haben. Wie bemerkt, sind die Schwingungsamplituden dieser Sinneshaare, die man besser Sinneswimpern nennen könnte, allerdings recht klein, so daß es nicht völlig ausgeschlossen erscheint, daß die Schwingungen nur passiv, durch Strömungen in der Statolymphe, die, wie wir weiter unten sehen werden, da sind, verursacht werden, wenn auch die Schnelligkeit dieser Schwingungen gegen eine solche Auf- fassung sprechen würde. Dasselbe Verhalten glaube ich auch an den Sinneswimpern der Centralzelle beobachtet zu haben, obgleich nicht so sicher wie bei den kleinen Sinneszellen. Übrigens ist diese Tat- sache nicht alleinstehend: denn bei Cyclostomen sollen die Sinneshaare im Gehörorgan ebenfalls noch beweglich sein (Pütter 40, S. 78). 3. Wimperborstenzellen. Wenn wir uns nun zu den Repräsentanten des Wimperzellen- typus in der Antimacula wenden, zu den sogenannten Polster- oder Wimperborstenzellen, so fällt zunächst ihre platte sternförmige Gestalt auf, sowie stärker färbbares Protoplasma, das dichter ist, als das der umgebenden Pflasterzellen. Allerdings trifft man unter diesen großen Zellen zuweilen auch kleinere mit weniger Ausläufern, die aber im allgemeinen denselben Bau aufweisen (siehe die Zelle bei * in Fig. 25, Taf. XXII und Fig. 36, Taf. XXIII); letztere haben meist eine viereckige oder rhombische Gestalt. Die meist zu acht bis zehn vorhandenen Ausläufer der großen Zellen stehen meist mit ebensolchen Fortsätzen benachbarter Zellen in Verbindung (Fig. 1, Taf. XX, Fig. 36 u. 40, Taf. XXIII, Fig. 25, Taf. XXII), manchmal endigen sie aber auch frei (fe in Fig. 36, Taf. XXIII). Jede Zelle besitzt aber außerdem noch einen Ausläufer, der sich in eine Nervenfaser fortsetzt, die zu den Meridian- bündeln tritt und bis in den Nerv, staticus sich verfolgen läßt (nfb Die Statocyste iler Heteropoden. 357 in Fig. 36, Taf. Will und Fig. 34, Taf. XXII). Die Nervenfasern der Zellen, welche der Nervenziit rittssteile zunächst liegen, gehen direkt in den Nerv.'statious über [nfb in Fig. 1, Taf. XX und Fig. 40, Taf. XXIII). Daß auch diese großen Sternzellen innerviert werden, hatte schon Boll (9, S. 80) behauptet, Claus (12, S. 110) dagegen geleugnet. Wie aus den oben angeführten Figuren ersichtlich ist, kann es nun keinem Zweifel mehr unterliegen, daß auch diese Zellen mit Nervenfasern verbunden sind. Auch in diesen, im allgemeinen ziemlich feinen Nervenfasern kann man Xodositäten auftreten sehen (nd in Fig. 34, Taf. XXII und Fig. 36, Taf. XXIII), welche wahrscheinlich ebenfalls als postmortale Zertallserscheinungen zu betrachten sind. Dagegen konnte ich weder an den Fasern noch an den Zellen selbst eine vitale Me- thylenblaufärbung erzielen; meist traten dabei in einer jeden solchen Zelle intensiv blau gefärbte Körner, speziell in der Nähe der Wimper- büschelbasis auf, deren Zahl und Größe mit dem Absterben des Objektes zunahm. An solchen blauen Punktanhäufungen konnte man die Stellen der Polsterzellen leicht erkennen (pr in Fig. 8, Tat. XX), während die Grenzen der Zellen nicht zu unterscheiden waren. Wenn man eine solche Wimperborstenzelle von der Fläche ge- nauer bei lachtet, so sieht man in ihr zwei scharf umschriebene Gebilde, einerseits einen platten, mit einem oder zwei Nucleoli versehenen Kern (/•). von meisl mehr oder weniger ovaler (Fig. 26 u. 35, Taf. XXII) oder auch schwach gekrümmten Form, dessen konkave Seite gegen das zweite Gebilde, aäralich die Wimperplatte oder das WimperpolsteT schaul (prin Fig.25, Tat. XXII und Fig. 36, Taf. XXIII). Von letzterem entspringen die langen und ziemlich dicken Wimperborsten (wb in Fig. 27, Taf. XXII), deren Länge zuweilen die Hälfte des Radius der Statocyste und mehr erreichen kann. Wie schon Ranke (41, S. 81) hervorhob, baben durchaus nicht alle Wimperborstenzellen gleich lange ( ilienluisehel, sondern die längsten Cilien besitzen diejenigen unter ihnen, die genau an dem der Macula entgegengesetzten Pol der Statocyste, als., etwas lateralwärts vom Nervenzutritt, sieh befinden; von dieser Stelle aus werden die Büschel nach allen Seiten gegen die Macula zu immer kleiner, so daß, wenn die Büschel alle aulgerichtet sind und man ideell ihre Enden miteinander verbindet, man eine Kugel- oberfläche bekommt, deren Mittelpunkt exzentrisch vom Centrum der Statocyste. und zwar der Macula genähert, liegt. Tatsächlich kann man sehr schön beobachten, wie Ranke ( 1 1 . S. 81) es schon beschrieben hat. dal.) beim Aufrichten der ('ilien der Statolith gegen die Macula 358 St-rgei Tschachotin, hingestoßen wird und durch dieselben in dieser excentrischen Lage festgehalten wird, wie aus Textfig. 5 ersichtlich, während er in der Ruhe im Centrum der Statocyste in fortwährender, zitternd rotierender Bewegung schwebt: Textfig. 4. Jedes der Wimperbüschel besitzt im optischen Durchschnitt eine länglichovale Form (wb in Fig. 39, Taf. XXIII) und setzt sich aus zahl- reichen, langen Cilien zusammen, die jedoch miteinander nicht ver- klebt sind, sondern einfach zusammenhalten; die einzelnen Cilien n .st Textfig. 4. Lage des Statolithen und der Winiperbüschel in der Ruhelage. M, Macula; n.st, Nervus staticus; 8, Statolith; ivb, Wimperbüschel. Die Pfeile ge- ben die Richtung der Strömungen in der Stato- lymphe an, durch welche der Statolith in der- selben schwebend erhalten wird. ,5 Textfig. 5. Lage des Statolithen und der Wimperbüschel beim Aufrichten der letzteren. Bezeichnung wie in Fig. 4. laufen spitz zu, sind stark lichtbrechend und lassen weder einen Achsen- faden noch andre Strukturen erkennen, erscheinen vielmehr ganz homogen; ein elastischer Achsenfaden dürfte ihnen jedoch nicht ab- zusprechen sein, wie es sich weiter unten aus ihrer Funktion ergeben wird. Wenn die Cilienbüschel nicht aufgerichtet sind, sondern der Epithel- wand anliegen, so sind sie an ihrer Basis in der Weise gebogen, daß die konvexe Seite der Biegung dem antimaculären Pol zugewendet ist, daß also die freien Cilieiienden in der Richtung gegen die Macula ge- richtet sind; dabei kann man ein leises Zittern des gebogenen Teiles der Cilie wahrnehmen, nicht nur ihres freien Endes, wie Leuckart (35, zitiert nach Ranke 41, S. 84) angegeben hat. Die so gebogene Lage ist, wie mir scheint, nicht die Ruhestellung, für welche sie von allen Autoren bis jetzt gehalten wurde, sondern die tätige; das geht schon aus dem leisen Zittern der Cilien in dieser Stellung klar hervor und Die Statooyste der Heteropudeu. 359 wird aoch dadurch bestätigt, daß man bei oich1 fixierten, sondern allmählich abgestorbenen Statocysten die cilien aufgerichtet findet. An Eixiertem Material kommen beiderlei Stellungen vor, je nai-l>> l<-n > sie in der einen oder andern Lage vom Tode iiberraschl wurden. Für meine Auffassung spricht auch eine Beobachtung, die ich machen konnte, wenn ich die lebende Statocyste mit Präpariernadeln zerzupfte und zerklopfte: es gelang dabei manchmal den Wimperbüsch samt dem Polster- von der Zelle isoliert zu erhalten; dann waren die Cilien immer aufgerichtet und führten keine aktiven Bewegungen mehr aus: sie sind also beim Aufhören der Kontraktionen vermöge ihrer Elastizität, deren Sitz man sich in einem eventuellen Achsenfaden denken kann, in die aufgerichtete Ruhestellung gelangt. Im allgemeinen machen diese Cilien, im Wimperbusch vereint, einen ziemlich starren Eindruck, bei ihrem Aufrichten hat es den An- schein, als ob die aktive Bewegung dabei allein an der oben erwähnten Biegungsstelle wie in einem Gelenk erfolge (Textfig. 6.4). Zuweilen kann man aber an absterbenden Stato- cysten beobachten, daß einzelne Cilien sich aus dem Ver- band mit den andern desselben loslösen (der Zusam- menhang mit dem Textfig 6 Polster bleibl dabei Schemata des Wimperschlags bei Wimperborstenzellen. A, des erhalten) und will- ZU9ammenfl&nSenden Wimper borstenbüschels; B, einer einzelnen ( Hie, die sich vom Zusammenhang mit andern losgetrennt hat. rend der übrige Teil des Büschels in der liegenden Stellung verweilt, führen die ersteren Mir sich allein peitschenförmige Schwingungen aus. Dabei tritt deut- lich hervor, daß jede Qilie durchaus nichl starr ist, sondern sich genau ><> verhält, wie die meisten Cilicngebilde überhaupt, Die einzelnen Phasen des Aufrichtens einer solchen isolierten Polsterzellen-Cilie, wie ich sie in solchem Fall beobachten konnte, sind auf der Textfig. 6B dargestellt . Dicht über dem Polster und kaum von demselben geschieden, linden wir eine Lage stark färbbarer Basalkörnchen (bk in Fig. 30, 31, 32, Tal. XXIh. von welchen jede- mil einer Cilie in Zusammen- hang stellt: sie sind auch in lebendigen Zellen als stark lichtbrechende Körnchen an der Basis der Cilien zu sehen. Mi andern 7 / / Büschels _ /, n 1 ( B 360 Serge! Tschaehotin. Das schon öfters erwähnte, unterhalb der Basalkömchen liegende Polster besteht aus einem dichteren Protoplasma von wabig-alveo- läremBau, wie in Fig. 31, Taf. XXII, besonders schön zu sehen ist {fr), und färbt sich mit Eisenhämatoxylin viel dunkler als das übrige Plasma (Fig. 26, 27, 32, 34, Taf. XXII). Im Umkreis des Polsters kann man zuweilen einen helleren Hof bemerken (hh in Fig. 25, 26, 31, 33, 35, Taf. XXII), in dessen Bereich auch der Zellkern einbezogen erscheinen kann (Fig. 25). Dieser Hof scheint aus flüssigerem Protoplasma zu bestehen; manchmal waren darin auch einzelne Lacunen oder Vacuolen zu unterscheiden (Fig. 26, Taf. XXII); ich muß allerdings bemerken, daß ich an andern Präparaten, wie auch an lebenden Zellen nichts von dem Hof gesehen habe, so daß es nicht ganz ausgeschlossen ist, daß es sich hier um ein durch Präparation bedingtes Schrumpfungs- gebilde handelt. Für die Bedeutung des hypobasalen Polsters ist bemerkenswert, daß man derartiges gelegentlich auch bei andern Wimperzellen, so in den Zellen des Nebenhodens der Maus (siehe Pütter 40, S. 61), ge- troffen hat und von manchen Autoren, wie z. B. Fuchs (ibid.), wurde es als Ersatz für die hier fehlenden Wimperwurzeln angesehen; letztere wie ersteres sollten als eine Stütze, als Widerlager für die Cilien dienen, denn für das Schlagen der Wimpern selbst sind nach den Untersuchun- gen von Vignon (nach Pütter 40, S. 47) wreder die Basalkömchen noch die AVimperwurzeln unbedingt notwendig. Nun ist es aber inter- essant, daß in unsern Wimperborstenzellen neben dem erwähnten Polster noch andre, basalwärts von demselben ziehende, intracellu- läre Bildungen sich vorfinden, die, wie wir weiter unten sehen werden, nichts andres als die für die meisten Wimperzellen charakteristischen Wimper wurzeln sind. Ich konnte sie mit der APATHYschen Vorver- goldungsmethode1 (Fig. 36, Taf. XXIII), aber auch mit Eisenhämatoxylin nach FLEMMiNGScher (// in Fig. 30, 32, 34, Taf. XXII) oder HERMANNscher (Fig. 25 u. 26, Taf. XXII) Fixierung nachweisen. Man sieht nämlich im Plasmaleib dieser Zellen von dem Wimperpolster (pr) aus nach allen Seiten Fibrillen ausstrahlen, die oft auch schon mit gewöhnlichen Färbungsmitteln als feine Streifung (Fig. 27, Taf. XXII) zu erkennen sind, mit den erwähnten zwei Methoden aber als intensiv dunkle, bisweilen schwarz gefärbte Gebilde (// und vf) erscheinen. Daß es wirklich intracelluläre Bildungen und nicht etwa vom Deckglas flach- gedrückte Cilien sind, kann an Totalpräparaten daraus geschlossen i Siehe Methodik S. 34.5. Die Statiu-yslc der Heteropoden. 361 werden, daß, wenn man eine solche Zelle von ihrer basalen Fläche aus betrachtet, man zunächst diese Fäden wahrnimmt (Fig. 37, Tai. XXIII), besonders schön diejenigen, die über dem Kern (/,) hinziehen. Wenn man nun den Tubus des Mikroskops etwas senkt, so verschwinden die Fibrillen über dem Keine, dafür treten nun die Umrisse des letzteren viel schärfer hervor (Fig. 38), ein Beweis dafür, daß die gesehenen Fibrillen zwischen dem Kern und der Zellbasis, also intra- cellulär verlaufen. Wenn man den Tubus weiter senkt, so verschwim- men die Umrisse der beobachteten Zelle, der Brennpunkt des Systems liegt jetzt also im Lumen der Statocyste, während man im optischen Querschnitt den in dasselbe hineinragenden Wimperbusch bemerkt i irb in Fig. 39, Tai. XXIII). Auch an Schief- und Sagittalschnitten durch diese Zellen (Fig. 28 u. 30, Taf. XXII) beobachtet man sehr schön, wie die Fibrillen im Plasmaleib von dem Wimperpolster basal- und peripheriewärts ziehen, wobei die Stellen, wo sie durchschnitten worden sind, als intensiver gefärbte Punkte erscheinen (ginFig. 28, Taf. XXII). Unter diesen vom Polster ausstrahlenden Fibrillen kann man zweierlei Alten erkennen: einmal feinere und in größerer Anzahl vor- handene (//), ferner etwas stärkere und längere (vf), die sich bis in die Ausläufer der Zelle fortsetzen (Fig. 31 u. 33, Taf. XXII) und von da, wie es scheint, in mit letzteren zusammenhängende ebensolche Fort- sätze benachbarter Wimperborstenzellen übergehen (Fig. 36, Taf. XXIII) ; auch in die frei endigenden Fortsätze können sie eintreten (/e in Fig. 36, Taf. XXIII ). Manchmal waren an diesen stärkeren Fibrillen auch knoten- förmige Anschwellungen (Fig. 30, Taf. XXII) und einmal sogar ein ge- schlängelter Verlauf in einem Zellfortsatze wahrzunehmen (Fig. 32, Taf. XXII). Trotz dieses Befundes halte ich es für unwahrscheinlich, daß es sich hier um contractile Gebilde handeln sollte, wie sie z. B. von W. Polowzowa (39) in den Flimmerepithelzellen der Pharynx- tasche von Lumbricus beschrieben worden sind. Diese Forscherin wies nach, dal.» in den erwähnten Zellen Fäden vorhanden ,-ind, die im Ruhezustand geschlängelt verlaufen, um bei Beizung sich zu gerad- linigen Fasern zu kontrahieren; sie vergleicht mit diesen Fäden den bekannten Wimperwurzelkegel von Anodonta und ähnliche Bildungen andrer Flimmerzellen und hält auch letztere Gebilde für contractu, sich auf den von Aivvrnv (1) angeblich nachgewiesenen Nichtzusam- menhang dieser Fibrillen mit Basalkörnchen und Cilien stützend. Interessanterweise treten die beschriebenen Fasern in den Wimper- borstenzellen gerade in die Nervenausläufei der Zellen nicht ein, was jedenfalls für einige Fälle ganz sicher feststeht (nfb in der Zelle bei j 362 Sergei Tschachotin, in Fig. 36, Taf. XXIII). auch findet man sie gelegentlich in den frei endigenden Ausläufern der Zellen {je in Fig. 36, Taf. XXIII), so daß es wahrscheinlich wird, daß allen diesen Gebilden keine nervöse, er- regungsleitende Funktion, wie es Apäthy (1) für den Fibrillenconus der Anodonta annimmt, sondern viel eher eine Stützfunktion zukommt, und zwar dienen sie allem Anschein nach als Stützapparat für das Wimperpolster und die darauf stehenden Cilien. Diese Fibrillen einerseits und die Wimpern anderseits stehen mit zahlreichen Basalkörnern über dem Wimperpolster in Zusammenhang, so daß es mir berechtigt erscheint, sie mit den Wimperwurzeln der Sinneszellen der Macula in genetischen Zusammenhang zu bringen und sie für nichts andres als für den eigentümlich umgebildeten Basalapparat der gewöhnlichen Wimperzellen zu halten. Dadurch gewiimt die Ver- mutung, daß auch diese Sternzellen der Antimacula in dieselbe Kate- gorie der Wimperzellen, wie auch die Sinneszellen der Macula, gehören, daß beide Zellarten einander homolog sind, an Wahrscheinlichkeit. Diese Vermutung wird aber noch verstärkt durch das Vorhanden- sein an der Grenze beider Regionen des Statocystenepithels von Zellen, die Übergangsformen zwischen beiden Zellarten darstellen, wie es aus der Fig. 29, Taf. XXII, näher ersichtlich ist. Man sieht hier links eine Zelle, die noch im allgemeinen sehr an die äußersten Sinneszellen der Macula erinnert, aber in manchen Hinsichten auch schon die Charaktere B. C. Textfig. 7. Schema zur Erläuterung der Homologie der Sinneszellen in der Macula und der Wimperborsten- zcllen in der Antimacula. A, kleine Sinneszelle; B, Übergangsform an der Grenze beider Ee- ^ gionen; C, Wimperborstenzelle; c, Cilien; Je, Kern: n, Nervenfortsatz; p, Wimperplatte; ww, Wimperwurzeln. der Wimperborstenzellen besitzt; so ist hier z. B. die Länge und Beweg- lichkeit der Wimperhaare größer als bei Sinneszellen, die Wimperplatte ist auf einen kleinen Teil der freien Zelloberfläche beschränkt, wie es für die Wimperborstenzellen eigentümlich ist, auch sieht man schon die Ausstrahlung, Divergenz der Wimperwurzeln, nicht Convergenz, Die Statooyste der Keteropoden. 363 wie bei Sinneszellen angedeutet. Die genetischen Beziehungen zwi- schen den beiden Zellarten sind auf dem beigefügten Schema (Text- Eig. 7) erläuterl . 1. Zusammenfassung der Hauptmerkmale des Wim perz eilen typus. Wenn wir min die gemeinsamen Merkmale der drei beschriebenen Zellarten, der Centralzelle, der kleinen Sinneszellen der Macula und • 1er Wimperborstenzellen der Antimacula kurz zusammenfassen, so linden wir erstens, daß ihnen allen die mehr oder weniger beweglichen Cilien eigentümlich sind, daß zweitens in Zusammenhang mit diesen Cilien und zu deren Stütze bei allen drei Zellarten intracelluläre Fäden mit Basalkörnchen vorkommen, die natürlich entsprechend den ver- schiedenen Formen und Funktionen der Zellen etwas verschiedene Ausbildungen erlangt haben. Alle diese Eigentümlichkeiten sind für Wimperzellen charakteristisch, weswegen die beschriebenen Zellen diesem histologischen Typus zuzurechnen sind. AK weiteres gemeinsames Merkmal der drei Zellarten wäre die Verbindung mit Nervenfasern zu bezeichnen. Allerdings ist ein Nerven- Eortsatz wohl nicht allgemein für ursprüngliche Wimperzellen charak- teristisch: es wäre aber möglich, daß es sich hier um eine spätere se- kundäre Erwerbung handelt, was im Einklang damit stünde, daß die Sinneszellen überhaupt sich allem Anschein nach von Wimperzellen onto- wie phylogenetisch ableiten lassen. Die sekundäre genetische Bedeutung dieses Nervenausläufers geht noch daraus hervor, daß der- selbe im Laute der Entwicklung und Differenzierung bei verschiedenen Zellen verschiedene Funktionen erlangt hat: so leitet er bei den Sinnes- zellen der Macula centripetal, bei den Wimperborstenzellen der Anti- macula dagegen allem Anschein nach centrifugal: bei den ersteren is1 er sensibel. Ihm den letzteren motorisch. Der vermutete physiolo- gische Unterschied beider Xervenfortsät/.e wird auch durch ihr ver- schiedenes Verhalten bei der vitalen Methylenblaufärbung bekräftigt: während die zur Macula tretenden Nervenfasern intensiv blau gefärbt werden, bleiben die feinen .Nervenausläufer der Winiperborstenzellen ganz Earblos (siehe S. 357). Eine motorische Innervation der Flimmer- zellen is1 auch in andern Fällen bekannt: so werden z. B. die Wimperringe bei Anneliden und ihren Larven ebenfalls innerviert (Pütter U), S. 67 364 Sergei Tschat hotin, 1). Typus der indifferenten Zellen. Ich gehe nun zur Betrachtung einer andern Kategorie von Zellen über, die das zweite konstante Element in unserm, wie in fast jedem, Sinnesepithel darstellen, nämlich zu den sogenannten indifferenten oder Stützzellen. Entsprechend der verschiedenen Beschaffenheit der Regionen der Statocyste, die ihren Ausdruck in der Verschiedenheit der Wimperzellen findet, kann man auch eine Differenzierung der Stütz- zellen in drei Arten wahrnehmen: zwei in der Macula und eine in der Antimacula. ' 1. Pericentrale Stützzellen der Macula. Es sind dies vier große Zellen, die die sensible Centralzelle un- mittelbar und allseitig umgeben (pzz in Fig. 15, Taf. XXI). Sie bilden um dieselbe einen hellen Hof, den man schon mit der Lupe erkennt. Ihre freie, dem Statocystenlumen zugewandte Fläche ist mit einer ziemlich starken Cuticula (cu) bekleidet, die wie eine Platte aussieht; die vier Cuticularplatten der Zellen stoßen aneinander und ebenso an die Centralzelle und erlangen dadurch einen polygonalen Umriß. Un- mittelbar unter dieser Cuticula liegt eine größere Protoplasmamasse, welche auch den meist runden Kern beherbergt (Fig. 15 u. 19, Taf. XXI, Fig. 5, Taf. XX); von dieser ziehen nach unten zu der Hüllkapsel sowie peripher zu und zwischen die kleinen Sinneszellen eine ganze Menge plasmatischer Ausläufer (/), welche sich äußerst mannigfach verzweigen und durchkreuzen (Fig. 11, 12, 15, 17, 19, 22, Taf . XXI und Fig. 5, Taf. XX). Die zwischen den Ausläufern liegenden Lücken (besonders groß z. B. bei * in Fig. 17, Taf. XXI) sind mit Flüssigkeit erfüllt, die allem Anschein nach nicht außerhalb der Zellen liegt, sondern einen Teil derselben ausmacht, so daß diese Zellen sehr wahrscheinlich einen noctilucaähnlichen oder pflanzenzellenartigen Bau besitzen. Ver- mutlich steht die starke Vacuolisation des Zellleibes in engster Be- ziehung zu der Funktion dieser Zellen, die man sich als stützende oder auch vielleicht als isolierende vorstellen könnte ; in ersterem Fall könnte die Zellflüssigkeit, die wohl wie bei ähnlich aussehenden Pflanzen- zellen turgesziert, den Zellen die Eigenschaften praller Gebilde ver- leihen, wie sie sich zur Stütze der Sinneszellen eignen. Auch anderswo im Tierreich trifft man ähnliche, stark vacuolisierte Zellen an, deren Bedeutung ganz sicher in einer stützenden Funktion liegt: nämlich in den Tentakeln der Hydroidpolypen wird deren solide Achse durch eine Reihe Entodermzellen eingenommen, deren Bau mit dem Die Statocyste der Eeteropoden. 365 geschilderten pflanzenzellenartigen bei den erwähnten Stützzellen völlig übereinstimmt. Im zweiten Fall könnte man sich vielleicht denken, daß die Flüssigkeil oichl reizleitend ist und deshalb die Sinneszellen voneinander isolieri hält. Auch könnten beide Möglichkeiten vereinl sein, so daß den Zellen eine Mutzende und isolierende Funktion zu- gleich zukäme. In einigen der stärkeren Plasmaausläufer kann man ziemlich dicke, mit Eisenhämatoxylin sich intensiv schwarz färbende Fädchen sehen, die sich einerseits anscheinend an der Cuticularplatte der Zelle anheften, anderseits aber in die Hüllkapsel übergehen (ef in Fig. 13. II. L6, 17 und Fig. 23, Taf. XXI). Sie ziehen somit von lateral außen median nach innen und gehen in der Nähe des Randes der Central - zelle in die Cuticula über. Es sind dies, wie es scheint, ebenfalls cuti- culare, straffe, vielleicht elastische Gebilde, jedenfalls sind sie nicht contractu (die Zellen werden ja nicht innerviert). Ihre Aufgabe be- steht vermutlich darin, den Zug, den sie durch Spannung der Kapsel- wand durch Muskelzüge erfahren, auf die Ränder der Centralzelle zu übertragen; dadurch wird die freie Oberfläche der Centralzelle stärker gespannt, was vielleicht zu größerer Reizempfindlichkeit beiträgt. ■_'. Die kleinen Stützzellen der Macula. Die zwischen den kleinen Sinneszellen sich befindenden Stütz- zellen (stz in Fig. 12 u. 16, Taf. XXI) sind im allgemeinen ähnlich ge- baut wie die vier Pericentralzellen. Das Hauptmerkmal bildet auch hier eine starke Vacuolisation; der Kern (Je) Hegt gleichfalls in einer Plasmaansammlung (Fig. 24, Taf. XXI), von der allseitig Fortsätze aus- strahlen, von denen einige zur Hüllkapsel ziehen, während andre die kleinen Sinneszellen (••>•:) umspinnen. In den Lücken dieser Plasma- stränge is1 Flüssigkeit, die eine jede Sinneszelle allseitig umgibt, so daß Letztere Zellen sich niemals berühren, sondern voneinander voll- kommen isoliert sind, was auf dem Tangentialschnitt (Fig. 2 1. Taf. XXI) schöii zu sehen ist. Der kompakte Kern ist meist länglich bis stab- förmig (Fig. 16, Taf. XXI); seine Längsachse ist der Achse der anlie- genden Sinneszellen parallel. Die Kerne der mehr peripher vom Ma- culacentrum liegenden Zellen rücken näher an die Hüllkapsel, während in den centraleren Zellen der Kern samt der Plasmaansammlung noch ziemlich nahe an der inneren Oberfläche, unter der Cuticula sich findet (Fig. 5, Taf. XX). Die Zahl dieser Stützzellen ist relativ klein, jedenfalls geringer als die der Sinneszellen (Fig. 15 u. 17, Taf. XXI, Fig. 5, Tai. XX), 366 Sergeii Tschachotin, indem jede Isolierzelle mit ihren Ausläufern mehrere Sinneszellen um- spinnt (Fig. 24, Taf. XXI). Dieses Zahl- und Lage Verhältnis zwischen Sinnes- und Stützzellen in der Macula findet sein Gegenstück in der Antimacula; hier sind nämlich umgekehrt die Stützzellen bedeutend zahlreicher als die von ihnen umschlossenen Wimperborstenzellen, so daß eine jede der letzteren von sechs bis acht Stützzellen umgeben wird (Fig. 25, Tafel XXII, Fig. 36 u. 40, Taf. XXIII). 3. Pflasterzellen der Antimacula. Die eben erwähnten indifferenten Zellen der Antimacula, welche wegen ihrer flachen Gestalt auch als Platten- oder Pflasterzellen be- zeichnet wurden, besitzen gleichfalls ein ziemlich dünnflüssiges Proto- plasma, das sich von dem kompakteren, stärker färbbaren der Wimper- borstenzellen scharf unterscheidet (Fig. 25, Taf. XXII). Die Grenzen der Pflasterzellen können meist nur daran erkannt werden, daß zwi- schen ihnen immer die Fortsätze der sternförmigen Wimperborsten- zellen verlaufen. Der Kern (k) ist dagegen stets scharf umschrieben, meist rund bis oval (Fig. 35, Taf. XXII), zuweilen auch unregelmäßiger, mit reichem Chromatinnetz und eingesprengten größeren Körnern, die vielleicht Nucleolen entsprechen (Fig. 26, Taf. XXII). 4. Zusammenfassung der Hauptmerkmale des Stützzellentypus. Aus dem obigen geht hervor, daß die drei beschriebenen Zell- arten: die vier pericentralen, die kleinen Stützzellen der Macula, sowie die Pflasterzellen der Antimacula, homologe Gebilde sind. Allen kommt die Vacuolisation des Protoplasmas zu, fehlen die Cilien und der Nervenfortsatz. d. Statolymphe. Diese Flüssigkeit, die das Lumen der Statocyste ausfüllt, ist farb- los und enthält wohl ein wenig Eiweiß, denn nach dem Fixieren trifft man auf Schnitten im Hohlraum der Statocyste gewöhnlich ein feines Coagulum. Um diese Statolymphe etwas näher studieren zu können, be- diente ich mich folgender Methode: einige isolierte frische Statocysten wurden mittels einer Pinzette in die Luft gehoben und dann in einen Tropfen öl (ich nahm dazu Zedernholzöl) auf dem Objektträger ge- bracht, hierin mit Präpariernadeln vorsichtig zerdrückt und die Wand- reste entfernt, so daß im öl nur einige Tröpfchen der Statolymphe Die Statocyste der Beteropoden. 367 verblieben. Ans der Form und Beschaffenheil dieser Tröpfchen folgte deutlich, daß es sich nicht um Gallerte, sondern um eme wirkliche tropf - bare Flüssigkeil handelt. Beim Erhitzen übei einer kleinen Flamme trübten sich diese Tröpfchen etwas, was vielleicht auf Coagulation des darin enthaltenen Eiweißes (?) beruht. Als ich nun zu den Tröpf- chen Schwefelsäure hinzusetzte und etwas erwärmte um das Ca als Calciumsulfat nachzuweisen, bekam ich, wie zu erwarten, negative Resultate, was aber wohl dadurch bedingt war, daß die Menge des Ca in der Lösung zu gering sein dürfte, denn daß hier Kalk vorhanden sein muß. ist ja selbstverständlich. e. Statolith. a. Chemische Zusammensetzung1 desselben. Wenn man einen Statolithen mit verdünnten Säuren behandelt, löst er sich darin unter Aufbrausen, wenn auch nicht vollständig, denn es bleibt ein anscheinend organisches Stroma von derselben Form und Größe wie der Statolith selbst zurück. Die Gasentwicklung beweist die Gegenwart von Kohlensäure. Zur Aveiteren Untersuchung wurden 20 bis 25 Statolithen zunächst mit destilliertem Wasser gewaschen, getrocknet und in verdünnter Essigsäure gelöst. Ein Tropfen dieser Lösung wurde auf dem Objektträger mit verdünnter Schwefelsäure auf Calcium geprüft, was die Bildung der charakteristischen, zu Büscheln und Fächern zusammengelagerten Nadeln von wasserhaltigem Calcium- sulfat CaS04 + 2 IfoO hervorrief (vgl. Behrens 4, S. 69). Da Phos- phor- und Schwefelsäure sich als gewöhnliche Begleiter des kohlen- sauren Kalkes erweisen, so wurde versucht, auch sie hier eventuell nachzuweisen. Den Nachweis der Phosphorsäure führte ich mit einer warmen Losung von Ammoniummolvbdat in verdünnter Salpeter- säure, wobei sich kleine gelbe Körnchen von Ammoniumphospho- niolvbdat ausschieden (Behrens 4, S. llö); die Kristallisation ging sein Langsam vor sich, erst nachdem der so behandelte Tropfen über Nacht im Exsiccator stehen gelassen wurde: die Menge der Phosphor- säure dürfte also recht gering sein. Schwefelsäure is1 in den Statolithen höchstens in Spuren vorhan- den, denn der Versuch, sie mit Bleizucker als PbS04 (Behrens -1, S. L21) nachzuweisen, fiel negativ aus. und die Fällung mit BaCl2 als BaS04 (BEHRENS I. S. 62) war nur sehr spärlich und unsicher; es bildete sich allerdings ein sehr geringer Niederschlag, die einzelnen Elemente desselben hatten aber nicht die charakteristische Gestalt des BaS04, sondern sahen eher dem Strontiumsulfat ähnlich. 368 Sergei Tschachotin, Um auf Magnesium zu prüfen, wurde aus der essigsauren Lösung der Kalk mit oxalsaurem Amnion abgeschieden; nachdem das Calcium- oxalat sich vollkommen abgesetzt hatte, wurde die klare, darüber stehende Flüssigkeit mit einer Pipette vorsichtig abgehoben und ein Tropfen davon auf dem Objektträger mit Chlorammonium und Am- moniak versetzt, dann erwärmt und etwas Natriumphosphat zu- gesetzt. Nach längerem Stehen schieden sich spärliche Kristalle von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia NH4MgP04 aus (Behrens 4, S. 43). Somit hätten sich als anorganische Bestandteile der Stato- lithen Calcium, etwas Magnesium, Kohlensäure, Phosphorsäure und Spuren von Schwefelsäure ergeben; der Hauptbestandteil ist natür- lich CaC03 und zwar, wie es scheint, in der Form von Calcit, Kalkspat. Letzteres kann erschlossen werden aus dem Vergleich der Stato- lithen mit künstlichen Calcosphäriten, die ich nach Hartings Vor- schrift (25, S. 9) in Hühnereiweiß auskrystallisieren ließ. Herr Prof. Bütschli hatte die Güte mit mir zusammen die optischen Eigenschaften beiderlei Gebilde zu untersuchen. Bei der Betrachtung der natür- lichen Statolithen im polarisierten Licht ergab sich zunächst, daß die- selben zwischen gekreuzten Nicols ein Kreuz gaben, wenn auch aller- dings nicht immer und relativ selten scharf; mit eingeschaltetem Gips- plättchen erster Ordnung betrachtet, erwiesen sie sich optisch positiv; die Untersuchung geschah an kleinen, nadeiförmigen, radiären Split- tern, die durch Zerdrücken des Statolithen erhalten wurden, denn bei ganzen Statolithen waren infolge deren Dicke keine sicheren Beobach- tungen zu machen. Auch einige der erwähnten künstlichen Sphärite aus Eiweiß erwiesen sich positiv; allerdings war die Mehrzahl ohne Zweifel negativ. Aus dem geschilderten Verhalten ersieht man, daß die natürlichen Statolithe mit solchen Sphäriten aus Eiweiß wohl vergleichbar sind, letztere bestehen aber, wie Prof. Bütschli feststellen konnte, aus Calcit, denn sie färben sich beim kurzen Kochen mit Kobaltnitrat- lösung nicht, während Aragonit sich mit diesem Reagens bekanntlich rasch lila färbt (MEiGENsche Reaktion). Harting (25, S. 52) selbst aber hielt die Substanz seiner Sphärite weder für Aragonit noch für Calcit, sondern für eine besondere Modifi- kation des Calciumcarbonats, die unter dem Einfluß der Kombination mit dem organischen Stroma entstehe. Er hat auch das spezifische Gewicht dieser Sphärite bestimmt und es zu 2,66 gefunden, also etwas Die Statocyste der Seteropoden. 369 geringer als das von Calci! (2,72), wohl deshalb, wie er selbst sagt, weil die Menge des organischen Stromas reehl bedeutend, näinlieli 7,65 ",, is1 (Prof. BüTSCHLJ fand sie bei den von mir dargestellten Sphäriten größer: 10,43 ",,). Das nach Auflösung der anorganischen Substanzen zurückbleibende Stroma des Statolithen ist meist leicht gelblich gefärbt und ebenso wie der nicht entkalkte1 Statolith aus konzentrischen Schichten zu- sammengesetzt, läßt aber im Gegensatz zu dem letzteren keine radiäre Streifung mehr erkennen. Was die chemische Beschaffenheit des Stro- mas anbelangt, so scheint es mir sicher, daß es aus eiweißähnlichen Stoffen besteht, denn es gibt die für Eiweißkörper eigentümlichen Farbenreaktionen, allerdings nicht sehr scharf: ich habe die Xantho- protein- (Gelbfärbung mit Salpetersäure und orange nach Zusatz von XaOH), die Biuret- (Violettfärbung mit CuS04 und NaOH) und die MiLLOXsche Probe mit positivem Resultat versucht; dagegen schlug die Reaktion von Adamkiewicz (Violettfärbung mit konzentrierter Schwefelsäure und Eisessig oder Glyoxylsäure nach Hopkins) fehl. Aus diesem Verhalten, sowie daraus, daß das Stroma in Mineralsäuren unlöslich, wohl aber in starken Alkalien, wenn auch nur schwierig, löslich ist (in verdünnter Natronlauge quillt es etwas auf und wird viel durchsichtiger), kann annähernd geschlossen werden, daß es sich hier um ein Albuminoid, und zwar wahrscheinlich um einen dem Conchiolin1 verwandten Körper handelt. Es fiel mir schon früher auf, daß dies Stroma sich in mancher Hinsicht genau so verhält wie die Augen- linse der Heteropoden. Bei mit Methylenblau gefärbten und später abgestorbenen Tieren sieht man, daß gerade die Linsen und die beiden St atolithe gleich intensiv blau gefärbt sind, während die übrigen Ge- webe blasser erscheinen; die Übereinstimmung tritt noch besser bei nicht gefärbten, abgestorbenen und zu faulen beginnenden Tieren her- vor. Während alle andern Gewebe farblos sind, heben sich die Linsen und die Statolithe durch ihre gleiche dunkelbraune Farbe geharf ab. Nun zeigen diese Linsen, vermöge ihrer größeren Dimensionen, die oben erwähnten, an Conchiolin erinnernden Reaktionen schärfer und terer, als die kleinen Statolithenstromata und sind deshalb und ii.wh Analogie mii ähnlichen Gebilden bei andern Tieren, wo es sicher äteht, daß die Linsen aus Albuminoi'den bestehen, als aus solchen Eiweißkörpern aufgebaute Gebilde anzusehen. ' Vgl. Cousin. im (14) S. 298 und auch Hoppe-Seyler (2!») S. 345. Zeitschrift f. wisaensch. Zoologie, XC. j'.d. 24 370 Sergei Tschachotin, b. Struktur des Statolithen. Das erste, was bei der Betrachtung eines Statolithen unter dem Mikroskop auffällt, ist seine genau kugelrunde Gestalt und eine radiäre Streifung, die mit einer äußerst regelmäßigen konzentrischen Schich- tung verbunden ist (Textfig. 8); diese Kombination verleiht dem Gebilde, namentlich im frischen Zustand, eine hervorragende Schönheit. Bei aufmerksamer Beobachtung sieht man im Centrum einen etwas helleren Hof, in der Zeichnung von der Linie c umschrieben, von etwa 1/10 des Durchmessers des ganzen Statolithen. In diesem Hof ist die Radiär- streifung weniger deutlich als peripheriewärts. Dieser Hof schließt einen andern, von der Linie d begrenzten, ein, dessen Durchmesser sich zu dem des ganzen Statolithen, wie etwa 0,03 zu 1 verhält, also d- :- J Textfig. 8. Statolith. Vorgr. 335. a, äußere Grenze; b, mittlere Grenzlinie; c, äußere Grenzlinie des ■- Larvenstatolithen«; d, innere Grenzlinie des » Larvenstatolithen «, einen Hohlraum um- fassend. etwas weniger als 1 fx beträgt. Dieser innere Hof erscheint ganz ho- mogen und zeigt bei hoher Einstellung in seiner Mitte einen schwarzen Punkt, der beim Senken des Tubus allmählich verschwommener wird und bei tiefer Einstellung in einen intensiv leuchtenden Punkt über- geht. Dies Verhalten läßt darauf schließen, daß wir es hier mit dem Bilde der Blendenöffnung zu tun haben und daß der innere Hof (d) I >ie Statocyste der Heteropoden. 371 viel schwächer brechend ist als das umgebende Medium (vgl. Bütschli l(>. S. 1">): somil wird der Mittelpunkl des Statolithen von einem Eohlräumchen, einem Kngelkämmerchen, eingenommen, das wohl von (i.is erfüllt ist: bewiesen werden konnte das auf einem Schnitte, wo tatsächlich im Centrum des Statolithen ein mit dickem, intensiv ge- färbtem Rand (Eisenhämatoxylin) versehener Kreis sich fand, dessen Größe der bei ganzen Statolithen beobachteten Centralhöhle genau entsprach (etwa l/30 des Gesamtdurchmessers) und dessen Inneres hohl war. Außer den beschriebenen beiden Linien (c und d) sieht man gelegentlich, namentlich bei fixierten, geschnittenen oder getrockneten Statolithen. noch eine konzentrische Grenzlinie (6), die eine Kugel im Inneren des Statolithen von etwa 0,35 Gesamtdurchmesser einschließt; zuweilen bemerkt man, daß der von dieser Linie umschlossene Teil eine schärfere und gröbere Radiärstreifung aufweist, ja es hat sogar den Anschein, als ob dieser Teil eine mehr oder weniger drusige Be- schaffenheit hätte. Bei den künstlich in Eiweiß erzeugten Calcosphä- riten ist ein ähnliches Verhalten durchaus nicht selten: man sieht hier nämlich oft. daß eine drusig gebaute Kugel in einer dünnwandigeren gebettet liegt, die meist nicht oder weniger radiärgestreift ist; solche Bilder finden sich z. B. bei Harting (25) in Fig. 4 c und Fig. 6 a Tal. IV. Es erweckt den Verdacht, daß solche Gebilde nicht conti- nuierlich entstanden sind, sondern daß ihre Bildung in zwei vonein- ander verschiedenen Phasen vor sich ging, daß also vielleicht die Be- dingungen während der ersten Phase andre waren als später. Aller- dings muß ich bemerken, daß diese Linie b obwohl sie bei fixierten oder entkalkten und geschnittenen Statolithen ziemlich konstant und meist von derselben (Iröße (siehe die unten angeführte Tabelle) zu beobachten ist, was für ihre Präexistenz sprechen könnte, bei frischen Gebilden dagegen >tets vermißl wird, vielleicht aber in diesem Zustand nicht unterschieden werden kann; die Linien c und d sind auch bei chen Objekten sehr schön zu beobachten. Dies geht auch aus der folgenden Tabelle hervor: die in derselben angegebenen Zahlen wurden mit dem < »dilarniikronieter gewonnen und zeigen das Verhältnis der Durchmesser der von den einzelnen Linien umschriebenen konzentri- schen Statolithenregionen zum Gesamt durc In nesser bei neun verschie- denen und verschieden behandelten Statolithen. Aus der Überein- stimmung: de?- Zahlen kann auf die Konstanz der beobachteten Linien, wenigstens von c und ' Textfig. 9. Feinen 31 h n. Wrgr. 1500. A, am ganzen anentkalkten Statolithen, Ober- flächeneinstellung; B ebenfalk am ganzen Statolithen; C, am entkalkten Stioma; g, Schichten- grappe; pen Spalt- räume, so daß es den Anschein hat, als ob das Stroma aus einer Menge von ineinander geschachtelten, dünnwandigen Kugeln bestünde (siehe Textfig. 10). Die erwähnten Schichtengruppen (g in Textfig. 9 C) bestehen meist aus vier bis sechs fester miteinander verbundenen eigentlichen Schich- ten (seh), von welchen jede aus einer Kämmerchenreihe (km) besteht, und deren Abgrenzung gegeneinander (sg) blässer und feiner erscheint als die der ganzen Gruppen voneinander (gg). Wir sind nun bei der schwierigen Frage angelangt, wie man sich die Durch- dringung des Stromas durch den kohlen- sauren Kalk denken könnte. Wir finden, wie oben dargelegt, daß das Stroma selbst sich schon aus Kämmerchen aufbaut, wir wissen aber nach Bütschlis Unter- suchungen, daß auch Sphärite von reinem CaC03 ebenfalls durch regelmäßige Aj>po- sition von hohlkammerigen Gebilden ent- stehen, deren Wände sich wahrscheinlich aus zusammenfließenden und später erstarrenden feinen CaC03-Globuliten bilden. Es fragt sich, wie verhalten sich diese und jene zueinander, fallen die Kämmerchen der einen mit denen der andern Substanz zusammen oder nicht? Ich habe nun mit einem Okularmikrometer erstens die Anzahl der Schichten bei ganzen Statolithen und bei ihren Stromata, die auf eine und die- selbe Zahl der Skalenteile des Mikrometers fallen, gezählt und dabei vollkommen übereinstimmend immer dieselbe Zahl gefunden: bei diesen wie jenen kamen in der Regel bei 335 f acher Vergrößerung konstant sieben bis acht Schichten auf je fünf Skalenteile eines y^inm- Mikrometers. Dann wurde noch bei einer stärkeren Vergrößerung (1500) die Zahl der Kämmerchen in einer Schicht, die auf je fünf Skalen- teile zukamen, beim Stroma und beim ganzen Statolithen bestimmt: für das Stroma waren es meist vier bis fünf, beim Statolithen vier; das Stroma ist nämlich immer im Vergleich mit dem Statolithen etwas geschrumpft infolge der Behandlung. Das Zählen geschah in der Weise, daß ich den Tubus hoch einstellte, so daß jede Schicht eine perlenschnur- artige Form annahm, und dann wurden die hellen »Perlen <<, von welchen jede einem Kämmerchen entsprach, gezählt. Aus den mitgeteilten Textfig. 10. Das entkalkte Stroma eines Stato- lithenbruchstückes. Die Statocyste der Eeteropoden. 377 Resultaten gehl somil klar bervor, daß die konzentrischen Strukturen des Stromas und des nicht entkalkten Statolithen völlig übereinstim- men, daß also das Ealkkämmerchen mit jedem Stromahohlräumchen zusammenfällt, da l.i sie eins sind. Diese Beobachtung und der daraus zu ziehende Schluß werden dadurch bestärkt, daß Bütschli schon früher dieselben Beziehungen zwischen organischem Stroma und Kalksalzen im Krebspanzer fest- stellen konnte; durch Vergleich von Schliffen und entkalkten Schnitten durch denselben wies er ihre genaue Übereinstimmung im feinsten Bau nach. So sagt er (10, S. 347): »Meine Erfahrungen ergaben, daß die Struktur aller Lagen im verkalkten und entkalkten Zustand im wesentlichen dieselbe ist; woraus folgt, daß die anorganische Substanz nicht in irgendeiner bestimmten Form der organischen eingelagert sein kann, sondern dieselbe gleichmäßig imprägnieren muß, und daß sie vor allem nicht etwa in Hohlräumen der organischen Substanz ab- gelagert ist. Es ist die nach der Entkalkung restierende Chitinsubstanz, an welche die Kalksalze gebunden sind. << Allerdings besteht das Stroma hier nicht ans Eiweiß, sondern aus Chitin; diese letztere Substanz spielt aber bei Arthropoden dieselbe Rolle, wie conchiolinartige Eiweißkörper, zu welchen wohl auch unser Statolithenstroma nach vorhergesagtem gehören dürfte, bei Mollusken. d. Bildungsweise der Statolithen. Es fragt sich, was für eine Bedeutung dem eiweißartigen Stroma des Statolithen zukommen könnte? Harting war der erste, der diese Frage ins Auge faßte. Er ließ kohlensauren Kalk in Eiweißmedien kristallisieren, zunächst nur mit dem Zwecke, die Kristallisation mög- lichst zu verzögern und dadurch größere und besser ausgebildete Sphä- rite zu erhalten (25, S. 0). Sein Erstaunen war aber groß, als er be- merkte, daß die ursprünglich indifferente, strukturlose Eiweißlösung an der Bildung der Calcosphärite sich in Form eines wie das Kalk- salz selbst strukturierten Stromas beteiligte; er fand auch, daß das Eiweiß infolge dieses Prozesses in seinem < bemischen Verhalten modi- fiziert winde; es ist in Wasser unlöslich geworden, und wird auch von Kalilauge in der Kälte nicht mein- angegriffen; die Elementaranalyse zeigte ferner, daß die Substanz des Stromas weniger Stickstoff ent- hielt als das Albumin, von welchem man ausgegangen war (Har- i im; 25, 8. 58, Fußnote). Diese neuen Eigenschaften veranlaßten I Iahtino, die Stromasubstanz für einen besonderen Eiweißkörper zu erklären, dem er den Namen Calcoglobulin gab und ihn mit dem 378 Sergei Tschachotin, Conchiolin und Chitin (das damals noch für einen Eiweißkörper galt) verglich (25, S. 18). Er glaubte, sie bilde sich aus Albumin unter Einwirkung von CaCl2, denn er konnte sie auch durch einfaches Zu- sammenbringen von Hühnereiweiß mit einer konzentrierten Chlor- calciumlösung gewinnen. Eine solche Auffassung scheint mir, abgesehen von dem Vergleich des so veränderten Albumins mit Conchiolin oder gar Chitin im all- gemeinen nicht ganz unberechtigt, denn daß eine Kombination des Kalkes mit einer organischen Substanz für das Zustandekommen von stromahaltigen Calcosphäriten notwendig sei, hat ebenfalls Harting (25, S. 59) nachgewiesen, indem es ihm in keinem Falle gelang, in coagu- lierten, also schon strukturierten Eiweißmedien derartige Gebilde zu erzeugen, so daß es möglich erscheint, daß eine Verkalkung oder nach- trägliche Imprägnierung eines eventuell zunächst entstehenden Stromas mit Kalk nicht vorkommt, vielmehr entstünde beides zugleich durch den Zerfall eines in der Mutterlauge gelösten organischen Körpers, der eine Kombination von Calcium mit eiweißartigen Substanzen dar- stellen würde. Wie ich sehe (Fürth 22, S. 577), hat schon C. Schmidt einen ähnlichen Gedanken in bezug auf die Entstehung der Mollusken- schalen ausgesprochen. Die erläuterte Annahme erscheint mir plau- sibel bei Betrachtung der Frage nach dem Mechanismus des Abschei- dens des kohlensauren Kalkes im tierischem Organismus überhaupt. Bekanntlich existieren darüber zwei Auffassungen; nach der einen, die von Motnier de Villepoix (nach Fürth 22, S. 577) vertreten wird, würde der im Blute der Mollusken vermeintlich vorkommende kohlen- saure Kalk durch die darin sich ebenfalls reichlich vorfindende Kohlen- säure in Lösung als saures Calciumcarbonat CaH2(COft)2 gehalten; wenn nun diese Kohlensäure an der Oberfläche des Tierkörpers (die Erklärung bezog sich auf die Molluskengehäuse) verdunste, so falle das CaC03 in Form des unlöslichen neutralen Salzes als kristallinischer Niederschlag aus. Nach der andern Hypothese, der von Murray und Irvine (Fürth 22, S. 578), der sich auch Steinmann (Fürth 22, S. 579) anschloß, entstünde das CaC03 bei der Einwirkung des sich im tierischen Organismus stets bildenden (NH4)2C03 auf das mit der Nahrung aufgenommene CaS04. Letztere Hypothese läuft schließlich, wie Fürth. (22, S. 579) richtig bemerkt, auf die erstere hinaus; für diese kann ich aber nicht eintreten, denn erstens läßt sie, wie übrigens auch die von Steinmann, die Frage nach der Herkunft des organischen Stromas unberücksichtigt und zweitens, weil ich mir nicht recht vor- stellen kann, warum und wohin etwa die C02 aus der Statocyste Die Statooyste der Eeteropoden. : J T * » verdunst* n könnte? Nach außen, d. h. in die umgebende Leibesflüssig- keit, könnte sie am dann diffundieren, wenn der Partiardruck der Kohlensäure Lo der Statolymphe höher wäre als in der ersteren; das scheinl mir aber eine zu gewagte Annahme. Plausibler erscheinl mir, anzunehmen, daß in der Statolymphe eine lösliche, organische Kalk- verbindung sein könnte, die hier durch die Vereinigung irgend eines ans dem Blute in die Statocyste gelangenden löslichen Kalksalzes mit der von den Epithelzellen der Statocyste abgeschiedenen, chemisch sich der Cuticula nähernden, albuminoiden Substanz zustande kommen würde. In Berührung mit Kohlensäure, die während des Lebens- prozesses der Epithelzellen als Abbauprodukt deren Stoffwei eht, gelangend, würde diese Verbindung in die Substanz des Stromas und in CaC03 zerfallen. Einen Hinweis auf die Berechtigung einer derartigen Auflassung erblicke. ich auch in den Ergebnissen einer neuesten Abhandlung von Bütschli (11), die sich mit einer verwandten Frage beschäftigt. Er hat darin nämlich nachweisen können, daß die von Biedermann aus dem Krebspanzer und Krebsblute erhaltenen leicht zersetzlichen Kristalle nichts weiteres als wasserhaltiger, kohlen- saurer Kali: CaC03 + 6H20 sind. Der Krebspanzer soll aber nach I ntersuchungen von Agnes Kelly (zitiert nach Bütschli 11, S. 158) aus amorphem CaC03 bestehen; nun konnte Bütschli, wie dies auch schon früher beobachtet wurde, durch Einleiten von C02 in Zuckerkalklösung einen amorphen kohlensauren Kalk fällen, der etwa 34 % Zucker enthielt und in Wasser von 0° gebracht, dieselben. die von CaC03 + 6 H20 bildete, die dann weiter leicht in Rhom- boeder oder Sphären von wasserfreiem Calcit übergingen (11, S. 1:65). Einen ähnlichen Vorgang könnte man sich vielleicht auch beim Ent- stehen und Wachstum des Statolitheri vorstellen, mit dem Unter- schiede, daß man hier statt des Zuckers die conchiolinartige Stroma- substanz i insetzen würde. Was nun die biologische Bedeutung des Stromas anbelangt, so wäre sie nach BÜTSCHLIS Erfahrungen (11, S. 4i>Ö) darin zu suchen, daß eine, wenn auch geringe, Beimischung ischer Substanz die Unlöslichkeit, also Widerstandsfähigkeil des CaC03 erhöht; er konnte nämlich beobachten, daß die von ihm dargestellten, leicht zersetz- lichen Kristalle von CaC03 + 6 H20 sich viel besser hielten, selbst im er von Zimmertemperatur, wenn deren Mutterlauge vorher etwas Hühnereiweiß beigemengl war. 380 Serge i' Tschachotin, 3. Accessorische Organe der Statocyste. Von accessorischen Organen, die mit der Statocyste in Verbindung stehen, können zweierlei unterschieden werden: erstens der Median- strang (ms) und zweitens die Lateralstränge (vis und Jus in Textfig. 2). a. Der Meclianstrang. Es ist merkwürdig, daß Claus (12) und andre Beobachter diesen Medianstrang übersehen, bzw. mit den Lateralsträngen, die sie für Muskelzüge hielten, zusammengeworfen haben, und doch ist er ein höchst eigentümliches Gebilde, dessen Unterschiede von den andern Strängen sofort in die Augen fallen. Es ist ein Bündel feiner Fäden (ms), die, medianwärts zutretend, in der Nähe der Statocyste je in eine Zelle übergehen (mz in Fig. 44, Taf. XXIII). Vier bis sieben dieser Zellen sind hier zu einer Gruppe versammelt und jede sendet gegen die Wand der Statocyste drei bis vier dieser Fortsätze aus (Fig. 3, Taf. XX), die sich äußerst reich ver- ji jf zweigen und mit unzäh- ligen feinen Fädchen über die Hüllkapsel der Stato- cyste verbreiten , beson- ders über die mediane Seite, zu der sie heran- treten. Die Lagebeziehung des Stranges (ms) zu der Macula (31), dem Nerven- zutritt (e) und den Late- ralsträngen (h) ist auf der beigefügten Textfigur 11 ersichtlich. Die feinsten Ausläu- fer der Medianstrangzellen scheinen in keinen Be- ziehungen zum Epithel der Statocyste zu stehen, wie es Ranke (41, S. 95) meinte; sie durchdringen die Hüllkapsel nicht, vielmehr setzen sie sich an sie mit feinen, knöpf artigen Anschwellungen an (Jen in Fig. 3, Taf. XX). Wenn man die median- wärts ziehenden Ausläufer dieser Zellen verfolgt, so sieht man, daß sie in das Gewirr bindegewebiger Fasern und Zellen übergehen, welches Textfig. 11. Pterotrachea coronata. Statocyste ventral gesehen. Vergr. 150. e, Einschnürung des Nervus staticus an dessen Zutritts- stelle; Iz, Lateralstrangzellen; M, Macula; ms, Medianstrang; mz, Medianstrangzellen; nm, Nervenfasermeridiane; n.st, Nervus staticus. Die Statocyste der Heteropoden. 381 das Cerebralganglion und die von demselben ausgehenden .Wrvm umspinnl (Textfig. _). Besonders interessant ist nun, daß an lebensfrischen, isoHerten Statocysten ah und zu langsame Kontraktionen» der Ausläufer der Strangzellen wahrzunehmen sind, und zwar sowohl der medianen als der peripheren Ausläufer. Die Kontraktionen geschehen in der Weise, daß solch «'in fadenförmiger Ausläufer sich in Zickzack- oder schrauben- artige Windungen legt und sich nach einiger Zeit wieder langsam aus- dehnt. Was die Punktion dieser Zellen anlangt, so scheint es mir möglich, daß durch ihre Kontraktionen die Spannung der Hüllkapsel erhöht wird und der Zug mittels der oben beschriebenen (S. 363) intraplasmatischen Fäden in den vier pericentralen Stützzellen auf die Ränder der ( entralzelle übertragen wird, so daß ihre freie Ober- 1 lache somit stärker ausgespannt wird, was möglicherweise in irgend- welcher Weise zur besseren Reizrezeption beiträgt. Wir könnten hierin vielleicht eine Art Accommodationsvorrichtung erblicken. Manches könnte jedoch auch dagegen sprechen: so z. B. die große Trägheit, mit der die Kontraktionen des Stranges vor sich gehen; auch ist es mir nie gelungen von einer eventuellen Innervation des Stranges etwas aufzufinden. Morphologisch sind diese Strangzellen wohl aus Mesoderm sich entwickelnde Muskelzellen; ähnliche sternförmige Muskelzellen sind bei Heteropoden weit verbreitet. b. Die Lateralstränge. Die Lateralstränge (vis und Ms in Textfig. 2), unter welchen man ein vorderes, ein hinteres und meist zwei schwächere seitliche Bündel unterscheiden kann (Fig. 40, Taf. XXIII), ziehen alle zu einer Stelle der Statocyste hin und heften sich hier an der Hüllkapsel an. Diese In- sertionsstelle liegl etwas lateral und dorsal unweit d>-< Xervenzutritt.es, wie aus Textfig. II (Iz) Daher ersichtlich, ziemlich regelmäßig in der Nähe des antimaculären Pols der Statocyste. Die Stränge selbst be- stehen aus langen, spindelförmigen Zellen (Fig. 1 1 . Tal. XXII I). in deren Mitte ein länglichovaler Kern sieh findet. Die Ursprungsstelle der von der Statocyste abgewendeten Enden dieser Zellen findet sich für die Zellen des hinteren Bündels zwischen den Zügen der Körpermusku- latur, indem sich hier diese Enden mehrfach verzweigen und ein Geflecht bilden (Fig. Iö, Taf. XXIII). das sich in der .Muskellage ausbreitet und mit ähnlichen Ausläufern andrer gleicher Zellen in Verbindung zu stehen scheint. Die Zellen des vorderen Lateralstranges setzen sich 382 Sergei Tschachotin, in ein eigentümliches, längliches Gebilde fort, das mit umgebenden bindegewebigen Elementen in Verbindung steht und allem Anschein nach selbst bindegewebiger Natur ist (stf in Fig. 41 u. 44, Taf. XXIII und Textfig. 2). Die Strangzellen sind zwischen diesem Gebilde und der Insertionsstelle an der Statocyste wie Saiten ausgespannt (Fig. 44, Taf. XXIII). Claus (12, S. 108) hat diese Lateralstränge für Muskeln gehalten und wollte auch beobachtet haben, daß sie innerviert werden, und zwar von Zweigen, die vom Nervus staticus entspringen. Trotz sorg- fältigster Beobachtung konnte ich nie etwas von dieser angeblichen Innervation finden, vielmehr ließ sich feststellen, daß die Beobachtung von Claus über die Verzweigung des zu der Statocyste tretenden Nerven, wie weiter unten näher dargelegt wird, unrichtig war. Auch vermochte ich weder am lebenden, im Fixiergestell angebrachten Tier, noch an isolierten Statocysten irgendwelche Kontraktionen der Lateral- stränge zu beobachten ; ich halte sie daher für eine bindegewebige Auf- hängevorrichtung, welche die Statocyste in der Körperhöhle in einer stabilen Lage suspendiert; es ist klar, daß eine solche Stabilität für ihr Funktionieren als Gleichgewichtsorgan wichtig, ja unumgänglich erscheint. Gegen die Auffassung dieser Stränge als Muskeln spräche auch der Umstand, daß sie sich alle an einer Stelle der Statocystenwand an- heften, was ihre Wirkungsweise als Muskeln recht unverständlich machte. Die Strangzellen scheinen sehr dehnbar und elastisch zu sein, weshalb es nicht ausgeschlossen erscheint, daß sie durch ihre stete starke Anspannung die Hüllkapsel in einem gewissen konstanten Spannungszustand erhalten. Bei isolierten Statocysten sieht man diese Zellen viel kürzer und schlaffer an der Wand hängen (siehe Fig. 41. Tai. XXIII). 4. Der Nervus staticus und der Faserverlauf im Cerebralganglion. Im Anschluß an die accessorisclien Gebilde der Statocyste möchte ich den Ursprung und das Verhalten des Nervus staticus, sowie seine möglichen Beziehungen zu den Faserzügen und Zellgruppen im Cere- bralganglion besprechen. Das letztere stellt bei den Heteropoden allem Anschein nach ein Verwachsungsprodukt der eigentlichen Cerebralganglien mit den Pleuralganglien vor. Man kann an ihm zwei Hälften und an jeder Hälfte vier Portionen unterscheiden, wie aus der beigefügten Textfig. 12 ersichtlich: eine vordere Portion (v), eine dorsale (md), eine seitliche (s) ! >ie Statooyste der Eetei 383 und eine hintere (h). Die vordere und die hintere Portion lieger phologisch-ventralwärts. Von der vorderen, vorwiegend motorischen Portion entspringen drei Nerven: ein medianwärts gelegener, die dor- Balen Wände di Rüssels versorgender Nervus dorsalis proboscidis (ndp); lateralwärts von demselben die starke Cerebrobuccalcommissur (ccb), und schließlich am lautersten und lateralen Rande der Portion, ventralwärts, noch ein Nerv, der1 sich zu seitlichen Teilen der Körperwand begibl (vsn). Von der hinteren, ebenfalls vorwiegend motorischen, Portion des Ganglions entspringen die 3tarke ' 'erebropedalcommissur [ccp) und daneben medianwärts noch zwei Nerven, die die seit- lichen Körperwände versorgen: ein feiner (hvri) und ein mehr dorsalwärts gelegener (hdn); zu- weilen entspringt von dieser hin- teren Partie noch ein feiner Nerv (/) zu dorsalen Partien der Körperdecke, den ich nur bei Pterotrachea coronata gefund habe, nicht aber bei /'(< rotrachea mutica. Lateral und mehr nach vorn und ventral von der Cerebro- pedalcommi— ur entspringt der feine, weiter noch zu erörternde Nervus basalis oculi Inbo). Die dorsale Portion, die man auch zusammen mit der seitlic ine mittlere, sensible Partie des Ganglions bezeichnen konnte. ■ zwei sensible Nerven, von welchen der eine (nt) die Tentakel- stummel und die dorsale Haut in der Umgebung des Auges versorgt (siehe auch Textfig. 2), der andre (nvo) ventral vom Auge ebenfalls in dessen Nähe zieht. Die seitliche Portion (s) entsendet den mäch- tigen Sehners dann einen feinen, etwas davor gelegenen Ner- ven (In), der zur Haut um die Augen zieht und schließlich noch den hinten und ventralwärts entspringenden Nervus staticus (n.st). Nun hat Claus (12, S. 108) beschrieben, daß sich letzte] bald nach seinem Abgang vom Ganglion in einen größeren zur cyste ziehenden Zweig und ein Eei tstchen teilt, das sieh zu den von ihm als Muskeln betrachteten Laterabtränge sollte. --Tum. Textfig. 12. Pterotrachea coronata. Linke Cerebralganglion- hälfte von dorsaler Seite aus betrachtet. Vergr. 60. Erklärung im Text. 384 Sergei' Tschachotin, Nach sorgfältiger Beobachtung konnte ich folgenden Sachverhalt er- mitteln: der von Claus beschriebene feine Zweig ist nichts andres als die Fortsetzung des von der hinteren Portion des Ganglions ent- springenden Nervus basalis oculi (siehe Textfig. 2 u. 12, nbo), der merk- würdigerweise an der Kreuzungsstelle mit dem Nervus staticus ver- bunden zu sein scheint; das centrale Stück dieses Nerven zwischen der Kreuzungsstelle mit dem Nervus staticus und dem Ganglion ist Claus entgangen. Dieser Nerv ist motorisch: er entspringt, wie gesagt, von der hinteren motorischen Portion des Ganglions und begibt sich zu seitlichen Muskeln in der Nähe des Auges (Fig. 42, Taf. XXIII); etwas lateralwärts von der Statocyste teilt er sich in drei bis vier Zweige, steht aber in keinerlei Beziehung zu den Lateralsträngen, die, wie oben (S. 380) dargelegt, wohl nicht als Mus- keln, sondern als Binde- gewebszüge anzusehen sind. n.opt Textfig. 13. Pterotrachea scutata. Rechte Hälfte des Cerebralganglions von dorsal und etwas hinten aus gesehen. Vergr. 30. ccp, Cerebropedalcommissur; h, hintere Portion des Ganglions; hdn, hinterer dorsaler Nerv; hvn, hinterer ventraler Nerv; nbo, Nervus basalis oculi; n.opt, Nervus opticus; n.st, Ner- vus staticus; s, seitliche Portion des Ganglions; *, verbin- dendes Bündel zwischen Nervus staticus und Nervus basalis oculi. Obgleich Claus das Verhalten unrichtig be- schrieben hat, so tritt interessanterweise der Nervus basalis oculi doch in nähere Bezie- hung zu dem Nervus staticus ; ursprünglich hielt ich den Zusammen- hang beider Nerven an der Kreuzungsstelle für unwesentlich, ich glaubte, nur ihre Scheiden wären hier verwachsen; nun konnte ich aber an einem mir in die Hände gefallenen Exem- plar der selbst in Messina äußerst seltenen Pterotrachea scutata, wo die Verhältnisse zufällig sehr klar liegen, sehen, daß vom Nervus staticus ein feines Ästchen sich zu dem beschriebenen Nervus basa- lis oculi begibt, um mit ihm zu verschmelzen (siehe in der beige- fügten Textfig. 13 bei *). Später konnte ich auch an einer sehr großen Pterotrachea coronata feststellen, daß die beiden Nerven an der erwähnten Kreuzungsstelle in innigen Beziehungen stehen und Fasern austauschen; so geht ein Teil der Fasern aus dem centralen Stück des Nervus staticus in das periphere Stück des Nervus basalis oculi hinein, wie auch anscheinend Die Statooyste der Heteropoden. 385 umgekehrt vom centralen Teil des letzterwähnten Nerven sich ein Faser« bündel in das periphere Stück des Nervus staticus begibt (Fig. 43. Tat. XXIII). Letzteres i>t aber nicht ganz sicher; auf dem in Fig.43 ab- gebildeten Präparate scheint es zwar so zu sein, dagegen ist es bei Pterotrachea scutata, wo beide Nerven weiter auseinander liegen und daher ihre wechselseitigen Beziehungen klarer zutage treten, sicher nicht der Fall. Die Frauc wie das geschilderte eigentümliche Verhalten des Faseraustausches zwischen den beiden Nerven zu erklären ist, vermag ich zurzeit nicht zu lösen, sicher ist es aber jedenfalls, daß es sich hier um keine Beziehungen zwischen den von der Statocyste kommen- den Sinnesreizen und den zu ihr ziehenden Strängen, wie Claus (12) angenommen, handelt, selbst wenn diese Stränge wirklich muskulös sein sollten, denn die vom Nervus staticus in den Nervus basalis oculi übergehenden Fasern versorgen nicht die erwähnten Stränge, sondern einige Augenmuskeln. Es ist möglich, daß wir hier gewisse, durch Vermittlung des centralen Nervensystems zustande gebrachte Be- ziehungen zwischen den Statocysten und den Augen vor uns haben, wie man sie für Wirbeltiere schon längst und neuerdings nach den Untersuchungen von Clark, Lyon, Prentiss, Bethe und Fröhlich1, auch für einige hoch organisierte Wirbellose, namentlich Decapode < rustaeeen, kennt: ich meine diejenigen Beziehungen, die die soge- nannten kompensatorischen Augenbewegungen bei der Rotation des Tierkörpers veranlassen. Allerdings habe ich derartige Augenbewe- mmgen bei Pterotrachea nicht gesehen, was wahrscheinlich mit der Schwierigkeit der Beobachtung zusammenhängen dürfte, weil die Tiere relativ klein und sehr beweglich sind; auch sind die Augen hier nicht wie bei den höheren t 'rustaeeen gestielt, was die Beobachtung bei Letzteren sehr erleichtert, sondern sind in die Gallerte des Körpers tief versenkt, so daß es sich hier jedenfalls nicht um ausgiebige Augen- beweglichkeit handeln kann. Ich will aber auf eine Tatsache hin- weisen, die ich einige Male beobachten konnte und die. wie mir scheint . für die hervorgehobene Auffassung sprechen könnte: als ich nämlich die Statocysten bei einem im Fixiergestell angebrachten Tiere exstir- pierte, 9ah ich gleichzeitig den an der Basis des Auges sich befindenden Muskel ''///' in Textfig. 2) und einige andre in der Nähe desselben zucken: uatürlich konnte es sich dabei vielleicht auch einfach um einen durch die Recision des Nervus staticus ausgelösten Schmerz- oder i Zitiert nach Fröhlich (20), S. 167. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC Bd. 25 386 Sergel Tsehachotin, überhaupt Reizreflex gehandelt haben; immerhin scheint mir die Beobachtung doch erwähnenswert. Ich will nun noch kurz auf die wichtigsten inneren Struktur - Verhältnisse des Cerebralganglions eingehen, soweit sie in Beziehungen zu dem Nervus staticus stehen und soweit es mir gelungen ist sie zu entziffern. Mit Hilfe der Methylenblaumethode konnte ich aus mehreren Versuchen, wobei sich bald die einen, bald die andern Faserzüge im Ganglion stärker färbten, sowie an Serienschnitten durch das Ganglion folgende Verhältnisse, wie aus Schema I, Taf. XXIV, ersichtlich, fest- stellen (die Anfertigung eines großen Modells des Ganglions aus Draht, in dem die einzelnen Faserzüge durch verschieden gefärbte Wollfäden angedeutet waren, leistete mir dabei vorzügliche Dienste): bekannt- lich verlaufen die Fasern hier, wie bei den meisten Wirbellosen, im Gegensatz zu Wirbeltieren, im Innern des Ganglions, während die Nervenzellen seine äußeren, oberflächlichen Partien einnehmen; nun findet man im Ganglion zunächst ventral je einen mächtigen Faserzug jederseits, der aus der Cerebrobuccalcommissur (ccb) hervorgeht, in der vorderen Partie des Ganglions etwas spindelartig anschwillt, weiter teils in die hintere Portion eintritt und hier medianwärts fächer- oder buschartig ausstrahlt; hier gehen die Fasern in mehrere Anhäufungen von Ganglienzellen über; die größte Zahl der Fasern tritt aber in die gegenüberliegende Hälfte der hinteren Portion über und strahlt erst hier aus, so daß in der Mittelebene des Ganglions eine teilweise Kreuzung der beiderseitigen Züge stattfindet; die beschriebenen hin- teren medianen Zellhaufen sind wohl Ursprungskerne der Cerebro- buccalcommissur. Am Beginn der hinteren Ganglionportion gesellen sich diesen Faserzügen auch die Fasern des Nervus dorsalis proboscidis hinzu, welche in der vorderen Partie getrennt von ihnen verlaufen. Lateral und etwas dorsalwärts von der x^usstrahlung der be- schriebenen Commissur und deren Ursprungskernen zieht durch jede Hälfte der hinteren Ganglionpartie ein ungemein dicker Faserstrang, aus der Cerebropedalcommissur stammend (ccp), biegt dorsal von dem cerebrobuccalen Zuge medianwärts und tritt in die gegenüber- liegende Hälfte der vorderen Portion ein, wo er, wieder dorsal vom Cerebrobuccalzuge, in seine Ursprungszellen ausstrahlt; die Haupt- menge seiner Zellen nimmt die dorsalen und seitlichen Teile der vor- deren Ganglionpartie ein. Die letztbeschriebenen beiderseitigen Züge bilden somit im Cerebralganglion eine Kreuzung, die vor der Cerebro- buccalkreuzung liegt; ob^ aber diese Kreuzung total ist, erscheint mindestens zweifelhaft, denn manche Umstände bei der Durchtrennung Die Statocyste der I [< teropoden. 387 beider Ganglionhälften (weiter unten) sprechen dafür, daß eine, wenn auch vielleicht nur kleine Anzahl der Nervenfasern ungekreuzt ver- läuft. Die Kreuzung ^\^r Ceiebropedalcommissur liegt vor der Kreu- zung der Cerebrobuccalcommissur, beide liegen in dem Mittelstück, das die beiden Ganglionhälften verbindet. Zwischen und auch dorsal- wärt s von ihnen kann man noch einige, aber bedeutend schwächere Kreuzungen verschiedener Nervenzüge beobachten. Die meisten der zu dem Ganglion tretenden Nerven scheinen in dessen Innerm Kreu- zungen zu erfahren, wenn auch sicher nicht alle; so liegen die Ursprungs- kerne des Nervus tent. und des hinteren dorsalen Nerven (hdn), wie es scheint, in derselben Ganglionhälfte, von welcher diese Nerven entspringen. Auch spalten sich zuweilen die Nerven beim Eintritt ins Ganglion in zwei oder mehr Bündel, die im Ganglion einen ver- schiedenen Verlauf nehmen, indem die einen sich kreuzen und zur gegenüberliegenden Hälfte ziehen, wo ihre Ursprungskerne liegen, die aiidem aber ungekreuzt in derselben Hälfte verbleiben; das ist ziem- lich deutlich z. I>. am ventralen, seitlichen Nerv (vsn) zu sehen, selbst an mit Methylenblau gefärbten Totalpräparaten. 0?gßM K''-: n.twt lidn Textfig. 14. Schläger Horizontalßchnitl durch das Cerebralganglion von l'hrntrachea coronata, Eisenhämatoxy- lin, vax Gieson*. Vergr. 30. ccb, Kreuzung der Cerebrobuccalcommissur; d, dickes Staticus- bündel; /«, [eines Staticnsbündel; //, hintere Ganglionportion; hdn, binterei dorsaler Nerv; kl, lateral-dorsale Zellanhfiufung; n.opt, Nervus opticus; n.st, Nervus staticus; *, seitliche Ganglion- portion. Es ist hier nicht der eigentliche Ort, um auf den Faserverlauf im Cerebralganglion näher einzugehen, auch sind meine diesbezüg- lichen Untersuchungen noch nicht genügend weit vorgeschritten; ich will daher nur kurz auf den Verlauf des Nervus staticus hinweisen. Dieser Nerv teilt sich gleich nach seinem Eintritt in die seitliche Gan- 388 Sergei Tschachotin, glionportion in zwei Bündel, von welchen das schwächere (fs) zwischen den Opticusfasern dorsal und etwas seitwärts zieht, wie aus Textfig. 14 ersichtlich, um zu einer dorsalen Zellenanhäufung (Id) in demselben Ganglionteil zu treten. Fraglich ist es aber noch, ob die Fasern dieses Bündels aus den hier vorhandenen Zellen entspringen, oder ob sie nur diese Zellen umspinnen; im ersten Fall würde es sich um Nervenfasern handeln, die ihren Ursprungskern im Ganglion hätten, also wohl mo- torisch und mit den Nervenfasern der Sinneszellen ungleichwertig wären, denn diese haben ihre Zellen sämtlich im Epithel der Stato- cyste; es läge daher der Gedanke nahe, das beschriebene Staticusbündel in solchem Falle als aus denjenigen Nervenfasern zusammengesetzt zu halten, die in den Nervus basalis oculi an der oben erwähnten Stelle hinübertreten und sicher motorisch sind und einige Augenmuskeln, die in kompensatorischen Beziehungen zu den Statocysten stehen könnten (vgl. S. 385), versorgen. Wenn aber diese Fasern des oberen Bündels (fs) zwischen den Zellen der erwähnten Anhäufung (Id) endigen und selbst aus den Epithelzellen der Statocyste kommen, so könnten sie vielleicht die- jenigen Fasern sein, die in Verbindung mit den Wimperborstenzellen stehen und wohl ihre Ausläufer sind: sind doch diese physiologisch wohl verschieden von den Fasern der Sinneszellen in der Macula! Auch noch eine andre Annahme könnte für diesen Faserzug im letzteren Fall geltend gemacht werden, ich will1 aber auf sie etwas weiter unten eingehen und mich vorerst zu dem zweiten, stärkeren Faserbündel des Nervus staticus (d in Textfig. 14) wenden. Dieses letztere wendet sich gleich nach dem Eintritt medianwärts und zieht hier, vor dem Zuge des hinteren dorsalen Nerven (hdn) vorbei in die gegenüberliegende Ganglionhälfte, so daß es in der Mittellinie zu einer Kreuzung der beiderseitigen Bündel kommt; nun wendet es sich weiter in einem mediankonkaven Bogen dorsalwärts und verliert sich in der Nähe der beschriebenen großen,' dorsal-lateraler! Zellanhäufung (Id), im Gegensatz aber zu dem ersten Bündel in der der gekreuzten Seite. Somit tritt jederseits eine solche Zellgruppe (Id) mit zwei Faser- bündeln des Nervus staticus in Beziehungen: einem schwächeren (fs) der gleichseitigen und einem stärkeren (d) der gegenüberliegenden Statocyste. Dies Verhalten könnte vielleicht in folgender Weise erklärt werden: wenn sich das Tier auf die rechte Körperseite legt, so gleiten auch die Statolithen in beiden Statocysten, ihrer Schwere folgend, nach rechts, das heißt sie drücken auf die Sinneshaare der rechterseits von der Centralzelle gelegenen Sinneszellen der Macula, so daß also Die Statocyste dei Beteropoden. 3*9 in der rechten Statocyste die lateralwärts, in der linken die median- wärts gelegenen Zellen erregt werden; wenn umgekehrt er im physiologischen, denn die laterale Partie der einen muß immer gleichzeitig dieselben Eindrücke vermitteln, wie die mediane Partie der andern Statocyste. Es ist deshalb wohl leicht verständlich, daß jede Raumempfindung beim Tiere sich auf Grund M Cextfig. L5. Schema zur Erläuterung der Korrespondenz der beiden Maculae, d, dickes Staticusl /*•, feines Man.u~i.iin.lri: ff, Cerebralganglion; W, lateral-dorsale Zellenanhäufung M, Macula; rvus staticus; liniert ( ) Bind ersichtlich ist. Das beschriebene Ver- halten würde .-in Seitenstück darstellen zu den Verhältnissen, die lin- den Gesichtssinn bei Wirbeltieren unter dem Namen der Korrespon- denz der Netzhäute bekannl sind, so daß man in unserm Fall von einer Korrespondenz der .Maculae sprechen könnte. Daß die beiden Faserbündel, die von jeder Statocyste kommen, ungleich dick sind, erscheint wohl plausibel, wenn man die Asymmetrie jeder Stat< Li Betracht zieht: wie wir schon oben gesehen haben 390 Sergei Tschachotin, (siehe S. 349 und Textfig. 3 ebenda), ist die mediane Seite der Stato- cyste zwischen Macula und Nervenzutritt bedeutend kleiner als die laterale, so daß es ganz natürlich erscheinen muß, wenn von ihr viel weniger Nervenfasern kommen als von der lateralen; diese Median- fasern jeder Statocyste würden nun den feinen Strang (fs) des Nervus staticus im Ganglion bilden, während die zahlreicheren Lateralfasern die dickeren, sich miteinander in der Mittelebene kreuzenden Faser- züge (d) darstellen würden. Das wäre auch die oben (S. 388) angedeutete dritte Annahme- möglichkeit für die eventuelle Bedeutung des feinen Bündels des Nervus staticus. B. Physiologie der Statocyste. 1. Die Statocyste ist kein Gehörorgan. Bereits die letztangeführten Betrachtungen des vorangehenden Kapitels brachten uns mit physiologischen Fragen in Berührung, jetzt wollen wir uns jedoch zu deren eingehender und systematischer Er- örterung wenden. Die erste und cardinale Frage, die sich dabei auf- drängt, ist die nach der funktionellen Bedeutung der Statocyste im allgemeinen und bei den Heteropoden im speziellen. Bekanntlich wurden die fraglichen Organe bei den Mollusken, wie auch bei andern Wirbellosen früher für Gehörorgane gehalten, daher auch ihr ursprünglicher Name: Otocysten; Ranke (41, S. 91) sprach sogar von einem Ohr und vom CoRTischen Organ bei Ptero- traeheal allmählich wurde aber die Lehre von den Otocysten als Ge- hörorganen durch die Untersuchungen von Delage, Breuer, Ewald, Verworn, Engelmann, Loeb, Kreidl, Bethe, Beer, Fröhlich u. a. erschüttert, ja ihre vollständige Unhaltbarkeit so stichhaltig erwiesen, daß nun wohl niemand, außer Hensen (26, 27, 28), für akustische Funktionen der Statocyste und für den Gehörsinn allgemein bei ma- rinen Wirbellosen eintritt. Delage (15) begründete zuerst die Lehre von den Otocysten als Gleichgewichtsorganen, als Statocysten, und die andern erwähnten Forscher bestätigten und bauten sie weiter aus. Delage selbst stellte sie an Cephalopoden und höheren Krebsen, Schizopoden wie Deca- poden, fest; Verworn (47) und Engelmann (16) wiesen dasselbe an Ctenophoren und Medusen nach, Kreidl (32) stellte seine berühmten Magnetversuche mit Eisenstaub an höheren Krebsen an, Bethe (5, 6, 7) und Beer (2, 3) untersuchten ebenfalls höhere Krebse, wie Mysis, Die Statocyste der Heteropoden. 391 Palaemon, Penaetcs; letzterei Krebs und Cephalopoden dienten auch FRÖHLICH (19, -0) als Versuchsobjekte. Von den uns interessierenden Heteropoden wurden an den Pterotracheidae von Ilyin (30, 31), sowie von Beer (3, S. 37*», Fußnote) Versuche angestellt: beide Autoren konnten keinerlei Beziehungen der Statocysten zur Schallempfindung wahrnehmen, so daß sie sie als Gleichgewichtsorgane ansprachen. I«li wollte nun zunächst diese Frage nochmals prüfen und stellte deswegen eme Reihe von Versuchen an: die Tiere wurden einzeln in große Glasgefäße oder auch in Aquarien gebracht und bewegten sich in denselben frei umher; sie wurden einige Zeit darin beobachtet, und als sie sich mehr oder weniger ruhig verhielten, erzeugte ich, zunächst in der Luft, verschiedene Töne: es wurde gepfiffen mit einer schrillen Pfeife, geläutet mit einer Glocke, mit einem Stück Holz auf ein Brett geklopft usw.: dann wurde mit verschiedenen Gegenständen an die Wände des Gefäßes, in welchem sich das Versuchstier befand, an- geschlagen, ohne jedoch das Wasser in Bewegung zu setzen, und end- lich erzeugte ich Schallwellen im Wasser selbst durch vorsichtiges Anschlagen der Gefäßwände von Innen aus, sowie durch Läuten einer Weckeruhr in einem verschlossenen Glasgefäß, das unter Wasser, in welchem das Tier sich befand, gebracht wurde. In allen Fällen war das erzielte Resultat genau das gleiche: auf keinerlei der erzeugten Schallwellen reagierten die Tiere in irgend, bemerkbarer Weise, son- dern schwammen ruhig umher; wenn man sie aber leise mit einem Glasstab anrührte oder das Wasser, in dem sie sich befanden, erschüt- terte, oder sie auch in einem dunklen Zimmer plötzlich grell beleuchtete, so machten sie lebhafte Fruchtbewegungen. l'm noch sicherer zu sein, daß die Tiere in keiner Weise gegen den Schall empfindlich sind und weil wir gerade bei diesen Tieren imstande sind, die Statocyste selbst in dieser Hinsicht zu prüfen, stellte ich cm»- Reihe von gleich zu beschreibenden Versuchen an. Ich habe nämlich bereits im morphologischen Teile (S. 357) dieser Arbeit, das merkwürdige Spiel des plötzlichen Aufrichtens der Wimperborsten- büschel der großer Sternzellen in der Antimacula erwähnt, eine Er- scheinung, die, wie Boll (9, »S. 77) mit Recht hervorhebt, eines der merkwürdigsten und interessantesten Schauspiele ist, welche sich dem beobachtenden Auge bieten; nun hat Ranke (41, S. 81) angegeben, daß das Aufrichten und Herabsinken dieser Büschel nicht rhythmisch, wie Boli. ',. S. ~s) angenommen, sondern nur auf Reize, und zwar auf Schallreize hin, also reflectorisch, erfolge. Ranke behauptete, daß, wenn man in der Nähe der beobachteten Statocyste, sogar in 392 Sergei Tschachotin, der Luft, einen stärkeren Schall erzeugt, dann alle Büschel wie auf Kommando sich aufrichten. Demgegenüber hat aber Ilyin (30) keine Reaktion der Wimperbüschel auf Schallwellen, wohl aber auf Er- schütterungen, gefunden. Ich setzte nun die Tiere in das oben beschriebene Fixiergestell (Textfig. 1, S. 3i6) und wiederholte die Experimente mit dem Schall- erzeugen in der Luft und im Wasser des Versuchsgefäßes auf einer erschütterungsfreien Unterlage, wie sie Ilyin (31) schon angegeben, näm- lich auf einem Marmorfensterbrett. In keinem Fall konnte ich irgend- welche Abänderungen in der Rhythmik des Wimperaufrichtens und Absinkens feststellen, die normal weiter vor sich gingen, ich konnte aber entgegen Ilyins Angabe auch keine distinkte Reaktion auf Er- schütterungen erzielen, ausgenommen, wenn dieselben sehr stark waren. Aus allen angeführten Versuchen fühle ich mich berechtigt, mich der Ansicht Ilyins anzuschließen, wonach wir es in der Statocyste der Heteropoden keineswegs mit einem akustischen, durch Schall- wellen reizbaren Organ zu tun haben. 2. Die Statocyste als Gleichgewichtsorgan. Ilyin (30) hat eine Reihe von Exstirpationsversuchen mit Ptero- tracheen angestellt und auf Grund derselben auch die Statocyste dieser Tiere für ein Gleichgewichtsorgan angesprochen; er sah nämlich, daß bei beiderseitiger Exstirpation dieser Organe die Tiere ihr Orientie- rungsvermögen verloren; bei einseitiger Entfernung sollen aber nach diesem Autor keinerlei Störungen in der Haltung der Tiere eintreten. Da ich schon beim- ersten Orientierungsversuch eine ganz ausgespro- chene Wirkung der einseitigen Entfernung der Statocyste beobachten konnte, so stellte ich eine ganze Reihe systematischer Versuche an, deren Beschreibung nun folgt. Die Tiere wurden in Aquarien (in Villefranche) oder, wto solche mir nicht zur Verfügung standen (in Messina), in große Glasgefäße gebracht und zunächst ihre normale Orientierung und Bewegungsweise beobachtet: bekanntlich schwimmen sie mit der Flosse, also auch mit der ventralen Seite, nach oben, das heißt der Wasseroberfläche zu- gewendet; als Propeller dient dabei die Flosse, das Propodium, während das hintere Körperende, das Metapodium, als Steuer funktioniert, welches dem Tiere das Emporsteigen und Sinken, sowie Rechts- und Linksschwenkimg erlaubt; bei raschen Fluchtbewegungen treten noch abwechselnde Kontraktionen der Körperwandmuskulatur bald der I >it- Statooyste der Heteropoden. 393 einen, bald dei andern Seite auf, die dem Tierk-örper wurm- oder schlangenartige Bewegungen verleihen. Es frug sich zunächst, wo das Centrum für das Zustandekommen der Bewegung Beinen Sitz haben könnte? Folgende Versuche1 gaben über diese Frage Aufschluß: Versuch 1. Einem lebhaft sieh bewegenden Tiere wird das Pedalganglion exstirpiert 2 : es tritt sofort eine vollständige Paralyse auf, das Tier sinkt zu Boden und regt sich nicht mehr; nur der Rüssel allein, dessen Muskulatur vom Cerebralganglion aus innerviert wird, macht noch, wenn auch nur schwache Bewegungen; das Tier ist ganz weich und schlaff geworden. Das Herz pulsiert, nachdem es sich vom Eingriff erholt hatte, ruhig weiter; am nächsten Morgen liegt das Tier noch in derselben Lage und an derselben Stelle am, Boden des Gefäßes, das Herz schlägt noch, aber viel seltener und schwächer; am Abend steht das Herz still, und das Tier ist tot. Bei diesem Versuch waren natürlich beide eventuelle Centren, das Pedal- wie das Cerebralganglion von der Kommunikation mit den Muskeln abgeschnitten; daher wurde noch ein zweiter, den ersten ergänzender Versuch notwendig: Versuch '2. Einem andern Tiere wird vorsichtig das Cerebralganglion exstir- piert : das Tier liegt zunächst wie betäubt am Boden des Gefäßes, nach einiger Zeit erholt es sich aber und fängt an zunächst am Boden herumzukriechen, dann allmählich auch herumzuschwimmen; die Be- wegungen sind aber bedeutend herabgesetzt, das Tier ist schlaff, eine komplette Desorientation is1 eingetreten; es stellt auf dem Kopfe, über- pui/elt sich, fällt auf die Seite und schwimmt nieist mit der Flosse nach unten. Nach einer Stunde macht es etwas energischere Be- wegungen, die Desorientation ist aber, wie vorher, vollkommen. Am Abend desselbt I ig - liegt es wieder auf dem Boden und ist ganz schlaff. Aus beiden angeführten Versuchen gehl hervor, daß das Pedal- ganglion allein der Sitz des Bewegungscentrums sein muß, denn es i Die Versuche wurden sämtlich mit Pterotrachea mutica ausgeführt. 2 Die meisten Operationen wurden im Kixiergestell anter der Lupe mit einer feinen Federschere und Pinzette ausgeführt. 394 Sergei Tschachotin, vermag auch allein, ohne dem Cerebralganglion, dieselben Bewegungen der Flosse wie des Metapodiums zu unterhalten, wie beim unverletzten Tiere; nur sind die Bewegungen nicht mehr koordiniert und weniger energisch ; beides also, Koordination und Tonus der Muskulatur müssen im Gehirnganglion ihren Sitz haben. Es war a priori vorauszusehen, daß das Durchschneiden der beiden Cerebropedalcommissuren den gleichen Effekt haben würde, wie das Exstirpieren des Cerebral- ganglions, und der Versuch bestätigte es: Einem frischen Tiere wird beiderseits die Cerebropedal-Commissur etwa in der Mitte ihres Verlaufes durchtrennt; der Eingriff wird vom Tiere viel leichter als die Exstirpation der Ganglien vertragen: es schwimmt sofort weiter herum, nur ist wiederum eine vollständige Desorientierung charakteristisch, auch sind die Bewegungen etwas schlaffer und langsamer als beim normalen Tiere. Nun frug es sich weiter, ob der Ausfall des Orientierungsvermögens dadurch zustande käme, daß beim Durchschneiden der beiden Com- missuren auch die vom Cerebralganglion vermittelte Kommunikation zwischen dem Bewegungscentrum, dem Pedalganglion und den Stato- cysten zerstört wurde, oder ob hier das Entscheidende das Zerreißen der Bande zwischen dem Pedal- und dem Cerebralganglion selbst war? Wenn letzteres der Fall wäre, so dürfte das Lostrennen der Statocysten vom Cerebralganglion nicht dieselben Erscheinungen der Desorientation und Erschlaffung verursachen wie im vorigen Versuche, denn der Zu- sammenhang des Pedal- und Cerebralganglions würde in diesem Falle ja bestehen bleiben. So kam ich zum Versuch 4. Einem ganz normalen Tier wurde beiderseits der Nervus staticus durchschnitten : es tritt komplette Desorientation ein, wie in den letzten zwei Versuchen; auch die Energie der Bewegungen ist etwas herab- gesetzt, aber nicht in dem Maß, wie nach der Durchtrennung der beiden Commissuren. Daß eine Desorientierung in diesem Versuch eintreten werde, daß also die Statocysten als die eigentlichen Gleichgewichtsorgane sich erweisen würden, habe ich, als ich dies Experiment anstellte, in Anbetracht der iLYiNschen Resultate (30) nicht bezweifelt, ich Die Statooyste der Heteropoden. 395 erwartete aber, daß ich die zweite, in vorigen Experimenten hervor- getretene Tatsache, nämlich die Herabsetzung der Bewegungsenergie, in diesem Versuche vermissen würde. Das Gegenteil war jedoch der Fall; wenn allerdings diese Herabsetzung auch nicht so ausgesprochen wie vorher war, so war sie doch auch hier merklich: der Tonus der Muskulatur stand also in einer, wenn auch nicht ausschließlichen, Beziehung zu den Statocysten. Diese Vermutung wurde durch fol- genden Versuch zur Gewißheit: Versuch 5. a. Einem frischen Tiere wird die linke Statocyste exstirpiert; sich frei überlassen, beginnt das Tier sich um die Körperlängsachse zu Killen, und zwar nach der rechten Seite hin, das heißt gegen den Uhrzeiger, wenn man es von vorn, vom Kopf aus, betrachtet; zu- weilen ist es etwas gekrümmt, so daß die rechte Körperseite konkav erscheint, und macht Manegebewegungen um eine außerhalb des Körpers vertikal gestellte, der gekrümmten rechten Seite zugewendete Achse ; diese Achse kann auch horizontal liegen, so daß das Tier Purzel- bäume in einer vertikalen Ebene ausführt, wobei die rechte gekrümmte Körperseite immer gegen das Centrum des beschriebenen Kreises schaut (das ist somit keine eigentliche Purzelbewegung, sondern eine Art Manegedrehung). Solches Treiben dauert recht lange, und wenn das Tier sichtbar ermüdet ist, so sinkt es allmählich auf den Boden des Gefäßes, fährt hier aber meist noch fort sich in demselben Sinne zu rollen und Kreise zu beschreiben. b. Nun wird auch die rechte Statocyste exstirpiert: das eigen- tümliche einseitige Rollen hört auf, und die rechte Krümmung gleicht sich wir. hu aus, dagegen tritt jetzt eine vollkommene Desorientie- rung des Tieres auf: es schwimmt mit der Flosse nach unten, macht echte Purzelbäume, steht auf dem Kopfe, rollt bald in einer, bald in andrer Richtung, die Bewegungen sind ganz unregelmäßig ge- wonlen. Zur Kontrolle -teilte ich den 1 1 egen ve rsuch 6 an. a. Einem andern Tier wird zuerst die rechte Statocyste her- ausgenommen: es tritt eine linksseitige Krümmung und Rollen im Sinne des Uhrzeigers, von vorn aus betrachtet, ein, also genau das Gegenteil von dem, was im vorigen Versuche beobachtet wurde. 