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B . « 5 “ - ” ”. yo >.» Bez .. Pr nv ne En N Be te ee ns en en ge Beet Ve Auen ne OT ne Te ven mann, .. an ER a f ergah Non fi 2 Zeitschrift für WISSENSCHAFTLICHE ZOOLOGIE begründet Carl Theodor v. Siebold und Albert v. Kölliker herausgegeben von Albert v. Kölliker und Ernst Ehlers Professora.d. Universitätzu Würzburg .— Professor a. d. Universitätzu Göttingen. Hinundfünf ziester Band Mit 37 Tafeln und 28 Holzschnitten. LEIPZIG Verlag von Wilhelm Engelmann 1591. Inhalt des einundfünfzigsten Bandes. a N Erstes Heft. Ausgegeben den 2. December 1890. Seite Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Zweiter Beitrag. Das Rückenmark. Von A, Kölliker. (Mit Taf. I—-VI). Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. Von E. Weinland. (Mit er 2 Holzschn.):. 4.8 2.0202 00 re 55 4 Zweites und drittes Heft. Ausgegeben den 31. December 1890. - Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. IL, Plagiostomina und Cylin- drostomina Grafl. Von L. Böhmig, (Mit Taf. XII—XXI u, 24 Holzschn.) 467 Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. Ber Corr. (Mit Taf. XZXIL—XXVIL). ... - 22 Ser. 0. 480 Viertes Heft. Ausgegeben den 10. März 1891. Ankyroderma musculus {Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres, nebst Be- merkungen zur Phylogenie und Systematik der Holothurien. Von H. Ludwig. (Mit Taf. XXIX u. 4 Holzschn.). ..... ; 2.509 Zoologische Paradoxen. Von A. Korotneff. (Mit Taf, XXX—XXXIL). . 613 Über die Dictyochiden, insbesondere über Distephanus speculum; sowie Stu- dien an Phaeodarien. Von A. Borgert. (Mit Taf. XXXII u. 2 Holzschn.) 629 Korallenstudien. I]. Madracis pharensis Heller. Von A.R.v. Heider. (Mit N 9 0 ee ee 677 17 IV Seite _ Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der In- sekten. II. Über Spermatogenese und deren Beziehung zur Eientwicklung bei Pyrrhocoris apterus L. Von H. Henking. (Mit Taf. XXXV—XXXVI u. 4 Hölzschn.) .. 2... ,. en.“ 2:22.20 02. oe 683 Berichtigung, betreffend die Samenaufnahme der weiblichen Tritonen. Von E. Zeller. (Mit A Holzschn.) . . Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Zweiter Beitrag. Das Rückenmark. Von A. Kölliker. Mit Tafel I—V. A. Historische Einleitung. Wie beim Gehirn, so verdanken wir auch beim Marke mit Bezug auf den feineren Bau die wesentlichsten Fortschritte den neueren Untersuchungsmethoden von Weicerr und GorsI. Durch die erstere sind wir über manche wichtige Verhältnisse des Faserverlaufes und der Vertheilung der gröberen und feineren Fasern aufgeklärt wor- den, die in vielen Arbeiten der letzten Jahre, vor Allem denen von Kanter-ToLDT, EDinGeR, WALDEYER, ÖBERSTEINER, M. v. LENHOSSER U. v. A. niedergelegt sind. Doch hat sich auch diese vorzügliche Methode als ganz unzulänglich erwiesen, sobald es sich darum handelte, die Be- ziehungen der Nervenfasern zu den Nervenzellen und das feinste Ver- halten dieser beiden Elemente zu ermitteln. Hier traten dann in sehr ergiebiger Weise ergänzend und bahnbrechend die Gozsrschen Methoden in die Lücke. Doch sind mit diesen Färbungen beim Marke bisher nur von Gorcı und Ramon y Casar weitergehende Versuche angestellt wor- den, so dass es wohl angezeigt erscheinen musste, das von diesen her- vorragenden Forschern Gefundene zu prüfen und weiter auszubauen. Dieser Aufgabe habe ich mich im verflossenen Winter unterzogen (Über den feineren Bau des Rückenmarks. Vorl. Mittheilung. in: Würzb. Sitzungsberichte vom 8. März 1890) und will ich nun hier das von mir Gefundene ausführlicher und mit Abbildungen den Fachgenossen zur Beurtheilung vorlegen. Von Goreı waren bis vor Kurzem bei uns in Deutschland über das Rückenmark nur die wenigen Angaben bekannt geworden, die in sei- nem Hauptwerke »Sulla fina Anatomia degli Org. centrali del Syst. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 4 9 A. Kölliker, nervoso 1886« und in einigen Abhandlungen über die Neuroglia enthal- ten sind, nun erfahre ich aber in diesem Frühjahre, nachdem meine vor- läufige Mittheilung bereits erschienen war, von ihm selbst, dass seine Untersuchungen über das Rückenmark zu viel weitergehenden Ergeb- nissen führten, und erhielt zum Belege dessen seine bei uns ganz un- bekannte Abhandlung »Studi istologiei sul midollo spinale, Communi- catione fatta al terzo congresso freniatrico italiano tenuto in Reggio Emilia nel Settembre 1880, Milano, Fratelli Richiedei 1881, auch in Rendiconti di questo congresso in Archiv. ital. per le malattie nervose, anno 18°, Fasc. 1. 18811, Die wichtigen Ergebnisse, zu denen Gousı in dieser kurzen, nur 12 Seiten zählenden Arbeit (der eine ausführlichere mit Abbildungen versehene folgen sollte, die jedoch bis jetzt nicht erschienen ist) kommt, sind folgende: 1) und 2) Alle Nervenzellen des Markes besitzen nur Einen nervösen Fortsatz. 3) Die Protoplasmafortsätze gehen nicht in Nervenfasern über, haben vielmehr Beziehungen zu den Gliazellen und Blutgefäßen und sind wahrscheinlich Ernährungsapparate der Nervenzellen. A) Die Nervenzellen sind sehr verschieden in ihrer Größe, Gestalt und der Art der Verästelung der Protoplasmafortsätze, doch haben alle diese Unterschiede keine tiefer gehende Bedeutung. 5) Wesentliche Verschiedenheiten zeigen die nervösen Fortsätze und lassen sich in dieser Beziehung zwei Formen von Zellen unter- scheiden: a) Zellen, deren nervöser Fortsatz in feinste Fäserchen zerfällt und an der Bildung eines diffusen Nervennetzes sich betheiligt; b) Zellen, deren Achsencylinderfortsatz, obwohl er einige Fäser- chen abgiebt, seine Individualität beibehält und zur centralen Faser einer Nervenröhre wird. Da die Zellen a besonders in den Hinterhörnern und der Substantia gelatinosa, die Zellen b vor Allem im Bereiche der vorderen Wurzeln sich finden, so lässt sich vermuthen, dass die letzteren motorischer Na- tur sind, die ersteren dagegen der Sensibilität dienen. - 6) In der grauen Substanz des Markes findet sich ein diffuses Nervennetz, welches durch die Medulla oblongata hindurch mit ! Im Jahresberichte von Horumanx und SCHWALBE, Bd. X, ist diese Abhandlung citirt, doch meldet der Ref. BArDELEBEN p. 175, dass dieselbe ihm nicht zu- gängig gewesen sei. Eben so wenig war diese Abhandlung SCHWALBE, KAHLER- ToLDT, GEGENBAUR, Ranvier bekannt und ist dieselbe überhaupt in keiner der neue- ren Anatomien und Histologien erwähnt. Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 3 einem ähnlichen Netze in allen Theilen der grauen Substanz in Ver- bindung steht. Im Marke wird dieses Netz gebildet: a) von den Verästelungen des nervösen Fortsatzes der sensiblen Zellen; b) vonden Nervenfasern derhinteren Wurzeln, welche sichin derselben verwickelten Weise fein verästeln (sud- dividonsi complicatamente), wie die obengenannten Fortsätze; ce) von den Nebenästchen der nervösen Fortsätze der motorischen Zellen und einiger Zellen der Hinterhörner und der inter- mediären Zone, dieeben so sich verhalten wie die moto- rischen Zellen; d) von Fäserchen, die von den Achsencylindern der Nervenfasern der verschiedenen Stränge der weißen Substanz (Vorder-, Seiten- und Hinterstränge) entspringen und schief oder horizontal in die graue Substanz eintreten, indersiesich ebenso fein zertheilen, wie die von den ner- vösen Fortsätzen entspringenden Fäserchen. 7) Eine Bestimmung der Funktionen der verschiedenen Nerven- zellen ist nur möglich an der Hand des genauen Verhaltens ihrer ner- vösen Fortsätze. | 8) Im Rückenmark sind Nervenzellen von verschiedener Bedeu- tung sehr unregelmäßig gelagert und vermisst man eine regelmäßige Anordnung bestimmter Arten derselben ganz und gar. 9) In Betreff des besonderen Verlaufes der nervösen Fortsätze er- gaben sich Goreı für einmal folgende Anordnungen: Zu den Zellen sub 5 a mit reich verästeltem nervösem Fortsatze (in späteren Arbeiten Goıcr's als Zellen des II Typus bezeichnet) gehören: a) die Zellen der Substantia gelatinosa, b) eine erhebliche Zahl von Zellen der eigentlichen grauen Hinter- hörner, ce) einige unregelmäßig angeordnete Zellen der Grenzschicht beider Hörner, auch einige, die den Vorderhörnern angehören. Zu den motorischen Zellen sub 5b zählen: a) die große Mehrzahl der Zellen der Vorderhörner, b) einige Zellen der eigentlichen Hinterhörner, c) Zellen der intermediären Zone, besonders solche, die in der Nähe der Seitenstränge ihre Lage haben. Mit Bezug auf den Verlauf der Achsencylinderfortsätze dieser Zellen bemerkt Goreı Folgendes: a) Die Mehrzahl der Zellen der Vorderhörner senden ihren ner- vösen Fortsatz z. Th. mehr unmittelbar, z. Th. nach größeren Umwegen 4* 4 A. Kölliker, in die Vorderstränge oder in dievorderen Wurzeln. Ein nicht unbedeutender Theil derselben geht jedoch durch die vordere Kommissurin die weißen Stränge der anderen Seite. End- lich fehlen auch Zellen nicht, deren nervöser Fortsatz in die Seiten- stränge und Vorderseitenstränge geht. b) Von den Zellen der Hinterhörner mit selbständigem nervösem Fortsatze senden einige ihren nervösen Fortsatz in die hinteren Theile der Seitenstränge, andere in den mittleren Abschnitt derselben, noch andere endlich bis in den Bereich der Vorderstränge, doch war es bei diesen letzten nicht möglich, ihr endliches Schicksal genau zu bestimmen. Auch bei Zellen der Hinterhörner war es in einigen Fällen mög- lich, einen Übergangihrer nervösen Fortsätze durch die vordereKom- missur in die Vorderstränge der anderen Seite nachzuweisen. c) Bei einer neben dem Centralkanale gelegenen Zellenabtheilung zeigten die nervösen Fortsätze vorzugsweise das oben erwähnte Ver- halten, während einige derselben allerdings auch in die Seitenstränge der nämlichen Seite eintraten. d) Die Zellen der an die Seitenstränge angrenzenden grauen Sub- stanz senden ihre nervösen Fortsätze größtentheils in die Seitenstränge, eine geringe Zahl auch durch die vordere Kommissur auf die andere Seite. Somit gehen durch die vordere Kommissur auf die andere Seite nervöse Fortsätze: c) von Zellen der Hinterhörner, ß) von Zellen der Vorderhörner, y) von Zellen, die in der intermediären Zone zwischen dem Cen- tralkanale und den Seitensträngen liegen. Von diesen in die vordere Kommissur eintretenden nervösen Fort- sätzen erwähnt Gorcı noch Folgendes: Erstens dass dieselben seltener in der Nähe ihrer Abgangsstelle, häufig in der Kommissur selbst und jenseits derselben feine Ästchen zu dem allgemeinen Nervennetz der grauen Substanz abgeben. Zweitens sei es ihm nicht in allen Fällen gelungen nachzuweisen, dass die durch die Kommissur ziehenden ner- vösen Fortsätze wirklich in die Vorderstränge und die Vorderseiten- stränge eintreten. Ja es habe ihm sogar einige Mal geschienen, als ob diese Fortsätze jenseits der Kommissur sich ganz und gar auflösen und in das feine Nervennetz übergehen. So weit Goıcı in dieser ersten Abhandlung. Außerdem hat der- selbe in einer zweiten Mittheilung, »Sulla origine centrale dei nervi, Communicazione fatta alla sezione anatom. del III Gongresso medico in Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 5 Genova nel Settembre 4880 in Giornale internaz. delle science mediche Anno Ill, separat erschienen bei E. Decken, Rom, Neapel und Palermo 1881. 15 S., auf p.9—15 wörtlich das wiedergegeben, was in der ersten Arbeit enthalten ist. In einer dritten Arbeit endlich, »La cellula nervosa motrice« in: Atti del IV Congresso freniatrico italiano tenuto in Voghera nel Set- tembre 1883, separat, Milano 1884, 6 S., erwähnt Goıeı, dass er auch Neugeborene und Embryonen in den Kreis seiner Untersuchungen gezogen habe, weil der Mangel oder die geringe Entwicklung der Mark- scheiden die Reaktionen der Nervenfasern auf Silber feiner und ausge- dehnter gestalte. Außerdem betont Gorcı in dieser Arbeit noch beson- ders, dass auch die nervösen Fortsätze der motorischen Zellen, bevor sie in eine Wurzelfaser übergehen, feine Seitenästehen abgeben und somit keine ganz isolirte Wirkung haben. Endlich hat Goreı in seinem großen Werke noch eine Reihe wich- tiger Angaben. Da dieselben das Einzige darstellen, was bisher zur allgemeinen Kenntnis der Anatomen gekommen war, so scheint es am Platze, diese Mittheilungen, obwohl dieselben größtentheils früher Ver- öffentlichtes wiederholen, hier noch anzuführen. Von den Nervenzellen meldet Gorsı, dass er im Marke auch jene zweite Art entdeckte, deren Achseneylinder sich aufs reichste verästelt, Elemente, die er für sensible hält. Dieselben, deren nervöser Fortsatz in vielen Fällen ventralwärts gerichtet ist (Sulla fina anat. fig. 28), und von dem es an einem anderen Orte heißt, dass seine Ausläufer oft nach entgegengesetzten Richtungen abgehen (p. 44) und selbst in die Seitenstränge eindringen (p. 213 Anm.), sollen vorzugsweise in den Hinterhörnern sich finden, während die Zellen mit einfachem nervösen Fortsatze in den Vorderhörnern vorwiegen (p. 38), aber auch in den Hinterhörnern mit Ausnahme des Randes der Substantia gelatinosa nicht fehlen (p. 213 Anm.). Auch an den motorischen Zellen des Markes fand übrigens Goısı Nebenausläufer des Achsencylinderfortsatzes mit Verästelungen (p. 213) und ferner erwähnt er auch verästelte nervöse Fortsätze, die durch die Commissura anterior auf die andere Seite gehen (p. 213 Anm.). Ferner sagt Gorscı von den Fasern der sensiblen Wurzeln (p. 40), ‚dass dieselben in ihrer Mehrzahl, ja vielleicht alle in feine Veräste- lungen sich auflösen, welche in der gesammten Gegend ihrer Verbrei- tung ein verwickeltes Flechtwerk (intreccio) bilden, welches ganz und gar mit demjenigen übereinstimme, welches die nervösen Fortsätze der sensiblen Zellen bilden. Dieses Flechtwerk findet sich nach Goueı nicht nur in der gelatinösen Substanz und in den hinteren Hörnern, 6 A. Kölliker, sondern in der gesammten grauen Substanz, auch in den Vorderhörnern, eine Bemerkung, aus welcher hervorgeht, dass Goreı die Verästelungen _ der hinteren Wurzelfasern auch in die Vorderhörner eingehen lässt, da er keine anderen Fasertheilungen als die der hinteren Wurzeln und der nervösen Fortsätze seiner Zellen des zweiten Typus kennt, welche letzteren jedoch in den Vorderhörnern nur spärlich vorkommen. Ausführliche und genaue Schilderungen giebt ferner Goıcı über die Neuroglia des Markes (p. 161—164), auf die wir später im Einzelnen zurückkommen, und von denen wir hier nur das hervorheben, 1) dass nach Gorcı die Gliazellen niemals anastomosiren, und 2) dass bei Em- bryonen des Hühnchens die Gliazellen nichts Anderes sind als die soge- nannten Epithelzellen des Centralkanals, die hier durch alle Theile des Markes bis zu seiner Oberfläche sich erstrecken (p. 179, 180). Endlich erwähne ich noch, dass Gorsı im Marke ein Eindringen der Protoplasmafortsätze der Nervenzellen, die er hier wie anderswo als Ernährungsapparate der Zellen auffasst, tief in die weiße Substanz beobachtete, so dass dieselben oft selbst in den oberflächlichsten Schichten der Stränge zu finden waren (Fig. 177). Die Untersuchungen von Ramön y Casar! wurden in gänzlicher Unkenntnis der oben erwähnten früheren Veröffentlichungen von GoLcı aus den Jahren 1880/81 unternommen und haben daher, wenn sie auch jetzt einem guten Theile nach nur als Bestätigungen des von dem italienischen Forscher Gefundenen erscheinen, doch als ganz selbstän- dige Arbeiten zu gelten, denen auch dadurch ein großes Verdienst zu- kommt, dass sie die ersten Abbildungen vieler der neuen Thatsachen geben. Außerdem haben dieselben aber auch zum Theil zu bestimm- teren, zum Theil zu neuen und abweichenden Ergebnissen geführt, wie das Folgende lehren wird. Ramön v Casar hat, eben so wie Goreı, mit Vorliebe das Mark von Embryonen und jungen Thieren benutzt und seine Erfahrungen vor Allem bei Hühnerembryonen und neugeborenen Hunden nach der schnellen Gorgr’schen Methode (s. unten) gesammelt. Die wichtigsten von ihm gefundenen Thatsachen sind folgende: 1) Die Nervenfasern der sensiblen Wurzeln theilen sich beim Eintritte in das Mark in einen aufsteigenden und einen absteigenden Ast, welche den Fasern der Hinterstränge sich an- schließen und in ihren Endigungen nicht zu verfolgen waren. RAmön y Casar will nicht behaupten, dass alle sensiblen Wurzelfasern so sich 11. Rivista trimestrial de Histologia. Marzo 4889. p. 79—406. Pl. X, XI; II. Anat. Anz. 1890. Nr. 3, 4; III. La medicina practica. 1889. No. 88. p. 341—346. Werden unter den Nr. I—III eitirt. - Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Il. 7 verhalten, doch zeigten an guten Präparaten alle Fasern, die sich genau verfolgen ließen, Theilungen. Immerhin erwähnt er (Nr. II, p.94), dass er im Marke von Hühnchen von 5 Tagen in seltenen Fällen stär- kere Fasern der hinteren Wurzeln beobachtet habe, welche, ohne sich zu theilen und sich zu verästeln, bis in die Gegend der Vorderhorn- zellen sich verfolgen ließen, ein Verhalten, von dem er jedoch nicht behaupten will, dass es diesen dickeren Fasern als Regel zukomme. 2) Alle longitudinalen Nervenfasern der Stränge des Markes (und selbst die noch ungetheilten Fasern der sen- siblen Wurzeln) geben, wie dies auch Goreı beschreibt, Seiten- ästehen, sog. Gollateralen (Colaterales de conexion Ramon Y Cayar) ab, welche in die graue Substanz eintreten und in derselben zwischen den Nervenzellen sich verästeln, ohne wie es scheint Anastomosen zu bilden. Vergleicht man nach Goıcı gefärbtes embryo- nales Mark mit älterem, nach Weicert und Pır behandelten, so wird klar, dass die große Mehrzahl, wenn nicht alle Collateralen später zu markhaltigen Fasern werden, und will Ramon y Casar an Längsschnitten des nach Pır behandelten Markes junger Thiere beobachtet haben, dass die Gollateralen von marklosen Stellen (Einschnürungen) mark- haltiger Fasern ihren Ursprung nehmen. Nach Ramön y Casar dienen die Collateralen wahrscheinlich dazu, um entfernte Nervenzellen mit einander in Verbindung zu setzen, welche Kontakt-Einwirkung durch den Mangel der Markscheide an den Kontaktstellen (der Oberfläche der Zellen und den Endverzweigungen der Collateralen) wesentlich erleichtert werde. 3) Die Nervenzellen des Markes zerfallen nach Ramön v CaJaL in vier Unterarten und zwar: a) Kommissurenzellen. Diese Zellen, deren Ausläufer durch die vordere Kommissur verlaufen, stammen aus allen Gegenden der grauen Substanz. Der nervöse Fortsatz derselben geht in den Vorder- strang der anderen Seite über und verhält sich verschieden. Entweder setzt sich derselbe unter rechtem Winkel an eine Längsfaser an, oder es biegt sich derselbe einfach in eine solche Faser um oder verbindet sich gabelig getheilt mit zweien derselben. Gewisse Achsencylinder endlich geben, bevor sie in die Kommissur eintreten, Seitenästchen ab, die in Längsfasern der Seitenstränge der nämlichen Seite übergehen. b) Zellen der Markstränge. Diese Zellen finden sich in allen Theilen der grauen Substanz und gehen ihre nervösen Fortsätze in genau derselben Weise und mit denselben Varianten wie bei den Zellen sub a in Längsfasern aller Stränge über. Beachtung verdient, dass auch bei diesen Zellen nervöse Fortsätze vorkommen, die, bevor sie die Stränge 8 A, Kölliker, erreichen, seitliche Ästehen abgeben, und andere, die einfach oder mehrfach getheilt sich in zwei oder eine größere Zahl von Strangfasern fortsetzen. c) Zellen der Wurzelfasern. Die vorderen Wurzelfasern stammen beim Hühnchen von Zellen, die der äußeren Abtheilung des Vorderhornes angehören, deren nervöser Fortsatz keine Seitenästchen abgiebt. Bei anderen Thieren wurden in einzelnen Fällen solche Aus- läufer wahrgenommen. Ein Übergang von Zellen des Hinterhornes in sensible Wurzelfasern kam nie zur Beobachtung. d) Zellen mit verästeltem Achsencylinderfortsatz. Solche Zellen finden sich bei Hühnerembryonen von 16 Tagen sparsam, häufiger bei neugeborenen Kätzchen. Die bei diesen überhaupt vor- kommenden Zellen sind folgende: a) An der hinteren Grenze der Substantia gelatinosa quer gestellte große Spindelzellen, deren einfacher nervöser Fortsatz einwärts oder auswärts laufend in Längsfasern der Stränge übergeht. b) Dann folgen sagittal gestellte kleine Zellen mit reichen Büscheln von Protoplasmafortsätzen an ihrer vorderen Seite, deren nervöser Fortsatz dorsalwärts verlief, in der Nähe der weißen Substanz gabel- förmig sich theilte und auch manchmal in die Längsrichtung umbog, ohne dass seine Endigung nachzuweisen war. c) Weiter vorn ebenfalls noch in der Substanz von Rolando liegen kleine Spindelzellen und Sternzellen. Die ersteren besitzen reiche protoplasmatische Verästelungen nach der ventralen und der dorsalen Seite und einen reich verzweigten nervösen Fortsatz. Die Sternzellen sind noch reicher verzweigt als die anderen mit beiderlei Fortsätzen und stehen manche derselben mit ihren Verzweigungen senkrecht. d) In der Substantia spongiosa des Hinterhorns finden sich wesent- lich größere Sternzellen mit reich verästeltem nervösem Fortsatze. In einigen Fällen schien es, als ob derselbe schließlich gegen den Seiten- strang oder auch gegen die vordere Kommissur verlief, doch war bei Säugern eine genaue Beobachtung seines endlichen Verhaltens unmög- lich. Dagegen gelang es bei Hühnerembryonen von 9—I1 Tagen in einigen Fällen bestimmt zu sehen, wie solche nervöse Fortsätze schließ- lich in eine Längsfaser der Seitenstränge übergingen!. Vergleiche ich nun noch die Beobachtungen von Ramon y CAJaL mit 1 Nachdem diese Blätter längst geschrieben waren, erhielt ich von RAuön Y CAJAL eine neue Abhandlung über das Mark (IV. Nuevas observ. s. |. estructura de la medula espinal de los mamiferos. in: Trabajos del Labor. anat. della Fac. de Med. Barcelona 4 Abril di 1890), die eine gewisse Zahl neuer Beobachtungen und einen wichtigen allgemeinen Theil enthält, auf welche ich, als Nr. IV citirt, in der Schilderung meiner Erfahrungen an den betreffenden Orten eingehen werde. Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems, Il. 9 denen von Gorgı, so stellen sich folgende Punkte heraus, beidenen Ramön y Casır entweder weiter ins Einzelne geht, oder von Gousı abweicht. 1) Ramon y Cayar beschreibt gabelförmige Theilungen der sensiblen Wurzelfasern und einzelne Collateralen der noch ungetheilten Wurzeln. 2) Derselbe lässt alle Collateralen und alle feinen Ausläufer der Achsencylinderfortsätze von Nervenzellen in der grauen Substanz mit freien Verästelungen enden, während Gorsı behauptet, dass dieselben in »una rete diffusa« ausgehen. 3) Ramon y Casar giebt eine genaue Beschreibung der Gegenden, in welchen die sensiblen Collateralen enden. k) Ramon v Casar nimmt an, dass viele longitudinale Strangfasern in die graue Substanz eintreten und in derselben frei enden, Verhält- nisse, die bei Gorcı sich nicht erwähnt finden. 5) Bei Ramön y Casar ist der Übergang der nervösen Fortsätze in die longitudinalen Fasern der Stränge genau und in eigenthümlicher Weise dargestellt. 6) Ramon y Casar hat ausführliche Angaben über die Gestaltung und Zusammensetzung der Kommissuren, besonders der Comm. grisea. 7) Mit Bezug auf seine Gesammtanschauung huldigt Ramon v CAaJaL der Ansicht, dass die Wirkung der Nervenfasern und Nervenzellen auf einander, abgesehen von den motorischen Zellen und Wurzelfasern, nur durch Kontakt sich geltend mache. B. Eigene Untersuchungen. I. Thatsächliches. Zu meinen eigenen Beobachtungen übergehend bemerke ich in erster Linie, dass dieselben vor Allem auf das Mark von Embryo- nen, von neugeborenen und jungen Individuen von Säugern (Rind, Schaf, Ziege, Schwein, Hund, Katze, Kaninchen) sich beziehen, und dass von menschlichen Embryonen bis jetzt nur je ein Embryo des 4., 5. und des 6. Monates, und ein Kind von 11 Tagen, und vom Hühnchen nur ein Embryo von 12 Tagen zur Untersuchung kam. Alle Präparate wur- den nach der schnellen Goısr'schen Methode zubereitet, nach welcher auch Ramon y Casar gearbeitet hat. Mein Verfahren war folgendes: In erster Linie wurde das ganze Rückenmark mit dem Gehirn mit mög- lichster Erhaltung der Dura am Marke und der Medulla oblongata her- auspräparirt, hierauf die Dura eingeschnitten und das Ganze durch Querschnitte mit einem Rasirmesser in Stücke von 3—4 mm Länge zerlegt, die, so weit sie durch die Dura zusammengehalten wurden, -eine leichte Orientirung erlaubten. Das Gehirn wurde ganz zerlegt und die Medulla oblongata sammt den angrenzenden Theilen des Markes 10 A. Kölliker, meist auch in zwei oder drei Hauptstücke gespalten. Die einzelnen Stücke wurden hierauf einzeln oder zu mehreren in eine reichliche Menge einer Mischung von vier Theilen doppeltchromsaurem Kali von 30/, und einem Theil 1°/,iger Überosmiumsäure gelegt, so dass auf jedes Stück 40—50 cem der Lösung kamen. Nach einigen Stunden wurde die Lösung gewechselt, doch ist die alte Lösung bei neuen Versuchen als Anfangslösung weiter zu verwenden. Nachdem die Stücke in dieser ersten Lösung I—1!/, Tag verweilt haben, werden sie in einer 1/,%/,igen Höllensteinlösung !/,„—!/, Stunde gewaschen und kommen dann in eine reichliche Menge einer eben solchen Lösung von 0,75°/,, in der sie 30— 48 Stunden bleiben. Aus dieser kommen die Präparate in 40°/,igen Spiritus und können nun zu Schnitten verwendet werden, die theils aus freier Hand gemacht werden, oder besser nach dem Einbetten der Stücke. Hierbei kommen dieselben auf I Stunde in absoluten Alko- hol und 1 Stunde in Gelloidin, worauf dieselben sofort zu schneiden sind, da sie schon nach einem Tage Zuwartens leiden und verderben. Die Schnitte kommen auf !/, Stunde in Kreosot, dann in Terpentin, und werden in Xylolbalsam ohne Deckglas eingelegt. Man beachte noch, dass in k0°/,igem Alkohol die Stücke sich zwar einige Zeit halten, nach und nach aber doch verderben und nach meinen Erfahrungen meist in mehreren (3>—4—6) Wochen unbrauchbar werden. Dagegen halten sich die eingelegten Schnitte monatelang untadelig, wie auch Ramon v CAJAL dies beobachtete. Die langsame Gorsrsche Methode hat, wie ich noch bemerke, den großen Vortheil, dass die so behandelten Stücke in mäßig starkem Alkohol sich, wie es scheint, auf lange Zeit untadelig erhalten. In Betreff der Einwirkung des Silbers auf die Elemente des embry- onalen und jungen Markes ist hervorzuheben, dass dasselbe einmal, wie bei erwachsenen Geschöpfen, die Neurogliazellen und die Nervenzellen färbt, zweitens aber auch alle Nervenfasern zur Anschauung bringt, die noch kein Nervenmark besitzen, und im primitiven Zustande nackter Achsencylinder sich befinden. Diesem letzteren Umstande verdanken eben Präparate von Embryonen, worauf Goıcı in einer kurzen Bemer- kung (Fina Anat. ete. p. 213) und vor Allem Ramön y Cayar die Auf- merksamkeit gelenkt haben, ihre hohe Bedeutung, indem bei solchen die Nervenfasern und die Nervenzellen gleichzeitig und in ihren Bezie- hungen zu einander sich verfolgen lassen. Doch gestalten sich die Ergebnisse auch bei Embryonen dadurch eigen, dass kaum jemals an einem Präparate alle Elemente gleichzeitig und gleich gut gefärbt sind. Am leichtesten färben sich nach meinen Erfahrungen die Nervenfasern und ihre Ausläufer und erhält man oft Präparate, in denen allem An- scheine zufolge alle Nervenfasern und Collateralen und keine einzige Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 44 Nerven- oder Neurogliazelle gefärbt ist. Nun folgen mit Rücksicht auf die Häufigkeit ihres Auftretens die Nervenzellen, die jedoch niemals für sich allein ohne Nervenfasern sich darstellen lassen und auch nie alle zusammen gefärbt werden. Neurogliazellen erhielt ich nur bei Embryonen von 9—10 cm Länge für sich allein und sehr vollkommen gefärbt, während solche bei älteren Embryonen von Säugern häufig ganz fehlen. Wo sie hier vorkommen, finden sie sich am häufigsten als sogenannte Epithelzellen des Centralkanals, dann in der Gegend der hinteren Längsspalte und in den Hintersträngen sowie in den oberfläch- lichen Gegenden der weißen Substanz. Dagegen fand ich bei älteren Embryonen niemals, wie dies bei Erwachsenen als Regel vorkommt, vollständigere Färbungen der Gliazellen weder für sich allein, noch mit anderen Elementen zusammen. Ramon v Casar meldet vom Hühnchen, dass schnelle Härtungen von 12—20 Stunden die Färbung der Neuroglia, solche von 20—24Stunden die der Nervenzellen, langsame von 24— 36 Stunden endlich diejeni- gen der Nervenfasern begünstigen (No. Ip. 10%). Mit Rücksicht auf die Beschaffenheit der durch Silber gefärbten Elemente bemerke ich, dass die marklosen Nervenfasern fast ohne Ausnahme von untadeliger Zartheit und vollkommen glattrandig sind, so dass nicht daran zu denken ist, dass dieselben Auflagerungen von Sil- ber ihre Färbung verdanken. In den Strängen des Markes messen die- selben 1—2 u, in der grauen Substanz zum Theil eben so viel, zum Theil sind dieselben hier von der größten Feinheit bis zum Unmessbaren. Viele Nervenfasern sind in ihrem Verlaufe überall gleich breit, andere zeigen größere und kleinere Varicositäten, wie man sie auch an anderen nack- ten Achsencylindern sieht (s. meine Abh. über die Entw. der Nerven der Amphibienlarven in dieser Zeitschr. Bd. XLII St. 2, Taf. I, Fig. 3), welche sowohl an den Stammfasern als und vor Allem an den letzten Endigungen derselben vorkommen. Außerdem sind zu beachten dreieckige kleine Anschwellungen, die an den Abgangsstellen von Ästen sehr häufig sind. In einzelnen Fällen färben sich durch Silber auch eine gewisse Zahl markhaltiger Fasern und zwar röthlich. Am häufigsten sah ich dies in den hinteren Wurzeln bei neugeborenen Säugern und bei Thie- ren aus den ersten Wochen nach der Geburt, hier und da auch an den longitudinalen Fasern der weißen Substanz, besonders der Hinter- stränge und in der Medulla oblongata, besonders an den Elementen der aufsteigenden Trigeminuswurzel und den Wurzeln des Acustieus. Die Nervenzellen sind seltener rein gefärbt, zeigen vielmehr sehr häufig Unregelmäßigkeiten, die von äußeren Auflagerungen her- rühren und noch mehr gilt dies von den Zellen der Neuroglia. 12 A, Kölliker, Nach diesen Vorbemerkungen gehe ich nun zur Schilderung meiner eigenen Erfahrungen über den feineren Bau des Markes über und be- schreibe der Reihe nach die hinteren Wurzeln und ihre Fortsetzungen, die Hinterstränge, dann die Seiten- und Vorderstränge, die vorderen Wurzeln, die Nervenzellen und endlich die Neuroglia. 4) Hintere Wurzeln und Hinterstränge. Die hinteren Wurzeln treten jede mit zahlreichen kleinen Bündel- chen leicht aufsteigend in der hinteren Seitenfurche in das Mark ein und wenden sich dann medianwärts gegen den Hinterstrang,' wobei dieselben früher oder später, d. h. näher oder entfernter von der Me- dianebene, gabelförmig sich theilen in der Art, dass die Nervenfasern derselben in je zwei Fasern, eine aufsteigende und eine absteigende zerfallen. Die Theilungen finden beim Menschen und den Säugern unter sehr stumpfen Winkeln von ungefähr 150—160° statt (Fig. 1, 2, 3, 4) und da die Fasern eines Wurzelbündelchens in der Regel in einer und derselben Höhe sich spalten und die Theilungsäste ihren schiefen Verlauf eine Zeit lang beibehalten, so zeigen die oberflächlichen Theile der Hinterstränge einen eigenthümlichen Faserverlauf, den die Fig. I—3 getreu wiedergeben. Im weiteren Verlaufe strecken sich dann allerdings diese Fasern und werden zu reinen Längsfasern, wie sie in den tieferen Theilen des Hinterstranges vorwiegend oder allein vorkommen. Genauer bezeichnet senken sich die hinteren Wurzeln in der Ge- gend des lateralen Abschnittes der Substantia gelatinosa in den Theil des Hinterstranges ein, der, obschon längst bekannt (S.m. Mikr. Anat. 11.1, p. 420 Fig. 129a, Gewebelehre alle Auflagen, 5. Aufl. Fig. 183), jetzt als Randzone von Lissauer bezeichnet wird (Fig. 3A). Hier theilen sich die Wurzelbündel in zwei Abschnitte, einen schwächeren lateralen Theil, der in der Richtung gegen die hintere laterale Ecke der Substantia gelatinosa zieht und einen stärkeren medialen, der mitten in der Rand- zone gegen den eigentlichen Hinterstrang verläuft. Im lateralen Bündel theilen sich die Wurzelfasern ziemlich alle an derselben Stelle, im me- dialen dagegen verbreiten sich dieselben ziemlich über den ganzen Raum zwischen der Eintrittsstelle der sensiblen Wurzel und dem eigent- lichen Hinterstrange, nehmen dagegen im Diameter antero-posterior mehr den ventralen Theil der Randzone ein, während der dorsale von einem Saume longitudinaler Fasern gebildet wird, dessen Mächtigkeit (Dicke) von unten nach oben zunimmt (Fig. 3A). Die Theilungen finden sich hier über eine größere Zone verbreitet, immerhin bleiben auch hier die auf- und absteigenden Fasern, die aus denselben hervorgehen, bündel- Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Il. 13 weise beisammen und verflechten sich so durch einander, dass auf Querschnitten eine zierliche Abwechselung von Faserbündelchen ent- steht, die in zwei schiefen Richtungen verlaufen. Eine wichtige Frage ist die, ob Alle sensiblen Wurzelfasern sich theilen, die natürlich nur an der Hand viel umfassenderer Untersuchun- gen, als sie mir zu Gebote stehen, mit einiger Wahrscheinlichkeit be- antwortet werden könnte. Ich muss mich sonach darauf beschränken, zu sagen, dass ich bis anhin diese Theilungen nur untersuchte vom Lenden- und Halsmarke menschlicher Embryonen des 4., 5. und 6. Mo- nates, vom Lendenmarke eines Rindes von 20 cm Länge, vom Halsmarke eines Schafes von 22cm und vom Dorsalmarke und Halsmarke neu- geborener Kaninchen und Katzen, und dass ich in allen diesen Fällen keine Wurzelfaser zu finden im Stande war, die sich nicht getheilt hätte. In der That verstärken auch gute Präparate, wie diejenigen der Fig. I bis 3, mit ihren regelmäßig nach zwei Seiten ausstrahlenden Astbü- scheln diesen Eindruck. Immerhin kann auch ich nicht weiter gehen, als Ramon y CAsar, der beim Hühnchen von 8 Tagen sich ebenfalls dahin ausspricht, dass er zwar nur Theilungen der sensiblen Wurzelfasern ge- sehen habe, aber doch nicht im Stande sei zu behaupten, dass nicht auch andere Verhältnisse derselben vorkommen. Die weiteren Schicksale der Äste der sensiblen Wurzelfasern an- langend, so wäre es von ungemeiner Bedeutung genau zu wissen, wie dieselben sich verhalten, da dann auch der Verlauf und die Endigungen der Fasern der Hinterstränge bekannt wären, welche Stränge allem Anscheine zufolge wesentlich, ja vielleicht allein, aus diesen Wurzel- fasern sich zusammensetzen. Wenn ich hier von Hintersträngen rede, so meine ich nicht nur die gewöhnlich sogenannten Stränge, sondern auch eine zusammenhängende Lage weißer Substanz, die, außen an der Sub- Stantia gelatinosa gelegen, die Hinterstränge mit den Seitensträngen verbindet. In diese Lage, die ich die Randzone der Hinterhörner nenne und die zum Theil der Lissauer’schen Randzone entspricht, strah- len von der lateralen Seite her die hinteren Wurzelfasern ein, um sich innerhalb derselben ziemlich in ihrer ganzen Breite bis zu den eigent- lichen Hintersträngen hin in oben geschilderter Weise in auf- und ab- steigende Elemente zu theilen. Diese Art des Eintrittes der sensiblen Wurzeln ist wesentlich verschieden von derjenigen, die bei Erwach- senen sich findet und hängt davon ab, dass bei Embryonen das Hinter- horn und vor Allem die Substantia gelatinosa eine ungemeine Breite und Mächtigkeit besitzt (vgl. die Fig. 13—20). Dieselbe hängt mit der verschiedenen Ausbildung der grauen und weißen Substanz im Allge- meinen zusammen, die, wie man längst weiß, so geschieht, dass im 14 A. Kölliker, fötalen Marke erst die graue Substanz vorwiegt und dann nach und nach gegen die weiße zurücktritt. Um nun auf die oben berührte Hauptfrage zu kommen, so hat Ramön v CaJaL in seinen ersten Mittheilungen dieselbe offen gelassen, genauer bezeichnet erklärt, dass er nicht wisse, wie die Theilungsäste der sensiblen Wurzelfasern enden; doch sei es ihm gelungen, einzelne derselben beim Hühnchen bis auf 2 mm Länge zu verfolgen, ohne ein Ende zu finden. Hierzu bemerkt Rımön y Casar, dass beim Hühnerem- bryo von 10—12 Tagen 2 mm mehr betragen, als die Entfernung dreier Wurzeln von einander, und dass diese Größe auf ein erwachsenes Säugethier übertragen, mehreren Centimetern entspreche. Außerdem fügt dieser Gelehrte noch bei, dass es ihm einige Male vorgekommen sei, als ob die Theilungsäste nach einem Verlaufe von I mm das Bestre- ben zeigten, sich einwärts zu begeben und der Substanz von RoLANnDo sich zu nähern, ein Verhalten, von dem er nicht wisse, ob es zufällig war, oder als ein Anzeichen zu betrachten sei, dass die betreffenden Fasern in der benachbarten grauen Substanz endigen (Nr. I, p. 92). Den oben genannten Punkt anlangend möchte ich einfach auf meine Fig. 1 verweisen, welche beim Säugethier das allmähliche Eintreten aller Theilungsfasern der Wurzeln in tiefere Schichten zeigt und ver- muthen, dass auch beim Hühnchen bei einer gewissen Schnittrichtung Ähnliches zu sehen sein wird. Die wirklichen Endigungen sensibler Theilungsfasern habe ich an Längsschnitten bei Säugethierembryonen in so vielen Fällen gesehen, dass ich über gewisse Verhältnisse derselben ganz ins Reine kam, während allerdings andere mir vollkommen unklar blieben. Wenn ich eben sagte, dass ich Endigungen der sensiblen ‘ Theilungsfasern beobachtete, so ist dies allerdings nicht ganz wörtlich zu nehmen, indem, was ich sah, einfach Endigungen von Längsfasern der Hinterstränge waren. Da jedoch diese Längsfasern wesentlich, ja vielleicht ausschließlich aus Wurzelfasern sich aufbauen, so war obiger Ausdruck wohl gestattet. Das was ich beobachtete, ist einfach Folgen- des (Fig. 6, 7): Längsfasern der Hinterstränge (el) biegen unter rech- tem Winkel um und treten in die Substantia gelatinosa ein, um schon innerhalb dieser oder jenseits derselben in der Substantia spongiosa in feine Äste sich aufzulösen und genau so sich zu verhalten, wie die später zu beschreibenden collateralen Äste der Strangfasern. Diese Umbiegungen finden sich im Ganzen genommen nicht häufig, und ver- mochte ich auch noch nicht zu bestimmen, ob nur an absteigenden oder auch an aufsteigenden Fasern. Meist waren diese umgebogenen Fasern feiner als ihre Nervenfasern und charakterisirten sich schon dadurch als Endigungen. Doch kamen auch unter rechtem Winkel sich um- Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Il. 15 beugende Strangfasern vor, bei denen dies nicht zutraf, und dann ließ sich an günstigen Objekten nachweisen, dass dieselben eine andere Bedeutung haben. Die einen derselben sind wirkliche Endigungen und theilen sich im weiteren Verlaufe im Hinterhorn in feinere Äste, die anderen dagegen sind einfach Längsfasern, die in der gelatinösen Sub- stanz unter einer zweiten Beugung wieder zu ihrer früheren Verlaufs- richtung zurückkehren. Mit Bezug auf die sehr wichtige Frage, wie viele hintere Wurzel- fasern, d. h. Theilungsäste derselben, in die graue Substanz abbiegen, um in derselben zu enden, wie viele auf der anderen Seite zum Ge- hirn, d.h. der Medulla oblongata, emporsteigen, bin ich leider nicht im Stande, eine bestimmte Antwort zu geben. Aus dem, was über die Stärke des Hinterstranges und seiner einzelnen Abschnitte, den GoLL- schen und BurvacnH’schen Strängen, in den verschiedenen Höhen des Markes bekannt ist, lässt sich der Schluss ableiten, dass die absteigen- den Äste der sensiblen Wurzelfasern alle in die graue Substanz ab- biegen, die aufsteigenden Äste dagegen größtentheils zur Medulla oblongata emporsteigen, zum Theil vielleicht auch als kurze Bahnen ebenfalls in verschiedenen Höhen in die graue Substanz eintreten. Mit Bezug auf die letzte Annahme stütze ich mich darauf, dass an einen und denselben Längsschnitten der Hinterstränge hier und da der Fall vor- kam, dass Längsfasern, die einen in proximaler, die anderen in distaler Richtung, mit rechtwinkeligen Umbeugungen in die graue Substanz eintraten und so endeten (Fig. 6). Weitere von mir beobachtete Thatsachen sind folgende: Von einem Schweinsembryo von 9cm Länge wurde eine Serie von Längsschnitten des Dorsalmarkes gemacht, deren einzelnen Schnitten, in Anbetracht der Dünne des Markes, die außergewöhnliche Länge von 4 cm gegeben wurde. An denselben kamen in den Hintersträngen longitudinale Strangfasern von 2—4 mm Länge in Menge vor neben einzelnen noch längeren. Von solchen maß ich eine Faser von 5,41 mm mit vier Colla- teralen, eine zweite von 7,41 mm mit zwei Collateralen, und eine dritte längste von 8,26 mm Länge mit 9 Collateralen. Diese Faser erstreckte sich in der Länge über vier Wurzeln, welche Wurzeln um 2,23 mm von einander abstanden. Leider hatte ich bis jetzt noch keine Gelegen- heit beim erwachsenen Geschöpfe den Abstand der dorsalen Wurzeln zu bestimmen, dagegen ergiebt sich durch Vergleichung. der Länge des Rückenmarks bei dem genannten Embryo und beim erwachsenen Thiere, dass die Verhältniszahl 1:8 ist, und hätten wir daher die ge- fundene Faserlänge von 8,26 mm beim Embryo für das erwachsene Thier auf 6,6 cm festzusetzen. Somit liefern auf jeden Fall diese Beob- 16 A. Kölliker, achtungen den anatomischen Beweis, dass viele Längsfasern der Hinter- stränge bedeutende Längen ohne Unterbrechung durchlaufen, eine Thatsache, für die auch die Erfahrungen über die Degenerationen dieser Stränge einstehen. Genaueres über diese schwierige Frage könnten nur sehr mühsame anatomische Untersuchungen ergeben, bei denen vor Allem an auf ein- ander folgenden Längsschnittserien die Zahl der in die graue Substanz nach oben und nach unten umbiegenden Fasern zu zählen wären, welche anzustellen ich noch keine Muße hatte. Bevor ich weiter gehe, muss ich nun noch über die auch in neuerer Zeit aufgetauchte Vermuthung oder Behauptung mich aussprechen, dass die sensiblen Wurzelfasern in größerer oder geringerer Zahl von Zellen der grauen Substanz des Markes entspringen. Für einen solchen Ursprung werden ins Feld geführt 1) die von Kurscam!, Freup? und Kıausner® erhaltenen Ergebnisse, denen zufolge bei Petromyzon und Proteus eine gewisse Zahl sensibler Fasern von Zellen des Markes ent- springen soll, und 2) die Experimente von Joszru (Phys. Arch. 1887, p- 296), der gefunden hat, dass bei der Katze am zweiten Halsnerven bei Durchschneidung der sensiblen Wurzel an der proximalen Seite des Ganglion einige wenige Fasern entarten, während die anderen er- halten bleiben. Trennt man dagegen den Nervenstamm an der dista- len Seite des Ganglion, so entarten alle seine Fasern, was beweisen soll, dass einige Fasern der sensiblen Wurzeln ihr trophisches Centrum im Marke haben. Die Richtigkeit dieser Beobachtungen sub 1 und 2 auch zugegeben, so sind dieselben doch, wie Jeder leicht einsieht, nicht entscheidend und nicht im Stande gegen die direkte anatomische Beob- achtung aufzukommen. Diese lehrt, dass alle sensiblen Wurzelfasern und ihre Collateralen im Marke fein auslaufen und haben Gorcı, Ramon y Casa und ich niemals eine Nervenzelle in eine sensible Faser aus- laufen sehen. Hierzu kommt, dass auch Hıs und Ramon y CaJrıL von Fasern, die die Ganglien einfach durchsetzen, nichts melden. Es wird daher wohl für einmal bis auf weitere Belege für die höheren Geschöpfe die Lehre von dem Entspringen sensibler Wurzelfasern im Marke nicht als bewiesen erachtet werden können“. 1 Arch. f. mikr. Anat. 1866. II. p. 529. 2 Wien. Ber. 41877, Bd. LXXV, Abth. 3, p. 15 und 1878, Bd. LXXVIJ, Abth. 3, p. 81. 3 Münchner Ber. 4883. * Seit diese Zeilen geschrieben wurden, hat v. Lenmossek Beobachtungen ver- öffentlicht (Anat. Anz. 1890), die, wenn sie sich bestätigen sollten, beweisen würden, dass auch bei höheren Geschöpfen eine gewisse Zahl sensibler oder, besser gesagt, Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Il. 17 | 2) Collateralen der hinteren Wurzeln und der Fasern der Hinterstränge. Wohl der wichtigste Fund, den Gorscı und Ramön y Carır an dem Mark von Embryonen und jungen Geschöpfen machten, ist der der oben schon erwähnten Collateralen. Diese Seitenäste der Längs- fasern der weißen Substanz aller Stränge des Markes sind an Längs- schnitten ungemein leicht zu bestätigen und bilden eine der bemerkens- werthesten Eigenthümlichkeiten der feineren Struktur des Markes, die auch in physiologischer Beziehung als eine der bedeutungsvollsten er- scheint. Da die Collateralen der verschiedenen Stränge gewisse Ver- schiedenheiten darbieten, so beschreibe ich dieselben der Reihe nach, erwähne jedoch vorher noch gewisse allen denselben zukommende Eigenthümlichkeiten. Die Stärke anlangend so sind dieselben meist feiner als die longitudinalen Strangfasern, von denen dieselben ab- gehen (Fig. 5—8) und erreichen häufig die geringsten an Nervenelemen- ten vorkommenden Durchmesser, wie z. B. diejenigen der zartesten marklosen Achsencylinder der Hornhaut oder der Schwänze junger Froschlarven. Auf der anderen Seite finden sich aber auch etwas stär- dorsaler Wurzelfasern im Marke entspringen. Derselbe will nämlich bei Hühnerem- bryonen gefunden haben, dass einzelne solche Fasern mit Zellen der Vorderhörner zusammenhängen und führt zur Unterstützung dieser Annahme auch an, dass einer brieflichen Mittheilung zufolge auch Rauön y Casa in neuester Zeit dorsale Wurzel- fasern gesehen habe, die sich ungetheilt in die graue Substanz begeben und gegen die Vorderhörner zu verliefen. Diese neuen Erfahrungen verdienen ihrer Wichtigkeit halber nach allen Seiten geprüft zu werden und vermag ich ohne eine solche Prüfung vorläufig kein bestimmtes Urtheil über dieselben abzugeben. Was ich für einmal sagen kann ist nur Folgendes: 4) Beim internationalen med. Kongresse in Berlin war v. LExHossek leider nicht in der Lage, ganz beweisende Präparate, d. h. Ursprünge dorsaler Wurzelfasern von Zellen der grauen Substanz vorzulegen, indem seine besten Objekte verdorben waren, dagegen hatte er Präparate, in denen Nervenfasern _ sichtbar waren, die im Spinalganglion nicht mit Zellen in Verbindung standen. 2) Bei einer wiederholten Prüfung der Objekte, die in den Fig. 1—4 dargestellt sind, war es mir nicht möglich dorsale Wurzelfasern zu finden, die sich nicht theilten, sondern unmittelbar in die graue Substanz eintraten. Allerdings war hie und da der Anschein solcher Elemente vorhanden, immer jedoch ergab sich, dass diesel- ben Wurzelfasern waren, die in tieferen Gegenden sich theilten, indem diese Thei- lungen durchaus nicht alle in derselben frontalen Ebene sich finden. Auch Colla- teralen von dorsalen Stammfasern, wie Ramon y CAsar solche entdeckt hat, könnten, wenn ihr Kaliber stärker ist, für direkt eintretende dorsale Wurzelfasern gehalten werden. Wenn die von v. LENHOSSEk gefundenen Elemenle eine Bestätigung finden sollten und auch bei Säugern vorkämen, so müssten dieselben wohl unzweifelhaft als centrifugal wirkende aufgefasst und dem Sympathicus zugerechnet werden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 0) 18 A. Kölliker, kere Collateralen, die den longitudinalen Strangfasern gleichkommen (Fig. 16). Wie an diesen treten auch an den Collateralen oft Varicosi- täten auf, und zwar vor Allem an den feineren Verästelungen und an den Enden (Fig. 10), welche unzweifelhaft Kunsterzeugnisse sind, wo- gegen leichte Anschwellungen an den Theilungsstellen und an den Ab- gangsstellen von Ästen eher als natürliche Bildungen anzusehen sind. Die Verästelungen der Collateralen geschehen meist unter spitzen Win- keln, doch kommen auch Fälle vor, in denen Stammfasern unter rechten Winkeln eine Menge Seitenästchen abgeben (Fig. 12). Alle Gollateralen ohne Ausnahme enden, wie es scheint, in derselben Weise, und zwar mit feinen Endbäumchen, die an die Endigungen in den einfacheren motorischen Endplatten erinnern. Diese Bäumchen bestehen aus zahlreichen kurzen Zweigelchen feinster varicöser Fäserchen, welche die Körper der Nervenzellen dicht umspinnen und meist mit feinen Knöpfchen endigen (Fig. 10, 11), Wo die Zellen groß und zahlreich sind, wie im Vorder- und Seitenhorn, geben diese Bäumchen sehr zierliche Bilder und erkennt man auch an guten Objekten, dass Anastomosen benachbarter Bäumchen fehlen, und dass die letzteren auch mit den Zellen nicht in direkter Verbindung stehen. Ähnliche Endigungen finden sich in der Substantia gelatinosa, ferner sehr zahlreich in der Grenzgegend dieser und der Substantia spongiosa und in den Crarke’schen Säulen. Wie an den Endigungen, so zeigen die Collateralen auch sonst in ihrem Verlaufe keine Spur von Anastomosen, wenn auch das Gewirr derselben, von welchem die Fig. 10 eine allerdings nur unvollkommene Anschauung giebt, oft den Eindruck eines Netzes macht. Was nun das Nähere über die Collateralen der sensiblen Wurzelfasern, ihrer Theilungsäste und der Hinterstränge betrifft, so ist Folgendes anzumerken: Nachdem die sensiblen Wurzel- fasern in die Randzone des Hinterstranges eingetreten sind, geben die- selben in gewissen Fällen noch vor ihrer Theilung einzelne Seiten- ästehen ab und ohne Ausnahme gehen solche von ihren auf- und absteigenden Theilungsästen aus. Ganz in derselben Weise entsenden auch alle longitudinalen Fasern des Hinterstranges und der Randzone solche Collateralen und erhalten durch die große Zahl dieser Seitenäst- chen sagittale Längsschnitte dieser und der andern Stränge ein ganz eigen- thümliches Gepräge, welches die Fig. 5—8 gut wiedergeben. Doch ist zu bemerken, dass vor Allem in der Fig. 5 gewisse Verhältnisse als nicht natürliche, sondern durch die Reagentien hervorgerufene zu bezeichnen sind, und zwar einmal die starken Schlängelungen der Längsfasern und zweitens die Knickungen, welche dieselben an den Abganssstellen Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 19 der Collateralen zeigen. Durchmustert man viele Präparate, so findet man, wie bei Fig. 7 und 8, in vielen Fällen die Längsfasern mehr ge- streckt mit nur geringfügigen Biegungen und selbst ohne solche ver- laufend und die Collateralen unter rechten Winkeln unmittelbar von denselben oder (Fig. 7) von einer kleinen dreieckigen Verdickung ab- gehend. Die Zahl der Collateralen anlangend, die die Theilungsäste der sensiblen Wurzelfasern und die Längsfasern der Hinterstränge über- haupt abgeben, so lehrt die unmittelbare Beobachtung Folgendes: An einer und derselben Faser sieht man sehr häufig zwei und selbst drei (Fig. 7, 8), an sehr langen Fasern (s. oben) selbst bis zu 9 Colla- teralen, welche in geringeren oder größeren Abständen auf einander folgen, deren Größe ich in maximo auf 4 — 3,7 mm bestimmte, wäh- rend auf der anderen Seite die Collateralen da und dort nur um 0,1 bis 0,2 mm und noch weniger von einander entfernt waren. In Betreff des Vorkommens der Collateralen überhaupt findet man an Schnitten aus allen Gegenden des Markes, aus der Lendenanschwellung, dem Dorsaltheile, der Halsanschwellung, dem oberen Halstheile, so unge- mein viele Collateralen, dass es nur seltener gelingt, Fasern zu finden, die keine Seitenästehen entsenden (s. Fig. 5). Mit diesen an Längs- schnitten zu machenden Wahrnehmungen stimmt das überein, was an Querschnitten zu sehen ist, die lehren, dass in allen Höhen des Markes aus allen Gegenden der Hinterstränge mit Inbegriff der Randzone, den oberflächlichen sowohl wie den mittleren und tiefsten Theilen der- selben, Collateralen abstammen (Fig. 16), und ziehe ich hieraus den Schluss, dass die Mehrzahl der Längsfasern der Hinter- stränge CGollateralen abgeben. Zweifelhaft bleibt jedoch hier- bei, ob die Fasern, die ununterbrochen bis zur Medulla oblongata auf- steigen, in allen Theilen ihres Verlaufes Collateralen entsenden und kann ich in dieser Beziehung vorläufig nur die oben gemeldete That- sache namhaft machen, dass bei einem Schweineembryo von 9 cm Länge im Dorsalmark Fasern von 5,41, 7,41 und 8,26 mm Länge ge- funden wurden, die 4, 2 und 9 Collateralen abgaben, Fasern, die un- zweifelhaft solchen von 40—60 mm im Marke des erwachsenen Ge- ‚schöpfes entsprechen. Allein auch diese Beobachtungen bringen noch keine Entscheidung und muss ich daher vorläufig die Frage unerledigt lassen, in welcher Ausdehnung die langen sensiblen Leitungsbahnen mit Collateralen versehen sind und möchte nur so viel sagen, dass die größere Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dieselben in ihrem ge- ‚sammten Verlaufe Nebenäste abgeben. Bei Würdigung dieser Verhältnisse ist übrigens ein Punkt wohl 9* 20 A, Kölliker, zu beachten, der die Entscheidung erschwert, nämlich der, dass an manchen Präparaten die Collateralen minder gut oder gar nicht gefärbt sind. Dieselbe Wahrnehmung macht man auch oft an den longitudi- nalen Strangfasern selbst. So habe ich Fälle gesehen, in denen bei jungen Embryonen, die sicher noch keine markhaltigen Fasern besaßen, keine einzige Faser der Stränge gefärbt war, und wiederum andere, in denen wohl Strangfasern, aber keine Collateralen sichtbar waren. Solche Objekte darf man selbstverständlich zur Ermittlung der Fragen, die ich hier bespreche, nicht benutzen und hat man sich nur an die zu halten, die vollkommene Färbungen zeigen, die man bei einiger Erfahrung bald herausfindet. Immerhin ist misslich, dass auch hie und da an scheinbar gut gelungenen Präparaten Faserabschnitte vor- kommen, die keine oder fast keine Collateralen zeigen. So fand ich z. B. im Halsmark eines Rindsembryo von 22 mm in der dorsalen Ecke der Hinterstränge ein kleines kompaktes Faserbündel, das keine solcher Ausläufer besaß, während dieselben in allen übrigen Theilen der Hinterstränge gut entwickelt waren. Ähnliches kommt auch manchmal an der ventralen Spitze der Hinterstränge vor, doch ist es mir leider noch nicht gelungen, in dieser Beziehung bestimmte Gesetze aufzufinden. Der Verlauf der sensiblen Collateralen, wie ich die Seitenäste der Hinterstrangfasern heiße, ist im Allgemeinen der, dass dieselben aus der Spitze und den lateralen Theilen der Hinterstränge, sowie aus der gesammten Randzone in die graue Substanz der Hinter- hörner eintreten und in derselben mehr oder weniger weit nach der ventralen oder motorischen Seite verlaufen, um schließlich in ver- schiedenen Gegenden und selbst in den Vorderhörnern derselben Seite # ihr Ende zu erreichen. Zum richtigeren Verständnisse dieser Verhält- nisse beachte man, dass bei Embryonen die Hinterhörner eine ganz auffallende Entwicklung zeigen, so dass dieselben den Vorderhörnern in der Breite gleich kommen, oder dieselben sogar übertreffen, wie die Fig. 12—17 dies lehren. Ungemein mächtig ist vor Allem die Sub- stantia gelatinosa, die wie ein großes querovales Feld die Hauptmasse. der Hinterhörner bildet und in ganz anderer Form auftritt als bei aus- gebildeten Geschöpfen. Dazu kommt, dass dieselbe in ihrer ganzen Breite von sensiblen Collateralen durchsetzt wird, die in Gestalt von stärkeren und schwächeren Bündeln von 5—10—15 und mehr Fasern theils aus der gesammten Randzone, theils aus den lateralen Seiten der Hinterstränge im engeren Sinne in sie eintreten. Diese Bündel ziehen theils in geradem Verlaufe, theils bogenförmig und schief durch die gelatinöse Substanz hindurch, welches Letztere besonders für die Col- Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 31 lateralen gilt, die aus den eigentlichen Hintersträngen und aus den lateralen Theilen der Randzone stammen. Die erwähnte Anordnung der sensiblen Collateralen in Bündeln zeigt sich nun übrigens nicht nur an Querschnitten, sondern auch an Längsschnitten (Fig. 9), die ebenfalls in allen sagittalen Ebenen über einander liegende Fasecikel dieser Fasern ergeben. Verfolgt man nun den weiteren Verlauf der sensiblen Collateralen, so ergiebt sich, dass dieselben in sehr verschiedenen Gegenden enden und zwar «) in der Substantia gelatinosa selbst, %) in der Grenzzone dieser Substanz und der Substantia spongiosa oder des eigentlichen Hinterhorns, 7) in den Crareke’schen Säulen, 0) in der Substantia gela- tinosa der anderen Seite, &) in der Substantia spongiosa des Hinter- hornes, n) im Vorderhorn. «@) Endigungen innerhalb der Substantia gelatinosa. An guten Präparaten findet man in allen Höhen der Substantia gelatinosa Theilungen von sensiblen Collateralen, die, wenn man sie verfolgt, auch zu den oben beschriebenen Endigungen führen. Von diesen Elementen sind in der Fig. 45 einige dargestellt, unter denen beson- ders auch die der Randzone parallel verlaufenden Elemente alle Beachtung verdienen. Im Ganzen färben sich diese Elemente nicht leicht, wie dies auch von den lateralen radiären Bündeln der Substantia gelatinosa gilt; ist aber das Präparat gelungen, so überzeugt man sich, dass diese Substanz immerhin in ihrer ganzen Ausdehnung eine namhafte Menge Endigungen von Collateralen enthält. Bei Ramon x Casar finde ich auch in seiner neuesten Mittheilung diese Collateralen nicht erwähnt und nicht abgebildet (s. IV. Fig. 6a auf p. 18). ß) Ganz Anderes gilt von den Gollateralen der Grenzgegend zwischenderSubstantia gelatinosa und spongiosa. Hierfin- det sich in allen Gegenden des Markes eine solche Zahl von Veräste- lungen und Endigungen der Collateralen, dass ein dichter feiner Faser- filz entsteht, dessen Elemente nicht auf weitere Strecken zu verfolgen sind. An Querschnitten (Fig. 15, 27) nimmt dieser Filz, den ich den Plexus der Substantia gelatinosa nennen will (h c g), die ganze ventrale Seite der Substantia gelatinosa ein und erscheint wie durch eine Auflösung vieler der radiären Collateralenbüschel gebildet, wasan Längs- schnitten noch deutlicher hervortritt , welche zugleich lehren, dass der Plexus auch in der Längsrichtung ein ganz zusammenhängender ist. y) Wo Crarke'sche Säulen vorkommen ziehen die Collateralen, die aus den Hintersträngen selbst austreten, und vor Allem diejenigen der Spitze derselben unmittelbar zu dieser Zellengruppe und lösen sich da in einen dichten Haufen von gröberen und feineren Verästelungen auf, 32 A. Kölliker, die ganz denselben Charakter an sich tragen wie der sub £ erwähnte Filz (Fig. 14). An Längsschnitten erscheint dieser Filz ebenfalls als ein ganz zusammenhängender (Fig. 9). 0) Bei gewissen Geschöpfen wie bei der Katze, zeigtsich bei neu- geborenen Thieren eine deutliche hintere Kommissur (Fig. 16). Untersucht man dieselbe genauer, so ergiebt sich, dass sie aus Collate- ralen besteht, die den lateralen Randtheilen der Substantia gelatinosa entstammen, und außerdem Elemente enthält, die in den Filz der Grenz- gegend der Substantia gelatinosa und spongiosa sich auflösen, woraus wohl der Schluss abgeleitet werden darf, dass dieselbe aus einer Kreu- zung der Collateralen von rechts und links besteht. Von dieser Kommis- sur ist noch zu erwähnen, dass dieselbe keine in der Längsrichtung zusammenhängende ist, sondern aus vielen hinter einander liegenden Bündelchen besteht. Eine ganz ähnliche Kommissur hat M. v. LENHOSSER von erwachsenen Meerschweinchen beschrieben (Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXXIV, Taf. IX, Fig. 4). Andeutungen einer von Collateralen ge- bildeten hinteren Kommissur sah ich auch bei anderen Embryonen, aber nirgends war dieselbe auch nur annähernd so ausgebildet, wie bei der Katze. In seiner neuesten Mittheilung giebt Ramon y Casır eine Beschrei- bung und Abbildung (No. IV Fig. 6«) der hinteren Kommissur des neu- geborenen Hundes, an welcher er drei Abtheilungen unterschei- det und zwar ein vorderes und hinteres Bogenbündel und einen mittleren mehr querverlaufenden Zug. Das vordere Bogenbündel liegt unmittelbar hinter dem Centralkanale und vor den Crarke’schen Säulen. Dasselbe wird von feineren und gröberen Fasern gebildet, die dem Gentralkanale ihre Konkavität zuwen- den und seitlich nach allen Richtungen ausstrahlen, um zum Theil sich fein zu verästeln. Die Herkunft der Fasern dieses Abschnittes der Kom- missur ist zweifelhaft. Die stärkeren Fasern derselben könnten vor Collateralen der Vorderstränge abstammen, oder nervöse Fortsätze sein, welche Ramön v CGasar in der That in zwei Fällen in die betreffenden Kommissurenabschnitte eintreten sah (p. 9). Das hintere Bogenbündel hat seine Konvexität nach der ven- tralen Seite zu und besteht aus Collateralen der Hinterstränge, welche auf die andere Seite tretend in den benachbarten Theilen des vorde- ren Geflechtes der Substantia gelatinosa enden. Das mittlere quer verlaufende Bündel zieht mitten durch die Crarke’schen Säulen durch und endet in den lateralen Theilen des Geflechtes der Substantia gelatinosa, indem dessen Fasern hier pinsel- förmig aus einander fahren. Die Elemente dieses Kommissurenantheils Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II, 33 stammen zum Theil von Collateralen des Seitenstranges, zum Theil ist ihre Herkunft zweifelhaft. Meine eigenen Erfahrungen über die graue Kommissur des Hundes gehen nicht weit. Bei einem Hunde von 4 Tagen fand ich am dorsalen Theile des Markes das Auffallende, dass die beiden Substantiae gelatinosae vor den wenig entwickelten Hintersträngen unmittelbaran einander stießen. Eine gut entwickelte Kommis- sur zog bogenförmig mit ventraler Konvexität größtentheils zwischen den Crarke’schen Säulen und dem Geflechte der Substantia gelatinosa durch, besaß aber doch auch einige Fasern in dem genannten Geflechte, aber keinein den Crarke’schen Säulen und keine vor denselben. Schnitte des Lendenmarkes zeigten nichts von einer Commissura posterior und die Halsanschwellung und das obere Halsmark nur ganz schwache An- deutungen derselben, wogegen am Anfange der Pyramidenkreuzung diese Kommissur ganz gut entwickelt war und theils von Collateralen des Hinterstranges mit Inbegriff der Randzone, theils von solchen des Seitenstranges abstammte und mit ihren Fasern wie gewöhn- lich endete. Bei den meisten, besonders jüngeren Säugethierembryonen war eine hintere Kommissur nicht nachzuweisen, außer hier und da in sehr schwachen Andeutungen, doch muss ich es unentschieden lassen, ob dieselbe wirklich nicht vorhanden ist oder ihre Elemente nicht gut aus- geprägt waren. &) Viele Collateralen der sensiblen Sphäre enden ferner im eigent- lichen Hinterhorne vor der Substantia gelatinosa und ihrem Plexus und neben dem Plexus der Crarke’schen Säulen, doch ist der hier vor- kommende Filz nicht so dicht wie an den eben genannten Orten und erscheint daher diese Gegend selbst an gut gefärbten Präparaten meist lichter. Die Collateralen, die diesen Plexus liefern, stammen vorzugs- weise aus der Randzone der Substantia gelatinosa, zum Theil auch aus „dem Hinterstrange. n) Endlich erwähne ich noch als eine sehr wichtige Gruppe die- jenigen sensiblen Collateralen, diein das Vorderhorn der gleichen Seite eindringen, welchen Ramön v Casar neulich den Namen »Antero- posteriores« oder »Sensitivo-motoriae« gegeben hat. Diese Collateralen entspringen zum Theil im eigentlichen Hinterstrange, zum Theil im medialen Theile der Randzone, sammeln sich in der Substantia spongiosa zu starken Bündeln und dringen als kompakte, an stärkeren Fasern reichere Massen geraden Weges in das Vorderhorn, in dem sie nach allen Seiten in ihre Elemente aus einander fahren und in den Gegen- den der Nervenzellengruppen in feinste Äste sich auflösen (Fig. 13, 15, 34 A. Kölliker, 16, 17,18, 19, 20). In gewissen Fällen, wie in der Fig. 47, sondern sich die für das Seitenhorn bestimmten Bündel von denen für das eigent- liche Vorderhorn bestimmten und entsteht dann eine zierliche Kreu- zung dieser Collateralen, die ich alle einfach als Reflexcollateralen der sensiblen Wurzeln bezeichne. 3) Gollateralen der Seitenstränge und der Vorder- stränge. Auch die Längsfasern der Seitenstränge und der Vorderstränge geben allem Anscheine zufolge Alle Collateralen ab, die im Wesentlichen eben so sich verhalten, wie diejenigen der sensiblen Wurzelfasern und der Hinterstränge. Wenn ich sage »Alle«, so berufe ich mich darauf, dass an guten Längsschnitten dieser Stränge keine längere longitudinale Faser derselben zu finden ist, die nicht Collateralen entsendete. Diese Seitenästehen, welche die Seitenstrang- und Vorderstrang- collateralen heißen sollen (Fig. 12—17), bilden in der grauen Sub- stanz ein dichtes Gewirr um die Nervenzellen herum, besitzen aber doch im Ganzen genommen einen bestimmten Verlauf. Die Gollateralen der Seitenstränge ziehen vorwiegend medianwärts in den ventralen Theil der Hintersäulen und in die CLArkE- schen Säulen, wo solche vorkommen, theils in die Vorderhörner zu den verschiedenen motorischen Zellenhaufen. Einzelne dieser Fasern wen- den sich auch in die Grenzgegend zwischen der Substantia gelatinosa und spongiosa und gegen die Commissura alba und grisea (s. oben). Die Vorderstrangcollateralen verlaufen alle dorsalwärts, wobei jedoch die einen in der vorderen Kommissur sich kreuzen, die anderen gegen das eigentliche Vorderhorn und das Seitenhorn sich be- geben, noch andere gerade gegen die Hintersäulen gehen. Diese letzte- ren bilden zum Theil kleine Bündel und erzeugen Endbüschel, die an diejenigen der langen sensiblen Collateralen erinnern und am schönsten an sagittalen Längsschnitten zu erkennen sind (Fig. 9 ve, ec), an denen sie oft mit den sensiblen Endbüscheln wie abwechseln, auch wohl mit denselben in einer Höhe stehen und mit ihnen sich verflechten. Von den Vorder- und Seitenstrangeollateralen ist noch zu erwäh- nen, dass dieselben, eben so wie diejenigen des Hinterstranges, stärkere und schwächere Elemente darbieten, doch konnte ich nicht finden, dass diejenigen des Vorderstranges ein entschiedenes Plus stärkerer Elemente enthalten, wie Ramon v Casar angiebt. Unterschreiben kann ich dagegen eine andere Bemerkung dieses Gelehrten über die Collate- ralen des Vorderstranges für beide hier zusammen behandelten Stränge, dass nämlich die Collateralen ihre Verästelung oftschon innerhalb Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Il. / 35 der weißen Substanz beginnen. Die Endverästelung anlangend, so fand ich bei diesen Collateralen nicht selten ein Verhalten, das mir bei den sensiblen Collateralen bis jetzt nicht auffiel, nämlich lang da- hinziehende Stämmchen, die unter meist rechten Winkeln eine große Zahl von kurzen Ästehen nach beiden Seiten abgaben, die dann wie oben beschrieben endeten, genauer bezeichnet eigentlich jedes ein Endbäumchen bildeten (Fig. 12). Manche dieser Collateralen zeigten nur solche Theilungen, andere auch gröbere spitzwinkelige zahlreiche Äste, wie sie bei den langen sensiblen Collateralen allein vorzukommen scheinen. Die longitudinalen Fasern der Vorder- und Seitenstränge -zeigen, eben so gut wie diejenigen der sensiblen Sphäre, an manchen Stellen Umbeugungen und einen Eintritt in die graue Substanz, die hier offenbar eine doppelte Bedeutung haben und zum Theil centri- fugal wirkende Elemente, vor Allem der Pyramidenbahnen, dar- stellen, die mit Verästelungen ihr Ende in der grauen Substanz finden, zum Theil Nervenfasern sind, die von Zellen der grauen Sub- stanz entspringen und, wie die Kleinhirnseitenstrangbahnen, in den Strängen centralwärts verlaufen. Von der vorderen Kommissur ist noch zu erwähnen, dass die- selbe schon bei Embryonen vorhanden ist und immer unter dem Bilde einer Kreuzung erscheint (Fig. 18—20), und zwar sind es theils Achseneylinder, die sich kreuzen (siehe unten), theils Collateralen der Vorderstränge und der Seitenstränge, die oft in der Kommissur Thei- lungen zeigen und jenseits derselben ihre Endigung in der grauen Substanz finden, wobei sie theils in alle Gegenden des Vorderhorns einstrahlen, theils auch gegen das Hinterhorn sich wenden. Es wäre nicht unmöglich, dass unter den letzteren Fasern auch Hinterstrang- collateralen sich fänden, die durch die Kommissur auf die andere Seite treten. Käme so etwas wirklich vor, wovon ich mich noch nicht mit voller Bestimmtheit zu überzeugen vermochte, so würden auch diese Collateralen jedenfalls in der grauen Substanz enden und könnte bei Embryonen von einem direkten Eindringen sensibler Elemente in den Vorderstrang und in den Seitenstrang der anderen Seite, wie verschie- dene Autoren ein solches für das Mark erwachsener Geschöpfe an- nehmen, keine Rede sein. 4) Nervenzellen. Die Zellen der grauen Substanz des Markes sind zwar alle multi- polar, unterscheiden sich aber, abgesehen von der Größe, der Ge- stalt und der Beschaffenheit der Protoplasmafortsätze, von denen weiter 36 | A, Kölliker, unten die Rede sein soll, wesentlich dadurch, dass die einen einen un- verästelten oder nur spärliche Ästehen abgebenden nervösen Fortsatz besitzen, während derselbe bei den anderen zahlreiche Äste abgiebt. "Diese letzteren scheide ich wieder in zwei Unterarten, und zwar a) in solche, bei denen der nervöse Fortsatz, trotz der Abgabe von Ästen, seine Selbständigkeit nicht verliert, und | b) andere, deren Achsencylinderfortsatz ganz in feine und feinste Verzweigungen sich auflöst. Nach der Eintheilung von Goıscı würden die Zellen der ersten Kategorie und die von 2a seine erste Gruppe der motorischen Zellen darstellen, die von 2b die zweite Gruppe der sensiblen Zellen. Eine andere Eintheilung der Nervenzellen stützt sich auf deren. physiologische Beziehungen und ergiebt folgende Arten: a) Motorische Zellen, welche in die motorischen Wurzelfasern übergehen, oder dieselben entsenden. b) Zellen, deren nervöser Fortsatz zu einer longitudinalen Faser der weißen Substanz sich umgestaltet (Strangzellen oder Ur- sprungszellen von Strangfasern), unter denen wiederum zu unterschei- den sind «) Zellen, deren Fortsatz auf derselben Seite des Markes bleibt, und £) Zellen, die ihren nervösen Fortsatz durch die weiße Kommissur auf die andere Seite senden (Kommissurenzellen, Ramön y Carat). c) Zellen, deren nervöser Fortsatz nicht aus der grauen Substanz heraustritt. Die genauere Bestimmung des Verhaltens der nervösen Fortsätze der Zellen des Markes ist übrigens sehr großen Schwierigkeiten unter- worfen, weiche darin liegen, dass die Gorsr'sche Methode häufig gar keine Nervenzellen und vielleicht niemals oder wenigstens nur sehr selten alle färbt. Am günstigsten sind die Fälle, in denen nur einzelne oder wenige Zellen schwarz erscheinen, und auch von den Collateralen nicht zu viele gefärbt sind. Sind dagegen eine größere Zahl von Zellen dargestellt, so lassen sich die nervösen Fortsätze gewöhnlich nicht auf größere Strecken verfolgen, indem dieselben an feinen Schnitten nur selten ganz sich erhalten, und an dickeren in dem unglaublich reichen Gewirr der Protoplasmafortsätze sich bald spurlos verlieren. Große Beachtung verdient übrigens bei diesen Untersuchungen, dass in sehr vielen Fällen die Zellen und ihre Protoplasmafortsätze nicht gefärbtsind, wohl aber deren nervöse Fortsätze, wie auch Ramön y Casar dies wahrgenommen hat (s. Nr. IV, Fig. 2a, 18). In diesem Falle hat man sich nur davor zu hüten, dieselben nicht mit stärkeren Collateralen zu verwechseln oder mit Umbiegungen und Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems, II, 37 Endigungen von Längsfasern der Stränge in der grauen Substanz, was in manchen Fällen seine Schwierigkeiten hat, und große Vorsicht er- fordert. Indem ich nun zur Schilderung dessen übergehe, was meine Untersuchungen über diese nervösen Fortsätze mich gelehrt haben, will ich zugleich auf die neuesten Mittheilungen Ramon y Casar’s Rücksicht nehmen, was oben in der Einleitung noch nicht geschehen konnte. a) Ursprungszellen der motorischen Wurzeln, moto- rische Zellen. Die Zellen, welche die Fasern der motorischen Wurzeln entsenden, liegen in den Vorderhörnern, bilden Theile aller hier in gewissen Gegenden des Markes vorkommenden Nerven- zellengruppen, und sind in ihrer Mehrzahl groß, doch kommen auch viele kleinere und kleine solche Elemente vor, und zwar besonders in den medialen Theilen des ventralen Abschnittes des Vorderhornes und in der Grenzgegend der vorderen und hinteren Hörner. Die nervösen Fortsätze dieser motorischen Zellen gehen manchmal gerade gegen die Austrittsstellen der Wurzeln, andere Male erreichen sie dieselben auf Umwegen mit Umbeugungen und Schlängelungen aller Art. Bezüglich auf die Dicke kann man an diesen Fortsätzen stärkere und schwächere unterscheiden und ist wohl nicht zu bezweifeln, dass die letzteren den feinen, die ersteren den starken Fasern der motorischen Wurzeln den Ursprung geben. Von Ästen habe ich bei Säugern und beim Menschen an diesen Achsencylinderfortsätzen noch nichts gesehen, doch kann ich nicht unerwähnt lassen, dass Ramon v Cayar, der im Allgemeinen diese Fortsätze auch als unverästelt bezeichnet (III, p. 4), angiebt, dass er einmal bei einer Ratte ein zurücklaufendes Seitenästchen einer sol- chen Faser wahrgenommen habe. In einer Note fügt er dann noch bei, dass er auch bei einer Taube vier oder fünf solche Fasern beobachtet habe, die je ein kurzes zurücklaufendes Seitenästchen besaßen. Und dass bereits Gozeı solche Ästchen beschreibt, ohne Genaueres über die- selben mitzutheilen, wurde in der Einleitung berührt. Es ist daher nicht zu bezweifeln, dass in gewissen Fällen solche Ausläufer vorkom- men. Immerhin bleibt vorläufig die Frage eine offene, ob dieselben konstante Bildungen sind und überall vorkommen, wie die Seitenaus- läufer der nervösen Fortsätze der Pyramidenzellen und der PurkinsE- schen Zellen im Gehirn, oder nur in einzelnen, vielleicht seltenen Fällen sich finden. Physiologisch ist diese Frage, wie man leicht ein- sieht, von großer Tragweite, und wäre die einfachste Deutung solcher Ausläufer die, dass eine motorische Zelle in gewissen Fällen in mehrere centrifugal wirkende Fasern ausläuft. 28 A. Kölliker, b) Zellen, deren nervöse Fortsätze in die weiße Sub- stanz übergehen und zu Längsfasern derselben werden. Solche Zellen sind bekanntlich von mir selbst und vielen Anderen schon seit Langem angenommen worden, doch mangelte bisher der genauere Nachweis des Verhaltens derselben, der nun erst von GoLcI und Ramön y Casar mit der Methode von Gorcı gegeben wurde. Wie diesen Forschern ist es auch mir gelungen, diese Zellen nachzuweisen und folgt hier eine genauere Beschreibung des von mir Gesehenen. Die große Mehrzahl der Zellen, um die es sich hier handelt, senden ihre nervösen Fortsätze in den Seitenstrang, manche auch in den Vor- derstrang, dagegen habe ich mich bisher nicht überzeugen können, dass solche Fortsätze auch in den Hinterstrang eintreten, was auch Ramon y CasaL nur selten gesehen zu haben scheint (IV, Fig. 3a F, p. 7—A0). Die Zellen, die ihre nervösen Fortsätze in den Seitenstrang entsenden, gehören meist der Grenzzone zwischen Vorder- und Hinterhorn an, d.h. der Gegend, die zwischen dem Centralkanale und der vorspringenden medialen Ecke des Seitenstranges sich befindet, können jedoch auch ent- schieden in dem einen oder anderen dieser Hörner mehr ventral- oder dorsalwärts ihre Lage haben und gehört jedenfalls die auffallende Gruppe der Cıarke'sschen Säulen zu denselben. Die zum Vorderstrange in Be- ziehung stehenden Zellen sind dagegen meist Angehörige des Vorder- hornes und vor Allem der vorderen medialen Zellengruppe desselben; auch ist zu bemerken, dass diese Zellen ihre nervösen Fortsätze meist durch die vordere Kommissur auf die andere Seite senden. Es können jedoch auch Zellen anderer Gegenden in den Vorderstrang treten (Ramön y Gasar II, Fig.2a 11) und was die vordere Kommissur anlangt, so gehen nach Goısı beiSäugern und nach Ramon y Casar beim Hühnchen Zellen aller Gegenden der grauen Substanz mit ihren Achsencylinderfortsätzen in dieselben ein und nach Ranön y Casar bei Säugern wenigstens ein- zelne des Hinterhorns (III, Fig. 2a 12) und aus der Gegend des Plexus der Substantia gelatinosa (III, Fig. 3a, coa). Die nervösen Fortsätze der genannten Zellen lassen zum Theil keine Äste erkennen, auch wenn sie auf große Strecken und selbst bis in die weiße Substanz zu verfolgen sind und finden sich solche in meiner Fig. 30 bei 7,2 und und bei Ramon v Carat in IV, Fig. 2 a bei 5, 4, 5, 6, 11,15, 15, 16 dargestellt, in der Mehrzahl der Fälle dagegen geben dieselben eine gewisse selbst größere Zahl von Ästen ab, ohne jedoch ihre Selbständigkeit zu verlieren (Fig. 21—24, 30, 6, 7, 8, 9, 10) welche Äste genau so sich verhalten, wie diejenigen der Collateralen der Strangfasern und mit feinen Verästelungen enden. Das Ende der Stammfasern dieser nervösen Fortsätze ist sehr be- Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 239 merkenswerth und kommen wesentlich folgende von Ramön v CasaL entdeckte Verhältnisse vor. In der Mehrzahl der Fälle biegt sich, wie Goıcı dies zuerst sah, das Ende einer Stammfaser bogenförmig nahezu unter rechtem Winkel in eine longitudinale Strangfaser um, ein Ver- halten, das an Querschnitten weniger leicht, sehr bestimmt an Längs- schnitten zu beobachten ist. An solchen betrachte ich alle Fasern, (Fig. 6 /, el, n), die aus den Längssträngen unter rechten Winkeln in die graue Substanz abbiegen und auf einem längeren Verlaufe innerhalb der grauen Substanz keine Abnahme des Durchmessers zeigen, auch wenn dieselben nicht bis zu einer Zelle sich verfolgen lassen, als nervöse, in Längsfasern übergehende Zellenfortsätze, in welcher Beziehung Ramon y CasaL mit mir übereinstimmt, der in No. IV in Fig. 2a bei I8 eine solche Faser abbildet. Zweitens setzen sich die Enden der Stammfasern der nervösen Fortsätze, indem sie gabelförmig sich theilen ineine auf- und eine absteigende longitudinale Strangfaser fort, verhalten sich somit wesentlich eben so wie die sensiblen Wurzelfasern an ihren Ein- trittsstellen. Doch scheint Ramon y Casa anzunehmen, dass in gewissen Fällen solche nervöse Fasern auch einfach unter rechtem Winkel an longitudinale Strangfasern sich ansetzen, ein Fall, der an Längsschnitten leicht zur Beobachtung kommen müsste, in welcher Beziehung ich noch keine entscheidende Beobachtung zu machen im Stande war. Endlich kommen noch Z wei- und Dreitheilungen solcher ner- vöser Fortsätze vor (Fig. 23, 30, 2, 7, 10), deren Verhalten in der weißen Substanz noch nicht hinreichend festgestellt ist, d. h. es ist vorläufig nicht nachgewiesen, wie die Enden verlaufen, ob alle nach einer Rich- tung dahinziehen oder nach verschiedenen Richtungen. Nach Gorsı und Ramön y CayaL gehen die nervösen Fortsätze der eben besprochenen Kategorie alle in Fasern der Stränge über. Ich glaubte in meiner vorläufigen Mittheilung hypothetisch annehmen zu müssen, dass diejenigen unter denselben, die in der vorderen Kommis- sur sich kreuzen, in die vorderen Wurzeln der anderen Seite übergehen. Eine weitere Verfolgung dieser Angelegenheit hat mir nun aber gezeigt, dass diese Autoren für viele Fälle Recht haben, und da ich eine Be- ziehung von Kommissurenfasern zu Wurzelfasern auch bei neueren Untersuchungen nicht zu finden im Stande war, so habe ich keinen Grund diese Vermuthung noch weiter festzuhalten. c) Zellen, deren nervöse Fortsätze sich reich bis zu feinsten Enden verästeln und nicht aus der grauen Sub- stanz heraustreten. Diese von Gorcı entdeckten und zuerst abgebildeten Zellen (Haupt- 30 A. Kölliker, werk Taf. Ila, Fig. 6) finden sich allem Anscheine nach nur in den Hin- terhörnern, jedoch, wie wir schon sahen, nicht als ausschließliche Be- standtheile. Die auffallendsten Zellen der Art, die ich sah, sind in den Fig. 25, 26 und 29 db und c dargestellt, und stammen von der Gegend der Spitze der Hinterhörner, außerdem fand ich solche Zellen auch in den übrigen Gegenden der Hinterhörner, ja selbst am dorsalen Rande der Substantia gelatinosa (Fig.29 «a, d,e). Ramon v Casar hat solche Zellen auch gesehen und giebt in seiner I. Abh. Taf. XI, Fig. 2, 3, 4 schöne Abbildungen von Elementen der Art aus den Crarke’schen Säulen und der Substantia gelatinosa. In der Abhandlung No. IV sind dagegen nur wenig ausgeprägte solche Zellen in Fig. 3a aus der Substanz von Ro- LAnDo unter H, R, S, T abgebildet, dagegen betont der Autor im Text, dass viele Äste der nervösen Ausläufer dieser Zellen vertikal verlaufen und so Bündel bilden, die vielleicht später zu den von mir sogenannten Längsfasern der Hinterhörner sich gestalten, eine Annahme, mit der ich mich nicht einverstanden erklären kann, da die genannten Bündel aus langen parallel verlaufenden Elementen bestehen. Sehr wichtig für die Deutung dieser Zellen wäre es, wenn die letz- ten Endigungen der nervösen Ausläufer derselben sich mit Sicherheit bestimmen ließen. Ramön v Casar lässt dieselben mit varicösen Veräste- lungen und frei enden (Nr. IV, p. 10) und auch Gorseı stellt die einzige von ihm abgebildete Zelle so dar. Meine Präparate ergaben im Ganzen dasselbe, nur machten einzelne den Eindruck, als ob unter den Aus- läufern des nervösen Fortsatzes auch stärkere nicht ästige Enden, wie Stammfasern sich fänden, was jedoch Folge einer nicht ganz vollstän- digen Versilberung sein könnte. Ferner möchte ich hervorheben, dass bis jetzt an keiner dieser Zellen die Enden in jener Form von End- büscheln oder Endbäumchen vorkamen, die für die Collateralen so charakteristisch ist. Auf die mannigfachen Formen der Nervenzellen und ihrer proto- plasmatischen Ausläufer, so wie auf ihre verschiedene Größe habe ich keinen Grund einzugehen, da diese Verhältnisse für einmal physiolo- gisch keine Verwerthung gestatten, und verweise ich in dieser Be- ziehung auf die Angaben und Abbildungen von Ramon y Casar, indem ich zugleich betone, dass es ungemein schwer hält, im Einzelnen die genaue Gestalt der protoplasmatischen Ausläufer der fraglichen Zellen zu bestimmen. Viele derselben, ja die meisten, sind in ihrer ganzen Länge mitspitzen und wie körnigen Anhängen, mit feinen einfachen und ästigen Ausläufern besetzt, und gewinnen so unter Umständen ein ganz eigen - thümliches Gepräge (s. m. Fig. 29, 30 und Ramon y Casar, II, Fig. 4a A, Fig. 3a die meisten Zellen der Substantia gelatinosa), welches am aller- Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 31 auffallendsten an den Zellen der Substantia gelatinosa auftritt und die- selben, wie auch Raumön y Casar hervorhebt, gewissen Gliazellen sehr ähnlich macht. Berücksichtigt man jedoch, einmal dass in anderen Fällen an Silberpräparaten diese Ausläufer ohne einen solchen Besatz und selbst, wenn auch selten, ganz glattrandig vorkommen, so wie zweitens, dass aus frischen Objekten isolirte Nervenzellen ohne Aus- nahme glattrandige Protoplasmaausläufer besitzen, so ergiebt sich mit großer Wahrscheinlichkeit, dass die oben geschilderten Formen Kunst- produkte sind. Weiter ist über die Protoplasmafortsätze Folgendes erwähnens- werth. An Silberpräparaten ergeben sich dieselben von erstaunlicher Länge und mit den zahlreichsten gröberen Verästelungen, so dass manche derselben an Organen von Neugeborenen die ganze Breite der grauen Substanz durchqueren und auch im Diameter antero-posterior die Hälfte derselben einnehmen (Fig. 21— 24). Eigenthümlich ist ferner den medialen Zellen der Vorderhörner, dass dieselben einen Theil ihrer Ausläufer durch die vordere Kommissur auf die andere Seite senden, ein Verhalten, auf das Ramon v CaJaL zuerst die Aufmerksamkeit gelenkt hat (III, Fig. 1a) und das ich auch, wenn schon wenig ausgeprägt, bei den Zellen in der Nähe der hinteren Kom- missur finde. Sehr wichtig ist endlich, dass, wie GoLeı entdeckt hat, viele Pro- toplasmafortsätze auch in die weißen Stränge eintreten und oft weit und selbst bis gegen die Oberfläche derselben vordringen, für welche ' Thatsache ich schon beim Anatomenkongresse in Berlin für das Mark des Ochsen ebenfalls Belege gab (s. Anat. Anz. 1889) und die ich auch jetzt überall für alle untersuchten Säuger bestätigt finde. Anastomosen der Protoplasmafortsätze vermag ich auch jetzt, eben so wenig wie früher, zu finden und muss ich besonders hervorheben, dass ich solche auch an Zellen vermisse, die nach der GerracH schen Methode darge- stellt wurden. Dasselbe gilt, wie ich nachträglich bemerke, auch von den feinen Endästen der nervösen Fortsätze. 5) Über die Gliazellen besitze ich keine ausführlicheren Unter- suchungen und theile daher nur Folgendes mit. Wie Gosı zuerst nachgewiesen und später Macını, Farzacappa und Ramon Y Casar bestä- tigt haben, besitzt das Mark junger Embryonen anfänglich nur einerlei Gliazellen, die nichts Anderes sind, als die sogenannten Epithelzellen des Centralkanals, die mit ihren Ausläufern radienartig das ganze Mark durchziehen und an der Oberfläche desselben dicht an der Pia mit größeren oder kleineren Verbreiterungen enden. Hierbei zeigen die längeren dieser Elemente, die alle nur einen Kern dicht am Central- B9) A. Kölliker, kanale besitzen, in ihren äußeren Theilen spitzwinklige Verästelungen und viele Seitenästchen, so dass der Anschein eines Netzes erzeugt wird, ohne dass ein solches wirklich vorhanden wäre. Das erste Auftreten dieser Gliazellen, das besonders Hıs und auch Vısnar verfolgt haben, ist bei jungen Embryonen leicht zu sehen und führt auf einen Theil der Zellen der Medullarplatte zurück, welche zu Faserzellen auswachsen und zugleich Seitenausläufer treiben, von denen Hıs annimmt, dass dieselben unter einander verschmelzen, wäh- rend andere Elemente dieser Lage zu Nervenzellen (Neuroblasten, Hıs) sich gestalten und noch andere in dem ursprünglichen indifferenten Zustande sich erhalten. Das ursprüngliche Verhalten der Gliazellen erhält sich längere Zeit und fand ich dasselbe noch bei einem Schafembryo von 9 cm Länge (Fig.-28) und einem Schweineembryo von 40 cm Länge. Bei älteren Embryonen und nach der Geburt erhalten sich, wie man schon längst weiß, diejenigen dieser Elemente vollständig, die nach dem Grunde der ventralen Spalte des Markes und nach der dorsalen Mittel- linie gehen, die anderen dagegen werden nach und nach undeutlich, bis auf die um den Gentralkanal gelegenen Theile und treten eine Menge neuer Gliazellen, die bekannten sternförmigen Elemente, in ‚allen Theilen des Markes auf, welche unzweifelhaft nach und nach aus indifferenten Zellen der Markanlage sich entwickeln, die, so lange als dieses Organ nicht ausgebildet ist, in Form rundlicher Zellen in großer Menge in der weißen und grauen Substanz zwischen den nervösen Ele- menten vorhanden sind und später nicht mehr sich nachweisen lassen. Zusammensteliung der Resultate. 1) Die sensiblen Wurzelfasern theilen sich beim Eintritte in das Mark in einen aufsteigenden und einen absteigenden Schenkel, die in den Hintersträngen und oberflächlich an der Substantia gelati- nosa in der Randzone derselben verlaufen. 2) Dass diese longitudinalen sensiblen Elemente zum Theil auf große Strecken (4—6 cm) verlaufen, ist durch die direkte Beobachtung entschieden, auf der anderen Seite aber auch sicher, dass ein nicht, unerheblicher Theil derselben in die graue Substanz umbiegt und in derselben mit feinen Verästelungen frei endet. 3) Eine Verbindung dorsaler Wurzelfasern mit Nervenzellen der grauen Substanz des Markes ist bei Säugern bis anhin nicht beobachtet. 4) Alle sensiblen longitudinalen Strangfasern und zum Theil schon deren noch ungetheilte Stammfasern geben feine Seitenästchen, die sogenannten Gollateralen von Ramon v Cayar ab, welche, in die Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 33 graue Substanz eingetreten, in allen Gegenden derselben sich fein ver- ästeln und frei enden. Besonders zahlreich sind diese Endigungen in der ventralen Grenzgegend der Substantia gelatinosa und in den Crarkeschen Säulen, wo dieselben wie besondere Geflechte bilden und dann im ventralen und lateralen Theile des Vorderhorns, welchen Gegenden lange, dichte Bündel besagter Collateralen zustreben. 5) Die motorischen Wurzelfasern entspringen von größeren und kleineren Nervenzellen aller Theile des Vorderhorns mit einem einfachen nervösen Fortsatze, der in gewissen Fällen (nach Gorcı immer) Seitenästehen abgiebt. 6) Die Vorderstränge und die Seitenstränge des Markes bestehen zum Theil aus Fasern, welche von Nervenzellen aller Ge- genden des Markes abgegeben werden. Diese Vorder- und Seiten- strangzellen entsenden von ihrem nervösen Fortsatze aus sehr häufig eine größere oder geringere Zahl von Seitenästchen in die graue Sub- stanz, welche in derselben frei enden. Zellen der grauen Substanz, die Nervenfasern der Hinterstränge den Ursprung geben, wie Ramon y Casar solche in seltenen Fällen ge- sehen haben will, sind mir bisher, eben so wie Gorcı, nicht zu Ge- sicht gekommen. 7) Die Beziehungen der ebengenannten nervösen Fortsätze der Vorder- und Seitenstrangzellen zu den Fasern der weißen Substanz sind verschieden. In den einen Fällen gehen dieselben einfach durch Umbiegung aufwärts in eine Strangfaser über. Andere Male theilen sich dieselben vorher in 2—3 Äste. Endlich kann auch ein solcher nervöser Fortsatz in eine auf- und eine absteigende Faser sich spalten oder scheinbar seitlich an eine Strangfaser sich ansetzen (Fasern von T-Form). 8) Die große Mehrzahl der Längsfasern der Vorder- und Seiten- stränge, ja vielleicht alle, geben Seitenästchen, die Vorderstrang- und Seitenstrangcollateralen, ab, die in die graue Substanz, vor Allem des Vorderhorns und des vorderen Theiles des Hinterhorns, ein- treten und da, eben so wie diejenigen der sensiblen Fasern, frei enden. 9) Die longitudinalen Fasern der Seiten- und Vorderstränge bie- gen in vielen Fällen unter meist rechten Winkeln in die graue Substanz um, und enden in derselben frei. 10) Alle Collateralen der Strangfasern, alle Seitenästchen von ner- vösen Zellenfortsätzen, sowie die sub 2 und 9 erwähnten Umbiegungen longitudinaler Strangfasern enden in derselben Weise. Dieselben geben unter spitzen oder rechten Winkeln eine größere oder geringere Zahl von Ästen ab und erzeugen schließlich feine Endbäumchen, welche die Zeitschriftf. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 3 34 A. Kölliker, Nervenzellen umspinnen, ohne mit denselben sich zu verbinden oder unter einander Anastomosen zu bilden. Die gröberen Collateralen verlaufen vorwiegend in den Quer- schnittsebenen des Markes oder in schwach schief aufsteigenden Ebe- nen, während die feineren und feinsten Enden oft schief und longitu- dinal gerichtet sind. Letzteres kommt auch bei gröberen Collateralen vor und bilden dieselben manchmal selbst kleine Längsbündel. 11) Die Commissura anterior besteht: a) aus nervösen Fortsätzen von Zellen der grauen Substanz aller Gegenden der Querschnittsebenen, die nach geschehener Kreuzung in longitudinale Fasern der Vorderstränge und der Vorderseitenstränge sich fortsetzen, b) aus sich kreuzenden Collateralen der Vorderstränge und der Seitenstränge, c) aus sich kreuzenden Protoplasmafortsätzen eines Theiles der medialen Zellen der Vorderhörner. 12) Die Commissura posterior besteht: a) aus sich kreuzenden Collateralen der sensiblen Wurzelfasern, b) möglicherweise aus Kreuzungen von Collateralen des hinteren Theiles der Seitenstränge, c) zweifelhaft sind mir Kreuzungen von nervösen Fortsätzen der Zellen seitlich am Gentralkanale und der Substantia gelatinosa (Ramon Y Casar II, p. 17 zwei Beobachtungen), d) ebenso nicht ganz sicher Kreuzungen von Protoplasmafortsätzen von Zellen der Hinterhörner. | 13) Die Nervenzellen zerfallen: a) in motorische Zellen (s. sub 5) b) in Zellen der Stränge (s. sub 6) und c) in Zellen, deren nervöser Fortsatz nicht aus der grauen Sub- stanz herausgeht und sich in derselben gleichmäßig fein verästelt. Solche Elemente finden sich nur im Hinterhorn. 44) Größe, Form und Verbreitung der Nervenzellen und ihrer protoplasmatischen Ausläufer sind vielen Wechseln unterworfen, deren Bedeutung vorläufig vollkommen unklar ist. Nur so viel ist sicher, dass große Nervenzellen nicht nur in der motorischen Sphäre vorkommen. | 15) Die Protoplasmafortsätze aller Nervenzellen verästeln sich aufs feinste über große Strecken nach allen Richtungen, dringen oft in die weiße Substanz hinein, geben keinen Nervenfasern den Ur- sprung und anastomosiren nicht. 16) Die Gliazellen entstehen aus Elementen der ursprünglichen Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Il. 5 Medullarplatte und zerfallen in primitive und sekundäre. Die ersten erscheinen als Epithel des Centralkanales und durchziehen ur- sprünglich das ganze Mark, verkommen dann aber später bis auf ihre tiefsten Theile. Die letzteren entstehen später in loco in allen Theilen der grauen und weißen Substanz ebenfalls aus Elementen der Medullarplatte. Alles bisher Besprochene bezog sich nur auf das Mark von Em- bryonen, Neugeborenen und jungen Thieren. Im Marke erwachsener Geschöpfe sind die große Mehrzahl der bei jungen Geschöpfen mark- losen Fasern markhaltig und zeigen in der weißen und grauen Substanz die verschiedensten Dimensionen bis zu den feinsten, kaum mehr mess- baren Elementen herab. Obschon nicht im geringsten zu bezweifeln ist, dass auch bei erwachsenen Geschöpfen alle Einzelnheiten des föta- len Faserverlaufes, wie die Theilungen der sensiblen Wurzelfasern, die Collateralen, die fein verästelten freien Endigungen von Nerven- fasern, die Verästelungen der nervösen Zellenausläufer etc. sich finden, so stößt doch der bestimmte Nachweis dieser Verhältnisse zum Theil auf sehr große Schwierigkeiten, die an einem anderen Orte zur Be- sprechung kommen werden. II. Zusammenhang der Elemente im Marke. Physiologische Ableitungen. Die erste wichtigste Frage nach dem Zusammenhange der Elemente des Markesim Allgemeinen und der Art und Weise der Einwirkung derselben auf einander beantworte ich dahin, dass ohne Ausnahme die Nervenzellen mit Nervenfasern in Verbindung stehen, dass dagegen die Einwirkungen dieser Elemente auf einander in einer doppelten Weise sich gestalten. In den einen Fällen wirken die beiden Elemente unmittelbar auf einander ein, und zwar so, dass die Erregung von den Zellen aus- geht, während in den anderen Fällen eine Actio in distans statt hat, so dass Nervenfasern, ohne mit den Zellen in Verbindung zu stehen, dieselben beeinflussen. Unmittelbare Einwirkungen von Zellen auf Fasern finden sich: 1) bei den Fasern der motorischen Wurzeln, die als unmittelbare Fortsetzungen der nervösen Fortsätze gewisser Zellen der Vorder- hörner erscheinen; 2) bei vielen Fasern der Vorderstränge und der Seitenstränge, die Ausläufer der nervösen Fortsätze von Zellen aller Gegenden der grauen Substanz sind; 3* 36 A. kölliker, 3) bei den Spinalganglien, deren Nervenzellen entweder direkt (bipolare Zellen) oder vermittels einer T-förmigen Faser mit den sen- siblen Fasern sich verbinden. Im ersten Falle ist es unzweifelhaft, dass die Nervenzelle erregend auf die motorische Faser einwirkt, und wird es so in hohem Grade wahrscheinlich, dass dasselbe auch im zweiten Falle statt hat. Somit würde beide Male die Erregung cellulifugal sich fortpflanzen, wenn sie auch nach dem gewöhnlichen Sprachgebrauche in dem einen Falle centrifugal, im anderen meist centripetal vor sich geht. Im dritten Falle (Spinalganglien) wirkt die Zelle, wie es scheint, gar nicht erregend auf die mit ihr verbundenen Nervenfasern ein, in denen die Leitung nur nach einer Seite, centripetal, statt hat. Da- gegen kann man mit Recht annehmen, dass die Zellen hier die Rolle von Ernährungsorganen der Nervenfasern spielen, wofür der Beweis darin liegt, dass die sensiblen Fasern stets zu Grunde gehen, wenn sie nicht mit den Spinalganglien in Verbindung stehen. Bei Durchschneidungen an der distalen Seite der Ganglien entarten alle peripherischen Fasern absteigend, bei solchen an der proximalen Seite alle centralen Fasern aufsteigend (Versuche meines Sohnes contra F. Krause und FRIEDLÄNDER). In einem zweiten Falle stehen Zellen und Fasern in keiner unmittelbaren Verbindung und können nur durch Kontakt aufeinander wirken. Solche Verhältnisse finden sich : 1) bei den sensiblen Wurzelfasern, die theils schon im Marke, theils in der Medulla oblongata in die graue Substanz abbiegen und mit feinen Ästchen frei enden; 2) bei den Endigungen der Collateralen aller Stränge innerhalb der grauen Substanz; 3) bei den Endigungen vieler longitudinaler Fasern der Vorder- und Seitenstränge, die in die graue Substanz abbiegen; | 4) bei den Endigungen der Seitenästehen der nervösen Fortsätze vieler Zellen der grauen Substanz; 5) bei den nervösen Fortsätzen gewisser Zellen der Hinterhörner, die in toto aufs feinste sich verästeln. Da in vielen Fällen leicht nachzuweisen ist, dass die genannten Faserenden die Nervenzellen dicht umspinnen, ohne mit denselben sich zu verbinden, so ist die Hypothese gerechtfertigt, dass hier eine Einwir- kung durch Kontakt vor sich gehe, für welche Art der Wirkung in neuester Zeit Hıs, Forer, Ramön y Cayar und ich uns ausgesprochen haben, wäh- rend die meisten und auch Goısı an der Annahme eines allverbreiteten. zusammenhängenden Netzwerkes im Sinne von GerıAca festhalten. Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Il. 37 Was die Protoplasmafortsätze der Nervenzellen anlangt, so bin ich im Verlaufe meiner neuesten Untersuchungen über die Bedeu- tung derselben recht zweifelhaft geworden und sehe mich vorläufig nicht in der Lage eine bestimmte Ansicht zu äußern. Sicher ist, dass diese Elemente nicht in Nervenfasern sich fortsetzen und nicht anastomo- siren. Dem zufolge könnten dieselben, wenn sie leitende Apparate wären, nur so thätig sein, dass sie durch Kontakt auf andere Protoplasma- fortsätze wirkten, und so Übertragungen von Zelle zu Zelle vermittelten. Eine andere Möglichkeit wäre die, dass sie Zellenkörper direkt beein- flussten, oder endlich auf Endverästelungen von Nervenfasern eine Ein- wirkung auszuüben im Stande wären oder umgekehrt. Von den bisher bekannt gewordenen Thatsachen ist keine geeignet, zu einer ganz be- stimmten Entscheidung zu führen, und zähle ich dieselben hier noch auf. Für die nervöse Natur der Protoplasmafortsätze schei- nenzusprechen: a) Ihre Struktur und ihre chemische Natur, die nicht wesentlich von derjenigen der nervösen Fortsätze der Nervenzellen abweicht, wie namentlich frische Objekte lehren; denn wenn auch Protoplasmafort- sätze mehr feinstreifig, nervöse Fortsätze mehr homogen aussehen, so ist doch hierauf kein größeres Gewicht zu legen. b) Der Umstand, dass nicht selten, wie auch GoLeı angiebt, ner- vöse Fortsätze von den Stämmen von Protoplasmafortsätzen, und zwar oft in nieht unbedeutender Entfernung vom Zellkörper, entspringen. e) Die große Übereinstimmung der Protoplasmafortsätze im Bau mit demjenigen der Körper der Nervenzellen, der doch unmittelbar an den nervösen Funktionen sich betheiligt, wie die motorischen Zellen des Markes wohl unwiderleglich beweisen. d) Die große Mannigfaltigkeit in der Zahl, Größe und Verbreitungs- art dieser Fortsätze, die sehr oft in keiner Beziehung zur Größe der Zellen steht. Man denke nur an die Pyramidenzellen, an die Purkin)e- schen Zellen, an diejenigen des Markes. Für eine Beziehung der Protoplasmafortsätze zu an- deren Funktionen und gegen die Annahme einer nervösen Verrichtung derselben sind anzuführen: a) Das sehr häufige Eindringen von Protoplasmafortsätzen in die Stränge der weißen Substanz des Markes, in denen die Enden dersel- ben oft bis gegen die Oberfläche sich fortsetzen. Diese Thatsache betrachte ich als eine der wichtigsten, die für die Annahme von Gotsı sprechen, dass diese Fortsätze einzig und allein eine Bedeutung für die Ernährung der Nervenzellen haben und denselben, gewissermaßen wie Wurzeln, aus der Ferne Säfte zuleiten. 38 A. Kölliker, Dem erwähnten Faktum lässt sich vielleicht an die Seite stellen, dass die oberflächlichen Pyramidenzellen des Großhirns ihre Proto- plasmaausläufer bis an die Oberfläche der grauen Rinde senden, wo von Beziehungen derselben zu Nervenzellen und auch zu Endigungen von Nervenfasern wohl kaum die Rede sein kann. Bei den Ausläufern der PurkınJe’schen Zellen, die zum Theil ebenfalls bis an die Oberfläche des Cerebellum reichen, liegen dagegen die Verhältnisse weniger klar, da die Molekulärlage des Gerebellum viele kleine Nervenzellen, dunkel- randige Fasern und eine Unzahl nervöser Fortsätze der kleinen Körner- zellen enthält, von welchen Elementen vorläufig nicht mit Sicherheit sich behaupten lässt, dass sie keine Beziehungen zu den Purkınae'schen Zellen haben. | b) Zu den Beweisen, die GoLcı für die nicht nervöse Natur der -Protoplasmafortsätze gegeben hat, zählt auch seine Behauptung, dass dieselben in Gegenden dringen, die überhaupt: keine Nervenfasern enthalten. Als solche machte er neben der äußersten Rindenlage des großen Hirns, die, wie er sagt (Hauptwerk p. 25) in der Regel keine ‚Nervenfasern enthalte, vor Allem die Oberfläche der Fascia dentata Cornu Ammonis namhaft (l. ec. p. 26). Ich habe jedoch schon längst (Mikr. Anat.) nachgewiesen, dass an besagter Stelle im großen Hirn viele Nervenfasern vorkommen, und vor einigen Jahren auch für die Oberfläche der Fascia dentata dasselbe dargelegt (Würzb. Sitzungsber. 1887, 21. Mai und Anat. Anz. 1887, Nr. 15). c) Sehr wichtig für die Lösung dieser Frage wäre, wenn die An- gabe von Gousı, dass die Enden der Protoplasmafortsätze der Nerven- zellen einmal an die Gliazellen, und zweitens auch an Gefäße sich ansetzen, sich als richtig ergäbe (Hauptwerk p. 26). Mir selbst ist es bisher noch nicht gelungen, etwas Derartiges zu sehen, ich will jedoch einem so vorzüglichen Beobachter wie GoLsI gegenüber hierauf kein größeres Gewicht legen und auch bekennen, dass ich diesen Punkt weniger einlässlich geprüft habe, als viele andere. d) Beachtung verdient weiter, dass nirgends besondere Beziehungen der Protoplasmafortsätze zu anderen solchen Fortsätzen, noch auch zu den Endigungen von Collateralen und Nervenfasern und zu den Nerven- zellen wahrzunehmen sind. Wenn man bedenkt, wie innig solche Beziehungen zwischen den Endverästelungen der Nervenfasern und Gollateralen und den Nervenzellen sind, und wie leicht dieselben zur Beobachtung kommen, so erhalten doch wohl auch diese negativen Erfahrungen eine gewisse Bedeutung. e) Nicht ohne Belang erscheint mir, was Gap hervorhebt (Artikel Rückenmark. in: Realenceyklopädie d. ges. Heilkunde. 2. Aufl. Separat- Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 39 abdruck p. 13). Da jede Nervenfaser künstlich gereizt nach zwei Seiten leitet, so müssten die Protoplasmafortsätze der motorischen Zellen des Markes, wenn sie wirklich leiteten, bei Reizung der motorischen Wur- zeln, die Erregung weiter leiten. Da nun aber eine solche Leitung nicht statt hat, und keine Bewegungen vom Marke aus erfolgen, schließt Gun, dass die genannten Fortsätze nicht cellulifugal leiten, sondern nur cellulipetal. Ich schließe aus dem genannten Versuche, dass diese Fortsätze in keiner Richtung leiten, denn wenn sie überhaupt Lei- tungsorgane wären, so müssten sie dies nach beiden Richtungen thun, indem sie sonst physiologisch gar nicht verwerthbar wären. f) Endlich möchte ich noch betonen, dass auch bei der Annahme, dass die Protoplasmafortsätze einzig und allein der Ernährung dienen, die physiologischen Verhältnisse des Markes an der Hand der jetzt be- kannt gewordenen Thatsachen mit Leichtigkeit sich deuten lassen, wie das Folgende lehren wird. Als Gesammtergebnis der bisherigen Erörterungen würde sich somit Folgendes herausstellen. 1) Einwirkungen von centripetal leitenden Nervenfasern auf Ner- venzellen und centrifugal leitende Nervenfasern gestalten sich im ein- fachsten Falle so, dass die ersteren mit ihren Endigungen durch Kon- takt auf die Zellen einwirken und durch diese deren nervöse Fasern erregen. 2) In verwickelteren Fällen besteht die centripetale Leitung aus zwei oder mehr Gliedern und zwar a) aus einer centripetalen Nerven- faser, b) aus einer von den Enden dieser Faser erregten Zelle, die wieder auf die von ihr entspringende Nervenfaser in centripetaler Richtung einwirkt. Diese Faser kann dann centrifugal leitende Zellen beeinflussen oder es kann möglicherweise noch ein drittes centri- petal leitendes Glied sich einschieben oder noch mehrere solche. In derselben Weise kann auch die centrifugale Leitung sich vervielfachen und aus zwei, drei oder vielleicht noch mehr Gliedern sich aufbauen, von denen jedes aus einer Zelle und einer centrifugal leitenden Faser besteht. Verwickelter werden die Verhältnisse dadurch, dass 1) bei allen oder wenigstens der Mehrzahl der Glieder durch Collateralen Nebenwirkungen möglich sind und 2) dass eine und dieselbe Zelle auf mehrfachen Wegen in Erregung versetzt werden kann, wie z. B. die motorischen Zellen des Markes einerseits durch centripetal wirkende sensible Fasern und andererseits durch centrifugal leitende Pyramiden- fasern. Vergleicht man diese Hypothese mit der allgemein gültigen von dem Nervennetze, das alle Theile vereint und verknüpft, so ergiebt sich, 40 A. Kölliker, dass dieselbe den großen Vorzug hat, isolirte Wirkungen begreiflich zu machen und auf der anderen Seite doch auch die Möglichkeit ge- währt, eine große Ausbreitung lokaler Erregungen zu erklären. Zu einer speciellen Darlegung der Leistungen des Markes über- gehend bespreche ich 1) Die willkürlichen Bewegungen (Fig. 31). | Dieselben kommen zu Stande durch Einwirkung der Fasern der # Pyramidenbahnen auf die motorischen Zellen der Vorderhörner des Markes und ist der allgemeine Vorgang so zu deuten, dass die Fasern der Pyramiden-Vorderstrangbahn und der Pyramiden-Seitenstrang- bahn und ihre Collateralen successive in die graue Substanz der Vor- derhörner eintreten, mit ihren letzten Enden die motorischen Zellen umspinnen und durch Kontakt dieselben, d.h. die Zellenkörper und die von ihnen entspringenden motorischen Wurzelfasern erregen. Die Thatsachen, auf welchen diese Hypothese fußt, sind: a) Der Nachweis zahlreicher Vorderstrang- und Seitenstrang- Collateralen, die zu den Zellen aller Theile der Vorderhörner ver- laufen und dieselben umspinnen. b) Die Beobachtungen von longitudinalen Fasern der genannten Stränge, die in die graue Substanz der Vorderhörner einbiegen und in derselben in gleicher Weise enden. In Betreff der Art und Weise, wie man im Einzelnen die Vor- gänge sich zu denken habe, beschränke ich mich auf Folgendes: Ich nehme an, dass die motorischen Zellen, entsprechend den Metameren des Körpers, in Gruppen oder segmentalen Kernen angeordnet sind, von denen jeder zu bestimmten Muskeln in Beziehung steht. Zu jedem motorischen Kerne geht eine gewisse Anzahl von Pyramidenfasern, die in dem Kerne enden und auch in diesen Kern ihre Collateralen abgeben; doch wäre nicht ausgeschlossen, dass diese Fasern auch zu zweien oder mehr Kernen Collateralen entsendeten. So würden die Pyramidenbahnen von oben nach unten allmählich sich erschöpfen und im letzten motorischen Kerne enden. Die Schemata Fig. 31 A, B erläutern diese Vorgänge und ist in denselben ange- nommen, dass die Pyramidenvorderstrangbahnen in der vorderen Kom- missur sich kreuzen, was bekanntlich noch nicht als feststehend ange- sehen werden kann. Für den Fall, dass ein und derselbe Muskel von mehreren Nerven- kernen oder motorischen Wurzeln versorgt wird {s. die Untersuchungen von Starr 1888), könnte man annehmen, dass die betreffenden Pyra- midenfasern durch ihre Collateralen auf motorische Zellen mehrerer Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 41 Kerne einwirken, doch würde auch eine gleichzeitige Einwirkung vom Gehirn aus auf mehrere Pyramidenfasern nicht als unmöglich zu er- achten sein. Welche Funktion den feinen Ausläufern zuzuschreiben sei, welche die Achsencylinderfortsätze der motorischen Zellen nach Gorsı und zum Theil auch nach Ramon y CasaL abgeben, ist zweifelhaft; doch liegen hier vielleicht noch sehr wichtige Beziehungen im Dunkeln. Sollten diese Fortsätze, eben so wie diejenigen der Pyramidenzellen des Großhirns nach Fıecusıs, in feine dunkelrandige Nervenfasern über- gehen, die nicht in die motorischen Wurzeln übertreten, sondern in der grauen Substanz bleiben und da enden, so würden sich Möglich- keiten von einer solchen Tragweite eröffnen, dass ich ohne feststehende Thatsachen gar nicht auf dieselben einzugehen wage. Auf der anderen Seite ist es jedoch auch denkbar, dass diese Fortsätze in die moto- rischen Wurzeln eingehen, und dann wäre das Verhalten einfach als eine frühe Theilung motorischer Nervenfasern aufzufassen. | 2} Diebewussten Empfindungen. Dieselben kommen unzweifelhaft durch hintere Wurzelfasern zu Stande, welche in den Hintersträngen zur Medulla oblongata aufsteigen. Von einer Fortsetzung solcher Wurzelfasern zum Gehirn ist nichts be- kannt, vielmehr spricht der Umstand, dass Degenerationen der Hinter- stränge bei Durchschneidung hinterer Wurzeln oder Zerstörung der dorsalen Hälfte des Markes an der Medulla oblongata sich begrenzen, für die allgemein gültige Annahme, dass die sensiblen Fasern hier en- den. Das Wie ist bis anhin noch gänzlich unbekannt, denn wenn auch die Kerne der Faseiculi graciles und cuneati seit Drıters als solche End- stationen bezeichnet werden, so ist doch hiermit noch nicht viel gesagt. Was ich selbst bei Untersuchung dieser Verhältnisse bei Embryonen und Neugeborenen gefunden habe, soll in einer späteren Arbeit mit- getheilt werden. Nicht alle Fasern der sensiblen Wurzeln steigen zum Gehirn em- por und scheinen diese vorzugsweise in den lateralen Theilen der Hin- terstränge ihre Lage zu haben, wie pathologische Erfahrungen und Versuche mit Durchschneidungen lehren. Dieselben sind als kurzen Bahnen angehörig anzusehen, von denen noch weiter die Rede sein soll. Die Einzelheiten, welche Experimente und pathologische Erfah- rungen über die sensiblen Bahnen ergeben haben, alle zu erklären, ist vorläufig unmöglich und möchte ich hier nur Folgendes betonen. Sollte sich wirklich bestätigen, dass die graue Substanz allein Schmerz (und 42 A. Kölliker, Wärmegefühl) vermittelt, die Hinterstränge dagegen das Tastgefühl (und Kälteempfindung), so wäre dies vielleicht durch die Annahme zu erklären, dass im ersteren Falle sensible Collateralen Nervenzellen der Hinterhörner erregen und durch diese longitudinale Fasern der Vorder- seitenstränge. Die sehr eigenthümlichen Erfolge ferner halbseitiger Durchschneidungen des Markes auf die sensible Leitung, die Hyper- ästhesie der Haut, und Herabsetzung des Muskelsinnes auf der Seite des Schnittes, Anästhesie der Haut und normalen Muskelsinn auf der entgegengesetzten Seite ergeben haben (s. EninGer, 2. Aufl. p. 120), vermag ich vorläufig nicht zu deuten, immerhin lässt sich doch so viel aus denselben entnehmen, dass eine größere Zahl von Fasern, die dem Hautsinn dienen, sich kreuzen, indem ja auf der Seite des Schnittes die Haut überall empfindlich ist. Bei Wiederholung solcher Versuche werden die verschiedenen sensiblen Leistungen der Haut (Druck, Tem- peratursinn, Schmerz) genauer aus einander zu halten sein, als dies bisher geschehen ist. 3) Reflexe (Fig. 32, 33). Die einfachsten Reflexerscheinungen, bei denen sensible Fasern ‚motorische Zellen desselben Rückenmarkssegmentes in Thätigkeit ver- setzen [sogenannte kurze Reflexbögen) erklären sich, indem wir annehmen, dass die sensiblen Collateralen die in denselben Ebenen befindlichen motorischen Zellen, die sie mit ihren Enden umspinnen, durch Kontakt erregen. Diese Annahme würde die weitere Voraus- -setzung nach sich ziehen, dass eine und dieselbe motorische Nervenzelle von verschiedenen Nervenfaserenden umgeben wird, und erregt wer- den kann und zwar nach dem bis jetzt Dargelegten einmal von Endi- ‚gungen der Pyramidenfasern und zweitens von solchen der sensiblen Collateralen, eine Hypothese, die nach den oben dargelegten Thatsachen voll berechtigt erscheint. Zur Erklärung der Thatsache, dass bei kurzen Reflexbögen auch die entgegengesetzte Seite in Anspruch genommen wird, lässt sich die Kreuzung der Achsencylinderfortsätze vieler Zellen (der von mir sogenannten Strangzellen) aller Theile der grauen Substanz in der vor- deren Kommissur verwerthen (Fig. 33). Man hätte in diesem Falle an- zunehmen, I) dass diese Zellen durch Enden sensibler Collateralen ihrer Seite erregt werden und 2) dass die Collateralen, die die nervösen Fortsätze dieser Zellen auf der entgegengesetzten Seite des Markes theils direkt, theils nach ihrem Übergange in longitudinale Fasern der Vorder- und Vorderseitenstränge in die graue Substanz des Vorderhornes ab- geben, auf die hier liegenden motorischen Zellen einwirken. | Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Il. 43 Einfacher wäre die Erklärung der gekreuzten Wirkungbei Reflexen, wenn sich nachweisen ließe, dass sensible Collateralen durch die vor- dere oder hintere Kommissur oder beide zu den motorischen Zellen der anderen Seite gelangen. Es ist mir jedoch, wie ich oben schon darleste, bei der vorderen Kommissur, wo noch am ehesten gewisse Bilder für Kreuzungen sprechen, der Nachweis einer größeren Zahl solcher sich kreuzendersensibler Collateralen nicht gelungen und musste ich es selbst unentschieden lassen, ob auch nur eine geringe Zahl der- selben auf die andere Seite tritt und bei der hinteren Kommissur ist es noch seltener, dass einzelne Fasern nach dem Übertritt auf die andere Seite die Richtung nach vorn einschlagen. Eine wichtige Erscheinung, die bei den Reflexen zu Tage tritt, ist die Wirkung, die das große Gehirn auf das Zustandekommen derselben hat, indem durch dasselbe Reflexe entweder abgeschwächt oder ganz gehemmt oder unterdrückt werden können. Ähnlich wirkt das Gehirn auf automatische Bewegungen und wie wir unten sehen werden erre- gend oder hemmend auf unwillkürliche Muskulatur. Von meinem Stand- punkte aus würde ich eine Erklärung aller dieser Vorgänge durch die Annahme versuchen, dass die centrifugai wirkenden Pyramidenbahnen bei allen motorischen Zellen das Übergewicht vor den Erregungen be- sitzen, die durch sensible Bahnen in denselben hervorgerufen werden. Schwieriger als die Erklärung kurzer Reflexbögen ist diejenige ausgebreiteter Reflexe oder der sogenannten langen Reflex- bögen von meinem Standpunkte aus. Wenn man alle Protoplasmaaus- läufer der Zellen durch das ganze Rückenmark zusammenhängen lässt oder mit Goscı ein weitverbreitetes Netz der Endigungen sensibler Fasern und der feinen Ausläufer der Achsencylinderfortsätze der Zellen I. und II. Art annimmt, so ist es nicht schwer zu erklären, wie z.B. ‚die Reizung einer Zehenspitze beim decapitirten Frosche ausgebreitete Bewegungen aller vier Glieder, ja selbst eine Sprungbewegung zu ver- ‚anlassen im Stande ist. Bei meiner Auffassung dagegen, der zufolge die ‚Nervenzellen immer nur durch ganz wenige bestimmte Nervenfasern in Erregung versetzt werden und keine unmittelbaren Verbindungen der leitenden Elemente vorkommen, kann die Erklärung der ausgebrei- teten Reflexe nur durch die sogenannten kurzen Bahnen gegeben werden, von denen bisher anatomisch Sicheres nur äußerst wenig be- kannt war. Kurze Bahnen, d.h. solche, die nicht das ganze Rückenmark durchlaufen und nicht zum Gehirn emporsteigen, werden bekanntlich einmalaufGrund der Degenerationserscheinungen nach Durchschneidun- gen angenommen in den Vorderstranggrundbündeln, in den Seitenstrang- 44 A. Kölliker, resten und in den Hinterstranggrundbündeln. Als zweite beweisende Thatsache galt bisher der verschiedene Durchmesser gewisser Stränge des Rückenmarks in verschiedenen Höhen, doch war es vorläufig nicht möglich, denselben genau zu ermitteln und namentlich den Einfluss der durchtretenden, bald stärkeren bald schwächeren Wurzeln zu bestim- men. Nunmehr haben aber, so scheint es, neue Untersuchungen Gaurr's über diese Verhältnisse Licht verbreitet. Gauze! bestimmte an fünf Querschnitten verschiedener Gegenden des Markes des Frosches die Zahl der longitudinal verlaufenden Nervenfasern. Vergleicht man nun die- selbe mit den durch Bırsz bekannten Zahlen der motorischen (9404) und sensiblen (10702) Wurzelfasern, und berechnet man annähernd die Zahl der Fasern der langen Bahnen, d.h. der Pyramidenbahn, der Bahn der sensiblen Fasern, der Kleinhirnseitenstrangbahn und des antero- lateralen Stranges, so ergiebt sich, dass über dem ersten Halsnerven, wo GauLe im Ganzen 56 674 Fasern fand, ein großes Mehr von Strangfasern sich herausstellt, selbst wenn man auf jede motorische Wurzelfaser eine Strangfaser der Pyramidenbahn rechnet und alle sensiblen Wurzelfasern als zum Gehirn aufsteigende ansieht. Ja selbst wenn man den Um- ständen, die GauLr nicht bekannt waren, Rechnung trägt, 1) dass auch beim Frosche die sensiblen Wurzelfasern in einen aufsteigenden und einen absteigenden Schenkel sich spalten? und 2) dass die Collateralen der sensiblen und der übrigen Strangfasern nicht selten in der grauen Substanz longitudinal verlaufen, so bleibt doch ein großer Faserüber- schuss, der nur auf Rechnung kurzer Bahnen gesetzt werden kann. Ferner hat GauLe gefunden, dass die Zahl der longitudinalen Fasern am größten in der Halsanschwellung ist, nämlich am zweiten Halsnerven 74699; von da an sinkt dieselbe aufwärts und beträgt über dem ersten Halsnerven nur 56 674. Am vierten Nerven fand GauLz 41 825 Fasern, über dem sechsten wieder 61 058, und unter dem neunten nur noch 16 313 Markfasern. Aus allen diesen Zahlen folgt unwiderleglich nicht nur, dass im Marke lange nicht alle Fasern zum Gehirn empor- steigen, sondern auch dass die kurzen Bahnen in verschiedenen Gegen- den in verschiedener Zahl vorhanden sind. 1 Zahl und Vertheilung der markhaltigen Fasern im Froschrückenmark. in: Sächs. Ber. XV. Nr. IX. 1889, 2 0. SCHULTZE in: Würzb. Sitzungsber. 1890. 3 Es ist hier nicht der Ort, auf die Folgerungen, die GAULE aus Seinen ver- dienstvollen Zählungen zieht, einzugehen, da derselbe die Ergebnisse der neuesten anatomischen Untersuchungen über das Mark nicht gekannt oder nicht verwerthet hat, als er seine allgemeinen Sätze niederschrieb. Als Beispiel, wie ich die Zahlen von GAULE verwerthen zu müssen glaube, füge ich noch folgendes Einzelne bei: GAULE berechnet für die Gegend des zweiten Halsnerven auf beiden Seiten 74 699 Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 45 In Betreff der Art und Weise wie man sich die Anordnung der kurzen Bahnen zu denken habe, hat bereits Ramön y Casar ein Schema aufgestellt (IV, Fig. 7, 1), mit dem ich zum Theil einverstanden bin. Im Allgemeinen denke ich mir (Fig. 34), dass die kurzen Bahnen im Mark dazu dienen, um Erregungen einzelner sensibler Bahnen eine größere Ausbreitung zu verleihen, wie bei den zusammengesetzten Reflexbewegungen. Als Ausgangspunkt hätte man sich daher eine sensible Strangfaser mit ihren Collateralen zu denken. Ferner hätte man anzunehmen, dass dieselbe mit ihren vielen Enden auf jene Zellen einwirkt, die wir Zellen der Stränge genannt haben, die ihren Achsen- eylinderfortsatz in den Vorderstrang oder den Seitenstrang derselben oder der entgegengesetzten Seite senden und in aufsteigende oder auf- und absteigende Fasern dieser Stränge übergehen. Diese Fasern nun hätten durch ihre unmittelbaren Enden und durch ihre Collateralen auf näher oder entfernter liegende motorische Zellen einzuwirken und Bewegungen auszulösen. Solche longitudinale Reflexbahnen könnten kürzer oder länger vorkommen, so dass sie einmal Gegenden ver- knüpfen, die nur um zwei, drei oder vier Nerven aus einander liegen, ongitudinale Strangfasern. Von diesen sind, wenn wir für die 7834 motorischen Wurzelfasern des 2.—410. Nerven je Eine Leitungsfaser vom Gehirn her annehmen, einmal 7834 Pyramidenbahnfasern abzuziehen. Auf die sensiblen Wurzelfasern der neun unteren Nerven beider Seiten kämen, wenn wir annehmen, dass sie alle zum Gehirn emporsteigen, 10448 Fasern. Zu diesen wären dann noch zu rechnen die absteigenden Schenkel der 254 sensiblen Wurzelfasern des ersten Halsnerven, und 3421 Fasern der grauen Substanz, die GAuLE zu den longitudinalen Strang- fasern gezählt hat. Somit wären von 74699 Fasern am zweiten Halsnerven abzuziehen: a) 7834 Pyramidenfasern, b) 10448 sensible Wurzelfasern, c) 254 absteigende sensible Fasern des ersten Nerven, d) 3421 Längsfasern der grauen Substanz, In Summa 24 957 Fasern. Bleibt Rest: 52 742 Fasern, Dieser Rest könnte jedoch noch nicht als allein kurzen Bahnen angehörend an- gesehen werden, vielmehr wären von demselben, unter der Voraussetzung einer Übereinstimmung des Markes des Frosches mit dem der Säugethiere im Allgemei- nen, noch abzuziehen a) die Kleinhirnseitenstrangbahnen und die anterolaterale Bahn (Gower’s Strang), die ebenfalls als lange Bahn angesprochen wird. Da die ge- sammten Seitenstränge am zweiten Halsnerven nach GAuLE 36 592 Fasern führen, so wären somit, wenn von dieser Zahl statt der Pyramidenseitenstrangfasern allein alle 7834 Pyramidenfasern abgezogen würden, jedenfalls nicht mehr als 28 758 Fasern für die genannten beiden langen Bahnen zu rechnen und blieben immerhin 52 742—28758 = 23 984 Fasern für kurze Bahnen übrig. — | Ich brauche nicht besonders hervorzuheben, dass diese Zahlen im Einzelnen keine größere Gültigkeit beanspruchen, immerhin verdienen sie eine gewisse Be- achtung und stellen den Hauptsatz fest, dass kurze Bahnen im Mark vorkommen. 46 A, Kölliker, andere Male aber entferntere Regionen, wie z. B. die Hals- und Lenden- anschwellung. Möglicherweise könnten auch Bahnen, die wir als lange zu betrachten gewohnt sind, wie die Kleinhirnseitenstrangbahn, das antero-laterale Bündel, an solchen Vorgängen sich betheiligen, wenn die Annahme gemacht werden dürfte, dass ihre Fasern in der ganzen Länge ihres Verlaufes Collateralen an die motorischen Zellen abgeben. Sollten endlich die longitudinalen sensiblen Wurzelfasern selbst, wie es allen Anschein hat, in ihrer ganzen Länge Collateralen abgeben, so würde die Ausbreitung der Reflexe, die Einwirkung näherer oder ent- fernterer Theile des Markes auf einander am einfachsten durch diesel- ben sich erklären, und könnte man von den eingeschalteten Nerven- zellen absehen. k) Beziehungen der sensiblen Bahnen des Markes zum Gehirn. a) Verbindungen mit dem Cerebellum. Da die Fasern der Kleinhirnseitenstrangbahn unzweifelhaft von Zellen der grauen Substanz entspringen, und centripetal leiten, so sind nur Beziehungen derselben zu den sensiblen Wurzelfasern denkbar. Wo die genannten Fasern entspringen, ist noch nicht mit der nöthigen Sicherheit ermittelt. Seitdem ich jedoch vor langer Zeit schon (Ge- webelehre, 5. Aufl.) ein Bündel von Fasern beschrieben und abge- bildet habe, das aus den Crarke’schen Säulen in die Seitenstränge ein- tritt, ist es immer wahrscheinlicher geworden, dass dieses sogenannte »horizontale Kleinhirnbündel« in der That die Fasern führt, die zum kleinen Gehirn emporsteigen. Weiter habe ich ebenfalls schon seit Langem Fasern des medialen Abschnittes der hinteren Wurzeln be- schrieben (]. e.), welche in den Crarke’schen Säulen sich verlieren. In Betreff dieser Elemente haben nun die neuesten Untersuchungen von Ramön y Casar und mir gelehrt, dass diese scheinbaren Wurzelfasern sensible Collateralen sind, die in den Crarkr’schen Säulen enden (Fig. 14), und käme demnach die Leitung zum kleinen Hirn durch zwei Glieder zu Stande: 1) durch sensible Collateralen, und 2) durch die Zel- len der Crarke’schen Säulen, ihre nervösen Fortsätze, und die aus ihnen entstehenden Fasern der Kleinhirnseitenstrangbahn. Da die letzteren auch Collateralen in die graue Substanz abgeben, so könnte das ganze System auch bei den Reflexen als kürzere oder längere Bahn wirken, wie wir oben sahen. Zu betonen ist übrigens noch, dass es keineswegs als bewiesen angesehen werden kann, dass nur Fasern der Crarke’schen Säulen die Kleinhirnseitenstrangbahn bilden, und muss vorläufig die Frage offen. Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II, 47 bleiben, ob nicht auch andere Zellen der Hinterhörner an der Bildung derselben sich betheiligen. b) Verbindungen sensibler Markbahnen mit der Medulla oblongata. Wie wir schon früher sahen, geht ein Theil der sensiblen Wurzel- fasern auf derselben Seite direkt zur Medulla oblongata und endet wahrscheinlich in der grauen Substanz der zarten und Keilstränge, von denen aus dann die sich kreuzenden Bahnen der Schleife weiter zum Gehirn emporsteigen. Von anderen sensiblen Wurzelfasern haben vor einiger Zeit BECHTEREW, EDINGER und AUERBACH eine Kreuzung, d.h. ein Eindringen in den Vorderstrang und den Vorderseitenstrang der ande- ren Seite angenommen, welche Auffassung dann EpvingGer später, auf die neuesten Untersuchungen über den feineren Bau des Markes, und auf eigene vergleichend-anatomische Untersuchungen fußend und in Ver- werthung von Experimenten und pathologisch-anatomischen That- sachen, dahin abänderte !, dass er annahm, diese sensiblen Wurzelfasern setzten sich in den Hinterhörnern mit Zellen in Verbindung, und von diesen erst entsprängen sensible Leitungsfasern, die zumeist in der vorderen Kommissur sich kreuzen und dann in den Vorder- und Vorderseitensträngen zum Gehirn emporsteigen. Nehmen wir diese Hypothese als berechtigt an, so hätten wir in Anbetracht der Erfah- rungen von GoL6I, Ramön y CayaL und mir zu sagen, dass ein Theil der sensiblen Collateralen und wahrscheinlich auch in die graue Substanz umbiegende Enden von longitudinalen sensiblen Wurzelfasern mit einem Theile der Strangzellen (siehe oben) der grauen Substanz in der Weise sich verbinden, wie wir dies als allgemeine Regel ange- nommen haben und so durch Kontakt auf dieselben einwirken. Durch die nervösen Fortsätze dieser Zellen würde dann die Erregung in der vorderen Kommissur auf die andere Seite übergeführt und durch deren Fortsetzungen in Längsfasern der Vorderstränge und der Vorderseiten- stränge weiter aufwärts geleitet. EpInGER nimmt nun an, dass diese gekreuzten Bahnen, die ich »indirekt sensible« oder sensible II. Ord- nung nennen will, eben so wie die sensiblen Bahnen I. Ordnung, die erst in der Schleife sich kreuzen, in die Schleife sich fortsetzen, so dass demnach alle sensiblen Bahnen der Spinalnerven, mit Ausnahme der Kleinhirnseitenstrangbahn schließlich gekreuzt dem Mittelhirn zustre- ben würden. (Ich bemerke hier, dass Evınger wohl mit Recht auch bei den sensiblen Hirnnerven solche gekreuzten Bahnen annimmt.) Ich finde jedoch, dass die vorliegenden Thatsachen für einmal einen solchen 1 Einiges vom Verlaufe der Gefühlsbahnen im centralen Nervensystem. in: Deutsche med, Wochenschrift. 1890. Nr. 20. 48 A. Kölliker, Schluss nicht erlauben, und dass gerade die von Epınger angeführten Versuche AvzrsacnH's, der nach Zerstörung der Hinterstränge, Hinter- hörner und der hinteren Theile des Seitenstranges eine nach oben immer mehr abnehmende Degeneration der Fasern der Vorderseiten- stränge der anderen Seite fand, dafür sprechen, dass die ge- kreuzte sensible Bahn II. Ordnung viele kurze Bahnen enthält. Die Beobachtung von Rossorymo, die EnInGEer zu Gunsten seiner Annahme anführt, erklärt sich einfach, wenn man annimmt, dass in diesem Falle die gliomatöse Entartung der Hinterhörner auch viele hintere Wurzelfasern direkt getroffen hatte. 5) Beziehungen von Vorderstrang- und Seitenstrang- bahnen zu den Kreuzungen in der vorderen Kommissur. In der vorderen Kommissur kreuzen sich auch nervöse Fortsätze von Zellen des Vorderhorns, von welchen Zellen kaum angenommen werden kann, dass sie alle unter dem Einflusse sensibler Fasern stehen. Es würde sich, wenn dem so wäre, die Frage erheben, ob nicht auch ge- wisse Bahnen der Vorderstränge und Seitenstränge durch Collateralen und direkt auf Strangzellen und durch die vordere Kommissur auf Fasern der anderen Seite einwirken. Hierbei wäre vor Allem an kurze Bahnen der genannten Stränge und an den aufsteigend degenerirenden antero-lateralen Strang zu denken. 6) Beziehungen des Markes zu den unwillkürlichen Bewegungen. Es erübrigt noch das schwierige Gebiet dieser Bewegungen zu betreten und die Frage aufzuwerfen, welche Elemente des Rücken- markes zu denselben in Beziehung stehen. Die Bewegungserscheinungen, um die es sich hier handelt, sind wesentlich folgende: | a) Der Tonus oder die andauernden Zusammenziehun- gen, die namentlich bei den Gefäßmuskeln, aber auch bei anderen glatten Muskeln, wie z. B. den Sphincteren der Blase und des Mast- darmes, vorkommen. b) Die Zusammenziehungen unwillkürlicher Muskeln, welche zum Theil reflektorisch, nach vorheriger Reizung sensibler Fasern, zum Theil durch Einflüsse vom Gehirn aus eintreten (Gefäßver- engerung, Beschleunigung der Herzaktion, Peristaltik, Harnentleerung, Defäkation, Uteruskontraktion etc.). c) Der Nachlass solcher Muskeln in der Zusammen- Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. Il. 49 ziehung oder die gänzliche Erschlaffung derselben, die durch den Einfluss gewisser Nerven, sogenannterHemmungsnerven, eintritt (Erweiterung von Gefäßen, Stillstand des Herzens in Diastole, Vermeh- rung von Sekretionen, Stillstand der Athembewegungen, der Peristaltik, Nachlass der Sphincteren). d) Autochthone Bewegungen (Gap), wie sie bei den Athem- bewegungen sich finden. Die Nervenfasern, die bei diesen Vorgängen betheiligt sind, ver- laufen theils in den Spinalnerven, aus welchen sie zum Theil in den Sympathicus übertreten, theils in gewissen Hirnnerven, wie im Vagus. Von den Spinalnerven enthalten nach den Unter- suchungen von GaskeLt beim Hunde der zweite N. thoracicus bis und mit dem zweiten N. lumbaris und dann wieder der zweite und dritte Sacralis solche Fasern und ergeben sich dieselben als Bündel feiner markhaltiger Elemente der vorderen Wurzeln, die in den anderen vor- deren Wurzeln fehlen. Geht man dem Ursprunge dieser feinen Fasern, die auch beim Menschen nachgewiesen sind, im Marke nach, so gelangt man, wie oben schon gezeigt wurde, zur Überzeugung, dass dieselben wesent- lich von den kleineren Zellen abstammen, die auch in den Vorder- hörnern, besonders in der medialen vorderen Zone derselben und in der Grenzgegend gegen das hintere Horn in bedeutender Menge vor- handen sind. Ob auch Zellen der Hinterhörner, vor Allem der CLArkE- schen Säulen, wie GaskELL annimmt, an der Bildung dieser feinen Ele- mente der vorderen Wurzeln sich betheiligen, ist vorläufig nicht mit Bestimmtheit zu sagen, immerhin muss betont werden, dass weder Goı6eI, noch Ramon v Cayar und ich selbst bis anhin solche zu beob- achten im Stande waren. Dagegen glaube ich vorläufig dafür mich aussprechen zu dürfen, dass keine unwillkürliche Bewegungen ver- mittelnde Fasern durch die hinteren Wurzeln aus dem Rückenmark austreten, wie dies für die im Ischiadicus der Säuger vorhandenen vaso-dilatirenden Fasern behauptet worden ist (s. Herman, Handb. d. Phys. IV), da, wie wir oben sahen, die unmittelbare Beobachtung lehrt, dass die hinteren Wurzeln bei Säugern keine Elemente enthalten, die im Mark entspringen. Man sehe übrigens das oben auf p. 16 Ange- führte. Dem Gesagten zufolge würden somit gewisse motorische Zellen der Vorderhörner die glatte unwillkürliche Muskulatur beeinflussen und frägt sich nun weiter, ob diese Zellen durch das ganze Rücken- mark hindurch dieselbe Verrichtung haben, wie die motorischen Zellen der willkürlichen Muskeln, abgesehen von den Verschiedenheiten, die die Organe bedingen, zu denen die betreffenden Fasern gehen, oder Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. [A 50 A. Kölliker, ob hier gewisse wesentliche Unterschiede sich finden. Vor Allem wird es sich darum handeln zu bestimmen, ob besondere Zellen und Fasern da sind, die Kontraktionen bedingen und andere, die dieselben hemmen oder Erschlaffungen bewirken, und da möchte ich glauben, dass in An- betracht dessen, was über die Herznerven bekannt ist (man vgl. bes. die Arbeiten von GaskeLt), nicht wohl bezweifelt werden kann, dass dem wirklich so ist. Diese unwillkürlich motorischen Zellen nun werden im Rticken- marke, eben so wie die anderen, auf reflektorischem Wege durch sen- sible Wurzelfasern und ihre Enden erregt werden können und die Er- regung so oder so beantworten. Und da die unwillkürliche Muskulatur auch vom Gehirn aus nach beiden Seiten hemmend und erregend be- einflusst werden kann (Einfluss auf das Herz, die Gefäße, die Schweiß- sekretion, die Blase, die Geschlechtssphäre ete.), wird ferner anzu- nehmen sein, dass die unwillkürlich motorischen Zellen auch durch lange, das ganze Mark durchlaufende Bahnen in Thätigkeit versetzt werden können. Solche Bahnen könnten als bis jetzt noch unbekannte, in den Vordersträngen oder Vorderseitensträngen liegen. Doch wäre es denkbar, dass auch die Pyramidenbahnen in gewissen Fällen eine Rolle spielten, wie vor Allem bei den Athembewegungen, die theils willkür- lich, theils autochthon auftreten. Mit diesen Bemerkungen schließe ich diese Skizze, von deren Mängeln ich mir wohl bewusst bin, und bitte ich, dieselbe für nicht mehr zu nehmen, als sie gegeben wird, nämlich als einen Versuch, die neuen anatomischen Thatsachen physiologisch zu verwerthen. Der Grundgedanke derselben ist, dass die Nervenfasern nur durch Kontakt auf die Zellen wirken und dass die letzteren einzig und allein durch ihre nervösen Fortsätze Nervenfaseren beeinflussen, während ihre anderen Ausläufer (die Dendriten Hıs) an den nervösen Vorgängen selbst keinen Antheil nehmen. Mendelhötel, im August 1890. Zusatz: Ich bemerke nachträglich, dass Gorsı vor Kurzem im Ana- tomischen Anzeiger 1890 seine oben erwähnten früheren Mittheilungen in deutscher Übersetzung veröffentlicht und denselben eine Reihe physiologischer Betrachtungen beigegeben hat. Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II. 51 Erklärung der Abbildungen. In allen Figuren bedeuten nachstehende Buchstaben dasselbe: s, sensible Wurzelfasern; 5’, Tbeilungsäste derselben; c, Collateralen der longitudinalen Strangfasern ; vc, Vorderstrangcollateralen; | sc, Seitenstrangcollateralen ; hc, Hinterstrangcollateralen; l. longitudinale Strangfasern ; cc, Stränge der Collateralen der Hinterstränge; el, Umbiegungen und Endigungen longitudinaler Strangfasern in der grauen Substanz; n, nervöse oder Achsencylinderfortsätze; nl, Umbiegungen derselben in longitudinale Strangfasern ; h, Hinterstrang; v, Vorderstrang; s, Seitenstrang; ec, Endbüschel der Collateralen;; g, Substantia gelatinosa; heg, Endigungen der Hinterstrangcollateralen in der Substantia gela- tinosa; hev, Endigungen derselben im Vorderhorn: cl, CLARKE’Sche Säulen ; ca, Commissura anterior; cp, Commissura posterior. Tafel I. Fig. 4. Theilungen der sensiblen Wurzelfasern aus dem Halsmark eines Schaf- embryo von 22 cm. Syst. 3, Oc. II, langer Tubus eines Leitz. Fig. 2. Dasselbe aus dem Lendenmark eines Rindsembryo von 20 cm, Vergr. wie bei Fig. A. Fig. 3. Dasselbe aus dem Lendenmark eines menschlichen Embryo von 6 Mo- naten. Fig. 3A. Eintrittsstelle einer sensiblen Wurzel, Hinterstränge und Substantia gelatinosa der Halsanschwellung eines Rindsembryo von 20 cm im Querschnitt. Vergr, Syst. 7, Oc. I, kurzer Tubus eines Leırz um 1/, verkleinert. Fig. 4. Eine Anzahl Wurzelfasern der Fig. 3 vom Menschen stärker vergrößert. .Fig. 5. Collateralen der Hinterstrangfasern eines neugeborenen Kaninchens. Syst. 7, Oc. I, kurzer Tubus eines Leitz, Fig. 6. Seitenstrangfasern eines neugeborenen Kaninchens. c, Collateralen der- selben; el, Umbiegungen und Endigungen longitudinaler Strangfasern in der grauen Substanz; n, nervöser Fortsatz einer Zelle, der in eine longitudinale Strangfaser umbiegt. Syst. 5, Oc. III, kleiner Tubus eines Leırz um /, verkleinert. 4% 59 A. Kölliker, Tafel II. Fig. 7. Aus dem Hinterstrang eines Schweinsembryo von 47 cm. Eine longi- tudinale Faser mit zwei Collateralen. Eine Umbiegung und Endigung einer longi- tudinalen Strangfaser in der grauen Substanz. Syst. 7, Oc. I, kurzer Tubus eines Leitz. Fig. 8. Collaleralen der Seitenstränge eines menschlichen Embryo von 6 Mo- naten, Fig. 9. Sagittalschnitt durch die Vorder- und Hinterstränge und die graue Substanz nicht weit vom Centralkanal des Dorsalmarkes eines neugeborenen Kanin- chens. Syst. 3, Oc. III eines Leırz. Die Endbüschel der Hinterstrangcollateralen liegen in den CLArke’schen Säulen. Fig. 40. Gewirr der Collateralen in der grauen Substanz, zum Theil mit Endi- gungen a vom neugeborenen Kaninchen. Syst. 7, Oc. I, kurzer Tubus eines Leitz. Fig. 41. Aus dem Hinterstrange in die graue Substanz eintretende Collateralen mit Endigungen bei c vom neugeborenen Kaninchen. Vergr. wie vorhin. Fig. 12. Halsmark eines neugeborenen Kaninchens mit einigen naturgetreu ein- gezeichneten Collateralen aller Stränge. Fig. 43. Querschnitt des oberen Halsmarkes einer neugeborenen Katze mit den Collateralen aller Stränge in der grauen Substanz. hcg, Endigungen der Hinter- strangcollateralen in der Substantia gelatinosa; hcv, Endigungen derselben im Vor- derhorn. Syst. 3, Oc. Ill eines Leırz um die Hälfte verkleinert. Tafel III. Fig. A4. Querschnitt des Dorsalmarkes einer neugeborenen Katze mit den Endi- gungen gewisser Hinterstrangscollateralen in den CrArke’schen Säulen cl. Vergr. wie vorhin. Fig. 15. Halsmark des neugeborenen Kaninchens mit den Collateralen aller- Stränge. a, oberflächliche Collateralen der Substantia gelatinosa; ?, Theilungen und Endigungen solcher in der Mitte dieser Substanz; g, Plexus der Collateralen in der Grenzgegend der Substantia gelatinosa und spongiosa. Syst. 4, Oc. I, langer Tubus eines großen HartnAacKk. Fig. 46. Halsanschwellung einer neugeborenen Katze mit den Collateralen aller Stränge und beiden Kommissuren.- Bei Syst. 3, Oc. III eines Leırz gezeichnet und um die Hälfte verkleinert. Fig. 47. Unteres Halsmark der neugeborenen Katze mit den Hinterstrangcolla- teralen, die in zwei Hauptzügen in die Vordersäulen eindringen. Vergr, wie vor- hin, um die Hälfte verkleinert. Fig. 48. Lendenmark eines 5 Monate alten menschlichen Embryo mit den Col- lateralen der grauen Substanz. Die radiären Fasern an der Oberfläche sind Glia- fasern. Syst. 2, Oc. Ill, kleiner Tubus eines großen HARTNAcK, Tafel IV. Fig. 49. Lendenmark eines menschlichen Embryo von 6 Monaten mit den Col- lateralen der grauen Substanz und einigen Nervenzellen, deren nervöse Fortsätze nicht dargestellt sind. Commissura alba sehr schön. An der Peripherie Gliafasern. Fig. 20. Halsmark desselben Embryo. Die Vorder- und Hinterstränge zeigen Felder, in denen das Silber nicht gewirkt hat und die wahrscheinlich markhaltige Fasern (Vorderstrang- und Hinterstranggrundbündel) enthielten. Ausstrahlungen Zur feineren Anatomie des centralen Nervensystems. II, 53 der Hinterstrangcollateralen in das Vorderhorn sehr schön. Veregr. bei Fig. 49 und 20, wie bei Fig. 48. A Fig. 241. Nervenzelle des Vorderhorns aus dem Lendenmark eines Rinds- embryo von 20 cm mit einem nervösen Hauptfortsatze n, der bei n’ abgebrochen endet und wahrscheinlich in eine Längsfaser des Vorderseitenstranges überging, Derselbe Fortsatz giebt zwei stark verästelte Seitenäste ab, Fig. 22. Ähnliche Zelle des Vorderhorns der Halsanschwellung eines Rinds- embryo von 20 cm. n, nervöser Hauptfortsatz; n’, Ende desselben, das wahrschein- lich in eine Vorderseitenstrangfaser überging; n”, zwei Nebenfortsätze, von denen der eine reiche Verästelungen zeigt. Fig. 33. Ebensolche Zelle aus dem Vorderhorn des Lendenmarks eines Rinds- embryo von 20 cm. n, nervöser Hauptfortsatz, der bei n’ in eine longitudinale Faser des Vorderstranges übergeht. Der daneben befindliche Endast ging vielleicht auch in eine solche Faser über, doch war dies nicht ganz sicher festzustellen. Viele ver- zweigte Nebenäste n”. Fig. 24. Ebensolche Zelle aus der Grenzgegend beider Hörner vom Lendenmark eines Schafsembryo von 22 cm. n, n’, wie vorhin Fig, 21—34 bei Syst. 3, Oc. III, langem Tubus eines Leitz gezeichnet und um die Hälfte verkleinert. Fig. 25. Nervenzelle aus den Hinterhörnern eines Schweinsembryo von 47 cm mit reich verästeltem nervösen Fortsatze. Starke Vergrößerung. Tafel V. Fig. 26. Eine ebensolche Zelle von demselben Orte. Fig. 27. Querschnitt des Lendenmarks eines Rindsembryo von 60 cm zur De- monstration derCollateralen der Substantia gelatinosa g und ihrer Endbüschel. Die weiße Substanz ist nicht ausgeführt. Syst. 2, Oc. I eines großen Harrtnack. Fig. 28. Gliazellen aus dem Mark eines Schafsembryo von 9 cm. Syst. 3, Oc. III, kurzer Tubus eines Leitz. Fig. 29. Dorsale Hälfte eines Querschnittes durch das Rückenmark eines Schweinsembryo von 47 cm mit einer gewissen Zahl von Nervenzellen der Hinter- hörner, die nach verschiedenen Präparaten naturgetreunachFormundLage in Einen Querschnitt eingezeichnet wurden. a, Zelle mit mäßig verästeltem nervösen Fortsatze von der Oberfläche der Substantia gelatinosa; bundc, Zellen aus dem hinteren Theile der Substantia spongiosa oder dem eigentlichen Hinterhorne neben der ventralen Spitze der Hinter- stränge mit sehr reich verzweigtem nervösen Fortsatze; d, Zelle aus dem ventralen Theile der Substantia gelatinosa mit mäßig verzweigtem nervösen Fortsatze; e, Zelle aus dem lateralen Theile der Substantia spongiosa mit verzweig- iem nervösen Fortsatze; f, Zelle aus dem mittleren Theile der Substantia gelatinosa mit kurzem nervösen Fortsatze, dessen Ende nicht zu bestimmen war. Außerdem sind zwei sensible Wurzelfasern mit ihren Theilungsästen und je einer Collateralen dargestellt. : Fig. 30. Rückenmark eines Rindsembryo von 20 cm mit naturgetreu nach Lage und Form von verschiedenen Stellen eingezeichneten Zellen und Fasern. 1, Zelle des Vorderhorns aus der Halsanschwellung mit einfachem gegen 54 A. Kölliker, Zur feineren Anatomie ges centralen Nervensystems. Il. den Vorderseitenstrang gerichteten nervösen Fortsatze, der wahr- scheinlich in eine longitudinale Faser desselben überging; 2, ebensolche Zelle aus dem Lendenmark, deren nervöser unverästelter Fortsatz in den oberflächlichsten Theilen des Seitenstranges in zwei longitudinale Fasern sich fortsetzte; 3, Zelle des Vorderhorns, deren unverästelter nervöser Fortsatz sich wahrscheinlich in eine vordere Wurzelfaser fortsetzte; ‚ ebensolche Zelle, deren nervöser Fortsatz durch die vordere Kommis- sur auf die andere Seite ging; ‚Zelle aus dem ventralsten Theile der Substantia gelatinosa, deren ner- vöser, nach vorn abgehender Fortsatz nur kurz verfolgbar war; nervöser Fortsatz von einer nicht sichtbaren Zelle abstammend, mit einem verästelten Seitenaste, in eine Längsfaser / des Seitenstranges übergehend; ‚ ebensolcher, der vielleicht in zwei Longitudinalfasern ! übergeht; ‚aus der Commissura anterior von der anderen Seite stammender ner- vöser Fortsatz mit Seitenästen, der in eine Längsfaser des Seitenstranges sich fortsetzt; ebensolcher nervöser Fortsatz mit Seitenästen, der wahrscheinlich in eine Längsfaser des Vorderseitenstranges überging; 10, ebensolcher, der wahrscheinlich in mehrere Längsfasern des Vorder- seitenstranges überging. Vergrößerung wie bei den Fig. 21—24. ES = fen) ? N S ) Tafel VI. Fig. 31. Schema der Leitungen bei den willkürlichen Bewegungen. A, Längs- ansicht; B, Querschnitt; pv, Pyramidenvorderstrangbahn; ps, Pyramidenseiten- strangbahn, beide mit den zu den motorischen Zellen m abtretenden Fasern (Strangfasern selbst und Collateralen) ; mw, motorische Wurzeln. Fig. 32. Schema der bei den Reflexen betheiligten Elemente, s, sensible Wur- zelfaser ; sg, Spinalganglienzelle; sth, Theilung der sensiblen Wurzelfaser; sa, auf- steigender, sa’,absteigender Ast derselben; sc, sensible Collateralen ; m, motorische Zelle; mw, motorische Wurzel, Fig. 33. Schema der Kreuzungen von Strangfasern in der vorderen Kommissur und der sensiblen auf die Strangzellen einwirkenden Fasern. sz, Strangzellen; sf, Seitenstrangfaser, vf, Vorderstrangfaser; vsf, Vorderseitenstrangfaser; sw, sen- sible Wurzelfaser; sth, Theilung derselben; sc, sensible Collateralen. Fig. 34. Schema der kurzen Bahnen. sw, sc, vsf wie vorhin; c, Collateralen von vsf; m, motorische Zellen und Wurzeln. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. Von Ernst Weinland aus Hohen-Wittlingen (Württemberg). (Aus dem zoologischen Institut der Universität in Berlin.) Mit Tafel VII—XI und 2 Holzschnitten, I. Einleitung. Wenn wir die Schwinger der Dipteren mit Rücksicht auf ihre Ent- wicklung betrachten, so dürfen wir, seitdem Weısmann (Litteraturverz. 35—37) u. A. die Imaginalscheiben, aus welchen die Schwinger her- vorgehen, beschrieben und ihre Gleichwerthigkeit mit den Flügelan- lagen nachgewiesen hat, nicht mehr daran zweifeln, dass dieselben als umgestaltete Hinterflügel aufzufassen sind. Es bleibt aber noch die Frage offen, ob diese Umgestaltung nur als eine Rückbildung zu be- trachten sei, bei welcher an die Stelle der früheren Thätigkeit gar keine mehr tritt, oder ob der Hinterflügel auch in der veränderten Gestalt eines Schwingers eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen hat, ob also der Schwinger nicht vielmehr als vortheilbringende Umbildung des Hinter- flügels anzusehen sei. In diesem Punkte gehen die Ansichten weit aus einander, wie wir an der hier folgenden Inhaltszusammenstellung der wichtigeren mir zu Gesicht gekommenen Arbeiten sehen können. Der Erste, der die Schwinger der Fliegen bespricht, ist Dernuan (%) in seiner physischen Theologie aus den Jahren 1714—1712. Nach ihm finden sich bei allen zweiflügeligen Insekten unter dem hinteren Theil des Flügels Gewichte, die als Hilfsflügel aufzufassen sind, an den Körper angehängt; dieselben haben meist die Gestalt kleiner Flügelchen, sitzen am Ende eines kurzen Stieles und sind willkürlich nach allen Seiten beweglich; bald sind sie unbedeckt, bald, wie bei den Fleischfliegen, durch eine zarte Hülle, unter der sie sich bewegen, bedeckt; schneidet man eines dieser Gewichte ab, so kommt das Thier aus dem Gleich- gewicht und kann nicht lange fliegen, ohne zu Boden zu fallen; schneidet 56 Ernst Weinland, man die beiden Gewichte ab, so fliegt die Fliege schief und saumselig, und es ist deutlich zu sehen, dass ihr etwas Wesentliches fehlt. Die Gewichte dienen dazu den Körper während des Fluges im Gleichge- wicht zu halten und am Schwanken zu verhindern; die Fliegen ge- brauchen sie wie die Seiltänzer ihre langen, an den Enden mit Blei beschwerten Balancierstangen. Im Jahre 176% folgte die bekannte Arbeit von v. GLEicHEn (7) über die Stubenfliege. Er unterscheidet am Schwinger den mit Haaren be- setzten Fuß, der nahe am Leibe am dicksten, unbiegsam und oben mit vielen Nerven umwickelt ist; den Stiel, der bei den Schnaken länger ist als bei den Stuben- und Fleischfliegen, und endlich den Kopf, der aus bloßer Haut zu bestehen scheint, von einer Einfassung aus einer etwas festeren Materie umgeben ist und dadurch in zwei gleich große Halbkugeln getheilt wird; der Kopf ist während des Lebens mit Luft gefüllt und schrumpft bei der todten Fliege zusammen. Verlust der Schwinger hat zur Folge: 1) Verringerung des Fluggeräusches, 2) Flug- unfähigkeit; operirte Fliegen lebten noch bis zu 24 Stunden. — Die Funktion des Schwingers ist eine doppelte: 1) erzeugt er dadurch, dass er als Hammer an die Schallbläschen (Schüppchen) anschlägt, das Ge- räusch, welches man beim Fliegen hört, 2) erhält er der Fliege im währenden Fluge das Gleichgewicht. Im Jahre 1802 veröffentlichte ScueLver (33) Beobachtungen, die er an Musciden und Tipuliden angestellt hatte; aus denselben leitete er Verschiedenes ab, und zwar ist seine Ansicht bei den Musciden die folgende: der sich sehr schnell bewegende Schwinger und die Schüpp- chen, deren oberes sich bewegt, während das untere feststeht, sind zum Fliegen unentbehrlich ; fehlt nur ein Schwinger, so fliegt das Thier in kleinen Sätzen, das Gleichgewicht bleibt also erhalten und die Schwinger dürfen nicht mit Balancierstäben verglichen werden; die Schwinger tragen zum Gesumme nichts bei, die Schüppchen dagegen sind dazu nothwendig, wie auch zum Fliegen. Das Gesumme entsteht vielleicht dadurch, dass das obere Schüppchen an das untere anschlägt (wie bei einer Trommel), oder (wahrscheinlicher) dadurch, dass aus einer bei den Schüppchen liegenden Öffnung die Luft durch die in be- stimmter Art gegen einander bewegten Schüppchen hervorgepresst wird. Wie das Schüppchen zum Fliegen unentbehrlich sei, scheint ScHELVEr Schwer erklärlich. Bei den Tipuliden besteht das kolbige Ende des Schwingers aus Blättchen, welche sich öffnen und schließen; der Schwinger ist bei ihnen nicht nur zum Fliegen, sondern auch damit das Thier den Körper auf den Beinen tragen könne (beim Sitzen und Gehen) unentbehrlich. Die Schwinger sind vielleicht Über-die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 57 Luftbehälter. Bei Tipula findet sich kein Schüppchen, aber dafür an der Flügelwurzel ein Anhang. In den Jahren 1821—1822 erschienen von Larazızız (19) einige Untersuchungen über die Schwinger. Er ist der Ansicht, dass die Schwinger beim Fluge zwar als Balancierstangen gebraucht werden, dass sie aber auch sonst verwendet werden; den Hinterflügeln der an- deren Insekten entsprechen sie nach ihm nicht, denselben sollen viel- mehr die Schüppchen gleichwerthig sein, während die Schwinger als Abdominalanhänge aufzufassen seien. Der Schwinger ist nach LATREiLLeE anzusehen als eine leicht bewegliche Blase, die einem Stigma sehr nahe liegt; dieselbe kann in Folge dessen mehr oder weniger Luft aufnehmen und als Luftbehälter dienen. Kurz nach Larkeitıe im Jahre 1823 spricht CuArier (2) die Ansicht aus, der Schwinger sei der eine Theil eines rudimentären Hinterflügels, dessen anderer Theil sich zum Schüppchen entwickelt habe. Die Be- wegung des Schwingers ist nach ihm von der des Flügels bis zu einem gewissen Grade unabhängig. Der mit Muskeln versehene Schwinger dient vielleicht zur Erleichterung der Respiration im Thorax, vielleicht auch zur Erzeugung einer recht beträchtlichen Centrifugalkraft. Im Jahre 1828 schrieb Rosıneau-Desvomy (32) Einiges über die Thätigkeit der Schwinger. Er erfuhr nämlich durch die Kinder in den Dörfern der Dauphine, dass eine Fliege ohne Schwinger nicht mehr fliegen kann, und seine in Foige dessen angestellten Versuche bestä- tigten ihm das Gehörte. Die Arbeiten früherer Beobachter waren ihm offenbar unbekannt. Er erzählt, dass die operirten Thiere bei Flugver- suchen häufig auf den Rücken fallen, und dass sie mit den Hinterbeinen an der Stelle, wo die Schwinger hingehören, herumtasten. Thiere, denen nur ein Schwinger fehlt, fliegen schlecht, und man merkt leicht, dass sie das Mittel zur Erhaltung des Gleichgewichts verloren haben. Entfernung des Schüppchens, auch Durchbohrung des Hinterleibes hindert das Fliegen nicht. Das Gesumme beim Fliegen bleibt nach der Operation bestehen, doch wird das Thier furchtsam und wagt sich nicht mehr in die Luft. Im Jahre 1843 machte Gourzau (9) Versuche über die Schwinger bei verschiedenen Fliegenarten, besonders bei Musciden, Syrphiden, Tabaniden, Leptiden, Stratiomyden. Er findet (bei einer frisch ge- tödteten Leptis), dass Bewegung des Flügels von oben nach unten eine gleichartige Bewegung des Schwingers hervorruft, doch besteht außer dieser, der Flügelbewegung entsprechenden, auch eine selb- ständige, vom Flügel unabhängige Bewegung des Schwingers. Das Köpfchen ist auch nach ihm mit Luft gefüllt und schrumpft gleich nach 58 Ernst Weinland, dem Tode zusammen; fehlt ein Schwinger, so wird der Flug schlecht, und das Thier lebt höchstens noch 24 Stunden (in einer Schachtel auf- bewahrt!), fehlen beide Schwinger, so hört das Fliegen ganz auf, die Thiere fallen beim Versuch zu fliegen auf den Rücken, lassen sich greifen und fliehen nicht; manchmal drehen sie sich beim Fallen um sich selbst, sie sterben nach 7—8 Stunden. Wird das Endkölbchen zerquetscht, so fällt das Thier meistens (Eristalis, Musca). GoUuREAU meint, der Tod sei eine Folge der Verletzung der Trachee, welche in den Schwinger führt und als Lunge thätig ist. Versuche mit Exempla- ren von Bombus ete., bei welchen die Hinterflügel abgeschnitten wur- den, ergaben das Nämliche, wie die bei den Schwingern der Fliege angestellten, und Gourzsu glaubt desshalb trotz LATrEILLE in den Schwingern die Hinterflügel der Dipteren wiederfinden zu müssen. In den Jahren 1856—1857 arbeitete Braxron Hıexs (13 und 14) über die Schwinger, und er war der Erste, der ein Sinnesorgan an der Basis derselben beschreibt. Er untersuchte Tipula, Rhingia, Taba- nus, Musceiden, Hippobosca ete. Das Sinnesorgan, dessen Chitin- theile allein er untersuchte, und dessen Zusammenhang mit dem vom Thoraxganglion zum Schwinger führenden starken Nervenstrang zweifelhaft blieb, besteht nach ihm aus drei großen Platten, welche in Reihen gestellte Bläschen enthalten. Zwei dieser Platten auf beiden Seiten des Schwingers liegend, sind gleichartige, die Bläschen sind bei denselben in Querreihen, bei Tipula in der Quincunx angeordnet, in den Zwischenreihen stehen Härchen, welche paarweise je ein Bläschen überdecken. Die dritte Platte, in der die Reihen parallel zur Schwin- gerachse laufen, findet sich nur auf einer Seite, bei ihr sind die Bläs- chen mehr von einander abgesondert und nur mit je einem Haar be- deckt. Außer diesen Platten beschreibt Hıcks noch eine Anzahl mehr isolirter Bläschen bei einigen Arten. Nach seiner, von Purkiss stam- menden Ansicht, ist das Organ ein Geruchsorgan. Außerdem bemerkt Hıck’s noch, dass das Organ bei den verschiedenen Fliegen- gattungen verschieden ist und weist ähnliche Bildungen an den Vor- derflügeln der Dipteren und an den Flügeln anderer Insekten nach. Im Jahre 1858 tritt Lorw (25) Hıcxs entgegen; er meint, der Geruchssinn der Insekten sei wohl an die Antennen gebunden; der von Hıcks angeführte, vom Thoraxganglion kommende Nerv führe wohl zu den den Schwinger bewegenden Muskeln. Dann kommt Lorw zur Aufgabe der Schwinger und ist der Ansicht, dass die Schwinger, um für flugregelnde oder das Gleichgewicht erhaltende Organe zu gelten, ihrer Masse nach zu gering seien, besonders sei dies bei den besseren Fliegern, z. B. Merodon, Volucella etc. der Fall. Jedenfalls aber könne Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 59 eine solche Thätigkeit nicht die einzige Aufgabe der Schwinger sein, vielleicht stehen dieselben in einem Verhältnis zum Athmungsvorgang, etwa indem sie bei energischem Athmen das Eindringen fremder Körperchen in die Luftlöcher verhüten. Im Jahre 1860 veröffentlichte Lewvıe (22), veranlasst durch die Hıczs’sche Arbeit, Untersuchungen über die Sinnesorgane an der Basis der Schwinger bei Eristalis, Galiphora, Skatophaga, Musca. Er erwähnt ebenfalls drei auffallend geartete Platten, welche aus Querreihen von Bläschen mit dazwischen geschobenen Härchen bestehen, und findet, frei- lieh nicht im Zusammenhang mit diesen Platten, Hörstifte von zweierlei Form, die mit Ganglienzellen in Zusammenhang stehen, diese betrachtet er nun als die Nervenendigungen, welche zu den Bläschen gehören. Die Chitingebilde untersuchte er nicht näher, hält sie aber für nach außen geschlossene, nach innen offene Bläschen. Er hält in Folge des Vor- handenseins der Hörstifte das Organ für ein Sinnesorgan zum Hören. Im Jahre 1862 machte Gırarp (6) einige Bemerkungen über die Fliegen und die Schwinger. Die lang ausgebreiteten Beine der Tipu- liden dienen nach ihm zur Erhaltung des Gleichgewichtes beim Fliegen; doch sind auch die Schwinger beim Fliegen von Bedeutung. Entfernung des Schüppchens hindert das Fliegen nicht. Der frühe Tod der Gourzat- schen Versuchsthiere ist eine Folge des Ausreißens der Schwinger. Bei einer Arbeit über die Ton- und Stimmapparate der Insekten kommt Lanpoıs (18) im Jahre 1867 auch auf die Schwinger zu sprechen. Er weiß, dass der Schwinger am Metathorax eingelenkt ist, eben so, dass die Fliegen ohne Schwinger nicht mehr ordentlich fliegen, und schließt daraus, dass die Schwinger Flügel sind. Den wesentlichen Zweck des Schwingers findet er aber darin, dass er durch seine Be- wegung den Brummring des Stigmenapparates bewegt, mit welchem er durch einen Hebel (der bei Eristalis abgebildet wird) verbunden ist; auf diese Weise beeinflusst der Schwinger somit die Stimmerzeugung der Fliege bedeutend; dass er sie allein hervorbringt, kann Lanpoıs nicht behaupten, weil die Stimme bei fehlendem Schwinger nach ihm zwar schwächer wird, aber nicht aufhört. Erst in zweiter Linie wir- ken die Schwinger durch die Bewegung der Brummringe auf die Ath- mung und die Flugfähigkeit. — Im Köpfchen finden sich viele Respi- rationszellen, zu welchen eine Trachee führt. Die Bläschenquerreihen an der Basis hält Lanpoıs für eine »sonderbare chitinöse Spiralfeder, die ringsum mit kleinen Tüpfelzeichnungen geziert ist. Vielleicht trägt diese Spiralfeder zur leichteren und schnelleren Vibration des Schwing- kölbehens viel bei, da die Bewegung dieses Organs so rapide ist, dass man vom Stiel nichts mehr sehen kann«. 60 Ernst Weinland, Lowne’s! Arbeit vom Jahre 1870 über Caliphora war mir nicht zu- gänglich; er erklärt das Sinnesorgan an der Basis des Schwingers für ein Gehörorgan. Künkeı (17) giebt im Jahre 1875 eine kurze Zusammenstellung der bisherigen Ergebnisse und beschreibt dann Schüppchen und Schwinger bei Volucella, ohne aber auf die feinere Anatomie, besonders die der Sinnesorgane, welchen er gar keinen Werth beilegt, näher einzugehen. Die Versuche der früheren Beobachter bestätigt er. Die Schüppchen gehören nach ihm zum Flügel, ihr äußerer Rand ist mit platten ge- zackten Haaren besetzt. Der Schwinger, dessen Stiel gekrümmt ist, entspricht den Hinterflügeln der Insekten und ist mit dem Metathorax gelenkig verbunden. Im Jahre 1878 erschien eine ausführliche Abhandlung über die Funktion der Schwinger von Jousset DE BELLEsME (16). Er machte seine Versuche besonders, doch nicht nur an Volucella-Arten, und kommt nach einer Reihe von Experimenten besonders zu folgenden Resultaten: Die Zahl der Schwingungen, und in Folge dessen die be- wegende Kraft des Flügels, nimmt bei vollständiger Entfernung der Schwinger etwas ab. Die Flugfähigkeit geht dabei aber nicht verloren, nur bestimmte Arten des Fliegens sind aufgehoben; nämlich das Fliegen in die Höhe, und zwar vollständig, das horizontale Fliegen fast voll- ständig, das Abwärtsfliegen aber gar nicht; außerdem geht auch die Fähigkeit des Steuerns verloren. Sind die Schwinger auf beiden Seiten nicht gleichmäßig abgeschnitten, so kommt noch Drehung der Flie- gen um sich selbst zu den schon erwähnten Folgen. Die Thätigkeit des Schwingers besteht nach Jousser darin, dass derselbe mit seinem Köpfchen dem Flügel, wenn dieser in seiner Be- wegung nach hinten kommt, entgegen schlägt, so dass der Flügel also, je nachdem die Bewegung des Schwingers eine größere oder kleinere ist, in der Ausdehnung seiner Bahn nach hinten mehr oder weniger beschränkt wird. Während nun der Flügel nach vorn immer gleich weit sich bewegt, wird er sich demnach nach hinten verschieden weit bewegen, dadurch ist aber die Unterstützungsachse des Körpers bald mehr nach vorn, bald mehr nach hinten geschoben, und wird desshalb bald vor, bald über, bald hinter den unveränderlichen Schwerpunkt des Thieres zu liegen kommen, oder vielmehr, da Schwerpunkt und Unterstützungspunkt immer senkrecht über einander liegen müssen, die Körperstellung verändern und bald Hochflug, bald Horizontalflug, bald Abwärtsflug bewirken. i Der Titel des Werkes ist: Anat. and Physiol. of Blowfiy. London 4870. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 61 Im Jahre 1882 bespricht Graser (12) in seiner Arbeit über die chordotonalen Sinnesorgane der Insekten auch die »poriferen Vor- kommnisse der Halteren«. Er unterscheidet die beiderseitig vorhan- denen länglichen und etwas höher am Stiel liegenden skapalen Platten mit länglicher Öffnung der Papillen von der nur auf einer Seite und tiefer am Grunde auftretenden basalen Platte mit geschlossenen Pa- pillen. Die Längs- und Querrichtung der Reihen, in welchen die Papil- len bei den höheren Formen angeordnet sind, bringt er mit ihrer höheren oder tieferen Lage am Schwinger in ursächlichen Zusammen- hang. Er findet, was schon Hıcxs sah, dass bei Tipula von einer reihen- weisen Anordnung der Papillen noch keine Rede ist, und sieht in der Reihenbildung eine stufenweise Vervollkommnung. In jeder Papille endigt nun, nach GrAser’s Annahme, ein Hörstift, und entsprechend der Verschiedenheit der Papillen ist derselbe bei den skapalen Papillen anders als bei den basalen Papillen. GrABEr weist dabei auf die Leynıg’sche Angabe von zweierlei Stiften hin. In natürlicher Lage den Hörstift im Zusammenhang mit der Papille zu sehen, konnte ihm nicht gelingen. Des Weiteren zieht GrABer einen Vergleich zwischen der Lamina reticularis des Corrr'schen Organs und den bei den Syrphiden, Musci- den etc. zu Reihen zusammengewachsenen Papillen der skapalen Platte, deren Höhlungen dadurch wie in einen Rahmen eingefügt erscheinen. Bei den nicht verwachsenen Papillen der. Tipuliden erkennt GraBER diesen Rahmen wieder in einem Theile der Papille. Über die Thätigkeit des Schwingers sagt Graser nichts; das Sin- nesorgan dient nach seiner Ansicht, wie nach der Leypıe’s, dem Hören, und eine Papillenplatte im Ganzen verhält sich zu dem Trommel- fell der Acridier (10) wie das zusammengesetzte zum einfachen Auge. Im Jahre 1885 untersuchte Ler (20) den Bau des Schwingers bei Caliphora vomitoria und berücksichtigte dabei besonders die Sinnes- organe am Grunde desselben. Er findet, dass die poriferen Platten nichts mit den chordotonalen Hörstiften zu thun haben. Diese bilden einen Nervenendapparat für sich, welchem an der Oberfläche keine Veränderung des Chitins entspricht. Die basalen Papillen sind oben mit einer nach innen trichterförmigen Öffnung versehen, welche bald rund, bald spaltförmig ist. Am Grunde dieses Trichters liegt ein durch- bohrtes Kissen, zu dem der von einer bipolaren Ganglienzelle kommende Nerv sehr verdünnt zuführt. Bei etwas seitlicher Ansicht sieht man an günstigen Objekten von dem Kissen ein sehr feines, oft gekrümmtes Haar ausgehen, das oft auch über den Trichter hervorragt und sich mit Karmin nicht färbt; in dieses geht wahrscheinlich der sehr dünne Nerv 62 Ernst Weinland, über, ohne mit dem Kissen in Verbindung zu treten. Ein Achsenfaden ist im Haar in Folge seiner großen Feinheit nicht wahrzunehmen, und dasselbe ist wohl als cuticulare Bildung aufzufassen. — Die skapalen Papillen sind nach Lez noch viel komplieirter, dadurch, dass die eigentlichen Papillen durch dicke Chitinbildungen überwölbt wer- den und bei der Ansicht von oben ganz unsichtbar bleiben. Der Bau der verdeckten Papillen selbst ist eben so wie der der basalen Papillen. Da Les die Ergebnisse der Versuche, die mit Schwingern ange- stellt wurden, unbekannt sind, will er auf die Funktion der beschrie- henen Organe nicht eingehen, meint aber sie könnten » a&roskopische Organe« sein, und vielleicht dem »chemischen Sinn«, also wohl dem Geruch dienen. Das Innere das Köpfchens ist nach Leer durch eine Scheidewand, welche von langgestreckten, in der Mitte verwachsenen Hypodermis- zellen gebildet wird, in zwei ungleich große Kammern getheilt; die große Kammer enthält große vielkernige Zellen, die kleine Kammer kleine, einkernige Zellen, doch finden sich zwischen den beiden Zell- arten Übergänge. Diese Zellen stehen mit der durch den Stiel zum Köpfchen führenden Trachee direkt im Zusammenhang, und sind als Tracheen-Endzellen aufzufassen. Bei der Verschiedenheit der Ergebnisse, zu welchen besonders die beiden letzten Forscher über den Bau und die Funktion des Sinnes- organs gelangt sind, und.in Anbetracht der geringen Würdigung, welche von beiden die Versuche über die Thätigkeit der Schwinger erfahren haben, schien es mir unter Zustimmung von Herrn Professor F. E. Scauzze, in dessen zoologischem Institute ich die Untersuchung ausführte, eine interessante Aufgabe, die Schwinger der Dipteren einer neuen Bearbeitung zu unterziehen. II. Verzeichnis der untersuchten Arten und der dabei zur Anwendung sekommenen Methoden. Die bei der Untersuchung verwendeten Arten, bei deren Auswahl ich darauf bedacht war, Vertreter der verschiedenen größeren Gruppen zu erhalten, sind: Tipula ochreacea Mg., T. oleracea L., T. lateralis Mg., T. verna- lis Mg., T. paludosa Mg.?, Pachyrhinä pratensis L., Rhyphus fenestra- lis Scop., Culex pipiens L., Bibio Marci L., Leptis scolopacea L., Leptis vitripennis Mg., Tabanus bovinus L., T. tergestinus Egger, Laphria gilva L., Asilus germanicus L., A. pallipes Mg., Dioctria rufipes Deg., Empis tesselata Fab. var. livida Fab., E. argyreata Egg., Chrysotoxum vernale Loew, Syrphus Ribesii L., Eristalis tenax L. (— campestris M3g.), Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 63 Sarcophaga carnaria L., Caliphora erythrocephala Mg., Musca domestica L., Leria serrata L., Hippobosca equina L., Anapera pallida Mg. Diese Arten sind zum größten Theil um Berlin und in meiner Heimat, der schwäbischen Alb, gefangen. Die Methoden, deren ich mich bei der Untersuchung bediente, sind in der Hauptsache die fol- genden: 4) Zum Zweck der Beobachtung der Befestigung und Bewegung des Schwingers am Thorax spießte ich den von Kopf, Flügeln und Hinterleib getrennten Thorax an einer dünnen Nadel, meist in der Richtung seiner Längsachse auf, die Spitze der Nadel wurde in einem Wachsklümpchen auf dem Objekttisch des Mikroskopes befestigt, da- durch war es möglich einerseits durch Drehung und Verschiebung der Nadel dem Schwinger und Thorax zusammen jede Lage zu geben, andererseits durch die Hand einer zweiten Person, den Schwinger mit Hilfe einer feinen Nadel, oder besser eines zarten Pinsels unter dem Mikroskop, an dem feststehenden Thorax hin und her zu bewegen. Bei ganz frisch getödteten Exemplaren kommt die Bewegung des Schwingers manchmal von selbst vor. Damit das Objekt nicht vertrockne, wurde ein Tropfen physiologischer Kochsalzlösung an die Abtrennungsstelle des Kopfes vom Thorax gebracht. Die Beleuchtung wurde durch eine Be- leuchtungslinse für undurchsichtige Gegenstände bewerkstelligt. 2) Zum Zweck der Gewinnung der Chitintheile des Schwingers ohne alle Gewebe wurden die Schwinger mehrere Tage in etwa 40°%/,iger Kalilauge macerirt, dann ausgewaschen. Zur Erreichung größerer Deutlichkeit wurden sie meistens mit Eosin gefärbt und dann erst in Kanadabalsam eingeschlossen. 3) Zur Untersuchung des feineren Baues des Köpfchens, des Stie- les und auch des Schwingerfußes, wurde der in Alkohol abs. oder alk. Eisenperchlorid gehärtete Schwinger quer zur Längsachse oder in der Richtung derselben mit dem Mikrotom in Schnitte zerlegt, und dann die Schnittreihen mit Boraxkarmin, Pikrokarmin oder Hämatoxylin ge- färbt. Die weitere Behandlung dabei war die gewöhnliche. 4) Bei der Untersuchung der Nervenendapparate bediente ich mich, abgesehen von dem unter 3 angegebenen Verfahren, besonders des Goldchlorids, durch welches ich die deutlichsten Bilder erhielt. Ich verfuhr dabei, im Anschluss an die von THAnHorrEr angegebene Weise, folgendermaßen: Der möglichst frische Schwinger wird, so weit dies irgend angeht, ohne ihn zu verletzen, von allen Thoraxtheilen be- freit. Dann wird Stiel und Köpfchen nahe über den Sinnesorganen abgeschnitten, und das übrig bleibende, die Nervenendigungen ent- haltende Stück auf !/, bis mehrere (drei, ja selbst fünf, Leptis, Caliphora) 64 Ernst Weinland, Stunden in eine 1°/,ige, etwas mit Essigsäure angesäuerte, im Dunkeln befindliche Goldchloridlösung gelegt. Glaubt man, dass die Einwirkung eine genügende gewesen sei (was in Folge der verschiedenen Länge des nur an zwei Stellen offenen Chitinrohrs, und in Folge der bei den verschiedenen Arten verschiedenen Weite der beiden Öffnungen und auch wegen der häufig noch am Schwinger hängenden Thoraxtheile nie mit Sicherheit zu entscheiden ist), so wird das Objekt in der ge- wöhnlich gebrauchten Reduktionsflüssigkeit, oder besser, in 2°/,iger Essigsäure dem Tageslicht ausgesetzt, und zwar je nach der Helligkeit und nach der Größe des Objekts auf einen, zwei, selten mehr Tage, bis eine dunkle Färbung auftritt. Der so behandelte Schwingerfuß wurde nun ausgewaschen, allmählich in Alkohol abs. übergeführt, und dann in möglichst dünne Längs- und Querschnitte zerlegt. In Kanada- balsam eingeschlossen haben sich solche Schnitte bis jetzt, d. h. also ein Jahr lang, vollständig gut gehalten. In Alkohol abs. aufbewahrt gewesene Objekte mit Goldchlorid mit gutem Erfolg zu behandeln, ge- lang mir nicht. III. Von der Lage, der Farbe und der Behaarung des Schwingers. Beiderseits am hinteren Ende des Thorax, da, wo sich derselbe stark verschmälert, liegt nach hinten innen, und etwas nach unten vom Flügel der aus Köpfchen, Stiel und Fuß bestehende Schwinger. Von oben (vom Rücken) gesehen, ist derselbe, so lange das Thier nicht fliegt, bei vielen Fliegen nicht sichtbar, nämlich: 1) Wenn die Flügel parallel, wie bei Syrphus, oder halb offen, wie bei Eristalis, dem Hinterleib .aufliegen. 