ft^^: V V > > fi? v-A ^. ^/ ^■-5'H'/> >> "-.^ :#*-^ir' Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet von Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben vou Ernst Ehlers Professor an der Uuiversität zu Göttingen Dreiundneunzigster Band Niit 126 Figuren im Text und 29 Tafeln LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1909 E IS7 m Inhalt des (Ireiundiieunzfesteu Bandes Erstes Heft Ausgegeben den 29. Juni 1909 Seite Rudolf Locser, Beiträge zur Kcmitnis der Wimperorganc (Wimpcrtrichter) der Hirudiueen. (Mit (5 Fig. im Text u. Taf. I— III) 1 AI Mrazek, Einige Bemerkungen über das Excretionssystem der Süßwasser- tricladen. (Mit 5 Fig. im Text) 64 Freder ick H. Krecker, The Eyes bf Dactylopius. (With Plate IV) . . . 73 Paul Heyder, Zur Entwicklung der Lungeuhöhle bei Arion. Nebst Be- merkungen über die Entwicklung der Urniere und Niere, des Pcricards und Herzens. (Mit 6 Fig. im Text u. Taf. V— VII) 90 Zweites Heft Ausgegeben den 20. Juli 1909 Paul Steinmann, Untersuchungen an neuen Tricladcn. (Mit 3 Fig. im Text u. Taf. VIII . 157 Katharina Samson, Zur Anatomie und Biologie von Ixodes ricinus L. Mit 18 Fig. im Text u. Taf. IX-XII) 185 C. Dawydoff, Beobachtungen über den Regenerationsprozeß bei den Entero- pneusten. (Mit 23 Fig. im Text u. Taf. XIII— XVI) 237 J. Nusbaum und B. Fuliiiski, Zur Entwicklungsgeschichte des Darm- drüsenblattes bei Grvllotalpa vulgaris Latr. (Mit 11 Fig. im Text u. Taf. XVII, XVIII; . " 306 IV Drittes Heft Ausgegeben den 2t. August 1909 Seite Otto Steche, ])ic Lcuditorganc vou Anomalops katoptron und Photo- blepharon ])al]iel)ratug, zwei Oberflächenfischen aus dem Malaiischen Ar- chipel. iMn Beitrag zur Morpliologic und Physiologie der Leuchtorgaue der Fische. (Mit 5 Fig. im Text u. Taf. XIX— XXI) 349 Fritz Schimmer, Beitrag zu einer Monographie der Gryllodeengattung Myrmecophila Latr. (Mit 26 Fig. im Text u. Taf. Xxil— XXIV) . . 409 Viertes Heft Ausgegeben den 12. Oktober 1009 E.Martini, Über Subcuticula und Seitenfclder einiger Nematoden. Ver- gleichend histologischer Teil. IV. Tatsäcliliches. V. Zusammenfassende und theoretisclie Betrachtungen. (Mit 21 Fig. im Text u. Taf. XXV u. XXVI) 535 Fr. Bi'lek, Über die fibrillären Strukturen in den Muskel- und Darmzellen der Ascariden. (Mit Taf. XXVII u. XXVIII) 625 M. Nowikoff, Über die intrapigmentären Augen der Placophoren. (Mit 2 Fig. im Text u. Taf. XXIX) 668 Beiträge zur Kenntnis der Wimperorgane (VVimpertrichter) der Hirudineen. Von Oberlehrer Rudolf Loeser aus Homburg v. d. H. Mit Tafel I— III und 6 Figuren ina Text. I. Einleitung. Im Jahre 1848 beschrieb C. v. Siebold in seiner »Vergleichenden Anatomie« (48, S. 216) ein »rosettenartiges, viellappiges und farbloses, mit Flimmercilien besetztes Organ« bei NepJielis (Herpobdella), dem er respiratorische Funktion 25uschrieb. Weitere Untersuchungen be- stätigten diesen Befund nicht nur für Herpobdella, sondern erwiesen auch das Vorhandensein ähnlicher Organe bei verschiedenen andern Hirudineengattungen. Zwar wurde das Vorhandensein dieser Organe nicht sofort allgemein anerkannt, allmählich aber wurde ihr Vorkommen überall nachgewiesen. Es erhoben sich nun jedoch Schwierigkeiten in der Deutung der Organe. Sie sollten der Atmung dienen, der Schleim- absonderung, der Excretion. Letztere Deutung lag nahe bei einem Vergleich mit den Segmentalorganen der Chätopoden; man hatte nämlich »Trichter« gefunden, knollenförmig aufgewundene Ausführ- gänge, sowie Endblasen. Die weiteren Untersuchungen stellten nun folgende Fragen zur Diskussion : 1) Offnen sich die Trichter frei in die Leibeshöhle? 2) Stehen sie in offener Verbindung mit dem Schleifenorgan (Nephridium), das seinerseits mit der Außenwelt kommuni- ziert? Zur ersten Frage war noch zu entscheiden: ist der Raum, in den die Trichter münden, als Teil der Leibeshöhle aufzu- fassen; steht er mit dieser in Verbindung oder gar mit dem Blutgefäßsystem^ oder ist er selbst ein Teil des Blutgefäß- systems? Zeitschrift f. wissenach. Zoologie. XCIII. Bd. 1 2 Rudolf Loeser, Die zweite Frage bot noch große Unklarheiten und Wi- dersprüche über die Auffassung des Trichterapparates und seine Kommunikation mit dem Nephridium. Namentlich ließen sich, selbst wenn man für die Rhynchobdelliden die Frage beantwortet hielt, die Befunde an Gnathobdelliden nicht ohne weiteres mit diesen vereinigen. Diese Arbeit soll ein Versuch sein, obige Fragen zu beantworten. Soweit es sich dabei um die Cölom- und Gefäßfrage handelt, kommen allerdings die Ergebnisse der Arbeit nur gelegentlich und nebenher in Betracht, aber diese Frage soll doch nicht übergangen werden, da meine Ergebnisse zum Teil die Ansichten einiger neuerer Autoren be- stätigen. Besonders interessieren mußte es ferner, die so mannigfaltig gestalteten Wimperorgane der Rhynchobdelliden und der Gnatho- bdelliden von einem einheitlichen Gesichtspunkte zu betrachten. Es ergaben sich sogar, begünstigt durch eine gleichzeitige Arbeit von Selensky, sehr wertvolle Parallelen mit den Verhältnissen bei den Gephyreen. Ich möchte es an dieser Stelle nicht unterlassen. Herrn Prof. Dr. A. Schuberg für die Anregung zu dieser Arbeit, für seine wertvolle Unterstützung mit Rat und Tat, die er mir hat zuteil werden lassen, sowie Herrn Prof. Bütschli für das rege Interesse, welches er be- kundete, sowie für freundliche Beihilfe, meinen herzlichsten Dank aus- zusprechen. II. Material niid Teclmisclies. Zum Gegenstand der Untersuchung wurden gewählt : drei Gnatho- bdelliden: Hirudo medicinalis Lin., Haemopis sanguisuga Ijin. {Aula- Stoma gulo Mocpiin Tandon 1846, Aulastomam gulo Polonio 1860) und HerpobdeUa atomarid Carena {Nephelis atomaria Moquin Tandon 1826), sowie vier Rhynchobdelliden: drei Species der Gattung GJossiphonia, nämlich Gl. stagnalis Lin. {Clepsine hioculata Carena 1820), Gl. com- planata Lin. (Hirudo sexoculata Bergmann) und Gl. heteroclita Lin., ferner eine Species der Gattung Hcmiclepsis Vejdovsky: H. marginata 0. F. M. {Hirudo marginata 0. F. M.). Während die medizinischen Blutegel aus Zuchtanstalten in Hildes- heim und Eichstetten am Kaiserstuhl bezogen wurden, stammten die übrigen Arten aus dem Neckar, bzw. einem kleinen Teich bei Hand- schuhsheim. Die Untersuchung selbst geschah teils am lebenden Material, teils an fixiertem. Als Konservierungsflüssigkeiten dienten: 96%iger Beitr. zur Keniitii. clor Wimperorganc (Wimpertrichter) der Hirudineen. 3 Alk()hi>l, konzentrierte Sublimatlösung, kalt oder heiß, Sublimat-Essig- säure, Pikrin-SchwefoLsäure, 1/4 — l%ig6 Lösung von Osmiumsäure und schlieülich ('hroni-Osniiuni-EssiS) zu erkennen, in dem das Nervensystem (N.S) und das Ventralgefäß (V. G) liegen. Beiderseits von dem Mediansinus findet sich eine Kapsel [Kf). Aus der rechten sieht man einen Wimpertrichter (W.O) im Längsschnitt in die Sinus hineinhängen, während links die Endlappen des Trichters senkrecht zur Achse des Kanals getroffen sind. Das Wimj^erorgan oder der Trichter hat eine Form (s. Textfig. 1), die sich mit Hofmann (80) am besten mit einer » zweilippigen Blumen- krone« vergleichen läßt, etwa bis auf den gekerbten Rand mit einer Blüte von Lonicera. Den Hauptbestandteil des Organs bilden drei große Zellen: die Stielzelle [Sz) und die beiden Kronzellen {Krz). Alle drei bilden ein Syncytium, an dem — entgegen Graf (99, Text- fig. 6 auf S. 250) — Zellgrenzen nicht zu bemerken sind, auch nicht nach Behandlung mit Osmiiimsäure, die sonst die Grenzen scharf her- vortreten läßt. Die drei Zellen werden nur durch ihre Kerne cha- rakterisiert. Die Stielzelle stellt einen Schlauch dar, dessen Lumen etwa Beitr. zur Kenntn. der Wimperorgane (VVimpertrichter) der Hirudineen. 13 ^/4 — V5 des Durchmessers des ganzen Stieles erreicht. Mit ihrem einen Ende ragt sie in die Kapsel, das andre flottiert frei in den Ventral- siniis und trä^t hier die beiden Kronzellen (Krz). Diese divergieren :B ScTv 3 ( RZ n J M.W.'-- , ID-z a Textfig. 1. Trichter von Glotsiphonia apec. im Längsschnitt (schematiscli). Der Kern der Stielzelle ist als Körper, nicht als Schnitt eingezeichnet. gegen das freie Ende mehr oder weniger und sind am Außenrande leicht nach außen umgebogen. Der intracelluläre Kanal {Kn) der Stielzelle {Stz) setzt sich als Rinne auf die beiden Kronzellen fort, auf denen er bis 14 Rudolf Loeser, zur Umbiegungsstelle verläuft und dort verstreicht. Betrachtet man das ganze Organ im Längsschnitt, so kann man die Rinnen bis etwas unter den Kern der Kronzellen verfolgen. Eine zweite Rinne — die » Quer- rinne« — , >>la gouttiere transversale« von Bolsius (94c, Fig. 4^) — zieht senkrecht zu den Längsrinnen hin und entsteht dadurch, daß die Kronzellen als Fortsetzungen der Stielzelle langsam divergieren (Fig. 1 und Textfig. 1 h, 1—3). Das Studium der Zellenform des Wimperorgans wird wesentlich erschwert durch die äußerst variable Lage, die es in Beziehung zu den andern Organen in der Leibeshöhle einnimmt. Die Trichter selbst öffnen sich im allgemeinen in den Ventralsinus. Die Stiele hängen meist frei von der Kapsel weg in den Sinus hinein. Ich konnte aber bei Glossiphonia complanata Fälle beobachten, wo sich der Stiel zur Dorsalseite des Tieres wandte und der Trichter dorsal vom Darm mündete. Das war sowohl bei einem jungen Tiere, als bei einem er- wachsenen Exemplare der Fall, und zwar beide Male in der Vorderregion des Tieres, wo die Geschlechtsorgane und ihre Ausführgänge einen großen Raum ventral vom Darme beanspruchen. Sie zwingen hier- durch das Wimperorgan, sich zur Rückenseite zu wenden. Dieser Fall ist um so interessanter, als Graf (99, S. 260 ff.) der Lage der Trichter ein ganzes Kapitel widmet und dabei Verschiedenheiten für die von ihm untersuchten Species dartut. Eine verschiedenartige Lage bei derselben Species, ja bei demselben Tiere wurde dagegen bis jetzt nur einmal von Lang gelegentlich seiner Gmida-kxheit erwähnt. Diese Beobachtung scheint aber ganz in Vergessenheit geraten zu sein. Sonst »hängt« im allgemeinen das Organ in den Ventralsinus herab, und die Trichter öffnen sich in der Nähe des Bauchmarks und des Ventralgefäßes. Dieses »Herabhängen« bringt es aber mit sich, daß das Organ durch die Flüssigkeit der Lacune hin- und herbewegt, ja auch gedreht wird, wobei überdies noch die Kronzellen ihre relative Lage zum Stiele ändern können. Der Winkel, welchen die Kronzellen mit dem Stielkanal bilden, kann dabei für beide Kronzellen ein ver- schiedener sein. Flächen- und Sagittalschnitte ließen erkennen, daß in der Mehrzahl der Fälle die eine der Kronzellen gegen das Vorder- ende, die andre gegen das Hinterende des Tieres gekehrt ist. Dies wird wohl die normale Lage sein. Ziemlich häufig findet man aber auch die beiden Kronzellen in die Querachse des Tieres eingestellt. Ein solcher Fall ist auch in Fig. 1 (rechts W.O) wiedergegeben. Die Kron- zellen wären sonst darauf gar nicht zur Darstellung gelangt, da der Schnitt gerade durch die Querrinne ging. Diese Änderung ist übrigens das Heitr. zur K.rnutii. liff \\'iiiiperorgan,> ( Wimpertriohter) der Hirudineen. 15 einzige, was aus eitieiu andern »Schnitte übernünmien wurde. Der oben erwähnte Grund ließ diese Kombination gerechtfertigt erscheinen. Der Stiel kann so weit nach vorn und hinten umgebogen werden, daß auf Querschnitten durch das Tier Querschnitte der Kronzellen entstehen. Solche sind in Fig. 1 (links, bei W.O) und auf Textfig. 16, 1 — 3 abgebildet. Doch laicht immer sind die Wimperorgane so frei beweglich. Liegen sie an Stellen, an denen der Sinus stark eingeengt ist, so können die Bindegewebszüge benachbarter Organe an sie herantreten und sie in gewissem Grade fixieren. Über solche Fälle werde ich später noch zu berichten haben. Ehe wir uns nun zu einer Besprechung der Struktur des Winiper- organs wenden, ist es zweckmäßig, erst die Kapseln näher zu betrach- ten. Es sind dies mehr oder weniger kugelige, von einer stärkeren Bindegew^ebsschicht umschlossene Räume, welche, mit den Hoden alter- nierend, etwas seitlich von der Medianlinie liegen. Ventral und lateral sind sie fast stets in das Körperparenchym eingebettet. Median wärts dagegen grenzen sie an den Ventralsinus, der sich oft noch bis über ihre Dorsalseite hin erstreckt. Bindegewebszüge, die vom Darm kommen, ziehen durch den Sinus zur Dorsalseite der Kapsel (s. Fig. 1). Die Kugelgestalt der Kapseln wird öfters durch dorsoventrale Muskelzüge beeinträchtigt, die so dicht an ihnen verlaufen, daß ihre nach außen gewölbte Wand nach innen vorgetrieben wird, wobei auf ihrer Ober- fläche eine tiefe Rinne entsteht. Andre Deformationen entstehen da- durch, daß die Kapseln durch die prall gefüllten Hoden an der Vorder- oder Hinterseite calottenförmig eingedrückt werden. Umgekehrt können auch die Kapseln an weniger stark gefüllten Hoden ähnliche Eindrücke hervorrufen. Wegen der beiden letztgenannten Deforma- tionen erhält man auf Querschnitten häufig Bilder, auf welchen in der Kapsel eine Scheibe erscheint, die nach ihrem Inhalt an Spermatocyten deutlich als ein Teil eines Hodens zu erkennen ist. Die Kapsel bildet dabei auf den betreffenden Schnitten einen Ring um die Hodenscheibe, der klein und kleiner wird und schließlich verschwindet. Dringt dagegen die Kapsel in den Hoden ein, so erhalten wir natürlich ein entsprechendes umgekehrtes Bild. An ihrer Innenfläche ist die Kapsel von flachem Epithel ausge- kleidet. Bei jugendlichen Formen ist es — wie es auch Oka (94, Fig. i'd) abbildet — ein zusammenhängender gleichmäßiger Belag ohne scharfe Zellgrenzen (Fig. 2 Ep). Bei älteren Individuen werden die Zellen allmählich voneinander getrennt, indem sie wohl durch das Wachstum 16 Rudolf Loeser, der Kapsel auseinander gezogen werden. Nur hin und wieder ist dann auf Schnitten ein Zellkern an der Innenwand der Kapsel zu erblicken, dessen umgebendes Plasma stark abgeplattet ist (s. Fig. 3 Ef). Das Epithel der Kapsel nimmt schließlich denselben Charakter an, den ScHUBEEG (99) für das der Hoden von Hirudo und Haemopis {Aula- stoma) beschrieb. Die Differenzfärbung mit BLOCHMANNscher Lösung ließ die flachen, grünen Epithelzellen deutlich von der blauen binde- gewebigen Kapselhülle unterscheiden. Es kann sich hier nicht um nachträglich angelagerte Zellen des Kapselinhalts handeln, von denen später noch die Rede sein wird. Das erwähnte Epithel ist Gkaf ent- gangen, der (99, Fig. 6 u. 9) schematische Bilder bringt, welche das Entstehen der Kapsel (des Receptaculum excretorium nach ihm) aus einer einzigen Zelle dartun sollen. Die Außenseite der Kapsel ist von dem Peritonealepithel des Cöloms überkleidet (Fig. 3 P.Ep). Auch dieses besteht aus ganz flachen Zellen mit Kernen. 2. Das Wimperorgan. Etwas der Dorsalseite genähert, entspringt der sog. Trichter von der medianen Kapselwand. Seine Form wird hauptsächlich durch die Stielzelle und die beiden Kronzellen bestimmt. Die Stielzelle stellt außerhalb der Kapsel eine cylindrische Röhre dar. Sie wird von einem intracelluläien Kanal durchzogen (Textfig. 1 und Fig. 3 K71). Kurz nach ihrem Eintritt in die Kapsel verbreitert sich die Zelle bedeutend; hier liegt ihr Kern. Er ist sehr groß und etwa nierenförmig, mit einem etwas stärker verdickten Ende. Letzteres ist in der erwähnten Ver- breiterung der Stielzelle eingelagert. Der Kern umfaßt den intra- cellulären Kanal der Zelle und ragt mit seinem unverdickten Ende etwas über die Kapsel hinaus (s. Textfig. 1). Nach Graf (99, S. 286) krümmt sich bei Gl. phalera der Kern der Stielzelle um den Stielkanal. Diese Krümmung wird dort halbmond- förmig genannt; in den von mir beobachteten Fällen ist sie schraubig. Für andre Arten gibt Graf nichts ähnliches an. Er schließt aus der erwähnten Krümmung, daß der intracelluläre Kanal vielleicht durch Zusammenkrümmung und Verwachsung der Zellränder einer flachen Zelle entstanden sei. Das Hineinragen des Kernes in den freien Teil der Stielzelle, ver- bunden mit seiner Krümmung, mag Bolsius (94c, S. 13) veranlaßt haben, für Glossiphonia complanata je einen Kern für den Stiel und für den Fuß der Stielzelle anzugeben. Als >>pied« bezeichnet er dabei den Teil der Stielzelle, der in der Kapsel liegt. Beitr. zur Kennt n. der Wimperorgane (Wirapertrichter) der Hirudinecn. 17 Nach imit'ii von der durch den Kern hervorgerufenen Anschwellung der .Stiel Zelle wird deren Wand sehr dünn, während sich der intra- celluläre Kanal stark ausbaucht. Hierauf folgt plötzlich an der Mün- dung der Zelle in die Kapsel eine sehr starke scheibenartige Verbrei- terung der Zelle. Diese Scheibe trägt auf ihrer freien Seite Cilien, welche sich durch den ganzen Kanal der Zelle hin fortsetzen. Bis etwa zur Mitte des Kanals sind sie gegen die Kapsel, von da ab gegen das freie Ende des Wimperorgans gerichtet. Hier setzen sich die Wimpern auf die Kronzellen fort und sind an der Längs- und an der Querrinne stark entwickelt. Die Grenze der Bewimperung ist der schon erwähnte Umschlag der Kronzellen. Das Protoplasma der Stielzelle ist sehr feinwabig, so daß es selbst bei starken Vergrößerungen fast homogen erscheint. Nur die Stellen, welche Cilien tragen, also die dem Kanal zugekehrten Grenzen, und die freie Seite der Fußscheibe, färben sich etwas dunkler. Um den Fuß erhebt sich ein Wulst, der ihm Halt an der Kapsel wand gibt. Diesen MündungSAvulst (Fig. 3 und Textfig. 1 31. W) hat auch Bolsius gesehen, aber nicht ganz richtig abgebildet (9-ic, Fig. 5, 12, 15). Leuckart, der ihn ebenfalls bemerkte, gibt von ihm folgende merkwürdige Beschrei- bung (93, S. 328) : »Von dem zapfenartig hervorragenden Wurzelende aus sieht man die Substanzmasse des Trichters in Form eines dünnen und gefäßhaltigen Überzuges eine Strecke weit an der Innenfläche der Kapsel hinziehen. « Von der unregelmäßigen Streifung des Protoplasmas schreibt er (Ol, S. 725): »Sie hat die gleiche Beschaffenheit, zeigt an der Außenwand unverkennbare, wenn auch nur wenig scharfe Rinden- stäbchen . . . und wird schließlich sogar . . . von zarten Gefäßen durch- zogen, die sowohl in der Längsrichtung des Stieles hinlaufen, wie auch im Umkreis des kanalartigen Innenraumes ein förmliches Netzwerk bilden.« Graf bildet den Mündungswulst nicht ab; er paßt nicht in seine Erklärung des Receptaculum excretorium. Der Mündungswulst ist in Fig. 3 M.W deutlich zu erkennen. Er besteht aus einem Syncytium mit zahlreichen eingelagerten Kernen, das sich dunkler und ungleichmäßiger färbt als die Stielzelle. Dies Syncytium geht in das Kapselepithel über, das zunächst noch aus zu- sammenhängenden Zellen besteht, in größerer Entfernung vom Mün- dungswulst dagegen in zerstreut liegende Zellen aufgelöst ist. Auf günstigen Schnitten — Fig. 3 und 4 — läßt sich feststellen, daß die Kerne zum Teil an der freien Seite des Mündungswulstes liegen, zum Teil nach der Seite, welche an die Stielzelle grenzt. Diese Grenze selbst ist an der verschiedenen Struktur des Protoplasmas gut zu erkennen, Zeitschrift f. wLssensch. Zoologie. XCIII. Bd. 2 18 Rudolf Loeser, jedoch nicht so beschaffen, daß man von einer >> scharfen« Zellgrenze sprechen könnte. Verfolgen wir die Stielzelle beim Verlassen der Kapsel, so sehen wir, daß sie eine äußere Zone besitzt, die fein radiär gestreift ist, während die innere Zone homogen erscheint. Die erstere wurde schon von früheren Autoren beobachtet und abgebildet, so von Graf (99, Fig. 26) u. a. Sie wurde von diesen Forschern als ein Teil der Stielzelle selbst angesehen. Dies kann jedoch aus zwei Gründen nicht geschehen. Man findet nämlich in dieser gestreiften Zone von Zeit zu Zeit kleine Kerne {N), die mit ihrer Längsachse in die Richtung der Streifen eingestellt sind. Die Streif ung ist deutlich zu erkennen, von dem Punkte ab, wo der Stiel die Kapsel verläßt. An dieser Stelle läßt sich aber auch bestimmt feststellen, daß die radiär gestreifte Zone ohne wahrnehmbare Grenze in das Syncytium des Mündungswulstes übergeht. Bisweilen ist auch in dem letzteren noch eine Andeutung der Streifung zu erkennen, wie es in Fig. 3 an der Umbiegungsstelle unterhalb des Kernes zu sehen ist. Auch Querschnitte durch den Stiel zeigen nicht nur die Verschiedenheit der beiden Zonen, sondern auch, daß die äußere mit besonderen kleinen Kernen ausgestattet ist. Fig. 6 stellt einen solchen Querschnitt dar, der dicht unterhalb der Trennungsstelle der Kronzellen durch den Stiel geht. Wir finden innen Protoplasma, das scheinbar homogen, bei stärkerer Vergrößerung dagegen schön wabig ist, außen dagegen dunkler gefärbtes, das an einigen Stellen eine schwache Radiärstreifung erkennen läßt. In diese äußere Zone sind zwei Kerne eingelagert. Die gestreifte Zone setzt sich auch noch auf die beiden Kronzellen selbst fort. Hier reicht sie überall auf der Unterseite bis zu dem schon mehrfach erwähnten Umschlagsrand. Fig. 7 gibt dies wieder. Die dunkler gefärbte, radiär — d. h. hier senkrecht zur Oberfläche — ge- streifte Zone {R.Z) ist über den Kernen der Kronzellen nur dünn und wächst dann an den Seiten dieser Zellen stärker an. Hier sind auch Kerne (N) eingelagert. Dann verstreicht diese Schicht nach dem Umbiegungsrand der Kronzellen langsam bis zu dem Punkte, wo die Bewimperung beginnt. Dabei zeigt die Zone bisweilen (was ich an der Stielzelle nicht beobachten konnte) Vorsprünge in das Plasma der Kronzellen hinein. Über das ganze Organ, Stiel samt Kronzellen, setzt sich das Binde- gewebe der Kapsel fort. Bolsius (94c), Graf (99) und Oka (94) er- wähnen dies. Bolsius läßt es mehr oder weniger den Stiel überziehen. Graf bildet es (99, Fig. 22 und 20) so ab, als wenn es nur den Stiel überkleide. Nur Oka (94, S. 129) gibt richtig an, daß es sich bis auf Boitr. zur Koniitn. dcv Wiinpororgaiu' (Wimpertrichter) der Ilinidineen. 19 die Kroiizrllcii crstrockt; er bildest diese Verhältnisse auch in seiner Fig. ^)'-i al). Ähnliches stellt auch meine Fig. 7 dar. Nur fand ich niemals — weder am Stiel, noch an den Kronzellen — Bindegewebe von solcher Mächtigkeit, wie es Oka zeichnet. Vielleicht handelt es sich bei ihm um einen .Schnitt, in dem das Bindegewebe ziemlich schräg zur Oberfläche getroffen ist und so größere Dicke vortäuscht. Der bindegewebige Überzug des ganzen Organs stellt eine ganz dünne Lamelle dar. Fig. 3, 6 und 7 und Textfig. 1 [Bgiv) zeigen das. Anfänglich glaubte ich die Kerne der radiärgestreiften Zone, be- sonders in den Kronzellen, für Bindegewebskerne ansprechen zu müssen. Die typische Blaufärbung des Bindegewebes dagegen bei Anwendung der BLOCHMANNschen Lösung belehrte mich eines Besseren. Sie ließ erkennen, daß diese Kerne in ein Protoplasma von grüner Färbung eingebettet sind, das seinerseits erst von einer schmalen blauen Linie umfaßt wird. Hin und wieder lassen sich auch in diesem Überzuge sehr flache kleine Kerne erkennen; das Blau umgibt sie von allen Seiten. Dies sind die Bindegewebskerne (Bg.K) (vgl. Fig. 3 und 7). Der Bindegewebsüberzug umgibt den Stiel rundum. Auf den Kronzellen bekleidet er nur die Unterseite, und zwar genau nur die radiär gestreifte Schicht. Mit dieser zusammen endigt er. Da, wo die Kapsel nicht im Parenchym eingeschlossen ist, sondern frei an die Cölomhöhle grenzt, sieht man (Fig. 1 u. 3) auf dem Blau des Bindegewebes noch flache, grüne Zellen mit platten Kernen auf- gelagert (P.Ep). Es ist das Peritonealepithel des üöloms, das ebenso wie das Endothel der Kapsel keinen zusammenhängenden Überzug bildet, sondern aus zerstreut liegenden Zellen besteht. Bisweilen trifft man jedoch auch Stellen, an denen augenscheinlich noch eine größere Anzahl von Zellen im Zusammenhange steht. Ich war so glück- lich, eine solche Stelle an einem besonders interessanten Orte zu finden. Fig. 8 zeigt ein Stück der Stielzelle, links davon am Mündungswulst. Da der Stielkanal nicht in der Schnittebene liegt, so ist seine Mündung in die Kapsel nicht zu sehen. Man sieht dagegen deutlich das Endothel der Kapsel nach oben ziehen. Darüber liegt in der Figur das hellere Bindegewebe {Bgiv). Gerade am Mündungswulst {M.W) verdickt es sich etwas. Es zeigt eine zarte, fibrilläre Struktur und eine Anzahl kleiner, ellipsoidischer Kerne. Nach unten hin setzt es sich auf den Stiel fort. Auf diesem Bindegewebe liegt nun, an die Leibeshöhlo grenzend, ein Epithelüberzug (P.Ep). Ununterbrochen bekleidet er das Bindegewebe und folgt ihm auch auf den Stiel. Zwei ziemlich flache Kerne liegen in diesem Epithelüberzuge. 20 Rudolf Loeser, Im allgemeinen aber sind die Peritonealzellen voneinander getrennt. Nur hin und wieder trifft man — dem Bindegewebe der Kapsel, des Stieles oder der Kronzellen aufgelagert — die flachen Peritonealzellen. Fig. 3 und 7 lassen sie erkennen. Man muß sich allerdings hüten, diese Zellen mit Blutkörperchen zu verwechseln, welche sich öfters den Organen anlagern, die an die Cölomhöhle grenzen; so sieht man sie auch bisweilen dem Stiel oder den Kronlappen aufsitzen. Sie sind jedcch an ihrer nur einseitig abgeflachten Form und den kugeligen oder schwach ellipsoidischen Kernen zu erkennen. Erschwert wird das Studium der Epithel- und Bindegewebsver- hältnisse ferner durch Verschmelzungen. Es kommt nämlich häufig vor, daß der Stiel mit seiner der Kapsel zugekehrten Seite durch sein Bindegewebe mit dem der Kapselwand ein Stück verschmilzt. Dabei sind dann natürlich auch die beiderseitigen Epithel ien nicht mehr deut- lich voneinander zu trennen. Es kann auch vorkommen, daß ein Bindegewebs- zug dicht unter den Kronzellen von der Kapsel her oder auch von der Leibes- oder Darmwand zum Stiele zieht und diesen so in einer bestimmten Lage fixiert. Diesem Umstand ist die größere Bindegewebsanhäufung Bgu^ um den Kern in Fig. 6 zuzuschreiben. Eine Übersicht über den Aufbau des Stieles mag zum Schluß Textfig. 2 geben, die aus zwei Schnitten kombiniert ist. Zu innerst ist die eigentliche Stielzelle (Stz), durchbohrt von dem intra- cellularen Kanal (Kn), ziemlich homogen, nur an der Kanalseite etwas dunkler gefärbt. Hier trägt sie Cilien. Nach außen liegt die radiär ge- streifte Zone {R.Z), deren Kerne (N) mit der Längsachse senkrecht zur Oberfläche stehen. Darauf folgt das Bindegewebe (Bgiv), hierüber das Peritonealepithel (PEp); beide mit flachen Kernen {Bgw.K u. Ep.K). , -Up.K. -Bgw.K. -Bgrc 'PEp Stz. RZ Sij. Textfig. 2. Trichterstiel von Glossiphonia spec. im Längsschnitt. Aus zwei Schnitten kombiniert. (Zeichenapparat C Oc. 6, homog. Imm. 1/12.) 3. Der Kapselinhalt. Der Lihalt der Kapsel ist bis jetzt am besten von Bolsius (9'ic, Fig. 16, 17, 18) beschrieben worden. Er allein fand, daß der Inhalt Beitr. zur Keimtn. der Wimperorgane (VVimpertrichter) der Hirudineen. 21 jiiflit bt'i uUcii Tieren und zu allen Zeiten ein gleicher ist. Leuckart (!):}, S. 328/329) hielt den Inlialt für Nephridialzellen, deren Kanäle mit dem Segmentalorgan in direkter Verbindung ständen, bildet jedoch die Kanäle nicht ab. .Seine Fig. 303 und 304 (Ol, S. 727 und 728) zeigen \vt)hl im Innern der Kapsel Kerne, auch Zellen, aber nicht »ein den- dritisch verästeltes System von Kanälen, die mit den von außen ein- gedrungenen Gefäßen (des Nephridiums) in direkter Verbindung stehen«. Oka gab dann (94, Fig. 42, 43, 47, 57) Abbildungen dieser Zellen; sie haben nach ihm eine längliche Form und platten einander polyedrisch ab. — Ganz anders geartet ist der Inhalt der Kapsel nach Graf (99). Er fand darin nur Zerfallsprodukte von Zellen, von welchen besonders die Kerne erhalten sind; hierauf werde ich noch bei Besprechung der physiologischen Bedeutung der Organe näher eingehen. Bolsius (94c) endlich bildete einmal (F'ig. 16, 17) kugelige Zellen ab und dann (Fig. 18) ein polyedrisches Flächenwerk mit eingestreuten Kernen, das aus zerfallenden, kugeligen Zellen hervorgehen soll. Meine Untersuchungen haben folgendes ergeben. Junge Tiere zeigen Verhältnisse, wie sie etwa Fig. 2 wiedergibt. Man sieht hier die bindegewebige Kapselwand {Bgir), von der auch ein Strang nach links oben hinzieht. Sie hat sich gerade am Fuße der Stielzelle {Stz) etwas von dieser und dem Kapselepithel {Ep) losgelöst. Links davon ist der Ventralsinus {V.S) mit einigen freien Blutzellen {Bl.K), rechts die Kapsel mit ihrem Inhalt, der aus zahlreichen Zellen (Kp.Z) besteht. Bald sind sie einzeln deutlich erkennbar, bald hängen sie zu mehreren zusammen ohne scharfe Grenzen. Um den Kern herum ist gewöhnlich eine Partie dunkler gefärbten Plasmas. Risse und Spalten ziehen zwischen den Syncytien und den einzelnen Zellen hin; aber nirgends lassen sich Röhrchen oder Kanälchen von intracellulärer Natur er- kennen. Das Endothel der Kapsel hängt bei solch jungen Tieren noch völlig zusammen; ja man trifft Stellen, wie sie auch Oka (94, Fig. 43) abbildet, wo keine Grenze zwischen den Zellen des Endothels und denen des Kapsel ijihalts zu erkennen sind. Die Mehrzahl der Kapsel zellen stammt aber nicht von den Epithelzellen der Wand, sondern ist wohl von außen her eingewandert, was weiter unten noch zu besprechen ist. Die oben erwähnten, in dem Ventralsinus flottierenden Zellen haben die gleiche Größe und Kerngröße wie die Kapselzellen. Sie färben sich auch gerade so. Nur ist bei ihnen die Form mehr spindelartig als bei den letzteren, welche ihre Umgebung zu Polyedern umgestaltet. Wie Fig. 2 zeigt, sind auch bisweilen mehrkernige Formen anzutreffen. In den Kapselzellen jugendlicher Tiere findet man öfters Caryokinesen, 22 Rudolf Loeser, eine Tatsache, auf die schon Kowalewsky (97, 8. 1») gegen Graf hin- gewiesen hat. Auf Fig. 3 erscheint zwar der Kapselinhalt völlig verändert. Das Endothel {Ep) besteht nur aus den erwähnten flachen, zerstreut liegenden Zellen; nirgends steht es mehr mit den Zellen des Inhaltes in Zusammen- hang. Diese selbst haben jedoch auch einen ganz andern Charakter. Sie sind bald kugelig, bald ellipsoid bis eiförmig. 8ie liegen teils frei, teils zu Gruppen zusammengedrängt, wobei sie sich an den Berührungs- stellen schwach abplatten. Jede Zelle ist deutlich begrenzt. Jedoch findet man neben Zellen, die nur einen Kern besitzen, eine ganze Anzahl, die zwei oder drei aufweisen. Der Zerfall des ursprünglichen Syncy- tiums in einzelne Zellen ist hier nicht völlig eingetreten. Alle Zellen zeigen in ihrem Innern Vacuolen. Bald sind diese klein und gleichmäßig im Plasma zerstreut, bald sind sie zu einigen wenigen größeren zusammengeflossen. Vielfach findet man bei Be- handlung mit Osmiumsäure-Holzessig neben den hell bleibenden Va- cuolen auch Flüssigkeitströpfchen oder Körnchen, die sich sehr stark bräunen (s. Fig. 9), Nachbehandlung mit andern Farbstoffen läßt jedoch häufig die Bräunung wieder verschwinden. Nach ihrer all- gemeinen Form, die derjenigen der kleinen hellen Vacuolen sehr ähnelt, möchte ich sie eher als kleine öl- oder Fetttröpfchen ansprechen, denn als Körnchen. Für die Annahme, daß es sich um kleine Fetttröpfchen handelt, spricht wohl auch der Umstand, daß sich bei der- selben Färbung auch in den Darmepithelzellen solch dunkel gefärbte Körperchen zeigen; soviel ich beobachten konnte, gewöhnlich in der Einzahl. Zellen von gleicher Beschaffenheit sind übrigens bei Hirudineen schon bekannt. Nachdem schon Leydig (49, S. 121) und 8aint-Loup (83, S. 100) auf sie aufmerksam gemacht hatten, beschrieb Schuberg (99, S. 7/8) solche Zellen zuerst eingehender aus dem Hoden von Hirudo und Haernopis. Form, Kernzahl, Unfärbbarkeit der einen Vacuolen, Bräunung der andern — alles stimmt mit den hier beschriebenen Zellen aus den Kapseln der Glossiphoniden überein. Schuberg (99, S. 8) hielt die Zellen aus Hirudo zunächst für Degenerationsstadien der Samen- l)ildungszellen, dann jedoch für eine Art Nährmaterial dieser Zellen. Leuckart (Ol, S. 740) faßte sie als degenerierende Zellen auf, deren Endprodukt die Hodenflüssigkeit vermehre. Als Schuberg später ähnliche Zellen in den Kapseln sah, kam er zu einer andern Deutung ihrer Natur. Ich werde später versuchen, die physiologische Bedeutung der Kapselzellen darzulegen und möchte nur vorwegjiehmend erklären. Beitr. zur Kenntn. der \Vimperorgane (Wimpertrichter) der Hirudineen. 23 daß ich es mit Schuberg für wahrscheinlicli halte, daß auch die Zellen aus dem H irudo-üoden eine ähnliche Funktion haben. Zwischen den beiden oben beschriebenen Extremen in der Be- schaffenheit des Kapselinhaltes lassen sich mannigfache Übergänge feststellen. Es vacuolisieren sich nicht etwa alle Zollen gleichzeitig; die Umbildung geht vielmehr zunächst an einigen Zellen vor sich. Andre bleiben noch zu kompakten Klumpen vereinigt. Von diesen lösen sich dann nach und nach die Zellen unter gleichzeitiger Vacuo- lisierung ab. Die Lockerung des Kapselinhaltes, das Zerfallen in einzelne Ballen und die Auflösung dieser Ballen in einzelne Zellen schreitet in den Kapseln aus der Mitte und dem Hinterende des Tieres rascher fort als in denen des Vorderendes. 80 kann man bei demselben Tier in der vorderen Region Kapseln finden, in denen noch zwei oder drei solcher kompakter C'entren vorhanden sind, während gegen das Hinterende nur ein Centrum in jeder Kapsel anzutreffen ist. Eine Andeutung solcher, noch zusammenhängender Zellen ist auch in Fig. 3 gerade gegenüber der Trichtermündung zu erkennen. Stadien, welche der Fig. 18 von Bolsius (94c) entsprechen, habe ich leider nicht gefunden. Sie müssen von noch älteren Tieren stammen als die, welche ich untersuchte. Nach der starken Vacuolisierung der Kapselzellen würde also auf Grund der BoLSiusschen Erfahrungen nach der Eiablage ein vollständiger Zerfall dieser Zellen eintreten; später aber wohl wieder eine Neubildung, jedenfalls vom Kapselepithel aus. Die Fibrillen, die Bolsius auf Fig. 17 darstellt, halte ich für Gerinnsel der Flüssigkeit, in der die Kapselzellen suspendiert sind. 4. Beziehung des Wimperorgans zum Nephridium. Die Beziehungen des Wimperorgans und der Kapsel zum Nejjhri- dium lassen sich ohne Besprechung der Physiologie dieser Organe nur schwer darstellen. Ich möchte diese jedoch trotzdem getrennt davon später behandeln, und zwar dann erst mit Berücksichtigung der ein- schlägigen Literatur. Die Nephridien, die ja in Bolsius, Oka u. a. eingehende Unter- sucher gefunden haben, habe ich nur in ihrem drüsigen Teil (Oka) eingehender studiert. Dieser drüsige Teil des Nephridiums, sein innerster Endabschnitt, tritt stets in unmittelbare Berührung mit der Kapsel. Die letzten drei oder vier Zellen des Nephridialstranges legen sich der Kapsel an, und zw^ar ziemlich genau diametral gegenüber der Trichter- einmündung (Fig. 1 Nph). Die erwähnten Zellen schmiegen sich so an, daß sie eine einseitig konkave Form erhalten. Sie liegen dabei in 24 Rudolf Loeser, einer Kette hintereinander, und an sie schließen sich weiter lateralwärts die übrigen Teile des Segmentalorgans, welche zunächst auch nur eine Zellreihe darstellen. Die einzelnen Zellen des drüsigen Teiles zeigen ein fein granu- liertes Protoplasma (Fig. 10). Sie stoßen nicht etwa dicht aneinander, so daß sie sich mit breiter Fläche berührten, sondern sind nur durch Brücken verbunden. Dies ist deutlich an der linken und an der mitt- leren Zelle der Fig. 10 zu erkennen. Rechts ist ein etwas andres Bild entstanden, weil der Schnitt hier nicht genau senkrecht zur Zellgrenze geht, so daß sich hier die Zellen etwas übereinander schieben. Die Abstände zwischen den Zellen sind überhaupt sehr klein, so daß die kleinen Kerne des Bindegewebes, das zwischen ihnen durchzieht, oft kaum Platz finden und auf den Grenzen der Nephridialzellen zu liegen scheinen. Die Kerne der Zellen des drüsigen Endteiles unterscheiden sich in der Form von denen der andern Regionen des Nephridium. Während letztere kugelig oder ellipsoid sind, besitzen die ersteren ein merk- würdiges Aussehen, indem sie scheinbar pseudopodienartige Ausläufer in das Protoplasma entsenden (Fig. 10). Es handelt sich hier nicht um Pseudopodien. Es sind hier vielmehr augenscheinliche Teile des Kernes durch irgendwelche Einflüsse abgesprengt worden; wie man denn auch hin und wieder im Plasma der Zellen einzelne Partikelchen von augenscheinlich chromatischer Natur antrifft. Die Fortsätze sind auch von Willem und Minne (99, S. 66) beobachtet worden, die sie entgegen Bolsius nicht für anormal halten. Die Nephridialzellen sind von dünnen Kanal chen wie von einem feinen Wurzel werk durchzogen, die sich zu Stämmen sammeln, welche auch nicht merklich dicker sind. Diese Kanälchen ziehen von Zelle zu Zelle hin durch die obenerwähnten Zellbrücken. Von hohem Interesse war von jeher die Frage: Besteht zwischen dem Kapsellumen und den intracellulären Kanälchen der endständigen Nephridialzellen eine offene Verbindung? Diese Frage wurde von den einzelnen Autoren sehr verschieden beantwortet. Bejaht wurde sie hauptsächlich, unter eingehender Be- gründung, von Leuckart und Oka. Nach Leuckart (93, S. 329) sieht man an günstigen Präparaten, wie sich die Kanälchen der Nephri- dialzellen kontinuierlich in die Kapsel hinein fortsetzen. An der Be- rührungsstelle fehlt der Kapsel die bindegewebige Begrenzung, so daß ihre zellige Inhaltsmasse sich hier direkt mit den Nephridialzellen be- rührt. Auch Oka (94, S. 135) glaubte eine offene Kommunikation Beitr. zur Kenntii. der VVimperorgane (Wimpertrichter) der Hirudineen. 25 zwischen tloiu Kapsellumen und den Kanälchen der anliegenden Ne- phridialzellen wahrgenommen zu haben. Er bildet dies auch in seinen J'ig. 47 und 57 ab. Das Bestehen einer offenen Verbindung ist dann am energischsten von BoLSius bekämpft worden, der überhaupt jede Beziehung des Wimperorgans und der Kapsel zum Nephridium leugnet. Diesen Standpunkt vertritt er für alle Hirudineen, für Glossiphoniden am eingehendsten in seiner »Anatomie des organes cilies des Hirudinees du genre des Glossiplionides« (94:C, S. 31). Auch Graf (99) konnte die offene Kommunikation nicht finden, die er aus theoretischen Gründen postulierte. Er meint dann (99, S. 259), »daß die Excretionsj^rodukte . . . durch feine, mikroskopisch nicht nachweisbare Lücken zwischen den Bindegewebszellen in die Drüsenzellen gelangen«. Kowalewsky endlich nennt (99, S. 39) die Verbindung der Höhlen beider Organe äußerst problematisch. Ähnliches hat er auch schon 1897 ausgesprochen. Auch Willem und Minne bestreiten die Kommunikation des Ne- j)hridialkanals mit dem Trichter, bzw. der Kapsel (99, S. 55). Die Frage nach der Kommunikation kann nur an Schnitten unter- sucht werden. Totalpräparate sind zu dick, um an ihnen solch feine Details unterscheiden zu können. Trotz eingehendsten Studiums zahlreicher Serien, die lückenlos ■und meist nur 5 // dick waren, konnte ich niemals Stellen finden, die der Fig. 47 Okas oder gar Fig. 57 ähnelten. Niemals habe ich die Kanälchen der Nephridialzellen die Oberfläche dieser Zellen vollständig erreichen sehen. Niemals grenzten diese Zellen unmittelbar an das Kapsellumen, wie Leuckart behauptet. Stets fand sich eine, wenn auch noch so dünne bindegewebige Schicht zwischen den Zellen und der Kapsel; bei Färbung mit BLOCHMANNScher Lösung trat sie stets deutlich als trennende, blaue Lamelle hervor. Ich habe dann die Objekte noch darauf untersucht, ob vielleicht zwischen der ersten Ne- phridialzelle und der Kapsel nur eine einzelne Zellbrücke bestände, wie ich zwischen den Nephridialzellen des drüsigen Abschnitts beschrieben habe. Aber auch eine solche Brücke fehlt. Um nun ganz sicher zu gehen, untersuchte ich injizierte Exemplare in toto und auf Schnitten. Das Berlinerblau verbreitete sich stets sehr rasch in den Blutsinussen bis in die engsten Spalten. Bei dem relativ starken Druck des Spraygebläses müßten bei einer offenen Kommunikation von Kapsel und Nephridium unbedingt auch Farb- stoffpartikelchcn in die Nephridialkanälchen gelangen. Sämtliche untersuchten Präparate ergaben jedoch folgenden Befund. Das 26 Rudolf Loeser, Berlinerblau erfüllt den Ventralsinus; es dringt in die Trichter und zeigt sich im Stielkanal als starker, blauer Strich. An dieser Stelle sind offenbar durch die Tätigkeit der Wimpern größere Massen von Farb- stoffpartikelchen zusammengehäuft worden. Die letzten Teilchen finden sich dann an der Fußplatte des Trichterstiels ziemlich über die ganze Fußscheibe, d. h. über den Bereich der Wimpern verteilt. Im Innern der Kapseln fand sich dagegen niemals Berlinerblau. Ebenso- wenig war es gar in den Kanälchen der Nephridialzellen zu finden. Zu gleich negativen Befunden sind übrigens auch schon Willem und Minne (1)9, S. 65) bei ähnlichen Injektionsversuchen gekommen. Die Zellen des Kapselinhaltes sind, wie oben erwähnt, in einer Flüssigkeit suspendiert. Diese Flüssigkeit müßte bei offener Kom- munikation in die Nephridialkanälchen abfließen und so der farb- beladenen Flüssigkeit gestatten, zwischen die Kapselzellen einzudringen. Außerdem würde auch durch den starken Überdruck vom Trichter her die Zellmasse des Kapsel Innern gegen die Abflußöffnung zusammen- gedrängt Averden. Das geschah jedoch nicht. Da kein Abfluß vor- handen war, breitete sich der Druck im Innern der Kapsel nach allen Seiten gleichmäßig aus; die Zellen sind nirgends besonders zusammen- gehäuft. Die im Stielkanal und an der Fußplatte vorhandenen Farb- partikelchen sind jedenfalls nicht durch Verminderung des Druckes in der Kapsel dahin gekommen, sondern durch die Tätigkeit der Cilien. Aus diesen Gründen muß eine Verbindung der Nephridialkanälchen mit dem Kapselhohlraum entschieden in Abrede gestellt werden. 5. Physiologie der Organe. Die Annahme oder das Leugnen einer Kommunikation zwischen Wimperorgan und Kapsel einerseits und dem Nephridium anderseits hängt eng zusammen mit der Ansicht über die physiologische Bedeu- tung dieser Organe. Leydig, der Entdecker der Trichter, betrachtete sie (49, S. 14) bei seinen späteren Untersuchungen als die inneren Enden der Excretionsorgane. Dem schließt sich auch Gegenbaur an, welcher allen Hirudineen ein Nephridium zuschreibt, das »eine innere, oft eigen- tümlich gestaltete und stets bewimperte Mündung besitzt« (Ol, II, S. 427). Auch Rathke (62) meint, daß die besprochenen Organe mit dem »Wassergefäßsystem« in Verbindung stehen. Auf den gleichen Anschauungen fußen ferner Leuckart, Oka, sowie Graf. Sie sind nur nicht einig in der Deutung der Kapselzellen und über das Vorhandensein einer offenen Kommunikation mit dem Nephridium. Oka sieht, ebenso Avie Leuckart, in den Kapselzellen Beitr. zur Kenntn. dir Wimperorgane (^^'imJ)c^trichter) der Hirudinecn. 27 modifizierte Nephridialzellen, die an ihren iiitracellulären Kanälchen kenntlich seien. Durch diese Kanälchen bestehe dann eine offene Ver- bindung zwisciien dem Ne])hri(lium und den Trichtern, bzw. dem Rlutsiiius. Die Trichter seien also echte Nephrostome. Anders faßt Graf die Verhältnisse auf. Freie Zellen, die sog. Excretoplioren, beladen sich auf ihren Wanderungen durch die Leibes- höhle mit Excretstoffen. Kommen sie dann in die Gegend der Trichter, so werden sie durch chemotaktische Reize zu diesen herangezogen. Ein basisches Secret der Trichterzellen, welches in größerer Entfernung durch seine stärkere Verdümiung rein chemotaktisch auf sie gewirkt hat, bringt sie hier durch seine erhöhte Konzentration zum Zerfall. (Ahnliche Vorgänge hatte schon 1885 Kükenthal bei Tuhifex beob- achtet.) Die Zerfallsprodukte werden hierauf in die Kapsel befördert, dort weiter zerkleinert und durch mikroskopisch nicht nachweisbare Lücken des Bindegewebes an das Nephridium weitergegeben. Diese Zerfallsprodukte sind es auch, die nach Graf den Kapselinhalt bilden. Es sollen hier also nur Kerne, Zellreste in mehr oder weniger vorge- schrittenem Zerfall zu finden sein, wie es ähnlich auch schon Boürne behauptet hatte. Die Kapsel ist nach Graf nichts andres als die erste Nephridialzelle, die sich an den Trichterapparat anschließt und durch die in ihr abgelagerten zerfallenen Excretionszellen mächtig blasig aus- gedehnt wurde, weshalb von ihr nur noch die bindegewebige Hülle übrig blieb. Schemata erläutern diese Darstellung (99, S. 258). Dieser Gruppe von Forschern steht eine andre gegenüber, die in der Kapsel ein Lymphorgan erblickt. In diesem Sinne sprachen sich KowALEWSKY, CuENOT, WiLLEM Und MiNNE aus. KowALEVvSKY ver- gleicht (97, S. 11) die Kapsel der Glossiphoniden hinsichtlich ihrer Funktion mit den Ijymphdrüsen und dem Knochenmark der Wirbel- tiere. CuENOT betrachtet sie (97, S. 173) als Analogen des »tube moyen« der Chätopoden. Am meisten Aufklärung haben die Injektions- und Fütterungsversuche von Kowalewsky und die von Willem und Minne gebracht. Zwei Stunden nach der Injektion von Karmin und von Bacil- lus siibtilis fand Kowalewsky beide in den Kapseln vor (97, S. 7). Die Bakterien wurden hier durch die Zellen der Kapseln verdaut. Seine Untersuchungen von 1899 bestätigten diese Befunde. Auch Willem und Minne kamen zu den gleichen Ergebnissen. Die injizierten Fremd- körper gelangten entweder direkt in die Wimpertrichter oder sie wurden von Blutkörperchen — phagocytären Amöbocyten — dorthin gebracht (99, S. 64). Die »cellules acides« Kowalewskys (Zellen, welche zer- streut den inneren Wandungen der Blutsinusse aufsitzen und ihren 28 Rudolf Loescr, Namen nach ilirer sauren Reaktion haben) gaben etwa aufgcnonnmenes Kirmin entweder an die Leucocyten ab oder wurden samt ihrem Inhalt von letzteren gefressen (97, S. 9). Neuerdings (1902) hat sich Cuenot wieder mit den »cilio-phago- cvtären« Organen beschäftigt. Auf seine Schlüsse, die mit meinen sehr gut übereinstimmen, werde ich im Abschnitt VI dieser Arbeit näher eingehen. Durch äußera Umstände verhindert, war es mir leider unmöglich, Fütterungsversuclie zu unternehmen oder Tiere zu untersuchen, die erst längere Zeit nach der Injektion getötet waren. Meine Ansicht über die Funktion von Wimperorgan und Ka|)sel muß sich daher, neben den eignen morphologischen Untersuchungen, auf die obengenannten fremden Versuche stützen. Ich halte mit Kowalewsky, Cuenot, Willem und Minne die Kapseln für lymphoide Organe. Ihre Zellen sind phagocytärer Natur; sie gleichen, wie oben schon erwähnt, den Blutkörj^erchen. Diese, welche von den Klappen des Dorsalgefäßes stammen, sind zweifellos Phagocyten. Die Kapseln stellen also ebenso wie die »Klappen« blut- bereitende Organe dar, d. h. sie liefern Zellen von gleicher Größe, Kern- größe und physiologischer Funktion wie die Zellen, die von den Klappen stammen. Daß aber die Zellen des Kapselinhaltes nicht etwa nur aus den durch den Trichter hereingekommenen Phagocyten bestehen, ist schon daraus zu entnehmen, daß zu gewissen Zeiten auch in den Kapseln junger Stadien Zellen zu finden sind, welche Mitosen zeigen. An den Bildungsstätten beider Zellarton sind bei jungen Tieren keine scharfen Zellgrenzen zu erkennen. Für die Kapseln wurde dies oben gesagt, für die Klappen berichtet es Arnesen (1, S. 789), für Lymphdrüsen und phagocytäre Organe im allgemeinen G. Schneider (89, S. 371, Fig. 8) und Cuenot (1902). Eine weitere Ähnlichkeit ergibt sich aus der Abstammung der Zellen. Die Klappenzellen ähneln nach Arnesen völlig den Cölom- epithelzellen (04, S. 792). Die Kapselzellen hängen in ihrer Jugend mit dem Epithel der Kapsel zusammen, was ich schon oben erwähnt habe. Der einzige Unterschied zwischen den beiden Zellarten ist ihre Beweg- lichkeit. Die Klappenzellen reißen sich nach Arnesen los, dringen durch die Gefäßwand und wandern durch die Leibeshöhle besonders zum Ventralsinus. Die Kapselzellen dagegen verlassen ihren Ent- stehungsort nicht. Haben sich die Blutkörperchen hinreichend mit Excretstoffen be- laden, so gelangen sie durch die Trichter in die Kapsel (s. Graf). Solche Bc'itr. zur Konntii. der W'iniiicrorgauo (\Viin[)ertrirhter) der llinidincen. 29 Zellen trifft man bisweilen, wie Fig. G zeigt [Bl.K), auf ihren Wande- rungen durch den Stielkanal schon ohne scharfe Grenz>'n, im Zerfall begriffen. In d(>r Kapsel zerfallen sie dann viillig. Die Ztrfill- produkte werden zunächst als Vacuolen und Fetttröpfchen in den Kapselzellen aufgespeichert und weiter zerlegt. Zuletzt besteht darm solch eine Kapselzelle nur noch aus Flüssigkeitströpfchen mit einer dünnen umhüllenden Protoplasmaschicht und dem Kern ^. Tritt in der einzelnen Zelle schließlich Überladung ein, so zerfällt sie selbst. Die Kerne bleiben, wäe BoLSius (94c, »S. 24) beobachtete, noch eine Weile kenntlich. Die ausströmende Flüssigkeit dagegen gelangt wohl auf osmotischem Wege in die angelagerten Nephridialzellen. Die Kapseln sind also phagocytäre Organe, die durch die Trichter mit der Leibeshöhle in Verbindung stehen und ihre Produkte auf osmotischem Wege an das Nephri- dium abgeben. B. Untersuchungen an Herpobdella. 1. Die Ampulle (oder Kapsel) und ihre Beziehung zum Blutgefäßsystem . Betrachtet man ein Injektionspräparat von Herpobdella oder sieht man gegen das Licht durch ein nicht zu stark pigmentiertes Tier, so bemerkt man 21 kugelige Körper jederseits, die im ersten Falle ganz mit Injektionsmasse erfüllt sind, im zweiten heller als die Umgebung erscheinen. Es sind dies die »Ampullen« Leydigs, die >>botryoidal sinus« BouRNEs (84, S. 475), Gebilde, die von Jaquet(85), Bolsiüs^ (91a) und Graf (93, S. 178 ff.) eingehender beschrieben wurden. Bei der innigen Beziehung, in der die Ampullen zu den Wimper- organen stehen, möchte ich mich zuerst der Betrachtung jener zu- wenden, ehe ich mich mit den Wimperorganen beschäftige. Ich glaube dabei auch einige neue Tatsachen zur Kenntnis des Blutgefäßsystems von Herpobdella beibringen zu können. Wie die obengenannten Autoren schon erwähnten, und Jaquet und Graf (93, Fig. 1) abbilden, liegen die Ampullen zu je zwei Paaren 1 Die oben erwähnten völlig gleich aussehenden Zellen aus dem Hoden von Hirudo haben vielleicht auch exoretorische Funktion: Reinigung des Hodens von zerfallenden Samenbildungszellen und dergleichen. 2 Ich vermeide es absichtlich, den Ausdruck von BoLsius »capsule« anzu- wenden. Dieser kann leicht zu Vergleichen mit der »Kapsel« der Glossipho- niden verleiten, die, wie ich weiterhin zeigen werde, nicht berechtigt sind. 30 Rudolf Loeser, in einem Segment. Nur das vorderste Ampullen tragende Segment beherbergt nur ein Paar. In Fig. 11, Taf. II habe ich zwei Segmente dargestellt von einem Tier, das lebend durch Einstich in den Lateralsinus injiziert wurde. Um größere Klarheit zu erzielen, wurde nicht das ganze Capillargefäß- netz der Haut eingezeichnet. Die Figur stellt in der rechten Hälfte die Verhältnisse der Ventralseite, in der linken die der Dorsalseite dar; beide Hälften sind durch eine zweimal rechtwinkelig geknickte Linie geschieden. Die Figur wird in der Längsrichtung von den drei Hauptgefäßen durchzogen: den beiden Lateralsinus {L. S) und dem Ventralsinus ( V. S), der, weil er vom Darm überdeckt ist, etwas heller dargestellt ist. Jedes Segment enthält zwei dicht hintereinander liegende Ampullen (A), welche mit dem Lateralsinus der betreffenden Seite durch ein ziemlich kräftiges, gabelig geteiltes Gefäß (a) in Verbindung stehen. Eine weitere Verbindung zwischen jeder Ampulle und dem Lateralsinus wird durch ein sehr feines Gefäß (b) hergestellt, das dicht vor, bzw. hinter der Abgangsstelle des gegabelten Gefäßes entspringt und zur Dorsal- seite der Ampulle zieht. Etwas medianwärts von der Einmündung dieser feinen Gefäße (b) entspringt ebenfalls an der Dorsalseite jeder Amj^ulle ein zweites un- gefähr gleich starkes Gefäß (c), welches den Darm ungeteilt überquert und eine unmittelbare Verbindung mit der gegenüberliegenden Am- pulle herstellt. Von der medialen Hälfte jeder Ampulle gehen weiterhin je zwei Gefäße ab. Das eine, mehr dorsal gelegene (d), wendet sich zum Darm, um diesen mit einem dichten Plexus zu umspinnen. Das andre (e), welches die Ampulle gegen die Bauchseite hin verläßt, gibt zwar auch einen Ast zum Darmplexus ab, stellt aber außerdem eine Verbindung mit dem Ventralgefäß her und versorgt durch einige Ästchen die Hoden, sowie benachbarte Organe mit Blut (s. Fig. 12). Diese Verhältnisse werden leichter verständlich, wenn man die Fig. 12 zum Vergleiche heranzieht. Man erkennt hier besser, wie auch die Hoden und das Parenchym durch Zweige dieser Blutbahnen ver- sorgt werden. Hieran beteiligt sich auch ein recht starker Teil des Astes, der vom Lateralsinus zur Ampulle geht («'). Auf Fig. 11 konnte er seiner Lage wegen nicht dargestellt werden. Fig. 12 ist übrigens ein Kombinationsbild. Es stellt in einer Ebene alle Blutbahnen dar, die in Wirklichkeit sich über ein halbes Segment erstrecken. Nur so ließen sich auf einem Querschnitt alle Sinusse abbilden, die zur Ampulle in Beitr. zur Kenntn. der Wiinperorgane (VVimpertrichter) der Hirudineen. 31 Beziehung stehen. Es ist hier ferner eine direkte Verbindung von Lateral- und Ventralsinus angedeutet (/'). Sie findet sich, wie Fig. 11 zeigt, auf der Höhe der Oaiiglien. Hier verläßt ein Ast (/) den Lateral- sinus, gabelt sich bald darauf und beteiligt sich mit einem dorsalen Zweig, der sich seinerseits nochmals spaltet, an der Bildung des Darm- plexus; sein ventraler Ast (/') stellt die erwähnte Kommunikation mit dem Ventralsinus her. Wie schon Jaquet und Graf berichteten, enthalten elf von den 21 Ampullen jeder »Seite besondere Organe, während die zehn andern nur Blut führen. In jedem Segment liegt nämlich im vorderen Am- pullenpaar ein Wimperorgan, das hintere Paar dagegen ist leer (vgl. BoLSius 91a, S. 297). Auch das Segment, welches nur ein Paar Am- pullen hat, ist mit Wimperorganen ausgestattet. Diese Organe sind es, von denen 1848 v. Siebold schrieb: »Sehr auffallend ist mir ein rosettenförmiges, viellappiges und farbloses Organ, welches mit Fümmereilien besetzt ist und in diesen Blutbehältern von Nephelis verborgen steckt« (48, S. 21(j). Schon im folgenden Jahre wurde dieser Fund von Leydig und später von Rathke und Gegenbaur bestätigt. 35 Jahre nach dieser Entdeckung wurde aber die Existenz der Organe von 0. Schultze geleugnet, dem sich auch Vejdovsky anschloß. Erst die L'ntersuchungen von Bolsius. Bourne, Leuckart, Graf, Goodrich, Willem und Minne haben unumstößlich dargetan, daß Organe der genannten Art bei Herpobdella vorhanden sind. Es ist merkwürdig, daß ein solches Organ, nachdem von verschie- denen Seiten darüber berichtet worden war, völlig übersehen werden konnte. Erstaunlicher ist dies noch, wenn man sieht, wie genau und richtig es schon v. Siebold beschrieb, bei der Dürftigkeit der Unter- suchungsmittel der damaligen Zeit. Seine Beschreibung paßt noch jetzt genau auf Textfig. 3. Es gelang mir, unter dem Präpariermikroskop durch vorsichtiges Zerzupfen eine Ampulle zu isolieren und in den hängenden Tropfen zu übertragen. Man sieht eine annähernd kugelige Blase (Textfig. 3), von deren Dorsalseite nach unten und innen drei dunkle Träger (tr) ziehen, die gemeinsam einen Ring von gleichem Aussehen halten. Dem Ringe sitzen sieben Zellen von eigenartiger Form auf mit großem, hellem Kern und bewimpertem Außenrand. Im Innern des Organs liegt eine Masse von wolkigem Aussehen. So muß auch schon v. Siebold seiner Beschreibung nach das Ganze gesehen haben. Schnitte durch eine Ampulle sind schon mehrfach abgebildet worden, so von Graf (93, Taf. X, Fig. 6, 7, 8), von Bolsius (des öfteren, 32 Rudolf Loeser, bes. 91a, Fig. 42), sowie von Willem und Minne (99, Fig. 20). Diese Figuren sind es hauptsächlich, die ich bei einer Beschreibung der Am- pulle zum Vergleich heranziehen werde. Die Ampulle ist äußerlich von einer starken Bindegewebsschicht gegen das Parenchym abgegrenzt. Diese ist in Fig. 13 deutlich als blauer zarter Außensaum kenntlich (Bgw), der im Innern, worauf ich aus- V ■ \ 7^ / / / Textfig. 3. Ampulle mit Wiraperorgan von Herpobdella her.aiispräpariert. Vergr. etwa 200. drücklich aufmerksam machen möchte, kleine Kerne enthält. Bisweilen ziehen auch dorso ventrale Muskel bündel dicht an der Ampulle hin. Auf Schnitten durch die Ampullen recht junger Tiere sieht man an deren Innenwand flache Zellen mit ellipsoidem Kern und ziemlich dunklem Protoplasma, ferner noch einige wenige größere Zellen mit großem kugeligen Kern und hellem Protoplasma mit außerordentlich großen Waben. In diesen flachen Zellen erkennt man sofort das I^citr. 7.ur Kenntn. der ^\'iIn|K>^l)I•ganc (\Vini{)ertrichter) der Hirudineen. 33 l'eritoiicalepithol iK-r ( "(iloinhöhlc, das dieselben Verhältnisse zeigt, wie wir sie aus der ( "oloinluUiIe und der Kapsel der (Jlossiphoniden, sowie aus dem Hoden von Ilinido kennen gelernt haben. Die großen Zellen dagegen sind die sog. »Botryoidzellen « Ray Lankesters und Bournes, die >)C'hloragogenzellen« oder die »Excretophoren« Grafs. Bolsius dagegen sah in ihnen das Epithel der Cölomhöhle. Daß das eigentliche Epithel von allen Beobachtern l)is jetzt über- sehen wurde, ist bei der Kleinheit und der zerstreuten Lage seiner Zellen sehr leicht erklärlich; um so mehr, als diese bei erwachsenen Exemplaren noch viel schwerer zu erkennen sind. Betrachtet man einen Schnitt durch die Ampulle eines älteren Tieres, z. B. Fig. 13, 14, so hat man zunächst den Eindruck, als seien es die Botryoidzellen (Botr.Z), welche allein den Hohlraum auskleiden. Diese begrenzen ihn überall in fast \inunterbrochenem Zuge. Daß sie an einigen Stellen in mehreren Schichten übereinander gelagert erscheinen, rührt von leichten Ein- buchtungen der Ampullen an diesen Stellen her. In Wirklichkeit liegen sie stets nur in einer Schicht. Sie sind gegen das Parenchymgewebe wie gegeneinander ziemlich scharf abgegrenzt, gegen die Ampulle hin ist dagegen oft nur eine recht verschwommene Grenzlinie. Auf vielen Schnitten ergibt sich scheinbar eine Verschiedenheit in der Lage der- Botrvoidzellen. Während sie nämlich zum großen Teil an den blut- erfüllten Hohlraum grenzen, sieht man auch andre (z. B. Fig. 13 rechts), die durch eine Scheidewand von ihm getrennt sind. Graf hat deshalb auch (93, S. 79) gegen Bourne behauptet, daß die Botryoidzellen den Blutbahnen außen aufsitzen und hat dies auch für die Ampulle (93, Fig. 7, 8) abgebildet; er glaubt jedoch, daß es sich hier um Zellen handle, die nur scheinbar, infolge einer Faltung außen liegen. In Wirklichkeit sollen nach Graf alle Excretophoren in die Ampulle von außen her mit dem Blutstrom eingewandert sein; sie müßten also an der Innenwand der Ampulle liegen. Auf Grund der neueren Untersuchungen ist eine solche Wanderung von Botryoidzellen nicht anzunehmen. Willem und Minne (99, S. 71) bestreiten sie ausdrücklich, und auch mir ist es nie geglückt, freie Botryoidzellen in den Blutbahnen anzutreffen. Wohl aber deutet die obenerwähnte unscharfe Begrenzung mancher Zellen gegen den Blutraum darauf hin, daß sie in Zerfall sind. Desgleichen sprechen hierfür die kleinen Tröpfchen (t) in der Nähe solcher Zellen, die in Fig. 14 abgebildet sind, und die sich sehr scharf von dem Blute unterscheiden, in welchem sie suspendiert sind. Willem und Minne gelang es ferner, in den Ampullen Amöbocyten zu beobachten, welche sich mit den Zerfallsprodukten solcher Botryoidzellen beladen. Einige Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 3 34 Rudolf Loeser, solcher Blutkörperchen in Fig. 14 (Bl.K) üben offenbar die gleiche Funktion aus. Nach meinen Untersuchungen nehme ich an, daß alle Botryoid- zellen an der Innenseite der Gefäßwand sitzen, und daß Bilder, welche sie an der Außenwand zeigen, auf Faltungen oder sonstige Störungen im Präparat zurückzuführen sind. Die Botryoidzellen selbst sind wohl nichts andres als modifizierte Epithelzellen, welche an Ort und Stelle die Zerfallsprodukte aus dem Blute entnehmen und sie aufspeichern. Hierauf werde ich bei Be- sprechung der Physiologie der Organe näher eingehen. Durch diese Umbildung kommt es auch, daß erwachsene Tiere nur sehr wenig Epithel erkennen lassen. 2. Das Wimperorgan. a. Die Träger. Wie bemerkt, hängen die Wimperorgane in die Ampulle hinein, und zwar, wie Fig. 12 zeigt, ventral und leicht medial geneigt. Sämtliche Figuren sind dementsprechend orientiert. Bourne bildet (84, Fig. 62) Wimperorgane ab, welche sich von der Ventralseite der Ampulle aus in diese erheben. Derartiges habe ich nie gefunden, vielmehr »hing« das Wimper Organ von der Dorsal seite her in die Ampulle hinab. Die Befestigungsweise des Organs hat Bourne nicht erkannt. Leuckart dagegen, der es übrigens auch falsch orientierte (Ol, Fig. 299), erkannte, daß es durch einen »Stiel« an der Wand befestigt sei, ferner durch einen dünnen Bindegewebsstrang, der in der Fortsetzung des Stieles, nach der entgegengesetzten Seite der Ampulle hinzieht (1. c, S. 715). Die bindegewebigen Aufhängungsstränge sind völlig gleichwertig, weshalb ich zwischen ihnen keinen Unterschied mache und sie gleich- mäßig als »Träger« bezeichne. Sie entspringen häufig mit zwei oder drei Wurzeln von der Wand. Das Bindegewebe, aus dem sie der Haupt- sache nach bestehen, löst sich in der Ampullenwand in feinere Züge auf, die ihrerseits mit dem der bindegewebigen Ampullenhülle in Ver- bindung stehen (s. Fig. 13 Tr). Soweit sie im Innenraum der Ampulle verlaufen, sind sie von einem epithelialen Überzüge bekleidet. Einzelne Epithelzellen mit ihren flachen Kernen sind dabei deutlich zu erkennen (s. Fig. 1.'}, 14 Ep). Außerdem liegen ihnen auch Botryoidzellen (Botr.Z) auf, die hier — wie überall — das Epithel der Cölomhöhle begleiten. Da die Botryoidzellen bei erwachsenen Tieren bedeutend zahlreicher Beitr. zur Kenntn. der Wiinperorgane (Wimpertrichtcr) der Hirudineen. 35 sind als bei jungen, so müssen sie sich beträchtlicher vermehren als die Epithelzellen. Das t"Toerwiegen der Botryoidzellen über die Epithel- zellen bei erwachsenen Tieren erklärt sich daraus, daß nun eine größere Anzahl der letzteren sich zu I^otryoidzellen umgebildet hat. Die Träger bilden, wie Textfig. .'} zeigt, einen Ring. Dieser ist auf Fig. l."5 (B) im Durchschnitt zu erkennen. An der Stelle, wo die Träger in den Ring übergehen, verbreitert sich das Bindegewebe sehr stark. Soweit er nicht mit den Trägern in Verbindung steht, zeigt der Ring einen runden Querschnitt (Fig. 13 rechts). In die bindegewebige Grundsubstanz sind zahlreiche der obenerwähnten kleinen Kerne ein- gebettet. b. Das Körbchen. An dem Ringe ist das Wimperorgan befestigt. Seine Gestalt ist bald »rosettenförmig« genannt worden (v. Siebold), bald mit einer aufgesprungenen Schote (Leuckart), bald mit einer Krone (Bolsius) verglichen worden. Am besten paßt auch das letzte Bild; erheben sich doch die einzelnen Wimperzellen gleich Zacken einer Krone über das Ganze (Textfig. 4). Das Wimperorgan ist annähernd radiär symmetrisch. Es stellt ein Körbchen ohne Boden dar, dessen Basis durch die Träger an der Ampullenwand befestigt ist und am oberen Rande bewimperte Zellen, die sog. »Kronzellen« trägt. Ausgefüllt ist das Körbchen durch eine centrale Zellmasse (Z.M), oder wie ich sie kurz nennen werde, die »Centralmasse«. Die Körbchenwand besteht aus einer Schicht ziemlich großer, mit BLOCHMANNscher Lösung sich dunkel färbender Zellen mit kugeligen Kernen. Scharfe Zellgrenzen sind nicht zu unterscheiden. Bisweilen beobachtet man in den Körbchenzellen Mitosen (Fig. 13). An die oberen Körbchenzellen schließen sich ohne scharfen Übergang die »Kron- zellen« (K.Z) an, auf deren Form ich weiter unten eingehen werde. Die Körbchenzellen hören aber nicht etwa da auf, wo die Kron- zellen beginnen, sondern setzen sich zwischen je zwei Kronzellen noch eine ganze Strecke fort. Wenn also ein Axialschnitt des Organs einer- seits eine Kronzelle trifft, anderseits zwischen zweien hindurch geht, so entstehen Bilder wie Textfig. 4. Noch deutlicher sind die Verhält- nisse auf Fig. lö zu erkennen. Diese stellt einen Schnitt dar, der ein Wimperorgan fast senkrecht zur Achse getroffen hat. Man sieht hier, wie es auch Willem und Minne erkannt haben, daß die Wandzellen des Körbchens zwischen je zwei Kronzellen eindringen. Auch hier liegen sie in einer Schicht, die sich nach innen gewöhnlich etwas 36 Rudolf Loeser, vorwölbt. An einer Stelle {Kb) ist die Körbclienwand getroffen, und zwar etwas schräg. Es sind daher hier statt einer einzigen Zellschicht an einigen Stellen scheinbar zwei vorhanden. An der Basis des Körbchens steht die Zellschicht der Körbchen- wand mit dem Epithel in Verbindung, das die Träger überkleidet. Eine -i> ■fb'^^^^'Sr^^jf.fi' ■^- .-15% ->ii z.yf T EZ :snc Botr.Gf. Textfig. 4. Wimperorgan von Herpobdeüa halbiert (schematisch), der Botryoidbelag der Wand ist weggelassen. solche Stelle ist in Fig. 13 zu sehen. Die Zellen des Körbchens schließen sich hier an eine flache Zelle von gleicher Färbung an, die dem Träger aufgelagert und unzweifelhaft eine Epithelzelle ist {Ej)). Solche Über- gänge sind bei dem zerrissenen Charakter des Epithels natürlich sehr Beitr. zur Kt-mitn. tlcr Wiiiii)ciorgane (Wimpertrichter) der Hirudineen. 37 seltoii, und iiire AiilliiKluny; ist inclir dem Zulall zu dünken. 8ic geben jedoch über die epitheliale Natur des Körbchens hinreichende Auf- klärung. Die Körbchenwand selbst wird von einer zarten Bindegewebs- lage [Bgic), die es außen gleichmäßig überzieht, gebildet. Wie oben schon erwähnt, steht das Bindegewebe der Träger mit einem Ring [R) an der Basis des Körbchens in Verbindung. Von diesem Ring aus über- zieht das Bindegewebe die Außenseite des Körbchens als sehr dünne Lamelle, die sich auch auf die Kronzellen fortsetzt (Fig. 13, 15, Text- fig. 4). Flache Bindegewebskerne liegen in der Grundsubstanz. Auf den Kronzellen erstreckt sich die Bindegewebshaut natürlich nur auf die unbewimperte Außenseite. Auf der Außenseite der bindegewebigen Körbchenlamelle sind noch weitere Zellen zu sehen. Ihre Form, Färbbarkeit und Kerngröße sprechen deutlich dafür, daß man es hier mit Endothelzellen {Ep) zu tun hat. Ihr Nachweis ist oft sehr schwer, ähnlich wie bei den Endothel- zellen auf dem Trichterstiel der Glossiphoniden. Dies Epithel steht jedenfalls mit dem der Träger in Verbindung. Dies direkt nachzuweisen, etwa am Übergang des Ringes in die Körbchenwand, ist mir leider nicht geglückt. c. Die Kronzellen. Das Körbchen selbst wird überragt von den Kronzellen {Kz). Nach BoLSius (91a, S. 300) sollen sie stets in ungerader Zahl vorkommen. Willem und Minne (99, S. 57) schließen sich dem an, während Graf (93, S. 173) sie wiederholt auch in gerader Zahl vorgefunden hat. Einige Zählungen ergaben mir gewöhnlich 7, 9 oder 11; in zwei Ausnahme- fällen 6 und 8. Die Form der Kronzellen ist sehr verschieden dargestellt worden. Leuckart spricht von ihnen als von den »Einzeltrichtern«, was nach ihrer Form ganz unberechtigt ist. Die einzelne Zelle gleicht etwa einer der beiden Kronzellen des Glossiphoniden -Trichters (s. Text- fig. 5). Basal stecken sie zwischen den Körbchenwandzellcn festgekeilt, der obere Teil ragt frei heraus. Der freie Rand schlägt sich etwas nach außen um. Eine Cilien führende Rinne (r) zieht vom inneren basalen Ende längs über den breitlappigen Teil der Kronzellen, ihn dabei tief einsattelnd, und verstreicht gegen den Außenrand hin. Ein einziger Kern liegt in der lappenartigen Verbreiterung dicht über der Wimper- rinne. Die Form der Kronzellen läßt sich aus dünneren Schnitten nur schwer rekonstruieren. Sehr schön kann man sie dagegen auf dicken 38 Rudolf Loeser, Schnitten in toto studieren. Zu diesem Zweck wurden Herpobdellen in Celloidin eingebettet (teils nach Färbung mit Boraxkarmin) und 100 /t dick geschnitten. Auf diese Art wurden öfters an den Ampullen die beiden gegenüberliegenden Wandungen abgetragen und das ganze Wimperorgan mehr oder weniger unverletzt freigelegt. Textfig. 5 zeigt Kronzellen aus solchen Präparaten. Sie setzen sich hier viel schärfer gegen ihre Umgebung ab, und es macht nicht den Eindruck, als seien sie mit dem Syncytium der Körbchenwand verschmolzen, wie es auf den Schnittbildern bisweilen den Anschein hat. Immerhin ist aber ihre Beziehung zu den Zellen der Körbchenwand eine so enge und das Verhalten beider gegen Färbemittel so gleichartig, Textfig. 5. Kronzellen von Herpobdella. (Zeichenapparat, C. Oc. 6, Obj. 5. 1/2.) daß wir die Kronzellen als modifizierte Körbchenwandzellen betrachten dürfen. Da diese ihrerseits dem Endothel angehören, so sind auch die Kronzellen als besonders umgebildete Epithelzellen anzusprechen. 3. Die Centralmasse. Das Körbcheninnere ist, wie bemerkt, von der Zellmasse erfüllt, welche einen mehr oder weniger syncytialen Charakter besitzt. Zell- grenzen sind nur undeutlich oder gar nicht erkennbar. Die Kerne sind häufig in Zügen angeordnet. Die Masse erfüllt das Körbchen und wölbt sicli oben zwischen den Kronzellen in der Mitte etwas empor; an der ent- gegengesetzten Seite dringt sie durch den Ring und breitet sich hier etwas aus (s. Fig. 13 und Textfig. 4). Auf dünnen Schnitten sieht man deutlich, daß diese Centralmasse nirgends mit der Körbchenwand in direkter Verbindung steht. Aus Gründen aber, die ich weiter unten Beitr. zur Kenntn. der Wimperorgane (Wimpertrichter) der Hirudineen. 39 (.TÖrtern wiTck', nchnio ich an, daß woiii<:;steiis in der Jugend eine solche Verbindung bestand. So bildet auch Bolsius (91a, Fig. 45) ein Präparat ab, das offenbar einem jugendlichen Tier entstammt, auf dem zwischen Körbchenwand und Centralmasse keine deutliche Grenze zu sehen ist. Daß aber bei älteren Individuen auch im Leben zwischen beiden tatsächlich ein freier Raum ist, dafür spricht schon die Form der Körbchenwandzellen. Diese zeigen nämlich an der nach dem Körbcheninnern gewendeten Seite kugelige Hervorwölbungen (s. Fig. 13, 15), wie sie nur an freien Begrenzungsflächen entstehen. Die Zellen der Centralmasse sind nicht etwa Zerfallsprodukte, wie Graf meint (99, S. 248), sondern es sind wirklich lebende tätige Zellen. Zahlreiche Mitosen beweisen das (s. Fig. 13). Die Kerne selbst haben etwa die gleiche Größe wie die der Körbchenwandzellen. Der innere Aufbau der Centralmasse ist übrigens nicht ganz gleichmäßig. Oft (s. Fig. 15) findet man mehr oder weniger kompakte Klumpen von Protoplasma, in dem mehrere Kerne eingebettet sind, und daneben wieder Stellen, wo sich um jeden einzelnen Kern dunkler gefärbtes Plasma gesammelt hat, während mehr oder weniger breite Lücken dazwischen hinziehen. Diese Verhältnisse erinnern sehr an die des Kapselinhalts der Glossiphoniden. Die erwähnten Lockerungen werden immer deutlicher gegen die Außenfläche der ganzen Centralmasse hin, und an dieser selbst findet man schließlich mehr oder weniger freie Zellen, offenbar in verschiedenen Stadien der Loslösung oder Anheftung begriffen. Diese Zellen sind nach Form, Größe, Kerngröße und Färbbarkeit von den Blutzellen nicht zu unterscheiden. Bisweilen kommen in der Centralmasse auch Vacuolen vor, niemals aber intracelluläre Kanäle, wie sie Leuckart zu sehen glaubte. 4. Beziehung des Wimperorgans zum Nephridium. Die Mehrzahl der älteren Forscher nahm an, daß das Wimperorgan von Herpobdella den »Trichter«, d. h. die innere Öffnung des Nephri- diums darstelle. Die Verbindung zwischen Nephridium und Wimper- organ wurde zwar nirgends abgebildet, außer in einem Schema von BouRNE und einem solchen von Graf. Leuckart ging (Ol, S. 716) von der richtigen Überlegung aus, daß eine Kommunikation von Ne- phridium und Wimperorgan nur durch Vermittlung der Träger erfolgen könnte. Er bemerkte darüber: »Allerdings ist dieser Zusammenhang durch direkte Beobachtung nur schwer zu erweisen. Es ist mir auch nicht gelungen, ihn Schritt für Schritt zu verfolgen. << Trotzdem vertritt 40 Rudolf Loeser, Leuckart diese Kommunikation »mit aller Bestimmtheit«. Goodrich ist zwar für eine Verbindung, spricht sich aber nicht näher aus, wie er sich diese denkt. Graf schreibt auch nur (93, S. 173): »An dem der Wimperkrone gegenüberliegenden Teil der blasenförmigen Erweiterung vermutei ich die Verbindung mit dem Drüsenabschnitt des Nephri- diums. « Obgleich er dann weiter (1. c. S. 174) meint: »Es ist begreiflich, daß man in einem solchen Chaos keinen rechten Überblick gewinnen kann«, nimmt er 1899 in den »Hirudineenstudien « die Verbindung als erwiesen an. Diejenigen Autoren aber, welche die besten Abbildungen des Wim- perapparates gaben: Bolsius, sowie Willem und Minne, erwähnen von einer Verbindung mit dem Nephridium nichts, ja leugnen eine solche ganz. Sie sind auch die einzigen, die ausdrücklich betonen, daß das Wimperorgan frei in der Ampulle aufgehängt ist. Leuckart, Graf und BouRNE nehmen an, daß der ganze Apparat, oder wenigstens die Central - masse, der Ampullenwand angelagert sei, und zwar gerade da, wo das Nephridium mit seinem drüsigen Teile an sie herantritt. Damit wäre ja dann die Verbindung gegeben. Ganz anders ist jedoch die Sachlage, nachdem dargetan wurde, daß das Wimperorgan nur durch Träger mit der Ampullen wand verbunden ist, so daß nur diese Träger eine Verbindung mit dem Nephridhim herstellen könnten. D. h. mit andern Worten: Das Nephridium müßte an einen dieser Träger herantreten, ein Strang von Nephridialzellen müßte in oder auf diesem hinziehen und wohl am Wimperorgan oder an der Centralmasse endigen. Davon ist jedoch nirgends etwas zu sehen. Niemals finden sich Nephridialzellen auf den Trägern oder sonstwo im Innern der Ampulle. Es bliebe also nur noch die Mög- lichkeit, daß die Träger von Kanälen durchzogen wären, welche die Excretionsprodukte zum Nephridium leiteten. Aber auch das ist nicht der Fall: die Träger sind völlig solid. Das Nephridium nähert sich aber auch gar nicht in der Weise der Ampulle, daß die postulierte Verbindung möglich erscheint. Wohl tritt es hier und da bis an die Am]:)ulle heran, aber dies geschieht nie in der Nähe der Träger. Es war auch in sämtlichen Fällen, die ich beob- achtete, nur ein einziges Mal der drüsige Teil des Nephridiums, der doch allein die Kommunikation vermitteln könnte, welcher sich der Ampulle näherte. Sonst handelte es sich stets um Zellen, die zum ausführenden Abschnitt des Nephridiums gehörten. In diesen ^ Von rnii' gesperrt. Bcitr. zur Kenntn. der Winiperorganc (\\ini2)crtricliter) der Hirudincen. 41 Xcphriclialzcllen war niemals auch nur eine 8pur von Blut zu erblicken. In l'räparaten. welehe mit Hämatoxylin-Kaliummonochromat behandelt sind, färbt sich dies nämlich typisch dunkel -schiefergrau und kann daher unmöglich übersehen werden. Inj ektions versuche mit Berlinerblau ergaben eine gleichmäßige Verteilung des Farbstoffes durch alle blutführenden Räume. Im Ne- phridialkanal war dagegen nie eine Sj^ur von Farbe. Eine Kommunikation des Wimperorgans mit dem Ne- phridium besteht also bei HcrpohdcJht bestimmt nicht. 5. Physiologie der Organe. Die Auffassung der physiologischen Funktion des Wimperorgans war für die obengenannten Forscher gegeben durch ihre Ansicht über den Bau und die Beziehung des Organs zum Nephridium. Schon Leydig nahm an, daß die Organe die inneren Enden der Segmentalorgane repräsentierten. Ratiike meint, daß das rosettenartige Flimmerorgan excretorische Funktion besitze und mit dem »Wassergefäßsystem« in Verbindung stehe. So erblickten denn auch Gegenbaue, Leuckaet, GooüEiCH und Graf im AVimperorgan das Nephrostom. Den Ansichten dieser Forscher stehen aber die Befunde von Bol- sius, wie die von Willem und Minne direkt entgegen. Die genannten Autoren stellen eine Beziehung des Wimperorgans zum Nephridium ganz entschieden in Abrede. Bolsius auf Grund seiner anatomisch- histologischen Untersuchungen, Willem und Minne hauptsächlich ge- stützt auf die Befunde an injiziertem Material. Bolsius wurde übrigens auf dem III. Internationalen Zoologenkongreß durch Kowalewsky unterstützt, als er in seinem Vortrage (96a) die selbst gestellte Frage verneinte: »Les nephridies dans les Hirudinees portent-elles un en- tonnoir ä l'extremite interieure?« (97, S. 22). Willem und Minne injizierten in die Blutbahn von Herpohdella Berlinerblau. Niemals fanden sich dann Farbpartikel chen im Ne- phridialkanal. Wohl aber waren die äußeren Zellen der Centralmasse mit Farbe beladen. Diese äußeren Zellen sollen sich erst nachträglich angelagert haben, hier zerfallen und dabei den Zellen der Centralmasse als Nährmaterial dienen. Hierbei nehmen Willem und Minne (99, S. 59), ebenso wie Bolsius (91a, S. .308), an. daß die Centralmasse einen Bildungsherd der Blutkörperchen darstelle. Bolsius' weitere Hj^-po- these jedoch, daß das Wimperorgan auch der Blutbewegung diene, weisen sie zurück. Wie nun Willem und Minne selbst sagen, sehen sie keineswegs den durch die Injektion hervorgerufenen Zustand des Organs 42 Rudolf Loeser, als den normalen an (99, S. 62). Dies zeigt auch schon ein Vergleich ihrer Fig. 20 mit meiner Fig. 13. Auf der letzteren sieht man keine Zellen, die mit Excretionsprodukten beladen wären. Besonders die Zellen am Rande der Centralmasse zeigen ein Protoplasma, das frei ist von Einschlüssen, und ähneln nicht etwa denen aus der Kapsel der Glossiphoniden. Darin aber, daß die Zellen der Centralmasse nichts andres sind als Blutkörperchen, stimme ich mit Bolsius, wie mit Willem und Minne vollkommen überein. Die Zellmasse stellt nichts andres dar, als ein »blutbereitendes« Organ. Diesen Gedanken hat schon im Jahre 1868 Bidder ausgesprochen (68, S. 33). Die Central- masse steht zum mindesten in der Jugend in direktem Zusammenhang mit den Körbchenzellen und dadurch auch mit dem Epithel der Cölom- höhle. Die Bildung der Blutkörperchen ist somit bei den Herpobdel- liden auf die Centralmasse der Wimperorgane lokalisiert, wie bei den Glossiphoniden auf die Klappen des Dorsalgefäi3es. Die zahlreichen Blutsinusse, die, wie oben gezeigt, in die Ampulle münden, sorgen für eine gleichmäßige Verteilung der Blutkörperchen im ganzen Tierkörper. Eine große Anzahl der Zellen, welche den Inhalt des Körbchens bilden, hat sich aber, wie auch Willem und Minne fanden, wohl erst sekundär angelagert. Näheres hierüber im Abschnitt VI. Die Blutkörperchen sind ihrer Natur nach Phagocyten. Wird nun durch Injektion ein Tier derart in anormale Verhältnisse versetzt, daß die freien Blutkörperchen die Blutbahn nicht mehr allein von Fremd- körpern reinigen können, so beteiligen sich auch die noch nicht ab- gelösten Zellen an der Oberfläche der Centralmasse durch Phagocytose an dem Reinigungswerk. Daher dürften die von Willem und Minne erhaltenen Bilder rühren. Die Ansicht von Bolsius, daß die Wimperorgane auch der Blut- bewegung dienen, kann ich nicht teilen. Beobachtet man am lebenden Tier die Tätigkeit der Cilien der Kronzellen, so sieht man, daß freie Blutkörperchen durch sie nur langsam bewegt werden. Auch die In- jektionsbilder zeigen, daß die Wimperkraft der Kronzellen nur eine sehr schwache ist. Nur aus der nächsten Nähe der Kronzellen sind die Farbstof f Partikel chen zusammengestrudelt. Im übrigen Teil der Ampulle sind sie ganz gleichmäßig verteilt. Die Blutcirculation wird durch die Kontraktion der Wand der Blutbahnen bewirkt. Die Wimperorgane stellen Bildungsstätten von Blut- körperchen dar, die in anormalen Fällen auch lymphoiden Charakter annehmen können. Die Excretionsprodukte selbst werden dem Nephridium durch Botryoidgefäße Beitr. zur Kenntn. der Wimperorgane (Wimpertrichter) der llirudincen. 43 zugeführt, tue besonders seinen drüsigen Teil reich um- spinnen. C. Untersuchungen an Hirudo und Haemopis. 1. Die Ampulle und ihre Beziehung zum Blutgefäßsystem. Das Wimperorgan der Hirudiniden steht räumlich einerseits in Beziehung zu dem Nephridium, anderseits zu dem Hoden des betreffen- den Segments. In den neun Segmenten, welche gewöhnlich Hoden enthalten, liegen sie diesen aufi. Außerdem erscheinen sie noch in den beiden darauf folgenden Segmenten. Hier wie dort legt sich ihnen der innere Endlappen des Segmentalorgans in einer Weise an, die noch beschrieben werden wird. Diese elf Paar Wimperorgane liegen wie die der Glossiphoniden und Herpobdelliden im Blutstrome. Es mag hier nochmals betont werden, was schon im Teil IV dieser Arbeit ausführlich erörtert worden ist, daß sämtliche Blutbahnen der Hirudiniden nicht echte Gefäße, sondern Sinusse oder Lacunen von gefäßartigem Charakter sind. Die Beziehung der Wimperorgane zu Hoden, Segmentalorgan und Lacunensystem veranschaulicht Fig. 16. Vom Hoden {H) führt das Vas efferens (Ve) zum Vas deferens {Vd). Von der Dorsalseite des Hodens nimmt ferner das Nephridium (Nph) seinen Ursprung, das sich nach links über das Vas efferens und Vas deferens hinzieht und sich als Schleife über die Endblase {EB) legt. Von den injizierten Blutbahnen fällt vor allem der Ventralsinus (F. S) auf. Von ihm zieht ein Ast {a) über den Hoden, löst sich dort und auf dem Somentalorgan capillar auf und gibt auch Ästchen zur ventralen Darmwand ab. Aus dem Capillargeflechte, das der Übersichtlichkeit wegen nur auf den genannten Organen dargestellt ist, bilden sich dann nach links hin wieder stärkere Äste, die sich vereinigen und zum I^ateral- sinus wenden (6). Letzterer ist in der Figur nicht mehr sichtbar. Besonderes Interesse bietet der Sinus (a), der vom Ventralsinus her über den Hoden zieht. Er erweitert sich auf dem Hoden stark und zeigt drei mehr oder weniger kugelige Anschwellungen {A). Diese Ampullen stehen miteinander durch einen größeren Sinus in Verbin- dung, neben dem gewöhnlich noch ein kleinerer hinzieht. Die Ein- schnürungen sind meist so scharf, wie sie Fig. 16 wiedergibt. Manchmal aber sind sie auch nur schwach ausgebildet, und die Ampullen zeigen 1 Ob in den Fällen, wo zehn Paar Hoden auftreten, auch zehn Paar Wimperorgane vorhanden sind, konnte ich nicht feststellen. 44 Rudolf Locser, statt der kugeligen eine mehr ellipsoide Form. Auch die Dreizahl ist nicht immer gewahrt. Ich habe sowohl bei Hinido als bei Haemopis Hoden getroffen, die vier bis fünf Ampullen trugen. Ein Exemplar von Haemopis zeigte ihrer sogar sieben. Ich halte jedoch die Dreizahl für das Normale ; eine größere Zahl entsteht durch weitere Einschnürungen der Ampullen. So kann man auch Ampullen finden, die von einer seichten Ringfurche umzogen sind, so daß man sich nur schwer ent- schließen kann, ob man sie als eine oder als zwei zählen will. Von den Ampullen entspringen zahlreiche Capillaren, die den Hoden umspinnen, und ferner mehrere stärkere Ästchen zur Darm wand. Die meisten von ihnen sind sehr reich mit Botryoidzellen besetzt ; einige aber, und vor allem auch die Ampullen selbst, entbehren völlig eines solchen Belages. Die ampullenartigen Anschwellungen beschreibt schon G. Brandt (29) als >>23erlschnurförmige Herzen«. Gratiolet bildet sie 1862 sehr gut ab (62, Fig. 1). Weniger klar sind sie auf den Zeichnungen Goo- DRiCHs (99, Fig. 3) zu erkennen. Bis zu den Ampullen zieht das Nephridium [Nph'), und sie sind es auch, die in ihrem Innern die Wimperorgane beherbergen. Boürne, der in den Wimperorganen die Nephrostomen erblickt, nennt die Am- pullen, in denen diese liegen, »Perinephrostomialsinus « (84, S. 469). Goodrich (99), McKim (95) und andre sind ihm gefolgt. Ich ziehe jedoch die indifferente Bezeichnung »Ampulle« vor, zumal sie ausdrückt, daß wir es hier mit einem Analogon (wenn nicht gar Homologon) des Blutraumes zu tun haben, der bei Herpohdella das Wimperorgan um- schließt. Schon Brandt stellte übrigens diese Bluträume den pul- sierenden Gefäßblasen von Herpohdella als entsprechende Bildungen zur Seite. Ob und wie sich die einzelnen Forscher das Wimperorgan in der Ampulle befestigt dachten, darüber konnte ich in der Literatur nur Andeutungen finden. Leuckart, McKim und Goodrich halten es für das Ende des Nephridiums, glauben also wohl, daß es einfach dem Zellstrang des Segmentalorgans aufsitzend in die Ampulle hineinhänge. Um diese Verhältnisse in natürlicher Lage in toto betrachten zu können, wurden auf folgende Art Präparate angefertigt. Ein Hoden wurde rasch unter physiologischer Kochsalzlösung herauspräpariert und mit einer feinen Schere halbiert. Die Hodenhälfte mit den Ampullen wurde auf einen Objektträger gebracht, glatt ausgestreckt, eventuell unter Anbringung kleiner Einschnitte am Rande, mit einem Deckglase bedeckt, fixiert und mit Hämatoxvlin gefärbt, Herr Prof. Schuberg Beitr. zur Kcuntii. der Wimperorgane (Wimpertrichter) dor Hirudincen. 45 war so liebonswürdig, mir von seinen eignen Präparaten, die in dieser Weise angefertigt waren, einige zur Untersuchung zu überlassen. Ein solches Präparat stellt Fig. 17 dar. Diese zeigt ein Stück der Hoden- wand mit den verästelten Botryoidgefäßen {Botr.Gf), einigen abge- schnittenen Muskeln {Msk) und ein Paar Excretophoren {Excr). Von links her kommt das Vas efferens (Fe), von unten her der sog. Hoden- Jappen des Segmentalorgans {Nph'). Über diesen zieht ein Blut- sinus {x) nach oben, der am Ende des Segmentalorgans rechtwinkelig nach rechts umbiegt und sich dreimal ampullenartig erweitert (A). Die ersten beiden Ampullen stehen durch einen, die beiden andern durch zwei SinusgefäJie in Verbindung. Von der dritten Ampulle zieht das Sinusgefäß weiter nach rechts, sich bald darauf gabelnd. Sowohl von der zweiten, als von der dritten Ampulle nehmen außer den genannten Blutbahnen noch weitere, von mehr capillarartigem Charakter ihren Ursprung. Diese Capillaren sind teils Sinusse von gefäßartigem Ha- bitus (ka, küi, ka2), teils besitzen sie einen Belag von gelben Botryoid- zellen (Botr.Gf). In den Ampullen selbst sieht man die Wimperorgane {W.O) als kugelige oder ellipsoide Gebilde, die sich in ihrer äußeren Form der der Ampullen anpassen. Von der Wand her ziehen zu den Organen feine, doppelt konturierte Streifen: die »Träger« des Wimperorgans. Ich möchte hier ausdrücklich bemerken, daß die ganzen Organe in Fig. 17 im optischen Durchschnitt dargestellt sind. Die Ampullen der Hirudiniden unterscheiden sich von denen der He rpobde lüden im wesentlichen dadurch, daß ihnen jeglicher Belag von Botryoidzellen fehlt. Schon auf dem Totalpräparat (Fig. 17) ist dieser Mangel deutlich zu erkennen; Schnitte bestätigen den Be- fund (s. Fig. 18 und 19). Das Bindegewebe bildet größtenteils un- mittelbar ihre Wände. Hin und wieder sieht man vereinzelte Epithel- zellen (Ep) mit ihren Kernen die Wand bedecken. Das umgebende Bindegewebe zeigt in die Grundsubstanz eingebettete kleinere Kerne (Bgw.K), welche Plasmaanhäufungen um sich haben. Die Binde- gewebsfibrillen verlaufen in der Nähe der Ampulle parallel zu deren Oberfläche. Sie sind dort auch dichter gedrängt, und diese Partie erscheint hierdurch dunkler. Dies mag McKim veranlaßt haben, von einer besonderen Sinuswand zu sprechen (95, S. 159). Er spricht sich übrigens nicht über ihren Bau aus und stellt sie in seinen Figuren einfach durch eine dunkelorange Linie dar. 4G Rudolf Loeser, 2. Das Wimperorgan, a. Die Träger. Von der Ampullenwand ziehen auch hier »Träger« zum Wimper- organ. K. C. Schneider allein hat sie bis jetzt erwähnt (02, S. 443), wenn auch aus seiner Beschreibung ihre Natur nicht deutlich erkennbar ist. Er hält sie für >>eine Wucherung des Peritoneums«. Die Träger ähneln völlig denen von HerpobdeUa. Es sind starke Bindegewebszüge von wechselndem Querschnitt. Bald ist dieser rund, bald flach, hier dreieckig, dort viereckig. Bindegewebsfibrillen sind im Innern deutlich zu erkennen, und hier und da sind in die Grundsubstanz auch kleine Kerne eingesprengt. Von diesen unterscheiden sich die Kerne der auf- gelagerten Epithelzellen hinreichend. Schneider hat diese kleinen Kerne augenscheinlich nicht gesehen oder mit den Epithelkernen ver- wechselt. Das Vorhandensein des Epithels selbst konnte er sowohl für die Ampulle, als auch für die Träger konstatieren. Die Träger nehmen von verschiedenen Stellen der Ampullenwand ihren Ursprung. Bisweilen erstrecken sie sich noch ein ganzes Stück in den Verbindungssinus zweier Amj^ullen hinein. Dies brachte mich zuerst zur Vermutung, es bestünde vielleicht durch Träger, die von einem bis zum andern Wimperorgan ziehen, eine Verbindung zwischen diesen. Genaue Untersuchungen ergaben aber, daß dies nie der Fall ist, daß die Träger sich vielmehr stets zur Sinuswand begeben. Häufig (Fig. 19) sind Träger zu beobachten, die sich nach der Am- pullenwand hin wurzelartig zerteilen. Beim Eintritt jedes Trägers in die Wand strahlen die Bindegewebsfibrillen nach verschiedenen Seiten auseinander, so das Ganze verankernd. b. Die Gittprkugel. An den Trägern ist inmitten der Ampulle ein Gebilde aus Binde- gewebe aufgehängt, das sich seiner Form nach am besten mit der Gitterschale einer Radiolarie vergleichen läßt. Es ist ein vielfach durch- brochenes Gerüst, welches dem Wimperorgan zur Stütze dient. Bourne hatte schon (84, Fig. 50) Bindegewebe als Unterlage einiger Wimper- zellen abgebildet. McKim konnte dagegen »von dem Vorhandensein dieses Gewebes im Trichterorgan nie eine Spur entdecken« (95, S. 148). Auch Leuckart (Ol) erwähnt nichts davon. Schneider dagegen hat (02, S. 442) das Vorhandensein und die Verteilung der Bindesubstanz richtig erkannt. Mit dem Epithel, welches die Träger überkleidet, steht einerseits das Epithel in Verbindung, das die Gitterkugel außen über- Beitr. zur Konntii. ckr Wiinperorgane (Wimpertrichter) der Hirudineen. 47 kleidet, anderseits ein einschichtiger Zellbelag, der das bindegewebige Gitterwerk innen überzieht {Gz). Diese Verbindung findet durch Lücken in der Gitterschale statt, die nicht wie die meisten andern von Krouzellen umstellt sind. Dies auskleidende Epithel stellt ein Syn- cytiiiin dar mit ziemlich großen, kugeligen Kernen, ahnlich wie die »Körbclienwand« von HerpohdcUa. In Fig. 18 ist es an einigen Stellen quer (Gz), an andern tangential {Gz^) getroffen. c. Die Kronzellen. Gegen den Innenraum des ganzen Organs setzt sich diese Zell- schicht ( Gz) deutlich ab. Wo Offnungen an der Gitterkugel sind, biegt die Zelllage nach außen um und trcägt hier, wie bei HerpobdeUa, die Kron- zellen. Zwischenräume zwischen den Kronzellen werden durch einzelne Zellen des Syncytiums überbrückt (s. Fig. 18, 19). An einigen Öff- nungen fehlen die Kronzellen, wie schon oben bemerkt. Die Kronzellen setzen sich gegen ihre Umgebung nicht scharf ab, wenigstens nicht auf Schnitten. Bedeutend besser läßt sich ihre Form am intakten Organ, sowie an Zupf- oder Schüttelpräparaten studieren. Zu letzte- rem wurde Material, welches mit Sublimat fixiert war, auf dem Wasserbad bis zum Zerfall gekocht, geschüttelt und centrifu- giert. So wurden die einzelnen Zellen iso- liert. Isolierte Kronzellen zeigen — wie auch die der Totalpräparate — eine Form, wie sie Textfig. 6 wiedergibt. Sie gleichen Textfig. 6. vollständig denen von HerpobdeUa (s. Kronzeiien von mrudo medicmaiis. _ fT 1 1 ■ Tr /^TK (Zeichenapparat, C. De. 6, homog. iextiig. o). Sie haben emen Kern (iV), imm. 1/12.) der über der Wimperrinne (r) gelagert ist, eine lappenartige Verbreiterung am freien Ende, die sich nach der nicht bewimj)erten Außenseite hin umschlägt. Die Kronzellen ordnen sich stets zu mehreren in verschiedener Zahl um einen Durchbruch in der Gitterschale, derart, daß die Wimperrinnen alle der Öffnung zugewandt sind; durch die basale Vereinigung der Kronzellen sieht es dann öfters aus, als habe man einen bewimperten Kanal vor sich, der ins Innere der Gitterkugel führt. Das Studium dieser Verhältnisse wird oft wesentlich dadurch er- schwert, daß das Wimperorgan selbst Einschnürungen hat. Trifft man auf Schnitten eine solche Einschnürung, so stellt sich diese als tiefe Lücke dar, der sich die Kronzellen zuwenden. Es macht daim den 48 Rudolf Loeser, Eindruck, als lägen solche auch im Innern des Organs. Vergleiche mit Total Präparaten ergeben den wahren Grund dieser Erscheinung. Sie wurde von McKim (95) in seinen Fig. 2 und 3 dargestellt. Die Kronzellen tragen ebenso wie das Syncytium an ihrer Außen- seite einen feinen Überzug von Bindegewebe. Dieser erstreckt sich wie bei Ilerpohdella bis zu dem Umschlagsrand der Kronzellen und setzt der Bewimperung eine Grenze. Dieses Bindegewebe steht mit dem der Gitterschale in Verbindung. Auf ihm liegen hin und wieder vereinzelte flache Epithelzellen, welche das ganze Organ an der Außenseite über- kleiden. Die Verteilung und das Verhalten des Epithels zur Gitterkugel entspricht in so hohem Maße den Verhältnissen am Körbchen der Herpobdelliden, daß ich mir wohl ersparen kann, weiter darauf einzugehen. Nebenbei möchte ich noch bemerken, daß ich auch ge- legentlich einige Kronzellen fand, die in ihrem Innern Vacuolen ent- hielten. 3. Die Centralmasse. Schon ein Totalpräparat (Fig. 17 , Taf. III) zeigt das ganze Innere des Wimperorgans erfüllt von einer Masse kleiner Zellen. Bei der Beschreibung dieser Centralmasse brauche ich nur auf das zu ver- weisen, was schon früher über die Centralmasse von Herpobdella gesagt wurde. Sie erfüllt fast den Innenraum der Gitterschale völlig. Im Centrum ist sie gewöhnlich syncytialen Charakters, gegen die Außen- seite treten Lücken und Spalträume auf, und an der Oberfläche endlich sind auch freie Zellen zu finden. Massen solcher Zellen dringen bis in die Kanäle der Kronzellen und wölben sich auch über die Öffnungen der Gitterschale hervor. Ein entsprechendes Bild zeigte auch Herpohdelkiy deren Centralmasse an zwei Stellen vom Blutstrom bespült wird, wie oben beschrieben wurde. In der Centralmasse von Hirudo und Haemopis findet sich jedoch noch eine weitere Stelle, an der die Ablösung der Zellen geschieht. Die Centralmasse ist nämlich nicht solid, sondern sie zeigt in ihrer centralen Partie einen Hohlraum von oft recht beträchtlicher Größe (Fig. 18 Z.H). Auch von der Umgrenzung dieses Hohlraumes lösen sich Zellen ab und erfüllen ihn mehr oder weniger. Die frei gewordenen Zellen oder Blutkörperchen verlassen von diesem centralen Hohlraum aus das Wimperorgan durch die Kanäle der Kronzellen (s. Fig. 18). Hier wie bei den Glossiphoniden und Herpobdelliden könnten jedoch die wechselnden Bilder ebensogut als verschiedene Stadien der Anheftung von Zellen aufgefaßt werden. Beitr. zur Keiintn. der Wiinperorgane (Wirapertrichter) der Hirudineen. 49 '' Die Zellen der Centralmasse sind keine Zerfallsprodukte, wie I^OURNE (84) annahm; sie zeigen auch nicht die von McKim (95, S. 157) beschriebenen »Lumina unzähliger feinster Kanälchen«. Ich konnte ferner keine Vacuolen in der Centralmasse finden, die etwa zu einer Verweclislung mit Kanälchen Anlaß gegeben hätten. Die beschriebenen Kanälchen können daher meiner Ansicht nach nur die Spalten und Lücken in der Central inasse gewesen sein, welche sich zwischen ein- zelnen Zellkoniplexen hinzogen. Diese Vermutung scheint um so be- rechtigter zu sein, da Bourne auch den Lückenraum zwischen der Centralmasse und dem Syncytium, das die Gitterschale innen über- kleidet, als einen >> breiten, bewimperten, peripheren Kanal« beschrieb und abbildete. 4. Beziehung des Wimperorgans zum Nephridium. Wie bei den Glossiphoniden und Herpobdelliden wurde auch das Wimperorgan der Hirudiniden als Nephrostom angesprochen. Bourne, der die Organe 1884 entdeckte, hielt sie zwar für obliteriert und funktionslos (84, S. 488), was er auch noch 1893 betonte (93, S. 559). Dem traten aber bald Leuckart (03, Ol) und McKim (95) entgegen; beide sehen im Wimperorgan den tätigen Trichter des Nephridiums, dessen Hodenlappen er aufsitze. Fig. 17, Taf. III zeigt die Beziehung, in der die genannten Organe zueinander stehen. Der Hodenlappen des Nephridiums (N'pli') tritt bis an die Ampullen heran. Sein Ende verbreitert sich schüsseiförmig etwas und schmiegt sich auf eine Strecke weit der Ampulle an. Es sind auch an dieser Stelle keine Träger zu bemerken, die etwa vom Wimper- organ nach den Stellen der Ampullenwand hinziehen, denen außen die Nephridialzellen anliegen. Eine Kommunikation ist also ausgeschlossen, McKiM bringt nun zwei Figuren, in denen sich die Nephridialzellen durch kleine Kanälchen in die Ampulle öffnen, wobei Züge der Central- masse bis zu diesen Öffnungen hinziehen. Ich habe ähnliches nie ge- funden. Wenn sich kleine Zellen der Ampullenwand innen irgendwo anlegten, so waren dies freie Blutzellen, aber keine Zellen, die mit der Centralmasse irgendwie in Verbindung standen. Noch weniger aber fand ich je Nephridialzellen in der Ampulle, wie es McKiMs Fig. 20 darstellt. Daß hier ein Beobachtungsfehler vorliegt, erscheint mir um so wahrscheinlicher, als McKim zwischen dieser Nephridialzelle und dem Hodenlappen eine »Sinuswand« hinziehen läßt. Ich habe schon oben gezeigt, und stimme darin auch mit Schneider (02) überein, daß eine eigentliche besondere W^and der Ampulle überhaupt nicht existiert. Zeitschrift f. wissenjch. Zoologie. XCIII. Bd. 4 50 Rudolf Loeser, Eine Verbindung wäre auch aus dem Grunde schon merkvdirdig, weil sie in allen von mir untersuchten Fällen allein mit den Wimper- organen zweier Ampullen bestehen könnte. Wie Fig. 17 zeigt, tritt der Hodenlappen nur mit den beiden äußeren (Figur : linken) Ampullen in Berührung; die innere berührt er überhaupt nicht. Verbindungen des Wimperorgans dieser Ampulle mit den beiden andern, etwa durch Träger, welche die Sinusse durchzögen, bestehen nicht, was schon oben betont wurde. Wie man sich auf Totalpräparaten und Schnitten über- zeugen kann, sind aber die Wimperorgane in den einzelnen Ampullen ganz gleich gebaut. Es beständen also dann zwei tätige und ein funk- tionsloses Organ von ganz gleicher Struktur und Lebensäußerung. Denn auch in den vom Hodenlappen nicht berührten Ampullen sind die Cilien in Tätigkeit, wovon man sich am lebenden Objekt überzeugen kann. Auch Goodrich, der doch für Herpobdella eine offene Verbindung zwischen Nephridium und Wimperorgan annahm, stellt für Hirudo eine solche in Abrede (99, S. 492). Im ablehnenden Sinne sprachen sich ferner 0. Schültze (83, S. 88), Bolsius (92, S. -52) und Schneider (02, S. 440) aus. Neben den morphologischen Befunden ergaben auch Injektionen ein durchaus negatives Resultat. Falls Nephridialkanälchen, besonders in der von McKiM behaupteten Weite, in die Ampulle mündeten, so hätte das Berlinerblau auch in sie eindringen müssen. Während nun der Farbstoff die Ampullen völlig erfüllte und bis in die Kanäle zwischen den Kronzellen eindrang, fand sich in dem Kanälchen der benachbarten Nephridialzellen davon nicht die geringste Spur. 5. Physiologie der Organe. Das Wimperorgan hat mit dem Segmentalorgan, wie mit der Excretion überhaupt, gar nichts zu tun. Seine Funktion ist vielmehr die gleiche wie bei Herpobdella: Es ist ein Bildungsherd der Blutkörper- chen. Die Entstehung von Blutzellen aus der Centralmasse habe ich bei Herpobdella geschüdert. Nur liegen bei den Hirudiniden die syncytialen Jugendstadien nicht im Centrum der Masse, sondern der Innenwand der Gitterschale genähert. Die Loslösung erfolgt sowohl auf der Oberfläche, als in dem centralen Hohlraum. Die Blutkörperchen stammen vom Epithel derCölomhöhle, da ja die Centralmasse ein Abkömmling dieses Gewebes ist. Auch Schneider schreibt (02, S. 443) : »Es handelt sich wohl um eine Bildung von Blut- zellen von Seiten des Peritoneums.« Betrachtet man eine abgetragene Hodenhälfte unter physiologischer Beitr. zur Kenntn. der VV'iin{ieiüiganc (Wimpeitrichter) der Hirudineen. 51 Kochsalzlösung bei stärkerer Vergrößerung, so sieht man deutlich die Wimperbewegung der Kronzellen. Sie ist zwar zu schwach, um als Antrieb für den Blutstrom angesehen zu werden, reicht aber hin, die Blutkörperchen aus dem centralen Hohlraum hinaus zu strudeln und sie in die Blutbahn zu befördern. In der Ampulle selbst liegen oft ganze Massen solcher freien Blutzellen klumpenweise zusammen. Die Sinusse, welche von der Ampulle wegführen, beherbergen sie auch in großer Zahl. Dort sammeln sie sich bisweilen in solcher Menge, daß sie Pfropfe bilden, welche den Sinus an solchen Stellen beträchtlich erweitern. Aus dem Dargelegten geht hervor, daß die Wimper- organe der Hirudiniden als Bildungsherde von Blutzellen anzusehen sind. Was die Excretion selbst betrifft, so nehme ich auch hier, wie bei Herpobdellidenan, daß die Excretionsprodukte dem Segmental organ durch die zahlreichen, es umspinnenden Botryoidgefäße zugeführt werden. Dieser Ansicht scheint auch Bourne zu sein, wenn er (84, S. 488) schreibt: »It is interesting to note in this connection that the nephridium of Hirudo possesses a much fuller blood-supply than the nephridium of the genera which present a better developed funnel.« VI. Allgemeine, vergleichende Bemerkungen. Leider war es mir vorerst nicht möglich, die Wimperorgane der Hirudineen auch entwicklungsgeschichtlich zu untersuchen. Trotzdem möchte ich mit einigen Worten auf die Arbeiten von Bürger (91, 94, 02) und McKiM (95) eingehen. Bürger gab für Hirudo an (94, S. 450 ff.), daß aus einer sog. »Trichterzelle« sich zuerst der Schleifenteil, dann der Hodenlappen des Nephridiums entwickle. Er nimmt dabei als selbstverständlich und durch Leuckart nachgewiesen an, daß die Wimperorgane das Ende (den Trichter) des Hodenlappens bildeten. Demgegenüber bemerkte schon McKiM (95, S. 103), der sonst ganz auf dem Boden Bürgers steht: »Leider erwähnt Bürger nichts von einem Unterschied zwischen dem eigentlichen Hodenlappen selbst und seinem Trichteranhang«, Da nun das Wimperorgan, wie ich oben gezeigt habe, epithelialer Natur ist, so scheint es ausgeschlossen, daß auch dies Organ von der Trichterzelle abstamme. Die Fig. 25 — 28 McKiMs beweisen auch nicht überzeugend, daß das Wimperorgan im Zusammenhang mit dem Hoden- lappen entwickelt wird. In seiner Arbeit über die Entwicklungsgeschichte von Glossifhonia 4* 52 Rudolf Loeser, (02, S. 532 ff.) bemerkte dann Bükger über die Entstehung des Ne- phridiuni« folgendes. — Im Keimstreifen treten zunächst auffallend große Zellen, die »Nephroblasten « auf. Ein solcher Nephroblast teilt sich inäqual in eine kleinere Zelle, die » Trichterzelle « und eine größere, die auch weiterhin als Nephroblast bezeichnet wird. Aus letzterer Zelle entsteht der Schleifenteil des Nephridiums. »Die Trichter zelle liefert aber nur die Kronzellen nebst der Stielzelle (also den eigentlichen Trichter), während das Receptaculum oder die Nephridialkapsel, wie Graf, bzw. Leuckart und Oka die Blase nennen, welche eigentlich zwischen Trichter und Schleifenteil eingeschaltet ist — aus dem übrigen mehrzelligen Abschnitt der Anschwellung ihren Ursprung nimmt« (02, S. 533/534). Die Kapsel selbst soll aus der genannten An- schwellung des Schleifenteiles hervorgehen, indem in diesem, anfangs soliden Organe sich ein Spaltraum entwickelt, und die Zellen auseinander weichen. Dem stehen die Befunde gegenüber, die ich oben übereinstimmend mit Oka für Kapseln junger Glossiphoniden angegeben habe, welche deutlich dartun, daß die Kapselzellen von der Kapselwand abstammen, welche ihrerseits echtes Cölomepithel zeigt. Da ferner auch Whitman (87) zu etwas andern Resultaten als Bürger gekommen ist, so meine ich, daß neue embryologische Unter- suchungen bei den verschiedenen Hirudineengattungen nötig sind, um über die Entstehung der Wimperorgane Klarheit zu schaffen. Es wären hierbei besonders Differentfärbungen zu empfehlen, an Stelle der fast allein angewandten Eisenhämatoxylinmethode oder der einfachen Färbung mit Hämatoxylin und Eosin. Einen Punkt möchte ich jedoch noch aus den Untersuchungen Bürgers hervorheben. Es ist dies die Entstehung des Trichters bei den Glossiphoniden. Bürger bemerkte hierüber (02, S. 534): »Die Trichterzelle teilt sich in drei Zellen, welche ein etwa eiförmiges Knöjjf- chen bilden, das sich in die Bauchhöhle hineingebohrt hat und frei in dieselbe hervorragt. Wir unterscheiden eine centrale Zelle und zwei Zellen, welche erstere kugelschalig umgeben . . . Übrigens grenzen sich die drei Zellen wenig gegeneinander ab. Alsbald sehen wir die mittlere Zelle von einem Kanal durchbohrt, sie wird zur Stielzelle, und nunmehr erheben sich die beiden seitlichen Zellen etwas über jene hinaus, biegen sich auswärts und gewinnen hierdurch schnell das Aussehen der beiden für den Nephridialtrichter von Clepsine charakteristischen Kron- zellen. Danach konstatieren wir auch schon den Ciliensaum, welcher die Oberseite der Kronenzellen bekleidet.« Beitr. zur Keuntn. cU-r Wimperorgane (Wimpertrichter) der Hirudinecn. 53 Diese AusfüluuiigiMi sind von hohem Interesse, besonders wenn man sie mit den Befunden vergleicht, die Selensky (07a, 08) an den sog. »Urnen« der Sipunculiden gemacht hat. Diese Urnen smd Formelemente der Cölomflüssigkeit und zum Teil auch des Blutes. Sie entstehen an der Cölomwand oder Blutgefäßwand aus einer eiförmigen Erhebung des Bindegewebes und einiger Endothelzellen. Später dif- ferenzieren sich diese Endothelzellen, indem eine sich zu einer ansehn- lichen Wimperzelle entwickelt, die übrigen dagegen teils degenerieren, teils als dünne Außenhülle der Urnen sich erhalten. Die Wimperzelle der Urne hat erhebliche Ähnlichkeit mit den Kronzellen namentlich der Herpobdelliden und der Hirudiniden. Die Urnen lösen sich später ab und schwimmen frei in der Cölomflüssigkeit herum. Be- sonders interessant ist, daß an der Bildung der Urnen, wie bei den Wimperorganen der Hirudineen, das Bindegewebe sich energisch be- teiligt. Bürgers Beobachtungen über die Entwicklung der Trichter der Glossiphoniden stimmen nun mit denen Selenskys über die Urnen ziemlich überein, wenn Bürger die drei Bildungszellen nicht die Cölom- wand durchbohren, sondern sie dieser aufsitzen ließe und die tatsach- liche Beteiligung des Bindegewebes erwähnte. Es ist jedoch klar, daß sich nur die Kronzellen der Hirudineen- wimperorgane, besonders die der Gnathobdelliden, mit den Urnen der Sipunculiden vergleichen lassen, w^obei noch zu berücksichtigen ist, daß trotz der nicht unerheblichen Ähnlichkeit in Bau und Funktion doch auch eine abweichende, eigenartige Ausbildung der Urnen vor- handen ist. Sowohl die Wimperorgane der Hirudineen als die Urnen der Ge- phyreen haben mit der Excretion nichts zu tun. Beides sind vielmehr zunächst »blutreinigende Organe«. Bei den Hirudineen erlangen die Organe eine relativ hohe Entwicklung, indem sich ihre Endothelzellen differenzieren in Wimperzellen und in eine Centralmasse, aus welch letzterer sich Blutkörperchen entwickeln. Bei den Glossiphoniden können diese Blutzellen nicht in die Cölomblutbahnen gelangen; ihr Organ nimmt daher einen lymphoiden Charakter an und tritt sekundär durch Stoffwechselaustausch in Beziehung zum Nephridium. In Be- ziehimg zum Nephridium treten die Wimperorgane der Herpobdel- liden und Hirudiniden nur insoweit, als sie Blutzellen liefern, welche späterhin die Excretstoffe, mit denen sie sich beladen haben, an das Nephridium abgeben. Bei Besprechung der einzelnen Familien wurde schon darauf 54 Rudolf Loeser, hingewiesen, daß die Deutung der Wimperorgane als Bildungsstätte von Blutkörperchen nicht die einzige Erklärungsmöglichkeit ist. Die Bilder, welche die Centralmasse darbietet, ähneln zwar sehr denen aus dem roten Knochenmark der Säugetiere, aber auch ebenso sehr denen, die man bei starker Bakterieninfektion im Blute findet. Im letzten Fall lagern sich die Leucocyten dicht um die Infektionskeime und ver- schmelzen dabei oft zu mehreren zu Syncytien ähnlichen Gebilden. So sind wohl auch die Zellen in der Kapsel der Glossiphoniden und der Centralmasse der beiden andern Familien zum großen Teil erst nach- träglich zugewandert, haben sich, mit Excretionsprodukten beladen, angelagert und sind erst sekundär mit den schon vorhandenen Zellen verschmolzen. In diesem Sinne sprechen sich ja auch Goodrich, sowie Willem und Minne aus, besonders für Herpobdella, neuerdings vor allem auch Cüenot (02, S. 79 ff.). Mit letzterem stimme ich überein, wenn er sich die Centralmasse aus Zellen zusammengesetzt denkt, die teils in diesen Organen direkt entstehen und darin ihr ganzes Leben -verbleiben, außerdem zum Teil aus Amöbocyten des Cöloms, welche durch die Wimperströmung zugeführt worden sind. Praktisch ist es unmöglich, diese beiderlei Zellen zu unterscheiden (1. c. S. 92). Während Kowalewsky und Beumpt (1900) in den Wimperorganen vorwiegend blutbereitende Organe sehen, besonders auf Grund auf- gefundener Mitosen, Willem und Minne dagegen mehr zur Ansicht neigen, daß die Zellen der Centralmasse erst nachträglich zugewandert sind, was übrigens Kowalewsky zum Teil zugibt, meint Cuenot (1. c. S. 93) sehr richtig: »Schließlich können auch alle recht haben; es ist unbestreitbar, daß es Zellen gibt, die in den Ampullen entstehen, denn man sieht hier Mitosen, und es ist ebenfalls sehr wahrscheinlich, daß Phagocyten des Cöloms hierher geführt werden und auf die Dauer hier bleiben. « Wir haben also in den Wimperorganen der Hirudineen das vor uns, was Cuenot als: »agglutinierende und cilio- phagocytäre Organe« bezeichnet. In keiner der drei genannten Familien sind die Wimper- organe dagegen als Teile der Nephridien, als Nephrostome aufzufassen. Eine entsprechende physiologische Deutung kommt wohl auch den »Urnen« der Gephyreen zu. Auch darauf wies Cuenot hin (1. c. S. 94): »Alle diese Organe haben eine gemeinsame Eigentümlichkeit, näm- lich die, das Cölom von Abfallskörnern und degenerierenden Zellen z;u befreien, welche hier suspendiert sind, und ein gemeinsames Boitr. zur Kcuntn. der Wimpcrorganc (Wimpertrichtor) der Hirudineen. 55 Charakteristikum, das N'orhandensein eines Wimperapparates, der bei der Sammlung dieser Körner eine aktive Rolle spielt.« Selenskys Untersuchungen führten zu eitieni im allgemeinen übereinstimmenden Ergebnis. Vergleicht man den Aufbau der Wimperorgane der Glossipho- niden, Herpobdelliden und Hirudiniden, so weisen die beiden letzten Familien von vornherein mannigfache Ähnlichkeiten auf. Bei beiden hängen die Organe an Stielen frei in die Ampulle hinein; sie be- sitzen ein stützendes Gerüst aus Bindegewebe (der Ring der Herpobdel- liden, die Gitterschale der Hirudiniden); bei beiden ist dies Binde- gewebe von einem Endothelüberzug bedeckt, der außen aus einzelnen Zellen, innen aus einem einschichtigen, syncytialen Belag besteht. Einzelne Zellen am distalen Ende des Belages sind zu besonders ge- stalteten, in beiden Gruppen fast völlig gleichen Wimper- oder Kron- zellen differenziert. Diese gruppieren sich bei Herpohdella rosetten- förmig um eine einzige Öffnung, während sie bei den Hirudiniden um viele solcher Offnungen angeordnet sind. Die Wimperzellen selbst sind sich so ähnlich, daß sie isoliert nicht zu unterscheiden sind (vgl. Textfig. 5 u. 6). Im Innern des Organs liegt bei den beiden Gruppen eine Centralmasse von Zellen, die als Bildungsherd und auch als Sammel- stätte von Blutkörperchen anzusehen ist. Diese Centralmasse wird vom Blutstrom an Stellen bespült, die teils von Wimperzellen umgeben sind, teils solcher entbehren. Das Wimperorgan der Hirudiniden ähnelt in allen Punkten dem der Herpobdelliden, nur hat es durch die Vermehrung der Wimperrosetten einen etwas komplizierteren Bau erhalten. Aber auch das Wimperorgan der Glossiphoniden läßt sich zu den beiden vorgenannten Gruppen in Beziehung bringen. Fig. 1 stellt rechts eine Kapsel samt Wimperorgan von Glossiphonia dar. Über das Bindegewebe der Kapsel zieht das Endothel der Leibeshöhle hin. Es überkleidet ferner den Stiel und die Unterseite der Kronzellen. Hier (vgl. Textfig. 1) biegt es um und stellt an der Innenseite des Binde- gewebes die radiär gestreifte Zone dar, welche durch die kleinen Kerne charakterisiert ist. Diese zieht, die Stielzelle begleitend, ins Innere der Kapsel hinein bis zur Fußplatte, biegt hier rückläufig um und geht schließlich in das Endothel der Kapsel über. Daß in dem Teil des Stieles, der in die Kapsel hineinragt, tatsächlich zwei Zellschichten um die Stielzelle liegen, geht aus Fig. 3 und Fig. 4 (einem Querschnitt durch diese Region) hervor. Die gleichen Verhältnisse weist übrigens das Vas efferens bei seiner Einmündune in den Hoden auf. 56 Rudolf Loeser, Die Stielzelle selbst und die beiden Kronzellen sind nichts andres als besonders modifizierte Zellen dieses Endothels, zu dem sie demnach in dem gleichen Verhältnis stehen, wie die Kronzellen von Herpohdella zu den Zellen des Körbchens. Einen sehr wesentlichen Unterschied zwischen den Glossiphoniden und den beiden andern Gruppen bildet die nur bei den ersteren vorhandene kanalförmige Stielzelle, welche die beiden Kronzellen trägt. Bei den Herpobdelliden und Hiru- diniden findet sich nichts, was sich dieser Stielzelle vergleichen ließe. Wie oben an Fig. 1 gezeigt wurde, ziehen durch den Ventralsinus Bindegewebsstränge zur Kapsel. Denken wir uns nun, daß die Lacune sich weiter ventral und seitlich von der Kapsel ausdehnt, so wäre schließ- lich das ganze Organ nur noch an Trägern in einer Lacune aufgehängt, ebenso wie das von Herpohdella. Der Zutritt zur Centralmasse ist bei Glossiphonia konstant von zwei oder — mit der Stielzelle — von drei Zellen umstellt, während bei Herpohdella eine größere und variable Zahl von Kronzellen auftritt, die schließlich bei Hirudiniden zu einer großen Anzahl solcher anwächst, die sich auf mehrere Rosetten ver- teilen. Bei allen drei Gruppen finden wir also agglutinierende, phagocytäre Organe im Sinne Cuenots und mit diesen ver- bunden Wimperzellen, die sich unter Teilnahme des Binde- gewebes gleichartig aufbauen. Diese Wimperzellen erinnern an die Urnen der Gephyreen, nur ist ihre Entstehung auf ganz bestimmte Orte lokalisiert, und sie haben nicht die Fähigkeit, sich loszulösen. Heidelberg, im Dezember 1908. Literaturverzeichnis. 04. E. 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Joum. of Morphol. I. 99. V. Willem et Achille Minne, Recherches sur l'excretion chez quelques annelides. Acad. Roy. Sc. Belg. LVIII. Erklärung der Abbildungen. Alle Figuren sind mit dem Zeichenapparat in Objekttischhöhe entworfen. Abkürzungen : A, Ampulle; Bgw, Bindegewebe; Bgw.K, Bindegewebskem ; Botr. Gf, Botryoidgef äß ; Botr.Z, Botryoidzelle ; D, Darm; D. G, Dorsalgefäß ; Ej), Epithel; Excr, Excretophoren ; Gz und Gz^, Gitterkugelzellen (die Epi- thelschicht, welche die Gitterkugel von Hirudiniden auskleidet); H, Hoden; K, Kern; ka, kai und fcag, Capillaren; Kb, Körbchenwand; Kn, Kanal; Kp, Kapsel; Kp.Z, Zellen des Kapselinhaltes; K.W, Kapselwand; K.Z, Kronzellen; L. S, Lateralsinus ; Msk, Muskeln; MW, Mündungswulst des Trichters in die Kapsel; N, Kerne; Nph, Nephridium; Nph', Hodenlappen des Nephridiums; N. S, Nervensystem ; P.Ep, Peritonealepithel ; E, Ring des Wimperorgans von Her- pobdelliden ; r, Rirme auf den Kronzellen; R.Z, radiärgestreifte Zone der Stiel- zelle und der Kronzellen; t, Tröpfchen in der Ampulle von Her- pohdella ; Tr, Träger; V.G, Ventralgefäß; F. S, Ventralsinus ; W.O, Wimperorgan; Z.H, centraler Hohlraum; Z.M, Centralmasse. Tafel I. Figur 1 — 10 von Glossiphonia complanata. Fig. 1. Teil eines Querschnittes durch Gl. cornplanata. Die beiden Wimper- organe sind getroffen, auf der rechten Seite auch der Trichter in seiner gansien ßeitr. zur Konntn. der Wiinpirorganc (Wimpertrichter) der Hirudineen. 61 Länge. Die übrigen Verhältnisse ergeben sieh aas der Buchstabenbezeichnung, Kons. Sublimat -Essigsäure. Boraxkarrain, Osmiumsäure, Holzessig, BlooH- MAN'N.sehe Lösung. 5 u. Vergr. 75. Fig. 2. Schnitt durch die Einmündungsstelle des Trichters in die Kapsel. Die Stielzelle ist nicht genau axial getroffen. Ihr Kern und der Mündungswulst mit seinen Kernen sind zu sehen. Rechts der Inhalt der Kapsel, links der Ventral- sinus mit Blutkörperchen. In der Mitte gehen vom ^lündungswulst Bindegewebs- züge nach oben. Kons. Sublimat-Essigsäure, Boraxkarmin, wässeriges Häma- toxylin, Kaliummonochromat. 15 n. Vergr. 610. Fig. 3. Schnitt durch den Trichter zeigt die genau axial getroffene Stielzelle mit ihrer Einmündung in die Kapsel. Die Kronzellen sind nicht zu sehen, da der Schnitt gerade zwischen ihnen durchgeht. Der Mündungswulst zeigt die Kerne in zwei Reihen angeordnet, eine der Stielzelle, eine dem Kapselinnem zugekehrt. In der Kapsel mehr oder weniger vacuolisierte Zellen, die z. T. mehrkemig sind. Behandig. .s. Fig. 1. 5 ,«. Vergr. 580. Fig. 4. Der Mündungswulst ist senkrecht zur Achse der Stielzelle getroffen, dicht hinter deren Kern. In der Mitte erblickt man den intracellulären Kanal mit den Cilien. Nach außen folgt zunächst das dunkler gefärbte Protoplasma der Stielzelle, dann die Kerne des Mündungswulstes annähernd in zwei konzentrischen Kreisen angeordnet. Behandlung s. Fig. L 5 ,«. Vergr. 610. Fig. 5. Schnitt durch die scheibenartige Ausbreitung der Stielzelle an der Mündung in die Kapsel senkrecht zum Stielkanal. Außer dem gleichmäßig dunklen Protoplasma der Stielzelle sind oben links, unten links und unten rechts auch Teile des ]\ründungswulstes zu sehen, der obere mit einem Kern. Der Schnitt stammt von demselben Objekt wie Fig. 4, nur 20 u weiter. Behandlung s. Fig. 1, 5 m. Vergr. 610. Fig. 6. Schnitt senkrecht zum Stielkanal, gerade an der Stelle, wo die Kron- zellen beginnen auseinander zu weichen. Im Kanal Gerinnsel und ein Blutkörper- chen im Zerfall. Die größere Bindegewebsmasse unten stammt daher, daß hier ein Bindegewebszug ansetzt, der von der Körperwand her zum Stiel zieht. Kons. Chrom-Osmium-Essigsäure. Behandlung s. Fig. 2. 5 u. Vergr. 825, Fig. 7. Schnitt durch die Kronzellen annähernd senkrecht zum Stielkanal. Die Wimperrinnen sind einander zugekehrt. An den entgegengesetzten Enden liegt in jeder Zelle ein großer Kern. Nach außen folgt die radiär gestreifte Zone, darüber als schmaler dunkler Strich das Bindegewebe. [In der oberen Zelle.] An der linken Seite der oberen Kronzelle ist ein Bindegewebskem, an der rechten Seite der unteren Kronzelle eine Epithelzelle mit ihrem Kern getroffen. Behandlung s. Fig. 1. 5 u. Vergr. 825. Fig. 8. Die Stielzelle ist nicht genau axial getroffen. Daher verstreicht ihr Kanal nach oben, ohne den links gelegenen MündungswTilst zu durchbohren. Der Mündungswulst setzt sich nach oben in das die Kapsel auskleidende Epithel fort. Dem Bindegewebe, das auch auf die Stielzelle übergeht, ist rechts das Peri- tonealepithel aufgelagert. Kons. Chrom-Osmium-Essigsäure. Boraxkarmin, Bleu de Lyon, Bismarckbraun. 5 ,m, Vergr. 400. Fig. 9. Zellen des Kapselinhaltes mit Vacuolen und dunkel gefärbten Fett- tröpfchen. Behandlung s. Fig. 1. 5 /n. Vergr. 825. Fig. 10. Erste, zweite und Teile der dritten Nephridialzelle. Die intra- cellulären Kanälchen stehen durch eine Brücke zwischen der ersten und zweiten 62 Rudolf Loeser, Zelle in Verbindung. Der Kern der zweiten zeigt pseudopodienähnliche Fortsätze. Behandlung s. Fig. 1. 5 ,«. Vergr. 440. Tafel II. Figur 11 — 15 nach Herpobdella spec. {atomarial). Fig. 11. Zwei Segmente aus einem Totalpräparat. Das Tier wurde durch Einstich in den Lateralsinus mit Berlinerblau injiziert iind ungefärbt in Kanada- balsam aufgestellt. Die linke Hälfte zeigt die Verhältnisse der Dorsal-, die rechte die der Ventralseite. Der Capillarplexus der Haut ist der Übersichtlichkeit wegen weggelassen. In jedem Segment liegen zwei Paar x\mpullen, deren vordere die Wimperorgane beherbergen. Die Bedeutung der Buchstaben a — /i ergibt sich aus dem Text S. 30 u. 31. Vergr. 18. Fig. 12. In den Querschnitt eines injizierten Tieres sind die Gefäßverhält- nisse aus mehreren aufeinander folgenden Schnitten eingetragen, so daß sämtliche Gefäße zu sehen sind, die zu der Ampulle in Beziehung stehen. In der Ampulle das Wimperorgan. Bedeutung der Buchstaben a — /^ im Text S. 30 und 31. Inji- ziert Berliuerblau. Kons. Sublimat-Essigsäure. Boraxkarmin. Umriß nach Schnit- ten von 30 /u. Vergr. 43. Fig. 13. Achsenschnitt durch ein Wimperorgan. Oben und rechts ist die Ampullenwand mit ihrem Belag an Botryoidzellen zu sehen. Links ist ein Träger und der Ring, rechts der Ring allein getroffen. In den Zellen des Körbchens und in denen der Centralmasse vereinzelte Mitosen. Auf der linken Kronzelle ist das Bindegewebe als schmaler blauer Saum zu sehen, dem eine Epithelzelle aufgelagert ist. In der Ampulle Blutkörperchen. An ihrer Wand außer den Botryoidzellen einzelne Epithelzellen. Das Tier wurde mit Chloralhydrat betäubt und dann behandelt wie Fig. 1. 5 u. Vergr. 10. Fig. 14. Schnitt durch ein Wimperorgan, senkrecht zu seiner Achse in der Höhe der Kronzellen. Oben links sind die Kronzellen gerade noch getroffen, unten rechts schon die Körbchenwand. Verhältnisse des Bindegewebes, des Epi- thels und der Centralmasse wie in Fig. 13. Kons. Osmiumsäure 17 h. Häma- toxyUn, Kaliummonochromat. 3 u. Vergr. 440. Fig. 15. Schnitt durch eine Ampulle. Vom Wimperorgan sind zwei Träger, zwei Kronzellen und ein Teil der Zellwand tangential getroffen. An den Kron- zellen ist eine radiär gestreifte Zone zu erkennen und auf der rechten ein Epithel- kem. Vor einigen Botryoidzellen, die ohne scharfe Kontur an die Ampulle grenzen, sind dunkel gefärbte Tropfen zu sehen. Kons. Osmiumsäure. Wässerig Häma- toxylin, Kaliummonochromat. 5 //. Vergr. 610. Tafel III. Figur 16 — 19 nach Hirudo medicinalis. Fig. 16. Segmentalorgan und Hoden. Vor dem Ventralsinus (rechts) geht ein Sinus (a) zum Hoden, erweitert sich zu Ampullen, von denen aus ein CapiUaren- plexus den Hoden umspinnt. Aus diesem und den Capillaren, die das Segmental- organ, das Vas deferens und das Vas efferens überziehen, entwickeln sich links stärkere Sinusse (6), die zum Lateralsinus führen. Injiziert mit Berlinerblau. Kons. Alcohol absol. Bergamotteöl. Vergr. ungefähr 30. Fig. 17. Stücke der Hodenwand mit den Ampullen in toto aufgestellt. Von unten kommt der Hodenlappen des Nephridiums {Nph') und ein Blutsinus (x), der Beitr. zur Könnt ii. der Wimperorgane { Wimpertrichter) der Hirudinecn. 63 zur linken Ampulle führt. Von den Ampullen gehen Capillaren ohne (ka, fcij, koo) und solche mit ßotryoidbelag {Botr.Gf) aus. In den Ampullen sind Wimperor- gano vermittels der Träger aufgehängt. Da die Organe im optischen Durchschnitt dargestellt sind, ist-in der Mitte eines jeden die Centralmasse zu erkennen. Außer- dem ist das Vas efferens, einzelne Muskeln und Excretophoren zu "sehen, welche kleineren Botry'oidgefüßen angelagert sind. Kons. Sublimat-Essigsäure. Häma- toxylin. Vergr. 75. Fig. 18. Schnitt durch eine Ampulle mit dem Wimperorgan. Links geht ein Botryoidgefäß ab, rechts eine Capillare, welche deutlich das charakteristische Endothel zeigt. Die Bindegewebsfibrillen laufen in der Nähe der Ampullenwand, parallel zu ihr. An der Wand und auf den Trägem vereinzelte Epithel zellen. Die Zellen der Gittcrkugel {Gz) sind bei Gz^ tangential getroffen. Zwischen den Kronzellen und in der Centralhöhle sind freie Zellen der Centralmasse zu sehen, die sich von den Blutkörperchen nicht unterscheiden lassen. Kons. Sublimat- Essigsäure. Boraxkai'min, BLOCHMANNsche Lösung. 5 u. Vergr. 440. Fig. 19. Schnitt durch die Ampulle mit Wimperorgan zeigt dieselben all- gemeinen Verhältnisse wie Fig. 18. Außerdem links ein Träger, der mit zwei Wur- zeln von der Wand entspringt. An der Ansatzstelle an der Wand strahlen Binde- gewebsfibrillen nach allen Seiten auseinander. Sehr klar ist hier zu sehen, wie sich auch ein sehr feiner BiBdegewebsüberzug auf die Außenseite der Kronzellen fortsetzt. Kons. Subhmatessigsäure. Dahlia. 5 ,u. Vergr. 440. Einige Bemerkungen über das Excretionssystem der Süßwassertriciaden Von AI. Mräzek in Prag. Mit 5 Figuren im Text. Meine kurze Mitteilung beabsichtigt keineswegs etwa eine erschöp- fende Darstellung des Excretionsapparates der Planarien. Dieselbe soll vielmelir nur auf Grund einiger unlängst gelegentlich gemachter Be- obachtungen zeigen, daß gerade die neuesten Angaben über das Ex- cretionssystem der Süßwassertriciaden nicht vollkommen dem tat- sächlichen Verhalten entsprechen und einer Korrektur bedürfen. Im Anschlüsse daran folgen einige, wie mir scheint nicht so ganz über- flüssige kritisch-methodologische Bemerkungen. Der von mir beanstandete Punkt betrifft das Vorkommen des Ex- cretionsapparates, oder besser ausgedrückt, der größeren Gefäße desselben im Pharynx. Neuere Autoren bestreiten die Richtigkeit der Angaben Chichkoffs (92), wonach auch dem Tricladenpharynx ein reich ent- wickeltes Gefäßnetz zukommen soll. Am entschiedensten hat sich in dieser Beziehung Wilhelmi (04, S. 269, OG, S. 552, 553) ausgesprochen. Etwas reservierter drückt sich Micöletzky aus (07, S. 405 : »Im Gegen- satz zu Chichkoff [92], der seine Untersuchungen fast ausschließlich am lebenden Material anstellte, muß ich mit Wilhelmi [06] bemerken, daß ich weder an Schnitten noch am lebenden Tier im Pharynx Ex- cretionskanäle gefunden habe. Wenn ich auch das vollständige Fehlen derselben nicht ganz in Abrede stellen will, so erscheint es mir fast undenkbar, daß ich ein solch reichentwickeltes Netzwerk, wie es Chich- koff abbildet und zeichnet, übersehen hätte. « Unlängst bot sich mir zufällig die Gelegenheit, die bei uns nur recht sporadisch auftretende Planaria vitta Dug. untersuchen zu können. Diese pigmentlose, relativ sehr durchsichtige Triclade eignet sich vor- züglich zu einer Untersuchung des Excretionsapparates in vivo, und Einige Bemerkungen über das Excretionssystem der Süßwassertricladen . G5 iili koiuitc inicli sogleich von dem Vorhandensein mächtiger Gefäße im Pharynx überzeugen. Längeres Beobachten eines und desselben Tieres und ein Vergleich zahlreicher Individuen führten zum Schluß, daß vier starke Längsgefäße, welche, was ihre Dicke anbelangt, den Hauptstämmen des Körpers kaum nachstehen, in den Pharynx hinein- treton und jederseits seitlich dorsal und ventral beinahe bis zum freien Ende des Pharynx hinziehen, nur wenig sich verjüngend. Die ein- zelnen Biegungen derselben erschie- nen hier und da eckig, aber es ist möglich, daß diese Stellen weiter nichts andres sind als Wurzeln der Nebenäste, deren weiterer Verlauf einfach infolge collabierter Wände sich nicht verfolgen ließ. Sicher ist aber, daß die Excretionsgefäße sich im Pharynx reichlich verästeln. Die sekundären Äste verlaufen zum Teil wieder parallel mit der Längs- achse des Pharynx, und die Ab- zweigung derselben beginnt meistens sehr früh, bald nachdem sich die PharjTigealgefäße von den dorsalen Längsstämmen des Körpers abge- sondert haben (Fig. 1), und es er- scheint deshalb die Zahl der Ex- Fig. 1. Fig. 2. cretionsgefäße oft vermehrt. Lisbesondere tritt meistens ein medianes Längsgefäß hervor, und die Fig. 2 veranschaulicht dasjenige Bild, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCin. Bd. 5 66 AI. Mrazek, welches ich am meisten zu sehen bekam. Einige Male schienen jedoch die Verhältnisse noch viel komplizierter zu sein, wie es z. B. auf der Fig. 3 dargestellt ist, doch ich kann bei diesem Fall nicht mit voll- kommener Sicherheit behaupten, daß die abgebildeten Gefäße wirklich Fig. 3. alle einer und derselben (dorsalen) Seite des Pharjaix angehören, wie es sonst in den übrigen Figuren der Fall ist. Es ist hier nicht ausge- schlossen, daß zum Teil auch die tiefer liegenden ventralen Gefäße sichtbar und mitgezeichnet wurden. Das mediane Längsgefäß neigt am meisten zur Bildung von Nebenästen, und zwar wieder vorwiegend Einige Bemerkungen über das Excrctionssystem der Süßwasaertricladen. 07 in der Längsrichtung (Fig. -1). In and 10). Turning now to a consideration of the visual rods, they are seen to be in that portion of the eye usually occupied, in numerous ocelli heretofore described, by the cells composing the vitreous body. Since these are the only structures of such a character present in the eye, they doubtless serve both as visual rods and as a vitreous body. A cursory examination suggests the possibility of their being, or at least of their having been originally, a layer of cells. However a study of their development shows clearly that this is not the case; they are an integral part of the retinal cells. Each rod corresponds to a retinal cell from the distal end of which it extends perpendicular to the lens, all of the rods converging towards a common center (Fig. 7 and ]0). They are translucent and slenderly shaped, tapering slightly toward their distal end. The abaxial rods are successively shorter in the di- rection of the periphery, being in a direct ratio to the length of the retinal cells from which they project. Separating the rods from one another is a dark line or seam which is broader at its base than elsewhere. An enlargement of the seam extends about the entire base of the rod where it joins the retinal cell. In structure the seam is composed of comparatively coarse granules which are to be differentiated from the body of the rod mainly by the fact that they stain more deeplv. It is not of a chitinous nature (Fig. 11). Just what is the function of these can not be stated with cer- tainty. The longitudinal seams may serve the purpose of preventing rays of light from passing readily from one rod to the other. The basal thickenings remind one of the »lichtpercipierende elemente« in the eyes described by Hesse (99 — 00), but in this instance no nervous connection was found. Similar basal structures are present in the lateral eyes, a fact which would indicate that they might have some sensory significance. A cross section through the rod region gives a mosaic of more or less well defined pentagonal or hexagonal areas; a clear central portion enclosed by a dark seam, reminding one of the facets of a Compound 78 Frederick H. Krecker, eye (Fig. 11). Each hexagon represents the cross section of a rod which is therefore to be considered as a polygonal prism of five or six surfaces. In neither longitudinal nor transverse section is there any indication of a subdivision of the rod into smaller elements. In addition to the function of sensory cells, the retinal cells also produce the pigment, under a dense mass of which they are hidden. It is composed of numerous, minute spherical granules of a brownish-red color, Avhich in deep layers appear black. They are evidently the 2:)roduct of the retinal cells, for no others could be found that would produce pigment, and tlien, too, the granules are most abundant on the retinal cells. This causes the apj)earance of which Beeelese speaks, namely that the pigment is deposited in columns perpendicular to the plane of the lens. These granules fill the entire retinal layer, Cover the proximal portion of the visual rods and, as before stated, are also formed in the ridge surrounding the lens as well as in the iris cells (Fig. 9). Granules, however, were not found in the antennae, asBERELESE tliouglit. The redness of the antennae, which he attributed to this pigment, is found to a greater or less extent, throughout the entire body, and is due to some other cause. The nervous tissue at the base of the retinal cells has no pigment. In a depigmented eye one sees great regularity in the arrangement of the retinal cells (Fig. 10). They are long and slender, and are con- siderably wider at their proximal than at their distal end. The cells on the mesal side of the eye are markedly shorter than elsewhere, although there is some Variation throughout the entire eye. The rather large, oval nuclei lie at the basal end. At their distal ends, where the Visual rods arise, the cells are closely applied to one another but an actual grouping of the cells, apparently, does not occur. Immediately below the nuclei the cells are much contracted and are j^rolonged into nerve fibers (Fig. 10 and 7). The fibrils from the individual retinal cells can be traced but a short distance before they become lost in the optic nerve. The optic nerves for the several eyes arise independently of each other and are so short and stout as to appear merely like the prolongations of the two elongated lateral lobes of the supraoesophageal ganglion, from which they spring. The two nerves supplying the ventral eyes arise from the ventral surface of the lateral lobes and run for a short distance ventrad and mesad along the side of the head; they then turn further mesad and enter the base of the eye on its ectal side (Fig. 16). The two nerves to the dorsal eyes spring from the dorsal surface of the The Eyes of Dactylopius. 79 lobes, and also take a course following the contour of the head dorsad, gradually turning mesad to the base of the eye. The lateral eyes are so slightly separated from the lobes as to appear to be lying im- mediately upon them. The nerve can be seen best in the nymphal stages and will be considered later. Finally, surrounding the eyes is a thin enclosing membrane in which may be seen at intervals several elongated nuclei. This membrane is composed of cells miich resembling those of the reticulated connective tissue which fills the space between the ventral eyes. And, in fact, Strands from this tissue fuse with the cells about the eye. It is, there- fore, probable that the optic membrane is derived directly from the connective tissue rather than from the neural sheath (Fig. 4, 10, 12). Simple as is the structure of the accessory eyes, that of the primary, or lateral eyes is still more so (Fig. 12). Important points of diffe- rence between the two types are, the absence of a corneal hypodermis, the lack of iris cells and likewise the apparent absence of visual rods. The lens in this case is nothing more than a slight thickening of the chitin with an outer convex surface. The fact that no corneal hypo- dermis is present may be due to the small size of the lens, in view of which the neighbouring hy^^odermis is sufficient to form it, or eise keeping in mind the conditions in the accessory eyes, we may regard the layer to have been entirely consumed in the formation of the lens. Since the development of the lateral eyes was not followed this point cannot be definitely stated. Beneath this lenticular thickening is a clear vitreous portion in which, at tiraes, there appear to be faint indications of longitudinal lines corresponding to the seams in the visual rods of the accessory eyes. These, however, are probably artifacts and the vitreous body can be safely assumed to be in the nature of a lens which is formed independently of the part described abovc. through a secreticn of the retinal cells and to compose the lower portion of the lenticular body. As in the accessory eyes, there are no rods among the retinal cells. The latter are elongate, comparatively large and few in number, there being five to seven in a section. They are so arranged as to form a central depression which is filled l)y the vitreous body. Where the latter adjoins the retinal cells there are to be seen, between the re- spective cells, dark structures similar to those described in connection with the accessorj'' eyes. Covering the cells is a thick mass of black pigment granules. Here too, the nuclei are in the basal ends and 80 Frederick H. Krecker, immediately proximad of theni the cells are drawn out into nerve fibers which converge meso-ventrad to form a slender nerve that almost immediately joins tlie nerve leading to the accessory eye of its side, just before it enters the brain (Fig. 12). This connection can be seen best in the 3rd or 4th nymph stage when the nerve to the accessory eye is a comparatively thin cord, whose subsequent growth obscures the relation between the two. Of the three pairs of eyes just described, the most interesting are the ventral accessory pair because of their relation to the mouth parts. As mentioned at the beginning, the opinion has long been prevalent that they replaced the mouth parts, a view that arose from the fact that these disappear when the eyes develop. For some reason the investigations of Berelese regarding this relation have been over- looked. As long ago as 1893 in his excellent work on the Coccidae, »Le Coccinigle Italiane Viventi sugli Agrumi«, he furnished a good description of the buccal opening, and its relation to the Oesophagus in the early nymphal stages of the male. However, no drawing was given. Since so little is known concerning this subject, it might be well to give in a few words the results of Berelese's work. The earliest important modifications take place in the first nymphal stage. The rostrum changes entirely, and the mandible-maxillary bristles are gradually absorbed, the only indication of them being a prominent, fleshy papilla on the ventral side of the head. From this papilla the Oesophagus, in the form of a narrow cylindrical tube runs directly to the third pair of legs passing between the circumoesophageal commissure and then above the suboesophageal ganglion. In my own examination of the third nymphal stage, I found the fleshy papilla and caudad of it, but slightly cephalad of the prothoracic legs an opening into the Oesophagus, which latter runs dorso -cephalad to a point just caudad of the cephalic ganglion where it passes between the circumoesophageal commissure. The alimentary tract then turns caudad and extends along the dorsal side of the ventral ganglion. In this same stage there is to be seen the hypodermal thickening from which the eyes develop. It is situated some distance from the buccal opening, cephalad of the papilla and separated from it by a deep groove (Fig. 13). From these facts one sees that after the eyes have begun to develop the mouth opening is still present and independent of the former, a condition that shows conclusively that it is impossible for The Eyes of Dactylopius. 81 the inuuth parts to be actually replaced by the ventral pair of acces- sory eyes. Development. Passing now to a consideration of the development, it is needless to repeat that a thorough knowledge of an adult structure can be had only through a study of its growth. in the present instance, some of the most interesting features in regard to the structures under con- sideration were brought out by such a study. For these reasons it might be profitable to give a short account of the various developmental stages, of which there are roughly five, corresponding in a large measure with the nymphal periods of the insect, beginning with the second. As before, the ventral eyes will be taken as typical. In the latter part of the second nymphal period, sometimes at the beginning of the third, the hypodermis, in the region from which the eyes develop, thickens through a proliferation and elongation of the cells. These are irregularly arranged in a single layer and cover most of the ventral surface of the head, except for the mid-ventral line. By the beginning of the third stage these two groups of cells meet along the median line and form a band of about uniform depth across the ventral surface. Before long, however, the cells of the original areas increase still more, both in number and length, so that at these two points they extend some distance entad. There is still but one irregularly arranged layer of cells (Fig. 3). Shortly after this, but still at an early period in the third stage, is to be seen the beginning of the visual rods. They are formed by terminal growth at the distal ends of the retinal cells. Patten (87) found that in the eyes of Acutus an undivided strip of chitin forms across the distal end of the retina and then later becomes divided into rods corresponding to the individual cells. The rods in Dactylopius are separate and distinct from the very first. They do not appear to be of a chitinous nature but, on the other hand, to be composed of a granulär substance secreted by the retinal cells. The first indication of their appearance is what seems to be at first sight an uninterrupted, dark line extending across the distal end of a longisection of the optic thickening, and even beyond to the shorter cells that form a transition between the elongated and the normal hypodermis (Fig. 4). Never- theless, careful examination shows that the line is not uninterrupted. It is composed of a succession of numerous, slightly separated, circular areas that stain darkly, each in a hypodermis cell, which latter at Zeitachrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 5 82 Fiederick H. Ivrecker, their distal end are extremely slender. The dark areas are the basal thickenings of the visual rods. These soon, i. e. near the end of the third stage, begin to project distad of their respective cells, together forming a narrow, faintly staining band directly beneath the chitin (Fig. 4). In succeeding stages one can easily follow the gradual ex- tension of the rods. Perhaps a comparison of the figures showing the various stages will give a better understanding of their future de- velopment than would a verbal description. In the fourth stage the rods increase their length very rapidly. The axial rods, which are the first to appear, continue to be longer than the others but this does not cause them to project beyond these. On the contrary the distal ends of the axial rods are lower than those of the others, since hand in hand with the elongation of the rods goes a sinking in of the axial portion of the eye (Fig. 5). When the pigment begins to be deposited during the latter half of the fourth nymphal stage, or even earlier, the rods have attained practically their füll length, the only further change being a gain in diameter. From the very first the rods are, as in the completed eye, of a finely granulär composition which does not stain readily in any of the stains used except Bleu de Lyon. Almost simultaneously with the beginning of the visual rods the neural fibers appear, noticible first on the axial cells. The proximal ends of these cells now bend ectad so that the fibers converge toward the .'extreme ecto-proximal portion of the base, from which point a thin cord of fibers extends along the side of the head between the supra- oesophageal ganglion and the body wall, as far as the base of the la- teral eye, where it enters the brain (Fig. 4). About the nerve is a sheath which, however, is not derived from the neurilemma of the cerebral ganglion, although later with the increasing size of the nerve, the cells of this neurilemma do envelop it. The primary sheath, if it may be so termed, is derived from the neighbouring connective tissue. The cells have large nuclei and at either end of these the cell bodies are drawn out into long thin processes which are closely applied to the sides of the nerve (Fig. 4). As more fibers appear a cushion of nervous substance forms at the basal end of the retinal cells, but the size of the nerve increases slowly until the latter half of the fourth nymph stage. From then on it grows rapidly and attains such a size that, apparently, the optic lobes are prolonged until tliey reach the base of the eyes. During the latter part of the third and throughout most of the The Eyes of Dactylopius. 