396 Sergei Tschachotin, b. Auch die andre, also linke Statocyste, wird exstirpiert: es tritt abermals eine komplette Desorientierung in der Haltung und Bewegung des Tieres auf. Die beiden letzten Versuche sprechen aufs deutlichste dafür, daß der Tonus der Körpermuskulatur zum Teil in einer gewissen Abhängig- keit von den Gleichgewichtsorganen steht, denn bei Auflösung dieser Beziehungen zwischen einer Statocyste und den Muskeln der ihr ent- sprechenden Körperseite erschlaffen diese und werden in ihrer Wir- kung von den im Tonus befindlichen, stärker angespannten und daher leistungsfähigeren Muskeln der gegenüberliegenden Seite über- wogen, wodurch einseitige Rollungen und Manegebewegungen zustande kommen. Auf diesen Zusammenhang zwischen Muskeltonus und Gleich- gewichtsorganen bei Wirbeltieren ( >>Labyrinthtonus <<) hat zum ersten- mal Ewald (17) in seiner klassischen Arbeit »Über das Endorgan des Nervus octavus« hingewiesen. Seitdem ist diese Entdeckung viel- fach bestätigt worden; von Wirbellosen wurde dasselbe Verhalten auch für Carcinus maenas von Bethe (8), und für Penaeus (20, S. 154) und Cephalopoden (19, S. 418 ff und 436) von Fköhlich beschrieben. Der letztgenannte Autor fand, daß bei Penaeus die Muskulatur der einen Seite unter dem Einfluß der gegenüberseitigen Statocyste steht (20, S. 155), während nach Bethe (8, zitiert nach Fröhlich 19, S. 454) beim Carcinus die Statocyste auf den Tonus der Muskeln der unge- kreuzten Seite einwirkt. Bei Pterotraehea scheint ebenfalls letzteres der Fall zu sein, denn wie aus den eben angeführten Versuchen er- sichtlich, ruft einseitige Entfernung der Statocyste die konkave Krüm- mung der entgegengesetzten Seite, also Erschlaffung der Muskulatur auf der statocystenlosen Seite, hervor. Delage hat bei Cephalopoden (15) und Bethe bei Mysis (5) nach- gewiesen, daß diese Tiere, wenn sie ihrer Gleichgewichtsorgane beraubt sind, doch noch imstande sind sich, wenn auch viel schwieriger, im Gleichgewicht zu halten, indem ihnen der Gesichtssinn Anhaltspunkte dazu liefert; wenn man aber nun solche Tiere blendet, so werden sie völlig desorientiert, die Blendung allein ruft keinerlei Störungen des Gleichgewichtes hervor, solange die Statocysten erhalten bleiben. Ähn- liches ist auch aus der menschlichen Pathologie bekannt : man begegnet oft Taubstummen oder solchen Kranken, bei welchen die Labyrinthe beiderseits durch irgend einen krankhaften Prozeß zerstört sind, die aber sich im Gleichgewicht halten, solange sie die Augen offen haben, sie werden meist aber sehr unsicher, wenn dieselben geschlossen werden. Die Stofcooyate der Heteropoden. 397 Ii.yin (30) li.it nun die Versuche von Delage auch an Pterotrachea, aber mit negativem Resultal wiederholt, [ch habe deswegen das- selbe Experimenl mi1 Pterotrachea nachgemacht, um ihr Verhalten dabei nochmals zu prüfen und bin, wie folgender Versuch lehrt, zu den- selben Schlüssen^ wie Ii.yin. gekommen. Versuch 7. a. Einer Pterotrachea mutica wird der linke Nervus opticus durchschnitten: es tritt keine Störung der Bewegung ein, und das Tier schwimmt ganz normal mit der Flosse nach oben. 1). Auch der rechte »Sehnerv wird durchschnitten: auch jetzt tritt keine Gleichgewichtsstörung ein. c. sobald man aber nun die linke Statocyste exstirpiert, tritt sofort das charakteristische Rollen nach rechts auf; und d. nach der Exstirpation auch der rechten Statocyste stellt sich, wie immer, komplette Desorientierung ein. Die Blendung allein hat also gar keine Wirkung auf die Erhaltung des Körpergleichgewichts, die Augen vermögen aber auch nicht, weder beim einseitig, noch beim beiderseitig seiner Statocysten beraubten Tiere die Statocysten zu ersetzen, wie es schon deutlich aus den Ver- Buchen 1. 5 und 6 ersichtlich war, wTo die Augen intakt blieben. Aus dem Vergleich der Versuche 3 und 4 sahen wir schon, daß die Herabsetzung der Bewegung nicht gleichgroß war, wenn wir die Statocysten allein exstirpierten oder die Cerebropedalcommissuren durchschnitten; im letzteren Fall waren die Ausfallerscheinungen ausgesprochener, als im ersteren, so daß es scheint, daß der Muskel- tonus nicht nur mit der Statocyste in Beziehungen steht, sondern daß er zum Teil auch von andern, vom Cerebralganglion kommenden Im- pulsen abhängt. Dieser Unterschied vcranlaßte mich, weitere Versuche in dieser Richtung anzustellen: es frug sich vor allem, welche Wirkung die einseitige Durchschneidung der Cerebropedalcommissur auf die Haltung des Tieres ausübte und ob sie dieselben Erscheinungen her- vorrief, wie die gleichseitige Entfernung einer Statocyste. Aulschluß darüber gaben folgende Experimente: Versuch 8. a. Einem Tier wurde die linke ( -rebropedalcommissur durchschnitten: es trat ein Linksrollen und eine Linkskrümmung auf. auch linksseitige Manegedrehung. 398 Sergel Tschachotin, b. Nach einiger Zeit wurde auch die rechte Cerebropedal- commissur durchtrennt: das Tier liegt eine Zeitlang wie betäubt, allmählich erholt es sich und kriecht langsam am Boden des Gefäßes herum, dann schwimmt es wieder, ist aber vollkommen desorien- tiert; auch sind die Bewegungen schlaffer wie sonst. Gegenversuch 9. a. Es wird einem andern Tier die rechte Cerebropedalcom- m i s s u r durchschnitten : es tritt eine Rechts rollung, schwache Rechts- krümmung und rechtsseitige Manegedrehung auf. b. Nach Durchschneidung auch der anderseitigen Commissur tritt abermals komplette Desorientierung des Tieres auf. Aus diesen beiden Versuchen folgt also, daß die einseitige Durch- schneidung der Cerebropedalcommissur denselben Effekt hervor- ruft, wie die Entfernung der gegenüberseitigen Statocyste, denn bei linker Durchschneidung der Commissur tritt Linkskrümmimg ein (Versuch 8 a), das heißt Erschlaffung der rechtsseitigen Muskulatur, also dasselbe, was eintritt, wenn man die rechte Statocyste exstirpiert (Versuch. 6a). Das könnte, wie mir scheint, nur erklärt werden, wenn man annimmt, daß die von einer Statocyste ausgelösten Tonusimpulse in der Commissur der gekreuzten Seite zum Pedalganglion ziehen (Bahn a [grün] in Schema 2, Taf.XXIV), daß sie also im Cerebralganglion eine Kreuzung erfahren; und wirklich haben wir ja schon bei Betrach- tung des Faserverlaufes in demselben gesehen, daß ein großer Teil der Staticusfasern hier eine solche Kreuzung erfährt. Im Pedal- ganglion erfahren die Cerebropedalcommissuren ebenfalls eine Kreu- zung, was leicht auf Serienschnitten durch dasselbe und auch auf Total- präparaten nachzuweisen ist, so daß es verständlich erscheint, daß Durchschneidung einer Commissur die Erschlaffung der Muskulatur der gekreuzten Seite hervorruft. Diese Betrachtungen wurden nun weiter von folgenden Experimenten bewiesen: Versuch 10. a. Einem Tiere wird die linke Statocyste exstirpiert: es tritt das gewöhnliche Rechtsrollen und Rechtskrümmung auf. b. Nun wird die linke Cerebropedalcommissur durchtrennt: das Rechtsrollen hat aufgehört, dafür stellt sich aber jetzt eine schwache Linkskrümmung ein und nach einiger Zeit macht das Tier Manegebewegungen, wobei die gekrümmte linke Seite dem Centrum des beschriebenen Kreises zugewendet ist. Die Statocyste der Eeteropoden. 39'J c. Als mm auch die rechte Cerebropedalcommissur durchschnitte]] wird, tritt vollständige Desorientation und allge- meine Schlaffheit ein. Dio Erscheinung der Umkehrung der Krümmung des Tierkörpers in diesem Versuch bei b. wird verständlich, wenn man folgendes be- tlenkt: die Unkskrümmung wird durch das Erschlaffen der rechts- seitigen .Muskulatur infolge Zerstören der Bande zwischen dieser und der linken Commissur (vgl. Schema 2, Taf. XXIV)1 bedingt. Wenn der Muskeltonus ausschließlich unter dem Einfluß der Statocysten stünde, so sollte schon jetzt (in b) Desorientierung und Atonie auftreten, denn in b. wurde der Zusammenhang (al grün) der rechten Muskulatur (r) mit der rechten Statocyste (str) gelöst, während der Zusammenhang (ar grün) der linken .Muskulatur (l) mit der zugehörigen linken Stato- cyste (sti) noch früher (in a) zerstört wurde. Man sollte also schon nach b- Eingriff gleichseitige und gleichstarke Atonie erwarten; statt dessen aber beobachtet man noch eine Hypotonie der rechten Seite, was also darauf hinweist, daß linkerseits noch ein Tonus bestehen muß. Dieser Tonus kann nicht von der linken Statocyste ausgehen (Bahn ar grün), da diese exstirpiert und die erwähnte Bahn somit zerstört ist: vielmehr kann er nur von Impulsen abhängen, die aus dem Cerebralganglion auf dem Wege der erhalten gebliebenen rechten Cerebropedalcommissur kommen [cr rot). Diese Beobachtung ergänzt. also die schon in den Experimenten 3 und 4 erwiesene Tatsache, daß die alleinige Entfernung der beiden Statocysten keine so starke Herabsetzung des Muskeltonus zur Folge hat, wie die Durchtrennung der beiden Commissuren, d. h. die Ausschaltung des ganzen Cerebralganglions. Versuch 11. a. Einem Tier wird die linke Statocyste exstipiert: wie immer tritt Rechtsrollung und Rechtskrüramung auf. b. Hierauf wird die rechte Cerebropedalcommissur durch- schnitten: es tritt eine noch ausgesprochenere |{e<- ht skrümniung auf. c. Auch die linke Commissur wird durchtrennt: Desorien- tation und Atonie stellen sich uunmehr ein. Im Versuch l<> trat nach Durchschneidung der linken < ommissur eine Umkehrung, im Versuch II dagegen stelH ßich nach Durchschnei- 1 Von der Bahn i (blau) muß vorläufig noch abgesehen werden; ihr Nach- weis wird ersl weiter geführt. 400 Sergei Tsohachotin, düng der rechten Commissur bei aufgehobenem linken Statocysten- tonus (ar grün) eine Verstärkung der durch die linksseitige Entstatung bedingten rechten Krümmung ein, also eine Verstärkung der links- seitigen Hypotonie. Dies bestätigt die aus Versuch 10 gezogenen Folgerungen aufs deutlichste; denn man sieht leicht ein, daß die Dif- ferenz des Muskeltonus auf der linken und rechten Seite sich nach Durch- schneiden der rechten Commissur vergrößern muß, wenn außer dem Statocystentonus (grün) noch ein selbständiger, sagen wir »Cerebral- tonus<< (rot) existiert; denn in b. (Versuch 11) wurde beim Durchtrennen der rechten Commissur auch dieser Cerebraltonus (cr) für die links- seitige Muskulatur vernichtet, während rechterseits sowohl der Cere- braltonus (cl rot) als auch der von der rechten Statocyste kommende Tonus (al grün), die beide in der unbeschäftigten linken Cerebropedal- commissur verlaufen, erhalten blieben. Dies muß natürlich der rechten Körpermuskulatur ein noch stärkeres Übergewicht über die linke geben. Schließlich wurde noch eine letzte Reihe von Versuchen angestellt, die darauf hinzielten, den Statocystentonus (a grün) zu eliminieren, dagegen den Cerebraltonus (c rot) allein zu erhalten. Da, wie wir schon vorher sahen, der erstere in der Commissur der Gegenseite ver- läuft, so versuchte ich seine Ausschaltung dadurch zu bewirken, daß ich das Cerebralganglion in der Mittelebene durchschnitt und darauf in folgender Weise verfuhr: Versuch 12. a. Einem Tier wird das Cerebralganglion in der Sagittalebene durchschnitten: das Tier liegt zunächst betäubt am Boden des Gefäßes; allmählich erholt es sich jedoch und macht kriechende Be- wegungen, meist mit dem Hinterende voran; nach einer Stunde etwa schwimmt es ganz munter im Gefäß herum, mit der Flosse nach oben; zwangsweise in die verkehrte Stellung gebracht, richtet es sich wieder normal auf, wenn auch nicht so prompt, wie es ein unversehrtes Tier tut. Die Bewegungen sind ersichtlich nicht mehr so energisch wie früher; nach einiger Zeit wird das Orientierungsvermögen ge- ringer, das Tier schlägt Purzelbäume. b. Weiter wird die linke Cerebropedalcommissur durch- schnitten: es tritt eine ausgesprochene linksseitige Krümmung und Linksrollung auf. c. Auch die rechte Cerebropedalcommissur wird durch- trennt: das Tier ist nun vollständig desorientiert. Die Statooyste «Irr B( teropoden. |(»1 Versuch 13. a. Einem Tier wird das Cerebralganglion median halbiert: das Tier schwimmt ziemlich normal, nur schwächer und unsicherer. 1). Ks wird ihm die linke Statocyste exstirpiert: es tritt eine linksseitige Krümmung und Linksrollung auf, wie auch Manege- drehung nach links hin, auch stellt sich das Tier vertikal, mit dem Kopf nach oben, unter fortgesetzter Linksrollung. c. Nach Exstirpation der übrig gebliebenen rechten Stato- cyste tritt komplette Desorientierung auf. . Wir sehen aus diesen beiden Versuchen, daß das bloße Durch- schneiden des Ganglions noch keine Desorientation hervorruft: woraus folgt, dal.> die Orientierungsimpulse auch von der Ganglionhälfte derselben Seit«', in der die sie auslösende Statocyste sich befindet, ausgehen können; wohl ist aber der Tonus beider Körperseiten in gleichem Maß geschwächt, denn es treten keine einseitigen Zwangs- bewegungen auf. Dies kann nicht wundernehmen, denn durch die Operation a wurden diejenigen Bahnen des Statocystentonus (al und aT, grün), welche sich im Ganglion kreuzen, durchschnitten, wohl blieb aber beiderseits der Cerebraltonus (cr und cl, rot) in gleichem Maße bestehen. Im Versuch 12 wurde nun die linke Commissur und mit ihr auch die Bahn {cl, rot) des zu der rechten Körperhälfte in Be- ziehung stellenden Cerebraltonus zerstört, was natürlich Hypotonie dieser Seite und daher Linkskrümmung hervorrufen mußte. Der Versuch 13 aber, wo trotz der Erhaltung des beiderseitigen Cerebraltonus (c, rot), nach einseitiger Entstatung dennoch Hypotonie der gegenüberliegenden Körperseite auftrat, scheint dafür zu sprechen, daß von jeder Statocyste (str bzw. stt) außer dem oben erwiesenen, in der gekreuzten Commissur verlaufenden Tonus (al bzw. ar, grün), der auf die Muskulatur derselben Seite (r bzw. /), in der die Statocyste (str bzw. 8tt) liegt, wirkt, noch weitere Tonusimpulse (ir bzw. il, blau) für die Muskulatur der Gegenseite (l bzw. r) ausgehen, die in der mit der Statocyste gleichseitigen Commissur verlaufen. Wenn die Bahn a (grün) allein existieren würde, so sollte man im Versuch 13 nach deren beiderseitiger Zerstörung (infolge Ganglionhalbierens) erwarten, daß weitere einseitige Eingriffe von keinem Einfluß auf die Symmetrie der Haltung und Bewegung bleiben würden; dagegen erscheint eine solche sekundäre Asymmetrie wohl verständlich, wenn man das Vor- handensein noch einer zweiten, im Versuche anberührten, eben er- örterten Bahn (i, blau) annimmt. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Xc. Bd. l'U 402 Sergei Tschachotin, Der Ausfall der zwei folgenden Versuche überzeugte mich von dieser Erfahrung noch schlagender: Versuch 14. a. Einem Tier wird das Cerebralganglion median durch- schnitten: das Tier schwimmt normal, aber schlaffer und unsicherer. b. Es wird ihm hierauf die linke Statocyste exstirpiert: es tritt Linkskrümmung und Linksrollung auf. c. Nun wird auch die linke Cerebropedal - Commissur durch- schnitten: die Linkskrümmung wird noch ausgesprochener als vorher. d. Es wird auch die rechte Statocyste exstirpiert: die Links- krümmung bleibt bestehen. e. Nach Durchschneiden auch der rechten Cerebropedal- commissur tritt nun die charakteristische Desorientierung auf. Die Erklärung dieses Versuches wäre folgende : beim Durchschneiden der linken Commissur (in c) wurde der für die rechte Muskulatur (r) bestimmte Cerebraltonus (cl, rot), der nach dem Eingriff in b. ihr allein noch übrig blieb, aufgehoben [ihr gleichseitiger Statocystentonus (al, grün) wurde beim Durchschneiden des Ganglions, ihr gegenüber- seitiger Statocystentonus (il, blau) beim Exstirpieren der linken Stato- cyste vernichtet], während die linke Muskulatur (l) nur ihres gleich- seitigen Statocystentonus (ar, grün) bei der Halbierung des Ganglions beraubt wurde, so daß auf sie noch der Cerebraltonus (cr, rot) und der gegenüberseitige Statocystentonus (ir, blau) wirkten, weshalb sie das schon in b. über die rechte Seite erlangte Übergewicht auch in c. behaupten und sogar vergrößern konnte. Jetzt (d) wurde noch die rechte Statocyste entfernt: dadurch verlor die linke Körperseite ihren gegenüberseitigen Statocystentonus (*r, blau), ihr Cerebraltonus (cr, rot) blieb ihr jedoch erhalten, daher konnte sich die Haltung des Tieres nicht wesentlich ändern: es blieb linksgekrümmt. Erst nachdem auch dieser Tonus (cr, rot) beim Durchschneiden der rechten Com- missur (in e) eliminiert war, trat Ausgleichung und komplette Desorien- tierung ein. Versuch 15. a. Es wird einem Tier das Cerebralganglion median halbiert: das Tier erhält sich normal, nur sind die Bewegungen schlaffer und unsicherer. b. Es wird ihm hierauf die linke Statocyste exstirpiert: es Die Statocyste der Heteropoden. 40.'> tritt Linkskrümmung und Linksrollung , auch Linksmanegedre- hung auf. c. Nun winl die rechte Cerebropedalcommissur durch- schnitten: das Tier erlangt eine schwache Rechtskrümmung. d. Nach Entfernen der rechten Statocyste bleibt die Rechts - krümmung bestehen. e. Erst nach Durchschneiden auch der linken Commissur stellen sich Atonie und vollständige Desorientierung ein. Den Versuch erkläre ich mir folgendermaßen: nach dem Ein- griff in b. behielten die Seiten, wie auch im vorigen Versuch, die rechte (r) nur den I Vrebraltonus (cl, rot), die linke (l) den Cerebral- tonus (cr, rot) plus den gegenüberseitigen Statocystentonus (ir, blau); das Durchschneiden der rechten Commissur (in c) zerstörte die beiden letzteren Einflüsse auf die linke Körperseite, während die rechte ihren (Vrebraltonus (el, rot) intakt behielt; dadurch erlangte sie ein Über- gewicht über die nun atonische linke Seite (l), was sich in einer Um- kehrung der Krümmung von der linken auf die rechte Seite äußern mußte. Der d-Eingriff3 wobei die rechte Statocyste entfernt wurde, konnte keinen Einfluß üben, da ihr Tonus (al, grün) zu der rechten Muskulatur (r) schon beim Eingriff a infolge der Halbierung des Gan- glions, der zu der linken Körperseite gehende (ir, blau) beim c-Ein- griff durch Unterbrechung der rechten Commissur vernichtet waren. Daß dabei alles wie in c blieb, bestätigt meine oben dargelegten Aus- einandersetzungen durchaus. Wenn wir nun kurz die aus den mitgeteilten Versuchen gewonnenen Resultate zusammenfassen, so finden wir. daß der Tonus der Körper- muskulatur bei Pteratrackea in einer gewissen Abhängigkeil von den Statocysten, die als (Gleichgewichtsorgane zu betrachten sind, steht. Es scheint sicher, daß jede Körperseite unter dem Einfluß jeder der beiden Statocysten steht, wobei die von der gleichseitigen Statocyste kommenden Impulse (a, grün) in der gekreuzten Cerebropedalcom- missur verlaufen, daß sie also eine Kreuzung im Oerebralganglion und eine zweite im Pedalganglion erfahren, während die von der gegen- überseitigen Statocyste kommenden Impulse (i, blau) in der gleich- seitigen Commissur sich bewegen und daher nur eine Kreuzung im Pedalganglion erfahren. Außerdem steht der Tonus jeder Körper- seite, wie wir landen, noch in einer von den Statocysten unabhängigen, durch die Commissur der Gegenseite vermittelten, Beziehung zum 26* 404 Sergei Tschachotin, Cerebralganglion, die ich hier der Kürze halber als Cerebraltonus (c, rot) bezeichnet habe. Ich habe über diese Versuche hier ziemlich ausführlich berichtet, weil gerade diese Tiere wegen ihrer Durchsichtigkeit, sowie die günstige Lage des Nervensystems und der Statocysten uns die mannigfaltigsten Kombinationen der operativen Eingriffe gestatten, was wohl die Aufklärung der dunklen Frage nach dem Faserverlauf und der gegen- seitigen Beeinflussung im Nervensystem von Wirbellosen wesentlich erleichtern könnte. Am Schluß dieses Kapitels möchte ich noch anführen, daß Fröh- lich (19, S. 427) bei Eledone, wie auch bei Penaeus (20, S. 160) eine gesteigerte Reflextätigkeit nach Entstatung beobachten konnte, die sich in allgemeiner Unruhe, heftiger Retraktion der Tentakel bei leisester Berührung, Zunahme des Corneal- bezw. Conjunctivalreflexes u. a., äußerte. Ich konnte ähnliches bei Pterotrachea nicht beobachten; vielmehr schien mir eher, daß nach Entstatung eine Herabsetzung der Reflexerregbarkeit beim Berühren, Erschüttern und plötzlichen Belichten sich kundgibt, wie auch überhaupt die operierten Tiere in ihrem ganzen Verhalten meist matter erscheinen. Ich will hier eine kurze Betrachtung folgen lassen über die mög- lichen Gründe, daß beiderseits entstatete und daher desorientierte Tiere meist mit der Flosse nach unten schwimmen, also umgekehrt wie normal. Das könnte vielleicht seine Erklärung darin finden, daß das desorientierte Tier in eine physikalisch stabilere Gleichgewichts- lage gerät, denn bei der Stellung des Tierkörpers mit der Flosse nach unten befindet sich wohl der Schwerpunkt in einer tieferen, also stabi- leren Lage. Auf ähnliches Verhalten andrer entstateter Tiere haben schon Bethe bei Mysis (5, zitiert nach Beer, 3, S. 373) und Beer bei Penaeus (3, S. 374) hingewiesen. Der Umstand, daß diese Tiere, wie auch Pterotrachea de norma sich in einer labilen Lage bewegen, könnte vielleicht darauf hinweisen, daß eine solche Lage bei flinker Bewegung im Wasser gewisse Vorteile vor einer stabilen bieten dürfte. 3. Mechanismus des Funktionierens der Statocyste. Nachdem wir uns überzeugt haben, daß die Statocyste von Ptero- trachea und der Analogie auch der andern Heteropoden als Gleichge- wichtsorgan funktioniert, ist es interessant, der Frage nach ihrem Mechanismus selbst etwas näher zu treten. Das Prinzip solcher Organe ist ja allbekannt: der schwere Stato- lith drückt, je nach der Haltung des Tierkörpers, bald auf die einen, Die Statocyste der Beteropoden. 105 bald auf die andern der mehr oder weniger starren Sinnoshaare der Maculazellen, welche dann mittels ihrer Nervenfortsätze dir erhaltenen Sinneseindrücke zum Cerebralganglion leiten. \\\> sie verarbeitet, koor- diniert werden und das Tier über seine jeweilige Lage orientieren bzw. die adäquaten Reflexe auslösen. Aid' die wahrscheinliche Korrespondenz der Macularegionen in der rechten und der linken Statocyste habe ich schon auf Seite rJSi » hin- gewiesen, wie auch darauf (S. 'Ml), daß die auf den ersten Blick merk- würdig erscheinende Lage der Macula, nämlich dem Nervenzutritt gegenüber, von der eigentümlichen Haltung der Heteropoden abhängt : nämlich mit der Flosse, der morphologisch ventralen Seite nach oben; es ist verständlich, daß die Macula, um bei solcher Haltung der Tiere Druckreize vom Statolithen zu empfangen, naturnotwendig physiolo- gisch ventral, also morphologisch dorsal, d. h. vom Nerven abgewendet, sich ausbilden mußte. Schon oben wurde das Spiel des Aufrichtens und Herabsinken- der Wimperbüschel der Sternzellen der Antimacula erwähnt; ich will nun versuchen dessen Mechanismus zu klären. Die Synchronie des Wimperaufrichtens aller dieser Zellen ist wohl verständlich, wenn man sich erinnert, daß sie innerviert und alle miteinander durch plasmatische Portsätze verbunden sind, weshalb Zustandsänderungen der einen Zelle leicht auf die übrigen übertragen werden können. Wie gesagt, stehen alle diese Zellen in Abhängigkeit vom Nerven- system, denn wie ich oben nachweisen konnte, werden sie sicher vom Nervus staticus und also vom Cerebralganglion innerviert. Es fragt sich aber, weleher Natur diese Innervation sein könnte, motorischer oder sensibler? Frühere Autoren, wie Leuckart (35), Leydig (36) und andre, die die Innervierung nicht beobachtet, jedoch postuliert haben, und auch Boll (9, S. 80), der auf Grund seiner Beobachtungen für sie eintrat, hielten sie für sensibel, indem sie diese Zellen als eigent- liche Hörzellen betrachteten; ja man wollte sogar in der verschiedener Länge der Cilien eine sehr vollkommene Einrichtung für die Wahr- nehmung verschiedener Töne erblicken. Ich lasse hier aber besse ein Zitat von Ranke 1 11. 8. 82) folgen, in welchem er diese Auffassung darstellt, ohne sich ihr jedoch selbst anzuschließen: »Nehmen wir mit den bisherigen Forschern an, daß diese Cilienbüschel akustische End- apparate (h-^ Ohres sind, so scheint das Gehörorgan durch das Auf- richten der Cilienbüschel gegen den Otolithen außerordentlich geeignet. Tonempfindungen in dem ElELMHOi/rzschen sinne des Mitschwingens zu vermitteln. Die Cilien scheinen straf! an dem Otolithen anzuliegen, 406 Serge'i Tschachotin, indem sie wie Radien nach fast allen Seiten der Kugel von ihm aus- strahlen. Sie erscheinen als musikalische Saiten, welche durch die unter ihnen hinziehenden akustischen Wellenbewegungen der Endo- lymphe in Mitschwingungen versetzt werden können. Je nach ihrer verschiedenen Länge, der auch eine Verschiedenheit in der Dicken- dimension entspricht, erscheinen die einzelnen Cilienbüschel geeignet, durch verschiedene Töne in verschiedenstarker Weise in Mitschwin- gungen versetzt zu werden. Wir glauben ein musikalisches Instrument von dem Bau einer Harfe oder des Inneren eines Klaviers vor uns zu sehen, deren verschieden lange, verschieden dicke, gespannte Saiten so geeignet sind, bei verschiedenen Tönen in Mitschwingungen zu geraten. << Neuerdings hält auch Beer (3, S. 379, Fußnote) die fraglichen Zellen bei Pterotrachea für sensibel, soweit es aus seiner kurzen Fuß- note hervorgeht (er sagt aber selbst, seine Ansicht wäre vorläufig ganz hypothetisch). Freilich glaubt er nicht an ihre akustische Funk- tion, vielmehr sollen sie statische Reize vermitteln und zwar in fol- gender Weise: »Es könnten«, meint er (ibid.), >>in so gebauten Stato- cysten Drehungen durch ein drehendes Vorübergleiten der Kugel an den Cilien, Veränderungen der Beschleunigung nach verschiedenen Richtungen durch Druck auf jeweils verschiedene Cilienspitzen an- gezeigt werden.« Claus (12, S. 109 u. 113) und Ranke (41, S. 82, § 3) waren es, die diesen Wimperborstenzellen sensible Funktionen entschieden ab- sprachen, wobei letzterer darauf hinwies, daß der ganze fragliche Vor- gang des Wimperaufrichtens darauf eingerichtet zu sein scheint, um den Statolithen gegen die allein mit eigentlichem Sinnesepithel, und zwar, wie sie beide glaubten, Hörepithel, ausgerüstete Stelle der Stato- cyste, nämlich die Macula, zu stoßen. Da es Ranke schien, daß das Aufrichten auf verschiedene Reize hin erfolgte, so sprach er es als einen Reflexvorgang, als eine Art Accommodation an (41, S. 93); frei- lich leugnete er (wie auch Claus) die Innervation der Wimperborsten- zellen und wurde dadurch zu einer ganz unwahrscheinlichen Auffassung des Vorganges gedrängt; er glaubt nämlich, daß die Sinneszellen der Macula in einer vom Centralnervensystem vermittelten reflectorischen Beziehung zu den Lateralsträngen stünden, die er für Muskeln hielt. Letztere sollten sich mit feinen Sehnen an die Basis der Wimperborsten- zellen heften und bei ihrer Kontraktion an den basalen kugelig-abge- rundeten Enden der Wimperborsten ziehen, die als Gelenkköpfe wirkten, worauf das Aufrichten erfolgen sollte (41, S. 95). Die Statooyste der Betoropoden. 407 Ich stimme der Auffassung Rankes bei, daß die Wimperborsten- zellen keine reizempfangenden Organe sein können, wie auch dem, dal.i das Aufrichten der Wimpern zum Fixieren des Statolithen und seiner Annäherung an die Macula dient (vgl. auch S. 358, Textfig. 4 i. 5), dagegen glaube ich mich nach den morphologischen Befunden berechtigt, zu behaupten, daß der Anstoß zur Aufrichtung vom Central- nervensystem mittelst der Nervenfortsätze dieser Zellen erfolgt, so daß ihre [nnervierung, meiner Meinung nach, motorischer Xatur sein dürfte. Das wird auch dadurch bestätigt, daß beim Kneifen des Nervus sta- ticus mit einer Pinzette zuweilen (jedoch nicht immer: woran letzteres legt, vermag ich nicht anzugeben) ein plötzliches Aufrichten der Wim- perborsten eintritt. Dies gilt auch für isolierte Statocysten, wo der Zusammenhang der sensiblen und der motorischen Nervenfasern mit dem Cerebralganglion aufgehoben ist, was gegen Rankes Annahme einer reflectorischeu Verbindung zwischen Reizreception und Wimper- aufrichten sprechen muß. Ich will nun den erwähnten Vorgang etwas näher betrachten. Alle Autoren sind bis jetzt von der Annahme ausgegangen, daß die Aufrichtung der Wimpern in der Heteropoden-Statocyste die eigent- lich tätige Phase sei, daß sich dagegen die Wimperborsten und ihre Zellen in der Ruhe befinden, wrenn erstere der Statocystenwand an- liegen. Ich halte mm gerade das Entgegengesetzte für richtig, und zwar aus Gründen, die ich auch schon oben (8. 350) erwähnte. Bei nicht fixierten, also vom Tod nicht plötzlich überraschten, sondern allmählich abgestorbenen Statocysten fand ich fast immer sämtliche Wimperborsten in aufgerichteter Stellung; beim Zerzupfen frischer Statocysten gelang es mir einige .Male Wimperbüschel samt ihrem Polster von der Zelle isoliert zu erhalten, sie waren in solchen Fällen stets auf- gerichtet, nie gekrümmt; schließlich konnte ich an lebenden Stator cysten beobachten, daß die Cülien in der gekrümmten, vermeintlichen »Ruhelage<< ganz leise zitterten, mal zwar nicht nur mit ihren Enden. sundern in ihrer ganzen Länge bis zur basalen Knickungsstelle hin. Auch folgende (Verlegungen führen zu derselben Auffassung: in der Iiul ■ chwebt der specifisch schwere Statolith in der Mitte der Statocyste; wie m denn das möglich, fragl man sieh zunächst? Nun. das ist w..lil möglich, wenn auf den Statolithen ein Druck aus- geübt wird, der seiner Schwere entgegen wirkt. Wodurch könnte aber der Druck bedingl sein? In onserm Falle selbstverständlich nur durch Strömungen in der Statolymphe, die. wie es mir scheint, durch das er- wähnte leise Zittern der Wimperborsten in der vermeintlichen >Eluhe- 408 Sergel Tschachotin, läge« hervorgerufen werden. Und zwar müßten hier diese Strömungen den durch die Pfeile in Textfig. 4 (S. 358) angedeuteten Weg in der Statocyste nehmen, worauf mich Herr Prof. Bütschli aufmerksam machte: also vom antimaculären Pol allseitig den Wandungen ent- lang zur Macula hinab und von hier springbrunnenartig aufsteigend gegen den Statolithen; weiter würden sie, diesen allseitig umspülend, wieder zum antimaculären Pol heraufsteigen. Das Spiel wäre etwa zu vergleichen mit dem jedermann bekannten Tanzen einer Glaskugel im Wasserstrahl eines Springbrunnens. Ein Zittern des Statolithen in der Schwebelage ist schon älteren Forschern aufgefallen; es wird wohl dadurch bedingt sein, daß bald eine, bald andre Strömungen überwiegen und den Statolithen im entsprechenden Sinne zu drehen suchen. An aufgerichteten Wimperborsten konnte ich keine Schwingungen wahrnehmen, selbst nicht ihrer freien Enden, wie es Boll (9, S. 78) gesehen haben will (er sagt aber selbst, diese feine Bewegung wäre passiv). Von Zeit zu Zeit, anscheinend rhythmisch, wird die Kontraktion der Cilien durch vom Ganglion kommende Impulse aufgehoben, sie werden gleichsam entspannt und richten sich vermöge ihrer Elastizität auf, wobei sie den Statolithen gegen die Macula drängen, wo dieser, nach Aufhören der Rotation der Schwere folgend, je nach seiner und des Tieres Lage auf die Sinneshaare der verschiedenen Sinneszellen drückt und so dem Tiere Aufschluß über dessen Lage erteilt; die große Centralzelle scheint dabei allein die normale horizontale, die übrigen Sinneszellen die verschiedenen Inclinationslagen anzugeben. Unwillkürlich rollt sich die Frage auf, welchen Sinn der ganze Vorgang des rhythmischen Wimperaufrichtens haben könnte? Vom teleologischen Standpunkt aus betrachtet, scheint er mir ganz zweck- mäßig zu sein : es könnte damit eine größere Leistungsfähigkeit des Organs bezweckt sein, denn beim Abheben des Statolithen von der Macula wird den Sinneszellen die Möglichkeit gegeben, sich aus- zuruhen, und beim nächsten Aufdrücken des Statolithen wieder gleich reizempfindlieh zu sein, während sie die stete Reizung durch den Stato- lithen unnütz ermüden und bald gegen die Reize abstumpfen würde. Somit würde das Tier über seine jeweilige Lage nicht kontinuierlich, sondern in rhythmisch aufeinanderfolgenden Zeitintervallen informiert sein. Es scheint mir nicht ausgeschlossen, daß die Frequenz dieser Rhythmik von der Schnelligkeit, mit welcher das Tier sich jeweils bewegt, abhängen könnte; ich muß aber entschieden ihre reflectorische Die St itocyste der Beteropoden. 40D Abhängigkeit von den von der .Macula ausgelösten Reizen in Abrede stellen; denn außer den schon oben angeführten Gründen (8. I<>7) ist es nicht leicht einzusehen, welchen Sinn eine Korrelation zwischen der Lage des Tieres und einer ALCCommodationseinrichtung für bessere Orientierung über diese Lage haben könnte, es scheint vielmehr von größerem Vorteil, daU das Organ in allen Lauen des Tieres eine gleich- scharf'' Empfindlichkeit aufweisen könnte. Noch eine letzte Frage und der Versuch deren Beantwortung drängen sich mir auf. nämlich die, wodurch die Kontraktion der Cilien in der sogenannten »Ruhelage« und ihre rhythmische Entspannung bedingt weiden könnten? Man könnte sich ja vielleicht denken, daß sie vom Cerebralganglion aus tonisch erregt werden und infolgedessen im Zustande einer dauernden Kontraktion verharren, und daß dann zeitweise durch irgendwelche Einflüsse dieser Tonus im Ganglion rhythmisch aufgehoben werde. Daß dem aber nicht so sein kann, wird durch das Fortdauern des Wimperborstenspieles bei isolierten Statocysten bewiesen: denn wenn eine tonische Erregung durch das Cerebralganglion existierte, so müßte sie nach Durchschneidung des Nervus staticus schwinden, die Wimperborsten sollten sich entspannen, aufrichten und in dieser Lage verharren; das ist aber tatsächlich nicht so: die abwechselnden Kontraktionen und Entspannungen dauern fort, wenn auch unregelmäßiger als sonst. Das spricht dafür, daß der Grund der Kontraktion in den "Winiperborstenzellen selbst liegen muß, dal.) dieselbe also autonom erfolgt, wie es allgemein für Flimmerepithel bekannt ist. Die sich aber in Entspannung äußernde Reaktion der- selben auf das Kneifen des Nervus staticus, sowie die zweifellose Inner- vation dieser Zellen weisen darauf hin. daß der sich rhythmisch wieder- holende Anstoß zur Entspannung der cilien vom Cerebralganglion kommt; durch einen Nervenimpuls wird die autonome Kontraktion der Borsten zeitweilig sistiert, worauf sie nach Schwinden dieses Im- pulses wieder zur autonom erfolgenden Kontraktion zurückkehren, die für das Schweben des Statolithen und inzwischen Ausruhen der Sinnes- zellen notwendig ist. Gegen den centralen Ursprung des rhythmischen Anstoßes zur Entspannung der Wimperborsten sprichl scheinbar das Fortbotehen Spieles an isolierten Statocysten. aber, wie ich glaube, nur schein- bar, denn die Erregung der motorischen Nervenfasern könnte ja in solchem Falle von dem A.bsterbeprozeß an deren quergeschnittenen Enden bedingt Bein; es dürften dabei vielleicht auch noch andre Fak- toren im Spiele sein, die ihrerseits auf den Gang des Wimperspieles 410 Serge'i Tschachotin, einwirken könnten: so z. B. der schon von Ranke (41, S. 80) angege- bene Erstickungskrampf. Darauf würde auch die Unregelmäßigkeit des Spieles bei isolierten Statocysten hinweisen. 4. Funktionen der accessorischen Organe der Statocyste. Um Wiederholungen zu vermeiden, will ich hier nicht näher auf dieselben eingehen, denn sie wurden eingehend bereits bei der Be- sprechung der Morphologie dieser Gebilde (S. 380 u. 382) erörtert, ich will hier nur kurz daran erinnern, daß ich den Medianstrang für ein muskulöses Organ halte, das vielleicht auf die Spannung der Hüll- kapsel der Statocyste und indirekt auf die Ränder der Centralzelle einzuwirken imstande wäre, während die Lateralstränge, wie mir scheint, nur eine bindegewebige Aufhängevorrichtung der Statocyste darstellen, deren einzelne Strangzellen wohl sehr dehnbar, nicht aber kontraktionsfähig zu sein scheinen; mir wenigstens gelang es nie, sie sich kontrahieren zu sehen, während das in bezug auf den Medianstrang wohl gelang, wie schon Seite 381 erwähnt wurde. Ich habe die Lateral- stränge mehrmals mit einer Präpariernadel angestochen, mit Pinzette gekniffen, aber alles resultatlos. Schließlich wollte ich die Angelegen- heit noch in andrer Weise prüfen. Ich habe gelegentlich beobachtet, daß Injektion von Curare die Reflexerregbarkeit der Tiere sehr erhöht und sie zuweilen in einen Zustand, ähnlich dem Strychnintetanus bei Wirbeltieren, versetzt (das Tier wurde beim leisesten Anrühren ganz rigid, während normal es sich beim Berühren nach der getroffenen Seite wendet; Strychnin hatte auf Pterotrachea keine charakteristische Wirkung, obgleich es sie rasch abtötete; auf Crustaceen hingegen wirkt Strychnin nach Beer [2, S. 21] in derselben Weise wie auf Wirbel- tiere). Ich brachte daher ein curarisiertes Tier in das Fixiergestell und beobachtete die Lateralstränge; von einer Kontraktion derselben war nichts zu sehen, während die Körpermuskeln im Zustande dau- ernder Zusammenziehung verharrten. Das erwähnte Gift, wie auch Strychnin, hatte scheinbar keine Wirkung auf die Statocyste. Den- noch wären weitere Versuche sehr wünschenswert, denn die erwähnten Experimente geschahen kurz vor meiner Abreise aus Messina und konnten nicht ausgiebig behandelt werden. Am Schluß dieser Untersuchungen sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Professor Dr. Bütschli, sowie auch Herrn Professor Dr. Schuberg, meinen verbindlichsten Dank für das ständige Interesse, die freundliche Unterstützung und manchen wert- Die Statocyste der Hoteropoden. 411 vollen Ra1 beim Ausführen dieser Arbeit auszusprechen. Ferner möchte ich noch Worte des Dankes an die Herren Professor Dr. v. Davidoff und Professor Dr. L. Nicotra richten für die freundliche Überlassung eines Arbeitsplatzes an der Zoologischen Station zu Ville- franche sur Mer bzw. im Zoologischen Institut zu Messina. Heidelberg 3 im September 1907. Literaturverzeichnis. 1. Afathy. 97, Das leitende Element des Nervensystems und seine topo- iphischen Beziehungen zu den Zellen. Mitt. a. d. Zool. Station zu Neapel. Bd. XII. 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S. 325—332. 37. — 71, Über das Gehörorgan der Gastropoden. Arch. f. mikr. Anat. Bd. VII. S. 202—218. 38. W. v. Nathusius, 90, Untersuchungen über die HARTiNGschen Körperchen. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. S. 602—648. 39. W. Polowzowa, 03, Über contractile Fasern in einer Flimmerepithelart und ihre funktionelle Bedeutung. Arch. f. mikr. Anat. Bd. LXIII. S. 365—388. 40. A. Pütter, 04, Die Flimmerbewegung. Ergebnisse der Physiol. IL Abt. IL Jahrg. S. 1—102. 1 >ie Statooyste der Beteropodi q. 413 41. J. 42. — 13. G. 44. K. 4."». A. 46. B. 47. M. Ranke, 75, Der Gehörvorgang und das Gehörorgan bei Pterotrachea. Diese Zeitsohr. Supplemenl zu Bd. XXV. S. 77 L02. 7ü. Das akustische Organ im Ohre der Pterotrachea (Erwiderung an Claus). Arch. I mikr. Anat. Bd. Ml. S. 666 569. Retzh rs, Ol, Zur Kenntnis des Gehörorganes von Pterotrachea. Biol. Untersuchungen. (2) 10. S. 34 36 C. Schneider, 02, Vergleichende Histologie. Jena, G.Fischer. Schuberg, 03, Untersuchungen über Zellverbindungen. [.Teil. Diese Zrits.hr. Bd. I.W IV. Solgeb, 99, Zur Kenntnis des Gehörorgans von Pterotrachea. Schriften d, Naturf. Geseusch. in Danzig. Neue Folge. Bd. X, Heftl. S. 65— 76. Ykkwokn. 91, Gleichgewicht und Otholithcnorgan. Pflügers Archiv. Bd. L. S. 423—472. Erklärung der Abbildungen. Bezeich A, Auge; ■i>. Bahn des gleichseitigen Statocysten- tonus, in der linken I lerebropedal- comnüssur verlaufend ; or, id. in der rechten Conunissur ver- laufend ; ah, äußere Haut ; am, Muskel an der Basis des Auges; bgz, Bindegewebszi e bk, Basalkörnchen ; ( '. < Ülien ; . Bahn des Cerebraltonus, in der linken ( !( inunissur verlaufend ; ■ r . id. in der rechten Conunissur ver- laufend ; ccb, Conunissura cerebro-buccalis ; ccp, Comnüssura cerebro-pedalis ; ista ; •■ii. Guticula; d. dickes Staticusbündel im Gangl. Einschnürung des Nervus staticus. '. Fäden in den vier Pericentralzellen ; /. plasmatische Fortsätze der Peri- centralzellen : fbr, Fibrillen in dem Nervenausläufer; fe, frei endigender Fortsatz der Wim- perborstenzellen : //. feine Fäden in d. Wimperborstenzellen ; nungen: Fl, Flächenschnitt; fr, freie Enden der Sinneshaare; fs, feines Staticusbündel im Cerebral« ganglion ; G, Cerebralganglion ; y. Schichtengruppe im Statolithen ; gg, Grenzen der Schichtengruppen; h, hintere Partie des K,opf gangl ion- : hihi, hinterer dorsaler Nerv; hh, hellei- Huf um das Polster in den Wimperborstenzellen ; hk. Eüllkapsel der Statocyste; Ms, hinterer Lateralstrang; him, hinterer ventraler Nerv : i1, Bahn des gekreuzten Statocysten- tonus, in der linken Commissur \ erlaufend ; ir. id. in der rechten Commissur; k. Zellkerne; fem, Hohlkämmerchen ; Jen, knopfartige Verdickungen der En- den des MedianstranL'es ; /,. Längsschnitt : /, linke Körperseite; hl. lateral-dorsale Zellanhäufung im i lerebralganglion ; Im, Lumen der Statocyste; hi. feiner lateraler Nerv; 414 Sergei Tschachotin, ls, Augenlinse; Iz, Zellen der Lateralstränge; M, Macula; md, morphologisch-dorsale Portion des Kopfganglions ; ml, seitliche Körpermuskulatur ; ms, Medianstrang; mz, Zellen des Medianstranges ; n, Nervenfortsatz; nbo, Nervus basalis oculi; nd, Nodositäten im Nerven verlauf e ; ndp, Nervus dorsalis proboscidis; nf, Nervenfasern der Sinneszellen; nfb, Nervenfasern der Wimperborsten- zellen ; Tim, Nervenfasermeridiane ; n.opt, Nervus opticus; ns, Nervenscheide; n.st, Nervus staticus; nt, Nervus tentacularis ; nvo, Nervus ventraüs ocuü; o, Hohlraum in der Achse der Cylin- derplatte der kleinen Sinneszellen; p, Wimperplatte; pg, Pedalganglion; plz, Pflasterzellen; pr, Polster der Wimperborstenzelle; pst, peripheres Stück; pzz, Pericentralzellen ; Q, Querschnitt; q, intensiv gefärbte Querschnitte der intracellulären Fäden in den Wim- perborstenzellen ; Die Untersuchungen sind sämtlich geführt worden. Tafel XX. Fig. 1—8. Allgemeine Verhältnisse der Heteropoden-Statocyste. Fig. 1. Allgemeines Aussehen der Statocyste mit Weglassung der accesso- rischen Organe. Es treten deutlich die sternförmigen Wimperborstenzellen (wbz) mit ihren Kernen (k) und Polster (pr) hervor; sie werden von feinen Nervenfasern (n/6), die vom Nerv, staticus kommen, innerviert. Die Zellen stehen unter- einander durch Fortsätze in Verbindung. Die helleren Felder zwischen ihnen sind die indifferenten Pflasterzellen (plz), deren Kerne sich vom hellen Grunde des flüssigeren Protoplasmaleibes scharf abheben. Von den Meridianzügen der Nerven- fasern ist wenig zu sehen. Im Innern der Cyste schwebt der dunkle, hier nicht besonders große Statolith (S). Pterotrachea mutica. Formol 10 %. Häm- alaun. Vergr. 150. r, rechte Körperseite ; S, Statolith; s, seitliche Portion des Kopfganglions ; seh, Einzelne konzentrische Schicht; sg, Grenzen der einzelnen Schichten; sti, linke Statocyste; str, rechte Statocyste; stf, sternförmige bindegewebige Bil- dung, an der sich der vordere Lateralstrang anheftet ; stz, kleine Stützzellen; sz, kleine Sinneszellen; ü, von einem Meridian zum andern übertretende Nervenfasern ; up, unterste Partie der Sinneswimpern, in Gallerte eingebettet; v. vordere Portion des Kopfganglions; vf, Verbindungsfäden mit andern Wim- perborstenzellen ; vis, vorderer Lateralstrang; vsn, ventraler seitlicher Nerv; wb, Wimperbüschel der Wimperborsten- zellen ; wbz. Wimperborstenzellen ; w w. Wimperwurzeln ; zms, centrale Stücke des Median- stranges ; zp, cylindrische Platte der kleinen Sinneszellen ; zst, centrales Stück; z w, Zwischenstück ; zz, Centralzelle. mit einem LEiTZschen Mikroskop aus- ! >ie Statocyste der Heteropoden. 1 I 5 Fig. 2. Statocyste Lebend nach vitaler Methylenblaufärbung am ganzen Tiere im Pixiergestell (siehe Teztfig. 1) untersucht. .Man sieht die vom Nervus Btaticus (n.st) ausstrahlenden Meridianzüge der zur Macula ziehendes Nerven- fasern (nm); in ihrem Vorlauf weisen sie Nodositätcn (n::) umgeben, die unter der Cuticularplatte (cu) eine Plasmaansammlung mit Kern (k) besitzen, einen stark vaeuolisierten Bau auf- weisen und ihren Plasma (/) ein dichtes, an die Hüllkapsel (hk) sieh ansetzendes Netzwerk bildel ; die Punkte stellen die Querschnitte der Plasmafäden dar. Peri- pher folgen die kleinen Sinneszellen (sz) mit bläschenförmigen Kernen (k) und dazwischen spärliche kleine Stützzellen (stz) mit stabförmigen, kompakten Ker- nen (/.). Hierauf flacht sich das Epithel ab und geht allmählich in die Anti- macula über; von dieser sieht man die Wimpcrbüsehel (ich) und Kerne (k) der Wimperborstenzellen in das Lumen (Im) der Statocyste hineinragen. Im obersten Teil der Figur (*) ist ein Stück Wand der Antimacula flach angeschnitten, man sieht hier Kerne (Jfc) der Epithelzellen und Xervenfasermeridiane (um). Ptero- trachea coronata. Ki.i.mmim.. Hämatoxylin — van Cikson. Veigr. ööö. I'1:. 6. Schnitte durch den Nervus staticus. Q: Ein Querschnitt: ie Statooyste der Eeteropoden. 419 dem Präparate mir wenige zurückgeblieben, die meisten dagegen abgefallen. Auch drei Pflasterzellen (pl:) mit ihren Kernen (k) sind getroffen. Pterotrackea coronata. Fonnol 1(> ",,. Bämalaun. Vergr. 1500. Fig. 28. Sagittalschnitt durch eine Wimperborstenzelle. Mau sieht, wiu die Wimperborsten [tob) von einem Polster (pr) mit Basalkörnchen (bk) ent« springen. Von dem Polster strahlen im Zellleib nach allen Seiten Faden (// und vf) aus, die peripheriewäxts in die Fortsätze der Zelle übergehen; dort, wo sie durch- schnitten sind, erscheinen ihre Querschnitte (q) als dunkler gefärbte Punkte. Pttmtrarht'n rumunt-i. Flemming. Heidenhains Eisenhämatoxylin. Vergr. 1500. Fig. 29. Sagittalschnitt an der Grenze von .Macula und Antimacula. Cber- gangsformea zwischen den kleinen Sinneszellen und den Wimperborstenzellen. Die Gestalt dieser Zellen wird allmählich platter, die Wimperwurzeln (ww) di- vergieren von dem Polster (pr) aus, dagegen sind die Wimpern noch relativ kurz und unbeweglich ; k ist der Kern dieser Zellen. Zwischen die beiden Zellen ist eine Stützzelle (atz) mit kompaktem Kern (k) eingeschoben; diese bildet eine Cuticnla (ctt), die sich über den größeren Teil des Zellkörpers der linken Sinneszelle er- streckt. Die Hüllkapse] (hk) hat sieh vom Epithel etwas abgehoben, wohl in- folge der Fixierung. I'd mtrachea coronata. Formol 10 %. Hämalaun. Vergr. 1500. Fig. 30. Schiefer Flächenschnitt durch eine Wimperborstenzelle. Deut- lich sieht man hier, wie die vom Polster (pr) ausstrahlenden Fäden (// und vf) über den chromat inreichen Kern (k) hinwegziehen. Manche von ihnen zeigen knötchenartige Anschwellungen in ihrem Verlauf (vf); wb sind die Wimperborsten. Pterotrachea coronata. Flemming. Heidenhains Eisenhämatoxylin. Vergr. 1500. Fig. .'U. Flächenschnitt durch eine Wimperborstenzelle. Der helle Hof (hh) um das Polster (pr) ist sehr deutlich; man bemerkt, daß das Polster aus dichterem wabigen Plasma besteht als das des übrigen Zellleibes. Rechts sind auch Basal- körnchen (bk) getroffen, intensiv haben sich die in die Zellfortsätze ziehenden Fasel ii | ' .' gefärbt, die man biß in das Polster verfolgen kann, wo jede von ihnen in Zusammenhang mit einem schwarzgefärbten Körnchen, wahrscheinlich Basal- körnchen. steht. Oben ist der Kern (k) einer Pflasterzelle (plz) zusehen. Ptero~ trachea coronata. Fi i:\imim;. Heidenhains Eisenhämatoxylin. Vergr. 1500. Fig. 32. Etwas schief getroffener Flächenschnitt durch eine Wimper- borstenzclle. Vom Polster (pr) strahlen in großer Menge peripheriewärt s feine Fasern (//). sowie auch etwas gröbere in die Zellfortsätze (>■/) aus. An einigen der letzteren Bind Nbdositäten zu bemerken; im oberen Fortsatz auch ein etwas gesohlängelter Verlauf. Rechte vom Polster sind die Basalkörnchen (bk) ge- troffen. Oben ist der Kern (k) einer Pflasterzelle (plz). Pterotrachea coronata. Fi.i.m\ii\' II r.im.Mi \i\.> Eisenhämatoxylin. Vergr. 1500. Fig. .'{.'!. Flächensohnitt durch eine Wimperborstenzelle. Außer dem Kein (k) ist in der Zelle das Polster (pr). umgeben von einem hellen Hof (/(/(). zu sehen. Vom Polster strahlen in die Portsätze intracelluläre Fäden (vf) aus. Die feineren Fäden sind schwach gefärbt und daher schwer zu erkennen, ver- raten aber ihre Anwesenheil durch das streifige aussehen des Zellleibes. Ptero- trachea coronata. Flemming. Hkiokmi u\- Eisenhämatoxylin. Vergr. 565. Fig. 34. Totalpräparal eines Stücks der Antimaoulawand, von außen, also basalwärts, gesehen. Man erkennt deutlich, wie sieh ein Nervenfaserzug in zwei kleinere (nm) spaltet. Im Verlauf der Nervenfasern finden sich Nodositäten (nd). Zwischen den Wimperborstenzellen (wbz) mit ihren großen Kernen (k) 420 Serge'i Tschaehotin, sieht man die helleren Pflasterzellen (plz) mit kleineren Kernen (k). Deutlieh tritt auch der Nervenfortsatz (nfb) der Wimperborstenzellen hervor, der sich vom Nervenfasermeridian (m) abspaltet und ebenfalls Nodositäten (nd) besitzt. Vom Polster (pr) strahlen die intracellulären Fäden (//) allseitig aus. Die Wimper- büschel (wb) sind nur undeutlich zu erkennen, weil sie nach unten in das Lumen der Statocyste hineinragen, also unter die Sehebene fallen. Pterotrachea coronata. Flemming. Heidenhains Eisenhämatoxylin. Vergr. 555. Fig. 35. Totalpräparat eines Stückes der Antimaculawand von außen betrachtet. Eine Wimperborstenzelle (wbz) in der Nähe der Macula mit zahl- reichen Fortsätzen, umgeben von mehreren Pflasterzellen (plz). In der Zelle selbst sieht man ein relativ kleines Polster (pr) mit einem hellen Hof (hh), daneben den Kern (k) mit zwei Nucleolen. Die intracellulären Fadenbildungen sind hier nicht deutlich. Über dem Nervenfortsatz (nfb) dieser Zelle, nicht in demselben, sieht man einen sich verästelnden Faden; es ist das centrale Ende eines der zahlreichen Faserzüge des Medianstranges (zms); er liegt also außen auf der Hüllkapsel und steht in keiner Beziehung zu der Wimperborstenzelle. Scharf gefärbt ist in dem Präparat eine dicke, über die Zelle hinwegziehende Nervenfaser (nf) einer Sinneszelle der Macula. Man trifft in ihrem Verlauf kleinere und größere Nodositäten (nd), die selbst aus einer Anzahl kleinerer Kügelchen bestehen. M gibt die Richtung der Macula an. Pterotrachea coronata. Flem- ming. Heidenhains Eisenhämatoxylin. Vergr. 1500. Tafel XXIII. Fig. 36 — 39. Histologische Verhältnisse der Antimacula (Fortsetzung). Fig. 36. Totalpräparat eines Stückes der Antimaculawand von außen betrachtet. Drei größere und eine kleinere (bei *) Wimperborstenzellen (wbz), von Pflasterzellen (plz) umgeben. Man sieht auch einen Nervenfasermeridian (nm), von welchem sich die Nervenfasern der Wimperborstenzellen (nfb) abzweigen; auch sie sind mit Nodositäten (nd) besetzt. Der Kern (k) ist gegen das Polster, von welchem die zahlreichen, intensiv schwarz gefärbten, intracellulären Fäden (//) ausstrahlen, gebogen. Außer diesen ziehen vom Polster auch etwas stärkere, zuweilen etwas varicöse (Zelle bei f) Fäden (vf) in die Fortsätze der Zellen; sie setzen sich, wie es scheint, aus der einen Zelle in die andre fort. Der Nerven- fortsatz ist meist von diesen Fäden frei; das ist gut bei der mit f bezeichneten Zelle zu sehen ; bei fe sieht man einen frei endigenden Fortsatz der Wimperborsten- zellen. Pterotrachea mutica. Vorvergoldung nach Apathy. Glyzerin. Vergr. 1500. Fig. 37. Die mit f bezeichnete Zelle des vorigen Präparates basalwärts eingestellt. Man sieht, wie die Fibrillen (vf) zwischen der Zellbasis und dem Kern (k) über diesen hinwegziehen. Vergr. 555. Fig. 38. Dieselbe Zelle. Tubus etwas gesenkt, also dem Lumen der Sta- tocyste nähergerückt: die Fibrillen sind nicht mehr zu sehen, dagegen treten jetzt die Umrisse des Kernes (k) deutlicher hervor. Vergr. 555. Fig. 39. Dieselbe Zelle. Tubus noch mehr gesenkt. Der Brennpunkt des Systems fällt in das Lumen der Statocyste, daher sehen die Zellumrisse ver- schwommen aus ; scharf tritt jetzt dagegen der optische Durchschnitt des Wimper- borstenbüschels (wb) hervor. Die drei letzten Abbildungen beweisen, daß die Fibrillen (vf und //) wirklich selbständige intracelluläre Bildungen, nicht etwa flachangedrückte Wimperborsten sind. Vergr. 555. Die Statooyste der Heteropoden. 421 Fig. in 15. Accessorische Organe der Statooyste. Fig. l". Eine ganze Statooyste von der Seite betrachtet. Man sieht die ...in Nerven (n.st) ausstrahlenden Nervenfasermeridiane (nm), wie auch die Wimperborstenzellen (wbz) mit ihren Nervenfortsätzen [nfb). Die bellen Felder dazwischen sind von Pflasterzellen (plz) eingenommen. Die cystoproximalen Enden der bindegewebigen Lateralstrangzellen (/:) setzen sich alle an einer Stelle der Süllkapsel an. Ptcrotrachea coronata. Liq. Perenyi. Heiden ii .uns Eisen- hämatoxylin. Glyzerin. Vergr. 150. Fig. 41. Eine ganze Statooyste von der Seite betrachtet. Dasselbe Prä- parat wie in Tat'. XX. Fig. 1. nur ist es außerhalb der Statooyste auf die zu ihr ziehenden Zellen der Lateralstränge (vis und kls) eingestellt. Der vordere Strang [via) setzt sich cy>todistal in die sternförmige bindegewebige Bildung (stf) fort, von der in dn- Zeichnung nur ein Teil zu sehen ist. Infolge dieser Einstellung ist das Bild der Statooyste seihst, wie des Statolithen (»$'), verschwommen; die anklaren dunkleren Stellen (wb) sind die durchschimmernden Wimperbüschel der Wimperborstenzellen. Pterotrachea mxUica. Formol 10 %. Hämalaun. Vergr. 150. Fig. 42. Die linke Statooyste und ihre Umgebung in der Nähe des linken Auges (.4) von der Dorsalseite und etwas von vorn gesehen. Man sieht die Ma- cula (.1/). den Medianstrang (ms) und den vorderen (vis), wie den hinteren Lateral- strang (hls). Neben dem Nervus staticus (n.st) zieht der feine Nervus basalis oculi (nbo) an der Statooyste vorbei, spaltet sich hierauf in drei Äste, die sieh sämt- lich zur Körpermuskulatur (ml) in der Nähe des Auges begeben. Pterotrachea mutica. Lebend im Fixiergestell untersucht. Vergr. 60. Fig. 43. Kreuzungsstelle des Nervus staticus mit dem Nerv. bas. oculi (nbo). .Man sieht, wie sich ein Bündel aus dem centralen Stück (zst) des Nerv. stat. in den peripheren Teil (pst) des Nerv. bas. oc. begibt, auch umgekehrt ein Bündel aus dem centralen Stink des Nerv. bas. oc. (zst) in das periphere Stück (pst) des Nerv. stat. Pterotrachea coronata. Isoliert und lebend von der Ventralseite aus betrachtet. Vergr. .'!."■■"> Fig. 14. Die rechte Statooyste und ihre accessorischen Organe in situ von der Ventralseite aus betrachtet. .Man sieht die Macada (M) und die Wimper- borstenbüschel (wb) in der Antiinacula. Neben dein Nervus staticus (n.st) zieht der Nervus basalis oculi (nbo). Von medianwärts kommt der Medianstrang (ms) und geht in der Nähe der Statooyste in die Medianstrangzellen (ms) über, die weiter zur Hüllkapsel i-iue Mi-iilt feinster Ausläufer schicken. Lateral setzen sieh der hintere (hls) wie der vordere (vis) Lateralstrang an, die selbsl stark aus- gezogene /eilen darstellen und etwa in der Mitte ihre- Verlaufes eine spindel- förmige Anschwellung (fe) mit Kern aufweisen. Pterotrachea coronata. Lebend im Fixiergestell untersucht. Vergr. 60. Fig t.v Peripheres Ende des hinteren Lateralstranges (hls). Man sieht -ich wiederholt teilt und wie die so gebüdeten leinen Fortsätze sich zwi- schen die Fasern der Körpermuskulatur (ml) einschieben. Pterotrach Isoliert und lebend betrachtet. Vergr. Tafel XXIV. Schema 1. Schema des Faserverlaufs im Cerebralganglion von der Ven- tralseite betrachtet. • :cft (violett), Cerebrobuccalcommissur; ccp (rol 422 Serge'i Tschachotin, Die Statocyste der Heteropoden. pedalconmiissur ; d, starkes Staticusbündel; fs, feines Staticusbündel ; hdn, (grün) hinterer dorsaler Nerv; hvn, hinterer ventraler Nerv; Id, lateral-dorsale Zellen- gruppe; In, feiner lateraler Nerv; nbo, Nervus basalis oculi; ndp, (violett) Nervus dorsalis proboscidis; n.opt, (gelb) Nervus opticus; n.st, (blau) Nervus staticus; nt, Nervus tentacularis ; nvo, Nervus ventralis oculi; vsn, (grün) ven- traler seitlicher Nerv. Schema 2. Schema zur Erläuterung der Physiologie der Statocyste als eines Gleichgewichtsorgans. u lang, während als normale Größe für Stentor coeruleus von Bütschli (87) mehr als 1 mm angegeben würd. Auch von andern Infusorien ist be- kannt, daß die in Conjugation tretenden Individuen sich von den vegeta- tiven durch ihre geringe Größe unterscheiden. Besonders zahlreich sind die diesbezüglichen Angaben von Maupas, der unter andern für Enchelys fareimen angibt, daß die conjugierenden Exemplare nur halb so groß seien als die vegetativen; bei Prorodon teres sollen sie nur 1/3 der nor- : Laien Größe haben. Bezüglich der Größenverhältnisse zwischen den beiden Gameten kann ich die Beobachtungen Johnsons vollauf bestätigen; nur sehr selten waren die beiden Conjuganten gleich groß. So starke Größen- differenzen wie sie .Johnson in seiner Tat'. XXVI. Fig. 50 abbildet, sah ich allerdings nie. Diese Größendifferenz der Conjuganten scheint mir von [nteresse, wenn wir sie mit den Verhältnissen der Vorticelliden in Beziehung bringen, bei denen sich Micro- und Macrogameten ausbilden und totale Copulation die Regel ist. Die totale Copulation der Vbrti- Liden wurde wohl sicher durch ihre festsitzende Lebensweise bedingt. Die Stentoren stellen in ihrer Lebensweise gewissermaßen eine Zwi- schenstufe zwischen den freischwimmenden Formen der holo- und heterotrichen Infusorien zu den festsitzenden Peritrichen dar, und auch die verschiedene Größe der Gameten leitet zu den Vorticelliden über, deren Microgamet seine individuelle Existenz bei der Conjugation ein- büßt. Es wäre interessant, festzustellen, wie Zwergexemplare von 426 Clara Hamburger, Stentor, z. B. das von Johnson beobachtete, sich bei der Conjugation verhalten, da es möglich wäre, daß sie mit dem Macrogamet verschmelzen. In bezug auf die Art der Verwachsung möchte ich hier noch er- wähnen, daß in einem von mir beobachteten Fall die Körper der beiden Individuen seitlich fast bis zur Hälfte verwachsen waren (s. Fig. 1), nicht nur die Peristome, wie es sonst die Regel ist. Die beiden Proto- plasmakörper sind hier so innig miteinander verwachsen, und die Kerne sind, wie aus Fig. 1 ersichtlich ist, so nah aneinander gerückt, daß die Zugehörigkeit des einen Micronucleus (x Fig. 1 ) zum einen oder andern Tier nicht mehr feststellbar ist. Gewöhnlich bilden die Längs- achsen der beiden Conjuganten einen rechten bis spitzen Winkel mit- einander; einmal jedoch waren sie terminal miteinander verwachsen, so daß die Längsachsen in eine Linie fielen. Die Verwachsungsstelle schließt bei Stentor coeruleus nie die Mund- öffnungen ein, wie auf Fig. 3 ersichtlich ist und auch Balbiani schon festgestellt hat; vielmehr ist die jeweils rechts vom Mund liegende Seite des Peristoms verwachsen. An der Verwachsungsstelle ist in diesem normalen Falle auch auf Schnitten kein eigentlicher Übergang der Plasmakörper zu beobachten, vielmehr findet sich hier eine Brücke von Pigmentkörnchen (s. Fig. 3 p.c), auf welche auch schon Johnson hinweist, und die zu zeigen scheint, daß meist eine sehr oberflächliche Verwachsung stattfindet, Das in Fig. 1 dargestellte Stadium ist das früheste von mir beobach- tete; es war abends 9 Uhr isoliert und morgens 1/2 5 fixiert worden, also mindestens 71/2 Stunden in Conjugation. Die Micronuclei sind schon etwas vom Macronucleus abgerückt, noch wenig vergrößert und stark färbbar; die Glieder des Macronucleus zeigen im wesentlichen normale Struktur, nur einige wenige Vacuolen treten auf; ihre Ver- bindungsfäden sind schon etwas in die Länge gezogen und beginnen zu verquellen. Die Trennung der Macronucleusglieder ist in dem Stadium der Fig. 2 schon weiter fortgeschritten; sie sind von Vacuolen erfüllt; aber noch von länglich runder Gestalt, und die zum Teil zerrissenen Ver- bindungsstücke hängen ihnen wie ein Schwanz an. Die Micro- nuclei sind regellos im Plasma verteilt und gegen Fig. 1 bedeutend ver- größert. Zwischen ihrer Kernmembran und dem färbbaren Inhalt ist ein für dieses Stadium charakteristischer Hof bemerkbar, der auch im Leben zu sehen und daher nicht als Kunstprodukt aufzufassen ist; er ist vermutlich von Kernsaft erfüllt und läßt keinerlei Struktur er- kennen. Auch an dem chromatischen Teil der Micronuclei ist eine Zur Kenntnis der Conjugation von Stcntor cocruleus usw. 427 Struktur nicht oachzu weisen; die Färbbarkeit hat sich gegen früher Behi vermindert. Die Micromiclei haben (i — 8 /« im Durchmesser, wäh- rend Bie im vegetativen Zustande 1 — 2 u messen. Wenn die Trennung der Macronucleusglieder voneinander beendet ist. nehmen sie eine eigentümliche Gestalt an, die in Fig. -i u. \a dar- gestellt ist. Die Verbindungsstücke sind jetzt in die Gliederstücke ein- bezogen und sitzen ihnen als schwächer färbbare Kappe auf. Die Grund- Struktur der isolierten (Mieder, welche im vegetativen Zustande durch relativ große und sehr zahlreiche eingelagerte Chromatinbrocken ver- deckt winl s. Fig. | :;i. tritt jetzt immer deutlicher als eine wabige hervor. Xachdem die Kerngliedei sich vollständig abgerundet haben, tritt diese Struktur besonders auf Schnitten sehr schön hervor. Auf nicht zu stark gefärbten, 2 u dicken Schnitten ist sowohl der äußere Alveolar- saum, als auch die Anordnung der inneren Waben in schematischer Deutlichkeit zu beobachten. Fig. 6 a stellt einen solchen Schnitt dar, doch gelang es mir leider nicht, das Bild ganz naturgetreu wiederzugeben. Aus der Messung des Durchmessers der Macronucleuskugel und der Zählung der Waben, ergab sich die Größe der Waben auf 0,5 /.i. Die im ist tu der vergrößerten Micronuclei dürften nun wTohl zu- grunde gehen und nur zwei von ihnen sich teilen. Die bisherigen Beobachtungen über die Teilungen der Micronuclei während der Conjugation von Stentor beschränken sich auf eine Angabe von Johnson; er fand in jedem Gameten eines conjugierten Paares zwei Spindeln von verschiedener Gestalt. Die Länge dieser Spindeln betrug 1<> u. Ich fand gleichfalls ein Stadium mit zwei Spindeln in jedem I Gameten, die jedoch nur 10 « lang waren. Während ich dieses Stadium. das mit Alaunkarmin sehr schwach gefärbt war, nicht studieren konnte, habe ich das auf Fig. 5 abgebildete genauer untersucht. Neben den in Rückbildung begriffenen Macro- und Micronuclei sind im rechten Gameten drei, im linken vier Micronucleusspindeln zu sehen. Ich bin jedoch überzeugt, daß auch das rechte Tier vier Spindeln ent- hielt und ich die vierte nur ihrer ungünstigen Lage wegen auf den Schnitten nicht nachweisen konnte. Auch Spindel 4 im linken Ga- u ließ sich nur sehr schwer erkennen. Die Spindeln Bind 8 — 10« lang; die Chromosomen, welche nach Färbung mit Hämalaun sich sehr deutlich von den nur schwach ge- färbten Spindelfasern abheben, sind körnchenförmig und sehr regel- mäßig alternierend in der Äquatorialplatte geordnet (Fig."»'). Ans der in Fig. 5 '/ dargestellten Spindel glaube ich schließen zu können, daß die Chromosomen kranzförmig, d. h. nur an den peripheren Spindel- 428 Clara Hamburger, fasern angeordnet, sind. Völlige Klarheit könnte nur ein Querschnitt geben. Nicht alle vier Spindeln sind auf gleichem Stadium. Auf Fig. 5 h ist das Chromatin noch unregelmäßiger verteilt. Die Zahl der Chromo- somen schätze ich auf 10—20; genaue Angaben läßt jedoch das geringe Material nicht zu, um so mehr als das Zählen natürlich äußerst schwierig ist. Die beiden Pole dieser Spindeln sind etwas verschieden, der eine spitzer, der andre stumpfer. Mit den meinigen sehr übereinstimmende Angaben machte Prandtl (06) für die beiden Reifungsteilungen von Didinium nasutum. Die Spindeln scheinen, wie ein Blick auf seine Figuren lehrt, denen von Stentor ganz auffallend zu ähneln; nur fand ich nie Nucleolen, wie sie Prandtl beschreibt, hingegen bei zwei Spindeln ein stark färbbares Körnchen am spitzen Spindelpol (s. Fig. 5 b). Daß diese beiden von mir beobachteten Spindelstadien, das erste mit zwei, das zweite mit vier Spindeln, den beiden Reifungsteilungen entsprechen, scheint mir wenig zweifelhaft; wenn wir von der Annahme ausgehen, daß nur zwei der Micronuclei die Reifungsteilungen eingehen, wie dies auch von andern Infusorien mit mehreren Nebenkernen bekannt ist. Maupas (89) hat bei einer ganzen Anzahl von Infusorien ähnliches beobachtet; ich erinnere hier nur an Loxophyllum fasciola, Clima- costomum virens und Onychodromus grandis. Prandtl (06) gab für Didinium nasutum an, daß bei Individuen mit zwei oder drei Neben- kernen diese sämtlich die Reifimgsteilungen mitmachen; bei einer größeren Zahl von Micronuclei jedoch nur zwei. So daß meine Annahme für Stentor berechtigt erscheint. Über die weiteren Vorgänge bis zur Trennung der Gameten kann ich nur wenig berichten. Eine Überwanderimg und Verschmelzung der Geschlechtskerne habe ich nie beobachtet. Später konservierte Stadien, d. h. solche, die beim Fixieren seit mindestens 20 — 24 Stunden in Con- jugation waren, sowie überhaupt die Mehrzahl der beobachteten Paare, zeigen abgerundete Macronucleusglieder und vergrößerte Micronuclei in sehr verschiedener Zahl, etwa der Fig. 4 rechter Gamet entsprechend; es läßt sich für dieses Stadium also nicht sicher aussagen, ob eine Kern- überwanderung schon stattgefunden hat oder nicht. Kurz nach der Trennung der Gameten findet man in ihnen einen abweichend gebauten Körper, der wohl aus dem Copulationskern her- vorgegangen ist (s. Fig. 7 a). Am ersten Tage nach der Trennung sind die alten Macronucleusglieder noch erhalten; sie gehen sogar oft erst am Ende des zweiten Tages zugrunde, indem sie zerfließen (s. Fig. 6 b). Zur Kenntnis der Conjugation von Stcntor coerulcus usw. 429 Während dieser Zeil wächst der soeben erwähnte, wohl sicher aus dem Copulationskern liervorgegaiigene Körper heran. Bei Färbung mit Alaunkarmin zeig! er in diesem frühen Entwicklungsstadiurn keine deutliche Struktur. Aul' Schnitten, die mit Hämalaun oder nach Heidenhain gefärbt sind, werden dagegen eine wabige Grundsubstanz, sowie sehr zahlreiche, den Knotenpunkten eingelagerte chromatische Körnchen sichtbar l Fig. 7 &). Im Verlaufe des zweiten Tages nach der Conjugation wächst dieser Körper stark heran (bis 30 /t größten Durchmesser), wird bohnenförmig und schnürt sich endlich in der Mitte durch, so daß also am Ende des zweiten Taues last immer zwei neue Kernanlagen in den Exconjuganten zu finden sind, während von den Fragmenten des alten Macronucleus meist nichts mehr zu sehen ist. Die eben geschilderten Vorgänge verlaufen jedoch nicht bei allen Individuell in gleichem Zeitabschnitt, so daß gelegentlich auch am dritten Tage noch mehrere Macronucleusglieder zu finden sind, ebenso zuweilen die neue Kernanlage noch ungeteilt ist. Fig. 8 stellt ein 3 — 3x/2 Tage nach der Trennung fixiertes Stadium dar, welches die eben geschilderten Verhältnisse zeigt, die von mir noch öfter beobachtet wurden. Der neue Kern der Fig. 8 hat einen Querdurchmesser von 16 und einen Längsdurchmesser von 35 — 40^. Bei dieser langsameren Form der Entwicklung finden sich am 4. bis 5. Tag in jedem Tier nur zwei neue Kernanlagen, die jetzt 32 — 50 /ti lang sind (Fig. 10, 10a u. 12), während der gleiche Zustand, wie erwähnt, auch schon am 2. Tage erreicht sein kann, und zwar ohne daß sieh ein äußerer Grund dafür angeben ließe. Bei diesem schnelleren Verlaui finden sich am 4. Tage drei neue Kernanlagen oder, wie Fig. 1 1 zeigt, die eine davon abermals in Teilung. Die feinere Struktur der neuen Kernanlagen hat sich während ihres Wachstums insofern geändert, als das Chromatin jetzt zu größeren heu zusammentritt, die unregelmäßig der wabigen Grundsubstanz eingelagert sind. Welches das weitere Schicksal dieser neuen Kernanlagen ist, läßt sich nicht ohne weiteres Bagen. In jedem Falle sind es die Anlagen der neuen Macro- und Micronuclei; ob aber aus einer dieser Anlagen der Macronucleus durch wiederholte Einschnürung entsteht und die andern sich zu .Micronuclei umbilden, oder ob mehrere Anlagen nachträglich zu einem Macronucleus verwachsen, müssen weitere Untersuchungen erweisen. Balbiani 92) gibt an. daß durch fortgesetzte Einschnürung der 430 Clara Hamburger, ursprünglich ungegliederten Anlage der rosenkranzförmige Kern ent- stehe. Doch spricht er stets nur von einer Anlage und läßt die Micro- nuclei ganz unberücksichtigt. Johnson beobachtete, wie es scheint, nur die allerersten Stadien der neuen Kernanlage, da er ihre Größe auf 8 bis 10 [t angibt. Er be- richtet ferner, daß mehrere Anlagen entstehen und vermutet auf Grund der Angaben Balbianis, daß nur eine das endgültige Stadium der Ent- wicklung erreicht, während die übrigen vom Plasma resorbiert werden. Meine Erfahrungen scheinen dem zu widersprechen. Auch bemerkt Johnson ebensowenig wie Balbiani etwas über die Entwicklung der Micronuclei. Vermutungen scheinen mir müßig!! Nur weitere Beobachtungen an späteren Stadien können Gewißheit schaffen. Anschließend möchte ich auf eine von mir schon in meiner Arbeit über Paramaecium bursaria erörterte allgemeinere Frage hier nochmals zurückkommen, da sie in zwei neueren Arbeiten diskutiert wird, denen ich nicht in allen Punkten beistimmen kann. Es ist dies die Frage nach der Entstehung und Deutung der dritten Teilung des Micronucleus während der Conjugation, d. h. der Teilung des Kernes in einen statio- nären und einen Wanderkern. Während die beiden ersten Teilungen von fast allen Forschern den Reduktionsteilungen des Eies der Metazoen und des primären Em- bryosackkernes der Phanerogamen homologisiert wurden 1 und sich auch bei den Protozoen mit totaler Copulation vor der Verschmelzung der Geschlechtskerne nachweisen lassen, wurde die dritte Teilung in sehr verschiedener Weise gedeutet. Ich habe die diesbezüglichen Ansichten der verschiedenen Autoren schon S. 22(i ff. meiner Arbeit erwähnt und möchte sie hier nicht noch einmal wiederholen. Nur auf die Meinung Boveris (92) möchte ich nochmals zurückkommen, da sich ihr zwei neuere Autoren: Versluys (06) und Enriques (07) anschließen. Boveri stellt die dritte Teilung des Micronucleus der ersten Fur- chungsteilung der Metazoen gleich: Er leitet die partielle Conjugation der Infusorien von der totalen Copulation ab und meint, daß bei den Infusorien, infolge der Komplikation ihrer Organisation und der partiel- 1 Eine Ausnahme macht Giard, dessen Ansicht, daß die zweite und dritte Teilung Reifungsteilungen seien, ich widerlegt habe (siehe 0-i, S. 227). In einer soeben erschienenen Arbeit stellt Enriques (07) die Reduktion der Chromosomen während der zweiten Teilung bei Opercularia fest und bestätigt die Richtigkeit meiner, sowie die Unhaltbarkeit der GiARDschen Ansicht. Zur Kenntnis der Conjugation von Stentor coeruleus usw. 431 len Verwachsung der Gameten die Uberwanderung und Verschmelzung der Kerne verzögert wird, und daß daher die aus der Reduktions- teilung hervorgehenden Kerne sich noch einmal teilen, bevor die Über- wanderung in das andre Tier möglich ist. Die Teilung, welche also eigentlich erst nach der Verschmelzung stattfinden dürfte, sei daher der ersten Furchungsteilung gleichzustellen. Ich hatte (1. c. S. 226 ff.) etwa folgende Ansicht geäußert. Die partielle Conjugation der Ciliaten ist als ein aus der totalen Copulation hervorgegangenes Endglied in der Reihe der Befruchtungsvorgänge der Protozoen aufzufassen: als der für die Einzelligen günstigste Zustand, wie Bütschli schon 1887 hervorhebt, weil er »die Individualitäten beider Conjuganten erhält«. Die mehrzelligen Tiere und Pflanzen leiten sich jedenfalls nicht von den Infusorien, sondern von Protozoen mit totaler Copulation, wahrscheinlich von flagellatenartigen Organismen ab. Da in ihrer Ahnenreihe eine partielle Conjugation aller Wahrscheinlichkeit nach nie vorkommt, so kann sich auch bei ihnen ein Homologon dieser dritten Teilung nicht finden. Denn diese dritte Teilung entspricht dem speziellen Bedürfnis der partiellen Conjugation mit wechselseitiger Be- fruchtung. Dies zeigen meiner Ansicht nach auf das deutlichste die Verhältnisse der Vorticelliden, welche sekundär, durch ihre festsitzende Lebensweise gezwungen, zur totalen Conjugation zurückgekehrt sind. In ihrem Macrogameten finden aber trotzdem die gleichen drei Teilungen statt wie bei den Paramäcien usw.; da hier jedoch nur ein Copulations- kern in Funktion tritt, geht der zweite aus der dritten Teilung ent- standene Kern zugrunde. Dieses zeigt deutlich, daß die dritte Teilung des Micronucleus bei den Vorticelliden nur als eine Reminiscenz an die durch die partielle Conjugation der übrigen Infusorien bedingte Er- scheinung aufzufassen ist. Versluy.s stimmt in seiner schon oben erwähnten Abhandlung der viin verschiedenen Autoren betonten Ableitung der partiellen Conju- gation von der totalen Caryogamie bei und wendet sich mit seinen Aus- führungen zunächst gegen Lang (Ol, S. 262), welcher sie als eine pri- mitive Erscheinung auffaßt. Im wesentlichen enthalten seine interessanten Ausführungen nähere Erläuterungen der schon 1X92 von Boveri ausgesprochenen Ansichten. Als hypothetische Zwischenform wird eine Form mit totaler Verschmel- zung zweier erwachsener Individuen und schnell darauffolgender Teilung angenommen. Diese totale Verschmelzung wurde durch die Komplika- tion des Infusorienkörpers erst verzögert und schließlich in eine partielle umgewandelt. Die Kerne blieben, wie auch schon Boveri ausführte, 432 Clara Hamburger, davon unberührt und teilten sich, da sie schon eher als der Tierkörper zur Befruchtung bereit waren, vor ihrer Verschmelzung nochmals. »Sobald aber in jedem Individuum der reduzierte Vorkern sich geteilt hatte, war eine Kernvereinigung bei viel geringerer Verschmelzung der Zellkörper möglich; denn es brauchte nicht mehr ein Kern in der Verschmelzungs- zone der Copulanten gebildet zu werden, sondern es entstanden bei der Kernvereinigung jetzt zwei Kerne, die jeder in einem Copulanten ihren Platz finden konnten.« Hiermit war die partielle Conjugation aus- gebildet. Den einzigen der partiellen Conjugation ähnlichen Befruch- tungsvorgang unter den Protozoen beschrieb Schaudinn (03) für Ent- amoeba coli. Auch hier tritt zwischen der zweiten Reifimgsteilung und der Kernverschmelzung eine dritte Teilung der reduzierten Kerne auf. Versluys hebt selbst hervor, daß bei diesem einfach gebauten Proto- zoon eine Verzögerung der Zellverschmelzung zur Erklärung der dritten Teilung nicht herangezogen werden könne, möchte diesen Fall aber nicht als Einwand gegen die Richtigkeit seiner Anschauung auffassen, da hier nur eine Analogie vorliege. Mir jedoch scheint dieser interessante Fall von großer Bedeutung für die Beurteilung der dritten Teilung; denn sie entspricht hier, ebenso wie bei den Infusorien und bei den Phanero- gamen, deren Verhältnisse ich schon in meiner früheren Arbeit (S. 230 ff.) mit denen der Infusorien in Parallele gesetzt hatte, dem speziellen Be- dürfnis einer doppelten Befruchtung. Gerade daß hier in drei Organis- mengruppen, die phylogenetisch auf das weiteste voneinander getrennt sind, analoge Verhältnisse auftreten, welche analogen physiologischen Verhältnissen entsprechen, scheint mir eine Stütze meiner Anschauung. Die von Russo und di Mauro (05) für Cryptochilum echini fest- gestellte Art der Conjugation, bei der die dritte Teilung noch fehlt und nur ein Copulationskern gebildet wird, der sich alsbald wieder teilt, worauf seine Hälften in je einen Gameten zurückwandern, würde dem von Versluys postulierten Zwischenstadium nicht entsprechen. Der Körper dieses Infusors ist relativ hoch differenziert, die Verschmelzung der Gameten schon auf eine sehr kleine Zone beschränkt, und doch hindert dies nicht, daß die Kernverschmelzung schon nach der zweiten Teilung und auf der kleinen Verbindungsbrücke stattfindet. Die par- tielle Verwachsung ist hier also das primäre; die Verhältnisse, welche die Verlegung der dritten Teilung vor die Kernverschmelzung bedingen sollen, sind gegeben, und doch findet diese dritte Teilung nicht statt. Das einzige, was zur typischen Ausbildung der partiellen Conjuga- tion fehlt, ist die Bildung zweier Copulationskerne und Hand in Hand damit die dritte Teilung. Gerade dieses Beispiel, welches für die Ab- Zur Kenntnis der Conjugation von Stentor coeruleus usw. 433 Leitung der Conjugation von großem [nteresse ist, möchte ich, entgegen der Ansicht von Enriques (07), der darin eine Stütze der Boveri- VERSLUYSschen Theorie erblicken möchte, gerade als Beweis dafür in Anspruch nehmen, daß die Komplikation des Infusorienkörpers und die damit verbundene partielle Verschmelzung der Individuen mit der drittrn Teilung in keinem ursächlichen Zusammenhang steht. Heidelberg, im Oktober 1907. Literaturverzeichnis. 61. E.G. Kai.uuni. Recherches sur les phenoinenes sexuelles des Infusoin-. Journ. de Physiol. Bd. IV. 1861. 82. — Les Protozoires. Lecons faites au College de France. Journ. de Micro- graphie. Bd. VI. 1882. 92. — Nbuvelles recherches experimentales sur la merotoniie des Infusoirea cilies. Annales de Micrographie. T. IV. 1892. 92. Th. Boveri, Befruchtung. Anat. Hefte. Ergebniss. V. 1892. 87 — 89. O. Bütschxi, Protozoa. Bronns Klassen und Ordnungen des Tier- reichs. Bd. I, 3. Leipzig 1887—1889. 07. P. Enriques, La coniugazione e il differenziamento sessuale negli Infusori. Arch. f. Protistenk. Bd. IX. 1907. 04. C. II Ami. i kl kr. Die Conjugation von Paramaecium busaria Focke. Arch. f. Protistenk. Bd. IV. 1904. 93. H. P. Johnson, A Contribution to the morpkology and biology of the Stentors. Journ. of Morph. Vol. VIII. 1893. 01. A. Lang, Lehrbuch der vergl. Anatomie. 2. Aufl. Protozoa. Jena 1901. 89. E. Mm i'\s, Le rajeunissement kariogainique chez les Cilees. Arch. Zool. exp. et gen. VII. 1889. 06. H. Prandtl, Die Conjugation von Didinium nasutum O. F. M. Arch. f. Protistenk. Bd. VII. 1906. 05. A. Russo u. S. Di Mauro, La coniugazione ed il ringiovaniniento nel Cryptochilum echini (Maupas). Boll. Accad. Gioen. Catania Fase. 84. 03. F. Sch vi Di nn- , Untersuchungen über die Fortpflanzung einiger Rhizo- podtn. Art». ,i. (1. Kais. Gesundheitsamt. Bd. XIX. 1903. 90. A. S( ihberg, Zur Kenntnis des Stentor coeruleus. Zool. Jahrb. Abt. f. Ann. u. Ontog. Bd. IV 1890. 06. J. Versliys, über die Conjugation der Infusorien Biol. Centralbl. Bd. XXVI. 1906. Zeitschrift, i. wissensch. Zoologii X( Bd. -J> 7 . : . • Erklärung Jer :::ildungen. Fafel XXV. Z ■ . . " zen nur die Kerne berücksichtigt und die Darstellung größeren Deutlichkeit Yii - 3tentor coendems in toto minde- "- __ S:i . ü - :"— ■:"- 7-- . ■ z . - ■- - . - - ! Ro - _ . ■■Jeus, minde- I " "7 . : . :. . I.-r-.zi v H:-::^2: F .. — K:n] - Z i l'bj DD, Kg - : - " - 5 in toi Kg. -i . " _ " mp. - Kg " 3 --itt dnrcj- : rüungsteilung. K:~~7: v ' -:-. *" -" - 7:2 - ". -Z--:^- 7 :"' : 17-r^Z v,r. '■■ _ 7 . • " Spindel 3 u. 1 3 2 rechtes 1 Komp.-OeuL - . 3 "-.tritt durch ein U eusghed kurz nach Trennung der 1 iz-jlTzzzz - 7 rr. - - - - Verg Fi; -71- . ." Kg " b. Zwä Stadien ~r neuen Kernanlage. a. in :•::■: Ali . - " I . -: neuen Kernanlagen; gl 1 - ■ . ■ -;..■" - . ;.:.-. i; ,-.-..;: Zr - -Z ,- 7 :'-. 7 :_ ■. ■. :- V,.,.- ~7 Fig 1 Nur -.-- - r - 7 -::. _- . - - -"-"--" V ' - - - - ' --- - 7 . ■ :- ; ~.tj?~ 1 - - - "XHijugatt - 1 - -ach beer. jagation. 1 - ' - -. Linke Kernanlage a _ Komp.-OcuL 4 und 2 m:: _•. 11. ExcoajaganJ - - . i Vergr. wie i Kernanlagen. I .geschnürt; .: - - — •» ^:i \ _ -. -i" - — Melker, e vomkarmii: Haags . " -i und 2 mm). 50 u lang. (Das Tier enti: . Körper.) Schnitt dm lieronueleos im vegetativen rh, Hämatox. Chroms. Kali. ; Die Sinnesorgane der Skorpionskämme. Von Dr. Olaw Schröder. (Aus dem Zoologischen Institut zu Heidelberg.) Mit Tafel XXVI. Material und Methoden. Das Material zu der vorliegenden Untersuchung habe ich während eines Aufenthaltes an der zoologischen Station zu Rovigno gesammelt. Es kommen dort zwei Skorpionsarten häufig vor, nämlich Euscorpius italicus Hbst. und Euscorpius carpathicus L. Der histologische Bau der hier besprochenen Sinnesorgane war bei beiden Arten nicht ver- schieden. Zur Fixierung wurden die abgeschnittenen Kämme der lebenden Tiere sofort in die bereitstehenden Flüssigkeiten geworfen. Ich ver- wandte verschiedene Gemische, wie GiLSONsche Flüssigkeit, Sublimat- Alkohol-Essigsäure, konzentriertes Sublimat, FLEMMiNGSche und Her- MANSche Lösung, sowie l%ige Osmiumsäure; alle Flüssigkeiten wurden sowohl kalt als auch erwärmt versucht. Von diesen Konservierungs- mitteln ergaben die ersten drei die besten Resultate, während die übrigen teilweise schlecht eingedrungen zu sein schienen. Zur histologischen Untersuchung wurden Schnittserien von 3 — 5 pi hergestellt. Die Befürchtung, daß das Chitin beim Schneiden Schwierig- keiten verursachen werde, erwies sich als grundlos; eine Vorbehandlung zum Erweichen des Chitins vor dem Einbetten in Paraffin war daher unnötig. Zur Vorfärbung der ganzen Kämme diente Boraxkarmin, Para- karmin oder Salzsäurekarmin; in diesen Lösungen müssen die Objekte mindestens 48 Stunden liegen, damit der Farbstoff ganz eindringt ; auch empfiehlt es sich, die Färbung im Wärmschrank vorzunehmen. Trotz- dem läßt sich nicht vermeiden, daß die Farbenlösung oft ungleichmäßig Die Sinnesorgane der Skorpionskämme. 