2) Wenn der Theil des Flügels, welcher denselben innen (hinten) mit dem Thorax verbindet, sehr stark ausgebildet ist, und als Schüpp- chen, welches vom eigentlichen Flügel deutlich geschieden ist, auch an dessen Bewegung nicht mehr Theil nimmt, den Schwinger überdeckt. Dieses Schüppchen, welches, wie schon Künker (17) beschreibt, nicht ein Theil des Schwingers ist, kommt z. B. sehr stark zur Ausbil- dung bei den meisten, doch nicht bei allen Galypterae. Bei Caliphora erythrocephala ist dasselbe nach oben schwach gewölbt, annähernd von der Gestalt eines Dreiecks, dessen Grundlinie mit dem Thorax nach innen, hinten und oben läuft, während die beiden anderen Seiten, schwach gekrümmt, sich weiter hinten mit abgerundeter Spitze ver- einigen. Die Spitze liegt in der Fortsetzungslinie des Seitenrandes des Hinterleibes, so dass also das Schüppchen die Kerbe zwischen Abdomen und Thorax zum Theil verdeckt. Am Grunde seines äußeren Randes geht das Schüppchen über in das kleinere Verbindungsschüppchen, Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 65 welches in der Ruhelage des Flügels auf dem eigentlichen Schüppchen liest und eine Falte enthält. Ihm schließt sich an, aber ebenfalls durch eine tiefe Kerbe davon getrennt, das Afterläppchen des Flügels, wel- ches im Ruhezustand desselben ziemlich senkrecht zu der Fläche des Flügels nach oben sieht und sich dem hinteren Ende des Thorax und vornehmlich dem »Schildehen« von der Seite ziemlich dicht anlegt; bei Musca domestica ist dieses Verhalten besonders deutlich. Während der Bewegung des Flügels nach vorn werden das Afterläppchen und das Verbindungsschüppchen in ihrer Lage verändert, jenes kommt aus seiner senkrechten Stellung mehr in eine horizontale, und dieses, dessen Vorderrand dem Flügel folgt, kommt immer mehr zwischen Flügel und Schüppchen als auf das Schüppchen zu liegen. Die Fläche des Schüppchens, eben so wie die des Verbindungs- schüppchens ist oben und unten mit sehr kleinen dichten, etwas ge- krümmten Härchen besetzt, oben außerdem noch mit einzelnen langen Haarborsten, die im Allgemeinen nach dem Außenrande hin gerichtet sind. An dem durch eine Randader gebildeten freien Rande, der schon dem unbewaffneten Auge als weiße Linie sichtbar ist, sind die Haare steif und gerade abstehend, jedoch ziemlich kurz, bei anderen Fliegen- arten, z. B. bei Syrphus, Eristalis, sind diese Randhaare sehr groß, und wie kleine flach gedrückte Bäumchen in mehrere Ästchen (die sich aber nicht wieder theilen) zerfasert. Das Schüppchen selbst ist durchsichtig, ein ganz klein wenig ins Schwärzliche spielend. Bei Musca domestica ist das Schüppchen hell weißlich mit einem Schimmer ins Gelbe. Auch bei den Tabaniden und Syrphiden ist das Schüppchen meistens deut- lich und gut ausgebildet, bei den übrigen Dipteren, mit Ausnahme der Platystominen, Acroceriden und mehrerer Oestriden ist es nur klein oder sogar rudimentär. Je nachdem nun der Schwinger verdeckt ist oder nicht, ist auch seine Farbe von der sonstigen Färbung des Körpers unabhängig oder beeinflusst; so ist dieselbe z. B. bei der im Ganzen dunkelblauschwar- zen Caliphora erythrocephala, bei der der Schwinger vollständig vom Schüppchen verborgen ist, hellgrau mit einem bräunlichen Anflug; bei der ebenfalls dunklen Musca domestica, bei der er ebenfalls verdeckt ist, ist das Köpfchen durchsichtig weißlich, die Basis bräunlich; bei der dunkelbraunen Eristalis tenax, deren Schüppchen auch eine be- deutende Größe besitzt, ist das Köpfchen hellbräunlich, der Stiel hell- weißlich, die Basis hellbraun. Der unbedeckte Schwinger von Laphria gilva ist rothbraun, von Tabanus bovinus braun, mit weißlicher Spitze, von Bibio Marci schwarz, wie die Oberfläche des ganzen Thieres; bei Pachyrhina pratensis, deren Körper gelb- und schwarzbraun gefärbt Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 5 66 Ernst Weinland, ist, ist der Schwinger gelb mit braunem Köpfchen, dessen Spitze gelb ist. Bei anderen Tipuliden, z, B. bei Tipula oleracea ist der Schwinger braun, ähnlich dem im Ganzen braun erscheinenden Körper. Bei der parasitisch auf Schwalben lebenden rothbraunen Anapera pallida ist der immer vom Flügel verborgene Schwinger farblos graulich. Im Ruhezustand steht der Schwinger vom Thorax ab, seine Rich- tung geht dabei stets nach außen und hinten. Die Bekleidung des Schwingers besteht, wie die des Flügels, aus einem Pelz kleiner Härchen, deren Richtung im Großen und Ganzen nach dem Köpfchen zu geht. Oft, besonders bei den wenig oder gar nicht verdeckten Schwingern finden sich zwischen diesen kleinen Härchen auch größere Dornen und Borsten. Meist stehen diese an be- stimmten Stellen, doch nicht sehr regelmäßig, bei Tipula sind sie z. B. besonders auf den beiden Seitenkanten, in größerer Zahl auf der nach vorn gerichteten, ferner oben und unten am Köpfchenanfang (Fig. 2, 3). Diese Borsten sind bei Kalilauge-Eosin-Präparaten spiralig, von feinen abwechselnd gefärbten schmalen und nicht gefärbten breiten Linien umzogen, so, dass etwa eine bis zwei Windungen auf die ganze Länge der Borste kommen (s. Fig. 1). Ihre Länge bei einem Schwinger von T. vernalis beträgt bis 114 u, die kleinen gebogenen Härchen sind an demselben Schwinger (am Köpfchen) bis 11 u lang. Bei Leptis vitri- pennis sind die Borsten spärlicher, meist in einer Gruppe am Hinter- rand des Stieles und ferner am Köpfchen, ihre Länge ist bis 52 u, die Länge der kleinen Haare ist dieselbe wie bei Tipula. Bei Eristalis tenax sind die Borsten sehr spärlich nur am Köpfchen zu finden, ihre Länge beträgt bis 34 u; dabei ist der Chitinring, der sie am Grunde um- schließt, besonders stark ausgebildet. Die kleinen Härchen sind am Köpfchen nur etwa 8 u lang. Bei Musca domestica sind am Köpfchen ebenfalls Borsten zu finden, ihre Länge beträgt aber nur bis 18 u, der sie am Grunde umschließende Chitinring aber ist noch größer (Breite 5 u) als bei Eristalis. Am Stiel von Musca findet sich oft auch, beson- ders am Vorderrand, ein flaumartiger Besatz längerer Haare, die aber die breiten Chitinringe am Grunde nicht besitzen, an Länge kommen dieselben den Dornen des Köpfchens gleich; die feinen Härchen am Köpfchen von Musca besitzen eine Länge von gegen 6 u. Der Schwinger von Culex pipiens: ist besonders am Stiel und Köpf- chen mit langgezogenen, gerieften wirklichen Schuppen bedeckt (eine derselben war 36 u lang), welche Jasez Hocc (15) für die Flügel, Palpen und Beine beschrieben hat. Außerdem befinden sich aber überall an ihm, vornehmlich an der Basis, noch sehr kleine Härchen. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 67 IV. Von der Gestalt und den Größenverhältnissen des Schwingers. Die Form und Gestalt des Schwingers ist, wie aus Fig. 2—9 zu sehen ist, bei den verschiedenen Formen ziemlich verschieden: Bald ist der Schwinger gerade wie bei Tipula, bald gebogen wie bei Erista- lis, Leptis. Bald geht der Stiel fast unmerklich in das keulenförmige Köpfehen über, wie bei Leptis, Leria, bald ist dieses dreieckig-oval (Tipula), bald unregelmäßig kugelig (Musca, Eristalis) und mehr vom Stiel abgesetzt. Nie tritt der Stiel in die Mitte der Basis des Köpfchens ein, so dass dieses zu allen Seiten desselben gleichmäßig vertheilt wäre, sondern derselbe befindet sich stets in einer Linie mit dem vorderen Rand der Blase, so dass also der Vorderrand des Schwingers in seinem ganzen Verlauf gerade bleibt; es kommt sogar vor, dass er sich etwas nach hinten biegt (Eristalis), viel seltener ist eine kleine Krümmung nach vorn (Musca); dem hinteren Rand des Köpfchens und Stieles allein fällt somit die durch die Ausbreitung des Endes verursachte Biegung zu, so dass also die Masse des Köpfchens nach hinten sieht. Die folgende Tabelle giebt uns Aufschluss über die Länge des Schwingers bei verschiedenen Arten, über die Länge des Flügels bei denselben Arten, und über das Verhältnis der Länge der beiden zu einander, wenn die Schwingergröße — 1 gesetzt ist: | Schwinger lang| Flügel lang Sei || mm mm werthel Bipelasvernalis Ma 2 2) 2 zes. & 1 2,36—2,51 | 45,5 —47 | 6,68 Rhyphus fenestralis Scop. ........ | 0,94—41,06 | 6,5—7 6,88 Bes Be ee, I | 0,38—0,45 | 4,5 10,81 Zain Mare Tara nein. ae | G 5,70 Benas vsieripennis ME... ......... \ 4,51—1,76 7,5—1A 5,65 Tabanus tergestinus Es8. ........ | 4,79 | 43,5 7,52 Brupis tesselata Fab. . .. 2.0... - | 4,44—4,47 | 10—14 7,21 Empis argyreata Eee... ......... I 130995 6,56 2, San 257 EEE | 1,04-—4,45 | 10,5 | 9,58 Bess rer Eh nn. ol. 1,23—1,36 | AA 8,50 Eristalis campestris Mg. ......... 1,27 —1,42 ; 40,5—11 8,02 Caliphora erythrocephala Me... .... 1,13—4,19 | 9,544 9,16 Musca domesticaL.........2.... 70:27-60:55 9,72 Bemsgserratab. Ss... 0.0; 0,79—0,83 | 6—6,5 7,68 Aapera pallida Mair. , renee 0,54 — _ 1 Die Zahlen in den beiden ersten Spalten sind abgekürzt wiedergegeben; für die Zahlen der dritten Spalte liegt eine Fehlerquelle darin, dass zur Gewinnung des Mittelwerthes nur die Grenzwerthe berücksichtigt wurden, nicht aber die zwischen- liegenden Größen und die Anzahl derselben (wenn also z. B. von der einen Größe 6 Exemplare, von der anderen nur 4 Exemplar vorlag, so wurde diese Thatsache, dass die eine Größe sechsmal häufiger war als die andere, vernachlässigt und bei 5* 68 Ernst Weinland, Wir sehen daraus: 1) Dass die Länge des Schwingers im Allgemeınen eine geringe ist, sie schwankt in der Tabelle zwischen 0,38 mm bei Culex und 2,5 mm bei Tipula, während die des Flügels bei denselben Arten 4,5— 17 mm beträgt. Diese Verschiedenheit in der Länge bei den verschie- denen Arten lässt sich zweifellos aus der verschiedenen Größe der Thiere erklären. 2) Dass die Länge des Schwingers bei den verschiedenen Arten auch in ihrem Verhältnis zur Länge des Flügels bedeutende Schwankungen macht, derart, dass der Schwinger von Leptis oder Bibio im Verhältnis zum Flügel fast doppelt so groß ist als der von Culex. Solche Schwankungen finden sich auch innerhalb nahe ver- wandter Formenkreise, so z. B. zwischen Leria mit 7,7mal, und Musca mit 9,7mal längerem Flügel, oder zwischen Eristalis mit 8mal, und Syrphus mit 9,6mal längerem Flügel, oder zwischen Culex, dessen Flügel 10,8mal, und Tipula, deren Flügel 6,7mal länger ist als der Schwinger, ohne dass die Flügel dabei besondere, die Verschiedenheit etwa begründende Eigenthümlichkeiten haben. Es ist also falsch, wenn Jousser (16) die Dipteren mit Rücksicht auf den Schwinger in zwei Gruppen eintheilt, deren eine, wie Syrphiden und Musciden, kurze, deren andere, wie Tipuliden und Culiciden, sehr lange Schwinger be- sitzen soll. Die oben erwähnte Thatsache dadurch erklären zu wollen, dass Ausbildung und relative Größe des Schüppchens die genannte Ver- schiedenheit bedingen soll, ist hinfällig, da z. B. das Schüppchen bei Gulex eben so rudimentär ist wie bei Tipula. Die Erklärung, dass wir, da wir ja ein rudimentäres Organ vor uns haben, die vorliegende Thatsache als belanglos übergehen dürfen, scheint mir erst dann statt- haft, wenn keine Annahme mehr möglich ist, und wenn es wirklich bewiesen ist, dass wir ein ruaimentäres, und in Folge dessen funk- tionsloses Organ vor uns haben. Auf andere mögliche Gründe aber von dieser weitgehenden Unabhängigkeit der Länge des Schwingers von Größe und Gestalt des Flügels, und da dieser wenigstens inner- halb derselben Gruppe mit der Körpergröße wechselt, sogar scheinbar von dieser, werden wir später zurückkommen. In der folgenden Tabelle ist die Länge der einzelnen Haupttheile des Schwingers, nämlich von Köpfchen, Stiel und Basis in Mikromilli- meter (u) angegeben: der Bildung des Durchschnittwerthes nur ein Exemplar von jeder der beiden Größen zugezogen, Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 69 | Basis lang Stiel lang Köpfchen lang u | u w a 378—416 1285 —1361 699— 843 Blerieea TV: ... 1... 0.0 die (A) (3,33) (1,90) r . 378—454 1096—1342 748—850 Bıpala versalis’ Mg... . . 22..110.0.%0; a) (2,93) (1,88) 5 — 35 — Rhyphus fenestralis Scop. ........ ri on eg s m en )) a 0 443 —AT0 57—76 189 — 214 Bee... wochen an ne a) (0,49) (1,99) Re 2 435—529 510—529 529—586 Bun. :. rd Bi, (a) (1,08) (1,16) Het t 567 302—378 794—832 Bepuswitripennis Me. .......... (A) (0,6) (1,43) 2 ) x — —680 Tabanus tergestinus Egg. ........ a In a en 13) D) / 3 .: d —35 643—680 Bimpisitesselata Fab. 2.7.2... 2% EN I m (A n, . P) E 2 378—435 302—378 586—661 Basis areyreala Bee. .......... (A) (0,84) (1,53) SE os VO ee \ en on 5 Buena at ) as in) bh ER 378—435 | 454529 | 378—454 Bristalıs campestris MS. ......... () (1,2) „n j Sarcophaga carnarial.. ......... Ser ; iso, ; ne ’ D) 9 a Caliphora erythrocephala Mg....... 2 am de ” Ei Museadomiestieal...........>. n ar En == Ti Benasmalal, u... an nr a u m ee 170 a08. 0, u 1899 aeapahdaMe. -....2..... | () | (1,98) (0,78) Es zeigt sich aus dieser Tabelle, dass die Länge der Basis bei den verschiedenen Arten sich am wenigsten ändert. Bei Culex beträgt die- selbe im Mittel 156 u, bei Tabanus 586 u; dies bezeichnet ein Schwan- ken um das 33/,fache im äußersten der hier vorgeführten Fälle. Anders steht das Verhältnis der äußersten Werthe für die Länge des Stieles, hier ist der geringste Mittelwerth 66 u bei Culex, der größte 1323 u bei Tipula, ein Unterschied, der mehr als das 20fache beträgt. Wieder anders liegt die Sache bei dem Köpfchen. Die Grenz- werthe von 132 u für die fast nie fliegende Anapera, und 813 wim Mittel für Leptis sind um etwas mehr als das Sechsfache von einander verschieden, also etwas mehr als die der Basis. Dagegen ist aber die Reihenfolge der Größen eine wesentlich andere: Nicht CGulex, sondern die mit einem mehr als dreimal längeren Stiel versehene Anapera hat hier den kleinsten Werth von 132 u, den größten Werth hat diesmal aber Leptis, 813 u, und doch ist Leptis kleiner als Tipula oder Tabanus, ‚10 Ernst Weinland, welche geringere Werthe aufweisen. Das Köpfchen der kleinen Leria ist um mehr als 100 u größer als das der größeren Musca domestica, ja selbst größer als das von Galiphora und Sarcophaga. Diese auffallen- den Größenverhältnisse haben zum Theil, so besonders bei Leria, ihren Grund in der verschiedenen Gestalt des Köpfchens (cf. oben und Fig. 2 bis 9); auf andere Gründe werden wir später kommen. Sehen wir noch das Verhältnis der Theile eines Schwingers unter einander an, so haben wir auch hier wieder sehr verschiedene Fälle (hierfür gelten die unter dem Hauptwerth stehenden eingeklammerten Zahlen, welche die Verhältnisse zur Länge der Basis ausdrücken, wenn diese je gleich 1 ist). Am meisten veränderlich ist hier wiederum die Stiellänge, die vom 0,4fachen bei Culex bis zum 3,3fachen der Basis- länge bei Tipula beträgt. Dies bedeutet, wenn man die Basislänge je gleich I setzt, eine Verschiedenheit um das mehr als Achtfache im Ver- hältnis zur Länge der Basis. Dem gegenüber erscheint die Längenver- schiedenheit des Köpfchens, die sich zwischen dem 1,9fachen bei Tipula, und dem 0,8fachen der Basislänge bei Anapera hin- und herbewest, gering. Bei Tipula ist der Stiel der bei Weitem längste Theil des Schwingers, ebenfalls, aber nur wenig länger als die anderen Theile des Schwingers, ist derselbe auch bei Syrphus, manchen Museiden und Anapera, kürzer als die anderen Theile des Schwingers ist der Stiel besonders bei Culex, dann auch bei Leptis, Empis, Tabanus, Musca etc. Bei Anapera ist das Köpfchen der kleinste der drei Theile, bei Culex, Leptis, Empis u. a. der größte, ungefähr gleich groß sind alle drei Theile bei Eristalis tenax. In Betreff der Vergleichung der Breite der verschiedenen Schwin- ger schien mir in Folge ihrer eigenthümlichen Gestalt eine Gegenüber- stellung mit dem Flügel eben so wenig dienlich, wie die Angabe einer Durchschnittsbreite, ich führte desshalb die Messungen der drei Haupt- theile des Schwingers einzeln aus. In der folgenden Tabelle habe ich jedoch die Angaben über die Breite der Basis weggelassen, da die- selben bei der nämlichen Art, in Folge des leicht beweglichen Chitins der Gelenke sehr verschieden ausfielen, und ferner weil ich nicht sicher bin, ob ich mit genügender Genauigkeit bei den verschiedenen Arten je die entsprechende Stelle der Basis zur Messung zugezogen habe (siehe nebenstehende Tabelle). Die Breite des Stieles schwankt demnach bei den Extremen 35 u (im Mittel) bei Musca und 145 u (im Mittel) bei Leptis um nur wenig über das Dreifache. Die Breite des Köpfchens schwankt zwischen 176 « im Mittel bei GCulex und 520 «u im Mittel bei Empis, also nicht ganz um das Dreifache. Diese beiden Größen sind also noch geringeren Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. ET Schwankungen unterworfen als die wenig wechselnde Länge der Basis. Die Breite des Köpfchens im Verhältnis zu der des Stieles schwankt, wenn jene je — I angenommen wird, zwischen dem 4,3fachen bei Culex und dem 9,6fachen bei Tipula, so dass also die Breite des Köpf- chens sich bei den verschiedenen Arten, wenn die Breite des Stieles dabei je — I angesetzt ist, nur um wenig mehr als das Doppelte ändert; dabei bleibt aber für das Köpfchen immer eine starke Verbreitung, nämlich mindestens um das Vierfache der Stielbreite bestehen. Stiel, geringste |Köpfchen, größte Breite in w Breite in w Binulaloleraeea ler da ne 41—57 454—510 Hupalasvernalis Me... ....»..... 66—82 278—540 Rhyphus fenestralis Scop. ........ 44—47 265—312 ILLSOTIETLEIS) Fe EN 38—44 139—214 bie Marerbar ei, 176—82 446—494 Beptis-vätripennis Mg... .......'3 2... 107—423 4194—529 Tabanus tergestinus Egg. ........ 82 454—472 Empistesselata Fab. . .......... 66— 76 5410—529 Empis argyreata Egg. ........ ER 57—66 19A—548 Eriphus Ribesi L., . 2.2... „ei 44—47 302—359 Bastalstemaıt.. 47 446 Eristalis campestris Mg. ......... 417—66 3241 —359 Bareophaga earnariall.. ......:... 41—52 340—359 Caliphora erythrocephala Mg... .... 44 302 Musewdamesüica L.‘. 2: ... ....° 31—38 227 —265 ETE REITEN Re Br 44—50 265— 302 Asapera pallidaMe. ......2..... — 208 Das Verhältnis zwischen Breite undLänge desStielesschwankt, wenn die Breite des Stieles immer = 1 gesetzt ist, zwischen dem 1,6fachen derselben bei Gulex und dem 26fachen derselben bei Tipula oleracea. Wir haben also bei nahe verwandten Formen in diesem Fall die größte Verschiedenheit, während die Musciden und Syrphiden etc. mehr in der Mitte liegen. Im Ganzen sind die Schwankungen bei den verschiedenen Arten hier und in der Länge des Stieles größer als bei allen anderen Theilen des Schwingers. Breite und Länge des Köpfchens in ihrem Verhältnis zu ein- ander sind fast ganz gleich. Die Werthe schwanken zwischen vollstän- diger Gleichheit von Breite und Länge, wie z. B. bei Eristalis, Caliphora, und einer um ein Geringes größeren Länge wie bei Tipula vernalis (1: 1,8). Was die Dicke der verschiedenen Theile des Schwingers in ihrem Verhältnis zur Breite! betrifft, so mögen dafür die folgenden von Quer- schnitten stammenden Angaben genügen: 1 Die Breite von Stiel und Köpfchen ist, um eine Vergleichung bei den näm- 72 Ernst Weinland, | tete | as monate Eon Stieldicke | Stielbreite Köpfchendicke | Köpfchenbreite in Ww in u in u in iu Tipula paludosa? Mg. .. 47 —57 227 —946 397—472 Tipula vernalisMe...... 47 = 246 435 Rhyphus fenestralis Scop. 28 47 154 246—302 Leptis scolopaceaL. ... 57—76 132 246— 283 194A—567 Tabanus bovinuslL...... 85 94 435 472 Empis tesselata Fab. ... 47—57 76 265—283 494—529 Dioctria rufipes Deg. ... 41—47 113 489 —246 510—661 Asilus pallipes Mg. .... 23 404 227 472 SyrphusRibesiiL...... 28—38 56 227 284—302 Chrysotoxum vernale Loew 28—38 66 151—227 302—378 Sarcophaga carnaria L.. 38 56 189—208 302—340 Caliphora erythroceph. Me. | 28—38 47 208—236 227 —302 Anapera pallida Mg. ... — — 132 208 Wir sehen daraus, dass der Stiel fast immer um ein Beträchtliches breiter als dick ist, nur Tabanus macht eine Ausnahme, bei ihm er- scheint der Stiel fast rund auf dem Querschnitt. Eben so ist auch das Köpfchen meistens nicht so dick als breit, sondern bis um mehr als das Doppelte (Chrysotoxum, Dioctria, Asilus, auch Tipula) breiter als dick, so dass also die Endblase gewöhnlich nicht kugelig aussieht; auf der anderen Seite erscheint dieselbe bei Tabanus, Caliphora ete. oft fast kreisrund im Querschnitt, während andere Formen, wie z. B. Syrphus, dazwischen liegen. Das Köpfchen, dessen Dickenzunahme dem Stiel gegenüber doch immer eine beträchtliche ist, ist im Gegensatz zu seiner früher erwähn- ten Lage, welche in der Ansicht von oben die Endblase einzig auf Kosten des hinteren Randes entstehen lässt, nicht einseitig nach oben oder unten ausgebuchtet, sondern reicht gleich weit nach unten und oben über den Stiel hinaus. | Vergleichen wir zum Schluss noch Länge, Breite und Dicke des Köpfchens auf den vorhergehenden Tabellen, so finden wir auf der einen Seite Schwinger mit verhältnismäßig schmalem, langgezogenem und dünnem Köpfchen (z. B. Tipula), bei welchen der Stiel zugleich verhältnismäßig lang ist; auf der anderen Seite finden wir Schwinger, mit einem fast kugeligen Köpfchen (z. B. Tabanus, Musca, Culex), bei welchen der Stiel zugleich kurz ist. Zwischen diesen beiden Grenz- lichen Individuen zu ermöglichen, an diesen Schwingern ebenfalls gemessen, obgleich dieselbe schon oben nach Chitinpräparaten angegeben ist. Die Resultate sind beide Mal nicht vollständig gleich, was, abgesehen von der Verschiedenheit der einzelnen Exemplare, wohl in der verschiedenen Art der Behandlung seinen Grund haben dürfte, so wird z. B. beim Übersichtspräparate der Schwinger, und besonders das Köpfchen, etwas flach gedrückt und dadurch breiter erscheinen, während auf dem Querschnitt dies nicht der Fall sein kann. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 73 formen liegen die übrigen Formen, in dem einen Punkt oft diesem, im anderen jenem Extrem näher stehend, so dass eine Gruppirung der- selben häufig, z. B. bei Leptis, ziemlich schwer fallen dürfte, während sie z. B. bei Bibio, der den Tipuliden nahe steht, oder bei Syrphus, der der zweiten Gruppe sich nähert, ohne Zwang sich bewerkstelligen lässt. Wir stehen nun vor der Frage, hat diese Verschiedenheit des Schwingers eine Bedeutung für die Fliege, oder nicht, und welcher Art ist möglicherweise diese Bedeutung? V. Vom Chitingerüst des Schwingers. Am Grunde des Schwingers befinden sich die, seine selbständige Bewegung am Thorax ermöglichenden, Gelenkstücke. Betrachten wir zuerst den Schwinger von der Unterseite (Fig. 3, 5, 7, 9), so sehen wir einen vom Thorax kommenden, bei den verschiedenen Formen verschieden gestalteten Fortsatz a, der mit seiner mehr oder weniger schroffen Spitze bei Eristalis und Musca dem verschmälerten Ende einer schief nach außen und nach dem Hinterrand des Schwingers zu laufenden und dort verbreiterten Chitinplatte b gegenüber liegt und, wie mir schien, mit derselben durch dünnes Chitin, welches in der Ruhelage schlaff liegt, zusammenhängt; bei Tipula und Leptis dagegen liegt diesem Thoraxfortsatze «a — ebenfalls durch in der Ruhelage schlaffes Chitin mit demselben verbunden — das die vordere Rand- ader am Schwingergrunde proximal und nach vorn begrenzende Chi- tinstück c gegenüber, während dieses Stück bei Musca und Eristalis für sich besteht; bei Eristalis ist dasselbe gefurcht. Nach dem Hinter- rande der unteren Seite zu liegen die Dinge etwas verwickelter; am Schwinger von Musca erkennen wir einerseits im Anschluss an ein kleines distal von 5b liegendes Chitinstück d zwei Chitinvorsprünge e und e’, deren einer e zahnartig vorsteht, während der andere aus leicht heweglichem Chitin besteht, andererseits bemerken wir eine feste Chi- tinrippe f, welche jene beiden zwischen sich nehmen. In der Tiefe zwischen e und e’ treten alle drei Stücke durch leicht bewegliches Chitin in Zusammenhang. Proximal von dieser Chitinrippe finden wir noch eine weitere g, welche nach vorn zu läuft. Nun finden wir leicht die entsprechenden Theile bei Eristalis wieder, nur mit dem Unter- schied auf dem Bild (Fig. 7), dass e’ sich nicht mehr im Zusammenhang mit dem Zahn e befindet, sondern etwas verschoben ist. Außerdem umgreift bei Eristalis die Rippe f mit einem schmalen Ausläufer ihres breiten, distalen Endes das Stück e’, zwischen diesem und dem später bei der Beschreibung der Oberseite zu nennenden Stück m hinauf- laufend. Distal von e und e’ liegt, wie bei Musca, das bewegliche 4 Ernst Weinland, Chitinstück d; ferner sehen wir, dass von dem oberen und hinteren Rand der später noch zu erwähnenden Papillenplatte, welche im Ver- gleich zu den bisher erwähnten Chitinstücken etwas mehr distal am Schwinger liegt, ein fester Arm h, wohl zu größerer Festigkeit der Stücke e und e' herabgreift. Vergleichen wir nun das Bild von Leptis (Fig. 5), so finden wir wieder g, eben so die allerdings verkürzte Rippe f; dagegen sehen wir, dass von dem Ende dieser Rippe eine durch schlaffes Chitin herge- stellte Verbindung mit dem Grunde einer Tasche, welche zwischen zwei erhabenen Chitinfirsten, die aber nicht starr, sondern etwas be- weglich sind, besteht. Diese beiden Chitinfirsten entsprechen e und e'. Außerdem ist noch eine Stelle x zu erwähnen, welche deutlich gekenn- zeichnet ist, wir werden später auf dieselbe zurückkommen, sie ent- spricht dem oberen, distalen Ende des Stückes b bei Eristalis und Musca. Dieselben Verhältnisse wie bei Leptis liegen bei Tipula (Fig. 3) vor, nur mit dem Unterschied, dass e’ auf dem Bild verdeckt ist. Betrachten wir nun den Schwinger von oben (Fig. 2, 4, 6, 8), und zwar zuerst auf der hinteren Seite. Bei Musca (Fig. 8) liegt am nächsten beim Stiel wieder das Stück d, proximal von diesem liegt e', und proximal von diesem die Chitinrippe /. Bei Eristalis (Fig. 6) sehen wir das bewegliche Stück d, ferner e', fund den Arm Ah; bei Leptis (Fig. A) e und e’ sowie /. Bei Tipula (Fig. 2) ist nur das Stück e' und die Rippe f sichtbar, deren auffallende Lage und Gestalt durch eine Bewegung des Schwingers nach hinten entstanden ist; am Vor- derrande der Oberseite findet sich bei Leptis eine Art Gegenstück von cin c’, welches mit c die vordere Randader am Grunde abschließt. Der nach dem Thorax zu zwischen den beiden Stücken sich öffnende Spalt enthält eine Blase leicht beweglichen Chitins, die sieh bis zum Rand der anderen, hinteren Seite erstreckt und den Schwinger mit dem Thorax in Zusammenhang setzt; dasselbe erkennen wir bei Eri- stalis wieder, auch bei Musca, bei welcher aber c’ im Vergleich zu c sehr verschmälert ist, auf dem Bild von Tipula ist nur das diesmai langgezogene Stück c’ sichtbar. Es bleiben auf der Oberseite noch übrig die Theile, welche sich in der Mitte der Oberfläche befinden. Wir haben da erstens den, den Schwinger nach dem Grunde ab- schließenden, festen Chitinkamm i, an welchem sich nach dem Thorax zu bewegliches Chitin anschließt, distal von demselben liegt eine bei den verschiedenen Formen verschieden gestaltete Platte k. Dieser Platte schließt sich distal eine weitere, durch ein Papillenfeld bezeich- nete Platte ! an, welche entweder distalwärts (Tipula) oder nach der. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren, 75 Seite (Musca) oder nach beiden Richtungen in eine verschieden ge- staltete Chitinplatte übergeht und durch diese mit den umgebenden Theilen in Zusammenhang gesetzt wird. Zwischen diesem, im Ganzen eine Platte bildenden Stück und dem bei der Beschreibung der Unter- seite aufgeführten Stücke e’ findet sich bei Eristalis noch eine kleine, wie mir schien, feste Platte m. Distal von den bisher erwähnten Chi- tinstücken des Schwingers liegt, sowohl auf der Ober- (wie schon bei Eristalis erwähnt wurde), wie auf der Unterseite, etwa in der Mitte zwischen beiden Rändern eine langgestreckte Platte, welche einen Nervenendapparat bildet und durch verschieden tiefe Furchen von den auf beiden Seiten verlaufenden Randadern getrennt ist. Auf den feinen Bau dieses Organs werden wir später zurückkommen. Nachdem diese beiden Platten ein Ende genommen haben, beginnt der eigentliche Stiel. An diesem können wir meistens durch eine in seiner Mitte verlaufenden, auf der Ober- und Unterseite vorhandenen Kerbe zwei»Adern« unterscheiden; besonders deutlich sind dieselben bei Tipula, dagegen bei Musca, Eristalis oft fast verschwindend. Bei Leptis und Verwandten finden wir im ganzen Verlauf des Stieles oben und unten an demselben zwei solcher Furchen, so dass wir also hier drei »Adern« zu verzeichnen haben. Am Ende des Stieles beginnt das Köpfchen, und zwar bei Tipula damit, dass der Boden der Kerbe sich zu einer kleinen, etwa dreiecki- gen, tiefer als die beiden Randadern liegenden Fläche verbreitert; auf diese Stelle folgt nun die nach der Ober- und Unterseite hervorge- wölbte Endblase. Dieselbe wird von den Randadern gewisser- maßen eingefasst und dabei ist die Vorderrandader meist stärker entwickelt als die Hinterrandader. Die Adern, neben welchen auf der Unterseite des Köpfchens oft noch eine weitere Ader auftritt, können distal in die Blase übergehen, oder sie bilden am Ende derselben, wo sie mit einander zusammentreffen, Ber Aujedenszlze Kämme, Leisten und andere Gebilde. Bei Leptis kann sich die Mittelader (Fig. 4) mit der Vorderrand- ader vereinigen, und dann haben wir ähnliche Verhältnisse, wie bei Tipula, nur mit dem Unterschiede, dass statt eines Dreieckfeldes, vielleicht (wie in Fig. 4) zwei bestehen, und dass die Randadern ge- wöhnlich nicht so weit an der Blase herauflaufen, wie bei Tipula; doch kommt dies auch vor, und es bilden sich dann eben solche Leisten wie dort, besonders am Vorder- und Hinterrand des Köpfchens, welches an seiner Endfläche auch eine Rinne tragen kann. Im anderen Falle (Fig. 5) hört die Mittelader am Grunde der Blase auf und es entsteht dort eine Vertiefung zwischen den beiden Adern, aus welcher sich sehr 76 Ernst Weinland, bald die größere, von den beiden Randadern eingefasste Blase erhebt; das übrige Verhalten ist wie im vorigen Falle. Ziemlich verschieden von dieser durch die Einfassung der Endblase von den Randadern charakterisirte Köpfchenbildung ist diese bei Musca und Eristalis. Als letzte Andeutung der beiden Randkanäle sehen wir auf dem ein ein- heitliches Bläschen darstellenden Köpfchen auf der Oberseite nach dem Stiel zu konvergirende Furchen, deren hintere bei Musca noch in eine Rinne auf der Endkuppe überzugehen scheint (Fig. 9), während bei Eristalis beide Furchen ziemlich gleich stark ausgebildet sind und auf die Oberseite beschränkt bleiben. VI. Von dem inneren Bau des Schwingers. Die Bewegung des Schwingers wird hervorgebracht durch vier (nicht sechs, wie v. LENDENFELD [21] bemerkt) Muskeln, welche vom Thorax zum Grunde des Schwingers sich begeben und von Lucks (27) an Caliphora, Asilus schon beschrieben sind; ich gehe desshalb nicht näher auf dieselben ein. Lucks beschreibt einen den Schwinger heben- den Extensor, ferner zwei Beuger (Flexoren) und einen Rotator; nach meinen Beobachtungen an Culex und Leria dürfte der eine der beiden Flexoren ebenfalls eine Bewegung des Schwingers nach oben aus- führen, wie der Extensor, so dass also nur ein Beuger und zwei Strecker vorhanden sind. Alle diese Muskeln reichen jedoch nicht in den eigentlichen freien Schwinger, dessen Chitintheile in Kapitel V beschrieben sind, herein, sondern setzen sich am Grunde desselben, da, wo er noch nicht äußer- lich frei erscheint, fest. Am Flügel beschreibt Lucks bei den Dipteren nur drei Muskeln. Vor den sämmtlichen Muskeln tritt ein starker, vom Thoraxgan- glion kommender Nervenstamm in den Schwinger ein, und zu ihm kommt noch eine nicht unbedeutende Trachee. Die Hypodermis, welche das Chitingerüst des Schwingers überall auskleidet, bildet in dessen Innerem, entsprechend der Entstehung des Schwingers aus einem Flügel eine Anzahl von Kammern, oder besser Kanälen, welche den Adern des Flügels entsprechen, wobei aber die beim Flügel zwischen den Adern liegende Fläche auf das denkbar geringste Maß beschränkt ist, so dass die einzelnen Kanäle nicht durch breite Flächen, sondern durch schmale, aus langgezogenen mit ihrem Ende verwachsenen Hypodermiszellen, dem fibrilloiden Gewebe Ler’s (20) und GRrABErR’s von einander getrennt sind. Bei Tipula (vernalis und paludosa? Fig. 11—144) ist nun der innere Bau des Schwingers des Näheren etwa folgender: Noch vor seinem. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 77 Eintritt in den Schwinger theilt sich der im Querschnitt rundliche vom dritten, nicht immer scharf von den übrigen Thorakal- und Abdominal- ganglien getrennten Thorakalganglion kommende starke Nervenstamm in zwei ungleiche Äste, einen kleinen 20 u dieken vorderen, und einen größeren 31 u dicken hinteren; bald gesellt sich zu dem letzteren noch eine ansehnliche Trachee. Von einem Beginn des Schwingers lässt sich ungefähr an der Stelle sprechen, wo sich zwischen die beiden Nerven eine ziemlich dicke, von Hypodermis überzogene Chitinwand lest, während zugleich jeder der beiden Nerven, sowohl nach vorn wie nach hinten vollständig von, mit Hypodermis ausgekleidetem, Chitin um- schlossen wird. Dabei besitzt die hintere Kammer //, welche den größeren Nerv und die Trachee enthält, ein wirkliches Lumen, während die vordere Kammer / mit dem kleinen Nerv keinen freien Raum er- kennen lässt, und zugleich an ihrer äußeren vorderen Wand eine starke Verdickung der Hypodermis aufweist. Das Chitin ist an den meisten Stellen von beträchtlicher Dicke, nur an einigen Stellen der hinteren Kammer etwas dünner. Außer diesen beiden Kammern ist hinter Kammer /J noch die Andeutung einer dritten Kammer I/I wahrnehm- bar, deren Chitin aber sehr dünn ist. Die Chitinleiste zwischen den beiden Kammern verschwindet sehr bald wieder, es bleibt aber fürs Erste noch eine feine Hypodermiswand (s. oben) zwischen beiden be- stehen. Die verdickte Hypodermisstelle in der vorderen Kammer, welche von nun ab, eben so wie die Kammer /J/, ein freies Lumen be- sitzt, löst sich bald von der Wand ab und lässt zwischen sich und dieser einen Raum, der mit einer sich durch Boraxkarmin schwach färbenden, homogenen, oft auch feinfaserigen Substanz erfüllt ist. Ein klein wenig distalwärts am Schwinger zeigt sich ein von der Mitte der abgehobenen Hypodermis nach der Chitinwand zu verlaufender Hypo- dermisstiel, zu dessen beiden Seiten jetzt ein kleines Säckchen besteht; die Chitinwand jedoch hat gleichzeitig auch nicht mehr die frühere Ge- stalt, sondern ihr mittlerer Pfeiler, zu dem der Hypodermisstiel sich begiebt, ändert sich an seinen beiden Seiten dadurch, dass zwischen ihm und dem übrigen Chitin des Schwingers sehr dünnes Chitin die Verbindung übernimmt, derart, dass er gegen die beiden Säckchen und das Säckchen, in welchem sich beide in der Tiefe vereinigen, be- weglich erscheint. Wir haben also hier die Stelle der Fig. 2 und 3 vor uns, wo c und.’ die Randader zwischen sich nehmen. Bei starker Ver- größerung erkennen wir schon in dieser Tiefe auf der Unterseite in Kammer / mit dem zweiten kleineren Nerven in Zusammenhang eine kleine vereinzelte Papille, auf die wir später in Kapitel VIII zu sprechen kommen werden. 73 Ernst Weinland, Auf dem hinteren Ende der Oberseite des Schwingers in Kam- mer /I bemerken wir zu gleicher Zeit wieder eine Verdiekung der Hypodermis und eine Vermehrung ihrer Kerne. Bald darauf sehen wir, dadurch dass sich diese verdickte Hypodermis von dem zugehöri- gen Chitin loslöst, ebenfalls einen, mit durch Boraxkarmin schwach sich färbender, etwas faseriger Masse ausgefüllten Sack entstehen, welcher sein vorderes Ende neben den eben in Kammer // beginnenden Papil- len der Platte / (basale Papillen GrAger’s) der Oberseite findet; zu dieser Platte begiebt sich der größere, weiter hinten liegende Nerv. Auch hier sind es zwei dicke Chitinplatten, welche in diesem Sack aufhören, in demselben gegen einander verschoben werden können. Etwa gleich- zeitig beginnt sich von dem hinteren Nervenstamm ein kleiner Ast nach hinten und nach der Unterseite abzusondern und nach unten und hin- ten von dem neugebildeten großen Gelenksack beginnt sich eine neue Kammer IV anzulagern, gleichzeitig sind auch noch einige Papillen an der oben erwähnten Stelle der Unterseite in Kammer / zu erkennen. Nun beginnt an der Unterseite etwas mehr nach hinten von den bis- herigen vereinzelten Papillen, aber immer noch in Kammer J ein neues Papillenfeld (die skapalen Papillen GraAser’s), welches gleichfalls mit dem vorderen Nerv in Verbindung tritt. Die beiden Säckchen sind mittlerweile sehr verkleinert worden und in gleichem Maße wie sie abnahmen, hat der Anfangs sehr schmale Chitinpfeiler der Mitte an Breite zugenommen. Die neu entstandene Kammer /V und eben so die. hasalen Papillen der Oberseite in Kammer 7] nehmen zu. Im Folgenden werden die beiden Hauptkammern, deren vordere I den kleinen Nervenstamm und deren hintere //, den größeren Ner- venstamm und die Trachee enthält, durch eine mehrschichtige Hypo- dermiswand vollständig von einander getrennt, nachdem sie eine Zeit lang kommunieirt hatten; allmählich nimmt die Kammer IV, freilich immer durch ihren Inhalt ausgefüllt, an Größe zu, und es beginnt sich in ihr ein chordotonales Organ zu entfalten. Während gleichzeitig die basale Papillenmasse der Oberseite in Kammer // ein Ende nimmt, setzt sich an dem festen Chitin zwischen ihr und dem Gelenksack ein zarter Muskel an, welcher quer durch Kammer /J und im Schwinger emporläuft, bis er sich an dessen Unterseite neben dem Ende der das chordotonale Organ enthaltenden Kammer /V festsetzt. Auf der gleichen Höhe am Schwinger mit dem Beginn des Muskels theilt sich die Kam- mer ] durch eine dünne Hypodermiswand in zwei Kammern, deren eine hintere den Nerv und die skapalen Papillen beherbergt, während die vordere Kammer V, welche den Vorderrand des Schwingers bildet, ganz frei bleibt, da die beiden Gelenksäckchen inzwischen verschwun-: Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 79 den sind. Der Gelenksack (G) neben der Platte !, welche die basalen Papillen (b.P) trägt, ist zur selben Zeit (Fig. 11) im Abnehmen begriffen und hört bald ganz auf, so dass nur noch ein von ganz dünnem Chitin überzogener Anhang, der Rest von Kammer IIT, übrig bleibt. Nun hat auch das in Kammer IV befindliche chordotonale Organ (ch) seine volle Ausbildung erlangt; es liegt dabei hinter der in Fig. 3 durch ein x be- zeichneten Stelle. Während jetzt der dünnchitinige Anhang III immer kleiner wird und das eben erwähnte Organ und mit ihm Kanal /V wie- der abnimmt, bildet sich in Kanal // an der Stelle, welche den weiter am Grunde dort vorhanden gewesenen basalen Papillen entspricht, wiederum ein Organ, das aus Papillen (skapalen Papillen Graser’s) he- steht, wie jenes in Kammer / (w.s.P), und zu ihm tritt der letzte Rest des in Kanal // verlaufenden Nervenstammes. Nachdem darauf Kam- mer /V sehr schnell einen endgültigen Abschluss erhalten und der Anhang III etwas langsamer abgenommen hat, hört endlich auch die sehr weit ausgedehnte skapale Papillenmasse auf der Oberseite in Kanal II auf, neben ihr lassen sich in dieser Höhe einige isolirte Papil- len erkennen, dieselben liegen jedoch nicht immer über dem Lumen der Kammer, sondern häufig über der Hypodermisscheidewand der beiden Kanäle. Fast auf gleicher Höhe mit den skapalen Papillen in Kammer // hören auch die der Unterseite in Kammer / auf und damit ist die letzte Spur der beiden Nervenstämme im Schwinger verschwun- den. Die Wand zwischen den Kammern / und V, welche nicht sehr stark gewesen war, verdünnt sich; Kammer / wird immer kleiner und _ verschwindet schließlich ganz, so dass nur noch zwei Kammern in dem Stiel zu finden sind. Dieser Zustand bleibt sehr lange bestehen (Fig. 12) und es befindet sich dabei in der hinteren Kammer // die Trachee (Fig. 12). Dann entsteht durch Auseinanderweichen der Hypodermis- "balken, welche die Scheidewand der beiden Kanäle bilden, eine mitt- lere neue Kammer V/, welche die Trachee enthält, dieselbe schließt sich aber bald wieder, und an ihre Stelle tritt ein schmaler, lumenloser, durch Verwachsung der sich gegenseitig nahe gegenüber liegenden Hypodermis gebildeter Verbindungsstreif zwischen den beiden Kanä- len (Fig. 13). Dieser Verbindungsstreif verbreitert sich bald und be- kommt wieder ein kleines, dem Kanal V7 entsprechendes Lumen. Zu gleicher Zeit ist eine gewisse Stellung der beiden Kanäle zu diesem mittleren Stück zu beobachten, es ist nämlich der etwas größere hin- tere Kanal // mehr nach oben gerichtet, während der kleine vordere Kanal V nach unten sieht. Beide Kanäle tragen, wie schon die Ober- flächenansicht in Kapitel V erkennen lässt, Dornen. In der Folge er- weitert sich die Kammer VJ sehr rasch und bildet eine geräumige Ss0 Ernst Weinland, Blase, die Endblase; bald hört die Trennung zwischen der Endblase und Kanal /J auf, und beide kommuniciren (Fig. 14). Nach einiger Zeit schließt sich der hintere Kanal // wieder ab, und in der Endblase hat die Trachee in einem Zellkomplex (Fig. 14) geendet, auf den wir später (in Kapitel VII) zu sprechen kommen werden. Der Vorderrandkanal V, welcher im Gegensatz zum Kanal //, der nach der Oberseite sieht, noch immer nach der Unterseite gerichtet ist, geht schließlich auch in die Blase über, während sich unterhalb von Kanal /J eine Ausbuchtung (Fig. 14. A) anlegt. Indem Kanal /I als lumenloser Chitinkamm bestehen bleibt, die Ausbuchtung immer mehr wieder verschwindet und eben so auch Kanal V abnimmt, bildet sich zum Schluss eine Art Kuppel, welche den ganzen Schwinger abschließt. So etwa ist der gewöhnliche Verlauf der Kanäle im Schwinger einer Tipula; es giebt aber dabei ziemliche Verschiedenheiten, von denen wir hier kurz noch einige erwähnen wollen. Es kann ein Kanal, z. B. besonders Kanal V/, statt auf dem Querschnitt eine deutliche Kammer zu bilden, von Bälkchen (d.h. in der Mitte zusammengewach- senen Hypodermiszellen) unregelmäßig durchzogen sein, bis zu dem Grade, dass eine Höhlung im Inneren desselben vollständig fehlt. Dann kommt es vor, dass sich Kanal // erst sehr weit oben (distal) in der Blase wieder zu schließen beginnt und nie wieder ganz geschlossen wird; immer aber öffnet sich Kanal // proximal von Kanal V, welcher sich danach manchmal, nämlich wenn Kanal // sich etwas später öffnet, erst sehr nahe am Ende des Köpfchens öffnen kann, eben so wie ersich _ manchmal schon sehr frühe öffnet, nie aber schließt sich Kanal V wie- der, nachdem er sich einmal in die Endblase geöffnet hat. Auch die Ausbuchtung ist recht verschieden stark ausgebildet, bald lumenlos als Kamm, bald mit Lumen erscheinend. Auch Kanal 7/ verliert, nachdem er sich wieder von der Blase abgeschlossen hat, häufig sein Lumen. Ferner kann an der Schlusskuppel anstatt einer einfachen Wölbung oben ein Theil durch eine Falte von der übrigen Blase etwas geschie- den werden und früher zu Ende gehen als der übrige Theil der Blase. Einen Unterschied in dem Bau des Schwingers bei den verschiedenen Tipula-Arten konnte ich nicht wahrnehmen. Betrachten wir den Schwinger von Leptis scolopacea (Fig. 15 bis 18) im Anschluss an den von Tipula, so finden wir, dass auch hier derselbe mit drei Kammern beginnt, welche jedoch getrennt bleiben; im Ganzen ist er dem von Tipula ähnlich gebaut. Wir finden wieder die beiden Säckchen am Vorderrand, doch sind dieselben etwas weniger deutlich, ferner, aber um ein Beträchtliches stärker den Muskel (M, Fig. 15), der an der Oberseite, wie bei Tipula an dem festen Chitin. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. s1 zwischen den basalen Papillen (d.P in Fig. 15) und dem Gelenksack (G in Fig. 15) in Kanal 7/7 emporzieht und an der Unterseite des Schwingers an der Wand dieses Kanals // in gleicher Höhe am Schwin- ger mit oder auch ein wenig distal von dem Ende des chordotonalen Organs endet; wir finden außerdem in Kammer I/ (Fig. 15 0.H.P) eine weitere Art von Papillen zwischen den sog. basalen und der vorderen Randkammer V. Die Trachee, welche sich wieder, wie bei Tipula, in Kanal 7/ findet, ist oft zweigetheilt. Der Anhang I/T, welcher lange Zeit aus dünnem Chitin hergestellt ist und ziemlich unregelmäßige Formen annimmt, ist etwas stärker ausgebildet als bei Tipula und geht mit auf den Stiel über als Randkammer /I/, so dass also der Stiel (Fig. 16) aus drei Kammern besteht, deren vorderste Kammer V gleich ist der näm- lichen (V) bei Tipula. Die mittlere Kammer entsteht durch Verschmel- zung der Kammern // und I nachdem die skapalen Papillen ein Ende genommen haben, dies tritt eben so wie ihr Beginnen auf Ober- und Unterseite (Fig. 15 u.s.P) jeweils fast in gleicher Entfernung vom Grunde des Schwingers ein. Diese Kammer enthält wie die entsprechende bei Tipula die Trachee. Das chordotonale Organ (ch in Fig. 15), der ihm gegenüberliegende Gelenksack und die beiden Gelenksäckchen am Grunde von Kanal V sind nicht wesentlich verschieden. Die Kammer IV, welche das chordotonale Organ enthält, hört, wie bei Tipula, direkt mit demselben auf, ohne in eine andere überzugehen. Der im Vergleich zu Tipula sehr viel kürzere Stiel verbreitert sich distal wieder, indem Kanal V und Kanal // mehr aus einander rücken, wobei eine ziemlich breite Hypodermiswand zwischen sie tritt und Kanal V sich sehr ver- schmälert und in die Länge zieht; zu gleicher Zeit wird die Trennung zwischen den ebenfalls vergrößerten Kanälen // und I/II fast aufge- hoben. Bald darauf ist die Höhlung von Kanal V nicht mehr zu sehen, die Trennungswand zwischen /J und IJ/ wird wieder stärker und ver- breitert sich rasch in den tracheenhaltigen Kanal // hinein, denselben mehr oder weniger, oft fast vollständig, durch eine ihn quer über- spannende Hypodermiswand schließend (Fig. 17); der hintere Rand- kanal /I/I bleibt dabei offen, und der vordere Randkanal V, der sich wieder, wenn auch fürs Erste nur wenig, zu öffnen beginnt, lässt keine Trennung von den Überresten des Kanal // wahrnehmen. Gleichzeitig ist eine Stellung der verschiedenen Theile zu einander eingetreten, welche der bei Tipula erwähnten im Großen und Ganzen entspricht; es ist nämlich der hintere Randkanal /II nach der Oberseite, der vor- dere, wenn er auch mehr der Mittelkammer zu nach der Oberseite ge- ‚wendet ist, doch außen, mit seinem Ende nach der Unterseite gerichtet. Sehr bald verschwindet die schief von hinten distalwärts und nach Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. | 6 82 Ernst Weinland, vorn verlaufende den Boden der Endblase bildende Hypodermiswand wieder. Der Vorderrandkanal V wird fürs Erste wieder selbständig, dann mündet zuerst der Hinterrandkanal //T, und erst nach ihm Kanal V in die Endblase ein, eben so wie bei Tipula. Die Kanäle gehen jedoch nicht vollständig in derselben auf, sondern bleiben als Anhänge mit und ohne Lumen noch bis zum Ende der Blase bestehen (Fig. 18), und außerdem bildet sich auf der Unterseite der Blase neben dem Vorder- randkanal V ein kleiner, manchmal ziemlich abgeschlossener Anhang (Fig. 18 A), der wohl der bei Tipula neben Kanal // sich bildenden Aus- buchtung entsprechen dürfte, um so mehr als er, je mehr wir dem Ende des Köpfchen nahe kommen, immer mehr nach dieser hinteren Seite hinüberrückt. Das Ende der Blase kann eine einfache Kuppel bilden, oder auch ähnlich dem, was bei Tipula erwähnt wurde, z.B. so gebildet sein, dass zuerst ziemlich plötzlich das obere hintere Vier- tel der Blase mit dem Rest von Kanal /I// seinen Abschluss findet und eine ziemlich schmale langgestreckte Blase übrig bleibt, welche zudem durch eine Einschnürung in zwei Theile getheilt erscheint. Das Ende dieser beiden Theile ist gleichzeitig. Die bei Tipula erwähnte Bildung eines spinnwebähnlichen Gebälkes fand ich auch bei Leptis, besonders im hinteren Randkanal /// reichlich, so dass es denselben stellenweise ziemlich unwegsam machte. In der Blase befindet sich ebenfalls wie bei Tipula ein Zellhaufen, in welchen die Trachee führt. Bei Empis tesselata var. livida ist zu bemerken, dass im Stiel der hintere Randkanal /// mit dem tracheenhaltigen Mittelkanal /7 ver- schmilzt, was auch bei Dioctria rufipes und Asilus pallipes, welche im Übrigen Leptis ebenfalls nahe stehen, der Fall ist. Sonst ist die An- ordnung der Kammern am Grunde der bei Tipula ähnlich, bei Dioctria ist der Muskel mäßig, bei Asilus stark. Betrachten wir als dritten Schwinger noch den von Caliphora erythrocephala (Fig. 19—22), welche ich ihrer beträchtlichen Größe wegen der Stubenfliege in diesem Falle vorgezogen habe! Die dabei zu erwähnenden Verschiedenheiten haben ihren Grund besonders darin, dass alle Theile des Schwingers sehr nahe zusammengedrängt sind, was ein Vergleich von Fig. 11, 45 und 19 wohl erkennen lässt. Wir finden beim Beginn des Schwingers wie sonst drei getrennte Kammern, zwischen deren erste und zweite eine Zeit lang eine dicke Chitinleiste tritt. Aus der ersten Kammer bezw. dem Kanal /, welcher den kleineren der in den Schwinger eintretenden Nervenstämme ent- hält, heraus bildet sich, ohne dass es mir gelungen wäre zwei Gelenk- säckchen wie bei Leptis, Tipula und nahestehenden Formen wahrzu- nehmen, die lange Zeit sehr unbedeutende Anlage von dem Vorder-. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 83 randkanal V, welcher sogar oft eine Zeit lang lumenlos ist. In Kanal / finden sich die skapalen Papillen der Unterseite (Fig. 19 u.s.P). Kanal /T, welcher ganz an seinem Grunde die basalen Papillen (Fig. 19 b.P) der Oberseite besitzt und eben so wie zu diesem auch zu dem chordotonalen Organ (Fig. 19 ch) von dem ihm zugehörigen Nerven- stämmchen Fasern abgiebt, ist lange Zeit von Kanal /und auch von Kanal I/J/ nur andeutungsweise oder gar nicht geschieden. Auch das chordotonale Organ, welches hinter dem distalen Theil des Chitin- stückes b in Fig. 9 liegt, ist nur sehr schwach von der Kammer // ge- trennt. Der dem chordotonalen Organ nach der Oberseite zu gegen- überliegende Gelenksack (Fig. 19 G) ist, wie dieses selbst, in seiner Lage im Vergleich mit Leptis nicht wesentlich verändert. Auch der nicht sehr starke Muskel (Fig. 19 M), welcher von seiner Befestigungs- stelle an der Platte ! zwischen dem Gelenksack und den basalen Papil- len im Schwinger empor zur Gegenseite der Kammer I] führt, wobei er zugleich die Abtrennung des chordotonalen Organs verstärkt, ist demjenigen bei Leptis noch so ziemlich gleich. Die skapalen Papillen beginnen auf der Oberseite in Kanal // neben dem Ende der basalen Papillen, auf der Unterseite in Kanal /, nachdem sich von demselben Kanal V abgesondert hat, und finden sich beiderseits in etwa gleicher Ausdehnung und Entfernung vom Grunde des Schwingers (Fig. 19). Die Deutung der verschiedenen Kammern wird bei Caliphora und Verwandten noch, abgesehen von der verhältnismäßigen, in Kapitel IV besprochenen Kleinheit des ganzen und also auch der sämmtlichen Theile, dadurch erschwert, dass häufig die Vorderrandkammer V, welche eben so wie z. B. bei Leptis, stark nach der Oberseite gebogen ist, mit derselben, d.h. also mit der oberen Wand von Kanal // zum Theil verwächst, wodurch auf manchen Schnitten eine von Chitin umschlos- sene Höhle (Fig. 19) gebildet wird, welche gerade bei dem Beginn der skapalen Papillen der Oberseite (Fig. 19 0.5.P) sich findet und die am nächsten beim Grunde des Schwingers liegenden derselben demnach einschließt. Dabei kann der äußerste Theil von Kanal V als lumenloser Fortsatz noch frei bleiben und die Verwachsung erst weiter innen an Kanal V eintreten. Kanal 1/// ist nie von beträchtlicher Größe, aber, wie immer, sehr verschieden gestaltet: bald einen frei hervorstehen- den Fortsatz bildend, bald eng, bald weit, bald durch Hypodermisbalken und begleitendes Chitin in zwei Theile getheilt, meistens aber mit Lumen. Allmählich bildet sich in gleichem Schritt mit der Abnahme der Papillen eine Vereinfachung der Kanäle, und zuletzt bleiben im Stiel nach Verschmelzung des tracheenhaltigen Mittelkanals IZ, des Kanals I 6* 84 Ernst Weinland, und des Hinterrandkanals /// nur noch zwei Kanäle übrig: der Vorder- randkanal V und der nun Hinterrandkanal zu nennende Kanal 7]; der letztere enthält, wie zu erwarten ist, die Trachee, während Kanal V an seiner Vorderseite etwas längere Haare besitzt (Fig. 8, 9 und 20). Der Stiel ändert sich aber bald wieder, indem besonders die Kammer IT zunimmt und dann ziemlich plötzlich und schnell die, die beiden Kanäle trennende, kurz vorher fast fehlende, Hypodermiswand sich sehr verbreitert und damit den Boden für die Endblase herstellt. Zu bei- den Seiten dieser auf der Unterseite breiter als auf der Oberseite er- scheinenden etwa wagerechten Hypodermiswand (Fig. 21) bleiben Kanäle frei, über die Mitte der Wand sieht man meistens eine Trachee quer von vorn nach hinten verlaufen. Außerdem ist die Stelle der Oberseite, an welcher die Hypodermiswand festsitzt, ziemlich tief nach innen gezogen, so dass also auf der Außenseite bei Oberflächenansicht - eine etwa horizontale Furche zu sehen ist, ferner ist die letzte Andeu- tung von Kanal V durch eine weitere Furche auf der Oberseite bewirkt. Sehr bald verschwindet der Boden der Blase, welche schon in dieser Höhe Anfänge des Zellhaufens, in den die Trachee ausmündet, enthalten kann, höchstens der hintere Theil der den Boden bildenden Hypoder- miswand bleibt noch eine kurze Zeit bestehen. Die Größe der Blase nimmt nun noch eine Zeit lang zu, die eine Furche, welche die letzte Andeutung von Kanal V erzeugt, hleibt sich gleich und läuft am Vorder- rand der Blase in die Höhe (Fig. 8), neben ihr nach der Unterseite zu ist manchmal durch eine weitere Furche die Andeutung eines »An- hangs« hervorgebracht. Etwas nach dem Aufhören der den horizonta- len Boden der Blase bildenden Hypodermiswand beginnt nun auf der Unterseite ein durch eine Hypodermiswand abgegrenzter Kanal, der meistens mit Lumen versehen ist, hier und da aber stellenweise das- selbe entbehren kann. Während dieser Kanal der Kuppel sich nähert, kommt demselben von der Decke her eine Furche entgegen, welche einen schmalen unteren Streifen von der Endblase abtrennt. Dieser Streifen nun ist sehr verschieden stark ausgebildet, bald ist er nur als lumenloser Fortsatz des ebenfalls von der Blase losgetrennten Kanals nach hinten und distalwärts vorhanden und geht etwas weiter proxi- mal in die Falte über, welche auf der Vorderseite durch den Hypo- dermiswandboden der Blase gebildet wird, bald hat der Striemen nach vorn zu ein mit der Blase zusammenhängendes Lumen (Fig. 22), wel- ches sich mit dem des Kanals vereinigen kann, dann kann der Striemen eben so nach der anderen Seite sich fortsetzen, und auch dort kann derselbe ein Lumen haben, welches proximal in die Blase und distal in den Kanal übergehen kann. Dass der im Köpfchen angelegte neue . Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 55 Kanal dem Kanal // der anderen Formen (Tipula, Leptis ete.) entspricht, scheint mir sehr wahrscheinlich. Bei Musca domestica, welche ich ebenfalls untersuchte, fand ich keine erheblichen Unterschiede von Caliphora. Was die Darstellung von Lex (20) betrifft, so ist dieselbe nur zum Theil zutreffend, die großen Schwankungen, die sich gerade in Be- - ziehung auf die Bildung des Köpfchens unter den Exemplaren dersel- ben Art finden, machen in diesem Fall die Untersuchung, die schon ohnehin bei Caliphora nicht gerade leicht ist, noch um ein Beträcht- liches verwickelter. Lex ist der Ansicht, dass die in Fig. 21 abgebildete Hypodermiswand, welche den Boden der Endblase bildet, schnecken- förmig gewunden ist, entsprechend der hinteren Furche in Fig. 8 und 9, und dass sie so das Innere der Endblase in zwei Kammern theilt. Be- merkt sei noch, dass die Behauptung Ler's (20, p. 368), nach welcher der Schwingernerv sich bei Caliphora vomitoria erst im Inneren des Schwingers theilen soll, meinen Beobachtungen an Caliphora erythro- cephala widerspricht. VII. Von dem Inhalt der Kanäle und der Endblase. Im Inneren der Kanäle und in der Endblase befindet sich, abge- sehen von den Nervenendapparaten (auf welche im nächsten Kapitel die Rede kommen wird), so lange das Thier lebt, Blutflüssigkeit; stirbt das Thier, so schrumpft die Endblase ziemlich schnell zusammen, wenn der Thorax nicht durch Zufuhr der nöthigen Flüssigkeitsmenge vor dem Vertrocknen geschützt wird (siehe Kapitel I). Das Blut enthält Blutkörperchen, welche etwas rundlich, bei Caliphora erythrocephala (Fig. 27) einen Durchmesser von 9 u haben; der verhältnismäßig große rundliche Kern, in dessen Innerem Kernkörperchen zu sehen sind, hatte einen Durchmesser von 4,5 u. Diese Blutkörperchen finden sich sowohl in der Endblase als in den Kanälen. Das Blut tritt ein durch die in den Kanälen trotz der Nervenstämmchen freibleibenden Wege, welche zu den Thoraxbluträumen führen. Die kleinen Zellen, welche Lee (20, p. 390) im Inneren der von ihm so genannten unteren Kammer, welche dem unter dem Boden der End- blase befindlichen, also durch das Ende der Kanäle gebildeten Raume entspricht, scheinen mir hierher zu gehören, sie sind meistens ein- kernig isolirt, rundlich, auch der Größe nach (Lex, Fig. 18 und 21) stimmen sie wohl zu dieser naheliegenden Annahme. Die Ler’'sche Auffassung, dass diese kleinen Zellen Embryonalstadien der in der oberen Kammer sich befindenden Zellen seien, scheint mir keine ge- nügende Erklärung zu geben. 86 Ernst Weinland, Die bis zum Boden der Endblase ziemlich starke Trachee geht in derselben, abgesehen von einigen kleinen Ästehen zur Hypodermis, welche ich quer durch die Endblase verlaufen sah (Leptis, Caliphora), in einen Haufen großer Zellen über, welcher bei und auch innerhalb der verschiedenen Arten sehr verschieden gestaltet ist. Bei Tipula bildet derselbe eine, frei in der im Köpfchen befindlichen Blutflüssig- keit liegende Hohlkugel mit verschieden vielen Öffnungen an verschie- denen Stellen. Bei schwacher Vergrößerung erinnert das Bild auf dem Querschnitt an ein von sehr großen Zellen gebildetes Epithel, dasselbe erweist sich aber bei starker Vergrößerung als ziemlich regellos an den verschiedenen Stellen aus einer, zwei oder mehr Schichten zusammen- gesetzt. Bald befindet sich dieser im Querschnitt einen unregelmäßigen häufig unterbrochenen Ring darstellende Haufen nur in der Blase, bald reicht er noch in den einen oder den anderen der Randkanäle herein (Fig. 14); bald auch löst sich die Hohlkugel in mehrere Klumpen auf; bald ist sie oben geschlossen, bald offen, kurz, sie kann fast jede Ge- stalt annehmen und auch ihre Größe ist sehr verschieden. Eben so unregelmäßig ist dieselbe bei Leptis (Fig. 18), Asilus u. a., nur ist die Ringform dort weniger häufig. Bei Musca, Galiphora (Fig. 22) endlich fehlt dieselbe fast gänzlich und es bleibt nichts übrig als ein regel- loser Zellhaufen von sehr wechselnder Ausdehnung, welche mit der Größe der Trachee Hand in Hand geht, mit unregelmäßigen Lücken, in welchen sich manchmal Blutkörperchen befinden; auch in den sich von der Blase abtrennenden Kanal und die durch die Furche begrenzte Höhlung kann der Zellhaufen hereinreichen. Einige der Zellen können sogar noch durch die vordere oder hintere Öffnung (siehe oben in Kapitel VI) am Boden der Endblase in das Ende der Randkanäle her- einhängen. | Einmal, im Köpfchen einer Tipula paludosa (?) konnte ich von diesen Zellen keine Spur entdecken; die Trachee führte in diesem Fall zu der stark verdickten Hypodermis der Endblase. Was nun die Zellen selbst betrifft, so sind sie vor Allem von sehr beträchtlicher Größe. Bei Tipula paludosa (?) (Fig. 23) betrug die Länge 28—146 u, die Breite meist 23 u, bei Leptis scolopacea (Fig. 24) waren die Zellen durchschnittlich 37 u lang, die Breite betrug bis 32 u, bei Galiphora erythrocephala (Fig. 26) betrug die Länge 32—44 u, die Breite 23—28 u, bei Asilus pallipes (Fig. 24) betrug die Länge sogar bis 103 uw bei einer Breite von bis zu 51 u! Bezeichnend für die Zellen ist ferner die deutlich hervortretende Zellhaut, die sie umgiebt und die sehr oft lebhaft gewellt ist (siehe bes. Fig. 24 und 25). Meistens sind diese Zellen einkernig, selten, so. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 87 z. B. bei Caliphora zweikernig. Zellen mit mehr als zwei Kernen sah ich nie, doch sollen die Kerne nach Lee (20, p. 390) bei Caliphora vomi- toria bis zu zwölf und mehr in einer Zelle auftreten! Der Kern ist umgeben, jedoch überall deutlich abgesetzt, von einer verschieden großen Menge von Protoplasma, welches aber nie, auch nicht bei den an Protoplasma verhältnismäßig sehr reichen Zellen von Asilus, die von der Zellhaut gebildeten Grenzen ausfüllt, sondern mehr oder weniger große Vacuolen, welche Lee (20, p. 390) für Caliphora vomi- toria sehr gut beschreibt, übrig lässt, so dass im äußersten Fall (Cali- phora, Fig. 26) nur noch einige zarte Protoplasmabrücken übrig bleiben, welche vom Kern zur Zellhaut führen und auch die Kerne unter sich verbinden. Der übrige Inhalt der Zelle ist glashell. Bei Tipula und Caliphora liegen die Kerns nicht der Wand der Zelle an und sind dem entsprechend rundlich; bei Caliphora liegen sie ungefähr in der Mitte, bei Tipula dem Rande ziemlich nahe. Bei Asilus und Leptis aber liegen die Kerne, und zwar beim ersteren immer, bei der letzteren fast immer der Zellhaut an und haben dem zufolge eine etwas andere Gestalt. Bei Asilus sind sie nämlich langgestreckt, während sie bei Leptis sehr häufig einer Einbuchtung der Wand anliegend (Fig. 24), dieser sich genau an- schmiegen und dann nach innen auf dieser Stelle der Wand als Grund- linie einen mehr oder weniger abgestumpften Kegel bilden. Ihre Lage ist dabei nicht der freien, von Blut umgebenen Seite der Zelle, sondern der daneben liegenden Zelle zugekehrt, so dass man an eine Aufgabe der Kerne, die mit ihrer Lage am Rande in Zusammenhang stehen könnte, kaum denken darf. Der Durchmesser der Kerne betrug bei Tipula paludosa (?) 6—7 u, bei Caliphora 8 u, bei Leptis fand ich den Kern bis 9 u lang, bei Asilus, dessen Zellen unter den von mir untersuchten die größten waren, sogar bis 16 u. Im Kern, dessen Chromatinbestandtheile sich mit Boraxkarmin stark färben, befindet sich ein, selten zwei rundliche Kernkörper; ein- mal, bei Asilus sah ich (Fig. 25) in dem Kern außerdem noch ein kleines homogen gefärbtes Bläschen. Das Kernkörperchen hatte bei Caliphora einen Durchmesser von 2,3 u. Boızzs Lee, welcher die Zellen bei Caliphora (20, p. 389 ff.) aus- führlich beschreibt, fand ebenfalls, dass dieselben aus den Tracheen hervorgehen, »an welchen sie gewissermaßen aufgehängt sind«, und führt dieselben wohl mit Recht auf die von Werısmann (37) in der Larve der Dipteren beschriebenen »guirlandenförmigen Zellstränge « zurück. Auch die Wellenlinien, welche die Zellhaut bildet und die auffallende Anlagerung der Kerne an dieselbe bei Leptis weisen auf den Ursprung dieser Zellen aus Tracheen hin. 88 Ernst Weinland, Ob die Zellen selbst eine bestimmte Aufgabe haben, scheint mir in Anbetracht ihrer sehr verschieden starken Ausbildung, welche manchmal einen Blutumlauf im Köpfchen fast unmöglich macht, wäh- rend das andere Mal nichts oder fast nichts von diesen Gebilden zu sehen ist, ferner in Erinnerung an ihre sehr verschiedene Gruppirung, eben so wie Borzzs Ler, welcher der wohl richtigen Ansicht ist, dass sie in fetthaltige Zellen sich umwandeln, sehr unwahrscheinlich. Ob aber dieser Zellhaufen für den Schwinger nicht doch eine Bedeutung hat, darauf werden wir später zurückkommen. Der Grund des Vorhandenseins dieses Zellhaufens liegt vielleicht in der im Vergleich zum Flügel sehr geringen Größe des Schwingers, welche ein Auswachsen der in denselben eintretenden Trachee, wie es im Flügel vor sich geht, unmöglich macht. VIII. Von den Nervenendapparaten im Schwinger. Bei der Besprechung der im Inneren des Schwingers vorhandenen Kanäle fanden wir, dass die Nerven an verschiedenen Stellen im Fuß - desselben ihr Ende erreichen. Vier solcher Stellen, welche sich durch ihre bedeutendere Ausdehnung auszeichneten, haben wir besonders erwähnt, nämlich: 4) Eine Stelle, bei der die den Nervenendapparat nach außen ab- schließende Chitindecke nicht in bestimmter Weise gekennzeichnet ist, dieselbe befindet sich auf der Unterseite des Schwingers. Bei Musca und Eristalis (Fig. 7 und 9) ist es der mehr distal liegende Theil der Platte 5; bei Tipula und Leptis auf Fig. 3 und 5 ist die Stelle durch das Zeichen X hervorgehoben, im Querschnitt ist die Stelle zu Bann auf Fig. 11, 15 und 49 ch. 2) Bine Stelle, welche bei der Ansicht von der Oberfläche durch bestimmte Bildungen der Chitindecke kenntlich ist, und an der Ober- seite des Schwingers, nahe beim Grunde desselben, liegt, daher von Gräser basale Platte genannt wurde; sie ist (in Kapitel V) als Platte / bezeichnet und auf Fig. 2, 4, 6, 8 in der Oberflächenansicht zu sehen. Auf Fig. 41 (Tipula), 75 (Leptis) und 19 (Caliphora) ist die Platte (b. P) im Querschnitt getroffen. 3) und 4) Zwei weitere Platten auf der Ober- und Unterseite etwas distal von der basalen Platte, daher von GrAger skapale Platten ge- nannt. Beide sind ebenfalls von außen durch Chitinbildungen bezeich- net. In der Oberflächenansicht sind sie zu sehen auf Fig. 2—9 o.s.P und w.s.P, und im Querschnitt, bei Leptis und Tipula jedoch nur auf der Unterseite, auf Fig. 11, 15 und 19 (o.s.P und u.s.P). Außer diesen leicht zu findenden Stellen zeigen sich aber bei. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. Sg | genauer Prüfung noch die folgenden durch Chitinbildungen bezeichneten Stellen, zu welchen ebenfalls Fasern von den beiden Nervenstämmen sich begeben, und zwar: | 5) Eine kleine Gruppe von Papillen auf der Oberseite, welche sich neben der basalen Platte befindet, jedoch von derselben getrennt ist. In Oberflächenansicht ist sie zu sehen auf Fig. 4, 6 und 8 (0.H.P) bei Leptis, Eristalis, Musca. Dieselbe scheint bei Tipula zu fehlen, auf dem Querschnitt ist die Gruppe auf Fig. 15 (0.4.P) bei Leptis getroffen und wurde im vorletzten Kapitel kurz erwähnt. Der Einzige, der sie meines Wissens bisher beobachtete, ist Hıcks (13). 6) Eine kleine Anzahl einzelner Papillen, ebenfalls auf der Ober- seite, in der Vertiefung zwischen der Vorderrandader und der skapa- len Platte. Diese Gruppe reicht manchmal distal noch etwas über diese skapale Platte heraus, sie wurde bei Tipula in Kapitel VI erwähnt und ist zu sehen in Fig. 2 (Tipula). Auch diese Gruppe hat bisher nur Hıcks, und zwar bei Tabanus erwähnt. 7) Eine kleine Gruppe nahe beisammen liegender Papillen, tief am Grunde der Unterseite am hinteren Rand des Stückes c gegen das Stück 5b hin; dieselbe wurde im vorigen Kapitel bei Tipula kurz erwähnt, sie ist in der Oberflächenansicht zu sehen auf Fig. 3 (w.H.P, Tipula). Hicks war wahrscheinlich auch diese Gruppe, und zwar bei Tipula, schon bekannt. Von diesen sieben Stellen ist die erste auffallend durch das Fehlen jedweden äußeren Kennzeichens, ihre Untersuchung lässt klar erken- nen, was Lee (20, p. 368 ff.) über sie sagt, nämlich, dass hier unter dem Chitin ein chordotonales mononematisches Organ verborgen liegt; eine genauere Untersuchung derselben habe ich nicht vorgenommen. Das Organ ist bei allen von mir untersuchten Arten, und zwar immer an der nämlichen Stelle, nämlich hinter dem in Kapitel VI erwähn- ten Gelenksack vorhanden. Die von Leynis (22) und GraBer (12) bei den von ihnen untersuchten Dipteren (Musca, Eristalis etc.) gefundenen Hörstifte rühren von diesem Organ her. Die sechs übrigen der erwähnten Stellen sind in ihrem feineren Bau zum Theil beträchtlich verschieden, und es scheint mir desshalb nöthig die verschiedenen Formen einzeln zu behandeln: 4)-Die zwei skapalen Platten (Fig. 28, 30—32, 34, 35, 37 0.s.P und u.s.P) lösen sich bei mittlerer (etwa 300 facher) Vergrößerung in eine Anzahl einzelner kleiner Papillen auf, welche bei Tipula (Fig. 28 und 30) von einander vollständig getrennt, bei anderen Formen, so z. B. besonders bei den Museiden (Fig. 31 und 32), vollständig an ihren Seiten mit einander verwachsen sind. Die einzelnen Papillen 90 Ernst Weinland, der beiden Platten eines Schwingers sind unter einander vollstän- dig gleich. Die Anzahl der Papillen betrug auf der Oberseite bei Tipula vernalis 55—70, bei Leptis vitripennis 172—173, bei Empis tesselata 135, bei Eristalis tenax 123—145, bei Leria serrata 49—59 (?); auf der Unterseite zählte ich bei Tipula 53—59, bei Eristalis tenax 112 — 116 Papillen. Es ist also die Zahl der Papillen auf der nämlichen Seite, bei der nämlichen Art keine feste, sondern schwankt um ein Beträchtliches. Auch bei den beiden Schwingern einer und derselben Fliege ist, wie ich beobachtete, die Zahl der Papillen nicht ganz gleich. Eben so ist die Anzahl derselben an der Unterseite und Oberseite bei der näm- lichen Art eine verschiedene, und zwar war in den Fällen, in welchen ich die Papillen auf beiden ‚Seiten zählte (siehe die vorhergehenden Angaben), oder, weil dies aus einem weiter unten folgenden Grunde sehr schwer war, durch Abschätzen die Zahl der Papillen annähernd zu bestimmen suchte, auf der Oberseite die Zahl der Papillen etwas größer als auf der Unterseite. Am größten ist jedoch die Verschieden- heit der Papillenzahl bei den verschiedenen Arten; Leria z. B. hat auf der Oberseite nicht den dritten Theil der Papillen, welche bei Leptis dort zu finden sind. Jedenfalls ist die Ursache dieser Verschiedenheit nicht allein in den Größenunterschieden der Schwinger oder der verschiedenen Formen zu suchen; vielleicht hat die Größe, da ja z. B. Tipula und Leria auf der Oberseite etwa gleich viel Papillen besitzen, sogar hierbei fast gar nichts zu sagen. Ein weiterer Unterschied scheint zwischen der Richtung der einzelnen Papillen, und zwar besonders denen der Oberseite zu be- stehen, es befindet sich nämlich in der Mitte jeder Papille ein von parallelen Rändern begrenzter Spalt, und die Richtung dieses Spaltes ist es, welche bei den verschiedenen Papillen eines Schwin- gers verschieden zur Längsachse desselben gestellt erscheint. Während derselbe nämlich bei allen Papillen der Unterseite ziemlich die gleiche Richtung hat, und zwar ist er parallel zur Längsachse des Schwingers gestellt, scheint dies bei den Papillen der Oberseite nicht immer der Fall zu sein. Wir sehen nämlich den Spalt nur in den näher dem Stiel, d. h. mehr in der Höhe liegenden Papillen etwa gleich mit der Schwingerlängsachse laufen; bei den mehr in der Tiefe befindlichen Papillen aber scheint der Spalt, in der Oberflächenansicht gesehen, einen verschieden starken Winkel zu der Längsachse des Schwingers zu bilden. Bei Tipula (Fig. 28), wo alle Papillen von ein- ander getrennt sind, liegen diese fast quer gerichteten, der Zahl nach - Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 91 (14—16) gegen die anderen (k3—54) meist schwächeren Papillen in der Mitte, an einer steil abfallenden Wand zwischen zwei aus einander gehenden Schenkeln, welche von den anders gerichteten Papillen ge- bildet werden. Auch in diesen beiden Schenkeln sind die Spaltrich- tungen beträchtlich von einander verschieden. Doch gehen die Rich- tungen in der Höhe, da, wo sich die beiden Schenkel vereinigen, in einander über (Fig. 28). Bei den Arten (Fig. 31, 35, Eristalis, Leria), bei welchen die Papillen in mehr oder weniger deutliche Reihen (siehe unten) geordnet sind, weichen ebenfalls die näher beim Grunde des Schwingers liegenden Reihen mit der Richtung ihrer Spalten beträcht- lich von der Längsachse des Schwingers ab, und winden sich zugleich an ihrem Ende um die Ader, die sie trägt, herum (Fig. 31). In den höheren Reihen ist ein Abweichen der Spaltrichtungen von der Längs- achse nicht zu bemerken. Diese scheinbare Verschiedenheit in der Richtung der Papillen, bezw. ihrer Spaltöffnungen, hat ihren Grund darin, dass der Fuß des Schwingers nach dem Stiel zu an Durchmesser abnimmt, dadurch wird die Fläche, welche die Papillen trägt, zur Längsachse des Schwingers geneigt und die Höhenachse der einzelnen Papillen steht in Folge dessen nicht senkrecht zur Längsachse des Schwingers, sondern bildet nach der Tiefe zu einen spitzen Winkel mit derselben. Diese Thatsache hat nun bei den Papillen, welche in der Mitte eines solchen nach oben mit der Längsachse konvergirenden Feldes liegen, besonders wenn dieses, wie dies bei dem Papillenfelde der Unterseite der Fall ist, nicht sehr geneigt ist, für die Oberflächenansicht kaum eine sichtbare Wir- kung. Sehr deutlich wird dieselbe aber, wenn, wie z. B. auf der Ober- seite von Tipula (Fig. 28) die skapale Platte im Ganzen lebhaft geneigt ist, ferner, wenn die Papillen, wie bei Leptis, Eristalis, Leria (Fig. 31, 35, 37) auf der,Oberseite am Grunde des skapalen Feldes zu sehen ist, auf die Seite der plötzlich vielstärker geneigten Platte treten, dann scheint die Richtung des Spaltes, besonders wenn, wie bei Kali- laugepräparaten, nach welchen Fig. 233—37 gezeichnet sind, der Schwin- ger etwas platt gedrückt ist, deutlich von der der Schwingerlängsachse abzuweichen; ähnlich ist das Verhalten der »quergestellten« Papillen bei Tipula (Fig. 28), auch dort liegen die Papillen an einer, diesmal sehr stark nach innen und nach der Tiefe geneigten Wand. Eine andere Verschiedenheit unter den einzelnen Papillen entsteht dadurch, dass die Chitinplatte, in welche dieselben eingefügt sind, stark gewölbt ist (z. B. bei Leria Fig. 31), wie auch auf dem Quer- schnitt (Fig. 11, 15 und 19) zu sehen ist. Dies ist sowohl auf der Ober- seite wie auf der Unterseite der Fall, und eine praktische Folge davon 92 Ernst Weinland, ist, dass die Papillen, und zwar besonders die der Unterseite, sehr schwer zu zählen sind. In Folge dieser Wölbung des Chitins nun wer- den die Höhenachsen bei den einzelnen Papillen auf dem nämlichen Querschnitt nicht parallel laufen, sondern im Inneren des Schwingers unter verschiedenen Winkeln sich schneiden. Die Platte der Oberseite fand ich bei Tipula ven Brei eu... 76—84 uu. lang 126—132 u Die Platte der Oberseite fand ich bei Leptis yımpehreit 0 SB... 53»9» .» 280—296 » Die Platte der Oberseite fand ich bei Empis Breit. 0.000 2 2 ee PER 210 » Die Platte der Oberseite fand ich bei Eri- stalss hreit. ...- Sum 9-62 3 > 37 ae 03 Die Platte der Oberseite fand ich bei Leria Breite. N 28—36 » » » 771—83 » Die Platte der Unterseite fand ich bei Tipula- vera Drei. nr 220 0. 34—42»» » 14182—196 » Die Platte der Unterseite fand ich bei Eri- stauıschrei.t. 2 een 415 —50»» » 474-490 » Die Angaben über die Breite haben ziemlich wenig Werth, da die Wölbung der Chitinplatte bei den verschiedenen Arten eine verschie- den starke ist. Bei Tipula ist die Platte der Unterseite (Fig. 30) gegen- über der der Oberseite auffallend schmal, die Länge ist, wenn sie auch häufig im Verhältnis der Anzahl der Papillen sich ändert, doch manch- mal auch durch andere Ursachen beeinflusst, so z. B. bei Tipula, wo die geringere Zahl der Papillen der Unterseite auf eine viel größere Strecke vertheilt ist, als die größere der Oberseite, dann bei Leria, bei welcher fast die gleiche Zahl der Papillen wie auf der Oberseite von Tipula auf weniger als die Hälfte der Ausdehnung in die Länge zu- sammengerückt ist. Der Grund mag im letzten Fall zum Theil in der Kleinheit der Schwinger liegen. Die Entfernung des Plattenanfanges am Grunde vom Anfang der Chitinplatte c auf der Unterseite, und c’ auf der Oberseite, welche zwar etwas oberhalb des Anfangs des Schwingers liegt, aber doch bei einer solchen Messung sehr empfehlenswerth ist, besonders da sie von beiden Seiten zu sehen ist, und da sich der Schwingeranfang doch nicht auf eine bestimmte Stelle fixiren lässt, betrug bei Tipula vern. auf der Oberseite 470-198 u bei Leptis vitrip. » » > 208 » bei Empis ii; » 489 » Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 93 bei Eristalis auf der Oberseite 189 u bei Musca 3278 » 113 » bei Leria DE ) 94 » bei Tipula vern. » .» Unterseite 76—9% » bei Leptis vitrip. » » » 208 » bei Empis Wr » 189 » bei Eristalis » » » 189 » bei Musca » » ) 113 » bei Leria Bien » 9% » Die Entfernung der Platte vom Schwingeranfang ist also, wie schon im Kapitel VII erwähnt wurde, meistens auf Ober- und Unterseite gleich groß; nur bei Tipula greifen die Papillen der Unterseite um ein Beträchtliches weiter herab als die der Oberseite, ein Grund hierfür ist ohne Weiteres nicht ersichtlich. Der Vergleich der bei den ver- schiedenen Formen erhaltenen Werthe unter einander ergiebt eine im Verhältnis zu den Schwankungen der Länge des Schwingers (siehe Kapitel IV) nur geringe Verschiedenheit, welche bei den verschiedenen Arten nicht viel über das Doppelte hinausgeht, und, wenn man die Frage, warum bei Tipula die Papillen der Unterseite tiefer herab- greifen, für sich behandelt, so ziemlich mit der Länge der Basis Hand in Hand geht. Zwischen den Papillen befinden sich gleichmäßig vertheilt kleine Härchen (Fig. 28, 30—32, 34, 35, 37), doch nicht so, dass sie dieselben, wie Hıcks und auch später Künker (17) behaupten, paarweise überdecken würden. Die Papillen selbst sind sehr verwickelt gebaut. Betrachten wir dieselben zuerst von oben, und zwar der Einfachheit halber bei einer Art, deren Papillen seitlich nicht verwachsen sind, so sehen wir bei oberster Einstellung des Tubus (Fig. 49, Tabanus) einen nach oben gewölbten Spalt mit parallelen Rändern, zwischen welchen wir fast gleichzeitig einen langgezogenen Strich bemerken. Bei etwas tieferer Einstellung erweitert sich der Spalt ein klein wenig (Fig. 50), der Strich (H in der Fig.) wird ein klein wenig breiter und länger und löst sich in zwei zarte aus Chitin bestehende Länssstreifen auf, die an den Enden durch etwas diekere Querstriche begrenzt werden. Zwischen diesen Längsstreifen sieht man bei Fig. 50, einem Präparat von Tabanus, wel- ches mit Goldchlorid behandelt ist, einen dunkel gefärbten, langge- zogenen, schmalen Strich, welcher sich bei noch tieferer Einstellung bald zu einem rundlichen dunklen Fleck zusammenzieht. Dieser Fleck ‚nun ist umgeben von einem hellen Hof, welcher durch die aus einander weichenden und ein Oval oder einen Kreis bildenden Chitinstreifen 94 Ernst Weinland, der Fig. 50 gebildet wurde, Nach außen von diesem Ring sehen wir bei dieser Einstellung bei den nicht verwachsenen Papillen zwei bohnen- oder halbmondförmige Vorhöfe, welche dem Raum im Inneren der beiden, weiter unten zu besprechenden Duplikaturen, entsprechen. Der aus Chitin hergestellte Ring geht einerseits über in die beiden inneren Hälften der die eigentliche Papille bildenden Chitinduplikatur (vel. Fig. 51 D), andererseits an den beiden Stellen, wo diese sich nicht finden, also an den beiden Enden des von jenen gebildeten Spaltes geht der Ring über in das allgemeine Körperchitin. Nach oben zu, d. h. ins Innere des Papillenraumes, geht das den Ring hier vertretende Körperchitin an diesen Stellen über in die bei- den dicken Querstücke, welche den zwischen den beiden Lippen der Duplikatur liegenden Längsstrich begrenzen und bei noch höherer Ein- stellung eben diesen Längsstrich auch bilden (Fig. 69). Auf Fig. 39, k5, 59, 62, 72, welche nach Kalilaugepräparaten von Tipula, Leptis, Eristalis, Sarcophaga, Leria gezeichnet sind, ist meistens noch eine An- deutung des dunklen Flecks vorhanden, bei Tipula fehlt sie aber. Deutlich sind ferner die beiden dicken queren Begrenzungen des Längsstrichs (7), welche zwar, da diese Figuren nicht einer bestimm- ten, sondern verschiedenen Einstellungen entstammen, streng genom- men nicht gezeichnet werden dürften, weil der Längsstrich am Grunde in den Ring und das Körperchitin übergeht; der Verständlichkeit wegen aber wurden diese Theile doch wiedergegeben. Betrachten wir die Papillen auf Schnitten, welche quer zur Längs- achse des Schwingers gerichtet sind, so können wir Papillen finden, welche in der Richtung ihrer Höhenachse, senkrecht zum Spalt, ge- troffen sind (Fig. 38, 44, 51, 52, 56, 68). Auf denselben sehen wir wie- der oben den Spalt zwischen den zwei Chitinduplikaturen. In den Raum zwischen der äußeren und inneren Wand jeder Duplikatur reicht Hypodermisgewebe hinein. Die beiden Duplikaturen (D), deren äußere Wand vom allgemeinen Körperchitin ausgeht, überwölben ein rundes Loch derart, dass oben nur der schmale, schon erwähnte Spalt zwischen beiden frei bleibt. Die beiden Lippen des Gewölbes laufen an ihren sich gegenüber stehenden Enden jedoch nicht spitz aus, sondern sind ziemlich breit, nur bei Tipula etwas schmal, so dass sich zwei Flächen, welche etwas nach oben zusammengeneigt sind, gegenüber stehen. In dem Spalt zwischen beiden Flächen liegt, nicht bis zu dessen ober- flächlichem Rande reichend, ein aus Chitin gebildeter, viereckiger, ziemlich dicker Körper (#7), an diesen fügt sich nach innen zu ein dunk- ler Strang an, welcher dem von oben gesehenen rundlichen dunklen Fleck entspricht; der Strang ist an seinem Ende unter dem Chitinstücke. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 95 oft etwas gekrümmt (Tipula), auch sonst nicht immer ganz gerade. Der Strang zieht sich durch die ganze rundliche Höhle hindurch, bis zu ihrem Boden. Auf Fig. 44 (Bibio) und Fig. 56 (Asilus), welche nach Schnitten, die mit Boraxkarmin gefärbt sind, gezeichnet sind, ist an diesem Strang, deutlicher als an Goldchloridpräparaten, eine Diffe- renzirung, wie sie Lee (20, p. 381) beschreibt, wahrzunehmen; es be- findet sich nämlich direkt unter dem Chitinviereck ein nach unten zu verschmälertes stark gefärbtes Endstück von 1,1 u Länge, welches mit seinem verschmälerten inneren Ende auf dem ebenfalls etwas stärker gefärbten gleich langen Endstück des weiter zur Tiefe führenden Stranges, der innerhalb der Höhle noch die Länge von 2,3 u hat, auf- sitzt. Bei Asilus sah ich in diesem Endstück eine helle Linie verlaufen (Fig. 56). Am Boden der Höhle steht der Strang durch eine sehr zarte Fortsetzung der Hypodermis mit dieser in Zusammenhang und findet, wie ich bei Tipula (Fig. 38) deutlich sah, sein Ende in einem Trichter, welcher von der an dieser Stelle verdickten Nervenfaser gebildet wird. Bei anderen Arten (Tabanus, z. B. Fig. 51) konnte ich von einem Trich- ter nichts wahrnehmen, sondern sah nur eine Verdickung der Nerven- faser, da wo der Strang aus ihr hervorgeht. Die Nervenfaser führt zu einer bipolaren Ganglienzelle (6), deren anderer Fortsatz die zum Thoraxganglion verlaufende Nervenfaser ist. Außer diesen Theilen ist nun aber auf besonders günstigen Schnit- ten der eben erwähnten Art noch eine weitere Bildung in der Papille wahrzunehmen: es geht nämlich auf beiden Seiten an der Stelle, wo die innere Wand der Duplikatur (D) nach dem Grunde zu in dem Ring aufhört, eine sehr feine Wand etwas nach außen gewölbt von diesem Ende der inneren Wand der Duplikatur aus in die Höhe und setzt oben an das viereckige Chitinstück an, bringt dieses also auf beiden Seiten mit dem Chitin der Papillen in Zusammenhang. Dass dieses viereckige Chitinstück sich bei sehr starker Vergrößerung in zwei schmale Lamel- len auflöse, welche die eigentliche Nervenendigung, ein feines Härchen, zwischen sich nehmen, wie Lex (20, p. 379 ff.) behauptet, davon konnte ich bei keiner der von mir untersuchten Arten, obgleich ich große Mühe auf diesen Punkt verwendete, etwas wahrnehmen, Von einem eigentlichen Endhaar, wie LeE es beschreibt, sah ich nichts, ich sah vielmehr, wie schon oben (bei Tabanus, Fig. 50) erwähnt wurde, den in der Höhlung verlaufenden Strang sich gleichmäßig nach oben zu ausbreiten. In Fig. 52, 65 (Laphira, Caliphora) sind Papillen abgebildet, bei welchen der Schnitt zwar ebenfalls senkrecht zum Spalt geführt ist, aber nicht durch die Höhenachse geht, sondern parallel zu derselben, und 96 Ernst Weinland, die Papillen unberührt lässt, so dass wir auf diesen Bildern also Papil- len von der Seite sehen. Die Erklärung derselben macht keine weite- ren Bemerkungen nöthig. Betrachten wir nun die Papillen auf Schnitten, die in der Höhen- achse und in der Richtung des Spaltes geführt sind (Fig. 53, 66), so erkennen wir zuerst wieder den vom zuführenden Nerven ausgehenden Achsenstrang, welcher an seinem Ende etwas verbreitert ansetzt an einem dicken etwa hufeisenförmigen Bogen (H), der an seinem Grunde sich sehr verdünnend und weniger lang als weiter oben, in das allgemeine Körperchitin übergeht, er entspricht dem viereckigen Chitinstück des Querschnittes und dem Strich der Oberflächenansicht; umschlossen wird dieser Bogen durch einen etwas weiter hervor- ragenden Halbkreis (D), dessen Rand eine ziemlich breite Fläche bildet, auf welcher der Bogen aufliegt. Springt der Bogen aus dem ihn fest- haltenden Chitin heraus, so verbreitert er sich etwas, so dass man also annehmen muss, dass er sich eingespannt befindet, man sieht dann auch, dass die durch zwei koncentrische Kreise begrenzte Fläche, auf welcher er aufliegt, nicht bis zum Grunde der Papillen reicht, sondern bald der rundlichen Höhle Platz macht. Während nun, wie schon oben erwähnt wurde, die Papillen bei Tipula vollständig einzeln liegen und gar nicht unter einander in Zu- sammenhang stehen, treten dieselben bei den höheren Formen in Zu- sammenhang, und zwar so, dass die äußere Wand der Duplikatur mit derjenigen der nächstliegenden Papille verwächst. Es müssen daher, wenn der Spalt der Papille ein längsgerichteter ist, Querreihen entstehen. | Die Verwachsung kann nun in verschieden starkem Grade auf- treten, bei Leptis (Fig. 37) z. B. ist dieselbe noch eine sehr äußerliche, so dass man noch kaum von Reihen reden kann. Etwas mehr kommen die Reihen zum Ausdruck bei CGulex (Graser |12, p. 576] behauptet von den Culieiden mit Unrecht das Gegentheil), eben so bei Empis ete. Viel stärker ausgebildet ist die Verwachsung und auch die Reihenbil- dung aber bei den Syrphiden und Musciden, nämlich bis zu dem Grade, dass die äußere Wand jeder Duplikatur (abgesehen von den zwei äußeren Wänden jeder Reihe, welche dieselbe auf beiden Seiten ab- schließen) vollständig verschwindet, und dass (Fig. 68, 65) die beiden inneren Wände zweier an einander liegender Papillen oben durch eine quere nur sehr wenig nach ihrer Mitte zu vertiefte Platte verbunden sind. Es entsteht so ein sehr festes Stück, welches also aus den Hälften zweier verschiedener Papillen gebildet wird; auch im Inneren dieser Bildung hat die Trennung der Vorhöfe der beiden Papillen aufgehört. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 97 Es sehen schließlich, besonders bei den Musciden, die Reihen bei schwacher Vergrößerung aus, wie ganz regelmäßige Querleisten, nur selten findet sich eine kleine Unregelmäßigkeit, so z. B., dass eine am Ende der Reihe sitzende Papille um die Höhe einer halben Reihe nach oben oder nach unten verschoben ist, oder dass eine Reihe gegabelt ist (Eristalis). Zwischen den Reihen befinden sich dann, ebenfalls in regelmäßigen Reihen, die Härchen. Da, wo die Reihen aufhören, findet sich als Fortsatz derselben häufig noch ein Chitinfaltenpaar, eine Strecke weit die Breite der Reihe noch andeutend (Fig. 59, Leptis, Tabanus, Eristalis etc.). Die Zahl der Reihen ist bei den einzelnen Arten, eben so wie die Zahl der Papillen in einer Reihe eine ziemlich bestimmte, so z. B. zählte ich bei Empis tesselata auf der Oberseite 23 Reihen, bei Eristalis tenax 20—24 Reihen auf der Oberseite, 18—22 Reihen auf der Unterseite, bei Musca 14—12 Reihen auf der Oberseite, 10-11 auf der Unterseite, bei Leria beiderseits 10 Reihen, bei Rhingia finden sich nach Hicks »ungefähr 20 Reihen«. Wie die Zahl der Reihen ist auch die Zahl der Papillen in einer Reihe innerhalb der einzelnen Art nur geringen Schwankungen unterworfen. Bei Eristalis war die größte Zahl in einer der mittleren Reihen der Oberseite acht Papillen, bei Caliphora in einer Reihe zehn Papillen. Die von Leynic (22) bei Eristalis erwähnte Ab- und Zunahme der Zahl der Papillen nach der Tiefe und nach der Höhe zu, findet sich nicht immer und fehlt z. B. auf der Unterseite von Musca nach der Höhe zu vollständig (Fig. 32). | Wir können uns nach allem Dem folgendes Bild von einer skapa- len Papille machen: Zwei durch je eine Chitinduplikatur entstandene Lippen (D), welche mit einander eine halbkugelförmige Emporwölbung über das Körperchitin hervorbringen und eine etwas kleinere gleichartige _Höhlung umschließen, reichen in ihrer Mitte nicht zusammen, sondern zwischen ihnen bleibt ein überall gleich breiter, übrigens schmaler Spalt übrig; die Enden der Lippen stehen sich dabei als ziemlich breite, durch zwei koncentrische Kreise begrenzte Flächen gegenüber. Die äußere Wand jeder Lippe geht an ihrem Grunde, wenn die Papillen nicht unter einander verwachsen sind, in das allgemeine Körperchitin über, sind die Papillen aber verwachsen, so wird sie mehr oder weniger zurück ge- bildet. Die innere Wand jeder der beiden Lippen geht an ihrem Grunde nur an den beiden Anfangsstellen der Duplikatur in das allgemeine Körperchitin über, mit ihrer Fläche aber geht sie in ein sehr zartes Chitinhäutchen über, welches, der inneren Wand der Papille nicht direkt anliegend, aber deren Gestalt ziemlich nachahmend nach oben strebt und daselbst in einer dieken Ghitinleiste (//) sein Ende findet. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 7 98 Ernst Weinland, Diese Chitinleiste liegt in dem Spalt zwischen den beiden Lippen, sie hat (Fig. 52, 66, 67) im Längsschnitt der Papille gesehen etwa Hufeisen- form, ist zwischen die beiden schmalen, von der Duplikatur nicht über- wölbten Stücke des Körperchitins eingespannt und an diesem ihrem Anfang sehr dünn; sie liegt frei zwischen den beiden Lippenflächen, doch nicht bis zu deren oberflächlichem Rande reichend. In dieses innerhalb des von den Lippen umschlossenen Raumes befindliche Gebilde tritt nun, nach einer dünnen Verbindung mit der Hypodermis, die Nervenfaser ein und verbreitert sich am Ende desselben. Außer- dem befindet sich, besonders an den Seitenwänden des Hufeisens, noch eine dünne Hypodermisschicht. Die Verbindung der Nervenfaser mit der Hypodermis deutet wohl darauf hin, dass wir, eben so wie dies sonst bei den Sinnesorganen der Insekten der Fall ist, in dem distal von dieser Verbindungsstelle gelegenen Strang eine umgebildete Hypo- dermiszelle zu sehen haben, an welche der Nerv herantritt. Es folgen nun einige Angaben über die Größenverhältnisse von skapalen Papillen verschiedener Formen: Bei Tipula lateralis fand ich die Papillen 9,2 « breit, bei Tipula vernalis von 8,2—8,4 u; die Länge der Papillen und somit auch des Spaltes betrug bei Tipula oleracea 8 u, bei Tipula vernalis 8,2—8,4 u. Die Höhe der ganzen Papille betrug bei Tipula oleracea 6,9 u, bei Tipula lateralis 7 «u. Der Spalt selbst hatte bei Tipula lateralis eine Breite von etwas über 2 u, bei Tipula vernalis von 2,3 «; die rundlich ovale Öffnung, die der Ring begrenzt, ist in der Größe ziemlich wechselnd. Ich fand denselben bei Tipula oleracea lang (die Längsachse dieses Ringes fällt mit der Richtung des Spaltes zusammen) von 4,6—7 u, und breit von 3,5—5,7 u. Der Ring liegt ein wenig tiefer als das Körper- chitin. Die zarte Chitinhaut, welche vom Ring zum Hufeisen empor- zieht, hat bei Tipula lateralis eine Höhe von 4,6 u, die größte Breite des von ihr umschlossenen Raumes betrug ebenfalls 4,6 u. Die Höhe des Hufeisens betrug im Ganzen bei Tipula oleracea 6,1 u, seine Breite bei Tipula lateralis und vernalis 1,5 «. Der bei Tipula zarte Achsenstrang reicht nicht bis zum Ende des Hufeisens, sondern hört bei Tipula lateralis etwa 2 « unter demselben auf. Wie viel von diesen 2 u auf die jedenfalls beträchtliche Dicke des Hufeisens zu beziehen ist, konnte ich nicht bestimmt feststellen, jedenfalls der bei Weitem größte Theil. Der Achsenstrang hat bei Tipula lateralis eine Länge von 6,8—7,2 u, dabei fällt aber das untere Drititheil desselben, also etwa 2,3 u, nicht mehr in die Papille, sondern liegt unter derselben und geht aus einem deutlichen (Fig. 38) Trich- ter, dessen Höhe bei Tipula lateralis 2,3 u, dessen Breite 2 u betrug, Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 99 hervor. Der Achsenstrang ist an diesem seinen Anfang auf dem Quer- schnitt der Papille sehr dünn, bei Tipula lateralis 0,23—0,3 u, wäh- rend er an seinem oberen Ende meistens beträchtlich dicker ist, bei Tipula lateralis 0,46—0,66 «. Außerdem ist derselbe oft ein wenig gebogen oder gekrümmt, bald an seinem Grunde, bald an seinem Ende. Der zu einer bei Tipula lateralis z. B. 21 «x entfernten, bipolaren Gan- glienzelle (s. den Schluss des Kapitels) führende Nerv hat bei der- selben Art eine Breite von 1,5 u, ist also schmäler als der Trichter. Bei Bibio Marei (Fig. 44) ist die Deutung der beiden Duplikaturen als Ausstülpungen der Chitinoberfläche des Schwingers besonders an- schaulich dadurch, dass scharfe Ecken, so z. B. an den Begrenzungs- stellen des Spaltes nicht vorhanden sind. Die ganze Papille macht noch einen sehr ursprünglichen Eindruck, fast mehr als dies bei Tipula der Fall ist. Die Papillen liegen vollständig regellos, oft sind zwei mit ihrer äußeren Wand ein wenig verwachsen. Die Länge der Papillen fand ich 6,5—6,9 u, die Breite 8,4 u groß. Bei Leptis vitripennis (Fig. 45) fand ich bei der einzelnen Papille als Länge 7,5 oder 8 u, bei einer Breite von 9,4, ja 10,2 u. Die Papil- len sind also breiter als lang. Der Spalt hat eine Breite von 1,9 u. Die den inneren Raum jeder Duplikatur bildenden Halbmonde fand ich 0,8—1,6 u breit, bei einer Länge von A,6 u, dieselben liegen oft bei zwei Papillen derart hart beisammen, dass sie (cf. GRABER, 12) zusam- men ein Kreuz bilden, doch gehen sie nie in einander über. Von einer wirklichen Reihenbildung kann man noch nicht reden. Das Hufeisen fand ich 1,5 « breit. Die Länge der Papillen ist also fast gleich wie bei Tipula, die Breite des Spaltes nur wenig geringer. Die Breite der Papillen hat wenig Bedeutung und wechselt je nachdem die Papillen mehr beisammen oder weit zerstreut liegen, beträchtlich. Einmal fand ich auf einem Schwinger eine einzelne skapale Papille neben der basa- len Papillenplatte liegen (Fig. 37). Bei Tabanus bovinus und tergestinus fand ich die einzelne Papille breit bis 11,5 u, die Länge betrug bei tergestinus 9,2, bei bovinus 8 u; bei Tabanus bovinus waren die Papillen hoch A1 u. Der Spalt (Fig. 51) ist oben enger als unten, wo er mit einer scharfen Ecke sich von der Fläche in die gewölbte Wand der Höhle umbiegt. Seine Breite beträgt bei Tabanus bovinus an seinem oberflächlichen Rande 1,4 u und da, wo er in die Höhle umbiegt, 2 u. Dabei hat er bis zu jener Ecke eine Tiefe von 3,4 u. Der Ring, in dem die innere Wand der beiden Duplikaturen in der Tiefe endet, ist rund mit einem Durch- messer von 4,6—5,9 u, er reicht viel tiefer in den Schwinger herein als dies die auf gleicher Höhe mit dem allgemeinen Körperchitin er 100 Ernst Weinland, beginnende äußere Wand thut, so dass also die innere Wand ge- wissermaßen in den Schwinger hineingestülpt erscheint. Deutlich ist zu sehen die Fortsetzung des Ringes nach oben zu in die dünnen Wände, welche am Hufeisen sich festsetzen. Das Hufeisen hat bei Ta- hanus tergestinus eine Breite von 1,5 u, bleibt aber um 1,4 u vom . oberflächlichen Rande des Spaltes entfernt, so dass es also 2 u weit in diesen hereinreicht. Der im Hufeisen sein Ende erreichende Achsen- strang ist an seinem stark verbreiterten oberen Ende nur noch 0,4— 0,5 u breit; am Grunde der Papille ist er eylindrisch mit einem Durch- messer von 2,3 u. Einen Trichter konnte ich nicht wahrnehmen, wohl aber am unteren Ende des Achsenstranges, da wo er in den zur Gan- glienzelle führenden Nerv übergeht, eine plötzliche sehr starke Dicken- zunahme. Die Papillen sind großentheils, wenn auch unregelmäßig, verwachsen, wirkliche Reihen sind nicht vorhanden. Ein durch Ver- wachsung zweier Duplikaturen entstandenes Gebilde hatte an seinem Grunde eine Breite von 4,4 u, in der Höhe eine solche von 8 u. Bei Laphria gilva (Fig. 52, 53) sind die Papillen schon so ziemlich in Reihen geordnet. Als Länge einer Papille fand ich 9,2 u, die Höhe der ganzen Papille betrug 9,2 u, auch 9,9 u; der Spalt hatte eine Breite von 2 u. Der Ring ist rund mit einem Durchmesser von etwa 5,7 u. Das Hufeisen hatte an seiner längsten Stelle eine Länge von 7,2 u, weiter in der Tiefe wird es, wie schon oben bemerkt, wieder kürzer, so dass es an seinem Anfang eine Weite von 4,6 u im Lichten hatte, während die von den beiden Duplikaturen gebildete Höhlung (Fig. 53), welche das Hufeisen aufnimmt, etwas, aber nicht viel, weiter war; seine Breite betrug 1,5 u, seine Dicke oben 1,1 u, auch 1,7 u, unten, da wo es in das umgebende Körperchitin übergeht, 0,5 u. Der Achsen- strang innerhalb der Papille ist abgesetzt von der ableitenden Nerven- faser, jener ist dort nur 2,5 u, diese außerhalb der Papille 3 u dick. Bei Asilus germanieus fand ich die einzelne Papille lang 7,7 u. Die Höhe der ganzen Chitinbildung beträgt bei Asilus pallipes 7 u. Der Spalt hat bei Asilus germanicus eine Breite von 1,9 u, bei Asilus palli- pes (Fig. 56) eine solche von 1,7 oder 1,8 u. Das Hufeisen hatte bei Asilus germanicus eine Breite von 1,6 u und bei Asilus pallipes eine Dicke von 1,1 u, die Entfernung des oberen Endes des Spaltes vom Hufeisen beträgt bei Asilus pallipes 1,1 u. Bei Empis tesselata besaßen die in deutlichen Reihen geordneten Papillen eine Breite und Länge von 8,4 u, den Spalt fand ich 2,3 u breit. Bei Eristalis tenax fand ich die in regelmäßige Reihen geordne- ten Papillen lang 8 ı«, breit 8, auch 9,2 u. Die Gesammthöhe der Papille Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 101 betrug 6,9 u; der Spalt war breit 2,3 u, aber an seinen beiden En- den, wie auch bei denanderen Arten, etwas schmäler. Das Hufeisen fand ich breit 1,5 u, diek oben 1,1 u. Die Länge eines losge- sprungenen Hufeisens betrug 8 u. Entsprechend der verschieden weit ausgebildeten Verwachsung zweier neben einander liegender Dupli- katuren (die durchschnittliche Breite des durch sie gebildeten Chitin- stückes ist oben 5,7 «.) ist die Gestalt der Doppelhalbmonde oft auf einen sehr engen Raum zusammengedrängt, oft auch, wenn mehr Platz da ist, ziemlich weit frei von einander. Die Länge eines Halbmondes fand ich 4,8 u, die Breite bis zu 1,5 u groß. Bei Sarcophaga carnaria war die einzelne Papille lang 7,6—8 wu, die Gesammthöhe betrug 5,7 u, der Spalt war breit 2, auch 1,7 u, der rundliche Ring, der wie immer von den beiderseitigen Duplikaturen zum Theil verdeckt wurde, hatte einen Durchmesser von 3,4 u. Bei Caliphora erythrocephala (Fig. 65—69) hatte die Papille eine Länge von 8, auch 8,4 u und eine Breite von 7 u. Die Gesammthöhe be- trug 6,9 u. Die Breite des wie immer oben und an seinen beiden Enden schmäleren Spaltes war 2 u, der Durchmesser des rundlichen Ringes betrug 3,4 u. Das Hufeisen war an der weitesten Stelle 6,9 « lang, an seinem Anfang hat es im Lichten 4,6 u Weite, während die Papillen- höhle selbst dort 5,3 «u Weite besitzt. Die Höhe des Hufeisens betrug 5,7 u, seine Breite 1,5 u, seine Dicke oben 1,3, auch 1,7 u, unten an seinem Anfang nur 0,5 u. Ein herausgesprungenes Hufeisen, an dessen Grunde seitlich noch kleine Fortsätze aus Chitin zu sehen sind, und in _ dem noch das verbreiterte Achsenstrangende hängen geblieben ist, "hatte eine Länge von 8 u. und eine Höhe von 4,8 u. Zwei zusammenge- wachsene Duplikaturen fand ich oben breit 5,7 u, in ihrem Inneren findet sich (cf. oben) nur noch ein Raum, der mit Hypodermis ausge- füllt ist. Bei Musca fand ich die Papillen lang 6,5 u. Bei Leria serrata fand ich die Papillen lang 6,1, auch 6,6 u, breit 5,6 u, den an den beiden Enden verschmälerten Spalt breit 2 u. Das Huf- eisen hatte eine Breite von 1,3 u. Zwei zusammengewachsene Dupli- katuren haben oben eine Breite von 3,8 u, eine einzelne Duplikatur, wie sie sich an den beiden Enden jeder Reihe findet, war breit 2,3 u. Diese Angaben fallen freilich bei jeder neuen Messung ein klein wenig anders aus, sie sind aber doch ausreichend, um erkennen zu lassen, dass sich gewisse Theile der Papillen in auffallender Weise bei den verschiedenen Formen gleich bleiben; so ist die Länge der Papil- len fast immer ziemlich gleich, betrug nie über 9,2 « (Tipula, Tabanus, Laphria) und nie unter 6,1 u (Leria), obgleich die Verschiedenheiten in der Größe der Schwinger ja viel beträchtlicher sind, ferner ist die 102 Ernst Weinland, Breite des Spaltes, wie auch die des Hufeisens bei allen untersuchten Arten fast vollständig gleich. Es sind demnach diese Theile der Nerven- endapparate durch Ursachen in ihrer Größe ‚bestimmt, welche bei allen auch den verschiedenst gestalteten Schwingern gleich oder fast gleich sind. Den Papillen der skapalen Platten schließen sich ihrem Bau nach zwei der oben aufgeführten kleinen Gruppen an, die fünfte und siebente, von welchen die fünfte auf der Oberseite, die siebente auf der Unter- seite liegt. Für diese beiden Gruppen schlage ich, da eine Bezeichnung für dieselben fehlt, den Namen ihres ersten Beobachters vor, und werde in der Folge unter Hıcks’schen Platten und Papillen diese bei- den Gruppen und ihre Papillen verstehen. Die eine der Gruppen liegt auf der Oberseite (0.#.P, Fig. 31, 33, 36, 37) in der Chitinplatte ! nach vorn von dem basalen Papillen- lager, doch noch in Kanal // (Fig. 8, 15 0.4.P). Die Papillen liegen also eben so, wie das Chitinstück ! mehr beim Anfang des Schwingers, als die skapale Platte. Diese Gruppe scheint bei Tipula vollständig zu fehlen, bei Rhyphus fand ich an der Stelle dieser Papillen eine Gruppe von 39 skapalen Papillen, welche von den Papillen der skapalen Platte räumlich wohl gesondert waren, bei Bibio zählte ich 27 Papillen, bei Leptis vitripennis 18—22, bei Empis tesselata 9, bei E. argyreata 11, bei Eristalis tenax 12—14, bei Caliphora erythrocephala 17 in zwei Längsreihen, bei Musca domestica 12, bei Leria serrata an allen Exem- plaren 4. Die Gruppe der Unterseite {Fig. 30, 32, 34 w.H.P) liegt an dem gebogenen, stark nach hinten geneigten Rande der Platte c, im Quer- schnitt liegt sie in Kanal /, ich fand dieselbe bei allen untersuchten Arten. Bei Tipula vernalis betrug die Zahl ihrer Papillen 8&—11, bei Bibio 7 (vielleicht mehr), bei Leptis vitripennis 10, bei Empis argy- reata 6, bei Eristalis tenax 8—9, bei Caliphora erythrocephala 10, bei Musca domestica 7—9, bei Leria serrata 6—8. Die Zahl der Papillen ist also im Vergleich zu derjenigen der ska- palen Papillen bei den Hıcks’schen Platten eine nur geringe. Auf der Unterseite ändert sich die Anzahl der Papillen bei den verschiedenen Arten nur wenig, dagegen ist dieselbe auf der Oberseite beträchtlichen Schwankungen unterworfen, und zwar auch innerhalb nahe verwandter Formen (Caliphora 17, Leria A). Die Ausdehnung der Gruppen in die Länge und Breite ist, ent- sprechend der kleinen Anzahl der Papillen nur eine geringe; ich er- hielt auf der Oberseite bei: Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 103 Leptis vitripennis für die Länge 52,6—67,2 u, für die Breite 32—39,2 u, Empis tesselata für die Länge 35,7 «u, für die Breite 13,2 u, Eristalis tenax für die Länge 56—67,2 u, für die Breite 22,4.—28 u, Caliphora erythrocephala für die Länge 69 u, Musca domestica für die Länge bis 41,4 u, für die Breite bis 16,1 u, Leria serrata für die Länge 26,3—30,8 u, für die Breite 11,3—13,2 u. Auf der Unterseite erhielt ich bei: Tipula vernalis für die Länge 33,6—42 u, für die Breite 14—19,6 u, Leptis vitripennis für die Länge 33,6—35,7 u, für die Breite 18,8—21 u, Eristalis tenax für die Länge 28—36,4 u, für die Breite 15,4—19,6 u, Musca domestica für die Länge 25,3 u. Die senkrechte Entfernung der Hıcks’schen Platten vom Schwinger- anfang, bezw. vom Anfang der Stücke c oder c’, ist nach dem oben Gesagten noch kleiner als die der skapalen Platten. Das Chitinstück, welches die Papillen enthält, ist eben so wenig wie das die skapa- len Papillen tragende, platt, sondern es ist gewölbt, und zwar meistens, besonders an der Unterseite nach der Mitte des Schwingerfußes zu, steil abfallend, eine Thatsache, die für die Höhenachse der Papillen von Bedeutung ist, nebenbei auch das Zählen der Papillen sehr er- schwert. Die Papillen selbst, welche unter einander völlig gleich sind, sind meistens nicht verwachsen (ein wenig bei Musca) und besitzen, eben so wie die skapalen, in ihrer Mitte einen Längsspalt (s. unten), dessen Richtung in der Hauptsache mit der Längsachse des Schwingers zusammenfällt. Die Papillen sind in ihrem Bau den Papillen der ska- palen Platten sehr ähnlich; bei Tipula (ef. oben), bei der die Hıcks’schen Papillen nur auf der Unterseite vorzukommen scheinen, konnte ich keinen Unterschied zwischen den beiderlei Papillen wahrnehmen, eben so auch nicht bei Rhyphus. Dagegen zeichnen sich die Hıcks- schen Papillen der anderen von mir untersuchten Formen, mit Aus- nahme des kleinen Culex, bei welchem ich die Papillen nicht finden konnte, bei dem sie aber trotzdem vorhanden sein konnten, dadurch aus, dass bei ihnen die beiden von den zwei Duplikaturen (D) jeder Papille gebildeten Halbmonde nur sehr schmal angedeutet oder gar nicht mehr vorhanden sind. Dies kommt daher, dass die Papillen mehr oder weniger tief in den Schwinger hineinverlegt sind (bei Asilus pallipes z. B. so tief, dass an ihrer Stelle fast eine Vertiefung in der Oberfläche des Schwingers auftritt, wodurch die äußere der Duplika- turenwände immer mehr verschwinden muss. Damit hängt auch die oben im Voraus erwähnte Thatsache zusammen, dass zwei Papillen 104 | | Ernst Weinland, hier fast nie mit zweien ihrer Außenwände verschmolzen sind. Außer- dem haben diese Papillen noch eine sie von den skapalen Papillen wohl unterscheidende Eigenschaft, nämlich die, dass der Spalt sehr häufig (z. B. bei Bibio, Leptis, Empis, Eristalis ete.) nach dem Grunde des Schwingers zu sich verengert, auch das Hufeisen nimmt an dieser Verschmälerung Theil (Fig. 46, 58, 60 A). Über einzelne Formen sei noch Folgendes erwähnt: Bei Tipula vernalis fand ich die Papillen, eben so wie die skapa- len lang und breit 8,4 «; ich konnte, wie schon oben erwähnt, keinen Unterschied von den skapalen Papillen wahrnehmen. Die bei Rhyphus fenestralis auf der Oberseite neben und distal von der basalen Platte vorhandenen Papillen sind ebenfalls von den skapalen Papillen nur durch ihre Lage unterschieden, ihre Richtung fällt gleichfalls mit der Längsachse des Schwingers zusammen. Bei Rhyphus fehlt die bei Tipula erwähnte bezeichnende Anordnung der skapalen Papillen der Oberseite in drei etwas gesonderte Theile, d. h. er entbehrt, wenn seine skapalen Platten auch ebenfalls regellos sind in der Lage der einzelnen Papillen, doch der Theilung der skapalen Platte der Oberseite in zwei Schenkel, die eine dritte kleinere Partie mit scheinbar fast quer gerichteten Spalten zwischen sich nehmen, voll- ständig. Dagegen führt die skapale Platte der Oberseite an ihrem Grunde die bei allen anderen Dipteren auftretende (s. oben) schein- bare Wendung der Platte und auch der Richtung nach vorn aus, er- setzt also damit die mittlere kleine Gruppe und auch den vorderen Schenkel. Es scheint mir desshalb naheliegend, dass wir Rhyphus mit diesen am Vorderrande neben und zugleich etwas distal von den basa- len Papillen liegenden, eine eigene, die Hıcks’sche, Gruppe bildenden skapalen Papillen, als Mittelform zu betrachten haben zwischen Tipula einerseits, bei welcher die Hıcks’sche Platte in Gestalt des hin- teren Schenkels der skapalen Platte der Oberseite, noch fast voll- ständig mit dieser eins ist, und zwischen Bibio und den anderen höheren Formen andererseits, bei welchen die Hıcxs’sche Platte nicht nur den Zusammenhang mit den skapalen Papillen, sondern auch die Gleichheit im Bau mit jenen verloren hat. Bei Bibio fand ich die Länge der Papillen auf der Unterseite 6,3 u, die Breite auf der Unterseite 4,7 u. Der Spalt ist nach dem Köpfchen des Schwingers zu ein klein wenig verbreitert, die Halbmonde sind sichtbar. Bei Leptis vitripennis (Fig. 46) fand ich die Länge der einzelnen Papillen 6—6,9 u, die Breite betrug um 8 u. Die Verbreiterung des Spaltes nach der Höhe zu ist eine beträchtliche und besonders Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 105 deutlich. Die beiderseitigen Halbmonde sind vorhanden, aber nur sehr schmal; nach dem Grunde des Schwingers zu, da, wo der Spalt schmäler ist, sind sie keulenförmig verbreitert. Bei Empis argyreata betrug die Länge 6,9 u, die Breite 6,2 u, bei Empis tesselata war die Länge 7,5 u, die Breite 6 «. Die Verbreite- rung des Spaltes nach der Höhe zu ist bei beiden Arten nur gering; die Halbmonde konnte ich nur bei Empis argyreata deutlich erkennen. Bei Syrphus Ribesii (Fig. 58) fand ich die einzelne Papille lang 7,6 «; die Verbreiterung des Spaltes nach der Höhe zu ist eine mäßige; die beiden Halbmonde sind nur sehr schwach vorhanden. Der innere Ring, welcher die unterste Stelle der inneren Papillenwand darstellt, ist ziemlich unregelmäßig, seine Länge betrug 5,7 u, seine Breite 4,6 u; in der Figur ist auch noch ein Rest des eintretenden Nervenstranges zu sehen. Bei Eristalis tenax (Fig. 60) war die Länge der einzelnen Papille 7, auch 8 u, die Breite 6,9, auch 7,6 u, der Spalt ist nach der Höhe zu um ein Geringes verbreitert. Halbmonde konnte ich nur mit Mühe erkennen. Bei Caliphora erythrocephala ragt die Papille zur Hälfte über das Körperchitin hervor, ihre Breite betrug 6,9 u, die Länge über 9 u. Der fast parallele Spalt hatte auf dem Querschnitt eine Breite von 2,3 u; as Hufeisen, dessen oberes Ende ebenfalls, wie bei den skapalen Papillen, etwas unter dem äußeren oberflächlichen Ende der beiden Lippen zurückbleibt, ist dort von beträchtlicher Dicke, ich fand es 1,5 « dick. Von einem Halbmond ist nichts zu sehen. Bei Musca domestica fand ich die einzelne Papille lang 8 u, den nach der Höhe des Schwingers zu nur sehr wenig verbreiterten Spalt breit um 2,3 u; das Hufeisen war im Durchschnitt breit um 1,7 u. Halbmonde sind nicht zu sehen. Bei Leria serrata (Fig. 73) fand ich die Papille lang 7,6, auch 8 «u und von gleicher Breite; der fast parallele Spalt hatte eine Breite von 2,5 u, das Hufeisen eine solche von 1,7 u. In dem Vorhergehenden sehen wir, dass die den Hıcks’schen Plat- ten bei den höheren Dipteren entsprechenden Papillengruppen sich auch bei den weniger hoch im System stehenden Fliegen, den Tipuli- den und Verwandten finden; interessant ist dabei, dass die Papillen bei diesen Formen den skapalen Papillen noch vollständig gleich sind, ja in manchen Fällen (Tipula) noch eine Platte mit denselben bilden. Wir haben also zweifellos in dem Auftreten unterscheidender Merkmale zwischen den Papillen der beiden Gruppen einen Fortschritt in der Ausbildung der betreffenden Organe zu sehen. Bemerkenswerth erscheint mir ferner, dass die Stellen, an welchen diese Papillengruppen 106 Ernst Weinland, sich finden, bei den verschiedenen Familien sich immer gleich bleiben. Die Zahl der Papillen ist eine geringe, bei den niederen For- men auf der Oberseite etwas größer als bei den höheren, auf der. Unterseite nur wenig sich ändernd. Die Größe, insbesondere die Länge der Papillen ist bei der Mehrzahl der Formen nicht beträchtlich ver- schieden von der der skapalen Papillen. Bei Leria und Musca, auch Caliphora, dagegen sind die Hıcks’schen Papillen bedeutend größer als die skapalen. Was diese Verschiedenheit und die Verschiedenheiten, die sonst besonders bei den höheren Formen im Bau der Hıcks’schen Papillen den skapalen Papillen gegenüber zur Entfaltung kommen, betrifft, so ist es gewiss, dass dieselben bei der Frage nach der Aufgabe der Pa- pillen im Allgemeinen und dieser Papillen speciell von besonderer Wichtigkeit sind, und es wird keine Erklärung, die diese Verschieden- heiten, welche sich besonders in der Gestalt des Spaltes zu erkennen geben, nicht begründen kann, Anspruch auf Richtigkeit machen können. Etwas mehr als die Papillen der Hıcks’schen Gruppen sind die Papillen der im Beginn des Kapitels als sechsten aufgeführten Gruppe von denen der skapalen Platte verschieden. Diese Papillen wurden bis jetzt ebenfalls wie die Hıcks’schen Papillen nur von Hicks, und zwar bei Tabanus, erwähnt; ich schlage für dieselbe mit Rücksicht auf ihre Zahl und Anordnung (s. unten) den Namen der unbestimm- ten Gruppe vor. Diese Papillen befinden sich bei allen Dipteren nur auf der Oberseite (Fig. 28, 31, 35, 37 w.P) und liegen entweder am vorderen Abhang (Bibio, Eristalis, Musca etc.) des die skapalen Papillen der Oberseite tragenden Kanal IT, oder in der Tiefe (Tipula) zwischen Kanal /] und dem Vorderrandkanal V, immer aber gehören sie mit ihren Nerven noch zu Kanal /I/. Die unbestimmten Papillen sind der Zahl nach wenige, bei Tipula oleracea 5, T. vernalis —5, Rhyphus 2—3, Bibio 3—6, Leptis vitri- pennis 6—8, Tabanus tergestinus 6, bei Empis tesselata 3, bei Eristalis tenax 1, bei Sarcophaga carnaria 1, CGaliphora erythrocephala I, Musca domestica 1, Leria serrata 1. Auch an den beiden Schwingern des nämlichen Individuums kommen eben so wie bei den bisher be- sprochenen Papillenformen Verschiedenheiten in der Zahl vor, so z. B. bei Tipula an einem Schwinger 5, am anderen A. Zwischen den einzelnen Papillen finden sich, im Gegensatz zu dem Verhalten bei den anderen Formen, häufig, z. B. bei Tipula und Ver- wandten, keine Haare (Fig. 28), es scheint dies aber weniger eine Folge der Anwesenheit von Papillen zu sein, denn es finden sich überall Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 107 in der Rinne, in der die Papillen liegen, auch da wo die Papillen fehlen, keine Haare, als vielmehr eine Folge dessen, dass sich die beiden Adern "in ihrer Lage gegen einander bei der Bewegung des Schwingers etwas verschieben, dem entspricht auch, dass zwischen den Papillen bei an- deren Arten, z. B. Bibio, Leptis, kleine Haare sich finden (Fig. 35, 37). Die unbestimmten Papillen sind nie unter einander verwachsen, meistens sogar (wenn sie mehr als nur eine sind) sind sie ziemlich weit von einander getrennt und bilden zusammen eine nicht ganz ‘gerade Reihe der Vorderrandader V entlang. Die Länge dieser Reihe betrug bei Tipula oleracea 51—71 u, bei T. vernalis 59—87 u, bei Bibio Marei 104—476 u, bei Leptis vitripennis 146— 182 u, bei Empis tesselata 92 u. Die Längenausdehnung der Gruppe schwankt also sogar bei der- selben Art bedeutend, und dabei ist noch zu bemerken, dass die Ent- fernung der einzelnen Papillen am Schwinger unter einander ebenfalls wechselt. So beträgt z. B. bei T. vernalis der Abstand zweier Papillen meistens 414,5—16,1 u, es ist aber, wenn fünf Papillen vorhanden sind, gar nicht selten, dass zwei derselben sehr viel näher beisammen liegen, z. B. nur 4,6 u von einander entfernt sind. Die Papillen dieser Gruppe greifen häufig weit am Fuß des Schwingers in die Höhe, so z. B. bei Tipula, Rhyphus, Bibio, Leptis vitripennis, Tabanus. Häufig reichen bei diesen Formen die höchsten der Papillen noch über die skapalen Papillen heraus. Bei den Arten, bei welchen sich nur eine Papille dieser Gruppe fand, lag diese stets _ tiefer als das Ende der skapalen Platte, so schwankt z. B. bei Eristalis die Entfernung der einzigen vorhandenen Papille vom Ende der ska- palen Platte zwischen 11 und 28 u. Über die Breite der Gruppe sind, da ja nur eine Reihe von Papillen vorhanden ist, die weiter unten folgenden Angaben über die Breite der einzelnen Papillen zu ver- gleichen. Wie bei den Hıcks’schen, so ist auch bei diesen Papillen die Zu- sammengehörigkeit bei den verschiedenen Arten weniger durch den Bau der Papillen als durch die Lage derselben im Verhältnis zu ihrer Umgebung ausgesprochen. Während nämlich bei Bibio der Bau der unbestimmten Papillen sich nicht im geringsten von dem der skapalen Papillen unterscheidet, sind dieselben bei den anderen Formen (einschließlich Tipula und Rhyphus) dadurch ausgezeichnet, dass die beiderseitigen, den Spalt begrenzenden Duplikaturen an den beiden Enden des Spaltes zusammenhängen, so dass also eine einzige einen Ring bildende Duplikatur vorhanden ist (Fig. 40, 47, 5%, 63 D). Dieser Ring nun umschließt die dem Spalt der skapalen Papillen ent- 108 - Ernst Weinland, sprechende Öffnung, und ist bald, wie bei Tipula, Sareophaga rund (Fig. 40, 63), oder mehr oder weniger oval, und dies ist bei den meisten übrigen der untersuchten Formen, z. B. Rhyphus, Leptis, Laphria, Empis, Eristalis, Musca ete. der Fall. In der Papille befindet sich das in eine ebenfalls runde bis ovale, gewölbte Kuppel umgestaltete Hufeisen, welches in Folge des Vorhandenseins der Ringduplikatur jeden unmittelbaren Zusammenhang mit dem umgebenden Körperchitin verloren hat, und dem zufolge auch an keiner Stelle eine der Ver- bindung des Hufeisens mit dem umgebenden Chitin entsprechende eigenartige Bildung aufweist. Die Dicke des Chitins am äußeren Ende der Kuppel ist, eben so wie die des Hufeisens, an diesem Ort eine be- trächtliche (Fig. 70), seitlich verdünnt sich das Chitin immer mehr und geht schließlich in der Tiefe in den von der inneren Wand der Ring- duplikatur gebildeten Ring über. Bei den Papillen mit ovaler Mündung ist die Hauptachse derselben mit der Längsachse des Schwingers gleichlaufend. Über dem Ende des Achsenstranges in der Kuppel fand ich bei Galiphora und Sarcophaga eine helle Stelle in derselben. Bei Tipula vernalis (Fig. 40) fand ich die Papillen mit hellem, un- vegelmäßigem, meist nach der Höhe und der Tiefe etwas ausgezogenem, den verwachsenen Halbmonden entsprechenden Hof. Den Durchmesser der Papillen fand ich 9,2, auch 10 u groß; der Durchmesser der inneren Ringwand an ihrem Grunde betrug 8, auch 8,4 «; der Durchmesser der äußeren Mündung war um 5 «, der der Kuppel um 4 u. Bei Rhyphus fand ich die Länge der ovalen Papillen 7 u. Bei Bibio Marei ist die Größe der Papillen die nämliche, wie bei den skapalen Papillen (s. oben), ich fand eine Länge von 6,3 u, eine Breite von 8,% u. Bei Leptis vitripennis (Fig. 47) hatte die nur wenig ovale Papille einen Durchmesser von 10,3 u, der Ring am Grunde der inneren Wand hatte einen Durchmesser von 7,2 u, die Mündung einen Durchmesser von 4,6 u. | Bei Laphria gilva (Fig. 54) ist zwar die Mündung ausgesprochen oval, trotzdem aber ist die Papille im Ganzen breiter als lang, ich fand sie breit 11,5 u, lang 9,2 u, die ovale Öffnung war breit A u, lang 5,7 u; die ebenfalls ovale Kuppel hatte eine Länge von 3,9 « und eine Breite von 2,3 u. Bei Eristalis tenax fand ich die Papille lang 11,2, auch 11,5 «, breit 9 u, die Breite der Mündung betrug 5,7 u. Bei Sarcophaga carnaria (Fig. 63) fand ich den Durchmesser der runden Papille 10,3 u, den der ebenfalls runden Mündung 7,2 u, den der Kuppel, deren Oberfläche zart gekörnelt erscheint, 5,7 «. Bei Caliphora erythrocephala (Fig. 70) fand ich die Papille lang 13 u, breit Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 109 11,5 u. Die Höhe der ganzen Papille betrug 5,7 u, die Kuppel war lang 8,9 u, breit 6,9 u, über die Mündung vergleiche die Figur. Bei Musea fand ich die Länge 10, auch 11 u, die Breite 7 u groß, die Länge der Mündung war 6,5 ıı, bei Leria serrata betrug die Länge gegen 9 u. Wir sehen demnach zwar auch diesmal wie im vorhergehenden Fall, bei den beiden Hicxs’schen Gruppen, die entsprechenden Gruppen so ziemlich an derselben Stelle wieder auftreten. Aber auch diese Papillen wie die Hıczs’schen sind dabei bei den verschiedenen Dip- terenarten von verschiedener Gestalt, wir haben wieder bei einer der niederen Formen, diesmal Bibio, nicht Tipula, ein einfacheres Ver- halten, in welchem außer der Verschiedenheit in der Lage noch kein Unterschied der skapalen von den unbestimmten Papillen zu finden ist, dann kommt im Anschluss an diesen ersten Unterschied als zweiter ein solcher im Bau der einzelnen Papillen, wobei nochmals ein unter- schiedliches Verhalten in der Form der Öffnung zu verzeichnen ist. Zu erwähnen ist außerdem, dass auch bei diesen Papillen, wie bei den Hıcks’schen, die Größe bei den Musciden und auch, aber weniger, bei Eristalis im Vergleich zu der der skapalen Papillen zunimmt. Wir kommen zu den Papillen der basalen Platte. Diese Platte (Fig. 29, 31, 33, 36 b.P) findet sich, wie die vorhergehende, nur an der Oberseite tiefer am Grunde als die skapale Platte (Fig. 2, 4, 6, 8, 37). Da diese beiden Platten aber auf Ober- und Unterseite gleich- zeitig beginnen, so liegt das basale Papillenfeld auch proximal von der skapalen Platte der Unterseite. Bei Tipula dagegen ist im durch- scheinenden Kalilaugepräparat in der Oberflächenansicht und auch im Querschnitt zu sehen, dass die skapale Platte der Unterseite längere Zeit gleichzeitig mit der basalen Platte besteht, doch reichen die basa- "len Papillen stets weiter am Schwinger herab. Was die Zahl der Papillen betrifft, so zählte ich bei Tipula vernalis 52— 173 Papillen » Leptis vitripennis 216—234 » » Empis tesselata 138 >» » Empis argyreata 19a,» » Eristalis tenax 120—132 » » CGaliphora erythrocephala 15...» » Leria serrata BA—68 >» Es ist also immer eine beträchtliche Anzahl, welche meist größer ist, als die der skapalen Platte der Oberseite, doch viel geringer als die aller skapalen Papillen eines Schwinger zusammengenommen. Die Papillen sind bei Tipula (Fig. 29), Bibio unregelmäßig angeordnet. Doch 110 Ernst Weinland, kann man sie bei Tipula, wenn man will in zwei Partien scheiden, welche durch eine oben in der Mitte des Papillenfeldes befindliche, keine Papillen tragende kerbenförmige Stelle der Platte angedeutet werden. Bei den höheren Formen, auch schon so ziemlich bei Empis, besonders bei Eristalis, Musca, auch bei Culex treten die Papillen wie die skapalen immer mehr in Reihen ein; dazwischen bilden dann die Haare ebenfalls Reihen. Leptis vitripennis (Fig. 36) steht etwa in der Mitte, bei ihr ist nur die näher beim Grunde liegende Hälfte der Platte in annähernd regelmäßige Reihen geordnet, die entfernter vom Grunde liegende aber noch nicht. Die Reihen selbst entstehen nie durch Ver- wachsung der Papillen, diese bleiben vielmehr immer für sich; die Reihen sind ferner, abgesehen davon, dass die ganze Platte sowohl von vorn nach hinten als von der Höhe zur Tiefe gewölbt ist, nie gerade, sondern immer, freilich verschieden stark, gebogen. Die Richtung der Reihen ist, wie schon Hicr’s erkannte, eine mit der Längsachse der Schwinger gleichlaufende, weicht aber häufig ein wenig von derselben ab, z. B. bei Empis, Eristalis etc. Die Zahl der Reihen bei Empis tesselata ist 40, bei Empis argy- reata (Fig. 57) etwa 11, bei Eristalis tenax 10—11, bei Galiphora ery- throcephala i1, bei Musca domestica 7, bei Leria serrata 8. Die Länge (Höhe) der Platte fand ich: bei T. vernalis 53—62 u, ihre größte Breite 81—95 u » Leptis vitripennis 126—155 u, » » » 409-118 u » Empis tesselata 142u, » » » 104 u » Eristalis tenax 76.u, -» » » Ak6—148 u » Leria serrata Aö—48 u, » ) » 353—62 u Die Zahl der Papillen in den einzelnen Reihen ist dabei nicht gleich, sondern nimmt nach dem Hinterrand zu ab (Fig. 31 u. 33 von Eristalis und Leria), so dass die ganze Platte einem Dreieck mit gebogenen Seiten manchmal ähnlich sieht. Die größte Zahl der Papillen findet sich fast nie in der ersten vordersten Reihe, sondern fast stets in einer folgen- den. Bei einem Exemplar von Eristalis tenax folgte sich die Zahl der Papillen in den 11 Reiben folgendermaßen: 713, IT 13, IITA3, IV it, YA, VIA5 und dazu eine etwas zur Seite liegende Papille, VII 12, VIII \0, IX9, X5, X/5 und zum Schluss noch eine Papille (125 zusam- men); bei einem anderen Exemplar: 715, 1713, IITA&, IVAA, VA6, VI 13, VII 14 und eine etwas zur Seite liegende Papille, VIII 9, IX 7, X 6, und zum Schluss noch eine Papille (120 zusammen); bei einem dritten Exemplar (Fig. 33) 115, I AA, II1 46, IVA5 und 3 etwas ab- seits liegende Papillen, V 15, VIA4, VITA2, VIIIA0, IX 8, X6 (128 zu- sammen). Beim ersten dieser Exemplare war die /Y. Reihe die längste Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 111 mit 98 u, beim zweiten waren die /. und I/. Reihe die beiden längsten, beide waren lang 106 u, bei dem dritten war die I/II. Reihe die längste mit 106 «. Bei einem Exemplar von Empis argyreata (Fig. 57) betrug die Papillenzahl in Reihe / 15, I746, IIIA5, IVYA6, V18S und dazu etwas bei Seite liegend I und 3 und 4 Papillen, V/ 18 und eine ver- einzelte Papille, V// 15, VIII A0, IX 7; die beiden letzten Reihen ver- einigten sich in der Höhe, wobei noch 4 Papillen folgten, X 7, X73 (zu- sammen 153). Bei einem Exemplar von Caliphora erythrocephala betrug die Papillenzahl in Reihe /13, I7 16, III 14, IYA3, VA3, VI42, VITA®, VIII 9, IN 7, X5,X73 (zusammen 415). Bei Leria serrata zählte ich bei dem abgebildeten Exemplar (Fig. 31) in Reihe / 11, IT 14, IIT 40, IVA0, V9, VI8s, VII6, VIII 3 Papillen (68 zusammen), die zweite Reihe war die längste, 53 u lang, auch bei anderen Leria, die ich nach dieser Richtung untersuchte, war die zweite Reihe die längste, die Länge schwankte dabei zwischen 48 und ö3u. Dass die oben für die ganze Platte angegebene Ausdehnung in der Richtung der Längsachse des Schwingers nicht gleich der Länge der längsten Reihe zu sein braucht, sondern kleiner sein kann, als diese, erklärt sich durch die oben er- wähnte Schiefstellung der Reihen. Die einzelnen etwas ovalen Papillen der basalen Platte sind bei allen Arten, welche ich untersuchte, ungleich groß (siehe Fig. 29, 31,33, 36) und unterscheiden sich schon dadurch wesentlich von den drei bisher aufgeführten Papillenformen. Die größten der Papillen liegen am distalen Ende, die kleinen am proximalen und hinteren Ende der Platte, beide Arten gehen nach der Mitte zu in einander über. Betrachten wir eine einzelne Papille etwas näher, so finden wir in der Oberflächenansicht bei einer mittleren etwa 300 fachen Vergrö- Berung von dem, bei den bisher genannten drei Papillenformen vor- kommenden Spalt keine Spur, und erst bei höherer Vergrößerung ge- linstes die im Inneren der Papille auftretenden Bildungen wahrzunehmen. Am besten wählen wir, um zuerst über die chitinigen Theile ins Klare zu kommen, einen Schwinger, dessen Weichtheile durch Kalilauge ent- fernt sind und der dann mit Eosin gefärbt ist (Fig. #1, 48, 57, 61, 74). An diesem sehen wir bei höchster Einstellung des Tubus nur eine zarte runde Kuppel, welche aber, wie Grager (17) sehr richtig erkannte, an keiner Stelle durchbrochenist. Stellen wir ein ganz klein wenig tiefer ein, so zeigt sich in der Längsachse der nun meist etwas oval erscheinenden Kuppel ein langgezogenes sehr schmales Oval (R), ähnlich einem Spalt mit parallelen Rändern, welches manchmal auf den ersten Blick, auch wie ein einfacher, nicht zu schmaler Strich aus- sehen mag. Senken wir den Tubus wieder ein wenig, so verkürzt sich 112 Ernst Weinland, das Oval und wird dabei etwas breiter, bis es bald vollständig aufhört. Bei noch tieferer Einstellung sehen wir dann noch einen rundlichen Ring, welcher kleiner ist als die die eigentliche Papille bildende ovale Kuppel. Die Richtungdes oben erwähnten langgezogenen Ovals er- scheint bei den verschiedenen Papillen der basalen Platte als eine verschiedene, bei T. vernalis, oleracea ist, wie wir oben sahen, das Papillenlager andeutungsweise getheilt. Dem entsprechend finden wir dort zweierlei Hauptrichtungen, wir sehen nämlich in dem nach dem Vorderrand zu liegenden Theil der Gruppe die Spalte der Papillen von der Höhe, d. h. von dem mehr distalgelegenen Theil und der Mitte des Schwingers her nach vorn und der Tiefe, d. h. dem Grunde desselben gerichtet; in dem nach dem Hinterrand zu liegenden Theil der Gruppe aber sehen wir die Richtung der Spalte von mitten und der Höhe nach der Tiefe und hinten gehen. Zwischen diesen beiden Theilen der Gruppe in der Mitte liegen nun ebenfalls Papillen und in diesen ist die Richtung eine zwischen den beiden genannten allmählich vermittelnde, derart, dass die Richtung der am meisten in der Mitte und mehr dem Grunde zu liegenden Papillen eine horizontale, also zum Schwinger quer gestellte, wird. Das nämliche Verhalten fand ich bei Rhyphus fenestralis, bei Bibio marci, bei Leptis vitripennis, bei denen besonders die Papillen mit horizontaler Richtung zahlreich vertreten sind. Wenn sich nun die versehiedenen Papillen der Richtung ihrer Spalte entsprechend, in Reihen ordnen, und diese Reihen dabei, weil die Spalten viel länger als breit sind, durch Aneinanderlegen der Längsseiten (und nicht der schmäleren Querseiten) des Spaltes bezw. der Papillen gebildet werden, so erhalten wir die in Fig. 33 und 57 abgebildeten, mehr oder minder von der Schwingerachse abweichenden Reihen. | Bei Empis argyreata (Fig. 57) sind diese Reihen so eingerichtet, dass die Spalten in der mittleren horizontal verlaufen und zwar bei sämmtlichen Papillen innerhalb einer Reihe unter einander vollständig parallel. Nach beiden Seiten von der Mitte, also nach dem Hinterrand und Vorderrand zu, sehen wir nun dieRichtung der Spalte immer mehr eine schiefe werden, in der Weise, dass die Spaltrichtungen je zweier folgenden Reihen sich immer weiter außen am Stiel des Schwingers schneiden werden, wenn man dieselben verlängert denkt. An den beiden seitlichen Enden der Platte ist demnach wieder der oben bei Tipula beschriebene Zustand vorhanden, dass nämlich in der vordersten Reihe die Richtung der einzelnen Papillen von mitten und der Höhe schief nach vorn und der Tiefe und in der hintersten Reihe von mitten und der Höhe schief nach hinten und der Tiefe zeigt. Über die Sehwinger (Halteren) der Dipteren. 413 Wenn wir nun die schon oben erwähnte Wölbung von der Höhe zur Tiefe und von vorn nach hinten bei der die basalen Papillen tra- senden Chitinplatte in Betracht ziehen, so können wir, da die Beobach- tung unter dem Mikroskop in einem solchen Fall nicht genügende Sicherheit bietet, auf einen in seinen Wölbungen ähnlich gestalteten Gegenstand die Richtungen der einzelnen Papillen aufmalen. Wenn wir dann das Ergebnis betrachten, sosehen wir auch in diesem Falle, eben so wie dies oben bei den skapalen Papillen ausgeführt wurde, dass die Unterschiede in der Richtung nur die Folge der Projektion der Rich- tungen von einem Gewölbe bestimmter Art in eine Ebene (Fig. 57) sind. In Wirklichkeit haben sämmtliche basale Papillen ganz dienäm- liche und zwar die in der Mitte des Papillenfeldes auftretende hori- zontale, quer zur Längsachse des Schwingers stehende Richtung. Wir können somit die Richtung nicht mehr als unterscheidendes Merkmal zwischen den einzelnen Papillen ansehen. Dagegen haben wir als solehe zu betrachten 1) die durch die Wölbung der Platte von der Höhe zur Tiefe erzeugte Neigung derHöhenachsen der einzelnen Papil- len; alle diese Achsen konvergiren nach dem Grunde des Schwingers zu; 2) die durch die Wölbung der Platte von vorn nach hinten hervor- gebrachte Konvergenz der einzelnen Höhenachsen nach der Mitte zu (s. Fig. 19 auch 15 und 11); 3) die innerhalb der einzelnen Reihe nach der Tiefe zu immer mehr abnehmende Größe der einzelnen Papillen 's. eben); eben so wie bei Empis ist die Anordnung der Reihen bei Syr- phus, Eristalis, Musca, Leria etc. Die Anordnung dieser basalen Papillen, wie die der skapalen in Reihen ist eine Folge der Richtung des in der einzelnen Papille vorhan- denen Spaltes und nicht diese eine Folge der Richtung der Reihen, ‚denn auch bei den Arten ohne Reihen ist die Richtung des Spaltes der Papillen schon gerade so, wie in denen mit Reihen. — Je nach der Richtung des Spaltes wird die Reihe sich in der einen oder anderen Form bilden, bei den basalen Papillen in der Längsrichtung bei den skapalen Papillen in der Querrichtung des Schwingers, sie ist also un- wesentlich für die Erklärung des Organs, während die Richtung des Spaltes, welche sich bei allen Arten im Vergleich zu den An- fangs ganz fehlenden Reihen nur sehr wenig verändert, für das Organ wichtig zu sein scheint. Das Entstehen von Reihen überhaupt ist jedenfalls eine Folge des Zusammenrückens der Papillen, und dieses dürfte seinen naheliegenden Grund in der Abnahme der Größe des Schwingers, und somit des Platzes, der für die Papillen zur Verfügung steht, haben; damit würde auch das Verhalten von Gulex, bei welchem bekanntlich basale und skapale Papillen in Reihen geordnet sind, wenn Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LI. Bd. S 114 Ernst Weinland, auch nur zum Theil, seine Erklärung finden; neben dem Platze spielt natürlich auch die Zahl und, etwas weniger, die Größe der Papillen eine große Rolle, und diese beiden Punkte hängen von der Aufgabe des Organs ab. Auch die Frage, warum die Papillen sich nicht, wenn der Schwinger kleiner wurde, verhältnismäßig weiter, z. B. am Stiel oder Köpichen, zerstreuten, ist zu beantworten. Betrachten wir eine einzelne Papille auf Schnitten, die durch die Höhenachse der Papille, sowohl in der Richtung als senkrecht zu der Richtung der Rinne gelegt sind, so fällt uns zuerst auf die große Dicke des allgemeinen Körperchitins, über das sich die Papillen nur sehr wenig erheben (Fig. 42, 43, 55, 74). In dieser Chitindecke befinden sich nahe der Oberfläche zwischen den einzelnen Papillen hohle Räume, über welchen die Haare stehen. Der in der Beschreibung der Oberflächenansicht erwähnte »innere Ring« entspricht der Stelle, an welcher diese Höhlen aufhören und eine der Hypodermis aufliegende dicke Chitinschicht Platz greift. Die Verschiedenheit in der Größe der einzelnen Papillen haben wir schon erwähnt. Ein Zusammenhang der Papillen unter einander findet nirgends siatt. | Bei Tipula ochreacea sehen wir auf einem Schnitt, der in der Rich- tung des Spaltes durch eine Papille geführt ist (Fig. 42), die, ganz eben so wie bei den bisher beschriebenen Papillenformen, von einer Gan- glienzelle (G) kommende Nervenfaser an dem engen Anfang des später weiter werdenden Papillenraumes mit der Hypodermis in Verbindung treten; der rundliche Strang setzt sich bis über die Mitte der Papille fort und enthält schließlich in einem etwa trichterförmigen Ende einen Endstab (E), der überall gleich breit aus einem zarten Achsenfaden und einer feinen Cuticula besteht. An seinem Ende ist dieser End- stab frei, d. h. er ragt in eine Rinne (R) hinein, welche an dem aus Chitin gebildeten Dache der Papille hinläuft. Dieses Dach ist also an dieser Stelle zwar sehr verdünnt, aber es ist vorhanden; wir sahen desshalb in der Oberflächenansicht das langgestreckte Oval, denn dieses entspricht der Rinne, erst einen Moment nach der Kuppel selbst auf- tauchen. Die Rinne ist an ihren beiden Enden scharf abgeschnitten und hört eckig auf. Das die Rinne bildende Chitin setzt sich nach dem Inneren der Papille zu fort und bildet ein zugleich breiter und auch kürzer werdendes Oval, welches wir auch in der Ansicht von oben gesehen haben; schließlich noch weit oberhalb der Mitte der Papille hört dieses Oval auf (dies ist besonders an lange mit Kalilauge be- handelten Präparaten zu sehen), es geht an dieser Stelle über in die, von der die Papille umgebenden Hypodermis eintretende und die Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 115 Wände der Papille weit herauf auskleidende, ziemlich dicke Fort- setzung der Hypodermis. In einem Schnitt senkrecht zur Richtung des Spaltes (Fig. 43, Pachyrhina pratensis) zeichnet sich der den Endstab aufnehmende Triehter durch auffallende Breite aus; in die schmale, an der Decke sichtbare Rinne reicht der Endstab noch ein wenig herein; die anderen Theile sind nicht von den soeben beschriebenen verschieden. Bei Laphria gilva (Fig. 55) besteht ein Unterschied gegen das bis- her erwähnte Verhalten darin, dass das Chitin der Rinne nach dem Inneren der Papille fast gar nicht mehr fortgesetzt ist; wohl im Zu- sammenhang mit dieser Änderung bleibt der in die Papille eintretende Hypodermisfortsatz, welcher bei Tipula an das an der Rinne nach innen hereinreichende Chitinoval ansetzt, so lange dem in die Papille ein- tretenden Nervenstrang angelegt, bis dieser aus seinem Endtrichter den Endstab hervorgehen lässt; doch ist es möglich, dass dieses erst ein klein wenig weiter oben stattfindet. Die Fortsetzung der Hypodermis setzt dann am oberen Ende der Papille direkt an die Ränder der Rinne an. Das Übrige ist im Wesentlichen gleich geblieben. Bei Caliphora (Fig. 71) ist das Bild wieder etwas verändert: die zur Ganglienzelle führende Nervenfaser tritt frei in die Mitte des im allgemeinen Körperchitin befindlichen, den Anfang der Papille bildenden Loches ein. Die Wände der Papille begleitet, denselben ziemlich eng anliegend, eine zarte Hypodermisfortsetzung, welche sich, je nach der Dicke des Körperchitins, bald früher oder später, aber immer noch vor der Stelle, wo die Papille über dasselbe herausragt, mit dem Nerv zu einem Kissen verbindet. Aus diesem Kissen geht in der Mitte ein scharf begrenzter Stab (E) hervor; vom Rande des Kissens setzt sich eine sehr zarte Haut nach oben, sich trichterförmig ausbreitend, fort, bis sie an dem Chitin der Kuppe sich befestigt. Diese Kuppe der Papille enthält, wie sich bei gelungenen Schnitten scharf erkennen lässt, eine Rinne (R), welche aber nieht nach außen durchbrochen, sondern verschlossen ist. Die inneren Ränder dieser Rinne sind es, an welche die oben erwähnte zarte Haut ansetzt, während der Stift in die Rinne hineinreicht. Die ganze Stelle der Papillenkuppe, unter welcher sich die Rinne befindet, ist meistens etwas erhöht, durch einen kleinen Absatz von dem übri- gen Kuppenchitin unterschieden. An beiden Enden der Rinne befindet sich je ein scharfes, deutliches Eck. Die zwischen den Papillen liegen- den Haare sind verhältnismäßig groß. Wenn wir die drei Beispiele vergleichen, so erkennen wir, dass der bei Caliphora beschriebene Zustand aufzufassen ist als die Folge der Weiterbildung des bei Laphria beschriebenen Verhaltens: Der bei s* 116 Ernst Weinland, Tipula vorhandene Strang zwischen dem Zusammentritt der Hypodermis mit dem Nerv und zwischen dem Trichter ist verschwunden, und beide Begrenzungsstellen dieses Stranges finden sich in dem Kissen ver- einigt; in Folge dessen reicht der Nerv frei sehr weit in die Papille herein und die vom Kissen ausgehende zur Rinne führende Hypodermis hat im Vergleich zu Tipula eine ganz andere Form angenommen, wozu, wie vielleicht zu der ganzen Änderung in dem Bau der Papille, die all- mähliche Abnahme bezw. das Fehlen der Chitinfortsetzung der Rinne ins Innere der Höhle die Ursache war. Gleich bleibt sich dagegen bei allen Papillen die Rinne und der feste Endstab, welcher in dieselbe hineinreicht. Auch bei den basalen Papillen darf wohl, wie bei den skapalen, der distal von der Verbindung der Nervenfaser mit der Hypodermis gelegene Endapparat als aus dieser hervorgegangen zu betrachten sein. Dass Lex bei Caliphora vomitoria diese Papillen (20) für offen er- klärt, hängt vielleicht damit zusammen, dass er sie nicht von oben, sondern von der Seite betrachtete, vielleicht auch damit, dass er nie die Papillen an Schwingern, die mit Kalilauge behandelt waren, beob- achtet zu haben scheint. Die Rinne erkannte er in Folge dessen nicht. Die von demselben beschriebenen langen aus der Öffnung der Papille hervorstehenden Haare sind wohl gewöhnliche Haare, die unter der Papille liegen und leicht zu einer Täuschung führen (z. B. bei Hıcks und Küneker, 13 und 17). Auf Fig. 48, 61, 64, 7%, welche nach Kalilaugepräparaten von Eri- stalis, Sarcophaga, Leria, auch Leptis gezeichnet sind, zeigt sich, dass die nur bei Tipula (Fig. 41) als aus Chitin bestehend beschriebene Fort- setzung der Rinne im Inneren der Papille noch vorhanden ist, es ist aber wohl anzunehmen, dass dies, eben so wie in den auf gleiche Weise behandelten skapalen und Hicks’schen Papillen (Sarcophaga, Syrphus häufig noch eine Andeutung des in das Hufeisen eintretenden Nerven- stranges zu sehen war, so zu erklären sei, dass die Einwirkung der Kalilauge, welcher der Zutritt in die Papillen an dem ohnehin nur an einer Stelle, und da nicht sehr weit zugänglichen Schwinger, nicht gerade leicht gemacht wird, keine genügende gewesen sei. Dem ent- spricht auch das, wohl auf eine theilweise Beeinflussung durch Kali- lauge zurückzuführende Bild von Sarcophaga (Fig. 64), in welchem übrigens die Rinne nicht gezeichnet ist. Was dieEntstehung dieser Papillen betrifft, so ist dieselbe nicht so einfach zu durchschauen, wie die der skapalen Papillen und ihrer Verwandten. Die Fortsetzung, welche die Rinne bei Tipula und ihr nahestehenden Formen ins Innere besitzt, und welche in Gestalt eines Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 117 verhältnismäßig breiten Ovals (lig. 42, 43) ihr Ende erreicht, scheint mir aber darauf hinzudeuten, dass wir auch hier, wie bei den skapalen Papillen, von zwei Duplikaturen ausgehen müssen, deren Spalt außen, aber nur sehr dünn, verwachsen ist, es erklärt sich dann, warum die Hypodermis bei Tipula so weit in die Papille hineinreicht, um mit dem aus der Rinne hervorgehenden Oval in Zusammenhang zu treten. Die Rinne und das Oval wären demnach als der sehr verkleinerte Rest der inneren Wand jener ursprünglichen beiden Duplikaturen anzusehen. Über die weitere Veränderung im Bau der Papille, welche bei den höheren Dipteren zu finden sind, haben wir oben schon gesprochen. Der Stoff, der sich in der Höhle, innerhalb des eigentlichen Papil- lenraumes befindet, welcher ja bei den basalen Papillen von der Außen- welt abgeschlossen ist, scheint Luft zu sein, wenigstens keine Flüssig- keit, denn es war nie ein Gerinnsel zu sehen, der Raum blieb bei den verschiedenartigen Färbungen immer vollständig durchsichtig. Der Inhalt der zwischen den Papillen befindlichen Hohlräume dagegen scheint eine Flüssigkeit zu sein, dieselbe färbte sich mit Boraxkarmin bei Asilus stark und gleichmäßig roth. Im Folgenden sind noch einige Angaben, vornehmlich über die Größenverhältnisse der Papillen bei verschiedenen Formen zusammen- gestellt. Bei Tipula oleracea betrug die Länge 7—8,4 u, bei T. vernalis (Fig. 41) 5,6—8,4 u. Die Breite betrug bei T. oleracea 4,2—3,6 u, bei T. vernalis 4,2—7 u. Die Gesammthöhe fand ich bei T. ochreacea ‚Fig. 42) 14,5 u, die Länge des Endstabes 4,4 u, die Länge der Rinne 4,6 u groß. Bei T. vernalis fand ich die Rinne lang 4,6—5,3 u bei einer Breite von 0,6 u. Bei Pachyrhina pratensis (Fig. 43) betrug die Gesammthöhe ebenfalls 11,5 u, die Länge des Endstabes und die Breite der Rinne fand ich wie bei T. vernalis. Bei Leptis vitripennis (Fig. 48) fand ich die Papillen im Ganzen lang 3,8—6,9 u, breit 2,85—4,7 u, also wie auch Fig. 36 zeigt, klein im Verhältnis zu den basalen Papillen anderer Arten (Fig. 33). Die Länge der Rinne betrug 3,4—3,8 u, ihre Breite 0,6 u (?). Bei Laphria gilva (Fig. 55) fand ich die Rinne hoch (tief; 0,8 u, lang 5,3 u. Bei Asilus pallipes betrug die Gesammthöhe 9,2—11,5 u. Bei Empis tesse- lata fand ich die Papillen lang 3,8—7,5 u. Bei Eristalis tenax betrug die Länge der Papillen 7,2 u, die Breite 5,7 u. Die Rinne war lang 3,1 u, breit 0,6 u. Bei Sarcophaga betrug die Länge einer Papille 6,9 u, bei einer Breite von etwa 4,6 u. Bei Caliphora erythrocephala (Fig. 71) betrug die Gesammthöhe der Papille zwischen 6,9 und 13,8 «, wovon auf 118 Ernst Weinland, das umgebende Chitin 4,6—10,3 u kommen und für die Endkuppe 2,3—3,5 u übrig bleiben. Die Rinne hatte eine Länge von 4,6—6,9 u, eine Tiefe von etwa {1 u; der Endstab hatte eine Länge von 1,7—2,5 u, eine Breite von 0,6—0,8 u. Das Kissen ist in der Richtung der Rinne länger als senkrecht zu derselben. Der abführende Nerv hatte eine Breite von 1,5 u, bei einem passenden Schnitt zeigt sich die Größen- Ab- und Zunahme in vollständiger Regelmäßigkeit, allmählich fort- schreitend, dabei nehmen alle Theile ziemlich gleichmäßig zu. Die starken Haare ragen weit über die Papille heraus. Bei Leria serrata (Fig. 74) war die Papille lang 5,7 u, breit 5,4 «u. Die Rinne war lang 4,6 u, breit 0,8 u. Die Nervenfaser jeder Papille befindet sich eingeschlossen in einem Kanal (Fig. 38, 42, 65), dessen zellhaltiges Gewebe einerseits mit der Hypodermis, und andererseits mit dem die Ganglienzelle umhüllenden Bindegewebe in Zusammenhang steht. Die bipolaren Ganglienzellen, aus welchen die zu den Papillen tretenden Nervenfasern hervorgehen, sind meist nur wenig proximal von ihren Papillen gelegen, so dass man auf Querschnitten durch den Schwinger manchmal, wenn auch selten, den ganzen Verlauf der Nervenfaser von den Papillen bis zu einer Ganglienzelle verfolgen kann, aus jeder dieser Ganglienzellen tritt eine zum Thoraxganglion führende Nervenfaser aus, welche sich sogleich nach der Tiefe des Schwingers zieht; desshalb sind diese Nervenfasern auf dem Bild (Fig. 65) von Caliphora nicht zu sehen. Jede Ganglien- zelle steht nur mit einer Papille in Verbindung. Dass mehrere Gan- glienzellen nur eine Nervenendigung aus sich hervorgehen lassen, wie vom Rartn (31) als das bei Insekten häufigere Vorkommen beschreibt, ist jedenfalls bei dem Schwinger-Nervenendapparat nicht der Fall, die Küncxer’sche! Auffassung trifft hier vollständig zu. Unter einander fand ich die Ganglienzellen der verschiedenen Papillenformen bei der näm- lichen Art vollständig gleich. Die Ganglienzellen sind, wie schon LrE (20) bemerkt, durch nichts besonders auffallend, meist etwas oval- bis langgestreckt, mit scharf umschriebenem Kern, der einen oder mehrere Kernkörper enthält, getrennt sind sie von einander durch kernhaltiges Bindegewebe (Neurilemm). Die Größe der Ganglienzellen bei: verschiedenen Arten ist ziemlich verschieden. Die Länge betrug bei Tipula lateralis 9,5—13,8 u, die Breite 6,1—8 u, den ovalen Kern fand ich lang 6,4 u, breit 3. Bei Tabanus bovi- nus fand ich die Ganglienzelle lang bis zu 30 u, breit bis 18 u, der Kern 1 In: Compt. Rendus. Paris 1881. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 119 hatte dabei eine Länge von bis zu 12 u, eine Breite bis zu 9,5 u; bei Laphria gilya waren die Ganglienzellen lang 23—37 u, breit 13—16 «, der Kern lang 9—12 u, breit —7,5 u. Bei Caliphora erythrocephala fand ich die Ganglienzelle lang bis 14 u, breit 9—11,5 u, den Kern lang 7—7,6 u, breit 4,6—5,7 u. Anhang. Dass ähnliche Bildungen, wie die hier beschriebenen, auch auf dem Flügel der Dipteren und anderer Insekten auftreten, war schon Hıcks bekannt; auch GraABER (12) hat dieselben in neuerer Zeit bei Gelegenheit seiner Untersuchungen über die chordotonalen Sinnesorgane bearbeitet und betrachtet dieselben als zu derartigen Sinnesorganen gehörend. So weit ich diese Bildungen genauer unter- suchte, was freilich nur bei einigen (Empis [Fig. 10], Hippobosca equina) Fliegen der Fall war, scheinen sie mir den hier beschriebenen Papillen ziemlich nahe zu stehen. Die Länge einer Papille vom Flügel von Hippobosca equina (Fig. 75) betrug gegen 12 u, ihre Breite 17,2 u. Derartige Papillen finden sich am Grunde der Ober- und Unterseite des Flügels in Gruppen, welche jedoch ziemlich regelmäßig bei den verschiedenen Formen (Bibio, Leptis, Tabanus, Asilus, Empis, Hippo- bosca) wiederkehren. Auf Fig. 10 sind die sämmtlichen Papillen eines Flügels von Empis argyreata wiedergegeben. Der Flügel ist von oben gesehen. Die Papillen der Unterseite sind desshalb der Unterscheidung halber punktirt. Auf der Oberseite waren es meist vier Gruppen, deren äußerste stets nur von wenigen oder einer (Empis, Hippobosca) Papille gebildet wird. Ich zählte auf der Oberseite von Leptis vitripennis 114—159, bei Tabanus tergestinus 168, bei Asilus pallipes 168, bei Empis tesselata 122, bei E. argyreata 86—97, bei Hippobosca equina 70—73 Papillen. Auf der Unterseite ließen sich meistens drei Gruppen unter- scheiden, ich fand bei Bibio Marci 60, bei Leptis vitripennis 56—72, bei Tabanus tergestinus 99, bei Asilus pallipes 47, bei Empis tesselata 56, bei E. argyreata 43—61, bei Hippobosca equina 24—28 Papillen. Demnach befinden sich auf der Unterseite immer weniger Papillen als auf der Oberseite, Ähnliches war (s. oben) bei den skapalen Papillen des Schwingers der Fall. Auf die Papillen an den Flügeln der anderen Insekten, besonders der Hymenopteren und Lepidopteren, bin ich nicht eingegangen. IX. Von der Bewegung des Schwingers am lebenden Thier. Wir haben in Kap. V von den Chitinbildungen, die den Schwinger mit dem Thorax in Verbindung setzen, in Kap. VI von den Muskeln, die vom Thorax zum Schwinger gelangen, von den Gelenksäckchen 120 Ernst Weinland, und auch von einem Muskel, der innerhalb des Schwingers seine bei- den Ansatzstellen hat, gehört. Befestigen wir nun den Thorax einer frisch getödteten Fliege in der in Kapitel Il angegebenen Weise unter dem Mikroskop, so können wir genau die Bewegungen des Schwingers beobachten. Wir erkennen dabei zwei Bewegungsarten: Für die eine ist die Drehungsachse (auf Fig. 2—9 die Linie «-w) in der Ebene des Papiers gelegen und die bewegliche Chitinblase zwischen dem Thorax- stück a, welches unbewegt bleibt, und den Stücken b, c, gauf der Un- terseite und dem Kamme i auf der Oberseite, bei derselben thätig. In diesem Fall bewegt sich der Schwinger von oben nach unten und um- gekehrt. Das Ende seiner Bewegung nach unten bestimmt das Anstoßen von dem Chitinstück Db bezw. c an das nicht bewegte Stück «a; das Ende seiner Bewegung nach oben das Angespanntsein der zwischen b resp. c und «a vorhandenen im Ruhezustande (s. oben, Kap. V) etwas gefalteten Chitinverbindung, so dass also die Bahn eine begrenzte ist. Für die zweite Art der Bewegung steht die Drehungsachse senk- recht zur Ebene des Papiers (in Fig. 2—9). Der Schwinger bewegt sich also in der Ebene desselben, die Achse, die durch diese Bewegung ihre Richtung ändert ist durch eine von O zu O verlaufende Linie in Fig. 2—9 angedeutet. Dieses Mal verschiebt sich die Firste f gegen die Chitinstücke e und e’, welche dieselbe zwischen sich fassen. Die Ausdehnungsfähigkeit der Bewegung wird noch dadurch vergrößert, dass bald, wie bei Tipula, Leptis die Stücke e und e’ ebenfalls zusam- mengebogen werden können, während bei den höheren Formen z. B. Eristalis, Musca nur noch e’ biegsam ist, zugleich aber das distal von e und e' liegende Chitinstück dsich zusammenpressen lässt. Das Ende der Rück- wärtsbewegung ist da, wenn alle Theile möglichst zusammengedrückt, das der Vorwärtsbewegung, wenn alle Theile möglichst gedehnt sind. Es ist nun die Frage, welche der Muskeln, Gelenksäckchen und Gelenkstücke bei der einen oder anderen der beiden Bewegungsarten in Gebrauch kommen. Wenn wir nun bedenken, dass die Bewegung von oben nach unten nur durch die ganz am Grunde derselben befind- liche, die Verbindung mit dem Thorax herstellende Chitinblase begleitet wird, dass aber alle über derselben befindlichen Chitinstücke von dersel- ben in ihrer Lage zu einander unbeeinflusst bleiben und wenn wir außerdem (s. Kap. VI) uns erinnern, dass von den vier vom Thorax kom- menden Muskeln nur zwei direkt und auch diese sehr tief unten am Schwingerchitin ansetzen, so ist die Annahme wohl berechtigt, dass diese Thoraxmuskeln die Bewegung des Schwingers an seinem Grunde er- zeugen. Wenn wir nun die von Marzy (28) beobachtete Thatsache, dass die Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 121 Längsachse der vom Flügel durchlaufenen Bahn in ihrer Stellung zum Thorax sich bei demselben Insekt gar nicht verändert, dass also die Bewegung des Flügels am Thorax keine willkürliche, sondern ein- deutig bestimmt ist, und nur in ihrer Ausdehnung (Amplitude) wechseln kann, so liegt die freilich unbewiesene Annahme nahe, dass auch die Bewegung des Schwingers an seinem Grunde immer gleich- artig (in der Hauptsache von oben nach unten) sei und nur in der Ge- schwindigkeit und auch der Ausdehnung des zurückgelegten Weges sich ändern könne, im letzteren Fall würde die im Beginn des Kapitels erwähnte Grenze der Bahn nach oben und unten nicht immer bei der Schwingerbewegung erreicht werden. Wäre eine Mehrzahl von Mög- lichkeiten für die Bewegung des Schwingers schon am Grunde dessel- hen vorhanden, so wäre nicht einzusehen, aus welchem Grunde sich weiter oben am Fuß desselben noch ein zweites Gelenk befindet. Es bleiben somit für die Bewegung des Schwingers in der hori- zontalen Ebene (Fig. 2—9) der im Fuße des Schwingers befindliche Muskel und die drei Gelenksäckchen, von welchen besonders das hin- tere auf der Oberseite neben der basalen Platte gelegene, hervorzuheben ist. Der Muskel (s. Kapitel VI) liegt im hinteren Theil von Kanal II (Fig. 15, 49 M) näher dem Hinter- als dem Vorderrand des Schwingers und läuft von der Oberseite und von dem Grunde des Schwingers nach der Unterseite und distal in die Höhe, den Kanal II auf diese Weise durchquerend. Wenn sich der Muskel nun zusammenzieht, so wird die Folge sein, dass der hintere Theil des Schwingers zusammenge- drückt wird und zwar wird, da der Muskel zu dem vom Grunde distal in die Höhe führt, die Wölbung der zusammengepressten Chitinstücke sich besonders in der Längsrichtung des Schwingers vermehren, jedoch auch von der Ober- nach der Unterseite, es wird dann zugleich durch den Zug des Muskels das in dem großen Gelenksacke, welcher neben den basalen Papillen liegt, endende Chitinstück /, oder, falls eine etwas abgegrenzte Platte (s. Eristalis Fig. 6 m) an dieser Stelle liegt, diese, tiefer in den Gelenksack hineingetrieben werden, während der Pfeiler, welcher am Vorderrand des Schwingers zwischen den beiden Gelenk- säckchen liegt, inFolge der Zusammenziehung des Muskels, mehr aus derselben heraus ans Freie treten wird. Wenn sich nun aber die am Hinterrand des Schwingerfußes liegenden Chitinstücke, welche beweg- liches, etwas federndes Chitin besitzen, in der Längsrichtung des Schwingers stärker wölben, so ist die Folge davon eine Verkürzung des Schwingerfußes an seinem Hinterrand oder eine Bewegung des Schwingers nach hinten. Diese Bewegung wird bei den größeren Schwingern (Tipula, Leptis) begleitet von einem Heraustreten des am 122 Ernst Weinland, Vorderrand befindlichen Pfeilers aus den in der Tiefe ein verbundenes Gelenksäckchen (Tipula) darstellenden beiden vorderen Gelenk- säckchen. Was die Chitinstücke, welche durch diese Zusammenziehung des Muskels betroffen werden, angeht, so sind es, wie oben erwähnt wurde, bei Eristalis und Musca die Stücke e' und d, welche bei der mit dem _ Pinsel hervorgebrachten Vorwärtsbewegung der Schwinger straff ge- streckt, bei der Rückwärtsbewegung stark gewölbt werden. Das bei Eristalis neben der Platte / liegende Stück m verschwindet bei der Zusammenziehung (Rückwärtsbewegung) unter e', wird also wohl, wie das oben als zu erwarten beschrieben war, in den großen Gelenksack, neben dem es liegt, hineingedrängt werden. Das bei der Beobachtung unter dem Mikroskop wahrzunehmende sich Hineinschieben der Rippe f zwischen eund e’ erklärt sich aus der Zunahme der Wölbung von e und e' bez. von e’ allein. Eine andere Frage ist, warum die beiden Säckchen am Grunde der Vorderrandader V von den niederen zu den höheren Dipteren immer mehr abnehmen, bis sie bei Caliphora nicht mehr zu sehen sind. Als Grund hierfür dürfte, da ja die sonstigen bei der Vor- und Rückwärtsbewegung in Thätigkeit tretenden Theile voll- ständig vorhanden sind, jedenfalls eine Verminderung dieser Bewegung nicht angeführt werden. Dem widerspricht auch der oben angeführte Versuch mit dem Pinsel; vielleicht ist aber in dem Abnehmen der Größe des Schwingers, welches bei den höheren Formen sich findet und be- sonders in dem viel gedrungeren im Querschnitt mehr rundlichen Bau des Schwingerfußes (Fig. 19), im Gegensatz zu der langgestreckten Form desselben z. B. bei Tipula (Fig. 11) der Grund für dieses Abneh- men (Fig. 15 Leptis) und Verschwinden der vorderen beiden Gelenk- säckchen, zu sehen. Denn je geringer die Breite des Schwingers wird, desto geringer wird auch, bei gleich bleibender Größe der Rück wärts- bewegung, die der Bewegung auf der Hinterseite entsprechende Bewe- gung am Vorderrande werden. Desshalb dürfte vielleicht bei Caliphora, wo ja (Fig. 49) der Fuß fast rund im Querschnitt ist, die Entstehung einer eigenen jenem Zweck dienenden Bildung von zwei sen chen nicht mehr nöthig sein. Wenn nun die Bewegung des Schwingers von vorn nach hinten in der oben angeführten Weise stattfindet, so ist noch einiger Vortheile zu gedenken, welche eine solche Art der Bewegung für den Schwinger und die Fliege hat. Als erste Wirkung scheint mir wichtig, dass auf diese Weise ein einziger Muskel hinreicht, um die ganze Bewegung auszuführen, ohne dass zu befürchten wäre, dass, wenn derselbe seine Thätigkeit einstellt, der Schwinger nicht mehr fest und unbeweglich Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 125 mit seinem Grundstück, welches die Auf- und Abwärtsbewegung ver- mittelt, verbunden ist; dies wird erreicht dadurch, dass, sobald der Muskel aufhört die verschiedenen Chitinstücke zu beeinflussen, diese die ihnen normale Stellung wieder einnehmen. Ein anderer Vortheil liegt darin, dass der Muskel nicht, wie man vielleicht zuerst erwarten mag, von vorn nach hinten, sondern von der Oberseite nach der Unterseite sich ausdehnt; die Folge ist, dass die Thätigkeit einen, durch das allmäh - liche Zusammenpressen der Chitingewölbe ganz gleichmäßigen ruhigen Verlauf nimmt, im anderen Fall wäre der Widerstand leicht zu klein und die Bewegung dann sprungweise und ungenau. Was nun die Antheilnahme der beiden eben dargelegten Bewe- gungsweisen des Schwingers an seiner Bewegung am lebenden Thier betrifft, so dürfte es schwer halten darüber Beobachtungen herbeizu- bringen; einmal glaube ich bei einer frisch getödteten und in der öfters erwähnten Weise befestigten Eristalis die Bewegung des Schwingers nach hinten freiwillig vom Thier ausgeführt, ohne Zusammenhang mit einer anderen Bewegung, wahrgenommen zu haben, auch bewegte sich der Schwinger nicht, wie dies sonst der Fall zu sein pflegt, wieder zurück, sondern er blieb in der nach hinten gebogenen Stellung, diese Stellung des Schwingers ist auch zu sehen in der Fig. 2, welche einen Schwinger von Tipula, von der Oberseite gesehen, darstellt; auch die Beobachtung, dass eine Caliphora, Eristalis, Musca, deren Schwinger berührt wird, denselben plötzlich, wie mir scheintnach hinten versteckt, mag hierher gehören. Vielleicht ist es aber möglich, aus anderen Punk- ten bei der Zusammenwirkung der beiden Bewegungen auf das ob- waltende Verhältnis wenn auch nur mit einiger Wahrscheinlichkeit zu schließen. Wir stehen hier, wenn wir von dem sicherlich möglichen Fall, dass überhaupt nur das eine der beiden Gelenke in Thätigkeit ist, seiner Einfachheit halber absehen, vor zwei Möglichkeiten: Im einen Fall fin- det bei jeder durch die Wechselwirkung der vier Thoraxmuskeln im unteren ersten Gelenk hervorgerufenen Auf- und Abbewegung des Schwingers ebenfalls eine Bewegung in dem höheren, zweiten Gelenk statt, dieBewegung an den beiden Gelenkstellen des Schwingers wieder- holt sich also in gleicher Häufigkeit; es bleiben dabei verschiedene Möglichkeiten für die Art der entstehenden Gesammtbewegung, je nach der Weise, wie die Zusammenziehung des Schwingermuskels erfolgt und je nach der Geschwindigkeit im ersten Gelenk, wird der Schwinger die Bewegung in einer Ebene beibehalten, oder eine gewölbte Fläche beschreiben. Diese Ebene wird aber mit derjenigen, welche bei der ein- fachen Auf- und Abbewegung des Schwingers von diesem eingehalten 124 Ernst Weinland, wird, nur einen Punkt, den Bewegungsmittelpunkt des Schwingers, gemeinsam haben und im Übrigen wird ihre Richtung in verschieden starkem Grade von oben und außen nach unten und innen gehen. Die andere Möglichkeit ist die, dass die Zusammenziehung des eigentlichen Schwingermuskels nur von Zeit zu Zeit stattfindet, und dass sich die Stellung des Schwingers im zweiten Gelenk dann für eine Reihe von Auf- und Abbewegungen gleich bleibt, es wird also, wie im ersten Fall, obgleich die vier Thoraxmuskeln die nämliche Bewegung wie vorher ausführen, doch der Schwinger in einer anderen Ebene sich bewegen als vorher. Es werden aber alle diese letzteren Ebenen die wesentliche Eigenschaft haben, dass bei allen die Richtung von oben nach unten vollständig gleich ist mit derjenigen, welche die Bewegung des Schwin- gers einschlägt, wenn nur das erste Gelenk thätig ist, während die Ebenen, welche bei der sich immer wiederholenden Zusammenwirkung der beiden Gelenke entstehen, zu dieser Richtung einen Winkel bilden müssen. Alle Ebenen und natürlich auch die möglicherweise von dem Schwinger beschriebenen gewölbten Flächen, haben einen Punkt mit einander gemeinsam, den Bewegungsmittelpunki des Schwingers. Diese große Mannigfaltigkeit in den Bewegungen verdankt der Schwinger besonders der vollständigen Unabhängigkeit der beiden Ge- lenke von einander und es scheint mir mit Rücksicht auf den beträcht- lichen Aufwand, der zur Erreichung dieses Zieles gemacht wird, aus dieser Thatsache hervorzugehen, dass dieser Reichthum an Bewegungs- arten, der von dem beim Flügel der Insekten zu beobachtenden Verhal- ten sehr abweicht (Marry 28), kein grundloser sei, sondern dass derselbe gebraucht werde und für die Fliege nothwendig sei. Bemerkenswerth ist ferner, dass Genauigkeit in der Bewegung des Schwingers nöthig zu sein scheint, was aus der im Vergleich zu anderen Insektenflügeln be- trächtlichen Zahl der Schwingermuskeln (cf. Lucks, 27) hervorgeht. Über die Anzahl der Bewegungen eines Schwingers in einer Se- kunde kann ich nichts sagen, jedenfalls ist dieselbe eine sehr bedeu- tende, doch sah ich den Schwinger sich (z. B. bei Tipula) manchmal auch langsamer bewegen. Näheres siehe die Versuche im nächsten Kapitel. | X. Von den Versuchen über die Thätigkeit des Schwingers am lebenden Thier. Da schon eine Reihe von Arbeiten und in neuerer Zeit eine sehr ausführliche Abhandlung von Jousser (16) über diesen Punkt erschienen ist, so theile ich meine Beobachtungen, so weit sie sich mit jenen von Jousser decken, nur in ihren Ergebnissen mit, ohne auf die Einzelheiten Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren, 125 näher einzugehen. Meine Versuche machte ich vornehmlich an Tipu- liden, Syrphiden, Musciden. Die Bewegung des Schwingers findet meistens gleichzeitig mit der des Flügels statt und ist dann sehr schnell (s. verschiedene Autoren der Einleitung); sie kann derselben vorangehen, wie ich z. B. bei Sar- cophaga, Eristalis, Tipula sah. Schneidet man (Sarcophaga) einen Flü- gel des lebenden Thieres ab, so kann man sehen, dass wenn eine Be- wegung des anderen noch vorhandenen Flügels stattfindet, nicht nur dessen Schwinger, sondern auch der der Gegenseite sich bewegt. Bei frisch getödteten Eristalis, Caliphora, Sarcophaga hat ein Zug nach oben am Flügel eine Bewegung des gleichseitigen Schwingers manch- mal auch des gegenseitigen Flügels und Schwingers zur Folge; eben so hat Druck auf das Chitin in der Nähe des Schwingeransatzes Bewegung des Schwingers zur Folge. Auch ohne Betheiligung des Flügels kann sich der Schwinger bewegen, so z. B. (Musca) gleichzeitig mit den Bei- nen, wenn es sich um das Aufstehen aus der Rückenlage handelt, oder wenn das Thier (Musca) an einem Bein festgehalten wird. Doch ist die Geschwindigkeit dabei im Vergleich zu der, wenn der Schwinger sich zugleich mit dem Flügel bewegt, eine geringe. Bei Tipula (lateralis) tre- ten, wenn es sich um die Veränderung der Stellung zur Wiedererlan- sung der Gleichgewichtslage handelt, vor dem Flügel die Schwinger in Thätigkeit, dann, wenn dies nicht hilft, suchen jene nachzuhelfen; am besten ist dies zu sehen bei einer Tipula, welche nicht mehr alle Beine ‚besitzt, denn im anderen Fall sind es diese in erster Linie, welche die Gleichgewichtslage wieder herzustellen bemüht sind. Dass diese Be- wegung der Schwinger und Flügel aber eine so zu sagen zufällige und auf einen anderen als den angeführten Grund zurückzuführen sei, lässt sich am leichtesten bei der langsamen Tipula widerlegen, welche ge- wöhnlich, wenn von außen kein direkter Grund zum Handeln gegeben wird, unbeweglich dasitzt und nun plötzlich bei der Drehung und Schiefstellung ihres Behälters diese Bewegungen ausführt; sie führt dieselben aber nicht aus, wenn der Behälter nur verschoben wird und ihre Lage im Gleichgewicht nicht gestört wird. Musca ist in dieser Be- ziehung ein weniger sicheres Versuchsthier!. Bewegung der umge- benden Luft setzt den Schwinger von Tipula in leichte Bewegung, eben so die Flügel und Fühler. 1 Der Sitz der Gleichgewichtsempfindung liegt jedenfalls nicht in der Empfin- dung, welche die Beine von dem auf sie ausgeübten Druck des Körpers haben. Verlust eines oder zweier, ja eventuell von noch mehr Beinen, hebt diese Wahr- nehmung des Thieres nicht im geringsten auf. Vgl. Loxs (24), welcher dieselbe mit den Augen in Verbindung bringt. 