83 l'oiirth stalle, a few large free cells are Seen about the base of the eyes, not only of the ventral eyes but near the dorsal and the primary eyes as well. Thev occur sinfjly or in groups of two to three; are approxi- niately triangulär in outline and of a coarsely granulär coniposition with a good sized nucleus in which there is a clearly defined reticula- tion (Fig. 7, 12, 14). They are evidently migratory cells. What their function can be is not clear, but the fact that they are present where such great niorphological changes are occurring renders it probable that they have a phagocytic function. At this time, too, not long after the nerve has appeared there may be seen in the cerebral ganglia, especially where the nerve enters, several large, oval nuclei about which however, no cell body is evident. Similar nuclei can also be found at various points in the nerve (Fig. 4, 6, 15). They are undoubtedly the nuclei of ganglion cells. It was mentioned that the cells bearing the visual rods became pushed below the adjoining hypodermis. Hereupon, after both the Visual Tods and the nerve have advanced somewhat in their development, during the first half of the fourth stage, a change occurs in the hypo- dermis immediately about the eye, preparatory to the formation of the corneal hypodermis. The manner in which this originates is perhaps the most interesting and characteristic process in the entire development of the eye; it is certainly not the common mode of formation for this layer. The condition in the eyes of Acilius as described by Patten (87), conforms most closely to the present case. The layer is composed of cells which have thus far not been included in the optic thickening and is the result of the following changes; an enlargement of the hypo- dermis surrounding the optic thickening; a sinking down of the latter and a subsequent crowding in of the enlarged cells from all sides toward the Center of the eye to form a layer above the visual rods. As a con- sequence the cells of the original thickening become the proximal layer and constitute the retina. These changes, as already mentioned, begin about the end of the third stage when the cells of the optic thickening separate from the adjoining hypodermis with which they have up to this time been in contact. These surrounding hypodermal cells then increase greatly in size, their cytoplasm undergoes quite a change in aj^pearence, be- coming coarsely granulär, antl the nuelfi likewise enlarge and become vacuolated. During this process the partial invagination of the retinal portion has been occurring. The future corneal hj^odermis has mean- while crowded up, about the retinal cells and now b.y a centripetal 6* 84 Frederick H. Krecker, movement presses in to fill the depression above the latter. The series of transformations liere described is shown in figures 5 and 6. The corneal hypodermis, when finally in place, is composed of extremely large, relatively tall cells. In median longisections of the eye one sees the boundaries of these indestinctly so that the layer in this region appears to consist of a homogeneous granulär substance in which lie enormous nuclei. Their number averages 4 — 5 for each section; two smaller ones lying between two that are larger. One's attention is straightway attracted by their gigantic size which is en- tirely out of proportion to that of the layer (Fig. 6). They are oval, oecupy most of the basal half of the layer and show the characteristics of nuclei present in cells actively engaged in secretion. Those cells near the periphery have distinct outlines and are somewhat more slender. In addition to the cells just described there are on each side of them especially large and interesting cells which give a characteristic appearance to this stage of the development. These are the iris cells. Their origin and composition is like that of the corneal hypodermis. In form they are long and tapering; their broad base with the large circular nucleus lies, as in the adult, below the groove which now first appears surrounding the lens, and their distal end extends to that of corneal hypodermis but is not in contact with the latter (Fig. 7). In- stead they bulge outward crescent-like, leaving a space between them- selves and the corneal hypodermis. I am inclined to think that the Separation of these two is due to artificial causes during the prepara- tion of the tissue. Nevertheless, the fact that there is no sign of tear- ing; that in other respects the tissue showed no tendency to part and that, finally, in everyone of the sections of this stage the structures concerned maintain the same relative positions might point to a natural condition. Immediately after the formation of the corneal hypodermis it begins to secrete the lens. The supposition by Redikokzew (00), that in the ocellus of Apis mellifica the cells composing the iris perform a double function in that they aid in the formation of the lens is borne out by the action of the iris cells in this case. In fact they appear to be primarily cells of the corneal hypodermis which later act as iris. Thus far there has been no indication of a lens, but from this time on it grows rapidly at the expense of both iris and corneal hypodermis. In some of the preparations there could be seen bands of secreted matter between the corneal hypodermis and the already more or less firm portion of the lens. The Eyes of Dactylopius. 85 The maniior in wliich tlie lens attains its approximately circular shape is so well illustratod in the instance under consideration that it may be of interest to describe it in a few words. The initial region of greatest growth in the lens and consequently of raost rapid decrease in the length of the corneal hypodermis corresponds to the axial portion of the latter. Here a depression in the corneal hypodermis quickly appears in which rests the developing lens, which is at first oblong wäth slender lateral projections overlapping the iris cells (Fig. 7). It is this concavity which enables the formation of a circular lens. The abaxial corneal hypodermis cells now being the taller extend distad some distance, in the early stages, to the chitin and thus the growing Ions is surrounded on three sides by cells (Fig. 8). In this manner the lenticular substance is secreted in equal quantities on all sides with a more or less spherical body as the result. The iris cells form that part of the lens that projects beyond the lens proper and in a longi- section of the completed eye appears as two horns, one on either side. Simultaneously with the beginning of the lens appears the pigment. The increase in the amount of pigment proceeds hand in hand with the increase in the size of the lens, a condition of affairs that naturally niight be expected, since from the very first the lenticular thickening to a certain degree at least must concentrate the rays of light and thus necessitate the protection of the sensitive cells. As mentioned in connection with the description of the adult eye no special pigment cells are present. Even before the pigment appears, that is, about the time when the corneal hypodermis is formed, the retinal nuclei enlarge as though in preparation for the secretory activity of the cells which foUows (Fig. 6). The fine, spherical granules of reddish-brown pig- ment appear on the retinal cells at the very first indication of the lens, but in the iris cells the granules do not appear until the lens is well advanced. With the increase in the size of the lens the amount of pigment also becomes greater until, when the former is completed, the latter is a dense mass extending even to the surrounding hypodermis. With the depositing of the pigment and the formation of the lens the developoment of the eye is completed. Summary. The main points regarding the eyes of Dactylopius may be briefly summarized thus. The adult individual has three pairs of eyes, two accessory and one primary. The latter are beadlike and lie on the lateral surface 86 Frederick H. Krecker. of the head. Of the former an oval pair is on the ventral surface and a circular one on the dorso-lateral surface of the head. The accessory eyes have a large circular lens followed by a com- paratively thin layer of corneal hypodermis encircling which is a single row of large iris cells. Below this there is a crescent shaped area of polygonal rods which are terminally situated upon the retinal cells and are separated from one another by a seam of denser material which is enlarged at its basal end. There is no grouping of rods or of retinal cells. From the proximal end of the latter extend the nerve fibrils which join to form the optic nerve which follows the contour of the head to enter the brain laterally. Reddish-brown pigment fills the retina, the iris and also a ridge surrounding the eyes. There are no cells which function as pigment cells alone. The accessory eyes do not actually replace the lost mouth parts. The primary eyes are extremely small. They have no corneal hypodermis, no visual rods, no iris. There is a lens below which are a few retinal cells. The nerve fibrils leave the cells proximally and the nerve joins that from the accessory eyes almost immediately. The principal steps in the development may be outlined according to the several nymphal stages somewhat as follows. The earliest primordia of the eyes are to be seen in the second nymphal period, when through a proliferation and elongation of the hypodermis two groups of cells are formed, one on each side of the mid- ventral line of the head and also behind each of the antennae on the dorso-lateral surface. By the third stage the areas on the ventral surface have increased sufficiently to meet and the cells of the original groups protrude further entad. The visual rods then appear. They grow out from the distal end of the cells, a darkly staining spot on the end in question being the first indication of their Coming. At practically the same time nerve fibrils appear at the proximal end of these cells. After this the cells thus far concerned sink below the adjoining hypodermis. Thereupon, in the earlier part of the fourth stage, this hypodermis undergoes a change and pushing in from all sides becomes superimposed on the Visual rods and forms the corneal hypodermis and the iris. These then secrete the lens. The depositing of the pigment keeps pace with the development of the lens. Before closing I wish mention the fact that the subject was sug- gested to me by Prof. J. H, Comstock at Cornill University where the first part of the work was done. The development was studied The Eycs of Dactylopius. 87 in specimens collected in Munich, Germany, where, under the direction of Prof. Richard Hertwig, the work was finished. I take great plea- sure, therefore, in thanking botli Prof. Comstock and Prof. Hertwig for their kindness and I also greatly appreciate tlie interest taken in the work by Prof. Riley of Cornill. Prineetoii. N.J., November 1908. Bibliography. 1893 — 96. 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Explanation of the figures. ax, axial portion of the visual rod; hm, basement membrane enclosing the eye; ht, basal thickening of the visual rod ; c, corneal hypodermis; cg, cerebral ganglion; eh., chitin; et, connective tissue; da, dorsal accessory eye; de, dorsal eye (accessory); dn, nerve to the dorsal accessory; et, entrance of the nerve to the cerebral ganglion ; jf, fleshy Papilla; g, groove surrounding the base of the lens; ga, ganglion cell; gn, ganglion cell; li, hypodermis; ho, homlike projection of the lens; ht, hypodermal thickening from which the eye develops; i, ins; Z, lens; mn, nucleus of the basement mem- brane ; n, nerve; nc, nucleus of the corneal hypodermis; nf, nerve fibrils; ns, neural sheath; 0, Oesophagus; p, primary eye; "pg, pigment; fh, phagocytic cells; r, retina; s, seam separating the visual rods; sc, sheath cells about the developing nerve ; va, ventral accessory eye; ve, ventral eye (accessory); vg, zentral ganglion; vn, nerve to the ventral accessory eye; vr, Visual rods. Plate IV. Except where otherwise stated the figures have been dravra by the aid of a Zeiss Camera lucida, using Zeiss compensating ocular 12, 2 mm oü Immersion objective, and a tube length of 160. Fig. 1. An outline drawing of the ventral surface of the head to show the Position of the ventral accessory and the primary eyes. Drawn with a dissecting microscope. The Eye« of Dactylopius. 89 Fig. 2. An outline drawing of the dorsal surface of the head to show the Position of the dorsal accessory eyes. Drawn with a dissecting microscope. Fig. 3. The thickening of the ventral hypodermis of the head from which the ventral acce-ssory eyes develop. Third nymphal period. Fig. 4. Shows the beginning of the visual rods and of the nerve. Latter part of the third nymphal period. Fig. 5. Demonstrates the position of the comeal hypodermis befor it is superimposed upon the visual rods. Early part of the fourth nymphal period. Fig. 6. This shows the corneal hypodermis superimposed upon the visual rods. Fourth nymphal period ; pigment not yet deposited. Fig. 7. This is an early stage in the formation of the iens. The figure also shows the iris cells which appear about this time. Fourth nymphal period. Pig- ment now first begins to be deposited. Fig. 7a. Shows the Iens at a slightly earlier period than in fig. 7. Fig. 8. This demonstrates an advanced stage in the formation of the Iens. Latter part of the fourth nymphal period. Fig. 9. The pigmented eye of the adult. The tube of the microscope was not drawn out for this drawing. Fig. 10. The depigmented eye of the adult. Fig. 11. This shows a cross section of the visual rods. Fig. 12. The primary eye depigmented. Fig. 13. A longisection of the head and the anterior portion of the thoras to show the mouth opening and the developing ventral accessory eye. The latter is made slightly diagrammatic. Third nymphal period. Drawn with number 6 ocular. Fig. 1-4. A group of phagocytic cells. Fig. 15. This shows the entrance of the nerve into the cerebral ganglion at the time of the third nymphal period. The direction of the nerves to the dorsal and ventral eyes respectively is indicated by the arrows. Fig. 16. A transverse section of the head to show the relation of the six eyes to each other and to the cerebral ganglion. The figure is slightly diagram- matic and was drawn with a low power ocular. Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. Nebst Bemerkungen über die Entwicklung der Urniere und Niere, des Pericards und Herzens. Von Paul Heyder. (Aus dem zoologischen Institut zu Heidelberg.) Mit Tafel V— VII und 6 Figuren im Text. Einleitung. In der neueren Literatur über die Ontogenie der Gastro j) öden wird die Schilderung der ersten Furchungsstadien und die Ableitung der Organe von den Keimblättern meist besonders berücksichtigt. Die Darstellung der weiteren Entwicklung tritt dabei häufig in den Hinter- grund. Und gerade diese muß in erhöhtem Maße gewürdigt werden, wenn die Entwicklungsgeschichte auch für die Phylogenie in dem Typus der Gastropoden so fruchtbar gemacht werden soll, wie sie sich für die Erkenntnis der Abstammung andrer Tiergruppen schon erwiesen hat. Die vorliegende Arbeit versucht diesen Gedanken bei den höchst entwickelten Formen der Gastropoden, den Stylommatophoren, geltend zu machen. Die Ontogenese der Lungenhöhle, über welche gewichtige Zweifel noch nicht völlig geklärt sind, erschien als ein ge- eignetes Objekt für einen Versuch auf diesem Gebiet. Gleich wichtig war jedoch auch die Ontogenie der übrigen Pallialorgane. Über die Entwicklung des Pericards und der Niere bestehen zwischen den ver- schiedenen Autoren sehr abweichende Ansichten, ebenso über den Ursprung der Genital organe, welche deshalb bei der Beurteilung des Gastropodenstammbaumcs vorläufig kaum verwertet werden können. Meine Untersuchunger beschäftigen sich mit Arion emfiricorum Fer. var. ricfus, einem Vertreter der höchstentwickelten Pulmonaten, der unbeschalten Stylommatophoren. Material und Methoden. Sämtliches Material wurde durch Zucht in den Monaten August und September 1907 erhalten. Dadurch war es möglich, das Alter Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 91 der Embryonen genau festzustellen, ein Umstand, dessen Wert später hervorgehoben werden soll. Über die Einrichtung solcher Zucht- versuche mit Pulmonaten bietet die Literatur zahlreiche Hinweise; auüerdeiu ist gerade bei Arion empiricorum die Eiablage mühelos zu erzielen, so daß ein näheres Eingehen auf diesen Punkt überflüssig erscheint. Auch ich habe auf Grund exakter Versuche an isolierten Tieren die teilweise noch bestrittene Erfahrung gemacht; daß eine einmalige Begattung genügt, um zwei- bis dreimalige Ablage befruchteter Eier zu veranlassen. Die Pausen zwischen zwei solchen Eiablagen schwankten von 10 bis 22 Tagen. Die Eier werden in Häufchen von 40 bis 150 unter Steinen, mor- schem Holz oder Laub abgelegt. Sie besitzen wie die vieler andrer Landpulmonaten zwei Hüllen, eine äußere weiße, weiche Kalkschale, die nach einiger Zeit gelblich und spröde bis zäh wird, und eine innere, durchsichtige Membran. Bei der Größe der fast kugelrunden Eier (Durchmesser 3,7 — 4,5 mm) ist das Herausnehmen der Embryonen aus den Schalen und dem umhüllenden Eiweiß äußerst einfach. Die Übertragung von einer Flüssigkeit in die andre geschieht am besten mit einer weiten Pipette. Zur Konservierung benutzte ich Pikrinschwefelsäure, Sublimat- Eisessig und konzentrierte wässerige Sublimatlösung, letztere sowohl heiß als kalt. Das erstgenannte Fixierungsmittel erwies sich als minder- wertig. Dagegen lieferte kalte Sublimatlösung sehr günstige Resul- tate. Allerdings war ich zu einer kleinen Modifikation gezwungen. Überträgt man nämlich die Embryonen, und besonders die jüngeren Stadien, in eine der genannten (und verschiedene andre) Flüssigkeiten, so beobachtet man ein mehr oder weniger starkes Zusammenfallen der äußerst zarten Kopfblase. Dieser Mißstand läßt sich vermeiden, wenn man zunächst der Waschflüssigkeit (physiologische Kochsalzlösung) einen Tropfen Sublimatlösung zufügt, um hierauf die darin befindlichen Embryonen rasch in die konzentrierte Lösung zu überführen. Obwohl ich keinerlei Nachteile aufgefunden habe, möchte ich diese Methode doch nicht empfehlen, wenn es sich um die Untersuchung histologischer Details handelt. Dagegen finde ich darin ein Mittel, die äußere Form des Embryo zu erhalten und die nicht zu vermeidende Schrumpfung auf einen mäßigen Grad zu beschränken. Selbstverständlich wurden auch solche Embryonen untersucht, bei denen diese Modifikation der Methode wegfiel. Eine weitere Schwierigkeit bot sich bei der Herstellung der Schnitt- 92 Paul Heyder, Serien in der Sprödigkeit des Inhaltes des Magens und des Eiweiß- sackes, d. h. des Darmabsclinittes, der die Kopfblase ausfüllt. Nach anfänglichen Mißerfolgen fand ich einer Empfehlung Prof. Bütschlis zufolge, daß man diesem Übelstande sehr wirksam begegnet, wenn man den einzubettenden Embryo je nach seiner Größe 1 — 2 Stunden Diit Vio — Vi5%ig6r Sodalösung behandelt und den Aufenthalt im Thermostaten auf das äußerste Minimum beschränkt. Von derartig präparierten Embryonen liegen mir lückenlose Schnittserien von 5 (.i Dicke vor. Zur Färbung der Total präparate benutzte ich Alaunkarmin, dem des leichteren und gleichmäßigeren Eindringens halber einige Tropfen Essigsäure zugesetzt waren. Die Schnittpräparate wurden entweder mit Boraxkarmin und Hämatoxylin-chromsaurem Kali im Block ge- färbt, oder auf dem Objektträger nach Vorfärbung mit Boraxkarmin mit BLOCHMANNscher Lösung. Beide Färbungsmethoden erwiesen sich als gut. Der ersteren muß ich den Vorzug geben bei der Tinktion des Ureterepithels. Schließlich ist noch zu bemerken, daß kein Embryo geschnitten wurde, der nicht auch zuvor aufgehellt, gemessen und ge- zeichnet war, so daß eventuelle Fehler in der Orientierung nachträglich festgestellt werden konnten. Die Orientierung geschah unter der Lupe, bei kleineren Objekten unter dem Mikroskop. Endlich seien noch ein paar Worte über die Abbildungen gesagt. Es hält schwer, dem Leser mit noch so reichhaltig beigefügten Schnitt- bildern ein körperliches Bild zu geben. Deshalb wurde häufig von Rekonstruktionen Gebrauch gemacht; diese sind nach der bekannten Methode, Projektion auf die Medianebene oder die Fußbasis, her- gestellt. Eine letzte Kontrolle gab ich mir schließlich, indem ich mehrfach plastische Rekonstruktionen mittels der Plattenmethode anfertigte. Die Wachsplatten ersetzte ich durch Karton, dessen Dicke eine Spur weniger als ein Drittel derjenigen betrug, die aus der Dicke der Objekt- schnitte und der angewendeten Vergrößerung berechnet war. Bei dem Aufeinanderfügen war es also nötig, zwischen die einzelnen Karton- schnitte an verschiedenen Stellen je ein Doppelstückchen Karton ein- zulegen. Dadurch und durch die dazwischen gefügte Klebmasse wurde die entsprechende Dicke erzielt. Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß es durch die zwischen den einzelnen Kartonschnitten befindlichen Spalträume nicht nur ein bequemes Überblicken der Lumina der Organe gestattet, sondern auch jeder Schnitt bis zu einem gewissen Grade übersehen w^erden kann. Will man die plastische Yv^irkung erhöhen, Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 93 so hat man nur nötig, die Spalträume mit irgend einer Masse auszufüllen (sehr gut bewährte sich eine warme Mischung von Schlemmkreide und Leim). Derartig hergestellte Modelle lassen sich nach dem Trocknen bequem bemalen und zersägen. Untersuchung. I. Beobachtungen am lebenden Embryo. Im Gegensatz zu den Embryonen von Liniax und PJanorbis, die beide ideale Beobachtungsobjekte sind^, sind die von Arion etwpiri- corum infolge ihrer Undurchsichtigkeit ziemlich ungünstig. Wenn ich nun trotzdem auf einige Untersuchungen am lebenden Embryo eingehe, so tue ich es, weil ich einmal zu einer umstrittenen Frage Stellung nehmen kann, ferner auf eine Erscheinung hinweisen möchte, deren bisher in der Literatur nirgends Erwähnung geschah. Der erste Punkt betrifft die Funktion jener bekannten, eigen- tümlichen larvalen Organe, durch deren Besitz sich fast alle Land- pulmonaten auszeichnen, und die man als Kopf- oder genauer Nacken - blase und Podocyste oder Schwanzblase bezeichnet hat. Sowohl die älteren als auch die neueren Beobachter sind darin einig, daß man in ihnen larvale Circulationsorgane zu sehen hat. Während aber Gegenbaur (51) und Fol (80) beiden korrespondierende aktive Kon- traktion zuschrieben, wollen Jourdain (84), F. Schmidt (95) und Meisexheimer (98) der Nackenblase nur eine passive Rolle zuerkennen, indem sie annehmen, daß sie von der Leibesflüssigkeit, welche die Podocyste durch den Körper preßt, aufgetrieben wird, da ihre Wand den geringsten Widerstand leistet. Dabei unterscheidet sich Meisen- heimers Ansicht von der der beiden andern Autoren, indem er jede Bewegungsfähigkeit der Nackenblase leugnet. Wenigstens verstehe ich es so, wenn er sagt (S. 575) : »So lange die Podocyste noch nicht ausgebildet ist, ist von einer Kontraktion der Kopfblase bei Limax maximus nichts zu sehen, ja selbst später sind dieselben kaum merklich, von einer mit der Podocyste abwechselnden selbst passiven Bewegung habe ich nie etwas beobachten können.« Diese letzte Beobachtung trifft auch für die Embryonen von Arion empiri- corum zu. Auf keinem Stadium war es möglich, selbst bei 240facher Vergrößerung und genauester Messung, auch nur die geringste 1 Fol, Etudes sur le dev. etc. »Je recommande donc tout particuli Bremen t Jiux embryogenistes le Limax maximus et les Planorbis complanalus et mxirji- natitsj; mit mir iil)t'i'«'iii, wenn er schiciht (S. 1(^4): >> Le premier nuliment de la cavite palleale se montre avant l'apparition du manteaii.« Auf die Ansicht Meisenheimers werde ich erst nach der Schilderung der Mantelhöhlenanhige zurückkommen. Die Lungenentwicklung bei den Basommatop hören wurde noch weit weniger eingehend verfolgt. Ihr Bildungsmodus ist ein andrer als der eben dargelegte und läßt sich besser im Zusammenhange mit der Mantelhöhle würdigen. Die weitere Entwicklung der Lungenhöhle schreitet nun rasch voran, indem sie sich nicht nur weiter nach vorn einsenkt, sondern auch tiefer in das Körperinnere hinein. Das ist auf Fig. 2 dargestellt, einer Rekonstruktion nach einem Embryo, der einen Tag älter war, als der in Fig. 1 wiedergegebene. Auf den ersten Blick erscheint es, als ob die Lücke zwischen diesen beiden »Stadien eine wesentlich größere wäre. Es wird sich aber zeigen, daß sich an Hand der Querschnitte das ältere mühelos von dem jüngeren ableiten läßt. Die geringste Ver- änderung in Fig. 2 gegen früher zeigt der Enddarm {E.Darm). Sein Endteil hat die mediane Lage noch völlig beibehalten, und nur sein Ursprung am Magen zeigt eine kleine Verschiebung nach rechts. Merk- barer ist seine Längenzunahme. Die Veränderungen, die an der L'rniere vorgegangen sind, lassen sich ebenfalls auf ihr Längenwachstum zurück- führen. Ihr absteigender distaler Schenkel hat sich in die Länge ge- streckt, so daß er dem aufsteigenden proximalen Schenkel an Größe gleich kommt, während die äußere L^rnierenöffnung durch diesen Prozeß tiefer und mehr nach hinten verlagert wurde, so daß sie jetzt der Lungen- höhle näher gerückt erscheint. Allerdings läßt sich nur der letztere Umstand aus Fig. 2 entnehmen, welche, der Raumersparnis halber, ebenso wie die folgenden Rekonstruktionen, nur einen kleinen Aus- schnitt des Embryo bietet. Da aber die Orientierung der Abbildungen immer genau die gleiche ist, so läßt sich jeder dieser Ausschnitte mit Hilfe der Fig. 1 leicht zu einem totalen Embryo ergänzen. Der Meso- tlermzellhaufen hinter der Lungenhöhle, der schon auf dem vorher- gehenden Stadium, allerdings nur undeutlich abgegrenzt, zu erkennen war und deshalb nicht eingezeichnet wurde, zeigt seine beginnende Differenzierung in Niere und Pericard {re, p). Die für uns wichtigste Veränderung aber betrifft die Oberfläche des Embryo. In der Region der besprochenen Organe bemerken wir, an der Urnierenmündung beginnend und bis zur Lungenöffnung reichend, eine Rinne, bzw. eine dieselbe dorsal begrenzende Falte, welche nach hinten etwas schief emporsteigt. Diese Rinne ist die Anlage der 106 Paul Heyder, Mantelliöhle {mlh). »Sie entsteht im Bereich der eben genannten Organe und nur auf der rechten Seite, nicht etwa auch gleichzeitig auf der linken. Der dorsale Rand der Rinne ist nur schwach ausgeprägt, wenigstens schwächer, als es auf Fig. 2 angedeutet ist, wo zur besseren Hervorhebung des Reliefs die Schatten stark verdunkelt wurden. Am ehesten läßt sich diese Anlage mit einem Wellental vergleichen, das in der Querrichtung sowohl nach der Dorsalseite als auch nach der den Fuß abgrenzenden Furche zu sanft verstreicht. An ihrem hinteren Ende geht die Rinne in die ziemlich weite Öffnung der Lungenhöhle über. Hier ist auch die einzige Stelle, an welcher der dorsale Rand der Mantelhöhlenanlage schärfer konturiert ist, so daß man hier von der beginnenden, für die Gastropoden typischen Vorwulstvmg des späteren Mantelfeldes sprechen kann. Auf der Fig. 2 hat es den Anschein, als ob die erwähnte Rinne sich nach hinten über die Lungenhöhle hinaus bis in die Nähe des End- darmes fortsetzt. Diese deutlich erkennbare, dicht hinter der Lungen- öffnung gelegene Einstülpung ist aber die erste Anlage des Niere n- ausführganges, d. h. jenes Teiles, den wir früher als Primärureter kennen lernten {pr.ur). Durch die nahe Nachbarschaft der geschil- derten Organe — Mantelhöhle, Lungenhöhle und Primärureter — wird allerdings der Anschein erweckt, als ob es sich hier um eine ein- heitliche, kontinuierlich fortlaufende Furche handle. Ein Blick auf Fig. 3, welche diese Organe in dorsaler Ansicht zeigt, lehrt aber, daß die scheinbar einheitliche Rinne in drei Teile aufzulösen ist, von denen nur der vordere, der Urnierenöffnung zunächst gelegene die Mantel- höhle repräsentiert. Die weitere Entwicklung wird diese Tatsache noch deutlicher hervortreten lassen. Die zugehörigen Querschnitte sollen das Gesagte noch näher illustrieren. Fig. 15 ist ein nicht ganz genau quer geführter Schnitt kurz vor der Ausmündung der Lungenhöhle und zeigt diese daher als geschlossenen Hohlraum {Igh). An ihrer Außenseite sieht man die schwach ausgeprägte Mantelrinne (mlh), die auf dem nach hinten folgenden Schnitte die Lungenöffnung aufnimmt. Nach innen und über der Lungenhöhle liegt der schon erwähnte Mesodermzellhaufen, der gerade an dieser Stelle, wie das auch aus der Rekonstruktion (Fig. 2) hervorgeht, seine Sonderung in Niere {re) und Pericard {p) nur undeut- lich erkennen läßt. Der weiter nach hinten geführte Querschnitt, Fig. 16, trifft die Anlage des Primärureters (pr.ur) in ihrer tiefsten Einsenkung und größten Annäherung an die Niere (re). Diese Abbildung ist kom- biniert, insofern als der Nierenquerschnitt, weil besser erkennbar, dem Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 107 vorhergelii'iuU'ii, dir Fußfurche (d. h. die leichte nacli hinten tiefer werdende Einschnürung zwischen Fuß (/) und übrigem Körper des Embryo), weil schärfer ausgeprägt, dem nächstfolgenden Schnitt der Serie entnommen wurde. Weiter nach dem Innern zu, noch fast genau median, liegt der Darm {cd), der durch alle Schnitte hindurch eine nahezu gleich bleibenile horizontale Lage beibehält. Zum vollen Verständnis der Abbildungen Fig. 15 und 10 will ich noch daran erinnern, daß sich die Rückenregion des Embryo, welche später von der Mantelfalte umzogen wird und den sog. Schild oder Eingeweidesack bildet, nach hinten kegelförmig verjüngt. Die Anlage von Lunge und Niere findet sich demnach auf der rechten ventralen Seite dieses kegelförmigen Vorsprunges des Embryo. Je weiter nach hinten ein Querschnitt ge- führt, um so mehr nähert sich die Fläche, an welcher die Organe liegen, der Querrichtung. Auch auf diesem Stadium (Fig. 2 und 15) läßt das Ectoderm der Lungenhöhle noch keine besondere histologische Differenzierung er- kennen. Es ist das typische, kubisch-cylindrische der angrenzenden Körperoberfläche und Mantelhöhle. Das gleiche gilt für den primären Ureter (Fig. 16 pr.ur), auf den ich später im Zusammenhang zurück- kommen werde. Im Interesse größerer Übersichtlichkeit will ich die weitere Ausgestaltung der Mantelhöhle vorausgreifend kurz zu Ende führen. Zunächst ist hervorzuheben, daß sich die Lungenhöhle und der Primärureter tiefer einsenken und nun weiter nach innen vor- springen (Fig. 4 Igh, pr.ur). Die Hervorwölbung der Mantelfalte, die wir zuerst über und kurz vor der Lungenmündung entstehen sahen, dehnt sich jetzt weiter nach hinten aus. Zugleich wächst sie weiter ventralwärts herab (Fig. 17 u. 18 mlf). Der erste Prozeß läßt sich durch die Fig. 5, (> und 7 leicht verfolgen (mlh). Aber immer noch ist die Mantelhöhle eine ganz lokal begrenzte Bildung von relativ geringer Längenausdehnung. Erst auf dem Stadium der Fig. 7 läßt sich auch auf der linken Seite des Embryo eine Mantelrinne nachweisen, und zwar als eine seichte, von einer Mantelfalte halb überdachte Furche, die gleich der der rechten Seite an der iTniereimiündung beginnt und eine kurze Strecke nach hinten zieht. Durch Weiterwachsen dieser an- fänglich getrennten Falten der beiden Körperseiten nach vorn und hinten geht allmählich die ringförmig geschlossene, den sog. Schild umgrenzende Mantelfalte des fertigen Arion hervor. Die Vereinigung der beiderseitigen Falten bzw. Rinnen erfolgt hinten früher als vorn. Die vorstehenden Angaben, die nur die Formbildung der Mantelrinne 108 Paul Heyder, berücksichtigen, werden in den Einzelheiten bei der Darstellung der Entwicklung der Lungenhöhle und des Nierenausführganges ihre Er- gänzung finden. Die Entstehung der Mantelhöhle ist wohl von allen früheren Beobachtern richtig, wenn auch meist sehr kurz und häufig etwas unklar dargestellt worden. Nur v. Ihering (75) macht eine Ausnahme, indem er bei Helix den Mantel sich als eine schildförmige Ectoderm- verdickung anlegen läßt, deren Rand sich allseitig über den Körper faltenartig herunter erstreckt und so zur Entstehung der Mantelhöhle Veranlassung gibt. Diese Ansicht hat schon Fol (80) widerlegt, indem er richtig angibt, daß sich die Mantelhöhle lokal als eine Ectoderm- einsenkung bildet, die dann von der sich darüber legenden Mantel- duplicatur überwallt wird. Was die nackten Stylommatophoren angeht, so verdanken wir Meisenheimer (98) die ausführlichste Darstellung über diesen Punkt. Ich muß allerdings gestehen, daß mir seine sonst so klaren Ausführungen in dem Kapitel »Mantel und Lunge« nicht ganz ver- ständlich sind. Vor allem finde ich eine Unklarheit in dem folgenden Satze (S. 590): »Der untere (?) Mantelrand bildet sich zuerst aus, indem der Rand des Schalenfeldes (Eingeweidesack) sich vorzuwulsten be- ginnt zugleich mit einer Einsenkung zwischen Schalendrüse und Eiweiß- sack. Diese Einstülpung bildet die erste Anlage der Lungenhöhle. « Hiernach hätte es den Anschein, als ob Meisenheimer Lungen- und Mantelhöhle zu gleicher Zeit entstehen ließe. Dies wäre, gegenüber der Meinung der früheren Autoren eine Annäherung an meine Auf- fassung. Dem steht jedoch eine andre Stelle desselben Kapitels ent- gegen (S. 591): »Durch die Einrollung des Schalenfeldes ward die ur- sprüngliche Einsenkung zur Bildung der Lungenhöhle weiter ins Innere verlagert, so daß wir also jetzt schon zwei Teile zu unterscheiden ver- mögen, nämlich die Mantelhöhle, hervorgegangen aus der sekundären Einrollung des ventralen Schalenfeldes, und die Lungenhöhle, die ihren Ursprung einer scharf ausgeprägten Einstülpung verdankt.« Daraus scheint hervorzugehen, daß Meisenheimer nun doch die Lunge vor der Mantelhöhle gesehen hat, insofern er die letztere aus der sekundären Einrollung des ventralen Schalenfeldes ableitet und die primäre Vor- wulstung des Mantelfeldes gar nicht als Mantelfaltenanlage gelten lassen will. Dazu möchte ich bemerken, daß die Mantelhöhlenbildung eine stetig und gleichmäßig fortschreitende ist, so daß man eine Tren- nung in zwei Vorgänge, eine primäre Vorwulstung und eine sekundäre Einrollung, kaum wahrnehmen kann. Aus diesem Grunde muß ich in Zur Kiit Wicklung der Lungonhöhlo hei Arion. 109 der ursprüngliclu'ii V()r\v(')ll)iinlh()hle sehen. Schließlich präzisiert Meisenheimer seinen Standpunkt r sich an FoL anschließt und mit diesem die Lungenhöhle (cavite palleale) von der nachfolgenden sekundären Einstülpung, der cavite du manteau scheidet. Dadurch ergibt sich auch zwischen Meisen- nKiMKi; und mir eine gewisse Gleichheit der Auffassung, wenn er auch, ind.Mu er die Mantelfalte zu sjiät entstehen läßt, der Lungenhöhle einen i'twas zu großen zeitlichen Vorsprung einräumt. Bei den Basomniatophoren ist die Entwicklung der Atemhöhle noch weniger gut bekannt als bei den Stylommatophoren. Ich kann mich hier beschränken auf die Arbeiten von Ray Lankester (74), Rabl (75). WoLFSOX (80) und Fol (80). Bei Lymnaeus stagnaUs schil- dert Ray Lankester den Prozeß ungefähr folgendermaßen. Wenn die Schale frei geworden ist und dem aboralen Pole des Embryo wie ein rhrglas aufsitzt, wölbt sich der Mantelrand vor und verlängert sich mehr und mehr, bis er auf der rechten Seite eine beträchtliche Strecke des Körpers überdacht. An dieser Stelle, verborgen durch den darüber- hängendcn ]\Iantellappen, entsteht die Lunge als eine einfache Ver- tiefung. Rabl (75) stellt die Entwicklung der Lungen- und Mantelhöhle bei Planorhis etwas anders dar. Die Mantelfalte, die anfangs der Körperoberfläche dicht anliegt, hebt sich, ungefähr gleichzeitig mit der Bildung des Herzens, von dieser ab und erzeugt dadurch einen spaltförmigen Raum, die Mantelhöhle. Diese vergrößert sich mehr und mehr, und die sie überdeckende Mantelfalte bekommt dadurch das Aussehen einer Kapuze mit größtenteils freiem Rande. Eine weitere Umbildung wird später dadurch eingeleitet, daß der freie Mantelrand bis auf eine einzige, kleine, auf der rechten Körperseite gelegene Stelle mit dem Körperintegument verwächst. Diese freie Stelle ist das Atem- loch, der durch die Verwachsung abgetrennte Raum die Lungenhöhle. Zu diesen Ausführungen muß ich bemerken, daß ich sie in der vor- stehenden Weise interpretiere. In Wirklichkeit trennt Rabl die beiden Höhlen nicht streng, sondern setzt die Mantelhöhle gleich der Lungen- höhle. Diese zweifellos falsche Auffassung, die sich aber in der Mehr- zahl der Untersuchungen und unsern gebräuchlichen Lehrbüchern wiederfindet, sollte nach den Beobachtungen Fols über die Selbständig- keit der Lungenhöhle (s. weiter unten) einer richtigeren Auffassung Platz machen. Man muß streng unterscheiden zwischen der Mantel - höhle oder Mantelrinne, die ringförmig den Eingeweidesack umzieht. 110 Paul Heyder, und der Lungenhöhle, die tief ins Körperinnere reicht und lokali- siert ist. Im Gegensatz zu Rabl drückt sich Wolfson (80) für Lymnaeus stagnalis mit erfrischender Deutlichkeit aus (S. 365) : »Der Mantelrand bildet schon sehr früh eine beträchtliche HervorAvölbung, die aus hohen, cylindrischen Ectodermzellen besteht. Anfangs verbreitet sich der Mantel (also auch die Schale) auf dem Embryo, ohne daß sich zwischen ihm und der Körperwand eine Spalte — die Mantelfalte i — bildet. Erst später beginnt eine wirkliche ümwachsung, w^obei der Mantelrand als freier Wulst den Embryo umgürtet. Die rechte Mantelhälfte ver- breitet sich viel weiter als die linke. Er verwächst mit der rechten Körperoberfläche bis auf eine kleine Öffnung — das Atemloch — , die in einen erweiterten Teil der Mantelhöhle — die Lungenhöhle — führt. « Ein Vergleich dieser drei Autoren zeigt, daß sie in einem Punkte völlig übereinstimmen, nämlich in der Zeit der Entstehung der Lungen- höhle. Während aber Rabl und Wolfson diese direkt auf die Mantel- höhle zurückführen, wüll ihr Ray Lankester eine etwas selbständigere Stellung zuerkennen. Der vierte Autor, Fol (80), geht ganz eigne Wege, indem er auch für die Basommatophoren denselben Entwicklungsmodus wie für die Stylomma top hören behauptet, also auch hier in der Lungen- höhle das primäre Organ sieht. Mit voller Schärfe legt er seinen Stand- punkt dar (S. 209) : »La cavite du manteau n'est qu'un enfoncement secondaire, qu'il faut se garder de confondre avec la cavite palleale« (d. h. der Lungenhöhle). Was die Bildung der Mantelhöhle bei den Prosobranchiern angeht, so entsteht sie nach Bütschli (77) bei Paludina als eine falten- artige Ectodermeinsenkung zuerst am Hinterende des Embryo dicht vor dem After2. v. Erlanger (91) dagegen sieht ihre Anlage bei der- selben Schnecke an der Bauchfläche ^ zwischen den beiderseitigen Wülsten der Mantelfalte als eine kleine Grube, die aber nicht eigentlich als Grube aufzufassen ist, »sondern nur einer Stelle der Bauch wand 1 Nach unsrer Auffassung und Bezeichnung Mantelrinne. 2 Was Bütschli als Mantelfalte beschreibt, ist jedoch nicht die eigentliche Mantelfalte, sondern die Schalensaumfalte (.> Schalenfalz « v. Erlangers), die später auf der ersteren liegt. 3 Die Bezeichnung Bauchseite ist unzutreffend; es handelt sich um die Afterregion des Embryo, das Hinterende des Eingeweidesackes, an dem sich die Mantelhöhle natürlich etwas von der Ventral- gegen die Dorsalseite aufsteigend einsenken muß. Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 111 entspricht, welche iiu'hr uiul mehr von der nach vorn wachsenden und sich erhebenden Mantelfalte umwallt wird« (8. 852). Die Mantel- bzw. Kiemenliöhle vertieft sich hierauf mehr, und zwar in der mittleren Region weniger als an den beiden Seiten, wodurch zwei seitliche Zipfel entstehen, von denen der rechte zum Ausführgang- der Niere wird, während der linke mit dem Genitalorgan in Beziehung tritt. Mit der fortschreitenden Ausbildung rückt die Mantelhöhle, an deren dorsaler Wand die Kiemen als kleine ectodermale Höcker hervorsprossen, nach und nach auf die rechte Körperseite und nach vorn, bis sie die Lage einnimmt, wie sie von der erwachsenen Schnecke bekannt ist. Bei den marinen Prosobranchiern beobachtete Bobketzky (77) die erste Anlage der Mantel- bzw. Kiemenhöhle als eine sichelförmige Ectodermeinsenkung, welche nach hinten von einem verdickten Wall begrenzt und überdacht wird, dem Mantelwulst. Die Kiemenhöhle hat hier, wie der Verfasser besonders hervorhebt, schon in ihren ersten Anfängen eine ganz asymmetrische Lage auf der rechten Seite des Embryo {Nassa mutabilis). Sie wächst in die Tiefe, so daß der Mantel- wulst, der zur Zeit des ersten Auftretens der Atemhöhle den hinteren Rand bildete, nun den vorderen abgrenzt. Zugleich wächst sie in die Breite, bis sie die ganze Rückenseite einnimmt. Ebenso verläuft der Vorgang bei Fusus. Über die Entwicklung der Opisthobranchier liegen eine ganze Reihe von Untersuchungen vor, die sich aber meistens auf die ersten Entwicklungsstadien beschränken. In den älteren Arbeiten von Sars (-40), XoRDMANN (46), C. Vogt (46) und M. Schultze (49) finden sich keine Beobachtungen über die Entstehung der Mantelhöhle, ebenso- wenig bei Langerhans (73) und Blochmann (83). Hier sind lediglich die Angaben von Fol (75) für die Pteropodenentwicklung zu ver- wenden. Bei den Hyaliden sieht der französische Autor die erste Anlage der Atemhöhle in einem spaltförmigen Raum, der sich zwischen die Basis des Fußes und das Velum einschiebt, um sich dorsal und ventral auszubreiten. Ich kehre nun zur Lungenhöhle zurück. Wir hatten sie verlassen als eine mäßig tiefe, wenig weit nach innen reichende Einsenkung von annähernd gleich bleibendem Durchmesser. Ihre äußere Mündung lag in der eben entstehenden Mantelrinne. Den nächsten Fortschritt zeigt uns das Stadium der Fig. 4, das 24 Stunden älter ist und somit dem 12. Entwicklungstage entspricht. Die geringste Veränderung gegen früher zeigt auch hier wieder der Darm; er liegt noch, abgesehen von der Rechtsverlagerung seines Ursprunges am Magen, annähernd in der 112 Paul Heyder, Symmetrieebene des Körpers. Die Lungenhöhle (Igh) dagegen ist nun ein ziemlich weit dorsal und medial reichender Sack mit weitem Lumen. Ihre dorsale Spitze liegt ungefähr auf gleicher Höhe mit der oberen Pericardgrenze. Auch ihre Lage zeigt eine Veränderung. Während sie früher zum Teil auf dem Zellenkomplex — Niere und Pericard — ruhte (Fig. 2), hat sie jetzt sich ganz vor diesen geschoben und greift sogar mit ihrer oberen Spitze um ihn nach der linken Seite herum. Durch diese Verlagerung der Lungenhöhle und die schon erörterte Vertiefung der Mantelhöhle wird es nun schwer, die Grenze zwischen beiden genau festzustellen, um so mehr, als die histologische Differen- zierung des Lungenepithels erst angedeutet ist. Vorläufig kann nur ein Faktor bei der Abgrenzung beider Höhlen verwendet werden, nämlich der primäre Ureter, bzw. seine äußere Mündung. Wir sahen ihn ent- stehen als eine dicht hinter der Lungenhöhle folgende Einsenkung. Durch die Ausbildung der Mantelrinne wird seine Mündung zunächst in diese aufgenommen und mit der Vertiefung der Rinne weiter nach innen geschoben. Durch einen zweiten Wachstumsprozeß, auf den ich weiter unten zurückkomme, wird der Primärureter aber so gedreht, daß seine Öffnung (öff.pr.ur.) ungefähr parallel mit der Achse der Lungenhöhle wird (Fig. 1 und 5), und dadurch die Grenze zwischen der Lungenhöhle und der Mantelrinne auf eine größere Strecke bildet. Einige Schnitte werden dies besser lehren. Fig. 17 ist ein Schnitt, der zwischen einem Quer- und Horizontalschnitt ungefähr die Mitte hält, wie das die Strichlinie AB in Fig. 4, die seine Lage angibt, erkennen läßt. Er muß natürlich die Lungenhöhle (Igh) als einen weiten nach außen klaffenden Raum zeigen. Aber nicht die ganze angeschnittene Höhle ist als Lungenhöhle aufzufassen, sondern die eigentliche, der ursprünglichen Einstülpung entsprechende Atemhöhle reicht nur bis zur Linie zwischen den beiden *. Der nach außen (in der Figur nach rechts) liegende Teil einschließlich der mit mir bezeichneten Partie dagegen ist die Mantelhöhle, welche erst nachträglich durch Einsenkung entstand und dorsal von der Mantelfalte (mlf) überdeckt wird, damit zugleich natürlich die Öffnung der Lunge in die Mantelhöhle. Der Schnitt Fig. 18 ist weiter kopfwärts, hart hinter der Renopericardial- öffnung geführt und streift eben noch die Urnierenmündung {öff.urn, vgl. Fig. 4 Linie CD [Fig. 18]). Hier ist die Lungenhöhle {Igh) voll- ständig gegen außen abgeschlossen, die Mantelrinne (*) dagegen als eine seichte Einbuchtung, welche die Fortsetzung von mir der Fig. 17 bildet, noch erhalten. In ihrem Grunde und am vorderen Ende (Fig. 4) öffnet sich die Urniere (Fig. 18 öff.urn). Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 113 Die I.uiigeiiliöhU' wiid ;iuch jetzt schon durch die beginneiKk' Dif- ferenzierung ihres Epithels charakterisiert. Allerdings ist dieser Vor- gang zunächst nur örtlich l)egrenzt. Die Epitheldifferenzierung tritt zuerst der Treteröffnung gegenüber auf, indem sich das Ectoderm ab- flacht. Auf Fig. 17 ist dies noch kaum bemerkbar; auf Fig. 18 dagegen, also weiter im Innern der Höhle, an der ventralen Wand, schon recht deutlich. Wie gesagt, beschränkt sich diese Abflachung vorläufig nur auf die distale, der Mündung benachbarte Region der Lungenhöhle. Ich möchte betonen, daß nicht überall die Schnitte das Lungenepithel schief treffen, sondern in kleinen, in Fig. 4 nicht berücksichtigten Falten auch in der proximalen Partie genau quer, was der hier deutlich ein- schichtige Bau beweist. Das nächste Stadium (Fig. 5), welches wiederum 24 Stunden älter ist und dem 13. Tage des Embryonallebens entspricht, läßt auf den ersten Blick an Lungenhöhle, Niere und Pericard w^enig Verände- rungen erkennen. Dagegen hat der Darm {E.Darm) seinen Verlauf wesentlich verändert. Auf dem jüngsten von mir dargestellten Sta- dium (Fig. 1) nahm der Enddarm eine genau symmetrische Lage ein. Auch das Stadium der Fig. 2 läßt die Asymmetrie des Enddarmes noch nicht ersehen. Dagegen weist sein blindes Ende in Fig. 4 schon eine leise Senkung ventralwärts und ein minimales Herausrücken aus der Medianebene nach rechts auf, was selbstverständlich auf der Abbildung nicht anzudeuten war. Da der Ursprung des Darmes am Magen fixiert ist, so muß das einseitige, stärkere Wachstum des linken Mantelfeldes eine Biegung in seinem Verlauf, und zwar nach rechts hervorrufen. Es liegt also hier der erste Anfang einer Darmschlinge vor, und zwar von den für die Arioniden typischen vier die hinterste, d.h. die dem After nächstgelegene. Gleichzeitig wird auch der übrige Komplex der sog. Pallialorgane (Lungenhöhle, Niere und Pericard) bei diesem ein- seitigen Wachstumsprozeß in Mitleidenschaft gezogen; allerdings tritt das zunächst nur an der Mantelrinne und dem Primärureter klarer hervor. Die erstere, welche in Fig. 2 mit einer Neigung von etwa 40° nach oben und hinten emporstieg, hat sich jetzt (Fig. 4) etwas gegen die Horizontale gedreht; noch weiter fortgeschritten ist dies in Fig. 5, wo sie annähernd horizontal verläuft, d. h. parallel zur Fußsohle. Ferner wurde der Primärureter ipr.ur), dessen Öffnung ursprünglich ventralwärts und sogar etwas nach hinten schaute (Fig. 2), so weit ver- dreht, daß seine Mündung sich mehr und mehr nach vorn wendet und der Lungenhöhle zukehrt (Fig. 4 öff.ur.pr). Die Einsenkung dieser Öffnung in die Tiefe der Mantelhöhle wurde schon früher dadurch Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. g lU Paul Heyder, erklärt, daß die Mantelfalte (mlf) vorliangartig herabwuchs, und so nicht nur die Öffnung des Primärureters, sondern auch die ursprüng- lich weit nach außen klaffende Lungenmündung überdeckte. Auf Fig. 5 ist die Umbiegung des Darmes so weit fortgeschritten, daß die beiden dadurch erzeugten Darmschenkel, von denen der innere sehr kurz ist, einen Winkel von etwa 90° bilden. Durch die Biegung tritt das Darm- ende in den Bereich der Mantelrinne. Wir können dies von Fig. 5 bis Fig. 8 successive verfolgen. Auf letzterer ist das Darmende von dem Hinterende der Mantelfalte überwachsen worden, so daß der nunmehr durchgebrochene After (a) völlig in die Mantelrinne zu liegen kommt. Inzwischen hat aber auch der Verlauf des Darmes eine erneute Ver- änderung erfahren. Auf Fig. 8 und schon auf Fig. 7 bemerken wir die Ausbildung einer zweiten Darmschlinge. Diese kann nicht mehr oder wenigstens nicht allein durch das linksseitige stärkere Wachstum der Körperoberfläche erklärt werden. Denn der Endpunkt des Darmes hat auf diesen Stadien die Mantelrinne erreicht, er ist also schon an- nähernd fixiert. Die zweite Biegung des Darmes muß deshalb in erster Linie auf sein eignes Längenwachstum zurückgeführt werden, wobei der Ursprung am Magen und der Alter in der Mantelrinne als Fixpunkte zu betrachten sind. Von diesen Wachstumserscheinungen werden auch, wie schon hervorgehoben, die übrigen pallialen Organe in Mitleidenschaft ge- zogen, indem sie langsam auf der rechten Seite des Embryo nach vorn rücken. Allerdings ist diese Verlagerung auf den Figuren, die ja nur kleine Ausschnitte sind, nicht zur Anschauung gebracht. Am ehesten läßt sie sich der Fig. 9 (Taf. VI) entnehmen, wo der Eingang zur Lungenhöhle sich schon völlig dem rechten vorderen Rand des sog. Schildes (Eingeweidesack) genähert hat. Wenn nun trotzdem die Lungen- öffnung noch nicht ihre endgültige Lage inne hat, so kommt das daher, daß der Schild noch nicht seine volle Größe erreicht hat. Mit seinem Auswachsen nach vorn wird auch die Mündung der Lungenhöhle weiter nach vorn geschoben, so daß diese endlich eine kurze Strecke hinter den rechten Fühlern liegt (Fig. 12). Die Lungenhöhle hat auf dem in Fig. 5 abgebildeten Stadium keine wesentliche Veränderung in Größe und Lage gegen das 24 Stunden jüngere (Fig. 4) erfahren. Dagegen hat sich die Niere erheblich ver- größert und ebenso der Primärureter (pr.ur), welcher nun als weites Rohr schräg nach hinten und dorsal emporsteigt und mit langer, schlitz- förmiger Öffnung in die Mantelhöhle mündet. Diese hat eine beträchtliche (Tiefe erreicht, auch in ihrem vorderen Ende, das die Urnierenmündung Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 115 aufnininit. Besser tritt das auf Fig. G hervor, die dasselbe Teilstück des Embryo in ventraler Ansicht zeigt. Die tiefe Höhlung {mlh) ist die Mantelhöhle, die nur zum Teil sichtbar, zum Teil vom Fußrand (//) verdeckt ist. Der Übergang in die Lungenhöhle ist hier allerdings weniger gut zu sehen. Er wird ungefähr repräsentiert durch eine Linie, die man sich von der Urnierenöffnung (öff.urn) in der Richtung zum vorderen Ende des Darmes gezogen denkt ( — ). Die Lungenhöhle (Igh) ist also der Zipfel, der sich nach vorn und unterhalb der Urniere (in Wirklichkeit dorsal von ihr) erstreckt. An der inneren Wand der Mantelhöhle zeigt sich die vom Fuß überdeckte, längliche Mündung des Primärureters {öff. ur.pr). Noch komplizierter wird der Organkomplex durch das Auftreten einer neuen Anlage. Schon in Fig. 4 geht vom Hinterende der Mantel- rinne eine kleine, zipfelförmige Einsenkung (gtg) aus, welche die Anlage des Genitalganges darstellt. Auf dem folgenden Stadium (Fig. 5) ist sie nur wenig tiefer geworden, hat sich aber an der Drehung der Pallialorgane beteiligt. Im einzelnen werde ich auf die Bildung des Genitalganges und der Urniere noch zurückkommen. Das nächst ältere Stadium, Fig. 7 (zwischen 16 und 17 Tage alt), zeigt im großen und ganzen die schon bekannte Anordnung der Organe. Der Darm bildet seine zweite Schlinge aus, und die Urnierenöffnung ist vollständig in die Tiefe des vorderen Endes der Mantelrinne ver- lagert. Im übrigen sind die topographischen Verhältnisse wenig ver- ändert. Die Lungenhöhle steigt als ein schmaler Sack in leichtem Bogen dorsal auf, der Niere und dem Pericard dicht anliegend und sich auch etwas auf deren linke Seite ausdehnend. Am besten zeigen das die Quer- schnitte Fig. 19 — 22 (Taf. VII) derselben Serie, die zur Rekonstruktion von Fig. 7 diente und auf letzterer durch vier Strichlinien markiert sind. Fig. 19 (vgl. Fig. 7, Linie .15) streift eben noch die Mündung der Ur- niere in die Mantelrinne {öff.urn) und zeigt die Lungenhöhle [Igh) als ovalen Querschnitt, dessen Epithel schief getroffen ist und deshalb den einschichtigen Bau nicht deutlich aufweist. Fig. 20 (Fig. 7, Linie CD) enthält die Lungenhöhle schon in größter Ausdehnung. Der kompakte Zellhaufen an ihrer konkaven Seite verrät die Annäherung an Niere und Pericard, welche sie halbmondförmig umgreift. Die Öffnung dex Lunge in die Mantelhöhle ist hier durch die verbindende Zellmasse bei * angedeutet und schon auf dem in der Serie folgenden Schnitt vorhanden. Der Querschnitt Fig. 21 (Fig. 7, Linie EF) muß natürlich die Lungenhöhle in zwei Teilen zeigen, die durch Niere (re) und das Pericard 8* 116 Paul Heyder, {f) getrennt sind. Der dorsale, innere Teil {Igh'^) liegt auf und etwas nach innen vom Herzbeutel, während der untere, distale Teil {Igh) sich in die Mantelhöhle {mlk^) weit öffnet. Auf Fig. 22 (Fig. 7, Linie GH) ist die Lungenhöhle nur noch an ihrem innersten Ende {Igh^) getroffen, während die äußere Mündung in die Mantelhöhle {mlh) verschwunden ist. Aufschluß über die tiefere Einsenkung der letzteren gibt außer den Querschnitten die Verlagerung des Genitalganges {gtg) in Fig. 7, dessen Mündung sich nun nahezu auf dem Niveau der ebenfalls be- trächtlich in die Tiefe gerückten Öffnung des Primärureters {öff.ur.-pr) findet. Zur Erläuterung der Fig. 7 muß ich noch bemerken, daß die mit öff.mlh bezeichnete, schlitzförmige Öffnung der Verengerung der Mantelhöhle, v auf Fig. 21, entspricht. Diese Verengerung teilt die Mantelhöhle in zwei Regionen, eine innere, welche die Mündung der Lunge, des Ureters und des Genitalganges aufnimmt und recht eigent- lich die Bezeichnung Mantel höhle verdient {mlh^), während für die äußere Region der Ausdruck Mantel rinne besser am Platze ist {mlh). Angesichts des einheitlichen Ursprunges ist es aber nicht empfehlens- wert, die Sonderung in diese zwei Regionen allzu scharf zu betonen. Die Abflachung des Epithels der Lungenhöhle hatte schon auf den Fig. 17 und 18 gegenüber der Öffnung des Primärureters begonnen. Jetzt hat sie bedeutende Fortschritte gemacht und sich über den größten Teil der Lungenhöhle ausgedehnt. Nur zwei Stellen machen eine Aus- nahme, einmal ihr innerster Zipfel (Fig. 22 Igh^), an dem das Längen- wachstum am energischsten stattfindet, zweitens die in die Mantel- höhle einmündende Partie (Fig. 21 Igh). Aus Fig. 21 geht hervor, daß die Öffnung des primären Ureters (pr.ur), die früher als auf der Grenze von Lungen- und Mantelhöhle liegend kurz bezeichnet wurde, ganz der letzteren angehört. Diese Scheidung der beiden Höhlen, die auf Fig. 21 so klar ist, war auf jüngeren Stadien weniger scharf, ja verliert sich auch noch in der Serie, der Fig. 21 entnommen, auf weiter hinten folgenden Schnitten bald, so daß die Trennung in Lungen- und Mantel- höhle wiederum nur schwer durchzuführen ist. Der Xlbergang der ersteren in die letztere ist also ein allmählicher, nicht mehr scharf abgesetzter wie auf dem Stadium der Fig. 2. Abgesehen von den beiden charakterisierten Stellen hat die Epithelverflachung der Lungenhöhle einen ziemlich hohen Grad erreicht. Die Höhe der Zellen kommt dem Durchmesser der Kerne gleich, mitunter beträgt sie sogar weniger, so daß die Zellkerne vorspringen, womit der Übergang zum Platten- epithel gegeben ist. Vor der weiteren Ausgestaltung der Lungen- und Mantelhöhle Zur Kiitwieklung der Lungenliöhle bei Arion. 117 müssen wir d'\e Eiitstehuiig des sekundären Ureters berück- sichtigen, d. h. desjenigen Teiles des gemeinsamen Harnleiters, der beim erwachsenen Arion als sog. absteigender Ureter (l^reter ascendens, Plate) bezeichnet wird und sich in der Uniwallung des Atemloches öffnet. Noch auf dem Stadium der Fig. 5 sahen wir den Primärureter mit weiter 6chdr jirur Textfig, 2. cJvcLr jir.ur Textfig. 4. schd? fhr. ur TrUhy' chdr Jir.ur Textfig. 5. Vier Schemata zur Darstellung der Ureterrinne und ihrer Beziehungen zum Primärureter. Igh, Lungenhöhle; mlh, Mantelhöhle; p, Pericard; pr.ur, Primärureter; re, Niere; rur, Ureterrinne; schdr, Schalendrüse. (Xähere Erklärung im Text.) Öffnung in die Mantelhöhle münden. Auch jetzt noch ist seine Mün- dung ziemlich weit (Fig. 21), wenn sie auch auf der von der Seite ge- sehenen Ansicht Fig. 7 eng spaltförmig erscheint. Dagegen führt die Öffnung nun nicht mehr direkt in die Mantelhöhle, sondern in eine 118 Paul Heyder, durch Einbuchtung aus dieser hervorgegangene Rinne (r.ur). Diese Rinne verläuft an der Außenwand der Mantelhöhle, dicht unter der Mündung des Primärureters, parallel mit dieser und wird dorsal und ventral je von einer Längsfalte begrenzt. Fig. 21 läßt diese Rinne {r.ur) noch wenig gut erkennen, wenigstens in ihrem Zusammenhang mit dem Primärureter. Die schematischen Querschnitte Textfig. 2 — 5 (aus derselben Serie wie Fig. 21 u. 22) dagegen lassen diesen Zusammenhang klar hervortreten. In Textfig. 2 ist die Rinne (r.ur) ziemlich scharf ausgeprägt, ohne daß allerdings ihre Zugehörigkeit zum primären Ureter zur Geltung kommt. Diese läßt sich eher aus Textfig. 3 ersehen, wo die beiden Längsfalten die Rinne rechtwinkelig abgrenzen. Die Textfig. 4 und 5 zeigen dann successive die innigere Verbindung der Rinne mit dem Primärureter, mit dem sie in Fig. 22 (Taf. VII) sich völlig vereinigt hat, indem sie sich durch Verwachsung der unteren Längsfalte mit dem gegen- überstehenden Rand der Öffnung des primären Ureters gegen die Mantel- höhle abgeschlossen hat. An dieser Stelle öffnet sich also der primäre Harnleiter überhaupt nicht mehr in die Mantelhöhle, vielmehr in einen von dieser abgetrennten Kanal, der allerdings in seinem weitaus größeren, vorderen Teile als Rinne mit der Mantelhöhle in offener Kommunika- tion steht, wie das die Textfiguren lehren. Diese Rinne ist die Anlage des Sekundärureters. Fig. 8, eine Rekonstruktion eines IGVgtägigen Embryo, zeigt die Ureterrinne (sec.ur) schon auf eine größere Ausdehnung, etwa ihre hintere Hälfte, von der Mantelhöhle abgetrennt. Wie dieser Verschluß zustande kommt, geht aus Fig. 13 hervor. Diese plastische Rekonstruktion wurde mittels der Plattenmethode gewonnen und repräsentiert elf hintereinander folgende Querschnitte von 5 f.i Dicke, und zwar von vorn gesehen, so daß die rechtsseitigen Organe links liegen. Wir erkennen unter der weiten Schalendrüse {schdr) Darm und Niere, unter dieser den primären Ureter. Aber nur noch in den vor- dersten, dem Beschauer zugewandten Schnitten mündet er direkt in die Mantelhöhle. In den hinteren Schnitten wird seine Öffnung durch die Falte a:; von der Mantelhöhle abgetrennt und damit die direkte Kom- munikation aufgehoben. Die Falte x erhebt sich am inneren Rand der. Mündung des Primärureters, legt sich über die in die äußere Wand der Mantelhöhle eingesenkte Ureterrinne {r.ur) und verschmilzt mit deren ventraler, begrenzender Längsfalte, die hier übrigens ebenso wie die dorsale nicht mehr scharf hervortritt. Wächst die Falte x nun weiter nach vorn, so wird die Ureterrinne mehr und mehr zu einem geschlos- senen Rohr umgewandelt, dem sekundären Harnleiter. So erfährt der Primärureter eine Fortsetzung nach vorn, die imstande ist, das Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 119 Nierensecret aufzuiu'liiiKMi und es, ii;u-li vülliijtcni Verse lilu 1.5 der Rinne, bis an tlen vorderen Mantelrand zu führen. Die nächst höhere Entwicklungsstufe bietet Fig. 9, eine Rekon- struktion nach einem 18 Tage alten Embryo. Hier ist der Sekundär- ureter schon ein Kanal von beträchtlicher Länge, der seine Entstehung aus einer rinnenförmigen Vertiefung nicht mehr erkennen läßt. Über seine Lage soll später bei der Entwicklung der Niere Näheres gesagt werden. Vorläufig genügt es, darauf hinzuweisen, daß der primäre Harnleiter sich weit nach hinten erstreckt und dadurch den sekundären Ureter zwingt, ebenfalls nach hinten zu wachsen. So entsteht die charakteristische Knickung des Gesanitharnleiters. Die Übergangs- stelle der beiden Ureterteile ineinander, die ich, im Gegensatz zu Mei- SENHEIMER (98). immer scharf beobachten konnte, wird durch diesen energischen Wachstumsprozeß weit nach hinten verlagert und liegt immer am hinteren Ende des primären Ureters. Über Topographie und relative Größenverhältnisse mag drain noch Fig. 11, eine von der tlorsalen Fläche aufgenonmiene Rekonstruktion eines 23tägigen Embryo Aufklärung geben. Es ist das unbestreitbare Verdienst v. Iherings, die Klärung dieser ontogenetischen Fragen angeregt zu haben. Bei der Auflösung der Ordnung der Pulmonaten in Branchiopneusten und Nephro- pneusten hatte er vermutet, daß sich der sekundäre Ureter der Sty- lommatophoren ontogenetisch aus einer Rinne der Lungenhöhle entw'ickelt haben könnte. Zu dieser Vermutung war er gekommen, als er bei südamerikanischen Bulimus- Arten erkannte, daß der se- kundäre Harnleiter Übergänge von einer vollständig offenen Rinne zu einem auf seiner ganzen Länge geschlossenen Kanal biete. Da die V. iHERiNGsche NephropneustentheoEie noch manchmal zu er- wähnen sein wird, so möchte ich kurz ihren Lihalt skizzieren, obwohl ihr nur noch historisches Interesse zukommt. In seinem »Versuch eines natürlichen Systems der Mollusken« (76), ferner in seinem Werke »Vergleichende Anatomie des Nervensystems und Phylogenie der Mollusken« (77) und verschiedenen andern Schriften (76, 77, 85) vertritt v. Ihering die Anschauung, daß die »Pulmo- naten« keine einheitliche Gruppe seien, insofern Gastropoden mit Lungenhöhle sich aus verschiedenen Familien herausbilden könnten. Er sieht also in den »Pulmonaten« Endreihen, die von verschie- denen Ausgangspunkten erreicht wurden. Nun gebe es eine Anzahl von Pulmonaten, die insofern übereinstimmen, als in ihrer Lungen- höhle rudimentäre Kiemen nachzuweisen seien (inzwischen als Osphradien 120 Paul Heyder, oder accessorische Bildungen erkannt). In dieser Gruppe sei die Lungenhöhle zweifellos eine umgewandelte Kiemenhöhle, v. Ihering nennt sie deshalb Branchiopneusten. Bei den übrigen Pulmonaten stelle die Lungenhöhle dagegen eine Neuerwerbung dar, die hervor- gegangen sei aus dem Endabschnitt des Ureters; diese Gruppe sind die Nephropneusten v. Iherings. Die wesentlichste Stütze der letzten Behauptung sah er in der Tatsache, daß bei den schon erwähnten Bidimus-Arten der successive Verschluß der Harnrinne zu einem Rohr vergleichend-anatomisch nachweisbar ist (85, S. 264) : »Der am End- darm entlang laufende Ureter von Helix, Litnax usw. ist in der Tat ein innerhalb der Nephropneusten erworbenes Organ, dessen Ent- wicklung wir Schritt für Schritt zu verfolgen imstande sind. Bei niedersten Formen, wie Peronia, Vaginulus, Bulimus {ovatus, Süd- amerika) ist nur ein einfacher Harnleiter vorhanden, der gleichzeitig als Lunge und Harnleiter funktioniert. Schon bei letzterer Form aber hat sich neben dem Enddarm eine besondere Leitungsbahn für den Urin angelegt, und diese bei Bulimus noch offene Rinne ist es, welche durch eine von der Nierenmündung aus gegen das Atemloch hin sich entwickelnde Deckmembran in einen Kanal abgeschlossen wird. Die verschiedenen Stadien dieses Bildungsprozesses sind uns durch die südamerikanischen Bulimus noch erhalten. Man kann mithin den zu- gleich als Lunge funktionierenden Harnleiter von Vaginulus usw. als primitiven Ureter bezeichnen. Aus diesem hat sich dann innerhalb der Bulimus-Aiten der sekundäre Ureter abgetrennt, den man von Helix so wohl kennt. Der primitive Ureter hat sich also der Länge nach in zwei Abschnitte zerlegt, de^-en einer die Lunge, deren andrer der sekundäre Ureter ist.« Braun (88) hat zuerst die Ansicht v. Iherings geprüft und be- stätigt. Nach seinen Untersuchungen mündet der kurze primäre Harn- leiter auf einer gewissen Entwicklungsstufe bei Helix in eine Rinne der Lungenhöhle. Diese Rinne ist beiderseits von Längsfalten begrenzt. Indem die Ränder dieser Längsfalten sich zusammenlegen und ver- schmelzen, entsteht ein geschlossenes, vom primären Ureter bis zum After reichendes Rohr. Behme (89) hat die Angaben Brauns etwas weiter ausgeführt, ohne indes wesentlich Neues hinzuzufügen. Die Bildung des Kanals erklärt er wie Braun (S. 24): »Der Verschluß kommt jedenfalls durch Zusammenneigen und spätere Verwachsung zustande. Dies geschieht ganz allmählich von hinten nach dem Atemloch zu. « Die von Braun und Behme herrührenden Untersuchungen sind Zur Knt Wicklung der Lungenhöhle bei Arion. 121 daher geeignet, die v. iHERiNGsche Ne p h ro p iieus teilt he orie zu stützen, da beide den sekundären Ureter von der Lungenhöhle ab- leiten. Meisenkeimer (IIS) erkannte daim, daß die Harnrinne nichts mit der Lungenhöhle zu tun hat, sondern an der Wand der Mantelhöhle entsteht. Über den Verschluß der Rinne macht Meisenheimer keine Angaben, und aus seinen Frontal- und Sagittalschnitten läßt sich nichts entnehmen, was im Anschluß an meine Untersuchungen eine Deutung zuließe. Ich bin in der Lage, Meisenheimers Behauptung in der wich- tigsten Frage nach der Herkunft der Ureterrinne zu bestätigen, ander- seits zu erweitern; der von Braun und Behme behauptete Vorgang des Rinnenverschlusses stellt sich, wie wir gesehen haben, etwas anders dar. (Ich habe es vorgezogen, statt der Querschnittserie die daraus gewonnene, instruktivere Rekonstruktion Fig. 13 beizufügen.) Ein Irrtum aber ist es, wenn Simroth (94) behauptet (S. 88) : »Die Harnleiterverhältnisse von Arion dürften am einfachsten durch eine Knickung des primären Harnleiters (ohne Ausbildung eines sekundären) sich erklären lassen.« Wenn wir die Entwicklung der Lungenhöhle weiter verfolgen, so müssen wir wieder an Fig. 8 anknüpfen. Im allgemeinen hat die Lungen- höhle hier, abgesehen von der Größenzunahme, ihre Form gewahrt. Sie reicht jetzt etwas über das Pericard empor und greift etwas weiter auf dessen linker Seite herum. Die Mantelfalte hat nun ihre endgültige, den Eingeweidesack ringförmig umspannende Ausdehnung erreicht, und jene Einsenkung der Mantelrinne, für die wir den Ausdruck Mantel- höhle angewendet haben (vgl. S. 116, Fig. 21 mlh'^), hat sich mehr vertieft. Auf den vorhergehenden Stadien Fig. 4, 5 und 7 waren Lun- genhöhle, Genitalgang und die ganze Mantelhöhle in blauem Ton an- gegeben. Auf Fig. 8 ist jedoch außer der Lungenhöhle nur der innere Teil der Mantelhöhle blau koloriert, der äußere Teil, die Mantelrinne, dagegen nicht mehr. Mit der Vertiefung der Mantelhöhle sind natürlich auch Urniere und After tiefer eingesenkt worden. Ich will hier hervor- heben, daß mir über die Zeit des Afterdurchbruches keine sicheren Beobachtungen zu Gebote stehen. Die von mir hier allein angewendeten Querschnitte vermögen diese Frage nicht zu entscheiden, da das hintere Darmeude in enger Berührung mit der Körperwand ist. So viel steht fest, daß mit dem Stadium der Fig. 8 der After gebildet ist. Das 24 Stunden ältere Stadium der Fig. 9 (etwa 18 Tage alt) zeigt die Lungenhöhle (blau koloriert) in ihrer weiteren Ausbildung. Ihr innerster Zipfel hat sich weit auf der linken Seite des Pericards nach 122 Paul Heyder, hinten verbreitet, weshalb man jetzt deutlich zwei Flügel oder Schenkel an ihr unterscheiden kann^ einen rechten, rechts von Pericard und Niere, und einen linken, links davon gelegenen. Herz und Niere werden damit gleichsam in die Lungenhöhle eingebettet. Die Umhüllung beider Organe macht aber jetzt auch auf der rechten Seite Fortschritte in Form einer Aussackung, die der rechte Lungen- schenkel nach hinten entsendet. Diese in Fig. 9 schon relativ große Aussackung (Igh.r) ist allerdings von Pericard und Niere vorerst räumlich weit getrennt. Sie erstreckt sich zunächst nur links von der Mantel- höhle und dem Enddarm (in der Figur also hinter beiden) fast wagerecht nach hinten. Aber schon jetzt fällt es auf, daß der rechte Lungenschenkel durch diese Neubildung, wenn auch nicht an Volumen, so doch an Länge gegenüber dem linken einen Vorsprung hat. Mit der Vergrößerung der Lungenhöhle hält die Abflachung ihres Epithels gleichen Schritt. Alle neugebildeten Partien zeigen zunächst den Übergang zum kubischen, darauf zum plattenförmigen Epithel. Lediglich die Verlängerung des rechten Flügels macht eine Ausnahme. Sie behält an ihrer äußeren und ventralen Wand das ursprüngliche Cylinderepithel längere Zeit bei, während die gegenüberliegende Wand leicht abgeflachtes Epithel besitzt. Auch die Mantelhöhle zeigt eine auffallende Veränderung. Ich darf vielleicht nochmals ihre Ausdehnung genauer bestimmen, da sie auf Fig. 9 besonders gut hervortritt. Auf dieser Figur sind Lungenhöhle, Mantelhöhle und Sekundärureter, die ja in gewissem Sinne eine Ein- heit bilden, durch schräge Schraffierung gekennzeichnet; um die drei Bildungen leichter unterscheiden zu können, ist die Lunge blau, der sekundäre Harnleiter grün angegeben. Die Tiefe der Mantelhöhle ist durch eine punktierte Linie markiert. Verfolgen wir diese, etwa oben an der Knickung der Urniere beginnend, so sehen wir sie zunächst un- gefähr parallel mit dem äußeren Mantelfaltenrand verlaufen bis in die Nähe der Mündung der Urniere. Diese öffnet sich nun in die Mantel- höhle. Bis zu diesem Punkte ist es auch, daß wir die Bezeichnung Mantel rinne geeigneter fanden. Von der Urnierenmündung läuft der Kontur des Mantelhöhlengrundes immer rechts von (d. h. in der Zeichnung über) der Lungenhöhle gelegen, steil nach oben bis zum dorsalen Rand der Ureteröffnung. Diese bildet dann die Fortsetzung des Grundes der Mantelhöhle, die sich hierauf zum dorsalen Rand des Afters wendet, diesen aufnimmt und schließlich wieder als seichte Mantelrinne parallel dem äußeren Mantel rand nach hinten weiter zieht, um sich in die linksseitige Mantelrinne fortzusetzen. — Die wesentlichste Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 1'23 Verändorunj"; clor Mantclhülile ist jene fingeiförmige Einbuchtung mlsp (Fig. 9), welche den sonst kreisförmigen Verlauf des Mantel- oder Schildsaumes untcihricht. Diese Einbuchtung war auf Fig. 8, ja selbst auf Fig. 7 schon als wellenf()rniige Vertiefung (tnlsp) angelegt. Auf diesen Stiulien war aber ihre Bedeutung und Beziehung zur Mantelhöhle noch nicht klar zu verstehen. Fig. 9 aber gibt uns die Gewißheit, daß die zwischen After und Urnierenmündung sich einsenkende Spalte zum Atemloch in Beziehung steht. Durch diese Einbuchtung des Mantelrandes wird die Mantelhöhle ein Stück weit geöffnet, und der After, der vorher in der Tiefe der Mantelrinne lag, geht nun direkt oder fast direkt durch diese Öffnung nach außen. Der Spalt gestattet also einen freien Einblick in After und Mantelhöhle, von der man durch drei eng über- und nebeneinander gelagerte Offnungen in drei weitere Organe gelangt: ventral in den Genitalgang igtg), dorsal in den Se- kundärureter und zwischen deren beiden Offnungen in die Lungenhöhle, die sich in die beiden Schenkel spaltet (Igh.r, Igh.I). Etwas weiter vorn geht schließlich als viertes Organ, die Urniere, von der Mantelhöhle nach oben steigend, aus. Über die weitere Ausgestaltung der Lungenhöhle ist nur noch wenig zu sagen, nachdem schon Fig. 9 deutlich ihre Zusammen- setzung aus zwei sich entgegenwachsenden Flügeln erkennen ließ. Die Annäherung dieser Flügel hinter dem Pericard tritt auf dem folgenden, von der dorsalen Seite gesehenen, 23tägigen Stadium (Fig. 11) noch mehr hervor. Dabei ist der rechte Flügel {Igh.r) noch immer im Vor- sprung. Seine geringe Breitenausdehnung darf nicht weiter stören, da seine Wandungen sich unter dem Einfluß der Konservierungsflüssig- keiten mitunter bis zur Berührung aneinander legen, bei den Rekon- struktionen aber keine Korrekturen vorgenommen wurden. Bei dem einige Tage älteren Embryo (Fig. 12) haben sich die beiden Lungen- schenkel noch mehr genähert, was vor allem auf Rechnung des stark auswachsenden rechten Flügels zu setzen ist. Bei dem ältesten von mir untersuchten Embryo, der, 30 Tage alt, also fast völlig reif war, war jedoch die Berührung der Lungenschenkel noch immer nicht eingetreten. Ich muß daher annehmen, daß die Verschmelzung der beiden Flügel erst nach dem Ausschlüpfen der Schnecke erfolgt. Das raschere Wachs- tum des rechten Schenkels macht es aber sehr wahrscheinlich, daß die Verlötungsstelle nicht median, sondern links hinter dem Pericard liegt. Daß die sich berührenden Wände der beiden Schenkel nicht als septum- artige Bildung erhalten, sondern aufgelöst werden, habe ich schon oben (S. 101) hervorgehoben. 124 Paul Heyder, Schließlich bleibt bei der Formbildung der Lungenhöhle noch ihre Begrenzung gegen die Mantelhöhle und die Ausbildung des Atemloches (Spiraculum, Pneumostom) zu erörtern. Wir fanden, daß es auf einigen Stadien mittleren Alters schwer fiel, die Grenze der Lungenhöhle gegen die Mantelhöhle genau zu bestimmen. Allmählich aber prägen sich die Ränder der Lungenöffnung schärfer aus, indem sie sich etwas vor- wulsten. Li Fig. 10, einer Rekonstruktion desselben Embryo wie Fig. 11, aber von der rechten Seite gesehen und bei doppelter Vergrößerung, stellt die Mündung der Lungenhöhle in die Mantelhöhle ein scharf um- schriebenes ovales Loch dar {öff.lgh). Letztere ist wieder gut zu er- kennen und nimmt genau denselben Verlauf wie früher, d. h. ihr Grund steigt vom vorderen Mantelrand steil auf, nimmt den Sekundärureter und den Enddarm auf und zieht parallel mit dem Mantelrand nach hinten. Gleich neben der Lungenmündung zieht der inzwischen ver- größerte Spalt des Mantelrandes, der zur Bildung des Pneumostoms Veranlassung gibt. Man hat sich nur vorzustellen, daß die seitlichen Ränder des Spaltes sich nach innen erheben, der Lungenöffnung nähern und mit deren ebenfalls etwas aufgewulsteten Rändern verwachsen. Dadurch wird selbstverständlich an jener Stelle die Mantelhöhle ver- drängt, und die Lungenhöhle öffnet sich nun direkt, d. h. ohne Ver- mittlung der Mantelhöhle, nach außen, wie das vom erwachsenen Arion und andern Stylommatophoren bekannt ist. Weiter wird durch diesen lokalen sekundären Prozeß der After wieder etwas verdeckt und an die Innenseite des hinteren Wulstes des Atemloches verlagert, während der sekundäre Harnleiter ebenfalls an dem Innenrand dieses Wulstes, aber weiter dorsal und innen sich öffnet. Dadurch haben auch der After und die Uretermündung genau dieselbe Lage erreicht wie beim geschlechtsreifen Tier. Die Bildung des Atemloches wird vollendet, indem die mit * markierte Stelle des Mantelrandes (Fig. 10) in der Richtung des Pfeiles wächst und sich an und später auch über den gegenüberliegenden Mantelrand lagert. Dieser Prozeß, dessen End- resultat ein allseitig geschlossenes Loch, das Pneumostom, ist, läßt sich sehr gut auf einer Serie von Totalpräparaten verfolgen. Über die Entwicklung der Blutgefäße in der Lungendecke stehen mir nur vereinzelte Beobachtungen zu Gebote, weshalb ich diesen Punkt unberücksichtigt lassen werde. Dagegen möchte ich nun, wo die Entwicklung des definitiven Respirationsorgans bis zu einem gewissen Grad abgeschlossen ist, nochmals kurz auf die eingangs erörterte Bedeutung der Nackenblase zurückkommen, da die früher gemachten Angaben jetzt verständlicher Zur Entwicklung der Lungcnhüble bei Arion. 1^5 sein werden. Schon bald nach ihrer Entstehung ragt die Lungenhöhle, wie wir sahen, blindsackartig in das Körperinnere hinein. Sie wird also zweifellos von der durch die Pulsationcn der Podocyste hin- und herbewegten Lymphflüssigkeit umspült, und die Abflachung des Epithels läßt wohl schließen, daß eine Aufnahme von Sauerstoff aus der den Embryo umgebenden und in die Lungeneinstülpung eindringenden Eiweißmasse stattfindet. Sieht man von der Existenz der Blutgefäße in der Lungendecke ab — die übrigens nicht viel später erscheinen — , da eine mäßige Respiration auch ohne sie geschehen kann, und läßt man den Eintritt der respiratorischen Tätigkeit der Lungenhöhle zeitlich mit dem Beginn der Differenzierung ihres Epithels zusammenfallen, dann wird die früher ausgesprochene Parallelität zwischen dem ent- stehenden definitiven und dem schwindenden larvalen Respirations- organ überraschend genau. IV. Entwicklung der Urniere. Die Urniere der unbeschalten Stylommatop hören hat Meisen- heimer (98) am eingehendsten geschildert. Die Resultate meiner Untersuchungen stimmen mit seinen so weit überein, daß ich hier nur einiges über histologische Fragen zufügen kann. Manche Punkte ver- mag ich nicht aufzuklären, weil ich für die Lösung solch subtiler Fragen, die eine besondere Untersuchung erfordern, von vornherein nicht die günstigsten Konservierungsmethoden in Anwendung brachte. Die erste Anlage der LTrniere, die zeitlich wesentlich früher als die der Lungenhöhle auftritt, wurde von mir, da ich ganz junge Stadien nicht untersuchte, nicht beobachtet. Auf dem jüngsten dar- gestellten Stadium (Fig. 1) ist die Urniere schon ein ansehnliches Organ {um), das einen proximalen, aufsteigenden und einen distalen absteigenden Schenkel unterscheiden läßt. Letzterer, der vorläufig beträchtlich kürzer ist als der erstere, mündet an der Seite der Kopf- blase etwas unter dem Horizont des Enddarmes aus. Ob die linke Urniere der rechten an Größe und Lage genau sjrmmetrisch ist, kann ich nicht sicher angeben. Ich hatte jedoch den Eindruck, als ob min- destens die äußeren Öffnungen nicht auf demselben Querschnitt liegen. In späteren Stadien tritt eine weitgehende As}'Tnmetrie der beiden Urnieren ein, die aber ursprünglich sicher nicht so ausgeprägt, sondern eine sekundäre Erscheinung ist und durch die schon erörterten asym- metrischen Wachstumsvorgänge der Pallialregion auch ausreichend erklärt ^vird. Auf Fig. 1 liegt die rechte Urniere in ihrer ganzen Ausdehnung 126 Paul Heyder, dem Eiweißsack dicht auf. Da dieser annähernd kugelig ist, so muß auch die Urniere entsprechend gekrümmt sein. Der absteigende Ur- nierenschenkel besitzt ein einfaches kubisches Epithel, das mit der Annäherung an die äußere Öffnung mehr und mehr in cylindrisches übergeht (Fig. 19). Das Epithel des proximalen Schenkels ist ähnlich kubisch, doch treten in den Zellen kleine Vacuolen auf, die jedenfalls mit der excretorischen Funktion des Organs zusammenhängen. In der Nähe des proximalen Endes der Urniere treten die Zellen aus ihrem epithelialen Verbände auseinander, indem sie feine, pseudopodienartige Fortsätze erhalten, durch die sie untereinander zusammenhängen. Da- durch macht es häufig den Eindruck, als ob an dieser Stelle überhaupt keine geschlossene Epitheldecke vorhanden wäre. Eine wirkliche innere Öffnung der Urniere nach der Leibeshöhle habe ich jedoch nie beobachtet. Von einigen am weitesten nach innen liegenden, amöbenähnlichen Zellen geht eine gegen das Urnierenrohr gerichtete Wimperfackel aus, die in günstigen Fällen ihre Zusammensetzung aus zwei bis drei Einzelfackeln erkennen läßt. Die Vacuolisierung ergreift allmählich auch den distalen Schenkel, der also jetzt die Bezeichnung Ausführgang nicht mehr ver- dient. Vielmehr muß dieser Ausdruck auf den distalsten, der Mün- dung nächsten Teil beschränkt werden, der nach wie vor Cylinderepithel aufweist. Diesen Zustand erreicht die Urniere etwa am 12. und 13. Ent- wicklungstage und bewahrt ihn, abgesehen von der weiteren Größen- zunahme, bis zu ihrer Auflösung, deren Beginn auf den 17. bis 18. Tag des Embryonallebens fällt und weniger als 48 Stunden beansprucht. Wenigstens habe ich bei allen 20tägigen Embryonen keine Spur der Urniere mehr finden können; wogegen sie alle 18 Tage alte Keime noch in voller Ausdehnung besaßen. Allerdings zeigen sich gerade auf dem letzten Stadium schon Re- sorptionserscheinungen. Die Excretvacuolen im proximalen Teil der Urniere haben ihre größte Ausdehnung erreicht, so daß sie die Zellen fast ganz ausfüllen und das Plasma auf einen dünnen wandständigen Belag zurückdrängen. Weiter erfährt der absteigende Schenkel in seiner Mitte eine Verengerung (Fig. 9). Das Epithel, das in der auf die Verengerung nach außen folgenden Hälfte bisher cylindrisch war, flacht sich sehr stark ab, so daß es dem Lungenepithel ähnlich wird. Ich glaubte daraus schließen zu dürfen, daß dieser distalste Teil der Urniere ebenfalls respiratorisch fungiert, um so mehr als ich einige Zeit annahm, daß die Urniere in die Lungenhöhle ausmündet. Das erwies sich jedoch bald als falsch, womit auch die erste Annahme wegfallen dürfte. Es wurde schon bemerkt, daß die linke Urniere eine etwas Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 127 abweichende Lage hat. Ilire Mündung Fiegt etw^ weiter hinten als die rechte, was anfänglich nur wenig, später viel mehr hervortritt. Ferner besteht ihr distaler Al)schnitt gleich dem proximalen aus kubischen, vacuolisierten Zellen. Man kann deshalb bei der linken Urniere nicht von einem eigentlichen Ausführgang reden, wenigstens nicht in dem Sinne wie bei der rechten. Dies abweichende Verhalten zeigt Fig. 23, §in Querschnitt durch den Mündungsteil der linken Urniere eines lötägigen Embryo, der das Organ naturgemäß etwas schief treffen mußte. Man sieht jedoch, wie sich die kubischen, vacuolisierten Zellen bis zur Mündung erstrecken. Ar 10)1 zeigt in seiner Urniere einesteils einen engen Anschluß an andre St ylommatophoren, anderseits auch ein für ihn charakte- ristisches Verhalten. Dieses äußert sich zunächst in der Form. Wir können nur zwei Schenkel unterscheiden. Es fehlt also der dritte, mittlere Schenkel, wie ihn Meisenheimer (98) bei Limax beschrieb, und der sich auch histologisch von den beiden andern Urnierenteilen scharf unterscheidet, insofern er schon sehr früh und während der ganzen Zeit seines Bestehens ein stark abgeflachtes Epithel besitzt, das proximal allmählich in das kubische Excretepithel des secernierenden Urnierenabschnittes, distal ebenso allmählich in die cylindrischen Zellen des eigentlichen Ausführganges übergeht. Arion zeigt also, wie das auch schon Meisenheimer (99) hervorhebt, ein einfacheres und ur- sprünglicheres Verhalten. In der Ausbildung der Vacuolen, der Wimper- llammen usw. schließt sich Arion dagegen, soweit ich diese Verhältnisse untersuchen konnte, eng an Limax an. Da ich über die erste Anlage der Urniere keine Beobachtungen gesammelt habe, so will ich diese Frage nicht näher berühren. Es genügt, daran zu erinnern, daß für die Stylommatophoren allgemein ein ectodermaler Ursprung an- gegeben wird, so von Meisenheimer (98) für Limax, Fol (80) und Meurox (84) für Helix. Angesichts der oben geschilderten Überein- stimmung der Bauweise wird man nicht fehl gehen, wenn man den- selben Entwicklungsmodus für Arion annimmt. Bei den Basom- matop hören gehen die Ansichten weit auseinander, indem ein rein ectodermaler oder ein rein mesodermaler Ursprung angegeben wird, während die Mehrzahl der Forscher beide Keimblätter an der Bildung beteiligt sein lassen. Endlich wird der letztere Bildungsmodus für die Süßwasserprosobranchier und die Opisthobranchier behauptet, während den marinen Prosobranchiern innere Urnieren bekanntlich fehlen und durch äußere, sicher ectodermale ersetzt sind. 128 Paul Heyder, V. Entwicklung der Niere. Schon mehrfacli wurde jene mesodermale Zellmasse erwähnt, welche die gemeinsame Anlage von Niere und Pericard bildet. Die Fig. 2 und 3 (re, p) veranschaulichen ihre Lage zwischen Urniere und Enddarm, der Medianebene stark genähert und ventral von der Schalendrüse, rechts vom Darm. Auf diesem Stadium hat ihre histo- logische Sonderung schon begonnen, vor allem zeigt der hinterste Abschnitt, wie aus Fig. 16 [re] hervorgeht, eine radiäre Anordnung der Zellen, wie sie für die nächstfolgenden Entwicldungsstadien der Niere charakteristisch ist. Dagegen sind vorderer und mittlerer Teil dieses Zellkomplexes noch wenig differenziert. Es ist also jetzt schon klar, daß aus dieser Zellenmasse mindestens die Nieie hervorgeht. Der so charakterisierte Zellkomplex wurde von mir als ein Derivat des Mesoderms bezeichnet. Seine direkte Entstehung habe ich zwar nicht verfolgt; wenn ich trotzdem zu dieser Auffassung kam, so leiteten mich dabei andre Gesichtspunkte. Zunächst habe ich den fraglichen Zellhaufen schon auf einem früheren Stadium (Fig. 1) beobachtet, wo er noch weniger rechts von der Mittelebene liegt. Er läßt hier nicht nur keine Differenzierung erkennen, sondern seine Abgrenzung gegen das umgebende Mesoderm ist so unscharf, daß sich seine Umrisse nicht genau feststellen lassen (weshalb er auch in Fig. 1 nicht eingezeichnet wurde). Er bildet hier eine sehr lockere Zellmasse, die nur in ilirem Centrum ein kompakteres Aussehen annimmt. Daß sich diese Zell- masse nicht näher umgrenzen läßt, ist nicht nur Schuld ihrer unscharfen Konturen, sondern auch ihrer auffallenden Ähnlichkeit mit dem um- gebenden Mesoderm. Noch Fig. 15, wo allerdings eine schärfere Ab- trennung des Zellkomplexes erfolgt ist, läßt diese Ähnlichkeit erkennen. Eine künstliche Verschiedenheit wurde auf der Abbildung erreicht, indem in die Zellkerne der Herz-Nierenanlage die Chromatinkörnchen eingetragen wurden. Es kommt dazu, daß ich die in Rede stehende Zellmasse niemals in so inniger Berührung mit dem Ectoderm sah, daß eine Ableitung von diesem möglich schiene. Im Gegenteil, schon auf einem relativ jungen Stadium, Fig. 15, schiebt sich zwischen sie und das Ectoderm eine kompakte Mesodermmasse {md), deren Zellen wieder genau den Charakter derjenigen der Nieren- Pericardanlage tragen. Diese drei Merkmale, wenn sie auch nur negativ sind, machen es wahrschein- lich, daß die Zellmasse mesodermal ist. Wenn mir nicht gegenteilige Ansichten aus der Literatur bekannt wären, würde ich meine Auf- fassung mit größerer Bestimmtheit behaupten können. So muß ich die Frage am Ende offen lassen. Zur Entmcklung der LmificnlHlhlo bei Arion. ]29 Es ist vor allem Meisenheimer (9S), der die Pericard-Nierenanlage für ectodermaler Herkunft hält. Sie entstellt nach ihm in geringer Entfernung vom Enddarm und ventral von der »Schalendrüse. An der bezeichneten Stelle wandern Ectodermzellen nach innen und ballen sich zu dem gemeinsamen Anlagematerial von Niere und Pericard zu- sammen. Ich will gleich hier bemerken, daß die Figuren Meisenheimers recht überzeugend sind; hegt man auch keinen Zweifel an der Tat- sächlichkeit des Vorganges, so kann man in dessen Auffassung doch geteilter Meinung sein. Trotz des energischen Einspruches Meisen- heimers kann man diesen Auswanderungsprozeß von Ectodermzellen als eine sekundäre Mesodermbildung deuten, wie sie in der Tat von WiERZEJSKi (97) für Physa und ähnlich von Tönniges (96) für Paludina beschrieben worden ist. Was für Meisenheimer eine direkte Organ- anlage ist, kann somit nach andrer Auffassung einen Bildungsherd des Mesoderms darstellen. Einen gemeinsamen Ursprung von Niere und Pericard behauptet auch PoETZSCH (04) bei Planorhis. Es ist ihm aber nicht gelungen, die Herkunft der gemeinsamen Organanlage aufzuklären. Ihre Ähn- lichkeit mit dem Mesoderm macht es auch hier wie bei Arion wahr- scheinlich, daß sie aus dem mesodemialen Blatt hervorgeht. Zudem hat Rabl (79) diesen Zellenhaufen als mesodermal beansprucht; freilich leitet er aus ihm nur die Niere ab. Da aber Rabl die Pericardentwick- lung gar nicht in den Kreis seiner Untersuchung gezogen hat, so dürfte die Beobachtung von Poetzsch betreffs der gemeinsamen Abkunft unwidersprochen bleiben. Für die Prosobranchier {Calyptmea) gibt Salensky (72) eine gemeinsame mesodermale Herkunft an und ebenso V. Erlanger (92) für Byihinia und Paludina (über letztere siehe weiter unten). Die übrigen Beobachter nehmen eine abweichende Stellung ein, insofern sie die beiden Organe aus gesonderten Anlagen, oder die Niere sekundär aus der Pericardwand hervorgehen lassen. Ich kann deshalb erst später darauf eingehen, nachdem die Entwicklung der Niere bzw. des Pericards bis zu einer gewissen Ausbildungshöhe besprochen wurde. In dem Hinterende der erwähnten Zellmasse beginnen die Zellen, wie bemerkt, eine epitheliale Anordnung anzunehmen. Auf Fig. 16 {re) ist diese Umbildung weiter fortgeschritten. Dagegen läßt die mittlere Partie eine Trennung in Niere und Pericard, wie das auch aus Fig. 2 hervorgeht, noch kaum zu. Der Primärureter hat die Nierenanlage noch nicht völlig erreicht (Fig. 16 pr.iir). 24 Stunden später ist die Trennung der Zellmasse in Niere und Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 9 130 Paul Heyder, Pericard eingetreten (Fig. 4). Die erstere stellt ein kleines, längliches Bläschen mit kleinem Lumen dar (Fig. 18 re). Die einschichtige An- ordnung des Epithels ist überall eingetreten. Die einzelnen Zellen haben cylindrische Form, dementsprechend streckt sich der Kern in die Länge. Ein weiterer Fortschritt ist durch die Verbindung der Niere mit dem Primärureter erfolgt ; doch hat sich das Lumen der Niere noch nicht in das des Primärureters geöffnet. Die deutliche Sonderung in Niere und Herzbeutel erlaubt fortan eine getrennte Darstellung, wes- halb ich den letzteren vorläufig außer acht lasse und zunächst die Niere weiter verfolge. Die gemeinsame Anlage beider Organe bekundet sich zeitlebens in Form des Renopericardialganges. Dieser läßt sich schon sehr früh erkennen, und seine Entstehung erfolgt sehr einfach. An einer kleinen Stelle bleiben die beiden sich sondernden Organe durch einen dünnen Zellstrang verbunden. Durch Aushöhlung dieses Stranges wird die Verbindung zwischen dem Lumen der Niere und dem des Herz- beutels hergestellt. Auf dem Stadium der Fig. -i ist diese Verbindung wegen der minimalen Größe des Pericardlumens noch nicht eingetreten. Wenn trotzdem der Renopericardialgang {rpo) eingezeichnet wurde, so soll damit nur die Stelle des soliden Zellstrangcs angedeutet werden. Der Querschnitt Fig. 18, der dem Stadium der Fig. 4 (Linie CD) ent- spricht, ist kurz hinter diesem Verbindungsstrang geführt; die beiden vorhergehenden Schnitte der Serie enthalten ihn als eine aus wenigen Zellen bestehende Brücke zwischen Niere und Pericard. Damit wären drei Teile des Excretionsapparates — Urinkammer, Primärureter und Nierenspritze — in ihrer Anlage fixiert. Der vierte und letzte Teil, der sekundäre Harnleiter, tritt, wie früher geschildert, wesentlich später auf. Ehe ich auf die weitere Entwicklung eingehe, sollen die Angaben früherer Untersucher über die erste Nierenentwicklung berücksichtigt werden. Naturgemäß kann es sich jetzt nur noch um die Autoren handeln, welche die Niere unabhängig vom Pericard entstehen oder aus der Wand des Herzbeutels hervorgehen lassen. Ich stelle auch hier wieder die Stylommatophoren voran. Bei diesen leitet Fol (80) die Niere von einer cctodermalen Wucherung ab ; nachdem sich diese ausgehöhlt hat, sondert sie sich in Urinkammer (Niere), Ureter und Renopericardialgang. Auch Braun (88) und Behme (89), letzterer übrigens mit einiger Reserve, sehen in der Niere von Helix ein Derivat des Ectoderms, führen sie aber auf eine Ein- stülpung zurück. Meisenheimers Vermutung, daß diese beiden Autoren Zur Knlwickluii»; du" J.ungoiihrihle bei Ariou. lljl den Priinäniroter für die Anlage des gesamten Excretionsapparates hielten, wiid durch meine Untersuchungen noch wahrscheinlicher, um so mehr als Mki'kon (84) bei Ilelix die Niere aus zwei gesonderten, später verschmelzenden Teilen hervorgehen sah. Von diesen beiden Teilanlagen sei die eine ectodermal und liefere den primären Harn- leiter, die zweite, aus der die Urinkammer entstehe, sei mesodermaler Herkunft. Die Auffassung Meurons würde, wenn man von der ge- sonderten Anlage der Niere absieht, vollkommen mit meiner Darstellung übereinstimmen. In gewissem Sinne schließt hier Schalfeew (88) an, da auch er die Niere für ein Produkt des mittleren Blattes hält. Aller- dings ist seine Darstellung eine völlig andre. Im mesodermalen Peri- card entstehe eine dorsale Falte; von den beiden so gesonderten Peri- cardhälften bilde sich die rechte zur Niere um, indem sie mit dem ecto- dermalen Ureter in Verbindung trete. Dieser Bildungsmodus wäre also gänzlich verschieden von dem, wie ihn Meisenheimer beschreibt, mit dem von mir gegebenen würde er jedoch im Prinzip übereinstimmen. Für die Basonimatophoren nimmt Fol (80), ähnlich wie für die Landpul monaten, eine ectodermale Entstehung der Niere an. Dem steht Rabls (79) Angabe entgegen, der bei Planorhis den meso- dermalen Ursprung der Niere und des Ureters behauptet. Auch nach PoETZSCH (04) ist der Ureter nur in seinem distalsten Teil eine Einsen- kung des Ectoderms. Die proximale längere Partie entstammt mit der eigentlichen Niere einem Zellhaufen, dessen Herkunft, wie wir sahen, Poetzsch unentschieden gelassen hat. Ectodermal ist ferner die Niere bei Onckidium celticum nach Joyeux-Laffuie (82). Die auffallende Behauptung, daß hier der Renopericardialgang nur vorüber- gehend vorhanden ist und später verschwindet, hat Plate (94) als unrichtig erkannt. In ähnlicher Weise divergierend sind die Untersuchungen über diesen Punkt bei den Prosobranchiern. Rabl (83) und v. Erlan- ger (92) geben übereinstimmend eine mesodermale Abstammung der Niere für Bythinia an. Ihnen steht gegenüber Sarasin (92), der an einer Ableitung aus dem äußeren Blatt festhält. Am eingehendsten ist die ganze Frage wohl von Erlanger (91) bei Paludina vivipara unter- sucht worden. Bütschli (77) hatte in der Niere eine ectodermale Bildung vermutet, eine Einstülpung der Mantelhöhle; v. Erlanger wies jedoch nach, daß diese Einstülpung nur das Material für den Ureter abgebe. Die eigentliche Niere entstehe als eine zunächst paarige Aus- stülpung des Pericards, von denen sich aber nur die rechte weiter ent- wickelt und mit dem rechten Zipfel der Mantelhöhle, der Ureteranlagc, 132 Paul Heyder, in Kommunikation tritt. Otto imd Tönniges (06) haben diese Frage nachgeprüft und gefunden, daß das Pericard sich aus zwei soliden, aus dem Ectnderm hervorgegangenen Zellhäufchen zusammensetzt. Damit wäre auch für Paludina ein ectodermaler Ursprung des Pericards und der daraus hervorsprossenden Niere behauptet. Dieser Süßwasser- prosobranchier würde sich dadurch wenigstens etwas enger an die marinen Formen anschließen, bei denen Bobretzky (77) die Niere ectodermal aus der Kiemenhöhlenwand hervorgehen läßt. Freilich steht dem die Behauptung Salenskys (72) gegenüber, wonach bei Vermetus beide Keimblätter an der Bildung beteiligt sind, da nur der Ausführgang ectodermal ist. Man wird zugestehen, daß diese widerspruchsvollen Angaben über die Ableitung der Niere, die sich in abgeschwächtem Maße bei der Ent- stehung des Herzens wiederholen, kaum geeignet sind, eine einheitliche Auffassung zuzulassen oder ein aufklärendes Licht auf die Verhältnisse bei Ärion zu werfen. Nur einmal wurde der von mir freilich nicht streng bewiesene Entwicklungsgang in völliger Übereinstimmung konstatiert, nämlich von v. Erlanger bei Bythinia. Sehr nahe kommt ihm PoETZSCH bei Planorbis. Weiter zeigt sich eine mehr oder weniger große Übereinstimmung mit Meuron und Schalfeew. Es ist nicht zu leugnen, daß meine Darstellung einen vermittelnden Standpunkt einnimmt, da sie neben dem gemeinsamen Ursprung der beiden Organe eine unsern bisherigen Anschauungen mehr zusagende Ableitung vom mittleren Keimblatt wahrscheinlich macht. Ich kehre nun zur Entwicklung der Niere bei Arion zurück. Auf dem Stadium der Fig. 4 sahen wir sie als ein längliches Bläschen mit kleinem Lumen, das weder gegen den Herzbeutel noch gegen den Ureter eine Öffnung besaß. Die Kommunikation der Niere mit dem primären Harnleiter ist auf dem nächsten Stadium, Fig. 5, erfolgt (n.'p). Die Niere erscheint beträchtlich vergrößert, so daß sie dem Pericard an Volumen ungefähr gleichkommt; die Größenzunahme ist wesentlich durch das Wachstum der vorderen Partie hervorgerufen. Dabei wird die Renopericardialöffnung (rpo) mit nach vorn verschoben, während sie zuvor im centralen Teil der Ventralfläche lag. Der Nierenporus {n.})) hat seine Lage ungefähr beibehalten, so daß er jetzt weit vom Nephrostom getrennt ist. Der Primärureter liegt der Niere nicht nur rechtsseitig an, sondern auch etwas ventral, so daß der Nierenporus etwas an die ventrale Fläche gerückt ist. Der Renopericardialgang ist jetzt wirklich ein sehr kurzer verbindender Schlauch zwischen Niere und Herzbeutel. Das Stadium Fig. 7 zeigt im großen und ganzen wenig Veränderung Zur Entwicklung der Lungenhöhlc bei Arion. 133 gegen früher. Dir Niere hat sich noch etwas nu^hi- nach \orii ausgedehnt, ihre Spitze liegt mit der des Peiicards im selben Querschnitt. Wir erkennen darin den Wachstumsprozeß, in dessen Folge sich die Niere allmählich vor dem Herzbeutel herum auf dessen linke Seite aus- dehnt. Dadurch wird auch der Renopericardialgang weiter nach vorn verlegt. Er befindet sich jetzt dicht hinter der vorderen Herzbeutel- spitze (rpo), aber immer noch an dessen Ventralseite. Hiermit hat er ungefähr die Stelle erreicht, die er auch beim erwachsenen Arion ein- nimmt. Natürlich ist seine Ausbildung noch nicht vollendet. Er ist ein sehr kurzer Schlauch, dessen Wände einschichtiges Epithel besitzen. Wenn er auf Fig. 21 (rpo), verglichen mit der Niere (re), relativ groß erscheint, so darf man nicht vergessen, daß hier die Niere, wie Fig, 7 zeigt, an ihrem vorderen schmalen Ende getroffen ist. Fig. 22, die derselben Serie entstammt (vgl. Fig. 7, Linie GH), zeigt dagegen die im Vergleich bedeutende Größe der Niere, und doch ist sie auch hier noch nicht in ihrer größten Ausdehnung getroffen. Ich hebe dies besonders hervor, weil Meisenheimer, wie später ausgeführt wird, eine andre Meinung über die Entstehung des Renopericardialganges äußert. Die histologische Umbildung, die ich im einzelnen nicht verfolgt habe, hat noch nicht eingesetzt. Ich will jedoch darauf hinweisen, daß die Zellen des Nephrostoms auf Fig. 21 große Ähnlichkeit zeigen mit dem Nieren- epithel. Daraus geht wohl hervor, daß man das Bildungsmaterial der Nierenspritze der Nierenanlage zuzählen darf. Histologische Veränderungen, welche auf die spätere excretorische Funktion hindeuten, haben die Zellen der Niere weder jetzt noch auf den nächstfolgenden Stadien erfahren. Auch eine Faltenbildung der Niere macht sich noch nicht bemerkbar. Die cylindrischen Epithel- zellen ordnen sich ebenso wie die des Primärureters streng radiär um das Lumen. Letzteres ist sehr weit, unter dem Einfluß der Konservie- rungsmittel sein wechselnd; mitunter berühren sich die Nierenwände vollständig (Fig. 22). Auf Fig. 8 hat die Partie der Niere, welche in den primären Harn- leiter übergeht, eine ventral gerichtete Knickung erfahren. Auf Fig. 13 ist dies ersichtlich, nur daß hier nicht mehr die eigentliche Einmün- dungsstelle der Niere in den Primärureter vorliegt. Der Primärureter erstreckt sich nach hinten über die Niere hinaus (Fig. 8). Sein vorderer Teil ist stark aufgetrieben und schiebt sich etwas an der rechten Seite der Niere hinauf, wodurch die ventrale Lage des Nierenporus (n.p) in eine seitliche verwandelt wird. Dieser Vor- gang wird auf den nächsten Stadien immer deutlicher ; schließlich rückt 134 Paul Heyder, die vordere Partie des primären Harnleiters, der sog. Ureterkopf, und damit zugleich der Nierenporus dorsal auf die Niere herauf. Die Fig. 9 und 10 zeigen das, weil von der Seite gesehen, weniger gut, dagegen tritt es auf Fig. 11 scharf hervor. Auf Fig. 9 beginnt die Niere das Pericard auch an seinem hinteren Ende zu umgreifen. Da sie sich dem Herzbeutel dicht anschmiegt, dieser aber eine abgeplattet kugelförmige Gestalt hat, so muß die Niere sich halbmondartig krümmen. Wir können also an ihr, genau wie früher an der Lungenhöhle, einen rechten und einen linken Schenkel unterscheiden. Schreitet dieser Umwachsungsprozeß weiter, so erhalten wir das Bild, welches uns Fig. 11 in dorsaler Ansicht bietet. Der rechte Nierenschenkel reicht weiter nach hinten als der linke und bedeckt die Dorsalseite des Pericards etwas. Zugleich greift er ebenso wie der linke unter den Herzbeutel. Auf dem ältesten von mir abgebildeten Stadium, Fig. 12, sind die beiden Nierenflügel links einander schon sehr nahe gerückt. Bei einem 48 Stunden älteren Embryo ist ihre Verbindung unter Auflösung der zusammenstoßenden Wände erfolgt. Die Ver- lötung findet, wie dies Fig. 12 zeigt, auf der linken Pericardseite, etwas unter dessen Niveau statt. Die weitere Ausgestaltung des Nierenausführganges läßt sich an den Figuren leicht erkennen. Zudem wurde schon bei der Darstellung des sekundären Ureters auf diese Verhältnisse Rücksicht genommen. Die beiden Harnleiter wachsen rasch nach hinten aus, so daß sie an ihrer Übergangsstelle mit scharfer Knickung ineinander umbiegen. Der Primärureter legt sich innig der Niere an und umgreift sie in ihrem hinteren Teile etwas an ihrer Ventralseite, während der nach vorn ziehende Harnleiterschenkel sich teilweise unter den pri- mären Ureter lagert, diesen halbmondförmig umfassend. Innerlich tritt die Faltenbildung der Niere auf dem Stadium der Fig. 9 zuerst auf. Die wellenförmigen Falten beschränken sich zunächst auf einige wenige Stellen, besonders die rechtsseitige Wand. Während die Falten höher werden, bilden sich an andern, bisher faltenlosen Orten weitere, so daß man bei einem älteren Embryo alle Übergänge von wellenartigen Furchen bis zu echten Lamellen findet (vgl. Fig. 12, wo nur die Falten der rechten Seite eingezeichnet sind). Die höchste Aus- bildung zeigt eine solche Falte, wenn sich ihre Wände innig zusammen- legen, so daß sie den Eindruck einer zweischichtigen Lamelle macht. In Wahrheit sind es eben zwei vereinigte Epithelfalten. Mitunter finden sich bei älteren Stadien zwischen den Blättern der Lamellen Mesenchymelemente. Schließlich ist der ganze Hohlraum der Niere Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 135 von Falten durchsetzt, wodurch die secernierende Fläche eine enorme Vergrößerung erfährt. Inzwischen ist auch eine histologische Differenzierung eingetreten. Die ursprünglich kubischen Epithelzellen der Niere und ihrer Falten runden sich etwas ab, so daß sie jetzt ovalen Drüsenzellen gleichen. Zugleich hat sich in jeder Zelle die bekannte Excretvacuole gebildet, welche den Kern an die Basis oder die 8eitenwand der Zelle drängt. Nicht viel später als in der Niere treten auch im Primärureter Faltenbildungen auf, nur daß sie hier nicht so hoch werden. Es handelt sich hier um mehr oder weniger tiefe Einbuchtungen der Ureter wand, die dem Querschnitt des primären Harnleiters ein krausenartiges Aus- sehen geben. Erst nach den Falten erscheinen die Calottenzellen, d. h. bewim})erte. isoliert stehende Zellen, die sich etwas über das Niveau der Nachbarzellen erheben und auf das Epithel des Primärureters be- schränkt sind. Fig. 24 zeigt eine Falte mit Calottenzellen. Das Prä- parat entstammt einem SOtägigen Embryo, bietet aber schon dasselbe Bild wie der erwachsene Arion. Die Ontogenie des Excretionssystems bei Arion bietet große Ähnlichkeit mit dem andrer .Stylommatoplioren. Natürlich muß man absehen von den Besonderheiten, die durch die eigentümliche Form der Niere bei Arion bedingt sind. Im übrigen aber, besonders in der Bildung des Ausführganges und der histologischen Differen- zierung, gliedert sich Arion eng an Limax und Helix an. Nur ein Punkt soll hier noch näher erörtert werden, nämlich die Bildung des Reno- pericardialganges. Meisexheimer (98) hat diese bei Limax als einen komplizierten Vorgang beschrieben, für den sich bei Arion keine An- haltspunkte finden. Auf einer gewissen Ausbildungshöhe schiebt nach Meisenhei.mer das Nierenbläschen einen Zapfen gegen die Pericard- wand hin, der an diese anstößt. Die Niere selbst besteht somit aus drei Ästen (S. 641): »Der eine nach der Schalendrüse zu gerichtete bildet die eigentliche Niere, der zw^eite nach dem Ausführgang hin bezeichnet die Stelle der späteren Vereinigung beider Teile, und schließlich der dritte, der sich einem von unregelmäßigen Zellen umschlossenen kleinen Spaltraume, dem äußersten Zipfel des Pericards, anlegt, den Peri- cardialnierengang. « Von diesen drei Ästen ist selbst zu einer Zeit, wo der Renopericardialgang durchgebrochen ist, bei Arion nichts zu er- kermen. Der Renopericardialgang kann sich also nicht als ein be- sonderer Ast der Niere anlegen. Erst viel später kann man, wenn man wül, den Teil der Niere, der, wie Fig. 13 zeigt, sich zum Primärureter herunterneigt, trotz seiner relativen Kleinheit als einen besonderen Ast 13G Paul Heyder, auffassen. Vorher aber bildet die Niere ein, wenn auch nicht ganz regelmäßiges Bläschen, das keine Sonderung in verschiedene Regionen aufweist. Wenn Meisenheimer sich auf die Untersuchungen v. Er- langers an Bytliinia beruft, so muß ich dem entgegenhalten, daß dieser die erste Anlage des Nephrostoms überhaupt nicht gesehen hat. v. Er- langer (02) sagt selbst (S. 398) : »Bis zum Stadium H ist es mir nicht gelungen, eine Kommunikation des Nierenlumens mit dem Herzbeutel oder mit der Niere i nachzuweisen. Beide sind aber auf Stadium K am Totalpräparat zu erkennen. « Auf diesem Präparat K ist die Nieren- spitze vollständig ausgebildet, und alles, was Meisenheimer zur Stütze seiner Ansicht verwenden kann, ist die Tatsache, daß bei Bythinia die pericardiale Mündung des Nephrostoms auf einem dem Herzbeutel zu- gewandten Nierenvorsprung liegt. VI. Entwicklung des Pericards und Herzens. Das Pericard muß, wie wir schon früher sahen, ebenso wie die Niere aus jener Zellmasse abgeleitet werden, deren mesodermale Her- kunft wahrscheinlich ist. Die Differenzierung des Herzbeutels aus dieser gemeinsamen Grundmasse heraus beginnt etwas später als die der Niere. Zunächst ordnen sich die vorderen Zellen zu einer etwas kompakteren Masse, und das zu einer Zeit, wo im hinteren Teil der Anlage schon die epitheliale Anordnung der Nierenzellen einsetzt. Die Pericardialanlage grenzt sich bald schärfer ab und bleibt schließlich nvir noch durch den soliden Strang des Renopericardialganges mit der Niere in Verbindung. Wenig später tritt in der soliden Anlage des Herzbeutels ein kleines Lumen auf, die Pericardialhöhle (Fig. 18 f). Inzwischen hat sich die ganze Anlage etwas dorsal verschoben, in den Winkel zwischen Schalendrüse (inn.w) und Magen [nigiv) hinein. Auf diesem Querschnitt zeigt das Pericard ebenso wie sein Lumen nur geringe Größe. Wie aus der zugehörigen Eekonstruktion Fig. 4 hervor- geht, erstreckt sich der Herzbeutel aber weit nach vorn bis an die Lungenhöhle, und erlangt hier einen beträchtlich größeren Querdurch- messer, so daß er der rechten Magenwand eng anliegt. Schon bei der Nierenentwicklung wurde die weitere Lageveränderung des Pericards in Betracht gezogen. Außerdem geben die besprochenen Rekonstruk- tionen hierüber genügend Aufschluß. Ich will nur hervorheben, daß auf den 23- bzw. 28tägigen Stadien der Fig. 11 und 12 das Pericard im wesentlichen schon die Form zeigt wie bei dem erwachsenen Tier, 1 Soll heißen Ureter. Zur lOntwiclilung der Lungenhöhle bei Arion. 137 nämlich die einer halb in die Xierenniasse eingebetteten, dorsoventral abgeflachten Kugel von nicht ganz regelmäßiger Gestalt. Es bliebe nun, noch die Besprechung der Herzbildung übrig. Ich will hier bemerken, daß die vorliegende Untersuchung in erster Linie die genaue Topographie der entstehenden Pallialorgane erstrebte. Ihre Ableitung von den Keimblättern und histologische Differenzierungen kamen erst in zweiter Linie in Betracht. Selbstverständlich wurden auch die hierauf bezüglichen Beobachtungen mit derselben Sorgfalt ausgeführt. Ich bemerke dies auch nur, um die liückenhaftigkeit der auf die folgenden Ausführungen entfallenden Abbildungen zu motivieren. Das Pericard ist auf der durch Fig. 4 repräsentierten Ausbildungs- höhe ein Sack mit verhältnismäßig engem Lumen und verschieden dicker Wand, deren Zellen keine regelmäßige Anordnung bieten; sie liegen in zwei-, drei- und vierfacher Schicht unregelmäßig übereinander. Auch auf dem 24 Stunden älteren Stadium zeigt die Pericardwand noch das- selbe Bild. In dieser Zeit tritt der Herzschlauch in Form einer Einwachsung an der inneren, dorsalen Herzbeutel - wand auf. Ich konnte über diesen Bildungsmodus nicht ganz ins klare kommen. Alle Anzeichen sprechen aber da- für, daß es sich um eine Ein- stülpung der Pericardwand handelt. Nur so läßt sich die relative Größe der jungen Herzanlage begreifen, nur so wird auch die gleichzeitig auf- tretende Verbindung des Herz- lung. d, Darm; h, Herz«chlauch; Igh. Lungenhöhle; lumens mit dem zwischen '"''' ^"^'"= ^' ^'"'"''''' '"''''• '*'^^"''"^™'^'' "™^ niere. Schalendrüse und Magen ge- legenen, oberen Lymphraum verständlich (Textfig. 6). Auf diesem Stadium bildet also das Herz einen von der inneren, dorsalen Wand des Pericards herabhängenden Körper, in den sich der oberhalb des Herz- beutels gelegene Lymphraum als ein feiner Spalt herein erstreckt. Der Herzschlauch wächst bald mächtig heran und füllt die Pericardialhöhle nahezu aus. Bald jedoch beginnt das Pericard unter Verdünnung seiner Wand sich zu vergrößern, vielleicht unter dem Einfluß einer von ihm abgeschiedenen Flüssigkeit. Durch diese Volumzunahme des Textfig. G. Schematische Darstell ung der Herzen twick- 138 Paul Heyder, Pericards hebt sich seine Wand von der Herzanlage ab, mit Ausnahme der Stelle, die dem ursprünglichen Bildungsherd diametral gegenüber liegt. Es ist klar, daß wir hier die Anheftungsstelle des späteren Ven- trikels vor uns haben. Die Fig. 21 und 22, die von vorn nach hinten in derselben Serie aufeinander folgen, aber schon etwas ältere Verhält- nisse zeigen, mögen das Gesagte näher erläutern. Fig. 21 zeigt die vordere Spitze des Pericards im Querschnitt (p). Seine Wand erscheint hier nicht einschichtig, da sie schräg getroffen ist. Das durch den Renopericardialgang (rpo) in die Niere mündende Pericardlumen zeigt noch nichts vom Herzen. Letzteres treffen wir dagegen auf Fig. 22. Es erstreckt sich als eine kompakte, etwa dreieckige Zellmasse schief durch den Herzbeutel, an zwei einander gegenüberliegenden Stellen dessen Wand berührend. Durch die Verschiebung, welche das Pericard inzwischen von der von unten und außen herandrängenden Niere er- fahren hat, hat der Herzbeutel eine Drehung erlitten, so daß auch die beiden Stellen, an welchen das Herz in die Pericardialwand übergeht, verschoben wurden. Das Epithel des Herzbeutels ist hier einschichtig, aus stark abgeflachten Zellen zusammengesetzt. Der eigentliche Herz- schlauch besitzt ein auf Fig. 22 nicht mehr sichtbares, enges und etwas zackig erscheinendes Lumen, das aus der Erweiterung des früher er- wähnten Spaltes hervorging. Dieses Lumen setzt sich aber schon auf diesem Stadium an beiden Enden in außerhalb des Pericards gelegene Lymphräume fort, so daß der Herzschlauch nunmehr vollkommen in die Blutbahn eingeschaltet ist. Die bald darauf beginnende Differen- zierung des Herzens in Atrium und Ventrikel habe ich nicht näher verfolgt. Die Entwicklung scheint ähnlich wie bei Limax zu verlaufen, insbesondere läßt sich an der hinteren Region des Herzschlauches bald eine Umformung des Zellmaterials in Endothel und Muskelzellen wahr- nehmen, während die Wand der vorderen Region, des Vorhofes, sich mehr und mehr verdünnt. Hinsichtlich der Herkunft des Pericards zeigt sich eine größere "Übereinstimmung als für die Niere, insofern die meisten Beobachter es aus dem mesodermalen Blatt hervorgehen lassen, abgesehen natürlich von denjenigen, die für beide Pallialorgane eine gemeinsame ectodermale Entstehung behaupten. Die Bildung des Pericards und des Herz- schlauches im besonderen wird dagegen sehr verschieden beurteilt. Das größte Literesse verdient auch hier wieder Meisenheimers Ansicht (98). Nach ihm entsteht das Herz in der Weise, daß sich aus der gemeinsamen, ectodermalen Zellmasse zunächst die Herzanlage herauslöst. Aus dieser geht dann durch Abspaltung der äußeren Zell- Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 139 Schicht das Pericard hervor. Meisenheimer erachtet also, in vollem Gegensatz zu mir, das eigentliche Herz als das Primäre und muß deshalb die Deutung des Pericards als eines Cölomrestes ablehnen. So ver- fänglich es nun ist, derartig sicher vorgetragenen Resultaten zu wider- sprechen, so nmß ich es doch mit aller Entschiedenheit tun, und zwar aus einem zwingenden Grunde. Auch ich besitze solche Präparate, die den MEisKXHEiMERschen Abbildungen recht ähnlich sehen, und die sehr wohl den von ihm behaupteten Abspaltungsprozeß vortäuschen können. Der Unterschied liegt nur darin, daß dieses Bild bei den von mir untersuchten Embryonen erst dann auftritt, wenn Pericard und Herzschlauch schon gebildet sind. Auf Querschnitten, die derselben Serie entstammen wie die Fig. 21 und 22, und auf etwas jüngeren Stadien beobachtete ich häufig Zell brücken zwischen dem Herzschlauch und dem Pericard, mitunter zehn und mehr, die das Pericardlumen durchziehen. Diese Zellbrücken erheben sich von der Oberfläche des Herzens und legen sich so innig an die Herzbeutelwand, daß sie mit dieser zu verschmelzen scheinen. Wie diese eigentümlichen Bildungen zu erklären sind, läßt sich vorläufig nicht entscheiden. Aber es ist sehr wahrscheinlich, daß diese sekundär auftretenden Zellbrücken, von denen, wie ich nochmals betone, die ersten Entwicklungsstufen frei sind, Meisenheimer getäuscht haben. Möglicherweise erscheinen sie bei Limax noch etwas früher, so daß sie ihn zu seiner entgegengesetzten Darstellung verleiten konnten. Es scheint mir nicht zweifelhaft, daß Meisenheimer die sekundäre Abhebung des Pericards für dessen ur- sprüngliche Entstehung gehalten hat. Meisenheimer sucht für seine Behauptungen einige schwache Stützen in dem Hinweis auf frühere Beobachter. Eine solche glaubt er bei van Beneden und Windischman (41) gefunden zu haben. In der Tat beschreiben diese beiden Forscher für Limax einen ähnlichen Bildungsprozeß des Pericards und Herzens; da sie aber das Pericard erst nach der Differenzierung des Herzschlauches in Atrium und Ven- trikel auftreten lassen, so können sie nach Meisenheimers Angaben nicht die erste Anlage beobachtet haben. Weiter glaubt Meisen- heimer auch bei Joyeux-Laffuie (82) Übereinstimmung zu finden. Dieser gibt jedoch die Herzentwicklung von Ofichidium celticum so unklar, daß ich nicht wage, sie weder für noch gegen Meisenheimer auszulegen. Schließlich gibt noch Fol (80) für die Basommato- phoren und Pteropoden (75) das Herz als das Primäre an; das Peri- card bilde sich aber hier nicht durch eine Abspaltung, sondern durch eine Umhüllung der Herzanlage mit Mesodermzcllen. 140 Paul Heyder, Alle übrigen Autoren dagegen, und das ist die große Mehrzahl, vertreten mehr oder weniger genau die von mir gegebene Darstellung. Ich möchte hier den Autor vorwegnehmen, dessen Anschauung sich am schwersten mit der meinigen vereinigen läßt. Poetzsch (04) hat die Pericard-Herzentwicklung bei Planorbis als einen sehr komplizierten Vorgang beschrieben. Nach ihm entsteht das Herz folgendermaßen. In dem der Niere aufsitzenden Zellmaterial treten zwei in derselben Längsrichtung liegende Rinnen auf, die Anlagen von Kammer und Vorhof. In der Wand, welche die eine dieser Rinnen begrenzt, erscheint ein Bläschen, das Pericard. Indem sich dieses erweitert, umhüllt es allmählich die beiden, inzwischen tiefer eingesenkten Rinnen, deren seitliche Ränder, von der Mitte her beginnend, verwachsen und so den Herzschlauch aus sich hervorgehen lassen. Poetzsch glaubt, daß dieser komplizierte Prozeß zwischen den extremen Ansichten — v. Erlanger für Paludina und Meisen heimer für Limax — eine Vermittlung bilde. Bei den übrigen Autoren ist der von mir angegebene Bildungsmodus in den Hauptzügen wieder zu erkennen. Nach Bütschli (77) und v. Erlanger (91) bildet sich das Herz von Paludina als eine Einstülpung des Pericards, die durch eine Einschnürung in Atrium und Ventrikel zer- legt wird. Ich habe schon früher erwähnt, daß v. Erlanger (91, 92) das Pericard sowohl bei Paludina als auch bei Bythinia als mesodermale Bildung deutet, daß aber Otto und Tönniges (06) diese Auffassung für Paludina bestritten haben. Dagegen hatte schon vorher Salensky (72) die Abkunft des Herzens aus der mesodermalen Pericardwand bei Bythi- nia und Cahfptraea erkannt. Und schließlich sieht auch Schalfeew (88) in dem mesodermalen Herzbeutel das primäre Organ. Das Mitgeteilte ergibt, daß Meisenheimers Angaben mit denen vieler Autoren in Widerspruch stehen. Volle Richtigkeit hat es nach meinen Beobachtungen nur, wenn er den beiden Pallialorganen eine gemeinsame Abstammung zuerkennt. Seine zweite Behauptung, daß diese Anlage ectodermal sei, wurde nur von Otto und Tönniges zu stützen versucht. Die dritte Behauptung, der zufolge das Pericard ein Derivat des Herzschlauches sei, findet in den Beobachtungen einiger weniger Autoren Anklänge, aber nicht mehr. Daß der Bildungsmodus bei Ärion ein andrer ist, wird meine Darstellung hoffentlich ergeben. VII. Entwicklung des Genitalganges. Ein letztes Organ, das wenigstens vorübergehend mit der Mantel- höhle in Beziehung steht, ist der Genitalgang. Ich will deshalb auf seine Entstehung kurz eingehen. Da seine definitive Ausbildung und Zur iMitwic'kluug cUm- Lungenhöhle bei Arion. 141 A'crhiiuhuijj; mit ^\^'v Zwitterdrüse in die jiosteinbiyonale Periode füllt, st)lch junge Tiere aber von mir nicht untersucht wurden, so kann ich für seine Identifizierung nur negative Merkmale zu Rate ziehen. Ein solches ist zunächst seine asymmetrische, rechtsseitige Ausbildung. AVeit<'r liabe ich die Spaltung seines proximalen Teiles in zwei Kanäle beobachtet, und schließlich kann es sich, nachdem die übrigen Organe als solche festgestellt sind, um nichts andres mehr handeln. Aber schon die Vereinigung der beiden ersten Merkmale spricht zweifellos dafür, daß das fragliche Organ als der Genitalgang zu deuten ist, und eine Verwechslung mit der allein in Betracht kommenden, aber symme- trischen Anlage des Nervensystems ausgeschlossen werden muß. Wir sahen den Leiter der Geschlechtsprodukte als eine kleine, zipfelförmige und nach der Dorsalseite gerichtete Einstül- pung des hinteren Endes der Mantelhöhle zuerst auf Fig. 4 {gtg). Seine Anlage beginnt also ziemlich früh. Auf Fig. 5 ist er etwas länger geworden und erstreckt sich nun hinter den herabgeknickten Schenkel des Enddarmes. Durch die Vertiefung der Mantelhöhle wird auch der Genitalgang tiefer nach innen verlagert (Fig. 7 u. 8). Allmählich rückt seine Mündung an dem Hinterrand der Mantelhöhle mehr und mehr ventral herab, so daß sie sich auf Fig. 9 und 10 ziemlich dicht vor dem After befindet. Der Gang selbst liegt links vom Enddarm. Auf dem Stadium der Fig. 10 ist der Genitalleiter ein langer, dünner Schlauch, der nach hinten schief emporsteigt und dessen hinterer Teil sich in zwei Kanäle spaltet, deren späteres Schicksal ich nicht weiter ver- folgte. VIII. Theoretische Erörterungen. Wenn wir versuchen, die gewonnenen Resultate theoretisch zu verwerten, so kann es sich bei den Widersprüchen betreffs der Nieren- Pericardentwicklung vorerst nur um den morphologischen Wert der Lungenhöhle und ihre Deutung handeln, da hier eher eine gewisse Ein- heit der Auffassung zu erzielen sein wird. Denn wenn auch über die stammesverwandtschaftlichen Beziehungen der Gastropoden eine Fülle von Anschauungen geäußert worden sind, so wird der morpho- logische Wert des Atemorgans der Pulmonaten nach Ablehnung der V. iHERiNGschen Nephropneustentheorie und nach unsern heutigen Kenntnissen nur eine zweifache Auslegung gestatten. Ent- weder man setzt die Lungenhöhle der Pulmonaten gleich der Kiemen- höhle ihrer wasserlebenden Vorfahren, oder man betrachtet erstere als eine im Zusammenhang mit dem Landleben erworbene Neubildung. 1 42 Paul Heyder, Bai der Lösung dieser Frage, in der die vergleichend-anatomisclie Unter- suchung mehrfach unüberbrückbare Lücken aufweist, muß man der ontogenetischen Betrachtung ein entscheidendes Übergewicht zu- erkennen. Deshalb mag es gerechtfertigt sein, wenn wir versuchen, die mitgeteilten Beobachtungen über die Genese der Lungenhöhle von Arion für die eine oder die andre der beiden Theorien über die morpho- logische Bedeutung der Pulmonatenlunge heranzuziehen. Zunächst aber wird es nötig sein, die bekanntesten hypothetischen Meinungen über den Aufbau des Gastropodenstammes kurz zu erläutern. Schon bei der Abgrenzung der »Pulmonata« zeigen sich Schwierig- keiten. Das Merkmal der Lungenatmung reicht zur Charakteri- sierung dieser Ordnung nicht aus, sonst müßte man typische Proso- branchier, wie Cyclostoma, ihr zuzählen. Aber auch das zweite Merk- mal, die Prosopneumonie, versagt, da typische Pulmonaten opisthopneumon sind, wie die Testacellen und Oncidiiden, gleich- gültig, ob man darin nun ein ursprüngliches oder sekundär erworbenes Verhalten sehen will. Die Charakteristica Lungenatmung und Proso- pneumonie sind also, jedes für sich allein genommen, nicht geeignet, eine Gruppe »Pulmonata« zu rechtfertigen, wenn man nur physio- logische und anatomische Verhältnisse die Entscheidung treffen läßt. Noch größere Schwierigkeiten ergeben sich bei der Gegenüber- stellung der Pulmonaten mit den Opisthobranchiern^ wie das Beispiel der Siphonaria lehrt. Diese marine Schnecke wurde von QuoY et Gaimard (34) in engem Anschluß an Cuvier zu den Lungen- schnecken gerechnet, obwohl die beiden Forscher die Existenz einer »assez grande branchie transversale« (T. II, p. 325) feststellen konnten. Auch Pelseneer (94) deutet sie wegen des an der Mantelhöhlendecke ausgebreiteten Gefäßnetzes als echte Pulmonate. Plate (94) schreibt von Siphonaria coyicinna Sow. (S. 223): »Das Atemloch wird vom lebenden Tier unter Wasser wie an der Luft offen gehalten. — Hält man sie in einem Gefäße mit Seewasser, so kriechen sie stets ans Trockene und bleiben auch bei vollständigem Wassermangel etwa eine Woche am Leben. Die Kieme bedarf also nur einer periodischen Anfeuch- tung.« Diese Experimente, die Plate zugunsten einer gut funktio- nierenden Lunge auslegen möchte, beweisen ebensogut das Gegenteil. Denn es ist eine bekannte Erscheinung, daß echte Kiemenschnecken wochenlange Reisen in feuchtem Moos ohne Schaden ertragen. In einer neueren Untersuchung hat nun Köhler (94) nachgewiesen, daß bei Siphonaria ein Teil des früher als Lunge gedeuteten Organs als Niere zu betrachten ist. Dadurch wird die Lunge gegen die frühere Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 143 Auffassung bedeutend eingeschränkt; außerdem weist sie nicht ganz die für die Piilnionaten typische Bildung auf. Köhler kommt daher zu dem Schluß, daß die Kieme von Siphonaria ein echtes Ctenidium und keine Neubildung sei, was schon aus der Anwesenheit eines wohl- ausgebildeten Osphradiums hervorgehe. »Dadurch scheint der Beweis erbracht, daß Siphonaria ein Opisthobranchier und kein Pul- monat ist« (S. 79). Für andre, niedrig stehende Pulmonaten, bei welchen sich Kiemen in der Lungenhöhle finden sollen — Amphibola, Chilina — , sind derartige Bedenken bisher nicht geltend gemacht worden. Vielleicht werden neuere Untersuchungen auch hier eine nähere Verwandtschaft mit den Tectibranchiern aufdecken. Auch hinsichtlich einer zweiten aberranten Pulmonaten - familie, nämlich der Oncidiiden, haben die Ansichten lange ge- schwankt, weil man vor allem im Zweifel war, ob man die respiratorische Fläche ihres Mantelhöhlendaches als echte Lunge betrachten solle oder als der Xiere zugehörig. De Blainville rechnete sie den Nudibran- chiern zu, mit denen sie infolge ihrer Rückenpapillen große Ähnlich- keit haben. Zuletzt hat noch Brock (83) diese Auffassung gegen Joyeux-Laffüie zu stützen gesucht, indem er die Niere in einem an die Luftatmung sich anpassenden Funktions Wechsel begriffen sah, »welcher, auch wenn man das Organ als werdende Lunge betrachtet, jedenfalls mit der analogen Anpassungserscheinung bei den Pulmo- naten morphologisch nichts zu tun hat«. Eine ähnliche Meinung vertritt Haller (9-i); er faßt die Lungenhöhle als eine echte, und zwar paarige Niere auf und glaubt, >>daß die Oncidien sich sehr zeitig von den Opisthobranchiern, doch unabhängig von den möglicherweise zur selben Zeit sich von dort abgezweigten Pulmo na ten, trennten und nachher sehr eigenartig entwickelten. Die Auffassung, nach welcher die Onchidien Ubergangsformen von den Opisthobranchiern zu den Pulmonaten vorstellen würden, entbehrt meiner Ansicht nach jeder Begründung« (S. 309). Obwohl auch Joyeux-Laffuie (82) wie Brock das respiratorische Organ der Oncidiiden als Niere auffaßte, stellte er sie doch lediglich aus physiologischen Gründen zu den echten Pulmonaten. Plate (94) hat nun in überzeugender Weise dar- gelegt, daß den Oncidiiden neben einer Niere eine echte Lunge zu- kommt, und daß sie eine dem ursprünglichen Ausgangspunkte der Pulmonaten sehr nahestehende Seitenlinie sind. Volle Überein- stimmung in den anatomischen Befunden mit Plate zeigen auch die Untersuchungen von v. Wissel (98) und Stantschinsky (07). Da- nach kann es keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Lunge der 144 Paul Heyder, Oncidiiden keineswegs eine besondere morphologische Wertung er- fordert; und daß diese, wenn auch aberrante Familie den Pulmonaten einzureihen ist. Alle diese die systematische Stellung der Oncidiiden betreffenden Untersuchungen verwerten vergleichend-anatomische Merkmale. Die ontogenetischen Beobachtungen sind äußerst spärlich. Es existiert aller- dings eine ausführliche Darstellung der Entwicklung von Onchidium ceUicum Cuv. von Joyeüx-Laffuie (82). Aber einmal weicht diese Art beträchtlich von den übrigen ab, anderseits war der Verfasser, wie wir sahen, in dem Irrtum befangen, die Lunge als einen Teil der Niere in Anspruch zu nehmen. Man teilt diePulmonaten je nach der Anzahl der Fühler, Stellung der Augen und Ausbildung der Genitalleiter in Stylommatophoren und Basommatopheren. Es hat nicht an Versuchen gefehlt, diese beiden Untergruppen durch weitergehende morphologische Unterschiede schärfer und tiefer zu sondern, oder selbst eine diphyletische Abstam- mung für sie zu konstruieren. Nachdem aber die v. iHERiNGsche Nephropneustentheorie endgültig ihrer Stützpunkte beraubt ist, wird allgemein ein einheitlicher Ursprung der Pulmonaten ange- nommen. Ebenso allgemein sucht man den Ausgangspunkt dieser Ordnung in der Nähe der tectibranchiaten Opisthobranchier. Es wurde schon früher hervorgehoben, daß Brock und Haller die Vermittlung durch onchidienartige Formen ablehnen. Plate dagegen sieht gerade in onchidiidenähnlichen Gastropoden die Urform der Basommatop hören; aus den letzteren entwickelten sich durch Über- gang auf das trockene Land die Stylommatojjhoren. Ich glaube, daß SiMROTH (94) recht hat, wenn er einwendet, daß die recenten Onchidien nicht den Übergang von der aquatilen zur terrestrischen Lebensweise zeigen, sondern eher den umgekehrten Vorgang, Rück- wanderung ins Meer. Ebenso muß man wohl mit Simroth die Basom - matophoren von Landtieren ableiten, die in das Wasser zurück- gekehrt sind und dort allerlei sekundäre hautkiemenartige Bildungen erwerben konnten. Denn es ist zweifellos schwieriger zu verstehen, wie Gastropoden, die nach Plates Ansicht (94, S. 220) das Wasser nie dauernd verlassen haben sollen, eine Lunge erwerben können, als umgekehrt, daß Lungenschnecken bei der Rückkehr ins Wasser die Lunge mehr oder weniger rückbilden und durch geeignetere Atem- organe — Haut- und Rückenkiemen ■ — ersetzen konnten. Das be- rücksichtigt auch R. Bergh (85), wenn er in den Oncidiiden Pulmo- naten erkennt, die sich einer amphibischen oder marinen Lebensweise Zur Kntwickliing der Lungenhöhle bei Arion. 145 anpaßten. In i^'loicluT Weise stellt Semper (77) die Onehidien an den Endpunkt der phyletischen Reihe der Pulmonaten. Diese ganze Sehvvierigkeit umgeht Pelseneer (9-i), indem er die Anfangs- glieder der Pulmonaten in der Nähe der niedrig organisierten Lungen- schnecken — Auricula, Amphiboki und Chilina — sucht, und zwar leiten nach ihm die beiden letzteren zu den Basommatophoren über, während die Stylommatoj)horen direkt von den Auriculiden abstammen. Im einzelnen lassen sich für die hier vorgebrachten Theorien die mannigfachsten Gründe anführen. Da uns aber nur die Pallialorgane, vor allem die Lungenhöhle und ihr morphologischer Wert, interessieren, so brauchen wir auch nur deren Bedeutung in der phylogenetischen Reihe zu betrachten. Diese läßt sich aber auf Grund der erörterten Theorien in wenig Worten zusammenfassen. Die Lungenhöhle der echten Pulmonaten wäre hiernach morphologisch gleich- wertig der Kiemenhöhle der Opisthobranchier und Proso- branchier. Lassen sich nun die früher mitgeteilten Befunde über die Ent- wicklung der Lungenhöhle bei Arion mit dieser Theorie in Einklang bringen? Wir hatten gefunden, daß die erste Anlage der Lungenhöhle erschien, als noch keine Andeutung der Mantelfalte vorhanden war. Die gleiche Erfahrung machten Fol und Meisenheimer bei zwei andern Stylommatophoren, Helix und Limax. Ohne die Ent- wicklung eines Opisthobranchiers näher zu kennen, muß man jetzt schon sagen, daß die wenig vertiefte Mantelhöhle, die bei diesen die Kieme enthält, sich schwerlich in engere Beziehung mit der weiten, tief eingesenkten Lungenhöhle der Pulmonaten bringen läßt. Sehen wir uns die Ontogenie der Opisthobranchier an, und, da hier in bezug auf das Respirationsorgan nur Fols (75) Untersuchungen über die Hya leiden vorliegen, ziehen wir den Kreis gleich etwas weiter und schließen die Prosobranchier in die Betrachtung mit ein. Alle Beobachtungen lassen hier ein andres Bildungsprinzip der Kiemen- höhle erkennen. Sie entsteht, soweit die Autoren eine solche überhaupt von einer Mantelhöhle trennen, als eine Vertiefung der Mantelrinne. Die ausgebildete Kiemenhöhle ist dann weiter nichts als eine stärkere Einsenkung der Mantelrinne mit weit klaffender Mündung und ohne die Ausbildung eines Atemloches. Es zeigt sich also, daß die Ausdrücke Kiemen- und Mantelhöhle völlig dasselbe besagen, nur daß der erstere Bezug nimmt auf die Funktion, der zweite auf Lage und Entstehung. Bei der Entwicklung der Stylommatophoren war das ganz anders. Zeitschrift f. wissenach. Zoologie. XCIII. Bd. 10 146 Paul Heydcr, Hier mußte streng unterschieden werden zwischen der primären Lungen- höhle und der sekundären Mantelhöhle. Daraus geht hervor, daß die Lunge der Stylommatophoren zum mindesten eine besondere Organ- bildung ist, die nicht als ein Teil der allgemeinen Mantel- oder Kiemen- höhle aufgefaßt werden kann, sondern nur in diese mündet wie Ureter und Genitalgang. Nun erkennen wir auch die eigentliche Kiemenhöhle der Prosobranchier wieder in jener tiefer eingesenkten, rechtsseitigen Partie der Mantelrinne, die bei Arion eine Zeitlang die Mündung der Lunge aufnimmt. Lungen- und Mantelhöhle sind also als streng ge- sonderte Begriffe zu betrachten, von denen nur die letztere der Kiemen- bzw. Mantelhöhle der Tectibranchier und Prosobranchier gleich- zusetzen ist. Will man einen indifferenten Ausdruck für beide Bil- dungen, so mag man sie im Anschluß an ihre Funktion, wie das auch in dieser Arbeit geschieht, als Atemhöhle bezeichnen, darf aber nicht übersehen, daß sie keineswegs von gleichem morphologischen Wert sind. Die von allen Lehrbüchern, soweit ich sie kenne, vertretene Auffassung, nach der die Lunge eine differenzierter Teil der allgemeinen Mantelhöhle sei, in dem deren Ränder mit dem Körperintegument bis auf ein kleines Atemloch verwachsen, ist also mindestens für die Stylommatophoren nicht zutreffend. Anders scheint die Sache bei den Basommatop hören zu liegen. Zwar hat auch hier Fol (80) für die Lungenhöhle eine ähnliche Bildungs- weise angegeben; ihm stehen aber Ray Lankester (74), Rabl (75) und WoLFSON (80) gegenüber, die sich gleichlautend dahin aussprechen, daß die Lungenhöhle ein direktes Derivat der Mantel höhle sei. Weiter haben die beiden letztgenannten Forscher gerade jenen Prozeß der Verwachsung der Mantelfalte mit dem Körperintegument für Planorhis und Lymnaetty freilich in wenig eingehender Weise, beschrieben. Sollten diese Angaben sich tatsächlich bewahrheiten — Ray Lankester er- wähnt nichts von diesem Vorgang — , so würden die Basommato- phoren sich den Tectibranchiern und Prosobranchiern bedeutend mehr annähern als die Stylommatophoren, ja die Lungenhöhle der Basommatop hören könnte nicht homolog derjenigen der Stylom- matophoren sein. Es wäre aber verfrüht, auf Grund dieser wenig sicheren Beobachtungen, denen noch dazu Fols Meinung entgegensteht, für die Pulmonaten einen doppelten Ursprung ihres Respirations- organs behaupten zu wollen. Eine Stütze würde eine solche Behauptung allerdings noch in dem Hinweis auf das Osphradium finden, das bei allen Basommato- p hören, abgesehen von den Oncidiiden aufgefunden wurde und das Zur Entwicklung der Lungenliöhle bei Arion. 147 dem (liT Tertibiaiichior und I* rosobranchier homolog gesetzt wird. Da sich das Osphradium bei den Basommatophoren in der liniig(Mi]i(")lde l)efindet, so wäre scheinbar der Beweis erbracht, daß diese der Kiemenhöhle identisch ist. Aber nur scheinbar. Man wird sich erinnern, daß bei den Stylommatophoren Enddarm und Ureter auch am Rande der Lungenhöhle, nach der gewöhnlichen Meinung sogar in diese münden. Und doch haben beide Öffnungen, wie die Entwick- lung bei Arion gezeigt hat, nicht das geringste mit der eigentlichen Lungenhöhle zu tun. Erst durch die Ausbildung des Pneumostoms werden sie an dessen inneren eingewulsteten Rand, scheinbar in die J^ungenhöhle einbezogen. Auch das Osphradium der Basommato- phoren liegt nun am inneren Wulstrand des Spiraculums. Ist Fols Darstellung der Lungenentwicklung bei den Wasserpulmonaten richtig, so muß auch deren Osphradium als der Mantelhöhle zugehörig betrachtet werden. Bei den Stylommatophoren ist die Existenz eines Geruchsorgans bisher nicht nachgewiesen worden, ein Beweis mehr für die Ungleichheit von Lunge und Kiemenhöhle. Eine schein- bare Ausnahme macht Testncella, bei der Plate (91) im hintersten Winkel der Lungenhöhle ein als Geruchsorgan gedeutetes Sinnesepithel nachweisen konnte. Aber Plate selbst gibt zu, daß dieses Geruchs- organ in Struktur und Innervierung und wie ich hinzufüge auch der Lage nach nicht ohne weiteres mit dem Osphradium der übrigen Gastro- poden zu identifizieren ist. Ich will hier bemerken, daß auch Sim- KOTH (9S) glaubt, bei einem Stylommatophoren ein Geruchsorgan entdeckt zu haben. Als solches deutet er bei ParmaceUa eine Sinnes- leiste unter der Mantelfalte, d. h. unter dem vorderen Rand des Schildes in der Mantelrinne. Eine Andeutung einer solchen Sinnesleiste will er auch bei andern Landpulmonaten gefunden haben. Dieser Auf- fassung wurde von andrer Seite widersprochen. Mir scheint es, daß wenigstens seine Lage die SiMROTHsche Erklärung annehmbar macht. Ebensowenig als die Existenz des Osphradiums dürfte das Vor- handensein von Kiemenbildungen in der Basommatophoren- lunge deren Homologie mit der Kiemenhöhle der Prosobranchier beweisen. Wo solche Kiemen aufgefunden wurden, handelt es sich wohl zweifellos um sekundäre accessorische Bildungen, die nicht identisch sind mit der Opisthobranchierkieme, wie das auch Pelseneer (91:) für Puhnohranchia nachzuweisen sucht. Hier liegt die Kieme allerdings außerhalb der Lunge und erinnert sehr stark an das Ctenidiu m. Trotz- dem hält sie Pelsexf-er nicht für ein solches, da sie entsprechend seiner 10* 148 Paul Heyder, Meinung, die die Atemhöhle aller Gastropoden für homolog erklärt, eben in der Lunge liegen müßte. Nach unsrer Auffassung dürfen wir sehr wohl darin ein Ctenidium sehen, weil es bei Pulmobranchia links vom After liegend dem Bereich der Mantelhöhle angehört, was aller- dings aus Pelseneers Beschreibung nicht klar hervorgeht. Wo da- gegen kiemenartige Anhänge in der wirklichen Lungenhöhle auftreten, handelt es sich, wie Simroth (76) für Planorbis dartut, aller Wahr- scheinlichkeit nach um Neubildungen, die in Anpassung an das Wasser- leben wieder erworben wurden, wie auch schon aus ihrer primitiven faltenartigen Form hervorgeht. Wie man sieht, würde die Aufstellung eines diphyletischen Ursprunges der Pulmonaten, der anfänglich nicht ganz von der Hand zu weisen war, keine große Wahrscheinlichkeit für sich haben. Schließlich ist hier noch einer Arbeit zu gedenken, die mancherlei Anklänge an die hier entwickelten Ansichten bietet. Ich meine die aus Sempers Nachlaß von Simroth herausgegebene und erweiterte Untersuchung »Über die Niere der Pulmonaten« (94). Nachdem Simroth die Unhaltbarkeit der Nephropr eustentheorie v. Ihe- RiNGs betont hat, sagt er (S. 86) : »Entweder alle Pulmonatenlungen sind einander schlechthin homolog, oder sie sind eine ganze Reihe von Sonderbildungen, jedenfalls mehr als zwei. Bis zu einem gewissen Grade halte ich das letztere für richtig.« Zur Begründung seiner An- sicht, von der uns zunächst nur die Sonderstellung der Pulmonaten- lunge gegenüber der Kiemenhöhle, nicht aber ihre Auflösung in eine Reihe von Neubildungen interessiert, argumentiert Simroth folgender- maßen (S. 87): »Welches Organ haben die Pulmonaten von ihren aquatilen Vorfahren mit Bestimmtheit ererbt? Die Niere oder den Atemraum? Jedenfalls die erstere, und zwar als eine einfache Urin- kammer, die durch einen einfachen Nierenporus oder einen primären Harnleiter nach außen mündete — viel weniger sicher den zweiten. Und wenn man auch die Basommatophoren von Steganobran- chien (Tectibranchier) ableiten will, wie es vermutlich geschehen muß, so sind mir doch keine darunter bekannt, deren Atemraum auch nur annähernd so weit eingesenkt wäre. Vielmehr pflegt die Kieme nach Zurückschlagen der Epipodien, von außen sichtbar, in einer flachen Einsenkung des Mantelrandes zu liegen. Von einer tiefen Kiemenhöhle, die durch ein enges verschließbares Loch ausmündete, existiert nichts, nicht einmal eine so vertiefte, aber weit klaffende Mantelhöhle, wie sie viele Prosobranchier haben, deren breite Öffnung man sich wenigstens auch ohne tatsächliches Beispiel zum Pneumostom Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 149 verengert denken könnte. Eine Neueinstülpung zur Vergrößerung der Atemfläche wird also auch bei den Basommatophoren eingetreten sein müssen. Wenn sie sich also darin aufs wesentlichste von den Neurobranchien alten Stils unterscheiden, dann halte ichs für das allerbequemste, bei sämtlichen Pulmonaten die Lunge als eine Neu- einstülpung zu betrachten. So weit reicht die Homologie. Von da an aber kommen die Verschiedenheiten.« Nämlich jene Verschieden- heiten, die nach Simroth zu der Meinung berechtigen, in der Lungen- höhle der Pulmonaten eine ganze Reihe von Sonderbildungen zu sehen. Diese Verschiedenheiten sekundärer Natur sieht Simkoth in Lage und Größe der Lunge und erklärt sie »teils durch wechselnde Disposition der Haut zur Bildung eines respiratorischen Maschenwerkes und der damit differierenden Tiefe des Lungensackes, teils und haupt- sächlich von den Abweichungen in der Lagerung und Größe der Nachbar- organe« (S. 87). Es muß dahingestellt bleiben, ob so unwesentliche Punkte wie Größe und Lage der Lungenhöhle gestatten, für sie zahl- reiche Sonderbildungen anzunehmen. Wie gesagt, kommt es uns zu- nächst nicht darauf an, festzustellen, ob tatsächlich der Lunge der Pulmonaten eine derartig wechselnde Bedeutung zuerkannt werden muß. Für unsre Auffassung genügt es, zu wissen, daß auch vergleichend- anatomisch die Atemhöhle der Tectibranchier schwerlich der Vor- läufer der Pulmonatenlunge sein kann. Die Frage nach der Herleitung der Pulmonaten wird natürlich durch die besondere morphologische Bedeutung der Lungenhöhle nicht beeinflußt. Nach wie vor wird man in tectibranchierähnlichen Formen die Vorfahren zu suchen haben, aus denen durch Schwund der Kieme und durch Neubildung einer Lungeneinstülpung die Pulmo- naten hervorgingen. Wie aber die Widersprüche zu lösen sind, die sich bei Stylommatophoren und Basommatophoren betreffs der Lunge in ontogenetischer Hinsicht zeigten, das vermögen allein erneute Untersuchungen darzutun. Heute sind wir nicht einmal in der Lage, sicher zu entscheiden, ob diese Widersprüche wirklich zu beseitigen sind oder im Gegenteil eine Verschärfung erfahren werden. Am Schlüsse dieser Untersuchungen sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. 0. Bütschli, sowohl für die Anregung zu dieser Arbeit, als auch für seine liebenswürdige Teilnahme und seinen steten Rat, dessen ich mich bei der Ausführung zu erfreuen hatte, meinen ergebensten Dank auszusprechen. 150 Paul Heyder, Ebenso bin ich Herrn Prof. Dr. A. Schuberg für manchen wert- vollen technischen Rat sowie den Hinweis auf die Literatur über die Methoden der Rekonstruktion verpflichtet. Heidelberg, im Oktober 1908. Verzeichnis der zitierten Literatur. 89. Th. Behme, Beiträge zur Anatomie und Entwicklung des Hamapparates der Lungenschnecken. Arch. f. Naturgesch. 55. Jahrg. Bd. I. Heft 1. 41. P. J. VAN Beneden, Recherches sur l'embryogenie des Limaciens. Müll. Arch. f. Anat. u. Phys. 85. R. Bergh, Über die Verwandtschaftsbeziehungen der Onchidien. Morph. Jahrb. Bd. X. 83. F. Blochmann, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung der Gastropoden Diese Zeitschr. Bd. XXXVIII. 77. N. BoBRETZKY, Studien über die embryonale Entwicklung der Gastopoden. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XIII. 88. M. Braun, Über den Harnleiter bei Helix. Nachrichtsbl. d. deutsch, malako- zool. Ges. Bd. XX. 83. J. Brock, Referat über Joyeiix-Laffuie, Organisation usw. Biol. Gentralbl. Bd. III, 12. S. 370—374. 77. 0. Bütschli, Entwicklungsgeschichtliche Beiträge. Diese Zeitschrift. Bd. XXIX. 87. — Bemerkungen über die wahrscheinliche Herleitung der Asymmetrie der Gastropoden. Morph. Jahrb. Bd. XII. 91. R. V. Erlanger, Zur Entwicklung von Paludina vivipara, I. u. II. Morph. Jahrb. Bd. XVII. 92. — Beiträge zur Entwicklung der Gastropoden, I. Teil (Bythinia). IMitt. d. zool. Stat. Neapel. Bd. X. 75. H. Fol, Sur le developpement des Pteropodes. Arch. de Zool. exp. gen. T. V. 80. — Etudes sur le developpement des Gasteropodes pulmones. Arch. de Zool. exp. gen. T. VIII. 51. G. Gegenbaur, Beiträge zur Entwicklung der Landgastropoden. Diese Zeitschr. Bd. III. 94. B. Haller, Betrachtungen über die Nieren von Oncidium celticum Guv. Verhandl. d. naturhist.-med. Vereins Heidelberg, neue Folge, Bd. V. 88. R. Hanitsch, Contributions to the anatomy and histology of Limax agrestis. Proc. biol. Soc. Liverpool. Vol. IL 75. H. V. Ihering, Über die Entwicklungsgeschichte von Helix. Jen. Zeitschr. f. Nat. Bd. 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Acad. d. Wissensch. Berlin. Bd. XL. 04. 0. PoETZSCH, Über die Entwicklung von Niere, Pericard und Herz bei Pla- norbis comeus. Zool. Jahrb. Anat. u. Ontog. Bd. XX. 34. QuOY et Gaewabd, Voyage de decouvertes de l'Astrolabe, 1826 — 29. Paris. T. n, in. 75. C. Rabl, Die Ontogenie der Süßwasserpulmonaten. Jen. Zeitschr. f. Nat. Bd. IX. 79. — Die Entwicklung der Tellerschnecke. Morph. Jahrb. Bd. V. 83. — Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Prosobranchier. Sitz.-Ber. d. k. Acad. d. Wissensch. Wien, math.-nat. Kl. Bd. LXXXVII, Abt. 3. 74. E. Ray Lankestek, Observations on the development of the Pond-Snail (Limnaeus stagnalis). Quart. Journ. ^Nficr. Sc. Vol. XIV. 07. G. Rolle, Die Renopericardialverbindung bei den einheimischen Nackt- schnecken und andern Pulmonaten. Jen. Zeitschr. f. Nat. Bd. XLIII. 72. P. Salensky", Beiträge zur Entwicklungsgeschichte der Prosobranchier. Diese Zeitschr. Bd. XXII. 152 Paul Heyder, 83. P. Salensky, Entwicklungsgeschichte der Bythinia tentaculata. Arb. a. d. zool. Inst. Würzburg. Bd. VI. 84. P. und F. Sarasin, Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon. 1884—86. 87. — Aus der Entwicklungsgeschichte der ceylonensischen Helix Waltoni. Zool. Anz. Jahrg. X. 40. M. Sabs, Beitrag zur Entwicklungsgeschichte der Mollusken. Archiv für Naturgesch. Bd. VI. 88. W. ScHiMKEWiTSCH, Sur le developpement du coeur des Mollusques pulmones d'apres las observations de M. Schalfeew. Zool. Anz. Jahrg. XI. 95. F. Schmidt, Beiträge zur Kenntnis der Entwicklungsgeschichte der Stylom- matophoren. Zool. Jahrb. Anat. u. Ontog. Bd. VIII. 49. M. ScHiTLTZE, über die Entwicklung des Tergipes lacinulatus. Arch. f. Naturgesch. Jahrg. XV. 77. C. Semper, Einige Bemerkungen über die Nephropneusten v. Iherings. Arb. a. d. zool. Inst. Würzburg, III. 94. — Reisen im Archipel der Philippinen. Teil 2. Bd. III. Heft 5 u. 6. 94. — Über die Niere der Pulmonaten. Aus d. Nachlaß hrsgeb. u. ergänzt von SnnROTH. Reisen im Archipel. Teil 2. Bd. III. Suppl. 2. 76. H. SiMROTH, Über die Sinneswerkzeuge unsrer einheimischen Weichtiere. Diese Zeitschr. Bd. XXVI. 85. — Versuch einer Naturgeschichte der deutschen Nacktschnecken und ihrer europäischen Verwandten. Diese Zeitschr. Bd. XLIII. 98, — Über die Gattung Parmacella. Extr. de l'Ann. Mus. Zool. Acad. Imp. Sc. de St. Petersburg. 07. W. Stantschinsky, Zur Anatomie und Systematik der Gattung Oncidium. Zool. Jahrb. Abt. f. Syst. Bd. XXV. 03. G. Stiasny, Die Niere der Weinbergschnecke. Zool. Anz. Bd. XXXV. 96. C. Tönniges, Die Bildung des Mesoderms bei Paludina vivipara. Diese Zeitschr. Bd. LXI. 46, G. M. Vogt, Recherches sur l'embryogenie des Mollusques Gasteropodes. Ann. sc. nat. 3 ser. T. VI. 97. A. WiERZEJSKi, Über die Entwicklung des Mesoderms bei Physa fontinalis. Biol. Centralbl. Bd. XVII. 98. K. V. WissEL, Beiträge zur Anatomie der Gattung OncidieUa. Zool. Jahrb. 80. W. WoLFSON, Die embryonale Entwicklung von Limnaeus stagnalis. BuU. Acad. Sc. de St. Petersbourg. T. XXVI. Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. 153 Erklärung der Abbildungen. Gemeinsame Be a, After: atr, Atrium ; äuss.w, äußere Wand der Schalendrüse; d, Darm : ed, Enddarm; eiws. Eiweißsack ; eitcz, Eiweißzellen; ep. Epithel; /, Fuß; //, Fußfurche, d. h. Emschnürung zwi- schen Fuß und übrigem Körper; fr, Fußrand; ggl, Ganglion; gtg. Genital gang; inn.w, innere Wand der Schalendrüse; kpfbL Kopf- oder Nackenblase; kz, Calottenzellen ; Igh, Lungenhöhle; Igh.l, linker Lungenschenkel; Igh.r, rechter Lungenschenkel; md, Mesoderm; mg, Magen; mgtv, Magen wand; ml, Mantel; mlf, Mantelfalte; mlh. Mantelhöhle; mir, Mantelrinne; Zeichnungen: mls, Mantelrand; mlsp, Mantelspalte; n, Zellkern; n.p, Nierenporus; öff.lgh, Öffnung der Lunge in die Man- telhöhle; öff.urn, äußere Öffnung der Umiere; öff.ur.pr, Öffnung des Primärureters in den Sekundärureter ; öff.ur.sec, äußere Öffnung des Sekun- därureters ; oes, Oesophagus; p, Pericard; pod, Podocyste; pr.ur, Primärureter ; rdt, Radulatasche ; re, Niere; rpo, Renopericardialgang ; r.ur, Ureterrinne (Anlage des Sekundär- ureters) ; seh, Mantelschild (Eingeweidesack); schdr, Schalendrüse; sec.ur, Sekundärureter; sp, Spiraculum (Atemloch); t, hinterer Tentakel; um, Umiere; ven, Ventrikel. Sämtliche Figuren, mit Ausnahme der Rekonstruktionen, sind mit der ÖBERHÄusERschen Kamera entworfen. Tafel V. (Rekonstruktionen.) Fig. 1 — 8. Um die Rekonstruktionen nicht zu kompliziert zu gestalten, büeben Schalendrüse, Magen, Leber, Oesophagus (mit Ausnahme von Fig. 1), Nervensystem usw. gänzlich außer Betracht. Mitunter blieben auch einzelne andre Organe, wie Pericard und linker Limgenschenkel, fort. Der Darm wurde nur von seinem Ursprung am Magen ab gezeichnet. Es bedeuten rot: Pericard und Umiere; hellgrün: Niere; dunkelgrün: Ureter; dunkelgrau: Enddarm. Von einem blauen Ton wurde ebenso wie von der Schraffierung eine wechselnde Verwendung gemacht, die bei den einzelnen Figuren ihre Erklärimg finden werden. 