437 eindringt, oder beim Differenzieren mit Salzsäure-Alkohol ungleich- mäßig extrahierl wird. Die Schnittseriell wurden entweder mit Delafields Hämatoxylin und nachfolgendem Eosin gefärbt, oder mit Eisenhämatoxylin uach \ w Gieson- Weigert, mit der MALLORYschen Methode (Säurefuchsin- Phosphormolybdänsäure-Anilinblau, Orange und Oxalsäure), endlich mit der von Bloch mann modifizierten van GiESONschen Methode (tri- phenylrosanilintrisulfosaures Natron, 0,05%ige Lösung, in gesättigter wässeriger Pikrinsäurelösung) nach 24 — 48stündigem Vorfärben mit Safranin. Vor Anwendung aller angeführten Schnittfärbungen erwies sich eine mehrstündige Behandlung der Schnitte mit l%iger Osmiumsäure mit oder ohne nachfolgender Anwendung von Holzessig als günstig zur Darstellung 'l'^' Nervenfasern und -fibrillen. Der histologische Bau der Sinnesorgane. Die Kämme der Skorpione, welche als modifizierte Gliedmaßen des zweiten Abdominalsegmentes aufzufassen sind, liegen an der Bauchseite dicht hinter der Ausmündung der Geschlechtsorgane. Sie bestehen jeder aus einem schräg seitlich verlaufenden Stiele mit wenig Gliedern, an dessen muh hinten gerichteter Seite die Kaminzähne entspringen. Es lassen sich an den Kämmen im ganzen drei Arten von Sinnes- organen unterscheiden; erstens Sinneszapfen, welche in großer An- zahl zusammengedrängt an den Enden der Kammzähne ein Sinnesfeld bilden (Fig. 1 : i. zweitens Sinnesborsten (Fig. 1 s.b), welche zerstreut auf dem ganzen Kamm vorkommen und drittens einzellige Sinnes- organe, welch-' in größerer Anzahl als die Borsten auf der Oberfläche des Kammes durch ein feines Porenkanälchen münden (Fig. les). Zunächst mögen hier die Sinneszapfen der Kammzähne be- sprochen weiden. Betrachtet man einen Kamm bei mäßiger Vergröße- rung, so erkennt man an den Enden der einzelnen Kammzähne je ein langgestreckt ovales, flaches Feld. Hei stärkerer Vergrößerung sieht man. daß dasselbe dicht von kleinen Zapfen besetzt ist. die ihrerseits auf Papillen stehen, wie es bei ähnlichen Organen der Arthropoden vielfach vorkommt. Es sind 12 a lange und '■'> u dicke, am oberen Ende geschlossene Chitinröhrchen, deren Lumen mit dem der Papille in offener Verbindung steht. Die Papillen haben etwa 10 (u Dicke und 6 7 fl Hohe. Einen Überblick über den Bau der Sinnesorgane gewährt am besten akrecht zur Ebene des Sinnesfeldes geführter Längsschnitt durch 438 Olaw Schröder, einen Kammzalm (Fig. 1). Man bemerkt, daß die Hypodermis unter dem Sinnesfeld aus langgestreckten Zellen bestellt und daher bedeutend höher ist als an der übrigen Kammoberfläche. Wie die Zellen, sind auch ihre Kerne größer und gestreckter als sonst in der Hypodermis. Die Hauptmenge der Kerne liegt der Basalfläche der Hypodermis ge- nähert, wie Fig. 2 zeigt, doch können einzelne immerhin bis dicht unter die Cuticula rücken. Unterhall) der Hypodermis und von dieser durch eine Basalmembran (bni) getrennt, findet sich eine schichtenartige An- sammlung runder, heller gefärbter Kerne (Fig. I k.s.z), die sich in seltenen Fällen teilweise noch zwischen die basalen Abschnitte der Hypodermiszellen einschieben, und unter ihnen liegt wiederum eine Schicht etwas dunklerer und kleinerer Kerne (n.k). Die hellen runden Kerne (k.s.z) lassen eine reihenweise Anordnung zu spindelförmigen Gruppen unschwer erkennen; von jeder dieser Gruppen zieht ein längs- faseriger Fortsatz durch die Hypodermis bis in den Sinneszapfen hinein. Somit sind die hellen Kerne (k.s.z) ohne Zweifel Sinneszellkerne, die Grenzen der einzelnen Sinneszellen sind dagegen nicht zu erkennen. Schwerer lassen sich die proximal liegenden dunkleren und etwas kleineren Kerne (n.k) deuten, worauf ich weiter unten zurückkommen werde. Die Innervierung der Sinneszellen erfolgt durch einen in den Kammzahn eintretenden Nervenast, der sich unterhalb der Schicht der Kerne (n.k) auffasert, so daß jede Sinneszellgruppe von einem Nerven- zweig erreicht wird (Fig. 1 u. 2 n). Wenn man somit unschwer einen allgemeinen Überblick über den Gesamtbau dieser Sinnesorgane erhalten kann, so wird die genauere Untersuchung jedoch dadurch sehr erschwert, daß fast nirgends Zell- grenzen scharf zu erkennen sind, eine Schwierigkeit, die auch schon von den Untersuchern ähnlicher Sinnesorgane bei andern Arthropoden hervorgehoben wurde. Man ist oft allein auf die Zahl und den Bau der Kerne angewiesen, um die Zahl und Art der Zellen zu unterscheiden. Aus diesem Grunde muß ich auf den Bau der verschiedenen Kerne etwas näher eingehen. Die Kerne der Sinneszellen (k.s.z) sind schwach elliptisch bis an- nähernd kugelig. Sie besitzen ein feinnetziges Kerngerüst, in dessen Knotenpunkten die kleinen Chromatingranula verteilt sind; außerdem enthalten sie stets ein deutliches, meist annähernd centrales Binnen- körperchen. Wie schon gesagt, liegen die Sinneszellkerne in spindel- förmigen Gruppen zusammen, die von einer feinen Membran umhüllt zu sein scheinen. In der gemeinsamen Plasmamasse, in welcher die Kerne liegen, lassen sich keine Zellgrenzen unterscheiden. Am distalen, Die Sinnesorgane der Skorpionskämme. 439 also der Hypodermis zugewandten Eiule jedes Sinneszellkernes findet sich jedoch eine mein oder weniger deutlich kegelförmige Piasinapartie, die sich von Ihrer Umgebung durch dunklere" Färbung, die wohl durch größere Dichtigkeit bedingt ist, scharf abhebt. Dieser Kegel läuft in einen leinen Fortsatz aus. der zusammen mit den Fortsätzen der übrigen Sinneszellen der gleichen Gruppe einen mäßig dicken Strang (s.z.str) bildet, der die Basalmembran (bm) der Hypodermis durchdringt. Dieses Verhalten macht es sehr wahrscheinlich, daß zu jeder der Sinneszellen auch »in gesonderter, wenn auch sehr dünner Plasmaleib gehört. In der basalen, vorzugsweise von Kernen eingenommenen Region der Hypodermis bleibt dieser Strang verhältnismäßig dünn, distalwärts er- weitert er sich allmählich, um sich gegen die Papille (p) des Sinnes- zapfens r.) zu wieder zuzuspitzen, so daß also sein distaler Abschnitt spindelförmig erscheint. Ob diese spindelförmige Erweiterung ganz natürlich ist, oder ob sie vielleicht durch die Konservierungsflüssig- keiten herbeigeführt ist. möchte ich nicht bestimmt entscheiden. Man trifft nämlich oft Stellen, wo der spindelförmige Abschnitt sehr stark aufgequollen zu sein scheint (Fig. 4) und vollkommen hohl ist, was wohl sicher auf der Konservierung beruhen dürfte. Wenn dies auch richtig sein mag, so müssen immerhin in diesem Abschnitt besondere Verhält- nisse vorliegen, welche ein solches Verhalten bedingen. Beim Eintritt in die Papille spitzt sich der Strang (s.z.str) mehr und mehr zu und durchzieht als dünnes Fädchen den Sinneszapfen (z), dessen am Distalende etwas erweitertes Lumen durch eine dünne Chitinlamelie abgeschlossen wird. Die Papille wird zum größten Teil von den Distal- enden der Hypodermiszellen ausgefüllt, die sich vielleicht auch in den Sinneszapfen als feiner Wandbelag fortsetzen. Im ganzen Verlauf des Sinneszellstranges erkennt man feine längs- gerichtete Fibrillen, die möglicherweise als Primitivfibrillen aufzufassen sind. Außer auf Längsschnitten kann man dieselben auch recht deutlich auf Querschnitten feststellen, wie auf Fig. 3 a — d zu sehen ist, wo der Sinneszellstrang (s.z.str) in vier verschiedenen Höhen getroffen dargestellt ist. Die Anzahl der Fibrillen scheinl etwa (i — 8 zu betragen, was auch mit der Zahl der Sinneszellen übereinstimmen würde. Schwieriger aind die Bauverhältnisse proximal von den Sinneszell- gruppen zu erkennen. Deutlich ist der Fintritt des ansehnlichen Xerveuastcs ; Fi-. I n) in den Kammzahn zu verfolgen, sowie seine Ver- zweigung anter der Ansammlung der kleineren und dunkleren Kerne I //./.•). Dagegen wird der Zusammenhang der Nervenfasern mit den Sinneszellen durch das Fehlen sichtbarer Zellgrenzen sowie durch die 440 Olaw Schröder, dichte Aneinanderlagerung der Kerne undeutlich gemacht. Es scheint mir indessen, daß zu den Sinneszellen jedes Endorgans eine Anzahl der kleineren Kerne (n.k) gehört, und daß diese jedesmal am Über- gang des Nervenzweiges in eines der Endorgane liegen, also wohl als Kerne der Nervenfasern aufzufassen sind. Hierfür würde auch ihr Aussehen und ihre Färbung sprechen; zwar sind sie kleiner als die Kerne (n.k) der Nervenfasern in andern Abschnitten des Kammnerven- astes, doch lassen sich an der Verzweigungsstelle des Nerven oft deut- liche Übergänge von den langgestreckten Kernformen, wie sie z. B. Fig. 7 (n.k) zeigt, bis zu den kleineren Kernen der Fig. 2 finden. An dieser Stelle will ich kurz auf den Bau des Kammnerven ein- gehen, von welchem Fig. 7 ein Stück eines Längsschnittes und Fig. 8 einen Querschnitt darstellt. Umgeben wird der Nerv von einer etwas dunkler sich färbenden Scheide (n.s), welche große, flache Kerne ent- hält (k.n.s). Die einzelnen, auf dem Querschnitt unregelmäßig rund- lichen Nervenfasern besitzen auf dem Längsschnitt eine längsfaserig wabige, auf dem Querschnitt eine netzig wabige Struktur. In dem protoplasmatischen Wabengerüst des Querschnittes sieht man häufig einen axialen Strang dunkler feiner Fibrillen, die auch auf Längsschnit- ten (Fig. 6), wenn auch manchmal weniger deutlich (Fig. 7) zu erkennen sind. Die sog. Neurilemmkerne (n.k) der Nervenfasern sind, wie oben bereits gesagt, sehr lang gestreckt und haben ein deutliches, ziemlich grobes Kerngerüst und peripher liegende Chromatingranula. Die peri- phere Lage der letzteren ist indessen nur durch die Gestalt der Kerne bedingt, denn in den mehr abgerundeten Kernen, welche dicht unter den Sinneszellen liegen, befinden sich auch im Innern des Kerngerüstes Chromatingranula (Fig. 2 n.k). Ich habe die eben geschilderten Kerne als sog. Neurilemmkerne bezeichnet, da diese Auffassung der herrschenden entspricht. Betrachten wir jedoch den Querschnitt Fig. 8, so ergibt sich, daß sie entschieden nicht außerhalb der Nervenfasern in einem diese umhüllenden Zwischen- gewebe liegen, sondern innerhalb der Nervenfasern, in deren plasma- tischer Substanz sie tief eingesenkt sind. Es scheint mir daher auch in diesem Falle ganz sicher, daß diese Kerne den Nervenfasern als solche angehören und nicht etwa einem diese umhüllenden Gewebe. Dieser Nachweis, welcher sich hier verhältnismäßig scharf erbringen läßt, scheint mir von nicht unerheblicher allgemeiner Bedeutung. Hieraus würde dann auch folgen, daß die Kerne nk unter den Sinnes- zellen der Endorgane zu den nervösen Teilen der Endorgane gehören. Die Sinnesorgane der Skorpionskämme. 441 Beim Eintritt des Nerven in den Kammzahn schien es mir. als ob Nervenscheide [n.s) sich der Basalmembran der Hypodermis zu- wandte und sich mit ihr vereinigte. Der Zwischenraum zwischen dem Nerven und der Hypodermis wird hier von großen Zellen eingenommen, lie unter spitzem Winkel dem Nerven zustreben und sieh teilweise ich an der Vuffaserungsstelle zwischen die einzelnen Nervenfasern einschieben (Fig. I u. 2 b.z). Die Kerne dieser Zellen sind groß und trmig und haben meist einen, seltener zwei ansehnliche Binnenkörper, neben dem vereinzelte kleinere vorhanden sein können. Das Kern- sma färbl sich ziemlich dunkel und besitzt eine dichte Struktur. Diese Zellen sind ihrem Aussehen und ihrer Lage nach ohne Zweifel ritisch mit <.\vn bei ähnlichen Sinnesorganen andrer Arthropoden .nieh fast regelmäßig beschriebenen sog. Begleitzellen, deren Bedeutung noch unbekannt ist. Die eben beschriebenen Sinnesorgane der Skorpionskämme scheinen bisher nur von vom Rath (88, S. 419 Anm.) untersucht worden zu sein. Er hat indessen seine Resultate nicht veröffentlicht, sondern nur kurz auf die Ähnlichkeit der Organe des Sinnesfeldes der Skorpionkämme mit denen der Insekten, besonders der Palpen von Coccinella hinge- gen. Die Ähnlichkeit mit letzteren scheint allerdings weitgehend zu sein, indessen fällt der Umstand sofort auf, daß bei Coccinella die Anhäufung der Kerne (n.k), die ich als Nervenfaserkerne zu deuten suchte, fehlt. Auch im Text erwähnt vom Rath nichts davon, weder bei Coccinella. andern Coleopteren noch überhaupt bei andern Arthro- poden. Dagegen erwähnt er z. B. im »Allgemeinen Teil« seiner Ab- handlung über die Haut Sinnesorgane der Insekten (88, S. 417), daß die Hülle jeder Gruppe von Sinneszellen abgeplattete Kerne enthielt und wohl als kontinuierliche Fortsetzung des Neurilemms des Nerven« ■ rachiene. Derart \ie Sinnesorgane der Skorpionskänime. 443 er sich innerhalb der innerer] Lage der äußeren Chitinschichl kuppel- Eörmig ab, und setzl sicli als äußerst feines Röhrchen durch die äußere Lage bis zur Oberfläche fort. In diesen Kanal erstreckt sich der Fort- satz einci- ansehnlicheri Sinneszelle. Diese liegt meist innerhalb der Hypoderniis. indem sie unterhall) des Kanales rechtwinkelig umbiegt und sich mich eine ziemliche Strecke in mehr oder weniger geschlängeltem Verlauf zwischen den llypodermiszellen fortsetzt. Ihr ansehnlicher Kern, der den beschriebenen Bau der Sinneszellkerne hat, liegt in ihrer Basis an der Eintrittsstelle der Nervenfaser, deren Fibrillen an dieser Stelle aus- einander weichen und den Kern mehr oder weniger zu umfassen scheinen. Das Plasma dieser Sinneszellen zeigt eine längsfaserige Struktur. Im Distalende des Terminalstranges der Sinneszelle findet sich ein dunkleres röhrchenartiges Gebilde, dessen Distalstück unter dem feinen Endröhr- chen der Cuticula spindelförmig erweitert ist. Leider vermochte ich dieses eigentümliche Gebilde nicht proximalwärts weiter zu verfolgen. Ähnliche < >rgane, die er als Sinneskuppeln bezeichnet hat, scheinen von GrUENTHEB (<»1) auf den Flügelrippen der Schmetterlinge gefunden zu sein. Auch hier handelt es sich um einzelne Sinneszellen, die mit ihrem strangartigen distalen Fortsatz einen Kanal der Cuticula durch- setzen, der indessen blind geschlossen endigt. Auch mit verschiedenen von Sauser, Ki: ai'kli.v und vom Rath beschriebenen und von letz- terem als .Membrankanäle bezeichneten Endorganen haben diese Organe manche Übereinstimmung. Die physiologische Bedeutung der drei Arten von Sinnesorganen an den Skorpionenkämmen läßt sich schwer feststellen. Während die Sinnesborsten wohl nur als Tastorgane angesprochen werden können, kann man in der Deutung der Kamm- sowie der einzelligen Or- gane zweifelhaft sein. Es kommen hier zwei Funktionen, Geruchssinn und Tastsinn in Frage. Die nach außen offenen einzelligen Sinnes- organe sind ihrem Bau nach zum Tasten wohl wenig geeignet, können aber sehr wohl dem Riechen dienen, was mir auch recht wahrscheinlich ist. Dagegen halte ich es für unwahrscheinlich, daß die geschlossenen Zapfen der Kammorgane zum Riechen dienen können. Ich möchte sie daher für Tastorgane halten, die vielleicht auch bei der Begattunu als Wollustorgane eine Rolle spielen. Zum Schlüsse sei es mir erlaubt. Herrn Geheimrat BüTSCHLI für den regen Anteil, den er an meiner Arbeit nahm, meinen herzlichsten Dank auszusprechen. Heidelberg, im Oktober L907. 444 Olaw Schröder, Die Sinnesorgane der Skorpionskämine. Literatur. Claus, Über das Verhalten des nervösen Endapparates an den Sinneshaaren der Crustaceen. Zool. Anz. Bd. XIV. 1891. Guenther, Über Nervenendigungen auf dem Schmetterlingsflügel. Zool. Jahrb. Abt. Morph, u. Ontog. Bd. XIV. 1901. Hauser, Physiologische und histologische Untersuchungen über das Geruchs- organ der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. 1880. Nowikoff, Untersuchungen über den Bau der Limnadia lenticularis L. Diese Zeitschr. Bd. LXXVIII. 1905. Vom Rath, Über die Hautsinnesorgane der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XLVI. 1888. — Zur Kenntnis der Hautsinnesorgane der Grustaceen. Zool. Anz. 1891. — Zur Kenntnis der Hautsinnesorgane und des sensiblen Nervensystems der Arthropoden. Diese Zeitschr. Bd. LXI. 1896. Erklärung der Abbildungen. Figuren bezeich nung: bm, Basalmembran; n, Nerv; b.p, Borstenpapille ; n.f, Nervenfaser; b.z, Begleitzellen; n.k. Nervenfaserkern; l.s, einzelliges Sinnesorgan; s.b, Sinnesborste; h.z, Hypodermiszellen ; s.z, Sinneszelle; h.z.k, Hypodermiszellkerne ; s.z.str, Sinneszellstrang ; k.n.s, Kerne der Nervenscheide; 2, Zapfen; k.b.z, Kerne der Begleitzellen; -:./>, Zapfenpapille. Tafel XXVI. Fig. 1. Senkrecht zum Sinnesfeld geführter Längsschnitt durch einen Kammzahn. Fig. 2. Partie aus einem Schnitt wie Fig. 1. Stark vergrößert (1 : 1000). Fig. 3. Querschnitte in verschiedener Höhe durch den Sinneszellstrang der Sinneszellgruppen. 1 : 1000. Fig. 4. Wahrscheinlich durch die Konservierung hervorgerufene blasige Auftreibung des Distalendes eines Sinneszellstranges. 1 : 1000. Fig. 5. Schnitt durch die Cuticula, auf welchem eine Sinnesborste mit ihrem Endorgan getroffen ist. 1 : 1000. Fig. 6. Schnitt durch die Cuticula, auf welchem ein einzelliges Sinnes- organ getroffen ist. 1 : 1000. Fig. 7. Längsschnitt durch einen Kammnervenast. 1 : 1000. Fig. 8. Querschnitt durch einen Kammnervenast. Auf diesem wie auf dem vorigen Schnitt sieht man deutlich, daß die Kerne der Nervenfasern inner- halb der protoplasmatischen Substanz der letzteren liegen. Über den Bau und die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensis Kofoid. Von Dr. Hugo Merton. (Aus dem zoologischen Institut zu Heidelberg.) Mit Tafel XXVII, XXVIII und zwei Figuren im Text. Einleitung. Unter den Protisten haben schon lange diejenigen Abteilungen das besondere Interesse der Botaniker und Zoologen erregt, welche ihrer Organisation nach eine Brücke zwischen den ein- und mehr- zelligen Organismen herstellen. In der Klasse der Mastigophoren sind das diejenigen Formen, welche in kolonialen Verbänden auftreten, und unter ihnen wiederum jene, welche auch im vegetativen Zustand frei im Wasser umherschwimmen. Jede Zelle dieser Kolonien besitzt zwei gleichlange Geißeln und ein grünes Chromatophor, das ihnen holophy- tische Lebensweise ermöglicht. Diese koloniebildenden Mastigophoren gehören zu der Familie derVolvocaeeen, die eine Anzahl wohlbekann- ter Gattungen umfaßt, Wir können unter diesen Gattungen im wesent- lichen zwei Formentypen unterscheiden, nämlich die platten- und die kugelförmigen Kolonien, von welchen sich die letzteren leicht aus den ersteren ableiten lassen, wie ihre Entwicklungsgeschichte zeigt. Zu den plattenförmigen Kolonien, deren Zellen alle ungefähr in einer Ebene liegen, gehören die Gattungen Gonium und Stephanosphaera (Plaiydorina Kofoid 99 ist erst sekundär zu einer plattenförmigen Kolonie geworden und nach Kofoid von einer Eudorina- ähnlichen Form abzuleiten); die andre Gruppe, deren Kolonien eine kugelige oder ellipsoidische Form haben, umfaßt die Gattungen Spondylomorum, Pandorina, Eudorina, Pleodorina und Volvox. Die Zahl der Zellen, welche bei Ptiinhn-im/ in einer gemeinsamen Hülle liegen, beträgt durch- schnittlich 16; sie sind so dicht zusammengelagert, daß sie sich seit- lich abflachen, sind aber immerhin noch durch eine dünne Gallertschicht 446 Hugo Morton. voneinander getrennt; auch im Centrum der Kolonie, wo die Zellen fast zusammenstoßen, stehen sie nicht in organischem Zusammenhang. Die Kolonien von Pandorina sind wie die von Eudorina ellipsoidisch ; Eudorina besitzt durchschnittlich 32 Zellen, die in annähernd regel- mäßigen Abständen voneinander, ziemlich nahe unter der Oberfläche der Gallerte verteilt sind und einen sehr beträchtlichen Raum im Centrum der Kolonie freilassen. Alle Volvo caceen können sich ungeschlechtlich und geschlechtlich fortpflanzen und zwar nehmen bei Gonium, Stephanosphaera, Pandorina und Eudorina alle Zellen der Kolonie gleichmäßig an der Vermehrung teil. Bei der ungeschlechtlichen Vermehrung entsteht so aus jeder Zelle durch wiederholte Längsteilungen eine Tochterkolonie ; j ede Mutter- kolonie erzeugt also soviel Tochterkolonien, als sie Zellen enthält. Die einzelnen Tochterkolonien treten schließlich aus der Gallerthülle der Mutterkolonie hervor und wachsen zu selbständigen Kolonien aus. Die geschlechtliche Fortpflanzung, welche meist am Ende einer Vegetations- periode auftritt, ist bei den einzelnen Gattungen sehr verschieden hoch kompliziert. Bei Stephanosphaera und wahrscheinlich auch bei Go- nium werden von allen Zellen Isogameten gebildet, welche ausschwär- men. Hierauf verschmelzen je zwei der Isogameten miteinander zu einer Zygote, welche eine derbe Membran ausscheidet und in ein La- tenzstadium übergeht. Diese Zygoten entwickeln sich nach einiger Zeit zu einer Kolonie, die sich später ungeschlechtlich vermehren wird. Ein solcher Generationswechsel kommt allen Volvo caceen zu; ver- schieden ist dagegen, wie schon bemerkt, der Verlauf der geschlechtlichen Fortpflanzung. Bei Pandorina sollen zwei verschieden große Arten von Gameten ausgebildet werden, die beide ausschwärmen und mitein- ander copulieren. Bei Eudorina sind die beiden Gametenformen so different geworden, daß wir sie als Eier (bzw. ovoide Gameten) und Spermatozoen (resp. spermoide Gameten) unterscheiden können, die hier sogar in verschiedenen, d. h. männlichen und weiblichen Kolonien gebildet werden Die Befruchtung geschieht so, daß die Spermatozoen- bündel sich an die weiblichen Kolonien anheften, worauf die Sperma- tozoen in die Gallerte eindringen und die Zellen befruchten. Der Sprung von Eudorina zu Volvox ist ein sehr großer. Bei letzterer Gattung ist eine weitgehende Differenzierung der Zellen jeder Kolonie eingetreten, in dem sich hier propagative und vegetative Zellen entwickelt haben. Die Zahl der vegetativen Zellen wird auf etwa 12000 (Klein) oder gar 22000 (Cohn) angegeben, während die Zahl der propagativen bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung neun nie Über (1. Hau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisenBis Kofoid. 447 übersteigt, und auch bei der geschlechtlichen Fortpflanzung selten mehr als 40 — 50 Eizellen ausgebildet werden. Im Gegensatz hierzu können bis zu 2/3 aller Zellen einer Kolonie Spermatozoon bilden (Spennato- cyten von Vohox aureus.) Eine weitere Besonderheit von Volvox ist, daß alle Zellen dieser großen Kolonien miteinander in plasmatischer Verbindung stehen. In Anbetracht dieser Tatsachen sind die meisten Forscher nach Bütschlis Vorgang zu dem sehr berechtigten Schluß gelangt, dal.) Volvox nicht mehr als eine Kolonie vieler einzelliger In- dividuen, sondern richtiger als ein einheitlicher vielzelliger Organismus aufzufassen sei. Wenn wir nunmehr die ganz kurz charakterisierten Gattungen der Volvocaceen überblicken, so sehen wir einmal, wie in dieser Formen- reihe die allmähliche Ausbildung der geschlechtlichen Differenzierung vor sich gegangen ist (Gonium bis Eudorina), und ferner bei einem Vergleich von Eudorina und Vohox, wie durch weitgehende Arbeits- teilung eine Differenzierung unter den einzelnen Zellen einer Kolonie entstanden ist. Zwischen den beiden letztgenannten Gattungen müssen wir nun dem Genus Pleodorina seinen Platz anweisen. Die beiden Arten, welche es umfaßt, PI. illinoisensis (Kofoid) und californica (Mottier) sind verschieden weit differenziert und scheinen geeignet uns die allmähliche Entstehung der Arbeitsteilung verständlich zu machen. Pleodorina illinoisensis besteht aus 32 Zellen, die in ähnlicher Weise angeordnet sind, wie die der Eudorina. Der wesentliche Unter- schied von Eudorina besteht aber darin, daß bei Pleodorina die vier Zellen des vorderen Pols rein vegetativ geworden sind, demnach nur die 28 übrigen Zellen neue Kolonien bilden können. Diese Differen- zierung ist bei Pleodorina californica noch weiter fortgeschritten. Die Kolonien dieser Art, die sich aus 128 Zellen zusammensetzen, bestehen zur Hälfte aus vegetativen Zellen, welche die. vordere Hälfte der ellip- Boidischen Kolonie bilden, während die hintere Hälfte von propaga- tiven Zellen aufgebaut wird. Wir sehen also, daß bei diesen beiden Arten die Differenzierung in vegetative und propagative Zellen aus- gebildet ist, dal.) sie aber ihrer ganzen Organisation nach mit Eudorina viel näher verwandt sind als mit Volvox. Material und Methode. Pleodorina californica wurde im Jahre 1893 zuerst von Shaw im Staate California entdeckt; im folgenden Jahre von Mottier in Indiana und von Clinton im Illinois River und den angrenzenden stehenden Gewässern von Juni bis September gefunden. Mottier stellte die 448 Hugo Merton, neue Gattung und Axt Pleodorina californica auf, deren wesentliche Merkmale bereits oben angeführt worden sind. Mitte Juni 1898 fand Kofoid zuerst im Illinois und den angren- zenden Seen einen koloniebildenden Flagellaten, den er Pleodorina illinoisensis nannte. Zu dieser Zeit stand das Wasser des Illinois sehr hoch und überschwemmte einen Teil der angrenzenden Gelände; auch stehende Gewässer in der Nähe des Illinois wurden überflutet, und da- mit konnte die Fauna derselben in das Flußwasser übertreten. So beschreibt Kofoid die lokalen Verhältnisse, unter welchen er Pleodorina auffand. Nur 10 Tage lang konnte er den Organismus in dem Wasser feststellen; dann war er vollkommen verschwunden. Ob Pleodorina noch an andern Orten in Amerika gefunden worden ist, ist mir nicht bekannt. Für Europa vermochte ich sie meines Wissens zum erstenmal Anfang Juli 1903 nachzuweisen. Ich fand sie in einem schmutzigen, abflußlosen kleinen Teich bei Handschuchs- heim nördlich von Heidelberg; doch trat sie dort nur eine ganz kurze Zeit auf (s. Lauterborn 1904, S. 65). Seitdem wurde sie in diesem Tümpel nicht mehr gefunden, dagegen hat mir Herr Prof. Lauterborn mitgeteilt, daß er Pleodorina illinoisensis in den letzten Jahren ver- schiedene Male in kleinen stehenden Gewässern der bayrischen Pfalz ge- funden habe. Auch in diesem Jahre fand Prof. Lauterborn Pleodorina in einem stehenden Gewässer bei Rheingönheim südlich von Ludwigs- hafen und seiner freundlichen Mitteilung verdanke ich es, daß ich noch einige Beobachtungen am lebenden Material anstellen konnte. Dieses Vorkommen von Pleodorina in der Pfalz zeigt von neuem, daß die überwiegende Mehrzahl der Protisten Kosmopoliten sind, und daß sie sich nicht für tiergeographische Spekulationen verwenden lassen. 1903 habe ich es leider unterlassen die lebenden Kolonien genauer zu untersuchen, obwohl sie fast in einer Reinkultur vorlagen. Ich hatte damals nicht die Absicht, mich eingehender mit dieser Form zu be- schäftigen, weshalb ich sie denn nur in ziemlicher Menge in Sublimat- essigsäure konservierte. Wesentlich mit diesem Material habe ich diesen Sommer die nachfolgenden Untersuchungen ausgeführt. Die Entwicklungsbedingungen für die Pleodorina waren an der dies- jährigen Fundstelle bedeutend weniger günstig, da ein ganzes Heer von Rotatorien das Gewässer bewohnte und die Pleodorinen stark de- zimierte. Außer den Rotatorien fanden sich in dem Wasser Eudorina elegans in großer Menge, zeitweise auch Pandorina morum, und in ver- einzelten Exemplaren Volvox aureus. Ganz ähnliche Angaben hat Kofoid über die Fauna seiner Fundstelle von Pleodorina gemacht. Über d. Bau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisonsis Kofoid. 449 Die sonstigen Protozoen, welche sich in dem Teich noch fanden, traten nicht in solchen Mengen auf, daß es mir notwendig scheint, sie hier anzuführen. Dagegen möchte ich noch hervorheben, daß das Wasser ganz grün gefärbt war durch eine Unmenge von Closterien, die darin vegetierten. In diesem Jahre trat die Pleodorina in der zweiten Hälfte Juni zunächst in ganz vereinzelten Exemplaren auf und vermehrte sich auf ungeschlechtlichem Wege; gegen Mitte Juli wurde sie etwas häufiger, und in den letzten Tagen des Juli fand ich zuerst die geschlechtlichen Generationen, die bisher noch unbekannt wraren. Acht Tage später war in dem Teich nicht mehr eine einzige Pleodorina zu finden; die Befruchtung hatte stattgefunden, und die daraus resultierenden Zygo- ten waren zu Boden gesunken. .Mit den Kulturen, die ich mir anlegte, hatte ich wenig Glück. Nach wenigen Tagen waren die Pleodorinen meist abgestorben und schon am dritten Tage traten häufig Zeichen von Degeneration auf. Diese bedauerlichen Erfahrungen, sowie die Dürftigkeit des Materials machten es mir zum Teil unmöglich, alle geeigneten Stadien der Entwicklung und Fortpflanzung aufzufinden. Zur Konservierung verwandte ich, wie schon gesagt, in erster Linie Sublimatessigsäure mit ziemlich gutem Erfolg; außerdem be- nutzte ich noch das FlemmingscIic Gemisch und 1/4%ige Osmiumsäure. Zur Kernfärbung eignete sich am besten DELAFiELDsches Hämatoxylin sowie Hämalaun. Zur Schnittfärbung leistete mir die MALLORYsche Dreifachfärbung sehr gute Dienste, die ja neuerdings bei Protozoen- studien mehrfach mit Erfolg angewandt worden ist. Außerdem färbte ich noch besonders mit Eisenhämatoxylin nach R. Heidenhain, sowie nach Weigert mit Eisenchlorid -Hämatoxylin und darauf folgender Tinktion mit Pikrinsäure-Fuchsin. Morphologie und Biologie. Da Pleodorina zusammen mit Eudorina gefunden wurde, könnte man vermuten, daß sie nur als eine Varietät von Eudorina anzusehen sei. Daß eine solche Annahme sehr unwahrscheinlich ist, wird, wie ich hoffe aus meinen Ausführungen hervorgehen. Auch Kofoid hat diese Hypothese erwogen und führt eine ganze Anzahl Punkte für sie ins Feld. Der einzige, der zu ihren Gunsten zu sprechen scheint, und den ich nach eigner Beobachtung bestätigen kann, ist, daß höchst selten einmal auch die vier vegetativen Zellen sich zu teilen beginnen. Die Größenverhältnisse der ausgewachsenen Pleodorina illinoi- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 2!) 450 Hugo Merton. sensis sind nicht ganz konstant, vielmehr nimmt die Größe, wie mir scheint, mit der zunehmenden Zahl ungeschlechtlicher Generationen etwas ab. Als Zeichen dafür, ob eine Kolonie ausgewachsen war, diente, daß sich bei ihr, nachdem sie gemessen worden war, noch der Beginn der Teilung der Propagationszellen feststellen ließ. Die größten Kolonien, die ich messen konnte, waren 160 /.i lang und 130 u breit; das war gegen Ende Juni, also zu einer Zeit, da die Pleodorinen eben aufgetreten waren. Im Juli fand ich, daß bei ihnen die Teilung schon begann, wenn sie 130 u Länge und 110 ;i Breite erreicht hatten. Übrigens ist das Verhältnis von Länge zu Breite durchaus kein konstantes. Die Breite bleibt häufig nur um 10 f-i hinter der Länge zurück. Ein Ver- gleich der entsprechenden Größenverhältnisse der Eudorina ergab, daß letztere in meinen Kulturen niemals die Größe der Pleodorina erreich- ten. Die größten Eudorinen, die ich gemessen habe, hatten nur eine Länge von 90 it bei einer Breite von 72 /.i 1. Sobald die Teilung der Propagationszellen begonnen hat, nehmen die Kolonien von Pleodorina (ebenso übrigens auch die von Pandorina und Eudorina) bedeutend an Volumen zu; die Gallerte quillt auf, und der Abstand zwischen den Einzelindividuen wird zunächst etwas größer. Mit der zunehmenden Entwicklung der Tochterkolonien ver- ringert sich der Abstand zwischen diesen wieder etwas, indem die fer- tigen Tochterkolonien, die schon von Gallerte umgeben sind, etwa den doppelten Durchmesser ihrer Mutterzellen erreichen. Eine Pleodorina mit ausgebildeten Tochterkolonien war durchschnittlich 200 u lang und 180 u breit, was mit Kofoids Angaben gut übereinstimmt. Die größten derartigen Kolonien waren 260 u lang. Aus dem geringen Unterschied zwischen Länge und Breite von Pleodorina geht hervor, daß die Gestalt der Kolonie eine nahezu kugelige ist. Das verschiedene Aussehen der einzelnen Kolonien rührt ausschließlich daher, daß der Abstand zwischen den einzelnen Zellen ein verschiedener ist. Fig. 1 stellt etwa den Durchschnittstypus dar. Wir sehen hier, daß die 32 Zellen einer Kolonie zu fünf Cyklen grup- piert sind. Zunächst liegt am vorderen Pol ein Kreis von vier kleinen Zellen, dann folgen drei Kreise von je acht großen Zellen, und den Beschluß macht wieder ein Kreis von nur vier großen Zellen. Wie schon Kofoid nachgewiesen hat, sind die vier kleinen vorderen Zellen 1 Vielleicht daß die mir vorliegende Eudorina-Gener&tion etwas unter der Normalgröße dieser Gattung stand, denn nach Bütschli soll sie eine Größe von 100 — 150 u erreichen. über d. Bau u. du- Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensis Kofoid. 451 rein vegetativ. Sie haben die Fähigkeil verloren sich zu teilen (die oben erwähnten Teilungen sind äußerst selten), dienen also nur der Fortbewegung der Kolonie, und liegen daher stets an dem Pol, welcher bei der Fortbewegung voran geht. Der Abstand der vier vegetativen Zellen unter einander, wie auch von dem nächstfolgenden Kreis von acht Zellen ist größer, als die Abstände der übrigen Zellen unter- einander. Diesen Unterschied kann ich vielleicht am besten so ver- anschaulichen, wenn ich sage, daß am vorderen Pol eigentlich für vier große Zellen genügend Platz vorhanden ist. Da nun das Vorder- und das Hinterende von Pleodorina nahezu gleichmäßig gewölbt sind, so folgt daraus, daß am vorderen Pol bedeutend mehr Gallerte die Zellen um- gibt, als am hinteren Pol, weshalb auch das vordere Fünftel der Kolo- nie viel heller erscheint als der ganze übrige Teil. Dieser Umstand verleiht der Pleodorina ihr charakteristisches Aus- sehen, und dadurch läßt sie sich auch sehr leicht von Eudorina unter- scheiden. Da, wie gesagt, die verschiedenen Generationen etwas ver- schiedene Größe erreichen, so hat es meines Erachtens nur Wert, für gewisse Beziehungen die Verhältniszahlen anzugeben. Der Ab- stand des vordersten Kreises von dem folgenden ist nahezu doppelt so groß, wie der Abstand der folgenden Kreise voneinander. Dagegen ist der Abstand der einzelnen Zellen voneinander in den einzelnen Kreisen verschieden; am größten bei den Zellen des äquatorialen Kreises. Die 28 Propagationszellen, wie ich sie nennen will, welche sich aber natürlich auch an der Fortbewegung der Kolonie beteiligen, sind annähernd gleich groß. Immerhin konnte ich feststellen, daß zwischen den Zellen des vordersten und hintersten Kranzes ein Unter- schied von 2 ii im Durchmesser vorhanden sein kann. Eine ausgebil- dete Propagationszelle hat einen Durchmesser von 19 — 21 u, eine vege- tative Zelle, dagegen 11 — 12 u. Kofoid gibt für die Propagations- zellen 15 — 25 1* und für die vegetativen 9,5 — 16,8 (.1 an; die .Maximal- zahlen seiner Angaben gehen, wie ersichtlich, weit über die von mir gefundenen Werte hinaus. Da aus den» gemachten Angaben hervorgeht, daß die Größen- differenzen zwischen den erwachsenen Zellen nur geringe sind, so er- gibt sich von selbst, daß die Hauptgrößenunterschiede der Kolonien auf der verschiednen Ausbildung oder Quellung der Gallerte beruhen, und daß deren Volumen entweder von der Zusammensetzung des um- gebenden Mediums oder dem Ernährungszustand der einzelnen Zellen 29* 452 Hugo Merton, abhängen muß. Die Gallerte ist für die koloniebildenden Flagellaten von der größten Bedeutung, wie schon daraus erhellt, daß durch sie allein die 32 Zellen zu einem Verband vereinigt werden, da ja proto- plasmatische Verbindungen zwischen den einzelnen Zellen fehlen1. Die Bedeutung der Gallerte für Flagellaten und namentlich für die Algen ist zweifellos eine sehr große, und dementsprechend spielt sie im Leben der Organismen eine sehr vielseitige Rolle. In erster Linie dient sie als schützende Hülle und umgibt dann die Zellen häufig in dicker Schicht. Bei allen Protisten, die eine Schale, eine Hülle oder ein Skelet besitzen, kann sich nun die Teilung auf dreierlei Weise vollziehen ; entweder die Hülle teilt sich zugleich mit der Zelle und jede der beiden Tochterzellen ergänzt die ihm fehlende Hälfte, oder die Zellteilung geht in der mütterlichen Hülle vor sich, und dann schlüpft die eine Zelle aus und bildet sich eine neue Hülle, die andre Zelle behält die mütterliche Hülle. Die dritte Möglichkeit wäre die, daß beide Teil- produkte die Hülle verlassen und jedes sich mit einer neuen Hülle umgibt. Wenn wir uns nun vorstellen, daß gewisse Änderungen der Bedingungen, wie etwa die Veränderung des Substrates, auf die Orga- nismen in der Weise einwirken würde, daß wohl eine Teilung einträte, daß die Zellen aber in der gemeinsamen mütterlichen Hülle blieben, so könnte man sich vorstellen, daß auf ähnliche Weise aus vielen ein- zelligen Individuen ein mehrzelliges sich entwickeln könnte. Bei die- sem Prozeß würden aber freilich außer diesen äußeren Ursachen auch innere mitspielen müssen, deren Natur uns vorerst noch vollkommen verborgen ist. Als Beispiel für die oben angeführte Möglichkeit der Ent- stehung eines vielzelligen Verbandes aus einem einzelligen Individuum möchte ich auf die Palmella-ähnlichen Stadien von Chlamydomonas hinweisen, die sich unter nicht immer zu erklärenden Bedingungen ausbilden können. Derartige Bildungen sind von Goraschankin für Chlamydomonas Braunii und von Dill für Chlamydomonas gloeocysti- jormis beschrieben worden. Freilich handelt es sich hier um eine Ent- wicklung in etwas andrer Richtung und die Ausbildung von Geißeln ist hier unterblieben. Mit diesen Bemerkungen wollte ich nur andeu- ten, welch tiefgreifende Bedeutung der Gallerte beigemessen werden kann, wenn man sich darüber Rechenschaft geben will, in welcher Weise 1 Es sei hier bemerkt, daß bei aufgetrockneten Präparaten, die nach der LöFFLEKschen Geißelfärbung behandelt worden waren, häufig deutliche und regelmäßige Fäden von einer Zelle zur andern liefen. Das waren jedoch nur Reste der eingetrockneten Gallerte, die fadenartig zwischen den einzelnen Zellen ausgespannt war. Über d. Kau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoiscnsis Kofoid 4")'» sich aus einem einzellebenden Mastigophoren eine »Kolonie« entwickelt haben kann. Tber die Form der Gallerte von Pleodorina, die an sich vollkommen durchsichtig ist und nahezu die gleiche Lichtbrechung wie Wasser be- sitzt, erhielt ich Aufschluß, indem ich dem Kulturwasser auf dem Ob- jektträger etwas Tusche beimengte, oder indem ich lebende Pleodo- rinen in sehr verdünnte .Methylenblaulösung brachte. Beide Methoden ergänzen sich schön; die erstere zeigt gewissermaßen das Negativ der Gallerte, die andre das Positiv; und zwar färbte sich besonders die äußere Hülle mit Methylenblau schön violett. Wie schon oben be- merkt, ist der Unterschied zwischen Längen- und Breitendurchmesser der Kolonien nur gering, und die Gestalt der ganzen Gallerte ist daher die einer etwas in die Länge gezogenen Kugel. Die lokalen Ab- weichungen von dieser Form beruhen darauf, daß die Oberfläche der Gallerte über jeder einzelnen Zelle etwas abgeflacht oder sogar etwas eingedellt ist. Am auffallendsten sind diese Dellen über den vier Zellen des hinteren Poles; zwischen ihnen wölbt sich die Gallerte bei manchen Kolonien stark hervor, so daß sie an diesen Stellen fast wie ganz flache Kuppen über die Oberfläche vorspringt (häufig bedeutend stärker als es auf Fig. 1 abgebildet ist). Kofoid spricht von pseu- dopodienartigen Fortsätzen am Hinterende, die er bei alten Kolonien beobachtete; so entwickelt waren die von mir beobachteten Protube- ranzen nicht, daß sie zu einem solchem Vergleich hätten Anlaß geben können. Wie bei Pandorina und Eudorina kann man auch bei Pleodo- rina eine äußere festere Gallerthülle von einer centralen weichen galler- tigen Masse unterscheiden. In der äußeren Hülle, die an allen Stellen einen ungefähr gleichmäßigen Durchmesser von 5 — 6 u besitzt, unter- scheidet Kofoid ein stärker lichtbrechendes Oberhäutchen von einer inneren homogenen Schicht; das erstere vermochte ich nicht zu unter- scheiden. Die centrale Gallertmasse hat eine viel weichere Konsistenz: am fixierten Material läßt sich kaum etwas von ihr nachweisen. Erst nachdem die Tochterkolonien ausgebildet worden sind, ist sie viel besser sichtbar. Auf welchem Grund dies beruht, vermag ich nicht zu sa Die 32 Zellen der Peripherie liegen dicht unter der äußeren Gallerthülle, sind aber noch ganz von der centralen Gallertmasse umgeben. Nur die vier vegetativen Zellen liegen etwas tiefer unter der Oberfläche als die übrigen Zellen. Senkrecht nach außen von der Berührungsstelle der Zelle und (It Gallerthülle verlaufen je zwei ganz feine porenartige Kanälchen nahezu parallel zu einander in der Hülle. Durch diese Kanälchen treten die beiden zu jeder Zelle 454 Hugo Merton, gehörigen Geißeln. Diese beiden Kanälchen liegen so nebeneinander, daß man sie nur dann beide wahrnehmen kann, wenn man die Pleo- dorina in Polansicht betrachtet. Sie münden genau in der Mitte der erwähnten schwachen Einsenkungen nach außen. Sonderbarerweise sind unsre Kenntnisse über den feineren Bau der Volvocineenzellen, soweit sie nicht an lebendem Material ausgeführt werden konnten (abgesehen von Volvox), noch recht dürftig. Ich hielt es daher für nötig, mich auch über den Bau von Gonium, Pandorina, Eudorina und Volvox soweit zu orientieren, um beurteilen zu können, ob diese Organismen alle in gleicher Weise gebaut sind. Im Prinzip ist das sicherlich der Fall ; namentlich Pandorina, Eudorina, und Pleodorina, die ziemlich ähnlich gebaut sind, während Gonium und Volvox abweichenderen Bau zeigen. Immerhin läßt sich auch noch bei den drei erstgenannten Gattungen auch auf dem Schnitt an dem Bau der Zellen ohne weiteres erkennen, welche Gattung vor- liegt. Die propagativen Zellen von Pleodorina sind im Leben be- deutend dunkler grün als die vier vegetativen. Zunächst kann man an ihnen nur erkennen, daß sich im Centrum der Zellen eine hellere Partie findet, in deren Mitte ein kugeliger Körper liegt, um den in einiger Entfernung eine große Anzahl kleiner Körner liegen (Fig. 3 rk), die etwa an der Grenze der hellen centralen Partie mit der äußeren grün- gefärbten sich finden. In letzterer beobachtet man gleichfalls stärker lichtbrechende Kugeln in verschiedener Zahl , die meist von einem feinen Saum umgeben sind. Diese drei verschiedenen Gebilde, die (abgesehen von Stigma und Geißeln) bei der Betrachtung der Zellen zunächst auffallen, will ich nun im Zusammenhang mit den im Leben z. T. nicht wahrzunehmenden Strukturen behandeln. Die im Centrum der Zelle liegende Kugel ist nicht, wie man vermuten möchte, der Kern sondern einzig und allein dessen Binnenkörper (bk). Im lebenden Zu- stand ist er nur in den propagativen Zellen gut wahrzunehmen (Fig. 1 u. 3, bk) ; in den vegetativen ist er nur selten sichtbar. Von den Grenzen des eigentlichen Kernes ist am lebenden Objekt nichts zu sehen. Am konservierten Material sieht man, daß der ansehnliche Binnenkörper ungefähr im Centrum des Kernes liegt. Er färbt sich mit Kernfarb- stoffen sehr intensiv und enthält jedenfalls das ganze Chromatin des Kernes. In seinem Innern findet man bei ausgewachsenen Zellen stets eine kleine Vacuole, die fast immer etwas exzentrisch liegt (Taf. XXVIII, Fig. 7, 8, 9 u. 12). Bevor der Kern sich zur Teilung anschickt, wird die Vacuole immer größer; d. h. der Auflösungsprozeß des Binnen- Ober d. Bau u. die Fortpflanzung von Plcodorina illinoisensis Kofoid. 455 körpers, dessen Substanz zur Bildung der Chromosomen verwandt wird. geb.1 von innen nach außen vor sich. Der übrige Kernraum ist ziemlich hell, und das feine Netzwerk. welches ihn durchsetzt, färbt sich nur schwach. Es ist häufig so an- geordnet, daß es aussieht, als ob zwei Wabenschichten den Kern um- gäben (Fig. 12); dann liegen einige Körnchen in der Zwischenwand zwischen Binnenkörpei und Kernmembran; dadurch erscheint die Zwi- schenwand etwas kräftiger und umgibt kranzartig den Binnenkörper. Die Kernmembran ist sehr fein; die Figuren geben sie größtenteils der Deutlichkeit wegen etwas zu grob wieder. Bevor ich die Bauverhältnisse des Cytoplasmas bespreche, will ich zunächst auf die Körnchen eingehen, die, wie schon bemerkt, ungefähr an der Grenze des centralen hellen Plasmas und der peripheren grün gefärbten Zone der Zellen in beträchtlicher Anzahl liegen; sie sind identisch mit den von Bütschli beschriebenen »roten Körnchen«. An den lebenden Zellen sind sie als etwas stärker lichtbrechende Körn- chen verschiedener Größe wahrzunehmen; ihre Verteilung ist eine un- gleichmäßige, und bei genauem Zusehen läßt sich feststellen, daß sie an einer kleinen Stelle bis an die Oberfläche der Zelle herantreten. Das ist nämlich da der Fall, wo das centrale Plasma als ein schmaler Fortsatz bis zum äußeren Pol der Zelle zieht, wo die Geißeln ent- springen und in dessen Nähe das Stigma liegt. Die roten Körnchen finden sich in den propagativen und vegetativen Zellen, in letzteren aber in geringerer Anzahl. Nach den Angaben von Lauterborn (90) suchte ich die Körnchen mit .Methylenblau und Neutralrot vital zu färben. Die Pleodorinen, die ich zu diesem Zweck in ein Uhrschälchen brachte, dem ich einen Tropfen einer Methylenblaulösung zusetzte, zeigten während 3 Tagen keine Veränderung, und nichts färbte sich in den Zellen. Erst als die- selben abstarben und etwas zu zerfallen begannen, trat eine schwache violette Färbung der Körnchen ein. Diese Beobachtung stimmt mit den Erfahrungen überein, die Schubotz bei Amoeba proteus gemacht hat, da er die sogenannten Eiweißkugeln, die sich wie die roten Körn- chen verhalten, nur dann zu fingieren vermochte, nachdem er sie durch Zerquetschen der Amöbe isoliert hatte. Dagegen ließen sich die Körner auch bei Pleodorina leicht mit Neutralrot vital färben, so daß sich ein Kranz roter Korner schön von dem Grün der Zellen abhob. Da sich in der gleichen Kultur Evdorma und Pandorina vorfanden, so konnte ich gleichzeitig auch an ihnen die Wirkung des Neutrabrots untersuchen, und zwar mit dem Ergebnis, daß sich bei Pandorina die Körnchen ebenso 456 Hugo Merton, leuchtend rot färbten wie bei Pleodorina; dagegen blieb bei Eudorina alles ungefärbt. Die Bestandteile des Kernes blieben bei allen drei Gat- tungen nach 48 stündiger Einwirkung der Methylenblaulösung voll- kommen farblos. Viel länger als die angegebene Zeit waren die Pleo- dorinen in den Uhrschälchen nicht am Leben zu erhalten. Schon nach 40 Stunden rückten die einzelnen roten Körnchen häufig näher zu- sammen, und bald darauf konnte ich sehen, daß sie sich zu kleinen Klumpen zusammenballten, ohne indes miteinander zu verschmelzen. Die Körner hatten dann schon einen mehr schwarzroten Ton. Die Pleodorinen bewegten sich aber noch lebhaft. Die Zahl der Körner habe ich nicht festgestellt, glaube aber, daß sie in den propagativen Zellen verschiedener Individuen ungefähr in gleicher Menge vorhanden sind. Bei der Teilung der Zellen treten keine Veränderungen an ihnen auf, und sie verteilen sich etwa gleichmäßig auf beide Tochterzellen. In jeder Zelle einer jungen Tochterkolonie, welche noch nicht aus- geschlüpft ist, findet man ungefähr zwei große und drei bis vier kleinere Körner. Die größten Körner haben höchstens einen Durchmesser von, 1 ii, sind also durchschnittlich viel kleiner wie die sogenannten Eiweiß - kugeln der Sarcodinen. In jungen Kolonien, deren Einzelzellen einen Durchmesser von 8 — 9 /t hatten, sind etwa zwölf Körner verschiedener Größe in den Zellen vorhanden; es läßt sich also schon daran eine Vermehrung derselben feststellen. An Pleodorinen, die in Sublimat-Essigsäure fixiert worden waren und nachher mit DELAFiELDSchem Hämatoxylin behandelt wurden, färbten sich die Körnchen leuchtend rot, im Gegensatz zu den Kernen, die sich blauviolett färbten. Die Färbung der Körnchen gelingt aber durchaus nicht immer, wie schon Bütschli (96) festgestellt hat. Auf Schnitten gelang die Tinktion niemals. Wie ein Vergleich der Fig. 11 und 12 ergibt, von welchen 11 die Körnchen (rk) bei Vitalfärbung, 12 dagegen in konserviertem Zustand wiedergibt, muß man entweder annehmen, daß die Körnchen bei der Konservierung kolossal zusammen- geschrumpft und zum Teil aufgelöst worden sind, oder daß sie in kleinere Teile zerfallen sind. Aus welchem Grund Sassi, der neuer- dings eine Anzahl Flagellaten auf die roten Körnchen hin untersucht und mit den gleichen Methoden behandelt hat wie ich, bei Pleodo- rina nur sehr wenige rote Körner, und die nahe der Oberfläche fest- stellen konnte, vermag ich mir nicht zu erklären. Wie aus meinen Beobachtungen hervorgeht, haben die im Cyto- plasma vorhandenen roten Körnchen nichts mit den in den letzten Jahren häufig gefundenen, außerhalb des Kernes vorkommenden Chro- Über d. Bau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoiscnsis Kofoid. 457 matinelementen zu tun. Wenigstens ließen sich keine Veränderungen in dem Auftreten und der Verteilung der Körnchen feststellen, die in irgendwelchem Zusammenhang mit Vorgängen im Kern gestanden hätten. Auch die Angaben von Bütschli über diese Gebilde bei Amöben, Flagellaten, Diatomeen und Cyanophyceen (90, 96, 02) und von Lauterborn an Diatomeen sprechen für diese Annahme. Die Körnchen besitzen namentlich im Pflanzenreich eine große Verbreitung; sie finden sich, wie schon Büschli feststellte (1890), bei vielen Algen und sind bei Pilzen sehr häufig. Arthur Meyer (04) hat neuerdings die Körner auf ihre chemische Beschaffenheit hin untersucht; er faßt sie unter der Bezeichnung Volutin zusammen , welches sich aus sauren oder gesättigten Verbindungen der Nukleinsäuren mit irgend einer Base zusammensetzen soll. Das Volutin hält Meyer für einen Reservestoff der Zellen. Über den Zellleib und die Chromatophoren bei Pleodorina äußert sich Kofoid folgendermaßen: »The greater part of the cell contents consists of what seenis to be one large chromatophore, which oecupies all of the cell except the centrally placed nucleus with its enveloping protoplasm , and a slender column passing from this region to the anterior end of the cell.« (S. 279). Diese Angaben stimmen im allge- meinen mit dem, was ich beobachten konnte, überein; über die feineren Verhältnisse bin ich allerdings in der Lage einige nähere Angaben machen zu können. Was zunächst den Bau des Cytoplasmas angeht, so umgibt dasselbe, wie Kofoid ganz richtig sagt, allseitig den Kern in mäßig dicker Schicht. Auf einer Seite, die immer nach der Ober- fläche der Kolonie gerichtet ist — darauf habe ich schon oben bei der Verteilung der »roten Körnchen« hingewiesen — , zieht sich das centrale Plasma zu einem schmalen Strang aus, der bis zur Oberfläche der Zelle emporsteigt (Fig. 7). Diese Stelle ist nun aber nicht die ein- zige, an welcher das Protoplasma bis an die Zelloberfläche tritt. Viel- mehl existieren eine ganze Anzahl ähnlicher, nur meist viel feinerer Verbindungen, zwischen Centrum und Peripherie (Fig. 7), die aber häufig deshalb, weil sie nicht in gerader Richtung verlaufen, auch sich mehrfach verästeln, oft nur schwer wahrzunehmen sind. So bilden diese plasmatischen Züge vielfach ein ganzes Netzwerk (Fig. 8), um in der Peripherie einer leinen plasmatischeD Hülle, dem Periplast, welcher die ganze Zelle oberflächlich begrenzt, zu endigen. Ob es sich bei letzterem um eine besonders differenzierte Zellmembran handelt, wie Kofoid angibt, will ich dahingestellt sein lassen. An den lebenden Zellen zeigt die oberflächlichste Schicht eine etwas stärkere Licht- 458 Hugo Merton, breclmng. Diese Erscheinung erklärt sich aber wahrscheinlich durch die veränderten Lichtbrechungsverhältnisse an der Grenze von Plasma und Gallerte. Diese feine Verteilung des Plasmas ließ sich nur an konserviertem Material feststellen; aus ihr kann man schon ohne weiteres schließen, daß die Bauverhältnisse des Chromatophors doch etwas kompliziertere sind, als man vermuten möchte und wie angegeben worden ist. Darüber konnte ich einiges schon am Lebenden beobachten. Früher war man der Ansicht, daß die Chlamydomonaden und Volvocineen in ihrem ganzen Plasma die grüne Farbe enthalten, denn die Zellen schienen von allen Seiten gleichmäßig grün zu sein. Durch Bütschli (83) und Schmitz (82) wurde festgestellt, daß auch diese Familien ein vom Plasma wohlunterscheidbares Chromatophor be- sitzen, das nur dadurch, daß es fast der ganzen Oberfläche der Zelle dicht anliegt, schwer zu erkennen ist. Es läßt sich von einem scheiben- förmigen Chromatophor herleiten, das infolge starken Wachstums sich in der Zelle umbiegen mußte, bis es schließlich becherartig einen großen Teil der Zelle erfüllte. So sind auch die Chromatophoren von Eudo- rina und Pleodorina zu verstehen (das Chromatophor von Pandorina scheint etwas abweichend gebaut zu sein) , die entsprechend der kuge- ligen Gestalt der Zellen hohlkugelig gekrümmt sind. Während nun das Chromatophor bei Eudorina aus einer ununter- brochenen Schicht besteht, findet man bei Pleodorina noch gewisse Abweichungen, wie es die obigen Angaben über das Cytoplasma schon vermuten lassen. Das Chromatophor stellt nämlich nicht eine kom- pakte Masse dar, sondern ist von zahlreichen Spalten und kleinen Löchern durchsetzt, durch welche das Cytoplasma hindurchtritt. Es war nicht leicht, diese Verhältnisse genauer festzustellen ; am lebenden Material ließ sich wohl einiges davon sehen ; erst am konservierten ver- schaffte ich mir jedoch Klarheit über den Bau des Chromatophors, nach- dem ich 1/4%ige Osmiumsäure zur Konservierung angewandt hatte. Nach Sublimatfixierung ließ sich von dem Chromatophor als solchem gar nichts erkennen; nur die Verteilung der Pyrenoide, welche ja stets innerhalb des Chromatophors liegen, konnte über die Verteilung des- selben einigen Aufschluß geben. An der lebenden Zelle von Pleodorina sieht man, daß das Chro- matophor nicht homogen ist, sondern daß es eine lamellöse Struktur be- sitzt; je eine Anzahl radiär gerichteter Lamellen liegen näher zusammen und sind von den benachbarten durch schmale helle Räume, oft durch vacuolenartige Bildungen getrennt (Fig. 3). Präparate, welche nach Über d. Bau u. die Fortpflanzung von Plcodorina illinoiscnsis Kofoid. 459 Mallory gefärbt sind, bestätigen, daß das Chromatophor aus feinen Lamellen bestellt, die so orientiert sind, daß sie mit ihrer Schmalseite senkrecht zur Oberfläche stehen; sie sind voneinander entweder durch feine Spalten getrennt, odei zwei bis vier stehen miteinander im Zu- sammenhang; dann liegt in einer solchen Gruppe meist ein Pyrenoid. Der Bau der Chromatophoren wird noch klarer, wenn man sie auf einem tangentialen Flächenschnitt betrachtet (Fig. 10). Man sieht dann, daß die Lamellen gar nicht so regelmäßige Formen haben, wie man nach dem Längsschnitt vermuten möchte, daß sie sogar häufig mit- einander anastomosieren und, was schon auf den Längsschnitten zu sehen war, daß die Pyrenoide immer an solchen Stellen liegen, wo mehrere Lamellen miteinander verschmolzen sind. Die zahlreichen Anastomosen zwischen den einzelnen Balken des Chromatophors werden nach der Zelloberfläche zu immer häufiger. Das Chromatophor ist demnach wohl aufzufassen als eine zusammenhängende Kugelschale, die von zahlreichen radiären Spalten durchsetzt ist, so jedoch, daß das dadurch gebildete lamellenartige Balkenwerk des Chromatophors unter- einander anastomosierend zusammenhängt und gar oft einen Knoten- punkt bildet, in dem je ein Pyroneid liegt. Diese Kigentiinilichkeiten des Chromatophors der propagativen Zellen von Pleodorina scheinen übrigens nicht vereinzelt dazustehen. Auch der von Goroshankin beschriebene Chlamydomonas reticulatum besitzt ein Chromatophor mit tiefen Spalten; ebenso enthält der von Schmidle beschriebene Chlamydomonas Kleinii ein Chromatophor mit längsdurchbrochenen Wänden. Hervorzuheben ist noch, daß ich den geschilderten Bau des Chromatophors nur bei den propagativen Zellen von Pleodorina feststellen konnte, bei den vegetativen scheint das Chromatophor nicht von Spalten durchbrochen zu sein, hat aber sonst dieselbe Form und ist nur etwas dünner. Fast alle Flagellaten mit Chromatophoren zeigen in denselben auch ein oder mehrere Pyrenoide. Unter den Volvocaceen enthält jedes Chromatophor bei Gonium und Volvox regelmäßig ein Pyrenoid, bei St( i>lthaera regelmäßig zwei, während Pandorina, Eudorina und Pleodorina deren meist eine große Zahl beherbergen. In den lebenden erwachsenen propagativen Zellen von Pleodorina finden sich in dem Chromatophor 7 — 12 Pyrenoide (Fig. 1 u. 3). Ihre Zahl scheint sich kurz vor der Teilung stark zu vermehren, denn ich sah viele Kolonien, deren Zellen noch bedeutend mehr Pyrenoide enthielten (Fig. 7), welche dann meist verschieden groß waren. Ob die Pyrenoide solcher Stadien alle durch Teilung entstanden sind, oder ob sie sich selb- 460 Hugo Merton, ständig bilden, kann ich nicht bestimmt angeben. Ich vermute eher, daß letzteres der Fall ist, schon deshalb, weil sie so verschieden groß sind. Dagegen habe ich sicher beobachtet, daß die Pyrenoide sich in den heranwachsenden Zellen junger Kolonien durch Teilung vermehren. Die Zellen eben ausgeschlüpfter Tochterkolonien enthalten fast aus- nahmslos nur ein Pyrenoid; zuweilen findet sich daneben noch ein kleineres. Mit zunehmendem Wachstum der Zellen treten dann Tei- lungen der Pyrenoide ein (Fig. 13 c), die in der Weise geschehen, daß das sonst etwa kugelige Pyrenoid sich etwas in die Länge streckt und dann durchschnürt. Jedes Pyrenoid wird, wie das ja allgemeine Regel ist, von einem Amylumherd umgeben, der als ein auf allen Seiten gleichmäßig breiter, heller Ring erscheint. Dieser Ring ist immer ganz kompakt auch bei kleinen Pyrenoiden, und eine Zusammensetzung aus einzelnen Körn- chen nie zu erkennen. Die Blaufärbung dieser Stärkehülle durch Jod- lösung läßt sich an grünen Pleodorinen nur schwer erkennen, weil die grüne Farbe des Chromatophors zu sehr prävaliert. Führt man da- gegen die Reaktion aus, nachdem man das Chlorophyll mit Alkohol ausgezogen hat, so tritt die Färbung deutlich hervor. Noch besser, wie mit Jodtinktur allein, gelingt sie mit der A. MEYERSchen Jodjod- Kaliumlösung (100 ccm Wasser 0,5 g J.-K., und 1 g J.). Besonders deutlich ist die Stärkehülle auch an fixierten Zellen, die man in Wasser untersucht, zu erkennen; sie erscheint hier wegen des Aufquellens der Stärke viel breiter (Fig. 13a — c). Schließlich sei noch bemerkt, daß sich die Pyrenoide, wie das schon vielfach angegeben worden ist, am besten mit Säurefuchsin und Erythrosin färben ließen; sie besitzen zu diesen Farbstoffen eine große Affinität. Abgesehen von den Amylumherden um die Pyrenoide konnte ich bei Pleodorina keine Stärke im Chromatophor auffinden. Dagegen ließen sich bei Volvox globator außer der Pyrenoidstärke noch eine erhebliche Zahl Stärkekörnchen nachweisen, die als Stromastärke zu bezeichnen wären. Diese Stromastärke fehlt in den vegetativen Zellen der vorderen Halbkugel, oder ist in denselben nur ganz spärlich vor- handen, dagegen liegen mehrere solche Stärkekörner in den Zellen der hinteren Halbkugel von Volvox1. 1 Die vegetativen Zellen von Volvox haben je ein Pyrenoid. Nur hier und da fand ich bei ungeschlechtlichen Kolonien, deren Tochterkolonien schon in Entwicklung begriffen waren, größere vegetative Zellen mit zwei Pyrenoiden; ich vermute, daß es sich hier um den Beginn der vielfach bestrittenen nachträg- Über d. Bau u. die Fortpflanzung von Plcodorina illinoisensis Kofoid. 461 Ein interessantes Organoid vieler Flagellaten, namentlich solcher, welche Chromatophoren enthalten, bildet das Stigma, über dessen physiologische Bedeutung noch wenig bekannt ist. Die morphologischen Ergebnisse, welche ich -bei den Volvocaceen machen konnte, können vorerst auch noch keine näheren Anhaltspunkte geben für seine Be- deutung. Schon viele Autoren (Klein, Ryder, Overton, Kofoid, Maas u a.) haben auf die interessante Tatsache hingewiesen, daß bei Yolvox nicht alle Zellen einer Kolonie gleichgroße Stigmen enthalten, sondern daß die des vorderen Pols ein sehr viel größeres Stigma be- sitzen, als die Zellen der hinteren Hälfte der Kolonien. Die gleichen Verhältnisse finden sich bei Pandorina, Eudorina, Platydorina und Pleodorina. Wie schon Kofoid festgestellt hat, enthalten die vier vegetativen Zellen von Pleodorina die bei weitem größten Stigmen. Die Stigmen der vordersten propagativen Zellen sind etwa um ein Drittel kleiner, und die der darauffolgenden Zellkränze sind um so kleiner, je näher sie dem hinteren Pol liegen; die Stigmen der vier hintersten propa- gativen Zellen sind su klein und durchsichtig, daß sie nur schwer auf- zufinden sind. Die großen Stigmen haben eine kräftig rotbraune Farbe, wie sie bei den Stigmen allgemein verbreitet ist. Je kleiner sie werden, um so heller gefärbt sind sie, so daß schließlich aus der rotbraunen Farbe eine ganz hellgelbe wird. (Auf Fig. 1 sind diese Farbenunter- schiede nicht angegeben.) Bütschli und Klebs haben darauf hin- gewiesen, daß zwischen den Stigmen und den Chromatophoren Bezie- hungen zu bestehen scheinen. Auch scheint es nicht ausgeschlossen, daß die Substanz des Stigmas durch irgendwelche Umsetzungen aus dem Chromatophor entsteht. Ich fand nämlich bei Pleodorina zuweilen einzelne Zellen, welche im Zerfall begriffen waren; diese enthielten meist eine ganze Anzahl Körperchen von genau dergleichen rotbraunen Farbe, wie sie dein Stigma eigen ist; die grüne Farbe des Chromatophors war nur noch zum Teil vorhanden. Die Reaktionen, welche ich nebenbei an den Stigmen vorgenommen habe, bestätigen nur die bisherigen An- gaben. Nach Alkoholbehandlung waren die Stigmen vollständig ver- schwunden; mit Jod färbten sie sich schwarz, ebenso mit Überosmium- säure. Die Stigmen liegen dicht unter der Zelloberfläche, vielleicht sogar etwas derselben angepreßt; von außen betrachtet sind sie rund, von der Seite gesehen nach außen abgeflacht , so daß sie ungefähr halbkugelig sind (Fig. .">"). An den vier Stigmen der vegetativen Zellen liehen Teilungen vegetativer Zellen handelt. Kernteilungen habe ieh jedoch keine beobachtet, aber Zellen mit zwei Stigmen und zwei Paar Geißeln. 462 Hugo Merton, habe ich den Eindruck gewonnen, daß sie in der Mitte etwas ausge- höhlt seien, also etwa becherartig gestaltet. Unsre Kenntnisse von dem Bau der Stigmen (Franze) scheinen den Schluß zuzulassen, daß es sich hier um Lichtrezeptionsorgane handelt. Dem widersprechen aber die Versuche von Engelmann an Euglena, der den experimentellen Nachweis erbrachte, daß nicht das Stigma selbst, sondern eine Stelle vor demselben in der farblosen Körper- spitze besonders lichtempfindlich ist. Dieser Versuch, wie andre Er- wägungen, auf die ich hier nicht weiter eingehen will, scheinen zu dem Schluß zu berechtigen, daß dem Stigma bei dem Prozeß der Licht- rezeption nicht die wesentlichste Bedeutung zukommt. Auch die Lage des Stigmas ist, wie ich beobachtete, nicht nur bei Pleodorina, sondern auch bei Pandorina, Eudorina und Volvox eine sehr auffallende. Daß das Stigma bei den Volvocaceen und Ohlamyclonionadinen nicht dicht an der Geißelbasis liegt, ist bekannt; aber wo dasselbe genauer liegt, ist bisher nicht näher angegeben worden. Ein Blick auf Fig. 1 zeigt, daß die Stigmen nicht, wie man vermuten sollte, an den Stellen der Zellen liegen, welche nach dem Vorderende der Kolonie zeigt, vielmehr liegen sie stets in einem gewissen Abstand hinter der Geißelbasis, sind also stets dem Licht abgewandt. Die Stigmen liegen in den einzelnen Zellen genau an den einander entsprechenden Stellen. Da aber die Zellen in dem ganzen Verband verschieden orientiert sind, indem die Geißeln jeweils senkrecht durch die kugelige Gallerthülle hindurchtreten und immer von der Stelle der Zelle entspringen, welche am nächsten der Oberfläche der Kolonie liegt, so kommen die Stigmen, wenn man die Pleodorina als Ganzes betrachtet, an verschiedenen Stellen zu liegen. Denkt man sich durch eine Kolonie fünf Ebenen gelegt, welche die Zellen eines jeden Kreises äquatorial halbieren, so findet man, daß alle Stigmen auf den südlichen Halbkugeln der Zellen liegen (den vorderen Pol der Kolonien als Nordpol angenommen). Diejenigen der vier vegeta- tiven Zellen liegen dicht am Äquator, die der vier hintersten propagati- ven Zellen ungefähr am Südpol und die Stigmen der übrigen Zellenkreise in den entsprechenden dazwischenliegenden Zonen. In welcher Weise diese Lageverhältnisse der Stigmen, die bei den übrigen Volvocaceen entsprechende sind, sich mit dem Lichtrezeptionsprozeß in Beziehung bringen lassen, läßt sich vorderhand nicht feststellen. Solange expe- rimentelle Untersuchungen noch ausstehen, wird man besser auf eine Erklärung verzichten. Irgend eine besondere Bedeutung muß den Stigmen jedenfalls zukommen, und daß sie in einer, wenn auch nicht direkten Beziehung zur Lichtperzeption stehen, dafür spricht auch ihre Über (1. Bau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensis Kofoid. 4G'> verschiedenartige Ausbildung innerhalb der Kolonie, nämlich ihre symmetrische Anordnung um die Längsachse der Kolonie und ihre zu- nehmende Grobe gegen (|as Vorderende. Das Verhalten der Stigmen bei der Teilung der /eilen soll in dem Abschnitt über die ungeschlecht- liche Fortpflanzung besprochen werden. Ebenso wie Volvos und viele andre Flagellaten ist Pleodorina auf eine bestimmte Lichtintensität abgestimmt. Eingehendere Untersu- chungen habe ich darüber nicht angestellt. Die Pleodorinen wurden in mäßig großen Kulturschalen gehalten, die in der Nähe eines Fensters standen, jedoch so, daß sie nie von direktem Sonnenlicht bestrahlt wurden. In diesen Gefäßen sammelten sich die Pleodorinen auf der dem Lieht zugekehrten Seite an, woraus hervorzugehen scheint, daß die Helligkeit auch hier noch für sie eine suboptimale war. Jede Zelle besitzt, wie bekannt, zwei Geißeln, wrelche getrennt durch die Gallert hülle treten und dicht bei einander entspringen. Kofoid bildet ein feines Basalkörperchen an der Basis jeder Geißel ab; es gelang mir nicht diese Elemente aufzufinden, womit ich aber ihre Existenz nicht bezweifeln will, da sie ja sonst bei den Flagellaten eine ziemlich all- gemein verbreitete ist. Bei Gonium konnte ich sie deutlich nachweisen und fand ferner, daß zwei feine Fäden (Rhizoplasten) von den Basal- körperchen bis zur Kernoberfläche zu verfolgen sind. Die beiden Geißeln von Pleodorina sind recht fein und konservieren sich schlecht. Ihre Länge beträgt nach Kofoid 40«. Wie ich vermuten möchte, be- stehen die Geißeln aus einem basalen, etwas festeren Teil und einem distalen sehr elastischen, denn ich sah wiederholt, daß noch ein kleines Basalstück der Geißel außerhalb der Gallerte nicht an der Bewegung beteiligt war (Fig. 3). Die distalen Teile der Geißeln sind ständig in so schneller Bewegung, daß sich die Art derselben nur schwer fest- stellen läßt. Soviel ich beobachten konnte, führen die Geißeln krei- sende Bewegungen aus. Aus der Summe der Schraubenbewegungen der Geißeln jeder einzelnen Zelle resultiert die Gesamtbewegung der Kolonie, welche eine um die Längsachse der Kolonie rotierende Vor- wärtsbewegung ist. Dabei bleibt unaufgeklärt, auf welche Weise die abwechselnden Rechts- und Linksdrehungen zustande kommen. Wahr- seheinlieh beruht sie doch auf der Rechts- bzw. Linksdrehung der Geißeln jeder Zelle. Weiter fragt es sich nun, ob tatsächlich alle Geißeln einer Kolonie im gleichen Sinn rotieren, darauf muß ich zunächst noch die Antwort schuldig bleiben. Betonen möchte ich jedoch, daß ich nie eine Rückwärtsbewegung der Pleodorinen beobachtete. Kofoid hat die Art der Fortbewegung von Pleodorina genauer untersucht und kam 464 Hugo Merton, zu dem Ergebnis, daß dabei die Rotationsbewegung von rechts nach links, und zwar um die Haupt- und Längsachse der Kolonie bedeutend über die umgekehrte Richtung prävaliert. Diese Bewegungsrichtung soll auch bei Pandorina und Eudorina die vorherrschende sein. Zum Schluß gedenke ich noch der contractilen Vacuolen. Kofoid «konnte sie nicht auffinden, und auch ich nahm anfänglich an, daß sie Pleodorina fehlten. Deutlich bemerkte ich sie zuerst an lebenden Teilungsstadien. Jede Zelle besitzt zwei Vacuolen, wie es für die Volvo- caceen die Regel ist. Sie liegen dicht unter der Oberfläche, ziemlich nahe der Geißelbasis, kontrahieren sich im allgemeinen alternierend, und zwar während der Periode der Teilungen in ziemlich kurzen Inter- vallen. Sofort nach jeder Teilung findet man in jeder Tochterzelle zwei Vacuolen (Fig. 19). Gut wahrzunehmen waren die contractilen Vacuolen sonst nur noch an ganz jungen Kolonien, sowie an solchen, deren Zellen gerade vor der ersten Teilung standen. Dagegen habe ich sie in mittelgroßen und erwachsenen Kolonien nie sicher auffinden können; ob sie hier überhaupt fehlen, oder ob sie infolge irgendwelcher Schwierigkeiten, wie wahrscheinlicher, nicht wahrzunehmen sind, bleibt dahingestellt. Ungeschlechtliche Vermehrung. Wie schon erwähnt wurde, gelang es nicht, die Pleodorinen längere Zeit zu züchten, infolgedessen vermochte ich auch nicht isolierte Exemplare zu verfolgen. Dagegen waren an den Kulturen doch einige Beobachtungen über die Lebensdauer der einzelnen Kolonien und ihre- ungeschlechtliche Vermehrung zu machen, die erwähnenswert er- scheinen. Den Abschluß einer Vegetationsperiode bildet bei den Volvo ca- ceen die Zygote. Nach der Copulation treten im Innern des Ver- schmelzungsproduktes Stoffumlagerungen auf und Reservestoffe werden aufgespeichert; nach außen umgibt sich die Zygote mit einer undurch- lässigen, derben Membran und kann in dem Ruhestadium, in welches sie damit eintritt, längere Zeit verbleiben. Die Zygoten sind die ein- zigen Dauerstadien, welche von den Volvocaceen bekannt sind und ihnen die Möglichkeit geben Zeiten zu überdauern, in welchen die für ihre Existenz und Entwicklung notwendigen Bedingungen fehlen. Pleodorina bildet ebenfalls Zygoten am Schluß einer Vegetations- periode. Gestalten sich die Existenzbedingungen minder günstig, so platzt die Zygote, ihr Inhalt tritt heraus und beginnt sich zu teilen und es entstehen Kolonien, die sich auf ungeschlechtlichem Wege Über <1. Bau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensis Kofoid. 465 vermehren. Dieser Vorgang wurde bisher nur bei Volvox beobachtet (Kirchner) ; man darf jedoch annehmen, daß er den übrigen Gattungen ebenfalls zukommt. Durchschnittlich «raren die Kolonien von Pleodorina in den Kul- turen auf dem gleichen EntwicHungsstadium; zu gleicher Zeit traten die einzelnen Kolonien in das Stadium der ungeschlechtlichen Ver- mehrung, und auch die Periode der geschlechtlichen Fortpflanzung fiel ungefähr in eine bestimmte Zeit. Dies gleichzeitige Auftreten der Vermehrungsvorgänge kann wohl nur daher rühren, daß die Zygoten, aus welchen sieh die Pleodorinen entwickelt haben, entweder zu gleicher Zeit >gekeim1 • haben, oder daß sich alle Pleodorinen in der Kultur von einer Zygote herleiteten. Die Dauer des Wachstums einer Kolonie währt ziemlich lange, und soweit ich das annähernd angeben kann, verstreichen fünf bis sechs Tage, bis eine Kolonie herangewachsen ist and sich zu erneuter Teilung anschickt. Diese verhältnismäßig lange Zeit, welche zwischen den einzelnen Teilungsperioden verstreicht, wird verständlich, wenn man bedenkt, daß in diesem Fall nicht wie bei der Zweiteilung eines einzelligen Individuums die Tochterzellen die Hälfte des Volumens des mütterlichen Organismus erhalten, sondern nur der 32. Teil einer Mutterkolonie zur Bildung einer Tochterkolonie verwandt wird. Mithin wird hier auch das Wachstum der einzelnen Zellen und damit der ganzen Kolonie bis zu völliger Entwicklung längere Zeit beanspruchen. Die Dauer des Wachstums einer Kolonie währt zu den verschie- denen Zeiten einer Vegetationsperiode auch verschieden lang, wie schon daraus hervorgeht, daß die in Teilung tretenden Zellen der Kolonien durchaus nicht zu allen Zeiten die gleiche Größe besitzen. Auch bei Pleodorina läßt sich, ebenso wie bei vielen Protozoen, eine mit der Häufigkeit der Teilungen geringe Abnahme des Volumens der ausge- bildeten Zellen nachweisen. Die Teilung der Zellen kündigt sich damit an, daß der Kern mit dem ihn umgebenden Plasma nach der Oberfläche der Zelle wan- dert (Fig. 14, 15), und zwar zur Geißelbasis. Auch an lebenden Zellen läßt sich dieser Vorgang gut beobachten, d. h. man kann erkennen, daß der Binnenkörper sich der Oberfläche der Zelle nähert, und indem das Chromatophor ihn nicht mehr allseitig umgibt, tritt er etwas deut- licher hervor. Den weiteren Vorgang der Kernteilung konnte ich nur an konserviertem Material feststellen. Die verschiedenen Bilder auf len Schnittserien habe ich in eine Reihenfolge gebracht, wie sie mir am plausibelsten zu sein schien, ohne sie jedoch als ganz sicher Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 30 466 Hugo Merton, anzusehen. Schon bevor der Kern seine Wanderung beginnt, scheint er etwas an Volumen zuzunehmen, dann rückt er an die Oberfläche, und hier vollziehen sich die weiteren Vorgänge. Der Binnenkörper, welcher bei ausgewachsenen Zellen immer eine kleine Vacuole enthält, wird nunmehr allmählich aufgelöst, was man daran sieht, daß die Vacuole immer größer wird. Weiterhin fand ich Kerne, in welchen der Binnen- körper sich in zwei gleiche Teile gespalten hatte, die einander gegen- über der Kernmembran ziemlich dicht anliegen (Fig. 16). Man könnte ja annehmen, daß diese Bilder auch den Schluß der Kernteilung vor- stellen; dagegen scheint aber zu sprechen, daß bei der Caryokinese der Kern sich meist in die Länge zieht (Fig. 21), worauf die Durch- schnürung eintritt. Auf Fig. 16 hat aber der Kern noch eine voll- kommen runde Form. Die beiden Teile des Binnenkörpers zerfallen dann weiter in kleinere Stücke (Fig. 17), indem sich kleinere Brocken von ihnen ablösen. In welcher Weise sich aus diesem Stadium die Spindelform bildet, kann ich nicht angeben. Wahrscheinlich vollzieht sich ihre Bildung wie der gesamte Verlauf der Kernteilung sehr schnell. denn obwohl ich sehr viele Kolonien, die in Teilung begriffen waren, konserviert habe, so waren darunter Kernteilungsbilder recht selten. Der weitere Vorgang der Kernteilung ist aus den Fig. 18, 21 und 30 zu ersehen. Die Kernmembran scheint auch hier während der Caryokinese erhalten zu bleiben (Fig. 30). Die Zahl der Chromoso- men konnte nicht sicher ermittelt werden; es scheinen etwa zwölf vorhanden zu sein, welche die Gestalt von dicken kurzen Stäbchen besitzen; sie färben sich mit Kernfarbstoffen sehr intensiv, mit der MALLORYschen Färbung dunkelblau. Diese Chromosomen liegen je einer der äußerst feinen Spindelfasern auf. Letztere vereinigen sich an den beiden Polen der Spindel; ein Centrosom ließ sich jedoch nicht nachweisen. Bei Volvox ist der Teilungsvorgang offenbar höher ent- wickelt, wenn Hartmanns Angabe zutrifft, daß hier Centrosomen vorhanden sind und die Chromosomen schleifenförmige Gestalt besitzen. Der Kernteilungsvorgang bei Pleodorina geht dann weiter, indem die Chromosomen sich teilen und die Teilprodukte nach den Polen der Spindel wandern (Fig. 21), um sich hier zusammenzuballen. Auf diesem Zeitpunkt beginnt auch die Zelle sich in der Mitte ringförmig einzu- schnüren, und kurz darauf sind beide Prozesse, die Zell- und die Kern- teilung, beendigt. Letzteres Stadium ist auf Fig. 20 wiedergegeben. Die Kerne liegen noch dicht nebeneinander, und die beiden neugebil- deten Binnenkörper auf den einander zugekehrten Kernseiten. Wie also aus diesem Stadium, und auch aus Fig. 19 zu ersehen ist, welche ein Über iL Hau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensis Kofoid. 467 Achtzellenstadium wiedergibt, treten die Kerne zwischen jeder Teilung in ein Ruhestadium ein Im morphologischen Teil habe ich schon darauf hingewiesen, daß die beiden contractilen Vacuolen während der Periode der un- geschlechtlichen Teilung besonders deutlich sind und sich in verhält- nismäßig kurzen Intervallen kontrahieren. Ich vermute, daß sich die- selben bei der Teilung der Zellen durchschnüren und nicht durch Neubildung entstehen; wenigstens sprechen verschiedene Bilder, die ich an fixiertem Material beobachtet habe, für diese Auffassung. Die Pyrenoide dagegen haben sich schon in der Mutterzelle, bevor die erste Teilung begonnen hat. vermehrt und verteilen sich in ungefähr gleicher Zahl auf die beiden Teilprodukte. Das Chromatophor wird bei jeder Zellteilung einfach halbiert. Bei Volvox findet, wie ich be- obachtete, auch während der Teilung der Zellen noch eine Teilung des Pyrenoids statt, wie das in Anbetracht der großen Zahl von Zellen, welche hier aus einer hervorgehen, auch kaum anders denkbar ist. Seine peripherische Lage behält der Kern durch alle weiteren Teilungen bei, so daß man in jeder Zelle einen hellen Pol von dem durch das Chromatophor grün gefärbten Zellleib unterscheiden kann. Durch die allmähliche Einkrümmung der plattenförmigen jungen Kolonie, welche schon auf dem Vierzellenstadium beginnt, erhalten die Zellen auf dem 16- und 32-Zellenstadium eine schwach birnförmige Gestalt, die namentlich an den in der Mitte der Platte liegenden Zellen stärker ausgeprägt ist. Der etwas spitzere Pol ist derjenige, in welchem der Kern liegt. Auf den Modus der Zellteilung als solchen will ich nur ganz kurz eingehen, denn einmal hat schon Kofoid etwas darüber berichtet und die verschiedenen Stadien der Kolonieentwicklung abgebildet, außerdem verläuft die Entwicklung ursprünglich ganz ebenso, wie sie für die übrigen Vulvocineen schon eingehend von verschiednen Autoren be- sehrieben wurden (s. < Joroshaxkix, Goebel, Bütschli, Klein u. a.). Wie bei der Mehrzahl der Flagellaten finden auch bei den Volvo- caeeen ausschließlich Längsteilungen statt. Die beiden ersten Teilungs- ebenen stehen senkrecht zu einander, und die Linie, in der sie sich schneiden ist die Hauptachse der Mutterzelle, die außerdem auch durch die Geißeln und die Anordnung der übrigen Organoide gekennzeichnet ist. Durch diese beiden .Schnittflächen wird die Mutterzelle in vier Zellen geteilt, die jedoch nicht genau in einer Ebene liegen, sondern eine schon ganz schwach gekrümmte Scheibe bilden. Durch die nun folgende Teilung der vier Zellen entsteht das bekannte Kreuz, welches 30* 468 Hugo Merton, bei allen kugelförmigen Volvocaceen in gleicher Weise hervortritt. Es wird dadurch charakterisiert, daß vier Zellen bis zum Centrum der Zellplatte reichen, während die andern vier nicht so weit reichen und die Ecken zwischen den Kreuzzellen ausfüllen (Fig. 19). Das 16-Zellen- stadium (Fig. 34a u. b) kommt dadurch zustande, daß einmal die vier Kreuzzellen sich durch pericline Wände in vier centrale und vier peri- phere Zellen teilen, während die Eckzellen sich durch anticline Wände in je zwei Zellen teilen. Daß die Teilungsebene je einer Eckzelle mit der Teilungsebene der benachbarten Kreuzzelle gleichläuft, wie es Goroshankin für Eudorina angibt, konnte ich nicht beobachten. Leider hatte ich zu selten Gelegenheit bei Pleodorina die Ent- stehung des 32-Zellenstadiums (Fig. 35a u. b) zu beobachten, als daß ich damit die Angaben Goroshankins und Goebels für Eudorina näher vergleichen könnte. Nach diesen Autoren entsteht das 32-Zellen- stadium, nicht, wie man erwarten möchte, durch Teilung aller Zellen des 16 Zellenstadiums; vielmehr so, daß sich die vier centralen Zellen unverändert erhalten, die vier Eckzellen (d. h. die äußere Teilzelle der beiden ursprünglichen Eckzellen des 16-Zellenstadiums) sich in je drei Zellen und die acht Eandzellen, welche zu je zwei zwischen den Eckzellen liegen, sich zu 16 teilen. Auf diesem etwas komplizierten Wege soll das 32-Zellenstadium zustande kommen (s. Bütschli S. 773 ff.). Wenn die Bildung des 32-Zellenstadiums auf diesem Wege vor sich geht, die Zahl der Teilungen für die Zellen des Hi-Zellenstadiums also eine verschiedene ist, schließlich aber 32 gleichgroße Zellen aus der Teilung hervorgehen, so bliebe nur die Möglichkeit, daß die Zellen des 16-Zellenstadiums ver- schieden groß sein müßten, je nachdem sie ungeteilt bleiben, sich in zwei oder drei Zellen spalten. Bei Pleodorina ist das nun durchaus nicht der Fall; sowohl die Zellen des 16- als auch des 32-Zellenstadiums sind sämtlich annähernd gleich groß und auch bei der Tochterkolonie, welche sich schon kugelförmig geschlossen hat, sind alle Zellen gleich groß. An letzteren ist also auch noch kein Größenunterschied zwischen propagativen und vegetativen Zellen ausgeprägt. Ich möchte nach meinen Beobachtungen noch kein endgültiges Urteil über die Ent- stehung des 32-Zellenstadiums abgeben und muß die Frage daher vorerst offen lassen. Vielleicht daß gerade die inneren oder auch die äußeren Vorgänge bei dieser letzten Teilungsfolge es verständlich machen könnten, wie die Bildung der vier vegetativen Zellen zu verstehen ist. Wie ich feststellen konnte, sind es die vier centralen Zellen der 32-Zellenplatte aus welchen die vegetativen Zellen hervorgehen (Fig. 35a die vier mit * versehenen Zellen); dies ließ sich folgendermaßen fest- Über (1. Bau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensia Kofoid. 461) stellen. Ich komme damit zugleich aoch auf einige Vorgänge während des Zellteilungsprozesses zu sprechen. Wie schon Kofoid nachwies, gehl das Stigma bei der Zellteilung immer auf eine der Tochterzellen über. Es teilt sieh nicht und wird zunächst in den Zellen auch nicht neu gebildet. Auf dem Mi- oder 32-Zellenstadium fand ich, daß es fast ausnahmslos in einer der Randzellen der Zellenplatte liegt, und wenn sich dann die Zellenplatte immer stärker wölbt, bis sie sich schließlich zur Hohlkugel schließt, dann liegt das ursprüngliche Stigma an dem Pol, welcher der Oberfläche der Mutterkolonie zugewandt ist (Textfiu. 1 u. 2), und das ist zugleich auch die Stelle, wo die Blase 2. Textfig. 1. Textfig. 2. 12-Zellenstadium von Pleodorina: l, offen; -, gesi-hlossen. sich geschlossen hat. Wie sich gleich ergeben wird, ist der Verschluß- pol der hintere Pol der Tochterkolonie, und demnach müssen also die vegetativen Zellen am entgegengesetzten Pol liegen, und zwar liegen da die vier centralen Zellen der .'L'-Zellenplatte. Die Pleodorinen behalten ihre Beweglichkeit bis zu dem Augen- blick, in welchem die Tochterkolonien aus der mütterlichen Hülle aus- treten. Daraus geht hervor, daß die Geißeln der Mutterzellen bis zu diesem Moment erhalten bleiben müssen, was tatsächlich zutrifft. Ebenso wie da- Stigma immer einer Zelle verbleibt, so gilt das auch für die Geißeln. Es scheint sogar meist dieselbe Zelle zu sein, welche das mütterliche Stigma und die Geißeln besitzt. Allerdings läßt sich das nur selten sicher feststellen, denn die Geißeln sind sehr fein und ihr Verlauf in der >> Bruthöhle << , wie ich den Hohlraum bezeichnen will, in welcher die Tochterkolonie ausgebildet wird, ist oft nicht mit •470 Hugo Merton, Sicherheit zu erkennen. Die »Bruthöhle« ist einfach die etwas er- weiterte Höhle der centralen Gallerte, welche ursprünglich von der Mutterzelle ganz ausgefüllt wurde. Schon nach der ersten Teilung ent- steht in der ersten Teilebene eine kleine Lücke zwischen den Tochter- zellen und der Gallerte, welche sich mit zunehmender Teilung immer mehr vergrößert, indem auch gleichzeitig der ganze Raum sich er- weitert, so daß schließlich die Tochterkolonie frei in der Bruthöhle schwebt, aufgehängt an den beiden Geißeln der Mutterzelle, welche jetzt nur einer der Tochterzellen angehören. Die Tochterkolonien können sich also nicht, wie angegeben worden ist, frei in der mütter- lichen Gallerte herumbewegen, sondern sie sind in ihrer Bruthöhle und durch die Geißeln an eine bestimmte Stelle in der Mutterkolonie fixiert; die Tochterkolonien können aber in der Bruthöhle selbst, wenn sie ihre eignen Geißeln ausgebildet haben, hin und herpendelnde Bewe- gungen machen. Wenn wir bei Volvox die Entstehung einer »Parthenogonidie« verfolgen, so finden wir, daß sie schon auf dem Vierzellenstadium zu einer etwas gekrümmten Platte sich entwickelt, auf dem Acht- und 16-Zellenstadium die Einkrümmung ausgeprägter wird; wenn man die Volvox-Kolomen auf diesen Stadien im Querschnitt betrachtet, so be- merkt man, daß die Schicht der vegetativen Zellen an den Stellen, wo eine Tochterkolonie entsteht, sich etwas eingestülpt hat. Die Ausbildung der Tochterkolonien (Textfig. 1 u. 2) vollzieht sich bei Pleodorina ungefähr auf die gleiche Weise ; es fehlt hier eben die große Anzahl vegetativer Zellen, wodurch bei Volvox das Bild einer Invagi- nation zustande kommt. Aber die sich entwickelnden Tochterkolonien sind alle so orientiert, daß sie mit der Öffnung ihrer Grube der Ober- fläche der Kolonie zugekehrt sind. Und genau dasselbe gilt, wie wir unten sehen werden, für die Microgametocyten. Es wurde schon oben erwähnt, daß die einzelnen Zellen einer Zellenplatte mit ihrem hellen Pol der Oberfläche der Mutterkolonie zugekehrt sind. In diesem ungefärbten Teil der Zelle liegt der Kern, im entgegengesetzten das Chromatophor mit dem Pyrenoid. Kurz nach- dem sich nun die Zellenplatte zur Kugel geschlossen hat, findet in jeder Zelle eine Umlagerung der Elemente statt, denn bald darauf finden wir, daß der helle Pol nicht dem Hohlraum der Tochterblase zugekehrt ist, sondern nach außen zu gerichtet ist (Fig. 5). Ent- sprechend findet man auf den Schnitten, daß nun das Pyrenoid in jeder Zelle in dem inneren und der Kern in dem äußeren Teil der Zellen liegt (Fig. 23). Über d. Bau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensis Kofoid. 