126 Ernst Weinland, Die Endblase des Schwingers ist (siehe Kapitel VII) mit Blut gefüllt, der Füllungsgrad ist bei dem lebenden Thier, z. B. Eristalis, mäßig und nach dem Tode schrumpft das Köpfchen allmählich (im Ver- lauf weniger Stunden) zusammen; vielleicht ist die Ansicht ScHELvEr’s (siehe Einleitung, 33), das Köpfchen bestehe aus sich öffnenden und . schließenden Blättchen, hierauf zurückzuführen. Dabei bilden sich die durch Schrumpfung erzeugten Falten nicht als Vergrößerung der schon bestehenden Furchen, sondern diese bleiben unverändert und neben ihnen entstehen neue (Musca); bei einer Eristalis, die noch nicht lange todt war, beobachtete ich einmal eine Vergrößerung des Köpfchens, als ich an die Abtrennungsstelle des Köpfchens etwas 0,5 Zige Kochsalz- lösung brachte, und als ich diese durch eine wässrige Lösung von Methyl- grün ersetzte, konnte ich dieses nach einiger Zeit in dem durchsichti- gen Stiel durchschimmern sehen. Vielleicht hängt mit dieser Thatsache die Lrr’sche Angabe von Pulsationen, welche am Köpfchen gewisser Fliegen (von wem?) beobachtet seien, zusammen. Jedenfalls ist der Blutgehalt des Köpfchens von dem des Thorax abhängig und es ist wohl möglich, dass auch am Köpfchen die Pulsationen der Bewegung des Blutes im Thorax erkennbar sind, möglich ist auch, dass die rhythmischen Zusammenziehungen des Thorax bei der Flügelbewegung die Ursache dazu abgegeben haben (cf. GraBer, 11). Der vollständige Verlust beider Schwinger hat zur Folge, dass die Fliege nur noch sehr langsam abwärts fliegen kann, oft auch direkt nach abwärts fällt (Eristalis, Caliphora). Meist findet dies zu Boden Sinken, besonders wenn die Höhe eine beträchtliche ist, in ziemlich senkrechter Linie statt, die Fliege fällt, am Boden angekommen, oft auf _ den Rücken und hat manchmal (Musca) Mühe wieder auf die Beine zu kommen; sie (Eristalis, Musca) macht sich mit den Beinen viel an der Stelle der Schwinger zu schaffen, wohl um dort, wie sie auch sonst zu thun pflegt, zu tasten und das in Unordnung Gekommene wieder in Ordnung zu bringen; sie ist nach einigen vergeblichen Flugversuchen meistens nur schwer zu einem neuen Versuch zu bringen, springt selbst vom bewegten Finger nur ungern ab (Musca, Caliphora) und pflegt beim Gehen ihre Beine etwas breiter als sonst aus einander zu spreitzen (z. B. Eristalis, Musca), ist in Folge dessen mit ihrem Leib der Erde etwas näher als gewöhnlich. Oft ist das Gehen auch etwas langsamer. Im Übrigen benimmt sich die Fliege (Caliphora), so lange sie nicht fliegt, so, als ob ihr im Vergleich mit den anderen nichts fehlte. Sie stellt sich mit dem Kopf gegen den Wind, frisst, läuft sogar senkrecht am Glas, bleibt im Gleichgewicht etc. (Näheres siehe Jousser und die anderen in der Einleitung erwähnten Beobachter!) Individuen von Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 197 Eristalis oder Caliphora, welche der Schwinger beraubt waren, wur- den, wenn sie im Freien losgelassen wurden, durch den leichtesten Wind fortgetragen, ohne auf den Boden zu fallen, vergleichbar dem Samen mancher Pflanzen (Compositen). Dieselben Folgen, wie der Verlust beider Schwinger hat der Verlust der beiden Köpfchen (Autoren der Einleitung!). Hier und da bleibt (Jousser bei Volucella), wenn der am Köpfchen bleibende Stiel besonders lang ist, noch ein kleiner Rest von Flugfähigkeit zurück, auch ich fand bei Tipula und Eristalis in diesem Fall noch ein kleines Flugvermögen. Eine Galiphora, welcher beide Köpfchen fehlten, konnte sich noch auf Strecken von 2 bis 3m in der Luft halten. Waren die am Thorax zurückbleibenden Stiele verschieden lang, so war eine Kreiselbewegung der Fliege das Resultat (RoBineat, Jousser etc.). Dieselbe ist als höchste Ausbildung eines spiraligen Fluges zu betrachten, welcher bei annähernd gleicher Länge der Schwingerreste erfolgt. Eine Anzahl frisch ausgeschlüpfter Caliphora, welchen beide Schwingerköpfchen entfernt waren, wurde am 2. Juli in einem Käfig, welcher mit Glas und Gaze verschlossen war, untergebracht. Die Nahrung bestand in Zuckerwasser, Wasser und etwas zartem Brot. Die letzte derselben starb am 5. August, hatte also 35 Tage lang gelebt. Eine Anzahl Musca domestica, welchen ebenfalls beide Schwinger- köpfchen fehlten, wurde vom 29. Juni ab unter denselben Bedingungen, wie die oben erwähnten Caliphora gehalten, die letzte derselben starb am 14. August, hatte also 44 Tage in der Gefangenschaft gelebt; wie lange sie vorher gelebt hatte, ist dabei nicht zu sagen. Bei vielen der Individuen waren die Flügel nach einiger Zeit in Folge des häufigen Fallens ganz zerstoßen und zerbrochen. Das Benehmen der Fliegen ‚blieb immer das nämliche, seitdem die Operation stattgefunden hatte. Die Angaben von Paur Bert (Notes d’Anat. et Physiol. comp. Extr. des Mem. Soc. des Sc. phys. et nat. de Bordeaux. Paris 1867. p. 32—33) konnte ich nicht vergleichen, die Inhaltsangaben darüber bei Künckeı und Jousser sind so kurz, dass nicht einmal daraus zu sehen ist, welche Arten Bert beobachtete. Auch die Zeitdauer ist nur sehr ungenau an- gegeben. Der Verlust eines Schwingers macht (Musca, Galiphora, Eristalis) nicht vollständig unfähig zu fliegen, sondern hebt nur die Flug- geschicklichkeit auf. Das Thier fliegt schlecht, unsicher, schwankend und ist leicht zu fangen, die gewandten schnellen Wendungen z.B. von Musca sind verloren. Dagegen durchfliegt die Fliege besonders große Strecken, in welchen kein Hindernis eine Wendung nöthig macht, z. B. im Freien, noch gut (Eristalis); Musca domestica lässt nach einigen 128 Ernst Weinland, missglückten Versuchen das Fliegen meistens bleiben und beginnt statt dessen zu gehen. Individuen von Musca sah ich, wenn ein Schwinger fehlte, mehrmals gleich nach der Operation, längere Zeit schief stehen, derart, dass die eine Seite höher lag als die andere. Dieselben Er- scheinungen unter Ausschluss der bei Musca erwähnten Schiefstellung, . aber häufig unter schwacher Kreiselbewegung des Thieres (Jousser) treten auf, wenn an einem Schwinger das Endköpfchen fehlt und der andere vollständig ist (Autoren der Einleitung) (Eristalis, Musca, Cali- phora); es schien mir bei Eristalis, als ob in diesem Fall der Flug sogar noch schlechter von statten ginge, als wenn der verstümmelte Schwin- ger vollständig entfernt wurde. Eine Anzahl frisch ausgeschlüpfter Caliphora, die eines Schwin- gerköpfchens beraubt waren, wurde unter den oben beschriebenen Bedingungen eingesperrt am 2. Juli; die letzte starb am 30. Juli, also nach 28 Tagen. Am 2. Juli wurden eingefangene Exemplare von Musca domestica ebenfalls eines Köpfchens beraubt und in einen Käfig ge- setzt. Das letzte derselben starb am 6. August, also nach 35 Tagen. Wie lange vor der Gefangenschaft die Muscas ausgeschlüpft waren, und ihre eigentliche Lebensdauer ist aus dieser Thatsache nicht abzusehen; eine Caliphora, welche nicht verstümmelt war und gleich nach dem Ausschlüpfen zu den anderen gesetzt wurde, lebte vom 3. bis 31. Juli, also 28 Tage. Demnach würde die durchschnittliche Lebensdauer die in den Versuchen bei Caliphora und Musca erhaltene Zeit kaum über- schreiten. Ist nur noch ein Schwingerstiel vorhanden, so ist die Folge die- selbe, wie wenn beide Schwinger vollständig fehlten, nur tritt häufig Kreiselbewegung hinzu (Volucella, Jousser). Dass das Gesumme durch die Entfernung der Schwinger abnehme, behauptet Lanvoıs (18); ich konnte davon nichts wahrnehmen, auch nichts davon, dass der eine der erzeugten Töne sich um eine Terz tiefer, und die Schwingungszahl des Flügels also ein klein wenig ab- nehmen soll, wie Jousser (16) behauptet (meine Versuchsthiere waren Eristalis und Musca, während Joussrr Volucella beobachtete). Die Entfernung der Schüppchen auf beiden Seiten (Eristalis, Musca) oder auf einer Seite (Musca, Caliphora) bringt gar keine Ver- änderung im Flugvermögen hervor. Wendungen und dergleichen wer- den mit derselben Geschicklichkeit ausgeführt, wie vorher, auch das Gesumme ändert sich nicht, der Zweck des Schüppchens muss also anderswo gesucht werden. Auch die Entfernung des Afterläppchens Musca, Eristalis) an beiden Flügeln, wobei man sich aber vor einer Verletzung des Flügels oder einer Ader desselben sehr in Acht nebmen Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren, 129 muss, hat für den Flug gar keine Folgen: die Fliege fliegt noch so gut wie vorher. Festbinden oder Festkleben der beiden Schwinger, so dass da- durch ihre Bewegung unmöglich wird, ist für das Flugvermögen von den nämlichen Wirkungen begleitet, wie vollständige Entfernung der Schwinger (Jousser bei Volucella). Anhängen eines kleinen Gewichts an das Abdomen einer schwin- serlosen Fliege (Caliphora) stellt nach Jousser die Flugfähigkeit fast vollständig wieder her; meine Versuche (Caliphora) ergaben ebenfalls eine, wenn auch nicht bedeutende, Verbesserung der Flugfähigkeit. Färbung des Schwingerköpfchens mit Cadmiumgelb brachte nach Jousser bei Volucella die Färbung einer kleinen Stelle des Afterläpp- chens am Flügel hervor, meine gleichartigen Versuche bei Caliphora mit Tusche ergaben, aber nicht immer, einen kleinen Fleck an der Unter- seite des Schüppchens. Fliegen ohne Beine oder mit halbem Leib fliegen nach GLEICHEN (7) noch davon; auch ich sah eine Fliege (Musca), der das Abdomen zu zwei Dritttheilen abgeschnitten war, noch fliegen, so geschickt wie vorher (nach oben, horizontal und nach unten, wie sie wollte). Das- selbe war der Fall bei einer Galiphora, welcher sämmtliche Beine ab- geschnitten waren, oder welcher die Fühlerendglieder genommen waren. Während des Fluges sind die Beine bei den meisten Dipteren an den Leib angezogen, bei Bibio jedoch sind die Hinterbeine, während _ des schwerfälligen, nur langsam zur Höhe führenden Fluges nach unten ausgestreckt (MEıcen, 29). Eine Eristalis tenax, welche geköpft war, flog, nachdem sie erst einmal den Flug begonnen hatte, noch vollständig gut, unter Beibe- haltung einer bestimmten Richtung, auch Caliphora flog noch besser als ohne Schwinger. Verdünnung der Luft bis zu dem Grade, dass die Quecksilber- säule im Barometer um 300 mm sinkt, hat bei Musca noch keinen merk- lichen Einfluss auf das Fliegen. Der Stiel des Schwingers ist sehr fest und elastisch, wird er aber geknickt, so hat dies dieselben Folgen, wie Entfernung des ganzen Schwingers. Mit Kalilauge behandelte Schwinger verlieren ihre Elasti- eität, und dem entsprechend ihre Gestalt nicht im geringsten, während der Flügel seine Festigkeit durch diese Behandlung sehr einbüßt, doch kann die geringe Größe des Schwingers im Vergleich zum Flügel dabei auch viel ausmachen. Zerquetschung des Köpfchens allein schadet nichts (GoUREAU, JoUssET etc.). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 9 130 Ernst Weinland, XI. Von den bisher ausgesprochenen Ansichten über die Aufgaben des Schwingers. Die Ansicht (Deruam, GLEICHEN, ROBINEAU, auch PAGENSTECHER, 30, Bd. IV, p. 391), dass die Schwinger der Erhaltung des Gleichgewichts im Fluge dienen, und das Thier am Schwanken von einer Seite zur anderen hindern, widerlegte schon ScHELvER (33) dadurch, dass er bemerkte, dass die Fliege auch mit einem Schwinger noch fliegt, ein Stück weit, dass sie zwar nicht so geschickt ist, wie früher, dass ihr aber das Gleichgewicht erhalten bleibt. Zur Erhaltung des Gleichgewichts dienen nach GirARD die lang ausgestreckten Beine, wenigstens bei den Tipuliden, doch sah ich Tipuliden und auch Schnaken (Culex), denen ein oder zwei Beine fehlten, noch gut fliegen, eine Caliphora flog noch gut (siehe voriges Kapitel), obgleich ihr sämmtliche Beine fehlten; daraus folgt, dass für den Flug die Gleichgewichtslage auf andere Weise erhalten wird. Die sich hieran bei Drrnan anschließende Annahme, dass das Köpf- chen zu vergleichen sei mit den am Ende beschwerten Balancierstangen der Seiltänzer, ist, so weit es sich auf die Schwere bezieht, richtig, denn wir hatten oben gesehen, dass das Köpfchen mit Blut gefüllt, und also verhältnismäßig schwer ist. Dagegen ist die Meinung GLeicHen’s und ScHeLver’s, dass das Köpfchen Luft enthalte, und die hieraus folgende Erklärung des schnellen Einfallens derselben nach dem Tode falsch. Auch die von Greichen gedachte Art der Schallerzeugung (siehe Einleitung) durch Anschlagen des Schwingers an die Schüppchen muss wohl geleugnet werden, einerseits weil Fehlen von Schüppchen und Schwinger das Gesumme nicht aufhebt, andererseits auch wohl, weil die überall vorhandene Bekleidung des Schwingers und Schüpp- chens, bezw. dessen Stellvertreters, des Afterläppchens der Flügel, mit kleinen Härchen einer solchen Thätigkeit sehr hinderlich wäre. ScHELVER ließ das Gesumme durch die Schüppchen ohne Betheiligung der Schwinger erzeugt werden. Die von Lanpois (18) beschriebene Beeinflussung des die tonerzeugenden Plättchen tragenden Brumm- ringes bei Eristalis durch einen am Grunde des Schwingers befind- lichen Hebelarm konnte ich, obgleich ich Eristalis ebenfalls unter- suchte, nicht bestätigen. Lannoıs selbst beschreibt den Zusammenhang nur bei Eristalis, und das von ihm gegebene Bild konnte meine Zweifel auch nicht zerstreuen; es scheint mir nicht unmöglich, dass Lanpoıs das eine oder das andere der in Kapitel V aufgeführten Gelenkstücke für diesen Hebelarm hielt; noch vermehrt wurde mein Misstrauen durch die schon in der Einleitung mitgetheilte Beschreibung einer Spiralfeder, welche, wie GrABEr (12) nachweist, in Wirklichkeit den an der Basis Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 131 der Schwinger auftretenden Papillenplatten entspricht. Ob aber die Bewegung des Schwingers nicht doch, wenn auch freilich nur schwach, die Chitintheile des Stigmas beeinflusst, scheint mir nicht unwahr- seheinlich in Anbetracht dessen, dass beim frisch getödteten Thier die Bewegung des Schwingers durch Druck auf die in der Nähe liegenden Chitinplatten erzeugt werden kann, also bei seiner Bewegung diese Chitinstücke jedenfalls auch ein klein wenig in Bewegung gerathen, eine Annahme, die bestätigt wird dadurch, dass sich bei den Dipteren die starken, während des Fluges arbeitenden Muskeln sich nicht am Flügel resp. Schwinger selbst ansetzen, sondern in der Nähe derselben, an der Thoraxwand. Auch Lanvoıs giebt übrigens zu, dass der Schwin- ger nur eine Verstärkung des Brummtones herbeiführen könne, der Ton entstehe auch bei fehlendem Schwinger, so dass die Frage am Ende eine ziemlich nebensächliche wird. Dass die Schwinger bei der Respiration vortheilhaft w Be nehmen in etwas verschiedener Weise mehrere Beobachter an. LArtrzILLe dachte sich das Endbläschen als einen Luftbehälter, der mit dem nahen Stigma im Verbindung stehe; ähnlich dachte wohl CHaBriEr; die Unrichtigkeit dieser Annahme ist besonders in Kapitel VII erwiesen. Lorw meint, die Schwinger könnten dazu dienen, bei energischem Athmen durch ihre Hin- und Herbewegung das Eindringen von Fremdkörpern in die Stigmen zu verhindern. Dazu ist unter Anderem zu bemerken, dass die das Stigma nach außen schützenden Haare diesem Zweck für kleine Gegenstände viel dienlicher sind, und dass große Gegen- stände kaum an jene verborgene Stelle gelangen können. Lanpoıs dachte die Schwinger könnten in zweiter Linie durch Bewegung der Brummringe auf die Respiration und auf die Flugfähigkeit einwirken, jedenfalls könnte dann aber die Wirkung nur eine minimale sein. Jousser (siehe Einleitung) geht von der in Kapitel IX erwähnten Beobachtung Marzy's (28) aus, nach welcher die Achse der vom Flügel durchlaufenen Bahn im Vergleich zur Thoraxachse innerhalb derselben Insektengruppe fast gar nicht wechselt. Es kann demnach die Bewe- gung des Flügels nur in ihrer Längenausdehnung wechseln. Bei den Dipteren ist der Winkel, den beide Achsen mit einander bilden, sehr klein. Jousser ist nun der Ansicht, dass der Flügel durch das Anschla- gen seines Afterläppchens, auf welches schon ScueLver aufmerksam gemacht hatte, an dem ihm entgegen bewegten Schwinger je nach der Größe der von diesem durchlaufenen Bahn in seiner Bewegung nach hinten entweder weiter vorn oder weiter hinten aufgehalten werde; das vordere Ende der Flügelbahn bleibe sich dagegen bei einem und demselben Thier immer gleich, die Folge sei 1) dass die vom Flügel 9%* 132 Ernst Weinland, durchlaufene Bahn eine verschieden große sein könne, und 2) dass, da diese Verschiedenheit in der Bahnlänge nicht gleichmäßig vorn und hinten, sondern nur hinten an derselben zum Ausdruck komme, der Unterstützungspunkt des Leibes bald vor, bald unter, bald hinter den (bei den Dipteren) immer feststehenden, im hinteren Abschnitt des . Thorax befindlichen, Schwerpunkt der Fliege gerückt werde, oder viel- mehr dass, da jene beiden Punkte immer senkrecht über einander stehen müssen, die Stellung der Längsachse des Körpers eine verschiedene werden müsse, dem entsprechend müsse der Flug bald nach oben, bald horizontal, bald, wenn der Schwinger gar nicht thätig sei und in Folge dessen die Schwingungszahl des Flügels ein klein wenig abnehme, nach unten seine Richtung nehmen. Wendungen nach der Seite werden durch Ungleichheit der von den Schwingern durch- laufenen beiderseitigen Bahnen und mithin auch der Bahnen der Flügel erzeugt. Gegen diese Ansicht sprechen jedoch mehrere wichtige Punkte. Es ist nämlich I) die Hauptbewegung des Schwingers nicht von vorn nach hinten, sondern von oben nach unten gerichtet, also der Flügel- bewegung nicht entgegengesetzt, beide Schwingerbewegungen sind zudem nur sehr klein; 2) ist es bei der Mehrzahl der Musciden, z. B. Musca domestica, vollständig unmöglich, dass der Schwinger an das Afterläppchen des Flügels anschlägt; der Schwinger könnte in diesem Falle nur an das Schüppchen anschlagen, und dieses ist unbewegt, feststehend; 3) ist die überall vorhandene Behaarung des Schwingers oder gar die Dornen an seinem Ende (Tipula) oder die Beschuppung (Culex) einer solchen Thätigkeit sehr unzuträglich; 4) dürfte eher in Beziehung auf die gegenseitige Beeinflussung von Schwinger und Flügel das Umgekehrte der Jousser’schen Ansicht der Fall sein, nämlich, dass der Flügel den Schwinger an seiner Exkursion verhindert, als dass der kleine Schwinger den großen Flügel aufhalten sollte; 5) schadet die Entfernung des Afterläppchen bei Musca nichts; 6) ist bei den Guliei- den, bei welchen nach Jousser's Theorie der Schwinger sehr lang sein sollte, derselbe sehr kurz im Gegensatz zu den Tipuliden; 7) bleibt die Langsamkeit, mit der die schwingerlosen Fliegen auch den Flug zur Tiefe bewerkstelligen, unerklärt. Was den Schwerpunkt betrifft, so ist derselbe wohl, im Ver- gleich zu den mit beweglichem Abdomen versehenen Hymenopteren 2. B., wenig veränderlich, doch dürfte, da ich bei Tipula, eben so wie auch bei Musca, kleine Bewegungen des Hinterleibes beobachtete, auch dieser nicht unbedingt fest sein; auch die im Hinterleib bei den Weibchen enthaltenen Eier werden von Einfluss auf den Schwerpunkt Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 133 sein. Auf die am Grunde des Schwingers befindlichen Papillen kommt Jousser nur sehr oberflächlich zu sprechen. Den Ansichten von dem Zweck der Schwinger im Ganzen stehen fast vollständig unvermittelt die Ansichten über die am Grunde der- selben befindlichen Papillen und Sinnesorgane gegenüber. Hıcks, der als der Erste die Papillenfelder beschrieb, hält diesel- ben, wie alle folgenden Beobachter, für Sinnesorgane, und zwar er- klärt er dieselben für Geruchsorgane; etwa dieselbe Auffassung scheint Ler von ihrer Aufgabe zu haben. Derselbe hält bei den skapalen Papil- len das Hufeisen und dessen dünnchitinige Seitenwände für die eigent- lichen den basalen Papillen entsprechenden Papillen, die beiden Duplikaturen nur für eine Art Bedeckung, er spricht zuerst von einem »aeroskopischen Organ«, welches er dann als »ehemisches Organ« näher bestimmt. Dieser Annahme widerspricht aber, wie schon Lorw (25) ausführte, ihre Lage, welche sehr entfernt ist von den zur Aufnahme der Nahrung dienenden Werkzeugen, ferner das Vorhandensein von Sinnesorganen an den Antennen, welche allgemein für Geruchsorgane gehalten werden; dann ihre während des Nichtfliegens oft sehr ver- steckte Lage; es sei bei dieser Gelegenheit auch an den Fall erinnert, in dem bei Caliphora (Fig. 19) der tiefer gelegene Theil des skapalen Organs der Oberseite (siehe Kapitel VI) vollständig von Chitin um- schlossen ist. Auch in dem histologischen Bau der Papillen ist nichts zu erkennen, das auf eine solche Thätigkeit hinweisen könnte. Leypıe und GraBER halten das Organ für ein Organ zum Hören, weil sie sich die ebenfalls im Grunde des Schwingers vorhandenen Hörstifte mit den Chitinbildungen im Zusammenhang stehend dachten; da aber dieser Zusammenhang nicht besteht, scheint diese Annahme nicht mehr gerechtfertigt, denn es wäre doch sehr auffallend, wenn an dem nämlichen Thier die Hörorgane auf so verschiedene Weise, z. B. bald offen, bald geschlossen gebaut wären. Zudem ist die Lage keines- wegs eine für ein Hörorgan zweckmäßige, denn 1) ist der Schwinger während des Fluges in sehr schneller Bewegung, und also als Unterlage für ein Gehörorgan wenig passend, auch würde das Organ vor Allem die eigenen Flugtöne und das Gesumme, nicht} aber fremde Töne hören (Lorw); 2) ist der Schwinger während der Ruhe oft sehr ver- steckt, und dies ist ebenfalls für ein Gehörorgan wenig vortheilhaft. Der Bau der Papillen, z. B. Richtung und Gestalt des Spaltes, ist auch für diesen Zweck nicht verständlich. In Bezug auf das chordotonale Organ ist, mit Rücksicht darauf, dass es als Gehörorgan zu betrachten sei, dasselbe wie bei den eben er- wähnten Papillenplatten zu bemerken, besonders der Abschluss von 134 Ernst Weinland, der Außenwelt durch eine diekwandige Chitinkapsel auf der einen und auf der anderen Seite durch einen, bei Bewegungen des Schwin- gers in Gebrauch kommenden Gelenksack scheint mir für Schallwahr- nehmung nicht gerade sehr geeignet. XII. Versuch einer Ergänzung der Lücken, die in der Beobachtung geblieben sind. Wenn wir die in den Kapiteln II—X über den Schwinger aufge- zählten Thatsachen überblicken, so sind es besonders zwei große Lücken, welche durch die Beobachtung nicht ausgefüllt werden. An Stelle der einen tritt die Frage, welches die Aufgabe des Schwingers sei, sowohl wenn er sich für sich bewegt, als wenn er mit dem Flügel zugleich in Thätigkeit ist, also welches die Folge der Bewegung des Schwingers für die Fliege sei. Die andere Frage betrifft die am Grunde des Schwingers auftretenden Papillenplatten und das chord- otonale Organ. Ehe ich auf die zweite Frage eingehen kann, scheint es mir nöthig, dass ich die erste, welche uns auch über die Gründe der Gestalt des Schwingers und Ähnliches Aufschluss geben dürfte, zu beantworten versuche, denn es ist ja wohl möglich, dass für jene Or- gane auf Grund der dort erhaltenen Ergebnisse, eine Erklärung sich finden ließe. Wir sehen demnach bis auf Weiteres vollständig von den Papillenplatten und dem chordotonalen Organe am Grunde des Schwin- gers ab. Dass der Schwinger eine Aufgabe hat, geht, wenn auch nicht mit zwingender Nothwendigkeit, aus seinem Vorhandensein bei sämmt- lichen 40,000 Dipterenarten, welche fliegen können, hervor. Bei“Epi- dapus, welches wahrscheinlich das Weibchen von einer Seiara-Art ist, fehlt sowohl Flügel wie Schwinger (siehe Scumer 3%). Anderer- seits wäre nicht einzusehen, warum der Hinterflügel bei den Fliegen nicht, eben so gut wie bei Termiten und Ameisen beide Flügelpaare, vollständig verschwindet. Vergleiche zwischen dem Schwinger und Extremitäten, welche in der Rückbildung begriffen sind, wie z. B. den mesothorakalen Flügeln der männlichen Strepsipteren (Pasznstecner, 30, Bd. IV, p. 3914), oder dem ersten Abdominalbeinpaar der Blatta-Embryonen (CHoLODKOWSKY, 3, p- 94), oder den missgebildeten Hinterflügeln eines Procrustes coria- ceus (Eckstein, 5) dürften uns über den Zweck des Schwingers kaum belehren. Dagegen berechtigen die Versuche über die Entfernung der Schwinger und besonders der Jousser’sche Versuch (siehe Kap. X) über die Folge des Festbindens der beiden Schwinger, zu dem Schluss, dass die Aufgabe des Schwingers mit seiner Bewegung zusammenhänge. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 135 Wenn wir jeden der beiden Schwinger einer Fliege als eine ge- stielte mit Blut gefüllte und also ziemlich schwere Blase auffassen, welche seitlich mit dem hinteren Ende des Thorax verbunden ist, in einer Weise, welche ihr große Beweglichkeit verschafft, so wird die Bewegung des Schwingers einen Zug nach unten auf den hinteren Theil des Thorax, an den der Schwinger befestigt ist, ausüben, den- selben also, wenn sich keine Gegenwirkung durch die Beine, wie dies während des Stehens und Laufens der Fall ist, entgegensetzt, also z. B. während des Fliegens, etwas nach der Tiefe zu ziehen suchen, d. h. also den Schwerpunkt der Fliege, welcher sich (wie aus der An- satzstelle der Beine zu sehen ist, nach vorn von der Befestigungsstelle der Schwinger befindet, etwas weiter nach hinten zu rücken streben. Der Rückstoß, der dabei durch die Bewegung des Schwingers auf den Körper ausgeübt wird, würde nun die Wirkung der Schwingerbewe- gung illusorisch machen, da diese Wirkung nichtwie die des Flügels auf dem Widerstand der Luft beruht; dieser Rückstoß wird aber dadurch aufgehoben, dass sich der Schwinger nicht in gleicher, sondern in ent- gegengesetzter Richtung mit dem Flügel bewegt, was wir z. B. beob- achten können, wenn wir den Flügel nach oben ziehen, wobei eine gleich- zeitige Bewegung des Schwingers nach unten erfolgt (Musca, Sarco- phaga, Eristalis ete.) Wenn sich diese Bewegung nun wiederholt und zwar sehr schnell, so wird der Zug, der auf das Hinterende des Thorax ausgeübt wird, das Unzusammenhängende, das bei einer langsamen ‚ Wiederholung nicht zu vermeiden wäre, immer mehr verlieren und zu einem gleichmäßigen, fortgesetzten Zug werden, dessen Richtung in gleichem Schritt mit der Zunahme der Geschwindigkeit sich der Mittel- linie der vom Schwinger durchlaufenen Bahn nähern wird, vorausge- setzt, dass die Geschwindigkeit an jeder Stelle der Bahn die gleiche ist. Es ist nun aber (siehe Kap. IX) beim Schwinger nicht nur eine Ebene, in der er sich bewegen kann, vorhanden, wie beim Flügel, sondern mehrere in Folge des Daseins eines zweiten Gelenkes am Grunde desselben. Im einfachsten Falle, wenn nur das eine, tiefere Gelenk in Thätigkeit ist, ist die Richtung der Ebene eine senkrechte, von oben nach unten; die Ebenen beider Schwinger laufen aber (vgl. Kap. Ill) nicht parallel mit einander, sondern konvergiren der Stellung des Schwingers am Thorax gemäß, und werden sich — verlängert — un- gefähr unter einem rechten Winkel im Thorax schneiden (Tipula, Eri- stalis, Caliphora). Die Richtung des Zuges ist dabei von vorn und innen nach hinten und außen, zugleich aber wird dieselbe nicht mit der Längsachse des Thorax zusammenfallen, sondern nach unten einen 136 Ernst Weinland, spitzen Winkel zu derselben bilden, weil, wie ich durch die Beobach- tung mit Bestimmtheit zu erkennen glaubte, die Ausdehnung der Schwingerbahn nach unten eine beträchtlichere ist, als nach oben, so dass diese Bahn also durch die Längsachse oder durch eine Parallele zu derselben in einen größeren unteren und kleineren oberen Ab- schnitt zerlegt würde. Als zweiten Fall können wir den betrachten, dass sich der eigentliche Schwingermuskel auf die Dauer zusammenzieht; je nach dem Grade der Zusammenziehung dieses Muskels der beiden Schwinger wird der Winkel, den die beiden senkrechten Ebenen, in welchen die beiden Schwinger sich hin- und herbewegen, mit einander bilden, immer spitzer werden, bis beide Ebenen schließlich mit einander parallel laufen. Die Richtung des Zuges wird dabei, entsprechend der Wendung der Bahn von außen nach innen bezw. hinten, immer mehr nach unten und hinten gerichtet sein. Als dritten Fall wollen wir den betrachten, in dem beide Ge- lenke gleichzeitig in Thätigkeit sind und die Schwingerbahn zugleich eine Ebene durchläuft; jede dieser Ebenen, deren es wohl ebenfalls mehrere für jeden Schwinger giebt, ist von oben außen nach unten innen gerichtet. Die Ebenen beider Schwinger einer Fliege konver- giren also nach vorn und unten. Die Richtung des Zuges wird sich von der im vorhergehenden Fail zu erwartenden nicht unterscheiden, es ist also wohl wahrscheinlich, dass entweder nur die eine oder nur die andere dieser beiden Bewegungsmöglichkeiten zur Ausführung kommt. Dieser Fall leitet über zum vierten Fall, in dem der Schwinger eine gewölbte Fläche beschreibt. Es scheint mir dabei wahrscheinlich, dass der entstehende Bogen nicht einen Kreis oder Ellipse bildet, in welchem Fall er bei der Auf- und Abwärtsbewegung entgegengesetzt gewölbt sein müsste, sondern dass die Wölbung bei Ab- und Aufwärts- bewegung dieselbe ist, so dass die Schwingerbahn also nur die Hälfte eines Kreises oder einer Ellipse beschreiben würde; im anderen Fall wäre 1) die Drehung, die der Schwinger am oberen und unteren Ende seiner Bahn auszuführen hätte, eine sehr beträchtliche, während sie auf diese Weise ganz wegfällt, 2) wäre der hervorgebrachte Zug nicht ver- schieden von dem der beiden vorigen Fälle, wenn nicht die Ellipse oder der Kreis eine unregelmäßige werden würde‘, und in diesem Falle würde nur die Differenz zur Verwerthung kommen. Nun ist aber der Zug nach unten schon in den bisher erwähnten drei Fällen die Folge der Schwingerbewegung, und es ist fürs Erste nicht einzusehen, welchen Zweck die weitere Möglichkeit eines Zuges nach unten für die Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 487 Fliege haben könnte. Dagegen kann ein Bogen nach oben, je nach dem Grade seiner Krümmung einen horizontalen oder sogar einen nach der Höhe gerichteten Zug hervorbringen, und dieses dürfte für die Fliege wohl verwerthbar sein. Was die Geschwindigkeit aller dieser Bewegungen und besonders die des ersten und dritten Falles betrifft, so wird der Zug in der er- wähnten Richtung um so stärker sein, je schneller dieselbe ist. Ehe wirnun dieSchwingerthätigkeitund diefastimmergleich- zeitig (siehe Kap. IX) mit ihr stattfindende Thätigkeit desFlügels im Zusammenhang mit einander betrachten können, haben wir uns einige Thatsachen über die Bewegung des Flügels zu vergegenwärtigen. Nach Prrrierew und Marey hat die Bahn, die der Flügel durchläuft, die Gestalt einer flach gedrückten liegenden 8 und der Winkel, den die Ebene dieser Bahn mit der Längsachse des Thorax bildet, wechselt bei dem nämlichen Thier nicht. Da ferner, wie auch Jousser für die Insek- ten (mit Ausnahme der Dipteren, siehe voriges Kapitel!) zugiebt, die Bahn des Flügels zwar verschieden groß sein kann, dabei aber die Ver- größerung oder Verkürzung derselben nicht einseitig, nur vorn oder nur hinten, sondern immer in gleichem Maße vorn und hinten statt- findet, so kann sich auch eine Linie nicht verrücken, welche die Mittel- punkte der zwei Bahnen, welche die beiden Flügel eines Thieres durch- laufen, verbindet, d. h. der Unterstützungspunkt des Thieres bleibt sich gleich. Außerdem hat die schnelle Bewegung des Flügels zur Folge, dass derselbe, ganz abgesehen von der auf der umgebenden Luft be- ruhenden Vorwärtsbewegung, einen Zug auf seine Befestigungsstelle am Thorax ausübt, die Richtung dieses Zuges geht durch die Mitte der Bahn des Flügels; der Zug hat das Bestreben dem Thorax eine gewisse Stellung beizubringen und das Zusammenwirken dieses Zuges beider Flügel hat, wenn die Richtung des Zuges auf beiden Seiten symme- trisch ist, die Horizontalstellung der Querachse des Thorax zur Folge!. Wird die Kraft des Zuges auf beiden Seiten ungleich und liegen dabei die beiden Flügelbahnen nicht in einer Ebene, so wird eine gewisse bestimmte Schiefstellung des Thorax eintreten. In Anbetracht der Größe des Flügels ist dieser Zug ein sehr beträchtlicher und ihm ver- 1 Hierauf scheint mir die Thatsache im Flug der Insekten, dass sie immer ohne irgend welches Schwanken im Gleichgewicht bleiben (indem nämlich der sehr schnell bewegte Flügel, vergleichbar einem um seine Achse rotirenden Kreisel, seine Rotationsachse beizubehalten bestrebt ist), zurückzuführen zu sein, nicht auf den von GRABER (11, p. 215) angegebenen Grund, den ich nicht einzusehen ver- mochte. 138 Ernst Weinland, dankt also die Fliege ihre horizontale Stellung, d. h. ihre Lage im Gleichgewicht während des Fluges. Betrachten wir nun Flügel und Schwinger in ihrem Zusammen- wirken! Wir sahen, dass die horizontale Stellung der Querachse der Fliege durch eine im Verhältnis zur Kraft der Schwinger große Kraft . hervorgebracht und erhalten wird, es wird also der Theil eines jeden von einem Schwinger ausgeübten Zuges, welcher diese Achse schief zu stellen bestrebt sein würde, wirkungslos und desshalb zu vernachlässi- gen sein. Hierbei ist übrigens noch zu bedenken, dass solch ein Zug nur dann auftreten kann, wenn die Bewegung der beiden Schwinger eine ungleiche ist, andernfalls haben sie ja dieselbe Wirkung wie die gleich- artige Flügelbewegung. Der erste, zweite und dritte der oben auf- geführten Fälle haben das gemeinsam, dass der Zug der Schwinger ein nach abwärts gerichteter ist, es wird also, wenn beide Schwinger gleich- artig arbeiten, der Zug ein nur nach abwärts gerichteter sein, und zwar um so stärker, je schneller die Schwinger sich hin- und herbewegen. Die Folge davon wird sein, dass der Schwerpunkt der Fliege etwas weiter nach hinten verlegt werden wird, und da dieser in einer ver- tikalen Linie mit dem Unterstützungspunkt stehen muss, so wird eine Drehung der Längsachse der Fliege, welche ja (siehe Kap. XI) bei den Dipteren in ihrem Verhältnis zu der Längsachse des Thorax nicht wech- selt, wie z.B. bei den Hymenopteren, erfolgen müssen. Diese Drehung wird derart sein, dass der Kopf etwas höher, der Hinterleib etwas tiefer liegen wird, als vorher, d. h. die Fliege wird in die Höhe fliegen und zwar je nach der Geschwindigkeit der Schwingerbewegung unter einem verschieden großen Winkel zur horizontalen Ebene. Der Zug nach hin- ten, welchen beide Schwinger dabei ausüben, wird durch die von den Flügeln hervorgebrachte Vorwärtsbewegung ohne Mühe aufgehoben, besonders leicht im ersten Fall, in dem die Bahn beider Schwinger nicht parallel läuft, sondern sich unter einem etwa rechten Winkel schneidet. Die vierte der oben aufgeführten Bewegungsformen des Schwingers hat, wenn beide Schwinger in gleicher Weise thätig sind, ebenfalls eine Drehung der Längsachse in der vertikalen Ebene in ver- schieden starkem Grade zur Folge; dieselbe wird nämlich, wenn der Bogen nur schwach nach oben gewölbt ist, etwas horizontal, je größer die Wölbung desselben ist, um so mehr mit dem vorderen Ende nach abwärts gerichtet sein. Die Fliege wird also mit bestimmter Richtung, welche sie je nach ihrem Wunsch regeln kann, herabzufliegen ver- mögen, dies ist ein Punkt, der besonders bei den Raubfliegen (Asiliden), welche sich auf ihre Beute herabstürzen, bei welchen dem entsprechend auch der Muskel im Schwinger gut ausgebildet ist (siehe Kapitel VI), Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 139 eben so wie bei der verwandten Leptis, aber auch bei den anderen Fliegen von Bedeutung sein dürfte. Wir kommen nun an die Möglichkeit, dass die Bewegung der bei- den Schwinger eine ungleiche sei, sie kann verschieden sein 1) an Geschwindigkeit bei gleichbleibender Art der Bewegung, 2) in der Art der Bewegung bei gleichbleibender Geschwindigkeit, 3) ist auch eine Vereinigung dieser beiden Ungleichheiten denkbar. Wenn sich nun die Geschwindigkeit der Bewegung ändert, so wird die Folge für die Zeit des Fliegens, da durch die Verschiedenheit in der Stärke des Zuges der beiden Schwinger eine Verschiebung der Querachse aus ihrer horizon- talen Lage (siehe oben!) nicht eintreten kann, nur die, dass die Ver- schiebung des Schwerpunktes keine so ausgiebige sein wird, als wenn beide Schwinger gleich schnell sich bewegen würden. Wenn sich (Kap. IX) ein Schwinger während des Nichtfluges bewegt, so kann sein einseitiger Zug vollständig zur Wirkung kommen, so weit demselben durch die Beine nicht entgegengewirkt wird. Wenn sich die Art der Bewegung ändert, wird die Folge eine etwas andere sein. Wenn wir im ersten Falle (siehe oben), in dem sich das zweite obere Gelenk an der Bewegung gar nicht betheiligt, bei dem einen der beiden Schwinger plötzlich das zweite Gelenk ebenfalls an der Bewegung Theil nehmend denken, und zwar in der Art, wie sie im dritten Falle (siehe oben) be- schrieben wurde, so wird dadurch der Zug nach außen, welcher bisher bei beiden Schwingern der gleiche war und in Folge dessen nicht zur Wirkung kam, auf beiden Seiten ein verschiedener werden, wenn wir ‚jetzt die horizontalen und zugleich senkrecht zur Längsachse des Thieres stehenden Komponenten der zwei durch die beiden Schwingerbewe- gungen hervorgebrachten, an beiden Seiten der Thoraxenden ansetzen- den Zugkräfte von einander abziehen, so bleibt, da die Ebenen dieser beiden Bewegungen sich nicht in der Mittellinie des Thieres schneiden, auf der einen Seite, und zwar auf der, welche die größere der beiden Kräfte geliefert hatte, ein Überzug nach außen bestehen. Dies ist aber (siehe oben!) die Seite, deren Schwinger die Bewegung im zweiten Gelenk nicht ausgeführt hatte. Durch den Überzug wird die Quer- achse des Thieres in der horizontalen Ebene etwas verschoben werden, in der Weise, dass der Kopf der Fliege eine Wendung nach der, dem den Überzug nach außen ausübenden Schwinger, entgegengesetzten Seite macht, also nach der Seite, auf welcher das zweite Gelenk sich an der Bewegung des Schwingers betheiligt hat; dies Letztere hat seinen Grund darin, dass der Schwinger hinter dem Unterstützungspunkt seine Befestigungsstelle am Thorax hat. Ein Einwurf, der darin be- stände, dass (siehe oben!) die beide Flügelanfangsstellen verbindende 140 Ernst Weinland, Querachse des Thorax geringe Neigung habe, sich in der horizontalen Ebene zu drehen, kommt, wie mir scheint, nicht in Betracht, weil der Durchmesser, welchen die vom Flügel durchlaufene Bahn in der Rich- tung von oben nach unten hat (siehe oben), ein im Vergleich zu dem von vorn nach hinten sehr kleiner ist; demnach steht eine sehr viel geringere Kraft der Wendung nach der Seite entgegen, als der Ablen- kung der Querachse aus ihrer horizontalen Ebene. Dass die im zwei- ten Fall (siehe oben) erwähnte Bewegung derjenigen des ersten Falles gegenübertrete, um eine Wendung der Fliege zu bewerkstelligen, scheint mir mit Rücksicht darauf, dass eine plötzliche und dann einige Zeit anhaltende Zusammenziehung des Schwingermuskels, wenn sie zwischen die sonstige Bewegung des Schwingers hineinfällt, eher Un- regelmäßigkeiten hervorrufen dürfte, als die im dritten Fall angenom- mene, unwahrscheinlich. Die Möglichkeit, dass die Bewegung der Schwinger eine derartig verschiedene sei, dass der Zug, der in der ver- tikalen Richtung auf den Thorax ausgeübt wird, ein verschiedener werde, also wenn z. B. Bewegungen des ersten und vierten Falles (siehe oben) sich gegenübertreten, könnte, da eine Schiefstellung der horizon- talen Querachse nicht möglich ist (siehe oben), keine andere Wirkung haben als eine Verschiedenheit in der Geschwindigkeit der Bewegung des Schwingers bei gleichbleibender Bewegungsart. Die Frage, ob bei jeder Art der Bewegung des Flügels eine Schwin- gerbewegung nöthig sei, um die Richtung der Längsachse der Fliege fest zu bestimmen, scheint mir mit Rücksicht darauf, dass nicht zwei sondern nurein Paar Flügel am Thorax sitzen, zu bejahen zu sein, da ja z. B. jeder Wind, jede Fußbewegung, eine Drehung der Fliege um ihre horizontale Querachse bewirken kann. In Folge der verschiedenen Stellung der Längsachse des Thorax in der vertikalen Ebene muss, da die Flügelebene ihre Stellung zu jener nicht ändern kann, die Bewegung von dieser in ihrem Verhältnis zur umgebenden Luft eine verschiedene werden. Wir haben nun zu untersuchen, wie sich die oben ausgesprochene Ansicht zu den im Früheren erwähnten Thatsachen verhält. Wenn der Schwinger dazu dient, durch seine Bewegungen den Schwerpunkt des Körpers zu verlegen, so wird derselbe nicht nur während des Fluges zu verwerthen sein, sondern auch bei anderen Gelegenheiten, besonders wenn der Körper eine ungewöhnliche, seiner sonst üblichen Gleichgewichtsstellung widersprechende Lage einnimmt und desshalb das Thier dieselbe ändern will; ein solcher Fall scheint mir z. B. vorzuliegen bei der in Kapitel IX erwähnten Tipula, welche Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 141 nicht mehr alle Beine besaß und sich in Folge dessen leicht auf die Seite neigte, auch bei der eben dort erwähnten Musca. Die von ver- schiedenen Forschern beschriebenen Bewegungen des Schwingers ohne Betheiligung der Flügel werden wohl meistens auf diesen Grund zu- rückzuführen sein. Da es für die Gleichmäßigkeit in der (Vorwärts-) Bewegung der fliegenden Fliege vortheilhaft ist, dass der Zug am Thorax ein möglichst fortdauernd gleichmäßiger nicht stoßweiser sei, so wird es nützlich sein, wenn die einzelnen Bewegungen sich mit möglichst großer Ge- schwindigkeit folgen. Da aber dadurch die Größe der vom Schwinger- ende in der Zeiteinheit zu durchlaufenden Bahn zunimmt, so ist es wünschenswerth, um möglichst große Geschwindigkeit ohne Gefahr für den Schwinger, dessen schweres Endköpfchen hierbei besonders zu berücksichtigen ist, zu erreichen, dass die vom Ende des Schwingers zu durchlaufende Bahn möglichst verkleinert würde, d. h. dass der Schwinger möglichst kurz gemacht werde. Dem zufolge wird der Stiel verkürzt und um (bei gleichbleibendem Körpergewicht) das nämliche Ergebnis wie früher zu erhalten, das am Ende des Schwingers befind- liche Gewicht etwas vergrößert werden müssen, obgleich die vermehrte Geschwindigkeit viel von der durch die Verkürzung verlorenen Kraft ersetzt. Wenn wir nun die erste in Kapitel IV befindliche Tabelle wie- der betrachten, so sehen wir, dass die Schwingerlänge im Verhältnis zur Flügellänge gerade bei den besten Fliegern Musca, Culex, die beide fortwährend der Verfolgung ausgesetzt sind, die geringste ist und die zweite Tabelle in Kapitel IV zeigt uns des Näheren, dass diese Verkür- zung vor Allem auf Kosten des Stieles stattgefunden hat, während das Köpfchen, wenn es auch bei Gulex z. B. unbedingt kleiner ist, als bei der großen Tipula, welche bekanntlich schlecht fliegt und sich vom Winde treiben lässt, im Verhältnis doch größer erscheint als bei Tipula. Das Köpfchen der sehr selten fliegenden Anapera ist auffallend klein. Bis zu welchem Grade die verschiedene Länge des Stieles auf die Ver- schiedenheit in der Körpergröße, abgesehen von der Flugfertigkeit, zu- rückzuführen sei, ist kaum zu bestimmen, doch ist es wahrscheinlich, dass auch das Körpergewicht die Länge des Stieles beeinflusst, besonders da das Köpfchen in seiner Größe keine sehr bedeutenden Schwankungen macht. Die große Elastieität und Festigkeit des Stieles finden wohl in der Geschwindigkeit der Bewegung, welche, wenn sie auch nur so schnell ist, wie die des Flügels bei der gewöhnlichen Stubenfliege, nach Mırey (28) 330 Schwingungen in der Sekunde beträgt, eine Erklärung; dabei hat der dünne Stiel des Schwingers im Gegensatz zum Flügel an seinem Ende noch das verhältnismäßig schwere Köpfchen zu tragen. 142 Ernst Weinland, Dass das Zerquetschen des Köpfchens keinen Schaden bringt, wohl aber ‚das Knicken des Stieles ist leicht erklärlich. Die von Lozw (25) gemachte Bemerkung, dass das Gewicht des Köpf- chens doch ein zu geringes sei, besonders bei den guten Fliegern unter den Dipteren, scheint mir nicht berechtigt, denn es ist immer ein großer Theil, so besonders, wenn auch nicht immer, das Abdomen der Fliege lufthaltig und vergrößert also unsere Meinung vom Gewicht derselben. Exemplare von Eristalis tenax wogen z. B. 0,06—0,08 g; wenn nun auch die beiden Schwinger zusammen weniger als Img wiegen, so wird dadurch doch ein Einfluss dieses Gewichtes, besonders wenn es in der oben beschriebenen Weise zur Verwerthung kommt, keineswegs gegenstandslos. Dass von dem zum Schwinger umgebildeten Hinterflügel nur der äußerste Theil in der Gestalt des Köpfchens und auch der nur mangel- haft erhalten bleibt, und dass der zwischen diesem und dem Körper befindliche Theil als Stiel auf das für einen solchen Nothwendigste zusammenschrumpft, ist wohl eine Folge davon, dass das Gewicht beim Gebrauch einen je größeren Werth ergiebt, je weiter außen am Stiel es sitzt, ohne dabei, wie im Falle eines größeren, weiter innen am Stiel befindlichen Gewichtes, oder wenn der Stiel überall den Umfang des Köpfchens besäße, zu bedenken wäre, während seines Nichtge- hrauchs eine größere Last für die Fliege zu sein. Wir könnten also die Form und Gestalt des Schwingers als eine kraftsparende bezeichnen. Dass die Aufgabe der Schwinger eine gleiche sei, wie die der Flügel, wird wohl Niemand behaupten. Ein anderer Punkt, der im Anschluss an die Größen- und Gestalt- verhältnisse zu erwähnen ist, besteht darin, dass bei den höheren Dipteren das Köpfchen an Rundung zunimmt und sich immer mehr der Kugelgestalt nähert (Musca); während es z. B. bei Tipula (Fig. 14) noch ziemlich oval ist, ist dasselbe bei Musca oder Caliphora (Fig. 22) fast rund im Querschnitt; auch die an seiner Seite hinlaufenden Kanäle verschwinden, als bei der Thätigkeit unnöthig, besonders seitdem die Endblase durch das Schüppchen wohl geschützt ist, immer mehr. Die Annahme (vgl. Graser, 11), dass die durch die rhythmischen Thoraxzusammenziehungen, welche die Flugbewegung begleiten, her- vorgerufene Bewegung des Blutes im Thorax, dasselbe abwechselnd in die Extremitäten treibe und wieder zurücksauge, dürfte wohl auch für den Schwinger zutreffen. Dabei ist zu bemerken, dass dieselbe be- sonders für die Endblase von Bedeutung sein kann: in Folge der Thoraxzusammenziehungen wird das Blut in den Schwinger getrieben, und in diesem durch seine schnelle Eigenbewegung nach dem Köpfchen Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 143 zu gedrängt, das Blut füllt dieses auf solche Weise möglichst voll. Dabei ist aber an einen Rückfluss des Blutes, so lange der Schwinger be- wegt wird, bei dem im Verhältnis zur Endblase geringen Durchmesser der Kanäle, welche das Blut zuführen, kaum zu denken: auch der Zellhaufen im Inneren der Endblase (Kapitel VII) dürfte das Blut wie ein Schwamm aufsaugen und am Rückfluss verhindern. Es ist wohl möglich, dass je nach der Geschwindigkeit, mit der sich der Schwinger bewegt, der Füllungsgrad seiner Endblase ein verschiedener ist; am größten wäre derselbe dann bei der schnellsten Bewegung. Doch sind die hierdurch erzeugten Verschiedenheiten wohl kaum beträchtliche. Es scheint mir nicht ausgeschlossen, dass ein Theil der vom Schwinge ohne Begleitung des Flügels gemachten Schwingungen, nämlich die- jenigen, welche einer Flügelbewegung kurz vorausgehen (siehe die in Kapitel X bei Tipula, Eristalis, Caliphora erwähnten Bewegungen), den Zweck haben können, die Endblase, aus welcher die Stellung des Schwingers während seiner Nichtbewegung das Blut allmählich abzu- fließen veranlasst, vor Beginn der eigentlichen Schwingerthätigkeit wieder genügend mit Blut zu füllen, damit ihr Gewicht ein genügendes sei. Auch die Entstehung der Endblase als Erweiterung der Kanäle an ihrem Ende ließe sich wohl am einfachsten auf diesem Wege denken, etwa so, dass das in dem Schwinger befindliche durch seine (des Schwingers) Eigenbewegung nach seinem Ende gedrängte Blut all- mählich eine Erweiterung dieses Endes bewirkt. Der einseitigen Lage des Köpfchens nach hinten vom Stiel entspricht die gleichfalls nur nach ‚hinten auftretende Verlängerung des Schwingerfußes. Dass geringe Schwankungen in dem Gewicht einzelner Theile, besonders des Ab- domens vom Schwinger überwunden werden können, zeigt einerseits die Thatsache, dass eine Fliege mit Eiern im Hinterleib, und eine solche, bei der das Abdomen größtentheils abgeschnitten ist, keine wirkliche Ungeschicklichkeit an den Tag legen. Jousser gelang es durch Beschwe- rung des Abdomens einer schwingerlosen Fliege (Caliphora) dieser das Fliegen wieder zu ermöglichen. Vielleicht liegt in der Verschiedenheit des Gewichtes des Abdomens der Grund dafür, dass Lacorparre!, dessen Werk ich übrigens nicht kenne, die in Kapitel X aufgezählten Folgen der Entfernung der Schwinger bestritt. Über die Verlegung des Schwerpunktes durch Bewegung des Ab- domens bei den Dipteren im Gegensatz zu den Hymenopteren ist im vorigen Kapitel gesprochen worden. Dass der Schwinger besonders bei den höheren Formen immeı 1 Introduction a l’Entomologie. T. I. 4834. 144 Ernst Weinland, mehr sich versteckt, bis er zuletzt von dem Schüppchen vollständig bedeckt wird, ist nützlich, weil er dadurch vor Allem gegen Ver- letzungen geschützt wird, ferner schützt es ihn dagegen, dass er durch Regen oder durch Staubkörnchen oder an ihn sich festklebende Gegen- stände in seinem Gewicht verändert oder gar in seiner Bewegung ge- hindert würde; auch die starken abstehenden Randhaare des Schüpp- chens lassen sich so erklären; dass der Schwinger häufig, so besonders bei Tipula, bei welcher er sehr frei gelegen ist, an seinem Stiel und auch am Köpfchen starke Dornen trägt, stimmt ebenfalls zu dieser An- nahme. | Die in Kapitel X angegebenen Ergebnisse der vollständigen oder theilweisen Entfernung des Schwingers dürften sich so deuten lassen, dass einerseits das Abnehmen der Geschicklichkeit im Fliegen auf ein nicht mehr für alle Fälle genügendes Leistungsvermögen der in Thätigkeit gesetzten Schwinger zu beziehen wäre, besonders bei der Ausführung von Wendungen, wo auf den Unterschied in den Bahnen, welche die beiden Schwinger beschrieben, Alles ankommt, würde dem- nach bei nur theilweiser Verstümmelung eine Ungeschicklich- keit eintreten, während die Fähigkeit nach der Höhe oder horizontal zu fliegen fürs Erste bei nur schwachen Eingriffen, z. B. dem Entfernen des halben Köpfchens (Jousser) Keine oder fast keine Wirkung hat, bis schließlich die vollständige Entfernung der beiden Schwinger oder ihrer wichtigsten Theile, der beiden Endgewichte, jedes eigent- liche Fliegen mit Beibehaltung einer bestimmten Körperrichtung unmöglich macht, und das Thier trotz aller Flügelbewegungen all- mählich zu Boden sinkt. Etwas verwickelt werden diese Erscheinungen dadurch, dass sich als Begleiterscheinung der Ungeschicklichkeit häufig noch plötzliche, wie man durch die Beobachtung wahrnimmt, von der Fliege nicht gewünschte Wendungen und Drehungen, z. B. Ziekzack-, Spiral-, Kreiselbewegung hinzugesellen. Es ist dies, wie JousseT er- kennt, die Folge der Ungleichheit der beiden Schwingerreste; am deut- lichsten ist es, wenn der Fliege an einem Schwinger nur das Köpfchen, am anderen auch noch ein großer Theil des Stieles fehlt, die Folge ist dann eine Kreiselbewegung, welche mit der Fallbewegung sich verbindet. Doch findet diese Wirbelbewegung nicht immer statt, wenn beide Schwinger nicht in vollständig gleicher Weise verstümmelt sind, man kann zwar in diesem Falle immer ungeregelte Wendungen beob- achten, aber dieselben treten oft sehr zurück und vereiteln, z. B. wenn nur noch ein Schwinger vorhanden ist, das Geradeausfliegen gar nicht. Zur Erklärung dieser Erscheinung dient wohl das weiter oben über die Entstehung von Wendungen Gesagte, so lange der eine noch vor- Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 145 handene Sehwinger keinen Zug nach außen ausübt, also wenn er sich z. B. in der Bewegungsart des dritten Falles bethätigt, wirkt sein Zug noch immer in vertikaler Richtung. Was die Entstehung der Kreiselbewegung, bei Vorhandensein ungleich langer Schwingerreste betrifft, so erklärt sich dieselbe als Folge des verschieden starken Zuges beider Reste nach außen, wenn sie eine Bewegung, wie die im ersten Falle (s. oben) beschriebene, ausführen. Der im Kapitel X erwähnte Fall, dass eine Fliege mit einem Sehwinger besser flog, als wenn sie außerdem noch den Rest des an- deren hatte, gehört wohl auch hierher. Dass eine Wirbelbewegung noch auf andere Weise erzeugt werden kann, hat Jousser gezeigt, indem er bei einer Volucella, den einen Flügel längs, den anderen quer in zwei Theile theilte; die Erklärung liegt wohl darin, dass einerseits der Zug, der auf die Querachse der Fliege von beiden Seiten ausgeübt wird, ein verschiedener wird, und dies hat (siehe oben), wenn sich beide Flügel nicht in einer Ebene bewegten, eine geringe Schiefstel- lung der horizontalen Querachse des Thorax zur Folge gehabt, die aber bei der Bewegung des Thieres nicht sichtbar zu sein brauchte, andererseits darin, dass diese Bewegung, welche zwar gleich ist an beiden Flügeln, bei welcher aber die bewegten Flügel nicht gleich sind, eine horizontale Drehung der Querachse erzeugt. Es scheint mir also, wenn wir das Vorhergehende kurz zusam- menfassen wollen, die Frage nach den Folgen, welche die Bewegung des Schwingers für die Fliege hat, ungefähr folgendermaßen zu beant- worten zu sein für die Fälle, dass sich die Schwinger gleich- zeitig mit den Flügeln bewegen, dass das Thier also fliegt: 1) Die gleichartige Bewegung der beiden Schwinger, gleich- gültig ob die Geschwindigkeit der beiden Schwinger dieselbe ist oder nicht, bewirkt je nach der Art und der Geschwindigkeit der Bewe- gung die Richtung, welche der Flug in der vertikalen Ebene nimmt. Es scheint mir aus dem Grunde der Einfachheit wahrschein- lich, dass zu diesem Zweck nur der erste und vierte der im Beginn des Kapitels aufgeführten Fälle von Bewegungsmöglichkeiten des Schwingers herbeigezogen wird. Ob bei der Flugrichtung in der ver- tikalen Ebene auch außer dem Schwinger noch andere Theile der Fliege eine bestimmte Aufgabe haben, scheint mir auf Grund der in Kapitel X erwähnten Versuche über das Fliegen verstümmelter Dip- teren im Allgemeinen unwahrscheinlich, möglich aber wäre, dass z. B. bei Bibio, bei welchem (s. dasselbe Kapitel) die Hinterbeine während des sehr schwer von statten gehenden Hochfluges nach unten ausge- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 40 146 Ernst Weinland, streckt werden, auch diese zu der Verlegung des Schwerpunktes nach hinten auf diese Weise mitzuwirken suchten, besonders da das Schwin- gerköpfehen von Bibio bei den von mir untersuchten Exemplaren nur sehr geringe Dicke besaß. 2) Ungleichartige Bewegung der beiden Schwinger, welche nur einen Sinn hat, wenn sie die Gleichgewichtslage der Fliege nicht zu stören sucht, bewirkt die Wendung in der horizontalen Ebene und zwar immer nach der Seite, auf welcher die Verringerung des Zuges hervorgebracht wurde, nur der erste und der dritte oder zweite Fall der Bewegungsmöglichkeiten sind zu dieser Leistung fähig. Dass die Fliege zu einem ihrer Zwecke nöthig habe, Unterschiede in der Weite der vom Schwinger durchlaufenen Bahn zu machen, glaube ich nicht. Dass die Fliege durch ihre Flügel ebenfalls Wen- dungen ausführen könnte, beweist der oben angeführte Versuch von Jousset. Es scheint mir aber nicht wahrscheinlich, dass es die Regel ist, weil die dabei nothwendige, wenn auch geringe Schiefstellung der horizontalen Querachse ja eben durch die Thätigkeit der Schwinger vermieden werden kann, und dies ist sicherlich als ein Fortschritt zu betrachten. Dass die auf diese Weise erreichte Trennung von Steue- rung und Erhaltung des Schwebens in der Luft große Vortheile hat, im Vergleich zu dem Fall, dass dieses Beides durch ein Organ besorgt werden muss, ist einleuchtend. | Eine Frage, die offen bleibt, ist die nach der Weise, auf welche die Syrphiden ihr Schweben an einem Ort bewirken, dass der Schwinger dabei eine unbestimmte Aufgabe habe, außer der, dass er die Richtung des Körpers erhält, scheint mir unwahrscheinlich, wenn es auch mög- lich ist, dass er der Längsachse der Fliege eine bestimmte Richtung beibringen könnte, durch welche die Flügelbewegung derartig zur um- gebenden Luft gestellt würde, dass die Vorwärtsbewegung ausfällt. (Vergleiche Lenpenrerp [21], nach dem es bei den Libellen die beiden Basaltheile der Flügel sind, welche das Schweben ermöglichen.) Wenn der eine oder beide Schwinger ohne Flügelbeglei- tung arbeiten, so ist der Grund dabei eine Verschiebung der Gleich- gewichtslage und die Fliege sucht durch diese Bewegung wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Wir kommen zur zweiten Frage nach der Aufgabe der Papil- lenplatten und des ehordotonalen Organs!, welche sich beide am Fuße über dem zweiten Gelenk des Schwingers befinden. ! Was das chordotonale Organ betrifft, so scheint es mir, obgleich ich dasselbe Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 247 Weit umfangreicher als das chordotonale Organ sind die am Schwinger auftretenden Papillengruppen. Ehe wir auf dieselben einzeln zu sprechen kommen, seien einige einleitende Bemerkungen vorausgeschickt. Der in Kapitel VIII be- schriebene Bau der einzelnen Papillen lässt uns bei jeder derselben eine zu einem mehr oder weniger umgestalteten Hypodermisgebilde tretende Nervenfaser erkennen, welche nach dem Inneren des Schwin- gers zu, zu einer bipolaren Ganglienzelle führt, es wird desshalb nicht zu bestreiten sein, dass wir es mit Sinnesorganen zu thun haben. Wenn wir uns nun sagen, dass der im Luftballon befindliche Mensch nur durch ausgeworfene Papierschnitzel merkt, ob er fällt oder steigt, während ihm, so lange er die festen Punkte der Erde sieht, über eine Veränderung der Richtung sein Auge Aufschluss giebt, dass er aber, wenn er über den Wolken sich befindet, trotzdem, ohne dass die Augen nicht näher untersucht habe und auch für eine endgültige Beantwortung der Frage nach seiner Thätigkeit eine Untersuchung des Organs bei den Orthopteren für er- folgversprechender halte, als dieselbe bei den Schwingern zu erwarten ist, in wel- chen das Organ so zu sagen nur nebenbei auftritt, doch nicht überflüssig, einige Worte über dasselbe auszusprechen. Mit Rücksicht auf die von der Außenwelt abgeschlossene Lage des Organs im Schwinger scheint es mir unwahrscheinlich, dass es zur Wahrnehmung eines, außerhalb der Fliege sich abspielenden Vor- ganges gebraucht werde, ich halte es vielmehr im Hinblick auf seine Lage auf der Hinterseite des Schwingers zwischen dem großen Gelenksack und einer festen Chi- tinwand, also an der Stelle, in welcher die in Kapitel IX besprochene Bewegung des Schwingers in der Richtung nach vorn und hinten durch Zusammenpressen der verschiedenen beweglichen Chitintheile ihre Wirkung ausübt, nicht für un- möglich, dass dieses Organ, dessen Sinnesorgannatur Niemand bezweifeln wird, die Empfindung der verschiedenen Stärke der Zusammenpressung, welche der verschiedenen Weite der Bewegung des Schwingers nach hinten entspricht, ver- mitteln könnte. Auch die Thatsache, dass der dieses Organ aufnehmende Kanal IV kein freies Lumen besitzt, sondern gleichzeitig mit dem Organ seinen endgültigen Abschluss findet, ließe sich hiermit in Zusammenhang bringen. Mit dieser Auf- fassung vom chordotonalen Organ als einem Organ um verschiedene Zug- und Spannungsverhältnisse wahrzunehmen, ließe sich ohne Zwang sein Auftreten in den Chordotonalligamenten z. B. von der Corethralarve (WEısmAnn, 35, GRABER, 12) vereinigen, indem das Organ bei diesen Thieren die Bewegung der einzelnen Theile des Leibes zu einander, also besonders Drehung, Biegung und Wendung empfinden würde (bekanntlich ist ja Corethra von großer Gewandtheit in ihren Bewegungen im Wasser). Lors (23) bringt das chordotonale Organ in Beziehung zu der Empfin- dung des Gleichgewichts, eine Annahme, welche sich mit der eben vorgetragenen wohl verbinden ließe. Auch die in Kapitel X von Musca erwähnte Schiefstel- lung des Thieres nach’ Verlust eines Schwingers ließe sich aus dem Gesagten erklären, durch die Annahme, dass dieses Organ, wie dies zweifellos bei jedem Sinn für die Beobachtung der Eigenbewegung des Körpers oder seiner Theile der Fall sein muss, auf die Regelung der die Stellung des Thieres und seine Erhaltung im Gleichgewicht bestimmenden Muskeln von Einfluss sei. 10* 148 Ernst Weinland, irgend wie verwerthet werden können, die Thatsache und sogar auch die Richtung einer Drehung des Ballons um seine senkrechte Achse empfindet, so weist dies bei den Menschen darauf hin, dass es nicht das Auge allein ist, welches diese Empfindung für die Lage im Raum vermittelt, sondern dass hierfür noch ein Organ besteht, und wir werden nicht fehl gehen, wenn wir mit Gorrz (8) dasselbe in den Oto- lithensäckchen und in den Bogengängen zu erkennen glauben. Es scheint mir desshalb die Frage berechtigt: wie merkt die in der Luft befindliche Fliege die Veränderung, welche sie während des Fliegens in wagerechter und senkrechter Richtung und in der Ge- schwindigkeit des Fluges ausführt? Die Annahme, dass das Auge diesem Zwecke genügt, ist nicht wahrscheinlich. Die Geschwindigkeit, mit der sich das Thier fortbewegt, hat zur Folge, dass sein Auge für die Nähe, — eben so wie das menschliche Auge bei der Fahrt im Eisen- bahnzug für die ganz in der Nähe desselben befindlichen nicht be- wegten Gegenstände, z. B. Blumen und Steine des Dammes — wenig brauchbar ist, da es dieselben nicht einzeln, sondern in Bändern sieht. Im Falle, dass sich das Thier in großer Höhe bewegt, kann es zwar wohl noch die Erde selbst, die Bäume und ähnliche große Gegen- stände sehen, aber es kann nicht bemerken, ob es sich der Erde nähert oder sich von ihr entfernt. Der Einwurf, dass die Bewegung der Insekten keine genügend schnelle sei, scheint nicht berechtigt. Graser erzählt (11), dass eine Bremse (Tabanus) ein im stärksten Galopp befindliches Pferd noch ohne Mühe begleitet, also in der Sekunde mindestens 6—8m durcheilt. Nach Carıert (1) kamen bei einem Wettfliegen zwischen Bienen und Brieftauben die ersteren ein klein wenig früher an; ähnliche Bei- spiele sind noch in ziemlicher Menge vorhanden; auch diese Geschwin- digkeit kann jedenfalls wechseln und ist durch das Auge des fliegenden Thieres in auch nur annähernd genauer Weise kaum wahrzunehmen. Dass es aber für das Thier während seines Schwebens in der Luft von sehr großem Werth ist, genau zu wissen, wie schnell es sich bewegt, ob es sich nach oben oder nach unten bewegt, ob die Bahn dabei eine sehr schiefe oder nur eine geneigte ist, ob die einmal eingeschlagene Richtung eingehalten wird oder sich ändert, ob der Erfolg einer Än- derung in der Muskelbewegung, welche die Flugart bestimmt, die ge- wünschte Wendung hervorbringe etc. ist gewiss; wir können uns leicht davon überzeugen, wenn wir eine verfolgte Stubenfliege beob- achten. Nachdem wir nun sowohl die Brauchbarkeit als die Wahrschein- lichkeit des Vorhandenseins eines Sinnes für die Wahrnehmung der Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 149 Unterschiede in der Bewegung während des Fliegens, welche sich sowohl auf die Geschwindigkeit als die Richtung des Fluges beziehen, erkannt haben, können wir uns die Frage vorlegen, wie empfindet die Fliege diese Unterschiede in der Richtung und Ge- schwindigkeit ihres Fluges. Es scheint mir nun, dass wir zum Zweck der Beantwortung zuerst die Organe, durch welche der Flug und dessen Richtung und Ge- schwindigkeit bestimmt und hervorgebracht wird, in Betracht ziehen müssen, also, wenn der erste Theil dieses Kapitels der Wahrheit ent- spricht, bei den Fliegen vor Allem die Schwinger und dann auch die Flügel; doch wollen wir diese fürs Erste bei Seite lassen. An den Schwingern fanden wir (s. Kapitel VIII) abgesehen vom chordotonalen Organ, eine Anzahl von Papillen, die meist in Gruppen zusammen lagen und jedenfalls als Sinnesorgane thätig sind. Diese Papillen sind ihrer Hauptmasse nach besonders bei den höheren For- men, in verschieden gerichtete Reihen geordnet, welche mehrere Platten bilden; diese Reihen sind aber nicht das Wesentliche an den Papillen, sondern sie sind, wie in Kapitel VIII ausgeführt wurde, als Wirkung des aus bestimmten, zum Theil noch unberührten Gründen erfolgten Zusammenrückens der Papillen anzusehen, wobei sich die- selben entsprechend der Richtung des in ihnen vorhandenen Spal- tes, denn ein solcher fand sich in jeder Papille, anordneten. Dieser Spalt bezw. seine Richtung ist das Ursprüngliche, sich mit sehr ge- ringen Abweichungen bei allen Dipteren Gleichbleibende, während jene Reihen nur nebensächliche Bedeutung haben. Sämmtliche Papillen liegen auf der Oberseite und Unterseite am Grunde des Schwingers, doch alle distal von dem zweiten Gelenk des- selben, ihre Entfernung vom ersten unteren Gelenk drebte sich um !/o mm bis ?/,, mm, selten betrug sie etwas mehr. Die Richtung des Spaltes oder, wenn die Papillen oberflächlich verschlossen waren, der an ihrer Decke hinlaufenden Rinne, war eine verschiedene, doch bei derselben Papillengruppe immer bei den verschiedenen Arten die nämliche. Die Höhenachse der Papillen wechselte, da dieselben von gewölbtem Chitin getragen wurden. Die Ränder des Spaltes selbst waren bald (meistens) parallel, bald nach der Höhe aus einander gehend, bald oval, bald rund. Die Rinne an der Decke der verschlossenen Papillen hatte immer parallele Ränder und war von verschiedener Länge. Diese Eigenschaften der erwähnten Papillen, denen wir noch andere hinzufügen könnten, lassen sich gar wohl mit einem Sinnesorgan zur 150 Ernst Weinland, Messung der Bewegungsarten des Schwingers vereinigen und berech- tigen uns, dieselben mit Rücksicht hierauf näher zu betrachten. Wir haben im ersten Theil des Kapitels als wahrscheinlich erkannt, dass am Schwinger 3 oder 1 Bewegungsarten auftreten, derenerste eine in der Hauptsache von oben nach unten und zugleich nach hinten und außen gerichtet ist und bei dem Flug nach der Höhe, durch ihre Schnelligkeit, welche wechseln kann, zur Verwerthung kommt. Es handelt sich nun darum nach dem Mittel zu suchen, wie die Verschiedenheitinder Geschwindigkeit der Schwinger- bewegung und diese selbst wahrgenommen werden können. Zur Wahrnehmung der Geschwindigkeit einer Bewegung des Schwingers von oben nach unten dürften nun vielleicht Papillen dienen, bei wel- chen der Spalt in der Längsrichtung des Schwingers gestellt ist, und deren Höhenachse zugleich mit der Ebene, in der der Schwinger sich auf- und abbewegt, zusammenfällt. Längsgerichtete Papillen finden sich nun auf der Oberseite und auf der Unterseite des Schwingers und zwar in großer Zahl vorAllem in den beiden skapalen Platten, auf welche wir desshalb etwas näher eingehen wollen. Diese Papillen besitzen einen nach außen offenen Spalt, zwischen dessen Rändern ein die Ge- stalt des Spaltes in etwas kleinerem Maßstabe wiederholendes, an seinem äußeren Ende aus sehr diekem Chitin bestehendes hufeisenför- miges Gebilde frei hineinragt: nach innen, da wo das Hufeisen mit dem übrigen Chitin der Körperoberfläche in Verbindung tritt, nimmt die Dicke des Chitins des Hufeisens sehr stark ab, bis es an der eigent- lichen Übergangsstelle in das umgebende Chitin sehrdünn wird. Es lässt sich nun wohl denken, dass bei der Bewegung des Schwingers dieses Hufeisen in Hin- und Herschwankungen versetzt wird in der Spalte, in der es zwischen den beiden Lippen liegt, die sich nicht zugespitzt sondern, besonders bei den höheren Formen, wie zwei parallele Flächen gegenüberstehen. Das Hin- und Herschwanken könnte in der Weise geschehen, dass das Hufeisen sich in der Längs- richtung des Spaltes, welche ja mit der Längsachse des Schwingers zusammenfällt, hin- und herbewegt (siehe die punktirte Linie des Holzschnittes!). Als Anhaltspunkte für die genauere Bestimmung der Bewegung des Hufeisens in seiner Papille dürften zu betrachten sein 1) die starke Dickenzunahme des Chitins in der Mitte des Hufeisens, 2) die Verdünnung desselben an seinen beiden Enden, da wo dasselbe am Grunde der Papille in das allgemeine Körperchitin übergeht, 3) die Beobachtung (Kap. VIII), dass das Hufeisen etwas federnd an seinen Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 151 beiden Enden zwischen das allgemeine Körperchitin eingespannt ist. Bei der Bewegung des Schwingers wird nun das Hufeisen durch die Gentrifugalkraft in distaler Richtung geschleudert werden (siehe die Figur!), doch dürfte eine solche Bewegung des Hufeisens in Folge seiner eben erwähnten Befestigung erst bei verhältnismäßig schneller Bewe- gung des Schwingers auftreten, wogegen diese starke Befestigung wohl in der schnellen Bewegung ihren Grund hat. Betrachten wir jetzt ein Hufeisen der Oberseite, so wird dasselbe bei der Abwärtsbewegung des Schwingers eine andere Bewegung machen als bei der Aufwärtsbewegung desselben; es wird nämlich zwar die das Hufeisen in distaler Richtung nach außen schleu- dernde Centrifugalkraft sich gleich bleiben, aber die durch die Einspan- nung des Hufeisens erzeugte Federkraft wird im ersten Fall zusammen mit der Trägheit des Hufeisens der Gentrifugal- bewegung desselben entgegenwirken, im anderen Fall aber, bei der Aufwärts- bewegung, wird die Trägheit in glei- chem Sinn mit der Gentrifugalkraft wir- ken und nur die Federkraft dürfte ihr entgegenwirken. DieFolgedavon dürfte, wenn, wie dies (s. Kapitel VIII) der Fall zu sein scheint, das Hufeisen sehr stark Fig. I. Schematisches Bild einer skapalen Pa- pille; Schnitt in der Längsrichtung des Spaltes (nur die chitinösen Bestandtheile sind gezeichnet). Die eine Duplikatur D und das Hufeisen Z sind zu sehen; d, di- stale, p, proximale Richtung am Schwin- ger. Die Stellung des Hufeisens im Augen- blick, in dem es ungefähr das Ende seiner Bahn in distaler Richtung erreicht hat, wird durch die beiden punktirten Linien angegeben. eingespannt ist, die sein, dass dasselbe, wenn es auf der Oberseite des Schwingers befestigt ist, nur bei der Aufwärtsbewegung distalwärts geschleudert wird (s. d. Fig.), bei der Abwärtsbewegung aber so ziemlich in der Ruhestel- lung verharrt, während, wie aus dem eben Gesagten direkt hervorgeht, für ein Hufeisen der Unterseite das Umgekehrte der Fall ist, so dass also für die Wahrnehmung von Auf- und Abwärtsbewegung das Vor- handensein von Hufeisen auf der Oberseite und Unterseite des Schwin- gers nöthig ist. Es handelt sich nun um die Wahrnehmung von Unterschieden inder Geschwindigkeit; dies lässt sich einfach auf die Weise er- zielen, dass sich eine Anzahl von gleich gebauten Papillen in einer Längsreihe über einander am Fuße des Schwingers aufreiht. Denn da es klar ist, dass bei gleichbleibender Geschwindigkeit der Bewegung 152 Ernst Weinland, des Schwingers eine Stelle an demselben, je weiter nach außen am Sehwinger sie sich befindet, eine um so größere Bahn zurücklegt, und eine um so kleinere, je näher sie dem Grunde des Schwingers, in welchem der Mittelpunkt der Bewegung zu suchen ist (s. unten), liegt, so wird dem entsprechend eine verhältnismäßig langsame Be- wegung eine weiter außen am Schwinger liegende Papille eher zur Thätigkeit bringen, als eine Papille, welche am Grunde des- selben liegt, wo nur eine sehr schnelle Bewegung denselben Er- folg haben würde. Dabei darf man wohl annehmen, dass wenn eine Papille in Thätigkeit tritt, die distal von ihr gelegenen, je weiter sie von ihr entfernt sind, um so weniger eine regelmäßige Bewegung ausführen; da die Bahn des Hufeisens durch seinen Bau und durch den der Papille (s. Kap. VIII) eine begrenzte sein dürfte und das Hufeisen seine Bahn in zu kurzer Zeit durchlaufen würde, müssten mancherlei Stockungen in der Hin- und Herbewegung entstehen, welche sich im Verlauf der Bewegung desjenigen Hufeisens, welches durch seine Lage der jeweils auftretenden Geschwindigkeit der Schwingerbewegung entspricht, nicht finden. Es wird ferner dem Hufeisen in dem Augenblick unmöglich, an der Bewegung ungehindert Theil zu nehmen, in welchem die Ebene der Schwingerbewegung nicht mehr mit der Höhenachse der Papillen zusammenfällt. Es können demnach, da ja die Höhen- achse der verschiedenen in gleichem Abstand vom Schwinger- anfang befindlichen Papillen einer Seite nicht parallel laufen, son- dern konvergiren, nicht alle Papillen gleichzeitig in Thätigkeit gerathen, weil nur eine Anzahl von Höhenachsen in ihrer Richtung mit der Ebene der Bewegung vollkommen zusammenfallen kann, wäh- rend in den anderen Papillen, in welchen dies nicht der Fall ist, durch seitliche Reibung die Thätigkeit des Hufeisens aufgehoben wird. Unter der übrig bleibenden Anzahl von Papillen wird aber wieder nur, je nach der Geschwindigkeit der Schwingerbewegung bei der einen oder bei der anderen das Hufeisen in regelmäßige Thätigkeit gerathen, bei den übrigen wird es jeweils gar nicht, oder nur unregelmäßig ar- beiten. Die Art der Thätigkeit des skapalen Papillenorgans bestände nach dem Obigen also darin, dass das Hufeisen in seiner Bahn, wenn Höhen- (und selbstverständlich auch Längs)achse der Papille mit der Ebene der Schwingerbahn zusammenfallen, sich in der oben beschriebenen Weise bewegt, wobei im gleichen Maße, wie die Schwingerbewegung schneller oder langsamer wird, die bisher thätige Papille durch eine weiter nach dem Grunde oder mehr nach dem Ende des Schwingers zu gelegene Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 153 ersetzt wird. Auf diese Weise würde es also nur durch den Unter- schied in der Lage der einzelnen Papillen ermöglicht, dass immer nur eine Papille in regelmäßige Thätigkeit kommt, für die anderen wäre die Geschwindigkeit oder die Bewegungsebene nicht die richtige. Dass die Papillen nicht weiter außen am Stiel oder am Köpfchen sitzen, hat seinen Grund in dem Bau der Papillen; zudem wäre es bei einer Lage weiter nach außen zu durch die Unsicherheit der federn- den Bewegung des Stieles, welche am Grunde am meisten vermieden ist, kaum möglich, eben so genaue oder gar genauere Resultate zu er- halten, als an der weniger, aber dadurch um so sicherer und gleich- mäßiger bewegten Basis. Wenn nun der Schwinger nur in einer Ebene sich bewegen würde, so würde für die Wahrnehmung der Unterschiede in der Ge- schwindigkeit der Bewegung auch nur eine Längsreihe von Papillen, deren Höhen- und Längsachsen mit der Bewegungsebene zusammen- fallen müssen, auf der Ober- und auf der Unterseite nöthig sein, Pa- pillen von verschiedener Höhenachse in derselben Entfernung vom Grunde des Schwingers wären werthlos. Es finden sich aber in gleicher Entfernung vom Grunde des Schwingers stets mehrere Papillen; ferner weichen auf der Oberseite die Papillen am unteren Ende der Platte mit ihrer Höhenachse beson- ders stark von derjenigen der mehr distal gelegenen Papillen ab (die Längsrichtung der Papillen bleibt die nämliche), während auf der Unter- seite die näher am Grunde liegenden Papillen in Beziehung auf ihre Höhenachse nicht von den entfernt vom Grunde liegenden Papillen ab- weichen (cf. Fig. 19, Caliphora); dann finden sich auch sonst an der einen oder anderen Stelle noch Papillen von gleichem Bau wie die skapalen Pa- pillen z. B. bei Tipula und Rhyphus an der Stelle der Hıcxs’schen Platten auf der Ober- und Unterseite, bei Bibio an Stelle der unbestimmten Gruppe auf der Oberseite, während sich die Papillen dieser Gruppen bei den höheren Formen etwas von der skapalen Grundform abändern. Wenn wir nun auch annehmen, dass ein gewisser Theil dieses Reichthums an Papillen und der Verschiedenheiten zwischen denselben dazu diene, dass bei kleinen Unregelmäßigkeiten in der Bewegung des Schwingers nicht sogleich in Folge des Fehlens entsprechender Papillen jede Empfindung aufhöre, so bleibt doch, so lange wir uns auf eine solche Erklärung beschränken, die Mehrzahl der aufgezählten Punkte, ganz abgesehen von den Papillen der basalen Platte, unerklärt. Wenn nun aber die größte Mehrzahl der Papillen, so lange wir nur eine Be- wegungsart des Schwingers in Betracht ziehen, immer von der Thätigkeit unausgeschlossen bleibt, so liegt es recht nahe, ehe man einen anderen 154 Ernst Weinland, Weg der Erklärung einschlägt, an die übrigen der in Kapitel IX und im ersten Theil dieses Kapitels aufgeführten Bewegungsarten zu denken. Bei allen diesen Bewegungen kommt außer dem bisher thä- tigen ein zweites weiter oben am Schwinger als das erste gelegenes Gelenk in Gebrauch. Es ist nun die Frage, ob der Bewegungsmittelpunkit dieser bei- den Gelenke der nämliche ist, oder ob er für jedes Gelenk ein anderer ist; im letzten Fall wird der vom Schwinger durchlaufene Weg nicht zu- sammenfallen mit der Ebene, welche das Köpfchen mit dem Fuß direkt verbindet, und dies wird, da dann das schwere Köpfchen seine Unter- stützung nicht in der Ebene findet, welche dasselbe in gerader Linie mit dem Fuß des Schwingers verbindet, an das ein Knie am Schwinger erzeugende zweite Gelenk besonders große Anforderung in Hinsicht auf seine Festigkeit stellen. Im ersten Falle wird die Schwingerbahn mit der Bewegungsebene beisammen bleiben, gerade so gut, wie wenn gar kein zweites Gelenk sich an der Bewegung betheiligte. Die Ent- scheidung zwischen diesen zwei Möglichkeiten wird erleichtert dadurch (s. Fig. 2-—9), dass das zweite Gelenk sich sehr tief am Grunde des Schwingers befindet, und dass die in demselben bewegte Achse (siehe die Linie O—0O in den Fig. 2—9) sich mit der Achse, um die sich der Schwinger an seinem Grunde dreht (siehe die Linie v—u der ge- nannten Figuren), innerhalb des Schwingerfußes, und zwar etwa in der Mitte desselben, schneidet. Diese Stelle scheint zwar etwas weit nach hinten gelegen, doch dürfte dies darin seinen Grund haben, dass das Köpfchen am Stiel ebenfalls nach hinten liegt. Wir dürfen es demnach als sehr wahrscheinlich, wenn nicht als sicher annehmen, dass der Bewegungsmittelpunkt beider Gelenke bei ihrer Thätigkeit zusammen- fällt, es wird desshalb die Richtung des Spaltes für die Bewegungen des Schwingers, welche in einer Ebene stattfinden, auch jetzt die Richtung der Längsachse des Schwingers beibehalten, während dies nicht möglich wäre, wenn die beiden Bewegungsmittelpunkte nicht zusammenfallen würden. Betrachten wir jetzt den zweiten Fall der Bewegungs- möglichkeiten, die für den Schwinger im Eingang dieses Kapitels aufgezählt wurden, so finden wir, da sich die Richtung der Ebene von oben nach unten, und dem entsprechend die Höhenachse der thätigen Papillen gleich bleibt, keine Möglichkeit, wie eine solche Bewegung vermittels der Papillen als verschieden von einer des ersten Falles, wahrgenommen werden könnte; andere Papillen als in jenem Falle könnten nicht in Thätigkeit treten und eine Verwechslung würde die Folge sein, auch dies scheint mir, außer dem schon angeführten Punkte Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 155 (siehe den ersten Theil dieses Kapitels), ein Grund gegen das Eintreten einer derartigen Bewegung des Schwingers zu sein !. Gehen wir weiter zu dem dritten der Bewegungsfälle, in welchem je nach der Stärke der Zusammenziehung des Schwinger- muskels die Bewegungsebenen der beiden Schwinger mehr oder weni- ger nach unten konvergiren, so wird dem entsprechend die Höhenachse der Papillen immer mehr eine andere werden müssen, d. h. es wird bei gleichbleibender Geschwindigkeit in gleicher Entfernung vom Grunde des Schwingers eine andere Papille in Thätigkeit gerathen, als im ersten Bewegungsfall. Von den auf dem Schwinger befindlichen Papillen mit paralleler Öffnung, welche alle nur in Gebrauch kommen können, wenn derselbe sich in einer Ebene bewegt, dürften die angegebenen beiden Be- wegungsarten desselben genügen, um die Thätigkeit jeder der skapalen Papillen in irgend einem der möglichen Fälle zu bedingen. Auch bei den durch die auffallende Stellung ihrer Höhenachse leicht kenntlichen, weiter am Grunde liegenden Papillen der skapalen Platte der Ober- seite scheint mir keine weitere Annahme nöthig, um ihre Thätigkeit denkbar erscheinen zu lassen. Die besonders starke Neigung der diese Papillen tragenden Fläche zur Längsachse des Schwingers bringt bei der durch die Höhenachse dieser Papillen bedinsten sehr starken Neigung der Schwingerbahn nach innen eine Erleichterung des In- thätigkeittretens der Papillen mit sich, indem die centrifugale Bewe- gung des Hufeisens ausgedehnter in Kraft treten kann, als wenn die Papillen auf einer Fläche, die mit der Schwingerlängsachse parallel läuft, sitzen würden. Im Übrigen sind auch die beiden Flächen, welche die übrigen skapalen Papillen tragen, nach dem Stiel zu konvergirend. Das bei den oben erwähnten Papillen am Grunde der skapalen Platte der Oberseite Auffallende, dass eine entsprechende Papillen- gruppe auf der entgegengesetzten Seite des Schwingers fehlt, dürfte seinen Grund in dem dort liegenden Gelenk haben, welches für Papil- len keinen Platz übrig lässt. Dass bei Tipula die skapalen Papillen auf der Unterseite weiter herabgreifen, als auf der Oberseite, lässt wohl darauf schließen, dass der Schwinger in diesem Fall bei der Abwärtsbewegung schneller sein kann als bei der Aufwärtsbewegung, was ja wohl auch bei ande- ren Fliegen der Fall sein mag, doch hört in der Regel die skapale Platte 1 Eine solche Bewegung könnte, entsprechend der Annahme in der Anmer- kung zu Beginn des zweiten Theiles dieses Kapitels über das chordotonale Organ, allerdings von diesem wahrgenommen werden, dies hebt aber die im Text ange- führte Möglichkeit des Verwechselns nicht auf. 156 Ernst Weinland, auf der Ober- und auf der Unterseite in gleicher Höhe und Tiefe auf, was auf eine ziemlich gleichmäßige Geschwindigkeit der beiden Be- wegungen schließen lässt. | Den skapalen Papillen manchmal vollständig gleich, meistens den- selben sehr ähnlich, sind die Papillen der beiden Hıcxs’schen Grup- pen; im ersteren Fall (Tipula, Rhyphus) ist keine weitere Bemerkung über dieselben nothwendig, im zweiten Fall zeichnen sich die Papillen dadurch aus, dass der Spalt distal zu mehr oder weniger erweitert ist. Dies dürfte damit zusammenhängen, dass die Hıcks’schen Papillen ihre Stellung tief am Grunde des Schwingers einnehmen. Dort ist die Be- wegung desselben, auch wenn sie sehr schnell ist, immer eine ver- hältnismäßig sehr kleine, und es scheint mir wahrscheinlich, dass die Keilform des Hufeisens, das die Form des Spaltes Bedingende war, und dass das Hufeisen diese Gestalt angenommen hat, weil es in derselben leichter von einer Bewegung des Schwingers, welche in der Richtung des breiten, schweren Endes des Keiles ausgeführt wird, in Bewegung versetzt wird. Dies breite Ende des Keiles ist nach der Höhe zu gerichtet, es würden also, eben so wie dies bei den skapalen Papil- len der Fall ist, die Hıcks’schen Papillen der Oberseite Bewegungen des Schwingers nach oben, die Hıcks’schen Papillen der Unterseite Bewe- gungen des Schwingers nach unten wahrnehmen,. vorausgesetzt, dass Geschwindigkeit und Höhenachse der Thätigkeit nicht entgegenstehen. Dass die Hıcxs’schen Papillen bei Tipula und Rhyphus sich nicht von den skapalen unterscheiden, dürfte auf die niedere Stellung dieser Fliegenformen im System zurückzuführen sein. Auf der Oberseite sind die Hıczs’schen Papillen zudem bei diesen Formen noch nicht bis neben die basalen Papillen in die Tiefe gerückt, sondern befinden sich bei Tipula noch vollständig, bei Rhyphus zur Hälfte distal von dieser Platte. Dass aber eine einseitige Umgestaltung der Papillen, etwa nur auf der Unterseite, nicht möglich war wegen der daraus folgenden Ungleicheit des Ergebnisses bei gleichbleibender Bewegung, ist ein- leuchtend. Desshalb sind auch die bei Tipula tief am Fuß des Schwin- gers herabreichenden skapalen Papillen der Unterseite nicht verschie- den von den skapalen Papillen der Oberseite; eine Verschiedenheit konnte erst zur Ausbildung kommen, als die skapalen und Hiexs’schen Gruppen vollständig getrennt waren. Bei der Mehrzahl der Formen sind die Hıcxs’schen Papillen in ihrer Größe nicht sehr verschieden von den skapalen Papillen, nur bei den Museiden (siehe Kapitel VIII) sind die Hıcxs’schen Papillen bedeutend größer als die skapalen Papillen, welche ihrerseits bei den kleineren unter diesen, z. B. Musca, Leria, kleiner sind als bei den anderen Dip- Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 81 teren. Es scheint mir für die Thätigkeit der skapalen und diesen ähnlich gebauten Papillen einerseits bis zu einem gewissen Grade gleichgültig zu sein, wie groß die Papille ist, wenn nur das Verhältnis ihrer einzelnen Theile unter einander das nämliche bleibt, anderer- seits aber, dass die Papille leichter in Thätigkeit tritt, wenn ihre Größenverhältnisse nicht gar zu kleine sind. Da wir nun aus dem bei den skapalen Papillen Gesagten entnehmen können, dass die Lage für die Papillen etwas sehr Wesentliches ist, so ist es ersichtlich, dass die- selben auf einem kleinen Schwinger, auf welchem dem entsprechend der für sie brauchbare Raum nur ein sehr beschränkter ist, möglichst nahe zusammenrücken (siehe Kapitel VII) und zugleich möglichst ge- ringe Größe annehmen werden, wenn sie in großer Zahl vorhanden sind; von der Anzahl der Papillen auf einem bestimmten Raume aber hängt die Feinheit in der Empfindung der Unterschiede ab. Es werden also z. B. bei Musca die Papillen klein sein, wenn es sich darum handelt unter einer Anzahl von Bewegungs- arten möglichst feine Unterschiede _ machen zu können, während die Größe der Papillen beträchtlicher werden wird, wenn die Feinheit der Unter- schiede abnehmen darf; doch müssen solche Änderungen in der Gestalt der Papillen auf Ober- und Unterseite gleichzeitig Se werden. Basale Papille; schematisches Bild einer in In dem Fall, dass die vierte der Richtung der Höhenachse verlaufenden Bewegungsart (siche den ersten "ent Talinni rEEn es In ae Theil des Kapitels) des Schwingers - eintritt, beschreibt derselbe einen nach oben verschieden stark ge- krümmten Bogen um den Bewegungsmittelpunkt des Schwingers. Außer den bisher erwähnten Papillen finden sich am Fuße des Schwingers noch zweierlei Arten, zur einen gehören die basalen Papillen, zur anderen die unbestimmten Papillen, beide liegen nur auf der Oberseite. Die in ihrem Bau von den anderen Papillen stark abweichenden basalen Papillen sind ungleich groß, nach außen ge- schlossen und enthalten statt eines Hufeisens einen Endstab, der aus einem Trichter oder Kissen hervorgehend, sich in einer an der Decke hinlaufenden Rinne hin- und herbewegen dürfte. Die Richtung dieser Rinne steht senkrecht zur Schwingerlängsachse, ihre Länge ist bei den verschiedenen Papillen desselben Schwingers ver- schieden. Die Höhenachsen der Papillen konvergiren nach der Mitte des Schwingeranfanges zu derart, dass man, da die ganze Platte Fig. I, 158 | Ernst Weinland, sehr tief am Schwinger gelegen ist, bei der Betrachtung den Eindruck bekommt, als würden die sämmtlichen Höhenachsen durch den Bewe- gungsmittelpunkt des Schwingers gehen. Je nachdem der Bogen, den der Schwinger durch seine Bewegung bezeichnet, mehr oder minder gewölbt ist, wird eine mehr oder weniger nahe an seinem Fuß lie- gende Stelle senkrecht über dem Bewegungsmittelpunkt des Schwin- gers liegen und diese Stelle wird, so lange der Schwinger seinen Bogen beschreibt, fortwährend wechseln; immer wird nur eine Stelle in einem bestimmten Augenblick diese Eigenschaft haben. Da wir nun als wahrscheinlich erkannt haben, dass die Höhenachsen sämmtlicher basalen Papillen durch den Bewegungsmittelpunkt gehen und da die Rinnen aller basalen Papillen koncentrisch um diesen herumliegen (siehe Kap. VII), so kann also einerseits bei jeder der verschiedenen Krümmungen des vom Schwinger beschriebenen Bogens und anderer- seits bei jeder der verschiedenen augenblicklichen Stellungen des Schwingers in diesem Bogen nur eine einzelne bestimmte der Papillen in Thätigkeit versetzt werden und zwar in der Weise, dass der in ihr befindliche Endstab mit seinem freien Ende eine Bewegung vom einen Ende der Rinne zum anderen macht; für alle übrigen Papillen liegt zur gleichen Zeit die Höhenachse nicht senkrecht über dem Bewegungs- mittelpunkt, ihre Bewegung ist desshalb wegen der Reibung unmöglich. Je nachdem eine Stelle mehr oder weniger weit vom Bewegungs- mittelpunkt des Schwingers entfernt ist, wird die von ihr innerhalb einer bestimmten Zeit durchlaufene Bahn bei gleichbleibender Ge- schwindigkeit immer verschieden groß sein. Damit scheint es mir zu- sammenzuhängen, dass die basalen Papillen verschieden groß sind und zwar besonders nach der Tiefe und nach hinten zu etwas kleiner werden; blieben die Papillen gleich groß, so müsste, vorausgesetzt, dass die Funktionszeit der Papillen nicht wechselt, die Geschwin- digkeit der Bewegung mit den verschiedenen Kurven, die der Schwinger beschreibt, wechseln, da dann innerhalb der gleichen Zeit in verschiedener Entfernung vom Bewegungsmittelpunkt eine gleich große Strecke durchlaufen werden müsste. Der Wechsel in der Ge- schwindigkeit scheint mir aber bei dieser Bewegungsart des Schwin- gers desshalb nieht nöthig, weil eine Verschiedenheit in der Richtung des Zuges bei derselben durch die Krümmung der Kurve hervorge- bracht wird, während dies bei den skapalen Papillen (s. oben) nicht der Fall ist. Die Frage, warum die Papillen, welche (s. Kap. VII) bei den höheren Formen ungefähr in Längsreihen angeordnet sind, nicht in. einer, sondern in 7—141 neben einander liegenden Reihen angeordnet Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 159 sind, während man doch annehmen möchte, dass für jeden Bogen eine Papille ausreichen könnte, findet dadurch ihre Erledigung, dass die verschiedenen möglichen Bögen nicht überall die gleiche Krümmung zu besitzen brauchen, sondern z.B. sehr wohl in der Mitte sehr stark gekrümmt, auf den Seiten aber flach auslaufend sein können; es werden dann in den verschiedenen Längsreihen nach einander Papillen, welche in sehr verschiedener Entfernung vom Grunde des Schwingers liegen, zur Thätigkeit kommen. Die Aufeinanderfolge der Thätigkeit der Pa- pillen wird dabei die sein, dass bei der Bewegung des Schwingers von oben nach unten zuerst die hintersten und zuletzt die vordersten Pa- pillen in Gebrauch kommen, während bei der Rückwärtsbewegung die Aufeinanderfolge die umgekehrte sein wird. Dass die basalen Papillen nur auf der Oberseite des Schwingers sich finden, bestätigt die im ersten Theil dieses Kapitels gemachte Annahme, dass der Schwinger einen Bogen nach oben, nicht aber nach unten ausführt. Eine sehr gute Ausbildung wird den basalen Papillen bei den schon im,ersten Theil dieses Kapitels erwähnten Raubfliegen zu Theil, welche auf ihre Beute herabstürzen; auch bei der verwandten Leptis ist diese beträchtlich, wie durch die sehr große Zahl der Papillen an- gedeutet wird. Das dicke Chitin der basalen Platte, über welches die einzelnen Papillen kaum hervorragen, hat wohl großentheils den Schutz der Pa- pillen gegen Erschütterungen zu bewirken. Die Platte ist nicht voll- ‘ ständig aus Chitin, sondern enthält Höhlungen zwischen den einzelnen Papillen; der Inhalt dieser Höhlungen scheint eine Flüssigkeit zu sein. Die Ursache, wesshalb diese Papillen nach außen abgeschlossen sind, dürfte in der Art ihrer Thätigkeit liegen, welche bei Verunreinigung und anderen Störungen vielmehr zu leiden hätte, als die festen Huf- eisen der offenen Papillen. Außer den basalen Papillen finden sich auf der Oberseite des Schwingerfußes, meistens ziemlich weit distal an demselben, noch einige Papillen, die unbestimmten Papillen. Dieselben, wenige, oft (Musciden, Syrphiden) nur eine an der Zahl, liegen weit aus ein- ander und sind bei Bibio vollständig gleich gebaut, wie die ska- palen Papillen, unterscheiden sich aber bei den anderen Formen von denselben. Bei Tipula, Sarcophaga ist der Spalt zu einer runden, bei vielen anderen Dipteren zu einer ovalen mit ihrer Hauptachse in der Längsachse des Schwingers gestellten Öffnung umgestaltet, in welcher sich die dem Hufeisen entsprechende Chitinkuppel befindet. Die Beschaffenheit dieser Papillen und besonders die Gestalt der in der Öffnung enthaltenen Chitinkuppel lässt wohl einen ähnlichen Grund für 160 Ernst Weinland, diese Abweichung von den skapalen Papillen vermuthen, wie der- jenige war, welcher bei den Hıcks’schen Papillen (s. oben) als die Än- derung in der Form des Hufeisens bedingend angenommen wurde; vielleicht hat die Umgestaltung des Hufeisens zu einer runden bis ovalen Chitinkuppel, die an keiner Stelle in der Weise, wie dies bei dem Hufeisen der skapalen Papillen an zwei Stellen der Fall ist, be- festigt und eingespannt ist, eine Erleichterung der Bewegung dieser Kuppel in der Öffnung der Papille zur Folge, so dass die unbestimmten Papillen zur Wahrnehmung der langsameren Bewegungen des Schwin- gers befähigt wären. Die Verschiedenheit der Kuppelgestalt bei den verschiedenen Dipteren ließe sich so wohl ohne Mühe erklären, eben so nach dem bei den skapalen Papillen Gesagten die Anordnung und verhältnismäßig distale Lage der Papillen am Schwinger. Ihr Vor- handensein auf nur einer Seite des Schwingers würde mit dem Fehlen der Federung zusammenzubringen sein, während die ringförmige Gestalt der Duplikatur die Kuppel verhinderte, allzu weit von ihrer Grundstel- lung abzuweichen. Das fast vollständige Verschwinden der Papillen bei vielen Fliegen (Musca ete.) würde auf ihre geringe Bedeutung hindeuten. Die verhältnismäßige Größe dieser Papillen bei den höheren For- men ist wohl auf den nämlichen Grund zurückzuführen, wie dieselbe Erscheinung bei den Hıcxs’schen Papillen. Wir haben oben den Flügel erwähnt, als ein Organ, an dem wir möglicherweise für die Wahrnehmung der Lage im Raum brauchbare - Sinne zu suchen hätten. In der That besitzt derselbe (s. Kap. VII, Anhang) wie Hıcxs (14) und Graser (12) bei Dipteren, Hymen- opteren, Lepidopteren etc. nachgewiesen haben, ähnliche Papillen, welche sich bei den Dipteren in ihren Formen am nächsten an die unbestimmten Papillen anschließen (s. Fig. 75). Basale oder skapale Papillen sah ich weder auf Hymenopteren-, noch auf Lepidopteren-, noch auf Dipteren-Flügeln. Die Papillen sind (s. Fig. 10) in langgezo- genen Reihen, fast an keiner Stelle in einer größeren Gruppe beisam- men, gelagert. Die Annahme, dass das Wiederfinden bestimmter Ört- lichkeiten, durch die Insekten mit diesen Papillen in Zusammenhang stehen dürfte, scheint mir naheliegend. Wollen wir kurz zusammenfassen, welches die — freilich nicht bewiesenen — Ergebnisse dieser Untersuchung sind, so können wir etwa Folgendes sagen: der aus einem Hinterflügel hervorgegangene Schwinger, in dessen Inneren sich den »Adern« eines Flügels entspre- chende Kanäle befinden, trägt zum eigentlichen Flug, so weit derselbe Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 161 das Schweben in der Luft betrifft, nichts mehr bei und die Erfüllung seiner Aufgabe wird nicht bedingt durch den Widerstand, den die um- gebende Luft seiner Bewegung entgegensetzt, während dies beim Flügel, so weit er das Schweben in der Luft ermöglicht, der Fall ist. Der Schwinger kann eine große Anzahl verschiedener Bewegungen ausführen, welche durch ein zweites an seinem Grunde befindliches Gelenk ermöglicht werden, die eigentlichen Thoraxmuskeln bleiben daran unbetheiligt; seine Bewegung erzeugt, wenn sie auf beiden Seiten gleich ist, je nach ihrer Art und Geschwindigkeit Unterschiede in der Richtung des Fluges des Thieres in der vertikalen Ebene; bewest sich der Schwinger der einen Seite in einer Ebene, die mit der von dem Schwinger der anderen Seite durchlaufenen Ebene nicht symmetrisch ist, so erfolgt eine Wendung der Fliege; die dies bewirkende Änderung der Schwingerbewegung wird innerhalb des Schwingers selbst vollbracht und ist also aus dem Thorax hinaus ver- lest, so dass die Zusammenziehungen der Muskeln desselben auf beiden Seiten vollständig die gleichen bleiben können. Die aus verschieden gebauten Papillen bestehenden Sinnesor- gane, welche sich am Fuße des Schwingers befinden, vermitteln die Wahrnehmung der Bewegungen, welche der Schwinger ausführt und welche die Steuerung der Fliege bewirken. Des Näheren wer- den die skapalen und die ihnen ähnlich gebauten Hıczs’schen und unbestimmten Papillen in Thätigkeit treten, wenn der Schwinger sich in einer Ebene bewegt, und die basalen, geschlossenen Pa- pillen, wenn der Schwinger bei seiner Bewegung einen Bogen be- schreibt und eine Bahn durchläuft, die mit einem Theile einesKegel- mantels Ähnlichkeit hat. — Die Bewegung des Schwingers während des Nichtfliegens hat zum Zweck die Wiederherstellung der Gleichge- wichtslage des Körpers. Berlin, im April 1890. Litteratur. 4..G. CARLETT, in: Entom. Nachr. 4888. p. 285 ff. . J. CHABRIER, Essai sur le vol des Insectes. Paris 4823. 3. CHOLODKoWSsKY, Studien zur Entwicklungsgesch. der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XLVIH. 4. 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WEISMANN, Metamorph. der Corethra plumic. Diese Zeitschr. Bd. XVI. . —— Über die Entstehung des vollendeten Insekts in Larve u. Puppe. Frank- furt 1863. . —— Die Entwicklung der Dipteren im Ei. in: Diese Zeitschr. Bd. XIIIu. XIV. Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 163 Erklärung der Abbildungen. (Sämmtliche Figuren sind mit Hilfe einer Asse’schen Camera lucida entworfen.) Tafel VII. Fig. 4. Tipula vernalis, optischer Längsschnitt durch die Chitintheile des Stieles, das Borstenhaar der einen Seite ist herausgebrochen. Vergrößerung 405. Fig. 2—9 sind sämmtlich bei Beleuchtung des Schwingers durch Oberlicht ge- zeichnet und stellen den linken Schwinger bei der nämlichen Vergrößerung dar. Die Bezeichnung ist bei allen die nämliche: b.P, basale Papillenplatte; F, Fuß des Schwingers; H, Hinterrand des Schwingers; K, Köpfchen des Schwingers; 0.H.P, Hıcks’sche Papillengruppe der Oberseite; 0.s.P, skapale Papillenplatte der Oberseite; St, Stiel des Schwingers; u.H.P, Hıcks’sche Papillengruppe der Unterseite; u.s.P, skapale Papillenplatte der Unterseite; V, Vorderrand des Schwingers; x, die Stelle, hinter der das chordotonale Organ verborgen ist. Über die Chitintheile a bis m ist in Kapitel V das Nähere zu finden, die Linie u—u am Fuße des Schwingers bezeichnet etwa die Drehungsachse für den Fall, dass sich der Schwinger allein in seinem tieferen Gelenk bewegt. Die Linie O—O bezeichnet etwa die Achse, welche in der Ebene des Papieres gedreht wird, wenn im höheren Gelenk eine Bewegung stattfindet. Fig. 2. Linker Schwinger von Tipula vernalis von der Oberseite. Vergr. 71. Fig. 3. Linker Schwinger von Tipula vernalis von der Unterseite. Vergr. 7A. Fig. 4. Linker Schwinger von Leptis vitripennis von der Oberseite. Vergr. 74. Fig. 5. Linker Schwinger von Leptis vitripennis von der Unterseite. Vergr. 71. Fig. 6. Linker Schwinger von Eristalis tenax (= campestris) von der Oberseite. Vergr. 71. \ Fig. 7. Linker Schwinger von Eristalis tenax (= campestris) von der Unterseite. Verer. 74. Fig. 8. Linker Schwinger von Musca domestica von der Oberseite. Vergr. 74. Fig. 9. Linker Schwinger von Musca domestica von der Unterseite. Vergr. 71. Tafel VII. Fig. 10. Linker Flügel von Empis argyreata, von der Oberseite, nach einem mit Kalilauge und Eosin behandelten Präparat. Die Papillen tragenden Stellen sind der größeren Deutlichkeit wegen ohne die den Flügel bedeckenden Härchen darge- stellt. Die Papillen der Unterseite sind punktirt. Vergr. 120. Fig. 44—22 sind Querschnitte durch den Schwinger in verschiedener Höhe desselben. Vergr. 120. Auf allen .diesen Figuren ist: A, Anhang am Köpfchen; 1* 164 Ernst Weinland, B, Boden der Endblase; ch, chordotonales Organ; G, Gelenksack ; Hinten, Hinterrand des Schwingers; M, Muskel; N, Nerv; Oben, Oberseite des Schwingers; Tr, Trachee; Unten, Unterseite des Schwingers; Vorn, Vorderrand des Schwingers; Z, Zellkomplex. Die Papillen sind eben so bezeichnet wie in Fig. 2—9. Die Bezeichnung der Kanäle ist dieselbe wie in Kapitel VI. Fig. 11, Querschnitt durch den Fuß des linken Schwingers von Tipula verna- lis. Vergr. 420. Fig. 12. Querschnitt durch den Stiel des linken Schwingers von Tipula verna- lıssaoVerer. 220. Fig. 13. Querschnitt durch den Schwinger vor Beginn der Endblase eines lin- ken Schwingers bei Tipula vernalis. Vergr. 120. Fig. 14. Querschnitt durch die Endblase eines linken Schwingers von Tipula paludosa? Vergr. 120. Fig. 15. Querschnitt durch den Fuß eines linken Schwingers von Leptis scolo- pacea. Vergr. 120. - Fig. 16. Querschnitt durch den Stiel eines linken Schwingers von Leptis scolo- pacea. Vergr. 120. Fig. 47. Querschnitt durch den Beginn der Endblase eines linken Schwingers von Leptis scolopacea. Vergr. 120. Fig. 48. Querschnitt durch die Endblase eines linken Schwingers von Leptis scolopacea. Vergr. 120. Fig. 19. Querschnitt durch den Fuß eines rechten Schwingers von Caliphora erythrocephala. Vergr. 120. Der Gelenksack selbst ist nicht mehr zu sehen, wohl aber noch die ihn nach der Höhe abschließenden Hypodermiszellen. Fig. 20. Querschnitt durch den Stiel eines rechten Schwingers von Caliphora erythrocephala. Vergr. 120. Fig. 21. Querschnitt durch den Beginn der Endblase eines rechten Schwingers von Caliphora erythrocephala. Vergr. 120. Fig. 22. Querschnitt durch die Endblase eines rechten Schwingers von Cali- phora erythrocephala. Vergr. 420. Fig. 23. Zellen des Zellhaufens im Köpfchen von Tipula paludosa? Vergr, 750 (Apochrom.). Fig. 24. Zellen des Zellhaufens im Köpfchen von Leptis scolopacea. Vergr. 750 (Apochrom.). Fig. 25. Zellen des Zellhaufens im Köpfchen von Asilus pallipes. Vergr. 250 (!) Apochrom.). Fig. 26. Zellen des Zellhaufens im Köpfchen von Caliphora erythrocephala. Vergr. 750 (Apochrom.). Fig. 27. Blutkörperchen von Caliphora erythrocephala. Vergr. 750 (Apochrom.). Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 165 Fig. 23—37 sind nach Kalilauge-Eosinpräparaten gezeichnet, dieBezeichnungen sind dabei: O, Richtung nach der Höhe; U, Richtung nach der Tiefe; V, Richtung nach vorn; H, Richtung nach hinten; u(o)s.P, skapale Papillenplatte der Unter(Öber)seite; u(0)H.P, Hıcks’sche Papillengruppe der Unter(Ober)seite; u.P, unbestimmte Papillen; b.P, basale Papillen. Tafel IX. Fig. 28. Linker Schwinger von Tipula vernalis von der Oberseite, skapale, Hıcks’sche und unbestimmte Papillenplatte. Vergr. 490. Fig. 29. Linker Schwinger von Tipula vernalis von der Oberseite, basale Papil- lenplatte. Vergr. 490. Fig. 30. Linker Schwinger von Tipula vernalis von der Unterseite, skapale, Hıczs’sche Papillenplatte. Vergr. 490. / Fig. 34. Linker Schwinger von Leria serrata von der Oberseite, skapale, Hıcks- sche, unbestimmte und basale Papillenplatie. Vergr. 405. Fig. 32. Linker Schwinger von Musca domestica von der Unterseite, skapale und Hıcks’sche Papillenplatte. Vergr. 405. Fig. 33. Linker Schwinger von Eristalis tenax von der Oberseite, basale und Hıcks’sche Papillenplatte. Vergr. 490. Fig. 34. Linker Schwinger von Eristalis tenax von der Unterseite, skapale und Hıczs’sche Papillenplatte. Vergr. 490. Tafel X. Fig. 35. Linker Schwinger von Eristalis campestris von der Oberseite, skapale und unbestimmte Papillenplatte. Vergr. 490. Fig. 36. Linker Schwinger von Leptis vitripennis von der Oberseite, basale und Hıczs’sche Papillenplatte. Vergr. 490. Fig. 37. Linker Schwinger von Leptis vitripennis von der Oberseite, skapale, Hıcks’sche, unbestimmte und basale Papillenplatte. Vergr. 490. Für Fig. 38—75 bedeutet: H, Hufeisen; D, Duplikatur; E, Endstab; G, Ganglienzelle; R, Rinne. Sämmtliche Figuren wurden mit Hilfe eines Zeiıss’schen Apochromat-Objektivs von 2mm Brennweite (homo- gene Immersion) hergestellt, nur bei Fig. 57 kam ein Trockensystem (Zeıss F) zur Verwendung. Fig. 38. Tipula lateralis, quer zum Spalt gerichteter Schnitt durch eine skapale Papille. Vergr. 1000 (Apochrom.). Fig. 39—41. Tipula vernalis. Vergr. 750 (Apochrom.). Fig. 39. Skapale Fig. 40. Unbestimmte \ Papillen, Ansicht der Chitintheile von außen. Fig. 41. Basale Fig. 42. Tipula ochreacea, Schnitt durch eine basale Papille in der Längsrich- tung der Rinne. Vergr. 1000 (Apochrom.). Fig. 43, Pachyrhina pratensis, Schnitt durch eine basale Papille quer zur Rinne. Vergr. 750 (Apochrom.). ie ed D > Ernst Weinland, Über die Schwinger (Halteren) der Dipteren. 44. Bibio Marci, Schnitt durch eine skapale Papille quer zum Spalt. Vergr. 750. I > le > Wal > Bro Bil oo De ET N wa m a RR oQ IQ Fig Fig . 47. Unbestimmte . 45—48. Leptis vitripennis. Vergr. 750 (Apochrom.). 45. Skapale 46. Hıcnssche N 7 nillen, Ansicht der China 48. Basale 49—54. Tabanus bovinus, skapale Papille. Vergr. 750 (Apochrom.). . 49. Skapale Papillen, Ansicht von außen, höchste Einstellung. .50. Skapale Papillen, Ansicht von außen, tiefere Einstellung. .51. Skapale Papillen, quer zum Spalt geschnitten. Tafel XI. 52—55. Laphria gilva. Vergr. 750 (Apochrom.). 52. Skapale Papillen, quer zum Spalt gerichteter Schnitt, die einzelnen Papillen zum Theil getroffen, zum Theil unberührt. Fig. Fig Fig Fig. 53, Skapale Papillen, Schnitt in der Längsrichtung des Spaltes. 54. Unbestimmte Papille in der Ansicht von außen. 55. Basale Papille, Längsschnitt in der Richtung der Rinne. 56. Asilus pallipes, skapale Papille, quer zum Spalt geschnitten. Vergr. 750 (Apochrom.). Fig. 57. Empis argyreata, basale (und Hıcks’sche) Papillen in eine Ebene projieirt, um die scheinbare Richtung der Rinnen zu zeigen. Vergr. 405. Fig. 58. Syrphus Ribesii, Hıcks’'sche Papille in der Ansicht von außen. Vergr. 750 (Apochrom.). Fig. .59,. Skapale . 60. Hıcks’sche‘ Papille in der Ansicht von außen. . 64. Basale . 62—64. Sarcophaga carnaria. Vergr. 750 (Apochrom.). . 62. Skapale g. 63. Unbestimmte g. 64. Basale ; . 65— 71. Caliphora erythrocephala. Vergr. 750 (Apochrom.). g. 65. Skapale Papillen an einem Querschnitt des Schwingers, keine ist ver- 59—61. Eristalis tenax. Vergr. 750 (Apochrom.). Papille in der Ansicht von außen. Bei der basalen Papille ist die Rinne nicht gezeichnet, vgl. den Text. . 66. Skapale Papillen, Längsschnitt in der Richtung des Spaltes. Fig. Fig. Fig. 67. Einzelnes Hufeisen. 68. Skapale Papille, quer zum Spalt gerichteter Schnitt. 69. Skapale Papille, parallel mit dem umgebenden Körperchitin verlaufen- der Schnitt durch den Grund der Papille. Se oa = Baer Q UR MR OR daR er Fig. . 70. Unbestimmte Papille auf einem Querschnitt des Schwingers. . 74. Basale Papille in der Richtung der Rinne geschnitten. 72—74. Leria serrata. Vergr. 750 (Apochrom.). 72. Skapale . 73. Hıcks’sche‘ Papille in der Ansicht von außen. 74. Basale 75. Hippoboscaequina, Flügelpapille quer zur Längsachse des Flügels ge- stellt. Oberflächenansicht. Vergr. 750 (Apochrom.). Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. Plagiostomina und Cylindrostomina Graff. Von Dr. Ludwig Böhmig, Privatdocenten und Assistenten am zool. Institut der Universität Graz, Mit Tafel XII—XXI und 21 Holzschnitten. Die in der vorliegenden Arbeit niedergelegten Resultate meiner Untersuchungen über den anatomischen und histologischen Bau einiger rhabdocöler Turbellarien hoffte ich schon vor längerer Zeit publieiren zu können; die-Schwierigkeiten aber, welche das Studium des feineren Baues der Gewebe dieser Thiere bietet, zwangen mich, den Abschluss der Arbeit mehr und mehr hinauszuschieben. Eine gewisse Ungleichheit in der Bearbeitung der einzelnen Spe- cies wird durch den Umstand erklärlich, dass von einigen Arten nur ein oder zwei Exemplare zur Verfügung standen. Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass manche Formen, welche in dem einen Jahre zu den häufigeren zählten, im anderen plötzlich nicht mehr zu finden _ waren, dass demgemäß Methoden, welche zum Studium gewisser Or- sane als zweckmäßig im Laufe der Untersuchung erkannt worden waren, keine Anwendung mehr finden konnten. Diese Ungleichheiten, sowie ein nicht vollständiges Heranziehen der Litteratur, welches für gewisse Kapitel: Nervensystem, Drüsen, Spermatogenese, geradezu eine Unmöglichkeit war und den Abschluss der Arbeit noch auf längere Zeit verzögert hätte, bitte ich zu ent- schuldigen. Der größte Theil des bearbeiteten Materials wurde von mir in Triest gesammelt, und bin ich einem hohen Ministerium für Kultus und Unterricht zu tiefstem Danke verpflichtet für eine zweimalige Unterstützung, durch welche mir ein zweimaliger Aufenthalt an der k. k. zool. Station in Triest ermöglicht wurde. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 12 168 | Ludwig Böhmig, Großen Dank schulde ich meinem hochverehrten Chef, Herrn Professor Dr. v. GrArr, welcher mir die Benutzung seiner reichen Pri- vatbibliothek, sowie aller der Hilfsmittel, welche das hiesige Uni- versitäts-Institut bietet, gestattete. Herrn Professor v. GRAFF verdanke ich auch das Material von Plagiostoma bimaculatum und Lemani. Während meines Aufenthaltes in Triest bemühte sich der Inspek- tor der k. K. zool. Station, Herr Dr. E. Grärrz, mir möglichst viel Mate- rial zu verschaffen, wofür ich hierdurch meinen Dank sage. Ich habe in den folgenden Blättern eine Reihe von rhabdocölen Turbellarien behandelt, welche sämmtlich dem Tribus der Alloio- coela und der Familie der Plagiostomida v. Graff angehören. Zur Untersuchung gelangten Vertreter von vier Genera, nämlich des Genus Plagiostoma O. Sch., Vorticeros O. Sch., Gylindro- stomaJens. undMonoophorum mihi. Dies letzte Genus ist ein neues. Früher hieß Monoophorum striatum mihi Enterostoma stria- tum v. Grafl. Wichtige anatomische Charaktere dieses Turbellars bedingten seine Ausscheidung aus dem Genus Enterostoma Clap. und die Aufstellung eines neuen Genus. Der Speciesname wurde bei- hehalten. Von dem Genus Plagiostoma O. Sch. lagen vor die Species PI. Girardi v. Graff in zwei Größenvarietäten, Pl. dioieum v. Graf, Pl. bimaculatum v. Graff, Pl. maculatum v. Grafi, Pl. reticu- latum v. Graff, Pl. siphonophorum v. Graf, Pl. sulphureum v. Grafi, Pl. Lemani v. Graff; von dem Genus VorticerosO. Sch. nur Vorticeros auriculatum v. Grafl. Gylindrostoma Jens. wird vertreten durch zwei Species, nämlich durch Gylindrostoma quadrioculatum Jens. und Cyl. Klostermannii Jens., Monoo- phorumn.g. durch eine Species, nämlich Monoophorum stria- tum mihi. Wie ein Blick auf die Fig. 3, %, 5, 6, Taf. XII lehrt, kann man die Vertreter dieser vier Genera durch mehr oder weniger genau geführte Medianschnitte ohne Schwierigkeiten von einander unterscheiden. Nur Plagiostoma und Vorticeros zeigen in anatomischer Beziehung eine sehr weitgehende Übereinstimmung; die beiden Genera sind hauptsächlich nur durch den Besitz resp. das Fehlen zweier Tentakel am Kopftheile unterschieden; die Plagiostomaspecies entbehren der Tentakel. v. Grarr hat in Anbetracht der großen anatomischen Ähn- lichkeit diese beiden Genera zu der Subfamilie der Plagiostomina vereinigt. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 169 Monoophorum und Cylindrostoma zeigen allerdings eine Reihe differenter Punkte, andererseits aber sind ihnen so viele wichtige Charaktere gemeinsam, dass ich nicht angestanden bin, Monoopho- rum der Subfamilie der Cylindrostomina v. Grarr's zuzutheilen. Die äußere Form der Vertreter der verschiedenen Genera zeigt wenige Verschiedenheiten; es sind im Allgemeinen kleine, 3/,—3 mm lange drehrunde Würmchen, deren Vorderende mehr oder weniger abgerundet oder abgestumpft erscheint, während die hintere Körper- spitze in ein kleines Schwänzchen ausgezogen ist. Der ganze Körper wird bedeckt von einem flimmernden, kernhal- tigen Epithel ep (Taf. XIII, Fig. 3, 4, 5, 6). Unter der Epithelschicht liegt eine sogenannte Basalmembran (bs), auf welche der zwei- bis drei- schiehtige Hautmuskelschlauch folgt. Der blindgeschlossene, sack- förmige Darm (D) nimmt einen verschieden großen Theil des Körper- volumen ein; seine ursprüngliche centrale Lage und Größe hat er am besten bewahrt bei Vorticeros und einigen Plagiostoma-Species (Fig. 3, A), sehr verkürzt erscheint er bei Monoophorum (Fig. 5), noch mehr verkürzt und aus seiner = Lagerung gedrängt bei Cylindro- stoma (Fig. 6). Ungemein abhängig ist die Form des Darmes von der Entfaltung der Geschlechtsdrüsen, insbesondere der weiblichen. Ihr charakteristisches Gepräge erhalten die einzelnen Genera durch die Lage und Form des Pharynx und der Genitalorgane. Der Pharynx (Ph) ist stets ein Pharynx compositus!. In der vor- deren Körperhälfte, und zwar zumeist wiederum in der ersten Hälfte dieser, liegt er bei Plagiostoma und Vorticeros (Fig. 3, 4 Ph); die Unterschiede in der Länge, Breite und Höhe sind im Allgemeinen nicht sehr bedeutende, die Gesammtgestalt des Pharynx ist eine mehr tonnen- oder kegelförmige. Ungefähr im zweiten Körperdrittel liegt der Pharynx bei Gylin- drostoma (Fig. 6 Ph). Er besitzt eine eylindrische Gestalt und ist ebenfalls nach vorn gerichtet, im Gegensatz zu Monoophorum, wo wir ihn nach hinten gerichtet und in der zweiten Hälfte des Thieres gelegen sehen. Überdies macht der Cylindrostoma-Pharynx einen steifen, der von Monoophorum einen mehr beweglichen Eindruck. Die Mundöffnung (Fig. 3 O, Fig. 6 Opg) ist bei Plagiostoma, Vorti- cerosund Gylindrostoma dem vorderen, beiMonoophorum dem hinteren Körperpole genähert. Das Gehirn (Gl) mit den ihm aufliegenden Augen findet sich stets IT; GRAFF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. 102 170 Ludwig Böhmig, im vorderen Theile des Körpers, welchen wir mithin als Kopftheil be- zeichnen können. Die Zahl der Augen beträgt meist zwei für Plagio- stoma und Vorticeros (Fig. I), vier für Gylindrostoma (Fig. 2) und Monoophorum. ; Der ganze übrige Raum zwischen Hautmuskelschlauch, Darm, Pha- rynx und Gehirn wird von den Hautdrüsen (dr) und den Genitalorganen in Anspruch genommen. Die einzelnen Organe sind in mehr oder weniger stark entwickelte Parenchymmassen eingebettet, eine Leibes- höhle fehlt durchaus. Hautdrüsen (dr) finden wir besonders reichlich an den beiden Körperenden und in der Umgebung der Körperöffnungen (Mund und Geschlechtsöffnung) angehäuft. Nur bei Gylindrostoma sind sie am hinteren Körperpole relativ spärlich. Auf der Ventralseite liegen bei Plagiostoma und Vorticeros zwei Öffnungen, von denen die eine dem vorderen, die andere dem hinteren Körperpole genähert ist. Die erstere (Fig. 3, 4 O) stellt die Mundöffnung vor und führt in die Schlundtasche, die letztere (Pg) repräsentirt den Porus genitalis, durch welchen männliche und weibliche Genitalprodukte entleert werden. Gylindrostoma (Fig. 6 Opg) und Monoophorum besitzen nur einen Porus auf der Bauchfläche, welcher bei Cylindrostoma im vorderen, bei Monoophorum im hinteren Drittel des Körpers gelegen ist, und welcher als gemeinsame Mund-Geschlechtsöffnung fungirt. Die männlichen Geschlechtsdrüsen, die Hoden (Te), nehmen in den Genera Plagiostoma (Fig. 3 Te) und V orticeros eine mehr seitliche Lage ein, rücken aber bei einer Anzahl von Plagiostoma-Arten auf die Bauchfläche und verschmelzen hier in der Mittellinie. Sie durch- ziehen entweder den größten Theil des Körpers, oder sind auf die hin- tere Körperhälfte beschränkt. Ganz im Gegensatz hierzu kann man die Lagerung der Hoden (Fig. 5, 6 Te) bei Gylindrostoma und Monoophorum als eine dor- sale bezeichnen, und zwar liegen hier die Hodenbläschen in der Um- gebung des Gehirns (Gl), also in der vorderen Körperhälfte. Die weiblichen Keimdrüsen der Plagiostomina bestehen aus getrennten Keim- und Dotterstöcken, die der Cylindrostomina aus Keimdotterstöcken. Die Keimstöcke (Kst) der Plagiostomina liegen oberhalb der Hoden und häufig, wo diese auf die hintere Körperhälfte beschränkt sind, vor diesen. Wenn sie auch gewöhnlich das mittlere Körperdrittel einnehmen, so rücken sie bei manchen Arten doch bis in die Gegend des Gehirnganglion. Das Keimlager von Monoophorum hat eine dorsale Lage (Fig. 5 Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 171 Ksl) und ist von den beiden Körperenden ziemlich gleich weit entfernt; seitlich von der Medianebene und im Beginne der hinteren Körperhälfte finden wir die Keimlager der Cylindrostoma-Arten. Die beiden ungemein voluminösen Dotterstöcke (Dst) liegen im Allgemeinen seitlich und dorsalwärts vom Darm, stoßen aber zuweilen auch unterhalb desselben zusammen (Fig. 5, 6 Dst). Die Lage des Begattungsapparates (Pe) ist bei den Gylindrosto- mina und Plagiostomina in so fern eine übereinstimmende, als er bei beiden Subfamilien dem letzten Körperdrittel oder doch wenigstens der hinteren Körperhälfte angehört (Fig. 3—6 Pe). Nach hinten gerichtet sehen wir denselben in der Subfamilie der Plagiostomina, nach vorn in der der Cylindrostomina, und zwar am schärfsten ausgeprägt ist diese Lagerung bei dem Genus Cylindro- stoma. Ein Organ, welches Plagiostoma und Vorticeros vollständig fehlt, das sich aber bei den Gylindrostominen findet und hier einen bedeutenden Umfang erreicht, ist die Bursa seminalis (Bs, Fig. 5, 6). Dieselbe liegt hinter dem Begattungsapparate (Pe) bei Gylindro- stoma (Fig. 6 Bs), dicht vor demselben aber bei Monoophorum (Fig. 5 Bs). Nach dieser kurzen Erläuterung der Lagerungsverhältnisse der Organe wende ich mich zur allgemeinen Besprechung derselben, welche im allgemeinen Theile stattfindet. Die speciellen Eigenthümlichkeiten des Baues einzelner Organe bei den verschiedenen Species sind im zweiten oder speciellen Theile ge- schildert. 1. Allgemeiner Theil. Epithel. Zahlreiche Untersuchungen von Turbellarien, rhabdocölen und dendrocölen, haben gelehrt, dass die äußere Bedeckung des Körpers, das Epithel, aus einer einschichtigen Lage von Zellen besteht. Unter den rhabdocölen Turbellarien sind es nur die Rhabdocoela, an denen dieser Nachweis mit großer Leichtigkeit geführt werden kann. Ein leichtes Verschieben des Deckglases genügt in den meisten Fällen, um die Epithelzellen von der darunter liegenden Schicht abzustreifen. Zu sicheren Resultaten führt stets die Anwendung geeigneter Reagen- tien (Kalilauge, Silbernitrat), und eben so leicht lässt sich auch an Schnittpräparaten der Nachweis erbringen, dass das Epithel aus ein- zelnen Zellen zusammengesetzt ist. 172 . Ludwig Böhmig, Schon Max Sanutze! hat isolirte Epithelzellen gesehen, wie aus seinen bezüglichen Abbildungen klar hervorgeht, wenn er sie auch nicht als solche erkannte und als Hautschüppchen bezeichnet. Nach ihm sollte eine feinkörnige, ungeformte Grundsubstanz die Haut bilden. Späteren Beobachtern wie SCHNEIDER?, HALLEZ®, v. GRAFF 4, JENSEN 5 ent- ging die Zellnatur des Epithels nicht mehr, nur E. v. Benepen® hält noch die Ansicht Scaurtze’s aufrecht. Meist waren es rhabdoeöle Turbellarien s. str., welche als Untersuchungsobjekte gedient hatten, seltener alloiocöle. Von den letzteren sagt v. GrarF’ nur: »Für die Alloiocoela ist das Vorhanden- sein eines aus distinkten Zellen bestehenden Epithels nicht zweifel- haft. Sowohl am frischen Objekte (Pl. vittatum) als an Schnitten lassen sich die Epithelzellen nachweisen, wenn auch nicht mit der- selben Schärfe der Begrenzung wie bei den Rhabdocölen.« — »Wir finden ein niederes Plattenepithel mit scheibenförmigen Kernen bei den Monotiden, während allen übrigen Alloiocölen kubische oder cy- lindrische Epithelzellen zukommen, mit Ausnahme des Plagiostoma Lemani, von welchem Duvrzsssıs $ ein polyedrisches Plattenepithel kon- statirte.« Nach dem letztgenannten Forscher besteht das Epithel aus schönen und großen, unregelmäßig polyedrischen, sehr häufig sechs- eckigen oder rautenförmigen Zellen. Über den feineren Bau der Epithelzellen liegen nur dürftige Mit- theilungen vor, welche sich im Wesentlichen auf die Form des Kernes, auf das Vorhandensein oder Fehlen von Stäbchen und der sogenannten »wasserklaren Räume« beziehen. Der Nachweis, dass das Epithel der Alloiocölen nur aus ein- zelnen Zellen zusammengesetzt ist, stößt nun in der That auf große Schwierigkeiten. Mit Ausnahme von Plagiostoma Lemani, Pl. si- phonophorum und Pl. dioicum war es mir unmöglich, auf Schnitten auch nur Spuren von Zellgrenzen aufzufinden. Das Epithel stellte eine kontinuirliche Schicht dar, welche in ihrem Aussehen lebhaft an die 1 Max SCHULTZE, Beiträge zur Naturgeschichte der Turbellarien. 2 A. SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen. Berichte der oberhess. Gesellschaft für Natur- und Heilkunde. Bd. XIV. 1873. 3 P. Harızz, Contributions & l’histoire naturelle des Turbellaries. in: Travaux de l’institut zoologique de Lille etc. F. II. 4879. 4 v. GrAFF, Neue Mittheil. über Turbellarien. Diese Zeitschr. Bd. XXV. 1875. 5 JEnsen, Turbellaria ad litora Norvegiae occidentalia. 1878, 6 E. v. BENEDEN, Etude zool: et anat. du genre Macrostomum etc. Bull. Acad. roy. de Belgique. 2°me, 5. T. XXX. 7 v. GrArr, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. 8 Dupressis, Seconde note sur le Vortex Lemani. in: Materiaux pour servir a l’etude de la faune profonde du lac Leman. i Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 173 Bilder erinnerte, welche M. Scaurtze! auf Taf. I in Fig. A, %, 7 von Vortex viridis, Mesostomum tetragonum und Derostoma Sehmidtianum und y. BEwepen? von Macrostomum viride geben. Handelt es sich in der That um eine vungeformte« Substanz, welche die Körperbedeckung bildet, oder war es die Einwirkung der Rea- gentien, welche die Grenzen der Zellen zum Verschwinden brachte? Das Studium des lebenden Gewebes, die Kontrolle der Reagen- tieneinwirkung unter dem Auge des Beobachters konnte allein sicheren Aufschluss geben. Es waren besonders Plagiostoma Girardi, Mon- oophorum striatum und Vorticeros auriculatum, welche zur Untersuchung verwandt wurden, da sie in verhältnismäßig großer Anzahl zur Verfügung standen. Anfänglich schien es, als sollten die an Schnitten gewonnenen Resultate durch die Untersuchung des le- benden Gewebes bestätigt werden, die Bilder blieben bezüglich des Fehlens der Epithelzellgrenzen die gleichen, sie stimmten mit den oben angeführten Abbildungen M. ScauLtze's und v. BENEDEN’S überein. Endlich gelang es mir an einem jungen, etwas ermatteten Exem- plare von Plagiostoma Girardi, welches schon längere Zeit einem leichten Drucke ausgesetzt worden war, und welches seiner baldigen Auflösung entgegen ging, feine und zarte Begrenzungslinien im Epithel aufzufinden, Linien, welche das Epithel in polygonale Bezirke zer- legten, und welche in der That die Grenzen der Epithelzellen dar- stellten. Die Anwendung verdünnter Essigsäure ließ diese Linien schärfer hervortreten. Das gleiche Resultat erreichte ich, wenn die Thiere 12—24 Stunden in Seewasser verweilten, dem eine geringe Menge von Earrıch'schem Methylenblau zugefügt worden war. Am besten eignen sich zu diesen Zwecken Plagiostoma Gi- rardi, welches bekanntlich des Pigmentes vollkommen entbehrt, und noch pigmentlose Exemplare von Monoophorum striatum. Vor- ticeros aurieulatum ist weniger günstig, da selbst junge Exemplare schon eine intensive Färbung besitzen. Die Versuche wurden an zahl- reichen Thieren vorgenommen und stets mit dem gleichen Erfolge. Das Epithel besteht aus Zellen. Diese sind bei Plagiostoma Girardi von polygonaler Gestalt und besitzen glatte, nicht mit Riffen versehene Bänder. Geriffte Epithelzellen sind bekanntlich bei Turbellarien z.B. bei Vortex- und Derostoma-Arten ein sehr häufiges Vorkommnis. v. GRAFF® giebt an, auch auf Schnittpräparaten von Plagiostoma Girardi die Grenzen derEpithelzellen gesehen zu haben und verweist auf eine auf Taf. XVI, Fig.24 gegebene Abbildung. Ich gestehe, dass es 1 M. ScEUL1ZE, 1. c. 2 v. BENEDEN, 1. c. 3 v. Grarr, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. 174 Ludwig Böhmig, mir nicht ganz wahrscheinlich ist, dass es sich hier thatsächlich um die Abgrenzungen der Epithelzellen handelt, sondern vielmehr um Zöttchen der Basalmembran, welche oft tief in die Epithelzellen eindringen, worüber ich später noch sprechen werde. Monoophorum striatum und Vorticeros auriculatum be- sitzen ebenfalls polygonale Epithelzellen, doch unterscheiden sich die- selben in so fern von denen anderer Plagiostomina, dass sie durch feine Ausläufer mit einander in Verbindung stehen. Ich habe diese Plasmafortsätze sowohl bei Behandlung des Thieres mit Essigsäure als auch mit Methylenblau gesehen. Vermittels salpetersauren Silbers versuchte ich ebenfalls die Dar- stellung der Zellgrenzen, doch waren die gewonnenen Bilder wenig zufriedenstellende; einmal nur erhielt ich ein schönes Resultat bei Pla- giostoma reticulatum, es ist mithin auch für diese Species die Zu- sammensetzung des Epithels aus Zellen unzweifelhaft. Die Form der Epithelzellen ist nach v. Grarr eine kubische oder cylindrische, ich fand dieselben häufig mehr platt, da Längen- und Breitendurchmesser den der Höhe wesentlich übertreffen. Für Vorticeros auriculatum schwankte der Längendiameter der Epithelzellen beispielsweise zwi- schen 15u und20 u, der der Breite zwischen 12,8 und 15 «, während der Höhendurchmesser mit Ausnahme des Kopfes und Schwanztheiles nur 8 u bis 10,95 u erreichte. Allerdings ändern sich diese Zahlenverhält- nisse in etwas, je nachdem es sich um Zellen der Ventral- oder Dorsal- seite handelt; ihre größte Höhe erreichen sie am vorderen Körperpol und nach der Zahl der dicht neben einander liegenden Kerne zu schließen, müssen Breiten- und Längendurchmesser im Verhältnis zur Höhe der Zellen sehr kurz sein, an dieser Stelle kann man von eylin- drischen Zellen sprechen ; leider konnte ich hier keine Messungen vor- nehmen. Die früher erwähnten Reagentien geben uns noch eine Reihe weiterer interessanter Aufschlüsse über den Bau der Zellen. Zunächst ist es der Kern, welcher, ohne Anwendung von Reagentien nur wenig deutlich, scharf hervortritt. Sehr merkwürdig und mir vor der Hand noch unerklärlich ist das Verhalten der Kerne an Schnittpräparaten. Wie immer auch die Thiere konservirt sein mögen, bald finden wir im Epithel zahlreiche Kerne in regelmäßigen Abständen, bald vermissen wir sie auf relativ große Strecken. Ja im Epithel des leider einzigen Exemplares von Plagiostoma dioicum, welches ich besitze, habe ich auch nicht einen Kern auffinden können. Bald sind ferner die Epithelzellenkerne, natürlich immer nur derselben Species, rund, bald ei- oder spindelförmig. Sie scheinen die Fähigkeit zu haben, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 75 unter verschiedenen Bedingungen ihre Form zu ändern. Am lebenden Thiere fand ich sie meist rund oder leicht oval. Im Allgemeinen be- sitzen die Kerne ein schönes Kernnetz und ein deutliches, großes, scharf kontourirtes, centrisch oder excentrisch gelegenes Kernkörperchen. In der Umgebung des Kernes fallen dem Beschauer des lebenden Gewebes helle runde Flecke in wechselnder Zahl auf. Bald sind sie . ungemein reichlich vorhanden, so dass sie nur durch schmale Plasma- brücken getrennt werden, bald finden wir nur zwei oder drei in einer Zelle (Taf. XII, Fig. 11 wr). Am besten können wir diese Flecke bei Plagiostoma Girardi, Monoophorum striatum und Vorti- ceros auriculatum beobachten. Von oben betrachtet stellen sie, wie gesagt, helle runde Flecken dar, von der Seite gesehen besitzen sie zumeist eine ovale oder eiförmige Gestalt; ihre Höhenachse ent- spricht der des Epithels. Mit ihrem unteren Ende erreichen sie dem- gemäß die unterhalb des Epithels liegende Basalmemıbran, mit dem oberen Pole die Cuticula. — Sind diese Gebilde schon bekannt, und welche Bedeutung haben sie? Es giebt wohl kaum einen Turbellarien-Forscher, welcher sie nicht gesehen, und welcher sich nicht mit ihnen beschäftigt hätte, und doch wissen wir so gut wie nichts über ihre wahre Bedeutung — auch ich bin nicht in derLage, dieselbe vollkommen sicher und genügend aufklären zu können. M. ScnurLrze ! war wohl der Erste, der ihnen seine Aufmerksamkeit schenkte: »Bei mäßigem Drucke,« sagt dieser aus- gezeichnete Forscher, »sieht man ..., in einer feinkörnigen Grundsub- stanz eine große Anzahl wasserklarer, ovaler oder rundlicher Räume, welche man leicht für mit besonderen Wandungen versehene Zellen oder Bläschen halten könnte. Durch die eigenthümliche Lichtbrechung ihres durchaus formlosen Inhaltes erinnern sie lebhaft an die Hohlräume des Parenchyms der Infusorien oder Hydren.« Er berichtet dann weiterhin die Phänomene, welche bei fortge- setzter Einwirkung des Wassers und Deckglasdruckes auftreten, in mustergültiger Weise. Nach ihm war es Hırzzz?, der sich mit ihrer Untersuchung be- fasste. Harızz allerdings misst ihnen keine Wichtigkeit bei, da die- selben nach seiner Ansicht das Resultat eines durch die Beobachtungs- bedingungen hervorgerufenen pathologischen Zustandes sind. Dieser Ansicht von Harırz trat alsbald Jensen? entgegen, welcher sie bei 1 M. ScHULTzE, |]. c. 2 HırLLez, Observations sur le Prostomum lineare. in: Travaux de l’Inst, zool. de Lille etc. F. II. 3 JENSEN, 1. c. 176 Ludwig Böhmig, Gyrator Danielsseni in großer Menge beobachtete, und welcher sie auch in Fig. 7, Taf. IV seines schon eitirten Werkes abbildet. Jensen konnte sie fernerhin bei Vortex cavifrons nachweisen, und er verwahrt sich ausdrücklich dagegen, dass es pathologische Produkte seien, da er sie auch ohne Anwendung von Druck im vollkommen in- takten Epithel gesehen hatte. v. Grarr! schließt sich der Ansicht Jensen’s an, eine Erklärung über die Bedeutung dieser wasserklaren Räume konnte jedoch auch er nicht geben. Wie allgemein dieselben unter den Turbellarien verbreitet sind, erhellt daraus, dass sie nicht allein bei Vorticiden und Meso- stomiden gesehen wurden, sondern auch bei Gyrator (Jensen), Prostomum (Baızzz), Macrostomum (v. Beneven?) und Dero- stoma. Bei Arten des letztgenannten Genus sahen sie M. Braun, SEkERA ! und LiprirtscH ®. Die von Sekera ® versuchte Erklärung dieser »wasserklaren Räume« oder Vacuolen ist, wie mir scheint, eine wenig glückliche: »Rings um den Kern einer jeden Epithelzelle gewahrt man wenigstens eine, meist aber mehrere glänzende mit einem homogenen Inhalte gefüllte Vacu- olen, die an der Basis erweitert, mit den distalen verengten Poren- kanälchen durch die Cuticula nach außen münden. .... »Es ist er- sichtlich, dass man in jeder Vacuole ein Centrum aufzufassen hat, welches als eine Drüse secernirt, und wenn jede Vacuole für sich selbst sich nach außen öffnet, so haben wir ein Beispiel vor uns, wo eine einzige Epithelzelle analog einer mehrzelligen Drüse fungirt.« Nach M. ScuuLtze erreichen die wasserklaren Räume die Guticula nicht, sie müssen demnach vollständig geschlossen sein. Ein Fortschritt war es also jedenfalls, dass Sexers bei Derostoma typhlops er- kannte, dass sie sich durch ein feines Porenkanälchen nach außen öffnen, eine Thatsache, die ich aus eigener Anschauung für Derostoma unipunctatum und eine ganze Reihe von Alloiocölen bestätigen kann. Wenden wir uns zunächst der Betrachtung der fraglichen Gebilde bei Plagiostoma Girardi und Monoophorum striatum zu. Bei Plagiostoma Girardi sind sie bei geringer Druckanwen- 1 v. GrArr, Monographie der Turbellarien, I. Rhabdocoelida. 2 v. BENEDEN, l. c. 3 M. Braun, Die rhabdocölen Turbellarien Livlands. 4 E. SekerA, Ergebnisse meiner Studien an Derostoma typhlops Vejd. — Pri- spevky ku znämostem o turbellariich sladkovodnich. 5.C. Lırritsch, Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum Oe. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 6 SEKERA, Ergebnisse meiner Studien an Derostoma typhlops Vejd. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. I. a dung, so dass eben das Thier ruhig liegt, leicht zu sehen. Sie machen den Eindruck runder, in der Haut steckender Pfröpfe, welche aus einer homogenen, farblosen Substanz bestehen, einer Substanz, welche sich vom Zellplasma durch anderes Lichtbrechungsvermögen unterscheidet. Setzen wir die Thiere für 12 Stunden in eine ihr Wohlbefinden wenig alterirende Lösung von Methylenblau in Seewasser, so bietet uns alsdann das Epithel ein schönes Bild. Die Kerne der Epithelzellen (Fig. IA n) sind etwas deutlicher geworden und haben einen leicht- gelben Farbton angenommen. Die homogenen Flecke, wasserklaren Räume, sind blassblau gefärbt (Fig. 11 wwr), die Stäbchen (st), welche im Epithel liegen, erscheinen farblos, und endlich finden wir größere isolirt (@) und kleinere in Haufen neben einander liegende dunkel- blaue Punkte (b), auf welche ich späterhin zu sprechen komme. Die wasserklaren Räume haben sich an solchen Präparaten nicht verändert. Untersuchen wir nun Macerationspräparate vom Epithel, welche man dadurch gewonnen hat, dass die Thiere in ein Gemisch gleicher Volumina !/, °/,iger Osmiumsäure und 2'/,iger Essigsäure für eine halbe Stunde gelegt und alsdann 24 Stunden in Pikrokarmin gefärbt wurden. Das Bild, welches sich jetzt bietet, weicht von dem früheren’ we- sentlich ab. In der Umgebung der schön roth gefärbten Kerne (Taf. XII, Fig. 10 und 12 n), sehen wir große, runde oder ovale Hohlräume (wr) von einander durch verhältnismäßig schmale Plasmastreifen getrennt. Innerhalb der schmalen Plasmastränge liegen kleine kern- und stäb- chenartige Gebilde. Woher stammen vor allen Dingen die großen lochartigen Räume wr, von denen am lebenden Objekte nichts zu bemerken war? Sind es in der That Hohlräume, oder entsprechen sie den hellen Pfröpfen oder Flecken? Lässt man vom Rande des Deckglases starke Essigsäure zum lebenden Thiere zufließen, so sieht man, wie sich die Umwandlung der homogenen Flecke (Pfröpfe) in die »Hohlräume« oder wasserklaren Räume vollzieht. Fast momentan quellen die Pfröpfe um das Zwei- bis Dreifache ihrer ursprünglichen Größe auf, die sie bildende Substanz wird so durchsichtig, dass der Beschauer glaubt, das Epithel von großen Löchern durchsetzt zu sehen. Jetzt verstehen wir auch die scheinbaren Löcher, die wasserklaren Räume, denen wir auf Schnitten fortwährend im Epithel begegnen (Taf. XII, Fig. 7, 8 wr). Starke Vergrößerungen lehren uns weiterhin, dass diese »wasserklaren Räume« von einer homogenen, sich nicht färbenden Substanz erfüllt sind, dass sie mithin keine Hohlräume darstellen. — 175 Ludwig Böhmig, Als ein sehr schönes Objekt für das Studium dieser Gebilde, ja in einer Beziehung als das günstigste, erwies sich Monoophorum stria- tum. Die wasserklaren Räume (für die ich gelegentlich auch den Namen Vacuolen gebrauche) sind im Epithel dieser Thiere stets in un- gemein großer Anzahl vorhanden, und dabei von relativ bedeutender Größe. | Am lebenden Thiere bemerkt man in der Umgebung der schwierig sichtbaren Kerne leicht rundliche oder ovale Flecke, welche aus einer homogenen oder feinkörnigen Substanz bestehen. Nicht selten konnte ich nun beobachten, dass sich ein Stückchen eines solchen Pfropfes über das Epithel erhob, eine Zeit lang noch in Zusammenhang mit dem Pfropfe durch einen dünnen schleimartigen Faden blieb, endlich abriss und durch das Spiel der Wimpern weggetrieben wurde. Besonders wichtig für diese Frage wurde mir Monoophorum stria- tum auch dadurch, dass ich mich nicht nur leicht von der Thatsache überzeugen konnte, dass die wasserklaren Räume durch einen Porus mit dem umgebenden Medium kommunieiren, sondern dass sie auch durch Porenkanälchen, welche die Basalmembran in schräger Richtung durchsetzen, mit demInneren des Thieres in Verbindung stehen. Von dem Vorhandensein solcher Porenkanäl- chen habe ich mich sowohl am lebenden Thiere als auch an Schnitt- präparaten überzeugt und ein solches in Fig. 7 wr, Taf. XII abgebildet. Den direkten Nachweis konnte ich ebenfalls bei Vorticeros auriculatum führen; für alle übrigen Formen ist mir die Verbindung der wasserklaren Räume mit solchen Kanälchen durchaus nicht zwei- felhaft, nur ist bei diesen der Nachweis schwieriger in Folge der ge- ringen Dicke der Basalmembran. Dass diese Porenkanälchen bis jetzt der Beobachtung entgangen sind, kann bei ihrer Feinheit durchaus nicht Wunder nehmen. Die Gestalt der Kanälchen scheint gewöhnlich eine füllhornartig gebogene (Fig. 7 pc), seltener eine gerade zu sein. Der Inhalt der wasserklaren Räume dürfte seiner Natur nach bei den einzelnen Arten chemisch etwas verschieden sein, wenigstens nach dem Verhalten Essigsäure gegenüber zu schließen. Während bei Plagiostoma Girardi sich die Einwirkung der Säure durch ein ungemein rasches, ich möchte fast sagen explosions- artiges Aufquellen der Substanz äußert, ist die Wirkung bei Menoo- phorum striatum eine viel langsamere, allmählichere. Die blassen homogenen Flecke oder »Schleimpfröpfe« der letztgenannten Art neh- men zunächst ein grobkörniges Aussehen an und kontouriren sich schärfer. Alsdann vergrößern sie sich langsam, wobei sie blasser und + Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 179 somit undeutlicher werden. Die nun eintretende letzte Phase ist von kurzer Dauer, fast plötzlich sind die Gebilde unsichtbar geworden, ver- schwunden, d. h. die Substanz des Schleimpfropfes wird so hell und homogen, dass man an Stelle desselben eine Lücke im Epithel zu sehen glaubt. Noch langsamer als bei Monoophorum striatum geht die Quel- lung der Schleimpfröpfe bei Vorticeros auriculatum von statten; die Größe, welche die Pfröpfe hier erreichen, ist allerdings, besonders bei Behandlung resp. Einwirkung von Osmiumessigsäure, eine sehr erhebliche, wie auch aus Fig. 10 wr hervorgeht. Im Allgemeinen sind die Dimensionen der wasserklaren Räume bei derselben Species nur wenig wechselnde; Monoophorum striatum allein macht eine Aus- nahme, hier fand ich Vacuolen, welche andere um das Dreifache an Größe übertrafen (Fig. 12 wr). Im frischen Zustande ist der Inhalt der Vacuolen homogen, farblos, von schleimiger, zäher Beschaffenheit. Auf Einwirkung von Quecksilber- _ chlorid gerinnt er, bleibt dabei homogen oder wird höchstens feinkörnig (Fig. 7 und 8 wr). Nachträgliche Behandlung mit Osmiumsäure bräunt ihn ein wenig. Mit Tinktionsmitteln färbt er sich nicht oder nimmt einen nur ganz schwachen Farbton an. Woher stammt nun diese in den wasserklaren Räumen enthaltene Substanz? Durch den Nachweis der die Basalmembran durchbohrenden Kanäle ist die früher erwähnte, von SekerA! versuchte Erklärung zum minde- sten in Frage gestellt worden. Es sind jetzt vielmehr folgende zwei Punkte ins Auge zu fassen: 1) der Inhalt der Vacuolen kann einmal das Produkt subcutaner Drüsen, also ein Sekret sein, oder aber 2) ein Exkretionsprodukt. Drüsen, welche mit den wasserklaren Räumen in Verbindung stehen, habe ich trotz eifrigen Suchens, bis auf einige zweifelhafte Fälle bei Pl. Girardi, nicht auffinden können. Überdies ist zu beachten, dass auch im Epithel solcher Turbellarien, welche sehr arın an Haut- drüsen sind, wie z. B. Derostoma unipunctatum, unsere Gebilde ungemein zahlreich vorhanden sein können; es ist somit unwahrschein- lich, dass der Inhalt der Vacuolen ein Drüsensekret ist. Für die An- nahme, dass wir es mit einem Exkretionsprodukt zu thun haben, spricht so Manches. Die festen unverdaulichen Substanzen, welche von den Turbel- larien aufgenommen werden, wie Diatomeenschalen, Chitinskelette 1 SEKERA, 1. C. 180 Ludwig Böhmig, kleiner Crustaceen etc. werden bekanntlich durch Pharynx und Mund wieder nach außen entleert. Wie steht es aber mit solehen Substanzen, welche zwar durch die Darmzellen aufgenommen werden können, welche aber entweder sofort, oder, nachdem sie durch den Stoffwechsel chemisch verändert worden sind, sich des Weiteren für das Thier als untauglich oder gar als schädlich erweisen? Ist es in diesem Falle das Wassergefäßsystem, dem die Aufgabe wird, diese Stoffe aus dem Körper fortzuschaffen? Ich glaube nicht. Nach alle Dem, was ich von dem Wassergefäßsystem theils aus eigener Anschauung, theils aus den Beob- achtungen Anderer kenne, scheint mir dasselbe, worauf ich noch später zurückkommen werde, wenig geeignet als Weg für schleimartige, zähe Substanzen zu dienen. Diese passiren vielmehr, so stelle ich mir vor, das Parenchym- gewebe, das ebenfalls von im Allgemeinen zähflüssiger Konsistenz ist, erleiden hierbei möglicherweise noch weitere Veränderungen und ge- langen alsdann durch die Porenkanäle der Basalmembran in Hohlräume des Epithels, das sind die wasserklaren Räume, in denen sie sich an- sammeln und aus welchen sie nach und nach durch nachdrängende Massen oder durch Kontraktionen des Thieres ausgepresst werden. Möglicherweise ergeben sich noch weitere Komplikationen. So sind mir auf Präparaten von Derostoma unipunctatum Theile eines Lücken- oder Kanalsystems unterhalb des Hautmuskelschlauches auf- gefallen, welche nicht zum Wassergefäßsystem zu gehören schienen. Handelt es sich hier vielleicht um ein Kanalsystem, welches in enger Beziehung zu den wasserklaren Räumen steht? Meine Beobachtungen über diesen schwierig zu verfolgenden Gegenstand sind durchaus noch nicht abgeschlossen — ich stehe noch am Anfang derselben!. — Trotz des großen Reichthums an Vacuolen war esMonoophorum striatum, welches weiterhin den Bau der Epithelzellen, die Struktur des Plasma am deutlichsten erkennen ließ. Sowohl an der lebenden Epithelzelle als auch am Epithel des mit Reagentien behandelten Thieres lässt sich eine Streifung des Zellplasma ! Ich kann nicht umhin bei dieser Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass die Funktion der Rückenporen der Oligochaeten eine ganz ähnliche zu sein scheint, wie die der wasserklaren Räume. »Nach allen diesen experimentellen Untersuchun- gen, sagt Une (Über die Rückenporen der Oligochaeten. in: Diese Zeitschr. Bd. XLIII), ist demnach das vor Allem aufrecht zu halten, dass durch die Rücken- poren, wie das bei stark geschwollenen Thieren leicht zu beweisen ist, zu gewissen Zeiten und unter gewissen Bedingungen die Perivisceralflüssigkeit mit ihren Ele- menten entleert werden kann, dass die Rückenporen als Auslassöffnungen für die vielleicht als exkretorisch zu bezeichnende peritoneale Leibeshöhle zu betrachten sind.« Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. I. 181 parallel der Höhenachse wahrnehmen, und zwar sehen wir abwechselnd dunkle und helle Streifen. Auf optischen und wirklichen Querschnitten scheint es, als ob diese hellen und dunklen Linien regelmäßig wechsel- ten, Flächenansichten (Fig. 10) lehren, dass die dunkleren Plasmapartien (pls in Fig. 10 und 13) allseitig von dem hellen Plasma (pl) umgeben sind. Die ersteren stellen Plasmasäulchen dar, welche sich gegen die Basis zu allmählich verbreitern, und welche umgeben sind von dem hellen Plasma wie die Steine einer Mauer vom Mörtel. Mit Hilfe sehr starker Vergrößerungen ließen sich die Plasmasäul- chen, besonders geeignet ist hierzu auch Vorticeros auriculatum, in feine aus Körnchen bestehende Fibrillen auflösen. An Macerations- präparaten des Epithels, welche auf die schon früher beschriebene Weise hergestellt worden waren, konnte ich bei Vorticeros die Plasmasäulchen sehr deutlich wahrnehmen. Sie quellen bei diesem Verfahren, und lassen sich durch leichten Druck oder durch Verschie- ben des Deckgläschens isoliren. In Fig. 13 habe ich zwei solcher Plasmasäulchen, welche nur durch eine geringe Menge von Zwischen- plasma verkittet sind, dargestellt. Recht gut sichtbar ist an diesen Präparaten auch der Aufbau der Säulchen aus Fibrillen, die ihrerseits eine körnige Struktur zeigen. Mit Tinktionsmitteln färben sich die Plasmasäulchen und das Zwischenplasma nur schwach. Bei Monoo- phorum striatum besitzt die basale Hälfte der Säulchen ein auf- fallend stärkeres Tinktionsvermögen als die obere, und das Gleiche gilt auch von dem Zwischenplasma, welches übrigens auch aus äußerst feinen Körnchen zusammengesetzt ist. Diesem Umstande ist es auch zuzuschreiben, dass bei mäßiger Vergrößerung das Plasma der Epithelzellen bei Monoophorum str. aus einer unteren gefärbten und oberen farblosen Schicht zu bestehen scheint. Ganz ähnlich ist die Struktur der Epithelzellen der übrigen von mir untersuchten Alloiocölen. Besonders deutlich gewahrt man die Streifung bei Pl. sulphureum Fig.9, Cylindrostoma quadriocu- latum und Klostermannii, denen sich Plagiostoma Girardi, ma- ceulatum, bimaculatum etc. anschließen. Geringfügige Unter- schiede bei den einzelnen Species beruhen in der mehr oder weniger scharfen Abgrenzung der beiden Plasmaarten von einander und in der Form der Säulchen. So zeigen dieselben bei Pl. sulphureum z.B. ähnlich denen von Monoophorum striatum eine geringe Dieken- zunahme gegen die Basalmembran, während bei Vorticeros und Plagiostoma Girardi hiervon nichts wahrzunehmen ist. Eine ähnliche streifige Struktur des Epithelzellenplasma habe ich 182 Ludwig Böhmig, jüngst auch in ungemein schöner Weise bei Mierostoma unicolor aufgefunden. Cuticula. Eine echte Cuticula in Form eines glashellen, doppelt kontourirten, strukturlosen Häutchens besitzen, so weit bekannt, alle rhabdoeölen Turbellariens. str. Für einzelne Formen z. B. Opistoma palli- dum war dieselbe schon Max ScauLtze! wohl bekannt, für die meisten wurde sie erst durch v. Grarr? untersucht. Charakteristisch für die Cuticula dieser Formen ist, dass sie sich leicht, durch Druck mit dem Deckglase z. B., von den Epithelzellen abheben lässt. ScauLtze und v. GrAFF? bemerkten ferner, dass die abgelösten Cuticulafetzen eine Punktirung zeigten, welche von feinen Poren, den Austrittsstellen der Wimperhaare, herrührt; diese sitzen demgemäß nicht der Cuticula selbst auf, sondern sie stehen in inniger Verbindung mit dem Plasma der Epithelzellen. Wesentlich verschieden hiervon ist die Struktur der Cutieula der Alloiocölen; für einige Rhabdocölen s. str., z.B. Derostoma unipunctatum, Graffilla muricicola, thetydicola und eine Vortexspecies schließe ich mich der vorher erwähnten Ansicht an. Genügend eingehende Untersuchungen bezüglich des Baues der Cuticula bei den übrigen Turbellarien liegen bis nun leider nicht vor, die Mittheilungen, welche v. GrArr? und A. Lang darüber machen, bedürfen noch der Erweiterung. Nach den Untersuchungen v. GRAFF'S ist die Cuticula der Probos- ciden, Acölen und Alloiocölen für das Studium wenig günstig. Die Cuticula stellt hier: »nichts als eine Verdickung des Zellplasma gegen die freie Epithelfläche hin dar«. »Erst durch Tinktionsmittel tritt eine mehr oder weniger scharfe Abgrenzung dieser Grenzschicht her- vor; eine Loslösung derselben von ihrer Unterlage konnte niemals er- reicht werden.« Ganz ähnlich äußert sich auch Lang in Betreff dieses Gebildes bei den Polyecladen: »Die Wimpern sitzen,« sagt Lang, einer resistenten Rindenschicht des Epithels auf, welche als Cuti- cula bezeichnet wird. Ich habe diese Rindenschicht nie scharf abge- grenzt gefunden, sie erschien mir stets nur gebildet aus einer mehr oder weniger ausgesprochenen Verdichtung der oberflächlichen Partien des Plasmas der Epithelzellen.« Zunächst fiel mir bei Anwendung stärkerer Vergrößerungen auf, 1 Max SCHULTZE, ]. C. 2 v. GRAFF, 1. c. 3 A. Lass, Monographie der Polycladen etc. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. | 183 dass die Cutieula der Alloiocölen aus abwechselnd dunkleren und helleren Schichten zu bestehen schien und die stärksten Systeme (}/s; hom. Imm. Seiserr) lösten diese Streifen in Reihen kleiner heller und dunkler Stäbchen oder Kügelchen auf. Die günstigsten Untersuchungs- objekte sind Monoophorum striatum, Vorticeros aurieulatum, Plagiostoma sulphureum und maculatum. Bei den zwei erstgenannten besteht die Qutieula aus drei Schichten: Die innerste dem Plasma der Epithelzellen aufsitzende Zone, welche ihrer großen Zartheit wegen nur an sehr dünnen und guten Präparaten nachweis- N bar ist (/ im Holzsehnitt I und II), besteht aus || | feinen, blassen, kleinen Stäbehen. An sie schließt sich die zweite (2) an, welche aus größeren, dickeren, dunklen Stäbchen zu- sammengesetzt wird. Sie ist immer auch bei etwas weniger starken Vergrößerungen deut- lieh sichtbar. Auf Sie folgt ein heller Streifen 5, gebildet von verhältnismäßig langen, aber dünnen und blassen Stäbchen, denen die Fig. 1. Fig. II!, Flimmerhäare aufsitzen. Nur bei Gylindro- stoma quadrioculatum habe ich diese Zone vermisst, hier sitzen die Gilien direkt auf den dunklen Stäbchen der zweiten Zone. Am komplicirtesten erwies sich der Bau der Cuticula bei Pla- giöstomasulphureum. Die beiden innersten Zonen (1, 2im Holz- schnitt II) sind genau so angeordnet wie bei Vorticeros und Monoo- phorum, nur sind die Stäbchen der Schicht 2 weniger dick. Die dritte Zone (3), welche aus längeren feinen blassen Stäbchen besteht, wird aber hier in ihrer Mitte durch einen feinen dunklen Streifen unterbrochen ; mit anderen Worten, jedes helle Stäbchen erweist sich durch ein dunkles Körnchen halbirt. Während nun bei allen übrigen Formen die Wimperhaare den Stäbchen dieser Zone aufsitzen, ist hier noch eine vierte Schicht vorhanden, die aus größeren dunklen Körn- chen gebildet wird (Holzschn. II, 2). Ein derartiger komplicirter Bau der flimmertragenden Cütieula ist nicht neu, sondern von den Darmzellen der Mollusken speciell seit längerer Zeit bekannt. Da ein genaues Eingehen auf diese Verhältnisse nicht in den Rahmen dieser Arbeit fällt, sei auf die Arbeit von FrenzeL?, De NZ nu Kar u Im m. —.- ! Die Bezeichnungen in den Holzschnitten sind, wo nicht besonders angegeben, dieselben wie in den Tafeln. 2 J. Frenzer, Zum feineren Bau des Wimperapparates. Arch, für mikr. Anat. Bd. XXVIM. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. A3 134 Ludwig Böhmig, welcher auch die hauptsächlichste Litteratur zusammengestellt hat, ver- wiesen. Ob jedoch jede wimperntragende Cuticula, wie FrexzeL! zu ver- muthen scheint, eine solche Struktur besitzt, möchte ich vor der Hand noch in Zweifel ziehen, da ich bei Derostoma unipunctatum, Graffilla und Planaria gonocephala durchaus keine derartige Struktur auffinden konnte. Für diese Formen möchte ich mich der Ansicht v. Grarr’s anschließen, dass nämlich die Cuticula ein struktur- loses Häutchen ist, versehen mit Poren für den Durchtritt der Flimmer- haare. — Eine Frage, die eben nur berührt werden soll, ist, ob wir berechtigt sind, derartige komplieirt gebaute Säume zwischen den Zellen und Wimperhaaren als »Cuticulae« zu bezeichnen. Ist für den Begriff »Guticula« als Kriterium maßgebend, dass sie ein Abscheidungs- produkt der sie tragenden Zelle ist, so ist es mir wenig wahrschein- lich, dass wir es im vorliegenden Falle mit einer Cuticula zu thun haben. Die Flimmerhaare fl, welche bei den verschiedenen Formen an Länge sehr variiren, durch besonders lange Cilien zeichnet sich Mo- noophorum striatum aus, lassen unter günstigen Umständen zwei Theile erkennen, ein kürzeres, dickeres, basales, den Haarbulbus (Holz- schnitt Tund Il), und ein längeres, dünneres Stück, die eigentliche Cilie. Mit dem ersteren sitzen sie den Fußstücken (Holzschn. IT und Il), d. h. den einzelnen Cuticulastäbchen, auf, welche die Verbindung zwischen den Flimmerhaaren und den dunklen Plasmasäulchen der Epithelzellen vermitteln. Für einige der von mir untersuchten Formen, Monoophorum striatum, Plagiostoma maculatum, kann ich diesen Zusammen- hang zwischen den Fußstücken und den dunklen Plasmasäulchen mit Sicherheit behaupten, wahrscheinlich ist ein solcher für sämmtliche Formen. Ein derartiger inniger Zusammenhang zwischen den Cilien und Theilen der sie tragenden Zelle ist bekanntlich bereits von EnGELMANN? für Flimmerzellen verschiedener Herkunft konstatirt worden. Im vor- liegenden Falle gehört zu jedem Plasmasäulchen eine Summe von Ci- lien, die vermittels ihrer Fußstücke diesem aufsitzen. Jedes Säulchen besteht seinerseits wieder aus feinen Fäserchen, welche den Streifen EngeLmann’s in den Flimmerzellen des Darmes von Anodonta z. B. ent- sprechen. Zu jeder Cilie gehört also wahrscheinlich ein Fäserchen der 1 J. FRENZEL, 1. c. 2 W.EnsGELMAnN, Zur Anatomie u. Physiologie der Flimmerzellen. in: PFLÜüGERr's Archiv für die gesammte Physiologie etc. Bd. XXIIE Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. IL. 185 Plasmasäulchen. Auf weitere Details der Beziehungen zwischen Strei- fensystemen und Flimmerhaaren werde ich bei erneuten weiteren Un- tersuchungen meine Aufmerksamkeit richten. Bei den meisten Turbellarien finden wir die Flimmerhaare . gleichmäßig über die ganze Körperoberfläche veriheilt; von den untersuchten Formen macht nur Monoophorum striatum von dieser Regel eine Ausnahme, wie bereits v. Grarr! mitgetheilt hat. Nach v. Grarr finden wir bei dieser Art eine reihenweise Anordnung der Flimmerhaare, bedingt durch die ebenfalls reihenweise Verthei- lung der Stäbehen. Für die Dorsalseite des Thieres hat diese Beob- achtung v. Grarr's sicher Geltung, ob auch für die Ventralseite, bin ich nicht in der Lage zu entscheiden. Das Vorhandensein eigenthümlicher stäbchenartiger Gebilde im Epithel der Turbellarien ist eine längst bekannte Thatsache. v. GRAFF hat in seinem schon oft genannten prachtvollen Werke diesen Gebilden eine sehr eingehende Behandlung zu Theil werden lassen, und doch ist noch Vieles räthselhaft an ihnen. Während ihre Untersuchung bei den Rhabdocoela, bei Trieladen und Polycladen auf relativ geringe Schwierigkeiten stößt, da sie in diesen Abtheilungen von bedeutender Größe und einer gewissen Festigkeit sind, wird ihre Untersuchung bei den Alloiocölen durch die verhältnismäßig geringe Größe, durch die große Veränderlichkeit und durch den geringen Widerstand Reagentien gegenüber ganz bedeutend erschwert. Während sie am lebenden Thiere meist mühelos und leicht zu . sehen sind, lassen sie sich am konservirten häufig nicht mehr mit Sicherheit konstatiren, sie verschwinden nicht selten bei der Einwir- kung der Reagentien spurlos unter dem Auge des Beobachters. v. GrArF! unterscheidet wie bekannt: Rhabditen, Pseudorhabditen, Nematocysten und Sagittocysten. Von diesen sind es hier nur die Rhabditen und Pseudorhabditen, welche uns interessiren, die beiden letztgenannten Kategorien fehlen den Alloiocölen. Der Rhabditen resp. Pseudorhabditen entbehren nur wenige Alloiocölen vollständig, es sind dies Acmostoma cyprinae, CGylindrostoma Kloster- mannii und ponticum und Plagiostoma phillipinense. Die von mir untersuchten Formen besitzen mit Ausnahme von Pl. Klostermannii entweder Stäbchen oder Pseudorhabditen allein oder sowohl Rhabditen als Pseudorhabditen. Rhabditen allein finden wir bei Plagiostoma maculatum, bimaculatum und dioicum. Nur Pseudorhabditen führt Cylin- iv GRAFF, l9C2 13* 186 Ludwig Böhmig, droestoma quadrioculatum, während im Epithel der übrigen, also Plagiostoma Girardi, reticulatum, sulphureum, siphono- phorum, Vorticeros auriculatum und Monoophorum Stria- tum, beide Formen vertreten sind. Mit der detaillirten Beschreibung dieser Epitheleinlagerungen werde ich mich im speciellen Theile befassen und dort auch auf die bezüglichen Angaben der Autoren eingehen. Eine sehr nahe liegende und schon oft erörterte Frage ist die, von welcher Bedeutung die Stäb- chen und die ihnen verwandten Gebilde (Schleimstäbchen) für ihren Besitzer sind? v. Grarr! schließt sich der von Max ScuHuLtzE? vorge- tragenen und von Urianın? getheilten Ansicht an, dass die Stäbchen befördernd auf das feinere Tastgefühl der Thiere wirken. A.SCHNEIDER * und Jensen > sehen in ihnen Reizmittel zur Begattung, Issıma 6 Schutz- und Stützmittel der Haut. v. Kenner” endlich tritt allen diesen Ansichten über die Bedeutung der Rhabditen entgegen, nach diesem Forscher sind die Stäbehen der Planarien wenigstens »Fang- apparate«. P. HaızzzS stellt keine eigene Ansicht auf, sondern äußert sich nur dahin, dass »die physiologische Rolle der Stäbchenorgane viel viel- fältiger ist, als man glaubt, dass sie vielleicht von Art zu Art wechselt«. Da der Meinungen so viele und divergente sind, ist es vielleicht nicht überflüssig, die Gründe zu prüfen, mit denen die einzelnen For- scher ihre Ansichten stützen. Eine Kritik der von v. GRAFF vertretenen Ansicht bezüglich der Funktion der Stäbchen ist zugleich eine Kritik der Auffassung M. ScauLrze's, da v. GRAFF SchuLTzEs Ansicht nur ver- tieft und weiter ausgeführt hat. v. Grarr beruft sich in erster Linie auf die Thatsachen der Ver- theilung der Stäbchen innerhalb der verschiedenen Genera. Die Ent- wicklung der Stäbchen bei den trägen und wenig sensiblen Plagie- stomiden, ferner bei den durch Besitz eines besonderen Tastapparates (Tastrüssel) ausgezeichneten Probosciden, den mit Nematoeysten iv. GRAFF, 1. c. 2 Max SCHULTZE, ]. cc. 3 ULıasın, Die Turbellarien der Bucht von Sebastopol. Ber. d. Ver. d. Freunde d. Naturw. zu Moskau. 1870. 4 A. SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen. 44. Bericht der ober- hessischen Gesellsch. für Natur- und Heilkunde. 1873. 5 JENSEN, 1. c. 6 Iısıma, Untersuchungen über den Bau und die Entwicklungsgeschichte der Süßwasser-Dendrocölen (Tricladen). Diese Zeitschr. Bd. XL. 1884, 7 v. KEnNeEL, Untersuchungen an neuen Turbellarien. Zoologische Jahrbücher. Abth. für Anat. und Ontog. Bd. III. 3. Heft. 1889. 3 P. Hırızz, 1. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbeliarien. II. 187 versehenen Microstomeen ist eine geringe, eine bedeutende hin- gegen bei den lebhaften und sensiblen Gattungen Proxenetes, Me- sostoma und Macrostoma. Es ist nicht zu bestreiten, dass dem so ist, wohl aber möchte ich die Plagiostomiden, Formen besonders wie Plagiostoma sul- phureum, siphonophorum und Vorticeros aurieulatum nach meinen Beobachtungen nicht zu den trägen und wenig sensiblen zählen. Eine weitere Stütze seiner Ansicht findet nun v. Grarr in der Ver- theilung der Stäbehen im Körper der genannten sensiblen Familien. Bekanntlich sind besonders bei den Mesostomiden die großen Stäb- chen an dem sehr empfindlichen Vorderende angehäuft, Stäbchen- straßen begleiten die Nerven, welche zum Vorderende führen, große Stäbchen finden sich reichlich an den Seitenrändern der Thiere. Sind es nun aber in der That die Stäbchen, welche dem Vorderende des Körpers die große Reizbarkeit verleihen? Ich glaube nicht. Iısıma und v. Kenner haben bereits darauf aufmerksam gemacht, dass das Vorderende, dass die Tentakeln und Auricularfalten der Planarien der Stäbchen enrtbehren. Das Vorderende der Plagiostomiden ist ebenfalls sehr empfindlich, längst weiß man, dass Vorticeros auri- eulatum bei der leisesten Berührung seine Tentakeln einzieht, und doch finden wir gerade hier keine Stäbchen. Nun für die Plagiosto- miden werde ich späterhin zeigen, dass bei ihnen besonders das Vorderende des Körpers der Sitz eigener Tastorgane ist, Tasthärchen und -Borsten am Kopfende sind fast bei allen Turbellarienformen wohl bekannt. Es kann mir nun mit Recht eingewandt werden, dass hier anato- mische Verhältnisse vorliegen, ähnlich denen, wie wir sie bei Graf- filla und bei den Probos.ciden finden, welche am Vorderende auch eigene Tastapparate besitzen und in Folge dessen der Stäbchen ent- behren können. Dieser Einwand ist aber nur ein seheinbarer. Ich habe mich mit vollständiger Sicherheit überzeugt, dass auch bei den Mesostomiden zwei:große, starke Nerven zum Vorderende ziehen und sich hier seitlich von der Medianlinie und den großen Stäbchen- straßen im Epithel auflösen. Ob eigene Tastapparate auch hier vor- handen sind, habe ich noch nicht untersucht, wohl aber habe ich die Nerven, deren Ausbreitungsbezirk ein sehr bedeutender ist, bis an die Epithelzellen verfolgen können. Überdies möchte ich darauf hinweisen, dass bei den Plagiosto- miden Drüsenmassen im Kopfabschnitte vorhanden sind, welche ganz die gleiche Lagerung besitzen wie die großen Stäbchendrüseu der Me- 188 Ludwig Böhmig, sostomiden, welche wie diese in der nächsten Nähe des vorderen Körperpoles ausmünden. Mit einem Worte, die in Rede stehenden Drüsenmassen der Plagiostomiden und die großen Stäbehendrüsen sind homologe Gebilde. Der wesentlichste Unterschied zwischen beiden besteht in der Form des Sekretes, welches in dem einen Falle in Ge- stalt von Stäbchen, im anderen in Form zäher Schleimklümpchen ab- gesondert wird. Ich möchte weiterhin betonen, und dies berührt auch die von Inma! aufgestellte Ansicht, dass die Stäbchen Schutz- und Stütz- mittel des Epithels seien, dass die Stäbchen der Mesostomiden, z. B. die von Mesostoma tetragonum Müller durchaus nicht den Eindruck von festen, resistenten, sondern viel eher den weicher bieg- samer Gebilde machen, die der Planarien erscheinen allerdings etwas fester. v. KenneL? hat, wie mir scheint, die richtige Antwort auf die Frage nach der Bedeutung der Stäbchen gegeben, — sie dienen zum Fang der Beute. Denn wie v. KenneL, so kann auch ich nicht recht einsehen, dass die Haut durch die Stäbchen vor dem »Abscheuern« bewahrt werden soll. Die von Scuneiper 3 aufgestellte, von Jensen * unterstützte Ansicht, dass es sich um Reizmittel bei der Begattung handele, ist von GRAFF> sowohl als auch von Irma und v.KenseL zurückgewiesen worden, nach dem Gesagten kann ich mich dieser Ansicht ebenfalls nicht anschließen. Allerdings muss ich darauf aufmerksam machen, dass im Atrium geni- tale von Plagiostoma Girardi von mir auffallend große (nämlich für Pl. G. auffallend groß) schöne, stark glänzende Stäbchen gefunden worden sind, welche das Epithel des Atrium erfüllen; für einzelne Formen existiren denn vielleicht doch solche Reizmittel zur Begattung im Sinne SchneEiper’s, und es scheint mir, dass Harzez’6 Ausspruch, dass die physiologische Rolle der Stäbehenorgane eine viel mannigfaltigere ist als man glaubt, wohl der Beachtung werth ist. Bei dieser Erörterung wurden vornehmlich die Stäbchen der Rhab- docoela, die der Trieladen und Polycladen in Betracht gezogen, weniger die der Alloiocölen und die Pseudorhabditen. Die Ansichten der Autoren sind auf diese kleinen, Reagentien meist so wenig wider- standsfähigen Gebilde kaum anwendbar. Wie sollen diese kleinen Schleimpfröpfehen die Festigkeit oder Empfindsamkeit der Haut er- erhöhen? Schützen diese Pseudorhabditen nicht vielleicht ihren Be- 1 Insıma, 1. c. 2 v. KERNEL, |. c, 3 SCHNEIDER, 1. C. 4 JENSEN, l. c. 5 v, GRAFF, ]. C. 6 Hautezz, |. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 189 sitzer in einer ähnlichen Weise, wie das schleimige Sekret der Schnecken diesen einen gewissen Schutz gewährt? Es istwohlbekannt, dass die Stäbchen der Rhabdocoela und die der Trieladen in Zellen gebildet werden, die nach innen vom Haut- muskelschlauch im Körperparenchym gelegen sind. So weit mir be- kannt, besitzen diese Stäbchendrüsen stets Ausführgänge bei Rhabdo- cöliden sowohl als bei Tricladen, ich: selbst habe sie gesehen bei Mesostomiden und Vorticiden und unter den Tricladen bei Planaria gonocephala und Pl. Iheringii. Die Frage allerdings, ob die Stäbehenbahnen zwischen der Drüse und dem Epithel solide Plasmastränge oder hohle Röhren darstellen, bin ich zu entscheiden vor der Hand nicht in der Lage, wenn es mir auch wahrscheinlich dünkt, dass für die Rhabdocöliden die Ansicht LruckArr's und v. GrArF's, für die Planarien die Mosıey's zu Recht bestehen dürfte. Jedenfalls muss ich Irsma !, welcher solche Bahnen der Stäbchen leugnet, widersprechen. Solche subeutane Stäbchenzellen fehlen nach den Untersuchungen A. Lang’s? vollständig den Poiycladen, die Rhabditen werden hier von den Epithelzellen selbst gebildet. Für die Alloiocölen, welche Rhabditen resp. Pseudorhabditen besitzen, habe ich nur zum Theil die Bildungsstätte dieser Gebilde auf- gefunden. In subeutanen Drüsenzellen entstehen sie bei Plagiostoma Girardi, maculatum, reticulatum und Vorticeros auricu- latum. Ähnlich den Polycladen, nämlich innerhalb der Epithelzellen, werden sie gebildet bei Plagiostoma siphonophorum, und zwar nicht in besonderen Zellen des Epithels, sondern jede Epithelzelle scheint zur Stäbchenbildung befähigt zu sein. Unbekannt blieben mir die Bildungszellen für die Pigmentstäbchen von Plagiostoma sul- phureum, die Stäbehen von Monoophorum striatum, und die Pseudorhabditen von Cylindrostoma quadrioculatum. Über die Art und Weise der Stäbehenbildung möge Folgendes erwähnt werden, und zwar beziehe ich mich auf das an Plagiostoma maculatum und reticulatum Wahrgenommene. Das Plasma der Bildungszelle ist im Ruhezustand homogen und farblos. In diesem farblosen Plasma tritt nun eine feinkörnige, etwas tingirbare Substanz auf, aus welcher die Stäbehen hervorgehen. Sie besitzen zuerst die Form von kleinen Pfröpfen, welche sich genau eben so färben, wie die Substanz, aus welcher sie entstehen und welche nur wenig lichtbrechend sind. 1 Trsıma, 1. c. 2 A. Lang, Die Polycladen des Golfes von Neapel etc. Eine Monographie, 190 Ludwig Böhmig, Auf späteren Stadien werden sie stärker lichtbrechend und gehen zu gleicher Zeit des Vermögens, Farbstoffe aufzunehmen, verlustig. Ganz ähnlich ist das, was ich bei Plagiostoma reticulatum ermittelt habe. Die anfänglich homogenen Plasmapfröpfe färben sich mit Pikro- karmin roth und, erscheinen nur wenig scharf. kontourirt. Mit fort- schreitender Entwicklung macht sich. eine schärfere Kontourirung geltend, welche hier mit einer allmählichen Abnahme der Tingirbar- keit verbunden ist. Überdies findet auch, wie mir scheint, eine Ab- nahme des Volumens statt. Sie fallen nun bereits durch stärkeres Lichtbrechungsvermögen auf, und in den folgenden Stadien gleichen sie vollkommen den im Epithel liegenden. Die Eigenthümlichkeit, sich Anfangs mit Tinktionsmitteln zu fär- ben, später hingegen dieselben nicht mehr anzunehmen, besitzen auch die innerhalb der Epithelzellen entstehenden Stäbchen von Plagiost. siphonophorum. Anfänglich war ich überrascht hier in dem Epithel Einlagerungen zu sehen, welche zum Theil farblos, zum Theil intensiv roth gefärbt waren, und ich vermuthete, dass es sich um verschieden- artige Gebilde handeln möge. Genaue Prüfung der Präparate lehrte, dass nur verschiedene Entwicklungsphasen der Stäbehen vorlagen — ich fand solche, welche zur Hälfte stark roth gefärbt, zur Hälfte bereits farblos und stark lichtbrechend waren. — Ganz den gleichen Bildungs- ınodus wie die Stäbchen besitzen auch die Pseudorhabditen, nur ent- stehen die Körnchen, welche die Schleimstäbchen bilden, einzeln in den Drüsenzellen und vereinigen sich erst später zu den stäbchenarti- gen Körpern. — Ich nehme hier Gelegenheit zu bemerken, dass ein scharfer Unter- schied zwischen Rhabditen und Pseudorhabditen und Sekret von Haut- drüsen bei den Alloioceölen unmöglich gemacht werden kann. Als schönes Beispiel kann Plagiostoma Girardi dienen. Schnitte, welche mit Sublimat und Alaunkarmin behandelt worden waren, zeig- ten innerhalb der Epithelzellen zahlreiche Einlagerungen, welche man wohl für Stäbchen ansprechen konnte, da sie den von v. GRAFF an diese Gebilde gestellten Anforderungen vollkommen entsprachen. Es waren »stark liehtbrechende, glasartig homogene Stäbchen, welche ..... durch ihre glatte Oberfläche, regelmäßige Gestalt und ihren Glanz auffielen«. Unter ihnen fanden sich aber auch solche, deren Oberfläche uneben war, glanzlos, und welche einen deutlichen Aufbau aus Körnchen zeig- ten. Es war nun nicht immer das ganze Gebilde, welches sich in der einen oder anderen Weise geformt zeigte, häufig zeigte ein Theil die Eigenthümlichkeiten des Rhabditen, der andere die des Pseudorhabditen. - Untersuchungen über rlabdoeöle Turbellarien. II. 491 Auch die Einwirkung der Reagentien, Tinktionsmittel ist von nicht seringem Einflusse auf das Aussehen dieser Körper. So zeigt Pikro- karmin entschieden die Tendenz sie zu quellen, was auf Rechnung des Pikrinsäuregehaltes zu setzen sein dürfte, die Kontouren weniger scharf und uneben zu machen. An Präparaten, die mit Sublimat und Pikro- karmin behandelt worden waren, bin ich keinen Augenblick im Zweifel gewesen, dass es sich bei Pl. Girardi um Pseudorhabditen handelte. Andererseits ist es häufig recht schwer zu sagen, wo die Grenze zwischen Pseudorhabditen und Schleimpfröpfen von Hautdrüsen liegt. Nach v. Grarr! sind die Pseudorhabditen weniger regelmäßig ge- formt als die Rhabditen, sie besitzen eine unebene Oberfläche, ent- behren des Glanzes und bestehen aus einer feinkörnigen Substanz. Nun finden wir z. B. im Epithel von Plagiostoma maculatum unregelmäßige Sekretpfröpfe, welche aus sehr kleinen Stäbchen be- stehen, die sich mit Hämatoxylin ungemein stark färben. Sind diese Gebilde als Pseudorhabditen zu bezeichnen? Mir scheint, dass dies in das Belieben des Einzelnen gestellt ist. Ich bezeichne sie als Pseudo- rhabditen. Würden die sie zusammensetzenden Stäbchen die Gestalt kleiner Körnchen haben, so würde wohl Jedermann sie als »Schleim- stäbehen« ansprechen. Auffallend ist überhaupt das ungemein verschiedene Verhalten der Rhabditen und Pseudorhabditen gegen Farbstoffe, woraus man schließen kann, dass auch die chemische Zusammensetzung eine recht verschiedene sein mag, und vielleicht auch die Funktion. So färben sich z. B. die Stäbehen von Planaria gonocephala intensiv blau mit Hämatoxylin nach Earrıca, während die einer kleinen Vortexartn.sp. der Einwirkung dieses sowie jedes anderen Farb- stofies Trotz boten. Derartige Beispiele ließen sich zu Hunderten an- führen, und es wäre vielleicht nicht uninteressant systematisch das Verhalten der Rhabditen der verschiedensten Formen gegen verschie- dene Reagentien und Farbsteffe zu untersuchen. Basalmembran. Zwischen Epithel und Hautmuskelschlauch schiebt sich bei allen Turbellarien ein für gewöhnlich Basalmembran genanntes, nach A. Lang? besser als Skelett- oder Siützhaut zu bezeichnendes Häut- chen ein. Bei den Rhabdoeoela ist dasselbe mit Ausnahme der. Probo- seiden nur wenig entwickelt, bei welch letzteren es verhältnismäßig ! v. GrarF, Monographie. 2 A. Laxs, Monographie der Polveladen. 192 Ludwig Böhmig, dick und sehr resistent ist. Wenn auch dünn bei den meisten Formen, so ist diese Basalmembran doch von v. GrArF ! auf Macerationspräpara- ten dargestellt worden, und ich habe mich an Schnitten verschiedener Vortieiden undMesostomiden von ihrer Existenz überzeugt. All- gemein verbreitet ist sie auch bei Trieladen und Polyeladen. Der Bau dieser Membran galt allgemein als ein sehr einfacher, und ist es wohl auch bei den Trieladen und den meisten Rhabdoeöliden: ‚für die Polyeladen aber konnte-A. Lan eine recht komplieirte Struk- tur dieser Membran, nämlich ihren Aufbau aus Zellen nachweisen. Ist die Struktur der Skeletthaut der Alloiocölen auch weit einfacher als die der Polycladen, so bin ich doch in der Lage zu zeigen, dass ihr Bau komplicirter ist als bisher angenommen wurde. v. GrarF berichtet uns, dass sie bei den Plagiostomiden stärker entwickelt ist als bei den Rhabdocoela, dass sie eine homogene Struk- tur besitzt, und dass die eigenthümliche polygonale Felderung, die sie bei Vorticeros auriculatum zeigt, wahrscheinlich durch die Epi- thelzellen bedingt wird, dass diese Felderung ein Abdruck derselben ist. Die Dicke dieser Membran variirt bei den einzelnen Genera und Species ganz ungemein. Am kräftigsten entwickelt sehen wir sie bei Monoo- phorum, Gylindrostoma, Vorticeros und Plagiostoma Le- mani unter den Plagiostoma-Arten. Eine Dicke bis zu 5,1 u erreicht sie bei Monoophorum Stria- tum, ca. 3,65 « beträgt ihr Durchmesser bei Cylindrostoma quadrioculatum, während sie sich andererseits nur als ein feiner Streif von ca. 0,7 u Dicke erwies bei vielen Individuen von Plagio- stoma Girardi. Für die meisten der untersuchten Formen ist eine Zusammenset- zung der Basalmembran aus Schichten sehr deutlich. Aus drei Schich- ten besteht sie bei Monoophorum striatum, aus zwei bei den beiden Cylindrostoma-Arten, ferner bei Vorticeros auricu- latum, Plagiostoma Girardi, bimaculatum und sulphureum. Dass diese Schichtung nicht, wie man vielleicht vermuthen könnte, in Zusammenhang mit der Dicke der Membran steht, geht daraus her- vor, dass Pl. Girardi, dessen Basalmembran wie erwähnt sehr dünn, eine deutliche Schichtung erkennen lässt, während die 3—% u dicke Basalmembran von Plagiostoma Lemani derselben vollkommen zu entbehren scheint. Am besten zur Untersuchung eignet sich jedenfalls die dicke Skeletthaut von Monoophorum striatum. | Quer- oder Längsschnitte lassen erkennen, dass der obere, dem 1 v. GrAFF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. age Epithel zunächst gelegene Theil sich mit Tinktionsmitteln, speciell mit Pikrokarmin, sehr intensiv färbt, und dass diese Schicht auf ihrer äußeren, dem Epithel zugewandten Fläche feine Zöttchen besitzt, die in die Epithelzellen eindringen und so eine innige Verbindung mit diesen herstellen (Taf. XII, Fig. 7, 8 bs’). Dass diese sich dunk- ler färbende Partie der Basalmembran in der That eine eigene Schicht darstellt, wird dadurch erhärtet, dass sie sich gelegentlich von der unter ihr liegenden Schicht ablöst (Fig. 8 bs”), aber in Verbindung mit dem Epithel bleibt. In ganz exquisit schöner Weise fand ich die Zöttehenbildung dieser oberen Schicht auch bei Plagiostoma Gir- ardi und Vorticeros auriculatum. Besonders bei dem erstge- nannten Turbellar erreichen die Zöttchen eine sehr bedeutende Länge, sie haben, glaube ich, v. Grarr die Grenzen der Epithelzellen vorgetäuscht. An der Basalmembran von Monoophorum striatum folgt auf diese sich stark tingirende Schicht eine Zone (Taf. XII, Fig. 8 bs”), die sehr hell gefärbt erscheint, und die der genannten Gattung eigenthüm- lieh ist. Auch ist sie nicht immer deutlich von der folgenden Schicht abgesetzt. Die nun folgende Zone, welche bei allen Formen weitaus die mächtigste ist, bei Monoophorum striatum beträgt ihr Durch- messer fast ?2/; der ganzen Membran, färbt sich stets viel weniger intensiv als die erste. Sie ist es, welche in mehr oder weniger enge Beziehungen zum Hautmuskelschlauch tritt. Bei den meisten der untersuchten Turbellarien gelang es mir nicht irgend welche Struktur in derselben nachzuweisen, nur Monoophorum striatum ist es wieder, welches auch in dieser Beziehung eine Ausnahmestellung einnimmt. Zunächst waren es mit Pikrokarmin gefärbte Präparate, welche eine Längsstreifung in dieser Schicht zeigten; während nach Minor! die Basalmembran bei Eurylepta cornuta aus Ringfasern besteht. Diese Streifen bestehen ihrerseits nun wieder, wie mir ein mit Osmium- säure und Hämatoxylin behandeltes Präparat bei stärkster Vergröße- rung zeigte (!