154 Paul Heyder, Die Originale sind sämtlich mit einer Vergrößerung von 210 gezeichnet. Even- tuelle Verkleinerungen sind jeweils bei der betreffenden Figur angegeben. Fig. 1. Totalansicht eines lOtägigen Embryo, von der rechten Seite gesehen; Podocyste (pod) imd vordere Hälfte der Nackenblase (kpfbl) nach Totalpräparat ergänzt. Vergr. 140 : 1. Fig. 2. Teilansicht eines lltägigen Embryo, seitlich gesehen, orientiert wie Fig. 1. Um das Relief der Oberfläche schärfer hervortreten zu lassen, wurden die Schatten stark verdunkelt. Blau: Lungenhöhle. Vergr. 210 : 1. Fig. 3. Dasselbe Teilstück wie Fig. 2, dorsale Ansicht. Blau: Lungenhöhle. Vergr. 210 : 1. Fig. 4. Teilansicht eines Embryo von 12 Tagen, seitlich gesehen, orientiert wie Fig. 1. n.p bedeutet nicht den wirklichen Nierenporus, sondern die Stelle, an der sich die Lumina der Niere und des Primärureters am nächsten kommen, um sich später (Fig. 5) zu verbinden. Die Verlagerung des Primärureters, bzw. seiner Öffnung, die gleichsam ein Hinaufrücken an der inneren Wand der Mantel- falte ist, wird durch zwei gekrümmte Pfeile angedeutet. Blau: Limge, Mantel- höhle, Genitalgang. Vergr. 210 : 1. Fig. 5. Teilansicht eines Embryo von 13 Tagen, seitlich gesehen, orientiert wie Fig. 1. Blau: Lunge, Mantelhöhle, Genitalgang. Vergr. 210 : 1. Fig. 6. Dasselbe Teilstück wie Fig. 5 in ventraler Ansicht. Pericard, Niere und Ureter sind weggelassen. Die Grenze zwischen Lunge und Mantelhöhle wird repräsentiert durch eine Linie, die gezogen ist von der äußeren Öffnung der ür- niere nach dem oberen Ende, d. h. des Urspnmges des Darmes am Magen. Der dadurch abgetremite, nach oben gerichtete und unter der Urniere liegende Zipfel ist die Lungenhöhle. Vergr. 210 : 1. Fig. 7. Teilansicht eines 15tägigen Embryo, seitlich gesehen, orientiert wie Fig. 1. Die mit öff.mlh bezeichnete, spaltförmige Öffnung bezeichnet den Über- gang zwischen innerer, höhlenartiger und äußerer, faltenartiger Partie der Mantel- höhle und entspricht in Fig. 21 (Taf. VII) der Verengerung v. Blau: Limge, Mantelhöhle, Genitalgang. Vergr. 210 : 1. Fig. 8. Teilansicht eines Embryo von I61/.2 Tagen, seitlich gesehen, orien- tiert wie Fig. 1. Blau: Lunge, innere Partie der Mantelhöhle. Die Tiefe der äußeren, faltenartigen Partie ist durch eine punktierte Linie angegeben. Die Ureterrinne {sec.ur), soweit sie geschlossen, in grünem, soweit sie noch offen, in blauem Tone. Vergr. 210 : 1. Tafel VI. (Rekonstruktionen, mit Ausnahme von Fig. 12.) Betreffs der Vergrößerung, Farbe und Schraffierung gelten die für Taf. V gemachten Ausführungen. Fig. 9. Teilansicht eines Embryo von 18 Tagen, seitlich gesehen, orientiert wie Fig. 1. Schräg schraffiert: Rechter Lungenschenkel (Igh.r), Mantelhöhle (beide Teile) und Sekundärureter. Tiefe der Mantelhöhle durch punktierte Linie markiert. Blau: Lungenhöhle, deren linker Schenkel {Igh.l) zum größten Teil von Niere und Pericard verdeckt wird. Vergr. 140 : 1. Fig. 10. Teilansicht eines 23tägigen Embryo, seitlich gesehen, orientiert wie Fig. 1. bedeutet den von Lungenhöhle und Harnleiter verdeckten Kontur Zur Entwicklung der Lungenhöhlc bei Arion. 155 der Niere, vom Sekundärureter verdeckter Kontur des Priraäruretcrs. Pericard und linker Lungenflügel sind nicht eingezeichnet. Blau: Lungenhöhle (rechter Schenkel, Igli.r) ; Tiefe der Mantelhühle durch punktierte Linien angedeutet. Vergr. 140 : L Fig. IL Dasselbe Teilstück wie Fig. 10 (nach hinten etwas erweitert), dorsale Ansicht. Blau: Lungenhöhle. Horizontal schraffiert: Primärureter (pr.wr); dunkelgrün: Sekundärureter {sec.ur). Die zwei punktierten Linien parallel zum i'echten ^Mantelrand geben die Breite der Mantelhöhle an. An ihrem inneren Rand münden aus Lunge (üff.Igh) imd Sekundärureter (öff.ur.sec), an ihrem äußeren Rand der (ienitalgang {gtg), ganz außen der Enddarm. Vergr. 70 : 1. Fig. 12. Teilansicht eines Embryo von 28 Tagen, dorsale Ansicht, nach Totalpräparat, einige Teile ergänzt und kontrolliert durch Rekonstruktion. Der Sekundärureter (sec.ur) lagert sich enger an den primären Harnleiter (pr.ur) und umgreift ihn nach unten etwas mehr als es die Figur zeigt. In der Niere ist nur ein Teil der Falten eingezeichnet. Blau: Lunge; dunkelgrün: Gesamthamleiter. Vergr. etwa 30 : 1. Fig. 13. Plastische Rekonstruktion eines Teiles eines Embryo vom Stadium der Fig. 8. Sie wurde erhalten durch Aufeinanderfügen von elf sich folgenden Schnitten von 5 // Dicke. Pericard nicht berücksichtigt. Nähere Erklärung im TextS. 118. Vergr. 240 : 1. Tafel VII. (Querschnitte.) Fig. 14. Querschnitt durch die Lungeneinstülpung eines Embryo vom Stadium der Fig. 1. Die Herz-Nierenanlage ist hier nicht mehr getroffen, sondern liegt weiter nach vom. Vergr. 935 : 1. Fig. 15. Querschnitt durch die Anlage von Lunge, Pericard und Niere eines Embryo vom Stadium der Fig. 2. Vergr. 260 : 1. Fig. 16. Querschnitt durch Niere (re) und Uretereinstülpung (pr.ur), dem Embryo von Fig. 15 weiter hinten entnommen. Diese Figur ist eine Kombi- nation, insofern der Nierenquerschnitt dem vorgehenden, die tiefe Furche zwi- schen Eingeweidesack und Fuß (/) dem folgenden Schnitt der Serie entstammt. Vergr. 260 : 1. Fig. 17. Querschnitt durch den Pallialkomplex eines Embryo vom Stadium der Fig. 4. Schnittebene angedeutet durch die Strichlinie AB. Vergr. 260 : 1. Fig. 18. Querschnitt in der Ebene der Strichlinie CD Fig. 4. Vergr. 260: 1. Fig. 19. Querschnitt durch die vordere Partie der Lungenhöhle eines Em- bryo vom Stadium der Fig. 7. Sehnittebene markiert durch die Linie AB. Vergr. 240 : 1. Fig. 20. Querschnitt, entsprechend der Linie CD in Fig. 7. Vergr. 240 : L Fig. 21. Querschnitt durch die pallialen Organe, entsprechend der Linie EF in Fig. 7. v bedeutet den Übergang der inneren Mantelhöhle in die äußere Mantel- rinne, in Fig. 7 der mit öff.mlh bezeichnete Spalt. Vergr. 240 : 1. Fig. 22. Querschnitt, in Fig. 7 angegeben durch die Linie GH. Die Öff- nung des Primärureters (pr.ur) gegen die Niere (re) noch eben gesti'eift; seine Mün- dung in die an dieser Stelle schon geschlossene Ureterrinne = Sekundärureter (r.ur) voll getroffen. Am Mantelsaum erhebt sich eine wulstartige Falte sekun- därer Natur. Vergr. 240 : 1. 156 Paul Heyder, Zur Entwicklung der Lungenhöhle bei Arion. Fig. 23. Querschnitt durch die äußere Öffnung der linken Umiere eines Embryos vom Stadium der Fig. 7. Der Schnitt ist genau quer; da aber die Ur- niere etwas schräg nach oben und vorn zieht, so ist das Lumen mehr längs ge- troffen. Man sieht die vacuoUsierten Zellen, die bis unmittelbar an die Mündung reichen. Zwischen Umiere und die großen Eiweißzellen (eiwz) drängen sich einzelne Mesodermzellen (mdz). Vergr. 260 : 1. Fig. 24. Querschnitt durch eine Falte des primären Harnleiters eines SOtägigen Embryo. Die Calottenzellen (kz) sind keilartig zwischen die cylindrisch- kubischen EpithelzeUen eingezwängt und erheben sich etwas über deren Niveau. Vergr. 935 : 1. Untersuchungen an neuen Triciaden. Von Faul Steiumaiiii (Basel). Mit Tafel VIII und 3 Figuren im Text. I. Über den Bau von Planaria teratophila. Phnntrid teratophila mihi 07 erinnert in Bau und Habitus an PUinaria alpina (Dana), als deren Abkömmling sie aufgefaßt werden darf. Nachdem ich die Art an andrer Stelle (13) kurz gekennzeichnet und ihre Regenerationsfähigkeit (14), sowie ihre Bedeutung für die Teratologie und Tiergeographie (15) besprochen habe, mag nun hier eine detaillierte anatomische Beschreibung folgen. Durch die Freund- lichkeit des Herrn Prof. R. Lauterbdrn gelangte ich in Besitz von wichtigem Vergleichsmaterial; ich konnte einige, leider nur in Formol konservierte Exemplare von Planaria montenigrina Mrazek aus Monte- negro untersuchen. Sie erwiesen sich für feinere histologische Detail- fiagen unbrauchbar, bestätigten mir aber die Vermutung, daß die süd- italienischc Polypharyngeale sich von der montenegrinischen durch konstante, wenn auch unbedeutende Merkmale unterscheidet. Ich würde mich vielleicht für die Aufstellung einer Varietät entschlossen iiabcu. wenn die eigentümliche geographische Verbreitung nicht dafür .sj)räche. daß die beiden Formen unabhängig voneinander sich in kon- \-ergenter Richtung aus einer aZpma-ähnlichen Stammform entwickelt haben. So gut man also Planaria alpina und Planaria montenigrina artlich trennt, ebensogut muß man sowohl Planaria teratophila gegen- über Planaria alpina, als auch Planaria teratophila gegenüber Planaria montenigrina als selbständige Species auffassen. Eine Kjeuzung zwischen Planaria alpina und Planaria teratophila ließ sich im Aquarium nicht herbeiführen. Zwei geschlechtlich voll differenzierte Exemplare der beiden ^\j-ten wurden 2 Monate lang in Zeitochrift f. wissenscli. Zoologie. XCIII. 15d. 11 158 Paul Steinmann, einem isolierten Aquarium gezüclitet, ohne daß eine Copulation stattfand. Gleichzeitig beobachtete ich in einer Kultur von Planaria terato'phila häufig copulierende Tiere. Ich lege diesem negativen Befunde nicht zuviel Bedeutung bei. Wichtiger scheint mir die Beobachtung, daß sich die beiden Formen biologisch nicht gleich verhalten, indem Planaria teratophüa gegen Erwärmung noch empfindlicher ist, als die Planaria al/pina der Umgebung von Basel. In einer Kultur, die beide Arten enthielt, fand ich eines Abends alle Planaria teratophila abge- storben, während Planaria alpina noch lebte. Leider konnte nach- träglich nicht mehr festgestellt werden, wie hoch die Temperatur ge- stiegen war. Form und Farbe. (Taf. VIIT, Fig. 1, Habitus bi Id.) Bei lebhaftem Kriechen ist Planaria teratophila sehr schlank und langgestreckt. Sie unterscheidet sich dadurch scharf von der kürzeren, mehr blattförmigen Planaria alpina. Das größte Exemplar, das mir durch die Hände ging, maß 16 mm. Die durchschnittliche Länge wohlgenährter, geschlechtsreifer Individuen mag etwa 14 mm betragen. Dieser Länge entspricht eine Durchschnittsbreite von 1,8 mm und eine Maximalbreitc von 2 mm. Schon durch diese Maße entfernt sich unsre Form beträchtlich von ihrer montenegrinischen Verwandten. Planaria montenigrina Mräzek ist meist plump, wie aus Mräzeks (10) Beschreibung und besonders deutlich aus Chichkoffs (3) Habitusbild nach dem lebenden Tier, Fig. 1, Taf. XVI, hervorgeht. Das Verhältnis der Breite zur Länge beträgt: bei Planaria montenigrina (nach Chichkoff) J : 7,5, » » alpina (nach Micoletzky) 1 : öVs — ^Vb. » » teratophila 1 : 8,5 — 9,5. Ich lege auf diese Verhältniszahlen keinen zu großen Wert, da die Tiere je nach der Lebhaftigkeit ihrer Bewegungen kürzer oder länger, schmaler oder breiter werden und sich, bevor sie sich zur Ruhe setzen, stark zusammenziehen. Meine Zahlen beziehen sich auf In- dividuen in voller Bewegung. Auch die Höhe wechselt stark, je nach der Bewegungsphase. Erhöhungen trifft man in der Pharyngealregion und bei vollständiger Geschlechtsreife in der Gegend des Copulations- apparates. Am wenigsten hoch ist die präpharyngeale Region, doch Untersuchungen an neuen Trirladen. 150 kann aiicli sie kurz nach der Nahrungsaufnahme stark anschwellen, indem die Nahrung sich anfangs nur im vorderen, unpaaren Darmaste anhäuft und sich erst später auch den paarigen hinteren Ästen mitteilt. Die Seitenrändei laufen beim lebhaft kriechenden Tier beinahe parallel. Die Verjüngung zum zugespitzten Hinterende beginnt in der Gegend des Copulationsorgans. Das Kopfende ist vom übrigen Körper (iurch eine sehr schwache, bei manchen Kontraktionszuständen über- haupt nicht wahrnehmbare Halseinschnürung getrennt. Der Vorder- rand zeigt, genau wie bei Planaria alpina median eine schwache Her- vorwölbung, die jederseits in eine schwache Einbuchtung übergeht. Die Tentakel sind recht verschieden in der Länge, je nach dem Alter, und, wenn es erlaubt ist zu sagen, je nach dem Gesundheitszustand des Individuums. Frisch gefangene Tiere besaßen wohlentwickeltc Fühler. Längere Zeit während des Sommers in Gefangenschaft ge- haltene neigten zu vollständiger Rückbildung der Tentakel. Während manche Planarien die Fühler hoch tragen, breitet sie Planaria terato- phila wie ihre Verwandten horizontal aus und streckt sie dabei etwas nach vorn. Die Augen liegen etwa mn ihren gegenseitigen Abstand vom je- weiligen Seitenrand und doppelt so weit vom Vorderrand entfernt. Sie sind meist bohnenförmig und liegen am inneren Rand eines pigment- freien, rundlichen Hofes. Stets waren sie in der Zweizahl zu finden. Augenauümalien nach Zahl und Lage, wie sie bei andern Planarien ziemlich häufig zur Beobachtung kommen, fand ich niemals, trotzdem ich eine bedeutende Zahl von Individuen unter den Händen hatte. Ventral liegt am Vorderende die Sauggrube, die eine leichte Aus- buchtung in der Gegend der Ausmündung der später zu besprechenden cyanophilen Drüsen darstellt. Die Mündung der Rüsselhöhlc liegt auffallend weit hinten, ebenso die (Jeschlechtsöffnung. Die Pharynxregion nimmt fast ein Drittel der Gesamtlänge in Anspruch. Beim Vergleich des Gesamthabitus von Planaria terato phila mit dem von Planaria alpina ergibt sich, daß die Körperproportionen etwa die gleichen sind, abgesehen von der außerordentlichen Verlängerung der Pharynxi'egion bei Planaria teratophila. Folgende Maße wurden aus einer Sagittalschnittserie durch Re- konstruktion gewonnen. (Die Verhältnisse sind nach den Mikrometer- teil strichen ohne Umrechnung in Maße des Metersystems berechnet.) 11* 160 Paiil Steinmann, Länge des ganzen Tieres 377 Teilstriche. Abstand vom Vorderende zur Öffnung der Pharynxhölile 2*.)t » Abstand von d. Pharynxliöhlenöffnung zur Genital Öffnung 45 » Abstand von der Genitalöffnung zum Schwanzende ... 38 » In Prozenten der Gesamtlänge: Ijänge des ganzen Tieres 100 Abstand vom Vorderende zur Öffnung der Pharynxhöhle . . 77,8. Abstand von der Pharynxöffnung zur Genital Öffnung .... 12,0. Abstand von der Genital Öffnung zum Schwanzende 10,1. Farbe: Die Färbung von Planaria terato jjhila, auch hierin gleicht sie ihrer alpinen Verwandten, ist sehr variabel. Daran ist sowohl die verschieden stark ausgebildete Pigmentierung, als auch die augen- blicklich im Darm enthaltene Nahrung nach Quantität und Qualität schukk Am häufigsten ist eine schiefergraue Färbung, die an helleren Stellen, ^a wo der Rüssel und das Copulationsorgan durchschimmern, etwas ins Grünliche spielt. Am dunkelsten pigmentiert ist meist die Region vor dem ersten Rüssel, und zwar speziell die Medianzone. Dieser dunkle Rückenstreif erstreckt sich bis zwischen die Augen, häufig sogar noch weiter, bis zum Vorderrand, so daß eine dreieckige Pigment- anhäufung entsteht (vgl. Zool. Anz. Bd. XXXII, 1907, S. 364). Die Bauchseite ist bedeutend heller als die Dorsalseite. Sie zeigt gewöhn- lich, weiß durchschimmernd, die großen Längsstämme des Nerven- systems und das Gehirn. Auch die Rüssel und das Copulationsorgan sind von der Ventralseite des lebenden Tieres zu erkennen. Körper epithel. Das Körperepithel besteht auch hier, wie bei den übrigen daraufhin untersuchten Formen aus Deck-, Kleb- und Sinneszellen. Die Deck- zellen sind sehr verschieden gestaltet, je nach dem Kontraktionsstadiuni. Einen erheblichen Höhenunterschied zwischen ventralen und dorsalen Deckzellen, wie ihn Micoletzky (8) für Planaria alpina angibt, konnte ich nicht bemerken. In der Umgebung der Rüsselhöhle waren die Zellen infolge der Spannung besonders platt, nur etwa 7 (t hoch, während sie an andern Stellen bis 18,7 u hoch werden können. Die Kerne liegen im basalen Teil der Zellen und variieren nicht unbedeutend in Form und Größe. Die Rhabditen treten in normaler Form intracellulär auf, und zwar in großer Menge, besonders auf der Dorsalseite, während sie ventral viel spärlicher sind, nicht selten in einzelnen Zellen sogar ganz Untersuchung'!! «ti ru-ucn 'rridaclen. 161 fehlen. Regelmäßig sind aber div dorsalen und die Kandrhabditen größer als die der Ventralseite. Auf Klächenschnitten zeigen die Epithel- zellen s. str. unregelmäßig polygonale Gestalt. Ihre Breite beträgt ö — 8 lt. Basal kör jierchen und fibrilläre Plasmastruktur konnte ich in den Deckzellen nicht erkennen, wohl aber in den 'rentakelzellcn. in denen die Rhabditen bekanntlich fehlen. Die C'ilieii finden sich bei erwachsenen Exemplaren nur ventral. Die Grenzzone bilden die randständigen Klebdrüsenzellen. Bei einem jungen Exemplar ließen sich auch dorsal kurze Cilien nachweisen. Die Klebzellen, ausgesprochen erythrophil, bilden eine schmale Streifen- zone längs dem Körperrand. In der Gegend der Haftgrube verbreitert sich diese Zone, umgreift von beiden Seiten die Grube und die Aus- mündung der cyanophilen Kopfdrüsen und vereinigt sich in der Nähe des vorderen Körperrandes zu einem ziemlich umfangreichen Drüsengebiet. Im Bau gleichen die Klebzellen denen andrer Tricladen vollkommen, ich verweise hier auf Böhmig (1, S. 378). An einigen Präparaten konnte ich, zwischen den cylindrischen Epithelzellen eingekeilt', kugelförmige, mehrere Hohlräume enthaltende Zellen wahrnehmen, die wohl als entleerte Rhabditenbildimgszellen (vgl. Ude [17], S. 231) aufzufassen sind. Übrigens scheint die über- megende Mehrzahl der Rhabditen im anliegenden Mesenchym zu ent- stehen. Dort sind die Bildungszellen sehr häufig, während sie im Epithel nur sehr vereinzelt sich zeigen. Basalmembran. Die Basalmembran ist auf meinen Schnitten auffallend düim. Wälu'end diese Haut, in der ich eine feinere Struktur nicht wahrnehmen konnte, bei Plunaria alpina nach Micoletzky (8) eine Dicke von 4 — 7 u erreicht, war bei Planaria teratophila das Maximum 3,u. An meinen eignen Präparaten von Planaria alpina maß ich eine Dicke von 3 — 4 n. Vielleicht hängen diese Unterschiede von der abweichenden Konser- vierungsmethode und dem durch sie bedingten Grad der Kontraktion ab, wie wir ja überhaupt die Basalmembran als ein sehr elastisches, nachgiebiges Gebilde aufzufassen haben. Drüsen. Wir haben, wie bei andern Tricladen, zu unterscheiden zwischen cyanophilen und erythrophilen Drüsen. Die Kantendiiis'-n, d. h. jene im Mesenchym gelegenen Drüsen, 162 Paul Steinmann, deren Ausführgiliige die randständigen Klebzellen durchsetzen, sind ausgesprochen erythrophil. Stärker als bei andern Formen scheint bei Planaria teratophila der cyanophile Komplex der Kopfdrüsen entwickelt zu sein. Die meist jirall gefüllten Ausführgänge sind besonders zahlreich in einem dicken Bündel unterhalb des Gehirns zu finden. Mit ihnen vereinigen sich einzelne Züge, die von der Dorsalseite kommen und dii-ekt über dem Gehirn nach vorn streichen. Sie münden am Grund der Sauggrube. Die Epithelzellen des Mündungsgebietes sind schwer zu untersuchen, weil sich das Drüsensecret außerordentlich stark färbt. Ich glaube jedoch, daß man es hier mit einem eingesenkten Epithel zu tun hat, wie es in größerer räumlicher Ausdehnung das Vorderende von Planaria (Dendrocoelum) lactea und von verwandten Formen auszeichnet. Jeden- falls konnte ich in den vorderen Zellplatten niemals Zellkerne finden. Im anliegenden Parenchym konnte man infolge der dunkeln Färbung der dichtgelagerten Drüsengänge keine Einzelheiten erkennen. Die Drüsen, die zu einzelnen Organsystemen gehören, werden ge- sondert, im Anschluß an die Beschreibung des betreffenden Organs behandelt. Muskulatur. Der Hautmuskelschlauch setzt sich zusammen aus Ring-, Längs- und Diagonalfasern. Die Ringmuskeln (Textfig. 1, r) sind wie bei Planaria al- 'pina nur in einer Lage vorhanden. Sie legen sich der Basalmembran nach innen an. Ob sie sich nur in den lateralen Rändern, wie Micoletzky (8) angibt, oder auch anderswo kreuzen, konnte ich nach meinen Präpa- raten nicht entscheiden. Die Diagonalmuskeln {d) sind an Oberflächen- schnitten meist sehr deutlich zu erkennen. Sie sind ventral stärker entwickelt als dorsal und stellen zwei sich kreuzende, nicht bündel- bildende Systeme dar. Die Fasern jedes Systems laufen in der Regel streng parallel, doch konnte ich an einzelnen Stellen auch ein Über- einandergreifen bemerken (Textfig. 1), Am stärksten sind die Längsmuskeln (/) ausgebildet, die sich zu großen Bündeln vereinigen. Auch die Längsmuskelbündel sind ventral viel stärker entwickelt als dorsal. Damit hängt die unliebsame Zusammen- krümmung der Tiere beim Abtöten mit den gewöhnlichen Mitteln zu- sammen. Die starke Verkürzung der fixierten Tiere in bezug auf die Längsachse ist auf das Überwiegen der Ijängsnmskulatur gegenüber der Riugnmskulatur zurückzuführen. Nur augenblicklich lähmende Untersuchungen an^neuen Trioladen. 163 ■;(/ Mittel, wio Salpetersäure, sind imstaiuic diese liir die. Untersuchung unerwünschten Kontraktionen zu verhindern. Die I\I(>senchyin- oder Kör])erinuskulatur ist bei Plandila tcrato- ])/iila sehr ähnlieh ausgebildet wie hei andern Triciaden. Die Dorso- ventrahnuskehi sind in ihrem Verlauf von der jeweiligen Kon- figuration des Darnisystems und bei gesehleehtsreifen Exeni})laren von der Anwesenheit der Hoden, Dotterstöeke usw. in hohem (irade abiiängig. 8ie beteiligen sieh wohl auch bei den Kontrak- tionen des Darmes, dessen ])i()ble- matische Eigenmuskulatur (vgl. S. 172) wohl kaum zu funktionie- ren imstande ist. Außer den Dorsoventralmuskeln findet man regelmäßig auch schräg longitudi- nale und schräg transversale Fa- sern. Die schräg longitudinalen scheinen auf die vordere Körper- hälfte beschränkt zu sein. Durch ihre Tätigkeit kommt wohl jene tastende Aufrichtung des Kopf- endes zustande, die Plmiaria alpina und noch mehr Planaria teratophila auszeichnet. Die Körpermuskeln köimen an verschiedene spezielle Funktionen angepaßt werden und treten dann meist in größerer Zahl, nicht selten zu eigentlichen Bündeln vereinigt, auf. So haben die sehr beweglichen Tentakel ihre besondere Musku- latur, die an der Spitze der Fühler inseriert und in ziemlich zahlreichen Fasern den Tentakel longitudinal durchläuft. Der weitere Verlauf ist schwierig zu verfolgen, da sich die Fasern im Gebiet der Kopf- drüsen verlieren. Wahrscheinlich begeben sie sich zum Hautmuskel- schlauch. I^flhre eigne Muskulatur besitzt auch die Haftgrube des Vorder- endes, die besonders bei den größeren Tricladenarten, Dendrocoelum punctdttiiii. Planaria lactea usw. große Komplikation erfährt. Endlich treten dorsoventrale und schräglongitudinale Faserzüge Textfig. 1. 164 Pavil Steinmann, mit den Längsniuskelbündeln der Phaiynge in Verbindung und dienen als Retractoren des Rüssels. Die Muskulatur des Pharynx und des Copulationsapparates wird bei der Betrachtung dieser Organsysteme Besprechung erfahren. Histologisch weicht die Muskulatur von der andrer Tricladen durch- aus nicht ab (vgl. Böhmig, 1, S. 389). Mesenehym. Das zwischen den einzelnen Organsystemen sich ausbreitende Ge- webe, das wir mit Böhmig Mesenehym nennen wollen, ist in seinen Einzelheiten durchaus noch nicht genau bekannt. Beim Studium der Regeneration von Planaria teratophila (14) S. 5:51 habe ich versucht, das Gewebe zu analysieren. Trotzdem ich den allgemeinen Aufbau erkannt zu haben glaube, ist mir die Bedeutung der einzelnen Ele- mente keineswegs klar. So viel ist sicher, man hat es hier mit einem embryonalen und des- halb vielgestaltigen, multipotenten Gewebe zu tun. In ihm spielen sich die komplizierten Vorgänge der Umdifferenzierung des Zellersatzes, der Reduktion und des Nahrungstransportes ab. Von ihm gehen die Neubildungen, die Anlage des Geschlechtsapparates beim Eintritt der Geschlechtsreife und die regenerativen Prozesse aus. Das Mesenehym besteht aus einer spongiösen mit Hohlräumen durchsetzten Grundsubstanz und aus Zellen, welche in dieses netz- bildende Plasma eingebettet sind. Die Zellen können sehr verschieden aussehen. Am häufigsten haben sie die Form eines Sternes. Den Strahlen entsprechen feine Plasmaausläufer, die sich in der spongiö- sen Grundsubstanz verlieren und sich gelögentlich mit den Ausläufern benachbarter Mesenchymzellen verbinden. Dann und wann wird die Zahl der Ausläufer reduziert, es entstehen bipolare, spindel- förmige Zellen, deren Plasma sich intensiver färbt als das der stern- förmigen Zellen. Besonders die Ausläufer nehmen bei Behandlung mit Eisenhämatoxylin eine tief dunkle Färbung an. Der Zellkern kann verschieden gestaltet sein. Die häufigste Form ist die eines Eies. Er kann sich jedoch auch spindelförmig strecken. Ebenso wechselnd ist das Auftreten oder Fehlen des sognenannten Nucleolus, eines kleinen, sich sehr dunkel färbenden Körperchens im Kern der Mesenchymzelle. Da und dort findet man völlig abgerundete Zellen mit kleinem Plasma- hof. Dies sind die sogenannten »Stammzellen«, denen man eine große Bedeutung für die bildenden und regenerativen Prozesse beimißt. Es scheint mir jedoch nicht erwiesen, ob die sternförmigen Zellen des Untersuchungen an neuen Triclarlen. 165 Mesenchyms, die sich mit doii spindelförmigen und mit den Stammzellen durch alle möglichen "Übergänge verbinden lassen, nicht eine ebenso große Rolle bei den genannten Vorkcmmnissen spielen, wie die Stammzellen, die vielleicht nichts andres als ruhende Mesenchym- zellen, Reservezellen, sind. Nicht selten kann man im Mesenchymgewebc isolierte Kerne be- obachten, deren Plasma sich entweder gar nicht vom Grundgewebe abhebt, oder so gering entwickelt ist, daß es bei unsern Untersuchungs- methoden sar nicht sichtbar wird. Solche isolierte Kerne findet man im Plasma zerstreut. An manchen Stellen mehrt sich ihre Zahl, wie das auch Böhmig (1) für die Region hinter den Ovarien von Sahussowia dioica angibt, so daß eine Art embryonalen Syncytiums zustande kommt. Verdauungsapparat . Der Verdauungsapparat von Planaria teratophüa ist außerordent- lich kompliziert durch das Merkmal der Polypharyngie, dessen Be- deutung ich schon früher (15) auseinander gesetzt habe. Ich muß in die Speciesbeschreibung eine Anzahl besonders bevorzugter Abnormi- täten in der Ausbildung des Digestionssystems aufnehmen, weil diese Xeigung zu Mißbildungen in hohem Grade typisch ist füi nnsre Art. Diese Komplikationen, die der Species ihren Namen eingetragen ..u,ben, gehen so weit, daß es überhaupt schwierig ist, den Apparat unter ein- heitlichem Gesichtspunkte zusammenzufassen, die Variabilität von In- dividuum zu Individuum ist außerordentlich groß. Immer in der Einzahl ist zu finden die Öffnung der Pharynxtasche oder die äußere Mundöffnung. Sie ist sehr dehnbar und vermag eine bedeutende Zahl Rüssel (fünf bis sieben) austreten zu lassen. Bei der Konservierung kann man jedoch oft beobachten, daß die Öffnung für die gleichzeitig nach außen drängenden Pharynge zu eng ist. Dann pflegt die ventrale, oft auch die dorsale Körper wand zu platzen, und die Rüssel dringen aus dieser Wunde ins Freie. Durch die äußere Mundöffnung gelangt man in die Rüsselhöhle, einen langgestreckten Sack, der durch vorspringende Septen in eine Anzahl kleinerer Taschen zerfällt. Die Zahl der sekundären Rüssel- taschen entspricht der der Rüssel, schwankt also von Individuum zu Indi- viduum. Sie können zur Hauptachse sehr verschieden orientiert sein, sind aber im allgemeinen, wie das die dorsoventral abgeflachte Körper- form bedingt, seitlich gelegen, verlaufen schräg nach hinten und halten die Horizontalebeue ein. Nicht selten haben sie auch einen schräg IßG Paul Steinmann, dorso ventralen oder ventrodorsalen Verlauf. Wie Mräzek (10) ver- mutet, und wie ich bei meinen Regenerationsversuchen nachweisen konnte, ist jede Rüsselhöhle ursprünglich ein selbständiges Gebilde, das sich im Mesenchym unabhängig von dem übrigen Pharyngeal - apparat biklet. Erst sekundär bricht diese Höhle in die Haupttasche durch. Aus dieser Entstehungsweise erklären sich die großen Ver- schiedenheiten in der Orientierung der Nebentaschen zur Haupttasche, wenn auch ein einheitlicher von den Zug- und Druckmomenten im Planarienkörper bedingter Grundplan nicht verkannt werden kann. Die Zahl der Rüssel ist großen Schwankungen unterworfen. In dieser Beziehung variiert Planaria terutophila mehr als ihre Verwandte in Montenegro. In der ersten Jugend sind die Tiere wohl einrüsselig. Die kleinsten Exemplare, die ich fand, besaßen drei bis fünf Rüssel. Bei geschlechtsreifen finden sich gewöhnlich 11 — 15. Gelegentlich fand ich 17. Auffällig ist die ungerade Zahl. Sie ist wohl darauf zurück- zuführen, daß die Nebenpharynge regelmäßig alternierend angelegt werden, daß also die Zahl der Nebenrüssel stets eine gerade ist. Der Hauptpharynx ist der unpaarige, älteste, der an der Vereinigungsstelle der drei Darmäste in den Darm mündet und dem Pharynx der Mono- pharyngealen entspricht. Er ist der größte und nimmt meist einen großen Raum der Rüsseltasche für sich in Anspruch. Doch auch hier herrscht große Variabilität, indem er bisweilen wenig größer ist als die ersten sekundären und kaum bis zur Mitte der Tasche reicht. Diese Verhältnisse sind meist schon von außen zu erkennen. Die durch die dorsale Körperdecke durchschimmernden Rüssel bilden gewöhnlich eine baumartige Figur, indem der Hauptpharynx axial weit nach hinten verläuft. Nicht selten scheint er jedoch ganz kurz zu sein, und die hinteren sekundären Rüssel kommen nicht mit ihm in Berührung. Die sekundären Rüssel nehmen an Größe ab, je jünger sie sind, d. h. je weiter hinten sie liegen. Mräzek (10, 11) glaubt, daß die end- gültige Zahl der Rüssel ontogenetisch früh erreicht werde, weil es ihm bei älteren Individuen nie gelang, erste Entwicklungsstadien der se- kundären Rüssel aufzufinden. Ich vermute jedoch, daß erst der Ein- tritt der Geschlechtsreife der Pharynxbildung ein Ziel setzt, ja daß sogar bei geschlechtlich voll Entwickelten eine Vermehrung der Rüssel- zahl möglich ist. Erste Entwicklungsstadien sind wohl nur deshalb schwer zu finden, weil sie sehi Imrz dauern. In wenigen Stunden entwickeln sich aus einem indifferenten Zellhaufen Rüssel und Rüssel- höhle. Ich habe keinen Grund zu zweifeln, daß diese bei der Regenera- tion sekundärer Rüssel beobachteten Vorgänge nicht auch ontogenetisch Untersuchungen an neuen Tricladen. 167 ebenso rasch ablaufen. Längere Zeit braucht dann die histologische Differenzierung der Saugorgane. Wirklich hat auch Mr4zek beobachtet, daß sich die jüngsten Pharynge anders färben als die alten. Er führt das auf die Anwesenheit von »Neoblasten«, undifferenzierten, em- bryonalen Zellen zurück. Ich kann diese Angaben Mräzeks für Planaria terotopli ila bestätigen . Ich habe an andrer Stelle Mrazeks Gedanken, der die Polypha- ryngie aid vorzeitige Regeneration bei unterdrückter Querteilung" zurückführt, weiter ausgesponnen und entwicklungsgeschichtliche Stützen (Beobachtung eines Zellenvermehrungsherdes in der Gegend, wo Selbstteilung hätte stattfinden müssen) beigebracht. Ich habe beobachtet, daß die Fission bei Planaria alpina nicht wie bei andern Formen median, sondern seitlich, und zwar einseitig beginnt. Ist nun eine solche Wunde verheilt und hat sicli auf der entsprechenden Seite ein. neuer Rüssel gebildet, so wird wahrscheinlich die nächste Teilung auf der gegenüberliegenden Seite einsetzen. So verlangen es wohl die Druckmomente im Planarienkörper. Mkazek glaubt, daß die sekundären Rüssel paarig angelegt werden und daß ihre alternierende Stellung durch sekundäre Verlagerung erklärt werden muß. Ich habe jedoch bei der Regeneration beobachtet, daß bei der Anlage der neuen Rüssel auch ein zeitliches Nacheinander stattfindet. Auch obige Überlegung spricht gegen Mräzeks Annahme. Vielleicht kann man den Vorgang der Bildung sekundärer Saug- rüssel mit der Bewegung des Pendels vergleichen. Der Ausschlag der einen Seite bedingt den Ausschlag der andern. Entsprechend der ver- zögernden Kraft der Reibung beim Pendelversuch müssen wir auch eine hemmende Kraft in Rechnung bringen. Sie ist die Ursache der successiven Größenabnahme der sekundären Rüssel. Diese Kraft beruht auf dem Kampf der Organe im Organismus, auf dem Verhältnis der bereits vorhandenen Rüssel zur Gesamtheit der übrigen Organe — man könnte vielleicht von Konkurrenz sprechen, wenn man mit diesem Jiegriff nicht zuviel Aktivität der Teilorgane verbände. Die Auslösung der Pharynxentwicklung geschieht dm"ch jene Form von Selbstteilung, die ich oben beschrieben habe. Die Ausführung und weitere Differenzierung und die Beendigung des Wachstums werden bedingt durch jene Kraft, die wir mit Morgan (9) vielleicht Organisationsgesetz (organisatioji power) nennen köimen. Ob dieses Gesetz zur Erklärung der Beschränkung der Pharynxzahl ausreicht, weiß ich nicht. Vielleicht spielt hier die Polarität eine bestimmte Rolle, indem die Pharynxbildungstendenz in der Körperregion aufhört, in 168 Paul vSteinmann, welcher sich ein heteromorpher Schwanz biklen müßte. Dafür sprechen die in Textfig. 2 abgebildeten Fähe von Schwanzmißbildungen, die in den Kolonien gar nicht selten zu beobachten sind. Sie sind wohl s«' zu erklären, daß die seitliche Selbstteilungsebene bis in die Region dei- Schwanzheteromorphose nach hinten gerückt wurde, und daß dann ein heteromorpher, anfangs (a) nach vorn, später (6) seitlich und schließ- lich (c) nach hinten gerichteter, zweiter Schwanz sich ausbihlete. Textfig. 2. Wie Mräzek an Planaria montenigrina beobachtete, sitzen dir seitlichen Rüssel den entsprechenden Abschnitten des Darmes niclit direkt auf, sondern sind mit ihnen durch einen engen Kanal verbunden Die Ausstülpungen der seitlichen hinteren Darmäste scheinen in keiner Beziehung zu den neuen Rüsseln zu stehen. Es scheint hier absolute Regellosigkeit zu herrschen. Der Darm selbst zeigt die typischen Tricladen Verhältnisse, doch ist auch er sehr »teratophil «, indem sich häufig Anastomosen zeigen. Am vorderen Darmschenkel zählte ich nie mehr als sechs sekundäre Verzweigungspaare, während Planaria alpina nach Chichkoff (2), MicOLETZKY (8) u. a. acht bis zehn solcher Ausstülpungen besitzt. Die paarigen hinteren Darmäste vereinigen sich nicht selten in der Schwanz- region hinter dem Copulationsorgan, es sind jedoch immer selmndäre Äste, die eine Verbindung hersteilen, während die Hauptäste beiderseits üntorsuchnngon an noiion Tricladen. 169 woittM'jTclu'ii iiDil tialic (Irin Köi^xmcikIc l)liii(l rndi^cn. Die Vorbiii- (luiigsstränge warm meist gestreckt und einfach. Gelegentlicli beob- achtete ich auch zwei soh-her Anastomosen, die dicht hintereinander paraUel verliefen. Sowohl im vorderen als auch im hinteren Teil des Darmes trifft man häufig Anastomosen zwischen zwei und mehr Darm- divertikeln. Ahnliches ist für verschiedene Tricladen, speziell auch für PhuKtrid Diontcnir/rimi bekannt »eworden. Histologisches. Am Hingang in die Rüsselhöhle sind die K])ithelzellen rhalxliten- frei und sehr hoch. Sie haben birnförmige Gestalt, ihre Kerne liegen im basalen Teil. Die Cüien fehlen evßt ganz in der Nähe der Öffnung. Die Ringmuskeln des Hautmuskelschlauches ordnen sich zu einem Sphincter. Die Rüsseltaschen sind von einem niedrigen Epithel ausgekleidet, dessen Zellen je nach der Dehnung verschieden hoch sind. Durch die große Komplikation infolge der Polypharyngie und der Septenbildung sieht das Epithel wie gezerrt oder wie gefaltet aus. Ja an manchen Stellen geht der epitheliale Charakter vollständig verloren. Manche Septen sehen wie eine unregelmäßige Zusammenlagerung von Zellen aus. In der Nähe der Wurzel der Pharynge ändert sich der Charakter des Taschenepithels. Die an den übrigen Stellen kaum erkennbare Basalmembran wird dicker. Die Muscularis, die nach Micoletzky (8) bei Plunaria alpina unter der Basalmembran sich finden soll, und die ich in der komplizierten Rüsseltasche von Planaria teratofhila nicht mit Sicherheit beobachten konnte, tritt unter der verdickten Basal- membran in der Nähe der Pharynxwurzeln plötzlich sehr deutlich aul, .Vuch eingesenkte Kerne sind in diesem Gebiet' zu beobachten, und Jander (.")) hat wohl recht, wenn er diesen Teil der Taschenwandung als zum Pharynx gehörend betrachtet. Der voll differenzierte Einzel- pharynx gleicht histologisch sehr dem Rüssel von Pkmaria alpina. Es lassen sich an ihm drei Hauptschichten unterscheiden, deren Elemente hier in ihrer Reihenfolge von außen nach innen besprochen werdeji sollen. a. Außenschicht. Sie setzt sich zusammen aus 1) Schicht der Epithelplatten, kernlos mit kurzen, kräftigen Cilien. 2) Basalmembran, vielfach durchbohrt von den Ausläufern der Epithelplatten und von Drüsenausführgängen. 3) Äußere Muskelschicht, bestehend aus äußeren Längsmuskeln (in Bänder gestellt, mäßig hoch) und äußer n Ringmuskeln (mehrere Lagen). 170 ' Paul Steinmann, Darauf folgen nach innen die eingesenkten Teile der Epithelzellen, die kernhaltigen Fortsätze, die sich durch die Basalmembran und durch die Muskulatur des Hautniuskelschlauches hindurchbohren. b, Mittelschicht. Sie ist vorwiegend drüsiger und nervöser Natur. Im Gegensatz zu Micoletzky (8) fand ich zwei durch Hämato- xylin-Eosinfärbung scharf zu unterscheidende Gebiete von Drüsen- ausführ gangen. Die äußere Drüsenzone, den »glandes muqueuses« von Chichkoff (2) entsprechend, besteht bei Phnnria teratophüa nicht wie bei Planaria alfina »der Hauptsache nach aus (cyanophilen) Schleim- drüsengängen«, sondern die dichtstehenden Drüsengänge färben sich intensiv und ausschließlich rot. Die Drüsenkörper konnte ich im Pharynx selbst nicht nachweisen, ebensowenig wie die der cyanophilen Pharyngealdrüsen. Sie liegen in der Umgebung der Pharynxwurzel im Mesenchym eingebettet. Die Entleerung des Secretcs geschieht durch die Drüsengänge, die intercellulär verlaufen und Spalträume zwischen den Mesenchymelementen zu sein scheinen. Nach innen schließt sich eine Nervenzone in Form eines Netzes von longitudinalen und horizontalen bzw. peripheren Faserzügen an. Ob dieser Nervenkomplex mit dem Central nervensystem verbunden ist, konnte ich nicht feststellen. Jedenfalls bildet er ein in sich geschlos- senes, nicht rein motorisches System. Dies schließe ich aus der Beob- achtung, daß isolierte lebende Rüssel auf Reize durch Kontraktion reagieren. Sehr zweifelhaft erscheint mir, ob die hinteren sekundären Rüssel in nervösem Kontakt mit dem Centralsystem stehen. Ich konnte feststellen, daß bei der Bildung sekundärer Rüssel der Nerven - plexus keineswegs durch Einwachsen von Nerven entsteht, sondern sich wie alle Elemente des Pharynx aus dem indifferenten Mesenchym- zellmaterial (vgl. Stamm- oder Bildungszellen) aufbaut. Auf die Nervenzone folgt einwärts die innere Drüsenregion, die bei Planaria alpina nach Micoletzky (8) viermal so breit ist als die äußere und deren Secret, sich nur schwach rosa oder leicht lila färbt. Bei Planaria teratophila ist diese Zone kaum breiter als die erythrophile äußere. Das in den bündeiförmig angeordneten Gängen enthaltene Secret ist cyanophil und hat ein eigentümliches körniges Aussehen. In der Nähe der Pharynxlippe divergieren die Ausführgänge, und die Zone nimmt einen breiteren Raum ein. c. Innenschicht. Der inneren Drüsenschicht liegt eine sich aus Muskel schichten und Epithel zusammensetzende Schicht an, die sich in den verschiedenen Regionen auch etwas verschieden verhält. Dieser Unterschied betrifft das Masseuverhältnis der Muskelschichten und l'ntprsiirliiiaccn an nrnon Trirlarlrn. 171 • las VorhaltcMi dos Pjpithcls. Letzteres ist nur im distalsten Teile des Rüssels eingesenkt und geht, indem die kernhaltigen Teile allmählich an die Ohcrfläche rücken, in ein einfaches, kernhaltiges Epithel über. Dort, wo die Kerne wieder in ihren Zellen vorkommen, ändert das Gewebe seinen Charakter. Die Wimpern fehlen, die Zellen zeigen da und dort keulenförmige Hervorwölbimgen (vgl. Mr.4zek, 10), die Zellcn- Icerne sind länglich und stellen sich radial. Möglich ist es, daß auch diese Verhältnisse variieren, indem das eben geschilderte Verhalten des Epithels nur bei starker Kontraktion beobachtet wird. Die Muskel schichten der innern Region bestehen aus Längs- und Ringmuskeln. Letztere sind sehr stark entwickelt, nehmen aber im ilistalen Teil etwas ab. Sie bestehen aus fünf bis sechs Schichten, die sich nicht scharf voneinander abtrennen lassen. Die Längsmuskeln der inneren Region legen sich nach außen an die Ringmuskelschicht an. Sie besteht aus starken, bündelbildenden Fasern, die in zwei Lagen (im proximalen Teil stellenweise in drei Lagen) an- geordnet sind. Die häufig zu beobachtenden Radiärmuskeln durchziehen alle drei Schichten des Pharynx in streng radialer Richtung. Ihre Insertion konnte nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Ebenfalls radialen Verlauf haben die an der Außenfläche des Rüssels mündenden Drüsengänge, die von den Bündeln der äußeren Drüsenzone abzweigen. Die Pharynxlippe ist wimperlos. Sic besitzt auch kein eigentliches Epithel, da Innen- und Außenepithel am Lippenrand aufhören. Die Untersuchung des Lippenrandes wird sehr erschwert, ja unmöglich ge- macht durch die große Zahl der hier mündenden prall gefüllten Aus- führgänge. Den größten Teil der läppe nehmen die cyanophilen Gänge der inneren Region ein. Auf einer relativ schmalen Zone münden die erythro[)hilen, äußeren Gänge. Die Muskulatur der Pharynxwurzel verhält sich wie bei andern Tricladen, indem auch hier die inneren Längsmuskeln nach dem Haut- inuskelsehlauch hin abbiegen. Diese Verhältnisse sind nur am Haupt- pharynx und nur auf Sagittalschnitten deutlich zu sehen. Im Verlauf gleichen diese Pharynxretractoren vollkommen den Dorsoventral- niuskeln. Weder der Hauptpharynx, noch die sekundären Pharynge sitzen dem Darm direkt auf. Die Kommunikation wird durch einen engen Kanal hergestellt, dessen Bildung ich bei meinen Regenerationsstu- dien (U) verfolgt habe (S. 562). 172 Paul Steinmann, Das Darmepithel besteht auch hier aus den digestiven Darinzellen, deren Plasma sich relativ dunkel färbt und viel Vacuolen enthält, sowie aus den hauptsächlich in der Gegend des Darmnumdes gelegenen sogenannten Körnerkolben. Meine Auffassung von diesen Gebilden habe ich in meiner Regenerationsarbeit (14) dargelegt. Ich halte sie für »Stoffträger«, die sich aus Darmzellen oder aus Mesenchymzellen gebildet haben. Diese Ansicht ist auf S. 539 der zitierten Arbeit näher begründet. Eine Eigenmuskulatur konnte am Darm von Planaria teratophila nicht nachgewiesen werden. Die Fasern, die sich um den Darm legen und die oft zu einer Art Membran zusammentreten, sind bindegewebiger Natur, wie ich durch Pikrinsäurefuchsinfärbung feststellte. Oft beob- achtete ich, daß die Körper- oder Mesenchymmuskulatur, speziell die dorsoventralen Elemente, sich sehr nahe an den Darm legen. Mög- licherweise haben sie den Forschern, die eine Eigenmuskulatur des Darmes beobacheten, eine solche vorgetäuscht. Im ganzen schließt sich der Verdauungsapparat in seinem Bau au den von Planaria alpina an. Die Abweichungen erklären sich aus dem Merkmal der Polypharyngie. Als bemerkenswert hebe ich hier noch einmal die strenge Sonderung von erythrophiler und cyanophiler Drüsenzone, bzw. die verschiedene Affinität des Secretes zu Farbstoffen hervor, die Planaria teratophila vor Planaria alpina und Planaria montenigrina auszeichnet. Excretionssy stem . Das Excretionssysteni konnte ich nach meinen Schnitten nicht in seiner ganzen Ausdehnung erkennen, da sich die Schnittdicke von 10 // nicht als günstig erwies. So kann ich mir hauptsächlich von den ven- tralen Kanälen kein vollständiges Bild machen. Die Untersuchung des Excretionsapparates erfordert viel Übung und Zeit, da die Kanäle in dem Maschenwerk des Mesenchyms oft schwer zu erkennen sind. Ich will hier meine lückenhaften Befunde, die ich bei späterer Gelegenheit zu ergänzen hoffe, bekannt geben: Wie bei Planaria alpina findet man bei Planaria teratophila zwei dorsale Paare von Excretionsstämmen, die im vorderen Teil Anasto- mosen zeigen und hinten definitiv zu einem einheitlichen Stamm ver- schmelzen. Der Kopf ist von mehreren quer verlaufenden Gefäßen durchzogen, wie ich auf Sagittalschnitten beobachten konnte. Diese Stämme liegen dorsal etwas hinter dem Gehirn in der Gegend der cyanophilen Ki)pfdrüsen. Ihr Verlauf ließ sich nicht genau verfolgen. rnfcrsuchiinaon nn iiciion Tricindon. 1 7-^ Die Zahl dnapparat von der äußeren Körperhaut, dem sogenannten Kragen, überdeckt. Das Hypostoni hat sich in die Textfig. 3. Qiieisohnitt durch die Rüsselbasis eines freilebenden Weibchens, geführt auf der Linie b in Text- ligur 1. 30 X vergr. (schematiseh). Bezeichnungen wie Textfig. 1. M. .Mundhöhle. Textfig. 4. Querschnitt durch den Kragen eines freilebenden Weibchens, geführt auf der Linie c in Textfig. 1. .30 X verar. (schematiseh). Bezeichnungen wie Textfig. I. Kr. Kragen: rf. dorsale Mundhöhle: PI. elastische Platte; 1'. v(Mitr:ilc Miuidhöhle. ventrale Mundhöhlenwand und die ventrale Körperwand geteilt. Die ventrale Mundhöhlen wand hat sich in der Mittellinie noch tiefer aus- gebuchtet, und der dadurch entstandene ventrale Raum {v) ist von dem dorsalen Rohr {d) durch eine dünne Chitinplatte {PI) abgetrennt, die links und rechts der ventralen Rohrwand lose aufliegt. Die Lage der dorsalen Höhle zur ventralen wird am besten durch einen Sagittalschnitt veranschaulicht, der parallel zur Medianebene und ungefähr 40 tt von ihr entfernt geführt ist. Er ist auf Fig. 1 dar- gestellt. Ganz rechts im Bilde ist die ungeteilte Mundhöhle (M) als 13* 192 Katharina Samson, langes Rohr getroffen, begrenzt von der Chelicerenscheide (Sek) und vom Hypostom (//). Sodann teilt sich das Rohr in zwei Hohlräume, einen großen dorsalen {d) und einen kleinen ventralen {v). Beide werden durch eine elastische Platte voneinander getrennt, die sich als Fort- setzung der ventralen Wand des dorsalen Rohres darstellt und hier nicht wie auf Textfig. 4 der ventralen Höhle dicht aufliegt, sondern der dorsalen Wand genähert ist. Betrachten wir noch ein weiteres Querschnittsbild, auf der Höhe der Linie d in Textfig. 1 gelegen, so sehen wir, daß am Ende der dorsalen Höhle links und rechts der Speichel- drüsengang mündet (Sj) in Textfig. 5). Die dorsale Höhle wäre also Textfig. 5. Querscliiiitt durch den Kragen eines freilebenden Weibchens, geführt auf der Hülie der Linie d in Textfig. 1. 30 x vergr. (schematisch). Bezeichnungen wie Textfig. 1 und 4. Sp. ^Mündung des Speicheldrüsenganges; Oe, Anschnitt des Oesophagus (Saugorgan). als Speichelhöhle zu bezeichnen. Die elastische Platte wird durch austretenden Speichel nach unten gedrückt und schließt so die ventrale Höhle gegen die Speichelhöhle ab. Aus der ventralen Höhle entspringt der Oesophagus, der aus zwei vollständig verschiedenen Abschnitten besteht, aus dem festen Saug- organ und aus dem weichhäutigen Oesophagusteil, der die Gangiien- masse durchsetzt und in den Mitteldarm einmündet. Das Saugorgan der Zecke steht senkrecht auf der ventralen Wand des ventralen Mund- höhlenabschnittes und besteht aus einem heberartig gebogenen Rohr (A) und einem darauf sitzenden, geraden Rohr (g), wie dies Fig. 1 veran- schaulicht. Das heberartige Rohr ist am Anfang im Querschnitt schwach hufeisenförmig nach rückwärts gebogen. Die hintere, s]3äter dorsale Wand desselben besteht aus hartem Chitin von gelber Eigenfarbe Zur Auatdinii' und Biologie von Ixodes ricinus L. 193 und ist mit LäugsroiluMi jiaiiz feiner Häkchen besetzt. Die vordere, später ventrale Wand besteht aus elastischem Chitin, das sich mit Thiazinrot dunkel rot färbt. Von der elastischen Wand ziehen Muskeln zur ventralen Körperwand (m auf Fig. 1), die den Innenraum ver- größern können. Hinter der Umbiegestelle hat das Saugorgan einen Querschnitt von der Form eines X aus elastischem Chitin (Textfig. G). Beim Cbergang in das gerade ge- streckte Rohr erweitert es sich. .--' _ und die Querschnittsform kompli- ziert sich dadurch, daß die beiden , ,, "A\UI*^ dorsalen Hörner des X sich noch- llu ■■ '. 1 (\U *-'^l, \V\ 7//\\V' "J/J -^P mals verzweigen (Textfig. 7). ^^^^ /// .w /,y Vom letzten Abschnitt des "" ^ "~ ^ /^' heberartigen Rohres bis zum Ende (^ '^^ v^ "'•^ des gestreckten Rohres wechseln an dem Oesophagus zwei Gruppen von Muskeln regelmäßig mitein- ^"^^^^ "^ , "^ ander ab, die diesen Abschnitt '^^^ zum Saugorgan gestalten. Die erste Muskelgruppe ist auf Text- Textfig. 6. f. . T ,11, c<- 1 , 1 j. OutTschiütt durch das Ende des heberarti- flgur () dargestellt. bie besteht gen Saugrohres eines Weibchens. 30 x vergr. aus einem starken Muskel (gf) jeder- Sch, CheUcerenscheide; Ch, Cheliceren; Sp, 1 1 -MI-,. 1 1 1 Spoicheldrüsengang ; m, mittleres Saugrohr; g. Seits, der an der Mittelwand des „^„^^^ Saugmuskel; kl. kleine Saugmu.keln. Rohres und an der äußeren Körper- haut angeheftet ist, und aus zwei ^T; ''■'■^ ''"' kleinen Muskeln [kl), welche die /—v^ >-^^\r' ' beiden dorsalen und die beiden Y \, X r- ^ ventralen Horner unter sich ver- •. .,- ' l / binden. Sind vier dorsale Hörner '"^ "^^y^^^^ r- - - -y vorhanden, so nähern die Muskeln r« ,f r, alle vier der Mittellinie. Jeden- g„ersehnitt durch das gestreckte Saugrohr falls bewirken die Muskeln dieser li'ieä Weibchens, so x vergr. Bezeichnungen f.. . «f. , .^, wie Textfig. 6. o, oberes Saugrohr; d, dorsale Gruppe ein Offnen des mittleren Saugmuskeln; l. laterale Sau^muskem. Rohres (;n). Die zweite Gruppe von Muskeln ist auf Fig. 7 dargestellt, wo auch die großen ((/) und kleinen (A7) Muskeln der ersten Gruppe noch teilweise angeschnitten sind. Die seitlichen Muskeln [l) nähern das untere dorsale Hörn links und rechts dem zugehörigen ventralen. Die dorsalen Muskeln {d) setzen an den unteren dorsalen Hörnern an und ziehen zur dorsalen Wand des oberen Rohres, so daß sie dieses heben können. Es ergibt nun ein Blick auf die 194 Katharina Samson. Textfiguren, daß die Muskeln kl der ersten und d der zweiten Gruppe, ebenso wie g der ersten und l der zweiten Gruppe Antagonisten sind, also nur nacheinander in Funktion treten können. Hiernach kann man sich den Saug Vorgang gut vorstellen. Haben die Muskeln der ersten Gruppe das mittlere Rohr geöffnet und dadurch einen luftverdünnten Raum geschaffen, in den das Blut einströmt, so ist gleichzeitig das obere Rohr bis auf einen Spalt geschlossen. Lassen die Muskeln nach, so üben die elastischen Wände des Rohres einen Druck auf das Blut aus und ein kleiner Teil desselben tritt am hinteren Ende des gestreckten Rohres in den zweiten Oesophagusabschnitt über. Wird nun das obere Rohr geöffnet, und zwar von hinten her beginnend, so muß das gepreßte Blut in dieses übertreten, dabei nach hinten und oben steigen. Dabei ist das mittlere Rohr bis- auf einen Spalt zusammengedrückt worden, kann nun seinerseits wieder geöffnet werden und so fort. Der zweite, weichhäutige Abschnitt des Oesophagus beginnt mit einer Erweiterung {E in Fig. 1), durchsetzt S-förmig gebogen die Ganglien- masse der Zecke und mündet in den Mitteldarm ein. Während an Mundwerkzeugen, Mundhöhle und Saugorgane die zelligen Elemente, die das Chitin gebildet haben, nur als dünner Überzug desselben er- halten geblieben waren, sind hier die Zellen der Wandung deutlich sichtbar und ziemlich hoch (Z in Fig. 15). Sie sind nach innen zu von einer feinen, gefältelten Chitinintima überzogen. Nach außen umgibt sie eine nicht eben dicke Lage von Ringmuskeln {R). Der Oesophagus ist in den Mitteldarm fernrohrartig eingeschoben. Die Mundhöhle und der Oesophagus sind von Pagenstecher unrichtig beschrieben worden, und zwar die erstere als glockenförmiges Gebilde, an das sich eine komplizierte Saugmuskulatur ansetzt, der letztere als muskulöser Schlauch. Diese Beschreibung ist verschiedent- lich übernommen worden. Wie Pagenstecher zu der Vorstellung von einer glockenförmigen Mundhöhle kam, ist leicht zu verstehen, wenn man bedenkt, daß er nur über die Präpariermethode verfügte. Er hat so den ganzen Mundhöhlenring herausgeschält, dessen größten Teil, wie dies auf Textfig. 4 und 5 zu sehen ist, die Cheliceren [Ch) einnehmen. Weniger zu verstehen ist, wie er hier eine komplizierte Saugmuskulatur sehen konnte, da an dem ganzen Mundhöhlenring außen nur ein Paar Muskeln ansetzen, und zwar an der starken Seiten- wand der Speichelhöhle zwei Muskeln, die zum Bewegungsapparat der Pedipalpen gehören. Am wenigsten ist es zu verstehen, wie E. NoRDENSKiöLD, der über moderne Schnittmethode verfügte, diese ganze Beschreibung aufnehmen konnte, mit dem Zusatz, daß sie richtig Zur Anatomie und Biologie von Ixodes ricinus L. 195 dargestellt sei, also so, als habe er sie nachgeprüft. Er beschreibt sodann den Bau des zweiten Oesophagusabschnittes als den Bau »des Oesophagus v<. Bei einem Vertreter der Ai'gasinae, bei Ornithodorus savignyi, hat Christophers die Mundhöhle und den Saugapparat des Oesophagus beschrieben. Nach ihm besteht die Mundhöhle bei Omithcdorus aus einer offenen Rinne und einer tiefen Tasche, an deren Ende die Speichel- drüsen münden und an deren ventraler Fläche der Oesophagus unter einer ihn überdeckenden Platte entspringt. Das Saugrohr hat bei Ornithodorus im Querschnitt die Form eines Dreiecks, dessen Spitzen gespalten sind. Christopheks bildet an ihm nur Muskulatur ab, die von der Seitenwand des Saugrohres zur Körperwand zieht. Er meint, daß sich das Saugorgan ziehharmonikagleich öffne und schließe. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß das Saugorgan der Argasinae 'vvirklich einfacher gebildet ist als das der Ixodinae, da die ersteren nur kurze Zeit saugen und dem Wirtstier flach anliegen, während die letzteren lange Zeit »äugen und, wenn sie eingebohrt sind, vom Wirtstier senkrecht abstehen. In einer Arbeit von Xuttall, Cooper und Smedley über die Mundwerkzeuge von Haemoph/salis punctata, also einem Vertreter der Ixodinae, ist bereits darauf hingewiesen worden, daß Pagexstechers Beschreibung unrichtig sei, daß die Mundhöhle in zwei Hälften zer- fällt, daß im Oesophagus das Saugorgan liege. Da diese Arbeit sehr kurz gefaßt ist und ihr keine Figuren beigegeben sind, so ist es schwer zu entscheiden, ob die Verfasser die Verhältnisse so gesehen haben, wie ich sie in obigem für Ixodes ricinus dargestellt habe. Sie sprechen beim Saugorgan von Öffnern und Schließermuskeln, während bei Ixodes sicher jeder Muskel einen Teil des Saugorgans öffnet, also keiner als Schließmuskel zu bezeichnen wäre. b. Mitteldarm und Enddarm. Der Mitteldarm von Ixodes ricinus besteht aus einem mittleren Sack, an dessen Ende ventral der Enddarm als kugelige Blase aufsitzt. Der Sack gibt vorn jederseits einen vSeitenast ab, von dem zwei Blind- schläuche ausgehen. Am hinteren Ende, kurz vor dem Ansatz des Enddarmes gehen vier Blindsäcke aus dem mittleren Teil hervor. Die J>age der Blindschläuche ist auf Textfig. 8 vom Rücken gesehen dar- gestellt, und zwar bei Larve, Nymphe und Weibchen. Larve und Nymphe unterscheiden sich vom Weibchen dadurch, daß der vordere Blindsack bei ihnen nach vorn umbiegt und den Raum einnimmt, 196 Katharina Samson, der beim Weibchen von der Subscutaldrüse in Anspruch genommen wird. Die Blindsäcke des Weibchens sind durch Präparation ein wenig auseinander gelegt. Was nun den histologischen Bau des Mitteldarmes anbelangt, so haben bereits E. Nordenskiöld u. S. R. Christo phees berichtet, daß er aus einer einfachen Lage von Darmzellen besteht, die auf einer Basalmembran ruhen, und diese wiederum ist von einem feinen Muskel- geflecht umgeben. Die Darmzellen sind schmal und hoch cylindrisch Textfig. 8. Mitteldann von Larve. Xymphe und Weibchen, vom Piücken gesehen, hi mäßig gefülltem Zu- stande. 10 X vergr. (schematisoh). im Bereich der Falte {F in Fig. 1), welche die Einmündungsstelle des Oesophagus umgibt. Sie flachen außerhalb derselben ab und gehen bald in das einheitliche Darmepithel über, das in gleicher Weise das mittlere Rohr und die Blindsäcke auskleidet. Dieses Epithel bietet in den verschiedenen Füllungszuständen ein sehr verschiedenartiges Bild dar, und zwar sind die Veränderungen bei Larve, Nymphe und Weibchen die gleichen, so daß ich sie zugleich bei Larve und Nymphe charakterisiere, wenn ich sie beim Weibchen beschreibe. Schneiden wir den Mitteldarm eines frisch gehäuteten Weibchens, das bereits mehrmals braune Klumpen durch den After abgesetzt hat, so finden wir ein gleichartiges Epithel und dazwischen vereinzelt tief- braune Zellen, von denen eine auf Fig. 2 im Lumen liegt. Von der Bedeutung dieser Zellen, sowie der zuvor erwähnten, braunen Klumpen soll erst später gesprochen werden. Wenn wir das übrige Darmepithel Ziii' Anatoiiiic iiiul Hiolitgic von I.mkIis liiiniis L. 197 Ix'traclitcii. so st'hcii wir. daß die Zollen zwar unregelmäßig geformt, aljer gleichartig strukturiert sind. Alle sind wolil begrenzt, enthalten einen kleinen, dunkel gelärbten Kern (/v), von dem wenige zarte Plasma- uerüstfäilen oder Linien ausgehen und das spärliche, feinkörnige Proto- plasma durchziehen. Das Auffallende an diesen Zellen ist, daß sie dicht mit Nährkugeln (A^) durchsetzt sind. Diese Kugeln haben ungefärbt (in gelbliches Aussehen, sind opak und bestehen aus einer geformten Masse. Nach Behandlung mit Eisenhämatoxylin erscheinen sie schwarz. 'i>iese Kugeln sind die Reste der vorigen Mahlzeit, die beim Weibchen '- Monate zui-ückliegt. Von ihnen nährt sich das Tier einige Zeit, während sein Chitin erhärtet \md seine Ovarien reifen. Betrachten wir nun den Darm des hungrigen, befruchteten Weib- cliens, das auf Beute lauert, so sehen w^ii-, daß der beschriebene, fett- artige Xährvorrat bis auf wenige Kugeln [N in Fig. 3) aufgebraucht ist. Der ganze Darm ist in sich zusammengesunken, wodurch sich die Basalmembran {B) gefaltet hat. Die Zellen sind klein und enthalten große Hohlräume. Der Kern (/i) ist hell geworden, enthält also nur wenig Chromatin, das hauptsächlich an seiner Peripherie angeordnet ist. Der runde Nucleolus, den im vorigen Stadium das dichte Chromatin überdeckte, ist hier sichtbar geworden. Findet nun das AVeibchen Gelegenheit, sich einem Wirtstier an- zuheften, so strömt dessen Blut in den Mitteldarm ein und dehnt dessen Wandung so sehr aus, daß die Zellen der Darmwand nur noch als ein [>latter Belag erscheinen. Noch bevor das Tier seinen Wirt verläßt, beginnt der Verdauungs Vorgang. Um die Darstellung dieses kom- plizierten Vorganges einfacher zu gestalten, habe ich zur schriftlichen und zeichnerischen Wiedergabe Präparate gewählt, die nach einer einheitlichen Methode gefärbt waren, und zwar mit Thiaziiu'ot-Toluidin- b!au, und möchte mich nun einfach auf die damit erzielten Farbe- differenzen beziehen, ohne jedesmal die Färbemethode anzuführen. Der Verdauungsvorgang beginnt damit, daß die Zellen höher werden, blaue Piasmafibrillen in großer Zahl ausbilden, und daß einzelne Zellen sich tief in die Blutmasse hinein verwölben, die dann reich an großen \acuolen sind. Dieses Stadium ist von E. Nordenskiöld abgebildet worden. Auf diesem Stadium müssen die Mitteldarmzellen secretorisch tätig sein; denn das Blut, das beim Verlassen des Wirtstieres noch aus regellosen Plättchen, Kristallen und unveränderten roten Blutkörpern bestand, ist nach wenigen Tagen in eine gleichförmige Flüssigkeit umgewandelt, die nur noch Reste von Blutkörpern enthält. Nach wieder einigen Tagen sind auch diese verschwunden. In der Folgezeit 198 Katharina Samson, verändert sich das Blut im Darmlumen nicht mehr. Es bleibt stets flüssig und hat im frischen Zustand eine tief braunrote Farbe, die bei der Konservierung durch Alkohol ausgezogen wird. Im Präparat stellt sich das umgewandelte Blut als gleichmäßig feinkörnige Masse dar, die sich rot färbt. Mit dieser Umwandlung des Blutes hat die secretorische Tätigkeit des Darmes ihr Ende erreicht und die resorbierende beginnt. Die zuvor erwähnten, weit vorgewölbten Zellen nehmen an Zahl und Umfang zu, so daß der Unterschied zwischen ihnen und den dazwischen liegenden, kleinen Zellen ein sehr scharfer wird und das Epithel aus zwei Zell- arten zusammengesetzt zu sein scheint (Fig. -i). Dieser Gegensatz ist tatsächlich nur ein scheinbarer, denn die kleinen Zellen (kl) sind die Ersatzzellen für die großen (gr), resorbierenden. Die kleinen Zellen färben sich tief dunkelblau, d. h. das sie ganz erfüllende Netzwerk starker Fibrillen {F), das unregelmäßige, vacuolenartige Räume zwischen sich faßt. Den Fibrillen sitzen stellenweise große Körner auf. Der Kern {K) besitzt wie bei allen Mitteldarmzellen eine zarte Kernmembran und einen sehr großen Nucleolus. Das Chromatin der Kerne der kleinen Zellen (Ki) ist grobkörnig. Bei den großen Zellen liegen die Kerne meist in ihrer oberen Hälfte {K^), sind etwas kleiner und haben fein- körniges Chromatin. Das Plasma der großen Zellen besteht aus einem gleichmäßigen, feinen Wabenwerk, das sich blaßrosa färbt. In der Mitte der Fig. •! liegt eine Zelle (Z), die sich aus einer dunklen, kleinen in eine große, helle umzuwandeln im Begriff steht. Sie hat sich ein wenig vorgewölbt, und die dem Lumen zugekehrte Spitze zeigt bereits das rosa Wabenwerk, während an der Basis der Zelle noch dicke blaue Fibrillen liegen. Der Kern (K^) ist ebenfalls vorgerückt und hat bei der Umbildung eine sehr regelmäßige Form angenommen. Der Nucleolus hat seine Substanz aufgelockert und dadurch um das Doppelte an Größe zugenommen. Um den Nucleolus herum haben sich die Kern- fäden sonnenblumenartig angeordnet. Ihnen sitzen kugelrunde Chro- matinkörner auf. Bei Tieren, die sich gerade in diesem Stadium be- finden, kann man auf jedem Schnitt eine solche sich umwandelnde Zelle finden. Nach innen zu haben die Zellen eine fortlaufende Intima (/) ausgebildet, auf welche sich die gut ausgebildeten Zellgrenzen nicht fortsetzen. Der Beginn der resorbierenden Tätigkeit der großen Zellen äußert sich darin, daß in ihnen rote, opake Kugeln (r in Fig. 4) von verschiedener Größe auftreten, die genau die Farbe des im Darmlumen liegenden Blutes haben. Von diesen Kugeln können die Zellen so viele aufnehmen, Ziii' Aiiatoiiiif und Biologie von Ixodes ricinus L. 19'.' iaß sie ganz davon (Mt'üUt (Msclu-incn, oder die Umwandlung der roten Kugeln kann beginnen, bevor dieses 8tariin iMwachsenen Weibchen bilden sie sich sehr bahl nach Verlassen des Wirtes völlilatte von zwei Zellschichten aufgebaut wird, von der eben erwähnten und von der gewöhnlichen Matrixlage, die auf den das Atmungsorgan betreffenden Figuren nicht mit abgebildet ist, da sie außer den unter den Porenkanälen gelegenen Porenzellen keine Be- sonderheiten darbietet und die Klarheit der Bilder nur vermindern könnte. Das in Textfig. 10 abgebildete Stadium ist außerdem insofern inter- essant, als es wenigstens für den vorliegenden Fall die alte Streitfrage entscheidet, ob das Chi- tin von den Zellen aus- geschieden werde oder als Umwandlungspro- dukt der Zellen zu be- trachtensei. Hier scheint sich nun die obere Zell- schicht oder der Rest einer solchen in Chitin umzuwandeln, da diese Zellen nirgends mehr mit dem Plasma der Körperzellen in Verbindung stehen und später an der Stelle, wo sie lagen, auch bei starker Vergrößerung keine Spalte oder Einlagerung im Chitin zu sehen ist. Ich komme nach dieser Abschweifung zur Beschreibung der unter der Stigmenplatte gelegenen Atemhöhle. Sie hat bei dgr Nymphe die Form einer Kugel {Ä in Fig. 11). Von der Stigmenplatte ragt ein feines, Luft zuführendes Rohr in sie hinein. An der hinteren, ventralen Fläche der Kugel entspringt ein sichelförmiges Rohr {R), dessen dorsale Wand fest ist. Die ventrale besteht aus leicht gefälteltem, elastischem Chitin und ist in eine tiefe Mittelfalte (F) gelegt. Am Ende sitzt dem sichelförmigen Rohr das Tracheenbüschel (Tr) an. Das Rohr vselbst ist als Verschlußapparat aufzufassen. Durch Blutdruck kann die gefaltete, ventrale Wand gegen die dorsale gepreßt werden, so daß 14* Textfig. 10. Teil cineä Querschnittes durch die Stigmenplatte einer noch unter der Larvenhaut liegenden Nymphe. Z, Bildungszelle der Platte. 1000 x vergr. 208 Katharina Samf;on, keine Luft in die Tracheen dringen kann. Bei Nachlassen des Druckes schnellt die elastische Falte in ihre frühere Lage zurück, und das Rohr ist geöffnet. Durch diese Vorrichtung erklärt es sich, wie Zecken längere Zeit in giftigen Gasen und im Wasser ohne Schaden verweilen können. Deutlicher ist der Verschlußapparat beim erwachsenen Tier aus- gebildet. Er ist in Fig. 10 auf einem Querschnitt vom Weibchen dar- gestellt. Das Stigma und der luftzuführende Kanal sind auf diesem Schnitt nicht getroffen. Dieser durchsetzt in schräger Richtung als einfache Durchbohrung das Chitin der Stigmenplatte und wird in die Atemhöhle hinein nicht fortgesetzt. Die Atemhöhle {Ä) hat ungefähr die Form eines EUipsoids. An der hinteren Fläche setzt wieder ein schwach sichelförmig gebogenes Rohr {R) an, das bedeutend weiter ist als bei der Nymphe. Dagegen sind seine Elemente die gleichen ge- blieben. Wir finden wieder die starre dorsale Wand {d), die elastische ventrale Wand (v) mit der tiefen Mittelfalte (F), welche die letztere in zwei Abschnitte zerlegt. Der zweite, innere Abschnitt trägt auf der hinteren Fläche einen dichten Häkchenbesatz. Eine große Zahl von Tracheen ( Tr) sitzt beim erwachsenen Tier dem Ende des Rohres auf. Der Verschluß desselben wird wie bei der Nymphe durch Blutdruck bewerkstelligt. Ich habe Tiere geschnitten, bei denen der zwischen Atemhöhle und Mittelfalte gelegene Raum so prall mit Blut gefüllt war, daß die ventrale Wand der dorsalen fest auflag. Das öffnen des Verschlußapparates geschieht hier durch Muskeln, zwei kurze ventrale (mg) und einen langen dorsalen (wi^), die sämtlich zur äußeren Körper- haut ziehen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß die Muskeln bei der regulären Atmung beteiligt sind und durch Offnen des Rohres einen Inspirationsstrom erzeugen. Nun noch ein Wort über den Häkchenbesatz der ventralen Wand zuinnerst von der Mittelfalte. Ein Nutzen, den dieser vielleicht als Reinigungsapparat haben sollte, läßt sich schwer vorstellen, da der Hauptluftstrom gar nicht an ihm vorbei streicht, sondern direkt in die großen dorsalen Tracheen geht. Dagegen erinnert die Bildung an die Lungenlamellen der Spinnen, die an ihrer dem Stigma abgewandten Fläche mit solchen Dornen besetzt sind (nach MacLeod). Treten wir der Auffassung MacLeods bei, der die Tracheenlungen als um- gewandelte Lim.ulus -Kiemen und daher als die ursprünglichen Atmungs- organe der Arachnoideen ansieht, aus deren hinterem Abschnitt sich später die Tracheen gebildet haben, so läge es nahe, die Verschlußfalte mit dem Häkchenbesatz für den Rest einer Lungenlamelle zu halten. Zur Aiiatomio und Biologie von Ixodes ricinus L. 209 Nun hat vor i-iiiij^er Zeit Jawouüwski die Entwiclvlunfji; der Tracheen- Iu!i!j;e bei Trochosa singoriensis verfolgt und gibt an, daß sich zuerst ein Vorraum und Tracheen anlegen. Diese bilden sich zurück, während sich die Wand des Vorraumes in die laingenfalten legt. Ein solcher Entwirklungsvorgang, welcher der Bestätigung bedarf, würde natür- lich gegen die Ursprünglichkeit der Tracheenlungen sprechen. Trotzdem könnten die Milben von Formen mit Tracheenlunge abstammen und ein Rest derselben bei den Zecken erhalten geblieben sein. Was die vorhandene Literatur über den feineren Bau der Atmungs- organe der Zecken anbelangt, so findet sich bei Williams ein Schnitt durch Stigmenplatte und Atemhöhle, doch gibt er nur die gröbsten Konturen wieder. Der Verschlußapparat ist bisher nicht beobachtet worden, ebensowenig der eigentliche Bau der Stigmenplatte. E. NoRüENSKiöLD hat in einer vorläufigen Mitteilung einen Schnitt durch die Stigmenplatte dargestellt, der diese schief trifft und daher keine Vorstellung vom Bau derselben gibt. Ihm kam es auch wohl mehr darauf an, die unter den Porenkanälen gelegenen Zellen zu zeigen, die sich allerdings auch auf einem senkrecht geführten Schnitt besser darstellen. Er spricht diese Zellen als Sinnesorgane an, ohne einen herantretenden Nerven nachzuweisen. Ich bin mir über die Natur dieser Zellen noch nicht im klaren. V. Herz und Gefäße. Sowohl die Jugendformen des Holzbocks, als auch die erwachsenen Tiere besitzen ein Herz. Dieses liegt dicht unter der Rückenhaut in der Mittellinie des Körpers, in der gleichen Querschnittsebene mit den seitlich gelegenen Stigmen. Es wird links und rechts gehalten durch ein schmales, quergestreiftes Muskelbündel, das sich von der Transversal- muskulatm- des Körpers abzweigt. Mit dem Epithel der Rückenwand des Körpers tritt es durch zwei dünne muskulöse Bänder in Verbindung. Dem Herzen legt sich seitlich eine Schlinge der M alpig Hischen Gefäße an. Auf seiner ventralen Seite grenzt es an das Mittelrohr des Darmes. Das Herz hat die Form eines Ovals, es ist breiter als lang {H in Textfig. 11). In kontrahiertem Zustand ist sein Querschnitt fast kreisrund, seine Länge beträgt dann V^ ii^wi- Im Zustand der Expansion beträgt sie 1/2 mm. Die Form des Querschnittes gleicht dann einer Sichel, deren konvexe Seite der Rückenwand des Körpers zugekehrt ist. An seinem hinteren Ende ist das Herz in zwei kleine geschlossene Zipfel ausgezogen. Es besitzt auf seiner ventralen Wand zwei Paar Ostien (0 auf Textfig. 11). Diese führen in einen Trichter, der bis 210 Katharina Sainson, zur dorsalen HiM'zwand reicht und auf einem Längsschnitt (Fig. 12) durch das Herz bei Tr zu sehen ist. Auf einem Längsschnitt, der um 10 u der Mittellinie näher liegt als der vorige (Fig. 13), zeigt sich die vordere Wand des Trichters geöffnet, und zwar in einer klappen- artigen Bildung (AI). Das Blut strömt also durch Ostien und Klappe schräg vorwärts in das Herz hinein. Herz und Trichter werden durch ein einfaches Muskelsyncytium trebüdet, wie dies bereits auf Fig. 12 und 13 zu sehen war. Li diesem Muskelschlauch ist an keiner Stelle eine Grenze oder Unterbrechung zu sehen. Auf Fig. li ist bei starker Vergrößerung ein Stück aus einem Querschnitt durch die kontrahierte Herz wand dar- gestellt. Die Primitivbündel oder Myofibrillen (M) sind eingebettet in reichlichem Protoplasma, dem Myosark, in dem große Kerne {K) liegen und das außen die Zell wand oder das Myolemm [L) umschließt. Sind die Myofibrillen längs getroffen, so erscheinen sie als ein Strang, der seitliche Äste abgibt und sich in dünnere Stränge aufspaltet. Die Myofibrillen liegen einander so dicht an, daß in den Strängen kaum eine Längsstreifung zu sehen ist. Im Querschnitt sind die Myofibrillen kreisrund {Mq). Auf Anschnitten der Herz wand sieht man, daß die seitlichen Äste der Stränge sich zu einem Maschen werk vereinigen. An längs- getroffenen Myofibrillen sind dunkle Querstreifen [Q) zu sehen, die vom Myolemm ausgehen, Myo- sark und Myofibrillen durchsetzen. An das Herz setzt sich nach vorn eine Aorta an, deren Verlauf und Verzweigung auf Textfig. 11 im Schema wiedergegeben ist. Sie läuft als dünner, gerader Schlauch {Ao) nach vorn, begibt sich dabei, der dorsalen Darmwand folgend, ventralwärts (vgl. Ao in Fig. 1), bis zu der Stelle, wo der Oesophagus in den Mitteldarm eintritt. Hier er- weitert sie sich zu einem breiten Sinus [S). Dieser Sinus gleicht, abgesehen von der ihm hinten dorsal aufsitzenden Aorta, einem Hand- schuhfinger, welcher mit der Öffnung nach vorn liegt, und in welchen die Fingerspitzenhälfte eingestülpt ist (vgl. S in Fig. 1). In dem ein- gestülpten Teil des Handschuhfingers liegen das obere und das untere Schlundganglion des Tieres und der Oesophagus, der beide trennt. Und zwar ist die dorsale und die ventrale Wand des eingestülpten Textfig. 11. Herz und Gefäße eines Weibchens von der Veu- tralseite gesehen. (Re- konstruktion.) 30 X vergr. H, Herz; 0, Ostien; Ao, Aorta; S, Aortensinus; J, 2, 3, 4, Gefäße der Beine, abgeschnitten ; K.Äo, Kopfaorta. Zur Aiiatoiiiir iiiul Uiologie von Ixodes ricinus L. 211 HaiKlscliiilitiiijffrs noch zu beiden Seiten (U's in S-f<>riniger Krüininung vcrlautriKlcii Oesophagus zusammengenäht, so daß das oljere und das untere Sclilundganglion jedes für sich in einem allseitig geschlossenen Hohlraum liegen, abgesehen von den feinen Durchbohrungen zum Durchtritt der Nerven. Dagegen befindet sich an der mittleren Finger- spitze ein rundes Loch, durch welches der Oesophagus aus der einge- stülpten Hälfte des Handschuhfingers heraustritt {D in Fig. ] ). In dem Hohlraum zwischen der Handschuhfingerwand und der Wand der eingestülpten Hälfte strömt das Blut, das durch die Aorta von hinten und dorsalwärts eintritt. Es tritt aus dem Sinus aus durch eine weite vordere Öffnung und durch vier Paare von Seitengefäßen, in welchen die Nerven der verschiedenen Beinpaare verlaufen. Die Seitengefäße streichen bis zur vorderen Coxalwand des betreffenden Beines. Hier heftet sich die vordere Seitengefäßwand an, und Nerv und Blut treten ins Lumen des Beines ein. An die vordere Öffnung des Blutsinus setzt sich ein kurzes Rohr an, in welchem der Oesophagus verläuft, und das, noch bevor dieser in den Saugapparat übergeht, offen endet. Das Rohr läßt sich als Fortsetzung der langen Aorta Kopfaorta nennen {K.Ao in Textfig. 11). Ein dorsaler Fortsatz der Kopfaorta {Kd in Fig. 1) heftet sich den Cheliceren, ein ventraler {Kv) heftet sich der ventralen Körperwand an, wodurch die Kopfaorta in ihrer Lage suspendiert bleibt. Aus ihr strömt das Blut frei in den Kopf. Was den histologischen Bau der Aorta, des Sinus und der Seiten- äste anbelangt, so ist er durchweg übereinstimmend. Die Wand der genannten Bildungen besteht aus zwei, einander abgewendeten elasti- schen Membranen {M in Fig. 15), die sich wie Muskulatur färben, aber keinerlei Struktur in sich erkennen lassen. An ihrer Innenseite sitzen ihnen kleine, längliche Kerne auf, in deren Umgebung das Proto- plasma so spärlich ist, daß es sich bei starker Vergrößerung nur als heller Schein erkennen läßt. Die beiden Membranen liegen zuweilen einander so dicht an, daß sie eine einheitliche Bildung vortäuschen. Zuweilen verlaufen sie lose nebeneinander, wie dies auf Fig. 15 der Fall ist, wo ein Querschnitt durch die Kopfaorta dargestellt ist. Im Lumen liegt der Oesophagus, wenig Blut und einige Blutkörperchen {Blk). Es sei noch kurz zusammengestellt, was bisher über das Herz der Zecken bekannt war. Pagenstecher war der Ansicht, daß bei den Zecken kein Circulationssystem vorkommt. Im Lehrbuch von Claus-Grobben heißt es über die Milben: »Nur in wenigen Fällen 212 Katharina Samson, {Gamasus, Ixodes) findet sich im Abdomen ein kurzes, sackförmiges Herz mit zwei Scitenspalten nebst Aorta.« Es war mir nicht möglich, in der Spezialliteratm* diese Beschreibung des Herzens von Ixodes ricinus zu finden. Jedenfalls ist sie nicht ganz zutreffend, da das Herz des Holzbocks vier Seitenspalten hat. Das Herz von Gamasas ist von Winkler beschrieben worden. Er sah zwei Seitenspalten und am Herzen eine lange Aorta, die nach ihm frei am Gehirn endet. Bei den Zecken erwähnt Williams, er sei nicht sicher, ob das sackförmige Gebilde, das er einmal bei Boophilus annulatus gesehen habe, ein Herz gewesen sei. Christophers hat bei Ornithcdorus ein Herz beobachtet. Über die Spaltöffnungen sagt er nichts, beschreibt aber zwei Aorten, die nach vorn zögen und deren Verlauf er nicht verfolgen konnte. Weitere Angaben liegen nicht vor. Bei einzelnen Vertretern der übrigen Arachnoideen ist das Blut- gefäßsystem genau beschrieben worden. Es finden sich dort von der Aorta ausgehend Gefäße, welche die Beine versorgen, verschiedene Kopfgefäße und einige, welche die Ganglienmasse durchsetzen. Ein das Ganglion umgebender Blutsinus scheint nicht vorhanden zu sein. Da- gegen ist bei Limulus ein solcher beschrieben worden. VI. Bindegewebe und Blut. Das fibrilläre Bindegewebe ist im Zeckenkörper gering ausgebildet. Ganz feine Fasern, denen kleine Kerne aufsitzen, ziehen zuweilen von den Organen zur Körperwand, um die ungefähre Lage der weichen Gebilde zu fixieren. Eine zarte, bindegewebige Hülle umgibt die Oviducte. Sie soll bei der Beschreibung dieser Gänge abgebildet werden. Das fettführende Bindegewebe ist bei den Zecken nicht wie bei den Insekten zu einem kompakten Fettkörper entwickelt. Bei den Larven fehlt es gänzlich, bei den Nymphen, beim Männchen und beim hungrigen Weibchen sind unter der Körperhaut und an den Tracheen vereinzelt große, unregelmäßig gebaute Zellen anzutreffen. Bei den eierlegenden Weibchen bilden sich aus diesen Zellen lange, gleich- förmige Stränge, wie ein solcher auf Fig. 16 abgebildet ist. Die Stränge bestehen aus einer verschieden großen Anzahl von Zellen und liegen zumeist unter der Kör2:)erliaut und an den Tracheen, selten zwischen den übrigen Organen. Die Zellen der Stränge (Z|) haben große Affinität zu basischen Farbstoffen. Ihr Protoplasma besteht aus einem un- regelmäßigen Netzwerk starker Fibrillen. Nur am Rand der Zellen findet sich eine hellere Zone. Der Kern besitzt eine zarte Kernmembran, reichliches Chromatin und einen großen Nucleolus. • Zur Analoinic uiul Hiulogic von Ixodes ricinus L. 213 Diese Zellen veräiuleni sich. Das PlaHina der Eckzelle eines Stranges beginnt, sich in helle, rot färbbarc Tröpfehen aufzulösen. Und zwar geht die Auflösung so weit, daß nur eine zur kugeligen Blase aufge- triebene Zellwantl übrig bleibt {Z3), die einige der erwähnten roten Tröpfchen enthält. Auch der Kern ist nicht mehr aufzufinden. Kleine, stark färbbare, unregelmäßige Körnchen (k) und runde Kugeln wäreji vielleicht als Reste der chromatischen Substanz aufzufassen. Ist die erste Zelle eines Stranges aufgelöst, so beginnt in der folgenden der Umwandlungsprozeß, bis schließlich der ganze Strang nur noch aus fast leeren Bläschen besteht. Es erscheint als wenig zweifelhaft, daß die soeben beschriebenen Zellen als Fettzellen aufzufassen sind, die im Leben von einem Fett- tropfen blasig aufgetrieben waren. Bei Behandlung mit Alkohol ist das Fett ausgezogen worden, und die Reste des Plasmas haben sich als feine Tröpfchen nahe der Zellwand niedergeschlagen. Obwohl bei den Zecken dem Gesagten zufolge der Fettkörper nur aus zarten Strängen besteht, so haben doch verschiedene Autoren einen »reichlichen Fettkörper« erwähnt. Christophers gibt an, daß bei Ornithodorus der Fettkörper nicht bedeutend entwickelt sei. Bei R/iipicephalus beschreibt er lange Balken, die aus Reihen von Zellen bestehen und mit den soeben beschriebenen identisch sein dürften. Außerdem sollen sich nach Christophers noch zwei Arten von Zellen beim Aufbau des Fettkörpers beteiligen. Eine Abbildung seines »Fett- körpers« nach dem frischen Präparat gibt so wenig histologische Einzelheiten, daß ich in den Zellen kein mir bekanntes Organ zu erkennen vermag. Das Blut der Zecken schlägt sich bei der Konservierung in Form feiner Tröpfchen nieder, die sich mit sauren Farbstoffen färben. Im Blute liegen Blutkörperchen, wie sie bei Arthropoden allgemein ange- troffen werden. Sie sind gewöhnlich kugelig, können aber ihre Form verändern und ähneln dann einfachen, metabolen Flagellaten, freilich ohne Geißeln {Blk in Fig. 16). Sie haben einen mit feinkörnigem Chromatin durchsetzten Kern und ein gleichförmiges Protoplasma, in dem Kügelchen eingelagert sein können. VII. Zur Fortpflanzungsgeschichte. a. Der weibliche Genitaltractus vor der Begattung. Bei Larve und Nymphe besteht der Genitalapparat aus zwei vor dem Enddarm gelegeneii Häufchen von Urgenitalzellen. Nach dem Saugen der Nymphe beginnen die männlichen, bzw. weiblichen 214 Katharina Samson, Genitalorgane sich zu entwickeln. Die Oogenese und Spermatogenese lasse ich unberücksichtigt, da diese von andrer Seite bearbeitet werden. Es sei hier zuerst der Genitalapparat der hungrigen, weiblichen Zecke ungefähr 14 Tage nach der Häutung beschrieben. Dieser besteht aus Ovarien und Ausführwegen. Die Ovarien {Ov in Textfig. 12) sind an ihren caudalen Enden miteinander ver- schmolzen und bilden zusammen mit den paarigen Eileitern {Ei) einen Ring. Sie bestehen beim hungernden Weibchen aus unreifen Eiern, meist mit großem Dotterbläschen und wenig Protoplasma, die um einen mittleren, von kleinen Zellen eingefaßten Gang gelagert sind {Ov in Fig. 17). Dieser Gang geht jeder- seits am oralen Ende der Ovarien in den Eileiter über. Dieser besteht beim hungrigen Weibchen aus einer ScTi. M Mr großen Anzahl kleiner undifferenzier- -M ter Zellen, die im Kreis um ein sehr enges Lumen angeordnet sind {Ei in Fig. 17). Die Eileiter ziehen nach vorn, biegen um und laufen dicht neben der Scheide nach rückwärts. Dieser rückläufige Teil der Eileiter wurde von Pagenstecher für die beiden Ovarien gehalten, die eigent- lichen Ovarien müssen ihm bei der Präparation abgerissen sein. Die bei- den Eileiter vereinigen sich zu einem gemeinsamen, unpaaren Abschnitt, den Pagenstecher Uterus nennt {ü auf Textfig. 12), und der die Form einer zweihörnigen Blase hat. Ihn umschließen beim hungrigen Weibchen kleine Zellen von embryo- nalem Charakter {TJ in Fig. 17). An seiner Wandung beginnt die Muskulatur sich anzulegen. Aus dem Uterus führt ein enges Rohr {R auf Textfig. 12 und Fig. 17) in die Scheide. Dieses Rohr ist ebenso wie die gesamte Scheide an seiner Innenfläche von einer Chitinintima ausgekleidet. Die Zellen der Wandung sind cylindrisch; sie ist in zahlreiche Falten gelegt und von einer kräftigen Ringmuskulatm* umgeben. Die eigentliche Scheide {Seh in Textfig. 12) besteht aus drei Abschnitten. Der erste reicht bis zur Einmündung der Scheidendrüsen --Ov Textfig. 12. Genitaltractus eines hungrigen Weibchens, vom Rücken gesehen. 6 x vergr. (sche- matisch). Ov, Ovar; Ei, Eileiter; JJ , Uterus; jR, enges Verbindungsrohr; Seh, Scheide; Br , Scheidendrüsen; M, Retractormus- kehi; 1', Vorhof. Zur Aimtniuie und Biologie von IxorU-s ricinus L. 215 (l)r in Tcxtfi^j;. 12). zwcirr wurslf/inni^or Drüsen, die links und rechts getrennt, durch einen kurzen Gang in die Scheide eintreten. Die Wand dieses Abschnittes besteht aus niedrigen Zellen, die nach innen zu von einer farblosen Chitinintinm ausgekleidet sind und beim hungrigen Weibehen gänzlich der umgebenden Muskulatur entbehren. Im zweiten Abschnitt der Seheide ist die Cliitinintima mit zahlreichen Paiiillrti besetzt. An diesem Teil setzen starke Muskeln an, die zur tlorsaleu Körperwand ziehen. Der dritte Abschnitt führt zur Genital- öffnung. Dieser zusammen mit dem vorigen Abschnitt waren von Pagenstecher Vorhof genannt worden. Ich will diese Bezeichnung auf den dritten Abschnitt allein anwenden. Dieser ist beim reifen \\'eibchen ausstülpbar, beim hungrigen noch nicht. Er ist mit starkem, faltigen Chitin ausgekleidet. Der Bau seiner Zellen, die der Intima dicht anliegen, ist noch gänzlich undifferenziert und soll daher, ebenso wie die sich entwickelnden Scheidendrüsen, erst beim reifen, Eier legenden Weibchen beschrieben werden. b. Die Begattung. In dem soeben dargestellten Stadium erfolgt die Begattung. Ich möchte die innere Begattung, als die mir sicher bekannte, zuerst dar- stellen, sodann die äußere, bei w'elcher ich auf Kombinationen an- gewiesen bin. Beim befruchteten Weibchen liegt in dem Teil der Scheide, der an das enge Verbindungsrohr ansetzt, eine Spermatophore. Diese besteht aus einem dichten Ballen von Spermatozoon {Sp in Fig. 17), dem ein feines Häutchen anliegt, das sich mit Eisenhämatoxylin schwärzt. Das Ganze umgibt eine Hülle von blasigem Bau, die sich mit Säurefuchsin schwach rosa färbt (//). Sie stammt aus der weißen Drüse des Männchens. Sie muß von zähflüssiger Beschaffenheit sein, da sie jede Spalte des ihr von den Scheidcnwandzellen und deren Chitinintima (Ch) freigelassenen Raumes erfüllt. Sie unterscheidet sich dadurch von der von Christophers abgebildeten Spermatophore von Ornit'iodorus, die sich als feste Cyste mit offenem Hals darstellt. Auch liegt sie bei Ornithodorus in einem besonderen Receptaculum seminis. Bei Ixodes ricinus liegt die Spermatophore in dem hintersten Abschnitt der Scheide, besonders in der unter dem engen Verbindungs- rohr gelegenen Ausbuchtung, so daß dieser ganze Teil die Funktion eines Receptaculum erfüllt. An der Stelle, wo die Mündung des Rohres die Spermatophore berührt, fehlt bald nach der Begattung die Hülle, die Zellen der Mündung müssen sie aufgelöst haben. An dieser Stelle 21G Katharina Samson, (D) treten die Spermatozoen aus der Hülle aus, steigen durch das enge Rohr in den Uterus, wo auf Fig. 17 einige von ihnen bei Sp2 ange- schnitten sind. Sie wandern sodann durch die Eileiter zu den Ovarien zur Befruchtung der Eier. 8ie dringen in diese ein, jedoch erfolgt, wie J. Wagner beobachtete, die Reifeteilung und Kernverschmelzung erst nach der Ablage des Eies. Das hungrige Weibchen heftet sich während oder nach der Be- gattung einem Wirtstier an und saugt an ihm 8 — 14 Tage. In dieser Zeit steigen alle Spermatozoen in die Eileiter auf. In der Scheide liegt nur noch die zart rosa Hülle der Spermatophore, die bei der ersten Eiablage ausgestoßen werden muß. Über den Vorgang der äußeren Begattung ist viel geschrieben worden. Die diesbezügliche Literatur findet sich bei Schlechtendal zusammengestellt, sie sei danach kurz angeführt. De Geer sah die Tiere Bauch an Bauch aneinander geheftet und nahm an, daß die Palpen als Überträger des Spermas in die weibliche Genitalöffnung eingesenkt würden. Dieses ist unrichtig. Wenn ein Männchen auf ein Weibchen trifft, so schlüpft es sofort unter dasselbe und senkt fast im Augenblick seinen Rüssel in die Genital Öffnung desselben. Die Palpen werden dabei links und rechts zur Seite gelegt und verharren so regungslos. v. Siebold sagt: vom Hoden gehen zwei feine Kanälchen nach vorn und münden an der Unterlippe aus. Diese Angabe läßt sich nicht bestätigen. Gene sah zwei kleine spindelförmige Körperchen rechts und links von der Unterlippe, die sich zurückzogen. Es könnten vielleicht die einschlagbaren Haken der Cheliceren gewesen sein. Pagenstecher, der den Bau der Hoden und der Ausführgänge beschreibt, meint, das Sperma fließe über, wenn die Tiere Bauch an Bauch liegen. Megnin, der verschiedentlich unrichtige Angaben über die Biologie der Zecken macht, spricht von einem Penis, dem der Rüssel als Führer dient, Schlechtendal selbst meint, ebenso wie Bertkau, daß das Einsenken des Rüssels, da so oft zu beobachten, mit der Begattung in Zusammen- hang stehe. Sie geben zu, daß ihnen der Vorgang selbst rätselhaft ist. In letzter Zeit hat Lewis wie i" er das Einsenken des Rüssels als Begattung aufgefaßt. Er trennte einem Weibchen, das einige Zeit mit einem Männchen in der erwähnten Lage zusammengelassen wurde, den Kopf ab und konnte sodann Spermatozoen aus dem Körper heraus- pressen. Zur Aiiiitoinic iiiul Iiit)logiü von Ixodes ricinus L. 217 Ich koiinto anderseits feststellen, dal!) das Einbohren des männ- lichen Rüssels in die weibliche Genitalöffnung nicht die Begattung bedeute. Ich schnitt zwei Tiere in dieser Lage, die bereits eine Stunde aneinander geheftet waren. Es zeigte sich, daß der Gonoduct des Weibchens leer war. In den Ausführungsgängen des Männchens war noch keine Spernmtophore gebildet. Es wäre auch eine Begattung durch den Rüssel schwer vorstellbar, da erstens der Rüssel nicht an die männliche Genitalöffnung heran- gebracht werden kann, um das Sperma von dort zu entnehmen, zweitens keinerlei Anpassung zur Aufnahme des Spermas zeigt, drittens sofort beim Zusammentreffen mit einem Weibchen eingesenkt wird. Ich konnte nun in einem Falle ein Männchen beobachten, das seit mehr als einer Stunde in der üblichen Lage dem Weibchen an- geheftet war, den Rüssel eingesenkt, das erste Beinpaar um das zweite weibliche, das zweite Beinpaar um das dritte weibliche geschlungen, das dritte und vierte auf den Rücken des Weibchens gestemmt. Dieses Männchen zog plötzlich den Rüssel heraus, machte sein erstes und zweites Beinpaar los und verankerte sich mit diesen um das erste und zweite Beinpaar des Weibchens, so daß nun die männliche Genitalöffnung unter der weiblichen liegen mußte. Das Männchen verharrte so ungefähr 2 Minuten lang, begab sich sodann in seine alte Lage zurück und schob nun von hinten her den Rüssel bis an den vorderen Rand der weiblichen Genitalöffnung, so, als drücke es etwas hinein. Diese Bewegung wieder- holte das Männchen einige 20 Male. Scjdann senkte es nochmals für eine Viertelstunde den Rüssel ein und löste sich dann endgültig von dem Weibchen. Ich m()chte nun annehmen, daß das Männchen die Spermatophore abgesetzt hat, als Genitalöffnung über Genitalöffnung lag, daß es diese mit dem Rüssel hineingestrichen hat, und daß das Einsenken des Rüssels vor der eigentlichen Begattung nur zum Aneinanderheften der Tiere und zur Erweiterung des Vorhofes dient. Nach der eigent- lichen Begattung hätte es dann den Zweck, ein Zurückgleiten der Spermatophore zu verhindern. c. Der Genitaltractus des reifen Weibchens. Während i 2:U liat cuw writi' (')lliiuii^ von di'i- Konii ciiirs Ku^clzwciccks, die innere {Bli) liiit eiiie schnulle S])alt fcirnii^f (")^fIuul^^ wie sie auf dein liängs- sclinittsbild Fig. 2S bei Sp zu sehen ist. Auf (K'ni Grunde der Ver- tiefungen stehen lange starre Sinnesborsten {ß) in der kleinen äußeren sieben, in der großen inneren neun. Da sie senkrecht auf dem Boden der (Iiiiben wie auf dci- Fnnenfläehe einer Kugel stehen, so sind ihre Spitzen gegeneinander und auf die Öffnung der Gruben zu gerichtet. Auf dem in Fig. 2S abgebildeten Schnitt ist nur die innere Grube {Bli) ((uer getroffen, von der äußeren {BLy) ist tue vordere Wand angeschnitten, da sie nicht in der gleichen Ebene, sondern ein wenig nach hinten gerückt liegt. Dagegen liegt der vor der äußeren Grube gelegene Sinnes- höcker (S) im Schnitt, der sechs bis acht ungemein lange Haare trägt, welche mit einem chitinigen Endkolben in den Höcker eingesenkt sind. Unter diesen Haaren, sowie unter den Sinnesborsten der beiden Gruben liegen dichte Haufen von Sinneszellen, deren Fortsätze sich an der Basis der zweiten Grube zu einem Nerv (N) vereinigen. Nach innen zu von der zweiten Grube steht ein Büschel von Haaren (//), die sich nicht von der übrigen Körperbehaarung unterscheiden, also wohl nur dem Schutze des Organs dienen und keine Geruchsempfindung vermitteln. Das Vermögen, ohne HALLERsches Bläschen nahe Gerüche auf- zunehmen, beruht wahrscheinlich auf über den Körper zerstreuten, einzelnen Geruchshaaren. Augen hat der Holzbock in keinem Entwick- lungsstadium. ■ Tast- und Temperatursinn sind an der ganzen Körperoberfläche vorhanden und haben wohl auch ihren Sitz in den den Körper bedecken- den Haaren. Ein besonderes Sinnesorgan, wahrscheinlich ein Tastorgan, stellt das letzte Glied am Außen- ast der Pedipalpen vor. Dieses sitzt dem vor- letzten Glied an der ventralen Fläche als kurzer beweglicher Höcker auf (// in Textfig. 18), der mit steifen, stumpfen Borsten besetzt ist. Pagen- stecher hatte bereits vermutet, daß es sich hier um ein Sinnesorgan handle. Die Lage am Ende der Palpen spricht für ein Tastorgan, da diese die Haut vor dem Einbohren des Rüssels untersuchen. Ein Querschnitt durch den Palpus, wie der auf Fig. 29 dargestellte, trifft den Höcker mit drei seiner Sinnesborsten [B) und den darunter Textfig. 18. Ventrale Ansicht des lin- ken PaliJiis eines Weib- chens. 30 X vergr. H, vier- tes Glied, Tasthöcker. 232 Katharina Samson, liegenden Sinneszellen (Z), die zusammen ein flaschenförmiges Organ bilden. Der herantretende Nerv, der im ganzen mehr dorsal verläuft, ist auf der Figur an einer Stelle {N) angeschnitten. Die den Höcker bewegende feine Muskulatur ist nicht getroffen. Dagegen ist die ge- lenkige Verbindung (G) von Höcker und drittem Palpenglied zu sehen. Ein Sinnesorgan der Zecken, das nur dem erwachsenen Weibchen zukommt, liegt unter dem von den Systematikern zur Beschreibung der Arten verwendeten Porenfeld. Das Porenfeld liegt bei Ixodes ricinus der Basis des Pedipalpenaußenastes jederseits an, es ist auf der Textfig. 1 abgebildet, wie es bei schwacher Vergrößerung in der Aufsicht erscheint. Es ist ein nur wenig erhöhtes Feld, das dicht von Haut- poren durchsetzt ist. Beim hungrigen Weibchen liegen birnförmige Zellhaufen unter den Poren; während des Saugens bildet sich das eigentliche Organ aus, kann also nur zu der nach dem Saugen erfolgenden Eiablage in Beziehung stehen. Da ich über die nähere Funktion des Organs nur haltlose Vermutungen haben kann, so möchte ich es Poren- feldorgan nennen. Es besteht aus eiförmigen Zellen, die nach außen einen feinen perzeptorischen Fortsatz in die Poren entsenden, nach innen in fibrilläre Ausläufer ausstrahlen, die sich zu einem Nerv ver- einigen, der vorn seitlich in das Gehirn einmündet; das linke und das rechte Porenfeld stehen durch nervöse Fibrillen untereinander in Verbindung. Das Organ ist in Fig. 30 auf einem Längsschnitt ge- troffen, Poren (P), Sinneszellen (S) und Nerv (N) sind bei schwacher Vergrößerung dargestellt. Von den früheren Autoren haben Bonnet und Williams das Porenfeldorgan für ein Sinnesorgan gehalten. Den feineren, cytologischen Bau dieses und der übrigen Sinnesorgane behalte ich mh* an einer größeren tropischen Zeckenform zu untersuchen vor, da die Verhältnisse bei dem kleinen Holzbock mit seinem be- sonders harten Chitin besonders ungünstig für eine solche Untersuchung liegen. Berlin, im Januar 1909. Literaturverzeichnis. A. Batelli, Note anatomo-fisiologiche sugli Ixodini. Bull. Soc. entomol. Ita- liana 1891. 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Jena 1902. J. Wagner, Die Embryonalentwicklung von Ixodes calcaratus. Trav. d. 1. Soc. d. Naturalistes d. St. Pötersbourg. Vol. XXIV. 1894. S. R. Williams, Anatoniy of Boophilus annulatus. Proceed. of the Boston Soc. of Nat. Hist. Vol. XXXIL 1905. W. Winkler, Das Herz der Acarinen. Arb. zool. Inst. Wien. Vol. VII. 1886. Erklärung der Abbildungen. Sämtliche Figuren sind mit Hilfe ZEi.ssscher Achromato. dor apochroniaten ZEissschon Ölimniersion 2 mm und mit .ABBKschom Zeichonapparat angefertigt. Tafel IX— XII. Fig. 1. Vorderer Teil eines medianen Sagittalschnittes durch ein Eier legendes Weibchen. 30 x vergr. Ch, Cheliceron ; Kr, Kragen; Seh, Chelicerenscheide ; d, tlorsale Mundhöhle; v, ventrale Mundhöhle; PI, elastische Platte; M, ungeteilte 234 Katharina Samson, Mundhöhle; H, Hypostom; h, heberartiges Rohr des Saugorgans ; g, gerades Rohr desselben ; m, Muskeln ; E. Erweiterung des Oesophagus ; Mi, Mitteldarm ; F, Falte desselben an der Einmündung des Oesophagus; Ao, Aorta; S, Aortensinus; Gu, unteres SchlundgangUon; Oo, oberes Schlundganglion; D, Durchtritt des Oesopha- gus in den Sinus; Kd, dorsaler Fortsatz der Kopfaorta; Kv, ventraler Fortsatz der Kopfaorta ; G, Genitalöffnung ; Z, abgehobenes, verändertes Epithel ; Suh, Sub- scutaldrüsengang. Fig. 2. Mitteldarmzellen eines frisch gehäuteten Weibchens, längs getroffen. 500 X vergr. M, Muskulatur; B, Basalmembran; K, Kern; N, Nährkugeln; E, excretbeladene Zelle im Lumen. Fig. 3. Mitteldarmzellen eines hungrigen Weibchens, längs getroffen. 220 X vergr. Bezeichnungen wie Fig. 2. Fig. 4. Mitteldarmzellen eines Weibchens, 6 Tage nach dem Saugen, längs getroffen. 500 x vergr. Bezeichnungen wie Fig. 2. F, Fibrillen ; kl, kleine basale Zellen; K^, deren Kerne; gr, große resorbierende Zellen; K^^, deren Kern; r, rote Kugeln ; Z, nachwachsende Zelle ; K^, deren Kern ; /, Intima. Fig. 5. Mitteldarmzellen eines Weibchens, 10 Tage nach dem Saugen, längs getroffen. 500 x vergr. Bezeichnungen wie Fig. 2 u. 4. T, Kern einer basalen Zelle in Teilung; hl, blaue Tröpfchen der resorbierenden Zelle. Fig. 6. Mitteldarmzelle eines Weibchens kurz vor Beginn der Eiablage, längs getroffen. 500 x vergr. r, rote Kugeln; hl-^^, blaue, wasserhelle Tröpfchen; bl.2, blaue Tröpfchen mit schwarzem Ring; e, Excretkörner und -kügelchen; /, Intima; V, Vacuole der Nährkugeln. Fig. 7. Mitteldarmzellen eines Weibchens gegen Ende der Eiablage, längs getroffen. 125 x vergr. Z, stark vorgewölbte Zelle; /, Intima; Z^, abgelöste Zelle; K^, deren Kern; N, Nährkugeln; hl, kleine basale Zelle. Fig. 8. Schnitt durch die Basis einer Pyramidenzelle nebst Speicheldrüsen- ausführgang von der hungrigen Larve. 1000 x vergr. R, Randzone ; K, Kern ; M, Mittelzone; H, basaler Hohlraum; F, die seine Wand bildenden Gerüstfäden; Seil, Schaltzellen; A, Ausführgang der Speicheldrüse. Fig. 9. Schnitt durch ein Speicheldrüsenbläschen nebst Ausführgang von der hungrigen Larve. 1000 x vergr. F, Funduszellen des Bläschens ; M, Mün- dungszellen; 8, Secretkugeln ; Ch, Chitin verdickung in der Wand des Ausführ- kanals; A u. Seh wie Fig. 7. Fig. 10. Querschnitt durch die Stigmenplatte und Atemhöhle eines Weib- chens (Stigma nicht getroffen). 125 x vergr. L, Chitinleisten der Platte; St, die diese tragenden Stäbchen; Kh, umgebende Körperhaut; A, Atemhöhle; F, Mittel- falte der ventralen Rohrwand; Tr, Tracheen; R, sichelförmiges Rohr; d, dorsale Rohrwand; v, ventrale Rohrwand; H, Häkchenbesatz der hinteren Wandfläche; m^, dorsaler Muskel; TOo' ventrale Muskeln. Fig. 11. Querschnitt durch Stigmenplatte und Atemhöhle einer Nymphe (Stigma getroffen). 220 x vergr. Fe, helles Feld; P, Porenkanal; sonst wie Fig. 10. Fig. 12. Längsschnitt durch das Herz eines Weibchens, zwei Ostien getroffen (die Ventralseite liegt oben). 125 x vergr. Tr, unter den Ostien liegender Trichter. Fig. 13. Längsschnitt wie Fig. 12, nur um \0 u der Mittellinie genähert. 125 x vergr. Kl, Klappe im Trichter. Zur Aiiatoinit' iiiul Biologio von Ixodes ricinus L. 235 Fig. 14. QuiTscluiitt (lurcli tUo seitliche Her/wund eines Weibchens (kon- trahiert). IO(K>x verjjr. A', Kern ; J/. längsgetroffene Myen ; , 10, Taf. XIV wiedergeben. In den Textfig. U und Fig. U, Taf. XIV, welche Sagittalschnitte durch den vorderen Teil einer in Regeneration begriffenen Ptychodera minuta darstellen, ist der Bildungsprozeß der perihämalen Kanäle klar sichtbar. Auf diesen Schnitten ist zu erkennen, daß in den Kragen, unter Vorstülpung von dessen Cölomwand, auf der dorsalen Seite ein 1 Die beschriebenen Zellen halten die Autoren für »Ics cellules qui detachees des couches epidermiques limitrophes ont ete englobees ä l'interieur de la substance ankyste du squelette«. 250 C. Dawydoff, "blinder Sack einwächst — ein Auswuchs des Rumpfcöloms. Der Hohl- raum dieses Sackes, welcher einen im Schnitt getroffenen perihämalen Kanal darstellt, ist deutlich ausgebildet. Fig. 26, Taf. XVI und Textfig. IG stellen beide Perihämalkanäle des in Regeneration begriffenen Kragens auf einer späteren Entwick- lungsstufe dar. Zwischen ihnen ist das dorsale Blutgefäß sichtbar, während in dem Hohlraum der Perihämalkanäle eine Zellmasse gelegen ist. Auf diesem Stadium beginnt bereits in diesen Organen eine Differenzierung von Muskelfasern. Ich will hier noch auf eine Tatsache hinweisen. In einer Schnitt- serie gelang es mir, eine vollkommen andersartige Entstehungsweise der Perihämalräume zu beobachten, und zwar durch Abschnür ung eines jeden Sackes von der entsprechenden Hälfte des Kragencöloms auf dessen dorsaler Seite. Diese Beobachtung steht vollkommen vereinzelt da, und ich möchte auf derselben nicht bestehen, da die Deutung des Präparates leicht eine irrtümliche sein kann. Ich möchte jedoch die Auf- merksamkeit der späteren Nachuntersucher auf diese Tatsache lenken, da einen analogen Fall Bateson, der die embryonale Entwicklung von Balanoglossus Kowalewskii Ag. studierte, beschrieben hat. Glomerulus. Dieses Organ wird bei der Regeneration des Rüssels in frühen Stadien gebildet; es entstellt fast gleichzeitig mit dem Pericardium. Der Beginn der Bildung des Glomerulus wird dadurch charakte- risiert, daß in dem Abschnitt des Peritoneums, welches von oben und von den Seiten die Notochorda bedeckt (d. h. somit im Gebiet des visceralen Blattes der Cölomblase), eine Reihe von Falten entstehen. Zwischen diesen Falten und der Wand der Notochorda und des Pericardiums circuliert Blutflüssigkeit (Fig. 13, 14, Taf. XIV). Dieser Umstand er- weckte in mir die natürliche Annahme, daß gerade der Druck des Blutes auf die Peritonealhülle den Prozeß einer Bildung der erwähnten Falten und Ausstülpungen bewirkt. Es ist nicht zu leugnen, daß der Druck des Blutstromes eine gewisse Rolle bei diesem Prozesse spielt, es ist jedoch zweifellos, daß diese Einwirkung nicht die erste Stelle einnimmt. Gewisse Befunde weisen in überzeugendster Weise darauf hin, daß die Bildung von blinden Ausstülpungen und Falten in der Peritonealwand ohne Einwirkung der erwähnten mechanischen Reize erfolgt. Zunächst muß hervorgehoben werden, daß nicht selten die Bildung des Glomerulus ihren Anfang nimmt und beinahe ihr Ende erreicht lange vor der Zeit, wenn in dem regenerierten Rüssel eine gesonderte Herz- iacune in die Erscheinung tritt. In diesen Stadien circuliert das Blut Beobachtungen üIht cU-n Hogeneiationsprozeß bei den Enteropneusten. 251 im Rüssel üherall zwischen den Organen; die Falten des zukünftigen Glomerulus erscheinen jedoch genau an der Stelle, wo sie vorhanden sein müssen. Dieser Bildungsprozeß kann natürlich durch keine Druck- wirkung erklärt werden. Parallel mit der Bildung blinder Ausstülpungen des Peritoneums geht auch ihre histologische Differenzierung vor sich, infolge deren das Cölomepithel im Gebiete des Glomerulus einen durchaus andern Cha- rakter aufweist als in den benachbarten Peritoneumabschnitten. Den Unterschied im histologischen Bau des Epithels, welches den Glomerulus bildet, und dem Peritoneum in den undifferenzierten Cöloni- abschnitten zeigt deutlich Textfig. (i. Im Gebiete der Glomerulusfalten finden wir große kubische Zellen von deutlich drüsigem Charakter, nebenbei Plattenepithel. Häufig ist das Peritoneum an der entsprechenden Stelle noch vor der Bildung des Glomerulus in der angegebenen Richtung differenziert. Es kommen Fälle vor, daß der Glomerulus in einer vollkommen andern Weise gebildet wird, und zwar nicht durch Faltenbildung in der Wand lies Peritonealepithels, welches von oben und seitwärts das Cardio- pericard und die Notochorda bedeckt, sondern durch eine eigenartige Anordnung der ursprünglich isolierten Cölenchymelemente. Es kommen Fälle vor von Auftreten des Glomerulus zu einer Zeit, wenn das Cölom- epithel noch keine eigentliche Peritonealwand besitzt. Das ganze Cölom ist von embryonalen Mesodermzellen erfüllt (Cölenchym) — ein Teil dieser Zellen zieht sich spindelförmig in die Länge und bildet ^luskeln, ein andrer, der dem Entoderm anliegt (Gebiet der Notochorda), ordnet sich in Reihen an und bildet den Glomerulus. Dieser Prozeß kann auf späteren Entwicklungsstadien noch auf den Fig. 15, Taf. XIV; Textfig. 2 (gl) erkannt werden. Zum Schluß seien noch die nicht seltenen Fälle einer übermäßigen Entwicklung dieses Organs erwähnt, in denen der Glomerulus fast die Hälfte des Rüsselhohlraumes einnimmt. Textfig. 17 illustriert einen der- artigen Fall einer Hypertrophie des Glomerulus. Ich erkläre mir diese Fälle durch einen übermäßigen Druck des Blutes auf die Peritoneal- membran im Gebiet des Glomerulus. Auf den erwähnten Präparaten fällt in der Tat die Ausdehnung der Glomeruluswand auf. Cardiopericard. Der Prozeß der Differenzierung des Cardio- pericards ist bereits früher von mir ausführlich beschrieben worden (Dawydoff, 07, a). Indem ich den Leser auf die zitierte Mitteilung ver- weise, möchte ich hier nur einige Tatsachen beschreiben, welche in dieselbe nicht aufgenommen worden sind. 252 C. Dawydoff, per. Textfig. 2( Der typische Regenerationsmodus des Cardiopericards besteht darin, daß auf der dorsalen Seite des Rüsselcöloms (Fig. 25, Taf. XV) sich von seiner Wand ein kleines Bläschen abschnürt durch Evagination des Peritoneums (oder besser durch Bildung einer sackförmigen Falte), Der Verlauf dieses Pro- zesses ist ausführlich in der angeführten Mittei- lung beschrieben, die be- treffenden Zeichnungen sind hier nochmals wieder- gegeben (Textfigur 2 a und 2 &). Der Bildungsprozeß der ersten Anlage des Cardiopericards geht nicht immer in der Weise vor sich, wie er in meiner zi- tierten Mitteilung be- schrieben ist. Bisweilen wird er dahin abgeändert, daß das cardiopericar- diale Bläschen nicht durch eine Evagination der Cölomwand, son- ^ipS^ \noel.(/. dern durch eine Proli- feration ihrer Zellen in einem bestimmten Ge- biet der dorsalen Ober- fläche der Wand der Cölomhöhle entsteht. In diesem Falle ist die Anlage des Pericardial- bläschens zunächst ein kompaktes Gebilde, welches das Aussehen eines Zellhaufens hat, in dem später ein Hohlraum auftritt (Textfig. 3). Der letzte Bildungsmodus der Cardiopericardialanlage ist natürlich nur eine Modifikation der ersteren — ein prinzipieller Unterschied ist zwischen beiden nicht vorhanden. ^pen - - -J'- -iroe/^ d. Textfig. 2&. Bo )l»a-^htiin'j;on üIxt di'ii Rrgem'rationsprozrl.; Ijei di'ii lMitcr(i|)neusten. 253 .Es ist noch zu x'i'iiiuMkt'ii, daß l)i.sweil(.'n das Peritoneum an der Bildung des Pericards aus dem Rüsselcölom keinen Anteil nimmt. In diosiMi Fällrn i'iitstelit dieses Organ durch Al)sonderung eines Cölenchym- prr cocl , ., -COflj Textfig. 4. abschnittes auf der dorsalen Seite des Rüssels. Die Cölomwand platzt gleichsam an der betreffenden Stelle; ihre Ränder biegen sich nach innen um. während die in den hierdurch gebildeten Raum einwandernde Cölenchymmasse sich in Gestalt eines kompakten Haufens — der JV-V • 9y Anlage des Cardiopericards — absondert. Nur auf diese Weise können die Präparate gedeutet werden, von denen eines in der Fig. 11, Taf. XH abgebildet ist. Interessanter ist der auf Textfig. I abgebildete Fall : Hier wird bei der Bildung der Cardiopericardialblase das Rüsselcölom fast in zwei Zeitächrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. BJ. 17 254 C. Dawydoff, Hälften, eine ventrale und eine dorsale, geteilt. Letztere stellt, wie ich es in einer Reihe analoger Fälle habe feststellen können, in der Tat die Pericardialanlage dar. Nicht selten verspätet sich die Bildung der Cardiopericardialblase, wobei dieser Prozeß erst dann beginnt, wenn die erwähnten dorsolate- ralen C'ölomdivertikel bereits differenziert sind. In diesem Falle schnürt sich die erwähnte Blase von der Wand des rechten Divertikels, von der nach links gekehrten Seite desselben ab. Textfig. 5 illustriert diesen Prozeß äußerst klar — auf derselben ist eines der Stadien der Differen- zierung des Cardiopericardialsäckchens sichtbar, welches noch im Zu- sammenhang mit dem rechten Divertikel des Cölomsackes des Rüssels steht. Auch in diesem Falle legt sich das cardiopericardiale Säckchen, nach seiner Abschnürung von dem Divertikel, an die gewöhnliche Stelle im Blastocöl zwischen den beiden Cölomsäcken und der Notochorda. Es sei hier noch auf eine Modifikation dieses Prozesses, welche bisweilen bei der Regeneration beobachtet wird, hingewiesen: das gewöhnlich geschlossene, vom Cölom abgesonderte Cardiopericardial- bläschen kann bisweilen in anormalen Fällen sehr lange Zeit in Ver- bindung mit der Cölomhöhle bleiben. In Ausnahmefällen konnnuni- ziert das Pericardium mit einem Divertikel der Cölomhöhle sogar in den spätesten Stadien der Differenzierung des Rüssels. Bereits in den ersten Entwicklungsstadien der Cardiopericardial- blase können in ihr freischwimmende Zellen mesenchymatösen Cha- rakters, Cölenchymzellen, beobachtet werden, welche in das Bläs- chen während dessen Abschniü'ung vom Cölom gelangt sind. Im Verlauf der weiteren Differenzierung des Organs sondern sich stets von seiner Wand Zellen ab, die in den Hohlraum gelangen. Bisweilen verläuft der Absonderungsprozeß von Cölenchymzellen von der Bläschen- wand dermaßen intensiv, daß in den späteren Stadien der Cardioperi- cardialbildung dessen Hohlraum vollkommen oder wenigstens in hohem Grade vom Cölenchym erfüllt wird, welches eine Art von Bindegewebe bildet. Die AnfüUung des Hohlraumes des Pericardialbläschens mit cölenchymatösem Gewebe erfolgt auch unter normalen Bedingungen: häufig ist die Pericardialhöhle des Rüssels der Enteropneusta in gleichem ^laße von Cölenchym angefüllt wie die Cölomhöhle selber. In dem kurzen Zeitraum, während welchem der Hohlraum des Rüsselcöloms in Verbindung mit dem Hohlraum des sich von ihm ab- schnürenden Cardiopericardialbläschens bleibt, gelangen in dieselbe die in den Cölomhohlräumen von Ptychodera frei schwimmenden Beobachtungen über den Regenerati onsprozcß bei den Eiiteropneusten. 255 rätselhaft iMi /rlliichildt'. welche Kowalewsky (()()) als Drüsen, Spengel sowie Caullery und Mesnil^ als Parasiten bezeichnet haben. Außer dem typischen Regenerationsniodus des C'ardiopericards durch Abschnürung von der Wand des Rüsselcöloms gibt es noch einen andern Modus einer Regeneration dieses Organs, und zwar eine Ab- sclmüruiig desselben vom distalen Ende zweier miteinaiuh^r verschmol- zener Perihämalräume; nur diese Deutung kann ich Präparaten geben, von denen eines auf Fig. 8, Taf. XIII; Fig. 14, Taf. XIV abgebildet ist. Aus dieser ist ersichtlich, daß das distale Ende des perihämalen Kanals (beide sind sie oben mit ihren Enden in eine Zellmasse ver- schmolzen) an der Grenze mit dem Rüsselcölom das Pericardialbläschen bildet, welches als unmittelbare Fortsetzung des perihämalen Hohl- raumes dient. Derartige Fälle habe ich mehrfach auch an Ptychodera aus Neuguinea beobachtet. Die Bildung des Pericards, unabhängig vom Rüsselcölom, habe ich überhaupt selten beobachtet und verhielt mich anfangs zu solchen Fällen skeptisch; in einigen Fällen sind die beobachteten Fälle der- maßen klar, daß kein Zweifel darüber aufkommen kann, daß das Peri- card bisweilen als ein selbständiges Cölom unter dem Rüsselcölom an- gelegt wird. Auf der Textfig. 2 ist deutlich die gesonderte Anlage des Rüssel-Kragencöloms und des Pericards sichtbar. Die allgemeine Cölenchymmasse, welche aus dem Rumpfe auswandert, zerfällt in drei Abschnitte — Rüsselcölom, Pericardialbläschen und unten das Cölom des zukünftigen, noch nicht differenzierten Kragens. Eine Zeitlang war ich sogar geneigt, anzunehmen, daß das Pericard morphologisch den Rest eines getrennten Somiten, welcher zwischen dem Kragen und Rüsselmetamer gelegen war, darstellt (Textfig. 11, 12; Fig. 8, Taf. XIII). Eine analoge Idee hatte auch Harmer (05), welcher den Bildungsprozeß des Pericards bei der Knospung von Cephalodiscus untersucht hat und folgendermaßen schreibt : » Some of the later stages might suggest that the pericardium represents an independcnt somit« (S. 97). Das Xephridium des Rüssels. Die Regeneration des Rüssel- nephridiums (der sog. Eichel pf orte) verläuft auf verschiedenen Wegen, wobei jedoch das Endresultat das gleiche ist: das linke dorsolaterale Divertikel des Rüsselcöloms öffnet sich nach außen vermittels eines speziellen Ectodermkanals. Im einfachsten allergewöhnlichsten Falle verläuft der Prozeß genau 1 Nach der Ansicht von Caullery und Mesxil stellen diese Zellgebilde Parasiten, die den Haplosporidiae angehören, dar. 17* 256 C. Dawydoff, nach diesem Schema: in der Richtung zum distalen blinden Ende des erwähnten Cölomdivertikels wird auf der dorsalen Rüsselseite ein Ectodermabschnitt eingestülpt (Textfig. 22). Es ist zu vermerken, daß in dem gegebenen Falle keine besondere Differenzierung im Peritoneum desjenigen Abschnittes des dorsolateralen Divertikels, in welches sich der erwähnte ectodermale Kanal eröffnen wird, beobachtet wird. Das Epithel des letzteren ist fast durchweg einschichtig. Auf gut fixierten Präparaten können im Kanal deutlich Flimmer unterschieden werden. — Bei diesem Bildungsmodus des Nephridiums legt sich somit nur der ectodermale Kanal neu an — das Rüsselcölom spielt bei diesem Pro- zesse nur eine passive Rolle. Ich gehe nun zur Beschreibung eines zweiten Regenerationsmodus des Nephridiums über, welcher bedeutend seltener als der oben be- schriebene beobachtet wird. Das Nephridium entsteht hier aus zwei deutlich differenzierten Anlagen. Sein innerer C^ölomabschnitt hat das Aussehen eines echten Wimpertrichters, welcher infolge einer beson- deren Differenzierung des entsprechenden Peritoneumabschnittes des linken Cölomdivertikels entstanden ist (Textfig. G; Fig. 33, Taf. XVI). 3- '■"®' -vi»® ^^i^ - i, 12, Taf. XIV; Fig. 27, Taf. XVI). Häufig bilden sich in der Wand der Notochorda Drüseii, die sich intensiv in Hämatoxylin färben. Kiemen apparat. Die Bildung der Kiemen im regenerierten vorderen Abschnitt von Pti/chodera beginnt erst dann, wenn in dem- selben bereits sämtliche übrigen Organe differenziert sind. In den Text fig. 12. l^cobachtunocn iil)er dc'i\ Hogc'nerationsiirox.eß l)ci den Enteropneusten. 265 .Stadien, in welchen erst die Bildiintf der Kiemensäcke ihren Anfang nimmt, ist der Rüssel bereits vollkommen differenziert, während der Kragen erst im Beginn einer Differenzierung ist. Die ersten Entwicklungsstadien des Kiemenapparates sind auf Textfig. l.-.. ii und Fig. 1, Taf. XIII; Fig. 14, Taf. XIV dargestellt; der beginnende Biklungsprozeß des Kiemenapparates dokumentiert sich darin, daß auf der dorsalen Seite des vorderen Darmabschnittes zwei Reihen von symmetrisch angeordneten Falten entstehen. Bisweilen werden diese Falten auf der lateralen Fläche des Darmes gebildet, stets sind sie jedoch senkrecht zur Längsachse des Tieres angeordnet. In dem angeführten Stadium sind bereits zwei und drei Faltenpaare gebildet: ich bin jedoch im Besitz von Stadien, auf denen nur eine Falte sichtbar ist. Der Differenzierungsprozeß dieser primären Kiemensäcke erfolgt in demjenigen Darmabschnitt, welcher bereits umdifferenziert ist und ein für den Oesophagealabschnitt des normalen Darmes der Entero- pneusta charakteristisches Aussehen angenommen hat. In den Fig. 1, Taf. XIII und l'extfig. Hi ist tatsächlich zu erkennen, daß die Kiemen- säcke sich im Gebiet des hohen, vacuolisierten Epithels, das an Stelle des für das hintere Darmende charakteristischen Epithels gebildet worden ist, anlegen. 26G C. Dawydoff, Es muß jedoch bemerkt werden, daß nicht selten die Kiemen- säcke unterhalb der Grenze des vacuolisierten Epithels, im Gebiete des typischen Epithels des hinteren Darmabschnittes, wo eine der- artige Umdifferenzierung nicht erfolgt ist, entstehen. Die auf den Textfig. 14 und Fig. 13, 14, Taf. XIV dargestellten Präparate illustrie- ren diesen Prozeß; dieselben stellen Öagittalschnitte dar durch den vorderen, regenerierten Teil von Ptychodera minuta auf dem Stadium der Bildung des zweiten Kiemensackes, wobei eine Darmfalte bereits in einer Kiemenöffnung nach außen mündet (Fig. l."3, Taf. XIV und Textfig. 15). Ungeachtet einer geringeren Vergrößerung ist der Unter- schied im histologischen Bau des Epithels des vorderen und des hinteren Darmabschnittes scharf ausgeprägt. Mit der Zunahme einer Differenzierung der Kiemenfalten erleidet das Epithel derselben eine komplizierte Umgestaltung, infolgedessen Textfig. 14. die Wandungen, welche die Anlage der Kiemensäcke darstellen, einen eigenartigen, charakteristischen Bau aufweisen. Ihre Zellen ordnen sich in einer Reihe an, nehmen Cylinderform an und erhalten Wimpern. Textfig. 13 gibt eine klare Vorstellung von der allmählichen Bildung der Kiemenspalten und des Prozesses einer Umdifferenzierung des Entoderm- epithels. In der soeben gebildeten oberen Falte hat das Epithel noch das Aussehen des für den vorderen Darmabschnitt charakteristischen Epithels, während in den unteren Falten die Epithel zellen sich bereits in der für die Wandungen der Kiemensäcke charakteristischen Weise angeordnet haben. Eine gleiche Umdifferenzierung erfolgt auch in dem zweiten in Beobaclitungen übrr den Hogcnerationsprozeß l)ci den Entoro])iuMist('n. 2G7 I>it nicht gezogeiuMi Falle, wcmi die Anlage der Kienienfalten im Gebiet des Epithels des hinteren Darniabschnittes erfolgt. Aus einem Epithel mit regellos eingestreuten Kernen entstellt ein typisches, cylindrisches Flimmerepithel (Textfig. 15). Es ist mir nicht gelungen, irgendwelche Gesetzmäßigkeit in der Reihenfolge tles Auftretens der Kiemenfalten, desgleichen auch in dem Auftreten «Um- KienuMiöffnungen festzustellen. Jedenfalls entstehen die Kieineiitalleii nicht aut einmal, sondciii allmäh- lich, eine nach der andern, entweder von oben nach unten, oder es entstehen zunächst eine oder zwei centrale Falten, die sieh lasch differenzieren und das typische Aussehen er- halten, worauf nach oben und nach unten der I )ildungsprozeß neuer Fal- ten beginnt. Die Kiemenporen ent- stehen durch einfachen Einriß der Kiemenfalte nach außen (Textfig. lö). Wenn bisweilen auch eine geringe Einstülpung des Ectoderms dem auswachsenden Edtodermsack entgegen sich bildet, so ist die Be- teiligung des Ectoderms auch in diesem Fall sehr gering (Textfig. 21). Auf Grund des Studiums mehrerer Zehner von Schnittserien komme ich somit zum Schluß, daß das Ectoderm entweder gar nicht an der Bildung des Kiemenapparates beteiligt ist, oder aber, daß diese Be- teiligung sich nur auf die Bildung der Kiemenporen beschränkt. Nervensystem. Die subcutane Nervenfaserschicht tritt sehr früh auf; fast sofort nach Bildung des neuen Ectoderms beginnt unter- halb desselben die Differenzierung dieses charakteristischen Gewebes. Sie entwickelt sich (wie bereits Bateson für Balanoglossus koivaleivskü [85] nachgewiesen hat) aus Fortsätzen ectodermaler Zellen, die sich unter- einander in eine dichte Fasermasse verflechten. Die Nervenfaserschicht erreicht sehr bald ihre normale Dicke, worauf die Differenzierung der Nervencentra beginnt. An der Basis des Rüssels verdickt sich das Ectoderm im Umkreise. Die Nervenfaserschicht erreicht eine besonders große Mächtigkeit — es entsteht der für den Rüssel der Enteropneusta charakteristische Textfig. 15. 268 C. Dawydoff. Xervenring. Besonders stark ausgeprägt ist die Verdickung auf der dorsalen Seite des Rüssels (Fig. 2, Taf. XIII). wo es bisweilen sich in die Tiefe senkt, allseitig von Ectoderm umwächst und sich in ein Bläschen mit deutlichem Hohlraum umwandelt. Die Ähnlichkeit eines derartigen Bläschens mit dem dorsalen Nervenrohr des Kragens wird noch durch den Umstand vermehrt, daß die Zellschicht ebenso wie in dem Xerven- rohr des Kragens nach innen zu angeordnet ist und den Hohlraum des Bläschens auskleidet. Dieses Bläschen schnürt sich übrigens in seltenen Fällen vollkommen vom Ectoderm der dorsalen Rüsseloberfläche ab, gewöhnlich bleibt ^r mit derselben in Zusammenhang, obgleich sein Hohlraum nicht mehr nach außen mündet. Sehr früli erfolgt desgleichen die Differenzierung des dorsalen Xervenstranges im Ki-agengebiet. In den frühesten Stadien der Son- derung des Kragensegmentes ist auf seiner dorsalen Seite ein Ectoderm- verdickung vorhanden, die hauptsächlich in einer starken Konzentration der Xervenfaserschicht längs der dorsalen Seite des Kragens in der Medianlinie beruht. Diese mediane Haut verdickung. die sich in einen Xervenstrang differenziert hat, stellt in dem beschriebenen Stadium die unmittelbare Fortsetzung des dorsalen Rumpfnerven dar, wobei sie sich histologisch von demselben nicht unterscheidet. Ich verweise zum Ver- gleich auf die Fig. 2G, Taf. XVI und Textfig. 20. Die erstere stellt einen Querschnitt durch den regenerierten Kragen vor : dieselbe läßt den Bau des Kragennerven in einem frühen Entwicklungsstadium erkennen; die zweite Figur gibt einen Querschnitt durch den Rumpf von Ptycho- dera wieder mit einem vollkommen differenzierten Dorsalnerven (nd). Die Weitere Differenzierung des Xervenrohres des Kragens, d. h. die Umwandlung des Xervenstranges in ein Rohr, erfolgt auf ver- schiedene Weise. Der gewöhnlichste Bildungsmodus des endgültigen Kragennerven besteht darin, daß die ganze dorsale Ectodermwand in der ganzen Ausdehnung des Kragens sich in die Tiefe senkt — es ent- steht eine breite offene Rinne ; dieselbe ist deutlich sichtbar auf Fig. 4, Taf. XIII, welche den vorderen Teil einer in Regeneration begriffeneu Ptychodera minuta mit bereits differenziertem Rüssel und Kragen dar- stellt. Das Ectoderm ist auf der dorsalen Seite des Kragens dermaßen tief eingestülpt, daß der Eindruck erhalten wird, als wäre der Kragen in zwei Lappen geteilt (Fig. 9, T. f . XIV). Fig. 9 u. 10 Taf. XIV sind Querschnitte durch den Kragen des in Fig. 3, 4, Taf. XIII dargestell- ten Exemplares (andre Schnitte derselben Serie sind auf Textfig. 20 und 21 abgebildet). Eeobaclitun<.'rn ül>rr den Rc^cnciationsprozilj boi den Knterojmeuston. 269 Die angefühlten Präparate beweisen deutlich, daß im Moment der Invagination der Nervenstrang des Kragens histologisch ein bereits vollkommen differenziertes Gebilde ist. In den weiteren Stadien schließen sich die Ränder der Rinne: es entsteht ein Nervenrohr, welches lange Zeit in seiner ganzen Ausdehnung mit dem Ectoderm verbunden ist. Entsprechend der Lagerung des Nervenrohres unter der Oberfläche des Ectoderms bleibt auf der Ober- fläche des Kragens lange Zeit eine Vertiefung bemerkbar — dieselbe gleicht sich nur in sehr späten Stadien aus. Ich will hier noch bemerken, daß der Invaginationsprozeß gleich- zeitig in der ganzen Ausdehnung des Kragens erfolgt. Der beschriebene Bildungsmodus des Nervenrohres, und zwar durch Invagination, muß als der typischste angesehen "'^^''- werden. Seltener habe ich einen andern Bil- i dungstypus des Nerven- rohres im Kragen beob- achten können, welcher • klar auf den in Fig. 20 ^^^/^ und 31, Taf. XVI abge- bildeten Schnitten ver- folgt werden kann. In diesen Präparaten sind die ersten Prozesse sicht- bar, infolge derer der ursprünglich als kom- pakte Verdickung des Ectoderms auf der dor- salen Oberfläche des Kragens erscheinende Nervenstrang sich in ein Textfig. IG. Rohr umwandelt ; es handelt sich in diesen Fällen um ein Auswachsen je einer Ecto- dermfalte beiderseits von dem Nervenstrang, wobei schließlich die ursprünglich an der Oberfläche gelegene Nervenplatte unterhalb der Haut zu liegen kommt. Es ist interessant, daß einige Präparate (z. B. das auf Textfig. HJ abgebildete) zugunsten des Umstandes gedeutet werden müssen, daß die Nervenplatte bei diesem Prozeß bisweilen seitlich vom Ectoderm abgespalten wird, sich in den Kragen einsenkt, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 18 270 C. Dawydoff, wobei die Umwandlung derselben in ein Rohr auf dieselbe Weise vor sich geht wie bei Amphioxus, durch Krümmung der Ränder der Nervenplatte nach oben und nachfolgende Verwachsung derselben, Regeneration und Ontogenese. Nachdem ich mein Tatsachenmaterial angeführt habe, nachdem ich die organogenetischen Prozesse bei der Regeneration der Entero- pneusta dargelegt habe, gehe ich nunmehr auf einen Vergleich der regenerativen Organogenese mit der embryonalen über. Es kann nicht geleugnet werden, daß ein Vergleich der Regeneration und Ontogenese in vielen Fällen beträchtliche Schwierigkeiten darbietet. Ungeachtet der großen Rolle, welche die Enteropneusta zurzeit in der Morpho- logie spielen, ist die embryonale Entwicklung der Vertreter dieser Gruppe bei weitem nicht genügend ausführlich studiert worden. Segmentation. Bei der Regeneration eines im Schwanzteil am- putierten Teiles wird zunächst das I. Segment (der Rüssel) gebildet und darauf erst an der Grenze zwischen I. und III. Segment das II. Seg- ment (der Kragen) angelegt. Dieselbe Aufeinanderfolge der Segmente wird auch bei der embryonalen Entwicklung beobachtet, z. B. bei dei* Formation des Embryo von Balanoglossus kowalewskn Ag. Nach den Beobachtungen von Bateson (84, PI. XIII, Fig. 11 — 14, S. 135) wird der ursprünglich nicht segmentierte Embryo durch eine Einschnürung in zwei Segmente, das I. und III., d. h. in den Rüssel und den Rumpf geteilt; erst in den folgenden Stadien wird das IL Kragenmetamer angelegt. Dieselbe Aufeinanderfolge der Segmente wird auch bei dem Knospungsprozeß der Pterobranchia, wie Cephalodiscus, desgleichen auch Rhahdopleura beobachtet. Cölom. Bei der Regeneration von Ptychodera wird das Cölom, wie es dargelegt worden war, stets aus Elementen der alten Abschnitte der Cölomhöhle — des Cölothels und des Cölenchyms — gebildet. Während der Ontogenie entsteht jedoch das Cölom aus Elementen des Entoderms. Es wird somit in diesem Falle keine vollkommene Analogie der Prozesse gefunden; meiner Meinung nach ist jedoch der Unterschied durchaus nicht so beträchtlich, wie er auf den ersten Blick erscheint. Zunächst muß darauf aufmerksam gemacht werden, daß bisweilen bei der embryonalen Entwicklung die Cölomhöhlen des Kragens nicht als selbständige Ausstülpungen der Wand des primären Darmes ge- l)ildet werden, wie es Bateson für Balanoglossus koivalewskii beschrieben hat. Bei Tornaria stellen nach Spengel die Cölomhöhlen des Kragens abgesonderte Abschnitte des Cöloms des Rumpfsegmentes dar. B(.'ol);ichtuni;e:i iibor don K«Hrent>r;itions|)rozeli l)ci den Enteropncuston. 271 Auch l)('i der Ontoiit'iu'St' wird stmiit das Kragcnciilom bisweilen nicht uiiniittclhar aus (h-in Entodenn i^childet, sondern entsteht aus Eh'nienten des bereits gel)ildeten Runi[)lcüh)nis. Schwieriger erscheint die Durchfülirung einer ParaHele zwischen Regeneration und Ontogenie bei den Biklungsprozessen des Rüsselcöloms (Eichelcöloms). Bei der Regeneration entsteht das Rüsselcölom stets aus Elementen des Kragen- oder Runipfcöhjnis. Bei der embryonalen Entwicklung (bei Balano- glossus k-oiraleirskii nach Bateson) entsteht das Rüsselcölom durcli Abschnürung eines selbständigen unpaaren Sackes vom vorderen Teil des embryonalen Vorderdarmes (Bateson, 84, 85). Hierbei ist jedoch nicht zu vergessen, daß der Modus der enterocölen Entstehung des Rüsselcöloms bei der embryonalen Entwicklung der Enteropneusta vorläufig nur für Balanoglossus koicalewskii beschrieben ist (Bateson, 84, 85). Hinsichtlich der Entstehungsw^eise des Rüsselcöloms bei den- jenigen Formen, welche während der Entwicklung eine Metamorphose erleiden, wissen wir zurzeit gar nichts; dieser Prozeß ist bei keiner der bisher bekannten zahlreichen Formen der Tornaria studiert worden. Es ist daher mindestens frühzeitig von einem Nichtparallelismus der Prozesse der Regeneration und Ontogenese in bezug auf die Rüssel - ent Wicklung bei Ptijchodera zu reden, da wir nicht wissen, auf welche Weise die ( olomhöhle des Rüssels dieser Form während der embryo- nalen Entwicklung entsteht. Sollte es sich jedoch herausstellen, daß bei der embryonalen Entwicklung das Rüsselcölom von Ptychodera minuta aus dem primären Darm, ähnlich wie bei Balanoglossus koica- lewskii Ag. entsteht, so ist meiner Meinung nach auch dann prinzipiell kein Grund vorhanden, in den beiden Bildungsmodi des Cöloms bei der Regeneration und bei der Ontogenese einen dermaßen großen Unter- schied zu sehen, wie es Belage und Herouard tun. Nach der auf der oben angegebenen (S. "-37) Bemerkung Spengels basierten Ansicht dieser Forscher ist bei der Regeneration die Cölomhöhle »oblige de reformer aux depens d'un feuillet different de cekii, qui l'a engendre chez l'embryon« (S. 53). Bei der Regeneration nimmt das Rüsselcölom seinen Anfang aus Cölonielementen, d. h. mit andern Worten, das neue Mesoderm entsteht aus dem alten Mesoderm. Perihä malräume. Die embryologischen Befunde über die Ent- wicklung dieser Gebilde sind recht spärlich, jedoch genügend präzis. Einige Befunde werden bei Bateson (85, S. 97, 108, Fig. 28, Tab. VI) gefunden, doch ergeben seine Befunde in dieser Hinsicht wenig Tat- sachenmaterial. 18* 272 V. Dawydoff. Beim Embryo erscheinen die Perihämalräiime ziemlich früh — Bateson konstatierte ihre Anwesenheit bei einem Embryo auf dem Stadium mit einer Kiemenspalte. Sie entstehen als zwei blinde Aus- stülpungen der Wand des Rumpfcöloms, welche in den Kragen ein- wachsen. Derart sind die unmittelbaren Beobachtungen von Morgan (92, S. 427). Auf dieselbe Weise entstehen die Perihämalräume auch bei der Regeneration (Textfig. ]4; Fig. 14. Tiif. XIV). Interessant sind einige Präparate von Bateson, welche er auf Fig. 28, Tab. VI zeichnet. Nach diesen Präparaten entstehen die Perihämalräume des Embryo bisweilen auf Kosten des Kragencöloms, wobei sich jeder derselben von der entsprechenden Hälfte der Cölom- höhle auf der dorsalen Seite längs der Medianlinie abschnürt. Bateson deutet seine Präparate auch in diesem Sinne (S. 97), wobei er jedoch hinzufügt, daß das Schicksal dieser Gebilde ihm nicht vollkommen klar ist. Ich erwähnte bereits, daß ich etwas ähnliches auch bei der Regeneration habe beobachten können. Einige Präparate lassen die Annahme zu, daß die Perihämalräume bisweilen durch Abspaltung von den Cölomhöhlen des Kragens entstehen. Ich wage es jedoch nicht, in Berücksichtigung des zufälligen Charakters der Beobachtung irgend- welche bestimmte Aussage zu machen. In den frühen Stadien weisen die Perihämalräume der Embryonen von Balanoglossus kowalewshii gut ausgebildete Hohlräume auf, wie es klar aus den Zeichnungen von Bateson [Bö) ersichtlich ist. Die peri- hämalen Kanäle des in Regeneration begriffenen Kragens von Ptycho- dera entbehren desgleichen, wie ich es an der entsprechenden Stelle beschrieben habe, der Zellelemente in ihren Höhlen. In dieser Hinsicht stimmen meine Beobachtungen vollkommen mit den Befunden von Bateson überein. Spengel (93, S. 439) behauptet im Gegenteil, daß bei den von ihm untersuchten jungen Enteropneusta »ein Hohlraum war nicht zu erkennen; sie schienen vielmehr ganz von Zellen aus- gefüllt«, wie es auch auf Fig. 146, 145 dargestellt ist. Es ist möglich, daß der Forscher bereits beträchtlich vorgeschrittene Stadien vor Augen hatte, obgleich, nach der Größe der Elemente zu urteilen, er offenbar Schnitte durch sehr junge Embryonen abbildet. Cardiopericardium. Dieses Organ nimmt bei der Regeneration seinen Ursprung von den Elementen des Rüsselcöloms — das Peri- cardialbläschen wird von der Peritonealwand gebildet. Die Befunde über die Bildung dieses Bläschens bei der embryonalen Entwicklung der Enteropneusta sind widersprechend. Bateson (86) hat die mesodermale Herkunft der »proboscis gland« (= des Pericardiums) Beobiichtungen über den Kegenerationspiozeß bei den Enteiupneusten. 273 nachiiewiosoii. Seiner Besclireihiiiig nach entsteht dieses Organ beim Embryo von Balanoglossus koirdlcwskü als Spalte in einem Haufen dorsal von der Notochorda gelegener Mesenchymzellen. Gegen diesen Befund von Batesjn hat Spengel energischen Widerspruch (80 und i>3) erhoben. Dieser Autor leugnet die Befunde von Bateson und besteht ebenso wie Bourne auf einer ectodermalen Natur der »Herzblase« (= Pericardium) der Tornaria. Die Beobachtungen von Morgan (92) bestätigten die Ansicht von Bateson; nach den Beobachtungen Mor- gans entsteht bei Tornaria dieses Organ aus Mesenchymzellen. Auf Grund dieser Befunde fehlt somit jeglicher Beweis von der ectodermalen Herkunft des Pericards bei der embryonalen Entwicklung der Entero- pneusta. Die Beobachtungen von Bateson und Morgan sprechen im Gegenteil deutlich dafür, daß dieses Organ sowohl bei der direkten als auch bei der indirekten Entwicklung aus dem Mesenchym sich bildet. Sowohl bei der Regeneration als auch bei der Ontogenese ist das Cardio- pericardialbläschen somit mesodermaler Herkunft. Es ist jedoch un- zweifelhaft, daß die Art der Differenzierung des Organs eine verschie- dene ist : bei der Ontogenese entsteht das Bläschen offenbar aus einzelnen isolierten Zellen, bei der Regeneration durch Abschnürung von dem Rüsselcölom. Mir scheint es, daß die vom embryonalen Typus abweichende Entwicklung in dem Sinne gedeutet werden muß, daß in diesem Falle die regenerative Organogenese nach einem primären, palingenetischen Modus verläuft. Nephridien. Sowohl Bateson als Spengel, welche den Bil- dungsprozeß des Nephridiums während der embryonalen Entwicklung der Enteropneusta beobachtet haben, berücksichtigen nicht den Cölom- trichter und sprechen nur von dem ectodermalen Nephridialkanal. In- folgedessen sprechen beide Forscher natürlich von der ectodermalen Natur des ganzen Nephridiums. Auch bei der Regeneration entsteht, wie oben berichtet wurde, der Ausführungskanal durch Invagination eines Ectodermabschnittes. Den Trichter, welcher nicht selten ausgezeichnet im jungen, in Regeneration begriffenen Rüssel ausgebildet ist, beschreibt weder Bateson noch Spengel. Offenbar tritt dieser Trichter bei der Ontogenese nicht auf, wie er auch häufig bei der Regeneration nicht ausgebildet ist. Vorder- und Hinterdarm. Mund und Anus. Bei der Re- generation von Pti/chodera wird, wie oben erwähnt, kein ectodermales Stomodeum und Proctodeum gebildet. Bei den regenerierten Exem- plaren ist der gesamte Darm entodermaler Herkunft. 274 C. Dawydoff, Die Herkunft des Vorder- und Hinterdarmes von Tornaria ist uns unbekannt, bei der Entwicklung bildet sich jedoch bei Balmioglossus Tcoicalewskii der ganze Darm aus dem Entoderm. Diese Form weist nicht einmal Spuren eines ectodermalen Proctodeum und Stomadeum auf (Bateson, 84). Der Regenerationsprozeß gleicht somit im ge- gebenen Falle vollkommen dem Vorgange, welcher bei der embryonalen Entwicklung der Enteropneusta, die keine komplizierte Metamorphose erleidet, beobachtet wird. Wie weit dieser Prozeß typisch ist, läßt sich nicht beurteilen, solange die ersten Entwicklungsprozesse der Tornaria unbekannt sind. Notochorda. Während der embryonalen Entwicklung entsteht die sog. Notochorda durch Einstülpung in den Rüssel eines Teiles des Oesophagus. Die Beschreibung und besonders die prachtvolle Zeich- nung von MoRGx^N (Fig. 40, PI. XXVI) lassen keine Zweifel übrig, von der vollkonTmenen Analogie des Bildungsprozesses der Notochorda bei der embryonalen Entwicklung und bei der Regeneration. Kieme napparat. Beim Vergleich der Beobachtungsresultate sämtlicher Forscher, die die embryonale Entwicklung der Enteropneusta untersucht und den Entwicklungsprozeß des Kiemenapparates studiert haben (Morgan, Metschnikoff, Agassiz, Spengel) mit meinen Be- obachtungen über die Entstehung der Kiemensäcke dieser Tiere bei der Regeneration, ist nur der Schluß mög'ich, daß in dem gegebenen Falle eine vollkommene Analogie zwischen der regenerativen und onto- genetischen Organogenese vorhanden ist. Rüsselskelet. Die Herkunft des sog. Rüssel skelet! es ist eine recht dunkle und embryologisch bisher ungelöste Frage. Auf Grund der Untersuchungen von Spengel kann mit einiger Sicherheit die Cölom- (cölenchyme) Natur des Skelettes bei den Enteropneusta angenommen werden, wodurch ein vollkommener Parallelismus des Bildungsprozesses dieses Organs bei der Ontogenie und bei der Regeneration durchgeführt werden kann. Die endgültige Lösung dieser Frage muß jedoch natürlich späteren embryologischen Untersuchungen vorbehalten werden. Nervensystem. Bei der embryonalen Entwicklung kann der hohle Nerv des Kragens auf verschiedene Weise gebildet werden. Vor allem muß bemerkt werden, daß in den frühesten Stadien beim Embryo eine ununterbrochene Ectodermverdickung längs der Medianlinie der dorsalen Seite vorhanden ist. In diesem Stadium unterscheidet sich der Kragennerv weder dem Bau noch seiner Lagerung nach vom Rumpf- nerven, dessen direkte Fortsetzung er bildet. Dasselbe wird, wie oben berichtet worden war, bei der Regeneration beobachtet. Beobachtungen über den Hegenerationsprozcß bei den Knterojjnensten. '21~) Der FrozeU ilei- Anlage tle.s Ner\emt)lue.s wilhreiul tler embryonalen Entwieklunu kann aul zwei Arten oder Typen zurückgeführt werden. Bei denjenigen Formen, welche sich ohne Metamorphose entwickeln (und zwar l)ei Bdlanoglossiis koicaleivshii), entsteht dieses Organ durch Delamination (Batkson). bei den Enteropneusta, welche eine Meta- morphose erleiden, dui-eii In vaginal ion. Batesüx beobachtete übrigens bei ßaJ((7iO(/lossiis koimleivskii nur in dem mittleren Abschnitt des Xervenrohres im Kragen eine Delamina- tion, an dem vorderen und hinteren Ende des Kragennerven wird eine typische Invagination, wie bei sämtlichen Tornaria, beobachtet. Als tyj)ische Entstehungsweise des Nervenrohres während der embryonalen Entwicklung muß somit die Invagination oder eine Modi- fikation derselben — der Prozel.5 einer Einsenkung einer Nervenplatte und ihr späterer Verschluß zu einem Rohre — angesehen werden. Auf dieselbe Weise entsteht der Prozeß bei der Regeneration. Im Resultat der Betrachtung des oben angeführten Tatsachen- materials komme ich somit zum Schluß, daß die regenerative und embryonale Organogenese einander vollkommen entsprechen. Die Re- sultate des Vergleichs der Prozesse bei der Regeneration und Onto- genese der Enteropneusta beweisen noch einmal die Unrichtigkeit der Ansichten von Morgan, Driesch und ihrer Schulen, daß diese Er- scheinungen einander nicht gleichen. Das Studium der Regeneration der Enteropneusta bestätigt voll- kommen die Ansicht, daß. wenn auch bei der Regeneration infolge gewisser Abweichungen keine vollkommene Analogie mit der Ontogenie zu erkennen ist, jedenfalls stets sämtliche Organe und Gewebe sich aus Elementen desselben Keimblattes entwickeln, welches ihnen während der Ontogenie den Ursprung gab. Regeneration und Phylogenese. Allgemeine Bemerkungen. P a 1 i n g e n e t i s c h e r Charakter der regenerativen Organogenese. xA. t a v i s m u s bei der R egenerat ion. Ich gehe nun zu einer der schwierigsten Fragen, welche mit dem Studium der Regeneration verknüpft sind, über, und zwar zur Frage, ob die Regenerationserscheinungen irgendwelche Beziehungen zur Phylogenese haben? Entschiedene Gegner der Ansicht von vorhandenen Beziehungen der Regeneration zur Phylogenese sind Morgax, Driesch und die ganze neovitalistische Schule. •216 C. Dawydoff, Vor allem darf nicht aus dein Auge gelassen werden, daß die Re- generationsprozesse nach denselben Gesetzen verlaufen, nach denen die embryonalen Entwicklungsvorgänge vor sich gehen: ist dieses jedoch der Fall, so liegt, wie Schultz (1905) mit Recht bemerkt, kein Grund vor, dem regenerativen Entwicklungsverlauf die phylogenetische Be- deutung abzusprechen. Im Grunde genommen ist ans der Zusammen- hang der Ontogenie mit der Phylogenie nicht mehr bekannt, als der mutmaßliche Zusammenhang der Regeneration mit der Phylogenie. Außerdem ist jedoch ein wichtiger Umstand nicht zu vergessen, daß nämlich die regenerative Organogenese einen primitiveren Charakter aufweist im Vergleich zur embryonalen Organogenese, welche oft reich an c'inogenetischen Erscheinungen ist, und daß bei der Regeneration bisweilen atavistische Merkmale in die Erscheinung treten. Diese beiden Umstände geben dem Forscher die Möglichkeit an die Hand, viele phylogenetische Rätsel zu lösen. Die drei Umstände: 1) die offenbare prinzipielle Analogie der Re- generation und Ontogenese, 2) der in einigen Fällen primitivere Cha- rakter der regenerativen Organogenese, 3) Fälle von Atavismus, welche bisweilen während des Verlaufs der regenerativen Prozesse im Regene- rat sich offenbaren, genügen vollkommen, um die Befunde der regene- tiven Organogenese bei der Beurteilung phylogenetischer Probleme berücksichtigen zu dürfen. Dem Atavismus können auch die Abweichungen von der normalen Entwicklung, von denen weiter oben die Rede war, zugezählt werden, welche durch einen palingenetischen Verlauf der Organogenese bedingt sind, denn die paliugenetische Entwicklungsweise eines Organs ist gleichzeitig auch eine atavistische. Mit der Bezeichnung Atavismus habe ich jedoch nicht den Modus der Differenzierung eines Organs im Auge, als vielmehr das Auftreten als Endresultat der Entwicklung in dem Regenerat derartiger Orga- niiatio.iseigenheiten, welche normale Individuen nicht offenbaren, welche jedoch höchstwahrscheinlich ihre entfernten Vorfahren aufgewiesen haben. Es kann nicht geleugnet werden, daß die Frage über den Atavis- mus bisweilen nur schwachen Boden unter sich hat. Wir haben nur in dem Falle das Recht, zu behaupten, daß irgend ein Kennzeichen eine atavistische Erscheinung sei, d. h. den Vorfahren des betreffenden Tieres zukam, wenn wir die betreffenden Vorfahren und ihre Organi- sation kennen. Wir haben z. B. das volle Recht, das Auftreten zweier überzähliger Finger beim Pferde im Sinne von Atavismus zu deuten, Bcobaclitungcii üIkt den Koj^onei-ationsprozcl.) bei den Knteroiineusten. 277 zeß lici den Entcroimeusten. 281 lliiisk-htlicli der Kiiizcllu'iten vrrweiso ich auf meine Mitteilung im Zoolog. Anz. ( 15)07, a). Vierter 1^'all. Kine Erscheinung von Atavismus bei der Regenera- tion stellen dir Fälle einer Ausmündung nach -^ ^ — — ^-X^ außen des distalen En- /^f/:d. des der Xotochorda bei '^ der Regeneration einiger \ • *'^^^'<^-- rocl. d. \ Exemplare von Ptijclw- / dera. vermittels einer / besonderen Öffnung dar. \ Normalerweise en- j digt, wie bekannt, der präorale Abschnitt des Darmes — die sog. Noto- chorda — im Rüssel blind. Es kommen je- doch Fälle vor, in denen im regenerierten Rüssel an dem distalen Ende des präoralen Darmes (welcher sich verbreitert und mit seiner ventralen Seite dem Ectoderm dicht anliegt) eine Kommunikation mit der Außen- Textfig. 10 rt. cacl. — f)r.r Textfig. 17. weit sich ausbildet. An der angegebenen Stelle bildet das Ectoderm des Rüssels eine seichte Vertiefung, welche in enge Berührung mit der 282 C. Dawydoff, Wand des präoralen Darmes tritt, mit derselben verwächst, worauf an der Verwachsungsstelle ein Porus entsteht. Textfig. 17; Fig. 8, Taf. XIII stellt die Abbildung eines Sagittalschnittes durch einen der- artigen anormal regenerierten Rüssel dar. Die Beteiligung der ecto- dermalen Einstülpung an der Bildung dieses Porus, die Lagerung desselben auf der ventralen Rüsselseite, der histologische Charakter schließlich der sog. Notochorda (Anwesenheit von Drüsen in derselben) zwingt unwillkürlich zur Annahme, daß die beschriebenen Fälle einer Kommunikation des Hohlraumes der Notochorda mit der Außenwelt nur als Erscheinungen von Atavismus gedeutet werden können. Fünfter Fall. Unzweifelhaft ein Atavismus ist auch die Bildung bei der Regeneration von Ptychodera der sog. »supraoesophageal noto- chord« im Gebiete des Kragens. Wie bekannt, kommt dieses Gebilde, welches das Aussehen einer rinnenförmigen Falte der dorsalen Oeso- phaguswand in der ganzen Ausdehnung des Kragens, als eine unmittel- bare Fortsetzung des präoralen Darmes einigen Arten von Enteropneusta (der Familie Harrimaniidae) zu. Bei Pti/chodera fehlt dieses Organ normalerweise. Bei der Regeneration im Gebiete des Kragens kann man fast stets die Bildung dieser Notochorda im Kragen beobachten. Fig. 11, Taf. XIV; Fig. 31, Taf. XVI gibt dieses Organ ausgezeichnet wieder; dasselbe hat das Aussehen einer rinnenförmigen Vertiefung der Darm- wand. Es ist interessant, daß auch bei der embryonalen Entwicklung bisweilen dieses Organ bei solchen Enteropneusta auftritt, bei denen es im erwachsenen Zustande nicht beobachtet wird. Aus dem oben Mitgeteilten ist somit ersichtlich, daß: 1) bei der Regeneration der Enteropneusta die organogenetischen Prozesse auf einem mehr palingenetischen Wege verlaufen; 2) bei der Regeneration Fälle von Atavismus beobachtet werden; 3) pinzipiell zwischen der Regeneration und der Ontogenese kein Unterschied besteht. Ich will nun versuchen, in Berücksichtigung des Mitgeteilten auf Grund des gesammelten Materials einige Fragen hinsichtlich der Morpho- logie der Enteropneusta zu beleuchten. Die morphologische Bedeutung des endgültigen Rüsselcöloms der Enteropneusten und seine Beziehungen zum Pericardium. Die Cölomhöhlen des vorderen und hinteren Segmentes der Entero- pneusta, d. h. des Kragens und des Rumpfes, rufen keine Mißverständ- nisse hervor — in beiden Segmenten sind typische paarige Cölomhöhlen Beobachtungen üIut den üegencrationsprozeß bei den Kntoropneusten. 283 vorhanden. Anders verhält es sich mit dem Rüsselcölom ; wie bekannt ist dasselbe bei sämtlichen bekannten Vertretern der Enteropncusta ein unpaares Gebilde. Diese Tatsache würde an und für sich noch keine besondere 8chwierif];keiten bewirken, da die Organisation des Rüssels liiureiclieiide Betiiiidt' für die Atniahme einer Herkunft dieses unpaaren Cölonis aus einei' j)aari Darmpfor- ten«) bei einer Reihe von Formen {Schizocardium hra- siliense, Balanoglossus koiva- lewskii, Glandiceps talaboti, Gl. hacksi), sowie von Wil- le y (99) bei Spengelia auf- gefunden wurden. Es ist interessant, daß bei Ptijchodera minuta diese Darmpori normalerweise fehlen. Ihr Auftreten während der Regene- ration als einzige Vertreter typischer Kiemen ist die beste Bestätigung für die Ansicht von Schimkewitsch, welcher die Darmpforten für die primitivste Form der Kiemenspalten hält. Äußerst wertvoll sind die Beobachtungen von Spengel (84, 93) über die Bildung von Kiemensäcken bei jungen Glandiceps hacksi. Bei diesem Tiere (sowie bei einigen andern Entropneusta) wird die Bildung neuer Kiemenspalten hinter den bereits gebildeten im Verlaufe fast des ganzen Lebens beobachtet. In dem von Spengel beschriebenen Falle entstehten die neuen Kiemen unmittelbar hinter den bereits differenzierten, d. h. der Prozeß Textfig. 21. Beobacbtungon über don Regenerationspruzeß bei den Enleropneiislen. 