471 Das Stadium, auf welchem die Zellen der Tochterkolonie dicht- gedrängt nebeneinander liegen und eine kugelförmige Blase bilden, wahrt nur ganz kurze Zeit. Bald vergrößert sieh die Blase etwas, die einzelnen Zellen runden sich alt, und zwischen ihnen tritt Gallerte auf, welche auch eine Hülle um die Tochterkolonie bildet. Auf diesem Stadium nimmt die junge Kolonie dann bald ihre definitive eiförmige restall an. Kurz nach dem sich die Tochterblase geschlossen hat, spitzen sich die hellen, nach außen gerichteten Pole der Zellen etwas zu. und zwei feine glashelle Stäbchen werden aus ihnen gleichsam herausgeschoben. So entstellen die Geißeln, die, nachdem sie eine gewisse Länge erreicht haben, langsam hin und her pendelnde Bewegungen machen. Erst zu dieser Zeit treten in den Zellen die Stigmen auf, und ihre Lage in den Zellen bildet ein weiteres Merkmal dafür, welcher Pol der vor- dere der Tochterkolonie wird. Diese typische Anordnung der Stigmen (worauf im morphologischen Teil eingegangen wurde) läßt feststellen, daß der vordere Pol der Tochterkolonie dem Centrum der Mutter- kolonie zugekehrt ist (Fig. 5). Die Unterschiede in der Größe der Stigmen sind auf diesem Stadium zwar noch ganz minimal. Während dieser Periode, die am lebenden beobachtet wurde, finden zweifellos auch im Kern verschiedene Vorgänge statt, welche zum Teil mit der Bildung der Geißeln in Zusammenhang stehen dürf- ten. Wegen der außerordentlichen Kleinheit des Objektes war es mir trotz eifrigen Bemühens nicht möglich diese Vorgänge aufzuklären. Ich muß mich hier darauf beschränken auf die Fig. 23 — 27 zu ver- weisen. Vielleicht werden sich diese Bilder durch die Kenntnis der Vorgänge bei geeigneteren Objekten später verstehen lassen. Zu diesen Figuren sei nur kurz folgendes bemerkt. Das Netzwerk in den Zellen (Fig. 23) habe ich nur in ganz wenigen Fällen mit der Heidenhain- schen Eisenhämatoxylinmethode nachweisen können. Die Fig. 24 u. 25 beziehen sich auf Tochterkolonien, die noch nicht ausgeschlüpft waren, und ich vermute, daß die verschiedenen Kernbilder mit der Bildung der Geißeln (bzw. der Entstehung der Blepharoplasten) in Zusammenhang zu bringen sind. Die Fig. 20 u. 27 stammen von jungen freilebenden Tochterkolonien, wo der Kern noch seine exzen- trische Bage hat und die chromatinhaltigen Elemente noch nicht zu einem einheitlichen Binnenkörper zusammengetreten sind. Erst nach- dem die Zellen einen ungefähren Durchmesser von '.• u erreicht haben, findet man in dem Kern den für die ausgebildeten Zellen tvpischen Binnenkörper, worauf der Kern bald in das ( lentrum der Zelle wandert. 472 Hugo Merton, Geschlechtliche Fortpflanzung. Wie wir aus den Untersuchungen Kleins wissen, können die beiderlei Sexualprodukte bei Volvox sowohl in ein und derselben, als auch in verschiedenen Kolonien ausgebildet werden. Bei Eudorina gibt es nur getrenntgeschlechtliche Kolonien, d. h. solche, deren sämtliche generative Zellen entweder nur Ei- oder Samenmutterzellen werden. Im Jahre 1858 hat Carter eine Eudorina beschrieben, deren vier vordere Polzellen sich zu Spermatozoenplatten ausbilden, während die 28 übrigen Zellen der Kolonie zu Eizellen wurden. Diese Beobach- tung wurde seitdem nicht bestätigt. Ich erwähne sie hier, weil man vielleicht vermuten möchte, daß dieser Fall auch für Pleodorina zu- treffen könnte, daß sich nämlich aus den vier kleinern Polzellen Sperma- tozoon, aus den übrigen Eizellen entwickelten. Wie jedoch die Unter- suchung der geschlechtlichen Kolonien von Pleodorina ergibt, trifft dieses Verhalten hier nicht zu. Zunächst sei hervorgehoben, daß die vier kleineren vorderen Zellen von Pleodorina auch bei der geschlechtlichen Fortpflanzung ihre vege- tative Funktion beibehalten. Nachdem die Microgameten ausge- schwärmt sind, sinkt die Gallerthülle mit den vier vegetativen Zellen zu Boden. Das gleiche galt für die weiblichen Kolonien, die Gallert- hülle mit den 28 befruchteten Eiern, welche sich zu Zygoten umbilden, zerfällt dann, und die vegetativen Zellen sterben ab. Über die geschlechtliche Fortpflanzung bei Pleodorina kann ich mich ganz kurz fassen, denn abgesehen von dem eben erwähnten Ver- halten der vorderen Zellen, scheinen die Verhältnisse genau dieselben zu sein wie bei Eudorina. Auch bei Pleodorina gibt es männliche und weibliche Kolonien. Die letzteren unterscheiden sich kaum merk- bar von den ausgewachsenen ungeschlechtlichen Kolonien, nur daß die Eizellen (Macrogameten) vielleicht eine Spur größer werden, als die propagativen Zellen der ungeschlechtlichen Kolonien. Ob vor der Copulation ein Reifungsprozeß an den Macrogameten sich vollzieht, möchte ich bezweifeln. Alle Eizellen, die ich daraufhin untersuchte, zeigten keinerlei Veränderung des Kernes. Derselbe lag, genau wie bei den propagativen Zellen der ungeschlechtlichen Kolonien, im Centrum der Zellen. Der Verlauf der Kernteilung bei der Bildung der Microgameten entspricht völlig dem, was oben bei der ungeschlechtlichen Vermehrung beschrieben wurde. Das ergibt sich auch aus den Kernbildern der Figuren 31 u. 33; Fig. 31 stellt eine Microgametocyte vor der ersten Ober d. Bau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensis Kofoid. 473 Teilung dar. Auf Fig. •">•"> sieht man rechts eine Microgametocyte, auf dem Zweizellenstadium; die Kerne haben sich schon zu Spindeln um- gebildel und schicken sich zu erneuter Teilung an. Auch bei der Bildung drv Microgameten treten die Kerne zwischen jeder Teilung in ein Ruhestadium ein. Aus einer Microgametocyte entstehen (> 1 oder 128 Microgameten; letzteres scheint häufiger der Fall zu sein. Sie sind immer zu einer Platte angeordnet, die mehr oder weniger stark gebogen ist, indem ihre Wölbung gegen das ('entrinn der Kolonie gekehrt ist, genau so wie das oben für die ungeschlechtlichen offenen 32-Zellenstadien beschrieben wurde. Die Verteilung der Organoide in den einzelnen Microgameten ist so, daß in dem Teil, der der Höhlung der Platte zugekehrt ist, das Chromatophor liegt (Fig. G), welches hier eine gelblichgrüne Farbe be- sitzt. Das Chromatophor nimmt etwa die Hälfte des Volumens des Microgameten ein und enthält ein Pyrenoid (Fig. 33). Die andre Zellhälfte ist hell und durchsichtig; hier liegt der Kern, in welchem 3 — 5 Cnromatinkörner zu sehen sind (Fig. 32, 33). An der Spitze des hellen Poles oder nahe demselben liegt das kleine Stigma, und dicht dabei entspringen die beiden Geißeln der Microgameten (Fig. 2). An ihr Grenze der gefärbten und ungefärbten Hälfte liegen einige Körn- chen, die wahrscheinlich zu den » roten Körnchen << gehören. Nachdem sich die .Microgameten aus der Platte losgelöst haben, scheint sich die Lage der einzelnen Elemente etwas zu verändern. Genau so wie bei der ungeschlechtlichen Vermehrung gehen das Stigma und beide Geißeln der Microgametocyte auf einen Microgameten (Fig. 2 u. 6) der Mutterzelle über, an welchen in diesem Fall die ganze Microgameten platte aufgehängt ist. Infolge der Geißelbewegungen jedes Microgameten flottiert die ganze Zellenplatte in der Mutterkolo- nie bin und her. Das 32-Zellenstadium. welches auf Fig. 6 abgebildet ist. und dessen Microgameten ganz normal ausgebildet sind, stammte aus eine,- Kultur, die ich schon mehrere Tage lang in einer Schale ge- halten hatte. Ob derartige Zahlendifferenzen von 32 — 128 Microga- meten auch unter normalen Bedingungen existieren können, muß ich dahingestelll sein lassen. Sind die Microgameten voll ausgebildet, so verlassen die ganzen Platten die mütterliche Hülle, schwimmen herum und heften sich schließlich an einer weihlichen Kolonie an. Nunmehr lösen sich die einzelnen Microgameten aus dem Verband los, dringen in die Gallerte der weihlichen Kolonie ein- und bewegen sich tastend in dersel- ben herum. Haben sie eine Eizelle erreicht, so kriechen sie noch 474 Hugo Merton, längere Zeit auf deren Oberfläche herum, worauf erst die Copulation eintritt. Bald nach der Befruchtung beginnt sich die Eizelle zur Zygote umzubilden. Die dunkelgrüne Farbe des Chromatophors schwindet zusehends, die Zelle wird bald hellgelb, und wenn die Zygote fertig ausgebildet ist, so hat sie eine gelbbraune Farbe. Gleichzeitig mit diesem Farbenwechsel scheidet die befruchtete Eizelle eine Membran aus, welche in wenigen Tagen eine ziemliche Stärke erreicht; sie ist an ihrer Oberfläche ganz glatt. Von der Undurchlässigkeit dieser Hülle bekam ich dadurch eine Vorstellung, daß es mir nicht gelungen ist, den Inhalt der Zygoten, wenn dieselben nicht angeschnitten waren, zu färben. Auf einem Schnitt durch eine Zygote sieht man, daß gleichzeitig mit den Veränderungen, die in dem Chromatophor stattgefunden haben, auch die Pyrenoide ihre Gestalt verändern. In den Eizellen hatten sie, ebenso wie in den propagativen Zellen der ungeschlechtlichen Kolonien eine kugelige Form. Nunmehr sind sie größer geworden, haben eckige Umrisse und die sie umgebende helle Zone, welche von der nicht färbbaren Stärkehülle ausgefüllt wird, hat sich bedeutend verbreitert (Fig. 28). Das ganze Plasma hat ein vacuoläres Aussehen, und demselben sind fetthaltige Reservestoffe eingelagert. Der Kern der Zygoten ist verhältnismäßig klein; in seinem Bau zeigt er keine wesentlichen Veränderungen. Zum Schluß dieser Arbeit spreche ich meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Bütschli, für die wertvolle Anregung und liebens- würdige Teilnahme meinen herzlichen Dank aus. Ebenso erlaube ich mir, Herrn Prof. Schuberg für seine vielfache freundliche Hilfe meinen besten Dank abzustatten. Heidelberg, Oktober 1907. Literaturverzeichnis, 83 — 87. 0. Bütschli, Mastigophora. Bronns Ordnungen und Klassen des Tierreichs. I. 2. Abt. 90. — Über den Bau der Bakterien u. verw. Organismen. Leipzig 1890. 96. — Weitere Ausführungen über den Bau der Bakterien und Cyanophyceen. 02. — Bemerkungen über Cyanophyceen und Bakteriaceen. Arch. f. Pro- tistenk. Bd. II. S. 41—59. Über d. Bau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensis Kofoid. 475 58. H. J. Carter, Od Fecundation in Eudorina elegans and Cryptoglena. Ann. mag. nat. bist. Bd. II. S. 237—253. 94. <;. Clinton, Pleodorina in Illinois. Botan. Gazette. Bd. XIX. S. 383. 75. F. Cohn, Die Knt Wicklungsgeschichte der Gattung Volvox. Festschr. /.. GöPPERTS 50 jährig. Doktorjubiläum. Breslau. 95. O.E. Dill. Di.- Gattung Chlamydomonas und ihre nächsten Verwandten. Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XXVIII. S2. Tu. VY. Engelmann, Über Licht und Farbenperception niederster Orga- nismen. Pflüg. Anh. f. d. ges. Physiol. Bd. XXIX. S. 387. S2. K. Coebel. Grundzüge der Systematik und speziellen Pflanzenmorphologie. 90. Goboshankin, Beitrage zur Kenntnis der Morphologie und Systematik der Chlamydomonaden. I. Chlamydomonas Braunii (Gorosh.). 91. — Desgl. Chlamydomonas Rcinhardi (Dangeard) und seine Verwandten. 75. — Genesis im Typus der palmellenartigen Algen. Mitt. d. Kais. Ges. naturf. Freunde in Moskau. (»4. M. Habtmann, Die Fortpflanzungsweisen der Organismen, Xeubenennung und Einteilung derselben, erläutert an Protozoen, Volvocineen und Dicyemiden. Biol. Centralbl. Bd. XXIV. 1904. 79. O. KIRCHNER, Zur Entwicklungsgeschichte von Volvox minor (Stein). Cohns Beitr. zur Biologie der Pflanzen. Bd. III. Heft 1. S. 99 ff . 92. G. Klebs, Flagellatenstudien. Diese Zeitschr. Bd. LV. S. 265— 445. 89. G. Klein". Morphologische und biologische Studien über die Gattung Volvox. Pringsheims Jahrb. f. wiss. Bot. Bd. XX. 2. 90. — Vergl. Untersuchungen über Morphologie und Biologie der Fortpflan- zung bei der Gattung Volvox. Ber. d. naturf. Ges. Freiburg i. B. Bd. V. 1. 95. C. A. Kofoid. Art. V. Plancton Studies. IL On Pleodorina illinoisensis, a neu species of the plancton from the Illinois Rivers. Bull. Illinois Si ' Labor. Nat. Mist. Bd. V. S. 273— 293. 99. — Art. IX. Plancton Studies. III. On Platydorina, a new genus of the familv Volvocidae, from the Plancton of the Illinois-River. Bull. Illinois River State Labor of Xat. Hast. Bd. V. 96. R. Lauterborn, Int ersuchungen über Bau. Kernteilung und Bewegung der Diatomeen. Leipzig. 04. — Beitr. zur Fauna und Flora des Oberrheins und seiner Umgebung. IL Faunist. und biolog. Notizen. Mitt. d. Polichia. Naturw. Verein. d. Rheinpfalz. Jahrg. 1904. S. 65. 04. A. .Meyer. Orientierende Untersuchungen über Verbreitung, Morphologie und ( liemie des Yolutins. 94. D. M. MOTTEBB, Pleodorina in Indiana. Botan. Gazette. Bd. XIX. S. 383. 04. F. Oltmanns. .Morphologie und Biologie der Algen. Jena 1904. 93. W. Schmtdle, Über den Bau und die Entwicklung von Chlamydomonas Kleinii n. sp. 82. Fr. Schmitz, Die Chromatophoren der Algen. Bonn. 94. W. R. Shaw. Pleodorina a new genus of the Vnlvocineae. Botan. Gazette. Bd. XIX. S. 279- 283. 05. H. SCHUBOTZ, Beiträge zur Kenntnis der Amoeba blattae (Bütschli) und Amoeba Proteus. (Pall). Arch. f. Protistenkunde Bd. III. S. 1— 46. 476 Hugo Merton, Erklärung der Abbildungen. Gemeinsame Bezeichnungen. bk, Binnenkörper; n, Kern; ehr, Chroniatophor; pyr, Pyrenoid; chs, Chromosom; rk, rote Körnchen; ctp, Cytoplasma; sp, Kernspindel; g, Geißel; st, Stigma; gl, Gallerte; sth, Stärkehülle; glh, Gallerthülle; vk, contractile Vacuole; km, Kernmembran; s, Zygote; met, Microgametocyt ; zp, propagative Zelle; mik, Microgamet ; zv, vegetative Zelle. Tafel XXVII. Nach lebenden Präparaten gezeichnet. Fig. 1. Ausgewachsene Kolonie. Vergr. 640. Fig. 2. Microgametocyte von der Fläche gesehen (64-Zellenstadiuni). Vergr. etwa 1500. Fig. 3. Propagative Zelle. Vergr. 1500. Fig. 3a. Stigma bei noch stärkerer Vergrößerung. Fig. 4. Vegetative Zelle. Vergr. 1500. Fig. 5. Junge Tochterkolonie, die noch von der mütterlichen Gallerte umgeben ist. Vergr. 1500. Fig. 6. Microgametocyte von der Seite gesehen, aus 32 Zellen bestehend. Vergr. 1500. Tafel XXVIII. Nach konservierten Total- und Schnittpräparaten gezeichnet (ausseid. Fig. 11, 34 u. 35). Vergr. 1500. Fig. 7. Schnitt durch eine propagative Zelle. Verschiedene feine cyto- plasmatische Fäden treten bis an die Peripherie der Zelle. Der nach oben gerich- tete stärkere Strang ist der Plasmahals, welcher stets nach der Oberfläche der Kolonie zu gerichtet ist. Sublimat-Essigs. Weigerts Eisenhämatoxylin. Fig. 8. Desgl. Sublimat-Essigs. MALLORYsche Färbung. Fig. 9. Desgl. Die lamellöse Anordnung des Chromatophors ist deut- lich zu sehen. 1/2%ige Osmiumsäure, MALLORYsche Färbung. Fig. 10. Desgl. Oberflächlicher Schnitt. V2%ige Osmiumsäure, Mal- LORYsche Färbung. Fig. 11. Propagative Zelle, nach dem Leben gezeichnet. Die roten Körn- chen (rk) sind mit Neutralrot dargestellt worden. Fig. 12. Desgl. mit Sublimat-Essigs, fixiert. Die roten Körnchen mit DELA^iELDschem Hämatoxylin gefärbt. Fig. 13 a — c. Drei Zellen von in Sublimat-Essigs, konserviertem Material in Wasser betrachtet. Du t (I. Bau u. die Fortpflanzung von Pleodorina illinoisensis Kofoid. 477 Fig. II. Propagative Zelle; die Zelle bereitel sich zur Teilung vor und der Kern linkt an die Oberfläche. Sublimat-Essigs. Hämalaun. Fig. I">. Desgl. Sublimat-Essigs. Eämalaun. Fig. 1<>. Schnitt durch zwei Zellen eines Vierzellenstadiums. Jede Zelle enthält zwei Binnenkörper. Sublimat-Essigs. Hämalaun. Fig. 17. Desgl. her Binnenkörper zerfällt in kleine Stücke. Sublimat- Essigs. MALLORYsche Färbung. Fig. 18. Vierzellenstadium, Flächenschnitt. Jede Zelle befindet sieh auf dem Stadium der Caryokinese. Sublimat-Essigs. M \u.oRYsche Färbung. Fig. 1!'. Ächtzellenstadium; die contractilen Vacuolen sind zum Teil nach den Beobachtungen an lebenden Teilungsstadien eingezeichnet. Sublimat- Essigs. Hämalaun. Fig. 20. Zwei Zellen kurz naeli der Teilung. Die Binnenkörper liegen an den einander zugekehrten Seiten der beiden Kerne. Sublimat-Essigs. Hämalaun. Fig. 21. Drei Zellen eines 16-ZeUenstadiums in Teilung begriffen. Su- blimat-Essigs. MALLORYsche Färbung. Fig. 22. Drei Zillen eines 16-Zellenstadiums. Das Chrornatin der Kerne isl netzförmig angeordnet. Sublimat-Essigs. MalloryscIic Färbung. Fig. 2.'». Querschnitt durch eine junge Tochterkolonie. In jeder der Zellen ist ein fädiges Netzwerk sichtbar. Sublimat-Essigs. Eisenhämatoxylin nach Heidenhain. Fig. 24. Stück einer Tochterkolonie, die noch nicht ausgeschlüpft ist (Totalpräparat). Sublimat-Essigs. Delaeields Hämatoxylin. Fig. 2ö. Schnitte durch Zellen einer eben gebildeten Tochterkolonie; Kerne in verschiedenen Stadien. Sublimat-Essigs. DelaeieldscIics Hämatoxylin. Fig. 2<> u. 27. Stück einer freilebenden Tochterkolonie. Sublimat-Essigs. Eämatoxylin. (Fig. 26 ist aus einem Totalpräparat, Fig. 27 aus einem Schnitt.) Fig. 28. Schnitt durch eine Zygote. Sublimat -Essigs. MALLORYsche Färbung. Fig. 29. Zygote in toto. Die oberflächliche Hülle besteht aus Gallerte. Sublimat-Essigs. M LLLORYSche Färbung. Fig. 30. Kernteilungsfigur; die erste Teilung aus einer ungeschlechtlichen Teilungsserie. Vergr. ungefähr 2000. Sublimat-Essigs. MALLORYsche Färbung. Fig. 31. Spermatocyte vor der ersten Teilung. Sublimat-Essigs. .Mallory- sche Färbung. Fig. 32. Fertig ausgebildete Spermatocyte, aus 128 Zellen bestehend. Sublm DELAXTELDsches Eämotoxylin. Fig. •';.'!. Schnitt durch eine Kolonie mit Spermatocyten verschiedener Stadien. Sublimat-Essigs. MALLORYsche Färbung. Fig. :54 a und b. L6-Zellenstadium nach dem lebenden gezeichnet, a, von oben. b. von der Seite gesehen. :;.".<{ und V 32-Zellenstadium. Desgl. wie in Fig. 34. Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. Von Dr. Nicolai Kassianow. (Aus dem zoologischen Institut zu Heidelberg,) Mit Tafel XXIX— XXXI und 2 Figuren im Text. Inhalt. Seite I. Einleitung. Methoden 479 II. Übersicht der früheren Beobachtungen über das Nervensystem der Octocorallia 482 III. Ectoderm 489 A. Tentakel 489 Form der Tentakel. Orale und aborale Fläche 489 Orale Fläche. Bau des Ectoderms 489 Deckzellen 490 Nesselzellen 491 Drüsenzellen 491 Muskelzellen 492 Nervenfaserschicht 492 Ganglienzellen 494 Sinneszellen 496 Beziehungen der Sinneszellen zu den Nesselzellen .... 496 Aborale Fläche der Tentakel 498 Tentakelfiederchen 500 B. Mundscheibe 501 Vergleich des Ectoderms der Mundscheibe mit dem der Tentakel 501 Nervenfaserschicht auf Schnitten 501 Nervenfasern und Ganglienzellen auf Macerationsprä- paraten 501 Verteilung der Nervenzellen 502 Erklärung der Verteilungsart der Nervenelemente auf der Mundscheibe 507 H Schlundrohr 510 Die Form seiner typischen Zellen 510 Drüsenzellen 511 Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 479 Seite Nervenschicht 512 Nervenfasern und Ganglienzellen auf Macerationsprärapaten 512 Über die nervöse Natur der Schlundrohrzellen 513 l>ie Btärkere Entwicklung der Nervenschicht längs der An- heftungslinie der Septen 513 Die Entwicklung der Nervenschicht im unteren Teil des Schlundrohres 513 Siphonoglyphe 514 Beziehungen der Nervenschicht des Schlundrohres zu der der .Mundscheibe 515 Erklärung der Verteilungsart der Nervenzellen im Schlund- rohrepithel und die Verteilung der Muskelfasern auf den Septen 515 D. Mauerblatt 519 Mauerblattectoderm auf den Macerationspräparaten . . . 519 Deckzellen 520 Nesselzellen 520 Zellen mit feinen Fortsätzen 520 Die Natur der Zellen mit feinen Fortsätzen 521 Mangel der Nervenschieht im Mauerblattectoderm . . . 522 E. Ectoderm des Cönosarks und die Frage nach dem kolonialen Nervensystem 522 IV. Die Gallerte und die Gallertzellen 524 V. Entoderm und das entodermale Nervensystem 527 Charakter der Entodermzellen 527 (Janjrlienzellen zwischen den Muskelfasern der Septen . . 528 Anordnung der entodermalen Muskulatur 528 VI. Gastralfila. nente 529 VII. Zusammenstellung der gewonnenen Resultate 530 Benutzte Literatur 532 Tafelerklärung 533 I. Einleitung. Auf Vorschlag (\*'< Herrn Prof. 0. Bütschli habe ich im Jahre 1902 begonnen, die Frage über das Nervensystem der OctocoraUia zu unter- suchen. Die Arbeit wurde im zoologischen Institut zu Heidelberg an- gefangen und auch zum großen Teil ausgeführt; weitergeführt habe ich sie auf den biologischen Anstalten zu Triest, Bergen und Ville- franche, wo auch das Material gesammelt wurde; der Abschluß ge- schah endlich in dem vergleichend-anatomischen Institut zu Moskau. Als -Material dienten mir hauptsächlich Alcyonium dujitatum L. und pabnatum Pall.. besonders die erstere Art; weshalb die Beschreibung überall, wo nicht ausdrücklich Alcyonium palmatum genannt wird, sich auf Alcyonium digüatum bezieht. Schon im Juli 1903 habe ich in 480 Nicolai Kassianow, Bergens Museums Aar bog einige damals gewonnene Tatsachen, welche zugleich den Hauptteil meiner Befunde bilden, als vorläufige Mitteilung publiziert. Die Umstände haben es mir, zu meinem Bedauern, nicht erlaubt, die Frage über das Nervensystem so weit zu lösen, als ich wünschte ; vor allem muß ich das interessante Problem, ob der ganze Alcyo- narienstock in nervöser Beziehung etwas Einheitliches darstellt oder nicht, einstweilen offen lassen. Ich veröffentliche aber dessen unge- achtet die Ergebnisse in dem Stadium, in welchem sie sich zurzeit be- finden, in der Hoffnung, daß die an den einzelnen Polypen erzielten Befunde weitere Untersuchungen, welche die Frage nach dem kolo- nialen Nervensystem des Alcyonarienstocks endgültig entscheiden können, wenigstens erleichtern werden. Ich fühle mich zu besonderem Dank allen denen verpflichtet, welche mir bei dieser /.rbeit auf eine oder die andre Weise geholfen haben; in erster Linie ergreife ich die Gelegenheit, Herrn Prof. 0. Bütschli, welcher mich auf dies Thema aufmerksam gemacht und der sich meiner zoologischen Studien so gütig angenommen hat, meinen tiefgefühlten Dank auszusprechen. Der größten Liebenswürdigkeit und des freundlichsten Entgegen- kommens erfreute ich mich seitens der Vorsteher der biologischen An- stalten von Triest, Bergen und Villefranche, der Herren Prof. Cori, Davidoff und 0. Nordgaard, welche alles taten, um mir das nötige Material zu verschaffen und meine Arbeit zu fördern; sie haben mich dadurch zu aufrichtigstem Danke verpflichtet. Es ist ferner für mich eine angenehme Pflicht, auch Herrn Prof. Mensbier meinen innigsten Dank auszusprechen für die liebenswürdige Erlaubnis, die Arbeit in seinem Institut zu Ende zu führen. Methoden. Zur Untersuchung dienten mir Schnittserien und Macerations- präparate von Alcyonium digitatum L. und Alcyonium palmatum Pall. Zur Fixierung benutzte ich vorzugsweise das HERTWiGsche Gemisch, d. h. einen Teil 1/5%ige Essigsäure und einen Teil V20%ige Osmium- säure, welches sich als vorzügliches Fixierungsmittel erwies. Es ist sehr wichtig, daß die Zellen des Ectoderms nicht körnig erscheinen, denn sonst wird die Nervenfaserschicht, welche sehr oft als eine feinkörnige Schicht des Epithels auftritt, durch das körnige Protoplasma der Ecto- dermzellen vorgetäuscht. Der Zusatz von Osmiumsäure leistet gerade Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria, 481 in diesem Sinne sehr gute Dienste; die Zellen bekommen durch die- selbe scliail.' Konturen, und ihr Protoplasma erschein! mehr homogen, zuweilen sogar glasig. Der Zusatz von Essigsäure muß sehr gering Bein, sonst bekomm! das Protoplasma der Zellen leicht das wenig er- vriinschte körnige Aussehen. Um die Tiere ausgestreckt zu fixieren und sie für diesen Zweck zu betäuben, diente mir Magnesiumsulfat, welches ich dem Meerwasser, in dem die Tiere sich befanden, allmählich zusetzte, bis das Wasser etwa 3% davon enthielt (ein größerer Prozentsatz schadet auch nicht). Nach einigen Stunden waren die Tiere betäubt und konnten in die Fixie- rangsflüssigkeit (ungelegt werden. Um jedoch sicher zu sein, daß sie in den verhältnismäßig schwachen Lösungen von Osmium- und Essig- säure ausgestreckt absterben, habe ich die Kolonien sofort nach den Hinlegen stark hin und her geschüttelt. Wer zuerst .Magnesiumsulfat zu diesem Zweck empfohlen hat, weiß ich nicht : ich habe es auf Rat von Prof. Cori angewandt. Manch- mal dauert es recht lange, bis die Tiere in der Gefangenschaft sich aus- strecken. Durch den Zusatz von Magnesiumsulfat werden die Polypen sehr rasch und meistens unfehlbar zu vollkommener Entfaltung ge- brachl . Dieser Umstand macht das Magnesiumsulfat für solche Zwecke noch wertvoller. Die angefertigten Schnitte von 3 u Dicke wurden mit Boraxkarmin (Kernfärhung) und Bleu de Lyon (Protoplasmafärbung) oder mit Hämatoxylin (Kernfärbung) und Eosin (Protoplasmafärbung) tingiert; die erstere Färbung habe ich vorgezogen. Zur Maceration bediente ich mich der wohlbekannten Methode von 0. und R. Hertwig, d. h. leichte Fixierung für kurze Zeit (1—2 Minuten) in dem Gemisch von einem Teile einer 1/5%igen Essigsäure und einem Teile einer V25%igen Osmiumsäurelösung und darauffolgende Ma- ceration wahrend 24 Stunden oder länger in l/io%iger Essigsäure (alles in Meerwasser gelöst). Durch Klopfen auf das Deckgläschen konnte man weitere Isolationen der Zellen erzielen. Bekanntlich färben sich die Zellkerne nach der Wirkung der Os- miumsäure sehr schlecht und sind deshalb in Macerationspräparaten schwei- nachzuweisen. Es gelang mir, dem abzuhelfen, indem ich das Macerationsmateria] nach dem Fixieren und vor dem Einlegen in die Macerationsflüssigkeil kurze Zeit mit schwacher Salzsäure behandelte. Nach dieser Behandlung färbten sich die Kerne mit Hämatoxylin in gewöhnlicher Weise. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC Bd. 31 482 Nicolai Kas>iano\v, II. Übersicht der früheren Beobachtungen über das Nervensystem der Octocorallia. In der Literatur finden wir nur sehr unbestimmte Angaben über das Vorkommen von Nervenelementen bei Octocorallia; vor allem suchen wir vergebens genauer ausgeführte Abbildungen, an welchen man die Beschreibungen so delikater histologischer Elemente auf ihre Sicherheit prüfen könnte. Korotneff (1887) z. B., welcher ein sehr kompliziertes Nervensystem bei Veretillum beschrieb, hat leider gar keine Abbildungen beigefügt. So ist es schwer zu kontrollieren, ob wirklich Nervenzellen gesehen und nicht etwa ganz andre Elemente für solche gehalten wurden. In vielen Fällen war das letztere sicher der Fall, wie wir weiterhin sehen werden; es waren meist Gallertzelleny die für Nervenzellen gehalten wurden. Bei A. Koelliker (1872, S. 44), in dem umfangreichsten Werke, welches über Octocorallia existiert, finden wir über das Nervensystem nur sehr wenig. »Es ist mir nicht gelungen«, sagt er, »mit Bestimmt- heit Nerven aufzufinden. Es findet sich nämlich an der Anheftungsstelle der Mesenterialfilamente und weiterhin an derjenigen der Septula an jedem ein besonderer longitudinaler Faserzug, den ich weder dem Muskelgewebe, noch der Bindesubstanz mit Bestimmtheit einzureihen vermag. Es sind feine gerade Fasern, stellenweise mit kleinen zellen- artigen Körpern gemengt, die ich kein Bedenken tragen würde, für Nervenfasern zu erklären, wenn es mir gelungen wäre, irgendwo von denselben abgehende Fasern wahrzunehmen. . . . Auch sonst habe ich nirgends, selbst an den dünnsten Muskelplatten nicht, eine Spur ver- ästelter Fasern gesehen, die als Nerven zu deuten gewesen wären.« Diese Faserzüge Koellikers können aber kaum dem Nervensystem zugehören. Obschon es mir gelang, einzelne Ganglienzellen zwischen den Muskelfasern der Septen nachzuweisen, konnte ich doch nichts finden, was dem von Koelliker in den angeführten Zitaten Beschrie- benen entspräche. Zu beiden Seiten der Anheftungslinie der Septen an das Mauerblatt verlaufen longitudinale Muskelfaserzüge, welche bis jetzt übersehen wurden. Es mag sein, daß Koelliker diese Züge ge- meint hat. In der Arbeit von Pouchet et Myevre (1870) treffen wir neben unrichtigen Angaben, z. B. der, daß dem Mauerblatte das äußere Epithel fehlt und die Gallerte auf diese Weise unbedeckt sei, richtige und ein- gehende Beschreibungen der Muskulatur von Ale. palmatum und digi- tatum. Dies bezieht sich vor allem auf die Muskulatur der Tentakel,. Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 483 welche selbsl von späteren Forschern (z. I>. HiCKSON, L895) unrichtig dargestellt wurde. Über das Nervensystem aber finden wir nur fol- gendes: »Nous devons ici signalcr de notre cöte des trainees granuleuses [usiformes que aous avons observees ä l'etat frais entre les fibres mus- culaires, sur le trajet des faisceaux et qai peut-etre pourraient etre interpretees comme des elements nerveux meles aux elements muscu- laires.« Auf den Macerationspräparaten kann man sich überzeugen, daß Ganglienzellen unzweifelhaft zwischen den Muskelfasern vorkommen, ja auch auf Schnitten sind sie zufällig und mit größter Mühe zu finden; doch die »trainees granuleuses« der genannten Forscher sind aller Wahrscheinlichkeit nach Gallertzellen in der Septallamelle. Doch legen die Autoren selber keinen besonderen Wert auf ihre Beobachtung und sprechen nur ihre feste Überzeugung aus, daß das wirkliche Nervensystem der Alcyonaria sowohl, als auch das der Actinien einmal entdeckt werden wird. Herum axn (1883) macht nur sehr kurze Angaben über das Nervensystem. Er beschreibt in dem Entoderm der Septen (vielleicht bezieht sich aber seine Beschreibung auch auf das Entoderm des Mauer- blattes) sternartige, dreieckige oder polygonale Zellen, welche in feine, zuweilen miteinander anastomosierende Fasern ausgezogen sind. Diese Zellen, welche er für nervös hält, sind ohne Zweifel die Gallertzellen, wie sie z. B. auf meiner Fig. 7, Taf. XXIX. glz, in der Gallerte der Sep- tallamelle zu sehen sind. Von den späteren Forschern, welche Octocorallia studierten, be- schäftigen sich nur Korotneff (1887), Hickson (1895), Ashworth (1899), Bujor (1901) und Pratt (1902) eingehender mit der Histologie, und speziell mit der Frage nach dem Nervensystem der achtstrahligen Korallen. Korotneff (1887) gibt die ausführliche Beschreibung eines Nervensystems bei Veretillum. Am »Kelche« (Peristom) sollen multi- polare und bipolare Ganglienzellen und spindelförmige sensitive Zellen vorkommen, von welchen feine Fortsätze ausgehen, die die Muskel- schicht quer durchdringen. Auch in der Gallerte hat er nervöse Zellen gefunden, und zwar solche mit einer speeifischen Funktion. Er sagt hierüber: »Unter der Muskelschicht, direkt auf der Stützlamelle, kommen noch Nervenelemente vor. die in einer Vereinigung mit den Nerven des Subepithels stehen. In dieser Weise bildet das Nervensystem des Kelches ein Netz, welches das ganze Ectoderm durchdringt und die Muskelschicht umflicht. Die Nervenelemente, die unter den Muskeln und auf der Stützlamelle vorkommen, haben eine besondere, ganz speci- fische Funktion. Kaum kann man eine Nervenzelle finden, an deren 31* 484 Nicolai Kassianow, Seite nicht zwei große saftige, platte und ausgezogene Zellen vorkommen; diese Zellen haben einen deutlichen Kern und sind grobkörnig; sie um- geben, wie gesagt, nicht nur das Nervenelement selbst, sondern be- gleiten eine Strecke lang seine Ausläufer, die Nerven der Zelle. Wo diese grobkörnigen Zellen vorkommen, leuchtet das Tier, und wo sie nicht vorhanden sind (so am Körper der Kolonie selbst), da ist keine Phos- phorescenz zu bemerken. Wir müssen also annehmen, daß die großen, nervenbegleitenden Zellen der Beleuchtung dienen, es sind also Leucht- zellen. « Die Struktur der Tentakel soll, wie »am Kelche « sein. In den Septen verlaufen zwischen den Muskelfasern auch spindelförmige Nervenzellen und Leuchtzellen sollen hier gleichfalls vorkommen. Es gelang mir nun in der Tat, auf der Mundscheibe und auf den Tentakeln Ganglien- und Sinneszellen, ebenso Ganglienzellen zwischen den Muskelfasern der Septen zu finden, obschon ich nicht behaupten kann, daß die Fortsätze der Nervenzellen »die Muskel- schicht quer durchdringen«. Doch habe ich keine Sicherheit, daß Korotneff und ich dieselben Elemente gesehen haben. In der Gallerte konnte ich keine Nervenzellen finden, weder bei Alcyonium noch bei Veretillum; infolgedessen konnte ich mir kein bestimmtes Urteil bilden über die verwickelten Verhältnisse , welche Korotneff zwischen den Nervenzellen der Gallerte und den sog. Leuchtzellen beschreibt. Das Mauerblatt soll nach Korotneff »viel primitiver « gebaut sein. »Hier ist nur das Ectoderm muskulös, es besitzt eine Schicht von Quer- fasern. « Diese Angaben sind jedoch unzutreffend, das Ectoderm des Mauerblattes ist nicht muskulös, und die Querfasern, welche nach Korotneff hier existieren sollen, gehören in Wirklichkeit zum Ento- derm. In dieser Arbeit begegnen wir also, neben der Beschreibung außer- ordentlich, feiner histologischer Verhältnisse, wie z. B. der Beziehungen der »Nervenzellen« der Gallerte zu den Nervenzellen des Epithels, oder der ersteren zu den Leuchtzellen, unrichtigen Angaben über verhältnis- mäßig gröbere Verhältnisse, wie die eben erwähnten über die Musku- latur des Mauerblattes. Es ist daher recht schwer zu beurteilen, in- wieweit Korotneffs Angaben über das Nervensystem überhaupt der Wirklichkeit entsprechen; dies wird aber noch schwieriger, weil die kurzen und nicht ganz klaren Beschreibungen von keinerlei Abbildungen begleitet sind. Hickson (1895) hat die Histologie von Alcyonium digitatum ein- gehender untersucht. Er glaubt Nervenzellen an folgenden Stellen Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 485 gefunden zu haben: I) auf den Tentakeln, 2) im Entoderm der Polypenteilej welche in der Masse der Kolonie liefen (»coelenteric tubes«) und 3) in (In (lauerte (>> niesogloea «) des Cönosarks. Von der ersten Fundstelle sagl er folgendes: »In longitudinal sections of the tentacles a number of minute cells may be seen lying between the epithelium and the laver of muscular obres. These cells are spindle-shaped, tri- angulär or star-shaped, and are continuous with a fine plexus of fibrils some of which have a beaded appearance.« Diesen Komplex von Zellen hall er für li<»molog der Nervenschicht von Hertwic. In seiner Arbeit finden wir auch eine, allerdings sehr schematische Abbildung von einem solchen Längsschnitt durch den Tentakel mit dem Nerven- plexus. Wir weiden weiter unten sehen, daß in der Tat auf den Tentakeln, über den Längsmuskeln, sich ein reicher Nervenplexus aus- breitet, welcher mit dem von Hickson beschriebenen wohl identisch ist. Minen ähnlichen Nervenplexus hat Hickson im Entoderm ge- funden, welches die Polypenteile auskleidet, die in der Masse der Kolonie liegen. Hier konnte ich keinen Nervenplexus finden, und da auch die Abbildung Hicksons sehr schematisch und wenig deutlich ist, er- scheint mir diese Fundstelle überhaupt zweifelhaft. Noch zweifelhafter ist aber die dritte Fundstelle, die Gallerte. Nach Hickson sollen in der letzteren dreierlei Zellelemente auf- treten, nämlich 1) »the endoderm cells«, 2) »the solid cords of endo- derm^ und •">) »the isolated mesogloea cells«, und eben die letzteren hält er für nervös. Diese Nervenzellen bilden nach ihm ein Netzen- dem ihre Fortsätze untereinander anastomosieren. Sie sollen aber auch mit den Nervenzellen des Entoderms und, wie Hickson es ver- •■ ■nie;, auch mit denen des Ectoderms in Verbindung stehen, wodurch der Zusammenhang des ectodermalen Nervensystems mit dem ento- alen erzielt werde. Dies Nervensystem der Gallerte hat Hickson auf Schnitten beobachtet, welche durch die Masse i wieder heraufsteigen. Nach Hickson sollen also zwei Tentakel, die durch zwei dazwischen stehende getrennt sind, von einem gemeinsamen Muskelfaserzug in Tätigkeit gesetzt werden. In Wirklichkeit aber endigen alle Längsmuskeln, welche von den Tentakeln auf die Mund- scheibe herabsteigen, längs der Ansatzlinien der Septen an der Mund- scheibe, ohne auf andre Tentakel überzugehen und ohne dabei die Mundscheibe quer zu durchziehen. Das Schlundrohr hat HlCKSON im allgemeinen richtig beschrieben, ohne jedoch die Nervenfaserschicht zu erwähnen, welche in dessen Ectoderm stark entwickelt ist. Nach J. H. Ashworth (18(.»u) soll in der Gallerte der Polypen von Xrniit hicksotti ein Netzwerk von Nervenzellen sich ausbreiten; außer- dem hat er Nervenzellen in den tieferen Schichten des Ectoderms und untei- den Muskelfasern des Entoderrns gefunden, wobei das ecto- dermale Nervensystem mit jenem des Entoderrns durch die Nervenzellen der Gallerte m Verbindung stehen soll. Es war mir nicht möglich, aus Ashworths Beschreibung (S. 277) festzustellen, welche Zellen er bei dieser Schilderung im Sinne hat: entweder die Bpmdelförmigen Zellen, welche ich auf dem Mauerblatte (s. Abschnitt über Mauerblatt) fand und von welchen ich nicht sicher weiß, ob sie wirkliche Nervenzellen sind, da sie von den typischen, voi. mir in den andern Körperregionen gefundenen, abweichen, oder ob er die Zellen meint, welche überall in der Gallerte zerstreut sind und derer nervöse Natur sein' zweifelhaft erscheint. Nach Ashworth sollen Ectoderm und Entoderm außer durch die Nervenzellen auch noch durch Zellen in Verbindung stehen, welche mit ihrem breiten, den Kern enthaltenden Ende im Ectoderm liegen und demnach ectodermaler Natur sein sollen. Diese Angaben müssen auf einem Irrtum beruhen, der daher rührt, daßAsHWORTB schiefe Schnitt. durch d;e- Ectoderm beschreibt. Auf solchen Schnitten erscheint das Ectoderm mehrschichtig und es kann dabei sehr oft aussehen, als ob einzelne Zellen mit ihren Fortsätzen, welche scheinbar in den tieferen Schichten des anscheinend mehrschichtigen Epithels liegen, sich in die Gallerte erstrecken; ans diesem Verhalten aber wird leicht der falsche Schluß gezogen, daß Fortsätze solcher Zellen in die Gallerte hinein- gehen und durch >ie da- Entoderm erreichen, was bei der Dünnheit der Gallertschicht leicht so scheinen kann. Daß es sich so verlud t beweisen mir die A.bbildungeü van A.shworth. Auf seiner Fig. 17 ist z. B. eine solche, Ectoderm und Entoderm verbindende Zelle abgebildet. Diese Zelle ist aber eine Epithelzelle von sehr typischer tisch- oder schirm- 488 Nicolai Kas-ianow, ähnlicher Form und fußähnlichem Fortsatz. Schon diese charakte- ristische Form der Zelle, welche eine deckende Fläche des Epithels zu bilden bestimmt ist, und welche mitten in der Gallertmasse recht fremd- artig erscheinen würde, zeigt, daß es sich nicht um eine Gallertzelle handelt, und daß sie demnach auch der Verbindung beider Epithelien nicht dienen kann. Hinsichtlich der entodermalen Nervenzellen halte ich es aber für unzweifelhaft, daß Ashwoeth die eigentlichen Gallertzellen für solche erklärt hat. Dies geht deutlich daraus hervor, daß diese vermeintlichen entodermalen »sternartigen« Nervenzellen in der Gallerte, und zwar außerhalb der entodermalen Muskelfasern ( »immediately outside the endodermic muscle-fibres «, d.h. gegen das Ectoderm) liegen sollen. Diese Gallertzellen aber, deren nervöse Natur überhaupt fraglich ist (s. Abschnitt über Gallertzellen) können jedenfalls nicht als entodermales Nervensystem betrachtet werden, da sie in der Gallerte, wenn auch nahe der entodermalen Fläche liegen; zumal ich typische entödermale Ganglienzellen gefunden habe, die auch in der Tat im entodermalen Epithel liegen. Von den typischen, unzweifelhaften Ganglienzellen des Ectoderms und Ento'derms, sowie von dem reichen Nervenplexus der Mundscheibe, des Schlundrohrs und der Tentakel, d.h. von dem unzweideutigen Nervensystem, finden wir bei Ashworth nichts. In neuerer Zeit hat Bujor (1901) eine vorläufige Mitteilung über Untersuchungen an Veretillum cynomorium veröffentlicht. Nach dieser sehr kurzen Mitteilung soll die Mundscheibe (»le disque buccal«) sehr reich sein an Sinnes-, Ganglien- und Epithelmuskelzellen. Man findet in dieser Arbeit auch Abbildungen von drei Nervenzellen, einer Sinnes- zelle und zwei Ganglienzellen. Leider sind aber diese Angaben zu kurz, um einigermaßen überzeugend zu sein. Die Nervenschicht der Tentakel und des Schlundrohres wird in dieser Mitteilung nicht erwähnt. Krukenberg (1887) endlich gab eine Beschreibung des Nerven- systems von Xenia auf Grund physiologischer Experimente. Indem er verschiedene Stellen des Polypenkörpers reizte und den Polypen so zu verschiedenartigen Kontraktionen zwang, kam er zum Schluß, daß die Tentakel in ihrer ganzen Ausdehnung nervös sein müssen, und daß das Peristom sowie der Kelch (d. h. das Mauerblatt) ebenfalls nervös sind; wobei das Peristom leichter reagiert und demnach reicher an Ganglienzellen sein müsse als der Kelch. Das Peristom wird von ihm überhaupt als eine Art Centralorgan des Nervensystems angesehen. »Bei stärkeren Reizungen eines Tentakels kommt es an normalen Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 489 Polypen, bevorder Kelch sich zusammenzieht, allemal ers1 zu Kontrak- tionen nicb.1 direkl gereizter Tentakel. Während sich aber an den Ten.- takeln die Kontraktionen von unten nach oben liin fortsetzen, ist der Verlauf derselben am Kelche von oben nach unten gerichtet. Dieser Umstand lehrt, daß die Kontraktionen beider Teile vornehmlich von den Ganglienanhäufungen des Peristoms ausgelöst weiden. . . .« Meine histologischen Untersuchungen bestätigen diese Befunde in-! 'lein, als ich auf den Tentakeln und der Mundscheibe in der Tat einen reichen Nervenplexus gefunden halte; und zwar zeigen meine Untersuchungen, dal.» derselbe im ectodermalen Epithel sich befindet. Daß das Mauerblatl jedenfalls viel ärmer an Nervenzellen ist, lehren die histologischen Befunde gleichfalls. Meine Untersuchungen haben ahcr außerdem gezeigt, daß auch der obere Teil des Schlundrohres eine sehr reiche Ner\ enfaserschicht besitzt, welche also einen ansehnlichen Teil des gesamten Nervensystems des Polypen darstellt. IM. Ectoderm. A. Tentakel. Form der Tentakel. Orale und aborale Fläche. Die histo- logische Beschreibung der Alcyonaria beginne ich mit den Tentakeln. Dieselben haben bei den Alcyonarien bekanntlich die Form von nicht sehr langen Schläuchen mit nahezu kreisrundem Querschnitte, welche an ihren Seiten je eine Reihe hohler Fortsätze — Fiederchen (Pinnulae) — tragen. Auf dem Tentakelquerschnitt (Fig. 6, Taf. XXIX) können wir eine orale (Or) und eine aborale Fläche (Abr) unterscheiden. Als orale bezeichne ich die Fläche, welche an den horizontal ausgebreiteten Ten- takeln des aufrecht stehenden Polypen nach oben, bei den aufwärts >tihenden Tentakeln gegen den Mund gerichtet ist, und welche zwischen den beiden Reihen der Tentakelfiederchen sich ausbreitet (Fig. 6 Or, Taf. XXIX). Die aborale Fläche nimmt den übrigen Teil des Tentakelquerschnitts ein. Die orale Fläche unterscheidet sich in morphologisch-histologischer Hinsicht von der aboralen haupt- sächlich dadurch, daß die Längsmuskulatur und das Nerven- system an ihr viel Btärker entwickelt sind. Zur Orientierung über die allgemeinen histologischen Verhältnisse soll uns die orale Fläche dienen, und zwar sowohl Schnitte als auch Macerationspräparate drr- selben. Orale Fläche. Mau des Ectoderms. Auf einem medianen Längsschnitt eines Tentakels erscheint das die orale Fläche bedeckende 490 Nicolai Kassianow, Ectoderm so, wie es Fig. 3, Tai'. XXIX zeigt. Das Epithel ist von der Stützlamelle (welche an den ausgestreckten Tentakeln sehr oft kaum zu sehen ist) etwas abgehoben und gelockert, indem einige Elemente bei der Fixation und der dabei stattgefundenen krampfhaften Kon- traktion des Tieres aus ihm herausgefallen sind (hauptsächlich Nessel- zellen), wodurch das Studium des Epithelbaues erleichtert wird. Deckzellen. In dem Ectoderm eines solchen Schnittes bemer- ken wir zunächst eigenartige Zellen (d), welche die eigentliche deckende Oberfläche des Epithels bilden. Da derartige Deckzellen der ganzen Ectodermf lache des Polypen (ausgenommen das Schlundrohr) eigen sind, so gebe ich gleich an dieser Stelle eine für die Tentakel, die Mund- scheibe und das Mauerblatt allgemein gültige Beschreibung dieser Zellen. Ihre Gestalt können wir besser verstehen, wenn wir auch Macera- tionspräparate zu Hilfe nehmen (Fig. 1 d1, d2, d3, Taf. XXIX). Die Deckzellen (Fig. 1 dx, stellt eine solche von unten gesehen dar) sind sehr dünne und breite Lamellen von polygonalem Umriß, welche mittels eines kurzen wurzelartigen Fußes auf der Gallertschicht (Stützlamelle) befestigt sind. Der fußähnliche Fortsatz entspringt nicht ganz in der Mitte der Zelle, sondern einem Rande näher. Fig. 1 zeigt andre solche Zellen von der Seite (d2, dz). Da ihre Decklamelle sehr oft gekrümmt ist, erscheinen die Zellen häufig einem Schirme ähnlich (Fig. 2, 4, Taf. XXIX, Fig. 3, 9, Taf. XXX). Unter diesen schirmähnlichen Deck- lamellen liegen alle andern Ectodermelemente verborgen und geschützt; in erster Linie die Nesselzellen, welche sehr oft unmittelbar von innen der Decklamelle anliegen (Fig. 3, d, Taf. XXX). Die fraglichen Zellen erscheinen demnach als höchst spezialisierte Deckzellen, welchen, außer der deckenden und schützenden, kaum eine weitere Funktion zukommt. Ihr Protoplasma ist alveolär vaeuolisiert (Fig. 1 dlf Taf. XXIX); die größeren Vacuolen nehmen die äußerste Protoplasmaschicht ein, wie man es auf Profilbilden) und auf Schnitten sehen kann (Fig. 3 d, Taf. XXX). 'Der Kern ist kugelig; in den Zellen des Mauerblattes konnte ich auf einigen Präparaten in ihm deutliche wabige Struktur wahrnehmen. Bei Doppelfärbung mit Bleu de Lyon und Boraxkarmin (Kernfärbung) er- scheint das Centrum des Kernes blau gefärbt in der Form eines runden Fleckes. Die Wurzelfortsätze der Deckzellen haben ein verschiedenes Aussehen (Fig. 1 dx, d2, d3, Taf. XXIX); die Zelle dz ist wohl eine, die sich beim Maceiieren besonders gut erhalten hat, wie aus ihren feinen und verzweigten Wurzeln hervorgeht, welche aufs innigste mit Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 491 der Gallerte verwachsen zu sein scheinen und in ihrem aussehen kaum von der Letzteren Bich unterscheiden. KTesselzellen. Das Ectoderm der Tentakel ist vollgepfropft von Nesselzellen (Fi«r. '■'>. 4, 6, Tai. XXIX). Diese sind oval, mit einer Längsachse von 8ft. Man kann eine äußere, den Zellkonturen ent- sprechende, und eine innere Kapsel unterscheiden; die letztere enthält die Spiralwindungen des Nesselfadens (Fig. 1, 3, 4, Tal'. XXIX n). Wenn der Nesselfaden herausgeschleudert ist, sieht man besonders deutlich die innere Kapsel (Fig. 1 nx, 4, Taf. XXIX) als wirklich selbständige Kapsel, deren Wand die Windungen des Nesselfadens also dicht an- liegen. Ebensogut ist sie auf Querschnitten durch die Nesselzelle zu sehen, welche man auf Schnitten sehr oft trifft (Fig. 4, bei s, Taf. XXIX; Fig. 3 n, Tal. XXX). Der Kern der Nesselzelle nimmt entweder die Mitte ihrer Länge ein, oder liegt einem Pole näher und stellt eine sehr dünne Scheibe dar, welche der äußeren Kapsel meist dicht anliegt, und, dem Querschnitt der Zelle entsprechend, gebogen erscheint (Fig. 3, Tat. XXX; Fig. 1 n, Taf. XXIX). Einige Nesselzellen erreichen die Epitheloberfläche (Fig. 3, Taf. XXIX): die Hauptmenge aber Hegt in der Tiefe des Epithels (wie auf der Fiu. •">. Tal. XXX). Sie scheinen kein Cnidocil zu haben. Zwar bemerkt man bei einigen einen kurzen Fortsatz, welchen man für ein Cnidocil halten könnte (linke Zelle in der Zellgruppe n, Fig. 1, Taf. XXIX). doch linden sich erstens solche Fortsätze nicht bei allen, und zweiten- einbringen sie meist nicht von einem Pole der Zelle. sondern von der Mitte der Xesselkapsel, und zwar bald von der Stelle, wo der Kern liegt, bald von ihm entfernt. Ich bin daher der Ansicht, daü die Nesselzellen von Älcyonium des Onidocils entbehren. Zwischen den heschriebenen Nesselzellen treffen wir etwas ab- weichende (Fig. I /*._.. Tal. XXIX), bei welchen die Kapsel schmäler und meisl gekrümmt ist und keinen Nesselfaden erkennen läßt. Mög- licherweise sind es junge, nicht vollkommen ausgebildete Nesselzellen (\*-v ersten Art. Drüsenzellen. Aid' den Schnitten, welche mit Boraxkarmin und Bleu de Lyon gefärbt waren, traten einige Zellen des Tentakelectoderms durch ihre Färbung hervor, indem ihr Plasma nicht von Bleu de Lyon, wie hei allen andern Zellen, sondern von Boraxkarmin gefärbt war. Es sind die Epithelobertläche erreichende Zellen, von manchmal flaschen- ähnlicher Form (Fig. 3 dr, Tat. XXIX). Ihre wahre Gestalt ist nicht 492 Nicolai Kassianow, leicht festzustellen, weil sie sieh auch bei der Maceration schlecht erhalten. Der runde Kern liegt im proximalen Teil der Zelle. Das Plasma hat ein grobmaschiges, schaumähnliches Aussehen (Fig. 3 dr, Taf. XXIX; Fig. 3 dr, Taf. XXX). Es gelang mir nicht, festzustellen, wie das proximale Ende der Zelle beschaffen ist, vielleicht ist es in einen sich wurzelartig verzweigenden Faden ausgezogen (Fig. 3 dr2, Taf. XXIX). Aus dem Verhalten des Plasmas dieser Zellen zu Boraxkarmin und wegen der grobmaschigen Struktur ihres Zellinhalts, schließe ich, daß es Drüsenzellen irgendwelcher Art sein müssen. Wie wir weiter unten sehen werden, finden sich ähnliche Zellen auch auf der Mund- scheibe und im Schlundrohr. Muskelzellen. Der Stützlamelle anliegend, verlaufen im Ecto- derni die Muskelzellen (Fig. 3 m, Taf. XXIX), welche die Längs- muskulatur der Tentakel bilden. Dieselbe ist, wie schon oben be- merkt wurde, besonders stark an der oralen Fläche entwickelt (Fig. 6 m, Taf. XXIX). Auf Längsschnitten erscheinen die Muskelzellen als stark lichtbrechende Fasern mit einem länglichen Kern. Besser und zahl- reicher sind sie auf Schnitten zu beobachten, welche das orale Tentakel- ^ctoderm in der Fläche getroffen haben (Fig. 4, 5, Taf. XXIX). Die durch Maceration isolierten Muskelzellen (Fig. 1 ml5 m2, m3) sind recht lang, erreichen die Länge von 3G0 \i und darüber, bei meist unansehn- licher Breite. Die contractile Substanz der Faser ist stark licht- brechend und vom Protoplasma immer scharf abgesetzt. Der rundliche oder ovale Kern ist entweder nur von einer geringen Menge von Protoplasma umgeben (Fig. 1 ml5 Taf. XXIX), oder dieser Protoplasmaleib der Zelle ist so hoch, daß er die Epitheloberfläche erreicht (Fig. 1 w1; m2, Taf. XXIX). Im letzteren Falle handelt es sich also um eine richtige Epithelmuskelzelle. Solche Epithelmuskel- zellen kommen hauptsächlich den Tentakelfiederchen zu, wogegen die erstbeschriebenen spindelförmigen Muskelzellen der Tentakelachse eigen sind. Xervenfaserschicht. Auf dem medianen Längsschnitt des Tentakels, wie ihn Fig. 3, Taf. XXIX zeigt, sieht man über den Muskel- fasern bei sehr aufmerksamer Betrachtung auf günstigen und gut kon- servierten Präparaten äußerst feine Fasern. Auf solchen Schnitten können sie jedoch meist nur bei sehr scharfem Zusehen entdeckt werden, wobei über ihre Natur noch Zweifel bleiben können. Je mehr aber das Ectoderm der oralen Tentakelwand in der Fläche getroffen wird, um so Untersuchungen über daß Nervensystem der Alcyonaria. 493 besser treten sie hervor. Einen solchen Flächenschnitl stellt Fig. 5, Tat. XXIX dar. Wir sehen hier Längs und parallel verlaufende, ver- hältnismäßig dicke Muskelfasern und darüber noch ein (ieileehi feinster Fasern. Ein solche- Fasergeflecht sehen wir auch auf Fig. 4. Taf. XXIX. Dieselbe stellt einen kleinen Teil eines Schnittes dar. welcher eine Seite der Tentakelbasis in der Flache getroffen hat. Auch auf Querschnitten durch den Tentakel kann man Fasern im Epithel konstatieren; auf besonders günstigen Präparaten fallen sie sogar schon bei ziemlich schwacher Vergrößerung auf, und zwar immer auf der oralen Fläche zwischen den beiden Längsreihen der Tentakelfiederclien. über den Längsmuskelfasern im gelockerten Ecto- derm. Auf Fig. 6, Taf. XXIX ist ein solcher Querschnitt halbsche- matisch abgebildet. Auf der oralen Tentakelfläche, zwischen den beiden längtet mffenen Tentakelfiederclien (p), d.h. in der Region. von welcher auch der Längsschnitt Fig. 3, Taf. XXIX stammt, sieht man eine dicke Schicht quergeschnittener Muskelfasern (m) und dar- über eine sehr dünne Lage sehr feiner Fasern (nf). Wenn die orale Tentakelwand beim Abtöten des Polypen durch die Kontraktion drv Muskelfasern stark zusammengezogen ist, wobei die Muskelfaser- querschnitte zu einer dicken Lage übereinander gedrängt werden, wodurch das Ectoderm abgehoben und gelockert wird (Fig. 6, Tal. XXIX). so tritt diese Faserschicht am deutlichsten hervor. Die Fasern sind durch ihre außerordentliche Feinheit von den ver- hältnismäßig dicken Muskelfasern leicht zu unterscheiden. Fig. 6, welche sonst die Tentakelhistologie halbschematisch darstellt, gibt die Verhältnisse der Muskelzellen zu den feinen Nervenfasern ganz treu wieder. Die Muskelfasern färben sich intensiv mit Bleu de Lyon; die feinen Nervenfasern dagegen werden wenig gefärbt und nur beim Fixieren mit Osmiumsäure etwas geschwärzt. Auf einigen solchen Querschnitten. welche mit triphenylrosanilintrisulfosauiem Xatron gefärbt waren, konnte man beide Faserarten besonders scharf unterscheiden, indem die Muskelfasern tiefblau gefärbt waren, die darüber ausgebreiteten von der Osmium>äure geschwärzten Nervenfasern, sowie das ganze Epithel, dagegen gar nicht. Die be.M-liriebenen feinen Fasern gehören zum Nervensystem des Polypen. Die Beweise hierfür liefert das Studium der Macerations- präparate. Wenn man einzelne Tentakel mit HERTWioscher Macera- tionsflüssigkeit behandelt und dann einige Tentakelstückchen auf dem 494 Nicolai Kassianow, Objektträger zerzupft, erhält man leicht durch leises Klopfen auf das Deckgläschen einzelne Ectodermzellen vollkommen isoliert. Auf solchen Präparaten finden wir zwischen den zum Teil schon beschrie- benen Ectodermzellen des Tentakels eine große Menge der feinen Fasern, die wir auf Schnitten als eine Faserschicht, bzw. als ein dichtes Geflecht (auf Flächenschnitten) beobachteten. Auf Tentakelstücken, die noch wenig maceriert sind, von welchen aber das ectodermale Epithel ab- gefallen ist, kann man über den noch zusammenhängenden Muskel- bündeln gelegentlich das dichte Fasergeflecht wahrnehmen. Ein solches, etwas weniger dichtes Geflecht, in welchem dagegen die einzelnen Fäserchen besser zu unterscheiden sind, ist auf der rechten Seite der Fig. 1, Taf. XXIX np, über den unteren Enden der Muskelfasern abgebildet. Diese Befunde bestätigen das, was wir auf Schnitten schon gesehen haben. Die Fäserchen sind außerordentlich fein, können jedoch eine sehr beträchtliche Länge erreichen und sind, wie es für Nerven- fasern typisch ist, mit Varicositäten versehen. Ganglienzellen. Zwischen den ectodermalen Zellen und im Fasergeflecht konnte ich bei aufmerksamem Suchen zahlreiche und sehr charakteristische Ganglienzellen finden. Die beschriebenen Faserge- flechte sind jedenfalls zum großen Teil aus Fortsätzen solcher Ganglien- zellen hervorgegangen. Die letzteren sind klein und bei nicht genügend aufmerksamer Beobachtung leicht zu übersehen. Wenn man aber einmal auf sie aufmerksam geworden ist und fleißig danach sucht, sind sie auf Macerationspräparaten in beliebiger Menge und gut isoliert zu finden. Aus der großen Zahl der von mir beobachteten und zum Teil abgebildeten Ganglienzellen, sind einige auf Fig. 1, Taf. XXIX (g± — g6) mit Hilfe des Zeichenapparates wiedergegeben (Objektiv 2 mm, Ocul. 6, Zeiss). Die Ganglienzellen von Alcyonium sind multipolar. Ihre Fortsätze sind außerordentlich fein und sehr lang ; ich habe eine bipolare Ganglien- zelle beobachtet, deren beide Fortsätze die Gesamtlänge von 600 /.i, deren spindelf oranger Zellkörper aber die Länge von nur 3 f.i hatte. "Wegen ihrer Zartheit müssen die Fortsätze beim Zerklopfen des Epithels und dem Auseinanderweichen der Zellen jedenfalls leicht abgerissen werden und daher tatsächlich noch viel beträchtlichere Länge erreichen. Die Fortsätze sind reich verzweigt und mit Varicositäten versehen (Fig. l,g1} g2, zweigende und varicöse Fortsätze; die Feinheit der Fortsätze und be- sonders ihrer Verzweigungen erreicht manchmal fast die Grenze der Sichtbarkeit. 2) Sie ähneln vollkommen den Ganglienzellen, welche bei den übrigen Cölenteraten beschrieben wurden, z. B. von den Brüdern Hertwig für Actinien und Medusen. Ich habe ganz ähnliche Ganglien- zellen bei den niederen Scyphomedusen (Lucernariden) beobachtet. Die nervöse Natur Bolcher Zellen ist für einige Cölenteraten auf physio- logischem Wege bewiesen, indem die Medusen und Actinien z. B. auf Reizung solcher »Stellen ihres Körpers reagieren, wo solche Zellen vor- kommen, dagegen unempfindlich oder wenig empfindlich sind an Stellen, wo 9ie fehlen oder in geringer Zahl vorhanden sind. 3) Mit Hilfe der Maceration gelang es mir, alle Zellarten des ectodermalen und entodermalen Epithels zu isolieren und genau zu beobachten, wonach ich behaupten kann, dal.! es keine anderen Zellen gibt, außer diesen, welche man für Ganglienzellen halten könnte; alle andern Zellen, welche in beiden Epithelien vorkommen, haben nicht die geringste Ähnlichkeit mit Ganglienzellen. 1) Ebensowenig findet man Nervenzellen in der Gallerte ; die Zellen. welche hier vorkommen und welche weiter unten beschrieben werden, sind zwar auch verästelt, sind aber in ihrer sonstigen Beschaffenheit und ihrer Lage von den typischen Ganglienzellen so verschieden, daß es überhaupt aul.icrst zweifelhaft erscheint, ob sie irgendwelche Be- ziehungen zum Nervensystem haben. ')) Die beschriebenen Ganglienzellen von Alcyonium zeigen die billigsten Beziehungen zur Muskulatur der Polypen, wie es für die Tentakel schon auf Maeerationspräparaten und Schnitten nachgewiesen wurde und für andre Körperteile noch weiter unten gezeigt wird. (i) Die in Rede stellenden Ganglienzellen Eindel man an denjenigen 496 Nicolai Kassianow, Stellen des Polypenkörpers (Tentakel, Mu.ndsch.eibe und Schlundrohr) besonders zahlreich, wo sie aus theoretischen Gründen von uns er- wartet werden müssen, was weiter unten noch eingehender besprochen werden wird. Nachdem ich die Ganglienzellen auf den Macerationspräparaten gefunden und mein Auge für ihre Form geschärft hatte, gelang es mir auch, sie auf Schnitten zu finden. Auf Fig. 3, Taf. XXIX sehen wir z. B. eine bipolar erscheinende Ganglienzelle über den Muskelfasern, deren Fortsätze eine Strecke weit zu verfolgen sind. Auf derselben Figur liegt weiter rechts noch eine andre ähnliche Zelle, und links, mitten in dem Nervengeflecht, eine dritte. Sinneszellen. Das Studium der Schnitte läßt noch weitere Elemente des Nervensystems erkennen, nämlich die Sinneszellen. Bei sehr sorgfältigem Suchen und genauem Zusehen finden wir im Ecto- derm Zellen (Fig. 3 s, sl5 Taf. XXIX), deren distales, sehr feines Ende aus dem Epithel etwas herausragt; der Körper solcher Zellen ist spindelförmig oder dreieckig, enthält einen runden Kern und läuft proximalwärts in feine Fasern aus, die aber auf Schnitten nur sehr un- vollkommen in der Masse der übrigen Zellen zu verfolgen sind. Die Zellen sind sind sehr klein, und das äußerst feine distale Zellende ist nur mit stärksten Vergrößerungen und bei sehr scharfem Zusehen zu beobachten. Es gelang auch, solche Zellen auf der Mundscheibe zu finden (Fig. 9, Taf. XXX s). Auf Macerationspräparaten sind sie nicht leicht nachzuweisen, und zwar deshalb, weil es schwer ist, sie von Ganglienzellen zu unterscheiden. Meistens ist man unsicher, ob wir eine Ganglienzelle mit einem abgerissenen Fortsatz vor uns haben oder eine echte Sinneszelle (z. B. Fig. 1 s, Taf. XXIX). Doch könnten die Zellen «^ auf Fig. 1, Taf. XXIX solche Sinneszellen sein. Die Zelle s2 war noch in Ver- bindung mit einer Deckzelle, wodurch ihre epitheliale Lage bewiesen wird; ihr proximales faserartiges Ende verzweigte sich. In dem distalen Ende der Zelle s4 konnte man zwei Teile unterscheiden: das eigentliche feine distale Zellende und ein darauf sitzendes, noch feineres Sinneshärchen ; ob letzteres typisch ist, gelang mir wegen der Schwierig- keit der Beobachtung nicht festzustellen. Beziehungen der Sinneszellen zu den Nesselzellen. Es fällt auf, daß solche Zellen mit einem feinen, aus dem Epithel heraus- ragenden distalen Ende (oder Sinneszellen, wie ich sie nenne), auf Untersuchungen aber das Nervensystem der Alcyonaria. 497 Schnitter] meist in der Nachbarschaft von Nesselzellen gefunden werden, sie liegen den letzteren dicht an; ihr distales Ende läuft parallel den Konturen der Nesselzellen, und manchmal krümmt sich ihr Ende, aus dem Epithel heraustretend, über eine solche Nesselzelle (Fig. 3 s1, Fig. 4 s, Taf. XXIX). Das habe ich sowohl auf den Tentakeln als auch auf der Mundscheibe beobachtet (Fig. 9 s, Taf. XXX). Aus diesem Grunde bin ich geneigt, auf innige Beziehungen beider Zellarten zu- einander zu schließen. Doch welcher Art könnten diese Beziehun- gen sein? Die Nesselzellen haben kein Cnidocil, außerdem liegt der größte Teil der Nesselzellen in der Tiefe des Epithels; sie können also nicht selbständig äußere Reize percipieren. Die Reize, welche die Xesselkapsel zur Entladung veranlassen, dürften ihnen daher vermut- lich durch die Sinneszellen zugeführt werden. Damit dies in vollkom- menster Weise geschieht, muß es von Vorteil sein, wenn sich möglichst viele Nesselzellen um eine Sinneszelle gruppieren; in diesem Fall kann eine und dieselbe Sinneszelle mehrere Nesselzellen zugleich und auf kürzestem Wege innervieren, ohne daß die Fortsätze dabei übermäßig lang zu sein brauchten. In der Tat finden wir oft um eine Sinneszelle mehrere Nessel- und Drüsenzellen zu einer Gruppe vereinigt (Fig. 3 s, Taf. XXIX). Solch gruppenweises Vorkommen der Zellen ließe sich erklären durch die Annahme, daß die Sinneszellen mit ihren Fort- sätzen sieh mit andern Epithelzellen, in erster Linie mit Nessel- zellen verbinden. Bei der Lockerung des Epithels während der Fixa- tion, infolge der krampfhaften Kontraktion des Polypen, fallen viele Nesselzellen heraus, während gerade solche durch Nervenfortsätze der Sinneszellen zu einer Gruppe verbundene Zellen zurückbleiben. Daß wirklich solche Verbindungen zwischen den Sinneszellen und Nessel- zellen existieren, konnte ich nicht sicher feststellen, wohl wegen der Kleinheit der Zellen und der außerordentlichen Zartheit ihrer Fortsätze. Es gelang mir nur, einige Nesselzellen auf Macerationspräparaten wie aul Schnitten zu beobachten, von welchen eine feine Faser abging, möglicherweise eine Nervenfaser; dieselbe entsprang in einigen Fällen von einem Pole, in andern seitlich von der Zelle. Bei einigen solchen Nesselzellen war zugleich der Nesselladen hei ausgeschleudert (Fig. 1 %, Taf. XXIX), was sicher erwies, daß der beobachtete feine Fortsatz kein Nesselfaden war. Die Kleinheit der histologischen Elemente, sowie sonstige Schwie- rigkeiten der Beobachtung erlaubten auch nicht festzustellen, wie die Ganglienzellen die Epithel- oder Muskelzellen innervieren. Wenn auch eine Verbindung der beschriebenen Nervenelemente mit Epithel- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 32 498 Nicolai Kassianow, zellen existiert, könnten sie bei der Zartheit der Fortsätze auf Macera- tionspräparaten kaum bestehen bleiben, besonders da man zum Aus- einanderbringen der Zellen auf das Deckgläschen klopfen muß. Auf Fig. 1 g2, Taf. XXIX ist eine Ganglienzelle abgebildet; ein Fortsatz derselben verzweigt sich, und von diesen Verzweigungen umsponnen liegt eine Nesselzelle; wir sehen daraus wenigstens, daß die Nesselzellen die beste Möglichkeit haben, von Ganglienzellen direkt innerviert zu werden. Eine andre Ganglienzelle (Fig. 1 g3) hatte einen ziemlich kurzen Fortsatz, welcher auf dem Präparate über den Muskelfasern gelegen war und sich in mehrere Verzweigungen teilte, von denen viel- leicht jede bestimmt ist, eine Muskelfaser zu innervieren. Ich habe schon gezeigt, daß die Nervenfaserschicht besonders an den Stellen stark entwickelt ist, wo sich die Muskelfasern reichlich finden. Auf Flächenschnitten durch das orale Tentakelectoderm sehen wir weitere interessante Details (Fig. 5, Taf. XXIX); man kann näm- lich außer den sich kreuzenden Nervenfasern, welche einen dichten Plexus über den Muskelfasern bilden (np), einzelne feine Fasern wahr- nehmen, die den Muskelfasern parallel ziehen. Das tritt besonders^ gut hervor, wenn die Muskelfasern, infolge der Unebenheit der Ten- takelfläche, nur von Strecke zu Strecke getroffen sind; wo die konti- nuierliche Muskeif aserschi cht auf diese Weise unterbrochen erscheint, sehen wir an ihrer Stelle äußerst feine, unter sich und den Muskel- fasern parallel verlaufende Nervenfasern («/). Es ist aber unmöglich festzustellen, ob sie über, zwischen oder unterhalb der Muskelfasern verlaufen. Offenbar haben diese Nervenfasern, bzw. die Ganglienzellen, zu welchen sie gehören, die Aufgabe, die Muskelzüge auf ihrer ganzen Länge zu begleiten. Außer den bis jetzt beschriebenen Elementen des Epithels, d. h. Deck-, Nessel-, Drüsen-, Muskel-, Ganglien- und Sinneszellen, kommen in der Tiefe des Epithels noch große, in die Länge gezogene Zellen vor, die zuweilen mit kurzen Fortsätzen versehen sind (Fig. 3, Taf. XXIX, in der Mitte der Figur, unterhalb des Buchstaben d), und deren Funktion unsicher erscheint. Außer an den Tentakeln und Tentakelfiederchen finden sie sich regelmäßig auch an andern Körperteilen, der Mund- scheibe und dem Mauerblatt. Schließlich finden sich in der Tiefe des Tentakelectoderms in großer Menge kleine Zellen, aus denen wohl die Nesselzellen hervorgehen (Fig. 1 /, Taf. XXIX). Aborale Fläche der Tentakel. Wenden wir uns nun zum Studium der aboralen Tentakelfläche. Dieselbe ist von ähnlichen Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 499 Deckzellen bedeckt (Fig. 2 d1} d2, Taf. XX IX). Das Ectoderni isl etwas höher als auf der Oralseite and voll von Nesselzellen. Hier und da kann man auch Drüsenzellen beobachten. Außer den oben beschrie- benen Nesselzellen kommen in der Medianlinie (Fig. 6 Äbr, Taf. XXIX) noch größere Nesselzellen vor (Fig. 2 N, Taf. XXIX). die charakte- ristisch für das Mauerblatt sind und, von diesem ausgehend, der Median- linie der aboralen Tentakelfläche folgend, in Form eines schmalen Streifens auf die Tentakel heraufsteigen. Die nähere Beschreibung dieser Xesselzellen folgt im Abschnitt über das Mauerblatt. Die Muskelfasern sind auf der aboralen Tentakelwand schwächer ent- wickelt ; man findet hier nur einzelne, über die ganze Fläche gleich- mäßig verteilte, weit voneinander entfernte Längsmuskelfasern. An der Tentakelbasis jedoch bleibt die Medianlinie der Aboralfläche frei von ihnen, da die Muskelfasern gegen die Tentakelbasis zu allmäh- lich zu beiden Seiten der Medianlinie auseinander weichen (Fig. (5, Taf. XXIX). Auch auf der aboralen Tentakelfläche konnte ich eine Sinneszelle vollkommen deutlich beobachten (Fig. 2 s, Taf. XXIX). Dieselbe hatte ein haarfeines, etwas gekrümmtes und aus dem Epithel heraus- ragendes Distalende, einen spindelförmigen, den Kern enthaltenden Zellkörper und ein fein ausgezogenes, zwischen den Nesselzellen ver- stecktes proximales Ende. Sie fand sich fast in der Medianlinie und etwa in der Mitte des Tentakels. • Eine Nervenfaserschicht der Art, wie wir sie auf der oralen ge- sehen haben, ist im Ectoderm der Aboralfläche nicht vorhanden. Nur längs jeder Reihe der Tentakelfieclerchen, und zwar in ihrer unmittel- baren Nähe, gelingt es, bei sorgfältigem Suchen im aboralen Ectoderm, wenn es auf einem Tentakellängsschnitt in der Fläche getroffen wird. zwischen den Nessel- und andern Epithelzellen Nervenfasern in geringer Menge aachzuweisen. (Wegen Platzmangel gebe ich keine besondere Abbildung dieser Stelle. Das Ectoderm hat hier etwa das Aussehen wie auf Fig. 3, Taf. XXX). Zwischen den Ansatzstellen der aufein- ander Eolgenden Tentakelfiederchen einer Reihe konnte man sie auf solchen Schnitten ebenfalls wahrnehmen. Jedenfalls aber sind hier Nervenzellen in viel geringerer Zahl vorhanden als auf der Oralfläche; sie waren nur mit großer .Mühe und auf einigen besonders günstigen Präparaten zu finden. Aus dem Umstand, daß diese Nervenfasern unmittelbar an der Basis der Tentakeln* und über den Muskel- fasern, welche zu den Fiedereben gehören, getroffen wurden, dürfen wir schließen, daß sie innige Beziehungen zu den Fiederchen haben 32* 500 Nicolai Kassianow, und augenscheinlich deren nervösen Zusammenhang mit der Tentakel- achse bewirken. Somit sehen wir, daß die Hauptmasse der Nervenzellen auf die Oralfläche der Tentakel beschränkt ist, wo das Ectoderm einen auf Schnitten als selbständige Schicht erscheinenden Nervenplexus besitzt. Gleichzeitig sind auch die längsverlaufenden Muskelfasern auf der oralen Fläche des Tentakels viel stärker entwickelt. Wenn dieser Zusammenhang zwischen Nervensystem und Muskulatur ohne weiteres klar ist, so ist anderseits auch leicht zu verstehen, warum die Tentakel - muskulatur gerade auf der Oralfläche stärker ist. Die Tentakel sind hauptsächlich Greiforgane und befördern die ergriffene Beute in den Mund, was eben durch die stärkere Muskulatur der Oralfläche begün- stigt wird. Ebenso wird die rasche Zusammenkrümmung der Ten- takel gegen die Mundscheibe, welche bei der Kontraktion der Polypen stattfindet, auch durch die Muskulatur der oralen Tentakelfläche hervorgerufen. Die Krümmung der Tentakel in entgegengesetzter Rich- tung, d. h. gegen das Mauerblatt, geschieht viel weniger rasch und wird außerdem weniger durch die aborale Muskulatur als durch das Eintreiben der Gastralflüssigkeit in die hohlen Tentakel bewirkt. Tentakelfiederchen. Die Tentakelfiederchen wiederholen in ihrem morphologischen und histologischen Bau vollkommen den Ten- takelstamm. Sie sind hohl ; ihr Ectoderm besteht aus denselben Deck- und Nesselzellen; auch sie sind mit längsverlaufenden ectodermalen Muskelfasern versehen. Da die Muskelzellen des Tentakelstamms so innige Beziehungen zu Nervenzellen zeigen und die Übereinstimmung in Bau und Funktion für Stamm und der Fiederchen so groß ist, so müssen wir wohl anneh- men, daß auch im Ectoderm der Fiederchen Nervenzellen vorkommen. Doch gelang es nur nicht, sie hier mit Sicherheit nachzuweisen. Ob- gleich man über den Muskelfasern oft eine feine Körnelung findet, so konnte ich doch nicht bestimmt nachweisen, daß sie von Nervenfasern herrührt. Es könnte sein, daß die Ganglienzellen der Tentakelfiederchen gleichmäßiger als auf dem Tentakelstamm auf dem ganzen Querschnitt zerstreut sind und keine selbständige Nervenschicht bilden; einzelne Ganglienzellen aber mit so feinen Fortsätzen waren auf Schnitten in der Masse der Nesselzellen unmöglich zu beobachten. Es kann auch nicht erstaunen, daß die Fiederchen weniger reich an Nervenzellen sind als der Tentakelstamm. Letzterer muß doch als Zuleitungsbahn Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. '501 für sämtliche Fiederchen dienen, steht also zu ihnen etwa in dem Verhältnis wie ein Fluß zu seinen Nebenflüssen. Außerdem ist die Muskulatur des Tentakelstamms, welche den Stamm nebst den sämt- lichen Fiederchen zusammenziehen muß, viel stärker und wohl auch energischer kontraktionsfähig und muß somit auch stärker mit Nerven- zellen versehen sein als die Fiederchen. welche keine schnellen Be- wegungen ausführen. B. Mundscheibe. Vergleich des Ectoderms der Mundscheibe mit dem der Tentakel. Es ist unmöglich, eine scharfe Grenze zu ziehen zwischen der .Mundscheibe und den basalen Teilen der oralen Tentakelflächen. Die auf der Oral fläche der Tentakel verlaufenden Längsmuskelfasern endigen an verschiedenen Stellen der Mundscheibe; einige ziehen ohne Unterbrechung durch die ganze Mundscheibe bis zum Mund (Textfig. I. S. 508). In seiner histologischen Beschaffenheit gleicht das Ectoderm vollkommen dem der Tentakel. Dieselben Deckzellen bilden die äußere Fläche (rf. Fig. 3, Ü, Tai. XXX), unter welchen in ebenso großer Menge dieselbe Art von Nesselzellen liegt. Wir finden auch hier die mit Boraxkarmin sieh färbenden Drüsenzellen (dr, Fig. 3 und 9, Taf. XXX); ebenso ganz ähnliche .Sinneszellen in entsprechenden Lagebeziehungen zu den Nesselzellen wie auf den Tentakeln (S, Fig. (i und 9, Taf. XXX). Endlich findet sich im Ectoderm eine typische Nervenfasersellich t (uf. Fig. (J, Taf. XXX). in der schon auf Schnitten Ganglienzellen zu erkennen sind (g, Fig. 6). Wie man aus den Fig. 2, 6, 0, Taf. XXX ersieht, ist die Nerven- faserschichi (auf Fig. 2 mit blauer Farbe angedeutet) besonders an einigen Stellen der Mundscheibe, die weiten- unten beschrieben werden, sehr stark entwickelt. Mit großer Deutlichkeit können wir in ihr die einzelnen Xerven fasern unterscheiden. Nervenfasern und Ganglienzellen auf Macerationsprä- paraten. Das Studium der Macerationspräparate liefen weitere Be- stätigungen in dieser Hinsicht. Auf Macerationspräparaten der iso- lierten Mundscheibe überzeugt man sich, welch reichen Nervenplexus die Ganglienzellen hier bilden. Bei noch nicht sehr weit gegangener Maceration lallen von der Stützlamelle zusammenhängende Epithel- stücke ab. die von Nervenfasern wie umsponnen erscheinen. Wenn die Maceration weiter geführt wird, erhall man durch vorsichtiges Klopfen auf das Deckgläschen Ganglienzellengeflechte frei von Epithelzellen. Ich konnte bloßgelegte Nervenfasergeflechte beobachten, che nur aus 502 Nicolai Kassianow, Nervenfasern und Ganglienzellen bestanden, und eine recht ansehn- liche Fläche bedeckten. Fig. 7, Taf. XXX zeigt von einem ähnlichen Geflecht wegen Raummangel nur einen kleinen Teil. In demselben unterscheiden wir deutlich einzelne Ganglienzellen (g) und ihre Fort- sätze, die zum Teil im Fasergeflecht verlaufen, zum Teil aus demselben heraustreten. Es gelingt auch vollkommen isolierte Ganglienzellen in beliebiger Menge zu finden. Dieselben erscheinen denen der Tentakel ganz ähnlich (Fig. 7, Taf. XXX), d. h. sobald man sie unter dem Deckgläschen be- wegen und drehen kann, sind multipolar, meist mit drei oder vier sehr langen, feinen, verzweigten und varicösen Fortsätzen. Alle Nerven- fasern, die auf den Präparaten mehr oder weniger dichte Geflechte bilden, oder auch einzeln gefunden werden, sind ebenso varicös, fein und von demselben Aussehen wie die Fortsätze der Ganglienzellen, weshalb kein Zweifel bestehen kann, daß die Fasergeflechte aus Gan- glienzellfortsätzen hervorgehen . Verteilung der Nervenzellen. Die Mundscheibe ist demnach mit Nervenzellen reichlich versehen, und das Studium der Macera- tionspräparate ruft den Eindruck hervor, daß alle Teile der Mund- scheibe Nervenzellen besitzen. Um ihre Verteilung genauer zu studieren, müssen wir uns jedoch zu den Schnittserien wenden. Man erhält leicht bei guter Orientierung einige Querschnitte durch den Polypen, welche die Mundscheibe in der Fläche treffen. Fig. 1, Taf. XXX stellt einen solchen Querschnitt im Niveau der Mundscheibe schematisch dar. Die Figur ist so kombiniert, daß gewisse Octanten A und B Schnitte der Mundscheibe in verschiedenem Niveau und bei verschiedenen Kontraktion szuständen zeigen. Die Regionen der Mundscheibe, welche zwischen zwei Septen liegen, sind etwas emporge- wölbt, weshalb die Scheibe längs den Ansatzstellen der Septen rinnen- artig vertieft ist. Auf einem gewissen Querschnitt werden daher nur die Ansatzstellen der acht Septen und das diese Stellen bedeckende Ectoderm der acht Rinnen vom Messer getroffen werden, während die gewölbten, zwischen den Septen liegenden Mundscheibenpartien (also der größte Teil der Scheibenfläche) abgetragen sind. Einen solchen Schnitt zeigt die rechte Hälfte (A) der Fig. 1, Taf. XXX, und auf solchen Schnitten ist der Nervenplexus der Mundscheibe gut zu beobachten (auf der Figur mit blauer Farbe angedeutet). Man findet nämlich im Ecto- derm, welches über den Ansatzstellen der Septen und seitlich davon die Mundscheibe bedeckt, viele Nervenfasern. Wenn der Schnitt die tiefere Schicht des Ectoderms getroffen hat, findet man im Ectoderm keine Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 503 Nesselzellen mehr, sondern allein den Nervenplexus, welcher ja die tiefste Region des Epithels einnimmt. Doch beobachtet man Nervenfasern nicht in der ganzen Ausdehnung der Ansatzlinien der Septen. Gegen den peripheren Rand der Mund- scheibe verschwinden Bie aus dem Ectodenn; man findet hier in allen liehen des Epithels nur Nesselzellen in großer Menge, während die Nervenfaserschicht fehlt, soweit man feststellen kann (die Grenze, bis zu welcher die Nervenfaserschicht reicht, liegt auf der Fig. 1. Taf. XXX bei ./). Es fragt sich nun. ob auch auf der, zwischen den Septen liegenden übrigen Mundscheibenfläche Nervenfasern vorhanden sind. Dies ist weniger leicht nachzuweisen. Wenn jedoch bei gewissen Kontraktions- zuständen der Polypen auch diese Stellen der Mundscheibe in der Fläche getroffen werden (ein solcher Fall ist z. B. auf der Fig. 1, Taf. XXX bei : angedeutet), so können wir im Ectoderm ebenfalls eine Nerven- schicht sehen. Hier ist sie aber weniger stark entwickelt; die Nerven- fasern sind mit Nessel- und andern Epithelzellen gemischt — ein Be- weis, daß die Nervenschicht hier keine genügend dicke Schicht im Epithel bildet, um vom Messer auf eine größere Strecke allein getroffen und bloßgelegt zu werden, im Gegensatz zu dem, was wir an den erst beschriebenen Stellen fanden. Es fällt auf. daß in dem Plexus über den Ansatzstellen der Septen die Fasern vorzugsweise parallel zueinander in der Richtung vom Mund zum Scheibenrand verlaufen; in dem Nervenplexus der übrigen Mundscheibenfläche dagegen konnte ich dies nicht beobachten; vielmehr scheinen die Nervenfasern hier in verschiedenen Richtungen, sich kreu- zend zu verlauten. Jedenfalls aber ist die ganze Mundscheibe mit einer Nervenschicht versehen. Es gelingt nicht. Stellen zu finden, wo ßie sicher und voll- ständig fehlte. Die beschriebenen Flächenschnitte orientieren über die Verbreitung der Nervenschicht auf der Mundscheibe, dagegen zeigen sie wenig histo- logische Details, weshalb ich nur eine schematische Figur von ihnen gebe. Um das. was von dem Nervensystem der Mundscheibe bemerkt wurde, aber durch naturgetreue Abbildungen zu beweisen, sollen in andern Richtungen geführte Schnitte dienen. Die halbschematische Fig. 2, Tai. XXX zeigt den Längsschnitt eines Polypen, der genau in der Fläche eines Septums gefühlt wurde; die Figur zeigt nur die rechte Hälfte des Schnittes; die linke Hälfte, welche durch das Lumen des Schlundrohres (Mr) getrennt ist. wurde 504 Nicolai Kassianow, weggelassen. , Links ist der Schnitt durch das Epithel des Schlund- rohres (Mr), oben durch das der Mundscheibe (Pr) und rechts durch das des Mauerblatts (Mbl) begrenzt. Das sehr charakteristische, aus hohen und dünnen Zellen bestehende Epithel des Schlundrohrs tritt aus der Mundöffnung etwas heraus, um sich auf der Mundscheibe als ein ziemlich breiter Ring um den Mund auszubreiten. Wie die Figur zeigt, ist dies Epithel scharf von dem der Mundscheibe abgesetzt (bei x). Die Nervenfaserschicht ist auf solchen Schnitten besonders gut schon bei schwacher Vergrößerung wahrzunehmen, wie die Fig. 2, Taf. XXX zeigt, als eine blaue Linie, wenn mit Bleu de Lyon gefärbt, als eine dunkle bei Osmiumsäureschwärzung. Die Nervenschicht setzt sich ohne LJnterbrechung in das Epithel des oberen Teils des Schlundrohres fort, längs den Anlief tungslinien der Septem und ist hier sogar beson- ders stark. Auf Fig. G, Taf. XXX ist das Ectoderm der Mundscheibe, welches auf Fig. 2, Taf. XXX bei schwacher Vergrößerung dargestellt ist, mit Glimmers. 