/„, homog. Imm. SeiserT), aus spindelförmigen Gebilden, zwischen denen sich eine hellere Substanz findet. Ob nun aber diese Spindeln Zellen sind oder Kerne, weiß ich nicht. Im ersteren Falle würde die helle Substanz zwischen den spindelförmigen Zellen eine Intercellularsubstanz darstellen, im letzteren könnte man sie als aus dem Plasma der zu den Kernen gehörigen Plasmaleiber entstanden denken. Sollte sich eine der beiden Annahmen bewahrheiten, so wäre auch für diese Gruppe der Turbellarien ein zelliger Bau der Basal- 1 Mısor, Studien an Turbellarien. Arbeiten aus dem zool.-zoot. Institut in Würzburg. Bd. III. 4876—4877. 194 Ludwig Böhmig, membran erwiesen, wie ein soleher nach A. Lane’s schönen Unter- suchungen der Skelettmembran der Polyeladen zukömmt. Die dem Hautmuskelschlauch zugewandte Seite dieser Schicht zeigt nun zahlreiche Fransen und Zöttchen, welche zu den Muskeln in Beziehung treten. Die Ringmuskelfasern liegen in den durch die Zot- ten und Leisten gebildeten Einkerbungen, während die Längsmuskeln, und wo vorhanden die dorso-ventral verlaufenden Muskelzüge, sich an . den vorspringenden Zotten und Leisten, wie mir scheint, inseriren. Nie beobachtete Lane bei den Polyceladen eine Ablösung des Haut- muskelschlauches von der Skeletthaut, wohl aber des Epithels. Die beiden ersteren sind also bei diesen Turbellarien viel inniger ver- bunden als die Skeletthaut und das Epithel. Nicht so bei den Plagio- stomiden. Die verschiedenen Gattungen und Arten zeigen hier ein ganz abweichendes Verhalten. So konstatirte ich an Schnittpräparaten von Plagiostoma reti- culatum und Vorticeros auriculatum, dass es fast stets der Hautmuskelschlauch war, der sich von der Basalmembran ablöste, während bei Plagiostoma sulphureum eine Abhebung des Epithels konstant zu beobachten war. Das letztere Verhalten ist hier sehr leicht erklärlich, da die Zöttehen und Leisten der oberen Schicht der Basal- membran (Taf. XII, Fig. 9 bs’) ungemein niedrig und schwach sind. Weniger leicht verständlich ist mir das Verhalten des Epithels bei Vorticeros auriculatum. Auf Schnittpräparaten bemerkte ich nie eine Trennung des Epithels von der Basalmembran, wohl aber sehr häufig ein Loslösen des Hautmuskelschlauches von derselben. An Thieren hingegen, die mit Osmium-Essigsäure und Pikrokarmin behandelt wor- den waren, konnte ich das ganze Epithel in großen Fetzen durch ein- fachen leichten Druck von seiner Unterlage ablösen. Ich erkläre mir dies Verhalten in der Weise, dass durch die Osmium-Essigsäure- Pikrokarmin-Behandlung das Epithel so gequellt und erweicht wird, dass die Zöttchen der Basalmembran jeden Halt in den Epithelzellen verlieren. ; Bei den übrigen Formen scheint die Verbindung der Basalmem- bran sowohl mit dem Epithel als auch mit dem Hautmuskelsehlauch eine weit festere zu sein, wenigstens bemerkte ich auf Schnitten äußerst selten eine Trennung der Schichten. Auch an Macerationspräparaten, die in. der oben genannten Weise hergestellt worden sind, ist eine Loslösung des Epithels bei Plagio- stoma Girardi, reticulatum, Monoophorum striatum' viel schwieriger als bei Vorticeros auriculatum. Die weitaus innigere Verbindung des Hautmuskelschlauches und Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 195 der Skelettmembran bei den Polycladen gegenüber den Alloio- cölen erklärt sich in sehr ungezwungener Weise durch die stark entwickelte dorsoventrale Muskulatur der ersteren, während dieselbe bei den letzteren ungemein reducirt erscheint, ja häufig durchaus fehlt; und dass es gerade die Dorsoventralmuskeln sind, welche hier- bei eine große Rolle spielen, wissen wir durch Lang’s! Untersuchungen, nach welchen die Fasern dieser Muskeln geradezu in die Basalmembran eindringen. Iuaıma? erwähnt, dass er bei einem Exemplare von Planaria polychroa keine zusammenhängende Basalmembran gefunden hat, und dass dieselbe stellenweise gar nicht vorhanden war. Auch mir lag bei einem Individuum von Plagiostoma Girardi eine ähnliche unvollkommen ausgebildete Basalmembran vor; ich finde Irma’s An- sieht, dass es sich hierbei wahrscheinlich um einen pathologischen Zu- stand handelt, ganz plausibel. Muskulatur. Der Hautmuskelschlauch der Alloiocölen bietetwenig Besonder- heiten. v. Grarr beschreibt bei Plagiostoma Girardi eine äußere Ring- und eine innere Längsfaserschicht, zu welchen sich bei Vorti- ceros aurieulatum noch Diagonalfasern gesellen. Die Fasern dieser Schichten sind nach v. Grarr nur locker an einander gefügt und bieten auf Querschnitten den Anblick unregelmäßig welliger Röhren. Mit Ausnahme von Plagiostoma Lemani ist der Hautmuskel- schlauch sämmtlicher untersuchten Arten relativ schwach entwickelt. _ Drei Muskellagen, nämlich Ring-, Längs- und Diagonalmuskeln finden sich bei Vorticeros auriculatum, Plagiostoma sulphureum und siphonophorum, bei allen anderen konnte ich nur Ring- und Längsmuskeln nachweisen. Ob die Diagonalfasern zwischen die Ringmuskeln und die Längs- muskeln zu liegen kommen, oder ob sie die innerste Schicht bilden, kann ich nicht sicher entscheiden, doch scheint es mir, dass das Erstere der Fall ist, wie auch v. Grarr vermuthet. Stets sind diese Diagonal- fasern am wenigsten stark entwickelt; fast stets übertreffen die Längs- muskeln die Ringmuskeln an Mächtigkeit, nur bei Plagiostoma maeulatum zeigen beide Muskellagen annähernd gleich kräftige Entwicklung. Monoophorum striatum besitzt im Baue des Hautmuskel- schlauches eine Eigenthümlichkeit, die ich sonst nicht gefunden. 1 Lass, l.c. 2 Iisma, 1]. c. 3 v. GRÄFF, 1. c. 196 Ludwig Böhmig, v. GrarF hebt hervor, »dass bei diesem Turbellar (und wahr- scheinlich auch bei Monotus fuscus) die Kontinuität des Hautmuskel- schlauches dadurch unterbrochen sei, dass die Längsmuskelfasern sich zu Bündeln gruppiren, zwischen welchen faserlose Längsstreifen übrig bleiben«. Die Verhältnisse liegen hier jedoch etwas komplicirter, als v. Grarr annimmt. Wir finden Längsmuskeln von nicht hervorragender Dieke, welche sich auch nicht zu Bündeln gruppiren, sowohl auf der . Ventral-, Dorsalseite, als auch an den Seitentheilen des Körpers; außerdem aber nach innen von dieser Längsmuskelschicht eine zweite Lage von Längsfasern, welche auf die Bauchseite und Seitentheile des Thieres beschränkt ist, und welche auf der Rückenfläche vollkommen fehlt. Diese Muskeln, welche meist aus bandartigen Fasern bestehen, besitzen ein weit stärkeres Kaliber als die Fasern der äußeren Längs- muskelschicht; sie vereinigen sich ferner zu Bündeln, die aus 3—8 und mehr Fasern bestehen. Die Höhe dieser Bündel beträgt bis 6 «, ihre Breite ca. 2,5—3 u. Die einzelnen Bündel erreichen, so viel ich erkennen konnte, ungefähr !/, der gesammten Körperlänge und enden jederseits zugespitzt. Zuweilen schien es mir, als ob sie sich mit ihren Enden dachziegelartig über einander legten. Es ist demgemäß eine dritte Muskelschicht vorhanden, die in der Art der Anordnung, so weit bis nun unsere Kenntnisse reichen, jeder anderen rhabdocölen Tur- bellarie mangelt, und welche auf uns allerdings ganz unbekannte Eigenthümlichkeiten in der Lebensweise dieser Thiere zurückzuführen sein dürfte. Eine Vereinigung der Längsmuskeln zu Bündeln konnte ich auch bei Vorticeros auriculatum wahrnehmen, und zwar neigen die Muskeln der Bauchseite mehr dazu, als die der Rückenfläche. Die Bündel erreichten häufig die immerhin ansehnliche Höhe von 4,3 u bei einem Querdurchmesser von ca. 2 u. Während sich bei Monoopho- rum striatum und Vorticeros auriculatum die Bündelbildung auf die Längsmuskeln beschränkt, finden wir ein solches Verhalten auch an den Ringmuskeln von Plagiostoma Lemani. Der Haut- muskelschlauch dieser eigenthümlichen Plagiostomine ist ganz Kolossal entwickelt. Die Fasern der Ringmuskeln von Pl. Lemani sind auf dem Quer- schnitte entweder rund oder elliptisch. Die Durchmesser der ersteren betrugen A—2 u, der letzteren 3,6: 0,7 u bis 3,2:2,1 u. Häufig ver- einigen sich 2—4 Fasern zu kleinen Bündeln. Die lockeren Muskel- bündel der zweiten, also der Längsmuskelschicht bestehen aus einer recht verschieden großen Zahl von Fasern, deren Querschnitte ebenfalls rund oder elliptisch sind, die der Ringmuskeln aber an Dicke wesent- lich übertreffen. Nicht selten betrug hier der Querdurchmesser der Untersuchungen über rhabdocöle Turbeilarien. IR. 197 runden Fasern 5 u, die der ovalen 5,1 :2,9 «. Dass diese sehr langen spindelförmigen Muskelfasern an den Enden wie zerzaust (echevelee) sind (Dupzgssis) !, dürfte übrigens keine Eigenthümlichkeit der Mus- keln dieses Thieres sein, sondern hier nur mehr in die Augen fallen, als bei den wesentlich dünneren Muskelfasern anderer Rhabdo eö- liden. Ob die feinen aus der Verästelung hervorgegangenen Fä- serchen in die Basalmembran eindringen, oder ob sie sich nur dicht an dieselbe anlegen, kann ich nicht sicher entscheiden, wahrscheinlicher ist mir das erstere Verhalten. Sowohl bei Monoophorum striatum als auch bei Plagio- stoma Lemani sah ich Kerne den Muskelfasern dicht anliegen. Diese spindelförmigen,, langgestreckten Kerne erreichen bei Pl. Lemani eine Länge von 2,9—3,2 u und besitzen ein homogenes Aussehen und bedeutendes Tinktionsvermögen. Gehören diese Kerne den Muskelfasern an oder dem Bindege- webe, welches zwischen den Muskelbündeln nachweisbar ist? Es ist schwer eine Entscheidung zu treffen; dieselben unterscheiden sich allerdings durch ihr Aussehen nicht wenig von den gewöhnlichen Kernen des Parenchymgewebes. Dorsoventral oder sagittal verlaufende Muskeln werden nur spär- lich bei Vorticeros auriculatum und einigen Plagiostoma- Arten aufgefunden. Sie sind fast stets auf das vordere und hintere Körperende beschränkt und treten hier vornehmlich in den Dienst des Genitalapparates und der Wimperrinne und werden gelegentlich dieser _ erwähnt werden. Nur bei Vorticeros auriculatum fand ich auch im mittleren Theile des Körpers wenigstens muskelähnliche Fasern, welche zwischen Darm und Hautmuskelschlauch ausgespannt waren und die Dotter- stöcke durchsetzten. Parenchym. Die Beurtheilung dieses Gewebes von Seiten der einzelnen For- scher, welche sich dem Studium desselben widmeten, ist eine recht verschiedenartige. Die Anwendung verschiedener Methoden ergab ver- schiedene Resultate und führte zu abweichenden Auffassungen. In erster Linie, ja fast ausschließlich, waren es Vertreter der Rhabdocoela, welche die Studienobjekte bildeten, welche aber nach meinem Dafürhalten die am schwierigsten zu behandelnden und am schwierigten verständlichen sind. Obwohl dieses Gewebe an Masse ! Turbellaries limicoles. in: Materiaux pour servir a l’etude de la faune pro- fonde du lac Leman. (Extrait du Bulletin de la Soc. vaud. des Sc. nat.) 1874, 198 Ludwig Böhmie, bei den Alloioeölen im Allgemeinen gering entwickelt ist, so sind diese dem Studium in so fern günstig, als hier die Sagittalmuskulatur häufig vollständig fehlen kann oder als solche leicht zu erkennen ist, was bei anderen Rhabdoecöliden, z. B. manchen Mesostomiden durchaus nicht der Fall ist. Als günstigste Objekte erwiesen sich Plagiostoma Girardi, sulphureum, maculatum, Lemani und bimaculatum. Ich werde zunächst nur die erstgenannten besprechen, da bei Plagiost. himaculatum Komplikationen auftreten. Überall im Körper unserer Thiere, wenn auch meist nur in ge- ringen Mengen, finden wir das Parenchymgewebe. Es umhüllt den Darm, die Genitalorgane und das Nervensystem, es dringt zwischen die Keime der Keimstöcke, zwischen Zellenkomplexe der Dotterstöcke, die zahlreichen Drüsen sind in dasselbe eingebettet. — Am lebenden Thiere stellt das Parenchym eine halbflüssige Plasmamasse dar, an deren Aufbau, wie man leicht erkennen kann, sich zwei Substanzen betheiligen. Die eine derselben ist im frischen Zustande zähflüssig, voll- kommen farbios und ziemlich stark lichtbrechend, die andere weniger lichtbrechende, leichtflüssiger und besitzt einen grünlichen Farbton. Zerreißen wir durch Quetschen oder Zerren ein Parenchymfrag- ment, so fließt das dünnflüssigere Plasma nicht aus, die Rissstelle wird sofort geschlossen, das zähflüssige Plasma bildet eine Schicht, die das Entweichen einer größeren Menge der leichtflüssigen Substanz wenig- stens verhindert, da die Mischung der beiden Plasmaarten eine sehr innige ist. Auf Einwirkung von Säuren, Quecksilbercehloridlösungete. gerinnen beide Substanzen, wobei ihr verschiedenes Verhalten gegen diese Re- agentien gestattet, ihre gegenseitigen Beziehungen genauer ins Auge zu fassen. Die eine wird durch den Gerinnungsprocess in eine mehr oder weniger feinkörnige Substanz verwandelt, die andere bewahrtein homo- genes Aussehen und kontourirt sich scharf. Diese letztere nun, welche ich das Gerüstplasma oder Spongioplasma nennen will (spl Taf. XII in Fig.15—20), ist im lebenden Gewebe die zähflüssige; sie bildet Balken und Membranen, welche in ihrer Gesammitheit ein Netzwerk darstellen. und ein System von Hohlräumen und Waben umschließen. Die Form und Größe dieser Hohlräume, deren Wandungen das Gerüstplasma sp bildet, ist eine verschiedene. Bald gleichen sie langgestreckten und schmälen Gängen (Fig. 17) bald stellen sie rundliche oder polygonale Kammern dar (Fig. 20). Ihre Form und Größe ist bis zu einem ge- wissen Grade wenigstens von den umgebenden Organen abhängig. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 199 Liegen diese dicht an einander gedrängt, sind die Zwischenräume ge- ringe, so finden wir langgestreckte schmale Räume, ist dem Parenchym Raum zu einer größeren Entfaltung geboten, so sehen wir die Bildung größerer rundlicher Kammern. An günstigen Objekten ließ sich nun weiterhin wahrnehmen, dass von den gröberen Balken und Wänden zartere ausgehen, welche unter einander anastomosirend die größeren Gänge und Waben in kleinere Räume zerlegen. All diese Räume werden erfüllt von einem flüssigen Plasma, dem Saftplasma oder Hyaloplasma (Taf. XII, Fig. 15 u. 17 Aylp). An konservirten Objekten stellt dasselbe eine mehr oder weniger fein- körnige Substanz dar, die sich mit Tinktionsmitteln nur schwach färbt. Die Masse dieser plasmatischen Substanz, die sich in den Waben und Kammern findet, ist eine wechselnde. Bald findet man nur noch Spuren derselben, bald erfüllt sie die Räume vollständig und nimmt auch eine etwas stärkere Tinktion durch Farbstoffe an. Diese Schwankungen finden ihre Erklärung in dem jeweiligen Wassergehalt des Saftplasma. Ist derselbe ein hoher, so werden wir an konservirten Objekten natür- lich einen nur spärlichen plasmatischen Niederschlag finden, einen sehr reichlichen, wenn der Gehalt an Wasser ein geringer war. Dass solche Schwankungen des Wassergehaltes im Saftplasma vor- kommen, lehren gleichartig behandelte Präparate verschiedener Indi- viduen derselben Species, indem wir bald einen reichlichen, bald spär- lichen Rest des Saftplasma vorfinden. Die Einwirkung verschiedener Reagentien ist natürlich auch nicht _ ohne Einfluss. So tritt z. B. die Gerüstsubstanz bei Anwendung von Säuren, Osmiumsäure oder Osmium-Essigsäure weit schärfer hervor als an Präparaten, welche mit Sublimat oder Sublimat-Essigsäure be- handelt worden sind. In Fig. 14 habe ich ein Stück Parenchym von einem mit Sublimat, in Fig. 17 ein solches von einem mit Osmium-Essigsäure fixirten Thiere (Plagiostoma Girardi) abgebildet, und zwar stammen beide Stücke aus derselben Körperpartie. In Fig. 47 treten die Züge und Lamellen des Gerüstplasma (sp) ungemein scharf hervor, nicht so in Fig. 14, wo sie allerdings auch noch deutlich wahrnehmbar sind. Andererseits, in den Figuren tritt dieser Unterschied allerdings nicht so deutlich her- vor, wird das Saftplasma durch das Sublimat wesentlich weniger alte- rirt als durch Säuren. Bei allen Sublimatpräparaten sehen wir es als einen mehr oder minder feinen gleichmäßigen Niederschlag auftreten, an Säurepräparaten ballt es sich gern zu gröberen Flöckchen zusam- men. Wahrscheinlich enthält es einen Bestandtheil, der von Säuren leicht gelöst wird, während Quecksilberchloridzusatz eine Lösung Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 14 200 Ludwig Böhmig, verhindert, da stets bei Säurebehandlung eine bedeutende Volumver- minderung dieser Substanz eintritt. Da die einzelnen Kammern und Waben nicht vollständig von ein- ander getrennt erscheinen, bildet das Saftplasma wahrscheinlich eine zusammenhängende Masse dasen das ganze Thier. Die größten Anhäufungen des Saftplasma (hylp) fand = zumeist an Lokalitäten, wo eine reichlichere Entfaltung des Parenchyms über- haupt möglich war, doch kommen auch noch andere Momente in Be- tracht. In der Umgebung von Organen, welche in lebhaftem Wachs- thum und Entwicklung begriffen sind, wie z. B. in derjenigen der Keimstöcke, finden sich immer größere Massen des Saftplasma, wel- ches, wie mir dünkt, von den Keimen aufgenommen wird. In Fig. 15 ist ein Stück des Parenchyms aus dem Keimstock von Plagiostoma Girardi mit Weglassung der Keime dargestellt. Das ganze Parenchym wird hier von einem feinkörnigen dichten Saftplasma gebildet, in dem nur schwache Spuren des Gerüstplasma wahrnehmbar sind. Sehr arm an Saftplasma hingegen ist unser Gewebe an jenen Stellen, wo es die Rolle einer Tunica propria spielt, oder überhaupt zum Schutze eines Organs dient. Es wäre hier zu erwähnen die Hülle, welche es um die Samenblase bildet, ferner um Theile der Dotterstöcke und des Darmes. Es ist allerdings auch zu berücksich- tigen, dass das Saftplasma zwischen zwei Organe eingepresst, beson- ders wenn eines der beiden in lebhaftem Wachsthum begriffen ist, nach Lokalitäten mit geringerem Drucke getrieben werden wird. So werden z. B. Partien zwischen Dotterstock und Darm im Allgemeinen in Folge des ausgeübten Druckes reich an Gerüstplasma, arm an Saft- plasma sein (Fig. 17), obwohl man in Folge der hier stattfindenden Wachsthumsvorgänge (Entwicklung der Dotterzellen) eine Anhäufung von Saftplasma erwarten sollte. | Kerne (n) sind in dem Parenchymgewebe reichlich vorhanden und von variabeler Form und Größe. Bald sind sie oval oder rund, bald spindelförmig und langgestreckt. Die Größe der Kerne schwankt ebenfalls nicht Dale Bei Plagiostoma Girardi fand ich langgestreckte Kerne, deren größerer Diameter zwischen 7 und 14 u, der kleinere zwischen 2,2 und 4,3 u maß. Die runden hatten durchschnittlich einen Durchmesser von 7,3 u. Durch ganz exquisite Größe zeichnen sich die von Plagiostoma Le- mani aus. Ich fand hier kugelige Parenchymkerne, deren Diameter nicht weniger als 18 u betrug. | Mit Tinktionsmitteln tingiren sie sich sehr intensiv, besonders auch das selten fehlende Kernkörperchen nu. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 201 Die veränderliche Form der Kerne steht in Beziehung zur Entfal- tung des Plasma selbst. An Orten, wo dasselbe nur schmale Stränge bildet, sind auch die Kerne langgestreckt, schmal (Fig. 14, 15 n’), runde finden wir an jenen Stellen, wo das Parenchym weniger eingeengt ist, wo es sich freier entfalten kann (Fig. 15 n, 16 n, 20. n). Am interessante- sten sind in dieser Beziehung die Keimstöcke. Zwischen den einzelnen Keimen finden wir Parenchymplasma in verschieden mächtigen Lagen. Je mehr die Keime an Größe zunehmen, desto mehr wird das zwischen ihnen liegende Parenchym reducirt, endlich sehen wir zwischen den größeren Keimen nur noch schmale Parenchymstränge, und es ist natür- lich nicht möglich, dass die in diesen Strängen liegenden Kerne ihre runde Form bewahren, sie werden durch mechanische Momente ge- zwungen, eine langgestreckte Form anzunehmen (Fig. 15 n’). So sehen wir gerade an diesen Stellen kontinuirliche Reihen vom kugeligen zum schmalen, spindelförmigen Kerne (Fig. 14 n, n”, n’). In einigen Präparaten von Plagiostoma Girardi, sulphureum, Lemani, und am schönsten von Plagiostoma bimaculatum be- merkte ich im Parenchym einzelne Zellen, die sich vom umgebenden Gewebe, wenn auch nicht sehr scharf, so doch noch deutlich ab- erenzten, Zellen, die noch nicht ihre Individualität eingebüßt hatten. Sie waren von mehr spindelförmiger Gestalt bei Plagiostoma Girardi und sulphureum, von rundlicher oder eckiger bei Plagio- stomabimaculatum und Lemani. An ihrem Aufbau betheiligten sich beide Plasma-Arten, das Stütz- und Saftplasma. In Fig. 18 habe ich eine solche Parenchympartie von Plagiostoma bimaculatum dargestellt; man sieht hier noch sicher die Zellumgrenzungen der Zellen a, b, c, d, wenn auch die einander berührenden Theile der Oberfläche " = benachbarter Zellen eine innige Vereinigung erkennen lassen. Das Innere jeder Zelle wird in zahlreiche kleine Räume zerlegt durch Bal- - " ken und Membranen (spl), die von der Peripherie der Zellen ausgehen und mit einander anastomosiren. Das Saftplasma war wenig deutlich _ sichtbar; ungefähr in der Mitte zweier dieser Zellen sind auch die Kerne sichtbar. In den benachbarten Partien des Gewebes (e) kann man die Zellgrenzen bereits nicht mehr mit Sicherheit bestimmen, die Ver- - schmelzung ist hier bereits weiter fortgeschritten. Diese Funde nun in Verbindung mit später zu erwähnenden ent- wicklunssgeschichtlichen Daten lassen mir die Annahme gerechtfertigt erscheinen, dass das Parenchym ursprünglich aus Zellen besteht, in denen eine scharfe Differenzirung des Zellplasma in ein Zellgerüst und in ein Saftplasma vorhanden ist. Das das Zellgerüst bildende Plasma ist in Form eines Fachwerkes angeordnet, und die auf diese Weise ARe 202 Ludwig Böhmig, entstehenden Räume werden von der zweiten plasmatischen Substanz, dem Saftplasma, erfüllt. Verschmelzen nun die peripheren Schichten der einzelnen Zellen, verschwinden mithin die Zellgrenzen, so wird ein Gewebe entstehen, welches ganz den Bau zeigen wird, den das Parenchym unserer Thiere besitzt. Das Gerüstwerk des Parenchym ist die Summe der Zellgerüste, die körnige Zwischensubstanz wird aus dem Zellsafte der einzelnen Zellen gebildet. Die kräftigeren Balken und Membranen werden ver- schmolzenen Zellgrenzen entsprechen, die feineren Theilen des Zell- gerüstes. Es können nun sekundär Durchbrechungen der Membra- nen etc. stattfinden, wodurch natürlich das ursprüngliche Aussehen mehr und mehr verändert wird. Der Einfluss der Druckwirkungen wachsender Organe auf die Gestalt der wahrscheinlich ursprünglich runden Zellen und deren Kerne ist bereits erwähnt worden, eben so die theils durch mechanische, theils physiologische Momente bedingte ungleiche Vertheilung des Gerüst- und Saftplasma. Bei Plagiostoma bimaculatum, in geringerer Ausbildung bei Plagiostoma maculatum und Girardi var. min., fand ich besonders in der Umgebung der Samenblase, ferner im Kopftheile des Thieres lakunenartige Räume, welche durch den ganzen Körper des Thieres unter einander in Verbindung standen, theils durch schmale Spalten von unregelmäßiger Form, theils durch im Querschnitte runde oder elliptische sich theilende Kanäle, welche einen Durchmesser von 2,1 — 5 «. hatten und eine sehr scharfe Kontourirung zeigten, ohne dass ich jedoch eine eigene Wandung derselben auffinden konnte. Erfüllt sind diese Lakunen nicht von dem gewöhnlichen feinkörnigen wenig färb- ‚baren Saftplasma, sondern von einer sich mit Alaunkarmin und Häma- toxylin sehr intensiv, mit Pikrokarmin orangeroth tingirenden Substanz. In Fig. 19 habe ich ein Stück Parenchym von Plag. bimaculatum aus der Nähe der Samenblase abgebildet, welches Lakunen, die mit dieser Substanz erfüllt sind, enthält. Während diese Substanz bei Pl. maculatum und Girardi var. min. vollständig homogen erscheint, ließen sich bei Pl. bimaculatum sehr feine Körnchen und Kügelchen in einer homogenen Grundsub- stanz wahrnehmen. Beide Substanzen färben sich gleich intensiv. Auch das Gerüstplasma scheint von dieser Substanz durchtränkt zu werden, da die Membranen und Balken, welche in solchen Partien ge- legen sind, sich ganz gegen ihr sonstiges Verhalten Farbstoffen gegen- über lebhaft tingiren. Über die Bedeutung dieser Substanz, ihr Verhältnis zu dem ge- wöhnlichen Saftplasma, welches übrigens bei Plagiostoma bimacu- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 203 latum sehr wässeriger Natur zu sein scheint, bin ich noch vollständig im Unklaren. Ich würde vermuthen, dass es sich um einen besonderen Zustand des Saftplasma handele, hervorgerufen durch mir unbekannte physiologische Zustände, wenn nicht jene eigenthümlichen gefäßartigen Kanäle vorhanden wären, die durchaus nicht den Eindruck einer zu- fälligen Bildung machen. Handelt es sich vielleicht um ein eigenes (Lymph-?) Gefäßsystem, das nur unter gewissen Bedingungen sichtbar ist? Bisher ist das Parenchym der Alloiocölen außer durch v. Grarr! nur wenig untersucht worden, die meisten Untersuchungen, so die von M. Scaurtze?, Harızz?, Irsıma #%, Lang5 u. A. beziehen sich auf Rhabdo- coela, Trieladen und Polycladen. Ein Vergleich der Anschauungen v. Grarr's und der meinigen be- züglich des Baues des Parenchyms zeigt, dass die beiderseitigen An- sichten nicht unwesentlich von einander abweichen. | Während nach v. Grarr bei den Rhabdocoela Sagittalmuskeln, Bindegewebsbalken und Bindegewebszellen leicht zu unterscheiden sind, »fehlt es bei den Alloiocoela (im Gegensatz zu den Rhabdo- coela mit Ausnahme der Vorticida parasitica) an der strengen Scheidung zwischen Sagittalmuskeln und echtem Bindegewebe«. »Bei den Plagiostomiden — und ich nenne als ein ganz exquisites Bei- spiel Plagiostoma Lemani — ist das Parenchymfaserwerk ähnlich beschaffen wie bei Graffilla. Aber es fehlt die feinkörnige Grund- substanz und jede Masche im sagittalen Faserwerk umschließt einen ' wirklichen Hohlraum, eine Lücke, und in diesen Lücken liegen frei die zahllosen selbständigen Bindegewebszellen. Sie enthalten stets einen Kern, sind von ovaler oder runder Gestalt und füllen die Lücken meist nur zum Theil aus.« v. Grarr weist besonders auf Vorticeros - hin, bei welchem das Faserwerk durch die eingestreuten Pigment- körnchen besonders deutlich hervortreten soll. Das sagittale Fasernetzwerk v. Grarr's ist nun das, was ich Ge- rüstsubstanz nenne, die Lücken, welche dieses Fasernetzwerk um- schließt, sind die mit Saftplasma erfüllten Maschenräume. Das Vorhan- densein von Bindegewebszellen in diesen Lücken muss ich entschieden bestreiten, Kerne, die zuweilen von etwas dichterem Plasma umgeben sind, sind vorhanden. Die von v. Grarr in Fig. 26, Taf. XVII gegebene darauf bezügliche Abbildung ist nach einem Quetschpräparat gezeich- net — solche Präparate können leicht zu Täuschungen Anlass geben. Die Ähnlichkeit, welche, wie v. Grarr zugiebt, zwischen dem 1 v. GRAFF, 1. C. 2 M. ScHULTZE, ]. c. 3 HaLLez, |. c. 4 Jııma, 1. c. 5 A, Lang, 1. c. 204 Ludwig Böhmig, Parenchymgewebe von Plagiostoma Lemani und Graffilla exi- stirt, ist aber nach meiner Ansicht eine sehr große; wesentliche Unter- schiede sind überhaupt nicht vorhanden; die »feinkörnige Grundsub- stanz«, das Saftplasma, fehlt nicht, Bindegewebszellen in den Lücken finden sich weder da noch dort. Die rhabdocölen Turbellariens. str. zeichnen sich von den Alloiocölen in erster Linie durch eine ungemein reiche Entwicklung der Sagittalmuskeln aus. Abstrahiren wir von diesen Muskeln, so finden sich auch hier, so weit ich bis jetzt beurtheilen kann, keine fundamen- talen Unterschiede. Derostoma unipunetatum schließt sich eng an Graffilla, und somit auch an Plagiostoma Lemani an; die Mesostomeen (Mesostoma tetragonum Müll., M.Craci und lin- gua) entfernen sich von den Plagiostomiden durch das weitaus flüssigere und wässerige Saftplasma. Das was ich auch hier Saft- plasma nenne, entspricht der »perivisceralen Flüssigkeit« v. GRarF's, welche, wie bekannt, häufig gefärbt ist, so auch bei Graffilla muri- cicola, und welche bei vielen Turbellarien die Farbe des Thieres bedingt. In welchem Verhältnis vom entwicklungsgeschichtlichen Stand- punkte aus die Sagittalfasern zu dem Gerüstfaserwerk stehen, scheint mir noch eingehender Untersuchungen bedürftig. Voser und Yung! machen, wie ich glaube mit Unrecht, keinen Unterschied zwischen Sagittalmuskeln und Gerüstsubstanz, wenigstens sprechen sie nur von einer »durchsichtigen, schleimigen Substanz«, welche die Zwischenräume des Muskelgeflechts erfüllt, und welche bei Anwendung von härtenden Reagentien zu einer sehr feinkörnigen Masse gerinnt. Vollkommen pflichte ich diesen Forschern darin bei, dass eine allgemeine Leibeshöhle, ein Cölom fehlt. _ Die von mir vorgetragene Ansicht, dass das Parenchym der Alloi- ocölen und wahrscheinlich auch das der Rhabdocoela aus mit ein- ander verschmolzenen Zellen besteht, wird unterstützt durch die Unter- suchungen Iıma’s an Tricladen und Lane’s bezüglich der Poly- eladen. . Zufolge Iımma? »wird bei Embryonen der Raum zwischen Epider- mis und Darmepithel durch eine solide Masse von Bindegewebszellen erfüllt, die theils in Syneytiumform auftreten, theils auch durch Zell- grenzen markirt sind«. Späterhin treten Lücken auf, die Kerne rücken in Folge dessen aus einander. Es entstehen auf diese Weise verästelte mit einander anastomosirende Zellen, welche ein Lückensystem ein- ! Voser und Yung, Lehrbuch der praktischen vergleichenden Anatomie. 2 Irsıma, 1. c, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 7 A ‚schließen, welches von einer Flüssigkeit erfüllt wird. Nach eigenen Untersuchungen möchte ich diese Lücken zum größten Theile wenig- stens für intercelluläre halten, die sie erfüllende Flüssigkeit wird von den Zellen ausgeschieden, es tritt eine Kondensirung des den Kern umgebenden Plasmas ein. In Fig. 21 habe ich ein Stück Parenchymge- webe von Planaria gonocephala abgebildet. Man erkennt deutlich die mit ihren Ausläufern anastomosirenden Parenchymzellen mz und die zwischen ihnen befindliche feinkörnige Intercellularsubstanz zw. Nach Imma untersuchte P. Hırırz! die Entwicklungsgeschichte der Trieladen. Gemäß diesem Forscher betheiligen sich an der Bildung des Parenchyms (reticulum conjonctif) erstens Wanderzellen (eellules migratrices) und zweitens Theile der nicht zu anderen Zwecken aufgebrauchten Masse des Syneytium (masse syneytiale.) Die ersteren verästeln sich, anastomosiren und stellen auf diese Weise einen Theil des »reticulum conjonctif« her; aus dem letzteren gehen insbe- söndere die Theile des Mesenchyms hervor, welche den größeren Theil der Organe umhüllen, und welche für gewöhnlich mit den Namen »Tunica propria, capsule d’enveloppe, basement membran« belegt werden. Anders verhält es sich nach Lang? bei den Polyeladen. Hier bilden sich innerhalb der blasenförmigen Zellen Vacuolen, die von einer klaren farblosen Flüssigkeit erfüllt werden. Die festeren, den Kern enthaltenden Rindenschichten dieser Zellen verschmelzen mit einander, und es kommt auf diese Weise das bekannte Fächerwerk zu - Stande (Stylochus neapolitanus). Es können nun diese Vacuolen - theilweise mit einander verschmelzen (Planocera), wodurch die Ähnlichkeit des Parenchyms mit einem Reticulum (Hırrrz ?) noch deut- - lieher hervortritt, und der ursprüngliche Charakter des Gewebes natür- lich immer mehr verwischt wird. Die Flüssigkeit, welche in den _ VWacuolen enthalten ist, rührt von verflüssigtem Parenchymzellen- plasma her. Resumiren wir das Gesagte, so ergiebt sich: Das Parenchym der Turbellarien besteht ursprünglich aus indivi- dualisirten Zellen. Die Art und Weise der Verschmelzung dieser Zellen ist eine ver- schiedene. Bei den Alloiocölen und wohl auch einem Theil der Rhabdocoela wenigstens tritt eine Differenzirung in Gerüst- und 1 Harıez, Embryog£&nie des Dendrocoeles d’Eau Douce. 2 A: Lane, 1. c. 3 Harrez, Contributions a l’histoire naturelle des Turbellaries. Travaux de P’Institut Zoologique de Lille, F. I. 4879. 206 Ludwig Böhmig, Saftplasma in jeder Zelle ein, und die Zellwandungen resp. die Zellen verschmelzen unter einander. Innerhalb der beiden Gruppen der Den- drocölen und vielleicht bei einigen Rhabdocölen treten zugleich mit der Verschmelzung der Zellen Vacuolenbildungen auf. Diese sind zum Theil mindestens intercellulär bei den Trieladen, stets intra- cellulär bei den Polyeladen. Die Trennung des Parenchymgewebes in Bindegewebsbalken und Bindegewebszellen (v. Grarr) muss aufge- geben werden, wie auch Iısıma für die Tricladen und Lang für die Polyceladen betont hat. Pigment. Die meisten Turbellarien sind gefärbt, pigmentirt, nur wenige entbehren vollständig einer Färbung (Pl. Girardi, Cylindrostoma quadrioculatum) und erscheinen dem Auge dann milchweiß oder mehr oder weniger farblos und durchsichtig. Der Sitz des Pigmentes kann ein dreifacher sein: A) im Körper- epithel, 2) im Parenchym und 3) im Epithel des Darmes. Dem Körperepithel gehört es an unter den Plagiostomida: Plagiostoma Koreni, Pl. sulphureum, Enterostoma austria- cum, Enterost. flavibacillum, Gylindrostoma Kloster- mannii und wahrscheinlich auch Cyl. ponticum. Kleine gelbe Pigmentkörnchen erfüllen gleichmäßig die Epithel- zellen von Gyl. Klostermannii; nicht gleichmäßig vertheilt, son- dern in Form isolirter Häufchen finden wir die Pigmentkörnchen nach v. Grarr bei Plagiostoma Koreni und Enterostoma flaviba- cillum. Plagiostoma sulphureum und Enterostoma flavibaeil- lum verdanken ihre Farbe unzähligen kleinen, in das Epithel einge- lagerten Stäbchen, welche ähnlich wie die Pigmentkörnchen bei CGylindr. Klostermannii gleichmäßig über die ganze Oberfläche der Thiere vertheilt sind. Hat das Pigment seinen Sitz im Parenchym, so kann es entweder nur dem Saft- oder nur dem Gerüstplasma, oder aber beiden ange- hören. Bei den von mir untersuchten Formen kommt nur der zweite Fall in Betracht, wir haben es also mit den reticulär pigmentirten Formen v. Grarr's! zu thun. Das dergestalt gebildete Pigmentnetz ist bald ein weit- (Pl. Le- mani), bald ein engmaschiges (Pl. maculatum, Vorticeros auri- culatum etc... Das reticuläre Pigment kann gleichmäßig über den ganzen Körper verbreitet oder aber auf einen Theil desselben, wobei 1 v. GRAFF, ]. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 207 - der Kopf die bevorzugteste Lokalität ist, beschränkt sein. Eine wirklich gleichmäßige Pigmentirung des ganzen Körpers durch reticuläres Pig- ment ist mir nicht bekannt, selbst bei Vorticeros auric. bleiben die Seitenränder frei von demselben. Das reticuläre schwarze Pigment sehen wir bei Plagiostoma maculatum auf den Kopf des Thieres beschränkt, bei Pl. reticula- tum ist es auch über einen Theil des Körpers verbreitet. Bei vielen Formen sehen wir die Art der Pigmentirung in so fern Schwankungen unterworfen, als bald das ganze Thier pigmentirt ist, bald aber nur einzelne Binden, Streifen und Flecken auftreten. Die schönsten Beispiele hierfür sind Plagiostoma vittatum und Plagio- stoma reticulatum. Für das erstere hat v. Grarr eine Reihe solcher Farbenvarietäten in Fig. 6, Taf. XVII seiner prachtvollen Monographie abgebildet, und für das letztere beschrieben. Plagiostoma reticulatum, das ich selbst zu beobachten Gelegenheit hatte, zeigt konstant einen pigmen- tirten Kopfabschnitt; auf dem Körper kann das Pigment entweder ganz fehlen (selten), oder es ist nur in Form eines V oder eines gleichschenke- ligen Dreiecks vorhanden. Die Spitze des V resp. die des Dreiecks ist stets nach hinten gerichtet. Außerdem besitzen manche Individuen noch eine quere Binde zwischen den beiden erwähnten Pigmentflecken. Nach v. Grarr ist bei reticulär pigmentirten Formen nicht das ganze Faserwerk des Parenchyms von Pigmentkörnchen durchsetzt, sondern ' wir sehen, »dass bloß die oberflächlichen, dem Integumente zunächst anliegenden Theile desselben als Träger der Pigmentirung erscheinen «, und es führt v. Grarr als Beispiele hierfür Plagiostoma Lemani und Vorticeros auriculatum an. Für das erstere ist der von v. GRAFF ausgesprochene Satz zweifellos gültig, hingegen sehen wir, dass bei Vorticeros auriculatum das Pigment auch die tiefer ge- legenen Partien des Parenchymgewebes durchsetzt. So finden wir es z. B. auch in jenen Bindegewebsmassen, welche den Darm umgeben (Taf. XII, Fig. 4%; Taf. XVI, Fig. 43), und es entsteht in Folge dieser Pig- mentvertheilung eine ungemein scharfe Abgrenzung des Darmes gegen die umgebenden Organe. Ja selbst zwischen den Ganglienzellen und im Punktsubstanzballen des Gehirns habe ich Pigmentkörnchen wahrnehmen können. Die Gesammtheit des Pigmentes reticulär pigmentirter Formen besteht aus kleinen runden Pigmentkörnchen von 0,73—1,46 u Durch- messer. Diese Körnchen, welche im Leben eine rothe (Vorticeros auriculatum), schwarze oder schwarzbraune Farbe (Pl. macula- tum, retieculatum, Lemani) besitzen, verändern dieselbe häufig bei 208 Ludwig Böhmig, Einwirkung von Reagentien (Sublimat, Alkohol). So zeigten die rothen Pigmentkörner von Vorticeros auriculatum am konservirten Thiere stets einen braungelben Farbton, während die schwarzen von Plagiostoma maculatum und Lemani diese Farbe beibehielten. Einem von der Art der Behandlung abhängigen Farbenwechsel sind diejenigen von Plag. reticulatum unterworfen. Mit Sublimat- Essigsäure, Alkohol und Pikrokarmin behandelt zeigen sie eine rein gelbe Farbe (Pikrinsäurewirkung), während Alaunkarmin ihnen eine schwarzbraune Farbe verleiht. Die Färbung mancher Rhabdoeöli- den wird nach den Untersuchungen von M. Braun! bedingt durch verästelte und anastomosirende Pigmentzellen, welche bei Bothro- mesostoma personatum Br. z.B. unterhalb des Hautmuskelschlau- ches eine dichte Lage bilden. Auch Präparate von Plagiostoma Lemani gewährten mir zuweilen den Eindruck, als ob es sich hier auch um besondere Pigmentzellen handelte: da ich Kerne nicht mit Sicherheit auffinden konnte, wage ich die Existenz von Pigmentzellen bei Pl. Lemani nicht mit Sicherheit zu behaupten. Zu den reticulär pigmentirten Formen ist auch Monoophorum striatum zu rechnen. Das lebende Thier erfreut den Beobachter durch seine schöne karminrothe Farbe. An konservirten Individuen ist keine Spur des Pigmentes mehr nachweisbar. Ich schließe daraus, dass dasselbe hier nicht in Form von Körnchen vorhanden ist, sondern in Form einer das Parenchym durchtränkenden diffusen Substanz. Ob dieselbe dem Saft- oder dem Gerüstplasma, vielleicht beiden, ange- hört, habe ich leider nicht entscheiden können. Die Entstehung dieses Pigmentes scheint bei dieser Form ganz von der Temperatur abhängig zu sein. Bei einem Aufenthalte in Triest fand ich anfänglich — die Witterung war auffallend kühl — nur farblose aber geschlechtsreife Individuen. Als es begann wärmer zu werden, bemerkte ich neben farblosen auch solche, die ein wenig reticulär angeordnetes Pigment zeigten. Allmählich mit fortschreitender Wärmezunahme wurden die nicht oder nur schwach gefärbten Exemplare seltener und verschwan- den endlich vollständig — es zeigten sich nunmehr vollständig karmin- roth gefärbte Individuen. Der annähernd T-förmige prächtig kirschrothe Pigmentfleck von Plagiostoma siphonophorum stimmt auffallend mit der Form des Darmes dieses Turbellars überein. Schnittpräparate lehren nun in der That, dass hier das Pigment nicht an das Epithel oder Parenchym gebunden ist, sondern in Form kleiner 0,73 u Durchmesser messender iM. Bratn, Die rhabdocöliden Turbellarien Livlands. Dorpat 1885. Uutersuchungen üher rhabdocöle Turbellarien. II. 209 Körnchen die Darmzellen, und zwar die Basis derselben in großer Menge erfüllt. An konservirten Thieren, gleichgültig ob dieselben mit Pikro- karmin oder Alaunkarmin tingirt worden waren, besaßen diese Körn- chen stets eine braune Färbung. Charakteristisch für Plagiostoma maculatum sind, abgesehen von seinem schwarz pigmentirten Kopfabschnitt, ein braunrother, für Pl. bimaculatum zwei ziegelrothe Flecke innerhalb der Gegend des Darmes. Diese Flecken, ganz sicher diejenigen von Pl. maculatum, Pl. bimaceulatum konnte ich lebend nicht untersuchen, werden nicht bedingt durch Pigment des Epithels, Parenchyms oder der Darmzellen, sondern durch algenähnliche Gebilde, welche sich in großer Zahl im Darme vorfinden. Diese Algen oder algenähnlichen Körper sind bei Plagiostoma maculatum rund, von braunrother Farbe und haben lebend einen Durchmesser von 14,6 u. Am konservirten Thiere zeigen sie etwa nur die halbe Größe (7,3—8 u). Sie sind erfüllt von gelb- braunen glänzenden Körnchen, welche so dicht liegen, dass man nur schwierig einen Einblick in den Bau dieser Gebilde gewinnen kann; in einigen Fällen glaube ich allerdings einen Kern erkannt zu haben, Dass sie in der That die Farbe des Thieres bedingen, davon kann man sich an gequetschten Individuen leicht überzeugen. Je mehr der- selben nämlich aus dem Körper des Thieres austreten, desto mehr ver- liert dasselbe an Intensität der Färbung. | Ganz ähnlich scheint es sich mit Plagiostoma bimaculatum zu verhalten. { Hier besitzen diese Dinger einen Durchmesser von ca. 10,95 w. _ und sind äußerst scharf kontourirt. In ihnen unterschied ich eine von kleinen gelblichen Körnchen gebildete Randzone und einen centralen Hohlraum, in dem auch hin und wieder einzelne solcher Körnchen ge- legen waren. In der Randzone ist stets ein stark tingirbares kernähn- liches Gebilde von linsenförmiger Gestalt wahrnehmbar. Der größere Durchmesser desselben beträgt ca. 4,38, der kleinere 2,19 u. Auf Taf. XIX, Fig. 1 habe ich zwei solche algenähnliche Körper abgebildet, Fig. 1a stammt von Plagiostoma maculatum, Fig. 1b von Pl. bi- maculatum. Drüsen. Der Körper unserer Thiere ist ungemein reich mit Drüsen ver- sehen. Abgesehen von den Drüsen, welche in den Dienst specieller Organe treten (des Pharynx, des Copulationsorgans), fasse ich alle 310 Ludwig Böhmig, Drüsen im Körper der Turbellarien, gleichgültig was für ein Sekret sie produciren, Rhabditen, Pseudorhabditen, Schleimtröpfchen, Körn- chen etc. unter dem Namen der Hautdrüsen zusammen. Dieselben können ihrerseits an bestimmten Punkten koncentrirt sein und alsdann auch in den Dienst bestimmter Organe treten, stets jedoch müssen sie auf der Körperoberfläche, z. B. in der Umgebung des Porus genitalis oder Mundes nach außen münden. Wenn auch die von mir gemachte Eintheilung der Hautdrüsen in Hautdrüsen im engeren Sinne, Kopf- und Schwanzdrüsen eine durch- aus künstliche ist, so lässt sie sich doch damit rechtfertigen, dass Drüsen im Kopfabschnitt besonders massenhaft entwickelt sind, und dass die Ausmtindungsstellen derselben fast durchaus auf einen oder zwei Punkte koncentrirt sind, nämlich auf einen kleinen dicht unter- halb der vorderen Körperspitze gelegenen Bezirk, von mir häufig als Drüsenfeld (a) bezeichnet, und auf die Umgebung der Mundöffnung. Die Drüsen im hinteren Körperabschnitt, welche in der Umgebung des Porus genitalis sowie auf der Schwanzspitze ausmünden, wurden Schwanzdrüsen im Gegensatz zu den Kopfdrüsen genannt. Im Allgemeinen sind die Hautdrüsen im Alloiocölenkörper nur wenig untersucht; wir erfahren durch v. GrArr! nur, dass Pl. Girardi reich mit Schleimdrüsen ausgestattet ist, und dass dieselben besonders am vorderen und hinteren Ende sich angehäuft finden. Hautdrüsen im engeren Sinne sind zumeist über die ganze Körper- oberfläche verbreitet. Wenn auch fast stets vorhanden, ich vermisste sie vollständig nur bei Pl. siphonophorum, so ist doch der Grad ihrer Entwicklung ein sehr variabeler. Am massenhaftesten fand ich sie bei Pl. Girardi und Vorticeros auriculatum, weitaus spär- licher ist z.B. Pl. sulphureum, Pl. Lemanietc. mit ihnen ver- sehen. Ziemlich gleichmäßig über die ganze Oberfläche verbreitet sehen wir sie bei Pl. Girardi, dioieum, maculatum, Monoophorum striatum, während sie bei anderen besonders auf der Dorsalfläche auf einen mächtigen, ungefähr das mittlere Drittel der Rückenlänge einnehmenden Haufen koncentrirt sind. Die Kopfdrüsen (Kpdr und Kpdr’, Taf. XII, Fig. 3—6; Taf. XIII, Fig. 3—10) bilden gewöhnlich mehrere mächtige Packete, welche in der Umgebung des Gehirns und der Pharyngealtasche liegen, und an den früher bezeichneten Punkten ausmünden. Bei jenen Formen, bei welchen die Hodenbläschen einen großen Theil des Kopfabschnittes ! v. GRAFF, Monographie. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 311 erfüllen, also bei Monoophorum und Gylindrostoma, finden wir die Drüsen hauptsächlich vor denselben (Taf. XII, Fig. 3 Kpdr). Alle diese Drüsen sind einzellige Drüsen, membranlos von meist birnför- miger oder rundlicher Gestalt. An jenen Lokalitäten, wo sie größere Packete bilden und eine dicht gedrängte Lagerung haben, wird ihre Form eine mehr polygonale. Die Ausführgänge sind natürlich von sehr variabeler Länge. Das von ihnen gebildete Sekret kann geformt sein (Stäbchen) oder ungeformt (Schleim). Ein scharfer Unterschied lässt sich jedoch in so fern nicht machen, als auch das Sekret jener Drüsen, welche Schleim produeiren, meist in Form von Kügelchen und Körnchen auftritt, welche nach der Entleerung zu größeren Massen zusammenfließen, nur selten bildet dasselbe von vorn herein unregelmäßige Klümpchen. Eine eigene Stellung nehmen die Pseudorhabditen, welche aus Schleimkügelchen gebildet werden, in so fern ein, als sie bald eine regelmäßige wohl charakterisirte, bald eine unregelmäßigere, leicht veränderliche Form besitzen. Die Entstehung des Sekretes innerhalb der Drüsen und die Vor- gänge, welche sich hierbei abspielen, sind für die Turbellarien noch nicht genauer untersucht. Als Untersuchungsobjekt diente mir hauptsächlich Pl. Girardi, da mir dasselbe in etwas größerer Anzahl zu Gebote stand und sehr drüsenreich ist. Überdies war mir die Konservirung einiger Exem- plare dieser Species ganz außergewöhnlich gut geglückt. | Hin und wieder passirt es nämlich, dass die Thiere aus einem mir unbekannten Grunde bei der Konservirung große Risse erhalten, die jedoch nicht bis zum Zerfall des Thieres führen. Durch das auf diese _ Weise äußerst rasch mögliche Eindringen der Konservirungsflüs- sigkeit werden die Zellen in ihren feinsten Details sofort fixirt und sind demnach zur histologischen Untersuchung sehr geeignet, für topo- graphisch-anatomische Zwecke allerdings nicht. In erster Linie wurden die Kopfdrüsen untersucht. Als Ausgangspunkt wähle ich ganz oder fast farblose Zellen, deren Plasma feinkörnig erscheint und nur sehr wenig tingirbar ist. Dieses feinkörnige Aussehen rührt, wie man sich durch Anwendung stärkster Linsen (hom. Imm. !/,, $.) überzeugen kann, her von einer zarten Netzstruktur des Plasmas; es ist demnach eine Filar- und Interfilarsub- stanz vorhanden, von welcher sich die erstere schwach färbt, die letz- tere gar nicht. In anderen Zellen ist von der Netzstruktur nichts mehr wahr- nehmbar, wir bemerken aber, dass am Rande Wolken einer mit Alaun- 919 Ludwig Böhmig, karmin und Hämatoxylin stark färbbaren Substanz (sk’) auftreten (Taf. XIII, Fig. 1 si‘), welche sich vergrößern und zusammenfließen (Fig. 1 za sk’). Die Umgebung des Kernes bleibt am längsten von dieser färbbaren Substanz frei. Die blassen Zellen möchte ich als ruhende betrachten, Phase #, das Auftreten der färbbaren Wolken als den Beginn der Thätigkeit, Phase 2. Die dritte Phase ist dadurch charakterisirt, dass in der Sub- stanz sk’ kleine Körnchen auftreten, welche ein anderes Tinktionsver- mögen besitzen als die Substanz, aus welcher sie hervorgehen, resp. auf deren Kosten sie sich bilden. So färbt sich z. B. mit Pikrokarmin die Substanz sk’ schwach röthlich, die Körnchen hingegen gelb. Die Zahl dieser Körnchen sk vermehrt sich, schließlich erfüllen sie so dicht die ganze Zelle, dass nur noch der Kern zu sehen ist, und selbst dieser oft undeutlich. Diese Körnchen sA stellen das Sekret der Zellen dar. Hand in Hand mit diesen Veränderungen im Zellleibe gehen Ver- änderungen des Kernes. In Drüsenzellen, welche mit Sekretkörnchen vollständig vollge- pfropft (Taf. XIII, Fig. 4 zb, Fig. 2c) waren, fand ich den Kern wenig excentrisch gelegen von runder oder fast runder Form, scharf kontou- rirt und deutlich gefärbt. Das große von einem hellen Hofe umgebene Kernkörperchen ist ebenfalls rund und färbt sich sehr intensiv. In Zellen, in welchen färbbare Wolken vorhanden sind, sehen wir, dass der Kern seine runde Gestalt aufgegeben hat (Taf. XII, Fig. I zan), dass von ihm relativ dieke Fortsätze ausgehen, welche man oft fast durch die ganze Zelle verfolgen kann. Der Kern färbt sich stärker als vordem, und das Kernkörperchen hat fast stets an Größe etwas ab- genommen (Taf. XIII, Fig. 2). | In anderen Zellen endlich, welche kein Sekret mehr enthielten, welche dasselbe ausgestoßen hatten, aber noch nicht, wie ich glaube, in den Ruhezustand zurückgekehrt waren, da das Netzwerk ein weniger regelmäßiges war, als in den Zellen, welche ich für im Ruhezustand be- findlich halte, zeigten sich die Kontouren des großen Kernes verwischt, undeutlich; die Tinktion desselben war, abgesehen vom Kernkörperchen, sehr schwach; Phase 4. Stärker tingirbar ist der Kern der ruhenden Zelle, jedoch bei Weitem nicht so stark als in Zellen der zweiten und dritten Phase; seine Gestalt ist rundlich, seine Kontouren sind schärfer als in dem vorhergehenden Stadium, seine Größe hat etwas abgenom- men, übertrifft aber noch bedeutend die der Kerne in der thätigen Zelle. Das Interessanteste war mir aber, dass von den Kernen dieses Stadiums zarte Plasmaausläufer ausstrahlten, welche mit dem Zellplasma _ Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 213 in Verbindung standen, eine Thatsache, die auch anderweitig, so von Kızın, beobachtet worden ist, welcher eine Verbindung der Filarmasse mit Kernfortsätzen behauptet. Die Veränderungen der Drüsenzellen und ihrer Kerne während der Sekretion sind ganz besonders von Hrıpexnai ! an Wirbelthieren, von Rawırz ? und Nusssaum ? bei Wirbellosen studirt worden. Rawırz unterscheidet drei Hauptstadien in der Thätigkeit derZellen: 1) Den Zustand der Ruhe, 2) das Stadium der Sekretion resp. das der Ausstoßung des Sekretes, 3) das der Regeneration. Im ersten Stadium charakterisirt sich die Zelle durch ein blasses Aussehen des Plasmas, das sich in zwei Substanzen, die sog. Filar- und Interfilarmasse scheidet. Die Kerne sind kreisrund und enthalten ein eben solches meist central gelegenes Kernkörperchen. Dieses Stadium stimmt mit der von mir beschriebenen Phase 1 überein, nur erwähnt Rawırz die Ausläufer des Kernes in das Plasma der Drüsenzelle nicht. Während nun nach meinen Untersuchungen bei Pl. Girardi das Cha- rakteristische für den Beginn des Sekretionsprocesses das Unregel- mäßigwerden des Kernes, die auffallende Verdickung und starke Färb- barkeit seiner Ausläufer ist, weiterhin das Auftreten jener eigenthüm- lichen, mit gewissen Farbstoffen stark tingirbaren Wolken, legt Rawırz das Hauptgewicht auf den Zerfall des Plasmas in Stränge, welche ein Maschenwerk bilden, das Hohlräume umschließt. Bezüglich der Ver- änderungen der Kerne erwähnt Rawırz nur, dass derselbe manchmal unregelmäßige Formen zeige. In Betreff der intensiveren Tingirbarkeit der Kerne in diesem - Stadium stimmen Rawırz und ich überein. Diese Phase, welche von Rawırz nur als Übergangsstadium zu seinem zweiten Hauptstadium bezeichnet wird, möchte ich ebenfalls als - Hauptstadium auffassen (mein 2. Hauptstadium), dem sich als drittes die Bildung des eigentlichen Sekretes, der Körnchen, anschließen würde. In dem Hauptstadium 2 von Rawırz besitzt der Kern eine zackige Gestalt, zeigt keine Struktur, enthält kein Kernkörperchen und färbt sich intensiv. Das Plasma, an Masse bedeutend geringer als früher, ist ganz schwach gefärbt und zeigt nur vereinzelte Andeutungen von Filar- und Interfilarsubstanz. Diese Phase habe ich bis jetzt nicht beobachtet. Im dritten oder Regenerationsstadium (Rawırz) [vierten von mir] 1 HEIDENHAIN, Kap. Schleimdrüsen. HERMANN, Handb. d. Physiol. Bd. V. Thl. 1. 2 Rawırz, Die Fußdrüse der Opisthobranchier. Abhandl. d. Berlin. Akad. 1887. 3 Nusssaun, Über den Bau und die Thätigkeit der Drüsen. Arch. f. mikr. Anat. Bd. XXI. | 214 Ludwig Böhmig, nimmt nach Rawırz das Plasma an Masse zu, Filar- und Interfilarsub- stanz sind deutlich zu unterscheiden; die Größe der runden Kerne übertrifft die der Kerne der ruhenden Zelle um das I—1!/sfache. Ich beobachtete eine weniger regelmäßige Anordnung der Filar- und Interfilarmasse als in der ruhenden Drüse, eine wenig scharfe Ab- grenzung und geringe Tingirbarkeit des Kernes, der, wenn auch nicht in dem Maße wie Rawırz es bei Mollusken beobachtete, so doch immer- hin bedeutend an Größe zugenommen hatte. Die Zellen kehren nun allmählich zur Ruhe zurück, der chroma- tische Inhalt des Kernes wird dichter und straffer, und der Nucleolus kommt wieder zum Vorschein (Rawırz). Ein Verschwinden des Kern- körperchens habe ich an denZellen von Pl. Girardi nie gesehen, son- dern nur eine geringe Abnahme des Volumens desselben während des Sekretionsstadiums. Die von Rawırz nicht beobachtete Verbindung des Kernes durch Fortsätze mit dem Drüsenplasma resp. der Filarmasse, scheint auch bei gewissen Drüsen (Speicheldrüsen) von Gasteropoden zweifellos zu sein, wenigstens wird sie mit Bestimmtheit von BarFurTH behauptet. Wie HEIDEnHAIN nachgewiesen hat, nimmt auch bei den Wirbel- thieren der Kern an den Vorgängen in der Drüsenzelle lebhaften An- theil. Hier besitzt derselbe aber in der gereizten Drüse eine runde Gestalt und zeigt ein deutliches Netzwerk (Parotis des Kaninchen), während er in der ruhenden von unregelmäßiger zackiger Form ist und eines deutlichen Kernkörperchens entbehrt. Wenn ich den ganzen Vorgang, welcher während der Sekretbil- dung innerhalb der Kopfdrüsen von Pl. Girardi stattfindet, kurz resumire, ergiebt sich: | Das Plasma der ruhenden Zelle ist nicht färbbar und zeigt eine netzartige Struktur, die bedingt wird durch das Vorhandensein zweier Substanzen, der Filar- und Interfilarsubstanz. Die feinkörnige Interfilarsubstanz scheint der Ausgangspunkt, das Bildungsmaterial für jene Substanz zu sein, aus welcher das Sekret, die Sekretkörnchen hervorgehen. Der ganze Sekretionsvorgang wird beherrscht vom Kern, dessen Thätigkeit sich durch die vielfachen Formveränderungen und sein in den verschiedenen Stadien verschie- denes Tinktionsvermögen manifestirt. Innerhalb der Hautdrüsen vollziehen sich natürlich ganz ähnliche Veränderungen während der Sekretbildung, nur konnte ich hier sowie aueh an den Kopf- und Schwanzdrüsen anderer Plagiostomiden so lebhafte Gestaltsänderungen des Kernes nicht konstatiren, doch werde ich nochmals mein Augenmerk auf diesen Punkt richten. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 215 Über die Bildung der Stäbchen wurde schon früher gesprochen. — Umhüllt und durchsetzt von den Ausführungsgängen der Kopf- drüsen findet sich bei Vorticeros auriculatum, Pl. Girardi, reticulatum und sulphureum im vorderen Theil des Kopfab- schnittes, verschieden weit nach rückwärts gegen den Pharynx zu reichend, ein eigenthümliches Gebilde, bestehend aus einer feinkörni- gen fast homogenen Substanz, welche sich nur sehr schwach färbt (Taf. XII, Fig. 4, 5, 7,40 &). Diese Plasmamasse wird von feinen dunklen Linien durchzogen und in kleine rundliche oder polygonale Bezirke zerlegt. Kerne sind bald in reichlicher, bald in spärlicher Anzahl in ihr nachweisbar. Diese runden oder ovalen Kerne erreichen bei Pl. Girardi und Vorticeros auriculatum eine durchschnittliche Größe von 5,84—7,3 u, bei Pl. reticulatum A,38—5,11 u, nicht selten aber auch fast den doppelten Durchmesser. Diese besonders großen Kerne enthalten häufig alsdann nicht ein, sondern zwei Nucleolen und sind zuweilen durch eine mediane Furche eingeschnürt, so dass es den Anschein hat, als ob sie im Be- griffe ständen, sich zu theilen. Diese Plasmamasse ist jedoch nicht nur individuell von verschie- den großer Ausdehnung, sondern fehlt manchen Exemplaren vollständig (Vorticeros auriculatum, Pl. reticulatum), an ihrer Stelle finden sich alsdann Kopfdrüsen von gewöhnlichem Baue. | Bei den beiden letztgenannten Plagiostomiden nahm ich wahr, dass sich aus dieser Plasmamasse Plasmapartien um einen Kern ab- grenzen, und dass alle Übergänge von diesen zu vollkommen sicheren Drüsenzellen vorhanden sind (Taf. XII, Fig. 5 &’, «”). Es ist demnach nicht unwahrscheinlich, insonderheit wenn wir den Umstand berücksichtigen, dass es Individuen giebt, bei denen an Stelle dieser Plasmamasse wohldifferenzirte Drüsenzellen vorhanden sind, dass dieselbe in Drüsenzellen zerfällt. Ob nun die ganzen Kopfdrüsen aus einer solchen kernhaltigen Plasmamasse überhaupt ihren Ursprung nehmen, wird sich durch Untersuchung sehr junger Thiere wohl entscheiden lassen — leider haben mir keine solchen bis jetzt vorgelegen. Ähnliche Plasmapartien finden sich auch, aber in weit geringerer Ausdehnung, bei Vorticeros auriculatum auf der Bauchfläche zwi- schen den wohl ausgebildeten und zahlreichen Hautdrüsen (Taf. XII, Fig. 22 x). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 45 916 Ludwig Böhmig, Pharynx. v. GRAFF! war es, welcher in seiner berühmten Monographie der rhabdocölen Turbellarien darauf hinwies, dass der Bau des Pharynx in dieser Gruppe ein sehr mannigfaltiger ist, und dass derselbe eine systematische Bedeutung besitzt, wie sie in ähnlicher Weise nur noch dem Geschlechtsapparate zukommt. Die eingehenden Untersuchungen v. Grarr's lehrten, dass in der Gruppe der Alloiocölen zwei der von ihm aufgestellten Typen des Pharynx vertreten sind, der Pharynx variabilis und der Pharynx plica- tus. Nur die erstgenannte Form wird uns hier zunächst beschäftigen, den zweiten Typus finden wir unter den Rhabdoeöliden allein bei den Monotiden und Pl. bimaculatum. Alle alloiocöle Tur- bellarien also, mit Ausnahme der Monotiden und des Plagio- stoma bimaculatum, besitzen einen Pharynx variabilis. Mit Recht nannte v. Grarr den Plagiostomiden-Pharynx den veränderlichen. Keine der übrigen Formen ist solchen Veränderungen in Gestalt und Größe und Struktur unterworfen wie diese. Jede Spe- cies fast besitzt ihren eigens geformten Pharynx, so dass oft ein Längs- schnitt genügt, um zu bestimmen, mit welcher Art wir es zu thun haben. Die Mundöffnung aller bisher untersuchten Alloioeölen liegt auf der Bauchfläche mit Ausnahme des nur wenig gut bekannten Plagio- stoma planum, bei welchem sie genau am vorderen Körperpol ge- legen sein soll. Bald finden wir sie dem Vorderende sehr genähert, Plagiostoma Lemani, bald dem Hinterende, Monoophorum striatum. Ausnahmslos führt sie in eine Schlundtasche, deren Länge sehr verschieden ist. Unter Länge der Schlundtasche verstehe ich die Ent- fernung der Mundöffnung von der Anheftungsstelle der Pharyngeal- tasche am Pharynx. Ihre Länge ist von drei Faktoren abhängig: 1) von der Länge des Pharynx, 2) von der Entfernung des eigentlichen Mundes vom Pharynxmund und 3) von dem Umstande, ob sich die Schlund- tasche näher dem Darmmund oder Pharynxmund am Pharynx anheftet. Eine sehr bedeutende Länge (natürlich im Verhältnis zur Größe des Thieres) besitzt die Schlundtasche bei Cylindrostoma quadrio- culatum (298 u), Gylindrostoma Klostermannii (150 «) und Vorticeros auriculatum (185 u). Relativ am kleinsten ist sie bei Plagiostoma Lemani. 1 v. GRAFF, 1. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. a Werfen wir einen Blick auf die untenstehenden Holzschn. III— VII, welche sich auf das Verhältnis der drei erwähnten Punkte zu einander beziehen, so sehen wir, dass sich die Schlundtasche sehr nahe dem Darmmunde anheftet bei den beiden Cylindrostomiden (Holzschn. II und IV), ferner bei Vorticeros aurieulatum (Holzschn. V). Das- selbe gilt auch für Plagiostomasulphureum, retieulatum und > Fig. IN. Fig.!IV. IN N N T a > N ‘x N N RN Sı\ \ N N q N RN N TRY N U N > N N N N N NN RN \ NN N Fig. V. Fig. VI. Monoophorum striatum. Kurz unterhalb der halben Pharynxlänge finden wir die Insertionslinie bei Plagiostoma Girardi maj. (Holz- schnitt VII), während sie bei Plagiostoma Lemani sehr dem Pha- rynxmunde genähert ist (Holzschn. VI). Sehr auffallend ist der Unterschied der Entfernung der Mundöffnung vom Pharynxmund bei den beiden Species von Cylindrostoma. Wäh- rend diese Entfernung bei Gylindrostoma Klostermannii etwa nur 28 u beträgt, misst sie fast das Fünffache, nämlich 135 u, bei Gylin- drostoma quadrioculatum (Holzschn. III und IV). ! Übrigens sei bemerkt, dass die Größe der Schlundtasche bei den 255 318 Ludwig Böhmig, einzelnen Species Schwankungen unterworfen ist, die abhängig sind von der etwas variablen Größe des Pharynx, und dass weiterhin z. B. bei Vorticeros aurieulatum die Anheftungsstelle der Pharyngeal- tasche dem Darmmunde näher liegt auf der dorsalen Seite als auf der ventralen. Die Wandung der Schlundtasche besteht aus einem Epithel und einer Muscularis. In dieser Epithelschicht, welche übrigens meist nur schwierig sichtbar ist, lassen sich weder Zellgrenzen noch Zellkerne mehr nachweisen. Sie macht den Eindruck eines zarten Häutchens und ist eine direkte Fortsetzung des Körperepithels. Die Museularis besteht aus zwei Schichten, aus Sonne 7 Ring- und Längsmuskeln, doch Ulm Im fe i F i I / sind beide meist ebenfalls sehr / schwach entwickelt. Ob die äußere Schicht immer aus Ring-, die innere aus Längsmuskeln gebildet wird, kann ich nicht mit Bestimmtheit behaupten; bei Plagiostoma bimaculatum scheint das umgekehrte Verhält- nisobzuwalten. Die Form- und Größenver- hältnisse des Alloiocölen- Fig. VII. pharynx sind recht mannig- faltige zu nennen. Durch seine Tonnengestalt nähert sich der Pharynx von Plagiostoma Lemani und Girardi äußerlich dem Pharynx doliiformis der Vorticiden, während sich andererseits der schlauch- oder eylinderförmige Pharynx von Monoophorum striatum und den Cylindrostomiden dem Pharynx plicatus der Monotiden und weiterhin der Trieladen an- schließt. Mehr oder weniger kegelförmig gestaltet ist der Schlundkopf von Plagiostomasulphureum, siphonophorum, dioicum, reti- culatum und Vorticeros auriculatum. Der Pharynx mancher Individuen von Pl. maculatum nähert sich mehr der Tonnengestalt, während er bei anderen ausgesprochen hauben- oder glockenförmig geformt erscheint. An Größe des Schlundkopfes übertrifft Pl. Lemani sämmtliche anderen untersuchten Arten, Pl. bimaculatum ausgenommen, wel- ches in dieser Hinsicht mit Pl. Lemani rivalisiren kann. Auch Pl. maculatum ist durch einen großen Pharynx ausgezeichnet, er erreicht Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 219 hier fast !/, der Körperlänge. Als Gegensätze sind Pl. sulphureum und retieulatum zu erwähnen. Alle Varietäten des Pharynx variabilis besitzen als gemeinsames Merkmal, welches sie allerdings mit dem Pharynx doliiformis und rosu- latus theilen, dass ein muskulöses Septum, eine Muskelschicht vorhan- den, die das Innere des Pharynx von dem Körperparenchym trennt (der Ausdruck Leibeshöhle, welchen v. Grarr anwendet, ist nach dem, was ich über das Parenchym gesagt, unzulässig), und dass die am Aufbau betheiligten Muskelschichten stets eine bestimmte Anordnung zeigen, eine Anordnung, die zuerst durch v. Grarr bei Plagiostoma Lemani und Girardi erkannt und von ihm als dem Pharynx varia- bilis eigenthümlich beschrieben wurde. Betrachten wir einen Schnitt durch den Pharynx irgend einer Plagiostomiden-Species, so finden wir von außen nach innen fort- schreitend: Ring- (arm), Längs- (alm), Ring- (irm), Längsmuskeln (:ilm) (Holzschn. VII). Diese Schichtenfolge unterliegt jedoch an einem gewissen Theil der Pharynxoberfläche einer Veränderung. Diese wird bedingt durch den sogenannten Schichtenwechsel, welcher bei dem Pharynx varia- bilis nicht am Pharynx- und Darmmunde eintritt, sondern einerseits gewöhnlich in der Höhe der Anheftungsstelle der Pharyngealtasche am Pharynx, andererseits an einem von diesem möglichst entfernten Punkt in der Nähe einer der beiden Pharynxöffnungen stattfindet. So erfolgt z. B. bei Plagiostoma Lemani der Schichtenwechsel einmal am Darmmunde(Holzschn. VIII), das zweite Mal an der Anhef- 1 tungsstelle der Schlundtasche (Holzschn. VIIIx), also in eini- ger Entfernung vom vorde- ren Ende des Pharynx. Die Schichtenfolge zwischen dem Pharynxmund und der In- sertion der Schlundtasche ist Fig. VIIL demgemäß: Längs-, Ring-, Ring-, Längsmuskeln. Hinter der Insertionsstelle finden wir die typi- sche Anordnung. Bei Plagiostoma maculatum findet der Schichtenwechse I © / \, 220 Ludwig Böhmig, einmal in der Nähe des Darmmundes (Insertionsstelle der Pharyngeal- tasche), das andere Mal in der Nähe des Pharynxmundes aber innerhalb des Pharynxlumens statt. Während für eine Reihe von Alloiocölen die von v. GRAFF ange- gebene Folge der Muskelschichten ohne Schwierigkeit konstatirt werden kann (hierher gehören Monoophorum striatum, Cylindrostoma quadrioculatum und Klostermannii, PlagiostomaLemani, maculatum) scheint es für die übrigen fraglich, ob das v. Grarr'sche Schema immer zutrifft, und zwar sind es die äußeren beiden Muskel- lagen, für welche ich ein abweichendes Verhalten beobachtete. Merk- würdigerweise ist es gerade Pl. Girardi, welche Form von v. GRAFF als typisch hingestellt worden ist, bei welchem mir zuerst Zweifel auftauchten. Bei diesem Turbellar zeigten mir manche Präparate als äußerste Schicht Ringmuskeln, manche Längsmuskeln, an anderen endlich schie- nen sich beide Schichten zu kreuzen, so dass ich überhaupt nicht in der Lage war zu sagen, welche Schicht die oberflächlichste.. In Holz- schnitt VII habe ich einen Schnitt abgebildet, der von einem Präparate stammt, welches an dem frei in die Schlundtasche ragenden Theile des Pharynx deutlich als äußerste Schicht Längsmuskelm (alm) erkennen ließ, während bei der Mehrzahl der untersuchten Thiere Ringmuskeln diese Lage einnahmen. Gleiche Schwierigkeiten ergeben sich auch bezüglich der äußeren Muskelschichten des Pharynx von Pl. sulphureum. Bei dieser Spe- cies schien mir eine äußere Längsmuskelschicht sogar konstant. Mög- licherweise handelt es sich hier um Muskelzüge, welche der Wandung der Pharyngealtasche entstammen, sich an der Anheftungsstelle auf den freien Theil des Pharynx umschlagen und so zu Täuschungen An- lass geben. An dem kleinen überhaupt muskelschwachen Pharynx von Plagi- ostoma reticulatum ließen sich die äußeren Längsmuskeln einmal überhaupt nicht nachweisen, ein andermal waren die beiden Schichten so.eng verflochten und dünn, dass es unmöglich war, eine von ihnen als äußere oder innere zu bezeichnen. Zwischen der äußeren und inneren Muskellage (der, welche die Oberfläche, und derjenigen, welche das Lumen des Pharynx begrenzt) spannt sich, den Pharyngealraum durchsetzend, das System der Radiär- muskeln aus (Holzschn. VII u. VIII rdın). Am reichsten entwickelt, wie esähnlich sonst nur im Pharynx der Vortieiden zu finden ist, sind sie bei Plagiostoma Lemani (Taf. XIV, Fig. 6 rdm). Und nicht nur durch die Zahl dieser Muskeln finde ich den Pharynx dieses Thieres ausge- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 2231 zeichnet, sondern auch, wie ich im Gegensatz zu v. GrAFF bemerke, durch die Dicke derselben. Recht zahlreiche, allerdings zarte Radiär- muskeln im Schlundkopfe besitzen ferner Plagiostoma Girardi, dioieum, Monoophorum striatum, Gylindrostoma quadri- oculatum und Klostermannii, während sie bei Plagiostoma sulphureum, retieulatum und siphonophorum nur sehr spär- lich entwickelt sind. Wie bedeutend der Diekenunterschied dieser Mus- keln bei den einzelnen Species, illustrirt am besten ein Beispiel. Der Querdurchmesser derselben bei Plagiostoma dioicum beträgt etwa nur 0,7 u, bei Plagiostoma Lemani hingegen das 6—11 fache, nämlich 3,84— 7,68 u. Die geringe Dicke der Radiärmuskeln erschwert ein eingehendes Studium derselben wesentlich ; was wir des Genaueren darüber wissen bezieht sich auf das Verhalten derselben bei Plagiostoma Lemani, doch vermuthe ich, dass sie sich bei den übrigen Formen nicht wesent- lich anders verhalten. Es sind glatte Muskelfasern, welche sich, wie durch v. Grarr?! und Dupıessıs ? bekannt ist, an ihren Enden reich verästeln. An dem, dem Lumen des Pharynx zugewandten Ende. ist diese Verästelung eine weitaus reichere als an dem entgegengesetzten, die einzelnen Ästchen sind demgemäß dort auch weit dünner und feiner. Kerne habe ich an den sich nur wenig färbenden Fasern nicht mit Sicherheit auf- finden können. Zuweilen liegen ihnen solche allerdings dicht an, allein es ist immerhin möglich, dass es sich dabei um Bindegewebskerne handelt. An der Innenwand des Pharynx durchsetzen die feinen, durch die Verästelung entstandenen Fäserchen die Ring- und Längsmuskel- schichten und inseriren sich an einem feinen, strukturlosen, scharf kontourirten Häutchen (Taf. XIV, Fig. 6c). Muskeln, welche nur bei einzelnen Arten auftreten, und welche wohl nur als besondere Anpassungen zu betrachten sind, wie z. B. ein Museulus sphineter am vorderen Ende des Pharynx von Plagiostoma Lemani, Längsmuskelzüge, die das Innere des Schlundkopfes durch- ziehen, wie solche bei Plagiostoma Girardi und Gylindrostoma quadrioculatum auftreten, werde ich im speciellen Theile zu er- wähnen haben. Der größte Theil des von den Radiärmuskeln durchzogenen Raumes, die Pharyngealwandung, wird erfüllt von Drüsenzellen und Bindege- ! v. Grarr, Über die systematische Stellung des Vortex Lemani Duplessis. Diese Zeitschr. Bd. XXV. Supplementband. 1875. 2 Dupusssis, ]. c. 2323 Ludwig Böhmig, webe. Dort, wo die ersteren stark entwickelt sind, tritt natürlich das letztere zurück und umgekehrt. Fast bei allen der in Betracht kommenden Alloiocölen fand ich den Pharynx ungemein reich an Drüsen; eine Ausnahme macht Pla- giostoma Lemani, bei welchem ich auf meinen Präparaten auch nicht eine Drüsenzelle konstatiren konnte, hier erfüllt Parenchymge- webe den ganzen, von den Radiärmuskeln frei gelassenen Pharyngeal- raum. Bei den beiden Cylindrostoma-Species bildet das Bindege- webe nächst den Muskelwandungen eine immerhin noch ansehnliche Schicht, die Drüsen sind hier auf eine mittlere Zone beschränkt (Taf. XIV, Fig. 4). Sehr reducirt ist dasselbe hingegen bei den Plagiostoma-. Arten, Vorticeros auriculatum und Monoophorum striatum (Taf. XIV, Fig. 1, 3, 5, 2,7). Im Allgemeinen müssen wir solche Drüsenzellen unterscheiden, die innerhalb des Pharynx selbst liegen (Pharyngealzellen v. GRaArF's), und solche, die sich außerhalb des Pharynx finden, deren Ausführungs- gänge aber in den Pharynx eintreten und am vorderen Rande des- selben oder innerhalb seines Lumens ausmünden. Diese beiden Drü- senarten unterscheiden sich häufig auch durch das Sekret, welches sie produeiren, besitzen also auch wahrscheinlich eine verschiedene funk- tionelle Bedeutung. Die eigentlichen Pharyngealdrüsen verhalten sich nun entweder gleich gegen Reagentien, oder es lässt sich auch hier ein Unterschied konstatiren, der schon äußerlich durch bedeutende Größenunterschiede markirt werden kann. In der ausgesprochensten Weise habe ich ein derartiges Verhalten bei Vorticeros aurieulatum aufgefunden, dessen Pharynx zwei an Größe sehr verschiedene Drüsenzellen ent- hält, die auch verschieden sich färbende Sekrete bilden (Taf. XIV, Fig. 2 phdr und phar’). Nerven innerhalb des Pharynx habe ich allein bei Plagiostoma Girardi aufgefunden (Taf. XIV, Fig.3 phn), es gelang mir jedoch nicht, die Verbreitung dieser Nerven genauer zu erforschen. Sowohl das Lumen des Pharynx, als auch dessen äußere Oberfläche wird von einer Epithelschicht überzogen, die bald sehr deutlich ist und Kerne enthält (Monoophorum striatum), bald aber eben nur noch nachweisbar ist. Zwischen dieses Epithel und die unter diesem liegenden Muskel- schichten schiebt sich, ob bei allen Formen weiß ich nicht, so doch bei einigen (Monoophorum striatum, Cylindrostoma Kloster- mannii) ein zartes strukturloses Häutchen ein, welches den Radiär- muskeln zur Insertion dient. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien, Il. 223 v. Grarr ! hat bekanntlich, wie schon erwähnt, den Namen »Pharyn- gealzellen« für die den Pharynx simplex umstellenden zahlreichen Zellen, sowie für die Zellen, welche wir innerhalb des Pharynx compositus finden, gebraucht. v. Grarr weist dabei auf zwei Punkte hin, welche nach seiner Ansicht von Bedeutung sind: 1) »Sind die Pharyngealzellen von Convoluta, Microstoma und Macrostoma homolog den Pharyn- gealzellen der übrigen Rhabdocöliden, oder aber den Speicheldrüsen dieser letzteren%« 2) »Sind die im Pharyngealraum des Pharynx com- positus eingeschlossenen Zellen Bindegewebszellen, oder aber umge- wandelte und ihrer sekretorischen Funktion und damit ihrer Ausfüh- rungsgänge verlustig gegangene Speichel- oder Hautdrüsen % Unter Speicheldrüsen versteht v. Grarr jene Drüsen, die bei den mit einem Pharynx compositus versehenen Rhabdocöliden »ent- weder vor oder hinter dem Pharynx angebracht« sind und demnach »entweder in die Pharyngealtasche oder in den Anfang des Darmes resp. da, wo sich dieser an den Pharynx inserirt«, münden. Drüsen, welche entweder in die Pharyngealtasche, oder aber in den Anfangstheil ge Darmes münden, habe ich bei den von mir untersuchten Alloioc ölfen und auch bei gelegentlich untersuchten anderen Rhabdocöliden (Vortex n.sp.,Mesostoma Graci) nicht konstatiren können. Alle jene Drüsenmassen, die wie ein Kranz den Anfangstheil des Darmes um- geben, v. Grarr erwähnt z.B. Monoophorum striatum, münden nicht in diesen, sondern es treten entweder ihre Ausführgänge in den Pharynx ein, um ihr Sekret in das Lumen desselben zu entleeren, oder ‚es ziehen dieselben bis zur Mundöffnung. Ich kann von diesen Drüsen mit dem Namen »Speicheldrüsen« also nur jene belegen, deren Ausführgänge in den Pharynx eintreten. Die innerhalb des Pharynx, im Pharyngealraum gelegenen »Pha- ryngealzellen«, für deren »bindegewebige Provenienz« v. GRAFF eintritt, sind meines Erachtens nach ihrem ganzen morphologischen Verhalten (Besitz eines deutlichen Ausführungsganges, welcher von v. Grarr über- sehen wurde, meist intensive Tinktion mit geeigneten Tinktionsmitteln, wie z. B. Hämatoxylin, durch welche fast alle Drüsensekrete intensiv, Bindegewebe aber nur schwach gefärbt werden) entschieden als Drüsen- zellen in Anspruch zu nehmen, und wir können sie auch als Speichel- drüsen bezeichnen, wie die in der Umgebung des Darmanfanges ge- legenen. Es ist demgemäß nicht unwahrscheinlich, dass sie den Pharyngeal- zellen der Convoluten, Microstomeen und Macrostomeen, für deren Drüsennatur auch v. Grarr eintritt, homolog sind; möglich ! v. Grarr, Monographie der Turbellarien. 1. 994 Ludwig Böhmig, auch, dass die »Pharyngealzellen« der mit einem Pharynx simplex ver- sehenen Formen sowohl die »Pharyngealzellen« als auch die »Speichel- drüsen« derjenigen Rhabdocöliden umfassen, die einen Pharynx compo- situs besitzen. Der Ansicht v. Inerıng’s!, dass sowohl die Pharyngealzellen der Apharyngeen als der Pharyngeen Bindegewebszellen homolog sind, kann ich aus den oben angeführten Gründen nicht beistimmen, eben so wenig vor der Hand der von O. ZacuArıas? geäußerten Meinung, dass bei Microstoma »in jenen kernhaltigen Schlauchzellen (Pharyn- gealzellen) der Exkretion dienende Gebilde zu erblieken sind, die nicht das Mindeste mit der Verdauungsfunktion als solcher zu schaffen haben«. Die von Zacnarıas angeführten Gründe (Art und Weise, wie die Microstomeen ihre Beute verschlingen, die außerordentlich reiche Verästelung der vorderen Enden der beiden Hauptstämme des Wasser- gefäßsystems zwischen und über dem Pharyngealzellenkomplexe) sind durchaus nicht stichhaltige. Bisher habe ich nur erwähnt, dass der Pharynx von Plagiostoma bimaculatum kein Pharynx variabilis ist im Sinne v. GrArF's. Die beiden wesentlichsten Unterschiede bestehen in dem Mangel eines vollständigen Abschlusses vom Körperparenchym durch ein mus- kulöses Septum und in der wesentlich. abweichenden Anordnung der Muskulatur. Da eine genaue Kenntnis des Baues nothwendig zur Beurtheilung und zum Vergleich mit anderen Pharynxtypen ist, so werde ich sogleich eine detaillirte Beschreibung dieses Pharynx geben und nicht wie bei den übrigen Formen erst im speciellen Theile der Arbeit. Der Pharynx, dessen Länge mehr als den vierten Theil der Kör- perlänge beträgt, ist von hauben- oder helmförmiger Gestalt (Holz- schnitt IX). Sein vorderer konvexer Rand steigt steil empor, biegt um und fällt in sanfter Krümmung nach hinten ab. Die größte Höhe er- reicht er im vorderen Drittel, von wo dieselbe stetig abnimmt. Das hintere Ende bildet eine stumpfe Spitze. Die Wandungen dieses Helmes sind so ungemein dick, dass für das Lumen nur ein verhältnis- mäßig schmaler Spaltraum (Taf. XIV, Fig. 9) übrig bleibt. Auch der Pharynxmund stellt sich dar als eine lange aber schmale Spalte. Die das Pharyngeallumen bildende Spalte ist aber nicht einfach, sondern 1 v. Inerıng, Graffilla muricicola, eine parasitische Rhabdocöle. Diese Zeitschr. Bd. XXXIV. 2 Orro ZacuArıas, Das Wassergefäßsystem bei Microstoma lineare. Zool. Anz. 8. Jahrg. Nr. 196. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II, 22 es dringen von ihr schmale Seitenspalten in die Pharyngealwand (Taf. XIV, Fig. 8), welche sich ihrerseits wiederum gabeln können. Wenn wir einen etwas trivialen Vergleich gebrauchen, können wir das Pharyngeallumen mit einem engen Thale vergleichen, von dem blind endigende Seitenthäler ausgehen, alle umgeben von mächtigen Wänden. Wie aus dem Schema (Holzschnitt IX) ersichtlich, hat der Pharynx eine schräge Lage, sein größter Durchmesser ist nicht parallel der Längsachse des Thieres, sondern schneidet sich mit der- selben unter einem spitzen Winkel. Zerlegen wir ein Thier in Quer- schnitte, welche senkrecht auf der Längsachse des Thieres stehen, so erhalten wir folgende Querschnittbilder des Pharynx: Sämmtliche zwischen «a und «’ liegenden Schnitte sind solid, d. h. sie zeigen noch nichts vom Pha- ryngeallumen. Die auf sie folgenden zwi- schen a’ und b liegenden, zeigen einen nach oben von der inneren Pharynxmuskulatur überdeckten, geschlossenen Spalt (Taf. XIV, Fig. 8). Oben und unten offen ist derselbe auf der Strecke b b’, während die zwischen b’ und c liegenden nach unten vollständig Ba | geschlossen sind (Taf. XIV, Fig. 9);zwischn uw d 35 cr ce und c’ verschwindet das Lumen wieder Fig, IX, vollständig. Wesentlich ‘anders würden _ diese Querschnittbilder natürlich ausschauen, wäre die Schnittführung eine senkrechte zur größten Achse des Pharynx, praktisch ausführbar dürfte dies jedoch nur durch Zufall sein. Die Untersuchung von Querschnitten lässt weiterhin erkennen, dass sowohl die äußere als innere Fläche des Pharynx gefaltet sind, wo- durch eben die früher erwähnten Seitenspalten des Pharyngeallumens bedingt werden, und dass weiterhin ein großer Theil der inneren Muskelschichten die äußeren, an welche sich die Pharyngealtasche inserirt, überragt (Fig. 9). Im Holzschnitt IX wird die Höhe der äuße- ren Wandung und somit die Insertion der Schlundtasche am Pharynx durch die Linie e e’ markirt. Die in sich zurücklaufende Linie ff’ f be- zeichnet die obere Pharyngealöffnung. Querschnitte, welche in das vordere Drittel des Pharynx fallen, lassen als äußerste Muskelschicht Ringfasern erkennen, die eine ziemlich gleichmäßig ca. 3 u dicke Lage bilden. Die auf sie folgende Längsmuskellage nimmt von ihrem Anfangspunkt an, d. i. die Insertion der Pharyngealtasche gegen den freien unteren Rand hin, stetig an Mächtigkeit zu (Fig. 8alm, von almX 226 Ludwig Böhmig, —almX“*), seitlich vom Eingang in den Pharyngealspalt erreicht sie ihr Maximum. Hier besitzt sie eine Breite von ca. 30 u und besteht aus Muskel- bündeln von dem genannten Breitendurchmesser. Diese Muskelbündel werden gebildet von im Querschnitt elliptischen Muskelfasern, deren gegenseitige Abgrenzung jedoch stellenweise verwischt ist. Die innere, das Pharyngeallumen umgebende Muskellamelle besteht aus den bei- den Schichten, Ring- und Längsmuskeln (irm, lm). Im Vergleich zu den cirkulären Fasern sind die Längsmuskeln nur schwach entwickelt. Die ersteren bilden fünf bis sieben koncentrisch verlaufende Schichten (Fig. 8 irm), welche nicht selten durch ansehnliche Zwischenräume von einander getrennt sind. Gegen den Rand des Pharynx nehmen beide Schichten, besonders die Ringmuskeln, an Mächtigkeit ab, und es findet kurz oberhalb des Pharynxmundes der Schichtenwechsel statt. Diese Art der Anordnung der Muskulatur ist für einen Pharynx variabilis die typische, jedoch ändert sie sich alsbald. In Fig. 9 sehen wir einen Schnitt durch den Pharynx aus der Gegend zwischen b und d (Holzschnitt IX). Die äußerste Schicht wird jetzt von Längsmuskeln gebildet, auf welche Ringmuskeln folgen (Fig. 9 alm und arm), die sich genau so verhalten, wie früher die Längsmuskeln, d. h. diese Muskel- schicht ist am dünnsten an der Insertionsstelle der Pharyngealtasche (Pht) und nimmt gegen den ventralen Theil des Pharynx stetig an Mächtigkeit zu. Die inneren Längsmuskeln (im) sind nun auch mehr- schichtig geworden, die Ringmuskeln (irm) waren es schon im vorder- sten Theile des Pharynx (Fig. 9 irm und ılm). Diese beiden Schichten liegen jedoch nicht mehr einfach neben einander, sondern es wechseln Lagen von Längs- und Ringmuskeln ziemlich regelmäßig mit einander ab. Ich kann auch nicht mit vollständiger Bestimmtheit sagen, ob die innerste, dem Epithel des Pharyngeallumens zunächstliegende Schicht, immer von Längsmuskeln gebildet wird, stellenweise schien sie aus Cirkulärfasern zu bestehen. Die Umlagerung der Schichten tritt jedoch nicht plötzlich ein, son- dern erfolgt allmählich. Zwischen den beiden Gebieten, wo die Anord- nung der Muskulatur eine in der einen oder anderen Weise ausge- sprochen scharfe ist, finden wir eine Strecke, wo dieses nicht der Fall. Außerdem vollzieht sich die Verlaufsänderung bei der äußersten Schicht (Fig. 8 arm, Fig. 9 alm) früher als bei der ihr folgenden (Fig. 8 alm, Fig. 9 arm). Ehe wir weiter auf diese Verhältnisse eingehen können, müssen wir den Radiärmuskeln einige Aufmerksamkeit widmen. Im Gegensatz zu anderen Alloiocölen ist die Vertheilung der Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. Wo Radiärmuskeln innerhalb des Pharynx keine gleichmäßige, in manchen Partien fehlen sie vollkommen. An einem Pharynx von Plagiostoma bimaeculatum, den ich in 83 Querschnitte von !/a9u mm Dicke zer- legt hatte, traten die Radiärmuskeln erst im 25. Schnitte, also ca. 125 « vom Vorderrande entfernt auf. Zuerst waren sie nur vereinzelt, nahmen aber dann sehr rasch an Zahl zu und verschwanden wiederum vollständig ca. 15 « vom Hinterende des Pharynx entfernt. Die Form, in der diese Muskeln auftreten, ist eine zweifache. Ein- mal stellen sie sehr dünne, gerade, sich nicht verästelnde (Fig. 9 rdm), das andere Mal aber dicke, gebogene Fasern dar, die sich an beiden Enden reich verästeln und sich häufig zu dicken Bündeln vereinigen (Fig. 9 rdm’). Diese letzteren haben auch zumeist einen schrägen von hinten nach vorn gerichteten Verlauf. In Folge der reichen Verästelung kommt nun sowohl an der inneren wie äußeren Fläche des Pharynx ein ungemein reiches und dichtes Fasergeflecht zu Stande. Ein Theil der Fasern, sicher alle jenen dünnen (rdm Fig. 9), heften sich an dem Pharynxepithel an. Eine Reihe meiner Präparate deutet nun aber darauf hin, dass ein großer Theil der Radiärmuskeln nicht Radiärfasern in dem gewöhn- lichen Sinne des Wortes sind, d. h. dass diese Muskeln nicht einfach zwischen der äußeren und inneren Muskellamelle ausgespannt sind, sondern dass ihr Verlauf ein weit komplicirterer ist. Untersuchen wir Schnitte aus dem hinteren Theil des Pharynx, so können wir häufig wahrnehmen, dass Muskelbündel, welche der äußeren Längsmuskel- schicht (Fig. 8 alm), und zwar insbesondere dem unteren Theil der- selben angehören, nach innen umbiegen, und in gewöhnlich schräger Richtung die Pharynxwand durchsetzen. Nahe der inneren Muskel- lamelle ändern sie die Richtung, sie verlaufen jetzt wie Cirkulärfasern (Fig. 9 erm’), nur mit dem Unterschiede, dass sie nicht in die andere Seite des Pharynx überbiegen. Wie ich schon erwähnt, und wie aus Fig. 9 leicht ersichtlich, ist die innere Längsmuskelschicht (im) in diesem Theil des Pharynx, besonders in den dorsalen Partien desselben, sehr stark entwickelt und mehrschichtig. Es ist mir sehr wahrschein- lich, dass die ersterwähnten ceirkulären Muskelfasern (irm’) abermals ihre Verlaufsrichtung ändern, um als Längsmuskeln (ilm Fig. 9) eine Strecke weit nach hinten zu ziehen. Es geht weiterhin mit einiger Sicherheit aus meinen Präparaten hervor, dass Längsmuskelbündel der inneren Schicht (ilm) in scharfer Biegung sich nach der Seite wenden, als falsche Radiärmuskeln (rdm’) die Pharynxwand durchsetzen und sich an der Bildung der mächtigen äußeren Ringmuskelschicht (Fig. 9 arm) im hinteren Theile des Pharynx betheiligen. Außerdem kann wohl 338 Ludwig Böhmig, auch ein direktes Übergehen von eirkulär verlaufenden Fasern der äußeren Schicht des hinteren Abschnittes (Fig. 9 arm) in die Längs- muskeln (Fig. 8 alm) des unteren Theiles statthaben, doch ist mir für den größten Theil’ der oben geschilderte komplieirte Verlauf wahr- scheinlich. | Direkt dem Verlauf eines solchen Muskelbündels zu folgen ist natür- lich unmöglich. — Es ist von mir bereits kurz erwähnt worden, dass der Pharynx auf seiner dorsalen Seite durch kein Muskelseptum von dem Körperparenchym getrennt wird. Untersuchen wir Schritt für Schritt den Pharynx einer Quer- schnittserie, so finden wir im vorderen Dritttheil des Pharynx (auf einer Strecke von ca. 145 u) in der That eine vollkommen ungehinderte Kommunikation zwischen dem Gewebe der Pharyngealwand, das zum großen Theil aus Bindegewebe besteht, und dem Körperparenchym. Im zweiten Drittel begegnen wir einzelnen Muskelbündeln, welche von der Anheftungsstelle der Pharyngealtasche, also dem zumeist dor- salwärts gelegenen Punkte der äußeren Muskelwand, zur inneren Muskellamelle des Pharynx ziehen. Diese Muskelbündel (Fig. 9 rdm”), die aus radiären Fasern bestehen, sind anfänglich durch größere Zwischenräume getrennt, erst in der zweiten Hälfte des Pharynx folgen sie in kürzeren Abständen auf einander. Gegen das Hinterende neh- men wiederum die Abstände an Größe zu und im hintersten Theil fehlen diese Muskelbündel wieder vollkommen. Die in Rede stehenden Muskelbündel bestehen aus Fasern, die man als Fortsetzungen der äußeren resp. inneren Ring- und Längsmuskelschichten auffassen muss. Querdurchschnittene Muskelbündel findet man ebenfalls hin und wieder, und es lag der Gedanke nahe diese als Längsmuskel- fasern anzusprechen, doch eine eingehende Untersuchung ergab, dass es sich in der That nur um etwas schräg verlaufende Muskelbündel handelte; wir finden diese Muskelquerschnitte nur hin und wieder, und nie an Stellen, denen die querverlaufenden Muskeln rdm” mangeln. Müssen wir diesen Muskeln rdm” eine besondere Bedeutung zu- messen, sind sie vielleicht Reste eines vollständigen dorsalen Muskel- septums, das aus irgend einem Grunde auf einzelne solche getrennt verlaufende Muskelbündel reducirt wurde? Ich halte das für sehr wenig wahrscheinlich. Diese Muskelbündel sind meines Erachtens vielmehr nur die am meisten dorsalwärts gelegenen, die Pharyngealwand durchsetzenden Faserzüge, welche durch den eigenthümlich komplieirten Verlauf der Muskeln dieses Pharynx bedingt sind. Folgen wir noch einmal dem Verlaufe zweier Muskelbündel, von Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. = 22 denen eines innerhalb der äußeren Muskelschicht sehr ventral, das andere mehr dorsal gelegen ist, und welche der äußeren Ringmuskel- schicht (Fig. 9 arm) des hintersten Abschnittes angehören sollen, von hinten nach vorn. Beide Muskelbündel biegen zunächst nach innen um und durch- setzen die Pharyngealwand als falsche Radiärfasern. Haben wir das dorsale Bündel hoch genug gewählt, so muss es natürlich das sein, welches scheinbar einen Theil eines dorsalen Muskelseptums bildet. Beide Bündel biegen dann nach vorn, und ziehen als scheinbare innere Längsmuskeln nach vorn. Da aber der größte Theil der inneren Längs- muskeln dem dorsalen Theil des Pharynx angehört, so ist es wahr- scheinlich, und einige Präparate deuten darauf hin, dass die mehr ventral gelegenen falschen Radiärmuskeln erst in der inneren Muskel- wand nach oben ziehen und so den Eindruck von Ringmuskeln her- vorrufen. Sie biegen dann ebenfalls um und ziehen nach vorn. Im vorderen Drittel des Pharynx durchsetzen sie dann wiederum die Wan- dung des Pharynx (jetzt natürlich im entgegengesetzten Sinne als das erste Mal), biegen dann nach vorn um und bilden nun einen Theil der äußeren mächtigen Längsmuskelschicht (Fig. 8 a/m). Die Wandung des Pharynx besteht, abgesehen von den Muskeln, aus Bindegewebe, Drüsen und deren Ausführungsgängen. Die Pha- ryngealdrüsen (phdr Fig. 8 und 9) sind zwar im ganzen Pharynx vorhanden, besonders aber im vorderen Theile angehäuft. In diesem ' sind sie schmal und fast parallel angeordnet. Ihre Ausführgänge ver- laufen ebenfalls anfänglich parallel zu einander, konvergiren dann und münden in das Pharyngeallumen dicht oberhalb des Pharynx- mundes. Die Gestalt dieser Drüsen ist keulen- oder birnförmig; ihr ‚ — Längendurchmesser schwankt zwischen 18 u und 30 u, der Querdurch- messer beträgt im Mittel 6 u. Gegen die Muskelschichten zu sind sie im Durchschnitt weniger lang, aber dafür breiter. Das Drüsenplasma selbst ist sehr feinkörnig, fast homogen und färbt sich nur wenig; das Sekret besteht aus Körnchen, welche mit Farbstoffen spec. Pikrokarmin eine tiefrothe Tinktion annehmen. Die sich stets stark färbenden Kerne sind in den mehr länglichen Drüsen von elliptischer, in den breiteren von kugeliger Gestalt. Stets war ein großes, von einem hellen Hofe umgebenes Kernkörperchen wahrnehmbar. Die Durchmesser der ellip- tischen Kerne betragen im Mittel 8,7”—A1,7 u und 4,38 u, der Dia- meter der kugeligen schwankte zwischen 6,5 und 7,3 u. | In der hinteren Pharynxhälfte, besonders gegen das Ende der- selben, sehen wir die Drüsen der äußeren Muskellamelle dicht ange- lagert und dicht an einander gedrängt. Die einzelnen Zellen sind hier 330 Ludwig Böhmig, oft schwer abzugrenzen. Ihre Größe ist im Allgemeinen etwas ge- ringer als die der erst erwähnten, da insbesondere, wo sie dicht gedrängt; isolirt liegende sind stets größer; im Übrigen gleichen sie ganz den beschriebenen. Die theils zu größeren Stämmen vereinigten, theils einzeln verlaufenden Ausführgänge durchsetzen die Pharynx- wand und münden in das Pharynxlumen dicht oberhalb des freien Randes des Pharynx. Es entsteht auf diese Weise auf der Innenseite jeder Pharynxhälfte eine Zone, die sich fast durch die ganze Länge des Pharynx erstreckt, und die man als das Mündungsfeld der Pharynx- drüsen bezeichnen kann (Fig. 8a). Dasselbe hat eine Höhe von ca. 6 u, und wir sehen die Muskulatur der Innenwand an dieser Stelle auffallend schwach entwickelt. Außer diesen Drüsen innerhalb des Pharynx finden sich auch extrapharyngeal gelegene, deren Ausführ- gänge in den Pharynx eintreten, und welche ihr Sekret an der gleichen Stelle wie die ersteren in das Pharynxlumen entleeren. Diese Drüsen- zellen selbst liegen einzeln oder zu kleinen Gruppen vereinigt (Fig. 8 phd’) dorsalwärs vom Pharynx, sehr reichlich des Besonderen oberhalb der Insertionsstelle der Schlundtasche. Die Gestalt der Drüsen ist wie gewöhnlich eine birnförmige, das Plasma unterscheidet sich von dem der innerhalb des Pharynx gele- genen durch einen leicht gelbrothen Ton, den es bei Pikrokarmintink- tion annimmt. Einzelne dieser Drüsenzellen ließen ein sehr deutliches Netzwerk erkennen. Das Sekret besteht aus groben, sich tief roth tin- girenden Körnchen. Die Länge der Zellen erreicht 29 u, der Breiten- durchmesser 22 u; sie sind demgemäß durchschnittlich größer als die ersterwähnten. Der Durchmesser des runden, ein deutliches Kern- körperchen enthaltenden Kernes beträgt ca. 8 u. Das Parenchymgewebe der Pharynxwandung gleicht ganz dem Körperparenchym. Die Oberfläche des Pharynx wird sowohl auf der der Schlundtasche als auch dem Pharynxlumen zugewandten Fläche von einer Epithelschicht überzogen, welche wahrscheinlich eine Fort- setzung des Körperepithels darstellt, doch ist dieses Epithel hier sehr modifieirt. Auf der Außenseite besitzt diese wenig tingirbare Schicht (phep, Fig. 8 und 9) eine Dicke von ca. 2,19 u, auf der Innenfläche hingegen von 3,6 u (Fig. 8 und 9 phep'). Parallel der Höhenachse lässt diese Epithelschicht, Zellgrenzen und Kerne fehlen durchaus, eine grobe Streifung wahrnehmen, die besonders an dem Epithel der Innen- fläche (phpe’) sehr deutlich ist. Das letztere trägt auch einen Besatz kurzer aber dicker dorsalwärts gekrümmter hakenartiger Borsten, die vielleicht aus verschmolzenen Flimmerhaaren hervorgegangen sind. Auf der Außenfläche fehlt dieser Borstenbesatz. En N Untersuehungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. Bag Zwischen dieses Epithel und die Muskellagen schiebt sich eine strukturlose Membran ein, die ähnlich der sie bedeckenden Epithel- schicht auf der dem Pharynxlumen zugewandten Seite bedeutend dicker ist, als auf der äußeren. Farbstoffe tingiren sie stark. Wir dürfen kaum fehl gehen, wenn wir in diesem Häutchen eine Fortsetzung der Skelettmembran sehen, welche der Muskulatur des Pharynx, und zwar hauptsächlich den Radiärmuskeln als Anheftungspunkt dient. An der Insertionsstelle der Pharyngealtasche heften sich Muskel- bündel an, die theils in fast gerader Richtung zur Rückenfläche, theils in schrägem Verlaufe zu den Seitentheilen des Thieres ziehen und sich am Hautmuskelschlauch resp. an der Basalmembran inseriren. Je nied- riger die Pharyngealtasche wird, desto entfernter liegt der Insertions- punkt dieser Muskeln von der Dorsalseite des Thieres. Demgemäß überwiegen im vorderen Theil des Pharynx die zum Rücken auf- steigenden Muskeln, im hinteren die, welche zu den Seitenrändern ziehen. Wir müssen diese Muskelbündel wohl als Retractoren bezeich- nen, Protractoren habe ich nicht aufgefunden. Als einen Pharynx bulbosus, mithin auch variabilis, können wir nach dem Gesagten diesen Pharynx nicht bezeichnen, sondern er ist zu betrachten als ein Pharynx plicatus; er stellt wie dieser eine ein- fache in die Schlundtasche hängende Ringfaite dar. Innerhalb des Typus des Pharynx plieatus unterscheiden wir als Subtypen den krausen-, kragen- und röhrenförmigen !, von denen nur der letztere bei den Rhabdoecöliden, und zwar in der Familie der Monotiden ‚vertreten ist, die beiden ersteren kommen nur bei Polyeladen und vielleicht Trieladen vor. Aber auch zu keinem der genannten drei Subtypen ist der Pharynx von Plagiostoma bimaculatum zu zählen, er bildet einen eigenen vierten. Seine Eigenthümlichkeiten beruhen in der merkwürdigen Anord- nung der Muskulatur, in dem Vorhandensein von Drüsenzellen inner- halb der Pharynxwandung und weiterhin in dem Umstand, dass sich die Retractormuskeln an der Insertionsstelle der Schlundtasche an- heften. So variabel auch der Bau der Subtypen des Pharynx plicatus, darin stimmen der krausen- kragen- und röhrenförmige überein: die Speicheldrüsen liegen, so weit mit Sicherheit bekannt, stets extra- pharyngeal, und die Musculi retractores inseriren sich nicht an der Anheftungsstelle der Schlundtasche, sondern treten in die Pharynxfalte ein und durchziehen sie auf eine mehr oder minder lange Strecke. In ! A. Lane, Monographie der Polycladen etc. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 16 333 Ludwig Böhmig, diesen beiden Punkten nähert sich der Pharynx des Plagiostoma bimaculatum entschieden dem Pharynx bulbosus, doch sind diese beiden Charaktere dem Fehlen eines abschließenden Muskelseptum gegenüber so unbedeutend, dass wir ihretwegen diesen Pharynx nicht als Ph. bulbosus ansprechen können, sondern ihn vor der Hand wenig- stens als Subtypus des Pharynx plicatus auffassen müssen. Ich füge hinzu, dass ich diesen so merkwürdig gebauten Pharynx nur auf einer Querschnittserie untersuchen konnte, Längsschnitte wer- den über manche Punkte vielleicht noch genauere Aufschlüsse geben. Das Exemplar von Pl. bimaculatum, das von mir in Längsschnitte zerlegt wurde, war leider so unglücklich gekrümmt, dass ich nur ganz schiefe Schnitte durch den Pharynx erhielt, welche mir wenig Auf- schluss gewährten. Darm. Der Darm der Alloiocölen stellt bekanntlich einen einfachen unregelmäßig ausgebuchteten Blindsack dar, der nicht wie der Darm der Polycladen histologisch verschieden differenzirte Partien er- kennen lässt. Von großem Einfluss auf die Gestalt des Darmes ist die Größe, der Entwicklungsgrad der Geschlechtsorgane, und es ist nicht zweifelhaft, dass bei jungen Thieren, bei welchen die Genitalorgane nur eben an- gelegt sind, die Darmform eine weitaus regelmäßigere sein und sich sehr der Stabform des Darmes der Rhabdocoela nähern wird. Einen Beweis hierfür liefert uns PlagiostomaLemani. »Bei jungen Thieren,« sagt v. Grarr ! über Pl. Lemani, »sieht man wohl auch einen faltenlosen Sack«, während die »unregelmäßigen Hervorragungen und Einbuch- tungen« des geschlechtsreifen Individuums sehr bedeutende sind. Im hinteren Theil des Körpers ist es stets der Penis und seine Anhangsgebilde (Samenblase etc.), welche den Darm nicht zu voller Entfaltung kommen lassen und die Höhe desselben wesentlich ein- schränken. Durch die sich entwickelnden Hoden, Keim- und Dotterstöcke ins- besondere werden die kleineren Einbuchtungen und Einschnitte ver- anlasst, es kann aber auch ähnlich wie bei den Probosciden die Kontinuität des Darmes vollständig aufgehoben werden, wie ich solches bei Plagiostoma sulphureum und reticulatum beobachtet habe. Die kleinen Darmdivertikelchen sind also bedingt durch andere Organe und vergänglich; nicht vergängliche paarige Darmdivertikel sind bis I v. GrAFF, Monographie der Turbellarien. Untersuehungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. ....2933 jetzt von einer einzigen nicht ganz sicheren Plagiostomide, näm- lieh Plagiostoma planum Silliman ' bekannt. Sıruıman zeichnet jederseits 17 solcher Aussackungen. Neuerdings ist für einen Pro- thynehus (Prorhynchus applanatus Kennel) von v. Kenner? ebenfalls ein mit zahlreichen Blindsäcken versehener Darm beschrie- ben worden. Kenner führt diese Eigenthümlichkeit auf die flächen- hafte Ausbreitung des Körpers, mit welcher eine flächenhafte Ausdeh- nung der verdauenden Oberfläche des Darmlumens durch Divertikel- bildung parallel geht, zurück. Die Erklärung v. Kennsr’s ist auch auf Plagiostoma planum anwendbar, welches wie Prorhynchus applanatus einen flachen Leib besitzt, während alle übrigen mir be- kannten Alloiocölen fast drehrund sind. Das Verhältnis der Größe des Darmes zur Größe des Thieres ist natürlich für die Art ein ziemlich konstantes, ein wechselndes bei den einzelnen Gattungen und Species. Am ungünstigsten verhält sich das Darmvolumen zum Körpervolumen bei Plagiostoma maculatum, bei welchem der Darm nur etwa !/, des Körpervolumens beträgt; gün- stiger schon liegen die Verhältnisse bei Monoophorum striatum, bei welchem auf den Darm ca. '/, des ganzen Volumens fällt. Die Abgrenzung des Darmes vom Körperparenchym ist mit Aus- nahme von Plagiostoma bimaculatum eine scharfe. Eine Tunica propria allerdings, wie sie von A. Lane? für die Polyeladen nach- gewiesen, von Iısıma ! für die Trieladen wahrscheinlich gemacht wor- _ den ist, habe ich bei den untersuchten Alloiocölen nicht aufgefun- den. Die Kammern des Parenchyms in der Umgebung des Darmes sind langgestreckt, schmal und arm an Saftplasma. Es besitzt dieses Ge- webe also hier eine gewisse Festigkeit und Zähigkeit und vermag wohl ‚die Rolle einer Tunica propria, die hauptsächlich zum Schutze des Darmes dienen dürfte, spielen. Eine Darmmuskulatur, welche v. Grarr’ bei Stenostoma leu- cops und Miecrostoma lineare nachgewiesen hat, für Macrostoma hystrix und die Monotiden vermuthet, kommt auch Cylindro- stomaKlostermannii und Monoophorum striatum zu. Aller- 1 SırLıman, Beobachtungen über die Süßwasserturbellarien Nordamerikas, Diese Zeitschr. Bd. XLI. 2 v. Kenner, Untersuchungen an neuen Turbellarien. in: Zool, Jahrbücher, Abth. für Anat. und Ontog. Bd. III, 3. Heft. 3 A. Lang, Monographie der Polycladen. * ImmmA, Untersuchungen über den Bau und die Entwicklungsgeschichte der Süßwasserdendrocölen, Diese Zeitschr, Bd. XL, 3 v. GRAFR, |. c. 46* 334 Ludwig Böhmig, dings ist diese Muscularis, welche bei Monoophorum aus einer äußeren Längs- und inneren Ringfaserschicht, bei Cylindrostoma Klostermannii aus einer äußeren Ring- und inneren Längsfaser- schicht besteht, ungemein dünn und wurde von mir anfänglich voll- kommen übersehen. Die Wandung des Darınes besteht aus diskreten Zellen, welche ich bei Plagiostoma Lemani, Girardi, reticulatum, Monoopho- rum striatum, GylindrostomaKlostermannii und quadri- oculatum sehr gut wahrnehmen konnte. Wir können demnach bei den genannten Alloiocölen, ferner bei Vorticeros auriculatum, Plagiostoma siphonophorum und dioicum, deren einzelne Darmzellen allerdings weniger scharf begrenzt sind, von einem Darm- epithel sprechen. Für Plagiostoma bimaculatum, maculatum und sulphureum muss ich es aber dahingestellt sein lassen, ob hier eine aus diskreten Zellen bestehende Epithelschicht, oder aber eine Plasmamasse mit Kernen, ein Syneytium, vorhanden ist — bei diesen drei Plagiostomiden habe ich nie, wie immer auch die Thiere kon- servirt sein mochten, Zellgrenzen wahrnehmen können. Die Darmepithelzellen besitzen fast durchgängig eine mehr oder weniger kolbenförmige Gestalt. Besonders bei Plagiostoma Lemani ist diese Keulengestalt eine sehr ausgesprochene; der basale Theil der Zelle ist hier häufig so schmal, dass die Stelle, an welcher der Kern liegt, ausgebaucht erscheint. Die Größe der Zellen variirt nicht nur bei den verschiedenen Arten, sondern auch bei derselben Species nach der Lokalität und ist fernerhin abhängig von dem Umstande, ob das Thier Nahrung zu sich genommen oder nicht. Die größten Zellen überhaupt fand ich im Darme von Plagiostoma Lemani. Sie erreichten eine Länge bis zu 266 u bei einem Querdurchmesser in der Mitte der Zelle von ca. 30 u. Diese bedeutendere Länge kommt jedoch nur einem Theil der Darmepithelzellen zu, sie sinkt bis zu 95 « und wohl auch noch weni- ger an jenen Stellen, an denen der Darm eingeengt wird durch andere Organe, wie zum Beispiel die Samenblase. Einen ziemlich ebenmäßigen Durchmesser besitzt das Darmepithel bei Plagiostoma Girardi. Die Höhendurchmesser schwankten hier zwischen 54 und 64 u bei einem mittleren Querdurchmesser von 11,5 u. Senkrecht zur Längsachse stehen die Zellen meist nur im mittleren Theile des Darmes, im vorderen sind sie schräg nach hinten, im hin- teren schräg nach vorn gerichtet. Es findet auf diese Weise bei einem großen Theile der Zellen ein Ausgleich in der Länge bis zu einem ge- wissen Grade statt. Die Zellen sind, wie wohl bekannt, membranlos, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien, 11. | | 335 wodurch auch das leichte Verwischtwerden ihrer Kontouren am konser- _ virten Thiere bedingt wird. Die äußerste Schicht wird gebildet von einem dichten feinkörni- gen Plasma (Taf. XIV, Fig. 10 sppl; Taf. XX, Fig. 1, 2 sppl), welches eine fast homogene Beschaffenheit und ein starkes Lichtbrechungsvermögen an der lebenden Zelle (Taf. XX, Fig. I sppl) zeigt. Das Innere der Zelle wird durchzogen von von der Peripherie ausgehenden Balken und Mem- branen, durch welche ein System von rundlichen oder polygonalen Kammern (Vacuolen, v) geschaffen wird. Diese Vacuolen (Taf. XIV, Fig. 10 v; Taf. XN, Fig. I, 2 v) sind häufig im oberen Theile der Zelle srößer und geräumiger als im mittleren, im Basaltheil fehlen sie voll- ständig. Derselbe wird erfüllt von einem sehr feinkörnigen, wenig färbbaren Plasma. Wenn nun auch benachbarte Vacuolen gewöhnlich von ziemlich übereinstimmender Größe sind (Taf. XX, Fig. 2 v), so sehen wir jedoch auch solche, welche die neben ihnen liegenden um das Zwei- bis Dreifache an Volumen übertreffen: diese sind jedenfalls aus der Verschmelzung kleinerer hervorgegangen; es scheint überhaupt, dass das Gerüstwerk der Zellen eine gewisse Verschiebbarkeit besitzt. Am dicksten fand ich die Wandungen der Vacuolen bei Plagio- stoma Girardi (Taf. XX, Fig. I, 2) und Pl. retieulatum, wesent- lich zarter sind sie bei Monoophorum striatum (Taf. XIV, Fig. 10), Vorticerosauriculatum und Anderen. Abgesehen von den Einschlüssen besteht der Vacuoleninhalt aus einem sehr wasserhaltigen Plasma, das sich fast gar nicht färbt und ‚seines großen Wassergehaltes wegen auf Schnitten nur als feiner Niederschlag sichtbar ist. Einen schaumigen Eindruck gewährt die Darmwand derjenigen Alloiocölen, bei denen ich die Grenzen der Zellen nicht wahrnehmen konnte. Dasselbe Bild erhält auch der Beschauer bei den oben genann- ten Formen, wenn bei diesen die Grenzen der Darmepithelzellen, meist wohl in Folge mangelhafter Konservirung, undeutlich geworden sind. Von dem freien, dem Darmlumen zugewandten Ende der Darm- zellen strahlen häufig protoplasmatische, pseudopodenartige Fortsätze aus, die besonders deutlich bei Plagiostoma Girardi Taf. XX, Fig. I, 2 plt) und Cylindrostoma Klostermannii wahrgenommen wurden. Diese Plasmafortsätze waren v. Grarr ! bereits wohl bekannt und sind von ihm beschrieben und abgebildet worden, ebenfalls von Pl. Girardi. Sie sind von veränderlicher Größe und Gestalt und fließen nicht selten zu breiteren Platten (Taf. XX, Fig. 2 plf’) zusammen. 1 v. GRAFF, |. c. 236 Ludwig Böhmig, Ihrer großen Veränderlichkeit wegen fehlen sie oft streckenweise, zu- 'weilen sind sie überhaupt nicht wahrnehmbar, sie entstehen und ver- gehen wie die Pseudopodien der Amöben. Am schönsten beobachtete ich sie an lebenden Zellen von Pl. Girardi (Taf. XX, Fig. 1 p/f), doch bin ich überzeugt, dass sie bei allen Turbellarien zu finden sein wer- den; dass sie am häufigsten bei Pl. Girardi zur Anschauung gelangen, dürfte seine Erklärung in dem Umstande finden, dass das Plasma der Darmzellen dieser Turbellarie von hervorragender Zähigkeit ist. Gebildet werden sie von jenem stark lichtbrechenden und homogenen Plasma, das die Balken, Membranen und den peripheren Theil der Zelle bildet. Es ist bekannt, dass die Darmzellen von Microstoma, Steno- stoma und Macrostoma Cilien tragen. Nicht unwahrscheinlich ist es mir, dass diese Cilien, ich möchte sagen, starr gewordene Plasma- fortsätze sind, wie wir sie bei den Alloiocölen wahrnehmen. Die Funktion dieser plasmatischen Fortsätze ist leicht zu verstehen; sie werden ähnlich wie die Pseudopodien und pseudopodienähnlichen Ausläufer der Amöben zum Umfassen und Aufnehmen der Nahrungs- objekte dienen (vgl. v. Grarr, Monographie der Turbellarien. I. p. 95). In dem Vacuolenplasma finden wir größere und kleinere Kügel- chen und Körnchen von verschiedenem Aussehen suspendirt. - Sehr gewöhnlich ist die Größe dieser Gebilde im mittleren und unteren Theile der Zelle eine bedeutendere als im oberen, so besonders bei Monoophorum striatum (Taf. XIV, Fig. 10). Diese in den Vacuolen befindlichen Körper sind nun entweder homogen, von glatter Oberfläche und mit Tinktionsmitteln stark färbbar (Osmiumsäure bräunt sie, Alaunkarmin verleiht ihnen eine violette, Pikrokarmin eine rothe Farbe), oder sie sind von weniger regelmäßiger Gestalt, häufig, wie es scheint, aus kleinen Körnchen zusammengesetzt, von unebener Oberfläche und mit Tinktionsstoffen gar nicht oder nur schwach zu tingiren. Die ersteren halte ich für aufzunehmende, die letzteren für auszuscheidende, aus der Nahrung gewonnene Stoffe, und werde ich auf diese Exkretionsstoffe noch einmal zurückzukommen haben. | Der Kern liegt im Allgemeinen im Basaltheil der Zelle (Taf. XIV, Fig. 10; Taf. XX, Fig. 1,2 n), rückt aber auch bis in die obere Zellhälfte (Taf. XIV, Fig. 10 n‘), Gewöhnlich ist er von runder, seltener von ovaler Gestalt. Die Größe der Kerne ist eine ziemlich konstante. Die größten fand ich bei Plagiostoma Lemani, hier schwankte ihr Durchmesser „wischen 19 und 26,6 u, die kleinsten bei Plagiostoma reticula- tum undCGylindrostomaKlostermannii mit einem Diameter von Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien, II. 237 ca. 3,65 u. Für die übrigen Formen können als mittlere Gröben 6,4 bis 8,9 u angenommen werden. Die Kerne tingiren sich sehr intensiv, besonders das nur bei wenigen Arten, z. B. Plagiostoma retieu- latum fehlende, mehr oder weniger excentrisch gelegene und von einem hellen Hof umgebene relativ große Kernkörperchen nu (Taf. XIV, Fig. 10; Taf. XX, Fig. 1, 2). Ein Kerngerüst ist an gut konservirtem Material stets wahrnehmbar, sehr deutlich fand ich dasselbe ausge- bildet bei Plagiostoma maculatum, Girardi und Monoopho- rum striatum. v. Grarr! ist, abgesehen von der kurzen aber wichtigen Bemer- kung, welche Durızssiıs? über amöboide Bewegung der Darmzellen von Plagiostoma Lemani macht, der Einzige, welcher sich, so weit mir bekannt, des Genaueren mit dem Darme der Plagiostomiden be- schäftigt hat, und zwar wandte v. GrArr seine Aufmerksamkeit Plagio- stoma Girardi zu. In den Fig. 8—10, Taf. XVI bildet v. Grarr Darmepithel verschiedener Individuen dieser Plagiostoma-Species ab. Die in Fig. 8 abgebildeten Zellen, ich selbst habe solche Bilder nie erhalten, entstammen offenbar einem Thiere, welches lange Zeit ge- hungert hatte, und überdies sind die Zellen möglicherweise durch das Konserviren geschrumpft. Meine Präparate ähneln mehr denjenigen, welche v. GrArr in Fig. 10 dargestellt hat. Nur habe ich stets eine deutliche Netzstruktur (Taf. XX, Fig. 2) der Zellen vorgefunden, die ich in v. Grarr’s Abbildung vermisse, und ferner möchte ich den »schleim- ‚ artigen Überzug c« als zum Theil verschmolzene pseudopodienartige Fortsätze der Darmzellen in Anspruch nehmen. Einer größeren Aufmerksamkeit erfreut sich MesostomaEhren- bergii, dessen Darm von Harrrz? und von v. GrarF studirt wurde. Da einige Abweichungen im Bau des Darmepithels dieses Mesostoms und der Plagiostomiden vorhanden sind, überdies die Angaben von Harıez und v. GrarF in einigen Punkten differiren, seien einige Bemer- kungen bezüglich des Darmes von Mesostoma Craci, M. Ehren- bergii stand mir leider nicht zur Verfügung, gestattet. Während bei den untersuchten Alloiocölen die Größe der Darm- epithelzellen eine ziemlich konstante für die einzelnen Species ist, oder aber die auffallende Kürze derselben durch die sehr geringe Höhe des Darmes selbst bedingt wird, wie z. B. in dem oberhalb des Penis ge- legenen Darmabschnitte, finden wir bei den Mesostomiden nach 1 v. GRARF, 1. c. 2 Dupzessıs, Seconde note sur le Vortex Lemani. Materiaux pour servir a l’etude de la Faune Profunde du Lac Leman. 1876, 3 HALLEZz, 1. c. 238 Ludwig Böhmig, den übereinstimmenden Angaben von Haızzz und v. Grarr Darmzellen, die an Größe und Form wesentlich verschieden sind. Eben so verhält es sich auch bei Mesostoma Craci. Die einen erscheinen als niedere »Polster oder Platten«, die an- deren als mächtig verlängerte Keulen, welche die ersteren um das Zehnfache an Größe übertreffen. Die ersteren und die basalen Enden der letzteren sind stets von einem feinkörnigen Plasma erfüllt, während in den freien Enden der keulenförmigen Zellen sich reichlich Fett- tropfen und Konkremente finden. Es unterliegt aber keinem Zweifel, dass wir es hier nicht mit verschiedenartigen Zellen zu thun haben, sondern nur mit verschiedenen Zuständen gleichartiger Zellen, da sich zwischen diesen beiden Extremen alle wünschenswerthen Übergänge finden. | £ In einer Zelle von ca. 41 u Länge war der größere Theil dersel- ben, und zwar der basale, erfüllt von einem feinkörnigen stark ge- färbten Plasma, das aber eine Netzstruktur erkennen ließ; die das Netz bildenden Balken erschienen am dunkelsten gefärbt, etwas heller das die Maschen (Vacuolen) erfüllende Plasma. Der obere kleinere Theil enthielt zahlreiche aber kleine, von einem feinkörnigen Plasma erfüllte Vacuolen. Eine zweite Zelle, welche eine Länge von 152 u hatte und eine keulenförmige Gestalt besaß, war zum größten Theil von Vacuolen erfüllt, die gegen das freie Ende an Größe zunahmen und eine protoplasmatische Substanz enthielten. Nur ein kleiner basaler Theil verhielt sich genau wie der der erst beschriebenen Zelle. Es ist mir das Wahrscheinlichste, dass die kleinen polsterförmigen Zellen durch die Aufnahme von Wasser quellen, besonders wird dies auch das die Maschen (Vacuolen) erfüllende Plasma thun, und somit weniger stark färbbar werden. Durch die Wasseraufnahme wird eine Vergrößerung der ganzen Zelle als auch mithin der einzelnen Vacuolen bedingt, und eine für die Aufnahme von Nährsubstanzen günstige Ver- größerung der Oberfläche erzielt. Ein Verschwinden des Kernes bei der Verdauung, ein Loslösen der Zellen und ein Ausgestoßenwerden derselben, wie Harırz an- nimmt, habe ich nie beobachtet, eben so wenig konnte ich bei Meso- stoma Craci die kleinen von Haıızz bei M. Ehrenbergii beschrie- benen halbmondförmigen Zellen, welche als Ersatzzellen dienen sollen, auffinden. Im Vergleich zu dem Darmepithel der Mesostomiden und dem ähnlich gebauten der Vorticiden, ist das der Alloiocölen, ich möchte sagen, stabiler geworden, weniger veränderlich., Wenn auch die Zellen bei Nahrungsaufnahme an Volumen zunehmen und im Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. I. 239 Hungerzustande eine Volumenverminderung erfahren, so ist der Unter- schied doch weitaus kein so bedeutender wie bei den erwähnten Rhabdoecoela. Ich hatte schon Gelegenheit kleiner, oft unregelmäßiger Körnchen Erwähnung zu thun; ich betrachte diese Gebilde als Exkretionspro- dukte. Es ist bekannt, dass die Turbellarien, da ihnen ein After mangelt, unverdauliche Massen durch den Mund entleeren. Dies gilt für größere Objekte, und solche, die überhaupt nicht von den Darm- zellen aufgenommen werden. Wie gelangen nun aber die Exkretions- produkte, die in den Zellen selbst gebildet werden, nach auben? Nach Harızz geschieht das in der Weise (wenigstens bei Meso- stomiden und Tricladen), dass Darmzellen sich aus dem Verband des Darmepithels lösen und ausgestoßen werden. Für die Alloiocö- len gilt dies aber ganz sicher nicht, und ich bezweifle es auch für die vorher genannten Turbellarien. Ungemein häufig fand ich die Darmzellen von Plagiostoma Girardi, ferner die von Gylindrostoma Klostermannii erfüllt von großen Massen kleiner, ca. 1,28 « im Durchmesser haltender, schwarzer oder gelbbrauner Körnchen. Am massigsten sind sie ge- wöhnlich in den basalen Enden der Zellen angehäuft, wie bereits v. GrAFF bemerkt. Diese Körnchen sind nun nicht immer auf den Darm beschränkt, wir finden sie im Parenchym und innerhalb der Epithel- zellen. Und zwar bestehen gewisse Beziehungen zwischen der Massen- haftigkeit dieser Körnchen innerhalb der Darm- und der Integument- _ epithelzellen. Bei solchen Individuen, bei denen sie besonders reichlich innerhalb der letzteren zu finden waren, sah ich sie in nur geringer Zahl in den Darmzellen und umgekehrt, wenn hier massenhaft, spärlich im Epithel. Es scheint mir gerechtfertigt anzunehmen, dass diese Körnchen im Darm gebildet werden, dass sie Exkretionsprodukte darstellen, dass sie in das Körperepithel wandern und von hier nach außen gelangen. — Beweis für ihre Wanderung ist ihr Vorhandensein im Parenchym. Bei Gylindrostoma Klostermannii vereinigen sich diese Körnchen nicht selten zu unregelmäßigen Häufchen. Sie durchdringen jedenfalls die Basalmembran, einmal sah ich ein solches Gebilde zur Hälfte im Epithel, zur Hälfte auf der anderen Seite der Basalmembran liegen. Die Bahnen für assimilirte Nährstoffe sind jedenfalls die vom Saft- plasma erfüllten Räume des Parenchymgewebes — wenn nicht viel- leicht besondere »Lymphbahnen« vorhanden sind, ein Punkt, über den ich mir noch nicht habe genügende Sicherheit verschaffen können, und 240 Ludwig Böhmig, dem ich bei genügenden Untersuchungsmateriale noch meine besondere Aufmerksamkeit zuwenden werde. Nach den Untersuchungen v. Grarr’s legen sich bei Vortex viridis »birn- oder polsterförmige Zellen an die Darmwand an und dringen mit ihren Spitzen sogar zwischen letztere ein«. »Sie haben die größte Ähnlichkeit mit den Speicheldrüsen.« v. Grarr sieht in diesen Zellen eine Leber in niederster Form. Ich habe derartige Zellen bei Vorticeros auriculatum gefunden (Taf. XVI, Fig. 13 Ddr), aber nur hier. Diese Zellen sind von kolben- oder retortenförmiger Gestalt; der Zellleib liegt außerhalb der Darmwandung, die bei Vorticeros durch eine Pigmentschicht scharf von den übrigen Geweben abgegrenzt er- scheint. Die Ausführgänge sind eingekeilt zwischen die Darmepithel- zellen, sie münden ein in das Darmlumen. Am schönsten konnte ich diese Zellen an mit Alaunkarmin gefärbten Präparaten beobachten. Das Plasma der Zelle färbt sich leicht violett, die Sekretkörner dunkel violett. Der runde Kern, welcher einen Durchmesser von ca. 4,5 u besitzt, ist stets deutlich sichtbar, wenn die Zelle nicht zu stark mit Sekretkörnchen vollgepfropft ist. Wassergefäls- oder Exkretionsgefälssystem. Wenn auch meine Beobachtungen bezüglich des Wassergefäß- systems sich auf Plagiostoma Girardi und sulphureum be- schränken und recht lückenhaft zu nennen sind, so genügen sie doch, um in Verbindung mit den Beobachtungen von Duruessiıs! an Plagi- ostoma Lemani, von CLararipe? an Enterostoma fingalianum und Jensens?® an Plagiostoma Koreni uns ein Bild dieses Organ- systems bei den Plagiostomiden zu geben. Bei Plagiostoma Lemani findet sich nach DurLsssıs an der Spitze des Schwanzabschnittes eine sichelförmige Öffnung, deren Ränder mit starken Cilien besetzt sind. Sie führt in einen kurzen Kanal, welcher sich alsbald in zwei Äste gabelt, welche rechts und links bis zu den Augen ziehen und sich reich verästeln. Diese feinen Verästelungen, welche wahre Kapillaren vor- stellen, anastomosiren mit einander und bilden ein schönes Netzwerk unterhalb des Integumentes der Dorsalseite. Innerhalb der großen Seitenstämme bemerkte Durrssıs von Zeit zu Zeit Wimpereilien. 1 Dupressıs, Turbellaries limicoles etc. 2 E. CLAPAREDE, Recherches anatomiques sur les Annelides, Turbellaries, Opa- lines et Gregarines observ6s dans les Hebrides. Memoires de la Societe de Physique et d’hist. nat. de Geneve. Tom. XVI. 1861. 3: JENSEN, 1. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 2341 Nach Jensen’s und Crararkpe’s Untersuchungen sind bei Plagio- stoma Koreni und Enterostoma fingalianum ebenfalls zwei seitliche Wassergefäßstämme vorhanden, welche sich etwas vor der hin- teren Körperspitze, dicht hinter dem Penis, zu einem gemeinsamen Stamme resp. zu einer größeren gemeinsamen Blase vereinigen, deren Wand bei Enterostoma fingalianum mit Wimpercilien besetzt ist, und welche sich durch den Exkretionsporus nach außen öffnet. Ver- ästelungen der Hauptstämme scheinen Jensen und CGrararkpe nicht ge- sehen zu haben. Sehen wir von Harızz’! Angabe ab, dass sich die Wassergefäh- stämme von Plagiostoma vittatum (Vortex vittata H.) in die Schlundtasche öffnen, so ist es sehr wahrscheinlich, dass bei dem erößten Theil der Plagiostomiden wenigstens ähnliche Verhältnisse vorliegen wie bei Plagiostoma Lemani. Dass dieser Schluss nicht ganz ungerechtfertigt, glaube ich desshalb, weil die Anordnung der Hauptstämme, ihre Vereinigung zu einem gemeinsamen Stamme bei so verschiedenen Formen wie Plagiostoma Lemani, Plagiostoma Koreni und Enterostoma fingalianum eine übereinstimmende ist. Meine eigenen Beobachtungen beschränken sich auf Folgendes: An leicht gequetschten Exemplaren nimmt man bei längerer Be- obachtung einer bestimmten Stelle des Thieres eine flackernde Bewe- gung im Inneren desselben wahr, alsbald lässt sich auch der Wimper- ‚triehter selbst deutlich unterscheiden. Die Wimpertrichter sind durch das ganze Thier verbreitet, am massenhaftesten liegen sie in der Um- gebung des Darmes der Keimstöcke, Hoden und des Gehirns. Sie stehen in Verbindung mit kleinen, zarten, zumeist gerade verlaufenden Kanälchen (Taf. XXI, Fig. 22 exc), die sich zu größeren Stämmehen _ vereinigen ec’, welch letztere meist einen stark geschlängelten Verlauf haben. Die Vereinigung dieser größeren Stämmehen zu den Haupt- stämmen habe ich trotz großer Mühe nicht konstatiren können. Verfolgte ich solch ein größeres Stämmchen, so entschwand dasselbe plötzlich den Blicken, tauchte späterhin eben so plötzlich wieder auf, aber wie gesagt, die größeren Stämme sowie den Exkretionsporus konnte ich nie wahrnehmen. Auf Schnittpräparaten von Plagiostoma Girardi und sulphu- reum gelang es mir wohl, die Wimpertrichter und die Exkretions- kapillaren aufzufinden, nie aber mit Sicherheit ein größeres Stämmchen, mit Ausnahme von Plagiostoma Lemani und Monoophorum stri- atum, wo ich Theile der Hauptstämme auf Schnittpräparaten sehen = Hlapeez, 1. C. 242 Ludwig Böhmig, konnte, hier aber weder Kapillaren noch Wimpertrichter. Bei Monoo- phorum striatum mündet direkt oberhalb der Mund-Geschlechtsöffnung ein feiner Kanal, welcher mit Flimmerhaaren ausgekleidet ist, nach außen. Möglicherweise ist dieser Kanal ein Theil des Exkretionsappa- rates (ef. specieller Theil, Monoophorum striatum). Die Wimpertrichter von Plagiostoma Girardi ähneln sehr denen der Monotiden und der Polyeladen. Sie besitzen die be- kannte konische Gestalt (Taf. XXI, Fig. 22 wwpri); die Spitze des Conus führt in die Exkretionskapillare exc. Die Wandung im Besonderen der Basis dieses Conus ist relativ dick und besteht aus einem feinkörnigen Protoplasma. Gegen die Spitze hin nimmt sie allmählich an Dicke ab und geht über in die dünne Wandung der Kapillare, welche auf Schnitten sehr scharf kontourirt erscheint und stark tingirbar ist. Das Lumen der Kapillare erweitert sich im Wimpertrichter stetig und er- reicht seine größte Ausdehnung an dessen Basis an jener Stelle, wo sich die Wimperflamme (wprfl) erhebt. Von der Trichterwandung strahlen, meist senkrecht auf der Längsachse desselben stehend, die bekannten soliden Plasmafortsätze (plf) aus; welche Länge dieselben be- sitzen und wie sie endigen, ist mir unbekannt geblieben. Eine Ver- einigung derselben mit einem benachbarten Flimmertrichter zu einem protoplasmatischen Netzwerk, wie ein solches Lane! bei Gunda seg- mentata darstellt und auch Fraıont ? und Francorre® beschreiben, habe ich nicht wahrzunehmen vermocht. Auch bei den Polycladen scheint kein derartiges Netzwerk zu Stande zu kommen, wenigstens bemerkt A. Lang? nichts darüber, sondern sagt, dass die sich nicht selten theilenden Ausläufer. an dorso-ventralen Muskelfasern, Darm- ästen etc. befestigen. Kerne konnte ich hin und wieder dicht oberhalb der Insertions- stelle der Wimperflamme wahrnehmen (Fig. 22 n), nie jedoch in den Wandungen der Kapillaren. Die Entfernung der Wimpertrichter von den Vereinigungsstellen ihrer Kapillaren ist eine sehr variable. Zuweilen sind sie relativ lang, dann wiederum sehr kurz (Taf. XXI, Fig. 92a). Nicht selten beobach- ! A. Lang, Der Bau von Gunda segmentata und die Verwandtschaft der Plathel- minthen mit Cölenteraten und Hirudineen. Mittheil. aus der Zool. Stat. zu Neapel. Bd. IM. 2 J. FrAıpont, Recherches sur l’Appareil excreteur des Trematodes et des Ge- stodes. Arch. de Biol. Tome I. 1880. Ibidem. Deuxieme partie. Tome Il. 1881. 3 P. FrancortE, Sur l’Appareil Excreteur des Turbellaries, Rhabdocoeles et Dendrocoeles. Extrait des Bulletins de l’Academie royale de Belgique. S.3. Tom. III. No. 4. 1882. * \. Lang, Monographie der Polycladen. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. are tete ich eine Ausbuchtung oder Erweiterung nach einer Seite der Ver- einigungsstelle zweier Kapillaren. In dieser sinusartligen Ausbuchtung war alsdann eine Wimperflamme zu sehen, die der hier etwas ver- dickten Gefäßwandung aufsaß (Taf. XXI, Fig. 22 a bei x). Innerhalb des Plasmas der Wimperzellen sowohl als auch der Ka- pillarenwandung habe ich nie solche stark lichtbrechende, runde und verschieden große Tröpfehen und Körnchen beobachtet, wie Lane sie beschreibt, und welche nach diesem Forscher »nicht selten auch im Lumen der Exkretionskapillaren und großen Kanäle« zu treffen sind. Auch die von Fraxcorre! erwähnten kleinen glänzenden Körperchen, die sich im Lumen der Wimperzellen bei Monocelis (Monotus) finden, vermisse ich vollständig. Bei den den Plagiostomiden verwandten Monotiden beschreibt Francorte! in der Umgebung der Wimperzellen Lakunen: »Entre les prolongements des parois des entonniers en dehors, ou trouve pres- que toujours des lacunes assez volumineuses, remplis de granulations pareilles ä celles que l’on rencontre dans les entonniers cilies.« Ich habe solche Lakunen, welche Fraıont ? auch für Trematoden und Cestoden behauptet, nie wahrnehmen können. Eben so fehlen sie nach A. Lane den Polycladen. Die von Lane bei Gunda segmen- tata aufgefundenen und von Iısma? auch für die Trieladen konsta- tirten Exkretionsvacuolen fehlen Plagiostoma Girardi ebenfalls. Im Gegensatz zu Pınrner* nimmt Framoxnt eine direkte Kom- munikation zwischen den Wimperzellen und ihrer Umgebung, speciell mit den Lakunen vermittels eines besonderen Porus an. FRANCOTTE ist bezüglich des Vorhandenseins oder Fehlens eines solchen Porus zweifelhaft; für die Polycladen stellt Lane eine derartige Kommuni- kationsöffnung bestimmt in Abrede, dasselbe gilt, so weit meine Be- obachtungen reichen, ebenfalls von Pl. Girardi. Innerhalb der Kapillaren der Polycladen fehlen, wie Lane aus- drücklich bemerkt, Wimpercilien: »außer der Wimperflamme der Ex- kretionszelle kommen in den Kapillaren keine Cilien vor, während die Wandungen der großen Kanäle mit solchen besetzt sind«. Anders bei Plagiostoma Girardi. Hier konnte ich deutliche Flimmerung beobachten, welche von langen, sehr feinen Cilien hervor- gebracht wird, die der Wandung der Kapillaren ansitzen (Fig. 22 b, cl). 1 P. FRANCOTTE, |. c. 2 .J. FRAIPoONT, 1. c. 31. Iısma, 1. c. * F. Pıntser, Untersuchungen über den Bau des Bandwurmkörpers etc, Arbei- ten des zool. Institutes zu Wien. Bd, III. 1880, >44 Ludwig Böhmig, In den größeren Stämmen scheinen solche Cilien zu fehlen. Auch Iısıma ! ist in gewissen Kapillaren von Dendrocoelum lacteum oft einer »kontinuirlichen Flimmerströmung« begegnet, welche sich »von einem Ende des Kapillargefäßes nach dem anderen in bestimmter Richtung« fortbewegte. Resumire ich die Beobachtungen CLAPArkDES’, JENSEN’s, Duptessıs’ und füge die meinigen hinzu, so ergiebt sich für die Plagiostomiden ungefähr folgendes Bild des Wassergefäßsystems: Ein in der Nähe des hinteren Körperendes gelegener Exkretionsporus führt in einen kurzen Stamm, der sich alsbald in zwei Hauptstämme gabelt, welche das Thier in seiner ganzen Länge durchziehen. Diese beiden Haupt- stämme verästeln sich reichlich und bilden ein System anastomosi- render Kanäle, welches alle Organe des Körpers, besonders den Darm und die Geschlechtsorgane, umspinnt. In dieses Kanalsystem münden ein die Exkretionskapillaren der Wimper- oder Exkretionszellen, die in enormer Anzahl in das Körperparenchym eingebettet vorhanden sind. Vergleichen wir das Exkretionssystem der Plagiostomiden mit dem durch Francorıe’s ? Untersuchungen genau bekannt gewordenen der Monotiden, so erkennen wir leicht eine große Übereinstimmung. Der Hauptunterschied liegt in der größeren Anzahl der Haupt- stämme bei den Monotiden, deren nach FrAncoTtz jederseits zwei Paare vorhanden sind. Eine Angabe darüber, ob sich diese Stämme zu einem gemeinsamen unpaaren Endstamme vereinigen, vermisse ich bei Francorte, wahrscheinlich ist ein solches Verhalten nach einer Zeichnung Jensen’s bei Monocelis assimilis (Monotus fuseus). Nicht ein, sondern zwei getrennte Exkretionsporen finden wir bei den meisten übrigen Rhabdocöliden, welche sich dann durch die Lage und die dadurch zum Theil wenigstens bedingte Anordnung der Hauptstämme unterscheiden (ef. v. Grarr, Monographie der Turbel- larien I, p. 105). | Noch größer wird die Anzahl der Poren bei den Polyeladen und Trieladen, diese entfernen sich in dieser Beziehung also am weitesten von den Plagiostomiden und Monotiden, während diese in der Form der Exkretionszellen speeiell mit den Polyeladen große Übereinstimmung zeigen (cf. Lang, Monogr. Taf. XVII, Fig. 8). Wohl allgemein wird jetzt dem Wassergefäßsystem eine exkreto- rische Funktion zugeschrieben. Der Erste, weicher diese Auffassung vertrat, ist wohl J. P.v. Beneven: »La nature de ces canaux nous parait glandulaire, et leur contenu est le produit de la seeretion.« 1 I. Isıma, 1. c. 2 FRANCOTTE, |. C. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 245 Späterhin hat Pınrner ! diese Ansicht weiter ausgeführt und gelangt zu dem Schlusse: »Es sind die flimmernden Trichterzellen also nichts Anderes als die ausscheidenden Drüsen des Wassergefäßsystems.« Entgegen der van BENnEDEN’schen Anschauung, möchte M. Schutze ? in dem Wassergefäßsystem der Gestoden eher ein »Ernährungs- und Respirationsorgan sehen. Nach dem heutigen Standpunkt unserer Kenntnis über den Bau des Bandwurmkörpers kann ich mich der M. Scaurzze’schen Ansicht nicht anschließen, wenn ich auch die respi- ratorische Funktion des Wassergefäßsystems besonders bei den frei- lebenden Turb ellarien nicht ganz von der Hand weisen möchte. Wie gelangen nun die Exkretionsprodukte in das Gefäßsystem, wenn wir, wie ich glaube mit Recht, die Flimmertrichter für ge- schlossen annehmen ? Nach den Anschauungen Pınrxer’s? sind es die Sternzellen der Wimpertrichter und auch die Epithelzellen der Wandungen der Längs- stämme, welche als eine Art ausscheidender Drüsen fungiren, oder wie man sich wohl auch ausdrücken könnte, diese Zellen nehmen die un- brauchbaren Stoffe auf, verändern sie vielleicht auch noch chemisch und stoßen sie dann aus in das Lumen der Wimpertrichter resp. in das der Gefäßstämme. Diese Exkretionsprodukte findet man im Plasma der Exkretions- zellen und in den Gefäßwandungen in Form kleiner stark lichtbre- chender Tröpfehen und Kügelchen, wie sie von Pınrner, FRAIPONT, - Francorte, Lang und Anderen gesehen worden sind. Diese Anschauung hat viel für sich. Wie gelangen diese Körnchen und Tröpfcehen aber in das Plasma der Zellen? Es ist mir gar nicht unwahrscheinlich, dass den bekannten Plasmaausläufern der Exkretionszellen die Aufgabe zufällt, Körnchen etc. in sich aufzunehmen, vielleicht vermittels einer amöboiden Bewegung, die ich allerdings nicht habe beobachten können, deren ich aber diese Zellen, wie die meisten des Turbellarienkörpers, für fähig halte. Es würde sich also zunächst um eine mechanische Thätigkeit der Zellen handeln. Weiterhin ist nun in Betracht zu ziehen, dass jene Körnchen und Kügelchen, wie aus den Abbildungen Lane’s ersichtlich ist, einen weit größeren Durchmesser besitzen als das Lumen der Kapillaren beträgt, und dass innerhalb der Gefäße nur geringe Mengen fester Substanzen als Körnchen etc. beobachtet worden sind. Es ist also sehr möglich, 1 PINTNER, 1. C. 2 M. ScauLtze, Zoologische Skizzen. Diese Zeitschr. Bd. IV. 3 PINTNER, ]. C. 246 Ludwig Böhmig, dass nur die flüssigeren und gasförmigen Bestandtheile dieser Kügel- chen durch die Thätigkeit des Protoplasmas der Exkretionszellen und der Wandungen der Gefäße in die Kapillaren entleert werden, die festeren Bestandtheile hingegen in das Parenchymgewebe des Kör- pers zurückgelangen. Es kommen fernerhin mit großer Wahrschein- lichkeit schleimige, zähflüssige Produkte im Turbellarien-Körper vor, welche für das Thier untauglich, wenn nicht schädlich sind. Bei der Feinheit und Zartheit der Kapillaren und ihrer Wandungen ist es nicht leicht einzusehen, wie diese vermittels des Wassergefäßsystems nach außen befördert werden sollen. Ich glaube nicht fehl zu gehen, wenn ich annehme, dass diese und die festeren Bestandtheile der Kü- gelchen, die sich im Plasma der Wimperzellen finden, auf dem schon früher von mir angedeuteten Wege durch das Parenchym und die was- serklaren Räume ausgeschieden werden. Die Ansicht Pınıner’s, dass die Exkretionszellen und die Wandungen der Gefäßstämme in gewissem Sinne als Drüsen fungiren, bleibt bestehen, nur glaube ich, dass der ganze Vorgang ein weit komplicirterer ist. Bei jenen Formen, bei denen die Plasmaausläufer der Exkretions- zellen ein plasmatisches Netzwerk innerhalb des Körpers bilden, wird dadurch nichts an der ganzen Sache geändert; dieses Netzwerk stellt eben auch nur die Bahnen für die fortzuschaffenden Produkte dar, höchstens ist anzunehmen, dass die chemische Umwandlung der Stoffe in demselben schon beginnt, und dass dann nur flüssige Stoffe in die Umgebung der Exkretionszelle in die Vacuolen gelangen. | Der von M. Schutze vorgetragenen Ansicht, dass das Wassergefäß- system auch eine respiratorische Bedeutung habe, steht neuerdings Lang nicht ablehnend gegenüber. In seinem Lehrbuch der vergleichenden Anatomie sagt Lane: »Es ist nicht unmöglich, dass der größte Theil der die Kanäle erfüllenden wasserklaren Flüssigkeit von außen aufge- nommenes Wasser ist, welches gelegentlich nach außen entleert und wieder aufgenommen werden kann. In dieser Weise kann vielleicht das Wassergefäßsystem auch respiratorische Funktionen vermitteln.« Der Auffassung, dass der Gefäßinhalt Wasser ist, ist auch Durusssıs, was aus seinen Worten » c'est cette boutonniere (Exkretionsporus) qui conduit l’eau dans le trone commun « hervorgeht. Es würden sich demgemäß drei Organsysteme bei den Turbel- larien an der Respiration betheiligen, nämlich das Epithel des Körpers, dieses besonders bei sehr flachen, blattartigen Formen, der Darm und das Wassergefäßsystem. Für die Athmung vermittels des Darmes haben sowohl v. GrArFF als Lang sich ausgesprochen, und man muss gestehen, dass wohl kaum ein Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. DAN anderes Organ bei den Turbellarien dazu so geeignet ist, wie dieses, wenn wir bedenken, dass hier ein konstanter Wasserwechsel stattfindet. Selbst das Epithel des Körpers, welches konstant von Wasser umspült wird, dürfte in vielen Fällen zum Gasaustausch weni- ger geeignet sein, insbesondere in jenen Fällen, wo es von sehr zahl- reichen Stäbchen durchsetzt wird; Darm und Epithel werden sich daher in dieser Beziehung ergänzen. Als dritter Faktor kommt alsdann das Wassergefäßsystem hinzu. Nervensystem. Unsere Kenntnis vom Nervensystem der Plathelminthen ist im Allgemeinen Dank den ausgezeichneten Untersuchungen A. Lang’s ! insbesondere eine nicht unbedeutende. Am wenigsten bekannt ist dasjenige der rhabdocölen Turbellarien, und werde ich ver- suchen ein Weniges beizutragen, um das Dunkel zu erhellen, welches gerade auf diesem Gebiete herrscht. Ein Nervensystem kommt allen Rhabdocöliden zu, auch den Aecölen, wie wir durch die Untersuchungen von Ives DerAGE? er- fahren haben, eben so Anaplodium parasitica, von dessen Existenz ich mich selbst überzeugen konnte. Das Centrum des Nervensystems, das Gehirn, liegt stets in der Nähe des vorderen Körperpoles unabhängig von der Lage des Pharynx, selbst dann, wenn dieser vollständig an das entgegengesetzte Körper- - ende verschoben ist. Betrachten wir die Lagebeziehungen zwischen Gehirn, Pharynx und Mund genauer, so ergeben sich Verschiedenheiten, die auch syste- matisch benutzt werden können. Hinter dem Pharynx und der Mundöffnung liegt es bei en stoma ochroleucum, dioicum, rufodorsatum und philippi- nense, zwischen Pharynx und Mund finden wir es bei Plagiostoma Lemani, während es bei allen übrigen Plagiostominen dicht vor den Pharynx und oberhalb der Mundöffnung zu liegen kommt. Bei Cylindrostoma quadrioculatum, CGylindrostoma Kloster- 1 A. Lang, a) Das Nervensystem der marinen Dendrocölen. Mitth. aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. I. — b) Über das Nervensystem der Trematoden. Ebenda. Bd. II. — c) Das Nervensystem der Cestoden im Allgemeinen und dasjenige der Tetrarhynchen im Besonderen. Ebenda. Bd. II. — d) Das Nervensystem der Tri- claden. Ebenda. Bd. III. — e) Vergleichende Anatomie des Nervensystems der Plathelminthen. Ebenda. Bd. III. — f) Monographie der Polycladen, 2 ]. Deracz, Etudes histologiques sur les Planaires rhabdocoeles acoeles (Con- voluta Schultzii 0. Schm.). Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LI. Bd, 47 948 Ludwig Böhmig, mannii undMonoophorum striatum rückt der Pharynx weit hinter das Gehirn, die Mundöffnung der beiden letztgenannten ist ebenfalls hinter dem Gehirne gelegen. Umhüllt und getrennt von anderen Organen wird das Gehirn ent- weder von Theilen des Körperparenchyms, oder aber von besonderen Gehirnkapseln, ähnlich wie bei den Polycladen. Letzteres Verhalten finden wir nur bei Monoophorum striatum und den beiden CGylindrostoma-Species. Während diese umhüllende Kapsel bei den Polycladen nach Lang aus einer strukturlosen Membran besteht, zeigt sie in den vorliegenden Fällen ein komplieirteres Verhalten. Bei Monoophorum striatum konnte ich drei Schichten an der Kapsel unterscheiden, nämlich eine innere strukturlose Schicht, welche sich durchaus nicht färbte, eine äußere ebenfalls strukturlose sich wenig tin- girende, und zwischen diesen beiden eine etwas dickere Lage, welche sich ziemlich stark mit Farbstoffen imprägnirte, und welche, wie Quer- schnitte lehrten, aus einzelnen durch Zwischenräume getrennten längs- verlaufenden Fasern bestand, die auf der Ventralseite am deutlichsten wahrgenommen werden konnten. Bei Cylindrostoma Klostermannii und quadrioculatum vermisste ich die äußerste strukturlose Schicht, es sind hier nur zwei vorhanden, welche der inneren und mittleren von Monoophorum striatum entsprechen. Die aus den Längsfasern bestehende ist stellenweise sehr undeutlich, auch scheinen die Fasern häufig einen schrägen Verlauf zu besitzen. Gylindrostoma quadrioculatum zeigt beide Schichten übrigens nur sehr wenig scharf. Die Gestalt des Gehirnganglions der einzelnen Arten ist natürlich eine wechselnde, auch individuelle Schwankungen sind häufig, ich werde auf diesen Punkt erst im speciellen Theil der Arbeit eingehen. Welche Form das Gehirn aber auch haben mag, stets finden wir eine Zusammensetzung des Ganglions aus zwei symmetrischen Hälften. Nicht immer ist dieselbe deutlich, häufig sehen wir nur Andeutungen und Spuren derselben, so bei Monoophorum striatum und Cylindro- stoma, bei denen das Gehirn auf Quetschpräparaten und auch auf einzelnen Schnitten als eine »einheitliche, vierseitige, quer ausge- zogene Masse (v. GRAFF)« erscheint. Aus dem Gehirn entspringen eine Anzahl von Nerven, oder besser gesagt, das Gehirn ist der Vereinigungspunkt, das Gentrum, für diese. Bisher sind von allen Rhabdocöliden zwei große Nervenstämme bekannt, welche den Körper des Thieres in ganzer Länge durch- ziehen. Außer ihnen sind wenigstens für eine große Anzahl, insbe- sondere Mesostomiden und Vorticiden, Nerven nachgewiesen, die Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. I. 249 das Gehirn an seiner vorderen Fläche verlassen und sich im vorderen Körperende verzweigen. Bei Plagiostoma Girardi strahlen nach v. Grarr sechs Nerven jederseits vom Gehirn aus. Ich habe diesem Punkte, wie viel Nervenpaare nämlich konstant aus dem Gehirn entspringen, meine besondere Aufmerksamkeit ge- schenkt, da die bis jetzt vorliegenden Angaben sehr spärliche sind, und möglicherweise das Verhalten der Nerven noch eine besondere Bedeu- tung gewinnen kann. Bei allen der von mir untersuchten Alloiocölen mit Ausnahme von Plagiostoma Lemani, hier konnte ich die Nerven nicht mit genügender Sicherheit wahrnehmen, konstatirte ich das Vorhandensein von mindestens fünf Nervenpaaren. Und zwar entspringen von der hinteren Fläche des Ganglions stets ein Paar, die Längsnerven; von der vorderen Fläche des Ganglions strahlt entweder jederseits ein Nerv aus, welcher sich aber alsbald in mehrere starke Äste auflöst, oder aber wir sehen von vorn herein zwei oder drei getrennte Nerven aus- treten. Alle diese Nerven und Nervenäste verbreiten sich im vorderen Körperende, ihnen verdankt dasselbe seine große Empfindsamkeit. Die Dorsalseite des Thieres wird innervirt von einem (Plagiostoma und Vorticeros), seltener (CGylindrostominen) zwei Nervenpaaren, die auf der Rückenfläche des Ganglions aus diesem austreten. Zu den Seitentheilen begeben sich jederseits ein oder zwei Nerven, zwei bei Monoophorum striatum und den beiden Gylindrostoma-Species, welche den seitlichen Partien des Gehirns angehören; von der ven- tralen Fläche entspringt meist ein Nervenpaar, welches in senkrechter Richtung oder ein wenig nach vorn gerichtet zur Bauchfläche des Thieres zieht. i Die genannten Nerven dürften für alle Rhabdocöliden kon- stant sein, abgesehen von den Acölen, da sie sämmtlich von mir! für die Vortieide Graffilla muricicola und von Lirritsen ? für Dero- stoma unipunctatum nachgewiesen worden sind. Leider sind in dieser Beziehung die sonst als Untersuchungsobjekte so beliebten Mesostomiden nicht genügend genau bekannt. Wir kennen nur die mächtigen hinteren und vorderen Nervenstämme, und durch R. LeuckArr?3 einen dritten Nerven, den ich als Seitennerven in 1 L. Bönmıs, Unters. über rhabd. Turbellarien. I. Das Genus Graffilla v. Iher. Diese Zeitschr. Bd. XLIIlI. 1887. 2 C. Lireitsch, Beiträge zur Anatomie des Derostoma unipunctatum. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 1890. 3 R. LEuUCcKART, Mesostomum Ehrenbergii, anatomisch dargestellt. Archiv für Naturgeschichte. 48. Jahrg. Bd. 1. 47* 350 Ludwig Böhmig, Anspruch nehmen möchte. Während die Rhabdoeoela und Alloio- coela nur ein Paar Längsnerven besitzen, die den Körper in ganzer Länge durchziehen, kennen wir drei Paare solcher Längsnervenstämme von der acölen Gonvoluta Schultzei durch die Bemühungen von Ives DeragE !. Möglicherweise entspricht ein Paar derselben den dor- salen, ein Paar den ventralen Nerven der übrigen Rhabdoeöliden, vor der Hand lässt sich dies noch nicht mit Sicherheit entscheiden. Sehr wechselnd erscheint nach Lane’s? Angaben die Zahl der Ner- ven bei den Polycladen; für Planocera Graffii giebt Lane 10—11 Hauptnervenpaare an, während Thysanozoon Brockii überhaupt nur 10 Hauptnerven besitzt, die überdies mit nur sechs Wurzeln im Gehirnganglion ihren Ursprung nehmen, was bei einem Vergleich in Betracht gezogen werden muss. Kommissuren, welche, ähnlich wie bei den Polycladen, die aus dem Gehirn austretenden Nerven verbinden, habe ich bei den Alloiocölen nicht auffinden können. Selbst Kommissuren zwischen den Längsnerven scheinen nicht häufig zu sein; beobachtet wurde eine solche nur beiMonoophorum striatum in einiger Entfernung vom Gehirn; ich gebe allerdings zu, dass diese Kommissuren bei der Schwierigkeit, mit welcher die Untersuchung des Nervensystems ver- knüpft ist, leicht übersehen werden können. Von den Längsstämmen abzweigende Nerven habe ich nicht wahr- genommen, obwohl ich schon desshalb überzeugt bin, dass von ihnen Nerven ausgehen, weil ihr Kaliber stetig von vorn nach hinten ab- nimmt. | Die Frage, ob ein subeutaner Nervenplexus, wie er für viele Tri- eladen erwiesen ist, auch den Rhabdocöliden speeiell den Alloio- cölen zukommt, kann ich noch nicht mit Sicherheit beantworten. Allerdings habe ich auf Schnittpräparaten Dinge gesehen, die man vielleicht als Theile eines solchen deuten könnte, und an gequetschten Individuen von Plagiostoma Girardi beobachtete ich ein unterhalb des Hautmuskelschlauches liegendes System sich kreuzender und anastomosirender Stränge von verschiedenem Durchmesser, die eine fibrilläre Streifung zeigten (Taf. XXI, Fig. 8), und welche sich am leben- den Thiere mit Enrrıcn'schem Methylenblau blass blau färbten. Dem Wassergefäßsystem gehören diese sich kreuzenden und anastomosiren- den Stränge sicher nicht an, und es ist immerhin möglich, dass es sich um einen subeutanen Nervenplexus hierbei handelt. Zerlegen wir ein Ganglion in Schnitte, so werden wir stets den 1 Ives DELAGE, 1. C. ?2 A. Lang, Monographie der Polycladen. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien, II, 251 für die Ganglienknoten der meisten Wirbellosen wohlbekannten Auf- bau aus zwei Schichten wahrnehmen. Die periphere Rindenschicht besteht aus Ganglienzellen, der centrale Theil aus einer feinfaserigen Masse, die man für gewöhnlich als Punktsubstanz zu bezeichnen pflegt. Dieser Ausdruck »Punktsubstanz«, der an sich ganz unschuldig ist, und welcher von Leyvıs gewählt worden war, um dem Kinde einen Namen zu geben, der übrigens ganz passend ist, denn auf Schnitten sieht diese Substanz bei mäßiger Vergrößerung wie aus Pünktchen bestehend aus, scheint neuerdings manche Neurohistologen, z. B. B£era Harrer, in ge- linde Verzweiflung zu setzen; doch werde ich mich trotzdem dieses Namens bedienen, gelegentlich als synonym auch Marksubstanz, cen- trales Fasernetz, Fasermasse sagen. Der Ganglienzellenbelag ist von verschiedener Mächtigkeit und ent- weder ein kontinuirlicher, wenn derselbe auch in der Medianlinie keine Unterbrechung erleidet, oder ein diskontinuirlicher, wenn er an dieser Stelle ganz oder theilweise unterbrochen ist und alsdann die Punktsub- stanz zu Tage treten lässt. Diskontinuirlich finden wir die Rindenschicht bei Vorticeros auriculatum, Plagiostoma reticulatum, dioi- cum, sulphuricum und siphonophorum. Allseitig umhüllt sehen wir den Punktsubstanzballen bei den übrigen Formen: Bei einigen von ihnen sind individuelle Abweichungen zu konstatiren, so bei Plagio- stoma Girardi, wo für gewöhnlich die Rindenschicht in der Median- linie sehr dünn ist und in einzelnen Fällen vollständig fehlen kann. Die Dicke der Ganglienzellenschicht ist eine verschiedene an den einzelnen Punkten der Oberfläche. Am mächtigsten finden wir diese Ganglienzellrinde stets an den Seitentheilen, besonders auffallend ist dies bei Vorticeros aurieulatum, am dünnsten ist sie stets in der Medianlinie. Die Ganglienzellen selbst, ich beziehe mich hier nur auf meine ‚ 'besterhaltenen Präparate von Plagiostoma Girardi, Vorticeros auriculatum, Monoophorum striatum und Cylindrostoma Klostermannii, sind multi-, bi- und unipolar. Die multi- und uni- polaren gehören fast durchaus den Ganglien, die bipolaren den Nerven- stämmen an. Die Zahl der Fortsätze an den multipolaren Zellen ist eine ver- schiedene, durchschnittlich fand ich 3—5 (Taf. XXI, Fig. 3, 4, 5, 6a u. c). Sie sind jedoch nicht gleichwerthig, einer von ihnen zeichnet sich vor den übrigen durch größere Dicke aus, und dieser ist es, welcher in den centralen Faserballen eintritt; in einigen Fällen konnte ich eine Theilung dieses Fortsatzes vor seinem Eintritt in die Marksubstanz wahrnehmen (Fig. 6a, nf). Die anderen feineren Ausläufer (p/f) dienen 359 Ludwig Böhmig, zur Verbindung der Ganglienzellen unter einander (Fig. 6 glz! und glz2); ich bezeichne diese im Gegensatz zum Nervenfortsatze wie üblich als Plasmafortsätze der Ganglienzellen. Bei den unipolaren Zellen ist na- türlich diese direkte Verbindung mit anderen Ganglienzellen ausge- schlossen, hier wird sie innerhalb der Marksubstanz statthaben. Ich befinde mich in Betreff der direkten Verbindung der Ganglienzellen unter einander im Gegensatz zu FRIDTJOF NAnsen !, welcher eine direkte Verbindung zwischen zwei Ganglienzellen vermittels der Plasmafort- sätze leugnet: »A direct combination between the ganglion cells is... not acceptable« und in den Plasmafortsätzen nur Nährorgane der Gan- glienzellen sieht: »I believe the function of the protoplasmie processes to be a nutritive one.« Das Plasma der Ganglienzellen ist feinkörnig, färbt sich nur wenig, der Plasmaleib der Zellen ist nur bei sehr günstiger Konservirung deutlich sichtbar. Der periphere Theil des Plasmaleibes der Zellen be- steht aus einem wesentlich dichteren Plasma als der centrale, den Kern umgebende. Am auffallendsten ist dies bei Monoophorum stria- tum, Vorticeros auriculatum und Gylindrostoma Kloster- manii (Fig. 3). An Thieren, welche mit Osmium-Essigsäure behandelt worden waren, färbte sich diese Randschicht intensiv schwarz und kon- tourirte sich sehr scharf, während der übrige Theil des Plasmas, zwi- schen Kern und Randschicht, körnig, geschrumpft und nur wenig gefärbt erschien. Auf den ersten Blick machen solche Präparate den Eindruck, als ob die Zelle eine ungemein dicke Membran besäße; es ist also jedenfalls der periphere Theil des Zellleibes chemisch verschieden von dem centralen. Dass es sich hierbei nicht thatsächlich um eine Mem- bran handelt, lehren sofort Objekte, welche mit Sublimat oder Sublimat- Osmium-Essigsäure behandelt worden sind. Die Größe der Ganglienzellen schwankt für dieselbe Art innerhalb geringer Grenzen, auch die Unterschiede bei den verschiedenen Arten sind nicht bedeutende; die kleinsten Ganglienzellen besitzt Cylindro- stoma Klostermannii. Die relativ großen, runden, seltener ovalen Kerne der Zellen färben sich sehr intensiv, sie sind fast stets von einem hellen Hofe um- geben. Ich konnte bei gutem Erhaltungszustande immer ein zierliches Kernnetz (Fig. 7 n) in ihnen wahrnehmen; ein Kernkörperchen scheint nicht immer vorhanden zu sein, ich vermisste ein solches konstant bei Monoophorum striatum, fand es häufig bei Vorticeros auricu- latum und Plagiostoma Girardi. 1 Friprsor NANsEn, The Structure and combination of the histological EIeNIEnNS of the central nervous System, Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. IH, . 280 Auffallend große oder kleine Ganglienzellen habe ich nur äußerst selten aufgefunden; ich weiß auch nicht, ob ihr Vorkommen ein ganz konstantes ist. So sah ich einige Male im Gehirn von Plagiostoma Girardi Zellen, die sich durch einen ungemein großen Plasmaleib und sehr kleinen Kern auszeichneten, andererseits auch solche, bei denen das umgekehrte Verhältnis obwaltete; ein sehr schmaler Plasma- saum umhüllte einen großen ovalen Kern. Der größere Durchmesser des Kernes betrug 16,7 u, der der Zelle 18,2 u, der kleinere am Kern 5,11 u, an der Zelle 5,84 u. Das Vorkommen solcher Zellen ist wie gesagt selten, und wenn vorhanden, liegen sie stets an der Austritts- stelle von Nerven. Ganglienzellen, welche sich hauptsächlich durch ihr eigenthüm- liches Verhalten gegen Osmiumkarmin auszeichnen, und die ich nur im Gehirnganglion von Monoophorum striatum aufgefunden habe, werden besser erst bei Besprechung der Organisation der Seh- organe zu erwähnen sein. Durch die Untersuchungen von A. Lang! wissen wir, dass bei den Polyeladen die Mannigfaltigkeit der Ganglienzellen nach Form und Größe eine sehr große ist. Besonders bemerkenswerth sind die von Lang beschriebenen Kerne, die eines Plasmabelags vollständig ent- behren, und bei denen die Faser direkt an den Kern tritt, der seine scharfen Kontouren immer beibehält. Ich gestehe, dass mir an- fänglich ein solches Vorkommnis nicht recht wahrscheinlich war, da ich mich an Ganglienzellen aus dem oberen Schlundganglion von Helix pomatia erinnerte, bei denen der Plasmaleib so schmal und zart war, dass er nur an sehr guten Präparaten nachgewiesen werden konnte. In der Folge aber überzeugte ich mich, dass solche Kerne dem Ge- hirne von Vorticeros auriculatum nicht fehlen, wenn ihr Vor- kommnis auch ein seltenes zu nennen ist. Diese Kerne sind von birnförmiger Gestalt und tingiren sich ungemein stark. Von ihrem verjüngten Pole geht ein ebenfalls stark färbbarer Fortsatz aus, welcher in die Punktsubstanz eintritt. Jede Spur eines Plasmabelages fehlt. Ich bin leider nicht in der Lage, mehr und eingehender über die Struktur der Ganglienzellen beiden Alloiocölen berichten zu können, die Kleinheit und Zartheit dieser Elemente verhinderte ein weiteres Eindringen in ihren Bau. Der von Leypıe mit Punktsubstanz, von Dıerı und Rawırz als Mark- substanz, von Berroncı und Hauıer als centrales Nervennetz bezeichnete centrale Ballen ist natürlich bei den einzelnen Species von verschiedener 1 A, Lang, Monographie der Polycladen. 354 Mar; Ludwig Böhmig, Gestalt, eben so wie das ganze Ganglion. Ein eingehendes Studium der Punktsubstanz wird erschwert durch die Kleinheit des ganzen Gebildes, doch ist es mir mit Hilfe guter homogener Immersionssysteme gelungen, bis zu einem gewissen Grade einen Einblick in den Bau der- selben zu erhalten. Da ein genaueres Eingehen auf die reiche Speeiallitteratur natur- gemäß nicht im Bereiche dieser Arbeit liegt, werde ich nur auf einige neurohistologische Untersuchungen Rücksicht nehmen. An sehr dünnen Schnitten, besonders solchen, welche mit Os- mium-Essigsäure oder mit Sublimat und nachträglich mit Osmium- säure und Osmiumkarmin behandelt worden waren, lässt sich die Marksubstanz mit Anwendung hoher Vergrößerungen in ein Netzwerk auflösen (Taf. XX, Fig. 3 ps). Die das Netzwerk bildenden Fasern sind sehr fein und häufig knotig verdickt. Mit Osmium-Essigsäure färben sie sich, mithin also das ganze Netzwerk, schwarz. An jenen Stellen, an welchen mehrere Maschen des Netzes zusammenstoßen, finden wir ebenfalls kleine Verdickungen, Knötchen, welche aber verschieden von den früher erwähnten Verdickungen durchschnittene Fasern dar- stellen. Die Maschen des Netzwerkes sind rundlich oder polygonal, von verschiedener Größe, im Allgemeinen aber sehr eng. In bestimm- ten Bezirken, die ich im speciellen Theile näher bezeichnen werde, zeichnen sie sich durch besondere Enge aus, in Folge dessen erschei- nen diese Partien der Punktsubstanz dichter und dunkler gefärbt, da hier auf gleichem Raume mehr netzbildende Fasern kommen als an anderen Stellen (Taf. XX, Fig. 3, 4 b, c, d). Ähnliches hat Ruopr! auch im Punktsubstanzballen von Anneliden beobachtet: »Gewisse Theile des Gehirns, sagt RHuopz, zeichnen sich durch besonders dichtes Gefüge und außerordentliche Feinheit der Fibrillen aus und heben sich in Folge dessen meist durch dunklere Färbung von dem übrigen Gehirn scharf ab.« | Dieses Netzwerk entspricht, so viel ich aus den Abbildungen und Beschreibungen von B£ra Harzer? und R. Rawırz? entnehmen kann, vollständig dem centralen Nervennetze, das diese Forscher bei M ol- lusken und Würmern gesehen haben. So stimmt das, was Rawırz in seiner citirten Arbeit von diesem 1 Ruope, Histologische Untersuchungen über das Nervensystem der Polychae- ten. Zool. Beiträge von Dr. Ant. SCHNEIDER. Bd. II. 4. Heft. 2 BELA HALLER, Beiträge zur Kenntnis der Textur des CGentralnervensystems höherer Würmer. Arbeiten aus dem zool. Institut zu Wien. Bd. VIII. 3. Heft. 3 B. Rawırz, Das centrale Nervensystem der Acephalen. Jenaische Zeitschr. für Naturwissensch. Bd. XX. N. F. XII. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. - ‚255 Berroncı-Harzer’schen Netzwerke sagt, ganz wohl mit meinen Befunden überein: »Es stellt sich dar als ein Netz, dessen Maschen von ver- schiedener Gestalt sind, dreieckig, viereckig und vieleckig. Die Fäden dieser Maschen sind außerordentlich zart und zeigen an den Stellen, wo sie sich kreuzen, resp. verflechten, knötchenförmige Verdickungen, die im mikroskopischen Bild als dunkle Punkte erscheinen. Diese Punkte sind..... wirkliche Verdickungen, wie dies an Isolationspräpa- raten klar wird.« FRIDTJOF Nansen ! leugnet in seiner bekannten schönen Arbeit dieses centrale Netzwerk » the tubes and fibrillae forming the dotted substance do not anastomose with each other«. Das Netzwerk, welches man auf Schnitten wahrnimmt, und welches als solches von vielen Autoren be- schrieben wurde, ist nach Nansen kein Netzwerk, sondern wird her- vorgebracht durch die Durchschnitte der Röhren (Tubes) ete., welche die Punktsubstanz bilden; die Maschen desselben sind nur die durch- schnittenen Scheiden der Tuben. Leyvıs ? selbst, an welchen sich Nansen sonst in seinen An- schauungen stark anlehnt, betont ausdrücklich, dass die Punktsubstanz von einem »netz- oder geflechtartig gestrickten Charakter sei«. Ist dieses Netzwerk, dessen Vorhandensein ich bei den Turbel- larien eben so entschieden behaupten muss, wie das von HaLıer für andere Würmer und Gasteropoden, von Rawırz für die Acephalen ge- schehen ist, nun in der That nervöser Natur? Ehe ich mich mit der Beantwortung dieser Frage befassen kann, muss ich, um eventuellen Verwechslungen vorzubeugen, darauf hin- weisen, dass von Harzer? bei Polychäten noch ein zweites Netzwerk erwähnt wird: »Es existiren somit bei den Polychäten innerhalb der centralen Fasermasse zwei in einander verschlungene, doch mit einander nicht verbundene Netze, und zwar ein gröberes, der Neuro- glia angehörendes, und ein viel zarteres Nervennetz, welch letzteres aus den Fortsätzen der Ganglienzellen sich konstruirt und peripheren Nervenfasern zum Ursprung dient.« Charakteristisch für das Nerven- netz ist, dass es sich durch Osmiumsäure bräunt, das Neuroglianetz erfährt hingegen keine Bräunung. Aus letzterem Grunde, sowie durch genaues Vergleichen der Ab- bildungen Hıırıer's mit meinen Präparaten bin ich sicher, dass HaLrer’s » Nervennetz « identisch mit dem von mir gesehenen Netzwerke ist. Enthält nun außer den zwei Netzwerken die Marksubstanz noch 1 Fr. NassEs, 1. c. 2 Leyvis, Zelle und Gewebe. 4885. 3 HALLeER, 1. c. 256 Ludwig Böhmig, andere Elemente, und sind die Maschen der in Rede stehenden Netz- werke von einer Substanz erfüllt? Diese jedenfalls äußerst wichtige Frage ist verschieden beantwortet worden. Nach Rawırz! enthält die Punktsubstanz außer dem Nervennetze nur »einen nervenmarkähn- lichen Stoff, der vielleicht in den Maschen des Netzes in festweichem Aggregatzustande suspendirt ist«. Bindegewebige Elemente fehlen. Harzer ? hat »eine solche Substanz nicht gesehen, weder bei Mollus- ken noch bei Würmern, und muss ihre Existenz auch heute noch in Zweifel ziehen«. HaLLer sagt aber nichts darüber, womit denn dann die Maschen des Netzwerkes erfüllt sind; mit » Nichts«, also leer? Das vorzustellen fällt mir ungemein schwierig, das scheint mir überhaupt nicht denkbar. Nach Ruope? werden die geringen Räume zwischen den Fibrillen von der alle Organe durchtränkenden Leibesflüssigkeit durchsetzt, also von einer Substanz, die höchstens zur Ernährung der Fibrillen und Ganglienzellen beitragen und darum von Wichtigkeit sein könnte, die aber keinen integrirenden Theil des Nervensystems an sich bildet. Ganz anderer Ansicht sind nun Leyvıg und Nansen. Leyvig * findet in den Maschen und zwischen den parallel ange- ordneten Streifen des Fachwerkes der Nerven eine homogene Grund- substanz, die eigentliche »Nervensubstanz«, die Leypıc bekanntlich Hyaloplasma nennt, während er das Fachwerk als Spongioplasma be- zeichnet. " Ganz und voll schließt sich Nansen 5 der Leynie’schen Anschauung in diesem Punkte an: »The ‚interfibrillar substance‘ deseribed by various authors, is the hyaline hyaloplasma, which forms the contents of the tubes, and is the real nervous substance. « Bei der Untersuchung von Nervenquerschnitten, insbesondere solchen, welche mit Sublimat fixirt, späterhin mit Osmiumsäure und Osmiumkarmin behandelt worden waren, fielen mir kreisrunde oder leicht ovale Gebilde auf (Taf. XXI, Fig. I hyl), welche die gröberen Maschen (spm) des Nerven (Fig. 1) vollständig erfüllten. Diese Gebilde färben sich äußerst schwach, zeichnen sich aber durch starkes Licht- brechungsvermögen aus. Auch in dem centralen Punktsubstanzballen der Ganglien fand ich diese stark lichtbrechende Substanz bei Anwen- dung einer homogenen Immersion wieder, nur ist sie hier häufig in Folge der Enge der Maschen weniger leicht erkennbar. An gut erhaltenen Präparaten von Plagiostoma Girardi, t Rawırz, ].c. 2 HALLeR, |. c, 3 RHODE, 1, c. 4 Levoıg, Zelle und Gewebe, 5 NANSEN, |. C. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 3280 Vorticeros aurieulatum und Monoophorum striatum, und zwar eignen sich Längs- und Flächenschnitte am meisten, erkannte ich, dass alle Maschen des Harrer’schen Nervennetzes (Fig. 2 Spn) von eben dieser Substanz (hyl) erfüllt werden, und dass dieselbe in Wirklichkeit solide cylindrische Fasern darstellt, welche mit einander anastomosiren, streckenweise verschmelzen, sich alsdann wieder thei- len können und so ein zweites Netzwerk innerhalb des ersten, des Haızer’schen, darstellen. In Taf. XXI, Fig. 12 habe ich einen Theil des Punktsubstanzballens von Monoophorum stria- tum dargestellt. Die Gesammtheit der dunklen Linien (sp) stellt das »Harter’sche Nervennetz« dar, das von diesem dunklen Netzwerk (Spn) eingeschlossene helle Fasernetz (Hyln) ist nach meinem Dafürhalten das eigentliche wahre »Nervennetz«; ich kann in dem Harrer’schen nur ein Stützgewebe dieses Netzwerkes (Hyln) erblicken. Ich bezeichne das Haırer’sche Netzwerk in Zukunft als das»spongioplasmatische«, das andere als das »hyaloplasmatische«. Um das Bild zu vervollständigen, wende ich mich wieder den Nerven zu, und zwar wähle ich den Querschnitt eines solchen von Monoophorum striatum. Wir sehen zunächst ein Netzwerk (Taf. XXI, Fig. 1 spn), das von Fasern (sp) gebildet wird, die sich ganz so verhalten wie die Harzer’schen Nervenfäserchen des » spongioplas- matischen« Netzwerkes innerhalb der Punktsubstanz, d. h. sie färben sich mit Osmiumsäure schwarz. Die Maschen sind rundlich und relativ groß. Sie werden erfüllt von den stark glänzenden, eben nur den Hauch einer Färbung annehmenden Nervenfibrillen (hyaloplasmatischen Fasern [hyl]). Diese berühren sich jedoch nicht, sondern werden durch dünne Hüllen einer Substanz (sp,) getrennt, welche der gleicht, die das gröbere spongioplasmatische Netzwerk bildet. Längsschnitte durch Nerven lehren, dass diese Nervenfibrillen (hyl) parallel angeordnet sind. An jenen Stellen, an welchen die Nerven das Ganglion verlassen, sehen wir reichliche Einlagerungen von Ganglienzellen, seltener sind sie in einiger Entfernung vom Nervenursprung. Die Ganglienzellen scheinen durchweg bipolare (oppositipole nach Rawırz) zu sein. Wenn wir das, was Lane! über den Bau der Nerven der Poly- claden und Trematoden sagt, mit den von mir bei den Alloio- eölen gefundenen Verhältnissen vergleichen, so sehen wir eine ganz entschiedene Übereinstimmung. »Das spongiöse Aussehen auf dem 1 Lane, Monographie der Polycladen. — Lang, Über das Nervensystem der Trematoden, Mitth. aus der Zool. Station zu Neapel. Bd.II, 358 Ludwig Böhmig, Querschnitt, sagt Lane, kommt dadurch zu Stande, dass der Nerv aus lauter kleinen Bälkchen zu bestehen scheint, welche alle mit einander verbunden sind, und welche zahlreiche rundliche, verschieden große Lücken umschließen. Auf guten Präparaten aber sind sie angefüllt von einer feinkörnigen, blassen Substanz, die an einzelnen Stellen Kernen und Zellen Platz macht..... Die blasse, zarte, feinkörnige Sub- stanz ist nichts Anderes als ein Querschnitt einer Nervenfaser. Das spongiöse Balkennetz...... erweist sich also als ein Stützgewebe der Nervenfasern.« Die an Osmiumsäure- und Osmiumessigsäurepräparaten gemachten Beobachtungen wurden kontrollirt an Thieren, welche in vorsichtigster Weise mit Sublimatessigsäure, der eine Spur Osmiumsäure zugesetzt wurde, konservirt worden waren. Das spongioplasmatische Netzwerk innerhalb der Punktsubstanz war hier viel weniger deutlich als an den erstgenannten Präparaten. Dafür aber, und einige Rissstellen ließen das in schönster Weise erkennen, zeigte sich das hyaloplasmatische Netzwerk sehr wohl erhalten. Die Maschenwandungen, welche sich durch Osmiumsäure schwärzen, varicös werden, waren hier durch Pikrokarmin hellroth gefärbt und zeigten ein ganz anderes Licht- brechungsvermögen als ihr Inhalt. Aus dem Gesagten geht hervor, dass ich in den wesentlichen Punkten mit Leypıs und Nansen vollkommen übereinstimme: »Die Substanz, welche das Nervennetz Harzer’s erfüllt, das Hyaloplasma Leypig’s, ist die eigentliche nervöse Substanz.« Von Nansen unterscheide ich mich darin, dass ich behaupten muss: »Die Fasern und Fibril- len dieser nervösen Substanz bilden ein Netzwerk, sie anastomosiren mit einander.« In dem Haızer’schen Netzwerke sehe ich ein Stützgewebe (wie auch Leypıs und Nansen wollen) von nervenmarkähnlichem Charakter. Wäre dasselbe in der That nervöser Natur, so wäre mir der Bau der Nerven ein ganz unverständlicher. Denn ein Nerv, welcher, wie Quer- schnitte lehren, Längsschnitte sind hier sehr trügerisch, einen spongiö- sen Bau besitzt, ist ein Unding. Der weitaus größte Theil der Nervenfibrillen entstammt der Punkt- substanz, doch konnte ich auch einen direkten Übergang von Ganglien- zellfortsätzen (Stammfortsätze Rawırz) in die Nerven beobachten, ins- besondere bei den beiden Cylindrostoma-Arten. Es existirt also auch hier eine direkte und indirekte Verbindung zwischen den Nerven und Ganglienzellen des Gehirns, wie eine solche von den meisten Autoren angenommen wird. Die Nervenfortsätze der Ganglienzellen, die theilweise eine relativ Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 2429 ansehnliche Stärke besitzen, treten in den Punktsubstanzballen und theilen sich mit Ausnahme der Stammfortsätze. Wie weit diese Thei- lung geht, weiß ich nicht, ich habe nur einige Male eine einfache dicho- tomische Theilung wahrgenommen, doch ist mir eine weitere solche wahrscheinlich, da der Durchmesser wesentlich stärker war, als der der Nervenfibrillen, die ich in den Nerven beobachtete; der Durch- messer dieser letzteren betrug im Mittel 0,71 u. Es ist früher von mir erwähnt worden, dass die Ganglienzellen sich bei Osmiumessigsäurebehandlung eigenthümlich verändern, dass die Randzone eine schwarze Farbe annimmt und sich scharf kontourirt. Ich bin geneigt anzunehmen, dass diese Randzone reich ist an einer myelinartigen Substanz (Stützsubstanz), welche sich fortsetzt auf die Nervenausläufer der Zellen, und welche das Gerüstwerk des Punktsub- stanzballens, das spongioplasmatische Netzwerk, bildet. Sinnesorgane. Augen. Je mehr ich mich in das Studium der rhabdocölen Turbel- larien vertiefte, desto mehr wurde ich der Überzeugung, dass der Bau derselben ein viel komplieirterer ist, als ich zuerst ahnte, und ganz besonders gilt dies von den Augen. Es ist bekannt, dass die Alloiocölen zwei oder vier Augen be- sitzen, selten einen unpaaren Pigmentfleck, so einige Monotiden. Von den hier untersuchten Formen besitzen Monoophorum stri- atum und die beiden Gylindrostoma-Species zweiAugenpaare, alle übrigen, also sämmtliche Plagiostoma-Arten und Vorticeros au- riculatum nurein Paar. Sieliegen dem Gehirn dicht auf, ja man könnte sogar sagen, sie liegen im Gehirn, da sie von den Ganglienzellen um- geben sind. Am meisten in die Augen fallend ist diese enge Verbin- dung beiMonoophorum und Cylindrostoma, da sie hier innerhalb der das Gehirn umgebenden Kapsel gelegen sind (Taf. XX, Fig. 3, 4 An). Wenn wir die neuere Litteratur bezüglich des Baues der Rhabdo- eöliden-Augen durchmustern, so finden wir im Allgemeinen nur wenige detaillirte Angaben, im Besonderen vermisse ich ein scharfes Auseinanderhalten der lichtbrechenden und lichtpereipirenden Ap- parate. J. Carriere! untersuchte die Augen bei Mesostoma perso- natum und giebt Folgendes an: »Sie bestehen aus einem unregel- mäßig gestellten Haufen pigmentirter Zellen, eine Schale mit nach 1 J. CArrıEreE, Die Sehorgane der Thiere. I60 Ludwig Böhmig, seitwärts und außen gerichteter Öffnung bildend. In dieser Höhlung liegen zwei (vielleicht auch mehr) helle kugelige, gestreifte Innen- körper, denen ähnlich, welche bei Tristomum molae vorkommen, und nach außen zu wird das Ganze durch Ganglienzellen und Nervenfasern begrenzt und abgeschlossen.