297 ist in tleiii Kiemengebiet lokalisiert. Li dem von mir beobachteten Falle bildet der Darm neue Ausstülpungen fast im Niveau des Leber- abschnittes. Dieser Umstand weist darauf hin, daß beim erwachsenen Tiere die Wand des Darmes in dessen ganzer Ausdehnung Kiemen- öffnungen entstehen lassen kann, wenn die Notwendigkeit dazu vor- liegt. Bei einer Amputation mit nachfolgender Regeneration erhält die Darmwand einen r/th _ ^ bTr y --- ^— ' — Bildung der !7on -, Reiz zur Kieraensäckchen an den Stellen, an denen sie ge- wöhnlich nicht gebildet werden. 2) Im Falle, wenn der ganze vordere Rumpfabschnitt von PtijcJiodera sich bei der Regeneration durch eine Umdifferenzierung in Kragen und Rüssel um- wandelt, haben wir es mit einem typischen Beispiel von Morphol- laxis im Sinne von Mor- gan zu tun. Fig. 22, Taf. XV; Textfig. 22 stellen Sagit- talschnitte durch ganze Tiere vor, welche an zwei Stellen, im hinte- ren Teil des Kiemen- gebietes und im mittle- ren Gebiet der Gonaden Textfig. 22. durchschnitten waren. Lifolge von Unregelmäßigkeiten, bedingt durch äußere Umstände, ist ein Teil des Stückes degeneriert (Textfig. 22), ein andrer Teil hat sich nach außen umgestülpt. Eine Regeneration im eigentlichen Sinne, d. h. eine Neubildung von Organen und Geweben, ist weder am vorderen, noch am hinteren Ende des Stückes erfolgt, nichtsdestoweniger ist am vorderen Ende desselben ein Rüssel entstanden. Es genügt ein auf- nierksamer Blick auf das Präparat, um das Wesen des stattgefundenen 298 C. Dawydoff, Prozesses zu erfassen. Das vordere Ende des Stumpfes hat sich total in einen Rüssel umdifferenziert. Dieses Ende weist jetzt sämt- liche Merkmale des typischen Rüssels auf — es besitzt bereits eine ectodermale Nephridialanlage, ein abgesondertes Cölom, einen Glomerulus, eine Notochorda, und trotzdem weist dieser Rüssel Merk- male auf, die darauf hindeuten, daß er nur einen abgesonderten und umdifferenzierten alten Teil des Stumpfes darstellt. Er besitzt z. B. Reste noch von Kiemensäcken (unterhalb der Notochorda); in dem der Notochorda anliegenden Teil sind sogar Gonaden (Fig. 22, Taf. XV) zu erkennen, die in den vorderen Abschnitt infolge eines unregel- mäßigen Wachstums und einer Umlagerung von Geweben bei den primären regulativen Prozessen gelangt sind. Diese Exemplare weisen klar auf die Bahnen hin, die zur Bildung eines neuen Rüssels im Stumpf geführt haben. — Es sind das die Bahnen der Morphollaxis. Im vorderen Ende des Stumpfes fand keine Neubildung von Zellen und Geweben statt; der Prozeß bestand nur darin, daß das Ende selber sich in toto in einen Rüssel umgewandelt hat. Äußerlich sind am Stumpf keine Veränderungen vor sich gegangen — bei der Unter- suchung des Objektes in toto weist nichts auf das Vorhandensein eines Rüssels hin. Innerlich finden wir unzweifelhafte Merkmale einer Morphollaxis. Das Ectoderm des vorderen Stumpfendes ist in einiger Entfernung vom distalen Ende nach innen gestülpt und hat eine typische Eichelpforte in Gestalt eines charakteristischen, einschichtigen epi- thelialen Kanals gebildet. Ein Teil des Cölenchyms hat sich zu einem besonderen Gebilde, dem Rüsselcölom, abgesondert; ein Teil des ecto- dermalen Epithels ist in ein charakteristisches Oesophagusepithel um- differenziert und, indem es die Notochorda gebildet hat, nach innen eingestülpt. Kurz, in dem vorderen Abschnitte des Stumpfes hat eine Umdifferenzierung stattgefunden, während äußerlich keine Spuren der- selben sichtbar sind. Von Interesse ist der zweite Fall. Das Tier war über den Kiemen- spalten — in der Mitte des Kragens — im vorderen Teil und im Ge- biete der Gonaden im hinteren Teil amputiert, darauf auf der Bauch- seite längs durchschnitten worden. Der mediane Teil der ventralen Seite des Stumpfes war degeneriert; der Stumpf hatte sich beinahe in eine ausgebreitete Platte umgewandelt. Der Darm dieses Tieres war zu einer einfachen entodermalen Rinne geworden, die auf der Bauch- seite weit geöffnet war (derselbe Prozeß, begleitet von einer äußerst stark ausgesprochenen Degeneration, ist auf Texlfig. 23 abgebildet). Ungeachtet der ungünstigen Bedingungen verliefen die regulativen Beobachtungen üIxt den llegenerationsprozeß bei den Knl(iii|»iHiistvn. 29'.) ''^U^.i -- f/£>//. Prozesse äußerst energisch und waren ausschließlich auf ein Ziel, die Regeneration des Rüssels, gerichtet. Äußerlich ist bei einer ober- lläclilicluMi Unter.suchung in toto im Stumpf keine Spur einer Rüssel- l)ildung zu erkennen. Auf Sclmitten erweist es sich jedoch, daß in der Tat eine Neubil- dung des Rüssels nicht erfolgt ist, derselbe ist äußerlich auch nicht abgesondert, der ganze vordere Teil des Stumpfes ist jedoch in einen Rüssel umgewan- delt. Fig.27,Taf.XVI, welche einen Sagittal- schnitt durch das be- schriebene Exemplar darstellt, gibt uns eine Bestätigung für das Gesagte. Der vordere Teil ist vollkommen in einen, wenn auch miß- gebildeten Rüssel mit Notochorda , Eichel- pforte, Pericard, einer sehr großen Skelet- platte usw. umgewan- delt. Ein vollkommen analoger Prozeß erfolgt offenbar bisweilen bei der Regeneration des vorderen Endes bei einigen Anneliden. Nach den Beobachtungen von P. Iwanoff (1908) bilden sich bei Spirographis die Segmente des sog. postthoracalen Teiles nicht durch Regene- ration, sondern durch allmähliche Umwandlung der sechs vorderen Abdominalsegmente des Stumpfes in thoracale. Die Prozesse, welche bei einer derartigen Umdifferenzierung oder Morphollaxis vor sich gehen, sind äußerst kompliziert und erfordern spezielle Untersuchungen, welche eine Reihe von Fragen, die mit diesem auffallenden Prozeß verbunden sind, klarstellen und die Gründe aus- findig machen müssen, die im Organismus die komplizierten Erschei- nungen einer Umdifferenzierung der Zellen, so daß im Endresultat eine y.w Textfig. 23. 300 C. Dcawydoff, zweckentsprechende Umgruppierung der Teile erfolgt, hervorrufen. Hierin sehe ich die Hauptaufgabe des Studiums der Regenerations- prozesse. Eine Erforschung dieser Gründe kann nur auf Grund von Tatsachen erfolgen. Das Tatsachenmaterial, welches bisher in dieser Richtung gesammelt worden ist, ist vorläufig unzureichend. Wir haben zurzeit noch keine detaillierten histogenetischen Untersuchungen in dieser Frage; derartige Untersuchungen werden unzweifelhaft dazu bei- tragen, in dieses dunkle, äußerst interessante Gebiet Klarheit zu bringen. St. Petersburg, im Februar 1909. Literaturverzeichnis. A. Agassiz, 1873. The history of Balanoglossiis and Tornaria. Mem. Americ. of Arts and Sciences. Vol. IX. Andersson, 1907. Die Pterobranchier der Schwedischen Südpolarexpedition (1901 — 1903). Wissenschaftliche Ergebnisse der Schwedischen Süd- polarexpedition. Bd. V. Stockholm. W. Bateson, 1884. The early stages in the development of Balanoglossus (sp. ine). Quart. Journ. Micr. Sc. (N. S.) Vol. XXIV. — 1885. The latter stages in the development of Balanoglossus kowalewskii (Agassiz) and on the affinities of the Enteropneusta. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XXV. Suppl. — 1886. Continued account of the later stages in the development of Balano- glossus kowalewskii, and on the morphology of the Enteropneusta. Quart. Joum. Micr. Sc. Vol. XXV. — 1886. The Ancestry of the Chordata. Quart. Journ. Micr. Sc. Vol. XXVI. G. BouRNE, 1889. On a Tornaria found in British seas. Journ. Mar. Biol. Assoc.(2) Vol. I. Caullery et Mesnil, 1904. 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Heymons nimmt bei allen von ihm untersuchten Orthopteren an, daß das Darmdrüsenblatt den lamellenartigen Auswüchsen des Zur KntwifUhingsgt'sc'h. dos DaiiiulrüstMihlattos ln-i (a-yllotalj)!! vulg. Latr. 309 nach hinten gerichteten, proximalen Endes des »Stoniodäunis und des nach vorn gerichteten proximalen Endes des Proctodäums seine Ent- stehung verdankt, und daß es also eine rein ectodermale Bildung dar- stellt. Am eingehendsten beschrieb er die Verhältnisse bei Forficula, bei den Orthopteren fand er aber im allgemeinen ganz ähnliche Vor- gänge ; die Unterschiede bei einzelnen Species sind nur von ganz unter- geordnetem Werte. Bei Forficula ist d'\3 säckchenförmige stomodäale Einstülpung zuerst von einer Schicht Mesodermzellen überall bedeckt. Bald nehmen die Mesodermzellen eine abgeflachte Gestalt an und bekleiden dann nur in einer sehr dünnen, nicht mehr lückenlosen Schicht das eingestülpte Ectoderm. Mit der fortschreitenden Vertiefung weitet sich gleichzeitig das proximale Ende des Stomodäums aus, und die dünne Mesodermlage wild durchbrochen, und zwar an dem nach hinten gerichteten Ende des Stomodäums, welches von nun an unmittelbar an den Dotter angrenzt. Bald erscheint an diesem nach hinten gerichteten Ende des Stomo- däums eine AVucherung von Zellen, welche sich nach hinten, sowie nach rechts und links verschieben und besonders hier, also seitlich, wulstförmige Verdickungen veranlassen. Diese Epithelwucherung des Stomodäums bildet nach Heymoxs die einschichtige vordere Epithel- lamelle, die dem vorderen x4.bschnitte des Darmdrüsenblattes den Anfang gibt. Eine ganz ähnliche hintere Epithellamelle entspringt dem proximalen, nach vorn gerichteten Ende des Proctodäums, um den hinteren Abschnitt des Darmdrüsenblattes zu bilden. Das ganze Darmdrüsenblatt ist somit nach Heymons von rein ectodermalem Ursprünge. Was speziell die Entwicklungsgeschichte der GryUotalpa anbelangt, so bemerkte Heymons, daß dieselbe nicht eingehender behandelt zu werden braucht, »da bereits andre Forscher sich mit diesem Gegenstand beschäftigt haben«. Da aber von diesen letzteren, Gkaber nur bei- läufig, wie wir gesehen haben, die betreffenden Verhältnisse bei GryUotalpa behandelt und den rein ectodermalen Ursprung des Darm- drüsenblattes bei diesem Insekt nur als wahrscheinlich erklärt, und der andre Forscher, Korotneff, seine früheren eingehenden Unter- suchungen als fasch erklärt und sich nur ganz kurz ohne eine nähere tatsächliche Begründung den neueren Ansichten Heymons' anschliei3t, so ist es leicht einzusehen, daß die Frage der Entwicklung des Darm- drüsenblattes bei Gn/llotalpa zum Teil wenigstens noch offen steht, und das um so mehr, als Korotneff nichts Neues zufügt und nur aus 310 J. Nusbaum und B. Fulinski, der Durchmusterung seiner schon sehr alten Präparate zum Schlüsse gelangt, daß seine früheren Beobachtungen vollständig den Heymons- schen entsprechen. In seiner kurzen Mitteilung von 1894 behauptet nämlich Korot- NEFF (9) auf Grund seiner alten, die Gryllotalpa betreffenden Präparate, daß »die Mitteldarmmasse aus Dotterzellen gebildet ist, die von vier Zellenpolstern (oder wie bei Pyrrhocoris, nach Karawaiew, von vier Strängen) allmählich umwachsen werden. Letzterer Prozeß vollzieht sich in der Art, daß die vier Polster zu gleicher Zeit gegeneinander (von oben nach unten) und lateral wachsen; über ihren Ursprung kann gar kein Zweifel existieren: die zwei oberen sind Auswüchse des Stomodäums und die zwei unteren des Proctodäums; damit ist gesagt, daß die Polster einen ectodermalen Ursprung besitzen. Bei der Gryllotalpa entsteht also der ganze Darm nur aus dem Ectoderm. « Es ist interessant, daß Korotneff, trotzdem er sich der Heymons- schen Meinung vollkommen anschließt, zum folgenden, etwas sonder- baren Schlüsse gelangt : »Damit ist also der Standpunkt, nach welchem der Mitteldarm seinenUrsprung dem Mes oder m verdankt, nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern ganz den Tatsachen entsprechend.« Er gelangt zu diesem Schlüsse auf Grund der Beobachtungen von Karawaiew (7), nach welchen bei Pyrrhocoris die Anlage des Mittel- darmepithels als zwei selbständige Polster des unteren Blattes oder des »primären Entoderms« entsteht, wie es einer von uns seinerzeit (NusBAUM in der Arbeit über die Embryologie von Meloe proscarabaeus, 1891) und gleichzeitig auch Cholodkovsky in der Arbeit über die Ent- wirklung von Phyllodromia das untere Blatt der Insekten benannt haben. Korotneff bezeichnet nun diese zwei Entodermpolster des unteren Blattes, die sehr früh mit dem Storno- und Proctodäum zu- sammenwachsen, als »Abschnitte des Mesoderms«, was aber voll- kommen unbegründet ist. Wir können hier die eignen Worte des verdienstvollen russischen Forschers wiederholen: »Im Gebiete der Embryologie ■ — sagt Korot- neff — kommt es oft vor, daß die Verschiedenheiten der existierenden Meinungen nicht aus der Mannigfaltigkeit der Erscheinungen oder der Ungenauigkeit der Beobachtungen entspringen, sondern dem ver- schiedenen Standpunkte des Autors ihren Ursprung verdanken.« Aber, fragen wir, ist der KoROTNEFFsche Standpunkt gerecht- fertigt, nach welchem das, was ein Produkt der Einstülpung oder eines derselben analogen Prozesses darstellt, was also als inneres Blatt erscheint und was sowohl das Epithel des Mitteldarmes, wie auch die mesoder- Zur Entwifkliingsgt'si'h. cli-s DiiniuliiisrjiMattrs hei ( Ji\ llotalpa viilg, Latr. 311 malen Elemente liefert, als Mesoderm bezeichnet werden soll? Ist nicht derjenige Standpunkt mehr gereclitfertigt und nicht mehr den em- l)ryologischen Tatsachen entsprechend, welche wir bei andern Tier- gruppeii (Crustaceen, Vertebraten, vielen Würmern) beobachten, welchen seinerzeit der geniale Kenner der Embryologie Alexander Kowa- LEWSKi (11) und später der verdienstvollste Forscher K. Heider (3) angenommen haben, und zwar, dai3 in denjenigen Fällen, in welchen bei Insekten aus dem unteren Blatte die Anlage für das Mitteldarm- epithel und für das Mesoderm sich differenzieren, dieses untere Blatt als primäres Entoderm oder Entomesoderm (Kowalewski) bezeichnet werden soll ? Was aber die Dotterzellen anbetrifft, und zwar bei denjenigen In- sekten, bei welchen sie sich nicht an der Bildung des Darmes beteiligen, so betrachten wir dieselben als vollkommen den Dotterzellen der Crusta- ceen entsprechend. Sie funktionieren ebenfalls als Vitellophagen (J. Nusbaum), und morphologisch stellen sie sehr früh erscheinende em- bryonale Zellen dar, die den Keimblättern gegenübergestellt werden müssen, ähnlich wie z. B. die großen, zugrunde gehenden Periblast- elemente im Dotter der Teleostierembryonen. Irreleitend ist es auch, das obere Blatt der Insektenembryonen, bevor es noch das ganze untere Blatt entweder durch eine typische Einstülpung (Gastraleinstülpung) oder durch einen analogen Prozeß gebildet hat, als Ectoderm zu bezeichnen. Wenn wir berücksichtigen, daß während der Ontogenese eine Dif- ferenzierung der Anlagen und daß, ausgenommen vielleicht nur die allerfrühesten Stadien, eine erbungleiche Teilung in den somatischen Zellengruppen stattfindet, so müssen wir immer bei der Beurteilung des morphologischen Wertes eines Keimblattes nicht nur die Ver- irangenheit, sondern auch die Zukunft, d. h. die formative Potenz der Anlagen in Betracht ziehen. Das obere Blatt des Insektelikeimstreifens, welches noch das ganze untere Blatt oder manche Abschnitte desselben zu liefern hat, ist deshalb noch kein Ectoderm, sondern lediglich ein Teil des Blastoderms, und das untere Blatt des Keimstreifens, welches Anlagen für das Mitteldarmepithel und für das eigentliche Mesoderm enthält, muß als primäres Entoderm bezeichnet werden. Es ist dabei ganz gleichgültig, ob das ganze untere Blatt (Entomesoderm A. KoAVALEWSKis) anfangs undifferenziert ist und erst sekundär in der !\Iitte in das Mesoderm und an den zw^ei Enden in das sekundäre Ento- derm zerfällt, wie es Kowalewski und Heider angenommen haben, oder ob die mittlere Partie des unteren Blattes sich primär unabhängig 312 J. Nusbaum und B. Fulinski. von den distalen Anlagen desselben differenziert, d. h. beide Abschnitte des unteren Blattes vom ersten Augenblick an topographisch getrennt erscheinen, wie es Noack (12) für die Museiden, Karawaiew (7) für PyrrhoGoris, Carriere und Bürger (1) für Chalicodoma muraria und Nusbaum und Fulinski (13) für Phyllodromia angenommen haben. Das Wichtigste ist für uns, daß in keiner der zuletzt erwähnten Arbeiten der ectodermale Ursprung des Mitteldarmepithels angenommen, und daß das Zusammenwachsen der Mitteldarmepithelanlagen mit dem Storno- und Proctodäum lediglich als ein sekundärer Prozeß betrachtet wird. Unsre Beobachtungen an Gryllotalpa führen uns ebenfalls zum Schlüsse, daß auch hier der sehr innige Zusammenhang des sekundären Entoderms, d. h. der erwähnten vorderen und hinteren blattförmigen Bildungen mit den gegeneinander, d. h. proximal zugekehrten Enden des Stomo- und Proctodäums nicht primärer, sondern sekundärer Natur ist, und daß namentlich Teile des unteren Blattes, d. h. des primären Entoderms, sehr frühzeitig mit dem Stomo- und Proctodäum eng zu- sammenwachsen und somit in etwas späteren Stadien Bilder bedingen, welche zur irrtümlichen Annahme eines rein ectodermalen Ursprunges dieser Anlagen führen können. Unsre Beobachtungen, die wir unten näher darstellen werden, stehen also im schroffen Gegensatz zu denjenigen von Korotneff, Graber und Heymons. Die Frage ist also sehr strittig, aber von prinzipieller Bedeutung, da der ectodermale Ursprung des Darmdrüsen- blattes bei den pterygoten Insekten, nach Heymons, die Keimblätter- lehre erschüttern soll! Bei Untersuchungen, welche eine solche höchst strittige Frage be- treffen, handelt es sich gewöhnlich um einige besonders kritische Ent- wicklungsstadien; wenn solche Stadien nicht näher untersucht oder ganz übersehen werden, so gelangt man schon sehr leicht zu falschen Schlüssen. Um den Leser von der Richtigkeit unsrer Beobachtungen zu überzeugen, haben wir beschlossen, keine Abbildungen zu geben, da dieselben in embryologischen Arbeiten immer etwas schematisch ausfallen müssen; wir haben deshalb nur photographische Aufnahmen unsrer milo-oskopischen Präparate angefertigt, und dieselben sind auf den Tafeln genau reproduziert worden. Der Leser kann sich also auf Grund dieser Aufnahmen überzeugen, daß die betreffenden Verhält- nisse und Bilder nicht so einfach sind, wie sie Heymons in seiner Arbeit dargestellt hat. Wer unsre photographischen Aufnahmen, die also absolut den natürlichen Verhältnissen entsprechen, näher betrachtet, Zur Kntwicklungsgosc'h. des Darnulrüsonhlattfs Ihm Gryllotalpa viilg. Latr. 313 muß Zinn Schlüsse gelangen, daß das llEYMONSsche Schema, nach welchem die ganze Danndrüsenhiattaidage rein ectodcmial ist, keines- wegs den wirklichen Verhältnissen entspricht. Was das technische Verfahren anbelangt, so liabeu wir die Eier im Gemisch von Sublimat und '.)% Acidum nitricnm al ])ari oder im heißen Sublimat fixiert; die erste Fixierungsflüssigkeit erwies sich viel vorteilhafter. Zur Färbung dienten uns: Eisenhämatoxylin nach Heidenh.mx mit Orangenachfärbung, oder DELAFiELDsches Hämato- xyün und Eosin. Um die Lage des Keimstreifens im Ei klar zu machen, haben wir folgendes Verfahren gebraucht, welches sich als höchst zweckmäßig erwiesen hat und welches wir allen denjenigen, die über die Lage des Keimstreifens bei den Arthropoden sich zu orientieren wünsclien, am wärmsten empfehlen. Die Methode gebrauchten auch einige andre Herren (Dr. Hirschler) in unserm zoologischen Institut ebenfalls mit bestem Erfolge. Man färbt die in Alkohol konservierten Eier (Fixierung oben erwähnt) in etwa 0,5%iger Lösung des Thionins (Grübler) in Wasser während 24 Stunden; die stark gefärbten Eier differenziert man dann in 95%igem Alkohol während 24 Stunden oder während einiger Tage, bis der Dotter vollkommen ungefärbt und der Keimstreif blau fingiert erscheint. In frühen Entwicklungsstadien konnten wir auch die schönen, großen, amöbenförmigen Elemente des Blastoderms mit dieser Methode sehr klar sehen. Die Methode ist auch deshalb sehr gut, weil man durch Einlegen der Eier in einen schwach angesäuerten Alkohol dieselben genügend entfärben und dann nach dem Einbetten in Paraffin die Schnitte nachträglich z. B. mit Eisen- hämatoxylin färben kann. Man kann sich also an einem und demselben Ei sehr gut über die Lage und Gestalt des Keimstreifens orientieren und später dasselbe in Schnitte zerlegen. II. Bildung des unteren Blattes. Veränderungen in der Lage des Keimstreifens. Bevor wir zum eigentlichen Thema unsrer Untersuchung übergehen, müssen wir zunächst mit einigen Worten die Bildung des Keimstreifens und die Lageveränderung desselben besprechen, Verhältnisse, die übri- gens von unsern Vorgängern, besonders von Korotneff und Heymons im allgemeinen richtig beschrieben worden sind. Nach Korotneff wandern die vom Keimbläschen und dem das- selbe umgebenden Plasma stammenden ersten Zellen des Embryos an die Oberfläche des Eies, wo sie große, amöbenförmige, mit Pseudopodien 314 J. Nusbauni und B. Fuliuski, veifsehene Zellen bilden, was Heymons bestätigt und was auch wii- auf den mit Thionin in toto gefärbten und in Alkohol differenzierten Eiern sehr schön gesehen haben, indem die stark blau fingierten großen Zellen auf dem ganz ungefärbten Dotter selbst unter einer Lupe sehr distinkt hervortreten. Sowohl KoROTNEFF, wic auch Heymons stimmen dann überein, indem sie behaupten, daß das Blastoderm zuerst nur auf der Ventral- seite des Eies erscheint, was auch wir bestätigen können. Erst später, infolge der Vermehrung der ventralen Zellen, bedeckt das Blastoderm die ganze Eioberlläche. Nach den beiden oben erwähnten Autoren kriechen alle Zellen, d. h. alle Blastomeren, an die Eioberfläche ; es bleiben keine Blastomeren im Dotter übrig, und die später erscheinenden Dotterzellen, welche Korotneff als Entoderm bezeichnet, entstehen aus einzelnen Blastodermzellen, die sich nachträglich von der ober- flächlichen Schicht loslösen, wachsen und sich in dem Dotter vertiefen. Wir können auch diese Beobachtung bestätigen, wir müssen aber hinzu- fügen, daß an einigen Präparaten, wo wir ununterbrochene Schnitt- serien zur Verfügung hatten, zu beobachten war, daß einige große, amöbenförmige Blastomeren im Dotter in der nächsten Umgebung des Blastoderms, und zwar gewöhnlich näher der Ventralseite des Eies, liegen bleiben. Wir gelangen also zum Schlüsse, daß gewöhnlich alle Blastomeren centrifugal wandern, bis sie die Oberfläche des Eies erreichen, und erst sekundär wandern manche Blastodermzellen wieder centripetal, um sich in Dotterzellen umzuwandeln; manchmal aber gelangen einige centrifugal kriechende Blastomeren nicht an die Eioberfläche, um sich dann primär in die Dotterzellen umzuwandeln. Den Grund dafür, warum bei der GrijUotalpa gewöhnlich alle Zellen an die Oberfläche des Eies wandern, in der Mehrzahl der Fälle dagegen, wie es bekanntlich BoBRETZKY zuerst bei den Lepidopteren nachgewiesen hat, bei den Insekten ein Teil der Blastomeren immer im Dotter zurückbleibt, um die Dotterzellen z i bilden, sehen wir darin, daß bei Gryllotalpa ein plasmatisches, oberflächliches Keimhautblastem, das so vielen andern Insekteneiern eigentümlich ist, gar nicht vorhanden ist. Die Blasto- meren müssen also zuerst fast alle an die Oberfläche gelangen, um hier hinreichendes Plasmamaterial zur Bildung des Blastoderms zu liefern. Nachdem das Blastoderm schon das ganze Ei bedeckt hat, erscheinen an demselben folgende Differenzierungen. Beiderseits der Mittellinie des künftigen Keimstreifens lassen sich an der Bauchseite zwei etwas Zur Entwickliingsgesoh. des l)aniulriisonl)lattcs ln-i ( Jryllotaljci viilg. Latr. 315 verdickte Blastodermstreifen unterscheiden, die eine dünne Mittel platte l)oiderscits bojironzon. Nach hinten vereinigen sich diese ventrolatcralen IMastoderinstrrifen und bilden eine unpaare Verdickung, welche den liinteren iMpol umgibt untl in (lit> Dorsalfläche des Eies übergeht, wo- nach dieser unpaare Streifen in der Richtung gegen den vorderen Eipol wächst. Diese Verhältnisse haben richtig Korotneff und Heymon.s l)eschrieben, und wir stimmen also diesen beiden Autoren vollkommen bei. Von den beiden ventrolatcralen Streifen und von dem engeren, unpauren. dorsalen trennen sich hier und da einzelne Zellen ab und waiulern in den Dotter, wo sie als sog. Paracyten (Heymons) zugi-unde gehen, woI»ei ihre Kerne noch früher einem Zerfall unterliegen. In den verdickten ventrolatcralen Blastodermstreifen, wie auch dem unpaaren dorsalen erfolgt nun bald eine sehr reichliche Bildung von Zellen des unteren Blattes; aber gleicherweise erfolgt auch in der dünneren Mittelplatte, welche aus einer Zellenschicht besteht, eine Abtrennung einzelner Zellen des unteren Blattes, obwohl in viel ge- ringerem Maße als in den seitlichen Anlagen, was schon Heymons richtig zu beobachten scheint, indem er sich äußert: »Die Mesoderm- bildung findet besonders in den Seitenteilen statt.« Die Bildung der Zellen des unteren Blattes erfolgt auf mitotischem Wege; manche Zellen des Blastoderms scheinen sich aber infolge einer 'Einkeilung« von demselben abzutrennen und tiefer zu wandern, wobei eine solche Einkeilung besonders, wenn nicht ausschließlich, in der Mittelplatte stattzufinden scheint. Die Bildung der Zellen des unteren Blattes erfolgt in der Mittelplatte etwas später als in den Seitenteilen. Fig. 1 stellt eine photographische Aufnahme eines Querschnittes durch den linken Seitenstreifen und durch die Mittelplatte des Blasto- derms dar; die rechte Hälfte ist infolge einer sehr großen Breite des Präparates nicht aufgenommen worden. Unter der Blastodermschicht des Seitenstreifens sehen wir eine ansehnliche Anhäufung von Zellen des unteren Blattes, die teils schon ganz frei, teils noch mit Blastoderm in Verbindung liegen; die mittlere Partie ist viel dünner, und man sieht hier zwei sich einkeilende Zellen des Blastoderms; die rechte Ver- dickung zeigt in dem betreffenden Präparate die gleichen Verhältnisse wie die linke. Da nach hinten und dorsalwärts beide Lateralstreifen zusammen- fließen, so erfolgt hier von Anfang an eine einheitliche Bildung des unteren Blattes gleichmäßig an der ganzen Fläche des unpaaren Streifens, dessen Breite viel geringer ist, als diejenige beider Seiten streifen samt der dünnen Mittelplatte des Blastoderms der Ventralseite des Embryo. 316 J. Nusbaum und B. Fulinski, Wir halten diese ganze Gegend des Blastoderms, nämlich : an der Ventral - Seite die Mittelplatte samt den Seitenstreifen und an der Dorsalseite den schmäleren unpaaren Streifen für ein Homologen der Gastrula- einstülpung bei denjenigen Insekten, bei welchen eine wahre Invagina- tion zustande kommt, z. B. bei vielen Coleopteren oder Lepidopteren, da in allen Fällen in den homologen Gegenden des Blastoderms die Bildung des unteren Blattes, d. h. des primären Entoderms stattfindet. Diese Homologie fällt um so mehr ins Auge, weil auch bei den letzt- genannten Insekten gewöhnlich eine Mittelplatte und zwei seitliche Streifen am Blastoderm hervortreten; bei ChaUcodoma bilden diese seit- lichen Streifen zwei über die mehr passiv sich verhaltende breite Mittel- platte gegeneinander bis zum Zusammenfließen wachsende Falten (Carkiere und Bürger). In der Mittelplatte soll nach Korotneff eine Art Primitivi-inne, d. h. eine kleine, mediane, rinnenartige Vertiefung entstehen, welche aber nach Heymons »nur überaus schwach angedeutet und lediglich in der vorderen Partie des Keimstreifens zeitweilig erkennbar ist«. Es wird dieselbe, nach Heymons, auf rein mechanische Weise dadurch hervorgerufen, daß die verdickten Seitenteile während der lebhaften, in ihnen stattfindenden Entwicklungsprozesse sich etwas stärker nach außen hervorwölben. Die angebliche »Primitivi'inne « ist daher, nach Heymons, nicht als eine wahre Einstülpung aufzufassen. Wir können in dieser Hinsicht vollkommen den Beobachtungen Heymons' bei- pflichten. Die Ursache dieser Erscheinung sehen wir darin, daß in der Medianplatte, wie erwähnt, die Abtrennung der Elemente des unteren Blattes etwas verzögert ist und die sich früher und energischer anhäufenden Zellen des Unterblattes in den Seitenstreifen eine Her- vorwölbung des Blastoderms in diesen Gegenden bedingen, während die Mittelplatte eine gewisse Zeit noch sehr innig dem Dotter anliegt, wodurch an Querschnitten hier eine gewisse Vertiefung hervortritt. Nach unsern Beobachtungen, welche in dieser Hinsicht im schroffen Gegensatze zu denjenigen Heymons, sind, entsteht aus dem unteren Blatte nicht nur das Mesoderm, sondern auch die Anlage des Mittel- darmepithels, also das sekundäre Entoderm, und zwar als eine vordere, d. h. stomodäale und hintere, d. h. proctodäale Anlage desselben. An zwei Stellen des Keimstreifens, welche direkt hinter der künftigen Stomodäaleinstülpung und direkt vor der künftigen Procto- däaleinstülpung liegen, kommt es zu viel energischerer Bildung der Elemente des unteren Blattes, als in dem mittleren Teile des Keini- streifens. Und zwar differenziert sich hier ein größerer Zellhaufen, Zur Kiit\\irklun<^sgt>s(.'li. di-s Daniulriisc'nl)Iall(."s hi-i Gryllotalpa vulg. Latr. 317 welcher, wie in rm ab. Erst nach der Differenzierung dieser An- häufung erfolgt die Einstülpung des Storno- und Proctodäums, welche aber mit den Anlagen zusammengeklebt bleiben und bald innigst mit denselben verwachsen. Das untere Blatt oder das primäre Entoderm differenziert sich also in das secundäre Entoderm oder die Mitteldarra- epithelanlage und in das Mesoderm, welche alle eine ganz kontinuierliche Bildung darstellen, obwohl sie topogrophisch abgegrenzt sind. Bevor wir aber zur näheren Betrachtung dieser Anlagen übergehen, müssen wir zuerst die Blastokinese im Ei der Grißlotalpa mit einigen Worten besprechen, obgleich unsre Vorgänger, Korotneff und be- sonders Heymons, dieselbe im allgemeinen richtig beschrieben haben. Wir können aber noch manche neue, nicht uninteressante Einzelheiten hinzufügen, die besonders die Lage des Stomodäums und des Sub- ösophagealorgans betreffen und welche unsre Vorgänger nicht be- merkt haben. Wir können folgende sechs typische Stadien in der Lageverände- rung des immer superfiziell liegenden Keimstreifens in den ovoiden Gri/Uotalpa-Eiein unterscheiden, welche aber durch viele Ubergangs- stadien miteinander verbunden sind. Wir illustrieren dieselben mit folgenden rein schematischen Abbildungen: 1) Erstes Stadium. Die erste Anlage des Keimstreifens erscheint zuerst an der Bauchseite und krümmt sich am hinteren Pole desselben an die Dorsalseite des Eies um; sie nimmt zuerst nur den hintersten Abschnitt der Dorsalseite desselben ein. Wie wir oben gesehen haben, besteht in diesem Stadium die Anlage des Keimstreifens ventral aus zwei lateralen Verdickungen und aus einer dünneren Mittelplatte; an der Dorsalseite ist die Anlage viel schmäler und einheitlich. Das ist noch kein eigentlicher Keimstreifen, sondern nur die erste Anlage des- selben (Textfig. 1). 2) Zweites Stadium. Der Keimstreifen ist schon ausgebildet und zieht sich längs der ganzen ventralen und der ganzen dorsalen Seite des Eies in der Gegend der Medianlinie (Textfig. 2). Nur der vordere Eipol bleibt unbedeckt von dem Keimstreifen. Dieses Stadium scheint Heymons nicht beobachtet zu haben, da das früheste Stadium, welches er abgebildet hat, sich von dem hier beschriebenen darin unterscheidet, Zeitechritt f. wnssensch. Zoologie. XCIII. Bd. 21 318 J- Nusbavuii und B. Fiüinski, daß ein viel größerer Abschnitt des vorderen Eipoles unbedeckt bleibt. In diesem Stadium erscheint das Stomodäum und eine Verdickung des unteren Blattes direkt hinter demselben, wie auch eine Verdickung des unteren Blattes am Hinterende; wir haben auch die Genitalzellen in diesem Stadium beobachtet, und zwar am hintersten Ende des Em- bryo. In Textfig. 2 ist schon das Stomodcäum (St) und der Suböso- phagealkörper {S.o), welcher aber ein wenig später hervortritt, sche- matisch abgebildet. 3) Drittes Stadium. Das Kopfende des Keimstreifens, in welchem die schon in vorigem Stadium entwickelten Kopflappen viel ansehnlicher geworden sind, beginnt sich gegen das Hinterende des Eies zu verschieben, indem gleichzeitig das Hinterende des Keim- streifens etwas mehr nach vorn rückt, so daß es den Vorderpol des Eies umgreift. Man kann in dem betreffenden Stadium die stufenweise Verschiebung des Kopfendes nach hinten beobachten. Das Kopfende gelangt aber nicht zum hinteren Pol des Eies (wie es Heymons unrichtig angibt), sondern bleibt immer an der Ventralseite des Eies nahe dem Hinterpole liegen. Im betreffenden Stadium kann man infolge der beschriebenen Verschiebung eine sehr interessante, so weit es uns bekannt ist, von niemandem bisher beobachtete Lageveränderung des Stomodäums und des inzwischen auch entwickelten Subösophagealkörpers beobachten, dessen Entstehung unten beschrieben sein wird. Wir bemerken nämlich, daß anfangs die Stomodäaleinstülpung mit ihrem blinden Ende gegen das Hinterende des Eies gerichtet ist und der Subösophagealkörper unter dem Stomodäum, zwischen demselben und der Ventral wand des Em- bryos liegt (Textfig. 2). Wenn sich aber das Kopfende nach hinten verschiebt, unterliegt das schon ziemlich lange Stomodäum auf rein mechanischem Wege einer Umbiegung nach vorn, da ihm der dicht anliegende Dotter und die Mitteldarmanlage, die einerseits mit seinem blinden Ende, anderseits mit dem Dotter innig zusammenhängt, gleich- zeitig die Verschiebung nach hinten mitzumachen erschwert. Infolge- dessen wird das blinde Ende des Stomodäums nach vorn gerichtet, wobei dasselbe weiter nach vorn reicht als der Kopf läppen. Das Stomo- däum wird dabei sehr stark in dorsoventraler Richtung komprimiert und erscheint der Ventralwand des Embryos fast in der ganzen Länge wie angeschmiegt. Infolge dieser interessanten Umbiegung verändert sich auch gleich- zeitig die Lage des Subösophagealkörpers, da er. anstatt wie bis daher, unter dem Stomodäum (zwischen demselben und der Ventralwand des Zur Entwicklungsgesch. des Darmdi-üsenblattes bei Gryllolalpu vulg. Latr. 310 Embryokörpers), dorsal von demselben, zwischen ihm und dem Dotter zu liegen kommt, wie es aus den schematischen Abbildungen (Text- fig. 3, 4, 5) zu ersehen ist. Erst nachträglich, im nächsten Stadium (Textfig. G), wenn das St.- Textfig. 1—8. LaeeveräiKlerungen des Keimstreifens bei Gryllotalpa (schematisch). Kopfende wieder nach vorn zurückkehrt, kommt das Stomodäum (St) samt dem Subösophagealorgan {S.o) in die primitive Lage zurück. Das blinde Ende des Stomodäums bleibt also bei diesen Verschiebungen 21* 320 J. Nusbaum und B. Fulinski. teilweise ein Punctum fixum. Die Tatsache aber, daß der Suböso- phagealkörper alle diese Verschiebungen mitmacht und einmal ventral, das zweitemal aber dorsal vom Stomodäum liegt, kann als indirekter Beweis dafür gelten, daß dieses Organ und die mit dem Stomodäum in diesen Stadien zusammengewachsene vordere Mitteldarmepithel - anläge ein genetisch zusammenhängendes Ganze bilden. Wäre der Subösophagealkörper eine rein mesodermale, von Anfang an mit dem weiter nach hinten folgenden Mesoderm innig zusammenhängende Bildung, so wäre es unverständlich, warum er so innig mit dem Stomo- däum zusammenhängt, daß er alle Verschiebungen desselben mitmacht. Der erwähnte Zusammenhang ist an Sagittalschnitten z. B. aus den photographischen Aufnahmen Fig. 9 — 12 ersichtlich, wie wir es weiter unten noch sehen werden. 4) Viertes Stadium. In diesem Stadium beginnt das Kopfende des Embryos sich nach vorn zu verschieben, bis es wieder zum Vorder- pol des Eies gelangt; gleichzeitig aber verschiebt sich das Hinter- ende des Keimstreifens gegen den hinteren Eipol, wie die Textfig. 6 und 7 zeigen (in den Textfig. 7 und 8 wurden weder die Einstülpungen des Stomodäums und Proctodäums noch der Subösophagealkörper dar- gestellt). 5) Fünftes Stadium. Der ganze Keimstreifen kommt infolge der weiteren Verkürzung und Umrollung schon vollkommen an die Ventralseite des Eies zu liegen, indem sein Hinterende den hinteren Eipol noch teilweise umgreift. 6) Sechstes Stadium. Es erfolgt eine Caudalkrümmung (Text- fig. 8) des Embryo, welche jedoch hier viel schwächer als bei vielen andern Insekten ausgeprägt ist, und wie Heymons richtig angibt, nur durch die nach vorn gewendeten, am elften Abdominalsegment be- findlichen Cerci bedingt wird. Hl. Die Anlage des Mltteldarmepithels. Storno- und Proctodäum. In derjenigen Entwicklungsphase des Keimstreifens, welche wir oben als zweites Stadium bezeichnet haben, erscheint in der Nähe des Hinterendes desselben eine Verdickung des Blastoderms, welche wir als hintere Mitteldarmanlage oder hintere Entoderm- anlage bezeichnen. Es trennen sich hier viele Zellen vom Blasto- derm ab und bilden eine zuerst etwas abgeplattete, später hügelförmige Zellenanhäufung, welche eine längere Zeit noch mit dem Blastoderm Zur Eiitwit'klungsgcsch. des Dainuhiisenblattcs bei Gryllotalpa vulg. Latr. 321 im Zusainim'iiluuige bleibt, nach vorn aber lunnittelbar in den mehr vorderen Teil des unteren Blattes (Mesoderm) übergeht, welcher im betreffenden Stadium vom Blastoderm schon vollkommen abgegrenzt erscheint. Am Hinterende ist also die Abtrennung des unteren Blattes verspätet, aber das letztere erreicht hier eine viel ansehn- lichere Entwicklung, als mehr nach vorn. Hinter dieser Zellenanhäufung ist das Blastoderm einschichtig, zeifift hier keine sich vertiefenden, also das untere Blatt bildenden Zellen und noch weiter nach hinten, d. h. am hintersten Punkte des Keimstreifens (der hier fast den Vorderpol des Eies erreicht), finden wir eine sehr seichte Vertiefung, wo einige sehr große, saftige, rundliche oder birn förmige, durch ihren ganzen Habitus sich stark von andern Zellen des Keimstreifens unterscheidende Zellen im Blastoderm liegen und in den Dotter wie eingekeilt erscheinen. Die kleine Vertiefung ist ohne Zweifel die HEYMONSsche Geschlechtsgrube, die großen, saftigen Zellen stellen die ersten Geschlechtszellen dar. Bei der Nachfärbung mit Eosin oder mit Orange tingieren sich diese Zellen etwas mehr rötlich oder gelblich als alle andern Elemente des Embryos. In Eig. 2 sehen wir eine photographische Aufnahme eines Sagittal- schnittes durch den hintersten Abschnitt des Keimstreifens (der im Ei dorsal, nahe dem Vorderpole desselben liegt). Wir sehen in dem Bilde rechts, d. h. distal (ganz hinten) die Geschlechtsgrube mit einigen sehr großen Genitalzellen ( G), mehr nach links, d. h. proximal (mehr nach vorn) einschichtiges Blastoderm und noch weiter kopfwärts die oben erwähnte starke Blastoderm verdickimg, d. h. die hintere Mitteldarm- epithelanlage (m). Dieselbe ist hinten und vorn etwas niedriger, in der Mitte etwas höher und besteht hier aus fünf bis sechs Zellenlagen. Die Zellenanhäufung ist noch nicht vom Blastoderm abgegrenzt. In demselben Präparate sieht man sehr klär, daß die Zellanhäufung mehr nach vorn in das untere Blatt übergeht, welches hier vom Blastoderm schon abgetrennt ist. Wir werden sehen, daß auf der Höhe dieser Ver- dickung, und zwar nicht in der Mitte, sondern etwas näher dem Hinter- ende derselben, bald eine Proctodäaleinstülpmig erscheint, von welcher jedoch bisher noch keine Spur zu sehen ist. ftti\<, In derselben Schnittserie finden wir in der vorderen, ventral liegen- den Gegend des Keimstreifens eine schwach entwickelte Stomodäal- einstülpung, welche also etwas früher angelegt wird als das Procto- däum. Direkt hinter dieser Einstülpung zeigt das untere Blatt eine ansehnliche Zellwucherung, wobei der Zellen- haufen noch nicht ganz vom Blastoderm abgetrennt ist. 322 J. Nusbaum und B. Fulinski, Diese Zellanliäufung stößt eng an die hintere Wand der beginnenden Stomodäaleinstülpung ; eine Grenze zmschen beiden Bildungen ist teilweise durchführbar; in der Richtung nach hinten geht die Zellan- häufung direkt in das weiter folgende, untere Blatt, welches hier schon vollkommen vom oberen Blatt abgetrennt erscheint und welches das Mesoderm darstellt, während die in seiner Differenzierung sich etwas verspätende Zellenanhäufung die vordere Anlage desMitteldarm- epithels oder die vordere Entodermanlage darstellt. Die obigen Verhältnisse am vorderen Ende des Embryos sind in der photographischen Aufnahme Fig. 3 dargestellt. Wir sehen hier in der Mitte (St) eine seichte stomodäale Einstülpung, deren Wand aus zwei Zellenlagen besteht und nach rechts von derselben eine an- sehnliche Zellenanhäufung, die aus fünf bis sechs Zellenlagen besteht und nicht von der äußersten Zellenschicht abgegrenzt ist. Wir sehen hier, wie diese Zellenanhäufung der hinteren Wand des Stomodäums innigst anliegt und in das blinde Ende desselben übergeht, wo sie sich als dünne Zellenschicht weiter verlängert; anderseits geht sie ohne jede Grenze nach hinten in das untere Blatt über. Die Grenze zwischen der Wand des Stomodäums und dieser Anhäufung ist stellenweise bemerkbar. Wie uns die topographischen Verhältnisse beider Bil- dungen zeigen, können wir die Zellenanhäufung als teilweise durch das Stomodäum miteingestülpt betrachten, da dieselbe durch die hintere Wand dieses letzteren vertieft erscheint. Im folgenden Entwicklungsstadium, wenn das Kopfende des Keimstreifens sich weiter nach hinten verschiebt, aber die Mitte der Ventralseite noch nicht erreicht, sehen wir folgende wichtige Ver- änderungen in der Gegend des Stomo- und Proctodäums. Was zunächst die stomodäale Gegend anbelangt, so finden wir, daß die vordere Anlage des Mitteldarmepithels medial mit der hinteren Wand des Stomodäums sehr innig verwachsen ist, die seitlichen Teile der Anlage dagegen vom Epithel des Stomodäums ganz abgetrennt sind, aber noch unmittelbar in das benachbarte Mesoderm übergehen. In der Medianlinie und etwas oben entsteht an der Hinterwand des Stomodäums eine kleine Verdickung, ein keilförmiger Vorsprung, wo sich noch immer Zellen abtrennen, die innig mit der Anlage des Mitteldarmepithels zusammenwachsen, so daß an dieser Stelle eine Grenze zwischen den betreffenden Bildungen verwischt erscheint. Diese kleine Stelle der Stomodäalwand ist also noch nicht rein ectodermal, da hier noch eine Wucherung von Zellen stattfindet, welche sich der Anlage des Mitteldarmepithels zugesellen. Zur KiitNvicldiiiigsgi'sc'li. (U-s DiUiiuliiiscnhlattcs hei C!rvlli)talp:i viilg. Latr. 323 Betrachten wir nun Längsschnitte (Sagittalschnitte) durch den Keimstreifen des betreffenden Stadiums aus der stomodäalen Gegend, die uns die photographischen Aufnahmen Fig. -4 bis 9 darstellen. Wir bemerken im voraus, daß in allen diesen Aufnahmen nach rechts das Ko])l'(Mitle und nach links das C'audalende des Embryos gerichtet ist. Die Fig. 4, welche nicht derselben Schnittserie wie die übrigen Fig. 5 bis 0 angehört, sondern vom Präparate eines etwas früheren Stadiums stammt, stellt eine photographische Aufnahme eines etwas lateral durchgeführten Sagittalschnittes dar. Wir sehen hier, dai3 das untere Blatt kontinuierlich das Stomodäum überzieht, aber während es dort, wo es den Boden der Einstülpung bedeckt, einschichtig ist, besteht es im tieferen Teile der hinteren (also links in Fig. 4) Wand des Stomodäums aus zwei Zellenschichten. In etwas späterem Stadium finden wir, wie uns die Fig. 5 zeigt, daß lateral im tieferen Teile der hinteren Wand des Stomodäums ein Teil des unteren Blattes noch mehr verdickt und von angrenzenden Abschnitten des unteren Blattes ab- getrennt erscheint, wobei er die Tendenz zeigt, sich nach hinten gegen den Dotter zu richten; diese schon differenzierte Anlage des unteren Blattes, welche die vordere Mitteldarmepithelanlage darstellt, sehen wii- sehr distinkt in Fig. 5 links und oben neben dem Stomodäum. Zwei Schnitte weiter in der Richtung gegen die Medianlinie, und zw^ar in Fig. 6, sehen wir, daß die Mitteldarmepithelanlage schon inniger mit dem Stomodäum (links oben am Stomodäum in Fig. 6) zusammen- hängt und nach hinten (nach links in Fig. 6) in eine mehr lose liegende Zellenanhäufung (Anlage des Subcsophagealkörpers) übergeht. Man kann sich dabei an gefärbten Präparaten leicht überzeugen, daß die Zellen der Anlagen des Mitteldarmepithels und des subösophagealen Körpers etwas saftiger und chromatinreicher sind, als diejenigen der Wand des Stomodäums. In den noch näher der Medianebene liegenden Schnitten derselben Serie, Fig. 7 und 8, besonders in Fig. 8> sieht man weiter, daß die Wand des Stomodäums einen keilförmigen Vorsprung bildet, mit welchem die Mitteldarmepithelanlage innig zusammenwächst. Wir bitten den Leser, die photographische Aufnahme Fig. 8 näher analysieren zu wollen. Links und oben an der Übergangsstelle der hinteren (linken, Fig. 8) mid der dem Dotter zugekehrten Wand des Stomodäums ist ein kleiner Vorsprung zu sehen, mit welchem von unten und hinten (links, Fig. 8) die saftigen Zellen der Mitteldarmepithelanlage zusammenhängen, wobei diese Anlage ventralwärts in die Anlage des subösophagealen Körpers 324 J. Nusbaum und B. Fulinski, von demselben Habitus übergeht. Endlich ist noch die Fig. 9 zu be- trachten, in welcher bei einer etwas stärkeren Vergrößerung die photo- graphische Aufnahme eines Sagittalschnittes durch die Medianebene desselben Embryos dargestellt ist. Wir sehen hier sehr klar die hintere Grenze der hinteren (in der Figur linken) Wand des Stomodäums, den kleinen epithelialen Vorsprung dieser Wand und die mit demselben zusammenhängende und seitens des Dotters ihm anliegende Zellen- anhäufung, d. h. Anlage des Mitteldarmepithels, welche einerseits in das splanchnische Blatt des Mesoderms an der Hinterwand des Stomo- däums, anderseits in die mehr hinten und ventral gelegene Zellengruppe, welche die Anlage des Subösophagealkörpers darstellt, übergeht. Wir sind nicht in der Lage, photographische Aufnahmen aller Schnitte der betreffenden Serie darzustellen, es mögen also nur einige derselben genügen; beim Durchmustern aber aller Schnitte Schritt für Schritt kommen wir zur Überzeugung, daß die Anlage des sekundären Ento- derms (Epithels des Mitteldarmes) ein zusammenhängendes Ganzes mit andern Teilen des unteren Blattes bildet, und daß es unberechtigt wäre, dieselbe lediglich als ein Produkt der ectodermalen Wand des Stomo- däums zu betrachten, wie es Heymons in seinen etwas schematisierten Abbildungen dargestellt hat. Was nun die proctodäale Gegend im Embryo desselben Stadiums anbelangt, so sind hier folgende Verhältnisse zu beachten. In der Gegend der hinteren Abteilung der hinteren Anlage des Mitteldarmepit'hels (Fig. 2 m) erfolgt eine Einstülpung des Ectoderms, die zur Bildung des Proctodäums führt und die die ganze Anlage nach innen gegen den Dotter vertieft, wobei in der Medianebene das Mittel- stück der Anlage mit der vorderen Wand der Einstülpung eng zu- sammenhängt, während seitwärts die Anlage vom Proctodäum ab- gegrenzt erscheint. Wir geben eine photographische Aufnahme der proctodäalen Gegend von diesem Stadium in Fig. 25, wo die Verhältnisse denjenigen im nächsten zu beschreibenden Stadium fast vollkommen entsprechen, nur mit dem Unterschiede, daß die Einstülpung des Proctodäums hier noch sehr seicht ist und eine Grenze zwischen derselben und der Zellenanhäufung für die Anlage des Mitteldarmepithels noch kaum durchführbar erscheint. Im nächsten Entwicklungsstadium, in welchem das Kopfende des Keimstreifens schon fast die Mitte der Ventralwand des Eies erreicht (das Stadium entspricht demjenigen zwischen Textfig. 3 und 4), sind Zur Entwirklungsgesch. des Danndrüsenblattes bei Gryllotalpa vulg. Latr. 325 folgende Veränderungen zu beobachten, die wir in den photographischen Aufnahmen Fig. 10 bis 1.'} und 15 — 1(5 dargestellt haben. AVas zuerst das Stoniodüuni anbelangt, so ist dasselbe im Verhältnis zum vorigen Stadium viel ansehnlicher und zeigt folgende Eigentüm- lichkeiten. Die äußere Öffnung des Stomodäums hat eine biskuitförmige Gestalt angenommen, indem sie in der Medianebene sehr eng geworden ist, so daß der vordere und hintere Rand derselben an Sagittalschnitten sehr nahe aneinander gerückt erscheinen; in den lateralen Partien dagegen ist die Öffnung breiter. Dieselbe biskuitförmige Gestalt zeigt auch in diesem Entwicklungsstadium der Anfangsteil des Stomodäums, was uns die Querschnitte durch denselben oder die horizontalen Schnitte durch das ganze Ei zeigen (da der Anfangsteil des Stomodäums hier senkrecht zur Bauchwand des Embryos gerichtet ist). Die Differenzen in der Breite der Stomodäalöffnung und des Lumens im Anfangsteile des Stomodäums sind aus den Fig. 10 — 13 ersichtlich. In Fig. 10 und 11, aus der mehr lateralen Gegend des Embryo, ist die Öffnung und das Lvimen bedeutend enger, als in Fig. 12 und 13, aus der mehr medianen Partie des Keimstreifens. Das Stomodäum zerfällt im betreffenden Stadium in zwei Abschnitte, in einen distalen Anfangsteil, der überhaupt viel enger ist und in einen tieferen proximalen Teil, dessen Lumen viel größer erscheint. Dieser tiefere Abschnitt zeigt in der Medianebene zwei ansehnliche Aus- stülpungen : einen kleineren, vorderen und einen viel größeren, hinteren, der nach hinten und etwas dorsalwärts gerichtet ist. In den lateralen Partien des Stomodäums sieht man keine solche Ausstülpungen. Man vergleiche nur wieder die Fig. 10 und 11 mit den Fig. 12 und 13, aus welchen diese Differenzen klar zu ersehen sind. Man bemerkt auch in diesen Präparaten, daß der Anfangsteil des Stomodäums senkrecht zum tieferen Abschnitte desselben gerichtet ist, was im Zusammenhange mit der oben erwähnten, beginnenden Lageveränderung des ganzen Stomodäums bei der Blastokinese des Embryos steht. Unsre wichtigste Aufgabe ist nun, das Verhältnis der vorderen Mitteldarmepithelanlage zum Stomcdäum und zu andern Teilen des unteren Blattes zu analysieren. In Fig. 10 sehen wir die photograijhische Aufnahme eines Sagittal- schnittes durch den mehr lateralen Teil des Stomodäums. Wir er- blicken hier, daß die ganze Wand des Stomodäums von einer ununter- brochenen Schicht des unteren Blattes bedeckt ist, welche aber an der hinteren Wand desselben besonders verdickt und mehrschichtig er- scheint. Wenn wir Schritt für Schritt die nacheinander folgenden 326 J. Nusbaum und B. Fulinyki. Sagittalschnitte betrachten, sehen wir, wie in einer Stelle, an der hinteren Wand des Stomodäums, diese Verdickung des unteren Blattes immer größer wird, worüber uns auch Horizontalschnitte belehren. Hier werden wir nur einige charakteristische Sagittalschnitte der betreffenden Serie näher analysieren. Und zwar in Fig. 11, zwei Schnitte weiter medianwärts im Vergleich mit Fig. 10, ist schon die Verdickung des unteren Blattes, welche die vordere Anlage des Mitteldarmepithels darstellt, besonders stark in einer Gegend entwickelt, die dem tiefsten Teile der hinteren Wand des Stomodäums entspricht; die Verdickung zeigt an Sagittalschnitten eine ovoide Gestalt und ist distinkt von der Wand des Stomodäums abgegrenzt, wobei sie anderseits in die mehr nach oben und unten folgenden Partien des unteren Blattes direkt über- geht. Während aber in der Verdickung selbst die Zellen des unteren Blattes mehr zusammengehäuft liegen, sind sie ventralwärts mehr ge- lockert. An Präparaten, die mit Eisenhämatoxylin gefärbt und mit Orange nachgefärbt worden sind, erscheint eine färberische Differenz zwischen der Wand des Stomodäums und dem unteren Blatte; die erstere ist nämlich dunkler gefärbt als das letztere, was auch die photo- graphischen Aufnahmen teilweise zeigen, obwohl nicht so distinkt, wie es an den Präparaten selbst zu konstatieren ist. In Fig. 12, ein Schnitt weiter gegen die Medianlinie, ist schon die Anlage des Mitteldarmepithels stärker mit der hinteren Wand des Stomodäums (mit linker Wand in der Abbildung) zusammengewachsen. Man sieht nämlich, daß an der Grenze zwischen der hinteren und dor- salen (links und oben in der Abbildung) Wand des Stomodäums die- selbe einen keilförmigen Vorsprung bildet, den wir schon ebenfalls im früheren Stadium beobachtet haben und der innig mit der Anlage des Mitteldarmepithels zusammengewachsen ist, wo noch immer neue Zellen sich der Anlage zugesellen, und wo man oft Mitosen findet. Diese Stelle der Stomodäalwand behält also am längsten den embryonalen Charakter, und erst nachdem die Zellwucherung hier aufgehoben wird, erhält auch diese Stelle der Stomodäalwand einen rein ectodermalen Charakter. Anderseits sieht man auch hier sehr deutlich, wie die Anlage des Mitteldarmepithels ununterbrochen in den mehr ventralen Abschnitt des unteren Blattes übergeht und mit der lockeren Zellenanhäufung innig zusammenhängt, welche die Anlage des Subösophagealkörpers darstellt. Ganz median endlich (Fig. 13) sieht man schon einen Zellenhaufen, d. i. die Anlage des Mitteldarmepithels, vollkommen mit der hinteren Zur Kntwii'khiimsm'st'h. des Dainulrüst'iihlattes bei Grvllotiil|ia viilg. Latr. 327 Wand (mit der linken in dor Abbililuiig) des Stomodäums zusammen- gewachsen, obwohl auch hier infolge färberischer Differenzen eine (irenze noch durchfülirbar ist ; von der darunter liegenden, mehr lockeren Zellenanhäufung des unteren Blattes (des künftigen Subösophageal- körpers) ist aber hier die Mitteldarmepithelanlage schon vollkommen durch eine schlitzförmige Lücke abgegrenzt. Wenn wir die weiteren Sagittalschnitte der betreffenden Serie, also die .Schnitte aus der andern Körperhälfte, verfolgen, finden wir ganz analoge Verhältnisse wie in der beschriebenen Hälfte. Es ist also einleuchtend, daß die vordere Mitteldarmanlage als ein differenzierter Teil des unteren Blattes aufzufassen sei, der in der Medianebene mit der hinteren Wand des Stomodäums innig zusammen- hängt, wo noch an einer kleinen Stelle eine längere Zeit neue Zellen proliferiert werden; in den seitlichen Teilen dagegen ist die Anlage vom Stomodäum ganz abgegrenzt und ist in einen oberen Abschnitt, (1. h. die eigentliche Anlage des Epithels des Mitteldarmes und in einen unteren Abschnitt, der frühzeitig in eine paarige Anlage des suböso- phagealen Körpers übergeht, differenziert. Außerdem bleiben noch manche Zellen in der Nachbarschaft des Subcsophagealkörpers ganz frei und verwandeln sich in Blutkörperchen, was wir unten noch näher betrachten werden. Diese locker liegenden Zellen des unteren Blattes (künftige Blutkörperchen) sehen wir z. B. in Fig. 11 und 12 zwischen der Anlage m (Mitteldarmepithelanlage) und so (Subösophagealkörper). Wir sahen schon oben, daß an einer kleinen Stelle die vordere An- lage des Mitteldarmepithels mit der hinteren Wand des Stomodäums innig zusammenhängt und daß hier noch eine gewisse Zeit die Proli- feration neuer Zellen stattfindet, die sich dem Entoderm zugesellen. Diese Stelle des Stomodäums ist somit noch nicht vollständig ecto- dermaler Natur, bleibt aber auf einer mehr embryonalen Stufe. Wir k()nnen uns diese Tatsache damit erklären, daß die Einstülpung des Stomodäums etwas schneller am vorderen Ende der späteren Mund- öffnmig als am hinteren zustande kommt, weshalb ein Teil des Blasto- derms, wo das untere Blatt noch nicht vollkommen von der oberen Zellenschicht abgetrennt ist (bezeichnet durch x) und welcher direkt hinter der Anlage des Stomodäums folgt, miteingestülpt wird. Betrachten wir die Fig. 26, welche einen Sagittalschnitt durch die Stomo- däaleinstülpung von einem Stadium darstellt, welches etwas später als dasjenige Fig. 3, aber jünger als dasjenige Fig. 4 — 9 ist. Wir sehen hier, wie eng die Einstülpung erscheint, und zwar im Vergleich mit der Ein- stülpung Fig. 5 — 9. Wir erklären uns dies damit, daß der weiter nach 328 J. Nusbaum und B. Fulinski, hinten folgende Teil der äuiBeren Wand des Embryos, mit welchem die Zellenanhäufung m (vordere Mitteldarmepithelanlage) noch zusammen- hängt, sehr bald gleicherweise eingestülpt wird, weshalb die äußere Öffnung des Stomodäums sich vergrößert und die Zellenanhäufung des unteren Blattes in der Medianebene im Zusammenhange mit der hinteren Wand des Stomodäums erscheint, wobei hier noch eine kurze Zeit weitere Fortbildung der Zellen seitens dieser Wand zu beobachten ist. Fig. 28 stellt einen Schnitt aus derselben Serie dar, aber von mehr lateraler Partie, wo die Anlage des Entoderms (m) ganz frei liegt und nach hinten in den mesodermalen Teil des unteren Blattes übergeht. Den innigen Zusammenhang der Anlage mit dem Stomodäum sehen wir noch im Querschnitt Fig. 24, wo sie lateralwärts in mehr lockere Zellen übergeht (Anlage des subösophagealen Körpers und der Blutkörperchen). Daß die Anlage des Subösophagealkörpers mit derjenigen des Mitteldarmepithels als genetisch verbunden aufzufassen sei, das resul- tiert auch aus unsern Beobachtungen bei Phyllodromia und aus den Beobachtungen des Dr. J. Hirschler an Donacia, die in unserm In- stitut ausgeführt worden sind und welche zeigen, daß der subösopha- geale Körper bei diesem letzteren Insekt zwei Paare von drüsenartigen Organen bildet, welche den Dotter direkt begrenzen und als drüsenartige Anhänge desselben aufzufassen seien. Wir werden noch zu dieser Frage unten zurückkehren. In etwas späteren Entwicklungsstadien, wenn das Stomodäum eine etwas größere Länge erreicht hat, sieht man keine Grenze zwischen der Stomodaälwand und der Anlage der Epithelmitteldarm wand; man findet dann an Querschnitten, daß während in der Mitte beide An- lagen ganz zusammengewachsen sind, beiderseits, also lateral die Anlage des Darmepithels in zwei flügeiförmige, verdickte Abschnitte übergeht, die ganz frei und mit verdünnten Kändern versehen sind, wie dies uns die photographische Aufnahme Fig. 19 zeigt. Wenn man nur diesen Schnitt oder einen Sagittalschnitt durch den Embryo desselben oder etwas älteren EntAvicklungsstadiums betrachtet, ohne die früher be- schriebenen Ubergangsstadien zu sehen, so könnte man sicher zu dem irrigen Schluß gelangen, daß die Anlage des Mitteldarmepithels ledig- lich ein Differenzierungsprodukt des Stomodäums selbst sei, wie es Heymons angenommen hat. Wenn man dagegen diese sehr wichtigen und kritischen Übergangsstadien studiert und dabei die ganze Schnitt- serie Schritt für Schritt untersucht, so muß man zur Überzeugung gelangen, daß die betreffende Anlage ein Differenzierungsprodukt des unteren Blattes ist. Zur Eilt wiikluiigsgesch. des DaniKlriisi>nbl;itti.'s bei Gryllotalpa viilg. Latr. 329 Heymons hat nun, nach unsrer Überzeugung, diese kritischen Übergangsstadien übersehen. Er gibt in seinem Werke Abbildungen, aus denen hervorgeht, daß die von ihm sog. »Epithellamelle«, d. h. die Anlage des Mitteldarmepithels aus dem Ectoderm des Stomodäums herauswächst und nirgends mit dem splanchnischen Mesodermblatte zusammenhängt, welches hier durch diese Anlage einfach »durch- brochen wird.<.< Nach Heymons endet immer die Schicht des splanchnischen Mesodermblattes da, wo die Epithellamelle beginnt, so daß diese beiden Teile nirgends ineinander übergehen sollen. Die von uns dargestellten Übergangsstadien zeigen aber etwas ganz andres, was die Auffassungsweise der späteren Bilder prinzipiell verändert, und unsre photographischen Aufnahmen überzeugen uns ganz unzweideutig, daß die HeymonsscIic Epithellamelle anfangs eine Zellenmasse darstellt, die direkt in den mehr ventralen und in den mehr dorsalen Teil des unteren Blattes übergeht. Die etwas schematisierten Abbildungen Heymons' (und Abbil- dungen, die von mikroskopischen Prä^^araten von einem Verfasser angefertigt werden, müssen immer etwas schematisiert sein) differieren sehr von unsern photographischen Aufnahmen, die in strittigen Fragen ja immer einen Vorzug gegen die gezeichneten Abbildungen haben und überzeugender sein müssen. Wir müssen jetzt die hintere, d. i. die proctodäale Anlage des Mitteldarmepithels in demselben Entwicklungsstadium betrachten, in welchem wir die stomodäale Anlage oben schon beschrieben haben. Die Präparate, deren photographische Aufnahmen die Fig. 15 und 16 darstellen, gehören derselben Schnittserie, wie die oben schon analy- sierten Fig. 10 — 13, an. Das sich einstülpende Proctodäum vertieft, wie wir es schon oben erwähnt haben, die große hintere Anhäufung des unteren Blattes, und zwar so, daß ein Teil derselben in der Mitte, auf dem blinden Ende der Einstülpung, ein Teil an der hinteren Wand, der weitaus größte Teil aber an der vorderen Wand derselben zu liegen kommt. In Fig. 15, welche die photographische Aufnahme eines Sagittal- schnittes durch eine etwas laterale Partie des Proctodäums darstellt, liegt eine große Zellenanhäufung des unteren Blattes am blinden Ende des Proctodäums, an der hinteren Wand desselben, besonders stark ist sie aber an der vorderen Wand entwickelt, wo sie ventral in das weiter nach vorn verlaufende, viel dünnere untere Blatt übergeht. Überall sieht man hier eine Grenze zwischen dem Proctodäum und dem unteren Blatt; nur ganz vorn im Übergangspunkte zwischen der 330 J. Nusbaum und B. Fuliiiski, vorderen Wand des Proctodäums und der Bauchwand des Embryos sind beide Blätter noch nicht abgegrenzt; hier dauert noch die Proliferation der Blastodermzellen. Besonders ansehnlich ist die Anhäufung im oberen, dem Dotter angrenzenden Teile der vorderen Wand des Proctodäums (in Fig. 15 und IG ist die vordere Wand des Proctodäums nach rechts, die hintere nach links gerichtet). Zwei Schnitte weiter gegen die Medianlinie (Fig. IG), wo die Ein- stülpung des Proctodäums etwas tiefer ist, sehen wir, daß ein Teil des unteren Blattes, und zwar der obere Teil der die Hinterwand des Procto- däums bedeckenden Schicht desselben, mit dem Epithel des Procto- däums innig zusammengewachsen ist, während er von dem mehr ven- tralen Abschnitte des unteren Blattes gänzlich abgegrenzt erscheint (vgl. die Fig. 13 mit der Fig. 16). Wir finden hier also ganz analoge Verhältnisse wie in der stomo- däalen Gegend des Embryos; hier und dort ist der mediane obere Teil der Anlage des Mitteldarmepithels mit der Wand des Stomodäums bzw. des Proctodäums verwachsen. Diese Zellenanhäufung des unteren Blattes geht, wie wir wissen, am vorderen Ende des Embryos ventral in den Subösophagealkörper und teilweise auch in Blutkörperchen über, am hinteren Ende bleibt dieser ventrale Teil der Anhäufung eine längere Zeit ohne Veränderung, endlich aber unterliegt er einer Lockerung und gibt zum größten Teil einer Anzahl saftiger Zellen, den Blutkörperchen, den Anfang. Für sehr lehrreich betrachten wir die Fig. 23, welche von einem Embryo desselben Alters wie die Fig. 2^1: stammt und welche einen Quer- schnitt durch das vordere Ende des Proctodäums darstellt. Wir sehen hier seitlich am Proctodäum Ausstülpungen für die MALPiGHischen Gefäße, das ganze Proctodäum ist von den Elementen des splanch- nischen Blattes bedeckt, und nur an der dorsalen Seite desselben ist dieses Blatt fast gänzlich unentwickelt. Nach innen (also in der Rich- tung gegen den Dotter) vom splanchnischen Blatte sehen wir seitwärts (links) eine ansehnliche Zellenanhäufung (m) von etwas ganz anderm Habitus (die Elemente derselben sind mehr saftig und die Kerne tin- gieren sich stärker); die Anhäufung bildet eine zuerst etwas schief ver- laufende Platte, welche dorsal vom Proctodäum in die der andern Seite übergeht. Diese paarigen Zellenanhäufungen sind Produkte der hinteren Anlage des Entoderms, und wir sehen, wie dieselben in diesem Stadium nach unten in eine lockere Zellenanhäufung übergehen, deren Zellen sich zum größten Teil in die saftigen Blutkörperchen verwandeln. Zur Eiilw itkluii>isi;rscli. ilcs I )arMulriiscnl)lattvs lu-i Gryllotal])ii vulg. Latr. 331 In Fig. 27 soluMi wir auf einem Sagittalschnitte durch einen Embryo eines älteren Stadiums, wie sich die Entodermplatte nach vorn ventral vom Dotter zieht und mit einer dünnen Schicht die untere Wand des Proctotläums beileckt, wo an ganz medianen Schnitten ein Zusammen- wachsen beider Blätter in der Mitte in einem sehr kleinen Bezirke zu sehen ist. Einmal von den benachbarten Teilen des unteren Blattes abgegrenzt und mit den entsprechenden Wucherungen des Stomodäums bzw. des Proctodäums aufs innigste zusammengewachsen, verhält sich die vor- dere, bzw. hintere Mitteldarmejiithelanlage oder das sekundäre Ento- derm bei Gnjllotalpa im allgemeinen in einer solchen Weise, wie bei andern Orthopteren, doch lassen sich hier manche Eigentümlichkeiten beobachten, welche Heymons, der die Orthopteren am genauesten vom vergleichend-anatomischen Standpunkte studiert hat, unerwähnt läßt. Wir wollen zuerst das Schicksal der vorderen Anlage des Mittel- damiepithels näher betrachten. Wie aus dem Vergleich vieler sagittaler und transversaler Schnitte hervorgeht, hat die Anlage zuerst die Gestalt eines Ulirschälchens, dessen Konvexität nach hinten gerichtet ist. Diese Gestalt ist noch in Fig. 20 und 21 zu sehen, welche Sagittalschnitte durch das Stomo- däum nebst der Anlage des Mitteldarmepithels aus einem etwas späteren Stadium darstellen, und in welchen das Kopfende des Keimstreifens schon nach iler hinteren Hälfte der Ventralfläche des Eies verschoben worden ist und das blinde Ende des Stomodäums, vorwärts gerichtet, weit über die Kopflappen nach vorn reicht. Die Ursache dieser Lage- verhältnisse haben wir schon oben besprochen. Das Stadium entspricht ungefähr demjenigen, welches in der schematisierten Abbildung Text- fig. 5 dargestellt ist. Indem zuerst das blinde Hinterende des Stomodäums ganz nach hinten gerichtet ist, richtet es sich in dem Maße, als sich das Stomodäum weiter verlängert, nach hinten und oben gegen den Dotter; infolgedessen verändert sich auch die Lage der uhrschälchenförmigen Anlage des Mitteldarmepithels, und zwar liegt sie etwas mehr horizontal, wie es uns die Schnitte zeigen (Fig. 20). Die Anlage besteht jetzt aus drei distinkt unterscheidbaren Teilen: aus einem mittleren, dünneren Teil, der mit der Wand des Stomodäums innigst verwachsen ist, und aus zwei seitlichen, polsterförmigen, in der Mitte verdickten, an den Rändern verdünnten Abschnitten, welche im Querschnitt linsenförmig erscheinen (Fig. 19). Wie aus den oben beschriebenen Entwicklungs Verhältnissen 332 J- Nusbaum und B. Fuliiiski, hervorgeht, enthält der mittlere, dünnere Teil sowohl die Elemente des unteren Blattes, wie auch diejenigen der Stomodäalwand, d. h. Pro- dukte des medianen, keilförmigen Vorsprunges der hinteren, epithe- lialen Stomodäalwand, während die seitlichen Abschnitte ausschließlich dem unteren Blatt ihren Ursprung verdanken. Nun ist es besonders wichtig, daß der mittlere Teil bald in die Grenzlamelle des Stomodäums übergeht und also keinen Anteil an der Bildung des Epithels des Mitteldarmes nimmt, welches ausschließlich durch die seitlichen polsterförmigen Teile gebildet wird. Die distalen (seitlichen) Ränder der beiden polsterförmigen Ab- schnitte der Mitteldarmepithelanlage unterliegen bald einer besonderen, aber nur zeitweise dauernden Veränderung, deren Bedeutung uns voll- kommen unklar blieb, obwohl wir dieselben bei allen Embryonen beobachteten. Und zwar unterliegen diese Ränder einer Umbiegung ventralwärts und medianwärts, so daß sie sich temporär zu röhren- artigen Bildungen schließen, indem der äußere Rand jederseits mit dem mehr centralen Teile der polsterförmigen Verdickung zusammenklebt. Bald öffnen sie sich aber, d. h. es werden die äußeren umgebogenen Ränder frei und dorsalwärts gekrümmt. Von diesem Moment an beginnt nun eine sehr energische Umwachsung des Dotters, und zwar sowohl an der ventralen, wie auch an der dorsalen Seite desselben, wie dies schon unsre Vorgänger, Graber, Korotneff und Heymons richtig beobachtet und beschrieben haben. In den ersten Stadien der Umwachsung sieht man Entoderm- oder Darmepithelplatten nur an der dorsalen und ventralen Seite des Dotters, bald aber beginnt die Anlage gleichmäßiger zu wachsen, so daß sie von allen Seiten den Dotter umgibt und die Gestalt einer Röhre bekommt, deren freie, nach hinten gerichtete Ränder sehr dünn sind. Da ganz ähnliche Verhältnisse vorn und hinten, d. h. am stomo- däalen und proctodäalen Ende existieren, bleibt eine gewisse Zeit der mittlere Abschnitt des Dotters noch nicht von Entoderm begrenzt, wird aber durch das weitere gleichmäßige Wachstum der stark ver- dünnten, gegeneinander gerichteten Ränder beider Anlagen gleichmäßig immer mehr von dem Epithel bedeckt. Diese Verschiedenheit in der Umwachsungsweise des Dotters hat Graber sehr richtig bemerkt und gewürdigt, indem er sich ausdrückt: »Eines zunächst scheint mir ganz sicher zu sein, daß nämlich die bisher untersuchten Orthopteren mit Ausnahme der Blattiden im Gegensatz zu den meisten übrigen Insekten keine hufeisen- oder gabelförmig sich teilenden Enterodermanlagen Zur Eiitwicklungsgesi'h. des I)ariiulrüsoiil)lattos bei GrylIotaIj)a viilg. Lalr. 333 besitzen. Demgemäß könnte man die Insekten bezüglich der Entero- dermbildiing einteilen in solche: 1) mit gabelförmigen Enterodermanlagen : Coleopteren, Lepido- pteren, Hymenopteren, Rhynchoten usw., Dipteren, BlaUa{\), 2) mit nicht gabelförmigen oder einfachen Enterodermanlagen: (h'ijllotaJpa, Oecanthus, Stenobothrus, Mantis.« KoROTNEFF dagegen, obwohl seine letzte Arbeit viel später erschie- schienen ist, hat diese Differenz bei Grijllotalpa gegenüber der Mehrzahl andrer Insekten nicht beobachtet, indem er sagt, daß »die Dottermasse von vier Zellenpolstern allmählich umwachsen wird«. Von vier Zellen- polstern kann man hier aber nur in den allerersten Entwicklungsstadien sprechen, etwas später finden wir kontinuierliche röhrenförmige Epithel- anlagen, die den Dotter allmählich umwachsen. Es ist sehr interessant, daß, sobald sich die vordere (und dasselbe bezieht sich auch auf die hintere Anlage) Entodermanlage als eine ab- gegrenzte Platte differenziert, ihre Zellen einen besonderen Habitus annehmen. Sie werden saftig, und ihre Kerne vergrößern sich sehr stark, besonders aber steigt der Chromatingehalt der Kerne, so daß sie sich z. B. mit Eisenhämatoxylin sehr stark tingieren lassen. Heymons sucht die Ursache dieser verhältnismäßig so sehr früh- zeitigen histologischen Differenzierung der Platte damit zu erklären, daß die Zellen bald den Dotter zu absorbieren beginnen. Uns scheint es aber, daß die hauptsächliche Ursache dieser Erscheinung eher darin liegt, daß diese Zellen einen ganz besonderen embryonalen Charakter besitzen, daß sie eben Entodermzellen, und nicht bloß Produkte des Stomodäums, also rein ectodermale Elemente sind, wie es Heymons annimmt. Daß die Zellen der vorderen Entodermplatte sich zu differenzieren beginnen, ehe noch ihrerseits eine Dotterresorption stattfindet, das beweist erstens der Umstand, daß bei Gryllotalfa infolge der oben beschriebenen blastokinetischen Verhältnisse bald nach dem Erscheinen der Entodermplatte der subösophageale Körper eine Lage zwischen der Platte und dem Dotter einnimmt, wie es uns der Querschnitt Fig. 19 zeigt, weshalb hier noch keine direkte Absorption des Dotters erfolgen kann, trotzdem aber nehmen die Zellen der Platte eben in diesem Stadium ihren charakteristischen Habitus an, sie werden saftig und großkernig. Zweitens scheint es uns, daß die Absorption des Dotters eine längere Zeit auch deshalb nicht erfolgen kann oder wenigstens sehr erschwert wird, weil durch die besonderen Lage Verhältnisse der Grenzlamelle des Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. •22 334 J. Niisbauni uiul B. Fulinski, Querschnitt durch das Stomodäumende und (Trenzlamelle {schematisch), g, (irenzlameUe: e, ICntoderm; sf. Stomodäuni. Stomodäums der Dotter fern von der Hauptmasse der Entodermplatte gehalten wird. Die Grenzlanielle verläuft namentlich auf die Weise, daJS sie eine Art Duplicatur bildet, wobei ein Teil der Falte der inneren Fläche des basalen Teiles der Entodermplatte innig anliegt, wie es die schematische Textfig. 9 zeigt. Die obigen Verhältnisse illustrieren uns die photographischen Auf- nahmen Fig. 17 und 22. Erst spä- ter kommt es zum vollkommenen Verschwinden zuerst der der Ento- dermplatte anliegenden und dann dem Dotter zugekehrten Falte der Grenzlamelle. Trotz dieser Abgren- zung finden wir jedoch, daß auch an Stellen, wo die Entodermplatte in keine Berührung mit dem Dotter kommt, die Elemente der Platte ihren charakteristischen Habitus sehr früh annehmen, so daß sie schon auf den ersten Blick von denjenigen des Ectoderms und Mesoderms unterschieden werden können (vgl. die Fig. 14, 17, 10). Im innigen Zusammenhange mit den zuletzt erörterten Verhält- nissen bleibt auch die interessante Tatsache, daß am vorderen Ende des Stomodäums der Übergang der Epithelwand desselben in das epi- theliale Gewebe des Mitteldarmes nicht ununterbrochen, d. h. nicht kontinuierlich erscheint, sondern wir erhalten den Eindruck, als ob das letztere Gewebe nur sehr innig der Epithelwand des Stomodäums anliege. In etwas früheren Stadien, wenn der Vorsprung der hinteren Wand des Stomodäums mit dem centralen Teile der Entodermplatte zu- sammenwächst, ist der Übergang ein ganz kontinuierlicher. Wenn aber der Vorsprung in den Bereich der Grenzlamelle mitgenommen wird und diese letztere einer Reduktion zu unterliegen beginnt, bleiben die peri- pherischen Teile der Entodermplatte eine gewisse Zeit dem Epithel des Endabschnittes des Stomodäums nur wie angeschmiegt, was für einen, obwohl nur indirekten Beweis dafür gelten kann, daß das Entoderm ursprünglich und genetisch kein kontinuierliches Ganzes mit der Stomo- däalwand bildet. Erst sekundär wird der Zusammenhang wieder ein kontinuierlicher. Wir bitten den Leser, die photographische Aufnahme Fig. 14 (ein Querschnitt durch die hintere Region des Stomodäums; die Zur Kiitw icklungsgc-scli. clt-s Diirm(lriisriil)latU's bei Gryllotalpa viilg. L^itr. '.V-)~) Greiizlainollc ist iidcK nicht ganz verschwunden) näher zu betrachten. Besonders an der rechten Seite, wo die Aufnahme viel distinkter ausge- fallen ist, sehen wir ganz klar, wie das Epithel der ventralen Wand des Stoniodäuins sich seitwärts verdünnt und in die sehr dünne, aus einer Schicht stark abgeplatteter und weit voneinander entfernter Zellen bestehende Grenzlanielle dorsal übergeht. Nun sieht man hier sehr klar, daß die Entodermplatte an der rechten Seite etwas unterhalb der seitlichen Partie der epithelialen Stomodäalwand beginnt und von dieser letzteren durch eine sehr deutliche Grenze abgetrennt erscheint. Ventral ist die entodermale verdickte Lamelle vom splanchnischen Mesoderm- blatt bedeckt, welches in dasjenige des Stomodäums übergeht. Be- sonders interessant ist aber in dieser Hinsicht die photographische Auf- nahme Fig. 17, wo bei stärkerer Vergrößerung der Übergang des Epi- thels des Stomodäums in die verdickte, polsterförmige dorsale und ventrale Entodermlamelle zu sehen ist. Wir erblicken hier weiter, was besonders auf der einen Seite des Präparates klar hervortritt, dai3 das Epithel des Stomodäums gegen die Peripherie niedriger wird und mit einer deutlichen Grenze in die verdickten Entodermscheiben übergeht; an vielen Präparaten sieht man an der Grenze eine deutliche kleine Spalte. Wäre das Entoderm nur einfach ein Continuum des Epithels des Stomodäum, oder richtiger, wäre es eigentlich kein Entoderm, so wären auch die obigen Verhältnisse etwas schwer zu deuten. IV. Der Subösophagealkörper. Blutzeilenanlage. Mit der Entwicklung der vorderen Entodermanlage hängt innig die Bildung des Subösophagealkörpers zusammen, wie wir es schon oben bemerkt haben. Wir haben nämlich gesehen, daß die vordere, starke Anhäufung des unteren Blattes, die hinter dem Stomodäum zum Vorschein kommt, sich in folgende Bildungen differenziert: 1) in die eigentliche vordere Anlage des Mitteldarmepithels, die mit einem Vorsprunge des Stomodäums median innig zusammenwächst, 2) in die ventral liegende, mehr lockere Zellenanhäufung, die die Anlage des subösophagealen Körpers bildet, und 3) in die zwischen diesen beiden Bildungen sich lockernden Zellen, welche in Blutzellen übergehen. Ein Teil der Anhäufung endlich, der unter der Anlage des Mitteldarmepithels der hinteren Wand des Stomodäums anliegt, geht in die splanchnische Schicht desselben über. Es fragt sich nun, ob wir die Anlage des subösophagealen Organs dem sekundären Entoderm oder dem Mesoderm angehörend bezeichnen dürfen? 336 J. Xusbaum und B. Fulinski, Sei Avie es sei, die Anlage gehört dem unteren Blatt, also dem pri- mären Entoderm. Wir meinen aber, indem wir uns auf unsre früheren Beobachtungen an Pliißodromia stützen, daß wir ganz berechtigt sein würden, die Anlage des subösophagealen Körpers für eine entodermale Bildung zu halten. Folgende Gründe führen uns zu solcher Deutung: 1) der Vergleich mit dem subösophagealen Körper der PhyUodromia, wo wir Gründe angeführt haben, warum wir dort den subösophagealen Körper, den Mittelstrang, welcher in Blutzellen zerfällt und die vordere und hintere Mitteldarmepithelanlage als kontinuierliche Bildungen sowohl der Entstehung, wie auch der Normativen Bedeutung nach be- trachten müssen. Der wichtigste Grund war nämlich der, daß wir einerseits vom Subösophagealkörper birnförmige, saftige Zellen sich abtrennen gesehen haben, die in Blutzellen übergingen, und anderseits Zellen des Mittelstranges des unteren Blattes, die gleicherweise größten- teils in Blutzellen übergehen, teilweise zur Vervollständigung der Mitteldarmepithelwand beizutragen beobachtet haben. 2) Die inter- essante Beobachtung des Dr. J. Hirschler an Donacia, nach welcher bei diesem Käfer die Produkte des Gastrulakeiles (Teile des unteren Blattes) unter anderm eine ansehnliche Zellenanhäufung hinter dem Stomodäum bilden, die einerseits der Lage und dem Habitus nach vollkommen dem Subösophagealkörper andrer Insektenembryonen zu entsprechen scheint, anderseits aber zwei Paare drüsenartiger Bildungen entstehen läßt, welche direkt den Dotter begrenzen und wie leberartige Anhänge des Mitteldarmes aussehen. Die Beobachtung des Herrn Dr. Hirschler, dessen schöne Präparate wir in unserm Institut ge- sehen haben, waren für uns desto willkommener, weil wir, bevor uns noch diese Beobachtung bekannt war, den subcsophagealen, paarig hervortretenden Körper als ein Rudiment irgendwelchen drüsigen Anhangsorgans des Mitteldarmes erklärten, indem wir uns folgender- maßen darüber geäußert haben: »Bei den Crustaceen spielen bei der Entwicklung des Mitteldarmes die paarigen Anlagen der Leber eine äußerst wichtige Rolle; bei den Isopoden z. B. bilden sich, nach J. Nus- BAUMs Untersuchungen, aus dem Entoderm vor allem die großen Leber- schläuche, die anfangs ein paar seitlich gelegener scheibenförmiger Zellenhäufchen bilden, wobei nur derjenige kleine Teil des eigentlichen Mitteldarmrohres, wo die enormen Leberschläuche münden, gleicher- weise aus dem Entoderm entsteht, der übrige aber, weit größere Ab- schnitt des Rohres durch Stomo- und Proctodäum gebildet wird. Obwohl bei den luftatmenden Arthropoden keine Lebersäcke exi- stieren, waren sie jedoch sehr wahrscheinlich bei den phylogenetisch Zur Knt\vicUluiiir>iicsch. des I)ariiulriis;-nbl;ittcs lici Ciryllotalpa vulf;. Latr. 3."^7 wi'it outtorutL'ii Ahnou beider Gruppen der Artliropodeu vorhanden, wie sie jetzt z. B. bei den phylogenetisch so primitiven Rotatorien in Form zweier großer Drüsen am Anfangsteile des Mitteldarmes vor- handen sind. Wir meinen deshalb, daß die subösophagealen Kür|)(M' ])hyl()genetisch vielleicht als Reste der großen, paarigen Mitteldarin- drüseii. die den jetzt lebenden, luftatmenden Arthropoden fehlen, zu deuten sind, du sie gleich diesen letzteren im innigen Zusammenhange mit der Mitteldarmepithelanlage entstehen. « Unsre Anschauungen über die morphologische Deutung des sub- (»sophagealen Körpers differieren sehr von denjenigen unsrer Vorgänger. So hat z. B. Wheeler (15) bei Xiphidium und Blattei dieses Organ als Homologen der Kopfniere der Crustaceen mit Reserve erklärt. »The suboesophagal body — sagt er — providing it arises from the mesoderm of the tritocerebral segment, may be all that remains of this same pair of nephridia in the cephalic region of insects «. Nach Heymons sind die Elemente des Subösophagealkörpers von drüsiger Xatur, aber er hält den Körper für eine mesodermale Bildung. 3) Die Elemente des Subösophagealkörpers unterliegen Verände- rungen, welche keine andern Elemente des Mesoderms bei den Insekten aufweisen, und zwar vergröiSern sie sich stark, werden sehr vacuolen- reich, und in dem Plasma dieser Zellen erscheinen viele Körnchen, was alles dafür zu sprechen scheint, daß das Organ eine Bildung sui generis von drüsiger Beschaffenheit ist. Obwohl das Organ bei Gryllotalpa und bei andern Orthopteren kein solches topographisches Verhältnis wie bei Donacia zeigt, wo Produkte des Subösophagealkörpers direkt dem Dotter anliegen und als drüsige Anhänge des Mitteldarmes ge- deutet w'erden müssen, wie wir es schon oben erwähnt haben, so ver- dient doch die interessante Tatsache eine besondere Aufmerksamkeit, daß wir in zwei Fällen bei Gryllotalpa eine außerordentlich starke Eiit- wicklung des Subüsophagealorgans beobachtet haben. Und zwar, ehe noch der Dotter eine Strecke w^eit hinter dem Stomodäum von der Entodermplatte ventral bedeckt erschien und das Entoderm nur lateral entwickelt war, erstreckte sich in diesen zwei Fällen der sehr ansehn- liche, mehrschichtige, in diesem Stadium unpaare Subcsophagealkörper so weit nach hinten, daß er den Dotter direkt von der Ventralseite begrenzte, wobei viele seiner Zellen teilweise im Dotter vertieft w^aren. In der Textfig. 10 sehen wir einen Querschnitt durch den Embryo in der Region der vordersten Partie des Mitteldarmes, wo der Subcso- phagealkörper (s. o.) in Gestalt einer riesig großen Zellenmasse auftritt und dem Dotter ventral direkt anliegt; er liegt zwischen der Bauch- 338 J. Nusbaum und B. Fulinski. nervenkette und dem Dotter; man sieht liier, wie einzelne Zellen des Subösophagealkörpers in den Dotter eindringen, so daß keine scharfe Grenze zwischen beiden Bildungen durchführbar ist ; der Bau der Zellen des Subösophagealkörpers ist hier ganz derselbe, wie in andern Stellen des Körpers. Schnitte von derselben Serie, die mehr nach vorn folgen, zeigen uns, daß die erwähnte Zellenmasse direkt in den vorderen Ab- schnitt des Subösophagealkörpers übergeht, der schon eine ganz normale Lage unter dem Stomodäum hat. Leider haben mr solche Verhältnisse nur in zwei Fällen bei Em- bryonen fast desselben Entwicklungsstadiums beobachtet; wir halten Textfig. 10. Q.uerscliiiitt durcli den Gri/llotalpa-Enihryo liinter dem Stomodäum, wo der Subüsophagealkürper se)ir stark entwickelt war. d, ])otter; e, Entoderm; s, Subösophagealkörper; n, Nervenbauch- straiig. Oc. 4. C. 16 mm ZEISS. sie deshalb für Ausnahmen; denn in andern Fällen erreicht der Sub- ösophagealkörper keine so riesige Größe. Die Fälle scheinen uns aber sehr interessant zu sein, da sie zeigen, daß der Subösophagealkörper eine Tendenz zur stärkeren Ausdehnung und zur teilweisen Begrenzung des Dotters, also zur Bildung einer provisorischen Wand eines Teiles des Mitteldarmes zeigt, obwohl normal die starke und früher erschei- nende Ausbildung der ventralen Platte der vorderen Entodermanlage und keine so enorme Entwicklung des Subösophagealkörpers diese temporäre Begrenzung des Dotters unmöglich macht. Die beschrie- benen Verhältnisse sind jedoch jedenfalls sehr interessant im Vergleich mit den normalen Verhältnissen, welche Dr. Hirschler bei Donacia beschrieben hat. Was die Quelle der Blutzellenbildung anbelangt, so wissen wir schon aus dem oben Gesagten, daß die Blutkörperchen bei der Grßlo- tolpa vorn aus dem lockeren Teile der Anhäufung des unteren Blattes, Zur Entwicklungsgesch. des Daiiiulriisciihlattos bei Cryllotalpii vulg. Latr. .■'."iO weicht' hinter (Kmii Stoiuodiiiiin erscheint, entstehen, und hinten auf Kosten der Zellenanhäufunif des unteren Blattes sicli entwickeln, welche unmittelbar vor dem Proctodüum erscheint. Wir müssen noch die Frage über die Bedeutung des Mittelstranges des unteren Blattes bei Gri/Uotalpa erörtern, welchem bei andern In- sekten der größte Teil der Blutkörperchen ihren Ursprung verdankt. Wir haben gesehen, daß das untere Blatt sich hauptsächlich aus den seitlichen, verdickten Abschnitten des künftigen Keimstreifens entwickelt, während der mediane, dünnere Abschnitt nur spärliche Zellen produziert. Aus diesen Zellen entsteht nun der mediane »Strang des unteren Blattes, der hier sehr schwach im Vergleich zu Verhält- nissen bei andern Orthopteren oder Coleopteren (z. B. Donacia, Meloe) entwickelt ist und einen schwachen, vielfach unterbrochenen Zellen- strang darstellt. Die Zellen dieses letzteren gehen durchweg in die charakteristischen, saftigen Blutzellen über. In dieser Hinsicht hat KoROTNEFF eine richtige Bemerkung gemacht, indem er sich folgender- maßen äußerte: »Unterhalb des Nervensystems, wo die beiden Hälften des Myoblastes zusammenstoßen, werden dessen Elemente locker, lösen sich voneinander und bilden Blutkörperchen.« Der ganze mediane Blutkörperchenstrang, der sich nach unsern Beobachtungen hauptsächlich von der Zellenwucherung des Mittelfeldes bildet, ist hier, wie gesagt, viel schwächer entwickelt als bei vielen andern Insekten, er geht aber hinten in die große Anhäufung des unteren Blattes über, welche nach der Abgabe der hinteren Mitteldarmepithel- anlage in Blutkörperchen übergeht und nach vorn bis zum Subcso- phagealkörper reicht. Ein Teil der vorderen Zellenanhäufung, die in der direkten Nachbarschaft des subüsophagealen Körpers liegt, unter- liegt einer Lockerung und bildet gleicherweise Blutkörperchen, wie \xiT es schon oben gesagt haben. Die entstehenden Blutkörperchen nehmen gewöhnlich zuerst eine etwas birnförmige Gestalt an, was wir auch bei Plvßodromia beobachtet haben. Da sie an diesem Orte (hinter dem Stomodäum) in größerer Anzahl entstehen, kann man sie vielfach zwischen den Zellen des Subösophagealkörpers und zwischen demselben und der vorderen Mitteldarmepithelanlage antreffen. In Fig. 11 sehen wii- z. B. einige Blutkörperchen im innigen Zusannnenhange mit der vorderen Mitteldarmepithelanlage, andre liegen unter dem Stomodäum und z^vischen den Elementen des Subösophagealorgans. Wir sehen also, daß auch bei der GryUotalpa, gleicherweise wie bei Phyllodromia, ein mittlerer Zellenstrang zwischen den paarigen Anlagen des Mesoderms, d. h. den Anlagen der Cölomsäcke hervortritt; welcher aber hier viel 340 J- Nusbaum und B. Fvilinski. schwächer entwickelt und vielfach unterbrochen ist und in die hintere und vordere größere Anhäufung des unteren Blattes übergeht. Wir haben schon in unsrer Arbeit über Phyllodromia Gründe angeführt, weshalb wir den mittleren Strang samt der vorderen und hinteren Zellen- anhäufung des unteren Blattes für Entoderm, die seitlichen nur zur Bildung der Cölomsäcke dienenden Teile des unteren Blattes für Meso- derm halten. Da aber bei Gryllotalpa der mittlere Strang des unteren Blattes sehr rudimentär ist, ist hier also das sekundäre Entoderm in der Mitte fast durchbrochen und erscheint hauptsächlich im vorderen und hinteren Abschnitte des unteren Blattes, während die seitlichen Teile des mittleren Abschnittes desselben sich zum sekundären Meso- derm differenzieren. V. Theoretische Erörterungen. Es ist ein großes Verdienst Heymons', daß er durch seine wichtige und so viel wesentlich Neues enthaltende Arbeit zur näheren Analyse der Entodermbildung bei Insekten manche Forscher angeregt hat. Seine Verallgemeinerung, daß bei allen pterygoten Insekten das ganze Mitteldarmepithel dem Stomo- und Proctodäum seinen Anfang verdankt, haben manche spätere Forscher nicht bestätigt. So zeigte NoACK (12), daß bei den Museiden das sekundäre Entoderm sich vom Blastoderm entwickelt, noch bevor das Stomodäum und Proctodäum zum Vorschein kommen. Er sagt ausdrücklich: »Die Ectodermein- stülpung, welche den Vorderdarm . . . liefert . . . , entsteht ebenso wie am hinteren Pol erst nach der völligen Versenkung der Entodermanlage in die Tiefe und nach Überwachsung derselben durch das Ectoderm. « Karriere und Bürger (1) haben weiter bei Chalicodoma 7nuraria auf das unzweideutigste nachgewiesen, daß hier eine besondere vordere und hintere Anlage des sekundären Entoderms im Bereich des unteren Blattes entsteht, ehe noch die stomodäale und proctodäale EinstülpuDg sich zu bilden beginnt. Die Anlage des sekundären Entoderms bleibt noch in verhältnismäßig späten Stadien von dem Blastoderm nicht ab- gegrenzt, so daß wir hier von einer verspäteten Schließung des Biasto- porus am vorderen und hinteren Ende, nach unsrer Meinung, sprechen können. Bürger drückt sich folgendermaßen aus: »Das Mitteldarmepithel verdankt seinen Ursprung einer vorderen und hinteren Wucherung des Blastoderms. Die Zellen der Wucherung breiten sich um den gesamten Dotter aus. Während beide Wucherfelder noch im Gange sind, erscheint in ihnen eine Einstülpung, die des Vorder- und des Enddarmes, Zur Entwicklungsgesch. des l)ariiulrii.senblatte.s bei Gryllotalpa vulg. Latr. 341 Während die Einstülpungen entstehen, wandelt sich die oberflächliche Schicht des Wucherfeldes ebenso wie die Einstülpungen auskleidenden, ausschließlich ihre Böden, in Ectoderni um. Diejenigen Zellen des Blastodernis aber, welche den Charakter von Ectodernizellen annahmen, erzeugen keine Zellen mehr, welche in die den Mitteldarm liefernden Wucherungen übergehen. Da die Umwandlung des Blastoderms im Bereich der Wucherfelder im letzten im Boden der Vorder- und End- darmeinstülpungen erfolgt, so erhält sich hier die Erzeugung von Zellen, die den Mitteldarm liefern, am längsten. Sie erlischt damit, daß auch der Boden jener Einstülpvingen zu Ectoderm wird.« Der Mitteldarm entwickelt sich hier also »mit keiner Zelle aus dem Ecto- derm«, sondern leitet sich vollständig von Elementen ab, die sich vom Blastoderm abtrennen und ins Tiefe übergehen, die also Elemente des unteren Blattes darstellen. Sehr ähnliche Verhältnisse beobachtete Karawaiew (7) bei Pyr- rhocoris aptsrus L. Seine sehr interessante Fig. 36 entspricht unsern photographischen Aufnahmen Fig. 2 und 3, wo in der ganzen mittleren Region des Keimstreifens das untere Blatt (Mesoderm) schon gänzlich vom Ectoderm abgetrennt ist, vorn aber und hinten, d. h. direkt hinter der künftigen Stomodäaleinstülpung und direkt vor der künftigen Procto- däaleinstülpung das untere Blatt eine sehr ansehnliche Zellenanhäufung bildet, welche hier noch nicht vom oberen Blatt abgetrennt ist, und welches letztere hier also noch nicht als Ectoderm, sondern als eine un- differenzierte embryonale Anlage, als Wucherfeld des Blastoderms, ge- nannt werden kann; diese vordere und hintere Zellenanhäufung des unteren Blattes bilden die Anlagen des Mitteldarmepithels, welche bald mit den blinden Enden des sich inzwischen einstülpenden Stomo- däums und Proctodäums verwachsen, so daß es irrtümlich scheinen kann, als ob dieselben bloß Produkte des Stomo- und Proctodäums selbst wären. Nach Karawaiew sind also ebenfalls die vordere und liintere Anlage des Mitteldarmepithels Produkte des unteren Keimblattes. Auch Schwangart (14) und Hirschler (5) haben ganz unabhängig bei verschiedenen Formen von Lepidopteren nachgewiesen, daß das sekundäre Entoderm, d. h. das Mitteldarmepithel, im Gegensatz zu Heymons' Beobachtungen, unabhängig von Stomodäum und Procto- däum entstehen, und Hirschler wies dasselbe bei dem Käfer Donacia^ und bei dem Käfer Gastroidea viridula Deg. ^ nach, wo die Anlagen des 1 Die monographische Donacia- Arbeit des Dr. Hirschler ist in dieser Zeitschr. Bd. XCII, Heft 4, diejenige über Gastroidea ist in den »Bulletins de i'Acad. d. Sciences Cracovie« Februar 1909 erschienen. 3Jr2 J« Nusbauni und B. Fulinski. Mitteldarmepitliels dem unteren Blatte ihre Entstehung verdanken. Wir haben endlich bei PJujUodromia beschrieben, daß die Anlagen des Mitteldarniepithels Produkte besonderer Zellenanhäufungen sind, die keineswegs als Auswüchse des Storno- und Proctodäums betrachtet werden können, sondern dem unteren Blatte zugerechnet werden müssen und die an ganz denselben Punkten des Embryos entstehen, wie bei andern oben erwähnten Insekten, d, h. direkt hinter dem Stomodäum und vor dem Proctodäum; teüweise aber entsteht hier das Epithel des Mittel- darmes auch auf Kosten des Mittelstranges des unteren Blattes. Anderseits kömien wir nicht daran zweifeln, indem "\vii" uns auf Beobachtungen eines solchen ausgezeichneten Forschers wie Heymoxs stützen, daß in manchen Fällen, z. B. bei manchen Dermapteren, wie Forficula, wirklich die Mitteldarmepithelanlagen als Auswüchse der schon vorhandenen Stomo- mid Proctodäum in gewissen Ent'^'icklungs- stadien vor unsern Augen erscheinen, aber solche Verhältnisse sind, unsrer Meinung nach, sekundärer Xatur und lassen sich im Lichte der vergleichenden Embryologie der Insekten als Fälle erklären, in welchen die Bildung der vorderen und hinteren Entodermanlage etwas ver- spätet ist und die Einstülpungen zur Bildung des Stomo- und Procto- däums etwas früher und etwas mehr proximal zustande kommen, so daß die beiden noch undifferenzierten Keimblätterbezirke, die dem vordersten und hintersten Ende der Gastrulaein- stülpung, also den beiden Enden des Blastoporus (wie sie Hirschler bezeichnet) entsprechen, miteingestülpt Averden. Die Keimblätterlehre wird durch solche Ausnahmefälle keineswegs erschüttert. Diejenigen Forscher, welche annehmen, daß das sekundäre Ento- derm sich aus dem unteren Blatte entwickelt, sind entweder der Mei- nunii. daß die vordere und hintere Entodermanlase ganz unabhängig vom Mesoderm entstehen, d. h. lokal und zeitlich von demselben ab- gegrenzt erscheinen (Xoack, Carriere und Bürger, Xusbaum und FuLixsKi bei PhyUodromia), oder daß sich zuerst das untere Blatt, d. h. das Produkt, der Einstülpung (oder eines ganz homologen Prozesses), als ein einheitliches Ganzes bildet, welches erst sekundär sich m vordere und hintere Entodermanlage (sekundäres Entoderm) imd m das Meso- derm differenziert (Kowalewski, Heider bei Hi/drophilus). Die Diffe- renz zwischen diesen beiden Ansichten halten aw für vollkommen unter- geordnet, für ganz unwesentlich ; das Wichtigste ist. daß in beiden Fällen aus den Elementen des miteren Blattes, welches dem eingestülpten Teil einer Gastrula, also dem primären Entoderm entspricht, sich sowohl Zur Entwicklungsgesch. des Darmdrüsenblattes bei Gryllotalpa vulg. Latr. 343 das sekundäre Entoderm, wie auch das Mesoderm bildet. Von diesem Standpunkt ist es uns ganz unbegreiflich, warum Carriere und Bürger auf das Vorhandensein einer distinkten Grenze zwischen den beiden Entodermanlagen und dem Mesoderm ein so großes Gewicht legen. Alle diese Teile sind Produkte der Gastrulaeinstülpung oder eines ganz entsprechenden Prozesses, die Einstülpung kann aber gleich- mäßig in der ganzen Länge des Embryos zustande kommen, oder an beiden Enden am spätesten zum Ende gebracht werden, weshalb hier »die Wucherfelder« am längsten sich erhalten. Die verschiedenen Entwicklungsmodi der Mitteldarmepithel anlagen bei den pterygoten Insekten können, nach unsrer Meinung, durch folgende Übergangsformen schematisch dargestellt werden (Textfig. 11). In allen Figuren ist das Blastoderm bzw. das Ectoderm durch eine Zellenschicht und das Entoderm durch punktierte Felder dargestellt. Die Figuren stellen schematisch Sagittalschnitte durch ventrale Teile des Embryos dar. Das Mesoderm wurde nicht dargestellt. 1) Erster Typus: Zuerst erfolgt eine vollkommene Abtrennung der beiden (d. h. der vorderen und hinteren) Anlagen des sekundären Entoderms vom Blastoderm, und erst nachher erscheinen Einstülpungen des Stomo- iS) imd Proctodäums (P); Textfig. 11^ (z.B. bei den Museiden nach Noack und bei dem Käfer Donacia nach Hirschler). 2) Zweiter Typus: Zuerst erscheinen die vorderen und hinte- ren Entodermanlagen; während sich aber diese vom Blastoderm noch nicht vollkommen abgetrennt haben, erfolgen die Einstülpungen des Stomo- und Proctodäums, mit denen die Entodermanlagen verwachsen. Textfig. W B {z. B. bei Pyrrhocoris nach Karawaiew). 3) Dritter Typus. Vorn erscheint gleichzeitig die Anlage des Entoderms und direkt vor demselben die Stomodäaleinstülpung, wobei die Anlage etwas miteingestülpt wird; hinten erscheint zuerst die An- lage des Entoderms und erst etwas später die Einstülpung des Procto- däums; es tritt bald ein Zusammenwachsen der Entodermanlagen mit Stomo- und Proctodäum ein. Fig. HC (z. B. bei Gryllotalpa nach unsern Beobachtungen). 4:) Vierter Typus. Fast gleichzeitig erscheinen vorn die Stomo- däaleinstülpung und direkt hinter derselben die vordere Entoderm- anlage, hinten die Proctodäaleinstülpung und vor derselben die hintere Entodermanlage. Auch der Mittelstrang des unteren Blattes beteiligt sich an der Bildung des Epithels des Mitteldarmes. Textfig. 11 D iz. B. bei Phyllodromia nach unsern Beobachtungen). 344 J. Nusbaum und B. Fulinski, 5) Fünfter Typus. Zuerst erscheinen die beiden Entoderm- anlagen ; bevor dieselben aber noch vom Blastoderm abgetrennt werden, erfolr^en vor der vorderen und hinter der hinteren Anlage die Einstül- pungen des Storno- und Proctodäums, so daß die Wucherungsfelder s v-on ii-i r.r'i.i-M-i-!-a-[-i-T Textfig. UA—C. Schemata zur Erläuterung der Entodermbildung bei verschiedenen ptcrygoteu Insekten. Erläuterung im Text. teilweise auf dieselben übergehen. Außerdem beteiligt sich auch der mittlere Entodermstrang an der Bildung des Epithels des Mitteldarmes. Textfig. 11 £' (z. B. bei dem Käfer Gastroidea nach J. Hirschler). Zur Entwicklungsgesch. des Darmdrüsenblattes bei Gryllotalpa vulg. Latr. 345 l) E F Textfig. 11 D—G. Sc-hemata zur Erläuterung der Entodermbildung bei verschiedenen pterygoten Insekten. Erläuterung im Text. 346 J. Nusbauni und N. Fulin^ki. (5) Sechster Typus. Zuerst erscheinen die beiden Entoderm- anlagen; bevor noch dieselben sich vom Blastoderni abtrennen, erfolgen unter ihnen die Einstülpungen des Storno- und Proctodäums, welche diese Anlagen vertiefen und an ihren Böden noch eine gewisse Zeit Entodermzellen proliferieren (erst nach der Beendigung dieser Pro- liferation wird die Wand der betreffenden Stelle des Storno- und Procto- däums zum Ectoderm, was sich auch auf den vorigen Fall bezieht). Textfig. 11 F (z. B. nach Carkiere und Bürger bei Chalicodoma murüria). 7) Siebenter Typus. Die Wucheruugsfelder des Blastoderms bleiben an beiden Enden des Blastoporus eine längere Zeit latent. Erst nachdem die Einstülpung des Stomo-.und Proctodäums an denselben Stellen erfolgt, deren Böden noch nicht den Charakter des Ectoderms besitzen, beginnt die Proliferation dieser Felder, nach deren Beendigung die Wände dieser Einstülpungen in ihrem ganzen Verlaufe den Charakter des Ectoderms erhalten. Textfig. 11 G {z. B. bei Forficula nach Hey- MONS). Bei den Apterygoten soll nach Heymons das Mitteldarmepithel den Dotterzellen seinen Anfang verdanken. Wie sollen wir, falls diese Behauptung sich als richtig erweisen wird, die Verhältnisse bei den Apterygoten mit denjenigen bei den pterygoten Insekten vergleichen? Die Produkte der Furchung, d. h. die Blastomeren, die bei den Insekten zuerst im Dotter liegen, unterliegen früh einer Differenzierung im Sinne ihrer weiteren formativen Bedeutung. Manche von ihnen stellen die künf- tigen Geschlechtszellen dar, die bekanntlich sehr früh im Blastoderm erscheinen, andre behalten die Anlagen für das Ectoderm, noch andre für das Entoderm oder für mesodermale Bildungen. Die ectodermalen Zellen bedecken beim Herauswandern aus dem Dotter die dorsale Seite und die lateralen Teile der Eioberfläche, die ento- und mesodermalen bleiben an der Ventralfläche liegen, wo so frühzeitig die Platte erscheint, welche sich bald einstülpt. Solche Verhältnisse sind fnr die pterygoten Insekten charakteristisch. Bei den Apterygoten dagegen bleibt ein Teil der Blastomeren längere Zeit im Dotter liegen, und zwar sind es diejenigen Zellen, welche das Epithel des Mitteldarmes liefern, welche aber bei den Apterygoten gleicherweise nach der Oberfläche wandern. Die Libelluliden scheinen nach Frau Tschouprowa-Heymons und nach R. Heymons ein Ubergangsstadium zwischen den apterygoten und pterygoten Insekten darzustellen. Bei allen Insekten bleibt aber ein Teil der Blastomeren als ganz undifferenzierte Zellen im Dotter übrig, um die Rolle der Vitellophagen Zur Entwicklungsgescli. des Darinch'iisi'nblatt'.'s hei Givllotalpa vulg. Latr. 347 ZU spielen und einem Zerfallen zu unterliegen. Die Vitellophagen der Insekten als Entodenu zu bezeiehnen, lialteu wir für ganz unberechtigt, und das um so mehr, weil auch bei sehr vielen Crustaeeen außer den gut ausgesprochenen Entoderm- und Mesodermelementen undifferen- zierte und zugrunde gehende Vitellophagen im Dotter hervortreten. L e m b e r g , im Februar 1 909. Benutzte Literatur. 1. J. CvKRitRE u. 0. BÜRGER. Die Entwicklungsgeschichte der Mauerbiene (Chalicodoma inuraria Fabr.). Abliand. d. K. Leop. Carolin. Deutschen Akad. d. Nat. Bd. LXIX. 1898. 2. V. t; RABER. Beiträge zur vergleichenden Embryologie d. Insekten. Denk- schriften Kais. Akad. Wiss. Wien. 1891 und Vergleichende Studien am Keimstreif der Insekten. Ibidem 1890. 3. K. Heider. Die Embryonalentwieklung von Hvdrophilus pieeus L. Jena 1889. 4. R. Heymoxs, Die Embryonalentwieklung von Dermapteren u. Orthopteren. Jena 1895. 5. J. Hirschler, Die Embryonalentwieklung der Lepidopteren (Catocala nupta u. C. fraxini). Polnisch. Archiwum naukowe. Lemberg 1907. (i. — Über leberartige Mitteldarmdrüsen und ihre embryon. Entwicklung bei Donacia. Zool. Anzeiger 1907. Auch diese Zeitschrift Bd. XCII. 7. \V. K.\RAWAIEW, K embrionalnomu razwitiu Pj'rrhocoris apterus L. Kiew 1893. (Russisch.) 8. A. KoROTXEFF, Die Embryologie der Gryllotalpa. Diese Zeitschr. 1885. 9. — Die Entstehung d. ^Mitteldarmes bei den Arthropoden. Biolog. Central- blatt 1894. lU. A. KowALEWSKY, Embrj^ol. Stud. a. Wärm. u. Insekten. Mem. Acad. St. Petersbourg 1871. 11. — Zur embryon. Entw. d. ^lusciden. Biol. Cent. 1886. 12. W. XoACK. Beiträge zur Entwicklungsgeschicht der IMusciden. Diese Zeitschr. Bd. LXX. 1901. 13. J. XusBAUM u. B. FuLiNSKi. Über die Bildung der ]Mitteldarmanlage bei Phyllodromia germanica. Zool. Anzeiger 1906. 14. F. SciiWAXGART. Studien zur Entodermfrage bei den Lepidopteren. Diese Zeit.schr. Bd. LXXVI. 1904. lü. W. WuEELER, The Embryology of Blatta germanica and Doryphora de- cemlineata. Journ. of Morphology. Vol. III. 1889. 348 J. Niisbaum und B. Fiüifiski. Zur Entwicklungsgeschichte usw. Erklärung der Abbildungen. Alle Abbildungen stellen mikrophotographisclie Aufnahmen der Präparate dar; bei den meisten Aufnahmen war die Vergrößerung etwa 300; nur die Fig. 9 imd 17 sind stärker vergrößert, und die Fig. 14 und 22 stellen sehr schwache Vergrößerungen dar. b, Blutzellen; g, Geschlechtszellen; m, Mitteldarmepithelanlage (sekundäres Entoderm); P, Proctodäum; 5, Stomodäum; So, Subösophagealkörper. Tafel XVII und XVIII. Fig. 1. Querschnitt durch die Hälfte der Keimstreifenanlage, im Stadium der Bildung des unteren Blattes ; rechts der Mittelstreifen, links der linke Streifen (Verdickung des Blastoderms). Fig. 2. Ein Teil eines Sagittalschnittes durch die Geschlechtsgrubenanlage und die hintere ]\Iitteldarmei3ithelanlage. Fig. 3. Von derselben Schnittserie wie die Fig. 2, Sagittalsclmitt durch das Stomodäum und hinter demselben (m) die vordere Mitteldarmepithelanlage. Fig. 4 — 9. Sagittalschnitte durch das Stomodäum (Fig. 4 aus einer andern Schnittserie, Fig. 5—9 aus derselben Schnittserie) ; rechts ist das vordere, links das hintere Ende des Embryos in allen Präparaten. Fig. 10 — 13. Sagittalschnitte aus derselben Sclmittserie durch das Stomo- däum, ein älteres Stadium, als in Fig. 4 — 9 ; auch hier entspricht die rechte Seite der Aufnahme dem vorderen und die linke dem hinteren Ende des Embryos. Fig. 15 und 16. Teile der Sagittalschnitte durch das Proctodäum und die hintere Entodermanlage, aus derselben Schnittserie wie die Fig. 10 — 13; hier ist die rechte Seite der Aufnahme gegen das Vorderende des Embryos gerichtet, die linke gegen das hintere. Fig. 14. Querschnitt durch das blinde Ende des Stomodäums und dessen Grenzlamelle (oben neben dem Dotter). Fig. 17. Sagittalsclmitt dui'ch die Übergangsstelle des Stomodäums in die Mitteldarmepi thelpl atten . Fig. 18 und 19. Querschnitte durch das Stomodäum und die vordere Mittel- darmejiithelanlage. ""^• Fig. 20 und 21. Sagittalschnitte durch das Stomodäum und die vordere [Mitteldarmepithelanlage. Fig. 22. Sagittalsclmitt durch das Stomodäum und ^Mitteldarmepithelanlage ; schwache Vergrößerung. Fig. 23 und 24. Querschnitte durch das vordere Ende des Proctodäums (Fig. 23) und das hintere Ende des Stomodäums (Fig. 24) von Embrjonen fast desselben Alters {Mg, MALPiOHische Gefäße). Fig. 25. Sagittalschnitt durch die hintere Anlage des Entoderms (Mittel- darmepithels) und des unter derselben sich einstülpenden Proctodäums. Fig. 26 und 28. Sagittalschnitte durch die frühe Anlage des Stomodäums und der vorderen Entodermanlage; Fig. 26 näher der Medianebene, Fig. 28 ganz lateral. Fig. 27. Sagittalschnitt durch das Proctodäum. Die Leuchtorgane von Anomalops katoptron und Photo- blepharon palpebratus, zwei Oberflächenfischen aus dem Malaiischen Archipel. Ein Beitrag zur Morphologie und Physiologie der Leuehtorgane der Fische. Von Dr. Otto Steche (Leipzig). Mit Tafel XIX— XXI und 5 Figuren im Text. Diese Arl)cit diente in gekürzter Form als Habilitationsschrift. Die Leuchtorgane der Fische sind in den letzten Jahrzehnten Gegenstand zahlreicher Untersuchungen gewesen, seit die verschiedenen Tief See- Expeditionen kennen gelehrt hatten, wie weit verbreitet sie unter den tiefere Wosserschichten bewohnenden Formen sind. Diese Ar- beiten (es sind liier vor allem die älteren Untersuchungen von Leydig, Ussow, EiMER\ und von Lendenfeld zu nennen, aus neuester Zeit Brauer, Chiariis , Gatti, Johann und Greene) haben uns jetzt über die Morphologie dtr Organe eine ziemlich genaue Kenntnis verschafft; sehr unvollkommen dagegen sind noch unsre Vorstellungen von ihrer Funktion, da sich ziu- Beobachtung lebender Tiere nur sehr selten Ge- legenheit bot und auch diese Exemplare sich meist in abnormen Ver- hältnissen befanden. Bei einem Besuche im Malaiischen Archipel während des Winters 1906/07 hatte ich Gelegenheit, zwei Fische kennen zu lernen und ziemlich eingehend zu beobachten, die mit sehr starken Leuchtorganen ausgestattet sind. Diese von mir untersuchten Tiere sind Bewohner der oberen Wasserschichten; ich konnte sie frei in ihrem Element beobachten und längere Zeit in Gefangenschaft am Leben halten. Die so gewonnenen Resultate geben also Aufschluß über die Funktion der Leuchtorgane unter normalen Lebensbedingungen; von hier aus lassen sich dann unter Ausnutzung der anatomischen Ver- gleichung auch Schlüsse über die Verwendung der entsprechenden Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 23 350 Otto Steche, Organe bei Tiefseefischen ziehen. In dieser Kombination physiologischer Beobachtungen mit morphologischen Untersuchungen an gut konser- vierten Präparaten erblicke ich den Hauptwert der vorliegenden Arbeit, um so mehr, da, wie wir sehen werden, die Organe morphologisch einen interessanten Übergangstypus darstellen. Der Fundort der von mir beobachteten Tiere ist die Inselgruppe von Banda. Sie liegt fast im Centrum des Malaiischen Archipels, süd- lich von der bekannten Insel Amboina. Ozeano graphisch ist sie interes- sant durch ihre isolierte Lage in einem sehr tiefen Meeresbecken. Sie stellt offenbar den Rest eines großen untergesunkenen Vulkankegels vor. Der Krater wird jetzt vom Meere ausgefüllt, um ihn ragen als Reste der alten Umwallung mehrere kleine Inseln über den Wasserspiegel empor, meist nur wenige Meter, bis auf einen etwa GOOm hohen, jetzt noch täti- gen Vulkan. Das ehemalige Kraterbecken ist im allgemeinen sehr flach, nur wenige Meter tief. Nur eine Rinne tieferen Wassers zieht sich hin- durch, die Insel umgreifend, die den jetzt noch tätigen »Gunong Api« trägt. Sie mündet auf beiden Seiten in das tiefe, die ganze Gruppe umgebende Meer, und stellt somit einen Kanal dar, der von kleineren Schiffen als Durchfahrt benutzt werden kann. Aber auch seine Tiefe beträgt durchschnittlich nur 15 — 30 Meter. In der Umgebung der Insel- gruppe fällt der Grund ringsum ste^l in Tiefen unter 4000 Meter ab. Der Boden des Kraters ist in seinen flachsten Partien von feinem Sande bedeckt, in und auf dem eine ganz specifische Fauna von Äste- nden, Ophiuren, Synapten, Polychäten, Crustaceen, Jugendformen von Fischen usw. ihr Wesen treibt. Dort, wo stärkere Strömung herrscht, tritt das vulkanische Gestein frei zutage, und hier hat sich eine üppige Korallenfauna entwickelt, die nun ihrerseits wieder Versteck und Nah- rungsquelle für eine ganz andre Tiergemeinschaft bietet, unter der dem Beobachter besonders die wundervoll gefärbten und gezeichneten Fischformen aus den verschiedensten Gruppen auffallen, die seit Rum- PHius' Zeiten die Malaiischen Gewässer berühmt gemacht haben. Diese Korallen bedecken nun vor allem Wände und Grund des oben beschrie- benen Kanals, in dem durch den Gezeitenwechsel stets eine lebhafte Strömung herrscht. Diese Stellen bilden auch den Aufenthaltsort für die beiden leuchtenden Fischformen Photoblepharon folfebratus und Anomalops katoptron. Sie sind dort keineswegs selten und den Ein- wohnern sehr gut bekannt. Gleich in der ersten Nacht, als ich zu ihrer Beobachtung ausfuhr, konnte ich etwa 20 Photoblepharon und zwei Anomalops im Umki-eise von wenigen 100 Metern feststellen, und auf meinen Wunsch, die Tiere lebend zu erhalten, brachten mir die Fischer Die Leuchtorgane v. Anoinalops katoptron u. IMiotoljli'pharon palpebratus. 351 am nächsten Tage etwa zehn von jeder Art. An Material war also kein Mangel, leider habe ich es zur Mitnahme gut erhaltener Exemplare nicht hinreichend ausgenutzt. In der Gewißheit genügenden Vorrates wartete ich mit dem Einsammeln einer größeren Menge bis zu den letzten Tagen; da war stürmisches Wetter und die Fischer wegen der Weih- nachts- und Neujahrsfeier schwer zur Arbeit zu bekommen. So mußte ich mich mit den Exemplaren begnügen, die mir zu Versuchszwecken gedient hatten. Sie waren fast alle dadurch beschädigt, daß die Tiere in der (iefangenschaft sich gegenseitig die Flossen abgenagt hatten. Der Fang der Tiere macht keine Schwierigkeiten. Sie gehen leicht an die Angel, die mit kleinen Meerestieren als Köder versehen wird. Die gefangenen Tiere werden in Behälter getan, die aus dem Stengel- jlliede eines dicken Bambus bestehen. Ein solcher Köcher wird mit ein paar seitlichen Löchern versehen, oben und unten verschlossen und dann auf den Grund des Meeres versenkt an Stellen, w'o die Fische auch frei vorkommen. An ihm wird ein Schwimmer befestigt, der es ge- stattet, den Köcher jederzeit wieder zu finden und nach Bedarf Fische zu entnehmen. Die Tiere halten sich darin ganz gut, bis zu mehreren Tagen. Das Verfahren ist deswegen so ausgebildet, da die beiden Leucht- fische von den Malaien selbst als Köder verwendet werden, in einer sehr eigentümlichen Weise, die auf die Funktion der Leuchtorgane einen wichtigen Rückschluß zuläßt. Es werden nämlich die Leuchtorgane dem lebenden Fische ausgeschnitten, was sich bei ihrer Lage leicht tun läßt, ohne sie stärker zu verletzen, und oberhalb des eigentlichen Köders an der Angel befestigt. Das Licht erhält sich auch an den isolierten Organen einige Zeit, bei Photoblepharon angeblich eine ganze Nacht, bei Anomalops einige Stunden. Die Fischer fangen auf diese Weise außerhalb des Kraterbeckens im tiefen Wasser größere Raubfische, auf die das Licht anlockend wirkt. Der Aufenthaltsort beider Formen ist verschieden, eine Tatsache, die auch den Malaien bekannt ist und von ihnen durch die Namen der Fische zum Ausdruck gebracht wird. Sie bezeichnen nämlich den Photoblepharon als Ikan leweri batu, d. h. Steinfisch, den Anomalops dagegen als Ikan leweri ayer, d. h. Wasserfisch. Dementsprechend haben wir in Photoblepharon eine Grundform, die hauptsächlich zwischen den Korallenfelsen steht und auf Beute lauert, während Anomalops beweglicher ist und im freien Wasser schwimmend seine Nahrung sucht. Dieser Lebensweise entspricht auch der Bau beider Allen. Photoble- pharon ist höher, kürzer und gedrungener, Anomalops dagegen mehr cylindrisch und länger. Die Lebensweise beider Formen ist räuberisch. 23* 352 Otto Steche, Ihre Nahrung besteht, soweit sich das nach meiner Rückkehr aus dem Mageninhalt feststellen ließ, aus all den kleinen Bewohnern der Koral- lengründe, vorwiegend Crustaceen. Der erste Abend, an dem ich Gelegenheit hatte, die Tiere lebend und in Freiheit zu beobachten, bescherte mir einen der großartigsten Eindrücke auf meiner ganzen Reise. Von meiner Wohnung aus gelangte man mit einem Ruderboot in wenigen Minuten zu der mehrfach erwähn- ten tieferen Rinne, in der die Tiere vorkommen. Als wir uns vorsichtig näherten, zeigte sich schon aus größerer Entfernung ein schnell beweg- licher leuchtender Gegenstand. Der grünlichweiße Lichtstrahl, der von ihm ausging, glich am ersten dem Reflex des Mondes auf dem Wasser- spiegel; so wie dort schienen auch hier eine Reihe von leuchtenden Punkten über die leicht gekräuselten Wellen zu tanzen. Der leuchtende Körper veränderte schnell seinen Ort; als er in unsre Nähe kam, erwies er sich als ein schwimmender Anomalops. In seltsam verschlungenen, unregelmäßigen Kurven bewegte sich das Tier eine Zeitlang in der Umgebung unsres Bootes. Während dieser Zeit wurde das Leuchten rhythmisch unterbrochen, etwa so, daß nach 10 Sekunden Aufleuchten eine Pause von 5 Sekunden Dunkelheit eintrat. Die ganze Erscheinung glich in auffallender Weise dem Benehmen der Lamp}Tiden mit inter- mittierendem Leuchten, die sich ebenfalls durch einen ganz unregel- mäßigen Zickzackflug auszeichnen, die tropischen fast noch mehr als unsre europäischen Formen. Eine kurze Strecke weiter kamen wir an den Rand des Kanals und fanden dort eine ganze Gesellschaft von Photoblepharon. Der einzig mögliche Vergleich für die Wirkung ihrer Leuchtorgane ist der mit einer Illumination durch Glühlämpchen. Die Tiere standen in ziemlich ge- ringen Abständen zwischen den Korallenblöcken, deren Umrisse bei ihrem Licht ganz schwach erkennbar • waren, unbeweglich und ohne die Intensität ihres Lichtes im geringsten zu verändern. Wir hielten uns etwa eine halbe Stunde an jener Stelle auf, und während dieser ganzen Zeit war kein Wechsel auf der Szene zu bemerken. An den in Gefangenschaft gehaltenen Tieren konnte ich später beobachten, daß das Leuchten auch beitage in gleicher Weise ungeschwächt fortdauert. Es ergab sich dabei ferner, daß auch Anomalops ein ganz konstantes Leuchten zeigt. Der rhythmische Wechsel des Lichtes kommt bei ihm zustande dadurch, daß das ganze Organ durch Drehung abgeblendet wird. Beide Fische verhalten sich also trotz des so verschiedenen Effek- tes im Prinzip der Lichterzeugung völlig gleich. Photoblepharon besitzt übrigens ebenfalls eine Abblendungs Vorrichtung, eine lidartige schwarz Die Leuchtorgaiie v. Anoiualops katoptroii u. Pliotoblepharon palpebratus. 353 pigmentierte Hautfalte, die vor das Leuchtorgan hoch gezogen werden kann; ich habe aber unter normalen Verhältnissen nie gesehen, daß er davon Gebrauch gemacht hätte. Über die Einflüsse mechanischer und chemischer Reize auf den Leuchtvorgang wird später im physiologischen Teil genauer zu sprechen sein, hier sei nur bemerkt, daß sich auf keine Weise eine Erhöhung der Intensität oder eine Änderung im Charakter des Leuchtens herbeiführen ließ. Weitere Angaben über die Lebensweise, besonders über die wichtige Frage der Fortpflanzung und Entwicklung zu machen, bin ich leider außerstande. Die Tiere, die ich gefangen habe, waren zum Teil mit völlig ausgebildeten Geschlechtsprodukten erfüllt, ferner befanden sich halberwachsene darunter; Jugendstadien habe ich jedoch nicht gesehen. Ich habe mehrfach die betreffenden Stellen abgefischt, und zwar in der Weise, daß durch giftige Pflanzensäfte die Fische betäubt und an die Oberfläche gebracht wurden, die einzige rationelle Methode, um die Bewohner dieser Korallenwirrnisse zu erhalten. Niemals habe ich dabei ein Tier gefunden, das sich irgendwie in die Entwicklungsreihe eines der beiden Fische einfügen ließe. Auch von den Fischern bekam ich darüber keine Auslmnft, dagegen berichteten sie, daß die Tiere das ganze Jahr dort vorkämen. Diese Angabe ist wichtig, weil sie geeignet ist, dem Einwurfe zu begegnen, der mir gelegentlich eines Vortrages vor der deutschen zoologischen Gesellschaft gemacht wurde. Dort wurde nämhch in der Diskussion bemerkt, es könne sich bei diesen beiden Formen um Tiefseefische handeln, die nur zur Laichzeit in die ober- flächUchen Regionen emporstiegen. Neben verschiedenen andern Gründen ist diese Angabe über ein gleichmäßiges Auftreten der Leucht- fische zu allen Jahreszeiten der beste Gegenbeweis gegen diese An- nahme. Morphologischer Teil. Beide in Rede stehenden Fische sind der Wissenschaft schon seit länger bekannt. Der eine ist zuerst als Sjmrus 'pal'pehratus von Bod- DAERT beschrieben, der andre als Heterophtalmus hitoptron von Bleeker in seinem berühmten Werke über die Fische Niederländisch-Indiens, sogar eine Abbildung findet sich dort. Beide Beobachter haben auch das Leuchtorgan bemerkt, aber seine Funktion nicht erkannt; zu jener Zeit war ja das Vorkommen von derartigen Gebilden bei Fischen noch nie beobachtet. Boddaert hat das Organ als eine Schutzklappe auf- gefaßt, zum Schirm gegen mechanische Verletzungen bei dem Leben 354 Otto Steche, zwischen Korallen. Lacepede macht daraus eine Abblendungs Vorrich- tung gegen die heftigen tropischen Sonnenstrahlen. Bleeker spricht sich gegen diese Auffassung aus, ohne jedoch selbst eine Deutung zu geben, ebenso Kner, der nach ihm dasselbe Tier als Anomalops graeffei beschrieb. Günther sprach als erster aus, daß es sich hier um Leucht- organe handeln könne, allein die Übereinstimmung beider Formen in diesem Punkte bewog ihn, sie zu einer Species zusammenzuziehen, für die er den Namen Anomalops palpebratus wählte. Aus dem Jahre 1900 stammt der Bericht eines holländischen Regierungsarztes Vorderman, der 1897 ebenfalls auf Banda Gelegenheit hatte unsre Fische zu be- obachten. Er unterscheidet wieder zwei Arten und macht ziemlich ausführliche, durchaus zutreffende Angaben über die Leuchtfunktion. 1899 kam dann die Siboga-Expedition nach Banda, und im Reise- bericht von Weber finden wir auch einen längeren Passus über die Leuchtfische. Bei dieser Gelegenheit wird ihre systematische Stellung geklärt und die beiden nicht nur als gesonderte Species geschieden, son- dern sogar in zwei Gattungen verteilt: Photohlepharon mit der einzigen Species Photohlepharon palpebratus und Anomalops mit der gleichfalls alleinstehenden Species Anomalops katoptron. Die ziemlich beträcht- lichen Unterschiede beider Fische schon im äußeren Habitus rechtfer- tigen diese Trennung vollauf. Beide gehören in die Familie der Carangiden, was sich schon äußer- lich durch die charakteristische Gestaltung der Seitenlinie dokumen- tiert. Wie bei allen Angehörigen dieser Famihe sind die in der Seiten- linie stehenden Schuppen vergrößert und erheben sich prismatisch über die Umgebung. Photohlepharon palpehratus ist ein ziemlich kleines Tier (Taf. XIX, Fig. 1). Das größte meiner Exemplare mißt 8,3 cm von der Schnauze bis zum Ende der Schwanzflosse, die andern zwischen 7 und 8 cm. Das von Vorderman beschriebene Exemplar hatte 8 cm Länge. Es scheint sich hierbei um ausgewachsene Tiere zu handeln, wenigstens wußten rlie Fischer auf Banda nichts von größeren Exemplaren. Die Ge- schlechtsdrüsen waren bei den von mir daraufhin untersuchten Exem- plaren wohl entwickelt, die Eier scheinbar fast reif. Die Körpergestalt ist ziemlich gedrungen und schmal. Die größte Höhe beträgt 3,1 cm, die größte Dicke 1,5 cm. Die einheitliche Rückenflosse zeigt zwei harte und 18 weiche Strahlen, die Afterflosse 1 : 14, die Bauchflosse 1 : 5 Strahlen. Die Grundfarbe des Körpers ist ein tiefes Schwarzbraun. Die Flossen sind grauschwarz, Kopf und Kiemendeckel haben einen Die Leuchtorgane v. Anomalops katoptron u. Photoblepharon palpebratus. 355 samtschwarzen Ton. Abweichend gefärbt ist die Basis der Brustflossen und der Hinterrand des Suboperculum, die hellbläulich weiß erscheinen. Besonders auffallend ist die Seitenlinie. Die für Carangiden charakteristi- schen vorspringenden Schuppen erscheinen durchsichtig hell und zeigen einen irisierenden Glanz, der im vorderen Abschnitt der Seitenlinie mehr ins Hellblaue, im hinteren ins Violette spielt. In der Verlängerung der Seitenlinie findet sich auf dem Kiemendeckel ein milchweißer Fleck. Anomalops Iritoptron (Taf. XIX, Fig. 2) zeigt demgegenüber folgen- den Habitus. Zunächst ist er länger und schlanker. Mein größtes Exemplar erreicht bei einer Höhe von 3,2 cm eine Länge von 10 cm. Nach den Angaben der Fischer sollen die Tiere aber bis gegen 30 cm lang werden. Damit würde auch übereinstimmen, daß das von Bleeker abgebildete Exemplar 19,5 cm lang ist. Doch hatten meine großen Exemplare schon gut entwickelte Geschlechtsdrüsen. Auch die von VoRDERMAN gefangenen Exemplare hatten dieselbe Größe (9,7 cm lang, 2,9 cm hoch, 1,9 cm breit), vielleicht ist dies also doch die Durchschnitts- größe ausgewachsener Tiere. Die Flossenbildung unterscheidet sich von der bei Photoblepharon dadurch, daß die Rückenflosse geteilt ist. Die vordere besteht aus vier harten, die hintere aus einer harten und 15 weichen Strahlen, die After- flosse zählt 2 : 10, die Bauchflosse 1 : 5 Strahlen. Die Färbung ist ebenfalls dunkelbraun; an der Rückenflosse ist die basale Partie hellgrau, die distale schwärzlich, die übrigen Flossen sind durchweg grauschwarz, Kopf und Kiemendeckel tiefschwarz. Die Seitenlirüe tritt viel weniger hervor, ist gestreckter und nicht vom übrigen Körper abweichend gefärbt. Diese stumpfe schwärzlichbraune Färbung ist für Oberflächenfische in hohem Maße auffallend. Wir finden sie sonst nur bei in tiefen Wasserschichten lebenden Formen vertreten. Der Bau des Körpers und der Flossen gleicht dagegen durchaus dem Typus der nahe verwandten Oberflächenfische und zeigt keine der charakteristischen Veränderungen, die als Anpassung an das Leben in der Tiefsee aufzutreten pflegen. Es liegt vielleicht am nächsten, die matte schwarze Farbe in direkten Zu- sammenhang zu bringen mit dem Auftreten der Leuchtorgane, für deren Glanz sie die beste Folie abgibt. Die Leuchtorgane zeigen bei beiden Fischen in Lage und Bau eine große Ähnlichkeit. Sie liegen unmittelbar unter dem Auge in einer tiefen Grube, die sich als ein Teil der Augenhöhle darstellt. Allem An- schein nach ist diese Grube selbständig ausgebildet und erst sekundär 356 Otto Steche, mit der Augenhöhle in Verbindung getreten. Darauf weist hin, daß •^ ihre distale Umgrenzung sich nicht in das normale Oval des Orbitalran- des einfügt, sondern sichelförmig darüber hinausgreiffc. Proximal, gegen die Schnauzenspitze hin, flacht sich die Grube allmählich ab, so daß dort scheinbar der gewohnte Orbitalrand vorliegt, nur daß er be- deutend weiter ausgreift. Interessant ist nun, daß diesem Aushöhlungs- prozeß der infraorbitale Schleimkanal ausgesehen ist. Für gewöhnlich erstreckt es sich bei Carangiden unmittelbar längs dem unteren Augen- höhlenrande. Hier finden wir ihn in ganz analoger Weise entlang dem unteren Rande der Leuchtgrube ziehen. Er ist also um deren Breite nach abwärts gerückt. Daß etwa die Augenhöhle ihren ursprünglichen Umfang gar nicht verändert und das Leuchtorgan sich auf Kosten des Auges Platz geschafft hätte, ist deshalb ausgeschlossen, weil das Auge sogar ungewöhnlich groß ist und eine gewöhnliche Augenhöhle reichlich ausfüllen würde. Das Leuchtorgan muß also zwischen Augenrand und infraorbitalem Schleimkanal entstanden sein und den letzteren mit zunehmender Entwicklung nach abwärts gedrängt haben. Dafür spricht auch der Verlauf der Nerven. Die Größe des Leuchtorgans ist bei beiden Arten eine relativ ganz enorme. Bei Photohlejpharon ist sie noch beträchtlicher als bei Anoma- lous. Sie beträgt dort bei meinem größten Exemplar in Länge und Breite 1,1 : 0,5 cm, d. h. mehr als ein Achtel der gesamten Körperlänge ! Bei Änomalops ist es relativ bedeutend kleiner, 1,0 : 0,4- cm, immerhin noch ein Zehntel der Gesamtlänge. Die Leuchtorgane beider Formen unterscheiden sich, abgesehen von der Größe, schon äußerlich durch i'ie verschiedenen Abblendungsvor- richtungen. Photoblepharon folpel 'us verdankt ihr seinen Namen, er besitzt tatsächlich ein Gebilde, f^ *em Augenlide völlig analog ist. Eine tiefschwarze lockere Hautf. nebt sich vom unteren Rande der Leuchtgrube wde eine untere oidialte; emporgezogen bedeckt sie das Leuchtorgan vollständig. Bei Änomalops fehlt diese Falte, dafür hat er aber eine besondere Einklappvorrichtung. Er vermag das Organ nach unten einzuschlagen, so daß die leuchtende Fläche gegen den Boden der Augenhöhle gekehrt wird. Die Drehung erfolgt um einen langen Knorpelstiel, der ganz am Vorderende des Kopfes, etwas unterhalb und lateral von den Nasenlöchern am Schädel befestigt ist. Von dort aus zieht er nach hinten unter dem Auge entlang; durch seine Einlagerung wird die oben erwähnte Abflachung der Leuchtgrube in ihrem oralen Teile hervorgerufen. Sein caudales Ende geht in einen Knorpelstab über, der im Leuchtorgan selbst gelegen ist. Auf seiner ganzen Länge Die Leuchtorgane v. -\jiomaloi).s katoptron u. Photoblepharon palpebratus. 357 ist dieser Kiiorpelstiel mir von ganz lockerem Bindegewebe umhüllt, also offenbar leicht drehbar. Der Bewegungsapparat dieses Knorpelstieles ist mir nicht voll- kommen klar geworden. Aus einer vollständigen Querschnittserie durch den Kopf von Anomalops, der einzigen, die ich aus Materialmangel anlegen konnte, ergibt sich folgendes. Vom Ethmoid zieht an seiner vorderen Spitze ein Icräftiger Muskel nach der ventralen Seite des Knorpelstieles. Seine Kontraktion muß den Stiel so drehen, daß die Ventralseite nach innen gehoben wird, dementsprechend das außen gelegene Leuchtorgan ventrad eingeklappt wird. Neben dem Knorpel- stiel verläuft in seiner ganzen Länge ein breiter Strang bindegewebig- muskulöser Fasern. Er inseriert an der Schnauzenspitze, ventral vom Knorpel, steigt in seinem Verlaufe allmählich dorsad empor und endet an der dorsalen Spitze des Knorpels im Leuchtorgan. Da sein Verlauf dem Knorpelstiel annähernd parallel ist, so müßte seine Kontraktion eine Biegung des Stieles bewirken, die vielleicht zu einem Aufklappen des Organs führt, dadurch, daß die dorsalen Knorpelpartien nach innen unten gedreht werden. Er würde also als Antagonist des vorigen wirken. Im Hintergrunde der Leuchtgrube, hinter der Mitte des Organs, hegt noch eine eigenartige halbmondförmige gekrümmte Hautfalte, gestützt von einem sehr straffen Bindegewebe. Sie dient \'ielleicht als eine Art Sprungfeder, die das Organ immer gegen den vorderen Rand der Leucht- grube angedrückt hält, vielleicht untertsützt sie auch das Aufklappen der Leuchtfläche. Bei PItotoblepharon ist das Organ in ähnlicher Weise befestigt, es befinden sich in seiner Umgebung: ähnlich verlaufende Muskeln. Trotz- dem habe ich an lebenden Tie^jenc niemals ein Einklappen des Organs bemerkt. Die Lidfalte schei^'fe ajk. Abblendungsapparat völUg auszu- reichen. Wichtig ist jedenfalls, -dfe^ß beide Organe in gleicher Weise befestigt sind und nur durch diesen einen, im oralen Augenwinkel ge- legenen Stiel mit dem Kopfe zus immenhängen. Diese freie Lage der Organe — etwas ganz einzig dastehendes in der Reihe der Leuchtorgane bei Fischen — macht es auch verständlich, daß die Fischer auf Banda sie so leicht für ihre Fangzwecke herauspräparieren köimen, ohne sie nennenswert zu verletzen. Betrachtet man die herausgenommenen Organe, so ergibt sich ein weiterer Unterschied. Das Organ des Anonuilo'ps ist sehr regelmäßig geformt; die äußere Fläche ist ziemlich eben, nur ganz wenig nach den Rändern abfallend. Ln Umriß stellt sie ein ziemlich längliches Ellipsoid dar (großer zu kleiner Durchmesser — 10 : 1 mm). Der ganze Körper 358 Otto Steche, des Organs vergleicht sich am besten mit einer bis zum Eande gefüllten Fleischermulde. Von der leuchtenden Außenfläche, der die obere, offene Seite der Fleiscliermulde entspricht, krümmen sich die Seitenflächen rings im sanften Bogen gegeneinander und vereinigen sich zu einer wieder fast ebenen, nur wenig konvexen Rückenfläche. Das Organ von Photoblepharon ist bedeutend tiefer und unregel- mäßiger in der Form. Dies beruht darauf, daß sich eine Knorpelspange unter der Rückfläche hinzieht, die nicht in der Mittellinie, sondern etwa auf der Grenze des unteren und mittleren Drittels verläuft. Sie verbreitert sich am oralen wie am caudalen Ende zu einer Querspange; die orale geht dann in den Knorpelstiel des ganzen Organs über. Diese Längsspange hat nun überdies nicht überall die gleiche Höhe, sondern zwischen dachfirstartigen Erhebungen an den Enden liegt in der Mitte eine Einsenkung, so daß das Ganze, von der Seite gesehen, Sattel- form hat. Diese Leuchtorgane liegen in der Augenhöhle unmittelbar unter dem Auge, und zwar so hoch, daß sie mit ihrem oberen Rand bis an den Unterrand der Pupille reichen. Blickrichtung und Richtung der vom Leuchtorgan ausgehenden Strahlen sind annähernd dieselben; der Fisch überblickt also gerade den Lichtkegel seines Scheinwerfers und kann die darin auftauchende Beute sofort wahrnehmen. Damit kein Licht in das Auge selbst fällt, ist die ganze Rückseite des Organs tiefschwarz pigmentiert; ebenso ist die ganze Grube, in der es liegt, schwarz ausge- schlagen, und auch die Lidfalte bei Photohlepharon zeigt dieselbe Färbung. Die leuchtende Außenseite dagegen hat eine durchscheinend hellgelbe Farbe, von der sich scharf das Rot einer Anzahl von Gefäßen abhebt, die, einander parallel, allmählich sich verschmälernd, vom unteren Rande gegen den oberen emporziehen. Der Bau der Leuchtorgane zeigt bei beiden Formen im Prinzip dieselben Verhältnisse. Er ist im Vergleich zu den meisten bei Fischen beobachteten Leuchtorganen sehr einfach und in all seinen Teilen ohne weiteres verständlich. Über die Lagebeziehungen des Leuchtorgans geben am besten die Textfiguren 1 — 5 Aufschluß, die einer Frontalschnittserie durch den ganzen Kopf von Anomalops entnommen sind. Die Leuchtorgane waren beim Einbetten annähernd in normaler Lage aufgeklappt ge- blieben, vielleicht etwas nach oben gegen die Pupille verschoben. Fig. 1 zeigt einen Schnitt durch die Schnauzenspitze. Man sieht die Nasenhöhlen angeschnitten, darunter den Knorpelstiel des Organs mit einem ihn begleitenden Muskel. Vom Ethmoid zieht gegen das euchtoigano V. .^.omalcps Uatoptron u. i>hotoblepharon palpebratus. 359 Die Leuchtoig Textfig. 1. Textfig. 2 Textfig. 4. ^^^t^^g- ^• Querschnitte durch den Kopf von Anomalops. Erklärung im Text. 360 Otto Steche. Leuchtorgan ein zweiter Muskel herab. Die Leuchtarterie ist zweimal getroffen, da sie, wie weiter unten beschrieben, in ihrem Verlauf eine caudad geöffnete Parabel beschreibt, deren Schenkel hier beide durch- schnitten sind. In Fig. 2 tritt auch der Leuchtnerv auf, gerade an seiner Umbiegungsstelle angeschnitten. Unter dem Organ erscheint der suborbitale Schleimkanal, darüber ein Anschnitt des Bulbus. Fig. 3 trifft das Organ bei der Tremiung von der Kopfwand. Die den Leucht- körper umfassende Knorpelkapsel ist quer getroffen, darüber links noch das Ende des Aufklappmuskels. Leuchtnerv und -arterie liegen hinter dem Bulbus im Grunde der Augenhöhle. Auf dem Dache der Mund- höhle verläuft in mehreren Strängen der Ramus maxillaris inferior des Trigeminus. Auf der Dorsalfläche des Schädels erscheinen die mäch- tigen supraorbitalen Schleimkanäle, darunter der Ramus ophthalmicus N. facialis et trigemini, beide verschmolzen, tiefer der N. olfactorius, die Schädelkapsel durchsetzend. Der in Fig. 4 abgebildete Schnitt geht etwa durch die Mtte des Leuchtorgans und veranschaulicht gut seine Lage zum Auge. Im ventralen Teil ist die Knorpelspange noch etwas angeschnitten. Der suborbitale Schleimkanal läßt den ihn versorgenden Xerven erkennen; auf dem Schädeldach eine Quercommissur der supraorbitalen Kanäle. Das Auge ist ziemlich stark geschrumpft, wie die Faltung der Retina erkennen läßt. Fig. 5 stellt einen Schnitt dar, der durch die Nervi optici kurz hinter deren Eintritt in das Auge geht. Er trifft noch das Ende des Leuchtorgans und zeigt die im Grunde der Augenhöhle liegende Falte. I. Der Leuchtkörper. Der Teil des Organs, der die eigentlich leuchtende Substanz liefert, ist eine typische Drüse. Auf dem Schnitt sehen wir die Hauptmasse des ganzen Organs eingenommen von einer großen Zahl von Drüsen- schläuchen, die, einander annähernd parallel, von der Rückwand gegen die leuchtende Außenfläche hinstreben (Fig. 3 — 6). Die Länge dieser Schläuche nimmt regelmäßig von den Rändern des Organs gegen die mittlere Partie hin zu. Bei dem schon oben gebrauchten Vergleich mit einer Fleischermulde würde der Leuchtkörper deren Hohlraum aus- füllen, während die Holzwände vom Reflector dargestellt würden. Man könnte den Leuchtkörper auch beschreiben als ein halbiertes Rota- tionsellipsoid, wobei die Halbierungsebene der leuchtenden Oberfläche entsprechen würde. Die Drüsenschläuche liegen eng aneinander gedrängt, nur von spärlichem Bindegewebe umscheidet, in dem Blutgefäße verlaufen. Die Leuchtorgane v. Anomalops katoptron u. Photoblepharon palpebratus. 361 Unter der Oberfläche angekommen, vereinigen sich immer eine Anzahl von Drüsenschläuchen zu einem gemeinsamen Sammelbecken. Aus dessen Mitte führt ein schmaler Ausführungsgang. Cutis und Epidermis durchsetzend, nach außen. Der Durchmesser der Mündung beträgt 20 — 30 ti. Diese Poren waren mir bei der ersten eiligen Durchsicht einer schlechten Serie entgangen, bzw. ich hatte sie für Risse im Präpa- rat «Tohalten. Infoloredessen habe ich in meinem Rostocker Vortrag die Organe als Drüsen ohne Ausführgang bezeichnet, ein Irrtum, den ich hiermit ausdrücklich richtig stellen möchte. Bisher waren — von einer Bemerkung von Brauee abgesehen — nur geschlossene Organe oder solche mit einem Ausführgang bekannt. Hier dagegen haben wir eine ganze Anzahl von Einzelporen, von denen jede einem Bündel von Drüsenschläuchen als Ausfuhröffnung dient. Diese zusammengehörigen Drüsen stellen in ihrer Anordnung etwa einen Cylinder dar. dessen eine schmale Seite auf dem Reflector aufruht, während in der Mitte der andern sich der Ausführungsgang befindet. Letzteres trifft übrigens lücht streng zu, sondern bei manchen, speziell den in den Randpartien gelegenen Drüsengruppen durchsetzt der Ausführungsgang die Cutis und Epidermis in schräger Richtung, daim meist vom Rande gegen die Mitte des Organs gerichtet. Die Anzahl der nebeneinander gelegenen Drüsenschläuche, die auf einem durch die Ebene des Ausführungsganges gelegten, also den Cyünder längs halbierenden Schnitt getroffen werden, beträgt 8 — 10. Es wäre also richtiger, statt von einer Drüse, von einer Summe von Einzeldrüsen zu sprechen, die zu einem großen Komplex ver- einigt sind. Jede Einzeldrüse würde bestehen aus einem kurzen Ausführ- gang, einem weiten Sammelbecken und davon abgehenden, parallel in die Tiefe steigenden Einzelschläuchen. Will man sie in einen T}*pus ein- ordnen, so handelt es sich jedenfalls um eine acinöse Drüse, deren Form dadurch modifiziert ist, daß die Aciiü lang gestreckt und einander paral- lel geordnet sind. Sie würden unter den Hautdrüsen der Wirbeltiere (denn um modifizierte Hautdrüsen handelt es sich hier sicher) ihr Analogon in den Talgdrüsen finden. Handelte es sich um ein Land\\'irbeltier. so würde man mit großer Wahrscheinlichkeit von Homologie sprechen kön- nen, leider kennen wir von Fischen derartige Drüsengebilde sonst nicht. Die Anordnung der Einzeldrüsen ist eine ganz regelmäßige, was wohl schon rein mechanisch bedingt ist als Folge der Zusammendrängung auf einen engen Raum. Wir finden infolgedessen auch die Poren in regelmäßigen Abständen, die dem Durchmesser der Einzelcvlinder ent- sprechen müssen, über die Oberfläche zerstreut. Ein Querschnitt des Organs zeigt Wabenstruktur: dicht zusammengedrängte Polygone, 362 Otto Steche, etwas abgerundet und unregelmäßig dadurch, daß sich Bindegewebe zwischen die Drüseiischläuche drängt (Fig. 5). In diesem Bindegewebe verlaufen kleine Blutgefäße, ebenfalls in ziemlich regelmäßiger Anord- nung. Um jedes derartige Gefäß ordnen sich die Drüsenschläuche in einer Sternfigur, so daß ein sehr zierliches Bild entsteht. Die Stellung der Drüsenschläuche ist im allgemeinen senkrecht zur Oberfläche, doch in den Kandpartien etwas geneigt, gegen das Centrum konvergierend, entsprechend der Krümmung der Reflectorfläche dieser Bezirke. Doch nicht so stark, daß etwa die Drüsenschläuche auf dem Reflector senlcrecht ständen, vielmelix ist der mit der Oberfläche ge- bildete Winkel weniger spitz als der mit der Reflectorfläche (Fig. 2). Histologisch bietet der Leuchtkörper durchaus das Bild von Drüsen- gewebe. Wir sehen die Einzelschläuche erfüllt von Secret, das, im Leben eine völlig durchsichtige Flüssigkeit, bei der Konservierung gerinnt und dann die Form von feinsten Körnchen oder Tröpfchen annimmt. Bei meinen meisten Präparaten liegen sie dicht gedrängt ohne besondere Anordnung, bei einem in Formol konservierten Exemplar von Photoblepharon ergibt sich eine schlierenartige Lagerung in Körnchen- reihen. Die Beschaffenheit des Secretes ändert sich vom Grunde der Drüsenschläuche bis zum Ausführgang nicht in einer mikrochemisch nachweisbaren Art. Geliefert wird dies Secret von den die Drüsenschläuche auskleiden- den Epithelzellen. Die Secretion erfolgt in der bei holocrinen Drüsen üblichen Weise. In dem dem Lumen zugekehrten Teile des Zellleibes bildet sich ein Secretraum, worin schon dieselben Körnchen wie in dem freien Secret nachweisbar sind. Diese Secretvacuole wächst heran und entleert sich endlich in das Lumen. Bei den von nur angewandten Konservierungsmethoden (Flemmings Gemisch, Alkohol, Formol) ist es in den Präparaten meist sehr schwer, die Grenze zwischen dem körner- haltigen Protoplasma der Zellen und dem frei im Lumen liegenden Secret zu sehen, so daß die Zellform schwer exakt zu bestimmen ist. Doch kann man sehr gut verfolgen, wie vom Grunde des Drüsen- schlauches gegen den Ausführgang sich die Beschaffenheit der Zellen ändert. Dicht über dem Grunde sind sie groß, rundlich und proto- plasmareich, mit einem etwa in der Mitte des basalen Teiles gelegenen Kern. Je weiter man nach oben kommt, desto mehr wird das Plasma zugunsten des gebildeten Secretes reduziert. Die entstehende Vacuole drängt den Kern auf die Seite. Anschnitte der Schläuche in der Längs- richtung zeigen dann einen Ring von Protoplasma, in der Mitte eine große Vacuole. Die Grenzen der einzelnen Zellen sind schwer Die Leuchtorgane v. Anoinalops katoptnni n. rhotohlrpluiron palpebratus. 363 aufzufinden. .le weiter man nach oben kommt, desto mehr erscheinen die ZeUen reiluziert; endHch vermag mau nur noch einen schmalen Belag von Plasma an der Wand des Diüseuschlauches nachzuweisen, in dem sich in großen Abständen flache Kerne finden. Man hat den Eindruck, tlaß die Zellen bei der Secretbildung verbraucht wer- den. Damit würde übereinstimmen, daß sich am Grunde des Drüsen- schlauches eine Vermehrungszone befindet (Fig. 12 — 15). Dort liegen große plasmareiche Zellen, ein unregelmäßiges geschichtetes Keim- lager bildend, in dem lebhafte Zellteilung herrscht. Die Konservierung reicht nicht aus, um deutliche Mitosebilder zu geben, doch kann man aus der Beschaffenheit der Zellen mit Sicherheit entnehmen, daß hier Tei- lungen stattfinden, und zwar so lebhaft, daß fast jede Zelle sich in einem Stadium der Mitose befindet. Die Zellen dieser Region unterscheiden sich auch färberisch von den funktionierenden Drüsenzellen ; ihr Plasma ist dichter und färbt sich stärker. Besonders bei Photoblepharon fand ich im Grunde der Drüsenschläuche oft einige sehr große Zellen, deren Plasma sich mit Orange G intensi^' färbte. Ich nahm zuerst an, daß diese Zellen eine specifische Bedeutung hätten, später überzeugte ich mich jedoch durch den Vergleich, daß es sich nur um junge Drüsenzellen handelt. Wir hätten uns also vorzustellen, daß die Drüsenzellen bei der Produktion des Leuchtsecretes allmählich verbraucht werden und daß zu ihrem Ersatz im Grunde der Drüsenschläuche eine fortgesetzte Neu- bildung stattfindet. Es schieben sich die neugebildeten Zellen langsam an der Wand des Drüsenschlauches empor, dabei die oben geschilderten Stadien durchlaufend. Zwischen den beiden Arten läßt sich in der Lage der Zellkerne ein Unterschied feststellen. Bei PJwtoblepharon sieht man auf Flächenschnitten durch das Organ che Zellkerne ziemlich unregel- mäßig an den Wänden der Drüsenschläuche verteilt (Fig. 9, 10); bei Anonialops dagegen liegen sie stets in den Ecken der Schläuche, wo sich die größte Plasmamenge zusammendrängt (Fig. 11). Infolgedessen trifft man auf Längsschnitten meist in den oberen Teilen der Drüsen- schläuche gar keine Kerne, nur dort, wo ein Bindegewebszug getroffen ist, stehen an den ihm anliegenden Zellwänden die Kerne in einer Reihe untereinander, jeder in einer Plasmaerhebung, die dem Durchschnitt durch einen der oben geschilderten Plasmaringe entspricht. Ganz plötzlich ändert sich das Bild, wenn wir, die Drüsenschläuche aufwärts verfolgend, an das Sammelbecken und den Ausführimgsgang kommen. Dort findet sich überall ein ein- bis zweischichtiges hohes Epithel, das am Ausführungsgang ohne Grenze in das Epithel der äuße- ren Oberfläche übergeht (Fig. 7, 8). 364 Otto Steche, Der ganze Leuchtkörper liegt in der Tiefe der Cutis eingebettet. Außer durch die Bindegewebszüge, welche sich zwischen den einzelnen Drüsenschläuchen hinziehen, dokumentiert sich das vor allem durch eine starke Bindegewebslage, welche die Außenfläche der Leuchtdrüsen überzieht und nur von den Porengängen durchsetzt ^vird. In dieser Bindegewebsschicht verlaufen die oben erwähnten, schon im Leben deutlich sichtbaren größeren Gefäße. Auf ihr ruht dann das mehr- schichtige äußere Körperepithel. Cutis und Epidermis dieser Gegend sind im Leben völlig klar durchsichtig. II. Der Reflector. Nach hinten mrd der Leuchtkörper abgeschlossen durch eine breite Zellenlage, die sich schon durch den starken Glanz, den sie noch auf Schnitten zeigt, ohne weiteres als Reflector zu erkennen gibt. Form und Lage dieser Schicht ist schon bei Besprechung der äußeren Gestalt der Organe erwähnt worden. Sie stellt in dem oben gezogenen Ver- gleich die Mulde dar, in der der Leuchtkörper ruht, bzw. sie bildet die Oberfläche des halbierten Rotationsellipsoides. Wie aus Fig. 6 hervor- geht, ist die Dicke dieser Schicht ziemlich beträchtlich. Im allgemeinen ist sie an allen Stellen etwa gleich stark. Im oralen Teil, dem die größte Menge an Hüll- und Stützgewebe anliegt, erscheint sie etwas breiter, doch sind diese Unterschiede möglicherweise künstlich entstanden. Bei den beiden S|)ecies ist der Reflector ziemlich gleich stark aus- gebildet. Im Leben reflektiert er nur das grünliche Licht des Leucht- körpers und zeigt niemals irisierenden Glanz, wie man das beispiels- weise bei Cephalopoden {Heteroteuthis) oder im suborbitalen Organ der Stomiatiden beobachten kann. Diese reflektierende Kraft beruht auf der Einlagerung von Guaninkiistallen in die ihn zusammensetzenden Zellen. Diese Methode ist bei Fischen nicht ungewöhnlich und schon von mehreren Seiten beschrieben worden. Daß diese Guaninkristalle der Grund für die Reflexion sind, wurde mir ohne meine Absicht dadurch demonstriert, daß bei den Formol j^räparaten, wo sie aufgelöst waren, jeder Glanz verschwunden war. Sehr eigenartig ist die Form der Re- flectorzellen. Obwohl ich in der Lage war, sie an Exemplaren mit und ohne Guaningehalt zu untersuchen, bin ich über ihre Gestalt doch nicht so recht ins klare gekommen. Auf Längsschnitten hat man zunächst den Eindruck von langen schmalen typischen Bindegewebszellen mit stäbchenförmigen Kernen (Fig. 12, 14). Der Plasmaleib zeigt eine un- deutliche Längsstreifung, und zwischen diesen einzelnen Lamellen befinden sich die Lagen von Guaninkörnern. Die beiden Formen Die LeiU'htüVganc v. Anoiiialops katoptidii u. I'liotoljlcpliaron paljH'bratus. 