2 mm und Komp. Ocul. 6 (mit Hilfe des Zeichenapparates) abgebildet. Die Stelle der Fig. 6 entspricht auf Fig. 2 etwa der zwi- schen x und Pr. Die Muskelfasern am unteren Rand dieser Figur entsprechen der Ansatzstelle des Septums an die Mundscheibe, wobei der sehr dünne Schnitt nur die eine Fläche des Septums darstellt, nämlich die von längsverlaufenden Muskelfasern bedeckte. Die Figur zeigt, wie dick die Nervenschicht (nf) an solchen Stellen sein kann. Man kann deutlich die einzelnen sie zusammensetzenden Fasern unterscheiden. Dazwischen können auch Ganglienzellen (g) wahrgenommen werden und selbst die von ihnen ausgehenden Fort- sätze kann man eine Strecke weit verfolgen. Es fällt weiter auf, daß sich die einzelnen Fasern auf lange Strecken verfolgen lassen, woraus hervorgeht, daß sie einander parallel, und zwar in der Ebene des Septums verlaufen, was schon auf Flächenschnitten festzustellen war, wie oben beschrieben wurde. Über den Ansatzstellen der Septen treffen wir auf solchen Schnitten im Ectoderm spindelförmige Sinneszellen (s, Fig. 6), welche an ihrer schlanken Form erkennbar sind, selbst dann, wenn ihr distales, außer- ordentlich feines, hervorragendes Ende1 nicht deutlich wahrzunehmen ist. Nur diejenigen Schnitte, welche, wie Fig. 6, durch die Ansatzstelle eines Septums gehen, zeigen die Nervenschicht so dick; die benach- barten, welche durch die übrigen Regionen der Scheibe gehen, besitzen eine dünnere Schicht. Noch überzeugender tritt dies aber auf Längs- schnitten hervor, welche senkrecht zu der Ebene eines Septums geführt Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 505 sind (also parallel der Linie ab auf Fig. I. Tal. XXX). Fig. 9, Tal'. XXX zeigt die Ansatzstelle eines Septums (Spt) von einem solchen Schnitt bei starker Vergrößerung. Wir sehen deutlich die rinnen- artige Vertiefung der Mundscheibe längs der Anheftung des Septums der Quere nach getroffen. Auf einem solchen Schnitt ist klar zu be- merken, daß die Nervenschicht (nf) am Grunde der Rinne besonders stark entwickelt ist. viel stärker als auf der übrigen Mundscheibe. Auf dem abgebildeten »Schnitt liegt die Hauptmasse der Nervenfasern höher im Epithel, als es im Leben der Fall ist, da das ganze Epithel samt der Xervenschicht bei der Fixation und der dabei stattgefundenen krampfhaften Kontraktion des Polypen von der Stützlamelle abgerissen wurde. Bei genau in der angegebenen Weise geführten Schnitten erscheinen die Nervenfasern über der Ansatzlinie des Septums als Pünktchen, was beweist, daß alle Nervenfasern quergeschnitten sind, und daß sie also in der Tat einander parallel ziehen, und zwar längs der Ansatzlinie des Septums vom Mund zum Scheibenrand, wie schon früher hervorgehoben wurde. Es macht sogar den Eindruck, als ob sie hier, über der Ansatz- linie des Septums, zu einem Bündel vereinigt wären. Dagegen finden sich im Ectoderm zu beiden Seiten des Septums viel weniger Nerven- fasern. Sie breiten sich hier über die quergeschnittenen Muskelfasern (in) au>. Es machl ziemlich viel Mühe, sie nachzuweisen, weil sie nur eine dünne Schicht bilden, die von den übrigen Epithelelementen nicht scharf abgesetzt ist . Das Ectoderm Längs der Ansatzlinie des Septums gleicht dem dw übrigen Stellen der .Mundscheibe. Auch hier (dieselbe Fig.) finden wir Sinnes- (S) und Drüsenzellen (dr). Letztere sind an den Seiten der Septen reichlicher als auf der übrigen Mundscheibe. Der größte Teil - rmeszellen, die ich auf der Mundscheibe sah. wurden ebenfalls in der Nahe und an den Seiten der Septen gefunden. Es schein!. daß sie hier in der Tal reichlicher sind. Doch läßt sich dies nicht sicher behaupten, weil die Sinneszellen zu schwer nachzuweisen sind, um ihre Zahl aul diesen "der jenen Schnitten sicher zu vergleichen: besonders schwer sind sie namentlich aul <\<-i Mundscheibe zwischen den Septen zu finden, weil die Scheibenfläche hier gewölbt und das Ecto- derm hier meisl schief getroffen ist, wobei die distalen Enden der Sinneszellen, an welchen man Bie ausschließlich erkennen kann, weg- geschnitten wurden. Aus der Betrachtung der Fig. 2, Tat. XXX ersehen wir. daß die Nervenschichi der Mundscheibe längs der Anheftungslinien der Septen 506 Nicolai Kassianow, und zwischen den Tentakelbasen nicht bis zum Band der Mundscheibe verläuft, sondern etwa am Beginn des letzten Viertels oder Fünftels des Radius aufhört. Das gleiche konnten wir auch auf den Flächen - schnitten (Fig. 1, Taf. XXX, bei x) konstatieren. Das ectodermale Epithel ist in dieser Randregion der Scheibe etwas höher und be- sonders stark von Nesselzellen erfüllt (Fig. 2, Taf. XXX); es ähnelt in dieser Beziehung der aboralen Tentakelfläche. Daß auch in dieser Region einzelne Ganglienzellen vorkommen, kann man kaum bezweifeln; aber sie sind hier eben nicht so zahlreich, um mit ihren feinen Fortsätzen durch Verdrängung der Nesselzellen in die oberen Schichten des Epithels eine selbständige Nervenfaserschicht zu bilden; ebensowenig wie es auf der aboralen Tentakelfläche und den Tentakelfiederchen der Fall ist. Dagegen ist es mir gelungen, am äußersten Rande der Mundscheibe, wo sie in das Mauerblatt umbiegt (Fig. 2, Taf. XXX), Nervenfasern (auf Fig. 2 zwischen den Buchstaben a und b mit blauer Farbe an- gedeutet) deutlich nachzuweisen, und zwar über den hier vorhan- denen Muskelfasern; letztere gehören zu denjenigen Muskelzellen, welche von einem Tentakel auf den benachbarten übergehen, indem sie den zwischen zwei Tentakeln liegenden Mundscheibenrand durch- queren. Auf Fig. 3, Taf. XXX ist dieselbe Region bei stärkerer Vergrößerung abgebildet; über den Querschnitten der erwähnten Muskelfasern bemerkt man einige zarte Nervenfasern (nf). Nur auf sehr günstigen Präparaten gelingt es, dieselben klar zu beobach- ten; es gehört dazu sehr gute Konservierung der Tiere, wobei jedoch das Ectoderm etwas gelockert sein muß, damit die Nervenfasern als solche unzweideutig hervortreten. Zwischen den Fasern konnte ich einige Male Kerne beobachten (dieselbe Figur). Wegen ihrer Lage in dem Fasergeflecht und wegen dem Mangel des Protoplasmas um die Kerne, muß man wohl annehmen, daß sie zu Ganglienzellen gehören, da nur die Ganglienzellen einen so kleinen Zellkörper haben. Die Richtigkeit des Gesagten kann man auf Schnitten kontrollieren, welche tangential zum Mundscheibenrand geführt werden; wir sehen dann im Ectoderm, welches den Mundscheibenrand zwischen den zwei benachbarten Tentakeln bedeckt, und welches auf solchen Schnitten natürlich von der Fläche getroffen ist, auf günstigen Päparaten ebenfalls deutliche Nervenfasern. Ein solcher Schnitt ist auf Fig. 8, Taf. XXX bei starker Vergrößerung abgebildet. Die Hohlräume ( TH) links und rechts sind die Tentakelhöhlen. Die Deckzellen (Ect) be- grenzen das Bild von oben und unten; an den übrigen Stellen des Schnittes sind sie weggeschnitten, weil der Mundscheibenrand Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 507 gekrümml ist. wodurch die tieferen Schichten des Ectoderms bloß- gelegl Bind. In diesen seilen wir viele. Nesselzellen und die großen, Btark gefärbten /'Hrn. welche gewöhnlich auf Schnitten tief im Epithel- grunde getroffen werden: ferner die Muskelfasern (m), welche am Mundscheibenrand von einem Tentakel auf den andern übergehen und welche auf Kg. 3, Tat. XXX (in) quer getroffen waren. Über diesen Muskelfasern aber (Fig. 8) -r - und das ist, was uns hier besonders interessiert — verlaufen einige feine Nervenfasern; auch ein spindel- förmiger Zellkörper ist zu erkennen (g), vermutlich eine Ganglienzelle, deren Fortsätze nur undeutlich zwischen den übrigen Zellen zu ver- folgen sind. Es ist wohl unzweifelhaft, daß die beschriebenen Nervenfasern speziell der Innervation der den beiden benachbarten Tentakeln ge- nieinsamen Muskelfasern dienen, denn sie finden sich nur unmittelbar über diesen und fehlen, so weit die Beobachtung ergab, in den an- grenzenden Stellen der ectodermalen Fläche. Erklärung der Verteilungsart der Nervenelemente auf der Mundscheibe. Die Tatsache, daß die Nervenschicht auf der Mundscheibe besonders stark längs der Linie der Anheftung der Septen entwickelt Lsl und die weitere, daß die Nervenfasern längs dieser Linie einander parallel vom Mund zum Mundscheibenrand verlaufen, zeigen uns, daß wir auf der Mundscheibe längs der acht Septenlinien sozusagen nervenleitende Straßen vor uns haben. Ihnen fällt offen- bar die Aufgabe zu, die Nervenreize vom Mund zum Mundscheiben- rand, oder umgekehrt, zu leiten, im Gegensatz zu der übrigen Mund- scheibenfläche, auf welcher der Nervenplexus, wie wir es fanden, weniger stark entwickelt ist und wo die Nervenfasern einen gekreuzten Verlauf zeigen. Eine Erklärung für diesen Xervenvcrlauf, glaube ich, wird gegeben durch die Vit. wie die ectodermalen Muskelfasern auf den Tentakeln und auf der Mundscheibe verlaufen und sich verteilen. Schon für die Tentakel fanden wir, daß die Verteilung der Nervenelemente auf das innigste mit der Verteilung der Muskelfasern zusammenhängt, indem die orale Tentakelfläche, auf welcher die Hauptmasse der Längsmuskel - in verläuft; auch die Hauptmasse der Nervenfasern, einen reichen Nervenplexus in ihrem Ectoderm aufweist. Ganz ähnliche Beziehungen zwischen dem Muskel- and Nervensystem beobachtet man auf der Mundscheibe. Die längsverlaufenden ectodermalen Muskelfasern, welche in den 508 Nicolai Kassianow, distalen Teilen der Tentakel die Oralfläche gleichmäßig bedecken, teilen sich gegen die Tentakelbasis hin (Fig. 1 c, Taf. XXX und be- sonders Textfig. 1) in zwei seitliche starke Züge (Textfig. 1 Sm), indem zwischen ihnen nur wenige schwache Muskelfasern in der Medianlinie geradlinig bis zum Mund herabsteigen (Fig. 1 c, Taf. XXX, Textfig. 1 Mm). Die seitlichen starken Muskelzüge aber, welche immer dicht an die beiden Fiederchenreihen (Textfig. 1 Tf) angeschmiegt auf die Mund- scheibe herabziehen, wenden sich mehr und mehr von der Medianlinie nach rechts und nach links, bis sie die beiden benachbarten Septallinien Sdu- ep Textfig. 1. Schema der Muskulatur der Mundscheibe und der Tentakel. Näheres im Text. (Textfig. 1 Spt) erreichen. An diesen Linien stoßen diese seitlichen Muskelzüge der beiden benachbarten Tentakel in etwas verschiedener Entfernung von der Mundöffnung zusammen, ohne jedoch ineinander überzugehen. Wir fanden nun, daß längs diesen Septallinien auch die Nerven- schicht besonders stark entwickelt ist. Die Bedeutung dieser Ein- richtung liegt auf der Hand. Ein starker Strom von Nervenfasern (Taf. XXX, Fig. 1 A, bei der Linie ab -- blaue Farbe zwischen den Muskelfasern) verläuft also zwischen den zusammenstoßenden Enden der beiden Muskelzüge, welche zu den zwei benachbarten Tentakeln gehören} zum Teil diese Muskelenden trennend, zum Teil sie bedeckend. Auf diese Weise werden zwei benachbarte Tentakel auf dem direktesten Untersuchungen über das Nervensystem der Aleyonaria. 509 Wege innerviert und zwar beide Tentakel durch eine und dieselbe Reizleitung. Dadurch, glaube ich, wird P>sparnis an Zeit und Material erzielt, indem für IG seitliche Muskelzüge nur acht Nervenfaserzüge notwendig sind. Xervenfaserzüge, die dazu nur einen kurzen Verlauf zu haben brauchen. Diese seitlichen Muskelzüge der Tentakel spie- len aber bei der Bewegung der Tentakel eine sehr große Rolle, worauf schon ihre Stärke hinweist. Beim Ergreif eD der Beute muß es oft vorkommen, daß ein Ten- takel dem andern zu Hilfe kommt und beide mittels der starken seit- lichen Muskelzüge sich gegeneinander krümmen, um dann die ergriffene Beute durch gemeinsame Anstrengung in die Mundöffnung zu befördern. Damit diese Bewegungen der zwei benachbarten Tentakel möglichst koordiniert sind, ist vielleicht der Umstand, daß sie durch eine und dieselbe Reizleitung ausgelöst werden, von besonderem Vorteil. Es ist auch recht begreiflich, warum die längs der Ansatzlinie des Septums hinziehenden, reizleitenden Straßen vom Mund ausgehen. Die Tentakel müssen in ihren Bewegungen nicht nur untereinander, sie müssen auch mit den Bewegungen der Mundöffnung auf das strengste koordiniert sein, wenn die durch die Tentakel ergriffene Beute in den Mund befördert werden soll. Das Schlundrohr besitzt in der Tat in seinem obersten Teil eine starke Nervenschicht; außerdem tritt das typische Schlundrohrepithel mit seiner Nervenschicht aus der Mund- öffnung heraus und breitet sich auf der Scheibe um den Mund herum aus (Schr.cp Textfig. 1), so daß auch ein starker Nervenplexus den .Mund umgibt (auch Fig. 2, bei x, Taf. XXX). Von diesem cireum- oralen Teil des Nervensystems werden wohl die Bewegungen der Ten- takel ausgelöst, indem die längs der Septallinien ziehenden Nerven- straßen der Mundscheibe die entsprechenden Reize den Tentakelmuskeln zufuhren. I umgekehrt können dieselben Nervenzüge auch Reize, welche die Tentakel empfangen, dem circumoralen Teil des Nervensystems zuleiten. Wir fanden, daß diese Nervenzüge der Septallinien nicht bis zum Selieibenrand reichen. Dies bestätigt meiner Ansicht nach die Ver- mutung,- daß die in Rede stehenden Nervenzüge innige Beziehungen zu den Tentakelmuskeln haben. Denn sie passieren also in der Tat nur die Stellen, wo die starkes seitlichen Tentakelmuskelzüge auf der Mund- scheibe mit ihrem unteren Ende sich befestigen, und verschwinden gegen den Scheibenrand hin. wo auch keine «»der wenige Muskelfasern endigen (vgl. Textfig. 1 und Fig. 2. Taf. XXX). Der leine Nerv am Mundscheibenrand selbst gehört einem ganz 510 Nicolai Kassianow, andern System der Tentakelmuskeln an. vermutlich denjenigen, welche nur in der älteren Arbeit von Pouchet et Myevre richtig beschrieben und als »muscles intertentaculaires« bezeichnet wurden. Diese Muskel- fasern (Textfig. 1 Tm) finden sich nicht oral, sondern aboral wärts oder nach außen von den Fiederchenreihen ; sie laufen längs der Seiten der Tentakel, steigen von ihnen auf den Scheibenrand herab, durch- queren denselben bis zur Basis der benachbarten Tentakel, auf denen sie wieder emporsteigen. Die streng seitlichen Biegungen der benach- barten Tentakel gegeneinander werden also mittels eines für beide Tentakel gemeinsamen Muskelbands bewirkt. Alle andern Partien der Tentakel muskulatur gehören nur je einem Tentakel an und zeigen keinen solchen Übergang in die Muskulatur der benachbarten Ten- takel. Bei Alcyonium pahnatum fand ich das letzt beschriebene System der Tentakelmuskeln des Scheibenrands etwas abweichend. Es erhebt sich nämlich am Scheibenrand eine Leiste, so daß der Längsschnitt des Randes zwischen zwei Tentakeln einem Stuhl mit einer sehr niedrigen Lehne gleicht. Diese Leiste wird von der Gallerte und dem ectoder- malen Epithel gebildet und enthält die »muscles intertentaculaires«. Diese Einrichtung hat wohl die Bedeutung, die Fläche des Scheiben- randes, auf welcher diese Muskeln verlaufen, zu vergrößern. Auf einem Flächenschnitt der Mundscheibe findet man in gewissem Niveau (Fig. 1, Taf. XXX), daß die Querschnitte (c) der Tentakelbasen nur durch starke Muskelfasern («ijj untereinander verbunden sind; es ist eben diese, sich höher als die übrige Mundscheibenfläche erhebende Leiste. Der Nervenstrang, der über diesen Muskeln am Mundscheibenrand hinzieht (Fig. 3 und 8, Taf. XXX), hat wohl die spezielle Aufgabe, diesen besonderen Teil des Tentakelmuskelsystems zu innervieren. Diese Nerven sind wahrscheinlich nur Teile von Nervenzügen, welche diese intertentakulären Muskeln in ihrem ganzen Verlauf von einem Tentakel auf die benachbarten begleiten. C. Schlundrohr. Das Innere des Schlundrohres wird von einem sehr charakteristi- schen Epithel ausgekleidet, das nach den embryologischen Befunden von Kowalewskt, Marion, Wilson u. a. ectodermaler Natur ist. Es besteht aus sehr hohen (bis 35 f.i) und schmalen Zellen. Die Form seiner typischen Zellen. Die Form dieser Zellen ist auf Schnitten (Fig. 7, Taf. XXIX), noch besser jedoch auf Macera- Untersuchungen aber das Nervensystem der Alcyonaria, 511 tdonspräparateD (Fig. 5 a, Taf. XXX) festzustellen. Die schmalen Zellen sind zur Einlagerung des ovalen Kernes auf einer bestimmten Höhe spindelförmig erweitert. Der distal vom Kern gelegene Teil ist etwas dicker als der proximale. An ihrem distalen Ende trägt die Zelle eine sehr lange Cilie (bis 10«). Außer dieser langen Cilie konnte ich auf den meisten Zellen der Macerationspräparate noch eine oder zwei ganz kurze beobachten. Unterhalb der Kernanschwellung ist die Zelle dünn, faserartig. Gewisse isolierte Zellen sind ebenso hoch wie das Epithel selbst und enden proximalwärts mit einer kleinen knopfartigen Anschwellung (wie die Zelle Stz, Fig. 5 a, Taf. XXX), mit welcher sie sich auf der Stütz- lamelle befestigen. Das proximale Ende andrer dagegen (Zelle nz und andre auf derselben Figur) setzt sich in eine lange und feine Faser fort. Dieselbe reißt meist wegen ihrer Zartheit beim Zerklopfen der Epithel- stücke ab, weshalb es nicht festzustellen gelang, welche Länge sie in Wirklichkeit erreichen kann. Jedenfalls aber ist die Faser so lang, daß sie sich auf der Stützlamelle zwischen den basalen Enden der übrigen Zellen eine Strecke weit hinziehen muß. Einige zufällig besser erhaltene Zellen zeigten ferner, daß die Faser, in welche die genannten Zellen proximalwärts auslaufen, sich verzweigen und Vancositäten bilden kann (nz). Die erst beschriebenen, proximalwärts knöpf artig endenden Zellen (St : ) 1 1 LÜssen wir als Stützzellen des Epithels betrachten. Zwischen ihnen und den in eine Faser auslaufenden (nz) Zellen konnte ich keine weiteren Unterschiede bemerken. Da die Kernanschwellungen ziemlich breit, die übrigen Teile der Zellen dagegen sehr schmal sind, so müssen die Kerne auf verschiedenen Höhen des Epithels sich verteilen. Die Hernzone des Epithels ist infolgedessen ziemlich hoch; sie beginnt in einem gewissen Abstand von der Epitheloberfläche und geht fast bis zur Stützlamelle herab, ausgenommen die obere Region des Sehlund- rohres, wo sich zwischen der Kernzone und der Stützlamelle die Nerven- schicht am Epithelgrunde ausbreitet (Fig. 7, Taf. XXIX, nj), wie wir weiter unten sehen werden. Drüsenzellen. Die beschriebenen Zellen bilden den Hauptteil des Epithels. Außerdem treffen wir noch Zellen von kolbenartiger Form, deren distaler Teil halsartig ausgezogen ist und bis zur Epithel- oberfläche nicht (Taf. XXIX, Fig. 7 ['> Die Kernzone reicht in ihm (Fig. 3, Tat. XXXI) bis zur Stützlamelle und Nervenfasern waren nicht nachzuweisen. Auch auf Flächen- schnitten durch «las Epithel der Siphonoglyphe konnte ich keine Nervenschicht finden. Ein Blächenschnitt durch die tieferen Schichten des Siphonogh phenepithels sieht aus, wie ich es U\v die sonstigen Stellen der unteren Schlundrohrregion geschildert habe: man bemerkt keine Nervenfasern, sondern nur punktförmige Querschnitte durch die faser- artiü dünnen proximalen Teile der Epithelzellen. Die Siphonoglyphe stellt jedoch in Berührung mit der Nervenschicht des oberen Teils des Schlundrohres, indem diese sich nach unten bis zur Stelle, wo die Siphonoglyphe anfängt, erstreckt (Fig. 2, Taf. XXX), ja vielleicht sogar etwas in die Region der Siphonoglyphe eingreift, denn es ist schwer ganz sicher festzustellen, wo die Nervenfaserschicht in dein Schlundrohrepithel undeutlich wird. Die obere Grenze, wo die Siphono- glyphe beginnt und bis wohin die Nervenschicht nach unten reicht, entspricht etwa der Stelle, wo der obere stößelartig erweiterte und die Tentakel tragende Teil des Polypenkörpers in den tieferen säulenartigen Teil übergeht . Wenn sich auch in der tieferen Region des Schlundrohres keine Xervenschicht nachweisen ließ, so glaube ich doch kaum, daß Nerven- elemente hier vollständig fehlen; wahrscheinlicher ist es, daß sie hier weniger reichlich vorkommen, weßhalb sie auf Schnitten mit unsern Mitteln dicht nachgewiesen werden können. Beziehungen der Nervenschicht des Schlundrohres zu dem der Mundscheibe, überall geht die Nervenschicht des Schlund- rohres unmittelbar in die der Mundscheibe über, wie wir es auf den Fig. I und 2, Taf. XXX gesehen haben, wobei die Dicke der Nerven- schichl längs der Anheftungslinie der Septen am Schlundrohr und auf der Mundscheibe ungefähr die gleiche bleibt (Fig. 2. Taf. XXX). Erklärung der Verteilungsart der Nervenzellen im Schlundrohrepithel und die Verteilung der Muskelfasern auf den Septen. Die stärkere Entwicklung der Xervenschicht im oberen Drittel des Schlundrohres könnte daher rühren, dal.'» die Xerven- schicht hier neben den Nervenfasern, welche mit den Zellen dieser Region zusammenhängen, auch solche enthält, welche für die tiefer liegenden Teile des Schlundrohres bestimmt sind. Das gesamte Schlundrohr muß ja offenbar aus der Gegend der Mundöffnung Reize bekommen. Indem viele Nervenfasern schon im oberen Teile des Schlundrohres ihre XI* 516 Nicolai Kassianow, Zellen erreichen, wird die Zahl der Nervenfasern in weiterer Entfernung vom Mund immer geringer. Immerhin Keßen sich jedoch diese Verhältnisse möglicherweise noch etwas anders auffassen. Es scheint mir nämlich sehr wahrscheinlich, daß vom oberen Teil des Schlundrohres aus auch die septale Mus- kulatur innerviert wird. Die Muskelfasern der Septen dienen doch dazu, um 1) die Mundöffnung und das Schlundrohr zu erweitern und 2) bei der Kontraktion des Polypen seinen oberen Teil in den unteren, bzw. in das Cönosark einzustülpen. Das Erweitern des Schlund- rohres und des Mundes steht in Zusammenhang mit der Nahrungs- aufnahme, muß also von der sensiblen Umgebung der Mundöffnung abhängen und das Einstülpen der Polypen geschieht auch auf äußere Reize, welche hauptsächlich von den Tentakeln empfangen werden. So muß also die entodermale Muskulatur der Septen auf das innigste von dem ectodermalen Nervensystem abhängen und zwar dürfte diese Inner- vation wohl auf dem kürzesten Wege geschehen. Überall ist jedoch das Entoderm durch die Gallerte vom Ectoderm getrennt, ausgenommen an der unteren Schlundrohrpforte, wo das ectodermale Epithel des Schlundrohres unmittelbar in das Entoderm der Septen übergeht. An der letzten Stelle könnte auch ein Zusammenhang des ectodermalen und entodermalen Nervensystems stattfinden. Es scheint mir aber, daß diese Verbindung nicht die ausschließliche und nicht die hauptsächliche sein kann, weil sie nicht auf dem direktesten und kürzesten Wege ge- schieht und weil keine distinkte Nervenschicht, welche eine solche Ver- bindung vermitteln könnte, im unteren Teil des Schlundrohrs sich nach- weisen läßt. Es scheint mir die Annahme wahrscheinlicher, daß eine Innervation der entodermalen Muskulatur seitens des ectodermalen Nervensystems durch die Gallerte hindurch stattfindet und zwar im obersten Teil der Septen. Es wäre möglich, daß einzelne Nervenfasern an gewissen Stellen aus dem Ectoderm heraustreten, z. B. im oberen Teil des Schlundrohres oder aus dem Ectoderm der Mundscheibe, in die Gallerte hineindringen und durch sie das Entoderm, bzw. die Muskel- fasern der Septen erreichen. Durch direkte Beobachtung allerdings ist hierüber nichts sicheres festzustellen (obschon Andeutungen nicht fehlen), doch dürfte das negative Resultat in diesem Falle nicht zu viel besagen: weil es fast unmöglich sein dürfte, so feine Nervenfasern in der dünnen Gallertschicht mit unsern einfachen Methoden unzwei- deutig nachzuweisen. Wenn aber eine solche nervöse Verbindung zwischen dem ecto- dermalen Nervensystem und der septalen Muskulatur, bzw. den septalen Untersuchungen ober das Nervensystem der Aloyonaria. 517 Nervenzellen existiert, und wenn eine solche Innervation durch die Gallerte auf dem direktesten Wege geschehen soll, so muß dieselbe nach • Ansichl unzweifelhaft vom oberen Teil des Schlundrohrs und überhaupt von der Mundregion ausgehen. Hierauf deutet auch die lung der Muskelfasern auf den Septen hin. Im Folgenden will ich daher die Anordnung der Muskelfasern auf den Septen beschreiben, wie lcd sie bei Veretillum cynomorium (var. stylifera, Koellik.) beobachten konnte. Diese Beschreibung wird auch, unabhängig von der berührten Frage nach der Innervation, hier am Platze sein, weil die Verteilung Muskelfasern auf den Septen bis jetzt nur sehr schematisch dar- gestellt wurde. Bei den sehr großen Polypen von Veretillum cynomorium können wir i Las Septum leicht herauspräparaiere-n und auf einer Fläche desselben hauptsächlich zwei Gruppen von sogenannten longitudinalen Muskel- fasern unterscheiden. Diejenigen Längsfasern (Textfig. 2 Lm1} s.S. 518), welche sich nüt ihren oberen Enden zunächst der Mundöffnung (Mo) an die Mundscheibe (Msch) ansetzen, bilden die erste Gruppe. Es sind kurze Muskelfasern, die in einem Bogen den Winkel umgreifen, welchen die Schlundrohrwand (Schhc) mit der Mundscheibe (Msch) bildet, und sich mit ihrem aboralen Ende an das Schlundrohr heften, indem sie auf dem Septum nicht weit nach unten herabsteigen. Diese Gruppe der Muskelfasern hat offenbar die Aufgabe, das Lumen der Mundöffnung zu verändern, sie hat also eine ganz spezielle Funktion zu erfüllen. Die Längsfasern, welche weiter von der Mundöffnung entfernt an die Mundscheibe sich ansetzen, bilden die zweite Gruppe (Lm2), welche dadurch charakterisiert ist, daß ihre Muskelfasern das ganze Septum entlang herablaufen. Das sind die längsten und die stärksten Muskel- fasern der Septen. Sic dienen dazu, um den oberen Teil des Polypen in den unteren, bzw. in das Cönosark, einzuziehen. Zwischen der ersten und der zweiten Gruppe treffen wir noch Muskellasern, welche in ihrem Verlauf einen Übergang zwischen beiden bilden; ungeachtet dessen heben äch doch beide Gruppen voneinander scharf ab. Die andre Septumfläche, welche die horizontalen Muskelfasern trägt, zeigt, daß letztere im oberen Teil ^h^ Polypen nicht vollkommen horizontal verlaufen. Diejenigen Muskelfasern besonders, welche sich in der Region l/m-y ansetzen (Textfig. 2), ziehen zuerst schräg nach unten, rechtwinklig zu dem Verlauf der Longitudinalen Muskelfasern der Gruppe Lm^, und erst wenn sie dieselbe passiert haben und in die Region der Muskelgruppe Lm2 eintreten, verlaufen sie horizontal. Diese horizontalen (transversalen) Muskelfasern befestigen sich somit 518 Nicolai Kassianow, fächerartig an dem obersten Teil des Schlundrohres und scheinen be- sonders stark zu sein. Sie spielen jeden falls bei der Erweiterung des Mundes eine wichtige Rolle. Somit sehen wir, daß 1 ) an den oberen Teil des Schlundrohres außer den transversalen Muskelfasern noch ein Teil der longitudinalen sich .Mbl Textfig. 2. Schema der Muskulatur eines Septums. Näheres im Text. ansetzt, und 2) daß auch diejenigen horizontalen Muskelfasern, welche sich in der Region der Mundöffnung an das Schlundrohr und an die Mundscheibe ansetzen, gleichfalls eine wichtige Rolle beim Funktionieren der Mundöffnung spielen müssen. Wenn die entodermale Muskulatur vom ectodermalen Nerven- system abhängt, so wird eine solche Innervation, wenn sie auf dem direktesten Wege geschehen soll, wahrscheinlich vom oberen Teil des Schlundrohres ausgehen, da die Bewegungen dieses Teiles ja von dieser Muskulatur bestimmt werden. Ich glaube, daß dies der Hauptgrund Untersuchungen über das Nervensystem der Älcyonaria. 519 i^t. weshalb die Nervenschicht hier so stark und zwar besonders stark längs der Ajiheftungslinie der Septen entwickelt ist. Die zweit»1 Gruppe {Lm^) der longitudinalen Muskelfasern wird vermutlich von der Mundscheibe aus innerviert. Es wäre möglich, daß auch damit die besonders starke Entwicklung der Nervenschicht der ttundscheibe längs der Septallinien zusammenhängt, obgleich dies schon oben mit der Anordnung der Muskulatur auf der Mundscheibe und den Tentakeln in Verbindung gebracht wurde. D. Mauerblatt. Das Ectoderm des Mauerblatts unterscheidet sich von dem der Mundscheibe und der Tentakel in einigen, obschon unbedeutenden Punkten. Das Studium des Mauerblattectoderms ist sehr wichtig für die Frage über das koloniale Nervensystem, weshalb ich es möglichst ein- gehend beschreiben werde, obwohl ich leider über die Nervenelemente im Mauerblatt nicht hinreichend klar wurde. M .1 tierblattectoderm auf den Macerationspräparaten. Am leichtesten und sichersten studiert man das Ectoderm auf Macerationspräparaten. Wenn man einen Polypen nach Entfernung des Oralteils maceriert, so fallen von dem Mauerblatt einzelne ecto- dermale Epithelstücke ab. Man kann auch mit einem Pinsel leicht einige zusammenhängende Epithelstücke abstreifen. Auf Fig. 1. Tal. XXXI ist das, was man auf solchen Epithelstücken mit 2mm Zeiss. Ocul. 6 beobachten kann, mit dem Zeichenapparat abgebildet. Man erblickt das Epithelstück von unten, d. h. von der Seite des Ento- derms. Über einigen Entodermzellen (auf der Figur unten) liegt eine Gallertzelle (glz) und über letzterer eine entodermale Muskelzelle (ez), so daß alle Schichten der Mauerblattwand in ihren typischen Zell- elementen verglichen werden können. Deckzellen. Das sehr niedrige Epithel besteht aus denselben Deckzellen, welche ttir auf den Tentakeln und (U-v .Mundscheibe fanden. An einigen dieser Zellen beobachten wir auch den fußähnlichen Fort- satz (c?1 Fig. 1, Taf. XXXI); wegen der Niedrigkeit des Epithels sind diese Fortsätze jedoch weniger auffällig. Die sog. Decklamellen de- Zellen sind große polygonale Platten, deren Struktur auf Macerations- präparaten gut studiert werden kann. Das Protoplasma ist vakuo- lisiert : die Schnitte zeigen, daß das vakuolisierte Plasma die äußerste Schicht der Lamelle einnimmt. In den meisten Zellen bemerkt man 520 Nicolai Kassianow, außerdem einige besonders große Vakuolen, die sich meist um den kugeligen, zuweilen deutlich wabigen Kern gruppieren. Letzterer nimmt ungefähr die Mitte der Zellfläche ein. Nesselzellen. Unter den deckenden Lamellen dieser Zellen hegen die übrigen Elemente. Dies sind erstens Nesselzellen (nz, siehe auch Fig. 2, Taf. XXX), welche sich von denen der Mundscheibe und der Tentakel vor allem dadurch unterscheiden, daß sie etwas länger sind (10 u); ihre Form ist ebenfalls länglich oval. Beide Nesselzellenarten kann man auf Fig. 2, Taf. XXIX, N und n, untereinander ver- gleichen. Der Kern stellt eine flache Scheibe dar, welche in der Längs- richtung der Nesselkapsel ausgezogen ist und sie an einer Seite um- greift. Im optischen Durchschnitt ist der Kern daher wenig merklich, erscheint nur als Verdickung in der Seitenwand der äußeren Kapsel. Der Inhalt der Nesselkapsel, welcher bei den Nesselzellen der Mund- scheibe und der Tentakel ungefärbt blieb, wird von Bleu de Lyon gefärbt; der Nesselfaden tritt weniger deutlich hervor und nimmt einen verwickeiteren Verlauf. Ein Cnidocil konnte nicht nachgewiesen werden. Manchmal schien es, als ob von der Zelloberfläche ein feiner Faden abging. Die Nesselzellen sind im Epithel des Mauerblattes zu Gruppen vereinigt. Im Abschnitt über die Tentakel wurde erwähnt, daß diese Art von Nesselzellen sich vom Mauerblatt aus in einem kontinuierlichen dünnen Streifen auch auf die aborale Medianlinie der Tentakel fortsetzt (Fig. 6 bei abr, Taf. XXIX). Das Ectoderm des Mauerblattes enthält ferner tiefer gelegene Zellen von verschiedener und unbestimmter Gestalt, die überall zerstreut oder um die Nesselzellengruppen angehäuft sind (wie es auf Fig. 1 rechts der Fall ist, z). Einige dieser Zellen sind längsgestreckt, ähnlich den Zellen, die wir in der Tiefe des Ectoderms der Tentakel und der Mund- scheibe fanden; bei einigen ist das eine der Enden fein ausgezogen, das andre Ende dagegen besitzt eine äußerst dünne, schwer färbbare, anscheinend homogene Protoplasmapartie (b), von der pseudopodien- ähnhche Fortsätze entspringen, während das übrige Plasma grobkörnig ist und sich stark färbt. Zellen mit feinen Fortsätzen. Endlich treffen wir auf der Unterseite solcher Epithelstücke Zellen, die im Hinblick auf ein etwaiges Nervensystem besonderes Interesse beanspruchen. Es sind dies spindel- förmige Zellen mit einem deutlichen Kern (c), die in lange und feine Fasern ausgezogen sind. Ihre Fortsätze verzweigen sich in einem Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 521 maiiclimal schon geringen] Abstand von dein Zellenleib, wobei die Verzweigungsstelle zu einer dreieckigen Platte verbreitert erscheint (z. B. c2). Solche Fortsätze sind sehr oft auf große Strecken auf Jen Epithelstücken zu verfolgen, manchmal zwei bis drei neben- einander. Die Richtung ihres Verlaufes ist unbestimmt, auch kreuzen sie sich oft. Manchmal gelingt es, die Fortsätze von den übrigen Zellen auf große Strecken isoliert zu beobachten (c±). Man er- hält häufig den Eindruck, als wenn die Fortsätze den Grenzlinien der Deckzellen folgten und sich da verzweigen, wo drei dieser Zellen zusammenstoßen. Auch auf Schnitten, namentlich auf Flächenschnitten des Mauerblattes kann man die geschilderten Zellen und sogar die Ver- zweigungen ihrer Fortsätze beobachten. Die Natur der Zellen mit feinen Fortsätzen. Auf den ersten Blick wäre man wohl geneigt, diese Zellen für Ganglienzellen zu er- klären. Sie unterscheiden sich aber erheblich von den typischen Gang- lienzellen, welche wir oben beschrieben haben. Die fraglichen Zellen srind bedeutend größer und die Menge ihres Zellprotoplasma ist im Verhältnis zum Kern erheblicher (c3) als bei den typischen Ganglien- zellen. Auch sind die Fortsätze meist nicht so fein wie diejenigen der unzweideutigen < ranglienzellen. Die nervöse Natur dieser Zellen erscheint um so fraglicher, als es im Ectoderm des Mauerblattes noch andre Zellen gibt (zwei Zellen zu beiden Seiten der Zelle c3), die den beschriebenen Zellen etwas ähneln, und ebenfalls Fortsätze haben, aber ganz sicher keine Nervenzellen sind wegen der kurzen Fortsätze und ihrer noch bedeutenderen Größe. Die letzteiv Zellform nimmt sozusagen eine Mittelstellung zischen den \mlier erwähnten Zellen und dvn keine Fortsätze besitzenden tiefen Epithelzellen ein. Anderseits aber trifft man zwischen diesen spindelförmigen Zellen einige, die sowohl nach, (iröße wie Form den (ianglienzellen sehr ähnlich sind, wie z. 15. die Zelle {>•> Entoderms im nervösen Zusammenhang stehen? In der Gallerte konnte ich keine Nervenzellen finden, weder in den Polypen noch in der gesamten Koloniemasse. Die Zellen, wrelche in der Gallerte überall vorkommen, scheinen mir nach ihrem Aussehen, ihrer Lage und diu Resultaten der Experimente von Pratt (s. darüber den Abschnitt: Gallerte und Gallertzellen, S. 524) nicht nervöser Natur zu sein. Obgleich ich Ganglienzellen im Entoderm, wenigstens zwischen den entodermalen .Muskel fasern der Septen sicher nachweisen konnte, so waren die Schwierigkeiten der Beobachtung doch zu groß, um die Ver- breitung der Nervenelemente im Entoderm genauer festzustellen. Ich kann dabei' auch nichts Sicheres darüber sagen, ob es möglich ist, daß die einzelnen Polypen durch ein entodermales Nervensystem in Zusam- menhang stellen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß zwischen den Polypen auch gar keine oder wenigstens keine direkten nervösen Verbindungen exi- ren, so daß die gesamte Kolonie überhaupt in nervöser Hinsicht nichts Einheitliches darstellt. Wenngleich die Polypen sich oft momen- tan und gleichzeitig m die Koloniemasse einstülpen, wäre es doch mög- lich, daß die nicht durch nervöse Impulse hervorgerufen wird; man konnte sich nämlich vorstellen, «laß alle Polypen unabhängig von- einander sich zusammenziehen, durch irgendwelche mechanische Ur- sachen dazu bewegt : '/.. B. könnte ein Stoß, weicher die ganze Kolonie erschüttert, oder die llewegung, bzw. der Druck des Wassers außerhalb der Kolonie, womit auch die Veränderung des Druckes der Flüssig- keit innerhalb iU^r Kolonie und den einzelnen Polypen im Zusammen- hang stehen kann, eine gleichzeitige Zusammenziehung aller Poly- pen auf rein mechanischem Wege hervorrufen. Diese Vermutung schien auch KrüKENBERG (1887) plausibel, obschon er den nervösen 524 Nicolai Kassianow, Zusammenhang für sehr wahrscheinlich hielt. Daß aber diese Vermu- tung für Älcyonium sehr nahe liegt, beweisen mir die Versuche, welche ich. mit Kolonien von Älcyonium gemacht habe. Als ich nämlich irgendwelchen Polypen einer vollkommen ausgestreckten Kolonie stark, jedoch vorsichtig reizte, so daß die benachbarten nicht berührt wurden, so kontrahierte sich nur der direkt gereizte. Mit einem Pinsel konnte ich auf einem beliebig großen Fleck die Polypen zum Einziehen bringen, wobei diejenigen^, welche außerhalb der von dem Pinsel getroffenen Stelle standen, ruhig ausgestreckt blieben. Sobald aber der ganze Stock, wenn auch nur einen leisen Stoß erlitt, kontrahierten sich so- fort alle Polypen. Wenn die Kolonien, die zu diesen Untersuchungen dienten, nicht zufälligerweise durch irgendwelche Ursachen in ihrer Reizbarkeit geschwächt waren, was nur unwahrscheinlich erscheint, so kann man aus diesem Versuche nur schließen, daß ein nervöser Zusammenhang zwischen den Einzelpolypen in der Tat und im Ein- klang mit den histologischen Befunden entweder gar nicht existiert, oder daß er ein äußerst geringfügiger und mangelhafter ist. So erscheint mir die Sache bei Älcyonium. Bei andern Octocorallia, wo die Kolonien ganz anders gebaut sind, wie z. B. bei den nicht fest- sitzenden Kolonien von Veretillum oder Kofliöbelemnon mit stark ent- wickelter Muskulatur in dem gemeinsamen Stamm, wird vielleicht auch ein koloniales Nervensystem vorhanden sein. Bei Xenia hat Kruken- berg (1887) gefunden, daß bei Reizung eines Polypen auch die Poly- pen des Zweiges reagierten, welche vom Reiz nicht direkt getroffen waren, ja auch solche von andern Zweigen der verästelten Kolonie. Es scheint demnach bei Xenia eine Fortpflanzung des Reizes vorzu- kommen. Bei Xenia sind nach Krukenberg auch die Zweige der Kolonie kontraktionsfähig und bei der Reizung bestimmter Stellen der Kolonie reagieren darauf durch den Reiz auch nicht direkt getroffene Zweige, indem sie sich distal- oder proximalwärts krümmen. Bei Xenia macht es also den Eindruck-, daß ein koloniales Nerven- system existiert. Zu diesem Schlüsse neigt in der Tat Krukenberg, obschon er sogar in diesem Falle die rein mechanische Erklärung nicht vollkommen ausschließt. IV. Die Gallerte und die Gallertzellen. Die eigentliche Gallerte ist bei Älcyonium überall von gleicher Beschaffenheit, anscheinend strukturlos und homogen. Interessanter als die Gallerte selbst sind die Zellelemente, welche in ihr vorkommen ■ — die Gallertzellen. Solitäre Zellen in der Gallerte Untersuchungen über das Nervensystem der Aloyonaria. 525 treffen wir in allen Körperteilen des Polypen und im Cönosaik, so dünn die Gallerte auch an einzelnen Stellen sein mag, so z. B. in der Gallertlamelle der Septen (Fig. 7 glz, Taf. XXIX). Die Schnitte zeigen, daß diese Zellen im Polypenkörper nicht in der Mitte der Gallertschicht hegen, sondern sich mit ihren langen und verzweigten Fortsätzen un- mittelbar unter den beiden Epithelien und parallel denselben ausbreiten, dicht an sie angeschmiegt (Fig. 2 glz, Fig. 7, Taf. XXIX, in der Gallerte zwischen den Buchstaben d/r-i und dr2, Fig. 3 glz, Taf. XXX). Wir können in diesen Zellen (glz, Fig. 1 und 2, Taf. XXXI) einen centralen Körper unterscheiden, welcher den Kern enthält und ge- wöhnlich in einer Richtung gestreckt erscheint, sowie Fortsätze, die sich reichlich verzweigen und in welche der Körper unmerklich übergeht. Das Protoplasma erscheint bei oberflächlicher Betrachtung grobkörnig, beim aufmerksamen Zusehen macht es mehr den Eindruck wabiger Struktur. Der Kern ist ziemlich klein, meist eiförmig oder stäbchenartig und färbt sich intensiv und homogen. Die Fortsätze gehen entweder in mehreren Richtungen von der Zelle ab, oder der gestreckte Körper (Fig. 2, Taf. XXXI) geht in zwei entgegengesetzten Richtungen in zwei sehr lange, sich verzweigende Fortsätze über, wobei jeder von diesen auf dem Mauerblatte eine Länge von 160 u erreichen kann. Die Fortsätze können ziemlich dick bis sehr fein sein, sich in ihrem Verlauf stellenweise mäßig erweitern und verjüngen; ihr Protoplasma ist von dem des centralen Körpers nicht verschieden. Am Mauerblatt konnte ich bemerken, daß die Fortsätze der Gallertzellen mit Vorliebe in der Richtung der entodermalen circulären Muskelfasern verlaufen. Besonders zahlreich sind die Gallert zellen hier in der Nähe der Ansatzlinie der Septen. Gerade hier kommen Gallertzellen vor, von deren Körper die Fortsätze nur in einer Richtung abgehen (Fig. 1 gh.. Taf. XXXI) und zwar gegen die Ansatzlinie des Septums hin, rechtwinklig zu den longitudinalen, den Ansatzlinien der Septen parallelen Mu>kelfasern des Mauerblattes. Über diesen Muskelfasern geben diese I rallertzellen ihre Endzweige ab (solche Endzweige sieht man auf Fig. 1, Tal. XXXI vom rechten Rand der Zelle glz abgehen). Wie diese Fortsätze enden, konnte ich nicht mit Sicherheit fest- stellen. In ihrer Hauptmasse ziehen sie parallel zur Fläche der Epithelien. Zuweilen aber schien es mir als ob einige Fortsätze mit ihrem Ende zur Oberfläche der Gallerte aufstiegen und hier mit einem kleinen Endplättchen aufhörten, wobei von diesem Plättchen wieder kleine Zweigchen abgingen (Fig. 1, Taf. XXXI. rechts unten, die beiden oberen Fortsätze der Zelle gh 526 Nicolai Kassianow, Wenn wir diese Zellen auf Schnitten verfolgen, so sehen wir, daß sie von der Gallerte nicht dicht umschlossen werden ; es scheint vielmehr, als ob sie in einer Lücke der Gallerte liegen (Fig. 7, Taf. XXIX eine Zelle in der Gallerte, gal, zwischen den Buchstaben dr1 und dr2). Ob es sich in der Tat so verhält, oder ob die beschriebene Erscheinung nur die Folge der Fixation und der Zusammenziehung der nach Pratt amöboid beweglichen Gallertzellen ist, lasse ich dahingestellt. Welche Rolle aber kommt diesen Gallertzellen zu ? Einer der älteren Forscher, Kölliker (1865), erblickt in ihnen Bindegewebszellen. Viele Forscher haben sie aber für Nervenzellen ge- halten, wie wir schon in der Literaturübersicht erwähnten. In neuerer Zeit hat Pratt (1902) die Frage über die Natur der Gallertzellen eingehender experimenteller Untersuchung unter- worfen; dabei hat er gefunden, daß die Gallertzellen amöboid beweglich sind, indem sie Pseudopodien bilden. Er hat dem Seewasser, in dem lebende Kolonien von Alcyonium sich ausbreiteten, Karmin zu- gesetzt. Nach 4 — 7 Tagen ausgeführte feine Schnitte durch solche Kolonien haben gezeigt, daß Karminkörnchen an folgenden Stellen gefunden werden: 1) in den Zellen, welche die Kanäle in der Gallerte des Cönosarks bilden (»endoderm canals«), 2) in den Zellen, welche die soliden Zellketten der Gallerte bilden und endlich 3) in den fraglichen solitären Gallertzellen. Aus der Tatsache, daß die Karminkörnchen aus der Gastralhöhle der Polypen in Teile des Polypenstockes übertragen werden, welche von den Polypen entfernt Hegen, und aus der weiteren Tatsache, daß auch die Entodermzellen amöboid sind, schließt Pratt, daß die Gallertzellen nichts andres seien als Entodermzellen, welche amöboid beweglich geworden und aus dem Epithel in die Gallerte ein- gewandert sind. Da der Reiz, welcher einen Polypen getroffen hat, nach Pratt auch auf die andern übergehen soll, schließt er weiter, daß die Impulse von einem Polypen auf den andern eben von dem System der Gallertzellen durch die Koloniemasse übertragen würden. Die Gallertzellen hätten also neben den Funktionen der Nahrungs- aufnahme und der Excretion — auf welche die Anwesenheit der Karmin- körnchen in ihnen hindeuten — noch nervöse zu verrichten. Sie sind nach Pratt »Neurophagocyten «. Eine solche niedere Stufe der Differen- zierung soll sekundärer Natur sein, indem einige Entodermzellen ihren specifischen Charakter verloren hätten und zum primitiven amöboiden Charakter zurückgekehrt wären, womit sie wieder mehrere Funktionen verrichten könnten. Wir haben schon gesehen, daß Alcyonium echte und sehr typische Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 527 Ganglienzellen und überhaupt ein wohlentwickeltes ectodermales and entodermales Nervensystem besitzt, weshalb « li<- < iallertzcllen jedenfalls niclit das eigentliche Nervensystem der Polypen darstellen können. Funktionieren sie aber aeben den specifischen Nervenzellen als ein Teil des gesamten Nervensystems? Dienen sie vielleicht der nervösen Ver- bindung zwischen dem ectodermalen und entodermalen Nervensystem? Zur Entscheidung dieser Fragen haben wir keine Anhaltspunkte, da ihre histologische Beschaffenheit uns keine bestimmte Antwort darauf uiht. Jedenfalls weicht aber ihre Struktur in höchstem Grade von der der Ganglienzellen ab. Sie sind viel größer als Ganglienzellen, ihre Fortsätze haben einen ganz andern Charakter und ihr Protoplasma ein sehr abweichendes grobkörniges Aussehen. Ihre Lage spricht nicht dafür, daß sie eine nervöse Verbindung zwischen dem Ectoderm und Entoderm herstellen könnten: sie ziehen nicht quer durch die Gallerte, sondern liegen dicht unter den Epithelien. Die von Pratt erwiesene Fähigkeit der I rallertzellen, Karminkörnchen aufzunehmen und zu trans- portieren, spricht jedenfalls mehr gegen als für ihre nervöse Funktion. In Berücksichtgung der von Alcyomum erreichten histologischen Diffe- renzierung und der Anwesenheit specifischer Ganglienzellen, erscheint es höchst unwahrscheinlich, daß daneben noch Zellen von einem so ge- mischten Charakter nervöse Funktionen verrichteten. Ich vermute, daß die Frage über die nervöse Natur der Gallertzellen wohl sicher negativ entschieden wird, indem man mit vollkommeneren Methoden möglicherweise Nervenfasern entdecken wird, welche von den echten Ganglienzellen des Ectoderms durch die Gallertschicht zu den Ganglienzellen des Entoderms ziehen und zwar wohl hauptsächlich in der Region des .Mundes aus dem Ectoderm des Schlundrohrs und der Mundscheibe in die Gallertlamelle der Septen zu deren Entoderm. Nach Pratt soll der Reiz, welcher einen Polypen trifft, auf die benachbarten übertragen werden. Gerade dies bestimmt ihn zu der Annahme, daß die Gallertzellen der Reizleitung dienen, um so mehr, als er keine andern Nervenzellen bei Ahyonium kannte. Wie oben dar- gelegt wurde, vermag ich jedoch eine solche Reizleitung von Polyp zu Polyp nicht zu bestätigen. V. Entoderm und das entodermale Nervensystem. Charakter der Entodermzellen. I >as Entoderm zeigt in den ver- schiedenen Regionen d>'- Pnlypenkörpers keine besonderen Unterschiede. Es stellt überall ein sehr niedriges Epithel dar (Fig. :'>. Tat. XXIX; Fig. 9, Tai'. XXX) und zwar ist es mit Ausnahme des der Tentakel, ein 528 Nicolai Kassianow, typisches Muskelepithel. Nur bei sehr starker Kontraktion werden die Zellen etwas höher (Fig. 2, Taf. XXIX). Besser als Schnitte zeigen uns Macerationspräparate die Form der Entodermzellen. Sie besitzen (Fig. 1, Taf. XXXI ez) einen Ilachen protoplasma tischen Leib mit einem langen Muskelfaseranhang, welcher die Länge von 300 (i erreichen kann, und tragen eine lange Cilie (zl). Der protoplasmatische Körper ist in der Richtung der Muskelfaser ausgezogen, meist zeigt er rhom- bische Umrisse; die Ränder der Zellen greifen über die benachbarten dachziegelartig hinüber. Außer diesen Zellen beobachten wir nur noch große runde Zellen, vielleicht Drüsenzellen, welche man namentlich auf Totalpräparaten des Mauerblattes antrifft. Hier und da zerstreut finden sich auch Nessel- zellen (Fig. 9 n, Taf. XXX) ; bei einigen fand ich den Faden der Nessel- kapsel ausgeschleudert. In diesem flachen Epithel gelingt es auf Schnitten nicht, Nerven- zellen zu entdecken. Eine Nervenfaserschicht, wie sie im Ectoderm existiert, ist hier nicht nachzuweisen. Da es durch Maceration nicht gelang, das Entoderm isoliert vom Ectoderm zu erhalten, so war es mir unmöglich, festzustellen, ob das Entoderm allgemein mit Nerven- zellen versehen ist oder nicht. Ganglienzellen zwischen den Muskelfasern der Septen. Zwischen den entodermalen Muskelfasern der Septen aber konnte ich mehrmals recht deutliche und typische Ganglienzellen beobachten. Bei macerierten Polypen kann man leicht die Septen vom Mauerblatt abreißen und dann ihre Muskelfasern durch Zerzupfen mehr oder weniger voneinander isolieren. Man beobachtet auf solchen Präparaten äußerst feine Fäden, zwischen denen sich hier und da eine typische Ganglienzelle mit feinen und varikösen, sich verzweigenden Fortsätzen fand. Da diese Ganglienzellen denen des Ectoderms vollkommen glichen, so habe ich sie nicht besonders abgebildet. Auf einem Flächenschnitt des Septums von Alcyonium palmatum sah ich einmal eine spindelförmige Zelle mit einer langen Faser, die wohl gleichfalls eine Ganglienzelle war (Fig. 4, Taf. XXX). Wenn nun das Entoderm der Septen Ganglienzellen besitzt, so ist es mehr als wahrscheinlich, daß die Nervenzellen auch auf der übrigen Entodermf lache nicht gänzlich fehlen. Anordnung der entodermalen Muskulatur. Da das Muskel- system der Octocorallia bis jetzt nicht erschöpfend dargestellt wurde, Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 529 so will ich an dieser Stelle eine Beschreibung der entodermalen Musku- latur zufügen. Die Tentakel, welche eine so starke ectodermale Muskulatur haben, besitzen «'in Entoderm, welches im Gegensatz zu dem übrigen kein typisches Muskelepithel ist. Die Zellen sind hier zwar auch recht- winklig zu der Tentakelachse angeordnet und in dieser Richtung etwas ausgezogen, zeigen auch schwache und unregelmäßige Fortsätze, besitzen jedoch keinen typischen Muskelfaseranhang. Die Kontraktion der Tentakel geschieht also mittelst der ectodermalen Muskulatur, ihre Ausdehnung wohl passiv, durch die Flüssigkeit, welche aus den andern Körperteilen eingepreßt wird, was demnach nur durch die ectodermalen, Längsmuskelfasern reguliert wird. Die Mundscheibe besitzt eine sehr starke, die Mundöffnung circulär umziehende Muskulatur. Dieselbe ist entsprechend den acht Ansatz- linien der Septeu in acht Muskelfelder geteilt. Das Entoderm des Mauerblattes zeigt im Gegensatz zu seinem Ectoderm, welches keine Muskelfasern bildet, überall starke horizontal verlaufende Ringmuskelfasern. Im obersten, erweiterten Teil des Polypenkörpers ist diese Ringmuskulatur besonders stark und dient wohl dazu, um diesen Teil samt dem Tentakelkranz bei der Kon- traktion des Tieres einzustülpen. Unmittelbar unterhalb der Tentakel- basen ziehen die horizontalen entodermalen Muskelfasern von einein Septum zum andern. Etwas weiter unten im Polypenkörper aber er- iieu sie die Ansatzlinien der Septen nicht mehr, sondern zwischen t\vn Muskelfaserenden und der Ansatzlinie verlaufen noch einige longi- tudinale (der Ausatzlinie der Septen also parallele) Muskelfasern, so daß die Mauerblattwand in jedem Octanten zwei schmale längs verlauf ende und dazwischen ein breites horizontales Muskelhand besitzt. Das Schlundrohr hat eine wohlentwickelte circuläre entodermale Muskulatur und diese bildel seine ausschließliche Muskulatur, da seine Innenfläche keine Muskelfasern besitzt. VI. Gastralfilamente. Die Gastralfilamente sind bekanntlich bei Alcyonium zweierlei Art, zwei sogenannte dorsale und sechs ventrale. Das Epithel der ersteren ist vollkommen «lein des Schlundrohres ähnlich und man hat auch ent- wieklungsgeschichtlich nachgewiesen, daß es denselben ectodermalen Ursprung hat. wie das Schlundrohrepithel. Ebensowenig wie im Epithel der unteren Hälfte <\<-> Schlundrohres -"lang es mir in dem der dorsalen Gastralfilamente Nervenelemente zu finden. Man kann jedoch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. Xc. Bd. 34 530 Nicolai Kassianow, kaum annehmen, daß sie hier vollkommen fehlen; wahrscheinlicher ist, daß sie, ebenso wie dieSiphonoglyphe, welche dieselbe Funktion besitzt, d. h. einen Strom der Flüssigkeit in bestimmter Richtung im Polypen- innern zu erzeugen, der Nervenelemente nicht entbehren. Ebensowenig glückte es mir, Nervenelemente in den ventralen Gastralf ilamenten nachzuweisen. Auf Macerationspräparaten sieht man wohl hier und da Ganglienzellen, doch kann man nie sicher sein, daß sie in der Tat den Gastralfilamenten zugehören; denn sie könnten ebensogut von den Septen, von welchen man die Gastralfilamente nicht rein abpräparieren kann, herrühren. Da jedoch die Septen, deren freie Ränder die Gastralfilamente tragen, Nervenzellen besitzen, so dürfen wir wohl schließen, daß Nervenzellen auch in den Gastralfilamenten vorhanden sind, wenn auch vielleicht in geringer Zahl. VII. Zusammenstellung der gewonnenen Resultate. 1) Das wohlentwickelte Nervensystem der Einzelpolypen von Alcyoninm digitatum und palmatum ist hauptsächlich ectodermal. 2) Das ectodermale Nervensystem besteht aus multipolaren und bipolaren Ganglienzellen mit langen, äußerst feinen, varikösen, sich verzweigenden Fortsätzen und spindelförmigen Sinneszellen, welche mit ihrem dünnen distalen Ende über die Epitheloberfläche heraus- ragen. '.)) Die Ganglienzellen bilden mit ihren Fortsätzen einen sehr dichten Nervenplexus und zwar auf der Mundscheibe, auf den Oralflächen der Tentakel und in dem inneren Epithel (Ectoderm) des distalen Teiles des Schlundrohrs. 4) Auch die aborale Fläche der Tentakel ist nicht ohne Nerven- elemente; wenigstens entlang der Basis der Tentakelfiederchenreihen sind einige Nervenfasern zu finden und Sinneszellen wurden auch in der Medianlinie der aboralen Fläche beobachtet. 5) Der Nervenplexus der erwähnten Körperteile erscheint auf Schnitten als distinkte Nervenschicht. 6) Diese Nervenschicht ist dort am stärksten entwickelt, wo die ectodermale Muskulatur stärker ist. So ist auf den Tentakeln die Nerven- schicht hauptsächlich auf der Oralfläche entwickelt und ist hier über den seitlichen stärkeren Muskelzügen auch stärker. 7) Auf der Mundscheibe ist die Nervenschicht besonders stark längs den Ansatzlinien der acht Septen, längs welcher sich die Tentakel- muskeln mit ihren oralen Enden ansetzen. 8) Ferner verlaufen die Nervenfasern längs den Ansatzlinien der Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 531 Septen an die Mundscheibe parallel zueinander, nicht plexusartig, wie sonst auf der Mundscheibe; was den Eindruck macht, als ob Längs den Septenansatzstellen acht radiäre Nervenzüge verlaufen, die vom Mund gegen den Scheibenrand zwischen den Tentakelbasen ziehen, ohne diesen Rand ganz zu erreichen. Da die seitliehen Muskelzüge der Tentakel an den Septenansatzlinien der Mundscheibe sich befestigen, wobei die Muskelzüge zweier benachbarter Tentakel hier zusammen- stoßen, so kommt vielleicht den längs den Septenlinien hinziehenden Nervenzügen eine besondere Bedeutung zu. '.») Auf dem Mundscheibenrand ist noch ein andres, schwächeres System von Nervenfasern über den sogenannten intertentakulären Muskelfasern vorhanden. 10) Im Sehlundrohr ist die Nervenschicht nur im distalen Teil nachzuweisen : sie reicht proximal bis zur Grenze, wo die Siphono- glyphe anfängt. 11) An den Ansatzlinien der Septen an das Schlundrohr ist diese Xervenschichf stärker als dazwischen. 12) Die Nervenschicht des Schlundrohres ist zusammengesetzt aus Fortsätzen der Ganglienzellen, welche denen der Tentakel und der Mundscheibe gleichen, und den proximalen faserartigen verzweigten landen von Epithelzellen des Schlundrohres. 13) Im Epithel der Siphonoglyphe war keine Nervenschicht nach- zuweisen. 14) DasEctoderm des Mauerblattes enthält sehr große bipolare und multipolare Zellen mit langen Fortsätzen. Die Natur dieser Zellen blieb zweifelhaft. Unter ihnen findet man auch solche, die den typischen ( ranglienzellen ähnlich sind. 15) Im Mauerblattectoderm konnten keine Nervenschicht und so- mit keine distinkten Nervenbahnen nachgewiesen werden. Die Nerven- sehieht fehlt hier wohl im Zusammenhang mit dem Mangel ecto- dermaler Muskulatur. L6) Im Ectoderm des Cönosarks gelang es nicht, Nervenfasern oder Nervenzellen zu entdecken. 17) Das physiologische Experimenl seheint auf eine große Unab- hängigkeit der Kanzelpolypen voneinander in nervöser Beziehung hinzu- deuten, so daß die Existenz eines kolonialen Nervensystems fraglich erscheint. Jedenfalls könnte das koloniale Nervensystem nur sehr un- vollkommen sein. 18) In der Gallerte sind keine Ganglienzellen zu finden. Die ver- 34* 532 Nicolai Kassianow, zweigten großen Gallertzellen, welche hier vorkommen, dürften mit dem Nervensystem kaum etwas zu tun haben. 19) Sinneszellen fanden sich auf der Mundscheibe und auf den oralen und aboralen Tentakelflächen in der nächsten Nachbarschaft von Nesselzellen. 20) Die Einzelpolypen besitzen auch ein entodermales Nerven- system. Es konnten nämlich Ganglienzellen, die den ectodermalen Ganglienzellen ähnlich waren, zwischen den Muskelfasern der Septen mit Sicherheit nachgewiesen werden. Moskau, im November 1907. Benutzte Literatur. 1899. J. H. Ashworth, The structure of Xenia Hicksoni, nov. sp., with some observations on Heteroxenia Elizabethae Koell. Quarterly Journal of Microscopical Science. New Ser. Vol. XLII. 1901. P. Büjor, Sur l'organisation de la veretille (Veretilluni cynomorium (Pall.) Cuv. var. stylifera, Koell.). Archives de Zoologie experimentale et generale. T. IX. Serie 3e. Notes et Revue. 1883. W. A. Herdmann, On the structure of Sarcodictyon. Proceedings of the Royal Physical Society Edinburgh. Vol. VIII. 1895. S. J. Hickson, The anatomy of Alcyonium digitatum. Quarterly Journal of Microscopial Science. 1895. New Series. Vol. XXXVII. 1903. N. Kassianow, Über das Nervensystem der Alcyonarien. (Vorläufige Mitteilung.) Bergens Museums Aarbog. 1865. A. Koelliker, Icones Histologicae. 1872. — Anatomisch-systematische Beschreibung der Alcyonarien. DiePennatu- liden. Abh. Senckenberg. Naturforsch. Gesellschaft. Vol. VII — VIII. 1869—1872. 1887. A. Korotneff, Zur Anatomie und Histologie des Veretillum. Zool. An- zeiger. Vol. X. 1887. C. Fr. W. Krukenberg, Die nervösen Leitungsbahnen in dem Polypar der Alcyoniden. Vergl. physiolog. Studien, 2. Reihe, 4. Abt., 1. Teil. Heidelberg. 1870. G. Pouchet et A. Myevre, Contribution ä l'anatomie des Alcyonaires. Journal de 1'anatomie et de la physiologie. p. 285. 1902. E. M. Pratt, The Mesogloeal Cells of Alcyonium (preliminary account). Zool. Anzeiger. Bd. XXV. Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria. 533 Erklärung der Abbildungen. Die Abbildungen nach Macerationspräparaten, also Fig. 1, Tai XX IX. Fig. 5o,56,7,Taf. XXX und Fig. 1, Tai XXXI smd mit Objekt 2 mm, Öiimmersion und Kompensationsocular (> von Zeiss und mit Hilfe des Zeichenapparates gezeichnet. Fig. 2, 3, 4. 5, 7. Tai XXIX. Fig. 3, 4, 6, 8, 9. Tai XXX. Fig. 2. 3. Tat'. XXXI mit demselben Objektiv und Kompensationsocular 4. Fig. 6. I i XXIX und Fig. 2, Tai. XXX sind Halbschemen. Fig. 1, Tai XXX ist ein Schema. Alle Figuren beziehen sieh auf Alcyonium digitatum; nur die OctantenC der Fig. 1. Tat". XXX und Fig. 4. Tai. XXX sind Alcyonium palmatum ent- nommen. Tafel XXIX. Fig. 1. Ectoderm der Tentakel nach Macerationspräparaten. j/i_6, Gan- glienzellen; 8, ßj lT Sinneszellen; dt_3, Deckzellen; n, Nesselzellen; n1, Nessel- zelle mit ausgeschleudertem Nesselfaden (nach unten) und mit einem feinen und verzweigten Fortsatz (nach oben); n2, vermutlich junge Nesselzellen; /. Zellen, welche vielleicht den Nesselzellen den Ursprung geben; np. Nerven - plexus über den Muskelfasern; m1 3, Muskelzellen. Fig. 2. Tentakelwand der Medianlinie der aboralen Fläche auf einem Längsschnitt durch den Tentakel. d1. d2, Deckzellen; s, Sinneszelle; n, kleinere Ait der Nesselzellen; N, größere Nesselzellenart; sei, Hohlräume in der Gallerte, in welchen Sclerite sich befanden; glz, an das Entoderm angeschmiegte Gallert- zelle; r, aborale Fläche mit einigen Nesselzellen der größeren An in der Medianlinie. Fig. 7. Epithel von der Innenfläche (Ectoderm) des Schlundrohres an der Stelle, wo es aus dem Munde heraustritt. Auf einem Längsschnitt durch den 534 Nicolai Kassianow, Polypen, welcher in der Septalebene geführt ist. drx 3, Drüsenzellen des Ectoderms; nf, Nervenschicht; gal, Gallerte. Zwischen dr1 und dr2 am Grunde des Epithels eine runde Zelle, vermutlich junges Stadium einer Drüsenzelle. Zwi- schen dr1 und dr2 in der Gallerte eine Gallertzelle in einem Hohlraum. Glz, Gallert- zelle in der Gallertlamelle des Septums; Lm, Längsmuskelfasern des Septums; Qum, Transversale Muskelfasern des Septums, welches von der Fläche getroffen ist. Tafel XXX. Fig. 1. Verschiedene Flächenschnitte durch die Mundscheibe in einer schematischen Figur vereinigt. Die drei Octanten A, ein Octant B und zwei Octanten C entsprechen verschiedenen Niveaus der Mundscheibe und ver- schiedenen Kontraktionszuständen der letzteren. In den Octanten A ist die Mundscheibenfläche nur über den Ansatzlinien der Septen getroffen. Die zwischen diesen Septallinien liegende gewölbte Mundscheibenfläche ist vom Messer abgetragen worden. Octanten C stellen die Querschnitte durch die Tentakelbasen unmittelbar über der Mundscheibe von Alcyonium palmatum dar. Die blaue Farbe soll die ectodermale Nervenschicht der Mundscheibe andeuten. x, Grenze, bis zu welcher die Nervenschicht längs der Septallinien gegen den Mund- scheibenrand sich ausdehnt. Mo, Mundöffnung; p, Tentakelfiederchen ; m, inter- tentaculare Muskelfasern auf einer Randleiste (bei Alcyonium palmatum) ; m, Quer- schnitte der Längsmuskel fasern auf der oralen Tentakelfläche; y, verdickte Stellen in der aboralen Tentakelwand und in dem Mauerblatt, in welchem Sclerite sich befinden; z, ein Stück Mundscheibenfläche zwischen den Ansatzlinien der Septen. Fig. 2. Rechte Hälfte eines Längsschnittes durch den obersten Teil eines Polypen, Avelcher von dem Schnitt genau in der Septumfläche getroffen ist. Si, Si- phonoglyphe ; Mr, Schlundrohrepithel (Ectoderm); x, Grenze, bis zu welcher sich das Schlundrohrepithel auf die Mundscheibe ausdehnt ; Pr, Mundscheibe ; nf, Ner- venschicht ; Mbl, Mauerblatt ; Spt, Septum von der Fläche getroffen ; blau, Nerven- schicht des Schlundrohres, der Mundscheibe und des Mundscheibenrandes zwischen ab). Fig. 3. Mundscheibenrand auf einem Längsschnitt durch den Polypen. Dieselbe Stelle wie die rechts von der Linie ab der Fig. 2, Taf. XXX, bei stärkerer Vergrößerung, m, Querschnitte der Muskelfasern, welche von einem Tentakel auf den anderen übergehen (intertentaculäre Muskelfasern); n, Nesselzellen (die untere von ihnen im Querschnitt); dr, Drüsenzelle; d, Deckzelle; glz, Gallertzelle dicht am Entoderm; Spt, Längsmuskelfasern des Septums; nf, Nervenfasern über den intertentaculären Muskelfasern ; gal, Gallerte. Fig. 4. Ein Stück des Septums von Alcyonium palmatum auf einem Schnitt von der Fläche getroffen. Auf den Muskelfasern liegt eine Ganglienzelle, n, Nessel- zelle des Entoderms. Fig. 5 a. Maceriertes Epithel von der Innenfläche des Schlundrohrs (Ecto- derm). nz, Epithel zellen, welche in lange Fasern auslaufen (Nervenzellen); stz, Stützzellen; dr, Drüsenzelle. Fig. 5b. Nervenschicht des Schlundrohrectoderms nach Macerations- präparaten. g, Ganglienzelle; m, entodermale Epithelmuskelzelle des Schlund- rohres. Fig. 6. Mundscheibenrand längs der Ansatzlinie des Septums auf einem Untersuchungen über «las Nervensystem der Alcyonaria. 535 Längssohniti durch den Polypen. Die Stelle, von welcher die Abbildung ent- nommen ist, würde etwa zwischen x und Pr auf Fig. 2, Tat'. X.W liegen. nf, Nervenschicht ; g, Ganglienzellen ; s, Sinneszellen ; d, Deckzellen ; Ect, Ectoderm ; (jal. Gallerte; Spt, Muskelfasern des Septums. Fig. 7. Nervenplexus der Mundscheibe (Nervenschichl der Schnitte) nach Macerationspräparaten. g, Ganglienzellen; d, Deekzellen; n, Nesselzellen. Fig. 8. Mundscheibenrand (dieselbe Region wie Fig. .'>, Taf. X.W") von der Fläche auf einem zum Scheibenrand tangentialen Schnitt. TH, Tentakelhöhlen (links und rechts); Ect, Ectoderm; Ent, Entoderm der Tentakelhöhlen ; g, Gan- glienzelle; m, Muskelfasern, über welchen man einige feine Nervenfasern sieht. Fig. 9. Mundscheibenrand und die Ansatzstelle des Septums von einem Längsschnitt durch den Polypen, m, Querschnitte der Muskelfasern ; dr, Drüsen- zellen; S, Sinneszellen; d, Deckzellen; nf, Nervenschicht; Ect, Ectoderm; Ent, Entoderm; n, Nesselzelle des Entoderms; Spt, Septumlamelle. Tafel XXXI. Fig. 1. Ectoderm des Mauerblattes, von innen gesehen, wie es auf ab- gefallenen Stücken der Macerationspräparate studiert werden kann, d1, Deck- zelle mit fußähnlichem Fortsatz: 7 Historisches. Wir wollen hier nur das Wesentliche, was über die Natur der Urnen geäußerl wurde, zusammenfassen: die Einzelheiten dagegen werden an den betreffenden Stellen ihre Berücksichtigung finden. Ki:nn\ | L851) machte zuerst auf die Urnen von Sipunculus nudus aufmerksam: er hielt sie für parasitische Infusorien. Diese Ansicht wurde von vielen späteren Autoren, wie Fabre-Domergue (1886), ( '. Vogt und Young ( L888), angenommen und noch 1890 von W.Wagner vertreten. Fabre-Domergue (1886) beschrieb die Sipunculus-XJ men als besondere Infusorienart, die ihren abnormen Körperbau wohl den eigentümlichen Lebensverhältnissen in der Leibeshöhle ihres Wirtes ver- danke; er glaubte sie den Peritrichen anreihen zu dürfen, indem er sie Pompholyxia sipunculi nannte. Die parasitische Natur der Urnen schien so klar zu sein, daß Bal- t.iam (1SS7). der sich übrigens (wie auch Henneguy) nicht über ihre systematische Stellung äußert, seiner Meinung in folgenden Worten Ausdruck gibt: »En 1884, j'ai eu avec M. Henneguy l'occasion d'exa- miner des siponcles vivants adresses de Bordeaux et, du premier coup d'ceil, nous avons reconnu, qu'il s'agissait de parasites. On ne peu meme comprendre comment cela aie pu faire question. << Dennoch hatten bereits Keferstein und Ehlers (1861) die para- sitische Natur der Urnen bezweifelt und sich einer andern Ansicht ge- nähert, der nämlich, daß es sich um Bestandteile des Sipunculus handle. Diese Ansieht wurde von A. Brandt (1871) auf Grund genauerer Beobachtungen angenommen, indem er gleichzeitig vermutete, daß den Urnen (oder Töpfchen, wie er sie nennt), eine nicht unwesentliche Funktion zukäme. Sie könnten nämlich der Ernährung dienen, da sie. »wie die Schaufeln einer Mischmaschine«, die Blutkörperchen unter- einander mischten. Auch Ray Lankester (1873) und Cuenot(1891, 1900, F. »OL') erachten die Töpfchen für Elemente des Sipunculus. Die letztgenannten Autoren fanden auch an den Wänden der Blutgefäße besondere fixe Urnen, die sie für Entwicklungsstufen der freischwim- menden erklärten. Die InfusorienJiypothese konnte nicht länger festgehalten werden, da es, insbesondere nach den Untersuchungen von Brandt (1871), recht zweifelhaft schien, daß die Gebilde wirklich einzellig wären. BÜTSCHLI (1889, S. 1689), der den derzeitigen Stand der Frage in Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs resümiert, hielt die Infusoriennatur der Urnen für zweifelhaft. 538 W. Selcnsky, In den neunziger Jahren suchten Kunstler und Gruvel eine ganz neue und originelle Auffassung zu begründen, daß nämlich die Urnen parasitierende Mesozoen seien. In einer Reihe kurzer Berichte setzten die genannten Autoren ihre Ansichten auseinander, die schließlich Delage in seinem »Traite de Zoologie concrete« (1899), nach münd- lichen Mitteilungen der Autoren, zusammenfaßte und mit einigen Zeich- nungen erläuterte. Die erwähnten Autoren basieren ihre Ausführungen hauptsächlich auf die von ihnen beobachteten Entwicklungsvorgänge. Bei dem vermutlichen Parasiten des Sipunculus nudus, dem nach Delage's Vorschlag der Name Pompholyxia (Fabre-Domergue) ver- bleiben müßte, sollen sich von der »vesicule sombre« (Boden des Töpfchens nach Brandt's Bezeichnung), der Mutterzelle, durch Knos- pung entstehende »Genitalzellen« ablösen, von denen jede sich zu einer neuen Urne entwickle. Das jüngste, von Kunstler und Gruvel gefundene Entwicklungsstadium wäre aus zwei, »von einer gemein- samen vacuolären Protoplasmaschicht umgebenen« Zellen zusammen- gesetzt, von denen die eine bei der weiteren Entwicklung zu der »vesi- cule claire« (Kuppel), die andre zu der »vesicule sombre« der ausge- bildeten Urne (Boden, Wimperscheibe) mit ihrem bewimperten Rande werde. Im erwachsenen, ganz reifen Zustand werde der Parasit be- deutend größer und nähme dann eine in der Längsachse abgeplattete und in der Quere erweiterte Gestalt an. Der geschlechtsreife Parasit könnte also, nach den Autoren, mit einer abgeplatteten Gastrula verglichen werden, deren Blastopor sehr erweitert und von einem Wimperrande umgeben wäre, und deren Urdarm dementsprechend eine kaum merkbare Einsenkung darstellte. Diese Einsenkung wäre von einer Schicht von Zellen ausgekleidet, den »Genitalzellen«, welche alle aus der »vesicule sombre« durch Knospung entstehen sollten; letztere „vesicule" wäre noch im Centrum dieser eigentümlichen »Ento- dermschicht« wahrnehmbar. Noch größere Ähnlichkeit mit einer Gastrula sollte der Parasit von Phymosoma (»coupes ciliees« der Autoren) zeigen, dem Delage provisorisch den Namen Kunstleria gruveli gab. Auch hier wäre eine große »vesicule claire« vorhanden, welche an einer Stelle eine ziemlich tiefe Einsenkung zeigt; die äußere, konvexe Oberfläche dieser Blase ist von einer Schicht von Zellen („vesicules claires" der Autoren) be- kleidet, welche eigentlich von der großen »vesicule claire« entstanden sein sollten. Der Urmund wäre von einem bewimperten Rande, bzw. einer Wimperzelle umgrenzt, und die Einsenkung, bzw. der Urdarm, mit einer Schicht von »Genitalzellen« ausgekleidet. Ursprünglich sollte Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 539 sich an der Stelle dieses »Entoderms« eine einzige Mutterzelle, bzw. ■'vesieule sombre« befinden, welche itn Vergleich zu der »Urentoderm- zelle« von Pompholyxia in der ausgebildeten »Entodermschicht« von ihren Tochterzellen nicht zu unterscheiden wäre, da letztere nicht durch Knospung. sondern durch Teilung der Mutterzelle entstehen sollten. Die primitive Organisation dieser vermeintlichen Organismen ver- anlaßte die erwähnten Autoren sie als Mesozoen zu deuten, als Or- thonectiden etwa, welche sich unter dem Einfluß besonderer Lebens- weise vom Typus entfernt hätten. Übrigens bemerkt Delage, es wäre vielleicht richtiger, sie dem Pemmatodiseus zu nähern. Weit größer noch wäre die theoretische Bedeutung dieser gastrula- artigen Organismen im Sinne der generellen Morphologie. Nach Kunstler und Gruvel soll bei den Urnen das vermutliche Entoderm nicht der Ernährung, sondern vor allem der Fortpflanzung dienen. >>C'est un fait d'un interret theorique reel qui vient apporter un solide appui aux considerations embriogeniques d'apres lesquelles on a deja pu af firmer que les premieres gastrula meritaient, sans doutes, le noms de genito-gastrula, le röle primitive de l'entoderme etant essentiellment reproducteur • (1899, S. 521). In der Tat würde hiermit eine reelle Grundlage für die Genitogastrula- Theorie von Götte und Salensky geliefert, denn die Urnen würden für diese Theorie von derselben Be- deutung sein, wie die Gastrula oder Parenchymula für die Gastraea- oder Parenchymellatheorie, mit dem Unterschied allein, daß in den Urnen ein Vorbild der Genitogastrula in der wirklichen Natur, und zwar in Form eines ausgebildeten Wesens, erhalten wäre. Aber es müßte vorerst festgestellt werden, daß es sich wirklieh um selbständige Orga- nismen handelt, und daß die »genitalen Entodermzellen« der vermeint- lichen gastrulaartigen Organismen tatsächlich Fortpflanzungszellen sind. Leider ist die angekündigte ausführliche Arbeit von Kunstler und GRUVEL, in welcher man einleuchtende Beweise für ihre Auffassung erwarten durfte, noch nicht erschienen. Auf manche Punkte der Dar- stellungen von Kunstleb und Gruvel werden wir weiter zurückkommen. 1899 und L900 untersuchte Metalnikoff die Physiologie und Entwicklungsgeschichte der Urnen näher und erklärte sich weder mit der Ansicht Künstlers und Gruvels einverstanden, noch mit der parasitären Natur der Urnen überhaupt. Er schließt sich den Mei- nungen Kefersteixs und Ehlers, Brandts, Ray Lankesters u. a. an, indem er die Urnen als Formelemente des Blutes der Sipunculiden, und zwar als eigentümliche Phagocyten deutet, welche allerlei im Blute 540 W. Sclensky, suspendierte Elemente ansammeln und teilweise verzehren. Metal- nikoff fand eine ganz andre Entwicklungsweise der Urnen als die obenerwähnte; die fixen Urnen nämlich, welche Ray Lankester und Cuenot an der Außenseite der Blutgefäße beobachtet hatten und die nach Metalnikoff nicht außen, sondern der Innenwand der Ge- fäße aufsitzen, seien den frei in der Leibeshöhle schwimmenden völlig gleich, »sowohl der Struktur nach, als auch deswegen, daß sie Blut- körperchen und verschiedene Farbstoffe aufzehren«. Ein solches Ge- bilde erscheine zunächst als ein kleiner, aus zwei Zellen bestehender Auswuchs der Gefäßwand und nehme im weiteren Verlaufe der Ent- wicklung die Gestalt eines Töpfchens an, welches sich später von der Gefäßwand ablöse und frei im Hohlraum des Gefäßes herumschwimme. Die Frage, wie die an der Innenwand der vollkommen geschlossenen Gefäße entstehenden Urnen in die Leibeshöhle gelangen, ließ Metal- nikoff offen. Wenn nun die Urnen keine Parasiten, sondern Erzeugnisse der Sipunculiden sind, so wird es auch nötig, ihre Funktion im Orga- nismus zu erklären. Cuenot (1891, 1900, 1902) und Herubel (1902) haben die Urnen hauptsächlich vom physiologischen Gesichtspunkte aus studiert. Die experimentellen Untersuchungen Herubels (1902) beziehen sich auf fixe Urnen (und auch Chloragogenzellen) von Phas- colosöma, die am aufsteigenden Darmteil zwischen den Chloragogen- zellen sitzen und sich durch ihre Gestalt, nicht aber in ihrer Funktion. von denen des Sipunculus nudus unterscheiden. Diese Gebilde sind nach Herubel Erzeugnisse des Peritonealgewebes, welche, wie schon von manchen Autoren hervorgehoben wurde, allerlei in der Leibes- höhle schwebende Partikel eifrig aufsammeln, mithin zur Reinigung des Cöloms dienen. Sie wären sogar imstande die aufgesammelten zelligen Elemente zu verdauen. Die freischwimmenden Urnen von Phascolosoma varians und Phymosoma sollen nach diesen Angaben, insbesondere denen Cuenot's (1900, 1902), in innigstem genetischen Zusammenhang mit den festsitzenden stehen, da letztere sich von der Darmwand ablösten und in der Leibeshöhle vermittels ihrer starken Cilien lebhaft herumschwämmen. Das Vorhandensein solcher an der Darmwand sitzender Urnen wurde bei vielen Sipunculiden von verschiedenen Autoren bewiesen; bei Phascolion von Theel (1875), bei Aspidosiphon von Sluiter (1881) und Selenka (1883), bei Phascolosoma und Phymosoma von Cuenot (1900), bei Sipunculus gouldii von Andrews (1890), der diese Gebilde >>Pseudostoma<< nannte, und bei S. arcassonensis von Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 541 Cuenot (1902); bemerkenswert ist, daß bei diesen Si/uniciihis-Avicn weder an der Gefäßwand, noch in der Leibesflüssigkeit Urnen solcher Art, wie sie bei Sipunculus tuidus vorkommen, vorhanden sind. Nicht alle Sipunculiden-Aiten, die fixe Urnen enthalten, besitzen gleichzeitig auch freischwimmende, letztere können, wie z. B. bei Aspidosiphon, leiden. Angesichts dieser Verbreitung der Gebilde und ihrer Fähigkeit allerhand in der Perivisceralflüssigkeit schwebende Körperchen auf- zusammeln und zu agglutinieren, erklärte sie Cuenot (1902) als Organe, die eine wichtige Rolle bei der Reinigung der Cölomflüssigkeit spielten; gleichzeitig korrigierte er seine frühere Behauptung (1891), daß die Urnen keine andre Funktion hätten, als die Blutflüssigkeit umzurühren. Unter der Bezeichnung >>organes agglutinants« und >>or- ganes cilio-phagocytaires« faßte er (1902) die Urnen der Sipunculi- den, die der Synaptiden und die Nephridialtrichter der Anneliden zusammen; alle diese Gebilde wären durch das Vorhandensein eines Wimperapparates charakterisiert und besäßen das Vermögen die in der Leibeshöhle suspendierten Körperchen zu agglutinieren und somit die Perivisceralflüssigkeit zu reinigen. In physiologischer Hinsicht dürften diese Organe daher miteinander verglichen und in eine Reihe geordnet werden: die Urnen der Sipunculiden schienen kaum w-esent- iich (physiologisch) von denen der Synaptiden verschieden zu sein; erstere sollten zu den >>organes cilio-phagocytaires<< (Wimpertrichter der Nephridien) von Nereis, Glycera und der Hirudineen hinüber führen; diese wieder seien in physiologischer Hinsicht den »filtres nephridiens« von Rhynchebnis, Henlea und Branchiobdella ähnlich. Andre Autoren fahren indessen fort, die Urnen als Parasiten zu betrachten. Gineste (1901,2) widmete den obenerwähnten Ausfüh- rungen .M k r.\i. nikoffs einen kritischen Aufsatz. Leider konnte ich mir die andren Notizen (1901,1, 1903,1 — 4) des genannten Autors, welche wohl seine eignen Beobachtungen über die Urnen enthalten, trotz vieler Bemühungen nicht beschaffen. Aus der erwähnten (1901,2) Xotiz ließe sich jedoch schließen, daß Gineste ein Anhänger der von Kunstler und Gruvel vorgetragenen Auffassung ist. Neben einigen Bemerkungen, die für die Entscheidung der Hauptfrage von unter- geordneter Bedeutung sind, und die wir deswegen nicht berücksichtigen wollen, erhebt GlNESTE auch schwerwiegende Bedenken gegen die Angaben MetäL nikoffs, und zwar vor allem solche, die sein Hauptargument angreifen, nämlich das Entstehen der Töpfchen an der Gefäßwand. Abgesehen davon, daß ein Entwicklungsvorgang, '542 W. Selensky, wie ihn Metalnikoff dargestellt hat, nach Gineste an und für sich nicht leicht begreiflich wäre, könnte er, wie Gineste behauptet, für ein Gewebe kaum von Belang sein. Außerdem wirft Gineste Metalnikoff vor, daß seine Zeichnungen kaum zum Verständnis eines so wichtigen histogenetischen Vorganges dienen könnten, weshalb man annehmen müsse, daß dem »argument manque totalment de clarte«. Metalnikoff hätte auch nicht gezeigt, in welcher Weise die abge- lösten Töpfchen aus den Gefäßen in die Leibeshöhle übergingen. Seine Kritik schließt Gineste folgendermaßen: »En resume, il ressort des recherches de Metalnikoff que la notion d'element phagocytaire que cet auteur attache aux Urnes des siponculides, elements multicellulaires et plurinuclees, n'eclaircit pas d'avantage la question dejä si complexe de ces formations. Elle ajoute simplement une interpretation de plus aux idees jusqu'ici formulees, interpretation qui ne satisfait pas d'avan- tage l'esprit et qui ne semble pas susceptible de resister longtemps ä une analyse attentive«. Um so mehr würde also eine derartige eingehende Analyse wün- schenswert sein. In jüngster Zeit scheint Ladreyt (1904) eine solche unternommen zu haben. Leider liegt bis jetzt nur ein kurzer, eine Druckseite umfassender Bericht vor, worin er mit wenigen Worten die Entwicklung der Urnen an den Gefäßwänden beschreibt und zu folgenden Schlüssen kommt: die Urnen seien keine Parasiten, sondern Organiten, welche sich vom Körper des Sipunculus ablösen; sie seien auch keine Phagocyten, da sie keine fremde Körperchen ins Innere aufnehmen. Material und Untersuchungsmethoden. Um eine große Anzahl freier Urnen zu erhalten, schneidet man einen Sipunculus oder eine Phymosoma auf und läßt die Leibesflüssigkeit in eine Glasdose ablaufen; nach kurzer Zeit (etwa 10 — 15 Minuten) sinken die Geschlechtsprodukte, membranösen Blasen, die Mehrzahl der Blut- körperchen und sonstige in der Blutflüssigkeit suspendierte Elemente zu Boden; die Urnen dagegen schwimmen nach oben und sammeln sich in großen Mengen in den oberflächlichen Schichten an, wo nur eine verhältnismäßig geringe Anzahl Blutkörperchen, Spermien usw. suspendiert bleibt. So können die Urnen ohne Schädigung für ein paar Tage lang erhalten werden. Wenn man sie aber von den übrigen Be- standteilen der Cölomflüssigkeit möglichst sorgfältig isoliert und ins Dunkle bringt, so können sie auch längere Zeit am Leben bleiben. Dies ermöglicht es, für die Untersuchung stets frische Urnen auf den Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 54.') Objektträger zu bringen, sowie Experimente an lebenden Urnen, z. B. mit verschiedenen Farbstuffen, anzustellen. Für die I Untersuchung der Entwicklung der Urnen von Sipunculus nudus wurde der Oesophagus nebst Tentakelkranz mit den soge- nannten Blutgefäßen herauspräpariert, in ausgestrecktem Zustande vermittels Kaktusnadeln befestigt und sodann fixiert. In ähnlicher Weise wurde auch der aufsteigende Darmteil von Phymosoma und Aspidosiphon behandelt, um die fixen Urnen dieser Sipunculiden zu studieren. Zunächst wurde aber der Darm 3 — 5 Minuten lang in See- wasser mit feinem Karmin oder Tusche gebracht, welche Farbstoffe die Urnen eifrig aufspeichern und dann leicht aufgefunden werden können. Zur Fixierung wurden verschiedene Gemische verwendet. Die besten Resultate lieferten osmiumsäurehaltige Gemische, nämlich das FLEMMiNGsehe und das HERMANNsche. Auch Pikrinschwefelsäure (nach Kleinenberg) erwies sich für die freien Sipunculus-Vinen nicht schlecht, da nach dieser Konservierung schärfere Farbendifferenzie- rungen erzielt werden konnten; cytologische Details konnten dagegen kaum wahrgenommen werden. Die verschiedenen Sublimatlösungen ergaben keine guten Resultate. Nur für die am Darm sitzenden Urnen von Phymosoma und Aspidosiphon envies sich GiLSONsche Lösung als günstig. Für die Gefäße mit den fixen Urnen von Sipunculus nudus lieferte Alkohol-Essigsäure nach Carnoy sehr gute Resultate. Die Urnen wurden sowohl lebend als an Dauerpräparaten (in Wasser, Glyzerin und Kanadabalsam) und in Schnittserien untersucht. Bei Kanadabalsam-Totalpräparaten wurden unter das Deckgläschen feine Glasfädchen gebracht, so daß man die Urnen umdrehen und von allen Seiten betrachten konnte. Zur Überführung durch die Alkohole, Xylol bis in Kanadabalsam, bzw. zur Einbettung in Paraffin, bediente ich mich teils der von Caullery und Chappelie(1905) beschriebenen Glas- röhrchen, als auch derer, die im Zoologischen Institut zu Heidelberg für Behandlung kleinster Objekte verwendet werden. Die beiden Röhrchen unterscheiden sich kaum wesentlich voneinander: die Hauptsache ist die, daß ein kleines Röhrchen an einem Ende mit Müller-Gaze ver- schlossen wird, durchdiedie Flüssigkeiten frei hindurchdringen können, während das Objekt durch das feine Seidennetz nicht durchschlüpfen kann. Das Röhrchen mit dem Objekt kann also successiv aus einer Flüssigkeit in die andre bis in Kanadabalsam oder Paraffin, über- tragen werden. Da die membranöse Kuppel der Sipunculus-Üinfm sehr leicht zusammenschrumpft, so müssen diese Objekte mit großer 5U W. Selensky, Vorsicht und ganz allmählich durch die Alkohole, Xylole und beson- ders in Paraffin überführt werden. Auch eine allmähliche Steigerung der Temperatur bei der Einbettung ist, wie ich mich überzeugen konnte, von großer Bedeutung; ich stellte deswegen das Gläschen, welches die Urnen enthielt, mit Xylol auf den Wärmeschrank, brachte dann die Urnen successiv in Xylol- Paraffin-Mischungen, welche 3/4 und V4, V2 und V2; V4 und 3/4 usw. Volumen Xylol und Paraffin ent- hielten, bis in reines Paraffin, wo ich sie 1/2 bis 1 Stunde ließ (indem das Paraffin mehrmals gewechselt wurde), so daß die Urnen im Ganzen der Einwirkung der erhöhten Temperatur nur l1/2 bis höchstens 2 Stunden ausgesetzt waren. Das ganze Verfahren dagegen, vom Wasser bis zum Paraffin nahm 5 — 7 Tage in Anspruch. Auf diese Weise gelang es, ganz gute Resultate zu erzielen, indem eine unregel- mäßige Schrumpfung vermieden wurde. Vermutlich kann diese Me- thode bei Behandlung leicht schrumpfender kleiner Objekte recht gute Dienste leisten. Zur Färbung wurden folgende Methoden verwendet. Für Total- präparate (nach Fixierung mit FLEMMiNGschen und HERMANNSchem Gemisch) Osmiumsäure (V4%io)> dann Holzessig; Einschließung in Wasser, Glyzerin oder Kanadabalsam. Für die Schnitte: Delafields Hämatoxylin und Eosin; dasselbe und Nachfärbung mit Säurefuchsin -j- Pikrinsäure nach van Gieson; Eisenhämatoxylinfärbung nach Heidenhain; Eisenhämatoxylinfärbung nach Weigert-van Gieson. Um eine scharfe Kernfärbung und gleichzeitig die erforderliche Differenzierung des Plasmas, Bindegewebes und der Muskelfasern zu erhalten, wendete ich folgende Methode an. Da mein bestes Material mit FLEMMiNGschen und HERRMANNschen Lösungen konserviert worden war, nach denen sich Karminfärbungen nicht eignen, so versuchte ich diese mit Erfolg durch Safranin zu ersetzen und die Schnitte hierauf mit der BLOCHMANNSchen Flüssigkeit nachzufärben. Die Schnitte wurden also 24 Stunden in eine Safraninlösung (Safranin 333 mg, 95% Alkohol 86 cm, Wasser 33 cm) gebracht; hierauf in Wasser, eventuell auch in Alkohol differenziert, doch aber so, daß die Schnitte noch etwas überfärbt blieben; schließlich BLOCHMANNsche Flüssigkeit, 4 — 7 Min., Wasser und dann rasch durch die Alkohole, welche das überflüssige Safranin entziehen. Dem Xylol wurde noch etwas Pikrinsäure zugesetzt, wodurch die Differenzierung noch schärfer hervortrat. Diese Methode gab sehr schöne Präparate, welche be- sonders beim Studium der Entwicklungsgeschichte der Urnen gute Dienste leisteten. Die Färbung gelang sowohl nach Fixierung mit Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 545 FLEMMTNGSchem wie BERMANNSchem Gemisch, als auch nach Alkohol- Essigsäure (( !arnoy). Außerdem versuchte ich nach Safranin die MALLORYSche Tink- tion anzuwenden, und zwar nicht ohne Erfolg; doch standen diese Präparate den mit Safranin-BLOCHMANNscher Lösung gefärbten weit nach. I. Bau der Urnen von Sipuncnlus nndns. Gestalt, Bewegung, Größenverhältnisse. Eine Urne von Sipuncukcs nudus erinnert tatsächlich an ein zier- liches Blumentöpfchen, an eine Urne, oder vielmehr, wenn solche Vergleichungen gestattet sind, an einen Luftballon. Man erblickt zu- nächst eine große, durchsichtige Blase (Taf. XXXII, Fig. 1), die wir mit Brandt (1871) als Kuppel bezeichnen wollen; dieselbe verjüngt sich einerseits allmählich und inseriert an einer großen Scheibe, die in ihrer centralen Region etwas eingesenkt ist. Der Rand der Scheibe ist mit mehreren circulären Reihen starker Cilien besetzt, welche die Urne rasch durch die Leibesflüssigkeit bewegen, wobei die Kuppel vorangeht. An der centralen Einsenkung der Wimperscheibe heften sich in der Regel große Mengen der verschiedenen in der Cölomflüssig- keit suspendierten Partikel (so gelbbraune Körnchen, degenerierende Blutkörperchen usw.) als ein großer Klumpen an, der nicht selten vier bis fünfmal größer wird als die Urne. Dieser Klumpen wird von der Urne in unregelmäßig geformter Schwanz herumgeschleppt. Man kann leicht beobachten, wie der Klumpen anwächst. Durch das fortwährende Spiel der Cilien werden die körperlichen Elemente des Blutes in wir- belnde Bewegung versetzt; die in den Bereich der Cilien kommenden Körpercben werden geschlagen und gestoßen, und manche werden nach und nach in den Strudel hineingezogen und dem Klumpen in der Regel an Basis zugesellt. Der Klumpen wächst also von seiner Basi Die Größe der Urnen ist sehr variabel. Höhe und Breite sind ungefähr gleich, doch scheint bald diese, bald jene die andre et- wras zu übertreffen. Bei der Beurteilung der Körperproportionen ist jedoch zu beachten, daß sie bei einer und derselben Urne nicht kon- stant bleiben, vielmehr wird bald die Wimperscheibe etwas mehr gegen die Kuppel herabgezogen, bald mehr von dieser weg emporgehoben, bald wieder wird die Einsenkung der Wimperscheibe etwas tiefer, bald schwindet sie fast ganz. Diese Gestaltänderungen, welche übrigens Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. XC. Bd. 35 546 W. Selensky, nur geringfügige sind, lassen sich bei Vergleich unsrer Zeichnungen auf Taf. XXXII, z. B. Fig. 1 u. 4, deutlich ersehen. Aus vielen Messungen ergibt sich für die normalen, d. h. die am häufigsten im Cölom vorkommenden Urnen eine Höhe von 60 — 80^. Diese Werte stimmen mit den Angaben früherer Autoren überein. Keferstein und Ehlers (1861) geben als Maximalwert 90 u an, die von Brandt (1871) angeführte Tabelle zeigt Größenschwankungen von 33 auf 30 bis 96 auf 96/*. Fabre-Domergue (1886) gibt als Höhe 50 — 70 {i an. Kunstler und Gruvel schätzen die normale Form zu 70 f.i auf 50 f-i. Außer diesen am häufigsten in der Leibeshöhle vor- kommenden Urnen, treten auch viel kleinere Exemplare auf (vgl. Brandt's Tabelle), welche 30 — 20 //, ja manchmal noch weniger messen, aber in ihrem Bau den normalen Urnen gleichen. Fig. 13, Taf. XXXII zeigt solch eine kleine Urne, die im Hohlraum des Blutgefäßes auf- gefunden wurde. Solch kleine Formen habe ich in größerer Zahl bei einem ganz jungen, kaum 3 cm langen Sipunculus gefunden. Ander- seits kommen in der Blutflüssigkeit des Sipunculus sehr große ab- weichende Formen vor, die sich in Größe, Gestalt und Bewegungsweise von den normalen Urnen unterscheiden. Die Größe, bzw. die Breite, dieser Gebilde kann die der normalen um das Drei- bis Vierfache über- treffen; weiterhin sind sie durch die abgeflachte Form der Kuppel charakterisiert (Taf. XXXII, Fig. 5 und 7). Sie kommen viel seltener vor als die normalen, nämlich auf mehrere Hunderte der letzteren kommt im Durchschnitt eine abweichende. Brandt (1871) nannte sie »Schüssel- chen«, welche Bezeichnung wir der Kürze wegen beibehalten wollen. Bau der normalen Urnen, a. Eigne Beobachtungen. Wir können an einer normalen Urne drei Abschnitte unterschei- den, die wir in der von Brandt (1871) vorgeschlagenen Weise be- zeichnen wollen, nämlich: 1) die Kuppel (K), 2) der Hals (H) und 3) die Wimperscheibe oder der Boden (S). Die äußere Wand des Halses ist eigentlich eine Fortsetzung der Kuppel wand; wir bezeich- nen diesen Teil jedoch als einen besonderen Abschnitt, weil seine innere Beschaffenheit von der der Kuppel verschieden ist, und weil die Be- schreibung dadurch erleichtert wird. Die Kuppel ist eine große durchsichtige Blase mit dünnen, elastischen, membranösen Wänden deren Inneres eine farblose, klare Flüssigkeit erfüllt, welche den aufgeblähten Zustand der Kuppel be- wirkt. Beim ersten Anblick scheint das Blaseninnere ganz strukturlos irsuchungen über die sogenannten ('nun der Sipunculiden. 