« M. Braun ! unterscheidet an dem Innenkörper CArrıkre’s, den er als Linse bezeichnet, bei Bothromesostomum Essenii und allen ihm bekannten Mesostomeen zwei Abschnitte: »der dem Hohlraum der Pigmentzellen anliegende plan-konvexe oder konkay-konvexe Theil färbt sich blasser und zeigt von der einen zur anderen Fläche ziehende Querstreifen, die vielleicht der Ausdruck einer fibrillären Struktur sind; er liegt dem plan-konvexen oder konkay-konvexen äußeren Abschnitte direkt an; letzterer ist homogen und färbt sich dunkler.« Braun untersuchte weiterhin auch die Augen von Automolos morgiensis und konnte entgegen den früheren Angaben das Vor- handensein einer Linse konstatiren. In der Erkenntnis, dass die »Linse« der Mesostomiden aus zwei Abschnitten besteht, liegt ein bedeutsamer Fortschritt. Obwohl ich? und F. Scamipr 3 die Augen von Graffilla muri- cicola resp. Braunii genauer untersuchten, war ein befriedigendes Eindringen in deren Bau hauptsächlich in Folge der Kleinheit der Elemente schwierig, und überdies ist zu erwägen, dass die parasi- tische Lebensweise von Einfluss sein dürfte; der verwandten Graf- filla tethydicola fehlen Sehorgane bekanntlich vollständig. Über Alloiocölen-Augen exklusive Monotus liegen nur spärliche Unter- suchungen vor. v. GrArF verdanken wir eine Reihe von Beobachtungen und Durizssis eine kurze Bemerkung bezüglich Plagiostoma Le- mani, die allerdings einen mehr negativen Charakter trägt: »Sans le pigment oculaire, nous n’avons en decouyrir aucune trace quelconque de cristallin ou autre corps refringeant.« Während v. Grarr nur Pigmentbecher und Linsen als Bestand- theile der Augen der Alloiocölen anführt, konnte ich stets 1) einen Pigmentbecher, 2) lichtbrechende Medien (Linsen) und 3) einen ner- vösen Apparat, eine Retina unterscheiden. Aus praktischen Gründen werde ich die Augen der Genera von Plagiostoma, Vorticeros, Monoophorum und Cylindrostoma 1 M. Braun, Die rhabdocölen Turbellarien Livlands. Archiv für Naturk. Liv-, Esth- und Kurlands. S. II. Bd. X. 1885. 2 L. Bönmis, 1.c. 3 F. Scamıpr, Graffilla Brauni. Archiv für Naturgesch. Jahrg. 52. Bd. 1. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. =. 261 getrennt besprechen und zum Vergleich endlich die von Mesostoma Graei zuziehen. Die Augen der Plagiostominen liegen an den Seitenflächen des Gehirns in die Ganglienzellenschicht eingebettet, mehr der dor- salen als der ventralen Fläche des Ganglions genähert. Der Pigmentbecher von Plagiostoma Girardi (Taf. XXI, Fig.9 pib), Plagiostoma dioicum und bimaculatum zeigt die Form einer Schale, deren freier Rand gegen die Becheröffnung umgeschlagen ist und so eine Art Diaphragma darstellt. Die ganze Pigmentschale hat somit eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Gehäuse einer Arcella. Bei Plagiostoma Lemani ist der Schalenboden dergestalt leicht einge- buchtet, dass die Schalenhöhlung eine Andeutung einer Trennung in drei Kammern erkennen lässt. Weiter durchgeführt und auch äußerlich durch kleine Einschnitte und Furchen markirt ist diese hier nur eben angedeutete Kammerbildung bei Plagiostoma maculatum und sul- phureum. Bei der letztgenannten Species geht diese Septenbildung im Inneren der Pigmentschale so weit, dass man eben so gut sagen könnte, der Pigmentbecher bestünde hier aus drei zum Theil mit ihren Wandungen verschmolzenen kleineren Schalen, deren Öffnungen ein- ander zugekehrt sind. Da die äußere Schalenwandung höher als die- der Septen ist, so entsteht oberhalb der drei kleineren Öffnungen eine größere. In einzelnen seltenen Fällen liegen die drei kleinen Pigment- becher nicht neben einander wie die Blätter eines Kleeblattes, sondern hinter einander, und daher mag es rühren, dass manche Beobachter von einer Tendenz der Augen, in Stücke zu zerfallen, sprechen (v. GRArFF, Monogr. p. 114). Eine Doppelschale repräsentiren die Pigmentbecher von Plagiostomareticulatum, die Trennung der beiden übrigens ungleichen Kammern durch eine Pigmentscheidewand ist hier eine vollständige. Die Pigmentbecheröffnung ist stets nach der Seite und etwas nach oben gerichtet. Die Wandung der Pigmentschale selbst besteht aus kleinen dicht gedrängt liegenden Kügelchen von schwarzer oder rother Farbe. Kerne in der Pigmentwand habe ich nur bei Plagiostoma reticulatum aufgefunden, und zwar zwei, von denen einer stets in der Scheidewand der beiden Schalenkammern gelegen war. In der Form des Pigmentbechers schließt sich Vorticeros auri- eulatum eng an Plagiostoma reticulatum an. Die Achse des Bechers, der ebenfalls durch ein Pigmentseptum in zwei ungleich große Kammern geschieden ist (Taf. XXI, Fig. 41 pib), ist nach vorn, oben und der Seite gerichtet; denken wir uns dieselbe verlängert, so wür- den sich die Achsen der beiden Augen ungefähr in der Medianlinie des 262 Ludwig Böhnig, Thieres auf der ventralen Fläche des Gehirns schneiden. Kerne der Pigmentwandung konnte ich hier einmal zwei wahrnehmen, von denen der eine in der Zwischenwand, der andere im Boden der größeren Kammer lag; die dichte Lagerung der Pigmentkörner erschwert den Nachweis von Kernen ungemein. Vor der Öffnung des Pigmentbechers bemerkte ich sowohl bei Vorticeros auriculatum als auch den verschiedenen Plagio- stoma-Species mehr oder weniger deutliche Zellen, welche die Becheröffnung fast vollständig verschließen; nur ein kleiner Spaltraum bleibt zwischen diesen Zellen, zwischen ihnen und der Pigmentwan- dung für den Eintritt der Nervenfasern offen. Leider sind diese Zellen selbst an sonst vorzüglichen Präparaten nicht immer gut erhalten, und ich beschränke mich auf die Besprechung der bei Plagiostoma Girardi, bimaculatum, reticulatum und Vorticeros auriculatum erhaltenen Befunde. Die Zahl dieser Linsenzellen, wie ich dieselben von jetzt an nennen werde, ist eine schwankende; zwei vor jedem Auge sah ich bei Vorti- ceros auriculatum und Plagiostoma Girardi, drei oder vier (?) bei Pl. sulphureum, vier bei Pl. bimaculatum. Von Linsenform, versehen mit einem dünnen, schmalen, ziemlich scharf abgesetzten Randsaume sind diese Zellen bei Vorticeros auriculatum (Taf. XXI, Fig. A1 Iz, 4%), Plagiostoma bimaculatum und reticulatum. Doch variirt ihre Gestalt in so fern als die dem Pigmentbecher zuge- wandte Seite bald konkav (Fig. 41 Iz), bald fast plan (Fig. 14), bald leicht konvex (Fig. 11 Iz’) erscheint, während die abgewandte Fläche stets konvex ist. | Diese Unterschiede in der Form der Zellen bei ein und derselben Species, ferner der Umstand, dass der im Allgemeinen sehr deutliche Saum (S Fig. 14) in einzelnen Fällen vollständig verschwinden kann, lassen es mir als wahrscheinlich erscheinen, dass die Linsenzellen selbständiger Formenveränderungen fähig sind. Von ovaler oder hutförmiger Gestalt fand ich die Linsen des Plagiostoma Girardi, der Saum war hier immer sehr schmal (Fig. 9 /z), Höhen- und Breitendurchmesser fast gleich, während ich bei verschiedenen Individuen von Vorticeros die Durchmesser ent- sprechender Linsen zuweilen nahezu gleich, in anderen Fällen sehr verschieden fand. So betrugen bei dem einen Individuum Höhen- und Breitendurchmesser 13 und 13,14 u, bei einem anderen 7,3 und 18,25 u. | Das Plasma der Linsenzellen färbt sich ungemein schwach; voll- ständig homogen war dasselbe bei Vorticeros auriculatum und _ Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 269 Plagiostoma retieulatum, feinkörnig bei Plagiostoma Girardi, deutlich gestreift in der Richtung des Breitendurchmessers bei Pl. bi- maculatum. | Die Kerne unterscheiden sich von denen der umliegenden Gan- glienzellen durch bedeutendere Größe und ein sehr intensives Tink- tionsvermögen. Ein Kernnetz war fast stets deutlich wahrnehmbar; ein Kernkörperchen (nu) bemerkte ich nur bei Vorticeros aurieu- latum (Fig. 14 nu). Der wichtigste Bestandtheil des Auges, der nervöse Apparat, liegt zum Theil innerhalb, zum Theil außerhalb des Pigmentbechers. Am genauesten konnte ich den Becherinhalt bei Plagiostoma Girardi, dioieum, reticulatum und Vorticeros auriculatum unter- suchen, doch überzeugte ich mich mit genügender Sicherheit, dass derjenige der übrigen Plagiostominen ganz ähnlich wie bei Plagio- stoma Girardi gebaut ist. Mit Ausnahme von Pl. retieulatum liegen bei allen Plagio- stoma-Species innerhalb des Pigmentbechers, seine Höhlung fast vollständig erfüllend, drei kolbenförmige Gebilde, die v. Grarr auch bei Plagiostoma Girardi gesehen hat, aber als Linsen deutete. Bei jenen Formen, bei denen der Pigmentbecher durch Scheidewände in drei kleinere Kammern getheilt ist, also besonders bei Pl. sulphu- reum und maculatum, umschließt jede solche Kammer einen Kol- ben. Die drei Kolben sind derart orientirt, dass ihre Basis gegen die - Pigmentbecherwand, ihr zugespitztes Ende der Öffnung des Bechers zugewandt ist (Fig. 9 rk). Jedes dieser mit rk in Fig. 9 und 10 bezeichneten Gebilde lässt zwei Theile unterscheiden, die verschieden sind in Form, Struktur und Verhalten gegen Tinktionsmittel.e. An Präparaten, welche mit Osmiumessigsäure fixirt und alsdann mit Hämatoxylin tingirt worden sind, heben sich diese beiden Schichten besonders scharf von einander ab. Der im vorderen Theil des Pigmentbechers der Öffnung zunächst liegende Theil Fig. 9 rkn ist ebenfalls von kegel- oder kolbenförmiger Gestalt, auf ihm liegt der zweite polsterförmige rkst. Der erstere be- steht aus feingn Fasern, welche sich mit Osmiumessigsäure etwas schwärzen, und welche ein feines Flechtwerk bilden, ähnlich dem der Punktsubstanz im Gehirn. Das Polster rkst Fig. 9 und 10 besteht aus kleinen keulenförmigen Stäbchen, die besonders deutlich erhalten waren an mit Sublimat-Essigsäure-Osmiumsäure fixirten und mit Pikro- karmin gefärbten Präparaten. Sie nehmen mit diesem Tinktionsmittel eine gelbliche Farbe an, einen grauen Ton bei Osmiumessigsäure- behandlung. Mit ihrem verjüngten Ende sind diese Stäbchen dem Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 48 364 Ludwig Böhmig, Faserballen, mit dem verdickten der Pigmentwand zugewendet. Zwi- ‘ schen den einzelnen Stäbchen liegt eine farblose und sich auch nicht färbende homogene Substanz ; sie trennt auch das Stäbchenpolster von der Becherwand (Fig. 9 zs). v. Grarr hat also Recht, wenn er behaup- tet, »dass ‚die Linse‘ nicht den ganzen Pigmentbecher einnimmt, son- dern im Grunde des letzteren ein Raum übrig bleibt, der auf Quer- schnitten zwar leer erscheint, im Leben aber wahrscheinlich von einer Flüssigkeit erfüllt wird«. Dass v. Grarr diese Substanz übersehen hat, ist leicht erklärlich, da sie sich fast gar nicht färbt. An guten, keine Schrumpfungserscheinungen zeigenden Präpa- raten von Pl. Girardi betrug die Höhe eines ganzen Kolben rk 10,89 u, wovon aufrkn 6,51 u, auf rkst %,38 u entfielen. Die Entfernung der Stäbchen von der Pigmentwand betrug 3,15 u. In welcher Verbindung stehen nun die Stäbchen mit der Faser- masse rin? Auf einigen Schnitten von Plagiostoma dioicum hatten sich die beiden Zonen rkn und rkst Fig. 10 von einander abgehoben, und ich konnte in der schönsten und sichersten Weise erkennen, dass feine Fasern des Ballens rkn mit den Stäbchen in Verbindung traten, und zwar je eine Faser an ein Stäbchen. Ob diese Fasern in die Stäbchen eindringen, und wie tief, weiß ich jedoch nicht zu sagen. In der Umgebung des Pigmentbechers, speciell vor demselben, liegen zahlreiche, zum größten Theil multipolare Zellen (Fig. 9, 11 rglz), welche die größte Ähnlichkeit mit Ganglienzellen besitzen. Fortsätze dieser Zellen dringen durch die früher erwähnten schmalen Spalten zwischen den Linsenzellen, diesen und dem Pigmentbecher in die Becherhöhle ein und senken sich in den Faserballen rin, oder besser gesagt, sie bilden denselben. Zu den Zellen rglz ziehen Faserzüge aus dem Punktsubstanzbailen, die wir als Nervi optici bezeichnen können. Einen von dem geschilderten etwas abweichenden Bau besitzt der Stäbchenkörper von Plagiostoma reticulatum und Vorticeros auriculatum. Ich habe schon erwähnt, dass bei beiden der Pigmentbecher durch ein Pigmentseptum (Fig. 11 pibs) in zwei ungleiche Kammern getheilt wird. Bei Vorticeros auriculatum überragt das Septum den Becherrand bedeutend und verbreitert sich nach oben T-förmig. Die vordere Kammer ist größer als die hintere, und wir finden in der ersteren drei, in der kleineren zwei Gebilde. Diese zuweilen etwas gebogenen, den Becherrand überragenden prismatischen Körper (Fig. 41 rp) liegen mit ihrer Längsachse in der Richtung der Längsachse des Auges; im Grunde des Bechers, und, wie es scheint, auch an ihrer Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 265 Peripherie sind sie mit einander verschmolzen. Zwischen ihnen bleibt nur ein schmaler medianer Spalt übrig, in dem zarte Fäserchen ver- laufen (Fig. 41 rnf), welche mit den vor dem Becher liegenden Gan- glienzellen rglz in Verbindung stehen, wie ich in einem Falle mit Sicherheit beobachtete. Jeder dieser prismenähnlichen Körper besteht aus kleinen Stäbchen, die gegen die Pigmentwand zu einem kleinen Knötehen anschwellen. Sie stehen senkrecht auf der Längsachse der Prismen; in Fig. 11 rpst sind sie um das Doppelte zu dick im Verhält- nis zur Länge gezeichnet, auch waren in diesem Präparate die Endver- diekungen nicht wahrnehmbar. Mit Pikrokarmin ete. färben sie sich äußerst schwach, bei nach- träglicher Behandlung mit Osmium und Osmiumkarmin nehmen sie eine braunrothe Farbe an. An einem solchen Präparate vermochte ich eine mittlere helle fast farblose Linie in jedem Stäbchen wahrzunehmen, umgeben von dem dunkler gefärbten Randtheile; möglicherweise ist diese feine Linie die im Stäbchen endigende Nervenfaser. Isolirt von einander sind die Stäbchen durch eine zarte, homogene nicht färbbare Zwischensubstanz. Plagiostoma reticulatum unterscheidet sich von Vorticeros auriculatum nur dadurch, dass in jeder Kammer des Pigmentbechers zwei ellipsoide, aus kleinen Stäbchen bestehende Körper liegen (Taf. XII, Fig. 7 rp), zwischen denen auch hier ein schma- ler, von feinen Fasern erfüllter Spalt vorhanden ist. Die Differenzen zwischen Vorticeros auriculatum und Pl. reticulatum einerseits, und den zuerst erwähnten sieben Plagio- stoma-Species andererseits beruhen in der Zahl, Form und Lage der Stäbchenkörper und in dem Fehlen eines größeren Faserballens bei Vorticeros auriculatum und Pl. reticulatum, Differenzen, die im Grunde genommen unwesentliche sind, da ja bei keiner dieser Formen ein integrirender Bestandtheil des Auges fehlt. Monoophorum striatum, Cylindrostoma quadriocu- latum und Klostermannii besitzen zwei Augenpaare, welche auf der Oberfläche des Gehirns nahe den Seitenrändern innerhalb der Gehirnkapsel gelegen sind (Taf. XX, Fig. 3, 4 Au). Das vordere Augen- paar ist das kleinere, das hintere das größere; die beiden kleineren Augen sind der Medianlinie etwas mehr genähert als die größeren. Die Pigmentbecher haben eine napf- oder schalenförmige Gestalt, die Höhlungen der Schalen sind einander zu und gegen die Seite ge- wandt; es schauen demgemäß die vorderen Augen nach hinten und seitlich, die vorderen nach vorn und seitlich. Ich konnte Monoophorum striatum, da ich über reichliches 18* 266 Ludwig Böhmig, ‚Material verfügte, genauer untersuchen, als die beiden Cylindro- stoma-Arten, und werde Monoophorum daher zunächst besprechen. Zwischen den beiden Pigmentbechern liegen Zellen und Zellkerne von verschiedener histologischer Beschaffenheit. Ich erwähne zuerst sechs große Zellen (Taf. XX, Fig. 3 !z; Taf. XXI, Fig. 12 !z), von denen vier vor der Öffnung des größeren, zwei vor der des kleineren Auges liegen, und welche durch auffallend große Kerne charakterisirt sind. So betrug z. B. der Durchmesser einer solchen Zelle 8,76 u, der des Kernes 7,3 u. Die Zellen sind rund oder oval und wenig scharf kon- tourirt. Das feinkörnige Plasma färbt sich wenig, sehr intensiv hin- gegen der meist runde Kern n. Ich betrachte diese Zellen als Analoga der Linsenzellen der Plagiostominen. Zwischen diesen Linsenzellen, zwischen ihnen und der Gehirn- kapsel finden wir sechs bis acht Zellen, ihre Zahl konnte ich nicht genau feststellen, welche sich an Sublimat-Essigsäure-Osmiumsäure-Osmium- karmin-Präparaten durch ihren eigenthümlichen rothbraunen Farb- ton auszeichnen und sich sowohl von den Linsenzellen als den Gan- glienzellen der Gehirnrinde dadurch leicht unterscheiden lassen. Sie fallen übrigens durch anderes Tinktionsvermögen auch an anders be- 'handelten Präparaten (Sublimat-Essigsäure-Pikrokarmin) auf. Auf den Abbildungen Taf. XX, Fig. 3 und Taf. XXI, Fig. 42 sind sie mit rglz bezeichnet. Sie sind weit kleiner als die Linsenzellen, um ein Geringes auch als die gewöhnlichen Ganglienzellen glz und stets multipolar. Einzelne von ihnen besitzen eine eigenthümliche dreieckige Gestalt, und es liegen dann immer zwei derselben in der in Taf. XXI, Fig. 6 d angegebenen Weise neben einander. Das Plasma der Zellen ist fein-. körnig, fast homogen und wohl tingirbar; der ovale Kern färbt sich sehr intensiv. Von ihren Ausläufern zeichnet sich einer stets durch bedeutende Dicke aus, und dieser ist es, welcher mit dem Inhalte des Pigmentbechers in Verbindung tritt. Die übrigen Fortsätze dürften zur Verbindung mit Faserzügen des Punktsubstanzballens, die als Nervi optici zu bezeichnen sind, dienen (Taf. XX, Fig. % 2). | Der Pigmentbecher des größeren Augenpaares wird fast vollstän- dig erfüllt von zwei, der des kleineren von einem ellipsoiden Körper (Taf. XXI, Fig. 12 stk). Auf der der Becheröffnung zugewandten Fläche sitzt dem Gebilde stk eine gestielte Kappe auf (nf), welche aus einer scharf kontourirten Platte nf’, die sich an das Ellipsoid stk anlegt, und einem Stiel nf” besteht. Der Stiel nf” sowohl als die Platte nf’ zeigen eine feine Längsstreifung bei stärkster Vergrößerung. Der Stiel steht in Verbindung mit den Zellen rglz, resp. mit dem diekeren Ausläufer derselben. Das Ellipsoid stk zeigte bei Anwendung von Osmiumkarmin Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 267 als Tinktionsmittel eine feine Streifung in der Längsachse, welche be- dingt wird durch feine Stäbchen, die durch eine sich weniger stark färbende Zwischensubstanz isolirt werden. Vergleichen wir den Bau des Auges von Monoophorum mit dem der Plagiostominen, so kann es kaum einem Zweifel unter- liegen, dass das Ellipsoid stk dem Stäbchenpolster, die gestielte Kappe nf dem Faserballen entsprechen. Die mit diesem letzteren in Verbin- dung stehenden Ganglienzellen rglz haben beiMonoophorum eine weitere Differenzirung erfahren, sie unterscheiden sich morphologisch von den Ganglienzellen der Gehirnrinde, was bei den Plagiosto- minen noch nicht der Fall war. Der nervöse Apparat des Gylindrostoma-Auges scheint mir mehr dem von P]. Girardi zu ähneln als dem von Monoophorum. Leider gelang mir eine vollständig sichere Analyse nicht. Ich konnte nur in den kleinen Augen ein, in den großen zwei kolbenförmige Ge- bilde unterscheiden, welche an ihrem äußeren, d. h. der Becheröffnung zugewandten Theil eine feinkörnige (faserige?), an dem inneren eine streifige Struktur erkennen ließen. Kleinere multipolare Zellen liegen zwischen den Pigmentschalen, eben so größere Kerne ohne deutlichen Plasmasaum. welch letztere vielleicht auf Linsenzellen zu beziehen sind. Da meine Resultate bezüglich des Alloiocölen-Auges so ab- weichende sind von den bisher vorliegenden, habe ich es für nicht ganz überflüssig gehalten auch einem Mesostoma-Auge einige Aufmerk- samkeit zu schenken. Ich verfügte über eine größere Anzahl gut kon- servirter Exemplare von Mesostoma Craci, die ich der Güte des Herrn Professor v. Grarr verdanke. Ich konnte mich in Folge der oben erwähnten Ergebnisse nicht mit der »Linse«, welche den Pigment- becher auch der Mesostomeen ausfüllen soll, befreunden, und Braun’s Beschreibung der Sehorgane von Bothromesostomum Es- senii, speciell der fibrilläre Bau eines Theiles der Linse, befestigte in mir die Überzeugung, dass hier ebenfalls ein Stäbchenkörper vorliege. In Taf. XXI, Fig. 43 habe ich einen Flächenschnitt durch ein Auge von Mesostoma Craci abgebildet. Der Pigmentbecher des Auges, welches dem Gehirne anliegt, ist von unregelmäßiger schalenförmiger Gestalt, seine Höhlung ziemlich flach. Sie wird fast vollständig aus- gefüllt von einem kolben- oder brausenähnlichen Körper, welcher ohne Mühe zwei Abschnitte erkennen lässt, die ich mit rkst und rin bezeich- net habe. Die Gestalt von rin ähnelt ebenfalls einem gestielten Kolben, der Stiel biegt am hinteren Rande des Pigmentbechers um und senkt sich in den Punktsubstanzballen des Gehirns G/ ein; er besteht durch- aus aus relativ dicken Nervenfasern. Innerhalb der Pigmentschale 268 Ludwig Böhmig, sehen wir zunächst den verbreiterten Theil des Stieles, doch bilden hier die Fasern kein Geflecht, sie weichen nur etwas aus einander. Auf der der Pigmentwand zugewendeten Fläche von rkn ruht der polsterförmige Körper rkst, welcher bis auf einen schmalen Spalt den ganzen Pigmentbecher ausfüllt. Er besteht aus sehr deutlichen, ca. 8,03 u langen Stäbchen, die sich mit Farbstoffen schwach tingiren. Zwischen ihnen sehen wir eine farblose Substanz, die auch eine dünne Lage zwischen dem Polster und der Pigmentschale bildet. Die vor dem Auge liegenden Zellen glz gleichen den Ganglien- zellen der Gehirnrinde, eine Verbindung derselben mit den Nerven- fasern, welche zu den Stäbchen treten, konnte nicht konstatirt werden. Linsenzellen wurden nicht aufgefunden, sie scheinen hier gänzlich zu fehlen. Die wesentlichsten Unterschiede zwischen dem Auge von Meso- stoma Craci, ganz ähnlich gebaut scheint auch das von Mesostoma tetragonum Müll. zu sein, und dem Alloiocölen-Auge beruhen in der direkten Verbindung der Fasern des Nervus opticus mit den Stäb- chen bei Mesost. CGraci, ohne Einschaltung von Zellen wie bei den Alloiocölen, und en in der vollständigen Abwesenheit von Linsenzellen a den ersteren. Als lichtbrechende Medien fungiren hier augenscheinlich nur das Epithel und das Körperparenchym. _ Jedenfalls ist das Alloiocölen-Auge wesentlich höher organisirt als das der Mesostomeen. . „Aus dem Gesagten geht hervor, dass wir es mit hochorganisirten Sehorganen zu thun haben. Dass diese Organe für unsere Thiere von Wichtigkeit, dafür spricht auch der Umstand, dass die Größe der Augen im Verhältnis zur Körpergröße eine immerhin bedeutende ist. Resume: Am Aufbau der Sehorgane aller alloioc ölen Turbel- larien betheiligen sich: 1) eine Pigmentschicht, der Pigmentbecher, 2) lichtbrechende Medien, die Linsenzellen, 3) lichtpercipirende Medien, die Retina, an welch letzterer wir zwei Haupttheile zu unterscheiden haben, näm- lich die Stäbchenschicht und das Ganglion nervi optiei. Als solches betrachte ich die vor dem Pigmentbecher liegenden Ganglienzellen, die man zum Unterschiede von denen der Gehirnrinde als Retinaganglien- zellen bezeichnen kann, und den innerhalb des Pigmentbechers vor der Stäbchenschicht liegenden Faserballen, dessen Form bei Plagio- stoma, Vorticeros und Pl. reticulatum, Monoophorum eine verschiedene ist. Ein Vergleich zwischen Alloiocölen-, Trieladen- und Polycladenaugen zeigt viel Übereinstimmendes, doch stehen Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 269 sich die der beiden letztgenannten Gruppen näher, besonders im Bau der Retina. | | Ich sehe ab von der Ein- oder Vielkernigkeit des Pigmentbechers, da ich diese Frage bezüglich der Alloiocölen nicht sicher entschei- den kann, wenn auch das Vorhandensein zweier Kerne in der Pigment- wand von Vorticeros auriculatum, die Tendenz zum Zerfall mancher Augen (Pl. sulphureum) dafür spricht, dass der Pigment- becher ähnlich wie bei den Trieladen nicht aus einer, sondern aus mehreren Zellen hervorgegangen ist. Der wesentlichste Unterschied liest jedenfalls im Bau der Retina, und zwar in dem Umstande, dass, wie Lang nachgewiesen, bei den Polyeladen jedes Stäbchen. mit einer Retinaganglienzelle in Verbindung steht, welches Verhalten mir wenigstens für die Augen von Planaria gonocephala ebenfalls sehr wahrscheinlich ist. Dem gegenüber ist die Zahl der Retinaganglien- zellen eine sehr beschränkte, sechs bis acht bei Monoophorum striatum, eine ungemein geringe im Verhältnis zu der großen Zahl der Stäbchen. N Die Fortsätze der Retinaganglienzellen müssen hier, da, wie ich für Pl. dioieum gezeigt, jedes Stäbchen mit einem Nervenfäserchen in Verbindung steht, einer reichlichen Theilung unterliegen, eine Summe von Stäbchen steht mit einer Retinaganglienzelle in Ver- bindung. Der gänzliche Mangel von Linsenzellen bei Polycladen und Pla- narien, das Vorhandensein solcher bei den Alloiocölen bildet einen weiteren, wenn auch weniger bedeutsamen Unterschied. Tastorgane. Jedem Forscher, welcher sich mit Turbellarien beschäftigt hat, wird die große Empfindlichkeit dieser Thiere gegen Berührung, Druck etc. aufgefallen sein. Jeder kennt die tastenden Bewegungen, welche sie mit ihrem Vorderende auszuführen vermögen. Tasthaare, Tastpapillen waren von vielen Turbellarien bekannt, ein direkter Zusammenhang mit Nerven konnte jedoch nicht erwiesen werden, man vermuthete eben nur, dass die steifen, langen, zum Theil unbeweglichen Haare und Borsten, die sich besonders an dem Tastbewegungen aus- führenden Vorderende finden, dem Tastvermögen zu dienen bestimmt seien. Andererseits war denn doch die Zahl dieser Tasthaare eine relativ so geringe, dass man seine Zuflucht zu den Stäbchen nahm und sagte, diese Stäbchen vermehren das Tastgefühl der Haut, eine Ansicht, der auch noch A. Lang in seiner prachtvollen Monographie der Polycla- 270 | Ludwig Böhmig, den huldigt, indem er sagt: »Gegen diese Ansicht ist nicht viel einzu- wenden, zumal wenn man bedenkt, dass bei den Polycladen überall im Körper unmittelbar unter der Haut ein dichter Nervenplexus liegt.« Ich habe den Tastkörperchen meine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, und deren auch in resp. zwischen den Epithelzellen aufge- funden, allerdings vermuthete ich eine weitaus größere Zahl, als ich thatsächlich gesehen habe; jedenfalls liegt dies in den mangelhaften Methoden unserer Technik. In dieser Ansicht bin ich bestärkt worden durch die Resultate, welche ich erhielt, wenn ich die lebenden Thiere mittels des EnrLica- schen Methylenblaus tingirte. Dieses Tinktionsmittel verlieh den Kernen der Epithelzellen einen gelblichen Ton (Taf. XII, Fig. 11 n), färbte hingegen tief dunkelblau größere isolirt liegende (Fig. 41 tk), und kleinere zu Gruppen vereinigte ovale kernartige Gebilde (Fig. 41 tk’), die in un- gemein großer Zahl über die ganze Oberfläche des Thieres zerstreut sind, sowohl bei Plagiostoma Girardi als auch Monoophorum striatum. Leider habe ich diese Gebilde, von denen ich vermuthe, . dass es Nervenendigungen sind, nicht genauer untersuchen können. Zweifellose Tastkörperchen auf Schnittpräparaten fand ich bei Monoophorum striatum, Vorticeros auriculatum und Plagio- stoma retieulatum. Bei Monoophorum striatum sah ich im Epithel, besonders der Kopfregion, zweierlei Gebilde, die mit Nervenfäserchen in Verbindung standen. Die einen besitzen eine eiförmige oder ovale Gestalt und liegen isolirt oder sind zu Gruppen vereinigt (Taf. XXI, Fig. 17 1sk). Ihre Länge beträgt ca. 5,84 u, ihre Breite 1,46 u. Sie zeigen einen ovalen, sich sehr intensiv färbenden Kern (Fig. 18 n), welcher von einem schmalen, weniger stark färbbaren Plasmasaume (pls) um- geben wird. An die Basis des Plasmasaumes tritt eine Nervenfaser (Fig. 17 nf) und geht, wie es scheint, allmählich in denselben über. Das entgegengesetzte Ende ist in eine feine Spitze en (Fig. 17 und 18 sp), welcher eine Gilie (tcl) aufsitzt. Die zweite seltenere Art von Tastkörperchen ist größer, ihre Höhe beträgt ca. 9,5 w, ihr Breitendurchmesser ea. 3 u. Sie stehen stets in Kleinen Gruppen beisammen (Taf. XXI, Fig. 19 isk). Sie unterschei- den sich hinsichtlich ihrer Form von den ersterwähnten dürch eine mehr gedrungene, kolbenförmige Gestalt. Einen Kern konnte ich in ihnen nicht wahrnehmen, vielleicht in Folge der tief schwarzblauen Farbe, welche diese Gebilde in Folge der Osmium-Hämatoxylinbehand- lung angenommen hatten. Das periphere Ende bildet auch hier eine kleine stumpfe weniger stark tingirbare Spitze, die jedoch hier nie Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. af: eine Borste oder Cilie trug. Die an die Basis tretende, von Zeit zu Zeit varieös anschwellende Nervenfaser nf, erscheint bei ihrem Eintritt in das Tastkörperchen scharf abgesetzt, sie geht nicht so allmählich in dasselbe über, wie bei den früher erwähnten. In einiger Entfernung vor der Mundöffnung finden wir bei Vorti- ceros auriculatum (Taf. XII, Fig. k und 5) und Plagiostoma reti- culatum (Taf. XII, Fig.7 und 8) besonders deutlich jederseits ein mäch- tiges Ganglion (wpgl), welches durch einen kräftigen Nerven mit dem Gehirn verbunden ist und in specielle Beziehung zu der alsbald zu erwähnenden Wimperrinne tritt. In dem Epithel unterhalb dieser Ganglien lassen sich zahlreiche Tastkölbehen nachweisen, ihre Ver- bindung mit Nerven ist meist hier eine sehr deutliche. Die am häufigsten beobachteten Tastkörper ähneln sehr denen, die ich zuerst von Monoophorum striatum beschrieben habe. Sie sind von ei- oder kegelförmiger Gestalt (Taf. XIII, Fig. 5 nek) und an- nähernd von der Höhe des Epithels. Der große, ovale, ein Kernkörper- chen umschließende Kern färbt sich sehr deutlich. Er ist umgeben von einem schmalen, oft nur schwierig nachweisbaren und sich wenig tin- girenden Plasmasaume. Gegen die Basalmembran zu ist der Plasma- leib stielartig verlängert, gegen die Peripherie in eine stumpfe Spitze, die sich fast gar nicht färbt, ausgezogen. In einigen Fällen trug diese Spitze eine Cilie, in anderen vermisste ich dieselbe. In die basale stielartige Verlängerung des Plasmasaumes tritt eine Nervenfaser ein, welche dem vorerwähnten Ganglion entstammt. Diese Gebilde, sowie die entsprechenden von Monoophorum striatum zeigen eine große Übereinstimmung mit denen, welche Lınpsger6! aus den Wimpergrübchen von Stenostoma beschrieben hat und als Sinneszellen deutet. Kernähnliche Gebilde, an denen ich durchaus keinen Plasmasaum wahrnehmen konnte, die jedoch mit Nervenfäserchen verbunden sind, an ihrem freien Ende einen stiftförmigen Fortsatz tragen und sich so als Nervenendapparate charakterisiren, sind bei Vorticeros auricu- latum und Plagiostoma reticulatum nicht selten. | Das Epithel der beiden Cylindrostomaspecies ist sehr reich an kleinen ca. 3,65 u hohen und 2,19 u breiten Körperchen, welche eine Zusammensetzung aus zwei Theilen erkennen lassen. Der untere größere ist von ovaler Gestalt, scharf kontourirt, und färbt sich stark; der obere, welcher dem unteren kappenartig aufsitzt, tingirt sich fast gar nicht, besitzt ein glänzendes Aussehen und trägt eine ziemlich lange 1 LANDSBERG, Über die Wimpergrübchen der Rhabdocöliden-Gattung Steno- stoma, Zool, Anz. 40. Jahrg. Nr. 247. 272 Ludwig Böhmig, Cilie. Verbindungen mit Nervenfasern konnte ich hier allerdings nicht konstatiren, doch zweifle ich nicht, dass eine solche thatsächlich vor- handen, und dass es sich ebenfalls um Tastapparate handelt. Während im Allgemeinen jedem Tastkörperchen nur eine Cilieresp. Borste aufsitzt, sah ich in seltenen Fällen Tastkörperchen (Plagiostoma maculatum), von denen mehrere, drei wurden beobachtet, Cilien ausgingen. Sie erinnern an die Tastpinsel, welche A. Lang! bei den Polycladen-Familien Pseudoceros und Eurylepta beschrieben hat: »Es sind dies Büschel feiner, biegsamer, unbeweglicher Haare, welche die Cilien des Körperepithels drei- bis fünfmal an Länge über- treffen und aus fünf bis zehn Haaren bestehen, die sich am Epithel an einem einzigen Punkte inseriren. Wahrscheinlich gehört je ein Tast- pinsel einer Epithelzelle an.« Ich möchte an Stelle von Epithelzelle nach meinen Beobachtungen an Rhabdoeöliden lieber Tastkörper- chen setzen. Wo immer Tentakeln vorhanden sind, ist man geneigt, dieselben als die bevorzugten Lokalitäten für den Sitz von Tastorganen zu halten, und unsere Erfahrungen sprechen zum großen Theil für diese An- schauung, wenn auch insbesondere für diejenigen Formen, bei denen die Tentakeln weit vom Körperrande entfernt stehen, die Ansicht v. Kenner’s?, dass sie der Sitz des Geruch- resp. Geschmacksinnes sind, Vieles für sich hat. Weit verbreitet sind Tentakeln und tentakelähnliche Bildungen bei Polycladen und Tricladen, unter den Rhabdoecöliden sind sie nur von dem Genus Vorticeros bekannt. Das Epithel der Tentakeln unterscheidet sich wohl ausnahmslos von dem des übrigen Körpers, sei es, dass die Zellen wesentlich höher sind, so bei Vorticeros auriculatum, oder aber bedeutend nied- riger, welches Verhalten Lang bei den Polycladen und ich für die tentakelähnlichen Bildungen einiger Planarien konstatirten. Epithel- einlagerungen als Rhabditen, Pseudorhabditen, wasserklare Räume fehlen in den Tentakeln entweder vollständig (Vorticeros), oder ihre Zahl ist-zum mindesten stark reducirt (viele Polyeladen). Leider gelang es mir nicht, die Tentakeln beim Konserviren voll- ständig ausgestreckt zu erhalten, auch bei schnellem Übergießen mit heißer Sublimatlösung wurden sie zum Theil eingezogen, wodurch ein eingehendes Studium immerhin erschwert wurde. An der Basis der Tentakeln liegen zahlreiche Ganglienzellen, deren Fortsätze einen kleinen Haufen Punktsubstanz bilden, von dem aus Fasern in die Tentakeln eintreten. Ob nur Nervenfasern oder auch 1 A. Lang, |. c, 2 v. KEnNEL, ]. c, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 273 Parenchymgewebe den centralen Theil der Tentakeln erfüllen ist mir unbekannt geblieben. Im Epithel eines relativ gut ausgestreckten Tentakels fand ich dicht unterhalb der Cuticula eigenthümliche Ge- bilde, welche möglicherweise Nervenendapparate darstellen, wenn ich auch Verbindungen mit Nervenfasern nicht gesehen habe. Diese äußerst kleinen Gebilde, welche ich nur mit homog. Imm. 1/0 SEIBERT und den stärksten Ocularen deutlich wahrnehmen konnte, besitzen die Form von Linsen (Holzschn. X), deren gegen das Innere der Epithelzellen gewandte Fläche sehr stark konvex, u fast halbkugelig ist, während die der Cuticula zugekehrte \ weit flacher erscheint. In der Mitte der stärker konvexen 5% = Fläche befindet sich ein kleines, rundes Kügelchen 4, von yie.x. dem gegen die Oberfläche feine Streifen ausstrahlen, welche sich in feine Härchen fortzusetzen scheinen. Der stärkere konvexe Theil des ganzen Körpers wird von einem hellen Hofe h umgeben. Mehr habe ich über diese Gebilde nicht zu ermitteln vermocht. Außer diesen finden wir noch innerhalb der Tentakelepithelzellen kleine ca. 5,1 u lange und 1,46 u dicke, sehr blasse kegelförmige Stäb- chen, die gegen die Cuticula in einer feinen Spitze endigen; ob sie mit einer Borste in Verbindung stehen, weiß ich nicht. Nervenendkölbehen, wie ich oben beschrieben habe, wurden nicht wahrgenommen; wenn überhaupt vorhanden, so würden sie mir kaum entgangen sein. Ich vermuthe auch aus diesem Grunde, dass die aus dem Tentakelepithel beschriebenen Gebilde die Nervenend- apparate innerhalb der Tentakeln darstellen. Wimperrinne. Nach den Angaben von v. Grarr finden sich Wimpergrübchen bei Mierostomeen, Prorhynchiden und Plagiostomiden. Genauer bekannt sind bis jetzt nur die der Microstomeen durch die Unter- suchungen VEspovskY’s und LanDsgere’s!. | Wenig untersucht sind diejenigen der Plagiostomiden; wir wissen durch v. GrarF? nur, dass sie bei Plagiostoma maculatum, und, wie es scheint, bei allen Cylindrostoma-Arten vorhanden sind. Wahrscheinlich kommen sie auch Plagiostoma caudatum und Pl. sagitta zu. v. GrarF lässt es ferner dahingestellt sein, »ob in der That bei Cylindrostoma Wimpergruben und Ringfurchen kombinirt vorkommen, oder ob nicht vielleicht vielfach die (auch dem Genus Allostoma zukommenden) oberflächlichen Ringfurchen des Integu- mentes mit Wimpergrübchen verwechselt worden sind«, 1 LANDSBERG, 1. C. 2 v. GRAF, |, c. 374 Ludwig Böhmig, Die Funktion dieser Wimpergrübchen resp. Ringfurchen ist unbe- kannt; Vespovsky hält die betreffenden Organe der Stenostomiden für » Riechorgane«. Wimpergrübchchen habe ich bis nun bei den Plagiostomiden nicht vorgefunden, wohl aber Ringfurchen, und diese sind sehr allge- mein. Von den untersuchten Formen finden sie sich bei Monoopho- rum striatum, GylindrostomaKlostermannii und quadrio- culatum; unter den Plagiostominen bei Plagiostoma Girardi, sulphureum, maculatum, reticulatum und Vorticeros auri- culatum. Sie fehlen Pl. bimaculatum, siphonophorum, dioi- cum und Lemani. Zu den mit Ringfurchen versehenen Plagiosto- minen dürften sich nach v. Grarr’s Beobachtungen Pl. caudatum und sagitta gesellen, da ich vermuthe, dass bei diesen die von v. Grarr erwähnten Wimpergrübchen sich ähnlich wie bei Pl. macu- latum als Wimperfurchen erweisen werden. Eine Verwechslung von Wimpergrübchen und Wimperrinnen ist bei Untersuchung gequetschter Objekte sehr leicht, da sie im Allge- meinen ziemlich flach sind und bei den Plagiostominen sich nur auf die Bauchfläche und die Seitentheile des Thieres beschränken. Am Quetschpräparate gelangen sie für gewöhnlich nur an den Rändern des Thieres zur Beobachtung. Günstiger für ihre Erkenntnis liegt die Sache bei Monoophorum striatum (Holzschn. XI) und Gylindro- stoma, bei denen sie auch einen Theil der Rückenfläche ----wp einnehmen. Sehr leicht wahrnehmbar kann man sich die en wi Wimperrinne auch bei solchen Formen, bei denen sie sonst nicht leicht zu sehen ist, durch Färbung des lebenden Thie- res mittels EurLicn’schen Methylenblaus machen, da sie sich mit diesem Reagens dunkelblau färbt. Die Wimperrinne von Monoo- phorum striatum entdeckte ich auf diese Weise. Stets liegt die Wimperrinne vor dem Mund, und meist etwas vor dem Gehirn. Bald ist sie mehr, bald weniger tief. Es ist dies abhängig von Muskeln, die sich entweder direkt über ihr an der Basalmembran, oder doch in ihrer nächsten Umgebung inseriren. Am deutlichsten er- kannte ich diese Muskelzüge bei Vorticeros auriculatum, doch sind sie auch bei allen übrigen Formen, wenn auch in geringerer Aus- bildung, vorhanden. Nach ihrer Verlaufsrichtung können wir drei Muskelgruppen unter- scheiden (Holzschn. XII): 4) dorsoventrale Muskelzüge (Holzsehn. XII do), 2) Muskelzüge, welche von den Seiten zur ventralen Fläche derselben Seite sv, und 3) solehe, welche von den Seitentheilen zur Bauchfläche aber der entgegengesetzten Seite sv’ ziehen. Letztere kreuzen sich also, Fig. XI. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 2 9275 Diese sind es auch, welche, wenn sie sich kontrahiren, den Eindruck hervorrufen können, dass mehr oder weniger tiefe seitliche Wimper- grübchen wp’ vorhanden sind. Durch die sub 1 und 2 angeführten Muskeln wird eine Vertiefung der ganzen Rinne auf der Ventralfläche möglich sein. Oberhalb der über der Wimperrinne etwas verdünnten Basal- membran liegt jederseits ein bei Vorticeros auriculatum und Pl. reticulatum besonders großer und deutlicher Haufen multipolarer Ganglienzellen (Taf. XII, Fig. %, 5, 7, 8 wpgl), in den sich auf jeder Seite ein starker Nerv einsenkt. Gelegentlich der Bespre- chung der Tastkörperchen habe ich dieses Ganglion bereits erwähnt. Der Nerv, welcher dieses Ganglion mit dem Gehirn verbindet, gehört zu der Gruppe der von der Vorderfläche des Gehirns entspringenden Nerven; nur Plagio- stoma reticulatum macht, so weit ich konsta- tiren konnte, eine Ausnahme, hier ist es der Nervus ventralis. Die Wimperrinne selbst wird bei den meisten Formen, eine Aus- nahme machen Monoophorum striatum und die beiden Cylindro- stoma-Species, in ihrem oberen, d. h. der Basalmembran zunächst liegenden Theile von einer faserigen Masse erfüllt. Die Fäserchen dieser Masse gehören zum Theil den erwähnten Nerven, zum Theil wohl auch den Zellen des Ganglion (wpgl) an. Aus der Fasermasse (Taf. XXI, Fig. 20 psb) treten nun einzelne Fasern an die, den größten Theil der Rinne einnehmenden, spindelförmigen Gebilde (spk). Sie besitzen bei Vort. auriculatum eine Länge von 3,65—4,7% u bei einem Breiten- durchmesser von ca. 0,73—4,09 u. Mit Tinktionsmitteln färben sie sich sehr intensiv. Die etwas helleren nach außen gerichteten Spitzen der Spindeln tragen lange Cilien (cl), welche sich von denen der Epithel- zellen durch etwas größere Dicke auszeichnen. Ähnliche spindelförmige Körper finden wir nun auch in der Wimper- rinne der Plagiostoma-Species, doch ist deren Bau etwas kom- plieirter. Fig. XI. 376 Ludwig Böhmig, An den sich ebenfalls stark färbenden spindel- oder stäbchen- förmigen Körper (sp) tritt ein zartes, bei Pl. reticulatum 2,92 u, bei Pl. Girardi maj. 3,65 u langes Fäserchen (Holzschnitt XIII a, 5), wahrscheinlich die Nervenfaser. Die Größe der Spindel selbst variirt an Größe bei den einzelnen Arten; 3,65 u erreichte sie bei Pl. reticu- latum (Holzschnitt XII a) und Pl. Girardi maj. (Holzschnitt XII b), während sie bei Pl. Girardi var. min. nur etwa 1,82 u lang war. Die Spitze der Spindel zieht sich aus in eine blasse 4,38 (Pl. Girardi min.) bis 7,3 u (Pl. Girardi maj. und Pl. reticula- Bi tum) lange Borste c, welche mit einem kleinen Ä el Knöpfchen c’ endigt, auf welchem dann erst das x De Flimmerhaar cl aufsitzt. a (= Eine mehr kegelförmige Gestalt haben die gegen einander geneigten entsprechenden Körper in der Wimperrinne von Monoophorum stria- Fig. XIII a. Fig. XIII d- tum (Taf. XXI, Fig. 2 spk). - An ihrer Spitze tragen sie eine kurze zarte Borste, welche in einem Knöpfchen endigt, auf dem dann vermittels eines Fußstückes das Wimperhaar aufsitzt. Die Plasmasäulchen (Fig. 21 pls) der Epithelzellen in der Umgebung der Wimperrinne heben sich auffallend scharf von dem Zwischenplasma ab, und man gewinnt den Eindruck, als ob die kegel- resp. spindelförmigen Körper der Wimperrinne Umwandlungen solcher Plasmasäulchen der Epithelzellen seien. In der Nachbarschaft der Rinne finden sich bei diesem Genus einzelne auffallend große, schärf kontourirte Kerne (Fig. 21 n’), wie ich sie in dieser Größe bei allen anderen Formen vermisst. Cylindrostoma Klostermannii und quadrioculatum schließen sich eng an die Verhältnisse an, welche ich von Monoopho- rum striatum geschildert habe. Es kann nach den anatomischen Befunden wohl keinem Zweifel unterliegen, dass sowohl die Wimperrinnen der Alloiocölen als auch die Wimpergrübchen der Microstomeen Sinnesorgane vorstellen, über deren Funktion wir uns allerdings nur ver äußern können. Wimpernde Ringfurchen finden sich nun weiterhin bei den Poly- claden, und Wimpergrübchen scheinen den Tricladen zuzukommen. Bei allen Polycladen beobachtete A. Lana! in einiger Entfer- nung vom Vorderrande in der Höhe des Gehirns eine weißliche Linie, » die hervorgebracht wird durch eine seichte Rinne im Epithel, deren ISATTANG, 1.06. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 0, 2 Boden stärker flimmert und jeglicher Hauteinlagerungen entbehrt. Schnitte .... lehren überdies, dass die Rinne ausschließlich dem Epi- thel angehört «. Beziehungen zu den Organen der Thiere, insbesondere zum Nerven- system, hat A. Lane nicht aufgefunden — nur schien es ihm, dass die Mündungen der subcutanen Hautdrüsen in der nächsten Umgebung der Rinne besonders zahlreich seien. Genauere Untersuchungen dieser Furche sind demnach äußerst wünschenswerth. v. Kenner! betrachtet, wie schon erwähnt, die Tentakeln der Süßwasser- als auch der Seeplanarien, sowie den stäbchenfreien Kopfrand und die stäbchenfreien Stellen am Kopf der Süßwasser- planarien und Geoplaniden als den Sitz des Geruchs- resp. des Geschmackssinnes und ist geneigt »diese Stelle den Seitengrübchen oder Wimpergruben der Rhabdocölen und den Kopforganen der Nemertinen als homolog zu betrachten«, für welche Homologie sich auch Iısıma ? ausspricht. Mir erscheint v. Kenner’s® Ansicht im großen Ganzen recht plau- sibel. Insbesondere möchte ich mich für eine Homologie solcher wim- pernder Grübchen, wie ich? sie für Planaria gonocephala be- schrieben habe, und von denen ich vermuthe, dass sie allgemeiner verbreitet sind, und der Wimperrinnen der Alloiocölen sowie der Wimpergrübchen der Microstomeen aussprechen. Gestützt auf biologische Beobachtungen vermuthet v. Kenner in diesen Sinnesorganen »Riechorgane«, eben so wie Devorrrzkv® den Seitenorganen der Nemertinen »eine Art Perception in Bezug auf die Beschaffenheit des umgebenden Mediums« zuschreibt, sie mit an- deren Worten auch als eine Art von Geruchs- resp. Geschmacksorganen betrachtet. Ich zweifle nicht, dass die Wimperrinne der Plagiostomiden ähnliche Funktionen zu erfüllen hat, dass sie ein Sinnesorgan darstellt, welches die Beschaffenheit des Wassers prüft. Erwähnt seien an dieser Stelle noch Gebilde von mir vollkommen räthselhafter Bedeutung. In dem Epithel von Pl. retieulatum und Monoophorum Striatum finden wir in spärlicher Anzahl Räume (Taf. XII, Fig. 7 x), welche mit der Außenwelt, im Gegensatz zu den wasserklaren Räumen, 1 v. Kenses, |. c. 2 1. Iısıma, 1. c. 3 v, Kenner, 1. c. 4 Börnıe, Zur Kenntnis d. Sinnesorgane d. Turbellarien. Zool. Anz. 410. Jahrg. Nr. 260. 5 v. KENNEL, ]. c. 6 DEvoLETzky, Das Seitenorgan der Nemertinen. Arbeiten aus dem zool, Inst. Wien, Bd. VIl. 1886. 278 Ludwig Böhmig, nicht in Verbindung stehen, wohl aber durch Kanäle, welche die Basal- membran durchbohren, mit dem Körperinneren. Jeder dieser Räume enthält einen großen, deutlichen Kern und wahrscheinlich ein voll- kommen homogenes nicht färbbares Plasma, von dessen Existenz ich mich jedoch nicht immer mit Sicherheit überzeugen konnte. Ich bin vollkommen im Unklaren, welche Bedeutung diesen Ge- bilden beizumessen ist; vielleicht stellen dieselben Sinnesorgane vor, was mir desshalb einigermaßen wahrscheinlich ist, da diese Gebilde fast ausschließlich in der Umgebung der Wimperrinne vorzukommen scheinen. Geschlechtsorgane. Hoden. Nach den Untersuchungen v. Grarr’s! sind die Hoden der Rhabdo- cöliden nach zwei Typen gebaut — sie sind entweder kompakte oder follikuläre. Kompakte Hoden finden wir nur bei den Rhabdocoela, folliku- läre bei den Acoela, Alloiocoela und zwei Rhabdocölidenge- neraAlancina und Mecynostoma. Im vorliegenden Falle haben wir es demnach nur mit follikulären zu thun. Dieselben sind nach v. GraArr dadurch charakterisirt, dass sie aus zahlreichen kleinen Läppchen oder Bläschen bestehen, die durch Körperparenchym von einander geschieden sind. Sie hängen nur in- direkt dadurch zusammen, dass die von den einzelnen Bläschen aus- gehenden Spermazüge schließlich zu einem Vas deferens jederseits zusammenfließen. | »Die Hodenbläschen sind bald klein und einzeln im Parenchym zerstreut wie bei den Acölen — bald sind je mehrere Läppchen zu- sammengruppirt zu größeren Häufchen, wie bei Pl. Girardi, bald sind sie dicht an einander gelagert und nur durch spärliches Bindege- webe von einander getrennt, wie bei den Monotiden.« v. GRAFF betont weiterhin, dass jedes Hodenbläschen von einer einzi- gen Zelle gebildet wird, und dass diese Zellen einer Membran entbehren. Betrachten wir die Hoden junger Individuen, z. B. von Plagio- stoma Girardi, so zeigen dieselben in der That einen follikulären Bau (Taf. XV, Fig. 1). Wir sehen kleine Häufchen von Zellen (spi) — Spermatogonien — umgeben von mehr oder weniger dicken Paren- chymmassen (prch); ob diese Parenchymhülle stets eine durchaus voll- ständige ist, oder ob Lücken sich in derselben vorfinden, vermag ich nicht mit Sicherheit zu entscheiden, doch habe ich hin und wieder Bilder 1 v. GRAFF, Monographie der Turbellarien. 1. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 279 gesehen, welche darauf hindeuten. Die einzelnen Läppchen liegen in sehr jungen Thieren dicht an einander gedrängt und bilden zwei große Haufen bei Plagiostoma Girardi z. B., nämlich die beiden Hoden. v. Grarr legt Gewicht darauf, dass jedes Hodenbläschen von »einer Zelle« gebildet wird, während ich soeben gesagt habe, dass in jedem Follikel mehrere Zellen liegen. Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass v. Grarr vollkommen Recht hat, und dass sehr junge Individuen in der That solche Verhältnisse zeigen — ich selbst habe mich, da mir passendes Material fehlte, nicht davon überzeugen können. Die Zellen, welche ich innerhalb eines jeden Bläschens gefunden habe sind Spermatogonien — Stammsamenzellen —, die Abkömmlinge der Sexual- zellen, von welch letzteren ursprünglich je eine einen Follikel bildet. Aus jeder Sexualzelle geht eine Anzahl von Spermatogonien hervor. Gelegentlich trifft man auf Follikel, in denen die Zellen, die Spermato- sonien noch durch dünne Plasmastiele unter einander in Zusammenhang stehen, wie dies z. B. Taf. XV, Fig. 17 zeigt; es ist dies ein Hodentfolli- kel von Plagiostoma sulphureum. Weit häufiger findet man isolirte Spermatogonien, welche noch eine Art Stiel besitzen — diese Stiele stammen aus jener Zeit, da die Theilung der Sexualzelle in Spermato- gonien noch keine ganz vollkommene war. Ich glaube aber mich nicht zu täuschen, wenn ich annehme, dass v. GrarF unter der einzigen ein Bläschen bildenden Zelle eine Spermato- gonie versteht, wenigstens geht dies aus einzelnen Stellen seiner Dar- stellung hervor, außerdem sind die Follikel, welche man an Quetsch- präparaten wahrnimmt, fast ausnahmslos Spermatogemmen, welche einer Spermatogonie ihr Dasein verdanken. Anfangs sind die Follikel solid und entbehren eines Hohlraumes. Mit fortschreitender Entwicklung vergrößert sich der Hoden, der hierzu nöthige Raum wird einmal dadurch geschaffen, dass sich das ganze Thier vergrößert, wächst, andererseits werden die umliegenden Organe bei Seite gedrängt, das Parenchym, welches die einzelnen Follikel um- giebt, verschwindet, wahrscheinlich wird es resorbirt. Im Maximum der Entwicklung war fast das ganze Parenchym zwischen den einzelnen Fol- likeln verschwunden; nur geringe Reste ließen sich noch nachweisen. Wie bedeutend die Größenzunahme der Hoden ist, erhellt leicht aus einem Beispiel: Bei einem jüngeren Individuum von Plagio- stoma Girardi betrug die Länge jedes Hoden 440 u — bei einem im Maximum der Spermatozoenentwicklung befindlichen 700 u. Bei solchen Individuen, wie das letzterwähnte, verschwindet der follikuläre Bau der Hoden vollständig, wir sehen auf Schnitten die verschieden- sten Entwicklungsstadien der Samenfäden: Spermatogonien, Spermato- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Ba. 49 280 Ludwig Böhmig, gemmen, Bündel von Samenfäden frei neben einander liegen, nur hin und wieder durch spärliche Parenchymzüge getrennt. Die Plagiostomiden besitzen ursprünglich wohl sämmtlich zwei Hoden, die jedoch bei vielen Species zu einer gemeinsamen Masse verschmelzen. Ist am geschlechtsreifen Thiere nur ein unpaarer Hode vorhanden, so liegt derselbe dem bilateral symmetrischen Baue unserer Thiere entsprechend symmetrisch zur Medianebene. Oft deuten mehr oder weniger tiefe Einschnitte in der Medianlinie des Hodens auf eine ursprünglich getrennte Anlage hin. Zwei getrennte Hoden fand ich bei Plagiostoma dioicum, Pl. Lemani und jüngeren Individuen von Pl. Girardi und Vorticeros auriculatum. Ältere Exemplare der beiden letztgenannten, weiter- hin sämmtliche untersuchten Exemplare von Pl. reticulatum, sul- phureum, siphonophorum, maculatum, bimaculatum, Cylindrostoma quadrioculatum, Cyl. Klostermannii und Monoophorum striatum ließen eine Verschmelzung in der Median- ebene wahrnehmen. Bei den drei letztgenannten sind die Andeutungen einer ursprünglich paarigen Anlage am undeutlichsten, außerdem nehmen hier die männlichen Geschlechtsdrüsen das vordere Körper- ende, den Kopftheil, ein, während sie bei den Genus Plagiostoma und Vorticeros mehr oder weniger auf die zweite Körperhälfte be- schränkt sind. Die genauesten und zuverlässigsten Beobachtungen über die Struktur der Spermatozoen verdanken wir v. GRAFF; da v. GRAFF haupt- sächlich die Samenfäden im frischen, lebenden Zustande untersucht hat, sind ihm manche Details von Wichtigkeit entgangen, und ich werde versuchen v. Grarr's Angaben zu ergänzen. v. GrAFF unterscheidet fünf Hauptgruppen, als Eintheilungsprin- cip benutzt v. Grarr die äußere Form. Die erste Gruppe umfasst die einfach fadenförmigen, die zweite die fadenförmigen mit differenzirtem Kopfabschnitt, die dritte die ge- säumten, die vierte die mit Nebengeißeln versehenen, und die fünfte die aberrant gebauten Formen. Am weitesten verbreitet sind bei den Plagiostominen die ge- säumten Spermatozoen. Wir finden solche bei Pl. Girardi, dioicum, bimaculatum, Lemani (?) und Vorticeros auriculatum. Nach v. GrarF's Angaben besitzen dieselben weiterhin Acmostoma Sarsii, A. groenlandicum, Pl. rufodorsatum, sagitta, vittatum, Koreni, Allostoma monotrochum, capitatum, Enterostoma coecum und Cylindrostoma elongatum. Während die faden- förmigen Spermatozoen sehr häufig sind bei den Rhabdocoela und Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 281 Aeölen, sehen wir sie unter den Alloiocölen nur vertreten durch Pl. Phillipinense, Allostoma pallidum, Enterostoma fin- galianum (?) und Monoophorum striatum. Aberrant gebaute Samenkörper besitzen Plagiostoma siphono- phorum, sulphureum, maculatum, reticulatum, Gylindro- stoma quadrioculatum und Klostermannii. Ich habe mein Augenmerk hauptsächlich darauf gerichtet, welche Theile der Spermatozoen aus dem Kerne, welche aus dem Plasma der Spermatogonie hervorgehen, ob das Plasma derselben sich überhaupt an der Bildung der Samenfäden betheiligt und fernerhin, wie sich die einzel- nen Theile der reifen Samenfäden Tinktionsmitteln gegenüber verhalten. An den gesäumten Spermatozoen unterscheiden wir ohne Hilfe von Reagentien eine Mittelrippe und seitliche Säume. Die Mittelrippe zieht sich an beiden Enden in einen feinen Faden aus, von denen der bei der Bewegung nach hinten gerichtete wohl durchaus länger und feiner ist als der nach vorn gerichtete. Die Breite der Säume ist bei den verschiedenen Arten eine verschiedene, außerdem soll nach v. Grarr die Länge der Säume häufig der des Gentralfadens nicht gleichkommen. So soll z. B. bei P]. vittatum, Enterostoma coecum und Allostoma pallidum das erste, vierte und letzte Fünftel des Gentral- fadens frei, nicht vom Saum bedeckt sein. Die relativ großen Spermatozoen von Plagiostoma Girardi sind ein sehr günstiges Untersuchungsobjekt, und werde ich dieselben zu- nächst besprechen. Welche Struktur besitzt zunächst die Mittelrippe — wie verhält sie sich gegen Reagentien, speciell gegen Tinktionsmittel? | Tingiren wir Spermatozoen, so bemerken wir, dass sich der größte Theil des Gentralfadens sehr intensiv färbt (Taf. XV, Fig. 15, 16 ner), . nur ein kleiner Abschnitt, welcher die Spitze des Fadens bildet (nacr), bleibt farblos oder nimmt höchstens den Hauch einer Tinktion an. Ich bezeichne fürderhin diesen nicht färbbaren Theil als Kopfstück. Dieses nicht tingirbare glänzende Kopfstück nacr (nacr Taf. XV, Fig. 15) hatte am konservirten aber vollständig ausgebildeten Spermato- zoon von 13,87 u Länge und 5,11 u Breite eine Länge von 4,38 u. Die reifen der Samenblase entnommenen Samenfäden (Taf. XV, Fig. 1) sind allerdings weit größer, ca. kA,8 u lang, allein ich habe mit Ausnahme der Volumenverminderung durchaus keine Strukturver- änderung, hervorgerufen durch die Konservirung, an den fixirten Spermatozoen wahrnehmen können. Eine Eigenthümlichkeit der Sper- matozoen dieser Species besteht darin, dass dieselben innerhalb der 19* 383 Ludwig Böhmig, Samenblase die Säume nicht frei entfaltet, sondern spiralig gedreht zeigen, wie ich dies in Taf. XV, Fig. 1 b und c dargestellt habe. Der Plasmasaum pls ist ebenfalls nicht einheitlich gebaut, er be- steht aus einer inneren hellen nicht tingirbaren Zone (pis’ Fig. 15), welche den Centralfaden in ganzer Ausdehnung umsgiebt, und aus einer feinkörnigen peripheren Schicht pls", die, so weit ich konstatiren konnte, Kopf- und Schwanzfaden nicht überzieht. Einen ganz entsprechenden Bau besitzen noch die Samenfäden von Plagiostoma bimaculatum (Fig. 33), Pl. dioieum, Vorticeros auriculatum und, wie mir es scheint, auch von Pl. Lemani. Die Spermatozoen von Pl. bimaculatum (Fig. 33) zeichnen sich aus durch den Besitz eines besonders langen Kopfstückes (nacr), dasselbe misst ca. 5,1 u, das ganze Spermatozoon 18,25 u, bei einer größten Breite von 5,11 u, wovon ca. 2,92 u auf den Centralfaden (ner) fallen. Schwierig wahrnehmbar ist das Kopfstück an den Spermatozoen von Vorticeros auriculatum, es ist jedoch sicher vorhanden, und seine Entstehung erfolgt ganz in derselben Weise, wie bei den früher genannten. An die gesäumten schließen sich an die fadenförmigen, welche hier nur durch Monoophorum striatum vertreten sind. Genau ge- nommen besitzen dieselben auch einen Plasmasaum, nur ist derselbe nicht flügelartig verbreitert und die ganze Hülle ist äußerst zart und dünn. Das Kopfstück fehlt auch nicht, es ist wie bei Vorticeros klein, und wird, wie mir scheint, von einer sehr dünnen Chromatin- schicht überzogen. Von den aberrant gebauten Formen ähneln sich die von Plagio- . stoma maculatum (Fig. 28, 29) und Pl. sulphureum ungemein (Fig. 21). Sie lassen sich ihrem Baue nach am leichtesten auf die ge- säumten Samenfäden zurückführen. v. GRrAFF giebt eine genaue Beschreibung der Samenfäden von Pl. sulphureum. Er unterscheidet an ihnen einen Kopf- und Schwanz- abschnitt. Der Kopf gleicht nach v. Grarr einer Büchse, die unten sich in den Schwanz fortsetzt, während ihr oberes abgerundetes Ende eine kurze Spitze trägt, die sich sowohl durch ihr optisches Verhalten, als durch eine schwache Einschnürung einem Deckel gleich abhebt. »Ein geschlängelt durch den Kopf verlaufender Centralfaden stellt die Ver- bindung her zwischen der vorderen Spitze und dem Schwanz des Spermatozoon« (V. GRAFF). Ich möchte hier sowohl als bei den Samenfäden von Pl. macula- tum ein Kopf- und Schwanzstück im Sinne v. Grarr's nicht unter- scheiden, da das erstere allmählich in den sogenannten Schwanzab- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 283 schnitt übergeht und eine scharfe Grenze zwischen beiden Theilen in der That nicht existirt. Die schwache Einschnürung, durch welche sich die kurze Spitze des Kopfes von demselben bei Pl. sulphureum absetzen soll, habe ich nicht bemerkt, jedenfalls aber ist sie, selbst wenn vorhanden, ohne Bedeutung für den feineren Bau des Samenfadens. Als wesentlichsten Bestandtheil müssen wir auch hier den Central- faden (ner + nacr Fig. 24 und 28) betrachten. Derselbe beginnt bald hinter der vorderen Spitze des Spermatozoons mit einem hellen ovalen Gebilde (nacr), an das sich der eigentliche Centralfaden anschließt, welcher von vorn nach hinten an Dicke stetig abnimmt und sich in einen sehr feinen Endabschnitt auszieht. Zwischen dem ovalen Ge- bilde und dem feinen Endfaden ist der Centralfaden spiralig gewunden und beschreibt bei Pl. sulphureum fünf bis sechs Spiraltouren. Gegen Tinktionsmittel verhalten sich die beiden Theile des Central- fadens nacr und ncr ganz verschieden; der letztere färbt sich sehr intensiv, während der erstere sich nicht tingirt, aber ausgezeichnet ist durch einen gewissen Glanz; seine Länge beträgt 3,8 u. Die Hülle, welche Centralfaden (ner) nebst Kopfstück (nacr) umgiebt, lässt an ge- färbten Objekten zwei Substanzen erkennen, eine centrale (pls’), welche sich nicht färbt, aber ein anderes Lichtbrechungsvermögen besitzt als das Kopfstück, welche auch weiterhin die von v. GrArr beschriebene Spitze des »Kopftheiles« bildet, und eine periphere (pls”), welche sich etwas tingirt, feinkörnig ist und gleich einem zarten Mantel den Samen- faden mit Ausnahme des vordersten und hinteren Theiles vielleicht umschließt. v. GRAFF giebt als Gesammtlänge 90 u an, wovon die Hälfte auf den Kopf, die Hälfte auf den Schwanz kommt; ich habe nur Spermatozoen von 40 u Länge beobachtet, in konservirtem Zustande reducirte sich dieselbe auf nur 15 u, doch ließen sich die feinsten Details mit großer Sicherheit erkennen. Von diesen 45 u fallen 10,95 u auf den tingirbaren Theil des Cen- tralfadens. Die größte Breite desselben beläuft sich auf 2,19 u, die des Sperma- tozoons auf 4,38 u. Durchaus dieselben Theile unterscheide ich an den Samenfäden von Pl. maculatum (Fig. 28), deren Länge im konservirten Zustand 24,9 u, deren Breite 6,57 u beträgt. Der chromatophile Theil des Centralfadens, welcher nur 3!/, Spi- raltour beschreibt, misst 14,6 u, das achromatische Kopfstück 3,65 u. Die äußere feinkörnige Plasmahülle (pls”) ist hier relativ stark ent- wickelt, stärker als bei Pl. sulphureum. 384 Ludwig Böhmig, Vergleichen wir die Struktur der Samenfäden dieser beiden Spe- cies mit denen von Pl. Girardi, so finden wir hier genau dieselben Theile wie dort. Da wie dort einen färbbaren Centralfaden (ncr), dem ein nicht tingirbares glänzendes Kopfstück (nacr) aufsitzt. Beide werden umhüllt von einer farblosen plasmatischen Substanz (pls‘), die ihrerseits wieder zum größten Theil umgeben wird von einem tingirbaren Plasmamantel (pls). Die Differenzen beruhen nur in Formverschiedenheiten. Ich bin überzeugt, dass wir noch Formen von Samenfäden werden kennen lernen, welche einen allmählichen Übergang herstellen. So habe ich in Triest leider nur ein einziges Exemplar einer neuen Plagio- stoma-Species aufgefunden, welche gesäumte Spermatozoen besaß, ganz ähnlich denen von Pl. Girardi, doch war der an beiden Enden fein zugespitzte Centralfaden spiralig gedreht wie bei Pl. sulphu- reum. Ich möchte dem zufolge die Samenfäden von Pl. sulphureum und maculatum aus dem Typus der aberrant gebauten Formen aus- scheiden und als Unterabtheilung zu den gesäumten stellen. Gerechtfertigter ist die Bezeichnung »aberrant« für die Samen- fäden von Pl. siphonophorum und Pl. reticulatum. Bei denen von Pl. reticulatum (Taf. XV, Fig. 39 a) unterschei- den wir deutlich einen großen eichelförmigen Kopf, der an seiner Basis einen zarten Schwanzanhang trägt. Am lebenden reifen Spermatozoon beträgt die Länge des Kopfes 19,2 u \0,01 mm v, Grarr), des Schwanzes 16,64 u (0,014 mm v. GRArFF). In dem Köpfchen fällt ein ovales oder leicht biskuitförmiges Ge- bilde von ca. 7,68 u Länge auf {nacr), welches, wie ich gleich hervor- heben will, sich nicht färbt, sondern nur einen matten Glanz zeigt. Ich habe dasselbe nie grob granulirt gesehen, wie v. GrArF beschreibt. Der obere und untere Theil des Kopfes (X) werden von einer kör- nigen Substanz gebildet, beide Theile sind mit einer Aushöhlung zur Aufnahme der Pole des Ellipsoides (nacr) versehen. v. GrArr hat den oberen (nacr) kappenartig bedeckenden Theil nicht gesehen, wenigstens erwähnt er nur den unteren: »Der große eichelähnliche Kopf enthält von einer deutlich doppelt kontourirten Hülle umschlossen zwei grobgranulirte kernartige Gebilde, die sich in Form und Lagerung zu einander verhalten wie Kern und Becher einer Eichel.« Der mittlere Theil des Samenfadenkopfes wird von einer hellen scharf kontourirten Zone (a”) eingenommen. Der Schwanz (sch) besteht, wie auch v. GrArr bemerkt, aus einem homogenen Plasma, er setzt sich mit verbreiterter Basis an den Kopf- Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. Il. 385 theil an. Jene von v. Grarr erwähnten Ringfalten der Schwanzbasis, die möglicherweise »der Ausdruck von Kontraktionsphänomenen« sind, habe ich nicht bemerken können. Die Deutung der einzelnen Theile ist hier eine relativ schwierige, ich werde bei der Darstellung der Spermatogenese auf diesen Punkt zurückkommen müssen und erwähne nur, dass der centrale sich nicht färbende Körper (nacr) dem Kopfstück (nacr) der bisher besprochenen Samenfäden homolog ist, der ganze übrige Theil des Kopfes entspricht dem Centralfadentheil (ncr). An den Samenfäden von Plagiostomasiphonophorum unter- scheidet v. Grarr ebenfalls einen Kopf- und Schwanzabschnitt. Der Schwanz (sch), welcher etwas länger ist als der Kopf, besteht aus einem homogenen Plasma (Fig. 39), in dessen oberen Theil Körnchen in Form eines Kegels eingelagertsind. Das Plasma des eine kurze Geißel tragenden Kopfes (k) ist sehr hell und homogen; ich erkenne in dem Kopfabschnitte zwei hinter einander gelegene ovale Gebilde, von denen das hintere stärker lichtbrechend ist als das vordere; dieses letztere erwähnt v. GRAFF nicht, wohl aber das erstere. Zwischen diesen beiden Gebilden konnte ich einige kleine stark lichtbrechende Körnchen wahrnehmen, gewöhn- lich drei oder vier an Zahl, welche pyramidenartig gruppirt sind, und welche sich auch in einer Abbildung v. Grarr’s vorfinden. Kleine Körn- chen finden sich weiterhin auch an der Basis der Geißel. Es liegt nahe, einen der beiden ovalen Körper mit dem ei- oder biskuitförmigen Gebilde in den Samenfäden von Pl. reticulatum zu homologisiren. Die Anwendung von Tinktionsmitteln lehrt uns, dass sich die bei- den Gebilde ganz verschieden verhalten; das untere färbt sich sehr intensiv, das obere gar nicht; es besitzt aber auch nicht den eigen- thümlichen Glanz wie nacr von Pl. reticulatum. Wie ich später nachweisen werde, entspricht das untere dem chromatophilen Theil des Centralfadens (ner), und die kleinen über dem- selben gelegenen Körnchen dem Kopfstück (nacr); das obere Ellipsoid ist eine plasmatische Bildung. Zu meinem großen Bedauern habe ich die Samenfäden von Cy- lindrostoma Klostermannii und quadrioculatum nicht ge- nauer untersuchen können, eben so wenig ihre Entwicklung. Ich erwähne nur, dass ich bezüglich derjenigen von Gyl. qua- drioculatum im Allgemeinen mit v. Grarr übereinstimme und die granulöse Substanz, welche sich stark färbt, und die sich in einer Spi- rale um eine wenig tingirbare windet, mit dem chromatophilen Cen- tralfaden zu homologisiren geneigt bin. 386 Ludwig Böhmig, Die Samenfäden von Cyl. Klostermannii (Fig. 47) sind von keulenförmiger Gestalt, und es sitzt dem angeschwollenen Theil eine kurze dicke Spitze auf. Anfänglich erschienen sie mir ganz homogen, doch trat nach längerer Einwirkung von Wasser oder verdünnter Essig- säure eine Zerklüftung des verdickten Theiles in der Weise auf, dass es schien, als ob dieser Theil aus zwei in entgegengesetztem Sinne ver- laufenden Spiralen bestünde (Fig. 470); konservirte und gefärbte Präparate zeigten, dass auch hier wie bei Gyl. quadrioculatum ein stark färbbarer Faden sich um einen wenig chromatophilen in Spiraltouren windet. Aus dem Gesagten geht zur Genüge hervor, dass sich am Aufbau der Spermatozoön drei resp. vier Substanzen betheiligen, welche die Theile ner, nacr, pls’ und pls” bilden. Es wird nun meine Aufgabe sein, nachzuweisen, welchen Theilen der Zelle dieselben entsprechen, resp. aus welchen Theilen der Zellen sie entstehen. Spermatogenese. Wenn auch die von mir beobachteten Entwicklungsreihen von der Spermatogonie bis zum reifen Samenkörper keine lückenlosen sind, ja sogar oft recht große Lücken aufweisen, so will ich dennoch nicht mit der Veröffentlichung der von mir gemachten Beobachtungen warten, bis die Lücken ausgefüllt sind, da ich zu abhängig bin von dem nicht immer sofort zu beschaffenden Materiale. Ich behalte mir vor, das Mit- getheilte thunlichst bald zu ergänzen. Die Beobachtungen wurden vor- nehmlich an gut konservirten Thieren gemacht, die Untersuchungen am frischen Material sind weniger umfangreiche. Ich werde mich im Allgemeinen der von W. Voıst! in seiner schö- nen Arbeit über die Samenbildung von Branchiobdella ange- wandten Nomenclatur bedienen, auf diese sowie andere einschlägige Arbeiten werde ich späterhin zurückkommen. Den Ausgangspunkt für meine Untersuchungen bildete die Sper- matogonie oder Stammsamenzelle. Die Spermatogonien selbst sind nach den Untersuchungen von W. Voısr und Anderen Abkömmlinge der Sexualzellen. Die Sexual- zellen wurden von mir nicht beobachtet; sie sollen sich theilen, die Theilungsprodukte sind die Stammsamenzellen. In Fig. 17 habe ich eine Gruppe von Zellen abgebildet, welche durch eine centrale Proto- plasmamasse zusammenhängen; das betreffende Präparat stammt von ! W. Voıcr, Über Ei- und Samenbildung bei Branchiobdella. Arbeiten aus dem zool.-zoot, Inst. Würzburg. Bd. VII. 1885. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 287 Pl. sulphureum; die Zellen besitzen vollständig den Habitus von Spermatogonien, und ich bin überzeugt, dass diese sechs im Gentrum verbundenen Zellen die Tochterzellen einer Sexualzelle sind. An isolirten Spermatogonien bemerken wir sehr häufig, dass eine Stelle in einen kurzen Plasmafortsatz ausgezogen ist, wahrscheinlich ist derselbe ein Rest des Stieles, durch welchen die betreffende Zelle mit ihren Schwesterzellen, resp. mit der centralen Plasmamasse (ucy Fig. 17) in Zusammenhang stand. Die Spermatogonien aller der von mir untersuchten Plagiosto- minen sind ausgezeichnet durch einen relativ großen Kern, welcher von einem schmalen Plasmasaum umgeben ist. Sehr häufig sind auf frühen Stadien die einzelnen Zellen nicht scharf von einander abge- grenzt, so z. B. bei Pl. Girardi, bimaculatum, Monoophorum striatum. DasZellplasma (Fig.2,3,18,30 pl) ist äußerst feinkörnig, oft fast homogen und färbt sich äußerst schwach, am intensivsten noch mit Hämatoxylin und Alaunkarmin. Der Kern (n) tingirt sich äußerst inten- siv; an mit Hämatoxylin behandelten Präparaten erscheint er fast schwarz gefärbt und lässt meist keine weitere Struktur erkennen (Fig.2n). An Präparaten aber, welche mit Sublimat-Essigsäure konser- virt und mit Alaunkarmin oder Boraxkarmin tingirt, oder aber mit Os- mium-Essigsäure und Hämatoxylin behandelt worden waren, können wir eine Reihe von Struktureinzelheiten wahrnehmen (Fig. 3n). Wenn auch das Imbibitionsvermögen der Spermatogonienkerne im Allgemeinen ein sehr bedeutendes, so lassen doch die einzelnen Arten graduelle Verschiedenheiten erkennen; am intensivsten ist dasselbe bei Pl. Girardi, sulphureum und Monoophorum striatum, am schwächsten fand ich es an Pl. reticulatum und bimaculatum. Diese starke Färbbarkeit des Kernes wird bedingt durch den großen Reichthum an chromatischer Substanz (Fig. 3, 18 ner), welche stets in Form eines dichten Gerüstwerkes, Netzwerkes angeordnet ist. In den Maschen dieses Gerüstes finden wir eine nicht oder schwach färbbare Substanz (nacr Taf. XV, Fig. 3, 18; Taf. XVI, Fig. 4). Ein sich sehr intensiv tingirendes Kernkörperchen (n/) ist stets vor- handen. Dasselbe liegt zumeist excentrisch und wird von einem großen hellen Hofe umgeben (Taf. XV, Fig. 2, 18,30, 44 ; Taf. XVI, Fig. 4); in eini- gen seltenen Fällen konstatirte ich das erh dudensein zweier Nucleolen. Die Größenverhältnisse der Spermatogonien schwanken bei jeder Species innerhalb geringer Grenzen. Als Durchschnittmaße können dienen: _ Für Pl. Girardi: Durchmesser der Zelle: 10,95—11,68 u; Kern: 8,76—10,22 u; Kernkörperchen: 2,19 u. 388 Ludwig Böhmig, Für Pl. bimaeulatum: Durchmesser der Zelle: 10,95 «; Kern: 8,76 wu: Kernkörperchen: 2,19 u. Für Pl. maculatum: Durchmesser der Zelle: 15,6—16,16 u; Kern: 10,9 u; Kernkörperchen: 1,46 u. Für Pl. siphonophorum: Durchmesser der Zelle: 10,95 u; Kern: 7,3 u; Kernkörperchen: 1,46 u. Für Vorticeros auriculatum: Durchmesser der Zelle: 10,2 u; Kern: 8,03 u; Kernkörperchen : 2,92—3,28 u. Für Monoophorum striatum: Durchmesser der Zelle: 10,5— 14,6 u; Kern: 6,57—10,2 u; Kernkörperchen: 2,92—-3,65 u. Abgesehen von einer Größenzunahme der ganzen Zelle sowohl als des Kernes, beruhen die nächsten Veränderungen in einer Umlagerung der chromatischen Substanz des Kernes, das Netzgerüst verschwindet, an seine Stelle tritt ein Gewirr oder Knäuel dicker Chromatinfäden. Spermatogonien dieses Stadiums sehen wir abgebildet auf Taf. XV, Fig. 4 ner und auf Taf. XVI, Fig. 5«,b, ner. Zwischen diesen dicken Fäden finden wir, den übrigen Theil desKernes einnehmend, die achro- matische Substanz (nacr)!, und überdies konnte ich mich auch schon an diesen Stadien, deutlicher an späteren, von dem Vorhandensein eines sehr zarten dünnen Netzwerkes feinster und wenig färbbarer Fäden überzeugen (Taf. XVI, Fig. 5). Kernkörperchen fehlen zumeist, jedoch nicht konstant; wenn vor- handen, sind sie jedoch wesentlich kleiner, als vordem. Während sich diese Vorgänge im Kern abspielen, nehmen Zelle und Kern stetig an Größe zu. Die bisher, wie mir dünkte, regellos lie- genden Chromatinfäden beginnen nun sich zu ordnen und bilden Schleifen; die Schenkel derselben sind mit ihren freien Enden einander zugekehrt, und es entspricht diese Anordnung der Chromatinfäden sehr wohl der von Fıemming ? an Spermakeimzellen von Salamandra Fig. S, 4 p-'258 beobachteten. | Die Übergangsformen vom Knäuelstadium zu dem soeben beschrie- benen, sowie die Umformungen der achromatischen Theile des Kernes wurden nicht beobachtet. Die Größe der sich zur Theilung anschicken- den Spermatogonien ist eine sehr beträchtliche, sie beträgt häufig das Doppelte der ursprünglichen Dimensionen (Taf. XV, Fig. 5). 1 Ich bin mir allerdings wohl bewusst, dass der Ausdruck »achromatisch« nicht ganz korrekt ist und nicht im Sinne Fremwine’s gebraucht. Da ich aber nicht in der Lage war die achromatische Substanz FLenniıng’s und den übrigen nicht färbbaren Kerninhalt genügend aus einander zu halten, habe ich den Ausdruck »achromatisch« im Gegensatz zu »chromatisch« in Anwendung gebracht. 2 W. FLemminge, Zellsubstanz, Kern- und Zelltheilung. Leipzig 1882. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II, 289 Die Spermatogonie theilt sich auf indirektem Wege, und an den Tochterzellen wiederholen sich genau dieselben Vorgänge. In den Fig.2—9 Taf. XV habe ich eine Reihe auf einander folgen- der, resp. aus einander hervorgehender Stadien von Pl. Girardi ab- gebildet. Die Fig. 2, 3, 4, 5 stellen Spermatogonien in den verschiede- nen Größenverhältnissen dar, an den Kernen sehen wir die Verände- rungen, welche die Chromatinsubstanz des Kernes erleidet; Fig. 6 ist eine Spermatocyte einer aus zwei Zellen bestehenden Spermatogemme. Die Größe jeder dieser zwei Zellen betrug ca. 12,41 u im Durchmesser, der des Kernes 8,76 «u. Wie wir aus der tonnenförmigen Anordnung der Chromatinschleifen (ner) entnehmen können, schickt sich diese Zelle bereits zu einer neuen Theilung an, aus welcher Spermatocyten her- vorgehen, wie wir in den Fig. 7 und 8 sehen. Da für die Beurtheilung, der wievielten Theilung eine Zelle angehört, die Größe derselben ein zu unsicherer Anhaltspunkt war, da weiterhin die aus einer Theilung hervorgegangenen Zellen nicht immer verbunden bleiben, sondern sich gelegentlich von einander trennen, habe ich mich hauptsächlich an die im Kern vorhandene Chromatinmenge gehalten, um die Zahl der voraufgegangenen Theilungen zu bestimmen. Die Fig. 7 und 8 stammen von vierzelligen Spermatogemmen. Die Kerne der in Fig. 8 dargestellten drei Spermatocyten waren nur wenig scharf umschrieben, und es sind die CGhromatinschleifen in einer Weise angeordnet, welche als Monaster bezeichnet werden kann, und welche zu Tonnenform (Fig. 7) überführt. Der Durchmesser der Sper- matocyte 7 betrug 9,46 u, der des Kernes 7,3 u. Die Zellen theilen sich weiterhin, die aus ihnen hervorgehenden Tochterzellen sind meist oval, ihre Durchmesser betragen ungefähr 8,76—10,22:7,3 u. Die Kerne dieser Phase haben Durchmesser von ca. 5,47—5,84 u. Es erhellt daraus, dass um diese Zeit das Wachs- thum des Plasmaleibes der Zellen ein besonders intensives ist, etwas intensiver als das des Kernes. Die beiden diesem Stadium angehörenden Spermatocyten in Fig. 9 sind im Begriff, sich nochmals zu theilen — dann ist meinen Beobach- tungen nach dieser Process beendet, und die Spermatocyten beginnen sich in Spermatiden, Samenbildungszellen umzuwandeln. Die Sper- matogonie hat sich also im Ganzen viermal getheilt, eine sechzehn- zellige Spermatogemme ist das Resultat des Theilungsvorganges. Wie Pl. Girardi scheinen sich auch die anderen Plagiostoma- Species zu verhalten; die Spermatogonien von Monoophorum stria- tum hingegen dürften einer fünfmaligen Theilung unterworfen sein. Die 290 Ludwig Böhmig, beobachteten Ghromatinfiguren stimmen mit denen bei Pl. Girardi gefundenen überein. Auf Taf. XVI, Fig.5—9 habe ich eine Reihe auf einander folgender Stadien von Monoophorum striatum darge- stellt. In Taf. XVI, Fig. # sehen wir eine junge Spermatogonie mit großem Kern (n), welcher ein dichtes Chromatingerüst (ner) aufweist und ein großes Kernkörperchen (nl) enthält. Diese Spermatogonie vergrößert sich ganz bedeutend und der Kern zeigt ein Gewirr dicker Chromatin- fäden und Schleifen (Fig. 5). Am auffallendsten war mir an den Spermatocytenkernen dieser Turbellarie eine gewisse Regelmäßigkeit in der Zahl und Form der Chromatinschleifen, die ich bei anderen Arten nicht beobachtete. Sper- matogemmen mit zwei Spermatocyten (Fig. 6) zeigten vier große Schleifen; solche mit vier Zellen ebenfalls vier aber wesentlich kürzere und etwas dickere Schleifen (Fig. 7). An denen des folgenden Sta- diums waren meist nur zwei Schleifen vorhanden (Fig. 8); größer war die Anzahl derselben an Gemmen mit 16 und 32 Zellen, doch fand ich dieselben ungemein dünn und zart (Fig. 9). Überhaupt waren hier die Kerne nach der fünften, der letzten Theilung ungemein chroma- tinarm. Die Spermatocytenkerne von Monoophorum striatum und Vorticeros auriculatum ließen fast stets das früher schon von mir erwähnte Netzwerk äußerst zarter wenig tingirbarer Fäden (Taf. XVI, Fig. 1—3, Vorticeros auric. und Fig. 4—8, Monoophorum stria- tum nw) wahrnehmen. Ob dasselbe mit dem Chromatingerüst oder den Chromatinschleifen (ncr) in Verbindung steht, vermag ich nicht zu sagen. Kernkörperchen waren mit Ausnahme des letzten Theilungs- stadiums nicht selten in der Ein- oder Mehrzahl vorhanden, doch im- mer nur von geringer Größe. An mit Pikrokarmin gut gefärbten Präparaten fielen mir bei Pl. maculatum innerhalb des nur sehr schwach tingirten Kernsaftes (nacr) glänzende, ein wenig stärker als nacr gefärbte Körnchen auf (Taf. XV, Fig. 23 nacr’), auf welche ich späterhin zurückkommen werde. Bei an- deren Species konnte ich diese Körnchen nicht beobachten, womit ich aber nicht behaupten will, dass sie entschieden fehlen. Die Größenverhältnisse der Kerne der aus der letzten Theilung hervorgegangenen Spermatocyten zeigen relativ nur geringe Differenzen. Es ergaben sich für: Pl. Girardi 3,65 u, Pl. maculatum: 5,14—5,84 u; Pl. bima- culatum: 5,11 u; Pl.siphonophorum: 4,38 «u; Pl.sulphureum: Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 291 4,38—5,11 u; Pl. retieulatum: 3,65—4,38 u; Vorticeros auri- eulatum: 3,65—4,01 u; Monoophorum striatum: 4,38 u. Bereits an Spermatogemmen, welche nur aus zwei Zellen bestehen — ich habe übrigens dieses Stadium selten angetroffen — deutlicher an solchen mit vier und mehr Spermatocyten bemerkt man zwischen den Zellen eine geringe Plasmamasse, durch welche die Zellen zu- sammengehalten werden (Taf. XV, Fig. 8 cy). Je weiter die Theilung fortschreitet, je größer die Zahl der eine Spermatogemme bildenden Spermatocyten wird, desto größer wird auch die centrale Plasmaansamm- lung. Dieselbe besteht aus einem feinkörnigen Plasma und geht hervor aus einer nicht ganz vollständigen Theilung der Zellen, oder es bleibt ein geringer Plasmarest bei der Theilung zurück, welcher nicht zur Bildung der Spermatocyten verwendet wird. Diese centrale Plasma- ansammlung ist bekannt unter dem Namen des Cytophors. Es scheint, dass dieser Cytophor anfänglich kein festes Band zwischen den Ab- kömmlingen einer Spermatogonie bildet. Man sollte erwarten, dass eine Spermatogemme aus 2, %, 8, 16, 32 gebildet würde, doch findet man häufig, dass dem nicht so ist. Ich habe nicht selten gesehen, dass sich eine Spermatogemme aus weniger (8, 10) oder mehr (über 20) als 16 Spermatocyten zusammensetzte und zwar aus Spermatocyten, welche sicher aus der letzten Theilung her- vorgegangen waren. Dasselbe ist auch bei früheren Stadien der Fall. Auf Taf. XV, Fig. 8 habe ich eine Spermatogemme mit 3 Spermato- eyten abgebildet, welche letztere sicher nach Größe und Chromatin- gehalt der Kerne aus einer zweimaligen Theilung hervorgegangen sind, es müssten also vier solcher Zellen vorhanden sein. Der Cytophor ist besonders anfänglich schwach entwickelt; die Verbindung der einzelnen Zellen mit demselben ist eine lockere, ein Ablösen einer oder mehrerer Zellen ist mithin leicht möglich. Anderer- . seits liegen die Spermatogonien und Spermatogemmen anfänglich sehr dicht neben einander, so dass es durchaus nicht undenkbar ist, dass sich die Abkömmlinge zweier Spermatogonien um einen gemeinsamen Cyto- phor gruppiren. Ich habe früher erwähnt, dass ich bei Pl.sulphureum sechs um eine gemeinsame Plasmamasse (ucy) gruppirte und wahrscheinlich aus einer Ursamenzelle hervorgegangene Spermatogonien (Taf. XV, Fig. 17) beobachtet habe. Es wäre nun ganz wohl denkbar, dass diese sechs Zellen oder einige von ihnen sich überhaupt nicht vollständig trennten, und dass dieser Ureytophor bestehen bliebe. Die Spermatogonien durchlaufen den typischen Theilungsprocess, es würde dann eine Sper- matogemme mit 96 Spermatocyten resp. Spermatiden resultiren. 292 Ludwig Böhmig, Ich wende mich nun wieder zu den letzten aus dem Theilungs- process der Spermatogonie hervorgegangenen Zellen, zu den um den Cytophor gruppirten Spermatocyten. Während die Spermatocyten früherer Stadien meist eine ovale oder runde Form besitzen, sind die zuletzt entstandenen von einer mehr kegel- oder keilförmigen Gestalt (Taf. XV, Fig. 10 spcy). Der verdickte Theil dieser so gestalteten Zellen ist peripher gerichtet, der verjüngte central und eingesenkt in den Cytophor (cy). Der Kern (n) liegt stets im verdickten Theil der Zelle, also peripher. Die Größe der Spermatocyten ist bei den einzelnen Arten eine verschiedene, bei Pl. Girardi beträgt ihr Längendurchmesser ca. 10,95 u, die größte Breite 2,38 —4,74 u. Die Größenverhältnisse des Kernes wurden schon früher angegeben. Die Anordnung des Chromatins ist zu verschiedenen Zeiten eine ver- schiedene, ich finde dasselbe zu gewisser Zeit in Form eines Netzwerkes (Taf. XV, Fig. 24 ncr), dann in Gestalt von Schleifen und Körnchen (Fig. 10). Es tritt nun die Umwandlung der Spermatocyte in die Spermatide ein ; dieselbe dokumentirt sich dadurch, dass die kleinen peripher ge- legenen Körnchen und Schleifen des Chromatins (ner) verschmelzen und in Form einer nach außen offenen Kappe oder eines Bechers die achro- matische Substanz (nacr) umhüllen, welche sich in eine mehr (nacr”) und eine weniger (nacr') lichtbrechendedifferenzirt. Diese Trennungist jedoch nicht immer so scharf ausgesprochen wie zum Beispiel bei Pl. Girardi (Fig. 10, 11). Die stärker lichtbrechende tritt auf in Form kleiner Körn- chen und Fädchen, die alsdann verschmelzen. Es liegt nahe anzunehmen, dass es sich hier nicht um eine vollständig neue Differenzirung der achro- matischen Substanz handelt, sondern dass dieselbe bereits früher vor- handen war; ich erinnere an das von mir beschriebene zarte Netzwerk (nw) in dem Kern von Vorticeros auriculatum, Monoophorum striatum (Taf. XVI, Fig. 1, 2, 3, 5—8) und an die stark lichtbrechen- den Kügelchen bei Pl. maculatum (Taf. XV, Fig. 23 nacr"). Anderer Natur ist ein in der achromatischen Substanz liegendes sehr intensiv färbbares Körnchen, welches nur beiMonoophorum striatum beobachtet wurde (Taf. XVI, Fig. 11 x). Die Wandung der Chromatinschale oder. des Chromatinbechers ist bei den einzelnen Arten von verschiedener Dicke. Die Extreme dürften hier Pl. maculatum und Monoophorum striatum bilden; bei der Plagiostoma-Speecies ist dieselbe ungemein dick, sehr dünn bei Monoophorum. Pl. si- phonophorum ist ulaslıeeı ausgezeichnet, dass das Chromatin an- fänglich in Form eines zierlichen Netzwerkes um die achromatische Substanz angeordnet ist (Taf. XV, Fig. 35). Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 293 Aus dem Chromatinbecher erhebt sich nun ein ursprünglich kurzer Kegel (nacrk), gebildet von achromatischer Substanz. Die erste Anlage dieses Kegels geht hervor aus den in den vorhergehenden Stadien be- merkbaren etwas stärker glänzenden Fäden und Körnchen (nacr”). Der Kegel streckt sich und wächst immer mehr aus der Becheröffnung her- vor, ohne diese noch vollständig auszufüllen (Taf. XV, Fig. 12). Mit fortschreitendem Wachsthum schließt er die Schalenöffnung, und es scheint der übrige Theil der achromatischen Substanz (nacr’) vollkom- men in ihn aufgenommen zu werden, wenigstens lässt sich alsbald keine Differenzirung in derselben mehr wahrnehmen. In den in Taf. XV, Fig. 13 abgebildeten Spermatiden beträgt die Höhe des Chromatinbechers 1,38 u, die größte Breite 3,65 u. Der ziemlich stark glänzende Kegel besitzt eine Länge von 5,11 u. Dieses Stadium finden wir wieder bei sämmtlichen der untersuchten Formen, es scheint demnach, dass das- selbe ganz allgemein ist. Vergleichen wir zu diesem Zwecke die Fig. 13 (Pl. Girardi), 19 (Pl. sulphureum), 25 (Pl. maculatum), 35 (Pl. siphonophorum), 42 (Pl. reticulatum) auf Taf. XV, und Fig. 10 (Monoophorum striatum) auf Taf. XVI. Überall finden wir einen Chromatinbecher (ner), und einen achromatischen Kegel, den ich wiederum einfach als nacr bezeichne, da er beide Substanzen nacr’ und nacr” enthält. Die Abweichungen bei den einzelnen Arten beruhen nur auf Form- und Größendifferenzen. Fig. 25, Taf. XV von Pl. maculatum repräsentirt eine etwas frühere Phase, doch erkennt man leicht, dass zwischen dieser und der Fig. 26 dargestellten ein ganz dem geschilderten entsprechendes liegen muss. Folgende Größenangaben mögen noch zum Vergleiche dieses Sta- diums bei einigen Species dienen: Pl. Girardi: Chromatinbecher: Länge 4,38 u, Breite 4,38 u. Achromatischer Kegel: Länge 5,11 u. Pl. maculatum: Chromatinbecher: Länge 4,38 u, Breite 5,11 u. Pl. sulphureum: Chromatinbecher: Länge 3,65 u, Breite 3,65 u. Achromatischer Kegel: Länge 3,65 u. Pl. siphonophorum: Chromatinbecher: Länge 4,38 u, Breite 3,27—3,65 u. Achromatischer Kegel: Länge 2,92—3,65 u. Pl. retieulatum: Ghromatinbecher: Länge 3,65 u, Breite 3,65 u. Achromatischer Kegel: Länge 2,92 u. Die nächsten Veränderungen, welche der Kerntheil (ner + nacr) der Spermatiden erleidet, besteht mit Ausnahme von Pl. siphono- 294 Ludwig Böhmig, phorum und Pl. reticulatum in einer nicht unerheblichen Größen- zunahme und Streckung besonders des Chromatintheiles. Bisher war der Chromatinbecher an seinem dem Cytophor zugewendeten Theile abgerundet; dieser beginnt sich jetzt bei der Streckung zuzuspitzen und in einen feinen Faden auszuziehen; der ganze Abschnitt ner giebt daher seine bisherige Form auf und erhält eine mehr oder weniger keil- oder kegelförmige. Am unbedeutendsten ist die Längsstreckung bei Pl. bimaculatum, dafür sehen wir aber hier einen jetzt schon relativ langen Chromatinfaden vom hinteren Pole des Bechers ausgehen. Je weiter die Längenzunahme verbunden mit einer Dickenabnahme von ncr fortschreitet, desto fadenähnlicher wird ner und bald erreicht es seine definitive Form. Solche Übergangsstadien sehen wir in Taf. XV, Fig. 15 von Pl. Girardi, in Fig. 32 von Pl. bimaculatum. Bei dieser Species besitzt der Chromatintheil des Kernes lange Zeit eine eigenthümliche Zwiebelform, welche allmählich erst fadenförmig wird, in ihrem oberen Theil aber stets relativ dick bleibt, wie wir an dem reifen in Fig. 33 dargestellten Samenfaden dieser Species erkennen. Etwas komplicirter schon sind die Veränderungen, welche PI. sulphureum und Pl. maculatum betreffen. Bereits an Spermatiden, wie sie von Pl. sulphureum in Fig. 20 abgebildet sind — die Länge des ganzen Kernes (ner + nacr) beträgt 9,49 u, seine Breite 1,825 u, wovon 3,65 « auf das Kopfstück (nacr) fallen —, giebt das Kopfstück seine kegelförmige Gestalt auf und rundet sich vorn ab, nimmt also die Form an, welche es am reifen Spermato- zoon besitzt. An wenig größeren Spermatiden beginnt nun auch die spiralige Drehung des CGhromatinfadens. | Die Fig. 20 entsprechenden Stadien von Pl. maculatum (Fig. 26) sind etwas kürzer und gedrungener als die von Pl. sulphureum. Der Chromatintheil (ner) zieht sich in einen feinen Faden aus und zu gleicher Zeit sehen wir die erste Spiraldrehung an ncr auftreten (Fig. 27). Das Kopfstück rundet sich ähnlich wie bei Pl.sulphureum ab, verliert an Länge und Glanz. Der ganze Centralfaden von Fig. 27 hatte eine Länge von 14,6 u, wovon 10,95 u auf ner entfielen, seine größte Breite betrug 2,92 u Einer besonderen Beschreibung bedürfen die Veränderungen, welche an den Spermatiden von Pl. siphonophorum und Pl. reti- ceulatum statthaben. Es wird jedoch vortheilhaft sein, vorher auch die Umformung des Plasmas zu besprechen. In jenem Stadium, in welchem sich die Umwandlung der Sperma- tocyte in die Spermatide vollzieht, bildet sich um die Chromatinschale Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien, N. 295 des Kernes ein heller Hof homogenen nicht färbbaren Plasmas (Taf. XV, Fig. 11, 12, 19, 25, 35, 42 pls’), welcher sich deutlich von dem übrigen feinkörnigen und färbbaren Plasma (pls”) unterscheiden lässt. Dieser helle, schmale Plasmahof umwächst allmählich den ganzen Kern, sowohl den chromatischen und achromatischen Theil (Taf. XV, Fig. 15, 20, 26, 32). Diese Umwachsung vollzieht sich bei den einzelnen Arten ungleich schnell und während dieser Zeit grenzt sich um diese Plasmahülle (p/s’) eine zweite ab (p/s”), welche aus einem feinkörnigen und tingirbaren Plasma besteht, das sich nur wenig von dem Rest des Plasmaleibes der Spermatide unterscheidet. Die Mächtigkeit der zweiten Plasmahülle ist eine sehr variable bei den verschiedenen Species. Am deutlichsten und schönsten fand ich dieselbe ausgebildet bei Pl.maculatum (Taf. XV, Fig. 26, 28 pls”). In Fig. 27 ist dieselbe nicht gezeichnet, da sie an dem betreffenden Prä- parate sehr undeutlich erhalten war. Relativ am schwächsten ent- wickelt ist dieselbe bei Pl. sulphureum und Pl. bimaculatum, an gut konservirten Präparaten ist sie jedoch immer nachweisbar. Wir verließen die Spermatiden von Pl. siphonophorum auf einem Stadium, wie es auf Taf. XV, Fig. 35 abgebildet ist. Das Chro- matin (ner), welches die achromatische Substanz (nacr) in Form eines dicken Gitterwerkes umgiebt, kondensirt sich und nimmt eine ellipsoide Form an. Es ist mir nicht ganz unwahrscheinlich, dass der Kern des Ellipsoides (ncr Fig. 36) aus achromatischer Substanz besteht, da sonst plötzlich eine bedeutende Massenzunahme und ein Verschwinden achro- matischer Substanz bemerkbar sein müsste, von welcher ich aber nichts habe wahrnehmen können. Die Größe des Ellipsoides (ner) beträgt 5,11:2,92 u, die achroma- tische Spitze (nacr), welche an Größe abgenommen, an Lichtbrechungs- : vermögen aber gewonnen hat, besitzt eine Länge von nur 2,19 u gegen eine frühere von 2,92 u. Der schon vorher bemerkbare helle Plasma- mantel (p/s’) umwächst nun das ganze Kopfstück, und wir bemerken weiterhin die Bildung eines plumpen aus feinkörnigem und färbbarem Plasma bestehenden Schwanzes (sch), welcher mit breiter Basis dem Cytophor aufsitzt. Am Kopftheile — ich bezeichne mit diesem Namen jedoch nur die aus dem Kerne der Zellen hervorgegangenen Theile ncr und nacr, ge- brauche den Namen also in anderem Sinne als v. Grarr — nimmt das Chromatinellipsoid (Fig. 37 ncr) ein wenig an Größe zu, die achroma- tische Spitze hingegen ab, ihre Länge beträgt nur noch ungefähr 1,46 u. Zuweilen gewährt sie den Eindruck, als ob sie aus einigen wenigen Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LI, Bd. 20 296 Ludwig Böhnmig, hellen Körnchen bestünde. Der helle Plasmahof (pls’) vergrößert sich und zieht sich nach vorn in eine Spitze aus, an deren Bildung sich jedoch das Kopfstück (nacr) gar nicht betheiligt. Der Plasmaschwanz (sch) spitzt sich zu und steht mit dem Cytophor nur noch lose in Verbindung. In seinem feinkörnigen Plasma treten kleine wenig scharf kontourirte Kügelchen auf. Eine dünne Schicht dieses Plasmas (pls”) zieht sich nun auch über einen großen Theil des hellen Hofes (pls’). Die Länge des Schwanzes beträgt jetzt ca. 8,76 u, seine größte Breite 4,38 u. Hierbei habe ich jedoch nur den Theil des Schwanzes in Betracht gezogen, der nach hinten vom hellen Hofe (pls’) liegt. In dem nächsten Stadium, das zur Beobachtung gelangte (Fig. 38), können wir bereits eine große Ähnlichkeit mit den reifen Spermatozoen wahrnehmen. Der helle Hof (pls’) erweitert sich oberhalb der kleinen achromatischen, dem Ellipsoid (ncr) aufsitzenden Spitze (nacr), die jetzt deutlich aus einigen kleinen Kügelchen besteht, zu einer blasenartigen Anschwellung (b). Diese sowie das ganze helle Plasma (pls’) wird um- geben von einem ebenfalls homogenen aber stärker lichtbrechenden Plasma, das die Grundsubstanz des Schwanzes (sch) bildet; oberhalb von nacr bemerken wir eine kleine Einschnürung und größere Anhäufung, dieses etwas stärker lichtbrechenden Plasmas. Der Schwanztheil des Samenfadens hat sich verkleinert und in seinem Plasma finden wir eine große Zahl scharf kontourirter bräun- licher Körnchen eingeschlossen. Es hat demnach augenscheinlich eine Differenzirung des ursprünglich feinkörnigen Schwanzplasmas stattge- funden in ein homogenes Plasma und in die Körnchen. Die Größe des chromatischen Ellipsoides (ncr) beträgt 6,57 : 3,65, die des Schwanzes 7,3 u, die Breite desselben 3,65 u. Der ganze Samenfaden misst in der Länge 21,9 u, in der Breite 5,11 u. Während nun im großen Ganzen die Abweichungen im Baue der Spermatozoen dieser Species von denen von PI. Girardi, macula- tum etc. nicht gerade sehr erhebliche sind, und im Wesentlichen darauf beruhen, dass sich ncr nicht zu einem einfachen oder gewun- denen Faden auszieht, dass das Kopfstück sehr redueirt, das homogene helle Plasma pls’ sehr reichlich entwickelt, und das Plasma pls” in zwei Substanzen differenzirt ist, sehen wir bei Pl. reticulatum tiefer grei- fende Veränderungen vor sich gehen. Die ersten Phasen der Entwicklung sind, wie erwähnt wurde, die gleichen wie bei allen übrigen Formen, der Übergang aus der Sper- matocyte in die Spermatide vollzieht sich in derselben Weise — es resultirt eine Spermatide (Taf. XV, Fig. 42), welche nicht von den ent- Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 297 sprechenden anderer Species z. B. Pl. sulphureum (Taf. XV, Fig. 19) zu unterscheiden ist. Allein bald ändert sich die Sache. Die Chromatinschale (ner Fig.43) beginnt den achromatischen Kegel (nacr), welcher eine eiförmige Gestalt annimmt, zu umwachsen und zugleich beginnt die Bildung eines Schwanzstückes (sch), das im Zusammenhang mit dem Cytophor steht. In Fig. 43 habe ich eine zufälligerweise isolirt liegende Sper- matide abgebildet, an welcher das noch aus dem Becher (ncr) hervor- ragende Kopfstück (nacr) sehr deutlich sichtbar ist. Die Länge des ganzen Kopftheiles (ner + nacr) betrug im vorliegenden Falle 7,3 u, sein Breitendurchmesser ca. 3,65 u. Die chromatophile Substanz (ncr) färbt sich sehr intensiv. Der helle Hof (pls’), welcher bis jetzt auf die Basis des Kopftheiles beschränkt war, beginnt nun, denselben vollständig zu umhüllen. Nacr rückt also vollständig in ncr hinein; dieses wird um- hüllt von einer dünnen Schicht homogenen Plasmas (pls’), das, wie mir scheint, seinerseits wiederum von der feinkörnigen plasmatischen Sub- stanz (pls”) überzogen wird. Darauf deuten wenigstens eine Reihe von Bildern hin. Das auffallendste ist nun, dass die chromatische Substanz bedeu- tend an Masse zu, aber in gleichem Maß an Tinktionsfähigkeit abnimmt. Sie muss mithin wenig färbbare Substanzen aufgenommen haben (Taf. XV, Fig. 44). Das achromatische Ellipsoid (nacr) hat sich wenig verändert. Das homogene nicht tingirbare Plasma (pls’) ist auf eine kleine Kappe oberhalb ner beschränkt und ist, wie ich gleich bemerken will, im nächsten Stadium nicht mehr wahrzunehmen; vielleicht ist es diese Substanz, welche von ncr aufgenommen worden ist. Das Plasma (pls”) hat ner vollständig umhüllt und bildet eine Spitze oberhalb des Kopftheiles, resp. oberhalb von pls’. Die Größe des Kopftheiles (ncr) beträgt 10,95 u, seine Breite 3,65 u. ‚Das achromatische Ellipsoid (nacr) hat einen größeren Durchmesser von 9,84, einen kleineren von 2,19 u. An diese Spermatiden dürften sich solche, wie in Fig. 45 abge- bildet sind, anschließen. Die plasmatische Spitze oberhalb des Kopf- theiles ist geschwunden, derselbe wird nur noch von einem dünnen Plasmarande umgeben und hat sich bis zu 11,68 u vergrößert; der aus ner hervorgegangene Theil färbt sich wenig stark, nacr hat an Größe und Glanz bedeutend abgenommen. Der mit dem Cytophor noch in Verbindung stehende Schwanztheil besitzt eine Länge von 18,25 u und ist zugespitzt. In der’ Folge verkleinert sich der Schwanztheil mehr und mehr und nimmt insonderheit auch an Breite ab (Fig. 46 sch). 20* 298 Ludwig Böhmig, Der achromatische Kern !nacr) nimmt hingegen an Größe und Glanz wieder zu und seine Länge betrug an der Spermatide, welche in Fig. 46 dargestellt ist, 5,84 u, bei einem Breitendurchmesser von 2,92 u. Ncr, die Chromatinsubstanz verliert in toto an Länge, nimmt hin- gegen an der Basis an Breite zu (Länge 10,95 u, Breite an Basis 5,11 u). Diese Verkürzung bei gleichzeitiger Breitenzunahme schreitet noch weiter fort und es besals das in Fig. 47 dargestellte Köpfchen, welches einem in der Samenblase liegenden Samenfaden angehörte, eine Länge von 9,49 u und eine Breite von 6,57 u. Während bisher das achromatische Ellipsoid (nacr) allseitig von ner umgeben war, bildet sich jetzt um dasselbe ein Hof aus einer hellen, homogenen nicht tingirbaren Substanz (a). Es liegt nahe, anzunehmen, dass diese helle Substanz von ncr abgeschieden worden ist, da hier eine bedeutende Volumenabnahme und Kondensirung stattgefunden hat, während sich an nacr selbst keine Massenabnahme bemerklich macht. Vielleicht ist es das Plasma (pls’), das auf einem früheren Sta- dium unsichtbar und möglicherweise damals von ner aufgenommen wurde, das jetzt wiederum abgeschieden worden ist. Ob das ganze Köpfchen noch von einem dünnen von pls” gebildeten Plasmamantel umhüllt wird, bin ich nicht in der Lage zu entscheiden. Das. Studium der Entwicklung der Samenfäden dieser Species wird wesentlich dadurch erschwert, dass die einzelnen Theile durch Tinktionsmittel weit weniger scharf markirt werden können, als dies bei anderen Species der Fall ist. Die am konservirten Materiale beobachteten Thatsachen kann ich durch einige am Lebenden gemachte Beobachtungen vervollkommnen. In Fig. 40 c sehen wir ein vollständig reifes Spermatozoon, welches das Schwänzchen in für die reifen Samenfäden dieser Species charak- teristischen Weise zur Seite und nach oben geschlagen trägt. Bei we- nig jüngeren Spermatozoen ist dasselbe gerade nach hinten gerichtet und etwas dicker (Fig. 40a’). Fig. 0b würde zwischen Fig. 46 und 47 einzuschieben sein. Der helle Hof um den achromatischen Kern nacr ist bereits vorhanden, der Schwanz (sch) ist jedoch noch von bedeuten- der Dicke und in seinem oberen Theile spiralig gedreht. Eine derartige spiralige Drehung ist auch in Fig. 40 d vorhanden, nur betrifft sie hier den unteren Theil des Samenfadenschwanzes. Nach Größe und Habitus gehört diese Spermatide zwischen Fig. 40 c und 40 e, von denen die erstere einen kürzeren, die letztere einen größe- ren Schwanztheil besitzt. Überdies war derselbe bei Fig. 40 e viel heller und weniger stark lichtbrechend als bei der Spermatide, nach welcher Fig. 40 c gezeichnet worden ist; es scheint demnach mit ein- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 299 tretender Kondensirung des Plasmas eine spiralige Drehung verbunden zu sein. Im Übrigen stimmen die in diesen drei Figuren abgebildeten Stadien am ehesten mit den in Fig. 44 dargestellten überein. Die bemerkenswertheste Thatsache in der Spermatogenese von Pl. reticulatum ist jedenfalls das eigenthümliche Verhalten der chro- matischen Substanz (ner). Bei keiner anderen Species habe ich etwas Derartiges gesehen. Die Lagenveränderung des achromatischen Theiles des Kopfes ist von geringerer Bedeutung, wenn auch immerhin be- merkenswerth. Auch bei Monoophorum scheint eine Umhüllung von nacr mit chromatischer Substanz stattzuhaben. Untersuchen wir frisches Material an Zupfpräparaten oder konser- virtes auf Schnitten, so werden wir stets sehen, dass die Spermatocyten und Spermatiden durch eine centrale Substanzmasse zu Spermatogem- men vereinigt sind, und dass die reifen Samenfäden, so lange sie nicht in der Samenblase liegen, in den meisten Fällen wenigstens um Proto- aahallen gruppirt sind (Taf. XV, Fig. 8, 10, 11, 16, 19, 20, 2%, kk, 46; Taf, XVI, Fig. 9J—11 cy). Woher stammt nun diese Plasmamasse und was bedeutet sie? Ich habe schon früher darauf hingewiesen, dass die Spermatogonien die Abkömmlinge einer Zelle der Samenmutterzelle sind, und dass sie sich in einzelnen Fällen nicht vollständig trennen, sondern durch eine centrale Plasmamasse (Taf. XV, Fig. 17 ncy) zusammengehalten werden. Ist die Theilung eine vollständige, so erkennen wir häufig an den ein- zelnen Spermatogonien die Stelle, mit welcher sie bis zuletzt zusam- mengehangen sind, in Form eines kleinen Stieles. Die Spermatogonien theilen sich in den seltensten Fällen ganz vollständig, in der Regel bleiben sie durch eine geringe Plasmamenge vereinigt. Bei Pl. siphonophorum beobachtete ich übrigens einige Male Theilung des Kernes, ohne dass sich das Plasma der Zelle daran betheiligte (Taf. XV, Fig. 34). Ich habe mich leider nicht überzeugen können, ob das erwähnte Stielchen der Spermatogonien die Centralstelle für die centrale Plasma- anhäufung bildet, es würde dies, worauf ich später zurückkomme, von Wichtigkeit vom vergleichend-anatomischen Standpunkte aus sein. Wie dem auch immer sein möge, jedenfalls ist nach der ersten Theilung der Spermatogonie eine Protoplasmamasse nachweisbar, welche die Tochterzellen derselben zu Gruppen von Spermatogemmen vereinigt. Wenn sich diese Plasmamasse im Allgemeinen auch mit der zu- nehmenden Zahl der Tochterzellen vermehrt, so tritt doch erst eine 300 Ludwig Böhmig, ganz auffallende Zunahme derselben auf, wenn die Umwandlung der ' Spermatiden zu Samenfäden vollzogen ist. Der Zusammenhang der Spermatocyten resp. der Spermatiden mit dem Cytophor ist, wie ich schon früher bemerkt habe, hier kein sehr inniger, ein Loslösen einzelner ist immerhin möglich. Die Spermato- cyten resp. Spermatiden stecken in der Plasmamasse wie Wurzeln in der Erde; das Vorderende derselben ist stets peripher, nie central ge- richtet, wovon ich mich häufig überzeugt habe. Wie ich im Vorhergehenden aus einander gesetzt habe, ist die Plasmamenge, welche sich am Aufbau des Spermatozoons betheiligt, eine relativ geringe im Vergleich zu der Plasmamasse, welche Spermato- cyten und Spermatiden besitzen. Es wird nun der ganze Rest des Plasmas, welcher nicht zum Auf- bau des Spermatozoon verwendet wird, zur Vergrößerung des Cyto- phors dienen, derselbe wird demnach gewaltig vergrößert. Dieses Verhältnis der Größe wird gut illustrirt durch einen Vergleich der Fig. 10 und 16 auf Taf. XV, welche beide sich auf Pl. Girardi beziehen. An solch großen Cytophoren, welche soeben den größten Theil des Spermatidenplasmas aufgenommen haben, sehen wir auch noch deutlich, dass sie aus einer Anzahl von kleineren Plasmamassen, Plasma- kugeln zusammengesetzt sind (Fig. 16 a, Taf. XV). Allmählich ver- schmelzen diese vollständig, der Gytophor gewinnt das Aussehen einer glatten Plasmakugel. Bei einzelnen Formen, so beiMonoophorum striatum, differenzirt sich diese Masse in zwei Zonen, eine periphere cy', und eine centrale cy’, von denen die erstere stärker färbbar und feinkörniger ist als die letztere; in der peripheren machen sich außer- dem noch stärker gefärbte Bänder und Streifen bemerkbar (Taf. XVI, Fig. 12). Man hüte sich, hier in der centralen Zone einen Kern sehen zu wollen, dieselbe wird, wie ich mich ganz sicher überzeugt habe, nur von Plasma gebildet. Die Durchmesser der Gytophore sind natürlich großen Schwan- kungen unterworfen. Der in Fig. 16a auf Taf. XV as: hatte 22 u Durchmesser. Bezüglich der Bedeutung des Cytophors bin ich ganz im Unklaren. Vielleicht, aber nur vielleicht, hat er nutritive Bedeutung, vielleicht stellt er aber auch nur eine Anhäufung von Plasma dar, das für die Bildung der Samenfäden ohne Bedeutung ist. Man könnte daran denken, dass sich schon frühzeitig im Plasma der Spermatocyten Vorgänge ab- spielen, durch welche gewisse Plasmapartien als ungeeignet zur fort- Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 301 schreitenden Entwicklung abgesondert und in Form dieser centralen Plasmamasse, die wir Cytophor nennen, angehäuft werden. Über die Spermatogenese der Turbellarien liegen insbesondere Beobachtungen vor von ScHNEIDER!, HaLızz?, Dupuzssis®, v. GrRAFF! und JENSEN ®. Die Resultate, welche ich erhalten, stimmen in den wesentlichsten Punkten mit denen von v. GRAFF und JEnsen überein. v. GrAFF untersuchte in erster Linie Pl. Girardi und macht weiter- hin einige aufCylindrostoma quadrioculatum und Pl. siphono- phorum bezügliche Angaben. Das Untersuchungsobjekt Dupzsgssis’ bildete Pl. Lemani, dasjenige Jensen’s war Pl. vittatum. Nach v. GraArr's Untersuchungen »zerfällt jede männliche Ge- schlechtszelle in ein Häufchen keilförmiger Zellen mit dunklem kleinen Kern und zartgranulirtem Plasma. Die Zellen wachsen rasch, aber verhältnismäßig noch rascher ihre Kerne. Deutlich treten jetzt dunkle feine Körnchen in den Kernen auf, die sich alsbald zu größeren Häuf- chen ballen, wodurch die Substanz des Kernes sich in eine farblose helle Grundsubstanz und die dunkel tingirten Kugeln unterscheidet. Letztere verlängern sich zu Fäden, und diese Fädchen treten endlich — unter fortschreitender Vergrößerung des Kernes — zu einem maschi- gen Gerüste zusammen, dessen Balken alle unter einander zusammen- hängen«. Weiterhin beobachtete v. GrArr eine Streckung des Kernes, mit der eine Kondensation desselben Hand in Hand geht. Diese Kondensationserscheinungen können nur, wie aus meinen Beobachtungen hervorgeht, auf eine Scheidung der chromatischen und achromatischen Substanz bezogen werden, ein Verhältnis, das aller- dings von v. GRAFF nicht in seiner wahren Gestalt erkannt wurde. An den Spermatozoen von Cylindrostoma quadrioculatum bemerkte v. Grarr die Bildung einer schwachen Spitze, welche, wie v. Grarr besonders hervorhebt, zur Vorderspitze des Samenfadens wird und ganz aus hyaliner Substanz besteht; ich zweifle nicht, dass v. GRAFF 1 SCHNEIDER, Untersuchungen über Plathelminthen. 44. Jahresber. der Oberhess. Gesellsch. f. Natur- und Heilkunde. 1873. 2 Harrez, Contributions & l’histoire naturelle des Turbellaries. 1879. 3 Dupuessis, Seconde note sur le Vortex Lemani. Materiaux pour servir a l’etude de la faune profonde du lac Leman. T. II. III. 1876. 4 v. GrAFF, Monographie der Turbellarien. I. 5 JEnsEn, Recherches sur Ja Spermatogen&se. Extrait des Archives de Biologie. 1883, 302 Ludwig Böhmig, hier die Bildung des aus der achromatischen Substanz hervorgehenden Kopfstückes gesehen hat. Weniger glücklich war v. Grarr in der Deutung eines Spiralfadens, welchen er innerhalb einer Spermatocyte von Plagiostoma sulphu- reum erkannte, und in welchem v. Grarr den Centralfaden des reifen Samenfadens vermuthete. Jensen macht bereits auf diesen Irrthum auf- merksam. Dieser Centralfaden in der Spermatocyte ist ganz zweifellos durch Chromatinschleifen gebildet und stellt wahrscheinlich irgend eine mit der indirekten Kerntheilung in Zusammenhang stehende Bildung dar. Wir wissen durch v. Grarr, dass der Ausgangspunkt der Samen- fädenbildung eine Zelle, die Spermatogonie ist, welche sich durch Thei- lung in eine »Spermatomorula« oder » Spermatoblastula« verwandelt. Spermatomorula resp. -blastula sind wohl besser.durch den Ausdruck Spermatogemme zu ersetzen. Für die gesäumten Spermatozoen hat v. Grarr das Verhältnis des Gentralfadens und seiner Hülle zum Kern und Plasma der Bildungs- zelle vollständig richtig erkannt. Die Vermuthungen v. GrArr’s, dass der angeschwollene Theil der Spermatozoen von Pl. reticulatum, Pl. siphonophorum und Mesostomum splendidum nicht in ganzer Ausdehnung, sondern nur theilweise den Namen eines »Kopfes« verdient, habe ich bestätigen und für die beiden erstgenannten näher präcisiren können; v. Grarr’s Anschauung, dass der granulirte Mittel- streif von Gylindrostoma quadrioculatum der Mittelrippe der Samenfäden von Pl. Girardi entspricht, muss ich vollkommen bei- pflichten. Von dem Vorhandensein einer membranartigen Hülle am ange- schwollenen Theil der Spermatozoen von Pl. reticulatum (Pl. sul- phureum und Mesostoma splendidum) habe ich mich nicht überzeugen können, und durchaus nicht stimme ich mit v. Grarr, be- züglich der Herkunft der Gentralkugel, des Cytophors, überein, welchen v. GRAFF aus der achromatischen Substanz des Kernes entstanden denkt. Mit Dupressıs! stimmen v. GrArF und ich in so fern überein, als auch er den Samenfäden von Otomesostoma Morgiense und Pl. Lemani den Werth einer Zelle zuerkennt: »le zoosperme isol&e corre- spondrait A une cellule complete avec noyau et enveloppe« sagt dieser Forscher bezüglich der Spermatozoen von Otomesostoma, und be- züglich derjenigen von Pl. Lemani lesen wir » chaque zoosperme lui- meme correspond & la transformation d’un noyau de cellule; on en voit en eflet beaucoup- dont le fl, ...... , contient encore ce noyau, et le ! Dupuessis, 1. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 303 tout est en outre souvent entourne d’une membrane cellulaire«; mit letzterem Passus kann ich mich nicht einverstanden erklären, ich habe nie etwas von einer Zellmembran wahrgenommen. _ Mesostomum Ehrenbergii diente Scaxsiper ! und Haıızz? als Untersuchungsobjekt. Scaneier’s Mittheilungen sind in Bezug auf Spermatogenese leider sehr fragmentarisch, doch geht aus denselben und den beigegebenen Abbildungen hervor, dass Schneider die indirekte Theilung der Spermatogonien und die Umwandlung derselben in Spermatogemmen erkannt hatte. Auf Taf. XVI, Fig. 8 m bildet Scaneı- DER eine Spermatogemme mit sechs Spermatocyten ab, welche letztere in einer als Cytophor zu deutenden Masse liegen. Aus Fig. 8 n—r lässt sich weiterhin erkennen, dass der Kern der Spermatocyte sich streckt, zu einem Centralfaden auswächst, und dass ein Theil des Plasmas eine Hülle für diesen Centralfaden liefert. Jedenfalls ist Harıez im Unrecht, wenn er behauptet, dass Schneider » Psorospermien« für Entwicklungs- stadien von Samenfäden angesehen habe. Die Beobachtungen von Harırz enthalten so viele merkwürdige Abweichungen von dem was ich bei den Plagiostominen gesehen habe, dass ich glaube, Harırz sind hin und wieder Irrungen unterge- laufen, oder er hat seine Beobachtungen falsch gedeutet. So ist z. B. gleich das erste Phänomen, welches Harızz bei der Bildung der Tochter- zellen beobachtete, ein sehr merkwürdiges: »c’est une condensation considerable du protoplasme au centre de la cellule: cet ‚amas proto- plasmique‘ central est finement granuleux et se colore ä la maniere des noyaux, le reste de la cellule est rempli par un protoplasme plus aqueux, se colorant faiblement par les liqueurs carmine&es. Dans le stade suivant, le protoplasme central(!), le noyau(!) s’allonge et devient finement strie, suiyant son grand axe puis il se renfle A l’equateur et ä chacune de ses extremites apparait un petit nucleole«. Harzzz scheint demnach der Ansicht zu sein, dass der Kern aus einer Kondensation des Plasmas hervorgeht, eine Auffassung, welche zum mindesten zu einigen Zweifeln berechtigt. Nach dem Erscheinen der kleinen Nucleolen theilt sich die Zelle, und nun soll jeder Nucleolus zu einem Zellkern werden; »il se divise ensuite en deux et les deux nucleoles, que je viens de signaler devi- ennent chacun le noyau des deux cellules-filles forme&es «. In gleicher Weise erfolgt alsdann nach Haıızz eine weitere Thei- lung der so gebildeten Tochterzellen. ‚Ich erkenne aus dem Gesagten so viel, dass die Theilung eine 1 SCHNEIDER, |. C., 2 Haıuez, 1. cc, 304 Ludwig Böhmig, indirekte ist, und ich glaube, dass Harzerz sich getäuscht hat, wenn er annimmt, dass einmal der Kern aus einer Kondensation des Proto- plasmas, das andere Mal aus einem Nucleolus hervorgeht. Aus Hartzz’ sowie Crararipr’s ! Beschreibung der Hoden von Enterostoma Fingalianum erhellt, dass im Laufe der Spermato- genese hier ein Gytophor, »cellule centrale« CLAPAREDE, » masse proto- plasmique centrale« Harızz, gebildet wird, welcher nach CLArArEDE einen, nach Harızz bald keinen, bald mehrere Kerne enthalten soll. Nun habe ich Enterostoma Fingalianum nicht untersuchen können, bin daher nicht berechtigt zu behaupten, dass stets kein Kern im Cyto- phor vorhanden sein wird, was mir als das Wahrscheinlichste erscheint. Ich möchte aber auf die eigenthümliche Differenzirung des Plasmas des Cytophor von Monoophorum striatum hinweisen (Taf. XVI, Fig. 12 cy) und daran die Vermuthung knüpfen, dass durch dieselbe ein Kern vor- getäuscht worden ist. Nicht recht verständlich sind mir die Erörterungen, welche HaLızz an die in der centralen Plasmamasse befindlichen Kerne knüpft: »Je donne ä ces noyaux, qui sont eux-memes nucleoles, la valeur de cel- lules-filles, et a la masse protoplasmique, au sein de la quelle ils pren- nent naissance, la valeur d’une cellule-me£re. « Wie ein »Kern« und dann wieder eine »Protoplasmamasse« den Werth von Zellen haben können, ist mir unerfindlich. Von größerem Interesse ist der Theil der Arbeit Jensen’s »Recher- ches sur la spermatogenese«, welcher sich mit der Entwicklung der Samenfäden von Pl. vittatum befasst. — Die wesentlichsten Punkte sind folgende: Innerhalb der Mutterzellen, Spermatogonien oder »cellules testi- culaires« vermehrt sich der Kern durch indirekte Theilung, und jeder so entstandene neue Kern wird von einem eigenen Plasmalager um- geben, alle sind umhüllt von einer gemeinsamen Membran, der Mem- bran der Mutterzelle. Die Theilung der Mutterzelle, des Plasmas der- selben, ist jedoch keine vollständige, es bleibt im Centrum eine Plasma- masse, welche alle Tochterzellen vereinigt. Aus der Spermatogonie ist eine Spermatogemme entstanden. Der Übergang der Spermatocyten in Spermatozoiden (Spermatiden) beginnt damit, dass der äußere Theil der Spermatocyten sich an der Seite abplattet, in Folge dessen der mittlere Theil leicht hervorragt; der äußere Theil nimmt nun allmählich die Gestalt eines Kegels an, dessen Plasma homogen wird, der innere Theil der Spermatocyte be- 1 CLAPAREDE, Recherches anatomiques sur les Annelides, Turbellaries, Opalines et Gregarines ab. d. les Hebrides. 1861. Untersuchungen über rhabdoecöle Turbellarien. Il. 305 wahrt hingegen seine frühere Form und sein granulirtes Aussehen. Der homogene Kegel zieht sich nun aus in eine Spitze, welche durch ihr glänzendes Aussehen auffällt. Die Grenze zwischen der äußeren homo- genen und inneren granulirten Partie markirt sich durch eine auftretende Furche mehr und mehr, und die Spitze auf der ersteren verlängert sich in einen Faden, welcher sich späterhin in einer Spiraltour dreht. Der Kern, welcher vollständig in der äußeren Partie liegt und nur etwas an Volumen abgenommen, seine runde Form und sein homo- genes Aussehen hingegen bewahrt hat, ist des Kernkörperchens ver- lustig gegangen. Von den beiden Theilen, aus welchen sich die Spermatocyte zu- sammensetzt, dem äußeren kernhaltigen und dem inneren central ge- legenen, geht nur der erstere in die Bildung des Spermatozoons ein, der letztere bildet mit den Cytophor. JEnsen unterscheidet nun zwei Fälle; entweder verschmelzen sämmtliche innere Partien unter einander mit dem aus der unvollstän- digen Theilung hervorgegangenen centralen Plasma zu einer gemein- samen Plasmamasse, dem Cytophor, oder aber diese Verschmelzung findet nicht statt, die einzelnen Theile behalten ihre Form, dann nennt Jensen dieselben »portions cytophorales «. Der Theil der Spermatocyte, welcher nicht in die Bildung einer »portion eytophoral« oder des Gytophors eingeht, streckt sich und dreht sich spiralig. Der Kern erleidet ebenfalls eine Streckung in die Länge, er durch- setzt nach und nach die ganze Spermatide. Er ist von homogener Be- schaffenheit und glänzendem Aussehen; seine vordere centrale Spitze dringt in die »portion eytophoralc«, resp. den Cytophor ein, krümmt sich und beginnt sich ebenfalls spiralig zu drehen und nur der Theil, welcher am meisten peripher gerichtet ist, bleibt von dieser Drehung verschont. Die Portion eytophoral wird kleiner, hell und verschwindet endlich ganz. Wo ein Cytophor vorhanden ist, bemerken wir ebenfalls eine bedeutende Größenabnahme, der Rest geht seiner Auflösung ent- gegen; zahlreiche Vacuolen, erfüllt von einer sehr hellen Substanz, treten in ihm auf, endlich verwandelt er sich in die Substanz, welche wir in einem Theile des Hodenbläschens angehäuft finden. Das ausgebildete Spermatozoon von P]. vittatum besteht dem- nach nach Jensen aus einem in dem größten Theil seiner Länge spiralig gedrehten Centralfaden, welcher aus dem Kern der Spermatocyte her- vorgegangen ist, und welcher umgeben wird von einem Plasmasaum, der in einer dem Centralfaden entsprechenden Weise ebenfalls spira- lige Drehungen zeigt. 306 Ludwig Böhmig, Der »hintere« (JEnsEn) in einen Faden ausgezogene Theil ist nicht gedreht. Jensen bezeichnet diesen Theil, welcher also während der Ent- wicklung peripher gerichtet ist, als »extr&mite posterieure« und setzt sich hiermit in Gegensatz zu v. Grarr, welcher ausdrücklich den spiralig gedrehten Theil als Schwanz bezeichnet. Wie verhalten sich nun Jensen’s Befunde zu den meinigen, an an- deren Plagiostoma-Arten gemachten? Auf den ersten Blick scheint keine sehr große Übereinstimmung zu bestehen, dieselbe wird jedoch vollständig, sobald wir mit v. Grarr den gedrehten central gerichteten Theil als den »hinteren«, als den Schwanztheil auffassen. Den Schwanzfaden Jensen’s kann ich mit einiger Wahrscheinlich- keit als »Kopfstück« in Anspruch nehmen; das von Jensen betonte starke Lichtbrechungsvermögen »plus tard il (le cone) s’allonge en une pointe qui se fait remarquer par sa grande refringence«, sowie seine Lage sprechen für diese Auffassung. In der Bildung des Centralfadens, der Plasmaumhüllung (der Säume) und des Gytophors finden sich keine wesentlichen Differenzen, wenn wir Pl. maculatum, sulphureum oder Pl. Girardi als Vergleichungsobjekte wählen. Dem Vorhandensein einer die Spermatogonien, resp. Spermato- gemmen umhüllenden Membran, von deren Existenz ich durchaus nicht überzeugt bin, kann ich kein Gewicht beilegen. Und selbst wenn Jensen Recht hätte und der fadenartig ausge- - zogene Theil die »extr&mit& posterieure« bildete, so wird an der Über- einstimmung der wesentlichsten Dinge der Samenfädenentwicklung zwischen Jensen und mir nichts geändert. Es müsste alsdann überhaupt der Theil der Samenfäden, wenig- stens derjenigen von Pl. Girardi, dioicum, sulphureum, macu- latum, bimaculatum, Vorticeros auriculatum, den v. GRAFF und ich bisher als den vorderen bezeichnet haben, der hintere genannt werden, und das würde in vollkommenem Widerspruch mit der Be- wegung der Samenfäden stehen. An Spermatozoen, an denen ein deutliches Köpfchen ausgebildet ist, wie z.B. an Pl. reticulatum, wird man ebenfalls leicht ent- scheiden können, ob der Schwanz oder das Köpfchen in den Cytophor eingesenkt sind. Leider steht mir momentan kein frisches Material zur Verfügung, und an meinen Schnittpräparaten mit Ausnahme der auf Taf. XV, Fig. 44, 45 abgebildeten, liegen die Spermatiden meist ganz Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II, 307 auf dem Cytophor; allerdings habe ich auch hier immer den Eindruck, als sei der Schwanztheil in die centrale Plasmamasse eingesenkt. Die Bemerkung Jensen’s »c’est cependant un fait constant dans les differentes classes d’animaux que l’extr&mit& posterieure ou la queue du spermatogonide croit A l’extr&mite peripherique des cellules du sper- matogemme sous la forme d’un prolongement protoplasmique du corps cellulaire«, beweist durchaus nicht, dass sich die Turbellarien eben so verhalten müssen. Ich glaube im Vorhergehenden nachgewiesen zu haben, dass die Spermatozoen der Turbellarien den Werth von Zellen besitzen, eine Ansicht, die für die Samenfäden überhaupt von SCHWEIGER-SEIDEL ! be- gründet wurde und heut wohl von der großen Mehrzahl der Forscher getheilt wird, welche andererseits aber auch bedeutende Gegner be- sitzt. So ist es vor Allen Köruıker?, welcher an seiner früheren An- sicht, dass die Samenfäden nur umgewandelte Kerne und nicht Zellen sind, auch jetzt noch festhält. Ich gebe zu, dass der aus dem Kern her- vorgehende Theil des Spermatozoons der wesentlichere ist und werde in dieser Ansicht ganz besonders bestärkt durch die Resultate der schönen von Bovzrı® angestellten Versuche. Durch diese ist es augenscheinlich geworden und experimentell erwiesen, dass die Kerne der Sexualzellen bei der Befruchtung und für die Entwicklung des neu entstehenden Or- ganismus die maßgebenden Faktoren sind. Andererseits möchte ich aber die Rolle, welche dem protoplasmatischen Theil des Samenfadens zu- fällt, nicht unterschätzen. Ich halte denselben von großer Wichtigkeit, einerseits für die Bewegung, andererseits als schützende Hülle. Am einfachsten und ehesten verständlich sind in dieser Beziehung die gesäumten Spermatozoen der Turbellarien, wo die Bewegungen des protoplasmatischen Saumes die Bewegungen des Samenfadens, wenn nicht bedingen, so doch wesentlich unterstützen, und bei denen der mächtige Plasmamantel dem centralen Faden jedenfalls bedeuten- den Schutz gewährt. Schwieriger allerdings ist die Bedeutung des Plasmatheils in jenen Fällen zu erklären, wo sich der aus dem Kern der Spermatocyte her- vorgegangene Theil in Form einer äußeren Spirale um den plasma- tischen windet, wie solches der Fall ist bei den Samenfäden der Gy- lindrostomiden. 1 ScHWEIGER-SEIDEL, Über die Samenfäden und ihre Entwicklung. Archiv für mikr. Anatomie. Bd. 1. * KörLLızer, Die Bedeutung der Zellkerne für die Vorgänge der Vererbung. Diese Zeitschr. Bd. XLII. 3 Boverı, Ein geschlechtlich erzeugter Organismus ohne mütterliche Eigen- schaften. Sitzungsber. d. Ges. f. Morph. u. Physiol. München 4889. 308 Ludwig Böhmig, Bezüglich der von KöLLıker vertretenen Auffassung erscheint es mir nicht unwichtig, KörLLıker wörtlich zu eitiren: »Am meisten, sagt dieser eminente Gelehrte, stimmen mit meinen Erfahrungen die neuen sorgfältigen Untersuchungen von M. v. Brunn! über die Samenkörper der Paludina vivipara, denen zufolge die Samenkörper ganz und gar aus Kernen hervorgehen, außerdem aber noch eine protoplasma- tische Hülle von der Bildungszelle der Samenfäden erhalten. Eine solche Umhüllung entwickelt sich unstreitig in manchen Fällen um die Kerne und hat die irrige Annahme erzeugt, dass ein Theil der Samen- fäden aus den Samenzellen (Spermatocyten) entstehe. Nach meinen Erfahrungen ist jedoch diese Bildung ganz unwesentlich und an den reifen Samenfäden häufig nicht mehr vorhanden. « Nun bemerkt aber v. Brunn ', dass der aus dem Kern entstehende Theil der haarförmigen Spermatozoen von Paludina vivipara (Kopf, Mittelstück, Schwanz) von einem dicht anliegenden Mantel des übrigen Zeilinhaltes umhüllt werden. Gerade also das von KÖLLIKER angezogene Beispiel scheint mir zu beweisen, dass die Spermatozoen morphologisch den Werth von Zellen besitzen. Ob die Plasmahülle für die Spermatozoen von wesentlicher funk- tioneller Bedeutung ist, scheint mir für die Beurtheilung der Frage, ob das Spermatozoon einer Zelle oder dem Kerne einer solchen entspricht, ganz irrelevant, es handelt sich hier nur darum, ob eine protoplasma- tische Hülle, welche aus dem Plasma des Spermatocyten entstanden ist, vorhanden ist oder nicht. Für ganz unberechtigt halte ich die Ansicht, welche den Gegensatz zu der von KöLLıker vertretenen bildet, dass nämlich die Samenfäden nur aus dem Plasma der Bildungszelle, der Spermatocyte hervorgehen. Derselben huldigen Sommer ?, SıLensky® und Monızz *. SALENSKY > sagt geradezu »Es geht daraus hervor, dass die Kerne bei der Bildung der Spermatozoen keine Rolle spielen«, und eben so be- stimmt äußert sich Sommer $: »eine Betheiligung der Kerne dabei (näm- lich bei der Bildung der Samenfäden) findet nicht statt. « Ich habe mich nun allerdings nicht an Amphilina, wohl aber an Taenia cucumerina, dem Untersuchungsobjekte Monızz’, überzeugt, ! M. v. Bruns, Über die doppelte Form der Samenkörper von Paludina vivipara. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXI. 2 Sommer, Über den Bau und die Entwicklung der Geschlechtsorgane von T. mediocanell. und T. solium. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. 3 SALENSKY, Über den Bau und die Entwicklungsgesch. der Amphilina. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. * Monısz, Sur les Spermatozoides des Cestodes. Compt. rend. 1878. 5 SALENSKY, |. C. 6 SOMMER, |. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. =. 1309 dass die etwas chromatinarmen Kerne der Spermatocyten den centralen Theil der Samenfäden bilden. Auf einige andere Punkte will ich hier nicht näher eingehen, son- dern dieselben nur eben berühren; ausführlicher sollen dieselben in einer späteren Arbeit, welche insbesondere die Spermatogenese der Aecölen, Trieladen, Polyeladen, Gestoden und Trematoden umfassen wird, besprochen werden. Diese Punkte, welche mir von einigem Interesse zu sein scheinen, sind: 4) Welche Form und Lage hat der aus dem Kern der Spermato- eyte hervorgehende Theil des Samenfadens? und ist an demselben eine Differenzirung in zwei oder mehrere Abschnitte nachweisbar ? 2) In wie weit betheiligt sich das Plasma der Bildungszellen am Aufbau der Samenkörper, und welche Lagerung hat es zum Kerntheil? 3) Welche Rolle spielt der sogenannte Nebenkern ? %) Tritt bei Wirbellosen stets ein Cytophor auf? Die Samenfäden der Gestoden (T.cucumerina) verhalten sich, nach meinen Beobachtungen ganz ähnlich wie die fadenförmigen Sper- matozoen von Monoophorum striatum, indem auch hier ein cen- traler, tingirbarer Faden vorhanden ist, welcher aus dem Kerne hervorgeht. In dieser Beziehung schließen sich nach den Untersuchungen M. v. Brunn’s! die fadenförmigen Samenfäden von Paludina vivipara an, bei denen der Achsenfaden, welcher das ganze Spermatozoon durch- zieht, von Theilen des Kernes gebildet wird, während das Plasma eine zarte Hülle um denselben bildet. Etwas abweichend verhalten sich die wurmförmigen Samenkörper desselben Thieres, bei welchen das Proto- plasma das sogenannte Mittelstück bildet, das aber auch von einem zar- ten Faden durchsetzt wird, welcher Kopf und Schwanztheil verbindet, die reine Kernprodukte sind. Bei weitaus der Mehrzahl der Samenkörper ist jedoch der Kern auf einen bestimmten kleineren Theil beschränkt, und wir finden sehr häufig, wenn auch nicht ausschließlich, dass das Vorderende vom Kerne gebildet wird. So sind es vor Allem die Spermatozoen der Wirbelthiere, bei denen sich der Kern als Köpfchen von dem plasmatischen Theile, dem Schwanze abhebt. Unter den Wirbellosen gehören hierher die Samenfäden vieler Würmer und Insekten. A. Borres Ler? untersuchte Nemertinen 1 M. v. Bruns, 1. c. ® A.B. Lee, La spermatog. chez les Nemertines. Recueil zool. suisse. T.IV. 1888. 310 Ludwig Böhmig, und konnte den Nachweis erbringen, dass die Samenfäden derselben aus einem Kopf und Schwanztheil bestehen, von denen der erstere aus dem Kerne hervorgeht. Das Gleiche beobachtete Nasse! bei den Tubi- ficiden und BLoonrieLD? vom Regenwurm, »the nucleus undoubtedly becomes the rod-like head of the earth-worm’s spermatozoon, and the filament is as undeniably formed from non-nuclear protoplasm «. Jedenfalls sind hierher nach den Untersuchungen von BürtscaLı? auch die Samenkörper vieler Insekten zu rechnen. BürscaLı homo- logisirt den aus dem Kerne hervorgegangenen Kopf des Spermatozoons mit dem Mittelstücke ScHhwEigEr-Seiper’s bei Wirbelthieren: »Jetzt be- ginnt dann auch der seither kreisrunde Kern sich umzugestalten, wird eiförmig, immer länglicher und dabei ganz hell, schließlich pfriemen- förmig und lang stäbchenförmig, worauf er dann dunkel und glänzend wird und das sogenannte Mittelstück darstellt.c Nach den Abbildungen Bürsenırs kann es nicht zweifelhaft sein, dass der Kern das Köpfchen bildet. Schwieriger verständlich sind trotz der schönen Untersuchungen GRroBBEN’S* die oft barock gestalteten Samenkörper der Grustaceen. Nach Grossen’s Untersuchungen wird der Kopf des Samenkörpers nicht vom Kern sondern von einem anderen Gebilde dem Nebenkörper bei Paguristes formirt, der Kern der Spermatozoen liegt entweder im Mittelzapfen (Paguristes maculatus), und es wäre dann dieser Mittelzapfen eigentlich als Kopf zu bezeichnen, oder aber der Kern verschwindet vollständig (?), so bei Astacus. | Bei einzelnen Turbellarien (Pl.siphenophorum), bei Bran- chiobdella, Ascaris u. A. liegt der Kerntheil der Spermatocyte nicht - am vorderen Ende sondern besitzt eine mittlere Lage. Bei Ascaris sehen wir ihn überdeckt von der Kopfkappe, und eben so liegt bei Branchiobdella ein sehr voluminöses Gebilde vor dem eigentlichen Köpfchen des Spermatozoons. Ist nun der Kopf des Samenfadens — ich verstehe unter Kopf immer nur den Theil des Samenfadens, welcher aus dem Kern der Sper- matocyte hervorgegangen ist, gleichviel, welche Lage er hat —, abge- sehen von den Turbellarien, uniform gebaut oder können wir auch 1 Nasse, Beiträge zur Kenntnis der Tubifieiden. Inaug.-Diss. Bonn 1882. 2 BLooMFIELD, On the development of the Spermatozoon. Part I. Lumbricus, Quarterly Journal of M.S. T. XX. 1880. 3 Bürscauı, Nähere Mittheilungen über die Entwickl. und den Bau der Samen- fäden der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 4 GROBBEN, Beiträge zur Kenntnis der männlichen Geschlechtsorgane der Deka- poden etc, Arbeiten aus dem zool. Inst. Wien. T. I. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 311 hier eine Sonderung in einen chromatischen und achromatischen Abschnitt wahrnehmen? Am schärfsten und klarsten drückt sich jedenfalls M. v. Brunn ! aus: »Bei der Bildung der Samenfäden findet im Kern der Samenzelle eine partielle Scheidung des Chromatin und Achromatin statt. Das erstere geht ausschließlich in den definitiven Kopf über, während das Achro- matin zum Faden auswächst. Dieser ganze Kernfaden erhält von Seite des Protoplasmas eine zarte Hülle. Der Gegensatz von Mittelstück und Endstück des Fadens wird dadurch bedingt, dass das erstere eine größere Dicke besitzt, wodurch seine größere Resistenz, geringere Biegsamkeit und andere Eigenschaften erklärlich werden. « Wenn nun auch in so präeiser Weise von anderer Seite eine der- artige Scheidung der chromatischen und achromatischen Substanz noch nicht beschrieben worden ist, so scheinen doch mancherlei Beobach- tungen auf eine solche hinzudeuten. Bereits ScHwEIGER-SEIDEL? fand, dass der obere Theil des Samen- fadenkopfes des Haushahnes von dem unteren verschieden sei, und Li VALETTE St. GEoRGE bestätigt diese Beobachtung. A. v. Brunn ® konstatirte, dass im Laufe der Entwicklung der Sper- matozoen des Sperlings eine Differenzirung im Kerne auftritt: » Unter- dessen ist mit ihm (dem Kern) eine Veränderung ..... vorgegangen, welche darin besteht, dass er sich in zwei Hemisphären gesondert hat, deren caudale die ursprüngliche Beschaffenheit zeigt, während die andere sehr hell geworden ist und das Kernkörperchen sowie eine kleine halb- kugelige auf der ebenen Fläche der dunklen Hemisphäre excentrisch auf- tretende Prominenz zeigt.« Die untere Kernhemisphäre bildet späterhin am reifen Samenfaden das Hauptstück des Kopfes, die obere den Spieß. Nach dem, was A. v. Brunn mittheilt, ist es kaum zweifelhaft, dass es hier auch zu einer Scheidung der chromatischen und achromatischen - Kernsubstanz und zur Bildung eines eben solchen Kopfstückes kommt wie bei den Turbellarien. Derartige helle Kopfstücke sind auch beschrieben worden für Am- phibien und Reptilien [Bombinator igneus, Triton eristatus, Lacertaagilis) durch LeypıG*: »Bezüglich des Baues der Samenele- mente haben die Untersuchungen ergeben, dass das Kopfstück in gar manchen Fällen keineswegs homogen ist, sondern eine Zusammen- setzung aus Hülle und Inhalt zeigt.« Die Innensubstanz, welche doch 1 M.v. Brunn, 1. c. 2 SCHWEIGER-SEIDEL, |. C. 3 A. v. Brunn, Beiträge zur Kenntnis der Samenkörper und: ihrer Entwicklung, - Archiv für mikr. Anat. Bd. XXIN. * F. Leypıe, Untersuchungen zur Anat. und Histologie der Thiere. Bonn 1883. Zeitschriftf. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 94 i 312 | Ludwig Böhmig, wohl der besonders wichtige Theil des Zoosperms ist, scheint am freien Ende des Kopfstückes in Form einer blassen, fadigen Spitze vorspringen zu können. Ich bin überzeugt, insbesondere wenn ich die betreffenden Abbil- dungen betrachte, dass es sich hier um eine Spitze aus achromatischer Substanz handelt. Bei einer Reihe von Insekten Agrion puella, Galopteryx virgo, Hydrophilus piceus, Blatta orientalis bemerkte BürscaLı! auf dem Köpfchen (Mittelstück Bürscaur's) eine kleine blasse Spitze oder ein blasses, kreisrundes Scheibchen, welche möglicherweise auch auf die ausgeschiedene achromatische Kernsubstanz bezogen werden kön- nen; auf das eigenthümliche Mützchen der Locustiden werde ich . alsbald zurückkommen. Nasse und BroomrieLD berichten nichts von einer weiteren Diffe- renzirung der Köpfchen ihrer Untersuchungsobjekte, Bunezen finden wir bei Lee ? eine interessante Notiz. Nach Lex erscheint der Kopf der Samenfäden im lebenden Zustande homogen, in Wahrheit ist er dies jedoch nicht. Lee sah bei Behandlung mit Methylgrün, dass der Kopf vorn eine Spitze trägt, bestehend aus einer glänzenden homogenen Substanz, welche sich nicht färbte. An der Basis des Kopfes liegt ein gleiches, homoge- nes, achromatisches, glänzendes Gebilde, welches mit der Spitze des Kopfes durch einen Stiel verbunden zu sein scheint, der die Achse des Kopfes in Form eines soliden oder hohlen Cylinders durchsetzt. Da aus Ler’s Beschreibung weiterhin hervorgeht, dass dieses Ge- bilde kein Produkt des im Laufe der Entwicklung auftretenden Neben-. kernes ist, so halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass wir auch hier eine Scheidung der chromatischen und achromatischen Substanz vor uns haben, die letztere würde das beschriebene Gebilde entstehen lassen. Bei einer nicht geringen Zahl von Thieren besitzen die Samen- fäden am Köpfchen eigenthümliche Gebilde, welche unter dem Namen der Kopfkappe bekannt, und von dem von mir beschriebenen Kopfstück wohl zu unterscheiden sind. Dieselben sind weit verbreitet bei Wirbelthieren, Insek- ten (?), Crustaceen und Würmern (Branchiobdella, Ascaris). Die Kopfkappe scheint in vielen, vielleicht in allen Fällen (Wirbel- thiere, Ascaris) für die Befruchtung von keiner Bedeutung zu sein, da dieselbe, wie wir durch Nussgaum ? wissen, abgeworfen wird und 1 Bürscans, 1. c. 2,B. LEE) loc: 3 Nusspaum, Über die Veränderung der Geschlechtsprodukte bis zur Eifurchung. Archiv f. mikr. Anatomie. Bd. XXI. 1384. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 818 nicht mit in das Ei eindringt. »Sie ist,« sagt Nusssaum, »von derselben untergeordneten Bedeutung (nämlich bei Ascaris), wie bei den Samenfäden höherer Wirbelthiere; und weiterhin »zwischen den zur Befruchtung reifen Eiern (finden sich bei Ascaris) nur noch nackte Samenkörper. Dieser Auffassung Nusssaum’s treten jedoch v. BENEDEN und JuLin entgegen. Es ist nun die Frage, was hat man unter der Kopfkappe eines Spermatozoon zu verstehen? Ein den Samenkörper mehr oder weniger bedeckendes Gebilde, welches nicht aus dem »Kern« entstanden sein darf, sondern seine Existenz dem Protoplasma oder einem aus dem- selben entstandenen Gebilde, dem Nebenkern, zu verdanken hat. Die Entstehung aus dem Protoplasma hat Nusssaum ganz besonders betont. Die hierauf bezügliche Stelle bei Nusssaum lautet: »Da man aber in beiden Fällen (Kopfkappe des Meerschweinchens, das Mittelstück der Spermatozoen bei Stenobothrus dorsalis) die Entstehung so- wohl die der Kopfkappe als die des Mittelstückes aus dem Protoplasma nachweisen kann, so ist es gleichgültig, ob man in allen Fällen für Kopfkappe und Mittelstück eine besondere Verdichtung im Protoplasma des Spermatocyten wird ermitteln können; der Schwerpunkt ist auf die Entstehung dieser Theile aus dem Protoplasma zu legen. « Unter Nebenkern werden vor der Hand Gebilde zusammengefasst, welche eine ganz verschiedene Entstehung und mithin einen ganz ver- schiedenen Werth haben. Jedenfalls wird es von Wichtigkeit sein, wie auch W. Voısr be- tont, in Zukunft der Entstehungsweise des Nebenkernes besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Es scheint mir nicht unmöglich, dass z. B. in manchen Fällen die Nebenkerne auch aus Theilen der achromatischen Substanz gebildet werden, z. B. aus ähnlichen solchen Kügelchen, wie ich sie aus dem - Kerne von Pl. maculatum beschrieben habe. In dieser Vermuthung werde ich durch Befunde Grossen’s! bestärkt, welcher in den Hoden- zellen von Astacus eine Vacuole fand, von welcher er sagt: » Wie diese Vacuole entsteht, gelang mir nicht mit Sicherheit nachzuweisen; ob sich diese Flüssigkeitsansammlung neben dem Kerne intracellulär bildet, oder ob nicht der Kernsaft, aus dem Kerne ausgestoßen, dieser Vaeuole die Entstehung giebt, muss unentschieden bleiben. Doch halte ich beinahe das Letztere für das Richtigere, wofür ich das nur einmal beobachtete Bild, welches auf Taf. XIV, Fig. 18 wiedergegeben ist, an- führe; dazu kommt noch die bedeutendere Größe des Kernes in diesem Stadium verglichen mit dem nächsten von mir abgebildeten. « 1 GROBBEN, |, C. je 314 Ludwig Böhmig, Von dem Gebilde, welches sich außerdem in den Hodenzellen von Astacus vorfand, und welches Grossen als » Nebenkörper« bezeichnet, vermuthet GroBBEN, dass es ein Theil des Kernes des Spermatoblasten ist, und dass dasselbe bei erlangter Reife oder vor der Theilung der Hodenzelle ausgestoßen wird. Es muss vor der Hand auch dahin gestellt bleiben, ob jenes eigen- thümliche dunkle Mützchen mit Fortsätzen, welches Bürscazı! an den Samenfäden der Locustiden beobachtete, und das aus einem hellen Bläschen hervorgeht, ob weiterhin der Inhalt des vor dem Kopfe ge- legenen Schlauches an den Spermatozoen von Branchiobdella als »Kopfkappe« oder »Kopfstück « zu bezeichnen ist. Das Nebenkörperchen ist vielleicht, wie W. Voıgr vermuthungsweise äußert, ein herausge- tretener Theil des Kerninhaltes, demnach müssten wir hier von einem Kopfstücke sprechen. Nach den Untersuchungen M. v. Brunw’s? würde allerdings die Sache bei Locusta viridissima wesentlich anders liegen, als Bürscaui darstellt. v. Brunn? hält nämlich den Nebenkern Bürschırs, welcher sich nach BürscaLı an der Bildung des Samenfadenschwanzes betheiligt, für eiweißartige Reservestoffe, das » kernartige Bläschen « Bürscatr's ist nach v. Brunn ein Theil des Kernes und nie von demselben getrennt. Der ankerförmige Theil des Kopfes entsteht nach der ganzen Darstellung des letztgenannten Autors aus dem Kern der »Samenzelle«, und zwar haupt- sächlich aus dem chromatischen Theile derselben; die achromatische Substanz würde wenigstens nach den Abbildungen, welche v. Brunn giebt, den oberen Theil des Fadens und das kleine helle obere Bläs-. chen bilden. Bezüglich des Cytophors werde ich mich auf einige kurze Bemer- kungen beschränken, welche nur auf die Wirbellosen Bezug haben. Eine sehr genaue Darstellung, die Entstehung des Cytophors bei Branchiobdella betreffend, verdanken wir W. Voıcr >. Die Spermatogonie entsteht hier durch Theilung einer Sexualzelle; doch ist diese Theilung nicht sofort eine vollständige, sondern es blei- ben beide Zellen noch eine Zeit lang mit einander vereinigt. Nach er- folgter Ablösung ist die Spermatogonie mit einem kleinen Stielchen versehen, welches die Anlage des Cytophors bildet, um weichen sich die Spermatocyten rosettenartig gruppiren. Wir finden demnach in der Hauptsache dieselben Verhältnisse wie bei den Plagiostominen. Ein Unterschied besteht nur darin, dass 1 Bürscaus, 1. c. 2 M. v. Brunv, 1. c. 3 W, Voigt, 1. c. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. Il. 315 bei Branchiobdella der Cytophor eine Membran besitzt, die direkt in die Zellmembran der Spermatocyten übergeht; diese stehen durch kleine Öffnungen mit dem Cytophor in Verbindung. Ein Cytophor wurde von Nasse bei Tubifieiden, von BLoomrIELD bei Lumbricus, Hirudo und Helix aufgefunden. Für Paludina leugnet M. v. Brunn die Existenz eines Gytophors. In diesen Cytophor sind, mit alleiniger Ausnahme der Plagiosto- minen, die Samenfäden mit ihren Köpfchen eingesenkt, bei diesen steht der Schwanztheil in Verbindung mit der centralen Plasmamasse. Die wesentlichste Frage ist jedenfalls die, enthält der Cytophor einen Kern oder nicht? W. Voıer, Nasse, JENSEN und ich stimmen darin überein, dass ein Kern stets fehlt, während nach Broonrieın ein solcher bei Lumbri- ceus und Hirudo nicht (»the blastophor of Lumbricus [and of Hirudo and others] is devoid of nucleus«) vorhanden ist, wohl aber bei Helix in Helix and Rana however the blastophor posses a large nucleus«). M. v. Brunn tritt BLOOMFIELD entgegen, als er bei Helix das Vor- handensein eines Gytophors verneint. Ich möchte jedoch auch hier die Existenz eines Gytophors annehmen, und die zarten Protoplasmamassen, durch welche die Gruppen der verschiedenen Keimelemente und die Köpfchen der Samenkörper ver- bunden werden, als solche ansprechen. Es scheint demnach das Vorhandensein eines Gytophors unter den Wirbellosen, wenn auch nicht ganz allgemein, so doch weit verbreitet zu Sein. Die weiblichen Geschlechtsdrüsen. Wir unterscheiden bei den Turbellarien allgemein Ovarien und Keimstöcke (v. Grarr)!. Die ersteren enthalten Eier, die letzteren Keime. Der wesentlichste Unterschied zwischen Eiern und Keimen besteht darin, dass die Eier in ihrem Plasma das für den Embryo noth- wendige Nährmaterial, den Dotter, in Gestalt von Dotterkügelchen oder Blättchen enthalten; die letzteren hingegen wenigstens in genügendem Mabe dieser Dotterelemente entbehren, sie können sich daher, wenn befruchtet, nicht ohne Weiteres entwickeln, es muss das Nährmaterial zu diesem Zwecke von anderen Zellen, den Dotterzellen, geliefert wer- den. Ovarien finden sich bei den Polyeladen und den Acölen unter den Rhabdocöliden, ferner bei den den Rhabdocoela an- gehörigen Genera Stenostoma, Mierostoma, Macrostoma und 1 v, GRAFF, 1. c. 316 Ludwig Böhmig, Acmostoma, welch letzteres zur großen Gruppe der Alloiocölen ge- hört. Keimstöcke kommen allen übrigen Rhabdocöliden, ferner den Trieladen, Gestoden und Trematoden zu. Die Keim - und Dotterstöcke können nun entweder, und dies ist bei den meisten Genera der Fall, vollkommen von einander getrennt sein, oder aber in Zusammenhang stehen; dies letztere Verhältnis sehen wir realisirt bei Gylindrostoma, Enterostoma, Mono- ophorum, Prorhynchus und Schultzia; wir sprechen dann von Keimdotterstöcken. Es ist wohl kaum zweifelhaft, dass dieser letztere Zustand der weniger fortgeschrittene ist, und dass das Vorhandensein getrennter Keim- und Dotterstöcke den höher differenzirten darstellt. Die beiden symmetrisch gelagerten Keim- und Dotterstöcke, resp. Keimdotterstöcke, nehmen im Allgemeinen die Seitentheile des Thieres bei den von mir untersuchten Formen ein, im Speciellen ergeben sich allerdings für die einzelnen Arten oft nicht unbedeutende Abweichun- gen. — Plagiostoma dioicum scheint der Dotterstöcke zu entbehren. Ich wage das Fehlen derselben nicht mit Sicherheit zu behaupten, da ich nur ein Exemplar dieser interessanten Species zu untersuchen Ge- legenheit hatte, und es durchaus nicht immer leicht ist, wie ich später zeigen werde, die Anlagen dieser Organe aufzufinden. Aus diesem Grunde habe ich mich auch gehütet bei Pl. dioicum von Ovarien zu sprechen. Während im großen Ganzen die Keimstöcke zwei wohl umschriebene Lager bilden, vermisse ich eine derartige Lo- kalisirung derKeime auf eine bestimmte Stelle hei dem eben genannten Plagiostoma dioicum und Pl. bimaculatum. Die Keime liegen hier hinter dem Pharynx angefangen bis gegen das männliche Copu- lationsorgan, seitlich und dorsalwärts vom Darm, einzeln oder in kleinen Häufchen. Bei Pl. dioicum ist allerdings eine besonders reichliche Anhäufung jederseits dicht hinter dem Gehirne zu konstatiren, doch sprechen gewichtige Thatsachen gegen die Annahme, dass von der- selben die gesammten weiter nach hinten isolirt liegenden Keime ab- stammen. Allen übrigen Species kommen gut umgrenzte Keimlager zu, welche bald sehr weit nach vorn gerückt erscheinen (Pl. sulphu- reum), bald mehr die Körpermitte (Pl. Girardi) einnehmen oder auch hinter derselben gelegen sind (Pl. siphonophorum). Für die Alloiocölen bezeichnet v. Grarr die dorsale Seite als die weibliche, die ventrale als die männliche, in so fern die letztere von den Hoden, die seitlichen Partien und die Rückenfläche von den Keim- und Dotterstöcken eingenommen werden. Für eine Reihe von Plagi- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 317 ostominen (Pl. Girardi, Pl. maculatum, Vorticeros auricu- latum) ist dieser Satz auch von Gültigkeit, bei anderen hingegen be- gegnen wir der Tendenz der Keimlager, auch auf die Bauchfläche zu rücken. Schon angedeutet ist dies Verhältnis bei Plagiostoma ma- eulatum, schärfer ausgesprochen bei Pl. sulphureum, siphono- phorum und reticulatum, bei welch letzterem sie geradezu einen Theil der Ventralfläche in Anspruch nehmen und sich hier zu einem unpaaren Keimlager vereinigen. Andererseits finden wir aber auch bei diesen die meist entwickelten Keime gegen die Rückenfläche hin ver- schoben, was in Zusammenhang mit dem dorsalen Verlauf des weib- lichen Ausführganges steht. Detaillirte Angaben über die Lagerung und Ausdehnung der Keim- stöcke zu machen, ist nicht ganz leicht, da der Grad der Geschlechts- reife großen Einfluss hat; es ist hierüber der specielle Theil nachzu- sehen, und ich erwähne hier nur, dass auch die Lage der Hoden von Einfluss auf die der Keimstöcke ist. Nehmen die männlichen Ge- schlechtsdrüsen den größten Theil der Bauchfläche ein (Pl. Girardi, Vorticeros auriculatum), so sind die Keimstöcke oberhalb derselben also mehr seitlich gelagert. Sind die Hoden jedoch auf ein relativ kurzes Gebiet hinter der Samenblase beschränkt, so können die Keim- stöcke bei größerer Entfaltung den von den ersteren frei gelassenen Theil der Bauchfläche occupiren. Der Darm setzt ihnen hierbei ein nur geringes liindernis entgegen, wie wir bei der Entwicklung der Dotter- stöcke insbesondere sehen werden. Eine Tunica propria fehlt den Keimstöcken der Plagiostominen durchaus, im Gegensatz zu den entsprechenden Organen der Rhabdo- cöliden (v. Grarr), Tricladen (Iısıma) und den Ovarien der Poly- claden (Lang). | Sie sind umhüllt von einem saftreichen Parenchymgewebe , wel- ches zwischen die größeren Keime eindringt und dieselben umhüllt (Taf. XVI, Fig. 16 prch), im vorderen Theile des Keimstockes (ksi) , in welchem die jüngeren Keime liegen, fehlt dasselbe jedoch. Ein großer Theil der Struktureigenthümlichkeiten jüngerer und älterer Keimzellen ist bereits durch v. Grarr insbesondere bekannt geworden, doch ich vermisse eine eingehendere, zusammenhängende Darstellung der Ver- änderungen, welche der junge Keim bis zu seiner Reife durchläuft und werde versuchen, diese Lücke bis zu einem gewissen Grade wenig- stens, auszufüllen. Ich beginne mit der Betrachtung der reifen Keime von Pl. Girardi. | Die Keimzellen dieser Species sind von runder oder ovaler Gestalt 318 Ludwig Böhnig, (Taf. XVI, Fig. 20) und erreichen eine Größe von 51,1—65,7 : 54,7 u im konservirten Zustande. An gut konservirten Präparaten gewährt der Plasmaleib bei mäßi- ger Vergrößerung ein feinkörniges oft fast homogenes Aussehen. Das Plasma färbt sich ziemlich intensiv. Stärkste Vergrößerungen (!/,, hom. Imm. Seiserr) lassen nun an solchen Präparaten, besonders an mit Osmium-Essigsäure oder Subli- mat-Osmium-Essigsäure behandelten erkennen, dass das feinkörnige Aussehen herrührt von einem äußerst zarten Netzwerk (Fig. 21 spp), dessen Maschen von einer homogenen Substanz (hyp) erfüllt sind. Beide Substanzen tingiren sich jedoch in verschiedenem Grade, die Zwischen- substanz (hyp) weniger als die Gerüstsubstanz (spp). Bei sehr starker Tinktion ist von der Netzstruktur des Plasmas nichts mehr zu sehen, was wohl daher rührt, dass sich alsdann hyp eben so stark färbt als spp. In der Umgebung des Kernes ist stets ein mehr oder weniger breiter heller Hof (Taf. XVI, Fig. 20,21 kyp’) wahrnehmbar, der von einer sich wenig tingirenden Substanz gebildet wird; dieselbe ist wahr- scheinlich identisch mit dem Zwischenplasma (hyp). Solche helle Höfe um die Kerne von Eiern, resp. Keimen sind häufig beobachtet worden, so von PFLÜGER, LEYDIG, Ransom, Hıs und GÖöTTE. Eine Zellmembran habe ich nicht nachweisen können, es existirt allerdings eine dichtere Randzone, die jedoch nur dadurch entsteht, dass die Maschen der Gerüstsubstanz spp noch enger sind als in den übrigen Partien des Keimplasmas. Im Inneren des Keimes, meist central gelegen, sehen wir den großen, runden oder ovalen Kern (n), welcher seinerseits einen Nucle- olus, ein Kernkörperchen (nl) umschließt. Die Größe der Kerne unter- liegt nicht unbedeutenden Schwankungen: 25,45 u, 32,859 u, 41,%: 25,95 u. Zuweilen waren die Kerne sehr scharf kontourirt und schienen eine eigene Kernmembran zu besitzen, in anderen Fällen fehlte diese scharfe Begrenzung vollständig. Im Kern erkennt man ebenfalls zwei Substanzen (Fig. 20, 21), von denen auch hier die eine in Form eines zierlichen Netzwerkes auftritt, während die andere die Maschenräume desselben erfüllt. Die Gerüst- substanz (chr) ist färbbar, die Zwischensubstanz (achr) wenig oder gar nicht. Im Allgemeinen imbibirt sich der Kern des reifen Keimes über- haupt weniger als der Plasmaleib. Es lassen sich innerhalb des Kernes nach Struktur und Färbevermögen drei sehr ungleich große Zonen unter- scheiden. Die erste umgiebt das Kernkörperchen als schmaler, heller Hof. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 319 Dieser Hof ist bei den verschiedensten Zellen, nicht nur bei Eizellen, beschrieben worden, und kann nicht als Kunstprodukt, wie Fremnine! will, aufgefasst werden, da sein Vorhandensein ein ganz konstantes ist. Leyvıe ? scheint Fremmine’s Ansicht auch nicht zu theilen, da er er- wähnt, diesen Hof bei den verschiedensten Zellen beobachtet zu haben. Schon die Anwendung stärkster Trockensysteme zeigte mir, dass dieser Hof von feinen Linien durchsetzt ist und vermittels homogener Immersion '/9, SEIBERT überzeugte ich mich, dass radienartig angeord- nete und in engen Abständen stehende Fäden ihn durchziehen (Taf. XV], Fig. 20 und 2! r; in Fig. 20 sind diese Fäden durch ein Versehen viel zu dick und in zu großer Distanz von einander gezeichnet worden). Dieselben gehen aus von dem Kernnetz und treten in Verbindung mit dem Kernkörperchen (n]). Die zweite Zone |z’) nimmt den größten Theil des Kernes in An- spruch, sie geht allmählich über in die dritte (z”), die sich durch ein etwas stärkeres Tinktionsvermögen auszeichnet, in ihrer Struktur aber mit 2’ übereinstimmt. Das Kernkörperchen (nl), der am intensivsten färbbare Theil der ganzen Keimzelle, liegt für gewöhnlich etwas excentrisch. Es ist von runder Gestalt, sein Durchmesser beträgt 9,82—12,41 u. v. GrAFF hat bereits darauf aufmerksam gemacht, dass dieses Kern- körperchen stets ein großes, helles Bläschen v umschließt. Dieses Bläs- chen färbt sich nur sehr wenig, ganz entgegen der übrigen den Nucle- olus bildenden Substanz. Wir finden jedoch nicht immer ein großes Bläschen im Nucleolus, sehr häufig sind an seiner Stelle eine große Anzahl kleiner vorhanden, welche alsdann dem Kernkörperchen ein schwammiges Aussehen ver- leihen. Leynıs® fiel ein solches an dem Nucleolus der Eier einer Libellula-Larve auf und O. Herrwıc! beobachtete an Seeigeleiern dasselbe, was ich soeben erwähnt habe, dass nämlich auch hier im Kernkörperchen bald eine größere, bald mehrere kleinere Vacuolen vor- handen sind. Diese hellen Bläschen oder Vacuolen sind von sehr verschiedener Größe, welche abhängig ist von der Zahl derselben. Es sind demnach 1 Freuning, |. c. 2 Leyvie, Zelle und Gewebe. Bonn 1885. — Beiträge zur Kenntnis des thieri- schen Eies im unbefruchteten Zustande. Zool. Jahrb. Bd. IV. Abth. für Anat. und Ontog. 3 LEyDıG, Untersuchungen zur Anatomie und Histologie der Thiere, Bonn 1883. * 0. Herrwig, Beiträge zur Kenntnis der Bildung, Befruchtung und Theilung des thierischen Eies. Morphol. Jahrb, Bd. I, 1876 und Bd, III. 1877. 320 Ludwig Böhmig, wie im Kern, so auch im Kernkörperchen zwei Substanzen vorhanden, welche denen des Kernes, wenigstens in Bezug auf ihr Verhalten gegen Farbstoffe, sehr ähnlich sind, eine chromatische und eine achroma- tische. Ich habe nun den Eindruck gewonnen, dass in vollkommen reifen Keimen nur ein achromatisches Bläschen vorhanden ist, während ein beständiges Entstehen und Vergehen, Trennen und Zusammenfließen der zahlreichen Bläschen zu der Zeit statt hat, in welcher der Keim wächst und sich entwickelt, mit einem Worte reift. Die Lage des Bläschens ist durchaus nicht immer eine centrale, häufiger sogar scheint sie eine excentrische zu sein. In Fig. 19 habe ich einen Kern mit einem Kernkörperchen abgebildet, das aus zwei Hälften besteht, einer chromatischen und einer achromatischen, doch sehen wir, und dies ist stets der Fall, dass die achromatische von einer wenn auch sehr dünnen Hülle chromatischer Substanz überzogen wird. Im Plasma der Keime sind stets kleine runde Körnchen oder Blätt- chen (crk) eingelagert, welche sich in reifen Keimen (Fig. 20, 21) stets in der Nähe des Randes befinden. Bei Plagiostoma Girardi nehmen sie eine breitere periphere, Zone ein, ihre Lagerung ist keine ganz regelmäßige. In ihrem Verhalten gegen Farbstoffe differiren sie etwas bei den einzelnen Species, im All- gemeinen aber röthen sie sich stark bei Pikrokarminbehandlung, mit Alaunkarmin färben sie sich violett, Osmiumsäure und Osmiumkarmin verleiht ihnen eine graue oder graubraune Farbe. Auffallend ist häufig ihr Verhalten bei Alaunkarminbehandlung. Sie tingiren sich nämlich nicht gleichmäßig, sondern eine stark gefärbte äußere Zone umschließt einen farblosen Centraltheil (Taf. XVI, Fig. 23), in welchem selten wiederum ein gefärbtes Korn liegt. Es liegt nun nahe in diesen Gebilden Reste von Dotterelementen zu erblicken. Wenn wir, was wohl mit einigem Recht gethan werden darf, die Alloiocölen von den Aeölen ableiten, so muss zu irgend einer Zeit eine Differenzirung der Ovarien in Keim- und Dotterstöcke — also eine Arbeitstheilung — erfolgt sein. Ein Theil der ursprüng- lichen Eierstocksanlage wird sich zu Keimen, ein Theil zu Dotter pro- dueirenden Zellen entwickelt haben. Es war eine Dotterproduktion in den Keimen selbst nun nicht mehr nöthig, doch war das Vermögen Dotterelemente zu bilden noch nicht ganz erloschen und manifestirt sich in der Bildung der beschriebenen Körnchen. Die Dotterelemente der Eier und Dotterstockzellen nehmen bei Behandlung mit Pikrokarmin eine gelbe, mit Osmiumsäure eine schwarze Tinktion an. Das Verhalten der in den Keimen vorkommen- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 321 den Kügelchen gegenüber diesen Reagentien ist, wie ich früher er- wähnt habe, ein anderes. Diese Verschiedenheit ließe sich mit der Annahme erklären, dass die Kügelchen in den Keimen nicht zur Reife gelangen, denn es färben sich, wie Lang! bei Polycladen gezeigt hat, ursprünglich diese Elemente nicht gelb, sondern roth, und allmäh- lich erst geht der rothe Farbeton in den gelben über. Die Entstehung der Körnchen werde ich später zu besprechen haben, und sie ist es auch, welche Zweifel an die Dotternatur derselben hat aufkommen lassen. Die Keime anderer Species stimmen hinsichtlich ihres Baues im Großen und Ganzen mit denen von Pl. Girardi überein; Differenzen beruhen hauptsächlich in der größeren oder geringeren Dichtheit der Netzgerüste des Kernes und des Zellleibes, in der Tingirbarkeit des ersteren und in der Lagerung und Anordnung der Körnchen (drk). Von der allgemeinen Regel, dass sich der Kern nur schwach färbt, schwächer zumeist als das Protoplasma, bilden eine Ausnahme PI. ma- eulatum und bimaculatum. Die kleinsten Keime besitzen Pla- giostoma dioicum und siphonophorum. Bei dem ersteren schwankte die Größe der Keimzellen zwischen 24,09 und 32,75 u, bei dem letzteren zwischen 32,85 und 40,15 «u. Die größten Keime fand ich bei Pl. Lemani mit einem Durchmesser von 87,6 u. Die Größe der Kerne ist im Allgemeinen proportional der der Keinizellen. Eine auffallend scharf abgegrenzte, membranartige Grenzschicht fiel mir auf an einigen Keimen von P]. reticulatum, maculatum, sulphureum und Lemani, in so ausgesprochener Weise ist dieselbe jedoch nicht immer vorhanden. Eben so ist auch der Kern häufig derart scharf kontourirt, dass man an das Vorhandensein einer Kernmembran denken kann (Pl. maculatum, siphonophorum, Lemani). Außer dem stets vorhandenen engen Chromatinnetz des Kernes be- merken wir häufig noch dickere Chromatinfäden (Fig. 14 chrs, Vort. auric.), oder Körnchen (Fig. 23 chrk), welche zuweilen eine sehr regel- mäßige Anordnnng erkennen lassen. In Fig. 14 habe ich einen Keim von Vorticeros auriculatum dargestellt, in dessen Kern (n) eine Anzahl von Chromatinschleifen (chrs) vorhanden ist, deren Umbiegungs- stellen sämmtlich dem excentrisch gelegenen Nucleolus (nl) zugewandt sind. Abgesehen von den Chromatinkörnchen (chrk) zeichnet sich der Kern von Pl. bimaculatum aus durch den Besitz von ein oder zwei eigenthümlichen Körpern (Fig. 230) von wechselnder, bald runder, I A.-Lang, l. c. 322 Ludwig Böhmig, bald sternförmiger, bald ganz unregelmäßiger Gestalt. Sie färben sich mäßig stark, am besten mit Pikrokarmin und zeigen einen matten Glanz. Ihre Bedeutung ist mir vollkommen unbekannt. Die häufig wahrnehmbare excentrische Lage des hellen Bläschens (v) im Nucleolus (nl) von Pl. Girardi scheint bei Pl. Lemani zur Regel geworden zu sein (Taf. XVII, Fig. 10v). Stets wird aber auch hier die achromatische Substanz von einer Chromatinhülle überzogen, die an einzelnen Stellen buckelartig verdickt sein kann (Taf. XVII, Fig. 10 *). Überdies fand ich fast konstant ein wenig tingirbares, glänzendes Kügel- chen innerhalb der achromatischen Substanz. Ziemlich charakteristisch für die Keime der einzelnen Arten ist die definitive Lagerung der Körnchen (drk). Wie wir bei Pl. Girardi ge- sehen haben, liegen dieselben in der Randzone und bilden hier ent- weder einen sehr regelmäßig geformten Körnchenkreis: Vorticeros auric. (Taf. XVI, Fig. 14 drk), Pl.sulphureum, reticulatum, oder aber ihre Anordnung ist eine weniger regelmäßige, so bei Pl. Girardi (Taf. XVI, Fig. 20 drk), Pl. maculatum, siphonophorum, bima- culatum (Fig. 23 drk). Vollständig vermisste ich diese Körnchen in den Keimen von Pl. Lemani. Dafür ist hier ein großes (bis zu 10,95 u Durchmesser) rundes oder ovales, mattglänzendes Gebilde in das Keimplasma eingebettet, das sich mit Pikrokarmin gelbroth tingirt (Taf. XVII, Fig. 10 drk). Die Struktur der Keime jener Formen, welche Keimdotterstöcke besitzen, ist natürlich nicht verschieden von derjenigen, welche ge- trennte Keime und Dotterstöcke aufweisen. Am genauesten wurde Monoophorum striatum untersucht. Die Keime besitzen eine ähnliche Größe wie die von Pl. Girardi (ca. 50 u Durchmesser). Der Plasmaleib baut sich aus zwei Substanzen auf, von denen die eine (Taf. XVII, Fig. 1 spp) in Form eines sehr zierlichen aber deutlich wahrnehmbaren Netzwerkes angeordnet ist, die andere (hyp) die Räume desselben erfüllt. Eine gleiche Struktur zeigt der runde oder ovale wenig tingirbare Kern, welcher ein Kernkörperchen umschließt, indem wir in Fig. I eine größere Anzahl kleiner heller Bläschen (v) erkennen. Dies ist einer jener Fälle, in welchen das Kernkörperchen einen schaumigen Eindruck auf den Beschauer macht. Die einzelnen Körnchen (drk) sind von bedeutender Größe (Fig.! drk) und liegen in relativ weiten Abständen von einander. Wesentlich kleiner sind dieseiben bei Gylindrostoma Klostermannii und quadrioculatum, liegen aber viel dichter gedrängt. Eine Eigen- thümlichkeit dieser beiden Species scheint es zu sein, dass nur eine Untersuchungen über rhabdoecöle Turbellarien. II. 323 . Hälfte der Keimoberfläche mit Körnchen versehen ist, die andere der- selben aber vollkommen entbehrt. Die jüngsten der mir bekannt gewordenen Keime waren bei allen Species wohl individualisirte Zellen, jungen Hodenzellen (Spermato- gonien) sehr ähnlich, charakterisirt durch einen großen, sich intensiv färbenden Kern, welcher von einem schmalen Plasmasaum umgeben wird. Ein Keimlager, gebildet von einer protoplasmatischen Substanz mit eingestreuten Kernen, wie ein solches an den Keimstöcken der Rhabdocöliden ganz allgemein angetroffen wird, ist hier, wie v. GRAFF ! bereits angiebt, niemals vorhanden. Die jungen Keimzellen sind von runder oder durch die dichte Lagerung bedingter polygonaler Gestalt. Ihre Größe beträgt durchschnittlich bei Pl. Girardi 5,11 u (Kern 3,48 u), bei Vorticeros auriculatum 7,3 u (Kern 6,5 «) und bei Mono- ophorum striatum 8,76 u (Kern 7,3 u). Das Plasma des schmalen protoplasmatischen Saumes besitzt ein feinkörniges oder homogenes Aussehen und färbt sich nur schwach. Der Kern hingegen tingirt sich äußerst intensiv besonders mit Hämatoxylin, so dass an derart gefärbten Kernen eine weitere Struktur nicht erkannt werden konnte (Taf. XVI, Fig. 16 kei’). Bei Anwendung anderer Färbeflüssigkeiten sowie an Präparaten, welche mit Osmium-Essigsäure konservirt und dann mit Hämatoxylin gefärbt worden waren, ließ sich auch an diesen kleinsten Zellen bereits ein deutliches sehr dichtes Chromatinnetz innerhalb des Kernes und ein kleines excentrisch gelegenes Kernkörperchen von ca. 0,73 u Durchmeser wahrnehmen (Taf. XVI, Fig. 17a, chr und nl). Die Keime, insbesondere der Plasmaleib derselben, nehmen an Größe zu, tiefergreifende Veränderungen sind vor der Hand nicht zu bemerken. An Zellen, welche ihren ursprünglichen Durchmesser ungefähr um das Einhalbfache vergrößert haben, besitzt der Plasmaleib ein deutlich wahrnehmbares feinkörniges Gefüge (Taf. XVII, Fig. 2) (Monoopho- rum striatum), färbt sich aber noch sehr schwach. Das Chromatin- gerüst (chr) im Kern (n) ist deutlicher geworden, seine Maschenräume größer und das verschiedene Verhalten des Gerüstwerkes gegenüber dem Kernsafte zu Farbstoffen ein ausgesprocheneres. Ein oder zwei (Taf. XVI, Fig. 175, nl) Kernkörperchen sind vorhanden und bereits von einem hellen Hofe umgeben. Zelle und Kern wachsen fortwährend, und es ist hauptsächlich der Chromatingehalt des letzteren, welcher eine sehr bedeutende Zunahme erleidet. 1 v. GRAFF, |. c, 3934 Ludwig Böhmig, Das bisher sehr regelmäßig geformte Kernnetz (chr) beginnt nun sich zu verändern und wandelt sich um in ein unregelmäßiges Gewirr kleiner Fäden und Schleifen (Taf. XVII, Fig. 3 chr). In dem Kernkör- perchen (nl) treten kleine Bläschen auf (v), welche aus der dunkel ge- färbten Grundsubstanz scharf hervortreten. Die allgemeine Form der Zellen dieses Stadiums ist eine ovale oder etwas unregelmäßige, ihre Größe unterliegt geringen Schwankungen. Als mittlere Maße ergaben sich: für Monoophorum striatum: Keimzelle: 16,01 :12,44—18,25: 14,6 u, Kern: 8:10,95—10,95 u, Kernkörperchen: 2,92 u, für Plagiostoma Girardi: Keimzelle: 14,6—18,98: 14,6 u, Kern: 10,95—14,6:8,76 u, Kernkörperchen: 1,72—2,92 u. Die zahlreichen feinen Chromatinfäden und Schleifen verschmelzen nun zu dicken (bis zu 1,46 wu Durchmesser) CGhromatinfäden resp. Schleifen; derartige Zellen habe ich auf Taf. XVI, Fig. 18 von Pl. Girardi, auf Taf. XVII, Fig. 4 und 6 von Monoophorum striatum abgebildet. Die Anordnung derselben ist nicht selten eine sehr schöne und regelmäßig um das Kernkörperchen (n!) gruppirte, wie z. B. aus Fig. 5, Taf. XVII erhellt. Die Größenzunahme der ganzen Keimzelle, eben so wie die des Kernes selbst, ist während dieser Vorgänge keine sehr bedeutende, nur das Kernkörperchen wächst zusehends, wobei die Abgrenzung des hellen Hofes sowie dessen Breite immer mehr hervortritt. Das Plasma des Zellleibes hat sich wenig verändert, es ist noch immer feinkörnig, nur ein wenig stärker tingirbar. Ein anderer Um- stand hingegen verdient unsere Aufmerksamkeit in so fern nämlich bei jenen Formen, welche einen Keimstock besitzen und bei welchen die Keime von dieser Größe bereits von Parenchym umgeben sind, der Rand derselben unregelmäßig wird und zöttchenartige Hervorragungen zeigt. An größeren Keimzellen wandeln sich die Chromatinschleifen des Kernes wiederum in ein Netzgerüst um, dessen Fäden im Verhältnis zu dem vorangegangenen Stadium dünn zu nennen sind (Taf. XVII, Fig. 5, Monoophorum striatum). Die Zellen dieses Stadiums messen ca.: 25,55:17,52 u, Kern 14,6:10,22 u, Kernkörperchen 4—5,84 u (Pl. Girardi), 21,9:18,25 u, Kern 14,6:10,95 u, Kernkörperchen 5,11 u (Monoo- phorum striatum). Je mehr nun die Keimzellen und mit ihnen die Kerne an Größe zunehmen, desto feiner und zarter wird das Chromatinnetz. Anfäng- Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 325 lich sieht man noch größere Chromatinfäden und Schleifen , welche zuweilen ein gröberes Netzwerk neben dem zarten und feinen bilden (Taf. XVI, Fig. 15 chr, chr'). Die Substanz des gröberen Netzwerkes resp. der Chromatinschleifen zieht sich immer mehr aus der Umgebung des Kernkörperchens gegen die Kernperipherie zurück, so dass der Kern in seinen centralen Par- tien immer blasser wird und nur am Rande ein dunkleres Aussehen behält. Allmählich verschwindet alles Chromatin aus den Kernen bis auf das zarte von den reifen Keimen beschriebene Kerngerüst. Die Frage ist nun, was wird aus der Chromatinsubstanz ? Zu jener Zeit, wo die Umwandlung der dicken Chromatinschleifen in ein Netzwerk beginnt, sehen wir in nächster Nähe des Kernes jene Körnchen (drk) auftreten. Diese färben sich um diese Zeit gerade so oder wenigstens ganz ähnlich wie das Ghromatin im Kerne. Ausnahmslos liegen sie in nächster Umgebung des Kernes, dem- selben oft dicht angeschmiegt (Taf. XVII, Fig. 5, 8, 9 drk, in Kei!, Kei? Fig. 8, Kei!, Kei?, Kei®? Fig. 9). Alsdann wandern sie entweder einzeln oder in geschlossener Reihe (Taf. XVI, Fig. 15 drk) wie bei Vorticeros auriculatum gegen die Peripherie des Keimes. Absolut zweifellose Bilder, dass diese Körner aus dem Kerne auswandern, habe ich nicht erhalten, wohl aber solche, die kaum eine andere Deutung zulassen. Wenn wir außerdem in Betracht ziehen, dass mit dem Verschwin- den des Chromatins aus dem Kern, das Aufreten dieser Körnchen im Plasma des Keimes Hand in Hand geht, dass die Zahl der Körnchen desto größer, je chromatinärmer der Kern ist, so können wir kaum daran zweifeln, dass es sich hier um ausgestoßene Chromatintheile handelt. Eine Abnahme des Chromatingehaltes von Eizellenkernen verbun- den mit einem Substanzaustritt wurde bei Insekten von Wırr!, Kor- SCHELT?, STUHLMANN®, bei Würmern, Grustaceen, Insekten, Myria- poden und Amphibien von Leyvic * beobachtet. Die Deutung, welche Wırr und KorscazLr insbesondere diesem Vorgange beimessen, ist eine ganz verschiedene. Während Wırı durch diesen Vorgang zu der Annahme geleitet wird, dass der Kern haupt- sächlich dazu dient, dem Ei Nahrung zuzuführen, deutet KorscHELT 1 L. Wırr, Oogenetische Studien. I. Die Entstehung des Eies von Colymbetes fuscus. Diese Zeitschr. Bd. XLIH. 2 E. KorscHELT, Beiträge zur Morphologie u. Physiologie des Zellkernes, Zool. Jahrb. Bd. IV. 1889. 3 F. STUaLMAnN, Die Reifung des Arthropodeneies. Ber. der Naturf. Gesell- schaft Freiburg i. B. Bd, I. 4886. 