365 unttTsclu'idcii sich im Aulliaii dri ij;uiizimi Reflectorschicht insofern, als hei Anonutlops sofort an iler J^asis der Leuchtdrüsen Zollsoliichten liegen, die dirlit mit Kristallen erfüllt sind. Der Kristallreichtum nimmt dann nach außen allmählich ab (Fig. 12). Bei Photohlepharon umge- kehrt. Die ohcrsten Schichten zeigen nur spärliche Einlagerungen; sie nehmen bis zu einem Ma.ximum zu und darauf nach außen wieder etwas ab (Fig. II). Die Zellschichten liegen bei beiden dem Rellector zunächst am engsten gedrängt, nach außen zu werden sie lockerer. Man sieht dann deutlich, daß sie in welligen Zügen angeordnet sind; stellenweise sind einzelne Abschnitte solcher Züge, die vielleicht aus je einer Zelle bestehen, isoliert (fig. IG). Züge dieses Reflectorgewebes dringen auch zwischen die iicuchtdrüsen ein, besonders in Begleitung von Gefäßen, bei Anomalops tiefer als bei Photohlepharon. Chemisch den Nachweis zu führen, daß es sich um Guanin handelt, war mir leider nicht möglich, da die Kristalle nur an zwei Exemplaren erhalten waren, deren Leuchtorgane ich bereits in Schnitte zerlegt hatte. Unter dem Polarisationsmikroskop zeigten sie jedoch sehr deutliche Doppelbrechung, wie sie für die Guanineinlagerungen im Tapetum des Auges bekannt ist. Eine bestimmte Orientierung der Kristalle ließ sich dabei nicht feststellen. Untersucht man nun Querschnitte der Organe, so findet man nicht, wie zu erwarten war, auch Querschnitte von typischen Bindegewebszellen, sondern das Bild gleicht ganz dem der Längsschnitte. Wieder finden wir ganz schmale Zellbänder mit flachen, scheinbar längs gestreckten Kernen; dem Zellleibe eingelagert Reihen von Guaninkörnchen, zwischen denen sich Faserzüge ausspannen (Fig. L3, 15). Durch Kombination dieser beiden Bilder wird man zur Vorstellung von flachen, aber rundlichen oder eckigen, jedenfalls in Länge und Breite annähernd gleich ausgebildeten Zellen geführt. Damit würde das Bild übereinstimmen, das man auf Schnitten findet, die parallel zur Oberfläche des Leuchtorgans geführt sind (Fig. 17). Man sieht dort auf Präparaten, in denen das Guanin aufgelöst ist, eine Anzahl von ovalen Kernen, deren Tiefendurchmesser sehr gering ist, wie sich beim Focusieren zeigt. Sie entsprechen den langgestreckten schmalen Kernen der andern Schnittrichtung. In ihrem Umkreis finden sich helle Räume, in denen man schattenhafte Reste der Guaninkiirner erkennen kann. Sie werden durchzogen von spär- lichen verzweigten Fibrillen, die vielfach ein weites Netzwerk zu bilden scheinen, in dessen einzelnen Maschen die Kerne liegen. Zellgrenzen sind mit Sicherheit auf keinem der Präparate zu erkennen, daher auch die Unge\vißheit über die Richtigkeit der hier vorgetragenen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 24 366 Otto Steche, Auffassung. Derartig gestaltete Zellen sind fiu* Bindegewebe recht unge- wöhnlich, und um Bindegewebszellen muß es sich hier unbedingt handeln. Ähnliche Bilder findet man stellenweise bei den Reflectoren der Leuchtorgane von Cephalopoden. Eine eigenartige Form von Zellen findet sich noch bei Anomalous im unteren Drittel des Organs. Dort sieht man auf Querschnitten außerhalb des Reflectors zwischen ihm und dem Pigmentmantel eine Anzahl Zellen aufgereiht, die bei dieser Schnittführung als schmale Rechtecke erscheinen, die parallel zu den langen Seiten eine feine Längs- streifung zeigen. ZAvischen diesen Längsstreifen liegen wenige lange stabförmige, stark lichtbrechende Gebilde eingelagert (Fig. 18). Sie sind größer und länger als die Guaninkörner des eigentlichen Reflectors. Die schmalen Seiten der Zellen sind dem Pigment bzw. dem Reflector zugekehrt, mit den langen Seiten berühren sich die Zellen gegenseitig. Sie liegen in einer Schicht nebeneinander. Diese umfaßt zunächst den gegen die Oberfläche aufgebogenen Teil des Reflectors und lagert sich dann auch dem unteren Teil der Leuchtfläche vor, sich zwischen Epithel und die gewöhnliche Cutis einschiebend. Bei Photoblepharon habe ich nichts derartiges gefunden. III. Pigmentgewebe. Den Abschluß des ganzen Organs nach außen bildet ein Mantel von Pigmentgewebe, es allseitig umgreifend und nur die Leuchtfläche freilassend. Das Pigment findet sich sowohl im Bindegewebe wie im Epithel (Fig. 19). Im Bindegewebe liegen subepithelial Züge von mehr oder weniger lang gestreckten, unregelmäßig gestalteten verzweigten Zellen, die ganz mit braunen Körnchen erfüllt sind. Sie drängen sich meist so dicht, daß der Zellkern gar nicht sichtbar wird. Ihre Form ist die für Pigmentkörner gewöhnliche unregelmäßig ecldge. Von diesem annähernd geschlossenen Mantel von Pigmentzellen erstrecken sich nun auch Züge in das Bindegewebe, das in wechselnder Breite den Raum hinter dem Reflector erfüllt. Vor allem umhüllen sie vielfach die dort verlaufenden Gefäße. Eine Reihe von besonders großen Pigmentzellen liegt im oralen Teile des Organs von Änomalops, sich zwischen eine Knorpelkapsel und den Reflector einschiebend. Die Zellen dort sind regelmäßig kugelig gestaltet und entsenden nach allen Seiten zierliche pseudopodienartige Reihen von Pigmentkörnchen. Im Epithel liegt das gleiche braune Pigment, aber nicht so dicht, so daß man stets die einzelnen Körner deutlich voneinander abgrenzen kann. Sie liegen unregelmäßig im Plasma zerstreut, häufig einen dichten Die L'juohtorgiUU' v. Aiiomalops k itojjtion u. Photoblepharon palpebratus. 36« Kiaii/. um (Im Kciti hildctul. Am stärksten sind die Einlagerungen in den obersten platteren Epithellagen. Außer auf der Rückfläclie der Leuchtorgane findet sich das gleiche Pigment in der ganzen (rrube, die das Leuchtorgan aufnimmt, sowie bei Photübh'pharon auch in der Lidfalte. Überall tritt in Cutis wie in Epidermis Pigment auf, stellenweise in mächtigen Lagen, die den Teilen makr()sk(i|)isch einen tiefen saintschwarzen Ton verleihen. IV. Hüll- und Stützgewebe. Zwischen Reflector und Pigmentschicht ist bei beiden Formen in wechselnder Ausdehnung Bindegewebe eingeschaltet, in dem Gefäße und Nerven verlaufen und außerdem auch knorpelige Stützapparate eingelagert sind. Dies Bindegewebe ist am oralen Pol der Leuchtorgane am stärksten ausgebildet und nimmt gegen das caudale Ende hin ab. Bei Photoblepharon ist es beträchtlich stärker entwickelt als bei Ano- malops (vgl. Fig. 2 und G). Es besteht aus einem weitmaschigen Faser- gerüst, in dessen kugelige Hohlräume im Leben Fett eingelagert war. Bei Photoblepharon enthält es außerdem große Blutsinus. Das Stützgewebe besteht aus Knorpel. Die beiden Formen unter- scheiden sich darin, daß bei Photoblepharon Faserknorpel, bei Anomalops dagegen hyaliner Knorpel zur Ausbildung gelangt ist. Im Stiele des Organs von Photoblepharon finden sich allerdings auch Zellen, die schon das Gepräge von hyalinem Knorpel tragen. Es zeigt sich ein allmäh- licher Übergang zwischen beiden Typen. Der Faserknorpel nimmt tlann immer die Randpartien ein, während der Kern zu hyalinem Knor- pel ausgebildet ist. Bei Anomalops findet sich dagegen nur hyaliner Knorpel, obwohl bei ihm das Knorpelgewebe an Masse und Bedeutung sehr zurücksteht. Wir finden hier nur eine Knorpclkappe am oralen Ende, die, ausgehend vom Stielknorpel, den Reflector bis dicht an die Leuchtfläche umgreift und oben wie unten je einen fingerförmigen Fortsatz in der Längsrichtung des Organs vorschiebt. Beide Fortsätze sind kurz, der längere untere durchzieht etwa 1/5 des ganzen Organs. Bei Photoblepharon dagegen liegt eine Knorpelspange, die als bestimmend für die äußere Gestalt des Organs schon oben erwähnt wurde, längs der ganzen Rückfläclie. Sie erstreckt sich auf der Grenze zwischen unterem und mittlerem Drittel, ist in der Mitte sattelartig vertieft und schmal, an beiden Enden erhöht und zu einer Querspange verbreitert. Die orale stärkere Verdickung steht in Verl)iiidung mit dem Knorpelstab des Stieles. 368 Otto Steche, V. Gefäße. Die Gefäßversorgiing ist bei beiden Fischen, obwohl im Prinzip gleich, doch sehr verschieden ausgebildet; bei PJiotoblepharon reicher und komplizierter als bei Anomalops. Die zuführende Arterie verläuft zusammen mit dem Leuchtnerven oberhalb des Organs im Grunde der Orbita, bis fast an deren vorderen Rand, biegt dann scharf nach unten und weiterhin caudad um, zieht entlang dem Knorpelstiel des Organs und tritt an dessen vorderem Ende in das hinter dem Reflector gelegene Bindegewebe ein. Das Gefäß zieht nun in der Längsrichtung am Re- flector entlang und gibt auf diesem Wege eine große Zahl von einander parallelen Seitenästen ab, die also quer hinter dem Reflector verlaufen. Diese ihrerseits entsenden dann in regelmäßigen Abständen feine Gefäße, die den Reflector durchsetzen und als Capillaren zwischen die Drüsenschläuche eindringen. Sie verlaufen in dem die Einzelschläuche umscheidenden Bindegewebe gegen die Oberfläche aufsteigend und geben durch ihre gesetzmäßige Anordnung Veranlassung zu den zier- lichen Sternfiguren der um sie gereihten Drüsenschläuche. Während dieses Verlaufes durch den Leuchtkörper gibt das Blut Sauerstoff an die Leuchtzellen ab und gelangt, venös geworden, an die Oberfläche, wo es sich in Venen sammelt. Diese, die schon im Leben sichtbaren roten Gefäßstreifen, ziehen von oben nach unten über die Leuchtfläche dahin und nehmen dabei durch die Einmündung von Seitenstämmen an Um- fang beträchtlich zu. Sie vereinigen sich dann hinter dem Reflector zu einem Längsstamme, der am Oralende das Organ verläßt und sich in die Orbitalvenen ergießt. Die Unterschiede zwischen den beiden Arten sind nun folgende. Anomalops hält sich genau an das eben dargelegte Schema. Es ist nur ein Längsstamm vorhanden, der an der unteren Kante des Leuchtorgans entlang verläuft, an der Stelle, wo die Rückfläche in die Seitenfläche umzubiegen beginnt (Fig. 2). Dort befindet sich bei Anomalops die einzige größere Anhäufung von Bindegewebe. Die Quergefäße ziehen dicht unter dem Reflector, zum Teil in seine äußersten Schichten ein- gelagert, nach oben und geben auf diesem Wege ihre Seitengefäße ab, die, sich mehrfach gabelnd, als Capillaren zwischen die Leuchtdrüsen eintreten. Die daraus gesammelten Venen verlaufen zwischen dem Sammelbecken der Leuchtdrüsen, unter der zusammenhängenden Binde- gewebsschicht, die die Vorderfläche des Drüsenkörpers überzieht. Ihre Zahl ist beträchtlich, über 20, ihr Kaliber dagegen gering. Sie biegen am unteren Rande der Leuchtfläche außen um den Reflector herum Die LLUilitorgaiu' v. AiiDnialops kutoptron u. I'liotobk-pliaruii palpebratus. 369 und saiiimclii sirli aiil (Irr Kiicksi'ite etwu.s uiitor iler Arterie zu einem Längs.stannu. Dieser durelizieht fast die ganze Länge des Organs als ein scluirf begrenztes Rolir, nur am oralen Ende steht mit iliin ein Jilut- sinus in Verl)indung. der die Knorpelkapsel umspült. I'x'i Pltdlohlcplniroti. liegt dvr Hauptstanim der Ai'terie nicht im unteren Winkel tles Organs, sondern dicht oberhalb des Knorpelstabes in weitmaschigem Bindegewebe. Er gibt bald nach seinem Eintritt mehrere starke Seitenstämnie ab, die in schräger Richtung nach dem caudalen Ende zielien. Von diesen Längsstämmen gehen dann die Queräste ab, sie liegen in dem viel reichlicheren Bindegewebe weiter vom Reflector entfernt. Die Verbreitung der Capillaren und ihre Ver- einigung zu Venen verläuft wie bei Anomalo'ps. Die Queräste der Venen sind weniger zahlreich, acht bis zehn, dafür stärker im Durchmesser und verlaufen nicht zwischen den Drüsenbecken, sondern oberfläch- licher, innerhalb der Cutisdecke dicht unter dem Epithel. Der zurück- führende Längsstamm der Vene ist aufgelöst in zahlreiche Blutsinus, die das weitmaschige Bindegewebe erfüllen und den Knorpelstab um- greifen. Am mächtigsten entwickelt sind sie im oralen Drittel des Organs. Mehrere Venenstämme führen endlich das Blut aus dem Organ heraus. Im Verhältnis zur Größe des Organs ist bei Pliotoblepharon die Blutmenge größer und die Gefäßanordnung komplizierter. Das Auffallendste am ganzen Gefäßsystem ist eine Art Klappen- einrichtung in den Ai-terien. Beim Abgang eines Seitenastes springen seine Wandungen trichterartig gegen das Iwumen des Hauptgefäßes vor, die Eingangsstelle beträchtlich verengernd (Fig. 21). Diese Verengerung wird bedingt durch eine Zellschicht, die wohl der Media der Arterien- wand angehört. Der Bau der Zellen weicht aber wesentlich von dem gewöhnlicher Muskelzellen der Muscularis ab. Sie sind annähernd rundlich, durch gegenseitigen Druck polygonal, enthalten ein dichtes, k(")rniges Plasma und einen ovalen Kern. Dieses Bild bleibt sich bei allen Schnittrichtungen gleich, es handelt sich also nicht etwa um quer- getroffene Muskelzellen. Intercellularsubstanz ist nicht in nennens- wertem Maße vorhanden, es können also auch nicht knorpelige Ver- steifungsapparate sein in der Art wie wir sie sonst im Wirbeltierkörper finden, dagegen besteht eine ge\visse Ähnlichkeit mit Chordazellen oder den Achsenzellen der Tentakel bei Cöl enteraten. Eine deutliche Membrana elastica interna setzt diese Zellschicht von der Intima ab, die allerdings in ihrem Bereich so dünn wird, daß sie auf der Spitze der Klappe kaum nachzuweisen ist. Von dieser Membran aus zieht sich eine feine Grenzschicht in flachem Bogen längs der verdickten Stelle, 370 Otto Steche, die modifizierte Zellpartie auch von der übrigen Media abgrenzend, deren Faserzüge, ebenfalls verschmälert, sie außen umgreifen. Diese seltsame Vorrichtung besteht ausnahmslos an sämtlichen Arterienverzweigungen bei beiden Arten, vom Hauptstamm bis zu den feinen Gefäßen, die den Reflector durchsetzen. Ich muß gestehen, daß ich mir keine recht plausible Vorstellung über den Sinn einer solchen Einrichtung machen kann, die scheinbar darauf hinwirken muß, den Blutstrom in den Arterien zu stauen. Irgend ein schwellbares Gewebe, dem diese Stauung zu Nutzen käme, existiert nicht. Vielleicht handelt es sich um eine Blutabsperrung der Leuchtkörper im Sinne einer Spar- vorrichtung bei der Bildung des Leuchtsecrets, nach Art eines Gashahnes, der die Zufuhr von Brennstoff zu regulieren erlaubt? Nach Abschluß der hier vorliegenden Untersuchung wurde ich durch ein Referat im Zoologischen Centralblatt darauf aufmerksam, daß derartige Arterienklappen auch sonst beobachtet sind. Zuerst beschrieben hat sie Laguesse im Jahre 1892. Er fand sie bei Fischen, und zwar bei Labroiden {Labrus, Crenilabrus) an allen Verzweigungen der Aorta, b's zu den Capillaren hinunter. Sie nahmen relativ mit der Abnahme des Gefäßquerschnittes an Größe zu, so daß die kleinen Gefäße fester abgeschlossen waren als die größeren, ein Verhalten, das auch bei meinen Präparaten zutrifft. Die Form der von ihm ab- gebildeten Klappenzellen entspricht durchaus meinen Bildern, seine Deutung unterscheidet sich aber insofern, als er sie der Gefäßintima, nicht der Media zurechnet. Er gibt aber an, daß die Elastica interna, von Endothel bedeckt, das Klappengewebe überzieht, was wohl eigent- lich mehr für meine Auffassung spricht. 1905 hat ViALLETON die gleichen Klappen bei Cyclostomen {Ammo- coetes und Petromyzon), Selachiern {Scyllium) und Amphibien {Hyla) gefunden. Sie lagen dort in den Verzweigungen der Bauchaorta, aber nur am Ursprung der segmentalen oder intercostalen Arterien. 1906 hat Laguesse sie ebenfalls bei einem Amphibium, dem Sa- lamander, gefunden. 1907 endlich hat Grynfeltt derartige Einrichtungen an den Augengefäßen bei Amphibien {Rana, Hyla) gefunden. Sie sitzen dort nur am Abgange der Artt. iridociliares, nicht an ihren feineren Ver- zweigungen. Die Form des ganzen Gebildes ist die gleiche wie in den früheren Beschreibungen, langgestreckte ellipsoide Gebilde, im Haupt- gefäß stromaufwärts in eine scharfe Schneide auslaufend. Sonst finden sich verschiedene Unterschiede. Einmal nehmen die Klappen propor- tional dem Gefäßquerschnitt an Größe ab (gegen Laguesse). Zweitens Die Leufhtorganc v. Aiioiiialops kat()j)1ron u. l*lH)tol)lc|>liar(ni [)alj)ebratus. 371 gehört (las Kla|)j)i'ii,u;('\vol)i' der Media an. J)iitttMis utid wichtigstens besteht es nacli den Angaben dieses Autors aus Muskclzcllcti, die einen S])hineter um den Ursprung des Seitengefäßes bilden. Zwisclien diese Muskel zeUen schieben sich Bindegewebsfasern und ein Netz von elasti- schen Fasern, die von der Elastica interna ausgehen. Nach diesen Angaben würde die Struktur der von Grynfeltt beschriebenen Gebilde in scliarfeni Gegensatz zu den Befunden der andern Autoren und den meinen stehen. Das in den andern Fällen gefundene Gewebe würde unter den von ScHAFFER aufgestellten Begriff des vesiculösen Stütz- gewebes fallen. Entsprechend dieser Verschiedenheit der Struktur würde auch die Funktion in beiden Fällen verschieden sein. Die muskulösen Sphinc- teren bewirken eine aktive Verengerung des Gefäßeinganges, die Ver- steifungsapparate eine passive durch Kontraktion der gesamten übrigen Gefäßwand. Über die physiologische Bedeutung gehen die Ansichten überein- stimmend dahin, daß die Apparate eine lokale Regulation des Blut- stromes bewirken können, Erhöhung des Druckes oberhalb, Vermin- derung unterhalb der Klappen. Der Sinn dieser Einrichtung ist in den von Laguesse und Vialleton beschriebenen Fällen einstweilen dunkel, bei den Augenarterien sieht Grynfeltt darin wohl mit Recht einen Regulationsapparat für den intracoularen Druck. VI. Nerven. Das J^euchtorgan beider Formen wird von einem ziemlich starken Nerven versorgt. Er entstammt dem Trigemino-Facialiskomplex und verläuft in der Bahn des Ramus maxillaris superior des Trigeminus. Er tritt in die Orbita ein, verläuft an ihrem Grunde, oberhalb der Grube des Leuchtorgans zusammen mit der Leuchtarterie, wendet sich wie diese am inneren Augenwinkel nach abwärts und zurück und tritt von vorn am oralen Ende in das Leuchtorgan ein. Diese Verlaufsrichtung dicht unterhalb des Auges entspricht durchaus der, die wir sonst vom Ramus maxillaris superior gewohnt sind und bestimmt mich vor allem zu der Annahme, daß die Leuchtgrube erst sekundär mit der Augen- höhle in Verbindung getreten ist, da der Nerv sonst an ihrem unteren Rande verlaufen müßte. Die gröberen Verzweigungen innerhalb des Leuchtorgans zeigen bei beiden Formen ähnliche Unterschiede wie die der Arterien. Bei Anomalous zieht nur ein Längsstamm am unteren Rande des Organs entlang, teils zwischen Arterie und Vene, teils am weitesten außen gelagert. Von ihm aus gehen Äste ab, die, den Venen 372 Otto Steche, folgend, auf die Vorderfläche des Organs gelangen. Bei Photobh'pharon verläuft der Hauptnerv ebenfalls zwischen Arterie und Vene, dicht der Knorpel Spange angelagert. Er gibt aber sehr früh eine Anzahl starker Stämme ab, die schräg gegen das caudale Ende des Organs verlaufen, so daß im ganzen eine besenreiserartige Auffaserung eintritt. Die End- zweige gelangen ebenfalls auf die Oberfläche des Organs und liegen hier in der Nachbarschaft der Venen. Über die feinste Verzweigung und Endigung der Nerven vermag ich keine Auskunft zu geben. Die Konservierung war nicht ausreichend, um trotz verschiedener Eärbemethoden die einzelnen Fibrillen scharf zu differenzieren. Es ist wohl anzunehmen, daß sie mit den Binde- gewebszügen in das Innere des l^euchtkörpers eindringen und an die Leuchtzellen herantreten in der Weise, wie wir es sonst von drüsigen Organen kennen. Auf die Untersuchung des Gesamtkörperbaues der beiden Leucht- fische einzugehen, gab mir besonders die Frage Veranlassung, ob sich irgendwo Anpassungen an ein Leben in tiefen Wasserschichten nach- weisen ließen. Um das Resultat gleich vorweg zu nehmen, kann ich sagen, daß die Resultate durchaus negativ ausgefallen sind. Anpas- sungen hätten auftreten können einmal im Skeletbau. Wir wissen aus verschiedenen Untersuchungen, daß Tiefseefische häufig eine mangel- hafte Verknöcherung zeigen, das Chondrocrauium in weitem Umfange erhalten bleibt (z. B. Argyropelecus, Cydothone). Bei unsern Formen unterscheidet sich die Ausbildung der Knochen in nichts von der ge- wöhnlicher Oberflächenteleostier, ihre Härte macht die Entkalkung zur Herstellung von Schnittserien durch den Kopf recht langwierig; die Schuppen des Hautskelettes waren so fest, daß eine histologische Untersuchung der Seitenlinie daran scheiterte. Die Augen der Tiefseefische zeigen oft im ganzen Bau Anpassungen an das Dunkelleben (Teleskopaugen), in weniger extremen Fällen cha- rakteristische Veränderungen der Retina (Reduktion der percipierenden Elemente und der Ganglienzellen, Schwund oder Dunkelstellung des Pigments). Hier fand sich nur eine Vergrößerung des ganzen Auges im Verhältnis zu den übrigen Carangiden, leicht erklärlich bei einem nächtlich lebenden Tier. Das Gehirn von Tiefenformen endlich ist in den letzten Jahren von verschiedenen Autoren untersucht worden (Hendkick: Ärgyro- feleans, Gierse, Cyclothone, Trojan: Leucicorus, Mixonus, Bassocetus). Es zeigt sich bei ihnen trotz aller starken Verschiedenheiten unter sich doch ein gewisser einheitlicher Typus, charakterisiert durch das Die Leuohtorgaiu> V. Aiu)iiial()[)8 katoptioii ii. I'linloliltpharoii piilju'ljratu.s. .'i73 Zuiiickt iftcii (It'i- vonlcri'ii lliintrile zugunsten des Nachhirns. Von diesen Merkmalen findet sich hier nichts vor, wir haben ein ganz normales Tek'ostiergehirn vor uns. DiM- Nacliweis eines besonderen, zicmlicli starken Leuehtncrven veranlaßte miili nati'irlieh, naeh centralen Abweichungen zu suchen. Der (Janglienkomplex der Trigemino-Facialisgru})pe ist makroskopisch nicht auffällig stark entwickelt. Audi auf (Schnitten habe ich keine in die Augen springenden Veränderungen bemerkt. Bei meinem be- schränkten Material habe ich nur zwei Serien schneiden können, die bei den in toto konservierten Tieren höheren Ansprüchen nicht genügten, auch durch das Entkalken erheblich gelitten hatten. Es ist selir gut möglich, (lal.i ein in vergleichender Hirnanatomie speziell bewanderter Forscher eine besondere Entwicklung der Centren konstatieren kann, in die der Leuchtnerv ausstrahlt; eine auffällige Abweichung, wie wir sie sonst oft bei ungewöhnlicher Entwicklung stets vorhandener oder beim Auftreten spezieller Organe finden (elektrische Organe) besteht hier jedenfalls nicht. Besondere Erwähnung verdient noch das Verhalten des Seiten- kanal Systems. Über die Seitenlinie selbst ist nichts zu sagen; sie zeichnet sich durch die für Carangiden t3qiische Modifikation der Schup- pen aus; gute Schnitte zu erhalten scheiterte an den Schwierigkeiten des Entkai kens. Die Kopfkanäle dagegen fallen durch eine außer- gewöhnliche Verbreiterung auf (vgl. Textf ig. .'5 — 5). Diese ist so beträcht- lich, daß die Supraorbital kanäle von Photoblepharon einem parasitischen Copepoden von 18 mm Länge Raum gewähren. Ich habe bei zwei der drei von mir präparierten Exemplare diesen Parasiten an derselben Stelle gefunden, es scheint sich also um ein häufigeres Vorkommen zu handeln. Leider wurden durch das Entkalken die Gewebe so ange- griffen, daß histologische Einzelheiten nicht zu erkennen waren. Fassen wir die hier gegebenen morphologischen Daten noch einmal kurz zusammen, so hätten wir in den beiden Formen Anomalops und Photoblepharon nahvervvandte, aber doch scharf unterschiedene Ver- treter der Familie der Carangiden, die sich von ihren Verwandten haupt- sächlich unterscheiden durch die schwarzbraune Farbe und den Besitz eines Leuchtorgans, beides Eigenschaften, die sonst für Tiefseefische charakteristisch sind. Trotzdem handelt es sich um Oberflächenformen, was morphologisch daraus folgt, daß sie weder am Gehirn, noch am Auge, noch am Skelet Anpassungen zeigen, wie wir sie bei Tiefseefischen zu finden gewohnt sind, öcologisch daran, daß sie sich das ganze Jahr gleichmäßig in dem flachen Wasser des Kraterbeckens von Banda 374 Otto Steche, aufhalten sollen. Das Leuchtorgan erreicht bei Photoblepharon Vsj ^ei Anomalops ^/^o der Körperlänge. Es liegt unter dem Auge, in einer mit der Orbita vereinigten tiefen Grube, niu" am oralen Ende durch einen Knorpelstab befestigt. Bei beiden Formen kann es abgeblendet werden; bei Photoblepharon durch Hochziehen einer Lidfalte, bei Ano- malops durch Einklappen der leuchtenden Fläche gegen die mit schwar- zem Pigment ausgekleidete Wand der Grube. Das bei beiden Formen durch verschiedene Entwicklung des Stützgewebes etwas abweichend geformte Organ hat eine im allgemeinen nnildenförmige Gestalt. Seine wesentlichsten Bestandteile sind der Leuchtkörper, der Reflector und der Pigmentmantel. Der Leuchtkörper besteht aus einer Anzahl von Einzeldrüsen, jede von diesen aus einer Zahl von einander parallelen Schläuchen, einem Sammelbecken und einem kurzen engen Ausführungsgang. Im Drüsen- lumen befindet sich ein feinkörniges Secret, das gebildet wird von den wandständigen Drüsenepithehen. Diese Drüsenzellen bilden das Secret in einer Vacuole, die sich in dem, dem Lumen zugewendeten Zellteile entwickelt und durch Platzen entleert wird. Bei der Bereitung des Secrets werden die Zellen verbraucht und vom Grunde der Drüsen- schläuche aus ersetzt. Der Leuchtkörper liegt eingesenkt in die Cutis, die seine Oberfläche mit einer starken, nur von den Ausführungsporen durchbrochenen Schicht überdeckt. Der Reflector umkleidet den Leuchtkörper rings mit einer annähernd gleich starken Schicht. Er besteht aus eigenartigen, sehr flachen, an Länge und Breite annähernd gleichen Zellen bindegewebigen Ursprunges, deren reflectorische Kraft auf einer Einlagerung von Guaninkörnchen beruht. Dem Reflector zugehörige Zellen dringen auch zwischen die basalen Abschnitte der Drüsenschläuche ein. Das Pigment liegt hauptsächlich im Bindegewebe, wo es dicht unter dem Epithel eine zusanmienhängende Mantelschicht bildet. Außerdem dringt es aber auch in das hinter dem Reflector liegende Bindegewebe, umscheidet dort vor allem die Gefäße und den Knorpel. Auch das Epithel enthält Pigment. Als Stütze für das Organ dienen Knorpelspangen, die bei Ano- malops aus hyalinem Knorpel bestehen und sich auf das orale Ende des Organs beschränken, bei Photoblepharon bis zum caudalen Ende durch- laufen und sich aus Faser knorpel aufbauen. Eine Arterie tritt in das Bindegewebe hinter dem Reflector und löst sich in Capillaren auf, die den Leuchtkörper durchziehen. Aus ihnen sammeln sich Venenstämme, die quer über die Vorderfläche hinziehen Die Leuclitoigaiio v. Auoiiialüps katoptroii u. l'lidhihlipharon palpebratus. 375 und sieh dann wit'iler zu einem Längsstannn vereinigen, der am oralen Ende das Organ verläßt. Die Arterien sind mit eigenartigen Klappen ausgerüstet, deren Deutung unsicher bleibt. Ein starkor Trijjemiuusast tritt mit den Gefäßen zusammen in das Organ ein, verzweigt sich und gelangt in der Nachbarscliaft der Venen auf die Oberfläche. Seine Eud Verzweigungen sind nicht nachweisbar. Versuclien wir nun auf Grund dieser Befunde die vorliegenden Leuchtorgane mit den entsprechenden Bildungen zu vergleichen, die wir bei Tief Seefischen finden. Die Vergleichsmöglichkeit wird sehr er- leichtert durch die Zusammenstellung, die Brauer 1904 von seinen Befunden am Material der deutschen Tiefsee-Expedition gegeben hat. Es ergibt sich daraus zunächst, daß alle von ihm untersuchten Organe drüsenartigen Charakter liaben. Was anderweit darüber publiziert worden ist, steht damit im Einklang, so daß wir wohl annehmen dürfen, daß alle Leuchtorgane der Fische als wichtigsten Bestandteil Drüsen- zellen enthalten. Lii Widerspruch zu dieser Auffassung stehen nur die von v. Lemdenfeld beschriebenen »Radiating discs<< einer Anzahl von Tiefseeformen. Es ist aber durchaus noch nicht erwiesen, daß diese Organe Licht aussenden; nach ihrer Struktur und nach ihrer Beziehung zu den Kanälen des Seitenhniensystems halte ich dies sogar für unwahr- scheinlich und möchte sie eher als eigenartige Sinnesorgane ansprechen. Die von ihm untersuchten Leuchtorgane bringt Brauer in vier Gruppen, nach ihrem anatomischen und histologischen Bau, nämlich: 1) die Tentakelorgane der Ceratiiden und Onchocephaliden ; 2) die geschlossenen Drüsenmassen auf der Bärbel und an verschie- denen Stellen des Rumpfes bei Stomiatiden; 3) die ventral vom Auge gelegenen Organe bei Stomiatiden; 4) die übrigen an Kopf und Rumpf oft in großer Zahl vorhandenen, für pelagische Formen charakteristischen Organe. Mir scheint nun, daß sich diese Organe wieder in zwei große Gruppen vereinigen lassen, von denen die erste den Typus 1 — 3 Brauers zusam- menfaßt, die zweite seine Organe vom 4. Typus enthält. Diese Ein- teilung stützt sich auf die Beschaffenheit des Drüsenkörpers. Ich zitiere zunächst, wie Brauer seine einzelnen Gruppen charak- terisiert : 1) >>Die erste Gruppe umfaßt die ,Tentakelorgane' der Ceratiiden und Onchocephaliden. . . . Bei den Ceratiiden stellt das Organ einen kugeligen Sack dar, dessen Wände von Drüsenzellen ausgekleidet sind und in dessen Innerem eine weite Höhle ist, die sich an der ventralen Seite zunächst in eine Vorhöhle und dann nach außen öffnet. Das 376 Otto Steche, Lumen der centralen Höhle ist mit feinkörnigem Secret dicht erfüllt, das durch Ablösen und Zerfall der Drüsenzellen frei wird. Umgeben ist der Drüsensack von einer dünnen Hülle, einem Reflector und einem Pigmentmantel. Blutgefäße und Nerven dringen reichlich in das Organ ein, Muskeln konnten dagegen nicht mit Sicherheit nachgewiesen werden. Auch das Organ der Onchocephaliden ist eine Drüse, entweder, z. B. bei Chamiax, sind es viele einzelne Drüsenschläuche, welche ge- trennt ausmünden, oder es ist eine große viel (i;ewundene oder mehrere ZU einer vereinigten Drüse, wie bei Halicmetus, mit nur einer Öffnung an der ventralen Seite. Reflector, Pigmentmantel, Zerfall von Zellen und Ersatz derselben fehlen hier.« 2) »Im Gegensatz zu diesen Tentakelorganen sind die Organe, welche die zweite Gruppe bilden, geschlossene Drüsenmassen. . . Es sind sehr verschieden gestaltete und verschieden große Massen, deren Drüsenzellen cylindcrförmig sind. . . Die Drüsenzellen, welche oft außerordentlich schmal und hoch sind, bilden häufig eine regelmäßige Wandschicht oder gewundene Stränge; nirgends aber ist ein Lumen vorhanden, sondern auch dort, wo ein centraler drüsenfreier Raum sich findet, ist er von Bindegewebe und Blutgefäßen ausgefüllt, auch Nerven- fasern dringen sehr zahlreich ein. Ein Reflector fehlt, außer der oper- cularen Masse von Bathylychnus, ebenso fehlt eine besondere Pigment- hülle, nur in der Bärbel liegt dem Organ auf der dorsalen Seite eine stärkere Pigmentanhäufung an.« 3) >>In eine dritte Gruppe reihe ich Organe ein, welche ventral, meist etwas caudal vom Auge gelegen sind. . . Ihr Reflector glänzt im Leben violett, rot oder grün. Außer dem großen dem Auge anliegen- den Organ von Malacosteus haben alle denselben Bau. Es sind kugelige oder ellipsoidische große Drüsensäcke. Bei jungen Tieren findet sich zuweilen noch ein centrales Lumen, später aber wird dieses durch Faltenbildung der Wandschicht, welche aus Drüsenzellen besteht, aus- gefüllt. Ein Ausführungsgang fehlt. Bindegewebe, das den Drüsen- sack umhüllt, Blutgefäße und Nerven dringen auch hier zwischen die Falten reichlich ein. Umgeben ist der Sack von einem Reflector und einer Pigmenthülle, die auf der der Epidermis zugekehrten Seite unter- brochen ist. Die Organe liegen in der Cutis in mehr oder weniger großem Abstand von der Epidermis, die vorliegenden Schichten sind aber durch- sichtig. Bei den meisten tritt dadurch eine höhere Differenzierung ein, daß Muskeln sich am ventralen Rande inserieren, welche das Organ yentrad abdrehen können.« Dir Li'uclitorgaiu- v. Aiiomalops katoption ii. rii()t()l)lcj)lianiii palpebratus. 377 4) >>. . . Was diese Organe trotz ihrer Muimigfaltigkcit zu einer einheitlichen (Jrnppe zusammenfassen läßt, sind einige wichtige, ge- meinsame Charaktere. Alle liegen in der Cutis, wo Schuppen vorlian- (len sind, unter diesen, alle haben einen Pigmentmantel, und bei allen cnthiilt (h'i' vi'u einer dünnen Kapsel umschlossene J'iuncnkörper eine l)estimnite Art von Drüsenzellen. Diese sind stets mit körnigem Secret tlicht erfüllt, und in einer basalen, körnerfreien Zone liegt der Kern. . . . Ebenso wie die Form wechselt die Anordnung: in der Regel liegen sie radiär, bei einigen um einen centralen Raum, welcher von Zellen der Kapsel, welche zwischen die Drüsenzellen centrad eindringen, erfüllt ist, liei andern sind sie in Gruppen und Strängen angeordnet und bilden eine dichte unregelmäßige Masse, und bei den Gonostomiden bilden sie das Epithel von Schläuchen, welche radiär um einen meist exzentrisch gelegenen Sinus angeordnet sind, welcher durch einen Kanal nach außen mündet, oder wie es bei Cijclothone der Fall zu sein scheint, bhnd endet. Diese Drüsenzellen können allein den ganzen Innenkörper zusam- mensetzen, wie bei den kleinsten Organen der Stomiatiden und bei Gonostoina ehmjatum, oder aber es ist eine weitere Differenzierung ein- getreten« . . . (nämhch zu Linsenzellen). »Außer den bisher genannten Teilen können ferner noch vorhanden sein: eine Schicht gallertigen Ge- webes, welche dem Innenkörper außen vorgelagert ist, und Reflectoren. . . . Was endlich Blutgefäße und Nerven betrifft, so finden sie sich im Gegensatze zu den Organen der ersten drei Gruppen nur spärlich. Wäh- rend alle bisher genannten Organe in der Cutis liegen, finden sich bei den Stomiatiden noch kleine Organe in großer Zahl in der Epidermis. . . . Es sind kleine, kugehge Körper oder platte Scheiben, sie sind von einer Hülle umschlossen, haben aber kein Pigment und keinen Reflector. Sie bestehen aus mehreren, meist schwer abgrenzbaren Zellen, welche mit groben, stark lichtbrechenden Secretkörnern, die zu Schnüren auf- gereiht erscheinen, dicht erfüllt sind.<< Noch klarer als aus der Beschreibung, die ja notgedrungen immer wieder mit denselben Worten für die homologen Gebilde der verschiede- nen Organe arbeiten muß, werden die Unterschiede der einzelnen Grup- pen ans ^{('n beigegebenen Zeichnungen Brauers. Die gemeinsamen Charakteristica der drei ersten Gruppen gegen- iil)er der vierten liegen nun meines Erachtens im folgenden. Erstens und hauptsächlich im Bau des Drüsenkörpers. Es scheint mir nämlich, daß sich alle drei Gruppen ableiten lassen von dem Typus der gewöhn- lichen acinösen Drüse, bestehend aus Drüsenschläuchen mit wandstän- digen E]Mthelien, einem mit Secret gefüllten Hohlraum und einem 378 Otto Steche, Ausführungsgange. Das Tentakelorgan der Ceratiiden entspricht diesem Typus ohne weiteres. Bei den Onchocephahden, von deren Organ sich bei Brauer leider keine Abbildung findet, handelt es sich nach dem Text ebenfalls um offene Drüsen, wobei noch besonders interessant ist, daß bei Chaunax viele einzelne Drüsenschläuche vorhanden sein sollen, die getrennt ausmünden können, die einzige Analogie zu den Befunden an Anomalo'ps und Photohlepharon, die mir bekannt ist. Ich bedaure sehr, daß ich die Organe nicht zu Gesicht bekommen habe; die Angabe Brauers, »Reflector, Pigmentmantel, Zerfall von Zellen und Ersatz derselben fehlen hier<<, weisen ihnen eine ganz besondere Stellung an, ja lassen es mir einigermaßen zweifelhaft erscheinen, ob wir es hier überhaupt mit Leuchtorganen zu tun haben. Das Bild, das V. Lendenfeld von dem Organ von Maltho'psis spinulosa gibt, hat wenig- stens mit dem sonstigen Habitus der Leuchtorgane wenig gemein. Mit den Organen der zweiten Gruppe kommen wir zu geschlossenen Drüsen. Leider ist man bei ihnen auch nur auf den Text angewiesen, aus dem sich über die spezielle Form und Anordnung der Zellen nicht allzu viel entnehmen läßt. Wollen wir sie auf den offenen Typus zurück- führen, so wäre anzunehmen, daß nach Schluß des Ausführganges der Secretraum der Drüse von Bindegewebe ausgefüllt oder ganz obliteriert sei, wodurch das Bild zustande käme, das Brauer schildert. Seine Angabe, daß »die Drüsenzellen häufig eine regelmäßige Wandschicht oder gewundene Stränge bilden, nirgends aber sich ein Lumen findet«, verträgt sich mit dieser Annahme sehr gut und läßt schließen, daß auch Brauer eine ähnliche Auffassung über ihre phylogenetische Entwick- lung hat. Auf festerem Boden stehen wir dagegen wieder bei der Ableitung der suborbitalen Organe von offenen Drüsen. Ihr Bau läßt sich am besten verstehen, wenn man annimmt, daß nach Obliterierung des Aus- führungsganges auch die Drüsenschläuche ihre regelmäßige Form verloren und sich zu Knäueln aufgewunden haben. Als letztes Stadium ist der Zustand anzusehen, bei dem diese Knäuel durch zwischenwuchern- des Bindegewebe zertrennt und die Drüsenschläuche in einzelne ge- schlossene Zellhaufen zerlegt worden sind. Diese Ableitung der geschlossenen Drüsen von offenen in der eben geschilderten Weise liegt so nahe, daß sie fast selbstverständlich in den meisten phylogenetischen Spekulationen wiederkehrt. Sie wird dann aber für alle Leuchtorgane angenommen (mit Ausnahme der rein epi- thelialen), eine Auffassung, die ich nicht teilen kann. Außer dieser Verwandtschaft im Bau des Leuchtkörpers haben die Die Lcuchtorgaiie v. Anoinaluj)s kato[)lr()n u. I'hotoblepharon palpebratus. 379 drei ersten Gruppen Brauers aber noch mehrere Punkte gemeinsam. Fäninal einen großen Reichtum an Gefäßen und Nerven. Bei jeder der drei Gruppen wird in der Charakteristik diese Eigenschaft von Brauer besonders betont. Sie stimmt sehr gut mit der Annahme überein, daß es sich von Anfang an um größere Drüsenkörper handelt, denn bei diesen spielt Blut und Nervenversorgung stets eine sehr große Rolle. Ferner zeichnen sie sich aus durch Einfachheit der accessorischen Ge- bikle. Wir fiinlen nur einen Reflector, entstanden aus der Tunica propria des Drüsenkörpers, und eine Pigmenthülle, keine Linse oder Gallertgewebe. Die Organe liegen sämtlich in der Cutis, deren vor dem liBuchtkörper hinziehende Partien durchsichtig geworden sind. Mit Ausnahme einiger Organe der zweiten Gruppe, die am Rumpf oder auf den Kiemendeckeln liegen, finden sich alle hierher gehörenden Organe in der Umgebung des Auges oder auf tentakelartigen Fortsätzen, die so getragen werden, daß der vom Leuchtorgan ausgehende Lichtkegel in das Blickfeld des Tieres fällt. Ein nicht unwichtiger Punkt, der in l^RAUERS Zusammenstellung nicht hervorgehoben wurde, sich aber bei Durchsicht der Tafeln des systematischen Teiles von Brauers Bearbei- tung des Valdiviamaterials ergibt, ist die relative Größe der Organe. Die bisher besprochenen Organe sind denen der vierten Gruppe durch- schnittlich an Größe bedeutend überlegen, dafür an Zahl wesenthch geringer. Auch diese Tatsache läßt sich leicht verstehen, wenn wir für diese Organe eine Entstehung aus acinösen Drüsen annehmen, die doch immerhin von vornherein einen grcißeren Raum einnehmen, als einfache innerhalb des Epithels gelegene Zelldifferenzierungen, die ich als Aus- u'angspmikt der vierten Gruppe anspreche. Tm ^Iiß\'erständnisse auszuschließen, darf ich wohl den Unter- schied, tler meiner Ansicht nach zwischen den beiden großen Gruppen besteht, noch einmal etwas ausführUcher präzisieren. Auch im zweiten Falle handelt es sich um Drüsenzellen, da, wie oben festgestellt, alle Leuchtorgane der Fische als charakteristische Bestandteile Drüsen- zellen aufweisen. Umgekehrt ist jede Drüse im letzten Sinne eine Diffe- renzierung des Epithels. Insofern entspringen also beide Organreihen einer gemeinsamen Wurzel. Der Unterschied aber ist folgender: In der ersten Gruppe bildete sich zunächst die typische acinöse Drüsen- gestalt aus, also ein umfangreiches, in die Cutis eingesenktes Gebilde mit regelmäßig wandständigen Drüsenzellen, einem Hohlraum und Aus- führungsgang. Sekundär erst wurde dieser Bau durch spezielle An- passung an die Leuchtfunktion gestört, schUeßlich bis zur Unkenntlich- keit verwischt. In der zweiten Gruppe dagegen traten im Niveau des 380 Otto Steche, Epithels einzelne Drüsenzellen anf, die sich der speziellen Funktion des Leuchtens anpaßten. Sie legten sich später zu einem geschlossenen Leuchtkörper zusammen, ohne daß in dieser Entwicklungsreihe als Zwischenstadium der typische Drüsenbau aufgetreten wäre. Dagegen ist es möglich, daß aus diesem geschlossenen Drüsenkörper sich sekundär eine offene Drüse entwickelt, falls die Fortführung des Secrets nützlich wird. Auf diese Weise sind vielleicht die offenen Organe der Gonosto- miden entstanden. Diese hier vorgetragene Auffassung stützt sich außer auf das, was sich der Zusammenstellung bei Brauer entnehmen läßt, vor allem auf die Resultate zweier Arbeiten, die den Bau relativ einfacher Organe be- handeln. Es sind die Untersuchungen von Johann »über eigentümliche epitheliale Gebilde bei Spinax niger« und die Arbeit von Greene: »The Phosphorescent organs in the Toadfish, Porichthys notatus Girard«. Sehr primitiv gebaut sind die Organe, die Johann beschreibt. Es handelt sich bei dem von ihm untersuchten pelagischen Selachier um Epithelverdickungen, die in sehr großer Anzahl, aber regelmäßiger An- ordnung über den Körper verteilt sind. Unter jedem Organ ist die Cutis zurückgedrängt, so daß eine mit Epithel ausgekleidete Grube entsteht, in der eine Anzahl charakteristisch umgeformter Epithelzellen liegen, vom Autor als Leuchtzellen bezeichnet. Sie werden gebildet von einem über ihnen liegenden Keimlager, das nach der andern Seite große Zellen, mit homogenem Inhalt erfüllt, abscheidet, die als Linsen- zellen gedeutet werden. Das ganze Gebilde wird von einem Pigment- mantel umhüllt, der nur nach der Oberfläche des Epithels geöffnet bleibt. Interessant ist, daß wir schon bei diesen primitiven Organen eine verschiedene Orientierung der Hauptebene zur Körperoberfläche finden, je nach der Lage der Organe am Rumpf, eine Erscheinung, die häufig bei den hochdifferenzierten Organen, z. B. der Stomiatiden und Sternoptychiden, wiederkehrt. Wir haben also hier schon in der Art der Orientierung der Bestandteile eine merkwürdige Übereinstimmung mit den höchst entwickelten Vertretern der Gruppe. In der Versorgung mit Blut und Nerven unterscheiden sich diese Organe nicht von den umgebenden Hautpartien. Noch einfacher zusammengesetzt als diese von Johann beschriebe- nen Gebilde sind die epidermoidalen Organe der Stomiatiden, von denen Brauer zusammenfassend sagt: »Es sind kleine kugelige Körper oder platte Scheiben, sie sind von einer Hülle umschlossen, haben aber kein Pigment und keinen Reflector. Sie bestehen aus mehreren meist schwer abgrenzbaren Zellen, welche mit groben, stark- lichtbrechenden Die Leuchtorgano v. Anonialops katoptnm u. Photoblopharon palpebratus. 381 Secretkürnern, die zu Schnüren aufgereiht ersclieinen, dicht erfüllt sind.<< Hier fehlt also außer dem Pigment auch noch eine Differenzierung unter den drüsigen Zellen. Wie die Entwicklung weiter gegangen ist, lehren die Befunde an PorichfJii/s notatus. Der Hau])tfortschritt besteht darin, daß sich das Organ von der Epidermis gelöst hat und in die Tiefe verlagert ist. Wie sich dieser Prozeß abgespielt hat, zeigt die Ontogenese noch ganz deut- lich. Ferner ist die Differenzierung der Organteile weiter vorgeschritten. Auf eine sehr mächtig entwickelte, aus einem Haufen polyedrischer Zellen bestehende Linse folgt der im Schnitt sichelförmige Drüsenkörper, umgeben von einem Reflector und außen von einer Pigmenthülle. Der Reflector scheint nach der Schilderung des Autors Guaninkristalle zu enthalten. Die Orientierung der Organe ist wieder wechselnd je nach ihrer Lage. Eine spezielle Nerven Versorgung fehlt, dagegen dringen Blutgefäße, den Reflector durchsetzend, reichüch zwischen die Drüsen- zellen ein. Von hier aus bis zu den höchst kompHzierten Organen finden wir alle Übergänge. Der hauptsächhchste Unterschied besteht in einer typischeren Gestaltung der Drüsenzellen. Brauer gibt für sie als charakteristisch an den scharfen Unterschied eines basalen, durch Hämatoxylin gebläuten Bezirks von dem distalen, durch Eosin ge- röteten, mit Secretkörnern angefüllten. Auch das Gallertgewebe stellt eine Neuerwerbung dar, ebenso eine weitgehende Differenziermig innerhalb der Linsenzellen in eine centrale und laterale Partie. Den histologischen Unterschieden schHeßen sich vor allem solche in der Blut- und Nervenversorgung an. Speziell von den Nerven wird stets erwähnt, daß ein specifischer Leuchtnerv nicht existiere, höchstens vorüberziehende Hautnerven Äste an die Organe abgäben. Die Blutversorgung schwankt, wird aber meist als nicht erheblich dargestellt. Ferner sind die hier zusammengefaßten Organe durchweg kleiner als die der ersten Gruppe, dafür aber viel zahlreicher, an Kopf und Rumpf in Reihen angeordnet. Daß auch Unterschiede in der Funktion bestehen, wird im physiologischen Teil ausführhcher zu erörtern sein. Bei den hier betrachteten Organen habe ich die Gruppe der Mycto- phiden ganz außer Betracht gelassen. Sie weichen durch den Bau ihrer Drüsenzellen zweifellos von den übrigen Typen ab, Zahl und Anordnung der Organe läßt sie der zweiten Gruppe verwandt erscheinen. Daß nach dem Besprochenen die beiden hier geschilderten Leucht- organe in die erste Gruppe gehören, ist wohl ohne weiteres klar. Zeitschrift f. wisseasch. Zoologie. XCIII. Bd. 25 382 Otto Steche, Immerhin nehmen sie auch unter diesen eine Sonderstellung ein. Sie stehen einzig da, schon durch ihre Größe. Ein Organ von Yg der Körper- länge ist auch nicht annähernd von einem andern Fische beschrieben. Am nächsten stehen ihm noch die gleichfalls unter dem Auge gelegenen Organe der Stomiatiden, z. B. von Malacosteus und die großen Oper- cularorgane von Batliylyclmus. Ob eines von diesen Organen aber, selbst absolut genommen, sie an Größe übertrifft, bezweifle ich. Ganz isoliert stehen die Organe ferner durch ihre eigenartige Befestigimg und Beweglichkeit. Alle übrigen Organe liegen in Gruben der Cutis, ohne daß diese Partien gegen die sonstige Körperoberfläche abgesetzt wären. Wo eine Beweglichkeit erzielt wird, ist das Leuchtorgan inner- halb der Haut drehbar. Dies dient dann offenbar ganz denselben Zwecken wie bei unsern Organen und wird in ähnlicher Weise durch Muskelzug erreicht. Ein Muskel tritt schräg von innen oben an den ventralen Rand des Leuchtorgans, sein Zug muß demnach den unteren Rand nach innen drehen, also die Leuchtfläche abblenden. Die Rück- kehr in die alte Lage erfolgt nicht durch Muskelwirkung, wenigstens zeichnet Brauer, der diese Einrichtung von Stomiatiden beschreibt, keinen Antagonisten, sondern wohl durch Elasticität. Einen solchen elastischen Gegendruck bewirkt in unserm Falle vielleicht die seltsame sichelförmige Falte, die bei Ayiomalops hinter dem Organ von der Rück- wand der Grube sich erhebt. Wir sehen also, daß der gleiche Zweck bei den Stomiatiden in analoger Weise erreicht wird, der Bau des Be- wegungsapparates aber ein total verschiedener ist. Vollends isoliert steht unter den Leuchtorganen die Abbiendung durch Faltenbildung in der Art eines Augenlides. Ich wüßte auch keine annähernd ähn- Hche Bildung anzuführen. Diese Lidbildung erscheint um so auffälliger, da sich auch Augenlieder sonst bei Fischen nicht finden. Eine analoge Bildung stellt aber vielleicht dar, was Volz über ein unteres Augenhd bei Perio'phthalmus berichtet. Diese Strandfische vermögen auch in der Luft gut zu sehen und haben zu diesem Zweck ein vor allem in seinem Bewegungsapparat sehr modifiziertes Auge. In Verbindung damit hat sich nun auch ein unteres Augenlid gebildet, das, wie der Autor schreibt, den Eindruck einer Membrana nictitans macht. Die theoretisch interessanteste Abweichung liegt aber in der Ge- staltung des Drüsenkörpers selbst. Wir haben ein Organ, das aus einer Summe von Einzeldrüsen mit getrennten Ausführungsgängen besteht, die jedoch einen gemeinsamen Körper bilden und von einem Reflector umschlossen werden. LTnter den ausführlicher beschriebenen Organen findet sich auch zu dieser Anordnung kein Analogon. Die einzigen Die Louchtorgane v. Anoinaloits kiitDptron ii. Photoblepharon palpebratus. 383 Organe, die üheiliaupt aus mehreren Drüsen bestehen, sind die Ten- takelorgane der Onchocephaliden. »Entweder sind es viele einzelne Drüsenkörper, welche getrennt ausmünden, oder es ist eine große viel- gewundene oder mehrere zu einer vereinigte Drüse mit nur einer Öff- nung an der ventralen Seite. Reflector, Pigmentmantel, Zerfall von Zellen und Ersatz derselben fehlen hier.« (Brauer.) Daß es sich hier nicht um sehr nahe verwandte Formen handeln kann, geht vor allem aus dem letzten Satze hervor. Ich vermute, daß man es hier mit ähn- lichen Bildimgen zu tun haben wird, wie sie v. Lendenfeld bei 3IaUhopsis beschrieben hat. Sie weichen nach Abbildung und Beschrei- bung so weit von den übrigen Organen ab, daß es mir zweifelhaft ist, ob ihnen überhaupt eine Leuchtfunktion zugeschrieben werden kann. Li unserm Falle handelt es sich dagegen um Bildungen, die mit den suborbitalen Organen der Stomiatiden sicherlich eine große Ähn- lichkeit haben. Die Zusammensetzung ist die gleiche : Drüsenkörper, Reflector, Pigmentraantel ; Blut und Nerven dringen in beide schein- bar in ähnhcher Weise ein, ja selbst die Abblendungsvorrichtung findet sich bei den Stomiatiden wäeder, wie oben gezeigt. Es handelt sich also bei beiden möghcherweise um homologe Bildmigen, die nur in ver- schiedener Richtung differenziert sind. Vielleicht ist man unter dieser Voraussetzung berechtigt, aus den offenen Organen unsrer Carangiden Rückschlüsse auf die Entstehung der geschlossenen Drüsen bei den Stomiatiden zu ziehen. Das würde bedeuten, daß wir auch für deren Phylogenese ein Stadium anzunehmen hätten, in dem sie sich aus einer Gruppe von einzelnen offenen Drüsen aufbauten. Der Knäuel von Drüsenschläuchen, den die Organe jetzt zeigen, läßt sich sehr gut er- klären von der Annahme aus, daß diese ursprünglich offenen Drüsen sich geschlossen haben und die einzelnen Schläuche sich möglichst eng zusammendrängten und umeinander aufwanden. Beauer leitet nach den Bildern, die ihm jugendhche Organe geboten haben, sie offenbar von einer einzigen Drüse mit großem centralen Lumen ab, deren Wand durch Einfaltung die unregelmäßigen Drüsenräume gebildet hat. Bei dieser Ableitung würden wir also in der Ähnlichkeit der beiden Organtypen eine Convergenz zu sehen haben — nichts auffallendes, denn bei dem Auftreten ähnlich gebauter Leuchtorgantypen in ganz verschiedenen Gruppen der Fische spielt die Convergenz sicher eine sehr große Rolle. Dies Auftreten so hoch spezialisierter, nach demselben Plane gebauter Organe, zerstreut über den Stamm der Fische, ist recht auffällig; um so mehr, da wir gar nicht recht wissen, von welchen andern liildungen wir die Leuchtorgane ableiten sollen. Handelte es sich um 25* 384 Otto Steche, Land Wirbeltiere, so ständen uns in der Haut Drüsengebilde genug zu Gebote, die durch Funktionswechsel zu Leuchtdrüsen hätten um- gestaltet werden können. Speziell bei den suborbitalen Organen böte sich eine Homologisierung mit den MEiBOHMschen Drüsen fast von selbst dar; ganz speziell bei den Organen, die wie die unsrer Carangiden, aus Einzeldrüsen aufgebaut sind. Leider kennen wir bei Fischen sonst derartige alveoläre Hautdrüsen gar nicht. Einzellige Schleimdrüsen ist das einzige was dort vorkommt. Von ihnen hat man denn auch meist die Leuchtorgane abzuleiten gesucht. Aber zwischen den einfachen Schleimzellen und der tief in die Cutis verlagerten Leuchtdrüse klafft ein Spalt, über den einstweilen keine Brücke führt. Einer Anregung Maukers folgend, hat Gatti versucht, die Leuchtorgane von den Perl- organen abzuleiten und mit den Sinnesknospen in Beziehung zu bringen. Zwingend scheinen mir die Schlüsse seiner merkwürdig wenig beachte- ten Arbeit nicht. Zu meinem größten Bedauern ist es mir nicht gelungen, von meinen Leuchtfischen embryonales Material oder auch nur junge Tiere zu er- halten. Sie hätten möglicherweise einen Einblick in die Entstehung der Organe gewährt, da hier ja auch im ausgebildeten Zustande noch offene Drüsen vorhanden sind, also das Organ in dieser Richtung einen ursprünglichen Charakter zeigt. Erwähnen möchte ich, daß sich auf der ganzen Rückseite der Organe, bei Photohlepharon auch auf der Lidfalte, im Epithel zahheiche Drüsenzellen finden vom Habitus der gewöhnlichen Schleimzellen. Vielleicht ist die Ansammlung dieser Zellen in der Umgebung des Leuchtorgans ein Hinweis darauf, daß sie mit seiner Entwicklung im Zusammenhang stehen; jetzt haben sie jedenfalls den Zweck, für die Bewegungen der Organe durch ihr Secret eine möglichst günstige Gleitfläche zu schaffen. Mit der eigenartigen Befestigung und Gestaltung der Organe stehen noch eine Anzahl Einrichtungen in Verbindung, die kein Analogon unter den bisher bekannten Organen haben. So die Knorpel- spangen, die als Stützen dienen, mit ihrer merkwürdigen Befestigung vorn in der Nasengegend. Abweichend von dem Gewohnten ist be- sonders auch die Verteilung der Blutgefäße in ihrer ganz regelmäßigen Anordnung. Diese sind aber alles Punkte von untergeordneter Be- deutung. Ob der Reflector sich von den sonst bekannten unterscheidet, wage ich nicht sicher zu behaupten. Es hat sich von den letzten, mit moderner Technik arbeitenden Untersuchern keiner eingehend über ihn ausgesprochen, so daß ich nicht weiß, ob die Gestalt der Zellen, die mir auffallend erscheint, nicht bei vielen Reflectoren wiederkehrt. Die Lfuchturgane v. Anomalops katoptron u. Photoblepharon palpebratus. 385 Im ganzen genommen, ergibt die vergleichende Betrachtung, daß unsre Organe in die Gruppe der im engeren Sinne drüsigen Leuchtorgane gehören, l'nter diesen nehmen sie aber eine Sonderstellung ein, cha- rakterisiert einmal durch die eigenartige Befestigung, die ein Abblenden des ganzen Organs in origineller Weise gestattet, anderseits durch den Bau des Driisenkörpers, der dadurch besonders interessant er- scheint, daß er aus einer Anzahl offener Einzeldrüsen besteht. Die meisten Vergleichspunkte mit unsern Organen bieten die suborbitalen Leuchtdrüsen der Stomiatiden. Physiologischer Teil. Die Beobachtungen über das Leuchten lebender Fische sind bisher recht spärlich. Der Grund dafür liegt, wie ohne weiteres einzusehen, darin, daß die allermeisten Leuchtfische Bewohner der Tiefsee sind imd daher beim Heraufbringen an die Oberfläche so plötzHchen Ver- änderungen aller Lebensbedingungen ausgesetzt werden, daß sie tot oder sterbend in die Hände der Beobachter gelangen. Bei den großen Tiefsee-Expeditionen hat man hinreichend Erfahrungen in dieser Hin- sicht gemacht. Von der Challenger-Expedition wird als besonders wichtige Beobachtung berichtet, daß ein Scopelus, als er nachts her- aufkam, wie ein leuchtender Stern im Netz gehangen habe; bei der Valdivia-Expedition, wo besonderer Wert auf derartige Untersuchungen gelegt und alle Tiefseetiere in der Dunkelkammer auf ihr Leuchtver- mögen untersucht wurden, sind die Resultate ebenfalls sehr spärlich. Nähere Beobachtungen oder gar Experimente sind bei keiner dieser Gelegenheiten gemacht worden, immerhin stellte man fest, daß das Leuchten von den Stellen ausging, die man ihres Baues wegen nach längerer Diskussion für Leuchtorgane zu halten geneigt war. Günther sagt im Bericht über die Fische der Challenger-Expedition noch des weiteren, daß Reizung keine Wirkung auf die Organe eines Scopelus gehabt habe. In jüngster Zeit hat dann Mangold durch einen glück- Uchen Zufall in Neapel Gelegenheit gehabt, eine Anzahl Exemplare von Maurolicus Pennantii, einem Sternoptychiden >> lebend und nmnter« über eine Stunde lang zu beobachten und mit ihnen Experimente anzustellen. Seine Resultate sind von hohem Interesse und müssen hier als wichtig- stes Vergleichsmaterial etwas ausführlicher wiedergegeben werden. 1) Spontanes Leuchten trat bei ungereizten Tieren nicht auf. 2) Mechanische Reize: >>Mechanische Reizung eines im Wasser stehenden oder schwimmenden Fisches mit Glasstab oder Pinzette 386 Otto Steche, gab nur schwaches AufbHtzen, während stärkere Berührung mit der Pinzette, wenn ein Tier auf der Glasplatte lag, zunächst an der Reiz- stelle helles Aufleuchten verursachte, welches sich auch auf andre Organe verbreitete. Es sei bemerkt, daß das Herauslegen der Fische auf eine Glasplatte an sich kein Leuchten erregt. Am weitesten aus- gebreitet und am andauerndsten trat das Leuchten auf, wenn ich ein Tier in die Hand nahm . . . und seitlich etwas quetschte. . . . Dabei konnte ich feststellen, daß sämtliche . . . Organe, auch die am Kopfe, tatsächlich zu leuchten vermögen. . . . Es war bei allen Reizungen stets ein ruhiges, nicht flackerndes Licht, das von den Leuchtorganen ausging. « 3) Elektrische Reize: ». . . Auch wenn ich sie unter Wasser mit den Elektroden eines Tetanisierapparates berührte, worauf stets Flucht erfolgte, war keine Phosphorescenz zu sehen. Legte ich da- gegen ein Tier auf eine Glasplatte, um die tetanisierenden Induktions- ströme besser zuführen zu können, so hatte die Reizung stets ein Leuch- ten zur Folge, welches zunächst in den der Reizstelle benachbarten Organen auftrat, um gleich darauf auch in andern zu erscheinen.« 4) Chemische Reize: »Brachte ich einen Maurolicus in Süß- wasser, so erfolgte lange andauernde Phosphorescenz. Dagegen hatte Aufträufeln von starker Kochsalzlösung auf ein im Wasser befindliches oder auf der Glasplatte liegendes Tier keine sichtbare Wirkung. Selbst bei verdünnter Schwefelsäure . . . blieb eine Wirkung aus. Die gleiche Indifferenz gegen chemische Reize zeigte sich auch gegenüber Giften, von welchen ich Pilokarpin, Kokain und Atropin anwendete. . . « Das Organ glänzt bei dieser Form in verschiedenen Farben, be- dingt durch die Entstehung von Schillerfarben am Reflector. Weiter liegen noch Beobachtungen vor über das Leuchten von pelagischen, in tieferen Wasserschichten lebenden Selachiern. Johann, der die Leuchtorgane von Spinax n'ujer studierte, führt in seiner Arbeit die Übersetzung einer Stelle aus Bennetts: Narrative of a whaling Voyage round the globe (London 1840) an, die sich auf das Leuchten von Squalus {Isistius) fulgens bezieht und die ich hier wiedergebe: »Als es dunkel geworden war, wurde der Fisch mit einem Netze gefangen. Er glich einem Pyrosoma und gab ein phosphoreszierendes Licht von sich. . . . Der Fisch wurde darauf in ein Aquarium gesetzt und darin bis zu seinem Tode, der 3 Stunden nach dem Fang eintrat, beobachtet. . . . Die ganze Unterfläche des Körpers und des Kopfes schickten ein lebhaftes, grünlich phosphoreszierendes Licht aus. . . . Die Louc'htorgano v. Anoinalops katoi)ti()ii u. Photoblcpliaron palpebratus. 387 Als iltM' Hai tot war, verschwand die Lichterscheinung vollständig vom Hinterleil) mul nach und nach von den vorderen Teilen.« Bei Spinax niijer selbst wurde das Leuchten in Neapel von Beer beobachtet, wie Johann in einem Nachtrag zu seiner Arbeit mitteilt. »Das Leuchten des Tieres war . . . auf 3 bis 4 Meter sichtbar, und ich zweifle nicht, daß es bei einem nicht moribunden Tier inten- siver sein kann. Die ganze Bauchseite des Tieres von der Schwanz- flosse bis an das Maul erglomm in einem schwachen grünlichen Schein, wie wenn sie schwach mit Phosphor oder einer Leuchtfarbe bestrichen gewesen wäre, doch mit dem Unterschied, daß das Leuchten in kurzen Intervallen verschwand, wieder zum Vorschein kam, beträchtUch inten- siver wurde usw. Durch mechanischen Reiz, Streichen mit dem Finger über die Bauchhaut, Kneipen der Bauchhaut, Beklopfen, konnte keine Veränderung des Leuchtens oder Nichtleuchtens hervorgerufen werden, hingegen schien elektrische Reizung (Drähte von der sekundären Spule, Schlittenapparat, Stromstärke, welche direkte Muskelreizung bewirkte) Leuchten auszulösen. Elektrische Reizung des Rückenmarkes bewirkte an dem zuletzt moribunden Tiere, das kein Licht mehr von sich gab, kein Aufleuchten. « Das Leuchten von Spinax niger ist übrigens auch von Burkhardt beobachtet worden, und zwar in etwas merkwürdiger Weise am Tages- hcht. Burkhardt erhielt in Neapel 1/2 Dutzend lebende Exemplare. "I was greatly Struck at the time by the splendour of the spectral colours which these fishes exhibited, and of which, so far as I am aware, no mention anywhere in Uterature seems to have been made. This latter circumstance induced me therefore to prepare a coloured sketch of this phenomenon from these fishes. A later scrutiny of this sketch convinced me of the fact that I had been able to observe the phosphorescence of these organs by daylight, so strong was their lu- minous power." Besonders wichtig sind nun endlich noch die Beobachtungen von Greene an Porichthjs notatus. Hier handelt es sich nämhch um einen Oberflächenfisch, wie bei unsern Carangiden. Der Autor hatte Ge- legenheit, eine größere Anzahl von Exemplaren in voller Lebenskraft zu untersuchen, die Resultate entsprechen also hier zuverlässig dem normalen Verhalten des Tieres, was man von den vorhin zitierten Beobachtungen nicht sagen kann. 1 ) Spontanes Leuchten : The fish was observed in the dark when quiet and when violently excited, but, with a single exception, only 388 Otto Steche, negative resiilts were obtained. Once a phosphorescent glow of scar- cely perceptible intensity was observed when the fish was pressed against the side of the aquarium. 2) und 3) Chemische und mechanische Reize: A hve fish put into an aquarium of seawater made alkaUne with ammonia water, exhibited a most brilliant glow along the location of the well-developed Organs. Not only did the hnes of organs shine forth, but the individual Organs themselves where distinguishable. The glow appeared after about five minutes, remained prominent for a few minutes, and then for twenty minutes gradually became weeker until it was scarcely perceptible. 4) Elektrische Reize: No result followed relatively weak Stimu- lation of the fish, although such currents produced violent contrac- tions of the muscular System of the body. But when a current strong enough to be quite painful to the hands while handling the electrodes was used, then Stimulation of the fish called forth a brilliant glow of Hght from apparently every well-developed organ in the body. All the lines on the ventral and lateral surfaces of the body glowed with a beautiful light, and continued to do so while the Stimulation lasted. ... I was also able to produce the same effect by galvanic Stimulation, rapidly making and breaking the current by hand. 5) Art des Leuchtens: The light in Porichthys was, as near as could be determined by direct Observation a white light. When produced by electrical Stimulation it did not suddenly reach its maximal intensity, but came in quite gradually and disappeared in the same way, when the Stimulation ceased. The light was not a strong one, only strong enough to enable one to quite easily distinguish the apparatus used in the experiment. Das ist alles was wir von ausführlichen Beobachtungen und Experimenten an Leuchtfischen kennen. Die Resultate stimmen unter sich ziemlich überein. Charakteristisch ist vor allem, daß bei Maurolicus und bei Porichtliys spontan kein Leuchten bemerkbar war. Für Porichtliys bedeutet das, daß das Tier für gewöhnlich ohne Reize überhaupt nicht leuchtet; hier ist auch noch die Beobachtung Greenes zu erwähnen, daß er Leuchten nur bei den männlichen Tieren erzielen konnte, die nach der Laichzeit am Strande die junge Brut hüteten. Im tiefen Wasser gefangene Tiere (zwei Exemplare) waren auf keine Weise zum Leuchten zu bringen. Vielleicht handelt es sich hier also um eine Funktion, die nur bei dem zur Laichzeit allgemein gesteigerten Stoffwechsel zur Entfaltung kommt. Ob Maurolicus normal nicht Die Leuchtorgane v. Anomalops katoptron u. Photoblcpharon palpebratus. 389 leuchtet, ist weniger sicher, aber sehr wahrscheinüch, da die veränderten Lebensbedingungen beim Heraufkommen an die Meeresoberfläche ver- mutlich reizend wirken und Leuchten hervorrufen können. Man könnte dies Argument eher im umgekehrten Falle bei Spinax und Squalus geltend machen und deren Leuchten bei der Beobachtung auf einen ungewohnten Erregungszustand schieben. Der zweite wichtige Punkt ist die träge Reaktion auf Reize. Che- mische wirken am wenigsten; viele starke Reize (Schwefelsäure!) bleiben ganz ohne Einfluß. Auch für mechanische und elektrische Reize liest die Reizschwelle sehr hoch, besonders ist bei elektrischen inter- essant, daß Ströme, die zu heftigen Muskelerregungen führten, die Leuchtorgane noch unerregt ließen {Porichthys). Die Art der Reak- tion, allmähliches Ansteigen der Intensität, nach einem mehr oder weniger kontinuierUchen Maximum langsames Erlöschen, ist ebenfalls allen Untersuchungsobjekten gemeinsam. Meine Befunde weichen von diesen bisher bekannten Tatsachen vor allem in einem Punkte von größter Wichtigkeit ab: die Organe von Anomalops wie von Photoblepharon leuchten spontan, und zwar mit konstantem Licht. Zuerst fiel mir diese Tatsache schon ohne weiteres auf, als ich die Tiere im Freien beobachtete. Die Schar von Photoblepharon, die wir einmal dicht beisammen am Grunde stehen sahen, habe ich etwa eine halbe Stunde lang hintereinander aus un- mittelbarer Nähe beobachtet, und es hat sich niemals ein plötzHches Verlöschen und Aufblitzen gezeigt. In der Gefangenschaft konnte ich die Tiere mit Muße beobachten; ich habe sie Tag und Nacht unter Kontrolle gehabt und nie bemerkt, daß das Licht erloschen wäre oder auch nur eine nennenswerte Intensitätsschwankung gezeigt hätte. Dieser Punkt ist nicht ganz sicher festzustellen, da, wenn man mit den Tieren am Tage in die Dmikelkammer geht, sich das Auge erst adaptieren muß — wie wichtig die Rolle der Adaptation ist, werden wir später sehen. Ich kann aber sagen, daß ich nach Verdunkeln des Zimmers stets sofort den Eindruck intensiven Leuchtens hatte. Außer- dem war auch am hellen Tage ein starker grünhcher Glanz in den Organen wahrnehmbar, den ich jederzeit gleichmäßig gesehen habe. Daß bei Anomalops die Verhältnisse etwas komplizierter liegen, wurde schon früher erwähnt. Dieses Tier blendet sein Leuchtorgan in Zwi- schenräumen ab ; bei Beobachtung in der Gefangenschaft Heß sich aber ohne Mühe feststellen, daß dabei eben nur die Lichtquelle verdeckt wurde, das Leuchten selbst aber fortdauert. Wir haben also hier ein Leuchten vor uns, das Tag und Nacht gleichmäßig anhält, so lange 390 Otto Steche, der Fisch lebenskräftig ist. Ja, wie aus den oben bemerkten Gewohn- heiten der Fischer von Banda hervorgeht, die das herausgeschnittene Organ als Köder benutzen, erhält sich seine Leuchtkraft auch nach der Trennung vom übrigen Körper noch für mehrere Stunden. Von Reiz versuchen ist wenig zu berichten. Von mechanischen habe ich nur Berühren des Tieres, Pressen, in die Handnehmen ver- sucht. Ohne das geringste Resultat. Für chemische Reize war die Auswahl meiner Reagenzien sehr gering, da ich auf meine Betäubungs- und Konservierungsmittel angewiesen war. Alkohol, Formol, Subli- mat, Chloroform hatten alle insofern das gleiche Resultat, als bei keinem eine Erhöhung der Lichtintensität eintrat. Wandte ich sie in zur Konservierung der Tiere geeigneter Konzentration an, so erlosch das Leuchten verschieden schnell, aber immer in der gleichen Weise, allmählich abnehmend, ohne Aufbhtzen und Remissionen. Beim Konservieren änderte sich deutlich sichtbar die Beschaffen- heit des Leuchtkörpers. Während er im Leben des Fisches völlig klar und durchsichtig erschien, nahm er beim Abtöten eine opake Beschaffenheit an. Sie beruht zweifellos auf der Gerinnung des leuch- tenden Secretes, das ja im Leben, um seinen Zweck zu erfüllen, außer der Fähigkeit, Licht auszusenden, auch noch die Eigenschaft völliger Durchsichtigkeit haben muß. Bei dieser Gerinnung nahm das Organ scheinbar an Umfang zu, da der Leuchtkörper eben wegen seiner voll- kommenen Durchsichtigkeit bei der Betrachtmig im Leben gar nicht deutlich abzuschätzen ist. Ich erwähne diese Veränderung deshalb, weil sie von den Beobachtungen Greenes und Mangolds abweicht. Bei ihnen blieb der vordere Teil des Leuchtorgans völHg klar, so daß sie am toten Tiere noch Beobachtungen über die Brechkraft der als Linsen gedeuteten Zellen anstellen konnten. Dies weist auf eine ganz verschiedene Beschaffenheit des Plasmas der beiden Zellarten hin. Der Punkt erscheint mir deshalb wichtig, weil vielfach die Anschauung geäußert worden ist, die Linsenzellen seien Differenzierungen aus demselben Drüsengewebe, das die Leuchtzellen liefert. Nach meiner Auffassung sind Linsen- und Leuchtzellen von vornherein verschieden, und es existieren keine Übergänge zwischen ihnen, wenn sie auch beide aus dem gleichen epidermoidalen Keimlager stammen. (Vgl. das Verhalten bei Spinax und Porichtkys.) Die Konstanz des Lichtes gestattete mir nun auch Beobachtungen über seine Intensität. Derartige Untersuchungen waren um so inter- essanter, als Angaben über die Intensität des Leuchtens bei Fischen oigenthch noch gar nicht vorlagen. Die meisten Beobachter beschränken Die Leuchtorgaiu' v. Anoiiiali)i)s katoptron u. Photoblepharon palpebratus. 391 sich auf ganz allgemeine Bemerkungen. Nähere Notizen finden sich bei Greene; nach seiner Angabe ist das Licht von Porichthys nicht stark, die Summe des Lichtes aller Organe ist eben ausreichend, um dabei den zur elektrischen Reizung benutzten Apparat bequem zu erkennen. Bei Spinax niger ist das Leuchten nach Beer auf 3 — 4 Meter zu erkennen, an einem moribunden Tiere. Für MauroUcus macht Mangold überhaupt keine Angaben über die Intensität; sie scheint also recht gering gewesen zu sein. t1)or das Leuchtvermögen unsrer Objekte liegen schon von zwei früheren Beobachtern Angaben vor. Vorderman berichtet, daß das Licht konstant ist und stellt seine Farbe und Intensität etwa gleich der der auf den Molukken vorkommenden Lampyriden. Weber hatte beim Aufenthalt der Siboga-Expedition auf Banda ebenfalls Gelegenheit, die Fische lebend zu beobachten und hat auch U^ntersuchungen über die Intensität des Leuchtens angestellt. Um den üblichen, aber naturgemäß unsicheren Angaben, in welcher Ent- fernung beim Licht der Tiere noch die Uhrzeiger erkannt werden können, zu entgehen, versuchte er eine exaktere Bestimmung und ver- fuhr dabei in folgender Weise. Das Licht wurde beobachtet durch eine Metallröhre, die am Ende bis auf eine schmale Spalte verschlossen war. Vor diese Spalte Avurden nun berußte Gläser verschiedener Dichte geschoben, bis das Licht zum Verschwinden gebracht wurde. Später wurde bestimmt, daß diese Gläser die Intensität des weißen Lichtes auf ^/78o herabsetzten. Dieser Versuch war sicher sehr dankenswert, sein Resultat ist aber nichts weniger als einwandfrei. Einen Punkt hebt Weber selbst hervor. Die benutzten Gläser erwiesen sich bei der spektroskopischen Untersuchung als undurchlässig für blaues Licht, während die dem roten Ende des Spectrums angehörigen Strahlen wenig geschwächt passierten. Da nun das Licht der Leuchtorgane einen grünlich-blauen Farbton hat, so ist sicher seine Intensität be- trächtlicher als die von Weber angegebene. Außerdem sind aber auch zwei weit wichtigere Einwände zu machen. Einmal ist der Punkt, an dem die Lichtwahrnehmung ver- schwindet, nicht wirklich exakt zu bestimmen. Immerhin sind diese Schwellenwerte für die Lichtempfindung ziemlich scharf markiert, wie physiologische Untersuchungen der letzten Jahre ergaben. Vor allem ließe sich diese Schwierigkeit einigermaßen beseitigen, wenn alle zu dem ganzen Versuch gehörigen Beobachtungen von derselben Person gemacht werden, damit die persönliche Gleichung immer dieselbe 392 Otto Steche, bleibt. Viel wichtiger ist der zweite Punkt. Es fehlt in den Weber- schen Beobachtungen eine Angabe über den Adaptationszustand seines Auges. Nun ist die Adaptationsbreite eine so enorme, daß ohne Fixierung in dieser Beziehung auch nur annäherungsweise eine Wer- tung der Resultate gar nicht möglich ist. Die Lichtempfindlichkeit des dunkeladaptierten Auges übertrifft die des helladaptierten je nach der Individualität um das 1400 bis 8000 fache! Selbst nach 3 Minuten Aufenthalt im Dunkelzimmer läßt sich die Lichtempfindlichkeit durch weitere Dunkeladaptation noch um mehr als das Tausendfache steigern. Es ergibt sich hieraus wohl ohne weiteres, daß die Angaben Webers wenigstens in der Form, wie sie in dem Reisebericht der Siboga-Expe- dition gemacht werden, für eine einigermaßen exakte Bestimmung der Lichtintensität unbrauchbar sind. Mir standen bei meinem Aufenthalt auf Banda leider keine In- strumente zur exakten photometrischen Bestimmung zur Verfügung. So mußte ich zu dem alten Verfahren greifen und stellte fest, daß das Leuchtorgan eines Photoblepharon nach 5 Minuten Aufenthalt im dunklen Zimmer die Uhr noch in 2 Meter Entfernung deutlich ab- lesen ließ. Nach meiner Rückkehr nach Leipzig versuchte ich auf dieser Basis einen exakten Wert für die Intensität des Lichtes zu be- rechnen. Die betreffenden Versuche wurden im physiologischen In- stitut ausgeführt, Herr Privatdozent Dr. von Brücke unterstützte mich dabei in der freundlichsten Weise, wofür ich ihm großen Dank schuldig bin. Die Versuchsanordnung war sehr einfach. Als Licht- quelle wurde ein mit Pauspapier verklebter Spalt benutzt, der von rückwärts durch eine nach allen andern Richtungen lichtdicht ab- geschlossene Osramlampe beleuchtet wurde. Zwischen Lichtquelle und Auge wurde ein keilförmiger Trog eingeschaltet, der mit Methylen- blaulösung gefüllt wurde. Durch geeignete Wahl der Konzentration und der Dicke der zu durchleuchtenden Schicht gaben wir dem Licht einen ähnlich grünen Farbton und schätzungsweise die gleiche Inten- sität, wie ich sie von meinen Beobachtungen am lebenden Organ in Erinnerung hatte. Ein nach etwa 5 Minuten Dunkeladaptation von mir angestellter Versuch ergab, daß ich an der gleichen wie auf Banda benutzten Uhr jetzt die Zeiger in 1,75 Meter Entfernung zu erkennen vermochte. Daraus ergibt sich, daß die Intensität der gewählten Lichtquelle 0,75 von der des Leuchtorgans betrug. Dieses Licht wurde nun verglichen mit dem einer Paraffinkerze, deren Intensität zu Vs einer Normal-Meter-Kerze bestimmt wurde. Es ergab sich der Wert von 0,0018 M.K. Daraus folgt für das Leuchtorgan, dessen Intensität Die Leuchtorgnne v. Anonialops kntoptron u. Pliotoblopliaron palpohratus. 393 wie oben festgestellt V3 "^on der der benutzten Lichtquelle betrug, ein Wert von 0,W21 M.K. Um nun aber auch die WEBEKschen Angaben heranzuziehen, ver- fuhren wir folgendermaßen. Zwischen Lichtquelle und Auge wurde ein Episkotister eingeschaltet (d. h. eine kreisrunde Pappscheibe, in der Sektorenausschnitte zum Durchlassen des Lichtes angebracht wurden). AVir wählten einen Ausschnitt von etwas weniger als V2 Grad. Dadurch nuilj nach einfachen Überlegungen die Intensität der Licht- quelle auf weniger als ^/720' ^Iso näherungsweise auf Vtso reduziert werden. Durch Reguherung des Troges mit der Methylenblaulösung wurde eine Konzentration gefunden, bei der das Licht der Lichtquelle durch den rotierenden Episkotister gerade zum Verschwinden gebracht wurde. (Es zeigte sich dabei übrigens, daß Herrn Dr. von Brückes und meine Augen sich in der Wahrnehmung des Lichtes durchaus nicht gleich verhielten.) Die Intensität der so erhaltenen Lichtquelle wurde dann in der oben angegebenen Weise photometrisch bestimmt. Bei einem Versuche, der nach kürzerer (etwa 4 Min.) Dunkeladaptation angestellt wTirde, ergab sich ein Wert von 0,00012 M.K., also 1/20 des oben nach meiner Beobachtung gefundenen Wertes. Bei längerer Adaptation gingen die Werte so weit herunter, daß sie sich in der von uns benutzten Weise photometrisch überhaupt nicht mehr bestimmen ließen. Für die Tatsache, daß der höchste von uns erhaltene Wert V20 <^l6s auf dem andern Wege gefundenen betrug, ist vielleicht der L^mstand verantwortlich zu machen, daß, wie oben gesagt, die von Weber benutzten Gläser das blaue Licht so stark absorbierten, also das Licht der Leuchtorgane relativ zu stark schwächten. Dieser geringe Wert der Lichtintensität wirkt etwas überraschend. Dabei ist er aber im Verhältnis zu den sonst beobachteten Intensitäten noch immer sehr hoch. Die Intensität beispielsweise einer Kolonie von Leuchtbakterien betrug auf den Quadratmillimeter 0,000000000785 ÜEFNER-Kerzen. Etwas übertroffen werden meine Zahlen von dem Wert, den Dubois schätzungsweise für das Brustorgan des leuchtenden Käfers Pi/rophorus angibt, nämhch ^/iso M.K. Der physiologische Effekt ist im Verhältnis zu diesen Werten sehr stark. In den biolo- gischen Bemerkungen habe ich auf den mächtigen Eindruck hinge- wiesen, den das Leuchten auf mich machte, als ich es zum ersten Male im freien Wasser sah. Ein guter Teil der Wirkung ist auf die extreme Dunkeladaptation zu schieben, in der sich das Auge während einer mondlosen Tropennacht befindet. Bei Anomalops, dessen Licht an sich schwächer ist, als das von Photoblepharoti, wird die Wirkung noch 394 Otto Steche, bedeutend erhöht durch den intermittierenden Charakter des Leuchtens. Einen Sinn für diese Angewohnheit zu finden ist schwer. Der einzig passende Vergleich scheint mir der mit dem intermittierenden Leuchten der Lampyriden zu sein. Dort könnte man vielleicht versucht sein, in der rhythmischen Veränderung der Lichtstärke gar keine speziellen Zwecken angepaßte Einrichtung zu sehen, sondern etwa eine reine Folgeerscheinung der Atmung oder der Flugbewegung. Hier kann davon natürlich nicht die Rede sein; vielleicht führt gerade dieser Ver- gleich dazu, für beide Einrichtungen den Zweck in einer Irreführung von Verfolgern zu suchen. Damit würde die unregelmäßige, zickzack- artige Fortbewegung gut übereinstimmen, die wir beim Flug der Lam- pyriden wie beim Schwimmen von Anomalous finden. Die Art des Lichtes ist ja bei beiden Tierformen ziemlich ähnlich, sie hat Vor- DERMAN schon dazu geführt, beide in Vergleich zu stellen. Eine Be- stimmung der Intensität des Lampyridenlichtes nach der hier befolgten Methode wäre als Vergleichs wert interessant. Bei allen meinen Versuchen mit den beiden Fischformen habe ich nie bemerkt, daß von den Organen leuchtendes Secret ins Wasser entleert worden wäre. Dagegen gibt Vorderman an, daß bei dem Herauspräparieren der Leuchtorgane aus dem lebenden Tier seine Fingerspitzen für einige Augenblicke leuchtend geblieben seien. Diese Befunde sind von großem Interesse im Hinblick auf den Bau der in Rede stehenden Organe, die zu den offenen gehören. Im ganzen genommen läßt sich vom unteren Organ sagen: 1) Sie leuchten konstant. 2) Ihre Helligkeit ist vom Willen des Tieres unabhängig. Sollen sie verdunkelt werden, so geschieht dies durch Abblenden. 3) Gegen chemische und mechanische Reize sind sie weitgehend unempfindlich — nie war dadurch eine Steigerung der Intensität herbeizuführen. 4) Der Leuchtvorgang spielt sich innerhalb des Drüsenkörpers ab. Im unversehrten Zustande wird kein leuchtendes Secret ins Wasser entleert. Das Secret vermag jedoch auch außerhalb des Organs zu leuchten. 5) Die Intensität des Lichtes beträgt nach allerdings sehr primi- tivem Meßverfahren 0,0024 M.K. Bei dem Versuche, die hier gewonnenen Resultate mit den bisher bekannten zu vergleichen und daraus allgemeine Schlüsse zu ziehen, ist nicht zu erwarten, daß sich für die Theorie des Leuchtvorganges neue Gesichtspunkte ergeben. Bei einem so anziehenden und zugleich Die Lriichtorgane v. Anoinalops katoptron u. l'hutul)lepharon palpebratus. 395 der {)liysiologischen Beobachtung so schwer zugänglichen Gebiet hat es nicht an den mannigfaltigsten Hypothesen und theoretischen De- duktionen gefehlt. Das Resultat dieser Arbeit kann nur sein, die eine oder andre der vorgebrachten Anschauungen zu stützen. Bei dem Vergleich mit den bisherigen Beobachtungen fällt vor allem die fundamentale Differenz in der Art des Leuchtens auf. Hier Konstanz eines starken Lichtes, dort in den meisten Fällen spontan überhaupt kein Leuchten. Diese Differenz scheint mir geeignet, die Gründe, mit denen ich eine Sonderung der bekannten Leuchtorgane nach ihrem Bau in zwei große Gruppen zu rechtfertigen suchte, auch vom physiologischen Standpunkte, zu unterstützen. Die Organe von Maurolicus und Porichthys gehören ausgesprochen der zweiten Gruppe an, die meines Erachtens nicht von einer Drüse abzuleiten ist. Spinax, bei dem ein spontanes Leuchten angegeben wird, steht in bezug auf den Bau seiner Leuchtorgane auf einer ganz primitiven Stufe, da sie noch rein epidermoidalen Charakter haben. Von diesem Gesichtspunkt ausgehend, ist man vielleicht berech- tigt, für alle in diese Gruppe gehörigen Leuchtorgane ein konstantes Licht anzunehmen. Es würde sich da einmal um die Tentakelorgane der Ceratiiden und Onchocephahden handeln. Hier ist nur die schon mehrfach gemachte Einschränkung zu wiederholen, daß für die eigen- artigen, ganz abweichend gebauten Organe der Onchocephahden eine Leuchtfunktion durchaus noch nicht erwiesen ist. Sicher gehören dagegen hierhin die zweite Gruppe Beauers und speziell sein dritter Typus, die suborbitalen Organe der Stomiatiden. Auf ihre Funktion lassen die Befunde an unsern Fischen die sichersten Rückschlüsse zu, da, ^\^e oben ausgeführt, der Bau der beiden Organtypen eine weit- gehende Convergenz zeigt. Dies gilt speziell auch von dem Abblen- dungsmechanismus. Als solchen hatte Brauer einen Muskel gedeutet, der am ventralen Rande des Leuchtkörpers ansetzt. Meine Befunde bestätigen in schönster Weise diese Auffassung. Wie mir Geheimrat Chun mitteilte, ist auf der Valdivia-Expedition auch tatsächhch an einem Echiostoma diese Abbiendung im Leben beobachtet worden. Daß die Organe der ersten Gruppe sich in der Art ihres Leuchtens von denen der zweiten unterscheiden, wird verständlich, wenn man den ganz verschiedenen Gebrauch bedenkt, den ihre Träger von ihnen machen. Die Organe der ersten Gruppe stehen fast alle in direkter Beziehung zum Xahrungserwerb. Entweder sie sitzen auf Barbein oder Tentakeln, und wirken dann als Lockmittel oder Laternen, oder sie hegen in der nächsten Umgebung des Auges und dienen dann offenbar 396 Otto Steche, als Scheinwerfer. Scliöner und klarer ist dieses Prinzip bei keinem Fisch durchgeführt als bei unsern Untersuchungsobjekten. Die Organe liegen hier unmittelbar unter dem Auge, so nahe, daß bei aufgeklapptem Organ ihr oberer Rand bis an den unteren Pupillenrand hinaufreicht. Der aus ihnen ausstrahlende Lichtkegel fällt genau in die Blickrichtung des Auges, beleuchtet also gerade das Gesichtsfeld des Tieres. Das Auge selbst liegt völlig im Schatten, gedeckt durch das auf der Rück- seite des Organs reichlich entwickelte Pigment. Die ganze Gestal- tung des Organs ist seiner Aufgabe als Scheinwerfer aufs deutlichste angepaßt. Vielleicht steht auch die merkwürdig regelmäßige An- ordnung der einzelnen Drüsenschläuche damit in Zusammenhang, in dem Sinne, daß durch sie ein möglichst ungehindertes Ausstrahlen des Lichtes senkrecht zur Oberfläche des Reflectors ermöglicht wird. Der Zweck der zweiten Organgruppe muß entschieden ein ganz andrer sein. Dafür spricht die große Zahl von kleinen Einzelorganen und ihre Anordnung in Reihen an den Seiten des Körpers, so daß das von ihnen ausstrahlende Licht keine Beziehung zu dem Gesichtsfelde des Tieres haben kann. Zu den älteren Deutungen ist letzthin durch Brauer eine sehr ansprechende getreten, wonach es sich hier um Zeichnungen handeln soll, die, vom schwarzen Grunde der Körperwand sich wirkungsvoll abhebend, in gleicher Weise wie die Pigmentfarben der Oberflächenformen zur Erkennung der Arten bzw. der Geschlechter dienen sollen. So sympathisch diese Auffassung ist, so möchte ich doch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, daß die Art des Leuchtens eigentlich für diesen Zweck nicht recht geeignet scheint. Man sollte für diesen Fall eher ein kontinuierliches Leuchten erwarten als ein nur auf Reize hin auftretendes. Dies scheint eher zu den alten Hypothesen zu passen, die an eine Schreckwirkung des plötzlichen Aufbhtzens der zahlreichen seitlichen Organe denken. Die bisher ausgeführten Reiz- versuche haben aber noch zu keiner klaren Vorstellung über die Art des Leuchtens dieser Gruppe geführt; vielleicht haben wir auch den adäquaten Reiz noch nicht gefunden, so daß das Licht unter nor- malen Lebensbedingungen vielleicht periodisch schwankend, aber nicht blitzartig ist. Mit dem viel stärker entwickelten Leuchtvermögen der Organe der ersten Gruppe stimmt gut überein, daß sie im allgemeinen viel reicher mit Blutgefäßen versehen sind. Brauer, der wohl den besten Uberbhck über die verschiedenen Leuchtorgantypen besitzt, hebt dies in seiner kurzen Zusammenfassung ausdrückhch hervor. Wie reich und zweckmäßig eingerichtet die Blutversorgung bei unsern so Die Leuchtorgano v. Anoinalops katoption ii. Photoblopharon palpebratus. 397 außergewöhnlich großen Organen ist, habe ich iiiic h im morphologischen Teil nachzuweisen bemüht. Amh die Xcrvonversorgung ist nach Rf^auers Angaben stets reichlich. L'nsrc Organe nehmen hier wieder eine bevorzugte iStellung ein. insofern als nicht wie sonst allseitig schwächere Zweige den Leucht- körper versorgen, sondern ein einziger mächtiger, präparatorisch gut verfolgbarer Nerv diesem Zwecke dient. Bedingt wird dies durch die eigenartige Befestigung der Organe, die den Nerven nur an einer Stelle den Eintritt gestattet. Auffallend und wichtig scheint mir nun, daß trotz dieses starken Nerven die Funktion des Leuchtorgaiis derart unabhängig vom Centralnerven System ist, daß es auch nach dem Her- ausschneiden aus dem Körper noch stundenlang fortzuleuchten vermag. Auch eine Abhängigkeit vom Willen des Tieres ist auf keine Weise zu konstatieren; wozu auch sonst der Abblenclungsapparat, wenn eine direkte Unterdrückung des Leuchten» mögUch wäre? Solche Befunde mahnen zur Vorsicht bei Schlüssen, die man aus der Stärke der zu- führenden Nerven auf die Funktion des zugehörigen Organs ziehen will. Der hier vorhandene starke Nerv ist offenbar ein gewöhnlicher Drüsennerv, was auch mit seiner Zugehörigkeit zum Trigeminus- komplex gut stimmt. Er wird als solcher wohl in der Lage sein, reflec- torisch die Secretion zu verstärken, vielleicht läßt sich das später einmal mit geeigneteren Hilfsmitteln auch durch eine Zunahme der Lichtintensität nachweisen. Einstweilen ist das bei meinen Experimenten nicht gelungen. Bei unsern geringen Kenntnissen über den eigent- lichen Sitz des Leuchtens und die Bedingungen, unter denen es eintritt, läßt sich ja noch nicht einmal sagen, ob eine Vermehrung der Secretion schon eine Verstärkung des Leuchtens bedingen muß. Über den Sitz des Leuchtens ist gerade in allerletzter Zeit lebhaft gestritten worden. Es bestehen drei Möghchkeiten : Entweder kann es extraglandulär, oder zweitens intraglandulär, aber extracellulär, oder endlich intracellulär entstehen. Diese letzte Möglichkeit hat man lange nicht zugeben wollen; gerade in den letzten Monaten wurde darüber bei den einzelligen Drüsen der Ophiuren eine lebhafte Dis- kussion geführt (Sterzinger, Reichensperger, Mangold, Trojan). Sie ist wohl durch die ausführlichen Untersuchungen von Reichen- sperger endgültig zugunsten des intracellulüren Leuchtens entschieden. Dabei ist die interessante Tatsache zu erwähnen, daß die einzelligen Drüsen mit einem feinen Kanal die Cuticula durchbohren. Es wird aber niemals leuchtendes Secret ausgestoßen, sondern nur vielleicht verbrauchtes Material entfernt. Meines Erachtens leuchten bei Fischen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 26 398 Otto Steche, alle Organe der zweiten Gruppe intracellulär, da sie aus einzelnen Zellen ohne gemeinsamen Secretraum aufgebaut sind. Ich kann mich der Meinung Mangolds nicht anschließen, der hauptsächlich aus phy- siologischen Gründen ein intracelluläres Leuchten für unwahrschein- lich hält und in seinen Präparaten Drüsenlumina zu sehen glaubt. Ganz anders bei der ersten Gruppe. Hier haben wir offene und geschlossene Organe nebeneinander. Daß der phylogenetische Ent- wicklungsgang so zu denken ist, daß aus offenen Drüsen durch Re- duktion des Ausführungsganges geschlossene entstanden, habe ich im morphologischen Teil ausgeführt. Hierbei muß sich nun auch eine Umwandlung des Leuchtvorgangs vollzogen haben. Das erste Stadium war jedenfalls, daß das Leuchtsecret ins Wasser entleert wurde und erst dort aufleuchtete. Etwas derartiges ist bei Fischen nicht beob- achtet, wir kennen aber ein Beispiel, das weitgehende Analogie bietet, von de-n Cephalopoden Sepiola. Wir haben dort ein Organ, das aus Drüsenkörper mit Ausführgang, Reflector und Pigmentmantel besteht. Wie ich selbst in Neapel beobachten konnte, wird auf Reiz ein fädiges leuchtendes Secret entleert, das zunächst durch den Widerschein am Reflector das Organ zum Aufleuchten bringt, aber auch selbständig frei im Wasser weiter leuchtet. In ähnlicher Weise funktionieren vielleicht die Tentakelorgane der Ceratiiden, die im Bau eine große Verwandtschaft mit dem Organ von Sepiola zeigen, aber im Leben noch nicht beobachtet sind. Die nächste physiologische Stufe muß nun die sein, bei der in einem offenen Organ das Leuchten innerhalb des Drüsenkörpers zu- stande kommt. Beobachtungen darüber fehlten bisher, sie werden nun durch die hier besprochenen Tatsachen gehefert, die damit eine theoretische Ableitung auf das klarste bestätigen. Wie und wo das Leuchten innerhalb des Organs entsteht, läßt sich allerdings nicht mit Bestimmtheit sagen. Es könnte einmal eintreten bei der Bildung des Secrets aus dem lebenden Plasma oder bei der Berührung des Secretes mit dem Seewasser, das durch die Poren ins Innere des Organs ein- dringt. Beobachten wird sich das bei dieser Art Organe wohl kaum lassen, wegen der Konstanz des Leuchtens, die das Erkennen einzelner aufblitzender Punkte wohl schwer machen wird. Die Bedeutung dieser Frage wird dadurch geringer, daß beim Übergang zu geschlossenen Organen an irgend einer Stelle einmal der Moment auftreten nmß, wo die Berührung mit Seewasser fortfällt. Geschlossene Organe der ersten Gruppe sind im Leben noch nicht näher beobachtet worden, nach der weitgehenden Übereinstimmung, Die LL'uchtorgane v. Anomalops katoptron u. PhotDblepharon palpcbratus. 399 die sie alier im Bau mit uiuern Organen zeipon. vor allem auch durch die gleiche Abblendungsvorrichtung, ist es wohl sehr wahrscheinlich, daß sie ilasselbe konstante Licht zeigen werden. Will man im «anzen Kreise der bekannten leuchtenden Organis- men nach Vergleichsobjekten suchen, so ist wieder ausschlaggebend, daß in unserm Falle das Leuchten konstant ist. Etwas derartiges war bisher aus dem Tierreich überhaupt noch nicht bekannt. Alle sonst bekannten Formen leuchten entweder nur auf Reize (z. B. die das Meerleuchten verursachenden Organismen) oder blitzen spontan auf (z. B. Arthropoden). Bei den rhythmisch aufleuchtenden Lampyriden bleibt allerdings ein schwaches Licht auch in den Zwischenpausen konstant, durch experimentelle Eingriffe läßt sich bei ihnen ein relativ lange dauerndes allmählich verlöschendes, gleichmäßiges Leuchten erzielen. Ein wirklich konstantes Leuchten findet sich dagegen durch- weg im Pflanzenreiche, bei Pilzen und Bakterien. Auch von diesem allgemeinen Gesichtspunkt aus verdienen also iinsre Leuchtorgane die höchste Beachtung, besonders wenn man dabei berücksichtigt, daß sie vielleicht die größten und am intensivsten leuchtenden aller bisher bekannten Organe sind und dabei Fischen angehören, die in den oberflächlichsten Wasserschichten leben. Es wäre höchst interessant, wenn es gelänge, eine der Tiefseeformen, bei denen aus dem ähnlichen Bau auch auf ähnliche Funktion der Organe zu schheßen ist, zu beobachten. Auch unter den Cephalopoden der Tief^ee, die an Mannigfaltigkeit der Organe den Fischen mindestens nicht nachstehen, wird vielleicht einmal ein ähnhcher Typus gefunden werden. Zusammenfassung. Xach ihrem morphologischen Charakter lassen sich die bei Fischen bekannten Leuchtorgane in zw^ei Reihen ordnen. Die erste besteht aus acinösen Drüsen, sie beginnt mit offenen Formen, die bei weiterer Spezialisierung ihren Ausführungsgang ver- lieren können und zu kugehgen Säcken umgestaltet werden, die kein Liimen, ja nicht einmal mehr die Zusammensetzung aus Drüsenschläu- chen erkennen lassen. Diese Reihe von Organen liegt fast stets am Kopfe oder auf Körper- anhängen, so daß ihr Licht das Gesichtsfeld des Tieres beleuchtet. Die=:e Organe sind reicher mit Blut und Nerven versorgt und größer als die der zweiten Reihe. 26* 400 Otto Steche, Die zweite Gruppe enthält als wichtigsten Bestandteil ebenfalls Drüsenzellen, die aber nicht zu einer typischen Drüse zusammenge- ordnet sind. Sie bilden einen Haufen von Einzelzellen, die kein Lumen zwischen sich enthalten. (Mit Ausnahme der Gonostomiden.) Sie leiten sich ab von differenzierten Epidermiszellen, die sich zusammenschlössen und in die Cutis verlagert wurden. Ob der Ausgangspunkt dieser Entwicklung Drüsenzellen waren, oder ob die Organe von Sinnesknospen herzuleiten sind, bleibt noch ungewiß. Die zweite Gruppe enthält kleinere, dafür aber viel zahlreichere Organe, die mit Blut und besonders mit Nerven spärlicher versorgt werden. Dafür enthalten sie Linsenzellen, ev. auch Gallertgewebe, Diffe- renzierungen, die bei der ersten Gruppe nie auftreten. Die Linsen- zellen finden sich schon bei ganz primitiven Organen. Schon die einfachen epidermoidalen Organe zeigen die charak- teristische, verschiedene Orientierung zur Körperoberfläche je nach der Lage am Rumpf, wie sie bei den höchst entwickelten Vertretern ausgebildet ist. Funktionell unterscheiden sich beide Gruppen ebenfalls deuthch. Bei der ersten Gruppe entsteht das Leuchten extracellulär, nur bei den am stärksten modifizierten Organen vielleicht im Innern der Zellen. Es ist, so weit bisher darüber Beobachtungen vorliegen, konstant und sehr intensiv. Reize irgendwelcher Art haben keinen Einfluß darauf. Durch Abbiendung kann es wirkungslos gemacht werden. Die Organe der zweiten Gruppe leuchten nach mehrfachen Be- obachtungen spontan gar nicht. Gegen Reize verhalten sie sich sehr träge. Wenn sie aufleuchten, so geschieht dies mit allmählich zu- nehmender und nach einem Maximum langsam abnehmender Inten- sität, zwischendurch treten Schwankungen auf. Die Organe von Anomalops und PhotohlepJiaron gehören der ersten Gruppe an und stehen in dieser den suborbitalen Organen der Stomia- tiden am nächsten. Sie unterscheiden sich aber in verschiedenen Punkten, vor allem darin, daß sie Komplexe darstellen, die aus einer Anzahl offener Drüsen zusammengesetzt sind. Sie sind relativ und vielleicht absolut die größten bei Fischen vorkommenden Leuchtorgane, was um so auffallender ist, da ihre Träger nicht der Tiefsee angehören. Physiologisch sind sie besonders deshalb wichtig, weil sie die , einzigen Vertreter der ersten Gruppe sind, die überhaupt ausführhcher Die Lcuclitorgane v. Anonialops katoptron u. Photoblepharon palpebratus. 401 beobachtet wurdon. Das Leuchten koniint extracellulär, aber intra- ghiudulür zustande und ist konstant. Seine Intensität beträgt nähe- rungsweise 0,0024 M.K. Ein Leuchten gleichen Charakters ist in der ganzen Tierreihe bisher noch nicht bekannt. Nachtrag. Vor der Drucklegung dieser Arbeit werden mir durch die Liebens- würdigkeit von Geheimrat Chun die Korrekturbogen der ausführlichen Arbeit von Brauer über die Leuchtorgane der von der Deutschen Tiefseeexpedition erbeuteten Fische zugänglich gemacht. Da in dieser Untersuchung, zweifellos der umfassendsten und gründlichsten, die wir bisher besitzen, alle Fragen der Morphologie, Physiologie und Biologie eingehend besprochen werden, so möchte ich die Punkte, die sich mit meinen Untersuchungen berühren, gleich diskutieren. Was zunächst die Morphologie anlangt, so sieht Brauer alle Leucht- organe (abgesehen von den rein epithelialen) als modifizierte typische Drüsen an, die zum Teil sekundär ihren Ausführungsgang verloren haben. Obwohl er selbst schärfer als irgend ein andrer vor ihm die Unterschiede seiner vierten Gruppe von den drei übrigen hervorhebt, hält er doch den Entwicklungsgang bei allen für prinzipiell gleich. Hauptsächlich stützt er sich darauf, daß auch in dieser Gruppe Organe mit Ausführ- gängen vorkommen, bei den Gonostomiden, teilweise geöffnet, teilweise blind geschlossen, worin er verschiedene Stufen der Rückbildung sieht. Außerdem verweist er auf das Vorkommen eines centralen, mit Binde- gewebe erfüllten Raumes bei vielen Formen (Stomiatiden), den er als Rest des ehemaligen Secretraumes betrachtet. Ich kann mich trotzdem nicht entschließen, meine oben dargelegte Anschauung aufzugeben, aus folgenden Gründen. 1) Es läßt sich sehr gut eine Reihe aufstellen von den offenen Organen der Pediculaten über die sozusagen halboffenen der Ano- malopiden zu den geschlossenen Postorbitalorganen der Stomiatiden. Bei den ersten wird das Secret in einen großen, centralen Sack und von dort wahrscheinlich ins Wasser entleert, bei den zweiten in Ausführ- gänge und Sammelbecken, aber sicher nicht mehr ins Wasser, wenig- stens nicht in leuchtendem Zustande. Bei der dritten Gruppe sind die Drüsen geschlossen; es war mir nun aber sehr interessant, eine 402 Otto Steche, Bemerkung Brauers zu finden, wonach er »in einzelnen Fällen, beson- ders in den größeren postorbitalen Organen der Stomia- tiden^, zwischen den Zellsträngen Secretmassen außerhalb der Zellen« hat liegen sehen (S. 136). Allerdings hält' Brauer diese Befunde für Kunstprodukte, daß nämlich »durch Druck oder sonstige künstliche Einflüsse beim Fangen und Konservieren Zellen zum Platzen gebracht sind«. Im nächsten Satz betont er aber »in den f laschen- und becher- förmigen Organen habe ich nichts dergleichen gesehen«. Meiner Mei- nung nach beruht dies nicht auf Zufälligkeiten der Erhaltung, sondern auf einem durchgreifenden Unterschied der Entwicklung beider Organ- typen. Ferner scheint es mir nach der BRAUERschen Auffassung schwer, erklärlich, daß die ej^ithelialen Organe der Stomiatiden, sowie die Organe von Spinax niger (nach Johann) und Porichthys (nach Greene) Leuchtzellen haben, die ihr Secret offenbar nicht ausstoßen; wenigstens für Porichfiys kann nach den Lagebeziehungen daran wohl kein Zweifel sein. Diese relativ einfach gebauten Organe stellt auch Brauer an den Anfang seiner Reihe, müßte also annehmen, daß sie bei der Bildung einer typischen Drüse zunächst zu Secretion nach außen übergingen und später sekundär diese Funktion wieder einbüßten. E"n so schwer verständlicher L^mweg wird unnötig, wenn man sich zu meiner Auf- fassung entschließt, für die, wie oben ausgeführt, noch besonders die seltsame Übereinstimmung spricht, die diese Organe in Lage und Licht- richtung mit den seitlichen und ventralen Organen höherer Kompli- kation zeigen. 2) Auch histologisch zeigen meiner Meinung nach die Leuchtzellen der ersten Reihe fundamentale Differenzen von denen der zweiten. Die Scheidung der Zellen in zwei Abschnitte, den basalen kernhaltigen, chromophilen und den distalen secretführenden, hellen findet sich in typischer Form nur bei den Organen der vierten Gruppe, wie aus Brauers Tafeln hervorgeht. Diese Zellen lösen sich nicht ab und gehen nicht zugrunde (auch bei den Gonostomiden nicht) wie Brauer mehrfach hervorhebt. Demgegenüber finden wir in der ersten Reihe, zum mindesten bei den Organen mit Ausführgang, Untergang der Zellen bei der Secretion. ' 3) Die angeblichen Übergangsformen in der vierten Gruppe Brauers, die einen mehr oder weniger ausgebildeten Ausführungsgang haben, die Gonostomiden, zeigen sehr seltsame Verhältnisse. Ihre Organe sind nämlich vollkommen vom Reflector umhüllt, so daß das in ihnen 1 Von mir gesperrt. Die Loiichtorgane v. Anomalops katoptron u. Plii)t()l)l<'jiliaron pali.clMaliis. 403 prodiizuMtc Lk-lit nicht nach außen gelangen kann. Ihre Funktion ist als!) völliji; unverständlich, auch Brauer vermag keine Erklärung zu geben. Jedenfalls stellen sie keine ursprünglichen, sondern eigen- artig abgeleitete Formen dar. Könnte da nicht auch der Ausführgang eine andre Bedeutung haben und erst sekundär erworben sein? Aus- führgang und Centralsinus enthalten bei den Gonostomiden häufig Beeret, das aber nach Brauer ganz anders aussieht als das der übrigen Formen und auch anders als das in den anliegenden Drüscnzellen. Es ist nicht körnig, sondern homogen und färbt sich gelblich, entsteht auch nicht durch Zerfall von Drüsenzellen. Vielleicht wird in diesem Zu- sammenhang auch die Tatsache von Bedeutung, daß bei den Gono- stomiden die Organe mit völlig ausgebildetem Ausführungsgang auch die höchste Differenzierung des Leuchtgewebes zeigen, also ein gerade umgekehrtes Verhalten zu den andern Formen, bei denen die höchste Komplikation erst nach Verlust des Ausführganges erreicht wird. Sehr merkwürdig sind die Verhältnisse bei den Sternoptychiden. Hier tritt ein solider Strang als Anlage eines Ausführganges erst in späteren Entwicklungsstadien auf, nachdem der Drüsenkörper schon längst als solide Masse dem Corium eingelagert ist, und bildet sich dann bald wieder zurück, ohne in Funktion zu treten (vgl. Brauer, S. 44, Argi/ropeleciis, S. 47 Valenciennellus). In engem Zusammenhange mit der Ableitung der Leuchtorgan- gruppen steht ein zweiter Punkt, in dem meine Anschauungen von denen Brauers etwas abweichen, die Bildung der Linsenzellen. Mir war ihr Auftreten allein in der vierten Gruppe ein Hinweis darauf, in ihnen Bildungen sui generis zu sehen. Brauer meint, sie könnten modifizierte Leuchtzellen darstellen, deswegen, weil sich bei vielen Formen die beiden Typen räumlich ineinanderschieben und manchmal [Triplophos) auch morphologisch Übergänge zu finden sind. Selbst- verständlich denke ich nicht daran, durch theoretische Deduktionen die Feststellungen eines so erfahrenen und gewissenhaften Beobachters wie Brauer entkräften zu wollen. Die Angabe von Johann und Greene, auf die ich meine Ansicht stütze, besagt, daß beide Zellarten von einem gemeinsamen Keimepithel nach entgegengesetzten Seiten differenziert werden. Geschieht dies nun sehr lebhaft, so daß das ganze Keimepithel aufgebraucht wird, so müssen beide Zellgruppen in un- mittelbare Nachbarschaft geraten, eventuell bleibt ein schmaler Streifen von intlifferenten Ersatzzellen zwischen ihnen liegen, der vielleicht als Ubergangsformen gedeutet werden könnte. Brauer selbst spricht 404 Otto Steche, keine bestimmte Ansicht aus, da ihm bei andern Organen ein Übergang völlig ausgeschlossen erscheint. Gegen die Verallgemeinerung meiner Auffassung spricht jedenfalls, daß die Linsenzellen von Porichthys einen ganz andern Bau haben, als die der höher differenzierten Formen. Der Unterschied unsrer Auffassungen ist ziemlich geringfügig, da ich ebenso wie Beauer die Linsenzellen für modifizierte Drüsenzellen halte, nur nicht glauben möchte, daß sie durch Funktionswechsel aus fertigen Leuchtzellen entstanden sind. Die Frage scheint mir außerdem weniger wichtig, da die Beschaffenheit der Linsenzellen für den Typus des ganzen Organs von untergeordneter Bedeutung ist. Ferner darf man nie aus den Augen verlieren, daß für phylogenetische Spekulationen der Vergleich der Organe bei verschiedenen Formen nur mit äußerster Vorsicht verwendet werden darf. Es handelt sich ja bei den Leucht- fischen um Vertreter ganz verschiedener Gruppen des Systems, so daß von einer direkten Ableitung höchstens bei Tieren derselben Familie gesprochen werden darf. Im ganzen bietet die oft auffallend gleich- artige Ausbildung der Organe in den verschiedenen Gruppen ein sehr merkwürdiges Beispiel für Convergenz. Diese Tatsache, zusammen mit der Erscheinung, daß derartig hoch differenzierte Organe oft isoliert bei einzelnen Angehörigen einer Familie auftreten, werden die Leucht- organe der Fische vielleicht einmal zu einem wichtigen Objekt descendenztheoretischer Erörterungen machen. Einstweilen wissen wir über ihre Herkunft dazu viel zu wenig. Mit Interesse habe ich Brauers Beschreibung des Reflectors bei den verschiedenen Typen verfolgt. Seine Schilderung stimmt aber niemals mit der von mir gegebenen überein. Einmal erwähnt er nie die Anwesenheit von Guanin in den Reflectorzellen, spricht nur an einzelnen Stellen von »nadelartigen Körpern« (Myctofhum). Die Art, wie er das Verhalten des Reflectors bei durch- und auffallendem Licht beschreibt, zeigt aber, daß sie bei verschiedenen Formen auch vor- handen sein müssen. Über die Form der Zellen hat er eine ganz andre Vorstellung, faßt den Reflector meist als ein Flechtwerk von lang- gestreckten, verschieden gerichteten Fasern auf. Seine Tafeln zeigen einige Figuren, die große Ähnlichkeit mit meinen Bildern haben. Am stärksten ist sie mir aufgefallen bei den Darstellungen der Myctophiden, Vor allem Fig. 7 seiner Taf. XXXI gleicht den von mir gegebenen Dar- stellungen ganz frappant. Seine Beschreibung paßt ganz gut auch auf meine Bilder, da er nur Längs- und Querschnitte durch den Reflector schildert, niemals aber Flächenschnitte. Ob sich dann auch das Bild breiter flacher Zellen ergeben hätte, ist natürlich nicht zu sagen. Die Lt'iu'htorgane v. Aiioinalops kato|)tiun u. Pliotoblepharon palpebratus. 405 Jedenfalls meint auch Brauer, daß ihm »die Anordnung der Teile dieses Reflectors nicht ganz klar geworden« sei. In der Diskussion über die biologische Bedeutung der Leuchtorgane führt Brauer seine schon 1901: dargelegte Theorie noch weiter aus, wo- nach das Licht der Organe als Zeichnung wirken und zur Erkennung der Arten bzw. Geschlechter dienen soll. Er begründet dies noch speziell durch das Verhalten der Leuchtorgane bei den Myctophiden, wo sich bei jeder Art geringfügige, aber charakteristische Abweichungen in der Anordnung ergeben. Gerade hierbei will mir ein Einwand nicht aus dem Kopfe : sind denn die Fische und speziell Tiefseefische überhaupt in der Lage, so feine Unterschiede zu erkennen? Alle Anpassungen an das Dunkelleben laufen doch darauf hinaus, die Bildschärfe zugunsten der Lichtintensität herabzusetzen. Vielleicht spricht sich Brauer bei der Bearbeitung der Augen, die mir bisher noch nicht vorgelegen hat, auch über diesen Punkt aus. Leipzig, im Februar 1909. Literaturverzeichnis. BoNGABDT, Beiträge zur Kenntnis der Leuchtorgane einheimischer Lampyriden. Diese Zeitschr. Bd. LXXV. 1903. Branpf-s, Die Leuchtorgane der Tiefseefische Argyropelecus und Chauliodus. Zeitschr. f. Naturw. Bd. LXXI. 1899. Brauer, Über die Leuchtorgane der Knochenfische. Verh. Deutsch. Zool. Ge- sellschaft 1904. — Die Gattung Myctophum. Zool. Anz. Bd. XXVIII. 1904. — Die Tiefseefische. I. Systematischer Teil. Wi&s. Ergebn. d. Deutsch. Tief- seeexped. Bd. XV. 1906. BtTBKHARDT, On the Luminous Organs of Selachian Fishes. Ann. Mag. 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Erklärung der Abbildungen. Tafel XIX— XXr. Fig. 1. Anomalops katoptron. Fig. 2. Photoblepharon palpebratus. Beide in natürlicher Größe. Die Form der Flossen ist nicht exakt, da sie bei allen Exemplaren beschädigt waren. Fig. 3. Querschnitt. f -n Fig. 4. Längsschnitt des Lsuchtorgans von Anomalops. Fig. 5. Querschnitt. Fig. 6. Längsschnitt des Organs von Photoblepharon. Fig. 3 — 6. A, Arterie; Dr, Drüsenkörper; E, xALUsmündung der Drüsen- schläuche ; K. Knorpel ; N, Nerv ; P, Pigment ; Q V, Quervene ; V, Vene. Fig. 7. Anomalops: distaler Teil einiger Drüsenschläuche mit Sammelbecken und Ausführgang. Leitz 4. Obj. 3. Fig. 8. Anomalops: Ausführgang einer Drüse. Leitz 1. Obj. 6. Fig. 9. Photoblepharon: Schnitt durch den basalen Teil der Leuchtdrüse parallel zur Oberfläche. Leitz 1. Homog. Imm. 1/12. Fig. 10. Photoblepharon: Schnitt durch den mittleren Teil des Drüsenkörpers, parallel zur Obertläche. 1. 1/12. Fig. 11. Anomalops: Schnitt durch den mittleren Teil des Drüsenkörpers, parallel zur Oberfläche. 3. 1/12. Fig. 9 — 11. B, Bindegewebe; C, Capillaren ; Dr, Drüsenschläuche. Fig. 12. Anomalops: Drüsengnuid und Teil des Reflectors. Querschnitt. AJkoholpräparat. Guanin erhalten. L. 4. 1/12. Fig. 13. Desgl. Längsschnitt. Formolpräparat. Guanin aufgelöst. 4. 1/12. Fig. 14. Photoblepharon: Dvüsengvxxnd und Teil des Reflectors. Längsschnitt. Guanin erhalten. 4. 1/12. Fig. 15. Desgl. Querschnitt. Guanin aufgelöst. 4. 1/12. Fig. 16. Photoblepharon: Äußerer Teil des Reflectors mit isolierten Zellen (?). 4. 1/12. Fig. 17. Photoblepharon: Reflector. Schnitt parallel zur Oberfläche der Leuchtdrüse. Guanin aufgelöst. Die etwas über oder unter der Hauptebene liegenden Kerne und Fasern in hellerem Tone eingezeichnet. 4. 1/12. 408 Otto Steche, Die Leuchtorg. v. Anomalops katoptr, u. Photobleph. palpebrat. Fig.18. Anomalops: Schnitt durch die dem ventralen Drittel des Leucht- körpers vorgelagerte Schicht mit eingelagerten stäbchenförmigen Gebilden. 4. 1/12. Fig. 19. Anomalops: Teil eines Querschnittes durch den Leuchtkörper. Pigment im Epithel und Bindegewebe. 4. 1/12. Fig. 20. Anomalops: Hautfalte am Boden der Leuchtgrube mit Schleim- zellen im Epithel. 1. 6. Fig. 21. Arterienklappe von Anomalops, am Abgange einer Seitenarterie aus dem Hauptstamm. Längsschnitt. 1. 1/12. Fig. 22. Photoblepharon: Arterienklappe beim Abgange einer den Reflector durchsetzenden Arterie aus einem Querast. 1. 1/12. Fig. 21 u. 22. E, Membrana elastica interna; E', Trennvmgsgewebe zwischen Media und Gewebe der Klappe; /, Tunica intima; Kl, Zellen der Arterienklappe; L, Lumen des Hauptgefäßes ; L', Lumen des Seitenastes ; 31, Tunica media. Beitrag zu einer Monographie der Gryllodeengattung Myrmecophila Latr. Von Fritz Scliiiiimer ans Dresden. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Leipzig.) Mit Tafel XXII— XXIV und 26 Figuren im Text. Inhalt. Seite Einleitung 410 A. Zur Biologie der Ameisengrillen, insbesondere von Myrmecofhila acer- vorum Panz 414 I. Geographische Verbreitung, Wirtsameisen und Ökologie 414 1. Die geographische Verbreitung von 31. acervorum 414 2. Die Wirtsameisen von J/. acervorum 417 3. Geographische Verbreitung und Wirtsameisen der übrigen Arten . 423 4. ökographische Notizen. Die Grillen beim Nestwechsel ihrer Wirte 430 II. Über das Verhalten von M. acervorum zu Myrmica laevinodis. . . 435 III. Die Ernährung 445 IV. Die internationalen Beziehungen von M. acervorum 449 1. Gruppe I: Das Verhalten der Grille zu ihren gewöhnlichen oder gelegentlichen Wirten 451 2. Gruppe II: Das Verhalten der Grille zu fremden Ameisen . . . 456 3. Zusammenfassung: Über die psychischen Grundlagen des Gast- verhältnisses 461 V. Fortpflanzung und Entwicklung 465 B. Zur Morjihologie und Anatomie der Ameisengrillen 478 I. Der Kopf 478 1. Die Antermen 478 2. Die Mundteile 479 3. Hypopharynx und Epipharynx 480 II. Das Chitinskelett 486 1. Die Segmentierung des Abdomens und die Cerci 486 2. Die Legescheide 488 III. Das Darmsystem 490 1. Allgemeines über den Bau des Verdauungstractus 490 2. Der Oesophagus 492 3. Der Kropf (ingluvies) 492 410 Fritz Schimmer, Seite 4. Der Proventrikel 493 5. Der Mitteldarm 496 6. Das Darmsystem im Zusammenhang mit der Ernährungsweise der Grillen 503 IV. Der weibliche Geschlechtsapparat 505 1. Allgemeiner Bau des weiblichen Geschlechtsapparates 505 2. Die Ovarialröhren 506 3. Ovidukte und Vagina 508 4. Das Receptaculum seminis 508 V. Das Auge 511 C. Systematischer Anhang 517 Zusammenfassung der Hauptergebnisse 526 Literatur 528 Erklärung der Abbildungen 531 Einleitung, Das Studium der Ameisen- und Termitengäste unter der Ägide Wasmanns hat der Zoologie eine unerwartete Fülle von Problemen gestellt. Entsprechend der Jugend dieser Wissenschaft steht jedoch der extensiven Forschung die intensive nicht an allen Punkten gleich- wertig gegenüber. Es galt zunächst das reiche Material zu sichten und einen Überblick zu schaffen, ehe die Arbeit im einzelnen beginnen konnte. Eingehender biologischer sowie anatomischer Untersuchung sind in erster Linie Vertreter aus der Gruppe der Symphilen gewürdigt worden, deren in die Augen fallende Anpassungscharaktere hierzu be- sonders reizten. Das Heer der Synöken besitzt jedoch Vertreter, die hinsichtlich ihrer Lebensweise und ilirer Anpassungserscheinungen kaum weniger des Interessanten bieten als ihre von der Forschung bevorzugten Genossen. Vor zwei Jahren machte mich Herr Prof. Zur Strassen auf unsre einheimische Myrmecofhila acervorum Panz. aufmerksam, der in der weiteren Umgebung von Leipzig auf akademischen entomologischen Exkursionen gelegentlich begegnet worden war. Schon nach der ersten Orientierung zeigte sich, daß dieses Insekt in mehr als einer Beziehung Fragen von speziellem und allgemeinem Interesse aufgab. Ich benutze daher mit Freuden die Gelegenheit, meinen verehrten Lehrern, Herrn Geheimrat Chun, sowie Herrn Prof. Zur Strassen dafür zu danken, daß sie meine Aufmerksamkeit auf ein so interessantes Objekt lenkten, ebenso für die vielfache Anregung und Unterstüzung Beitrag zu einer Monogniplue der (iryllodeengattung Myrmecophila Latr. 411 während meiner Untersuchungen; auch den Herren Dr. Steche unl Prof. WoLTKRECK danke ich für das Interesse, das sie meinen Arbeiten entgegenbrachten. Wenn in dieser Arbeit der Versuch einer — an- fangs nicht geplanten — monographischen Darstellung gemacht wurde, so verdanke ich die Initiative hierzu dem liebenswürdigen Ent- gegenkommen Prof. Wasmanns S. J. in Luxemburg, der mir bereit- willigst sein Alkoholmaterial ausländischer Grillen zur Verfügung stellte. Ebenso fühle ich mich Herrn H. Viehmeyer in Dresden zu herzlichem Danke verpflichtet, der mich in zuvorkommendster Weise mit lebendem Material unterstützte und mii- zu meinen biologischen Versuchen mannigfache Anregung zuteil werden ließ. Des weiteren bin ich Dank schuldig : Herrn Schulinspektor Carl Hartmax in Austin (Tex. ü.S.A.) und den mir befreuiideten Entomologen Herren Max Linke in Leipzig und Felix Torxier in Friedrichsort b. Kiel, sowie Herrn cand. rer. nat. Krüger in Leipzig für gütige Beschaffung konservierten Materials; Herrn Dr. W^ill. Morton Wheeler, Prof. der Zoologie an der Har- vard-Universität in Cambridge, Herrn Prof. C. Emery, Direktor des Zoologischen Instituts in Bologna, Herrn Prof. A. Forel in Yvorne (Waadt. Schweiz), sowie Herrn Prof. Fil. Silvestri, Direktor der höheren Aizrikulturschule in Portici für freundlichst erteilte Auskunft. Endlich möchte ich nicht versäumen, auch der Direktion des Kgl. Zool. Museums in Berlin, insbesondere den Herren Dr. Kuhlgatz und Dr. La Baume, für ihr freundliches Entgegenkommen bei der Besichtigung ihres Myrmecophila-MsLtena]s zu dariken. Mijrmecophila, die »Ameisengrille«, darf sich rühmen, der am längsten bekannte Ameisengast zu sein. Im 68. Heft seiner »Fauna Insectorum Germaniae« besclireibt Panzer im Jahre 1799 »Blatta ocervorum«, den »Ameisen-Kakerlak« und gibt von ihm eine hübsche farbige Abbildung. 20 Jahre ^ später erschien die ausgezeichnete Arbeit des Italieners Paolo Sa vi (1819): » Osservazioni sopra la Blatta acer- vorum di Panzer, Gryllus myrrnecophilus nobis«, in der die ersten Mitteilungen über die Lebensweis? der Ameisengrillcn und die Ge- setzmäßigkeit ihres Gastverhältnisses mit den Ameisen gemacht werden. Sa vis Beobachtungen sind als Grundlage für alle weiteren Studien 1 Fischer de Fkeib. (1853) (ebenso die nach ihm zitierenden Saussure und Brunner v. Wattenwyl) gibt als Jalir des Erscheinens der SA\aschcn Ar- beit 1831 an. was — wie mir Herr Prof. Wasman'N mitteilt — jedenfalls auf einem Irrtum benilit. 412 Fritz Schimmer, Über Myrmecophila anzusehen. Mit Recht zählt sie Wasmann (1901) neben Hubers trefflichen »Recherches sur les moeurs des fourmis indigenes« und Müllers »Beiträgen zur Naturgeschichte der Gattung Claviger« zu den »klassischen Arbeiten über die Biologie der Ameisen und ihrer Gäste«. In biologischer Beziehung wurde im vorigen Jahr- hundert zu den Ergebnissen Savis kaum etwas Wesentliches hinzu- gefügt. Diejenigen Orthopteren werke, die sich mit Myrmecophila beschäftigten, beschränkten sich meist auf Beschreibung und Fund- ortsangaben und eine Wiederholung der Sa vischen Beobachtungen. Von kleineren Spezialarbeiten ist nur die Märkels (1841, 1844) und die Elditts (1862) zu erwähnen, welche die ersten Angaben über das Vor- kommen und die Wirtsameisen der Grillen in Deutschland enthalten. 1853 wurde durch Fischer de Freie, die zweite europäische Form Myrmecophila ochracea bekannt, und 1877 beschrieb Saussure die ersten beiden außereuropäischen Arten M. americana Sauss. und M. dubia Sauss. 1884 wurden von Bruner die ersten nordamerikani- schen Grillen, M. pergandei Brun. und M. oregonensis Brun. fest- gestellt, zu denen Scudder (1899) drei weitere, M. formicarum Scudd., M. nebrascensis Brun. und 31. nehawkae Brun. hinzufügte. 1890 ver- mehrte Wasmann die beiden bis dahin bekannten Formen der alten Welt um eine dritte, von Forel in Tunis entdeckte, M. salomonis Wasm. In seinem »Kritischen Verzeichnis« (1894) übersah Wasmann die süd- amerikanische M. americana und die ostindische M. dubia Saussures leider, so daß sie bis heute als Myrmekophilen in Vergessenheit gerieten. Statt dessen fügte Wasmann (1. c.) zwei neue, bis jetzt noch nicht genauer beschriebene, indische Formen hinzu, zu denen sich (1905) eine weitere indische, von Assmuth entdeckte Art, M. prenolepidis Wasm., nebst zwei noch unbeschriebenen und unbenannten Formen hinzugesellten. — Damit ist die Zahl der bis jetzt aus der Literatur bekannten Formen erschöpft. An rein biologischen Arbeiten folgte auf die klassische Studie Savis im Jahre 1900 eine Untersuchung Wheelers über die Lebens- weise von M. nebrascensis, in der zum ersten Male die Frage nach dem Grund des symbiotischen Verhältnisses der Grille zu den Ameisen beantwortet, sowie Notizen über ihre Ökologie, ilire Fortpflanzungs- weise usw. gegeben wurden. Ein Jahr später (1901) veröffentlichte dann Wasmann seine bereits 10 Jahre vorher angestellten Beobach- tungen über die Lebensweise von M. acervorum. In dieser verdienst- vollen Arbeit wurde zum erstenmal das Interesse hervorgehoben, das dieses in den Sammlungen so seltene Insekt verdiene, indem zunächst Beitrag zu tiiuu' Monogi-aphie der Crylloclecngattung ^lyrinccophila Latr. 413 die Ergebnisse Savis und Wheelers in zusainnienfassender Weise dar- gestellt, sowie eine Reihe eigner Beobachtungen — über die Leck- tiitigkeit der Grille, ihre Beziehungen zu ihren Wirten und zu fremden Ameisen usw. — mitgeteilt wurden. Ferner eröffnete Wasmann über die Ernährung uml die biologischen Grundlagen des Gastverhältnisses neue Gesichtspunkte. Viehmeyer (1903, l'.'Oö) machte interessante Beobachtungen über rayrmekokleptische Neigungen von M. acervorum, die zugleich eine Bestätigimg einer Arbeit Silvestris (1903) bildeten, in der außerdem die ersten genaueren Mitteilungen über die Beziehungen von M. ochracea zu ihren Wirten gemacht wurden. Über M. -prenolepidis teilte Was- mann (1905) — ihm brieflich übermittelte — Beobachtungen Assmuths, besonders über den — bereits von Savi an M. acervorum beobachteten — Xestwechsel dieser Grille mit und versuchte durch eine Hypothese das Rätsel der geographischen Verbreitung dieser Art zu erklären. Arbeiten über die Anatomie der Ameisengrillen lagen — auiSer den rein morphologischen Untersuchungen Fischers (1853) und Saüs- SüREs (1877) — nicht vor. Die vorliegenden Untersuchungen, die im Zoologischen Institut zu Leipzig angestellt wurden, galten in biologischer Beziehung vor- legend .1/. acervorum, da nur von dieser Art lebendes Material erlangt werden konnte. Die Beobachtungen des lebenden Tieres wurden mit dem üblichen Hilfsmittel des künstlichen Nestes im Zimmer bewerk- stelligt. Die besten Erfahrungen wurden mit einfachen LuBBocK-Nestern gemacht, bei denen zwischen Rahmen und Glasdeckel eine Filzschicht geleimt war. JANET-Nester bewährten sich ebenfalls, namentlich bei den größeren Ameisen (Formica). WASMANN-Nester wurden nur ver- suchsweise einmal angewendet. Es zeigte sich, daß die günstigste Zeit zum Beobachten die bei Lampenlicht war. Bei grellem Tageslicht bot das Verhalten der Ameisen zur Grille oft ein gaiiz andres Bild dar als bei der den Ameisen angenehmen Wärme und den für sie nahezu unwirksamen gelben und roten Strahlen der Lampe. Bei der Frage- stellung wurde in erster Linie den verschiedenen Ernährungsweisen der Grille, dem Grad der Duldung bei ihren Wirten, sowie der etwas pro- blematischen Fortpflanzungsweise Aufmerksamkeit geschenkt. Das über die Biologie der übrigen Arten Bekannte wurde zusammenfassend dargestellt und zu kritischen Vergleichen mit der Lebensweise der ein- heimischen Species herangezogen. Bei der morphologisch-anatomischen Untersuchung konnte auf eine gleichmäßige Berücksichtigung aller Organsysteme verzichtet werden, Zeitschrift f. wisseiisch. Zoologie. XCIII. Bd. 27 414 Fritz Schimmer, da sie in erster Linie den Zweck hatte, die biologischen Resultate zu stützen und zu erklären, d. h. eine Übereinstimmung von Bau und Lebensweise zu zeigen. In diesem Sinne wurden die Mundteile, der Darm, der weibliche Greschlechtsapparat und das Auge eingehender be- handelt. Der Mitteldarm wurde einer besonderen Betrachtung ge- würdigt, weil diesem Organ von jeher wegen seiner interessanten histo- logischen Verhältnisse ein großes Interesse gezollt wurde und einige neue Aufschlüsse über seinen Bau und seine Funktion nicht unerwünscht sein konnten. Aus ähnlichen Gründen wurde auch die Segmentierung des Abdomens, sowie der Bau der Legescheide kurz betrachtet. End- lich wurde in einem systematischen Anhang eine Übersicht über die bis Jetzt bekannten Formen der Gattung Myrmecophila gegeben. Zum Schluß sei erwähnt, daß zur Konservierung die besten Er- fahrungen mit folgendem Gemisch gemacht wurden: Wasser 30 Teile, 96%iger Alkohol 15 Teile, konzentriertes Formol 6 Teile, Eisessig 2 Teile. Es genügte, die Objekte darin 4 — 6 Stunden zu belassen. Die Wirkung ward erhöht, wenn das Gemisch auf 50 bis 60 ' erwärmt wurde. Zur Färbung der Schnitte leistete die ÜEiDENHAiNsche Hämatoxylinfärbung die besten Dienste. Als sehr zweckmäßig erwies es sich, die getrockneten Schnitte vor dem Lösen des Paraffins — es wurde ausschließlich solches von 60^ Schmelztemperatur angewendet — in eine Alkohol- Äther- lösung von Photoxylin einzutauchen, wodurch das lästige Fortschwim- men der Chitinleisten (oder ganzer Schnitte!) vermieden wurde, ohne daß die Schnitte dadurch in der Tingierbarkeit beeinträchtigt worden wären. A. Zur Biologie der Ameiseugrilleii, insbesondere von Myrmecopliila acervorum Panz. I. Geographische Verbreitung, Wirtsameisen und Ökologie. 1. Die geographische Verbreitung von Myrmecophila acervorum. So wenig Ai-ten die Gattung Myrmeco'phila aufweist, oder besser, so wenig von ihr bis jetzt bekannt sind, so verteilen sich diese doch auf alle fünf Erdteile. Das Verbreitungsgebiet unsrer einheimischen M. acervorum ist — wenigstens in seiner südlichen und westlichen Ausdehnung — relativ am besten umgrenzt. Es ist sehr merkwürdig, daß in dem großen Bezirk, den sie einnimmt, nur eine einzige Art {M. ochracea), und auch diese nur im südlichen Europa und Nordafrika, neben ihr vorkommt; merkwiü'dig auch deshalb, weil man diesem Insekt — dem einzigen Beitrag z.u i-inor Monographie der Gryllodeengattung Myrmecophila Latr. 41-") myrniekophilen Orthopter, das bis jetzt bekannt ist — wegen seiner sonderbaren Lebensweise kaum die zur Ausbreitung nötige Beweglich- keit zutraut, sondern bei ihm eher die Bildung lokaler Rassen oder Varietäten anzunehmen geneigt ist^. Wenn man die zahlreiehen, in der Literatur verstreuten Fundorts- angal)en überblickt, so findet man, daß M. acervorum in einem großen Teile Süd- und Mitteleuropas vorkommt, daß jedoch die Fundorte sehr vereinzelt und zerstreut liegen. In Großbritannien, den skan- dinavischen Ländern und dem nördlichen Rußland scheint sie nicht vorzukommen. Relativ die meisten Fundorte sind in dem ento- mologisch am besten erforschten Deutschland festgestellt worden, wo als nördlichster Punkt ihres Vorkommens Königsberg anzusehen ist (Elditt 18G2). Der nächst südliche Fundort ist Berlin (Philippi 18:50). Von Thüringen meldet sie Fischer de Freie. (1853); ich selbst erhielt aus Jena eine Anzahl Exemplare von Herrn Tornier in Friedrichsort b. Kiel und eines von Schloß Goseck im Saaletal von Herrn Seminaroberlehrer Ehrmann in Leipzig. Sie kommt ferner vor bei Halle (Burmeister 1839) und Eisleben. In Sachsen wurde sie bereits von Märkel (1841, 1844) bei Pirna (Eibtal) gefunden, von Viehmeyer bei Dresden (Pillnitz) und Meißen, von Herrn cand. rer. nat. Krüger beiDippoidiswalde im Erzgebirge, von Leipziger Entomologen in dem östlich und südöstlich von Leip- zig gelegenen Porphyrkuppengebiet bei Grimma. Im östlichen Deutschland ist sie nur aus Oberschlesien bekannt (Kelch 1852). Vom südlichen Deutschland liegen leider nur spärliche Sammel- berichte vor. Tümpel (1907) bemerkt zwar, daß die Grille »an einigen Stellen in Bayern« vorkomme, macht jedoch leider keine näheren An- gab.^n. Nach Bruxner von Wattenvvyl (1892) fehlt sie jedoch in Süddeutschland. Herr cand. rer. nat. Stich aus Nürnberg, der in Mittel- und Oberfranken, sowie im Fränkischen Jura sehr eifrig nach Myrmekophilen gesucht hat, sagt mir, daß er Myrmecophila in diesen Gebieten nie angetroffen habe. Ebenso teilt Wasmann (1901) mit, daß er sie im Rheinland, sowie in Holland und Luxemburg in den Tausenden von Ameisennestern, die er während 16 Jahren unter- sucht hat, nicht gefunden habe. Von der Schweiz berichtet bereits Saussure (1877), daß Myrme- cophila dort nicht vorkomme, eine Angabe, die mir von Herrn Prof. Forel freundlichst bestätigt wurde. 1 s. S. 417. 27* 416 Fritz Schimmer, In Frankreich wurde sie gefunden: in Meudon b. Paris (Ser- viLLE 1839) und auf den I*^ d'Hyeres b. Toulon (Brunner v. Watt. 1882). In Südfrankreich fand sie auch Forel (nach brieflicher Mit- teilung). In Spanien fand sie Bolivar (1876) bei Valencia und Alicante. In Österreich und Ungarn wurde sie wiederholt angetroffen: In Böhmen von Lokaj (1860) (Brunner v. W. 1882), von Wasmann bei Mariaschein (1894), ferner in der Umgebung von Wien (Türk 1879), von Frivaldsky (1868) wiu-de sie am Eisernen Tor — bei Orsowa und Mehadia — festgestellt. Von Rußland sind nur zwei, von Fischer de Waldh. in seinen Orth. Imp. Boss. (1846) angegebene Fundorte bekannt. Der eine liegt bei Simferopol (auf der Krim), der andre bei Charkow^ also beide im Süden. In Italien mischt sich ilir Verbreitungsgebiet mit der ausschließ- lixjli südeuropäischen M. ochracea, da sie sowohl im Norden als im Süden vorkommt. Im Norden fand man sie: am Golf von Genua, und zwar bei Mentone (Moggridge 1874), bei Pisa, wo sie Savi (1819) entdeckte, und von wo ich 1907 ein Exemplar von Herrn M. Linke in Leipzig erhielt. Im Süden wurde sie von Silvestri (1903) bei Portici ziemlich häufig angetroffen. Merkwürdig ist, daß das euro- päische Verbreitungsgebiet nach Nordafrika übergreift. Bereits Lucas (1849) meldet das »Sphaerium mauritanicum« aus Algier, und Forel fand ein Exemplar bei Tabessa in Tunis (Wasmann 1890). Es wäre gewagt, aus diesen teilweise höchst spärlichen Angaben weitgehende Schlüsse ziehen zu wollen über die Häufigkeit, bzw. Selten- heit dieses Insektes. Die Fundorte liegen zumeist bei großen Städten, d. h. eben da, wo die meisten Entomologen sammeln, und es sind mehr Stichproben, die man auf diese Weise erhält. Die Flüchtigkeit der Grille, die auch mir im Anfang manche Enttäuschung bereitete, dürfte zu einem Teil auch daran schuld sein, daß man ihr in den Sammlungen seltener begegnet. In Gebieten, in welchen sie vorkommt, kann man sie jedenfalls häufig, oder wenigstens nicht selten nennen, wenn man auch nur iri einem sehr kleinen Teil der untersuchten Kolonien die Grille zu Gesicht bekommt. Den Ausdruck »gemein«, oder gar »molto commune«, wie ihn Silvestri für das Gebiet von Portici anwendet, möchte ich für die von mir durchstreiften Gebiete nicht unterschreiben. Unter einzelnen, isoliert liegenden Steinen oder Steingruppen fand ich die Grillen nie, sondern es waren stets gewisse Territorien, wo viele Hunderte von Ameisenkolonien dicht beieinander lagen. Jedenfalls Beitrag zu einer Monoüiaphic der ( iryllodeengattung Myniiccojjhila Latr. 117 bieten gerade solche Gebiete zur Ausbreitung und Entwicklung der Tiere die besten Bedingungen. Solche Stellen aber, wo sich das Ameisen- leben ungestört entwickeln und entfalten kann, gibt es nicht allzu viele, und so mag die relative Verstreutheit und Seltenheit auch hiermit zusaniiniMihüngen. Nicht zu erklären ist jedoch auf diese Weise das völlige Fehlen der Grille in den von Forel und Wasmann so sorgfältig durchsuchten Gebieten, ebenso ihr Fehlen wenigstens in einem Teile Süddeutschlands. Es ist daher wohl möglich, daß M. acervorum eine im Aussterben begriffene Art ist, und daß dieser Prozeß in jenen Gebieten bereits beendet ist. Die Art der Fortpflanzung, über die in Kapitel IV zu reden sein wird, legt diese Vermutung eben- falls nahe, und wir werden bei dieser Gelegenheit nochmals auf diese Frage zurückkommen. Zum Schlüsse sei noch darauf hingewiesen, daß ein systematischer Vergleich der Species ccervorum auf Grund einer eigens dazu angelegten Sammlung aus den verschiedensten Gebieten noch gar nicht stattge- funden hat, und daß es durchaus nicht ausgeschlossen ist, daß der Systematiker, wenn ihm einmal ein ausreichendes, gut konserviertes Material zur Verfügung steht, verschiedene Rassen oder Varietäten herausfinden ynvd. Bereits Saussüre bemerkt: »Ce petit insecte varie dans sa livree du jaune-päle au brun-marron. Je ne crois pas que les esp.'ces qui ont ete distinguees presque uniquement d'aprcs la couleur, soient reellement differentes les unes des autres. Les individus de Dalmatie ont les Segments bordes de jaune; ceux de Grece et d'Algerie s )nt brun-roux« (Saussure, Mel. orth., T. V, p. 460). Ich selbst erhielt von Herrn Linke ein Exemplar von ccervorum, das bei Pisa in 600 m Höhe gefunden worden war, und das mir sofort durch seine dunkleren Querbinden auffiel, die im Alkohol überhaupt nicht hervortraten. 2. Die Wirtsameisen von Myrmecophila acervorum. Die Wirtsameisen der übrigen Spezies sollen im folgenden Ab- schnitt (3) angeführt werden. Einstweilen möge daraus folgendes hervorgehoben werden: Die Lebensweise der meisten Ameisengrillen scheint auf Mehr- oder Vielwirtigkeit, die einiger andrer dagegen auf Einwirtigkeit zu deuten. M. fergandei und M. nehrascensis wurden bei acht Ameisenrassen gefunden, man kann sie demnach als vielwirtig bezeichnen; jedoch mit gewissen Einschränkungen, da z. B. M. ne- hrascensis nach Wheeler (1900) in der Umgegend von Austin (Texas) einer Ameisenart, nämlich Formica fusca v. gnava Bucley entschieden 418 Fritz Schimmer, vor ihren andern Wirten, bei welchen sie auch gefunden wird, den Vorzug gibt. Es wird sich zeigen, daß bei M. acervorum etwas ähnliches zu konstatieren ist. M. ochracea scheint ebenfalls mehrwixtig zu sein. Sie bevorzugt jedoch gleichfalls eine ganz bestimmte Gruppe von Ameisen, nämlich die getreidesammelnden 31 essor- Arten des Mittel- meeres. Dagegen hat es den Anschein, als ob M. americana Sauss. {prenolepidis Wasm.)i einzig auf Prenolepis lornjicornis angewiesen sei. Bezüglich der übrigen Arten ist man zu sicheren Schlüssen kaum be- rechtigt, wie bei den übrigen amerikanischen und indischen Arten; oder es fehlen überhaupt jegliche Angaben über die Wirtsameise, wie bei M. dubia und 31. australis^. Für 31. acervorum führt schon Wasmann in seinem »Kritischen Verzeichnis « acht verschiedene Wirtsameisen auf, unter d drei Ameisen, bei welchen sie in Südeuropa und Nordafrika gefunden wurde, nämlich: in Algier: bei Aphaenogaster testaceopilosa Luc. (Lucas 1849), in Tunis: bei Camponotus dichrous For. (Forel!), in Oberitalien (Mentone): bei Camponotus lateralis Oliv. (Mogg- RIDGE 1874). SiLVESTRi (1903) sagt bezüglich des Neapeler Gebietes etwas all- gemein: »molto commune nei nidi di varie specie di formiche e spe- cialmente del Tapinoma. « Die Grille kommt also bei Neapel bei meh- reren Ameisenarten, jedoch vorzugsweise bei einer vor. Ich selbst neigte im Anfang meiner Beobachtungen dazu, unsre einheimische Art als panmyrmekophil anzusehen, änderte jedoch nach und nach meine Ansicht völlig. Ich hatte das Glück, zwei in ihrem Charakter ziemlich verschiedene Gebiete studieren zu können, in denen die Grille nahezu gleich häufig war. Das eine war ein in der Nähe von Eisleben gelegenes, mit Rasen bewachsenes Tal und umliegendes kahles Weinbergs- und Viehweiden- gebiet; das andre Gebiet lag einerseits mitten im Laubwald, anderseits an einem von Heidekraut bewachsenen und von Kiefern umsäumten sehr sonnigen Steinbruchsrand des Grimmaer Porphyrkuppengebietes. Das »Wiesengebiet« (es liegt — soweit es von mir durchstreift wurde — zwischen Oberröblingen a/S. und Rollsdorf, also im Bezirk des ehe- maligen sog. »Salzigen und Süßen Sees«) war den Leipziger Ento- mologen schon längst als ein typisches Ameisengebiet bekannt. Von den Feldern zusammengetragene Steine, sowie im Rösertal überall 1 Betreffs der Synonymie beider Arten vgl. den folgenden Abschnitt (3). 2 Beschreibung s. C (Systematischer Anhang) Nr. 11. Beitrog zu einer MoiKuria] hie der (Iryllddeengattung Myrnieeojiliila Latr. 419 verstreute .Schiefer eiiiei- verlassenen Stein])ruchshalde haben in dem wenig gestörten und nur zum Viehweiden benutzten Gebiet eine große Mence Anieisenkolonien mit ihren Gästen sich ansiedeln lassen. Ich habe folgende Alten bzw. Rassen festgestellt: 1) Myrnnca rubra L. subsp. laevinodis Nyl. 2) .1/. rubra L. subsp. ruginodis Nyl. 3) .1/. scralrinodis i. sp. Nyl. 4) M. scrahrinodis Nyl. subsp. rugulosa Nyl. 5) Tetramorium caespüum L. ()) Solenopsis jugax Ltr. 7) Lasius niger i. sp. L. 8) L. niger subsp. alienus Foerst. 9) L. fJavus Fabr. 10) L. umbratus i. sp. Nyl. 11) Formica fusca i. sp. L. 12) F. fusca L. v. fusco-rufibarbis For. Davon waren gemein: M. rubra, Tetramorium, L. niger und L. flavus; M. scabrinodis war nur an höher gelegenen trockenen Stellen zu finden, Solenopsis nur vereinzelt. L. alienus war seltener als L. niger, L. umbratus seltener als L. flavus, die beiden i^orw*ca-Rassen — F. rufibarbis i. sp. fehlte vollkommen, kam jedoch an andern Stellen dieses Bezirkes vor — mochten ungefähr gleich häufig sein. Der Cha- rakter des Gebietes wurde durchaus durch M. rubra, Tetramorium, L. niger und L. flavus bestimmt. Anders das »Hei de gebiet«. Hier waren folgende Ameisen vertreten: 1) M. laevinodis Nyl. 2) M. ruginodis Nyl. 3) M. scabrinodis i. sp. Nyl. 4) T. caespitum. 5) Camponotus herculaneus Ltr. subsp. ligniperda Ltr. 6) L. niger i. sp. L. 7) Formica sanguinea Ltr. 8) F. fusca i. sp. L. Den Charakter des Gebietes bestimmten die massenhaften Cam- ponotus und gemischten i^orm«ca-Kolonien, denen jedoch die Lasius- Kolonien an Zahl nicht nachstanden; auch Tetramorium war gemein. M. scabrinodis war sehr häufig am Waldrand zu finden, dagegen habe ich M. rubra nur vereinzelt beobachtet, was bei dem trockenen Boden 420 Fritz Schimmer, erklärlich ist. (Oberer Steinbruchsrand des Seelingstädter Hengst- berges.) Das zweite Waldgebiet befand sich auf dem Kollm bei Trebsen und enthielt an einer gelichteten Laubwaldstelle nur L. niger und L. flavus. Ferner war Herr H. Viehmeyer in Dresden so gütig, mir Notizen über ein ihm bekanntes Myrmecophila-Gehiet bei Pillnitz zu geben. Es handelte sich um einen nach Süden zu gelegenen Berghang, der mit gemischtem Wald bestanden war und — besonders an sonnigen, gelichteten Stellen — sowohl sanguinea-, jusca-, wie Lasius-Kolomen enthielt. Wasmann schreibt in seinem Kritischen Verzeichnis (S. 176), daß M. acervorum vorzugsweise bei F. sanguinea und fusca bzw. deren Mischkolonien vorkomme und nur »manchmal« bei andern Formen, unter denen er L. niger und alienus, M. laevinodis und Tetramorium anführt. Ferner ist Wasmann (1. c.) der Ansicht, daß die kleine Form (Larve) ausschließlich bei T. caesfitum vorkomme. Viehmeyer (1903) konstatiert für das Dresdener Gebiet, daß die Grille meist bei L. niger vorkomme. Als gelegentliche Wirte führt er an: L. flavus, F. rufi- barhis v. fusco-rufibarbis, M. scabrinodis, Camf. ligniperda. Ich bin auf Grund brieflicher Mitteilungen Viehmeyers und meiner eignen Beobachtungen zu etwas abweichenden Ergebnissen gekommen. Von dem mii' zur Verfügung stehenden Material von 182 Grillen stammten 68 aus dem »Wiesengebiet«, 83 aus dem »Wald- und Heide- gebiet«. Nach meiner Sammelliste verteilen sie sich wie folgt: I. Wiesengebiet: „,. , . Zalil der insgesamt se- Wirtsameise , , -r t • i lundenen indiviauen M. rubra (vorwiegend M. laevinodis) 29 L. niger 19 L. flavus 7 T. caespitum 7 F. fusco-rufibarbis 4 F. fusca . 1 L. alienus 1 II. Wald- und Heidegebiet: 1. Hengstberg b. Seelingstädt. L. niger 34 F. sanguinea + fusca 5 T. caesptitum 4 Beitrag zu i-iiuT .Moiiograpliic diT Gryllodeengattung Myrmccophila Latr. 421 2. Pi 1 1 iii tz. (Waldgebiet mit F. sanguinea und L. niger — Viehmeyer) Zahl (Um- insgesajut ge- Wirt>amei>o ,, , t i- • i tundcnen Indivicluen L. nujer ausschließlich 2G 3. Kollm b. Trebsen. L. niger 10 L. flavKs 2 Beim Versleich von I und II bemerkt man zunächst, daß die Grille im ersten Gebiet M. rubra, im zweiten dagegen L. niger als Wirt zu bevorzugen scheint. In I kommen auf L. niger 28%, auf M. rubra 43% aller Funde, in II dagegen 87% allein auf L. niger. Da in den Kolonien selten mehr als zwei bis drei, meist überhaupt nur ein Exem- plar gefangen wurde, so werden die Fehler dieser Verhältniszahlen nicht so groß sein. Daß M. rubra in allen Fällen (d. h. natürlich nur da, wo die Grille zwischen beiden wählen kann) L. niger vorgezogen wird, möchte ich nicht behaupten. Man wird jedoch nach diesen Angaben M. rubra nicht mehr als gelegentlichen Wirt der Grille bezeichnen dürfen. Ebensowenig darf man F. fusca und F. sanguinea gegenüber L. niger als Hauptwirte bezeichnen. Viehmeyers (1908 brieflich mit- geteilte) und meine Beobachtungen beweisen übereinstimmend ziemlich deutlich, daß das Umgekehrte der Fall ist. In beiden Gebieten stehen der Grille eine Unzahl Kolonien der blutroten Ameise zur Verfügung. Die Tabellen zeigen ferner, daß als Wirtsameisen in den bezeichneten Gebieten nicht in Betracht zu kommen scheinen: Camfonotus ligni- ferda, Myrmica scabrinodis, Solenopsis fugax. Jedoch beweisen die früheren Angaben Viehmeyers (1903), daß ein gelegentliches, ver- einzeltes Vorkommen bei C. ligniperda und M. scabrinodis nicht aus- geschlossen ist. Die übrigen in den Tabellen angeführten Ameisen weisen Zahlenverhältnisse auf, die zwar zum Teil durch die geringere Anzahl der Kolonien bedingt sind, denen man jedoch ziemlich gerecht wird, wenn man das Vorkommen der Grille bei ihnen ebenfalls als ein nur gelegentliches bezeichnet. Dazu habe ich noch zwei andre Funde zu notieren : Herr Felix Tornier in Friedrichsort b. Kiel fand bei Jena zwei Exemplare bei Tapinoma erraticum, Herr Max Linke in Leipzig mehrere Exemplare in einem Baumstamm bei Lasius brun- neus bei Rippach (Rgbz. Merseburg). — Wie oben bereits erwähnt, ist Wasmanx der Ansicht, daß die Jugendform der Grille bei kleineren Ameisen {Tetramorium) lebe, 422 Fritz Schimmer, wobei er die Frage, ob die eben aus dem Ei geschlüpften Grillen zu den Nestern der kleineren Ameisen wandern, oder ob die geschlechtsreifen Weibchen sich zum Zweck der Eiablage dahin begeben, offen läßt. An sich wäre ein Wirtswechsel ja nicht ausgeschlossen, da er auch bei Sym- philen vorkommt {Atemeies); allein beide Möglichkeiten erscheinen mir nach den mitzuteilenden Beobachtungen ziemlich unwahrscheinlich. Man kann bei M. acervorum sechs verschiedene Stadien unter- scheiden. Nach der zweiten Häutung begimit die Legescheide hervor- zusprossen, nach der fünften Häutung erst hat man die Imago vor sich. Die von Wasmann sogenannte »Larvenform« entspricht Sta- dium I und II, die »mittlere Form« den Stadien III — V. Nun fand ich von 149 Grillen bei T. caespitmii — das Material Viehmeyers nicht gerechnet, da ich über die Häufigkeit der Tetra- mon'wm- Kolonien in jenem Gebiet keine Kenntnis habe — drei Imagines, acht mittlere Formen, drei Larven, also Imagines ebenso viele als Larven und nur fünf mittlere Formen mehr als Larven, die dabei zum Teil an Größe nur wenig hinter der Imago zurückstanden. Tetramorium war aber in jenem erwähnten Gebiet I außerordentlich gemein, so daß die Möglichkeit zu den von Wasmann angegebenen Wanderzügen ge- geben wäre. Am Ufer des ehemaligen Salzsees gibt es sogar eine Stelle, wo sich fast ausschließlich Tetramoriwn-K.o\onien befinden und ein Stein am andern liegt. Gerade an dieser Stelle fand ich die Grille nie, obgleich ich sie immer wieder besuchte, während sie in dem kaum 500 m entfernten Lasius-Gehiet häufig war. Ich habe im ganzen 27 Jugendformen und 23 mittlere Formen gefunden, von denen entfallen : Larven auf: Mittlere Formen auf: L. niger 16 L. niger 18 31. rubra 7 M. rubra 1 T. caespitum 3 T. caespitum 8 L. flavus 1 L. flavus . 1 Daraus kann man wenigstens ersehen, daß die Grillen bei ver- schiedenen Ameisen ihre Entwicklung durchmachen, und daß man in ausgesprochenen Teframor^Mm-Gebieten die jüngeren Ent- wicklungsstadien bei den Ameisen am häufigsten trifft, bei welchen sich auch die Imagines aufhalten. In den weniger zahlreichen Fällen, in welchen ich die Grille bei größeren Ameisen fand, bemerkte ich allerdings keine jüngeren Stadien (zwei der bei Beitrag /ii ciiicr Mdiu'graphie tlcr (liylldclccngattiini,' Myrmecophila Lalr. 423 F. sangui)tea gefundenen Grillen waren joddcli im fünften Stadium); doch ist die Zahl jener Fälle zu gering, daß man ihr Vorkonmien für gänzlich ausgeschlossen halten müßte. Möglich ist es immerhin, daß eine Larve eine .vfl«(/Mmm-Kolonie verläßt und zu einer Lasius-}^o\onie wandert, ebenso kann man sich natürlich auch denken, daß ein Weib- chen vor der Eiablage die Wohnung wechselt. Ich glaube jedoch nicht, daß später ein Zurückwandern erfolgt, weil dagegen die Zahlen der angeführten Tabellen sprechen, und ich glaube vor allem nicht, daß ein gesetzmäßiger Wirtswechsel wie bei Atemeies stattfindet. — Ich habe mehrfach beobachtet, daß verlassene Zflsiws-Nester {L. niger ist zu häufigem Xestwechsel geneigt) von Tetramorium besiedelt wurden und konnte es bei Seelingstädt durch bloßes Aufdecken der Steine einmal dahin bringen. Bleiben nun unter einem solchen Stein Eier der Grille zurück, und "svird das Nest von Tetramorium besetzt, so erfolgt das Ausschlüpfen der jungen Grille bei diesen Wirten, bei denen sie \äelleicht eine Zeitlang bleibt, um schließlich die von ihr bevor- zugten Wirte aufzusuchen. Der Umstand, daß die Grille bei den mittelgroßen Lasius n'ger und My)mica rubra am häufigsten, bei den großen Formica-Aitaii und den kleinen Tetramorium dagegen seltener zu finden sind, legt es nahe, anzunehmen, daß der Grund in dem Größen Verhältnis zwischen Grille und Wirtsameise liege, das tatsächlich bei ihren hauptsächlichsten Wirten am günstigsten ist. Die biologi- sche Erklärung dieses Größen Optimums ward in Kap. II erörtert werden. 3. Geographische Verbreitung und Wirtsameisen der übrigen Myrmecophila-Ai'ten. 1. M. ochracea. Das Verbreitungsgebiet vom M. ochracea erstreckt sich auf einen Teil Südeuropas, Nordafrikas und Kleinasiens. Sie wurde festgestellt: in Sizilien (bei S}Tacus, Fischer de Fb. 1853), bei Portici, wo sie nach SiLVESTKi (1903) gemein ist und neben acervorum vorkommt. Ebenfalls neben acervorum wurde sie bei Pisa gefunden (Linke!). Sie wurde weiter festgestellt: bei Triest (Stich!), bei Cattaro (Dal- matinische Küste, NovAK 1888), auf Korfu, bei Athen, auf Syra (Brünner v. AVatt. 1882), auf Euboea (b. Dystos, v. Oertzen! — Kgl. Mus. in Berlin), auf dem Lasithigebirge von Kreta (v. Oertzen! — Kgl. Museum in Berlin), beiSmyrna »und andern Orten Kleinasiens« (Brunner v. W.), 42 i Fritz Schimmer. All der nordafrikanisclien Küste ist sie bisher nur in Tunis (Forel!) gefunden worden (Wasmann 1890). Die Wirte von M. ochracea scheinen in erster Linie die verschie- denen Messor-Aiten (bzw. -Rassen) des Mittelmeergebietes zu sein, wie Wasmann (18901) angibt, und wie von Silvestri (1903) bestätigt wird. Sie wurde bis jetzt gefunden bei: Messor harbarus Emeryi (Forel! Tunis) (Wasmann 18901), M. harbarus structor Ltr. (Silvestri! Portici) und (Linke! Pisa). M. harbarus minor (Silvestri! Portici). Pheidole fallidula Nyl. (Emery! Neapel), (Wasmann, Krit. Verz.). Liometopum microcepJiahim L. (Emery ! Neapel) ? ^ (Wasmann, Krit. Verz.). Bei Ph. fallidula Nyl. wurde von Emery eine Larve gefunden, weshalb Wasmann (Krit. Verz. S. 177) der Ansicht ist, daß die Jugend- formen überhaupt bei dieser Ameise leben, und ein ähnlicher Nest- wechsel stattfände, wie er für M. acervorum annimmt. Silvestri unter- läßt es leider, diesbezügliche Angaben zu machen, und so kann ich nicht entscheiden, ob die WasmannscIib Hypothese, die wir für M. acervorum als wenig glaubhaft hinstellten, bei M. ochracea den Tat- sachen entspricht. Ein einziger Larvenfund — wenn ich recht unter- richtet bin, handelt es sich tatsächlich nur um ein Exemplar — dürfte zu einem Beweise kaum genügen. 2. M. salomonis. M. salomonis ist bis jetzt in einem einzigen Exemplar von Forel in Tunis gefunden worden, und zwar bei Monomorium salomonis L. (Wasmann 1890). 3. Die Myrmecophila- Arten Nordamerikas. Den nordamerikanischen Ameisengrillen ist mit unsern beiden euro- päischen Arten gemein, daß ihr Verbreitungsgebiet zum Teil ein ähnlich großes ist, daß sie jedoch in einzelnen Gebieten völlig zu fehlen scheinen. So sagt Scudder (1899) über ihre geographische Verbreitung: » The different species are widely distributed over our country, but there are vast tracts, where none are yet known to occur, although the conditions would appear wholly favorable. Two species are found on the Pacific coast west of the 1 Bezeichnung nach Emery. 2 Vgl. S. 430. Beitrag zu oim !