547 zu sein; die genauere Betrachtung zeigt jedoch, daß der Innenraum in verschiedenen Richtungen von dünnen, unregelmäßig angeordne- ten Strängchen (Str) durchzogen wird, welche mit der Wand ver- bunden sind, und insgesamt ein unregelmäßiges Maschenwerk- bilden, in dessen Zwischenräumen sich die obenerwähnte Flüssigkeit befindet (s. Textfigur 2 u. 3, sowie Taf. XXXII, Fig. 9, 10, 13 u. a.). Kurz gesagt, hat das ganze Gerüst das Aussehen eines stark aufgequollenen Gewebes, und zwar ist die Kuppel tatsächlich bindegewebiger Natur, was wir schon jetzt ausdrücklich betonen wollen. Daß das Material, aus welchem die Kuppel hervorgeht, wirklich Bindegewebe ist, zeigt in erster Linie ihr Verhalten zu gewissen Färbemitteln, näm- lich der Bloch MAxxschen und der MALLORYschen Tinktion, welche bekanntlich das Bindegewebe speeifisch blau färben. Aber abgesehen von diesem, doch wohl nicht vollkommen einwandfreien Beweis, führt uns die Entwicklungsgeschichte der Urnen zur festen Über- zeugung, daß die Kuppel wirklich auf Kosten des Bindegewebes ent- stellt. Die Wand der Kuppel ist sehr dünn und läßt keine deutliche Struktur erkennen; sie ähnelt vielmehr einer dünnen bindegewebigen Membran, von der nach innen die obenerwähnten feinen Strängchen (Str) entspringen. Die Kuppel wird innerlich von dem Hals durch eine zarte Scheidewand (Schd) getrennt, die jedoch im Vergleich zu der äußeren Kuppelwand eine ansehnlichere Dicke besitzt. Diese Schei- dewand geht direkt in die Wand der Kuppel über und scheint eine Fortsetzung derselben nach innen zu sein. Wenn mau die Knien lebend oder in Totalpräparaten beobaeh so bemerkt man in der Kuppelwand einen oder mehrere Kerne, welche von sternförmigen Protoplasmaklümpchen umgeben sind (Taf. XXXII, Fig. 1, 4, 8 u. a. ZK). Diese Protoplasmaklümpchen entsenden ihre ziemlich Langen, verzweigten Fortsätze in der Kuppelwand an der Oberfläche. Solche Kerne wurden von manchen Autoren einfach als »ein« der Kuppel angehöriger »Kern« aufgefaßt. Es ist aber leicht ersichtlich, daß wir hier nicht bloß Kerne vor uns haben, sondern vielmehr eine ganze Zelle, bzw. Zellen, deren Natur und Herkunft wir bei der Prüfung der Entwicklung der Urnen nachweisen werden. Gewöhnlich ist mehr als ein solcher Kern (bzw. Zellen) in deT Kuppelwand vorhanden, meisl zwei, doch konnte ich in manchen Fällen auch drei (Tat. XXXII. Fig. I). in einzelnen sogar vier solcher Kerne auffinden. Ihre Lage ist sehr variabel; bald liegl ein Kern (bzw. Zelle) ganz nahe an der Stelle, wo die Kuppel in die Wim) »ersehe ibe 35* 548 W. Selensky, übergeht, bald etwas weiter davon, bald wieder ganz am »Scheitel« der Kuppel (Taf. XXXII, Fig. 1, 4, 8 u. a.). Wenn man die Urnen auf Schnitten untersucht, so ist leicht zu sehen, daß die erwähnten Kerne, bzw. Zellen, in der membranösen Wand der Kuppel eingelagert sind. Die Fig. 10, 12, 16, 17, 20, 21, 23, Taf. XXXII u. XXXIII (ZK) zeigen dieses Verhalten ganz unzwei- deutig. Bald ragt der Kern, bzw. die Zelle, etwas mehr über die äußere Begrenzung der Kuppelwand hervor (Fig. 17, 23), ja manchmal scheint er fast ganz äußerlich an derselben zu liegen (Fig. 17); bald ist er dagegen tiefer in die Kuppelwand eingebettet (Fig. 10, 20), oder ragt sogar über die innere Begrenzung der Kuppelwand in den Innenraum hinein (Fig. 12). Das Protoplasma um die Kerne hat ein feinkörniges Aussehen und färbt sich schwach mit geeigneten Farbstoffen; der Kern ist ziemlich kompakt, von länglich-ovaler Form und färbt sich intensiv mit Kernfärbemitteln. Man kann daher zwischen diesen Kernen (bzw. Zellen) und den zelligen Elementen des Peritonealepithels der Leibeshöhle und der sogenannten Blutgefäße eine große Ähnlich- keit nicht verkennen, worauf wir schon jetzt aufmerksam machen wollen. Nicht selten trifft man auf Schnitten mitten im Innenraume der Kuppel große, rundlich-ovale Zellen, die sich nach Größe und Gestalt von denen der Kuppelwand unterscheiden und den Blutkörperchen des Sipunculus ähneln (Taf. XXXII, Fig. 12). Bei aufmerksamer Be- trachtung einer günstigen Schnittserie durch solche Urnen kann man nachweisen, daß die fraglichen Zellen nicht eigentlich der Urne an- gehören, sondern einfach Blutkörperchen sind, welche in einer Ein- faltung der Kuppelwand, die bei leichter Schrumpfung der Kuppel entstehen konnte, eingeklemmt waren, und deshalb auf dem Schnitte gleichsam im Innenraum der Kuppel zu liegen scheinen. Fig. 12, Taf. XXXII, die einem günstigen Schnitte entnommen ist, zeigt das eben erörterte Verhalten deutlich. Als echte zellige Elemente der Kuppel dürfen also nur die in der Kuppelwand eingebetteten Kerne (bzw. Zellen) angesehen werden. Die etwas verengte Zone, welche die Kuppel mit der Wimper - Scheibe verbindet, haben wir bereits als Hals bezeichnet. Im Gegen- satz zur übrigen Kuppel zeichnet sich dieser Abschnitt durch eine ge- ringere Spannung oder Festigkeit seiner Wand aus, weshalb die Kuppel nicht starr, sondern in gewissem Grade beweglich mit der Wimperscheibe verbunden ist. Deswegen kann die Kuppel, wie oben Untersuchungen über die .sogenannten Urnen der Sipunculiden. 549 hervorgehoben, bald mehr, bald weniger gegen die Scheibe gedrängt werden. Die Wand der Ku})|m'1 geht, wie schon bemerkt, direkt in die des Halses über; letztere setzt sich dem äußersten freien Rande der Wimperscheibe an, wie unsere Zeichnungen deutlich zeigen. Weiter- hin bemerkt man um den Hals noch einen zarten äußersten Saum (d), der sich ebenfalls am freien äußeren Rande der Scheibe befestigt (Taf. XXXIII, Fig. 19, Taf. XXXII, Fig 1, 4, 8, d, auch Taf. XXXIV, Fig. 54). Dieser Saum enthält etwas körniges Protoplasma und nicht sel- ten auch einen Kern, der den oben erwähnten (Taf. XXXII, Fig. 4, d), der Kuppelwand angehörigen Kernen durchaus ähnlich ist. Über die Be- deutung dieses äußeren Saums vermag erst die Erörterung der Entwick- lungsgeschichte Klarheit zu geben. Wenn bei den oben erwähnten Formveränderungen der Urne die Kuppel gegen die Wimperscheibe gedrückt wird, so senkt sich die Wand des Halses nach innen ein, so daß sie als Fortsetzung der Schei- dewand erscheint (Taf. XXXII, Fig. 9, 14 u. a.). Der äußere Saum (d) wird dabei manchmal auch mit eingezogen (Taf. XXXII, Fig. 4, d), in andren Fällen dagegen faltet er sich nach außen und umschlingt den umgeschlagenen Rand der Wimperscheibe (Taf. XXXII, Fig. 8, d oben rechts). Auf manchen Schnitten konnte der erwähnte äußere Saum nicht wahrgenommen werden, was wohl in der Mehrzahl der Fälle auf die Tn Vollkommenheit der Präparate zurückgeführt werden muß. Der Innenraum des Halses, d. h. der Raum zwischen seiner äußeres Wand, der Scheidewand (Schd) und der Wimperscheibe enthält eine Substanz mit undeutlich ausgeprägter Struktur, deren histologische Natur wohl aus dem Entwicklungsgänge der Urnen ver- ständlieh wird. Die oben beschriebene Beschaffenheit der Kuppel scheint der Lebens- weise der Urnen in der Cölomflüssigkeit aufs beste angepaßt. Die ge- blähte Kuppel wird wohl das lebhafte Herumschwimmen der Urne er- leichtern, weil die mit Flüssigkeit erfüllte und gespannte Blase das spscifische Gewicht vermindert; weiterhin vermag die Urne wohl mit einer derartigen Einrichtung besser das Gleichgewicht beim Schwimmen zu erhalten, wodurch ihre geradlinigen Bewegungen ermöglicht werden. Dementsprechend zeichnen sich die »Schüsselchen«, welche eine ab- geflachte und verhältnismäßig schwache Kuppel besitzen, durch wackelnde und unregelmäßige Bewegungen aus. Weiterhin gibt diese Beschaffenheit der Kuppel eine gewisse Elastizität, welche von 550 W. Selensky, Nutzen sein dürfte, da die Urne sich fortwährend ihren Weg zwi- schen verschiedenen Elementen der Blutflüssigkeit bahnen muß und gegen allerlei Hindernisse stößt. Die Wimper Scheibe (S) besteht aus einer einzigen großen Zelle. Ihre Gestalt ist sehr eigentümlich und kann, wie Brandt meint, im großen und ganzen mit dem Boden einer gewöhnlichen Weinflasche ver- glichen werden. Unsre Zeichnungen (Taf, XXXII, Fig. 1, 2, 3), die eine und dieselbe Urne von der »Seite, von oben und von unten dar- stellen, geben eine genaue Vorstellung von der Form der Wimper- scheibe. Von oben betrachtet, erscheint gewöhnlich der Rand der Scheibe nicht kreisrund, sondern lappig ausgeschnitten; auf Fig. 2, Taf. XXXII ist z. B. eine sechslappige Scheibe abgebildet. In andern Fällen kann der Wimperrand drei-, vier-, fünflappig usw. erscheinen, bis er endlich bei manchen Exemplaren beinahe kreisrund wird. Die centrale Scheibenregion ist verdickt und enthält einen großen Kern (Ks); gegen die Peripherie wird die Scheibenzelle allmählich dünner und geht in den bewimperten Rand (R) über, der gegen die Kuppel umgeschlagen ist, etwa wie die Krempe eines Hutes. Dieser Rand ist von kräftigen, in vielen Kreisen angeordneten Cilien besetzt. Die centrale Region, die wir, der Kürze wegen, als Boden der Wim- perscheibe bezeichnen wollen, ist dagegen cilienlos und in der Regel schwach eingesenkt (Taf. XXXII, Fig. 9, 12, 14, Taf. XXXIII, Fig. 19 u. a.). Die Tiefe dieser Einsenkung hängt in gewissem Grade von den Formveränderungen ab, welche die Urne während des Schwimmens ausführt. An diesen Boden der Scheibe heftet sich der bereits oben erwähnte Klumpen von Blutzellen, allerlei Detritus usw. an {Kp.). Der feinere Bau der Scheibenzelle läßt sich auf Schnitten er- kennen. Ihr Protoplasma hat ein maschiges alveoläres Aussehen (Fig. 15, 18); im Centrum befindet sich, wie hervorgehoben, ein großer Kern {Ks), von lockerem, gleichsam aufgequollenen Aussehen, der sich nur mit intensiv wirkenden Farben, wie z. B. Safranin, gut tingiert. Nicht selten ist er unregelmäßig lappig, weshalb es auf manchen Schnitten scheint, als ob zwei dicht bei einander liegende Kerne vor- handen wären, oder eine Kernteilung (Taf. XXXII, Fig. 14). Der bewimperte Scheibenrand zeigt Radiärstreifung {Strf), welche in der Regel, den lappenartigen Ausschnitten des Randes ent- sprechend, eine büschelige Anordnung besitzt (Taf. XXXII, Fig. 2, Taf. XXXIII, Fig. 15, 18). Die genauere Betrachtung ergibt, daß diese Streif ung von feinen, im Protoplasma eingelagerten Fädchen herrührt, deren Anordnung und Beziehung zu den Cilien recht Untersuchungen über die sogenannten Urnen > Schüsselchen« stammen, mit den im Blut des Sipun- culus so häufig auftretenden membranösen Blasen, den »vesicules enigmatiques« der französischen Autoren, zusammenhängen. Diese Möglichkeit scheint mir jedenfalls nicht völlig ausgeschlossen. Da ich aber zurzeit keine sicheren Beweise für diese Vermutung besitze, so möchte ich auf das Problem nicht näher eingehen. Aus der genaueren Betrachtung des Baues der Sipunculus- Urnen geht zweifellos hervor, daß sie keineswegs einfach als zweizeilige Ge- bilde, wie es in jüngster Zeit einige Autoren, so Metalnikoff (1900) meinten, aufgefaßt werden dürfen; vielmehr sind die Urnen kompli- ziertere Gebilde, an deren Aufbau sich mehrere Zellen, sowie Binde- gewebe beteiligen. b. Rückblick auf die früheren Angaben. Die Autoren, welche, wie Krohn, Vogt uikIYoung, Fabre-Do- mergue, Wagner, die Urnen für parasitische Infusorien hielten, be- trachteten sie natürlich als einzellige Gebilde. Eine ausführlichere Schilderung des Baues dieses angeblichen Infusors gab Fabre-Domer- gue (1886). Die »vesicule transparante« , bzw. Kuppel, besäße eine sehr dünne äußere Membran und wäre von einer farblosen Flüssigkeit erfüllt, die nach Fabre als Exsudat des Körpers angesehen werden dürfte. Irgendwelche Struktur im Innenraum dieser »vesicule« konnte er nicht wahrnehmen (vgl. die oben beschriebenen Strängchen [Str]). Den unteren (hinteren) Körperteil bilde eine von einem bewimperten Untersuchungen über die sogenannten UrneD der Sipunculiden. 553 Wulst umgrenzte Scheibe, die in ihrem Centrum eine den Kern ent- haltende Erhebung zeige. Die freie Oberfläche dieser centralen Region bezeichnet Fabre-Domergue als »aire d'absorption« . Der hintere Teil (le >>col<<) der »vesicule transpar ante« bestehe aus zwei Schichten, einer inneren und einer äußeren, welch letztere gleichsam eine proto- plasmatische Umhüllung (»manchon«) um den Hals bilde und mit dem Wimperwulst zusammenhänge. In einer Verdickung dieser protoplas- matischen Umhüllung sei bisweilen ein abgeplatteter Kern vorhanden, dessen Vorkommen jedoch nicht konstant sei; überhaupt gleiche er mehr einem der Umhüllung angehefteten Amöbocyten. Es ist klar, daß dieser »manchon« nichts andres ist als der oben beschriebene äußere Saum. Fabre erkannte die der Blase angehörigen Kerne nicht, was übrigens wohl mit seiner Auffassung der Urnen als Infusorien zusammen- hängt. 1890 veröffentlichte W. Wagner einige Beobachtungen über den Bau und die Lebensweise des angeblichen Infusors. Wie seine schema- tische Zeichnung lehrt (Fig. 1, S. 6), scheint er die Scheidewand, d. h. wenigstens ihren peripheren Teil zwischen Kuppel und Hals, beobachtet zu haben; doch hielt er sie für die Grenze zwischen dem Wimperwulst und dem »Körper«, bzw. der Blase der Urne. Dennoch betont W agner ausdrücklich, daß das Infusor in normal ausgedehntem Zustand keine Spuren einer Zusammensetzung des Körpers, bzw. der Kuppel, aus zwei oder mehr Partien zeige. Die Gegenwart einer inneren Scheidewand zwischen Kuppel und Hals wurde von Wagner, wie auch von allen übrigen früheren Autoren, vermißt; was wohl auf den Umstand zurückzuführen ist, daß sie die Urnen nicht auf Schnitten untersuchten. Alle Forscher, welche die Infusoriennatur der Urnen leugneten, unterschieden an ihnen zwei Abschnitte, nämlich eine durchsichtige Blase und eine bewimperte Scheibe. Cüenot, der sich vorwiegend für die physiologische Funktion der Urnen interessierte, macht keine näheren Angaben über ihren Bau. Mktalnikoff (1900) dagegen hebt hervor, daß die Urne ein zweizeiliges Gebilde sei, und zwar würden die Kuppel und die Wimperscheibe je von einer einzigen Zelle gebil- det. Wir haben nun gefunden, daß diese Auffassung für die Kuppel nicht zutrifft. Nach Kunstler und Gruvel bestehe die mesozoen- artige Urne, wenigstens in der Jugend, aus zwei Zellen, nämlich der »vesicule claire«, bzw. der Kuppel, und der »vesicule sombre«, bzw. der Wimperscheibe. Im erwachsenen, geschlechtsreifen Zustand da- gegen, sei die Urne mehrzellig, indem die »vesicule sombre« eine 554 W. Selensky, Anzahl in einer Schicht angeordneter »Genitalzellen« erzeuge; in der »vesicule claire<< dagegen mehrere Kerne aufträten. Von den früheren Angaben über den Bau der Urnen scheinen mir diejenigen von A. Brandt (1871) die ausführlichsten zu sein und den wahren Verhältnissen am nächsten zu kommen. Brandt erkannte die bindegewebige Natur der Kuppel und das Vorhandensein mehrerer in ihre. Wand eingelagerter Kerne, von denen ein jeder von einem sternförmigen Protoplasmaklümpchen umgeben sei. Weiterhin leugnet er mit Eecht die von Keferstein und Ehlers (1861) vermutete Mündung des Töpfchens, welche sich in der eingesenkten Partie der Wimperscheibe finden sollte. Anderseits fehlt auf Brandts Zeichnungen der Kern der Wimperscheibe; auch die Scheidewand zwischen Kuppel und Hals scheint er nicht beobachtet zu haben. Er erörtert u. a. die Art und Weise, wie sich der Hals an den Rand der Scheibe inseriert und fügt zur Erläuterung Fig. 13ÄU. B (Taf. XXXII) hinzu. Das was Brandt als »ringförmige Duplikatur der Wand, welche sich unmittelbar in den Boden fortsetzt« , bezeichnet, ist offen- bar der obenerwähnte äußere Saum des Halses, der sich, wie hervor- gehoben, unter Umständen um die Wimperscheibe wirklich in Gestalt einer ringförmigen Duplicatur umbiegen kann. Die radiäre Striche- lung des Wimperrandes hat Brandt ebenfalls beobachtet, hielt sie je- doch für vorspringende Leistchen oder Fältchen. Die der Strichelung im Protoplasma entsprechenden Fädchen, bzw. Wimperwurzeln, scheint er nicht gesehen zu haben. Weiterhin beschreibt er die Cilien als »stecknadelförmigeFlimmercilien« (Ciliaevibratoriae capitatae), welche an ihrem freien Ende je ein stark lichtbrechendes Köpfchen tragen sollen. Diese Erscheinung ist zwar öfters zu beobachten; scheint je- doch eine Deformation der Cilien zu sein, wie sie auch sonst (z. B. bei Flagellaten) vorkommt. Zugunsten dieser Vermutung spricht u. a, der von Brandt selbst beobachtete Umstand, daß in ein und dem- selben Präparat nicht alle Urnen stecknadelförmige Cilien zeigen; ja daß bisweilen an ein und derselben Urne nur ein Teil der Cilien Knöpf chen besitzt. Außerdem lassen sich, nach Brandt's Angaben, die Knöpfchen aufs evidenteste dann nachweisen, wenn dem Präparat etwas Ammoniak zugesetzt war. Die großen Urnen oder »Schüsselchen«. Wie schon erwähnt, finden sich in der Lymphe von Sipunculus noch abweichende Formen der Urnen, die wir mit Brandt (1871) als »Schüsselchen« bezeichnen. Zweifellos sind es diese Schüsselchen, Unters ichungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 555 welche Kl nstleb und Gruvel als erwachsene, gesclihx'htsreife Exem- plare des mesozoenartigen Parasiten deuteten. Abgesehen von ihrer Größe, welche die der normalen Urnen um das Drei- oder Vierfache übertrifft, zeichnen sich die »Schüsselchen «durch die abgeflachte Form der Kuppel aus. Man kann jedoch in der Leibesflüssigkeit eine ganze Reihe von Übergangsformen auffinden, welche die normalen Urnen mit den großen abgeflachten Formen verbinden; die Größe der Urnen geht Hand in Hand mit dem Grade der Abflachung der Kuppel. Auf Fig. 7, Tai. XXXII ist ein solches Schlüsselchen, d. h. eine Uber- gangsform zu den typischen Urnen, abgebildet. Die Bewegungsweise der Schüsselchen ist unregelmäßiger als die der normalen Urnen; sie ist eine wackelnde, stoßweise, was wohl, wie schon oben hervorgehoben, mit der den Schlüsselchen charakteristischen Kuppelform zusammen- hängt, welche die Erhaltung des Gleichgewichts beim Schwimmen er- schwert (vgl. S. 549). Auf Schnitten durch die Schüsselchen finden wir dieselben Ab- schnitte wie bei normalen Urnen, nämlich die Kuppel, den Hals und die Wimperscheibe (Taf. XXXIII, Fig. 20). In die Kuppelwand sind auch hier mehrere Kerne, bzw. Zellen (ZK), eingelagert, doch ist deren Zahl meist größer als bei normalen Ur- nen ; dies kann dadurch erklärt werden, daß die der Kuppelwand hörigen Keine sich durch Teilung vermeh- ren können. Solch eine Teilung habe ich an lebenden < Objekten be- obachtet. Textfig. I eine Urne, die ein paar Stunden folgt wurde und wäh- er Zeil eigen- tümliche Veränderungen in der Form ihre! Kuppel wahrnehmen ließ. Sie wurde nämlich durch allmählich auftretende Einschnitte oder Furcnen mit einer Anzahl Aussackungen oder Ausbuchtungen versehen, so daß ihre Oberfläche hö< -einen. Dementsprechend, traten auch mehr Kerne hervor die wohl von den drei ursprünglichen Kernen der Kuppel- wand stammten: auf Fig. 1 sieht man zwei Kernpaare (/ij. 7v2 und Z3, K,K K K.K , Textf.g. 1. i tttmliche \ stall der Kuppel einer i Nach dem Leben i A', i< , Kerne der Kuppelwand. Vergr. 400. 556 W. Selensky, Ä"4), welche deutliche Anzeichen einer eben vollendeten Zweiteilung darbieten. Einige Minuten später war das Kernpaar Kz, üf4 weiter auseinander gerückt. Die Bedeutung dieser Erscheinung, besonders der erwähnten Furchen der Kuppel wand, die ich noch in mehreren Fällen beobachtete,, ist mir nicht klar. Vermutlich werden sie durch die eben erwähnte Teilung der Kerne, bzw. Zellen, hervorgerufen. Auch Kunstler und Gruvel (1897) gedenken dieser merkwürdigen Erscheinungen, ohne eine Erklärung zu geben. Fig. 21, Taf. XXXIII, welche einen Schnitt durch eine doppelte Urne darstellt, zeigt links zwei dicht nebeneinander liegende Kerne von einer gemeinsamen Protoplasmamasse umgeben (KK2)- Die ver- hältnismäßig geringe Größe dieser beiden Kerne (vgl. auf derselben Figur den Kern ZK), sowie ihre dichte Zusammenlagerung, sprechen augenscheinlich dafür, daß es sich hier um eine eben vollendete Kern- teilung handelt. Der Innenraum der Kuppel ist wie bei normalen Urnen von einem unregelmäßigen Maschengerüst (Str) durchzogen, in dessen Zwischenräumen sich Flüssigkeit findet; der Kuppelinhalt selbst ist, wie das Verhalten gegen Farbstoffe zeigt, bindegewebiger Natur. Kurz gesagt, die Kuppel der Schüsselchen ist, abgesehen von der äußeren Gestalt, der einer normalen Urne vollkommen gleich. Die Wimperscheibe (S) des Schüsselchens wird ebenfalls von einer einzigen großen Zelle gebildet, deren Rand gegen die Kuppel umge- schlagen ist. Die centrale unbewimperte und schwach eingesenkte Scheibenregion, die wir als Boden bezeichneten, ist, abgesehen von der Stelle, wo sie den Kern (Ks) enthält, sehr dünn, weshalb sie nur auf gut gelungenen Schnitten deutlich wahrgenommen werden kann. An Totalpräparaten dagegen fällt es schwer den Boden zu er- kennen, wegen der großen Menge anhaftender Blutzellen. Die geringe Dicke des Bodens hängt wohl mit der starken Dehnung der Scheibe zusammen. Es sei betont, daß der dünne Boden der Wimperscheibe von einer kontinuierlichen Plasmaschicht gebildet wird, in der sich weder Zellgrenzen noch Kerne nachweisen lassen. Demnach ist in der schwachen Einsenkung der Scheibe gar keine auskleidende Zellschicht vorhanden, die als Kunstlers und Gruvels »cellules genitales« gelten könnte. Die ganze Wimperscheibe besteht in Wirklichkeit auch bei den Schüsselchen aus einer einzigen Zelle. Es wäre auch schwer zu verstehen, wie sich eine solche Schicht von » Genitalzellen << bilden könnte. Wenn durch "Knospung, wie es die beiden Autoren behaupten, so müßten doch Kernteilungsfiguren im Boden der die Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. ->~>i »Geschlechtsreife« erreichenden Exemplaren auftreten, und zwar recht häufig, da die große Menge der angeblichen »Genitalzellen« von einer einzigen Mut terzelle, der »vesicule sombre« oder Scheibenzelle, erzeugt werden müßte. Solche Kernfiguren konnte ich auf meinen Schnitt- präparaten aber nie finden. Daher scheint die Vermutung berechtigt, daß Künstlers lind Gruvels Genitalzellen, welche die Einsenkung der Wimperscheibe des Schüsselchens auskleiden auf Verwechslung mit den anhaftenden Blutzellen (Kp) beruhen. Der bewimperte Scheibenrand zeigt, von oben gesehen, eine feine radiäre Strichelung (Taf. XXXII, Fig. 5). Bei genauerer Betrachtung mit starken Vergrößerungen erscheint diese Streifung als eine feine Wabenstruktur, wie es Fig. 6, Taf. XXXII zeigt, die einen Teil des Wimperrandes bei starken Vergrößerungen darstellt. Aus Vorstehendem läßt sich schließen, daß die Schüsselchen, ab- gesehen von unwesentlichen Einzelheiten, vollkommen mit den nor- malen Urnen übereinstimmen und daher als mit letzteren identi- sche Gebilde betrachtet werden müssen. Sie sind meiner Ansicht nach tatsächlich ausgewachsene, doch wohl hypertrophierte (nicht aber erwachsene, wie es Kunstler und Grtjvel meinen) und in der Querachse abnorm ausgedehnte Urnen. Von vornherein ist ja ein solches Wachstum der Urnen durch- aus nicht unmöglich, auch wenn sie keine selbständigen Organismen darstellten. In diesem Falle hätten wir ein lebendes Organ vor uns. das seine Nahrung aus der Leibesflüssigkeit bezöge. Daß in den Urnen tatsächlich ein Stoffwechsel stattfindet, läßt sich schon darausschließen, daß sie energische Bewegungen ausüben; diese Bewegungsfähigkeit setzt als Arbeitsleistung einen Stoffwechsel voraus. Da nun das Me- dium, in dem sich die Urnen bewegen, sehr reich an Nahrung ist, so wäre auch eine Aufnahme derselben im Überschuß, also Wachstum, sehr möglich. Die doppelten oder Zwillingsurnen. Nicht Belten begegnet man zwischen normalen Urnen eigentüm- lichen Zwillings- und manchmal auch Drillingsformen, welche schon Brandt(1871), Fabre-Domergue (188G) u. a., beobachteten, indem sie annahmen, es handle sieh hier um eine Vermehrung durch Teilung [Claparede (schriftliche Mitteilung an Brandt), Brandt (1871)]. Die Autoren, welche die Urnen für parasitische Infusorien hielten, be- schrieben [wie z. B. Fabre-Domergue (1886)], diese Doppelformen als Teilungsstadium der Po a. Dagegen könnte auch die ent- 558 W. Selensky, gegengesetzte Vermutung aufgestellt werden, daß es sich nämlich um eine Verschmelzung zweier Urnen mit ihren Kuppeln handle, um eine Art von Copulation. Denn die beiden Wimperscheiben der Zwillings- urnen sind stets vollständig ausgebildet und zeigen keine Spuren einer etwaigen Teilung der Scheibenzelle. Beide Vermutungen scheinen aber im Bau dieser Gebilde keine Begründung zu finden. Fig. 8, Taf. XXXII zeigt eine solche Doppelurne in toto. Wir finden hier sämtliche für die Urne charakteristischen Merkmale; die Eigentümlichkeit des Gebildes besteht darin, daß eine gemeinsame, ge- wöhnlich aber durch eine Furche in zwei Teile gesonderte Kuppel zwei normale Wimperscheiben trägt. Wenn wir nun Schnitte durch solche Zwillingsformen betrachten, so ergibt sich sofort, daß der erwähnten Furche, wo sie ausgesprochen ist, keine innere Scheidewand der Kuppel entspricht (Taf. XXXIII, Fig. 22, 23). Wo wir, wie auf Fig. 21, eine solche Scheidewand anscheinend wahrnehmen, so rührt dies davon her, daß der Schnitt nicht median, sondern etwas seitlich durch die Kuppel geführt ist und daher die oberflächliche Einschnürung getroffen hat. Ein weiterer Umstand spricht gegen die Vermutung eines Teilungs- vorganges. Bei gewissen Doppelurnen liegen die beiden Wimperschei- ben sehr nahe nebeneinander, wie Fig. 21, oder noch näher; bei andern sind die Wimperscheiben etwas weiter voneinander entfernt (Fig. 8 u. 22), wieder bei andern liegen sie an zwei entgegengesetzten Stellen der gemeinsamen Kuppel (Fig. 23). Es wäre schwer begreif- lich, wie z. B. der auf Fig. 22 abgebildete Zustand durch Teilung einer Urne entstehen könnte. Näher läge es, anzunehmen, daß an der ge- meinsamen Kuppel von Anfang an zwei selbständige Wimperscheiben befestigt waren. Die zweite Möglichkeit, die der Verschmelzung, wird nach der Feststellung, daß die Kuppel ein kompliziertes Gebilde bindegewebiger Natur ist, ohne weiteres sehr unwahrscheinlich. Es bleibt daher nur übrig, die Zwillings- und Drillingsformen, welch letzere viel seltener als die ersteren vorkommen, als eigen- tümliche, mit zwei, bzw. drei Wimperscheiben versehene Urnen auf- zufassen. Das Hervorgehen solch merkwürdiger Gebilde läßt sich leicht aus dem Entwicklungsgang der Urnen erklären, wie wir später sehen werden. II. Die fixen Urnen von Sipunculus midus und ihre Entwicklung. Schon Ray-Lankester (1873) hatte an der äußeren Wand der so- genannten Blutgefäße von Sipunculus nudus angeheftete urnenartige Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 559 Gebilde gefunden, von denen er vermutete, daß sie Entwicklungssta- dien der freischwimmenden wären. Diese Meinung wurde von Cuänot (1891) und später auch von Metalnikoff (1899, 1900) angenommen, nach dessen Angaben jedoch diese fixen Urnen nicht an der äußeren, sondern an der inneren Fläche der Gefäßwand säßen. Durch Injek- tionen zeigte Metalnikoff, daß die fixen Urnen, ebenso wie die freien, verschiedene Körperchen, wie z. B. Tusche oder Karmin, zu einem Klumpen zusammenstrudeln. In physiologischer Hinsicht scheint also volle Übereinstimmung zwischen den freien und den fixen rnien zu herrschen. Es erübrigt nun festzustellen, daß diese Gebilde auch ihrem Bau nach gleich sind (Fig. 2 u. 3). Textfig. 2. Textfig. 3. Halbschematische l tte zur Vergleichung einer fixen (-) and einer freien (3) Urne von Sipunculus nudus. K. Kuppel; H, Hals; S, Scheibe; ES, Kern der Scheibe; ZK, die in die Kuppelwand eingelagerten Kerne bzw. Zellen; Schd, Scheidewand; d, äußerster Saum des I r.ini;, Bndothelialzellen. Fig. !•"). 11 u. 17. Taf. XXXIV zeigen Längsschnitte ganz a gebildeter fixer Urnen, die der Gefäßwand aufsitzen. Wir finden an ihnen in erster Linie eine große Scheibenzelle mit bewimpertem Rand und ansehnlichem Kern Ks . der dem der freischwimmenden Urnen gleicht (s. auch Fig. 12 Ks). Aufmerksame Betrachtung läßt sogar im Plasma des bewimperten Rands (R) die feinen Wimperwurzeln erkennen. Diese Wimperzelle stimmt also vollständig mit der Wimperscheibe 560 W. Selensky, einer freien Urne überein. Der Kuppelteil der fixen Urne (K), zeich- net sich durch die lockere Beschaffenheit seines Innern aus und wird äußerlich von einigen wenigen Zellen bekleidet, die den Endothelzellen (Endz) der Gefäßwand ganz ähnlich sind. Die lockere Binnensub- stanz dieses Abschnittes färbt sich mit Safranin und BLOCHMANNscher Flüssigkeit charakteristisch violett. Der Kuppelteil ist an seinem oberen Ende von der Wimperscheibe durch eine Scheidewand abge- grenzt (Schd); zwischen dieser und der Wimperscheibe verbleibt jedoch ein geringer Zwischenraum (H), der sich durch lockere Beschaffen- heit seiner Innensubstanz auszeichnet, und wohl mit dem Abschnitt, den wir Hals nannten, verglichen werden kann. Wir können also alle für die freien Urnen charakteristischen Teile bei den festsitzenden auffinden. Zur Veranschaulichung ihrer Übereinstimmung sollen die Textfig. 2, 3, die nach Schnitten etwas schematisiert sind, dienen. Wenn sich eine fixe Urne, wie sie auf Textfig. 2 oder Fig. 43, Taf. XXXIV abgebildet ist, von ihrem Stiele ablöst und dabei noch etwas mehr aufbläht, so muß sie zu einer typischen freien Urne werden. WTie unsre Figuren auf Taf. XXXIV zeigen, können die fixen Urnen bald eine mehr längsgezogene Gestalt besitzen (Fig. 43), bald beträchtlich verkürzt und dementsprechend breiter sein (Fig. 44). Dies dürfte wohl in gewissem Maße mit dem Grad der Ausdehnung der Gefäßwand zusammenhängen; wenn die Gefäßwand beträchtlich kontrahiert ist, da nehmen die aufsitzenden Urnen eine langgestreckte Gestalt an (Fig. 43), wenn sie dagegen stark gedehnt ist, erhalten sie eine der Fig. 44 ähnliche Gestalt. Es kommt öfters vor, daß auf einem gemeinsamen Stiel zwei oder sogar mehr Urnen sitzen (Fig. 46, 47, 48, 49), welche nicht selten auf verschiedenen Stufen ihrer Entwicklung stehen (Fig. 46); auf diese komplizierten fixen Urnen und ihre Bedeutung für die Bildung der Zwillingsurnen werden wir noch zurückkommen. Bevor ich die Entwicklung der fixen Urnen schildre, muß ich einiges über die Histologie der sie erzeugenden Gefäße mitteilen. Das sogenannte Blutgefäßsystem (Tentaculargefäßsystem, Polische Gefäße). Wie bekannt, ziehen die sogenannten Blutgefäße des Sipunculus entlang dem Oesophagus als ein dorsaler und ein ventraler Schlauch, nach hinten gewöhnlich bis zu der Basis der Betraktoren. An ihrem Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 5G1 Vorderende münden sie in einen gemeinsamen Ringsinus, der den Schlund nmgibl und Divertikel in die Tentakel sendet. Die Gefäßwand bestehi aus einer bindegewebig muskulösen Schicht, die auf ihrer Außen- und Innenfläche einen Zellbelag trägt. Eine solch kurze Beschreibung, wie wir sie bei Ladreyt (1904) finden, wäre je- doch allzu schematisch, die wahren Verhältnisse sind nämlich viel komplizierter. Der feinere Bau des Bindegewebes der Gefäßwand läßt sich auf Flächenpräparaten und Schnitten studieren. Die Grundsubstanz des Bindegewebes zeigt eine Menge Faserbündel, die sich in verschiedenen, hauptsächlich senkrecht zu einander ziehenden Richtungen kreuzen, was das Flächenpräparat Fig. 50, Taf. XXXV, deutlich zeigt. Das Gefäß war längs der Medianlinie aufgeschnitten und auf dem Objekt- träger ausgebreitet. Außer den Bindegewebsfasern verlaufen in der Wand auch Muskelfasern (m); die Ringmuskeln sind stärker und auf Schnitten leichter wahrzunehmen als die Längsmuskeln. Zwischen den Faserbündeln treten in der Grundsubstanz Lücken auf (Tat. XXXIII, Fig. 24 L), die von einer Lymphe erfüllt sind; vor allem aber befinden sich in diesen Lücken die Bindegewebezellen (Bdz). Neben diesen trifft man in den Lücken nicht selten weitere zellige Ele- mente, so große Blutzellen (Fig. 51, Hm) und Wanderzellen. Ferner werden im Bindegewebe große körnige Wanderzellen, sogar pigmen- tierte Gruppen solcher angetroffen (Taf. XXXIV, Fig. 44, Wdz), und endlich unregelmäßige Pigmentanhäufungen, die wohl als Excret auf- zufassen sind. Die Gefäßwand ist sehr elastisch und kann unter Umständen durch den Druck der den Hohlraum des Gefäßes erfüllenden Flüssigkeit sehr stark ausgedehnt werden, so daß sie eine dünne Membran darstellt (Fig. 44). In dem äußeren Zellbelag der Gefäßwand unterscheiden wir erstens flache, ziemlich große Epithelzellen (Endothelialzellen, End), mit läng- lich-ovalem Kern und feinkörnigem Protoplasma, das bei Färbung mit BLOCHMANNScher Flüssigkeit gewöhnlich schwach grünlich, bei der MALLORYschen Tinktion dagegen schwach rosa gefärbt erscheint. Fig. 44 gibl eine Vorstellung von der Gestalt dieser Endothelialzellen im Profil. In der Flächenansicht zeigen diese Zellen sehr unrege] Lßige Umrisse, bzw. Zellgrenzen, wie sie schon Metalxikoff (1900) auf seiner Fig. 27. Taf. XIX abgebildet hat. Zwischen diesen flachen Endothelialzellen sind Flimmerzellen (Flmz) reichlich zerstreut, deren lange Cilien die Blutflüssigkeit unaufhaltsam Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 36 562 W. Selensky, in Bewegung setzen und ihre Strömung befördern. Außer diesen ge- wöhnlichen Flimmerzellen begegnen wir an der Gefäßwand auch solchen, welche sich durch besondere Größe, sowie ihre charakteristische Ge- stalt auszeichnen, indem sie im Längsschnitt etwa linsenförmig er- scheinen. Sie besitzen ferner deutliche Wimperwurzeln. Eine solche Flimmerzelle ist auf Fig. 26, Taf . XXXIII , Flmz abgebildet. Ob diese eigen- tümlichen Wimperzellen umgewandelte gewöhnliche Flimmerzellen sind, d. h. ob sie mit letzteren genetisch zusammenhängen, konnte ich auf meinen Präparaten nicht sicher feststellen, halte es jedoch für wahrscheinlich. In seltenen Fällen fand ich an der Gefäßwand auch Gebilde, wie sie auf Fig. 27, Taf. XXXIII dargestellt sind. Sie bestehen aus einer großen Flimmerzelle der eben beschriebenen Art, die aber einer bindegewebigen Erhebung der Gefäßwand aufsitzt wie auf einem kurzen und breiten Stiel. Eine weitere Differenzierung der großen Flimmerzelle prägt sich darin aus, daß nicht die ganze freie Fläche der Zelle, sondern nur die peripherische Region Cilien trägt. Es scheint dann, als ob man eine unvollkommen ausgebildete, auf einem Auswüchse der Gefäßwand sitzende Urnenwimperscheibe vor sich hätte. Die Bedeutung der großen Flimmerzellen (Flmz), sowie der eben erwähnten eigenartigen Gebilde, wird erst bei Erörterung der Ent- wicklung der Urnen klar werden. Endlich findet man, wie hervorgehoben, an der Wand fixe Urnen in verschiedenen Stadien ihrer Entwicklung (Fig. 50, Taf. XXXV, U). Von Wichtigkeit ist der Umstand, daß der Zellbelag der äußeren Fläche der Gefäße in seinem Bau mit dem der inneren vollkommen übereinstimmt; wir begegnen hier durchaus denselben zelligen Ele- menten, nämlich: flachen Peritonealzellen, welche denen der Innen- fläche bis zum Verwechseln gleichen, ferner Flimmerzellen und sogar, wie noch gezeigt werden wird, fixen Urnen. Diese histologischen Be- funde könnten wohl die Ansicht stützen, daß die Auskleidung der Innenwand der Gefäße nichts andres als ein Peritonealzellbelag ist, und demnach die sogenannten Blutgefäße des Sipunculus eine Ab- teilung der Leibeshöhle, des Cöloms, darstellen. Zugunsten dieses Ge- dankens, der auch von A. Lang (»Trophocöltheorie« 1903) geäußert wird, sprechen auch andre Tatsachen, wie z. B. die Gleichheit der Formelemente der Cölom- und der Gefäßflüssigkeit. An den Gefäß- wänden andrer Sipunculiden, Phascolosoma und Phymosoma, fin- den wir keine fixen Urnen; aber zwischen den Endothelial- und Flimmerzellen, welche auch bei diesen Formen die Gefäßwand bekleiden, Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 563 kommen besondere große Zellen vor, welche in ihrem Protoplasma gelbe Körnchen enthalten, sieh mit Säurefuchsin intensiv färben, eine saure Reaktion zeigen, also eine nahe Verwandtschaft mit den den aufsteigenden Darmteil der Tiere bekleidenden »Chloragogenzellen« aufweisen, welche bekanntlich als Erzeugnisse des Peritonealepithels der C'ölomwand aufgefaßt werden. Infolgedessen scheint es mir kaum berechtigt, den Gefäßapparat der Sipunculiden als echte >> Blutgefäße« anzusprechen, da derselbe mit dem. was man eigentlich unter Blutgefäßen versteht, kaum etwas zu tun hat. Vielmehr würde, meines Erachtens, für den in Rede stehenden Gefäßapparat die Bezeichnung »Tentakulargefäßsystem« (Brandt, 1871), oder die ältere, noch vcuiDelle Chiaie 1823 (Memoria degli animalia senza vertebre, Vol. I, >> PoLische Blasen«) herrührende und in neuster Zeit, und zwar bei den französischen Autoren, wieder aufgetauchte Bezeichnung »PoLische Gefäße oder Röhren« (»Tubes de Poli«), passen. Letztere Bezeichnung deutet aber auf eine Tendenz hin, den ( iefäßapparat der Sipunculiden dem Wässergefäßsystem der Holothurien, insbesondere dem der Synaptiden, an die Seite zu stellen, was mir allerdings sehr gewagt scheint. Ich ziehe daher Brandts Bezeichnung »Tentakulargefäßsystem« vor. An der Gefäßwand werden öfters eigenartige Erscheinungen be- obachtet, indem einige der gewöhnlichen Endothelialzellen sich über die Wandfläche erheben, und allmählich eine längliche, birnförmige Gestalt annehmen (End, Fig. 24, Taf. XXXIII), so daß die Zelle nur durch einen dünnen Stiel mit der Wand verbunden bleibt. Schließlich lösen sich solche Zellen ganz ab und fallen in den Gefäß- raum, bzw. in die Leibeshöhle. Fig. 24, Taf. XXXIII, zeigt verschie- dene Stadien dieses Vorganges". Neben den gewöhnlichen flachen En Lo- thelialzellen (End) 3ind auch solche zu sehen, welche mehr oder weniger über die Gefäßwand emporgehoben und ausgezogen sind. Weiterhin bemerkt man auch die bereits frei gewordenen Zellen {Bl), welche ihre birnförmige Gestalt noch kurze Zeit nach der Ablösung bewahren; all- mählich nehmen sie dann die den Aomöbocyten gewöhnliche Form an. Solche Zellen ( Bl) flottieren in großen Mengen in der Blutflüssig- keit. Sie sind amöboid beweglich. Aul Schnitten, die mit Bloch- MANNscher Flüssigkeil behandelt sind, erscheint ihr Plasma wie das der Endothelialzellen blaßgrün, zuweilen etwas bläulich gefärbt (Ta f. XXXV. Fig. 53). In der Blutflüssigkeit finden wir jedoch noch eine andre Art von Zellen in großer Menge. Diese Blutzellen sind größer, besitzen 36* 564 W. Selensky, eine kugelige oder ovoide Gestalt, einen exzentrisch gelegenen Kern und ein im Protoplasma eingelagertes Körperchen, das Cuenot (1891) anfänglich für eine Vacuole hielt. Diese Zellen sind wohl die »hema- ties« der französischen Autoren; sie enthalten nach Cuenot (1891) ein rotes Pigment, nämlich »Hämerythrin << , dem bei der Atmung eine wichtige Rolle zugeschrieben wird. Mit BLOCHMANNscher Tinktion färben sich diese Blutzellen intensiv grün, wodurch sie sich auf Schnit- ten scharf von den ersterwähnten Amöbocyten unterscheiden (vgl. Fig. 51 u. 55, Taf. XXXV). Ihr Herkommen habe ich nicht verfolgt. Endlich finden sich in der Blutflüssigkeit des Sipunculus noch körnige Phagocyten, die ich nicht näher beschreiben will, da eine aus- führliche Darstellung der Formelemente des Sipunculidenblutes nicht die Aufgabe der vorliegenden Arbeit ist. Das Tentakulargefäßsytem ist vollkommen geschlossen und steht weder mit der Leibeshöhle, noch mit der Außenwelt in Kommuni- kation. Dies ist die Ansicht der Mehrzahl der Autoren, welche sich mit der Anatomie von Sipunculus beschäftigten. Ich schließe mich dem vollkommen an, da ich weder auf Schnittserien, noch vermittels intra vitaler Injektionen irgend eine Kommunikation nachweisen konnte. Mit dieser Meinung scheint Metalnikoff (1900) nicht einverstanden zu sein. Obwohl er zugibt, daß die direkten Beobachtungen gegen eine Kommunikation der Gefäße mit der Leibeshöhle sprechen, führt er doch folgende Überlegungen zugunsten einer solchen Möglichkeit an. Erstens kämen in der Leibeshöhle dieselben Elemente wie in den Gefäßen vor. >>Es ist schwer anzunehmen«, sagt er, »daß im Gefäßsystem sich dieselben Formelemente bildeten, welche in der Leibeshöhle zu finden sind, und daß es seine besonderen blutbildenden Organe besäße.« Nun haben wir bereits gefunden, daß wenigstens. eine Art von Blutelementen tatsächlich in den Gefäßen, und zwar durch Ablösen von ihren Wänden, entsteht. Die Innenseite der Ge- fäßwand ist ja, wie schon betont, mit denselben Zellen wie ihre Außen- seite bekleidet, wodurch für die Bildung dieser Formelemente dasselbe Material sowohl außerhalb, als auch innerhalb der Gefäße gegeben ist. Weiterhin befindet sich am Dorsalgefäß eine Drüse, welche Metal- nikoff selbst für ein blutbildendes Organ hält (S. 284, 1900). Die von dieser Drüse stammenden Blutzellen können wohl auch in den Hohlraum der, Gefäße gelangen, ebenso wie in die Leibeshöhle. Zweitens schließt Metalnikoff aus den Resultaten seiner Injek- tionen von Methylenblau und Neutralrot in die Leibeshöhle, wobei die »Vacuolen« der roten Blutkörperchen entsprechend gefärbt wurden, daß Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 5G5 die Blutkörperchen aus der Leibeshöhle in die Gefäße hindurchtreten« können. Daß Blutzellen durch die Gefäßwand hindurch wandern können, ist ganz richtig. Es fragt sich nur, oh es für die Erklärung dieses Vorganges wirklich nötig ist, das Vorhandensein irgendwelcher Kan.ilclxMi oder Spalten in der Gefäßwand anzunehmen. Meine Fig. 51, Taf. XXXV zeigt ein Blutkörperchen (Hm), das sich in einer Lücke des Bindegewebes di'H Jel'äßwand befindet. Auf Fig. 52 sieht man ein gleiches Blutkörperchen, das aus der Gefäßwand in den Hohlraum des Gefäßes hineindringt; irgend ein besonderer Weg dazu, etwa ein Kanälchen, ist jedoch nicht vorhanden. Fig. 25, Taf. XXXIII zeigt ebenfalls das Eintreten einer Wanderzelle (Phg) in das Gefäß in dem Moment, wo die eine Hälfte des großen Kernes bereits im Hohlraum des Gefäßes, die andre dagegen noch in der Gefäßwand steckt. Auf Metalmkoffs Fig. 27. Taf. XIX, die einem Silberpräparate entnommen ist, und die Zellgrenzen des flachen inneren Gefäße ndothels zeigt, sind kleine, zwischen den Zellgrenzen liegende Öffnungen dar- gestellt, die »als dunkle Punkte in Erscheinung treten«. Durch diese Öffnungen könne wahrscheinlich der Gefäßraum mit der Leibeshöhle kommunizieren. Meiner Ansicht nach sind die dunklen Punkte nichts weiter, als die sogenannten Stomata oder Stigmata, wie sie sonst gewöhnlieh in den Blut- und Lymphgefäßen zwischen den Epithelzellen vorkommen und als Wege angesehen werden, die die Blutzellen zu ihrem Wandern durch die Gefäßwand benutzen, ja die sogar bei diesem Durchwandern selbst gebildet werden. Diese Stigmata könnten wohl nicht als eigentliche Kommunikationen zwischen Gefäß und Leibes- höhle gelten, durch welche etwa auch die Urnen durchzuwandern im- stande wären. Es erübrigt noch, einer Drüse zu gedenken, die als ein verdickter rötlichbrauner Streifen dem Hinterende des Dorsalgefäßes entlang zieht. Sie wird von bindegewebigen Strängen oder Trabekeln, welche dem Bindegewebe der Gefäßwand entstammen, durchzogen; diese Trabekel bilden eine Art Netzwerk, wie es sonst für Lymphdrüsen charakteristisch ist. In den Maschenräumen des Netzwerkes sind große Mengen von Zellen eingelagert, wohl in Bildung begriffene Lymphzellen. Die Drüse fungiert also in erster Linie als blutbildendes Organ, wie schon Metalnikoff (1900) bemerkte. Ob es die roten Blutkörperchen sind, die in der Drüse entstehen, um ihre definitive Gestalt und Größe erst im freigewordenen Zustand zu erreichen, habe ich nicht direkt verfolgt, halte es aber für wahrscheinlich. Jedenfalls steht fest, daß die Drüse Formclemente des Blutes bereitet. 566 W. Selensky, Was eine eventuelle excretorische Funktion dieser Drüse angeht, so wiedersprechen sich darüber die Angaben Ladreyts und Enriques. Ladreyt (1905) unterscheidet an der Drüse zwei Abschnitte, einen vor- • deren und einen hinteren, von denen der erste ein lymphogenes Organ sei, der zweite dagegen von excretorischer Funktion wäre. — Dem hin- teren blinden Ende des Ventralgefäßes, an dem Ladreyt vier konzen- trische Zonen unterscheidet, käme eine hämatolytische Funktion zu ; die centrale Zone bestünde aus verschiedenartigen Elementen, die sich in vollkommener Degeneration befänden; als Folge hiervon sollen sich an diesem Ort besondere, Harnsäure enthaltende, pigmentierte Körper bilden, die Ladreyt für Excretionsprodukte hält. Solche Körper bildeten sich auch in der Anhangsdrüse des Dorsalgefäßes; sie gelangten durch einen Riß in der Gefäßwand in die Leibeshöhle und von da durch die Nephridien nach außen. Enriques bestreitet (1903, 1906) die Aus- führungen Ladreyts energisch. Er leugnet die hämatolytische Funk- tion des hinteren Endes des Ventralgefäßes, sowie die excretorische Leistung des hinteren Abschnittes des Rückengefäßes. Nach ihm sollen die Ansichten Ladreyts auf falscher Interpretation beruhen; denn die pigmentierten Körper (»corpi segmentali <<) , welche nach Enriques aus pigmentführenden, zu einer Art Syncytium vereinigten Leucocyten beständen, sollen nach ihm respiratorisch tätig sein. Ich will hier nicht in eine Diskussion dieser interressanten Frage, die wohl einer speziellen Untersuchung bedarf, eingehen. Es sei nur bemerkt, daß mir sowohl die Befunde Ladreyts, als auch die Enriques nicht sehr überzeugend scheinen. Ein gewisser Ausgleich der Meinungen der genannten Autoren über die Leistungen des Ge- fäßapparates, scheint mir ferner nicht unmöglich. Fassen wir das über den Bau und die Leistungen des Gefäßsj^stems Ermittelte kurz zusammen. In morphologischer Beziehung ist das Gefäßsystem ein Teil der sekundären Leibeshöhle. Die physiologische Funktion des Tentakulargefäßsystems ist eine ziemlich komplizierte und mannigfache. In erster Linie kommt seine mechanische Leistung in Betracht, nämlich die Erection der Tenta- kelkrone, was schon von Brandt (1871) hervorgehoben wurde. Dank der Kontraktion der Gefäßwandmuskulatur wird die Flüssigkeit der Gefäße durch den Schlundsinus in die Tentakel gepreßt, die im eri- gierten Zustande als Greif- und Tastorgane fungieren, bei der Kontrak- tion der Tentakel werden dagegen die Gefäße aufgebläht. Ferner kommt dem Gefäßsystem eine blutbereitende Funktion zu. Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 567 Wir hallen da rauf hingewiesen, daß wenigstens zwei Kategorien von Blutelementen sieh im Gefäßapparat bilden, nämlich 1) diejenigen, welche sieh von der Gefäßwand ablösen, und 2) die, welche in der Anhangsdrüse des Kückengefäßes gebildet werden. Weiterhin entstehen an den Gefäßwänden die Urnen. Die Frage nach der respiratorischen und excretorischen Leistung der Gefäße muß, wie erwähnt, noch als unentschieden angesehen weiden. In respiratorischer Beziehung könnte übrigens die Leistung des Gefäßsystems, wie das Brandt mit Recht bemerkt, für den Orga- nismus kaum von Bedeutung sein; höchstens könnte dieser verhältnis- mäßig kleine Apparat nur für das Gehirn sorgen. Vielmehr müßten in respiratorischer Beziehung die Hautkanäle eine wichtige Rolle spielen, was auch Andreae (1882) hervorgehoben hat. Ein gewisser Anteil des Gefäßsystems an der Excretion scheint mir dagegen ziemlich wahrscheinlich. Wenn dies bei Sipunculus nudus noch bestreitbar ist, so steht die Sache bei andern Sipunculiden, wie Phascolosoma, Phymosoma u. a., außer Frage. Denn im Zellbelag ihrer Gefäßwand kommen zwischen den gewöhnlichen Endothelzellen noch Chloragogen- zellen vor. welche bekanntlich excretorisch wirksam sind. Die Entwicklung der Urnen, a. Eigne Beobachtungen. In erster Linie bemühte ich mich in der Gefäßwand irgendwelche fremde Keime oder Sporen aufzufinden, die den Anstoß zur Entwick- lung von Urnen geben könnten; ich kam dabei zu demselben nega- tiven Resultat wie Metalnikoff (1900). Im Entwicklungsgang der Urnen können wir sieben Haupstadien unterscheiden, die schematisch auf Textfig. 4, I — VII dargestellt sind. Taf. XXXIV zeigt eine Reihe successiver Entwicklungsstadien. Die Farben sind dabei genau den Präparaten, welche mit Safranin und BLOCHMANNScher Lösung behandelt waren, nachgebildet, mit dem ein- zigen Unterschied, daß das Plasma der Zellen auf den Präparaten grünlich erscheint, während es auf den Figuren bläulich wiederge- geben ist. Als allererster Anfang einer Urne tritt an der inneren Gefäßwand eine Erhebung des Bindegewebes auf, welche von Endothelialzellen be- kleidet ist, deren Kerne sich an dieser Stelle vermehren. Die Erhebung vergrößert sich und ragt bald wie eine Knospe in den Gefäßraum empor. Hiermitist das erste Entwicklungsstadium einer Urne gegeben (Textfig. 41, 568 W. Selensky, Taf . XXXIV, Fig. 29) ; es ist ein Auswuchs des Bindegewebes der Ge- fäßwand, der von Endothelialzellen (End) bekleidet ist, unter denen sich in der Eegel mindestens eine der Flimmerzellen des Endothels be- findet (Fig. 30 u. 31, Flmz). Auf einem folgenden Stadium (Textfig. 4, II) tritt im Innern der Knospe ein besonders differenzierter Bezirk hervor, der sich durch lockere Beschaffenheit der bindegewebigen Grundsubstanz auszeich- net (ic). Diese Bildung ist, wie aus dem Folgenden klar wird, die Firm Endz. Endz. V VI VII Textfig. 4. Scheniatische Darstellung der Entwicklung der Urnen von Sipunculus nudus (s. im Text). Endz, Endothelialzellen; Flmz, Flimmerzeile; Lc, lockere Anlage der Binnensubstanz der Et Kuppel; Kl, kelchartige Anlage der Kuppel; S, Scheibe; K, Kuppel. Anlage der Kuppelsubstanz. Fig. 30, Taf. XXXIV zeigt ein derartiges Stadium im Längsschnitt, Fig. 31 im Querschnitt. Auf letzterem ist eine große Flimmerzelle deutlich zu sehen. Die erwähnte lockere Anlage besitzt zunächst keine scharfen Kon- turen. Bald aber beginnt das peripherische Bindegewebe gleichsam eine Wand (W) für diese Anlage zu bilden, wodurch sie auf dem nächsten, bzw. dritten Stadium eine scharf markierte Umgrenzung er- hält (Fig. 4, III, Taf. XXXIV, Fig. 32, W). Die Bildung der lockeren Grundsubstanz der Kuppel muß von einem chemischen Umwandlungs- l'nt srsuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 569 prozeß im Bindegewebe begleitet sein, was daraus hervorgeht, daß in ihr bald eine Substanz auftritt, die sich bei gewissen Färbungen ganz eigenartig verhält. So färbt sie sich mit Safranin und Blochmann- scher Lösung charakteristisch violett. Von diesem Stadium an tritt die violette Färbung der Binnensubstanz der Kuppel auf allen unsern Figuren (Tal XXXIV) hervor. Wie Fig. 33 u. 35 zeigen, erscheint sie zunächst in der peripheren Region der Anlage, unter der Wand (TT), und breitet sich dann allmählich über die gesamte lockere Kuppelsub- stanz (Kch) aus. Mit Safranin und der MALLORYSchen Tinktion wird diese Substanz in ähnlicher Weise gefärbt, doch erscheint die Farbe nicht so rein wie bei ersterer Methode. Der rötliche Ton wird dabei wohl vom Safranin, der bläuliche dagegen von dem das Bindegewebe entsprechend färbenden WTasserblau (BLOCHMANNsche Lösung), bzw. Anilinblau (Mallory), herrühren, die in diesem Falle anscheinend die Reste der bindegewebigen Grundsubstanz färben. Vom Safranin wird also die neu auftretende Substanz gefärbt. Indessen fährt die Knospe fort, sich zu vergrößern, indem der distale (obere) Teil breiter wird als der proximale (basale), welcher gewöhnlich die Form eines Stieles annimmt, der die Knospe an der Gefäßwand befestigt (Fig. 33, 37, 33, Taf. III u. a.). Die distale Wand der lockeren Anlage beginnt sich allmählich gegen die Basis ein- zusenken, so daß sie auf einem weiteren Stadium eine kelchartige Ge- stalt erhält(Textfig.4,IV). Fig. 33, Tai. XXXIV, zeigt den Längsschnitt durch ein solches Stadium; Fig. 34 u. 35 zeigen zwei Schnitte aus einer Querserie durch das gleiche Stadium, indem Fig. 34 aus der distalen, Fig. 35 dagegen aus der mittleren Region der Knospe stammt. Somit kommt der Kuppelinhalt zur Ausbildung, indem die Wand der kelch- artigen Anlage (W) die innere Begrenzung der zukünftigen Kuppelwand bildet. Während der Bildung des Kuppelinhalts werden auch die endo- thelialen Zellen, welche das Distalende der Knospe bekleiden, in die Einsenkung hineingezogen, auf welche Weise ein recht typisches Ent- wicklungsstadium entsteht, das wir als Stadiuni V bezeichnen wollen (Textfig. 4, V), und Fig. 36—39, Taf. XXXIV. Fig. 36 (links) stellt einen Cbergang zu Stadium V dar; der Kelch (Kh) ist bereits ausgebildet, die Endothelialzellen (End) sind jedoch nicht ganz in seine Einsenkung hineingezogen. Auf Fig. 36 (rechts), Fig. 37 u. 38 ist dies schon ge- schehen. An der Peripherie des Kelches, zwischen seiner Wand (W und Wx) und den Endothelialzellen befindet sich noch etwas Bindegewebe, 570 W. Selensky, welches sich wohl an der definitiven Ausbildung der Kuppelwand be- teiligen wird. Fig. 39 ist ein Querschnitt durch dieses Stadium; man bemerkt die äußere Kuppelwand (TFx) und die innere, bzw. distale, ein- gesenkte Wand des Kelches (W), zwischen denen die violett gefärbte Binnensubstanz sich findet; das peripherische restierende Bindegewebe, erscheint als dunkelblauer Streif um die Wand der Kuppelsubstanz (Wx W2)', darum liegen die Endothelialzellen, unter denen sich eine Flimmerzelle befindet. Diese Flimmerzelle ist dazu bestimmt, die Wimperscheibe zu bil- den, indem sie sich stark vergrößert, allmählich die für die Scheibe charakteristische Gestalt erhält und sich dabei in der kelchartigen Ein- senkung ausbreitet. Die Umwandlung der Flimmerzelle zur Wimper- scheibe bildet das VI. Stadium in der Entwicklung der Urne (Textfig. 4, VI). Fig. 40 (links) zeigt eine Flimmerzelle, die im Beginn ihres Um- bildungsprozesses begriffen ist. Fig. 41 stellt ein weiter vorgerücktes Stadium des erwähnten Prozesses dar; der Schnitt hat die sich ent- wickelnde Urne etwas schräg getroffen; die vergrößerte Wimperscheibe umwächst das distale Ende der bereits ausgebildeten Kuppelanlage. Die Flimmerzelle hat hier noch nicht die für die Wimperscheibe charak- teristische Form erreicht ; vielmehr scheint sie eine annähernd hufeisen- förmige Gestalt zu besitzen. Hätten wir hier schon eine ausgebildete Scheibenzelle vor uns, so müßten wir bei den verschiedensten Schnitt- richtungen (vorausgesetzt, daß der Kern der Zelle getroffen wäre) eine ganz andre Figur erhalten, als sie Fig. 41 zeigt. Auf Fig. 46, die zwei auf einem gemeinsamen Stiel sitzende, auf verschiedenen Entwicklungs- stufen stehende Urnen darstellt, ist an der jüngeren (kleineren) Urne ( U2) die Ausbildung der Wimperscheibe noch etwas weiter vorgerückt. Das schon (S. 562) erwähnte Vorkommen großer, eigenartiger Wim- perzellen im Gefäßendothel (Taf. XXXIII, Fig. 26, 27, Flmz), die dem Übergangsstadium zu einer ausgebildeten Scheibenzelle sehr ähnlich sind, scheint zu beweisen, daß Flimmerzellen des Endothels tatsächlich auf- wachsen können, um sich in eine Wimperscheibe der Urne umzuwan- deln. Die bindegewebige Erhebung auf Fig. 27 dürfte wohl einer in ihrer Entwicklung zurückgebliebenen Kuppelanlage entsprechen. Auch Fig. 42, Taf. XXXIV stellt eine unvollkommen ausgebildete Urne im Längsschnitt dar, denn ihre Kuppelanlage besitzt im Vergleich zu der nicht ganz entwickelten Scheibenzelle einen allzu geringen Um- fang. Es können also Abweichungen vom normalen Entwicklungs- gang vorkommen, die sich darin äußern, daß die Kuppelanlage gegen- über der Wimperscheibe mehr oder weniger zurückbleibt. Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 571 Kehren wir zu dem normalen Entwicklungsgang, und zwar zum VII. Stadium zurück, auf dem die fixe Urne ihre endgültige, früher be- schriebene Gestalt erreicht (Textfig. 4, VII; Taf. XXXIV Fig. 43—45). Durch allmähliches Aufquellen der lockeren Binnensubstanz der Kup- pel gelangt diese schließlich zu völliger Entwicklung. Das restierende peripherische Bindegewebe, samt den endothelialen Zellen, bildet die Wand der Urne. Die Mehrzahl der letzteren, welche die fixe Urne seitlich bekleiden, geht zugrunde; einige wenige dagegen (1 — 4) bleiben erhalten und bilden bei der freischwimmenden Urne die oben- erwähnten, in der Kuppelwand eingelagerten Kerne, bzw. Zellen. Durch das Aufquellen der Binnensubstanz der Kuppel wird deren Wand stark gedehnt und gespannt, weshalb sie das Ansehen einer sehr dünnen Membran erhält, die eigentlich bindegewebig-epithelialer Natur ist. Die verbleibenden (nicht abgeworfenen) Kerne der Endothelialzellen er- scheinen dabei mehr oder weniger in die Kuppelwand eingedrängt. In der Region, wo sich die Kuppel an die Wimperscheibe ansetzt, ist, wie schon hervorgehoben, die Spannung ihrer Wand geringer, weshalb der Endothelzellbelag an dieser Stelle besser erhalten bleibt und daher deutlicher hervortritt; auf diese Weise wird der zarte äußerste Saum um die Halsregion der Urne hervorgebracht (d), dessen wir oben (S. 549) gedachten. Da sich an dieser Stelle der epitheliale Saum von der bindegewebigen Schicht der Wand unter Umständen abheben kann, so erklärt sich, weshalb auf manchen Präparaten die Wand des Halses gleichsam längsgespalten erscheint. Die eingesenkte obere Kelchhöhle bildet die Scheidewand (Schd) zwischen Kuppel und Hals. Der zwischen dieser Scheidewand und der Scheibenzelle verbleibende Raum, in dem sich noch Reste des um- gewandelten peripherischen Bindegewebes erhalten, bildet den Ab- schnitt, den wir als Hals (H) bezeichneten. Einen Beleg für die eben dargelegten Verhältnisse liefern Präparate, an denen die Farbendifferenzierung scharf hervortritt. Fig. 54, Taf. XXXV ist ein Längsschnitt durch eine freie Urne, der stark mit Boraxkarmin und hierauf mit BLOCHMANXscher Lösung gefärbt wrar; die plasmati- schen Teile erscheinen rot, die bindegewebigen dagegen blau. Man erkennt nun, daß die Scheidewand (Schd) und die innere Begrenzung der Kuppel wand bindegewebiger Natur sind. In der Nähe der Wim- perscheibe tritt deutlich der äußerste, weiter nach unten auf die Kup- pelwand übergehende Saum (d) auf, der aber rötlich gefärbt erscheint und demnach wohl nicht bindegewebiger, sondern endothelialer Her- kunft sein muß. Auf einem andern, nach derselben Methode behandelten 572 W. Selensky, Schnitt durch ein Schüsselchen konnte ich in der Scheidewand der Kuppel ein zartes rötliches Säumchen wahrnehmen, das besonders auffallend da erschien, wo ein Kern lag. Was das Schicksal der übrigen Endothelialzellen betrifft, welche die Einsenkung des Kelches bekleideten, so gehen diese ebenfalls zu- grunde, indem sie einfach abgeworfen werden können; ihre Stelle nimmt die große Flimmerzelle ein, die schließlich zur Wimperscheibe wird. Der Oberfläche der Wimperscheibe junger fixer Urnen liegen öfters einige Kerne an (Fig. 43 u. 45, Ke), welche augenscheinlich den zu- grunde gehenden Endothelialzellen angehören. Es ist jedoch schwer mit Sicherheit zu sagen, ob wir es hier wirklich mit abortiven Endo- thelkernen, oder mit anhängenden Blutzellenkernen zu tun haben. In einzelnen Fällen glaube ich eine Degeneration der Endothelkerne be- obachtet zu haben, wie es Fig. 40 (rechts) an einer Flimmerzelle zeigt. An dem Stiel, der die fixe Urne mit der Gefäßwand verbindet, bildet sich eine Einschnürung, womit die Urne zum Abreißen fertig wird. Nachdem sie sich vom Stiel befreit hat, nimmt ihre Kuppel eine mehr abgerundete Gestalt an. Den Ablösungsmoment einer fixen Urne habe ich direkt nicht beobachtet; aller Wahrscheinlichkeit nach muß sich dieser Vorgang aber unbedingt vollziehen. Im Gefäßraum habe ich häufig freie Urnen gefunden, die ihren geringen Dimensionen nach den fixen Urnen entsprachen (Taf. XXXII, Fig. 13, Vergrößerung 1460). Die freigewordenen Urnen werden sich wohl in der Leibeshöhlenflüssig- keit weiter vergrößern, um ihre normalen Dimensionen zu erreichen. Die Prüfung der Entwicklungsgeschichte der Urnen zeigt uns, daß die Anlage ihrer Kuppel endogen im Bindegewebe und auf Kosten desselben entsteht, während die zelligen Ele- mente aus der endothelialen Bekleidung der Gefäßwand hervorgehen. Der Entwicklungsgang der Urnen ist also keine Em- bryogenese, sondern eine Histogenese. b. Rückblick auf die früheren Angaben über die Entwicklung der Urnen. Cuenot (1891) beschrieb die Entwicklung der Urnen an der äußeren Gefäßwand folgendermaßen. Eine fixe Urne wird in der Querachse eingeschnürt, der obere Teil löst sich ab und schwimmt in Gestalt einer normalen Urne fort; der basale Teil dagegen, der anfänglich eine einfache, mit der Gefäßwand verbundene Blase darstellt, vergrößert sich, erhält einen bewimperten Rand, teilt sich sodann wieder in zwei Teile, von denen der obere sich wiederum als fertige Urne ablöst. Unterem hungen über die sogenannten (Jmeri der Sipunculiden. 573 Hiermit scheint (Vkxot eigentlich n i < • 1 1 1 die Entwicklung, sondern nur das Ablösen der fixen Urnen dargestellt zu haben. Über die Histogenese der Urnen liegen bis jetzt Angaben von Metalnikoff (1900) und Ladreyt (1904) vor. Metalnikoff läßt die Urnen aus zwei Zellen der Gefäßwand her- vorgehen. Zunächst soll sich ein kleiner, aus zwei Zellen bestehender Auswuchs bilden, indem die eine Zelle den Auswuchs bilde, die andre da- gegen eine an letztere seitwärts angelagerte Flimmerzelle wäre. Der Auswuchs nähme bald die Gestalt einer Schale an, und die Flimmer- zelle umwachse dann deren Rand und bilde die Wimperscheibe. Hier- auf werde die Schale größer, ihr Fuß dagegen dünner, und das ganze Gebilde erhalte die Gestalt einer Urne. Diese Darstellung entspricht wohl Metalnikoffs Auffassung der Urnen als zweizeilige Gebilde. Wir wissen aber schon, daß der Auswuchs, von dem Metalnikoff spricht, in Wirklichkeit nicht aus zwei Zellen besteht, sondern kom- plizierter gebaut ist, indem an seinem Aufbau das Bindegewebe und mehrere Endothelzellen teilnehmen. Die von Metalnikoff beobach- tete Schale wird wohl der kelchartigen Anlage der Kuppel entsprechen. Wenn also der Entwicklungsgang der Urnen, wie ihn Metalnikoff schildert, in manchen wesentlichen Punkten von dem wirklichen Sach- lage abweicht, so muß doch der Grundgedanke, daß die Urnen auf Kosten der histologischen Elemente der Gefäßwand selbst entstehen, als richtig angesehen werden. Nach Ladreyt (1904) findet an gewissen Stellen der Gefäßwand eine lebhafte Kernteilung per »Stenose« statt, infolgedessen soll sich ein »nid de noyaux« bilden, in dessen Centrum in der Regel eine gioße sehr flache Flimmerzelle vorkäme. Dieses >> Kernnest << soll von einer äußeren und einer inneren Endothelialzone bekleidet sein; das ganze Gebilde wird als »bourgeon urnigene« ( »Urnenknospe«) bezeignet. Da die erläuternden Zeichnungen fehlen, so bleibt unklar, was für Kerne, ob nämlich die des Bindegewebes oder die der Endothelialzellen sich teilen sollen ; ferner versteht man nicht leicht, in welcher Weise eigent- lich eine »äußere und eine innere (?) endotheliale Zone« den »bourgeon urnigene« bekleiden sollen. Eine solche Urnenknospe springt nach LADREYT bald in den Gefäßraum vor und zeigt in diesem Zustande a. eine reichlich mit Wimpern versehene Flimmerzelle mit centralem Kern (»vesicule sombre«), b. eine lockere bindegewebige Masse, die vermittels eines Stieles mit der Gefäßwand verbunden ist; diese Masse und der Stiel sind äußerlich von einer endothelialen Lage bekleidet. Die Urnen entstünden sowohl im dorsalen als auch im ventralen Gefäß, 574 W. Selensky, sowohl an der Innen- als an der Außenwand derselben. Nach Ladreyt sollen sämtliche Kerne der endothelialen Bekleidung der Urne dege- nerieren, abgesehen von zwei, die für die »vesicule claire« und »vesicule sombre« , d. h. für die Kuppel und die Wimperscheibe, bestimmt sind. Ladreyt behauptet sämtliche successive Stufen des Degenerationspro- zesses der Kerne verfolgt zu haben. Wie oben erwähnt (S. 572) habe ich auch eine Art von Kerndegeneration an einer Flimmerzelle beob- achtet; dennoch wird, meiner Ansicht nach, die Mehrzahl der die Urne äußerlich bekleidenden Endothelialzellen gewöhnlich einfach abgeworfen ; denn an völlig ausgebildeten fixen Urnen zeigen die Kerne ihrer endo- thelialen Bekleidung in der Regel keine Spur von Degeneration; das- selbe gilt auch für die Kerne der Kuppelwand der freigewordenen Urnen. Ich bin übrigens weit davon entfernt, die Befunde Ladreyts zu leugnen; unter Umständen könnte wohl eine Degeneration der Endo- thelkerne eintreten; ich halte aber das einfache Abwerfen der Endo- thelzellen für den gewöhnlichen Vorgang. Die Befunde Ladreyts können, soweit die kurze Beschreibung urteilen läßt, wohl im großen und ganzen mit den meinigen in Ein- klang gebracht werden; abgesehen davon, daß er die typische kelch- artige Anlage der Kuppel im Bindegewebe vermißt zu haben scheint und nur einen einzigen Kuppelkern verbleiben läßt, während wir in der Kuppelwand der fertigen Urne häufig mehr als einen Kern fan- den (1—4). Entstehen der Doppelurnen und der Schüsselchen. Nachdem wir den Entwicklungsgang der fixen Urnen verfolgt haben, wird das Entstehen der Doppelformen leicht begreiflich. Wir haben bereits erwähnt, daß sich auf einem gemeinsamen Stiel zwei, ja sogar mehr Urnen bilden können; diese können annähernd gleich groß, von gleichem Entwicklungsgrad und innigst untereinander ver- wachsen sein. In dieser Weise entstehen doppelte fixe Urnen, wie sie auf Fig. 47, Taf. XXXIV; 48, Taf. XXXV abgebildet sind. Auf Fig. 48 sind die beiden Wimperscheiben der doppelten fixen Urne ganz nahe bei einander , gelagert, und ihre Kuppelanlagen sind fast ganz untereinander verwachsen. Löst sich ein derartiges Gebilde ab, soh aben wir eine freischwimmende Zwillingsurne. Fig. 36, Taf. XXXIV zeigt eine doppelte fixe Urne auf einem früheren Stadium, nämlich während der Bildung der kelchartigen Anlagen der Kuppeln (Stadium V, Textfig. 4). Wie hervorgehoben, können sich auf einem gemeinsamen Stiel auch Untersuchungen ül>cr die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 575 mein- als zwei fixe Urnen bilden, wodurch das Entstehen der freien Drillingsurnen verständlich wird. Fig. 49, Taf. XXXV zeigt auf einem gemeinsamen Stiel eine größere Anzahl von Urnenanlagen und zwar mindestens fünf (U1 — U5), von denen zwei ganz ausgebildet sind, drei dagegen sich auf jüngeren Entwicklungsstadien befinden. Die Entwicklung der Schüsselchen wurde bereits oben (S. 557) erörtert. Wie gelangen die Urnen in die Leibeshöhle. Es erübrigt nun, die Frage zu beantworten, die von Metalnikoff offen gelassen wurde, wie die in den Gefäßen entstehenden Urnen in die Leibeshöhle gelangen, wo sie in so großen Mengen auftreten. Die « ^ /w-,<--- * - * Oo Üa E Textfig. 5. tiitt durch ein Gefäß von Sipunculus nudus. Fixe (üa) Bitzen auch an der Außenseite der Gefäßwand. U, Urnen an der [nnrn~>itr; E, Endothel-, bzw. Peritonealzellen; Oe, Wand de? Oesophagus. Vergr. etwa 240. Gefäßwand entbehrt ja, wie oben betont, jeglicher Öffnungen oder Kanälchen, welche als Wege für das Durchwandern der Urnen dienen könnten. Die Frage löst sich aber von selbst, wenn man in Betracht zieht, daß sich fixe Urnen sowohl an der Außenseite, als auf der Innenseite der Gefäßwand entwickeln. Diese Tatsache konnte ich mit Sicherheit auf meinen SchnittserieD nachweisen. Textfig. 5 zeigt solche an der Außenseite der Gefäßwand sitzende Urnen. Der Umstand, daß Metalnikoff keine fixen Urnen an den Außenwänden der Gefäße fand und deshalb auch die obige Frage unbeantwortet lassen mußte, rührt meiner Ansichi nach hauptsächlich daher, daß bei der Fixierung und nachfolgenden Behandlung der Gefäße die außen 576 W. Selensky, sitzenden Urnen leicht abgerissen werden und deshalb auf den Schnitt- serien kaum aufzufinden sind. Für diese Möglichkeit scheint mir die Tatsache zu sprechen, daß bei Anwendung gewisser Fixierungsmittel, z. B. von Alkohol-Essigsäure nach Carnoy, und nachfolgender vor- sichtiger Behandlung beim Einbetten, fixe Urnen durchaus nicht selten an der Außenseite der Gefäße erhalten bleiben. An Schnittseiien da- gegen, welche mit Osmiumsäure, Pikrinschwefelsäure u. a. konserviert worden waren, konnte ich nur in sehr seltenen Fällen fixe Urnen außerhalb der Gefäße konstatieren. "Weiterhin scheint mir die Möglichkeit durchaus nicht ausge- schlossen, daß sich Urnen auch an andern Stellen der Cölomwand, wo eine ähnliche histologische Beschaffenheit des Peritonealgewebes vorliegt, bilden könnten. Ladreyt (1904) bemerkt beiläufig, daß die Urnenknospen sowohl außerhalb, als auch innerhalb des Gefäßes auftreten, sucht aber noch andre Wege nachzuweisen, auf welchen die Urnen in die Leibeshöhle gelangen. Erstens könnte dies durch »diapedese ä travers les stoma- tes intracellulaires des tubes oesophagiens« geschehen. Diese Ver- mutung scheint mir kaum wahrscheinlich. Denn die Urnen sind ja zu groß, sowie ihrem Baue nach kaum dazu angepaßt, um durch die kleinen Stomata durchzudringen. Auch habe ich nie in der Gefäß- wand durchwandernde Urnen getroffen, obwohl ich viele Hunderte von Schnitten durchmustert habe. Ferner sollen sich nach Ladreyt von der Gefäßwand eine Art von Knospen abschnüren, welche denselben Bau wie die Gefäße be- säßen, um dann in die Leibeshöhle zu fallen; die in einem solchen abgelösten Rest des Gefäßes, wie etwa in einer Cyste eingeschlossenen Urnen sollen nach Ladreyts Vermutung später in die Leibeshöhle herausschlüpfen. Um diese höchst eigentümlichen Vorgänge zu be- urteilen, müßten zunächst die Zeichnungen des Autors vorliegen. Ich habe wohl an meinen Schnittserien ähnliche Bilder gesehen, nämlich daß das Gefäß an gewissen Stellen gleichsam in zwei Abteilungen, eine äußere (kleinere) und eine innere geteilt erschien. Ob sich aber diese äußere Kammer schließlich ablöst, um in die Leibeshöhle zu fallen und in letztere die in ihre eingeschlossenen Urnen zu entleeren — das ist eine Frage, die mir keineswegs ausgemacht erscheint. Hoffentlich finden wir Belege dazu in der ausführlichen Arbeit Ladreyts. Untersuchungen über dir sogenannten Urnen der Sipunouliden. Ti77 III. Urueu andrer Sipunculiden. Gebilde, welche den Urnen von Sipunculus nudus entsprechen, sind auch bei andern Sipunculiden vorhanden. Sie weichen aber in ihrem Aussehen von den obenbeschriebenen ziemlich auffallend ab. Bei denjenigen Arten, welche freie Urnen in ihrer Cölomflüssigkeit ent- halten, kommen auch festsitzende vor, und zwar an dem aufsteigenden Teil des Darmkanals. Das Umgekehrte wäre aber nicht richtig, d. h. nicht alle Sipunculidenarten, welche fixe Urnen besitzen, enthalten auch freischwimmende in ihrer Leibesflüssigkeit. Wir haben nun in der historischen Übersicht bereits erwähnt, bei welchen Sipuncu- liden festsitzende Urnen konstatiert worden sind. Vermutlich sind diese an der Darm wand sitzenden Gebilde eine allgemeine Erscheinung bei i\vn Sipunculiden und fehlen nur bei den Arten, welche, wie Sipun- culus nudus, an ihrer »Stelle die oben beschriebenen Urnen an den Ge- fäßen besitzen. Freie Urnen enthalten Phascolosoma varians (vgl. Cuenot, 1891) und Phymosoma granulatum. Bei den beiden Gattungen sind sie ein- ander sehr ähnlich, weshalb wir uns auf eine Beschreibung der Pky- mosoma- Urnen, der >>coupes ciliees« oder der Kunstleria gruveli der französischen Autoren, beschränken wollen. Solch eine >>coupe ciliee« besteht aus einer bindegewebigen Blase (Taf. XXXIII, Fig. 28 B), welche äußerlich von einer Schicht Zellen be- kleidet ist, die körniges Protoplasma und einen runden Kern besitzen, infolgedessen die gewölbte Oberfläche der Urne ein höckriges Aussehen besitzt. Oben zeigt diese Blase eine wenig tiefe Einsenkung, die von einer eigentümlich gestalteten hufeisenförmigen Wimperzelle (H z) mit großem ovalen Kern umgrenzt ist. Durch das lebhafte Schlagen der Cilien wird die Urne in der Leibeshöhlenflüssigkeil herumgetrieben. Ihre Bewegungen sind aber nicht so geradlinig wie die der Sipun- cwfos-Urnen, sondern mehr wackelnd, unregelmäßig rotierend. Außer- dem strudeln die Cilien. wie bei den Sipuncukts-Vinen, allerhand im Blut schwebende Körperchen zu einem großen Klumpen zusammen, der ebenfalls von der Urne herumgeschleppt wird. Fig. 55, Taf. XX X\ zeigt einen Längsschnitt durch eine solche Phymosoma- Urne, der nach der öfter erwähnten Methode Safranin- Bloch mannscIic Flüssigkeit be- handelt war. Die Blase erscheint Man gefärbt, was ihre bindegewebige Natur offenbart. Was die Natur der äußeren Zellen der Urne angeht, so müssen wir erst d-n Bau der am aufsteigenden Darm festsitzenden Urnen Zeitschrift f. wiasensch. Zoologie. XC. Bd. 37 578 W. Selensky, betrachten. Diese wurden von Cuenot (1900) und Herubel (1902) bei Phascolosoma eingebend beschrieben. Diejenigen von Phymosoma, wie auch andrer Sipunculiden-Arten, unterscheiden sich kaum von den obengenannten. Eine derartige fixe Urne stellt eine Erhebung der Darmwand dar, an deren seitlicher Oberfläche sich eine Ein- senkung befindet, die von einer großen hufeisenförmigen Wimperzelle umgrenzt ist; wie bei den freien Urnen werden auch hier allerlei in der Blutflüssigkeit flottierende Partikel in wirbelnde Bewegung versetzt und in die Einsenkung hineingetrieben. Die bindegewebige Erhebung ist, wie auch der fragliche Darmabschnitt überhaupt, von Chloragogenzellen bekleidet. Textfig. 6 zeigt eine solche fixe Urne von Aspidosiphon Mülleri. Stellen wir uns nun vor, daß sich ein derartiges Gebilde von der Darmwand ablöst und in die Leibeshöhle fällt, so haben wir eine typi- sche »coupe ciliee« vor uns. Die die Urne äußerlich be- kleidenden Zellen werden also wohl nichts andres als Chlora- gogenzellen sein, mit denen sie übrigens auch große Über- einstimmung zeigen. Ihr Proto- plasma enthält Körnchen und Hz: Kügelchen wie die Chlorago- Textfig. 6. Frontalschnitt durch eine fixe Urne von Aspidosiphon Mülleri. Bd, bindegewebig -muskulöse Schicht der Darmwand; Chz, Chloragogenzellen ; Hz, hufeisenför- mige Flimmerzelle; Ep.i, Darmepithel; P, in die Ein- senkung hineingetriebene Partikel. Vergr. 650. genzellen, und sie verhalten sich in entsprechender Weise wie letztere, gegenüber verschiedenen in die Leibeshöhle injizierten Stoffen, so Karmin und Neutralrot, indem sie diese aufnehmen. In der Leibesflüssigkeit von Phymosoma habe ich auch doppelte Urnen beobachtet, deren Entstehen sich wohl in ähnlicher Weise er- klären läßt, wie das der Zwillingsurnen von Sipunculus nudus. Nach Kunstler und Gruvel sollen die die Urne äußerlich beklei- denden Zellen das »Ectoderm« des angeblichen genitogastrulaartigen Mesozoon vorstellen; der Innenraum der bindegewebigen Blase soll dagegen dem »Blastocöl« entsprechen; was das »Entoderm« angeht, so würde dasselbe teilweise von den Chloragogenzellen, teilweise von Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 579 den in die Einsenkung der Urne hineingetriebenen Blutelementen vor- getäuschl sein. Vergleichen wir die Urnen von Sipunculus nudus und die von Phymosoma untereinander, so ergibt sich, daß, trotz auffallender Unter- schiede, beide Gebilde nicht specifiscli verschieden sind, sondern in ihrem Bau eine volle morphologische Übereinstimmung nachweisen lassen. Wir begegnen in beiden Fällen einem mehr oder weniger aufgeblähten bindegewebigen Teil, der Kuppel der Sipunculus-, bzw. der Blase der PAymosowwj-Urnen, welche eine große, eigentümlich gestaltete Wimper- zelle, die Wimperscheibe ( Sipunculus), bzw. die hufeisenförmige Zelle (Phymosoma) trägt. Die der Kuppel oder Blase angehörigen Kerne, bzw. Zellen, sind in beiden Fällen dem Peritonealzellbelag entnommen. Dementsprechend werden in der Kuppelwand der SipunculusAjTnen die für den Zellbelag der Gefäßwand charakteristischen flachen Endo- thelial- oder Peritonealzellen angetroffen, die Blase der Phymosohm- l'rnen ist dagegen von Chloragogenzellen bekleidet, welche am auf- steigenden Darm, an dem sich diese Urnen bilden, in großen Mengen vorkommen. Wie erwähnt, finden sich nach Andrews (1890) bei Sipunculus gouldii und nach Cutsor (1902) bei Sipunculus arcassonensis keine Urnen vom Sipunculus-Tyip\i&, weder in der Leibeshöhle, noch an den Gefäßwänden; dagegen wurden bei diesen Arten fixe Urnen des Phyw.n- soma-Typus beobachtet. Andrews nannte diese an der Darmwand sitzenden Gebilde »Pseudostoma «. Bei Sipunculus nudus linden sich solche PseudoStoma weder an der Darmwand noch an den .Mesenterien. Es liegt daher der Gedanke nahe, daß die beiderlei Urnen einander ent- sprechen und sich bei verschiedenen Sipunculiden -Arten gegenseitig vertreten. Meines Erachtens sind die Urnen des Phymosoma-Tyjtxis primitiver als die des ersten Typus. Die Wimperscheibe der letzteren ist kom- plizierter und erlangt einen bedeutend höheren Differenzierungsgrad als die hufeisenförmige Wimperzelle der Phymosoma-XJinen. Wir haben oben bemerkt, daß die Wimperscheibe der Sipunculus-Viuen bei ihrer Entwicklung aus einer Flimmerzelle des Endothels ein annähernd huf- eisenförmiges Stadium durchläuft, bevor sie ihre definitive Gestalt erreicht. Die Kuppel der Sipunculus- Urnen ist ebenfalls kompli- zierter als die Blase der Urnen des zweiten Typus, was, wie früher betont, die vollkommenere Bewegungsweise der Sipunculus-Urnen bedingt. Ich halte es für wahrscheinlich, daß sich ursprünglich an der 37* 580 W. Selensky, Darmwand und den Mesenterien festsitzende Urnen entwickelten (wie u. a. bei Aspidosiphon Müllen); gelegentlich konnten diese von ihrer Ur- sprungsstelle abreißen und in der Leibeshöhle herumschwimmen (wie bei Aspidosiphon Steenstrupii [Selenka, 1883]); da nun solch be- wegliche Gebilde ihre Funktion besser vollziehen, als die festsitzenden, so konnte diese Ablösung der Peritonealwimperelemente zu einer kon- stanten, normalen Erscheinung werden (wie z. B. bei Phymosoma gra- nulatum und Phascolosoma varians). Bei ßipunculus nudus dagegen, wo die histologische Struktur der Gefäßwand dazu günstig ist, bildete sich an diesem Ort ein komplizierterer, seiner Rolle besser angepaßter Urnentypus hervor. IV. Über die nichtparasitäre Natur, sowie die physiologische und morphologische Bedeutung der Urnen. Aus den im vorstehenden dargelegten Untersuchungen folgt, daß die Urnen keine Parasiten, sondern organische Elemente, Erzeugnisse der sie enthaltenden Sipunculiden sind. Wir wollen nun kurz die Gründe, welche Kunstler und Gruvel zugunsten ihrer Ansicht, die Urnen seien parasitische Mesozoen, an- führen, kritisch besprechen. In erster Linie kommt die Entwicklung der Urnen, wie sie von den genannten Autoren dargestellt wird, in Be- tracht. Wie oben schon betont, gibt es am Boden der »Schüsselchen« keine Zellen, welche als Genitalzellen gelten könnten. Ferner müssen wir berücksichtigen, daß Kunstler und Gruvel die Umwandlung einer solchen »Genitalzelle« in eine Urne nicht direkt beobachteten, vielmehr fanden sie in der Blutflüssigkeit eigentümliche kleine Gebilde, denen sie die Bedeutung von Entwicklungsstadien zuschrieben. Es geht aber aus ihren Angaben keineswegs hervor, daß die von ihnen aufgefundenen und in Delages »Traite de Zoologie concrete« ab- gebildeten Elemente wirklich Stadien des Entwicklungsprozesses sind. Vor allem fehlt der Übergang von der sog. Genitalzelle zu dem merkwürdigen zweizeiligen Stadium, bei dem die eine Zelle (zu- künftige »vesicule sombre« oder Wimperscheibe) in das Protoplasma der andern, eine große Vacuole enthaltenden amöboiden Zelle (zu- künftigen »vesicule claire« oder Kuppel) eingelagert ist. Was eigentlich die von den Autoren abgebildeten amöboiden »Entwicklungs- stadien« bedeuten sollen, ist schwer zu sagen; eines ist jedoch klar, daß aus einem solchen zweizeiligen Gebilde wohl überhaupt keine Urne her- vorgehen könnte. Dem von den Autoren vermuteten Entwicklungs- modus der Urnen liegt ja die Voraussetzung zugrunde, daß die »vesicule Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 581 claire« oder Kuppel von einer einzigen, stark aufgeblähten Zelle gi bildet werde. In Wirklichkeit ist aber die Kuppel, wie hervorgehoben, ein komplizierteres Gebilde, an dessen A.ufbau sich vor allem auch Bindegewebe beteiligt. Als weiteren Beweis für die parasitische Natur der Urnen führen Kunstleb und Gruvel die Tatsache an, daß es ihnen gelungen ist, dieselben im Uhrglas im Dunkeln bis 12 Tage am Leben zu erhalten: wobei sie konstatierten, daß sich die Zahl der großen Formen, bzw. Schüsselchen, sowie die der kleinen amöboiden Formen allmählich ver- mehrte. Wir haben bereits betont, daß die Schüsselchen, obwohl sie keine selbständigen » geschlechtsreif en« Organismen sind, dennoch als völlig ausgewachsene normale Urnen angesehen werden dürfen: hieraus folgt für den angeführten Versuch von Kunstlei: und Gruvel eine andre Deutung. Anders würde gewiß die Sache liegen, wenn nach- gewiesen wäre, daß in einem Uhrglas, in dem ein Paar Schüsselchen isoliert waren, nach einiger Zeit junge Urnen auf verschiedenen Ent- wicklungsstadien auftraten. Wären die »zweizeiligen amöboiden Ge- bilde« wirklich, wie dies Kunstler und Gruvel behaupten, Entwick- lungsstadien der Urnen, so hätten sie ja wohl in 12 Tagen Zeit genug, um etwas in ihrer Entwicklung fortzuschreiten, d. h. insofern sie wirk- lich von den im Uhrglas befindlichen Schüsselchen erzeugt würden, was jedoch an und für sich sehr zweifelhaft erscheint. Mir ergaben derartige Versuche mit isoHerten Schüsselchen keine positiven Resultate, obwohl ich sie 4 bis 5 Tage im Uhrglas erhalten konnte; sie starb' schließlich ab, ohne irgend eine Nachkommenschaft zu hinterlassen. Die übrigen Argumente, welche Kunstler und Gruvel zu- gunsten ihrer Ansicht beibrachten, sind schon von Metalnikoff (1900) analysiert worden. Seinen sich darauf beziehenden kritischen Bemerkungen kann ich, trotz der gegen sie gerichteten Einwände von Gineste (1901,2) auf Grund meiner eignen Beobachtungen nur beistimmen. Es kann nämlich das Fehlen der Urnen hei einzelnen Individuen von Sipunculus nudus (eins bis zwei auf Hundertc) nicht als Beweis ihrer parasitischen Natur gelten, wie es Kunstleb u. Gruvel behaupten: denn nach aufmerksamer Untersuchung sind in der Leih höhle solch urnenloser Individuen Reste abgestorbener Urnen aufzu- finden; die Urnen sind also bei diesen Individuen vorhanden gewesen, doch infolge irgendwelcher pathologischer Prozesse zugrunde . gangen. Ebenso kann auch der Umstand, daß die Zahl der Urnen Lei ver- schiedenen Individuen, sowie mit den Jahreszeiten variiert, nicht für 582 W. Selensky, ihre parasitische Natur von Bedeutung sein. Verschiedene Bedingungen können ja die wechselnde Zahl der Urnen in der Blutflüssigkeit beein- flussen. Metalnikoff weist auf die weißen Blutkörperchen hin, deren Zahl sich unter verschiedenen Einflüssen ändern kann, und die deshalb doch nicht für Parasiten gehalten werden1. Meines Erachtens müssen solche Schwankungen in der Zahl der Urnen im Zusammenhang mit ihrer Funktion normal auftreten. Denn bei der Reinigung der Leibes- höhlenflüssigkeit, und zwar bei der Bildung der sogenannten »braunen Körper« (siehe unten), gehen die Urnen massenhaft zugrunde. Wenn also die Urnen keine fremden Organismen sind, so fragt sich, welche physiologische Rolle ihnen im Organismus der ge- nannten Tiere zukommt. Vor allem kommt hier ihre Fähigkeit in Be- tracht, allerhand Körperchen aufzusammeln und zu agglutinieren ; daß dies von Bedeutung für die Reinigung der Cölomflüssigkeit ist, wurde schon von manchen Autoren, insbesondere von Cuenot (1902) hervor- gehoben. Aufgesammelt werden verschiedenartige, in der Leibesflüssig- keit vorkommende feste Körnchen, wie z. B. die gelbbraunen Excret- körnchen, die in großen Mengen von den Chloragogenzellen in die Leibeshöhle ausgeschieden werden, oder Sandkörnchen, injizierte Tuschekörnchen, Karmin, weiterhin Bakterien, schließlich auch Zellreste, degenerierende Blutkörperchen, ältere Phagocyten, die selbst schon verschiedene Partikel aufgenommen haben, und deren Lebensfähigkeit ziemlich abgeschwächt ist, usw. Normale und gesunde Elemente der Cölomflüssigkeit entgehen dagegen der agglutinierenden Tätigkeit der Urnen, indem sie, wie Cuenot mit Recht betonte, leichter aus dem von den Wimpern der Urne erzeugten Strudel hinausgleiten. Die Urnen nehmen jedoch keine festen Körper, wie z. B. Excret- körnchen, Tusche u. a., in ihr Inneres auf. Sie können auch deswegen nicht als Phagocyten im gewöhnlichen Sinne angesehen werden. In- jektionen von Ferrum saccharatum in die Leibeshöhle des Sipunculus, das bekanntlich in der Regel von den Phagocyten aufgenommen und in ihnen durch mit Salzsäure versetzte Lösung von gelbem Blutlauge- salz nachgewiesen wird, ergaben keine positiven Resultate; im Innern der in dieser Weise behandelten Urnen trat keine Blaufärbung auf. 1 »Sollten also die kompliziert aufgebauten, zu geradliniger Bewegungs- weise befähigten Urnen nichts weiter als Leucocy ten sein ? «, bemerkt dazu Gineste (1901,2) und glaubt offenbar hiermit einen schwerwiegenden Einwand gefunden zu haben. Sicher sind die Urnen keine Leucocyten; aber Erzeugnisse des Peritonealgewebes sind sie doch. Untersuchungen über die sogenannten Union der Sipunculiden. 