4 F. Leydig, |. c. 3236 Ludwig Böhmig, diesen Vorgang vielmehr »als den Umwandlungsprocess, welchen der Kern durchzumachen hat, um sich auf seine neue Funktion vorzube- reiten«, nämlich »an seine Antheilnahme am Vorgang der Befruchtung«. Es schien mir nun nicht ganz unmöglich, dass das Austreten der Chromatinsubstanz aus dem Keime in Zusammenhang mit der Dotter- plättchenbildung stände, und ich untersuchte aus diesem Grunde die mit Dotterelementen ungemein reich beladenen Eier von Stenostoma unicolor — allerdings leider ohne positives Resultat. Ich konnte hier weder einen besonders auffallenden Unterschied im Chromatingehalt junger, der Dotterelemente baarer und reifer Eier, reich an solchen, konstatiren, noch auch irgend welchen Austritt von Chromatinsubstanz aus dem Kerne wahrnehmen. Etwas günstigere Objekte scheinen für Untersuchungen dieser Art die Polycladen zu sein. Lane! erwähnt nämlich, dass zu einer Zeit, wo das Eiplasma mit Dotterelementen voll- ständig erfüllt ist, »das Gerüstwerk der zu Strängen verbundenen Körn- chen«, die Chromatinsubstanz, aus dem Kern verschwindet, und dass auch das Kernkörperchen an Größe abnimmt. Leider erfahren wir von Lang nicht, ob die Körnchen des Gerüstwerkes des Kernes in das Ei- plasma übertreten, oder was sonst mit ihnen geschieht. Da ich nie bemerkt habe, dass sich die Körnchen (drk) im Keim- plasma auflösen, so könnte man auch daran denken, dass es Exkretions- produkte sind, denn zweifellos findet während dieser ganzen Periode ein ungemein lebhafter Stoffumsatz innerhalb des Kernes statt. Viel- leicht werden sie auf einem späteren Stadium ganz ausgestoßen. Im Kernkörperchen findet sich ursprünglich, so weit meine Beob- achtungen reichen, kein helles Bläschen, keine Vacuole. Dieselbe tritt erst bei weiterer Größenzunahme des Kernkörperchens auf. Ich habe schon erwähnt, dass die Ränder der anfänglich rundlichen, glattrandigen Keimzellen auf einem ziemlich frühen Stadium unregel- mäßig werden und kleine Zöttehen in das umgebende Parenchym sen- den, zweifellos um Nahrung und Wachsthumsmaterial zu gewinnen. Am auffallendsten sind diese Erscheinungen an den Keimen von Pl. Lemani und Vorticeros aurieulatum. Die ersteren gewähren in Folge ihrer mehr spitzen Fortsätze den Eindruck amöboider mit Pseu- dopodien ausgestatteter Zellen, während die von Vorticeros auri- ceulatum mehr lappig und abgerundet sind. Auf Taf. XVII, Fig. 11 habe ich einen Theil eines Keimes von Pl. Lemani mit solchen Fortsätzen (ps), die sich in das Parenchymgewebe (prch) erstrecken, abgebildet. 1 A, Lang, 1. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il, 327 Die kurzen, breiten, buckelartigen, bald sehr regelmäßig, bald sehr unregelmäßig über die ganze Keimoberfläche angeordneten Erhabenhei- ten von Vorticeros auriculatum (Taf. XVI, Fig. 15 ps, Fig. 13 kei) hatten v. Grarr anfänglich zu der Ansicht verleitet, dass die Keime von einem Epithel umgeben seien, späterhin 'erkannte v. Grarr dieselbe jedoch als irrthümlich. In der That können insbesondere Quetschprä- parate solcher Keimzellen den Beobachter zur Annahme eines Epithels verleiten, so täuschend ist häufig das Bild. In anderen Fällen bemerken wir, dass nur ein Theil der Keimzellen- oberfläche solche Buckel besitzt, und dass dieselben stellenweise zu ausgebreiteteren Erhabenheiten zusammenfließen (Taf. XVI, Fig. 15 ps’). Das Randplasma im Wachsthum begriffener Keime ist weniger tingirbar als das der centralen Partien und das reifer Keimzellen. Seine Abgrenzung gegen das Parenchym ist oft recht undeutlich, es fin- det jedenfalls an diesen Stellen eine lebhafte Substanzaufnahme aus dem Parenchymgewebe statt. Sehr oft beobachtet man auch, dass Parenchymkerne von dem Plasma der Keimzellen umhüllt und aufgenommen werden, wahrschein- lich trägt das in dieser Weise aufgenommene Chromatin auch zu der allmählich stärker werdenden Tingirbarkeit des Keimplasmas bei. Die Aufnahme von Parenchymkernen war bereits v. Grarr! wohlbekannt und Iısma? beobachtete bei Tricladen, dass ältere Keime jüngere fressen. Bei Vorticeros auriculatum existirt an wachsenden größeren Keimen ein auffallender Unterschied bezüglich der Tingirbarkeit des innerhalb und außerhalb der Körnchenzone (drk) liegenden Plasmas. Während das erstere das Maximum seiner Färbbarkeit erreicht hat, also dunkel gefärbt erscheint, ist das letztere viel heller und wie mir scheint an homogenem hellen Plasma (hyp) reicher. Je weiter der Körnchenkreis : sich vom Kern entfernt, desto größer wird natürlich die dunkle Zone, bis endlich die Körnchen ganz peripher liegen (Taf. XVI, Fig. 14) und das ganze Plasma des Keimes einen gleichmäßigen Farbeton annimmt. Die Oberfläche entbehrt dann auch der Erhebungen und Buckel, sie ist vollständig glatt. | Die Veränderungen, welche die Keimzellen der übrigen unter- suchten Species durchlaufen, bieten keine Abweichungen. Einige der mitgetheilten Thatsachen sind weniger deutlich zu erkennen, andere treten wieder schärfer hervor. Sehr scharf und sicher konnte ich an den Keimen von Pl. maculatum verfolgen, dass die feinen Fäden, "1 y. GRAFF, 1. c. 2 1. Iısıma, 1. c. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd, 99 3238 Ludwig Böhmig, welche den hellen Hof um das Kernkörperchen durchsetzen, in der That Theile des Chromatingerüstes sind, da die Dicke dieser Fäden in gewissen Stadien der Entwicklung eine relativ sehr große ist. Von anderen Gruppen sind die Polycladen, was die Reifungs- erscheinungen der Eier betrifft, am besten durch A. Lane! untersucht. Bei den Plagiostominen sahen wir, dass das Keimplasma junger Zellen nur schwach gefärbt ist und allmählich mit fortschreiten- dem Wachsthum an Tingirbarkeit zunimmt, bei den Polyceladen ist im Gegensatz das der jüngsten Eier am intensivsten gefärbt und nimmt an Tinktionsvermögen ab in dem Maße, als Dotterelemente auftreten, das Plasma wandelt sich hier zum größten Theil in diese Gebilde um. Der Kern junger Polycladen-Eier färbt sich sehr dunkel, und es sind besonders einige kleine Körnchen innerhalb des Kernes, welche diese Eigenschaft in besonders hohem Maße besitzen. Späterhin tritt eine deutliche Sonderung der chromatischen und achromatischen Substanz auf, die kleinen Körnchen im Kerne bilden Schleifen und ein sich stark färbendes Kernkörperchen wird sichtbar. Im nächsten Stadium reihen sich diese Schleifen zu einem Gerüste von Fäden und Strängen an einander, den Hauptbestandtheil bildet der Masse nach die achromatische Substanz. Während dieser ganzen Zeit ist der Kern mit einer Membran versehen, welche am reifen Keim eben so wie das Gerüstwerk verschwindet, das Kernkörperchen ver- liert seine runde Gestalt und erleidet ebenfalls Substanzverluste. In diesem letzteren Punkte weichen also die Eier der Polyeladen von den Keimen der Plagiostominen ab, da hier von einer Größen- abnahme des Nucleolus durchaus nichts bemerkt werden konnte, der- selbe im Gegentheil im reifen Keim sich durch besondere Größe aus- zeichnet; gemeinsam ist beiden die Chromatinarmuth des Kernes im reifen Ei resp. Keime. I Eine Frage von großer Wichtigkeit ist die nach der Herkunft der Keime resp. Eier. A. Lang! hat es für die Polyeladen und die Trielade Gunda segmentata wahrscheinlich zu machen gesucht, dass die Eier (Keime) von dem Epithel der Darmäste abstammen. Eine gleiche Anschauung vertritt KorscHer? bezüglich der Ovarien von Dinophilus apatris: »Was die Entstehung der Eier und damit der Ovarien anbetrifft, so scheint es mir, als ob dieselben aus dem Epithel des Darmkanales her- 1 A. Lang, Monographie der Polycladen. 2 KoRSCHELT, Über Bau u. Entwicklung des Dinophilus apatris. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 329 vorgingen, ein Umstand, der nach den Untersuchungen von Lang an Gunda segmentata nicht so merkwürdig erscheint.« Einer wesentlich anderen Anschauung huldigt für Plagiostoma Lemani Durıessıs. Diesem Forscher dünkt es wahrscheinlich, dass die Keim-, Dotter- und Hodenzellen aus Parenchymkernen hervorgehen: »Tres probablement les gros noyaux ovales ou ronds du tissu cellu- laire servent de point de depart & la formation des cellules soit des testicules, soit des ovaires, soit du vitellogene«, und v. Grarr! schließt sich Dupressıs? nach den von ihm von Pl. Girardi gemachten Beob- achtungen an. Von besonderem Interesse waren in dieser Beziehung für mich die beiden Plagiostoma-Species, welche der schärfer begrenzten Keimstöcke entbehren, Pl. dioieum und bimaculatum. Ich habe früher Gelegenheit gehabt zu erwähnen, dass Darm und Parenchym bei Plagiostoma bimaculatum durch keine scharfe Grenze getrennt sind, und dass beide Gewebe in einander übergehen. Nahe jener Über- gangsstelle aber in einer Partie, die mehr dem Darme als dem Paren- chym zuzurechnen ist, finden sich durch bedeutendere Größe ausge- zeichnete Kerne, deren Durchmesser zwischen 10,95 und 14,6 u schwankt. Ihre Gestalt ist eine rundliche oder leicht ovale. Diese Kerne färben sich stark und besitzen ein von einem hellen Hof um- gebenes 2,92—4,38 u messendes Kernkörperchen. In ihrem ganzen Habitus gleichen sie weit mehr Darm- als Parenchymkernen. Um einige dieser Kerne ließ sich die Bildung eines Plasmahofes wahrnehmen. Ist diese Abgrenzung vollzogen, so ähneln sie ganz un- gemein Zellen, welche in der Nähe des Hautmuskelschlauches liegen und bereits sicher als junge Keimzellen angesprochen werden dürfen. Derartige Zellen sind von meist ovaler Gestalt, das feinkörnige Plasma ist mäßig färbbar. Der ovale seltener runde Kern besitzt ein deutliches . Kernnetz und ein großes äußerst intensiv sich färbendes Kernkör- perchen. Die kleinste dieser Zellen hatte einen Durchmesser von 25,55: 15,33 u, der Kern 18,25:13,47 u, und das Kernkörperchen 5,11 u. In etwas größeren Keimzellen treten dann die bekannten Körnchen (drk) auf, die Zelle wächst und charakterisirt sich immer mehr als typische Keimzelle. Die Ähnlichkeit jener jüngsten, nahe dem Haut- muskelschlauch gelegenen Zellen ohne Körnchen im Plasma mit den- jenigen im oder am Darm gelegenen, der Kerne dieser wiederum mit iv. Garr,l.c. 2 Dupıessıs,-Seconde note sur le Vortex Lemani. Materiaux pour servir a l’e&tude de la Faune profonde du Lac L&man., 239* 330 Ludwig Böhmig, den Darmkernen bestimmt mich, eine Abstammung der Keimkerne aus Darmkernen für sehr wahrscheinlich zu halten. In der ganzen Region zwischen Pharynx und Vesicula seminalis finden wir bei Plagiostoma dioicum Keimzellen. Sowohl die klei- neren als größeren liegen dem Darm dicht angeschmiegt. Innerhalb des Darmplasmas nahe der Peripherie fand ich Kerne von ca. 4,38—5,11 u Durchmesser, welche ein deutliches Chromatinnetz und ein excentrisch gelegenes Kernkörperchen von ca. 2,19 u Durchmesser besaßen, und welche von einem äußerst zarten unregelmäßig kontourirten Plasmahof umgeben waren. Mit homogener Immersion (1/3, SEIBERT) ließ sich der- selbe sehr deutlich und sicher von dem umgebenden Darmplasma unter- scheiden. Die Zellen hatten einen Durchmesser von ca. 5,84 :7,3 u. Ver- gleichen wir solche innerhalb des Darmes gelegene Zellen mit jenen zweifellosen Keimen, welche am Rande des Darmes zu finden sind, so kann es nicht zweifelhaft sein, dass auch jene Zellen im Darme als Keimzellen angesprochen werden müssen. An diese Keimzellen schließen sich nun Kerne an, um welche noch kein Plasmahoi sicher zu erkennen ist, die aber in ihrem Habitus ganz den Kernen junger Keimzellen gleichen. Zwischen den letzterwähnten Kernen und denen der Darm- zellen kann man nun die verschiedensten Übergangsstadien auffinden, und es ist demnach auch für Pl. dioieum die Abstammung der Keime aus dem Darme, und wenn wir einen Schritt weiter gehen, aus dem Entoderm der Thiere sehr wahrscheinlich. Abgesehen von Plagiostoma dioicum und bimaceulatum habe ich für sämmtliche der untersuchten Formen — ich spreche vor der Hand natürlich nur von denjenigen, welche getrennte Keim- und Dotter- stöcke besitzen — mächtig entwickelte, zusammenhängende Dotter- stöcke nachweisen können, welche den größten Theil des Körpers un- serer Thiere durchziehen. Sie sind im Allgemeinen die voluminösesten Organe und erstrecken sich jederseits ungefähr vom Gehirn bis zum Beginn des Copulations- organs, hauptsächlich die Seitentheile und Rückenfläche der Thiere oceupirend. v. GrArF! unterscheidet der Form nach drei Gruppen von Dotter- stöcken. Die erste Gruppe umfasst alle diejenigen, welche eine lang- gestreckte, cylindrische Gestalt besitzen und in ganzer Länge von ein- ander getrennt sind. Die der zweiten sind dadurch charakterisirt, dass ihre Gestalt durch unregelmäßige Ausbuchtungen komplicirt wird, diese Gruppe ist es, welche hier in Betracht kommt. Sie zerfällt wiederum 1 v. GrAFF, ]. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il, 331 in drei Unterabtheilungen, in lappige, geweihartige und verzweigte. Ge- lappt, d. h. mit zahlreichen stumpfen Ausbuchtungen versehen, welche sich ringsum von der Oberfläche der Dotterstöcke erheben, sind die der Plagiostoma-Arten und von Vorticeros auriculatum. An Schnittpräparaten ist es nicht immer leicht, sich einen Überblick über die Form der Dotterstöcke zu verschaffen, hier sind Quetschpräparate lebender oder konservirter Thiere sehr vortheilhaft zu verwenden. Sehr häufig bemerken wir, dass die Dotterstöcke, was v. GRAFF ebenfalls hervorhebt, streekenweise verschmelzen, und zwar fand ich diese Verschmelzungen, die an einer oder mehreren Stellen statt haben kann, zumeist auf der Rückenfläche und nur bei Pl. sulphureum auch auf der Ventralseite. Treten solche Verschmelzungen auf, so um- geben die Dotterstöcke dann sattelartig den Darm. Betrachten wir Schnitte durch diese Organe, so erkennen wir ohne Weiteres, dass die- selben aus einzelnen Zellen bestehen, von denen eine größere oder ge- ringere Anzahl von Parenchymgewebe (prch) umhüllt wird, wie dies aus Taf. XVI, Fig. 13 drst (Vorticeros auriculatum), Fig. 22 drst (Pl. maculatum), Fig. 25 drst (Pl. sulphureum) ersichtlich ist. Über die Form und den feineren Bau der Dotterzellen werde ich späterhin sprechen. Ein sehr günstiges Objekt, die Entstehung der Dotterstöcke kennen zu lernen, ist Pl. sulphureum. Hier entwickeln sich diese Organe erst relativ spät. Da ich bei sämmtlichen zuerst von mir untersuchten Individuen keine Dotterstöcke auffand, war ich der Meinung, dass sie dieser Species gänzlich mangelten, eine Ansicht, die sich durch den Fund zweier vollkommen geschlechtsreifer Individuen als irrig erwies. In Taf. XV, Fig.24 habe ich die Hälfte eines Querschnittes von Pl. sulphureum, der ungefähr der Körpermitte entnommen ist, abge- bildet. Weitaus den größten Theil dieses Schnittes beansprucht der Darm (D). An der Peripherie desselben, zwischen Darm und Haut- muskelschlauch, liegen kleine Zellen (dsiz),einzeln oder zu mehreren, sie stellen die erste Anlage der Dotterstöcke dar. Diese Zellen nehmen allmählich so gewaltig an Größe zu, ob sie sich auch durch Theilung vermehren, weiß ich nicht, doch ist mir dies sehr wahrscheinlich, dass sie in den Darm hineinwuchern, und dass die bisher glatte Oberfläche desselben eine sehr unregelmäßige wird (Taf. XVI, Fig. 25 dst und D). Die Beeinflussung der Gestalt des Darmes durch die Dotterstöcke kann sogar so weit gehen, dass die Kontinuität desselben unterbrochen wird, was ich an Pl. reticulatum zu beobachten Gelegenheit hatte. Ob speciell bei Pl. sulphureum die Verminderung des Darmvolumens durch die Entfaltung der Dotterstöcke eine sehr bedeutende ist, ist mir 332 Ludwig Böhmig, zweifelhaft, da die Thiere gerade zu dieser Zeit sehr auffallend an Größe zunehmen, wie auch aus den beiden bei gleicher Vergrößerung ent- worfenen Fig. 24 und 25 hervorgeht. Diejenigen Dotterbildungszellen (dstz), welehe sehr dicht neben ein- ander gelegen sind, werden von einer gemeinsamen Parenchymhülle umgeben, so dass man von einem follikulären Bau der Dotterstöcke un- serer Thiere sprechen kann. Diese Parencehymzüge sind bald sehr kräftig (Pl. Girardi, Vorticeros auriculatum), bald äußerst zart und dünn, so z. B. bei Pl. sulphureum und siphonophorum. Häufig sehen wir weiterhin, dass die Grenzen sämmtlicher oder einer Anzahl der Dotterzellen eines Follikels sich verwischen, und dass die Zellen zu einer gemeinsamen Masse zusammenfließen, doch kann stets leicht die ursprüngliche Zahl der Zellen eruirt werden, da sie der An- zahl der vorhandenen Kerne entspricht. Sehr junge Dotterzellen sind von Keimzellen und Spermatogonien frühester Stadien kaum zu unterscheiden. Da, wie leicht erklärlich, die Dotter bildenden Zellen in ihrem histologischen Bau bei Formen mit getrennten Keim- und Dotterstöcken und mit Keimdotterstöcken keine wesentlichen Differenzen zeigen, so werde ich dieselben gemeinsam besprechen. Die kleinsten der von mir beobachteten Zellen besaßen eine rund- liche, keilförmige oder polygonale Gestalt. Ein schmaler, nur wenig tingirbarer, homogener oder feinkörniger Plasmasaum (Taf.XVI, Fig. 7a, pls) umgiebt den großen runden oder ovalen Kern (n), welcher ein sehr deutliches dichtes Chromatinnetz (crh) und ein von einem hellen Hofe umgebenes Kernkörperchen (nl) enthält. Die Durchmesser solcher Zellen schwanken bei Plagiostoma Girardi zwischen 8—10,95 u, Kern 4,38—7,3 u, Kernkörperchen 2,5—2,92 u; Plagiostoma sulphureum zwischen 8,76—10,95 u, Kern 5,64 bis 8 u, Kernkörperchen 2,19— 2,92 u; Monoophorum striatum zwischen 10,95 : 7,3—10,95 u, Kern 7,3 : 5,84-——7,3 u, Kernkörperchen 2,92 u. In oft nur wenig größeren Zellen nimmt das Plasma ein deutlich feinkörniges Aussehen an, und es treten Dotterelemente in Form kleiner Kügelchen und Blättchen auf, die sich mit Osmiumsäure schwärzlich, mit Pikrokarmin gelbroth färben. Alaunkarmin verleiht ihnen meist eine braune oder braunschwarze Farbe. Die weiteren Veränderungen bestehen in einer bedeutenden Größenzunahme aller Theile der Zellen, in einer Vermehrung der Dotterelemente und im Auftreten eines hellen Bläschens, einer Vacuole Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 333 im Nucleolus. Kern sowohl wie Kernkörperchen behalten ihr intensives Tinktionsvermögen bei. Das Plasma reichlich mit Dotterkörnern erfüllter Zellen erscheint häufig grobkörnig, doch glaube ich, dass dieses grobkörnige Aussehen auf einen wenig günstigen Erhaltungszustand der betreffenden Zellen zurückzuführen ist, da äußerst sorgfältig behandelte Präparate an Stelle dieses grobkörnigen Plasmas ein schönes Netzwerk erkennen lassen. Betrachten wir eine große, wohl erhaltene Dotterzelle, z.B. von Mono- ophorum striatum genauer. Im Plasmaleib derselben nehmen wir wahr ein Gerüstwerk grö- berer und feinerer Balken (spp Taf. XVII, Fig. 7b), das von einem fein- körnigen oder fast homogenen Plasma gebildet wird. Die Maschen dieses Gerüstwerkes sind von sehr verschiedener Größe, die größeren werden nicht selten wiederum von einem zarten Netzwerke durchsetzt und in kleinere Maschenräume durch dasselbe zerlegt. Innerhalb der Lückenräume findet sich eine ziemlich feinkörnige ungefärbte Substanz (hyp), in welcher die Dotterelemente liegen, und aus welcher sie wahr- scheinlich hervorgehen. Die Umgebung des hier ganz excentrisch ge- legenen Kernes wird von einem feinkörnigen Plasma (engmaschigen Netzwerk?) gebildet, in welchem keine Dotterelemente auftreten. Der Kern, welcher eine Größe von ca. 10,95 u Durchmesser besitzt, lässt chro- matische und achromatische Substanz, die erstere (chr) in Form eines Netz- gerüstes sehr deutlich erkennen. Er umschließt ein großes (5,11 u Durchmesser) Kernkörperchen (n!), das von einem sehr deutlichen hellen Hofe umgeben ist, und ein mäßig großes, helles Bläschen (v) enthält. Die Dotterelemente (dre) sind von sehr variabler Größe. Anfänglich färben sie sich nur schwach (dre’), allmählich erst erlangen sie ihr cha- rakteristisches Tinktionsvermögen, nämlich sich mit Osmiumsäure schwarz, mit Pikrokarmin rein gelb zu färben. Durch ihr Wachsthum, das häufig in einem Zusammenfließen meh- rerer kleiner Körnchen besteht, wird natürlich eine Vergrößerung der Maschenräume bedingt, die nur dadurch erfolgen kann, dass die Balken, resp. die Membranen, welche das Fachwerk bilden, zerstört (resorbirt?) werden. Plagiostoma dioicum und bimaculatum nehmen auch be- züglich der Dotterstöcke eine Sonderstellung ein. Zusammenhängende Dotterstöcke habe ich bei Pl. bimaculatum nicht gefunden, sondern nur isolirt liegende Haufen von Dotterzellen, umhüllt von Parenchymgewebe, in der Umgebung der Samenblase. Diese eigenthümliche Konfiguration der Dotterstöcke kann uns aber nicht Wunder nehmen, wenn wir uns dessen erinnern, was über die 334 Ludwig Böhmig, Bildung der Dotterstöcke bei Pl. sulphureum gesagt wurde. Sind ursprünglich nur wenige Dotterzellen vorhanden, die entweder einzeln oder zu kleinen Gruppen vereinigt in großer Entfernung von einander gelegen sind, so werden sich diese Zellen oder Zellhaufen selbst bei einem relativ bedeutenden Wachsthum nicht zu einem Dotterstocke vereinigen können. Ob die Parenchymmassen, welche die einzelnen Follikel umhüllen, von bedeutender Mächtigkeit sind oder nur schmale Scheidewände dar- stellen, ist an sich ganz irrelevant, nicht der Bau des Dotterstockes wird dadurch beeinflusst, sondern nur die äußere Form desselben. Anders liegt die Sache bei Pl. dioicum. Bei dieser Plagiosto- mide habe ich Dotterstöcke nicht nachzuweisen vermocht; doch ist zu berücksichtigen, dass ich nur ein Exemplar zu untersuchen Gelegen- heit hatte, und dass hier ähnliche Verhältnisse obwalten können wie bei Pl. sulphureum. Hätte nicht ein glücklicher Zufall mir zwei vollkommen geschlechtsreife Thiere verschafft, so würde ich auf Grund der Untersuchung von fünf Exemplaren das Vorhandensein von Dotter- stöcken für diese Species bestritten haben, da ich die kleinen dem Darm anliegenden Zellen (Taf. XVI, Fig. 24 dsiz) ursprünglich anders deutete. Ich habe bei Plagiostoma dioicum zwischen Darm und Haut- muskelschlauch Zellen gesehen, welche mit jungen Keimzellen einige Ähnlichkeit hatten, vielleicht repräsentiren diese die Anlage der Dotter- stöcke. Es ist mir insbesondere desshalb unwahrscheinlich, dass Pl. dioi- cum »Eier« besitzt, weil die betreffenden Zellen im Verhältnis zu den Eiern der Acölen und Stenostoma sehr klein und die Körnchen, welche man eventuell als Dotterelemente auffassen könnte, wenig zahlreich sind, und sich in Nichts von denen anderer Plagiostomi- nen mit Keimen unterscheiden. Keimdotterstöcke. Wie der Name besagt, handelt es sich hier um eine Kombination von Keim- und Dotterstöcken. Wir finden dieselben nur bei einer ge- ringen Anzahl von Formen: Enterostoma, Monoophorum und CGylindrostoma unter den Alloiocölen, unter den Rhabdocvela bei Prorhynchus stagnalis und Schultzia pellueida. Die ursprünglichste Form besitzt jedenfalls Prorhynchus stagnalis. Nach den Angaben von Scaurrze!, van BENEDEN? und 1 SCHULTZE, |. c. ” E.v. Benepen, Recherches sur la composition et la signification de l’oeuf. Mem, cour. p. l’Acad, royale de Belgique. T. XXXIV, 1870, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 335 Harıez! enthält das blinde hintere Ende des Organs die Keime, der vordere Abschnitt die Dotterzellen, doch findet keine scharfe Abgrenzung beider Abschnitte statt, sie gehen allmählich in einander über. Im Gegensatz hierzu ist die Trennung der beiden Theile bei Schultzia pellucida eine sehr vorgeschrittene, »die Keimstöcke stellen blinde Anhänge derselben (der Dotterstöcke) vor, welche mit einer breiten Basis, in welcher sich die größten Eikeime befinden, den Dotterstöcken aufsitzen « (ScuuLtze). Ganz ähnlich wie Schultzia ver- halten sich auch Cylindrostoma und Monoophorum, und ich kann v. Grarr? nicht beistimmen, wenn er angiebt, dass gerade um- gekehrt wie bei Prorhynchus stagnalis der hintere, der Ge- schlechtsöffnung zugekehrte Theil als keimbereitender Abschnitt, der vordere als Dotterzellen producirender fungiren soll. Dicht hinter dem Gehirn oberhalb des Pharynx ganz (Cylindro- stoma quadrioculatum) oder theilweise (Gyl. Klostermannii) vom Darme bedeckt, finden wir den gemeinschaftlichen Beginn der beiden dotterbildenden Abschnitte der Keimdotterstöcke. Von hier aus ziehen sie seitlich vom Darme nach hinten, wobei sie sich gleichzeitig der Rückenfläche des Thieres nähern. Ungefähr in der Körpermitte vereinigen sie sich auf der Rückenfläche. Alsdann trennen sie sich wieder, biegen nach vorn und der Ventralseite, um etwas vor und unterhalb des Penis in das Atrium genitale zu münden. Die keimenthaltenden Abschnitte liegen ungefähr in jener Um- biegungsstelle, nach vorn und ventralwärts gerichtet. Während diese Keimlager bei CylindrostomaKlostermanniibis aufeinenkleinen, nach hinten und seitlich gerichteten Abschnitt allseitig von dem Dotter- zellen producirenden Abschnitte umhüllt sind, besitzen sie bei Gyl. quadrioculatum eine weit größere Selbständigkeit. Ähnlich wie bei Schultzia pellueida sitzen sie dem Dotterstockabschnitt mit breiter Basis auf; in ihrem größten Theil sind sie frei, nur von Parenchymge- webe umhüllt. An einem in Querschnitte zerlegten Individuum von Gyl. quadrioculatum fiel das Keimlager in 13 Schnitte; auf fünf der- selben stand es mit dem Dotterstockabschnitt in Verbindung, auf acht war dies nicht der Fall. Nach v. Grarr sind die Keimdotterstöcke von Gyl. quadrioculatum im Gegensatz zu allen anderen Alloiocölen von einer Tunica propria umgeben, welche sich als deutlicher Oviduct bis zum Atrium genitale fortsetzt. Ich habe den unteren Theil der Keimdotterstöcke beider Cylindrostoma-Species von einer zarten Museularis und Epithelschicht umhüllt gefunden, welche sich von der 1 Haurez, |. c. 2 v. GRAFF, 1. c, 336 Ludwig Böhmig, Wandung des Atrium auf die Keimdotterstöcke fortsetzt. Ob aber diese Muskelschichten und das Epithel das ganze Organ umgeben, ver- mag ich nicht zu sagen — ich glaube aber, dass dies nur im unteren, dem Atrium zunächst liegenden Abschnitte der Fall ist. Das Keimlager vonMonoophorum striatum stellt ein unpaares vollkommen dorsal zwischen Darm und Hautmuskelschlauch liegendes ellipsoides Gebilde dar, das auf einem großen Theil seiner Oberfläche von der Umgebung scharf abgegrenzt erscheint. Es liegt in der Medianebene des Thieres vom vorderen und hin- teren Körperpole fast gleich weit entfernt. Mit den Dotterstöcken steht dieses Keimlager in seinen vorderen seitlichen Partien in Zusammen- hang, und zwar individuell variirend in ein bis zwei Drittel seiner Gesammtlänge. Der scharfe Kontour des Keimlagers, so weit dasselbe eben nicht mit den Dotterstöcken in Verbindung steht, wird bedingt durch eine scharf kontourirte Hülle, welche aus zwei Lagen besteht, die sich mit Pikrokarmin stark roth färben, und wie ich vermuthe, muskulöser Natur sind. Außen finden wir Längsfasern, innen eine schwächere aus Ring- fasern bestehende Schicht. Dieser muskulöse Überzug fehlt jedoch ganz oder ist zum mindesten sehr reducirt an der vorderen Partie des Keimlagers. Die kleineren Keime liegen in dem vordersten Theil des Keim- lagers, die größeren nehmen ungefähr zwei Drittel des Ganzen ein. Keim- und Dotterzellen liegen hier eben so dicht neben einander wie bei Cylindrostoma, und es ist oft nicht ganz leicht, wenn es sich um junge Zellen handelt, zu entscheiden, zu welcher der beiden Zell- arten dieselben gehören. Auf Taf. XVII, Fig. 8 habe ich einen Theil eines Schnittes von der Vereinigungsstelle des Keimlagers und Dotter- stockes abgebildet, und wir sehen die dichte Nebeneinanderlagerung beiderlei Zellen, ohne dass sich eine trennende Parenchymschicht zwi- schen sie schiebt (Kei und dstz, dstz’). Auffallend ist hier überhaupt der Mangel jeglichen parenchymatösen Gewebes zwischen den Keimen, und ein Gleiches gilt auch für die nn der beiden Cylindro- stoma- Species. Eine weitere Eigenthümlichkeit des Keimlagers von Monoopho- rum werde ich im speciellen Theile zu erwähnen haben. Die Dotterstockabschnitte beginnen in kurzer Entfernung hinter dem Gehirn auf der Bauchfläche, unmittelbar hinter dem ventralen Lappen der Hoden. Kurz nach ihrem Beginn berühren sie sich in der Medianlinie, ohne dass es jedoch zu einer Verschmelzung kommt. Sie steigen dann gegen die Dorsalseite empor, umhüllen auf eine große Untersuchungen über rhabdoecöle Turbellarien. II. 337 Strecke allseitig den Darm, ohne dass es jedoch auch hier zu einer Ver- einigung der beiderseitigen Dotterstöcke käme. In der Gegend des Pharynx weichen sie von der Ventralseite zurück und sind auf die Seitentheile und Rückenfläche des Thieres beschränkt. Oberhalb des Pharynx finden wir dann das Keimlager, mit welchem die Dotterstöcke, wie erwähnt, in Verbindung treten. Anfänglich noch rückenseitig ge- lagert, allmählich an Dieke abnehmend, steigen sie zur Ventralseite hinab und münden ein in das Atrium genitale. Es stellen auch hier, wie bei dem Genus Plagiostoma, die Dotter- stöcke zwei solide, gewundene und gelappte Stränge dar, welche bei einzelnen Genera (Cylindrostoma) mit einander anastomosiren. In ihrem feineren Bau finden wir nur geringe Abweichungen von den Verhältnissen, wie ich sie bei den Plagiostoma-Arten beschrie- ben habe. Auffallend ist ihre scharfe Begrenzung nach außen; zuweilen ge- winnt es fast den Anschein, als ob sie von einer Tunica propria umhüllt seien, doch ist es mir sehr wahrscheinlich geworden, dass es sich nur um modifieirtes Parenchymgewebe handelt. Ein follikulärer Bau der Dotterstöcke wurde hier nicht beobachtet, weder bei Monoophorum noch CGylindrostoma. Das Parenchym verursacht nur oberflächliche Einschnitte. Die Zellen liegen wie im Keimlager dicht neben einander, die jüngeren mehr peripher, die älte- ren mehr central. Insbesondere bei Gylindrostoma nehmen die Wandungen der einzelnen Zellen eine membranartige Beschaffenheit an. Da nun die benachbarter Zellen mit einander verschmelzen, so entsteht innerhalb der Dotterstöcke ein Gerüstwerk (Taf. XIV, Fig. 4 dstg), in dessen Maschen Kerne, Dotterelemente und eine feinkörnige farblose Grund- substanz eingeschlossen sind. Das auf diese Weise entstandene Ge- rüstwerk färbt sich ziemlich intensiv. Der männliche und weibliche Begattungsapparat, Diesen Theilen des Geschlechtsapparates hat v. Grarr! seine be- sondere Aufmerksamkeit zugewendet und eingehende Beschreibungen geliefert. Da v. Grarr diePlagiostomiden hauptsächlich auf Quetsch- präparate untersuchte, ich mich aber mit Vorliebe der Schnittmethode bediente, so ergänzen sich die beiderseitigen Angaben und befähigen mich, eine Reihe von Details zu geben. Im speciellen Theile werden die Copulationsorgane jeder Species I v. GRaArF, 1. c, 338 Ludwig Böhmig, eingehend beschrieben werden, hier nur einige allgemeinere Bemer- kungen. | Der männliche Begattungsapparat ist durchweg weit komplicirter als der weibliche. Wenn ich auch nicht zweifele, dass bei allen Formen besondere Gänge und Kanäle vorhandensind, welchezu den weiblichen Geschlechts- drüsen führen, so habe ich solche jedoch nichtbei allen auffinden können, beobachtet wurden Verbindungen der Keim- und Dotterstöcke resp. der Keimdotterstöcke mit dem Atrium genitale, bei Pl. Girardi, macula- tum,sulphureum, siphonophorum, Vorticeros auriculatum, Monoophorum striatum, Gylindrostoma quadrioculatum und Klostermanii. Überall vorhanden ist ein Atrium genitale, in welches sich männliche und weibliche Begattungsapparate öffnen, und das mit der Außenwelt durch einen Porus genitalis kommuniecirt, welcher konstant auf der Bauchfläche des Thieres liegt. Bei sämmtlichen Plagiostominen und Monoophorum stri- atum ist er der hinteren Körperspitze genähert, näher der vorderen finden wir ihn bei den beiden Gylindrostoma-Speeies. Mit der Mundöffnung kombinirt sehen wir den Genital- porus beiMonoophorum undCylindrostoma, und zwar mündet das Atrium genitale in die Pharyngealtasche nahe der Mundöffnung. Auf Taf. XII, Fig. 6, Taf. XIV, Fig. k und Taf. XIX, Fig. 7 sehen wir diesbezügliche Abbildungen von Cylindrostoma Kloster- mannii und Monoophorum striatum. Wie diese auffallendeVerbindungder beiden wichtigen Pori zu Stande gekommen ist, dürfte sich auf folgende Weise unschwer erklären lassen. Die beiden Pori werden ursprünglich dicht hinter einander gelegen und nur durch ein schmales Septum getrennt gewesen sein, welches aus zwei Blättern bestand, respektive in dem erhaltenen Theile noch besteht (Taf. XV, Fig. 4 S und Taf. XIX, Fig. 7 S), nämlich aus einem Theile derSchlundtaschen- und der Atriumwandung, zwischen welchen beiden sich bei Monoophorum noch Parenchymgewebe findet. Wenn sich nun der unterste Theil des Septums immer mehr ver- dünnte und endlich ganz schwand, so werden zunächst nur die beiden Öffnungen zu einer gemeinsamen vereinigt worden sein, während Pharyngealtasche und Atrium noch vollständig getrennt blieben. In je größerem Umfange nun aber das Septum reducirt wurde, desto größer wurde natürlich der gemeinsame Raun, bis er die Größe er- reichte, welche er jetzt besitzt. Gleichgültig dabei und nur auf die Form von Einfluss ist der Umstand, ob die Richtung der beiden Taschen Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 339 die gleiche ist, wie bei Gylindrostoma, oder ob dieselbe eine ent- gegengesetzte, wie bei Monoophorum. Eine Trennung des Atriums in einen männlichen und weiblichen Abschnitt, in ein Antrum masculinum und femininum, welche durch eine Falte, ein Septum oder einen Einschnitt markirt wäre, finden wir nicht, oder wenigstens nicht in der Weise, dasseine Trennung faktisch durchführbar wäre. Im Allgemeinen ist die Mündung des weiblichen Ausführganges dem Porus genitalis sehr genähert, eine Ausnahme machen nur die beiden Cylindrostoma-Species, bei denen die Mündunssstelle der Keim- dotterstöcke und des CGopulationsorgans im blinden Ende des langen Atriums gelegen sind, doch auch hier liegt die Mündungsstelle der Keim- dotterstöcke etwas weiter nach vorn (Taf. XIV, Fig. A; Taf. XVII, Fig. 6) als die des Penis. Bei den Plagiostominen istein unpaarer relativ langer Ausfüh- rungsgang der weiblichen Geschlechtsdrüsen vorhanden, welcher sich auf der hinteren Wand des Atriums in dasselbe öffnet. Äußerst kurz ist derselbe bei Cylindrostoma und Monoophorum. Bei Monoophorum mündet überdies zwischen dem Penis und den Keimdotterstöcken noch ein Gang in das Atrium, welcher in eine Blase führt, die mit Spermatozoen zumeist reichlich erfüllt ist und als Bursa seminalis bezeichnet werden kann (Taf. XIX, Fig. 7 bsd). Ich will gleich erwähnen, dass auch vonGylindrostomaKloster- mannii und quadrioculatum eine mit Samenfäden erfüllte Blase bekannt ist, jedoch steht dieselbe nicht in Kommunikation mit dem Atrium, sondern wahrscheinlich mit den Keimlagern der Keimdotter- stöcke. Nach außen öffnet sie sich durch einen auf der Rückenfläche gelegenen Porus. Diese Blase ist meines Erachtens zu homologisiren mit der Bursa seminalis vonMonoophorum, da auchdiese eine direkte Verbindung mit dem Keimlager besitzt. Eine wechselseitige Begattung istdemnach hier sehr wahrscheinlich, ja sogar bei Cylindrostoma absolut nothwendig, wenn auch anato- misch bei Monoophorum eine Selbstbefruchtung möglich wäre. Der weibliche Geschlechtsgang verläuft bei den Plagiostominen hinter dem Atrium genitale dorsalwärts und biegt etwas nach vorn. Kurz vor oder gleich nach erfolgtem Eintritt in die Dotterstöcke theilt er sich in einen rechten und linken Ast, welche sich innerhalb der Keim- und Dotterstöcke verzweigen. So viel ich erkennen konnte, enden die Äste offen in den weiblichen Drüsen. Wir können demnach jetzt die Ansicht, dass Keime und Dotterelemente ihren Weg durch das Par- enchym nehmen sollen, um nach außen zu gelangen, aufgeben. 340 Ludwig Böhmig, Ich habe sehr häufigbei Vorticeros auriculatum,Pl.Girardi, reticulatum und wie Durtsssıs! auch bei Pl. Lemani in der Um- gebung der Keime, also auch in den Keim- und Dotterstöcken Samen- fäden gefunden. Wie gelangen nun diese Spermatozoen dahin? Es giebt drei Möglichkeiten: 1) Es können Spermatozoen desselben Thieres sein, welche durch das Parenchymgewebe ihren Weg zu den Keimstöcken etc. gefun- den haben. 2) Die Begattung erfolgt in ähnlicher Weise, wie bei den Poly- claden, indem der Penis des einen Thieres in den Leib des anderen an einer beliebigen Stelle gestoßen wird; die Samenfäden müssen auch dann ihren Weg durch das Parenchym zu den weiblichen Keimdrüsen finden. 3) Der Penis wird in den weiblichen Ausführkanal eingeführt, die Samenfäden schlängeln sich alsdann in den Kanälen bis zu den Keimen. Es ist hierbei Selbstbefruchtung nicht ausgeschlossen. Mir scheint diesub 3 angeführte Ansicht als die wahrscheinlichste. Es wäre für diesen letzteren Fall nur einer Schwierigkeit zu ge- denken. Es sind nämlich die weiblichen Ausführgänge mit langen nach hinten gerichteten Flimmerhaaren ausgekleidet, und diese Hindernisse müssen von den Samenfäden überwunden werden, was aber bei der großen Beweglichkeit derselben ja durchaus nicht unmöglich erscheint. Zu einer Begattung wie bei den Polyeladen ist der Penis unserer Thiere nach seiner anatomischen Beschaffenheit nicht geeignet. Es bleibt demnach noch die sub A angeführte Möglichkeit be- stehen, gegen welche nur einzuwenden ist, wozu soll dann der kom- plieirte und riesig entwickelte Penis dienen, wenn er nicht zu einer Copula benöthigt wird? Dem gelegentlichen Vorkommen von Spermatozoen innerhalb des Darmepithels, ja sogar des Gehirns, ist keine Bedeutung beizumessen; es wird sich eben nur um verirrte Samenfäden handeln, welche Dank ihrer lebhaften und großen Beweglichkeit in die wenig Widerstand bietenden Organe eindringen konnten. Wie wir das Atrium genitale und die weiblichen Leitungswege als eine einfache Einstülpung der Körperdecke ansehen können und nach ihrer anatomischen Struktur ansehen müssen, eben so müssen wir den ganzen komplieirten Penis aus einer oft wiederholten Faltung und Faltenbildung der Atriumwandung entstanden denken. Ich habe bei der Untersuchung des Copulationsorgans einer jeden. ı Durressıs, Seconde note sur le Vortex Lemani. Materiaux etc. II. et II. S. 1876. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 341 Speciesder Lagerung der Muskel- und Epithelschichten meine besondere Aufmerksamkeit zugewendet und bin dadurch zu dieser Auffassung geführt worden. Dieselbe ist durchaus keine neue, sie wird bereits durch v. GRAFF vertreten, ich glaube sie nur durch die Untersuchung einer Reihe von Formen gestützt zu haben. Wir können im Baue des Penis mehrere Subtypen unterscheiden. Den einfachsten Fall bieten uns die beiden Cylindrostoma-Arten (Holzschnitt XIV). Wir sehen hier (Taf. XIV, Fig. 4; Taf. XVII, Fig. 6 / Opg Fig. XIV. x Umschlagsstelle der Wandung des Atrium zur Bildung des äußeren Penisrohres Pea. Gültig für die Holzschnitte XIV—XIX. und Holzschnitt), dass die Atriumwandung eine kleine in das Atrium- lumen vorspringende Ringfalte bildet, welche sich nach hinten ein- stülpt und ein Rohr darstellt, das in eine Anzahl hinter einander ge- legener Abschnitte zerfällt, welche durch einfache Pori mit einander in Verbindung stehen. Die in das Atrium vorspringende Papille, sowie das anschließende Rohr sind hier in ihrer Gesammtheit als Penis zu bezeichnen. Der Bequemlichkeit wegen habe ich den einzelnen Abschnitten verschiedene Bezeichnungen Pe, Pev, Vs zu Theil werden lassen. Dieser Subtypus / schließt sich an das noch einfachere Ver- hältnis von Mesostomum tetragonum v.Grafl, wo, nach v. Grarr’s Darstellung, das durch die Einstülpung entstandene Rohr keine der- artige Differenzirung in besondere Abschnitte zeigt, wie dies bei CGylindrostoma der Fall ist. Etwas komplieirter wird schon der ganze Apparat bei Cylindro- stoma quadrioculatum (Taf. XVII, Fig. 6), wo wir in allerdings noch sehr unvollkommener Weise den Beginn einer. Penisscheide wahrnehmen, ich habe dies in der speciellen Beschreibung des Ge- naueren besprochen, An Gylindrostoma schließen sich an Monoophorum stria- tum und Plagiostoma Lemani. Bei dem ersteren (Taf. XIX, Fig. 8) sehen wir, dass sich die Atriumwandung einfach einstülpt und in die 3429 Ludwig Böhmig, Bildung eines ungemein langen einfachen Rohres übergeht. Dieses Rohr setzt sich dann fort, resp. es erweitert sich zu einem großen blasenartigen Abschnitt, in welchen, wie bei Gylindrostoma, der letzte Theil des Penis, die Samenblasen (es sind hier deren zwei vor- handen), einmünden. Da nun aber das Rohr, welches durch die Ein- stülpung der Atriumwand entstanden ist, eine sehr bedeutende Länge besitzt, stülpt es sich im Ruhezustande nach außen um (siehe Holz- schnitt XV) und bildet ein den oberen Theil des ersten Rohres um- hüllendes zweites, an das sich der blasig erweiterte Theil des Penis anschließt. Wir können nun dies äußere Rohr als den einfachsten Fall einer Penisscheide {Psi) betrachten; dieselbe wird aber natürlich sofort verschwinden, wenn sich der Penis behufs Einführung in die Genital- öffnung eines anderen Individuums entwickelt; der Penis in halb vor- gestoßenem Zustande — er macht dann einen äußerst komplieirten Eindruck — ist auf Taf. XIX, Fig. 9 nach einem Präparate dargestellt, in ganz vorgestoßenem Zustande schematisch in Holzschnitt XVI. Ähn- lich verhält sich Pl. Lemani. Hier ist jedoch (Taf.XVIII, Fig. 2) in so fern eine weitere Differenzirung aufgetreten, als sich das äußere Rohr (Psı) hinsichtlich seiner Beschaffenheit (Dicke der Muskellagen etc.) auf- fallend anders verhält, als das Rohr Pei und in so fern der blasenartig erweiterte Abschnitt nicht mehr in der Weise auffallend hervortritt, wie dies bei Monoophorum und Cylindrostoma der Fall war. Derart gebaute Penes gehören zum Subtypus /I. Die Subtypen IJ/ und IV sind dadurch charakterisirt, dass im Ruhezustand die Wandung des Atriums eine in das Lumen desselben vorspringende Ringfalte bildet, welche sich noch ein oder mehrere Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 343 Male ein- und ausstülpt (Holzschnitt XVII u.XVIM). Wir erhalten dann eine Reihe von fernrohrartig in einander geschachtelten Rohren ver- schiedener Länge. Das oder die äußeren Rohre werden als Penis- scheiden (Ps) bezeichnet, das innere Rohr als Penisrohr (Pe). Fig. XVII und XVII. xx Einfaltungsstelle der Atriumwandung zur Bildung der Penisscheide. Es ließ sich nun bei allen Plagiostominen durchführen , je zwei Rohre, welche an ihrem, dem Atriumlumen zugewandten Theile in ein- ander übergingen, hingegen in dem abgewandten Theile nicht mit ein- ander verbunden waren, mit Ausnahme der beiden innersten, als eine Penisscheide aufzufassen. Ich habe nun, um möglichste Übersichtlichkeit zu erzielen, stets, wenn mehrere Penisscheiden vorhanden waren, die äußerste mit Ps, die zweite mit Ps’, die dritte mit Ps” bezeichnet. Jede - derselben besteht aus zwei Rohren, einem äußeren Psa (Ps’a etc.) und einem inneren Psi (Ps’i). Handelt es sich nicht um das betreffende Rohr als solches, sondern nur um einen Theil seiner Wandung, so wurde ein kleiner Anfangsbuchstabe verwendet; psa heißt demnach Theil der Wandung des äußeren Rohres der äußeren Penisscheide. Nach dieser Abschweifung wende ich mich zu den nach Sub- typus III gebauten Copulationsorganen. Dieselben sind vertreten bei Pl. Girardi, reticulatum, ma- eulatum, bimaculatum, siphonophorum. Wie aus den betreffenden Abbildungen (Taf. XVII, Fig. 19; Taf. XVII, Fig. 12; Taf. XVII, Fig. 1; Taf. XIX, Fig.5 und den Holzschnitten XVII und XVIII) hervorgeht, sind hier ein oder zwei Penisscheiden vor- handen, welche den hinteren, freien Theil des Penisrohres um- geben. Ihre Länge ist natürlich eine sehr verschiedene. Ungemein - kurz ist die Penisscheide bei Pl. Girardi (Taf. XVII, Fig. 19 Ps), auf- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bad. 93 344 Ludwig Böhmig, fallend lang hingegen bei Pl. reticulatum und Pl. maculatum (Taf. XVII, Fig. 4 Ps; Taf. XVII, Fig. 12 Ps). Zwei Penisscheiden, eine äußere und eine innere, besitzt Pl. siphonophorum (Taf. XIX, Fig. 5 Ps und Ps’). Behufs Bildung des innersten, des Penisrohres (Pe), bildet das in- nere Rohr der Penisscheide (resp. der inneren Penisscheide) eine in das Lumen von Ps, resp. Ps’ vorspringende Ringfalte, welche sich nach innen einstülpt und ein Rohr bildet, das häufig, nicht immer, in seinem Endabschnitte blasig erweitert ist und in die Samenblase übergeht. In seinem freien in das Lumen der Penisscheiden ragenden Theile ist also das Penisrohr von zwei Rohren gebildet, welche eine kleine Papille formiren. Das Äußere dieser Rohre trägt die durchgehende Bezeich- nung Pea, das innere Per; Pea und Pei bilden das Penisrohr Pe. Der /V.Subtypus unterscheidet sich von dem III. durch den Besitz einer zweiten, resp. dritten Penisscheide. Hierher gehören die Copu- lationsorgane von P]. sul- phureum und Vorticeros auriculatum (Taf. XVII, Fig. 15, 16 und Taf. XVII, Fig. 3). Diese dritte Penisscheide hat aber eine durchaus an- dere Lage als diejenigen der Formen, welche dem Subty- pus /]] angehören. Sie um- giebt nämlich, ähnlich wie bei Monoophorum undPI, Lemani, den oberen vor- Fig. XIX. deren, nicht in das Atrium vorspringenden Theil von Per (Holzschnitt XIX). Sie entsteht dadurch, dass sich das sehr lange Penis- rohr (Peı) in seinem vorderen, der Samenblase genäherten oder in der- selben liegenden Theile nach außen umfaltet, und so ein Pei um- hüllendes, nach hinten verlaufendes Rohr bildet (Holzschnitt XIX Ps”i), welches in der Nähe der hinteren (unteren) Penisscheiden sich wiederum nach außen stülpt, und auf diese Weise ein neues zu äußerst gelegenes Rohr bildet (Holzschnitt XIX Ps’a), welches in die Wandung der Samen- blase übergeht. Diese Penisscheiden können, resp. müssen bei der Ausstülpung des Penis verstreichen, wie ich dieses bei Vort. aurieulatum im speeiellen Theile an der Hand abgebildeter Präparate genauer erläutert habe. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien, II. 345 Bezüglich aller Details muss ich auf die speciellen Beschreibungen verweisen. Die Samenblase steht in Verbindung mit den Hoden. Bei jenen Formen, bei denen Hoden und Samenblase weit von einander entfernt liegen, Monoophorum striatum, CGylindro- stoma quadrioculatum und Klostermannii, dienen zur Verbin- dung zwei Vasa deferentia, welche getrennt, oder in ihrem Endtheil vereinigt in die Samenblase münden. Nächst derselben, also in ihrem Endabschnitte, sind diese Vasa deferentia bei Cylindrostoma mächtig erweitert und mit Massen von Samenfäden erfüllt; v. Grarr hat diesen Abschnitt als falsche Samenblasen bezeichnet. Die auch mit diesem Namen bei Monoophorum striatum belegten Gebilde sind jedoch nicht »falsche«, sondern » wahre« Samenblasen, welche in den blasen- artig erweiterten Abschnitt des Penis münden. Die Wandung der Vasa deferentia ist muskulös, und zwar besteht dieselbe aus äußeren Längs- und inneren Ringmuskeln. Sie werden ausgekleidet von einem zarten Epithel, welches lange, nach hinten gerichtete Flimmerhaare besitzt. Ob sich diese auch in den End- anschwellungen, den falschen Samenblasen finden, weiß ich nicht. Die beiden Samenblasen von Monoophorum striatum setzen sich scharf von den Vasa deferentia ab und sind äußerst muskulös. Ich fand an ihnen drei Muskelschichten, nämlich von außen nach innen fortschreitend: Längsmuskeln, Ringmuskeln, Längsmuskeln. Am mäch- tigsten, ja geradezu enorm entwickelt sind hier die Ringmuskeln. Das kernhaltige Epithel entbehrt der Cilien. Nach v. Grarr's und Jexsen’s Untersuchungen sind auch die Vasa deferentia der Monotiden mit Flimmerepithel ausgekleidet; dasselbe soll, eben so wie eine Muscularis, nach Iısıma bei Trieladen fehlen, die Vasa deferentia werden von einem einfachen Epithel gebildet. Die Hoden der Plagiostomina erstrecken sich im Gegensatz zu Monoophorum und Cylindrostoma bis dicht an die Samenblase. Ich habe mich nur bei Pl. Girardi von dem Vorhandensein eines kur- zen (unpaaren?) Vas deferens überzeugen können. Harızz giebt ein Vas deferens für Vorticeros luteum H., zwei für Vorticeros Schmidtii H. an; ich glaube ein solches gesehen zu haben, bin jedoch von seiner Existenz nicht vollkommen überzeugt. Ich bemerkte zwi- schen Hoden und Samenblase Spermatozoenbündel, es ließ sich aber nicht entscheiden, ob diese Spermabündel innerhalb eines Vas deferens oder nur in Parenchymlücken gelegen waren. Sicher fehlen Vasa deferentia bei Pl. retieulatum, die Samen- blase besitzt hier an ihrem vorderen, dem Hoden zugewandten Theile 33* 346 Ludwig Böhmig, eine relativ große Öffnung, durch welche die Spermatozoen eintreten können. Wahrscheinlich ist es, dass sich solche Kanäle bei allen den For- men nicht finden werden, bei welchen die Hoden bis direkt an die Samenblase reichen. Die Beziehungen zwischen Samenblase und Sekretreservoir sind von v. GrAFF beschrieben worden. Wir finden bei den Plagiostomina allgemein eine für Korn- sekret und Samenfäden gemeinsame Blase. In einzelnen Fällen wird jedoch in so fern eine Trennung vorbereitet (Pl. maculatum), als an einer Stelle die Samenblase halsartig eingeschnürt erscheint und so in zwei Abschnitte zerfällt, von denen der vordere zur Aufnahme des Kornsekretes, der hintere der Samenfäden dient. Bei jenen Formen, bei denen eine derartige schon äußerlich wahr- nehmbare Sonderung noch nicht durchgeführt ist, liegen die Korn- sekretmassen im vorderen Theile der Blase und umhüllen die Sperma- massen mantelartig, oder aber das Kornsekret ist gleichmäßig in der ganzen Blase vertheilt und von den Samenfäden durchsetzt. Sehr spär- lich ist dasselbe bei Pl. Lemani. Innerhalb der Vesicula seminalis von Gylindrostoma findet sich durchaus keine Substanz, welche als Kornsekret gedeutet werden könnte, hingegen münden mächtige Drüsenmassen in den vor der Vesicula seminalis gelegenen blasigen Endabschnitt des Penis. Als Vesicula granulorum kann man diese Blase, wie ich glaube, jedoch nicht bezeichnen, sie dürfte vielmehr morphologisch dem sehr muskulösen blasigen Endabschnitt des Penisrohres von Monoopho- rum striatum, Pl. bimaculatum und maculatum entsprechen, in welchen bei den beiden letztgenannten Arten auch Drüsen ein- münden. | Im Grunde genommen ist es gleichgültig, ob man die betreffende Blase Vesicula granulorum nennt oder nicht, ob dieselbe durch Ab- schnürung aus der Samenblase oder dem Penisrohr entstanden ist; schließlich ist auch die Samenblase nur ein modificirter Theil des Penisrohres, resp. in letzter Linie des Atrium genitale. 2. Speeieller Theil. I. Plagiostoma Girardi v. Graff var. maj. Plagiostoma Girardi erreicht eine Länge bis zu 3,5 mm, bei einem größten Breitendurchmesser von ca. !/, mm. | Der Körper des ruhig schwimmenden Thieres besitzt seine größte Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 347 Breite in der zweiten Hälfte des Körpers. Nach hinten verjüngt er sich allmählich und geht über in einen stumpfen Schwanz; nach vorn ist die Abnahme des Breitendurchmessers eine unbedeutende; das Kopf- ende, nach v. Grarr abgerundet, möchte ich eher als stumpf-dreieckig bezeichnen. Die Formen, gerade des Kopfes, wechseln allerdings ziemlich bedeutend; gelegentlich beobachtete ich hinter dem Kopfe, un- gefähr der Pharynxgegend entsprechend, eine schwache halsartige Einschnürung, die jedoch unabhängig ist von der am lebenden Thiere schwierig wahrnehmbaren Wimperrinne. Die Farbe des Thieres ist rein milchweiß, nur der Darm schimmert grau oder gelblich durch. v. Grarr! hat Plagiostoma Girardi in Fig. 10, Taf. XVII abge- bildet; auf die meisten der von mir beobachteten Exemplare wäre, was Farbe und Form anbetrifft, Fig. 12 der ceitirten Tafel, welche Plagiostoma ochroleucum darstellt, eben so gut anwendbar ge- wesen. Das Epithel besteht aus polygonalen, glattrandigen Zellen, deren Durchmesser zwischen 10,24 und 43,441: schwanken. Im allgemeinen Theile habe ich bereits darauf hingewiesen, dass die Grenzen der Epithel- zellen hier am lebenden Thiere relativ leicht beobachtet werden können, insbesondere an jüngeren Individuen. Auch der zahlreichen das Epithel erfüllenden Schleimstäbchen, sowie ihrer Zusammensetzung aus kleinen Körnchen habe ich Erwähnung gethan, und weise ich hier auf die be- treffenden Angaben hin. Unterhalb des Epithels finden wir die individuell mehr oder weniger - mächtig entwickelte Basalmambran , welche bei einzelnen Exemplaren eine Dicke von ca. 2,19 u erreichte, bei anderen nur alsein feiner Streif von ca. 0,7 u nachweisbar war. In seltenen Fällen fehlte sie strecken- weise vollständig. Entsprechend den langsamen und trägen Be- wegungen des Thieres sehen wir den Hautmuskelschlauch nur schwach ausgebildet; er besteht aus zwei Schichten, Ring- und Längsmuskeln, die Schicht der gekreuzten Fasern habe ich nicht auffinden können, eben so scheinen dorsoventrale Muskelfasern gänzlich zu mangeln. Die Hautdrüsen im engeren Sinne (man vergleiche das im allge- meinen Theile Gesagte) bilden ein kontinuirliches Lager von wechselnder Mächtigkeit unterhalb des Hautmuskelschlauches. Für gewöhnlich sind sie in zwei Schichten angeordnet, seltener in drei oder mehr. Die Drüsenzellen sind stets membranlos, von birn- oder retorten- förmiger Gestalt, und enthalten einen runden ca. 7,3--10,25 u im 1 v. GRAFF, Monographie. 348 Ludwig Böhmig, Durchmesser messenden, zumeist excentrisch gelegenenKern, in welchem ein Kernkörperchen von ca. 2,92—3,65 u Durchmesser enthalten ist, das sich, wie überhaupt der ganze Kern, sehr intensiv färbt. Nach dem Sekrete, welches diese Drüsenzellen produeiren , können wir dieselben in zwei resp. drei Kategorien bringen. '- Die erste umfasst diejenigen, welche die Schleimstäbchen bilden. Das Plasma solcher Zellen färbt sich nur wenig, blassroth (Pikro- ‘ karmin), leicht violett (Alaunkarmin), und es treten in ihm alsbald kleine Körnchen oder Stäbchen auf, welche einen ziemlich starken Glanz besitzen und sich anfänglich röthlich (Pikrokarmin), späterhin rein gelb färben. Je größer die Anzahl der auftretenden Körnchen, desto geringer das Tinktionsvermögen des Plasmas der Drüsenzelle. Die Körnchen bilden die Schleimstäbehen und verschmelzen häufig, insbesondere bei An- wendung von Säuren, zu wurstähnlichen Massen. Nur ganz vereinzelt fand ich die Drüsenzellen der zweiten Kate- gorie: Sie sind an Alaunkarminpräparaten leicht kenntlich durch einen eigenthümlich roth-violetten Farbton und durch ihr Sekret, welches aussehrkleinen, sich stark violettfärbenden Stäbchenbesteht. Gegen den Ausführungsgang der Zelle ordnen sich die Stäbchen in der Weise an, dass die Zelle in jener Gegend wie gestreift erscheint. In Form und Größe stimmen diese Drüsenzellen mit den ersterwähnten überein, In einer Anzahl von Drüsenzellen, deren Plasma von einer fein- körnigen nur wenig tingirbaren Substanz gebildet wurde, fiel mir ein System dunkler Linien auf, durch welche der ganze Drüseninhalt in Bezirke zerlegt wurde. Da ich nie ein Sekret in diesen Zellen nach- weisen konnte, so erscheint es mir fraglich, ob wir es hier mit einer besonderen Art von Drüsen zu thun haben, oder ob es sich nur um be- sondere physiologische Zustände einer der beiden oben erwähnten Drüsenarten handelt. Einzelne meiner Präparate sprechen allerdings dafür, dass eine besondere Art von Drüsen vorliegt. Innerhalb der wasserklaren Räume im Epithel finde ich nämlich hier eine Substanz, welche große Übereinstimmungmit dem Inhalte dererwähnten Drüsen zeigt. Anderer- seits aber ist hervorzuheben, dass ich bei allen übrigen Formen, sowie bei den meisten Exemplaren von Plagiostoma Girardi keinen Zu- sammenhang dieser Räume mit Drüsen habe nachweisen können, und dass fernerhin auch zahlreiche wasserklare Räume vorhanden sein können, wo Hautdrüsen überhaupt oder fast vollständig fehlen. Ich muss es also dahin gestellt sein lassen, ob diese Drüsen als einer eigenen Kategorie angehörig zu betrachten sind oder nicht. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 349 Die gewaltigen Drüsenmassen im Kopfabschnitte des Thieres liegen zum größten Theile vor und über dem Pharynx, in der Umgebung besonders oberhalb des Gehirns (Taf. XIII, Fig. 10 Xpdr), zum kleineren Theil unterhalb und zu Seiten des Pharynx resp. der Schlundtasche. In Folge der dichten Lagerung haben die meisten Drüsenzellen ihre rundliche Form aufgegeben und eine polygonale Gestalt ge- wonnen, nur die am Rande oder isolirt liegenden haben ihre ur- sprüngliche Form bewahrt (Taf. XII, Fig. 10 Apar’). Die ebenfalls dicht gedrängt liegenden Ausführgänge finden wir theils vor dem Gehirne, teils hinter demselben. Diese letzteren biegen um und ziehen nach vorn, um gemeinsam mit den ersteren dicht unter- halb der Körperspitze die Epithelzellen zu durchbohren und nach außen zu münden (Taf. XIII, Fig. 10 a). Jene Drüsenpackete, welche zu Seiten und hinter der Schlundtasche sich finden, senden ihre Ausführ- gänge zur Umgebung des Mundes. Im Allgemeinen besitzen diese Drüsenzellen die Gestalt langge- stielter Kolben oder Keulen. Ihre Länge schwankt zwischen 16 und 30 u (ohne Ausführgang), ihre Breitendurchmesser zwischen 10,9 und 18,2 u. Die Bildung des Sekretes gerade dieser Drüsenzellen habe ich im allgemeinen Theile eingehend geschildert. An jener Stelle habe ich auch jenes eigenthümlichen mit x (Fig. 40) bezeichneten Gebildes gedacht, welches wir hier zwischen Gehirn und den oberen Drüsen- packeten finden. Außer diesen Drüsenkomplexen sind im Kopf noch isolirt liegende größere Drüsenzellen (Fig. 10 Kpdr’”’) vorhanden, deren Sekret sich mit Pikrokarmin nicht gelb, sondern tief roth färbt. Dieselben besitzen durchschnittlich eine Länge von 25,5 u bei einer Breite von 40,9 u. Der Durchmesser des central gelegenen runden Kernes beträgt ca. 7,3 u. Fast eben so reich wie das vordere Körperende an Drüsen ist auch das hintere; wie bekannt, umstellen sie hier kranzartig den Porus genitalis und einen Theil des Atrium genitale (Taf. XVII, Fig. 19 sdr). Die einzelnen Drüsenzellen sind zum Theil von bedeutender Länge, bis zu 40 u, ihre Breite schwankt zwischen 8,7 und 13 «u. Das Plasma der birnförmigen Zellen färbt sich nur wenig, hingegen nehmen die Sekretkörner, deren Diameter 0,7—1,4 u betragen, sehr begierig Farbstoffe auf. Sie färben sich gelb mit Pikrokarmin, dunkel braun- violett mit Alaunkarmin, Hämatoxylin verleiht ihnen eine eigenthümliche gelbbraune Farbe. Nicht selten verschmelzen die einzelnen Körner - zu größeren unregelmäßigen Klumpen. 350 Ludwig Böhmig, Die runden oder ovalen Kerne (ca. 5,84—7,3 u Durchmesser) ent- "halten fast stets ein ca. 2,92 u großes, rundes, excentrisch gelegenes -Kernkörperchen. Ein großer Theil jener Drüsenzellen, welehe nach hinten vom Genitalapparat und mehr der Dorsalseite genähert liegen, entsendet seine Ausführgänge in die Schwanzspitze. Die Ausführgänge durch- bohren die Epithelzellen. Das Sekret, welches sich in diesen Drüsen findet, ähnelt sehr dem der oben beschriebenen und scheint eine klebrige Beschaffenheit zu besitzen, wodurch das Thier befähigt wird, sich an seiner Unterlage festzuheften. Wir können diese Zellen daher mit dem Namen von Klebdrüsenzeilen belegen. Die Mundöffnung ist ungefähr !/, der Körperlänge von dem vorderen Körperpole entfernt, sie liegt, wie v. GRAFF angiebt, hinter dem Gehirne und führt in eine Schlundtasche, welche sich an der oberen Hälfte oder dem oberen Dritttheile des Pharynx anheftet. | Der Pharynx selbst ist tonnenförmig und schräg nach vorn ge- richtet (Taf. XIII, Fig. 10 Ph). Seine Länge schwankt zwischen 160 und 210 u, die Höhe zwischen 96 und 173 u, die Breite von 130 bis 19271. Das Pharynxlumen, von variabeler Weite und nicht selten un- regelmäßiger Gestalt, wird ausgekleidet von einem niederen Epithel, (ep Taf X:ıV, Fig. 5), auf das eine nur schwach ausgebildete Längs- muskelschicht (ilm) folgt. Weit mächtiger ist die stets sehr deutlich wahrnehmbare innere Ringmuskelschicht (irm). Die nur schwach entwickelten äußeren Muskelschichten lassen in ‚ ihrer gegenseitigen Lagerung kein ganzkonstantes Verhältnisbeobachten. Am freien Theil des Pharynx, vor seiner Anheftung an die Schlund- tasche, fand ich bei einer Anzahl von Individuen entsprechend dem von v. GrAFF aufgestellten Schema unterhalb des Epithels Ringmuskeln, auf welche nach innen Längsmuskeln folgten, häufig jedoch war das umge- kehrte Verhältnis vorhanden, außen Längsmuskeln, nach innen Ring- muskeln;; in anderen Fällen kreuzten sich die beiden Muskelschichten, sodass es geradezu umöglich war, die eine oder andere als äußere resp. innere zu bezeichnen. Die zahlreichen Radiärmuskeln (rdm) sind dünn, sie spannen sich in der bekannten Weise zwischen den inneren und äußeren Muskel- schichten aus. Auf Längsschnitten beobachtete ich zarte Längsfaserzüge, welche ungefähr in der Mitte des Pharynx an den äußeren Muskelschichten in- serirten und gegen den Pharynxmund zogen. ; An Drüsen ist dieser Pharynx ungemein reich; sie beanspruchen Untersuehungen über rhabdocöle Turbellarien. II. | 351 weitaus den größten Theil des Raumes der Pharynxwand, zwischen ihnen ist nurrelativ spärliches parenchymatöses Gewebe wahrnehmbar. Wenn auch an gut konservirten Präparaten kein Zweifel obwalten kann, dass jene zahlreichen Zellen im Pharynx (Taf. XIV, Fig. 3 phdr), die ich als Drüsenzellen in Anspruch nehme, in der That solche sind, so können minder gute Präparate darüber Zweifel aufkommen lassen, da die Zellgrenzen sehr wenig scharfe und oft ganz verwischt sind. Die Drüsenzellen sind von rundlicher oder birnförmiger Gestalt, ihre Länge wechselt zwischen 8,76 und 21,9 u, ihre Breite zwischen 5,84und 10,95 u. Ihr Plasmaleib färbt sich bald mehr bald weniger stark ; das Plasma selbst ist feinkörnig, oft fast homogen. Sekret in Form von Körnchen habe ich nie in ihnen wahrgenommen, ich schließe daraus, dass dasselbe ungeformt ist, und die Drüse gleichmäßig erfüllt. Sehr deutlich treten stets die intensiv gefärbten Kerne dieser Drüsen hervor. Ihr Durchmesser schwankt zwischen 5,4 und 8,76 u, je nach der Größe der Zellen. Sie besitzen eine runde oder leicht ovale Gestalt und um- schließen fast stets ein kleines Kernkörperchen. Wenn auch die Umgebung des Pharynxmundes als die bevor- zugteste Stelle für die Ausmündung der Pharyngealdrüsen gelten kann, so finden wir doch zahlreiche Drüsen, deren Ausführgänge sich direkt in das Pharynxlumen öffnen. Außerhalb des Pharynx, zwischen diesem und dem Anfang des Darmes liegen Drüsen in nicht gerade großer Anzahl, deren Ausführgänge in den Pharynx eintreten, um entweder in das Lumen desselben ihr Sekret zu ergießen oder bis zum Pharynxmunde zu ziehen und hier erst auszumünden. Wesentliche Unterschiede zwischen diesen Drüsen und jenen innerhalb des Schlundkopfes habe ich nicht auffinden können. Während für Polycladen, Trieladen und Monotiden das Vorhandensein von Nerven innerhalb des Pharynx schon seit längerer Zeit erwiesen ist, war uns bis nun über die Innervirung des Schlund- kopfes der Plagiostomina nichts bekannt. Ich habe mich nun über- zeugen können, dass dicht hinter jener Stelle, wo sich die Schlundtasche anheftet, jederseits ein relativ dicker Nerv in den Pharynx eintritt (Taf. XIV, Fig. 5 Phn). Leider gelang es mir nicht, diesen Nerven zu verfolgen, da er sich alsbald in feine Zweige aufzulösen scheint. Zur Bewegung des Schlundkopfes dienen zahlreiche Muskeln, welche sich zwischen demselben und dem Hautmuskelschlauch aus- spannen, ein Theil derselben fungirt als Protraktoren, ein Theil als Retraktoren. Der geräumige Darm ist einfach sackförmig. Die durch die Ge- 353 Ludwig Böhmig, schlechtsorgane verursachten Eindrücke sind selbst bei geschlechts- reifen Thieren flach und unbedeutend. Nur in seinem letzten Ab- schnitte erleidet er eine größere Volumverminderung durch die sich gewaltig ausdehnende Samenblase. Dieser letzte Abschnitt macht dann den Eindruck eines Blindsackes, welcher die Vesicula seminalis von oben bedeckt. Zum Vergleiche der Größe des Thieres und seines Darmes seien einige Zahlenangaben gestattet: Länge des Thieres im kons. Zust. 1.1595 « 11.950 u. Länge des DarmesI. 870 u 11.731 u. Höhe » » »» » 507u 600u. Höhe » » 360u 321u. Breite » » DE » 464u 365 u. Breite » » 472u 200 u. Die Darmzellen sind von keulenförmiger oder kolbiger Gestalt und ziemlich gleichmäßiger Höhe. Dieselbe beträgt durchschnittlich 70 — 76,8 u, die mittlere Breite der Zellen ea. 10,24 u. Über ihre Struktur habe ich bereits im allgemeinen Theile gesprochen, und ich erwähne hier nur, dass die Abgrenzung der einzelnen Zellen von einander häufig eine sehr undeutliche verschwommene ist. Die Größe der in der Basis der Zellen gelegenen Kerne schwankt zwischen 6,4 und 8,76 u. Sie färben sich stets sehr deutlich und lassen ein zierliches Kernnetz und ein Kernkörperchen von ca. 2,19 u Durch- messer wahrnehmen. Besondere Erwähnung verdienen die Zellen, welche den Theil des Darmes, welcher sich an den Pharynx anschließt, bilden. Nächst dem Darmmunde besteht nämlich das Darmepithel aus cylindrischen, sehr deutlich von einander abgegrenzten Zellen von ca. 29 u Höhe und 7,3 u Breite (Taf. XIV, Fig. 5 dep’). Das Zellplasma, welches sich im Basaltheil besonders stark färbt, ist von fast homogener Beschaffenheit. In ihrem oberen, dem Darmlumen zu- gewandten Theil sind die Zellen blasser und bedeckt von einer sich sehr scharf abhebenden und stark färbenden Cuticula von ca. 1,09 u Durch- messer, welche ca. 5,84 u lange, relativ dicke aber blasse Cilien trägt. Unterhalb der Quticula findet sich zuweilen in jeder Zelle ein einziges, seltener mehrere Körnchen, deren Tinktionsvermögen bald weitaus stär- ker ist als das des Zellplasmas, bald demselben gleichkommt. Ist nur ein solches stark färbbares Körnchen vorhanden, so gewinnen die Zellen ein eigenthümliches Aussehen, welches mich anfänglich zu einer ganz falschen Auffassung dieser Zellen verleitete. | Die runden Kerne liegen in der Mitte der Zellen und färben sich sehr stark. Ihr Diameter beträgt 1,38—5,11 u. Diese Zellen gehen dadurch, dass ihre Form eine mehr kolbige wird und Vacuolen in ihnen autees in die typischen Darmzellen Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. I. 353 über. In Folge dieses allmählichen Überganges halte ich es auch nicht für angezeigt von einem besonderen Ösophagusabschnitte des Darmes zu sprechen. — Das Gehirn, der Centraliheil des Nervensystems, liegt vor dem Pharynx und ist allseitig von Parenchymgewebe umhüllt. Es besteht aus zwei symmetrischen Hälften von stumpf kegelförmiger Gestalt (Taf. XX, Fig. 8), welehe durch eine breite Commissur verbunden werden. Bei anderen Individuen ist die Gesammtform des Gehirns eine mehr biskuitförmige. Stets bemerken wir auf der vorderen und hinteren Fläche einen tiefen Einschnitt in der Medianebene; auf der oberen und unteren Fläche sind diese Einschnitte durch seichtere Ein- kerbungen oder Furchen repräsentirt. Wie die Form, so ist auch die Größe Schwankungen unterworfen, als Durchschnittsmaße können für die Länge 80 u, für die Breite 160 « und die Höhe 80 u gelten. Über den allgemeinen Bau des Gehirns habe ich bereits früher gesprochen, und ich beschränke mich hier auf einige wenige ergän- zende Angaben und die Namhaftmachung der Nerven. Die Ganglienzellenrinde ist bei den meisten Individuen eine kon- tinuirliche, bei einzelnen tritt jedoch in der Medianlinie der Punktsub- stanzballen frei hervor. Die Ganglienzellen bilden gewöhnlich zwei Schichten, an einzelnen Stellen ist jedoch nur ein einfacher Zellenbelag vorhanden, so insbesondere nächst der Umgebung der Mittellinie. Größere Zellanhäufungen fand ich in der Umgebung der Augen. Der Punktsubstanzballen zeigt überall ein annähernd gleiches Gefüge, mit Ausnahme der um die Augen gelagerten Partien, dort ist die Punkt- substanz wesentlich zarter und feinmaschiger. Bezüglich der Zahl der aus dem Gehirne entspringenden Nerven stimme ich mit v. Grarr ! vollständig überein. Es sind jederseits sechs Nerven vorhanden, von denen einer allerdings alsbald nach seinem Austritt in drei kräftige Äste zerfällt. Nervus I (Taf. XX, Fig. 8 n]) entspringt von der vorderen Fläche des Gehirns, unterhalb und etwas seitlich von den Augen. Sofort nach seinem Austritt zerfällt er in drei Äste, von denen der mittlere r/ weitaus der stärkste ist. Der Ramus r] verläuft ziemlich gerade nach vorn, r/!’ nach vorn und abwärts und r]’ nach vorn und aufwärts; sie versorgen demnach den ganzen Kopf- theil des Thieres. Ganglienzellen finden wir in allen drei Ästen, jedoch nur in spärlicher Anzahl. Unterhalb des Hautmuskelschlauches lösen sie sich zu einem zarten Plexus auf, in welchem Ganglienzellen eingelagert sind. 1 v. GRAFF, Monographie: 354 Ludwig Böhmig, Die Nervenfasern von n/ scheinen zum größten Theile wenigstens dem vorderen ventralen Theile des Punktsubstanzballens zu entstammen. Auf der ventralen Seite des Ganglions tritt ein ca. 11 u dicker Nerv (nII) aus, welcher sich in leichter $S-förmiger Biegung zur Bauchfläche begiebt und hier mit einem kleinen Ganglion in Verbindung tritt, das - seinerseits mit ganglienähnlichen Anschwellungen des n/ in Verbindung zu stehen scheint. Es ist möglich, dass noch ein dünner, zarter Nervenstrang von der Bauchfläche des Ganglions ausgeht, doch habe ich mich nicht mit genü- gender Sicherheit von seiner Existenz bez. Konstanz überzeugen kön- nen; er ist in das Schema auch desshalb nicht eingetragen worden. Von der Hinterfläche, dem Seitenrande genähert, entspringt der kräftigste aller Nerven, der Längsnerv nJII. Ich konnte diesen Nerven, welcher an seiner Austrittsstelle einen Dickendurchmesser von ca. 15 u hat, bis in das letzte Körperdrittel des Thieres verfolgen. Die Faser- bündel, welche diesen Nerven bilden, lassen sich bis tief in den Punkt- substanzballen hinein verfolgen. Ihre Bildungsstätten scheinen beson- ders die dorsalen und mittleren Partien des Markballens zu sein. In die Längsnerven sind zahlreiche Ganglienzellen eingelagert. Als Rami des n//I kann man zwei kleinere Nerven auffassen, von denen der eine dorsalwärts, der andere ventralwärts verläuft. Das Ursprungsgebiet beider ist jedenfalls das gleiche, wie das des Längs- nerven. Der in den Pharynx eintretende Nerv dürfte einen Seitenast des ventralen Astes von n/II darstellen, während der dorsale Ast längs des Darmes zu verlaufen scheint. Von der Rückenfläche jeder Ganglionhälfte und zwar dem hinteren Drittel derselben, dem Seitenrande genähert, entspringt ein Nerv, dessen Durchmesser ca. 1% u beträgt, der n/V oder Nervus dorsalis. Nach seinem Austritte wendet er sich zunächst nach vorn, macht dann eine knieförmige Biegung nach rückwärts und erreicht allmählich an- steigend die Rückenfläche des Thieres. Er zieht dicht unterhalb des Hautmuskelschlauches nach hinten und ließ sich bis ungefähr in die Körpermitte verfolgen. Das fünfte Nervenpaar nV verlässt das Ganglion an den Seiten- flächen. Die Austrittsstelle findet sich direkt unterhalb oder etwas hinter dem vorhergehenden, eben so ist das Ursprungsgebiet innerhalb des Punktsubstanzballens das gleiche. Als Innervationsgebiet müssen wir die Seitentheile des Thieres ansehen, zu denen sich die Nerven in fast gerader Richtung begeben. Es ist mir sehr wahrscheinlich, dass alle diese Nerven sich an der Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 355 Bildung eines subeutanen Nervenplexus betheiligen, und dass jenes schon früher von mir erwähnte subcutane, am lebenden Thiere ver- mittels Methylenblaus darstellbare Fasergeflecht eben diesen Nerven- plexus bildet, wenn ich auch nicht mit absoluter Sicherheit für die nervöse Natur dieses Fasersystems, wie ich schon früher hervorge- hoben habe, eintreten kann. Von Sinnesorganen besitzt Pl. Girar di Augen, eine Wimperrinne und Tastkörperchen. Die beiden Augen (Taf. XX, Fig. 8 Au) liegen dem Gehirne auf, oder besser, sie sind in die Ganglienzellenschicht desselben einge- senkt. Wir finden sie in der vorderen Hälfte des Gehirns, nahe dem Rande der vorderen und oberen Fläche, ziemlich gleich weit von den Seitenrändern und der Medianebene des Ganglions entfernt. Die Längs- achse der Augen ist parallel der Längsachse des Thieres, die Öffnung des Pigmentbechers ist fast genau seitlich gerichtet. Die Größe der Sehorgane ist individuell etwas variabel; die Längendurchmesser schwankten zwischen 44 und 48 u, die der Breite von 20—29 u, die Höhendiameter endlich zwischen 36,5 und 40 u. Über den feineren Bau der Augen, sowie der übrigen Sinnes- organe ist der allgemeine Theil zu vergleichen. Die Wimperrinne ist auf die Bauchfläche beschränkt, sie bildet hier eine quere mehr oder weniger tiefe Furche in einiger Entfernung vor der Mundöffnung (Taf. XII, Fig. 10 wp). Die Größe der Hoden variirt natürlich sehr, je nachdem wir es mit Individuen zu thun haben, welche die männliche Geschlechtsreife er- reicht haben oder nicht. | Während bei einem jungen Individuum die Länge der Hoden nur ca. 440 u betrug, erreichten sie bei einem anderen Individuum 708 u. Sie erstrecken sich von der Samenblase bis nahe an das Gehirn. Sie nehmen die Ventralseite der Thiere ein, nicht selten verschmelzen sie in der Mittellinie unterhalb des Darmes, von welchem sie, wie auch von Theilen der Keimstöcke und Dotterstöcke, bedeckt werden. Die Form und Größe der Spermatozoen ist von v. GRAFF genau an- gegeben worden, ich habe v. Grarr’s Angaben bis auf einige Details bestätigen können (cf. allgemeiner Theil). Zwischen Darm und Hautmuskelschlauch, ventral von den Hoden, dorsal von den Dotterstöcken begrenzt, finden sich die Keimstöcke. Sie ‚besitzen eine wesentlich geringere Ausdehnung als die männlichen Ge- schlechtsdrüsen und erstrecken sich weder nach vorn noch hinten so weit als diese. Form und Größe der reifen Keime ist bereits früher mitgetheilt 356 Ludwig Böhmig. worden, und es sei hier nur hinzugefügt, dass die größten lebenden Keime, die ich gesehen, zwischen 51,2 und 82,40 u maßen. Die voluminösen Dotterstöcke (Taf. XVI, Fig. 13 Dst) beginnen in der Nähe des Gehirns und ziehen nach hinten bis dicht an den Penis, wo sie die Samenblase bedecken, so weit dies nicht schon vom Darme geschieht. Sie nehmen die Seitentheile, so weit diese nicht von den Keimstöcken beansprucht werden, sowie einen großen Theil der Rücken- fläche des Thieres ein. Auf letzterer werden sie durch zwei breite Brücken mit einander verbunden; oberhalb der Samenblase sind sie ebenfalls einander so genähert, dass es möglicherweise bei einzelnen Individuen zu einer Verschmelzung kommt. Eine Vereinigung der- selben auf der ventralen Seite habe ich nie beobachtet. Der Porus genitalis (Pg Taf. XVII, Fig. 19) liegt auf der Bauchseite am Beginn des letzten Siebentels des’ Körpers und führt in ein weites und hohes Atrium genitale (Atg), dessen Breitendurchmesser bis 410 u, dessen Höhe vom Porus genitalis bis zur Penisspitze bei jenem Indivi- duum, dem Fig. 19 auf Taf. XVII entnommen ist, ca. 480 u betrug. In dem angezogenen Falle liegt der Penis ziemlich senkrecht oberhalb des Porus genitalis; dies ist jedoch durchaus nicht immer der Fall, eben so häufig ist das Atrium schräg nach vorn gerichtet, und es muss dann die Achse, welche ich jetzt als Höhenachse bezeichnet habe, Längsachse genannt werden. Die Wandung des Atriums besteht von außen nach innen fort- schreitend aus Längs-, Ringmuskeln und Epithel. Zwischen Epithel und Ringmuskulatur finde ich Andeutungen einer zarten Basalmembran. Das Epithel (Taf. XVII, Fig. 19aep) besteht aus kubischen oder cylindrischen, Cilien tragenden Zellen, deren Abgrenzungen von ein- ander häufig sehr undeutlich wahrnehmbar sind. Die Höhe der Zellen beträgt 10,95 —14,6 u, ihre Breite 7,3—10,95 u. Im oberen Theile des Atriums sind die Zellen um ein Geringes niedriger. Das mäßig fein- körnige Plasma färbt sich nur schwach. Die runden oder ovalen Kerne hingegen tingiren sich sehr lebhaft, ihre Größe unterliegt nicht unbe- deutenden Schwankungen. Innerhalb der Epithelzellen des. oberen Theiles des Atriums liegen zahlreiche Stäbchen si, welche auch sonst frei im Atriumlumen ange- troffen wurden. Sie sind an beiden Enden stumpf zugespitzt und bestehen aus einer farblosen, sich nicht färbenden, homogenen Substanz. Ihre durch- schnittliche Länge beträgt 5,84 u, die Breite 1,82 u, einzelne erreichten jedoch einen Längendiameter von nicht weniger als 14,6 u, bei einer Breite von 4,38 u. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. Il. 357 Das in seinem oberen Theile bedeutend verengte Atrium (ca. 29 u Durchmesser) bildet eine kleine in das Lumen vorspringende Ringfalte, ein Diaphragma /Ps), welches aus zwei Lamellen, einer oberen und unteren, resp. inneren und äußeren besteht. Die obere innere) La- melle (Psi) biegt noch einmal nach innen um, und setzt sich in den eigentlichen Penis (Pe), den Peniszapfen, fort. Dieser Peniszapfen (Pe) ist ungefähr von konischer Gestalt, seine Länge beträgt ca. 58 u, seine Breite 44 u. Die untere oder äußere Lamelle der Penisscheide (Psa) wird ge- bildet von einem sehr niederen Epithel, das einer dünnen Basal- membran aufsitzt. Unterhalb der Basalmembran liegt eine Schicht von Ringmuskeln, auf welche dünne Längsmuskelbündel folgen. Die obere Lamelle (Psi) setzt sich aus den gleichen Schichten zu- sammen; den Längsmuskeln der unteren Lamelle sind die Längs- muskeln der oberen zugewandt, auf diese folgen dann Ringmuskeln, Basalmembran und Epithel. Der Peniszapfen zeigt einen ganz übereinstimmenden Bau be- treffs seiner Wandungen, nur sind die Muskelschichten (rm und I!m) kräftiger entwickelt und die Epithelschicht (pep) setzt sich zusammen aus 10,95—14,6 u hohen, 5,84—7,3 u breiten Zellen. Das Plasma derselben ist mäßig feinkörnig und färbt sich stark. Die Kerne sind rund, ihr Durchmesser beträgt ca. 4,38 u. Gegen die frei in das Lumen des Atrium oder richtiger in das der Penisscheide (Ps) ragende Penisspitze nimmt die Höhe des Epithels bedeutend ab und geht so allmählich in das sehr niedere Epithel der letzteren über. Ver- stärkt wird die Muskulatur des Peniszapfens (Pe) noch durch einen Längsmuskelzug, welcher sich kurz vor der Bildung der Penisscheide (Ps) von den Längsmuskeln des Atriums abspaltet (Taf. XVII, Fig. 19 !m’) und sich, ohne an der Bildung der Penisscheide Theil zu nehmen, direkt an die Wandung des Penis anlegt. Das obere Ende des Penis setzt sich in einen muskulösen, kurzen nach vorn verlaufenden Kanal fort, wel- cher in die Samenblase (Vs) übergeht. Die Größe der Vesicula sem. variirt natürlich sehr, bei einzelnen Individuen erreichte sie einen Durchmesser von 230 u. Die Muskel- schichten der Samenblase sind dünn (Längs-Ringmuskeln), das Epithel, welches sie auskleidet, ist platt, mit Ausnahme des Blasenhalses, mit welchem Namen ich die Übergangsstelle des eben erwähnten Kanals in die Vesicula seminalis bezeichne (Taf. XVII, Fig. 19 vs). Hier erreichen die Epithelzellen (vs’ ep) die gleiche Höhe und Breite wie im Penis selbst. In der Umgebung des Blasenhalses liegen dicht gedrängt große Massen einzelliger Drüsen, von birnförmiger oder polygonaler Gestalt 358 Ludwig Böhmig, (Längendurchmesser derselben 21,9—51, u, Breitendurchmesser 10,95 bis 18,25 u). Das Zellplasma ist wenig, das feinkörnige Sekret hingegen stark tingirbar. Die Kerne der Drüsenzellen sind rund oder oval und enthalten ein oder zwei kleine Kernkörperchen. Wir müssen diese Drüsen als Kornsekretdrüsen betrachten, das Sekret als Kornsekret. Diejenigen Drüsenzellen, welche die früher erwähnten Stäbchen produeiren, liegen hauptsächlich in der Nachbarschaft des oberen Theiles des Atriums (Taf. XVII, Fig. 19 dr). An Größe kommen sie bei Weitem nicht den Kornsekretdrüsen gleich. Ihre Kerne färben sich weniger stark, als die der Kornsekretzellen, Kernkörperchen wurden nie beobachtet. In die hintere Wand des Atrium genitale mündet ein Kanal ein (Taf. XVII, Fig. 19 ovd), welcher in Verbindung steht mit den Keim- und Dotterstöcken. Seine Entfernung vom Porus genitalis (Pg) ist keine ganz konstante, 30 u kann als Durchschnittszahl gelten. Die Weite dieses Kanales (ovd), den ich als eine Ausstülpung des Atriums auffasse, beträgt 5,84—7,3 u. Seine Wandung setzt sich zusammen aus zwei dünnen Muskellagen, einer äußeren Längs-, einer inneren Ringmuskel- schicht. Ausgekleidet wird er von einem äußerst flachen, aber lange, nach unten gerichtete Cilien tragenden Epithel (ovdep). Der Kanal steigt in fast senkrechter Richtung gegen die Rückenfläche empor, biegt oberhalb des Penis nach vorn um, senkt sich in die Dotterstöcke ein, nachdem er sich vorher in zwei größere Stämme getheilt hat, welche sich nun innerhalb der Dotter-, resp. Keimstöcke reich verästeln. Die aus der Verästelung hervorgegangenen sekundären Kanäle besitzen sehr verschiedene Weite, 5,84—14,6 u. Wenn auch im Allgemeinen die Wandung dieser Kanäle ganz mit der des Hauptkanals (ovd) übereinstimmt, so fand ich doch Strecken, auf welchen die Muskulatur und die Gilienauskleidung sehr undeutlich waren, und ich halte es nicht für ganz unmöglich, dass es sich um zwei getrennte Kanalsysteme handelt, von denen das eine als Exkretions- oder Wassergefäßsystem anzusprechen wäre. Bestärkt werde ich in dieser Auffassung durch den Umstand, dass in jenen Kanälen mit undeutlicher Umgrenzung eine äußerst feinkörnige, ungefärbte Substanz enthalten war, welche in den anderen vollständig fehlte. Wie gelangen die Keime, resp. die Dottermassen in die Ausführ- wege? Sichere Beobachtungen hierüber fehlen mir leider; ich vermuthe, dass die letzten Verzweigungen der Kanäle offen in den Keim-, resp. Dotterstöcken enden. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. Il. 359 In seinem Endabschnitte wird der Kanal umstellt von zahlreichen kleinen, birnförmigen Drüsenzellen (Länge desselben 14,6—18,25 u, Breite 5,84— 7,3 u) dr”), welche ein feinkörniges mit Alaunkarmin bräunlich färbbares Sekret enthalten. Sie münden in den Kanal ein, an dessen Kommunikationsöffnung mit dem Atrium. In der Hauptsache stimmt meine Darstellung des Copulations- organs mit der von v. GRAFF gegebenen überein, in den Einzelheiten finden sich allerdings manche Abweichungen. So muss ich v. GRarFF's Angabe, dass »das kurze, röhrenförmige Copulationsorgan vom Flimmer- epithel ausgekleidet ist«, in Abrede stellen, eben so, dass in diesen letz- teren Abschnitt des »Penis« mächtige accessorische Drüsen einmünden. Weiterhin muss ich im vorliegenden Falle »die beiden, meist stark angeschwollenen Vasa deferentia« v. Grarr’s als Theile der Hoden selbst in Anspruch nehmen. Es ist, wie ich schon früher zu bemerken Ge- legenheit hatte, bei Pl. Girardi wahrscheinlich nur ein kurzes Vas deferens vorhanden, welches die Verbindung der dicht bis an die Ve- sieula seminalis reichenden Hoden mit derselben herstellt. Was ich über das » Wassergefäßsystem« zu bemerken habe, findet sich im allgemeinen Theile. Plagiostoma Girardi var. min. n. v. Ich fand dieses kleine Turbellar gelegentlich eines Aufenthaltes in Triest in vier Exemplaren, sämmtliche vollständig geschlechtsreif. Als kleinere Varietät von Plagiostoma Girardi bezeichne ich dieses Thierchen desshalb, weiles in Form, Farbe und in seinem anatomischen Baue bis in Details mit Pl. Girardi v. Graff übereinstimmt. Die wesentlichste Differenz beruht auf dem Unterschied der Größe. Es ist kaum halb so lang und breit als die größere Varietät. Eine weitere Differenz, von der ich jedoch nicht weiß, ob sie kon- stant ist, beruht im Baue des Parenchymgewebes. Ich konnte hier, wie ähnlich bei Plagiostoma bimaculatum und maculatum innerhalb des Parenchymsjene lakunenartigen Räume konstatiren, welche unter einander durch Kanäle in Verbindung stehen, und welche von einer eigenthümlichen, sich äußerst intensiv färbenden Substanz erfüllt sind. Trotz eifrigen Suchens ist es mir bei einem späteren Aufenthalte in Triest nicht geglückt, dieses, aus diesem Grunde mir höchst inter- essante Thier wieder aufzufinden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bü. [N] 5 360 | ' Ludwig Böhmig, Plagiostoma sulphureum v. Graff. | Diese äußerst zierliche und elegante Plagiostomide fällt sofort auf durch ihre schlanke Gestalt und intensiv gelbe Färbung. Sie erreicht, wie v. GrAFF angiebt, eine Länge von I—2,5 mm. Das Vorder- ende ist stumpf abgerundet, das Hinterende in einen Schwanz aus- gezogen. Wenn ich auch nicht zweifle, dass das Epithel aus einzelnen Zellen zusammengesetzt ist, so habe ich mich doch davon nicht über- zeugen können, da mir gerade zu jener Zeit, als ich mich mit dieser Frage befasste, das nöthige lebende Material mangelte. An Schnitt- präparaten sind die Zellgrenzen nicht wahrnehmbar. Die Höhe des Epithels istin den verschiedenen Bezirken des Körpers eine wechselnde. Am höchsten ist dasselbe am Kopftheile 10,95—14,6 u. Am Schwanz- ‚abschnitt schwankt es zwischen 6,57 und 10 u, am flachsten fand ich es in der Körpermitte, wo es 5,8 «u nicht überstieg. Diese Maße sind zweifellos abhängig von dem Kontraktionszustande des Thieres; stark kontrahirte Individuen zeigen stets ein höheres Epithel als ausge- streckte, es besitzen daher die gemachten Zahlenangaben nur einen relativen Werth. Wie die Höhendurchmesser des Epithels, so wechseln auch diejenigen der Kerne. Im Kopfabschnitte und im Schwanztheile sind sie größer als in der Mitte des Körpers, überdies scheinen sie an der erstgenannten Lokalität fast stets eine elliptische Form zu be- sitzen, während ich sonst häufig runde vorfand. | Der feinere Bau des Epithels ist im allgemeinen Theile abge-. handelt worden, .. » Die Farbe des Thieres ist, wie wir durch v. GRAFF wissen, auf das massenhafte Vorkommen kleiner, 3—4 u langer Stäbchen im Epithel zurückzuführen. An Thieren, welche mit Sublimat konservirt und in Alaunkarmin gefärbt worden waren, konnte ich diese Stäbchen leicht auffinden; sie färben sich mit dem genannten Tinktionsmittel äußerst intensiv. Von schädlichem Einfluss auf die Rhabditen scheint die Ein- wirkung von Pikrokarmin zu sein; an solchen Präparaten sah ich sie häufig nicht mehr, und ich vermuthe, dass sie von der Pikrinsäure des genannten Farbstoffes aufgelöst werden. Außer diesen Pigmentstäbchen begegnete ich noch Häufchen gelber Körnchen. Diese letzteren sind bei Weitem nicht so zahlreich wie die Rabditen, vielleicht stellen sie eine Art von Schleimstäbchen vor. Wasserklare Räume vermisste ich hier. Die Basalmembran erreicht die relativ ansehnliche Dicke von 2,92 u; die Schichtung derselben ist jedoch wenig deutlich und nur an gut gefärbten Schnitten wahrnehmbar. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 361 Der Lebhaftigkeit und Behendigkeit der Thiere entsprechend, ich kenne, abgesehen von einigen Acölen, z. B. Proporus venenosus, keine so munteren und agilen Turbellarien, sehen wir den Haupt- muskelschlauch wohl ausgebildet. Er besteht aus den drei bekannten Schichten, Ring-, Längs- und Diagonalfasern, von denen die letzteren wie gewöhnlich die schwächsten sind. Ziemlich spärlich vertreten sind bei dieser Species die Hautdrüsen im engeren Sinne. Sie liegen vereinzelt unterhalb des Hautmuskel- schlauches eingebettet in das Körperparenchym, von welchem sie sich auch nur wenig scharf abheben. Ihr Inhalt ist zumeist feinkörnig und wenig färbbar. Ob in ihnen die Pigmentstäbchen gebildet werden, vermochte ich nicht zu eruiren; ich habe nie in ihnen ausgebildete Stäbchen oder sichere Bildungsstadien derselben wahrgenommen. Die Größe der Drüsenzellen ist im Allgemeinen eine geringe, hin und wieder nur findet sich eine von bedeutenderen Dimensionen. Ein Längendurchmesser von 15—20 u, bei einem Breitendiameter 8—12 u, ist das gewöhnliche Maß, selten steigt der erstere bis auf 40 u. Dierunden 51/,—8 ıı messenden Kerne bieten nichts Bemerkenswerthes. Eine etwas größere Anhäufung von Drüsenzellen finden wir in dem vor dem Gehirne liegenden Theil des Kopfes, ferner oberhalb des Gehirns, seitlich und unterhalb des Pharynx (Taf. XIII, Fig. 6 Kpdr). Das Sekret dieser flaschenförmigen oder rundlichen Drüsenzellen besteht aus kleinen, sich wenig färbenden Körnchen. Die Länge der Drüsen wechselt von 20 bis 50 u, ihre Breite zwischen 9 und 16 u. Die Ausführgänge derselben verlaufen zu einer dicht unterhalb der vorderen Körperspitze befindlichen Stelle«a, wosie nach außen münden. Dicht hinter Gehirn und Pharynx, theilweise den letzteren, sowie den Anfangstheil des Darmes krausenartig umhüllend, finden wir eine Gruppe von Zellen (Taf. XIIl, Fig. 6 iz), von denen ich nicht recht weib, was sie bedeuten. | Sie besitzen eine runde Gestalt und einen auffallend großen Kern. Das Plasma ist feinkörnig, zuweilen ganz homogen und färbt sich nur äußerst schwach. Sekretmassen, sowie Ausführgänge habe ich nie an ihnen wahrnehmen können. Die Kerne von 10,9-—11,6 u Durch- messer (die Zellen selbst messen 16—21,9 u) färben sich stark und enthalten ein kleines sehr excentrisch gelegenes und sich nur wenig intensiver als der Kern selbst tingirendes Kernkörperchen, das in Folge seiner wenig ausgeprägten Imbibitionsfähigkeit leicht übersehen werden kann. Im Verhältnis zu anderen Species sind auch die den Genitalporus und den Anfangstheil des Atrium genitale umstellenden Drüsen nicht 24% 362 Ludwig Böhmig, sehr massenhaft vorhanden, auch bieten sie weder in Bezug auf Form, noch Inhalt irgend etwas Besonderes, so dass ich sie eben nur erwähne. Auffallend ist die Kleinheit und Muskelschwäche des Pharynx dieser Species. Der Längendurchmesser überstieg nie 68,40 u, der- jenige der Breite schwankte zwischen 50,16 und 52,44 u.; die größten Differenzen zeigte bei den verschiedenen Individuen der Höhendiameter, nämlich 34,2—50,16 u. Seine Gestalt kann als tonnen- und kegelförmig bezeichnet werden (Taf. XIII, Fig. 6 Ph). Der Schlundkopf ist jedoch nicht nur sehrklein, son- dern auch muskelschwach. Diebeiden inneren Muskelschichten sind ohne Schwierigkeit zu erkennen, es finden sich Längsmuskeln unterhalb der kernlosen Epithelschicht, auf welche Ringmuskeln folgen; anders liegt jedoch die Sache bezüglich der äußeren Muskeln. Ich bin nicht in der Lage das Vorhandensein von Ringmuskeln mit Sicherheit behaupten zu können — Längsmuskeln sind entschieden nachweisbar. Und wenn auch beide Muskelschichten vertreten sind, wofür allerdings einige An- haltspunkte vorliegen, so weiß ich nicht, welche von ihnen die innere, welche die äußere ist. Die Radiärmuskeln sinddünnund wenig zahlreich. Dieinnerhalb des Pharynx befindlichen Drüsenzellen liegen größtentheils im oberen Theile des Schlundkopfes, der äußeren Muskelschicht mehr genähert als der inneren, deren nächste Umgebung ganz von Drüsen frei bleibt, wie wir dies auch an dem Pharynx anderer Species be- obachten können. | Die Mundöffnung (Mo) liegt vor oder unterhalb des Gehirns ungefähr 1/0 der Körperlänge vom vorderen Körperpole entfernt. Sie führt in eine enge Pharyngealtasche (Phd), welche sich hoch oben am Schlund- kopf, nahe dem Darmmunde inserirt. | Der Darm ist verhältnismäßig lang und breit. IE 1.22 IE Ib 1]: 18 MW. == IM: Länge des Thieres: 886 u 841 u 797 u. Breite: 291 u 266 u. Höhe: 257 u 318 u 228 u. » » Darmes: 554 u 342 u 488 u. » 234 u231u. » 195 u 273 u 182 u. Er besitzt die Form eines Sackes, welcher auf der ventralen Seite im hinteren Drittel eine konstante, durch die Hoden und die Samenblase verursachte Einbuchtung zeigt. Die Tiefe derselben hängt natürlich von der mehr oder weniger starken Entwicklung der betreffenden Geschlechtstheile ab. Sehr bedeutend kann die Darmform alterirt werden durch die Entfaltung der Dotterstöcke, wie ich schon früher zu bemerken Ge- legenheit hatte. An keinem meiner Präparate habe ich die Kontouren der einzelnen Darmepithelzellen deutlich unterscheiden können (Taf. XVI, Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 363 Fig. 24, 25 D). Die Zellwandungen sind jedenfalls so zart, dass sie dureh die Einwirkung von Reagentien verwischt oder doch undeutlich gemacht werden. Es bietet der Darm demnach auf Schnitten das Aussehen einer zarten, fein schaumigen Plasmamasse mit Kernen an der Peripherie und verschiedenartigen Einschlüssen 'Nahrungsobjekten). Innerhalb des Darmlumens fanden sich fast konstant Diatomeen- schalen. Das Gehirn besitzt die Gestalt zweier neben einander liegender, mit einem Theile ihrer Manteloberflächen verschmolzener Kegel, deren stumpfe Spitzen nach vorn, deren Basis nach hinten gerichtet ist ‚Taf. XX. Fig. 9). An der Hinterfläche in der Medianlinie des Gehirns, verläuft eine Furche, welche sich auf die Ober- und Unterfläche fort- setzt. Individuellsind zahlreiche kleine Abänderungen und Verschieden- heiten vorhanden. Bald ist die Oberfläche plan, bald leicht konkav, die mediane Furche mehr oder weniger tief und breit; das Gleiche gilt auch für die ventrale Seite des Ganglion, welche entweder flach oder konvex ist. An den Seitenflächen fand ich konstant eine flache Ver- tiefung, die hinter den Augen beginnt und bis zumnY reicht, sie nimmt demnach ungefähr das mittlere Drittel der Seitenwand ein. Längsschnitte durch das Gehirn sind, mit Ausnahme der mittleren, welche eine ovale oder fast runde Gestalt besitzen, keil- oder kegel- förmig; die Querschnitte, anfänglich getrennt, wie leicht aus Fig. 9 er- sichtlich, sind rund: diese runde Form geht über in eine ovale, je mehr sie sich einander nähern. Nach ihrer Verschmelzung erleidet die ovale Gestalt häufig Störungen und nimmt die eines Trapezes mit abge- rundeten Ecken an. Der Längendurchmesser variirtebei den verschiedenen Individuen zwischen 65 und 87,6 u, der der Breite zwischen 80,3 und 112 « und derjenige der Höhe zwischen 48,5 und 58,4 u. Die Rinden- oder Ganglienzellenschicht erleidet in der Mittellinie, in welcher sich die beiden Gehirnhälften berühren, eineschmale Unterbrechung. Im Allge- meinen haben die Seitenflächen des Ganglions, und die ihnen benach- barten Theile der oberen und unteren Fläche, den dicksten Ganglien- zellenbelag aufzuweisen; die Ganglienzellen liegen hier in zwei bis drei Schichten; gegen die Mitte des Ganglions hin beschränkt sich der Zellen- belag auf eine Schicht. Die Plasmaleiber der Zellen sind ungemein zart und schwierig darstellbar. - Die besten Präparate erhielt ich, wenn ich die Thiere in ‚ Sublimat —+ Essigsäure konservirte und späterhin vor dem Färben mit '/, /„iger Osmiumsäure behandelte; als Tinktionsmittel diente Os-- 364 Ludwig Böhmig, - miumkarmin. Im Verhältnis zur Zelle sind die Kerne ungemein groß, wie aus beistehenden Angaben ersichtlich: Durchmesser der Zellen— 7,3: 7,3; 8,03: 7,3; 6,57; 5,64; 8,03:5,64. ) » Kerne— 6,57; 5,11; 7,3:5,64; 5,74; 2,88; 5,64 :5,11. Der Punktsubstanzballen jeder Ganglionhälfte besitzt die Gestalt eines Ellipsoides, in der Medianebene sind beide natürlich abgeplattet und verschmolzen (Taf. XX,, Fig. 9 mkb). Er nimmt die hinteren zwei Drittel des Gehirns ein und beginnt dicht hinter dem Auge (Au). Nach der größeren oder geringeren Dichtigkeit der Fasermasse lassen sich einzelne Bezirke abgrenzen, doch habe ich diese noch nicht genauer untersucht und erwähne nur, dass ein solcher von äußerst zarter Beschaffenheit hinter dem Auge wahrnehmbar ist (’), dessen Fasern in Beziehungen zu den das Auge umgebenden Ganglienzellen stehen. DieZahl der von mir aufgefundenen Nerven beträgt jederseits fünf resp. sechs. Ungefähr in halber Höhe der Vorderfläche, medianwärts vom inneren Augenrande tritt ein ca. 8 u dicker Nervenstamm (n/) aus, welcher ge- rade nach vorn zur Körperspitze verläuft. Sein Ursprungsgebiet inner- halb des Punktsubstanzballens ist ein ziemlich ausgedehntes, er enthält sowohl Fasern aus dem ventralen als dorsalen Theil desselben. Je mehr sich dieser Nerv der Körperspitze nähert, desto mehr fasert er sich auf, und zwischen den einzelnen l'aserbündeln bemerkte ich kleine zarte Zellen und Zellkerne, die ich nach ihrem ganzen Habitus als Ganglienzellen anzusprechen geneigt bin. Der Nerv nII, ebenfalls ca. 8 u dick, verlässt das Ganglion auf der Ventralfläche etwas vor der Mitte derselben, dicht hinter dem vorderen Rande des Punktsubstanzballens und seitlich von n/. Nach kurzem Ver- lauf, ungefähr 22 u vom Gehirne entfernt, tritt er in einen Zellen- haufen ein und löst sich in demselben auf. Dieser Zellenhaufen, Theile desselben sind auf Taf. XIII, Fig. 6 wpgl sichtbar, liegt oberhalb der Wimperrinne und besteht aus Zellen, welche mit Sicherheit als Ganglienzellen betrachtet werden können, da sie ähnlich den Ganglienzellen feine Ausläufer besitzen. Die Bildungsstätte dieses Nerven ist in den tieferen Schichten des mittleren Theiles des Markballens zu suchen. Nahe ‚dem Hinterrande des Punktsubstanzballens durchbohren Faserzüge nII’ die ventrale Ganglienzellenschicht, welche ich jedoch nicht in allen Schnittserien aufzufinden vermochte. Die kräftigen, 14,6 u messenden Längsnerven n/I/ verlassen das Gehirn an dessen hinterer Fläche nahe dem seitlichen Rande. Auf Querschnitten lassen sie sich als runde Stränge tief in den Punktsubstanzballen verfolgen. Ihr Ur- Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 365 sprungsgebiet liegt in der vorderen Hälfte des Ballens, doch betheiligen sich auch Faserzüge des hinteren insbesondere des dorsalen Theiles desselben an ihrer Bildung. Auf der Dorsalfläche des Ganglions bemerken wir den Austritt des nIV. Er ist von dem vorderen und seitlichen Rande etwas weiter entfernt als von dem hinteren und der Medianlinie. Sein Diekendurch- messer beträst 7,3 u. Er steigt ziemlich steil zur Rückenfläche des Thieres empor und macht dicht unterhalb des Hautmuskelschlauches eine knieförmige Biegung nach rückwärts. Ich konnte ihn bis in die zweite Hälfte des Thieres verfolgen. Er ist relativ reich an eingestreu- ten Ganglienzellen. Dem hinteren Drittel der Seitenflächen des Gan- glion gehört der nV an, welcher in gerader Richtung wie bei Plagio- stoma Girardizur Seitenwand des Thieres zieht. Er sowohl wie der vorhergehende entspringen aus Theilen des Markhallens, welche in der nächsten Umgebung der Austrittspunkte dieser Nerven gelegen sind. Der Längendurchmesser der dreikammerigen Augen schwankt zwi- schen 30—40 u, derjenige der Breite von 20—30 u und der Höhen- durchmesser von 36,5—40 u. Die einzelnen Kammern zeigen nur ge- ringe Größendifferenzen. Bei einem Exemplare fand ich folgende Maße: Kammer a: Länge 21,9, Höhe 21,9, Breite 20. ) bausczii #8 en 1 RR NEE EA 1} » e) ET IETNBR, »2220. Die kleinen männlichen Geschlechtsdrüsen,, deren Länge bei voll- ständig geschlechtsreifen, ca. 1.5 mm langen Individuen nur 120 resp. 150 u betrug, gehören nur dem vorderen Abschnitt der zweiten Hälfte des Thieres an. Sie liegen auf der Ventralseite direkt hinter,-zum Theil auch unterhalb der Vesicula seminalis. In der Medianebene ver- schmelzen sie im größten Theile ihrer Länge, getrennt sind sie nur vorn und hinten auf eine kurze Strecke. | Nach der von v. Grarr an Quetschpräparaten gewonnenen An- schauung sollten sich die Keimzellen nicht in kompakten Haufen ver- einigt finden, »sondern jederseits isolirt im Körper, vom Vorderende bis zur Penisregion hin zerstreut, und nach hinten an Größe sowohl wie an Zahl der im Protoplasma der Eizelle eingelagerten hellgelben Körnchen zunehmende. | Auf Grund von Schnittpräparaten kei ich diese Anside, u; IrT- thümlich bezeichnen. Die »kompakten« kleinen Keimlager finden wir hier sehr weit nach vorn gerückt, nämlich vor und unterhalb des Ge- hirns und seitlich vom Pharynx. Die größeren reifen Keime rücken alsdann zwischen Darm und Dotterstöcken nach hinten (Taf. XVI, Fig. 25 kei). Dieses Nachhintenrücken der Keimzellen scheint ein sehr 366 Ludwig Böhmig, regelmäßiges zu sein; lag irgend wo im Körper ein Keim auf der rechten Seite, so fand ich einen solchen von entsprechender Größe auch auf der linken, waren auf dieser Seite zwei vorhanden, so war dies auch auf der anderen Seite der Fall. Die größten der von mir ge- fundenen Keimzellen maßen 54,75 : 47,45 u; 47,45 u und 43,8: 36,5 u. Die dazu gehörigen Kerne 29,2 :21,9 u, 25,55 und 25,55 ::21,9 u. Die Nucleoli sämmtlich 7,3 u. Die Entfaltung der Dotterstöcke beginnt sehr spät, unter sieben untersuchten Individuen besaßen nur zwei wohl entwickelte Dotter- stöcke (Taf. XVI, Fig. 25 dst). Dieselben haben die Gestalt zweier mit leichten Einschnitten versehener Stränge, welche kurz hinter dem Pha- rynx auf der Ventralseite beginnen, anastomosiren, sich dann auch dor- salwärts wenden und nun den Darm allseitig umhüllen. Hinter der Körpermitte lassen sie die Ventralseite frei, die hier von den Hoden eingenommen wird; sie beschränken sich auf die Seitenpartien des Körpers sowie auf die Rückenfläche. Der Einfluss der Dotterstöcke auf die Gestalt des Darmes ist schon erwähnt worden. Der Porus genitalis liegt bei unserer Species in einiger Entfernung von der Schwanzspitze, ungefähr am Beginn des letzten Körperviertels. Er führt in das Anfangs erweiterte, sich alsbald etwas verengernde Atrium genitale, das entweder in gerader Richtung oder in Windungen, es ist dies abhängig vom Kontraktionszustande des Thieres, nach vorn verläuft.. Das ganze Atrium vom Porus genitalis bis zur Penisspitze hat ungefähr eine Länge von 425 u, sein Breitendurchmesser schwankte zwischen 14,6 und 47,35 «u. Die Wandung desselben ist sehr muskulös, die Muskelschichten, Längsmuskeln (lm) außen, Ringmuskeln (rn) innen, werden überkleidet von einer Fortsetzung der Basalmembran (bs), wel- cher das Epithel (aep) aufsitzt (Taf. XVII, Fig. 15—18). Das Epithel besteht aus ca. 7,3—10,95 u hohen und ca. 7,3 u breiten eylindrischen oder kubischen Zellen, deren Abgrenzung von einander keine scharfe ist. Das zarte, mäßig feinkörnige Zellplasma färbt sich nur wenig. Die runden oder ovalen Kerne hingegen nehmen begierig Tinktionsmittel auf, ihre Größe ist eine etwas wechselnde (6,57 u, 7,3: 4,38, 8:4,38 u etc.) In dem becherartig erweiterten Endabschnitte des Atriums (Taf.' XVII, Fig. 16) liegt der größte Theil des Copulationsorgans. Ich war lange Zeit vergeblich bemüht den feineren Bau desselben zu erforschen, es gelang mir dies erst an Thieren, welche in der früher erwähnten Weise mit Sublimat-Essigsäure, Osmiumsäure behandelt und mit Osmiumkarmin gefärbt worden waren. Alle abgebildeten Präparate beziehen sich auf solcher Art konservirte Thiere. Wie wir in Fig. 15 bei aa’ sehen, schlägt sich die Wandung des Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 367 Atriums nach innen um, verläuft parallel der Atriumwandung nach hinten und bildet eine Falte, welche in dem betreffenden Präparate eine Länge von 65,4 u besaß. Die Entfernung zwischen a a’ betrug 43,8 u. An ihrem freien Ende biegt nun diese Ringfalte nach innen und vorn um bei b b’, wobei sie sich zugleich spaltet. Das durch die Spal- tung der eingestülpten Ringfalte gebildete äußere Rohr (Psti’) legt sich zunächst dicht an die Ringfalte (Psa) an, deren Fortsetzung es ist, um sich dann von ihr zu trennen und seinerseits nach hinten umzubiegen. Das innere Rohr (Psi) ist kurz und heftet sich, wie es scheint, an das äußere Rohr (Psi‘) an. In dieses dergestalt zu Stande gekommene Rohr springt eine kleine Papille (Pa) vor, die gebildet wird von jenem Theile von Psi’, welcher nach hinten von der Anheftungsstelle von Psz liegt. Zwischen Psi’ und Psi sind zahlreiche Radiärmuskeln (rd) ausge- spannt, zwischen denen sich ein feinkörniges Parenchymgewebe findet. Die Ringfalten (Psa), das aus ihr hervorgegangene Rohr (Psi) und jener Theil der Ringfalte (Ps:’), welcher nicht als Papille in das Rohr (Psi) vorspringt, bezeichne ich in ihrer Gesammtheit als äußere Penis- scheide (Ps). Werfen wir einen Blick auf Fig. 18, so sehen wir zu äußerst die Wandung des Atrium genitale; nach innen von demselben das doppel- wandige Rohr (Ps), die Penisscheide. Die äußere Wand derselben (Psa) setzt sich zusammen aus einem äußerst platten Epithel (Taf. XVII, Fig. 15 ep), in Fig. 18 ist dasselbe nicht gezeichnet, unter welchem eine dünne Fortsetzung der Basalmembran des Atriums (bs’ Fig. 15) ge- legen ist. Auf diese folgt eine Ringmuskel- (rm) und eine Längsmuskel- schicht (Im). Weniger deutlich sind die Muskelschichten der inneren Ring- falte (Psi’), doch scheinen auch hier Längsmuskeln (außen), Ringmuskeln (innen) vorhanden zu sein. Die Rohrwandung (psi) lässt die Anord- nung wenig sicher erkennen. Zwischen beiden sind die kräftigen Ra- diärmuskeln (rd) deutlich wahrnehmbar. Ich muss jedoch hier hinzu- fügen, dass ich auf den Querschnitten die Ringmuskeln des äußeren Rohres (Ps:’) nicht habe auffinden können. Ich wende mich jetzt wieder zu der früher erwähnten Papille (Pa Fig. 15). Auf dieser Papille mündet ein langes dünnes Rohr (Pei) aus (Fig. 15—18), welches bis tief in die Samenblase (Vs) ragt. Dieses Rohr (Pei) ist das eigentliche Penis- rohr. Innerhalb der Vesicula seminalis biegt sich dieses Penisrohr (Pe) nach außen um und bildet ein zweites äußeres Rohr, das das erstere fast in seiner ganzen Länge umgiebt. Ich habe es in allen Figuren mit Ps’i bezeichnet und nenne dasselbe das innere Rohr der oberen Penis- - scheide (?s’). In nur geringer Distanz von der Mündung des Penisrohres 368 | Ludwig Böhmig, (Pei) auf der Papille (Pa) vollführt auch Ps’i eine Umbiegung nach außen und bildet ein zweites sehr muskelkräftiges Rohr (Ps’a), welches in die Samenblase übergeht. Beide Rohre fasse ich auf als innere oder obere Penisscheide (Ps’). In Fig. 17 habe ich das Gesagte durch die Abbildung eines Querschnittes durch den oberen Theil des Penis zu illustriren versucht. Am weitesten nach außen nehmen wir wiederum die Atriumwan- dung (Atr) wahr, nach innen von ihr die Ringfaltenwand (Psa). Der Centraltheil wird von dem hier nicht im Querschnitte, sondern auf eine längere Strecke getroffenen Penisrohr (Pei) eingenommen, dessen Wandungen von Längs- und Ringmuskeln gebildet werden. Da das innere Rohr der oberen Penisscheide durch Umstülpung des Penisrohres her- vorgegangen ist (Fig. 16), so ist es a priori anzunehmen, dass hier die Ringmuskelschicht nach außen, die Längsmuskeln nach innen zu liegen kommen, die gegebenen Figuren bestätigen diese Ansicht. Das Gleiche gilt von dem äußeren Rohr (Ps’a). Die nach innen zu liegenden Ring- muskeln sind von auffallender Mächtigkeit, auch die äußere Längs- muskelschicht ist wohl entwickelt. Die Papille (Pa) besitzt äußere Längs- und innere Ringmuskeln, es findet demnach beim Übergang des Penisrohres auf die Papille ein Wechsel, eine Umlagerung der Muskelschichten statt. Streng genom- men ist Pa mit Pea zu bezeichnen, da sie das äußere Rohr von Pe dar- stellt. Das Penisrohr (Pei) ist bis auf einen schmalen centralen Kanal von einer feinkörnigen Masse erfüllt; eine ähnliche Substanz nahm ich auch wahr zwischen Penisrohr und dem inneren Rohr der Penisscheide (Ps); es ist mir nicht unwahrscheinlich, dass es sich hierbei um schlecht er- haltenes Epithel handelt. Deutlicher aber auch kernlos ist dasselbe an der inneren Peripherie des äußeren Rohres (Ps’a Fig. 17). v. GRAFF sagt, » das Lumen des Penis zeigt zahlreiche Kreise feiner Chitinspitzchen, die nach oben kleiner und kleiner werden und ver- schwinden «. | Am lebenden Thiere habe ich diese Spitzchen auch bemerkt, jedoch nie am konservirten, und ich glaube, dass es sich nicht um »Chitinspitzchen« handelt, da dieselben bei der Konservirung kaum vernichtet werden würden, sondern um eine weit weniger wieder- standsfähige, protoplasmatische Substanz. Die Vesicula seminalis ist eine direkte Fortsetzung, ein blasen- artig erweiterter Abschnitt der äußeren Lamelle der oberen Penis- scheide, wie aus Fig. 16 Ps’a und Vs zu ersehen ist. Die Anordnung der Muskelschichten ist daher die gleiche, nur das Epithel unterscheidet Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. I. -» 369 sich in so fern, als es innerhalb der Vesicula seminalis hin und wieder Kerne erkennen lässt. In dem hinteren, basalen Abschnitte der Samenblase fand ich eine feinkörnige Masse (Ks), das Kornsekret, angehäuft, der übrige Theil wird erfüllt von Spermatozoen. Der Raum zwischen Psa, Ps’a und Vesicula seminalis (Fig. 15, 16, 47) wird erfüllt von Parenchymgewebe, in welches einzelne kleine Drüsen (dr) eingebettet sind; außerdem finden sich wahrscheinlich dem Parenchym angehörige runde oder ovale Kerne. Auf einigen Schnitten lag vor der äußeren Penisscheide eine eigenthümliche graugelb gefärbte Masse von Gestalt eines Spornes oder Hornes, die sich aus einzelnen spindelförmigen Theilen zusammen- setzte, in der Mitte schien ein Kanal zu verlaufen. Einzelne Theile desselben erstreckten sich bis in den Raum zwischen Atrium und Penisscheide. Ich halte dieses Gebilde für hervorgegangen aus dem Sekrete der zahlreichen Drüsen, welche den oberen Theil des Atriums umstellen. Der Plasmaleib dieser kleinen, birnförmigen Drüsenzellen färbt sich bräunlich (Osmiumkarmin) und ist von feinkörniger Beschaffen- heit. Die Kerne nehmen eine intensiv rothe Tinktion an und lassen ein kleines Kernkörperchen erkennen. Längendurchmesser der Drüsen 11,68—18,25 u, Breitendurch- messer 6,57—9,4 u; Durchmesser der Kerne 3,65 —5,84 u und 4,38: 5,84, 4,38: 7,3 u etc. Wie bei Plagiostoma Girardi, so mündet auch hier in die hintere Wand des Atrium genitale ca. 30 u vom Porus genitalis entfernt ein ca. 8 u weiter Gang, welcher oberhalb des Atriums nach vorn ver- läuft. Ich habe denselben leider nicht bis zu den Dotterstöcken verfolgen können, doch zweifle ich nicht, dass wir es auch hier mit dem Aus- führungsgang der weiblichen Genitalorgane zu thun haben. In seinem feineren Bau stimmt er ganz mit dem Oviduet von Pl. Girardi überein. | Die aus Längs- und Ringfasern bestehende Muskulatur ist wenig entwickelt; das zarte kernhaltige, das Kanallumen auskleidende Epithel trägt nach hinten gerichtete Flimmerhaare. Äußerlich wird der Kanal von dicht gedrängt liegenden Drüsen umhüllt, deren Sekret aus kleinen mit Pikrokarmin sich gelb färbenden Körnchen besteht. Zwischen Atrium und Hautmuskelschlauch spannen sich zahlreiche radiär gestellte Muskeln aus, welche von hinten nach vorn gerichtet sind und dazu dienen, das Atrium nach hinten zu ziehen. ’ 370 Ludwig Böhmig, Plagiostoma reticulatum v. Graff. Ich habe dieses hübsche, in zwei Farbenvarietäten vorkommende Thierchen in nur wenigen Exemplaren aufgefunden. Das Pigment der einen Varietät ist braunschwarz, das der anderen roth. In Triest kommt nur die erstere vor. Der Vertheilung und Anordnung des Pig- mentes wurde bereits gedacht. Die Länge des Thieres beträgt I—11/, mm. Der drehrunde Körper ist vorn abgestutzt, die Ecken erscheinen leicht abgerundet; gegen die Körpermitte nimmt der Durchmesser des Körpers etwas an Breite zu und geht dann allmählich über in den Schwanztheil, welcher mit einem kleinen stumpfen Schwänzchen endet. Die Grenzen der polygonalen Epithelzellen wurden sowohl an lebenden Thieren erkannt, als auch mit Hilfe von salpetersaurem Silber dargestellt. Die Länge und Breite der Zellen beträgt 8,7—10,2 u, die Höhe wechselt wie gewöhnlich (6,5—7,3 u am Kopf- und Schwanz- theile, 4,38—5,11 u in der Mitte der Rücken- und Bauchfläche). Die runden oder ovalen Kerne erreichen die Höhe der Zellen. Als Hauteinlagerungen erwähnt v. Grarr kleine 5 u lange Schleim- stäbchen. Ich beobachtete sowohl am lebenden als konservirten Thiere deren zwei (Taf. XIII, Fig. 7, 8), nämlich kleine unregelmäbßige Häuf- chen gelblicher Körnchen (kh) und stäbchenartige, farblose Gebilde (si), deren Ränder zumeist etwas unregelmäßig gestaltet sind. Die ersteren besitzen eine Länge von 3,6—5,1 u bei einem Quer- durchmesser von ca. 2,19 u. Die kleinen 0,7 u großen runden Körn- chen, aus welchen sie bestehen, nehmen bei Pikrokarminfärbung eine lebhafte gelbe Farbe an. | Die farblosen elliptischen oder keilförmigen Stäbchen (Taf. XII, Fig. 7 st) zeigen nie einen Aufbau aus Körnchen, sie erscheinen als aus einer vollkommen homogenen Masse bestehend. Sie sind von etwas größeren Dimensionen als die erstgenannten, 4,38—5,8 u lang und 2,9— 3,65 u breit. Mit Tinktionsstoffen färben sie sich nicht oder nehmen höchstens einen Hauch von Färbung an. Stäbchen sowohl wie Körnchenhaufen (Pseudorhabditen) werden in den als Hautdrüsen im engeren Sinne bezeichneten Zellen gebildet. Diese Drüsenzellenschicht ist hier keine ganz kontinuirliche, sie erleidet besonders auf der Ventralseite des öftern Unterbrechungen. Nur im mittleren Körperdrittel bilden die Zellen unterhalb des Hautmuskel- schlauches auf der Dorsalseite ein mehrschichtiges, linsenförmiges Drüsenlager von ca. 250 u Länge, 402 u Breite und 130 u Höhe. Die Drüsen sind wie fast stets von flaschenförmiger Gestalt, 13,1—24,9 u Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 371 lang und 8,7—A1 u breit. Das feinkörnige Zellplasma färbt sich nur wenig, stark die runden, 4,38—5,11 u großen Kerne. Über die Art und Weise der Stäbchenbildung ermittelte ich Folgendes: Es treten zunächst in dem Zellplasma homogene Pfröpfe auf, welche das gleiche Tinktionsvermögen besitzen wie die Zellsubstanz. Späterhin kontouri- ren sich diese Pfröpfe schärfer und verlieren an Färbekraft, welche desto mehr abnimmt, je deutlicher die Kontouren dieser Gebilde her- vortreten. Mit dem Verluste des Tinktionsvermögens ist eine Volumen- abnahme verbunden, und wir sehen von jenem Momente an, wo die Stäbchen ihre definitive Größe erreicht haben, dass ihre Fähigkeit, sich mit Farbstoffen zu imbibiren, fast vollständig geschwunden ist. Gelbe Körnchen, wie die der Körnchenhaufen, fand ich ebenfalls einige Male in subepithelialen Drüsenzellen, wodurch mir bewiesen erscheint, dass sie nicht innerhalb der Epithelzellen selbst ihren Ur- sprung nehmen. Die in innigem Zusammenhange mit dem Epithel stehende Basal- membran, sie löst sich stets in Zusammenhang mit diesem von dem Hautmuskelschlauche ab, ist ca. 0,73—1 u dick. Der Hautmuskel- schlauch ist ebenfalls wenig kräftig ausgebildet und scheint nur aus Ring- und Längsmuskeln zusammengesetzt zu sein. In der Umgebung der Schlundtasche und des Anfangstheiles des Darmes, weiterhin in dem ganzen vorderen Schlundkopfe gelegenen Kopfabschnitte liegen große Drüsenmassen (Kpdr Taf. XIII, Fig. 7, 8), deren größter Theil unterhalb der vorderen Körperspitze bei a und in der Umgebung des Mundes nach außen mündet. Die Größenverhält- nisse dieser rundlichen retorten- oder birnförmigen Drüsenzellen schwanken innerhalb ziemlich weiter Grenzen, die Länge zwischen 14,6 und 36,5 u, die Breite zwischen 5,8 und 21,9 u. Die größeren derselben bemerken wir insbesondere zwischen Darm und Schlund- tasche und oberhalb des Gehirns (Taf. XIII, Fig. 7 und 8 Kpdr), die kleineren (Kpdr’) näher der Ausmündunssstelle. Ein Theil der Ausführgänge der hinter dem Gehirn gelegenen Drüsenmassen zieht zu Bündeln vereinigt über das Ganglion hinweg (Taf. XIII, Fig. 8 Kpdra), ein anderer Theil drängt sich zwischen dem letzteren und der Pharyngealtasche durch und verläuft alsdann unter- halb des Ganglions (Fig. 8 Kpdr’a); kurz vor der zwischen Wimperrinne (wp) und Körperspitze gelegenen Ausmündunsgsstelle (a) vereinigen sich beide Züge. In ihren unteren, d. h. a zunächst liegenden Abschnitten sind die Drüsenausführgänge erfüllt von einem körnigen Sekret (Fig. 8 Kpdra”), wie ich ein solches auch in den kleineren Drüsen (Kpdr’) wahrnehmen 372 Ludwig Böhmig, konnte. Niemals jedoch sah ich derartige Körnchen in den Zellen und oberen Theilen der Ausführwege der größeren Drüsen (Kpdr). Das Wahrscheinlichste ist mir, dass die secernirte Substanz noch innerhalb des Ausführganges Veränderungen erleidet, und dass sie erst im Endabschnitt desselben jene Form annimmt, in welcher wir sie für gewöhnlich zu sehen gewohnt sind, nämlich körnig. Die um den Porus genitalis mündenden Drüsen erstrecken sich weit dorsalwärts. Die Gestalt der Drüsen und ihres Sekretes (kleine gelbe Körnchen) bieten durchaus nichts Bemerkenswerthes. Die Länge der Zellen variirt zwischen 14,6 und 21,9 u, die Breite zwischen 7,3 und 14 u. Die runden Kerne enthalten immer ein großes excentrisch gelegenes Kernkörperchen. Die Mundöffnung liegt hinter dem Gehirn und der Wimperrinne (wp), die Schlundtasche ist weit und inserirt sich nahe dem Darmmund am Pharynx. Der kleine nach vorn und unten gerichtete Pharynx (Taf. XI, Fig. 8 Ph) ist von der Form eines abgestumpften Kegels, dessen Basis dem Darm zugewendet ist. Die Länge des Pharynx ist eine äußerst verschiedene; während sie bei einem Individuum nur 36 u erreichte, betrug dieselbe bei einem anderen 160 u, also mehr als das Vierfache. Immerhin, wenn auch nicht so auffallend, weichen die Breitendurchmesser von einander ab, 140—170 u; die Höhendurchmesser schwanken zwischen 80 und 100 u. Das Pharyngeallumen, ausgekleidet von einem 2,75—3,65 u hohen und wenig färbbaren Epithel, das sehr deutlich parallel seiner Höhenachse gestreift erscheint, ist bald auffallend weit (Taf. XIII, Fig. 8 Phl), bald sehr eng. Abgesehen von den inneren Längs- und Ringmuskeln (lm und irm Fig. 8) ist die Muskulatur schwach entwickelt, dies gilt speciell auch bezüglich der Radiärmuskeln. Von den äußeren bei- den Muskellagen konnte ich nur die Ringfasern (arm) deutlich wahr- nehmen, eine Längsmuskelschicht scheint allerdings auch vorhanden zu sein, aber nach außen von den Ringmuskeln, unterhalb des äußeren Epithels zu liegen. Es würde demnach hier kein Schichtenwechsel stattfinden. | | | Innerhalb der Pharynxwand liegen zahlreiche Drüsen (phdr), welche fast den ganzen Raum zwischen den Muskelschichten erfüllen und nur eine schmale Zone, nächst den inneren Muskellagen und dem Pharynxrande, frei lassen, welche eingenommen wird von einem höchst feinkörnigen zarten Parenchymgewebe. Diese Drüsen, 8,5—14,6 u lang, 5,5—7,3 u breit, besitzen ein homogenes Plasma, in dem kleine Sekret- körnchen liegen; bei schwächerer Vergrößerung bieten solche Zellen Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II, 373 dann ein feinkörniges Aussehen und erscheinen gelbroth tingirt. Die Ausführgänge durchbohren die inneren Muskelschichten und münden in das Pharyngeallumen (Phl). Das den Pharynx gegen die Schlundtasche zu überziehende Epi- thel ist sehr platt und undeutlich und entbehrt der Kerne, im Gegensatz zu dem, welches das Pharyngeallumen auskleidet, in dem ich hin und wieder Kerne nachweisen konnte. Der Darm ist ziemlich voluminös, seine Länge beträgt ungefähr ?/, der Körperlänge, 550—580 u. In seinem vorderen Theile ist er am breitesten, nach hinten verschmälert er sich allmählich. Er überdeckt Samenblase und Penis, letzteren wenigstens zum größten Theile. Auf der Dorsalseite reicht er dicht bis an den Hautmuskelschlauch, ventral- wärts schieben sich zwischen ihn und den letzteren Theil der Genital- drüsen, Hoden, Keim- und Dotterstöcke. Die Richtung der bei einigen Exemplaren sehr derilich begrenzten Darmepithelzellen (Dep Fig. 8) ist eine schräge, und zwar sind diesel- ben im vorderen Theil des Darmes von vorn nach hinten, im hinteren von hinten nach vorn gerichtet. Nur in den mittleren Partien stehen sie annähernd senkrecht zur Längsachse. Die Länge der keulenförmigen Zellen schwankt zwischen 34 und 90 u. Die Kerne liegen im basalen Dritttheil, sie sind relativ klein und haben nur ca. 3,89 « im Durchmesser. Bezüglich des feineren Baues des Darmepithels verweise ich auf den allgemeinen Theil und bemerke nur, dass das Gerüstwerk sehr gut erkennbar ist. In noch höherem Maße als bei Pl. sulphureum wird die regel- mäßige Form des Darmes beeinflusst von den Dotterstöcken, durch welche die Kontinuität des Darmrohres aufgehoben werden kann. Das Gehirnganglion ist von annähernd hantelförmiger Gestalt, wo- bei der Stab der Hantel sehr kurz und breit gedacht ist. Horizontal- schnitte erscheinen demnach biskuitförmig, Längsschnitte oval (Länge des Ganglions ca. 45 u, in der Medianlinie 36; Breite 107—142 u; Höhe 56 — 64 u, in der Mitte nur 29 u). Die Ganglienzellenschicht (Taf. XIH, Fig. 7, 8 Rsch) ist bei dieser Species in der Umgebung der Medianlinie auf eine verhältnismäßig weite Strecke allseitig unterbrochen, dafür ist der Zellenbelag an den Seitentheilen ein um so reichlicher, wie aus Fig. 7 erhellt. Die Mehrzahl der Zellen besitzt Diameter von 6,5 — 8,7 u, eine geringe Anzahl zeichnet sich durch bedeutendere Größe (10,95 — 13,1 u Durchmesser) aus. Diese letzteren, welche auch entspre- chend größere Kerne besitzen als die kleineren, finden sich haupt- sächlich in den seitlichen Partien der Rinde hinter den Augen. 374 Ludwig Böhmig, Die Form des Punktsubstanzballens (Psb) entspricht im Allgemeinen derjenigen des Ganglions, nur tritt die Biskuit- oder Hantelform in Folge des breiten Verbindungsstückes weniger scharf hervor. In der Markmasse liegen hin und wieder Ganglienzellen eingestreut (Fig. 7), ein bei den von mir untersuchten Turbellarien relativ seltenes Vor- kommnis. Die Zahl der Nervenpaare beläuft sich auf fünf. Von der vorderen Fläche, unterhalb der Augen, der Ventralfläche genähert, tritt jederseits ein dünner Nerv (ca. 3,65 u Durchmesser) aus, welcher anfänglich ventralwärts zieht, alsdann aber sich wieder nach oben wendet und der vorderen Körperspitze zustrebt, es ist dies der nl. Weit kräftiger ausgebildet erscheint der nIJ, sein Durchmesser beträgt 7 u; er entspringt wie gewöhnlich von der Ventralseite des Ganglions,«nahe dem vorderen unteren Rande und tritt nach kurzem Verlauf in ein Ganglion ein, das sich oberhalb der Wimperrinne aus- breitet und füglich als Wimperrinnenganglion (Taf. XII, Fig 7, 8 wpgl) bezeichnet werden kann. Dasselbe besteht aus zwei Ganglienzellenan- häufungen, welche durch eine Zellbrücke mit einander verbunden wer- den. Diesen Ganglienzellenhaufen durchsetzt der nII, theilweise löst er sich aber auch in ihm auf. Zwischen dem Wimperrinnenganglion und dem Hautmuskelschlauch finden wir eine Schicht einer feinfaserigen Substanz (Fig. 7 fss), die wohl als Punktsubstanz anzusprechen ist und aus welcher feine Fäserchen in die Wimperrinne treten. | An Dicke erreichen die Längsnerven (n//I) bei Weitem nicht den nII, ihr Durchmesser beträgt nur ca. 4,38 u. Sie verlassen das Gehirn an dessen hinterer Fläche und biegen, der Schlundtasche dicht an- liegend, zur Ventralseite. Recht ansehnliche Nerven sind die Nerven IV und V. Der erstere tritt an der dorsalen Fläche des Ganglions aus (Fig. 7 nIV), der letztere an der lateralen. Der eine begiebt sich zu der Rücken-, der andere zur Seitenfläche des Thieres. | Über die Ursprungsstätten der Nerven innerhalb des Ganglions fehlen mir z. Z. noch genügende Beobachtungen. Die Augen liegen den seitlichen Flächen des Gehirns an; jedes ist durch eine Pigmentwand in zwei Kammern getheilt, welche hinter einander liegen, doch ist die vordere etwas mehr der Rückenfläche ge- nähert als die hintere. Einmal fand ich beide Kammern direkt über und nicht hinter einander gelegen. Linsenzellen fanden sich zwei vor jeder Augenkammer. Die wohl auch hier ursprünglich paarig angelegten Hoden sind voll- ständig zu einer unpaaren, keilförmigen Masse verschmolzen, welche Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 375 dieht hinter der Vesicula seminalis gelegen ist, den Anfangstheil der- selben umhüllt und an meinen Präparaten wenigstens nie bis in die vordere Hälfte des Thieres reichte. Die Gestalt der aberrant gebauten Spermatozoen und ihre Entwicklung wurde bereits geschildert. Ähn- lich wie der Hoden so ist auch der Keimstock an ausgewachsenen Thieren ein unpaarer Körper, welcher auf der Ventralseite zwischen den un- teren und hinteren Kopfdrüsen und der männlichen Geschlechtsdrüse liegt. Zwischen diese letztere und den Keimstock schiebt sich ein schmaler Zipfel des Darmes ein, so dass eine direkte Berührung ver- mieden wird. Die größeren, reifen Keime rücken gegen die Seiten- theile hin, ja man findet deren sogar auf der Dorsalseite. Größenverhältnisse reifer Keime; Keim 1: 47,45:32,85 u,Kern 25,55:18,48 u, Kernkörperchen: 11,68. Ä =o2: 91,1: 30,455 -» 25,55:24,9 .» » 12,41. 28: El, 15: 34,31» » 25,55:18,25 » » 40,95. » Ak: HA ‚1: 40,45 » 29. 2321,39) » 13,14 Die Dotterstöcke beginnen seitlich vom Pharynx oder hinter dem- selben und ziehen, die Dorsalseite und Seitentheile des Thieres ein- nehmend, bis in die Nähe des Porus genitalis. Bei jüngeren Thieren gleichen sie zwei ziemlich gleichmäßig dicken, mit leichten Einbuch- tungen versehenen Strängen,, bei älteren ist ihre Gestalt eine viel un- regelmäßigere. Anastomosen habe ich weder auf der Bauch- noch Rückenfläche konstatiren können. Der Porus genitalis liegt dicht vor dem kleinen Schwänzchen, in welches sich das Hinterende des Thieres auszieht. Er führt in das Atrium genitale, das in dem abgebildeten Falle eine Länge von ca. 150 u besaß (vom Porus genitalis bis zu a a’ gerechnet). Nach vorn nimmt es allmählich an Weite zu und nur in seinem letzten Abschnitt verengt essich wiederum unbedeutend. Bei a und a’ biegt die Atriumwand, welche aus Längsmuskeln (Im), Ring- muskeln (rm), Besalmembran (ds) und Epithel (aep) (Taf. XVII, Fig. 12) gebildet wird, nach hinten um. Auf der dorsalen Seite erfolgt jedoch die Umbiegung der Basal- membran und mithin auch die des Epithels früher als diejenige der Muskelschichten, die Umbiegungsstelle der ersteren ist in den Fig. 12 und 13 mit einem * markirt. Bald nachdem sie sich wieder nach hinten gewandt hat, verdickt sie sich (Fig. 12 bs’) und bildet einen Ring, oder genauer eine Art Trichter (Fig. 13 bsr), durch den die Penisscheide eingeschnürt wird. Das Epithel des Atriums war nur auf einem meiner Präparate einigermaßen wohl erhalten. In dem hinteren Theil desselben und in der Umgebung des Porus genitalis bestand es aus ungefähr 18,25 u Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd, 95 376 Ludwig Böhmig, hohen und 3,65 —5,64 ıı breiten cylindrischen, gegen die Basis hin ver- schmälerten Zellen, mit runden, ovalen auch spindelförmigen Kernen. Nach vorn nehmen die Zellen an Höhe ab, dieselbe beträgt am blinden Ende des Atriums nur noch 5,11—6,54 u, zugleich werden auch die Zellgrenzen undeutlicher. Die Atriumwand biegt also bei a und a’ Fig. 12, 13 nach innen und hinten um undbildet eine in das Lumen des Atriums vorspringende Ringfalte, welche in einer Entfernung von ca. 62 u von dem durch die Basalmembran gebildeten Trichter (bsr) sich bei b nach innen und hinten umschlägt und nach vorn zieht. Auf diese Weise ist ein doppelwandiger Zapfen gebildet worden, den ich in seiner Gesammtheit als Penisscheide bezeichne (Fig. 12, 13 Ps). Dieselbe besteht aus zwei Rohren, einem äußeren (Psa) und einem inneren (Psi), welche bei b ineinander übergehen und in dem von der Basalmembran gebildeten Ringe (bsr) einander sehr genähert sind. Nach vorn zu ist der Zapfen, die Penisscheide, offen und gestattet Parenchym- zügen und Drüsenausführungsgängen den Eintritt. Die äußere Rohrwandung (psa) sowohl als die innere (psi) baut sich auf aus drei Schichten, nämlich Epithel, Ring- und Längsmuskeln. Das äußere, dem Atrium zugewandte Epithel ist sehr flach, ca. 2,92 u hoch, aber kernhaltig; die Gestalt der Kerne scheint eine linsenförmige zu sein. Innerhalb der Penisscheide nimmt die Epithelschicht wiederum an Höhe zu, bis 3,65 u und ist erfüllt von dicht neben einanderliegenden, 2,92 u hohen und 0,73 u breiten, matt glänzenden und sich mit Alaun- karmin speciell stark färbenden Stäbchen (si). — Der freie Rand der Penisscheide ist besetzt mit an beiden Enden abgestumpften Stäbchen (Fig. 14 st’), welche sich mit Boraxkarmin sehr intensiv tingiren und aus kleinen Körnchen bestehen. Sie besitzen eine wesentlich bedeutendere Größe als die früher erwähnten, nämlich eine Länge von ca. 4,38 u und einen Breitendurchmesser von 1,46 u. In einer Entfernung von ca. 299—30 u von bsr wird eine zweite Ringfalte dadurch gebildet, dass sich das innere Rohr (Ps:) der Penis- scheide nach hinten und innen umschlägt. Es ragt in das Lumen von Ps hinein und zwar auf eine Strecke von 65 u. Eine Einfaltung dieses Rohres (Pea) nach innen und vorn führt nun zur Bildung des Penis- rohres (Pe). Der Penis (Pe) besteht also hier ebenfalls aus zwei Rohren, einem äußeren (Pea) und einem inneren (Pei). Dieses innere Penisrohr verläuft nach vorn, macht vor der früher erwähnten Übergangsstelle von Psi in Pea, eine Anzahl von Biegungen, deren letzte in einen blasenartig Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 377 erweiterten Abschnitt (Pei’) übergeht, welcher seinerseits mit der Samen- blase (Vs) in Verbindung steht. Schonindem vorderen Theile des inneren Rohres (Psi) von Ps, also vor der durch dieBasalmembran verursachten ringartigen Einschnürung (bsr), beginnt der Charakter des Epithels sich zu ändern, dasselbe wird wiederum sehr flach und entbehrt der eigenthümlichen erwähnten stäbehenartigen Einlagerungen (st). Auf deräußeren Penisrohrwandung (pea) wird dasEpithel vollends cuticulaähnlich und bildet an der Penis- spitze zahnartige Erhebungen. Es färbt sich nicht mehr und erscheint vollkommen homogen. Im Inneren des Penisrohres ist es als eine haar- scharfe, ca. 4 u dicke, stark roth gefärbte Linie wahrnehmbar. Unterhalb des Epithels, also nach außen gewandt, finden wir die Ringmuskeln in dem äußeren Rohr (Pea) des Penis, nach innen gelagert am inneren Penisrohr (Pei). Die umgekehrte Lagerung besitzen natürlich die sich zugewandten Längsmuskeln (ef. Fig. 12, 13). Nach vorn nehmen beide Muskelschichten an Stärke ab. Eine auffallend dicke Muskelwandung besitzt der obere Theil des blasenartigerweiterten Abschnittes des Penis, und zwar istder Übergang, wie mir scheint, ein ganz unvermittelter. Wir erkennen an diesem Abschnitte des Penis (Pei”) mehr als zwei Muskelschichten, ich bin aber nicht in der Lage zu sagen, wie viele Schichten vorhanden sind. Ich habe den Eindruck gewonnen, als ob es sich um drei Lagen handelte, nämlich von außen nach innen fortschreitend — Längsmuskeln, Ring- muskeln, Längsmuskeln, möglicherweise sind auch Längs-, Ring-, Längs-, Ringmuskeln vorhanden. Die Vesicula seminalis (Vs) wird ausgekleidet von einer sich stark färbenden Schicht, welche wohl als modifieirte Epithelschicht aufzu- fassen ist. Nach außen von derselben liegen Ring- und auf diese folgend Längsmuskeln. Beide Muskelschichten lassen sich auf den oberen blasenartigen Theil des Penis verfolgen, auch die Membran setzt sich ein Stück auf denselben fort und deutet so eine Trennung der Muskellagen dessel- ben in zwei Lamellen an, von denen dann die eine anzusehen wäre als hervorgegangen aus der Samenblasenmuskulatur, die andere aus derjenigen des Penisrohres. Die Samenblase selbst ist von birnförmiger Gestalt mit nach vorn und unten gerichteter Spitze. Ihre Größe ist natürlich individuell eine recht verschiedene. Insbesondere der verbreiterte, hintere Abschnitt der Vesicula seminalis ist umgeben von Drüsen (Ksdr), welche sich mit Boraxkarmin stark roth färben und das Kornsekret, welches sich mit . Hämatoxylin nicht, wohl aber mit Boraxkarmin tingirt, liefern. 25* 378 Ludwig Böhmig, Die Größe der birnförmigen oder rundlichen Drüsen variirt zwischen 8,76 und 29,2 u in der Länge, im Breitendurchmesser von 4,38—7,3 u. Eine zweite Art von Drüsenzellen finden wir zwischen dem blin- den Ende des Atrium genitale, dem blasenförmigen Endabschnitt des Penisrohres und der Vesicula seminalis. Sie unterscheiden sich leicht von den Kornsekretdrüsen durch ihr grobkörniges Aussehen und die geringere Färbbarkeit gegenüber Borax- karmin. Ihre Ausführgänge verlaufen, wie schon erwähnt, zwischen den beiden Rohren der Penisscheide. Peuo 3 ı DR IX ı \ IN f \ I \ \ 1er 1 > u‘ ! \ Psa Be A Atg Due 2 []76 N = = er = = —— == N / = — =: —e 1 Il En = Ef \.n ——$*na I A & EG Le] ET — = - Me ——— 1 == 4 a — 1 m—— ——4 —— ao n — — — = \ = I & —_ \ —_— ESS = SZ ——— # i £ = ı E35 12 — == ——> 1 3 —— I = ——f Fe = —t: >>> ————— E = , = =, =; ZZ : S——— E= u ——p 1 une —— Vs —— pe ——yr N —— GE —G S —— = N ———— nr as — „= == Fa — — =-°G B€„_—Cw— I € => — —— aa zxccc__—_— ge TFT I =g N R Fig. XX, Die Größenverhältnisse der Copulationsorgane dieser Species sind sehr bedeutenden Schwankungen unterworfen. Nur bei zwei der untersuchten Individuen ist es mir gelungen, den feineren Bau in eingehenderer Weise zu erforschen — bei den übrigen waren die Muskelschichten so undeutlich, dass es unmöglich war, ihre gegenseitigen Lagerungsverhältnisse mit Sicherheit zu eruiren. Zum Vergleiche habe ich in obenstehendem Holzschnitte das Co- pulationsorgan eines anderen Individuums abgebildet. Die Buchstabenbezeichnungen sind die gleichen, wie auf Taf. XVII, Fig. 12 und 43. Es bedeutet mithin Air Atrium genitale, Pg Porus ge- nitalis, Ps Penisscheide, Psa das äußere, Psi das innere Rohr derselben, Ps Penis, an welchem wir wiederum drei Theile unterscheiden, eine äußere Pea, eine innere Pei und eine dritte Pe’, welche den erweiter- ten, blasenartigen Endabschnitt des Penisrohres bildet. An diesen letz- teren schließt sich die Samenblase Vs. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. | 379 v. GRAFF giebt das Vorhandensein von zwei Penisscheiden an. Ich vermuthe, dass v. Grarr im vorliegenden Falle den Raum zwischen der Atriumwandung und dem äußeren Rohr der Penisscheide als äußere Penisscheide, als innere den zwischen den beiden Rohren meiner Penis- scheide liegenden aufgefasst hat, hierfür spricht wenigstens die von v. Grarr auf Taf. XVII, Fig. 3 gegebene Abbildung. Das Lumen des Co- pulationsorgans und der inneren Penisscheide ist nach v. GRAFF aus- gekleidet von »feinen Chitinzähnchen«. Ich habe dieselben an der »inneren Penisscheide« bei dem lebenden Thiere ebenfalls wahrge- nommen. Es dürfte nicht fehlgegriffen sein, dieselben mit den Stäbchen (st) zu identifieiren, welche sich in dem Epithel des inneren Penisscheidenrohres finden. Einen Verbindungskanal zwischen Atrium genitale und den weib- lichen Genitaldrüsen habe ich nicht aufgefunden, wohl aber konnte ich die Anwesenheit von Drüsen konstatiren, wie solche in der Um- gebung des weiblichen Ausführganges von Pl. sulphureum und Girardi vorhanden sind. Die Lage dieser Drüsen, ihre Farbe, ihr Sekret entsprach ganz den bei Pl. sulphureum gefundenen Ver- hältnissen. Es ist mir demnach nicht unwahrscheinlich, dass auch hier eine derartige Verbindung zwischen Atrium genitale und Keim- und Dotter- stöcken existirt. Plagiostoma siphonophorum v. Graff. Plagiostoma siphonophorum wurde von O. Scaumr bei Le- sina zuerst aufgefunden und mit dem Namen Orthostomum sipho- nophorum belegt. In Triest fand es v. Grarr in einem, ich ebenda in drei Exemplaren. Scaumr giebt die Länge des Thieres auf 5 mm, v. GRAFF auf wenig mehr als 1 mm an; diejenigen Individuen, welche ich zu untersuchen Gelegenheit hatte, erreichten nicht einmal ! mm, das größte von ihnen maß 710 «in der Länge und 180 u in seinem größten Dickendurchmesser. Nach v. Grarr besitzt Pl. siphonophorum eine schlanke, gegen die Mitte ein wenig verbreiterte und allmählich zu einem stumpfen Schwanze verschmälerte Gestalt. Das Kopfende ist abgestutzt und ab- gerundet. Ich möchte die Form des Thieres, nach den Exemplaren, welche mir vorlagen, mehr als eine gedrungene bezeichnen. Die größte Breite liegt hinter der Körpermitte, die Verjüngung zu einem stumpfen Schwanze erfolgt ziemlich rasch (Taf. XII, Fig, 4). Diese Verschieden- heiten können jedoch auf Kontraktionszustände zurückgeführt werden. Bei v. Grarrs Exemplar wurde die Farbe bedingt durch »einen 380 Ludwig Böhmig, Rückenlängsstreif reticulären schwarzen Pigmentes«, welcher von einem Ende bis zum anderen reichteund die Seiten frei ließ. Bei allen meinen Exemplaren hatte dieser Rückenstreif die Form eines T, welches in einiger Entfernung hinter den Augen begann und nicht bis zur hinteren Körperspitze reichte, wie aus Taf. XII, Fig. 1 ersichtlich ist. Auch ge- hört das Pigment nicht dem Bindegewebe an (v. GrarF), sondern, wie schon in dem Kapitel über Pigment erwähnt wurde, den Epithelzellen des Darmes; seine Farbe war ausgesprochen kirschroth. Wenn ich trotz dieser auffallenden Unterschiede in Form und Farbe die von mir gefun- denendrei Turbellarien alszuderPlagiostomiden-Speecies»sipho- nophorum«v. Graff gehörig betrachte, so geschieht dies hauptsächlich desshalb, weil die Übereinstimmung der Spermatozoen eine sehr große ist, was um so mehr ins Gewicht fällt, als deren Form im vorliegenden Falle als eine sehr aberrante und auffallende bezeichnet werden muss. Die Farbe des Pigmentes kann variiren, wie wir wissen, und dass dasselbe dem Darme angehört und nicht dem Parenchym konnte erst vermittels der Schnittmethode festgestellt werden. Die spärlichen anatomischen Angaben v. Grarr's und Scanipr’s stimmen mit den von mir gefundenen Thatsachen überein, ich halte demgemäß die Aufstel- lung einer neuen Species für unthunlich und überflüssig. Die etwas unregelmäßigen, polygonalen Epithelzellen besitzen eine Länge von 8,7—16 u, eine Breite von 10,9—14,6 u bei einer durchschnittlichen Höhe von 8—8,8 u. Die Ränder der Zellen sind glatt, eine Zwischen- oder Kittsubstanz scheint nicht vorhanden zu sein. Der obere Theil der Zellen ist so reichlich von Stäbchen erfüllt, dass das Plasma auf schmale Wände zwischen den einzelnen Rhabditen beschränkt wird. Kerne sind immer deutlich nachweisbar, ihr Durchmesser beträgt ca. 6,5 u. In den Epithelzellen des lebenden Thieres sind wahrnehmbar 1)Rhabditen, 2)kleine unregelmäßige Körper, 3)hellehomogene Flecke. Die Rhabditen sind von bedeutender Größe, 7—8 u lang und 3,65 u breit, dieselbe wird aber durch die Konservirung stark beein- trächtigt und auf 4,38—5,11 resp. 1,46—1,8 u redueirt. Die Stäbchen bestehen aus einer stark glänzenden, homogenen, nicht färbbaren Sub- stanz. Bezüglich der Form und Größe der Rhabditen weichen v. Grarr's Angaben von den"meinen ab. Nach v. Grarr sind die Stäbchen äußerst fein und ca. 3,8 u lang, während ich dieselben als plump und dick bezeichnen muss. Ihre Enden sind abgerundet stumpf. Von In- teresse ist die Bildung derselben, welche, wie erwähnt, nicht in beson- deren Stäbchendrüsen, sondern wie bei den Polycladen in den Epi- thelzellen selbst erfolgt. Auf die sub 2 angeführten, aus sehr kleinen Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. BB Stäbchen bestehenden Gebilde können an Schnittpräparaten stäbchen- ähnliche Körper bezogen werden, welche aus länglichen Körnchen zu- sammengesetzt sind, und welche sich wie die Rhabditen nicht färben. Den hellen, homogenen Flecken entsprechen wasserklare Räume. In Beziehung zur Bildung der Stäbchen innerhalb der Epithelzellen dürfte der Mangel an Hautdrüsen stehen. Reichlich vorhanden sind Kopfdrüsen, welche hier aber nicht auf den Kopfabschnitt des Thieres beschränkt sind, sondern sich bis gegen den Hoden hin erstrecken. Jedoch auch diese so weit nach hinten gelegenen Drüsen sind als Kopfdrüsen zu be- zeichnen, da sie unterhalb der vorderen Körperspitze oder in der Um- gebung des Mundes ausmünden. Das Sekret besteht aus bräunlichen Körnchen. Etwas feinkörniger ist das der Schwanzdrüsen. Die Drüsen- zellen der Schwanz- und Kopfdrüsen sind von birnförmiger Gestalt, 14,6— 21,9 u lang und 5,84 —13,14 u breit. Die großen Kerne (5,14—7,3 u Durchmesser) färben sich sehr intensiv und enthalten ein meist excentrisch gelegenes Kernkörperchen. Trotz der geringen Ausbildung des Hautmuskelschlauches sind alle drei Muskelschichten vorhanden. Die Basalmembran ist dünn, tingirt sich stark und sendet kurze zahnartige Fortsätze zwischen oder in die Epithelzellen. Die Mundöffnung liegt unterhalb des Gehirns, hinter demselben der kleine Pharynx. Die Schlundtasche ist eng und wird bis auf einen kleinen Spalt vollständig vom Pharynx ausgefüllt. Ihre Insertion an demselben liegt nahe dem Darmmunde, und es heften sich hier auch Muskeln an, welche theils nach vorn, theils nach hinten zum Haut- muskelschlauche ziehen und als Pro- resp. als Retraktoren des Pharynx wirken. Der Schlundkopf ist von der Form eines abgestumpften Kegels, dessen Längsachse einen Winkel mit der des Thieres bildet. Seine Di- mensionen sind noch geringer als die des Pharynx von Plagiostoma sulphureum. So beträgt seine Länge nur 40—58 u, seine Breite 43,8—54 u und die Höhe 36,5—43 u. Die Anordnung der Muskel- schichten scheint die typische zu sein. Es folgen von innen nach außen Längs-, Ring-, Längs-, Ringmuskeln. Allerdingssind die beiden äußeren Schichten so zart und nahe an einander gerückt, dass es schwer ist, einen genauen Einblick in ihre gegenseitige Lagerung zu erhalten. Von den inneren Lagen sind die Ringmuskeln die weitaus am stärksten ent- wickelten, Die Zahl der Radiärmuskeln ist eine geringe, dafür sind sie von relativ ansehnlicher Dicke. Der größte Theil des Raumes zwischen der äußeren und inneren Muskelschicht des Pharynx wird eingenommen von Drüsenzellen, welche im ‚Verhältnis zur Größe des Pharynx bedeutende Dimensionen 392 Ludwig Böhmig, besitzen. Sie sind von birnförmiger Gestalt, 14—A3 u lang und 7,3—8 u breit. Das feinkörnige Plasma derselben färbt sich schwach. Ähnlich wie bei Pl. reticulatum liegen auch außerhalb des Pharynx Drüsenzellen, welche rosettenartig den Darmmund umstellen und in so fern in Beziehung zum Schlundkopfe stehen, als ihre Ausführ- gänge in denselben eintreten, um gemeinsam mit denen der innerhalb dieses Organs befindlichen Drüsen am vorderen freien Rande des Pha- rynx auszumünden. An Größe übertreffen sie meist um ein Geringes die intrapharyngealen. Wird eine regelmäßige Sackform des Darmes schon bei nicht ge- schlechtsreifen Thieren durch den Penis beeinträchtigt, so ist dies in noch weit höherem Maße der Fall bei geschlechtsreifen Thieren. Die Gesammtlänge des Darmes überschreitet die halbe Körperlänge des Thieres nur wenig. Am meisten reducirt ist die Höhe desselben, die im Maximum 125 u beträgt, zwischen Copulationsorgan und dem Ende der Dotterstöcke, sie sinkt hier bis auf 22 u. | Die Abgrenzung der Darmzellen ist eine höchst undeutliche und wird noch vermehrt durch die massenhafte Einlagerung der kleinen Pigmentkörnchen. Die basal gelegenen Kerne im Darmepithel zeigen durchschnittlich einen Durchmesser von 7,3 u; die Höhe des Epithels selbst ist, wie aus dem Gesagten leicht verständlich wird, eine sehr wechselnde. Die Form des Gehirnganglions zeigt große Ähnlichkeit mit der- jenigen von Pl. sulphureum, wie ein Blick auf Taf. XX, Fig. 12 u. 9 lehrt. Auch hier besteht dasselbe aus zwei symmetrischen, kegelförmigen Hälften, die mit einem Theile ihrer Mantelflächen verschmolzen sind (Taf. XX, Fig. 12). Etwas komplieirt wird die Gestalt des Ganglions da- durch, dass der hinterste Theil jedes Kegels sich in einen seitlich und ventral gerichteten Zapfen auszieht, welche, wenigstens war dies an dem in Querschnitte zerlegten Exemplare der Fall, den vorderen Theil der Schlundtasche theilweise umfassen; in Folge dieser Zapfenbildung besitzen die letzten Querschnitte des Gehirns eine annähernd halb- mond- oder sichelförmige Gestalt. Länge des Gehirns 62—65 u, Breite 45—55 u, Höhe 55 u. Die Ganglienzellen liegen ungemein dicht gedrängt neben und über einander. Ich habe von ihnen meist nur die Kerne wahrnehmen können, die zarten Plasmaumhüllungen scheinen gegen Reagentien sehr wenig widerstandsfähig zu sein. Die Kerne tingiren sich stark, sind von ansehnlicher Größe, rund oder oval. Von kleinen Unregelmäßigkeiten abgesehen ist die Gestalt des Punktsubstanzballens die eines Ellipsoids (Fig. 12 Psb), dessen Längen-, Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. | 383 Breiten- und Höhendurchmesser 25 (29), 43,8 (65) und 18,25 (21,6) w betragen. Nerven wurden folgende ermittelt: An der Vorderfläche verlassen das Gehirn zwei Nerven, von denen der kleinere dicht unterhalb des seitlichen Pigmentbecherrandes des Auges (Au), der größere etwas mehr der Mitte genähert ist. Beide Nerven verlaufen nach vorn, der größere zugleich ventralwärts. Er löst sich alsbald in zahlreiche Bündel auf, die in zwei, alsbald zu erwähnende Zellhaufen eintreten. Der Ventralnerv ist dem Vorderrande des Ganglions stark genähert. Er ist ein dünner von der Ventralfläche des Gehirns ausgehender Nerv, welcher sich alsbald in zwei oder mehrere feine Äste theilt. Der Längsnerv (n/II) wird nächst seiner Austrittsstelle, der hinteren Gehirnfläche, eine Strecke weit von Ganglienzellen umgeben, welche eine Fortsetzung der Rindenschicht des Gehirns auf diesem Nerven bilden. Das vierte und fünfte Nervenpaar, Rücken- und Seitennerven, werden durch sehr dünne Faserstränge repräsentirt, welche nichts Auffallendes bieten. Bei der Betrachtung des vor dem Gehirn liegenden Theiles des Kopfabschnittes bemerken wir zahlreiche, dicht gedrängt liegende Kerne, welche große Ähnlichkeit mit Ganglienzellenkernen besitzen, sowohl was ihre Größe als ihr Tinktionsvermögen anbelangt. Diese Kern- haufen ziehen sich jederseits bis dicht an das Ganglion, Auf Taf. XXI, Fig. 16 habe ich einen Schnitt durch den Kopftheil von Pl. siphonophorum abgebildet, welcher vor dem Gehirn ge- legen ist, und an dem die beiden mächtigen mit g/zk bezeichneten Kernhaufen deutlich sichtbar sind. Um einige dieser Kerne konnte ich einen schmalen Plasmasaum wahrnehmen, von welchem, wie mir dünkte, zarte Ausläufer ausgingen. In jede dieser Kern- oder Zellanhäufungen tritt nun ein von der Vorder- fläche des Gehirns entspringender Nerv ein, welcher sich ganz oder theilweise in derselben auflöst. Es ist demnach nicht unwahrschein- lich, dass wir es hier mit zwei Ganglien zu thun haben, die ihrerseits mit Gebilden im Epithel in Verbindung stehen, welche ich unter die Kategorie der Tastkörperchen rechne. Es sind dies kegelförmige Körper von ca. 4,38—5,11 u Höhe und 3,65 « Breite, an welchen wir mit Hilfe stärkster Vergrößerungen einen großen dunkel gefärbten Kern wahr- nehmen, welcher von einem sehr schmalen Saume eines wenig tingir- baren, homogenen Plasmas umgeben ist, welches auch eine zarte, nach außen gerichtete Spitze bildet. Die dem Gehirne aufliegenden Augen sind von unregelmäßig nierenförmiger Gestalt. 384 Ludwig Böhmig, Ihr Längendurchmesser beträgt ca. 28 u, der der Breite 14,6 u und der Höhendurchmesser 21,9 u. Die Pigmentbecheröffnung hat einen Durchmesser von ca. 7,3 u, sie ist nach der Seite und etwas nach oben gerichtet. Der Inhalt des Bechers besteht aus drei kolbenförmigen, wenig färbbaren Körpern, an denen weitere Strukturverhältnisse nicht erkannt werden konnten. Eine Wimperrinne scheint zu fehlen. Die Hoden (Taf. XIX, Fig. 5 Te) bilden an meinen Präparaten eine kegelförmige Masse, welche dicht hinter dem Copulationsorgane und der Samenblase, unterhalb des Darmes in der zweiten Körperhälfte gelegen ist. Die nach vorn gerichtete Spitze erreicht ungefähr die Körpermitte. Die Keimstöcke finden wir vor den Hoden, etwas seitlich von der Medianebene gelagert. Die Größe der Keime schwankt zwischen 40,15 und 32,85 u, die der Kerne von 16,06:18,25bis18,25:21,9 u. Das Kern- körperchen erreicht einen Durchmesser von 7,3 u. Die Dotterstöcke sind an ihrer Oberfläche wenig eingeschnitten, das Parenchymgewebe in ihnen ist schwach entwickelt, die einzelnen Dotterzellen zeigen große Neigung zum Zusammenfließen. Der Copulationsapparat liegt im letzten Körperdrittel. Der Porus genitalis (Pg Taf. XIX, Fig. 5) ist ungefähr 60 «u vom hinteren Körper- ende entfernt. Wir gelangen durch ihn in ein knieförmig gebogenes erst auf- dann absteigendes Atrium genitale (Äig), das eine Gesammt- länge von ca. 90 u besitzt. Seine größte Breite erreicht es zwischen a und a’, nämlich ca. 51 u. An dieser Stelle (bei « a’) biegt sich die Atriumwand nach innen und hinten um und bildet so eine in das Atrium vorspringende Ring- falte, welche sich alsbald wieder nach innen und vorn umschlägt (bei b). Es kommt auf diese einfache Weise durch Faltung der Atriumwandung zur Bildung einer Penisscheide (Ps), welche eine konische Form be- sitzt, und deren Wandungaus zwei Rohren (Psaund Psi), einem äußeren und inneren, besteht. In gleicher Weise, durch Faltung, wird von der Wand der ersten Penisscheide, innerhalb ihres Lumens, eine zweite gebildet (Ps’), die ebenfalls aus zwei dicht neben einander liegenden Rohren (Ps’a« und Ps’i) zusammengesetzt ist. Das innere Rohr (Ps’i) ist weit länger als das äußere. Diese Penisscheide umschließt einen trichterförmigen Hohlraum, in den der konische Peniszapfen (Pe) ragt. Die äußere Wand (Pea) dieses hohlen Zapfens ist, wie die Abbil- dung zeigt, eine direkte Fortsetzung des inneren Rohres (Ps’i) der inne- ren Penisscheide (Ps’); sie faltet sich nach innen ein und bildet so ein inneres Rohr (Pei), welches in die Wandung der Samenblase übergeht. Untersuchungen über rhabdoecöle Turbellarien. II. gs Die Wandung dieses inneren Penisrohres ist auffallend dünn, und es bedurfte großer Aufmerksamkeit, um sich Gewissheit von der Existenz desselben zu verschaffen. Dies ist in großen Zügen die Konfiguration des männlichen Copu- lationsorgans. Das Epithel des Atriums (aep) ist mit Ausnahme des in der Nähe des Porus genitalis befindlichen wenig hoch, ca. 7,3 u, mäßig feinkörnigund enthält hin und wieder Kerne. Am häufigsten finden sich dieselben am Beginn des Atriums, wo das Epithel eine Höhe von ca. 10,95 ıı hat. Die Kerne sind rund oder oval und färben sich sehr intensiv. Je weiter wir uns vom Porus genitalis entfernen, desto flacher und kern- ärmer wird die Epithelschicht, nur im Penisrohr ist sie wiederum etwas deutlicher und lässt hier auch Andeutungen von Zellgrenzen erkennen. Die Muskelschicht des Atriums setzt sich zusammen aus Längs- und Ringmuskeln, von denen die letzteren unterhalb des Epithels, also nach innen, die ersteren nach außen gelegen sind. Die umgekehrte Lagerung zeigen die Muskelschichten der äußeren Wandung der äuße- ren Penisscheide. Am inneren Rohr derselben folgen von außen nach innen Längs-, Ringmuskeln und Epithel. An einigen Stellen allerdings schienen mir die hier sehr kräftigen Ringmuskeln nach außen von den Längsfasern zu liegen; es würde demnach ein Schichtenwechsel ein- getreten sein. Zwischen den beiden Rohrwandungen von Ps ist ein ziemlich bedeutender Zwischenraum, der erfüllt wird von parenchyma- tösem Gewebe, das durchsetzt ist von einigen Drüsenausführgängen. Die Wandung der inneren Penisscheide wird gebildet von außen nach innen fortschreitend von Epithel, Ring-, Längs-, Längs-, Ring- muskeln und wiederum Epithel. Zwischen die beiden Längsmuskel- sehichten ist eine dünne Lage von Parenchymgewebe eingeschoben. Der Penis besitzt eine Länge von ca. 22 u bei einer größten Breite von 18,25 u. Sein äußerer Theil besteht aus einer äußeren Epithelschicht, auf welche Ring- und dann Längsmuskeln folgen; das innere Rohr zeigt gerade die umgekehrte Schichtenfolge. Die Vesicula seminalis (Vs) ist ungefähr von ellipsoider Gestalt. Die ganze Blase ist weiter nichts als ein erweiterter Endabschnitt des Penisrohres, ihre Wand setzt sich dem zufolge aus den gleichen Schichten zusammen wie dieses. In ihrem hinteren Abschnitte wird sie umlagert von Drüsenzellen, den Kornsekretdrüsen. Das Kornsekret selbst ist eine ziemlich grob- körnige und wenig färbbare Substanz, welche die Samenblase gleich- mäßig erfüllt, und in welcher einzeln die Spermatozoen liegen. Die Drüsen (Ksdr) sind von relativ bedeutender Größe und birn- förmiger Gestalt. Das in ihnen enthaltene Sekret färbt sich bräun- 386 Ludwig Böhmig, lich, ihre runden oder elliptischen Kerne nehmen eine tief violette Farbe an. Etwa 30 u vom Genitalporus entfernt mündet in das Atrium ein Kanal, welcher hinter dem Atrium in leichtem Bogen dorsalwärts zu den oberhalb des Darmes gelegenen Endabschnitten der Dotterstöcke zieht. Ich habe ihn allerdings nicht ganz bis an die Dotterstöcke ver- folgen können, doch zweifle ich nicht, dass wir es auch hier mit dem Ausführungswege der Keim- und Dotterstöcke zu thun haben. Er be- sitzt eine Breite von 6,57—10,95 u, seine Wandung besteht aus zarten Längs- und Ringmuskeln. Ausgekleidet wird er von einem sehr un- deutlichen niederen Epithel. Die Drüsen, welche ihn umstellen, haben ein feinkörniges Aus- sehen und färben sich leicht violett. An meinen Präparaten, auf welchen der Kanal etwas schief ge- troffen war, werden sie aber zum großen Theil verdeckt von den dicht hinter ihnen gelegenen größeren Drüsen (sdr), welche mit einem grob- körnigen Sekret erfüllt sind, und welche in der Umgebung des Porus genitalis ausmünden. Plagiostoma maculatum v. Graff. Die Thiere erreichen eine Länge von 3 mm; sie sind von schlan- ker Gestalt, das Vorderende ist durch zwei hier schon am lebenden Thiere leicht wahrnehmbare grübchenartige Einsenkungen abgesetzt, der vor denselben liegende Theil ist von Gestalt einer stumpfen Pfeil- spitze. Gegen die Mitte ist der Körper nur wenig erweitert, nach hinten geht er über in den sich allmählich verjüngenden Schwanzabschnitt, welcher in seinem Ende in einen feinen Endtheil ausgezogen erscheint, Die Grundfarbe des Thieres ist milchweiß. Im Kopfabschnitte be- gegnen wir einem schwarzen Flecke reticulären Pigmentes, hinter dem- selben und von ihm durch eine farblose Zone getrennt, einem größeren bräunlichen oder ziegelrothen Fleck, welcher jedoch, wie ich schon Gelegenheit hatte zu erwähnen, durch algenähnliche Gebilde und nicht durch eigentliches Pigment bedingt wird. Die Höhe des Epithels beträgt am Kopfabschnitt ca. 16 u, in der Mitte der Rückenfläche nur 7,3— 10 u, der Ventralseite ea. 8 u. Dem entsprechend wechselt auch die Größe der runden oder ovalen, stark färbbaren Kerne zwischen 6,57 und 10,2 u. Als Epitheleinlagerungen wurden vonv. GrAFF 5 u lange Stäbchen beschrieben, ich habe dieselben ebenfalls aufgefunden, nur waren die- selben bei den von mir untersuchten Exemplaren von etwas bedeuten- derer Größe, ihre Länge betrug 7,3—8 u bei einem Diekendurchmesser Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 387 von 1,46 u. Sie sind an beiden Enden abgestumpft und bestehen aus einer homogenen, farblosen Substanz. Zahlreiche Drüsenausführgänge durchbohren überdies die Epithelschicht; auf den Inhalt derselben werde ich später zurückkommen. Das hintere Ende fungirt bei dieser Species als Haftorgan; der Schwanz istnach v. Grarr mit»Haftpapillen« besetzt. Diese »Haftpapillen«, welche am lebenden, an seiner Unterlage festgehefteten Thier sehr deutlich zu sehen sind, machen sich am konservirten nicht sehr be- merklich. Wir sehen aber hier das Epithel der betreffenden Lokalität erfüllt von kleinen Schleimpfröpfehen, und diesen dürften die damit hbeladenen Epithelzellen ihre Fähigkeit, als »Haftpapillen« zu fungiren, verdanken. Die Basalmembran erreicht zwar keine sehr bedeutende Dicke, ca. 1,46 u, ist jedoch in Folge ihres großen Tinktionsvermögens leicht wahr- nehmbar. Die Verbindung zwischen ihr und dem Epithel ist keine innige, dasselbe hebt sich auf Schnitten häufig auf große Strecken von ihr ab. Dies Verhalten ist sehr wohl erklärlich, da hier nur wenig hohe und wenig zahlreiche zahnartige Vorsprünge und Leisten in entspre- chende Vertiefungen der Epithelschicht greifen und nicht, wie wir dies bei anderen Arten sahen, zahlreiche Zöttchen relativ tief in dieselbe eindringen. Am Hautmuskelschlauch vermisste ich die Schicht der gekreuzten Fasern, Ring- und Längsmuskeln sind gleichmäßig wohl entwickelt. Hautdrüsen im engeren Sinn finden sich unterhalb des Haut- muskelschlauches in reichlicher Zahl, ohne jedoch gerade eine zusam- menhängende Schicht zu bilden, wie solches der Fall beiPlag.Girardi war. Sie sind von länglicher, birnförmiger Gestalt, ihre Größe schwankt zwischen 14,6 und 25,5 « Längen- und 8—14,6 ıı Breitendurchmesser. Innerhalb der runden oder seltener ovalen Kerne von 5,8 — 7,3 u Durchmesser wurde ein schönes Chromatinnetzwerk, jedoch nie ein Kernkörperchen beobachtet. Untersuchen wir das Sekret dieser Drüsen- zellen, so ergiebt sich, dass dässelbe nicht in allen Drüsen das gleiche ist, sondern dass wir es mit zwei Arten von Drüsenzellen zu thun haben. In der einen werden jene früher von mir erwähnten farblosen Stäb- chen (st Taf. XIII, Fig. 9) gebildet, welche sich im Epithel finden, in der anderen äußerst kleine, dünne Stäbchen, welche sich mit Häma- toxylin sehr intensiv blau färben (Taf. XIII, Fig. 9, Taf. XIV, Fig. 2 dr, dra). Die Kopfdrüsen liegen ihrer größten Masse nach oberhalb und seitlich von der Schlundtasche (Taf. XII, Fig. 9 Kpdr), aber auch vor derselben und dem Gehirne, und endlich treffen wir sie auch noch weit 388 Ludwig Böhnig, nach hinten gerückt, zwischen dem Anfangstheile des Darmes und des Hautmuskelschlauches (Taf. XIV, Fig. 2 Kpdr). Die Ausführgänge aller dieser Drüsen mtinden kurz unterhalb der Körperspitze bei a (Taf. XIII, Fig. 9) nach außen. Um zu diesem Mündungsfelde zu gelangen, ziehen die Ausführ- gänge eines Theiles der oberhalb der Schlundtasche (Phi Taf. XII, Fig. 9) gelegenen Drüsen über das Gehirn hinweg und biegen vor dem- selben ventralwärts; ein anderer Theil drängt sich zwischen Schlund- tasche und Gehirn durch und verläuft dann unterhalb des Gehirns (G]). Kurz vor dem Mündungsfelde gesellen sich zu ihnen die jener seitlich von der Schlundtasche gelegenen Drüsen. In den meisten der Drüsenzellen (Xpdr) wird ein Sekret produeirt, welches sich mit Hämatoxylin tief blau färbt, in den anderen (Apdr') be- steht dasselbe aus kleinen runden Körnchen, welche mit demselben Tink- tionsmittel eine mehr stahlgraue Farbe annehmen. Diese letzteren sind in der Minderzahl vorhanden und im Allgemeinen etwas kleiner, 14,6 — 25,6 u lang, 7,3—8,7 ubreit, als die erstgenannten, deren Länge zwischen 16 und 29 u schwankt bei einem Breitendurchmesser von 9—14,6 u. Die Ausführwege beider Drüsenarten sind nicht getrennt, wie aus der Abbildung auf Taf. XIII Fig. 9 Kpdra und Kpdr’a hervorgeht, son- dern laufen durch einander. Die Schwanzdrüsen münden zum größten Theile in der Umgebung des Genitalporus aus, ein kleinerer Theil an der Schwanzspitze, wo- durch das Thier befähigt wird, sich mit derselben anzukleben. Die Größe und Form der Schwanzdrüsen ist dieselbe, wie die der Kopf- drüsen. Ihr Sekret besteht aus kleinen Körnchen, welche sich mit Hämatoxylin graublau färben. Die unterhalb oder etwas hinter dem Gehirn liegende Mundöffnung führt in eine der Größe des Pharynx entsprechende Schlundtasche (Phi). Der Pharynx (Ph) ist von sehr bedeutender Größe. Seine Länge dif- ferirt zwischen 370 und 390 u, seine Breite zwischen 170 und 212 u, die Höhe zwischen 160 und 250 u. Wie in der Größe so finden wir auch hinsichtlich der Gestalt nicht unbedeutende Verschiedenheiten bei den einzelnen Individuen. Im Allgemeinen ist er von einer mehr hauben- als kegelförmigen Gestalt. Seine Längsachse ist bald parallel der Längsachse des Thieres gestellt (Taf. XIV, Fig. 2 Ph), bald bildet sie einen Winkel mit derselben (Taf. XII, Fig. 9 Ph). In dieser letzteren Figur fasse ich die Linie a «’ als Längsachse des Pharynx auf. Das Pharynxlumen stellt einen langen und hohen, aber schmalen Spalt dar (Taf. XIV, Fig. 1 Phil), von dem kurze und enge aber zahl- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 389 reiche Seitenspalten ausgehen und in die ungemein dicke Pharyngeal- wandung eindringen. Die Anheftungsstelle der Schlundtasche am Pharynx erfolgt sehr nahe dem Darmmunde (Taf. XIV Fig. 2 *), in Folge dessen ist der frei in die Schlundtasche (Phi) ragende Theil des Pharynx von sehr bedeuten- dem Umfange. | Die Anordnung der Muskulatur ist die typische, doch bieten sich einige Besonderheiten, welche der Erwähnung werth sind. Unterhalb des dünnen, kernlosen Epithels, das die äußere Fläche des Pharynx über- kleidet, finden wir eine wenig dicke aber deutliche Ringmuskelschicht (arm Taf. XIV, Fig. 1). Auf sie folgt eine Längsmuskellage (alm), welche sich gegen den freien Rand des Pharynx zu allmählich verdickt und an demselben eine ganz kolossale Mächtigkeit erreicht (alm’). Es kömmt hier zur Bildung von Muskelbändern, welche eine Breite von 10,25 u und eine Dicke von 5,11 u besitzen. Diese auffallende Verdickung der Längsmuskulatur am Pharynxmunde bedingt auch, dass der Pharynx 'gequetschter Thiere gesäumt erscheint. Dieser Pharyngealsaum war bereits v. Grarr! bekannt: der Pharynx »zeigt bei gewissen Kontrak- tionszuständen einen deutlichen Pharyngealsaum in Form eines zarten membranösen Mündungsrandes, der noch von den verstärkten Ansätzen der Längsfasern umkränzt wird« Daraus geht hervor, dass sich nach v. Grarr's Anschauung die Längsmuskeln nicht direkt an der Bil- dung des Saumes betheiligen, während sie nach meiner Auffassung den Saum bedingen. Die innere Längsmuskelschicht (im) liegt dicht unterhalb des das Pharynxlumen auskleidenden Epithels; die innere Ringmuskelschicht (irm) folgt aber hier nicht unmittelbar auf die Längsmuskein, sondern ist von diesen durch eine Bindegewebslage getrennt. Dicht oberhalb des Pharyngealmundes, auf der einen Seite etwas höher als auf der anderen, finden wir jederseits einen, den Pharynx fast in ganzer Länge durch- ziehenden Streif (a a’), welcher von den Ausführungsgängen der Pha- ryngealdrüsen eingenommen wird, und in welchem die Muskulatur unterbrochen erscheint. Dicht unterhalb dieses Drüsenmündungsfeldes biegen die hier noch mächtigen inneren Längsmuskelbündel (ilm’) nach außen. Als- dann wenden sie sich wieder dem Pharynxlumen zu, und es findet der Schichtenwechsel statt, und wir sehen oberhalb des Drüsenmün- dungsfeldes die Anordnung der inneren Muskelschichten, wie ich die- selben soeben beschrieben habe. Das zweite Mal tritt eine Änderung 1 v. GrAFF, Monographie, 390 Ludwig Böhmig, in der Schichtenfolge auf an der Außenseite des Pharynx und zwar an jener Stelle, wo die Insertion der Schlundtasche erfolgt (Taf. XIV, Fig, 472). Die Radiärmuskeln (rdm) dieses Pharynx sind zahlreich, zeichnen sich aber nicht durch besondere Stärke aus. Das die äußere Fläche des Pharynx überkleidende Epithel (aep) besitzt einen cuticula-ähnlichen Charakter, dasjenige, welches das Pha- ryngeallumen auskleidet (iep), hat eine Höhe von ca. 2,92—3,65 u und zeigt eine so deutliche und scharfe Streifung in der Richtung seiner Höhenachse, dass es den Eindruck hervorbringt, als ob es aus lauter kleinen, starren Cilien oder Börstchen bestünde; dieselben sitzen einer dünnen aber stark tingirbaren Membran auf, welche entweder als Basal- membran aufgefasst werden kann, oder aber als hervorgegangen aus den sehr redueirten und verschmolzenen Zellleibern der Epithelzellen. In dem ersteren Falle würden wir die darüber liegenden Theile als mo- difieirte Epithelzellen auffassen müssen, im zweiten Falle würden diese kleinen Börstchen in der That den Cilien der Epithelzellen entsprechen. Da Kerne nicht nachzuweisen sind, lässt sich kein sicheres Urtheil ab- geben, welche Auffassung dem Thatbestande entspricht. Weitaus der größte Theil der Pharynxwandung wird von Drüsen- zellen und deren Ausführgängen erfüllt. Diese Pharyngealdrüsen sind in drei Zonen angeordnet. Die erste Zone umfasst die Drüsenmassen, welche am weitesten nach außen, dicht unterhalb der äußeren Muskel- schichten (alm und arm) gelegen a in Fig. 1, Taf. XIV sind dieselben mit phdr bezeichnet. Die einzelnen Drüsenzellen sind im großen Ganzen wenig scharf von einander abgegrenzt; sie sind von keulen- oder birnförmiger Ge- stalt und erreichen eine Länge bis zu 18,25 u. Das Plasma dieser Drüsen färbt sich nur schwach, Alaunkarmin verleiht dem Sekrete eine dunkelviolette Farbe. Nach innen folgt eine zweite Zone, welche aus Drüsen (phdr’) und hauptsächlich aus Drüsenausführgängen (phdr’a) be- steht; die zu den letzteren gehörigen Zellen liegen außerhalb des Pha- rynx und bilden an dem Anfange des Darmes mächtige Drüsenpackete. Mit Alaunkarmin färbt sich das grobkörnige Sekret dieser Drüsen nicht; Pikrokarmin verleiht demselben nach vorausgegangener Behandlung mit Osmiumsäure einen rothbraunen Farbton. Die Größendurchmesser der Zellen schwanken zwischen 13,14—36,5 u Länge bei einer Breite von 8,76—14,6 u. In der Umgebung des Darmmundes treten die Aus- führgänge in den Pharynx und münden gemeinschaftlich mit den Drüsen der ersten Zone (phdr) längs des Mündungsfeldes (a und «’) in das Pha- ryngeallumen. Die wenigen Drüsenzellen, die in der zweiten Zone im Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 391 Pharynx selbst liegen, unterscheiden sich nur durch etwas geringere Größe von den außerhalb befindlichen. Gegen die innere Ringmuskelschicht zu finden wir die nur in spär- licher Anzahl vorhandenen Drüsen der dritten Zone (phdr”'), deren Kon- touren, wie die der ersten, nur wenig scharfe sind und sich ebenfalls nur wenig tingiren; die Kerne zeigen hier ein wenig stärkeres Färbever- mögen als die Drüsen selbst. Sie münden nicht wie die Drüsen (phdr und phdr’) auf dem Drüsenfelde (a a’) aus, sondern an beliebigen Stellen im Pharyngeallumen ; ihr Sekret besteht aus kleinen mit Alaunkarmin tingirbaren Körnchen. Im Verhältnis zur Größe der Thiere ist der Darm kurz; in etwas wird dieses Missverhältnis ausgeglichen durch die relativ bedeutende Breite und Höhe desselben. Zur Illustration mögen einige Größenangaben dienen: Länge: Thier I. 1020, II. 1460, III. 4600 «, Höhe: Thier I. 320, II. 320, III. 300 u. Breite: I. 345 u. Länge: Darm!. 300, 11.300, IN. 515 «. Höhe: Darm I. 260, II. 172, IN. 256 u. Breite: I. 200 u. Bei den Individuen II und III war seitlich eine bedeutende Ein- engung des Darmes durch die Dotterstöcke vorhanden. Die geringe Längenentwicklung findet ihre Erklärung in der auf- fallenden Größe des Pharynx und des weit nach vorn gerückten Copu- ' lationsorgans, zwischen welche der Darm eingekeilt ist, und welche seiner Entfaltung einen schwer überwindbaren Widerstand entgegen- setzen. Diskrete einzelne Darmepithelzellen wurden nicht wahrgenommen. - Auf Schnittenstellt der ganze Darm eine Protoplasmamasse von maschiger Struktur dar. Gegen das Darmlumen erheben sich von der Oberfläche des Darmplasmas hin und wieder Plasmafortsätze von verschiedener Größe. Die runden oder auch ovalen Kerne erreichen einen Durchmesser von 7,68—8,96 u. Sie zeichnen sich durch denBesitz eines sehr schönen Kernnetzes und eines oder zweier Kernkörperchen aus. Des Vorhanden- seins algenähnlicher Gebilde wurde schon gedacht. Das Darmlumen ist stets erfüllt von großen Massen von Diatomaceenschalen und Kiesel- nadelfragmenten. Das Gehirnganglion liegt vor dem Pharynx. In seiner Gestalt gleicht es dem vonPlagiostomaGirardi. Es besteht aus zwei symmetrischen Hälften, welche die Form abgestumpfter Kegel besitzen, und deren ab- gestumpfte Theile einander zugewandt sind (Taf. XX, Fig. 10); die Basen der Kegel sind seitlich gerichtet. Im Einzelnen ist die Gestalt, sowie Größe der Ganglien mancherlei Modifikationen unterworfen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 96 392 Ludwig Böhmig, Die größten Längendurchmesser des Gehirns schwankten zwischen 57 und 99 u, die kleinsten, also in der Medianlinie, zwischen 45 und 85 u. Die größte Breite besitzt das Gehirn nahe seiner hinteren Fläche, dieselbe differirte zwischen 135 und 142 u. Die Höhendurchmesser schwankten zwischen 64 und 70 u, in der Medianebene zwischen 50 und 59 u. Die Dicke der Rindenschicht (Rsch) ist wie gewöhnlich keine gleich- mäßige. Am dichtesten sind die Ganglienzellen in der Umgebung des Auges (Au) angehäuft, dann an den Seitenflächen, wo ich zumeist drei Schichten über einander gelagert fand. Nur eine einzige Ganglien- zellenlage bedeckt einen großen Theil der Dorsalfläche. Der Punktsubstanzballen (Psb) besitzt die Gestalt einer Bohne oder Niere mit nach hinten gewandter Konkavität. Nur ein kleiner rund- licher Bezirk auf der Dorsalseite (Fig. 10 *) wird nicht von der Rinden- schicht (Rsch) bedeckt, und bei manchen Individuen bleibt auch die Medianlinie auf der Ventralseite frei von Ganglienzellen. Aus der Punktsubstanz gehen folgende Nerven hervor: Von der vorderen Fläche entspringen drei Nerven n/, n!', ne”. Am meisten der Medianebene genähert ist der Nervus J, der iakafe der drei Nerven. Er verläuft in fast gerader Richtung zum vorderen Körperpole. Auf seinem Wege dahin ist er von zahlreichen ganglien- zellenähnlichen Zellen umlagert, mit denen er in Verbindung zu treten scheint. Der dritte, am weitesten seitlich gelagerte Nerv (n/”), zieht nach vorn und ventralwärts und tritt oberhalb des Hautmuskelschlauchs mit einem kleinen Ganglion in Verbindung. Der zweite, mittlere (n!’) ist nicht ganz konstant, ich konnte ihn nur einmal mit Sicherheit nach- weisen, eben so bin ich über seinen Verlauf im Unklaren geblieben. An dem Ventralnerven (n/T) fiel mir auf, dass seine Lage in so fern keine ganz konstante ist, als er bald mehr dem vorderen, bald mehr dem hinteren Rande des Ganglions genähert, dasselbe verlässt. Nach seinem Austritte begiebt er sich in mehr oder weniger steiler Richtung zur Ventralseite und tritt hier mit einem vor der Mundöffnung liegenden Zellhaufen, den ich als aus Ganglienzellen bestehend betrachten möchte, in Verbindung. Der ca. 14 u dicke Längsnerv (n/II) verlässt das Gehirn an dessen hinterer Fläche nahe dem Seitenrande. Er zieht seitlich vom Pharynx, dicht über dem Hautmuskelschlauche auf der Bauchfläche nach hinten. Die Nerven IV und V finden wir in der hinteren Hälfte des Gan- glions. Der erstere (nIV) tritt auf der Dorsalfläche des Ganglions aus, un- gefähr gleich weit von der Mitte und der Seitenfläche entfernt. Er biegt Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 393 in leichtem Bogen nach hinten und steigt allmählich gegen die Rücken- fläche des Thieres empor, um sich bald unterhalb der Muskulatur den Blicken zu entziehen. Der Seitennerv (nV) spaltet sich, bald nachdem er das Ganglion verlassen hat, in zwei Äste, einen oberen und unteren, von denen der erstere in fast gerader Richtung zu den Seitentheilen des Thieres zieht, der letztere der Bauchfläche zustrebt. Eines kleinen sehr dünnen unpaaren Nerven habe ich noch Erwäh- nung zu thun. Derselbe entspringt in der Medianlinie zwischen den beiden Dorsalnerven. Er scheint sich zu den großen Drüsenkomplexen zu begeben, die oberhalb und seitlich vom Pharynx und Darme gelegen sind. Die Lage der Augen erhellt aus Fig. 10 Au. Die Form des Pig- mentbechers ist annähernd bohnenförmig, seine Wandung hatte eine Dicke von 7—A1 u und steht durch Pigmentzüge mit dem reticulär an- geordneten Pigment des Kopfes in Verbindung. Seine Öffnung ist seit- lich und ein wenig dorsalwärts gerichtet. Schnitte lehren uns, dass der Hohlraum des Bechers durch vorspringende Pigmentwände in drei un- vollkommen abgeschlossene Kammern zerlegt wird, deren jede einen Retinakolben enthält. Äußerlich markiren sich die Scheidewände durch mehr oder weniger tiefe Einschnitte. Der Längendurchmesser der Augen beträgt 32,8—43,8 u, der der Breite 21,9—30 u, der der Höhe 27,7—32,8 u. Die männlichen Geschlechtsdrüsen sind hier zu einem unpaaren, zum größten Theil hinter, zum Theil aber auch die Samenblase allseitig umgebenden, keilförmigen Organe verschmolzen. Die Spitze des Keiles (Taf. XVI, Fig. 22 Te) ist nach vorn gerichtet und liegt zwischen den Enden der beiden Keimstöcke (Kst), welche in der hinteren Hälfte des Thieres liegen und, wie aus Fig. 22 hervorgeht, die der Bauchfläche genäherten Seitentheile des Thieres einnehmen. Die am weitest in der Reifung vorgeschrittenen Keime rücken aber dorsalwärts und in die Medianebene des Thieres (Fig. 22 Kei) und kom- men auf diese Weise zwischen Hoden (Te) und Darm (D) zu liegen. Dieselben erreichen eine Größe von ca. 58,4 u, Kern 36,5, Kern- körperchen 10,95 u. Die Entfernung des Genitalporus (Pg) von der hinteren Körperspitze ist eine innerhalb weiter Grenzen schwankende, die aber noch auffallen- der wird, wenn man dabei die Größe der Thiere in Betracht zieht. Bei einem im konservirten Zustande ca. 1600 « langen Exemplare war die Geschlechtsöffnung von der hinteren Körperspitze 180 u entfernt, bei einem zweiten von 4150 u langen ca. 210 «, bei einem dritten von 26* 394: Ludwig Böhmig, 1060 u Länge 170 u. Sie lag demgemäß bei dem ersten Exemplare am Beginn des letzten Neuntels, beim dritten am Beginne des letzten Sechstels der Körperlänge. Das Atrium genitale zieht, in zahlreiche Windungen gelegt, nach vorn. Seine Gesammtlänge betrug bei einem Individuum, welches ich in dieser Beziehung genauer untersuchte, 350 u. In Folge dieser vielen Windungen ist auf Taf. XVII, Fig. I, nur ein kleiner Theil desselben sichtbar. Die Weite desselben ist eine sehr wechselnde, im Allgemei- nen aber gegen vorn hin zunehmende. So betrug dieselbe bei dem Exemplare, von welchem ein Schnitt auf Taf. XVII, Fig. 1, abgebildet ist, in einer Entfernung von 70 u vom Porus a 18,25 u, in einer Entfernung von 280 u 51 u und zwischen aa’ 58,7 u. Die Wandung des Atriums wird von einer Epithälschtiekt (dere zwei Muskelschichten und einer Basalmembran (bs) gebildet, welche sich zwischen Epithel und die demselben zunächst liegende Ringmuskellage (rm) schiebt. Sämmtliche Schichten sind, wovon man sich leicht über- zeugen kann, Fortsetzungen der entsprechenden Theile des Integumen- tes. Die Grenzen der Epithelzellen sind nur hin und wieder sichtbar, ihre Höhe schwankt zwischen 3,65 und 7,3 u. Das Zellplasma selbst färbt sich nur wenig, bei den meisten Individuen fand ich es erfüllt von ziemlich groben gelben Körnern, welche das Produkt von Drüsenzellen, die das Atrium in seiner ganzen Länge begleiten (adr), sind. Die Epithel- kerne färben sich sehr intensiv, sie erreichen eine Größe von 5,84 bis 6,57 u. Die Atriumwand schlägt sich nun nach innen um und bildet eine in das Atrium hängende Falte von ca. 36 u Länge. Dadurch, dass diese sich wiederum nach innen und vorn einfaltet, wird die Penisscheide (Ps) gebildet. Das äußere Rohr derselben (Psa), sowie das innere (Psi), welches aber ungefähr doppelt so lang ist wie Psa, bestehen aus den- selben Schichten wie die Wandung des Atriums. Ein Schnitt durch die Penisscheide bietet also folgendes Bild in ihrem frei in das Atrium ra- genden Theile: Epithel, Basalmembran, Ringmuskeln, Längsmuskeln, Parenchym- gewehe, Längs-, Ringmuskeln, Basalmembran, Epithel. Das Epithel ist flach und enthält nur spärlich Kerne. Die Penisscheide umschließt einen Zapfen, welcher, wie sie selbst, aus zwei Rohren besteht, einem kurzen, weiten, äußeren (Pea) und einem langen, verhältnismäßig engen, inneren (Pei); beide gehen an dem freien Rande des Zapfens (Pe) in einander über. Die Wandung des äußeren Rohres (Pea) ist eine sehr muskulöse; es fallen insbesondere die Längsmuskeln im vorderen oder oberen Theil Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 395 durch ihre gewaltige Entwicklung auf. Außen ist es überkleidet von einem dünnen kernlosen Epithel, welches einer haarscharfen Basalmem- bran aufsitzt. Unterhalb derselben liegen Ringmuskeln, auf diese folgen alsdann Längsmuskeln. Das Epithel, die Basalmembran, die Ringmus- keln und ein Theil der Längsmuskeln sind als Fortsetzungen der Wan- dung des inneren Penisscheidenrohres (psi) zu betrachten. Das innere oder Penisrohr (Pe:) ist in seinem oberen Theile viel- fach gewunden und erweitert sich in seinem Endabschnitte zu einer Blase (Pev) von meist halbkugeliger Gestalt. Der hintere, untere Theil der Blase (ped) zeichnet sich nicht durch besondere Stärke der musku- lösen Theile seiner Wandung aus, wohl aber der obere, und zwar sind es hier die Längsmuskeln, welche bedeutend stärker ausgebildet er- scheinen. Ein Theil derselben (pe’Im) setzt sich auf die äußere Wan- dung (pea) des Peniszapfens fort und stellt so mit derselben eine innige Verbindung her. Der blasenartig erweiterte Abschnitt des inneren Penisrohres steht in Verbindung mit der Samenblase (Vs), welche eine Trennung in zwei durch eine Einschnürung markirte Abschnitte erken- nen lässt. Der dem Penisrohr zunächst gelegene (Vsg), enthält nur Kornsekret, der sich an diesen anschließende (Vss) nur Spermatozoen. Das Penisrohr hat einen Dickendurchmesser von ca. 10,95 u. Sein Lumen wird ausgekleidet von einem niederen Epithel, seine Muskulatur besteht aus Ringmuskeln innen, Längsmuskeln außen. Innerhalb des blasigen Theiles des Penisrohres ändert sich der Charakter des Epithels, in so fern es wieder mit Ausnahme des Bodens der Blase (pod) wesent- lich höher wird, bis 7,3 u und Kerne enthält, welche eine runde oder elliptische Gestalt besitzen und sich sehr intensiv färben. Nach außen vom Epithel bemerken wir die dünne Basalmembran, Ringmuskeln und Längsmuskeln, welche letztere jedoch zuweilen von Ringmuskelschichten durchsetzt und mit denselben verflochten zu sein scheinen. . An der Verbindungsstelle mit der Vesicula seminalis sind die ohne- hin schon kräftigen Muskeln noch mehr entwickelt. Die Samenblase selbst besitzt keine besonders muskelkräftige Wandung; es sind zwei Muskelschichten nachweisbar, nämlich zu äußerst Längsmuskeln, nach innen von diesen finden wir Ringfasern. Das Kornsekret wird von Drüsenzellen (Krds) produeirt, welche in großer Zahl den mittleren Theil der Vesieula seminalis umgeben. Esbe- steht aus kleinen Körnchen, welche sich mit Pikrokarmin gelb, mit Häma- toxylin blaugrau färben, und sich in dem betreffenden Abschnitte der Samenblase zu kleinen, dicht neben einander liegenden Schollen ver- ‚\. einigen. 