• Monographie der CMyllodeengattung Myrmecophila Latr. 425 Sierras. one in tiie north, tlu- otlur in the soiitli; two others west of the Mississippi and east of the Hoeky Mts., one of theni having been found in Minnesota, Nebraska and nortliern New-Mexieo, the other in eastern Nebraska only; while the fifth species is eonfined to the Atlantic coast from Maryland to Georgia. The interior basin between the great contincntal range.s, the Gulf States, and the region be- tween the AUegiianies and the Mississippi, as well as the North Atlantic distriet, are, so for as we yet kiiow. iininhal)itcd by Mijrmccophila. M. / ergnndei Brun. Columbia -Distrikt (Pergande!) (Scudder 1899). Georgia (Morrison!) (Scudder 1899). Maryland (Bruner 1884). Im Columbia-Distrikt wurde M. pergandei von Pergande »sehr häufig« bei folgenden Ameisen gefunden (Scudder): Camponotus melleus Say, C. pennsylvanicus De G., C. marginatus Latr., Formica subsericea Say, F. rntegra Nyl., Aphaenogaster tennesseEensis Mayr, Crematogaster lineolata Say, Formica pallidefulva Ltr. (Wasmann, Krit. Verz.). Pergande hebt, nach den Mitteilungen Scudders, keine hervor, die als Wirt von M. pergandei besonders bevorzugt wäre. Jedoch be- merkt Wasmann (Krit. Verz. S. 177) auf Grund seines von Pergande erhaltenen Materials, daß die erwachsenen Formen vorzugsweise bei F. fusca subsericea, die Larven und mittleren Formen vorwiegend bei Crematogaster lineolata lebten. Die übrigen von Scudder angeführten Ameisen werden als mehr gelegentliche Wirte aufgefaßt. — Zwischen i'. subsericea und Cr. lineolata besteht kein beträchtlicher Größenunter- schied, daß man diesen hier zur Begründung der WASMANNSchen Hypo- these heranziehen könnte. Inwieweit die Tatsachen dafür sprechen, entzieht sich meiner Beurteilung, da mir nur das — durch Herrn Prof. Wasmann freundlichst zur Verfügung gestellte — bei Crematogaster gefangene Material durchzusehen möglich war. Dieses Material, aus zehn Kolonien entnommen, enthielt allerdings vorzugsweise mittlere und Larvenformen; nämlich von 21 Individuen acht Larven, sieben mitt- lere Formen und sechs Imagines, von denen fünf Männchen, also auch etwas kleinere Formen als die 4,3 mm großen Weibchen waren. Das 426 Fritz Schimmer, gleiche Material enthielt eine 1,4 mm lange Larve, die bei Aph. ten- nesseeensis gefangen war. Diese Ameise ist ungefähr 4,5 — 5,5 mm lang, also ungefähr unsrer Myrmica rubra entsprechend. Ich halte jedenfalls die Frage über die Wirtsameisen der Larve von M. ocliracea, fergandei und ebenso der übrigen Arten noch nicht für entschieden, glaube jedoch nicht, daß sich wesentliche Unterschiede von dem Verhalten unsrer M. acervorum herausstellen werden. M. formicarum Scudd. M. formicarum ist an mehreren Orten Kaliforniens gefunden worden, bei Sisson mit Catnponotus laevigatus Sm. (Morse!) (Scudder 1889). M. oregonensis Brun. Britisch Columbia (Taylor!) und Oregon, bei Formica neorufi- barbis Em. (Morse!) (Scudder). M. nebrascensis Brun. Das Verbreitungsgebiet von M. nebrascensis ist bei weitem das größte der fünf nordamerikanischen i\j"ten, da es sich über das ganze Gebiet zwischen Rocky Mts. und Mississippi erstreckt. Sie wurde bis jetzt in folgenden Staaten gefunden: Nebraska (Brunner!) (Scudder), New Mexiko (Cockerell!) (Scudder), Minnesota (Lugger!) (Scudder), Texas (Wheeler 1900). Wheeler fand die Grille in Texas (Umgebung von Austin) bei folgenden Ameisen: F. fusca L. subsp. subsericea Say v. gnava Buckley (am häu- figsten), weniger häufig bei: Pogonomyrmex barbatus Sm., selten bei: Camyonotus castaneus Latr., Pachycondyla harpax Fab. In New-Mexiko wurde sie hei F. exsectoides gefunden und bei einer Ameise der rw/a-Gruppe (Bruner!) — vielleicht: Formica puber ula Em., F. integroides Em., F. rubiginosa Em, oder andern Formen. Beitrag zu einer Monographie der (Iryllodcengattuii^ Myriiucophilii Latr. 427 M. nehawkae Brun. Nebraska — bei Crenmtogaster lineolata Say (Bruner!) (Scudder). \. M. americana Sauss. und M. prcnolc pidis Wasm. Diest^ boidoii Formen sind in geographischer Beziehung sehr inter- essant. Als Heimat der zweiten Art, M. frenolepidis, wurde von Was- MANX (1905) Indien bezeichnet, wo sie von Assmuth in Bombay und bei Khandahi bei einer einzigen Ameisenart, nämlich Prenohpis longi- cornis Latr. in großer Zahl gefunden und an Wasmann gesandt worden war; ferner war sie noch von P. Heim im Ahmednagar-Distrikt (b?i Walion) gesammelt worden. Bei derselben Ameise wurde sie von Herrn Dr. E. A. Göldi in Para (Brasilien) gefangen. Wasmann erkannte, daß die indische Grillenart und die bei derselben Ameise gefundene brasilianische identisch seien und erklärte diese seltsame Erscheinung mit der einleuchtenden Hypothese, daß Prenolepis longi- cornis samt ihren Gästen [Myrtnecophila und Coluocera, einem myrme- kophilen Käfer aus der Familie der Lathridiiden) durch die Schifffahrt von Indien nach Brasilien verschleppt worden seien. M. americana Sauss. war, wie bereits in der Einleitung erwähnt wurde, Wasmann entgangen. Nun gestehe ich gern, daß ich nach der sehr dürftigen Beschreibung Saussüres (Mel. orth., T.V p. 461) ebenso- wenig imstande gewesen wäre, einen Vergleich beider südamerikanischer Arten anzustellen. Ich besichtigte, um die Beschreibung Saussüres wenn möglich zu ergänzen, die vier Exemplare des Berliner Kgl. Mu- seums, auf welche sich Saussüres Diagnose bezieht und war nicht wenig überrascht, in ihnen sogleich die mir aus dem reichen Wasmann- schen Material Avohlbekannte M. frenolepidis wieder zu erkennen. M. americana ist von derselben Größe wie vrenolepidis, ist ebenso dunkel schwärzlichbraun (im aufgetrockneten Zustand) gefärbt und durch dieselbe charakteristische, fast das ganze Mesonotum einnehmende Querbinde ausgezeichnet. Ferner läßt sich an zwei der im übrigen in miserablen Zustand befindlichen Exemplare die für M. prenolepidis typische kurze und stumpfe Legescheide erkennen (Textfig. 23, Beschr. s. syst. Anh. Nr. 9). Ich stehe daher nicht an, der allgemeinen Regel folgend, den — allerdings treffenderen — Namen M. prenolepidis zu streichen und dafür den älteren M. americana Sauss. wieder einzuführen. Das Rätsel der geographischen Verbreitung dieser Art wird diu-ch diese Feststellung kaum komplizierter als es vorher war. Saussure gibt als Heimat von M. americana Columbia an; die vier Exemplare der Berliner Sammlung tragen — außer dem Namen des Sammlers 428 Fritz Schimmer, (Moritz) — keine nähere Bezeichnung, auch fehlt die Angabe der Wirtsameise. Wasmann (1905) hebt hervor, daß Prenolepis longicornis in der ganzen heißen Zone, mit Ausnahme von Australien, vorkomme, daß sie jedoch in Ostindien und den benachbarten Gebieten Südostasiens am häufigsten sei, weshalb er den östlichen Schwingungspol des Äquators als Heimat sowohl der Ameisen als ihrer beiden Gäste Myrmecophüa und Coluocera ansieht und die Hypothese aufstellt, daß Prenolepis longicornis durch den Jahrhunderte dauernden Handelsverkehr nach dem südamerikanischen Festland eingeschleppt sei. Dafür sprechen nach seiner Ansicht zwei Umstände : erstens, daß das Verbreitungsgebiet der P. longicornis in Südamerika sich nur auf die Küsten erstrecke; und zweitens, daß nach den Beobachtungen Assmuths (s. a. Assmuth 1907) P. longicornis samt ihren beiden Gästen zu häufigen Umzügen geneigt ist. Ob P. longicornis auch in Columbia vorkommt, ist mir nicht be- kannt; es ist jedoch kein Grund vorhanden, nach den Mitteilungen Wasmanns, es nicht anzunehmen und daher auch wenig Grund, die für M. prenolepidis einzig annehmbare Hypothese nicht auch zur Er- klärung der Synonymie von M. prenolepidis Wasm. und M. americana Sauss. heranzuziehen. 5. Vier noch unbeschriebene Arten aus Indien. Außer M. prenolepidis Wasm. werden von Wasmann vier weitere Formen erwähnt (Krit. Verz. und 1905^), von denen zwei vorläufig als Varietäten von acervorum angeführt werden (s. syst. Anh. Nr. 12). Wasmann ist selbst der Ansicht, daß sie sich später vielleicht als von acervorum verschiedene Arten herausstellen werden : 1) 31. acervorum var. Orisa (Ind. Nordostküste) — bei Bothroponera sulcata Maja* (Tay- lor!), 2) M. acervorum v. ßavocincta Wasm. Kanarä (Ind. Südwestküste) — bei Plagiolepis longipes Jerd. (Aitken!). Wasmann hält 2) für die Larve von 1). Die beiden andern For- men sind von Wasmann noch nicht benannt worden. Die eine (syst. Anh. Nr. 12 c) wurde in Wallon (Ahmednagar-Distrikt) bei Pheidole wroughtoni For. gefunden (Heim!), die andre (syst. Anh. Nr. 12 d) in Nordwestindien bei Camponotus* compressus F. (Smythies!). Endlich Beitrag zu einer ^ronoüiaphie der Gryllodeengattung Myrniee()])hila Latr. 429 erwähnt Wasmann in einer Fußnote einige selir kleine Exemplare, die ebenfalls in Wallon, jedoch bei Plieidole sulcaticeps-poonensis For. ge- fangen wurden und die vielleicht als Larven der bei Ph. uroiightoni gefundenen Form anzusprechen sind. (). M. dubia Sauss. Die einzige andre Stelle in Asien, an der Myrmecophila gefunden wurde, sind die südöstlich von Singapur gelegenen Bintang-Inseln^, wo .1/. dubia Sauss. von Böttger entdeckt wurde (Saussure 1877). (Das einzige gut erhaltene Exemplar befindet sich im Kgl. Museum zu Berlin, Kat.-Nr. 4:078.) Saussure ist wegen der großen Ähnlich- keit, die diese Art mit M. acervorum besitzt, der Ansicht, daß sie aus Europa »avec des plantes de jardins« eingeschleppt worden sei. Nun ist allerdings diese Ähnlichkeit mit acervorum eine sehr große, daß man kaum einen andern Unterschied herausfinden kann als den sehr unzuverlässigen der Farbe : M. dubia ist etwas heller braun gefärbt als iicervorum. Dagegen stimmen Größe, Breite und Farbe der Pro- und Mesonotumbinden anscheinend völlig mit den gleichen Merkmalen unsrer einheimischen Grille überein (syst. Anh. Nr. 9). Ich hielt zu- nächst eine Verschleppung ebenfalls für nicht unmöglich. Herr Prof. FoREL sagte mir jedoch, daß eine Verschleppung mitteleuropäischer Ameisen nach tropischen Gebieten ausgeschlossen sei; was aber für den Wirt gilt, gilt erst recht für den Gast, und man wird daher M. dubia als endemische Art dieses Gebietes anzusehen haben, deren Merkmale allerdings stark nach acervorum konvergieren. 7. M. australis Tepper^. In Australien ist bisher nur diese einzige Art gefunden worden, von der sich ein Exemplar im Berliner Kgl. Museum befindet und das den Vermerk trägt: »Südaustralien, unter Ameisen, Adelaide, Koll. ZiETZ, « Die Wirtsameise selbst ist leider nicht beigegeben. Dieser Fund ist deshalb sehr interessant, weil durch ihn das Gesamtverbrei- tungsgebiet der Gattung bedeutend erweitert wird und die An- nahme, daß diese über die ganze Erde verbreitet ist, eine weitere Stütze erhält. 1 Saussure (Mel. orth. S. 461) schreibt irrtümlich »Bitang<', die Fundorts- etikette trägt den richtigen Namen. 2 Beschreibung s. syst. Anh. Xr. 11. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 28 i30 Fritz Schimmer, 4. Ökographische Notizen. Die Grillen beim Nestwechsel ihrer Wirte. In ökologischer Beziehung scheinen die Grillen ein ziemlich ähn- liches Verhalten insofern zu zeigen, als sie sich vorwiegend bei den Ameisen aufhalten, die entweder ganz oder doch zumeist unter Steinen leben. Wenn man den Stein einer 3Iyrmecophila-\ialtigei\ Kolonie auf- deckt, so findet man meist ein oder mehrere Individuen an der Unter- seite des Steines sitzend; sie halten sich im Ameisengewühl auf, wo es am dicksten ist. Versuche, der Grillen, die im Nestinneren sitzen, hab- haft zu werden, mißlingen meist, da sie mit unglaublicher Geschwindig- keit ein neues Loch ausfindig machen, in dem sie auf Nimmerwieder- sehen verschwinden. Die Zahl der Grillen in einem Nest scheint bei M. acervorum im Durchschnitt nicht beträchtlich zu sein. Mittlere Kolonien von M. laevinodis enthielten selten mehr als zwei bis drei Grillen. Wasmann (1901) fand bei Mariaschein eine F. sanguinea- Kolonie mit 18, ich eine L. wr'^er-Kolonie mit zehn Grillen. Diese Fälle scheinen seltener zu sein. M. nebrascensis fand Wheeler (.1900) da- gegen zu 20 — 30 Individuen in einem Nest. Ebenso deuten die An- gaben AssMUTHs (Wasmann, 19051) darauf hin, daß M. americcma zu vielen in einem Neste lebt. In Baumstümpfen scheinen die Grillen nur vereinzelt vorzukommen. Eine mir von Herrn Linke in Leipzig gezeigte Kolonie von L. niger, die sich in einem Eichenstumpf (bei Altenbach) angesiedelt hatte, enthielt fünf Grillen, die durch Aufspalten des Holzes mit dem Stemm- eisen zum Vorschein kamen. In dem umgebenden Waldbezirk lagen keine Steine umher. Ich vermute, daß der Baumstumpf von dem von zahlreichen L. niger-K.o\omen bewohnten, etwa 100 Schritt ent- fernten Waldrand aus besiedelt worden ist, und daß die Grillen ihren Wirten bei der Auswanderung gefolgt sind (s. d. Ende dieses Abschnittes). Der einzige weitere ähnliche Fall ist der mir gleichfalls von Herrn Linke mitgeteilte und schon erwähnte Fund bei Rippach {Lasius brunneus); das Vorkommen bei L. brunneus war bereits im vorigen Kapitel als ein nur gelegentliches, vielleicht sogar zufälliges bezeichnet worden. Ferner sah Emery (1891) »in Portici mehrmals eine kleine blasse Ameisengrille am Eingang der Nester von Liometopum micro- cephalum Panz.«, einer in Italien häufigen und ausschließlich Eichen- stämme bew^ohnenden Ameisenart. Silvestri äußert sich zu dieser Angabe Emerys nicht, so daß es unentschieden bleiben muß, ob Lior metopum microcephalum Myrmecophila — Wasmann vermutet, daß Beitrag /u tiiuf Monograph'H' cU-r (irvUodeengattung Myrmccophila Latr. 431 ochracea ueiuoint ist — als häufigen oder nur gelegentlichen Gast besitzt. Nahe liegt jeiloch, anzunehmen, daß auch M. ochracea vor- zugsweise unter Steinen anzutreffen ist, wie iliic Wirte, die hau])tächlich unter Steinen lebenden il/cssor- Arten. Bruner (1884) bemerkt zu M. pergatidei und M. oregonensis, daß sie bei verschiedenen Ameisen anzutreffen seien, jedoch speziell bei solchen, »as live in rotten stumps and logs or under stones in damp localities«, und Wheeler (1900), daß M. nebrascensis vorzugsweise bei den unter Steinen lebenden F. fusca-subsericea var. gnava vor- komme. Eine Notiz Scudders (1899), Myrmecophüa oregonensis sei >' common in British Columbia under almost every slab of wood in some places, whether there are ants or not« wird von ihm mit Recht als un- glaubwürdig hingestellt. Jedenfalls beruht diese Beobachtung (die ScuDDER von Herrn Dr. Fletcher mitgeteilt worden war) auf einer Verwechslung. Am merkwürdigsten ist in ökologischer Beziehung die Lebens- weise von M. americana Sauss., die von Assmuth in Bombay studiert \\'urde (Wasmanx 1905). Prenolepis longicornis, die Wirtsameise jener Grille, hat nach Ass- muth (1907) höchst verschiedenartige und zum Teil seltsame Quartiere, die mit ihrer Gewohnheit, in oder bei menschlichen Wohnungen sich anzusiedeln, zusanmienhängen : Mauerritzen, Fugen im Fußboden- belag, Hohlräume unter Balken und Dachziegeln, Blumentöpfe, leere sowie gebrauchte, beliebige Löcher in Bäumen, vertrocknete aufgerollte Blätter und ähnliche Schlupfwinkel. Bei der Mühelosigkeit, ein neues Quartier zu finden, ist P. longicornis zu häufigem Nestwechsel geneigt, der besonders die zur trockenen Jahreszeit im Freien angesiedelten Kolonien mit Eintritt der Regenperiode zwingt, nach geschützten Stellen des Hauses umzuziehen. Es ist nun sehr interessant, daß sich M. ame- ricana an die Wanderlust ihrer Wirte völlig angepaßt hat und mit ihnen von Ort zu Ort zieht. Assmuth (1. c. S. 363/64) schreibt wörtlich: »Erst erschpincn einige Plänklor oder Kundschafter, die vor dem Nest- eingang unruhig hin- und hersuchen oder auch eine Strecke weit in der Richtung zum neuen Neste auf der beim bevorstehenden Umzug zu benutzenden Straße voranlaufen und dann wieder zum alten Hause zurückkehren. Finden sie den Weg frei und melden dies daheim, dann kommt mit einem ^lale die ganze Pro- zession aus dem engen Nestloch hervorgestürzt, und das mit einer Hast und mit einer Eile, als ob die Kolonie sich auf der wildesten Flucht befände. Dicht ge- drängt, in ziemlich breiter Reihe, rennen die Prenolepis, so schnell sie nur kömien, voran. Mitten zwischen ihnen verstreut bemerkt man die zahlreichen schwer- fälligeren Königinnen. Viele von den Arbeitern tragen Larven oder Puppen in 28* 432 Fritz Schimmer, den Zangen, andre rasen unbelastet mit um so größerer Schnelligkeit voran. Zu dem Ameisenzuge gesellen sich die verschiedenen Gäste. Es machte mir immer besonderes Vergnügen, diese zu beobachten. Als erste zeigten sich die ziemlich schnell und stoßweise laufenden, mit den Prenolepis fast gleichen Schritt haltenden 2Ii/rmecopJnla. Als letzte erschienen die kleinen rotbraunen CoUiocera« (myrmekophiler Lathridiide). Diese Beobachtungen Assmuths bilden eine hübsche Bestätigung dessen, was Sa vi bis jetzt als einziger über die auswandernden M. acervorum berichtet hat. Obgleich Wasmann diese Stelle bereits in der Übersetzung zitiert, möchte ich sie, um vollständig zu sein, hier noch- mals mitteilen (nach Wasmann): » . . . . Beobachtet man dann die lange Pi'ozession, welche die alte Wohnung mit der neuen verbindet, so sieht man die kleinen Grillen, welche zugleich, ver- mengt mit den Ameisen hier und dort, zur neuen Wohnung gehen, mit Unter- brechungen marschierend und stoßweise kleine Anläufe nehmend, welches ihre gewöhnliche Bewegungsweise ist. Sie gehen nicht hinaus vor dem Schluß der Wanderung, wenn die Weibchen hinausgehen; sie gehen direkt zur neuen Woh- nung, ohne wieder umzukehren und machen nur auf jenen Zwischenstationen Halt, welche die Arbeiterinnen erreicht haben, um sich auszuruhen. Da es mir selbst weder in dem teilweise von hohem Gras bestan- denen Wiesengebiet, noch weniger bei Seelingstädt, wo von Heide und meterhohem Gras alles überwuchert war, gelang, einen geordneten Wanderzug der Ameisen zu verfolgen, versuchte ich am 9. September 1908 mein Heil auf einem von Vegetation entblößten Beet meines Gartens. Ich setzte 3^^ ein LuBBOCK-Nest mit einer sehr volkreichen Kolonie von L. niger und drei Grillen in die Mitte des Beetes und legte etwa 30 cm davon entfernt einen flachen Stein samt einer Grasscholle auf die Erde. Die Ameisen wurden durch mehrmaliges Lüften des Deckels und verschiedene andre Insulte gestört, so daß sie um 4 l^hr begannen, nach jenem Stein auszuwandern, nachdem ich an der benachbarten Ecke des LuBEOCK-Nestes einen Ausgang geschaffen hatte. Ich folge im übrigen meinen während der Beobachtung gemachten Notizen: >> 4 Uhr. — 25 — 30 Ameisen verlassen das Nest und patrouillieren zerstreut umher, einige haben den Stein erkundschaftet. 4^. — Nach der dem LuBBOCK-Nest gegenüberliegenden Kante des Steines hat sich eine Straße formiert, auf der ein regelmäßiges Hin und Her von plänkelnden Ameisen stattfindet. 4'^. — Die erste Puppe wird hinübergetragen. 423. — ]3jg Königin A\ird hinüber geschleppt, von einer kleinen Schar sie beständig zerrender und leitender Ameisen umgeben. Die Beitrag zu eiiicr ^lonographio der Clrvllocleenoiittung Mynnccnphila Latr. 433 Grillen laufen geschäftig im Nest im Gewühl der forteilenden und noch unvermindert wiederkehrenden Ameisen umher. i-^. — Weitere Kundschafter haben das etwa 80 cm entfernte, in die Erde führende Loch eines Regenwurmes ausfindig gemacht; eine zweite Straße bildet sich vom Stein nach diesem Loch, in dem nach einigen Minuten auch die ersten Ameisen mit Larven und Puppen verschwinden. 4^'5. — Die vom LuBBOCK-Xest nach dem Stein führende Straße ist bereits schwächer bevölkert; nur noch wenige Larven im Nest. 450. — Die erste Grille wandert bis zur Ausgangsöffnung, die sie prüfend untersucht; kehrt um. Gleich danach die zweite Grille, die ebenfalls wieder Kehrt macht. 4-^-. — Die erste Grille verläßt das Nest, trifft mit einer zurück- kehrenden Ameise zusammen: kurzes Betasten mit den Fühlern a u f b ei d e n S e i te n , genau wie bei den häufig sich begegnenden Ameisen. Dann läuft die Grille (I) schnurgerade nach dem Stein, unter dem sie verschwindet und wo sie vorläufig verborgen bleibt; sie folgt genau der in diesem Augenblick unbegangenen Straße. Gleich darauf auch die zweite Grille; auch sie biegt nicht 1 cm von der Straße ab und bleibt unterm Stein; der Larventransport vom Stein nach dem Loch dauert fort. 5 Uhr. — Die dritte Grille, die nur einen Fühler besitzt, betritt mehrere Male die vom LuBBOCK-Nest führende Straße, biegt jedoch jedesmal nach rechts oder links ab und kehrt zum Nest zurück. 5^. — Grille I verläßt den Stein und läuft, ohne einer Ameise zu begegnen, jedoch genau auf dem von den Ameisen eingehaltenen Wege, nach dem 80 cm entfernten Jjoch, in welchem sie nach kurzem Zögern verschwindet. Mehrere Ameisen, Puppen tragend, folgen in einiger Entfernung. 51-. — Grille II kommt wie I unterm Stein hervor, läuft zum Loch und verschwindet. ö^^. — Ich setze III, die in dem fast leeren Nest umherii-rte, auf die erste Straße, sie läuft schnell und ohne Unterbrechung nach dem Stein. ö-*-^. — Die letzten jungen Ameisen werden von älteren Arbeitern zum Loch transportiert. III nicht mehr sichtbar; möglich, daß sie mir entgangen ist, denn als ich den Stein und die Grasscholle aufhob, war sie nicht zu sehen.« Während der folgenden 2 Tage sah ich nirr einzelne Ameisen auf meinem Beete umherstreifen; das ursprüngliche kleine Loch war ver- 434 Fritz Schimmer, schüttet und die Ameisen offenbar nach einem neuen Quartier gezogen. Da ich noch weitere Umzüge zu beobachten hoffte, grub ich die lockere Erde nicht auf, sondern wartete, ob nicht irgendwo eine Nestöffnung zu finden sein möchte. Bereits am nächsten (3.) Tage fand ich am äußersten Beetrand eine der ersten völlig gleiche Öffnung in der Erde, in welcher einige Ameisen aus- und eingingen. Schon wollte ich be- ginnen, den Boden ein wenig aufzugraben, als eine meiner drei Grillen mit lebhaft sichernden Antennen in der Öffnung erschien; im nächsten Augenblick jedoch war sie bereits wieder im Loch verschwunden. Ich unterließ das Aufgraben. Die Ameisen blieben jedoch auch hier nicht. Wohin sie mit ihren anhänglichen Gästen wanderten, konnte ich leider nicht mehr feststellen. Dieser Versuch bestätigt im ganzen die Beobachtungen Sa vis (und auch AssMUTHs), fügt jedoch einige bemerkenswerte Einzelheiten hinzu. Mit Savis Notiz stimmt zunächst überein, daß die Grillen zuletzt (»nicht vor dem Schluß der Auswanderung«) auswanderten, ferner daß sie (außer III) direkt, ohne Unterbrechung nach dem neuen Neste zogen. Bei Savi (und Assmuth) wandern jedoch die Grillen mitten unter den fortziehenden Ameisen, während sie bei diesem Versuch ganz allein ihren Weg fanden. Es ist nicht nötig, daß dies die Regel sei, es zeigt aber, daß die Grillen ihren Weg finden, indem sie, genau wie eine Ameise, den Geruchsspuren ihrer Wirte folgen, die den Erdpartikelchen der Straße gegen Ende der Wande- rung am intensivsten anhaften, und wir können schon hieraus schließen, daß die Grillen einen ähnlichen topochemischen Geruchssinn in ihren Fühlern besitzen, wie ihre Wirte, die Ameisen. Diese Tatsache wird um so mehr einleuchten, wenn die biologische Bedeutung der Fühler des weiteren erklärt und ihr Zusammenhang mit der teilweisen Reduktion des Auges dargetan sein wird. (Vgl. Kap. 11 und B. Kap. I Abschnitt 1). Die Unhaltbarkeit der Bemerkung Scudders über das Vorkommen von M. oregonensis auch außerhalb von Ameisennestern war bereits betont worden. Jedoch auch Wheeler (1. c.) meint bei M. nehrascensis häufig Grillen beobachtet zu haben, welche in von ihren Wirten ver- lassenen Nestern zurückgeblieben waren. Wasmann (1901) leugnet diese Möglichkeit mit Recht. Es muß jedoch auch eine Erklärung dieser Beobachtung versucht werden, die ich nur für falsch gedeutet halte. Auch ich hatte mir im Anfang einige Fälle notiert, wo ich an völlig verlassene Kolonien glaubte; z. B. fand ich am 10. Oktober 1907 eine Grille in einem offenbar völlig verlassenen Nest, denn nicht eine Boitrai; zu oiiur Monoiirapliit' der (iivlln(l(.-i'nj;attiin<^ Mj'nnccophila Latr. -i'Aö Ameise war auf deui Nestbodcn oder am Stein zu sehen. Gerade an diesem ^Morgen jeddcli waren solcher scheinbar leerstehendf-r Nester sehr viek\ Der Grund war kücht einzusehen, denn es war ein ziemlich kalter, nebliger 01vtol)ermorgen. Als jedoch die Sonne hervorbrach, hatten sich eine große Zahl dieser verlassenen Nester bevölkert. Ein ähnliches Beispiel bietet eine der beiden F. sanguinea-Kolonien, in denen ich die Grille fand: Unter dem Stein, den ich zuerst aufdeckte, sali ich drei Grillen; nur ab und zu war jedoch eine Ameise zu sehen, ich zählte im ganzen etwa sechs bis sieben. 1 m davon entfernt befand sich jedoch eine sehr stattliche sanguinea- Kolonie, in die ich zur Probe eine Arbeiterin des ersten Nestes setzte. Sie Avnrde betastet und auf- genommen, woraus hervorgeht, daß die Grillen sich aus irgendwelchen Gründen in einem augenblicklicli unl)enutzten Zweignest ihrer Kolonie befanden. So oder ähnlich sind vielleicht auch die WHEELERschen Fälle zu deuten. Sehr merkwürdig ist die Mitteilmig Savis, daß er die Grillen »häufig in der Nacht im ümlcreis der Ameisennester« habe um- herstreifen sehen. »Sobald sie das Licht der Fackel bemerkten, deren ich mich bediente, flohen sie und suchten die Nesteingänge auf, um sich darin zu verstecken. « Sollte diese Beobachtung beim trüben Schein einer Fackel nicht auf einer Täuschung beruhen? Wasmann (1901) meint zwar, daß bei dieser Gelegenheit die Paarung der Geschlechter und die Auswanderung der Jugendformen (zu Nestern kleinerer Ameisen) oder der Weibchen (zur Eiablage) erfolge; das sind jedoch Vermutungen, die teils schon im vorigen Kapitel zurückgewiesen wurden, teils später noch widerlegt werden (vgl. Kap. V). Andre biologische Gründe lassen sich aber kaum anführen. II. Über das Verhalten von M. acervorum zu Myrmica laevinodls. ^^'enn man in einem LuBBOCK-Nest eine Kolonie von Myrmica laevinodis mit einer oder mehreren Ameisengrillen längere Zeit beob- achtet, empfängt man sehr bald den Eindruck, daß es sich hier um ein symbiotisches Verhältnis handelt, bei welchem die Lebensweise des einen Teiles, nämlich des Gastes auf das feinste auf die des Wirtes ab- gestimmt ist. Der eigentümlich tönnchenförmige Körper (Taf. XXII, Fig. 1), dessen günstige Schwerpunktslage fast eine völlige Drehung am Ort ermöglicht, die fast beständig bewegten Fühler, mit denen jede Gefalir, jeder günstige Moment zu Diebereien prompt gewittert wird, die gespreizten, auffallend großen Cerci, die muskulösen Hinter- beine, die das Tier zu 10 — 13 cm weiten Sprüngen befähigen — dies alles fällt schon bei oberflächlicher Betrachtung ins Auge. 436 Fritz Schimmer, Das gewöhnliche Bild, das sich darbietet, wenn man den Pappdeckel vom Nest genommen hat und die Ameisen sich an das Licht gewöhnt haben, ist, daß sich die Grille scheinbar völlig unbehelligt unter den träge dasitzenden oder langsam umherlaufenden Ameisen bewegt. Sie hält sich meist bei der Hauptschar der mit der Pflege und Fütterung der Larven beschäftigten Ameisen auf, wo sie selbst nur selten untätig ist, beständig zwischen ihren Wirten umherläuft, um ihrer Lieblings- beschäftigung nachzugehen: dem Belecken der Ameisen. Wie sie dabei verfährt, möge aus folgender Tagebuchnotiz vom 17. Mai 1908 hervorgehen : »Die Ameise verhält sich der leckenden Grille gegenüber genau ebenso wie bei der Reinigung durch eine Gefährtin. Die Grille be- ginnt zunächst die ruhig dasitzende Ameise am rechten Hinterbein zu belecken. Die Ameise legt sich halb auf den Rücken, zieht Fühler und Beine ein. Die Grille benagt sorgfältig die Hinterbeine weiter, indem sie zuerst Tibia und Tarsus des rechten, dann des linken langsam durch ihre Mundteile zieht. Dann leckt sie den Thorax und tritt dabei mit beiden Vorderbeinen auf die sich behaglich räkelnde Ameise. Nun kommt das mittlere Beinpaar an die Reihe, das gleichfalls von oben bis unten abgescheuert wird und schließlich die Vorderbeine. Dann klettert sie wieder auf den Rücken der Ameise und beleckt diesen ; dabei fährt sie ihr im Eifer über die Augen und den Kopf, ohne daß die Ameise dadurch irritiert wäre. Ja als die Grille den Kopf selbst sorgfältig zu putzen beginnt, reckt sie ihn weit nach hinten, so daß jene sorgfältig die ganze Unterseite abnagen kann. Ihre Füliler hält die Grille, wenn sie — wie es meist der Fall ist — senfeecht zur Achse des Ameisenkörpers steht, horizontal in einem Winkel von 180^ ausgebreitet, so daß sie mit dem rechten bezüglich linken Fühler den Kopf der Ameise leise berührt und ihn sanft streichelt, mit dem andern Rücken und Abdomen trifft. « Es kommt jedoch häufig vor, daß sie auch eine der im Nest umher- streifenden Ameisen stellt, diese Halt macht und sich belecken läßt, um dann wieder ihres Weges weiter zu ziehen, während die Grille sich einer andern Ameise zuwendet. Von einer völligen Sorglosigkeit und Un- bekümmertheit der Grille den Ameisen gegenüber kann man kaum reden. Wenn sie z. B. eine ihr stillhaltende Ameise beleckt, so achtet sie dabei genau auf alles, was um sie vorgeht. Kommt eine vorüber- laufende Ameise in das Bereich ihrer schräg nach oben stehenden Cerci, so stellt sie sich meist so ein, daß sie mit einem Fühler nach der Vor über- laufenden sichert. Kommt sie direkt auf sie zu, so weicht sie aus, läuft ein Stückchen davon, um wieder zurückzukommen und weiter zu Beitrag zu t-im-r Monogiaiiliic (Kr ( Myllodeengattung Myrmecophila Latr. 437 lecken, oder leckt an dvv andern »Seite weiter. Ähnliches gilt, wenn ihr bei ihren eignen Streifzügen durchs Nest eine Ameise entgegenkommt: In den meisten Fällen biegt sie in der für sie charakteristischen Weise ab, indem sie in enger Kurve nach rechts oder links ausweicht, so daß die ihr begegnende Ameise von ihrer Gegenwart überhaupt nichts be- merkt. Diese raschen Drehungen und engen Kurven in der Bewegungs- weise der Grille sind von Wheeler mit Recht im Gegensatz zu der geradliniger verlaufenden und flachere Kurven schlagenden Ameisen- bewegung gestellt worden (Wheeler 1900). Allen Forschern fiel ferner das eigentümlich Ruckweise, Stoßweise in den Bewegungen der Grillen auf (Sa vi; Wasmann 1901; Viehmeyer 1905; Assmuth 1907). Es ist ein immerwährendes Huschen und Anhalten. Ist die Luft rein, und keine Ameise in der Nähe, so sind die Fühler nicht still, sondern werden prüfend langsam bewegt, indem sie sich abwechselnd zu einem Winkel von etwa 120 — 1-40 öffnen und zu einem Winkel von 60 — 70 schließen. Kommt sie jedoch in Ameisennähe, so beginnt sofort ein lebhaftes Sichern nach beiden Seiten. Sind die Ameisen träge und ruhig — z. B. wenn sie sich selbst putzen, oder wenn sie mit dem Eier- und Larven- vorrat beschäftigt sind — , so vermeidet sie es seltener, von vorn in direkte Berührung mit den Ameisenfühlern zu kommen. Sie verhält sich dann genau so wie eine Ameise: die Antennen werden eine kurze Zeit leise sich berülirend gekreuzt und die Begegnung ist beendet; auf selten der Ameise ist nicht die geringste feindliche Bewegung zu bemerken. Es ist sehr gelungen, zu beobachten, daß die Grille von einer ähn- lichen Putzsüchtigkeit besessen ist wie die Ameisen auch. Ist sie nicht danut beschäftigt, einen ihrer Wirte abzuscheuern, so sieht man, wie .^ie ihre eignen langen biegsamen Antennen durch die Mundteile zieht, ein Bein nach dem andern dieser Prozedur folgen läßt, zuletzt die Cerci mit den Spornen der Hintertibien sorgfältig mehrere Male durchkämmt und schließlich noch mit hochgelcrümmtem Körper die zu diesem Zweck vertikal auf den Boden gestellte Legescheide von oben bis unten benagt. Bei dieser lange dauernden Beschäftigung, die sie mitten im Ameisen- gewühl vornimmt, wird sie oft fünf- bis sechsmal gestört. Sie dreht sich dann mit lebhaft sichernden Antennen ein- oder zweimal im Eo-eise umher und setzt das Putzgeschäft fort. Es gelingt ihr durchaus nicht in allen Fällen, eine Ameise längere Zeit zu belecken ; oft wird sie von der Ameise nicht beachtet, oder diese hält nur kurze Zeit still. Ebenso verfährt die Grille nicht gleichmäßig gründlich. Entweder beleckt sie nur das Abdomen, das dann von der Ameise etwas nach oben gerichtet wird, damit jene auch die Unterseite 438 Fritz Schimmer, putzen kann, oder nur die Beine, um sich sofort einer andern zuzu- wenden. Sicher bin ich nach meinen zahlreichen Beobachtungen, daß der Kopf der Wirtsameise seltener beleckt wird, meist nur in den Fällen, wo die Ameise ein deutliches Wohlbehagen zum Ausdruck bringt, wie im oben geschilderten Falle. Die Larve der Grille weicht in ihrem Leckinstinkt sowie überhaupt in ihrem ganzen Verhalten den Ameisen gegenüber nicht von der Imago ab. Infolge ihrer Kleinheit ist sie nur öfters als das erwachsene Tier genötigt, mit den Vorderbeinen auf den Rücken der Ameise zu klettern. Wie Sa vi schon treffend bemerkt, klettern die Grillen auf den zusammengeknäuelten Ameisen mit großer Ungeniertheit umher. Ich beobachtete einmal, wie eine Grille einer trinkenden und halb im V/asser stehenden Ameise auf den Rücken kletterte, sich daran an- klammerte und quer zum Wasser hinunterbeugte, um ebenfalls zu trinken; auf diese Weise vermied sie naß zu werden, wie das von ihr benützte Reittier. Auf den Unterschied in der Funktion der Antennen und Cerci muß besonders hingewiesen werden. Auf Reize, welche die cercale Zone treffen, reagiert die Grille in allen Fällen negativ, d. h. sie entweicht oder bringt den reizenden Gegenstand (eine von hinten sich nähernde Ameise) in den Bereich ihrer Fühler, indem sie sich schnell um ihre Achse dreht. Die Bedeutung der Fühler wird daher in ihrer Beweg- lichkeit liegen. Die unbeweglichen Cerci vermitteln, daß sich überhaupt ein Gegenstand nähert, die beweglichen Antennen, wie er sich nähert, ob schnell, ob feindselig usw. Auf die Bedeutung der Anteimen muß noch mehrfach zurückgekommen werden. Es genüge daher dieser vorläufige Hinweis. Von den oben genannten Forschern wird nicht erwähnt, daß die Grillen auch die Larven und Nymphen (ungedeckten Puppen) der Ameisen belecken. Ich folge einem Stenogramm vom 23. Juni 1908: »Die Grille fängt plötzlich mit Ungestüm an, die in einer Ecke des Nestes liegenden Ameisenlarven zu belecken. Dabei steht sie mitten unter den ebenfalls mit den Larven beschäftigten Ameisen, die, wenn die Grille in ihre Nähe kommt, ruhig ihre Fühler etwas anziehen, Platz machen und sie wirtschaften lassen, als sei sie eine um ihre Brut be- sorgte Gefährtin. Die Grille verfährt mit einer Heftigkeit, wie kaum eine Ameise. Die Larven werden wie Säcke hin und her gedreht und -gezerrt, von oben bis unten beleckt, wieder gedreht und gezerrt und nochmals beleckt und so fort, bis vier oder fünf abgescheuert sind und die Grille sich wieder den Ameisen zuwendet.« Ich habe diese Beitrag zu v'nwv .M(Mi(i<,'rai)liic der Gryllodeengattung Myriiio('oj)hila Latr. 4o9 Beobachtung wiederholt nutiert, jedoch merkwürdigerweise nui' bei M. rubra {laevinodis). SiLVESTRi (190.'5) und Viehmeyer (1905) machten zum ersten Male die wichtige Beobachtung, daß Mi/rjnecophila acervorum an den Füt- terungen der Ameisen teilnimmt. Silvestri sah einmal, wie eine Grille sich eine Weile nach Ai't der m}Tmekophilen Lepismatiden an der Fütterung zweier Tapinoma beteiligte, das andre Mal beobachtete er, daß die Grille diese Fütterung kurze Zeit allein fortsetzte. Vieh- meyer bemerkte, wie die Grille, der es nicht gelang, sich an der Füt- terung zu beteiligen, blitzschnell nach beendeter Fütterung die Mund- öffnung der fütternden Ameise ableclcte und sich darauf schleunigst zurückzog. Mit diesen Beobachtungen war die durch die Arbeiten Wasmanns und Wheelers noch unaufgeklärte Ernährungsfrage der Lösung ent- schieden näher gebracht. Beiden Beobachtungen ist gemeinsam, daß das Benehmen der Grille dabei ein diebisches war, ähnlich dem, das Janet (1896) an Lepismina polypoda schildert. Hier wie da schnelles, vorsichtiges Sichdazwischenschieben und nicht minder schnelles Sich- zurückziehen. Ich möchte nun hierzu einige Beobachtungen mitteilen, welche diese Auffassung etwas modifizieren: 14. Febr. 1908. — »Eine Ameise bettelt eine andre um Fütterung an ; sie wird gewährt. Sofort gesellt sich eine zweite Ameise hinzu und kurz darauf eine dritte. Alle vier Ameisen stehen ungefähr im Kreise, die Körper und Köpfe schräg nach oben gerichtet. In demselben Augen- blick schiebt sich an dem einzigen noch einigermaßen freien Platz als vierter Gast die Grille dazwischen, richtet sich ihrerseits ebenfalls etwas auf wie die Ameisen und beginnt zu saugen. In dieser Stellung ver- harren Ameisen und Grille mehrere Sekunden, bis sie zu gleicher Zeit auseinandergehen, ohne daß von einer Ameise die Täuschung bemerkt worden wäre ; auch die Grille benimmt sich nicht besonders vorsichtig. « 21. Febr. 1908. — »Eine Ameise füttert die andre. Die Grille sitzt etwa 2 cm davon entfernt, leise ihre Fühler bewegend, an der Nest- wand. Sowde jedoch die Fütterung beginnt, kommt sie geradenwegs herbei und schiebt sich mit großem Ungestüm dazwischen. Sie ver- fährt so heftig, daß sie die Gefütterte einfach beiseite drängelt, so daß diese leer ausgeht; mit ihren Fühlern trillert sie beschwich- tigend auf dem Kopf der Fütternden. Sie hört auf und leckt auch noch der gefütterten Ameise, die von der Grille um ihre Nahrung gebracht worden war, die offenbar noch ein Tröpfchen enthaltenden Mundteile ab. Nun wendet sich diese nochmals zu ilirer Gefährtin, 440 Fritz Schimmer, um sich füttern zu lassen, aber wieder schiebt sich die dreiste Grille dazwischen, verdrängt jene zum zweiten Male und leckt ihr wie erst das kümmerliche Restchen vom Munde fort. Weder die Fütternde noch die Gefütterte machen den geringsten Versuch, sich der Grille gegenüber irgendwie feindlich zu zeigen. « Ich beschränke mich auf die Mitteilung dieser beiden Beobach- tungen. Aus beiden geht hervor, daß das Verhalten der Grille an sich natürlich ein diebisches ist, daß ihr dreistes Benehmen jedoch, ähnlich wie ihre Lecktätigkeit, von den Ameisen wie das einer Gefährtin aufgenommen und geduldet wird. Fälle, wo das Verhalten der Ameisen ein andres war, werden später besonders diskutiert werden (Kap. IV Abschnitt 1). Man kann häufig beobachten, wenn man Ameisen mit Insekten füttert, daß sie abgerissene Fleischstückchen teilen oder einander uneigennützig überlassen. Auch diese Erscheinung wird vom Raubinstinkt der Grillen ausgebeutet, was folgende Beobach- tung vom 11. Juli 1908 am besten illustriert: »Ich setze zwei frisch getötete fette Fliegenweibchen ins Nest. Bald sehe ich eine Ameise mit einem großen Stückchen Fleisch in den Kiefern daher kommen; sie macht schließlich Halt und beginnt es zu verzehren. Die in der Nähe sich umhertreibende junge Grille (mittlere Form, Stadium III), die kaum ein Drittel der Länge der Ameise hat, wittert das Fleischstückchen, kommt herzu und fängt an kleine Stück- chen abzureißen. Dabei muß sie sich fortwährend von neuem auf- richten, um überhaupt hinaufiangen zu können. Schließlich reckt sie sich einige Male ruckweise, nur auf den Hinterbeinen stehend, in die Höhe und reißt ihr das ganze Stück Fleisch, das noch einmal so groß ist als ihr Kopf, aus den Mandibeln und macht sich damit schnell aus dem Staube; doch ohne verfolgt zu werden, denn die Ameise läßt ihr, trotzdem sie eigentlich den Größenunterschied und den damit ver- bundenen verminderten, also Ameisen-unähnlicheren Reiz wahr- nehmen mußte, ruhig ihre Beute. Die Grille fängt an, das Fleisch- stückchen zu benagen. Sobald aber in der Nähe eine Ameise auftaucht, nimmt sie sofort ihre glücklich eroberte Beute auf und trägt sie weg. Dabei eckt sie mit dem für sie viel zu großen Batzen überall an, so daß sie ihn des öfteren verliert und schließlich doch die Geprellte bleibt, da eine Ameise schnell das verlorene Gut an sich nimmt und es weg- trägt. « Auch die häufige Gewohnheit der Ameisen, eine Gefährtin durch Auffordern mit den Fühlern zum Hergeben der Beute zu bewegen, hat ihr Gegenstück, wie aus folgender Beobachtung hervorgeht : Beitrag zu liiK r Minio^'raphir dcf Gryllocleengattung Myrinccophila Latr. 441 31. Okt. IWS. — »Sehr nierkwüi'dig zu boobacliten ist, wie eine Larve (Stadium II) sich vergeblich abmüht, einer Ameise die Beute (ein Stückchen einer Ameisenlarve) zu entwinden, was ihr l)oi ihren schwachen Kräften natürlich nicht gelingt. Sie hilft sich jeddcli durch folgendes Manöver: Sie bearbeitet die Ameise unausgesetzt mit ihren Fühlern, packt also die Beute nicht an, sondern bettelt die Ameise an, ihr das Stückchen zu lassen. Diese gibt dem ungestümen Drängen schließich nach und überläßt ihr die Beute. Eine andre Ameise kommt hinzu und beginnt gleichfalls an dem Larvenstückchen anzubeißen. Die Larve verfährt wieder so, d. h. betrillert den Kopf der anbeißenden Ameise. Diese nimmt jedoch die Aufforderung weniger gnädig auf, sie öffnet drohend ihre Kiefer und schnappt nach der kleinen Grille, die sofort retiriert und am entgegengesetzten Ende des Fleisch- stückchens weiter frißt, wobei sie unbehelligt bleibt. « Die drohende Haltung der zweiten Ameise möchte ich nicht als Feindseligkeit speziell der Grille gegenüber auffassen, da sie sich zufrieden gab, als diese am andern Ende weiterfraß und keine Verfolgung auf- nahm. In einer Ameisenkolonie kann man, wie Forel (1907) in seinen » Psychischen Fähigkeiten der Ameisen « betont, sehr wohl gewisse in- dividuelle Affektverschiedenheiten beobachten, die sich in ähnlichen Ab- weichungen vom sozialen Instinkt, Insulten gegen die Gefährtinnenu. dgl. äußern, (über ausgesprochene Feindseligkeiten vgl. Kap. IV, Abschn. 1.) Endlich teile ich noch eine dritte, am 22. Mai 1908 gemachte Beobach- tung mit: »Ich sehe eine Ameise ein Stückchen Fleisch in den Mandibein halten. Sie bemüht sich, es zu zerkleinern. Da ich die Ameisen zuletzt am 17. Mai. und zwar mit einem Gemisch von Zucker, Honig und Wasser, also keinerlei Fleischnahrung gefüttert habe, kann es sich nur um eine Ameisenlarve handeln, die zugunsten der zahlreichen hungernden Larven verfüttert wird. Plötzlich kommt die Grille (Imago) hinzu, macht sich mit lebhaft sichernden Antennen an den Kopf der kauenden Ameise heran, beißt in das Fleischstückchen hinein und beginnt tüchtig zu zerren, dabei immer den Kopf der Ameise durch Trillern mit den Fühlern beschwichtigend. Ich sehe deutlich, wie die Grille einzelne Stück- chen herausreißt und hinunter würgt, sofort wieder sich einbeißt und von neuem zu zerren beginnt, ohne daß die Ameise Versuche macht, die Räuberin abzuweisen. Die Grille läßt sich jedoch mehrere Male durch andre, zufällig vorbeilaufende Ameisen stören, läßt auf Sekunden ab, diu-ch rasche Drehungen ausweichend und sich auf kleine Strecken entfernend, kehrt durch eine geschickte Wendimg aber immer wieder 442 Fritz Schimmer. zurück. Schließlich tritt ein, was ich nach dem Gebahren der Grille erwartet hatte : Die Grille reißt das Fleischstückchen an sich und macht sich damit aus dem Staube. Die Ameise nimmt keinerlei Ver- folgung auf. Wenige Sekunden danach sehe ich, wie eine andre Ameise eine noch lebende Ameisenlarve zwischen den Mandibeln hält, sie preßt, bis sie am After platzt und der Inhalt aus der Haut heraus- quillt. Wie vorhin beginnt die Ameise diese Masse zu zerkleinern; eine zweite gesellt sich hinzu und verfährt wie die Grille, die inzwischen ihre erste kleine Mahlzeit beendet hat. Aber schon wittert sie den neuen Braten. Sie macht sich, wie vorhin an die eine, so jetzt an die beiden, das Larvenstückchen haltenden Ameisen heran und zerrt nach der dritten Kichtung. Die zweite Ameise ist dieses Mal jedoch die stärkere, sie trägt die Beute davon. Allein die Grille läßt nicht ab und versucht der Siegerin ihre Beute durch erneutes Zerren abzujagen. Schließlich läßt diese den eroberten Bissen fallen, was die Grille als die bei weitem flinkere sofort benutzt, um sich damit endgültig zu entfernen und ihn, etwas abseits, ungestört zu verzehren. « Es war bereits (S. 438) mitgeteilt worden, daß die Grillen — wenig- stens bei M. rubra — nicht nur die Ameisen, sondern auch deren Larven und Nymphen belecken. Allein nicht immer haben sie es nur auf ein Belecken abgesehen, wie aus der folgenden Beobachtung hervorgeht: 23. Juni 1908. — »Ich sehe die Grille damit beschäftigt, eine von den ältesten Ameisenlarven sorgfältig zu belecken. Plötzlich läßt sie ab und läuft etwas abseits mit einem weißen Etwas zwischen den Mandibeln. Sich nähernden Ameisen weicht sie behutsam aus. Währenddem sehe ich, wie das weiße Etwas allmählich verschwindet. Ich meinte zu- nächst, die Grille hätte — wie Silvestri es von M. ochracea beschreibt (1903, vgl. Kap. III) — eine lebende Larve fortgetragen, um sie zu töten und zu verzehren. Doch befinden sich nur drei bis vier kleine Larven im Nest, die der Beute der Grille an Größe ungefähr entsprechen könnten. Wohl aber sehe ich, daß einige der alten, ausgewachsenen Larven ähnliche Fragmente zerquetschter Larven zwischen ihren Man- dibeln eingeklemmt haben, eine Fütterungs weise, die nicht selten zu beobachten ist. Es bleibt nichts übrig, als anzunehmen, daß die Grille der Larve, die sie vorhin so eifrig beleckte, den Bissen vom Munde gerissen hat. « Noch deutlicher ist folgende Beobachtung, die wenige Minuten darauf an derselben Grille gemacht wurde : »Eine Ameise füttert eine Larve in gewohnter Weise, indem sie die Mundpartie der Ameise in ihre Mundöffnung bringt und Nahrung Bi'itra^' zu einer ^ronoirnipliie der ( Mvllndccngattung Myrmecophila Latr. 443 aus tltMii Kröpfe spendet. Die Fütteninu diuieit mir kurze Zeit. Ein dicker plauzender Tropfen ist deutlich auf der Mund()l'fnung der Larve zu erkenniMi. Sowie die Ameise ihre Fütterung beendet hat, kommt die Grille blitzschnell liinzu, überfällt geradezu die Larve und leckt den dicken Tropfen, den diese jedenfalls in den nächsten Augenblicken selbst noch gesciduckt hätte, mit einer wahren Gier a u f. « Die weiteren Notizen über dieselbe Erscheinung bieten im einzelnen nichts Neues; in den meisten Fällen handelte es sich um die Beraubung eben gefütterter Larven. Es war aber überhaupt zu beobachten, daß immer, wenn die Larven beleckt wurden, die Mundgegend besonders lange und sorgfältig behandelt wurde, was darauf schließen läßt, daß es die Grillen dabei auf kleine Nahrungsrestchen abgesehen haben, die bei den Fütterungen hier zurückbleiben. Besonders bemerkenswert erscheint mir nur noch die folgende Notiz: 17. Mai 1908. — »Eine Ameise schickt sich an,' eine Larve zu füttern. Sie hat bereits die Mandibeln geöffnet und der Nahrungstropfen quillt hervor. In diesem Augenblick drängt sich flink die Grille heran und leckt den hervorquellenden Tropfen ab. Die Larvenfütterung unter- bleibt. Ein feindseliges Verhalten der Ameise ist nicht zu bemerken.« Nach diesen Beobachtungen ist es eigentlich beinahe zu erwarten, daß die Grille sich auch selbständig von den Ameisen füttern läßt. Wenn z. B. die Grille eine Fütterung zweier oder mehrerer Ameisen selbständig und allein fortsetzt (s. Beobachtung vom 21. Februar 1908!), noch dazu mit lebhaft trillernden Fühlern, so kommt dies einer direkten Fütterung schon ziemlich nahe ; ebenso das zuletzt geschilderte Beispiel (17. Mai), bei welchem die Grille der Larvenfütterung überhaupt zu- vor kommt. Wenn bei diesen Manipulationen schon ein selir ameisen- ähnliches Verhalten seitens des Schmarotzers nötig war, so erst recht bei der selbständigen Fütterung, bei welcher das Benehmen der Grille dem einer Ameise zum Teil sehr ähnlich wird. Dies geht aus den fol- genden Beobachtungen deutlich hervor: »Eine Ameise bettelt eine andre in üblicher Weise um Nahrung. Sofort drängt sich die Grille hinzu, drängelt die Bettelnde beiseite, die auch »bereit^v'illig« Platz macht. Nun fordert die Grille erneut zur Fütterung auf, indem sie wie Atemeies in schräg aufgerichteter Stellung mit den erhobenen Vorderbeinen^ lebhaft die 1 Atemeies ist der einzige Ameisengast, von dem l>ish(r diese vollendet ini metische Art der Aufforderung bekannt ist. 444 Fritz Schimmer, Seiten des Kopfes der Ameise streichelt und beklopft^ wäh- rend die Fühler in sanft streichelnder Bewegung über die Oberseite des Kopfes gleiten. Das Benehmen der Grille wird jedoch so ungestüm, daß sie die — wie es scheint — zur Fütterung nicht sehr aufgelegte Ameise während etwa 10 Sekunden 2^/2 cm rückwärts drängt. Das Gebahren der Ameise war durchaus friedlich. « 28. Juni 1908. — »Mitten unter den träge dasitzenden Ameisen und Larven fordert die Grille plötzlich spontan eine der Ameisen zur Füt- terung auf. Sie streckt ihren Kopf gerade aus nach vorn und trommelt leicht mit beiden Vorderbeinen an die Seiten des Kopfes der Ameise, während die Maxillarpalpen sehr lebhaft das Labrum der- selben betrillern. Die Ameise selbst streichelt leise mit beiden Fühlern abwechselnd über den Kopf der Grille und läßt zwischen die geöffneten Mandibeln einen hellen Tropfen treten, welchen die Grille 9 — 10 Sekunden lang gierig fortsaugt. Noch charakteristischer für das ungestüme Gebahren der Grille ist die folgende Beobachtung: 18. Juli 1908. — »Die Grille läuft plötzlich schnurgerade und rasch auf die Mundöffnung einer Ameise zu und beginnt mit trillernd strei- chenden Vorderbeinen und auf dem Labrum trillernden Palpen zur Fütterung aufzufordern. Die Antennen sind in heftigster Wirbel- bewegung, wie sonst bei keiner Gelegenheit. Es hat den Anschein, als ob die Grille eine Axt Überrumpelungsmanöver spiele. Die Fütterung dauert 10 — 12 Sekunden; während dieser Zeit drängt die Grille die hahrungspendende Ameise heftig rückwärts. — Noch toller treibt sie es jedoch bei einer zweiten Ameise, die sie sofort nach Beendigung der ersten Fütterung stellt: Die Ameise saß ruhig auf dem Larvenvorrat, mit diesem beschäftigt, und war vorher, wenigstens nicht unmittelbar vorher, nicht gefüttert worden. Die Grille schießt plötzlich von der Seite auf die Mundöffnung der Ameise zu, drängt sich im Kreise Front gegen Front und wirbelt mit den Antennen und trillernd-streichelnden Vorderbeinen und Palpen auf den Kopf der Ameise. Dabei ist sie so ungestüm und wild, daß sie die Ameise völlig im Kreise herumdrängelt; ja als diese dadurch allmählich auf die Seite zu liegen kommt, wird sie noch zudringlicher, bis schließlich die von dem Wirbel gelinde betäubte Ameise ganz auf den Rücken zu liegen kommt; nun spreizt sie sich in ihrer ganzen Länge über ihr geschundenes Opfer, immer noch heftig trillernd und die Mundöffnung beleckend, was im ganzen 20 — 25 Se- kunden währt.« Bi'itrag zu ciiici- ^f()n(>iirti|)lii(' der ( irvllddccngattung Myrmecophila Latr. 445 III. Die Ernährung. Im II. Teile dieser Ai'beit (B. Kap. I Abschnitt .'3) wird gezeigt werden, daß der Hypopharynx zu einem specifischen Leckorgan aus- gebildet worden ist. Allein auch ohne diesen Nachweis liegt es nach dem im vorigen Kapitel Mitgeteilten nahe, anzunehmen, daß die Haupt- beschäftigung der Urille, nämlich die Keleckung ihrer Wirte, in engem Zusammenhang mit ihrer Ernährung stehe. Anderseits zeigten die Beobachtungen, daß die öligen Hautdrüsensekrete — wenigstens bei M. acervorum — nicht die einzige Nahrung bilden, sondern daß die Grille daneben auch am Tische ihrer Wirte schmarotzt. (Durch Teil- nahme an den Fütterungen, Beraubung der Ameisen um ihre Beute, Bestehlen der gefütterten Larven, direkte Fütterung durch Aufforde- rung nach Ameisen- [und Atemeles-'\Piit.) Wasmann (1901) erwog die Frage, ob die Grillen beim Lecken es nicht auf die auf den Ameisen schmarotzenden Milben abgesehen haben könnten (bei F. sanguinea auf die Hypopen des Sarcoptiden Tyroglyphus wasmanni Mon.). Wie jedoch aus der BERLESEschen Monographie der myniu'k()])liileii Acarinen zu ersehen ist (Berlese 1904), kommt Tyro- (jhjphus nur unter den anormalen Bedingungen des künstlichen Nestes zu beträchtlicher Entwicklung. Keine der von mir eingetragenen san- grmwm-Kolonien enthielt überdies Tyroglyphus oder Hypopen desselben. Dagegen zeigte sich, daß eine nicht geringe Anzahl der LuBBOCK-Nester, deren Boden mit feuchter Erde bedeckt war, von winzigen Gamasiden geradezu wimmelte, die mit der den Ameisen vorgelegten Insekten- nahrung ins Nest gelangt waren. Diese (nicht-myrmekophilen) Milben bemächtigten sich auch sehr bald nach ihrer Art der lebenden Ameisen und bedeckten sie teilweise mit einer wahren Kruste, so daß eine Anzahl daran zugrunde ging. Um zu untersuchen, ob die Grille beim Ab- bürsten der Ameise diese Milben fräße, wurden mehrere Grillen mit sechs Myrmica laevinodis, die an den Beinen und am Abdomen damit behaftet waren, zusammengesperrt. Nach 3 Wochen war noch nicht die geringste Abnahme der Milbenräude zu konstatieren ; außerdem war mit stärkerer Lupenvergrößerung genau zu beobachten, wie die Grille sekundenlang über eine von Milben besetzte Stelle scheuerte, ohne daß diese dabei von der Stelle gewichen wären. Die Milben sitzen offenbar außerordentlich fest, was sich übrigens auch beim Belecken der Ameisen durch ihre Gefährtinnen zeigt, die gleichfalls nicht imstande sind, sich gegenseitig von den lästigen Schmarotzern zu befreien. Die Frage, welche Rolle bei der Ernährung die Hautdrüsenselcrete für sich spielen Zeitichrift f. wissensch. Zoulogie. XCIII. Bd. 29 446 Fritz Schimmer, inöcliten, konnte leider nur in unzureichender Weise gelöst werden. Um jede Art andrer Ernährung — der Grillen wie der Ameisen — aus- zuschließen, wurden Grillen teils völlig isoliert, teils mit hungernden Ameisen in feuchten Gipszellen ohne Erde gehalten; außerdem wurden den Ameisen sämtliche Eier und Larven sowie die Königin genommen, um auch diese Nahrungsquelle auszuschließen. Es ergab sich: „ , , , , . Lebensdauer der Grillen Zahl der Ameisen . _ m lagen 0 7—9 20 18 50 21 105 24 Der erhöhten Lebensdauer bei größerer Zahl der Ameisen ist viel- leicht nur geringer Wert beizumessen. Offensichtlich ist nur, daß tat- sächlich die Grillen sich durch bloßes Belecken der Ameisen einige Zeit länger am Leben zu erhalten vermögen als ohne Ameisen i. Da jedoch die Ameisen selbst durch ihr Hungern sich unter völlig veränderten Stoffwechselbedingungen befanden — es starb eine große Anzahl von ihnen — , so ist den absoluten Werten wenig oder gar kein Wert bei- zumessen. Es ist nun die Frage nicht von der Hand zu weisen, ob — wenigstens bei M. acervorum, von der zunächst hauptsächlich die Rede ist — die zweite Art der Ernährung nicht eine Eigenschaft ist, die später erworben wurde, also nachdem die Beleckung der Ameisen durch Ausbildung besonderer Werkzeuge fixiert war. Ein derartiger Wandel in der Ernährung wäre nicht neu. Escherich (1902) beob- achtete z. B. bei dem bei Myrmecocystus viaticus lebenden Oxysoma obertJiüri, daß dieses zwar noch die Symphiliecharaktere aufweist — Verbreiterung der Ligula, Trichome, Fettglanz — , daß jedoch kein Belecken durch die Ameisen und keine Fütterungen durch dieselben mehr stattfinden, sondern daß Oxyso-ina sich ausschließlich noch von den fettigen, eifrig abgeleckten Hautsekreten seiner Wirte ernährt (wie 1 Über die chemische Beschaffenheit der hierbei in Frage kommenden Nahrungsstoffe ist man völlig im Dunkeln. Als Hautdrüsen, die ein Sekret ab- sondern, kommen nach Janet (1898) nur das im Thorax gelegene Paar der »glandes de l'anneau mediaire« und zwei kleinere Abdominaldrüsen in Frage, über deren Funktion nur Hypothesen bestehen. Über eine sekretorische Funktion des Corpus adiposum, die möglicherweise durch die porösen Intersegmentalhäute stattfindet, und die vielleicht den charakteristischen Fettglanz des Abdomens bedingen möchten, weiß man erst recht nichts. Bi'itru«? zu ciiii-i' ^^u|l(>!4^a|)lli^ der (li\ lliidcfn^attiing ^^yI•llU•(■()pllila Lati'. t-i7 Escherich auch durch Kxpeiiinenti' nachwies). Wie Escherich bereits treffeiul hervorhebt, bieten Oxysoma und Myrmecophila nur durch die genieiiisaine Lecktätigkeit — also rein äußere — Anah^gien. Phylo- genetisch dagegen stellen sie — in bezug auf ihre Nalirungsinstinkte — Gegensätze tlar. Oxysoma gab die ihm als Symphilcii zuteil gewordene Pflege (Fütterung) auf und beschränkte sich auf die Hautsekrete seiner Wirte, sank also vom Symphilen wieder zum Synöken herab. Myr- mecophila dagegen entwickelte sich von einem ursprünglich synechtri- schen (von Nestabfällen und ähnlichem lebenden?) Gast zum Synöken. In den ersten Stadien der beginnenden »Duldung« entwickelten sich Leckinstinkt und Leckorgan; der engere Kontakt mit den Ameisen führte sie jetU)ch zu einem der symphilen Ernährung ebenbürtigen Kommensalismus, ohne dabei jedoch die Instinkterwerbungen der vorigen Periode aufzugeben — wie Oxysoma trotz erfolgter Instinkt- rudimentation die Symphiliecharaktere der vorhergehenden Entwick- lungsperiode nicht einbüßte. — Diese Annahme ist natürlich höchst hypothetisch, was darin seinen Ausdruck finden mag, daß die Gegen- hypothese als eine ebenfalls beachtenswerte sogleich hinzugefügt wird: Es ist auch vorstellbar, daß die kommensalisitischen Erscheinungen, wenigstens die Neigung zur Myrmekokleptie, schon vorher bestanden, da diese bei andern Synechtren {Lepismina, Atelura, Polypoda) ebenfalls ausgebildet ist; daß der Leckinstinkt sich demnach auch bei Myrmeco- phila erst in späteren Stadien ihres Gastverhältnisses ausgebildet habe. Nach einem Versuche, den ich über 9 Wochen hindurch fortsetzte, hat es den .Anschein, daß allerdings die kommensale Ernährung die Haupt- rolle spielt: in einer Kolonie von nur 20 Ameisen {Myrmica laevinodis) wurden alle 8 Tage zehn Ameisen außerhalb des Nestes gefüttert. Die Ameisen im Nest blieben gänzlich ohne Nahrung. Obgleich jedesmal beim Zurücksetzen der zehn vollkröpfigen Ameisen die hungernden zehn ziemlichen Eifer entwickelten, gefüttert zu werden, tat es ihnen die Grille zuvor. Sie nahm fast ununterbrochen an jeder sich ihr dar- bietenden Fütterung teil, drängte die Gefütterte beiseite, ließ sich außerdem noch allein füttern, kurz sie entwickelte allein einen Hunger für zehn^. Das beweist jedenfalls, daß die Beleckung der 20 Ameisen allein zur Ernährung nicht genügt, daß vielmehr beide Ernäh- rungsweisen zum Leben Bedingung sind. Fütterung isolierter Grillen mit derselben Nalirung, welche die Ameisen erhielten, gelangen zwar, 1 Ein intensives Belecken der Ameise als Ausdruck des Hungergefühls, wie es EscHERicu (1. c.) bei Oxysonui konstatierte, war nicht zu bemerken. 29* 448 Fritz Schimmer. jedoch starben die Grillen nach 3—4 Wochen i. Einen wesentlichen Beitrag zu dieser interessanten Frage dürften eingehendere Beobach- tungen über die Gewohnheiten der übrigen Myrmecophila- Alten liefern. Wheeler (1900) berichtet z. B. nichts darüber, daß 31. nebrascensis auch nur an den Fütterungen ihrer Wirte teilnähme. Daß aber M. nebrascensis nicht ausschließlich von den Hautsekreten derselben lebt, zeigte die Untersuchung des Darmes der mir vorliegenden Exemplare der zum Teü Chitinreste enthielt. Auf welche Weise diese in den Darm gelangt sind, bleibt fraglich. Silvestri (1903), der bei M. acervorum die Teilnahme an den Fütterungen einige Male beobachtete, berichtet bei M. ochracea von nichts ähnlichem. Er ist vielmehr der Ansicht daß diese Art sich von den Larven nähre, wie aus folgender Beobachtung, die ich absichtlich wörtlich zitiere, hervorgeht: »ün giomo una Myrmecophila {ochracea), che era col Messor barbarus var. minor, afferö con la bocca una larva, se portö via poco lungi e soffermandosi la strinse fortemente tra l'apparato boccale come per succhiarla. Non credenclosi sicura stando ferma, si aggirö qua e la con la preda in bocca, fermandosi perö di tratto in tratto per ripetere con la bocca l'operazione suddetta e ciö fece per circa due minuti, dopo i quali, giunta di nuovo in vicinanza del mucchio delle altre larve, a riposö al suolo. « Desgleichen teilt Wasmann (1901) eine — wenn auch nicht ganz sichere — Beobachtung Emerys mit, daß die Grillen {M. ochracea) ge- storben seien, nachdem der Larvenvorrat der Ameisen erschöpft ge- wesen wäre. Ohne an der Richtigkeit der SiLVESTRischen Beobachtung den geringsten Zweifel zu hegen, möchte ich doch einen Einwand gegen ihre Deutung machen. Die Beschreibung der äußeren Vorgänge stimmt nämlich mit einigen der im vorigen Kapitel mitgeteilten Beobachtungen an M. acervorum ziemlich überein. Auch ich überraschte Grillen, die eine Larve forttrugen, sie auf den Boden klemmten und daran fraßen, sie wieder forttrugen usf. Diese Larven waren jedoch von den Ameisen zum Besten der hungernden Gesamtheit bestimmte Opfer (vgl. S. 442). Alle diese Larven, welche von den Grillen so behandelt wurden, waren entweder vorher bereits von den Ameisen angefressen worden, oder wurden hinterher, nachdem sie die Grillen — scheinbar intakt — irgendwo hatten liegen lassen, weiter verzehrt oder aufgeteilt. Ein Rauben und Fressen intakter, lebender Larven fand nie statt. Ob SiLVESTRis Beobachtungen also ähnlidi zu deuten sind, 1 Savis (1819) Annahme, daß die Grillen .sich in der Gefangenschaft von Vegetabilien ernährt hätten, beruht auf Irrtum. Beitrag zu einer Mouograiihie der (Irvllodeetigaltung M yi'iiH'cophila Latr. 449 imiü ein Koutroll versuch lehren. Jedenfalls wäre es außerordentlich interessant, zu erfahren, ob die verschiedenen Species außer dem allen gemeinsamen Gattungsleckinstinkt verschiedene oder ebenfalls ge- meinsame Arternährungsinstinkte besitzen. Auf jeden Fall weicht die Ernährung der Ameisengrillen total von der ihrer Verwandten, die sämtlich Pflanzenfresser sind, ab. Trotz der Mannigfaltigkeit der Nahrungsaufnahme ist sie eine einseitig parasitische: Die Grillen sind auf den Tisch ihrer Wirte, oder richtiger auf diese selbst angewiesen, ohne welche sie nicht zu leben imstande sind. Daher ist auch in der Ernährung, neben dem Schutz, den ihnen das Nest ihrer Wirte gewährt, vor allem der biologische Grund des sym- biotischen Verhältnisses der Grillen zu den Ameisen zu erblicken. IV. Die internationalen > Beziehungen von IVi. aoervorum. In seiner mehrfach zitierten Arbeit »Zur Lebensweise der Ameisen- grillen « hat Wasmann Versuche darüber angestellt, wie sich die Grille verschiedenen Ameisen gegenüber verhält, und zwar studierte er das Verhalten einiger in Böhmen bei F. sanguinea + jusca gefangener Grillen zu folgenden Arten: Formica sanguinea + fusca, a. aus Böhmen, b. aus Holland, F. rufiharhis, Camponotus ligniferda, Tetramorium caespüum, Lasius ema/rginatus. Diese Versuche waren von Wasmann angestellt worden, um über den Grund des symbiotischen Verhältnisses zwischen der Grille und iliren Wirten Aufschluß zu erhalten. Das Ergebnis war, daß die Grille von F. sanguinea ( + fusca) und F. rufiharhis nach anfänglichen Äuße- rungen des Mißtrauens und verschiedenen Feindseligkeiten aufgenommen und »vollkommen friedlich geduldet, aber nicht gastlich behandelt« wurde, während sie von L. emarginatus und Camfonotus nach dauernden Feindseligkeiten schließlich getötet wurde. Bei Tetramorium wurde der V^ersuch durch Eingreifen WavSMANNs unterbrochen, weil er das gleiche Resultat wie bei Camponotus vorauszusehen glaubte. Daraus schließt nun Wasmann folgendes (S. 17): ' >> (4.) Die friedliche Duldung von Myrrnecophila bei ihren normalen 1 Der Ausdruck »international« ist ein von Wasmann (1892) geprägter terininus technicus. iöO Fritz Schimmer, Wirten beruht nicht auf ihrer Unerwischbarkeit, d. h. auf der außerordentlichen Gewandtheit und Schnelligkeit ihrer Bewegungen und auf ihrem Sprung vermögen. Denn sowohl größere Ameisen [C. lignifcrda) als kleinere (L. emarginatus) vermochten die noch unver- sehrten Grillen in kurzer Zeit zu erhaschen und zu töten ; in freier Natur hätten diese Grillen nur durch rasche Flucht aus den betreffenden Nestern sich retten können. « »(5.) Die freundliche oder feindliche Aufnahme von Myrmeco]jhila bei den betreffenden Ameisen beruht nur ganz sekundär auf dem ihr anhaftenden , Nestgeruch' der Ameisen, aus deren Kolonie sie kommt. Primär beruht ihre Aufnahme vielmehr auf einem erblichen In- stinkte jener Ameisenarten, bei denen die Myrmeco'phila gewöhnlich zu leben pflegen. « Wasmann faßt hier offenbar F. rufiharbis, bei der sich die Aufnahme am glattesten vollzog, auch als normalen Wirt der Grille auf, obgleich er diese Ameise weder im >> Kritischen Verzeichnis « noch an andrer Stelle als Wirtsameise anführt. Ich möchte, bevor ich meine eignen Versuchsergebnisse mitteile und eine Diskussion der beiden Sätze versuche, zunächst einen Einwand methodischer Natur machen: Das brüske Hineinsetzen der Grille in ein künstliches Nest ist ein Gewaltakt, wie er in der Natur unmöglich vor- kommt und dessen Ausfall sich aus verschiedenen Faktoren zu- sammensetzt, vor allem der Zahl der Ameisen, welche die Grille ver- folgen können, der Größe und Höhe des künstlichen Nestes, der von Temperatur und andern Einflüssen abhängigen »Stimmung« der durch die Aufnahme gestörten Ameisen und anderem. Wenn Wasmann daher das Getötetwerden der Grille durch die Ameisen kurze Zeit nach dem Einbringen ins Nest als ausschlaggebend für das Verhalten der betreffenden Ameisen hinstellt, so mußte dies wenigstens durch Kontroll- versuche erhärtet werden. Die Grillen wurden von den F. sanguinea anfangs ebenfalls feindlich aufgenommen imd waren zum Springen und Fliehen genötigt; ein Zufall konnte also leicht den gleichen Ausgang wie bei Camfonotus und L. emarginatus herbeifüliren. Ich habe nach Möglichkeit versucht, die soeben angedeuteten Fehler- quellen zu vermeiden. Wenn nicht allen der zu den Versuchen ver- wendeten Ameisenarten gleich viel Aufmerksamkeit gewidmet wurde, so gilt dies vor allem von den Arten, bei welchen die Grille als gewöhn- licher oder häufiger Gast lebt, weil hier von vornherein Übereinstim- mungen mit dem in Kap. II geschilderten Verhalten bei M. rubra zu Beitrag zu einer ^lonograpliif der ( iryllodeengattung Myrmecophila Latr. 451 erwarttMi waren. — Es wurde ii mit folgeiHlni 18 Ameisenarten Versuche angestellt: Grupjie l (Jrii|)pe 11. F. sdmiumea + fusm, F. rufn, F. riifilxirhis v. fusco-rufibarbis, F. truncvola, L. nigc)\ Camp. Ugniperda, L. alienus, Tapinotna erraticuni, L. flavus L. fuliginosus, M. laevinodis L. emarginatus, Tetramorium caespitum, Myrmica ruhida, M. srabrinodis, Leptothorax acervorum, L. tvberum, Solenopsis fugax. Bei den in Gruppe I angeführten Ameisen kommt die Grille häufig oder gelegentlich vor, bei denen der II. Gruppe wurde sie nie^, bei Ta- pinoma nur in Italien bei Portici und bei Jena gefunden. 1. Gruppe I. Das Verhalten der Grille zu ihren gewöhnlichen oder gelegentlichen Wirten. 1) F. sanguinea + jusca. Die Aufnahme verlief, wenn die Grille bei Tageslicht in ein Lub- BOCK-Xest gesetzt wurde, so, me Wasmann sie schildert: nach anfäng- lichen Feindsehgkeiten scheinbare indifferente Duldung. Glatter vollzog sie sich jedoch, wenn die Grille selbst in das Nest einwandern konnte und die Störung durch Lüften des Deckels, TagesHcht usw. vermieden wurde. Sie wurde dann am Abend in die Abfallskammer eines Janet- Nestes gesetzt und ihr Verhalten bei mäßig hellem LampenHcht, das die Ameisen nicht störte, beobachtet. In einem Fall wanderte sie bereits nach 10 Minuten von dem AbfalLnest durch die zweite (Wohn-) Kammer, die leer stand, ohne Zögern hindurch in die dicht bevölkerte dritte Kammer. Die Ameisen Hefen nm- langsam umher und beachteten die Grille gar nicht, die ungeniert, jedoch beständig nach ihrer Art aus- weichend, zwischen ihnen umherlief und die Beine und das Abdomen der Ameisen benagte. Eine am 30. Mai aufgenommene Grille sah ich 1 Bei C. Ugniperda und M. scabrinodis wurde sie ausnahmsweise von Viehmeyer (s. S. 420) gefunden. Nach den S. 420 und 421 mitgeteilten Ergeb- nissen schien es mir jedncli richtiger, diese beiden Ameisen in die IL Gruppe zu stellen. 452 Fritz Schimmer, jedoch nach einer Woche (6. Juni) noch einen 4 cm langen Sprung machen. 2) F. rufiharhis v. fusco-rufiharbis. Die Aufnahmeversuche verliefen ähnlich wie bei F. sanguinea. Die Duldung erwies sich nicht als völlig indifferent. Eine am 5. Mai mit dieser Kolonie gefundene Grille wurde am Morgen des 2. Juli tot vorgefunden: eine Antenne fehlte ganz, eine halb, beide Cerci, beide Hinterbeine waren herausgerissen. Die Grille war in der vorhergehenden Nacht ^/2l2 Uhr das letzte Mal beobachtet und völlig intakt und munter befunden worden. Der Zustand, in welchem sie gefunden wurde, bewies, daß sie gemißhandelt und schUeßlich getötet worden war. 3) Lasius niger. 14. Juni. — »In ein großes, leeres LuBBOCK-Nest werden fünf erwach- sene Grillen gesetzt und dieses mit dem Fangglas verbunden, in welchem sich eine sehr volkreiche Kolonie von L. niger mit Weibchen, Arbeitern, Eiern und Larven befindet. Die Auswanderung ist in etwa 10 Minuten beendet. Die Grillen sind nach 5 Minuten ungefähr völlig zutrauUch und belecken einzelne Ameisen. Eine Viertelstunde nach ihrer Auf- nahme nehmen sie bereits an den ersten der zahlreich stattfindenden Fütterungen teil. « 15. Juni. — »Eine Grille war mehrere Tage auf feuchter Erde ohne Nahrung isoliert worden und ziemlich ermattet; sie lief langsamer und vermochte nur kleinere Sprünge zu machen. Diese Grille wird vor- sichtig zu den fünf andern hinzugesetzt. Es scheint zunächst so, als sei das Verhalten der Ameisen ein andres als bei den gestern aufge- nommenen Grillen; es ist jedoch umgekehrt: die Bewegungen der etwas ermatteten Grille sind etwas ungeschickter, langsamer als die der in- takten Exemplare und erregen dadurch die Aufmerksamkeit der Ameisen in erhöhtem Maße. Nach mehreren, nur 2 — 3 cm langen Sprüngen war ihre Kraft erlahmt; eine Ameise hielt sie am Vorderbein fest und zerrte sie fort ; nach wenigen Minuten wurde sie getötet. « 19. Juli. — »Eine der fünf am 14. Juni — also vor 5 Wochen — hin- zugesetzten Grillen wird von einer Ameise tot durchs Nest geschleppt. Cerci, Hinterbeine und Fühler fehlten. Am Abend vorher war die Grille noch völlig intakt. « 4) Lasius alienus. Obgleich Myrmecophila auch bei dieser — etwas selteneren — Ameise zu finden ist, scheiterten alle fünf Auf nähme versuche, die ich anstellte. Beitrag 7ai eiiu-r .M(iii(>i;iaiilur di r ( Irvllodrrngattung Myrmecophila Latr. 453 ])ii' hfidt'ii tTstvii Grillen wunk'ii am ersten Tage — 14. Mai — getötet, die dritte fand ich am 22. Mai tot vor. Die vierte wurde am 14. Juni hinzugesetzt. Sie mußte sich in der sehr volkreichen Kolonie immer durch Sprünge retten. Die Ameisen waren, sobald ich den Pappdeckel vom Neste nahm, ilerinaÜen aufgeregt, daß an Beobachtungen nicht zu denken war. Abends ^/2^0 Uhr hatte sich die Grille — die den nlienus- Nestgeruch doch bereits angenommen haben mußte — in den unter- irdischen Teil des Nestes gewagt. Nach kurzer Zeit wurde sie bereits, ihrer Fühler und sämtlicher Beine beraubt, aus einem der Zugänge von mehreren Ameisen herausgeschleppt. Da ich glaubte, daß der VoUa-eichtum der Kolonie an diesen Mißerfolgen schuld sein möchte, entfernte ich über die Hälfte der Ameisen und gab eine »mittlere Form«, von gleicher Größe wie die Ameisen, hinzu. Nach V* Stunde wurde sie von sieben bis acht Arbeitern tot durchs Nest geschleppt. Wäre nicht bereits festgestellt, daß die Grille auch bei L. alienus lebt, so könnte man nach dem Ausfall dieser Versuche eher das Gegenteil annehmen. Sie beweisen daher nur, daß die Aufnahme der Grille auch bei ihren Wirten völlig mißhngen kann, wenn die Bedingungen nicht den natür- lichen entsprechen. 5) Lasius flavus. Das Verhalten war ein ähnliches wie bei L. niger. In drei Fällen wurde die Grille nach längerer oder kürzerer Zeit tot aufgefunden. Es war zu vermuten, daß sie getötet worden sei. 6) Myrmica laevinodis. Da bei dieser Ameise die meisten Beobachtungen gemacht wurden, die eine vollkommen friedliche Duldung vermuten ließen, so wurde auch hier besonders eingehend auf alle Momente geachtet, die gegen eine ausgesprochen indifferente Duldung sprachen. Zunächst sei bemerkt, daß die Aufnahme, die ich bei dieser Ameise an die 30 — 10 mal beobachtet habe, auch hier einen verschiedenen Ver- lauf nahm, je nach dem Volkreichtum der Kolonie oder der Größe des Nestes, der Temperatur usw. Wenn die Bedingungen günstig waren, so beruhte das Manöver der Grille immer darauf, daß ihre Gegenwart infolge der geschickten Drehbewegungen über- haupt nicht bemerkt, oder richtiger die Aufmerksamkeit der Ameisen möglichst wenig erregt wurde. Waren die Ameisen durch Lüften des Deckels in Aufregung, so war die Grille häufiger der Verfolgung ausgesetzt, als wenn die Ameisen vom Hineinsetzen des 4,54: Fritz Schimmer, Gastes gar niclits merkten. Äußerungen des Mißtrauens und drohende feindliche Haltung (öffnen der Mandibeln bei den ersten Leck versuchen, Schnappen nach der Grille, kurze Verfolgung, die bald eingestellt wird usw.) waren in den meisten Fällen mehr oder weniger auffallend zu beobachten. Im Verlaufe weniger Stunden jedoch schwanden diese Insulte gegen die neuaufgenommene Grille mehr und mehr, und es trat jener Zustand der scheinbar völlig indifferenten Duldung ein, der der Grille sich so dreist zu benehmen gestattet, wie es im Kap. II ge- schildert Avurde. Daß sich die Ameisen etwa an die Grille gewöhnt hätten, und die Aufnahme in Nestern, die bereits Myrmecophila lange Zeit enthielten, leichter vonstatten gegangen wäre als in Myrmeco'phila- freien Nestern — wie Wasmann (1892) es z. B. von der Aufnahme von Lomechusa bei Myrmica rubida berichtet — konnte ich nicht feststellen. Eine Kolonie von M. ruginodis aus den Leipziger Auenwäldern, in denen die Grille sicher nicht vorkommt, nahm eine Grille des Rösertales sehr glatt auf, während anderseits die Ameisen einer etwas volkreichen Kolonie des Rösertales, die beim Fang bereits Grillen enthielt, eine weitere Myrmecophila, die ich hinzusetzte, sofort fingen und töteten. Der Zustand der indifferenten Duldung kann am besten mit einer Art labilem GleichgeAvicht verghchen werden, das eintritt, wenn die Grille den Nestgeruch ihrer neuen Wirte angenommen hat und diese die Er- fahrung gemacht haben, daß der Eindringling schwer zu fangen ist und sie deshalb ihre Nachstellungen allmählich einstellen. Solange dieser Zustand besteht, fällt es der Grille leicht, ihren Geschäften nachzu- gehen, die einerseits den Ameisen Wohlbehagen verursachen (Belecken, zum Teil auch Fütterungen), anderseits dem sozialen Instinkt der Ameisen, der so leicht irre zu führen ist und von dem ganzen Heer der Symphilen ausgebeutet wird, angepaßt sind. Wie leicht jedoch diese Gleichgewichtslage verschoben werden kann, zegen die folgenden Beobachtungen : 17. Juni 1908. — »Die seit dem 24. September 1907 im Nest be- findliche Larve gibt seit einigen Tagen deutliche Anzeichen von Mattig- keit von sich. Trotz ihrer geringen Beweglichkeit läuft sie mitten in einen kleinen Trupp Ameisen hinein. Diese werden stutzig und betasten die Grille längere Zeit mit ihren Fühlern, ohne daß diese entweicht. Plötzlich packt sie eine der jüngeren Arbeiterinnen am Bein und schleppt sie durchs Nest.« 15. Juli 1908. — »Zu meinem Erstaunen läuft die eine der drei (am 5. Mai mit dieser Kolonie gefundenen) Grillen mit einem Ei umher, das mit dem einen Pol an der Unterseite der Legescheide anzukleben Beitrag zu oiiuT M(iiu)graj)lii(' dn ( u \ llddcciii^.it iimg ^h riiiccojiliila Latr. -455 oder ft'stziiliäiickt eine der beiden Ameisen, am Abdomen beginnend und sich langsam dem Kopfe nähernd. Wieder versucht sie das Fknschstückchen zu erreichen, aber diesmal hängt der Brotkorb zu hoch, obgleich sie sich aufrichtet. Eine dritte Ameise beginnt ebenfalls mit zu fressen. Diese wird beleckt, dann ein erneuter Versuch gemacht. Sie schiebt sich nämlich als vierte dazwischen und beißt oder leckt an dem Beutestückchen mehrere Sekunden lang mit herum, dabei den Kopf der ihr zunächst sitzenden Ameisen mit weichen langsamen Fühlerschlägen streichelnd, wobei der rechte, da ihm die Hälfte fehlt, wirkungslos bleibt. Sie läuft, als eine Ameise vorbeiläuft, davon, kehrt jedoch zurück. Wieder hängt der Brotkorb höher. Dies- mal schiebt sich die Grille jedoch ganz unter die Köpfe der Ameisen, richtet sich senkrecht auf und nimmt so, fast verdeckt von den drei Ameisen, mehrere Sekunden an der Mahlzeit teil. « 2) Formica truncicola. Bei dieser ^vildesten unsrer deutschen i^orm*ca- Arten der rufa- Gruppe war es erst recht unmöglich, bei hellem Tageslicht befi'iedigende Beobachtungen zu machen. Jedoch auch bei Lampenlicht zeigten sie sich zuweilen heftiger, reizbarer als F. rufa. Die Aufnahme mißlang einige Male, jedoch gelang sie in andern Fällen; d. h. die Grillen lebten mehrere Wochen mit den Ameisen zusammen. Das Verhalten der Ameisen, während sie von der Grille beleckt wurden, war nicht bei allen dasselbe. Die einen lagen minutenlang still, wie es in Kap. II für M. rubra geschildert wurde, die andern befühlten prüfend dabei den Kopf der Grille und fuhren plötzlich — als ob sie mit einem Male die 1'äuschung gewahr geworden wären — herum, oder öffneten, wenn sie in die Nähe kamen, drohend ihre Mandibeln. Obgleich ich gerade auf die Fütterungen besonders achtete, gelang es mir nie, die Grille an einer derselben, auch wenn sie in ihrer unmittelbarsten Nähe stattfand, teil- nehmen zu sehen. F. truncicola ist etwas größer und robuster als die im Verhältnis zur Grille schon beträchtlich große F. rufa. Ein Er- reichen der Mundteile zweier sich steil aufrichtender truncicola wäre der Grille unmöglich gewesen. Während es bei ihren eigentlichen Wirten nie oder nur äußerst selten vorkam, daß die Grillen an der den Ameisen vorgelegten Nahrung naschten, sondern stets auf indirektem Wege (durch Teilnahme an den Fütterungen oder selbständigen Fütte- rungen) ihren Hunger stillten, drängte sich hier die Grille selbst zu einem Stückchen befeuchteten Zucker und beleckte ihn. 458 Fritz Schimmer, dabei jecl(ich ungeniert über die Rücken und Köpfe der fressenden Ameisen kletternd. 3) Camponotus ligniperda^. Hier ist das Größenverhältnis zwischen Wirt und Gast ein noch ungünstigeres als bei F. truncicola. Wasmanns Aufnahmeversuch bei C. ligniperda scheiterte, allein hätte er die — wie er selbst bemerkt — sehr starke Kolonie etwas dezimiert, so würde ein zweiter Versuch wahrscheinlich gelungen sein. Eine meiner Grillen lebte mit einer mäßig starken Kolonie 19 Wochen zusammen, zuletzt besaß sie sogar nur noch ein Sprungbein und hatte sichtlich von ihrer Beweglichkeit ein- gebüßt. Entsprechend der Höhe ihrer Riesenwirte beschränkte sich die Grille meist darauf, ab und zu die Beine derselben abzuscheuern, was diese ruhig geschehen ließen. Teilnahme an Fütterungen waren ausgeschlossen und fanden auch nicht statt. 4) Tapinoma erraticum. Obgleich ich selbst zwei bei dieser Ameise gefangene Exemplare erhalten habe (Jena, Tornier!), so muß ich doch konstatieren, daß der Kontakt zwischen Wirt und Gast nicht so eng war, wie bei M. rubra und L. niger. Tapinoma ist nicht nur beträchtlich kleiner, sondern auch viel flinker, unruhiger als jene. Damit mochte es zusammen- hängen, daß ein Belecken der Ameisen weit seltener stattfand, vor allem seitens der Imago, die ich auch nie an einer Fütterung teilnehmen sah. Die jüngeren Stadien dagegen zeigten deutlich, daß sie die Teil- nahme an den Fütterungen selbständigem Fressen vorzogen. 5) Lasius fuUginosus. Bei der Schwierigkeit, diese Ameise einige Zeit im künstlichen Nest zu erhalten, gelang es mu- nicht, ausreichende Beobachtungen an- zustellen. Die Aufnahme glückte auch hier, wenn auch die Verfolgungen nach den ersten schüchternen Leckversuchen der Grille etwas heftiger zu sein schienen. Als sie z. B. am Tage nach der Aufnahme eine Ameise am Kopf zu putzen versuchte, schnappte diese nach ihr und nahm eine wütende Verfolgung auf. Teilnahme an den Fütterungen konnte ich nicht feststellen, jedoch sah ich einmal die Grille schnurstracks auf die Mundöffnung einer ruhig dasitzenden Ameise zulaufen, sich etwas aufrichten und deren Mundteile 3 Sekunden lang anhaltend belecken. 1 s. Fußnote S. 451. Beitrag zu einor Monograpliic der (irvlliHlcong.ittiin«; Myrmooophila Latr. 459 Eine Verfolgung diircli die Ameise unterblieb, so daß anzu- nehmen ist, daß es sich um eine Fütterung aus überfüllten! Kropf handelte, die den betreffenden Ameisen besonders willkommen ist und daher von den Grillen mit Erfolg ausgenützt wird. 6) iMsius emarginatus. Obgleich schon die erste Aufnahme gelang, dauerte es doch einige Zeit, bis die anfangs außerordentlich scheuen und erregbaren emar- ginatus sich an das künstliche Nest gewöhnt hatten. Infolgedessen war die Grille in dieser Zeit ziemlich vorsichtig und hielt sich meist abseits. Als sie einmal eine soeben vom Zucker kommende Ameise an den Mundteilen zu belecken versuchte, schoß diese in wütenden Zirkeln undier. Die erste Grille lebte nur 4 Tage. Die später hinzugesetzten jedoch lebten, bis die Ameisen allmählich starben; sie trieben sich, wie wenn sie bei ihren normalen Wirten wären, beständig leckend unter den Ameisen umher. In einem Fall wurde beobachtet, daß die Grille einer Ameise einen Teil der eben erbeuteten Nahrung aus den Mandibeln zerrte, in einem andern, daß sie sich von einer Ameise, die kurz vorher — nach längerem Hungern — gefressen hatte, selbständig füttern ließ, jedoch ohne Aufforderung mit den Vorder- beinen; die Ameise ließ es ruhig geschehen. 7) Myrmica ruhida. Das Verhalten zu M. ruhida ist besonders deshalb interessant, weil diese Ameise keine eigentlichen — ihr allein zukommenden — Gäste besitzt. Schon Wasmann (1892) war bei seinen Versuchen mit Lo- niechusa und Atemeies aufgefallen, daß diese beiden Gäste nach einigen Feindseligkeiten Aufnahme erlangten, Atemeies sogar gefüttert wurde. Die Aufnahme der Grille gelang außerordentlich leicht. Ihrem fried- lichen, zu wilden Verfolgungen nicht aufgelegten Charakter entsprechend, ließen sie diese von Anfang an fast unbehelligt, so daß sie sich schließlich ebenso dreist, ja zuweilen sogar noch zutraulicher benahm wie bei der beträchtlich kleineren M. rubra. Bei den Fütterungen drängelte sie die Gefütterten beiseite, um sich allein weiter bewirten zu lassen, sie beleckte die Larven und beraubte sie ihrer Nahrung, ja sie forderte auch, genau wie bei M. rubra, zur selbständigen Fütterung wie Atemeies auf: ». . . Die Ameise legt sich dabei etwas auf die Seite und öffnet, wie bei der Fütterung einer Ameise, weit ihre Mandibeln. Die Grille steht mit dem rechten Mittelbein auf einem Bein der Ameise; mit beiden Vorder- beinen streichelt oder beklopft sie leise die Seiten ihres Kopfes; mit 460 Fritz Schimmer, dem Kopf bohrt sie sicli förmlich in die Mundöffnung der Ameise hinein, eifrig das hervorquellende Tröpfchen aufleckend; die Palpen trillern lebhaft auf dem Labrum der Ameise. Diese scheint es allmählich satt zu bekommen, sie wehrt die Grille mit den Vorderbeinen ab und biegt den Kopf zurück, was die Grille nur noch ungestümer in ihrer Auf- forderung macht. « Diese Beobachtung zeigt am besten, wie völlig ähnlich dem Verhältnis zu ihren eigentlichen Wirten der Aufenthalt bei Ameisen, die nie eine Grille beherbergt haben und über- haupt keine specifischen Gäste besitzen, sein kann, wenn diese im »Temperament« ihren Wirten biologisch verwandt sind. 8) Myrmica scrabrinodis'^. Von den vier ersten, nacheinander zu dieser Kolonie gesetzten Grillen lebte nur eine länger (vom 13. Juni 1908 bis 9. Juü 1908), die andern drei fielen nach Stunden oder Tagen den Nachstellungen der Ameisen zum Opfer. M. scrahrinodis zeigte sich außerordentlich ag- gressiv, obgleich ihre Bewegungen ähnlich ruhig wie die von M. lae- vinodis, ruginodis und ruhida sind. Die kleinen Feindseligkeiten, die bei M. laevinodis, je nachdem die Grille eingewöhnt war, nur sehr selten und nur ausnahmsweise zur Beobachtung gelangten — bei M. rubida war später nicht eine einzige feindliche Regung zu konstatieren — , waren bei M. scrahrinodis entschieden häufiger. 14 Tage nach der Auf- nahme wurde die Grille in manchen Fällen bei bloßen Leckversuchen verfolgt, um so heftiger, wenn die dreiste Grille wie eine Fliege trotz aller Abwehr sich mehrere Male nacheinander an dieselbe Ameise herandrängte. Oft war zu beobachten, daß die Grille vergeblich ver- suchte, an die Mundteile ihrer Wirte zu gelangen. Einige genau notierte Beobachtungen über die Teilnahme an Fütterungen und ein Fall einer selbständigen Fütterung, bei welchen sie einer eben mit der Aufforde- rung beginnenden Ameise zuvor kam, beweisen, daß es der Grille auch bei M. scrahrinodis gelang, sich Duldung und Gast -»Freundschaft« zu erzwingen. 9) L&ptothorax acervorum und 10) L. tuherum. Infolge des allerdings nicht bedeutenden Größenunterschiedes zeigten diese beiden Arten ein verschiedenes Verhalten, oder richtiger 1 s. Fußnote S. 451. Beitrag zu einer [Monographie der (irvliuileentinttuiig Mynneoophila Latr. 461 die Grillen don Ameison gegenüber. AVälirend L. acervorum häufig beleclct uiul wie .1/. laevinodis zu Fütterungen veranlaßt wurde — jedoch ohne Zuhilfenahme der Vorderbeine — , verhielt sich die Grille den kleinen L. tubcnun gegenüber völlig indifferent. Sie wich ihnen aus, das war alles, was zu beobachten war. Bei L. acervorum war namentlich zu beobachten, wie sich die Grille nach besonders reichlichen Mahlzeiten der Opfer erbarmte, die zuviel des Guten getan hatten. Hilflos stand die Ameise da, öffnete die Mandibeln und ließ einen glänzenden Tropfen dazwischen treten, den die Grille schon auf Ent- fernung witterte und begierig aufleckte. 11) Solenopsis fugax. Infolge ilirer Kleinheit wurde sie nicht einmal von den Larven der Grillen beleckt; diese hielten sich abseits des Ameisengewühles, bis sie schließhch doch von den winzigen Feinden erwischt und getötet wurden. 3. Zusammenfassung. Über die psychischen Grundlagen des Gastverhältnisses. Nach den WasmannscIicu Versuchen wäre ein bedeutender Unter- schied zwischen dem Verhalten der Ameisen in Gruppe I und denen der Gruppe II zu erwarten gewesen. Jedoch zeigt sich einerseits bei den eigentlichen Wirten der Grille (I), daß es zu einer vollkommen in- differenten Duldung nicht kommt, sondern daß selbst seit Wochen im Nest lebende Grillen noch von ihren Wirten angegriffen werden, sobald sie von ihrer Beweglichkeit eingebüßt haben, oder irgend eine Unvorsichtigkeit oder etwas ähnliches die Ameisen besonders reizt: anderseits bewiesen einzelne Beobachtungen aus der zweiten Gruppe, daß die Grille von Ameisen, welche überhaupt keine specifischen Gäste beherbergen (M. ruhida und L. acervorum) regelrecht gefüttert wird. Soweit in dieser Gruppe graduelle Unterschiede zu bemerken sind, hängen sie mit der Größe der Ameisen (C ligniperda, F. tnmcicola), ihrer Reizbarkeit {M. scrabrinodis) oder ähnlichem zusammen. Wasmann (1901) ist nun der Ansicht, daß die »freundliche« oder » feindliche « Aufnahme von Myrmecophila bei den betreffenden Ameisen nur ganz sekundär auf dem ihr anhaftenden »Nestgeruch der Ameisen, aus deren Kolonie sie kommt«, beruhe; weshalb er zur Erklärung der von ihm beobachteten Erscheinungen einen »erblichen Instinkt« heranzieht, der den eigenthchen Wirten eigen und dem die Duldung der Grille bei diesen Ameisen zuzuschreiben sein soU, d. h. mit andern Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 30 462 Fritz Schimmer, Worten: den Wirtsameisen der Grille wohne ein specif isolier Myrme- co^^Ma-Instinkt inne. Da Wasmann (Inst. u. Intell. i. Tierreich, 1905) ausdrücklich die instinktiven Tätigkeiten in Gegensatz zu den Keflexbewegungen stellt, die ersteren sogar unter die »will- kürlichen Tätigkeiten« rechnet, so ist man völlig im unklaren, wie groß an diesem symbiotischen Verhältnis zwischen Ameise und Grille der Anteil des Gastes ist. Die Annahme eines specifischen Grilleninstinktes wird eigenthch schon durch die Tatsache widerlegt, daß die Grille sich auch bei Ameisen, denen sie völlig fremd war, gastliche Behandlung erzwang. Allein selbst wenn sämtHche Auf nähme versuche bei denjenigen Ameisen, bei welchen die Grille sicher nicht lebt, gescheitert wären, so liegt es doch näher, den Grund zu diesen Erscheinungen zunächst im Gaste zu suchen, der wohl seinen eigentlichen Wirten, nicht aber diesen fremden Ameisen angepaßt ist — oder doch nur unvollkommen — , mit denen ihn zwar ein Zoologe, nie aber er sich selbst in Berührung bringt. Es ist nicht vorstellbar, wie ein solcher Instinkt entstanden sein und wie er sich entwickelt haben soll. Wasmann (1897) spricht zwar im Gegensatz zu Weismann von der Annahme »einer zweck- mäßigen Wechselwirkung « zwischen Organismus (des Gastes) und seiner Umgebung, aus der allein zweckmäßige Variationen der Instinkte zu erklären seien, an keiner Stelle jedoch spricht er von einer engraphie- renden Wirkung (im Sinne Semons), welche speziell die Gäste auf das Gehirn ihrer Wirte ausüben müßten, um einen auf den jeweiügen Gast gerichteten Instinkt entstehen zu lassen. Da Wasmann (1. c.) zudem noch für die Entwicklung seines (hypothetischen) Symphilieinstinktes jeden Anteil der Personal- sowie Germinalselektion ausschließt, so bleibt tatsächlich nur anzunehmen übrig, daß sowohl Symphilieinstinkt wie, in unserm Falle, »31 yrmecophila -Instinkt« den betreffenden Ameisen von ihren Gästen oktroyiert worden seien. Escherich (1902) hat über- zeugend begründet, daß überhaupt ein spezialisierter, auf die Pflege der Gäste (Symphilen) gerichteter Instinkt nirgends festzustellen ist, und daß die Ursache zu allen scheinbar instinktiv der ganz bestimmten Gastart erwiesenen Pflegehandlungen einzig und allein im Gaste und seiner specifischen Anpassung an eine ganz bestimmte Ameisenart liege. Das Wesen dieser Anpassung besteht darin, daß der (symphile) Gast imstande ist, diejenigen Keize auf seinen Wirt auszuüben, die ihm nicht nur Duldung im Nest, sondern gastliche Pflege verschaffen. Hätte auch auf selten der Wirte eine — durch etwaige Wandlung des Brutpflegeinstinktes — Anpassung stattgefunden, so Beitrig zu t-iiur il(jn()<;rapliit' der (iryllodeengattimg Myrinecophila Litr. 403 müßte den Gästen ein ähnlich selektierender Einfluß zugeschoben werden, wie ihn die Wirte den Gästen gegenüljer ausüben. Die Schäd- lichkeit eines solchen Instinktes ist noch kein Beweis gegen die Mög- lichkeit seiner Züchtung. Allein die Annahme, daß sich die symphilen Parasiten dem Brutpflegeiiistiiikt angej)aßt liaben, ist völlig aus- reichend zur Erklärung aller Erscheinungen. Infolgedessen genügt es bei einem Synöken wie Myrmecophila, erst recht, alle scheinbar freundschaftlichen Handlungen der Ameisen aus Anpassungen des Gastes an bereits vorhandene Instinkte des Wirtes zu er- klären. Ist schon bei Symphilen ein — prinzipiell nicht ausgeschlos- sener — selektierender Einfluß der Gäste nicht nachweisbar, so hier erst recht nicht. Sell)st wenn man sich vorstellte, daß in einer Kolonie ein Teil der Arbeiter infolge einer plötzUch auftauchenden Keimesvariation grillenfreundUcher, ein andrer grillenfeindhcher gesinnt sei, so wären diese doch weder imstande, die für sie unnützlichen feindlichen Elemente zu beseitigen, noch würde es ihnen — wenn sie dazu imstande wären — etwas nützen, da diese Eigenschaften in erster Linie den Ar- beitern zukommen, d. h. nicht vererbbar sind. Beruhen die Instinkte tatsächlich auf materiellen Hirnmechanismen, wie auch Was- MANN (Inst. u. Int., S. 34) zugibt, so muß man mit Weismann (1883, 1904) auch annehmen, daß sie auch mit der Erhaltung der Art in irgendwelchem Zusammenhang stehen (oder gestanden haben, Instinkt- rudimente), sonst wäre ihre Erwerbung ein völlig unerklärlicher Luxus. Wasmann, der zur Entwicklung des reinen Symphilieinstinktes jeden Einfluß sowohl der Personal- wie der Germinalselektion ausschheßt, büebe daher auch bei Myrmecophila nur übrig anzunehmen, daß hier ein Instinkt ohne jeden Nutzen für die Ameisen plötzlich auftauche, sich vererbe und zum alleinigen Vorteil des Parasiten weiter entwickle. — Wasmann führt als weiteren Beweis noch an, daß seine F. rufibarbis, die eine Grille bereits 4 Wochen vollkommen friedlich duldeten, ein Epiblemum scenicum (Sprungspinne) in wenigen Sekunden fingen und töteten, ebenso eine fremde sanguinea. Diese Versuche beweisen doch nur, daß der Sprungmechanismus einer Hüpf spinne absolut nicht dem Treiben einer rufibarbis -Kolonie, sondern der Jagd nach kleinen Insekten allein angepaßt ist, ebenso daß eine sanguinea - ^ nicht in ein rufibarbis-Nest gehört, weiter nichts. Bei weitem einfacher und einleuchtender dürfte es sein, wenn man den Grund zu dem merkwürdigen symbiotischen Verhältnis zwischen Ameisen und Grillen allein in dem Anpassungs- komplex der letzteren sucht. Dieser läßt sich etwa mit einem 30* 464 Fritz Schimmer, Zahnrad vergleichen, das, Zahn führ Zahn in das Triebrad des Ameisen- mechanismus passend, von diesem seine Kraft bezieht. Wie sich die Sjmphilen den Brutpflegeinstinkt ihrer Wirte zunutze machten, so Myrmecophila ihren Putzinstinkt und sozialen Fütterungs- instinkt. Den vorteilhaften Keimesvariationen kam eine außerordent- lich Icräftige Selektion von selten der die schlechtest angepaßten Grillen unaufhörhch auslesenden Ameisen entgegen. So bildeten sich im Laufe der Entwicklung bei der Grille zunächst die Bewegungsmechanismen, die ihr ein rasches Entweichen und unbemerktes Umherlaufen unter ihren Wirten, schheßlich auch diese zu belecken ermöglichten. Dann wurden allmähhch Bewegungsmechanismen herangebildet und -gezüchtet, die die Teilnahme an den Fütterungen der Ameisen ermöghchten, und schHeßHch entstand jener ausgesprochene mimetische Reizkomplex, der die Ameisen zur selbständigen Fütterung zwangt. Daß alle diese Anpassungen sich allein auf selten der Grillen befinden, geht am besten daraus hervor, daß diese Reizmechanismen auch da prompt wirken, wo ähnliche Bedingungen wie in ihrer eigentlichen Wirkungssphäre herrschen (Gruppe II), ferner daraus, daß sie selbst im Nest der häufigst frequentierten Wirte zu- weilen versagen. Mit dieser Deutung ist nicht ausgesprochen, daß die Ameise ledigHch als Reflexmaschine auf eine bestimmte Anzahl Reize der Grillen rea- gierte, sondern die Plasticität des Ameisengehirnes macht s'ch auch hier geltend, wenn man berücksichtigt, daß die allmähhch erlangte Schein- duldung der Grillen auf einer gewissen Gewöhnung an diese Gäste und ihr Gebahren beruht, und daß die zuweilen zu beobachtenden plötzlich wieder erwachten Feindseligkeiten der Ameisen ebenfalls Stimmungs- umschlägen entspringen — wie die öfteren Insulte gegen Dinarda (nach Escherich, »die Ameise« 1906). Wheelee (1900) hatte bereits treffend auf die der Ameisenfortbewegung konträre Bewegungsweise der Grille hingewiesen und hierin den Schlüssel zum sjanbiotischen Verhältnis zwischen Grille und Ameise erblickt (interdigitating modes of pro- gression). Allein diese Erklärung bedarf einer Ergänzung, die den übrigen Erscheinungen gerecht wird. Es Heße sich dann vielleicht folgende Definition formuheren: >>Der Grund zu dem symbiotischen Verhältnis zwischen Grille und Ameise liegt einerseits Inder auf rasches Ent- weichen und unauffälligen Aufenthalt im Nest zielenden, 1 Über die Entwicklung cies Gastverhältnisses s. auch Kap. III. Beitrag zu einer Mono(;rapliie der Gryllodeengattung Myrmecophila Latr. 465 der Bewegungsweise der Ameisen konträren Fortbewegungs- art der Grille (bedingt durch Körpergestalt, Sprungvermögen, rasche Drehungen usw.). Anderseits ist er gerade in einer an den Putziiistinkt (Reinigungsinstinkt) und sozialen Fütterungsin- stinkt angepaßten Mimikry der Ameisenbewegung zu suchen (Nachahmung der Lecktätigkeit, Mimilo-y der Fühlerbewegung, der Aufforderung zur Fütterung usw.).« V. Fortpflanzung und Entwicklung. Wenn man die Literatur über M. dcerwrum und ochracea durch- blättert, so gewahrt man, ^vie überall die Frage nach der Vermehrung dieser beiden so interessanten Insekten auftaucht und wie sie, ohne daß eine Lösung versucht worden wäre, still beiseite geschoben wird, wenn man nicht überhaupt vorgezogen hat, ihr ganz aus dem Wege zu gehen. Panzer (1799) und Savi (1819) machen keine Angaben über die Ge- schlechter, bilden jedoch Weibchen ab. Ebensowenig äußert sich Cu\^ER (Regne animal) über das Geschlecht. Wenn Wheeler (1900) die Bemerkung macht, Cuvier bilde ein (f ab, so hätte sie nur dann Berechtigung, wenn unter der Abbildung das Geschlecht bezeichnet wäre. Das ist nicht der Fall. Das zwischen den Cerci hervorragende Gebilde kann man ebensowohl für die Legescheide eines noch nicht er- wachsenen Weibchens als für die Lamina supraanaHs eines Männchens halten. Fischer de Freib. (Orth. europ.) schreibt bez. M. acervorum, daß Märkel, der in seinen Arbeiten über Mjrmekophilen keine Angaben über die Geschlechter gemacht hatte, ihm auf sein Befragen mitgeteilt habe, sämthche Exemplare seiner Sammlung seien Weibchen, ebenso daß auch andre Sammlungen, die er daraufhin untersucht habe, kerne Männchen enthielten; er sucht sich diese Erscheinung mit der Annahme zu erklären, daß die Männchen vielleicht gewandter ent^vichen als die Weibchen (hujus speciei mascula, quae fortasse velocius, quam feminae, elabuntur). Über das ^ von M. ochracea jedoch macht Fischer exakte Angaben, die sich auf die Mitteilung des Sammlers (Zeller) stützen. Er sagt nämlich: »antermis et capite in (^ pilis longiusculis confertissi- mis, in Q piüs brevissimis ornatis ; « ferner ». . . superficie paullo magis nitida, parce pilosa (et? antennis (^f longe ciHatis)«, wozu er die Be- merkung macht : » quum mares speciei antecedenti non vidissem, nescio, annon illorum quoque antennae longius, quam in feminis, ciliatae sint. « Saussure (Mel. orth. 1877) begnügt sich, bei M. ochracea diese Be- schreibung des Männchens ohne nähere Bemerkungen zu notieren, wäh- rend er über das Männchen von M. acervorum einige Angaben macht. 460 Fritz Schimmer, die kaum dazu dienen konnten, den Schleier etwas zu lüften, sondern die Sache nur noch rätselhafter machten: >:»Les Myrmecophilus, bien qu'abondants dans les collections, n'y sont generalement representes que par des femelles. Nous en ignorons la cause. Je trouve cependant dans mes notes la mention d'un male, ayant la meme forme que les femelles et depourvu d'appendice en forme d'oviscapte. Cet individu ayant ete detruit, je n'ai pu verifier l'observation. « ( !) Trotzdem unter- scheidet er in der Diagnose : »lamina supraanali Q transverso-trigonali rf transversa, apice subtrimammillata«; und bemerkt, daß in Algerien beide Geschlechter von Herrn J. Demole gefunden worden seien. Brun- ner V. Wattenwyl (1882 und 1876) sagt, daß die cTcT sowohl von acervorum als ochracea unbekannt seien und setzt bei ochracea hinzu, daß ihm von dieser Art ein reiches Material zur Verfügung ge- standen habe, ohne daß er bei einem einzigen Exemplar die von Fischer angegebenen Merkmale habe erkennen können. — Diese Angabe Brunners wird von Novak (1888) auf Grund seiner Beobachtungen in Dalmatien bestätigt. Erst bei Wasmann (1901) tauchte wieder eine Bemerkung über die Männchen, und zwar von acervorum auf, indem er angab, daß er in einer Kolonie von F. sanguinea-fusca 17 Q Q und 1 rf der Grille gefunden hätte, eine Bemerkung, die auch in den neueren Bestimmungswerken (Tümpel usw.) Aufnahme fand. — Silvestris schon mehrfach erwähnte Arbeit über M. ochracea berührt leider diese so interessante Frage gar nicht. Herr Prof. Emery, der seinerzeit bei Neapel M. ochracea beob- achtet hatte, war so liebenswürdig, mir mitzuteilen, daß er glaube damals beide Geschlechter angetroffen zu haben, jedoch sei er dessen nicht ganz sicher. Gegenüber diesen einander widersprechenden Angaben ist die Kenntnis über die Männchen der nicht paläarktischen Myrmecophila- Spezies bedeutend sicherer. Von M. fergandei erwähnt bereits Bruner (1884), daß es 9 9 und cfcf gäbe. Das mu- von Herrn Prof. Wasmann zur Verfügung gestellte Material von 21 Individuen enthielt in der Tat 5 o^cT- Von den vier übrigen Arten des nordamerikanischen Kontinents notiert Scudder (1899) für M. formicarum 1 rf , 3 $ Q ; M. oregonensis 9 cf cf , 8 9 2; ^' nebrascensis 4 cf cT, 7 Q ^ ; M. nehawkae 2 cf cT, 3 Q 9 ; — woraus ersichtlich ist, daß sämtliche fünf Spezies Männchen besitzen. Die geringere Zahl der männlichen Exemplare (21 Q 9 • 16 cTcf ) könnte man für eine Zufälligkeit halten, allein Wheeler, den die Fortpflanzungsfrage im Hinblick auf die rätselhaften Notizen über die beiden Grillenarten der alten Welt besonders interessierte, zählte Beitrat; zu cinor Monogrii|)liii' dw fJryllddi'cngattiinjLj; ^ryrinfoophila Latr. 467 die geschlechtsreifen Individuen seiner Fänge von M. nebrascensis bei Austin (Texas) und stellte dabei fest, daß das Verhältnis der cTcT zu den Q Q ungefähr gleich 1 : 7 oder 1 : 8 war (Wheeler 1900). Diese Tatsache war äußerst interessant und ließ jedenfalls die Fortpflanzungs- frage überhaupt in einem neuen Licht erscheinen. Von den übrigen noch bekannten Arten war leider nur über M. americana Sauss. {prenolepidis Wasm.) Genaueres zu erfahren; über die übrigen vier indischen Formen existieren noch keine näheren Angaben. Die beiden Typen von M. dubia und M. australis im Berliner Museum sind beide Weibchen. Das von Assmuth gesammelte Material von M. americana, das mir Herr Prof. Wasmann durchzusehen erlaubte, enthielt 97 erwachsene Individuen. Davon waren 39 cTcTj 58 Q Q. Daraus ergibt sich, daß die Männchen etwas in der Minderzahl sind, auf 100 Männchen kommen etwa 145 — 150 Weibchen. Assmuth teilt nichts darüber mit, daß die Männchen sich durch ihre Bewegungsweise oder ähnliches von den Weibchen unterscheiden, ebensowenig Wheeler, so daß man allgemein sagen kann, daß bei denjenigen Arten, bei welchen überhaupt Männchen vorkommen, diese kaum schwieriger zu erlangen sind als die Weibchen. Als ich meine Untersuchungen über M. acervorum begann, war ich der Hoffnung, daß ich das Männchen finden würde. Jedoch, als ich in den ersten Wochen nur Weibchen fing, wurde ich stutzig. Herr Prof. Wasmann war so liebenswürdig, mir das einzige, von ihm als cf an- gesprochene Exemplar zur Besichtigung zu senden, wozu er schrieb, daß er selbst etwas im Zweifel über die Richtigkeit seiner ehemals ge- machten Angabe sei. Diese Zweifel waren begründet, denn in der Tat zeigte die genauere Betrachtung, daß dieses vermeinthche rf eine sog, •> mittlere Form « vom Stadium IV war, bei welcher die ungefähr halb ausgebildete Legescheide bereits deutlich etwas unter der Supraanal- platte hervorragte; es handelte sich also um ein Weibchen. — Wenn man von dem recht problematischen Männchen Saussures absieht, war nun in der Tat kein Fall, bei welchem ein Männchen beobachtet worden wäre, nachzuweisen. Die Sammlungsexemplare verschiedener Leipziger Entomologen, die ich besichtigte, waren sämthch Weibchen, ebenso die, welclie ich selbst früher gefunden hatte, ferner die der Ber- liner und Tharandter Sammlung. Auch Herr Viehmeyer teilte mir mit, daß er sich nicht entsinnen könne, cf J^ einmal gefunden zu haben. Alle diese Tatsachen heßen allmähhch in mir den Gedanken reifen, daß unsre Mijrmecophila acervorum sich vielleicht auf partheno- genetischem Wege fortpflanze, d. h. daß die Männchen ausgestorben 468 Fritz Schimmer, seien, und icli begann dieser Frage bei den folgenden Untersuchungen besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Von meinem aus 182 Exemplaren bestehenden Material wurden im ganzen 178 auf das Geschlecht hin geprüft. Von diesen 178 Indi- viduen waren 113 Q Q im Imagozustand (Legescheide völlig ausgebildet), 33 mittlere Formen (Stadium III — V) und 32 Jugendformen. Bei sämtlichen 33 mittleren Formen war der Ansatz der nach der 2. Häu- tung auf dem neunten und zehnten Sternit in Form von vier Hökern hervorsprossenden Legescheide deutlich zu erkennen (s. B, Kap. II, Abschn. 1 und 2; Textfig. 4: und 5). Die mikroskopische Untersuchung eines Teiles jener mittleren Formen, sowie eines Teiles der Larven ergab, daß in sämtlichen untersuchten Exemplaren ein deutliches Ovar vor- gebildet war. Soweit die Larven nicht zur mikroskopischen Unter- suchung gelangten, machten sie im künstlichen Nest lebend ihre Weiter- entmcklung durch — bis auf einige wenige, die durch den Tod ver- loren gingen — , wobei sich herausstellte, daß auch sie sämtlich sich entwickelnde Weibchen waren. Es wurden ferner 30 geschlechtsreife Weibchen mikroskopisch untersucht, die in der Zeit zwischen Ende April und Mitte Oktober, und zwar möglichst aus verschiedenen Kolonien, gefangen worden waren. Die Untersuchung ergab, daß in keinem derReceptacula seminis eine Spur von Spermatozoen enthalten war (vgl. B, Kap. V, Abschn. 4). Zum Vergleiche wurden 3 Q ^ von M. nehrascensis und je 1 Q von M. formicarum, M. pergandei und M. americana (des Was- MANNschen und HARTMANschen Materials) ebenfalls auf den Zustand ihres Receptaculums geprüft, wobei sich zeigte, daß die Receptacula dieser sich geschlechtlich vermehrenden Formen sämtlich strotzend mit Spermatozoen gefüllt waren. Auf Grund aller dieser Tatsachen halte ich es für so gut Avie erwiesen, daß sich unsre M. acervorum parthenogenetisch vermehrt. Schon die Möglichkeit, daß — selbst vrenn die Männchen in noch größerer Minderzahl als bei M. nehrascensis vorhanden wären — bei einem Material von 182 Individuen nie ein Männchen ins Fangglas gelangt sein sollte, ist sehr gering; noch geringer aber ist die Wahrscheinlichkeit, daß von 30 geschlechtsreifen, d. h. reife oder nahezu reife Eier ent- haltenden Weibchen keines befruchtet worden sein sollte. Am exaktesten würde der Beweis natürlich sein, wenn man die Entwicklung wirklich unbefruchteter Eier nachzuweisen imstande wäre. Obgleich ich allein fast anderthalb Jahr hindurch 20 — 25 Lubbock- Nester mit geschlechtsreifen Weibchen mit geringen Unterbrechungen Beitrag zu lüiu r Monographie ck-r Gryllodeengattung Myrmecophila Latr. 469 täglich inspizierte, gelang es niii- nicht, niolir als 18 Eier aufzufinden. Von diesen 18 Eiern hat sich ein einziges ganz entwickelt, d. h. bis zum Ausschlüpfen der jungen Larve, und bei einem andern war ein deutlicher Keinistreifen zu konstatieren. Das erste entstammte einer Kolonie, die drei Grillen enthielt und in der in der Zeit vom 22. Mai bis 15. Juli sechs Eier abgelegt wurden. Zwei dieser Weibchen fand ich leider eines Tages tot im Nest vor, so daß eine mikroskopische Untersuchung nicht mehr vorzunehmen war, das dritte Weibchen überraschte ich gerade bei der Eiablage, nach der es sofort konserviert wurde. Es zeigte sich, daß das Receptaculum leer war. Ob das Ei, das sich zur Larve ent- wickelte, von diesem AVeibchen stammte, ist natürlich fraghch. Ich bezweifle jedoch, daß von drei Weibchen einer Kolonie eines unbe- fruchtet bleiben sollte, während die beiden andern befruchtet würden. Das zweite Ei, das im Querschnitt einen Keimstreifen zeigte, war zum Unglück auch von einem Q abgelegt worden, das ich eines Tages tot (und bereits über Nacht vertrocknet) vorfand. Meine Bemühungen, isolierte Weibchen zur Eiablage zu bringen, hatten zwar insofern Erfolg, als tatsächUch Eier abgelegt wurden; es gelang mir jedoch nie, die durch Zufall einmal günstiger gemachten Bedingungen zu ihrer Reifung waeder herzustellen. Jenes Ei, das sich zur Larve entwickelte, war sofort, als ich es im Nest entdeckte, in einer mit einer dünnen Schicht Erde bedeckten Gipszelle eines Janet- Nestes isohert worden. Da es am 16. Juni abgelegt war, fiel seine Entwicklung in die hierzu günstigste und heißeste Jahreszeit. Die Larve schlüpfte am 27. Juli, hatte also zu ihrer Entwicklung gerade 5 Wochen und 6 Tage oder rund 6 Wochen gebraucht. Um zu untersuchen, ob etwa die Entwäckhingszeit durch die veränderten Bedingungen, die ein Zimmer gegenüber der von der Sonne bestrahlten freien Natur mit sich bringt, beeinflußt wird, Heß ich ein Weibchen von Gryllus cam- pestris ebenfalls im Juni befruchten. Die Eier wurden in wenigen Tagen in kurzen Zwischenräumen (in 3 Tagen etwa 80 — 100) abgelegt und ge- langten innerhalb 4 Wochen, also völüg normal, zum Schlüpfen. Man darf daher für das Ei von M. acervorum 6 Wochen als die normale Ent- wicklungszeit annehmen. Von den übrigen 16 Eiern verschwanden im Anfang einige auf rätselhafte Weise; ich nahm an, daß sie von den Ameisen entweder verscharrt oder gefressen sein möchten und isolierte in der Folgezeit jedes Ei, das ich fand. Obgleich diese Eier genau ebenso, d. h. ebenso feucht und mögHchst in ähnhcher Temperatur aufbewahrt wurden, trockneten sie ein oder zeigten sich bei der mikroskopischen Unter- 470 Fritz Schimmer, sucliung so maceriert, daß nur noch Fragmente des Dotters festzustellen waren. Von den letzten zehn bis zwölf Eiern habe ich die sämtlichen in Frage kommenden Weibchen auf ihre Receptacula geprüft und alle leer gefunden. So wäre bei M. acervorum an der Tatsache, daß sich diese Art parthenogenetisch fortpflanzt, kaum zu zweifeln. Um so interessanter erscheint nun die Frage, wie es sich bei M. ochracea verhält. Hier sprach die exakte Angabe Fischers über die sekundären Ge- schlechtscharaktere beider Geschlechter eigentlich deutlich für das Vor- handensein von Männchen. Es gelang mir leider nicht, ein ausreichen- des konserviertes Material von dieser Art zu erhalten, und ich war sehr froh, wenigstens ein wohl konserviertes, geschlechtsreifes Weibchen untersuchen zu können (Linke!). Das Receptaculum seminis dieses Weibchens war prall mit Spermatozoen gefüllt und damit wenigstens festgestellt, daß tatsächlich Männchen existieren. Daß auch die übrigen Angaben Fischers völlig auf Wahrheit beruhten, zeigte eine Besichtigung der fünf cc/iracea-Exemplare der Berliner Sammlung. Von diesen fünf waren vier Weibchen, und zwar im Imagozustand. Ein Exemplar jedoch, das ich wegen seiner geringeren Größe zuerst für eine mittlere Form hielt, fiel mir unter der Lupe sofort durch die abweichende Behaarung an Kopf und Antennen auf. Während die vier andern Exemplare ( Q Q ) übereinstimmend an der Vorderseite des Kopfes eine kaum merkliche Pubescenz kurzer steifer Börstchen zeigten und an den Fühlern ebenfalls nur eine wenig abstehende Behaarung, sah man hier, wenn man senlo-echt von oben auf die Stirn des Kopfes blickte, lange, weißhche Borsten wie einen Kamm senkrecht abstehen und desgleichen die Innenseite der Fühler mit ebenfalls vertikal abstehenden, über die kurzen Fühlhaare hinausragenden, steifen Borstenhaaren besetzt (Be- schreibung s. C 2; Taf. XXII, Fig. 3 und 3a). Ich zweifelte nicht, hier ein Männchen mit den von Fischer angegebenen Merkmalen vor mir zu haben. Das Abdomen war allerdings (vom Sammler? Krüper, Athen) in sonderbarer Weise entstellt worden, indem nämlich an das eine, etwas nach innen gedrückte und wie eine Legescheide unter der x\.nal- öffnung hervorragende Hinterbein ein größeres, zu einem andern Tier gehöriges darauf geklebt war. Bei schwächerer Vergrößerung mußte dadurch eine Legescheide vorgetäuscht werden. Tatsächlich aber war trotz dieser groben Entstellung das Fehlen einer solchen deutlich zu konstatieren. Besäße ich nicht die untrügUchsten Schnitte durch ein gefülltes Receptaculum von M. ochracea, so würde ich Bedenken haben, auf Grund dieses im übrigen schlecht erhaltenen Exemplares die sichere Beitrag' zu oinor ]\ronograi)hic' clor (irvllodecnpattung Myriiu-c-ophila Latr. 471 Existenz von Miinnclion zu behaupten. Allein beide Tatsachen stützen sich gegeuseiti aktiven Mimilo-y« — um den treffenden Ausdruck Wasmanns (1896) zu gebrauchen — bestehe, die eine derjenigen des symphilen Atemeies nicht nachstehende Täuschung der Wirte bewirkt. Wasmann (1. c.) macht bei Eciton-Gasten auf ein merkwürdiges Verhältnis zwischen Fühlerstärke und Körpergröße aufmerksam. Die kleinsten Eciton-Gä&te besitzen nämlich die relativ dicksten Fühler, so daß bei den größeren Formen die Ähnlichkeit mit dem Eciton-¥uh\eT immer vollkommener wird. Auch ein Myrmecophila Fühler würde, wenn er nur die relative Stärke eines Gnjllus- oder iVemo&ä«-Fühlers besäße, wirkungslos sein. Die Fühler von Grißus und Nemobius, wie die aller übrigen Gryllodeen, sind fadenförmig dünn, die einzelnen Glieder an der Fühlerbasis etwas länger als dick (Taf. XXIV, Fig. 22). Die Fühlerglieder von Myrmeco- phila dagegen repräsentieren im basalen Teile, als dem dicksten und mi metisch am meisten beanspruchten^ niedrige Ringe, die erst gegen die Spitze hin die gewöhnliche laiigcylindrige Form annehmen (Taf. XXII, Fig. 1 und Taf. XXIV, Fig. 21). " In der eigentümlichen Kopf- und Fühlerbehaarung des Männchens von M. ochracea (Fig. 3a), die sich im systematischen Anhang genauer beschrieben findet, dürfte kaum eine speziell myi-mekophile Anpassung zu erblicken sein. Die nur dem ocAracm- Männchen eignenden Fühler 1 über Lobus olfactorius imd Xei'vus antennalis s. Kap. VI. Reitrag zu ciiu r M.>ni.L'r;i|i!iii ihr Grylloi.It.'!.'ngattung Myrrni-cophila Litr. 47'.J wjiden vielmehr wie tlie »gekämmten« Antennen vieler Spinnermänn- clien unter den Lepidopteren, denen sie ähneln, der Witterung des andern Geschlechtes dienen (s. A, Kap. IV). 2. Die Mundteile. Wasm.\nx (1896) macht bei der Aufzählung morphologischer Merk- male der Myrniecophilen besonders auf die durch die Fütterung hervor- j.;t'rufenen Veränderungen aufmerksam, welche an einzelnen, einseitig beanspruchten Teilen der Mundteile zu konstatieren sind (Verbreiterung der Aleocharinenzunge, Reduktion der Kiefertaster der Clavigerinen usw. ). Kei Mi/nnecophila hat. wie im I. Teil der Arbeit gezeigt wurde, eine Abweichung von der gewöhnlichen Benutzung der Mundteile zum Zer- schroten fester Nahrung in beträchtlichem Maße stattgefunden; und es ist daher die Frage von Interesse, ob dies in der Gestaltung der Mund- teile seinen Ausdruck findet. Die Mandibeln und das erste Maxillenpaar zeigen kaum be- deutende Unterschiede von den entsprechenden Teilen bei Gryllus und Nemobius. Die Mandibeln sind breit schauf eiförmig gestaltet, die Kau- fläche wird von vier ungleich langen kegelförmigen Zähnen gebildet (Te.xtfig. 2). Die Lacinia {lac) der I. Maxille ist hakenförmig gekrümmt und endet mit einer scharfen Spitze, unter welcher eine zweite, dünnere, ebenso nach innen gekrümmte, hervorragt. Die Galea {gal) ist im Vergleich zu der von Gryllus ziemhch Icräftig und dick und zeigt an ihrem äuiSeren Ende eine kugelförmige Anschwellung, die mit sehr kurzen, anliegenden Sinnesbörstclien besetzt ist. Gleichfalls kräftiger ;;Is bei den oben genannten Gryllodeen erscheinen auch die fünfgliedrigen Maxillarpalpen {plp.mx), wie ein Vergleich von Fig. 21 und 22 auf Taf. XXIV zeigt. Wie in Teil I erwähnt wurde, fordert Myrrnecophila (\ne die termitophile Aleocharine Terinitomorpha nieinerti) auch mittels der auf dem Labrum der Ameise trommelnden Palpen diese zm* Fütte- rung auf. Bei Termitomorpha wies Wasmann (1. c.) eine dieser Tätig- keit entsprechende Kräftigung und Verdickung der Palpen nach. Viel- leicht darf auch bei Mi/rmecophila die zwar nur mäßige, aber nicht zu leugnende Verdickung der Palpen ähnlich aufgefaßt werden. Die Unterlippe repräsentiert den Typus des in Glossen und Paraglossen gespaltenen Gryllodeenlabiums. Palpifer (plpf), Mentum {nient), Submentum (s.ment) sind deutlich abgesetzt. Die Glossen {gl) sind etwas kürzer als die Paraglossen (pgl) und insofern bemerkenswert, als sie mit diesen ziemhch weit vorn verwachsen sind. Der Palpifer trägt die viergliedrigen Labialpalpen {plp.lb). 31* -iSO Fritz Schimmer, 3. Hypopharynx und Epipharynx. Der Hypopliarynx ist der anatomisch interessanteste Teil des Tieres, da er die bei den übrigen Mundteilen zu vermisseude Anpassung an die Lecktätigkeit der Grille in schönster Weise ausgeprägt zeigt. Sein Bau soll daher im folgenden etwas eingehender besprochen werden. In seiner äußeren Form nähert sich der Hypopharynx von Myr- mccophüa dem von Gri/llus : er liegt als »Zunge « dem Labiuni auf, mit dem er am Beginn des Palpifer verwachsen ist, und bildet mit seiner Oberseite den Übergang zur Ventralwand des Pharynx; er wird also vom Epipharynx dorsal, vom Labium ventral bedeckt. Bei Gryllus ist der Hypopharynx ein ziemlich kurzes und gedrungenes Gebilde, das bis an das Ende der Glossen reicht und oberseits teilweise mit Sinnes - borsten besetzt ist. Die Cuticula ist gleichmäßig dünn, das Innere mit Fettkörper gefüllt; median verlaufende Längsmuskeln dienen zur Er- weiterung der Mundöffnung und zu Schluckbewegungen. Der Hypopharynx von Myrmecophüa zeigt, wenn es gelingt, ihn aus seinem Zusammenhang mit den übrigen Mundteilen zu lösen, eine Gestalt, die sich im Umriß ungefähr mit der eines Tennisschlägers vergleichen läßt, dessen Stiel abgeschnitten ist (Taf. XXII, Fig. 5). Die von Heymons (1895) bei Forficula beobachtete Dreizipfeligkeit tritt auch hier sehr deutlich zutage. Zwischen den beiden großen seitlichen Lappen {loh.lat) erblickt man einen kleineren mittleren [lob. med), der über jene etwas hinausragt und etwas niedriger ist als sie, so daß vorn zwischen den beiden seitlichen Lappen eine kleine Ver- tiefung entsteht ; diese Vertiefung setzt sich als eine mediane Rinne nach hinten fort und geht in den Pharynx bzw. Oesophagus über. Seine Festigkeit erhält der Hypopharynx durch drei Chitinversteifungen, Zwei bilden eine Art Gabel — dem Rahmen des Tennisschlägers zu vergleichen — , mit einem rechtseitigen und linkseitigen Ast {jurc.hyp). Während sich beide Äste nach vorn verjüngen, sind sie in ihrem hinteren Teil am breitesten. Etwas hinter der breitesten Stelle der Zunge sind sie durch eine dorsale Querbrücke {fib.hyp) miteinander verbunden, die das gewölbte. Hypopharynxdach wie eine gebogene Rippe trägt. Die Festigkeit, die die Zunge auf diese Weise erhält, hat iliren besonderen Grund. Jeder der seitlichen Hypopharyngeallappen trägt auf seiner Unterseite eine ovale, genau elliptische Platte, die sehr dick mit in Querreihen angeordneten, nach vorn gerichteten Börstchen besetzt ist, und die als Hypopharyngealbürstchen bezeichnet werden soll (Taf. XXII, Fig. 6 pen.hyp). Fig. 4 (Taf. XXII) stellt einen Beitrag zu vinrv ^ronotiraplut' dir ( irvllodi'i'iionttung MyrnK'n)[(liila Latr. 4SI Querschnitt durch den Hypopharynx von M. nehrascensis dar, der un- jjefähr an der l)reitesten Stelle der Bürstehen «»('führt ist. Er zeigt zunächst, ilaß die beiden gleichmäßig gekrünunten Platten, welche die Borsten tragen, iiiclit in der Mitte zusammenstoßen, sondern durch eine von sehr zartem Chitin gebildete Falte voneinander getrennt sind, die eine gewisse BewegUchkeit der kräftigen, unbiegsameren Platten gegeneinander bedingen dürfte. Entfernt man durch Kalilauge vor- sichtig alle Weichteile, so gewähren diese Bürstehen einen mehr flachen, weniger gewölbten Eindruck. Ein derartiges Präparat zeigt jedoch außer den Bürstehen noch eine andre, höchst merkwürdige i^ildung: quer durch jeden der beiden Seitenlappen zieht sich nämlich ein dorsal - 1 ventral verlaufender chitinöser Gang, der dorsal rechts und links von der MittelUnie und ungefähr in der Mitte zwischen Querbrücke und der Spitze jedes Lappens mündet, ventral genau in der Mitte des Vorderrandes der Bürstehen nach außen führt. Die Gänge sind vollkommen symmetrisch und machen einige Biegungen (Taf. XXIT, Fig. 5 dt.hijp). Auf Querschnitten zeigt sich, daß das Chitin ähnlich wie das der Tracheen fein geringelt ist, jedoch anscheinend nicht in fort- laufender Spirale, sondern es besteht vielmehr aus in sich geschlossenen Ringen, da auf manchen Schnitten deutlich einzelne Ringe, die sich bei einer Zerreißung des Ganges abgelöst hatten, zu unterscheiden waren. Untersiicht man den Hypopharynx auf Sagittalschnitten, so bietet sich folgendes Bild dar (Taf. XXII, Fig. 7) : Die Hypodermis des Oeso- phagus bzw. des Pharynx besteht aus regelmäßigen, im Schnitt qua- dratischen Zellen und Hegt, dorsal wie ventral, einer glatten und dünnen Cuticula dicht an. Nach Eintritt in den Hypopharynx löst sie sich jedoch auf allen Schnitten, auch bei vorsichtigster Behandlung, ab und bildet einige, der straffen, zungenförmigen Kontur des Hypopharynx nicht entsprechende, Falten. Während die Basalmembran der abgelösten Hypodermis deutlich ist, ist eine äußere Begrenzung nicht zu erkennen. Erst hinter dem Bürstehen schmiegt sie sich der Cuticula wieder an, und zwar geht sie auf medianen Sagittalschnitten in die spiralig uewundene Cuticula des gemeinsamen Ausführungsganges der Speichel- drüsen über {dt.sal). Der in Fig. 7 in seinem ganzen Verlauf einge- zeichnete chitinöse Gang liegt in allen Fällen, auf Quer- wie auf Längs- schnitten, zwischen der abgelösten Hypodermis und der Cuticula der Zunge. Eine ihm gesondert zukommende Hypodermis ist nicht nachzuweisen. Die der Spitze des Hypopharynx zugehörenden Epithelzellen zeigen keine Zellgrenzen, man erhält stets eine Anhäufung von mehreren, mindestens zwei Kernschichten übereinander. Der 482 Fritz Schimmer, Zwischenraum zwischen Hypodermis und Tuticula erscheint mit eiuer sehr feinfaserig struierten Masse erfüllt. Jeder der beiden Gänge mün- det dorsal auf einem kleinen, stärker chitinisierten Höcker {fap.Jiyp), der sich jedoch nicht sehr hoch über seine Umgebung erhebt, sondern vielmehr etwas in sie eingesenkt erscheint. Jedem der beiden Höcker liegt im Epipharynx eine kleine Grube {joss.ep) gegenüber, in die er — wie der Zapfen in sein Lager — hineinpaßt. Packard (1903) gibt an, daß der Epipharynx unter dem Clypeus und Labrum läge. Diese LTmgrenzung trifft bei Myrmecophüa nicht ganz zu. Ein medianer Sagittalschnitt zeigt nämlich, daß die Cuticula, welche die Dorsalwand « der Mundhöhle unter dem Clypeus bekleidet, bereits vollkommen glatt struiert ist, während sie unter dem Labrum für sich sowohl viel stärker, als als auch bogig gewölbt erscheint. Der Hauptunterschied liegt jedoch in der Beschaffenheit der Hypodermis. Diese weist nämlich nur in dem labralen Teile jene von Packard (1. c.) als »taste cups« bezeich- neten tassenförmigen Einsenkungen auf, in welche ein in einen Nerven sich fortsetzendes Stiftchen zentral hineinragt, und die als Geschmacks- organe zu deuten sind {cal.gust). Packard (1. c.) macht ferner die Angabe, daß unter »taste-pits«, »taste-cups« und »-rods« und den zugehörigen Nerven sich zwischen Labrum und Epipharynx keine be- merkenswerten Organe weiter befänden. Dies gilt jedoch für Myrmeco- phila und — wie sich bei einer zum Vergleich vorgenommenen Unter- suchung an Gryllus cmnpestris herausstellte — auch für diese Gryllodee nicht. Es finden sich nämlich bei beiden vier Drüsenbüschel, die rechts und links von der Mittellinie zu zweien hintereinander stehen und jedes uurch ein sehr feines Cribellum nach außen münden {cjl.ep). Den feineren histologischen Bau dieser Drüsen zu studieren, mangelte es leider an Zeit. Auf einem axialen Längsschnitt wurden meist beide hinterein- ander liegende Büschel im Schnitt erhalten. Jedes Büschel bestand (im Schnitt) aus fünf bis sieben sich um das Drei- bis Vierfache über die Nachbarepithelzellen erhebenden cylindrigen Zellen. Sie waren mit ihren Ausführungsöffnungen schräg nach vorn (oralwärts) gerichtet. Jede Zelle hatte ihren besonderen, bis fast zur Zellmitte zu verfolgenden Ausführungsgang und einen großen distalwärts gelegenen Kern und war in ihrem distalen Ende von körnigem Plasma erfüllt. Anfangs neigte ich zu der Ansicht, daß diese »Eipharyngealdrüsen « in einer Be- ziehung zu jenen rätselhaften beiden Gängen des Hypopharynx stehen möchten, da das vordere Drüsenpaar unmittelbar hinter den erwähnteü beiden Grul)en ausmündet. Allein der Vergleich mit Gryllus zeigte, daß dort mu" die vier Drüsen, nicht aber Grubei^ und Gänge wiederzufinden Bt'itnm zu finci' INTonoorapliic «In ( ■rvllotlcciinaitimir .M\ rim-ciipliila Latr. 4H3 8111(1. Aul.)fi-(lt'ni wäre damit auch imi' ral- Jvräftigen Rmgmuskulatur umgeben. Die piuhischen (Jefäße. n)-. i. von Bordas als »vessie urinaire« oder >>reservoir collecteur« bezeichnete Sammelblase, in welche die Malpighi- schen Gefäße einmünden, zeigt histologisch eine ähnliche Beschaffenheit malp. es.rnalp. 492 Fritz Schimmer. wie diese selbst, von denen in der Mehrzahl der Fälle nur 15 — 20 zu zählen waren. 2. Der Oesophagus. Bei den meisten Orthopteren, auch bei den Gryllodeen, kann man am Vorderdarm den eigentlichen Oesophagus vom Kropf (ingluvies) unterscheiden, welch letzterer eine mehr oder weniger ausgedehnte, blasig aufgetriebene Anschwellung des ersteren repräsentiert, die nach einer plötzlichen kanalartigen Verengung in den Proventrikel oder den sog. »Kaumagen« übergeht. Während Plateau (1874) sagt, daß zwischen Oesophagus und Kropf, deren Chitinintima mit nach dem Proventrikel gerichteten Zähnchen besetzt sei, kein merklicher Unter- schied bestehe, hebt Petrunkewitsch (1899 und 1900) bei Periplaneta und Blattei gerade hervor, daß der Kropf jener Bezahnung des Oeso- phagus entbehre. Bei Myrmeco'phila kann höchstens das vor dem Foramen magnum liegende Vorderarmstück als Oesophagus im engeren Sinne bezeichnet werden, da es sich histologisch von dem gesamten tinter ihm liegenden Abschnitt unterscheidet. Eine Grenze zwischen dem Epithel der Mund- höhle und dem des Oesophagus läßt sich nicht ziehen; beide sind von kubischen Epithelzellen und, bis einerseits zum Epipharynx, anderseits zum H}^opharynx, von einer gleich starken glatten Cuticula aus- gekleidet (Taf. XXII, Fig. 7). Zum Unterschied von andern Ortho- pteren ist hervorzuheben, daß weder der Oesophagus noch der Kropf eine Spur von Bewaffnung in Form von Häkchen oder Bör stehen aufweist. Auf Querschnitten erkennt man, daß der Oesophagus vier bis sechs Aveit ins Lumen vorspringende Längs- falten besitzt, in welchen la'äftige, zur Erweiterung des Lumens dienende, radiär verlaufende Muskeln inserieren, von denen nament- lich die der Unterseite auffallend sind, weil sie sich fächerförmig von dem bereits in Kap. I Abschnitt 3 erwähnten unpaaren Tentorialzapfen ausbreiten. 3. Der Kropf (ingluvies). Sofort nachdem der Darm den Kopf verlassen hat, platten sich seine Epithelzellen ab, und der Oesophagus erweitert sich zu einer äußerst zarthäutigen, elastischen Blase, dem Kropf oder Ingluvies, der im gefüllten Zustand gewaltige Dimensionen annehmen und sich bis ins vierte und fünfte Abdominalsegment erstrecken kann (Textfig. 10). Im ungespannten Zustand zeigt er, namentlich in seinem vorderen Beitraf; zu einer ^ronopraiihie der (;r\ llddecimatüinfr Myrniecojjhila Latr. 493 Teile, eine größere Zahl feiner Längsfalten, in welchen Längsrauskel- fäden verlaufen. Außerdem ist eine sehr spärliche Ringmuskulatur zu bemerken. Die sehr dünne und homogene Cuticula trifft man meist im abgelösten Zustand an. Der Kropf setzt sich nicht am axialen Ende, sondern mehr seitlich in den zum Kaumagen führenden Kanal fort, der Textfig. 10. Medianer Längsschnitt durch eine »mittlere Form« (St. V) mit stark ausgedehntem Kropf (ingl). oes. Oesophagus. Die übrigen Bezeichnungen wie in Fig. 9. 60 1. seinerseits durch sechs regelmäßige, mit einer kräftigen Cuticula be- deckte Längsfalten charakterisiert ist. 4. Der Pro Ventrikel. Der Pro Ventrikel von Myrmecophila zeigt in seinem Aufbau durchaus die t}-pischen Merkmale des Kaumagens der Gryllodeen, wie er von Graber (1869) und Wilde (1877) beschrieben wurde. Er hat, wenn man ihn isoliert, rundUch birnenförmige Gestalt; das stumpfe Ende zeigt nach dem Kopf, das sich verjüngende nach dem Chylusdarm. Auf dickeren Querschnitten, die senkrecht zur Längsachse geführt werden, zeigt er deutlich seinen sechsstrahligen Bau. Zunächst ragen ins Innere vor sechs Radien (rad) — um die WiLDEschen Bezeich- nungen beizubehalten — ; das sind erhabene Leisten, die sich, etwas lünter dem oralen Magenpol beginnend, bei .1/. formicarum bis nahezu an den entgegengesetzten Pol hinziehen (Textfig. 11), bei M. acervorum jedoch bereits hinter der Mitte verflachen und dann undeutlich werden. Auf ihrer Firste ist die Cuticula unregelmäßig gesägt. Die Zähne sind nach dem Mitteldarm gekehrt; sie konnten nur im vorderen Teil des Proventrikels nachgewiesen werden. Genau in der Mitte zwischen diesen Leisten stehen die eigentüchen Zahnreihen oder Literradien, die ihrerseits \\äeder aus dem Literradius im engern Sinne, der die großen Zähne trägt, bestehen und den beiden Xebenzahnreihen, die die kleinen Zähne tragen {i.rad. d.lat). Diese Zahnreihen, die gerade bei Gryllodeen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIIL Bd. 32 494 Fritz Schimmer, eine sehr zierliche und komplizierte Ausbildung besitzen, fallen bei Myrmecophüa einerseits durch die geringe Zahl der Zähne in jeder Vertikalreihe, anderseits durch die Einfachheit ihrer Chitin- armierung auf. Während bei M. formicarmn sechs Zähne in einer Vertikalreihe zu zählen waren, konnten bei M. ochracea und M. ne- brascensis nur fünf, bei acervorum nur vier deutliche Zähne festgestellt werden. Textfig. 11 zeigt, daß die Zähne von vorn nach hinten niedriger und stumpfer werden. Während die Zähne der Nebenzahnreihen die Form eines radiär gestellten Kegels haben und kaum die Höhe der Eadien erreichen, zeigen die großen Zähne eine mittlere und zwei seit- liche Erhebungen — wenigstens die drei vordersten in jeder Vertikal- reihe — , so daß man auf Quer- schnitten sowohl zweispitzige, als einspitzige und rundliche Gebilde erblickt. Nach dem letzten Zahn springen die Interradien als sechs Leisten zwischen den sechs Radien ins Lumen vor, die letzteren jedoch überragend, bis schließlich in dem letzten, in den Chylusdarm hinein- ragenden Teil nur noch die Liter- radien als sechs Wülste zu erkennen sind. Der ganze Kaumagen besteht aus einem einschichtigen Epithel, dem eine Cuticula aufhegt. Wie sich auf dünnen, 4 bis 5 // dicken Querschnitten zeigt, ist diese Cuticula von verhältnismäßig geringer Stärke, wenn man die kräftigen Chitin- panzer andrer Orthopteren in Betracht zieht (Taf. XXIII, Fig. 10 et). Sowohl die mittleren als die beiden seitlichen Vorsprünge der großen Zähne zeigen mehrere kurze, abgestumpfte Dornen, die ihnen aufsitzen, außerdem sind sowohl Radien wie Interradien mit steifen Borsten be- setzt, jedoch nur, wo sie seitlich aneinander stoßen. Der dem Lumen zugekehrte Teil der Cuticula ist am stärksten, die seitlichen und nament- lich die basalen Partien schwächer. Von besonderem Interesse ist die Muskulatur des Kaumagens, die aus einem zweifachen System von Muskeln besteht, nämlich einerseits aus einem lo-äftigen Ringmuskel, anderseits aus radialen Muskelfasern, Textfig. 11. J\I. formicarmn. Ein Teil der Kaumagenwand aufgeschnitten und ausgebreitet, d.lat, Neben- zahnreihe des Interradius: i.rad, Hauptzahn- reihe des Interradius; rad, Radius. 150 : 1. Britr,i'4 /.[ediaiier Sagit talschnitt durch den (ieschlcchl sapparat enies befruchteten Weibchens von M. nebrascensis. b.cop, Bursa copulatrix; cell.gl, Drüsenzellen des Ductus receptaculi dt. reo.; fiss.gent, schlitzförmige Genitalöffnung; fiss-vag, schlitzförmiger A'erschluß zwischen Vagina und Bursa copulatrix; lam.inf, lam.sup, untere und obere Valven der Legescheide; »i, >[uskulatur; or.dt.rec, Mündung des Ductus receptaculi in die Bursa; rec.sem, Keceptaculum seminis; st. VI II, I.aniina subgenitalis; va{f, Vagina. 116 : 1. Drüsen, wie sie typisch sind für den weiblichen Geschlechtsapparat der Orthopteren, fehlen gänzlich. Das Ovarium ist paarig und erstreckt sich beiderseits vom siebenten Abdominalsegment bis zum 506 Fritz Schimmer, Mesothorax oder sogar in den hinteren Teil des Prothorax und liegt seitlich oder dorsalwärts vom Darm. Auffallend ist die geringe Zahl der Eiröliren, die zwischen fünf und sieben schwankt und die wahr- scheinlich mit der geringen Eiproduktion und der außerordenthchen Eigröße zusammenhängt (vgl. A, Kap. V). Die beiden Ovidukte wenden sich in steilem Knie ventralwärts (Taf. XXIII, Fig. 17 dt.ov.) und ver- einigen sich zur unpaaren Vagina, die quer über dem siebenten Sternit liegt und durch eine schlitzförmige Öffnung mit der Bursa copulatrix kommuniziert (Textfig. 13 b.cop. lind 14: fiss. vag., b.cop). Die Bursa selbst ist ein flach zu- sammengedrücktes Rohr, an dt.ov. '0:Ir::::z:n:::^ ^^-;:2ir:~^__jy^//'ss.w?^. welchem man eine vordere, Jt. ov. cylinderf örmige mediane Rinne von zwei seitlichen Ausbuchtungen unterschei- den kann. Sie verläuft ge- v<3^- vag. neigt und mündet unter dem, Textfig. 14. als Subgenitalplatte funk- Schematischer Querschnitt durch Bursa copulatrix {h.cop) tionicrcnden, achten Sternit und Vagina {vwj), die dnrch eine Spalte (fiss.vag) niitein- i i • 1 1 Q 1^- ander verbunden sind, dt.ov. Ovidukt. 300 : 1. ClurCÜ einen SClimalen bpalt nach außen (Textfig. 13 st. VIII, fiss.gen). Ungefähr der Stelle gegenüber, an welcher die Vagina in sie einmündet, befindet sich an der gegenüberliegenden Seite die Öffnung des Kanals des Receptaculums (Fig. M or.dt.rec). 2. Die Ovarialröhren. Das Ov'ar von Myrmecophila gehört zu dem büschelförmigen Typus ohne Nährzellen. Jede Eiröhre beginnt distalwärts mit dem sog. End- faden (Taf. XXIII, Fig. 17 und 18 fil.term). Die Endfäden sämtHcher Eir Öhren vereinigen sich zu einem gemeinsamen Strang, der in der Rückenregion des Prothorax aufgehängt ist. Gross (1903) stellte bei Grijllus campestris fest, daß sämtHche Eiröhren von einer gemeinsamen Hülle umgeben seien. Diese bindegewebige Haut umkleidet auch bei Myrmecophila die Eiröhren, jedoch so, daß sie wie eine peritoneale Hülle jede Röhre für sich umscheidet (Taf. XXIII, Fig. 18 int.ov). Es ist eine dünne, zartfaserige Membran mit länglichen Kernen, die ebenso wie die Eikammern auch die Endfäden bekleidet und sich über die beiden Ovidukte hinzieht. Bei noch Jiiclit erwachsenen Formen jedoch erscheint sie als ein ziemlich Icräftiges Gewebe, in welches die la-eisrunden Ovarial- Beitrag zu fitur Monoizrapluf dir ( irvIlucU'fngattun;; .M\ rnu't'Dpliila Latr. 007 röhren eingebettet siiul und das heideiseits in Form eines dünnen Sep- tums mit dem Rückengefäß in Verbindung tritt. Bei erwachsenen Formen lielJ sich dieses Septum nicht mehr nacli weisen. Der Endfaden ist ziendich dicht gefüllt mit länglichen Kernen, die denen des FolUkelepithels der Endkammer gleichen. Bei allen mittleren Formen bis zur letzten (fünften) Häutung ist die Endkammer vom Endfaden dm*ch die Basalmembran der jüngsten Eizellen deutlich abgesetzt, wie Gross auch füi- Grijllus — allerdings nur für die ge- schlechtsreife Form — angibt. Ob diese Begrenzung auch Ijci der Larve vorhanden ist, gelang mir nicht festzustellen. Dieser Absatz zwischen Endfaden und Endkammer findet äußerlich auch darin Aus- druck, daß die im Endfaden meist in Längsrichtung liegenden Kerne sich vor der Endkammer gewissermaßen stauen und nach der .Peripherie auseinander weichen. Im Endfaden lassen sich keine Zellgrenzen nach- weisen. Die Endkamraer konnte nur bei geschlechtsunreifen Formen untersucht werden, da Ovarien mit reifen Eiern auch im härtesten Paraffin rissen. Es wurden als günstigste Objekte vorwiegend mittlere Formen vom Stadium IV und V untersucht. Bei ihnen zeigen sich bereits die jüngsten Keimbläschen von deutlichem Eiplasma umgeben {mm.tcrm); jedoch nehmen die großen, im Querschnitt kreisförmigen Kerne den größeren Teil des Raumes ein. Die Chromatinverhältnisse der letzteren sind insofern interessant, als das Chromatin sich hier in aufgeknäueltem Schleifenzustand zeigt. In den meisten Fällen ließen sich auf einem Schnitt sehr schön alle Stadien bis zur strukturlosen Zusammenballung des Chromatins in Form eines großen Nucleolus ver- folgen. Wie Gross bei Gryllus hervorhebt, schieben sich die Follikel- epithelkerne an der Endkammer vorbei, ohne zwischen deren Zellen einzu- * dringen. Erst in späteren Stadien wandern einzelne Epithelkerne zwischen die Eizellen ein, sie allmähhch allseitig umhülhnid und so das Follikel- epithel bildend {n.ep.foll). Die Eizellen, die in der Endkammer auf Längsschnitten in drei Schichten üljereinander liegen, nehmen schließ- lich die ganze Breite der Eiröhre ein. Bei Beginn der Chorionbildung findet eine cylindrische Streckung der anfangs flachen Follikelepithel- zellen statt. Je weiter jedoch die Bildung des hellen, äußerst resistenten Endochorions bei zunehmendem Eiradius fortschreitet, desto mehr verflacht das Exochorion wieder (Textfig. 12 exch., endch). Die außer- ordentliche Größe der Eier ^^au•de bereits in Kap. V des biologischen Teiles hervorgehoben. In welchem Volumenverhältnis ein reifes Ei zum ganzen Ovar steht, geht aus Fig. 17 (Taf. XXIII) hervor. Das 508 Fritz Schimmer, Ovar entliält nie mehr als zwei reife Eier, also in jeder Ovar- liälfte immer nur eins, da durch sie bereits der ganze Raum zwischen Rücken und Darm ausgefüllt wird (Textfig. 12). Der beträchtliche Dotterreichtum der Eiriesen bedingt es, daß der in früheren Stadien sehr umfängliche Fettkörper erheblich reduziert wird. 3. Ovidukte und Vagina. Ovidukte und Vagina weisen eine ähnliche Beschaffenheit auf, insofern, als beide - — besonders jedoch die Ovidukte — stark gefaltet und mit la"äftiger Muskulatur ausgestaltet sind. Die Ovidukte sind durch ein hohes Cylinderepithel ausgekleidet, das von einer dünnen chitinigen Cuticula bedeckt ist. Ebenso ist die Vagina und die in ihrer Gestalt bereits charakterisierte Bursa copulatrix mit einer Chitinlage bedeckt, die bei letzterer eine bedeutende Stärke erreicht. Da es sich hier jedoch um Verhältnisse handelt, die kaum von schon an andern Orthopteren Bekanntem abweichen, kann hier auf eine nähere Dar- stellung verzichtet werden. 4. Las Receptaculum seminis. Das Receptaculum seminis stellt den interessantesten Teil des Ge- schlechtsapparates dar, da er auch in biologischer Beziehung Aufschlüsse zu geben imstande ist. Bei der parthenogenetisch sich fortpflanzenden M. acervorum wäre es an sich nicht verwunderlich, wenn das Recep- taculum bereits Merkmale einer Rückbildung zeigte. Daß dies nicht der Fall ist, geht aus einem Vergleich mit dem noch in Funktion be- griffenen Receptaculum von M. nebrascensis hervor. Textfig. 13 stellt einen etwas schematisierten Längsschnitt durch die letzten Abdominalsegmente von M. nebrascensis dar und zeigt, welche beträchtliche Größe das Receptaculum in gefülltem Zustand besitzt, in welchem es sich vom siebenten bis zum vierten Abdominal- segment erstreckt. Die Wand des Receptaculums erscheint als eine von dem dichten Inhalt prall gespannte Haut, in der man nur länglich eiförmige Kerne von einer im übrigen strukturlosen plasmatischen Masse unterscheiden kann. Zellgrenzen lassen sich nicht wahrnehmen. Nahe der Mündung des Ausführungsganges nimmt man bei stärkerer Vergrößerung einen äußerst zarten Chitinbelag und eine sehr dünne fibrinöse Schicht wahr, welche die Außenwand der Samenblase bekleidet (Taf. XXIII, Fig. 19 et, Im). Es konnte nicht festgestellt werden, ob diese Schicht eine dünne Muskellage ist, da eine Querstreifung bei ihrer außerordentlichen Zartheit nicht zu erkennen war; doch ist dies nach Bi'itrau zu riiur .Monographie der CJryllodeongattung .M\ riiiccopliila Lalr. HOO iler s.igloich zu schiklenulon histulogisclu'n l'cscluiffeiiheit des Aus- führganges wahrscheinlich. Dieser Ausführungsgang ist ein Rohr, das ohne Windungen und Biegungen auf dem kürzesten Wege zur Bursa copulatrix verhäuft. Das völlige Fehlen von accessorischen Drüsen — wenn anders deren Funktion wirklich in Zusammenhang mit dem Receptaculum steht — scheint hier eine Erklärung zu finden. Vor dem Receptaculum zeigt nämlich der Gang eine Verdickung, die histologisch ein völlig andres Gepräge aufweist als der gesamte übrige Teil. Während dieser nämlich im Längsschnitt von einer einschichtigen Lage gleichgestalteter, mit rundlichen Kernen versehener Epithelzellen gebildet wird, treten an jener Stelle plötzhch neben den kleinen Epithelkernen große rundliche Kerne auf; die an manchen Stellen sehr deutlichen Zellgrenzen zeigen, daß jeder der großen Kerne in einer Zelle für sich liegt, und zwar distal vom Ganglumen, und daß jede Zelle in ihrem proximalen Ende ein bis zwei, in einigen Fällen auch drei, kleine (Epithelzellen- )Kerne ent- hält {7i.gl, n.ej)). In dem körnig strukturierten Zellplasraa gewahrt man an mehreren Stellen kreisrunde, meist am Kern angelagerte Vakuolen {vac) mit einem hellen strukturlosen Sekretinhalt. Außerdem aber erkennt man in den meisten der Zellen je einen feinen Gang (dt.gl), der, wde an mehreren Stellen deutlich wahrzunehmen ist, von jenen Vakuolen seinen Ausgang nimmt und nach einigen leichten Biegungen die relativ kräftige Cuticula des Hauptkanals durchbricht und in sie einmündet. Alle ^anälchen verlaufen in gleicher, vom Receptaculum abgekehrter Richtung. Bei Färbung des Schnittes mit Eisenhämatoxylin färben sie sich ähnlich wie die Chitinbekleidung des Hauptganges, was darauf schließen läßt, daß es sich bei ihnen um ebenfalls chitinisierte Capillaren handeln möchte. Der Ausführungskanal zeigt bis kurz vor der Mün- dung in die Bursa copulatrix, wo er sich beträchtlich erweitert, genau das gleiche Lumen. Bei seiner Mündung in das Receptaculum ist keine Erweiterung zu konstatieren. Er ist von einer dünnen, jedoch sehr deutlich quergestreiften Längsmuskulatur {Im) umkleidet, die einerseits in gleicher Stärke bis zur Erweiterung des Ganglumens vor der Bursa zu verfolgen ist, anderseits in jene schon erwähnte zarte Faserschicht übergeht, welche die Oberfläche des Receptaculums bedeckt und die aus diesem Grunde wahrscheinlich ebenfalls als eine dünne Längs- muskellage angesprochen werden darf. Diese Bauverhältnisse des Receptaculums weichen durchaus von denen ab, welche von Fenard (1890) an Acridhun acgi/ptium und von Wm. S. Marshall und Severin (190G) an Diapheromera femorata Say Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIIL Bd. 33 510 Fritz Schimmer. (Phasmide) beschrieben worden sind. Dort sind es nicht die Zellen des Ausführganges, welche mit den von Fenard als » vesicules radiees « und »conduits excreteurs« bezeichneten Gebilden ausgestattet sind, sondern die Zellen der Wand des Receptaculums selbst. In histologischer Be- ziehung scheinen jedoch diese Wandzellen mit den Gangzellen bei Myrmecophila (nebrascensis) übereinzustimmen. Aus diesem Grunde wird es berechtigt sein, in beiden auch eine funktionelle Übereinstim- mung anzunehmen, d. h. diese vielkernigen Zellen als Drüsenzellen aufzufassen, deren sekretorische Funktion dem Macronucleus obliegt^ and deren bei Myrmecophila nachträglich in das Receptaculum ergossenes Sekret mit dessen lebendigem Inhalt in Zusammenhang steht. Das charakteristische Merkmal am Receptaculum von M. acer- vorum ist zunächst, daß es leer ist, und daß infolgedessen auch die Wand desselben dick und gefaltet erscheint, so daß es allerdings gegen- über der gewaltig erweiterten, dünnhäutigen Samenblase von M. ne- brascensis, M. ochracea, M. americana und M. formicarum, die alle in gefülltem Zustand angetroffen wurden, einen reduzierten Eindruck macht (Taf. XXIII, Fig. 20). Man wird jedoch nicht fehlgehen, anzu- nehmen, daß die Dickwandigkeit lediglich durch seine Leere bedingt ist, ähnlich wie die Ovidukte in unbenutztem Zustand enge, mit hohem Cylinder epithel ausgekleidete Rohre sind, die sich beim Hindurchgleiten eines Eies stark zu erweitern vermögen. Die Wand des Receptaculums besteht aus einem hohen Cylinder- epithel mit sehr deutlichen Zellgrenzen und homogenen kleinen Kernen,, die am distalen Zellende liegen. Die innere Begrenzung war undeutlich bogig konturiert, dürfte jedoch chitinöser Natur sein. Von dem Aua- führungsgang sei als das Bemerkenswerteste zunächst hervorgehoben, daß in der Mehrzahl der Fälle die Drüsenzellen in voller Funktion angetroffen wurden. Fig. 20 zeigt den Gang teilweise angeschnitten. Die Drüsenzellgänge sowie der zum Receptaculum führende Kanal erweisen sich als angefüllt mit einer von Eisenhämatoxylin tief schwarz gefärbten Sekretmasse, von der man Spuren auch im Lumen des Re- ceptaculums selbst erblickt (secr), während in dem vor den Drüsen- zellen liegenden Teil des Ganges das Lumen völlig leer war. Der Bau des Drüsenganges weicht in zweifacher Beziehung von den bei AI. nebrascensis beobachteten Verhältnissen ab. Bei M. ne- brascensis lagen der Drüsenzellkern am distalen, die Epithelzellkerne am proximalen Ende je einer Sekretzelle. Bei M. acervorum lassen sich jedoch sehr deutlich drei Lagen von Zellkernen unterscheiden,. Beitrag zu riner Monditniitliir der Gryllodcengatttiii^ Myi'nicc'i)[)liilii Latr. 511 eine innere Ej)itlielzellkernla»i;e [n.ep.inl), die derjenigen von M. nehrascensis entspricht, genau wie die darüber liegende Schicht der großen nindhchen Drüsenzellkerne. Über den letzteren jedoch befindet sich nochmals eine Schicht kleiner Kerne {n.ep.ext), welche in Zellen für sich liegen, die sich keilförmig zwischen die bis an die äußere Oberfläche reichenden Sekretzellen einschieben und den Eindruck machen, als ob sie von diesen zusammen- oder flachgedrückt würden. Diese äußeren, gesonderten Epithelzellen sind es auch, welche in die Wandzellen des Receptaculums übergehen. Es sei noch bemerkt, daß das Zellplasma bei .1/. acervoruni in den sekretorischen Zi'Uen nicht die gleichmäßig körnige Struktur wie bei M. nebrascenais zeigte, sondern in der Zone der Vakuolen eine mehr wabige, alveoläre Beschaffenheit besaß. Die zweite Eigentümlichkeit, die den Ausführungsgang bei M. acervorum charakterisiert, ist die, daß die Drüsengänge nicht wie bei M. nehras- censis dem Receptaculum abgekehrt, sondern ihm zugekehrt sind. Eine dünne, faserige Schicht, welche gleichmäßig Receptaculum und Aus- führungsgang bedeckte, konnte zwar konstatiert, nicht aber ihre Quer- streifung festgestellt werden. Die Erhaltung des Receptaculums trotz parthenogenetischer Ver- mehrungsweise ist nicht befremdend, wenn man bedenkt, daß die Parthenogenese gerade erhaltend auf das Artbild einwirkt. Weis- mann (190-1:) hebt für die ausschließlich sich vermehrende Ci/pris repians hervor, daß das Receptaculum keine Spur einer Rückbildung aufweise und schließt daraus, daß die reine Parthenogenese hier eine phylo- genetisch junge Erwerbung sei. Wenn man berücksichtigt, daß bei M. acervorum sich nicht nur das Receptaculum ganz und gar erhalten hat, sondern daß die wahrscheinlich zur Lebendigerhaltung des Sperma- inhaltes dienenden Gangdrüsen sich noch in ungeschwächter Funktion befinden, so ^vi^d man hier erst recht zu dem WEiSMANNschen Schlüsse gedrängt, daß die parthenogenetische Vermehrung vor — geologisch gesprochen — nicht langer Zeit der amphigonen Fortpflanzungsweise gefolgt sei. Das Beispiel der Cj^Driden, bei welchen wie bei Myrmecophila neben der reinen Parthenogenese auch reine Amphigonie und wahrscheinlich auch teilweise Partheno- genese auftritt, bietet demnach ein treffendes Analogon. V. Das Äuge. Von allen Forschern, welche Myrmecophila beschrieben haben, wird das kleine, flache, mit bloßem Auge kaum sichtbare Facettenauge als besonderes Gattungsmerkmal erwähnt. Bei Saussure ausschließlich 33* 512 Fritz Schimmer. findet sich außerdem eine Bemerkung über Ocellen, die sehr klein sein und sich über der Mitte zwischen beiden Fühlergruben befinden sollen. Jedoch macht Saussure bereits die Bemerkung, daß diese Ocellen nicht bei allen Individuen zur Beobachtung gelangt seien. Bei keinem ein- zigen der mir vorliegenden Exemplare ließ sich eine Spur eines Ocells feststellen, vor allem nirgends Rudimente einer Innervierung, so daß jedenfalls die SAUSsuREsche Beobachtung auf einer Täuschung be- ruht. Wenn man den Kopf einer Grille bei stärkerer Vergrößerung von vorn betrachtet, so fällt sofort der Gegensatz zwischen der Größe des Auges und der Größe der Fühlergrube i auf. In Fig. 21 u. 22 (Taf. XXIV) sind die Köpfe vom M. formicarum und Nemohius sylvestris, einer kleineren, in Süddeutschland und einem Teil Mitteldeutschlands vor kommenden Gryllodee nebeneinander gestellt worden. Wenn man nichts über die hypogäe Lebensweise und die Fühlertätigkeit der Grille wüßte, so würde ein derartiger Vergleich sofort darauf schheßen lassen. Die riesigen Fühlergruben von Myrmecophila bedingen die außer- ordentliche Beweglichkeit der Antennen, die bequem nach allen Seiten rotieren können. In dem Maße jedoch, wie die Antennengruben sich allmählich erweiterten, rückte das Facettenauge in die Grube hinein, so daß schließlich eine völlige Knickung des Auges entstand. Schon die geringe Größe des Auges, sowie seine unzweckmäßige Lage, legen es nahe, daß es sich um ein funktionslos gewordenes, in Rudimentation begriffenes Organ handle. Die milvroskopische Unter- suchung bestätigt diese Vermutung durchaus. Das Auge hat die Gestalt eines an den Ecken abgerundeten Rhom- bus. Es ist flach, ragt nicht, wie normale Facettenaugen, über die umgebende Cuticula empor und ist schwarz pigmentiert; jedoch tritt das Pigment in der zuhinterst gelegenen Rhombusecke etwas zurück, so daß diese heller erscheint und ein ovaler Ausschnitt im Auge vor- getäuscht wird. Die Zahl der Facetten ist gering und innerhalb der Spezies nahezu konstant. Von dem zur Untersuchung gelangenden Material besaß M. ochracea die größte Facettenzahl, nämhch 30, M. nebrascensis die kleinste, nur 17, M. acervorum 20 — 21 (Textfig. 