583 Metalnikoff meint, daß die Urnen die aufgesammelten Blut- körperchen »verzehren«. Diese Vermutung scheint mir jedoch nicht genügend begründel zu sein. Ich habe stundenlang eine und dieselbe Urne verfolgt, und konnte dabei nicht beobachten, daß die niutzellen les mitgeschleppten Klumpens von der Urne verzehrt wurden. Freilich werden die Blutkörperchen von den Cilien stark geschlagen, wodurch ihre äußere Gestall deformiert wird; das wäre aber noch kein »Ver- zehren H i:: rubel (1902) behauptet, daß die Urnen von Phascolosoma die degenerierenden Blutzellen verdauen, jedoch nicht absorbieren; das verflüssigte Material soll dann von den Chloragogenzellen aufgenommen werden. Die Wirkung der Urnen auf die betreffenden Körperchen würde demnach eine Art von Phagocytose vorstellen, die Anglas (1900) als »Lyocytose« bezeichnete. Bei dieser Lyocytose geschieht die Ver- dauung der betreffenden Elemente nicht innerhalb, sondern außerhall) des Phagocyten, der sein Ferment nach außen ausscheidet. Es fragt sich nun, ob die Urnen wirklich eine Substanz ausscheiden, welche die aufgespeicherten Partikel zu verflüssigen vermag. Daß die inen, und zwar ihre Wimperzelle, eine Substanz ausscheiden, die für as Verkleben der aufgesammelten Elemente dient, ist höchst wahr- scheinlich. Wie hervorgehoben, kann der anhängende Klumpen, der nach Injektionen von Karmin oder Tusche vorwiegend aus festen Kannin- oder Tuschekörnchen besteht, vier bis fünfmal größer werden als die Urne selbst: und dennoch halten alle diese Körperchen zusammen. Offenbar müssen sie durch klebrige Substanz verbunden sein. Um der Frage über das Verdauungsvermögen der Urnen näher zu treten, versuchte ich die chemische Reaktion dieser Klebsubstanz zu bestimmen. Auf einen Objektträger wurde ein Tropfen der Blutflüssig- keit mit Urnen gebracht1, dem etwas- sehr empfindliches Lackmuspulver beigemischt war. Ein Teil desselben löste sich in der Flüssigkeit auf, größere Mengen von feinen Körnchen wurden dagegen bald von den Urnen aufgesammelt und als umfangreicher Klumpen mitgeschleppt. Auf diesen Objektträgern lebten die Urnen in der feuchten Kammer mehrere Tage; die aufgespeicherten La< knmskörnchen, die wohl mit der 1 Diese Versuche wurden mit Phymosoma-Unien angestellt, da ich mich zu dieser Zeit weit vom Meer befand und daher nicht über lebende Sipunculus verfügen .konnte. Dank der Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Lo Bianco erhielt ich jedoch eine Anzahl lebender Phymosomen, welche die Reise ganz gut ertragen hatten und eine Zeitlang im Heidelberger Zoologischen Institut lebten. 584 W. Selensky, in Rede stehenden Substanz zusammengekittet waren, zeigten aber keine Änderung ihrer Farbe. Daß das verwendete Lackmus genügend emp- findlich war, geht daraus hervor, daß seine Farbe sich sogleich in rot änderte, als die Urnen abgestorben waren. Bekanntlich besitzt das absterbende Protoplasma eine saure Reaktion. Dieser Versuch wurde mit einer Anzahl von Proben wiederholt und stets mit demselben Re- sultat. Die Urnen scheiden also keine sauer reagierende Substanz aus. Für die Prüfung auf alkalische Reaktion habe ich in ähnlicher Weise Phenolphthalein, das bekanntlich ein höchst empfindlicher Indikator für Alkali ist, verwendet, jedoch ebenfalls mit einem negativen Resultat. Die Urnen scheiden also auch keine alkalisch reagierende Substanz aus. Es ist nun wenig wahrscheinlich, daß in diesem Fall ein neutrales Verdauungssecret ausgeschieden werde. Ich weiß wohl, daß die negativen Resultate der erwähnten Ver- suche keine entscheidenden Beweise gegen das Verdauungsvermögen der Urnen liefern. Aber anderseits liegen auch keine sicheren Beobach- tungen für eine derartige Fähigkeit der Urnen vor. Vielmehr sprechen einige Umstände gegen eine solche Vermutung. Den Urnen kommt ja vor allem die Aufgabe zu, die Leibeshöhlenflüsigkeit von den zahllosen Excretkörnchen zu befreien, indem diese Körnchen entweder direkt herausgefischt, oder die von ihnen erfüllten Phagocyten von den Urnen eingefangen werden. Diese Excretkörnchen sind aber nicht lösbar. Außerdem werden von den Urnen auch Sandkörnchen, welche durch Risse in der dünnen Darmwand nicht selten in die Leibhöhle ge- langen, agglutiniert. Da nun die Tätigkeit der Urnen vor allem auf das Ansammeln von Stoffen gerichtet ist, welche nicht aufgelöst werden konnten, so würde das Verdauungsvermögen für sie kaum von großem Werte sein. Viele der an die Urnen sich heftenden Zellen sind ferner Phago- cyten, die schon feste Körperchen aufgenommen haben ; die Verflüssigung dieser Zellen würde daher nutzlos sein. In Betracht kommen nun noch die degenerierenden Blutkörperchen, deren Vernichtung wirklich von Nutzen wäre. Dazu bedarf es aber nicht einer Fermentwirkung der Lernen, denn unter den sich ihnen an- hängenden Körpern müssen auch Phagocyten vorkommen, welche ihre Leistungsfähigkeit noch nicht ganz eingebüßt haben und daher auf die degenerierenden Blutzellen eine entsprechende Wirkung ausüben können. Es scheint mir daher unnötig zu sein, der Wimperscheibe der Urne eine verdauende Funktion zuzuschreiben. Untersuchungen aber die sogenannten Urnen der Sipunculklen. 585 Auf Grund des Gesagten halte ich es für das Wahrscheinlichste, daß die Urnen, und /.war ihre Wimperscheibe, eine Substanz (schleim- artige?) secerniert, welche jedoch nicht für die Verflüssigung, sondern bloß zum Verkleben der von den Cilien herbeigesl ruderten Elemente dient. Was wird nun aus den aufgesammelten Partikeln? Man findet in der Oölomflüssigkeit oft zwei, drei und mehr Urnen, die mit ihren Klumpen aneinander haften; nicht selten triff! man auch größere An- häufungen von Urnen, darunter auch membranöse Blasen, Gewebsreste, Sandkörnchen usw. Eine derartige Zusammensetzung zeigen auch die sogenannten »braunen Körper«, deren charakteristische Farbe von den gelbbraunen Excretkörnchen herrührt, und welche gewöhnlich im Cölom und in den Gefäßen der Sipunculiden vorkommen. Diese braunen Körper sind also Agglomerationen von verschiedenem Detritus, bei deren Bildung die Urnen eine wichtige Rolle spielen, indem sie die feinsten im Blute suspendierten Partikel aufsammeln und sie zu Klumpen agglutinieren. welche hierauf zu größeren Anhäufungen, teilweise mit den Urnen selbst, vereinigt werden. Die braunen .Körper werden wohl durch die Xephridien oder braunen Schläuche nach außen entfernt. Wenn sich aber diese Entfernung auch unter Umständen nicht vollzöge, so würde doch in diesem Falle das Vorhanden- sein einiger verhältnismäßig kleiner brauner Körper im Cölom wenig Schaden bringen; jedenfalls weniger, als die großen Mengen sus- pendierter kleinster Körperchen in der Blutflüssigkeit. In die Leibes- höhle werden von den Chloragogenzellen stets neue Mengen von Excret- körnchen ausgeschieden, ferner können, wie schon Erüher bemerkt, leicht Sand und Danninhalt in die Leibeshöhle eindringen. Die Blut- flüssigkeit von allen diesen, wie auch von absterbenden zelligen Ele- menten zu befreien, ist eine sehr wichtige Aufgabe der Urnen, welche sie aufs beste verrichten. Die Leistungsfähigkeil der Urnen in dieser Beziehung ergibt sich aus folgendem. Phymosomen, die etwa 15—18 Stunden nach Injektion von Karmin aufgeschnitten wurden, ent- hielten in ihrer Leibeshöhlenflüssigkeit gar keine suspendierten Karmin- körnchen; auch die herumschwimmenden Urnen waren frei davon. Das gesamte injizierte Karmin war in ein paar großen Klumpen angesammelt, die dem Dann anhingen. In etwa L5 Stunden, ja vielleicht noch früher, war also die Leibesflüssigkeil von den Urnen ganz von Karmin ge- reinigt worden! Es sei übrigens noch bemerkt, daß im Übermaß injiziertes Karmin oder Tusche auch von den Chloragogenzellen aufgenommen wird, wie Herubel (1902) gut gezeigt hat. 586 W. Selensky, Die Urnen befreien die Leibesflüssigkeit auch von abgenutzten Phagocyten. Eine sich, auf histologische Prozesse bei Sipunculus be- ziehende Beobachtung Herubels (1906) scheint diese Rolle der Urnen bei der Phagocytose zu beleuchten. Bei einem Sipunculus fand der genannte Autor einen Tumor, dessen Basis in Degeneration befindliche Ringmuskeln bildeten; der Tumor war voll Amöbocyten, die aus dem Cölom stammten und ihre phagocytäre Arbeit sehr eifrig verrichteten; einzelne Muskelfasern waren von ihnen gleichsam mantelartig umhüllt. Unter diesen Phagocyten fanden sich auch zahlreiche Urnen, und zwar zahlreicher als neben den Phagocyten in der Leibeshöhle. Diese Urnen trugen größere Mengen von Phagocyten, die ihre Rolle ausgespielt hatten. Sie entfernten also offenbar die abgenutzten Amöbocyten. Wenn nun die Urnen auch nicht als echte Phagocyten tätig sind, so sind sie doch bei den phagocytären Vorgängen im Organismus der Sipunculiden behilflich. Außer dieser Hauptfunktion kommt den Urnen wohl noch eine weitere zu, die schon Brandt (1871) betont und auch Cuenot (1891) acceptiert hat. Indem nämlich die Urnen sich lebhaft in der Blut- flüssigkeit herumbewegen, rühren sie diese fortwährend um, mischen die Blutkörperchen untereinander, wodurch lokale Stauungen derselben verhindert werden (1871, S. 15). Es erübrigt nun, die morphologische Bedeutung der Urnen zu besprechen. Wie schon in der historischen Übersicht mitgeteilt wurde, ver- suchte Cuenot (1902) vom physiologischen Standpunkt aus die eigen- artigen Organe der Sipunculiden, der Synaptiden und Anneliden, die er als »organes agglutinants « und »organes ciliophagocytaires « be- zeichnet, in eine Reihe zu ordnen. Alle diese Organe besitzen das ge- meinsame Merkmal, daß sie, wohl wegen ihrer Fälligkeit allerhand in der Leibeshöhlenflüssigkeit suspendierte Körperchen aufzusammeln und su agglutinieren, eine wesentliche Rolle bei der Reinigung der Cölom- flüssigkeit spielen. Diesem Gedanken kann man wohl nur beistimmen. In physiologischer Hinsicht scheint also der nahe Zusammenhang dieser Organe ausgemacht. Es fragt sich nun, ob zwischen den erwähnten Gebilden, die bei den genannten, ziemlich entfernten Gruppen des Tierreichs vorkommen, nämlich zwischen den LTrnen der Sipuncu- liden, den Urnen der Synaptiden und den Wimperorganen in den Blutlacunen der Hirudineen, nicht auch eine morphologische Über- einstimmung nachgewiesen werden kann. Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 587 Darüber kann ich zurzeit nur das, was ich bereits in meiner vor- läufigen Mitteilung (1907) bemerkte, wiederholen. Eine eingehende Untersuchung der Synaptiden -Urnen habe ich bereits begonnen; die Resultate derselben sollen in einer späteren Arbeit veröffentlicht werden. Was die Wimperorgane der Hirudineen (d. h. die sogenannten Wimpertrichter der Nephridien, als welche sie neuerdings gewöhnlich aufgefaßt werden) angeht, so sind dieselben, nach mündlicher Mitteilung der Herren Prof. Schuberg und Oberlehrer Löser, von ihnen in den letz- ten Jahren eingehend untersucht worden. Durch die Liebenswürdigkeit der genannten Herren hatte ich Gelegenheit, einige ihrer Präparate und Zeichnungen zu betrachten. Auf Grund dieser Betrachtung muß ich mich ganz damit einverstanden erklären, daß zwischen den Urnen der Sipunculiden und den Wimperorganen der Hirudineen wirklich eine nahe morphologische Übereinstimmung nachgewiesen werden kann, denn in beiden Fällen begegnen wir mehr oder weniger kompliziert ge- stalteten Derivaten des Peritonealgewebes, an deren Aufbau sich zellige Elemente und Bindegewebe der peritonealen Wand beteiligen. Eine ausführlichere Vergleichung dieser Gebilde untereinander wird erst nach der Veröffentlichung der Befunde der obengenannten Herren mög- lich sein. Heidelberg-Petersburg, im Oktober 1907. Nachtrag. Während der Korrektur der vorliegenden Arbeit erhielt ich zwei Xotizen von Kunstler1, aus denen ersichtlich ist, daß Verfasser auf seiner früheren Ansicht über die parasitäre Natur der Urnen besteht. Indem Kunstler meiner vorläufigen Mitteilung (1907) gedenkt, wirft er mir vor, ich hätte, wie auch andre Autoren, welche mit der parasi- tären Natur der Urnen nicht einverstanden sind, den von Kunstler und Gruvel beschriebenen Entwicklungsprozeß der freien Urnen ein- fach unbeachtet gelassen. Die vorliegende Arbeit mag auf diesen Vor- wurf Antwort geben, und zwar u. a. S. 556, 578 und 580 flg., an welchen Stellen ich die Gründe angebe, aus welchen ich die Stichhaltigkeit der 1 Que sont lea »Urncs« des Siponcles. Compt. r. Ao. Sc. Paris 1908 27 janv. — Note additionelle s. les Urne des Siponcles. Compt. r. de 1. Soc. de Biol. (Seance de 1. reun. de Bordeaux. 4 Fevr. 1908. p. 303. 588 W. Selensky, bis jetzt veröffentlichten Befunde der genannten xAutoren nicht an- zuerkennen vermag. Wenn Kunstler aber zur Begründung seiner Ansicht wirklich neue und überzeugende Beweise vorlegen sollte, so würde ich deren Ver- öffentlichung als erster begrüßen. Was nun die den obenerwähnten Notizen beigefügten Figuren angeht, an denen überhaupt nur wenig zu sehen ist, so wird wohl Kunstler nicht im Ernst gemeint haben, daß sie als solche Beweise gelten könnten. Petersburg, im März 1908. Literaturverzeichnis. 1882. Andreae, Beiträge zur Anatomie und Histologie des Siponculus nudus. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 1890. Andrews, Notes on the Anatomy of Sipunculus Gouldii. Studies BioL Labor. John Hopkins Univers. T. IV. p. 389. 1900. Anglas, Observations sur les nietamorphoses intimes de la Guepe et de l'Abeille. (Theses de Paris.) 1887. E. Balbiani, Evolution des microorganismes animaux et vegetaux (parasites). Journale de micrographie. Vol. XI. p. 508 f. 1880 — 1889. O. Bütschli, Protozoa. Bronns Klassen und Ordnungen des Tierreichs. S. 1689. 1871. A. Brandt, Anatomisch-histologische Untersuchungen über den Sipun- culus nudus. Mein. Ac. Sc. St. Petersbourg. Ser. 7. Vol. XVI. p. 9—17. 1905. Caullery et Chappellie. C. E, Soc. Biol. Paris T. 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CXXXVI. p. 971—973. 1906. — Sur une tunieur chez un invertebre (Sipunculus nudus). Ibid. T.CXLIIL ]>. 979—981. 1865. Jocrdain, Recherches sur 1' Anatomie des Siponcles. C. R. Ac. Sc. Paris. Vol. LX. L867. - Sur quelques points d'anat. des Siponcles. Ibid. Vol. LXIV. Im iL Keferstein und Ehlers, Untersuchungen über die Anatomie von Si- punculus nudus. Zoologische Beiträge. S. 282 — 286. Leipzig. 1865. - Beiträge zur anatomischen und systematischen Kenntnis der Si- punculiden. Diese Zeitschr. Bd. XV. 1851. Kkiiiin. Über die Larve von Sipunculus usw. Müllers Archiv Bd. XVIII. S. 3(ü». 1887. Kunstler, La genitogastrula. Journal de Micrographie. Vol. VII. p. 28—3.3. 1897. Im ffSTLEB et Gkcvel, Sur le developpement d'elements particuliers de la cav. gener. des Siponcles. Soc. des sc. phys. et nat. de Bordeaux. (Seance du 4 mars.) L897. — — Recherches sur Involution des Urnes. ('. R. Ac. sc. Pari» Vol. c.W IV. p. 309— 312. ls!>s. Xouvelles observations sur quelques Stades de l'evolution des Urnes. Proces-verbaux. Soe. sc. phys. ei nat. Bordeaux. 1898. Recherches sur les Coupes ciliees de l'hvmosoina. Und. 1899. Contributions ä l'etude d'elements speciaux de la cav. gen. de Phymosoma. I '. R. Ac. sc. Paris Vol. < \ \\ 1 1 1. p. 519—521. 1903. Ladreyt, Sur le role de certains elements figures chez Sipuneulus nudus. C. R. Ae. sc. T. (XX XVII. p. 865— SiiT. 1904. — Sur les Urnes de Sipunculus (note preliminaire). < '. I!. Ac. sc. Paris. T. ( 'XXXIX. p. 370— 371. Anin.: Die mit einem Sternchen bezeichneten Arbeiten konnte ich mir nicht beschaffen. 590 W. Selensky, 1905. Ladeeyt, Sur les tubes de Poli de Sipunculus. (Note preliniinaire.) Arch. Zool. Exper. (Ser. 4). T. III. (Notes et revue.) p. 211— 317. 1906. — Sur certains phenornenes de degenerescence des globules sanguins dans le liquide coelomique de Sipunculus nudus. C. R. Ass. Fr. Av. Sc. 34 Sess. p. 601—602. 1903. A. Läng, Beiträge zu einer Trophocöltheorie. Jen. Zeitschr. f. Naturw. Bd. 38. 1873. E. Ray Lankestee, Zoological observations made at Naples in the winter of 1871—72. Ann. Mag. Nat. Hist. (Ser. 4.) Vol. II. p. 89. 1899. S. Metalnikoff, Das Blut und die Excretionsorgane des Sipunculus nudus. Mitt. Zool. Stat. Neapel. Bd. XIII. S. 440. 1900. — Sipunculus nudus. Diese Zeitschr. Bd. LXVIII. S. 261. 1898. Picton, On the corpuscles of certain marine wornis. Proc. Trans. Liver- pool Biol. Soc. T. XII. p. 136. 1904. Püttee, Die Flinimerbewegung. Ergebn. Physiol. IL Abt. IL Jahrg. 1865. Quateefages, Histoire naturelle des anneles. Vol. IL p. 574. Paris. 1883 — 1884. Selenka, Man und Bülow, Die Sipunculiden. Eine systematische Monographie. (C. Sempees Reisen im Archipel der Philippinen.) 2 T. Bd. IV. Wiesbaden. 1907. W. Selensky, Über den Bau und die Entwicklung der sog. Urnen der Sipunculiden. Zool. Anzeiger. Bd. XXXII. 1875. Theel, Recherches sur le Phascolion Strombi (Mont). Kongl. Sv. Vet. Akad. Handlingar. Bd. XIV. Nr. 2. 1886. Vignal, Sur les elements de la cavite generale des Siponcles. Ass. fr. Av. sc. Congres de Nancy. 2eme P. p. 593. 1901. Vignon, Recherches de Cytologie generale sur les Epitheliums. Arch. Zool. Exp. Ser. 3. T. IX. 1888. Vogt et Young, Traite d' Anatomie comparee. Vol. I. p. 387 — 388. 1890. W. Wagnee, Sur les Infusoires de la cavite generale du corps des Gephyriens (Sipunculus et Phascolosoma.). Revue Sc. nat. St. Petersbourg. No. 1. (»BtCTHHKT. EcrecTB03HaHi>i<). 1899. Willem et Minne, Recherches sur Pexcretion chez quelques Annelides. Mem. couronnes Acad. roy. Belgique. T. LVIII. Erklärung der Abbildungen. Allgemein gültige Figurenbezeichnungen: a, Einschnürung des Stieles einer fixen End.a, Epithelzellen der Außenseite der Urne; Gefäßwand (Peritonealzellen); B, Blase der Urne von Phymosoma; Flmz, Flimmerzellen; Bdz, Bindegewebezellen; Flmz1, große Flimmerzellen; Bl, amöboide Blutzellen; H, Hals; Chz, Chloragogenzellen ; Hm, Blutkörperchen; d, äußerster Saum um den Hals; Hz, hufeisenförmige Wimperzelle; End, Endothelialzellen; Ä', Kuppel; End1, sich ablösende Endothelialzellen; K1, in die Kuppelwand eingelag. Kerne; Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunouliden. 591 Kr. Kenn1 der abortiven Endothelial- Schd, Scheidewand; zollen; Str, die den [nnenraum der Kuppel Kn, kelchartige Anlage der Kuppel; durchziehenden Strängchen ; 1< /). Klumpen; AV//, Streifung des bewimperten Randes Ks, Kern der Wimpersoheibe; der Scheibe, bzw. der Wimper- L. Lücke im Bindegewebe der tiefäß- wurzelapparat ; wand; U1 — U1, Urnenanlagen an einem ge- m, Muskelfasern; meinsamen Stiele; leripherisehe Protoplasmaschicht des W und II'1. Wand der kelchartigen An- bewimperten Randes der Scheibe; läge der Kuppel; Phg, Phagocyi ; ZK. die der Kuppelwand ungehörigen //. bewimperter Rand der Seheibe; Protoplasmaklümpchen oder Zellen S, Scheibe; mit Kern. Tafel XXXII. Sämtliche Figuren Urnen von Sijmncvlus nudus. Fig. 1. Eine freischwimmende Urne von der Seite gesehen. Nach einem Totalpräparat. Behandlung: FLEMMiNGsche Flüssigkeit; Osmiumsäure; Holz- essig; Kanadabalsam. Leitz 1/12, Oc. 1. Vergr. 84o. Fig. 2. Dieselbe Urne, von oben. Vergr. 840. Fig. 3. Dieselbe Urne, von der Kuppel gesellen. Vergr. 8-40. Fig. 4. Freischwimmende Urne, von der Seite. Die Kuppel ist mehr als bei Fig. 1 gegen die Scheibe gepreßt. Man bemerkt in der Kuppel drei Protoplasma- ansammlungen mit je einem Kern {ZK). Der anhängende Klumpen von Blut- zellen. Detritus usw. ist nicht gezeichnet. Behandlung wie Fig. 1. Zeiss 2 nun. Oc. Leitz 1. Vergr. 840. Fig. 5. Eine große Urne (»Schüsselchen«), von oben gesehen. Nur die linke Hälfte gezeichnet. Behandlung wie oben. Leitz 1/12, Oc. 1. Vergr. etwa 420. Fig. 6. Ein Teil des bewimperten Randes derselben Urne bei stärkerer Vergrößerung. Die Streifung des Randes erscheint als ein Wabenwerk. Zeiss •_' tnm, Komp.-Oc. 12. Vergr. etwa, 2800. Fig. 7. Ein »Schüsselchen«, von der Seite gesehen. Nach dem Leben. Leitz Obj. 4, Oc. 3. Vergr. 190. , Fig. 8. Eine Doppel- oder Zwillingsurne, von der Seite gesehen. Behand- lung: FLEMMDTGsche Flüssigkeit, Osmiumsäure, Eolzessig, Kanadabalsam. Leitz Obj. 1/12, Oc. 1. Vergr. 550. Fig. (->. .Medianer Längsschnitt (3/0 durch eine freie Urne. Behandlung: HEBEMANNsche Flüssigkeit, Holzessig. Safranin, BLOCHMANNsche Flüssigkeit. Leitz Obj. 1/12, Oc. 4. Vergr. etwa 1300. Fig. 10. Längsschnitt (3 m) durch eine freie Urne, seitlich von der .Median- ebene gelegt. In der Kuppelwand sind zwei eingelagerte Zellen mit Kern zu Behen. Die den Innenraum der Kuppel durchziehenden Strängchen treten deutlieh hervor. Behandlung wie Fig. 9. Leitz Obj. 1/12. < >c. 1. Vergr. 1460. Fig. 11. Tangentialer Längsschnitt (3 f*) durch eine freie Urne. Auf dem Schnitt ist der bewimperte Rand ( /.') der Scheibe getroffen. Nur ein Teil der Kuppel ist angedeutet. .Man sieht im Protoplasma >\<^ Wimperrandes ziemlich ■deutlich die Verzweigungen >\<-v feinen Fibrillen (Wimperwurzeln) und ihren Zu- sammenhang mit den Basalkörperchen der Cilien. Behandlung: HEBEMANNSche 592 W. Selensky, Flüssigkeit, Holzessig, Eisenhämatoxylin nach Heidenhain. Zeiss 2 mm, Komp.- Oc. 8. Vergr. 1460. Fig. 12. Längsschnitt (3 u) durch eine freie Urne. Nach zwei Schnitten kombiniert, indem der Kern (K2) der Kuppelwand dem nächsten Schnitt ent- nommen ist. Rechts ist die Kuppelwand zerrissen. Im Innenraum der Kuppel ist eine Blutzelle (Bl) zu sehen; man erkennt jedoch, daß dieselbe nicht im Innenraum selbst, sondern in einer Falte der Wand liegt. Behandlung wie bei Fig. 9 und 10. Leitz Imm. 1/12, Oc. 4. Vergr. 1460. Fig. 13. Längsschnitt (3 ,«) einer kleineren freien Urne, aus dem Hohlraum des Tentaculargefäßes (PoLisches Gefäß). Pikrin-Sckwefelsäure ; Boraxkarmin, BLOCHMANNsche Flüssigkeit. Leitz Imm. 1/12, Oc. 4. Vergr. 1460. Fig. 14. Teil eines medianen Längsschnittes (3 in) durch eine freie Urne mit eigentümlichem Kern der Scheibe. HERRMANNsche Flüssigkeit, Safranin, BLOCH- MANNsche Flüssigkeit. Leitz Imm. 1/12, Oc. 4. Vergr. 1460. Tafel XXXIII. Sämtliche Figuren, mit Ausnahme von Fig. 28, von Sipunculus nudus. Fig. 15. Querschnitt durch die Wimperscheibe einer freien Urne. Die Fädchen (Wimperwurzeln) sind büschelig angeordnet. Bei tiefer Einstellung ist die Wand der Kuppel (K) im Querschnitt zu sehen. HERRMANNsche Flüssig- keit, Osmiumsäure, Holzessig, Eisenhämatoxylin nach Heidenhain. Zeiss 2 mm, Komp.-Oc. 6. Vergr. etwa 1120. Fig. 16. Folgender Querschnitt durch dieselbe Urne. Der gegen die Kuppel umgeschlagene bewimperte Rand (R) ist an vier Stellen, die der Lage der Fädchen- büschel entsprechen, getroffen. Vergr. 1120. Fig. 17. Querschnitt durch die Kuppel einer Urne. Eine der in der Kuppel- wand eingelagerten Zellen (ZK) ist auf dem Schnitt getroffen. Behandlung wie Fig. 15. Leitz Imm. 1/12, Oc. 4. Vergr. 1460. Fig. 18. Querschnitt durch die Scheibe einer Urne bei stärkerer Vergröße- rung. Die Differenzierungen im Plasma treten deutlich hervor, besonders die Verzweigungen der Wimperwurzeln nebst ihren Beziehungen zu den Basalkörper- chen ebenso wie dem Kern. Behandlung wie Fig. 15. Zeiss 2 mm, Komp.-Oc. 8. Vergr. 1460. Fig. 19. Medianer Längsschnitt durch eine freie Urne, um den Verlauf der Wimperwurzeln zu zeigen. Behandlung wie Fig. 15. Vergr. 1460. Fig. 20. Längsschnitt durch eine große Urne (»Schüsselchen«). Behand- lung wie Fig. 15. Leitz Imm. 1/12, Komp.-Oc. 8. Vergr. 1460. Fig. 21. Schnitt (3 ,w) einer Zwillingsurne. Die beiden Wimperscheiben liegen nahe bei einander. Die obere Scheibe ist etwas schief getroffen. Behand- lung: HERRMANNsche Flüssigkeit, Osmiumsäure, Holzessig, Hämatoxylinfärbung nach van Gieson-Weigert. Leitz Imm. 1/12, Oc. 3. Vergr. 800. Fig. 22. Längsschnitt einer Zwillingsurne. Die beiden Wimperscheiben sind weiter voneinander entfernt. Behandlung wie Fig. 21. Zeiss 2 mm, Komp.-Oc. 6. Vergr. 750. Fig. 23. Längsschnitt einer Zwillingsurne. Die beiden Scheiben liegen einander gegenüber. Behandlung: HERRMANNsche Flüssigkeit, Osmiumsäure, Holzessig, Safranin, BLOCHMANNsche Flüssigkeit. Leitz Imm. 1/12. Oc. 1.. Vergr. 840. Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 593 Fig. 24 — 27. Querschnitte durch die Wand der Blutgefäße von Sipuncuhts, Fig. 24. Das die Innenseite der Wand auskleidende Epithel. Einige Epithel- zellen (Eni1) haben sich stark erhoben, um sieh von der Wand als Blutzellen ab- zulösen. FuEMMmosche Flüssigkeit, Eämatoxylin Delafield, Säurcfuehsin und Pikrinsäure nach v\n GrESON. Leitz Imm. 1/12, Oc. 1. Vergr. 840. Fig. 25. Ein Phagocyt {Phg) dringt zwiselien den Epithelzelleu in den Hohlraum des Gefäßes ein. Behandlung wie Fig. 24. Leitz Imm. 1/12. Oe. 4. Vergr. L460. Fig. 20. Eine durch Größe und Gestalt ausgezeichnete Flimmerzelle (Flmz2) des Gefäßendothels. Alkohol-Eisessig nach Cajrnoy; Eämatoxylin Delafield, Säurefuchsin und Pikrinsäure nach van Gieson. Leitz Imm. 1/12. Komp.-Oc. 8 Vergr. 1460. Fig. 27. Eine ebensolche große Flimmerzelle (Fhu:..2) auf einem binde- gewebigen Stiel. Behandlung und Vergrößerung wie Fig. 26 Fig. 28. Eine lebende freischwimmende Urne von Phymosoma. Halbseit- liches Totalbild. j3. Blase; Chz, die die LTrne bekleidenden Chloragogenzellen ; Hz, die hufeisenförmige Wimperzelle. Leitz Imm. 1/12, Oc. 3. Vergr. 1120. Tafel XXXIV. Fixe Urnen von Sipunculus nudus und ihre Entwicklung. Behandlung bei -amtlichen Figuren, abgesehen von Fig. 44: Alkohol-Essigsäure nach Carnoy; S min. BLOcmiANNsehe Flüssigkeit; bei Fig. 44: Herkmanxs Flüssigkeit; Dreifachfärbung nach Mallory. Vergrößerung sämtlicher Abbildungen, außer Fig. 46: Zeiss 2 mm, Komp.-Oc. 8 (oder L. Imm. 1/12, Oc. 4). Vergr. 1460. Fig. 46. Leitz Imm. 1/12, Oc. 3. Vergr. 1120. Die Farben der Zeich- nungen sind genau die der Präparate, mit dem Unterschied, daß auf letzteren das Protoplasma der Zellen etwas grünlich erscheint. Fig. 29—45. Längs- und Querschnitte durch successive Entwicklungsstadien der Urnen. Fig. 29. Längsschnitt durch das Anfangsstadium. Bindegewebiger Aus- wuchs der Gefäßwand (Knospe), von Endothelialzellen bekleidet. Fig. 30. Längsschnitt durch ein weiteres Stadium. Bildung der lockeren Anlage des Kuppelinhaltes (Lc). Fig. 31. Querschnitt durch das Stadium der Fig. 30. Getroffen ist eine große FlimnierzeUe der Knospe (Flur.',. Fig. 32. Längsschnitt durch ein weiteres Stadium (///). Bildung der Hülle oder Wand (IC) der lockeren Anlage der Kuppelsubstanz. Fig. 33. Längsschnitt durch ein folgendes Stadium (IV). Die distale (obere) Wand der lockeren Anlage beginnt sich gegen die Basis einzusenken. Erstes Auftreten der sich \ iulett färbenden Substanz (v). Fig. .'54 und .'!">. Zwei Querschnitte aus einer Serie durch das Stadium der Fig. 33; 34 durch <\'i< Distalende, 35 durch die mittlere Region. Fig. W>. Längsschnitt durch ein Entwicklungsstadium einer doppelten Urne. Bildung der kelchartigen Anlage der Kuppel (Kh). Links werden die oberen Endothelialzellen in die Einsenkung hereingezogen. Fig. 37. Längsschnitt durch ein reiferes Bntwicklungsstadium ( V). Fig. 38. Längsschnitt durch ein typisches Entwicklungsstadium (V). Die Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 38 594 W. Selensky, kelchartige Anlage der Kuppel ist bereits ausgebildet; W und Wr, ihre äußere und innere, bzw. eingesenkte Wand; die oberen Endothelialzellen (End) sind bereits in die Einsenkung des Kelchs hereingezogen worden. Fig. 39. Querschnitt durch das Stadium der Fig. 38. Fig. 40. Etwas schiefer Schnitt durch ein Entwicklungsstadium. Die Flimmerzelle (Flmz) beginnt sich zu vergrößern. Rechts scheint der Kern einer andern Flimmerzelle zu degenerieren. . Fig. 41. Etwas schiefer Schnitt durch ein folgendes Stadium ( VI). Ausgewachsene Flimmerzelle (Flmz). Fig. 42. Längsschnitt durch ein weiter vorgerücktes Entwicklungsstadium. Die Scheibenzelle (Flmz) ist beinahe völlig ausgebildet. Die Kuppelanlage (Kh) ist in ihrer Entwicklung zurückgeblieben (abweichender Entwicklungsgang). Fig. 43. Vollständig ausgebildete freie Urne im Längsschnitt. Ke, Kern einer abortiven Endothelialzelle ; a, Einschnürung des Stieles. Fig. 44. Längsschnitt durch eine fixe Urne an der gedehnten Gefäßwand. (Die Wimperscheibe [S] ist auf dem Präparat rötlich gefärbt.) Wdz, Gruppe von Wanderzellen. Fig. 45. Flächenschnitt durch die Wimperscheibe einer fixen Urne. Ke, Kerne der abortiven oberen Endothelialzellen. Fig. 46. Längsschnitt durch zwei auf gemeinsamem Stiel entwickelte Urnen (Ui und U2), die sich auf verschiedenen Entwicklungsstufen befinden. Fig. 47. Längsschnitt (2 tu ) durch eine fixe Doppelurne U1 und U2 ; beide Urnen sind annähernd gleich gebildet. Tafel XXXV. Sämtliche Figuren, mit Ausnahme von Fig. 55, von Sipunculus nudus. Fig. 48. Längsschnitt (3 ,w) durch eine Doppelurne. Die beiden Wimper- scheiben hegen ganz nahe nebeneinander, und die Kuppelanlagen sind miteinander innig verwachsen. Alkohol-Essigsäure nach Carnoy; Safranin und Blochmann. Vergr. 1400. Fig. 49. Mehrere sich auf einem gemeinsamen Stiel entwickelnde fixe Urnen (U1— U5). Behandlung wie Fig. 48. Imm. L. 1/12, Oc. 3. Vergr. 1120. Fig. 50. Flächenpräparat der Gefäßwand von Sipunculus nudus. Das Gefäß wurde längs aufgeschnitten und auf dem Objektträger ausgebreitet. Die Faserbündel der bindegewebigen Grundsubstanz sind deutlich zu sehen. End1, sich ablösende Endothelialzellen; Hm, Blutkörperchen; Km, Kerne der Muskelfasern; U, fixe Urne. (Entwicklungsstadium.) Flemmings Flüssigkeit; Safranin und BLOCHMAsnsrsche Flüssigkeit. Vergr. etwa 300. Fig. 51. Stück eines Schnittes (3 //) durch die Gefäßwand von Sipunculus nudus. In einer Lücke (L) liegt ein charakteristisch gefärbtes Blutkörperchen (Hm). Alkohol-Essigsäure nach Caenoy, Safranin und BLOCHMANNsche Flüssig- keit; Leitz Imm. 1/12, Oc. 4. Vergr. 1460. Fig. 52. Querschnitt der Gefäßwand von Sipunculus nudus. Ein Blut- körperchen (Hm) dringt aus der Wand des Gefäßes in den Hohlraum desselben hinein. Behandlung und Vergrößerung wie bei Fig. 51. Fig. 53. Amöbocyt aus Sipunculs nudus. Behandlung und Vergrößerung wie Fig. 51. Untersuchungen über die sogenannten Urnen der Sipunculiden. 595 Fig. .">4. Längsschnitt (3 u) durch eine freie Urne von Sipunculus nudas. Die zelligen Elemente sind rot, die bindegewebigen dagegen blau gefärbt. Pikrin- Sohwefelsäure, Boraxkaxmin und BLOCHMANNscke Flüssigkeit. Leitz Irnni. 1/12, Oc. 1. Vergr. 840. Fig. ")."). Längsschnitt (3 «) durch eine freie Urne von Phymosoma. Die Blase (ß) ist blau gefärbt. Hz, die hufeisenförmige Wimperzelle; Chz, Chloragogen- zellen. Pikrin-Schwefelsäure, Safranin und BLocHMANNsehe Flüssigkeit; Leitz Iinm. 1 12, Oc. 3. Vergr. 1120. 38* Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden. Von F. Blochmanii. Mit Tafel XXXVI— XL und 6 Figuren im Text. Die Bearbeitung der von der Valdivia- und Gaußexpedition, der schwedischen Südpolarexpedition gesammelten Brachiopoden, sowie des aus den Sammlungen von Chiekchia, Doflein, Kükenthal, Michael- sen, Plate, Römer und Schaudinn stammenden Materials gab mir die Möglichkeit, mich mit der geographischen Verbreitung der recenten Brachiopoden zu beschäftigen. Das schien mir schon längst, besonders auch wegen der paläontologischen Bedeutung der Gruppe, von Wich- tigkeit. Schon vor fast 50 Jahren hat Suess (1859) in vortrefflicher Weise ausgeführt, daß eine möglichst genaue Kenntnis der Biologie und der geographischen Verbreitung der recenten Arten die unumgänglich not- wendige Grundlage bilden müsse für die Behandlung der Fragen, die sich in dieser Hinsicht bei den fossilen Formen ergeben. Er hat dem- entsprechend auch das, was über diese Dinge damals bekannt war, als Einleitung zu seinen Erörterungen über fossile Formen zusammen- gestellt. Dabei sah sich Suess genötigt, in erster Linie zu untersuchen, welche der beschriebenen Arten als selbständige Formen gelten konnten. Denn möglichst scharfe Umgrenzung der unterscheidbaren Formen- gruppen ist die unerläßliche Grundlage für jede tiergeographische Unter- suchung. Bei der großen Zahl von neuen Arten, die seither beschrieben worden sind, war auch ich genötigt vor allem die Systematik der Gruppe auf breiter Grundlage zu revidieren. Das ist nur möglich, wenn man möglichst viele Formen aus eigner Anschauung kennt. Dazu ist es nötig, das in den Sammlungen niedergelegte Material zu benutzen. Es ist mir eine angenehme Pflicht, zu sagen, daß mir von den Museen in Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Krachiopoden. 597 Beigen, Berlin, Kalkutta. Kopenhagen, London (British Museum), Monako, München, Paris. Straßburg, Stuttgart, Tokio, Washington teils das ganze vorhandene Brachiopodenmaterial zur Durchsicht übergeben, teils einzelne mir erwünschte, seltenere Arten zur Verfügung gestellt, teils auch. Dubletten überlassen wurden. Eine schöne Sammlung von australischen Äxten verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Verco in Sydney, einige Mittelmeerformen Herrn Marchese di Monte RosATO-Palermo. Endlich gelang es mir durch einen glück- lichen Zufall, eine größere Anzahl von Brachiopoden käuflich zu er- werben, so daß ich mm die Mehrzahl der lebenden Arten selbst unter- suchen konnte. Im großen und ganzen sind es durch Gestalt der Schale und des Axmgerüstes gegebene Merkmale, die in svstematiseher Hinsieht ver- wandt wurden. Damit wird derjenige, der Erfahrung besitzt und dem großes Vergleichsmaterial zur Verfügung steht, in vielen Fallen aus- kommen. Das Folgende wird aber zeigen, daß sogar Männer wie DA- VIDSON, die über eine geradezu staunenswerte Formenkenntnis ver- fügten, unter ausschließlicher Benutzung der erwähnten Merkmale nicht immer zu sicheren Ergebnissen gelangten. Geradezu für unmöglich halte ich i\-i*. wenn man bei der Bestimmung von schwierigen Arten ausschließlich auf die Literatur angewiesen ist. Da nun eine Untersuchung der geographischen Verbreitung einer Tiergruppe nur dann zu brauchbaren Ergebnissen führen kann, wenn es möglich ist, einzelne. Formenkreise — gleichgültig ob es sich um Äxten oder Varietäten handelt — scharf zu umgrenzen , so suchte ich nach Merkmalen, die in zweifelhaften Fällen eine Entscheidung möglich machen, ohne dem subjektiven Ermessen einen so großen Spielraum zu lassen, wie die ausschließliche Betrachtung der gröberen Morpho- logie der Schale imd des Armgerüä Verhältnisse des Weichkörpers können nur ausnahmsweise in Be- tracht kommen. Bei einander nahestehenden Arten bieten sie meist keine greifbaren Unterschiede1. Außerdem fuhrt eine genauere Prü- fung derselben notwendig zur Zerstörung des Stückes, was in vielen Füllen nicht angängig ist. Endlich ist von vielen Arten nur trockenes Material erhältlich. 1 Zum Teil bestehen Unterschiede in der Ausbildung des Ai-iuapparates, die von Fis< her und < »kiu.kkt zur genetischen Scheidung verwandt wurden. -Manch- mal zeigt auch die Ausbildung der Mantelsinus von Art zu Art Verschiedenheiten, wie sich für Lingula nach Haxcocks und meinen Untersuchungen ergibt. 598 F. Blochmann, Ausgedehnte Untersuchungen haben nun ergeben, daß die Kalk- spicula, wo sie vorhanden sind, zur Unterscheidung einander im ganzen Habitus oft sehr ähnlicher Arten vorzügliche Anhaltspunkte geben. Ebenso zeigt die Zahl der Schalenporen auf der Flächeneinheit und der Bau derselben nicht selten in systematischer Hinsicht brauch- bare Verschiedenheiten. Weitere Anhaltspunkte ergibt in manchen Fällen die Mosaikzeich- nung auf der Schaleninnenfläche der Testicardinen. Leider muß ich gleich sagen, daß diese Merkmale, so wichtig sie für recente Formen sein können, für die Unterscheidung fossiler Formen von wesentlich geringerem Werte sein werden. Die Spicula finden sich wohl nie in brauchbarem Zustande erhalten. Auch das Schalenmosaik ist oft verloren gegangen. Die Porenverhält- nisse lassen sich meist noch feststellen. Leider versagt dieses Merkmal, für sich allein benutzt, nicht selten, besonders bei nahe verwandten Formen. Ich habe allerdings für fossile Arten nur wenige orientierende Untersuchungen gemacht, zu denen mir die Herren Kollegen Koken und Plieninger das Material zur Verfügung stellten. Die bemerkenswerten Unterschiede, welche zwischen den Spicula verschiedener Arten bestehen, hat zuerst Deslongchamps (1865, S. 13) betont: . . . »j'y constatais qu'en passant d'un groupe ä un autre, le nombre, l'arrangement et la consistance des spicules etaient tres varia- bles et que chaque espece avait, pour ainsi dire, sa forme des spicules characteristique « ; man hat dann später auch vielfach bei der Beschrei- bung der Arten die Spicula berücksichtigt und abgebildet, aber doch mehr nebenbei, ohne ihnen zur Unterscheidung von schwierig aus- einander zu haltenden Formen eine größere oder gar ausschlaggebende Bedeutung beizulegen. So ist es begreiflich, daß man, von Ausnahmen abgesehen, meist nur einzelne isolierte Spicula abgebildet und auch nicht genau an- gegeben hat, woher sie genommen waren. Das Charakteristische liegt nun aber nicht allein in der Gestalt des einzelnen Spiculums, sondern ebenso sehr auch in der Gesamtanordnung dieser Elemente. Außerdem ist es nötig, genau die Stelle anzugeben, von der die abgebildeten Kalk- körper stammen, ebenso, ob es sich um ein junges oder um ein erwach- senes Individuum handelt. Denn Gestalt und Anordnung der Spicula wechseln, wie noch genauer gezeigt wird, nicht nur mit dem Alter, sondern auch mit der Körperstelle. Allgemeine Angaben, wie »aus dem Mantel«, »aus der Körperwand « helfen meist nicht viel. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden. 599 Will man verwertbare Resultate erhalten, so muß man Gruppen vini Spicula in ihrer natürlichen Lage von entsprechenden Körperstellen vergleichen und muß zum Teil auch die Gesamtverbreitling der Spicula berücksichtigen. Die Vergleichung wird sehr erleichtert, wenn man die in gleicher Vergrößerung angefertigten Bilder nebeneinander legt. Ich fand, daß eine Vergrößerung von 45/1 für alle untersuchten Formen ausreicht. Alle meine Abbildungen sind, soweit sie sich auf Spicula des Mantels und der Körperwand beziehen, in diesem Maßstab photographisch herge- stellt. Es dürfte sich empfehlen, wenn dieselbe Vergrößerung auch von andern eingehalten würde. Die Vergleichung würde so außerordentlich erleichtert werden. Die Technik der Untersuchung ist einfach. Mit Rücksicht auf möglichste Schonung des Materials habe ich zur Vergleichung in erster Li me die ventrale Körperwand und die hinterste Partie des ventralen .Mantels gewählt. Wenn man die Schalen eines trockenen oder Alkohol- exemplares vorsichtig etwas auf klemmt, so kann man mit Messer, Schere und Pinzette diese Teile ganz oder zur Hälfte leicht heraus- präparieren, ohne das Exemplar weiter zu schädigen. In derselben Weise kann man auch den einen Seitenarm zur Untersuchung heraus- nehmen. Die Montierung geschieht ohne jede Färbung in Damarlack. Trocke- nes Material legt man zur Entfernung der Luft zunächst für einige Zeit in altes Terpentinöl. Die Arme von kleineren Exemplaren kann man ebenso behandeln. Bei größeren Tieren ist es vorteilhafter, den Arm in einem Dachen Schälchen in Terpentin- oder Zedernholzöl, oder auch in flüssigem Paraffin zu untersuchen. Man kann ihn so durch Unter- schieben und Anlegen von Glasstückchen leicht in jede gewünschte Lage bringen, was in fest montierten Präparaten nidii mehr möglich ist. Die Aufbewahrung erfolgt dann in Alkohol oder auch in (säurefreiem!) Paraffinum liquidum. Die Präparate werden dem Exemplar ent- sprechend bezeichnet und mit diesem aufbewahrt. 30 daß sie für Nach- antersuchungen des Exemplares stets zur Hand sind. Kalkkörperchen finden sich bei folgenden Gattungen: Liothyrina, Terebratulina, Dyscolia, Eucälaihis, Chlidonophora, Laqueus, Miihl- feldtia, Kraussina, Platidia, ThecicUum1. Sie liegen in der bindegewebigen Grundsubstanz der Körperwand, 1 Die Spicula von Thecidium zeigen, wie bekannt, ein andres Verhalten als bei »ien übrigen Formen. 600 F. Blochniann, des Mantels und der Arme, von flächenhaft angeordneten Zellen um- geben, deren Produkt sie sind (van Bemmelen 1883). Die Spicula bestehen aus Kalkspat. Der Form nach sind sie ent- weder massig entwickelt, als durchbrochene Platten mit randlichen Fortsätzen, oder sie sind zierlich, reich oder auch wenig verästelt. Auf der Oberfläche tragen sie mehr oder weniger zahlreiche Höckerchen oder Dornen. Nicht selten sind sie bei massiger Entwicklung durch ihre Fortsätze fest miteinander verbunden, so daß sie auch nach Zer- störung der Weichteile noch im Zusammenhang bleiben (besonders an den Armen). Gelegentlich finden sich (vgl. Fig. 1 u. 7) einzelne Spicula, die sich von den übrigen durch auffallend blasse Beschaffenheit aus- zeichnen, wie das auch deutlich in den Abbildungen zur Geltung kommt. Woher das rührt, ist mir noch unverständlich. Wenn überhaupt Spicula gebildet werden, so finden sie sich in der Regel gleichzeitig in der Körperwand, dem Mantel und den Armen1. In selteneren Fällen fehlen sie im Mantel oder sind hier auf die hintersten Teile beschränkt. Nach dem Mantelrande zu werden sie unter oft be- deutender Veränderung der Gestalt kleiner und spärlicher. Meist fehlen sie in nächster Nähe des Randes ganz. Zum Teil liegen sie. abgesehen vom hintersten Teile des Mantels, nur im Verlauf der Mantelsinus (z. B. Lioihyrina sphenoidea u. a.), oder sie sind auf die Region be- schränkt, in der die Gonaden liegen. So kommt es, daß meist die mitt- lere Region des Mantels von Kalkkörpern frei bleibt. Am Armapparat ergeben sich nach den Regionen Verschiedenheiten insofern, als gewöhnlich auf der Ventralseite der Seitenarme, und noch mehr an den Spiralarmen, die auch nach Gestalt und Größe veränderten Spicula an Zahl spärlicher werden, um schließlich gegen das Ende der Spiralarme gewöhnlich ganz zu verschwinden. Für die Girren bestehen Unterschiede, indem einmal die Girren beider Reihen Spicula führen (das ist die Regel), das andre Mal nur die der einen Reihe mit solchen versehen sind. Im Bau zeigen die Spicula des Armapparates in der Regel einen besonderen Typus im Vergleich mit denen der Körperwand und des Mantels. Aber auch sonst bestehen im Bau Verschiedenheiten nach Regionen. So sind gewöhnlich die Spicula der dorsalen Körperwand massiger entwickelt als die der ventralen. Vgl. Fig. 5 u. 6; Fig. 9 u. 10. Will man nun die Spicula als systematisches Merkmal benutzen, 1 Laqueus hat in der Körper wand Spicula. In dem durch ein wohlentwickeltes Armgerüst gestützten Armapparat fehlen sie. Zur Systematik and geographischen Verbreitung dei Brachiopoden. 001 bo bedingen die kurz skizzierten regionären Verschiedenheiten, daß man stets nur S|»it-ul;i von entsprechenden Regionen miteinander vergleichen darf. So kann man nur entsprechende Teile des Armapparates, oder Dorsalwand mit Dorsal wand usw. vergleichen. Die für eine systematische Verwendung der Spicula wichtigste Frage: Inwieweit sind Gestalt und Lagerungsverhältnisse der Spicula bei verschiedenen Exemplaren derselben Art an entsprechenden Körper- stellen konstant? habe ich so geprüft, daß ich von einer Art eine größere Zahl von erwachsenen Exemplaren herausgriff, von diesen entsprechende Präparate anfertigte und verglich. In Fig. 1 — 3 sind die drei am meisten verschiedenen Präparate aus einer Serie von 20 Exemplaren von Terebratulina caput serpentis L. dargestellt. Kleine Unterschiede bestehen, aber der gemeinschaftliche Typus tritt heraus, wenn man ein Präparat von derselben Stelle von Terebratulina septentrionalis Couth. (Fig. 7) oder Terebratulina valdiviae n. sp. (Fig. 5) damit vergleicht. Jedenfalls sind, sobald man eine Gruppe von Spieulis in ihrer natürlichen Znsammenlagerung betrachtet, die Unterschiede so in die A.ugen springend, daß man danach Arten unterscheiden kann. Eine Schwierigkeit besteht ja darin, daß diese Dinge sich nicht so beschreiben lassen, daß ein andrer sie nach der Beschreibung mit Sicherheit wieder- erkennen kann. Diese Schwierigkeil besteht aber auch in andern Fällen und läßt sich durch eine Abbildung vermeiden. [ch habe in derselben Weise je eine Anzahl Exemplare von Tere- bratulina septentrionalis, valdiviae n. sp., abyssicola, japonica, Liothyrina vitrea, antaretica geprüft. Das Ergebnis war das gleiche. Auch die Gesamtverbreitung der Spicula bei Exemplaren einer und derselben isl die gleiche1. Ich muß darum den Kalkkörpern der Korperwand und des Mantels zur Unterscheidung der Arten eine große Bedeutung beilegen. Dasselbe gilt bis zu einem gewissen Grade auch für die Spicula des Armapparates. Bei den Liothyrinen liegen hier die Spicula oichl allzu dicht, so daß sie der Untersuchung meisl leicht zugänglich sind. Immerhin ist diese wegen der körperlichen Beschaffenheil des Objektes wesentlich mühseliger als beim Mantel oder bei <\rr Körperwand. Die Unterschiede zwischen verschiedenen Formen sind oft groß genug. Vgl. Blochmann 1900 und die Textfig. I, 2, 5 u. 6 dieser Mitteilung. Bei den Terebratulinen u.a. sind die Spicula der Arme recht massig und fest ineinander verkeilt, so daß die Untersuchung sehr erschwerl wird. Ich Vgl. dazu das im speziellen Teil bei Liothyrina cübensis gesagte. 602 F. Bioehmann. habe sie auch meist unterlassen, weil ja die Spicula von Mantel und Körperwand leicht zugänglich und charakteristisch sind. Nach dem Gesagten darf man also wohl als allgemein gültig be- haupten: Die Variationsbreite ist für Gestalt und Anordnung der Spicula an entsprechenden Körperstellen verschiedener Individuen der- selben Art eine so beschränkte, daß diese Elemente als wertvolle syste- matische Merkmale gelten dürfen. Eine ausschlaggebende Bedeutung wird den Spiculis dann zukommen, wenn sie bei zwei nach Bau der hinten Med. Feld Textfig. 1. Livthyrina uffinis Calcara (Sardinien). Mitte der Dorsalseite des rechten Seitenarmes von einem trockenen Exemplar, weshalb die Cirren z. T. abgebrochen sind. 75/1. CS, Cirrensockel. HSt, Hauptstück. Schale usw. nicht scharf unterscheidbaren Formen konstante Unter- schiede aufweisen. Man wird dann auf Grund der Verschiedenheit der Spicula diese Formen scheiden müssen. Ob man ihnen danach den Wert von Arten oder von konstanten Varietäten zuerkennen will, bleibt dem subjek- tiven Ermessen überlassen. Daß bei jungen Tieren die charakteristischen Verhältnisse oft nicht oder nicht deutlich zu finden sind, ist begreiflich (vgl. Fig. 1 — 8 u. 4). Textfig. 2. Liotliyritin vürea Bora (Neapel). Mitte der Dorsalseite des rechten Seitenarmes Etwa L00/1. Bezeichnungen wie in Textfig. l. 604 F. Blochmann, Handelt es sich um solche allein, so wird unter Umständen eine sichere Bestimmung auch mit Hilfe der Spicula nicht möglich sein. Geschlechts- reife ist kein Kriterium dafür, daß das Tier vollkommen erwachsen ist. Bei Terebratulina caput serpentis z. B., aber auch bei andern, habe ich mich oft davon überzeugt, daß die Exemplare schon reife Geschlechts- produkte hatten, wenn das Armgerüst noch lange nicht seine endgültige Ausbildung autweist. Nun sollen einige Beispiele zeigen, daß man durch genaue Berück- sichtigung der Spicula in Fällen, wo bisher die Meinungen über Selb- ständigkeit und Unselbständigkeit von Formen ganz verschieden waren, leicht zur Entscheidung kommen kann1. Als erstes Beispiel wähle ich die wohlbekannten Mittelmeerformen: Liothyrina vitrea Born und L. affinis Calcara. Die erste ist längst bekannt, die andre wurde von Philippi in fossilem Zustand aufgefunden und L. vitrea minor genannt. Suess (1859, S. 20), der recente Exemplare von Lipari gesehen hatte, betrachtet sie als besondere Art: Terebratula minor Suess. Zu derselben Ansicht war schon vorher Calcara gekommen, der ihr den Namen T. affinis gegeben hatte. Jeffreys (1878, S. 404) erklärte sie für eine Varietät von T. vitrea und hielt die von Friele (1877) von Jan Mayen beschriebene L. aretica für identisch mit ihr, ebenso die von Adams aus Japan angeführte T. davidsoni. Davidson (1879, Chal- lenger Keport, p. 29) betrachtet sie auch als Varietät und glaubt, daß eine am Kap der guten Hoffnung gefundene Form mit der Mittelmeer- form identisch ist. Er rechnet weiter hinzu eine Form aus der Antillen- region, die japanische (davidsoni Adams) und arktische (aretica Friele) Form. Auch 1886 (Recent Brachiopoda, p. 9) führt Davidson die L. affinis zwar noch als Varietät von L. vitrea an, sagt aber: »I cannot however get rid of the idea, that L. minor is more than a small race or variety of Liothyrina vitrea.« Dieselben Zweifel äußert er nun auch für L. davidsoni, welche auch Dall für selbständig hält (vgl. Chall. Rep., p. 30). Auch Oehlert 1887 (in Fischers Manuel, p. 1247) betrachtet L. affinis als Varietät von L. vitrea und vereinigt damit auch L. aretica Friele. Fischer und Oehlert (1891, S. 54) halten es für diskutabel, alle die bekannten kleinen Arten für Lokalrassen von L. vitrea zu halten, so daß diese dann zusammen mit diesen Rassen eine ungefähr kosmo- politische Verbreitung hätte. 1 Für die hier und im folgenden angeführten Arten finden sich die nötigen Verweise auf Habitusbilder usw. in der Zusammenstellung auf S. 612 f. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden. 605 Diese in keiner Weise vereinbarten Ansichten verschiedener auf dem Gebiet sehr erfahrener Forscher zeigen deutlich, daß durch die von der Schale allein gebotenen Merkmale eben einfach keine voll- kommene Klarheit sich erreichen läßt. Daß auf so schwankenden systematischen Grundlagen — in vielen andern Fällen ist es nicht besser - keine brauchbaren geographischen Konstruktionen aufruhr- bar sind, leuchtet ohne weiteres ein. Alle diese Zweifel lösen sich sofort, wenn man die Spicula beider Formen miteinander vergleicht. Textfig. 1 u. 2 geben die Spiculaverhältnisse der Seitenarme. Die Verschiedenheit ist auffallend genug. Ganz abgesehen von allen Unter- schieden im einzelnen ist es das Vorhandensein der Cirrensockel bei L. affinis und das Fehlen derselben bei L. vitrea, was die beiden Formen nicht mir leicht und deutlich als wohl abgegrenzte Arten charakterisiert, sondern sie sogar, wie ich schon in meiner vorläufigen Mitteilung (1906) kurz andeutete, verschiedenen Gruppen zuweist. Nicht minder charakteristisch sind die Unterschiede in der Aus- bildung der Spicula der Körperwand (vgl. Fig. 8 mit Fig. S)). L. affinis zeigt ziemlich derbe, sehr reich bedornte, dicht zusammengefügte Spi- cula, während sie bei L. vitrea zierlich, reich verästelt und wenig bedornt sind. Auch die Ausbildung des Armgerüstes beider Arten ist verschieden (vgl. Fig. 28 und 30). Es kann also gar keinem Zweifel unterliegen, daß beide Formen grundverschieden sind. Um auch den Einwand, den man etwa noch machen könnte, daß die L. affinis die Jugendform von /.. vitrea wäre, auszuschließen, habe ich eine Anzahl Exemplare von L. vitrea aus Neapel, die in der Größe mit L. affinis etwa überein- stimmten, geprüft und auch hier die charakteristischen l'nterschiede gefunden. L. aretica ergibt sich, wie das ja auchD.w n >><>\ (Rec. Br.) anerkennt, als wohl umgrenzte Art, Die Form, welche Davidson vom Kap als L. affinis ( = vitrea var. minor) anführt, ist wieder deutlich verschieden. Vgl. die ganz differente Abbildung des Armgerüstes (Kg. 30 u. 31)1, und dasselbe wird auch Eür die aus Japan stammende /.. davidsoni Ad., 1 Davidson sagt (Ghali. Rep. p. 30): »I showed the Ghalienger speeimens to Dr. Gwyne Jeffreys, who placed them among a rmmber obtained byhimself from the Bay of Naples. Had we no! previousbj marke<| the 1 arger Cape speeimens we could not have distinguishe< 1 them. Thia fad is, I think, snfficienl proof of their identity. « Das zeigt nur. daß beide zu großen Wert auf den allgemeinen Habitus legten. Die genauere Fergleichung des Armgerüstes hätte ohne weiteres Unterschiede ergeben. 606 F. Blochrnann, ebenso für die von Dall aus dem Golf von Panama beschriebene L. clarkeana gelten. Die Arten: Liothyrina sphenoidea Phil, und cubensis Pourt. bilden ein zweites vortreffliches Beispiel für die Wichtigkeit der Spicula. L. sphenoidea wurde von Philippi eine fossile Art aus dem Tertiär von Süditalien genannt. Jeffreys (1878) stellte nach dem Material der Lightning- und der Porcupine -Expedition fest, daß diese Form noch recent an der portugiesischen Küste vorkommt. Gleichzeitig hält er nach sorgfältiger Untersuchung von Vergleichsmaterial die von Pour» tales (1867) beschriebene, in der Antillenregion gefundene Liothyrina cubensis für identisch mit der europäischen sphenoidea und erklärt diese so vereinigten Formen für eine Varietät der L. vitrea. Mit der letzten Ansicht hat er keinen Beifall gefunden. Dagegen wurde die erste, Identität von L. sphenoidea und cubensis, späterhin allgemein angenommen. Davidson, der 1880 (im Challenger Rep.) L. cubensis noch als besondere Art anführt, vereinigt sie 1887 (Rec. Brach.) mit L. sphenoidea. Fischer und Oehlert (1891, S. 61) sind der gleichen Ansicht. Auch in diesem Falle zeigen die Spicula (Fig. 11, 13) bedeutende Verschiedenheit. Jedenfalls ist der Unterschied so groß, daß man nach den bisherigen Erfahrungen beide Formen auseinander halten muß, um so mehr, als auch noch andre Merkmale nicht ganz übereinstimmen. Ein weiteres gutes Beispiel für den systematischen Wert der Spicula bietet eine von der Valdivia-Expedition erbeutete Terebratulina. In das die zahlreichen Exemplare enthaltende Glas war neben der Fund- ortsangabe jedenfalls von dem das Material konservierenden Kollegen ein Zettel gelegt mit dem Vermerk: Terebratulina caput serpentis. Dafür hielt ich die Form ebenfalls und stellte das Glas uneröffnet, und ohne die Fundortsangabe gelesen zu haben, beiseite. Die Valdivia hatte ja in Gegenden gedredgt, wo T. caput serpentis vorkommt. Als ich später das Material genauer sichtete und die Fundortsangabe Indischer Ozean, dicht unter der Südküste von Nias 677 m las, stiegen mir Zweifel an der Richtigkeit der Bestimmung auf, da das Vorkommen von T. caput serpentis im Indischen Ozean doch zu auffallend gewesen wäre. Nun bemerkte ich auch, daß die Exemplare durchweg etwas dünner und breiter sind, als die typische T. caput serpentis. Die Untersuchung der Spicula gab sofort Klarheit. Sie sind (Fig. 5) vollkommen verschieden von denen der T. caput serpentis (Fig. 1 — 3). Zur Systematik and geographischen Verbreitung der Brachiopoden. 607 Auch das Armgerüst zeigl deutliche Unterschiede. Es handelt sich entschieden um eine neue Art, die ich Terebratulina valdiviae nenne1. Die angeführten Beispiele mögen genügen, um die Bedeutung der Spicula zur genauen Abgrenzung der Arten zu zeigen. Sie ließen sich leicht bedeutend vermehrer,. Auf die. wie ich glaube, bemerkenswerten Folgerungen, die sich für die geographische Verbreitung der Brachiopoden aus den ange- führten und ähnlichen Beispielen ergeben, komme ich am Schlüsse zu sprechen. Bei vielen Testicardinen und allen Ecardinen fehlen die Spicula. Für die Testicardinen bieten nun, soweit sie vorhanden sind, die Schalenporen oder, vielleicht besser gesagt, die Schalentuben in ihrem Bau und in ihrer Verteilung wertvolle Anhaltspunkte. Ebenso ist auch die bekannte, durch die Enden der die Schale auf bauenden Kalkprismen bedingte, meist das Aussehen eines Schuppenpanzers bietende Struktur der Schaleninnenfläche, ich will es kurz »das Schalenmosaik« nennen, von Bedeutung. Diesen Dingen ist bis jetzt von den Systematikern keine weitere Aufmerksamkeit geschenkt worden. Man findet zwar oft genug die Angabe: Schale mit Poren, oder mit feinen Poren, wras eigentlich ganz überflüssig ist, da es für die große Mehrzahl der Testicardinen gilt. Für einzelne Formen ist auch notiert, daß die Tuben verzweigt sind usw. Nun hat van Bemmelen (1883) hervorgehoben, daß bei einer und derselben Art die Entfernung der Schalenporen voneinander an allen Teilen der Schale die gleiche ist, d. h. also daß auf jede Flächen- einheit der Schale annähernd gleich viele Poren kommen. Ich prüfte nun 1) Ob die Zahl der Poren auf der Flächeneinheit bei verschiedenen Exemplaren derselben Art annähernd konstant ist, 2) ob sich für verschiedene Arten derselben Gattung deutliche und konstante Unterschiede in dieser Hinsicht ergeben2. 1 Diese neue Art stimmt im allgemeinen Habitus mit der Mittelmeerform der T. caput serpentis überein, ist aber etwas flacher und breiter. Es finden sich charakteristische Unterschiede im Bau des Armgerüstes, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. Die Unterschiede in der Ausbildung der Spicula, die durchaus konstant sind, genügen vollkommen, um die beiden Formen zu scheiden. 2 Die Untersuchung dieser Dinge läßt sich mit einem Netzmikrometer machen. Bequemer und sicherer ist folgendes Verfahren, welches den Vorteil hat, das Beobachtungsergebni- durch Zeichnung festzulegen. Man benutzt den Zeichenapparat, wählt die Vergrößerung so, daß 1 mm des Objektmikrometers genau 100 mm auf dem zum Zeichnen benutzten Millimeterpapier deckt, was bei der Auswahl passender Systeme und Oculare (z. B. Zeiss B und Ocular 3) 608 F. Bloch mann, Die Zahl der Poren auf der Flächeneinheit schwankt nun für das- selbe Individuum innerhalb sehr enger Grenzen. Bei einem Exemplar der Macandrevia cranium ergaben acht Zählungen an verschiedenen Stellen der Ventralschale als Maximum 216, als Minimum 192 Poren auf den qmm. Für verschiedene Individuen derselben Art sind die Schwankungen etwas größer. Gelegentlich, wenn auch selten, trifft man ein Indivi- duum mit stärkerer Abweichung in der Zahl. Unter zehn untersuchten Exemplaren der Macandrevia cranium zeigte eines die oben angegebenen Zahlen und im Durchschnitt 202 Poren auf den qmm. Für die andern neun (darunter Exemplare verschiedener Größe von 10 mm an) ergab sich bei je drei Zählungen als Maximum 272, als Minimum 236, als Durchschnitt 252 pro qmm. Hinsichtlich des zweiten Punktes, konstante und deutliche Unter- schiede in der Porenzahl bei Arten derselben Gattung, fällt das Ergebnis je nach der Gattung verschieden aus. Es zeigen z. B. die durch die Spicula so deutlich verschiedenen Arten der Liothyrinen mit Ciiren- sockel so unbedeutende Unterschiede in der Porenzahl, daß sie praktisch unbrauchbar sind. Wenn sich aber bei einander im ganzen Habitus ähnlichen Arten einer Gattung konstant so auffallende Unterschiede ergeben, wie in dem in meiner vorläufigen Mitteilung (1906) angeführten Beispiel Terebratella enzenspergeri (84 — 112 Poren pro qmm) und Terebratella durch geringes Verschieben des Tubus sehr genau zu erreichen ist. Dann zeichnet man alle Poren, che auf einer quadratischen Fläche des Papieres von 5 cm Seiten- länge erscheinen, die also 1/4; qmrn der Schalenoberfläche entspricht, ein und erhält so leicht die Zahl der Poren für 1 qmm. Bei der gewöhnlich sehr regel- mäßigen Anordnung der Poren sieht man meist durch einen Blick auf die Zeich- nung, ob etwa irgendwo ein Porus vergessen wurde. Das Zählen der Poren auf der Zeichnung geht leichter und schneller, auch wohl sicherer als mit Hilfe des Netzmikrometers. Will man ganz exakt arbeiten, so stellt man den Zeichentisch der Anweisung entsprechend schief. Für die kleine Fläche ist aber die Verzerrung so unbedeutend, daß man sie vernachlässigen kann. Die Zählungen habe ich, soweit das möglich war, auf der Innenseite der Ventralschale in der Nähe der Mitte, vor den Muskelansätzen vorgenommen, und zwar mindestens drei Zählungen an jeder Schale. Das kann an der unverletzten, in passender Weise auf dem Objektträger festgelegten Schale geschehen. Sollen die Schalenklappen nicht getrennt werden, so kann man auch, wenn das Objekt durchsichtig genug ist, oder wenn die Poren im auffallenden Licht deutlich erkennbar sind, auf der Außen- seite zählen. Die Zahl für die Flächeneinheit bleibt dieselbe wie für die Innenseite, auch wenn die Tuben sich nach außen bedeutend erweitern. Die Zwischenräume werden aber natürlich kleiner. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden. 609 dorsata (180 212), so wird man diese Formen für verschieden halten müssen, um so mehr, wenn noch bemerkenswerte Unterschiede in der Weite dei Schalentuben hinzukommen, wie das gerade bei den er- wähnten Arten in auffallender Weise zutrifft. Die Textfig. ■"> u. I zeigen das besser als eine lange Beschreibung. Solcher Fäll»- gibt es noch mehr. So ist, abgesehen von den Unter- schieden in den Spiculis, die relativ große Weite der Schalenporen bei Textfig. 3. Textfig. 4. Terebrateüa dorsata Gmel. Patagonien. Terebratella enzenspergeri Bl. Kerguelen. Jedesmal l/4 qmm der äußeren Oberfläche der Ventralschale 100/1. Liothyrina antarctica ein recht gutes Merkmal gegenüber andern ähn- liehen Formen. .Man wird sich in Zukunft nicht darauf beschränken dürfen, an- zugeben, die Schale ist grobporig oder feinporig, sondern man wird die Durchmesser der äußeren und inneren Öffnung der Schalentuben an- geben. Unter Umständen wird man durch eine genaue Maßangabe eine Form ohne weiteres erkenntlich machen. Es ist z. B. bis jetzt keine andre Magellania bekannt, die so große Poren (60 auf 90 u) hätte, wie die von mir (1906) beschriebene .1/. jaubini aus dem Material der Gaußexpedition, so daß also, vorderhand wenigstens, die Porenweite vollkommen zur Charakterisierung der Art genügen könnte '. Manchmal, z.B. bei den Terebratulinen, sind die Schalentuben 1 E> mag bei dieser Gelegenheil bemerkt weiden, dal.) die von E. Smith 11)07 nach dem Material der Discovery aus den antarktischen Regionen beschriebene Magellania aulcata mit M. joubini identisch ist. Demnach hat .1/. sulcata als Synonym zu gelten. Zeitschrift f. wiseenach. Zoologie. Xc. Bd. ."l'.t 610 F. Blochmann, nach außen verzweigt. Die Art der Verästelung kann bei verschiedenen Arten bedeutende Unterschiede ergeben. Endlich finden sich Verschiedenheiten in der Ausbildung des Schalenmosaiks. In der Regel zeigt dieses die bekannte Schuppen- panzerstruktur. Diese kann nach den Arten verschieden sein1. Ganz charakteristisch sind z. B. die Unterschiede dieses Schalenmosaiks bei den drei Rhynchonella- Arten, auf welche sich Fig. 16 — 18 beziehen. Ich habe diese Formen als Beispiele gewählt, weil über ihre specifische Verschiedenheit nie Zweifel bestanden. Da nun hier für allgemein an- erkannte Arten deutliche, z. T. auffallende Verschiedenheiten des Schalenmosaiks sich ergeben, so wird man auch zwei sonst einander ähnliche Formen bei einer charakteristischen Verschiedenheit des Schalenmosaiks für specifisch verschieden halten dürfen. Die Liothyrina-Arten zeigen, soweit ich sie in dieser Beziehung prüfen konnte, ein ganz abweichendes Schalenmosaik. In der Nähe des Schalenrandes liegen die Verhältnisse wie sonst. Es sind hier die Prismenbasen in dem Rande annähernd paralleler Anordnung vor- handen (van Bemmelen, 1882, Fig. 1). In den älteren Teilen der Schale findet sich eine Zeichnung, wie sie etwa ein Endothel im Flächenbild bietet (van Bemmelen, 1882, Fig. 2, 4), meine Fig. 15. Wie diese Zeichnung aus der Schuppenstruktur hervorgeht, bedarf noch genauerer Untersuchung. Sie ist auch bei fossilen Formen (z. B, Terebratula carnea) vorhanden, während andre (z.B. Terebratula gregaria) die gewöhnliche Schuppenstruktur aufweisen. Um über fossile Formen etwas Allgemeineres in dieser Hinsicht sagen zu können, sind meine Er- fahrungen noch zu gering. Dagegen habe ich diese Struktur bei allen untersuchten recenten Liothyrinen gefunden, am wenigsten ausge- sprochen bei L. antarctica. Bei einzelnen Exemplaren von L. uva fanden sich da und dort Inseln, welche die gewöhnliche Schuppenstruktur zeigen. Zum Ver- gleich habe ich auch für diese Dinge die Mitte der Ventralschale vor den Muskelinsertionen gewählt. An den Muskelinsertionen zeigt das Mosaik meist Veränderungen durch unregelmäßige Ausbildung. Man wird nun natürlich weder das eine noch das andre der hier besprochenen Merkmale als absolut sicheres Unterscheidungszeichen benutzen dürfen. Aber diese Dinge, im Zusammenhang berücksichtigt und in Verbindung mit andern Verschiedenheiten, werden oft auch in 1 Es empfiehlt sich, diese Verhältnisse photographisch darzustellen und des leichteren Vergleiches wegen auch die bestimmte Vergrößerung von 175/1, die vollkommen ausreichend ist, festzuhalten. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachionoden. 611 sonst zweifelhaften Fällen eine klare Entscheidung herbeizuführen er- möglichen. Das Armgerüstj welches schon längst eine (in manchen Füllen wohl nicht ganz mit Recht) ausschlaggebende Rolle zur Scheidung der Gattungen spielt, zeigt nicht selten auch charakteristische Unterschiede von Art zu Art. die nicht immer so eingehend berücksichtigt wurden, wie sie es verdienen. Die Unterschiede fallen oft nicht gerade direkt auf und sind nicht leicht unzweideutig zu beschreiben. Um so wich- tiger sind getreue bildliche Darstellungen, für deren Herstellung wieder die Photographie sich am besten eignet. Die charakteristischen Unterschiede im Bau des Armgerüstes von Liothyrina affinis und der mit ihr bisher zusammengeworfenen Form vom Kap wurden schon oben erwähnt. Diese Verhältnisse werden besonders dann genaueste Berücksich- tigung finden müssen, wenn nur leere Schalen zur Verfügung stehen. So ist es mir gelungen, durch die Verschiedenheiten des Armgerüstes und der Porenzahl sicher nachzuweisen, daß die von Davidson, Chal- lenger Report Taf. II, Fig. 3, 3a, 36, abgebildete, von der australischen Küste stammende Form nicht L. uva, sondern eine neue, von mir (1906) L. fulva genannte Art ist. Ein Vergleich der Abbildungen Fig. 25 u. 26 zeigt die auffallenden Verschiedenheiten des Armgerüstes beider Formen. Für L. uva ist durchaus charakteristisch die starke Divergenz der Schenkel, die sich in ähnlicher Weise bei keiner bis jetzt bekannten lebenden Liothyrina findet. Bei L. fulva sind die Schenkel fast parallel. Der Übergang zur Querbrücke und diese selbst sind bei beiden Arten ganz verschieden. Ein Vergleich der von mir gegebenen Photographie mit der an- geführten Abbildung von Davidson zeigt, daß die letztere nicht den natürüchen Verhältnissen entspricht. Das gilt übrigens auch für einige Abbildungen von Armgerüsten andrer Arten bei Davidson. Zum Teil ist jedenfalls der gewählte zu kleine Maßstab die Ursache der Un- ähnlichkeit. Neben diesen Verschiedenheiten des Armgerüstes finden sich auch noch andre Unterschiede zwischen L. uva und L. fulva. Daß, ganz allgemein gesagt, das Armgerüst von Art zu Art Verschiedenheiten zeigt, ergibt sich sehr schön aus einem Vergleich der Fig. 23 31, welche die Anngerüste von neun verschiedenen Liothyrina- Aiten darstellen. Ich habe nun bei Formen, von denen ich größeres Material hatte, wie Terebratulina caput serpentis und T. septentrionalis bei Macandrevia 39* G12 F. Blochmann, eranium jedesmal einige Dutzend Exemplare auf die Beschaffenheit des Armgerüstes verglichen, und ich kann danach sagen, daß im all- gemeinen die bei Exemplaren einer und derselben Art vorkommenden Verschiedenheiten nicht groß sind, so daß man wohl diesen Dingen Wert zur Unterscheidung der Arten beilegen kann. Selbstverständlich gilt auch hier das oben über die Verwendung der Spicula, der Poren- zahl usw. gesagte. Man wird, wenn irgend möglich, mehrere Merkmale zur Unterscheidung benutzen. Eine nicht ganz unbedeutende Variabilität des Armgerüstes hat sich für Liothyrina cubensis ergeben (Fig. 24 a, c, d). Das in Fig. 24 c dargestellte Armgerüst sieht dem von L. sphenoidea (Fig. 23 a) ziemlich ähnlich. Trotzdem aber zeigt die genauere Betrachtung für die Fig. 24«, c, d (L. cubensis) einerseits gewisse übereinstimmende Punkte, die gleichzeitig einen Unterschied gegenüber Fig. 23 a (L. sphenoidea) be- deuten. (Genaueres siehe im speziellen Teil.) Im folgenden gebe ich eine Übersicht über die Liothyrina- Arten, um zu zeigen, wie diese unter Verwertung der besprochenen Merkmale abzugrenzen sind. Ausführlichere Beschreibungen sollen nur da, wo es nötig ist, gegeben werden. Wo über die eine oder andre Art keine Zweifel bestehen, werde ich einfach auf die Literatur verweisen. Für jede Art wird die geographische Verbreitung angegeben als Grundlage für die späteren Ausführungen. Die Literaturangaben beschränke ich auf das Wichtigste. Die ältere Literatur findet sich bei Davidson, Challenger Report; Davidson, Recent Brachiopoda; Fischer und Oehlert 1891. Liothyrina Oehlert 1887. Ich nehme diese Gruppe so an, wie sie von Oehlert gefaßt wird und halte es auch mit Fischer und Oehlert, 1891, S. 57 Anm., für wahrscheinlich, daß Terebratula wywillei Davidson von Liothyrina zu trennen ist. I. Gruppe: Arten mit Cirrensockeln (vgl. Textfig. 1, S. 602). Für die unter dieser Abteilung angeführten Arten ist das charak- teristische Merkmal — das Vorhandensein der Cirrensockel — bis jetzt für folgende nachgewiesen: L. ajfinis, arctica, antarctica, wintert, uva. Von den andern ist allein die Schale bekannt. Sie sind also nur vorläufig hier eingereiht. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Bmohiopoden. 613 I . L. affinis ( !alcera. Literatur bei Davidson, R. Br. p. 1. Abbildung ibid. Taf. I, Fig. 13. » der Spicula der Körporwand Fig. 8. » der Spicula der Arme Textfig. 1. » des Armgerüstes Fig. 30. Die Artberechtigung dieser kleinen Art dürfte nach dem oben ge- sagten nun feststehen. Die Untersuchung der Spicula zeigt, daß es ganz unmöglich ist, sie als Varietät von L. vitrea zu betrachten. Die Cirren führen Spicula. Genaueres konnte ich am trockenen Material nicht feststellen. Auch das Armgerüst zeigt deutliche Unterschiede gegenüber L. vitrea. Vgl. Fig. 28 u. 30. Ein recht gutes Merkmal bei äußerer Betrachtung ist die im trocke- nen Zustande stets blaßgelbliche Färbung. Maße des größten von zahlreichen untersuchten Exemplaren: L. 12,5 mm; Br. 11,0; D. 7,0. Im Mittelmeer weit verbreitet, 100 — 200 m. Daß die Art sich auch atlantisch, findet, ist wahrscheinlich, doch bedürfen die Angaben dafür: Azoren, Josefine Bank, Kap St. Vincent, Bai von Vigo noch der Be- stätdgung. Die Challenger-Expedition hat bei der Insel Culebra (westlich von Portoriko, Antillen) eine leere Schale gefunden, die Davidson für L. affinis hält. Auch dieses Vorkommen bedarf der Bestätigung. Es ist wohl möglich, daß L. affinis sich dort findet; es kann sich aber ebensogut um eine nahestehende Art handeln. Die von Davidson auf Grund des Challengermaterials gemachte Angabe, L. affinis finde sich am Kap, beruht auf einem Irrtum. Die Valdivia hat die dort vorkommende kleine Art gerade so wie die Chal- lenger-Expedition in Gesellschaft von Kraussina rubra und Terebratulina abyssicola (nicht septentrionalisl) wieder aufgefunden. Fig. 31 zeigt, daß das Armgerüst wesentlich anders gestaltet ist als bei affinis. Auch sonst bestehen Verschiedenheiten. Auf das Genauere werde ich bei der Bearbeitung des Y.ildiviamateriales eingehen. 2. L. arctica Friele. Die ältere Literatur bei Davidson, R. Br., p. 10. H. J. Posselt, Grönlands Brachiopoder og Blöddyr. Meddel. om Grönland. XXIII (auch separat). Kopenhagen 1898, S. 6. R. Häcg, Arkiv Eör Zoologi II. L905, S. 5. Abbildungen: Davidson, R. Br., Taf. I, Fig. 17, 18. 614 F. Blochmann, Friele,H., Den Norske Nordhavsexped. III. 1880—1886, Taf.XII, Fig. 17, 18a, b (186 gute Darstellung des Armgerüstes). Auch für diese Art ist die Selbständigkeit nicht unbezweifelt. Sie wurde für identisch mit L. affinis gehalten. Davidson hat ihre Selb- ständigkeit anerkannt. Ich habe die Originalexemplare Frieles unter- sucht und muß mich dem durchaus anschließen. Neben der auffallenden Textfig. 5. Liothyrina arctica. Spicula von der Dorsalseite des linken Seitenarmes. 90/1. Dünne und glasartigen Durchsichtigkeit der Schale ist sie schon durch die aufgeblasene, mehr kugelförmige Gestalt von L. affinis verschieden. Dazu kommen bemerkenswerte Unterschiede im Armgerüst und in den Spicula. In beiden Cirrenreihen fehlen die Spicula, die bei L. affinis vorhanden sind. Maße: 14,0; 12,5; 8,0 (nach Friele). Jan Mayen bis zur Nordwestküste von Island. Ostküste von Grön- land 200—470 m. 3. L. antarctica Blochmann. Blochmann, Zool. Anz. XXX, 1906, S. 692. Kaiser-Wilhelm-Land, 385 m. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden 615 4. L. Winter i Blochmann. Blochmann, Zool. Anz. XXX, 190(5, S. 09:',. Valdivia-Station 1(55, St. Paul im Indischen Ozean, (580 m. 5. L. uva Broderip. Davidson, Chall.Rep. p. .'59 pro parte. Davidson, R. Br., p. 10 ebenso. L. moseleyi Dav., Fischer und Oehlert, Bull. soc. bist, nat. Antun V, 1892, p. 264 f. Taf. VIII, Fig. 9—22. L. uva Brod., D. P. Oehlert, Bull. Mus. hist. nat. Paris (1906), 1907, No. 7, p. 555. Die beste Besehreibung dieser Art haben Fischer und Oehlert gegeben, die allerdings ihre Exemplare für L. moseleyi Davids, hielten. Der Vergleich der Abbildungen der Armgerüste schließt, abgesehen von anderm, eine solche Auffassung vollkommen aus. In der äußeren Erscheinung ist charakteristisch, wenn auch nicht ganz ohne Ausnahme vorkommend, eine den Anwachsstreifen folgende rinnenförmige Einschnürung jederseits des Schnabels. Ebenso mehr oder weniger deutliche feine Längsstreif ung, die sich bei jüngeren Exemplaren öfter über die ganze Oberfläche ausdehnt, sonst mehr auf die randlichen, besonders seitlichen Teile beschränkt ist. Gelegentlich aber fehlt die Streifung auch bei kleineren Exemplaren fast ganz. Die Farbe ist rein weiß. Besonders charakteristisch ist das Armgerüst (Fig. 25) durch die starke Divergenz der Schenkel und die dadurch bedingte große Länge der Querbrücke, die, in scharfen Spitzen mit den absteigenden Asten sich verbindend, in ihrer ganzen Ausdehnung gleich breit und gleich- mäßig ventralwärts gebogen ist. Die Spicula sind auf die Körperwand und im Mantel auf die Region der Gonaden beschränkt, sonst fehlen sie. Die Cirren beider Reihen sind frei von Spiculis; an der Basis der ('irren finden sich gelegentlich einzelne Spicula, besonders bei jüngeren Exemplaren. Durch diese Besonderheiten ist L. uva sofort von allen bis jetzt bekannten recenten Arten sicher zu unterscheiden. In der äußeren Form ist die Art stark veränderlich. Die von Fischer und Oehlert abgebildeten Exemplare illustrieren die normale Gestalt, wie ich sie auch bei vielen Exemplaren der Berliner und Stutt- garter Sammlung und von der schwedischen Südpolarexpedition ge- sehen habe. 616 F. Blochmann, Das Typenexeniplar aus dem Golf von Telmantepec, auf das Broderip die Art gründete, ist verkrüppelt (Abb. z. B. bei Davidson, R. Br. Taf. II, Fig. 4 u. 4a u. a. a. 0.). Ebenso weicht das im Challenger Report Taf. II, Fig. 4 u. 4a abgebildete, von Buenos Aires stammende Exemplar etwas von der Norm ab. Die Art wird recht groß. Die größten Exemplare 45; 30; 25 mm, hat Oehlert (1907) in Händen gehabt. Davidson, R. Br. Taf. II, Fig. 6, 6a, 66, bildet aus dem Golf von Techuantepec auch ein normales Exemplar ab. Die Art ist ferner be- kannt von der chilenischen Küste. Weit verbreitet ist sie in der Magellanstraße, an der feuerländischen Küste, an der patagonischen Küste, bei Buenos Aires, bei den Falklands-Inseln. Von Südgeorgien hat sie die schwedische Südpolarexpedition mitgebracht; sie lebt in geringen Tiefen von 27 m (Plate im Cockburnkanal, Magellanstraße) bis 230 m (Fischer und Oehlert). Ferner wird die Art angegeben von Heard Island südöstlich der Kerguelen1 (Davidson, Chall. Rep. p. 31). Ich habe die wenigen von diesem Fundort stammenden Bruch- stücke gesehen. Es handelt sich um eine kleine Dorsal- und eine eben- solche Ventralklappe, die nicht zusammengehören. Das Armgerüst fehlt, und die Erhaltung der Schalen ist schlecht. An L. uva erinnert die bedeutende Divergenz der unvollkommen erhaltenen Crura. Es bleibt danach fraglich, ob es sich um L. uva handelt. Möglich ist es. Aber bevor man den Fundort als sicher betrachtet, muß doch noch weiteres Material von ihm vorliegen. Hedley 1902 (Mem. Austral.Mus. IV, p. 289), gibt Coogee Bay und Botany Bay (beides in der Nähe von Sydney) als Fundorte an. Da weder eine Beschreibung noch eine Abbildung gegeben wird, so kann vorderhand auch diese Angabe nicht als gesichert gelten. In jener Gegend findet sich L. fulva, die von Davidson mit L. uva zusammen- geworfen wurde. Ferner besitzt das Berliner Museum unter Nr. 489 ein mittelgroßes trockenes Exemplar, das besonders deutlich gestreift ist, mit der Fund- ortsangabe »Tahiti«. Daß es sich um L. uva handelt, unterliegt in diesem Falle keinem Zweifel. Es ist aber über den Sammler, bzw. die Bezugsquelle des Stückes nichts gesagt. So muß auch für diesen Fund- ort eine Bestätigung erwünscht erscheinen. Diese zuletzt angeführten Fundorte würden, falls sie bestätigt werden, das Gebiet der Art bedeutend erweitern, und hätten großes Interesse in geographischer Hinsicht. 1 Nicht östlich der Magellanstraße, wie Oehlert (1907) schreibt. Zur Systematik und ideographischen Verbreitung der Braehiopoden. 617 Von den folgenden Äxten Bind die Spicula nicht bekannt. Ihre Einreihung an dieser Stelle ist also eine provisorische. 6. /,. davidsoni A. Adams. L. vitrea var. davidsoni. Davidson, R. Brach, p. 9, Taf. I, Fig. 14—16. Kitte kleine Art im Habitus der L. affinis. Davidson hat sie nicht ohne Bedenken für eine Varietät von L. vitrea erklärt. Dall, 1873, Proceed. Acad. nat. sc. Philadelphia, p. 178, ebenso Dali, und Pilsbry, ibid., 1891, p. 16G, halten sie für eine selbständige Art. Ich schließe mich dieser Ansicht an, um so mehr als unter den zahlreichen japanischen Braehiopoden noch keine auch im Mittelmeer vorkommende Art bekannt geworden ist. Satanomisaki, Japan, 100 m. 7. L. clarkeana Dali. Dall. 1895, Proceed. N. S. Nat. Mus. XVII, p. 718— 719, Taf. XXXI, Fig. 9, 10. Diese Art ist von Dall auf ein einzelnes bei den Kokosinseln im Golf von Panama in 390 m erbeutetes Exemplar gegründet. Weder Arm- gerüst noch Spicula sind bekannt. Jedenfalls hat sie aber mit der in jener Gegend vorkommenden L. uva nichts zu tun, so daß es sich wohl um eitie besondere Art handeln dürfte. 8. L. fulva Blochmann. Blochmann, 1906, Zool. Anz. XXX, S. 698. Terebratula uva Brod. p. p. Davidson, Chall. Rep. p. 31, Taf. II Fig. 3; 3a; 36. Liothyrina uva (Brod.) p. p. Davidson, Rec. Brach, p. 10, Taf. II, Fig. 7. Außenansicht Fig. 22 a u. b. Anngerüst Fig. 26. Im Umriß schlank birnförmig, in der Mitte am breitesten. Schnabel kurz, mit wenig ausgesprochenen Kanten, ziemlich scharf dorsalwärts gekrümmt. Deltidialplatten zusammenstoßend. Seitenränder am Be- ginn mit schwacher, dorsalwärts gerichteter Ausbuchtung, sonst gerade. Ventralschale etwa- tiefer als die dorsale; beide gleichmäßig gewölbt. Farbe leicht ockergelb bis schmutzig blaß orangegelb (an der leer ge- fundenen trockenen Schale). Das Armgerüst (Fig. 26) is1 vollkommen verschieden von dem der L. uva. Es hat eine recht breite Querbrücke, die nur ganz unbedeutend 618 F. Blockmann, ventralwärts gebogen ist. Das Armgerüst hat seine größte Breite gleich vor den Cruralfortsätzen und verschmälert sich nach vorn zu ein wenig. Die großen und charakteristischen Unterschiede treten am besten durch Vergleich von Fig. 26 mit Fig. 25 hervor. Die Abbildung, welche Da- vidson (Chall. Rep. Taf. II, Fig. 36) von dem Armgerüst des einzigen Exemplares gibt, ist recht ungenau, was jedenfalls daher kommt, daß er die Schalen nicht auseinander genommen hat und darum das Arm- gerüst nur in sehr schiefer Ansicht sehen konnte. Die Abbildung, welche sich bei Davidson, Rec. Br. Taf. II, Fig. 7 findet, ist eine (be- sonders in der Beleuchtung) etwas veränderte Kopie der Abbildung aus dem Chall. Rep. Auffallend ist auch der Unterschied in der Porenzahl beider Formen. Diese ist für L. fulva 120 — 130; für L. uva 216 — 250. Die Art ist bis jetzt nur durch den Challenger aus der Twoofold Bay, Südostaustralien, 210 m, bekannt geworden. 9. L. moseleyi Davidson. Davidson, Chall. Rep. p. 30, Taf. II, Fig. 12—14. Davidson, Rec. Br. p. 11, Taf. II, Fig. 1—1. Nicht Fischer und Oehlert 1S92, Bull. soc. hist. nat. Autun V, p. 264 ff. Westlich von den Kerguclen, 700 m, Felsgrund, 5 Exemplare. Ich habe ein Originalexemplar (leere Schale) untersuchen können. Dies war mir besonders wertvoll zum Vergleich mit der von mir nach dem Valdiviamaterial beschriebenen L. winteri. Ich konnte mich über- zeugen, daß L. winteri verschieden ist von L. moseleyi. Dies ist auch die Ansicht von E. A. Smith, dem ich die Exemplare von L. winteri geschickt hatte. Dall, 1886, Bull. Mus. comp. zool. Harvard Coli. XII, p. 199 gibt Martinique als Fundort für L. moseleyi an, ohne das Exemplar genauer zu beschreiben oder abzubilden. Obwohl Davidson das Exemplar bestimmt hat, so glaube ich doch mit ziemlicher Sicherheit annehmen zu müssen, daß Davidson sich in diesem Fall, wie auch sonst gelegent- lich, geirrt hat. II. Gruppe: Arten ohne Cirrensockel (vgl. Textfig. 2, S. 603). 10. L. vitrea (Born). Literatur siehe Davidson, Rec. Brach, p. 6 — 9, Taf. I, Fig. 1—12. Fischer und Oehlert, 1891, S. 51—58, Taf. III, Fig. 7a— h. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden. 619 Sehi gute Außenansichten bei Davidson, Fischer und Oehlert. Spicula: Kg. 9, 10. Textfig. 2. Armeerüsl : Fig. 28. Diese altbekannte Art kann als Typus der Gruppe ohne Cirren- soekel angesehen werden. Von einer Beschreibung der allgemeinen Verhältnisse kann hier Abstand genommen werden. Vgl. dazu Davidson oder Fischer und < >khlert 1. c. Abgesehen von den Armen sind die Spicula fast ganz auf die Körperwand beschränkt. Von da aus gehen sie einige Millimeter weit auf die Stämme der Mantelsinus über. In den übrigen Teilen des .Mantels fehlen sie. Diese Art ist im Mittelmeer weit verbreitet. Einzelne Fundorte siehe bei I. V. I uius, Prodromus fauna mediterraneae. Vol. II, 1889 — 1893. p. 54. Für das östliche Mittelmeer: Steindachner, Sitzber. k. Akad. Wien, Math.-naturw. Kl. I. Abt., 1891, S. 435—4-17. (Verschiedene Stellen zwischen Kreta und dem Peloponnes.) Außerhalb des Mittelmeeres ist die Art gefunden bei den Kap- verden, an der afrikanischen Küste nördlich von Kap Bojador, bei den Azoren, an der Westküste der iberischen Halbinsel, im Golf von Biscaya and neuerdings (Joubin, 1907, Bull. Inst, oceanogr. No. 103, p. 3, 4) bei Brest und endlich zwischen der Doggerbank und der Ostküste von England. Das Tiefenvorkommen variiert von 10 — 2700 m. Fossil im Pliocän von Calabrien und Sizilien. 11. L. sphenoidea Philippi. Die ältere Literatur bei Davidson, Rec. Brach, p. 12 — 14 p. p. Taf. II, Fig. 17, 17a— c, 18. Fischer und Oehlert, 1891, S. 58— 71. Außenansichten: Fig. 19« — c. Spicula: Fig. 1 1. Armgerüst: Fig. 23«, b. Im Umriß mehr oder weniger dreiseitig; Stirnrand wenig gebogen bis fast gerade, mit mehr oder weniger abgerundeten Ecken in die Seitenränder übergehend. Größte Breite vor der Mitte, manchmal nahe dem Vorderende. Conimissur fast eben, oder die Seitencommissur gebogen, wobei die am meisten ventralwärts ausgebuchtete Stelle etwa in der Mitte oder nicht weit dahinter liegt. Ventralschale etwas tiefer als die dorsale. Dorsalschale von rechts nach links gleichmäßig gewölbt. Die Ventralschale entweder auch 620 F. Blochuiann, ziemlich gleichmäßig gewölbt oder die flacheren Seitenteile von dem stärker gerundeten mittleren Teil in nicht scharfer Weise abgesetzt. Schnabel mit gerundeten Kanten, mäßig entwickelt, Loch klein. Deltidialplatten zusammenstoßend . Oberfläche glatt, mit zarten, aber deutlichen Anwachsstreifen. Manchmal Spuren von verwischten Radiärstreifen. Dorsalschale mit ansehnlichem Schloßfortsatz. Für das Armgerüst ist charakteristisch, daß Crura und absteigende Äste fast parallel laufen, nach vorn kon- vergieren. Querbrücke mäßig breit, in der Mitte mehr oder weniger scharf ventralwärts geknickt. Entfernung vom Hinterrand der Brücke bis zur Spitze der Cruralfortsätze größer als die Breite der Brücke. Farbe milchweiß durchscheinend. Die Spicula ähneln denen von L. vitrea, sind aber durchweg kräf- tiger und stärker bedornt. Die größeren Spicula in der etwas ausge- dehnteren Mittelplatte mit mehreren Löchern. In der Körperwand liegen sie viel dichter gedrängt als bei vitrea. Die zierlich verästelten Mantelsinus sind in ihrer ganzen Ausdehnung von Spiculis bedeckt und werden dadurch am getrockneten Tier in ausgezeichneter Weise deutlich gemacht (Fischer und Oehlert, 1891). Größe: Länge 24 mm, Breite 19 mm, Dicke 14 mm (nach Fischer und Oehlert, 1891.) Für das von Davidson abgebildete Exemplar (Taf. II, Fig. 17) ergibt sich: 31, 24, 17. Fossile Exemplare sind zum Teil noch größer. Im Mittelmeer. (Einzelne Fundorte bei Oarus, Prodromus) II, p. 55. Außerhalb des Mittelmeeres : vom Golf von Biscaya längs der Nord- und Westküste der iberischen Halbinsel und der afrikanischen Küste bis Kap Bojador. Bei den Formigasinseln, den Azoren bei den Kanaren. 400 — 2000 m, an Steinen, Korallen, auf Muschelschalen. Fossil: Pliocän von Sizilien und Calabrien. 12. L. cubensis Pourtales. Pourtales, 1867, Bull. Mus. comp. Zool. Harvard Coli. I, p. 109. Dall, 1871, ibid. III, p. 3—9 und später Davidson, 1881, Chall. Rep. p. 28, 29. L. sphenoidea Phil. p. p. Davidson, Rec. Brach, p. 12—14, Taf. II, Fig. 19, 19«, 19&. Außenansichten: Fig. 21« — c. Spicula: Fig. 13. Armgerüst: Fig. 24, a, b, c, d. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden. 621 Im Umriß dreiseitig. Größte Breite i la he dem Vorder rande. Die Seitenränder mit kurz gerundeten Ecken in den fast geraden oder wenig gekrümmten Vorderrand übergehend, von da aus nach dem .Schnabel zu konvergierend oder erst eine kurze Strecke parallel und dann kon- vertierend. Seitencommissur stark dorsalwärts geschwungen, Stirncommissur Easl gerade. Dicke im Verhältnis zur Länge groß, daher die Schale aufgeblasen aussehend. Ventralschale fast doppelt so tief als die dorsale. Die letzten» von rechts nach links gleichmäßig flach gewölbt. Bei der Ventralschale geht der flach gewölbte mittlere Teil jederseits durch eine meist deutlich ausgeprägte, gerundete Kante in die ganz flach gewölbten oder fast ebenen oder sogar etwas eingezogenen Seiten- flächen über. Schnabel kurz, mit gerundeten Seiten, schief abgestutzt. Loch groß, Deltidialplatten zusammenstoßend, durch den Nabel der Dorsal- schale fast verdeckt. Anwachsstreifen fein, deutlich. Oft Spuren von Längsstreifen (Dall, 1871, S. 5; auch bei meinen Exemplaren wahr- nehmbar). Crura zu ansehnlichen dreieckigen Platten entwickelt. Die ein- ander zugekehrten Ränder stark ventralwärts gebogen. Cruralf ortsät ze in oder vor der Mitte der Gesamtlänge des Armgerüstes. Absteigende Lste wegen der von vorn nach hinten sehr ausgedehnten Querbrücke kaum ausgebildet. Durch diese Verhältnisse wird die Entfernung zwischen den Spitzen der Cruralfortsätze und dem Hinterrand der Querbrücke kleiner, als die zwischen dem Schloßfortsatz und den Spitzen der Cruralfortsätze. In der Regel ist das Armgerüst nach vorn zu verbreitert (Fig. 24 au. d), seltener etwas verschmälert (Fig. 24c). Dieser Punkt erinnert besonders an die Verhältnisse von L. sphenoidea, doch bleiben die übrigen Unterschiede bestehen (vgl. Fig. 23a u. 24c). Audi die Stellung des ganzen Armgerüstes zur Dorsalschale ist bei L. mbensis eine andre als bei L. sphenoidea (vgl. Fig. 236 und 246). Die bedeutendsten Unterschiede gegenüber L. sphenoidea zeigen die Spicula (Fig. 13). Diese sind in der Körperwand auffallend fein faden- förmig, kaum bedornt. Auch in der Dorsalwand zeigen sie nur sehr selten in der Mitte eine schwach plattenartige. Ausbildung, in der ge- legentlich auch einmal eine Durchbrechung sich finden kann. Bei mehreren untersuchten Exemplaren war der Mantel auch über den Sinus vollkommen frei von Spiculis. Auch die Spicula der Arme sind viel zarter als bei sphenoidea. 622 F. Blochniann, Die Anordnung der Sinus im dorsalen Mantel hat Davidson, R. Br. Taf. II, Fig. 22 nach einem aus den Sammlungen von Pourtales stammenden Exemplar von Florida abgebildet. Sie stimmt vollkommen überein mit der für L. sphenoidea festgestellten Anordnung (vgl. Fischer und Oehlert, 1891, Taf . III, Fig. 8e). Bei einander nahestehenden Arten ist eine solche Übereinstimmung nicht selten vorhanden. Nun ist es aber nach meinen ausgedehnten Erfahrungen an einem Alkohol- ■exemplar, solange der Mantel mit der Schale verbunden ist, vollkommen unmöglich, die Sinus in der Vollständigkeit zu erkennen, wie es die an- geführte Abbildung zeigt. Dasselbe gilt vom trockenen Material erst recht, wenn nicht in der Wand der Sinus Spicula liegen, im übrigen Mantel aber fehlen. Durch eine solche Verteilung der Spicula heben sich, worauf Fischer und Oehlert (1891) zuerst bei L. sphenoidea auf- merksam machten, die Mantelsinus bis in die feineren Verzweigungen klar ab. So muß ich aus der erwähnten Abbildung Davidsons schließen, daß ■bei dem von ihm geprüften Exemplar von L. cubensis gerade so wie dies für L. sphenoidea bekannt ist, die Spicula die Sinus in ihrer ganzen Aus- dehnung begleiten. Diese Ansicht wird gestützt durch die Befunde bei der von Ascension stammenden Form, wovon unten die Rede sein wird. Bei den von mir untersuchten Exemplaren von L. cubensis (zwei in Alkohol, eins trocken) fanden sich weder auf den Sinus noch sonst irgendwo im Mantel Spicula. Dall (1871, S. 6) dagegen gibt an, daß er im Mantel solche gesehen habe und sagt dann weiter: »They are much more numerous in some individuals than in others ...... Danach würde man also für L. cubensis, was Vorkommen und Ver- breitung der Spicula anlangt, eine ziemlich große Variabilität annehmen müssen1. Es kann also jedenfalls darin, daß unter Umständen die Spicula über den Sinus bei L. cubensis fehlen, kein unterscheidendes Merkmal von L. cubensis gegenüber L. sphenoidea mehr gefunden werden. Die große Verschiedenheit in der Gestalt der Spicula scheidet beide Formen nach wie vor. Man wird sie darum auch, soweit die Erfahrung bis jetzt reicht, auseinander halten müssen, wenn auch engere Beziehungen unzweifelhaft bestehen. Auch für die in meiner vorläufigen Mitteilung (1906) von mir an- genommene Abgrenzung der von der Challengerexpedition bei Ascension 1 Wie früher gesagt, habe ich das in den Fällen wo ich von einer Art eine große Zahl von Exemplaren untersuchen konnte in diesem Maße nicht gefunden. Zur Systematik und geographischen Verl>ivitun<_r r norwegischen Küste sagen, daß sie jedenfalls niemals in das Plancton der höheren Schichten kommen. Ich habe mich während der Fortpflanzungszeit der dort gemeinen Testi- cardinenarten an Plätzen, wo mir das Schleppnetz mehrfach in einem Zuge über 100 erwachsene Exemplare lieferte, ganz vergeblich be- müht, mit Hilfe des feinen Netzes an der Oberfläche oder in der Tiefe auch nur ein einziges Exemplar der Larven zu erbeuten. In meinen Zuchtgefäßen hatte ich sie gleichzeitig zu Hunderten. 1 Von Crania isl in dieser Einsicht nichts Genaueres bekannt. 40* 628 F. Blochmann, Daraus muß man schließen, daß die Testicardinenlarven in der Nähe des Grundes bleiben, wo sie sich dann meist in nicht allzu großer Entfernung von dem Muttertier festsetzen werden. Das muß besonders für die Bewohner des tieferen Wassers gelten, weil mit zunehmender Wassertiefe die ausbreitende Wirkung der Strömungen mehr und mehr wegfällt. Der aktiven Fortbewegung der Larven kann keine große Bedeutung beigelegt werden. Weiter wird die Ausbreitung beschränkt durch die kurze Dauer des Larvenzustandes, was wieder eine Folge der Organisation der Larven ist. Die Testicardinenlarven entbehren alle, soweit sie bekannt sind, der Mundöffnung und des funktionierenden Darmes. Für Terebratulina septentrionalis und caput serpentis habe ich durch Züchtung im Aqua- rium die Dauer des Larvenzustandes festgestellt. Meist erfolgt die Festheftimg nach 10 — 12 Tagen. Länger als 14 Tage blieben die Larven nie im beweglichen Zustande. Nimmt man das Gesagte zusammen, so sieht man leicht, daß die Brachiopoden, speziell die Testicardinen, nur ein höchst beschränktes Ausbreitungsvermögen haben. Ferner ist vollkommen klar, daß eine Verbreitung über die Hochsee, von einer Küste eines Ozeans zur andern unmöglich ist. Rechnungsgemäße Angaben in dieser Hinsicht folgen weiter unten. Aber auch der Weg durch die Tiefsee ist für die aller- meisten Arten ungangbar. Nur einige wenige bestimmte Arten sind in Tiefen von 2000 m und mehr gefunden worden. Erschwerend für eine allgemeine Verbreitung in der Tiefsee muß auch der Umstand sein, daß die meisten Arten ein festes Substrat verlangen. Abgesehen von den Sand und Schlamm bewohnenden Lingula- Arten, gibt es nur zwei Formen, die an das Leben auf losem Substrat, speziell Globigerinenschlamm, angepaßt sind, Chlidonofhora incerta (Dav.) und die von mir nach dem Valdiviamaterial beschriebene Chi. chuni1. Alle andern Formen verlangen ein festes Substrat, das in der Tiefsee nur da und dort einmal zu finden ist. So wird also die Ausbreitung der Brachiopoden in der Regel nur längs der Kontinentalküsten oder im Verlauf von Inselketten, deren einzelne Glieder durch mäßig große Entfernungen und nicht zu tiefes Wasser voneinander getrennt sind, erfolgen können. Tatsächlich zeigt die Karte, auf welcher Hall und Clarke die Verbreitung der recenten Brachiopoden darstellen, die Küsten dicht besetzt, im übrigen aber als Bewohner der küstenfernen Tiefen nur: 1 Siehe Abbildung bei C. Chtjn, Aus den Tiefen des Weltmeeres. I. Aufl, S. 404, 405. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden. 'iL".1 Discinisca atlantica und Liothyrina wymllei. Spätere Kunde haben das Gesamtbild nicht verändert. Nach diesen allgemeinen Bemerkungen will ich nun zeigen, wie sich die Verbreitung der recenten Brachiopoden im einzelnen gestaltet und wie die tatsächlichen Befunde sich erklären lassen. Ich muß mich dabei auf einige charakteristische Beispiele beschränken. Eine aus- führliche Darstellung würde vielfach eine eingehende Kritik der Syste- matik erfordern, was nur an der Hand von zahlreichen Abbildungen mit Erfolg durchgeführt werden kann. Das soll in Bälde an andrer Stelle geschehen. Ich habe oben schon für die Liothyrinen gezeigt, wie schwankend bisher die Ansichten über die Abgrenzung der Arten waren. Daß sich auf einer derartigen systematischen Grundlage kein brauchbares Bild von der Verbreitung erzielen ließ, ist einleuchtend. Ahnlich liegt es auch in andern Fällen. Nur durch falsche Bestimmung erklären sich Angaben, wie z. B. daß Terebratulina septentrionalis außer im Nordatlantik auch am Kap und bei den Prinz-Edwards-Inseln vor- komme, daß Terebratulina crossei am Kap Hörn und Terebratulina eajjut sriju tttis in Japan sich finde und dergleichen mehr. Ich habe solche von vornherein nicht gerade wahrscheinliche An- gaben, so weit ich bis jetzt das Material erhalten konnte, nachgeprüft und werde an andrer Stelle darüber ausführlich berichten. Das Ergebnis dieser zum Teil recht mühevollen Untersuchungen war. daß, von seltenen Ausnahmen abgesehen, das Verbreitungsgebiet einer jeden Art kontinuierlich ist, wie dies ja nach dem. was oben über die Fähigkeiten der Brachiopoden zur Ausbreitung gesagt wurde, zu erwarten war. Die Ausnahmen, d.h. die Fälle mit diskontinuierlicher Verbreitung, zerfallen in zwei Gruppen: Die eine umfaßt die speeifischen Tiefsee- Eormen, die andre einige Arten, die der Mittelmeerregion und der An- tillenregion gemeinsam sind, beziehungsweise in der mittelatlantischen Region und im indischen Ozean gefunden werden. Auf diese wird noch ausführlich zurückzukommen sein. Sie sind in Wirklichkeit keine Ausnahmen, sondern bestätigen die Regel, sobald man nicht die heute bestehenden Verhältnisse, sondern die jüngste geologische Vergangenheit in Betracht zieht. Die Verbreitung der bis heute bekannten Liothyrina- Arten zeigt die Karte (Taf. XL). Die Tiefseeform Ten hmf>ila wymllei ist an weit auseinander liegenden Orten durch den ( 'hallenger nachgewiesen worden. Immerhin 630 F. Blochmann, gehören die Fundorte alle dem pacifisclien Gebiete an, mit Ausnahme des einen bei den Falklandsinseln. Man darf die Form darum wohl als eine pacifische bezeichnen, die aber im Begriff ist, in den Atlantik, von Süden her kommend, sich auszubreiten. Dasselbe sehen wir auch für andre, dem seichteren Wasser angehörige Formen, wie Terebratella dorsata, Liothyrina uva an derselben Stelle. Für alle andern Liothyrina- Arten, die eben nicht specifische Tief- seeformen sind, zeigt die Karte, daß sie längs der Kontinentalküsten und an Inseln verbreitet sind. Sehr klar tritt hervor, daß für jede Art das Verbreitungsgebiet ein kontinuierliches ist. Die beiden, nach Vorhandensein oder Fehlen der Cirrensockel unterschiedenen Gruppen der Liothyrinen zeigen auch in ihrer Ver- breitung Besonderheiten. Die Formen mit Cirrensockel finden sich in der ganzen Welt, aber jede Art hat ihr Gebiet für sich. In der arktischen Region wohnt L. arctica, in der Mittelmeerregion verbreitet ist L. affinis, in der Antillen- region findet sich eine entsprechende, noch nicht genauer bekannte Form (vgl. dazu S. 613). Auf der andern Seite des Isthmus, im Pacific wohnt L. clarkeana Dali; eine andre Art kennen wir von der Agulhas- bank (siehe S. 613) und aus den japanischen Gewässern L. davidsoni. Antarktisch bzw. subantarktisch sind: L. fulva, moseleyi, muten, antarctica, uva. Von diesen sind bis jetzt L. fulva, moseleyi1 und winteri jedesmal an einem Platze gefunden worden. Ob sie weiter verbreitet sind, muß die Zukunft zeigen. L. antarctica ist zwar bis jetzt auch nur von einem Platze — Kaiser- Wilhelm-Land — bekannt. Da dies aber ein einzelner Punkt einer weit ausgedehnten Küste ist, so wird sich für diese Art eine weitere Verbreitung längs dieser Küste ergeben, wie dies für Magellania joubini aus derselben Region jetzt schon sicher steht. Diese ist von Kaiser- Wilhelm-Land, Süd- Victorialand und auf 80° W (Belgica), also von drei weit auseinander liegenden Punkten des angenommenen antarktischen Kontinents bekannt. Sie hat also wohl sicher circum- polare Verbreitung. Die durch die besondere Ausbildung des Armgerüstes von den bis jetzt erwähnten Arten deutlich geschiedene L. uva ist durch ihre Ver- breitung besonders interessant. Diese erstreckt sich über ein recht aus- gedehntes Gebiet. Von den Küsten des antarktischen Kontinents dehnt sich ihr Wohngebiet an der Westküste von Südamerika bis in Angeblich auch aus der Antillenregion. Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden. 631 den Gk>lf von Tehuantepec, «I. h. über 80 Breitengrade aus. Längs diese] ganzen Küste bis in die Nähe des Äquators fließt kaltes Wasser. Von da bis zum Golf von Tehuantepec findet sich an der Küste warmes Wasser. Auf der Ostseite von Südamerika ist die Art bis zum La Plata nachgewiesen, also wieder im Gebiet des kalten Falklandstromes. Das aus dem Golf von Tehuantepec stammende Tvpenexemplar is1 verkrüppelt. Es ist durch Davidson von dort auch ein normales Exemplar abgebildet (siehe S. 614). Sollten verkrüppelte Exemplare dort häufiger sein, so könnte das vielleicht aus den veränderten Tem- peraturverhältnissen erklärt werden. Auch ein vom Challenger bei Buenos Aires am Ende des Verbreitungsgebietes an der Ostküste ge- fangenes Exemplar weicht von der Norm durch etwas asymmetrische Beschaffenheit u. a. ab. Zahlreiche Exemplare von den gewöhnlichen Fundorten an der Südspitze Amerikas, die ich gesehen habe, zeigten keine Unregelmäßigkeiten. Möglicherweise wird sich für L. uva eine weite (ev. circumpolare) Verbreitung an den antarktischen Küsten ergeben. Über mögliche, aber noch der Bestätigung bedürftige Fundorte von L. uva an der Südostküste von Australien, bei Tahiti und bei Heard Island siehe S. 615 u. 616. Überblicken wir die Verbreitungsverhältnisse der Arten mit Cirren- sockeln, so ergibt sich für L. uva ein ungeheures Wohngebiet, aber sie wohnt bis an die Grenzen des Gebietes unter denselben Bedingungen, im kalten Wasser, und das Wohngebiet ist zusammenhängend1. Die von verschiedenen Fundorten dieses großen Gebietes bekannt gewordenen Exemplare weichen nicht so weit voneinander ab, daß man auch nur Varietäten feststellen könnte. Wo aber die Existenzbedingungen, speziell Tenipeiaturverhältnisse, von Strecke zu Strecke wechseln, sehen wir. den einzelnen Lebensbezirken entsprechend, besondere Arten auftreten. Eis läßt sich wohl die An- nahme verfechten, daß alle die kleinen Arten, wie aretica, affinis, dar- keana, anta/retica, davidsoni, wintert (vielleich.1 auch moseleyi) als Lokal- Eormen einer sich weiter und weiter ausbreitenden Art entstanden sind, immer entsprechend den neuen Gebieten, die allmählich besetzt werden. Die Wohngebiete der einzelnen Arten sind in sich zusammenhän- 1 Dabei bleiben vorderhand die Doch der Bestätigung bedürfenden Fundorte bei den Kcrguelen und bei Australien außer Betracht. Sind sie richtig, so würden sich darin vielleicht Beziehungen zu dem antarktischen Kontinent aussprechen. 632 F. Blochmann, gende Bezirke, und im allgemeinen greift eine Art nicht in das Gebiet der andern über. Besonders mag noch betont werden, daß es unter den lebenden Brachiopoden keine bipolaren Arten gibt. Bemerkenswerte Verhältnisse zeigt die Verbreitung der zweiten Gruppe der Liothyrinen, welche die Formen ohne Cirrensockel umfaßt. Von diesen sind jedenfalls die beiden Arten: L. sphenoidea u. cubensis nahe miteinander verwandt. Die erstere ist ostatlantisch vom Golf von Biscaya bis Kap Bojador bei den Azoren und Kanaren. Im Mittelmeer ist sie auch beobachtet, aber nicht häufig. Fossil dagegen kommt sie im Pliocän von Sizilien und Calabrien massenhaft vor. Daß sie im Mittelmeer heute selten ist, mag, wie Fischer und Oehlert annehmen, mit der nach dem Abschluß des Mittelmeeres eingetretenen Veränderungen (Erhöhung) der Temperatur in den tieferen Regionen zusammenhängen. L. cubensis gehört der Antillenregion an und sitzt in einer räumlich weit davon getrennten Kolonie bei Ascension mitten im Atlantischen Ozean. In genau derselben Weise findet sich bei Ascension auch die sonst im Antillengebiet weit verbreitete Terebratulina cailleti. Da haben wir also einen Fall von ausgesprochen diskontinuierlicher Verbreitung. Dazu kommt weiter noch, daß die westatlantische L. cubensis der ostatlantischen L. sphenoidea so nahe steht, daß man wohl auch die Ansicht verteidigen kann, es handle sich nur um die verschiedenen Wohn- gebieten entsprechenden Varietäten einer ursprünglichen Art. Diese Art der Betrachtung läßt sich dadurch stützen, daß tatsäch- lich einzelne Brachiopodenarten der Antillenregion und dem ent- sprechenden ostatlantischen Gebiet gemeinsam sind. Als solche sind bis jetzt bekannt: Dyscolia wywiUei, Thecidium mediterraneum, Platidia anomioides, Eucalathis ergastica1. Ähnliche Verhältnisse — das Vorkommen ein und derselben Art oder vicariierender Arten in der Antillenregion und an der Westküste Afrikas — sind auch aus andern Abteilungen schon längst bekannt. 1 Für diese Arten war es mir noch nicht möglich ost- und westatlantische Exemplare zu vergleichen. Ich bin also in diesem Falle auf die Angaben in der Literatur angewiesen. Die Formen sind aber so charakteristisch, daß die Richtig- keit der Angaben kaum bezweifelt werden kann. Sollte es sich schließlich auch herausstellen, daß es sich nicht um dieselbe Art, sondern um einander sehr nahe- stehende Formen handelt, so würde das an den folgenden Ausführungen nichts ändern. Näheres über diese Formen findet sich bei Davidson, Rec. Brach., dann besonders bei Fischer und Oehlert (1891). Zur Systematik and geographischen Verbreitung der Brachiopoden. 633 v Eine Erklärung für dieses Verhalten ist auf dreierlei Art möglich: 1) Der Zusammenhang wird hergestellt durch kontinuierliche Ver- breil ong durch die Tiefsee. 2) Ks werden freischwimmende Larven von einer Küste zur andern durch Strömungen vorschleppt. 3) Man nimmt an. daß zwischen Afrika und Südamerika in früherer Zeit eine Landverbindung bestand, längs deren Küste die Ausbreitung erfolgte. Eine Prüfung dieser verschiedenen Möglichkeiten an der Hand dessen, was oben über Lebensweise und Entwicklungsgeschichte der I brachiopoden, speziell der Testicardinen, gesagt wurde, ergibt, daß die unicr 1) und 2) aufgeführten Möglichkeiten wegfallen. Die hier in Frage stehenden Brachiopoden sind nie an küstenfernen Plätzen in der Tiefsee gefunden worden. Auch da, wo sie vorkommen, gehen sie nicht über 2000 m1 hinab, während sowohl zwischen Afrika und Ascension, als auch zwischen dieser Insel und Südamerika Tiefen von über 4000 m sich finden. Was die Verschleppung durch Strömungen anlangt, so ist zunächst nochmals zu betonen, daß Testicardinenlarven bis jetzt noch nie im Plancton beobachtet wurden, und ferner, daß sie sich voraussichtlich nicht sehr weit vom Grunde entfernen. In Tiefen von 1000 in spielen Strömungen als Transportmittel keine Rolle mehr. Aber auch wenn wir annehmen, die Larven kämen nach oben in das lebhaft strömende Wasser, läßt sich leicht zeigen, daß eine Besiede- lung von Ascension weder von der afrikanischen noch von der ameri- kanischen Küste aus unter den zurzeit bestehenden Verhältnissen möglieh ist. Die letztere Möglichkeit fällt schon wegen des nach Westen gerich- teten Verlaufes der Strömung weg. Bleibt also noch der Transport von der westafrikanischen Küste aus übrig. Nun ist L. sphenoidea bis zu Kap Bojador nachgewiesen. Von hier aus ist ein Transport der Larven direkt nach Ascension unmöglich, weil der Weg quer durch den Guinea- strom und den Südäquatorialstrom hindurchführt. Eine Verbreitung der L. sphenoidea an der westafrikanischen Küste wreiter nach Süden in den Busen von Guinea etwa bis zur Kongomündung ist nicht bekannt, aber möglich, wenn vielleicht auch nich.1 gerade wahrscheinlich. Ciirx (Aus den Tiefen des W i) berichtel aus dieser Gegend von aus- 1 In der Regel überschreitet L. sphenoidea 1200 m nicht, und L. cubensis ist bis jetzt nur zwischen etwa 150 und 800 m gefunden. 634 F. Blochmann, gedehnten tierarmen Strecken, die von zähem Schlamm, der den afri- kanischen Flüssen seinen Ursprung verdankt, bedeckt sind, also von Verhältnissen, die für die Ansiedelung von Brachiopoden so ungünstig wie möglich sind. Nehmen wir aber an, L. sphenoidea käme bis in diese Gegend vor, so erscheint trotzdem die Besiedelung von Ascension mit Hilfe der Larven von hier aus unmöglich. Die Entfernung von der Kongomün- dung bis Ascension beträgt rund 2900 km. Als durchschnittliche Ge- schwindigkeit des Südäquatorialstromes kann man für den Tag etwa 46 km und als ausnahmsweise vorkommende Höchstgeschwindigkeit 93 km ansetzen. Es würde sich also danach für die Larve auf der an- gegebenen Strecke eine Transportzeit von 62 bzw. 31 Tagen ergeben, vorausgesetzt, daß alles ganz glatt geht. Wir haben aber keinen Grund anzunehmen, daß die Larven von L. sphenoidea länger im Larvenzustand bleiben als die der oben genannten Arten, für welche die Dauer des Larvenlebens durch Beobachtung auf höchstens 14 Tage festgestellt ist. Die andre von Ascension durch den Challenger bekannt gewordene Brachiopodenart, Terebratulina cailleti, ist von der Ostseite des At- lantik noch nicht bekannt geworden, während sie in der Antillenregion verbreitet ist. Ein Transport von hier nach Ascension ist unmöglich. Wir müssen also nach dem, was wir über die biologischen und ent- wicklungsgeschichtlichen Verhältnisse der Brachiopoden wissen, sagen, daß unter den heute bestehenden Verhältnissen eine Besiedelung von Ascension mit Brachiopoden von den Kontinentalküsten aus unmög- lich ist. Daß aber tatsächlich an dieser isolierten Insel mitten im Atlanti- schen Ozean Testicardinen vorkommen, welche die engsten Beziehungen zu den an den kontinentalen Küsten sich findenden Formen bieten, läßt sich nur durch die Annahme erklären, daß die beiden Kontinente einmal durch eine Landbrücke oder durch eine Reihe von einander nahe liegen- den und durch nicht zu tiefes Wasser voneinander getrennten Inseln verbunden waren. Ich habe nicht die Absicht, die schon oft erörterte Frage einer Landverbindung zwischen Afrika und Südamerika hier wieder ein- gehend zu besprechen. Das ist um so weniger nötig, als gerade v. Ihering (1907) seine alten Gründe für eine solche Verbindung wieder zusammen- fassend vorgetragen hat und außerdem ein Buch von Arldt über die- selbe Frage in Aussicht steht. Ich bemerke dazu nur folgendes: Abgesehen von andern tiergeo- graphischen Gründen, hat man gerade auch zur Erklärung des Zur Systematik und geographischen Verbreitung der Brachiopoden. G35 Vorkommens von identischen oder nahe verwandten Tieren aus verschie- denen Abteilungen an den Küsten der centralamerikanischen und der ^eatafrikaniscrien Region eine solche Landverbindung postuliert. Andre Forscher wollen diese Verhältnisse durch Verschleppung der Larven über den Ozean erklären. Es ist zweifellos, daß z. B. Echino- dennenlai ven. wenn auch sehr vereinzelt, mitten im Atlantik gefunden werden (vgl. z. B. Mortensen 1898). Hier handelt es sich aber um Larven, die sich selbständig ernähren und darum eine lange Tiift durch- machen können. Nun hat Gardiner (1904) nachgewiesen, daß die Larven von Eckinus und Strongylocentrotus 32 bzw. 34 Tage bis zur Metamorphose nötig haben. Diese Zeit würde zu einem Transport von einer Küste zur andern nicht reichen. Aber Agassiz (1904), der wie Mortensen das Vorkommen derselben Echinodermenarten an beiden Küsten des Atlantik durch Verschleppung erklären will, macht die in dieser Hinsicht wichtige Angabe, daß auch ganz junge Seeigel noch planctonisch gefunden werden. Nach diesen positiven Angaben läßt sieh die Möglichkeit eines Transportes auf große Entfernungen für die Echiniden nicht direkt in Abrede stellen1. Für die Larven von testicardinen Brachiopoden ist aber eine solche Verschleppung der Larven über den Ozean direkt auszuschließen. Und solange nicht Testicardinenlarven mitten in den Äquatoiialströmen oder zerstreute Kolonien der für uns hier in Betracht kommenden Arten auf dein Grunde der zwischen Afrika, Ascension und Südamerika liegenden Meeresgebiete nachgewiesen sind, muß ich daran festhalten, daß wir in dem Vorkommen derselben Brachiopodenart bzw. von vi- cariierenden Formen an den alt- und neuweltlichen Küsten des Atlantik und den isoliert dazwischen liegenden Inseln einen Beweis für eine vor noch nicht allzu ferner Zeit verschwundene Landbrücke zwischen beiden Kontinenten erblicken müssen. Längs der Küste dieser Landverbindimg war eine Liothyrina- Art aus- gebreitet, die unter differenten Lebensbedingungen dann in die jetzt vorhandenen Formen sich spaltete. Es wird vielleicht möglich sein, durch Untersuchung fossilen Ma- terials in dieser Hinsicht manches aufzuklären. Ich habe diese Aufgabe in Angriff genommen. Die Beschaffung des Materials ist nicht ganz 1 Im ührigen möchte ich weder für . Amphitrema rhenanum Lauterb. 1896. Lauterborn S. 14. — 1902. Penabd S. 581. — 1903. Penard S. 289 —299 (.4. lananen-seVen.). — 1905. Penard S. 101 — 103. — 1906. Awerinzew S. 320. (Taf. XLI, Fig. 4—5.) Gehäuse dünnschalig, oval bis spindelförmig, öfter etwas unregel- mäßig, an beiden Enden halsartig verschmälert. Oberfläche der Schale 648 Robert Lauterborn, rauh, durch zerstreute, sehr kleine inkrustierende Sandkörnchen, die an den Mündungen meist etwas dichter gehäuft erscheinen. Weichkörper besonders in seinem centralen Teile dicht erfüllt von kleinen ziegelroten Körnchen, die völlig jenen des Heliozoons Pinacio- phora fluviatilis Greeff gleichen. Kern central bläschenförmig, mit großem Nucleolus. Bei der Bewegung tritt das Plasma pfropfenförmig aus den Mündungen hervor und entsendet hier je ein einziges dünnes, spitzes Pseudopodium, welches sich hinten oft bogenförmig krümmt oder mehr oder weniger umknickt. Länge des Gehäuses 40 — 45/<, größte Breite 10 — 15^. Vorkommen. Bisher nur im Diatomeenschlamm des Rheines, zusammen mit Hyalosphenia Penardi Lauterb., Pinaciophora fluviatilis Greeff usw., immer einzeln. Im Jahre 1903 hat Penard aus dem Genfersee unter dem Namen Amphitrema lemanense einen Rhizopoden beschrieben, welcher eine außerordentlich weitgehende Ähnlichkeit mit A. rJienanum besitzt, selbst die roten Körnchen im Innern sind vorhanden. Ein Unterschied soll nach Penard darin bestehen, daß A. lemanense etwas komprimiert ist, wodurch der Querschnitt mehr elliptisch würde, weiter seien die Dimen- sionen der Schale geringer, 20 — 35 /.t im Genfersee gegen 40 — 45 /.t im Rhein1. Ich muß gestehen, daß ich derartige minutiöse Differenzen bei den doch recht variablen Rhizopodenschalen für so unerheblich halte, daß ich persönlich nicht einmal wagen würde darauf auch nur eine Varietät zu begründen. 4. Microcometes paludosus Cienkowsl. Disematostoma Bütschlu Lauterb. 1894. Laüterbokn S. 397. — 1S96. Schewiakoff S. 315—316. — 1906 b. Schouteden S. 448. (Taf. XLI, Fig. 13, Taf. XLII, Fig. 14—17.) Der Körper ist unregelmäßig ei- bis birnförmig, vorn breil gerundet, hinten verschmälert. Mundöffnung groß, etwa ein Drittel der Körper- länge einnehmend, in einiger Entfernung von dem Vorderende auf der Bauchseite gelegen. Von Gestalt im Umriß ungefähr länglich ohrförmig, besitzt sie zwei ansehnliche undulierende Membranen, die sehr zart, aber deutlich quergestreift sind und an ihrem freien Rande meist etwas aufgefasert erscheinen; es macht ganz den Eindruck, als seien sie aus dicht verklebten feinsten Cilien zusammengesetzt. Die Körperstreifung ist recht eigenartig. Am Vorderende des Körpers befindet sich eine schief verlaufende grubenförmige Einsenkung, von der aus auf der Ventralseite eine schwach rinnenförmige Vertiefung gegen das Vorderende der Mundöffnung zu zieht (Taf. XLII, Fig. 14). Die Körperstreifen beginnen hinter der Rinne (bei ventraler Ansicht) sehr dicht zusammengedrängt und ziehen, allmählich sich verbreiternd, schwach bogenförmig nach hinten, während rechts der Rinne die Streifen etwas weniger gedrängt erscheinen. Auf der Dorsalseite (Taf. XLII, Fig. ] 5) konvergieren alle Streifen gegen eine Reihe relativ großer, mehr oder weniger polygonaler Felder (etwa 20 — 25 an der Zahl), die, in einer Reihe hintereinander angeordnet, sich entlang der Medianlinie vom Hinterende bis gegen die Körpermitte hinzieht. Die einzelnen Cilienfelder sind ganz wie bei Holophrya nigricans gebaut: auch hier haben wir das bereits geschilderte gitterförmige Oberflächenrelief, wobei jede Cilie in der Mitte eines flachen kästchenartigen Cilienfeldes entspringt. Scheidung in Ecto- und Entoplasma sehr scharf ausgeprägt; Cor- ticalplasma sehr dick, mit zahlreichen Trichocysten. Kern groß, in der vorderen Körperhälfte, wurstförmig gebogen mit zahlreichen Binnen- körpern und feinmaschigem Gerüstwerk. Contractile Vacuole groß, etwas hinter der Körpermitte dorsal mit deutlichem Porus ausmündend, füllt sich mit rosettenförmig zuführenden Kanälen. Unterhalb der cilienbekleideten Einsenkung am vorderen Körperpole eine Ansammlung glänzender dunkler Körnchen. Meist mit Zoochlorellen. Länge des Infusors 140 — 155 [t, größte Breite 80 — 90 /.t; Cortical- plasma 14 u dick. Trichocysten 10 (j., ausgeschnellt bis 60 /.i lang. Vorkommen, Lebensweise. Disematostoma Bütschlii fand ich wie Holophrya nigricans in zahreichen Teichen und Tümpeln des Ober- rheins weit verbreitet; sie kommt beispielsweise auch im Hafen von Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC. Bd. 42 658 Robert Lauterborn, Oppenheim bei Mainz in beträchtlicher Zahl vor. Gleich Holophrya ist es ein charakteristisches Mitglied des Winterplanctons und erlangt seine größte Häufigkeit in den Monaten November bis April; einzeln auch noch im Mai. Die Bewegungen sind außerordentlich rasch und unstet. Dabei ist das Infusor sehr gefräßig und meist mit kleinen Flagellaten (Trachelomonas, Chrysococcus rufescens Klebs usw.) voll- gepfropft. Im System dürfte Disematostoma seinen Platz bei den Holotrichen, und zwar in der Nähe von Fronlonia und Ophryoglena erhalten. Es unterscheidet sich von beiden Gattungen, abgesehen von der eigenartigen Cilienstreifung, vor allem durch die große Mundöffnung mit den beiden ansehnlichen undulierenden Membranen. 10. Bursaridium Schewiakowii Lauterb. 1894. Lauterborn, S. 398. (Taf. XLII, Fig. 18.) Körper sehr groß, beuteiförmig, hinten breit gerundet, vorn ab- gestutzt, sehr hyalin und zart. Peristomfeld mächtig entwickelt, trichter- förmig bis hinter die Körpermitte eingesenkt, im hinteren Abschnitt nach rechts abbiegend. Ectoplasma sehr dick, stark radiär gestreift. Kern ellipsoidal bis schwach nierenförmig. Entoplasma grob schaumig, gewöhnlich von groben Nahrungskörpern (hier Peridinium bipes Stein) erfüllt. Größe etwa 250 fi. Vorkommen: Im freien Wasser eines Teiches bei Maudach (west- lich von Ludwigshafen), nur im Winter, sehr einzeln. Zu meinem Bedauern bin ich nicht imstande, die kurze Beschrei- bung von 1894 hier wesentlich zu ergänzen, da Bursaridium mir seit jener Zeit nicht mehr zu Gesicht kam. Ich muß darum auch bitten, die beigegebene Abbildung nur als Skizze zu betrachten, die den all- gemeinen Habitus wiedergeben soll. Zum Wiedererkennen des Infusors dürfte sie indessen wohl genügen. Eine genauere Zeichnung anzufer- tigen war mir damals unmöglich, einmal weil das Infusor recht selten war, dann aber vor allem, weil es auf den allergeringsten Deckglasdruck sofort durch Zerfließen reagierte. Auch die Anwendung von Fixierungs- mitteln versagte hier fast völlig: selbst Osmiumsäure, welche doch das zarte, recht empfindliche Disematostoma wenigstens leidlich erhielt, ergab hier nur recht mangelhafte Resultate, indem der äußerst wasser- reiche Körper des Infusors. zu einem Klumpen zusammenschrumpfte, Protozoen-Studien. V. Uö9 welcher mit der, ich möchte fast sagen ätherischen Erscheinung des lebenden Tieres kaum noch Ähnlichkeiten aufwies. So anzulänglich auch aus den eben dargelegten Gründen die Beob- achtungen noch sind, genügen sie doch wohl schon, um darzutun, daß wir es hier mit einer sehr interessanten Form zu tun haben, die im System ihren Platz bei den Gattungen Bursaria und Thylakidium Schewiakoff erhalten dürfte. 11. Condylo Stoma caudatum nov. spec. (Taf. XLII, Fig. 20.) Körper sehr langgestreckt, ähnlich C. patens 0. F. M., aber hinten verschmälert und schwanzartig ausgezogen. Peristomfeld etwa 1/5 der K ■ >r perlänge einnehmend. Länge des Infusors 150 — 200 (.t. Vorkommen. Bisher nur im Diatomeenschlamm des fließenden Rheins, in Gesellschaft von Amphitrema rhenanum Lauterb., Hyalo- sphaera Penardi Lauterb. usw. Früher auch einmal bei Heidelberg beobachtet. Die Bewegungen sind sehr lebhaft. Mit obiger kurzer Diagnose ist eine Co ndylostoma- Art charakterisiert, welche im allgemeinen Habitus von der bisher einzigen Süßwasserform der Gattung ( '. vorticella Ehrb. spec. völlig verschieden ist und weit mehr dem marinen ('. patens 0. F. Müller spec. ähnelt. Von letzterem unter- scheidet sich i '. nmdahoii aber durch sein stark verschmälertes schwanz- artig ausgezogenes Hinterende. 12. Dißcomorpha pectinata Levander. L894. Levander S. 55—61; Taf. III, Fig. 26—27. (Taf. XLIII, Fig. 21—22.) Unter diesem Namen1 beschrieb Levander 1894 ein Infusor, welches er in einem Teiche bei Helsingfors (Finnland) aufgefunden und anfanglich wegen seiner äußerst bizarren Gestalt für eine Monstrosität gehalten hatte. Lh kenne diese eigenartige Form ebenfalls schon seit einer Reihe vxm Jahren, und /war als einen der charakteristischsten Be- wohner des faulenden organischen Schlammes und bin darum imstande, die Schilderung Levandebs, der nur zwei Exemplare zugrunde lagen, nach einigen Richtungen hin zu erweitern und zu ergänzen. Der Körper von Disoomorpha ist von den Seiten her sehr stark 1 In der Tafelerklärung S. 86 bezeichnet Levander das Infusor als Disco- morpha medusula. 42* 660 Robert Lauterborn, komprimiert, völlig starr und hyalin. In lateraler Ansicht1 zeigt das In- fusor annähernd die Gestalt einer Scheibe, welche auf einer Hälfte, die der Ventralseite zugekehrt ist, etwas verdickt erscheint, während die andre der Dorsalseite zugekehrte Hälfte sehr dünn ist und entlang des Dorsal- randes fast kielartige Zuschärfung zeigt. Die Umrißlinie des Körpers beschreibt bei dieser Ansicht fast dreiviertel eines ziemlich regelmäßigen Kreisbogens oder einer sehr breiten Ellipse. Dies gilt besonders von der Dorsallinie, welche in sehr gleichmäßiger Krümmung verläuft und sich am vorderen Körperende an einen langen, schwach ventral geneigten spitzen Zahn oder Dorn fortsetzt. Die völlige Asymmetrie des Körpers nötigt uns, die beiden Körper- seiten gesondert zu betrachten. Bei rechtsseitiger Ansicht, wie sie Fig. 21 vorzuführen sucht, sehen wir in einiger Entfernung vom Dorsal- rande und diesem parallel eine leistenartige Linie verlaufen, welche den dünneren Kiel von dem mehr verdickten Teil der Scheibe sondert. Nahe dem vorderen Ende dieser Leiste hängt ein langer, starrer, leicht ge- schweifter Dorn nach unten und hinten. Gegen die Ventralseite zu entspringt hinten ein zweiter Dorn, welcher von einer breiten, annähernd dreieckigen Basis ausgeht und leicht gekrümmt weit über den Rand der Scheibe nach hinten vorragt. Außer diesen Dornen erhebt sich von der Oberfläche der Scheibe im vorderen Drittel des Körpers noch ein sehr eigentümlicher Wulst, der konsolenartig vorspringt und in schwach bogenförmigem Ver- laufe über den Ventralrand nach der linken Körperhälfte übergreift. Dieser Wulst wird von einer Anzahl erhöhter Querspangen umfaßt, welche dorsalwärts kleiner werden und alle an ihrem Rande wie krenu- liert erscheinen. Von diesen Spangen entspringen reihenweise angeord- nete sehr lange und dünne Cilien, welche in dieser Gesamtheit fast mähnenartig sich zusammenschließen. Ganz verschieden hiervon ist das Bild der linken Körperseite (Fig. 22). Hier sehen wir zunächst den cilienbesetzten Wulst von einem nasenartigen Vorsprung des Ventralrandes noch ein Stück weit herüber- ziehen. Gegen die Mitte der Scheibe zu verschwindet er eine Strecke weit und bleibt nur noch durch eine Art Leiste angedeutet. Dann er- scheint er wieder, vielleicht etwas weniger vorspringend als auf der 1 Levandeb bezeichnet die in meiner Fig. 21 abgebildete Ansicht als die » ventrale oder rechte (bzw. untere) Seite, Fig. 22 als die » dorsale oder linke (bzw. obere) Seite « des Tieres. Ich betrachte Fig. 21 und 22 als Ansichten der rechten und linken Körperseite ; die Ventralseite ist durch die Lage des Mundes, die Dorsal - aeite durch den dünneren Kiel bezeichnet. Protozoon Studien. V. 661 rechten Körperseite, aber sonst in typischer Ausbildung und zieht nur ganz leicht gebogen gegen die Dorsalseite hin. Von den hier aufsitzenden neun bis zehn Cilienspangen tragen zwei der vordersten kurze, gekrümmte nach hinten hängende unbewegliche Stacheln. Außer auf dem Cilienwulste besitzt der Körper noch weitere isolierte ( 'ilienbiindcl. So erscheint der Hinterrand gegen die Ventralseite zu eine ziemliche Strecke weit sehr fein krenuliert oder (wie das Zahnrädchen einer Uhr) gekerbt und hier mit langen dünnen Cilien dicht besetzt. Ein einzelnes schopfartiges Cilienbündel entspringt auf der linken Körperseite hinten nahe dem Dorsalrand. Der feinere Bau des Ventralrandes ist nun recht schwer genauer zu enträtseln, da es kaum möglich ist direkte Ansicht .zu erhalten. Unter dem C'ilienwulst springt eine mit Cilien besetzte gekrümmte Höhlung in das Körperinnere vor. Weiter senkt sich von da aus eine taschen- förmige Höhlung nach hinten ein, die als Mundöffnung anzusprechen ist. Sie trägt auf ihrem Grunde eine Anzahl parallel gerichteter, sehr kräftiger Cirren, die wie Zähne eines Kammes zusammenschließen und stoßende Bewegungen nach vorn ausführen. Von der inneren Organisation wäre zunächst der Kern zu erwähnen. Der Macronucleus, dem Hinterende genähert, besitzt ellipsoidale Gestalt und ist erfüllt von einem feinmaschigen Gerüstwerk, welches mehrere Binnenkörper umschließt. Der Micronucleus ist relativ groß; er läßt in seinem Innern eine stärker färbbare dichtere centrale Partie unterscheiden und liegt in einiger Entfernung vom hinteren Kernpole. Die contractile Vacuole liegl vor dem Kern und entleert ihren Inhalt durch einen längeren, etwas gekrümmten Kanal auf der Ventral- seite nach außen, und zwar in der Gegend der Basis des hinteren Domes. Der Kanal ist stets sichtbar und zeigt vor seiner Mündung eine deutliche ampullenartige Erweiterung. Bei der Entleerung zieht sich von dieser Ampulle zu der Vacuole eine deutliche Linie hin, die wohl einer Er- weiterung des Kanales entspricht. Die contractile Vacuole füllt sich durch das Zusammenfließen kleinerer, wenig scharf begrenzter Va- cuolen; der Zeitraum zwischen zwei Kontraktionen beträgt etwa 3 Mi- nuten. Viin weiteren Inhaltsbestandteilen fallen noch eine Anzahl Nah- rungsvacuolen in die Augen, die meist mit feinen Partikeln (Cellulose- fasern?) erfüllt sind. Neben ihnen finden sieh noch bald mehr, bald 662 Robert Lauterborn, weniger zahlreiche blasse Kugeln. Der ganze Dorsalrand wird von einer Reihe kleiner glänzender Kügelchen begleitet. Länge 60 — 80 u. Vorkommen, Lebensweise, Discomorpha pectinata ist geradezu als eine Leitform für die sapropelische Lebewelt zu betrachten. Wenn ein derart eigenartiges Infusor so lange der Aufmerksamkeit der Pro- tozoenforscher entgehen konnte, so liegt dies meiner Ansicht nach in erster Linie daran, daß Discomorpha, ebenso wie die Mehrzahl der andern sapropelischen Organismen nicht auf, sondern anaerob in dem faulenden organischen Schlamme lebt. Hier ist sie durchaus nicht so selten, wie man aus Levanders Befunden vielleicht entnehmen könnte: man wird an geeigneten Fundstellen1 nur selten eine Schlammprobe vergebens nach ihr durchsuchen. Die Fortbewegung des Infusors, die hauptsäch- lich durch die Cilien des Wulstes bedingt wird, ist ziemlich langsam und unregelmäßig. 13. Saprodinium dentatum Lauterb. 1901. Lauterborn S. 54 (Discomorpha dentata Lauterb. * (Taf. XLII, Fig. 23—24.) Der Körper ist starr, von den Seiten her ziemlich stark komprimiert, fast scheibenförmig, asymmetrisch. Der Dorsalrand, kielartig verschmä- lert, geht in gleichmäßiger Krümmung in den breit bogenförmig gerunde- ten Vorderrand über und endet hier in einen dünnen, spitzen Dorn, der annähernd parallel mit dem Körperrand ventral geneigt ist. Das etwas verdickte Hinterende (vgl. Fig. 24) ist auf beiden Körperhälften in meist je vier dreieckige Fortsätze ausgezogen, die in etwas geschweifte, sehr spitze Dornen auslaufen und großenteils auf etwas krenulierter Basis lange Cilienbündel tragen. Im vorderen Körperdrittel links ventralwärts eine ziemlich breite hohlkehlenartig vertiefte Rinne, welche sich über den Ventralrand nach der rechten Körperseite hinüberzieht und hier bogenförmig nach hinten verläuft. Der Boden der Rinne ist mit mehreren Reihen äußerst kleiner gitterförmig angeordneter polygonaler Felder bedeckt, in denen zahlreiche lange, dünne Cilien entspringen. Eine Reihe von Cilien verläuft auf der linken Körperseite entlang des ganzen Dorsalrandes; eine weitere etwas kürzere Reihe zieht hier etwa in Körpermitte etwas bogenförmig schief nach hinten. Der Ventralrand ist mit mehreren zackenförmigen nach hinten 1 Über deren Charakter und Lebensbedingungen vergleiche Lauterborn 1901 und 1906. Protozoen-Studien. V. tili:) geneigten Vorsprüngen versehen. Der Mund liegt hier am Beginn der hinteren Körperhälfte und ist mit einer Anzahl gekrümmter kammartig zusammenstehender kräftiger Girren bewehrt, die vorgestoßen werden können. Maeronucleus meist in Zweizahl vorhanden, groß, kugelig, mit gleichmäßig feiner Struktur und mehreren Binnenkörpern, Micro- nucleus ziemlich groß, kugelig, zwischen beiden Kernkugeln gelegen. Contractile Vacuole kugelig, in der hinteren Körperhälfte etwas dorsal gelegen. Größe: 80 u lang, 72 u breit. Vorkommen, Lebensweise. Ähnlich wie bei Discomorpha aus- schließlich sapropelisch, ziemlich einzeln. Bewegung hauptsächlich mit Hilfe der Cilien in der Furche, etwas rascher wie bei Discomorpha. Ich habe dieses merkwürdige Infusor im Jahre 1901 der Gattung Discomorpha eingereiht, mit der es auch in der allgemeinen Körpergestalt sowie durch den vorderen Dorn manche Ähnlichkeit besitzt. Diesen Übereinstimmungen stehen aber auch beträchtliche Abweichungen gegenüber. Dahin gehört vor allem die Ausbildung einer cilientragenden Furche an Stelle des konsolenartigen Wulstes bei Discomorpha und dann vor allem die sehr eigenartige Bezähmung des Hinterrandes. In diesem Punkte erinnert unsre Gattung sehr an die von Roux aufgestellte Gattung Epalxis. Nur sind bei dieser — die Richtigkeit der von Roux gegebenen Schilderung und Abbildung vorausgesetzt — die Zähne stumpf-gerundet, dann fehlt vor allem die für Saprodinium so cha- rakteristische (ilienfunhe. weiter der vordere Dorn völlig. Auch die allgemeine Körpergestalt ist recht verschieden. Unter diesen Umständen schien mir die Aufstellung einer neuen Gattung geboten, für welche ich hiermit den Namen Saprodinium vorschlage. 14. Pelodinium reniforme nov. gen. nov. spec. (Taf. XLIII, Fig. 29—30.) Körper nierenförmig, von den Seiten her ziemlich stark kom- primiert, völlig starr, hyalin. Vorder- und Hinterrand sowie Dorsalrand gleichmäßig breit gerundet; Ventralseite etwas eingesenkt, mit zackigen Vorsprüngen. Auf der rechten Körperseite zieht sich parallel dem Vorderrand ein breites Band hin, welches mit zahnartiger Kontur den Ventralrand umzieht und dann noch ein kleines Stück weit auf die linke Körperhälfte übergreift. Dieses Band ist mit mehreren (fünf bis sechs) Reihen kleinster polygonaler Felder bedeckt, von denen sich zahlreiche dicht gedrängte, lange, dünne Cilien erheben. Am Hinterende 664 Robert Lauterborn, des Körpers befindet sich eine elliptische Einsenkung, welche durch einen in der Mitte vorspringenden stumpfen Fortsatz in zwei Hälften geteilt wird. Beide Körperhälften tragen charakteristische Streifensysteme. Auf der rechten Seite (Fig. 29) verläuft vom Übergang des dorsalen in den ventralen Körperrand an ein leistenartiger, kräftiger Streifen in schwa- cher Biegung schief nach hinten, knickt dann plötzlich um und zieht fast gerade gegen den mittleren Vorsprung der hinteren Körperein- senkung. Zwischen diesem Streifen und dem ventralen Körperrand verlaufen noch mehrere schwächere, hinten zusammenneigende ge- krümmte Linien. Auf der linken Körperhälfte (Fig. 30) begrenzt ein stark gebogener Streifen das Stückchen übergreifenden Cilienbandes. Drei weitere Streifen ziehen gegen die Mitte zu in meridionaler Richtung verschieden weit von hinten nach vorn; der mittlere davon, vorn etwa bis zur Höhe des Cilienbandes ansteigend, erstreckt sich auch auf den mittleren Vorsprung der hinteren Körpereinsenkung. Die Bewimperung setzt sich aus isolierten Reihen von langen Cilien zusammen. Auf der rechten Körperseite zieht sich dorsal von dem fast geraden mittleren Streifen eine lange Cilienreihe hin, eine zweite Reihe verläuft auf einem der geschweiften Streifen gegen die Ventralseite zu. Außerdem wird der ganze Hinterrand ziemlich weit nach vorn zu mit langen Cilien umsäumt. Auf der linken Körperhälfte sind die drei medianen Streifen ventral von Cilienreihen begleitet; der dorsale und mittlere davon in ihrer ganzen Ausdehnung, der mehr ventrale nur hinten. Der Mund liegt ungefähr in der Mitte der Ventralseite und ist wie bei den beiden vorhergehenden Gattungen mit einer Anzahl langer kräftiger Girren besetzt, die wie Zähne eines Kammes nebeneinander gereiht sind und noch über die Mundöffnung vorgestoßen werden können. Macronucleus in Zweizahl vorhanden, kugelig, mit gleichmäßig feiner Struktur und mehreren »Binnenkörpern«, Micronucleus ziem- lich groß, kugelig, mit dichterer centraler Partie. Die contractile Va- cuole kugelig, dem Hinterrand genähert, anscheinend durch einen Kanal in die Einsenkung am Hinterende ausmündend. Größe: 40—50/*. Vorkommen, Lebensweise. Sapropelisch, bisweilen ziemlich zahlreich. Bewegung rascher als bei Discomorpha. Die hier neu aufgestellte Gattung erinnert in ihrem allgemeinen Habitus etwas an die Gattung Microthorax Engelmann, speziell M. pu- Protozoen- Studien. V. 6G5 sillus Engelin. Ein Vergleich meiner Fig. 29 u. 30 mit den Abbildungen, die Blochmann (1395, Taf. VI, Fig. 193) und Roux (1901, Taf. IV, Fig. I) von .1/. pusillus gegeben haben, dürfte indessen bald dartun, daß trotz einzelner Ähnlichkeiten (Körperumrisse, zerstreute Cilienreihen, Ein- äenkung am Hinterende) daneben doch, so viele grundlegende Diffe- renzen bestehen vor allem in bezug auf die Mundbildung, Ausbildung des vorderen Cilienbandes bei Pelodinium — , daß von einer näheren Verwandtschaft kaum die Rede sein kann. Überblicken wir nun noch einmal die hier geschilderten Gattungen Discomorpha, Pelodinium, Saprodinium, so erkennen wir, daß dieselben trotz der Verschiedenheit des Körperumrisses, Anordnung der Cilien, Ausbildung von Dornen und Stacheln usw., daneben doch eine ganze Reihe gemeinsamer Eigentümlichkeiten aufweisen, die sie als nahe verwandt charakterisieren. Auch die Gattung Epalxis Roux gehört wohl hierher1. Versuchen wir aber diese Gattungen im System der Protozoen unterzubringen, so stoßen wir auf große Schwierigkeiten; sie passen in keine Familie hinein, wenn auch gewisse Anklänge an die Familie der Gyrocoridae (speziell Caenomorpha) und der Microthoracidae bestehen mögen. Ich glaube, es bleibt kein andrer Ausweg, als für die Gattungen Discomorpha, Saprodinium, Pelodinium, Epalxis eine neue Familie aufzustellen, die man wegen der höchst charakteristischen Mundbewaffnung Ctenostomidae nennen könnte. Die Familien- diagnose hätte etwa wie folgt zu lauten: Farn. Ctenostomidae nov. fam. Körper seitlich stark komprimiert, asymmetrisch, völ- farr, meist mit stachelartigen Fortsätzen. Mund auf der Ventralseite, mit einer Anzahl dicht wie die Zähne eines Kammes zusammenschließender kräftiger C irren. Bewimpe- rung reduziert, in Gestalt isolierter Reihen von langen dünnen Cilien. Macronucleus in Ein- oder Zweizahl (selten mehr) kugelig bis ellipsoidal, mit feinmaschigem Gerüst- wi'ik und einer Anzahl »Binnenkörper«. Micronucleus ziem- lich groß, kugelig. — Lebensweise sapropelisch. — 1 Ich halte es nicht für unmöglich, daß die bisher nur ungenügend untersuchte Gattung Drepanomonas Fresenius (Abbildung bei Bütschli 1889 Taf. LXIV, Fig. 14) verwandtschaftliche Beziehungen zu den hier aufgezählten Formen haben dürfte (3Gü Robert Lauterborn, In folgendem gebe ich noch eine Bestimmungstabelle der bis jetzt bekannten Gattungen der Familie nach rasch orientie- renden Merkmalen: 1) Vorderende des Körpers mit spitzem, ventral geneigten Dorn 2. la) Vorderende des Körpers ohne solchen Dorn 3. 2) Hinterende breit gerundet, nahe dem Vorder rand ein mit Cilien dicht besetzter Wulst, auf der rechten Körperseite zwei anliegende dolchartige Dornen: Discomorpha. 2a) Hinterende in etwa acht, auf breiter dreieckiger Basis sich er- hebende Dornen ausgezogen; nahe dem Vorderrand eine breite mit Cilien besetzte Furche Saprodinium. 3) Hinterende mit einer durch einen stumpfen Vorsprung zwei- geteilten Einsenkung ; in der Nähe des Vorderrandes ein breites Cilienband Pelodinium. 3a) Hinterende in etwa acht ansehnliche stumpfe Fortsätze aus- gezogen; vorn ohne Cilienband Epalxis. 15. Sphaerophrya solijormis nov. nom. 1901. Lauterborn S. 54 {S. sol.). (Taf. XLI, Fig. 10.) Freilebend. Körper kugelig, größer als bei allen übrigen Arten der Gattung. Tentakel sehr zahlreich, dicht gedrängt, kurz, nur etwa V3 bis y4 des Körperdurchmessers erreichend, von etwas verbreiterter Basis entspringend, sehr dünn und nur ganz schwach geknöpft. Inneres des Körpers dicht mit dunkleren Kugeln erfüllt. Kern ellipsoidal. Durchmesser des Körpers: 100 <«. Vorkommen und Lebensweise. Saprope lisch, immer einzeln. Die vorliegende Art hatte ich 1901 zuerst als Sph. sol beschrieben; später ergab sich jedoch, daß dieser Name bereits früher für eine andre Art der Gattung verwendet worden war, ohne allerdings zur allgemeinen Anwendung gekommen zu sein (Sph. sol Metschnikoff, 1864 = Sph. pusilla Claparede u. Lachmann 1859). Ich habe darum den Artnamen etwas geändert. Wie der Artname andeuten soll, besitzt diese Suctorie nament- lich bei schwacher Vergrößerung eine sehr weitgehende äußere Ähnlich- keit mit einem Heliozooum, die in erster Linie durch die sehr dünnen und wenig geknöpften kurzen Tentakel bedingt ist. Diese Eigentümlichkeit sowie die relativ beträchtliche Größe unter- scheiden Sph. solijormis leicht von allen übrigen Arten der Gattung. Protozoen-Studien. V. 667 Literaturverzeichnis. 1906. 0. Au kkinzkw, Rhizopoda testacea. 351 S. 5 Taf. (Russisch.) 1895. F. Blockmann, Die mikroskopische Tierwelt des Süßwassers. Bd. I. Protozoa. 4 . 7 Taf. 1889. O. Bütschli, Protozoa. 1876. L. Ciknkowsky, Über einige Rhizopoden und verwandte Organismen. In: Archiv f. inikr. Anatomie. Bd. XII (1876) S. 15. 1S77. G. Entz, über die Rhizopoden des Salzteiches zu Szamosfalva. In: Natur- hist. Hefte des Nat. -Museums Budapest. Heft 1. 1898. D. 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Mit 1 Taf. 1896. — Diagnosen neuer Protozoen aus dem Gebiete des Oberrheins. In: Zoolog. Anzeiger. 1896. S. 14—18. 1899. — Protozoenstudien. 4. Flagellaten aus dem Gebiete des Oberrheins. In: Diese Zeitschr. Bd. LXV (1899). S. 369—391. 1901. — Die »sapropelische« Lebewelt. In : Zoolog. Anzeiger. Bd. XXIV (1901). S. 50—55. 1906. — Zur Kenntnis der sapropelischen Flora. In: Allgem. Botan. Zeitschrift. 190Ü. 1894. K. M. Levandkk. Beiträge zur Kenntnis einiger Giliaten. In: Acta soc. pr. Fauna ei Flora fennica. Bd. IX (1894). S. 1—84. 3 Taf. 1903. H. N. Maier, Über den feineren Bau der Wimperapparate der Infusorien. In: Archiv f. Protistenkunde. Bd. II (1903). 1883. E. Maupas. Üontritmtion a l'etude morphologique et anatomique des in- fusoircs cilies. In: Archive zool. et experiinent. gen. 2ieme serie. Bd. I (1883). 1902. E. Penard. Faune rhizopodique du Bassin du Leman. Geneve 1902. 7<)7 p. 4 . 1903. — Sur quelques Protistes voisins des Heliozoaires ou des Flagellates. In: Archiv f. 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Bd. I (1901). Erklärung der Abbildungen. Tafel XLI. Fig. 1 — 2. Hyalospheina Penardi Lauterb. Vergr. etwa 350. Fig. 1. Ansicht von der Breitseite. Fig. 2 von der Kante. Fig. 3. Pamphagus armatus Lauterb. Vergr. etwa 700. Opt. Durchschnitt. Fig. 4 — 5. Amphitrema rlienanum Lauterb. Vergr. etwa 1000. Die beiden Exemplare zeigen die Variationsbreite der Gehäuse. Fig. 6 — 9. Microcometes paludosus Cienkowsky. Vergr. etwa 1100. Fig. 6. Exemplar mit ausgestreckten Pseudopodien. Fig. 7. Exemplar mit stark reduziertem Weichkörper. Fig. 8. Aus dem in Fig. 7 abgebildeten Exemplar ausgeschlüpfter, bereits festsitzender Teilsprößling, der im Begriff ist, ein neues Gehäuse abzuscheiden. Nur eine Pseudopodienöffnung entwickelt. Fig. 9. Gehäuse mit Cyste. Fig. 10. Sphaerophrya soliformis Lauterb. Vergr. etwa 300. -i Fig. 11 — 12. Holophrya {Prorodon) nigricans Lauterb. Fig. 11. Seitliche Ansicht. Fig. 12. Ansicht auf den vorderen Pol und den Mund. Der Ring entspricht der äußeren Mundöffnung, der davon umschlossene un- regelmäßige Spalt der Stelle, wo der Mundtrichter in das Ento- plasma übergeht, die radiäre feine Streifung dem Mundtrichter. Anordnung der Cilienfelder halbschematisch. Vergr. Fig. 11 — 12 etwa 500. Fig. 13. Disematostoma Bütschlii Lauterb. Inneres. Vergr. etwa 500. IY< tozoen- Studien. V. 669 Tafel XLII. Fig. 14—15. Disematostoma Bütschlii Lauterb. Fig. 14. Ventrale Oberfläche mit Verlauf der Gilienstreifen. Fig. 15. Dorsale Oberfläche mit Verlauf der Gilienstreifen, die alle nach der kielartigen Reihe polygonaler Felder vom Hinterende gegen die Mitte konvergieren. Halbschematisch. Fig. 15a. Mundöffnung von Disematostoma in seitlicher Ansicht mit den beiden großen fein quergestreiften undulierenden Membranen. Fig. 16 — 17. Einzelne Cilienfelder von Disematostoma sowie Holo- phrya nigricans bei sehr starker Vergrößerung, Fig. 16 in Flächen- Ansicht, Fig. 17 im optischen Durchschnitt an der Randpartie des Körpers. Man erkennt die flach kästchenartige Gestalt der Cilien- felder. Fig. 18. Bursaridium Schetviakoivi Lauterb. Skizze! Fig. 19. Chaenia limicola Lauterb. Vergr. etwa 350. Fig. 20. Condylostoma caudatum Lauterb. Vergr. etwa 110. Fig. 21 — 22. Discomorpha pectinata Levander. Vergr. etwa 1000. Fig. 21. Ansicht der rechten Körperseite. Fig. 22. Ansicht der linken Körperseite. Fig. 23 — 24. Saprodinium dentatum Lauterb. Vergr. etwa 700. Fig. 23. Ansicht der linken Körperseite. Fig. 24. Schematischer Längsschnitt senkrecht zur Breitseite. Fig. 25. Daciylochlamys pisciformis Lauterb. Ansicht der Oberfläche, mit den Spiralleisten und ihren stummel- bis fingerförmigen Fortsätzen. Vergr. etwa 900. Tafel XLIII. Fig. 26. Dactylochlamys pisciformis Lauterb. Optischer Querschnitt durch das Körperinnere. Vergr. etwa 900. Fig. 27 — 28. Pelamplwra Bütschlii Lauterb. Vergr. etwa 900. Fig. 27. Optischer Querschnitt durch das Körperinnere. Fig. 28. Oberfläche des Körpers mit der Gilienstreifung. Fig. 29 — 30. Pelodinium reniforme Lauterb. Fig. 29. Ansicht der rechten Körperseite. Fig. 30. Ansicht der linken Körperseite. Vergleich des Nervensystems der Octocorallia mit dem der Hexacorallia. Von Nicol. Kassianow. (Nachtrag zu N. Kassianow, Untersuchungen über das Nervensystem der Alcyonaria.) Es wird wohl ein solcher Vergleich nicht ohne Interesse sein. Die Hexacorallia haben sich in hezug auf die genaue histologische For- schung größerer Aufmerksamkeit zahlreicher Naturforscher erfreut, wohl infolge ihrer Größe, und aus diesem Grunde sind an ihnen zum Teil weitgehendere Befunde gemacht worden. Außer der grundlegenden Arbeit von 0. und R. Hertwig1, und den Arbeiten von Heider2 sind in neuerer Zeit noch die Arbeiten von Havet3 und Wolff4 erschienen. In dieser letzteren Arbeit, welche in demselben Jahre (1903) wie 1 1879, 1880. O. und R. Hertwig, Die Actinien, anatomisch und histo- logisch mit besonderer Berücksichtigung des Neuromuskelsystems untersucht. Jenaische Zeitschrift f. Naturw. Bd. XIII, N. F. 6, 1879; Bd. XIV, N. F. 7, 1880. 2 1877. A. v. Heidek, Sagartia trogiodytes Gosse, ein Beitrag zur Anatomie der Actinien. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. N.-m. Kl. 1. Abth. Bd. LXXV. 1879. — Cerianthus membranaceus Haime. Ein Beitrag zur Anatomie der Actinien. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. N.-m. Kl. 1. Abth. Bd. LXXIX. 1881. — Die Gattung Cladocora Ehrenb. Sitzungsber. d. k. Akad. d. Wiss. Wien. N.-m. Kl. 1. Abth. Bd. LXXXIV. 1886. — Korallenstudien. Diese Zeitschr. Bd. XLIV. 1895. — Zoanthus chierchiae n. sp. Diese Zeitschr. Bd. LIX. 1899. — Über Zoantheen. Diese Zeitschr. Bd. LXVI. 3 1901. J. Havet, Contribution ä l'etude du Systeme nerveux des Actinies. La Cellule. Tome XVIII. 2d Fascicule. 4 1903. M. Wolff, Das Nervensystem der polypoiden Hydrozoa und Scyphozoa. Ein vergleichend-physiologischer und anatomischer Beitrag zur Neuronlehre. Zeitschr. f. allgem. Physiologie. Bd. III. Vergleich des Nervensyst. der Octocorallia mit dem der Hexacorallia. 071 meine vorläufige Mitteilung über die Ahyoncmen erschienen ist, ver- sucht der Autor ein vollständiges Bild von dem Nervensystem der Hydro- und Scyphopolypen1 zu entwerfen, und zwar sucht er auf -(was andrem Wege zum Ziele zu kommen, als ich es in bezug auf Alcyonaria zu erreichen bestrebt war. Er will nämlich ein möglichst vollständiges Bild von dem Actiniennervensystem konstruieren, indem er die histologischen Angaben der früheren Forscher (hauptsächlich < ». und R. Hertwig, Heider, Appellöf, Carlgren) und seine eignen Resultate mit den Resultaten der physiologischen Experimente, die von ihm und andern Forschern (hauptsächlich von 0. und R. Hertwig und Nagel) angestelll wurden, kombiniert. Aus dieser Zusammenstellung Wolffs, sowie aus dem direkten Vergleiche der Arbeiten von 0. und R. Hertwig, Heider und Havet, sehen wir, daß das Nervensystem der Hexacorallia (hauptsächlich das der Actinien) dem der Alcyonaria sehr ähnlich ist. wie es anders auch nicht zu erwarten war. Bei beiden Anthozoengruppen ist es sowohl ectodermal als entodermal. Bei Actinien wurde das entodermale Nervensystem in viel ausgiebigerer Weise nachgewiesen, als ich es bei den Octocorallia erreichen konnte. Dieser 1 Fmstand kann dadurch erklärt werden, daß die Actinien größeren Umfang erreichen, also der Untersuchung weniger Schwierigkeiten ver- ursachen, und zweitens auch dadurch, daß man hier die neueren elektiven Färbungs- und [mprägnationsmethoden angewandt hat. Viel- leicht aber besitzen die Actinien auch in der Tat ein stärker entwickeltes entodermales Nervensystem, was damit im Zusammenhang stehen könnte, daß sie auch eine reichere Entfaltung der Entodermfläche in vielen Septen und Gastralfilamenten, Muskeln und Acontien aufweisen. Bei Actinien besitzt das entodermale Nervensystem nicht nur einen wohlentwickelten Plexus von Ganglienzellen, sondern es sind hier auch Sinneszellen konstatiert worden, und zwar zuerst von 0. und R. Hertwig für die Septen und Mesenterialfilamente. Das Vorhanden- sein einer starken Nervenschich.1 in den Gastralfilamenten der Actinien bestätig! unsre Vermutung, daß auch bei den Alcyonaria in diesen Organen Nervenzellen oichl leiden werden. Die Nervenschicht in den Gastralfilamenten derjenigen Septen. welche an das Schlundrohr sicli ansetzen, soll nach der .Meinung der Gebrüder Hertwig unter anderm auch der Verbindung des ectodermalen und entodermalen Nerven- systems dienen. WoLFF will diese Nervenschicht direkl als Homologon i Von Scyphopolypen nur Hexacorallia und /.war hauptsächlich Actinien; über Octocorallia und Antipatharia gibt der Autor nur Aufzählungen und zwar unvollständige der Literaturangabi n. 672 Nicol. Kassianow, des Sympathicus der höheren Metazoen auffassen. Da ich bei Alcyo- nium keine distinkte Nervenschicht weder in den Gastralfilamenten, noch im proximalen Teil des Schlundrohres fand, habe ich die Vermu- tung ausgesprochen, daß eine solche Verbindung beider Nervensysteme bei Alcyonium vielleicht hauptsächlich vom oberen Teil des Schlund- rohres und von der Mundscheibe aus durch die Gallerte der Septen stattfinde. Besonders reich an Nervenzellen erscheint das Entoderm bei Metridium nach Havet. Hier findet er Sinneszellen nicht nur in den Septen und Gastralfilamenten, sondern überall im Entoderm (auch der Tentakel) zerstreut. Ob aber die Actinien vielleicht das mesodermale, der Gallerte zu- gehörige Nervensystem, welches bei Alcyonium nicht zu finden war, be- sitzen? Die Brüder Hertwig fanden keine Nervenzellen in der Gallerte, ebensowenig Wolff, welcher aus diesem Grunde die positiven diesbezüg- lichen Angaben Heiders bezweifelt. Diese Angaben (Heider, 1879 und 1895) scheinen auch mir zweifelhaft. Dagegen will Havet (1901). dessen umfangreiche Untersuchungen Wolff nicht zu kennen scheint, durch die Gallerte von Metridium feine Fasern vom Ectoderm zum Entoderm ziehend gesehen haben. Wenn feine Fasern in der Tat so durchgingen, so würde dies unsre Vermutung über eine derartige Ver- bindung des ectodermalen und entodermalen Nervensystems bestätigen. Doch erwecken die Angaben von Havet über das Vorkommen von Ganglienzellen in der Gallerte in mir den Zweifel, daß dieser Autor doch vielleicht Ganglienzellen des Ectoderms in etwas schiefen Schnitten durch das Epithel auf der Gallerte ausgebreitet gesehen und daraus den falschen Schluß gezogen hat, daß dieselben innerhalb der Gallerte hegen und daß er sonnt einen ähnlichen Fehler begangen hat wie Ashworth. Ein Vergleich der Entwicklung und Ausdehnung des ecto- dermalen Nervensystems bei Hexacorallia und Alcyonaria zeigt uns folgendes. In beiden Anthozoengruppen ist dies Nervensystem hauptsächlich auf den Tentakeln, auf der Mundscheibe und im ecto- dermalen Epithel des Schlundrohres entwickelt. Das Mauerblatt zeigt auch bei den Hexacorallia schwächere Entwick- lung des Nervensystems, obwohl bei ihnen, wohl im Zusammenhang mit der freien Lebensweise, auch die Fußscheibe Nervenzellen besitzen kann Das Nervensystem des Mauerblattes haben hauptsächlich Heider (1886) für Dendrophyllia ramea, Appelloeff für Ptychodactis, Carlgren für Protanthea, Havet für Metridium und Wolff für Heliactis nachge- Vergleich des Ni rven yst. dei Octocorallia mit dem der Eexacorallia. 673 wiesen. Bei Cerianihus und bei Gonactinia (Carlgren), wo das Mauer- eine rechl stark entwickelte Muskels« bichl besitzt, ist die Nerven- gchichl auch im Mauerblattectoderm kräftig entwickelt. Also auch bei Hexacorallia läßt sich ein enger Zusammenhang zwischen Muskel- und Nervensystemen konstatieren. Die Sinneszellen sind bei den Hexacorallia ebenfalls hauptsächlich auf Tentakel und Mundscheibe verteilt. Doch haben Carlgren im Mauerblatt von Protanthea und Havet im Mauerblatt und der Fuß- scheibe von Metridium Sinneszellen gefunden. Nach Havet soll die Fußscheibe von Metridium sogar besonders große und verzweigte Sinnes- zellen aufweisen. Auch die physiologischen Experimente zeigen, daß einige Actinien (Adamsia, Aiptasia) auch vom Fußrande aus erregbar sind (Nagel1). Im allgemeinen ist aber das Mauerblatt sehr wenig empfindlich und zwar höchstens für mechanische Reize (Nagel, Wolff). Auch bei den Hexacorallia ist auf der Mundscheibe die Nervenschicht besonders stark en1 wickelt. Die Brüder Hertwig fanden, was von Wolff I igt wird, daß die Mundscheibe nicht nur zahlreichere, sondern auch größere Ganglienzellen als die übrigen Körperstellen besitzt, was ich allerdings bei Alcyonium nicht finden konnte. Haeckel und Wolff wollen die Mundscheibe als nervöses Centralorgan auffassen und er- achten diesen Mundscheibenplexus für homolog dem Schlundringe der Evertebraten (diesen Schlundring will Wolff weiter mit dem Medullar- rohr der Vertebraten homologisieren). Ohne näher darauf einzugehen, inwieweit diese Homologisierung zurzeit berechtigt erscheint, muß ich bezüglich Alcyonium bemerken, daß es hier schwer ist, ein Central- organ festzustellen. Es könnte als ein solches auch der obere Teil des Schlundrohres samt der Nervenschicht desjenigen Teiles des Schlund- rohrepithels, welcher aus der Mundöffnung heraustritt und sich um den Mund ringförmig ausbreitet, erachtet werden. Und zwar wäre dies ein motorisches Centralorgan. Die Bewegung der Tentakel steht ja hauptsächlich im Dienste der Nahrungsaufnahme und letztere wird durch die Mundöffnimg bewirkt; also geht die Coordination der Ten- fcakelbewegungen wohl von der Nervenschicht des Schlundrohres aus. Die Mundscheibe und die Tentakeln wären dann hauptsächlich als reiz- pereipierende Organe aufzufass Das Schlundrohr -«le mt in beiden Anthozoengruppen ganz ähnlich -.•baut zu sein; aber die Nervenschichl is1 bei den Actinien auch im proxi- malen Teil des Schlundrohres wohlentwickelt. Die Brüder Hertwig i W. A. Nagel, Experimentelle Binnesphysiologische Untersuchungen an Coelenteraten. [n: Archiv für die gesamte Physiologie. Bd. LVII. 1S94. S. 530. Zeitschrift f. Wissens eh. Zoologie. XC. Bd. 4)5 674 Nicol. Kassianow. betrachten diese Schicht als secretorisch wirksam. Ich habe aber in bezug auf Alcijonium die Vermutung ausgesprochen, daß sie außerdem vielleicht auch motorisch tätig ist, indem sie die Septalmuskeln durch die Gallerte hindurch innerviert. Sehr interessant sind die Resultate einiger Experi- mente von Nagel1, welche beweisen, daß die Umgebung des Mundes (die Mundlippen) weder für Geschmacks — noch für mechanische Reize empfindlich ist. Man kann auf den Mund einer Actinie (Adamsia. Actinia, Heliactis) ein Stück ihrer liebsten Nahrung legen und das Tier reagiert darauf gar nicht. »Erst wenn die Tentakel von dem mechani- schen oder chemischen Reiz der Speise getroffen werden, ergreift das Tier diese und bringt sie in seinen Verdauungsraum << (S. 531). Nagel bemerkt weiter, daß »dieses sonderbare Verhalten von der ausschließ- lichen Lokalisation des Geschmacksinnes in den Tentakeln herrührt«. »Die den Mund umgebenden Wülste sind gegen Berührung, Reibung und Stiche ganz unempfindlich, insofern wenigstens keine augenblickliche Reaktion durch diese Eingriffe ausgelöst wird. << Dagegen löst ein Reiz, welcher die Mundscheibe weiter vom Mund entfernt trifft, sehr energische Kontraktionen und Bewegungen des ganzen Tieres aus. Dieses auf den ersten Blick sonderbare Verhalten ist wohl leicht zu erklären. Ich nehme an, daß die Mundlippen der Actinien ebenso gebaut sind, wie diejenigen der Alcyonaria, d. h. daß sie vom Epithel des Schlundrohres bekleidet sind, welches aus der Mundöffnung heraustritt und auf der Mundscheibe um den Mund ringartig sich ausbreitet. Dieses Schlund - rohrepithel ist aber ganz anders gebaut, als das der Mundscheibe. Es hat weder Nesselzellen noch Muskelfasern ; es besteht hauptsächlich aus zweierlei cilientragenden Zellen, Stützzellen und Zellen, welche in feine Fasern auslaufen. Man findet hier auch keine der für Mundscheibe und Tentakel charakteristischen Sinneszellen. Es ist deshalb auch nicht wunderbar, wenn die Mundlippen auf die mechanischen Reize nicht reagieren, wenigstens nicht in der Art wie die Mundscheibe und die Tentakel. Interessant ist in bezug darauf die Angabe von G. H. Parker (1896. The reactions of Metridium to food and other substances. Bull. Mus. Harward Coli. Vol. XXIX), »daß Reizung der Lippen und der Tentakel außer der Sphinkterkontraktion peristaltische Bewegungen des Schlundrohres auslöst« (zitiert nach Wolff). Also die Mundlippen können doch, wenn auch in beschränktem Maße, auf äußere Reize re- agieren, aber sie reagieren infolge andrer Struktur ihres Epithels und andrer Bestimmung desselben anders als die Mundscheibe. Jedenfalls 1 W. A. Nagel, Archiv für die gesamte Physiologie. Bd. LVII. 1894. Vergleich dea Nervensyst. der Octocorallia mit dem der Hexacorallia. 675 fungiert als reizpercipierender Teil des Nervensystems hauptsächlich Mundscheibe und Tentakel. Di«' Nervenschicht des Schlundrohrepithels hat also secretorische und. wie ich vermute, motoriche Erregungen auszuführen. Als Sinnesorgane sind nach Nagels1 Experimenten hauptsächlich die Tentakel aufzufassen und zwar als Sinnesorgane gemischter Natur. Nagel behauptet, daß »keine Sinnestätigkeit bei Actinien existiert, welche nicht durch die Tentakel vermittelt werden könnte«. Sie sind, und zwar sie allein, für Wärmereize empfindlich und als Geschmacks- organe tätig, während die Mundscheibe, die Mundlippen und das Mauer- Matt für diese Reizqualitäten sich unempfindlich erweisen. Die Sinnes- zellen der .Mundscheibe dienen wohl hauptsächlich zur Aufnahme mecha- nischer Reize. Bei Actinien ist. vermute ich, der Nervenplexus gleichmäßiger auf die orale und aborale Tentakelfläche verteilt als bei Alcyonaria. Bei den letzteren sind es die Tentakelfiederchen, welche den Tentakel anders gestalten und ihn anders funktionieren lassen. Überhaupt finden wir meine]' Ansicht nach in beiden Anthozoengruppen zwei Richtungen in der Ausbildung des Tentakelapparates realisiert. Die Actinien nämlich suchen ihre Tentakelfläche durch die Länge der Tentakel und durch die Vermehrung ihrer Zahlzu vergrößern ;die Octocorallia dagegenbeschränken die Zahl ihrer Tentakel auf acht (die Achtzahl hat sich für sie, vielleicht in Zusammenhang mit dem Kolonie wesen als Optimum erwiesen, da sie ausnahmslos bei allen Vertretern dieser Gruppe vorkommt), ent- wickeln aber dafür Tentakelfiederchen, um auf diesem Wege die reiz- percipierende Fläche und die Fangfäjugkeit der Tentakel zu vergrößern. 1 >ie Tentakelachse ist deshalb kürzer, nicht so wurmartig beweglich wie bei den Actinien, und ihre orale Fläche bekam deshalb größere Bedeutung als die aborale2. Wolff schließt aus den Experimenten von Nagel und seinen eignen, daß sich der Reiz auf der Mundscheibe nicht nach allen Richtungen mit derselben Leichtigkeit fortpflanzt. Wenn man die Mundscheibe an der Basis irgendeines Tentakels reizt, so kontrahiert sich bei gewisser Intensität des Reizes nur der betreffende Tentakel. Es muß ein 1 W. A. Nagel, Archiv für die gesamte Physiologie. Bd. LVil. 1804. S. 534. 2 Es gibt aber auch einige sechsstrahlige Anthozoa, hauptsächlich diejenigen, welche zu der Gruppe der Stichodactylinae (Andres) gehören (z. B. Megalactis, Thalassianthus, Heterodactylia. Phymanthus, Helacerus), und Dendrobrachia unter den Antipatharia, welche ebenfalls mehr oder weniger regelmäßig gefiederte Tentakel besitzen. 43* 670) Nicol. Kassianow, stärkerer Reiz angewandt werden, um auch die benachbarten Tentakel zu kontrahieren, und noch ein stärkerer, um die gesamte Tentakel- krone zur Kontraktion zu bringen. Wolff spricht von verschiedenen Reizschwellen, welche diese Differenz in der Reizfortpflanzung be- dingen. Ich könnte eine solche Differenz, falls sie auch für Alcyonium experimentell nachgewiesen wäre, durch die verschiedene Verlaufs- richtung der Ganglienzellenfortsätze erklären. Da bei Alcyonium die Nervenfasern längs der Sept allin ien und zwischen den Tentakelbasen radiär, in der Richtung vom Mund gegen den Scheibenrand, sonst auf der Mundscheibe aber plexusartig verlaufen, so würde wohl der Reiz in radiärer Richtung leichter sich fortpflanzen können, als quer auf der Mundscheibe. Sowohl bei den Hexucorallia als bei den Octocorallia gelang es nicht. Sinnesorgane zu konstatieren, nicht einmal solch primitive, wie sie von E. Citron (1902. Beiträge zur Kenntnis des feineren Baues von Syn- coryne Sarsii Lov. in: Archiv für Naturgeschichte, Bd. LXVIII) bei den Hydrozoa ( Syncoryne) entdeckt wurden, wo zwei Sinneszellen sich zusammenlegen, ein gemeinsames langes Sinneshaar besitzen und auf diese Weise ein sogenanntes Palpocil bilden. Auch Sehorgane sind nicht nachzuweisen. Die Frage, wie die Nervenzellen andre Epithelzellen innervieren, ist, wie es scheint, noch für keine Coelenteraten Masse endgültig entschie- den. Nach dem, was ich bei den Lucernariden gefunden, habe ich den Eindruck gewonnen, daß sowohl Sinnes- als auch Ganglienzellen direkt mit Epithelzellen und wahrscheinlich auch mit Muskelzellen sich konti- nuierlich verbinden (1901. Studien über das Nervensystem der Lucer- nariden nebst sonstigen histologischen Beobachtungen über diese Gruppe. In: Diese Zeitschr. Bd. LIX, Fig. 4, 5, Taf. XXII). Auch auf den Ab- bildungen von K. C. Schneider (1890. Histologie von Hydra fusca mit besonderer Berücksichtigung des Nervensystems der Hydroid- polypen, in: Archiv für mikr. Anatomie, Bd. XXXV), welche sehr naturgetreu und exakt ausgeführt zu sein scheinen, sehen wir solche direkte und feste Verbindungen der Fortsätze der Nervenzellen mit Epithelzellen von Hydra. Während es mir bei Alcyonium nur sehr unvollkommen gelang. das Herantreten der feinen, varikösen, wahrscheinlich nervösen Fasern an die Nesselzellen zu beobachten, waren Zoja und Wolff in bezug auf Hydra und Wolff in bezug auf Actinien glücklicher, da sie mit neueren Färbungsmethoden eine sehr komplizierte Verbindung der Nervenfaser mit den Nesselzellen konstatiert haben. Die Nervenfaser Vergleich des Nervensyst. der Octocorallia mit dem der Flexacorallia. G77 3ol] nämlich ein Geflech.1 um den proximalen Teil <\pericelluläres Netz« Wilden. Einen ähnlichen Apparat beschreibt Wolfe auch Eüi die entodermalen Drüsenzellen der Actinien. Weiter glaubt W'oi.ki- eine besondere Umligung der Nervenfaser an der Muskel zelle gesehen zu haben, eine »motorische Endplatte«. Endlich gelang ■ •> ihm auch. Neurofibrillen im Plasmaleib der Ganglienzellen zu kon- stal ieren. Die Literat in- über Hexacorallia gibt uns keinen Aufschluß über das kolonial«' Nervensystem. Daß ein solches existieren kann, scheinen uns die Hydroidpolypen zu zeigen. Zoja schließt (nach Wolffs An- gabe)5 daß im Cönosark von Podocoryne und Pennaria nervöse Bahnen bestehen müssen, da nach der elektrischen Reizung des Cönosarks, und der Hydrorhiza die Polypen sich kontrahieren, und Citron (1902. Anhiv für Naturgeschichte. Bd. LXVIII) hat (ohne die Untersuchung von Zoja zu kennen, wie es scheint) bei Syncoryne im ectodermalen Epithel des Cönosark Ganglienzellen finden können. Es scheint, daß die Methoden, welche Havet und Wolff ange- wandt haben, sehr geeignet sind, bei noch ausgiebigerer Ausnützung unsre Kenntnisse über das Nervensystem der Anthozoen zu bereichern. Die Resultate, welche die genannten Forscher damit erzielt haben, würden jedoch noch größere Bedeutung haben, wenn sie durch die alten, erprobten und keinen Zweifel zurücklassenden Methoden, z. B. durch die Maceration kontrolliert werden würden. Dies gilt be- sonders für die Arbeit Havets. Bei Alcyonaria konnte ich leider die elektiven Färbungs- und Imprägnationsmethoden nicht anwenden, -Mildern war darauf angewiesen, mit den alten Methoden, auf recht hsame Weise die sein- schwierigen Nervenverhältnisse aufzuklären. Diejenigen Forscher, welche das Nervensystem der Anthozoen wieder in Angriff nehmen, werden daher bei den Hexacorallia die eine und bei den Octocorallia die andre Lücke in der Technik auszufüllen haben. Moskau, März 1908. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzi Zeitschrift Cm'ss. Zoologie Bd.XC. Taf.l. Zeitschrift f.wiss. Zoologie Bt Zeitschrift fniss.Zoologit BcLXC. Taf.V. ■ ■ ":..•■ ■ Zeitschrift f.wiss. Zoologie BclXC TafM. Zeitschrift. f.m'ss.Zoobgu ■ Taf.vn Zeitschrill f. wiss. Zoologie,. BdL.XC. Taf. VM. i Zeitschrift f.mss.Zoobgie.Bd XC i Taf. DL ! ■ Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. XC. Taf. X Zeitschrift /.' wiss. Zoologie Bd.JSC. Taf.H. LuhAnst vFATimkelnpziq Zeitschrift. /.' m'ss. Zoologie Bd. XC. 7,/f'X/l. ■'-■ :jn)«.T.np2a '/cilsrhrifl /.' ir/s.v. Zonlni/ip Bd. XC. Tu f. XI iL ..tfilheW". hib An st vEAFtmkcInpajj ZeüsckrifL fiiviss. Zoologie BiJ X( 'Ja/: XIV. 69. 70. 0 Grs? % Grs. ' • ':■■• ScMr. /.' Kk. r/Ivs. Grs.' P. Grs. sph . ck. Kk. .•\\TillirIniKn;|i'lin,']; n ■ /., UschrU) /.'nv.vv. ZooloqU BcLXl Tai XV. Ziiisiluii! f.m'ss. Zoologie Bd.XC. Taf. XVI. Zeitschrift f.'niss: Zoologie Bd. XC. Taf.XMl. ■nlv iJiV.nhl ...,,, - zw: Hd fr rec.el tjistr Zeitschrift /.' wiss. Zoologie Bd.XC. 'ihmm 1 lll :■/ .1 Verlag vAVilhelinEiigehiiaiin inleipzig IitKÄnst vILAJunkcIeipag Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. XC, L 2. Taf. XIX. m ) KeWag- von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. XC. Tof. XX. Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. XL Tof. XXL S TschachöUr. gez Zeitschrift f. mss. Zoologie Bd. XC. 25 21 30. wb b Tof. xxn #& -, 31 €*<■■■ pr o s ^ ■P VJt*~ « • % ■ Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. XC. Tat. XX ül S Tschxckoü/i gu LuK.Anst rAJwvwArnä$Jkm Zeitschrift f.wiss Zoologie Bd. XC. Taf.XXW. i I 'iUutm Kni/clnuum Zeitschrift f.wiss. Zoologie Bd. XC. Taf. XXV ■ Zeitschrift /.' wiss. Zoologie BcLXC. Tat: XXVI. "-„ "£ ,/, ^ ^ _~ Ü3ZB2 :''- V l"t,:'5*i«i" ■ hjnkelfipag Zeitschrift i Zeitschrift C.wiss Zoologie Bd. XC. Tof XXVIII. (O V' CS.® &\f& 3% # * ffüi. «ÖS jk ■ Zeitschrift t'.viss.ZoologLc. BcLXC. TatiUH. S ,!r s s ■ vi;' <' " ■■ m* ) cd. 1 ■ - Zeitschrift fimss. Zoologie Bd. XC TafiXXK. . Zeitschrift f^wiss. Zoologie B0Z.XC. Tai:. XXXI. ir wf • -■.» qU Hul Int WöhelmEngehr u n 1 Bd XC. Tal' XXXIII \ ■:■'-■ r: w % Ildi L Flm,. Zeitschrift f. wiss Zoologu Bd XC Taf. XXXIV. ■ ■ I fmss Zoologt ry C ■-•-£■ <9 v~) ', ^ 1 *»fc * tWSf*Äi ■i LiOuAnai J^^Q&f r«/: xxxvl Fig. 9. Zeitschrift /'. wiss. Zool. Bd. XC. l Taf. XXXVII. ■flKS&SP s 8££ :*V» rJK%. ät a1 ■^.o $ 1«: i) Fig. 11. b&3 i i "m Fig. 12. T 1\J 1 \ y "< ■ 7 I . 7 V \ W TvL/V $$>q Fig. 17. Zeitschrift f. wiss. Zoologie. Bd. XG. Taf. XXXVIII. 90a. Blochmann phot. Lichtdruck von C. G. Röder G. m. b. H., Leipzig Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Zeitschrift f'niss. Zoologie Bd-XC. Zeitschrift f. wiss. Zoologie Bd. XC. Tafel XL. i) Llothyrlna-Arten mit Clrrenwckels und solche die In dleter Hinsicht nicht untersucht sind. Andere Arten, deren Verbreitung In Te*t erwähnt Ist. 0 Chüdonophor» incerta Davidson. W Cblidonophora ohuni Bioohm. Terebretulina »aldiviae, n. sp. Verlag v. Wilhelm Engelmann in Leipzig - . m ffSK (hebn Kngebnann in Lt Tat XLL / H 'lUiclnt Engrbnivn, Hl f. wiss Zoobgif l Taf. Süll o0 0. - o ■ WUhtim :.' . bnotm 5 WHSE 01439 /'/ $^m%W ■-.X. **%%£; fr^SMI*« *■■/• 3ÜP f * .... y jt vf * *^Bft?i? • f »Sri