15 a—c). Wenn man mit einer Starnadel die Cornea vorsichtig abhebt und aus- breitet, so sind einerseits die großen Zwischenräume zwischen den ein- zelnen Cornealinsen auffallend, anderseits die Ungleichheit dieser Ab- stände, vne dies besonders bei M. nebrascensis entgegentritt (c). Bei 1 Vgl. Kap. I, Abschnitt 1 dieses Teiles. Beitrag zu oincr ^lonograplik' (Kr Gryllodecngatluiig .^^y^lK■(•ol)lHla Latr. 51.5 .1/. ochracea ausschließlich war eine verschiedene Größe des Durch- messers bei einzelnen Linsen zu konstatieren ; neben 25 nahezu gleich- flächige große Facetten reihten sich am Hinterrande fünf kleine von kaum halbem Durchmesser an {a, fac.rud). Der Zwischenraum zwischen den Cornealinsen ist von Borsten besetzt. Dii'sc FnrrnoL;ra|)liie der (iiylludeengattung Är3n*mooophila Latr. 517 begann, wähioncl die lichtpcrzipiercnden Elemente und der nervöse Apparat intakt blieben. Die auffallende Verkürzung der Retinulae ist eine Erscheinung, die mit ihrer starken Divergenz in Zusammcidiang steht (Hesse 1008), und an sich noch kein Reduktionsmerkmal. Ander- seits zeigt die geringe ui\d bei den verschiedenen Spezies verschiedene Facettenzahi, d-AÜ der Rückbildungsprozeß sich nicht gleichzeitig des ganzen Auges bemächtigt hat, sondern wahrscheinlich von der Peripherie beginnend nach innen fortschritt. Vielleicht gehören die fünf kleinen, an der Peripherie gelegenen Facetten des Auges von M. ochracea (Text- fig. 15a, fac.rud) einem Stadium an, bei welchem auch bereits dieRetinula im Schwinden begriffen ist. Das Augenganglion mit Augennerv sowie das gesamte Procerebrum erwies sich als resistentester Teil, da sich bei ihm weder quantitativ noch qualitativ Spuren einer Rückbildung nach- weisen lassen. Ob in diesem Beispiel ein allgemeingültiges Gesetz seinen Ausdruck findet, können erst weitere Untersuchungen lehren. Es sei jedoch bei dieser Gelegenheit darauf hingewiesen, daß zur gleichen Zeit, als diese Untersuchungen angestellt wm-den, im hiesigen Institut von meinem Kollegen, Dr. E. Strauss, der Bau des rudimentären Auges gewisser Amphipoden, namentlich aus der Gruppe der Hyperiiden, studiert wurde, und daß sich hierbei ebenfalls die beginnende Reduktion in Gestalt des Schwindens des dioptrischen Apparates und in der Er- haltung der Uchtempfindenden Elemente zeigte. In Widerspruch stehen jedoch diese Ergebnisse mit den Beobachtungen A. S. Packards an gewissen Insekten der nordamerikanischen Höhlenfauna (Packard 1886). Packard untersuchte zwei »cave crickets« Ceutophilus macu- latus Pack, und Hade)ioecus subterraneus Scudd. und fand, daß die Augen noch wohl entwick.'lt, die Augenganglien jedoch im Verhältnis zu ersteren kleiner und die Augennerven weniger dick waren. C. Systematischer Anhang. Es ist weder meine Aufgabe, ncch wäre ich auf Grund des mir ziu: Verfügung stehenden Materials dazu imstande, die Gattung Myrmeco- phila systematisch zu bearbeiten. Ich beschränke mich daher darauf, außer den vorzunehmenden Berichtigungen und Ergänzungen für eine künftige Bearbeitung einige Gesichtspunkte und Notizen zu geben. Als sichere Speziesmerkmale stellten sich die Hinterbeine heraus durch Form und Größe des Femurs, sowie die Zahl und Stellung der tibialen und tarsalen Dornen und Spornen. Die Beschreibungen konnten daher zum Teil etwas kürzer gefaßt werden. 518 Fritz Schimmer, Genus Myrmecophila Latr.^. Körper rundlich eiförmig, gewölbt, flügellos; Hinterhaupt vom Pronotum bedeckt; Augen klein, seitlich hinter den Antennengruben; diese sehr groß und tief; Antennen so lang oder etwas länger als der Körper, dick, nach der Spitze sich verjüngend, das Basalglied so lang als die vier bis fünf folgenden zusammen genominen; Clypeus sechs- eckig, die obere Hälfte zwischen den Fühlergruben liegend; Pronotum, hinten breiter als vorn, am Hinterrand des vorderen Drittels undeutliche Zeichnung in Form zweier liegenden U, Vorderrand gerade, Seiten gebogen, Hinterrand leicht geschweift; Meso- und Metanotum zu- sammen nahezu so breit als das Pronotum; Vordertarsen dreigliedrig; Vordertibien ohne Tympanum, ohne Dornen und Spornen; Hinter- schenkel st:irk verbreitert, flach zusammengedrückt, obere Kante stark bis mäßig gebogen; Hintertibien kürzer als die Schenkel, ebenfalls zusammengedrückt und verbreitert, auf der Innenkante mit vier oder fünf, auf der Außenkante mit zwei behaarten Dornen besetzt; jeder- seits ein längerer und ein kürzerer Endsporn ; Hintertarsen dreigliedrig, das erste Glied verlängert, mit ein bis drei unpaaren Spornen und zwei Endspornen besetzt; Abdomen kurz, sechstes bis zehntes Tergit sehr schmal; Cerci so lang wie das Abdomen, sehr dic'-r, 11 — ISgliedrig, sich gegen die Spitze rasch verjüngend; Legescheide dick, unter dem Ab- domen hervorragend, obere Scheiden länger, dünnhäutig, untere kürzer ; beim Q achtes Sternit, beim (j^ neuntes Sternit zur Lamina subgenitalis umgebildet. Myrmecophila Latreille (1825), Mi/rmecophilus Saussure (1877), Sphaerium Charpentier (1825), Gryllus Savi (1818), Blatta Panzer (1799). 1) M. acervorum Panz. Länglich eiförmig; Imagines dunkelkastanienbraun bis erdfarben; der ganze Körper von hellen, sehr kurzen Härchen besetzt; Spitzen der Antennen, Vorderbeine, Hintertibien und -tarsen hellgelblich; am Hinterrand des Pro- und Mesonotums je eine schmale, gleich breite gelbliche Querbinde; Supraanalplatte rundlich; oberer Rand des Hinter- schenkels stark gebogen; Innenkante der Hintertibien mit fünf Dornen, der dritte von oben rudimentär, der zweite und vierte gleich lang; 1 über Varietäten s. Bemerkung auf S. 417. Boitrat; 7.11 »iiur Monographie der (iryllodeengattung Myrmccophila Latr. 519 erstes Tarsalglied des Hinterbeines mit zwei unpaaren »Spornen, der zweite kürzer, in der Mitte, der erste darüber (Taf. XXII, Fig. 1 und IVxtfig. 17) Länge .'3,.'] — 3,6 mm (O); cT J^ fehlen. Blutta acervorum Panzer (1799), Gri/Uus myrmecofhilus Sa vi (1819), Sphocmim acervorum Charpentier (1825), Mi/rmecophilus acervorum Saussure (1877), Mijrmecophila hirticauda Fischer de Waldheim (184G), 3If/rmecophih bifasciata Fisch, de W. (1846), Sphaerium mauritanicum Lucas (1849). 2) 31. ochracca Fisch. 1. L : Eiform rundlicher als bei acervorum; schmutzig blaßgelb bis hellbraun^; Pubescenz stärker als bei acervorum, mattglänzend ; Pro- notum ohne Binden; Antennen, Cerci wie bei acervoriim; Hinter- schenkel weniger breit, obere Kante sanfter gebogen; der dritte Dorn der Metatibia deuthch, fast so lang als der erste; unpaare Spornen am Metatarsus wie bei acervorum (Taf. XXII, Fig. 2 u. Textfig. 18). Länge 3,2 — 3,6 mm. -J^ : Stirnseite des Kopfes außer der Pubescenz mit langen, weiß- lichen, vertikal abstehenden, dün- nen Borsten besetzt, die so lang als das erste Fühlerglied sind ; Fühler- basis an der Innenseite mit einem Pinsel nach außen gekrümmter Fühlhaare besetzt; desgleichen die Fühler an der Innenseite mit lan- gen, abstehenden Borsten besetzt. Textfig. 173. ^1/. acervorum. Linkes Hinterbein. 2(3 : 1. Textfig. 18. M. ocliracea. Linkes Hinterbein. 18 : 1. 1 Fischer de Fkeibltrg (1853). 2 Zwei Exemplare des Kgl. Museums in Berlin, die außerdem durch ihie geringere Größe auffallen, sind fast wie acervorum gefärbt. 3 Die Dornen und Spornen der Außenseite des Femurs sind in dieser und den folgenden Figuren der Deutlichkeit halber fortgelassen. 520 Fi-itz Schimmel-, welche etwa von der Fühlermitte an nach der Spitze zu alhnähUch kürzer werden, so daß nur der untere, vielghedrige Teil des Fühlers von ihnen besetzt erscheint (Taf. XXII, Fig. 3 und 3a). (Das der Beschreibung zugrunde liegende Exemplar befindet sich im Kgl. Museum zu Berhn, Kat.-Nr. 3182.) Länge 2,5 mm. Myrmecophilus ochraceus Saussure (1877). 3) M. salomonis Wasm.i. Dunkelviolett bis schokoladenbraun, mit weißlicher Längsmittel- linie^, die nach hinten schwächer wird; breite, helle Querbinde auf dem Metanotum ; Kopf heller violett als der übrige Körper, auf dem Scheitel mit einer /^-förmigen weißen Zeichnung; Pubescenz auf der Oberseite des Körpers weitläufig; die gelblichen Borsten der Cerci länger als bei acervorum und cchracea. — 1 q^ (Koll. Wasmann). Länge 1,5 mm. Wasmann: »Mit ihren Wirtsameisen stimmt keine dieser Arten in Größe und Färbung überein wie M, salomonis mit Monomorium salomonis. « 4) M. jiergandei Brun.^. Pubescenz spärhch; Härchen goldgelb; ziegelfarbig-gelb bis ka- stanienbraun*; ohne Binden auf dem Thorax; Vorderrand des Pro- notums 2/3 so breit als der Hinterrand; Antennen so lang als der Körper, an der Basis gelblich ; Cerci so lang wie die Hinterschenkel ; diese viel schlanker als bei acervorum, unten halb so schmal als oben, der obere Rand verläuft bis zu 2/3 der Länge gerade, der untere Rand gleichmäßig sanft gebogen; Innenrand der Metatibia mit fünf Dornen, der dritte etwas kürzer als der erste ; erstes G-lied des Metatarsus mit drei unpaaren kurzen Spornen, der zweite unter der Mitte (Textfig. 19 und 20). Länge des Q 4,3 mm, » rf 3,9 mm. 5) M. formicarum Scudd.^. Gestalt wie die der vorigen Art; auf dem Rücken mit einem Pelz kurzer, goldgelber Börstchen besetzt*^; Farbe, Pronotum, Antennen 1 Wasmann (18902). 2 Die weniger charakteristischen Merkmale der WASMANNschen Beschrei- bung, die auch für andre Arten zutreffen, sind fortgelassen. 3 Bruner (1884). * » testaceo-castaneous «. ^ Scudder (1899). •^ Die den drei mir vorliegenden nordamerikanischen Arten gemeinsame goldgelbe Pubescenz weicht völlig von der der übrigen Ai-ten ab. Durch sie wird wahrscheinlich die rötlichgelbe Farbe jener Arten bedingt. Beitrag /u ciiior ^lonograpliio der Gryllodeengatlung Myi-mecophila Latr. 521 wie bei der vorigen Art; Cerci nur neun- l)is zelingliedrig ; Supraanal- platte lanzettlich zugespitzt; Hinterschenkel unten Va ^^ schmal als Textfig. 19. .1/. pergandei (5- laman, Laminae anales; st. IX, Subgenitalplatte; ^ Tergit. 15 : 1. oben, nicht birnenförmig wie bei pergandei, unterer Rand plötzhch — nicht allmählich — ge- krümmt ; Innenrand der Metatibia mit fünf Dor- nen, länger als bei der vorigen Art, der dritte so lang als der erste; Stellung der unpaaren Metatarsalspornen wie bei j ergandei, jedoch et- was länger (Textfig. 21). Länge des Q 3,8 — 4,4 mm, » des •^J' 2,8— mm. 0) M. oregonensis Brun.i. Schlanker als M. fcrgandei; zerstreut be- haart (wie die vorigen); dicht und sehr fein punk- tiert ; Farbe graubraun- ; 1 Brttner (1884). Textfig. 20. M. pergandei. I-inkes Hinterbein. 2.') : 1. 2 fusco-castaneous. Textfig. 21. M. formicarum. Linkes Hinter- bein. 16 : 1. 522 Fritz Schimmer, Antennen, Beine — außer den Hinterschenkeln — und Cerci hell gelb- lich; Vorderrand des Pronotums kaum Vs so breit als der Hinter- rand; Hinterschenkel eiförmig, oben und unten gleichmäßig gebogen, ungefähr zweimal so lang als breit; Cerci gedrungen, kürzer als die Hinterschenkel. Länge des Q 3,6 — 3,7 mm, » » (J' 3,2 — 3,3 mm. 7) M. nebrascensis Brun.^. Eiförmig-gedrungen; wie M. formicarum auf dem Rücken mit kurzen, goldgelben Börstchen besetzt ; ziegel- farbig gelb^; Antennen dick, etwas länger als der Körper, gleichmäßig gefärbt wie der Körper, ebenso die Cerci; Vorderrand des Pronotums V4 so breit als der Hinterrand; Hinterschenkel ähnlich M. formicarum, je- doch im Verhältnis zur Körperlänge etwas größer, länger als die Cerci; Innenrand der Metatibia mit vier Dornen; erstes Meta- tarsalglied mit zwei unpaaren Spornen, der erste über der Mitte, der zweite nahe dem zweiten Tarsalglied. (Textfig. 22). Länge des Q 2,6 mm, » » Q^ 2,3 mm. 8) M. nehawhie Brun.3 (M. S.). Kleiner als die vorigen Ai'ten; länglich eiförmig; Pubescenz spärlich; dunkel ziegel- gelb*; Kopf etwas dunkler; Antennen kaum so lang als der Körper; Hinterschenkel eiförmig, oberer und unterer Rand gleich stark gebogen, ungefähr lV2i^^l ^o lang als breit; Cerci kürzer als die Hinterschenkel. Länge des Q 2 mm, » » rf 1,5 mm. Textfig. 22. M. nebrascensis. Linkes Hinter bein. 28 : 1. 1 Brtjner, Publ. Nebr. ac. sc, III 33 (1893), unbeschrieben; zum erstenmal beschrieben von Sctjdder (1899). 2 »testaceous«; die Farbe wird von der goldgelben Pubescenz bedingt. 3 SCÜDDER (1899). * »dull testaceous«. Bcitrai; zu tMiior Monographie der (irvUodeengattung Myrinocophila L:\tr. 523 9) .1/. (iinencana Saiiss.^. K(>r[)or gewüll)t, eiförmig; Farbe erdig scliwarzbraun, ähnlich (tcervorum-; Mesoiiotuni mit breiter-^ weißgelber Querbiiule; Farbe der Beine heller (außer dem Hinterschenkel); Antennen etwas länger als der Körper; Hinterschenkel breit, Oberrand stark gebogen; Innen- kante der Metatibia mit vier Dornen (dritter fehlend) ; erstes Tarsalglied des Hinterbeines mit zwei unpaa- ren" Spornen, einem oberen und einem unteren; Cerci dick, allmählich zugespitzt; Legescheide stumpfer als bei sämtlichen andern Formen, die Enden der oberen Scheiden nicht zugespitzt, son- dern löffeiförmig verbreitert, die unteren nur wenig überragend. (Textfig. 23 und 24.) Textfig. 23. M.americanaQ. col-ovp, »Stäbcheji« (Verbindung zwischen achtem und neuntem Tergit und Legescheide); st.VIIl. Subgenitalplatte; t, Tergit. 28 : 1. Textfig. 24. ,1/. nmericana. Linkes Hinterbein. 30 : 1. Länge des Q 2 mm, » » cf 1,8 mm. M. prenolepidis Wasmann (1905). (Koll. Wasmann; vier Exemplare [zwei Q O, zwei cfcf ^] i™ ^S^- Museum zu BerHn*, Nr. 911.) 1 Saussure (1877). 2 Saussures Farbenbezeichnung »fusco-cinereus, violaceo-nitens, nietallieiis« ist unzutreffend. 3 Wasmann (1905) bezeichnet die Mesonotumbinde als schmal, breit muß sie jedoch im Verhältnis zur Kürze des Mesonotums genannt werden. Saus- sure erwähnt sie überhaupt nicht, trotzdem die seiner Beschreibung zugrunde liegenden Typen sie deutlich erkennen lassen. * Die vier Exemplare der Berliner Saiiiiniung befinden sich sich zum Teil in sehr schlechtem Zustand. 524 Fritz Schimmer, 10) M. dubia Sauss.i. Habitus der von M. acervorum, jedoch hell rostgelb; Pro- und Mesonotum ebenfalls mit je einer schmalen weißlichgelben Hinter- randsbinde von nahezu gleicher Breite wie bei acervorum; Legescheide ebenso lang wie bei dieser Art-. L ä n g e des Q 3 , 2 — 3,5 mm ^, » » cf ? (Das einzige Exemplar befindet sich im Kgl, Museum zu Berlin, Nr. 4078.) 11) 31. australis Tepper*. Breit oval, ungefähr l^/gmal so lang als breit; Farbe des Körpers im aufgetrockneten Zustand stumpf gelblichgrau bis mausgrau, matt; Dorsalseite nur äußerst spärlich mit sehr kurzen Härchen besetzt; Pubescenz auf der Bauchseite und an den Beinen wie bei M. formi- carum; Pronotum wie bei M. formicarum und M. fergandei, Meso- und Metanotum gleich breit, jedes halb so breit als das Pronotum; Clypeus nicht sechseckig, sondern oberer Rand halbkreisförmig gebogen; Stirn etwas weniger vorgewölbt als bei acervorum und cchracea; Fühler- gruben groß, doch etwas flacher als bei den genannten Arten; Femur des Hinterbeines viel schlanker als bei acervorum, weniger als doppelt so lang als breit, ähnlich dem von M. fergandei; Innenrand der Meta- tibia mit vier Dornen, erster und dritter gleich lang, 2/3 so lang als der zweite; erstes Metatarsalglied mit drei unpaaren und zwei Endspornen, der unterste unpaare Sporn doppelt so viel vom mittleren entfernt als der obere ; Legescheide um V4 kürzer als der Hinterschenkel. (Text- fig. 25 und 26.) Länge des ^ 4,4 mm, » » cT ? Breite des Abdomens 2,8 mm, Länge des Hinterschenkels 2 m.m, » der Legescheide 1,5 mm. (Ein Exemplar — ohne Cerci — im Kgl. Museum zu Berlin, weitere Koll. ZiETZ, Adelaide, Südaustralien.) 1 Saussure (1877). 2 Vielleicht stellen sich bei genauerer Betrachtung doch charakteristische Älcrkmale heraus, vor allem in der Form des Hinterschenkels und der Beborstung von Metatibia und Metatarsus. 3 Die SAUSSUREsche Angabe 1,6 mm bezieht sich auf das geschrumpfte Exemplar. 4 Literatur über diese Art ist mir unbekannt. Beitrag zu tiiur .Moii.iiiraphio di-r Gryllüduengattiiii;; Myinncopliila Lud-. 525 Diese Art nimmt durch die rundliche Form des Clypeus, die weniger gewölbte Stirn und die von allen übrigen Spezies abweichende Beborstung Textfig. 25. M. australis. Kopf . 50 : 1. Textfig. 26. M. australis. Linkes Hiiitor- bein. 13:1. der Metatibia — bei sämtlichen übrigen Arten ist der erste Dorn kleiner als der zweite — morphologisch eine Sonderstellung ein. Wasmann (1894, 19051), führt vier weitere Formen an, ohne sie näher zu beschreiben. Zwei von ihnen faßt W. als Varietäten auf, jedoch mit dem Bemerken, daß diese sich vielleicht später als Arten herausstellen werden. Wenn man berücksichtigt, wie gering die Spezies- unterschiede der Gattung Myrmecophila zum Teil sind, so dürfte das letztere zu erwarten sein. Die vier Formen sind: 12 a) M. acervorum v. flavocincta Wasm. Pro- und Mesonotum mit heller Querbinde, die doppelt so breit als bei acervorum ist. Länge 2 — 3 mm. (Koll. Wasmann, sechs Exemplare, wahrscheinlich Larven der nächsten Form 126.) b. M. acervorum var. Wasmann (Krit. Verz. S. 17G): »Das einzige sehr große Exemplar ist stark defekt.« (Koll. Wasmann.) Zt'itsclirift f. wbisen'^cli. Zoologie. XCIII. lld. 34 526 Fritz Schimmer, c. Myrrnecophila sp. Wasmann (19051): »Eine ziemlich kleine Form«. (KoU. Wasmann.) d. Mynnecophila sp. Farbe schwarzbraun; eine breite gelbe Rückenbinde ; Hinter- schenkel •y4 so lang als der Rumpf. Länge etwa 6 mm. (Koll. Wasmann.) Diese Form scheint demnach die größte der bisher bekannten Arten zu repräsentieren. Zusammenfassung der Hauptergebnisse. 1) Von der Gattung Myrmecophila sind bis jetzt elf Formen be- kannt (außer vier noch nicht näher beschriebenen der WASMANNSchen Sammlung). Diese verteilen sich auf alle fünf Erdteile. 2) M. frenolepidis Wasm. und M. americana Sauss. sind identisch. Zur Erklärung der weiten Verbreitung dieser Form muß die Wasmann- sche Verschleppungshypothese herangezogen werden. 3) Obgleich — nach dem bisher festgestellten — die Ameisen- grillen (außer — wahrscheinlich — M. americana) mehr- oder viel- wirtig sind, scheinen sie in den jeweiligen Gebieten ihres Vorkommens einige wenige Ameisenarten als Wirte zu bevorzugen; als solche sind speziell für M. acervorum in erster Linie Lasius niger und in geeigneten Gebieten Myrmica rubra (vorwiegend M. laevinodis) anzusehen. Der Grund zu dieser Bevorzugung ist in einer Anpassung der Größe des Gastes an die Größenverhältnisse des Wirtes zu erblicken. 4) Der biologische Grund des Gastverhältnisses ist in dem Schutz und vor allem in der Nahrung zu suchen, die den Grillen im Nest ihrer Wirte zuteil wird. Die Ernährung erfolgt: durch Belecken der Ameisen einerseits, durch Beraubung der beuteholenden Ameisen und der gefütterten Larven, Teilnahme an den Fütterungen zweier oder mehrerer Ameisen und direkte (selbständige) Fütterung durch die Ameisen anderseits. 5) Die psychischen Grundlagen des Gastverhältnisses sind in den verschiedenen Instinktmechanismen des Gastes, nicht des Wirtes zu suchen (Leckinstinkt, Raubinstinkt, Instinkt der Aufforde- rung zur Fütterung). G) Die hierbei zur Geltung kommenden Bewegungsmechanis- men sind einerseits mi metischer Natur (Nachahmung der sozialen Beitrag zu imikt .Munogiapliif dir (uviludecngattung Myrmecophila Latr. 527 Ameiseninstiiikte : Kciiiigungsinstinkt, Nahruiigsiiistiiikt | Auflunlrruiig zur Fütterung mit erhobenen Vorderbeiiu'ii | und sozialer Verkehrs- iustinkt [Mimikry der Fülderbewegung]); anderseits sind sie den ent- sprechenden Bewegungsniechanismen der Ameisen konträr (zirkei- förmige — statt geradlinige — Bewegung, Sprungvermögen). 7) Durch Zusammen Wirkung beider, in (5) charakterisierter Erschei- nungen erlangt die Grille bei ihren Wirten eine Scheinduldung. Die mimetischen wie die konträren Bewegungsmechanismen versagen unter ungünstigen Bedingungen ebenso bei den eigenthchen Wirten, als sie bei fremden Ameisen einen ähnUchen oder den gleichen Effekt hervorrufen wie normalerweise bei ihren Wirten. 8) Die Fortpflanzung von M.acervorum erfolgt auf rein par- thenogenetischem, die von M-americatia auf rein amphigonem AYege. Das Receptaculum seminis, sowie die Glandulae ductus recep- taculi weisen bei M. acervorum jedoch noch keinerlei Rudimentations- erscheinungen auf. Es ist wahrscheinüch, daß bei einigen der übrigen Arten eine teilweise parthenogenetische (neben seltenerer amphigoner) Vermehrungsweise stattfindet {M. ochracea, M. nebrascensis). 9) Die Eiablage erfolgt bei M. acervorum (wahrscheinlich auch bei den andern Arten) im Nest der Wirte des betreffenden Weibchens. Es werden nur wenige, auffallend große Eier abgelegt, die in 6 Wochen zur Entwicklung kommen. Die Eiablage erfolgt während des ganzen Jahres, ausschheßhch der Wintermonate. 10) M. acervorum überwintert sowohl als Imago als auch als Larve mit ihren Wirten. Sie besitzt eine wenigstens 2jährige (vielleicht längere) Lebensdauer. 11) .1/. acervorum (und jedenfalls alle übrigen Formen) folgt ihren Wirten beim Nestwechsel und läßt sich dabei wie diese von den dem Boden anhaftenden Gcruchsspuren leiten. 12) Anpassungen im Bau des Körpers: (l) rundlich eiförmige Gestalt, a. an die Fortbewegung v,> ^ u • ^ ® (2) bprungbeme; il) Verdickung d. Antennen (und b. an den mimetischen | Cerci), Verkehr mit d. Ameisen \l) Erweiterung d. Fühlergruben, [;3) Verdickung d. Maxillarpalpen, ( 1 ) HviJopharyngealbürstchcn, c. an die Lecktätigkeit j,^ Hypopharyngealgänge. 34* 528 Fritz Schimmer, 13) Folgeerscheinungen der parasitischen Ernährung: a. Vergrößerung des Kropfes und Mitteidarmes, b. scliwache Rudimentation des Proventrikels. 14) Folgeerscheinung der hypogäen Lebensweise: Eudimen- tation des dioptrischen Apparates des Facettenauges. 15) Folgeerscheinung der durch den Parasitismus bedingten verminderten Auslese: geringe Eiproduktion, Größe und Dotter- reichtum der Eier. Leipzig, im März 1909. Literatur. 1907. J. AsSMUTH, Einige Notizen über Prenolepis longicornis T.atr. Ztschr. f. wiss. Insektenbiol. Bd. III. (1. Folge Bd. XIII). 1904. Ant. Berlese, lUustrazione iconografica degli Acari mirmecofili. Redia, Vol. I, Fase. II. 1902. L. BoRDAS, Structure des Tubes de Malpighi, du Receptacle urinaire et du Canal excreteur (Uretre) des Gryllidae. Bull, de la Soc. Entom. de France. Jg. 1902. 1870. Ign. Bolivar, Sinopsis de los Ortopteros de Espana y Portugal. Madrid. 1839. Burmeister, Handbuch d. Entomol. Bd. II. 1884. Lawr. Bruner, Two new Myrmecophila from the United States. 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Erklärung der Abbildungen. Abkürzungen: ul.düj, Darminhalt; cal.gust, Geschmacksorgane des Epi- b.cap, Bursa copulatrix; pharynx; h.ni. Basalmembran; cil.sens, tactile Sinnesborsten; et, Cuticula; er. reg, Regenerationskrypten; ehr, Chromatin ; cetUr.reg, Regenerationszentrum ; cont, Grenzlinie zwischen äußerer und cell.disc, sich auflösende Zellen; innerer Linsenschicht; cell.adol, jungi' Epithelzellen; c.ad, Fettkörper; cell.ad, erwachsene E])ithelzellen ; clyp, Clypeus; cam.term, Endkammer; 532 Fritz Schimmer, cing.transm, Schaltzone ; d.mg, großer Zahn des Interradius; d.lat, kleiner Zahn des Interradius; desm, Desniochondren ; dt.hyp, Hypopharyngealgang ; dt.ov, Ovidukt; dt.sal, Ausführungsgang der Speichel- drüsen ; dt.rec, Ausführungsgang des Recepta- culums ; dt.prov, Verbindungsrohr zwischenKropf und Proventrikel; dt. gl, Ausführungsgang einer Drüsen- zelle ; ep, Epipharynx; foss.ep, Epipharynxgrübchen ; furc.hyp, Hypopharyngealgabel ; jib.hyp, Hjrpopharyngealspange ; jil.term, Endfaden; Jossxon, Kristallkegelgrube ; gl, Glossen; gl.ep, Epipharjiigealdrüsen ; gldb, » Knöpf chen«; ingl^ Kropf; int.ov, Ovarialhülle ; Zi — 3. die drei Schichten der Cornealinse ; l.m, Längsmuskeln ; Ihr, Labrum; lob.lat, Seitenlappen des Hypopharynx; lob.med, Mittella2325en desHy|5opharynx ; lam.sup, obere Valven der Legescheide; lam.inf, untere Valven der Legescheide ; m, Muskulatur; ment, Kinn ; m.hyp.med, mittlerer Hypopharynx- muskcl ; m. dt.sal, Öffnungsmuskel des Speichel- ganges ; m.dent, Muskel zur Bewegung der großen Zähne ; marg.cil, Stäbchensaum; ne.hyp, Hypopharynxnerv ; n.diss, in Auflösung begriffener Kern; n.ep, Epithelkern; n.ep.ext, äußerer Epithelkern; n.ep.int, innerer Epithelkern; n.gl, Drüsenzellkern ; n.ep.foll, Kern des Follikelepithels ; n.pg, Pigmentzellkern; n.rh.sup, oberer Sehzellenkern ; n.rh.inf, unterer Sehzellenkern ; oes, Oesophagus ; or.gen. Genital öf f nung ; or.dt.hyp, dorsale bzw. ventrale Mün- dung der Hypopharyngealgänge ; pr.tent, mittlerer Tentorialzapfen ; pen.hyp, Leckbürstchen des Hypo- pharynx ; plpf, Palpifer; 'pap.hyp, Mündungshöcker der Hypo- pharyiixgänge ; pg, Pigment ; rad. Radius ; r.m, Ringmuskulatur; rec.sem, Receptaculum seminis; ret. Retinula; st, Sternit; s.ment, Submentum ; Stil, Stiftchensaum ; secr, Sekret; tub.ov, Ovarialröhre ; imdr, Ventrikel (Mitteldarni); vac, Vakuole. Tafel XXII. Fig. L MyrmecopJdla acervorum Panz. 9 (erwachsene Form). 20 : \. Mg. 2. M. ochracea Fisch. Q. 24 : L Fig. 3. M. ochracea Fisch. S- 24 : L Fig. 3a. Stück des basalen Teiles eines Fühlers von M. ochracea ^. 110: 1. Fig. 4. M. nebrascensis. Querschnitt durch den breitesten Teil des Hypo- pharynx; pen.hyp, Leckbürstchen. 120 : 1. Fig. 5. M. ochracea. Hypopharynx von der Oberseite; dt.hyp., Hypo- pharyngealgänge. 110 : 1. Beitrag zu eijier Monographie der (Iryllodeengattunt; Myrmecophiia Latr. 533 Fig. (). .1/. ochracea. HypopharjTix von der Unterseite; pen.hi/p, Leok- büretehen. 110 : 1. Fig. 7. Ji. actr vor will. Etwas schräger, nahe der Mitto geführter Sagittal- schnitt durch den Kopf. Der Hypopharj-ngealgang ((U.h;/]>) ist in seinem ganzen Verlauft^ eingezeichnet. 97 : 1. Fig. 8. Äl. nebraacensis. Schematischer Querschnitt durch den vorderen Teil des Hypopharynx mit den beiden Hypopharyngealgängen (di.hyp). 110 : 1. Fig. 9. M. acervorum Q. Hinterleibsende mit Legescheide von der Bauch- seite. (Die Behaanmg der Legescheide ist fortgelassen.) CO : 1. Tafel XXIII. Fig. 10. J/. acervormn. Querschnitt durch den Proventrikel (5//); m.dent, die Muskeln der großen Zähne, die nach dem Verlassen der Zähne divergieren und unter den beiden Nachbarradien inserieren. 627 : 1. Fig. 11. M. ochracea. 15« dicker Längsschnitt durch den Provcntrikel. 194 : 1. Fig. 12. M. acervorum. Pi'o Ventrikel, flächenhaft angeschnitten; m.dent, die orahvärts divergierenden Muskeln der großen Zähne. Die Ringmuskulatur ist nur an den tieferen Stellen sichtbar. 155 : 1. Fig. 13. M. acervorum. Mitteldarm, flächenhaft angeschnitten, so daß einerseits die Regenerationskrypten (cr.reg). anderseits das zwischen ihnen be- findliche Muskelgeflecht sichtbar wird (m). 460 : 1. Fig. 14. J/. acervorum. ^litteldarmepithel im Ruhestadium. Über den eigentlichen Regenerationszentren (centr.reg) liegen die noch verzahnten jungen Epithelzellen (cel.adol). al.dig, im Darminnem zu verdauende Nahrungsbestand- teile. 750 : 1. Fig. 15. J/. acervorum. Mitteldarm im Stadium der totalen Zellauflösung. Die Kerne befinden sich in verschieden weit fortgeschrittener Chromatolyse. 800 : 1. Fig. 16. J/. acervorum. Mitteldarm nach beendeter Epithelauflösung; nur die Stützlamelle (ö.m) und die ihnen aufsitzenden Krypten [cr.reg) sind sichtbar. 460 : 1. Fig. 17. M. acervorum. Geschlechtsapparat in toto herauspräpariert; mit je einem nahezu reifen Ei in jeder Ovarhälfte. 60 : 1. Fig. 18. M. acervorum. Ovarialröhre einer mittleren Form (Stad. V). Das Chromatin der Endkammerkeme [cam.term) teilweise in Schleifenform. 600 : 1. Fig. 19. M. nebrascensis. Teil des Ausführungsganges des Reeeptaculum seminis mit den Gangdrüsen, die durch feine Gänge (dt.gl) in das Lumen desselben einmünden. Die Wand des (gefüllten) Receptaculums befindet sich in gespanntem Zustand. 290 : 1. Fig. 20. M. acervorum. Receptacuhim seminis mit (etwas schräg ange- schnittenem) Ausführungsgang. Das Reeeptaculum befindet sich im ungespannten (leeren) Zustand. Die Gangdrüsen sind jedoch in ungeschwächter Funktion (secr). 290 : 1. Tafel XXIV. Fig. 21. .1/. jormicarum. Kopf mit den gewaltig erweiterten Fühler- gruben, den verdickten Antennen und den rudimentären, zu einem Drittel in die Fühlergruben eingeknickten Facettenaugen. 60 : 1. 534 Fritz Schimmer, Beitr. zu einer Monogr. der Gryllodeengattung usw. Flg. 22. Der typische Kopf einer andern Gryllodee {Nemobius sylvestris) zum Vergleich. Im Gegensatz zu Myrmecophila sind die Augen groß, die Fühler iadenförmig dünn und die Fühlergruben flach und klein. 25 : 1. Fig. 23. M. acervorum. Längsschnitt durch das Facettenauge, der die völlige Rückbildung der Kristallkegel bei vollkommener Erhaltung der Retina- elemente zeigt. foss.Gon, die für das Gryllodeenauge typische trichterförmige Einsenkung, in die normalerweise der Oonus eingesenkt ist. 1100 : 1. Fig. 24. M. acervorum. Querschnitte in verschiedener Höhe durch einzelne Ommatidien. a, oberer Schnitt mit vier Rhabdomeren ; b und c, Verzahnungszone der vier oberen und drei unteren Rhabdomere; d^ tiefer Schnitt durch die drei unteren Rhabdomere. 1100 : 1. über Subcuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. Von E. Martiui (Rostock). Vergleichend histologischer Teil. IV. Tatsächliches. Mit Tafel XXV, XXVI und 21 Figuren im Text. Wenn ich jetzt mit dem anatomischen Teil meine Studie über Subcuticula usw. vorläufig abschließe, so geschieht es nicht, weil ich endlich das erwünschte Material zusammen habe, sondern weil ich einsehe, daß ich dies Ziel unter den hier obwaltenden Umständen doch in absehbarer Zeit nicht erreichen werde, so daß es klüger ist, die schon seit Jahr und Tag gesammelten Beobachtungen so, wie sie sind, der ÖffentUchkeit zu übergeben, damit sie nicht noch mehr veralten, in der Hoffnung, auch nach Rauthers schöner Arbeit, in der das Ver- hältnis von Subcuticula und Seitenfeldern ebenso dargestellt ist, wie es diese Zeilen beabsichtigen und es meine entwicklungsgeschichtlichen Studien von 1905 an getan haben, doch noch durch das reichere Ver- gleichsmaterial einiges Interessante bieten zu können, zumal da die völlige Übereinstimmung von Rauthers anatomischen und meinen entwicklungsgeschichthchen Resultaten es bisher nicht vermocht hat, unsrer Auffassung allgemeine Anerkennung zu verschaffen. Es sei gestattet, als Einleitung einiges aus der Literatur, besonders seit Schneiders Monographie, ins Gedächtnis zurückzurufen. Eine vollständige Literaturübersicht beabsichtige ich nicht zu geben. Bei dem großen Umfang und der Zerstreuung der Nematodenliteratur, in der sich doch fast überall eine kleine histologische Notiz befinden könnte, habe ich mich im wesentlichen auf die Beschaffung der wich- tigsten Arbeiten beschränkt, und auch die ist nicht ohne Schwierigkeit gelungen. Sollte ich daher einen Autor nicht erwähnen, der bereits das ausgesprochen, was diese Zeilen zu beweisen trachten, so entschuldige Zeitschrift f. wissenscli. Zoologie. XCIII. Bd. 35 536 E. Martini, er es gütigst mit der oben erwähnten Schwierigkeit und mache mir durch kurze Mitteilung die Freude, einen Bundesgenossen kennen zu lernen. In seiner Monographie stellt Schneider (1866) das Verhältnis von Subcuticula und Längsfeldern folgendermaßen dar: In der Subcuticula fehlt außer bei Gordius jede Trennung in Zellen, und selbst Kerne sind darin nie allgemein, sondern nur an besonderen Stellen zu finden, so vereinzelt im Kopfende, häufiger in der Schwanzspitze {Oxyuris cur- vula). Es lasse sich wohl vermuten, daß die Kerne auf einem embryo- nalen Stadium zahlreicher und allgemeiner existierten, aber unter- gegangen seien. Die subcutane Schicht setze sich nach innen in die Medianlinien fort. Bei manchen Gattungen {Mermis, Leptodera, Oxyuris) liegt in der Medianlinie eine Reihe von Kernen, vielleicht überall im Jugendzustand. Das Gewebe der Seitenfelder hängt nach außen mit der subcutanen Schicht ohne Unterschied zusammen, ist jedoch nach innen mehr oder weniger davon verschieden. Fast immer zerfällt die Seitenhnie in eine untere und obere Hälfte, in der weichen, körnerhaltigen Substanz derselben sind zahheiche Kerne eingebettet. Entweder bilden dieselben in jeder der beiden Hälften eine Längsreihe {Mermis, Ascariden der Fische), oder sie sind regellos zerstreut. Wenn man auch bei vielen Species im Seitenfeld keine Kerne findet, so läßt sich doch annehmen, daß sie in jüngeren Stadien vorhanden waren. In der nächstfolgenden Literatur finden wir dann eine Menge An- gaben über Kerne in den Seitenfeldern bald dieser, bald jener Nema- todenspecies. So fand Bütschli (1871) bei den Oxyuren der Periplaneta die Sub- cuticula frei von Kernen, die dagegen in den Längslinien vorkamen. Besonders beachtenswert ist, daß er in den Seitenfeldern von Oxyuris Diesingi eine mittlere Reihe von großen und über und unter derselben eine Reihe von kleinen Kernen beobachtete, also bereits eine Drei- teilung des Seitenfeldes. Dieselbe interessante Angabe macht Bütschli (1872) auch über Dispharagus denudatus, bei dem ihm zugleich auffiel, daß die Kernabstände der mittleren Reihe größere sind als in den beiden kleinkernigen dorsal und ventral von ilir. 2 Jahre später (1874) schil- dert Bütschli die Seitenfelder der freilebenden Formen als kernhaltig und weist wieder darauf hin, daß Kerne verschiedener Größe in bestimmter Anordnung vorkommen, erwähnt auch von Marion und Bastian, daß sie dies wohl gesehen, aber nicht richtig erklärt haben. Galeb findet dann (1878) in der Subcuticula von Oxyuris sjnro- theca »un tres grand nombre de granulations et de noyaux« und >>sur un jeune Oxyure appele ä subir des mues on distingue facilement des CIrm- Sul)Luticul;i und Seitenfclcler einiger Nematoden. IV. 537 cellules dans son (der Subcuticula) epaisseur. Les cellules sont ar- rangees circulairenient et oii serie dans toute la longueur du Corps«. Auch in den Längsfeldern findet der Autor große Kerne. ScHULTHESS findet 1882 bei Anchijlostoma ebenfalls Kerne in allen (? !) Linien, in den Seitenfeldern in Reihen längs deren Außen- rändern (Subcuticula nicht überall deutlich gesehen). RzEWUSKi fand (1887) in den Seitenfeldern von Strongi/lus para- doxus, die er für andern Gewebes hält als die Subcuticula, zahlreiche Kerne, während er in den Medianlinien unbedeutende kernlose Körner- stränge sieht. Lang stellt dann (1888) in seiner vergleichenden Anatomie die uns interessierenden Verhältnisse so dar: Die Längsmuskelschicht »ist in vier in der Längsrichtung des Körpers verlaufenden Linien unter- brochen und zerfällt also in vier Längsfelder, Von den Längslinien sind zwei median (dorsale und ventrale Medianlinien), zwei lateral (Seitenlinien). In diesen Unterbrechungslinien ist die subcuticulare Körnerschicht der Haut (Hypodermis) verdickt«. Über Kerne er- fahren wir nichts. CoBB fand in demselben Jahre bei Asairis Kükenthali in den Seitenlinien eine ziemlich große Anzahl Kerne, außerhalb der Längs- linien in der Subcuticula aber keine. Dagegen konnte er solche bei Ascaris bulhosa in allen Teilen der Subcuticula beobachten. Die Tiere waren zum Teil in der Häutung: »Ich bemerkte eine große Anzahl Kerne an der äußersten Grenze der Seitenfelder, einer Stelle, wo im erwachsenen Tier sie in großer Anzahl nicht vorkommen. Sie schienen schiefe Ausläufer in die Subcuticula hineinzuschicken. « Im selben Jahr findet Strubell die Seitenfelder bei Heterodera ScJiachtii dreiteilig. Wie die Cuticula, so werden auch die Seitenfelder von der Subcuticula bekleidet, dieselbe zeigt hier wie überall das gleiche körnige Aussehen, nur werden die Kerne, die sonst sehr spärlich vor- handen (?) sind, etwas häufiger, besonders in der mittleren Abteilung, die sich wulstartig erhebt. Camerano sucht dann in seiner Arbeit von 1889 die Reste der Epidermis, die bei der Cuticulabildung sonst ganz verschwinden kann, in den Seitenhnien, stellt sich also auf einen Standpunkt, den, wie der Leser aus den embryo logischen Arbeiten weiß, wir in der Hauptsache zu dem unsern gemacht haben. Ströse findet bei Str. micrurus (1891) die kernlose Subcuticula in den Seiten zu den je zwei Kernreihen enthaltenden Lateralünien er- weitert. 35* 538 E. Martini, 1892 sagt Stadelmais^n von Str. convolutus, daß er auch liier in der Subcuticula Kerne vermißt. Er hält die Längslinien für mächtiger entwickelte Teile derselben. Die Medianhnien enthalten keine (?) Kerne, dagegen sind die Seitenfelder in zwei Teile geteilt, deren jeder eine Längsreihe von Kernen enthält. Auch Thiesing (im selben Jahre) findet in der Subcuticula von Filaria sanguinis keine Kerne, dieselbe ist beiderseits schwach zu den breiten Seitenfeldern verdickt, die eine Längsreihe (Figur zeigt zwei Längsreihen) von Kernen enthält. Zur Strassens Figuren in seiner Bradynema- Aiheit (1892) zeigen für junge Individuen denselben Bau, wie die meisten Arbeiten, keine Kerne in der Subcuticula, dagegen je zwei solche im Querschnitt der Seitenfelder. Ebenso findet Angstein die Subcuticula kernlos, desgleichen die Medianlinien. Aus der genauen Beschreibung der Seitenfelder seien hier nur die zwei Kernreihen jederseits vom Excretionsgefäß hervor- gehoben. Ganz anders wieder als diese wesentlich übereinstimmenden Re- sultate sind die von Jammes. Derselbe sagt (1890) über die Ascariden- subcuticula: II y a dans la couche granuleuse de petits lits de cellules souvent disposes sur plusieurs rangs mais ne formant jamais un epithe- lium continu. Ces cellules presentent des aspects variables; rarement cubiques quelques fois arrondies le plus souvent aplaties, parallelement ä la paroi du corps; elles portent un nombre variable de prolongements. Ce sont ces prolongements, qui sur les coups contribuent ä donner a la couche son aspect fibrillaire ou feutre. Entwicklungsgeschichtlich erklärt er sich dies dadurch, daß das anfangs prismatische, später flache Epithel dem Wachstum des Tieres nicht folgen kann infolge seiner Funktionslosigkeit und der ungünstigen Lage für die Ernährung. Es zerreißt und zieht sich in Stränge und Inseln aus. Bei den freilebenden Nematoden sei das noch nicht deutlich, sie haben noch eine völUg zellige Ectodermschicht (? !) unter der Cuticula, bei den Oxyuriden finde man dagegen schon die specifische Ausbildung, und dies um so mehr bei größeren Formen. Dagegen zeigt Jägerskiöld in demselben Jahre für Ascaris ro- tunda, daß die Subcuticula kernfrei, das Seitenfeld dagegen mit drei Kernreihen versehen ist,, von denen die mittlere sich anders verhält als die seitlichen. Jägerskiölds Abbildungen (1898) bestätigen seine Angaben für Ascaris rotunda auch bei clavata, wogegen decipiens im zweigeteilten Seitenfeld zahlreiche Kerne in jedem Teil des Querschnittes über Subcuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. 1\'. 539 zeigt. In den Darstellungen von 1897, in denen es dem Autor vor allem auf die Drüsen in den Seitenfeldern ankommt, haben wir über unsre Angelegenheit weniger Angaben. Sehr deutlich finden wir unsre Anschauungen bei Nassonow aus- gesprochen. Braun referiert im Zentralblatt f. Bakt. u. Paras. Bd. XXV, daß derselbe die Matrix der Cuticula bei Oxyuris flagellum auf dem Querschnitt aus acht Zellen zusammengesetzt fand, von denen im größeren Teil des Körpers sechs durch die Muskeln in die Seitenlinien vercb-ängt werden. Die Abbildungen in desselben Autors Ai'beit von 1887 sind eine Fundgrube für unsre Bilder; sie zeigen die Vielkernigkeit der Seitbnfeldhälften bei Ascaris osculata und decipiens, dagegen die drei Kernreihen bei Strongylus paradoxus, die Dreiteiligkeit des Seiten- feldes bei Scierostomiim arinatum, nur in den Seitenfeldern bei Oxyuris curvula ist eine Dreiteiligkeit nicht zu erkennen. Interessant sind Jerkes' Angaben über die Anatomie von Oxyuris curvula und mastigodes (1901). Er erkennt den ursprünglich zelligen Bau der Subcuticula an den Kernen, die sich bei jungen Exemplaren noch häufig in den Seitenfeldern und im Schwänze finden. In den Seitenfeldern findet er ovale Körper mit zahlreichen, 3 i-i großen Kernen. Wichtiges stellt über Subcuticula und Längsfelder von Ascaris megalocephalu K. C. Schneider in seinem Lehrbuch fest. Er unter- scheidet hier Fibrillen, die in enger Beziehung zur Cuticula stehen, und Syncytium. Über die Fibrillen wollen wir hier nicht sprechen. Das Syncytium, dem dieselben eingelagert sind, bildet die Subcuticula und die Längsfelder, bis auf eine Längsreihe von Zellen in den Seitenfeldern, welche letztere in eine dorsale und ventrale Hälfte teilen und mit den Fibrillen in engem Zusammenhang stehen. Das Syncytium enthält sowohl in der Subcuticula als in den Längs wülsten Kerne, die in der Subcuticula klein, in den Seitenfeldern zum Teil größer sind. In letz- teren finden sich außerdem Haufen kleinster Kerne, Herde der Kern- degeneration. Nach dieser klaren Darstellung frappiert die Deutung beider Gewebe. »Aus dem Mitgeteilten geht mit großer Wahrschein- lichkeit hervor, daß die Stützfibrillen nicht zum Syncytium gehören, daß also im Epiderm zwei verschiedene Elemente vorhegen, deren eines Beziehungen zur Cuticula aufweist und daher zweifellos epider- malen Ursprunges ist, während das andre, wie besonders aus seinen Beziehungen zum Nervensystem hervorgeht, dem nicht selten im Epi- derm gelegenen Hiillgewebe der Anneliden verglichen werden kann. Die Stützfibrillen sind Reste der epidermalen Zellschicht, die embryonal nachweisbar ist, aber später unter Verlust der Kerne in die Cuticula 540 E. Martini, eingehen soll (Zur Strassen). Echte Deckzellen, oder wenigstens unzweideutig epidermale Zellen erhalten sich nur in der medialen Zell- reihe der Seitenwülste; sie sind aber für das Verständnis des Fibrillen- aewebes um so wichtiger, als wir in ihnen die gleicheii, zur Cuticula in Beziehung stehenden Fibrillen wie sonst überall antreffen, und die seitHche und basale Grenze des Zellkörpers durch Abgabe von Fasern einigermaßen verwischt wird. Nach Zur Strassen u. a. geht die sogenannte Subcuticula nach Degeneration des Epiderms aus dem Mesoderm hervor, auf letztere kann also nur das Syncytium bezogen werden, für welches vergleichbare Bildungen bei andern Würmern bereits erwähnt wurden. « 1905 beschreibt dann Loos anläßlich seiner Anchylostoma-Mono- graphie auch die Subcuticula und Längshnien dieser Tiere als einheit- liches Gewebe und schildert die in die Seitenfelder eingebetteten Organe, das Excretionsgefäß und die Cervicaldrüse. Die Subcuticula findet er kernlos, die Medianlinien mit spärlichen Kernen versehen, die La- teralhnien der Höhe nach zweiteilig und jeden Teil mit einer Reihe von Kernen versehen. Die median gelegenen, von Schulthess be- schriebenen Kerne vermißt er. Goldschmidt schildert dann die einschlägigen Verhältnisse bei Ascaris 1906 folgendermaßen: Am Aufbau der SeitenHnie von Ascaris beteihgen sich nicht weniger als sieben Bestandteile, wenn wir von Nerven, Ganghenzellen und der Glia absehen: 1) die Subcuticula, 2) die Zellen der Medianreihe, 3) das Grundgewebe der Seitenhnie, 4) das excretorische Drüsengewebe, 5) die Bildungszellen gewisser Stütz- fibrillen, 6) Wanderzellen, 7) die Seitenkanäle. Die Subcuticula der Seitenfelder ist in deren Mitte von den Zellen der Medialreihe (vgl. Schneider) unterbrochen, verhält sich aber sonst genau so wie die ebenfalls kernhaltige Subcuticula des übrigen Körpers. Innerhalb dieser folgt jederseits das Grundgewebe (zu dem die Fibrillen gerechnet werden) mit peripher gelegenen Kernen und Kernhaufen von winzig kleinen Kernen. In diesem Grundgewebe liegen stellenweise die als 5) und G) bezeichneten Bestandteile, und endlich im Bereich des Excretionskanals jederseits der mittleren Zellreihe eine Gewebsmasse, die sich im Querschnitt in ovaler Gestalt scharf vom übrigen Seiten- liniengewebe abhebt und als Excretionsorgan gedeutet wurde. So verhalten sich Ascaris lumhricoides, megalocephala, ebenso nach der Literatur Ascaris decipiens und osculata. Als ectodermale Epidermis faßt Goldschmidt die syncytiale Sub- cuticula und die Zellen der Rücken- und BauchHnie und der lateralen über Subcutitula und Seitenfclder einiger Nematoden. 1\'. 5-il Metlianreihe auf. Dagegen ist das Gnindgewelie der Seitenlinien, das bei Ascaris vielkernig syncytial ist, sonst aber auch einfache Zellreihen bilden kann, mesodermal. Über die Keimblattabkunft der sub 4 — 6 genannten Zellen fehlt Angabe. Dieser kompliziertesten aller bisherigen Darstellungen gegenüber ist die Rauthers (1907) sehr einfach. Nach ihm ist Subcuticula und LängsUnien ein Gewebe, ectodermal und Matrix der Cuticula. Die Kerne liegen in den Längslinien, wohin sie durch die ^Muskulatur ver- drängt sind, und zwar erhält die l^^eitenlinie drei Kerm-eihen, die Ventral- linie ebenfalls Kerne; die Dorsalhnie enthält solche nur im Vorderende, sie fehlen überhaupt in den Submedianlinien. Diese Beobachtungen sind an Mermis gemacht. Besonders ein Vergleich zwischen Schneiders und Goldschmidts Angaben einer-, Rauthers anderseits, lehrt deutlich, wie die Kontro- verse steht. Die Methode, mit der ich dies Problem zu lösen versuchte, ist die der vergleichenden Entwicklungsgeschichte und vergleichenden Ana- tomie. Der ent\s'icklungsgeschichthche Teil liegt ja fertig vor, ich werde sein hier interessierendes Resultat nachher kurz rekapitulieren. In dem jetzigen vergleichend anatomischen Teil ging ich so vor, daß ich mir sowohl Flächenpräparate der Leibeswand anfertigte, als auch die- selbe auf Schnittserien, besonders Querschnitten, studierte. Die verschiedenen Färbemethoden seien bei den einzelnen Abteilungen er- wähnt. Tatsächlicher TeiL Die Entstehung von Subcuticula und Längsfeldern bei der Nematodenlarve. Gleichzeitig mit Rautheks Arbeit erschien meine Studie über diesen Gegenstand, deren Resultate, an Cucullanus elegans gewonnen, wie der Leser aus dem folgenden ersehen wird, sich fast genau mit Rauthers Ansicht decken und sich später an der Entwicklung von Pseudaliiis minor, Nematoxijs ornatus und Rhabdonema nigrovenosum bestätigen ließen. Nach diesen Untersuchungen stellt sich der Bau der Epidermis junger Larven folgendermaßen dar: Die Subcuticula ist kernlos, sie ist ein Teil der in den Längslinien gelegenen Zellen, und zwar enthalten die SeitenUnien in dem mittleren Körperabschnitt drei Zellreihen, von denen die dorsale und ventrale gleichartig und oft von der Medianreihe 542 E. Martini, verschieden sind. Die Kerne der Lateralreihen stehen rechts und Hnks symmetrisch. Die Ventrallinie enthält ebenfalls ectodermale Kerne in ihrer ganzen Ausdehnung, die Dorsallinie solche erst in ihrem vordersten Teil. (Dies könnte gerade so gut Rauther als Resümee des betreffenden Abschnittes seiner Mermis-Aiheit geschrieben haben.) Textfig. ^1 und Zo. Schematische Querschnitte der Nematodenlarven. i in der Mitte, 2 im Kopfende. Damit ist also die Seitenlinienfrage für die Larve entschieden. Was sich noch erübrigt, ist nur, zu zeigen, daß die Verhältnisse der erwachsenen Nematoden in den meisten Fällen dieselben sind, abgesehen von einigen Kernvermehrungen, wie sie ja bei den meisten Tieren in der Wachstumsperiode vorkommen, und daß die etwas weiter ab- weichenden Befunde, die bei einzelnen Formen sich ergeben, im Grunde nur geringe Modifikationen des allgemeinen Bautypus darstellen. Dabei erscheinen mir die Verhältnisse bei Ascaris megalocepJiala und Kon- sorten durchaus nicht als die schwerst erklärhchen. Einleitend möchte ich jedoch noch bemerken, daß ich die Begriffe Ecto-, Meso- und Entoderm hier im entwicklungsgeschichtlichen Sinne gebrauche. Daher kann ich auch aus dem histologischen Befund einen sicheren Schluß auf den ecto- oder mesodermalen Charakter eines Teiles nicht ziehen. Anderseits ist zu bemerken, daß den an den angeblichen Untergang des Ectoderms bei Anthrakonema und Bradynema nach Zur Strassen angeknüpften Anschauungen durch meine embryologi- schen Untersuchungen der Boden entzogen ist. Beobachtungen an erwachsenen Nematoden. A. Meromyarier. I. Rhabditis teres. Nach langer vergeblicher Mühe gelang es mir, bei Rhabditis teres, von der ich vor 3 Jahren aus faulen Regenwürmern reichlich Material Über SulK'utioula imd Seitenfelcler einiger Nematoden. IV. 543 0 0 Q erhalten, naclulein alle Versuche, günstig gefärbte Totalpräparate zu erhalten, fehlgeschlagen waren, mit der Methode von Giemsa bei SubU- matmaterial eine tlurchsichtige Färbung zu erzielen, die die Kerne des Hautniuskelschlauches in den von den Eingeweiden nicht zu prall aus- gestopften Teilen sehr schön, in letzteren auch noch zum Teil gut erkennen ließ. Die beiliegende Textfig. aa stellt im Schema ein Stück der Seiten- linie aus dem hinteren Teile des Tieres, eine Strecke weit vor dem After dar. Man erkennt deuthch die Drei- teihgkeit der Seitenlinie, deren mittlerer Teil sich im Präparat, wenn er auch all- mähhcli in die seitlichen übergeht, doch durch die viel geringere Tinktion seines reticulären Plasma deutlich gegen die kom- pakten Massen der letzteren abhebt. Im mittleren Teil sind die Kerne seltener und kleiner, in den seitlichen, in denen sie häufig symmetrisch stehen, sind sie groß, fast so groß wie die Muskelkerne. Die Xuclei sind bläschenförmig, mit einem großen chroma- tischen Nucleolus in der Mitte oder etwas exzentrisch. Die Schnitte Fig. 82 a und h entstam- men dem Vorderende derselben Species. Das Objekt war mit FLEMMiNGscher Flüs- sigkeit fixiert und mit Safranin gefärbt. Beide Schnitte gehören der Gegend etwas hinter dem Nervenring an. a hegt noch weiter vorn als b. Auf beiden Figuren tritt die Dreiteilung der Seitenlinie deutlich hervor. Während dieselbe aber hinten noch ein breites Mittelfeld einschheßt, ist das letztere vorn sehr schmal geworden und trägt den Durchschnitt des Excretionskanals. Diese Verengerung des Mittelfeldes nach vorn läßt sich übrigens an Totalpräparaten ebenfalls recht schön deutlich erkennen. Bezüglich der Kerngröße und -Zahl bestätigen die Bilder das, was die Flächenansicht lehrt. In der Subcuticula habe ich sonst weder am Totalpräparat noch am Schnitt, soweit sich die Muskelstreifen erstrecken, Kerne wahr- nehmen können. Auch in der Rückenünie sah ich keine, glaube ® © 0 ® 0' e Textfig. aa. Rhabditis leres. Stück eines Seiten- feldes. Flöchenbild. 544 E. Martini, dagegen, in der Bauchlinie auf den Schnitten mit ziemlicher Sicherheit Nuclei entdeckt zu haben. Nur vorn, wo beide Medianhnien beträcht- lich an Höhe zunehmen, sah ich in ihnen sehr deutlich Kerne auftreten. Auch die Kerne der Ganglienzellen in der Xervenringgegend sind im Verhältnis zur Kleinheit des Tieres außerordenthch schön und groß. Der Darm, der bekanntlich nur von zwei Längsreihen von Zellen aufgebaut wird, zwischen denen das Lumen verläuft, zeigt in unserm Bild sehr dünne Wandung, da sich hier seine Höhle dicht hinter dem Ende des Oesophagus stark erweitert, um sich später auf ein geringeres Kaliber zu reduzieren. Sowohl Totalpräparate als Schnitte lehren das Tier als deutlichen Meromyarier kennen, wozu es ja auch von Bütschli und andern früheren Beobachtern gestellt wird. II. Strongylus auricularis. Leider stand mir von dieser hübschen Form nicht Material genug zur Verfügung, um meine Studien so vollständig zu gestalten, wie es im Interesse der Sache wünschenswert gewesen wäre, doch konnte ich einige trächtige Weibchen untersuchen. Unsre Abbildungen führen vier aufeinander folgende Schnitte vor. Die Cuticula ist dick und zeigt nach außen vorspringende dunklere Längsleisten, in deren Querschnitt je ein dunkles Korn, also wohl feines Längsband, sichtbar ist. Die Subcuticula ist unter der Muskulatur sehr dünn, in den Seiten- und Medianlinien schwillt sie zu den ent- sprechenden Wülsten an, die im Vorderende des Tieres weit höher sind als im Hinterende. Im Vorderende finden wir in allen Haupt- längshnien Kerne, da jedoch hier eine Reihe von Kernen andrer Organe in deren Gewebe eingelagert oder ihm eng angeschlossen sind, so ist die Deutung der Verhältnisse hier nicht so einfach wie im Rumpf, dem unsre Figurenreihe angehört i. Hier ist das Seitenfeld deutlich in drei Teile zerlegt: einen schmä- leren mittleren, der Lateralstrang und zwei gegeneinander im allgemeinen symmetrische über und unter demselben, der Dorsal- und Ventralstrang. Unter dem Lateralstrang verläuft eine einwärts gerichtete rundliche Verdickung der Cuticula, in der sich im Querschnitt ebenfalls ein mit ^ Wenn ich von Kopfende, Rumpf und ScliAvanz spreche, so bezeichne ich mit Kopf den Vorderteil, soweit er den Oesophagus und Bulbus enthält, als Rumpf das Stück von dort bis zum After, was dann kommt als Schwanz. Vielleicht könnte man auch noch alles, was vor dem Excretionsporus liegt, mit einem Namen zusammenfassen usw., doch ich glaube, mit diesen Bezeichnungen auszukommen. über Sulx-uticula und Seitenfelder einiger Nematoden. IV. 545 Häiualaun dunkel filrbhares rUnktchen fiiuU't, für das icli eine Deutung nicht geben kann. Derartige kanalartige Bildungen oder Gallertfädchen oder, was es sein mag, finden sich sehr häufig unter dem Lateralfeld der Nematoden in der Cuticula, die hier oft eine Abweichung von ihrem Bau auf der übrigen Körperoberfläclie zeigt. Wir finden nun in jedem der drei Stränge eine Kernreihe. Die Nuclei der Dorsal- und Ventralreihen sind zahlreicher. Fast auf jedem zweiten oder dritten 10 ,«-Schnitt begegnen wir einem Paar von ihnen, denn, wie in Fig. 83 b und d, stehen sie meist symmetrisch einander gegenüber. Sie sind groß, bläschenförmig, mit wenig Chromatin und deutlichem Xucleolus. Die Kerne des Lateralstranges dagegen sind wesentlich seltener, einer von ihnen ist in Fig. 83 c/d dargestellt. Sie zeigen relativ weniger Chromatin, als die der paarigen Teile, über- treffen dieselben aber wesentlich an Größe. Solcher Kerne finden sich, zu genauer Feststellung fehlte mir Vergleichsmaterial an lückenlosen Serien, nach der Taxe etwa zwölf im Längsfeld. Dabei ist noch be- merkenswert, daß sie rechts und links immer genau symmetrisch auf- treten. Ihre geringe Zahl und ihre Symmetrie erinnert noch sehr an die Verhältnisse, wie wir sie bei der Larve getroffen haben. Weitere Komplikationen zeigen die Seitenwülste nicht, etwa durch Kanäle, wie die Sclerostomen und Verwandten, abgesehen natürlich vom Excretionsorgan. Außerhalb der Seitenwülste habe ich nie Kerne in der Subcuticula bemerken können, ebensowenig in den Dorsalwülsten des Rumpfes, dagegen zeigt die BauchUnie durch die ganze Länge des Körpers, wenn auch vereinzelte Xuclei, einen solchen stellt bei gleicher Vergrößerung wie Fig. 83 a—d die Fig. 83 e dar. Mithin zeigt bei dieser Form sich ganz dasselbe Verhalten der Subcuticula und der Seitenfelder, wie bei den Larven, mit dem einzigen Unterschied, daß die Zellen innerhalb jeder Reihe sich zu einem Syn- cytium vereinigt und außerdem die Nuclei der Dorsal- und Ventral- reihe sich vermehrt haben, während in der Lateralreihe wenige oder gar keine Kernteilungen vorgekommen sind. Was die übrigen Organe betrifft, so ist von der Muskulatur unsres Wurmes zu sagen, daß sie durchaus mero- und platymyar ist. Wieviel Muskelzellen die einzelnen Tiere besaßen, kann ich leider nicht sagen, kann daher auch nicht behaupten, ob sie mit den für Oxyuris curvula, ambigua, vermicularis ermittelten oder der der Sclerostomen überein- stimmen, doch komme ich hierauf an anderm Orte zurück, wenn es mir geUngt, Material zu erhalten. 546 E. Martini, Der Darm ist auffallend dadurch, daß der ganze Mitteldarm nur aus zwei Zellreihen aufgebaut ist, deren Kerne sich in alternierender Stellung finden, wie wir sie sonst in der Gattung Rhabditis gewohnt sind. Der in Fig. 83 b mit eingetragene Darm zeigt mit leidhcher Deut- lichkeit die Zusammensetzung aus zwei Zellen und den riesigen Kern einer derselben, dessen Kernkörperchen etwa die Größe eines der Seiten- feldkerne besitzt. Sehr ausgeprägt ist ferner der Stäbchensaum, der das enge Lumen begrenzt. Durch die Einfachheit seiner Muskulatur, seiner Seitenfelder und seines Mitteldarmes trennt sich diese Form weit von der Gattung Stron- gylus und Sderostomum und wird deswegen auch hier behandelt. III. Gehen wir jetzt zur Gattung Oxyuris weiter, die uns früher schon so primitive Verhältnisse bezüglich der Muskulatur (Martini, 1907) ergeben hat. Treffen wir hier auch primi- tive Verhältnisse der Seitenfelder? Im allgemeinen kann man diese Frage bejahen. Ich untersuchte Oxyuris amhigua, vermicularis und curvula. Nur 0. curvula zeigt hier eigenartig modifizierte Verhältnisse, Doch betrachten wir erst die einfacheren Formen. Oxyuris vermicularis zeigt bezüglich der Seitenfelder fast genau das gleiche Verhalten, wie St. auricularis. Auch bei dieser Form ist das Seitenfeld dreiteilig und enthält in jedem der Teile eine Längsreihe von Kernen. Dabei stehen die Kerne in dem Dorsal- und Ventralstrang wieder viel dichter als in dem Lateralstrang. Es würde sich also dasselbe Flächenbild ergeben wie bei Heterakis vesicularis (s. diese). Erstere beiden Felder lassen dabei deuthch zwei verschiedene Teile erkennen (vgl. Fig. 84), eine basale, dichter gebaute, und eine locker gebaute proximale Schicht, die zum Teil nur wie ein von feinen Plasmasträngen durchsetzter, sonst von Flüssigkeit erfüllter Hohlraum erscheint. Die bläschenförmigen, chromatinarmen Kerne mit deutlichem Nucleolus liegen an der Grenze der sich mit Hämalaun dunkler färbenden Schicht gegen die hellere innere. Sie sind zahlreicher als bei St. auricularis, die paarigen Teile sind gegen die Leibeshöhle durch eine Schicht dichten Gewebes abgegrenzt. Die Kerne der Lateralreihe, die auch hier die der dorsalen und ven- tralen beträchtlich an Größe übertreffen, sind sonst ebenso gebaut, sie finden sich an der Basis dieses Stranges, der Cuticula dicht Vhi.n- ISulxutiiiila und Seitenfelder einiger Xi'inatddcii. IV. 547 anliegeiul. dif hier zu einer scharfen Kante seitwärts vorspringt, einem sogenannten Flügel, \vie wir sie bei vielen Nematoden treffen. Auch der I.atenilstrang zeigt an der Basis dichteren Bau als medianwärts, doch handelt es sich hier nicht um zwei scharf abgesetzte Zonen, wie im Dorsal- und Ventralteil, sondern die Beschaffenheit ändert sich allmählich von außen nach innen. Die scharfe Begrenzung des inneren Randes durch eine besondere Schicht dichteren Gewebes fehlt dem Lateralwulst, der in seinem inneren Teil einen Gang, das Excretions- gefäß, enthält. Die Zahl der Kerne in diesem Teil des Seitenfeldes ist ebenso wie bei Strongijlus mmcularis eine sehr beschränkte, auch hier dürfte es sich nur um 12 — 14 solcher Kerne handeln, die sich ebenfalls symmetrisch finden. Die dunkle basale Plasmamasse dej Seitenfelder geht ohne Grenze oder deutlichen Unterschied in die Subcuticula über. Die Gesamtform der Seitenhnie zeigt sich im Querschnitt vorn höher als hinten, wo sie sich mehr und mehr abflacht. In der Rückenlinie finden sich im Rumpfe keine Kerne, wohl aber im Vorderende. Dagegen zeigt die Bauchlinie sich in ihrem ganzen Verlauf kernhaltig. Außerhalb der Längshnien wurde in der Sub- cuticula nie ein Kern entdeckt. Mit dem Aufhören der Muskelfelder im Schwanz fließen die Längs- fehler hier zusammen, und w^ir haben in dieser Gegend in der Subcuticula zahlreiche Kerne, die in ihrer Größe mit denen des Dorsal- und Ventral- feldes übereinstimmen. Dazwischen findet sich ein größerer Kern in der Verlängerung der Seitenfelder: es ist der letzte seiner Art. CoBBS Arbeit über die Oxynrenlarven ist mir leider nicht zu- gänghch gewesen. Oxyuris amhigua. Diese Form unterscheidet sich w^enig von der vorhergehenden, und es sind unsre Figuren beider Species daher so gewählt, daß sie sich ergänzen. Während bei 0. vermicularis ein Schnitt durch den hintersten Abschnitt des Körpers gewählt ist, zeigen die Abbildungen von 0. ambigua Regionen, die weit nach vorn, Fig. 85 a, noch im Kopf, Fig. 85 b eine Strecke dahinter gelegen sind. Auch diese Schnitte zeigen die Seitenhnie, die hier vorn noch beträchthche Höhe hat, dreiteilig, mit großen Kernen indem Lateral-, kleinen im Dorsal- und Ventralteil. Auch Jiier stehen die großen Kerne des Mittelstranges in weiten Abständen, auch hier finden sie sich symmetrisch rechts und links, auch hier liegt ihr letztes Paar im Schwanz, 548 E. Martini, Die Unterschiede, welche die Fig. 85 a und b gegen Fig. 84 auf- weisen, sind: 1) die größere Höhe der SeitenHnie; sie nimmt bei allen von mir beobachteten Nematoden von vorn nach hinten ab. So würden auch vordere Schnitte von 0. vermicularis den gegebenen von 0. am- higua entsprechen und umgekehrt, 2) Die Lage des Lateralreihenkernes, der sich in Fig. 84 eng der Cuticula anschmiegt, in Fig. 85 a und h von ihr weiter entfernt ist, als die Kerne der paarigen Felder. Auch diese O Q G 0 G I 0 Q 6) e 0 0 © 0 0 G © O Textfig. hh. Oxyuris ambigua. Ein Stück eines Seitent'eldes. FlächenbiW. Verhältnisse stellen sich bei einem Vergleich beider Species als eine Funktion der Entfernung des Schnittes vom Vorderende dar (vgl. auch Ascaris mucronata). 3) Die in Fig. 85 h dem Seitenfeld eingelagerten Vorderenden des Excretionssystems erklären sich selbst. 4) Die Kerne der paarigen Stränge finden sich im Querschnitt zum Teil zu mehreren. Es ist das ein specifischer Unterschied beider Formen, der auf einer größeren Kernvermehrung in den Dorsal- und Ventralfeldern der größeren 0. ambigua beruht. Somit sind diese Kerne nicht mehr streng in einer Reihe angeordnet an der oberen und unteren Grenze der'- Seitenlinie, sondern unregelmäßig in dem ganzen basalen Teil ihrer Felder zerstreut und bilden dort, alle zusammen genommen, einen CiiiT Subcutitula uikI SritintVlder einiger Nematoden. IV. •")19 Kernstreifen jederseits vom Mittelfeld, wie es die Textfig. bb zeigt. Eine Textfigiir für das Verhalten der Kcnic Ix-i 0. vermicularis hahc ich nicht beigegeben. Abgesehen davon, dali sich dasselbe leicht vorstellen läßt, gleicht es dem für Hetcrakis vesicularis in Textfig. ü anf S. "jG? dargestellten, bis auf den weiteren Abstand der Dorsal- und Ventral- reihe vom Lateralstrang bei unsrer Oxt/uris. übrigens sei hier noch bemerkt, was die Skizze nicht erkennen läßt, daß auf einem derartigen Flächenpräparat das mit Hämalaun behandelt ist, tler Instologische Unterschied zwischen den paarigen Teilen einer-, dem Mittelfeld anderseits, ebenso deutlich hervortritt, wie im Querschnitt. Gegen den bläulichen Ton der ersteren, der be- sonders gegen die Ränder der Seitenlinie, aber auch ein wenig gegen das Mittelfeld hin dunkler ward, hebt sich letzteres durch einen helleren gelbUchen Ton sehr deutlich ab. Trotz der größeren Kernvermehrung bei unsrer Form ist es mir nie gelungen, in der Subcuticula einen Nucleus außerhalb der Längs- linien aufzufinden. Dahingegen liegen solche sowohl in der ganzen Bauchlinie, als auch im Vorderende in der Rückenünie. Oxyuris curvula zeigt nun mit einem Male ganz von den andern beiden untersuchten Formen abweichende Verhältnisse. Bei ihr finden sich Kerne nicht nur in allen Längslinien, auch den sekundären, sondern auch überall in der Subcuticula. Sieht man die Bilder von Nassonow an, die er von Durch- schnitten der Seitenfelder gibt, so erkennt man von einer Teilung der- selben nichts, sie stellen nichts weiter dar, als eine einfache Verdickung der Subcuticula, in der sich ebensolche Kerne finden, wie in letzterer. Sieht man aber ein Seitenfeld im Flächenpräparat (Textfig. cc) an, erkennt man alsbald eine deutliche Dreiteilung. Dieselbe stellt sich aber bei näherer Betrachtung (Querschnitt Fig. 86 a) wesentlich anders dar, als bei den andern Formen. Der dunklere Mittelwulst stellt sich nämlich heraus als hervorgerufen durch Auflagerung eines völlig abweichend gebauten Stranges auf die anscheinend gleichmäßig unter ihm hinwegziehende verdickte, kern- haltige Subcuticula. An Präparaten aber, wo dieser Strang fremd- artigen Gewebes weggenommen ist, läßt sich doch deutlich mitten unter ihm ein hellerer Längsstreif in der Subcuticula erkennen, der oft den Eindruck macht, als sei das Seitenfeld gespalten durch Herausreißen eines schmalen mittleren Streifens. Auch der Querschnitt läßt leidüch deutlich die dünnere Stelle des Seitenfeldes in der Mitte erkennen. Den 550 E. Martini, aufgelagerten Gewebsstrang deutet Nassonow, wenn ich ihn recht ver- stehe, als dem Excretionssystem zugehörig. In demselben, der sich bis zum After erstreckt, finde ich eine Reihe großer Kerne, dieselben stehen auf der rechten Körperseite den entsprechenden der Hnken genau symme- tnsch gegenüber. Ihre Zahl ist gering, doch macht die Anlagerun- andersartigen kernhaltigen Gewebes in der Gegend des Excretionsporus eine genaue Bestimmung ihrer Zahl bei dem mir bis jetzt vorliegenden Material unmöglich. Soweit die hintere Hälfte des Rumpfes in Frage kommt, ist ihre Zahl wohl genau dieselbe wie die der Lateralstrangkerne bei den beiden kleinen Species. Alles dies läi3t es mich einstweilen für Chor Sul)rutiiula iiiul Soitenfeldcr einiger Nematoden. IV. 551 wahrscheinlich halten, tlaü es sich bei diesem lockeren, der Seiten- linie anscheinend aufgelagerten Gewebe um den Lateralstrang handelt, der sich stark nach innen vorgedrängt hat; zunuii, da das den Kern umgebende (iewebe nirgends scharf von dem iit)rigen der Subcuticula abgesetzt ist (Fig. 80 b), wie es Nassonow abbildet, sondern kontinuier- lich in dasselbe übergeht. Die Lösung des Problems wäre vermutlich bei reichlichem Material und besonders bei geeignetem Vergleichsmaterial nicht schwer. Übrigens zeigt auch die untere dichtere Schicht des Subcuticular- gewebes im Seitenfeld eine beachtenswerte Eigentümlichkeit. Nicht weit von der ^littellinie eines jeden derselben liegen nämlich von Strecke zu Strecke Haufen kleiner Kerne, die so dicht gedrängt sind, daß sie sich zunächst wie ein einziger blauer (Hämalaunfärbung) oder lebhaft roter (Karminfärbung) Fleck ausnehmen, der ungefähr die Größe eines der riesigen Kerne des Mittelstranges hat. Erst stärkere Vergrößerung läßt diese Nebelflecke als eine dicht gedrängte Schar kleinster Kerne erkennen (Textfig. dd). Diese Kernhaufen liegen meist annähernd symmetrisch im oberen und unteren Teil der Seitenlinie, oft nicht weit von den erwähnten riesigen Nuclei, deren Anzahl von den Kern- haufenpaaren sicher nur wenig übertroffen ^^'ird. Die Stellung dieser Kernhaufen ist im hinteren Körperteil des Wurmes bei allen Exemplaren annähernd die gleiche. Nur selten fehlt ein solcher Kernhaufen an seiner Stelle oder ist durch zwei kleinere ersetzt. Im Vorderteil zeigt sich eine so bemerkenswerte Konstanz anscheinend nicht. Übrigens korrespondieren hinten auch die Kernhaufenpaare der rechten und linken Seite. Eine nähere Betrachtung der Haufen lehrt, daß sich in ihnen wohl die kleinsten Kerne des ganzen Tieres in unzählbarem Schwärm anhäufen, in der Mitte besonders dicht. Nach dem Rande zu, wo eine Auflocke- rung des Haufens stattfindet, nimmt die Größe der Kerne bereits zu, und das um so mehr, je weiter sie sich von dem Haufen entfernt haben, in dessen Nähe sich die Kerne noch zahlreicher als sonst in der Sub- cuticula finden. Mustern wir immer weiter entfernte Nuclei durch, so passieren alle Übergänge von den kleinsten Kernen des Kernnebels bis zu normalen vSubcuticulakernen unser Gesichtsfeld. Es gewinnt daher den Anschein, als ob diese Nebelflecke die Ge- burtsstätten der subcuticularen Nuclei seien, die hier vielleicht durch direkte Teilung in großen Massen erzeugt werden, wie sie zur Ver- teilung der Kernsubstanzen durch die Subcuticula bei dem raschen Wachstum des Tieres nötig sind, und sich von dort aus unter Zeitschrift f. wi^isensch. Zoologie. XCIII. Bd. 36 552 E. Martini, langsamer Volumzunahme durch ihren ganzen Bereich ausbreiten. Da- durch würde die oft auffallende Größe der Kerne in den sekundären LängsHnien auch leicht verständhch werden. Allerdings wäre damit die Vermutung nahegelegt, daß den übrigen Kernen der Subcuticula außerhalb der Häufchen eine sekundäre Vermehrung überhaupt nicht oder doch lange nicht in dem Maße möglich ist. Mir scheint nun die G Textfig. dd. Oxyuris curvula. Kern des Jrutelstranges und Kernbuvii'en mit kleinen Kernen der Epidermis. Deutung die einfachste, daß die Kernnester der oberen und unteren Seitenfeldflächen mit ihren Abkömmlingen der Kernreihe des Dorsal- und Ventralstranges, die großen mehr median im lockeren Gewebe gelegenen Kerne denen des Lateralstranges entsprechen. Die Angaben von Ehlers über die Seitenfelder unsrer Oxyuris ergeben für unsre Frage nichts. Doch mag erwähnt werden, daß der Autor auf zwei Kanäle aufmerksam macht, die in den beiden Seiten des Schwanzes verlaufen und auf ihre große Ähnlichkeit mit den Röhren über Subcuticula imd Seitcufelder einiger Nematoden. IV. 553 des Excretionsorgaiis hinweist. Diese Rohren fand ich bis fast (30«) zur Spitze des Schwanzes reichend. Wenn Jehrke von der Subcuticula angibt: »Ihren ursprünglich zelligen Bau erkennt man an den Kernen, die bei jungen Exemplaren sich noch häufig in den Seitenfeldern und im Schwänze vorfinden«, so ist daraus vielleicht zu schließen, daß Jehrke die kleinen subcuti- cularen Xuclei der späteren Stadien nicht erkannt hat und also jene Nuclei jüngerer Stadien größer, auch nicht durch die ganze Subcuticula verteilt, sondern auf das Seitenfeld beschränkt waren. Wie weit die tTbereinstimmung junger Exemplare von curvula mit den' kleineren Nematodenarten geht, läßt sich aus dieser Angabe allein leider nicht ersehen. Sehr interessant sind jedoch die Abbildungen und Angaben über das Männchen. Bei ihm ist die Seitenlinie relativ viel höher und mehr in die Leibeshöhle vorgeschoben; sie zeigte eine deutliche Teilung in ein Dorsal- und ein Ventralfeld durch einen schmalen Streifen dunklen Gewebes, eine Teilung, die wir ja beim Q nur selten angedeutet fanden. Leider wird über Kerne in der Subcuticula und den Seitenfeldern des Männchens nichts angegeben. Oxyuris Diesingi aus Periphneta gibt Bütschli an, daß die SeitenUnien je drei Kern- reihen enthalten, und zwar oben und unten je eine kleinerer, dazwischen eine solche größerer Nuclei. Auch in den übrigen LängsUnien hat dieser Autor im lebenden Tier Kerne gesehen, allerdings ein Befund, der mit dem unsrigen nicht übereinstinmit. Dagegen stimmen wir dem Vorkommen von Zellen in der Bauchlinie durchaus bei. Ferner zitiere ich nach Nassonow über Oxyuris flagellum »Les lignes laterales de Oxyuris flagellum sont composees de trois rangees longitudinales de cellules. La rangee de cellules du miüeu a ä l'interieur des cavites, qui sont les cavites des organes excreteurs. Ces cavites traversent le corps des cellules ainsi que chez les Ascarides. Le bout posterieur des hgnes laterales qui n'a pas de canaux ex- creteurs est compose ainsi que le bout anterieur de trois rangees de cellules. « Wir erinnern hier noch an die im Eingang nach Braun referierte Anschauung des Verfassers, daß in diesen Zellreihen der Längshnien das Epithel der Oxyuris flagellum zu suchen sei. Dabei kann ich nicht 36* 554 E. Martini, Textfig. ee. Oxyuris flagellum. Seitenfeldqiier schnitt, schematisiert nach Nassonow. umhin, nach Nassonows Figur hier als Schema eine Textfig. ee von dieser großen Oxyuris einzufügen, deren Seitenfeld im Bau offenbar eine Mittelstellung einnimmt zwischen den kleinen Formen, wie vermicularis, bei denen das mittlere Feld breit der Cuticula an- ^ \ liegt, und der größeren curvula, bei der man das Mittelfeld überhaupt kaum noch zur Cuticula herab verfolgen kann. Es scheint mir dies für die richtige Deutung der Seitenfelder bei letzteren wichtig. IV. Sclerostomum equinu m. Wie in dieser ganzen Arbeit, wollen wir auch an vorliegender Stelle von der Betrachtung der Einschlüsse der Seiten- felder, als Nerven usw., absehen, soweit ihre Betrachtung nicht unerläßlich ist, um über den Organisationsplan von deren Grundsubstanz ins reine zu kommen. Betrachten wir den Querschnitt Fig. 87, so sehen wir, daß hier von einer Trennung in drei deutliche Stränge nicht die Rede ist. Zwar finden wir ein medianes Septum auf diesem Querschnitt, gebildet durch einen Vorsprung der Cuticula an dieser Stelle, wie wir solche schon mehrfach gesehen haben, darüber liegt ein kleines Feld homogenen Plasmas, und noch weiter nach innen begegnen wir übereinander den Lumina zweier Kanäle. Aber dies mediane Septum ist nicht vollständig, und man gewinnt den Ein- druck, daß die rechts und links gelegenen Teile hier in der Mitte kontinuierlich ineinander übergehen. Jede durch das unvollkommene Septum getrennte Hälfte zeigt nun auf dem Querschnitt eine Anzahl kleiner Kerne, die an der Grenze oder im Innern eines dichteren peripheren Plasmas hegen. Das kleine Feld homogenen Plasmas ist der Durchschnitt eines Stranges, der sich, der Cuticula unmittelbar angeschmiegt, durch die ganze Länge des Tieres erstreckt. In ihm findet sich eine Reihe größerer Kerne, nicht eben sehr viele, etwa zwölf , ebenfalls rechts und links symmetrisch, an ganz bestimmten Stellen. Danach kann es, glaube ich, keinem Zweifel unterliegen, daß wir es hier mit dem Homologon des Lateralstranges der bisher besprochenen Nematodenspecies zu tun haben. Die beiden paarigen Teile wären dann einwärts vom medianen zur Berührung gelangt und über Subcuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. IV. 555 zu einem einheitlichen Syncytiuni verschmolzen (vgl. auch Pseudalius). Die reichliche Kernteilung hat in jedem dieser Felder dieselben Ver- hältnisse gezeitigt, wie wir sie unter ähnlichen Bedingungen bei Oxyuris awhigua fanden, und die beiliegende Textfig. //, die etwas mehr als die Hälfte eines Seitenfeldstückes in der Flächenansicht vor- führt, läßt die Übereinstimmung deutUch hervortreten. 0 O o 0 o o 0 Q O o & 0 Textfig. //. Sclerostoma equinum. Stück des Seitenfeldes. Etwas mehr als die Hälfte gezeiclinet. In der übrigen Subcuticula dieser Tiere habe ich, wie alle früheren Beobachter, Kerne völlig vermißt, ebenso in den sekundären Längs- linien. Dagegen ist das Vorderende der Rücken- und die Bauchlinie reich an Kernen. Die Mehrzahl der im Rumpfteil letzterer gelegenen Nuclei zeigen sich nun von den kleinen Kernen im Dorsal- und Ven- tralfeld der Seitenlinie deutlich verschieden und dürften, wie die sich an gleichem Orte findenden Kerne der Oxyuriden dem Nervensinnes- apparat angehören. In dem vorderen Teil beider Linien dagegen, wo sich dieselben ebenso wie bei den Oxyuren nicht unwesentlich ver- breitern, treffen wir eine Menge kleiner Kerne (Textfig. gg) von genau 556 E. Martini, demselben Aussehen, wie die in den paarigen Teilen des Seitenfeldes. Man müßte nun annehmen, daß, wo diese Axt Nuclei in den Median- linien auftreten, sie in der Seitengegend verschwänden; dem ist nicht so. Sie werden viel- mehr in der Lateral- linie erst weit vorn vermißt, während sie dorsal und ventral sich bis dicht an die Basis der Kapsel er- strecken. Immerhin ist zu beachten, daß es bei diesen Kernen sich nicht mehr um die -' ursprünglichen der em- bryonalen Dorsal- und Ventraheihe handelt, sondern daß wohl bei den Vermehrungsvor- gängen noch ursprüng- lich kernlose Teile in der Laterallinie nach vorn, in den Median- linien nach hinten hin mit Kernen besiedelt wurden. Über die Musku- latur ist ja bereits an andrer Stelle ausführ- lich berichtet (Martini, 1908b), es sei hier nur noch eingeschoben, daß dieselbe mero- und größtenteils platymyar ist. Die Zahl der einzelnen Muskelzellen ist eine sehr geringe, die die Oxyuren nicht beträchtlich übertrifft. Es mag noch erwähnt werden, daß auch Nassonow das Mittelfeld der Seitenlinie gefunden hat und in einer entsprechenden Figur auch einen Kern in dasselbe einzeichnet. Textfig. gg. Sderostomum equinum. 1, Kern aus dem Rumpfteil der Bauchlinie 2, Kerne im Vorderende der Rückenlinie. Sderostomum vulgarel läßt völlig dieselben Verhältnisse erkennen, wie die vorige Species, es braucht dieselbe also hier nicht näher besprochen zu werden. Leider üV)cr Subcuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. IV. 557 war mir die Ai'beit von Loos 1901 in den Berichten der Egypt. Governm. Scliool nicht zugängUch. Ancliijlostoma duodenale schreibt Loos IViOö "The nuclei of the lateral bands lie at their (of the halves of the lateral band) bases close to the skiii and aro arranged in two rows corresponding the two halves of eacli band. They are comparatively scanty in the precerebral region of the body, but very numerous and follow in close succession behind the nerve ring .... ScHULTHESS states that he several times found besides the nuclei arranged in rows, some cells 'nearer the partition wall' i. e. further within the lateral bands, but their occurrence was, on the whole, rare. I believe that what the author saw were ganglion cells of the lateral nerves." ScHULTHESs' Befund scheint jedoch nach unsern Kenntnissen nächstverwandter Formen vielleicht nicht auf einer falschen Deutung von Ganghenzellkernen zu beruhen, es erscheint uns vielmehr wahr- scheinlicher, daß er die in der Tat seltenen großen Kerne eines Mittel- stranges vor sich gehabt hat. Über die Kerne der Ventrallinie äußert sich Loos: "It may be mentioned that the mass of the ventral band, like that of the dorsal band, contains only comparatively few large nuclei arranged in a row." Allerdings zeigen die Schnitte durch die Dorsallinie nur in der Gegend des zVfters einen Kern und im Kopf solche. Es erscheint mir daher zum mindesten fraglich, ob nicht hier die Verhältnisse genau so liegen, wie bei Sclerostomum. Material, diese Frage zu lösen, stand mir leider nicht zur Verfügung. Bezüglich der Muskulatur, deren meromyaren, größtenteils auch platymyaren Bau beide Autoren übereinstimmend angeben, schließt sich diese Form ebenfalls eng an Sclerostomum an. Auch die »abnorm verlaufenden Muskelgrenzen« trafen wir ja bei Sclerostomum wieder. So werden sich also auch bei Anchylostoma einige Muskelzellen mehr finden, als bei den Oxyiiren; denn wir glaubten ja diese abnormen Grenzen als Zeichen sekundärer Vermehrung der Muskelzellen auffassen zu dürfen (vgl. Martini, 1908a). V. Rhabdonema nigrovenosum . •, - treffen wir nun auf einmal ganz andre Verhältnisse. Sehen wir uns den Schnitt Fig. 88 a etwas näher an, so finden wir zwar in der Mitte des 558 E. Martini, Seitenfeldes, der Cuticula eng angeschmiegt, einen kleinen Kern, der uns Avohl den Nucleus der Lateralreihe vorstellen könnte. Die Kerne zu beiden Seiten könnten dann die des Dorsal- und Ventralfeldes sein. Aber leider sind beide, wenn auch fast von gleicher Größe, so doch im Aussehen recht verschieden. Der in der Fig. 88 a links gelegene ist ein wenig größer, rund und mit sehr großem Kernkörperchen ver- sehen. Er färbt sich mit Hämalaun sehr dunkel. Der andre ist oval, in der Radialrichtung etwas abgeplattet, färbt sich weit weniger in- tensiv, worin er dem mittleren Nucleus gleicht, und besitzt einen großen Nucleolus, der jedoch relativ viel kleiner ist, als der seines dunklen Gegenüber. Nach einigen Schnitten würden wir dann rechts den großen dunklen, links den kleineren hellen Kern treffen usw. Nun fällt noch auf, daß auch das Plasma, dem diese Kerne einge- lagert sind, sehr verschieden ist. Das den hellen Kern umgebende ist blaß und zeigt bei unsrer Fixierung (Chrompikrinsäure) deuthch fädige Differenzierung. Dieses helle Plasma unmittelbar auf der Subcuticula wird auf der Hnken Seite fast völlig vermißt. Dafür ist hier der dunkle Kern von einem dichten Plasma umhüllt, das vollgepfropft ist von intensiv färbbaren groben Granula. Diese Gewebsmasse findet sich nun auch auf der andern Seite, wo sie innen das helle Plasma überlagert und eben um so viel weniger Tiefe zeigt, als sich dieses in der Kerngegend ausgedehnt hat. iDabei läßt sich zwischen den dunkelfärbbaren Massen beider Seiten eine deuthche Grenze erkennen, die aber nicht in der Medianebene des Seitenfeldes liegt, über dem kleinen Lateralkern, sondern weit nach rechts verschoben. Auch dies Verhalten würde bei Verfolgung der Serie sich mehr und mehr ausgleichen, bis einige Schnitte weiter wir mit dem der Kerne auch ein spiegelbildliches Verhalten der Plasmamassen fänden. Sehr viel leichter wird diese Sache übersehen bei Betrachtung des Flächenbildes Fig. 88 h aus einem dicken tangentialen Sagittalschnitt. Er ist so gezeichnet, daß die Ebene der großen dunklen Kerne zu- grunde gelegt ist und nur die tiefer an der Cuticula gelegenen hellen Kerne ebenfalls mit eingetragen sind. Wir sehen leicht, daß die kleine Kernart, die wir im Querschnitt in der Mitte des Seitenfeldes sahen, eine mittlere Reihe in demselben bildet, während dorsal und ventral sich große Kerne finden, von denen immer ein heller mit einem dunklen abwechselt, und zwar so, daß sich immer ein heller und ein dunkler gegenüberstehen, von denen der dunkle mehr innen, der helle außen an der Cuticula Hegt. Somit interferieren also auch die dunklen Kerne der Dorsal- und Ventralreihe, und das findet deutlichen Ausdruck in den zugehörigen Plasmamassen. über Subcuticula und Seitenfelcler einiger Nematoden. IV. 559 Was bodoutot nun diese Differenz '. In den außen gelegenen hellen Zellen werden wir leicht die zur Subcuticula gehörigen Ele- mente erkennen, aber was haben die andern Zellen für eine Be- deutung? Ihr ganzes Aussehen würde drängen, sie für Drüsenzollen zu taxieren, und ich würde dies ohne weiteres tun, wenn es mir gelungen wäre, Ausführungsgänge zu finden. Da ich damit jedoch leider kein Glück gehabt, muß ich die Frage offen lassen. Ich weise nur darauf hin, daß von Jägerskiöld bei freilebenden Nematoden: Cylicolaünus, Thoracostonta (vgl. Jägerskiöld, 1901) Drüsenzellen im Seitenfeld beobachtet sind, die in Bau und Anordnung wohl mit den hier vorkommenden Elementen über- einstimmen, nur daß sie viel spärlicher und relativ kleiner sind und daher sich nicht eng aneinander legen, ihre Berüh- rungsflächen abplattend und mit stumpfen Winkeln zwischen- einander greifend, sondern iso- liert stehen und daher rund- liche Form bewahrt haben. Die der Cuticula aufliegende Schicht läßt nur eine geringe Abgrenzung des ein wenig an- ders gebauten schmalen Late- ralfeldes von den breiten paari- gen erkennen, deren Zellen jederseits zu einem SyTiC}i:ium verbunden sind. Textfig. hh. Es liegt nun wohl am nächsten, beide Zellarten als differenzierte Teile der ur- sprünglichen Dorsal- und Ven- tralzellreihe anzusprechen. Diese Differenzierung mag aber schon in recht früher Zeit erfolgt sein. Wenigstens sprechen Fälle, die nicht eben selten sind und von denen Fig. 88 b auch ein Bei- spiel enthält, in dem zwei etwas kleine^Kerne der blassen^Art au S. Textfig. hh. Rhabdoncma nigrovenosum. Zeichnung der Cuticula unterm Seitentekl mit den nicht Drüsenzellen ange- hörenden Epidermiskernen. Xach einem Sagittal- schnitt. .9, Schnittrand. 560 E. Martini, Stelle eines größeren liegen, dafür, daß sie hier durch Teilung eines solchen entstanden sind. Und so wird es vielleicht schon lange vorher gegangen sein. Wie dann die typisch alternierende Ordnung anders als durch Teilung von Nachbarzellen hergestellt wird, ist schwer zu sagen. Tatsache ist, daß sie, solche kleine, vermutlich auf jüngster Kernteilung beruhende Abweichungen nicht gerechnet, durchaus herrscht. Dafür, daß eben dieses hellere Gewebe als das ursprüngHche, das drüsenartige dagegen als sekundär aufzufassen ist, spricht auch das Verhalten im Vorderende. Hier endet die innere dunkle Zellschicht dicht hinter dem Nervenring, so daß die Seitenlinien, hier übrigens auch die Medianlinien, nur aus dem helleren Gewebe und dessen charakteristischen Kernen bestehen. Noch auf zwei Eigentümhchkeiten möchte ich hier hinweisen: Einmal konnte ich in der Cuticula bei unsrer Species besonders deutlich ein feines Liniensystem nachweisen, das ich in Textfig. hli abbilde, und das den Anschein erweckt, als ob hier cuticulare Halbringe, ventrale und dorsale, und jedesmal ein schmales laterales Zwischenstück zu Ringen zusammentreten. Es ist ja längst bekannt, daß bei vielen Nematoden die Cuticula dorsale und ventrale Halbringe erkennen läßt, die unter der Seitenlinie sich mehr oder weniger regelmäßig zusammen- fügen. So regelmäßig, wie bei dieser Form, ist mir das sonst nicht begegnet. Auch sieht es manchmal so aus, als ob zu jedem Ringel eine Kerngruppe gehörte, doch ist das so wenig, wie die Kern Verteilung selbst, besonders zwischen paarigen und unpaarer Reihe absolut gesetz- mäßig. Dann möchte ich noch darauf hinweisen, daß die Kerne der La- teralreihe hier eine sehr beträchthche Vermehrung erfahren haben, entgegen den Verhältnissen, die wir bei Oxyuris, Strongylus auricularis und Sclerostoma fanden. Dementsprechend handelt es sich hier auch nicht mehr um außerordentlich große Kerne, sondern die Kerne der Lateralreihe sind kleiner, als die der umgebenden paarigen. Wir sehen also bei dieser Form die Seitenfelder in einer ganz andern Richtung entwickelt, als bei allen vorherbesprochenen Nematoden. Ob aber mit dem hier Angegebenen die ganze Komplikation des Seiten- feldes erschöpft ist, bleibe dahingestellt. Ich habe noch Strukturen an den Rändern des Seitenfeldes zu bemerken geglaubt, über deren Bedeutung ich mir bisher keine Klarheit schaffen konnte, doch genügt für unsre Zwecke das Gesagte. Außerhalb der Hauptlängslinien wurden auch bei dieser Form nie Kerne wahrgenommen. Auch bei ihr zeigt sich die Rückenlinie im Über Subcuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. IV'. 561 Rumpfe koiiilos, die Bauchlinie enthält dagegen vereinzelte Kerne, veniiutlicli wieder Nervenzellen, über das Verhalten der Median- linien im N'ortlerende wurde oben bereits gesprochen. Die Muskulatur unsres Parasiten ist deutlich meroniyar und platy- myar, die einzelnen Zellen sind sehr groi3, und es dürfte sich daher ebenfalls um nicht viel mehr Elemente handeln, als l)ei der Gattung Sclerostoma mid Oxijuris. Der Darm zeigt sich im Querschnitt aus einer großen Zahl Zellen aufgebaut. VI. N ematoxys ornatus möge hier den Reigen der Meromyarier beschließen, da er ja von Schnei- der auch zu dieser Gruppe gestellt wird, wenn auch der rein meromyare T^-pus hier nicht deuthch mehr ausgesprochen ist, vgl. Schneider, Monographie S. 2(33. Dennoch schließt sich die Form in mehr als einer Hinsicht an die vorher besprochenen an. Was die allgemeinen Verhältnisse von Subcuticula und Längs- liuien betrifft, so ist erstere hier ebenfalls kernlos, das gleiche gilt von dem Rumpfteil der Rückenlinie; die Bauchhnie besitzt wieder ihre Kerne, das Gros derselben aber entfällt auch in diesem Fall auf die Seitenhnie. Wenn man den Querschnitt Fig. 89 a betrachtet, so glaubt man, alles ist in Ordnung, man kann die Form zu den übrigen legen. Ein schöner großer Kern, der größte, im kleinen Mittelteil, in jedem der paarigen Teile ein wenig kleinerer, was will man mehr. Aber ich habe den Schnitt nur so nett ausgesucht. Ein oder zwei Schnitte weiter, und uns überraschen ein paar kleine Kerne. Der Schnitt 89 b, der zwei derselben zeigt, liegt allerdings wesentlich weiter hinten. Und nun fällt uns auch auf, daß in diesem Fall der größere innere Teil des Seitenfeldes nicht ganz symmetrisch geteilt ist. Also auch hier eine Differenzierung im Ventral- und Dorsalfeld? Ich vermute dies. Dabei zeigt allerdings Fig. 89 c in der Flächenansicht aus einem Sagittal- schnitt, daß eine regelmäßige Verteilung der Kernarten nicht statthat. Die großen Kerne liegen in einem Streifen dichteren Gewebes jederseits genau zu einer Reihe geordnet, wenn auch in recht wechselnden Ab- ständen, die kleinen Kerne meist paarweise medial von diesem Gewebs- streifen, bezüghch der Dicke der Seitenfelder aber in derselben Ebene wie die größeren Kerne. Doch kommen sie auch einzeln und an andern Orten vor. Dies spricht dafür, daß es doch nicht einfach jugendliche, frisch aus Teilung hervorgegangene Kerne sind, deren Jugend daim 562 E. Martini, vielleicht auch geeignet wäre, ihr andersartiges Aussehen und das Fehlen eines deutlichen Nucleolus zu entschuldigen. Übrigens wäre auch nicht einzusehen, warum wir gerade bei dieser kleinen Form so regelmäßig Zeichen einer überstandenen Kernteilung antreffen sollten, während sie uns bei den großen Arten fast nie begegnen. Bezüglich der Betrachtung, ob ein Teil der Seitenfeldzellen eventuell als Drüsenzellen sich auffassen läßt (vgl. unter Dorylaimus und Rhab- donema), möchte ich noch darauf hinweisen, daß Bastian schreibt (1866a): »In one only of the parasitic Nematoids have I seen a very close approximation to this arrangement of the integumental channals (Drüsenausf ührgänge ? vgl. 1. c.) and tliat was in Heterakis acuminata from the frog. In this animal similar integumental pores may be seen apparently in single file along the lateral aspects of the body, about V285' apart.« Der Kern der MitteLreihe dagegen zeigt in unsern Bildern wieder sein primitives Verhalten, er ist der Cuticula eng angeschmiegt und zeichnet sich durch seine Größe deutlicher vor der Umgebung aus, siehe Fig. 89 a, c. (In Fig. 89 c ist die Ebene dieses großen Kernes zugrunde gelegt, in die sich ja, wie der Querschnitt lehrt, die dichteren Streifen der paarigen Felder noch fortsetzen. Die Kerne sind dann aus ihrer optischen Ebene eingetragen.) Die Zahl der großen Kerne der Mittelreihe, die sich meist durch den Besitz zweier großer Nucleoh auszeichnen, von welchen in unserm Flächenbild der eine (dunklere) den andern fast verdeckt, sind in geringer Zahl, ungefähr zwölf, vor- handen. Darin gibt sich eine Übereinstimmung mit den primitiven Arten kund. Der Darm auch dieser Form zeigt im Querschnitt mehrere Zellen nebeneinander. B. Polymyarier. Wenn wir jetzt zu den Polymyariern übergehen, so sei einiges über die freilebenden Formen unter denselben vorausgeschickt. Zunächst finden wir bei Jägerskiöld über VII. Cylicolaimus die bestimmte Angabe: »Nach hinten vom Nervenring zeigen die Seitenfelder an Querschnitten beinahe immer drei aneinander gereihte Epithelzellen.« Das veranschaulicht auch die Fig. 1, Taf. IV, und aus dem Schema der Textfig. 3 tritt die Dreiteiligkeit des Seitenfeldes deutlich hervor. über Subcuticulii unil Seitenfekler einiger Nematoden. i\', 5G3 Für Thoracosto7)ui gibt derselbe Autor nur an, daß die Seitenfelder in dieser Gattung denen der vorigen sehr ähnlich seien. Wenn wir bei Marion (1870) lesen: »8i Ton examinc uii individu adulte de notre espece, en pla9ant l'animal sur la face ventrale, on apert^'oit des deux cotes du corps, au-dessous des muscles tegumentaires deux series de cellules placees sur plusieurs rangs et apparaissant irregulierement rectangulaires. . . . « (Diese Zellen sind dunkelgelb und haben deutliche Kerne.) »Au milieu de ces cellules sc trouvent de distance en distance d'autres vesicules assez espacees et separees les unes des autres par les cellules nucleolees jaunätres. Ces vesicules ont une forme toute par- ticuUere : elles se composent d'un corps irregulierement ovoide et d'un canal tros court, engage dans les teguments et venant s'ouvrir a l'ex- terieur au milieu de la cuticule: cette disposition produit assez bien l'aspect d'une bouteille a com't goulot«, und wenn wir damit die Fig. 2a, Taf. XXIV vergleichen, so kann wohl kein Zweifel bleiben, daß die dunkelgelben Zellen die Seitenfelder und die flaschenförmigen, die von Jägerskiöld als Drüsen gedeuteten Elemente sind, obwohl Marion erstere für das Excretionsorgan hält. Letztere deutet auch er eher als Schleimdi-üsen. Bei beiden Formen kommt allerdings durch die Reihe der Drüsen- zellen, die die Seitenlinien die größte Strecke jederseits begleiten, und die Jägerskiöld als modifizierte Seitenfeldzellen auffaßt, eine Kom- plikation zustande. Da diese Drüsen bei freilebenden Nematoden nicht selten zu sein scheinen, vgl. auch Zur Strassen Atithraconema (1004), wo sich leider sonst über den Ausbau der Seitenlinien nichts Näheres findet, so ist auch bei der Berücksichtigung weiterer Literatur auf diesen Punkt zu achten. Wenn z. B. Bütschli (1874) für Dorylaimus angibt, daß er bei dieser Gattung deutlich eine Zusammensetzung der Seitenhnien aus je zwei Zellreihen wahrgenommen, und man damit Bastians »pores« bei diesem Tier und die Angabe de Mans (1884): »Bei vielen, wo nicht allen Arten, durchsetzen die Cuticula eigentümliche Papillen, die Bütschli beim im süßen Wasser lebenden stagnalis, ich selbst bei mehreren andern Arten {regius, robustus, longicaudatus u. a.) beobachtete«, zusammen- stellt, so wird man wohl auf ein Vorhandensein ebenfalls jener Elemente schließen, die Jägerskiöld als Drüsen, Zur Strassen als Sinnes- zellen deutet. Auch verdient schon der Ausdruck »deutliche Zellen« 564 E. Martini, Beachtung, da solche in den syncytialen Seitenlinien sonst kaum zur Beobachtung kommen (vgl. jedoch Marions Fig. 2a, Taf. XXIV). Man wird daher auch möglicherweise die großen körnigen Zellen, die DE Man (1. c.) in den Seitenlinien von Cyatholaimus intermedius fand, in Verdacht der Drüsennatur haben. Jedenfalls geht der Aufbau des Grundgewebes der Seitenfelder aus Zellreihen daraus nicht hervor, wenn diese Befunde auch natürlich einer derartigen Annahme nicht widersprechen. Aber in dem Fall von Cylicolaimus ist dieser Aufbau aus drei Zellreihen von Jägerskiöld extra angegeben. In der Sub- cuticula zeigen dagegen die Abbildungen dieses Autors keine Kerne. Oncholaimus vulgaris, der nach F. H. Stewart im Seitenfeld dieselben Drüsenzellen wie Thoracostoma usw. enthält, gibt dieser Autor folgende Beschreibung der Epidermis. It "consists of four lines of cells — the longitudinal lines, which run from one end of the body to the other, and which project into and divide the muscular layer of the body wall, and of a thin layer of protoplasma the subcuticula or hypodermis which connects these four lines .... This consists merely of an outgrowth of proto- plasm from the cells of the longitudinal lines and contains no nuclei, The longitudinal lines are, in fact, situations where the epidermal nuclei are aggregated and where the nutrition and general government of the entire epidermis is carried on." Dies können wir nicht über- einstimmender mit unsern Resultaten wiinschen. Wenn es aber, von der Beschreibung des Vorderendes ganz abgesehen, heißt, daß auch im Rumpf jede Medianlinie ein bis zwei Kerne auf dem Querschnitt zeigt, so widerspricht das unsern Beobachtungen an andern Nema- toden. tTber die Zellenzahl im Querschnitt des Seitenfeldes erfahren wir nichts betreffend den Rumpf, doch scheint aus einigen Figuren eine Teilung desselben in Stränge hervorzugehen. Wenn der Autor dem erwachsenen Tier ansehen kann, daß "The submedian lines are not epidermal, but are merely mesodermal partitions between groups of muscle cells," so fragt man unwillkürlich: »Womit beweisest du das ? « Plectus. In der Gattung Plectus nun findet Bütschli im Seitenfeld die Kerne zu zwei Reihen geordnet, welche der Muskulatur dicht anhegen. Auch DE Man fand hier eine doppelte Reihe kernartiger Gebilde von ansehnhcher Größe bei Plectus granulosus und parietinus. Hier handelt über Subcutieula und Seitenfelder einiger Nematoden, IV. 565 es sicli also um Kenu' -im Seitenliniengewebe und nicht um Zellen, \uu\ m;u\ wird dieselben um so weniger als Drüsen ansehen, als Bastian (18b()a) von dieser Gattung schreibt: "There seems to be however, evidence to show that none such (pores and channals) are present in the four genera Ti/Ienchus, CepJialobus, Aphelenchus and Plectus/' Dali nur zwei Reihen angegeben werden, darf uns nicht wunder- nehmen, wir werden noch öfter finden, daß die mittlere Reihe über- sehen ist von früheren Autoren. Von einer Reihe von Querschnitten, die ich durch einen Plectus parietinus angefertigt, bilde ich hier einen ab, Fig. 90. Er zeigt deut- lich die Dreiteilung des Seitenfeldes und in jeder der Abteilungen einen Kern. Die Dreiteilung tritt nicht auf allen Schnitten so deutlich her- vor, und die Kerne der Mittelreihe sind sehr selten. Da der Schnitt- reihe gerade das Vorderende fehlt, kann ich ihre ungefähre Zahl nicht angeben. Sehr häufig aber trifft man die Kerne der dorsalen und ventralen Reihe, die stets das durch die beiden zarten cuticularen Leisten markierte Feld in der Mitte freilassen. Übrigens beobachtet man auch hier, daß in jedem Fall, wo man einen Xucleus des Mittel- feldes trifft, sich zwei derselben s}Tnmetrisch rechts und links gegen- überHegen. Drüsenartige Strukturen konnte ich nicht erkennen, da- gegen kann ich mit Bestimmtheit behaupten, daß auch hier die Sub- cutieula der Kerne völhg entbehrt. Wenn also auch bei freilebenden Formen reichHch Kompüka- tionen durch Drüsen ?-Zellen vorkommen, so fehlen doch auch Formen mit dem typischen einfachen dreiteiligen Bau der Seitenfelder nicht. VIII. Cucullanus elegans. Unter den parasitischen Polymyariern stelle ich diese Form voran, Sie läßt getreu in den Seitenfeldern des langen Rumpfes die Verhält- nisse wiedererkennen, die wir bei der jungen Larve verließen. Die Seitenlinien sind hier von nicht unbeträchtUcher Breite. Jede besteht aus drei Längswülsten, einem schmalen mittleren unpaaren und zwei breiteren ventralen bzw. dorsalen paarigen, vgl. Fig. OL Jeder Strang enthält seine Reihe Kerne, schöne große, runde, bläschenförmige Nuclei mit wenig Chromatin und mächtigen Kernkörperchen, das ja diese Zellen schon auf der Rückseite der zweischichtigen Zellplatte aus- zeichnete. Die Kerne der paarigen Reihen zeigen eine gewisse Willkür der Stellung, indem sie bald mehr einw^ärts, bald mehr zur Mittelreihe hin verschoben sind, als in unsrer Fig. 9L Im allgemeinen gibt aber diese Fi^; ' •; .-y.-.' IX. HeteraJcis vesicularis (Fig. 92) zeigt uns den Grundtypus wieder sehr deutlich. Das relativ schmale und hohe Seitenfeld dieser hochgradig polymyaren Form zerfällt deut- lich in drei Teile, deren mittlerer anders ge- baut ist, als die paarigen. In jedem dieser Teile finden wir eine Kernreihe, die bekannte Dorsal-, Lateral- und Ventralreihe. In unserm Schnitt zeigt gerade jede Reihe ihren Kern. Die paarigen sehen kleiner, dunkler und wie zusammengedrückt aus. Der Lateralkern übertrifft sie beträchtlich an Größe, was bei den Polpnyariern nicht eben häufig vorzu- kommen scheint. Natürlich tritt, entsprechend der Form und Stellung der Kerne, ihre Größendifferenz im Flächenpräparat noch mehr hervor als im Querschnitt. Zugleich macht unsre Textfigur deuthch, wieviel seltener die Kerne im Lateralstrang als in den paarigen Feldern sind. Zugleich tritt bei dieser Be- trachtung mit Hämalaun gefärbter Präparate mit aller wünschenswerten DeutHchkeit die Dreiteiligkeit der Seitenlinie hervor, deren mittlerer Teil einen beträchtKch dunkleren Gesamteindruck macht, als der dorsale und ventrale Teil. Die Kerne der Seitenfelder lassen alle einen deutlichen Nucleolus erkennen, enthalten sonst aber, besonders die der Lateralreihe, wenig Chromatin. In der Subcuticula finden sich auch bei dieser Form keine Kerne, ebensowenig in den Submedianlinien und dem Rumpfteil der Rückenlinie. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 37 Textfig. it. Ileterakis vesicularis. Stück des Seitenfeldes. Flächenansicht. 568 E. Martini, Die Muskulatur unsrer im äußeren Habitus sehr an die Oxynren gemahnenden Art ist hochgradig polymyar, mit schmalen hohen Mus- kelzellen. X. Die Gattung Ascaris schließe ich hier an, die für uns ein beson- deres Interesse bietet, weil zu ihr die meist und best untersuchten Rund- würmer zählen. Infolgedessen wird auch in der Darstellung ihrer Ver- hältnisse der Schwerpunkt der ganzen Untersuchung sein. Sie ist gewissermaßen das Schlachtfeld, wo die Entscheidung fallen muß. Es scheint nun, daß die Gattung in natürliche Gruppen zerfällt, die sich zum Teil wohl mit den ScHNEiDEKSchen decken. Beginnen wir mit dessen letzter Gruppe. Es sind das haupt- sächlich Fischschmarotzer, Formen, die durch die schönen Unter- suchungen von Jägerskiöld in mancher Hinsicht gut bekannt sind. Ascaris mucronata aus Lota vulgaris diene als Beispiel. Ein Blick auf die Fig. 93 a ruft die Abbildungen Jägerskiölds in seinen Arbeiten »Beiträge zur Kennt- nis der Nematoden, 1894« und »Über die büschelförmigen Organe des Ascariden (1898)« ins Gedächtnis zurück. Man sieht das Seitenfeld deutlich dreiteilig, und jeder Teil enthält seinen großen tief gefärbten Kern. Dabei ist der mittlere Teil, das Lateralfeld, viel schmäler, als der dorsale und ventrale, und läßt auch einen deutlich abweichenden Bau erkennen, es ist durch die ganze Höhe mehr faserig strukturiert und im ganzen von Hämalaun weniger lebhaft tingiert, als die paarigen Teile. Letztere zeigen, besonders nach der Innenseite hin, ein schönes großmaschiges Wabenwerk, dagegen an der Basis, der Subcuticula dicht aufgelagert, eine dünne Schicht dichteren, stärker färbbaren Plasmas, auf der der Kern ruht, gewissermaßen in einer Vorwölbung desselben nach innen gelegen, und das ohne Grenze in die Subcuticula übergeht. Aber anders, als bei allen bisher besprochenen Arten, muß man nicht mülisam auswählen, um einen solchen Schnitt zu finden, der in jedem Felde seinen Kern demonstriert, sondern auf vielen Schnitten treffen wir alle drei Kerne, und die kernlosen Strecken des Mittel- feldes sind nicht sehr bedeutend, das zeigt ein Blick auf die Textfig. kk. Immerhin sehen wir aus ihr, daß auch in diesem Falle die Zahl der Lateralkerne hinter der der dorsalen und ventralen, die sich dicht aneinander reihen, nicht unbeträchtlich zurückbleibt. Cber Sul)(.utii.iila iiiul Seitenfelder einiger Nematoden. IV. 5G9 Beide Figuren zusainiuen ergeben auch ein gutes Bild der Kern- formen. Die der Mittelreihe sind betrüchtUch kleiner als die andern. Ihre Gestalt ist langgestreckt, parallel der Längsachse des Tieres, auch gestreckt in der radialen Höhe des Seitenfeldes, dagegen quer zum Seitenfelde sehr schmal. Um- gekehrt liegen in dem flachen Dorsal- und Ventralteil auch flache Kerne, die in der Längs- richtung der Seitenfelder nicht oder nur wenig mehr ausge- dehnt sind, als in die Breite. Diese Kerne zeigen ferner einen eigentümhchen Bau, auf den Jägerskiöld schon auf- merksam machte und den ich sonst bei den Nematoden nir- gends wiedergesehen habe, als bei dieser Gruppe der Fisch- ascariden. Sie scheinen aus einer mehr oder weniger kompakten chromatinhaltigen Masse zu bestehen, in der einzelne oder zahlreiche (nu- cleolenähnliche), doch oft un- regelmäßig geformte Flecke und Körner auftreten. Eine Membran , überhaupt eine scharfe Grenze fehlt dieser Masse. Sie Hegt in dem dich- ter färbbaren Protoplasma als ein einfach gestalteter (Kerne der Lateralreihe) oder unregel- mäßig in stumpfe Fortsätze ausgezogener Körper. Nach dem Kopfe hin nehmen die Seitenlinien an Höhe beträcht- lich zu, und während sie unmittelbar über der Basis einen verengten Hals zeigen, quillt ihr Gewebe breit nach innen vor und vereinigt sich endlich mit dem der Medianlinien um den Oesophagus. Diese Medianhnien sind im Rumpf unbedeutend entwickelt und zeigen, die dorsale überhaupt keine, die ventrale einige wenige Kerne 37* Ascaris mucronata. Textfig. kh. stück des Seitenfeldes. Flächen- ansicht. 570 E. Martini, (Textfig. U), die in ihrem Aussehen völlig von denen der Seitenfelder und der Muskulatur verschieden sind. Sie sind oval, erreichen lange nicht die Größe jener und besitzen einen einzigen runden Nucleolus. Von Chromatin bemerkt man fast nichts. "Nach vorn dagegen quellen auch diese Linien, wie gesagt, breit ins Innere des Tieres vor, bis sie schließlich, wie bereits oben be- merkt, mit dem Gewebe der Seiten- felder zusammenschließen und so den schon oft bescliriebenen Mantel von Stützsubstanz um den Oeso- phagus bilden (Fig. 93 6). Von dieser Gewebsart gilt nun wohl nach den Aussagen aller Auto- ren, daß sie durchaus mit dem Grundgewebe der Seitenlinien gleichartig ist. Nur wie über letz- teres, sind auch über jenes die Meinungen verschieden : »hie Ecto- derm, hie Mesoderm«! Man sieht nun bei unsrer Form aufs schönste, wie die Kerne der dorsalen und ventralen Reihe, die nach und nach sich mehr in die Höhe gerichtet haben und schmäler und schmäler geworden sind, schließlich in die innere Ge- websmasse hineinstreben. Dann finden wir auch in letzterer ebenso gebaute Kerne, wie sie vorher nur dem Seitenfeld eigen waren, wäh- rend in diesem die Reste des Dorsal- und Ventralstranges kernlos bis zum Vorderende des Körpers ver- laufen. Schöner, glaube ich, läßt sich kaum erkennen, daß dies Füllgewebe tatsächhch der Grundsubstanz der Körperlinien gleich ist. Aber zugleich ergibt sich daraus, daß es ectodermaler Na- tur ist. Übrigens sind in Bauch- und Rückenhnie in dieser Gegend Textfig. IL Ascaris mucronata. Stück der Bauchlinie mit Kern und Muskelzellen und -Kerne. (2/3 verkleinert!) über Subcuticuhi und Seiteufi.lder eiuigcr Neniatotli-n. I\'. 571 ebenfalls Kerne vom Seitenfoldtypus zu finden, wie unsre Fig. 93 b deutlich erkennen läßt. Immerhin ist ihre Zahl keine große. Im Schwanzende finden wir ebenfalls Kerne in der Bauchlinie, die genau den Typus der bisher beschriebenen haben. Da die Mus- kulatur sehr weit nach hinten reicht, findet ein Zusammenfließen der Liingslinien zu einer einheitlichen dicken Schwanzsubcuticula nur auf einer sehr kiurzen Strecke statt. So kommt es, daß Kerne auch in der Subcuticula des Schwanzes fehlen. Die Subcuticula ist also im ganzen Körper völlig kernfrei. Es ergibt sich völhg der schon oft erhobene eindeutige Befund. Die Muskulatur zeigt den polymyaren Typus schön ausgeprägt, aber nicht schärfer, als etwa Cucullaniis. Die Zahl der Muskekellen im Querschnitt des Feldes ist keine allzu hohe. Die einzelnen Fasern sind relativ breit rautenförmig in der Flächenansicht, und der cölomyare T}'jous zeigt sich auch hier nur in mittlerer Ausbildung (vgl. Textfig. II). Der Darm besteht im Querschnitt aus sehr vielen und hohen, scharf gegeneinander abgegrenzten Epithelzellen. Die Kerne der Muskelzellen zeigen eine gewisse Ähnhchkeit mit denen der Seitenfelder, im Besitz mehrerer Nucleoli und unscharfer, unregelmäßiger Grenzen. Äscaris acus und Ascaris cristata, die dieser Form sehr nahe verwandt zu sein scheinen, gleichen ihr in auffallender Weise, daß ich auf eine Darstellung derselben verzichte. Ascaris clavata dagegen möchte ich mit einigen Worten berühren, obwohl sich auch diese Form von den übrigen nicht wesentlich unterscheidet. Es w^ar die erste, die mir nach den Darstellungen bei Jägerskiöld und nach eigner Untersuchung bereits 1904 im Sommer die Vermutungen be- stätigte, die sich mir aus dem Vergleich der Entwicklungsstadien bei Cucidlanus mit dem Bau des erwachsenen Tieres ergeben hatten. Fig. 94 zeigt wieder deutlich die DreiteiUgkeit des Seitenfeldes und den verschiedenen Bau des breiten paarigen und des schmäleren Mittel- feldes. Nur der Kern des letzteren ist nicht so zusammengepreßt wie bei der vorigen Form, sonst ist ein Unterschied kaum aufzufinden. Gegenüber den noch in sich geschlossenen Kernen dieser Figur zeigen sich die des älteren Exemplares, das der Textfigur zugrunde lag, viel unregelmäßiger geformt und zeigen weniger scharfe Grenzen, als auf der Schnittserie sich finden. 572 E. Martini, ^X Die kleinen gestreckten und selteneren Kerne der Lateralreihe treten auch hier deutlicli hervor, ebenso auch die verschiedene Struktur der drei Stränge. Über die Medianlinien und die Subcuticula ließe sich nur dasselbe wiederholen, was über diese bei der vorigen Form gesagt wurde. Auch in diesem Falle sind die Muskelzellen breit rhombisch und zeigen dieselbe eigenartige Kerndifferenzierung wie die Zel- len der Seitenfelder. Der Darm zeigt ebenfalls annähernd die gleiche Beschaffenheit wie bei der vorigen Art. Wenn Jägerskiöld über Ascaris clavata schreibt: »Die mehrschichtige Cuticula bietet ebensowenig wie die Subcuticula und die LängsHnien irgend etwas Neues von Interesse dar; nur von den Seitenfeldern ist zu bemerken, daß sie, ähnlich wie bei Ascaris rotundata, der Länge nach in drei Stränge geteilt sind — einen in der Mitte, der die beiden andern trennt — , und daß sie zahl- reiche Kerne enthalten«, so stimmt das gut mit obiger Be- schreibung von uns. Auf den Figuren Jägerskiölds zeigt je- der Strang im Querschnitt meh- rere Kerne. Über den Grund dieser Verhältnisse folgen unten bei Ascaris collaris ein paar AVoite. Auch bei dieser Form tritt in der Jugend eine mehr einreihige Anordnung der Kerne hervor. Bei . . 7 Ascans rotundata dagegen fand Jägerskiöld in der Subcuticula, die in die LängsHnien übergeht, nirgends Kerne. Dagegen fand er Kerne in den Medianhnien, Ascaris clavata. Textfig. mm. Stück eines Seitenfeldes. Flächeii- ansicht. über Subciiticula und Seitcnfelder einiger Nematoden. IV. 573 wo sie in Aussackungen liegen, die nach hinten seltener werden. Die Abbildung, auf die sich der Autor dabei stützt, zeigt einen Kern im Durchschnitt der Ventrallinie im Bereiche des Kopfes. Ob durch diese Rumpfe als genügend M (3 Bemerkung das Verhalten der Dorsalliiiic im geklärt anzusehen ist, lasse ich daliingestellt. In den Seitenfeldern findet der Autor ganz vorn nur eine Zellreihe, hinten dagegen sieht er eine deutliche Zweiteilung des Seitenfeldcs mit einer Kernreihe in jeder Hälfte. Später, 1898, bildet er im Schnitt jedoch auch sehr deutüch das Lateralfeld mit seiner Kernreihe ab. Die- selbe gleicht dort durchweg den Durchschnitten, die wir bei andern Fischascariden fanden. Ascaris coUaris stelle ich nur zur Vervollständigung der Reihe dieser interssanten Tiere mit einer Textfig. nn und Querschnitt Fig. 95 hierher. Das Verhalten ist den übrigen Formen sehr ähnüch, doch sind die sehr gelappten Kerne relativ gut begrenzt und dicht gebaut. Die Textfigur gibt zugleich eine Vorstellung davon, daß in manchen Fällen in den paarigen Feldern zwei Kerne nebeneinander stehen und man so, wie Jägekskiöld bei cla- vata, mehrere Kerne im Querschnitt des Dorsal- und Ventralfeldes nebeneinander finden kann. Die Muskelzellen sind im Bau relativ lang für eine Fisch-^scam. Das schematische Flächenbild der Textfigur und der Querschnitt Fig. 95 geben eine gute Vorstellung von dem Bau derselben. In der Subcuticula fand ich auch bei dieser Form nie Kerne. Über die Medianlinien gilt dasselbe, was oben von Ascaris mucro- nata gesagt wurde. Ascaris uranoscopi aus Uranoscopus scaber, die ich der GefäUigkeit der Neapler Station verdanke, und Ascaris labiata zeigen ganz denselben Bau. ß Textfig. 7m. Ascaris coUaris. Stück des .Seitenfeldes mit Muskel- zellen, Flächenansicht. 574 E. Martini, In bezug auf alle diese Ascariden ist nun zu bemerken, daß die Kerne der Seitenfelder nur bei jüngeren Exemplaren schön geschlossene dunkle Felder sind, wie sie Jägerskiölds und meine Figuren darstellen. Später werden ihre Umgrenzungen immer undeutlicher. Endlich bei ganz alten Tieren findet man die ursprünglich im Kern gelegenen nucleolenartigen chromatischen Körper auch außerhalb der Kerne in den Seitenfeldern und selbst in deren nächster Nähe in der Subcuticula. Die Auflösung des Kernes geht dann so weit, daß man mit starken Vergrößerungen seine Grenze nicht mehr finden kann, nur bei schwacher Vergrößerung sieht man noch deutlich in den Dorsal- und Ventral- feldern dunkle Flecken im Gewebe, die ohne scharfen Umriß in das hellere Gewebe übergehen und sich oft untereinander auch nicht ab- grenzen lassen. In dem kernärmeren Mittelstrang treten aber auch dann die einzelnen Kernbezirke deutlich hervor, und ich habe Nucleolen außerhalb derselben nicht wahrgenommen. Wenn wir sahen, daß sich manchmal zwei Kerne in der Breite ihres Feldes nebeneinander finden, so ist auch das eine Erscheinung, die ich bei älteren Tieren häufiger als bei jungen auftreten sah. Viel- fach zeigen zwei solche Kerne, besonders wenn sie genau nebeneinander stehen, geringe Größe, vielleicht sind also auch Teilungsvorgänge mit im Spiele, die hier vermutKch sehr einfach ablaufen. Merkwürdig ist nun, daß dieselbe eigentümhche Kerngestaltung sich nicht nur in den Epidermiszellen, sondern auch an den Nuclei der Körpermuskulatur und, wie Jägerskiöld gezeigt hat, an der großen Excretionszelle findet. Hier haben wir also einmal wieder einen typischen Fall von gemeinsamem histologischen Charakter einer Anzahl nahe verwandter Formen. Gehen wir nun zu einer andern ^5car^s- Gruppe über. f ^Ascaris megalocephala zeigt tatsächhch em weit komplizierteres Bild, als die Fischascariden. Die Darstellung von Goldschmidt und C. K. Schneider ist in der Ein- leitung vorgebracht, braucht also nicht wiederholt zu werden. Auch ich fand bei Ascaris megalocephala leicht im Seitenfeld die drei Teile wie bei den meisten Nematoden, und stimme über den Bau der mittleren Kernreihe, die wir hier also als Lateraheihe bezeichnen würden, durchaus mit Schneiders oder Goldschmidts Angaben überein. Die Kerne sind nicht zahlreich, wenn auch weit mehr, als etwa bei Oxyuren, und übertreffen die Kerne der paarigen Felder sehr beträchthch an Größe. Die letzteren, die in jedem Schnitt in größerer über Subcuticuhi uiul Seitenffklcr einiger Nematoden. IV. 57-5 Zahl vorkommen, zeigen ein von unserm bisherigen Befund insofern abweichendes Verhalten, als sie durch die ganze Dicke ihrer Stränge zerstreut sind, nur eine Randzone freilassend. Leicht erkennt man, daß sie dm-chaus nicht alle gleichmäßig gebaut sind, sondern daß größere mit schön deutlichem Xucleolus die inneren Teile bevölkern, während sich im Basaltoil kleinere und ganz kleine Kerne finden, die sich von hier aus auch durch die ganze Subcuticula verbreiten. Etwas einwärts von ihnen, beiderseits neben dem Mittelfeld, findet man dann in geringen Abständen Häufchen ganz kleiner Kerne, ähnlich wie wir solche Haufen bei Oxyuris curvula kennen lernten, nur sind sie hier viel zahlreicher, dafür aber kleiner und enthalten nur einen geringen Bruchteil der Kernzahl jener. Diese Verteilung der Kernarten wird aber keineswegs streng innegehalten, nur die Kernhaufen haben ihre bestimmte Gegend. Wenn wir sonst verschiedene Kerne unterscheiden, ganz kleine dunkle, mit kleinem Nucleolus, wie sie besonders den Kern- haufen angehören, große dunkle, mit großem Nucleolus, und helle Kerne, mit wenigen dunklen Brocken ohne deutUchen Nucleolus, so finden sich zwischen diesen Kernen auch alle Übergänge, und in jedem Teil des Dorsal- und Ventralfeldes kann sich jede Kernart finden, wenn auch allerdings in den Kernhaufen nur dunkle, meist nicht einmal große dunkle Kerne vorkommen und auch sonst der Gesamtcharakter der Kernbevölkerung der einzelnen Regionen verschieden ist. Wanderzellen habe ich in den Seitenfeldern nicht gesehen, kann allerdings auch nicht behaupten, besonders darauf gerichtete Studien gemacht zu haben. Dringen solche Elemente bei Nematoden in die ver- schiedenen Gewebe ein, so mögen sie sich auch einmal im Seitenlinien- gewebe finden, geändert wird dadurch an der Deutung desselben nichts. Was das excretorische Drüsengewebe (nach Goldschmidt) be- trifft, so finde ich keinen zwingenden Grund, es vom übrigen Seiten- liniengewebe zu trennen, da wir ja Differenzierungen innerhalb des Plasmas der Dorsal- und Ventralreihe bereits häufiger gesehen haben. Ich finde es bei gut konserviertem Material nicht, bei anderm tritt es oft recht deutlich hervor, meist scharf begrenzt, nur gegen die Basis hin häufig so kontinuierlich in das andre Gewebe übergehend, daß sich eine Abgrenzung nicht finden läßt. Übrigens kann es selbst im Bereich der Excretionsgefäße streckenweise völlig undeutlich werden, meist nur einseitig. Endlich finden sich manchmal mehrere derartige scharf begrenzte Abteilungen nebeneinander, siehe die Fig. 96. Auch die Kerne, die überall in diesem Gewebe liegen können, sind zwar meist groß mit deutlichem Nucleolus, dunkel oder hell, doch kommen 576 E. Martini, daneben auch alle andern Formen, wenn auch seltener, vor, selbst so kleine, wie man sie kleiner im Kernhaufen auch nicht trifft. Es kann sich daher hier sehr wohl nur um etwas abweichend strukturierte Teile der Grundsubstanz handeln, die durch Reagenzien übertrieben scharf hervortreten. Vor allen Dingen mag gern im Vorderende noch ein besonderes fremdes Gewebselement in die Seitenlinie verschoben sein, wir inter- essieren uns für das Grundgewebe dieses Organs, wie es also im hinteren Körperende wesentlich rein vorliegt. Hier fand ja auch Goldschmidt den in Frage kommenden Teil nicht. Immerhin sehen wir in der Seiten- linie, vgl. Fig. 96, noch eine ganze Reihe differenter Elemente. Ascaris Iwnbricoides hier eingehend zu schildern, lohnt wohl kaum, da dieselbe, wie ja auch Goldschmidts Angaben zeigen, mit megalocephala außerordentlich ähnlich ist. So kann ich mir hier wohl Figuren und Text sparen und dem Leser die Wiederholung derselben Dinge, die er nun mit geringen Modifikationen schon so häufig hat repetieren hören. Beide ^scam-Arten zeichnen sich ferner durch ganz besonders hohe Ausprägung des cölomyaren Typus aus, dementsprechend finden wir die langgestreckten, faserartigen Zellen auf Querschnitten in großer Zahl nebeneinander. Der große Darm ist ungeheuer viel zellreicher, als bei den ver- wandten Formen aus den Fischen. Ascaris mystax zeigt im wesentlichen denselben Bau des Seitenfeldes wie megalocephala oder lumbricoides, wenigstens bei den etwa 6 cm langen Exemplaren, die mir zur Untersuchung zur Verfügung standen. Diese Ähnlichkeit hat Goldschmidt ganz richtig erkannt. Bei dieser Form treten im Querschnitt die drei Teile der Seiten- linie mit aller nur wünschenswerten Deutlichkeit hervor. Der Schnitt ist so gewählt, daß er gerade einen der Kerne aus der Zellreihe des Lateralstranges sehen läßt. Er ist wieder größer mit größerem Nu- cleolus, als die Kerne des Nachbargewebes. Das Feld, das innen den Excretionskanal trägt, ist recht deutlich gegen die paarigen Felder abgegrenzt. Diese zeigen ebenfalls bläschenförmige Kerne von ver- schiedener Größe mit deutlichem Nucleolus. Derselben enthält jeder Querschnitt eine ganze Anzahl, während man erst eine Reihe Schnitte durchmustern muß, ehe sich im Lateralfeld wieder ein Kern sehen über Subcuticula und St-itcnfcldor einiger Nomiitoden. IV. 577 läßt. Fast um jeden der Kerne zeigt das Plasma eine feine Zone, die sich mit Hämalaun stärker färbt, wie wir es beim Pferdcspulwnrm nm" hin und wieder finden. (Daß ein solcher Kern mit seinem dunklen Hof manchmal Beziehungen zu Stützfibrillen haben mag, bezweifle ich nicht.) Interessant ist, daß es auch hier zu Differenzierungen in der .Sub- stanz des Dorsal- und Ventralfeldes kommt, indem nach innen zu ein Randstreifen andern (dichteren) Baues sich streckenweise scharf gegen die Hauptmasse des Seitenfeldes absetzt und sich undeutlich an dessen Rändern basalwärts verfolgen läßt, wo er schließlich ohne Grenze allmählich in das übrige Gewebe des Seitenfeldes, besonders der Basis desselben, und in die Subcuticula übergeht. Die vorderen Teile der erwachsenen megalocepliala zeigen im Grunde ganz ähnliches, nur wenig modifiziert. Auch die Kernhaufen, jene Ansammlung dicht gedrängter kleiner Kerne, treten bei dieser Form auf, etwa in demselben Maßstab, wie bei Ascaris inegalocephala. Von diesen kleinsten Kernen des Seiten- feldes finden wir dann alle Größenabstufungen bis zu den größten Kernen in der Nähe der Cuticula oder in den am meisten einwärts gelegenen Teilen der Seitenfelder. Am größten sind diese Haufen bei alten Exemplaren, die ich noch, nachdem die Arbeit im übrigen ab- geschlossen war, aus der Sammlung des hygienischen Institutes hier durch die Güte des Herrn Prof. Pfeiffer erlangte, dem ich dafür hier aufs wärmste danke. Bei den größten Exemplaren von über 17 cm Länge ist jeder Kernhaufen sehr kernreich, doch sind die Kerne größer und stehen weiter voneinander, als in den jüngeren Stadien, so daß man nur noch undeutlich bei der Betrachtung von Querschnitten den Eindruck eines »Kernhaufens« erhält. Von dem Kernhaufen aus nimmt nun die Dichtigkeit der Kernstellung nach jeder Richtung rasch ab, das geht so weit, daß sich in demselben Strang zwischen zwei aufeinander fol- genden Kernhaufen oft ein oder zwei Querschnitte finden, die völlig kernfrei sind. Solchen Stellen liegt dann im symmetrischen Teil meist eine Gegend großer Kernzahl, also häufig ein Kernhaufen, gegenüber. Bei mittelgroßen Tieren sind die Kernhaufen schön dicht, so daß man sie auch auf dem Querschnitte sofort erkennt. Bis zu ganz kern- losen Durchschnitten sah ich es hier im Dorsal- und Ventralfeld nicht kommen. Am engsten stehen natürhch die Kerne der Kernhaufen bei noch kleineren Exemplaren (etwa 3 cm), bei denen man ihre Reihe auch im 578 E. Martini, Fläclienpräparat sehr deutlich übersieht. Wie alle Kerne des Tieres, sind natürlich auch die der Kernhaufen wesentlich kleiner, als bei erwachsenen Würmern. Die Subcuticula geht durchaus ohne Grenze und ohne wesentliche Gl? Textfig. 00. Asearis mystax. Etwas mehr als die Hälfte eines Seitenfeklstückes mit den subcuticularen Kernen der nächsten Nachbarschaft. Nur die basal gelegenen Kerne sind im Seitenfeld ein- getragen, m, Mittelstrang; -p, paariger Teil; G, Grenze des Seitenfeldes. Veränderung ihrer Struktur in die Seitenlinien über. Sie enthält auch bei dieser Art Kerne. Textfig. oo zeigt sie in der Nähe eines Seiten- feldes mit dessen basalen Kernen zusammen von einer 17 cm langen Asearis. Schon hier fällt auf, daß die Kerne in Gruppen, ja meist in Reihen parallel der Ringelung der Cuticula, geordnet sind, und je weiter wir uns von den Seitenhnien entfernen, desto mehr tritt diese Verteilung über Subcutii-ula und Seitenfolder einiger Nematoden. IV. 579 hervor, wie das FUiclienbild Textfig. pp aus nächster Nähe eines Median- f ekles lehrt. Wenn nun auch, wie man daraus ersieht, die Kerne der Sub- cuticula sich überall in derselben finden, so sind sie doch in der Nähe der Seitenfelder weitaus am häufigsten, wie besonders die Durch- musterung einer Querschnittserie lehrt. Diese Anordnung ist schon Ascaris mystax. \ Textfig. pp. Kernreihen der Subcuticula in der Xähe eines Medianfelde?. bei schwacher Vergrößerung. Flächenbild von mehreren Autoren bei den großen Ascariden beobachtet und darauf hingewiesen, daß sich aus ihr natürlich Differenzen im Aussehen der Subcuticula und ihrer Kerne in Quer- und Längsschnitten ergeben. Den feineren Bau dieser Kerne zeigt Fig. 97 a aus der Nähe der Medianfelder. Die Kerne sind von imregelmäßiger Gestalt und ent- halten je ein sehr kleines tief dunkel gefärbtes Kernkörperchen, weit kleiner, als die Nucleolen der SeitenUnie. In der Nähe letzterer läßt sich ein abweichender Bau erkennen, Fig. 97 b. Die Kerne in nächster Nähe desselben zeigen noch denselben Bau wie die Seitenfeldkerne, 580 E. Martini, dann tritt (es beginnt bei * in Textfigur) ein Fehlen der Nucleolen auf, vermittelt durch ein Größer-, Blasser- und Unregelmäßigwerden derselben. Diese Zone nucleolusloser Kerne (Fig. 97 b) ist nur schmal, im größten Teil der Subcuticula finden wir in den Nuclei das kleine Kernkörperchen. Was mir nun das vergleichende Studium von Katzenspulwürmern verschiedener Größe besonders interessant gemacht hat, ist der Um- stand, daß ich bei jüngeren Tieren die Subcuticula fast kernlos fand. Nur an einzelnen beschränkten Stellen findet man im Flächenpräparat in nächster Nähe des Seitenfeldes eine kleine Herde großer nucleus- loser Kerne, die ähnlich sind den oben in gleicher Gegend beschriebenen des erwachsenen Tieres. Solche Stellen sind häufig nur auf einer Seite der Seitenhnie ausgebildet. Im übrigen zeigt- der weite Bereich der Subcuticula nicht einen Kern. Es erklärt sich daraus, daß man bei jungen Tieren oft eine sehr große Zahl successiver Querschnitte durch- mustern muß, bis man das Glück hat, an eine solche Stelle zu gelangen und auf einer Anzahl Schnitte neben der Seitenhnie Subcuticularkerne zu finden. Da nun beim erwachsenen Tier in der Subcuticula die Kerne sich ebenso gut färben, wie im Seitenfeld, und da anderseits die Kerne bei den jüngeren Tieren an einzelnen Stellen auch und dann deuthch ge- funden wurden, so scheint es mir ausgeschlossen, daß die Mehrzahl der subcuticularen Nuclei bei den jüngeren Indi\äduen infolge mangel- hafter Färbmig usw. übersehen sein sollten. Ich bin also der Ansicht, daß bei jungen Exemplaren von Ascaris mijshix fast die ganze Cuticula noch kernfrei ist, während sie beim erwachsenen Tier reichlich Nuclei enthält. Übrigens ist die Subcuticula bei 6 cm langen Tieren jeden- falls nicht düimer als bei 17 cm langen. Bei diesen jungen Tieren entbehrt im Rumpfe die Dorsalhnie der Kerne, wie gewöhnlich, die Ventralhnie besitzt solche, vorn sind alle Längshnien kernhaltig Die Muskulatm- auch dieser Art ist hochgradig cölomyar. Im Querschnitt wird infolgedessen jedes Muskelfeld aus sehr zahlreichen Fasern gebildet. Die Breite der Muskelfelder ist dabei, wie es auch beim erwachsenen Pferde- mid Schweinespulwurm der Fall ist, im Ver- hältnis zu den Seitenfeldern außerordentUch breit. Ascaris decipiens und Ascaris osciäata zeigen, wie aus den Abbildungen von Jägerskiöld und Xassonow hervorgeht, bei den von ihnen untersuchten Exemplaren ganz denselben über Sulicutirula und Seitenfelder einiger Nematoden. IV. 581 Bau, wie er liirr für Asatris /////stoic beschrieben wurde, d. ii. eine tief einge- wiilstete Seitciiliiiit' mit zalilieichen Kernen, doch bildet keiner der Auto- ren die mittlere Kernreihe ab. In die Subcuticula zeichnet ebenfalls keiner Kerne. Leider findet sich über letztere auch im Text nichts erwähnt. Ascaris Kükeriihali die nach Jägerskiöld mit Ascaris siniflex identisch zu sein scheint, schreibt Cobb, er finde stets in den Seitenlinien eine ziemlich große Anzahl Kerne mit einem oder mehreren Kernkörperchen (also ganz wie bei der jungen mijstax). Mit Ausnahme der LängsUnien hat er jedoch Kerne in der Subcuticula nicht gefunden, doch habe er nur erwachsene Tiere untersucht, fügt der Autor hinzu. Dazu ist zweierlei zu bemerken : Wenn, wie sich hier aus der Abbildung ergibt, das Seitenfeld dieser Art gebaut ist, wie bei mystax usw., so ist es allerdings sehr wohl denkbar, daß die Species zeitlebens diesen Bautypus nicht überschreitet. Ander- seits muß man sagen, daß es schwer ist, ein Merkmal dafür zu geben, daß eine Ascaris wirklich ausgewachsen ist. Ascaris bidbosa ergab demselben Autor einen wesentlich andern Befund. Ihm lagen erwachsene Tiere und solche in der Häutung (vielleicht auch jüngere?) vor. Von den sich häutenden Exemplaren berichtet er das Folgende: »Ich bemerkte eine große Anzahl Kerne an der äußeren Grenze der Seitenfelder, einer Stelle, wo beim erwachsenen Tier sie in großer Anzahl nicht vorkommen. Sie schienen schiefe Ausläufer in die Subcuticula hineinzuschicken.« Im übrigen sagt er nur, daß er Kerne in allen Teilen der Subcuticula beobachtete. Sollte sich letzteres nur auf erwachsene Exemplare beziehen, so hätte Cobb das interessante Schauspiel vor sich gehabt, wie die Nu- clearisierung der Subcuticula und Veränderung des Seitenfeldbaues vor sich geht. Es ist sehr schade, daß sich aus den Angaben des Autors hierüber nicht mehr entnehmen läßt. Stellt man diese Form als synonym zu Ascaris osculata (vgl. LiN- STOw) oder decipiens (vgl. Jägerskiöld), erhält auch der Umstand Bedeutung, daß Jägerskiöld von seinen kleineren Exemplaren Sub- cuticular kerne nicht abbildet. Ascaris ferox endlich zeigt nach Nassonows Abbildungen, deren eine ich liier des Interesses halber im Schema wiedergebe, Textfig. qq, von allen bisher 582 E. Martini, besprochenen Ascariden den einfachsten Bau. Liegt danach doch jeder- seits in den paarigen Feldern nur eine einfache Kernreihe. Im Mittel- feld ist auf dem betreffenden Schnitt ein Kern nicht eingezeichnet. Die Kerne sind bläschenförmig, mit deutlichem Nucleolus. Ich schließe daher diese Form als einfachste an die übrigen Ascariden der Säuge- tiere an. Sie verhält sich zu denselben etwa wie Oxyuris vermicularis zu amhigua und curvula. Interessant ist noch, daß Nassonow eine deutliche Differenzie- rung eines schmalen basalen dichten Plasmas von einem lockeren, alveolären einzeichnet, das den größeren inneren Teil der paarigen Felder einnimmt. Der Seitenlinie ist an dieser Stelle wieder das Excretionsrohr eingelagert. Alle Ascariden, die hier zuletzt aufgezählt wurden, zeigen also deutlich dreiteiliges Seitenfeld, soweit wenigstens die Autoren die mittlere Reihe seltener größerer Kerne beachtet haben. Alle zeigen bläschenförmige Kerne. Mit Ausnahme der letzt- genannten Species werden ihrer eine größere An- zahl auf jedem Querschnitt der paarigen Felder getroffen, die sich in allen Teilen des Dorsal- und Ventralfeldes verbreiten. Während wohl bei allen jugendlichen Exemplaren neben diesem einfachen Bau der Seitenlinie Kerne in der Subcuticula fehlen (über die Medianlinien liegen so wenig Angaben vor, daß allgemeine Schlüsse nicht erlaubt erschei- nen), findet bei einer Reihe von Formen später noch eine lebhafte Kernvermehrung statt, infolge deren die Kerne des ausgewachsenen Seitenfeldes relativ viel kleiner geworden sind, Kernhaufen und andre Differenzierungen auftreten, und die Subcuticula, Median- und Sub- medianlinien reichlich mit Kernen bevölkert werden. Textfig. qq. Äscaris fcrox. Seifenfeld Querschnitt, schemati siert nach Nassonow. Agamonema commune'^ Diese Form, die einen Bohrzahn und bereits durchschimmernde Lippen, sowie einen zugespitzten Schwanz zeigt, habe ich häufig im Dorsch, im Peritoneum des Darmes, der Leber und des Gelcröses ein- gekapselt, getroffen. Auch hier, Fig. 99, zeigt sich im wesentlichen derselbe Bautypus, wie bei den andern Ascariden der Säugetiere. Die Seitenhnie ist über Subcuticula und Seitenfeldor einiger Nematoden. IV. 583 deutlich in zwei Teile geteilt, zwischen denen sich das schmale Lateralfeld von der Basis her eingekeilt findet. Dasselbe enthält eine einzige Längsreihe von Kernen, vgl. Textfig. rr, welche diejenigen der nächsten Umgebung nur sehr wenig an Grüße übertreffen. Das Dorsal- und Ventralfeld sind weit ins Innere des Körpers eingewulstet und nicht nur an der Basis, sondern auch in den in die Leibeshöhle vorragenden Teilen reichUch mit Kernen versehen. Immer- hin stehen dieselben in nächster Nähe des Mittelfeldes am dichtesten und werden von da ab spärlicher. .0 O o l - ..o Textfig. rr. Aganwnema communef Seitenfeld. Flächeiiansicht, die Kerne in den einwärts gewulsteten Teilen mit unterbrochener Linie. In der gleichen Richtung, wie ihre Zahl abnimmt, nimmt ilire Größe zu, so daß wir an der Basis nahe dem Mittelfeld selir zahlreiche kleine Kerne, in der Nähe etwas größere, in den innersten Teilen der Seitenlinie die größten Kerne finden (sie sind in der Textfig. rr mit unterbrochener Linie gezeichnet), die zum Teil auch die Lateralkerne noch an Größe übertreffen. Es ist hier also anscheinend bereits die- selbe Gegend das Proliferationscentrum, die bei den erwachsenen Pferdespulwürmern die Kernhäufchen entwickelt. Das Gewebe des Syncytium in den paarigen Feldern ist grob netz- förmig in den inneren Teilen, feiner alveolär in den basalen Teilen, Zeitsclirift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 38 584 E. Martini, unmittelbar an der Cuticula recht dicht gebaut. Oft hat man den Eindruck, als ob durch die Stränge des Netzes ein basaler mittlerer von einem inneren lateralen Teil der paarigen Stränge abgegrenzt würde. In der Subcuticula traf ich nie Kerne. Für das Dorsalfeld des Rumpfes gilt das gleiche. Interessant ist hierbei, daß die Zerstreuung zahlreicher Kerne im Seitenfeld also schon bei den Larven dieser Ascariden ausgebildet ist und nicht erst mit der kolossalen Volumzunahme aller Gewebe im geschlechtsreif en Tiere entsteht. Die Muskulatur dieser Art ist nicht sehr stark cölomyar, doch sind die einzelnen Fasern sehr lang gestreckt, und es finden sich viele derselben auf einem Querschnitt nebeneinander. Ein Agmnonema {cafsularial) mit Bohrzahn, durchschimmernden Lippen und kurzem völlig abgerundeten Schwanz und feiner kurzer Spitze am Hinterende, das ich in Clupea harengus fand, zeigt im wesent- lichen genau denselben Bau von Seiten-, Bauch- und RückenHnie, sowie den Mangel an Kernen in der Subcuticula. Die Verjüngung des Seitenfeldes gegen die Basis hin tritt im Querschnitt noch deutlicher hervor. Die Muskulatur ist hochgradig cölomyar, die einzelnen Fasern sind langgestreckt, und der Querschnitt zeigt daher zahlreiche Muskel- fasern nebeneinander. Hierher ist auch wohl nach v. Linstow Ascaris e^erlani zu stellen, die in den Rückenmuskeln des Osmerus eperlanus schmarotzt und wie die Agamonemen eine Larvenform ist. Der von v. Linstow gegebene Querschnitt eines Seitenfeldes, in dem auch das MitteKeld zur Dar- stellung kommt, zeigt genau dasselbe Bild, wie unsre beiden Agamo- nemen. Letztere sicher zu bestimmen, gelang mir nicht. Wieviel Äscaris- Larven in Fischen eingekapselt vorkommen, ist schwer zu sagen. Nach dem nicht seltenen Vorkommen vermute ich in ihnen capsularia und commune. Wenn erstere die Jugendform von Ascaris simplex ist, so würde das ganz gut stimmen, da nach den Literaturangaben (Jäger- skiöld) der Bau des Seitenfeldes ganz dem meiner Agamonemen ent- spricht. Letztere möchte ich kaum mit v. Linstow, 1884, für Jugend- formen von Ascaris incurva aus Xiphias gladius halten, denn wenn ich auch letztere Form nicht näher untersuchen konnte, so ist mir doch nicht wahrscheinlich, daß ihre Seitenhnie anders als bei den übrigen Fischnematoden gebaut sein soll. [Mkt SulicutiL'ula und Seitenfelder einiger Nematoden. I\'. .ISÖ XL Wir wenden uns nun oiner neuen Gruppe zu, den Lungenstrongy- liden, von denen mir leider zur Untersuchuntf nur Material von Stron- gi/h(s filaria vorgelegen hat, das ich der Güte meines Freundes Dr. Heine in Hannover danke. Ich möchte nicht unterlassen, ihm an dieser Stelle noch einmal vielen Dank für seine Hilfe zu sagen. Strongylus filaria läßt, wie aus unsrer Fig. 100 ersichtlich, auch deutlich die Dreiteilung der Seitenlinie erkennen, die auch hier aus einem schmalen Lateral- strang und, dorsal und ventral von demselben, einem breiteren und dickeren Dorsal- bzw. Ventralstrang besteht. Während das Gewebe des mittleren Feldes ein großalveoläres Aussehen und im allgemeinen nur geringe Tinktionsfähigkeit zeigt, findet sich ein derartiger Bau in paarigen Teilen nur an deren Basis wie ein der Cuticula angelagerter Halbmond, dessen Substanz an der oberen und unteren Grenze, sowie gegen das Mittelfeld von dem ein- wärts gelegenen Plasma umfaßt wird. Dies erreicht also so in jedem der paarigen Felder an zwei Punkten die Cuticula. Es ist wesentlich dunkler mit Hämalaun gefärbt und zeigt einen gleichmäßig dichten, fein granulierten Bau. Jedes der drei Felder enthält eine einzige Reihe großer Kerne. Die Kerne des Dorsal- bzw. Ventralfeldes sind sehr groß, aber mit chromatischen Brocken verschiedenen Kalibers reichlich erfüllt. Sie stehen ziemlich dicht, wenn auch nicht so sehr, wie bei manchen andern Formen, so daß man von ihnen etwa in jedem dritten, vierten (10 u) Schnitt ein Paar antrifft. Ihr Aufenthaltsort ist die dichte innere Plasmamasse der paarigen Teile. Entsprechend dem Gesamtbau des Älittelstranges muß sein Kern stets im lockeren, wabigen Gewebe liegen. Die Kerne sind nicht un- beträchtlich kleiner, als die der paarigen Felder und kommen in viel geringerer Zahl vor. Immerhin ist dieselbe gegenüber etwa Oxyuris sehr vermehrt. Die Kerne zeigen im wesentUchen denselben Bau wie ihre Nachbarn, doch scheint die Chromatinverteilung etwas feiner zu sein. In der Rückenlinie sah ich auf meinen Schnitten aus dem Bereich des Rumpfes keine Kerne, in der Bauchlinie kommen einzelne vor. Die Subcuticula läßt keine Kerne erkennen. Die Muskulatur dieser Form ist hochgradig polymyar und 38* 586 E. Martini, reduziert cölomyar. Letzterer Begriff soll bedeuten, daß, obwohl die Bretter der contractilen Substanz die für Cölomyarier charakteristisclie Anordnung besitzen, indem insgesamt der contractile Teil der Zelle durch Aufbiegung der Ränder Rinnenform erhält, so daß die einzelnen Bretter teils senkrecht zur Cuticula, größtenteils aber in andrer, endhch tangentialer Richtung aufeinander liegen, doch keine große Entwick- lung contractiler Substanz erreicht wird, weil dieselbe an jeder Faser nur eine enge, niedrige Rinne bildet, der ein ziemlich großer, nach innen vorspringender Plasmateil gegenübersteht; vgl. die Fig. 100. Der Mitteldarm zeigt im Querschnitt wenige große Zellen, die im Subhmatpräparat sich gegeneinander so wenig abgrenzen, daß man sie fast für ein Syncytium halten könnte. Der Bau ihrer großen runden Kerne entspricht dem des Dorsal- und Ventralfeldes der Seitenlinie. Auch Augstein (1894) hat bei Strongylus filaria in der Seitenhnie je zwei Kernreihen beobachtet, dagegen die Lateralreihe nicht gesehen, ebenso hat er in beiden Medianlinien keine Kerne gefunden. Die Cu- ticula ist nach ihm kernfrei. Die Species soll platymyar und holomyar sein. Aber abgesehen davon, daß holomyare Nematoden im ScHNEiDERschen Sinne noch nie mit Sicherheit beobachtet wurden, geht schon aus den sehr guten Figuren des Autors selbst die cölo- und polymyare Natur seines Ob- jektes hervor. Strongylus convolutus können wir hier einfügen, da wir von Stadelmann (1892) eine gute Schilderung besitzen: »Wie allen vorhergehenden Autoren, die kleinere Nematoden be- schrieben, gelang es auch mir nicht. Kerne in derselben (der Sub- cuticula) oder überhaupt eine zellige Struktur nachzuweisen. Ihre Verbindung mit der Cuticula scheint eine sehr innige zu sein In ihrem Verhalten und ihrer Zusammensetzung stimmt sie so ziemhch mit den Längshnien über ein, die auch hier nur mächtiger entwickelte Teile der Subcuticula zu sein scheinen .... Von den beiden Median- linien, die ja in der Mitte des Rückens und Bauches vom Kopf bis zum Schwanzende verlaufen, ist am meisten die ventral gelegene entwickelt. Beide stellen einen Plasmastrang dar. In der Struktur stimmen sie mit der Subcuticula überein, und pfhchte ich daher Schneider voll- kommen bei, wenn er sagt (I.e. S. 208): »Nach innen setzt sich die subcutane Schicht in die Medianhnien fort. Auch habe ich keine Kerne in ihnen bei geschlechtsreifen Tieren gefunden. Jede Lateralünie ül)er Suhiuticiila und Seitenfelder einiger Nematoden. I\'. 587 zerfällt der Länge nach in zwei Teile, deren Trennungsflächen senkrecht zur Körper-f"^ .■-.■■f'y-/h ^^^^z^-'^^^^M^''^^ Textfig. uu. Filaria papulosa. Stück des Seitenfeldes, Flächenbild, etwas mehr als die Hälfte gezeichnet. 594 E. Martini, den Rand des Seitenfeldes hin keine bedeutende. Dies tritt beson- ders in Textfig. uu deutlich hervor. Den feineren Bau der Seiten- felder und die verschiedenen in ihnen verlaufenden Schichten dichteren und Aveniger dichten Protoplasmas, sowie die Art des Überganges derselben in die Subcuticula ersieht man in unserm nach einem Goldpräparat gefertigten Schnitt Fig. 105 recht deutlich. Aus dem- selben geht zugleich hervor, daß die Lateralkerne auch hier die der paarigen Felder an Größe beträchtlich übertreffen. Alle Kerne sind bläschenförmig, mit nicht reichlichem Chromatin und sehr deutlichem Nucleolus. Die Subcuticula zeigt keine Spur von Kernen. Die Rückenlinie ist im Rumpfe ebenfalls kernfrei, während sich in der Bauchlinie einzelne Nuclei finden. Die Muskulatur ist polymyar und hochgradig cölomyar. Die Angaben, die ich in der Literatur über andre Filarien finde, sind mir leider zum Teil nicht zugänglich. Thiesing fand bei Filaria sanguinis hominis in der Subcuticula keine Kerne. Die Seitenfelder »stellen an beiden Seiten gleich gebaute, schwache Verdickungen der Subcuticula dar. In ihr finden sich Kerne, welche in einer Längsreihe angeordnet sind« (die Figur zeigt jedoch deutlich zwei Längsreihen im Seitenfeld), mit einem schmalen Zwischenstreif, in welchem in dem kurzen gezeichneten Stück kein Kern liegt. Filaria lahiata soll nach Condorelli-Francaviglia (1895) (nach Ref. Zool. Jahresber.) Hypodermiszellen aufweisen, die nicht zu einem Epithel zusammen- schließen. Über die Seitenfelder erfahren wir leider nichts. Filaria reticulata sollen nach Pader (1901) (Ref. Zool. Jahresber.) in der inneren Schicht der Subcuticula längliche, dicht gedrängte Zellen den Eindruck eines Cyhnderepithels hervorrufen. Filaria Sarasinorum tritt nach A. Meyers Figur (1896) deutüch eine Zweiteilung des Seiten- feldes auf, und in jedem Teil des Querschnittes findet sich ein basal ge- legener Kern. Das Mittelfeld mag hier, wie so oft, übersehen sein. über Subcuticula und Scitenfekk-r einiger Nematoden. 1\'. 595 [Filari'a Zschokkei zei'^t nach Abbildung desselben Autors ähnlichen Querschnitt wie meine Againonemen.] Filuria loa enthält nach Ludwig und Sämisch (1895) in der Seitenlinie deutliche Kerne, doch fohlen Angaben über die Subcuticula. So läßt sich ein sicheres Bild über die Verhältnisse dieser Filarien hier nicht entwerfen und muß gewartet werden, bis es gehngt, diese Tiere aufs neue zu untersuchen, mit besonderer Berücksichtigmig der hier in Frage kommenden Verhältnisse. XV. Von der Schar der übrigen parasitischen Nematoden kleinerer Gruppen konnte ich nichts selbst untersuchen. Disfharagus denudatus. Von den Seitenfeldern dieses Wurmes sagt Bütschli: Dieselben stellen körnige, nicht sehr breite Felder dar, in welchen man an den Rändern je eine Reihe kleiner Kerne herablaufen sieht, während in der MittelUnie sich eine Reihe größerer ovaler Kerne findet; sie be- sitzen demnach dieselbe Struktur, wie ich sie schon früher von gewissen Oxyiuiden zu schildern Gelegenheit hatte. Muskulatur polymyar. über die Subcuticula erfahren wir leider nichts. Heterodera Schachtii finden A\ir die Dreiteiligkeit der Seitenlinien von Strubell (1888) an- gegeben, sowie das häufigere Auftreten von Kernen in ihnen, die sonst nur sehr spärlich (? !) vorkommen. Trofidocercus fissisfina bildet v. LiNSTOW 1899 ein dreiteiUges Seitenfeld im Querschnitt ab. In den größeren symmetrischen Hälften finden sich ein bis zwei große Kerne. IcJithijonema sanguineum enthält nach v. Linstows Angabe in der Seitenlinie ebenfalls zwei Länfisreihen von Kernen. 596 E. Martini, Bei Jägerskiöld (1894) finden wir leider keine Angabe, weder über Kerne in der Subcuticula, noch über solche in den Seitenfeldern, doch läßt sich aus Jägerskiölds Annahme, daß zahlreiche, in der Sub- cuticula zerstreute, stark lichtbrechende Körper die von Willemoes- SuHM hier bei Ichthyonema glohiceps beschriebenen Kernkörper seien, die letzterer als Reste untergegangener Kerne deutet, darauf schließen, daß Jägerskiöld in der Subcuticula keine Kerne gefunden hat. Die Kerne der Mittelreihe sind leider bei dieser Form von keinem der Autoren beschrieben. So darf man auch bei dieser Form wohl annehmen, daß die Sub- cuticula kernlos ist und die zugehörigen Kerne im Bereich des Rumpfes sich in den Seitenlinien finden. Von - . , Lissonema rotundatimi bildet V. LiNSTOW im Querschnitt ein Seitenfeld ab mit drei deutüchen Kernen nebeneinander, von denen einer genau in der Mitte, die andern zu ihm etwa symmetrisch liegen. Auch dies ließe sich in unserm Sinne deuten, wenn auch keine Dreiteilung der Seitenlinie gezeichnet ist. Lecanocephalus annulatus bespricht Hamann (1895) in seinen Nematoden II. Über die Seiten- linien erwähnt er, daß dieselben breite Wülste sind, die durch einen Zellstrang in eine gleiche Rücken- und Bauchhälfte geteilt werden. In den Seitenwülsten liegen zwei Längsreihen von Kernen, die regelmäßig paarweise angeordnet sind. Auch diese Form zeigt also das typische Verhalten, das wir besser als Hamann gar nicht darstellen könnten. XVI. Als letzte Form hätten wir noch Mermis zu beschreiben. Es erscheint dies jedoch hier überflüssig infolge der eingehenden Behandlung, die Rauther derselben gewidmet hat. Auch er findet das Seitenfeld im Rumpfe aus drei Teilen mit je einer Kernreihe aufgebaut, von denen die dorsale und ventrale unter sich gleich sind, während die mittlere nur mit einem schmalen Fort- satz die Cuticula erreicht. Bei der Dorsallinie wird von Kernen nichts erwähnt. Sie und die Submedianlinien sind nur insofern von Interesse, als sie ebenfalls Teile über SulKuticula und Seitenfelder einiger Nematoden. IV. 597 des Subcuticulargewebes, im Dienste des Nervensystems verwendet, zeigen. Die Ventrallinie enthält Kerne, die denen der Seitenlinie in der Struktur entsprechen, aber regelmäßig oval sind; auch sie werden als Matrixzellen der Cuticula angesehen. Die Subcuticula ist ganz kernlos. Im Kopfende dagegen finden sich Xuclei in allen vier Hauptlängs- linien, die hier wesentlich an Größe zunehmen. Ich kann diese Befunde aus eigner Erfahrung nur bestätigen, und wenn icli auch die Ventrallinienzellen im Rumpf aus vergleichenden Gründen sonst nicht unbedingt als Matrixzellen der Cuticula ansehen möchte, so kann ich doch nicht leugnen, daß die Mehrzahl der Ventral- linienzellen, die hier sehr zahlreich sind, diesen Eindruck machen. Dann fällt auf. daß die Kerne der drei Felder in der Seitenlinie an Struktur, Größe und Zahl sich voneinander nicht unterscheiden und nur durch den oben erwähnten Formunterschied eine gewisse, wenn auch unbedeutende Reminiscenz der ursprünglichen Differenz dieser drei Zellreihen gewahrt wird. Fassen wir die Ergebnisse zusammen, so ergibt sich als Regel, daß, abgesehen vom Schwanzende, hinter den Muskeln, wo eben durch deren Fehlen LängsHnien nicht mehr vorkommen, bei den Nematoden die Subcuticula der Kerne entbehrt. Solche finden sich nur in den Einwulstungen der Subcuticula, die wir Längslinien nennen. Im Rumpf ist die Dorsallinie kernlos. Die Ventrallinie besitzt einzelne Kerne, die aber in den Fällen (Fischascariden), wo die Kerne der Seitenfelder, Muskeln usw. von den Ganghenzellkernen deutlich verschieden sind, den Typus letzterer tragen, überhaupt wohl meist dem Nervengewebe zugehören. Von den besonderen Kernen des Anus, Excretionsporus usw. wird dabei natürlich abgesehen. Meist enthält das Seitenfeld nur drei Reihen von Kernen. Doch können sich letztere auch wesentlich vermehren. Sind sie außerordent- lich zahlreich und klein, so finden vni Kernhaufen, d. h. Gruppen dicht gedrängter kleinster Kerne, und zugleich hegen Kerne in großer Zahl in der ganzen Subcuticula und den sekundären Längslinien verbreitet. Eine Abweichung vom beschriebenen einfachen Grundplan besitzt das Seitenfeld bei einzelnen Formen, indem dort neben den drei Kern- reihen einzelhge Drüsen (oder Sinneszellen?) vorkommen. 598 E. Martini, Nie werden in der Seitenlinie Kerne vermißt. Wenn Schneider in seiner Monographie dies behauptet, so muß ich ihm entschieden widersprechen. Im Kopf zeigen alle vier Hauptlängshnien Kerne, zugleich bildet sich das Gewebe der LängsUnien, ins Innere des Tieres vordringend, zum Stützapparat für den Nervenring und die nervösen Centren um. Literaturverzeichnis siehe am Schlüsse der folgenden Arbeit. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXV. Fig. 82 a. Seitenfeldquerschnitt von Rhahditis teres mit Kern im Mittel- feld, h. Dasselbe, Kerne in den paarigen Strängen. D, Darm; M, Muskulatur. Flemming Safranin. 900/1. Fig. 83. Strongylus auricularis. a. Schnitt durchs Seitenfeld; h, Stück aus dem darauf folgenden Querschnitt; c, dasselbe Seitenfeld, folgender Schnitt; d, dasselbe Seitenfeld, vierter Schnitt; e, Schnitt durch die Bauchlinie mit Kern. Subhmat-Hämalaun-Eosin. 400/1. Fig. 84. Oxyuris vermicularis. Seitenfeldquerschnitt. Sublimat, Gold. 600/1. Fig. 85. Oxyuris amhigua. Dasselbe, a, im Vorderende ; h, in der Körper- mitte. Sublimat. Hämalaun-Eosin. 600/1. Fig. 86. Oxyuris ciirvula. a, Dasselbe. 85/1; h, Mittelstück von a. 400/1. SubUmat, Gold. Fig. 87. Sclerostomum equinum. Eine Hälfte und jVIittelstück eines Seiten- feld querschnittes. Sublimat, Hämalaun-Eosin. 200/1. Fig. 88. Rhabdonema nigrovenosum. a, Querschnitt der Seitenlinie. Ghrom- pikrinsäure, Hämalaun-Eosm. 400/1. h, Flächenbild der Seitenlinie aus einem Sagittalschnitt, ebenso. 200/1. Fig. 89. Nematoxys ornatus. a, b, Querschnitte; c, Flächenbild aus einem Sagittalschnitt. Sublimat, Hämalaun. 400/1. Fig. 90. Pledus parietinus. Stück mit Seitenfeld aus einem Querschnitt. Sublimat, Hämalaun-Eosin. 900/1. Fig. 91. Cucullanus elegans. Querschnitt der Seitenlinie. Sublimat, Häm- alaun-Orange. 400/1. Fig. 92. Heterakis vesicularis. Dasselbe. Sublimat, Hämalaun. 400/1. Fig. 93. Äscaris mucronata. Dasselbe im Rumpf, h, das Längsliniengewebe in einem Querschnitt durch das Kopfende. Sublimat, Hämalaun. a 200/1, h 300/1 (von verschiedenaltrigen Tieren). Fig. 93 a ist der Raumersparnis halber schon auf Taf. XXVI gerückt. Tafel XXVI. Fig. 93 a siehe unter Taf. XXV. Fig. 94. Ascaris clavata. Seitenfeldquerschnitt. Sublimat, Hämalaun. 300/1. über 8ul)(.utinilii und Scitt-nfeldcr einiger Xoniatoden. I\'. 599 Fig. !•."). Aiairi.f (v»//f;//.s. Dassclhc mit rinem Stück I ).iirn(|iiersc|inil(. «ubiimat. (iold. IM) 1. Fig. iH». Ascaris majalocipltata. Dasselbe. Sublimat, Häinalaiin-Eosin. 300/1. Fig. 91. Ascari.s mj/stax erwaehsen. (t. Ki-rne der Siibeutieula in der Nähe der ^fedianlinie. Fläehenansieht. b. Dasselbe in der Nähe der Seitenlinie. Alkoiiol, Hämalaun. 4(K)/1. Fig. 98. A.'trari.'i »ii/sta.r, jüngeres Individuum, (^uersehnitt d'i Siii.tilinie. Sublimat, Hüinalaun-Eosin. 200/1. Fig. !lit. A(jamonema communet Dasselbe. 400/1. Fig. UtOff. h. Strongylus filaria. Dasselbe. 400/1. Fig. 101«. h. Strongi/ln^ nodularis. Dasselbe. 400']. Fig. 102. P.seudalius minor, a, Quersehnitt : LaU-ral-, N'entrallinir. Sulj- ventrallinien. Darm. Gcschlechtsapparat. 6. r, Quersehnitte der Seitenfeldcr. Sublimat. Hämalaun. a 300/1 ; b und c 450/1. Fig. 103«. b. P.'ieudaliu.s convolidus. Dasselbe. 450/1. Fig. 104. IWudaliihs tumidus. Divsselbc. 900/1. Fig. 105. Fikiria papillo.sa. Dasselbe. Sublimat, Gold. 20Ü/1. Fig. lOü«, b. Strongylus striatiis. Dasselbe. Hämalaun. 600/1. ZeitachriU f. wisseusch. Zoolokjic. XClll. Ud- 39 600 E. Martini, Zusammenfassende und theoretische Betrachtungen. Wir haben nun unser Programm insoweit durchgeführt, als wir an einer Reihe verschiedener Arten die Entwicklung studiert, und trotz deren relativ weiter systematischer Divergenz übereinstimmende Re- sultate erhalten haben, und anderseits aus der vergleichenden Be- trachtung einer großen Reihe erwachsener Formen in der Lage sind, die Grundzüge der Nematodenorganisation bezüglich der Subcuticula und Seitenfelder herauszuschälen als einen einfachen, allerdings von den Verhältnissen der häufigst untersuchten Formen ein wenig ab- weichenden Bautypus, der sich bequem an unsre embryologischen Er- fahrungen anschließt. Das übereinstimmende Resultat des embryologischen Teiles war: »Es geht das definitive Epithel der Körperoberfläche nur aus sechs Längsreihen von Zellen hervor, die im mittleren und hinteren Teil des Dorsum gelegen sind. Eine Zellvermehrung findet dabei nicht statt. Die Zellkörper und Kerne dieser Zellen rücken in die Längslinien, besonders in die Seitenfelder« (Bd. LXXXVI, S. 51). »Subcuticula und Seiten- felder bilden zusammen die ectodermale Epidermis, die Matrix der Subcuticula. Sie bestehen aus fünf Reihen großer Zellen, deren Körper mit den Kernen in den LängsHnien liegen. Während sich hinten nur in den in sich wieder symmetrisch gebauten Seitenlinien Kerne finden, und zwar je drei Reihen, kommen vorn in jeder Längslinie Kerne vor.« Bd. XCI, S. 230 und wir schlössen: »Wenn auch diese Verhältnisse zunächst für die Larve allein gelten, so will das bei den Nematoden, deren Entwicklung ohne echte Metamorphose verläuft, eine geringere Einschränkung sein, als es etwa bei Anneliden wären. So werden wir also erwarten dürfen, unter den erwachsenen Formen neben vielleicht stark umgebildeten doch auch einige zu treffen, bei denen sich der ontogenetische Grundzug des Baues noch erkennen läßt.« Diese Erwartung hat uns nicht getäuscht. Die voraufgehende Arbeit lehrte, daß auch das Epiderm der er- wachsenen Nematoden nach demselben Grundplan gebaut ist. Es überzieht den ganzen Körper außerhalb der Muskeln und ist nur in den sog. LängsHnien, besonders den Seitenfeldern, stark entwickelt, über Suhciiticiila und Si-itenfelder oinigor Nctintudc n. V. GOl unter (Irii MuskelfeldtTU (8ubcuticula) dagt'i^cii mehr oder weniger, oft selir dünn, so daß es bei kleinen Formen wohl manchmal überhau[)t an dieser Stolle kaum sicher nachzuweisen ist. Die Kerne dieses In- toguments liegen in ilen Längslinien, vorwiegend im .Seitenfeld, und zwar so, daß im hinteren Körperteil (Rumpf) alle Kerne der Epidermis in den Laterallinien liegen, wo sie zu drei Längsreihen angeordnet sind, vorn dagegen Nuclei in allen vier Hauptlängslinien auftreten. Diese PJpidermis bildet im Laufe des Lebens zu wiederholten Malen die C'uticula. Wir stellen damit für alle Nematoden dasselbe Verhalten als Grund- typus hin, das Hamann 1805 usw., Nassonow 1807 für Oxi/uris fla- gelliün, Stewart für Oncholaimus und endlich Rautheu lOOf) für Mermis beschreibt und dem sie, nur auf der anatomischen Grundlage fußend, auch dieselbe Deutung gaben, ohne einer auf die andern Rück- sicht zu nehmen. Der Epidermisbau ist also im Grundprinzip genau derselbe bei den erwachsenen Nematoden, den wir den Embryo sich erwerben sahen, und dessen Entstehung wir Schritt für Schritt verfolgen koimten. Es ist so gut wie selbstverständlich, diese übercinstinmumg eben damit zu erklären, daß im postembryonalen Leben meist wesentliche Ände- rungen im Aufbau des Integuments nicht vorkommen. Das Fazit der vorliegenden Studie wäre also: Nach oder während der Gastrulation differenzieren sich zu Epidermiszellen zunächst sechs Zelheihen auf dem Rücken des Embryo (im Vorderteil liegen wohl etwas abweichende Verhältnisse vor), deren einzelne Elemente großen- teils ihrer zellgenealogischen Abkunft nach bekannt sind. Dabei nehmen sie an Größe recht beträchtlich zu und beginnen den übrigen Embryonalkörper zu umwachsen. Obwohl nun aus diesen sechs alsbald durch Vereinigung der beiden medialen Reihen fünf werden, bleiben doch die Kerne in sechs parallele Längsreihen geordnet. Hat dann die Umwachsung die ventrale Medianlinie erreicht, so wd durch das periphere Vordringen der vier Muskelfelder die Epidermis unter diesen zur Subcuticula verdünnt, während sie zwischen ihnen dick als Längs- linien stehen bleibt. In letztere treten die Kerne, im Rumpfe alle in die Seitenlinien, vorn auch in die Bauch- und Rückenhnien (nach ganz bestimmter Norm). Hier bleiben lum die Kerne auch in der Regel das ganze Leben liegen, und diese ganze kernhaltige Epidermis regeneriert dann bei den verschiedenen Häutungen die Cuticula, in deren Bildung sie also nie ganz aufgeht. Im Rumpf ragen die Seitenfelder durch ihre Bedeutung hervor, 39» 602 E. Martini, da sie hier allein die Träger der Epidermiskerne sind. Dieselben sind auch beim Erwachsenen noch wie beim Embryo in je drei Reihen an- geordnet, von denen die obere und untere sich übereinstimmend weiter- gebildet haben, während die mittlere ihre besonderen Wege geht. So ist hier das Seitenfeld also in sich symmetrisch. Die Submedianlinien sind ebenfalls Teile der Subcuticula oder besser der Epidermis, die aber bei den meisten Formen unbedeutend sind und von deren Funktion wir nichts wissen. Weil sie aber eine notwendige Folge meromyaren Muskelbaues sind, so darf man sie wohl für einen primären Bestandteil der Nematodenorganisation halten, da ja die Lar- ven meromyar sind. Dann würden die von ihnen getrennten Muskel- streifen den beiden Muskelzellreihen der Meromyarier homolog sein. Von den beiden Medianlinien sahen wir stets ein verschiedenes Verhalten. Die Rückenhnie zeigt sich schon beim Embryo völhg kernlos. War auch ihre Gegend die Urheimat der gesamten Epidermis des Rumpfes, so sind doch alle Kerne hier ausgewandert und andre von innen her gerade hier nicht nachgerückt. So wurde die Rückenlinie zu einer geringen kernlosen Verdickung der Epidermis zwischen den subdorsalen Muskelfeldern, doch wissen wir, daß sie als Trägerin des dorsalen Längsnerven von großer Wichtigkeit ist. Kernlos fanden wir sie auch im Rumpf bei allen von uns darauf untersuchten erwachsenen Nematoden. Nur bei Formen, deren gesamte Subcuticula von Kernen durchsetzt ist, die aber zu den Ausnahmen gehören, finden wir auch hier Kerne, die dann oft besonders schön groß sind, so bei Oxyuris curvula. Wenn wir in der Literatur Angaben finden, die schlechthin »die Längslinien« als kernhaltig ansprechen, erscheint es fraglich, wie weit der betreffende Autor mit Aufmerksamkeit diese Linien auch im Rumpfe studiert hat. Bei der Entstehung derselben ist ihre Kernhaitigkeit im Rumpfe schwer verständlich. Da wir aber schon bei den Varietäten von Cucullanus sahen, daß manches Unerklärliche vorkommen kann, er- lauben wh- uns auch hier nicht, ohne die betreffenden Formen untersucht zu haben, die Angaben der Autoren zu bestreiten, sind aber der Über- zeugung, daß solches Verhalten bei Arten, die sonst kernlose Subcuticula haben, etwas gegenüber dem hier ausgeführten Verhalten im Bereich der Nematoden recht seltenes sein dürfte. Dagegen finden wir Kerne in der Bauchlinie bei allen von uns untersuchten Nematoden. So ähnlich dieselbe sonst in mancher Be- ziehung der Rückenhnie ist, so verschieden war ihre Entwicklung. rijcr Subruticulu und ScitfiifeliKT einif,H'r Neiiiatudcn. V. 003 Währeiul letztere liewissenuaßen mit der Epidermis j^Ieichzeitij^ da war, hat sich die Baucldinie an der Stelle der \'er\vachsungsiiaiit der Epidermiszellen gebildet, derselben Stelle, wo kurz zuvor das letzte kleinzellige Material ins IiuH>re gedrängt war. Dasselbe bleibt hier größtenteils medioventral liegen, so daß bei dem Embrvo die Bauch- linie von Anfang an kernhaltig erscheint, eben datlurch, daß nun die kleinen ZelltMi dieser (Jegend in das zwischen die beiden subvcntralm Muskeltelder als Bauchlinie eiiulringende (iewebe zu liegen kommen. Wenn wir auch nicht ausschließen konnten, daß bei der Larve einige dieser kleinen Zellen die Cuticula berühren, so sind dieselben doch ganz andrer Herkunft als die Zellen der Seitenfelder und haben mit der Integumentbildung wohl nichts zu tun. Von den Kernen an Anus und Vulva ist hier natürlich abgesehen. Bei diesen entwicklungsgeschichtlichen Verhältnissen kann es uns nicht wundernehmen, daß wir auch beim erwachsenen Wurm die Bauchlinie überall kernhaltig treffen, aber wir werden von vornherein vorziehen, diese Kerne nicht als Epidermiskerne anzusehen, einmal eben ihrer Entwicklung wegen, dann, weil sich bei gewissen großen Formen {Oxi/uris curvula usw.) leicht für viele Zellen dieser Gegend der nervöse Charakter dartun läßt. Vor allem aber lassen uns Formen, wie die Fischascariden, die Verschiedenheit dieser Kerne von den Ej)idermiskernen der Seitenlinien so deutlich durch histologische Ver- schiedenheit (s. o.) erkennen, wie nur irgend ein Embryonalstadium. Wir können uns daher nicht entschließen, beregte Nuclei allgemein als Epidermiskerne anzusehen, im Anschluß an Rauthers Befund, sondern rechnen sie einstweilen zum Nerven-Sinnes-Ap})arat. Eine weitere Klä- rung hoffe ich mit Hilfe der Konstanzerscheinungen hier später bringen zu können, in finrin der folgenden Aufsätze über letzteres Problem. Die Subcuticula ist bei den meisten Nematoden im Rumiif kernlos, ganz des gleichen geweblichen Baues wie die Median-, Submedian- und die ganzen oder ein Teil der Seitenfelder, in deren Gewebe sie stets ohne eine Spur von Grenze übergeht. Wie sie kernlos wurde, oder viel- mehr, daß .sie gleich kernlos entstand, der kernlose Teil der in den Seitenfeldern gelegenen Zellen ist, lehrt die Entwicklungsgeschichte. Daß sekundär aus den Seitenfeldcni wirdii- Kerne in die Subcuticula eindringen können, lehrte der vergleichend histologische Teil. Während wir bei den großen Ascariden diesen Vorgang fast direkt verfolgen konnten, wo sehr junge Exemplare noch eine fast völlig kernfreie Sub- cuticula hatten, können wir es für dir großen Üxyuren {curvuld und lla',eUnt)t) nur erschließen. Jedenfalls .sehen wir dit>6en Zustand mit 604 E. Martini, kernhaltiger Subcuticula als sekundären an, als eine Folge der erheb- liclien Größe der Tiere. Diese einfachen Verhältnisse gestalten sich etwas abweichend im Schwanz und Kopf. Im Schwanz weicht der Verlauf der Längslinien und ihre gegen- seitige Lage von den Verhältnissen im Rumpf ab, dabei werden die Längslinien gewöhnlich niedriger. Setzt sich die Muskulatur bis über den After in die äußerste Schwanzspitze fort, so bleibt jedoch natur- gemäß der Unterschied von Subcuticula und Längsfeldern bestehen, und die Epidermiskerne finden sich nur in letzteren. Kommt aber dadurch, daß der Körper sich über den After noch in einen langen Fortsatz nach hinten auszieht, in den nur ein kurzes Ende die letzte Muskelzelle jedes Bandes sich noch hinein erstreckt, ein typischer muskelloser Schwanz zur Ausbildung, wie bei den Oxyuren, so gelangen hier natürlich alle Längslinien zur Verschmelzung. Die ja durch die Muskulatur allein bedingte Differenz zwischen Subcuticula und Längs- feldern findet sich hier natürlich nicht, und die Kerne liegen in der gleichartigen syncytialen Epidermis. Wichtiger sind die Abänderungen der Kernverteilung im Vor- derende. Hier dringen ja alle Längslinien tiefer in das Innere des Wurmes ein und besonders die Medianlinien nehmen dabei relativ sehr an Um- fang zu. Endhch verschmelzen alle LängsUnien zu einem einheitlichen, den Oesophagus umscheidenden Gewebe. Daß dies letztere gleicher Substanz wie die Seiten- usw. Felder ist, wird durchgängig angenommen, aber z. B. Goldschmidt rechnet diese wie jene zum Mesoderm. Da uns jedoch der Nachweis gelungen ist, daß die Längslinien Teile der Epidermis sind, so dürfen wir die aus ihrer Verschmelzung hervor- gegangene Gewebsscheide getrost auch als ectodermal auffassen. Ich verweise hier noch auf das bei Äscaris mucronata S. 570 Gesagte. Übrigens habe ich den Eindruck gewonnen, daß diese stützend ins Innere entwickelten Teile der Epidermis bei den höheren Formen, z. B. den Ascariden, eine viel mächtigere Entwicklung zeigen, als bei den Oxyuren usw. Die Beurteilung der Kernverhältnisse der Kopfgegend wird nun schon durch die reichhche Einlagerung von zum Nervensinnesapparat gehörigen Zellen und Kernen in das epidermale Gewebe wesentlich erschwert. Immerhin ist unschwer zu erkennen, daß hier im Vorderende in allen Hauptläiigslinien, also auch den medianen, Epidermiskerne stehen. rix T Suliciili.iila uiul Scitcnfcldcr i-iniger Noiiiatoclc-ii. V. (105 Außerdem aber faiuleii wir solelie z. B. hei den Ascarideii aueli in dem inneren, den Oes()})ha^nis umi,'ebemleii Polster. Die Kernhaltigkeit der Medianlinien (von den Xuelei der Ganglienzellen usw. ist hier abgesehen) reicht von vorn nicht weit hinter den Nervenring zurück. Bei der Larvenentwicklung sahen wir in die Ventrallinie sechs, in die Dorsallinie sieben bis acht {CmuUanus) Epidermiskerne eingehen. Demgegeniil)er fällt die geringe Zahl mediodorsaler und nirdioventraler Epidermiskerne beim Erwachsenen (z. B. Fischascariden) auf. Eine große Zald solcher [Oxi/uris curvula, Sclerostomen) ist natürlich leicht erklärlich aus Vermehrung der embryonal in diese Gegend gelangten Nuclei. Eine Verminderung erfordert eine Erklärung, die ich noch nicht zu geben imstande bin. In zwei Richtungen wird man, glaube ich, diese zu suchen haben. Einmal wäre denkbar, daß ein Teil der ursprünglich medianen Kerne bzw. ihrer Descendenz in die Tiefe gerückt ist und aus ihnen die sämtüchen oder doch ein Teil der Kerne der innen den Oesophagus umgebenden Scheide geworden sind. Dann aber könnten auch einige dieser Elemente in die Bildung des Lippengewebes eingegangen sein, so daß war vielleicht in den Kolben-, Faser- usw. Zellen einen Teil der ursprünglichen großkernigen Epi- dermiszellen zu sehen hätten. Da der Kernbau der erwachsenen Zelle durchaus nicht immer dem der embryonalen entspricht, so können wir aus den Verhältnissen der ersteren auf die der letzteren nicht zurück- schließen. Leider ist ja unsre Kenntnis vom Baue des embryonalen Kopfendes eine so geringe, daß es nicht möglich ist, daraus zu ersehen, welche der von Goldschmidt in seiner Arbeit über die Sinnesorgane von Ascaris (1903) aufgestellten Zellkategorien in dem kleinkernigeu Material des Vorderendes bei der jungen Larve enthalten sind, also nicht auf die großen Zellen der Epidermis sich beziehen lassen, oder welche von letzteren bereits eine von den übrigen etwas abweichende Funktion mid Bau im Dienste der speziellen Verhältnisse des Vorder- endes haben mögen. Hier liegt also noch ein beträchtliches und sicher nicht ganz einfach zu bearbeitendes Feld vor, doch hoffe ich, daß auch hier mit Hilfe der Konstanzerscheinung ein wesentlicher Schritt zur Klärung sich wird tun lassen. Da ich auf letztere an anderm Orte hoffe zurückkommen zu können, unterlasse ich hier eine Analyse derselben, obwohl ich empfinde, daß auch eine völlige vergleichende Erledigung der hier aufgeworfenen Fragen das Gesamte wesentlich abrunden würde. Wir wiederholen also nochmals hier die Grundanschauung, daß die 606 E. Martini, Epidermiskerne sich typisch nur in den Längshnien finden, die Sub- cuticula aber ein kernloser Teil der in jenen gelegenen Elemente ist. Wie Rauther sehr richtig bemerkt, drängt sich hier ohne weiteres der Vergleich mit den von Blochmann und seinen Schülern bei Trema- toden und Cestoden gefundenen Verhältnissen auf, wo die Matrix der Cuticula auch kernlos erscheint, da die kernhaltigen Teile ihrer Zellen zwischen der Muskulatur in die Tiefe gerückt sind. Was dort einzeln und anscheinend regellos geschieht, vollzieht sich bei den Nematoden entsprechend ihrer Eutelie in geschlossenen Reihen und gesetzmäßiger Stellung. Sonst haben die Verhältnisse letzterer in denen von Trema- toden und Cestoden, wie sie Zerneke und Bettendorff schildern (1895, 1897), ihr volles Ebenbild. Übrigens weist schon Blochmann (1896) darauf hin, daß diese Verhältnisse auch sonst im Tierreich vorkommen, so z. B. bei Hirudo und von Jander (1897) auch am Tricladenpharynx gefunden wurden. Nach dieser Übersicht des typischen Verhaltens wäre noch einiges Detail zu bringen. Der wichtigste Teil der Epidermis sind, wie wir sahen, die Seiten- felder, da in ihnen die Zellkörper der Epidermiszellen gelegen sind. Wir sahen nun schon, daß diese dort beim Embryo und der neu geborenen Larve in drei Längsreihen liegen, und daß wir auch bei sehr vielen erwachsenen Arten die Kerne in derselben Anordnung treffen. Auch auf dem Querschnitt sieht man deutlich bei den primitiven Formen »drei Zellen nebeneinander« und getrennt durch »doppelt konturierte Zellgrenzen«. Und doch können wir hier eigentlich nicht von drei Zellreihen, drei Zellen im Querschnitt, Zellgrenzen sprechen, denn in jeder Reihe sind die Zellen zu einem Syncytium zusammengeflossen. Es ist mir wenigstens auf Flächenpräparaten so wenig wie auf Längs- schnitten gelungen, Zellgrenzen innerhalb der einzelnen Teile der Seiten- felder aufzufinden. Dagegen bleiben diese drei Teile unter sich meist deutlich getrennt. So können wir also sagen: das Seitenfeld besteht aus drei syncytialen Strängen, die im einfachen Fall je eine Längsreihe von Kernen einschließen. Von diesen drei Strängen, die von ventral nach dorsal aufeinander lagern, sind der oberste und unterste stets einander völlig gleich, der mittlere dagegen, der genau unter der sehr häufig dm-ch Flügel und andre Bildungen ausgezeichneten SeitenUnie der Cuticula liegt, geht in seiner Ausbildung einen besonderen Weg. Schon bei unsern embryologischen Studien fanden wir Differenzen im Verhalten der Zelheihen und schon hier Gleichartigkeit der dorsalen Tber Subcuticula und SeiU-iifeldcr eiiüj^LT Ni'inatodüu. V. 607 und ventmltMi. So ist bei CticvlhinKfi der Kern der mittleren Reihe stets hart an die äußere Oberfläche der (Aiticula gedrängt, wälirend die andern beich'ii meist mehr einwärts stehen, vgl. Fig. 25 u. 2(5, und denselben Unterschied fanden wir beim erwachsenen Parasiten wieder. Bei Nema- toxijs war es außerdem, vgl. Fig. 52 — 02, eine schon auf sehr jungen Stadien wahrnehmbar überragende Uröße der Lateralreiliemiuclei, die sie vor den Kernen der paarigen Reihen auszeichnete. Auch dies Ver- halten treffen wir noch bei dem geschlechtsreifen Wurm. Bei Rhabdo- nona, wo wir letztere Differenz bei der Larve in gleichem Sinne finden, ist sie beim Erwachsenen in das umgekehrte Verhältnis übergegangen. Zeigen uns diese Beobachtungen die schon in der Embryonal- entwicklung hervortretende Verschiedenheit der mittleren Zellreihe (bzw. Syneytium) von den paarigen, so spricht sich dieselbe beim erwachsenen Wurm häufig noch in mannigfacher andrer Weise aus. Eine so große Übereinstimmung aller drei Reihen wie bei Mermis, wo nur die Form des mittleren Teiles von der der seitlichen abweicht, ist eine Seltenheit. Fast stets unterscheidet sich sonst der Mittelteil von den äußeren diu'ch die Kernzahl, welche wohl immer geringer ist, als die der letzteren, meist auch durch die Kerngröße, wobei allerdings bald die eine, bald die andre Partei das Mehr leistet. So sind die Kerne der Lateralreihe (entsprechend dem obenerwähnten Verhalten mancher Larven) die größeren bei den Oxyuren, Sclerostomen, Strongylus auricularis, bei Heterukis vesicularis, Netmitoxys, Pseudalius tumidus, Filaria papu- losa u. u., während Rhabdonenui, Cucullanus, Fischascariden, Strongylus nodularis u. a. sehr deutlich das umgekehrte Verhalten zeigen. Ferner finden sich Unterschiede in der Kernform und Struktur, wobei meist der Kern des Mittelstranges entsprechend dessen oft nur schmalem Bau eine erhebliche Streckung in der Längsrichlung des Feldes er- fahren hat (Fischascariden). Damit sind wir sclum zu den beträchtlichsten Unterschieden beider Bauteile der Seitenfelder gelangt, der Form und dem l>au ihrer Plasma- körper. Von diesen gilt, daß ilie äußeren Teile wohl immer weit stärker entwickelt sind als der mittlere. Das fällt besonders bei den Ascariden der Warmblüter auf, doch auch bei Sclerostoma und andern Gattungen. Li solchen F'ällen starker Entwicklung des Dorsal- und Ventral- stranges und rudimentärer Ausbildung der Ijateralreihe sahen wir dann aueli wohl {Sclcrostonui) die ersteren einwärts von der letzteren sich bis ;ciir Verschmelzung berühn'n, so daß sie ein finlit'it liebes Syn- eytium niitrinandfi- bilden, dem di'i' Lateralstrang eingelagert ist. 608 E. Martini, Das versteht sich leicht bei der völlig gleichartigen Beschaffenheit der paarigen Stränge untereinander. Ob diesem verschiedenartigen geweblichen Verhalten auch eine verschiedene physiologische Leistung der drei Stränge entspricht? Das scheint so. Ist es doch in der Regel der Lateralstrang, dem die Ex- cretionsröhre eingelagert ist und der zu ihr in einer mehr oder weniger nahen Beziehung steht. Auffallend ist nur, daß ich bei Ichthyonema globiceps diesen mittleren Teil des Seitenfeldes oder ein Homologon nicht gefunden habe. Bei Ichthyonemen hat nun auch Jägerskiöld den gewöhnlichen Excretion sapparat vermißt. Immerhin will mir scheinen, daß die bisherigen Beobachtungen so enge Beziehungen zwischen Seitenfeld und Excretionsapparat anzunehmen kaum erlauben. Bei gründlicher Untersuchung und reichlichem Material wird man den Lateralstrang vielleicht auch hier auffinden. Prinzipiell entscheidend würde ja schon der Befund bei sanguineum sein, das mir nach der Literatur als die für diese Untersuchung bei weitem günstigere Form erscheinen will. Außerdem scheint der Mittelstrang in der Regel auch für den Auf- bau der Cuticula von Bedeutung zu sein, die unter ihm sehr häufig nicht nur die bekannten flügelartigen Verstärkungen (manche Asca- riden, Oxyuren usw.) zeigt, sondern auch kanalartige Differenzierungen, sowie anscheinend auch solche der feineren Struktur und des Verhaltens zu den Farbstoffen {Filaria papulosa u. a.). Übrigens ist die Beziehung dieser Reihe zur Cuticula auch noch darin schwankend, daß sie der letzteren bald breit anliegt {Filaria papulosa, Ascariden u. a.), bald sich mehr oder weniger von ihr zu emanzipieren scheint und sich so stark in das Innere des Wurmes ent- wickelt, daß sie wohl nur mit einer feinen Kante die Cuticula noch er- reicht {Oxyuris flagellum). Bei weitem den wesentlichsten Anteil am Aufbau der Cuticula nehmen wohl Dorsal- und Ventralfeld. Darin muß ich der Anschauung Goldschmidts (190.3) entgegentreten, der in dem mittleren Teil allein Beziehungen zur Subcuticula erkennen will. Vielmehr finde ich, daß es gerade das Gewebe der paarigen Stränge ist, das ohne Unterschied in das der Subcuticula übergeht, wie recht häufig oben im tatsächlichen Teil erwähnt wurde. Daß auch die Mittelstränge der Cuticula breit anlagern können, sahen wir soeben, anderseits aber auch, wie gering oft ihre Beziehung zu letzterer ist. Dagegen liegen die paarigen Teile ihrerseits stets breit der Cuticula an. Somit finden wir noch dieselben Verhältnisse wie bei der Larve, wo ja auch die Subcuticula sich als ('l)t"r Siihi'iiticula iiiul Sciltiifclder oiiii^'or Nriu.i(<)f|i'i\. V. GO!) Teik' der Doisjil- und Vt'iitralrt'ihe darstellt, vj,'l. 'IVxtfig. c 8.542. Aus diesem einl)ry()nalen Verhalten ist das definitive, wie wir sahen dadurcli entstanden, daü die hintereinander gelegenen Zellen syncytial sich verbanden. Denken wir uns dies in Textfig. i, W\. lAXXVI, 8. 28 ausgeführt, so wird die ganze Subcutieula des Kückens mit dem rechten und linken Dorsalstrang des Seitenfeldes ein einheitliches Syncytium darstellen. Ein gleiches würde auf der Ikuchseite nicht zustande kommen, da dieselbe ja von zwei Zellreihen gebildet ist, wenn man nicht an- nimmt, daß auch diese unter der Bauchlinie zu einem einheitlichen Syncytium verschmelzen. Das muß man wohl, da eine deutliche Grenz- linie medioventral nicht zu finden ist. So besteht also die Epidermis im wesentlichen aus einem dorsalen und einem ventralen Syncytium, die in den Seitenlinien durch die schmalen Lateralstränge der Seiten- felder getrennt werden. Daß sich diese beiden Syncytien einwärts von Mittelteilen der Seitenfelder vereinigen können, so daß sie zusammen eine syncytiale Einheit bilden, wurde bereits erwähnt. Immer bleibt aber dann nahe der Cuticula der Seitenstrang ihnen, sie (wenigstens teilweise) trennend eingelagert. Dieser Aufbau der Epidermis aus zwei (einem ventralen und einem dorsalen) in den Seitenfeldern zusammengefügten Syncytien, deren jedes aus hintereinander gereihten Zellen entstanden ist, erklärt leicht die so lange schon beschriebenen Verhältnisse der Ringelung der Cuti- cula. Bei sehr vielen, vielleicht allen Nematoden ist die Cuticula geringelt, d. h. genauer, sie setzt sich zusammen aus einer ventralen und einer dorsalen Folge von Halbringen (Ascariden, Oxyuren usw.). Jeder dieser Halbringe ist im allgemeinen ungefähr gleich breit, in den Seitenlinien sind nun diese beiden aus einander folgenden Ringen zu- sammengesetzten Hälften der Cuticula aneinander gefügt, jedoch so, daß dorsale Ringe und Ringgrenzen und ventrale ganz unregehnäßig aufeinander treffen, also sich nur durch Zufall hier und da ein ventraler und ein dorsaler Halbring zu einem ganzen Ring zusammenfügen. In diesen Verhältnissen spiegelt sich also der von uns klargelegte Aufbau der P^pidermis deutlich wieder. Man sieht auch, daß die Be- teiligung der Mittelreihe an der Cuticularbildung keine erhebliche ist. Nur bei Rhuhdonema dürfte dies anders sein, da ich hier, ebenso wie die Halbringe untereinander abgegrenzt waren, auch unter der Lateralreihe viereckige Cuticulastücke abgegrenzt fand. Hier liegt auch der Mittelteil des Seitenfeldes der Cuticula sein Ijreit an. 610 E. Martini, Kurz erwähnt mag hier noch werden, daß sich Differenzierungen besonders in den paarigen Strängen finden. Die häufigste ist wohl die, daß ihr der Cuticula anliegender Teil einen dichten Bau zeigt, der dann mehr oder weniger plötzlich in locker gebautes Gewebe des inneren Teiles übergeht. Liegt im Seitenfeld nur eine Kernreihe, so ist ein Irrtum über die Deutung dieser Verhältnisse nicht gut möglich. Bei vorhandener Vielkernigkeit haben selbst geringe gewebliche Differenzen eigenartige Deutungen erfahren. Übrigens können sich auch in den basalen Teilen locker gebaute (z. B. bei Pseudalius faserige) Stränge in den paarigen Teilen der Seiten- felder differenzieren. Von diesem einfachen Bautypus zeigen nun einige Formen Ab- änderungen, die die paarigen Teile der Seitenfelder am bedeutendsten modifizieren. Die wichtigste Besonderheit scheint mir in dem Auftreten von zweierlei völlig verschiedenen geweblichen Elementen in den paarigen Strängen gegeben zu sein, von denen nur die einen syncytial verschmel- zend die Rolle der gewöhnlich in diesem Strange vorhandenen Gewebs- teile mit deren Beziehung zu Subcuticula und Cuticula übernehmen, während die andern zellig gesondert bleiben. Wir trafen diese letzteren, bei der Mehrzahl der Species also nicht vorhandenen Elemente, dicht aneinander gereiht bei RJiahdonema und wiesen dort auf ähnliche Bildungen hin, die von andern Autoren bei verschiedenen Formen gefunden wurden und von Jägerskiöld als Drüsen, von Zur Strassen als Sinneszellen gedeutet wurden. Ich möchte hier eine weitere Besprechung der Sache, als sie oben bei RJiab- donema steht, nicht einfügen, da mir günstige Untersuchungsobjekte fehlten und da die Sache von Jägersk öld mit vergleichender Heran- ziehung vieler Literatm-angaben gründlich erörtert ist. Ich entscheide mich also einstweilen für keine Partei, muß aber sagen, daß die frag- lichen Zellen besonders bei Rhabdonema mit den Elementen des son- stigen Nerven- und Sinnesapparates der Nematoden nicht die mindeste Ähnlichkeit haben. Was uns hier interessiert, ist folgendes. Entwicklungsgeschichtlich müssen diese Elemente als Differenzierungen der Lateralreihen an- gesehen werden, da sie sich beim Embryo von Rhabdonema und Nenia- toxys, wo vielleicht ähnlich zu deutende Verhältnisse beim Erwachsenen vorliegen, nicht besonders anlegen, also erst später sich auszubilden scheinen. Sie finden sich offenbar nur so weit als die Dorsal- und Ventral- zellreihe in den Seitenfeldern liegt. ÜluT Suluutiriila und Seitcnfeldcr einiger Nematoden. V. Uli Es fällt nun auf, daÜ sich iliesr Koniplikalion \)vi sehr verschie- denen Nematoden findet, so daß es nicht wohl anfi;iinf^ig scheint, sie als eigenartige Erweri)uiig einer ursprünglich eiiiheitlichen, vom llaupt- stainm abgezweigten (Jruppe aufzufassen. RlKthdoncnm. nieroniyar mit seinem eigenartigen Entwicklungscyclus. die fi'eilehenden polyniyaren Cylicolaiimis usw.. Anthraconenm, endlich die in so mancher Beziehung von den übrigen Nematoden divergierenden Trichotracheliden sind so verschietk'nartig, daß sie sich den übrigen Formen gegenüber nicht als eine einheitliche Gruppe zusammenfassen lassen. Somit erscheint plausibler, daß diese reichere Gliederung der Epi- dermis ein ursprünglicher Besitz der Nematoden gewesen sein mag, der jedoch der großen Menge der Zweige verloren gegangen ist. Die zweite Veränderung, die an den Seitenfeldern Platz greift, sind Vorgänge der Kernvermehrung. Sie sind in den paarigen Teilen be- sonders ausgesprochen. Während die Ganglienzellen, die Zellen des Oesophagus und des Enddarmes, bei manchen Species auch die Muskulatur von der Em- bryonalzeit ab anscheinend durchs ganze Leben unvermehrt bleiben, habe ich stets im Dorsal- und Ventralstrang der Seitenfelder erw-ach- sener Nematoden die Kerne sehr vermehrt gefunden. Dabei bleibt jedoch häufig insoweit das embryonale Anordnungsprinzip erhalten, als die Kerne der paarigen Teile je eine, wenn auch dichte Reihe bilden. Diesen Zustand möchte ich als den ersten Grad der Kern- vermehrung bezeichnen. Wir trafen ihn bei Rhahditis teres, Strongylus auricidaris, Oxi/uris vcnnicidaris, flagelluni, Diesingi, Anchi/Iostonia duodenale, Rhabdonenui nigrovenosum, Cucullmius elegans, Hetcrakis vesicularü, Ascaris uranoscopi, ferox, Strongylus filaria, paradoxus, Pseudalius tumidus, Stwngylus convolutus, Plectus parietinus, creno- soma und Mermis, sowie andern Formen. Auch die Fälle der Fisch- ascariden, wie Ascaris clavata, in deren Seitenfeldern die im Prinzip einreihig gestellten Kerne sich so drängen, daß manchmal zwei der großen unregelmäßigen Gebilde derselben Dorsal- oder Ventralreihe mit den einander zugewandten Enden nebeneinander zu liegen kommen, ja selbst zwei kleinere Kerne völlig auf gleicher Höhe liegen, möchte ich hierher rechnen. Ob man dies auch noch bei der Dorsal- und \'entralkernreihe von Pseudalius minor und convolutus kann, erscheint mir etwas fraglich. Wenn hier auch in der Regid aus jeder der genannten Reihen nur ein Kern im Querschnitt erscheint, so stehen sie in ihrem Feld doch in einer sehr unregelmäßigen Reihe, und hin und wieder erscheint innen mitten 612 E. Martini, zwischen beiden ein Kern, dessen Stellung eben in dem schon mehrfach erwähnten Zusammenfließen der paarigen Stränge einwärts von den Mittelsträngen seine Erklärung findet. Diese Fälle bilden den Übergang zur Kernvermehrung zweiten Grades, bei dem die Kerne nicht mehr eine Reihe bilden, sondern ge- wissermaßen eine mehr oder weniger breite, aber unregelmäßige Ko- lonne. Übrigens weichen sie auch von dieser Anordnung insofern häufig ab, als einzelne mehr oder weniger aus der Kolonne nach innen drängen. Solche Verhältnisse treffen wir bei Ox'juris ambigua, Sclero- stomen, Filaria, Ägamonema. Einen dritten Grad möchte ich endlich für die Formen annehmen, wo unter Ausbildung von Kernhaufen es zur höchsten Vermehrung, aber auch Verkleinerung der Nuclei und einer völligen Durchsetzung der Subcuticula mit ihnen kommt. Solche Verhältnisse zeigen Oxyuris curvula, mastigodes, Ascaris mijstax, lumbricoides und niegalocephala. Wie sich die andern Ascariden der Warmblüter verhalten, ist leider nicht genau bekannt. Der durch die Vermehrung dritten Grades entstandene Zustand ist es besonders, der zu eigenartigen Deutungen geführt hat. Die Anschauung K. C. Schneiders, daß das kernhaltige Gewebe der Sub- cuticula und Seitenfelder, besonders deren paarige Teile, mesodermal und nur die faserigen Differenzierungen ectodermale Reste seien, wird noch origineller durch ihre Begründung, indem für das erste die Be- ziehung der Subcuticula und Seitenfelder zum Nervensystem, für das zweite die Beziehung der Fibrillen zur Cuticula sprechen sollen. Das Ganze wird ferner gestützt mit Zur Strassens Anschauung vom Unter- gang der Epidermiszellen bei der Bildung der Cuticula. Letztere hat sich nun nicht bestätigt. Aber auch abgesehen davon, könnten beide Argumente, scheint mir, nur im umgekehrten Sinne in Anwendung kommen. Die Stützelemente des Nervensystems pflegen meines Wissens ectodermal zu sein, und dies System findet sich nicht eben selten noch ganz dem Ectoderm eingelagert (Enteropneusten, Chaetognaten), ein Zustand, den die phylogenetische Betrachtung stets als ursprünglich vorausgesetzt hat (vgl. Cölenteraten). Nehmen wir jedoch an, daß die Epidermis bei der Bildung der larvalen Cuticula zugrunde ging, Längs- linien und Subcuticula also mesodermal seien, so können alle bei späteren Häutungen erzeugten, endlich also auch die definitive Cuticula, nur dem Mesoderm ihren Ursprung danken, und Beziehungen zur Cuticula nur auf den gleichen mesodermalen Charakter hinweisen. Also zwei Ar- gumente höchst sonderbarer Art. über Subcutii'iila und öeil(nfLldi.-r rinij^i-r Nematoden. V. (il3 Auch Goldschmidts Ansicliten können wir nicht teilen, der außer den Kernen des Mittelstranges aucli nur die basal in den seitlichen Teilen nahe der Cuticula gelegenen Kerne als ectodermal ansieht, aus dem übrigen Gewebe des Dorsal- und Ventralstranges jedoch noch eine Reihe verschiedener Abteilungen macht. Schon daß die Elemente der paarigen Stränge viel enger zusammenhängen und unter sich viel ähnlicher sind als denen des Mittelteiles, macht hier stutzig. Vor allem aber ist es der Vergleich mit den verwandten Formen, der entscheidet. Ferner aber ist zu beachten, daß gerade die Versorgung der Subcuticula mit Kernen die großen Anforderungen an die Kernvermehrung stellt, die zur Ausbildung der Kernhäufchen führt, so daß wir das eine nie ohne (las andre gefunden haben. Daher kann man nicht wohl die Kernhaufen und die Nuclei der Subcuticula verschiedenen Keim- blättern zuweisen. Übrigens muß man von den Epidermisverhältnissen einer neu- geborenen .-1 sc« r/s- Larve von megalocephala oder lumbricoides annehmen, daß sie denen der übrigen Nematodenlarven von gleichem Alter völlig entsprechen. Stimmt doch die Entwicklung der genannten Arten im ganzen Aufbau des Zellmosaiks Zelle für Zelle mit den von uns studierten Arten überein bis in Stadien, wie sie H. Müller beobachtete, wo sich die Kerne der ursprüngUch sechs, später fünf dorsalen Zellreihen mehr und mehr als je drei Längsreihen von Kernen in die Seitengegend ziehen. Dioßem Verhalten der Epidermis bei der jungen Asciris-LuTve, das wir mit großer Wahrscheinlichkeit erschließen können, steht dann das Verhalten junger Tiere, z. B. bei Ascaris mystax, die sonst viel Übereinstimmung mit megalocephala zeigt, noch nahe, während sich erst das erwachsene Tier weiter von der ursprünglichen Kernverteilung entfernt. Auch bei den als Agamonema bezeichneten i4scam-Larven, die sich doch vielleicht später zu ä la megalocephala gebauten oder dieser sehr nahe stehenden Formen entwickeln, sind all die bei megalo- cephala beschriebenen Differenzierungen noch nicht zu beobachten, vielmehr stehen auch sie im Bau der neugeborenen Larve näher. So ergibt die Entwicklungsgeschichte dieselbe Reihe wie die vergleichende Anatomie. Wir sehen also in den Kernhaufen, dem verschiedenen Aussehen dieser sich rasch vermehrenden Nuclei und der Bevölkerung der ganzen Subcuticula mit ihnen nur sekundäre Erscheinungen geringer morpho- logischer Bedeutung. Jedenfalls ist sie viel leichter erklärlich und weniger wichtig, als das oben geschilderte Auftreten von Drüsen- (bzw. Sinnes-) Zellen. Das erhellt schon daraus, daß die sämtüchen Grade 614 E. Martini. der Kernvermehriing im Dorsal- und Ventralsjaicytium innerhalb der- selben wohl umschriebenen Gattung nebeneinander vorkommen {Oxyuris, und auch bei Ascaris wenigstens die Extreme: ferox c/a lumbricoides oder, wenn man glaubt, daß Cobbs Ascaris hulhosa wirklich ausge- wachsen waren, alle drei Grade). Dabei erscheint die Größe von erheb- lichem Einfluß auf den Grad der Kernvermehrung, so daß es im wesent- lichen das Bedürfnis der größeren Epidermis nach mehr Kernoberfläche zu sein scheint, das zur Vermehrung der Nuclei, ja im extremen Falle zur Verteilung derselben in der Subcuticula führt. Allerdings richtet sich der Grad der Kernvermehrung nicht genau nach der Größe. Selbst innerhalb einer und derselben Gattung geht beides nicht ganz parallel {Oxyuris flagellum 1", amhicjua 2°). Dem Grade der Kernvermehrung im dorsalen und ventralen Syn- cytium kommt also keine systematische Bedeutung zu. Im Mittelstrang geht die Kernvermehrung nie über eine solche ersten Grades hinaus. Dagegen scheint es Formen zu geben, bei denen, wenn nicht alle, so doch eine Anzahl der Kerne dieses Teiles sich nach der Embryonalzeit nicht mehr vermehren. Solche Würmer sind die Oxyuren, Sclerostomen, auch wohl Stromjylus auricularis und Nema- toxys ornatus. Bei manchen Arten habe ich diese Verhältnisse nicht klargelegt. Die Kernvermehrung in diesem Strange liegt dagegen vor bei den meisten Polymyariern : CucuUanus, Ascaris, Lungenstrongy- liden usw., doch bleibt dieselbe, wie gesagt, stets ersten Grß,des. Auch dann bleibt sie hinter der Kernvermehrung der paarigen Stränge zurück, meist etwa um die Hälfte oder ein Drittel. Ausnahme hiervon machen von den mir in diesem Punkt bekannten Nematoden nur Mermis und, wenn man die Drüsenzellen in den paarigen Strängen nicht mitrechnet, Rliahdonema. Daß die Kernvermehrung hier im Mittelteil keinen höheren Grad erreicht, erklärt sich leicht aus unsrer Beobachtung, daß die Beteiligung dieses Stranges an der Körperdeckung sehr gering ist, also auch an seine Kerne mit dem Wachstum des Körpers nicht so gewaltige An- forderungen gestellt werden. Ja man kann darauf hinweisen, daß, wo bei großen Arten Oxyuris flagellum, curvula, mastigodes, Sclerostomen nicht einmal eine Vermehrung ersten Grades eingetreten ist, wir die Beziehungen der Lateralreihe zur Cuticula minimal fanden. Um- gekehrt scheint der sehr kernreiche Mittelstrang von Rhahdonema an der Cuticulabildung besonders stark beteiligt. In der Regel lassen nun, stets wo die Vermehrung ersten Grades (licht eingetreten ist, die Kerne der Lateralstränge rechts und Ihiks V\)vv SulnulK'iilii iiii'l Sui((.iifc!(Iir c-ini^cr Xcinalddin. V. (J15 deutlich syinnietrische Stellung erkennen. Darauf haben wir im tat- sächlichen Teil schon hingewiesen. Da sich so die Kernverhältnisse des Mittelstranges als weit kon- stanter ausweisen als die der paarigen Teile tles Seitenfeldes, wird ihnen eine systematische Bedeutung sich nicht wohl absprechen lassen. Im ganzen kann man also sagen, das Resultat ist das umgekehrte von dem, was die meisten Forscher vermutet, die es mit dem Alter der Tiere entschuldigen, wenn sie in der Subcuticula keine Kerne fantlt'ii. XtMii. wi'im Kerne in der Subcuticula sich finden, so haben wir es mit alten Tieren zu tun, bei den Embryonen und ganz jungen Tieren fehlen sie dort, und so bleibt es bei den meisten Arten, bis auf wenige Ausnahmen, bei denen im Alter Kerne in die Subcuticula einwandern. Moral: Es ist notwendig, sich durcli Vergleich der einzelnen Species und der Entwicklung über den Grundtypus einer Gruppe genau zu informieren, ehe man versucht, die Verhältnisse einer Art auf die bei Arten aus andern Gruppen zu beziehen und aus diesen zu deuten. Ich möchte nun nicht unterlassen, an dieser Stelle einiges über die Systematik der Nematoden zu sagen. Sehen wir z. B. die von Hertwig in seinem Lehrbuch gebildeten Gruppen an, so finden wir liier zum Teil sehr heterogene Elemente zusammengestellt. Ich will nicht auf die Stellung der Gattung Rhab- donema zu den freilebenden Formen und das Verhalten dieser unter- einander eingehen, sondern nur darauf hinweisen, daß in der Familie der Ascariden Ascaris mit Oxyuris vereinigt werden, in der der Strongy- liden Eustrongijlus gigas mit Strongylus filarm, Sclerostomum und Anchi/lo.sfnnia. Letztere Bildung einer Grup])e der Strongyliden, ent- sprechend etwa dem ScHNEiDERSchen Genus Strongylus, ist anscheinend noch sehr beliebt und ist es auch, wogegen ich hier in erster Linie Front machen möchte. Ein durchgehendes Prinzi]) erscheint in der HERTWiGSchen Ein- teilung nicht, bald sind es Größe und Lebensweise (Anguilluliden), bald Spicula und Bursa, bald (Filariden) der gesamte äußere Habitus, der die Grufjpen zusammenhalten soll. Systematischer ging Schneider vor, der die Bescliaffenheit der Muskulatur seiner Einteilung zugrunde legte, und v. Linstow, der die Ausbildung der Seitenfelder als Hauptmerkmal nahui. Gehen wir nun einmal die einzelnen Organsysteme durch, um sie auf ihre systematische Verwertbarkeit zu prüfen. Zeitschrift f. wisseiisch. Zoologie. XCIII. Cd. -40 016 E. Martini, . i! Da ist zunächst das Seitenfeld, d. h. der kernhaltige Teil der Epi- dermis. V. LiNSTOW hat hier Formen mit breitem niedrigen, solchen mit schmalem, tief eindringenden Seitenfeld entgegengestellt. Dabei ging er von der Anschauung aus, daß das Seitenfeld bei vielen Formen an der Ernährung beteiligt sei. Wenn nun auch stets hinten im Tier- körper das Seitenfeld wesenthch flacher ist als im Vorderende, dort auch in der Regel breiter, hier schmäler, so sind doch sicher Unter- schiede deutlich vorhanden, wenn man homologe Teile verschiedener Species vergleicht. Immerhin finden sich innerhalb derselben Gattung beträchthche Unterschiede. So ist bei Oxyuris curvula das Seitenfeld relativ viel breiter als bei vermicularis, und das gleiche gilt zwischen Ascaris mucronata und megaloce'pJiala. Wenn wir in den Seitenfeldern nur von den Muskelbändern aus- geschnittene Teile der Epidermis sehen, so ist klar, daß ihre Ausbildung von der der Muskulatur abhängen wird. Ist letztere sehr kräftig, so wird sie die Längslinien schmal zusammendrängen, dieselben werden also nur Platz haben, sich in die Tiefe auszudehnen: Ascaris mystax, Agamonema, Pseudalius minor, Heterakis vesicularis. Ist die Musku- latur gering entwickelt, so bleibt den kernhaltigen Epidermisteilen ein breiter Platz, und sie haben entsprechend keinen Grund, sich ins Innere einzuwulsten. Das Seitenfeld ist breit und flach [Oxyuris curvula, Ascaris mucronata, Pseudalius tumidus). Über den systematischen Wert der verschiedenen Muskelausbildung siehe unten. Wie die einzelnen im feineren Bau der Seitenfelder hervortretenden Differenzen zu werten sind, haben wir bei jenen ja schon besprochen und brauchen wir hier daher nur zu rekapituheren. Systematisch bedeutsam erscheint das Vorkommen von Drüsen- zellen im Seitenfeld, relativ unwichtig die Kernverteilung und -zahl in den paarigen Strängen, wenn sie auch in kleinsten Gruppen mit andern Merkmalen zusammen vielleicht verwertbar ist. Die Kern Vermehrung der Mittelteile erscheint dagegen entschieden von Bedeutung, wenn auch vielleicht nur in mäßigem Grade. Die Merkmale, die der Darmkanal abgibt, zu beurteilen, bin ich nicht ganz kompetent. Der Oesophagus scheint im allgemeinen bei den Nematoden recht gleichartig gebaut, und mir liegen hier selbst zuwenig vergleichende Beobachtungen vor. Immerhin will mir die Absetzung des Bulbus vom Oesophagus durch ein langes, schmächtiges Zwischen- stück als recht charakteristisch und vielleicht bedeutungsvoll erscheinen. Die Form des Mundeinganges ist wohl verschieden zu bemessen. Die Lippenbildung, die wohl mit den Sinnesorganen der Mundgegend über SulRMiticula iiiul Seitenfeldcr einiger Nematodon. V. (517 in >|)oly- oder ineroinyar« einen für die Systematik brauchbaren rntersehietl, nicht so in »cölo- oder platyniyar«, da in letzterer Beziehung zwischen tlen Körpergegenden desselben Indi- viduums große Differenzen vorkommen. (Die hintersten Muskelzellen von Ascuris tnucromiüi sind platyniyar.) Über die Wertung der Excretionsdrüse und ihres Baues für syste- matische Zwecke sind sicher wieder andre kompetenter zu urteilen als ich. Endlich möchte ich noch auf einen Punkt hinweisen, der sich wohl heranziehen laut. Da ist zunächst der histologische Charakter einer Gruppe. Auf seine Bedeutung, allerdings in morphogenetischer, nicht in systema- tischer Hinsicht, finde ich in Längs Trophocöltheorie hingewiesen. — Schöne Fälle von gleichartigem histologischen Charakter nahe zu- sammengehöriger Formen zeigt uns bei den Nematoden z. B. die Gat- tung Pseudalim mit ihren chromatinreichen Kernen ohne deutliche Nucleolen, gegenüber etwa Cucullanus mit seinen chromatinarmen, aber mit riesigem chromatischen Nucleolus versehenen Kernen. Diese Differenz trifft nicht nur mit Ausnahme des Nervensinnesapparates die Kerne fast aller Organsysteme beim erwachsenen Tier, sondern tritt schon beim jungen Embryo bereits während der Gastrulation deutlich hervor (vgl. Fig. 35 bis 49 [1907] mit Fig. 28—32 [1904]). Oh auch die eigenartige Kernbildung der Fischascariden bereits embryo- nal auftritt, habe ich leider nicht festgestellt. Ein ähnUches Merkmal ist der stark syncytiale Charakter, der bei Pseudalius an manchen Organen auftritt, die sonst deutlich zellige Gliederung zeigen. Wenn wir hiermit auch nicht glauben, große Gruppen aufstellen zu können, möchten wir doch auf den Punkt hinweisen. Man wird vielleicht Aufbau des Systems auf Gründe, wie den histologischen Charakter usw., für unzweckmäßig halten, da er stets eine histologische, ohne Schnitte oft kaum ausführbare Untersuchung bedinge, wenn man einer Form ihre Stellung im System anweisen soll. Aber es ist eben etwas andres, das natürliche System einer Gruppe aufzusuchen, d. h. den phylogenetischen Beziehungen ihicr .Vrtenlcreise 620 E. Martini, nachzuspüren, etwas andres, eine Bestimmungstabelle ausarbeiten. Und nur zu der ersteren Arbeit möcliten wir hier einen kleinen Versuch beitragen, wenn derselbe auch entsprechend unsrer geringen Kenntnis des großen Artenkreises nur eine Kjitik zweier kleiner Gruppen ver- suchen Süll und ich mich der Beteihgung am positiven Aufbau des »Systems nicht unterfange. (Die Arbeiten von Stossich waren mir leider nicht zugängHch.) Gegen die Gruppe der Strongyliden möchte ich mich zuerst wenden. Wenn auch die Bursa sicher ein gutes Merkmal der Zusammengehörig- keit ist, so wiesen wir doch schon oben darauf hin, daß man nicht wohl alles was Bursa hat zusammenstellen kann. Aus der Gattung Strongylus haben schon Sclerostoma equinum, die, soviel ich weiß, zuerst den Gattungsnamen Strongylus getragen hat und wohl als Typus dieser Gattung daher anzusehen wäre, und Anchylostonm eine generische Abtrennung von dem Rest der Gattung erfahren. Aber auch als Fa- milie ist die Gruppe der Strongyliden, glaube ich, nichts wert, wenigstens in ihrer jetzigen Form. Daß Schneider die zur vorliegenden Gattung vereinigten Formen nicht gut gekannt, geht schon au^ der Mischung von Mero- und Poly- myariern hervor. Sehen wir die bei ihm aufgeführten Species durch, so finden wir darunter zwei Gruppen: Parasiten mit Mundkapsel, die im Darm von Warmblütern frei schmarotzen und Parasiten ohne Mundkapsel, die in Knoten des Darmes, der Lunge usw. leben und meist dünn fadenförmig gestaltet sind. Zu diesen Unterschieden kommen bei den bisher histologisch näher untersuchten Formen auf der einen Seite { Sclerostomum equinum, Anchylostoma) primitiver meromyarer Muskelbau, Cervicaldrüsen, keine oder geringe Zellvermehrung im Mittelstrang des Seitenfeldes. Auf der andern Seite {Strongylus para- doxus, filaria) hochgradige polymyare, zum Teil reduziert cölomyare Muskulatur, reichhche Kernvermehrung im Mittelstrang. Auch sind mir Becjbachtungen über (Jervicaldrüsen nicht bekannt. Es handelt sich also um höchst verschiedene Forme}i, die unter den parasitischen Nematoden weit auseinander gerückt werden müssen. Nach der ScHNEiDERschen Beschreibung sind vermutlich Sclerostoma- ähnlich, also mit ihm usw. zur Familie der Sclerostomiden (wenn man nicht aus historischen Rücksichten diese Gruppe gerade Strongyliden nennen will) zu stellen : equinus, armatus, tetracanthus, vgl. auch die von Loos beschriebenen Formen, hypostomus, cohaerens, galeatus'^., dimidiatus, costatus, trigonoeephalus, cernuus, radiaf/us, criniformis, duodenal'is, iuhdeformis, monostichus. Ob die offenbar eng zusammen- t^lKT Siilxiitifula und Scitfufclder iMni>;i'r NenuiloJin. V. ()21 fi«'li(")ri^iMi Strotuji/lu.s dcntutus, inflatus und rmulo.stLs liicrlitT zu stelleji siriil. ist mir zwar wahrscheinlich, aber nicht siclier. Strouyi/lus (turicuhiris besitzt zwar keine Muntlkapsel, ist jcchx'li lui'roniyar und bezüj^hcli (k>s Mittckhirines nocli wesentlich primitiver als die Sderostomen und Nt-rwaiidten ; diese Form möchte ich in die Familif der Rhabditiden stellen, umfaßt die Gattung Rhabditvs doch bereits parasitische Formen. Wie nahe nun der Rest der Formen zusammengehört, ist schwer zu sagen, da noch so viele histologisch ununtersucht sind. DalJ die Ijungenstroiiüyliden. wie filaria, paradoxus und andre gut zusanimen- })as8en. will mir scheinen. Wie weit das Heer der sonst aus Knoten der Darmwand usw. beschriebenen Strongyliden sich ihnen anschließt, kann ich natürlich nicht beurteilen. Strongiflus nodularis üeße sich, glaube ich, allenfalls mit filaria in einer Familie unterbringen, wenn auch der histologische Charakter recht different ist. Dagegen scheint mir der histologische Charakter, Gesamthabitus, Habitat. Muskel- anordnung die Gattung PseiHkilius, soweit sie überhaupt einheitlich bleiben wird, an die Seite der sich um Stro7ujylus fikirüi gruppierenden Formen zu weisen. Ebenso könnten einer so gebildeten Familie viel- leicht einzeln stehende Formen, wie Coenosoma usw., angeschlossen werden. Die Gründe (polymyare Muskulatur), die Schneider zur Abtrennung von Eustrongijlus veranlaßten, verfangen insofern nicht, als sich dieser Autor in bezug auf zahlreiche Stron^ylus- Xrten über die |)olymyare Natur getäuscht hat. Mit ihnen könnte wohl Eustron- (lilhis ruhig wieder in tler gleichen Familie vereinigt werden. In zweiter Linie möchte ich über das Genus Asairis einige Worte sagen. Hier ist es wieder ein eigentümlich scharf und gleichartig aus- gej)rägter histologischer Charakter, der Kernbau, der mit gleichartiger Struktur der Seitenfelder, gleichartigem Bau der Muskulatur und des Excretionsapparates und mit einem bereits von Schneide!', benutzten Merkmal dem Auftreten von i.,öffeln und Zwischeidi})pen zusammen- fallend, eine Gruppe von einheitlichem Habitat (Knochenfische) cha- rakterisiert. Da es mir jedoch bei Gruppen mit so unsicherer Syste- matik, wie die Nematoden es sind, praktisch scheint, möglichst große Gattungen zu erhalten, möchte ich nicht vorschlagen, diese wohl um- schriebene Sippe von der Gattung Asiuiris abzutrennen. Interessant ist übrigens, daß Asatn's rotundHhi. die bezüglich des Excretionsorgans eine Zwischenstellung zwischen . (ioLDscii.MiDT. 19().S. Histologi.'^che Untersuehungen an Nematoden I. Zoul. Jahrb. Bd. Will. 17. ÜMiti. Mitteihuigen zur Histologie von Ascaris. Zool. Anz. Bd. XXIX. 15. ll.vMA.NN. ISid. 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LIV. 60. — 1904, i\nthraconenia, eine neue Gattung freilebender Nematoden. Fest- schrift für Weissmänn (Zool. Jahrb.). über die fibrillären Strukturen in den Muskel- und Darmzellen der Ascarlden. Von Dr. Fr. Bilek. (Aus ili'in zoologischen Institut der böhmischen Universität in Prag.) Mit Tafel XXVII und XXVIII. In den Zellen der Ascariden sind bekanntlich auffällige fihrilläre Strukturen vorhanden, unter welchen die Muskel- und die Darmzellen in erster Reihe zu nennen sind. Besonders das Sarcoplasma der Muskel- zellen ist in dieser Hinsicht längst bekannt, und es ist kein Wunder, wenn die hier verlaufenden, reich verzweigten Fibrillen in verschie- denster Weise gedeutet wurden. Abgesehen von den Anschauungen der älteren Autoren werden die in Rede stehenden Fibrillen nach dem Vorgange Ap.vthys als »Neurofibrillen« erklärt, während dieselben laut RoHDE ausschließUch nur ein differenziertes Plasma, sog. »Spongio- plasma«, vorstellen; C. Schneider bezeichnet sie als »stützende Fi- brillen«, wogegen wieder Goi.dschmidt überzeugt ist, daß die sarco- plasmatischen Fibrillen aus dem Kern herrüliren, sich um tlen Kern ausbreiteten, ein System chrcnnatisclier Fädchen, in Form verschieden- artig gewundener Fibrillen einen sog. »(Hiromidialapparat« bilden und somit ursprünglich als ein Bestandteil des Kernes, nämlich als »Chro- midien « aufzufassen sind. Die Frage der »Chromidien« erfreut sich bekanntlich in neuerer Zeit einer lebhaften Diskussion, und so wurden auch die Goldschmidt- sclien Untersuchungen von Vejdovskv einer Kritik unteiworfen. — Von dem Standpunkt ausgehend, daß die chromatische, an den Kern gebundene Substanz nicht so einfach in die cytoplasmatischen Fibrillen übergehen kann, erklärte Vp:juovskv auf Grund seiner Untersuchungen einer kleineren Art, Ascaris ensiatuduUi, die betreffenden Fibrillen normalerweise nur als »Stützfibrillen«. Es blieb also nocii die Frage 626 Fr. Bilek, offen, ob seine Deutungen auch für die großen Ascaridenarten, nämlich Ascaris lunibricoides und Ascaris megalocephala, geltend ge- macht werden können, für dasselbe Material nämlich, an welchem Goldschmidt seine Chromidialhypothese weiter zu befestigen suchte. — Da die fraglichen Strukturen, vornehmlich der Muskelzellen, beider genannten großen Ascaridenarten eine gründliche Nachuntersuchung benötigten, habe ich mir diese Arbeit auf Anregung meines hochver- ehrten Lehrers, Herrn Prof. Dr. Fr. Vejdovsky, zur Aufgabe gemacht und gestatte mir, dieselbe der Öffentlichkeit zu einer freundlichen Beurteilung zu übergeben. Es stand mir zur Verfügung eine große Menge des Materiales, nicht nur von den beiden großen Arten, sondern auch von einigen kleineren Ascariden, nämlich Ascaris canis aus der Katze und Ascaris semiteres des Kibitz, so daß ich leicht die Ergebnisse meiner Beobachtungen bei einigen Arten vergleichen konnte. Methode. Zur Konservierung der Tiere wurden Sublimatgemische, sowie Carnoys Flüssigkeit mit bestem Erfolg angewendet. Die großen lebenden Spulwürmer wurden in eine flache, mit Wachsboden versehene Porzellanschale gebracht, ausgespannt und mit Holzstiftclien an beiden Enden befestigt. Um das Durchdringen der Fixage zu erleichtern, wurden die Tiere der Länge nach wenig angeschnitten, mit der Lösung beschickt und 24 Stunden darin gelassen. Es war gewöhnlich konzen- triertes Sublimat mit kleinem Zusatz von Kochsalz oder Eisessig oder auch Pikrinsäure. Kleine Arten wurden vor der Konservierung etwas angeschnitten und in die Flüssigkeit gelegt. Nach dem Fixieren wurden die Objekte in kleinere Stücke geschnitten, nicht ausgewaschen, sondern direkt in den 50%igen Alkohol übertragen. Es folgte der 70%ige und darauf allmählich der 96%ige Alkohol, indem vorerst durch Zusatz von Jodkali oder Jodalkohol das überschüssige Sublimat entfernt wurde. Darauf kamen die Stücke auf 24 Stunden in zwei- bis dreimal ge- wechselten Alcohol absolutus. Außer den Sublimatgemischen machte ich die besten Erfahrungen mit der modifizierten Flüssigkeit Carnoys (6 Teile Ale. absol., 3 Teile Chloroform, Yg Teil Eisessig); vor allem war die Konservierung des Plasmas bei Anwendung dieses vorzüglichen Fixiermittels ausgezeichnet, so daß es eine klare Darstellung ermöglichte. Die Objekte wurden in der genügenden Menge der genannten Flüssigkeit V2 — V4 Stunde gelassen, V\ivy dw libnll. Struktiurn in d. Miiskil- u. Duiiii/.elk'n d. Asciiridi-n. '■)27 und ilanii direkt in dfii Alcoliol ahsol. übcrtrajicn. der (ifters gewecliselt wurde. Das Einbetten in Paraffin wurde dincli Xylnl oder Chloroform in normaler Weise vorgenommen; nur möchte ich bemerken, daß es emp- fehk'nswert ist, die aufgehellten Objekte, bevor sie in das Paraffinbad kommen, vorher einige Zeit in kalter Xyl()i|)araffinlösung durchtränken zu lassen, weil dies sonst im hcil.U'n Zustande nur sehr schwer geschieht. Übrigens soll die ganze Einbettung niciit länger als V2 — V4 Stunde dauern. Längere Einbettung halte ich für- die überaus zarten Gewebe für schädlich, da sonst leicht Schrumpfungen und Umgestaltungen in denselben verursacht werden, die später im mikroskopischen Bilde zu verschiedenen Täuschungen führen können. Zur Färbung der Schnittserien wandte ich verschiedene Färbungs- mittcl an. Im allgemeinen befriedigende Resultate bekam ich mit Pilcrokarmin, Brazilin, Hkidenhains Eisenhämatoxylin. Als Färbungs- mittel ist auch das EHRLiCHsche Hämatoxylin als vorzüglich zu be- zeichnen, während die gewöhnliche ÜELAFiELDsche Lösung mich nicht befriedigte; es zeigte sich ferner, daß die mit sauren Färbungsmitteln tingierten Schnitte die schärfsten und deutlichsten Bilder gaben. — Außerdem, wo es sich um Darstellung bestimmter Elemente handelte, wandte ich andre Methoden an. Methylenblau oder Toluidinfärbung verursachten, daß nicht nur verschiedene Strukturverhältnisse sehr scharf und klar zutage traten, sondern daß man auch bei den einzelnen Geweben eine sehr charakteristische Färbung erzielte, welche sie von andern eigentüniücheii Strukturen außerordentlich scharf unterschei- den heß. Zur Doppelfärbung nach den obengenannten Kernfärbungen wurde Orange G, Eosin, Lichtgrün, Kongorot, Bordeaux R. mit Vorzug benutzt. A. Beschreibender Teil. 1. Körpermuskelzellen. Die Körpermuskulatur der Ascariden besteht bekanntlich nur aus einer Schicht der Zellen, von sehr bedeutender Größe, welche auch makroskopisch in der Form von gedehnten und seitlich abgeplatteten Längsfasern erscheinen. Die Muskelzellen sind nach dem cölomyaren Typus (im Sinne A. Schneiders) gebaut, d. h. sie bestehen aus zwei verschiedenen Bestandteilen, und zwar: aus (Mner Ri ndenscji ich t , welche allein die contractile Substanz mit sich führt und in di'iu unteren, äußerst 628 Fr. Bilek, verjüngten Stiele der Muskelzello zu liegen kommt, und aus dem sog. Markbeutel ^ der den Kern enthält, den eignen Zellkörper vorstellt und eine Fortsetzung des erwähnten schlanken Stieles bildet. Der Markbeutel besteht nur aus Sarcoplasma und sendet mindestens zwei Fortsätze aus, von denen der eine mächtig entfaltete zu einer der Median- linien hinzieht, wo er sich mit seinem verjüngten Ende anheftet; die andern Fortsätze ragen entweder frei in die Leibeshöhle, oder sie ver- binden sich mit den Querfortsätzen der benachbarten Muskelzellen. Auf dem Querschnitte zeigt die Rinde die bekaimte hufeisenförmige Figur, indem die eigentlichen contractilen Elemente hier aus längs- gerichteten, parallel nebeneinander verlaufenden Muskelsäulchen zu- sammengesetzt erscheinen, von meist rein rechteckigem Querschnitt, welche Säulchen voneinander durch einen sehr engen, mit Sarcoplasma erfüllten Zwischenraum getreimt sind. Die Rinde erscheint stets ziemlich empfindlich für alle angewandten Farbstoffe, namentlich nach Eisenhämatoxylin werden die Muskel- säulchen, welche ihrer Länge nach einige nacheinander folgende Ein- schnürungen besitzen, intensiv schwarz gefärbt und treten scharf in dem umgebenden klaren Sarcoplasma hervor, welches letztere auch die Zwischenräume zwischen je zwei contractilen Platten ausfüllt. Wie ich mich durch selbständige Beobachtung überzeugen konnte, stellt das Sarcoplasma der Muskelzellen schon im lebenden Zustand eine gallertige, hyaline Substanz, die den eigentlichen Markbeutel bildet, dar. Diese hyaline Beschaffenheit bewahrt das Sarcoplasma auch in gut konserviertem Material, indem es nach guter Fixierung mittels Pikro- sublimat oder Carnoys Gemisch auch in den Schnitten völlig ho- mogen hervortritt. Da die Muskelzellen samt allen ihren Fortsätzen einen verhältnis- mäßig großen Raum einnehmen, und im Leben mit dünn gallertigem Sarcoplasma prall gefüllt sind, so ist es leicht erklärlich, daß bei dieser riesigen Plasmamenge irgendwelche Stützvorrichtungen in denselben vorhanden sein müssen, an welche bei der Muskelkontraktion nicht nur das Plasma, sondern auch der Kern geknüpft sein muß, welcher hier sonst keine fixe Stellung haben könnte. Und in den MuskeLzellen der Ascariden sind wirklich wunderbar ausgeprägte Stützvorrichtungen vorhanden. Von der Peripherie des Kernes — also nicht aus dem Kern selbst — strahlen Bündel plasmatischer Fibrillen aus, welche zu den Wänden der Zelle hinziehen und sich an ihnen anheften. Diese stellen- weise auch recht dicken Stützfibrillen gehen auch in alle Fortsätze des Markbeutels über, wo sie meist parallel verlaufen, hier nicht einfach über die fibrill. Strukturen in d. Miiskol- ii. Oarinzelicn d. Asrariden. 620 verbleibend, soiiclerii sicli fortwährend in scliwächere und feinere, unter sicli anastoniosierende Fädchen verzweigend. Auf diese Weise entstellt iin Sarcoplasnia ein S()nderl)ares netzartiges Stützgerüst, in dessen Wa" en die gallertige plasniatisehe Substanz enthalten ist. Wie schon oben bemerkt, laufen d'iv Fibrillen von der Peri- pherie des Kernes raditär nach alleti Seiten auseinander, stehen aber weder mit dessen Meml)ran, noch d<'n Kcrn- substanzen in einer Beziehung, sondern sie bilden um den ganzen Kern herum ein eigentümliches Gitterkörbchen, in welchem er frei liegt. Diesen eigentümlichen, den Kern umgebenden Fibrillenapparat hat zuerst Vejdovsky (15) in den Muskelzellen bei einer kleineren Art, bei Ascaris ensicaudata festgestellt und folgendermaßen dargestellt: »Neben dein Kern i.st im Sareoplasma der nach allen Seiten ausstrahlende Fibrillenapparat auffallend, welcher in der unmittelbaren Peripherie des Kernes seinen Ui"sprung hat. Hier begegnet man einem zierlichen Gitter, welches an das- jenige erinnert, welches wir bei Fridericia in den ersten Anfängen nach der Um- bildung der Strahlenfigur erwähnt haben. Aus dem Gitterkörbchen strahlen nun im Sarkoplasma lange, zuerst dicht nebeneinander angeordnete Fäden aus. die weiter zur Peripherie fächerartig auseinanderlaufen und an der Peripherie des Sarkopla.sraa endigen. Starke Vergrößerungen beweisen, daß die Fibrillen haar- fein und ganz glatt sind und der Varicositäten entbehren. Auch die Querschnitte iler Körpermuskelzellen zeigen die allseitige Ausstrahlung des perinucleären Git- ters, wie Fig. 167 veran.schaulicht. Hier sieht man, daß die Fibrillen auch nach unten, zwischen den beiderseitig angeordneten contractilen Muskel platten, gegen die Basis der ^fuskelzellen hinziehen . . . . « Ganz analoge Strukturbilder kommen auch bei den großen Arten, Ascaris megaloce phala und Ascaris lumbricoides, vor, in deren riesigen Muskelzellen die Stützvorrichtungen jedoch viel mächtiger ent^vickelt sind. Dies gilt besonders für die riesigen Muskelfasern der Ascaris lumbricoides, wo die Stützvorrichtungen in Form dicker, strickartiger Fibrillen verhältnismäßig den größten Umfang erreichen, wogegen die- selben bei Ascaris megalocephala viel feinere und zartere Strukturen aufweisen. Die beiliegenden Fig. 1, 2, 3, 13, U lassen diesen Unter- schied zwischen den Muskelzellen beider Arten leicht erkennen, und zwar gehören Fig. I, 3, 13 der Asmris megalocephala, Fig. 2, 14 der Ascaris lumbricoides zu. Zunächst verweise ich auf die in Fig. 1 abgebildete Körpernmskel- zelle von Ascaris megalocephala. Die Zelle ist hier quer, etwas im Anschnitt, sonst aber mit mächtig entfaltetem, zur Mediaidinie hinziehendem Fortsatze getroffen. 630 Fr. r.iifk, Auch bei der angewandten schwachen Vergrößerung lassen sich hier nach der Fixierung mit Carnoy und Färbung mit Eisenhämatoxylin die im Sarcoplasma stark hervortretenden Stützfibrillen in ihrem Verlauf mit aller Deutlichkeit verfolgen. Von dem verhältnismäßig kleinen Gitter- körbchen verlaufen im Sarcoplasma zahlreiche stärkere Fibrillen (stzf) fächerartig nach allen Seiten hin, beiderseits Nebenzweige entsendend, und endigen gewöhnlich gabelförmig an der Wand der Zelle. Auch in den Stiel ziehen eine oder zwei der stärkeren, außer einer Anzahl schwä- cherer Fibrillen, hinab; alle verzweigen sich hier sehr reichlich und verursachen in demselben ein zierliches Gefüge, von dem kurze Fädchen zwischen je zwei contractilen Platten verlaufen. Ein anschauliches Bild von dem Verlauf des Fibrillenapparates bei dieser Art zeigen auch Längsschnitte der Muskelzellen, namentlich bei größerer Dicke der Schnittserien, z. B. 15 — 20 u. In Fig. 3 ist eine solche Muskelzelle mit zwei angeschnittenen Fortsätzen, in Fig. 4 nur mit einem mächtig entfalteten Fortsatze, welcher die Verbindung mit dem der Nachbarmuskelzelle vermittelt, reproduziert. Mit aller Schärfe differenzieren sich hier die von dem Gitterkörbchen in das periphere Sarcoplasma ausstrahlenden Stützfibrillen {stzf), welche (namentlich nach sauren Färbungsmitteln) sehr zierliche Bilder geben. Abgesehen von dem Eisenhämatoxylin sind es folgende Farben, mit denen ich nach Fixierung mit Carnoy oder Pikrosublimat vorzügliche Resultate er- hielt : EHRLiCHsches Hämatoxylin, nachgefärbt mit Eosin oder Orange G, Methylenblau mit Orange G, Toluidin mit Orange G oder Eosin oder Bordeaux R. In den mit Eosin nachgefärbten Toluidinpräparaten tingiert sich der Kern tief blau, während die in schwach rosa gefärbtem Plasma scharf hervortretenden Stützfibrillen eine ziegelrote Farbe an- nahmen. Nach Heidenhains Eisenhämatoxylin-Lichtgrün erscheinen dieselben graugrün in dem blaßgrün gefärbten Sarcoplasma, der Kern tingiert sich dann tief schwarz. Nach allen angewandten Färbungsmitteln tingieren sich die Stütz- fibrillen in derselben Weise, wie das Sarcoplasma und erscheinen also als natürliche festere plasmatische Stützgebilde, die nur im Plasma selbst, als dessen Differenzierungen, zustande kommen konnten. Den feineren Bau des Gitterkörbchens, den Verlauf und die Ver- zweigungsart der in Rede stehenden Fibrillen stellt Fig. 13 nach starker Vergrößerung (Leitz Hom. Imm. 1/12, Oc. 2) dar, einem Querschnitt der mittleren Partie einer Muskelzelle von Ascaris megalocefhala ent- nommen. Sie ist nach einem mit Goldchloridameisensäuremethode .nach ArÄTHY behandelten Präparat mittels eines Zeichenapparates ühvv die fihrill. Struktuivii in d. Muskel- u. Darinzcllcn d. ^\>cariden. 631 reproduziert. Diese vergoldeten Präparate, deren Verfertigung ich der Güte des Herrn Privatdozenten Dr. E.m. Mencl verdanke, bringen allerfeinste Details, namentlich was die Verzweigung der Fibrillen anbelangt, klar zutage. In der oben erwähnten Figur sehen wir den Kern sehr scharf konturiert, mit zwei Xucleolen, welche sich nach dieser Methode bläuliclischwarz tiiigieren; nicht selten finden wir aber auch ein. zwei oder tlrei Kernkörperchen. Die übrige Kernsubstanz stellt eine Grundsubstanz, den sog. Kernsaft vor, in welchem ein dichtes, mit schwarzen chromatischen Körnchen begleitetes Kerngerüst sich verästelt. Das Gitterkörbchen (gt) erscheint hier aus mannigfaltig durchflochtenen stärkeren und schwächeren Fasern zusammengesetzt. In der Nähe des Kernes sind vorwiegend sehr zarte Fädchen dicht unter- einander verfilzt und bilden den Binnenraum des Körbchens, in welchem der Kern frei liegt, während die äußeren viel stärkeren, aber in geringer Menge vorhandenen Fibrillen das eigentliche Stützgefüge des Gitters bilden, von welchem erst die eignen Stützfibrillen (stzf) auslaufen. Dieselben sind verschiedenartig gestaltet, je nach der Richtung, die sie verfolgen. Überall entspringen dem Gitter beiderseits stärkere Fi- brillen, welche nach kurzem Verlaufe sich an der Wand des Mark- beutels anheften. Sie teilen sich zwar auch in einige seitliche Aus- läufer, doch ist ihre Verzweigung verhältnismäßig arm; sie dienen vor- wiegend zum Aufhängen des Gitterkörbchens samt dem ganzen Fibrillen- apparate an die Wand des Markbeutels. — Xeben diesen seitlichen Fibrillen lassen sich in der 15 a dicken Schnittserie besonders diejenigen Fibrillen gut verfolgen, welche sich nach unten in den Stiel begeben. Von dem unteren Teile des Gitterkörbchens geht auf der Fig. 13 in der Mitte ein sehr dicker Zweig aus, der, im Original dunkelbraun gefärbt, seitlich zahlreiche Nebenäste entsendet, welche wieder in reich- licher Weise allerseits in feinere Fädchen auslaufen. Es entsteht in dem Stiel der Muskelzelle ein dichtes mosaikartiges Gefüge, von dem aber einzelne Fibrillen wie seitUch, so auch unten zwischen die Muskel- säulchen der contractilen Rinde sich abzweigen. Außerdem gehen auch von dem Gitter direkt mehrere feinere Fibrillen aus, welche sich beider- seits gerade zur contractilen Rinde begeben, laufen ihr eine Strecke parallel nach und entsenden in rechtem Winkel eine feine, aber ganz deut- liche Fibrille, zwischen je zwei benachbarten contractilen Platten (er). — In Fig. 15 sind drei Basalteile der Stiele, nebst einem Abschnitt der Subcuticula (sct) nach Fixieren mit Pikrosublimat und Färben mit Toluidiii-Eosin veranschaulicht. Die contractile Rinde tingiert sich nach dieser Behandlung dunkelrot, während das scharf ziegelroto Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XC'IIl. Bd. 41 632 Fr. Bilek, Stützfibrillengeflecht in dem schwach rosa gefärbten Plasma hervor- tritt. Auch hier läßt sich gut ermitteln, daß einzelne, dem Flechtwerk entspringende Fibrillen {stzf) sich nicht nur in die seitlichen, sondern auch in die untersten Zwischenräume der contractilen Rinde (er) begeben und an der Zellmembran endigen. Man kann nirgends sehen, daß auch nur eine einzige feine Fibrille von diesem Stütz- gerüst, auf irgendwelche Art die Zellmembran durch- dringend, sich weiter in die Subcuticula fortsetze. Wie bekannt, zeigt die letztere keine zellige Struktur, sondern stellt eine einheitliche, mit eingestreuten Kernen versehene Plasma- masse dar, in welcher ein sehr entwickeltes System von Fäserchen {stzf) scharf hervortritt. Diese Fäserchen, welche entweder parallel ver- laufen, oder entweder ein regelloses Flechtwerk bilden, so namenthch in den Median- und Seitenlinien, welche bekanntlich nur Subcuticular- wülste darstellen, — färben sich nach Toluidin oder Methylenblau tiefblau oder violett, so daß sie sich auch aus diesem Grunde von den ziegelrot nach Eosin, oder hellorange nach Orange G gefärbten Stütz- fibrillen der Muskelzelle scharf unterscheiden lassen. Die Subcuticular- fäserchen (sct) bilden unter jedem Stiele der Muskelfasern eine sattel- artige Pfanne, in der die Muskelzelle durch ihren Stiel eingebettet ist — sonst ist sie mit der Subcuticularschicht wesentlich in gar keiner Verbindung. Wenden wir unsre Aufmerksamkeit der Fig. 11 zu, um uns über den Verlauf der in dem Markbeutel verlaufenden Stützfibrillen näher zu orientieren. Bei einer schwachen Vergrößerung scheint jede stärkere, vom Gitterkörbchen ausgehende Fibrille vollkommen in gerader Linie zu verlaufen und sich, in Nebenausläufer spaltend, in einen Markbeutel- fortsatz hinzuziehen. Bei Anwendung starker Vergrößerungen sieht man jedoch, daß der Verlauf einer solchen Fibrille nicht in gerader, sondern eigentlich in einer leicht gebrochenen zickzackförmigen Linie sich bewegt, und zwar wegen sehr reichhcher Verzweigung der Stütz- fibrille in ganz feine und schwache Ästchen, die sich wieder unaufhör- lich verzweigen. Je weiter von dem Hauptzweige, werden dieselben immer feiner, nur in jedem Verzweigungspunkte weisen sie eine deut- liche Verdickung auf, welche übrigens auch bei den stärkeren, verästelten Fibrillen zu beobachten ist. Diese Verhältnisse zeigt Fig. 11, in welcher zwei Abschnitte der Längsfortsätze des Markbeutels im Querschnitt abgebildet sind. Die in ihm befindlichen zickzackförmigen Fibrillen {stzf) ziehen namentlich an den Rändern des Fortsatzes parallel eng neben- einander, während sie in der Mitte, in einer größeren Entfernung über die fibrill. Strukturen in d. Muskel- u. Darmzellon d. Ascariden. 633 vonciiiaiidcr verlaufoiul, in zalilreiche feine Seitenästchen auslaufen, die untereinander Anastomosen bilden. So gestalten sieh also die Verhältnisse der Stützfibrillen bei Ascaris megaloccphala, was ihre Struktur und Anordnung anbelangt. Bei dieser größten Art der Ascariden, wie schon frülier betont, sind die Muskel- fasern viel kleiner z. B. als bei Ascaris luinbricoides; dafür kommen sie aber in weit größerer Zahl vor und weisen auch viel reichlichere und zartere Strukturen der Stützfibrillen auf, im Gegensatz zu der letzt- genannten Art, welche sich in histologischer Hinsicht überhaupt durch riesige Elemente auszeichnet. Die zwei beiliegenden, bei starker Vergrößerung die mittlere Partie des Markbeutels im Querschnitt darstellenden Fig. 13, 1-i, von denen Fig. 13 (Leitz Hom. Imm. 1/12, Oc. 2) der Ascaris megalocephala, Fig. 14 (Leitz Hom. Imm. 1/12, Oc. 4) der Ascaris lumhricoides gehört, lassen diesen Unterschied zwischen den beiden Arten ganz deutlich erscheinen. Im wesentlichen aber kommen, was die Struktur der Muskel- zelle anbelangt, bei Ascaris lumhricoides dieselben Verhältnisse vor, die wir früher bei Ascaris megalocephala ausführlicher verfolgt hatten; un- erhebliche Differenzen kommen nur in den Einzelheiten vor. — So kann man vor allem auf die Dicke der mächtigen, das Sarcoplasma durchziehenden Stützfibrillen hinweisen; dieselben lassen sich auch bei ganz schwachen Vergrößerungen, so z. B. schon bei Zeiss A oder C Oc. 1, beobachten, wie aus der Fig. 2, die einen Querschnitt solcher Muskel- zelle veranschaulicht, ersichtUch ist. Wenn ^vir diese Figur mit der- jenigen von Ascaris megalocephala (Fig. 1) vergleichen, so fällt es gleich auf, daß bei der letzteren aus dem verhältnismäßig spärlichen Gitter- körbchen schwächere, jedoch recht zahlreiche Stützfibrillen auslaufen, wogegen bei Ascaris lumhricoides gerade umgekehrte Verhältnisse vor- kommen. Da sieht man von dem recht bedeutenden, den Kern um- gebenden Gitterkörbchen {gt) sehr starke, strickartige Fibrillen {stzf) ausgehen und das hyaline Sarcoplasma durchziehen. Sie verzweigen sich auch hier natürlich in der früher beschriebenen Weise, jedoch nicht so zahlreich und auch nicht in so ungemein feine Ästchen, wie es bei Ascaris megalocephala der Fall war. — Durchmustert man vorsichtig eine Schnittserie durch eine und dieselbe Muskelfaser von Ascaris lum- hricoides, so kann man sich leicht von dem interessanten Umstand überzeugen, daß die dichteste Verzweigung des Stützgerüstes nur an der Peripherie der Muskelzelle stattfindet, wogegen das Centrum vor und hinter dem Kern vollständig fibrillenlos erscheint (Fig. 18 scp) und daß bloß das perinucleäre Gitterkörbchen den mittleren Teil des völlig 41* 634: Fr- Bilek, homogenen Sarcoplasma einnimmt. Auch bei Ascaris megalo- cephala befindet sich die dichteste Verzweigung der Stützfibrillen hauptsächlich nur an der Peripherie der Muskelzelle; doch wird hier jener centrale Teil der Zelle, der bei Ascaris lumhricoides völlig homogen erscheint, durch zahlreichere Stützfibrillen dm"chdrungen, welche letz- teren beiderseits weitere untereinander anastomosierende Abzweigungen reichHch entsenden, so daß ein zierliches Wabenwerk zutage kommt. — Wir werden auf die Wichtigkeit dieser Tatsache später ausführlicher hinweisen können, namentlich in Anbetracht der Alveolartheorie BüTSCHLis, nach der das Sarcoplasma dieser Zellen in seiner Struktur ausschheßhch nur aus Waben oder Alveolen bestehen soll. Betrachten wir nun wieder etwas näher den feineren Bau dieses Stützapparates bei Ascaris lumhricoides, wie es in Fig. 14 nach Fixie- rung mit Pikrosubhmat und Färbung mit Heidenhains Hämatoxylin- Lichtgrün, veranschaulicht wurde. Der scharf begrenzte ellipsoide Kern besteht aus einem wasserklaren hyalinen Enchylem, in welchem sich das mit schwarz sich tingierenden Körperchen besetzte Kerngerüst und zwei Nucleolen befinden. Das mächtig entwickelte Gitterkörbchen {gt) kommt hier in Form eines meist unregelmäßigen Polyeders vor, von dessen Ecken die starken Stützfibrillen ausgehen. Auch hier ist das Körbchen aus sehr feinen- kürzeren und längeren, unter sich verfloch- tenen Fasern dicht verfilzt; sie sind jedoch hier ungemein zahlreich und in der Nähe des Kernes gerade so wie an der Peripherie des Gitters ganz gleich entwickelt. Diese Fasern, welche sich nach Eisenhäma- toxylin und Lichtgrün wie die Stützfibrillen {stzf) grau fingieren, obwohl sie untereinander dicht verflochten sind, lassen doch einige kleinere rundliche Zwischenräume unter sich offen, so daß das Gitterkörbchen bei dieser Art, wie man übrigens auch bei schwachen Vergrößerungen konstatieren kann, sozusagen durchlöchert oder gefenstert erscheint. Das Ganze ist zunächst vermittels ebnerer, starker und kurzer Stütz- fibrillen an die Wand des Markbeutels befestigt, während sich die einen derselben frei in den Markbeutel, die andern wieder in den Stiel nach unten begeben. Außer den starken, aus den Ecken des polyedrischen Gitterkörbchens ausgehenden Stützfibrillen werden aus seinem Fibrillen- geflecht an verschiedenen Stellen noch kleinere und schwächere Faser- bündel ausgesendet, die, in dünnere Fibrillen sich spaltend, mit ihren Ausläufern mit den eignen oder mit benachbarten Nebenästen in Ver- bindung treten. Fassen wir eine solche dicke Fibrille näher ins Auge (Fig. 12), so überzeugen wir uns bei einer starken Vergrößerung, daß dieselbe nicht aus einer homogenen Masse, sondern aus mehreren über die fihrill. Stniktiircn in d. Muskel- u. Darmzcllrn d. Ascariden. 035 feineren, untereinaiul»"' verflochtenen, zarten Elementarfibrillen ge- bildet sind, die bei ihrer Verzwei> einen Chromidialappa- rat, als ein System von Fäden, Chromidialfäden, Chromidialsträngen, die typische Reaktion, Struktur und Anordnung innerhalb des Cyto- plasma zeigen. Sie färben sich stets intensiv chromatisch, in gleichem Farbenton, wie das Chromatin des Kerns. Die einzelnen Fäden ver- laufen meist stark gewunden durch das Cytoplasma, sind von wechselndem Umfang und meist fein vacuolisiert. Am dichtesten sammeln sich die Fäden immer um den Kern, den sie völlig um- spinnen können. « Auch direkte »morphologische Beziehungen« zum Kern sind Gold- schmidts Ansicht nach nachzuweisen, nämlich »die Auflagerung der Fäden auf die Kernmembran, wahrscheinlich auch Eindringen in den Kern. Sodann treten aus den Kernen bisweilen chromatische Körper aus, die mit der Neubildung der Chromidien zusammenhängen.« über die fibrill. Stniktiuvn in d. ^luskel- u. Darmzellen d. Ascariden. 657 Es ist nun jedenfalls sonderbar, daß GoLDSCHMiDT auch in dem Oesophagus, sowie den Darmepithelzellen, denen der Muskelzellen ganz entsprechende »Chromidien« beobachtet, gedeutet und bei den Darm- epitlielzellen sehr ausführlieh beschrieben hat. Diese GoLDSCHMiDTSchen Voraussetzungen von einem Chromidial- apparat in den Metazoenzellen, speziell in den Muskelzellen von Ascaris, sind nämhch eine Applikation der von R. Hertwig ursprünglich für Protozoen aufgestellten »Chromidiallehre«. Nach dieser Hypothese treten nändich aus dem Kern chromatische Bestandteile heraus und können unter günstigen Bedingungen auch neue Kerne bilden. Diese Annahmen, welche bis heute keinen festen Boden gefunden haben, be- sonders was den genetischen Zusammenhang der »Chromidien« mit dem Kernchromatin betrifft, bemüht sich Goldschmidt auch bei den Metazoen zu verallgemeinern und an einigen »lebhaft funktionierenden Gewebszellen« von Ascaris nachzuweisen. »Der Chromidialapparat zeigt sich nämlich in ein und derselben Zelle — der Bau des Ascaris-l^öv'[)eTS erlaubt es, bestimmte Zellen mit- einander zu vergleichen — ziemlich verschieden. Bald ist er mächtig entwickelt, bald schwach oder fehlt sogar vollständig . . . « Gold- schmidts Ansicht nach hängt dies mit verschiedenen Funktionszuständen der Zellen zusammen. »Einmal ergibt es sich, daß stärker beanspruchte, funktionsmannigfaltigere Zellen auch reichliche Chromidienbildung auf- weisen. Die Muskelzellen lassen sich z. B. in eine aufsteigende Reihe bringen: Köriiermuskelzellen, desgleichen des männlichen Hinterendes, Spicularmuskeln, Dilatatorzellen des Chylusdarmes. In den Darmepithel- zellen treten sie nur auf, wenn die Zelle in lebhafter Funktion ist, was durch die Anwesenheit von Nahrungströpfchen bewiesen wird; in aus- gehungerten Tieren, also bei untätigen Darmzellen, verschwinden sie. « Sodann versuchte Goldschmidt den Beweis für einen Zusammenhang seiner funktionellen Strukturen mit der Funktion der Muskelzellen auch direkt auf einem experimentellen Weg zu erbringen : »Eine kräftige Muskeltätigkeit wurde einmal durch Tetanisieren er- zielt. « »Der Wurm verfiel in kräftigen Tetanus, indem er sich auf etwa 2/3 seiner Länge verkürzte. « Weiter wurden die lebenden Tiere im warmen Wasser, dem etwas Phenolphtalein in alkohohscher Lösung zu- gesetzt war, gehalten. Die Würmer wurden dabei recht lebhaft. »Sie schlangen sich wie wild durcheinander, bäumten auf und gebärdeten sich wie toll. Das Reizmittel war, wie sich zeigte, der Alkohol.« .... >>Die heftig erregten Würmer entwickelten eine ungewöhnHche Muskel- tätigkeit.« »Bei beiden Versuchen wurden dann die Tiere eingelegt 658 Fr. Bilek, und geschnitten.« — Das Ergebnis beider Versuche war die »über- mächtige Entwicklung der Chromidialstränge «, welche die betreffen- den. Zellen ausfüllten, »eine Menge, wie sonst nie zur Beobachtung kam. « Sollten sich die Befunde Goldschmidts wirklich bestätigen, wären sie imstande einen förmlichen Umsturz von bisherigen Anschauungen über den Bau der Zelle zu verursachen, dann wäre freilich kein prinzipieller Unterschied zwischen Plasma und Kern vorhanden, wenn aus dem letzteren chromatische Bestandteile so willkürlich und in un- begrenzter Menge in das Sarcoplasma heraustreten und in diesem einen » Chromidialapparat aufbauen« könnten. Diese Erörterung veranlaßte daher Vejdovsky (15), sich von den Plasmastrukturen und vornehmlich von jenem Chromidialapparat der Muskel- und Darmzellen von Ascariden durch selbständige Beobachtung zu überzeugen. Zu dieser speziellen Untersuchung stand Vejdovsky eine kleinere Art, Ascaris ensicaudata, aus der Amsel zur Verfügung. An gut fixierten und nicht zerstückelten Tieren war in den mit Pikrokarmin und Eisenhämatoxylin tingierten Präparaten von irgendwelchen »Chromidien« keine Spur zu finden. In beiden genannten Zellgruppen hat Vejdovsky nur einen Stütz- fibrillenapparat vorfinden können, denselben aber mit solcher Schärfe auch in färberischer Hinsicht hervortretend beobachtet, wie es keinem der früheren Autoren gelungen war. Erst Vejdovsky hat den rechten Verlauf der Stützfibrillen erkannt, indem er in den Darm- sowie den Muskelzellen das charakteristische, den Kern umgebende Fibrillen - körbchen, von welchem eben die Stützfibrillen radial in das umgebende Plasma ausstrahlen, entdeckte. Von etwaigen »Chromidien« war jedoch keine Spur zu finden. Mit Hinsicht auf die ähnliche Darstellung Goldschmidts über seinen »Chromidial- apparat«, dessen Fäden sich am dichtesten um den Kern ansammeln und ihn völlig umspinnen sollen, »so daß der Kern in ein Fadenkörbchen eingeschlossen erscheint«, und von dem Standpunkte ausgehend, daß die chromatische, an den Kern gebundene Substanz nicht so willkür- lich in das Cytoplasma heraustreten kann, oder mit andern Worten, daß es überhaupt keine Chromidien in den Metazoenzellen gibt, glaubt Vejdovsky (15), »daß die Chromidialstränge Gold- schmidts nur durch ungünstige Konservierung hervorgerufen werden konnten. « »Wie der Verfasser (S. 43) erwähnt, wurden die möglichst kleinen Stücke »des lebend zerschnittenen Tieres in die Subliniatgemische eingelegt Bei der Zerstückelung der lebenden Tiere erfolgen nämlich ganz plötzliche Zusammen- über die fibrill. Stniktuirn in d. Muskel- u. DarnizeUen d. Ascariden. 659 zichuu^M'n des I^MliesimiskcischlaiiclK's und aller in der iictrcifcndcu Region l)e- findliiheu Organe. Nanientiieh die Epithelii'n und Muskel/.ellen erseheinen l)ei dieser Manipulation seliwer betroffen und ihre Strukturen sind bis zur Unkenntnis verändert. « »leh bui nun fest überzeugt, (hiß tue .Chroniidialstränge' nieht infolge der Kerntätigkeit im Cytoplasma als je nach der Intensität und Länge des Tetanus oder andern Reizes mehr oder weniger zahlreich zum Vorsehein kamen, sondern daß die während der Ruhe im Sarcoplasma und in den Darmzellen ausgespannten Stützfihrillen durch die plötzlich eintretenden unrl lange andauernden Reaktionen bald teilweise, bald total zerrissen wurden, die kontrahierten Abschnitte ver- dickten luid so die durcheinander geschlungenen .Qiromidialfäden' vortäuschten. « »Kurzum, der von Goldschmidt beschriebene Chromidialapparat stellt infolge der gewaltsamen Einwii'kung der angewandten Versuchsreagenzien stark verletzte und zerrissene Fäden des .normalen" fädigen Gerüstapparates dar, welcher vermutlich aus dem ursprünglichen Strahlensystem der Centroplasmen hervorgegangen ist. « Die Resultate meiner Beobachtungen haben gezeigt, daß die großen Ascaridenarten in ihren Strukturen mit denen von Ascaris ensi- aiudata vollkommen übereinstimmen. AVie die Darm- und Muskelzellen von Ascaris ensicaudata, sind auch die voluminösen Zellen der beiden großen Ascaridenarten durch einen, jedoch verhältnismäßig auch viel mächtiger entwickelten Stützfibrillenapparat ausgezeichnet. Gegenüber den Angaben Goldschmidts, daß die Stützfibrillen »nur ganz blaß oder gar nicht gefärbt werden«, und daß »sie zu ilirer Dar- stellung Vergoldung oder eine Beizfä bung benötigen, kann ich im Gegenteil auf Grund von eignen Beobachtimgen konstatieren, daß die Stützfibrillen in gut vorbehandelten Präparaten auch bei jeder ge- wöhnlichen Färbungsmethode, z. B. Pikro- und Alaunkarmin, Dela- FiELDs Hämatoxylin, Ehrlichs Hämatoxylin sehr klar zutage treten. Auch sind dieselben keineswegs subtile Gebilde, sondern von einer ganz beträchtlichen Stärke, und lassen sich bei kleinsten Vergrößerungen, z. B. bei Zeiss A, ganz deutlich nicht nur in der Rinde, sondern auch überall im Markbeutel, als reichlich verzweigte, lange Stränge sehr deutlich wahr- nehmen. Und so war ich nicht imstande, trotz aller sorgfältigen Aufmerk- samkeit bei der Durchmusterung aller meiner zahlreichen, nach ver- schiedener Fixierung und Färbungsmethoden hergestellten Präparate in den Muskel-, Darm- und Oesophaguszellen der beiden großen Asca- ridenarten, den gewiß interessanten Chromidialapparat Goldschmidts zu ermitteln. Auch bei den zu demselben Zweck untersuchten kleineren Arten, nämlich bei Ascaris semiteres und Ascaris canis, habe ich keine 660 Fr. Bilek, positiven Resultate in dieser Hinsicht bekommen. Überall wurden zwar verschiedenartige Stützvorrichtungen in merkwürdigster Weise angetroffen, aber irgendwelche, aus dem Kern herstammende »Chro- midien« kamen mir in allen den genannten »lebhaft funktionierenden Gewebszellen« nie zu Gesicht. Auch der Kern trat an meinen Prä- paraten nach guter Vorbehandlung immer in rundlicher oder ovaler Gestalt hervor, er war mit hyalinem Kernsaft, in welchem sich ein bis drei stets intensiv sich färbende Nucleolen, außer den kleineren oder größeren chromatischen Kügelchen oder Fädchen befanden, prall gefüllt. Nie schien er so ungemein geschrumpft, wie er in Goldschmidts Abbil- dungen reproduziert wird, und nahm auch in den erwachsenen Muskel- zellen, an deren Wänden durch Stützfibrillenvorrichtungen aufgehängt, zwischen dem die Rinde enthaltenden Stiel und dem Markbeutel eine gesetzmäßige Stellung ein, wogegen Goldschmidt den Kern sehr will- kürlich, auch tief zwischen die contractile Rinde eingesenkt zeichnet. Da meine Bemühungen, die aus dem Kern herauskriechenden » Chromidien « in allen meinen, aus normalen Tieren nach verschiedenen Methoden hergestellten und äußerst zahlreichen Präparaten auch nur in einem Falle zu Gesicht zu bekommen, erfolglos blieben, habe ich beide früher erwähnte, von Goldschmidt anempfohlene Experimente unternommen, treu in allen Details seiner Experimentierweise folgend, um vielleicht mindestens auf diesem Wege »durch mächtige Muskel- tätigkeit« auch »die mächtig vermehrten Chromidien« in den Muskel- zellen anzutreffen. Die durch lange Tetanisierung erschöpften Tiere habe ich in kleinere Stücke zerschnitten und dann in der von Gold- schmidt angegebenen Weise fixiert. Als ich nachher unter dem Mikro- skop die aus den so behandelten Tieren verfertigten Präparate beob- achtete, war ich nicht wenig erfreut darüber, daß ich den Goldschmidt- schen Abbildungen ähnhche Bilder erhalten habe. Der Markbeutel war wirklich mit kurzen, meist stärkeren, aber auch schwächeren dunkel sich tingierenden Fädchen erfüllt, welche meistens krummgewunden im Sarcoplasma verliefen und an beiden Enden eine ansehnliche Ver- dickung aufgewiesen hatten, wie in Fig. 19 veranschaulicht ist. Die sonst stets gespannten Stützfibrillen (stzf) wurden nämlich durch die lang anhaltende Tetanisierung und nachfolgende Zerstückelung der Tiere fast bis zur Unkenntlichkeit zer- rissen und in Form kürzerer oder längerer Schlingen plötz- lich zusammengezogen, worüber uns die Verdickungen an beiden Enden solcher Bruchstücke am deutlichsten unter- richten. fTber die fibrill. Strukturen in d. Muskrl- ii. Darinzelleu d. Ascariden. G61 Ganz entsprechende Reproduktionen solcher zerrissener und ver- schieden gewundener Fädchen finden wir in Fig. 21, 28, 30 bei Gold- schmidt abgebildet, welche dieselben, soeben besprochenen Ver- dickungen aufweisen, aber von dem Verfasser als »durch den Tetanus erhöhte Muskeltätigkeit« reichlich vermehrte »Chromidien^* bezeichnet werden. Ich bin fest überzeugt, daß Goldschmidt nur diese zusammengezogenen Bruchstücke der Stütz- fibrillen als die »im Marke liegenden, in eleganten Touren durchein- ander geschlungenen Chromidialfäden« beschrieben hat. Daß solche Chromidien- mit chromatischer Kernsubstanz nichts zu tun haben, ist selbstverständlich, was auch das den Kern umgebende, nach den obenerwähnten Prozeduren sehr verunstaltete und zerrissene Gitter- körbchen beweist, um welches eben solche, von Gold.schmidt für »Chromidien« gehaltene Bruchstücke von ihm abgerissenen Partien ehemaUger Stützfibrillen reichücher angehäuft sind. Eine Spur von solchem Gitterkörbchen hat Goldschmidt auch an seinen Präparaten gewiß sehen müssen, es ist ja keineswegs so subtil, und namentlich bei Ascaris lumhricoides ist es ungemein reich entwickelt. Da aber Gold- schmidt den normalen Zusammenhang der Stützfibrillen mit dem Gitterkörbchen in seinen Präparaten nicht zu er- kennen imstande war, konnte er auch die Bedeutung des charakteristischen, den Kern umgebenden Gitterkörbchens durchaus nicht begreifen, und seinen gewissen Voraus- setzungen folgend, hat er dasselbe als einen »Chromidialappa- rat«, »dessen körbchenartiges Umflechten des Kernes immer besonders in die Augen springt« bezeichnet. Es scheint nicht unrichtig, wenn man sich die der Wahrheit nicht entsprechende und willkürhche Darstellung Goldschmidts, als wären die Stützfibrillen un- gemein subtile, sehr selten oder höchstens durch Vergoldung erkennbare Fäserchen, so erklärt, daß der erwähnte Autor bloß wenige sehr feine, von den starken vernichteten Fibrillenästen abgerissene und an der Peripherie des Markbeutels angeheftet gebUebene Fäserchen auf seinen Präparaten gesehen hat. Wenn auch Goldschmidt dies sehr gern und sehr oft betont, »daß man bei Verarbeitung eines reichen Materials ja auch erkennen lernt, was gut und was schlecht konserviert oder gefärbt ist «, war er trotzdem nie imstande, sich richtig von dem wahren Verlauf der Stützfibrillen zu überzeugen; deshalb sah er sich natürlich gezwungen, aus den An- gaben früherer Autoren das Passendste für seine Chromidialhypothese auszuwählen und zusammenzustellen. — Bloß einzekie, verschiedenartig 662 Fr. Bilek, verunstaltete Bruchstücke der sonst weit verfolgbaren, gespannten, sehr deutlich hervorstechenden Stützfibrillen kamen ihm zum Vorschein, welche er für besondere »funktionelle Strukturen«, die »Chro midien« nämhch, betrachtete. Dabei erhellt aus der ganzen Schilderung des Chromidialapparates die Tendenz des Verfassers, un- zweifelhaft nachzuweisen, daß die Chromidien aus demKern heraus in das Sarcoplasma austreten, und zwar in größerer oder geringerer Menge, wie es die verschiedenen Funktions- zustände der »lebhaft funktionierenden Gewebszellen« be- anspruchen. Mit dem hängen freilich die von Goldschmidt beob- achteten Verbrauchs- bzw. Neubildungsstadien der Chromidien zu- sammen; zu den letzteren gehören jene »knorrige, dicke Stränge, die eine starke Vacuolisation erkennen lassen«, und von denen nach Gold- schmidts Meinung »der Ersatz der verbrauchten Stränge ausgeht, die bei diesen Zellen fortwährend neu gebildet werden «. Doch schaut man sich die GoLpscHMiDTsehen Fig. 26, 27 an, die diese vermeinthchen Tatsachen zur Veranschaulichung bringen sollen, so wird man gewiß gleich alles Vertrauen zu solchen ChromidialhjqDothesen bald verlieren und ganz unwillkürlich zur Überzeugung gelangen, es handle sich um ausgesprochene Kunstprodukte. Die Kerne scheinen auf den Figuren ungemein zusammengeschrumpft und sehr imregelmäßig konturiert, ihre chromatische Substanz in Brocken niedergeschlagen, von einem Chromatingerüst sieht man an den abgebildeten Kernen keine Spur. Daß solche Verunstaltungen der Kerne nur auf Artefakten beruhen, ist aus den GoLDscHMiDTSchen Abbildungen klar genügend zu erkennen, und es kostet wohl nicht viel Mühe, solche Bilder in den Ascaridenpräparaten hervorzurufen, wie ich mich aus eigner Erfahrung experimentell vielmals überzeugen konnte. Es kommt hier in erster Eeihe nicht auf das Fixa- tionsverfahren, sondern vielmehr auf die Behandlung der Präparate bei der Vorbereitung der Objekte zur Einbettung und auf die Ein- bettungsprozedur selbst an. Wenn man die Objekte zur Einbettung vorbereitet, so muß man gewiß die größte Vorsicht dazu verwenden, damit dieselben gründlichst entwässert werden, damit sie mit Xylol, Chloroform usw. und schließhch mit Paraffin gründlich durchgetränkt werden können. Darauf ist um so mehi* bei der Verarbeitung von Ascaridenmaterial zu achten, da die einzelnen Gewebe, vornehmlich die Muslculatur, ungemein viel Wasser in sich enthalten. Die betreffenden Objekte müssen, von dem 50%igen angefangen, durch stärkere Alkohole bis in den Absolutus durchgeführt werden, und darin, indem derselbe vielmals gewechselt über die fibrill. Strukturi-n in d. ^luskel- u. Darmzellen d. Ascariden. 663 wird, wenigstens 2-4 Stunden gelassen, damit sie gründlichst entwässert werden. Sonst ist immer die Gefahr vorhanden, daß die zum Einbetten vorbereiteten Objekte, welche ihrer dicken Cuticula wegen überhaupt sehr schwer das Paraffin in heißem Zustande durchlassen, mit demselben nicht völlig durchtränkt werden, und daß deshalb durch schädhche Wirkungen des wenn auch in geringer Menge anwesenden Wassers, die feinen Gewebe bei solcher Einbettung auf dem heißen Paraffinbade gröbste Umgestaltungen erleiden können. Nach solchen Methoden be- handelt, erscheinen dann die Kerne ge^viß völhg verschrumpft, ganz getreu nach den Abbildungen Goldschmidts, aber auch die Fibrillen- systeme, besonders der Muskelzellen, werden gänzlich vernichtet und zur Unkennthchkeit verändert. Das Gitter wird in einzelne Klumpen zerrissen, welche vacuolisiert und grobkörnig gebröckelt erscheinen, und ähnlicherweise werden auch die starken Stützfibrillen lädiert, indem sie in kürzere, ziemHch breite Bänder zusammengezogen werden, welche entweder strukturlos oder feinvacuohsiert mit auffälligen Anschwellungen in fein granuliertem Plasma meist in Schlingen gedreht verlaufen. Genau dieselben Verhältnisse, wie aus seinen vorangehenden Zitaten ersichthch, schildert Goldschmidt bei seinem » Chromidialapparat «, und seine Abbildungen beweisen die Identität der » Chromidien « mit den auf oben beschriebene Weise erzeugten Artefakten. Ich habe solche Chromidienartefakte zum Vergleiche mit den wahren Strukturverhältnissen der Ascaridenmuskelzellen noch in der Fig. 20 herangezogen. Vergleicht man den mit x bezeichneten Klumpen mit dem von Goldschmidt in seiner Fig. 2G abgebildeten »Chromidial- apparat«, so hegen gewiß dieselben Verhältnisse vor. Goldschmidt betrachtet solche vacuoHsierte, feinkörnige Knäuel als »Chromidien- neubildungszustände «, ich möchte dieselben vielmehr durch unge- nügende Behandlung bei Verfertigung der Präparate als vollkommien verunstaltete, verschrumpfte Bruchstücke von einem Fibrillengitter bezeichnen. Auch die nach einem ungenügenden Präparat in meiner Fig. 20 reproduzierten Fäden ?/, z solcher »Chromidienartefakte« weisen jene perlenschnurartigen Anschwellungen auf; auch sie werden »in eleganten Touren durcheinander geschlungen«, in derselben Art, wie von Goldschmidt öfters beschrieben und in zahlreichen Figuren illu- striert wnrd. Solche Fibrillenläsionen treten im Plasma in großer Menge und in allen Richtungen, so namentlich auch um den Kern angehäuft hervor, welch letzteren Zustand Goldschmidt für ungemein wichtig betrachtet, da seiner Ansicht nach — Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. XCIII. Bd. 43 664 Fr. Bilek, und er hat es ja auch in Fig. 20 abgebildet — die Chromidial- stränge aus dem Kern in das Sarcoplasma hinein wandern. Solche Täuschungen können wohl auf zweierlei Art hervorgerufen werden. Die Praxis bei der Herstellung mikroskopischer Präparate hat gewiß einen jeden darüber belehrt, daß beim Schneiden von schlecht eingebetteten Objekten auf dem Miki'otom, feste chromatische Kügel- chen (sehr oft Nucleolen!) durch das Mikrotommesser aus dem Kern herausgerissen werden und an der angerissenen Kernmembran kleben bleiben, was in den ungemein geschrumpften Kernen der Goldschmidt- schen Präparate viel leichter vorkommen konnte, wie das ganz ent- sprechend auch aus seinen Fig. 19, 22, genügend bestätigt wird. — Anderseits könnten ähnliche Befunde auf dicken und dabei etwas schief geführten Schnitten zutage treten, wenn nämlich die über dem Kern gelagerten Teile der » Chromidialfäden « mit demselben in eine Ebene des Gesichtsfeldes projiziert werden und so der Anschein hervorge- rufen wird, sie treten aus dem Kerne heraus. Ich bin fest überzeugt, daß nur solche Täuschungen auf jene Deutungen Goldschmidts »es treten aus den Kernen bisweilen chromatische Körper aus....« und auf die dies bestätigenden Fig. 5, 20 von größtem Einfluß waren. Doch bei einer dazu gebührenden Auf merksamkeit hätte sich auch der Verfasser durch sorgfältige Drehung der Mikrometer- schraube genau überzeugen können, daß seine »Chromidial- stränge« mit dem Kern nicht in einer und derselben Ebene liegen und deshalb nur scheinbar mit dem Kerne in jener » morphologischen Beziehung« stehen. Dazu ist noch zu bemerken, daß sich die Kerne in den vom Ver- fasser geschilderten Stadien »des Chromidialapparates « in tiefster Ruhe befinden; die Kerne sind nur mit Kernsaft, Linninnetz und Nucleolen ausgestattet. Es können daher die »Chromidien« nicht aus dem Kern auswandern. Anderseits konnten sich die Chromidien eben- falls nicht im ruhenden Kern entfalten, da nach unsrer Auffassung die färbbare Substanz der Chromosomen nur aus dem flüssigen Enchylem, d. h. nach der Umbildung der Kernsubstanzen hervorgehen kann, wie dies schon Vejdovsky früher betont hat. Ich glaube auf Grund meiner eignen an den Muskel- und Darmzellen verschiedener Ascaridenarten angestellten Be- obachtungen darauf genug hinweisen zu können, daß die von Goldschmidt beschriebenen >>Chromidialapparate« in den betreffenden >> lebhaft funktionierenden Gewebszellen« keine über die fibrill. Stiuktuien in d. Muskrl- u. Darmzellin d. .Vscariden. 665 wirklichen »funktionellen Strukturen« darstellen, sondern nur infolge der verfehlten Konservierungsmethoden und un- genügenden Behandlungsweise der mikroskopischen Präpa- rate hervorgerufen wurden und also als gröbste Artefakte aufzufassen sintU. An dieser Stelle möchte ich mir erlauben, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Fr. Vejdovsky, für das allzeit freundliche Interesse und das Wohlwollen, das er mir während dieser Arbeit ange- deiluMi ließ, meinen aufrichtigsten Dank abzustatten. Prag, im März 1909. Literaturverzeichnis. 1. St. ApIthy, Über die Muskelfasern von Ascaris nebst Bemerkungen über die von Lumbricus und Hiiiido. Zeitschr. f. w. Mikroskopie. Bd. X. 1893. 2. — Das leitende Element in den Muskelfasern von Ascaris. Arch. f. mikrosk. Anat. Bd. XLIII. 1894. 3. — Das leitende Element des Nervensystems usw. Mitt. Zool. Stat. Neap. Bd. XII. 1897. 4. 0. BÜTSCHLi, Untersuchungen über die beiden Nematoden der Periplaneta (Blatta) Orientalis L. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1870. 5. — Beiträge zur Kenntnis des Nervensystems der Nematoden. Ai'ch. f. mikr. Anat. Bd. X. 1873. 1 Es sei mir gestattet, nur vorübergehend darauf hinzuweisen, daß die Deutungen Goldschmidts, die, wie gezeigt ^vnirde, auf verzerrten Präparaten fußen, in verschiedenen neuesten Arbeiten gi'mstig aufgenommen wurden. Zu denselben gehört auch das, auch in vielen andern Richtungen wenig Vertrauen erweckende siebente Kapitel des XVI. Bandes der »Ergebnisse der Anatomie usw. « von Vl. Ruzicka, welcher auf Gnuid geradeso wertloser Präparate, ohne weiteres ganz kritiklos für die Chromidien Goldschmidts Partei nimmt. Inwiefern RüzicKA die Ascariden überhaupt aus eigner Erfahrung und Beobachtung kennt, das, glaube ich, leuchtet schon aus seinen ersten Worten genügend klar hervor, indem er z. B. sagt (1. c. S. 591): .... »Ascaris ist nämlich ein Syncytium. « — Es braucht kaum hervorgehoben zu werden, daß auch die Abbildimg der Oesophagus- zelle mit » Cliromidien « von Ascaris, wie sie Ruzicka. in Fig. 50 vorführt und als s> Original « bezeichnet, nur aus der Luft gegriffen ist. — Ich habe es für meine Pflicht gehalten, auch die Arbeit RüzicK^vs anzuführen, bloß der Vollständigkeit wegen — sonst aber kann derselben keine Bedeutung für die Lösung unsrer Frage beigemessen werden. 43* 666 Fr. BÜek, 6. 0. BÜTSCHU, Weitere Mitteilungen über die Struktur des Protoplasmas. Biol. Centr. Bd. X. 1890. 7. — ■ Untersuchungen über mikroskopische Schtäume und die Struktur des Protoplasmas. Leipzig 1892. 8. — Über den feineren Bau der contractilen Substanz der Muskelzellen von Ascaris usw. Festschr. f. R. Leuckart. Leipzig 1892. 9. R. Goldschmidt, Der Chromidialapparat lebhaft funktionierender Gewebs- zellen. Zool. Jahrb. Bd. XXI. 1905. 10. R. Leuckart, Die Parasiten des Menschen. Bd. IL 1876. 11. E. RoHDE, Beiträge zur Kenntnis der Anatomie der Nematoden. Zool. Beitr. herausg. v. A. Schneider. Bd. I. 1883. 12. — Muskel und Nerv. I. Ascaris. Zool. Beitr. Bd. III. 1892. 13. — ApAthy als Reformator der Muskel- und Nervenlehre. Zool. Anz. 1894. 14. Cam. Schneider, Lehrbuch d. vergl. Histologie der Tiere. Jena 1902. 15. Fr. Vejdovsky, Neue Untersuchungen über die Reifung und Befruchtung. Prag 1907. Königl. böhm. Gesellschaft der Wissenschaften in Prag. Erklärung der Abbildungen. Sämtliche Figuren sind nach den Präjjaraten mit dem REiCHERTSchen Zeichenapparat auf der Höhe des Objekttisches entworfen. Allgemeine Bezeichnungen: aÄ;, Stoff Wechselprodukte in den Darm- Im, erstarrte Lymphe; zeUen; md, Medianlinie; c, Guticularsaum ; nx, nutritorische Zone; er, contr. Rinde; scp, Sarcoplasma; CS, Ciliarsaum; sct, Subcuticula; gt, Gitterkörbchen; stzf, Stützfibrillen. Tafel XXVII. (Gegen das Original um 2/3 verkleinert.) Fig. 1. Ascaris megolocephala. Querschnitt durch eine KörpermuskelzeUe. Ehrlichs Hämatoxylin-Eosin. Zeiss C., Oc. 1. Fig. 2. Ascaris lumbricoides. Querschnitt durch eine KörpermuskelzeUe. Eisenhämatoxylin-Lichtgrün. Zeiss C., Oc. 1. Fig. 3. Ascaris megalocephala. Längsschnitt durch eine Muskelzelle, etwas schief geschnitten, so daß zwei angeschnittene Längsfortsätze getroffen sind. Ehrlichs Hämatoxylin-Orange G. Zeiss C., Komp.-Oc. 4. Fig. 4. Ascaris megalocephala. Längsschnitt durch eine Muskelzelle, nur einer von den beiden Längsfortsätzen getroffen. Nach einem Goldpräparat nach Apathy. Zeiss C., Komp.-Oc. 4. Fig. 5. Ascaris semiter.es. Querschnitt durch vier Körpermuskelzellen samt Subcuticula (sct) und Cuticula {cu). Eisenhämatoxylin-Orange G. Zeiss Apochr. 2 mm. Oc. 1. über die fibrill. Strukturen in cL Muskel- u. Darnizellen d. Ascariden. 667 Fig. 0. Ascaris scmitaes. Längsschnitt durch eine Muskelzelle. Tohiidin- Eosin. Zeiss Apochr. 2 mm. Oe. 1. Fig. 7. Ascaris megalocephala. Querschnitt durch da.s Darmepithel. Eisen- hämatoxyhn-Lichtgrün. Zeiss Apochr. 2 mm. Komp.-Oc. 4. Fig. 8. Ascaris lumbricoides. Querschnitt durch das Darmepithel. Toluidin- Orange G. Zeiss Apochr. 2 mm. Komp.-Oc. 4. Fig. 9. Ascaris semiteres. Querschnitt durch das Darmepithel. Zeiss Apochr. 2 mm. Komp.-Oc. 4. Fig. 10. Ascaris semiteres. Flächenabschnitt durch den Basalteil des Darm- epithels. Ehrlichs Orange G. Zeiss Apochr. 2 mm. Oe. 4. Fig. 11. Ascaris megalocephala. Querschnitt durch zwei Längsfortsätze. Ehbuchs Hämatoxylin-Rubin S. Zeiss, Apochr. 2 mm. Oc. 2. Fig. 12. Ascaris luinbricoides. Querschnitt durch zwei Längsfortsätze. Eisenhämatoxylin-Eosin. Zeiss. Apochr. 2 mm. Oc. 2. Fig. 13. Ascaris megalocephala. Querschnitt durch den mittleren Teil einer Körpermuskelzelle. Nach einem Goldpräparate nach ApIthy. Leitz, Hom. Imm. 1/12. Oc. 2. Tafel XXVIII. (Gegen das Original um 2/g verkleinert.) Fig. 14. Ascaris lumbricoides. Querschnitt durch den mittleren Teil einer KörpennuskelzeUe. Eisenhämatoxylin-Lichtgrün. Leitz, Hom. Imm. 1/12. Oc. 4. Fig. 15. Ascaris megalocephala. Querschnitt durch drei Basalteile der Muskelzellen samt einem Abschnitt von Subcuticula sct. Toluidin-Eosin. Leitz' Hom. Imm. 1/12. Oc. 2. Fig. 16. Ascaris megalocephala. Die Anheftung der Längsfortsätze der Muskelzellen an einer Medianlinie tnd. Goldpräparat nach ApIthy. Leitz, Hom. Imm. 1/12. Oc. 2. Fig. 17. Ascaris megalocephala. Querschnitt durch eine junge Muskelzelle. Ehrlichs Hämatoxj'lin-Eosin. Leitz, Hom. Imm. 1/12. Oc. 2. Fig. 18. Querschnitt durch eine Muskelzelle von Ascaris lumbricoides in der Partie hinter dem Kern. Eisenhämatoxylin-Lichtgrün. Zeiss, Apochr. 2 mm, Oc. 2. Fig. 19. Ascaris lumbricoides. Querschnitt durch den mittleren Teil einer Körpcrmuskelzelle nach einer zweistündigen Tetanisierung. Die Stützfibrillen werden in kurze Schlingen verschrumpft. Eisenhämatoxylin-Lichtgrün. Zeiss, Apochr. 2 mm. Oc. 1. Fig. 20. Ascaris liimiricoides. Läsionen der Stützfibrillen durch ungenügende Behandlung der Präparate verursacht. Eisenhämatoxylin-Eosin. Zeiss, Apochr. 2 mm. Komp.-Oc. 4. über die intrapigmentären Augen der Placophoren. Von Dr. M. Nowikoff. (Aus dem vergleichend-anatomischen Institut Moskau.) Mit Tafel XXIX und 2 Figuren im Text. Die Rückensinnesorgane verschiedener Placophoren zeigen be- deutende Unterschiede sowohl ihrer Form als auch ihrer inneren Orga- nisation nach. Einige Species besitzen breite Ästhetenhöhlen mit zahl- reichen, stark angeschwollenen Drüsenzellen, die Ästheten der andern sind ganz schmal und enthalten nur wenige bzw. gar keine typischen Drüsen. Bei gewissen tropischen Placophoren (Subfam. Toniciinae und Liolophurinae) werden einige Megalästheten in Sehorgane (extra- pigmentäre Augen) umgebildet, bei andern (Subfam. Callochitoninae und Chitoninae) nehmen die Sehorgane nur einen geringen Teil des Ästheten ein. Die letzteren Augen wurden zuerst von Thiele (90, S. 390) bei Chiton ruhicundus'^ entdeckt. Thiele bemerkt ganz richtig, daß die Augen der genannten Form viel kleiner und einfacher gebaut sind, als die von Moseley (85) beschriebenen (d. h. extrapigmentären). Er gibt aber nur eine kurze und ungenaue Schilderung der Histologie von neu- entdeckten Organen. Der Pigmentbecher ist hier sehr klein, und in seinem Innern konnte Thiele keine percipierenden Elemente wahr- nehmen. Nach unten hin wird der Pigmentbecher »von einer zelhgen Masse, welche vermutlich Ganglion und Retina darstellt, mit kleinen ovalen, stark gefärbten Kernen« umgeben; »durch die untere Spitze des Pigmentbechers dürfte ein hchtempfindliches Element hindurch- treten«, da hier eine Unterbrechung des Pigmentes wahrgenommen 1 Pläte (99, S. 165) meint jedoch, daß Thiele »nicht den echten Chiton ruhi- cundus, sondern den Callochüon laevis, welcher auch im Mittelmeer vorkommt, untersucht hat«. t^bcr die intrapigmentiiron Augm dt-r Placophoren. G69 wi'itK'ii konnte. Der lichtbrechende A})parat soll aus einer modifi- zierten, bikonvex gewordenen Scheitelkappe des Ästheten bestehen. Das Auge nimmt also nach Thiele das ganze Megalästhet für sich in Anspruch, was, wie ich schon oben erwähnt habe, nicht zutreffend ist. Eine ausführlichere Beschreibung der betreffenden Organe gibt Plate in seiner »Anatomie und Phylogenie der Chitonen« (99, Ol). Er bezeichnet die Augen als intrapigmentäre und findet sie bei Cal- lochiton Jaevis, puniceus und Chiton cumingsi. Das Vorhandensein von ähnlichen Sehorganen vermutet er außerdem noch in den Megalästheten von Chiton siibfusciis. In jedem intrapigmentären Auge, welches nur einen Seitenteil des Megalästheten bildet, unterscheidet Plate eine Linse, die von den Sehzellen ausgeschieden sein soll, und einige Retina- zellen, welche bei Calloch. puniceus und Ch. cumingsi auch Pigment enthalten. Das Auge von Ccdloch, laevis dagegen besitzt nach Plate nur eine bzw. zwei Sehzellen, welche seitlich zu dem Augenbecher hinzu- treten. Abgesehen von diesem Unterschied, sollen die intrapigmentären Augen sämthcher erwähnten Formen einander ähnlich gebaut sein. Von den extrapigmentären Placophorenaugen unterscheiden sie sich sowohl dm'ch inneren Bau als auch durch ihre Anordnung an der Schalen- oberfläche. Sie sind nämlich »ganz unregelmäßig über die Seitenfelder und die entsprechenden Teile der ersten und letzten Schale verteilt und lassen nur einen schmalen Streifen an Vorder- und Hinterrand frei« (Plate, Ol, S. 506). Im Anschluß an meine Untersuchungen über die extrapigmentären Placophorenaugen (07) war es für mich von Interesse, auch den Bau der bis jetzt verhältnismäßig wenig erforschten intrapigmentären Augen einem nochmaligen Studium zu unterwerfen. Eine Gelegenheit dazu hat mir Herr Dr. J. Thiele durch die liebenswürdige Zusendung des nötigen Materials geboten. Ich spreche ihm dafür auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank aus. Material und Methoden. Als ^laterial für die vorliegende Unter.sutliung dienten mir ein Chiton cumingsi, ein Stück von der ersten Sehale eines Ch. suhjuscus und zwei Schalenstücke eines CaUochiton puniceus. Die Fixierung des Materiales war leider ziemlieh mangelhaft, so daß ich manche histologischen Details ganz unaufgeklärt lassen mußte. Die histologischen Elemente auf meinen Schnitten durch das Auge von Ch. cumingsi waren besonders undeutlich, so daß diese Schnitte mir nur zum Vergleichen dienen konnten. Zum Anfertigen der Schnittserien dekalzinierte ich kleine Schalenstücke einige Tage lang in einer 1 — 2"oigen Lösung von Salpetersäure in lO^'^igera Alkohol. 670 M. Nowikoff, Die Flüssigkeit wurde dabei öfters gewechselt. Aus den entkalkten, ins Paraffin eingebetteten Schalenstücken lassen sich 3 — 5 u dicke Schnitte ohne Schwierig- keit bereiten. Die Färbung erfolgte zum Teil nach der Methode von Mallory, wobei die Objekte zur besseren Darstellung der Kerne vorher noch mit Boraxkarmin bzw. Safranin behandelt wurden. Sehr differente Bilder bekommt man auch nach der Färbung mit Boraxkarmin und Bleu de Lyon oder mit Hämatoxylin und Eosin. Die Augen von Callochiton puniceus. Im Gegensatz zur Behauptung Plates (99, S. 54), daß die Schalen- augen der Gattung Chiton ihrem Bau nach mit denen der Gattung Callochiton übereinstimmen, möchte ich hervorheben, daß die beiden Organe, sowohl ihrer Anordnung an der Schalenoberfläche als auch ihrer Organisation nach so bedeutende Unterschiede zeigen, daß sie voneinander unabhängig beschrieben werden sollen. Ein leicht wahrnehmbares Unterscheidungsmerkmal der beiden Gattungen (wenigstens derjenigen Species, die mir zur Verfügung standen) bietet schon die Verteilung der Augenflecke auf der Ober- fläche der Schale. Wie die beigegebene Textfig. 1 zeigt, sind die Augen von Callochiton über dem hinteren Dreieck jeder Schalenhälfte ganz unregelmäßig zerteilt, die Augen der beiden Chiton-Aiten dagegen in parallelen bzw. strahlenartig verlaufenden Reihen gruppiert. Bezüglich der Lage des intrapigmentären Schalenauges im Ästheten soll bemerkt werden, daß es (Fig. 1 Au) nur einen verhältnismäßig ge- ringen Teil des letzteren in Anspruch nimmt. Es befindet sich stets an derjenigen Seite des Ästheten, welche der sog. ästhetenbildenden Kante (Fig. 1 Aebk) zugewendet ist. Das Megalästhet ist durch das Vorhandensein des Auges in seinem Bau sehr wenig beeinflußt. Alle seine typischen Bestandteile, wie die Sinneszellen (Fig. 2, 5 sz), die Drüsenzellen (dz), die Micrästhetenzellen {mz), die Füllzellen (fz), ebenso wie seine Scheitelkappe ( Sk) sind sowohl bei Callochiton (Fig. 2) als auch bei Chiton (Fig. 5) unverändert geblieben. Nur die Umrisse der das Auge enthaltenden Ästhetenregion unterscheiden sich mehr oder weniger von denen der augenlosen Ästheten. In dem Megalästheten von Calloch. puniceus ragt der augen- tragende Teil sehr stark hervor, indem die Oberfläche des Auges hier etwa parallel der Rückenfläche des Tieres (Fig. 1, 2), an der Grenze zwischen Tegmentum (T) und Suprategmentum (St) liegt. In Zusam- menhang damit steht auch der Umstand, daß die über dem Auge ge- legene Partie des Suprategmentums von Micrästhetenröhrchen frei (M)er dio intraiiigmentären Augen der Placophoren. 671 bleibt, so daß die Lichtstrahlou in das Auge ganz ungehindert eintreten können. Im inneren Bau jedes Sehorgans von Callochiton unterscheide ich einen Pignientbecher (Fig. 2, 3, 4 P), weiter eine diesen Becher aus- füllende Masse, die ich als Glaskörper (i/k) l)e- zeichne, und schließlich eine linsenartige Bildung (Fig. 2, 3 L), welche hier jedoch kein selbständiges, von besonderen Zellen stammendes Organ dar- stellt, wie es in den extra- pigmentären Augen und in den später zu beschrei- benden intrapigmentären Augen der Gattung Chi- ton der Fall ist, sondern aus einem über dem Auge gelegenen und in den Glaskörper konvex eingedrückten Teile des Tegmentums (T) besteht. Mit besonderer Deutlich- keit kann man das Ge- sagte auf etwas schief geführten Längsschnitten durch das Auge (Fig. 3) beobachten. Der Pigmentbecher bildet sich aus einigen cylinderförmigen Zellen (Fig. 2 pz), deren distalen Teile so dicht mit brau- nem Pigment gefüllt sind, daß man die Zellgrenzen nur kaum unterscheiden kann. Die proximalen Zellenden, welche je einen ovalen Zellkern enthal- ten, werden allmählich dünner und gehen schließlich in eine Faser über. Ich habe auf manchen Präparaten eine nahe Beziehung zwischen diesen Textfig. 1. Anordnung der Augenfleoke an der Oberfläche der PLjco- phorenschalen. Vergr. etwa 8 mal. o, Hälfte eines mittleren .Schalenstückes von Chiton cumingsi; b, Teil eines vorderen Schalenstückes von Chiton siif/fiiscus; c, Hälfte einea mittleren Schalenstückes von Callochiton puniceus. 672 M. Nowikoff, Fasern und dem im Faserstrange (Fig. 2 Fs) verlaufenden Nervenstamme {N) beobachtet, kann aber infolge eines mangelhaften Fixierungszustan- des meines Materials nicht mit Sicherheit entscheiden, ob die Pigment- zellen auch als lichtpercipierende Elemente aufzufassen sind. Die Ent- scheidung dieser Frage ist um so schwieriger, als sämtliche Zellen eines Ästheten, welche stark in die Länge ausgezogene ümbildungsprodukte der Epidermiszellen (Fig. 1 Ep) darstellen, mit proximalen Fortsätzen versehen sind. Meine Vermutung, daß die Pigmentzellen auch als Seh- elemente funktionieren, findet eine gewisse Bestätigung beim Vergleichen des Callochiton- Auges mit demselben von Chiton subfuscus (Fig. 5), wo die Retinazellen [rz) eine ähnliche Gestalt und genau dieselbe Anord- nung haben, wie die genannten Pigmentzellen. Die Tatsache, daß die Retinazellen Pigment enthalten, bietet durchaus nichts befremdendes, da sie auch bei manchen andern wirbellosen Tieren, so z. B. in den Komplexaugen von Branchiopoden (Nowikoff, 05) festgestellt wurde. Schon Plate (99, S. 171) hat darauf aufmerksam gemacht, daß der Pigmentbecher von Callochiton laevis von einer seitlichen Spalte durchbrochen wird. Bei Calloch. puniceus beobachte ich immer eine Öffnung an der äußeren, d. h. der ästhetenbildenden Kante zuge- wendeten Seite des Pigmentbechers. Die runde bzw. ovale Öffnung ist sowohl auf Längs- (Fig. 2, 3) als auch auf Querschnitten (Fig. 4) durch das Auge ohne Schwierigkeit zu erkennen. Sie kommt dadurch zustande, daß eine große Zelle (Fig. 2, 3, 4 zz) sich zwischen die Pig- mentzellen hineinschiebt und in das Innere des Bechers ihre faden- förmigen Fortsätze sendet, aus welchen der Glaskörper (gk) gebildet wird. Plate, der diese Zelle ebenfalls (allerdings nur bei Calloch. laevis und nicht bei Calloch. puniceus) beobachten konnte, schreibt ihr eine licht- percipierende Rolle zu. Als Beweise für eine solche Annahme können eventuell nur die ansehnlichere Größe der Zelle im Vergleich mit andern, sie umgebenden Zellen und ihre Fortsetzung in eine der Fasern des Faserstranges dienen. Doch ist das letztere Merkmal, wie gesagt, für sämtliche Ästhetenzellen charakteristisch, bezüglich des zweiten Merk- males kann es bemerkt werden, daß die Drüsenzellen, welche keine Sinnesfunktion besitzen, alle übrigen Ästhetenzellen jedoch ihrer Größe nach bedeutend übertreffen. Nach der Analogie mit den extrapigmen- tären Schalenaugen, welche ich wegen ihres besseren Fixierungs- zustandes genauer erforschen konnte (Nowikoff, 07), halte ich die betreffende große Zelle für eine Zwischenzelle, deren Aufgabe nur darin bestehen soll, die fadenförmigen Fortsätze zum Aufbau des Glaskörpers zu liefern. Ich muß gestehen, daß zwischen äußerst über die intrapigmentären Augen der Placophoren. 673 inaningt'altigon .Sehorganen der niederen Tiere auch solche vorhan- den sind, wo die Fortsätze der Sehzellen das Innere des Pigment- bechers ausfüllen, wie es z. B. bei Planaria gonocephala (Hesse, 08, S. 10, Fig. ()) der Fall ist. Die Annahme jedoch, daß die den Becher von CaUochiton ausfüllenden ZellfortScätze zur Lichtperception dienen, kann ich kaum für richtig halten. Dem widerspricht zuerst die oben- erwähnte Analogie der großen Zelle mit den Z\\'ischenzellen von extra- pigmentären Augen, und zweitens ist es ziemlich unwahrscheinlich, daß in einem komplizierten, aus mehreren Zellen bestehenden Auge nur eine einzige Zelle als Retina funktioniere. Es war für mich unmöglich, die Entwicklungsgeschichte der CaUo- chiton-Augen zu verfolgen, da das zarte Gewebe der ästhetenbildenden Kante auf meinen Präparaten am meisten beschädigt wurde. In den eben ausgebildeten Megalästheten, welche noch ganz nahe am Schalen- rande liegen (Fig. 1), sind die Augen (Au) schon vollständig differen- ziert und in vollem Maße mit Pigment versehen. Der letztere Umstand tritt übrigens auch bei Betrachtung der Schalenoberfläche mit schwä- cheren Vergrößerungen hervor; man findet hier Augenflecke (Text- fig. 1 (?) auch ganz dicht am Schalenrande. Die Art der Innervierung von Augen und Megalästheten ist bei CaUochiton punicetis durchaus ähnlich derjenigen, welche ich früher (07) bei andern Placophoren {Tonicia, Acanthopleura, Chiton olivaceus) be- schrieben habe. Die Nervenfasern, die sowohl von den Sehzellen, als auch von den Sinneszellen des Megalästheten entspringen, vereinigen sich in einen mitten im Faserstrange ziehenden Stamm (Fig. 2 N). Der Xerv nimmt seinen Ursprung also von früheren Epidermiszellen, deren proximale Partien fadenförmig ausgezogen werden und eine fibrilläre Umwandlung (ihrer Länge nach) erfahren. Einige solcher Nervenstränge durchbrechen, nachdem sie die Epidermis (Fig. 1 Ep) erreichen, die Basalmembran und vereinigen sich (Fig. 1 e) mit größeren, im Bindegewebe {Bg) verlaufenden Nervenstämmen {N), welche ihrerseits vermutlich in den Palliovisceralstrang eintreten, wie es für andre Placophoren von Blumrich (91), Plate (Ol) und mir (07, S. 181) gezeigt wurde. Die Nerven andrer Faserstränge biegen sich in die Epidermis um und treten hier in eine Verbindung mit Nervensträngen, welche die Epidermislage horizontal durchsetzen und ein Umbildungsprodukt der reihenweise angeordneten Epithelzellen darstellen. Ich gehe hier auf den Prozeß der Nervenbildung nicht näher ein, da ich ihn schon in meiner Abhandlung über die extrapigmentären Augen (07, S. 182, 3, 674 ' M. Nowikoff, Fig. 20) ausführlich beschrieben habe. Man beobachtet in diesem Falle ebenfalls eine Umwandlung der Epidermiszellen in die Nerven, jedoch nicht der Länge, wie in den Fasersträngen, sondern der Breite der Zellen nach. Die epithelialen Nervenstränge liegen entweder in der Mitte der Zellen (Fig. l N^ unten) als Differenzierungsprodukte eines kleineren oder größeren Teiles Zellplasma, oder zwischen den Epi- dermiszellen in Form von besonderen Stämmen (Fig. 1 N^ oben), nachdem das ganze Protoplasma der betreffenden Zeilreihe in Nerven- fasern umgebildet wird. Die beschriebenen epithelialen Stränge gehen schließlich ebenfalls in die subepithelialen Nerven (Fig. 1 N) über. Die Augen von Chiton subfuscus und cumingsi. Die Vermutung Plates, daß die Schaienaugen von einfachster Form auch dem Chiton suhfuscus zukommen (99, S. 67), ist dui'ch meine Untersuchung vollkommen bestätigt worden. Es ist auch ganz richtig, daß diese Augen (Fig. 5) denjenigen von Chiton cumingsi (Fig. 8) sehi ähnlich sind. Doch weicht die Organisation der beiden Organe von der der vorher beschriebenen Callochiton- Augen in manchen Punkten erheblich ab. Wir haben schon gesehen, daß das Vorhandensein des Auges einen gewissen Einfluß auf die Form des betreffenden Ästheten von Calloch. puniceus ausübt, indem die lichtaufnehmende Augenfläche dort etwa an der Grenze von Suprategmentum und Tegmentum liegt. Die Schalen- augen der Gattung Chiton sind ihrer Lage nach von der genannten Grenze vollständig unabhängig. Es gibt Augen, die zwischen den beiden Schalenlagen (Fig. 8), und auch solche, die tief im Tegmentum (T) eingelagert sind (Fig. 5). Das Tegmentum dient hier niemals zur Bil- dung eines lichtbrechenden Apparates, und das Auge besitzt eine selb- ständige Linse (Fig. 5, 8 L), welche zur Schalenoberfläche mehr oder weniger schräg gestellt wird. Darum ist die Gestalt der Megalästheten hier durch das Vorhandensein der Augen sehr wenig beeinflußt. Ander- seits sind die Augen der Gattung Chiton (Fig. 5, 8) viel ärmer an Pigment (P) als die von Callochiton (Fig. 2 P). Aus den beiden letzt- erwähnten Umständen wird es begreiflich, daß die C/w'tow-Augen viel schwieriger nachweisbar sind. Im schlanken, nur wenige Drüsenzellen enthaltenden Megalästheten von Ch. suhfuscus (Fig. 5) nimmt das Auge eine länghche Gestalt an. Vom übrigen Inhalt des Ästheten wird es durch eine Pigment- hülle (P) abgetrennt, welche aus besonderen Zellen {pz) mit den in diesen eingeschlossenen, braunen, runden Pigmentkörnchen verschiedener über die intrapigmentären Au-fen ilcr Placophoren. G75 Größe besteht. Die Pigmentzelleii schciiu'ii den Füllzellen vollkommen identisch zu sein. Nicht selten findet man, daß die gewöhnlichen, in Ästheten bzw. in Fasersträngen (Fig. 5 Fs) liegenden Füllzellen (/s^) ebenfalls mit Pigment versehen werden. Man kaini zuweilen auch voU- stäntlig augenlose Megalästheten mit einigen pigmentierten Füllzellen beobachten. Im Sehorgan selbst unterscheide ich zwei tj^ische Bestandteile: eine Retina (Fig. 5 rz) und eine Linse {L). Die Retinazellen sind nicht zahlreich. Auf einem und demselben Längsschnitt gehngt es selten, mehr als ilrei bis vier Zellen zu unterscheiden. Sie sind bei Ch. siih- fuscus (Fig. 5 rz) ziemlich lang, cylinderförmig und enthalten in ihrem proximalen Teile je einen ovalen Zellkern. Ihr Protoplasma ist gewöhn- lich ganz frei von Pigment und zeigt eine deutliche Längsstreifung. Die proximalen Fortsätze dieser Zellen, die Nervenfasern, verlaufen von Anfang an einzeln zwischen den Pigmentzellen (Fig. 6) und sind deswegen sehr schwer nachweisbar. Erst unterhalb der Pigmentmasse sammeln sie sich alle zusammen, vereinigen sich mit den Nerven der jMegalästhetensinneszellen (Fig. 5 sz) und bilden auf diese Weise einen im Faserstrange ziehenden Nervenstamm {N). Eine bemerkenswerte Modifizierung erfahren die Sehzellen an ihren distalen, der Linse zugewendeten Enden. Die letzteren (Fig. 5, 6 rz) sind gewöhnlich zugespitzt, dunkler färbbar und erscheinen in Form kurzer Fortsätze, welche in die Linse {L) mehr oder weniger tief ein- dringen (Fig. 6 zpf). Ich war nicht imstande, irgendwelche feinere Struktur in den Fortsätzen zu konstatieren. Das Vorhandensein dieser Fortsätze verleiht den Zellen eine auffallende Ähnlichkeit mit den Zapfen Zellen der Retina von Wirbeltieren. Der Hchtbrechende Apparat im Auge von Ch. subfuscus besteht aus einer der Retina unmittelbar aufliegenden bikonvexen Linse (Fig. ") L). Die Struktur der letzteren ist körnig; ihre mittlere Region ist dunkler tingierbar, dementsprechend wohl auch dichter und stärker lichtbrechend als ihre äußere Schicht. Die Retinazellen umgeben je- doch nicht die ganze innere Oberfläche der Linse. Sie liegen nur etwa der unteren Hälfte dieser Oberfläche an (Fig. 5); die andre Hälfte der letzteren steht unmittelbar mit Pigmentzellen in Berührung. An vollständig entwickelten Augen gelingt es nur selten zu beob- achten, daß das untere Linsenende sich in eine Faser fortsetzt, welche mit den ülirigen Fortsätzen der Ästhetenzellen in den Faserstrang ein- zutreten scheint. An der Übergangsstelle der Linse in die Faser kann man zuweilen auch einen, obgleich nicht sehr deuthchen Zellkern 676 M, Nowikoff, nachweisen. Viel bequemer lassen sich die diesbezüglichen Bilder in den noch nicht ganz differenzierten Augen studieren (Fig. 7). Die Ent- wicklung des Auges geht in der Weise vor sich, daß zuerst in einem schon vollkommen ausgebildeten Megalästheten eine am Rande liegende Zelle zu schwellen beginnt (Fig. 7 Iz). Sie wird dadurch einer Drüsen- zelle ähnlich, mit dem Unterschiede jedoch, daß sie keinen distalen Fortsatz wie die letztere besitzt; ihr distales Ende wird abgerundet (Fig. 7 L). Das ist die spätere Linse, welche hier also von einer be- sonderen Zelle gebildet wird. Ebenso wie die übrigen Ästhetenzellen behält auch sie ihren proximalen Fortsatz, der im erwachsenen Zu- stand zwischen den Retina- und Pigmentzellen mehr oder weniger versteckt liegen kann. Erst später, nach vollkommener Ausbildung der Linse, beginnt die Differenzierung der Sehzellen und die Bildung des Pigmentes. Darum sieht man an der Oberfläche der Schale (Text- fig. 1 b) die ersten Augenflecke ziemlich weit vom Schalenrand ent- fernt liegen. Das Auge von Ch. cumingsi, von welchem ich wegen des schlechteren Fixierungszustandes nur ein recht mangelhaftes Bild entwerfen konnte (Fig. 8), scheint in seinen Grundzügen dem eben beschriebenen Chiton- Auge durchaus ähnlich zu sein. Die Linse (L), welche auf den meisten Längsschnitten durch das Auge wie ein heller Hohlraum aussieht, besitzt dieselbe bikonvexe bzw. ovale Gestalt. Die Sehzellen (rz) umgreifen einen Teil der inneren Linsenoberfläche. Sie scheinen kürzer als bei Ch. subfuscus zu sein und besitzen keine zapfenförmigen Fortsätze. Die Pigmentzellen {fz), welche hier recht wenig Pigmentkörnchen ent- halten, umhüllen die von den Sehzellen freie, innere Fläche der Linse und liegen außerdem unterhalb der Retina. Die Entwicklungsgeschichte des Auges von Ch. cumingsi konnte ich nicht verfolgen. Es läßt sich aber vermuten, daß sie hier etwas anders als bei Ch. subfuscus verläuft, da die Pigmentflecke an der Oberfläche der Schalenstücke (Textfig. 1 a) schon unmittelbar vom Rand der letzteren beginnen. Vergleichende Bemerkungen. Das Studium der Placophorenaugen liefert ein schönes Beispiel dafür, wie ein und dasselbe Organ bei nahe verwandten Formen auf ganz verschiedenen Wegen zustande kommen kann. Sowohl die extra- als auch die intrapigmentären Augen sollen eine und dieselbe Funktion haben. Ihrem Bau nach kann man ihnen nur ein Unterscheidungs- vermögen zwischen Licht und Schatten zuschreiben. Ich bin mit über die intrapigiucntären Augen der Placophorcn. 677 Plate (Ol, S. 506) ganz einverstanden, daß die Aufgabe der Schalen- augen nur darin besteht, die Trübung des umgebenden Wassers zu er- kennen, »um dadurch die Tiere von solchen Regionen fern zu halten, in denen das Wasser durch Sand oder andre Schmutzteilchen ver- unreinigt ist«. ' Das Vergleichen der histologischen Elemente der drei Augenformen von Placophoren zeigt jedoch eine große Verschiedenheit derselben und erlaubt kaum irgendwelche phylogenetischen Schlüsse zu ziehen. Ob- gleich die intrapigmentären Augen viel einfacher als die extrapigmen- tären gebaut sind, dürfen sie doch nicht für genetisch primitive Organe, aus welchen die extrapigmentären Augen sich entwickeln könnten, gehalten werden. Ebensowenig genetischen Zusammenhang vermochte ich zwischen den beiden vorher beschriebenen Typen der intrapig- mentären Augen nachzuweisen. Ich komme daher zum Schlüsse, daß alle drei Formen der Sehorgane von Placophoren ganz unabhängig, wenngleich aus einem und demselben Material (Zellen der Megalästheten), entstanden sind. Die Textfig. 2 soll meine obige Vermutung anschau- Megalästhet + intrapiiim. Auge V. eh it oninae Megalästhet + intrapiKin. Auge , CaUochitoninae Extrapigm. Auge V. Liülophurinae Extrapigm. Auge V. Touiciinae lleg:ilästliet Textfig. 2. lieh machen. Die drei Typen von Schalenaugen erscheinen hier als drei voneinander unabhängige Strahlen, welche von einer gemeinsamen Wurzel, dem Megalästheten, stammen. Nur die Augen von Liolo- phurinen können als etwas mehr kompliziert gewordene Toniciinen- augen betrachtet werden. Ziu: Erläuterung des Gesagten will ich in nachfolgenden Zeilen die einzelnen Bestandteile verschiedener Schalenaugen miteinander ver- gleichen. Der Pigmentapparat ist in allen drei Augenformen ganz ver- schieden. In extrapigmentären Augen wird das Pigment von besonderen 678 M. Nowikoff, Zellen in die Schalensubstanz ausgeschieden, so daß man hier keine pigmentierten Zellen findet. Das Pigment bei Callocliiton liegt in Form eines scharf konturierten Bechers in den Zellen, welche höchst- wahrscheinlich auch eine lichtpercipierende Funktion erfüllen. In Augen der Gattung Chiton schließlich treffen wir eine verhältnismäßig geringe Menge Pigmentkörnchen, welche hier ziemlich zerstreut, nicht nur in den die Retina und die Linse umhüllenden, sondern auch in den weiter vom Auge entfernten Füllzellen liegen. Etwas mehr Vergleichspunkte liefert uns die Retina der Schalen- augen. Bei Chiton besteht sie ausschließlich aus Sehzellen, bei Callo- chiton wird die Lage der letzteren von einer einzigen Zwischenzelle durchbrochen; bei der Subfamilie Toniciinae finden wir schon mehrere Zwischenzellen, und schließlich im Auge von Schizochiton (Vertreter der Subfam. Liolophurinae) sind die Zwischenzellen etwa ebenso zahl- reich wie die Sehzellen. Ein gemeinsames Merkmal aller Zwischenzellen bilden ihre distalen Fortsätze, die sie ins Innere des Auges zur Bildung eines Glaskörpers senden. Viel mannigfaltiger sind die Sehzeilen ver- schiedener Schalenaugen gebaut. So sind die Sehzellen der extra- pigmentären Augen mit mehr oder weniger deutlichen Binnenkörpern versehen. In den Augen der Subfamilie Callochitoninae scheinen die Pigmentzellen die Rolle der Sehzellen zu spielen; außer Pigment enthalten sie keine besonderen speeifischen Bestandteile. Die Sehzellen der SubfamiHe Chitoninae werden, wie gesagt, durch eigenartige, zapfenförmige Fortsätze charakterisiert. Die zur Konzentrierung der Lichtstrahlen dienende Linse kann in sämtlichen Placophorenaugen nachgewiesen werden, doch ist sie hier sowohl ihrer Struktur als auch ihrer Entwicklung nach äußerst mannigfaltig. In extrapigmentären Augen wird sie von anorganischen Salzen imprägniert und zeigt eine große Ähnlichkeit mit einem Sphäro- kristall. Sie entsteht als Ausscheidungsprodukt einer bzw. einiger Zellen und kann als ein dem kalldgen Teil des Placophorenstachels homologes Gebilde betrachtet werden. Die Linse bei Chiton stellt, wie gesagt, eine modifizierte Drüsenzelle dar und enthält wohl keine anorganischen Salze. Im Auge von Callochiton endlich wird die lichtbrechende Funk- tion von einem abgesonderten Teile des Tegmentums übernommen. Moskau, im April 1909. über die intrapigmentiiren Augen der Placophoren. f)79 Verzeichnis der zitierten Literatur. !)1. J. Bi.rMKiCH, Das Intogument der Chitonen. Diese Zeitsciir. liil. LTT. OS. I{. IIkssk. Das Sehen der niederen Tiere. Jena. sr>. il. X. MosELEY, On the presence of eyes in tlio shell of ccrtain Chitonidae and on the strueturo of thcsc oi'gans. Quart. Journ. Mierosc. Sc. Vol. XXV. 05. M. NowiKOFF, Über die Augen und die Frontalorgane der Bianehiopoden. Diese Zeit^chr. Bd. LXXIX. 07. — Über die Rücken.sinnesoi'gane der Placophoren ncljst einigen Bemerkungen über die Schale derselben. Ebenda Bd. LXXXVIII. 99. L. ir. Plate, Die Anatomie und Phylogenic der Chitonen. Teil B. Zoolog. Jahrbücher. Supplem. IV. Ol. — Desgl. Teil G. Ebenda. Supplem. V. 00. J. Thiele, Über Sinnesorgane der Seitenlinie und das Nervensystem von Mollusken. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. Erl {?■ ■\k ^y.Avh V/H HC Vtrlcg von miMm Eiigfimann « Leipzig LühAnst. v.Johawus Arndt. Jfjun Zeilfidiril't f. wi.Vi. Zoolouie Bd-XCIlI TnT.K. K. SojTucv, gez luhAnst.v.Johanrües An;Jx :l.vlirin r uvs Xmihi/ir Ikl \CIII Tai: X %J ■^f^fTr\ V r 'TT^'V h'M'tntn "l-fip-di, ilmft fii''S.f Zoologir ßd.X('IU Tal Xl C\ 0i -r: V ^ %, -* --/ '^ ;;,;*/•!««;*'*' -•'"»w.wüsy;. lith AnsL V JohanR-< Zfitsclwin f.wiss. Zflolotiie Bd XOII. Tuf xn V- "% ::xlt:^. V jj^ w -MS. ,.Sub ii i- 3 JCSamsongez L:t/,ii,j \ir;i AiZjC-i^ Johanjiä Ajtdt.Ja^ Icitschrifi Fvriss.Zoohgie Bd.XCM. TdTXin. »^'"'.i/ v^n hWiflm En^eliiiaim. , luhtdi-uck rvn. ÜuJiöitr.S'n^b Jl,£apzt^ Idtschrift f.wiss.Zoologie Bd.XCM. Taf.M'. .■/'^' '■■^\ Fig. 9. ■**»B*ä(-Sf'^' 77^/? ..;/ ■iües.r/ffi. ;^ Fig 10. ■ ■ \ F^g. n. Fl.,/. 12. ffl. s^^g^^ •; -^ 7^,^. /*. Ii*".'.j^' f-i Wilhelm FngfJmaiui l:'.p2. SiL\t/r w-i t.Y.it^JI^ TaT.XV. VfKOis YOJi. WiUiebiL Engebnanri . lewziü ■IAt!ichTiftf.mss.Zoologk Bd.XCM. raf.m. coeli c/hm mö m a\ Fiy. :r:. Fig. 33. j ir" W/w/ffi Eii^hnai Zichedn^\ irft Cij'^'T ör.id Ltipzi-g leitschrifi f.wiss. Zoologie TafXTU. Fig. 16. luhtdriuk rea CM.t^dtr, Crrt, t^.Ze^pi^ Zeitschrift f'niss. Zoologie Bd.JTW. Taf.mU. Fig 28. Fig. 21 ZuAulT'Ulw-^CC'Redtr.S.'r^ bKl Zeitschrifi f. n'iss Zoologie Bd. XCIIL Taf. XIX. ,,,„H.wW'»f«j,i,„^,„^^^ LUKAnst V .Jotumius Antdi,J(na.. Zeitschrif) f.wiss Zoobgie Bd.XCHI. Taf XX iWiÄnst fJofuuvui Amdt,Jena. Zeitschrift f wiss. Zoologie Bd.XClII Taf. XXI. lUh.Anst.vJokam£s Arndt, Jena Zeiischrift fwiss. Zoologie Bä.xcm Ta/:.\xn. Verlag v Wilhelm Kngehnanj^ mleipzig LithJinst vKATurikBje^j Zeitschrift f. niss. Zoologie Bd. XCni. Taf.XXin. VerlagvWilhdmEn9elmam^j^,^^.p^g lith Anst vtAJunkeJnpog '/eüschnß f.wiss. Zoaloijie Bil.XCril. Taf.XXtV. npj '^-.^ S. foSS.COTL. . Stil. riv cj«^. transm.. iSA 7~e<. 1^ ^" R'f iL.rTi-Sup. \^' , \% \ ,a lL-'^%-'^ '■*■'>'/■ VerldQ \' WiüifilmEiicjelmann uileijjziq lithAnstvXWunkleipng rhiin für n'iss Zoologie. Bd. XCIII Taf. XXT '/ ^ »Je »Jh. y\ ,1«'' ^^ Zeitschrifl^ für tviss. ZoohgU Bd. Xi i,ii wri '^'^j J«v 'M'l">liigehimai . Zeitschrift f. tciss. Zoologie Bd. XCIII. Taf. .Y.YT7/. Verlag von Wnkdm £%!«„„„ ,„ i^iprif. Zeitschrift f. iciss. Zoologie. Bd. XCIII. \ ! Taf. XXVIII. Verlag von Wilhelm Engelmann in Leipzig. Zeäschnft f. wvss. Zoologie Bd XCIII. Tof XXIX. ^* .?* i Urlag rm WiUulmOigtbnammLupzi^. LWLÄnsL vJoluuvuiAnvU, JtnA. Min vvncji ! 1 1 1 ilMa.f II 1 1 III 1 III 1 I ) iiiiiill iilil WMSI 0 / 7 7 )' PL J- r jh-^ % :^ ^ ^^ '^ w o ' # :. *■ i?