396 Ludwig Böhmig, Die Länge der Drüsenzellen schwankt zwischen 14,6 und 32,85 u, die Breite zwischen 8,76 und 25,5 u. Zwischen den Kornsekretdrüsen und der Einfaltungsstelle finden wir ähnliche, nur im Allgemeinen etwas kleinere Drüsenzellen, welche, so viel ich eruiren konnte, einestheils in den Blasentheil des Penis- rohres, anderntheils am freien Rande der Penisscheide münden. Die Epithelzellen des ersteren sind wenigstens von solchen Körnchen er- füllt, wie wir in diesen und den Kornsekretdrüsen nachzuweisen im Stande sind. In einiger Entfernung ca. 50 u vom Porus genitalis mündet ein enger, 4,38—7,3 u weiter, Kanal in das Atrium, welcher von kleinen, sehr dicht gedrängt liegenden Drüsen umgeben ist. Es ist dieser Kanal nicht immer ganz leicht aufzufinden, am vortheilhaftesten ist es, die er- wähnten Drüsen aufzusuchen und diese dann zu verfolgen. Anfänglich verläuft er dicht oberhalb des Atriums, hält sich später mehr dorsalwärts und zieht nach vorn, wo ich ihn bis in die Nähe der weiblichen Ge- schlechtsdrüsen verfolgen konnte. Nach seinem ganzen Verlauf und den ihn umgebenden kleinen Drüsen zu schließen, handelt es sich hier um denselben Kanal, den ich auf Grund meiner Untersuchungen bei Plagiostoma Girardi als Ausführungsgang der weiblichen Genitaldrüsen bezeichnen konnte. Plagiostoma bimaculatum v. Graff. Diese höchst interessante und seltene Plagiostoma-Species fand v. GRAFF in einigen wenigen Exemplaren in Neapel. v. GrArr konnte dieselbe nur auf Quetschpräparaten untersuchen und gelangte dadurch zu der Ansicht, dass sie in ihrem anatomischen Baue Pl. Girardi sehr ähnele, eine Vermuthung, die ein genaues Studium dieser Thiere an Schnittpräparaten nicht bestätigte. Ich selbst habe das Thier im lebenden Zustande nicht gesehen, die beiden Exemplare, welche mir vorlagen, waren konservirt. Nach v. Grarr erreicht Pl. bimaculatum eine Länge von 4 mm, und seine größte Breite in der Mitte des Leibes. Zwei scharf umschrie- bene ziegelrothe Pigmentflecke am Rücken machen es leicht kenntlich. Diese Flecke sind jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durch Pigment in irgend einer Gestalt bedingt, sondern durch algenähnliche Gebilde, welche ähnlich denen sind, die von mir im Darm von Pl. maculatum gefunden wurden und bei diesem sicher den bräunlichen oder röthlichen, größeren »Pigmentfleck« bedingen. Konnte ich auch an den mir vorliegenden Exemplaren keine Zu- sammensetzung des Epithels aus einzelnen diskreten Zellen nachweisen, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 397 so zweifle ich doch nicht, dass dies in der That der Fall ist, gestützt auf. meine Untersuchungen von Pl. Girardi, reticulatum etc. Am vor- deren und hinteren Körperpol erreicht dasselbe eine Höhe von 18,25 u, während es auf der Dorsalfläche nur 7—8 u, auf der ventralen 3,65 — 7,3 u hoch ist. Mit Tinktionsmitteln färbt sich das Plasma des Epithels nicht, nur Pikrokarmin verleiht ihm eine leicht gelbliche Farbe. Gut färbbar sind die runden oder ovalen Kerne, deren Durchmesser 5,84—8,7 u beträgt. Ein kleines Kernkörperchen war in den meisten von ihnen wahrnehmbar. Als Epitheleinlagerungen fielen mir nur kleine, 4,38—5,84 u lange und 0,7 u breite glänzende, an beiden Enden etwas zugespitzte Stäb- chen auf, welche sich durchaus nicht färben. Die 2,19 u dicke Basalmembran lässt deutlich drei Schichten er- kennen, von denen die äußerste sich am stärksten färbt und zahlreiche kleine Zöttchen in das Epithel entsendet. “ Die mittlere Schicht ist die am besten entwickelte, sie färbt sich weniger stark als die äußere. Die innerste oder dritte Schicht repräsentirt sich nur als eine Linie, sie ist mithin sehr dünn. Muskellagen wurden nur zwei vorgefunden, nämlich Ring- und Längsmuskeln, Diagonalfasern fehlen nach meinen Beobachtungen. Bezüglich des parenchymatösen Gewebes ist der allgemeine Theil zu vergleichen. Hautdrüsen im engeren Sinn sind nur sehr spärlich vertreten und von geringer Größe, Ob sie die Stäbchenbildnerinnen sind, vermag ich nicht zu sagen. Im Kopfabschnitt sind ähnlich wie bei Pl.maculatum zwei Drü- senarten vorhanden, welche sich unterscheiden durch das Verhalten ihres Sekretes Tinktionsstoffen gegenüber. Ä Die einen liegen, wenigstens ihrer größten Zahl nach, in dem vor der Schlundtasche befindlichen Theil des Kopfes, vor und seitlich vom Gehirnganglion. Sie sind von birnförmiger oder rundlicher Gestalt, 14,6— 42,3 u lang, 8,76—14,6 u breit. Das Drüsenplasma selbst färbt sich nur sehr wenig; das Sekret besteht aus kleinen glänzenden Körn- chen, welche sowohl mit Alaunkarmin als Pikrokarmin eine gelbe Farbe erhalten. Die Drüsenzellen der zweiten Art finden sich hinter dem Pharynx, am Beginne des Darmes. Sie erreichen eine Länge von 21,9—43,8 u, bei einer Breite von 10,95—21,9 u, sind demnach durchschnittlich etwas größer als die erstgenannten. Fi | Das Sekret besteht aus kleineren Körnchen, welche sich mit Alaun- karmin intensiv blauviolett färben. 398 Ludwig Böhmig, Die Ausführgänge beiderlei Drüsen münden unterhalb der vorde- ren Körperspitze nach außen. Die Ausführwege lassen nach ihrer Farbe leicht entscheiden, zu was für Drüsenzellen sie gehören, die einen sind blau, die anderen gelb tingirt. Im Allgemeinen umhüllen die gelben mantelartig die blauen, doch laufen sie gelegentlich auch durch einander. In ihrer äußeren Form und Größe übereinstimmend gebaut, aber verschieden hinsichtlich ihres Sekretes sind die um den Porus genitalis ausmündenden Schwanzdrüsen. Das von den einen producirte Sekret ist sehr feinkörnig und be- sitzt an Alaunkarminpräparaten eine gelbliche Farbe, das der anderen besteht aus groben bräunlichen Körnern. Die ersteren sind vorwiegend oberhalb, die letzteren unterhalb des Atrium genitale gelegen. Da der Bau des Pharynx bereits im allgemeinen Theile eingehend besprochen worden ist, wende ich mich zum Darm, von welchem ich auch schon erwähnte, dass sich derselbe nicht scharf gegen das Paren- chymgewebe des Thieres absetzt, was bei allen übrigen Alloiocölen und Rabdocölen der Fall ist. Der Darm ist kurz aber breit und hoch. Seine größte Länge besitzt er auf der Dorsalseite mit 530 u, auf der ventralen Fläche erreicht er nur 266 u, noch kürzer ist er zwischen beiden, nämlich nur 180 u lang in Folge des weit nach vorn gerückten Copulationsorgans, welches in seinem vordersten Theil allseitig vom Darm umhüllt wird. Seine größte Breite beträgt ca. 440 u, die Höhe 480 u, oberhalb des Copulations- organs aber nur 130 u. Betrachten wir nun den Darm, wie er sich auf einem Querschnitte (Taf. XIV, Fig. 9) darbietet. Wir erkennen eine mit D bezeichnete Schicht, welche aus einer mäßig feinkörnigen Plasmamasse besteht, in welcher Kerne, Körn- chen, Tröpfchen etc. eingeschlossen sind. Eine Zusammensetzung aus Zellen ist nicht wahrnehmbar. Von dieser Plasmaschicht (D) erheben sich Plasmafortsätze, welche in das Darmlumen ragen. Gegen die Peri- pherie zu geht sie über in eine Zone (D*), welche durch die zahlreichen oft sehr großen in ihr enthaltenen Vacuolen (V) auffällt. Das Plasma- gerüst, welches dieselben umgiebt, ist, wie das der Plasmaschicht (D), mäßig feinkörnig und färbt sich ganz so wie dieses. In größeren Plas- maanhäufungen finden wir Kerne. Die Vacuolen sind erfüllt von einer spärlichen, farblosen, feinkörnigen Substanz. Nicht selten sehen wir die größeren Maschen oder Vacuolen durch sehr zarte Plasmabalken in kleinere zerlegt, in denen dann gewöhnlich die eben erwähnte Sub- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 399 stanz nachweisbar ist, seltener erscheinen sie vollkommen leer oder von gröberen größeren homogenen Tröpfehen oder Kügelchen und den schon erwähnten algenähnlichen Gebilden (Al) erfüllt. Gegen den Hautmuskelschlauch hin werden die Maschen kleiner, das ganze Gewebe nimmt einen dichteren Charakter an, auch lassen sich besonders an Alaunkarminpräparaten zarte Unterschiede in der Tingir- barkeit erkennen, ich habe diese am meisten peripher gelegene Zone mit Prch bezeichnet. | Wie verhalten sich nun die Kerne? Die innerhalb der Plasmamasse (D) liegenden Kerne (Dk) sind rund oder elliptisch und färben sich mit Farbstoffen sehr intensiv. Sie lassen meist ein Kernnetz und stets ein Kernkörperchen erkennen. Ihre Durchmesser schwanken innerhalb weiter Grenzen von 6,57 — 9,5 u. Die ovalen Kerne maßen 7,3: 41,7 u, 8: 14,7 u, 7,3:13,% u, 6,57:410,2 u. Das Kernkörperchen erreicht eine Größe von 2,92—3,65 u. Vollkommen mit diesen Kernen stimmen im großen Ganzen die- jenigen überein, welche wir in der vacuolisirten Zone (D*, Dk) finden, doch liegen hier auch solche von mehr länglicher Form, deren Längen- und Breitendiameter von sehr verschiedener Größe, z. B. 11 :3,65 und 44,6:4,38 u sind. Außerdem fehlt in ihnen sehr häufig das Kernkör- perchen oder ist, jedoch nicht immer, von unbedeutender Größe. Je mehr wir uns dem Hautmuskelschlauch nähern, desto mehr überwiegen diese gestreckten Kerne, welche ich ihrem Habitus nach als Paren- chymkerne anzusprechen geneigt bin. Eine scharfe Grenze zwischen Darm und Parenchym ist demnach nicht zu ziehen, der Boden, aus welchem die Plasmabalken und Mem- branen der vacuolisirten Zone (D*) hervorgehen, ist jedenfalls die Protoplasmamasse (D), und von D* nicht scharf abzugrenzen ist die Zone Prch. Einer eigenthümlichen Modifikation unterliegt die Plasmamasse (D) des Anfangstheiles des Darmes auf der Ventralseite (D)). Längs- und Querschnitte lehren, dass diese Darmpartien ungemein reich gefaltet sind, und dass durch Aneinanderlagerungen solcher Falten ein geradezu mäandrisches Gewirr von Höhlen und Rinnen entsteht. Betrachten wir solch ein Stück modifieirter Darmwandung und zwar zunächst da, wo dasselbe mit der Plasmamasse des Darmes in Zu- sammenhang steht. Das Darmplasma verdichtet sich und färbt sich in Folge dessen intensiver, die Plasmazöttchen sind von größerer Fein- heit und stehen dichter. Allmählich geht es über in eine ca. 7,3 u dicke Zone (D’), welche ein feinstreifiges Aussehen ähnlich wie das Epithel _ des Körpers besitzt und sich mit Pikrokarmin nicht mehr roth sondern 400 Ludwig Böhmig, gelb färbt. Die ganze Schicht macht schließlich den Eindruck einer Cuticula, die von feinen Poren durchsetzt und mit kleinen Cilien be- deckt ist (Taf. XIV, Fig. 9 D’). Unterhalb dieser modifieirten Plasma- lage finden wir eine reich von Vacuolen durchsetzte, ziemlich grobkör- nige Plasmapartie mit Kernen (D”), die an meinen Präparaten wie ge- schrumpft aussieht, obwohl alle übrigen Gewebe gut erhalten sind. Die Kerne lassen sich sofort als Darmkerne erkennen. Welchen Zweck hat nun diese eigenthümliche Umwandlung eines Theiles des Darmplasmas, und wozu dient die durch die zahlreichen Faltungen hervorgerufene Vergrößerung der Oberfläche? Bei der bedeutenden Kürze des Darmes könnte man an eine Ober- flächenvergrößerung der resorbirenden Fläche denken, doch diese An- sicht verliert an Wahrscheinlichkeit, wenn wir die Beschaffenheit gerade der vergrößerten Partie in Betracht ziehen, da dieselbe einen ausge- sprochen cuticularen Charakter besitzt; ich habe auch nie in ihr die bekannten homogenen Tröpfchen und Körnchen, welche man wohl mit Recht als Assimilationsprodukte betrachtet, wahrnehmen können. Viel eher ist an eine Filtration des mit der Nahrung aufgenommenen Wassers zu denken, zu welchem Zwecke die mit Poren durchsetzte Schicht ja als ganz wohl geeignet erscheint. Die im Wasser gelösten Substanzen könnten dann in dem mit Vacuolen erfüllten darunter liegenden Theil des Darmes (D”) resorbirt werden, während feste Stoffe in den nach hinten gelegenen Abschnitt des Darmes (D) gelangen, in welchem man in der That auch Diatomaceenschalen, Kieselnadeln etc. antrifft. Das eigenthümlich geschrumpfte Aussehen des Plasmas in D” würde alsdann durch den großen Wassergehalt resp. die plötzliche Wasserentziehung erklärlich werden. Zwischen Pharynx und Darm schiebt sich ein als Ösophagus zu bezeichnendes Verbindungsstück ein. Dasselbe besitzt die Länge der oberen Pharyngealöffnung, eine Breite von 65—109 u und eine Höhe von 40—58 u. Der Ösophagus (Oe Fig. 9) stellt eine gegen den Pharynx hin, also ventralwärts offene, gegen die Rückenseite zu geschlossene Rinne dar, welche mit dem Darm durch eine nur ca. 20 u lange Spalte kommunicirt. Er besitzt eine eigene Muskulatur und zwar eine äußere Ring- und eine innere Längsmuskelschicht, beide Schichten sind Fort- setzungen der inneren Pharynxmuskulatur. Das Ösophagusepithel (Oeep) besteht aus cylindrischen oder fast kubischen Zellen, deren Höhe zwi- schen 14,6 und 30 u, deren Breite zwischen 3,65 und 41 u schwankt; und zwar ist der Breitendurchmesser gewöhnlich umgekehrt proportio- nal dem der Länge. Die runden, stark färbbaren ca. 5,84 u im Durch- messer haltenden Kerne sind zumeist der Basis der Zellen genähert, Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 401 in den niederen und breiteren Zellen liegen sie häufig nahe der Ober- fläche der Zellen. | Der Centraltheil des Nervensystems, das Gehirn, liegt vor dem Pha- rynx. Seine Grundform ist eine Pyramide mit einem Trapeze als Grund- fläche, dessen längere Seite nach hinten, dessen kürzere nach vorn gewandt ist (Taf. XX, Fig. 13); Kanten und Ecken sind natürlich abge- rundet, die Flächen theils plan, konkav oder konvex. In der Medianebene, durch welche das Ganglion in zwei seitliche symmetrische Hälften ge- theilt wird, finden wir auf den vier betheiligten Flächen eine Furche, welche am tiefsten an der vorderen und hinteren ist, am flachsten, aber von größerer Breite auf der oberen und unteren. Bei dem Individuum I betrug die Länge 65 u, die Breite 153 u, die Höhe 116 u. Bei dem Individuum II betrug die Länge 80,3 « (in der Median- ebene 73), die Breite 146 u. Bei dem in Querschnitte zerlegten Exemplare fiel das Gehirn in dreizehn Schnitte, von denen die ersten sechs auf der Unterseite leicht konvex, auf der oberen konkav waren, die zwei folgenden zeigten eine plane untere, eine konkave obere, die fünf letzten eine konkave obere und untere Fläche. Die Ganglienzellenschicht (Rsch Fig. 7, 43) erreicht ihre größte Mächtigkeit in der Umgebung der Augen und an den Seitenflächen, wo drei bis vier Ganglienzellenreihen über einander liegen. Einschichtig ist dieselbe in der Umgebung der Medianlinie auf der unteren und oberen Fläche. Die Zellen liegen locker, viel weniger dicht an einander gefügt ' als dies z.B. beiPl. Girardi der Fall ist. Sie sind multipolar und bi- polar, seltener unipolar. Der feinkörnige Plasmaleib ist sehr zart und ‚nicht selten schwierig nachweisbar, der runde oder ovale Kern färbt sich stets sehr intensiv. In dem Punktsubstanzballen (Psb) ließen sich mehrere von ein- ander abgegrenzte Ballen und Faserzüge unterscheiden, von denen ich eine kurze Darstellung geben werde. Der Kern des ganzen Ballens wird von einer grobmaschigen Faser- masse gebildet, welche ca. ?2/;, des ganzen Markballens ausmacht und in Fig. 7, 13 mit a bezeichnet ist. Oberhalb und vor «a liegt ein kleines Punktsubstanzlager von weit feinerem und dichterem Gefüge (a’). Vor diesem finden wir ein zweites (b), welches auf den vordersten Partien von a ruht, eine walzenförmige Gestalt besitzt, sich jederseits nach hinten biegt und dann allmählich in die Fasermasse von «a übergeht. Im vorderen Theile des Ganglions verlaufen zwischen der Rindenschicht und dem Ballen (a) auf der ventralen Fläche Faserzüge (c), welche in 402 Ludwig Böhmig, etwas schräger Richtung gegen die Dorsalfläche steigen, sich zwischen a und den Schenkeln von b durchdrängen (Fig. 7) und alsdann wahr- scheinlich mit den Ganglienzellen in der Umgebung der Augen (Fig. 7, 43) in Verbindung treten. Hinter c finden wir jederseits einen Faserzug, welcher ebenfalls dorsalwärts verläuft und sich oberhalb von a mit dem der anderen Seite vereinigt. Die beiden bilden also ein auf a reitendes hufeisenförmiges Gebilde. Ein Theil dieser Faserzüge ist in Fig. 7 d sichtbar. Relativ dünne Faserzüge (co, co’ Fig. 13), die innerhalb des Faser- ballens (a) verlaufen, sind als Reste von Kommissuren zu deuten, wie solche bei den Formen, deren Ganglienhälften nicht so innig ver- schmolzen sind, in bedeutender Dicke und Länge entwickelt sind. Aus dem Gehirn entspringen jederseits neun Nerven und zwar drei von der vorderen Fläche, die Nerven nI, nI’ und n!”, zwei von der ventralen n// und nII’, einer von der hinteren nII/, einer von der dorsalen n/V und zwei von der Seitenfläche nV und nV’. Der Nervus / erhält seine Fasern aus dem Ballen (a Fig. 43) und zwar aus den hinteren Partien desselben. Bald nach seinem Austritt aus dem Ganglion theilt er sich in zwei Äste, von denen der innere in gerader Richtung nach vorn zieht, der äußere eine mehr seitliche Direk- tion hat. Der zweite Nerv (n/’) liegt oberhalb und etwas seitlich vom nI und verläuft wie dieser zur vorderen Körperspitze. Die Fasern dieses Nerven ließen sich fast durch den ganzen Punktsubstanzballen (a) verfolgen. Nerv nI!” besitzt ein anderes Ursprungsgebiet als die beiden vor- hergehenden, nämlich den Ballen (b). Die Dicke dieses Nerven ist weit geringer als die der Nerven / und /', nur 7,3 «u, während nI 13 u, n! 1%,6 u im Querschnitt messen. Ungefähr in gleicher Entfernung vom inneren Pigmentbecherrande und der Medianebene des Ganglions, am vorderen Rande des Punktsub- stanzballens wird die ventrale Ganglionfläche von einem Nerven durch- setzt, welcher sich in fast senkrechtem Verlauf zur Ventralseite des Thieres begiebt n/I. Dieser 14,6 u dicke Nerv bezieht den größten Theil seiner Fasern aus dem Ballen b, es betheiligen sich aber an seiner Bildung Fasern aus den tieferen Schichten von a. Nahe dem Seitenrande, am Beginn der zweiten Ganglionhälfte be- gegnen wir dem zweiten Ventralnerven nI/, dessen Verlauf ein dem vorhergehenden ganz ähnlicher ist. Entsprechend der bedeutenden Dicke und dem Faserreichthume ist die Ursprungsstätte des Längsnerven n/II eine sehr ausgedehnte, es dürften sich alle Partien von a und auch db an seiner Bildung bethei- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 403 ligen. Nach seinem Austritt macht er eine leicht $-förmige Biegung und zieht dann in gerader Richtung, sich mehr und mehr der Ventral- fläche nähernd, nach hinten. Der Dorsalnerv n/V erhält seinen Faserbedarf aus den oberfläch- lichsten Lagen von a. Er ist der einzige Nerv, welcher nach dem Ver- lassen des Ganglions noch eine Strecke weit von einem Mantel von Ganglienzellen umhüllt wird. Sein Durchmesser beträgt 12,4 u. Der vordere der Seitennerven nV’ ist der Ventralfläche des Ganglions stark genähert und wie aus Fig. 7 hervorgeht, erhält er einen nicht unbeträchtlichen Theil seiner Fasern aus d, zu denen sich aller- dings auch solche aus «a gesellen. Er, wie der folgende nV versorgen die Seitentheile des Thieres und ließen sich bis zum Hautmuskelschlauch verfolgen, wo sie sich in eine größere Anzahl Äste theilen. Von Sinnesorganen habe ich bei Pl. bimaculatum nur Augen wahrgenommen, eine Wimperrinne sowie Tastkörperchen gelangten nicht zur Beobachtung, wenn auch nicht gezweifelt werden kann, dass die letzteren wenigstens vorhanden sind. Die Lage der Augen erhellt aus Fig. 7 und 13. Die Form des Pig- mentbechers ist nieren- oder bohnenförmig, wobei die konkave Seite der Medianebene zugewandt ist. Die Länge des Pigmentbechers beträgt 36,5—40 u, seine Breite 18,2— 21,9 u, seine Höhe 35 u. Die feinere Struktur der Augen stimmt ganz mit dem überein, wasich bei Plagiostoma Girardi beobachtet und beschrieben habe. Die Hoden liegen zu beiden Seiten des mächtigen Copulationsor- gans und der Samenblase, vor und über welcher sie verschmelzen. Über die Eigenthümlichkeiten des Baues der Keimstöcke, der Keime selbst und der Dotterstöcke habe ich bereits im allgemeinen Theile gesprochen. Der in kurzer Entfernung vom hinteren Körperpole gelegene Porus genitalis führt in ein vielfach gewundenes Atrium genitale, dessen größte Breite bei b b’ ca. 65 u beträgt (Taf. XIX, Fig. 1). Die Muskulatur der Wandungen desselben ist eine äußerst kräftige, auf die Ringmus- keln (rm) folgt die ca. 1,46 u dicke Basalmembran (bs), welcher das 7,3—8,76 u hohe Flimmerepithel (aep) aufsitzt. Die Kerne desselben haben einen Durchmesser von ca. 7 u (Taf. XIX, Fig. 4). Das Epithel (aep), welches eine deutliche Höhenstreifung zeigt, färbt sich nur wenig. Basalmembran und Epithel zeigen nun hin und wieder Unter- brechungen, Lücken, welche einen Durchmesser von 7,3—9,49 u besitzen (Fig. 4**). Wir finden an solchen Stellen oberhalb der Muskulatur ein 404 Ludwig Böhmig, Büschel feiner, ca. 10,95 u langer, dichtstehender Cilien (clb), welche einen centralen Raum frei lassen (Fig. 4**). Diese Cilien sitzen, wie mir scheint, der in das Atrium randartig umgeschlagenen Basalmembran (bs) auf. Der freie Raum im Cilienbüschel wird fast stets erfüllt von kleinen bräunlichen Körnchen. Dieser Körnchenhaufen erstreckt sich bis in das Parenchym (Fig. 4*). Es dürfte wohl kaum fehlgegriffen sein, in diesen Körnchenhaufen Exkretionsprodukte zu sehen, und ich möchte das Vorhandensein dieser eigenthümlichen bei keiner anderen Form beobachteten Einrichtung mit dem gänzlichen Fehlen von wasserklaren Räumen im Epithele in Zusammenhang bringen. An seinem Ende erweitert sich das bis dahin ziemlich gleich weite Atrium becherartig und nimmt in diese Erweiterung einen Theil des Copulationsorgans auf. Die Wandung der Penisscheide — es ist nur eine vorhanden, — ist von außerordentlicher Dicke und sehr muskulös (Fig. 1). Sie stellt einen hohlen Zapfen von ca. 177 u Länge und 265 u Breite dar. Das äußere Rohr (Psa) setzt sich zusammen aus einem niederen Epithel, einer Basalmembran, Ring- und Längsmuskeln; das zweite das Lumen umschließende Rohr (Psi) zeigt die gleichen Schichten nur in umgekehr- ter Reihenfolge. Das Epithel von ps? ist höher und enthält zahlreiche ovale Kerne (Fig. 1). Während der Raum zwischen den beiden Rohren (Psa und Psi) bei allen anderen Plagiostoma-Arten, ausgenommen Pl. sulphureum, nur von parenchymatösem Gewebe erfüllt ist, sehen wir hier kräftige Radiärmuskeln (rdm) zwischen denselben ausgespannt, die so zahlreich sind, dass nur schmale Lücken für Drüsenausführgänge (dra Fig. 2) zwischen ihnen verbleiben. In gleicher Höhe, in welcher die Einfaltung der Atriumwand be- hufs Bildung der Penisscheide stattfindet, erfolgt auch die Umbiegung des inneren Rohres der Penisscheide, behufs Bildung des Peniszapfens (Pe). Derselbe ist von kegelförmiger Gestalt, seine Länge beträgt ca. 120 u, seine Breite an der Basis ebenfalls ca. 120 u, an der nach hinten gerichteten Spitze nicht ganz die Hälfte, 56 u. Das äußere Rohr des Peniszapfens (Pea) ist hier in seiner Wandung von komplieirterem Baue als für gewöhnlich der Fall ist, ich habe je- doch keine ganz vollständige Sicherheit von seiner Zusammensetzung erhalten können. Die äußerste Schicht wird von einem flachen aber mit ovalen Kernen versehenen Epithel gebildet, auf das eine Basal- membran folgt. An diese schließen sich an Ring- und Längsmuskeln, auf welche eine Schicht (rd’) folgt, die an einzelnen Stellen aus radiär gestellten, an anderen aus verflochtenen Ring- und Längsmuskeln zu bestehen scheint; jedenfalls steht sie in innigem Zusammenhang mit Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 405 den Radiärmuskeln der Penisscheide (Ps Fig. 4) und dem alsbald zu erwähnenden blasig erweiterten und sehr muskulösen Endabschnitte des Penisrohres (Per). Ob nach innen von dieser Schicht (rd’) noch Ring- und Längsmuskeln oder nur Längsmuskeln verlaufen, vermag ich nicht zu entscheiden. Behufs Bildung des inneren Penisrohres Pe: stülpt sich Pea nach innen ein. Dieses Rohr (Pei) verläuft in zahlreichen Windungen nach vorn und geht über oder erweitert sick zu einer Blase (Pev). Das Penis- rohr hat einen durchschnittlichen Durchmesser von 22 u; seine Wan- dung (pei) besteht von außen nach innen fortschreitend aus Längsmus- keln, Rinrgmuskeln, Basalmembran und Epithel. Das letztere hat eine Höhe von nur 3 «, färbt sich wenig und scheint der Kerne zu ent- behren. Zwischen den beiden Rohren des Penis finden wir Parenchymge- webe und eine grobkörnige Masse, welche sich mit Alaunkarmin und Pikrokarmin stark färbt. Die Wandung der Blase (Pev) ist von verschiedener Stärke; die größte Dicke erreicht sie in den seitlichen Partien, ca. 60 u, am schwäch- sten ist der Boden, also der Theil, der dem Penisrohr am nächsten liegt. Schnitte durch diesen Theil des Penis lehren uns, dass die Höhlung der Blase ausgekleidet wird von einem Epithel (ep Fig. 2), welches durch eine dünne Basalmembran von der Schicht der Ringmuskeln (rm) getrennt ist. Auf diese folgt eine einschichtige Lage von Längsmuskeln (Im) und nach außen von diesen ein dichtes Gewirr eirkulär, radiär und longitudinal verlaufender und sich durchflechtender Muskelfasern (gm), welche sich theils an der Wandung des äußeren Penisrohres, theils am vorderen Rande der Penisscheide anheften, resp. zwischen die Muskel- lagen derselben eindringen (Fig. 4, 2*). DieDecke der Blase (Pev) wird durchbohrt von einem14,6u weiten Kanal (ca), durch welchen die Verbindung mit der Vesicula seminalis (Vs) hergestellt wird. | Einige Worte erfordert noch das Epithel der muskulösen Blase (Pev). Im hinteren Theile derselben besteht dasselbe aus eylindrischen Zellen von durchschnittlich 10,95 u Breite und 15,3 « Höhe. Das wenig färb- bare Plasma ist von zahlreichen kleinen gelblich (Alaunkarmin) oder röthlich (Pikrokarmin) gefärbten Körnchen erfüllt. Die Kerne sind von runder oder ovaler Gestalt und tingiren sich sehr intensiv. Ihre Durch- messer betragen 8 u, 5,84:10,95 u, 6,57:10,22 u ete. Im vorderen Theile, insbesondere in der Umgebung der Mündung des Kanales (ca) macht das Epithel den Eindruck von Zotten, welche sich stark tingiren, 406 Ludwig Böhmig, der Kerne aber vollständig entbehren; eben so fehlen auch die kleinen Körnchen. Die Höhe der Zellen beträgt ca. 10,95 u. Die Muskulatur der großen, eiförmigen Samenblase (Vs) wird ge- bildet von Längs- und Ringmuskeln, das Epithel ist sehr flach und stellenweise kaum sichtbar. Der größte Theil der Oberfläche der Vesicula seminalis wird von den das Kornsekret produeirenden Drüsen bedeckt. Die Länge dieser keulenförmigen nicht selten unregelmäßig ge- formten Drüsenzellen (Fig. 3 Ksdr) variirt zwischen 43,8 und 18,25 u (ohne Ausführungsgang), die Breite zwischen 10,95 und 21,9 u. Das feinkörnige, fast homogene Plasma färbt sich wenig und macht häufig einen eigenthümlich zerklüfteten Eindruck, welcher sich auf Abbil- dungen nur schwierig wiedergeben lässt. Auch die Kerne färben sich an diesen Zellen auffallend wenig. Das Sekret liegt im hinteren durch eine leichte Einschnürung ab- gesetzten Theil der Samenblase. Dasselbe bildet eine periphere Zone und lässt einen centralen mit Spermatozoen erfüllten Raum frei. Es bildet verschieden geformte, ungleichmäßig große Schollen (Ars), welche _ sich sehr stark färben und deutlich eine Zusammensetzung aus kleinen Körnchen erkennen lassen. Auffallend ist mir, dass ich nie so dunkel gefärbte Massen in den Kornsekretdrüsen habe auffinden können. In der Umgebung des blasigen Theiles des Penisrohres liegen Drüsen von etwas geringeren Dimensionen als die Kornsekretdrüsen, welche ein körniges schwach gefärbtes Sekret enthalten, ähnlich dem, welches wir innerhalb der Epithelzellen der Muskelblase wahrnehmen. Da außerdem die Ausführgänge dieser Drüsen in diesen Theil des Penis eindringen, so ist es sehr wahrscheinlich, dass die Körnehen in den Epithelzellen von ihnen produeirt werden. Äußerst zahlreiche Drüsen (dr) sind um die Vereinigungsstelle des Peniszapfens und der Penisscheide gruppirt. Ihre Ausführungsgänge verlaufen einerseits zwischen den Radiärmuskeln der Penisscheide (Fig. 2 dra) bis zum freien Rande derselben, andererseits münden sie in den Peniszapfen selbst ein, wo wir große Mengen ihres Sekretes in Form kleiner unregelmäßiger Klümpchen in der Umgebung der Penis- scheide aufgespeichert sehen. Einen Kanal, welcher als Ausführgang der weiblichen Geschlechts- produkte gedeutet werden könnte, habe ich nicht wahrgenommen. Zwischen Atrium genitale und Hautmuskelschlauch sind zahlreiche, radiär gestellte Muskelbündel ausgespannt, eben so zwischen dem vor- deren Theil der Samenblase und der Körpermuskulatur. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 407 Plagiostoma dioicum v. Graff. Unter dem Namen Acmostoma dioicum wurde von METSCHNIKOFF ! ein bei Helgoland gefundenes Turbellar beschrieben und abgebildet. Die Beschreibung lautet: »Diese hellbraune, 1,5 mm messende Art be- sitzt am vorderen Ende einen konischen Pharynx, der sich durch Form und Abwesenheit der Randpapillen von demselben Organe der durch Scawmarda beschriebenen Acmostomeen unterscheidet. Hinter dem- selben sind zwei braune, dicht am Gehirn liegende Augen vorhanden. Das wie gewöhnlich gebaute Gehirn zeigt von beiden Seiten zwei starke Nervenstämme. — Das beobachtete Thier ist vollständig getrennt ge- schlechtlich; jedoch habe ich leider nur ein männliches Individuum, dessen Generationsorgane aus mehreren, genau wie bei Monocelis gebauten Hoden und aus einer starken, mit einem muskulösen Aus- führungsgange versehenen Samenblase bestanden, aufgefunden. Die die Samenblase erfüllten Zoospermien sind von mir abgebildet. « Diese kurze Beschreibung MrrTscaniIkorr's enthält zu wenig charakte- ristische Punkte, welche ein absolut sicheres Wiedererkennen des Turbellars, welches METscanIkorr vorgelegen hat, zuließen. Das Haupt- moment, dass das Thier wirklich getrennt geschlechtlich, ist anfechtbar, da Mrrscuhnikorr keine Schnitte von seinem Acmostoma dioicum an- gefertigt hat, und Quetschpräparate, wie Jeder weiß, der sich mit Tur- bellarien beschäftigt hat, oft sehr trügerisch sind. Andererseits enthält die Beschreibung so Manches, was mich ver- anlasst hat, die von mir in Triest in zwei Exemplaren gefundene Plagiostoma-Species mit der Merscanikorr’schen zu identificiren. Dass diese letztere nicht dem Genus Acmostoma angehört, hat bereits v. Grarr vermuthet und ihn veranlasst, dieselbe dem Genus Plagio- stoma einzuverleiben und dies mit Recht. Die schwimmenden Thiere hatten eine Länge von 1,2 mm. Der drehrunde, vorn abgerundete Körper nimmt nach hinten sehr wenig und sehr allmählich an Breite zu und geht über in ein kleines, stumpfes Schwänzchen. Das Vorderende und die Seitenränder sind gelblich- weiß ; der Rücken hat eine licht sepiabraune Farbe, das Augenpigment ist kirschroth. Der Pharynx liegt vor dem Gehirne, die Geschlechtsöff- nung vor dem hinteren Körperende; der Penis erscheint auf Quetsch- präparaten als ein muskulöses, von keiner Penisscheide umgebenes Rohr, welches zum größten Theile mit Querreihen kleiner Häkchen oder Stiftchen besetzt ist. 1 E. METSCHNIKOFF, Zur Naturgeschichte der Rhabdocölen. Archiv f, Naturgesch. .34. Jahrg. Bd. I. 1865. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 97 408 Ludwig Böhmig, Keimstöcke resp. Keime wurden von mir an dem »gequetschten Thiere« nicht erkannt, sondern erst auf »Schnittpräparaten«. Bezüglich der Anordnung der Hoden kann ich mit METscHNIKoFF nicht überein- stimmen, wohl aber was die Form der Spermatozoen anbetrifft. Das Epithel besteht aus 14,6—15 u breiten und durchschnittlich 8,7 u hohen Zellen. Sehr auffallend ist es, dass ich in dem ganzen Epithele nicht einen Kern habe auffinden können, obwohl ich sämmt- liche Schnitte darauf hin untersucht habe. Innerhalb der Epithelzellen liegen ca. 4,36 u lange, 1,8—2,19 u . breite Stäbchen von elliptischer Gestalt mit abgerundeten Enden; Hämatoxylin färbt sie nicht. Recht häufig finden wir außerdem kleine, schwarze, rundliche Körnchen von verschiedener Größe, welche isolirt oder zu kleinen Häufchen gruppirt liegen. Am lebenden Thiere sind mir dieselben nicht aufgefallen; es ist möglich, dass ihre schwarze Färbung durch die bei der Konservirung mit verwendete Osmiumsäure verursacht worden ist. Ganz ähnliche Körper sehen wir auch im Darm; vielleicht liegen ähnliche Verhältnisse vor, wie bei Plagiostoma Girardi, wo eben- solche Körnchen im Darme auftreten, alsdann in das Epithel und wohl nach außen gelangen, mithin als Exkretionsprodukte zu deuten sind. Die Basalmembran stellt eine scharf kontourirte, 1,4 u dicke Linie dar, an welcher eine Schichtung nicht wahrgenommen werden konnte. Der Hautmuskelschlauch ist schwach entwickelt, Diagonalfasern fehlen. Die birnförmigen Hautdrüsen sind gleichmäßig über die ganze Oberfläche des Körpers vertheilt. Sie liegen dicht unterhalb des Haut- muskelschlauches. Ihre Länge schwankt zwischen 10,95 und 18,25 u, ihre Breite zwischen 5,41 und 7,3 u. Die Durchmesser der runden Kerne betragen 4,38—5,11 u. In ihrem Plasma waren ähnliche schwarze Körnchen eingelagert, wie ich aus den Epithelzellen beschrieben habe, es ist also auch möglich, dass die letzteren Sekretions- und nicht Exkretionsprodukte darstellen. Die Kopfdrüsen sind gleichmäßig in dem ganzen Kopftheile des Thieres verbreitet, sie gleichen in Form und Größe den Hautdrüsen im engeren Sinne; ihr Sekret besteht aus kleinen Kügelchen, welche sich mit Osmiumsäure schwarz färben. Der Genitalporus wird umstellt von großen Massen kleiner Drüsen- zellen, deren Sekret bei Osmium-Essigsäure-Behandlung eine blaugraue Farbe annimmt. Mund und Pharynx liegen vollständig vor dem Gehirnganglion. Der Schlundkopf ist von kegelförmiger Gestalt mit elliptischer Basis. Seine Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il, 409 Länge beträgt 130 u, die Breite 95 u, die Höhe 65 u. Das Pharynxlumen ist von elliptischer Gestalt und nimmt von vorn nach hinten stetig an Größe zu. Die Anordnung der Muskulatur ist die typische. Am mächtigsten entwickelt ist die innere Ringmuskelschicht, weit schwächer die äußere. Von den beiden Längsmuskellagen übertrifft die äußere an Dicke die innere. Die Radiärmuskeln sind zahlreich, regelmäßig angeordnet aber von geringer Dicke, ihr Durchmesser beträgt nur etwa 0,7—A u. Zwischen den letztgenannten Muskeln finden wir zahlreiche Kerne, welche theils Drüsenzellen, theils dem Parenchymgewebe des Pharynx angehören. Die durch den ganzen Pharynx vertheilten Drüsen sind von nur geringer Größe, sie münden in der ganzen Länge des Pharynxlumens aus, der Pharynxrand scheint bei dieser Species nicht besonders bevor- zugt zu sein. Die regelmäßige Sackform des Darmes, welcher eine Länge von ca. 600 «u, mithin die Hälfte der Körperlänge erreichte, wurde an dem mir vorliegenden Exemplare durch zwei Organe beeinträchtigt, durch das Gehirn und die Vesicula seminalis. Das erstere liegt direkt hinter dem Pharynx auf dem Anfangstheile des Darmrohres, welches dadurch in seiner Höhenentwicklung beeinflusst wird. Die Samenblase drängt von hinten in den Darm ein, so dass der- selbe förmlich eingestülpt wird, und wir erhalten auf Querschnitten Bilder, wo die Vesicula seminalis allseitig von Darmtheilen umhüllt ist. Die Höhe der Darmzellen selbst ist demnach auch eine recht ver- schiedene. Sie variirt zwischen 7,3 und 51 u. Ihre Abgrenzung von einander ist, wenn auch gerade keine sehr deutliche, stellenweise doch wahrnehmbar, Breite der Zellen 4,38—5,84 u. Die Kerne tingiren sich sehr intensiv, ihr Durchmesser beträgt ca, 4,73 u. Sie liegen fast stets im basalen Theile der Zellen. Die Form des Gehirnganglions kann als nieren- oder bohnenförmig - bezeichnet werden; die Konkavität der Niere resp. Bohne ist nach vorn gerichtet (Taf, XX, Fig. 11). In der Medianebene verläuft über Vorder-, Bauch-, Hinter- und Rückenfläche eine seichte Furche. Weitere leichte Furchen und Im- pressionen sind an den Seitenflächen bemerklich. Die Länge des Ganglions beträgt 60 u, die größte Breite 105 u und die Höhe 59 u. In der Zeichnung MErscanikorr's ist die Differenz der Länge zur Breite entschieden zu bedeutend. Der centrale Punktsubstanzballen hat eine annähernd ellipsoide Gestalt (Fig. 11 Psb), die Durchmesser dieses Ellipsoides sind 45 u - (Länge), 80 u (Breite), 30 u (Höhe). 27% 410 Ludwig Böhmig, Fünf Nervenpaare sind sicher vorhanden; vielleicht habe ich den einen oder anderen kleineren Nerven übersehen, was sehr leicht möglich ist, wenn nur ein Exemplar zur Verfügung steht. Von der Vorderfläche des Ganglions entspringt ein Nerv (n/), dieht unterhalb des Auges (Az). Er zieht nach vorn, genauere Angaben bezüglich seines Ver- laufes kann ich nicht machen. Der zweite Nerv (n//) verlässt das Ge- hirn auf der ventralen Fläche. Betrachten wir dasselbe von oben, so wird dieser Nerv vom hinteren Theile des Pigmentbechers verdeckt. Der 12,41 u dicke Längsnerv (n/Il) tritt aus an der hinteren Fläche, nahe dem Seitenrand und der Bauchfläche des Ganglions. An- fänglich hält er sich dem Darme dicht angelagert in halber Höhe des Thieres, späterhin nähert er sich der Ventralfläche. In der hinteren Hälfte, ungefähr gleich weit von der Medianebene und der Seitenfläche entfernt, sehen wir auf der Gehirnoberfläche den Nervus /JV austreten, welcher in fast senkrechtem Verlauf zur Rücken- fläche des Thieres emporsteigt. Ein wenig weiter nach vorn als der vorhergehende, durchbricht der fünfte Nerv (nV) die seitlichen Ganglienschichten; er versorgt die Seitentheile mit Nervenfasern. Nach Mrrscunikorr’s! Angaben sollen die Hoden ganz wie bei den Mo- notiden (Monocelis) angeordnet sein. Ich finde dieselben im Gegen- satz hierzu auf die Ventralseite der hinteren Körperhälfte beschränkt, wo sie anfänglich in vier, durch Parenchymzüge getrennten Haufen lie- gen, welche sich späterhin zu zwei, einem rechten und linken, vereinigen. Die Länge der gesäumten Spermatozoen beträgt am konservirten Thiere 25,55 u, die Breite 3,65 «. Die Säume färben sich nicht. Am centralen Faden lässt sich ein längerer, chromatischer und ein kürzerer achromatischer Abschnitt, ganz wie bei Plagiostoma Girardi, deut- lich unterscheiden. Bezüglich der Keime sowie ihrer Bildung ist der allgemeine Theil einzusehen, Da es ungemein schwierig ist, nur aus Querschnitten über die Kon- figuration des Copulationsorgans ein sicheres Bild zu gewinnen, kann ich keine ausführlichere Beschreibung desselben geben, sondern muss mich auf einige dürftige Angaben beschränken. Das Atrium genitale ist auf Querschnitten von kreisrunder oder leicht ovaler Gestalt und besitzt eine durchschnittliche Weite von 58 u. Seine Wandung besteht aus Längsmuskeln (Taf. XVII, Fig. 20 Im), Ringmuskeln (rm) und Epithel (aep). Das letztere lässt diskrete Zellen 1 E, METSCHNIKOFF, ]. C. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 411 nicht erkennen und repräsentirt sich als eine ca. 3,65 «u hohe, fein- körnige Plasmamasse mit Kernen. Die Atriumwand faltet sich ein und bildet eine in das Atrium vorspringende Ringfalte, welche hier jedoch keiner Penisscheide angehört, sondern das äußere Rohr des Penis selbst vorzustellen scheint (Taf. XVII, Fig. 20 Pea). Gegen das Lumen des Atriums ist dasselbe von einem kernhaltigen Epithel überkleidet, auf welches Ring- und Längsmuskeln folgen. Diese Ringfalte biegt sich nach innen und vorn ein und formirt auf diese Weise ein, von der ersten Ringfalteumgebenes Rohr (Per), das innere Penisrohr. Inseinem hinteren Theile wird es, seiner Entstehung entsprechend, gebildet aus Längsmus- keln, Ringmuskeln und Epithel, letzteres dem Lumen des Rohres zuge- wandt; in seinen vorderen Partien gesellt sich eine dritte Muskelschicht dazu, die aus Ringmuskeln besteht und am weitesten nach außen ge- legen ist; es würden demnach hier sich folgen: Ringmuskeln, Längs- muskeln, Ringmuskeln, Epithel. Die Ringmuskeln liegen aber dem Epithel nicht immer dicht an, sondern es lassen sich zwischen beiden Gebilde wahrnehmen, welche ebenfalls eine gewisse Ähnlichkeit mit durchschnittenen Längsmuskeln darbieten; ob es aber in der That solche sind, oder aber Querschnitte von Drüsenausführgängen, lässt sich an meinen Präparaten absolut nicht entscheiden. Eben so wenig Sicherheit habe ich über die Struktur der Samen- blasenwand und deren Zusammenhang mit dem Penisrohr, welches weit in sie hineinragt, erhalten. Bald scheint dieselbe aus Längs-, Ring-, Längsmuskeln zu bestehen, bald nur aus Längs- und Ringmuskeln, Das flache Epithel enthält ovale Kerne von 7,3—10,95 u Breite und 2,19 « Höhe. Der hintere Theil der Samenblase ist erfüllt von einer mäßig feinkörnigen Masse, dem Kornsekret. Der betreffende Theil der Vesicula seminalis wird von Drüsen umgeben, welche wohl als Kornsekretdrüsen gedeutet werden müssen. Sie sind von rundlicher oder birnförmiger Gestalt und enthal- ten eine graugefärbte, feinkörnige Masse und einen deutlichen, blauen Kern. Ihre Länge schwankt zwischen 18,25 und 13,24 u, ihre Breite zwischen 6,57 und 14,6 u, dieKerndurchmesser variiren von3,65—5,1l ıe. Sehr zahlreiche Drüsen liegen zwischen den beiden Penisrohren und umgeben den mittleren Theil des inneren Penisrohres, welcher weit länger ist als der äußere. Ob diese Drüsen nur am freien Rande des Penis ausmünden, oder auch in das Penisrohr, kannich nicht entscheiden. Diese Drüsenzellen selbst gleichen den Kornsekretdrüsen, ihre Länge beträgt 8,76—18,25 u, ihre Breite 6,57—9,49 u. Die Ausführwege für die weiblichen Genitalprodukte wurden nicht beobachtet. 412 Ludwg Böhmig, Plagiostoma Lemani v. Graff. Von dieser höchst interessanten Plagiostomide lagen mir nur zwei konservirte Exemplare vor, von denen leider eines theilweise durch einen unglücklichen Zufall beim Schneiden verunglückte, in Folge dessen konnte der Penis nur an dem zweiten, nicht ganz geschlechts- reifen Individuum untersucht werden. Meine Angaben werden sich hauptsächlich auf einige histologische Details, sowie auf einige Punkte, bezüglich deren Meinungsverschieden- heiten zwischen v. Grarr und Dupzsssıs vorliegen, beziehen. Das Epithel besteht nach Dupressis ! aus unregelmäßig polyedrischen Zellen, welche ein körniges Plasma besitzen und außer dem Kerne Va- cuolen und Löcher zum Austritte der Stäbchen enthalten. Ich konnte an den mir vorliegenden Exemplaren die einzelnen Epithelzellen eben- falls sehr deutlich erkennen. Sie sind wie Duptzssis richtig angiebt von polygonaler Gestalt, zumeist fünf- oder sechseckig. Ihre Breite und Länge schwankt zwischen 26 und 27,2 u, die Höhe jedoch innerhalb viel wei- terer Grenzen. Während die Epithelzellen in der Umgebung des Porus genitalis ca. 14,6 u und am vorderen Körperpole 15 u erreichen, beträgt ihre Höhe auf der Ventralseite 7—8 u auf der Mitte des Rückens sogar nur 1,6—2,19 u. Auf Schnitten gewähren die Epithelzellen den Eindruck, als ob sie aus massenhaften, kleinen Säulchen bestünden ; um Stäbchen, Rhabditen, handelt es sich jedoch offenbar nicht, sondern um eine eigenthümliche Differenzirung des Protoplasmas der Zellen, wie ich sie früher bereits, als den Alloiocölen allgemein zukommend, beschrieben habe, nur ist hier die Kontourirung der einzelnen Säulchen eine auffallend scharfe. Wasserklare Räume (Vacuolen Durrsssıs’) werden häufig beobachtet, sie waren stets vollkommen inhaltslos. Stäbchen habe ich nicht auf- finden können; ihr Fehlen dürfte möglicherweise aufRechnung derKon- servirung kommen. Die Form und Größe der Kerne ist entsprechend den Höhenunter- schieden der Zellen eine veränderliche. Insbesondere ist natürlich der Höhendurchmesser derselben Schwankungen ausgesetzt; er variirt zwischen 2,92 und 40,2 u. Nicht selten begegnen wir auf der Rücken- fläche Kernen, welche höher sind als die Epithelzellen selbst; in solchen Fällen ist alsdann die Basalmembran grubenartig ausgehöhlt zur theil- weisen Aufnahme des Kernes. Die Cilien tragende Cuticula repräsen- tirt sich als eine feine, meist scharf kontourirte Linie. Unterhalb des 1 Duressis, Seconde note sur le Vortex Lemani. |. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. | 413 Epithels liegt die auf ihrer oberen Fläche mit feinen Zöttchen versehene Basalmembran. Sie erreicht auf der Ventralfläche eine Dicke von 2,92 bis 3,65 u, auf der dorsalen von 2,19—2,92 u. An einzelnen Stellen, so am vorderen Körperpole, werden diese durchschnittlichen Maße be- deutend überschritten. Der Hautmuskelschlauch, welcher in inniger Verbindung mit der Basalmembran steht, setzt sich zusammen aus Ring- und Längsmuskeln, von denen die ersteren, wie ich mit v. GRAFF! gegen Dupızssis betonen muss, direkt unterhalb der Skelettmembran gelegen sind. Die Querschnitte der eirkulär verlaufenden Fasern sind rund oder oval. Die runden haben Durchmesser von 1—2 u, die ovalen von 0,7:3,65, 2,1 :3,2 u ete. Gewöhnlich gruppiren sich zwei bis vier Fa- sern zu einem kleinen Muskelbündel. Größere aber ziemlich lockere Bündel bilden die Längsmuskel- fasern, welche auch weit kräftiger sind, als die der Ringmuskeln. Hıre Querschnitte haben 1,46 : 2,9; 2,92: 5,14 und 5 u im Durchmesser. Die Form der Fasern wurde von Duprsssis und v. GRAFF in übereinstimmen- der Weise beschrieben; Kerne wurden nicht beobachtet. Ich habe auf Schnittpräparaten nicht selten ungemein lange, spindelförmige Kerne den Muskelfasern dicht angelagert gesehen, vermag aber nicht mit Be- stimmtheit zu behaupten, dass es sich hierbei wirklich um Muskelkerne gehandelt hat. Die Länge derselben betrug 11,7—18,25 u, ihre Breite ca. 2,92 u. An Querschnitten durch das Vorderende des Thieres vor der An- heftung der Schlundtasche an den Pharynx fällt die merkwürdig ge- ringe Ausbildung der Längsmuskeln auf. Dieses Verhalten hat seinen Grund darin, dass in der Nähe der Insertionsstelle der Schlundtasche die Hauptmasse der Längsmuskelbündel ihre ursprüngliche Richtung aufgiebt und in schräger Richtung das Parenchymgewebe zwischen Schlundtasche und Epithel durchsetzt. Diese Muskeln fasern sich auf und inseriren sich in der Umgebung der Mundöffnung. Kontrahirt sich nun das Thier, so wird die Mundöffnung erweitert, und dem Thier wird auf diese Weise das Hervorstoßen des gewaltigen Pharynx durch die kleine Mundöffnung erleichtert. Das Parenchymgewebe ist sehr reichlich entwickelt und besteht nach v. Grarr »aus einem schwammigen Maschenwerk glänzender, ana- stomosirender Fasern mit in die Substanz dieses Gewebes eingestreuten spindelförmigen Bindegewebskernen, sowie aus zarten, rundlichen Bindegewebszellen, die mit einem runden Kerne versehen, die Lücken dieses Maschenwerkes erfüllen «. 1 v. GrAFF, Monographie der Turbellarien. I. Rhabdocoelida. 1882. 414 Ludwig Böhmig, Ich habe bereits im allgemeinen Theile meine Auffassung dieses Gewebes dargelegt und möchte hier nur nochmals betonen, dass ich die »Bindegewebszellen« v. Grarr’s nicht als Zellen anerkennen kann, son- dern nur als »Kerne«, welche von einem zuweilen großen Hofe von Saft- plasma umgeben sind. Hin und wieder habe ich in das Parenchymgewebe eingebettet spindelförmige bi- und multipolare Zellen gefunden, über deren Bedeu- tung ich im Unklaren bin. In Anbetracht des Umstandes, dass das Centralnervensystem, das Gehirn, im Verhältnis zur Größe des Thieres sehr wenig entwickelt ist, sind diese Zellen vielleicht als Nervenzellen zu deuten. Das Plasma derselben ist fast homogen, wenig färbbar, der ovale Kern färbt sich sehr intensiv; die Länge dieser Zellen variirte zwischen 36,5 und 43,8 u, ihre Breite zwischen 5,11 und 7,3 u. Der größere Durchmesser der Kerne betrug ca. 10,95, der kleinere 4,38—7,3 u. Die Anschauung Durtzsgssis’, dass die Stäbchen bildenden Drüsen direkt unterhalb des Epithels liegen, wurde bereits von v. GrArFr zurück- gewiesen und berichtigt. Ich selbst habe Pl. Lemani als sehr arm an Drüsen gefunden. Die Hautdrüsen im engeren Sinne liegen vereinzelt; sie bilden an meinen Präparaten wenigstens kein zusammenhängendes Drüsenlager. Ob sie in der That Stäbchen bilden, weiß ich nicht. Die ebenfalls nur spärlich vorhandenen Kopfdrüsen liegen in der Umgebung des Gehirns, münden unterhalb der Körperspitze nach außen. Ihr Sekret besteht aus etwas unregelmäßigen Körnchen. Am zahlreichsten sind die Drüsenzellen wie gewöhnlich im Umkreise des Atrium genitale und des Porus genitalis. Ihre Gestalt ist birnförmig, in dem feinkörnigen, wenig tingir- haren Plasma fand ich gelbe Sekretkörnchen. Die Länge dieser Zellen schwankt zwischen 11,68 und 21,9 u, ihre Breite zwischen 6,57 und 11,68 u. Die beiden voluminösesten Organe unseres Thieres sind Pharynx und Darm; beide sind auch insbesondere durch v. Grarr! des Genaueren studirt worden. Der ganz kolossal entwickelte Schlundkopf ist von tonnenförmiger Gestalt. Seine Länge betrug bei dem Exemplar (I) 1870 u, die Breite 1250 u, die Höhe 950 u bei dem zweiten » IDSSON EZ Sn 970 u, » » 725 u Bei dem ersten Exemplare würde sich das Verhältnis der Dimen- sionen des Pharynx zu denen des Thieres verhalten wie 2:3, bei dem 1 v. GrArr, Über die systematische Stellung des Vortex Lemani Duplessis. Dicse Zeitsehr. Bd. XXV. Suppl.-Bd. 4875. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 415 zweiten Individuum bezüglich der Breite und Höhe ebenfalls wie 2: 3, in Betreff der Länge jedoch wie 4:3. Die Anordnung der Muskulatur ist ganz die typische; ich kenne keine andere Plagiostomide, bei welcher der Pharynx, ich möchte sagen soschematisch gebaut wäre, wie bei dieser. Von innennach außen fortschreitend, finden wir die Muskeln in folgender Weise angeordnet, doch bezieht sich dies nur auf Schnitte, welche hinter der Insertion der Pharyngealtasche am Pharynx gelegen sind: Längsmuskeln, Ring- muskeln, Längsmuskeln, Ringmus- keln (Taf. XIV, Fig. 6 ilm, irm, alm, arm). | Die inneren Längsmuskeln sind in Bündeln angeordnet, von denen jedes aus vier bis acht Muskelfasern besteht, welche durch zarte Binde- gewebsmassen von einander ge- trennt sind, und das Gleiche gilt Fig. XXI. auch von den einzelnen Bündeln. Die inneren Ringmuskeln (irm) bestehen nicht aus solchen Muskel- bündeln, sondern, wie Längsschnitte lehren, aus breiten in regelmäßigen Abständen von einander liegenden Muskelbändern. Die äußere Längsmuskelschicht (alm) setzt sich zusammen aus mehreren Lagen von Muskelfasern, welche jedoch nicht zu so schönen regelmäßigen Bündeln vereinigt sind, wie die inneren Längsfasern. Die äußeren Ringmuskeln (arm) sind für gewöhnlich in zwei Schichten angeordnet, doch finden sich auch Stellen mit nur einer, allerdings dann sehr dicken, Muskellage. Die äußerst zahlreichen Radiärmuskeln (rdm) bestehen aus platten 3,84— 7,68 u breiten Muskelfasern und Bändern, welche sich an ihren Enden verästeln. Besonders reich ist diese Verästelung auf der nach innen gewand- ten Seite, wo sie zwischen die Bündel der Längsmuskeln (ilm) eindrin- gen und sich an einer cuticulaartigen, das Pharyngeallumen auskleiden- den Membran (c) inseriren. Gegen die äußere Oberfläche des Pharynx hin theilen sich die Ra- diärmuskeln wohl auch, aber bei Weitem nicht in dem Maße, als dies auf der Innenseite der Fall ist. Sie verlieren sich hier zwischen den äußeren Ringmuskeln. Nahe dem Vorderende, dem Pharyngealmunde, liegt ein kräftiger 416 Ludwig Böhmig, Muskel (sph), welcher bisher übersehen worden ist, und als Sphincter wirkt, zum Verschluss des Pharynxmundes (Holzschnitt VII). Der Schichtenwechsel erfolgt einmal am Darmmunde, das zweite Mal in kurzer Entfernung vom Pharynxmunde, an jener Stelle, wo sich die Pharyngealtasche an den Pharynx inserirt. Wir finden demgemäß vor der Insertion derselben folgende Anordnung der Schichten, wenn wir von außen nach innen fortschreiten: Längsmuskeln (alm), Ring- muskeln (arm), Ringmuskeln (irm), Längsmuskeln (zlm) (ef. Holzschnitt vm. Drüsenzellen habe ich in dem Pharynx dieser Species durchaus nicht auffinden können; der ganze Raum wird erfüllt von parenchyma- tösem, kernhaltigem Gewebe (Taf. XIV, Fig. 6 prch). Dasselbe unter- scheidet sich von dem des Körpers nur durch die Armuth an Gerüst- substanz, und ich kann v. Grarr nicht beistimmen, wenn er sagt »das- selbe zeigt die Tendenz, Platten zu bilden und erinnert lebhaft an die Bindegewebsformen , wie sie GoETTE (als »durchlöcherte Bindegewebs- membran«) abbildet und wie ich sie... aus der Leibeshöhle von Con- voluta armata beschrieben habe«. In dem Parenchymgewebe des Pharynx liegen nun auch ähnliche Zellen, wie ich aus dem Körperparenchyme beschrieben und ver- muthungsweise als Ganglienzellen angesprochen habe. Sie sind meist bipolar, spindelförmig, mit sehr langen Ausläufern und von verschiede- ner Größe. Ihr Plasma ist fast homogen und blass. Der große, ovale Kern färbt sich sehr intensiv. Der Darm jüngerer Thiere ist sackförmig, der älterer unregelmäßig geformt in Folge des Einflusses der sich entfaltenden Geschlechtsorgane. Die Darmwand lässt eine deutliche Zusammensetzung aus Epithel- zellen von keulenförmiger Gestalt erkennen, welche an den von mir untersuchten Individuen wenigstens meist eine schräge Richtung hatten. Die Länge der Zellen betrug 95 bis 266 u, die Breite in der Mitte 30 bis 38 u. Die mehr oder weniger basal gelegenen Kerne besitzen Durch- messer von 19—26,6 u und enthalten ein excentrisch gelegenes Kern- körperchen. Mehr war an meinem konservirten Material nicht zu sehen, und muss ich auf die bezüglichen Angaben v. Grarr’s und Dupessis’ ver- weisen, welchen lebendes Material zur Verfügung stand. Einmal fand ich als Darminhalt ein kleineres Individuum der eige- nen Species. | Das Gehirn liegt zwischen der Schlundtasche und dem Munde, welcher direkt unterhalb der vorderen Körperspitze gelegen ist. Du- pLessıs beschreibt dasselbe als eine zweilappige, unterhalb der Augen gelegene Masse. Nach meinen Schnittpräparaten scheint es eine ellip- Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II, 417 soide Gestalt zu besitzen. Seine Breite beträgt 530 u, seine Länge 74—85 u, die Höhe 113 «. Auf den Längsschnitten ist es von ovaler, auf den Querschnitten von leicht biskuitförmiger Gestalt. Die Ganglienschicht ist relativ dünn. Bezüglich der Nerven kann ich leider keine sicheren Angaben machen. »Eigenthümlich ist nach v. Grarr! die Struktur der Augen. Die- selben werden nämlich gebildet durch vier große Pigmenthaufen, von denen je zwei einander sehr genähert sind und dem vorderen Theile eines Gehirnganglions aufliegen. Von jedem dieser größeren Pigment- haufen gehen dann Ästchen ab, welche alle vier Haufen unter einander verbinden und über die Oberfläche und die Seiten der Gehirnganglien hinziehen.« Dupıegssis beschränkt sich auf die Bemerkung: sous le pigment ocu- laire, nous n’avons su decouvrir aucune trace quelconque de cristallin ou autre corps refringeant. Trotz der nicht gerade sehr günstigen Konservirung der beiden Exemplare, welche mir zur Verfügung standen, kann ich bezüglich des Baues der Augen die Angaben v. GrArr’s und Dürtsssis’ wesentlich er- gänzen. Der Pigmentbecher jedes Auges ist von schalenförmiger Gestalt, in der Mitte leicht eingebuchtet. Durch Pigmentscheidewände wird das Innere des Bechers in drei Kammern zerlegt, deren jede einen Retina- kolben enthält. Jeder Kolben wiederum besteht aus einer Fasermasse und einem Stäbchenpolster, welche die gleiche Lagerung zeigen, wie bei Plagiostoma Girardi (siehe den allgemeinen Theil). Nur ob Linsenzellen vorhanden sind oder nicht, vermag ich nicht zu sagen, hin- gegen waren zahlreiche Ganglienzellen in der Umgebung des Pigment- bechers, der durch Pigmentstränge mit dem Körperpigment in Ver- bindung steht, wahrnehmbar. Die Länge des Pigmentbechers beträgt 26,2—30 u, die Breite k3,8—51,1 u, die Höhe 21,9—29,2 u. Die Höhe der Retinakolben 11,68 u, wovon 4,38 u auf die Stäbchenschicht fallen. Das Erkennen der Lagerungsverhältnisse der Hoden, Keim- und Dotterstöcke allein nach Schnittpräparaten ist eine prekäre Sache. Meine Befunde stimmen mit denen v. GrArr's im Wesentlichen überein. Die Hoden, an denen der folliculäre Bau ungemein deutlich zu er- kennen ist (Taf. XV, Fig. 22), beginnen am Anfange des zweiten Körper- drittels und erstrecken sich bis in die Nähe der Samenblase. Die ein- zelnen Follikel (Tef) werden durch verhältnismäßig mächtige Paren- chymmassen (prch) von einander getrennt. 1 v. GRAFF, 1. c. 418 Ludwig Böhmig, . Durzsssıs bildet die Spermatozoen ab und beschreibt sie folgender- maßen: »Ges zoospermes se composent d’une tete tr&s longue, en forme d’un manche de fouet, assez mince, auquel sucecede un long eil, qui forme le fouet lui-m&me. Or, celui-ci s’enroule en spirale autour du manche; mais comme il est deux fois aussi long que ce dernier, il re- descend autour de lui en formant une seconde spirale en sens inverse de la premiere, de sorte que le manche est transform& en eaducee par ces deux spirales croisees.« Nach dem, was ich auf Schnittpräparaten sehen konnte, bestehen die Spermatozoen aus einem Centralfaden, welcher von einem äußerst zarten Plasmasaum umgeben ist. Dieser Gentralfaden wird, wie ich sicher konstatiren konnte, von Theilen des Kernes der Spermatogonie gebildet, der zarte Saum vom Plasma. An dem Centralfaden lassen sich wiederum zwei Theile unterscheiden, ein färbbarer und ein nicht färb- harer, der erste bildet weitaus den größten Theil des Fadens und geht aus dem Chromatin, der letztere aus der achromatischen Substanz des Kernes hervor. Die Keimstöcke liegen seitlich zwischen Darm und Hautmuskel- schlauch, und erstrecken sich ungefähr vom Beginne des Darmes bis zum Copulationsorgane. Die Eigenthümlichkeiten der Kerne wurden schon früher besprochen. Die gelappten Dotterstöcke fand ich, wie auch v. Grarr angiebt, sowohl auf der dorsalen und ventralen Fläche des Thieres. In ihrem feineren Baue bieten sie nichts Bemerkenswerthes. Der Penis, das Copulationsorgan, liegt in der zweiten Hälfte des vierten und in der ersten Hälfte des letzten Fünftheils des Körpers. Der Porus genitalis (Pg), welcher in einiger Entfernung vom hin- teren Körperende zu finden ist, führt in ein relativ kurzes aber weites schalenförmiges Atrium genitale (Taf. XVII, Fig. 2 Ate). Die Atrium- wandung besteht aus Längsmuskeln, Ringmuskeln und Epithel — alle drei Fortsetzungen der Körperdecke; nur die Basalmembran scheint sich nicht in das Atrium zu erstrecken, wenigstens habe ich sie an meinen Präparaten vergeblich gesucht; wenn vorhanden müsste sie zwischen Ringmuskulatur und Epithel zu sehen sein. Im Verhältnis zur Muskulatur des Körpers ist die des Atriums nur schwach entwickelt. Das Epithel (aep) besteht aus 7,3—29,2 u hohen, 3,65—7,3 u breiten Zellen, welche eine keulenförmige Gestalt besitzen und in ihrem ver- dickten Theile den Kern enthalten. Die Atriumwand schlägt sich nun nach innen ein (bei aa’) und bildet eine Falte (Pea) , welche auf der dorsalen Seite weit kürzer ist, als auf der ventralen (Fig. 2); die Wandungen derselben stülpen sich Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien, II, 419 nach innen und hinten ein und bilden ein Rohr (Pei), das an dem Thiere, nach welchem die Fig. 2, Taf. XVIII angefertigt ist, eine Länge von 220 u und einen Querdurchmesser von 130 u besaß. An ausgewachsenen Individuen sind die Dimensionen weit größere; auf einem Querschnitte meines zweiten Exemplares betrug die Höhe des Rohres 230 u, die Breite 175 u, eine Längenbestimmung konnte leider nicht gemacht werden. Die vordere Öffnung des Rohres (0) ist ungemein weit, nach hinten verschmälert sich der Kanal allmählich und die hintere Öffnung (o’) ist im Verhältnis zur vorderen eng zu nennen. Dieses Rohr (Pei), sowie die äußere Falte (Pea) bilden den Penis, Pea die äußere, Pei die innere Wandung desselben. Die beiden auf dem Schnitte als Lamellen sichtbaren Theile der äußeren Falte, welche mit pea wie gewöhnlich bezeichnet sind, bestehen von außen nach innen fortschreitend aus Epithel, Ring- und Längsmuskeln. Das Epithel besitzt den Charakter des Atriumepithels, die Muskeln sind schwach und nur die Längsfasern nehmen gegen 0 etwas an Dicke zu. Die Wandung des Rohres (Pei) ist äußerst musku- lös; sie besteht aus nach innen zu gelegenen Ringmuskeln (rm) und in mehreren Schichten angeordneten äußeren Längsmuskeln (Im); manche Präparate machten den Eindruck, als ob noch eine innere dünne Längsmuskelschicht vorhanden sei, doch habe ich mich nicht mit Sicher- heit von der Existenz derselben überzeugen können. An die Ring- resp. die inneren Längsmuskeln schließt sich an eine dünne aber haar- scharfe Basalmembran, welcher das Epithel aufsitzt. Dieses wird ge- bildet von großen, keulenförmigen Zellen, welche eine durchschnittliche Höhe von 58 u besitzen; etwas niederer sind sie auf der Ventralseite des Rohres; in der Umgebung der vorderen und hinteren Öffnung (0 und 0’) sinkt ihr Höhendurchmesser bis auf 10,95 u. Das Plasma dieser Zellen ist feinkörnig, wenig färbbar und enthält sehr zahlreiche kleine, stäbcehenartige Gebilde, welche sich mit Pikrokarmin äußerst intensiv roth tingiren. Im Basaltheil der Zellen liegen sie so dicht, dass der- selbe tief roth gefärbt erscheint. Da ich keine Drüsen habe auffinden können, welche als Bildnerinnen dieser Stäbchen oder Körnchen auf- zufassen wären, vermuthe ich, dass sie Produkte der Epithelzellen selbst sind. Die ovalen oder runden Kerne liegen gewöhnlich im verdickten Theile der Zellen und tingiren sich sehr gut. Bei o’ verdünnt sich die Muskulatur des inneren Penisrohres auf- fallend und schlägt sich nach hinten um; kurz vor der Gegend der hin- teren Öffnung (o) des Penisrohres tritt eine abermalige Faltung und zwar nach außen und vorn ein; die derart entstandene äußerste Falte -(Psa) umhüllt den größten Theil des Copulationsorgans und setzt sich 420 Ludwig Böhmig, nach vorn in einen Kanal fort, welcher mit der Samenbiase in Verbin- dung tritt, resp. diese bildet, indem er sich blasenartig erweitert. Diese beiden Falten, welche also den größten Theil des Penisroh- res umschließen, bezeichne ich als Penisscheide (Ps). Die beiden Rohre (Psa und Psi) sind durch einen Hohlraum getrennt, während das innere (Psı) und das Penisrohr (Pe’) durch Bindegewebe vereinigt sind; ein Vorkommnis, welches ich außer bei dieser Species sonst nirgends ge- funden habe. Die innere Rohrwandung (ps:) ist übrigens, auf der dorsalen Seite besonders, gefaltet und macht auf Schnitten einen hahnenkammähn- lichen Eindruck. Die Wandungen beider Rohre sind außerordentlich dünn, speciell die des inneren. Ein Schnitt durch die Penisscheide (Ps) lässt folgende Anordnung der sie bildenden Schichten erkennen: zu äußerst Längs- muskeln, dann Ringmuskeln, Epithel, Epithel, Ringmuskeln, Längs- muskeln. Die Epithelschichten sind durch einen Hohlraum, wie erwähnt, ge- trennt. Das Epithel des äußeren Rohres enthält Kerne, ist jedoch, mit Ausnahme der Umgebung der Öffnung des Kanals (Psc), äußerst flach und lässt keine Zellgrenzen mehr erkennen. An der eben genannten Stelle erreicht es eine Höhe von 22 u, und es lassen sich, wenn auch gerade nicht sehr scharf, Zellgrenzen wahrnehmen. Die Kerne liegen hier sehr dicht, sie sind rund, besitzen einen Durchmesser von 7,3 u und färben sich stark. Das Plasma der Zellen ist erfüllt von ähnlichen kleinen, sich stark roth tingirenden Stäbchen und Körnchen, wie das Epithel des Penisrohres (Pe:). Die Epithelschicht des inneren Rohres ist kaum wahrnehmbar und vollständig kernlos. Innerhalb des äußerst dichten, an Saftplasma sehr armen parenchy- matösen Gewebes (Prch*) liegen zahlreiche, runde, mit einem deutlichen Kernkörperchen versehene Kerne von 8—10,95 u Durchmesser. Die Wandung des Penisscheide und Vesicula seminalis verbinden- den Kanals bietet nichts Bemerkenswerthes; sie enthält die gleichen Schichten und in derselben Reihenfolge wie das äußere Penisscheiden- rohr resp. die Vesicula seminalis. Das Epithel der letzteren setzt sich zusammen aus schönen keulen- förmigen Zellen von 18,25—29,2 u Höhe und 3,65 u (Basis) — 10,95 u (verdickter Theil) Breite. Das feinkörnige Plasma ist wenig färbbar. In die Samenblase münden.ein zahlreiche Drüsenzellen, welche zum größten Theile zwischen ihr und der Penisscheide liegen. Ihr Se- kret besteht aus kleinen Körnchen, dem Kornsekret. Länge dieser Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 421 Drüsen: 18,98—35,6 u, Breite 7,3—13,14 u, Durchmesser der Kerne 6,57—8 u. | Ausführungsgänge der weiblichen Geschlechtsdrüsen habe ich nicht gefunden. Dupressis ! erwähnt eines Oviductes, welcher sich inden »sac copulateur« öffnet. Als Anhangsgebilde des Oviductes wird eine, demselben aufsitzende Begattungstasche»poche copulatrice«beschrieben. v. GrAFF bezweifelt die Existenz dieses Oviductes, da er denselben nie zu Gesicht bekommen hat, ich kann mich aufGrund meiner Befunde an Pla- giostoma Girardi, sulphureum, siphonophorum, macula- tum v.Grarr nicht anschließen, da ich überdies aus Erfahrung weiß, dass das Auffinden solcher Kanäle oft nur von Zufälligkeiten abhängig ist. Unter »sac copulateur« versteht Durıgssis! zweifellos das Atrium genitale, was mir aus folgender Stelle seiner ersten Mittheilung mit Sicherheit hervorzugehen scheint: »mais quand on comprime l’animal, il (le penis) se deroule souvent et fait saillie en dehors par le pore geni- tal du sac copulateur«. Genus Vorticeros. Vorticeros auriculatum v. Graff. Arten dieses von O. Scunipr? aufgestellten Genus wurden unter- sucht von O. SCHMIDT, v. GRAFF, JENSEN und HaLLez. Genügend bekannt ist von den beiden Species nur V. auricula- tum v. Graff, von V. luteum Hallez ist es sehr zweifelhaft, ob es nicht nur eine Farbenvarietät von V. auriculatum ist. Ich habe dieses schöne Turbellar häufig in Triest gefunden, und es ist nicht nur häufig sondern auch weit verbreitet. Scumipr giebt eine ganz gute Beschreibung dieses Thieres; es ist überhaupt leicht kenntlich durch den Besitz zweier Tentakel, seine _ elegante Gestalt und seine schön karmoisin- oder kirschrothe Färbung. Gewöhnlich haben die Thiere eine Länge von 2—3 mm, doch sollen sie auch 5 mm erreichen. Die Zusammensetzung des Epithels aus Zellen blieb mir nicht zweifelhaft. Dieselben sind von polygonaler Gestalt und besitzen am lebenden Thiere eine Länge von 15,36—49,3 u, eine Breite von 12,8 — 15,36 u. Die Höhe variirt auch hier; sie sind am höchsten am Kopf- abschnitte 14,6— 21,9 u, am niedrigsten auf der Dorsalfläche 7,3 u. Über die feinere Struktur der Epithelzellen habe ich bereits im allge- 1 Dupressiıs, Turbellaries limicoles. 1. c 2 0. Scumipr, Neue Rhabdocölen aus dem nordischen und dem adriatischen - Meere. Sitzungsber. d. math.-naturw. Klasse der k. k. Akad. zu Wien. 1832. 422 Ludwig Böhmig, meinen Theile gesprochen; die Stäbchen sind am lebenden Thiere sehr leicht zu sehen, sie liegen in kleinen Häufchen bei einander; ihre Länge beträgt 2,46—4,3 u, die Dicke derselben 0,73 u. Die Basalmembran ist zweischichtig und erreicht eine Dicke von ca. 2,19 u. Die obere, dünnere, stark tingirbare Schicht tritt in Beziehung zum Epithel, die untere, innere zum Hautmuskelschlauche. Dieser besteht aus drei Schichten, Ring- Längs- und gekreuzten Fasern. Die Ringmuskeln sind auf dem Querschnitte fast stets rund und von 1,46 u Dicke. Die stär- keren, meist zu kleinen Bündeln vereinigten Längsfasern haben die Form von Bändern, ihre Querschnitte haben eine Breite von 3,65 —4,38 u, eine Höhe von ca. 1,46 u. Sagittalmuskeln sind bei dieser Species vorhanden, wenn auch nicht sehr kräftig entwickelt, am zahlreichsten findet man dieselben im vorderen und hinteren Endabschnitte des Körpers, wo sie in Beziehung zu gewissen Organen, Wimperrinne, Genitalapparat treten. | Bezüglich des Pigmentes ist der allgemeine Theil nachzusehen. Die Hautdrüsen sind sehr zahlreich, insbesondere auf der ganzen Ventralseite und im mittleren Drittel der dorsalen; an den Seitentheilen fehlen sie durchaus nicht, sind aber nicht zu solch mächtigen Lagern angehäuft, wie an den erwähnten Lokalitäten. Auf der ventralen Fläche liegen sie in zwei bis dreifacher Schicht und erfüllen den ganzen Raum zwischen Hautmuskelschlauch und Darm resp. den Hoden. Die Drüsenzellen sind von keilförmiger, oft durch die dichte Lagerung bedingte, unregelmäßiger Gestalt. Das Drüsenplasma selbst färbt sich nur schwach; es treten in ihm die bekannten dunklen Wol- ken auf, aus denen das Sekret gebildet wird. Dasselbe besteht in einem Theile der Drüsen aus gelben Körnchen, im anderen aus kleinen, rothen Stäbchen bei Pikrokarminfärbung, welche zu kleinen Häufchen vereint, in den Epithelzellen anzutreffen sind. Die Kerne der Drüsenzellen sind von runder oder ovaler Gestalt von 6,57—7,3 u Durchmesser und be- deutendem Tinktionsvermögen. Sie enthalten ein von einem hellen Hofe umgebenes Kernkörperchen, auch die Kerne selbst sind von einem solchen Hofe umgeben. | Zwischen den gewöhnlich etwas geschlängelten Drüsenausführ- gängen (Taf. XII, Fig. 22), meist dicht oberhalb des Hautmuskelschlau- ches, finden wir Massen einer fast homogenen Substanz, welche sich gegen Farbstoffe verhält wie das Plasma der Drüsenzellen. Nicht selten ist diese Substanz von feinen, dunklen Linien durchzogen und enthält Kerne, sehr ähnlich den Kernen der Drüsenzellen. Die Drüsen der Rückenfläche bilden ein ziemlich scharf abgegrenz- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 423 tes Lager (Taf. XVI, Fig. 43 ddr) zwischen den Dotterstöcken resp. Darm und Körperdecke. Die dicht gedrängt liegenden Drüsenzellen sind von birnförmiger oder rundlicher Gestalt; ihre Länge schwankt zwischen 14,6 und 29,2 u, ihre Breite zwischen 8,7 und 10,95 u. Die runden Kerne, deren Durchmesser ca. 7,3 u beträgt, enthalten ein großes Kernkörperchen von 3,65 u Durchmesser. Das Sekret dieser Drüsen wird gebildet von kleinen Körnchen, welche mit Alaunkarmin eine tief violette, mit Pikrokarmin eine gelbe Farbe annehmen. Boraxkarmin und Hämatoxylin färben sie fast nicht. Im Kopfabschnitt liegen sehr zahlreiche Drüsenzellen vor, ober- halb, unterhalb und zu Seiten des Gehirns (Gl), zwischen diesem und der Pharyngealtasche. Auf der Ventralseite gehen sie ohne scharfe Grenze in die Hautdrüsen über (Taf. XIII, Fig. 4,5 Kpdr). Die Zellen (Kpdr) sind von rundlicher oder birnförmiger Gestalt, ihre Länge schwankt zwischen 14,6 und 36,5 u, ihre Breite zwischen 8 und 18,25 u. Der Durchmesser der runden, häufig ein großes Kernkörperchen ent- haltenden Kerne beträgt ca. 7,3—8 u. Das Plasma färbt sich schwach, das Sekret besteht aus gelben Körnchen. Der Hauptmasse nach mün- den diese Drüsen auf einem in Fig. 4,5 mit a bezeichneten Mündungs- felde aus, welches unterhalb der Körperspitze, demnach auch unterhalb und zwischen den Tentakeln gelegen ist. Die Drüsenausführungsgänge durchbohren die Epithelzellen, welche ganz erfüllt sind von den gelben - Sekretkörnchen. Auf Fig. 4 und 5 sehen wir unterhalb der Drüsenausführgänge (Kpdra), ferner zwischen diesen jene eigenthümliche, schon im allge- meinen Theile erwähnte homogene oder sehr feinkörnige Substanz (x, x', x"). Dieselbe ist von dunklen Linien durchzogen, welche zuweilen eine auffallend parallele Anordnung zeigen (’”’). Kerne finden wir ebenfalls in dieselbe eingebettet. Die lokale Verbreitung dieser Substanz ist individuell sehr ver- schieden. Während sie bei dem Individuum, welchem Fig. 4 ent- nommen ist, sich auch zwischen den Drüsenausführgängen (Kpdra) in ziemlich reichlicher Menge findet, sich weiterhin fast bis zur Pharyn- gealtasche (Pht) unterhalb des Gehirns (Gl) erstreckt und sogar mit der nämlichen Substanz zwischen den Hautdrüsen der Ventralseite in Zu- sammenhang steht, ist sie bei anderen Individuen von weit geringerer Ausdehnung (Fig. 5) und fehlte in einem Falle vollständig; wir finden dann das ganze Vorderende von Drüsen erfüllt. Wie früher erwähnt, seheint es mir sehr wahrscheinlich, dass sie sich in Drüsenzellen um- wandelt. Den Genitalporus, den Endtheil des Atrium genitale umstellen Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 98 434 Ludwig Böhmig, sehr zahlreiche Drüsenzellen, welche um den ersteren nach außen mün- den. In ihrem Habitus wenig verschieden von den Hautdrüsen im engeren Sinn und den Kopfdrüsen, unterscheiden sie sich von diesen sofort durch ihr grobkörniges Sekret, welches sich mit Alaunkarmin dunkelviolett, mit Pikrokarmin gelb färbt. Ihre Längendurchmesser variiren zwischen 14,6 und 36,5 u, ihre Breitendiameter zwischen 8 und 14,6 u. Die zumeist runden Kerne (5,84—7,3 u Durchmesser) besitzen ein großes Kernkörperchen und färben sich sehr intensiv. Auch die Epithelzellen der Schwanzspitze sind von Sekretkörn- chen besonders reichlich erfüllt, und sie dürften in Folge dessen, wie dies der Fall bei vielen Plagiostoma-Species ist, zur Anheftung des Thieres an seine Unterlage dienen, also als Klebzellen fungiren. Der Pharynx liegt hinter dem Gehirne, die Mundöffnung unterhalb des Gehirns oder hinter demselben. Die Gestalt dieses schräg nach vorn gerichteten Pharynx wird von Harızz! als die einer kleinen Tonne beschrieben und abgebildet; ich habe die Form des Pharynx zwar sehr wechselnd aber nie eigent- lich tonnenförmig gefunden. Er besaß vielmehr stets die Form eines einfachen, schiefen, abgestumpften oder die eines etwas unregelmäßigen Doppelkegels (Taf. XIV, Fig. 3). Die Längsachse des Schlundkopfes erreicht eine Länge von ca. 80—112 u, die größte Breite 203—221 u, die Höhe 177—221 u. Die Anordnung der Muskelschichten ist die für den Pharynx varia- bilis typische, doch ist die gegenseitige Lagerung der beiden äußeren Muskelschichten (arm und alm Fig. 3), welche nur schwach ausge- bildet sind, nicht immer leicht zu erkennen. Am kräftigsten entwickelt finde ich immer die inneren Ringmuskeln (irm). Gegen die Pharyngealtasche zu wird der Pharynx von einem membranhaften Epithel überzogen; das das Lumen auskleidende Epithel erreicht eine Höhe bis zu 7,3 u. Zuweilen lassen sich auch noch die Grenzen der einzelnen Zellen erkennen, deren feinkörniges oder fein- gestreiftes Plasma sich fast nicht färbt. Kerne sind in diesen Zellen von mir nicht beobachtet worden. Ungemein reich ist der Pharynx an Drüsenzellen und zwar lassen sich zwei Arten solcher Zellen unterscheiden. Die einen (phdr) bilden eine periphere Zone, die anderen (phdr’) eine innere. Die ersteren (phdr) sind weit zahlreicher als die letzteren, wesentlich größer als diese (18,25 — 40,5 ulang und 8—14,6 u breit) und von rundlicher oder keulen- förmiger Gestalt. Ihr Sekret besteht aus kleinen Körnchen, welche sich ! P. Harrezz, Contributions a l’'histoire naturelle des Turbellaries. 1. c. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 495 nur schwach färben ; mit Pikrokarmin nehmen sie eine bräunlichrothe, mit Alaunkarmin eine ziemlich intensiv violette und mit Hämatoxylin eine röthliche Farbe an. Die Kerne haben einen Durchmesser von ca. 5,14 u, enthalten ein kleines Kernkörperchen und färben sich in- tensiv. Die Zellen der zweiten Art (phdr') erreichen etwa nur eine Länge von 8—10,95 u und eine Breite von 3,65— 5,14 u. Sie sind von birn- förmiger Gestalt und färben sich wesentlich intensiver als die der ersten Art. Ihr Sekret tritt in Form kleiner Körnchen auf, welche sich mit allen Tinktionsstoffen viel stärker imbibiren, als es der Fall bei den Sekretkörnchen der anderen Art ist. Die Kerne liegen stets im oberen Theile der Zellen; im Verhältnis zu diesen sind die Kerne von bedeutender Größe (ca. 3,65 u Durchmesser) und ausgezeichnet durch den Besitz eines großen Kernkörperchens (2,19 u Durchmesser). Beiderlei Drüsenarten ergießen ihr Sekret in das Pharyngeal- lumen und zwar finden wir die Mündungen der Drüsen nicht auf die Umgebung des Pharynxmundes beschränkt, sondern sie vertheilen sich fast auf die ganze Länge des Lumens. Ventralwärts vom Pharynx, außerhalb desselben liegen eine An- zahl von Drüsenzellen (Fig. 3 phdr”’), deren Ausführgänge in den Schlundkopf eintreten und, wie die anderen, in das Lumen desselben münden. Ihr Sekret unterscheidet sich nicht von dem der großen in- | trapharyngeal gelegenen Drüsenzellen (phdr). Der Darm hat im Allgemeinen eine sackförmige Gestalt (Taf. XII, Fig. 4), welche jedoch modifieirt wird durch folgende Momente. Erstens sehen wir auch hier, dass die Höhe des Darmes in seinem Endabschnitt erheblich beeinträchtigt wird durch das umfangreiche Copulationsorgan, weiterhin durch die Entfaltung der Geschlechtsdrüsen, außerdem aber durch von diesen letzteren ganz unabhängige Einschnitte, welche sich auch bei jungen Individuen konstant finden, wovon man sich an lebenden Thieren leicht überzeugen kann. Die Länge des Darmes beträgt ?2/;—?/, der Körperlänge. Die Ab- grenzung des Darmes gegen die umgebenden Organe wird dadurch eine sehr scharfe, dass die schmale den Darm umgebende Bindegewebs- zone von Pigmentkügelchen erfüllt ist (Taf. XVI, Fig. 13 D, Pı). Die Darmzellen sind von keulenförmiger Gestalt, an der Basis ver- schmälert und häufig an derselben etwas gebogen. Die Höhe des Darm- epithels schwankt zwischen 16,10 und 86 u. Der mittlere Dicken- durchmesser in halber Zellhöhe beträgt ca. 12,8 u. | Vorticeros auriculatum ist die einzige mir bekannte Plagi- ostomide, welche Darmdrüsenzellen besitzt. 28* 496 Ludwig Böhmig, Diese Drüsenzellen (Ddr Taf. XVI, Fig. 13) liegen außerhalb der Pig- mentschicht, welche den Darm umgiebt; ihre Ausführgänge (Ddra) ver- laufen zwischen den Darmepithelzellen und münden in das Lumen des Darmes, welches auch hier bald sehr eng (Taf. XVI, Fig. 13 DI), bald sehr geräumig ist. Mit Pikrokarmin färbt sich das aus Körnchen von ca. 1,28 u Durchmesser bestehende Sekret röthlich, stark violett mit Alaunkarmin. Die runden Kerne haben einen Durchmesser von ca. 4,38 u, sie enthalten ein großes von einem hellen Hofe umgebenes Kernkörperchen. Die Gestalt des vor der Schlundtasche gelegenen Gehirnganglions (Gl Taf. XX, Fig. 14,15) ist eine etwas variabele, wie ein Blick auf die beiden Figuren 44 und 15 lehrt. Die Grundform bildet eine abge- stumpfte, vierseitige Pyramide, deren kleinere, durch die Abstumpfung entstandene Fläche nach vorn, deren Basis nach hinten gerichtet ist. In Fig. 15 sind die Veränderungen so weit gegangen, dass das Ganglion sich der Nierenform nähert, die vordere Fläche ist leicht konkav, die hintere konvex, während die Störung der Grundgestalt in Fig. 14 mehr in den tiefen Furchen beruht, welche sich an der vorderen und hinteren Fläche in der Medianebene finden. Der Längendurchmesser des Gehirns beträgt 72—85 u, derjenige der Breite 184—196 u, der Höhendiameter schwankt zwischen 78 und 85 u. Die Umhüllung des centralen Punktsubstanzballens (Psb) durch die Rindenschicht ist keine vollkommene, wir sehen, dass dieselbe auf der Dorsal- und Ventralseite zu Seiten der Medianebene fast in ganzer Länge des Ganglions frei liegt (Fig. 14,15, 5, 6 Psb), doch ist die Unterbrechung auf der Oberfläche des Ganglions eine weitaus bedeutendere als auf der unteren. | Am dicksten ist die Rindenschicht an den seitlichen Flächen, ganz besonders in der Umgebung der Augen (Au), wo wir bis sechs Gan- glienzellschichten über einander antreffen (Fig. 5 Rsch). Was die Form der Zellen betrifft, ihren Zusammenhang unter einander und mit dem centralen Fasernetze, dem Punktsubstanzballen, kann ich auf den allgemeinen Theil verweisen; ich möchte hier nur eine oft eigenthümlich büschelartige Gruppirung der Ganglienzellen betonen. Die Größe der Zellen schwankt zwischen 8,76 und 14,6 u, die der Kerne zwischen 6,24 und 7,3 u. Die Form des Punktsubstanzballens (Psb) ist wie die des Ganglions keine ganz konstante und bis zu einem gewissen Grade abhängig von der des Ganglions, und ich verweise, was seine Form betrifft, auf die Figuren 1% und 15. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 4937 Der Ballen erreicht einen Längsdurchmesser von 58—73 u, einen Breitendiameter von 106—142 u und eine Höhe von 56—63 u. Auf Grund meiner bisherigen Präparate habe ich hauptsächlich nur zwei Regionen innerhalb des Markballens unterscheiden können, nämlich einen ventral gelegenen, ovalen Ballen von grobfasriger Be- schaffenheit (Fig. 14 a), welcher umhüllt ist, mit Ausnahme der ven- tralen Fläche, von einem feinfaserigen, den größten Theil der gesamm- ten Markmasse bildenden Ballen. Im Ganzen verlassen sechs Nerven- paare das Gehirn. Von der Vorderfläche, und zwar der Medianebene stark genähert, entspringt jederseits ein ca. 14,6 « dicker Nerv (n/), welcher in fast gerader Richtung zur vorderen Körperspitze verläuft; von ihm treten auch Fasern in die Tentakeln, wir können ihn also hier auch als Ten- takelnerv bezeichnen. Auf seinem Weg zur Körperspitze resp. zu den Tentakeln verbreitet er sich allmählich in Folge der zahlreichen inter- ponirten Ganglienzellen, und an der Basis der Tentakeln kommt es zur Bildung eines kleinen Ganglions. Dieser Nerv nimmt seinen Ursprung aus dem Faserballen «a, in dem er sich auf Querschnitten ziemlich weit verfolgen lässt. Den zweiten an der Vorderfläche austretenden Nerv nT' bemerken wir unterhalb und etwas seitlich von dem Nerven nl. An seiner Austrittsstelle bildet er mit dem n/ einen Winkel von unge- fähr 45° (Taf. XII, Fig. 5 nl, nl’). Er verläuft ein wenig nach vorn gerichtet zur Ventralfläche und tritt hier in ein Ganglion ein (Taf. XIII, Fig. 4,5 wpgl), aus welchem Nervenfasern zu den hier zahlreichen im Epithel liegenden Nervenendkörperchen (nek Fig. 4) und zur Wimper- rinne (wp Fig. %) treten. Die Austrittstellen aller übrigen Nerven sind auf einen verhältnis- mäßig kleinen Raum zusammengedrängt, nämlich auf die beiden hin- teren Ecken des Gehirns. Der von der ventralen Fläche entspringende Nerv (nIJ), welcher noch am weitesten nach vorn zu liegt, und dem seitlichen Rande sehr genähert ist, strebt in fast gerader Richtung der Bauchfläche des Thieres zu und verbreitet sich oberhalb des Hautmuskelschlauches. Direkt über ihm, aber der Seitenfläche angehörend, bemerken wir den Nerven nV, oder Seitennerven (Taf. XX, Fig. 6 nV). Beide Nerven (n/IJ und nV) beziehen ihren Faserbedarf aus den ventralen und seitlichen Partien des Markballens. Ein wenig weiter nach hinten, häufig fallen aber auch alle drei Ner- ven (n/IJ, nIV und nV) in einen Schnitt, verlässt der Nerv nIV das ‚, Gehirn an dessen Dorsalfläche, nahe dem seitlichen Rande (Fig. 6 n/IV). Sein Durchmesser beträgt ca. 10 x. Er wendet sich in leichtem Bogen 498 Ludwig Böhmig, nach oben und hinten, wo er unterhalb des Hautmuskelschlauches der Rückenfläche noch eine Strecke weit verfolgt werden kann. Die ca. 15 u dicken Längsnerven (nIII) treten aus an der hinteren Fläche des Ganglions. Ihren Faserbedarf erhalten sie fast aus allen Theilen des Punktsubstanzballens. Besonders auffallend waren mir zwei ungemein dicke, an der Innenseite dieser Nerven verlaufende Fasern, welche sich mit Pikrokarmin intensiv färbten und bis in die Nähe der Augen innerhalb des Punktsubstanzballens verfolgen ließen. Sie erinnern in gewisser Beziehung an die sogenannten kolossalen Nervenfasern höherer Würmer. An einigen Präparaten bemerkte ich nach innen vom Längsnerven einen kleinen Nerven, welcher, wie es mir scheint in Beziehung zum Darme und zum Pharynx tritt. Ob derselbe ein selbständiger Nerv oder nur ein Ast des Längsnerven ist, blieb mir zweifelhaft. Die Sinnesorgane unserer Thiere haben schon im allgemeinen Theile eine so eingehende Besprechung erfahren, dass ich füglich dar- auf verweisen kann. Die Angabe Haıızz’, dass die Augen einer licht- brechenden Linse entbehren, beruht, wenn wirklich Vorticeros Schmidtii Hallez und Vorticeros auriculatum v. Graff iden- tisch sind, was ich mir nicht zu entscheiden getraue, auf einer Täuschung. Kurz erwähnt sei nur noch die Lage der Augen und ihre Größen- verhältnisse. Sie sind nahe der vorderen und lateralen Fläche in die dorsale Ganglienzellenschicht des Ganglions eingebettet. Der Pig- mentbecher hat die Form eines Bechers, dessen Öffnung nach oben und seitlich gerichtet ist. Die Länge des Bechers beträgt 55 — 70 u, seine Breite 43—55 u, seine Höhe 33—37 u. Die Hoden sehen wir der Ventralseite stark genähert, sie erstrecken sich vom Beginne des Darmes bis zur Samenblase. Bei vollständig ge- schlechtsreifen Thieren verschmelzen sie in der Medianebene und bilden dann ein gemeinsames Lager zwischen Darm und Hautmuskel- schlauch (Taf. XVI, Fig. 13 Te). Über ihnen und seitlich von der Medianebene liegen die Keimstöcke (Taf. XVI, Fig. 13 Kst), welche sich nach vorn ebenfalls bis zum Pha- rynx erstrecken, nach hinten jedoch nicht so weit wie die Hoden. Nach v. GrAFF sind sie auf das zweite Körperdrittel beschränkt, was wohl für jüngere Thiere, aber nicht für solche, welche sich auf der Höhe der weiblichen Reife befinden, zutrifft. Die Angaben von Harırz bezüglich der Keimstöcke des Genus Vorticeros kann ich durchaus nicht bestätigen. Harızz sagt: »Il est ä remarquer en effet que, chez les Vorticeros, les ovaires sont Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 429 nombreux et dissemines au milieu du tissu conjonctif comme chez les autres Dendrocoeles.« Die von v. Grarr ursprünglich vertretene, späterhin von ihm als irr- thümlich erkannte Ansicht, dass die Keime von einem Epithel umgeben seien, macht Haızzz zum Ausgangspunkt einer Spekulation, welche jetzt natürlich auch hinfällig geworden ist. »Peut-etre sommes-nous lä en prösence du point de depart de la differenciation de l’ovaire en deux organes distinets: l’ovaire proprement dit et le vitellogene.« In der Speeciesbeschreibung von Vorticeros Schmidtii führt Haıızz übrigens an, dass »l’enveloppe form&e de cellules eylindriques « fehle. Wie man in Fig. 13, Taf. XVI sieht, liegen einzelne Keime (Ke), und es sind dies immer reife, auffallend weit dorsalwärts; ich ver- muthe, dass diese Keime sich bereits in den ausführenden Kanälen befinden. Die Dotterstöcke nehmen den größten Theil der Seitentheile der Thiere sowie einen Theil der Rückenfläche ein (Taf. XII, Fig. 4; Taf. XVI, Fig. 13 Dst). Sie beginnen in der Mitte oder dicht hinter dem Pharynx und vereinigen sich auch alsbald nach ihrem Anfange auf der Dorsalseite, um alsdann wieder aus einander zu weichen und das dorsale Drüsen- lager zwischen sich zu nehmen. Hinter diesem verschmelzen sie wiederum und bleiben es bis zu ihrem Ende, welches oberhalb der Samenblase oder des Anfangstheiles des Gopulationsorgans liegt. Be- züglich ihres feineren Baues gilt das im allgemeinen Theil von den Dotterstöcken überhaupt Gesagte, und es wäre nur noch zu erwähnen, dass sie von muskelähnlichen Fasern, welche sich zwischen Darm und Körperwand ausspannen, durchsetzt werden. Sehr komplieirt gebaut ist das Copulationsorgan des Penis. Nur in geringer Entfernung von der hinteren Körperspitze liegt der Porus genitalis (Pg Taf. XVII, Fig. 3). Er führt in das Atrium ge- nitale (Aig), in welches von hinten her der weibliche Ausführgang (ovd), ungefähr 70 u oberhalb des Porus genitalis, einmündet (Fig. 3). Da die Bilder, welche der Penis je nach seinem Kontraktions- zustande bietet, etwas verschiedene sind, werde ich zunächst mich bei der Darstellung nur an Fig. 3 halten, wo die Verhältnisse am klarsten liegen. Die Maßangaben beziehen sich ebenfalls nur auf das Indivi- duum, von dem die betreffende Abbildung stammt. Das Atrium hatte hier vom. Genitalporus bis zur ersten Umbie- gungsstelle (a, @a’) eine Länge von 290 u, zwischen a und a’ eine Breite ‚von 430 u. Die Atriumwand biegt an der bezeichneten Stelle nach innen und hinten um und bildet eine Ringfalte (Psa) von ca. 150 u 430 Ludwig Böhmig, Länge. Dadurch, dass sich diese Ringfalte (Psa) nach innen und vorn schlägt, kommt es zur Bildung des inneren Rohres (Psi) der Penisscheide (Ps) und alsdann durch eine weitere Faltenbildung von Psi zur Bildung einer doppelwandigen inneren Penisscheide (Ps’), welche weit kürzer ist als die erste und nur eine Länge von ca. 50 u besitzt. Durch Umschlagen der Wandung des inneren Rohres (Ps’.) der inneren Penisscheide wird eine neue Falte hervorgerufen, welche in das Lumen von Ps’ hängt, und welche die äußere Wand (Pea) des Penis (Pe) darstellt. Ihre Länge übertrifft um Weniges die innere Penisscheide; sie bildet durch Einstülpen nach innen und vorn das lange innere Penisrohr (Pei), welches eine Länge von ca. 200 u besitzt. Innerhalb der .Samenblase erweitert sich dasselbe ein wenig, stülpt sich alsdann nach außen um, umhüllt Pei in Fig. 3 auf eine Strecke von ca. 140 u. Dieht oberhalb der Übergangsstelle von Ps’i in Pea biegt sich die Wandung des letzterwähnten Rohres (Ps’i) nach außen und vorn um, wodurch es abermals zur Bildung eines Rohres (Ps’a) kommt, in welches Pei und Ps”i eingeschachtelt sind und dessen Wandung in die Samen- hlase (Vs) übergeht. Wir haben es im vorliegenden Falle im Ganzen also mit drei soge- nannten Penisscheiden zu thun, von denen wir zwei, nämlich Ps und Ps’, als untere, eine, Ps”, als obere bezeichnen können. Wenden wir uns nun gleich Fig. # zu, und untersuchen wir, wie hier die Sache liegt. Am auffallendsten ist jedenfalls der scheinbare Mangel von Penisscheiden, nur auf der dorsalen Seite bei «a ist eine solche angedeutet; die Atriumwandung scheint hier direkt in das äußere Penisrohr überzugehen, welches sich einstülpt, um wie gewöhnlich das innere Penisrohr zu bilden. Dasselbe ist jedoch nicht gleichmäßig ge- baut, sondern wir sehen, dass bei * dasselbe einen anderen Charakter annimmt und auffallend erweitert ist. An seinem Ende geht es über in ein, in seinem oberen Theil sehr weites Rohr (Ps”i), welches sich etwas oberhalb des Atriums nach außen umschlägt. Dieses zuletzt entstandene, im vorliegenden Falle weite aber kurze Rohr es geht über in die Wandung der Samenblase (Vs). Vergleicht man die Fig. 3 und 4, so kann es kaum zweifelhaft sein, wodurch die scheinbare Verschiedenheit der beiden Penes bedingt wird. Das Penisrohr (Pei) ist in Fig. 4 auffallend stark retrahirt, während es sich in Fig. 3 in Ruhelage befindet; in Folge dieser sehr starken Re- traktion ist es zu einem Verstreichen der Penisscheiden Ps und Ps’ ge- kommen; Alles was zwischen a und & und x und «&’ gelegen ist, sind Theile der Penisscheiden und des äußeren Penisrohres, also mit Psa, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 431 Psi, Ps’a, Ps’iund Pea zu bezeichnen. Die obere Penisscheide Ps” ist nicht wesentlich verändert worden; sie wird aber bei extensiver Aus- streekung des Penis zum Verschwinden kommen. In diesem letzten Falle werden wir gar keine Penisscheiden mehr sehen, der Penis wird alsdann einen einfachen, langen, doppelwandigen Zapfen darstellen, des- sen äußeres Rohr sich an der Atriumwand, dessen inneres sich an der Samenblase anheftet resp. in diese übergeht. In Fig. 5 ist der Penis etwas vorgestoßen; in Folge dessen war an dem betreffenden Thiere ein allerdings noch nicht ganz vollständiges Verstreichen der oberen, und wie aus Fig.5 ersichtlich ist, ein partielles Verschwinden der unteren Penisscheiden vorhanden; es ist von diesen letzteren nur noch eine sichtbar, welche aber weder mit Ps und Ps’ homologisirt werden darf, sondern allem Anscheine nach Theile von beiden enthält. Die Wandung des Atriums (Fig. 3—5 Atg) besteht aus Längsmuskeln, Ringmuskeln, einer sehr dünnen Basalmembran und einer Epithelschicht. Die letztere (aep) wird gebildet aus an ihrem freien Theil verdickten, gegen die Basis zu verschmälerten, mithin keulenförmigen Zellen von 21,9—29,2 u Höhe und einer Breite von 5,84—7,3 u im oberen Theil, von 1,46—2,19 u an der Basis breiten Zellen, welche erfüllt sind von einem feinkörnigen Plasma, das sich mäßig stark färbt. Die Kerne liegen für gewöhnlich im verdickten oberen Theile, seltener basal. Sie sind rund oder oval und färben sich sehr intensiv. Die Durch- messer der runden Kerne betragen 5,11—5,64 u, der ovalen 4,38: 7,3, 3,65:8,76, 5,11 :6,57 u etc. Das Epithel der beiden Penisscheiden, sowie des äußeren Penis- rohres ist wesentlich niederer als das des Atriums und lässt die Zell- grenzen nicht mehr deutlich erkennen; es enthält jedoch noch Kerne, welche in Ps’i und Pea recht selten sind. Während das Epithel der ersten Penisscheide (Ps)noch eine Höhe von 7,3—10,95 u besitzt, über- steigt das der zweiten Penisscheide und das des äußeren Penisrohres kaum 3,65 u; häufig erreicht es auch diese Höhe nicht mehr. Die Anordnung der Muskelschichten ist eine ganz regelmäßige; es folgen von außen nach innen: Epithel, Ring-, Längsmuskeln, Parenchym, Längs-, Ringmuskeln, Epithel, erste Penisscheide ; genau denselben Bau zeigt die zweite. Sehr muskelkräftig ist das äußere Rohr des Penis, und zwar sind sowohl die nach außen liegenden Ring-, als auch die unter diesen befindlichen Längsmuskeln bedeutend verstärkt. Die Penisrohrwandung (Pe) wird gebildet von Längsmuskeln, in verhältnismäßig großen Abständen von einander liegenden Ringmuskel- 432 | Ludwig Böhmig, fasern, einer feinen Basalmembran und einer das Lumen auskleidenden Epithelschicht ohne Kerne. Der Theil des inneren Penisrohres, welcher sich an das äußere Pea anschließt und in den Abbildungen mit Pesp bezeichnet ist, macht einen starren Eindruck, und er setzt sich dadurch von dem übrigen Theile von Pei ab, dass seine Muskulatur etwas kräftiger ist und zwischen Epithel und Ringmuskeln eine Schicht liegt, welche sich sehr stark tingirt und wohl als verdickte Basalmembran angesprochen werden kann; ich nenne diesen unteren Theil (Pesp) des Penisrohres die Penis- spitze. Durch besonders kräftig ausgebildete Muskulatur ist jener mit Ps”’« bezeichnete Theil des Penis ausgezeichnet, das äußere Rohr der oberen Penisscheide. In Fig. 4 zeigt dasselbe eine ganz auffallende Verdickung beixx, welche ich an anderen Präparaten nicht auffinden konnte, jeden- falls ist diese Verdickung durch den starken Kontraktionszustand, in dem sich dieser Penis befunden haben muss, bedingt. Die Samenblase, deren Formen mit der des Copulationsorgans, resp. mit dem Kontraktionszustande desselben variiren (Fig. 3—5), ist auch hier weiter nichts als ein erweiterter Endabschnitt desselben. Die Epithelschicht habe ich auf keinem meiner Präparate deutlich wahrnehmen können. Die Muskulatur besteht aus Längsmuskeln außen, Ringfasern innen. Die Hoden münden nicht getrennt, sondern vermit- tels eines gemeinsamen Ganges in die Samenblase, wie ich gegen Haıtzz, welcher zwei Vasa deferentia anführt, bemerken möchte; für Vorti- ceros pulchellum führt Harızz nur ein Vas deferens an. Als besondere Muskelzüge, welche bei der Aktion des Penis in Be- tracht kommen, sind noch zu erwähnen: 4) Muskelbündel (Fig. 4 und 5 mm, mm) , welche vom Atrium ge- nitale und zwar von jener Stelle, wo dasselbe zur Bildung der ersten Penisscheide nach innen umbiegt, direkt zur Samenblase ziehen und sich an dieser befestigen; sie vermögen die Vesicula seminalis nach hinten zu ziehen. 2) Muskeln (mm! Fig. 5), welche von dem äußeren Rohr des Penis (Pea) zum äußeren Rohr Ps”a der oberen Penisscheide laufen. 3) Fand ich Muskeln (mm? Fig. 3, 5), welche sich einerseits mit breiter Basis an der Penisspitze inseriren, andererseits, wie es scheint, an der äußeren Wandung der zweiten, oder der inneren Wandung der ersten Penisscheide; ich konnte dieselben nicht sicher verfolgen. Wahr- scheinlich entsprechen sie den mit mm® in Fig. 4 bezeichneten Muskel- bündeln, welche hier von dem mit Psa bezeichneten Theil der Penis- scheide entspringen und sich an und oberhalb der Penisspitze Pesp Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. I. 433 befestigen und augenscheinlich dazu dienen, dieselbe nach vorn zu ziehen. In dem hinteren Theile der Vesicula seminalis finden wir eine Substanz, welche an verschiedenen Präparaten große Abweichungen zeigt. Bald finden wir eine Masse einer feinkörnigen, sich im Ganzen wenig stark färbenden Substanz, bald sehen wir kolbenähnliche regel- mäßig angeordnete Gebilde (Fig.5 Xs), die aus ganz derselben Substanz bestehen, aber einen epithelartigen Eindruck machen; bald wiederum wechseln sehr stark und wenig gefärbte Partien mit einander ab, so dass man aufFlächenschnitten Bilder erhält, wie ich auf Taf. XIX, Fig. 6 dargestellt habe. Die dunkleren, schmäleren Säulchen der Längs- oder Querschnittbilder hängen, wie man sieht, theilweise zusammen und bilden ein Wabenwerk, dessen Räume von der feinkörnigen, hellen Substanz erfüllt werden. An den meisten Präparaten vermisste ich die dunkel gefärbte Substanz ganz. Die hellere Substanz halte ich trotz der eigenthümlich zellähnlichen Formen, in der sie zuweilen auftritt, für dasKornsekret. Ob die dunkel gefärbten Massen auch ein Sekret darstellen, bin ich nicht in der Lage zu entscheiden. Die Kornsekretdrüsen (Ksdr Taf. XVII, Fig. 3) sind von birnförmi- ger, länglicher Gestalt, ihre Längsdurchmesser schwanken zwischen 21,9 und 43,8 u, die derBreite zwischen 10,95 und 29,2 u. Das Sekret ist, wie gesagt, feinkörnig und nur wenig färbbar. Zwischen den beiden Blättern (Psa u. Psi) der ersten Penisscheide (Ps) finden wir zahlreiche Drüsenausführgänge, welche am freien Rande von Ps in das Atrium münden. Diese Drüsen selbst (psdr) liegen nach hinten von der Samenblase und den Kornsekretdrüsen, fernerhin zwischen Psa und Ps”a. Sie sind zum großen Theil von unbedeutender Größe; ihr Sekret ähnelt dem Kornsekret, nur ist es etwas grobkörniger. Ungefähr 70 u vom Genitalporus entfernt mündet der Ausführgang (ovd Fig. 4) der weiblichen Drüsen in das Atrium. Er zieht nach vorn und oben zu den Dotterstöcken, wo er sich in zwei größere Äste gabelt, die sich ihrerseits innerhalb der Keim- und Dotterstöcke weiterhin theilen, ohne aber an Durchmesser wesentlich abzunehmen. Der gemeinsame Endabschnitt hat eine Länge von ca. 400 u, eine Weite von 7,3 —14,6 u. Dieser Kanal besitzt eine aus Längs- und Ringfasern bestehende Muskulatur; sein Epithel ist flach, aber mit langen nach hinten (unten) gerichteten, relativ dicken Cilien besetzt. ‚Innerhalb der weiblichen Drüsen war der Bau der Ausführgänge ganz ‚der gleiche. A434 Ludwig Böhmig, In seinem Endabschnitte ist er umgeben von zahlreichen, dicht neben einander liegenden Drüsen (ovddr), deren Sekret aus kleinen sich mit Pikrokarmin gelblichroth färbenden Körnchen besteht. Augen- scheinlich sind diese Drüsen als Schalendrüsen aufzufassen, wenig- stens habe ich einmal im Atrium ein Ei, das von einer ziemlich resi- stenten, gelbbraunen Schale umgeben war, gefunden. Harzzz ! giebt eine Abbildung des Copulationsorgans, welche je- doch kaum sehr genau genannt werden kann. Die Bilder wenigstens, welche ich an Quetschpräparaten gewonnen, ließen der Hauptsache nach alles das erkennen, was ich alsdann auf Schnitten wiedergefunden habe. Die Auskleidung des Penisrohres mit kleinen Häkchen oder Spitzen, welche auf Harızz’ Zeichnung erkennbar ist, und welche von v. GrAFF ebenfalls erwähnt wird, habe ich auch am lebenden Objekte gesehen und Andeutungen davon auf Schnitten wiedergefunden. Die Verschiedenheiten, welche sich in den Beschreibungen Haızzz’, v. Grarr’s und der meinen finden, lassen sich leicht dadurch erklären, dass denen der beiden genannten Forscher hauptsächlich Quetschprä- parate zu Grunde lagen, während von mir die Schnittmethode mit Vor- liebe angewendet wurde; jedenfalls aber nähern sich v. Grarr's Resul- tate den meinigen viel mehr, als die Harzzz’ und sind viel eingehender als diese. Nach Harızz sind die wesentlichsten Verschiedenheiten zwischen Vorticeros Schmidtii Hallez und Vorticeros pulchellum ®. Schm.: »labsence des tentacules, la structure des yeux et des oeufs, enfin la taille«. v. Grarr hat V. Schmidtii Hallez mit V.pulehellum O.Schmidt für identisch erklärt und ihnen den definitiven Namen Vort. auricu- latum gegeben. Ich muss gestehen, dass mir Zweifel aufgestiegen sind, ob Vort. Schmidtii Hallez wirklich identisch ist mit V. pul- chellum O. Schm. und zwar auf Grund der Unterschiede, welehe. Harıez von seinen beiden Species anführt. Es ist mir nicht recht wahr- scheinlich, dass Harızz bei der einen Species die Tentakeln übersehen hat, bei der anderen V. pulchellum var. luteum nicht; dass er in den Augen der einen Species »Linsen« wahrnahm, in denen der anderen nicht. Auch die Beschreibung der Keime spricht dafür, dass nicht Vorticeros auriculatum v. Graff Haıızrz vorlag, da in der That die Keime dieser Species auf Quetschpräparaten jenen eigenthümlichen Eindruck machen, welcher ursprünglich v. GrArf für Vort. aurieu- latum und Harızz für Vort. pulchellum var. luteum zu einer irrigen Auffassung bezüglich des Baues derselben führte. i Hırzez, |. c. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 435 Es müsste dann Vorticeros Schmidtii Hallez aus dem Genus Vorticeros, wie schon v. Grarr! anführt, entfernt und dem Genus Plagiostoma einverleibt werden, da der wesentlichste Unterschied der beiden Genera auf der Anwesenheit oder dem Fehlen der Ten- takeln beruht. Überdies ist es noch zu untersuchen, ob die von Haıtzz unter den Namen Vorticerospulchellum O. Schm. var. lut eum beschriebene Plagiostomine in der That nur eine Farbenvarietät ist oder, wie v. GRAFF glaubt, eine gute Species, Vorticeros luteum Hallez (v. Grarr). Subfamilie Cylindrostomina. Genus Monoophorum mihi. Monoophorum striatum mihi. MitMonoophorum striatum habe ich dasTurbellar benamset, welches v. Grarr Enterostoma striatum genannt hat; die Gründe, welche mich bewogen haben Enterostoma striatum y. Graff aus dem Genus Enterostoma auszuscheiden, sind im letzten Theile der Arbeit, dem systematischen, angeführt. In Triest, wo es von v. Grarr entdeckt wurde, ist dieses schöne Thier- chen häufig. Es ist von gedrungener Gestalt, seine Breite nimmt von vorn nach hinten allmählich und nur unbedeutend zu; hinter der Körpermitte erreicht es seinen größten Querdurchmesser und spitzt sich dann langsam und gleichmäßig zu. Das Kopfende ist sehr stumpf drei- eckig oder abgerundet. Die Länge des Thieres beträgt 1-—1!/, mm. Die Vertheilung undFarbe des Pigmentes wurde von v. GraAFF voll- kommen richtig angegeben, und ich will nur bemerken, dass ınan nicht selten vollkommen farblose Exemplare findet, oder solche, bei denen die Pigmentirung eben erst beginnt. Das Epithel besteht aus polygo- nalen, durch Zellausläufer mit einander in Verbindung stehenden Zellen, welche auch im lebenden Zustande den eigenthümlichen Aufbau aus kleinen Säulchen, zwischen denen sich eine flüssigere Substanz be- findet, zeigen. Die Höhe des Epithels fand ich nicht solchen bedeuten- ten Schwankungen unterworfen wie z. B. bei Vorticeros auricu- latum und Plagiostoma Girardi. Am vorderen Körperende er- reichte es ca. 10,95 u, in derMitte der Bauch- und Rückenfläche 7,3—8 u. Die runden oder ovalen Kerne enthalten ein ziemlich central ge- legenes, großes Kernkörperchen und zeigen, wenn gut erhalten, ein schönes Kernnetz. 1 v, GrAFF, Monographie. 436 Ludwig Böhmig, Innerhalb der Epithelzellen finden wir wasserklare Räume von sehr verschiedenem Durchmesser, kleine, glänzende, homogene Stäbchen von 2,56 — 3,84 u Länge und 0,6—1 u Breite und Häufchen sehr kleiner Körnchen, welche bald unregelmäßig sind, bald eine sehr regelmäßige, ellipsoide Form besitzen und an Schleimstäbchen erinnern. Der Bau der Basalmembran sowie des Hautmuskelschlauches ist bereits eingehend besprochen worden, und kann ich auf den allge- meinen Theil verweisen. Unterhalb des Hautmuskelschlauches liegt ein kontinuirliches Lager von Hautdrüsen, welche eine Länge von 14,6—32,85 u, eine Breite von 7,3—21,9 u besitzen. In diesen Drüsen werden Pseudorhabditen resp. Körnchenhaufen und Stäbchen gebildet. Diese letzteren scheinen übrigens auch aus der Verschmelzung sehr kleiner Körnchen hervorzugehen, wären mit- hin auch als Pseudorhabditen zu betrachten, da die echten Stäbchen Umwandlungsprodukte von Sekretpfröpfen sind. Der Kopfabschnitt enthält zahlreiche Drüsen, welche jedoch nie so weit von ihrer Ausmündungsstelle entfernt liegen, wie dies bei Vor- ticeros und vielen Plagiostoma-Arten der Fall ist. Sie finden sich in der Umgebung des Gehirns (Taf. XIII, Fig. 3 Kpdr), so weit dieselbe nicht von den Spermatozoenmassen in Anspruch genommen wird. Nach dem Sekrete haben wir zwei Drüsenarten zu unterscheiden. Dasselbe besteht aus Körnchen, welche sich bei Pikrokarmintinktion, in dem einen Falle gelb, im anderen roth färben. In Form und Größe dieser zwei Drüsenzellenarten habe ich keine Differenzen aufzufinden vermocht. Ihre Länge schwankt zwischen 14,6 und 43,8 u, ihre Breite zwischen 8 und 17,25 u. Die runden Kerne besitzen Durchmesser von 6,57—8 u, sie enthalten ein großes Kernkörperchen von 3,65 u Durch- messer. | Diejenigen Drüsen, welche in der Umgebung der gemeinschaft- lichen Mund- und Geschlechtsöffnung ausmünden, liegen unterhalb und seitlich der Pharyngealtasche, fernerhin hinter und seitlich von den ausführenden Genitalwegen. Ihre Ausführgänge sind demnach theilweise von recht bedeutender Länge. Die Drüsen selbst sind von birnförmiger Gestalt und erreichen eine Länge his zu 43,8 u bei einer Breite von 16 u. Die runden Kerne haben eine durchschnittliche Größe von 7,3 u und enthalten stets ein, von einem hellen Hofe umgebenes, großes Kernkörperchen. Das Sekret besteht aus gelben Körnchen. Der Pharynx liegt in der hinteren Körperhälfte und ist im Gegen- satz zu allen bisher betrachteten Formen nach hinten und nicht nach vorn gerichtet (Taf. XII, Fig. 5 Ph). Er besitzt eine rohr- oder mörser- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 437 stempelförmige Gestalt. In seiner äußeren Form ähnelt er sehr dem Trieladenpharynx, liegt wie dieser häufig in Biegungen innerhalb der Pharyngealtasche und macht den Eindruck eines sehr beweglichen Or- gans. Seine Länge variirt zwischen 120 und 150 u, die Breite zwischen 146—130 u, die Höhe von 64—100 u. Die Anordnung der Muskulatur ist die für den Pharynx variabilis typische. Wir finden demnach außen Ringmuskeln (arm), Längsmus- keln (alm), innen Ringmuskeln (ırm), Längsmuskeln (zlm Taf. XIV, Fig. 7). In dem. unteren, frei in die Pharyngealtasche (Pht) hängenden Theile ist die äußere Muskulatur des Pharynx (arm und alm) wesent- lich kräftiger entwickelt, als in dem oberhalb der Insertion der Schlund- tasche gelegenen, welcher aber weitaus drüsenreicher ist, als der un- tere. Die inneren beiden Muskelschichten (irm, ılm) lassen eine gleich- mäßigere Ausbildung erkennen, sie sind etwas schwächer als die äußeren im unteren Theil des Schlundkopfes. Wohl ausgebildet sehen wir die Radiärmuskeln , welche in regelmäßigen Abständen von ein- ander ausgespannt sind. Im unteren freien Theile liegen zwischen den Radiärmuskeln, ziemlich gleich weit von der inneren und äußeren Mus- eularis entfernt, Drüsenzellen (phdr), deren Sekret aus größeren Körn- chen oder Ballen besteht und sich mit Alaunkarmin dunkelviolett, fast schwarz, mit Osmiumkarmin gelbbraun färbt. Weit zahlreicher sind die Drüsenzellen im oberen, vorderen Pha- ryngealabschnitte angehäuft (Fig. 7 phdr'). Dieselben sind größer als die erst erwähnten (Länge 16,7—27,9 u), von birnförmiger Gestalt und liegen ziemlich dicht gedrängt. Ihre Ausführgänge ziehen nach vorn, wo sie mit denen des unteren Theiles am freien Rande des Pharynx nach außen münden. Ihr Sekret färbt sich ebenfalls sehr intensiv. Der Raum, welcher von Muskeln und Drüsen freigelassen wird, ist ausgefüllt von einem typisch gebauten Bindegewebe mit Kernen. Ob die von v. Grarr beschriebenen ca. 40 großen, einzelligen »Speichel- drüsen« an der Basis des Pharynx, in der That sämmtlich in den Pha- rynx einmünden, ist mir zweifelhaft. Ich habe diese Drüsen ebenfalls gesehen und in Taf. XIV, Fig. 7 mit (phdr”) bezeichnet. Ich bin jedoch nicht sicher, ob dieselben nicht vielleicht oder doch zum großen Theile in der Umgebung der Mund-Geschlechtsöffnung ausmünden. Das das Pharynxlumen auskleidende Epithel besteht aus ceylin- drischen Zellen von 2,92—-3,65 u Breite und ca. 5,11—5,84 u Höhe, welche eine feine Höhenstreifung zeigen und sich nur in ihrem Basal- theile etwas färben. Die Kerne dieser Zellen sind rund und haben ca. 1,426 u Durchmesser. Der den Pharynx in seinem freien Theile über- - kleidende Epithelsaum ist nur ca. 1,46—2,19 u hoch und macht den 438 Ludwig Böhmig, Eindruck, als ob er aus lauter kleinen Stäbchen oder Börstchen be- stünde. Kerne habe ich in ihm nicht mehr wahrnehmen können. Wenig entwickelt ist die Muskulatur der Schlundtasche (Pht); Längs- und Ringmuskeln setzen sie zusammen. Ihr Epithel wird ge- bildet aus flachen Zellen von ca. 16,6 u Länge und 5,84 u Höhe. Die runden oder elliptischen Kerne enthalten ein kleines Kernkörperchen und färben sich ziemlich intensiv. Der Darm ist nicht gerade sondern hornartig gebogen und zwar ist die Ventralseite die konvexe, die dorsale die konkave. Er ist von halber oder etwas mehr als halber Körperlänge. Bei einem Thiere von 3k%4 u Querdurchmesser betrug die größte Breite des Darmes 300 u, die Höhe desselben 215 u, 322 u die des Thieres. Auf Querschnitten bietet die Form des Darmrohres mancherlei Varianten; bald ist es rund, bald oval, bald und zwar sehr häufig an- nähernd dreieckig. Wie wir bei Plagiostomeen und Vorticeros gesehen, so üben auch hier die Dotterstöcke einen Einfluss auf die Gestalt dieses Organs aus. Die Zellen des Darmepithels (Fig. 10) sind kolben- oder keulen- förmig, 45 —A1% u hoch, an der Basis ca. 7,8 u, in ihrem verdickten Theile ca. 14,6 breit. Obwohl membranlos, sind doch die Zellgrenzen sehr deutlich wahr- nehmbar, da die Außenfläche dieser Zellen hier von einem relativ dicken, und wie es scheint, zähflüssigen Plasma gebildet wird; auch das etwas färbbare Gerüsiwerk (sppl) ließ sich stets recht ieh er- kennen. Die für gewöhnlich basal, gelegentlich auch in der oberen Hälfte der Zellen liegenden Kerne sind rund, von 6,57 — 7,3 u Durchmesser und zeigen außer dem Kerngerüste ein, seltener zwei central gelegene, stets von einem hellen Hofe umgebene Kernkörperchen von 2,19— 2,92 u Durchmesser. Das Gehirnganglion (Gl) liegt im ersten Körperviertel, der Bauch- fläche mehr genähert als dem Rücken. Es besitzt die Form eines Eliipsoides (Taf. XX, Fig. 16); v. GRAFF bezeichnet es als »parallelogrammatisch ausgezogen«. Vorder- und Hinterfläche zeigen konstant leichte Einbuchtungen, welche in der Me- dianebene am tiefsten sind, eine seichte Furche in der Mittellinie der dorsalen und ventralen Fläche ist nicht ganz konstant aber doch meist vorhanden. Seiner Umhüllung, der Gehirnkapsel, wurde schon früher gedacht. | Die Länge des Ganglions schwankte zwischen 71 und 88 u, die Breite von 143—435 u, die Höhe zwischen 57 und 85 u. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 439 Die Rindenschicht fand ich immer ununterbrochen, den Punktsub- stanzballen allseitig umhüllend. Auf der ventralen Seite wird sie von ein bis zwei Zelllagen gebildet (Taf. XX, Fig. 3, %), von drei bis vier an den seitlichen Partien. Der centrale Punktsubstanzballen besitzt die Form eines «x (Fig. 16); seine größte Breite varürt von 54—64 u, die Länge von 70—85 u, die Höhe von 35—57 u. Es lassen sich in ihm mehrere, durch besondere Dichtheit des Netzwerkes ausgezeichnete Ballen oder Bezirke unterscheiden, von denen als die größten und am meisten hervortretenden folgende zu er- wähnen sind: Der mit b bezeichnete Ballen liegt in der vorderen Hälfte des Ganglions auf der ventralen Fläche (Fig. 16, 3, 4 b) und biegt sich jeder- seits nach hinten, wo seine beiden Schenkel in die Hauptmasse des Markballens (a) allmählich übergehen. In der zweiten Hälfte des Gehirns, der hinteren und der lateralen Fläche genähert, finden wir einen zweiten Ballen (c Fig. 16, ) von ellip- tischer Gestalt; seine Abgrenzung gegen a ist nicht so scharf, wie in dem Schema dargestellt ist. Hinter b in der Konkavität dieses Ballens liegend und von den Schenkeln desselben theilweise umfasst, finden wir einen dritten (d Fig. 16, 4), welcher das Centrum der ganzen Markmasse (Psb) bildet, sich aber nicht so scharf hervorhebt, wie dies bei b und c der Fall ist. Zwischen dem hinteren Augenpaare, dicht unterhalb der dorsalen Ganglienzellenschicht, zum Theil auf d ruhend, liegt eine Fasermasse, welche sich nicht durch größere Dichte und stärkere Färbung, sondern dureh auffallende Zartheit und den Reichthum an querverlaufenden Fasern auszeichnet (Fig. 16, 3, A e). Dieselbe steht mit 5b durch ein starkes Bündel schräg nach unten (ventralwärts) ziehender Fasern (Fig. 4 5’) in Verbindung. Zweifellos tritt dieses Gebilde (e) resp. die Fasern desselben in Beziehung zu den Augen, insonderheit zu den vor den Pigmentbechern derselben liegenden Retinazellen. Von der vorderen Fläche des Ganglions entspringen drei Nerven jederseits, welche alle drei, so weit ich sie verfolgen konnte, zur Körperspitze verlaufen und unterhalb des Hautmuskelschlauches mit kleinen Lagern und Gruppen von Zellen in Verbindung treten, welche ich für Ganglienzellen halte. Der Nervus n/ (Fig. 16, 4) ist der Ventralfläche sehr genähert. Er ent- springt aus dem Punktsubstanzballen mit drei Wurzeln. Die eine (n/w! Fig. %) ließ sich bis in die obere und hintere Hälfte von «a verfolgen; Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 39 A440 Ludwig Böhmig, diese Fasern streichen so dicht hinter d vorüber, dass eine Verbindung mit diesem Ballen nicht ausgeschlossen ist. Diezweite und dritte Wurzel werden im Ballen (c) gebildet und sind wesentlich dünner als nI w!. Das Faserbündel n/w? wird in den mittleren und oberen Partien von c gebildet; es macht eine knieförmige Biegung und vereinigt sich alsdann kurz vor dem Austritte des Nerven aus dem Ganglion mit der Wurzel w!. Die dritte Wurzel (n/w?) geht hervor aus den tieferen, ventralen Schichten von c. Nicht uninteressant ist die Thatsache, dass im Nerven keine Vermischung dieser drei Faserbündel eintritt, wenig- stens so weit ich denselben verfolgen konnte. Ungefähr in halber Höhe der Vorderfläche und seitlich von nl bemerken wir den Nerven nI’ (Fig. 16), welcher seine Fasern zum größeren Theile aus den oberen Partien von a, zum kleineren aus c bezieht. Er verläuft in fast gerader Richtung zur vorderen Körperspitze, während n/ mehr die ventralen Theile des Kopfes und wohl auch die Wimperrinne innervirt. Gerade über n/’ und unterhalb des vorderen Augenpaares gelegen, sehen wir einen kleinen Nerven n/” austreten. Derselbe fiel mir da- durch auf, dass er nur aus wenigen (sechs bis acht) aber sehr dicken Fasern bestand. Welchem Theile des Punktsubstanzballens dieselben entstammen blieb mir verborgen, einige von ihnen dürften dem Ballen d angehören. Auf der ventralen Fläche, dem Hinterrande sehr genähert, tritt aus der Nerv nlII. Er wird vollständig aus Fasern von a gebildet und steigt in gerader Richtung zur Bauchfläche des Thieres. Der kräftige, ca. 15 u dicke Längsnerv verlässt das Ganglion an dem von der hinteren und ventralen Fläche gebildeten Rande. Er beschreibt eine leichte S-förmige Biegung und zieht, dicht dem Darme anliegend, nach hinten. Eine einzige sichere Querkommissur konnte in einiger Entfernung hinter dem Gehirne zwischen den beiden Längsnerven wahr- genommen werden. An seiner Bildung betheiligen sich in ausgedehn- tem Maße a, b und c. Dicht hinter dem zweiten Augenpaare, an der Grenze vom Punkt- substanzballen und Rindenschicht, durchbohrt der Dorsalnerv nIV die letztere und zieht in steilem, ein wenig nach hinten gerichteten Verlaufe gegen die Rückenfläche empor. Sein Ursprungsgebiet ist in den seitlichen, mittleren und oberflächlichen Schichten von a zu suchen. Von Seitennerven sind hier zwei Paare vorhanden, ein vorderes (nV’) und ein hinteres (nV). Das vordere Paar entspringt unterhalb des ersten Augenpaares; Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. I. 441 der Austritt erfolgt nahe der vorderen Ganglionfläche. Es verliert sich bald zwischen den zahlreichen Drüsen, welche hier in der Umgebung des Gehirns liegen. Zwischen Rücken- und Längsnery bemerken wir den Nerv nV (Fig. 16), an dessen Zusammensetzung sich nicht nur Fasern von a, son- dern auch von c betheiligen. Er begiebt sich schräg nach hinten zur Seitenwand und verläuft hier dicht unterhalb des Hautmuskel- schlauches. Etwas hinter der Mitte des Punktsubstanzballens, über d weg- ziehend, ist eine starke Querkommissur (co Fig. 16) zu erwähnen, welche mit zum Faseraustausch der beiden Ganglienhälften beiträgt. Ein Theil der angeführten Nerven war v. Grarr bekannt, auch er- wähnt v. Grarr einiger Faserbündel innerhalb des Gehirns, welche mit den Augen in Verbindung stehen sollten. Sehr eigenthümlich ist es, dass hier innerhalb der Gehirnkapsel Zellen vorkommen (Taf. XX, Fig. 4 dr), welche lebhaft an Drüsenzellen erinnern und ihrem ganzen Habitus nach, ihrem Verhalten Tinktions- stoffen gegenüber, als solche aufgefasst werden müssen. Des feineren Baues der Augen wurde im allgemeinen Theile ge- dacht, eben so der Nervenendigungen im Epithele und der Wimperrinne. Die Form des Pigmentbechers der vorderen Augen ist schalen- förmig, seine Öffnung nach hinten und lateral gerichtet. Die Länge dieser Augen schwankt zwischen 15 und 18,25 u, die Breite zwischen 14,6 und 20 «, die Höhe zwischen 20,4 und 25,5 u. Die größeren hinteren Augen haben Längendurchmesser von 20— 21,9 u, Breitendiameter von 29,2—37 u, die Höhe variirt zwischen 21,9 ‚und 26,2 u. Die Pigmentbecheröffnung sieht nach vorn und der Seite. Die Wimperrinne war von v.GrAFF nicht bemerkt worden, trotzdem sie sehr wohl ausgebildet ist. Sie liegt vor dem Gehirne, am lebenden Thiere ungefähr 200 «u von der Körperspitze entfernt. Sie bildet keinen geschlossenen Ring, sondern ist in der Mitte der Rückenfläche unter- brochen. Vermittels Eurricn’schen Methylenblaus ist sie leicht sicht- bar zu machen, da sie sich mit diesem Farbstoffe intensiv blau färbt. Den Hoden finden wir, wie schon gelegentlich erwähnt wurde, im Kopftheile des Thieres, in der Umgebung des Gehirns und oberhalb des Anfangstheiles des Darmes. An jeder Seite zieht er sich in einen Zipfel aus, welcher in das Vas deferens übergeht, dessen Lage und feinerer Bau im allgemeinen Theile erörtert wurde. Ebenda wurde die Lage und theilweise auch der Bau der Keim- dotterstöcke besprochen und v. Grarr’s Angabe, dass die Keimstöcke - jederseits zwischen Pharynx und Gehirn liegen, berichtigt. 29* Be Zn ne} ei 442 . Ludwig Böhmig, Der hintere Theil des Keimlagers wird nicht von Keimen einge- nommen, sondern von einer Plasmamasse (Taf. XVII, Fig. 9; Taf. XIX, Fig. 10 pll), um welche, mit Ausnahme der hinteren Fläche, Keime gruppirt sind. An meinen Präparaten war die ganze Plasmamasse von beiläufig ellipsoider Gestalt, ca. 50 u lang, 44 u breit und hoch. Das Plasma, aus welchem dieses Gebilde besteht, ist feinkörnig und färbt sich nur wenig mit Tinktionsstoffen, viel weniger jedenfalls als das der Keime. Es enthält Kerne, welche ziemlich regelmäßig peripher gelagert sind (Taf. XVII, Fig. 9), sich ziemlich stark färben und einen Durchmesser von ca. 5,11—6,57 u besitzen. Etwa in der Mitte des Ellipsoides beginnt ein Gang von ca. 3,65 u Durchmesser, welcher mit einer hinter dem Keimstocke liegenden Blase in Verbindung steht, welche späterhin des Genaueren besprochen werden muss. Wozu dient nun diese Plasmamasse, welche Rolle spielt sie im Keimstocke? Auf mehreren meiner Präparate habe ich wahrgenommen, dass sich von den Keimen breite Plasmafortsätze in die- selbe erstreckten, und dass das Plasma derselben all- mählichindas der Plasmamasse überging. Es dürfte dem- nach nicht fehlgegangen sein, in diesem Gebilde ein Nährorgan für die Keime zu sehen; vielleicht ist es der Ausgangspunkt für die ’Ent- stehung der Keime überhaupt, vielleicht ist es aber auch hervorge- gangen aus Zellen, welche nicht mehr bestimmt waren, sich zu Keimen zu entwickeln, welche zu einer gemeinsamen Masse verschmolzen sind und nun den anderen als Nährmaterial dienen. Dass wir in demselben ein Nährorgan für die Keime zu erblicken haben, wird meines Er- achtens durch den Umstand unterstüzt, dass das ganze Keimlager voll- ständig des Parenchymgewebes entbehrt, das bei den Plagiosto- minen sicher zur Ernährung der Keime beiträgt. Der ganze Copulationsapparat liegt im letzten Dritttheile des Thieres und zwar in der vorderen Hälfte desselben. Die gemeinsame Mund-Geschlechtsöffnung (Opg Taf. XIX, Fig. 7) führt in einen engen, schräg nach vorn gerichteten Kanal, welcher sich zur Schlundtasche (Pht) erweitert, und in welche dann von hinten das Atrium genitale sich öffnet. In dem vorderen Theile des Atriums liegt, resp. ragt hinein, das männliche Copulationsorgan (Pe), hinter demselben mündet ein weiter Gang (dbs) in das Atrium, und hinter diesem finden wir die Mündungs- stelle der Keimdotterstöcke (ovd). An der Bildung der Atriumwand betheiligen sich und zwar als Fortsetzungen der Körperdecke dünne Längsmuskeln, stärker entwickelte Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 443 Ringmuskeln, die Basalmembran und eine Epithelschicht, welche das Atrium auskleidet. Die Zellgrenzen waren hin und wieder deutlich wahrzunehmen, für gewöhnlich jedoch verwischt. Die Länge (Breite) der Zellen beträgt 7,3—10,95 u, ihre Höhe 3,65—7,3 u. Das Plasma färbt sich nur wenig, es erscheint feinkörnig und fein gestreift. Die Durchmesser der runden oder ovalen Kerne sind bis zu einem gewissen Grade abhängig von der Höhe des Epithels. Die Gestalt des Penis ist nach den Kontraktionszuständen des- selben eine recht veränderliche, wie aus Fig. 8 und 9 (Taf. XIX) erhellt. Jede dieser Abbildungen ist aus zwei Schnitten konstruirt worden, die genaue Besprechung derselben wird ein klares Bild vom Baue des Co- pulationsorgans geben. Ein Bild wie in Fig. 9 erhalten wir sehr häufig vom gequetschten Thiere; ich habe diese Figur mit dergestalt erhaltenen Präparaten ge- nau verglichen und eine gute Übereinstimmung konstatiren können. Der Penis ist in diesem Falle halb ausgestülpt und ragt in das Atrium. Wir sehen, dass sich die Wandung des Atriums leicht einschnürt und alsdann bei *Fig. 9 nach innen einschlägt, jedoch im vorliegenden Falle nicht als einfache Falte in das Atrium hängt, sondern hornartig gebogen erscheint. Diese Falte, welche in Fig. 9 mit Pea bezeichnet ist, wird gebildet von Epithel (außen), Ringmuskeln, Längsmuskeln (innen). Sie schlägt sich bei peo nach innen ein und bildet ein U-artig gebogenes Rohr (Pei), das aus Längsmuskeln (außen), Ringmuskeln und einem sehr flachen Epithel (innen) besteht. Dadurch, dass sich dieses enge Rohr (Pei) bei peo’ nach außen umschlägt, wird ein weite- res Rohr gebildet, welches den oberen Theil vom Rohr Pei umhüllt, _ es ist bezeichnet mit Ps’; an seiner Wandung (Psi) unterscheiden wir Längsmuskeln (innen), Ringmuskeln, Basalmembran, welcher ein wiederum kernführendes Epithel aufsitzt. Ich will nun nicht mit Sicherheit behaupten, dass die Basalmembran in den früher beschrie- benen Rohren gefehlt hätte, jedenfalls aber ist sie dort sehr dünn und von mir nicht deutlich wahrgenommen worden. Dort, wo das U-förmige Rohr Pei seine Biegung erleidet, stülpt sich auch Psi nach außen und oben um und bildet ein neues, die beiden ersteren Pei und Psi einschließendes Rohr Psa, welches sich blasenartig erweitert. In Fig. 9 ist diese Erweiterungsstelle nicht scharf zu bezeichnen. Psa wird gebildet vom Epithel (innen), Basalmembran, Ringmuskeln, Längsmuskeln. Die Wandung des blasenartig erweiterten Abschnittes selbst zeigt einen wesentlich komplieirteren Bau, ich werde auf denselben alsbald . zurückkommen. 444 Ludwig Böhmig, Wenn wir uns nun zu Fig. 8 wenden, ist es zunächst das Auf- fallendste, dass wir von einem Penis im Atrium nichts bemerken können. Nur im Dache desselben ist eine relativ weite Öffnung vorhanden, welche in ein anfänglich weites, alsbald sich plötzlich verengendes Rohr führt, das fast senkrecht gegen die Dorsalfläche emporsteigt und sich erst späterhin (es ist dies in der Fig. 8 nicht mehr dargestellt) nach unten biegt. Dieses aufsteigende Rohr schlägt sich nach außen um und bildet so ein äußeres, absteigendes und sich nach unten hin ver- breiterndes Rohr, dass in die große Blase (Pso) übergeht, in welcher beide Rohre ganz, resp. theilweise eingeschlossen liegen. Die Wandung des inneren Rohres besteht aus einem, das Lumen auskleidenden Epi- thele, unter welchem hier eine Basalmembran sehr gut erkannt werden konnte, einer Schicht von Ringmuskeln und einer äußersten Lage von aufsteigenden Muskelfasern (Längsmuskeln). Gerade umgekehrt ist na- türlich die Anordnung der Schichten des äußeren Rohres. Ich habe kaum nöthig zu sagen, dass wir hier den Penis in vollständig einge- stülptem Zustande vor uns sehen, und dass die Rohre « und £ gleichzu- setzen sind den Rohren Pe und Ps, die ihrerseits aus den Rohren Pea, Pei, Psi, Psa bestehen, wobei Pea äußeres, Pei inneres Penisrohr, Psi inneres, Psa äußeres Penisscheidenrohr bedeutet. Es gilt also auch hier wie bei den früher besprochenen Copulations- organen der Satz: Das GopulationsorganisteineeinfacheEin- stülpung des Atrium genitale; die sogenannten Penis- scheiden sind einfache Faltenbildungen, die beider Re- traktion des Gopulationsorgans entstehen und dasselbe umhüllen. In Fig. 9 würde die ganze Länge des Rohres zwischen * und * betragen ca. 200 u. Der blasig erweiterte Abschnitt (Psv) ist sehr diekwandig, musku- lös, es betheiligen sich an seinem Aufbaue vier Muskellagen, nämlich: 1) Ringmuskeln, diese liegen am weitesten nach innen unterhalb der Basalmembran, 2) cirkuläre Fasern, den Längsmuskeln entsprechend, 3) eirkuläre Fasern, 4) wiederum Ringmuskeln. Von diesen partici- piren jedoch nur die beiden innersten Schichten an der Bildung von Psv resp. P, die beiden äußeren verflechten sich, so weit ich eruiren konnte, mit den Muskelschichten des Atrium genitale bei * Fig. 9. Das Epithel von Psv erreichte eine Höhe von 8—17,52 u; Zellgrenzen waren nicht wahrzunehmen; das feinkörnige Plasma färbt sich ziemlich gut. Die großen, runden oder ovalen Kerne tingiren sich sehr intensiv. Spermatozoen habe ich bei keinem der untersuchten Exemplare in dieser Blase auffinden können, selbst wenn die sogenannten falschen Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 445 Samenblasen v. Grarr's noch so strotzend mit Spermatozoen gefüllt waren. Diese falschen Samenblasen v. Grarr’s, welche ich als die wirk- lichen Samenblasen auffassen muss, münden durch ein gemeinsames, kurzes Endstück in den oberen Theil, das Dach der Muskelblase. Die Vesiculae seminales (Fig. 9 Vs) hatten bei einem in Längs- schnitte zerlegten Thiere eine Länge von 160 u. Ihr Querdurchmesser variirt nach dem Grade der Füllung mit Samenfäden zwischen 32 und 135 u. Sie sind übrigens häufig auf beiden Seiten von verschiedenem Durchmesser. Ihre Wandung besteht aus einer dünnen, nur an sehr guten Präparaten sichtbaren Schicht äußerer Längsmuskeln, auf diese folgen die sehr kräftig entwickelten Ringmuskeln, alsdann wiederum schwach ausgebildete Längsmuskeln, eine scharf kontourirte stark ge- färbte Linie, die Basalmembran, und endlich das flache Epithel. In jede Samenblase mündet ein Vas deferens. Dasselbe geht nicht in dieselbe über, sondern die Eintrittsstelle desselben ist eben so scharf markirt, wie die des gemeinsamen Endstückes der beiden Vesiculae se- minales in die Muskelblase. Auch der histologische Bau der Vasa de- ferentia ist ein ganz anderer. Ihre Wandung wird gebildet von sehr dünnen Längsmuskeln und Ringmuskeln und einem zarten Flimmerepithel, dessen lange CGilien ' nach hinten gerichtet sind. Die Länge des Vas deferens beträgt ca. 560 u, sein Durchmesser 5,11 u. Als Retraktoren des ganzen Copulationsorgans dienen Muskeln, welche sich einerseits am Hautmuskelschlauche der Dorsalseite, anderer- seits an der Muskelblase und dem oberen Theile des Atriums anheften; als Protraktoren sind jene Muskelbündel aufzufassen, welche von der Ventralfläche entspringen und sich an Psv inseriren (Fig. 8, 9 mmr, mm). Den hinteren Theil des Atriums können wir als den weiblichen be- zeichnen. Es münden in denselben ein Kanal (dbs) und die in ihrem Endabschnitte vereinigten Keimdotterstöcke. Der zwischen diesen letzteren und dem Penis gelegene Kanal hat an seiner Mündungsstelle eine Weite von ca. 18,25 u. Er verläuft anfänglich fast senkrecht gegen die Rückenfläche, biegt dann oberhalb der Muskelblase knieartig unter einem fast rechten Winkel nach vorn um, wobei er sich bedeutend verschmälert und geht über in eine große Blase (Bsu Fig. 10, Taf. XIX). Die Wand dieses Kanals wird gebildet von außen nach innen aus sehr dünnen Längsmuskeln, kräftigen Ringmuskeln, einer Basalmem- bran und einem kernhaltigen Epithel. Die Blase (Bsw) wird ebenfalls von einer schwachen Muscularis um- 446 Ludwig Böhmig, hüllt, welche wahrscheinlich, wie auch das sie auskleidende 3,65—7,3 u hohe Epithel, eine Fortsetzung der Muskulatur des Rohres (dbs) ist. Die Länge der Bursa seminalis betrug ca. 150 u, ihre Höhe 150 u, ihre Breite 176 u. Der in seinem hinteren Theile etwas stielartig aus- gezogene Keimstock legt sich dicht an die Bursa seminalis in der in Fig. 10 veranschaulichten Weise an; ob die Wandung der Bursa aber auf das Keimlager übergeht, ist unsicher. Durch die Bursa seminalis und Keimstock verbindende Öffnung zieht ein dieselbe vollständig ausfüllendes Rohr, welches im Keimstocke, in der früher erwähnten Plasmamasse (pll), offen endigt (Fig. 10 r). Inner- halb des Keimstockes hat dieses Rohr ungefähr eine Länge von 30 u, einen Querdurchmesser von 4,38 — 5,11 u. An Osmiumkarminpräpa- raten konnte ich deutlich eine äußere, röthlich gefärbte Schicht wahr- scheinlich muskulöser Natur erkennen und eine innere, dunkelbraunroth tingirte, welche von einem sehr feinen Kanal durchbohrt wird. Sobald dieses Rohr (r) in die Bursa seminalis eingetreten ist, verbreitert es sich sehr bedeutend und wird keulenförmig; wesentlicher aber ist die voll- ständige Änderung seiner Struktur. Auf Längsschnitten erscheint es fein längsgestreift, und ich hielt es Anfangs für einen Ballen von Sa- menfäden, bis Querschnitte mich über meinen Irrthum aufklärten. Diese zeigten, dass dieses Rohr in seinem hinteren, verdickten Theile (") ein eigenthümliches, schwammartiges Aussehen besitzt, es erinnert ungemein in seinem Habitus an das Skelett eines Hornschwammes (Fig. 11 a). Die Balken dieses netz- oder schwammartigen Gewebes (Fig. 14 bl) sind von verschiedener Dicke und färben sich mit Osmium- karmin dunkelbraunroth, fast schwarz. Die Maschen (m), welche sie umschließen sind eng, hin und wieder findet man kernartige Körper in denselben. Nach vorn ordnen sich die Balken des Schwammwerkes parallel an (Fig. 11 db, bl) und vereinigen sich zu Bündeln; am Keimstock geht dieses eigenthümliche Gebilde in das oben beschriebene Rohr (r) über. Außer diesem Gebilde finden wir in der Bursa noch Bündel von Spermatozoen (Fig. 10, 11 sp) und eine feinkörnige oft auch zu dichte- ren Ballen vereinigte Substanz, welche sich mit Osmiumkarmin gelblich- roth färbt. Was für eine Funktion, welche Bedeutung hat dieser merkwürdige Körper? Ich kann mir nur denken, dass er den Spermatozoen verwehrt in den Keimstock einzudringen, resp. dass er zur Zeit der Reife der Keime nur einzelnen Samenfäden gestattet, in den Keimstock zu gelangen, Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 447 wenigstens kann der Kanal des Rohres (r) kaum von mehr als einem Spermatozoon passirt werden. Bezüglich der Bursa seminalis selbst habe ich noch zu erwähnen, dass ich sie bei einem sehr jugendlichen Individuum nicht auffinden konnte. Hinter dem Endabschnitte der Keimdotterstöcke bemerken wir noch einen sehr zartwandigen Kanal (Taf. XIX, Fig. 7 excd), welcher sich vor seiner Ausmündungsstelle, dicht oberhalb der Mund-Geschlechts- öffnung blasig erweitert. In diesem letzteren Abschnitte hat er einen Durchmesser von ca. 22 u, welcher nach oben auf 10,95 u sinkt und in einen Kanal von 3,65—4,38 u Weite übergeht. Die Wandung des bla- sigen Theiles besteht aus Längsmuskeln, Ringmuskeln und einem kern- führenden, wenig färbbaren Epithel von ca. 4,38 u Höhe. Der eigent- liche Kanal scheint in seiner Wandung der Muskeln zu entbehren, das Epithel selbst ist ungemein flach, kernlos, aber mit langen, nach unten gerichteten Cilien besetzt. Er steigt hinter dem Ausführungsgang der Bursa seminalis nach oben und biegt oberhalb desselben nach vorn um. Leider gelang es mir nicht, ihn weiter zu verfolgen. Ich ver- muthe, dass es sich hier um das Endstück des Exkretionsgefäßsystems handelt. Genus Oylindrostoma. Cylindrostoma Klostermannii Jens. Ich fand diese zierliche Gylindrostoma-Species in wenigen Exemplaren in Triest. Sie fällt sofort auf durch ihre schöne, gelbe Farbe. Es existirt allerdings noch eine andere Cylindrostoma-Art, welche ebenfalls gelb gefärbt ist und von demjenigen, welcher beide noch nicht gesehen hat, leicht mit C.Klostermannii verwechselt wer- den kann; ich habe desshalb dieses Thierchen in Taf. XII, Fig 2 abge- bildet und werde ein Habitusbild und eine genaue Beschreibung der neuen Species an einem anderen Orte bringen. CylindrostomaKlostermannii erreicht eine Länge bis zu 1, seltener 1,5 mm. Der Körper ist am breitesten hinter der Mitte, nach vorn allmählich verjüngt, nach hinten stumpf zugespitzt und mit einem kleinen, ziemlich scharf abgesetzten Schwänzchen versehen. Durch die von der Wimperrinne verursachte Einschnürung ist das vordere Körperende kopfartig abgesetzt; dasselbe ist abgerundet. Es ist jedoch zu bemerken, dass das Gehirn zum Theil hinter der Wimperrinne liegt, dass also der eigentliche Kopfabschnitt länger ist als der durch die Rinne markirte. Das Epithel besteht aus polygonalen Zellen, welche an Schnitt- 448 Ludwig Böhmig, präparaten eineLänge von ca. 1 u, eine Breite von ca. 7,3 u und Höhe von 4,38—7,3 u besitzen; die größte Höhe finden wir auch hier am Kopftheile, am flachsten sind die Zellen auf dem Rücken. Die relativ kleinen, runden Kerne (ca. 3,65 u Durchmesser) färben sich intensiv und enthalten ein Kernkörperchen von ca. 1,3 u Durch- messer. Als Epitheleinlagerungen wurden von v. GrArF! kleine gelbe Körn- chen beschrieben, welche die Farbe des Thieres bedingen, und weiße »opake, harte, krümelige Körperchen mit höckeriger Oberfläche «, welche nach v. Grarr »aller Wahrscheinlichkeit nach aus kohlensaurem Kalk bestehen«, da sie sich bei Zusatz schwacher Essigsäure unter Gas- entwicklung auflösen sollen. Bei einem Individuum, das ich zu diesem Zwecke mit Essigsäure behandelte, habe ich wohl eine Veränderung dieser Gebilde aber nichts von Gasentwicklung gesehen, ich kann mich demnach der Angabe v. Grarr’s noch nicht anschließen. An Schnittpräparaten beobachtete ich in den Epithelzellen kleine, ca.2,5 .. messende, etwas unregelmäßige, ziemlich stark glänzendeKörn- chen, welche in Hohlräumen des Epithels lagen und weiterhin unregel- mäßige Körnchen oder Körnchenhäufchen, welche jedoch nicht allein dem Epithel angehörten, sondern sich auch im Darm, Parenchym, ja sogar innerhalb des Gehirns fanden und als Exkretionsprodukte zu deuten sein dürften. Wasserklare Räume sind stellenweise in großer Zahl vor- handen; von den Pigmentkörnchen ist hingegen nichts mehr wahrzu- nehmen. Auf die sogenannten Kalkkörper dürften vielleicht die zuerst erwähnten, stark glänzenden Körnchen bezogen werden. Die Verbindung des Epithels mit der 2,19 u dicken Basalmembran ist eine sehr innige, es dringen kleine Zöttchen der oberen Schicht (es lassen sich zwei Schichten erkennen) in das Epithel ein. Der Haut- muskelschlauch ist nur wenig ausgebildet und besteht aus Ring- und Längsmuskeln. Eine gleichmäßige Entwicklung der Hautdrüsen ist hier nicht wahrzunehmen. Die auf der Ventralfläche reichlich vorhandenen, bis zu drei Schichten über einander liegenden Drüsen (Taf. XIV, Fig.% dr) münden in der Umgebung der Mund-Geschlechtsöffnung aus. Sie sind von birnförmiger Gestalt, 16—27,7 u lang, 7,3—13,1% u breit. Ihr Se- kret besteht aus kleinen, runden Körnchen, welche sich mit Pikrokarmin gelb färben. Auffallend wenig tingirbar sind die runden Kerne (ca. 4,38 u Durchmesser), um so mehr jedoch die großen Kernkörperchen, welche im Durchschnitt einen Diameter von 2,92 u besitzen. 1 GRAFF, 1. c. — Zur Kenntnis der Turbellarien. Diese Zeitschr. Bd. XXIV. — Kurze Berichte über fortgesetzte Turbellarienstudien. Ebenda. Bd. XXX. Supplbd. Untersuchungen über rhabdocöle Turbelalrien. II. 449 Der ganze vor der Mundöffnung gelegene Kopfabschnitt wird, so weit er nicht vom Gehirne und insbesondere den Hoden in Anspruch genommen wird, von Drüsen erfüllt; die größte Masse derselben liegt auf der Ventralfläche und an den Seitentheilen, auf der dorsalen reichen die Hoden fast bis zum Hautmuskelschlauche. Ein Theil derselben mündet an der Körperspitze nach außen, ein Theil vor der Mund-Geschlechtsöffnung. Ein Theil derselben führt ein gelbes, körniges Sekret, der andere ein sich roth färbendes (Pikro- karmin), das die Drüsen als formlose Schleimmasse erfüllt und keinen körnigen Bau zeigt. Die Ausführgänge der letzteren Drüsen ziehen fast ausnahmslos zur Körperspitze. Zwischen den Drüsenzellen fielen mir große, rundliche, helle Räume auf, die erfüllt sind von einer spär- lichen, sehr feinkörnigen, farblosen Substanz; hin und wieder ließ sich in ihnen ein kleiner, nicht selten unregelmäßiger, wie geschrumpft aussehender Kern erkennen. Ich bin noch nicht im Klaren, ob es sich hier um Drüsenzellen handelt, welche ihr Sekret soeben ausgestoßen haben, oder um Gebilde eigener Art und von unbekannter Bedeutung. Auf der Rückenfläche habe ich nur in der hinteren Hälfte des Thieres und zwar vornehmlich zwischen Darm und Bursa seminalis Drüsenmassen gefunden, diejedoch wahrscheinlich nicht den Hautdrüsen zuzurechnen sind und an anderer Stelle erwähnt werden sollen. Hingegen münden die hinter der Bursa liegenden Drüsen an der Schwanzspitze des Thieres nach außen und dienen wohl zur Anheftung des Thieres mit derselben an seine Unterlage. Die rundlichen oder birnförmigen Drüsenzellen führen ein sehr feinkörniges, sich röthlich färbendes Sekret. Der Pharynx (Taf. XIV, Fig. 4-Ph) liegt im hinteren Theil der vor- deren Körperhälfte. Die bei dieser Species relativ kurze Schlundtasche heftet sich in nächster Nähe des Darmmundes an, der Pharynx ragt also in ganzer Länge in dieselbe. Die Länge des Schlundkopfes beläuft sich auf ea. 143 u, die Höhe auf 50—53 u, die Breite auf 85 u. Er ist nach vorn gerichtet und von kegel- oder spitzkugelförmiger Gestalt. | Im Gegensatz zu dem Pharynx von Monoophorum striatum macht er einen starren, wenig beweglichen Eindruck. Wie aus Fig. % Ph hervorgeht, ist der dorsale Theil stärker gekrümmt als der ventrale, wodurch die Kegelform natürlich beeinträchtigt wird. Der Pharynx- mund führt in ein breites, aber niederes, leicht $-förmig gekrümmtes Pharynxlumen, das in der Mitte des Schlundkopfes eine Breite von ca. 4% u und eine Höhe von 1,46 u besitzt. In Betreff der für einen Pharynx variabilis vollkommen typisch Es Ip % 450 Ludwig Böhmig, angeordneten Muskulatur sei nur bemerkt, dass von der äußeren Mus- cularis die Längsmuskeln, von der inneren die Ringmuskeln etwas kräftiger entwickelt sind. Der Schichtenwechsel findet am Pharynx- munde und nächst der Insertion der Schlundtasche am Pharynx statt. Die sehr zahlreichen dünnen Radiärmuskelfasern stehen in regel- mäßigen Abständen und inseriren sich an einer Basalmembran, welche sowohl die Außen- als Innenfläche des Pharynx überzieht. Das Epithel des Pharyngeallumens ist niedrig (ca. 2,19 u hoch) aber sehr deutlich wahrnehmbar. Kerne habe ich in demselben nicht aufgefunden, eben so wenig am äußeren, oberflächlichen, sehr flachen Epithelüberzug. Zwischen der inneren und äußeren Muscularis (im, irm und arm, alm) liegen, eingebettet in ein zartes parenchymatöses Gewebe, Drüsen und Drüsenausführgänge (phdr, phdra). Dieselben bilden eine Zone, welche ziemlich gleich weit von den inneren und äußeren Muskel- schichten entfernt ist. Die Drüsenzellen (phdr) sind von nur geringer Größe, 7,3—10,95 u lang, 3,65— 5,11 u breit und mit ihrem Längendiameter parallel der Längsachse des Schlundkopfes gerichtet. Zahlreicher sind die in dieser Drüsenzone verlaufenden Ausführgänge der außerhalb des Schlund- kopfes gelegenen Drüsen (phdr’). Dieselben finden wir in der Um- gebung des Darmmundes, des Anfangstheiles des Darmes und ober- halb derSchlundtasche. Nach vorn reichen sie bis zu den Dotterstöcken, sind also hier eingekeilt zwischen die Wandung der Schlundtasche und den Darm. Sie besitzen eine birnförmige Gestalt, 11—21,9 u Länge, 4,38—11 u Breite. Ihr Sekret besteht aus Körnchen, welche sich mit Tinktionsmitteln ziemlich intensiv färben. Diese Drüsen sowohl als die intrapharyngealen münden sämmtlich dicht hinter dem Pharynx- munde aus. In Anbetracht der Verschiedenheit des Epithels des an den Pha- rynx anschließenden Darmabschnittes und des übrigen Darmes, kann man diesen Abschnitt als Ösophagus (Oe Fig. 4) bezeichnen. Derselbe stellt anfänglich ein kurzes dickes Rohr dar, das sich plötzlich trichter- artig erweitert. Zu äußerst sehen wir zwei Muskelschichten, nämlich Längsmuskeln (außen) und Ringmuskeln (innen); beide sind Theile der Schlundtaschenmuskulatur, welche sich nur zum Theile am Pha- rynx anheftet, zum Theil weiter zieht und die Museularis des Ösophagus und, wie gleich erwähnt sein mag, des Darmes bildet. Das Ösophageal- epithel besteht aus annähernd kubischen, ca. 6,57 u breiten und 7 u hohen, schwierig von einander unterscheidbaren Zellen, deren feinkör- niges Plasma sich nur wenig färbt. Kerne sind äußerst spärlich; hin- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 451 gegen enthält jede Zelle ein oder mehrere Körnchen von ea. 1,5 u Durchmesser, die sich mit Farbstoffen äußerst intensiv tingiren. Die ursprünglich an jungen Exemplaren einfach sackförmige Darm- form ist auch hier an älteren Exemplaren durch die Dotterstöcke speciell beeinflusst. Auf medianen Längsschnitten ist der Darm gewöhnlich bohnenförmig mit dorsaler Konkavität; Querschnitte gewähren die ver- schiedenartigsten Bilder. An einem im konservirten Zustande 620 u langen Thiere erreichte der Darm eine Länge von 310 u, also die Hälfte: das Maximum der Breite belief sich auf 220 «, das der Höhe auf 180 u. (Breite des Thieres 256 u, Höhe 255 u). An einigen Präparaten waren die Epithelzellen sehr deutlich er- kennbar, ihre freie Oberfläche trug zarte Plasmazöttchen. Als Inhalt der Vacuolen seien besonders erwähnt die unregel- mäßigen, gelblichen Körnchen, welche sich auch im Parenchyme und Körperepithel finden, und welche ganz zweifellos von hier in das letz- tere wandern. Diatomaceenschalen finden sich stets reichlich im Darmlumen. Die Höhe der Darmzellen schwankt zwischen 18 und 43,8 u. Die basal gelegenen Kerne sind relativ klein, ihr Durchmesser dürfte sich kaum je über 3,65 u erheben. Die allerdings sehr dünne und schwache Darmmuscularis wurde bereits erwähnt. Der Lagebeziehungen der Schlundtasche zum Atrium genitale werde ich bei der Besprechung des Genitalapparates gedenken. Das Gehirn liegt vor oder oberhalb der Mund-Genitalöffnung, der Bauchfläche sehr genähert. Es ist von ellipsoider Form (Taf. XX, Fig. 18), welche in ihrer Regelmäßigkeit nur wenig durch einige kleine Einschnitte gestört wird. Diese seichten Furchen finden wir einmal an der vorderen und hinteren Fläche in der Medianebene, weiterhin zwischen dem vorderen und hinteren Augenpaare an den Seitenflächen. Die Dimensionen des Gehirnganglions bei den drei untersuchten Exemplaren betrugen: I. Länge: 58,4 u, Breite: 85 u, Höhe: 54,7 u. I; 15% 55...» ren Din HD 1 > 45» ee ale Die ein- bis vierschichtige Ganglienzellenschicht ist am schwäch- sten in der Medianebene und kann hier ganz unterbrochen sein. Die Ganglienzellen sind klein, dicht an einander gedrängt und sehr häufig tripolar (Taf. XXI, Fig. 5). Einige von ihnen waren ausgezeichnet durch den Besitz eines be- sonders starken Fortsatzes, welcher sich entweder in dem centralen Fasernetze verlor, oder sich durch dasselbe in einen Nerven verfolgen ‚ließ. 452 Ludwig Böhmig, Der Punktsubstanzballen hat im Allgemeinen ebenfalls die Form eines Ellipsoides, nur sind die betreffenden, früher erwähnten Ein- schnitte und Furchen an ihm schärfer ausgeprägt als am Ganglion selbst, wie leicht aus Fig. 18 zu ersehen ist. Die Zahl der austretenden Ner- venpaare beträgt acht. Von der vorderen Fläche, ungefähr von der Medianebene und vom seitlichen Rande gleich weit entfernt, dicht unterhalb des vorderen Augenpaares entspringt jederseits ein Nerv vonca. 4,38 u Durchmesser Fig. 18 nT’), welcher ein wenig nach aufwärts gebogen zur Körper- spitze verläuft. Seine Bildungsstätte ist in den oberen, vorderen Schich- ten des Markballens zu suchen. Dicht oberhalb der Ventralfläche, zwischen der Medianebene und der Austrittsstelle des nl’, tritt ein Nerv aus, welcher sich ebenfalls im Kopftheil verbreitet und wahrscheinlich die Wimperrinne innervirt. Ein Theil seiner Fasern streicht dicht oberhalb der ventralen Gehirn- rinde nach hinten, biegt dann aufwärts und verschwindet im Punktsub- stanzballen; ein anderer Theil entstammt weiter nach vorn gelegenen aber ebenfalls dorsalen Partien des Ballens. Es erinnert dieser Nerv, was Ursprung und Verbreitungsgebiet betrifft, sehr an den Nerven n] von Monoophorum striatum. Den ventralen Nerven n/I/ bemerken wir ziemlich nahe dem Rande der Hinterfläche. Er hat nur einen Durchmesser von 2,19 u und steigt direkt zur Ventralfläche des Thieres, nur wenig seitlich ablenkend. Der 7,3 «u dicke Längsnerv n/I] nimmt zu seiner Bildung natur- gemäß einen großen Theil des Punktsubstanzballens in Anspruch; ich habe ihn in seinem Verlaufe nicht weit verfolgen können ; Anastomosen mit dem der anderen Seite scheint er nicht einzugehen. Von den beiden Dorsalnerven liegt der kleinere dem medianen Rande des vorderen, der größere, hintere, dem des zweiten Augenpaares dicht an (Fig. 18 nIV, nIV’. Beide Nervenpaare steigen zur Rückenfläche empor; in einiger Entfernung vom Hautmuskelschlauche wenden sich die hinteren Rückennerven n/V nach rückwärts, um alsdann bald den Blicken zu entschwinden. Eine ähnliche Lagerung wie die Nerven n/V und n/V’ haben auch die Nerven nV und nV’. Der vordere nV’ verlässt das Ganglion unter- -halb des ersten Auges, wo auch sein Bildungsgebiet zu liegen scheint. Sein Durchmesser beträgt 2,92 u. Der zweite wesentlich stärkere Nervus lateralis nV, derselbe ist 5,14 u dick, wird aus zwei Wurzeln gebildet; dieselben vereinigen sich unterhalb des hinteren Auges zu einem Nerven, der hier die Sei- tenfläche des Ganglions durchbricht. Die eine der beiden Wurzeln Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 453 gehört der dorsalen, die andere der ventralen Seite des Markballens an; beide scheinen mit den entsprechenden Faserzügen des gegenseitigen Nerven in direkte Verbindung zu treten. Die zwei Augenpaare liegen, wie bekannt, dem Gehirne direkt auf, resp. in der Ganglienzellenschicht desselben, und sind in derselben Weise wie bei Monoophorum striatum einander zugewendet. Die Länge der vorderen Augen beträgt: 10,95—16,06 u, die Breite 14,6—17,5 u, die Höhe 20,4—21,9 u. Die Länge der hinteren Augen beträgt: 20—21,9 u, die Breite 19,7—25 u, die Höhe 27,7—36,5 u. Die Wimperrinne ist auch hier nicht vollkommen geschlossen, doch nähern sich auf der Rückenfläche die beiden Enden derselben mehr als bei Monoophorum striatum. Im Epithele fand ich sehr häufig tastkörperchenähnliche Gebilde, welche ich bereits im allgemeinen Theile geschildert habe. Die Hodenbläschen erfüllen den ganzen Kopfabschnitt und ziehen sich nach hinten auf der Rückenfläche und an den Seitentheilen bis in das zweite Körperdrittel. Die seitlichen Partien stehen vermittels der Vasa deferentia, welche hier eine mehr dorsale Lage haben als bei Monoophorum, mit dem Copulationsorgane in Verbindung. Die Lagerung der Keimdotterstöcke wurde bereits früher erörtert. Die Mund-Genitalöffnung (Taf. XIV, Fig. 7 Opg) führt in einen Raum, in welchen sich Pharyngealtasche (Pht) und Atrium genitale (Atg) öffnen. Die gemeinsame Öffnung (Opg) ist von einem kräftigen Ringmus- kel umgeben, außerdem inseriren sich in ihrer Umgebung noch zwei Muskelpaare, von denen das eine, ein wenig nach vorn geneigt, zur Rückenfläche, das andere nach hinten und etwas dorsalwärts zieht. Das erste Paar beginnt am vorderen Rande von Opg, berührt die Ge- hirnkapsel in der Höhe des vorderen Augenpaares und inserirt sich dann etwas oberhalb der Grenze der Rückenfläche und Seitentheile des Thieres; es weicht demnach, je weiter es sich von seinem ersten Anheftungspunkt entfernt, immer mehr aus einander und bildet eine V- förmige Figur. Das zweite Paar, das sich am hinteren Rande von Opg befestigt, inserirt an der Anheftungsstelle der Schlundtasche am Pharynx. Wenn- sich diese beiden Muskelpaare kontrahiren, so wird der Effekt in einer Vergrößerung der gemeinsamen Öffnung und einem Verschlusse der Öf- nung des Atriums bestehen, indem nämlich der Pharynx nach vorn ge- zogen und die Scheidewand, welche Schlundtasche und Atrium trennt, niedergedrückt wird. 454° Ludwig Böhmig, Die Pharyngealtasche liegt oberhalb des Atrium genitale und wird von demselben durch eine zweiblättrige Lamelle getrennt. Das obere Blatt gehört der Pharyngealtasche (phtw), das untere der Atriumwand an (atw). Anfänglich liegen beide Blätter dicht neben einander, später- hin trennen sie sich, es drängen sich Drüsen zwischen sie. Wie aber aus dem Holzschnitte XXI, p. 415 erhellt, liegen Schlundtasche und Atrium nicht genau über einander, sondern es ist das letztere (Aig) aus der Medianebene gegen die Seite gedrängt, während der Pharynx genau in derselben liegt. In seinem Anfangstheile ist das Atrium sehr eng (Taf. XIV, Fig. #), nach hinten erweitert es sich allmählich und wird durch eine vor- springende Falte (Fig. 4) in einen unteren, kleinen und oberen, großen Abschnitt zerlegt; in den letzteren öffnet sich das männliche Copulations- organ, in den kleinen, ventral gelegenen münden ein die Keimdotter- stöcke. Zu erwähnen ist, dass hinter dem Pharynx das Atrium aus seiner seitlichen Lage allmählich in die Medianebene rückt, so dass der Penis in dieselbe zu liegen kommt. Ein Blick auf die Abbildung genügt, um zu zeigen, dass auch hier das Copulationsorgan eine und zwar sehr einfache Faltenbildung der Atriumwand darstellt. Die Wandung des- selben schlägt sich in einer Entfernung von ca. 200 u von seiner Ein- mündungin den gemeinsamen Raum nach innen und vorn um (bei a «)) und bildet eine Falte (Pea) , welche sich ihrerseits wiederum einfaltet und auf diese Weise ein nach hinten gerichtetes Rohr bildet (Pei), das sich zu einer sehr muskulösen Blase (Pev) erweitert, diese Blase steht in Verbindung mit der Samenblase (Vs). Die Atriumwand wird gebildet, von außen nach innen fortschrei- tend, von Längsmuskeln, Ringmuskeln, einer dicken Basalmembran und einem 4,46—3,65 ıı hohen Epithel, welches runde oder ovale Kerne enthält, Zellgrenzen aber nicht mehr erkennen lässt. Das äußere Rohr (Pea) und das aus ihm hervorgegangene innere (Pe:ı) zeigen im Bau ihrer Wandungen dieselben Schichten, nur ist die Anordnung derselben in so fern eine andere, als bei Pea das Epithel nach außen liegt, bei Pei das Lumen des Rohres auskleidet. In der Mitte ist das innere Rohr bauchig aufgetrieben, verengt sich nach hinten wiederum und springt als kurze Falte in die Höhlung der Blase (Pev) vor. Die Blasenwand besteht aus Längsmuskeln (außen), äußerst kräf- tigen Ringmuskeln (innen), einer in feine Fältchen gelegten Basalmem- bran (bs), welcher die Epithelschicht aufsitzt; diese erreichte in dem einen Exemplare eine Höhe von 5,84—7,3 u, bei dem anderen eine Höhe bis 14,6 u. In dem letzteren Falle ließen sich die Zellgrenzen deutlich erkennen. Die Breite der Zellen betrug durchschnittlich 7,3 u. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 455 Das Plasma dieser Zellen erwies sich als feinkörnig und wenig färbbar. In jenem Exemplare, dem Fig. 4 entnommen ist, war die obere Hälfte dieses Epithels mit kleinen, sehr intensiv gefärbten Körnchen er- füllt, welche in der unteren Hälfte, sowie in den Epithelzellen des an- deren Exemplares vollständig fehlten. Die Kerne liegen in dem Basal- theile der Zellen, sie sind oval oder rund (ca. 3,65 « Durchmesser) und färben sich stark. Die Verbindung dieses Theiles des Penis mit der Samenblase wird hergestellt durch einen Porus von ca. 410,95 «u Durchmesser. Die Vesi- eula seminalis ist von ovaler Gestalt und weit weniger muskulös als der vor ihr liegende Theil des Penis (Pev), doch ist die Anordnung der ihre Wandung bildenden Schichten die gleiche wie dort (Fig. 4). Das Epithel ist von sehr ungleicher Höhe. Wenn auch im Allgemeinen flach und nur 2,19 —4,38 hoch, erreicht es an einzelnen Stellen 14,6 u, so 2.B. an den Einmündungsstellen der Vasa deferentia. Meist ovale Kerne sind reichlich vorhanden, die Durchmesser derselben betragen 1,46 — 3,65 : 4,38 u. Die Vasa deferentia münden getrennt in die Seitentheile der hin- teren Hälfte der Samenblase. Sie beginnen in den lateralen Zipfeln des Hodens und verlaufen in $-förmiger Biegung zur Vesicula seminalis. Ihr Diekendurchmesser beträgt im vorderen Theile ca. 3,65 «, nach hinten nimmt er zu bis zu 7,3 «. Bei starker Samenproduktion dürfte eine bedeutendere Anschwellung, insbesondere des Endabschnittes eintreten, und es würde mithin zur Bildung falscher Samenblasen kommen. Die Muscularis der Vasa deferentia besteht aus nach außen zu liegenden Längs- und inneren Ringmuskeln. Ob die das Lumen auskleidende Epithelschicht Flimmerhaare trägt, wie bei Monoopho- rum, kann ich nicht entscheiden. Als accessorische Muskeln des Begattungsapparates, dessen Ge- sammtlänge ausschließlich der Samenblase 60 u beträgt, sind zu er- wähnen: 1) solche, welche sich an der Umbiegungsstelle des Atriums bei aa’ anheften und an jene Stelle von Pev ziehen, wo dieser Theil des Penis mit der Samenblase kommunicirt; 2) heften sich Muskelbündel an in der Umgebung der Penisöff- nung; diese begeben sich zum vorderen Theil der muskulösen Blase (Pev). Kontraktionen derselben werden hauptsächlich eine Erweiterung der Penisöffnung bedingen. Innerhalb der Vesicula seminalis habe ich nie eine Substanz ge- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 30 456 Ludwig Böhmig, funden, die als Kornsekret angesprochen werden könnte, und eben so wenig Drüsen, welche in dieselbe einmündeten; wohl aber fanden sich deren in Verbindung mit Pev. Die betreffenden Drüsen (pevdr) liegen hauptsächlich unterhalb und zu Seiten von Pev und Vs. Sie messen 10,95 — 21,9 u in der Länge, 4,38 —10,95 in der Breite. Das Sekret besteht aus solchen kleinen, stark tingirbaren Körnchen, wie ich im Epithele der Blase bei einem Individuum gefunden habe. Ähnliche, nur etwas kleinere Drüsen münden aus in der Umgebung der Penisöff- nung. Da ihr Sekret ebenfalls sehr stark von Tinktionsmitteln gefärbt wird, erkennt man ihre Ausführgänge sehr leicht. Die Keimdotterstöcke (Kdst) öffnen sich in das Atrium unterhalb und etwas vor dem männlichen Copulationsapparate. Der Endabschnitt derselben wird von einer zarten Muscularis umgeben, von der ich je- doch nicht sagen kann, wie weit sie diese Organe umhüllt. Umringt werden die unteren Partien der Keimdotterstöcke von mächtigen Drüsenmassen, welche sich bis zur Dorsalseite erstrecken und hier ein ansehnliches Drüsenlager unterhalb des Hautmuskel- schlauches zwischen Darm und Bursa seminalis bilden. Diese 21,9—43,8 u langen und 6,57—21,9 u breiten, birnförmigen Drüsenzellen führen ein Sekret, bestehend aus kleinen, sich stark fär- benden Körnchen. Die Kerne sind rund, 4,38 — 5,11 u groß und aus- gezeichnet durch den Besitz aufallend großer, 2,92—4,38 u messender Kernkörperchen. Es ist zum mindesten sehr wahrscheinlich, dass diese Drüsen den Schalendrüsen anderer Turbellarien entsprechen. | Das letzte Fünftheil des Thieres wird fast vollständig von einer großen, mit Spermatozoen erfüllten Blase in Anspruch gonommen, welche an meinen Exemplaren eine Länge von ca. 65 u, eine Breite und Höhe von 95—100 u besaß. v. Grarr kennt bereits diese Bursa seminalis, nach ihm soll sie an der Basis des Schwanzes ausmünden, und es soll der Porus von 9—10 Chitinhäkchen umstellt sein. Ich habe an Quetschpräparaten auch diese » Chitinhäkchen« gesehen, halte sie aber für Muskelfalten. An Schnitt- präparaten suchte ich vergeblich nach einem Porus an der von v. GRAFF angegebenen Stelle, fand hingegen einen solchen auf der Dorsalfläche, ungefähr in der Mitte der Blase. Die Blasenwandung besitzt zwei Muskelschichten, eine äußere Längs-, eine innere Ringmuskellage. Steht dieser Spermatozoenbehälter nun in Verbindung mit anderen Theilen des Geschlechtsapparates? | Ich muss gestehen, dass ich bei dieser Species nggh nicht voll- Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 457 ständige Klarheit über diesen Punkt habe erlangen Bünnen. Was ich bis jetzt beobachtet habe, ist Folgendes: In dem vorderen, mitilesen Theil der Blase, finden wir nicht Samen- fäden sondern kleine Zellen von rundlicher Gestalt, 6,57—13,14 u lang und 5,84—7,3 u breit (Taf. XVII, Fig. 8 drz), welche feinkörniges Plasma besitzen und einen meist ovalen, sehr stark gefärbten Kern enthalten; außerdem liegt hier eine mäßig feinkörnige Substanz an- gehäuft. Diese Substanz, die aber an dieser Stelle nicht den Eindruck eines Drüsensekretes macht, wird durchsetzt von scharf umschriebenen, kanalartigen Lücken (cal’), welche Theile eines mehrfach gewundenen Kanales sind, der nach hinten von cal mit einer stark gefärbten trichter- artigen Erweiterung beginnt und sich gegen die vor der Blase liegen- den Keimlagerpartien nach außen zu öffnen scheint. Es würden dem- nach Spermatozoen aus der Bursa zu den Keimlagern gelangen und die Keime befruchten können; die Keime würden dann von den Dotter- stockelementen und dem Sekrete der Schalendrüsen (schdr) umhüllt werden, Zwischen den Spermatozoen an wir eine grobkörnige Substanz, vielleicht ein Sekret der früher erwähnten Zellen (drz). Cylindrostoma quadrioculatum Jens. Diese Species wurde bisher von LEUCKART, SCHULTZE, CLAPAREDE, Scamipt, J.v. BENEDEN, JENSEN und v. Grarr beobachtet. Der von v. GrArr gegebenen Beschreibung der äußeren Gestalt des Thieres habe ich nichts hinzuzufügen. Die Epithelzellen sind von polygonaler Gestalt, ca. 11 u lang, 7,3 u _ breit, 2,92—8 u hoch. Am flachsten finden wir sie wie gewöhnlich in der Mitte des Rückens, am höchsten am Vorderende, in der Umgebung der Wimperrinne und am Schwänzchen. Sie sind erfüllt von wasser- klaren Räumen und Schleimstäbchen, welche auch auf Schnitten immer deutlich sichtbar sind und gewöhnlich ganz homogen, nicht wie am Lebenden granulirt erscheinen. Ihre Länge beträgt 2,9—4,38 u, ihre Breite 1,46—2,92 u. Die Dicke der Basalmembran variirt zwischen 2,9 und 3,65 u; sie ist undeutlich zweischichtig. Der wenig kräftig ausgebildete Haut- muskelschlauch entbehrt einer Diagonalfaserschicht. Pigment fehlt. Die Vertheilung der Drüsen ist ähnlich der bei ayı Kloster- mannii gefundenen. | Die Ventralseite ist weit reicher an Drüsen als die Rückfläche. Wir finden sie insbesondere (Taf. XII, Fig. 6) in der Umgebung 30* A458 Ludwig Böhmig, der Pharyngealtasche, des Atrium genitale und im vorderen Theile des Kopfes, wo sie nach außen, theils in der Umgebung der Mund- Geschlechtsöffnung, theils unterhalb der vorderen Körperspitze münden. Diese kolbigen, zum Theil mit sehr langen Ausführungsgängen versehe- nen Drüsen, deren Länge 16—29,2 u, deren Breite 7,3—10,95 u be- trägt, produciren ein Sekret, das aus großen Körnern besteht, welche sieh mit Alaunkarmin gelblichbraun, mit Pikrokarmin gelb färben. Die runden, 4,38—5,11 u großen Kerne enthalten ein großes Kernkörper- chen von ca. 2,92 u Durchmesser, welches von einem hellen Hofe um- geben ist und sich sehr intensiv tingirt. Unterhalb des Hautmuskelschlauches der Rückenfläche, sowie im Schwänzchen, welches nach v. Grarr mit Klebzellen versehen ist, finde ich kleine Drüsenzellen, deren Sekret aus kleinen, dunkelvioletten (Alaunkarmin) Kügelchen besteht. Die Mund-Geschlechtsöffnung liegt unterhalb der vorderen Hälfte des Gehirns. Die Pharyngealtasche ist sehr lang und in ihrem vorderen Theile relativ eng. Auf Querschnitten erscheint sie in dem vor dem Pharynx liegenden Theile als schmaler, gefalteter Spalt. Der nach vorn gerichtete, cylindrische Pharynx liegt fast ganz in der vorderen Hälfte des Thieres; er erreichte an den mir vorliegenden Exemplaren eine Länge von 150 u, eine Breite von ca. 60 u und eine Höhe von ca. 40 u. Der vordere Rand ist fein gekerbt, die nach Scamipt, JENSEN U. v. GRAFF vorhandenen zahlreichen und äußerst langen Geißelhaare, mit welchen die Vorderhälfte des Pharynx besetzt sein soll, habe ich am konser- virten Thiere nicht wahrnehmen können. Von den typisch angeordneten Muskeln des Pharynx sind die äußeren Längs- und die inneren Ringmuskeln am kräftigsten ent- wickelt; die Radiärmuskeln sind zahlreich, aber dünn. Die Drüsenzellen innerhalb des Pharynx sind wie die entsprechen- den von Gyl. Klostermannii klein; sie und die Ausführgänge der außerhalb des Schlundkopfes gelegenen Drüsen sind nicht so scharf auf eine centrale, von den beiden Muskelschichten gleich weit entfernte Zone beschränkt wie bei der vorigen Species. Die zahlreichen, außerhalb des Pharynx liegenden Drüsen, deren Ausführgänge aber in den Pha- rynx in der Umgebung des Darmmundes eintreten, sind von bedeuten- der Größe (bis zu 29,2 u lang und 14,6 u breit). Ihr Sekret besteht aus Körnchen, welche sich mit Alaunkarmin violett färben; die runden Kerne von ca. 5,11 u Durchmesser enthalten ein großes, intensiv tingir- bares Kernkörperchen, während der übrige Theil des Kernes sich nur schwach färbt. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 459 Diese Drüsen liegen wie bei Gyl. Klostermannii theils hinter, theils über und seitlich vom Pharynx. Der sehr scharf kontourirte und wie mir dünkt auch von einer eigenen Muscularis umgebene Darm stimmt in seinem feineren Bau ganz mit dem der anderen Species überein, und ich möchte nur die ungemein deutliche Abgrenzung der einzelnen keulenförmigen Darm- epithelzellen hervorheben, in deren Basen die Kerne liegen, eingebettet in ein mäßig feinkörniges Plasma. Die Länge des Darmes übertrifft um Etwas die Hälfte der Körper- länge ; seine Breite betrug 240 u, seine Höhe 180 u bei entsprechenden Durchmessern des Thieres von 280 und 258 u. Das Gehirnganglion (Taf. XX, Fig. 17) ist der Bauchfläche ge- nähert, wie das von Cyl.Klostermannii von ellipsoider Gestalt, die hier jedoch auffallendere Störungen erlitten hat durch die Tiefe der in der Medianebene an der Vorder- und Hinterfläche und zwischen den Augen an den Seitenflächen vorhandenen Furchen und Impressionen. Die erstgenannten setzen sich auch fort auf die ventrale und dorsale Seite des Ganglions. Der Längendurchmesser des Gehirns beträgt 60— 76 u, 50—6% u in der Medianebene, derjenige der Breite 402 «u, der Höhendiameter 55--57 u. Die Rindenschicht ist eine kontinuirliche, aber sehr verschieden - dicke. Am reichlichsten sind die Ganglienzellen in der Umgebung der Augen und den Seitenflächen angehäuft, ein bis zweischichtig sehen wir den Zellenbelag auf der dorsalen und ventralen Fläche. Der Punktsubstanzballen (Psb) hat ebenfalls eine ellipsoide Grund- form, die aber besonders durch einen tiefen Einschnitt zwischen den beiden Seitennerven und durch Furchen an der vorderen und hinteren Fläche, welche denen des Ganglions entsprechen, gestört wird. Seine größte Breite beträgt 64 u, die Länge in der Richtung der Nerven n/' und nIII 51 u, seine Höhe ca. 38 u. Es sind im Ganzen sieben Nervenpaare von mir aufgefunden wor- den, also eines weniger als bei GCyl. Klostermannii. Der sehr stark der Ventralfläche genäherte n/ hat einen Durch- messer von % ıı; er zieht nach seinem Austritt nach vorn und abwärts und versorgt die Wimperrinne mit Nervenfasern. Diese entstammen den mittleren Theilen der Punktsubstanz a@ und einem dichteren, ova- len, in der vorderen Hälfte der Markmasse gelegenen Ballen b, welcher in seiner Lage und Struktur ziemlich genau dem entsprechend bezeich- .neten Ballen von Monoophorum striatum entspricht. 460 Ludwig Böhmig, Mehr seitlich und wesentlich höher gelegen als der vorhergehende, verlässt der Nerv n/' das Ganglion; er zieht in gerader Richtung nach vorn. Innerhalb des Punktsubstanzballens konnte ich einen Theil seiner Fasern bis in die Gegend des hinteren Augenpaares verfolgen, ein an- derer Theil biegt ventralwärts und verschwindet in den dicht oberhalb der Rindenschicht gelegenen Partien des Markes. Der Nervus ventralis (n/J) entspricht nach Ursprung und Verlauf ganz dem Nerven n// von Gyl. Klostermannii. An der hinteren Fläche des Ganglions, nahe dem ventralen und lateralen Rande, tritt aus der kräftige, 10,95 u dicke Längsnerv nIIl. Die ihn bildendenFasern lassen sich dorsalwärts bis in die Gegend des hinteren Augenpaares verfolgen. Von den beiden bei Gyl. Klostermannii vorhandenen Nerven, welche auf der Rückenfläche des Ganglions entspringen, ist hier nur der hintere mit n/V bezeichnete vorhanden. An Querschnitten durch das Gehirn kann man ohne Schwierigkeiten erkennen, dass sich die Fasern dieses Nerven nicht sofort unterhalb der Ganglienschicht in der Punkt- substanz auflösen, sondern als wohlumschriebenes Bündel noch eine Strecke nee ziehen und sich dann erst allmählich i in derselben verlieren. Von den beiden Seitennerven ist der eine (nV) stark der hinteren Fläche des Ganglions genähert, den anderen nV’ finden wir zwischen den beiden Augen; er verlässt das Ganglion an dem lateral-ventralen Rande und zieht gegen die Bauchfläche des Thieres, während der Ner- vus V ein reiner Seitennerv ist. In den dorsalen und vorderen lateralen Nerven war mir die en Zahl der schon früher erwähnten dicken Fasern auffallend; dieselben erreichten einen Durchmesser von ca. 0,73 u, eine ganz ansehnliche Dicke für Nerven, deren Gesammtdurchmesser ca. 6 u beträgt. Das Gehirn dieser Species, sowie das von Cyl. Klostermannii ist von einer Kapsel umhüllt, deren Bau im allgemeinen Theile genauer geschildert wurde. Bezüglich der Struktur der Augen, der Wimperrinne und Tastkörper- chen kann ich ebenfalls auf den allgemeinen Theil verweisen und füge an dieser Stelle nur die Größenverhältnisse der zwei Augenpaare bei. Die Größendifferenzen bei den zwei untersuchten Exemplaren wa- ren sehr erhebliche; es ergaben sich für Exemplar: I. vorderes Augenpaar: Länge 18,25 u, Breite 22,5 u, Höhe 21,9 u; hinteres Augenpaar: » 21,9 u, » 930 u, » 82,85 u. IH. vorderes Augenpaar: » 25 u, » 21,9u, » 26,28 u; hinteres Augenpaar: » 3 mw » 2500, » 0m Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 461 Die Lage des Hodens kann auch bei dieser Species, wie bei Gyl. Klostermanii eine dorsale genannt werden. Seine Hauptmasse finden wir vor und oberhalb des Gehirns, oberhalb und seitlich vom Darme, welcher in seinem Anfangstheile sattelartig vom Hoden bedeckt wird. Lage und Form der Keimdotterstöcke wurde im allgemeinen Theile erwähnt. Die Keime erreichen’ einen Diameter von 43,8—48,9 u, ihre Kerne 20,44— 25,55 u. Der Durchmesser des Kernkörperchens schwankt zwischen 5,11 und 5,84 u. Das manslliche Copulationsorgan stimmt in seinem Bau mit dem von Gyl. Klostermannii im Wesentlichen überein, wie die Fig. 6 auf Taf. XVIII und Fig. 6 auf Taf. XII lehren; aus diesen Abbildungen ergeben sich auch auf den ersten Blick die Unterschiede. Die gemeinsame Mund-Genitalöffnung, welche denselben Muskel- apparat besitzt, wie die von Gyl. Klostermannii, führt in einen engen Raum von ca. 95 u Länge, in welchen sich über einander Schlund- tasche und Atrium genitale öffnen; das letztere ist auch hier etwas seitlich verschoben. Das anfänglich enge Atrium erweitert sich allmählich nach hinten und bildet ungefähr in einer Entfernung von 490 u von seiner Mün- dung in den gemeinsamen Raum mit der Schlundtasche eine kleine Papille (Pa Fig. 6, Taf. XVII), auf welcher die Keimdotterstöcke in das Atrium münden. Es setzt sich dann noch ein kurzes Stück nach hinten fort, und es kommt zur Bildung einer in ihrem oberen Theile ungemein kurzen Ringfalte (Pea), welche sich nach innen und hinten umschlägt und auf diese Weise ein Rohr (Pei‘) bildet, welches sich trichterartig erweitert. Aus Fig. 6 erkennen wir, dass sich die Wandung dieses Rohres einfaltet, dass aber die Einfaltungsstelle auf der dorsalen Seite weiter rückwärts gelegen ist als auf der ventralen, und dass die so gebildete Falte d, in ihrem oberen Theile wesentlich länger ist als im unteren. _ Diese Falte schlägt sich nach hinten ein und das derart zu Stande ge- kommene neue Rohr (Pei) ist eine Fortsetzung des Trichters (Pei’). Das Rohr (Pei) erweitert sich zu einer Blase (Pev), in welche es papillenartig vorspringt, wodurch natürlich auch eine Einstülpung der Blasenwand (Pev) selbst verursacht wird. An den blasigen Abschnitt (Pev) des Penis schließt sich die Vesicula seminalis (Vs) an Diese Faltung, wie wir sie hier gesehen haben, ist nun in so fern ganz interessant, als sie eine Illustration bietet, wie es zur Bildung der sogenannten Penisscheiden kommt. Wäre das Diaphragma d auf der Ventralseite eben so stark ausge- 462 Ludwig Böhnig, bildet wie aufder dorsalen, so würde man nach dem bisherigen Begriffe von Penisscheide Per’ als solche bezeichnen müssen, während es bei dem vorliegenden Grade der Ausbildung mehr in das Belieben des Einzelnen gestellt ist, diesen Theil als Penisscheide zu bezeichnen oder nicht. Das Atrium genitale wird von einem flachen Epithel ausgekleidet, dessen einzelne Zellen nicht mehr kenntlich sind. Die Höhe dieser Epithelschicht varlirt zwischen 2,19 und 7,3 u, sie enthält spärlich kleine, runde, ovale Kerne. Auf sie folgt nach außen eine Basalmem- bran, auf diese Ring- und alsdann Längsmuskeln. Die Anordnung der Ring- und Längsmuskeln in den mit Pea, Pei und Pei’ bezeichneten Theilen des Penis ist aus Fig. 6 deutlich ersicht- lich; das Epithel derselben ist sehr flach und enthält keine Kerne mehr. In dem blasigen Abschnitte (Pev) ist die Muskulatur von größerer Mächtigkeit; das kernhaltige Epithel erreicht in ihm eine Höhe von ca. 18,25 u und wird erfüllt von kleinen Körnchen, welche sich im hinteren Theile desselben wesentlich stärker färben alsim vorderen. Kurz vor seiner hinteren Öffnung, durch welche er mit der Samenblase kommu- nicirt, münden in ihn, in der in Fig. 6 veranschaulichten Weise, gewal- tige Drüsenmassen. Das Sekret dieser Drüsen besteht aus eben sol- chen Körnchen, wie sie die Epithelzellen von Pev erfüllen. Wir dürfen die Körnchen in dem Epithel demnach als Drüsensekret betrachten. Diese Drüsenzellen (pevdr) umhüllen den vorderen Theil der Samen- hlase; sie sind von rundlicher oder birnförmiger Gestalt, 14,6—29,2 u lang, 7,5—21,9 u breit. Das Plasma selbst ist feinkörnig und wenig färbbar. Die runden oder auch ovalen Kerne besitzen einen durch- schnittlichen Durchmesser von 4,38—5,11 u; das stets vorhandene, sehr große Kernkörperchen tingirt sich äußerst intensiv, sein Durch- messer variirt zwischen 2,19 und 3,65 u. Der Penis hat mit Ausnahme der Samenblase, also zwischen peo und vsb eine Gesammtlänge von 90 u, seine größte Höhe beläuft sich auf 58 u; er erreicht dieselbe in der Blase (Pev). Die Wandung der Samenblase setzt sich zusammen aus Längs- muskeln (außen), Ringmuskeln (innen), einer Basalmembran und einem Epithel, das, im Allgemeinen flach, im vorderen Abschnitt eine Höhe von 10,95 u besitzt und die einzelnen Zellen gut erkennen lässt; die Breite derselben beträgt ca. 6,57 u. Die kleinen basal liegenden Kerne haben Diameter von ca. 3,65 u. In diese Vesicula seminalis, welche nur Spermatozoen nie ein Sekret (Kornsekret) enthält, münden von oben, mit einem gemeinsamen Endstücke die beiden, in ihrem Endabschnitte zu falschen Samenblasen erweiterten Vasa deferentia. | Im nicht erweiterten, vorderen Abschnitt haben sie einen Durch- Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 463 messer von 3,65 —4,38 u. Ihre Wandung lässt eine Zusammensetzung aus Längs- und Ringmuskeln und einem flachen, lange, nach hinten ge- riehtete Cilien tragenden Epithele erkennen. Zwischen Pea und Pei’ sehen wir auf der ventralen Seite schräg gestellte Muskeln ausgespannt; auf der dorsalen Seite inseriren sich dieselben dicht hinter der Umschlagstelle des Atriums und an weiter nach hinten gelegenen Theilen des Rohres (Per’). In der Um- gebung der Penisöffnung (peo) münden aus kleine Drüsen, welche wir oberhalb, unterhalb und seitlich vom Copulationsorgane wahrnehmen, (Fig. 6 pedr). Auf der Bauchseite erstrecken sie sich etwas weiter rück- ‚wärts als auf der dorsalen. Ihre Länge beträgt 9,4—14.6 u, die Breite 4,38— 7,3 u. Die Keimdotterstöcke werden in ihrem Endtheile von mächtigen Drüsenmassen, den Schalendrüsen, umgeben, deren Ausführgänge auf der Papille (Pa) sich in das Atrium öffnen. Nach Form und Farbe des Sekretes sind zwei Arten von Drüsen zu unterscheiden. Das Sekret der der Papille zunächst liegenden (aidr) ist feinkörnig und färbt sich mit Pikrokarmin gelblich, dasjenige der übrigen Drüsen. und diese bilden die Hauptmasse, ist grobkörniger und färbt sich roth. Die Längendurchmesser der Drüsen schwanken zwischen 18,25 und 419,2 u, die der Breite zwischen 7,3 und 14,6 u. Die Bursa seminalis erfüllt, wie bei Gylindr. Klostermannii, zum größten Theil den hinteren Theil des Körpers. Sie erreichte an meinen Exemplaren eine Länge von ca. 100 u, eine Breite von 146 u. eine Höhe von 130 u. In Fig. 7 habe ich einen Schnitt durch den vorderen Theil der Bursa seminalis abgebildet. Wir sehen dieselbe (Bsu) in Verbindung mit einer kleineren Blase (Bc), welche erfüllt ist von einer sehr feinkörnigen nur wenig färbbaren Substanz (si). Die gleiche Substanz (sA) findet sich auch in den anstoßenden Theilen der Bursa. An der Verbindunssstelle der Bursa und der Blase (Bc) liegt ein Gebilde von Gestalt eines kurzen, breiten Rohres (21,9 «u lang, 25,5 « breit) m, welches sehr dicke Wandungen besitzt und dessen Lumen sanduhrförmig gestaltet ist. In der Mitte ist es ungemein.eng. Seitlich von der Bursa nehmen wir das Keimlager (Keil) wahr. Zwischen diesem und der Blase (Bc) liegt ein Haufen von Zellen (drz', von denen einzelne mir den Eindruck von Drüsenzellen machten, andere aber, und zwar die dem Keimlager zu- nächst liegenden, den Eindruck junger Keime. Diese Zellen bilden nun an einigen Schnitten einen soliden Zellstrang, der sich bis gegen Be hinzieht. Eine Kommunikation der Blase mit der Umgebung, resp. dem Keimlager, habe ich bis jetzt nicht konstatirt, es wäre aber immerhin 464 Ludwig Böhmig, möglich, dass eine solche erst später eintritt, zu einer Zeit, wo eine größere Anzahl der Keime befruchtungsfähig ist. Die äußere Bursamündung liegt hier ebenfalls nicht auf der Bauch- fläche, sondern auf der Dorsalseite ; wenigstens bemerkte ich hier einen engen kleinen Kanal, welcher die Körperdecke in schräger Richtung durchsetzte. Die von mir gegebene Darstellung des Copulationsorgans stimmt ganz wohl mit der von v. GrAFF und Jensen überein. »Die kugelige Samenblase .... . bestehtnach v. Grarr aus zwei hinter einander liegen- den Kammern, der größeren ,... und das eigentliche Spermabehält- nis darstellenden vs, und einer kleineren vorderen Kammer pe.... Aus dieser vorderen Kammer führt ein enger Kanal in das napfförmige kleine Copulationsorgan ps (»pars efferens« Jensen). Der Unterschied der Auffassung v. Grarr’'s und mir beruht darin, dass v. Graff die Blase Pev zur Samenblase rechnet, während ich sie als Theil des Penis betrachte. Die von v. Grarr zwischen Penis und Pharynx ange- nommene Geschlechtsöffnung ist, wie wir gesehen haben, nicht vor- handen. JEnsEn vermuthete bereits eine Verbindung des »Receptaculum se- minis« mit den Keimlagern und will von demselben ein einzelnes Sper- matozoon in der Richtung gegen die Keimstöcke haben austreten sehen, Mir ist eine solche Verbindung zwischen Bursa und Keimlager wie ge- sagt ebenfalls äußerst wahrscheinlich. 3. Systematischer Theil. In Folge der eingehenden Untersuchung der Plagiostomida, welche mir zur Disposition standen, haben sich einige Veränderungen in den durch v. Grarr aufgestellten Diagnosen nothwendig gemacht. v. GrarF theilt bekanntlich die Rhabdocoelida in drei große Gruppen, in die Acoela, Rhabdocoela und Alloicoela. Die von v. Grarr für diese letzteren aufgestellte Charakteristik bedarf nur weniger Abänderungen, welche bedingt sind durch die nicht scharfe Sonderung des Darmes und Parenchymgewebes bei Pla- giostoma bimaculatum: Darmrohr und Parenchymgewebe meist scharf geson- dert, ohne Leibeshöhle im ausgebildeten Zustande. Mit Nerven- und Exkretionssystem. Geschlechtsorgane her- maphroditisch mit folliceulären Hoden und paarigen, als Ovarien, Keimdotterstöcken oder getrennten Keim- und Dotterstöcken ausgebildeten weiblichen Drüsen. Die Untersuchungen über rhabdoeöle Tubellarien. II. 465 beiden Dotterstöcke sind unregelmäßig lappig, selten theilweise verzweigt. Die Geschlechtsdrüsen entbehren zumeist einer besonderen Tunica propria und sind in Lücken des Körperparenchyms eingelegt. Der Penis wird gebildet durch Faltungen der Atriumwandund entbehrt auffallender ehitinöser Copulationsorgane. Der Pharynx ist ein Pharynx variabilis oder plieatus; der Darm ein meist unregelmäßig ausgebuchteter Sack. Die Alloiocoela zerfallen in zwei große Familien: I. diePlagiostomida v. Graff und I. die Monotida v. Graff, von denen die Plagiostomida wiederum in vier Subfamilien durch v. GRAFF getheilt worden sind: Subfamilia I: Acmostomina v, Graff. » I: Plagiostomina v. Graff. » II: Allostomina v. Graff. » IV: Gylindrostomina v. Graff. Da von diesen Subfamilien Vertreter der Acmostomina und Allostomina noch nicht eingehend genug untersucht worden sind, bleiben diese vier Subfamilien vor der Hand bestehen, obwohl sehr wahrscheinlich eine Änderung späterhin wird eintreten müssen. Für die Plagiostomida ergiebt sich folgende Diagnose: Alloioceovela mit einem Pharynx variabilis, ausgenom- men Pl. bimaculatum, welcheseinen Pharynx plicatus be- sitzt. Die Größe des nach hinten oder vorn gerichteten Pharynxisteine sehr variabele. Die Zahl der Geschlechts- öffnungen beträgt ein oder zwei; Mund und Geschlechts- öffnung können zu einem gemeinsamen Porus vereinigt sein. Otolithen fehlen siets. Die Charakteristik der Plagiostomina bleibt im Wesentlichen unverändert. Es sind Plagiostomida mit einer ventralen, nahe dem Hinterende angebrachten Geschlechtsöffnung, mit zweimehroderwenigerscharfumgrenztenKeim-undzwei davon getrennten Dotterstöcken. Der wohlentwickelte Pharynx liegt stetsin der ersten Körperhälfte, eben so die Mundöffnung und ist nach vorn gerichtet. Er ist mit Aus- nahme von Pl. bimaculatum ein Pharynx variabilis. Die beiden Genera Plagiostoma ©. Schm. und Vorticeros O. Schm. unterscheiden sich im Wesentlichen nur durch den Besitz von Tentakeln, welehe Vorticeros zukommen, Plagiostoma fehlen. Abgesehen von Plagiostoma Lemani, Pl. maculatum und 466 Ludwig Böhmig, Pl. bimaculatum ist der Pharynx klein oder nur mäßig groß und, Pl. Lemani ausgenommen, sehr drüsenreich. Er liegt fast stets hinter dem Gehirne, vor demselben nur bei Pl. dioieum und nach vy. GRAFF bei Pl. ochroleucum, P]I. rufodorsatum und Pl. philippi- nense. Die Mundöffnung kann auch bei den Formen, bei welchen der Pharynx hinter dem Gehirne liegt, vor resp. unter dasselbe zu liegen kommen, z. B. Pl. Lemani. Der im Allgemeinen einfach sackförmige Darm zeigt nur kurze stumpfe Divertikel bei Vorticeros und dem unsicheren Pl. planum Sill., bei welchem regelmäßige, paarige, konstante Divertikel ausge- bildet sind. | Das Nervensystem ist wohl entwickelt, eben so die Sehorgane, von denen mit Ausnahme von Pl. sagitta stets zwei vorhanden sind. Eine Wimperrinne, welche jedoch nur auf die Bauchfläche und den Beginn der Seitentheile beschränkt ist, findet sich bei sehr vielen Species, sie fehlt Pl. dioicum, siphonophorum, bimaculatum und Lemani. Die Keimstöcke sind außer bei Pl. dioicum und Pl. bimacu- latum gut und scharf umgrenzt; sie und die lappigen und wohlent- wickelten Dotterstöcke, fraglich für Pl. dioieum, stehen durch einen Gang mit dem Atrium genitale in Verbindung, welcher sich innerhalb der weiblichen Drüsen verzweigt und auf der hinteren Seite, in ge- ringer Entfernung vom Porus genitalis, in den Vorhof einmündet. Die Hoden haben einen folliculären Bau und liegen zumeist fast ganz in der hinteren Körperhälfte (Pl. siphonophorum, macula- tum, bimaculatum, sulphureum, Lemani, dioicum); fast bis zum Pharynx erstrecken sie sich bei Pl. Girardi und Vorticeros auriculatum, erreichen andererseits aber auch hier fast die Samen- blase. Ihre Lage ist eine seitliche, stets jedoch mehr eine ventrale als dorsale. Der Penis ragt in das Atrium, entbehrt augenfälliger Chitintheile und besitzt meistens im Ruhezustande ein oder zwei hintere Penis- scheiden, die den frei in das Atrium ragenden Theil des Penis um- hüllen. Nur Plagiostoma Lemani und wohl auch Pl. dioicum entbehren der unteren (hinteren) Penisscheiden; dafür ist bei Pl. Le- mani eine obere, die also den nicht freien Theil des Penis umschließt, vorhanden. Um eine nur einigermaßen gut begründete Verwandtschaftstabelle der einzelnen Arten aufstellen zu können, sind zu wenige derselben genau genug bekannt, ich begnüge mich, eine Übersicht der von mir untersuchten Speeies und ihrer wichtigsten Merkmale zu geben. Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. 467 I. Genus Plagiostoma. Plagiostomina ohne Tentakelam Vorderende. A. Mit Wimperfurche. a. Centralfaden der Spermatozoen gerade, nicht gedreht. Pl. Girardi. Farblos. Zwei Varietäten Pl. Girardi maj. 2—3 mm lang. ) » min. 4—11!/, mm. lang. b. Centralfaden der Spermatozoen gedreht. 1)Pl.sulphureum. Gleichmäßig gelb pigmentirt, das Pigment liegt innerhalb des Epithels. 2) Pl. maculatum. Kopftheil schwarz reticulär pigmentirt, das mittlere Körperdrittel braunroth gefärbt durch im Darm liegende algenähnliche Gebilde. c. Spermatozoen aberrant gebaut. Pl. reticulatum. Ein bis drei Flecke reticulär angeordne- ten rothen oder schwarzen Pigmentes. Der eine Pigment- fleck nimmt einen großen Theil des Kopfes ein, der zweite oder dritte hat die Form eines \/ oder \y und liegt im zweiten und letzten Drittel des Körpers. B. Ohne Wimperfurche. a. Centralfaden der Spermatozoen nicht spiralig gewunden, ge- rade. 4) Pl. dioieum. Kopf, Seitenränder und hinterste Spitze des Körpers frei vom Pigmente. Der übrigc Theil se- piabraun, die Augen kirschroth gefärbt. 2)Pl.bimaculatum. Das Pigment bildet zwei halbmond- förmige, ziegelrothe Flecken am Rücken. Diese Färbung wird wahrscheinlich bedingt durch algenähnliche Ge- bilde im Darme. 3) Pl. Lemani. Reticuläres, schwarzbraunes Pigment auf der Rückenfläche. Pharynx enorm entwickelt. Süß- wasserbewohner. b) Spermatozoen aberrant gebaut. Pl. siphonophorum, Besitzt einen mehr oder weniger T-förmigen, kirschrothen Pigmentfleck, welcher Kopf, Schwanz und Seitentheile freilässt. I. Genus Vorticeros. Plagiostomina mit zwei Tentakeln vorn am Kopftheile des Thieres. Centralfaden der Spermatozoen nicht gedreht, gerade. 468 Ludwig Böhmig, Vorticeros auriculatum. Das ganze Thier bis aufschmale, seitliche Ränder reticulär kirsch -karmoisinroth pigmentirt. Darm mit kleinen, nicht ganz regel- mäßigen Ausbuchtungen versehen. II. Subfamilia. Allostomina. v. Grarr’s Diagnose lautet: »Plagiostomida mit einer ventralen, nahe dem Hinterrande an- gebrachten Geschlechtsöffnung, zwei Keimstöcken und zwei davon ge- trennten, langgestreckten Dotterstöcken; der wohlentwickelte Pharynx ist in der zweiten Körperhälfte gelegen und mit seiner Mündung nach hinten gerichtet.« | Diese Diagnose wird voraussichtlich wesentlich umgestaltet wer- den müssen, doch ist mein Material über diese Gruppe zu spärlich, als dass ich es jetzt schon thun könnte. Diese Subfamilie umschließt zwei Genera. I. Genus: Allostoma P. J. van Beneden. Allostomina mit einer von längeren Cilien besetzten Ringfurche in der Höhe des Gehirns. II. Genus Enterostoma Qlap. Allostomina mit‘gleichmäßig bewimpertem Körper und ohne Wimperringfurche. Zunächst muss aus diesem sehr schlecht bekannten Genus Ente- rostoma striatum v.Graff gestrichen werden, da diese Form 1) eine Wimperringfurche, 2) Keim-Dotterstöcke und 3) eine gemeinsame Mund- Geschlechtsöffnung besitzt. Weiterhin muss ich bemerken, dass ich bei einer neuen von Herrn Professor v. Grarr bei Lesina aufgefundenen und noch nicht beschrie- benen Enterostoma-Species allerdings getrennte Keim- und Dotter- stöcke gefunden habe, die Geschlechtsöffnung aber auch hier mit der Mundöffnung kombinirt zu sein schien. Sollte sich dies bestätigen, so würde das Genus Enterostoma aus der Subfamilie Allostomina ent- - fernt und am besten zu einer Subfamilie erhoben werden müssen, welche zwischen die Allostomina und Cylindrostomina einzuschieben wäre. IV. Subfamilia: Gylindrostomina v. Gräff. Die Diagnose v. Grarr's für diese Subfamilie ist nach den von mir bei den beiden SpeciesCyl. quadrioculatum und Klostermannii beobachteten Thatsachen wesentlich zu ändern. Sie würde jetzt lauten: Plagiostomida mit Wimperring- furche, ventral gelegener, kombinirter Mund-Geschlechts- öffnung, Keim-Dotterstöcken und Bursa seminalis, welche mit den Keimlagernin Verbindung steht. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 469 Diese Subfamilie enthält zwei Genera: I. Genus Cylindrostoma. DasGenusCylindrostoma umfasst die Gylindrostomina mit eylindrischem, nach vorn gerichteten Pharynx. Die- selbe Richtung hat der kleine Penis; das Atrium genitale verläuft unterhalb der Schlundtasche, beide besitzen einen kurzen gemeinsamen Raum und eine gemeinsame Öffnung nach außen, nahe dem vorderen Körperende. Der Kopftheil (Kerntheil) der Samenfäden liegt nicht innerhalb des Plasmatheiles, sondern läuftin Form einer Spiraleum denselben. Die Keimlager der Keimdotterstöcke sind nicht mit einander verschmolzen. Die Bursaseminalisöffnetsich durch einen dorsal ge- legenen Porusnach außen. A) Gylindrostoma quadrioculatum Jens. Farblos, Schlund- tasche sehr lang. | 2) Gylindrostoma Klostermannii Jens. Gelbgefärbt durch kleine, im Epithel liegende Körnchen; außerdem enthält das Epithel weiße, unregelmäßige Tüpfelchen. Schlund- tasche kurz. I. Genus Monoophorum nov. gen. Gylindrostomina mit gemeinsamer, dem hinteren Kör- perende genäherter Mund-Geschlechtsöffnung. DerPha- rynx ist nach hinten, der Penis nach vorn gerichtet. Die Bursa seminalis kommunicirtmit dem Atrium genitale. Die Keimlager der beiden Keimdotterstöcke sind in der Me- dianebene auf der Dorsalseite verschmolzen. Monoophorumstriatum mihi. Die fadenförmigen, im obe- ren Theile etwas verdickten Spermatozoen besitzen einen geraden Centralfaden. Reticuläres, karminrothes Pigment. Die beiden Genera Cylindrostoma und Monoophorum be- sitzen noch einige gemeinsame Charaktere, die ich aber desshalb nicht in die Diagnose der Subfamilie aufgenommen habe, weil dieselben mir vor der Hand nicht von großer Wichtigkeit zu sein schienen, nämlich die Lage der Hoden und die Vierzahl der Augen. Die Hoden nehmen hier hauptsächlich den vorderen Abschnitt des Körpers und eine dorsale Lagerung ein im Gegensatz zu den Plagio- stomina, wo sie mehr ventral liegen und der hinteren Körperhälfte ‚angehören. In Folge dessen sind bei den Cylindrostomina sehr 470 Ludwig Böhmig, wohl entwickelte und lange Vasa deferentia vorhanden, die den Plagio- stomina fehlen. Enterostomascheint diese genannten Charaktere mit den Cylin- drostominen gemeinsam zu haben, überhaupt ähneln sich Entero- stoma und Monoophorum ungemein. Legt man weniger Gewicht darauf, ob die weiblichen Organe aus Keimdotterstöcken oder Keim- und Dotterstöcken bestehen, so würde es am richtigsten sein Entero- stoma mit in die Subfamilie Cylindrostomina aufzunehmen. Dass ich die von mir nicht untersuchten Species nicht berück- sichtigt habe, ist sehr erklärlich, da die meisten, oder wohl alle, noch nicht mit der Schnittmethode behandelt worden sind, und die Be- ziehungen des Mundes zur Geschlechtsöffnung z. B. erst durch diese Methode ermittelt werden können. Ehe ich weiterhin die so äußerst wichtigen Formen Acemostoma und Allostoma nicht aus eigener Anschauung kennen gelernt habe, will ich mich eines Urtheiles über die Verwandtschaft der einzelnen Familien enthalten. Ich möchte nur erwähnen, dass ich vermuthe, dass nicht das Genus Plagiostoma sondern das Genus Cylindrostoma dem Genus Acmostoma am nächsten steht, und dass das Genus Vorticeros das von der ursprünglichen Stammform am weitesten entfernte ist. Graz, im August 1890. Erklärung der Abbildungen. Bedeutung der für alle Figuren gültigen Buchstaben: achr,achromatische Substanz desKernes; cy’, cy”, Theile des Cytophors; Al, algenähnliche Körper; D, Darm; aep, Epithel des Atrium genitale; D, D’, D", verschiedene Partien des alm, äußere Längsmuskeln ; Darmes; arm, äußere Ringmuskeln; dbs, Ausführungsgang der Bursa semina- A4tg, Atrium genitale; lis; Au, Auge; Ddr, Darmdrüsen ; bs, Basalmembran; ddr, dorsale Hautdrüsen; bs’, bs”, bs’’", Schichten der Basalmem- Dep, Dep’, Darmepithel; bran; Dn, Darmkerne; Bsu, Bursa seminalis; dr, dr’, dr", Drüsen; chr, Chromatingerüst der Kerne; dra, Drüsenausführgänge ; cl, Cilien; dre, Dotterelemente; cu, Cuticula; drk, Körnchen innerhalb der Keime; cy, Cytophor; Dst, Dotterstock ; Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. II. dstz, Dotterstockzellen; drz, Drüsenzelle ; ep, Epithel; epn, Epithelkern; exc, Exkretionskapillare; exd, Exkreiionskanal; Gl, Gehirnganglion; glz, Ganglienzelle; glzk, Ganglienzellenkern ; hyp,hyp’, Zwischenplasma, Hyaloplasma ; hypl, Saftplasma, Hyaloplasma; iep, inneres Pharyngealepithel ; ilm, innere Längsmuskeln ; irm, innere Ringmuskeln; Kdst, Keimdotterstock ; Kei, Kei’, Keim; Keil, Keimlager; Kpdr, Kpdr', Drüsen im Kopfabschnitte; Kpdra, Kpdra’, Ausführgänge derselben ; Kr, Körnchen im Epithel; Ks, Kornsekret; Kst, Keimstock; Ksdr, Kornsekretdrüsen ; Im, Im’, Längsmuskeln ; !z, Linsenzellen des Auges; m, Mundstück der Bursa seminalis; . mm, mm! , mm!” , mm, mmr, Muskelzüge in einzelnen Organen; mz, Parenchymzellen; n, Nucleus; nl, nIlI etc., Nerv I, II etc.; nacr, nacr', nacr”’, achromatische Sub- stanz innerhalb des Kernes der Sper- maentwicklungszellen und Kopfstück der Spermatozoen; nacrk, Kegel achromatischer Substanz an Spermatiden; ncr, chromatische Substanz im Kerne der Spermabildungszellen ; chromati- scher Theil des Centralfadens der Samenfäden: nek, Tastkörperchen; nf, Nervenfortsätze von Ganglienzellen ; nf, Nervenfaserschicht im Auge von Monoophorum ; nl, Nucleolus; EEE O, Mund; Oe, Ösophagus; - 0ep, Ösophagusepithel; Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 471 Opg, Mund-Geschlechtsöffnung;; ovd, Ausführungsgang der weiblichen Ge- schlechtsdrüsen; ovdep, Epithel desselben ; ovddr, Drüsen, welche in diesen Gang einmünden; Pe, Penis; Pea, äußeres Penisrohr; Pei, inneres Penisrohr; pep, Epithel im Penisrohr; Pg, Porus genitalis; Ph, Pharynx; phdr, phdr’, Pharyngealdrüsen ; Phl, Pharyngealtasche; Phn, Pharynxnerv,; Pht, Pharyngealtasche; Pi, Pigment; pib, Pigmentbecher der Augen; pibs, Scheidewand desselben; pl, Plasmaleib einer Zelle; pll, protoplasmatische Masse innerhalb eines Keimlagers ; pif, Plasmaausläufer der Ganglienzellen ; pif, plf’, Plasmafortsätze von Darmzellen und Plasmafortsätze der Wimpertrich- terzellen ; pli, pls, pls’, pls”, einzelne Partien des Plasmaleibes der Zellen; Prch, prch, Parenchymgewebe; prchn, Parenchymkerne; Ps, Ps’, Ps", Penisscheiden,, Psa(Ps’a) ‚äußeres Rohr d. Penisscheiden; Psb, Punktsubstanzballen im Gehirngan- slion; Psi (Ps’i, Ps”’i), inneres Rohr der Penis- scheiden; Psv, blasig erweiterter Theil der Penis- scheiden; r, r', Verbindungsrohr des Keimlagers mit der Bursa seminalis; rdm, rdm’, rdm’”’, Radiärmuskeln; rglz, Retinaganglienzellen des Auges; rk, Retinakolben im Auge; rkst, Stäbchenschicht der Retina; rkn, Faserballen des Retinakolbens; rnf, Nervenfasern zwischen den Retina- kolben; rp, Retinakolben;; rpst, Stäbchenschicht der Retina; 34 472 Rsch, Rindenschicht des Gehirnganglions; sk, sk’, Drüsensekret; spcy, Spermatocvte; spd, Spermatide; spk, Nervenendigungen der Wimper- rinne; spl, Gerüstsubstanz, Spongioplasma; spp,sppl, Gerüstsubstanz, Spongioplasma ; spt, Spermatogonie; st, Stäbchen; stk, Stäbchenkörper; icl, Tasthaar; Te, Hoden; Tef, Hodenfollikel; Ten, Tentakel; Ludwig Böhmig, tsk, Tastkörperchen; v, Vacuolen (des Darmes); Vs, Vesicula seminalis; ‘ vs’ep, Epithel eines Theiles der Vesicula seminalis; Vsg, kornsekrethaltiger Theil der Samen- blase; wp, Wimperrinne; wpgl, Wimperrinnenganglion ; wprfl, Wimperflamme; wprt, Wimpertrichter; wr, wasserklare Räume; zs, Zwischensubstanz im Auge; zw, Zwischensubstanz im Parenchymge- webe. Tafel XL. Fig. 4. Plagiostoma siphonophorum. Fig. 2. GylindrostomaKlostermannii. Fig. 3. Längsschnitt durch Plagiostoma Girardi. Fig. 4. Längsschnitt durch Vorticeros auriculatum. Fig. 5. Längsschnitt durch Monoophorum striatum. Fig. 6. Längsschnitt durch Cylindrostoma quadrioculatum. Fig. 7. Theil des Epithels von Monoophorum striatum. pc, Verbindungs- kanal von wr mit dem Parenchym; x, Gebilde von unbekannter Bedeutung (Subli- matessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 8. Theil des Epithels von Monoophorum striatum. Fig. 9. Ein Stück Epithel von Plagiostoma sulphureum (Sublimatessig- säure, Osmiumsäure, Osmiumkarmin). Fig. 10. Ein Stück Epithel von Vorticeros auriculatum. Macerations- präparat, Osmiumessigsäure, Pikrokarmin. Fig. 44. Zwei Plasmasäulchen von Vorticeros auriculatum nach einem Präparate, behandelt wie in Fig. 10. Fig. 12a. Epithelstück von Monoophorum striatum. Macerationspräpa- rat wie Fig. 10. Fig. 425. Frisches Epithel von demselben. Fig. 43. Lebendes Epithel von PlagiostomaGirardi. Behandelt mit Be rıcH'schem Methylenblau. ik und tik’, Nervenendkörper (?). Fig. 44. Parenchymgewebe von Plagiostoma Girardi (Sublimatessigsäure, _ Alaunkarmin). Fig. 45. Dasselbe. Fig. 46. Parenchymatöses Gewebe von Plagiostoma Girardi (Osmium- essigsäure, Hämatoxylin). Fig. 47. Parenchymgewebe von Plagiostoma Lemani. Fig. 48. Parenchymgewebe von Plagiostoma bimaculatum. Fig. 419. Parenchym von Plagiostomabimaculatum. xl, Lakunen, erfüllt von der stark färbbaren Substanz von unbekannter Bedeutung (Lymphräume?). Sublimatessigsäure, Alaunkarmin. 2 Rasa Untersuchungen über rhabdocöle Turbellarien. Il. 473 Fig. 20. Parenchym von Plagiostoma maculatum (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Fig. 24. Parenchym von Planariagonocephala (Sublimatessigsäure, Pikro- karmin). Fig. 22. Hautdrüsen von Vorticeros auriculatum. x, ungeformtes Plasma zwischen den Drüsenzellen. Tafel XIII. Fig. 4. Kopfdrüsen von PlagiostomaGirardi. Fig. 2a,d,c. Kopfdrüsen in verschiedenen Stadien der Sekretbildung. a,ruhende, db, Ihätige, c, mit Sekret erfüllte Drüsenzelle (Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Pikrokarmin. Fig. 3. Längsschnitt durch den Kopftheil von Monoophorum striatum (Osmiumessigsäure, Hämatoxylin). Fig. 4 u. 5. Längsschnitte durch den Kopftheil von Vorticeros auricu- latum. x, x, x”, Plasma zwischen den Drüsenzellen, welches wahrscheinlich in Drüsenzellen zerfällt. a, Mündungsfeld der Kopfdrüsen (Sublimatessigsäure, Pikro- karmin), Fig. 6. Längsschnitt durch den Kopftheil von Plagiostoma sulphureum. a, Mündungsfeld der Kopfdrüsen (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 7. Querschnitt durch das Vorderende von Plagiostomareticulatum. &, wie oben Fig. 4 und 5. Fig. 8. Längsschnitt durch das Vorderende von Plagiostomareticulatum (Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Pikrokarmin). Fig. 9. Längsschnitt durch den Kopftheil von Plagiostoma maculatum (Sublimatessigsäure, Hämatoxylin). Fig. 40. Längsschnitt durch das Vorderende von Plagiostoma Girardi. x und a, wie oben (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Tafel XIV. — Fig. 4. Querschnitt durch den Pharynx von Plagiostoma maculatum. a, a’, Mündungsfeldä der Pharyngealdrüsen (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Fig. 2. Längsschnitt durch einen Theil des Vorderendes von Plagiostoma maculatum. *, Insertionsstelle der Pharyngealtasche (Sublimatessigsäure, Pikro- karmin). Fig. 3. Längsschnitt durch den Pharynx von Verticeros auriculatum (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 4. Theil eines Längsschnittes durch das mittlere Körperdrittel von Cylin- drostomaKlostermannii (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 5. Querschnitt durch den Pharynx von PlagiostomaGirardi. c, Cuti- cula auf den modificirten Epithelzellen des Anfangstheiles des Darmes (Ösophagus- abschnitt) (Sublimatessigsäure, Hämatoxylin). Fig. 6. Querschnitt durch einen Theil der Pharynxwandung von Plagiostoma Lemani. ec, Membran, welche zur Insertion der Radiärmuskeln dient. Fig. 7. Längsschnitt durch den Pharynx von Monoophorum striatum (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Pharynx zum Theil quer getroflen. Fig. 8. Querschnitt durch den vorderen Theil von Plagiostoma bimacu- - latum im Beginn des Pharynx. 34* 474 Ludwig Böhmig, Fig. 9. Querschnitt durch den vorderen Theil desselben Thieres hinter der Mitte des Pharynx. Fig. 40. Darmepithel von Monoophorum striatum (Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Osmiumkarmin). Tafel XV. Fig. 4. Theil eines Schnittes durch den Hoden eines jüngeren Thieres von Plagiostoma Girardi (Osmiumessigsäure, Hämatoxylin). Fig. Aa, b, c bis incl. 16 beziehen sich alle auf Plagiostoma Girardi. Fig. 1a, b, c. Lebende, der Samenblase eninommene Spermatozoen. Fig. 2. Spermatogonien (Sublimatessigsäure, Hämatoxylin). Fig. 3. Spermatogonien (Osmiumessigsäure, Hämatoxylin). Fig. 4. Spermatogonien (Osmiumessigsäure, Hämatoxylin).. Umwandlung des Kernnetzes in Schleifen. Fig. 5. Spermatogoniein Vorbereitung zur Theilung (Sublimatessigsäure, Alaun- karmin), Fig. 6. Spermatocyte von einer Spermatogemme mit zwei Zellen. Fig. 7 und 8. Spermatocyten, hervorgegangen aus der Theilung von Fig. 6. Fig. 9. Spermatocyten, hervorgegangen aus der Theilung von Fig. 7. Fig. 10. Spermatogemme, deren einzelne Zellen entstanden sind durch die Theilung von Fig. 9. Fig. 44, 42, 43. Theile von Spermatogemmen mit Spermatiden. Fig. 14. Weiter entwickelte Spermatide. Fig. 15. Fast reifes Spermatozoon. Fig. 16. Reife Samenfäden, gruppirt um die Cytophore. Fig. 5—16 wurden gezeichnet nach Sublimatessigsäure-Alaunkarmin-Präpa- raten, bei gleicher Vergrößerung excl. Fig. 16. Fig. A47—22 beziehen sich auf Plagiostoma sulphureum. Fig. 47. Gruppe von Spermatogonien, vereinigt durch eine centrale Plasma- masse ucy (Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Osmiumkarmin). Fig. 18. Spermatogonie. Fig. 49 u. 20. Spermatiden in verschiedenen Entwicklungsstadien. Fig. 21. Spermatozoon (Präparate zu Fig. 18—2/ behandelt wie bei Fig. 47 an- gegeben). Fig. 22. Schnitt durch einen Theil des Hodens von P lagiostoma Lemani. Fig. 23—29 beziehen sich auf Plagiostoma maculatum. Fig. 23. Spermatocyten. Fig. 24. Weiter entwickelte Spermatocyten. Fig. 25>—27. Spermatiden, Entwicklungsreihe. Fig. 28. Reifes Spermatozoon. (Fig. 23—28 nach Sublimatessigsäure-Pikrokar- min-Präparaten.) Fig. 29. Lebendes, aus der Samenblase entnommenes Spermatozoon. Fig. 30—33 beziehen sich auf Plagiostoma bimaculatum. Fig. 30, 34. Spermatogonien. Fig. 32. Spermatide. Fig. 33. Spermatozoon. Fig. 33—39 beziehen sich auf Plagiostoma siphonophorum. Fig. 34. Eine Spermatogonie mit vier Kernen. Ein seltener Fall, wo die Thei- lung des Plasmas nicht mit derjenigen des Kernes Hand in Hand gegangen war. Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 475 Fig. 35—37. Spermatiden in verschiedenen Stadien der Entwicklung. Fig. 38. Fast vollständig entwickelte Spermatide. (Fig. 34—38 nach Sublimat- essigsäure, Alaunkarmin-Präparaten.) Fig. 39. Spermatozoon aus der Samenblase, lebend. Fig. 40—47 beziehen sich auf Plagiostoma reticulatum. Fig. 40 a—e. Verschiedene Entwicklungsstadien nach dem Leben. Fig. 44. Spermatogonie. Fig. 42—46. Spermatiden. Fig. 47. Kopf eines reifen Samenkörpers, der Samenblase entnommen. (Fig. 41 —47 nach Sublimatessigsäure-Boraxkarmin-Präparaten.) Fig. 48a. Spermatozoon von CylindrostomaKlostermannii. Fig. 485. Längere Einwirkung von Wasser bedingte die in dieser Figur darge- stellte Differenzirung des Kopfabschnittes. Tafel XVI. Fig. 1—3. IsolirteSpermatocytenvon Vorticerosauriculatum. nw, Netz- werk einer nur wenig färbbaren Substanz neben dem Gerüstwerk der Chromatin- substanz, die hier in Schleifen angeordnet ist (Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Osmiumkarmin). . Fig. 4—42 beziehen sich auf Monoophorum striatum. Fig. 4. Junge Spermatogonie. Fig. 5. Spermatogonien, welche der ersten Theilung entgegen geht. nw wie in Fig. 1—3. Fig. 6—9. Spermatocyten des 2., 4., 8., 46. Stadiums. Fig. 410 u. 44. Spermatiden. xx, dunkles, stark färbbares Körnchen innerhalb der achromatischen Substanz. Fig. 42. Cytophor, umgeben von Spermatozoen. (Die Fig. —12 nach Sublimat- essigsäure-Pikrokarmin-Präparaten.) Fig. 43. Querschnitt durch Vorticerosauriculatum ungefähr in der Mitte des Körpers (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Fig. 44. Keim von Vorticeros auriculatum. Neben dem zarten Chroma- - tingerüst chr sind noch einige gröbere Chromatinschleifen chrs vorhanden (Subli- matessigsäure, Osmiumsäure, Osmiumkarmin). Fig. 15. Theil eines noch nicht reifen Keimes von Vorticeros neue tum. ps, Fortsätze, welche sich von der Peripherie des Keimes in das umgebende Parenchymgewebe erstrecken (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Fig. 46. Längsschnittt durch den Keimstock von Plagiostoma Girardi (Sublimatessigsäure, Hämatoxylin). Fig. 47 u.48. Jüngere KeimevonPl.Girardi(Sublimatessigsäure, Alaunkarmin), Fig. 49. Kern eines reifen Keimes von P]. Girardi. Fig. 20 u. 21. Keim resp. Theil eines solchen von Pl. Girardi (Sublimatessig- säure, Osmiumsäure, Pikrokarmin). Fig. 22. Schnitt durch Pl. maculatum im Beginne des hinteren Körperdrittels (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 23. Keim von Pl. bimaculatum, o, Körper von unbekannter Bedeutung innerhalb des Kernes. Fig. 24. Theil eines Querschnittes durch die Körpermitte eines jungen Pl. sul- phureum. Dotterstöcke nur in der Anlage vorhanden (Sublimatessigsäure, Os- miumsäure, Osmiumkarmin). 476 Ludwig Böhmig, Fig. 25. Dasselbe durch ein ausgewachsenes, geschlechtsreifes Thier von PI. sulphureum mit wohlentwickelten Dotterstöcken (Sublimatessigsäure, Pikro- karmin). Tafel XVII. Fig. 4. Theil eines Keimes von Monoophorum striatum. Fig. 2—6. Keime in auf einander folgenden Stadien der Entwicklung von Mo - noophorum striatum. Fig. 7a, b. Dotterstockzellen von Monoophorum striatum (die Fig. 4—7 nach mit Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Osmiumkarmin behandelten Präpa- raten). Fig. 8. Übergangsstelle des Keimlagers in den Dotter producirenden Theil des Keimstockes. Monoophorum striatum (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 9. Querschnitt durch die Mitte des Keimlagers von Monoophorum striatum. pll, centrale Plasmamasse mit Kernen (Sublimatessigsäure, Osmium- säure, Osmiumkarmin). | Fig. 40. Keim von Pl. Lemani. *, dunkles, glänzendes Körperchen in dem achromatischen Theile des Nucleolus. Fig. 44. Theil eines Keimes von Pl. Lemani mft pseudopodienartigen in das Parenchym ragenden Fortsätzen ps. Fig. 42 u.13. Längsschnitte durch das Copulationsorgan von Pl. reticulatum. bsr, Ring oder Trichter, gebildet von der Basalmembran (Sublimatessigsäure, Bo- raxkarmin). Fig. 44. Spitze des Penisrohres Pea von Pl. reticulatum. st’, Stäbchen. Fig. 15 u.16. Längsschnitte durch das Copulationsorgan vonPl. sulphureum Fig. 47u.48. Querschnitte durch dasselbe. (Sämmtlich, Fig. 45—18, nach Subli- matessigsäure-Osmiumsäure-Osmiumkarmin-Präparaten.) Fig. 49. Längsschnitt durch das Copulationsorgan und dessen Umgebung von Pl. Girardi (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Fig. 20. Querschnitt durch das Copulationsorgan von Pl. dioieum (Osmium- essigsäure, Hämatoxylin). Tafel XVIII, Fig. 4. Längsschnitt durch das hintere Körperende von Pl. maculatum (Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Pikrokarmin). Fig. 2. Längsschnitt durch das Copulationsorgan von Pl. Lemani. o, hintere, o’, vordere Öffnung des inneren Penisrohres; Prch*, modificirtes parenchymatöses Gewebe. Fig. 3—5 beziehen sich auf Vorticeros auriculatum. DieFig. 3 und 4 bei gleicher Vergrößerung entworfen. Fig. 3. Medianschnitt durch das Copulationsorgan. Kombinirt aus zwei Schnit- ten (Sublimatessigsäure, Boraxkarmin). Fig. 4. Längsschnitt durch das Copulationsorgan. Penis befindet sich hier in sehr retrahirtem Zustande (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Pesp, Penisspitze (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Fig. 5. Theil eines Längsschnittes durch das Copulationsorgan. Fig. 6. Medianschnitt durch Copulationsorgan und Samenblase von Cylindro- stoma quadrioculatum. aidr, in das Atrium genitale mündende Drüsen; pedr, Drüsen, welche in den vorderen Theil des inneren Penisrohres; pevdr, solche, Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 477 welche in den blasig erweiterten Theil desselben münden (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Fig. 7. Querschnitt durch die Bursaseminalisvon Cylindrostoma quadrio- ceulatum. Be, kleinere, vor der Bursa seminalis liegende, mit einem Drüsensekrete sk erfüllte Blase (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 8. Längsschnitt durch die Bursaseminalisvon CylindrostomaKloster- mannii. cal, cal’, Theile eines gewundenen Kanales, welcher vermuthlich mit den Keimlagern in Kommunikation steht. schdr, Drüsen, welche in der Umgebung der Keimdotterstöcke nach außen in das Atrium münden (Sublimatessigsäure, Pikro- karmin). Tafel XIX. Fig. —4. beziehen sich auf Pl. bimaculatum. Fig. 4. Medianschnitt (schematisirt und aus einer Reihe von Schnitten kombi- nirt) durch das Copulationsorgan. Die Lage des Copulationsorgans im Körper des Thieres war eine derartige schräge. B, Bauch-, D, Dorsalseite. Fig. 2. Querschnitt durch das Copulationsorgan. Der Schnitt würde in die Ebene A—B von Fig. 4 zu liegen kommen. *,*, Umschlagsstelle der inneren Penisscheide in das äußere Penisrohr und Ver- bindungsstelle mit der muskulösen Blase Pev, ca Verbindungskanal derselben mit der Samenblase Vs. Fig. 3. Theil eines Schnittes durch die Samenblase und die sie umgebenden Kornsekretdrüsen, In der Samenblase Kornsekret, Fig. 4. Theil eines Querschnittes durch das Atrium genitale. *,**, Unter- brechunssstellen, Lücken der Basalmembran bs, welche von langen Cilien clb um- stellt sind. Kr Körnchenmassen, welche durch diese Lücken aus dem Parenchym in das Atrium genitale gelangen. Fig. 5. Theil eines Medianschnittes durch das Hinterende von P]. siphono- phorum (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Fig. 6. Theil eines Schnittes durch die Vesicula seminalis von Vorticeros auriculatum (Sublimatessigsäure, Alaunkarmin). Fig. 7—14 beziehen sich auf Monoophorum striatum. Fig. 7. Längsschnitt durch die Ausführungswege der Geschlechtsdrüsen und den Begattungsapparat (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 8. Querschnitt (Kombination zweier Schnitte) durch das & Copulations- organ «, Penisrohr, 3, Penisscheide (Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Osmium- karmin). Fig. 9. Querschnitt (Kombination zweier Schnitte) durch das & Copulations- organ. Dasselbe ist hier halb vorgestoßen und ragt in das Atrium genitale. * * Einbiegungsstelle der Atriumwandung zur Bildung des äußeren Penis- rohres, ** Übergang der Penisscheide in den blasenartig erweiterten Abschnitt (Subli- mat-Essigsäure, Pikrokarmin). Fig. 40. Das Keimlager und seine Verbindung mit der Bursa seminalis. sp Spermatozoenbündel; rr’ Verbindungsrohr (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig, 44, Querschniit durch den angeschwollenen Theil von r’ in Fig. 40. In db sind die dieses Gebilde formirenden Fasern bl parallel, in «a in Form eines Gerüst- > 478 Ludwig Böhmig, werkes angeordnet; m Maschen desselben (Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Osmiumkarmin). Fig. 42a, 5, c. Algenähnliche Gebilde aus dem Darme von Pl. maculatum und bimaculatum. a. Pl. maculatum (Osmiumessigsäure, Hämatoxylin, Glycerin), lebend. db. Pl. maculatum (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin; aus einem Schnitt- präparat; a und b gleiche Vergrößerung. c, Pl. bimaculatum (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin; aus einem Schnitt- präparate. i Tafel XX. Fig. 4. Lebende Darmepithelzelle von Pl. Girardi. Fig. 2. Darmepithel von Pl. Girardi (Sublimatssigsäure, Pikrokarmin). Fig. 3. Querschnitt durch das Gehirnganglion von Monoophorum stria- tum. a,b, ce Theile des Punktsubstanzballens (Sublimatessigsäure, Osmium- säure, Osmiumkarmin). Fig. 4. Längsschnitt durch das Gehirnganglion von Monoophorum Stria- tum. a, b, b', c, d Theile des Punktsubstanzballens; nIw!, nlw2, nIw3, die drei Wurzeln des Nerven n/ (Osmiumessigsäure, Hämatoxylin). Fig. 5 u. 6. Querschnitte durch das Gehirnganglion von Vorticerosauricu- latum (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 7. Querschnitt durch das Gehirnganglion von Pl. bimaculatum a, «a, b, c, d Theile und Faserzüge des Punktsubstanzballens. Fig. 8. Schema des Gehirns von Pl. Girardi. Fig. 9. Schema des Gehirns von Pl. sulphureum. Fig. 40. Schema des Gehirns von Pl. maculatum. Fig. 44. Schema des Gehirns von Pl. dioicum. Fig. 12. Schema des Gehirns von Pl.siphonophorum. Fig. 13. Schema des Gehirns von Pl. bimaculatum. Fig. 14. Schema des Gehirns von Vorticeros auriculatum. Fig. 45. Schema des Gehirns von Vorticerosauriculatum. Fig. 46. Schema des Gehirns von Monoophorum striatum. Fig. 47. Schema des Gehirns von Gylindrostoma quadrioculatum. Fig. 48. Schema des Gehirns von Cylindrostoma Klostermannii. Tafel XXI. Fig. 4. Theil eines Querschnittes durch einen Nerven von Monoophorum striatum. sp Spongioplasma, welches ein Gerüstwerk Spn bildet. Dasselbe um- schließt große Maschen spm, welche durch Spongioplasma sp’ in kleine zerlegt werden, die erfüllt sind vom Hyaloplasma hyl. (Nach einem Sublimatessigsäure-, Osmiumsäure-, Osmiumkarmin-Präparate.) Fig. 2. Theil der Punktsubstanz aus dem Gehirnganglion von Monoopho- rumstriatum. Wir erkennen zwei Netzwerke, ein spongioplasmatisches Spn, gebildet von sp und ein hyaloplasmatisches HyIn, gebildet von dem Hyaloplasma hyl. Nach einem Sublimatessigsäure-, Osmiumsäure-, Osmiumkarmin-Präparate. Fig. 3. Ganglienzelle aus dem Gehirn von Gylindrostoma quadriocula- tum (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 4u.5. Ganglienzellen aus dem Gehirne von CylindrostomaKloster- mannii (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Untersuchungen über rhabdoeöle Turbellarien. II. 479 Fig. 6a, b,c, d. Ganglienzellen von Monoophorum striatum (Sublimat- essigsäure, Osmiumsäure, Osmiumkarmin). Fig. 7. Ganglienzellen aus dem Gehirn von Vorticeros auriculatum (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 8. Subkutaner Faserplexus von Pl. Girardi. Nach dem lebenden, mit Ehrlich’schem Methylenblau behandelten Thiere gezeichnet. Fig. 9. Querschnitt durch ein Auge und einen Theil seiner Umgebung von P|. Girardi (Sublimatessigsäure, Osmiumsäure, Pikrokarmin). Fig. 40. Schnitt durch einen Theil eines Auges von Pl. dioicum (Osmium- essigsäure, Hämatoxylin). Fig. 44. Längsschnitt durch ein Auge von Vorticeros auriculatum (Su- blimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 42. Längsschnitt durch einen Theil des Gehirns mit den Augen von Mono- ophorum striatum (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 43. Querschnitt durch ein Auge und einen Theil des Gehirns von Meso- stomum Craci (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 14. Linsenzelle von Vorticeros auriculatum, S$S, Saum derselben (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 15. Stäbchen aus der Retina von Pl. Girardi (Sublimatessigsäure, Os- miumsäure, Pikrokarmin). Fig. 46. Schnitt durch das Vorderende von Pl. siphonophorum. Der Schnitt liegt vor dem Gehirne. glzk Ganglienzellenkerne. (Sublimatessigsäure, Pi- krokarmin). Fig. 17—19. Tastkörperchen in dem Körperepithel von Monoophorum striatum (Osmiumessigsäure, Hämatoxylin). Fig. 20. Wimperrinne von Vorticeros auriculatum im Längsschnitt . (Sublimatessigsäure, Pikrokarmin). Fig. 24. Wimperrinne von Monoophorum striatum im Längsschnitt (Osmiumessigsäure, Hämatoxylin). Fig. 22 a, b. Theile des Exkretionssystems von PI. Girardi, nach dem lebenden Thiere gezeichnet. Corrigenda. Da ich die Korrekturtafeln erst erhielt, als der größte Theil des Textes bereits korrigirt war, haben sich eine Anzahl auf die Tafelbezeichnung bezügliche, fehler- ‚hafte Bezeichnungen im Texte eingeschlichen. P. 222 Zeile 42 von unten lies statt Fig. 2 — Fig. 3. 939 277107» » » » Fig. 3 phn — Fig. 5 Phn. » 235 >» 5.» » » » pli — plf. » 360 » O5) » » » sans — SOUSs, » 984 » Be) » » » Fig. A — Fig. 1a. » 390 » Sn) » » » nacr — nacr". DanT 9 AU.» » » » kst — Kst. » 323 »-20 » » » » kei’ — Kei. Due 3 » oben » » kei — Kei. » 334 »4A7,48 » DD » drst — Dst. » 334 » 6 » unten » » dst — Dst. DIDI AA) » » » erh — chr. DE 90 » » » bsd — dbs. »'364 » 7 » oben » » mkb — Psb. »u305% > 4.» unten » » kei — Kei. » 3866 » 40 » oben » » .dst — Dst. » 370 » 20 » unten » » kh— Kh. Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. Von Dr. C. J. Cori, Assistenten am zool. Institut der k. k. deutschen Universität zu Prag. Mit Tafel XXI—XXVII. A. Einleitung. Während eines Aufenthaltes zu Messina, im Frühjahr 1888 hatte ich die Gelegenheit, eine neue Phoronis Speeies kennen zu lernen und ihre Organisation zu studiren, so weit dies am lebenden Objekte ohne Zuhilfenahme von besonderen Methoden möglich war. Leider war mir nur eine kurze Frist gegönnt, aus der reichen Fülle von Arbeitsmaterial zu schöpfen, welche die Meerenge von Messina dem Zoologen darbietet. Diese damalige Untersuchung bildete den Anfang zur vorliegenden Arbeit. Einen Theil der Ergebnisse, und zwar hauptsächlich den, welcher sich auf die Anatomie der Phoronis bezieht, habe ich schon früher in meiner Inaugural-Dissertation mitgetheilt. Bei nächster Gelegenheit, wo es mir vergönnt sein wird, zur günstigen Zeit, einen längeren Aufenthalt am Meere zu nehmen, beabsichtige ich dieser anatomisch-histologischen Bearbeitung noch die entwicklungs- geschichtliche nachfolgen zu lassen, da uns eine zusammenhängende Darstellung der Entwicklungsgeschichte dieses Thieres fehlt, obwohl schon mehrfach an derselben gearbeitet wurde. Außerdem erscheint mir dieselbe als unerlässlich für die Lösung einiger Fragen betreffend die Stellung der Phoronis im System. Die Anregung zur Untersuchung dieses Thieres ging von meinem verehrten Lehrer und Chef, Herrn Professor Dr. B. HırscHEk aus, welcher diese Phoronis-Species vor Jahren in einem Küstensalzsee bei Messina entdeckte. Es sei mir daher gestattet, Herrn Prof. HATScHE& Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 481 meinen ergebenen Dank hiemit zum Ausdruck zu bringen, sowohl da- für, dass er mit so vielem Interesse dem Fortgange meiner Arbeit ge- folgt ist, als auch besonders für seine Güte und freundlichen Rath, mit welchem er meine Untersuchung stets zu fördern trachtete. Auf der Heimreise von Messina hielt ich mich einige Tage in Neapel auf und benutzte diese Zeit zur vergleichsweisen Untersuchung der im Neapler Hafen so häufig vorkommenden Phoronis-Art. Hierbei wurde ich wesentlich durch die Freundlichkeit des Hrn. Prof. A. Donrn unterstützt, welcher mir die Benutzung eines der österreichischen Arbeitsplätze an der Station gestattete, wofür ich ihm hiemit meinen besten Dank ausspreche. An Ort und Stelle suchte ich zunächst am lebenden Thiere Alles zu erledigen, was ohne Zuhilfenahme von besonderen Methoden mög- lich war, um später zu Hause am konservirten Thiere die Untersuchung fortzusetzen. Das lebende Material wurde mir nach Bedarf durch einen Boten von Faro nach Messina gebracht. Den Fundort der Phoronis be- suchte ich aber auch mehrmals selbst, um ihr Vorkommen kennen zu lernen. Bei der Untersuchung dieses Thieres hat sich die Betäubung mit der Alkoholseewassermischung von S. LoBıanco, dem berühmten Kon- servator der Zoologischen Station zu Neapel, als auch mit der von mir angegebenen Methylalkoholmischung als sehr vortheilhaft erwiesen, be- sonders, um die beim Zeichnen mit der Camera lucida so lästigen Be- wegungen des Thieres hintanzuhalten ; Chloralhydratlösungen verschie- dener Koncentration zeigten bei Weitem nicht die gewünschte Wirkung. Mit Tabakrauch konnte man die Thiere gleichfalls bis zur vollständigen Regunsslosigkeit betäuben. Einen guten Theil der Zeit, die mir zur Verfügung stand, benutzte ich zum Konserviren der Phoronis für die nachherige Untersuchung. Es war dies eine vielGeduld beanspruchende und Mühe verursachende Arbeit. Um die Phoronis von den Sandröhren zu befreien, in welchen sie lebt, musste in der Weise vorgegangen werden, dass man diese Stück für Stück zerriss, um dann das Thier durch den abgerissenen Röhrentheil durchzuziehen. Bei dem Vorderende ging dies ohne Wei- ters vor sich, während die Manipulation am Hinterende regelmäßig mit Misserfolg begleitet war. Die Ursache hierfür lag in dem Umstande, dass die ohnedies verdickten Hinterenden des Thieres um diese Zeit so stark blasenartig vergrößert waren, dass sie immer in dem abgerissenen Röhr- chen fest eingezwängt zu sein schienen oder zum Theile aus demselben bruchsackartig hervorschauten. Nach eintägiger Arbeit war ich daher schon befriedigt, einige wenige Exemplare vollständig und unverletzt, 482 6. J. Cori, konservirt zu haben. Verschiedene Mittel, auch die zur Betäubung dienenden, konnten mir diese Arbeit nicht erleichtern. Herr Professor HaATScHERX versicherte mich, dass das Befreien der Thiere von den Sand- röhren, als er vor sechs Jahren die Phoronis am Faro entdeckte, ohne erhebliche Mühe gelang, und dass sogar die Thiere die Röhre selbst verließen, wenn das Wasser im Aquarium schlecht geworden war. Es geschah dies im Hochsommer und damals befanden sich dieselben nach der Laichzeit. Auch von der Neapler Phoronis brachte ich konservirte Exemplare mit nach Hause, deren Beschaffung jedoch mit viel weniger Mühe verbunden war. Zum Härten der Phoronis verwandte ich Chromosmiumessigsäure, modifieirt nach For, Chromessigsäure, Sublimat, Pikrinsäuresublimat. Pikrinsäureplatinchlorid und Alkohol. Die Procedur der Härtung nahm ich auf Glasplatten und mit Hilfe von Pinseln vor, um die Thiere in möglichst gestreckter Form zu erhalten. Nachdem sie sich nicht mehr krümmten, übertrug ich sie in eine größere Menge Flüssigkeit, wo sie ungefähr zwölf Stunden verweilten. Die Nachbehandlung geschah in der bekannten und üblichen Weise mit Wasser und Alkohol. Für die Schnittserien färbte ich die Thiere zumeist in toto mit Boraxkarmin, einige wenige mit Alaunkochenille und Hämatoxylin. Zum Einbetten nahm ich ausschließlich Paraffin. Von den Härtungsmitteln bewährte sich entschieden am besten die Chromosmiumessigsäure nach For, nicht bloß, was die Erhaltung der Form, sondern auch was die histologische Erhaltung betrifft; nur ein Übelstand macht sich bei derselben be- merkbar, nämlich eine zu starke Osmiumschwärzung, zumal wenn die Objekte dem Sonnenlichte ausgesetzt waren, und in Folge dessen resul- tirt die nachherige schlechtere Durchfärbung der Präparate. Behu's Vornahme von Maceration des frischen Objektes benutzte ich die von Herrwıs angegebene Osmiumessigsäure oder Chromosmiumessigsäure in sehr starker Verdünnung mit einem geringen Zusatz von Glycerin. Die Macerationspräparate färbte ich dann meist in Pikrokarmin und untersuchte sie in Seewasser. B. Litteratur. Bei der Zusammenstellung der Litteratur war es mir vor Allem darum zu thun, jene Angaben zu sammeln, welche sich auf die Anatomie und Histologie des genannten Thieres bezogen. In dem nachfolgenden Litteraturverzeichnis sind diese in der Abtheilung a nach der Zeit ihres Erscheinens geordnet. Da sich jedoch auch in den Arbeiten über Ent- wicklungsgeschichte Bemerkungen bezüglich des ausgebildeten Wurmes finden, so führe ich die betreffenden Abhandlungen gleichfalls, aber in Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 483 einer besonderen Gruppe b an. In dieser letzteren sind noch einige andere Werke genannt, welche ich zum Studium heranzog. Dem Littera- turverzeichnis lasse ich eine Besprechung der unter a angeführten Arbeiten im Zusammenhange folgen, um zu zeigen, wie sich unsere Kenntnisse über Phoronis entwickelten, während in den einzelnen Kapiteln des speciellen Theiles hauptsächlich Detailfragen ihre Berück- sichtigung finden werden. a. Abhandlungen über Anatomie der Phoronis in chronologischer Reihenfolge. 4, STRETHILL WricHT, Phoronis hippocrepia. The Royal Physical Society of Edin- bursh en avril 4856, und Description of two Tubicolar Animals and on the existence of threadcells on the tentacles of Cydippe. Edinb. New, Phil. Journ. M. S. Vol. IV. octobre 1856. Mit 4 Tafel. . JAMEs Arımans, Monograph of Freshwater Polyzoa. Roy. Soc. 1856. p. 55. . F.D. Dyster, Notes on Phoronis hippocrepia. Transaction of the Linn. Soc. of London 4858. Vol. XXI. p. 254—256. Mit 4 Tafel, 4. P. J. vas BENEDEn, Note sur un Annelide cephalobranche sans soies designe sous le nom de Crepina. Annales des Seienc. natur. Zool. 4me Ser, Vol.X. 41858. p. 11. . STRETHILD WricHT, Note sur le Crepina de M. vas BENEDEN. Annales des Scienc. natur. Zool. me Ser. Vol. XI. p. 150. 4859. 6. KowaLevs£v, Anatomie und Entwicklungsgeschichte von Phoronis. St. Peters- burg 4867. Mit Tafeln. 7. W.C. MacIstosa, Note on a Phoronis dredged in H.M. S. Challenger. in: Proc. Roy. Soc. Edinb. 1880—1882. Vol. XI. p. 214—217, 83. W.A. Hasweıı, Preliminary note on an Australian species of Phoronis (Phoro- nis australis). Proc. Linn. Soc. N. S. Wales. Vol. VII. 4882, 9. W.H. Carpwerr, Preliminary note on the Structure Deveiopment and Affinities of Phoronis. Proc. Roy. Soc. London. Vol. XXXIV, p. 374—383. 1882. 410, W.€. MacIvtoss, Report on Phoronis Buskii, n. sp. dredged during the voyage of H.M,S. Challenger 1873—4876. Report on the Scientific Results of the voyage of H.M. S. Challenger Zoology. Vol. XXVII. Part. LXXV. 1888. Mit 3 Tafeln. 41. BEsaam WırLıam Braxtanp, The Anatomie of Phoronis australis. The Quarterly Journal of mieroscopical Science. New Series No. CXVIH. Vol. XXX. Part. 2. July 4889. p. 425. Mit 4 Tafeln, 42. J. Corı, Beitrag zur Anatomie der Phoronis. Dissert. Prag, Juli 1889. w bb [#13 b. Abhandlungen über die Entwicklung der Phoronis. 4. Jos. Mürızr, Bericht über einige neue Thierformen der Nordsee. MürLer's Ar- chiv für Anat. u. Physiol. 1846. p. 404. 2. R. Wiseser, Actinotrocha branchiata. Mürter’s Archiv für Anat. u. Physiol. 1847. p. 202—206. 3, C. GEsENBaUR, Bemerkungen über Pilidium, Actinotrochz»etc. Diese Zeitschr. $ Bd. V. 1854. p. 347. m. 484 C. J. Cori, 4. A. Krons, Über Pilidium und Actinotrocha. Mürter’s Archiv für Anat. u. Phys. 1858. p. 289. . LEUCKART und PAGENSTECHER, Untersuchungen über niedere Seethiere. MÜLLERS Archiv für Anat. u. Phys. 4858. p. 558. 6. En. CLaParkDE, Beitrag zur Kenntnis der Gephyrea. Archiv für Anat. u. Phys. 1861. p. 558. . A. SCHNEIDER, Über die Metamorphose der Actinotrocha branch. Monatsber. d. Akad. d. Wissensch. zu Berlin. 24. Oktober 1861. 8. —— Über die Metamorphose von Actinotrocha branch. Archiv für Anat. u. Phys. 4862. p. 47. 9. Naturw. Zeitschr. Würzburg. Bd. V. 1864. 410. Ep. CLapArkDE, Beobachtungen über Anatomie und Entwicklungsgeschichte wirbelloser Thiere. Leipzig 1863. p. 83. [14 aA, Les Annelides Chetopodes du Golfe de Naples. Gen&ve et Bale 1868. 42. EL. METSCHNIKOFF, Mittheilungen über Actinotrocha und deren Umwandlung in Phoronis. Nachr. v.d. kgl. Ges. d. Wiss. z. Göttingen. 4869. p. 233. 43. —— Über die Metamorphose einiger Seethiere (Actinotrocha). Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1874, 14, —— Vergleichend embryologische Studien über die Gastrula einiger Metazoa. Diese Zeitschr. Bd. XXXVII. 41882. p. 286—343. 45. E.B. Wırsox, The metamorphosis of Actinotrocha. Americ. Naturalist. Vol. XIV. Dec. 4880. 46. A. FOETTINGER, Note sur la formation du m&soderme dans la larve de Phoronis hippocrepia. Arch. f. Biol. Tom. III. p. 679—686. 4882. 17. Coxs, Abhandlungen über Larvenformen. Phoronis. p. 894—895. STRETHILL WricHr (1). Von diesem Autor war mir nur seine zweite Mittheilung über Phoronis, welche er im Oktober 1856 veröffent- lichte, zugänglich. WRrıcHr hat das Verdienst, die Phoronis entdeckt und das erste Mal beschrieben zu haben. Er fand sie bei Ilfracombe auf einem Stück Koralle in Gesellschaft mit anderen festsitzenden Meeres- thieren. Die Länge dieser Species, welcher er den Namen Phoronis hippocrepia beilegte, betrug 15 mm (6/,, engl. Zoll), der Durchmesser 0,25 mm (!/ıoo engl. Zoll. Die Tentakelkrone zählte 60 bewimperte Tentakel, die an ihrer Basis durch eine Membran verbunden waren. Später entdeckte er bei Firth of Forth, in der Nähe von Inchkeith, an- geblich eine andere Species mit 18 Tentakeln, die Phoronis ovalis, die zum Unterschied von der früher genannten keine Tentakelmembran besaß. Auch soll die Tentakelkrone eine ovale Gestalt besessen haben. Von der Organisation der Phoronis gab der Autor zwar nur eine sehr kurze Beschreibung, doch muss derselben Korrektheit und Verständlich- keit nachgerühmt werden. Er beschrieb das Integument, die Musku- latur, die Blutgefäße und den Darmtractus. | F.D. Dyster (3). Die kleine Abhandlung von Dyster hat in so fern Interesse, als dieselbe die erste genauere Untersuchung ist, abgerechnet Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 485 die Mittheilung von Wrıckr und außerdem, dass sie zu einer Zeit ange- stellt wurde, wo man nur über primitive Untersuchungsmethoden ver- fügte. Sie scheint nur am lebenden Thiere und mit Hilfe einer Lupe unternommen worden zu sein. An welchem Orte der Autor die Phoronis untersucht hat, giebt er leider nicht an und sagt nur, dass er sie in einem kleinen Teiche auf einem Steine in Gesellschaft mit Röhrenanne- liden und Actinien fand. Die Röhre dieser Phoronis-Art sei aus Schlamm und einem erstarrenden Sekret gebildet. An dem Thiere unterscheidet der Verfasser eine Tentakelkrone und einen Fuß, an letzterem eine Hämal- und eine Neural-Seite. Die Farbe des Thieres selbst vergleicht er mit Silbergrau. Die Länge der Phoronis variirte zwischen 1,5 und 7,9 mm (!/,,—?/s engl. Zoll). Der Verfasser vergleicht die Phoronis mit den Anneliden, hebt aber das Fehlen von Borsten und Haaren hervor; ferner unterscheidet sie sich von diesen durch die regelmäßig angeordneten Tentakel; die Tentakelkrone der Phoronis erinnerte ihn vielmehr lebhaft an die der Polyzoa (Bryozoa). An der Tentakelkrone beschreibt er die beiden huf- eisenförmig gekrümmten Tentakelreihen mit 16—86 Tentakeln, welche an ihrer Basis durch eine Membran vereint seien. Zwischen den Armen des Lophophors fand Dyster zwei Falten ge- legen, welche er als Endausläufer der Oviducte bezeichnet und außerdem führt er noch zwei in der Konkavität des Lophophors gelegene Öffnungen an. Die sich darauf beziehende Stelle seiner Arbeit lautet: »In manchen Individuen und große Eier erzeugenden Arten werden am hinteren, inne- ren Rande der Höhlung des Lophophors zwei beinahe kreisrunde Lippen mit einer Durchlöcherung gesehen«; ihre Bedeutung vermochte er nicht festzustellen. »Sie mögen, wie er sagt, vermuthlich Samenwege sein.« Das Nervensystem konnte Dyster nicht auffinden. Die beiden ebengenannten, räthselhaften Organe könnten seiner Meinung nach möglicherweise zwei Ösophagealganglien sein. Für Augenflecke seien sie desshalb nicht zu halten, weil das Thier nach seiner Beobachtung keine Lichtscheu zeigt. Die Körperwand sah der Verfasser aus einer Epidermis und einer Längsmuskelschicht zusammengesetzt. An dem Darmtractus unter- scheidet er einen Mund, Ösophagus, Magen, einen Dünndarm und den Anus. Der bewimperte Mund wird von einem Epistom bedeckt und ist mit einer eirkulären Muskelschicht versehen, welche als Sphincter fungiren soll. Die Fortsetzung der Mundhöhle bis zur Umbiegungs- stelle der Darmschleife nennt er Ösophagus, welcher nicht bewimpert sei und in den Magen einmündet. Den nun folgenden Theil des Darmtractus konnte der Verfasser nicht sehen, er vermuthet aber, dass‘ 486 | u.) Con, er zu dem Anus hinziehe, welcher in der Konkavität des Lophophors zwischen den beiden als Oviducte bezeichneten Falten liegt. Das Blutgefäßsystem hat Dyster richtiger überblickt als mancher seiner Nachuntersucher. Er unterscheidet zwei Hauptgefäße, einen Ringsinus in der Tentakelkrone und kapillare Verbindungen der Haupt- gefäße am Körperende. Unpassend ist wohl die Unterscheidung zwi- schen Arterien und Venen, sowie auch die Angabe unrichtig ist, dass die beiden Hauptgefäße an ihrem vorderen Abschnitte durch Quergefäße verbunden seien. Das Blut setzt sich aus einer farblosen Flüssigkeit zusammen und aus rothen, kernhaltigen Kügelchen, welche ungefähr bis 0,1 mm (1/3900 —'/ır0 engl. Zoll) Durchmesser haben. Außerdem giebt er noch das Vorkommen von weißen Blutkörper- chen mit amöboider Bewegung an. Das Ovarium beschreibt und bildet er als einen langen, birnförmigen Körper ab. Ich möchte vermuthen, dass es sich hier wohl um eine Verwechslung mit einer Blindzotte eines Blut- gefäßes handelt. Eben so scheint Dyster, wenn man nach seinen Ab- bildungen urtheilen soll, Gebilde für Spermatozoen gehalten zu haben, die wohl mit jenen spindelförmigen Körpern identisch sind, welche Ko- WALEVSKY in der Leibeshöhle fand, und die ich als Ausscheidungspro- dukte der Zellen des sogenannten Fettgewebes feststellen konnte. Ne- ben den Spermatozoen beobachtete er gleichzeitig auch Eier. Weiter beschreibt er die Ablage der Eier durch den unbewimperten Oviduct und fand, dass sie an der inneren Tentakelreihe angeklebt werden, hier Veränderungen eingehen, um sich zu Larven auszubilden und nach ungefähr 48 Stunden das Mutterthier zu verlassen. Am Schlusse seiner Abhandlung hebt Dyster als auffällige Eigen- schaft der Phoronis den Besitz von rothen, kernhaltigen Blutkörperchen hervor, während die Blutflüssigkeit selbst farblos ist; diese Eigenschaft, sowie der Mangel der äußeren und inneren Segmentirung, weiter der lange Pharynx ohne Muskulatur, das Fehlen von Borsten, Häkchen und Fußanhängen ließen ihn zu der Ansicht kommen, dass Phoronis erheb- lich von dem Annelidentypus abweicht. Darin bestärkte ihn noch die Überzeugung, dass die periviscerale Höhle keine Körperchen enthalte, wie bei den Anneliden. Seine Meinung, wo die Phoronis im Systeme einzureihen wäre, spricht er jedoch nicht aus. VAN BENEDEN (4). Im Jahre 1858 theilte van BEneDen in den Annales des Science. natur. Zool. mit, dass er ein neues Thier, die Crepina ent- deckt habe, welches sein Interesse durch die Eigenthümlichkeit der Organisation, ferner durch den Umstand, dass für dasselbe keine pas- sende Stellung im System zu finden war, so sehr erregte, dass er die Meinung äußerte, »die Crepina werde in Zukunft als Standarte dienen, Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 487 um welche sich andere Arten gruppiren werden«. Er definirt die Cre- pina als ein Annelid ohne Borsten mit einer hufeisenförmigen Tentakel- krone. Aus letzterem Grunde konnte er sich nicht des Hinweises auf den Vergleich mit den Süßwasserbryozoen enthalten. Was ihm besonders merkwürdig schien, ist das Vorhandensein von rothem Blut, welches in den Gefäßen verlaufend den Körper durchströmt, noch mehr aber, dass die rothe Farbe des Blutes von gefärbten Blutkörperchen herrühre. Durch die Meinung beeinflusst, ein Annelid vor sich zu haben, im Sinne von Chätopoden, hat van BENEDEN die Arbeit durchgeführt. In der anatomischen Beschreibung des Thieres giebt er an, dass sich die Leibeswand leicht in »Epidermis« und »Dermis« zerlegen lasse; unter ersterem Ausdrucke versteht er das bewimperte ektodermale Epi- thel und mit »Dermis« (wie es im Texte heißt) kann er nur die Muskel- schicht gemeint haben. Als besonders wichtig führt er an, dass die Leibeshöhlenflüssigkeit keine festen Bestandtheile, wie bei den Anne- liden, enthalte, und dass innerhalb derselben keine selbständige Be- wegung herrsche. Die Tentakelkrone beschreibt er als einen Athmungs- apparat; jeder Tentakel sei von einem Gefäße durchzogen und jene selbst, sowie der ganze Körper seien von mikroskopischen Härchen be- deckt; doch bezeichnet er letztere ausdrücklich als bewegungslos. Bei der Beschreibung des Nahrungstractus, der eine einfache, gerade Röhre ohne Differenzirung in einzelne Abschnitte darstellt, hebt er als Bryo- zoenähnlichkeit das Vorhandensein eines lippenartigen Epistoms hervor, welches den Mund überdeckt. Des Anus erwähnt er an keiner Stelle, hingegen wird aus einer Bemerkung klar, dass er übersah, dass der Darm eine Schleife bildet. Ein Diaphragma stellt van Ben£pen in Abrede. Die Beschreibung des Blutgefäßsystems zeigt, dass van BEnzEDen alle wesentlichen Gefäße an demselben gefunden hat, wenngleich aus seiner Darstellung nicht ersichtlich ist, ob er das Blutgefäßsystem als Ganzes. richtig überblickt hat. Auch stimmt seine Behauptung, dass der Blut- lauf in regelmäßiger Weise stattfindet, mit der Wirklichkeit nicht über- ein. Von den Blutkörperchen sagt er, dass sie scheibenförmig und sehr elastisch sind und einen opaken Fleck zeigen. Nach seiner Messung beträgt der Durchmesser 0,01 mm. Auch hat der Verfasser gelegentlich dieReproduktion der Tentakelkrone beobachtet. Über die Geschlechts- organe und die Entwicklung erwähnt er nichts weiter, als dass die Phoronis getrennt geschlechtlich ist, und dass die Entwicklung aus be- wimperten Embryonen erfolge. In seiner Betrachtung über die natür- lichen Verwandtschaften schließt er die Phoronis von den Bryozoen aus, indem er betont, dass die Bryozoen eines Blutgefäßsystems entbehren, dass ihre Tentakelkrone einziehbar, der Darmtractus immer schleifen- Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 33 488 0. J. Coni, föormig zurückgebogen sei und dass der After in der Nähe des Mundes liege. Nur eine Ähnlichkeit haben beide, dass sie nämlich eine huf- eisenförmige Tentakelkrone und ein Epistom besitzen. Die Länge des Körpers, die symmetrische Lage der Blutgefäße mit dem rothen Blut bewiesen ihm, dass Crepina ein Annelid mit einer Kopfkrone sei, und er spricht die Ansicht aus, dass sie unter den Chätopoden eine beson- dere Gruppe für sich einnehme, eine Gruppe ohne Borsten. Kowauevs&y (5). Die Abhandlung Kowausvsky’s über Phoronis ist in russischer Sprache geschrieben und war mir daher nur theilweise durch ein Referat im Wıremann’schen Archiv (33. Jahrg. 1867 II. Bd. p. 235—238) sowie durch eine deutsche Übersetzung der Tafelerklärung, welche ich in der Bibliothek der Neapler Zoologischen Station vorfand, zugänglich. KowaLevsky untersuchte die Phoronisart aus dem Hafen von Neapel. | Er beginnt mit der Beschreibung der äußeren Körperform, wobei er den Besitz einer Tentakelkrone am Vorderende, sowie einer An- schwellung am Hinterende hervorhebt. Am Vorderende sind Mund und After zu suchen. Neben letzterem bezeichnet er in seinen Abbildungen (Fig. 2) unter dem Namen »konische Körper unbestimmter Natur« zwei Gebilde, welche wohl nichts Anderes sind, als die Nierenkanäle, die zu beiden Seiten der Afterpapille liegen. In Fig. 7 findet man die den letzt- genannten Gebilden entsprechenden Öffnungen unter dem Namen »Geni- talöffnung«, durch welche er die befruchteten Eier austreten sah. Die Leibeswand besteht nach seinen Angaben aus einer Epithel-, einer Ring- und Längsmuskelschicht; eines Peritonealüberzuges, welcher die vierte Schicht der Leibeswand darstellt, hat der Verfasser nicht Erwähnung gethan. An dem vorderen Theile des Körpers macht er inFig. 76 auf eine Stelle aufmerksam, welche er als Chitinmasse ab- sondernd bezeichnet. | Den Darmtractus beschreibt Kowarzvsky als ein schleifenförmig gebogenes Rohr, welches in der Leibeshöhle durch ein einziges Mesen- terium aufgehängt ist. Was das Blutgefäßsystem anbelangt, so ist mir aus seinen Abbil- dungen ersichtlich, dass dasselbe von ihm nicht in allen Theilen richtig aufgefasst wurde. Er fand, dass ein Blutgefäß die Krümmung des Darmes mitmache, welches an der Basis der Tentakelkrone zu einem Ringgefäß zusammenfließt, aus dem die Gefäße für die Tentakel entspringen. Die Art der Abbildung dieser Verhältnisse zeigt folgende Unrichtigkeiten: Die Vereinigung zu einem Ringgefäße findet in ganz anderer Weise statt, außerdem sehen wir, dass die Zotten nur auf ein Gefäß beschränkt sind, weiter, dass zwischen den beiden Gefäßschen- Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 489 keln keine Verbindungen vorkommen, außer an der Umbiegungsstelle am Körperende, wo sich die beiden in ein reiches Gefäßnetz auflösen. Dagegen kann ich seine Angabe bestätigen, dass die Zotten als ein Motionsapparat für die Blutbewegung fungiren, und dass der Blutlauf kein regelmäßiger ist. Das Blut enthält nach seinen Messungen Blut- körperehen von vierfacher Größe, als die des Menschen. Ein Ganglion vermuthet Kowaızvsky zwischen Mund und After. In der Gegend un- terhalb des Ringgefäßes bezeichnet er in Fig. 26 eine Hervorragung der Haut, die mit Blutkörperchen gefüllt sei, »wodurch ein Gehörorgan an- gedeutet zu sein scheint«. Welche Gründe den Verfasser zu dieser An- nahme führten, weiß ich nicht. Weder am lebenden Thiere, noch auf Schnitten ist etwas zu finden, was zu dieser Deutung Veranlassung geben könnte. Die Geschlechtsprodukte sah der Autor aus einer fettartigen Masse hervorgehen, welche die Räume zwischen den Gefäßzotten einnimmt, und zwar entständen die Eier in einer Region näher dem Vorderende, die Spermatozoen dagegen näher dem Hinterende. Er erkannte also die Phoronis als Zwitter. Die Befruchtung und Furchung der Eier soll sich in der Leibeshöhle vollziehen. Kowaevsky giebt in der genannten Arbeit auch eine Beschreibung über die Verwandlung des Eies in die Larve, auf welche ich jedoch nicht eingehe, da sie nicht zur Aufgabe der vorliegenden Untersuchung gehört. Vor Kowsrrvsky wurde von A. Krons und A. Scheider die Meinung geäußert, dass sich die Phoronislarve, die Actinotrocha, in einen Sipunculiden verwandle, jedoch erst Kowaızvskv konstatirte, dass die aus den Eiern der Phoronis sich entwickelnden Larven identisch mit der Actinotrocha seien und so erbrachte er den Nachweis der Zu- sammengehörigkeit der genannten Larve mit dem Wurme. Carpwerr (9) bespricht die Resultate seiner anatomischen und em- bryologischen Studien an Phoronis nur in einer vorläufigen Mittheilung. Er beginnt mit der Beschreibung der Körperform. Aus dieser ist zu- nächst, als bisher unbekannt, die Angabe herauszugreifen, dass rechts und links von der medianen Dorsallinie in der inneren Tentakelreihe die Stelle zu suchen sei, wo die Vermehrung der Tentakel stattfindet. Das Skelett, welches die Tentakelkrone stützt, hält CarLpweıı für meso- blastischen Ursprunges. Den eigentlichen Körper der Phoronis, also jenen Theil, der sich in der Röhre birgt, bezeichnet er als Fuß, eine Benennung, die wohl nicht sehr zweckmäßig erscheint. Über den Bau des Nervensystems war bis zum Erscheinen der Carpwerr'schen vorläufigen Mittheilung so zu sagen nichts bekannt. _ Erst er stellte fest. dass das Nervensystem ektodermal liest. Und zwar 32* 490 C. J. Cori, beschreibt er ein Ganglion, welches an der Stelle liegt, wo KowaLevsky es vermuthet hat und einen Ringnerven um den Mund; weiter ent- deckte er einen Seitennerv, der links von dem Anus durch etwa zwei Drittel der Leibeslänge im Körperepithel verläuft, und außerdem noch zwei Flimmergruben, die sich rechts und links von der Analpapille be- finden. Betreffs der Auskleidung der Körperhöhlen erfahren wir durch CALpweLL, dass diese durch ein Peritoneum geschieht, welches sich als Mesenterium zum Darm hin erstreckt. Er unterscheidet ein Haupt- mesenterium, welches sich an der Körperwand und dem äußeren Rande der Darmschleife befestigt, und zwei Lateralmesenterien, welche sich von den Seiten des Intestinums (Dünndarmes) zu der Körperwand hinüberschlagen. Die lateralen Mesenterien sind kürzer als das Haupt- mesenterium, so dass die Theilung der Körperhöhle in vier Kammern eine unvollständige ist. Die Verbindung zwischen Magen und Dünn- darm geschieht nicht direkt, sondern mit Zuhilfenahme des linken Lateralbandes, so dass dieses in zwei Theile getheilt wird. Außerdem fand CaLpwerı noch ein Diaphragma, welches unterhalb der Tentakel- krone quer zur Körperachse ausgespannt ist. Auch beschreibt er Ex- kretionsorgane, Nephridien, welche sich bei der Larve nach einer Mit- theilung des Herrn Prof. Hırscnek als Protonephridien vorfinden. Nach CaroweıL sind die Nephridien ein paar einfache Flimmerröhren, in den Lateralmesenterien gelegen, die sich mit Trichteröffnungen mit den hinteren Kammern in Verbindung setzen, während die beiden äußeren Öffnungen in der Ansatzstelle des Querseptums seitlich vom Anus zu suchen sind. Das Blutgefäßsystem hatte schon die Aufmerksamkeit der früheren Untersucher auf sich gelenkt, da es ja als eine der auffälligsten Er- scheinungen am lebenden Thiere hervortritt, aus welchem Grunde es in seinen Hauptzügen schon erforscht gewesen war. CaLpweLL bestätigt daher meist nur die Angaben der früher genannten Forscher. Er unter- scheidet, gleich diesen, zwei Gefäße, resp. drei, welche im Körper gegen die Tentakelkrone verlaufen; diese geben ihr Blut an der Basis der- selben in zwei Ringgefäße ab, welche unter einander durch Klappen verbunden sein sollen. An dem distalen Ende lässt er die Gefäße mit Blindzotten enden, ohne anzugeben, dass Anastomosen die beiden Ge- fäße verbinden, dagegen erwähnt er den Blutsinus, welcher den Magen in Form eines Blutgefäßnetzes umspinnt. Am Schlusse seiner Mitthei- lung zieht er auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Thatsachen Ver- gleiche hauptsächlich zwischen Phoronis und Brachiopoden und auch zwischen Phoronis und den Polyzoa (Bryozoa). Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 491 Maclnrosu (10). An die meistälteren Untersuchungen der Phoronis, mit welchen wir uns in den vorhergehenden Seiten beschäftigt hatten, reihen sich nun zwei Arbeiten aus der allerneuesten Zeit an, nämlich die Beschreibung der Phoronis Buskii durch MaıcIntosu, welche zu- nächst besprochen werden soll und ferner eine Arbeit von BLAxLAnD BENHAM, welche die Phoronis australis behandelt. Maclntosu hatte schon im Jahre 1880—1881 eine vorläufige Mit- theilung über diese Phoronis veröffentlicht, welche mir aber nicht zu- gänglich war. Die Phoronis Buskii wurde durch die Challenger-Expedition, süd- lich von den Philippinen, in einer Tiefe von 18—36 m gedredget. Mac Intosu vergleicht sie im äußeren Aussehen mit einer Sabellide, oder Eriographide. Das Thier lebt in einer Röhre, welche aus einem Sekret, das Sandkörnchen und dergleichen Dinge mit einander verklebt, ge- bildet ist. Hervorzuheben ist die beträchtliche Länge dieser Species, welche über 52 mm beträgt, wovon der Tentakelapparat allein 6—7 mm für sich beansprucht. An dem Körper des Thieres unterscheidet man einen schwächeren mit einer gleichmäßigen Ringelung versehenen Abschnitt und ein blasenartig erweitertes Endstück, das zum Unterschied von dem ersteren eine glatte Oberfläche zeigt. Außerdem verlaufen zu beiden Seiten des Rectums zwei Längsfurchen. Die Körperwand setzt sich zusammen aus einer Cuticula, Hypoder- mis, Basal- und Muskelschicht. Die peritoneale Auskleidung der Leibes- höhle soll nach der Aussage des Autors nur am lebenden Thiere zu finden sein. Eine Guticula kann an allen Abschnitten des Thieres, mit Ausnahme des Branchialsystems, nachgewiesen werden. Die Hypo- dermis des vorderen Körperabschnittes, in welche ein schwärzliches Pigment eingelagert ist, erweist sich als durchscheinend und soll im Bau mit derjenigen der Nemertinen und Anneliden vergleichbar sein. Sie besteht »aus einem Stroma mit Drüsenzellen und Körnchenc. Die Ring- faltenbildung der Hypodermis aber ist wohl nicht, wie MacInrosu glaubt, der elastischen Basalschicht zuzuschreiben, eher der Kontraktion der Längsmuskulatur. Die Basalschicht, welche zwischen Hypodermis und Muskulatur liegt, erscheint in den verschiedenen Körperabschnitten nicht gleich entwickelt. In der Tentakelkrone ist sie eben so wie bei den anderen bekannten Phoronis-Arten mächtig ausgebildet und dient zur Stütze für diesen Apparat. Bei der vorliegenden Form hat sie gleich der Längsmuskulatur eine große Mächtigkeit gewonnen. Was das Muskelsystem anbelangt, so berücksichtigte der Verfasser ‚hauptsächlich die anatomischen Verhältnisse, während er über die 499 C. J. Cori, histologische Beschaffenheit nur wenige Andeutungen giebt. Beson- ders mächtig zeigt sich die Längsmuskulatur in dem Branchialapparat, der, vorweg erwähnt, die Eigenthümlichkeit hat, dass seine Lophophor- arme einen spiraligen Aufbau besitzen. In dem Inneren jeder Lopho- phorhälfte sind die Längsmuskelzüge entsprechend der Zahl der Dre- hungen in Etagen angeordnet. Außerdem ist im Basaltheile dieses Ab- schnittes die cirkuläre Muskulatur so stark ausgebildet, wie es bei keiner anderen, bisher bekannten Phoronis-Art beschrieben wurde. Die Längsmuskulatur des Körpers finden wir auch hier in Bändern, Fasci- keln vertheilt, welche letztere aus den Muskelfibrillen bestehen. Im Hinterende nehmen die Längsmuskeln an Höhe ab und bilden lediglich eine dünne Schicht reihenförmig angeordneter Längsfibrillen. Die oben angedeutete Form der Tentakelkrone ist so entstanden zu denken, dass die freien Enden der Lophophorarme Drehungen nach ihrer Konkavität ausgeführt haben, sonst aber unterscheidet sie sich durch nichts von der Tentakelkrone unserer europäischen Phoronis- Arten. Daher sind auch hier zu beiden Seiten der Mittellinie die freien Enden der inneren Tentakelreihe zu suchen. Die Zahl der Tentakel, die an der Basis durch eine Membran verbunden sind, giebt der Autor nicht an, aber auf einem abgebildeten Schnitt zählte ich bei 300, und auch aus der Abbildung des ganzen Thieres ist zu ersehen, dass die Tentakelanzahl eine erheblich große ist. Der Querschnitt durch einen freien Tentakel hat eine sanduhrförmige Gestalt, sein Epithel ist an der äußeren und inneren Seite bedeutend verdickt, während es an der Lateralfläche sehr niedrig gefunden wird. Die Basalmembran stellt eine vollständig geschlossene Röhre dar, innerhalb welcher ein Blutgefäß liegt. Die Tentakel sind mit einem Wimperkleide versehen, welches nicht überall gleich stark entwickelt ist; so zeichnen sich vor Allem die Wimpern an den Enden vor den übrigen durch größere Länge aus. Die Trennung der Körperhöhle in die vordere, der Tentakelkrone angehörige, und in die hintere, die Körperhöhle im eigentlichen Sinne, führt die Basalmembran in Form eines Diaphragmas aus. Ferner giebt der Verfasser an, dass auch die Mesenterien, welche wie bei der Pho- ronis von Neapel angeordnet sind, von der Basalschicht gebildet werden. Feine Stränge, welche von der Körperwand zu dem Nahrungskanal zwischen den Hauptmesenterien hinziehen, hält MaclIntosa für radiäre Muskelfibrillen. MaclIntosu beschreibt auch ein Sinnesorgan, welches besonders im linken, vorderen Intestinalmesenterium liegen soll. Der obere oder Anfangsabschnitt des Organs öffnet sich mit bewimperten Röhren in sinöse Zwischenräume der vorderen Kammer, dann folgt ein Abschnitt, Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 493 der solid ist in der Länge des Pharyngealtheiles des Nahrungstraetus, während wir etwas tiefer an einem wiedergegebenen Sagittalschnitte den soliden Strang plötzlich anschwellen und ein Lumen bekommen sehen. In dem anderen Mesenterium kommt es dagegen nicht zu einer solchen Ausbildung, denn da findet sich an Stelle dessen nur eine Epithelverdickung. Diese Gebilde sind von einem ceylindrischen Sinnesepithel ausgekleidet. Braxtanp BEenHam erwähnt in seiner Ab- handlung über die Anatomie der Phoronis australis gleichfalls des eben besprochenen Organs, behauptet aber, dass MacIntosn ein Fehler unter- laufen sei, indem er das zweite Paar der Nierentrichter für Sinnes- organe hielt. Der Darmtractus, der durch ein Median- und durch zwei Lateral- mesenterien an der Körperwand befestigt ist, zerfällt in einen Pharyn- geal- und einen Ösophagealtheil, in einen Magen und in ein Intestinum. Die histologische Beschaffenheit des ersten Theiles soll der der Hypo- dermschicht ähneln, im Ösophagus dagegen werden die Cylinderzellen höher, und die ganze Schicht ist stark gefaltet. Vom Magen giebt er an, dass er sich durch feinzelliges und körniges Aussehen auszeichnet. Das Epithel des Intestinums ist zum Unterschiede von letzterem weniger hoch. An der Analportion des Intestinums beschreibt der Verfasser radiäre Muskelfibrillen. Das Blutgefäßsystem ist bei Phoronis Buskii ganz ähnlich wie bei den europäischen Phoronis-Arten beschaffen, so weit man eben auf Grund der betreffenden Angaben urtheilen kann. MacIntosa beschreibt einen dorsalen Längsstamm, welcher in der Furche zwischen den Intestinal- mesenterien verläuft und einen anderen, den er mit keinem Namen be- zeichnete, der aber jedenfalls dem Lateralgefäße entspricht. Der erstere endet mit einem großen Sinus, welcher in der vorderen Körperhöhle liegt. Um den Pharyngealtheil des Darmes fand der Autor viele kleine Gefäße, die wahrscheinlich nichts Anderes als Blindzotten des Lateral- gefäßes sind. Da die Konservirung der Exemplare von Phoronis Buskii nicht hin- reichend gut gewesen sein soll, so machte die Untersuchung des Nerven- systems die größten Schwierigkeiten. MacIntosn gelang es aber doch zwischen Mund und Anus das Nervencentrum zu konstatiren, dessen Be- schaffenheit er als gekörnt und mit feiner fibrillärer Streifung versehen bezeichnet. Von dieser Koncentration ziehen zu beiden Seiten des Afters Fortsätze von Nervenmassen seitlich nach außen. Andererseits verbindet sich die centrale Nervenmasse mit einem Paar lippenartiger Hypodermgebilde , welche er für Sinnesorgane hält. Diese Organe be- sitzen je eine innere Höhle, welche sich sowohl nach außen, als auch 494 0. J. Oori, nach der Körperhöhle hin öffnet. Da interessanter Weise ein ähnliches Organ bei der Phoronis von Messina vorkommt, so verweise ich auf das betreffende Kapitel im speciellen Theile dieser Arbeit. Die Nephridienkanäle liegen zu beiden Seiten des Intestinums, mit den distalen Enden etwas divergirend, während ihre Außenöffnun- gen dem Anus genähert sind. Durch jede der beiden Öffnungen gelangt man in eine geräumige Kammer, welche, wie MıcIntosu vermuthet, während des Lebens bewimpert sein mag. Auf diese kammerartige Erweiterung folgt ein verengerter, röhrenförmiger Theil, welcher sich mittels einer runden Trichteröffnung mit den Seitenkammern der Leibeshöhle in Verbindung setzt. Auch das Nephridiensystem ist durch. die Basalschicht gestützt. Die Geschlechtsprodukte entwickeln sich bei der Phoronis Buskii in der hinteren Region des Körpers und zwar, nach den Zeichnungen des Autors zu schließen, in der rechten Körperhälfte des Thieres. Die Spermatozoen und Eier haben ihre Bildungsstätte in einem und demselben Körperabschnitte. Im Ganzen besitzen die Ge- schlechtsorgane die Form verästelter Massen, die an dem Nahrungskanal befestigt und von zahlreichen Gefäßen durchzogen sind. In Bezug auf diese Organe war MacIntosa nur in der Lage, genauere Angaben über die Eier zu machen. Da sich diese zumeist aber schon im Zustande der Embryonalentwicklung vorfanden, so unterlasse ich ihre Wiederbe- schreibung. Diese Entwicklungsstadien werden ebenfalls eine Zeit lang innerhalb der Tentakelkrone getragen. In Bezugauf die äußere Form ver- gleicht MacInrosu diese Phoronis mit Gephalodiscus und Rhabdopleura. Das Vorhandensein von Blutgefäßen weise besonders auf die ver- wandtschaftlichen Beziehungen zwischen Phoronis und CGephalodiscus hin. Die Krümmung des Darmtractus, die Nähe des Mundes und des Afters stimmten mit den Verhältnissen überein, wie sie bei der Aspi- dophorusgruppe der Polyzoa zu finden seien. Der Bau des Nerven- systems verhält sich mit Hinsicht auf seine ektodermale Lage, wie bei Cephalodiscus. Im Übrigen aber besitze die Phoronis nervöse Gebilde, die keine Homologie bei Verwandten haben, hingegen ist die Struktur der Körper- wand bei den genannten Thieren sehr ähnlich gebaut. Das Epithel formt gleichfalls durch ein Sekret eine Röhre, und auch die Muskulatur zeigt große Ähnlichkeit, die Körperhöhle aber erlaubt mit Rücksicht auf ihre Komplikationen und Organe mit Phoronis keinen Vergleich. Die Lebensgeschichte von Rhabdopleura und CGephalodiseus ist in Bezug auf Fortpflanzung weniger genau bekannt als bei Phoronis; erstere besitzt die Fähigkeit der Knospenbildung. Am Schlusse dieses Kapitels über die Stellung der Phoronis und der verwandten Thiere neigt der Ver- Untersuchungen über die Anatomie und ‚Histologie der Gattung Phoronis. 495 fasser zu der Ansicht Langester’s hin, Phoronis als eine aberrante Gruppe der Polyzoa anzusehen. | BrLaxtann BEnHAm (11) hat die Phoronis australis, welche bekannt- lich im Jahre 1882 von Haswzız entdeckt und kurz beschrieben wurde, einer genauen Untersuchung unterzogen. Aus dieser geht hervor, dass die Phoronis australis sehr nahe mit der Phoronis Buskii MacIntosn’s verwandt ist. Ich will von einer so genauen Besprechung der Befunde Braxtann’s abstehen, wie ich es bei der MacIntosn’schen Arbeit gethan habe. Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, dass wir BLAxLanD ‚nicht bloß eine wesentliche Erweiterung unserer allgemeinen Kenntnis über das Phoronisgenus verdanken, sondern auch eine Anzahl inter- essanter Detailangaben, welche ihre gehörige Berücksichtigung in den betreffenden Kapiteln des speciellen Theiles der vorliegenden Arbeit finden werden. C. Specieller Theil. I. Historisches. Unsere ersten Kenntnisse über Phoronis ver- danken wir STRETHILL WRIGHT, welcher dieses Thier im Jahre 1856 ent- deckte und ihm den Gattungsnamen Phoronis gab. Die Larvenform dagegen war schon ein Decennium früher, nämlich im Jahre 1846, durch JOHANNES MüLLerR unter dem Namen Actinotrocha beschrieben worden. Damals hatte man aber noch keine Kenntnis von der Zusammengehörig- keit der Actinotrocha und des neu entdeckten Thieres, welche erst durch Kowarzvsey im Jahre 1867 festgestellt wurde. | U. Geographische Verbreitung und Fundorte. Die Pho- ronis ist eine Bewohnerin des Meerwassers und scheint, nach den im ‚Folgenden angeführten Fundorten zu schließen, ein recht großes Ver- breitungsgebiet zu besitzen, ja man kann wohl sagen, dass sie. allent- halben im Weltmeere zu finden sein mag. Allerdings hat sie sich lange dem Auge des Zoologen entzogen, was durch ihre Lebensweise als festsitzendes Thier begründet ist. Andererseits sind sicher auch nicht alle Meerestheile auf ihr Vorkommen durchforscht worden, denn bisher sammelte man die Phoronis beinahe ausschließlich nur an jenen Küsten- punkten, die häufig von Zoologen besucht werden. Die in der Litteratur verzeichneten Fundorte sind nicht bloß solche für das entwickelte Thier selbst, sondern auch solche für die Larve desselben, der Actinotrocha. Die letzteren führe ich gleichfalls an, weil man ja aus dem Auftreten der Larve auf die Nähe des Mutter- thieres schließen kann. Die meisten Fundorte sind im mittelländischen Meere bekannt und zwar Triest, Spezia, Nizza, Neapel, Messina und Odessa; die für den atlantischen Ocean angegebenen gehören 496 6. J. Oori, alle, mit Ausnahme eines, der englischen Küste an, nämlich: Clyde distriet, Ilfracombe und Millport, und ferner einer der ameri- kanischen, nämlich Ghesapeake Bay; für die Nordsee nenne ich: Firth of Forth, Portobello und Helgoland, wo die erste Actino- trocha durch JouAnnes MüLLer aufgefunden wurde. Endlich besitzt auch der stille Ocean zwei Stellen, an welchen Phoronis gesammelt wurde: die erste befindet sich bei Balls Headam Port Jackson und die andere bei den Philippinen, wo die Challenger-Expedition ihre 212. Station machte. Il. Arten. Bevor ich an die Beschreibung der Phoronis selbst gehe, möchte ich noch einige Bemerkungen über die bis jetzt be- kannten Arten und deren Lebensweise, speciell über die, welche mir zur Verfügung standen, machen. Eine definitive, systematische Auf- stellung der Phoronis-Arten nach Angaben der Litteratur zu liefern, be- absichtige ich jedoch keineswegs, weil dieses kaum mit Zuverlässig- keit ausführbar ist, vielmehr will ich mich darauf beschränken, die Namen der bisher bekannten Arten anzuführen und in einer tabellari- schen Übersicht die charakteristischen Merkmale, so weit solche von den Forschern angegeben sind, zusammenstellen. Bemerkenswerth ist, dass die Specieszahl des erwachsenen Thieres nicht mit der Zahl der bis nun bekannten Larven übereinstimmt; denn von den letzteren sind einige beschrieben worden, deren zugehörige Phoronis-Species man noch nicht kennt. Werıcut, als Entdecker, gab der zuerst von ihm gefundenen Art den Gattungs- und Artnamen: Phoronishippocrepia; später fand . er angeblich eine zweite Art, welche er Phoronis ovalis benannte, Die Richtigkeit dieser zweiten Species scheint mir jedoch zweifelhaft zu sein. Wahrscheinlicher ist es, dass es sich um ein junges Exemplar der Phoronis hippocrepia gehandelt hat. In dieser Ansicht wurde ich erst recht bestärkt, als es mir gelungen war, mir die kleine Arbeit von WRIGHT zu verschaffen und die Abbildungen der beiden Phoronis- Species zu vergleichen. Dem nächsten Untersucher, Dysrter, soll nach der Aussage Wrienr's, die Phoronis hippocrepia zur Verfügung ge- standen sein. Eben so soll nach seiner Meinung die von van BENEDEN als Grepina gracilis beschriebene Form mit Phoronis hippocrepia identisch sein. Jene in Neapel so häufige Phoronis, welche bisher, so weit es mir bekannt ist, keinen Artnamen besitzt, halte ich für eine von der durch Warient entdeckten verschiedene. Sind ja auch die Larven aus der Nordsee und dem Mittelmeer nicht die gleichen. Mit Bezug darauf citire ich eine Stelle von METscanikorf !, wo er sagt: »Die Unterschiede 1 Diese Zeitschr, Bd. XXI. p. 249. Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 497 der beiden aus Actinotrocha entstandenen Phoronis-Arten sind keines- wegs so auffallend, als die Unterschiede der entsprechenden Larven- formen.« Aus diesem Grunde hatte ich in meiner Dissertation für die Neapler Species den Namen Phoronis caespitosa, mit Rücksicht auf die Form ihrer Kolonien vorgeschlagen. Gleichzeitig mit meiner Arbeit erschien aber damals eine Abhand- lung über Phoronis australis von W. Bıaxrann BEnHAm, in wel- cher der Autor dieser Phoronis-Art, auf Anregung CaLpwerr's hin, den Namen Phoronis Kowalevskii gab. Ich will mich nun auch dieser Speciesbenennung in der vorliegenden Arbeit bedienen und die früher gewählte Bezeichnung aufgeben. Zwei andere Arten, die erst in der jüngeren Zeit aufgefunden wurden und die sich durch ihre Größe aus- zeichnen, sind die Phoronis australis, von HasweLL nach ihrer Ent- deckung in einer vorläufigen Mittheilung und von BıaxLannp BENHAM jüngst in ausführlicher Weise beschrieben, und die Phoronis Buskii, welche wir der Ghallenger-Expedition verdanken. Sie wurde bereits von MacInros# einer eingehenden Untersuchung unterzogen. In der vorliegenden Arbeit werden die anatomischen und histologi- schen Verhältnisse der Phoronis hauptsächlich mit Bezug aufeine eben- falls neue Species, welche mit Zustimmung ihres Entdeckers Phoro- nis psammophila heißen soll, berücksichtigt werden. Letztere war schon CArpwELL durch die Mittheilungen des Herrn Professor HATscHrk bekannt gewesen; jener begab sich sogar für einige Zeit nach Faro bei Messina, zum Zwecke des Studiums der neu aufgefundenen Phoronis. Ich bemerke diesen Umstand desshalb, weil CaLpwzııL in seinen Mit- theilungen an keiner Stelle angiebt, auf welche Species sich seine ein- zelnen Angaben beziehen. Die Unterschiede der von mir untersuchten Formen liegen haupt- sächlich in folgenden Punkten. Was zunächst die Größe anbelangt, so übertrifft die Phoronis psammophila bei Weitem die Phoronis Kowa- levskii. Das von der Röhre befreite Thier jener Species erscheint roth gefärbt, während uns schon an den aus den Röhren hervorschauenden Individuen der Neapler Species die Blässe auffällt. Durch diese Eigen- schaft gewinnt eine Kolonie von Phoronis Kowalevskii eine größere Bryozoenähnlichkeit. Die Röthe der Phoronis von Faro findet ihre Er- klärung in dem großen Blutreichthum und der beträchtlichen Größe der Blutkörperchen; diejenigen der anderen Phoronis sind viel kleiner. Bei letzterer sind ferner die Nierentrichter und deren Öffnungen late- ralwärts gewendet, bei der früher genannten hingegen schauen diese gegen die Sagittalebene. Weiter finden wir bei der Phoronis psammo- phila an jenen Stellen, wo sich die Tentakel in den Lophophor ein- 498 Art und Name des Ent- Fundort deekers oder Untersuchers an Phoronis hippocrepia,| Ilfracombe WeıcHt, 1856 beschrieben. Phoronis hippocrepia, (WRıGHT) nach Angaben DysTEr’s 1858, Firth of Forth bei Inchkeith Phoronis ovalis (?), WRIGHT, 1858 beschrieben Crepina gracilis (?), v, BENEDEN, 1858 beschrieben. Phoronis australis, |Balls Head am Port HaAswEıı, 1882 beschrieben.! Jackson in 27 m ? Tiefe Phoronis australis, Port Jackson (HAswELL) nach Angaben von BLAxLANnD BEnHAMm 1889 be- schrieben. Phoronis Buskii, bei den Philippi- MclIstosu 1883 beschrieben.|nen 18—36 m Tiefe Phoronis Kowalevskii,| Hafen von Neapel (CALDwELL) nach Angaben von CoRı. Phoronis Kowalevskii, Neapel (CALDWELL) nach Angaben von BLAXLAND BENHAM 1889. Phoronispsammophila,| Pantano bei Mes- Corı. sina in 1—2 m Tiefe. |Rasenbildend. 6. J. Cori, Tabellarische Übersicht der charakteristischen Form und Vorkommen Länge des der Kolonie Thieres Röhre | I Auf Korallen (Caryo- Durchscheinend, mem- 15mm ($/ıo engl, phyllia)indieUnter-| branös, Zoll) lage eingegraben. Auf Kalkstein; die Röh-|Häutig, biegsam, an der, 1,5—7,9 mm (Y/ıs ren in denselben ein-| OÖberflächemitSchlamm| —5/ıs engl. Zoll) gegraben. bedeckt. Aufverlassenen Austern-|Membranös, in die Au-| 12 mm (ca. !z schalen. sternschale eingegra- engl. Zoll) ben. Auf Austernschalen. Zart membranös, 8—10 mm Bewohnt verlassene Ce- rianthusröhren von 70 —80 mm Durchmesser.! 76—127 mm (3—6 engl. Zoll) Mehrere Individuen le- ben gemeinschaftlich in Cerianthusröhren. 52mm und mehr (über2engl.Zoll) Sekretröhre mit Sand- körnchen umgeben. Rasenförmig, nicht fest| Membranös, v. Schlamm- 3-35 mm an der Unterlage haf-| beschlag braun ge- tend. färbt. Zahlreiche Individuen]Mit Sand umgeben. nicht über 1engl. leben zusammen; ihre Zoll (25—39 mm) Röhren sind unter ein- ander verilochten. Hyaline Röhre mit Sand- 25—50 mm körnchen umgeben, | | fügen, respektive, wo sie durch die sogenannte » Tentakelmembran « vereint werden, ein rothes Pigment in das ektodermale Epithel einge- lagert (Taf. XXI, Fig. 1—%). Die Phoronis Buskii und australis erscheinen dureh manche ihnen zukommende Eigenthümlichkeiten als recht markante Formen. Der ganze Habitus dieser Thiere ist ein durchaus anderer, als wir ihn bei unseren europäischen Formen zu finden gewohnt sind. Die Tentakel- krone, welche im Vergleich zur Phoronis hippocrepia etwa die vierfache Tentakelanzahl besitzt, erscheint noch auffallender durch die spiralige Drehung des Lophophors. Ferner ist die Phoronis Busküi in der vorderen Körperregion durch Pigmenteinlagerungen dunkel gefärbt, die Phoro- nis australis dagegen purpurroth. Innerhalb der Lophophorarme birgt jene ein von MacIntosu# als Sinnesorgan beschriebenes Organ, welches die größte Ähnlichkeit mit einem ebensolchen der Phoronis psammo- phila aufweist; BraxLann BEnHAm fand ein gleiches auch bei der von un u 5 Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 499 erkmale der bis jetzt bekannten Phoronis-Arten. \ Dicke des | Länge | Dicke Zahl der Farbe des d Merkmal N Thieres eines Tentakels Tentakeln Thieres Besoniere Dana | im mm (lıoo | = | 60 | — Besitzt eine Tentakelmembran zum | =: Zoll) | | | Unterschiede von Phoronis ovalis. N | | | | 1/s der ganzen — | 16-86 grau |Zwei Wimpergruben innerhalb der N | Körperlänge Lophophorarme, Durchmesser der | | Blutkörperchen = 0,07—0,1 mm | | | | (/s20o—/ıro engl. Zoll). I _ — | _ | 18 —_ Tentakelkrone oval, keine Ten- | | | takelmembran, | 1 mm 2 mm 0,05 mm | 24—40 — Durchmesser der Blutkörperchen | 0,01 mm. — 113,7 mm (1/2 engl. — — — _ & | Zoll) | | — 12,7 mm (l/zeng]. _ | — roth Sinnesorgan innerhalb der Lopho- | Zoll) | phorkonkavität. Lophophorarme | | sind spiralig gedreht und beschrei- | | ben drei Windungen, \ 2 mm 6—7 mm = | 300 am Vorderende |Lophophororgan innerhalb der Ten- | | schwarz pigmen-; takelkrone, | tirt 5—1 mm 0,31 mm 0,057 mm | 60—70 |blassgelb, licht-|Wimpergruben oberhalb der Nephri- | roth dienöffnungen. Blutkörperchen- b | durchmesser = 13—15 u. = 6 mm (1/s engl. 4 | 100 = N Zoll) | | | | 0,5—1 mm 1,5 mm 0,06 mm | 60— 90 fleischfarbig, |Lophophororgan innerhalb der Ten- | | roth; pigmentirt}| takelkrone,Blutkörperchendurch- an der Basis der) messer = 15—22 u. Tentakel ihm beschriebenen Species, er stimmt jedoch nicht der Meinung Maclntos#’s über die Natur des Gebildes bei. Die Größenverhältnisse der bisher bekannten Arten sind am besten aus der vorher gegebenen tabellarischen Übersicht zu vergleichen. Dabei ist die geringe Länge der an der englischen Küste gefundenen Phoronis auffällig, im Vergleiche mit der des Mittelmeeres, ein Umstand, der mich auch zu der schon früher ausgesprochenen Annahme veran- lasst, dass die Mittelmeerform, speciell die von Neapel, nicht identisch mit der von WRIGAT, DysTEr und van BENEDEN beschriebenen sei. Nach eigenen Messungen in Neapel fand ich in Rasenstücken Individuen von 5—25 mm Länge. Dieser Längenunterschied ist wohl durch die Annahme zu erklären, dass sich die Larven zu verschiedenen Zeiten schwarmweise auf älteren Kolonien niederlassen. Als die größte bisher beschriebene Form ist unstreitig die Phoronis australis anzusehen; ihr folgen dann die Phoronis Buskii und psammophila, die, was die Länge 500 C. J. Cori, anbelangt, einander nahe kommen, denn nicht wenige Individuen der letzten Art, die ich von den Röhren befreite, hatten 50 mm, während die kleinsten resp. jüngsten um die betreffende Jahreszeit selten unter 15 mm herabgingen. Am häufigsten sind Thiere von 20—40 mm Länge. IV. Biologisches. Die Mittheilungen über die Lebensweise der Phoronis sind in der Litteratur nicht sehr zahlreiche. So theilt uns WRIGHT nur mit, dass er durch Dredgen in den Besitz der Phoronis kam, welche in dem einen Falle mit ihren Röhren in ein Stück Koralle, in dem anderen aber in eine verlassene Austernschale eingegraben war. Leider hatte er nur ganz wenige Exemplare erbeutet. Dyster fand dieses Thier auf einem Stück Kalkstein, welches aus einer Lache am Meeres- strande stammte, wie solche beim Eintreten der Ebbe entstehen, auf dem sich außerdem auch noch Actinien und Röhrenanneliden angesiedelt hatten. Über die Größe der Kolonie resp. über die Zahl der Individuen macht der Autor keine Angaben; an einer anderen Stelle erwähnt er, dass die Thiere in den Felsen eingegraben gewesen seien, und dass es beinahe unmöglich war, einzelne Individuen unbeschädigt von ihrer Unterlage zu befreien. van BENEDEN entdeckte seine Crepina gleichfalls auf einer Austernschale, welche er eine Zeit lang in einem Aquarium hielt, doch gingen die Individuen, nachdem sie vorher ihre Tentakelkronen abge- worfen und diese wieder regenerirt hatten, schließlich zu Grunde. Auch er sagt, dass die Loslösung der Individuen von der Austernschale nicht leicht auszuführen war. Die gleichen Angaben der drei jetzt genannten Autoren, dass die Phoronis mit ihren Röhren in die Unterlage einge- graben war und dass es viel Mühe machte, einzelne Individuen zu iso- liren, erschienen mir als sehr merkwürdig und nicht recht plausibel. Als ich jedoch in den Besitz der Arbeit von Wrıscnrt kam, las ich in derselben, dass die Phoronis in Gesellschaft von Clione celata gefunden wurde, mit welcher Angabe ich die Erklärung für die obige Erscheinung gefunden zu haben glaube. Die Clione pflegt bekanntlich auf Koral- len und Molluskenschalen zu leben und in dieselben ihre verzweigten Bohrgänge zu treiben. In solchen verlassenen Gängen dürften nun wahrscheinlich die Phoronis-Larven einen sicheren Schutz gefunden haben, während das Thier mit dem Wachsthum immer mehr und mehr den Bohrkanal ausfüllte. In einem derartigen Falle mag es natürlich nicht leicht sein, einzelne Thiere unversehrt zu erhalten. Von Hasweız, MacIntosa und BraxLann BEnHAm können wir von vorn herein nicht viele biologische Angaben erwarten, da sie die betreffenden Species, die mit dem Schleppnetze zu Tage gefördert waren, schon im konservirten Zu- stande zur Untersuchung bekamen. Was mir aus eigener Anschauung über die Lebensweise der Phoro- Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis, 501 nis bekannt wurde, will ich nun im Folgenden mittheilen und zwar zu- nächst das über die neue Species. Nördlich von Messina in unmittel- barer Nähe des Fischerdorfes Faro liegen zwei Küstensalzseen, Pan- tani genannt, welche mit dem Meere durch schmale Kanäle in Verbin- dung stehen und von dort mit Wasser gespeist werden. Einen Theil des Jahres über sind übrigens diese Verbindungen durch den vom Meere angeschwemmten Sand verlegt, doch die Einwohner beseitigen alljährlich diese Hindernisse wieder. Der von Messina aus nördlicher ge- legene und zugleich kleinere Pantano ist die Wohnstätte der Phoronis psammophila. Durch das zahlreiche Vorkommen von Amphioxus, sowie durch die von Herrn Professor Hırscazk entdeckte interessante Archan- nelidenform Protodrilus ist er genügend in der Litteratur bekannt ge- worden. Ein großer Theil dieses Sees ist so seicht, dass das Wasser den Fischern nur bis an die Oberschenkel reicht, während der Rest desselben eine bedeutendere Tiefe besitzt (20 Meter und mehr). Herr Prof. Hırscne« beobachtete seiner Zeit das sehr häufige Auf- treten von Actinotrocha in dem genannten Pantano, ohne den Aufent- haltsort der Mutterthiere zu kennen. Nach Analogie mit anderen Phoro- nis-Arten wurden Pfähle, Schilfstengel, Muschelschalen und ähnliche Gegenstände als Wohnorte vermuthet, doch die Phoronis konnte nicht gefunden werden, bis schließlich dem Grunde des Sees die Aufmerksam- keit geschenkt wurde, was auch zum Resultate führte. Es ergab sich, dass die Phoronis psammophila am Grunde des Pantano in Sand- röhren lebt und dichte Rasen von mehreren Quadratmetern an ver- schiedenen Stellen bildet, wo keine Muschelfischerei betrieben wird. Um das Thier zu erhalten, wendet man sich an die dortigen Fischer, welche den ganzen Tag mit der Muschelfischerei im Pantano beschäf- tigt sind, mit der Forderung um »Tubi di sabbia«; diese Bezeichnung wurde durch Herrn Professor HAırtscHek dortselbst eingeführt. Die Fischer kennen genau die Plätze, wo sich Phoronis-Kolonien finden und werden dieselben mit Hilfe ihrer Muschelnetze vom Grunde des Sees heraufholen. Die Thiere lassen sich eine Zeit lang im Aquarium halten, nur muss man für die Entfernung anderer kleiner Thiere sorgen, welche mit dem Sande eingebracht werden und durch ihr Absterben das Wasser verpesten würden. Man hat dann genug Gelegenheit das Thier zu beobachten, um sich von seiner Lebhaftigkeit zu überzeugen. Wird es nicht gestört, so hält es den vorderen Körperabschnitt mit der Tentakelkrone bis ungefähr ein Drittel seiner gesammten Länge vorge- streckt, umsich mit Hilfe der Wimperung die Nahrung herbeizubewegen. An der entfalteten Tentakelkrone bemerkt man dann, dass die äußere Tentakelreihe rosettenartig nach außen gebogen gehalten wird, während 502 C. J. Cori, sich die Tentakel der inneren Reihe zusammenneigen, so dass die größeren und mehr seitlichen dieser Reihe in einander greifen. Dadurch wird ein förmlicher Schirm gebildet, der die Konkavität zwischen den Lophophorarmen, wo der Anus und die Nephridien ausmünden, deckt. Eine ganz geringfügige Störung genügt dann, um den Röhrenbewohner zum augenblicklichen und raschen Zurückziehen in seine Behausung zu veranlassen. Nach einiger Zeit bemerkt man alsbald, wenn wieder Ruhe eingetreten ist, die Spitzen der Tentakel aus der Röhrenöffnung hervorragen und bald darauf erscheint die Tentakelkrone und der Körper, in Jangsamem Tempo sich vorwärts schiebend. Erst wenn dieses vollständig geschehen ist, entfaltet sich die erstere; während des Her- vorstreckens behält die Tentakelkrone dieselbe Gestalt, die sie im ein- gezogenen Zustande in der Röhre einnimmt. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass man sehr häufig Thiere ohne Tentakelkrone oder solche mit einer bereits in Regeneration be- griffenen findet. Ob diese Erscheinung durch Feinde der Phoronis her- vorgebracht wird, z. B. durch Fische, oder ob es ein natürlicher Vorgang ist, wie er bei Pedicellina beschrieben wurde, lässt sich nicht ent- scheiden. Hierbei muss jedoch hervorgehoben werden, dass bei Phoro- nis nur die Tentakelkrone und mit dieser ein Stück des Ösophagus, das Epistom, das Ganglion, die Lophophororgane, ferner der Blutgefäßring und vielleicht auch die Nephridien verloren gehen. Bei Pedicellina hinge- gen bleibt nach Verlust des Köpfchens nur der Stiel übrig, esmüssen dann also sämmtliche Organe neu gebildet werden. Eingangs wurde schon er- wähnt, dass bereits van BEnEDENn an der von ihm entdeckten Crepina das Ahwerfen und die Regeneration der Tentakelkrone beobachtete. Die Fischer von Faro, welche eine scharfe Beobachtungsgabe besitzen, be- haupten, dass kleine Fische häufig schnappende Bewegungen oberhalb des Sandes ausführen und dabei den »Tubi di Sabbia« die Köpfe ab- beißen sollen. | Was die eben erwähnte Erscheinung betrifft, so habe ich durch eigene Beobachtung in Erfahrung gebracht, dass die Phoronis ihre Ten- takelkronen thatsächlich abwirft, sobald sie sich längere Zeit in der Ge- fangenschaft, resp. unter ungünstigen Lebensverhältnissen befindet. Dieser Vorgang leitet sich damit ein, dass sich im vordersten Abschnitt des Mittelstückes eine Einschnürung ausbildet, die immer stärker wird, bis schließlich die Tentakelkrone vom übrigen Thier abfällt. Der Ab- schnürungsvorgang, der durch Kontraktion der Ringmuskeln bewirkt wird, hat zur Folge, dass die beiden Enden nach der Loslösung voll- ständig geschlossen sind. Bei der Beobachtung der Regeneration der Tentakelkrone machte ich die interessante Wahrnehmung, dass die ab- Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 503 getrennten Tentakelkronen weiter lebten, besonders dann, wenn sie täglich in frisches Wasser übertragen wurden. Was mich aber noch mehr erstaunen machte, war endlich der Umstand, dass sich sowohl die durchtrennten Darmenden, also der Ösophagus resp. Vormagen und der Dünndarm und weiter das Ende des Lateral- mit dem Mediange- fäße vereinigt hatten. Leider war es mir nicht möglich, diese inter- essanten Vorgänge weiter zu verfolgen, da die Zeit meines Aufenthaltes in Messina abgelaufen war; möglicherweise können sich die abge- worfenen Tentakelkronen zu einem vollständigen Thiere regeneriren. Interessant wäre schließlich noch, nach dem Grunde dieses Vorganges nachzuforschen. Die Phoronis Kowalevskii, welche im Neapler Volksmund unter dem Namen »Ficchetelli bianchi« oder »Vermi di ceppa« be- kannt ist, bildet ebenfalls Rasen und Überzüge, nicht aber am Meeres- grunde, sondern auf Pfählen und ähnlichen Gegenständen im Hafen von Neapel. Ihr Vorkommen ist ein ungemein zahlreiches, denn ein kleines Stück, kaum von der Größe eines Handtellers, enthält einige hundert Individuen. Die Röhren sind stark unter einander verflochten, in Folge dessen oft wie geknickt und haften nicht fest an ihrer Unterlage. Gegen Reize verhält sich diese Phoronis-Art ganz wie die von Faro. Die aus- gebreitete Tentakelkrone wird vom Thiere nicht ruhig gehalten, sondern beschreibt langsam schwankende Bewegungen, so dass sich die dicht an einander stehenden Individuen mit derselben oft berühren, worauf sie sich aber nicht zurückziehen. Sehr gewöhnlich findet man in den Pho- ronis-Rasen Ascidien und Actinien angesiedelt, sowie Polychäten und Ophiuriden herumkriechen, Die Phoronis psammophila vereinigt sich mit anderen Thieren, z. B. kleinen Muscheln und Schnecken, die sich eben auch im Sande finden, zu festsitzender Lebensweise, welche ihr zum Aufbau und zum Verstärken der Röhre dienen. Bei Weitem weniger häufig findet man bei der Phoronis Kowalevskii Individuen mit regenerirtem Vorderende. V.BeschreibungderRöhre. Die Röhre bei Phoronis ist als eine Schutzeinrichtung, wie solche Bildungen bei zahlreichen festsitzenden Thieren vorkommen, zu betrachten. Sie umschließt den Körper des Thieres vollständig, ohne aber an irgend einer Stelle mit demselben verwachsen zu sein. Wir haben es also hier nicht mit einer Ektocyste, wie bei den Bryozoen zu thun. Die Röhre wird in der Weise gebildet. dass das Thier ein Sekret wahrscheinlich an dem vorderen Körperab- schnitt ausscheidet, welches zu einer durchsichtigen Hülle erstarrt. Diese liegt dem Thierkörper so dicht an, dass ihm noch ein genügender Spielraum zum Bewegen in derselben übrig bleibt. Außen ist die Röhre Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd, 33 504 10 Iu10orj, von Sandkörnchen und verschiedenen anderen kleinen Gegenständen umgeben. Durch vorsichtiges Entfernen der zusammengeklebten Par- tikelchen ist es nicht allzu schwer, diese Hülle zu isoliren. In alten Rasen kann man sie häufig in diesem Zustande noch erhalten finden; es kleben dann an ihr nur noch hier und da einige Sandkörnchen an. Die Phoronis-Arten, welche Dyster und van BENEDEN vorlagen, scheinen keine anders gestalteten Röhren besessen zu haben, wie die Mittelmeerform. Die Phoronis Buskii secernirt gleichfalls eine Substanz, welche ursprüng- lich hyalin ist, später aber halbdurchsichtig wird und die durch an- klebende Sandkörner eine große Festigkeit gewinnt. Auf dem Quer- schnitte erscheint die Röhre fein koncentrisch gestreift. Bemerkenswerth sind die Angaben von HasweLr und BraxrAannD BEnHAM, nach welchen die Phoronis australis nicht selbst Röhren bildet, sondern leere Gerian- thus-Röhren als Wohnplätze aufsucht. In einem solchen Sacke sollen oft mehrere Individuen den Raum unter einander theilen. Bei den sich festsetzenden Larven unserer Süßwasserbryozoen, speciell bei denen von Fredericella, machte ich die Bemerkung, dass, trotzdem sie sich in ganz reinem Wasser befanden, dennoch ihre glas- helle Ektocyste nach dem Festsetzen ihre Durchsichtigkeit einbüßte. Ich überzeugte mich, dass die von dem jungen Thiere ausgestoßenen Kothballen an der jedenfalls noch klebrigen Ektocyste hängen blieben und sie undurchsichtig machten. Eine Vergleichung des braunen Be- schlages der Phoronis-Röhren aus Neapel mit dem Darminhalt erwies beide ebenfalls als identisch, und so scheint es mir unzweifelhaft, dass auch hier die Anfangs durchsichtige Röhre auf ähnliche Weise die spätere Beschaffenheit gewinnt, dass also der braune Beschlag von den Fäces der Thiere gebildet wird. | Dass die Phoronis psammophila Sandkörnchen von immerhin ziem- licher Größe, sowie andere Gegenstände, kleine Muschel- und Schnecken- schalen, mit einander verbindet, erklärt sich daraus, dass sich die Larve direkt im sandreichen Seegrund niederlässt, und die ihr zunächst liegenden Dinge zum Aufbau ihrer Röhre benutzt. Das Sekret, welches zu einem vollkommen durchsichtigen Schlauch erstarrt, zeigt eine ziem- lich große Festigkeit und eine nicht geringe Widerstandsfähigkeit gegen die Einwirkung des Meerwassers; denn beim Zerreißen muss man einen verhältnismäßig starken Zug ausüben, und beim Durchsuchen von Kolonien trifft man noch sehr häufig verlassene, hyaline Sekretröhren, von denen schon alle außen angeklebten Gegenstände abgefallen sind. Es finden auch Verbindungen der:Röhren unter einander statt, indem die Röhren, die sich überkreuzen, oder parallel an einander legen, an den Berührungsstellen verkleben. Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 505 Alte Rasen der Phoronis psammophila erreichen eine Dicke von 5—8cm. Ein solches Rasenstück besteht aber nicht etwa aus lauter Röhren, vielmehr finden wir bei näherer Untersuchung die Räume zwischen dem Röhrengeflecht mit Sand erfüllt. Auch glaube ich mich überzeugt zu haben, dass die Röhren oft um das Doppelte länger waren, als die zugehörigen Thiere. Eine Hälfte der Röhre hatte dann meist das Aussehen, als ob sie kein Thier enthielte; denn es fehlte ihr die ge- wöhnliche Festigkeit, auch waren schon viele Sandkörnchen abgefallen, aber trotzdem fand man bei weiterem Zerreißen der Röhre den Bewoh- ner in der anderen Hälfte. Betrachtet man ein Stückchen einer von den umgebenden Gegen- ständen befreiten Sekretröhre unter dem Mikroskope einfach im See- wasser, so erkennt man an derselben eine feine, sich kreuzende Strei- fung, welche sehr an eine ähnliche Streifung in der Cuticula des Regenwurmes erinnert. MaıcIntosu fand auf Querschnitten durch die Röhre der Phoronis Buskii eine koncentrische Streifung. VI. Körperform. An der Phoronis unterscheiden wir eine Ten- takelkrone und einen Körper von wurmförmiger Gestalt, dessen längerer, vorderer Abschnitt von annähernd gleichmäßigem Durchmesser ist, während das Hinterende, das ist etwa ein Achtel der gesammten Körperlänge, kolbig angeschwollen erscheint. Dieser verdickte Theil, das»Endstück«, besitzt eine nahezu glatte Oberfläche und ist durch reiche Entwicklung von Blutgefäßen roth gefärbt. Die Leibeswand er- weist sich hier bedeutend verdünnt im Vergleiche zu der des übrigen Körpers und ist daher recht durchscheinend. In diesem Abschnitte liegt der weite Magen und das Anfangsstück des Dünndarmes. Dazu kommen noch Gebilde, die bisher unter dem Namen Fettkörper beschrieben wurden. Aus diesem Grunde lässt sich leicht einsehen, warum dieser Endabschnitt plötzlich an seinem Durchmesser zunimmt. Der vorher genannte Theil des Körpers, das »Mittelstück«, besitzt eine dicke Wandung, die äußerlich in enge Ringfalten gelegt ist, welche Falten aber nicht der Ausdruck einer inneren Segmentirung sind. Trotz der Dicke der Haut ist die Durchsichtigkeit groß genug, um die beiden Blutgefäßstämme als rothe, vielfach geschlängelte Linien durchschim- mern zu sehen; eben so kann man auch leicht den Darmtractus ver- folgen. Auf flächenhaftı ausgebreiteter Leibeswand bemerkt man außerdem noch, dass die Ringfalten von seichten Längsfalten durchquert sind (Taf. XXII, Fig. 3, 4, 5 und 11). Die symmetrisch gebaute Tentakelkrone besitzt eine glockenförmige Gestalt und hat große Ähnlichkeit in ihrer Bildung mit der unserer phy- laktolämen Bryozoen, z.B. der Cristatellaund Plumatella. Wir brauchen 33* 506 C. J. Cori, uns die Tentakelkrone derselben nur mit verkürzten Lophophorarmen, aber mit einer größeren Tentakelzahl vorzustellen, so haben wir den Tentakelapparat der Phoronis vor uns. Die Tentakel der Phoronis, welche im Vergleich zu denen der Bryozoen länger und schlanker sind, ordnen sich auf einem konisch geformten Stück, dem »Lophophor«, in Form eines Hufeisens an. Dieses konische Stück hat eine glatte Ober- fläche und geht in das geringelte Mittelstück des Körpers über. Wir unterscheiden eine äußere und innere Tentakelreihe und zwar geht die erstere durch Umbiegen in die innere über. Während die Ten- takel der äußeren Reihe eine gleiche Länge besitzen, können wir bei jenen der inneren Tentakelreihe, von den beiden Umbiegungsstellen aus, ein Abnehmen der Länge der Tentakel verzeichnen, das in der Weise erfolgt, dass schließlich je zwei kleinste Tentakel zu beiden Seiten der Mittellinie der Tentakelkrone zu liegen kommen (Taf. XXI, Fig. 5, 6 und 7). Diese Eigenthümlichkeit findet in dem Umstand ihre Begründung, dass von dieser Stelle aus die Vermehrung der Tentakel erfolgt, dass man also hier die jeweilig jüngsten antrifit. Wo die Ten- takel in den Lophophor eingefügt sind, schiebt sich immer zwischen je zwei Tentakel eine Zellreihe ein, welche durch Verschmelzung des Epithels der sogenannten Außenfelder der freien Tentakel entsteht (Taf. XXV, Fig. 5, 6, 7). Bei der Phoronis psammophila charakterisiren sich diese Stellen durch ein in das Epithel eingelagertes rothes Pigment. In dem Zwischenraume der äußeren und inneren Tentakelreihe öffnet sich der Mund, der von der Analseite her von einer lippenartigen Falte, dem »Epistom«, überdeckt wird. Zwischen den Umbiegunssstellen der Tentakelreihen, also zwischen den freien Enden der verkürzten Lophophorarme, liegt die Afterpapille mit dem After und den beiden Nephridienöffnungen. Zur Orientirung will ich noch einige später wiederkehrende Be- zeichnungen feststellen. Die kurze, mediane Linie zwischen Mund und After nennen wir die »mediane Mund-Afterlinie«!. Führen wir einen Schnitt in vertikaler Richtung durch die Mund-Afterlinie, so wird das Thier in zwei symmetrische Hälften zerfallen, und die Ebene, in welcher der Schnitt liegt, ist dann die n„mediane Sagittalebene« des Körpers. Weiter unterscheiden wir eine »Oral« und »Anal- seite«. Unter Oralseite wollen wir die Region unterhalb des Mundes in der ganzen Länge des Körpers und unter Analseite eben so die unter- 1 Es sei erwähnt, dass CALpowELL fürden Terminus Mund-Afterlinie die Be- zeichnung»mediane Dorsallinie«gebraucht, während er die gesammte Ober- fläche des Körpers, resp. Fußes, wie er diesen bezeichnet, mit der Bauchseite vergleicht. Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 507 halb des Afters gelegene verstehen, seitlich gehen diese zwei Regionen in einander über, wir können sie uns aber durch eine Ebene, welche senkrecht zur Medianebene steht, geschieden denken. VII. Leibeswand. Um den Schichtenbau der Leibesw and zu stu- diren, wählen wir einen Querschnitt aus der mittleren Körperregion. Wenn wir bei der Betrachtung desselben in der Richtung von außen nach innen die einzelnen Bestandtheile , aus welchen sich die Leibes- wand zusammensetzt, aufsuchen, so finden wir zunächst eine ektoder- male Epithelschicht, väußeres Epithelc« (Figuren: ecE), dann eine Ring- und Längsmuskelschicht (Rms, Lms), welche zusammen einen wohlentwickelten Hautmuskelschlauch darstellen und schließlich als vierte Schicht einen Peritonealüberzug (P), als Abgrenzung nach der Leibeshöhle hin. Dyster und van BENEDEN nennen das äußere Epithel Epidermis; eine Cuticula und Basalmembran jedoch scheinen sie nicht gesehen zu haben. MacIntosu bezeichnet die Epidermis der eben genannten Autoren mit Hypodermis und beschreibt auch eine Cuticula; das, was er aber mit »Basement tissue« bezeichnet, ist nicht identisch mit der Basalmembran, auf die ich gleich zu reden kommen werde. Wie schon früher erwähnt, sind an dem äußeren Epithel ringför- mig verlaufende Falten zu bemerken, welche nicht bloß durch die Kon- traktion der Muskelschichten bewirkt zu sein scheinen, sondern die Epithelzellen dürften sich vielmehr an die Faltung resp. Kontraktion angepasst haben und so kommt es, dass man dieselbe auch bei na- türlich oder künstlich ausgestreckten Thieren wahrnimmt (Taf. XXVI, Fig. 6 und 7). | Das äußere Epithel ist in den verschiedenen Regionen des Körpers von variirender Höhe und histologischer Beschaffenheit. Es besitzt im Bereiche des Mittelstückes den Charakter eines Cylinder-, im End- stück den eines kubischen Epithels. An der freien Oberfläche scheidet die Epithelschicht eine sehr dünne Cuticula ab, die sich auf Schnitten als doppelter Kontour charakterisirt; an der basalen Fläche hingegen finden wir eine Basalmembran, die aber ungemein zart ist. Als eine weitere Bildung der freien Fläche des Epithels wären die Wimperhaare hervorzuheben. Wir finden dieselben an dem Tentakelapparat und dem vorderen Drittel des Körpers. Im äußeren Epithel unterscheiden wir Deck-, Stütz-, Drüsenzellen und eine vierte Zellenart, auf die man aber nur aus dem Vorhanden- sein von Kernen schließen kann, denn der zugehörige Zellleib lässt sich nicht abgrenzen; diese letzteren liegen nahe der basalen Fläche des Epithels.. In Bezug auf die drei erstgenannten Zellarten ist zu er- 508 | 0. J. Cori, wähnen, dass sie sich stets gemischt finden, nur mit dem Unterschiede, dass die eine bald mehr oder weniger als die anderen vertreten ist (Taf. XXVI, Fig. 11—15). Die Deckzellen finden wir zwar überall im Epithel, hauptsächlich aber im vorderen Abschnitt und im verdickten Endstück des Thieres. In diesem Theile sind sie in größerer Zahl neben einander vereint und wir sehen dann nur hier und da zwischen ihnen einzelne Stütz- und Drüsenzellen eingeschaltet. Eine solche Deckzelle besitzt die Gestalt einer Cylinderepithelzelle. Sie ist höher als breit und grenzt sich durch einen deutlichen Kontour von der Nachbarzelle ab. Ihr Kern hat eine ovale Gestalt, ist grundständig und färbt sich gut mit Farbstoffen. In jedem Kern bemerken wir ein Kernkörperchen, welches sich bei starker Vergrößerung als aus kleineren an einander gereihten Kügel- chen bestehend erweist. Das Plasma dieser Zelle zeigt überall ein gleichartiges, feingranulirtes Aussehen und hält nur wenig Farbstoff an sich fest. Die Wimperhaare, so weit sie bei dem Thiere vorkommen, dürften dieser Zellart angehören (Taf. XXVI, Fig. I—7 und 13). Von allen Zellen zeigen die Deckzellen die geringste Differenzirung; eine größere Umbildung als bei diesen macht sich an jenen ursprünglich gleichartigen, ektodermalen Zellen bemerkbar, welche zu Stütz- oder Drüsenzellen umgewandelt wurden. Bei letzteren sehen wir besonders den Zellleib mit einer speciellen Funktion betraut, er ist daher größer und mächtiger geworden; bei den beinahe fadenförmigen Stützzellen hingegen kam es zu einem Schwund desselben, so dass die Zellwände näher an einander gerückt sind und sich verdickt haben; dieser Ge- staltung musste sich auch der Kern anbequemen (Taf. XXVI, Fig. 1—7, 41 und 12). | Wenn wir Drüsenzellen aus verschiedenen Regionen des Körpers mit einander vergleichen, so sind an denselben gewisse Unterschiede bemerkbar, welche ihren Grund wahrscheinlich in dem Umstande haben, dass sich diese Zellen nicht in gleichen Perioden ihrer Thätig- keit befinden. Die Drüsenzelle während des Ruhezustandes hat die Ge- stalt einer Cylinderzelle, deren sehr intensiv gefärbter Kern grund- ständig ist und deren Plasma eine trübe Beschaffenheit zeigt. Von der Deckzelle unterscheidet sie sich durch den größeren Querdurchmesser, durch den etwas kleineren, aber schärfer tingirten Kern und durch das trübe Plasma. Die Zelle während ihrer Thätigkeit hingegen nimmt eine keulenförmige Gestalt an, indem sie sich in ihrer Mitte verbreitert, während die freien Enden verjüngt sind. Wir sehen dann in diesem Zustande das Plasma des Zellleibes von kleineren oder größeren Kügel- chen durchsetzt, welche ein Produkt dieser Zellen darstellen; außer- Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis, 509 dem erscheint dann ihr Kern oft an die Wand angedrückt und abge- flacht. Er nimmt gewöhnlich seine Lage nicht ganz im tiefsten Punkte des verjüngten Zellendes ein, sondern etwas seitlich. Durch die Größe der Sekretkügelchen unterscheiden wir solche Drüsenzellen mit großen Kügelehen aus dem Mittelstück und Endstück und solche mit ganz kleinen Kügelchen aus dem Bereich des Tentakelapparates (Taf. XXVI, Fig. 12 a, d,c, dund f). Häufig treffen wir auf Zellen, welche zwar ganz die Gestalt einer thätigen Drüsenzelle haben, aber keine Sekret- kügelchen enthalten, da diese bereits entleert wurden, und sind in Folge dessen an ihrem hellen Aussehen erkenntlich. Wenn wir Drüsen- zellen in solchen Regionen des Körpers nachweisen, wo das Epithel eine Cutieula ausscheidet, so sehen wir diese immer oberhalb der Drüsen- zelle verdünnt oder geschwunden (Taf. XXVI, Fig. I Drz). Die Stützzellen sind von langer fadenförmiger Gestalt, grenzen sich durch deutliche Kontouren von Nachbarzellen ab und besitzen einen langgestreckten Kern, welcher etwa ein Drittel der Zelllänge besitzt und der sich mit Karmin am intensivsten von allen Zellkernen färbt. Bei dieser Art Zellen sehen wir den Zellleib sehr verkleinert, während andererseits der Kern verhältnismäßig groß ist, so dass für den Zellleib nur an den freien Enden der Zelle Raum übrig geblieben ist; an den Seitenflächen scheint die dicke Zellwand dem Kerne dicht anzuliegen. Die Stützzellen besitzen immer die gleiche Höhe, wie das Epithel. Mit- unter findet man dünne Protoplasmabrücken zwischen dem abgescho- benen somatischen Peritoneum und dem äußeren Epithel ausgespannt, welche Verbindungen ich für Fortsätze von Zellen des Außenepithels und zwar für solche der Stützzellen halte. Die Drüsenzellen sind öfter kürzer als die benachbarten Deckzellen (Taf. XXVI, Fig. 11). Besonders in der Region des Vorderendes des Thieres, wo sich nervöse Substanz im Epithel gebildet hat, liegen häufig zwischen den Kernreihen der genannten Zellarten und dem basalen Ende des Epithels noch runde Kerne eingestreut, deren zugehörige Zellleiber sich aber nicht abgrenzen lassen. Es wäre möglich, dass sie nur aus wenig Plasma bestehen, welches sich um den Kern lagert, und dass diese Zellen Stütz- oder Bindezellen für das Nervengewebe sind, welches an solchen Stellen in Form von Lrypie’scher Punktsubstanz auftritt (Taf. XXVI, Fig. 1—4 Glz). Über das gegenseitige Mächtigkeitsverhältnis der beiden nun fol- genden Schichten, der Ring- und Längsmuskelschicht, kann man sich am lebenden Objekte weniger gut unterrichten, als wie an Schnitten konservirter Thiere. Bei der Durchmusterung von Schnittserien kommt man dann zu 510 0.3. Cori, dem Satze, dass im Allgemeinen dort, wo die eine der beiden Schichten stärker ausgebildet ist, die andere mehr zurücktritt und umgekehrt. So finden wir die Ringmuskulatur an dem vorderen und hinteren Ab- schnitte des Körpers stärker, als die Längsmuskulatur, im mittleren dagegen das entgegengesetzte Verhalten. Wenn wir aber den Haut- muskelschlauch der Phoronis als Ganzes betrachten, so müssen wir die Längsmuskelschicht als die stärkere und kräftigere bezeichnen, ihr kommt auch die wichtige Funktion des Zurückziehens des Wurmkör- pers in die Röhre zu, das mit möglichster Schnelligkeit erfolgen soll. Das Ausstrecken des Körpers hingegen , herbeigeführt durch die Kon- traktion der Ringmuskelschicht der Leibeswand, geschieht mit Vor- theil langsamer. Die Längsmuskulatur bildet aber nicht, wie die Ringmuskellage eine kontinuirliche Schicht, sondern erscheint in Längsbändern ange- ordnet, von deren Natur wir uns am besten am Querschnitte genauer unterrichten können. Das Querschnittbild, welches uns diese Muskel- bänder oder Streifen darbietet, ist das von Muskelfiedern, welche in die Leibeshöhle vorspringen. Die Blättchen werden, wenn wir das Quer- schnittbild mit einem gefiederten Blatt vergleichen, durch die Quer- schnitte der Muskelfasern gebildet, während wir an Stelle der Blatt- spindel des gefiederten Blattes einen Spaltraum in der Muskelfieder haben. Besonders schön ausgeprägt ist dieser Befund bei Phoronis psam- mophila an Schnitten aus der mittleren Körperregion. An Schnitten bingegen aus dem vorderen Abschnitte des Leibes, wo die Längsmuskel- schicht noch ganz niedrig ist, können wir alle Übergänge von der einer einfachen Muskelfaserschicht zu der erwähnten Anordnung zusammen- stellen. Die Bildung der Muskelfieder beruht daher auf einem Faltungs- process, der sich bei anderen Phoronis-Arten noch weiter komplieiren kann, so bei der Phoronis Kowalevskii und mehr noch, wie es mir aus den Abbildungen MacIstosw's ersichtlich ist, bei Phoronis Buskii (Taf. XXIII, Fig. 16—21; Taf. XXIV, Fig. 6—8; Taf. XXVI, Fig. 1—5). Was die Größe der Muskelfieder anbelangt, so bemerken wir an Schnitten aus jener Körperregion von Phoronis psammophila, in der die Längsmuskelschicht recht mächtig ist, dass die Muskelfiedern nicht alle gleich groß sind, und dass sie dabei in ganz bestimmter Zahl und in einem bestimmten Verhältnisse zu den Mesenterien angeordnet sind Eine eingehendere Besprechung dessen sei jedoch besser bis später vor- behalten, nachdem die Mesenterien beschrieben worden sind, da man sich nur im Zusammenhang mit diesen Klarheit darüber verschaffen kann. Wie erwähnt, besteht die Ringmuskelschicht aus gleichmäßig an- geordneten, parallel zu einander verlaufenden Muskelfasern , welche Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 511 eine sehr schmale, bandförmige Gestalt und eine beträchtliche Länge besitzen und an ihren beiden Enden verjüngt erscheinen. Mit diesen verbinden sie sich unter einander (Taf. XXVI, Fig. 10). Wenn wir nun im Folgenden die histologische Struktur der Längsmuskulatur betrach- ten wollen, werden wir etwas komplicirtere Verhältnisse vorfinden. Während im vorderen Abschnitt die Längsmuskelschicht ähnlich wie die Ringmuskelschicht beschaffen ist, indem sie sich einfach aus parallel angeordneten Muskelelementen zusammensetzt, sehen wir diesen Theil des Muskelschlauches der Phoronis in der Mitte des Mittelstückes in Form der schon erwähnten Muskelfieder auftreten. Eine solche Muskel- fieder ist nichts Anderes als eine Faltenbildung der Längsmuskelschicht. Zwischen je zwei solchen Fiedern finden wir immer eine Gruppe von Zellkernen mit einer Menge sie umgebenden Plasmas. Letzteres bildet gewöhnlich eine kleine Hervorragung, auf deren Kuppe sich die Kerne finden, und zwar unterscheiden wir von den letzten eine runde und eine langgestreckte, keulenförmige Art. Beide färben sich gleich intensiv mit Farbstoff (Taf. XXVI, Fig. 3, 4,5 und 7 P). Ich konnte mir leider keine rechte Klarheit tiber diese Zellen verschaffen und kann nur die Vermuthung aussprechen, dass es Peritonealzellen sein mögen. Die Muskelfasern der Längsmuskulatur besitzen eine spindelförmige Gestalt und verbinden sich in der Weise unter einander, dass sie sich mit ihren zugespitzten Enden an einander legen. Hierin scheinen sie durch eine plasmatische Substanz von retikulärer Struktur unterstützt zu werden (Taf. XXVI, Fig. 8 Bs). Betrachten wir nun eine solche Faser bei stärkerer Vergrößerung, so bemerken wir in dem lichten, gleich- artig beschaffenen Grundplasma, dunklere, parallel verlaufende Strei- fen, welche der Ausdruck einer fibrillären Struktur sind (Taf. XXVI, Fig. 9); wir können daher sagen, dass die Längsmuskelfaser der Phoronis längsgestreift ist. Die zugehörigen Kerne dürften jene sich im Spaltraume der Muskelfieder in spärlicher Zahl vorfindenden sein (Taf. XXVI, Fig.5 X). Die innerste Schicht der Leibeswand wird von dem somatischen Theile des Peritonealüberzuges gebildet. Derselbe ist in der vorderen und hinteren Region desKörpers, also überall dort, wo wir eine schwache Längsmuskulatur vor uns haben, besser entwickelt, als im mittleren Theile des Körpers, wo er über den Muskeln oft kaum nachzuweisen ist. Das somatische Blatt des Peritoneums bildet eine Lamelle, welche immer nur aus einer Zellschicht besteht; wenn wir hingegen auf Quer- schnitten Zellen mehrschichtig antreffen, so rührt das nur von einer schiefen Schnittrichtung her. Die Zellen des Peritoneums lassen sich nicht von einander abgrenzen. Ihre runden Kerne, welche ein deutliches 512 30, 320ori, Kernkörperchen besitzen, erscheinen eingebettet in eine dünne Plasma- schicht mit fein granulirter Struktur. Die Dicke dieser Plasmaschicht beträgt etwa nur die Hälfte von dem Durchmesser der Kerne, wesshalb diese gegen die Leibeshöhle vorragen. Was die Zahl der Zellen, auf welche wir aus der Zahl der Kerne schließen können, betrifft, aus der sich das Peritoneum zusammensetzt, so gilt als Regel, dass sich die Zellen besonders im vordersten Theile des Mittelstückes, aber auch im End- stücke dicht an einander gruppiren, so dass der Zwischenraum zwischen zwei Zellen etwa dem Durchmesser eines Zellkernes gleich kommt. An solcher Stelle sehen wir auch das Zellplasma so dick, dass die Kerne in demselben vollständig eingebettet sind. In der Region hingegen, wo die Längsmuskulatur als in die Leibeshöhle vorspringende Muskelfieder auftritt, ist die Zahl der Peritonealzellen so vermindert, dass wir oft mehrere Schnitte durchmustern müssen, um wieder aus dem Auftreten eines Kernes auf eine solche Zelle schließen zu können; der Zellleib ist dann von einer kaum wahrnehmbaren Stärke. Da die Tentakel in ihrem Schichtenbau in so fern eine Ab- weichung von den eben genannten Verhältnissen erkennen lassen, als sie aus einer Schicht mehr als die Leibeswand bestehen, so wollen wir diese Unterschiede jetzt besprechen. Vorher haben wir aber noch die Gestalt eines ganzen Tentakels zu betrachten. Ein Tentakel, wel- cher eine einseitig geschlossene Röhre darstellt, besitzt nicht, wie wir beim flüchtigen Anblick desselben vielleicht meinen, eine cylindrische Gestalt mit einem Kreisquerschnitt, wir müssen uns denselben vielmehr zusammengesetzt denken aus vier gekrümmten Wänden, welche zum Grundriss ein Trapez haben, und danach hätten wir zwei gegenüber- liegende gleiche und zwei gegenüberliegende ungleiche Flächen. Die Tentakelsind nun so angeordnet, dass die gleichen Flächen die seitliche, die ungleichen die äußere und innere Begrenzung besorgen. Wir wollen diese Flächen entsprechend ihrer Lage kurz »Außen-, Innen- und Seitenfelder« des Tentakels nennen. Endlich unterscheiden wir an einem Tentakel ein proximales Ende, mit welchem er in den Lophophor eingefügt ist und ein distales, blind geschlossenes. Das Außenfeld charakterisirt sich dadurch, dass sich dessen Epithel in das der Leibes- wand fortsetzt, und dass die benachbarten Außenfelder am Grunde des Tentakels mit einander zu einer Scheidewand verschmelzen (Taf. XXV, Fig. 5—10); das Innenfeld hingegen geht bei den Tentakeln der äuße- ren Reihe direkt in den Ösophagus, bei jenen der inneren aber zu- nächst in das des Epistoms über. Während die Seitenfelder nur eine sehr schwache Krümmung besitzen, sind die Außen- und Innenfelder stark gekrümmt und von diesen wieder das Innenfeld mehr, welches Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 513 außerdem noch dadurch ausgezeichnet ist, dass ihm das Blutgefäß an- liegt und dass entlang desselben die Verschmelzung jener Schicht zu einem Cylinder erfolgt, welche wir als Stützsubstanz bezeichnen wer- den (Taf. XXV, Fig I—10 aF, sF, iF). Als äußerste Schicht der Tentakel haben wir schon die Epithel- schicht genannt, welche zwar eine Cuticula aber keine Basalmem- bran bildet. Dann folgt eine bisher noch nicht beschriebene Gewebs- schicht, welche ich »Stützsubstanz« nenne. Zwischen diesen beiden findet man spärliche, sehr zarte und nur bei ganz starken Ver- erößerungen sichtbare Muskelfibrillen eingestreut. Und endlich als innerste Lage ist eine Peritonealauskleidung der Tentakelhöhle zu nennen. Die Außenfelder der Tentakel werden von kubischen Zellen gebildet, welche gegen das proximale Ende des Tentakels ein wenig höher werden. Es sind dies Deckzellen mit großen, runden Kernen, die in der Mitte der Zelle gelagert sind und deren Durchmesser etwa der halben Zellhöhe gleich kommt. Ferner erscheinen diese Kerne vom Farbstoff sehr deut- - lich gefärbt. Zwischen den einzelnen Zellen lässt sich stets die Zell- grenze leicht erkennen. Das Zellplasma ist von hellem Aussehen und besitzt eine sehr feine Granulirung (Taf. XXV, Fig. 1—4, Fig.15). Nach den Seiten hin gehen die Außenfelder des Tentakels in die Seitenfelder über, welche sich aus Zellen zusammensetzen, die sich wohl von den früher beschriebenen unterscheiden und nur die halbe Anzahl dieser betragen. Wir sehen auf Querschnitten eines Tentakels beiläufig immer fünf bis sieben Cylinderzellen mit sehr deutlicher Abgrenzung die Seitenfelder bilden, welche Zellen dadurch, dass sie mit den freien Enden zusammenneigen, als eine einheitliche Zellgruppe sofort auf- fallen. Besonders die Zellkerne machen diese Art Zellen von ande- _ ren des Tentakelepithels unterscheiden, da ihre Kerne längsoval und am chromatinreichsten sind. Während das Außenfeld stark konvex ge- krümmt ist, besitzen die Seitenfelder eine mehr ebene Oberfläche, die allerdings im vorderen Bereich des Tentakels in eine ausgesprochene konkave übergeht, das Innenfeld hingegen ist wie das Außenfeld konvex gebogen. Gegen das Tentakelende hat das Außenfeld die größte Ausdeh- nung, gegen das basale Ende wechselt dieses Verhältnis zu Gunsten des Innenfeldes. Letzteres sehen wir aus mehreren Zellschichten zusammen- gesetzt und zwar zunächst aus einer Schicht, welche aus einer großen Anzahl hoher aber schmaler Zellen besteht, die sich nicht scharf von einander abgrenzen und die sich fächerförmig anordnen. Die Zell- kerne derselben liegen alle in gleicher Höhe und machen, da sie eng beisammen stehen, den Eindruck eines nach außen konvexen Bandes, 914 C. J. Cori, das einen zweiten die Höhle des Tentakels abgrenzenden Absehnitt einfasst (Taf. XXV, Fig. 1—4 sF, iF, Fig. 16 und 17). Dieser Abschnitt des Tentakelinnenfeldes wird von Zellkernen, in wechselnder Anzahl, und weiter von einer Masse erfüllt, welche sich als Leypıe’sche Punkt- substanz erweist. Die vorher genannte nach außen gelegene Epithel- schicht erscheint als Ganzes genommen in einem viel dunkleren Farben- tone, als die früher beschriebenen Zellarten, da die Granulirung des Plasmas eine sehr feine und dichte ist. Die Länge und die damit ver- bundene Dünnheit der Zellen, sowie auch die Krümmung des Innen- feldes ist wohl aus der für diesen Raum zu großen Zahl von Zellen zu erklären. Die Kerne, welche nach innen von den eben genannten Zellen zu finden sind, haben eine ovale Form und die Größe des Kernes einer Peritonealzelle. Über ihre Natur vermag ich nur die Vermuthung auszusprechen, dass sie vielleicht in irgend einer Beziehung zu der Nervenmasse stehen, möglicherweise Bindezellen angehören. Mit Gan- glienzellen aber haben sie keine Ähnlichkeit. Im vorderen Bereiche des Tentakels ist die Zahl dieser Kerne, deren Zellleiber sich nicht ab- grenzen lassen, sowie auch die Nervenmasse von geringerer Mächtig- keit; diese erreicht ihr Maximum in der Gegend des proximalen Ten- takelendes. Die Punktsubstanz, welche am weitesten nach innen in der Tentakelwand liegt, ist der Ausdruck für quer getroffene Nerven- primitivfasern, welche in einer der Tentakelachse parallelen Richtung verlaufen (Taf. XXV, Fig. 1—9). Wie schon früher erwähnt, sind die Tentakel mit Wimperhaaren versehen, welche an dem Innenfeld die größte Länge und dichteste An- ordnung besitzen, an den Seitenwänden hingegen sind sie am spärlich- sten und kürzesten, die der Außenfelder halten das Mittel zwischen beiden in Bezug aufLänge und Anzahl. gi . Alle die genannten Zellarten, mit welchen die Tentakel nach außen bedeckt sind, halte ich ihrem Charakter nach für Deckzellen. Drüsen- und Stützzellen treten erst nach Vereinigung der Tentakel an der Außenwand auf (Taf. XXV, Fig. 16). Nach innen von der Epithel- wand eines Tentakels folgt dann die Stützsubstanz, welche wie ein Skelett dem ganzen Tentakelapparate eine größere Festigkeit verleiht (Taf. XXV, Fig. 1—9 Ss). Zwischen letzterer und dem Epithel ver- mögen wir mit starken Vergrößerungen aber auch noch Querschnitte von längsverlaufenden Muskelfibrillen nachzuweisen. Allerdings ist ihre Zahl eine geringe (Taf. XXV, Fig. 1—4 Mfs). Die Stützsubstanz bildet im Tentakel eine dünnwandige, oben geschlossene Röhre, welche nach innen vom Peritoneum überzogen ist. Wenn wir uns die Frage nach der Herkunft dieser Substanz vorlegen, so können wir dieselbe aus Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 515 mehreren Gründen nur als ein Produkt der Peritonealzellen, also als eine basale Ausscheidung des somatischen Peritoneum, in Anspruch nehmen. Das Zustandekommen der röhrenartigen Anordnung lässt sieh auf einen Faltungsprocess zurückführen. Dies wird leicht an Schnitten von Phoronis Kowalevskii aus der Region des Mittelstückes ersichtlich, wo die Tentakelkrone demselben aufgesetzt ist. An solchen Schnitten ist die Längsmuskelschicht kaum nachweisbar da, wo wir sie zu suchen gewohnt sind. Statt derselben bemerken wir aber ein wellenförmig verlaufendes Band, bestehend aus einer hyalinen Sub- stanz, der schon genannten Stützsubstanz. Einige Schnitte tiefer ist die Schicht derselben schon durch die mächtiger gewordene Längsmusku- latur verdrängt. Dieses Band besitzt entsprechend den Wellenbergen, welche nach außen gewandt sind, Verdickungen, entsprechend den Wellenthälern dagegen, die sich nach innen zu kehren, ist es verdünnt. Gleichzeitig fällt uns auf, dass sich an den Stellen, wo sich Wellenthäler befinden, Zellen in den Raum zwischen dem äußeren Epithel und der Stützsubstanz hineindrängen. Die Bildung von Wellenthälern und Bergen nimmt in der Richtung von hinten nach vorn immer mehr zu, und in demselben Maße ordnet sich auch eine größere Anzahl von Zellen an den bezeichneten Stellen in Form eines Zellstranges an. Nicht weit unterhalb der Stelle, wo die Tentakel dem Lophophor eingefügt sind, sehen wir, dass die Stützsubstanz durch die Zellbrücke, welche durch Verschmelzung der Außenfelder zweier benachbarter Tentakel entstehen, durchtrennt wird (Taf. XXV, Fig. 1—13). Die Bogen der Wellenberge haben sich jetzt fast zu einem vollstän- digen Ring geschlossen und umfassen wie die Arme einer Zange mit den freien Enden ein Blutgefäß, welches in den Tentakel eintritt. Durch die Zahl der Wellenthäler ist schon an der Stelle des Überganges der Tentakelkrone in das Mittelstück die Anzahl der Tentakel ausgeprägt und eben so auch durch die Zellbrücken. Kurz bevor die Tentakel frei werden, schwindet die Zellbrücke, während sich die Stützsubstanz zu einer Röhre schließt. Die Gewebsschicht, welche MacIxtosu mit »Base- ment-tissue« bezeichnet und welche bei Phoronis Buskii zu einer ganz besonderen Entfaltung gelangt, ist identisch mit der Stützsubstanz un- serer Phoronis-Arten. | Was die Stützsubstanz in Bezug auf ihre Struktur betrifft, so er- scheint sie bei Anwendung von schwächeren Systemen als eine hyaline strukturlose Substanz; untersucht man sie aber bei etwa 800facher Vergrößerung frisch in Seewasser, so erkennt man an ihr eine sehr feine Längs- und Querstreifung. An konservirten Thieren, zumal bei Be- nutzung von aufhellenden Medien, gehen diese Details verloren. Am 516 0. J, Cori, frischen Objekt ist es nicht schwer, diese Schicht durch Maceration des Epithels zu isoliren, was übrigens auch dann von selbst eintritt, wenn das Thier abstirbt. An solchen vom äußeren Epithel befrei- ten Röhrenstücken der Stützsubstanz können wir außer der angege- benen Struktur auch ringförmig verlaufende Kanälchen erkennen, wie es aus Fig. 18 und 19 der Taf. XXV ersichtlich ist. Die Kanälchen dürften wahrscheinlich den Zweck haben, die Biegsamkeit des Tentakels zu vermehren. | Wie die Leibeswand, so besitzt auch der Tentakel als innerste Schicht eine peritoneale Auskleidung seiner Höhle, welche sich histo- logisch nicht von dem Peritonealüberzug der ersteren unterscheidet. Weiter enthält jeder Tentakel je ein Blutgefäß, welches durch ein ganz kurzes Band entlang des Innenfeldes befestigt ist. Eigentlich liegt das Gefäß nur in einer Peritonealfalte, die in die Tentakelhöhle vor- springt und deren Umschlagsränder entweder einander nur sehr ge- nähert, oder mit einander verschmolzen sind. Endlich sei noch er- wähnt, dass ich in der Tentakelhöhle ziemlich häufig amöboide Zellen, Lymphkörperchen, welche in der Leibeshöhlenflüssigkeit der Phoronis suspendirt sind, manchmal bis zehn Stück antraf; scheinbar befanden sie sich in Ruhe, bei längerer Beobachtung jedoch zeigten die Zellen eine amöboide Bewegung (Taf. XXVII, Fig. 8). Der Beschreibung des Tentakels will ich nun noch einige Worte über die Art und Weise, wie die Tentakel in den Lophophor eingefügt sind, folgen lassen. Wenn wir die Fig. 5 auf Taf. XXV betrachten, so sehen wir zwei benachbarte Tentakel abgebildet, welche dies erläutern können. Diese beiden Tentakel sind so vom Messer getroffen worden, dass die Schnittrichtung gerade unter ihrer Einfügungsstelle in den Lophophor ging. Der rechte Tentakel ist mit seinem rechtsseitigen Nach- bartentakel, der aber nicht mit abgebildet wurde, noch nicht ver- schmolzen, hingegen wohl mit seinem linksseitigen. An diesen beiden Tentakeln finden wir noch alle die im Vorhergehenden angeführten charakteristischen Abschnitte erhalten und bemerken, dass die Ver- einigung durch die Ränder der Außen- und der Innenfelder, haupt- sächlich aber durch die Außenfelder erfolgt ist, indem letztere mit ihren Rändern in Berührung traten. Wo die seitlichen Abschnitte der Außen- felder an einander stoßen, greifen die Zellen derselben mit ihren freien Enden, wie die Zähne zweier Zahnräder, in einander; die Zellen der Seitenwände hingegen berühren sich einfach mit ihren freien Enden. Ob dabei eine thatsächliche Vereinigung, eine Verlöthung von den ge- genüberliegenden Zellen erfolgt, lässt sich an den Präparaten nicht er- sehen, wohl ist auch wieder kein Grund vorhanden zur gegentheiligen Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 517 Meinung. So viel lässt sich aber konstatiren, dass die Zellkontouren an den Berührungsflächen verwischt sind. Verfolgen wir die Schnittserien nach unten, so bemerken wir, dass aus den zwei benachbarten Seitenfeldern ein auf dem Schnitte halbmondförmig gestaltetes Epithelstück entsteht, welches die Ränder der Innenfelder zweier benachbarter Tentakel ver- bindet (Fig. 6 sF\. Außerdem sehen wir zwischen diesen halbmond- förmigen Epithelstücken und der Verwachsungsstelle zweier ent- sprechender Außenfelder eine Zellbrücke (Taf. XXV, Fig. 5—9). Auf den nächsten Schnitten wird die Zellbrücke noch ein wenig länger, das heißt, es vermehrt sich noch die Zahl der Zellen, welche sie bilden, dann aber vermindert sich dieselbe wieder, wenn wir noch einige Schnitte weiter gehen. Zuletzt findet man nur noch einige oder eine einzige Zelle zwischen dem Leibeswandepithel und der Stützsubstanz übrig. Wenn es sich nun weiter um die Frage nach der Herkunft dieser Zellstränge handelt, so dürfte sich jene auf Grund anatomischer und histologischer Verhältnisse mit ziemlicher Sicherheit dahin beant- worten lassen, dass die die Zellstränge bildenden Zellen von den Außen- feldern der Tentakel geliefert werden. Es sind dies kubische bis cylin- drische Zellen, mit großen runden Kernen, wie sie bereits als jenen Theilen der Tentakel eigen beschrieben wurden, von welchen sie ab- stammen sollen. Wenn WricHt und Dyster von einer Tentakelmembran sprechen, so können sie darunter wohl nur die Summe dieser Zellstränge gemeint haben. Ich möchte es für besser halten, diesen Terminus, der von den Bryozoen entlehnt ist, ganz fallen zu lassen, da er zu leicht zu falschen Vorstellungen Veranlassung geben könnte. VII. Der Darmtractus. Der Beschreibung dieses Organs will ich wieder dasjenige voraussenden, was in der Litteratur von früheren Untersuchern niedergelegt ist. Dysrer hat den Darmtractus als eine schleifenförmige Röhre beschrieben. Er nennt zunächst den Mund, der mit einer Lippe bedeckt ist und durch einen Sphincter geschlossen werden kann. Das Darmstück von der Mundöffnung an bis zum ver- dickten Endstücke des Körpers, welches sich von dem weiten und be- wimperten Magen gleichfalls durch einen Sphincter absetzt, nennt er Ösophagus. Was auf den Magen folgt, konnte Dyster nicht beobachten, da es sehr schwierig gewesen sei, Thiere aus dem Felsen unbeschädigt herauszunehmen. Er vermuthete aber richtig, dass der Magen in den eigentlichen Darm übergehen müsse, welcher mit dem After zwischen den Armen des Lophophors nach außen mündet. VAN BENEDEN ist der Meinung, dass der Darmtraetus die Gestalt eines geraden Rohres besitzt und den Körper in seiner ganzen Länge durchzieht, ohne dass man im Stande ist, an dem Darme verschiedene 518 6. J. Cori, Abschnitte zu unterscheiden. Er vermuthete daher den After an dem Ende des Körpers. In dem Vorhandensein des Epistoms sieht er eine Analogie mit Süßwasserbryozoen. KowALEVSKY, CALDWELL, MAcInTosa und BıaxLanD BenHAam beschreiben den Darmtractus vollständig, jedoch nur in so fern abweichend von einander, als sie für die einzelnen Abschnitte verschiedene Bezeichnungen gebrauchen. Die Angaben der letztge- nannten Autoren beziehen sich hauptsächlich aber nur auf die anato- mischen Eigenthümlichkeiten des Darmes, während die histologische Beschaffenheit wenig berücksichtigt wird. Die Wand des Darmrohres setzt sich aus einer Epithel-, Muskel- und Peritonealschicht zusammen. Erstere ist in den einzelnen Abschnitten, resp. entsprechend den verschiedenen Funktionen dieser Abschnitte, von verschiedenem histologischen Charakter. Die Peritonealschicht ist überall vorhanden, während wir die mittlere Schicht, bald mehr, bald minder mächtig finden, oder sie sogar vermissen, z. B. an dem Magen. In diesem Abschnitte ist sie überflüssig, da die Fortbewegung des Darm- inhaltes von der Bewimperung, mit welcher derselbe ausgestattet ist, besorgt wird, außerdem ziehen von der Körperwand zahlreiche radiäre Muskelfasern zum absteigenden Schenkel des Darmtractus, welche für die Darmbewegung eine nicht unbedeutende Rolle zu spielen scheinen, indem sie darmerweiternd wirken. Der Darmtractus als Ganzes genommen bildet eine Schleife, die in dem Körper derart angebracht ist, dass das Ende der Schleife hinten im Körper, wo derselbe sich verdickt, Mund und After aber am Über- gange der Tentäkelkrone in den Körper zu liegen kommen. Wir unter- scheiden also einen absteigenden Schenkel, der mit dem Munde be- ginnt und einen aufsteigenden, der mit dem After endet. Die beiden Öffnungen sind einander sehr genähert und der kurze Abstand beider soll die umediane Mund-Afterlinie« des Thieres heißen. An dem gesammten Darmtractus können wir nun folgende von einander ver- schiedene Abschnitte erkennen (Taf. XXI, Fig. 5, 7 und 11): Ösophagus Vormagen Magen Dünndarm Afterdarm. Die weite Öffnung, mit welcher der absteigende Schenkel beginnt, nennen wir Mund. Als Mund- und Pharyngealhöhle wollen wir den trichterförmigen Abschnitt, mit welchem der Ösophagus beginnt, be- zeichnen. Die Mundöffnung kann von einer deckelförmigen Falte, dem Epistom, geschlossen werden. Undzwar sindMund und Epistom, welche Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 519 beide eine schwach halbmondförmige Gestalt besitzen, zwischen der äußeren und inneren Tentakelreihe zu suchen. Letzteres ist eine von der vorderen Wand der inneren Tentakelreihe entspringende Hautfalte mit einer nach oben und einer nach unten gewandten Fläche. Die größte Breite desselben liegt in der medianen Sagittalebene, während es nach den Seiten hin immer schmäler wird, um an der Umbiegungs- stelle der äußeren in die innere Tentakelreihe zu enden. Die Kontouren des Epistoms kann man am lebenden Thiere sowohl von der Anal-, als auch von der Oralseite her sehen, einerseits, und zwar besser durch die innere, andererseits durch die äußere Tentakelreihe. Ferner ist bei der Durchsicht vieler lebender Individuen die Größendifferenz dieses Or- gans auffällig. Sehr oft sieht man es nämlich über den Rand des Lo- phophorshinausreichen, ein anderes Mal dagegen kommt man in Zweifel, ob das Thier überhaupt ein solches besitzt. Der Grund für die variirende Größe dieses Gebildes liegt darin, dass wir es hier mit einem sehr be- weglichen Organe zu thun haben, welches sich zu erheben vermag, oder durch Kontraktion verschmälern kann. Die Fähigkeit dazu wird ihm durch den Besitz einer Lage von cirkulär und radiär verlaufenden Muskelfasern ertheilt. Über diese Zustände wird man hauptsächlich durch Sagittalschnitte unterrichtet, an denen man nicht selten Bilder erhält, auf welchen das Epistom unter einem scharfen Winkel nach unten gebogen erscheint, so dass es mit seinem freien Rande in den Ösophagus hineinreicht. Mitunter bemerkt man auch Einrisse am Epistomrande. Das Epistom enthält einen Hohlraum, »die Epistom- höhle«, die dadurch gebildet wird, dass sich die beiden Blätter der Falte nicht an einander legen und mit einander verschmelzen. Nach den Seiten hin geht die Epistomhöhle in die Höhle der Lophophorarme über (Taf. XXII, Fig. 7 Ep; Taf. XXIN, Fig. 4, 5 und 6Ep; Taf. XXIV, Fig. 2, 11 und 12). Der Ösophagus besitzt eine geringe Länge und bietet nur wenige äußere Merkmale dar, durch welche sich seine Abgrenzung vom folgen- den Darmabschnitte charakterisirt. Als solche Kennzeichen nenne ich das größere Lumen gegenüber dem Vormagen, seine braungelbe Färbung und die breiten Querfalten, welche unterscheidenden Merkmale durch die Leibeswand erkennbar sind. Den an den Ösophagus sich anschließenden Darmtheil, welcher bis zum verdickten Endstück reicht, wollen wir »Vormagen« nennen. Dieser unterscheidet sich von der Speiseröhre durch die viel schmäleren aber zahlreicheren Querfalten und durch einen geringen Durchmesser. Auf den Vormagen folgt der »Magen«, der Endabschnitt des absteigenden Darmschenkels, welcher in das End- stück des Körpers eingelagert ist. Im Vergleich zum Vormagen stellt Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 34 520 0. J. Cori, der Magen eine bedeutende Erweiterung des Darmrohres vor, deren dicke Wandung lebhaft wimpert und die durch die Körperwand in brauner Farbe durchschimmert. Letztere Färbung rührt davon her, dass in die Epithelzellen des Magens ein Pigment von besagter Farbe eingelagert ist (Taf. XXII, Fig. 11). Bevor der Magen in den Dünndarm übergeht, besitzt er noch einen kleinen Abschnitt, der sich durch eine besonders kräftige Wimperung auszeichnet und der nur schwach pig- mentirtist. Endlich wäre noch erwähnenswerth, dass der Magen durch den Besitz einer Art Typhlosolis ausgezeichnet ist. Der Übergang in den Dünndarm selbst liegt am Ende der Darmschleife und ist durch eine Einschnürung des Darmrohres gekennzeichnet. Beinahe der ganze aufsteigende Schenkel des Darmtractus zeigt ein und dieselbe anatomische, wie auch histologische Beschaffenheit. In Bezug hierauf ähnelt dieser Abschnitt, der »Dünndarm«, sehr dem Vormagen. Sein Durchmesser beträgt etwa nur den zweiten oder dritten Theil des letzteren, auch sind die Querfalten seiner Schleimhaut niedriger und zahlreicher; dieselben beschreiben häufig vollständige Kreistouren. Der kurze Afterdarm bildet das Endstück des aufsteigen- den Schenkels. Von außen ist derselbe am lebenden Thiere kaum zu unterscheiden, da er in der Afterpapille eingebettet liegt. Seine Öff- nung, die »Analöffnung«, ist so lange verstrichen, als nicht Koth- ballen ausgestoßen werden (Taf. XXV, Fig. 20 Ed, ap). Wir wollen nun an die histologische Beschreibung des Darmtraetus gehen. Wie schon erwähnt, setzt sich der Darm aus drei Schichten zu- sammen, nämlich aus einer Epithelschicht, dem Darmepithel, welche das Darmlumen begrenzt, dann folgen nach außen davon je eine Lage Längs- und Ringmuskelfibrillen, und als letzter Bestandtheil der Darm- wand ist das Peritoneum zu nennen. Blutgefäße finden wir nur in jenem Theil des Darmrohres zwischen Epithel- und Peritonealschicht vor, den wir als Magen im Vorhergehenden kennen gelernt haben. Was die Abstammung des Darmepithels von den Keimblättern in den einzelnen Theilen anbelangt, so wissen wir, dass das Epithel des Ösophagus und des kurzen Enddarmes ektodermalen, das des Vormagens, Magens und Dünndarmes entodermalen Ursprungs ist. Wenn sich bei Phoronis die Grenzen, wo das ektodermale mit dem entodermalen Epi- thel zusammenstoßen, auch nicht als sehr scharfe und deutliche ergeben, da vielmehr ein Übergang aus dem einen in das andere Epithel erfolgt, so werden wir aber dennoch im Stande sein, dieselben zu bestimmen. Hervorzuheben wäre ferner, dass jene Darmabschnitte, welche mit Epi- thel des äußeren Keimblattes versehen sind, sehr kurz im Vergleiche zur Länge des Mitteldarmes erscheinen. Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 521 Der Besprechung der Histologie des Ösophagus will ich zunächst noch die des Epistoms voraussenden. Wir haben gesehen, dass das Epistom eine Falte ist, welche analwärts von der Basis der inneren Tentakelreihe entspringt und wie eine Klappe die Mundöffnung über- deckt, Daher unterscheiden wir an demselben einen freien Rand, dann eine obere und untere Fläche, ferner entsprechend den Stellen, wo das obere Blatt in das Epithel der inneren Tentakelreihe umbiegt, eine obere Begrenzungslinie und eben so eine untere, wo sich das untere Blatt in die Wand des Ösophagus fortsetzt. Wir werden also dieselben Bestandtheile zu erwarten haben, wie wir sie an der Leibeswand kennen gelernt haben, nämlich eine Epithel-, eine Muskel- und eine Peritonealschicht. Was die Epithelschicht betrifft, so können wir uns mit deren Beschreibung kurz fassen, da sie auf der nach oben gekehrten Fläche aus ähnlichen Elementen zusammengesetzt ist, wie die Außenfelder der Tentakel, nämlich aus kubischen Zellen mit deut- lichen Zellgrenzen. An der Umbiegungsstelle in die Basis der in- neren Tentakelreihe nehmen die Zellen rasch an Höhe zu und gehen schließlich in das Epithel der Innenfelder der Tentakel über. An dem freien Rand des Epistoms hingegen findet kein so allmählicher Über- gang des Epithels der oberen in die untere Epistomfläche statt; hier ist er ein plötzlicher, aus kubischen in hohe Cylinderzellen, wie solche dem Ösophagus eigen sind. Zur Bewegung des Epistoms dienen erstens Muskelfasern, welche in die Wände der Epistomfalte zwischen Epithel und Peritonealschicht eingelagert sind und zweitens Muskeln, welche die Höhle des Epistoms durchziehen. Die Elemente der erstgenannten Muskeln sind vor- nehmlich dem freien Rande des oberen Blattes parallel verlaufende Muskelfibrillen, in dem unteren Blatte hingegen dominiren radiär ange- ordnete Fibrillen. Die Zahl dieser und ihre Dimensionen sind aber so gering, dass es nicht immer ganz leicht ist, sie nachzuweisen. Die in der Höhle des Epistoms gelegenen Muskeln inseriren einerseits an der nach oben gelegenen Fläche des Diaphragmas, andererseits an der unteren Seite des oberen Blattes des Epistoms (Taf. XXVII, Fig. 40 Ep,Msf). Das Epithel des Ösophagus besteht aus hohen gleichartigen Cy- linderzellen, welche sich durch deutliche Kontouren von einander abgrenzen. Sie enthalten einen langgestreckten, schmalen Kern, der wie die meisten Kerne dieser Gestalt, mit reichlichem Chromatin ver- sehen ist, und aus dem Grunde viel Farbstoff, im vorliegenden Falle Karmin, festhält. Statt eines größeren Kernkörperchens finden sich in den Kernen mehrere kleine dunkle Körnchen von ungleicher Größe, 34* 522 C. J. Corl, die gewöhnlich in einer der Längsachse des Kernes parallelen Reihe an- geordnet sind. Da die Breite des Kernes nur etwas Weniges geringer ist, als die der Zelle, die Länge jenes aber nur etwa die halbe Höhe der Zelle beträgt, so bleibt für das Plasma des Zellleibes nur Raum gegen den freien und den basalen Pol der Zelle übrig. In dem zwischen Kern und freiem Zellende gelegenen Theile der Zelle zeigt das Plasma ein dunkles Aussehen und zugleich eine braune Färbung, welche durch zahlreiche kleinere und größere Körnchen, wahrscheinlich Se- krete der Zellen, und zweitens durch öltröpfchenartige Pigmentkugeln verursacht wird (Taf. XXVII, Fig. 1 und 9). Das Plasma jener Zellre- sion hingegen, welche nach außen von den Zellkernen, also zwischen diesen und dem basalen Zellende liegt, zeigt eine mehr gleichartige Beschaffenheit. Was das Verhalten des Zellplasmas gegen den ange- wandten Farbstoff anbelangt, so lässt sich nur eine schwache Färbung mit demselben feststellen. Neben diesen eben beschriebenen Zellen kommt im Epithel des Ösophagus aber noch eine andere Zellgattung vor, auf deren Vorhandensein man allerdings nur aus dem Auftreten von Kernen schließen kann. Diese letzteren haben eine ovale Gestalt, sind blässer gefärbt und enthalten ein deutliches Kernkörperchen; weiter nehmen sie stets ihre Lage in dem Raume zwischen den langgestreck- ten Kernen und dem basalen Theile des Epithels ein. Sie sind so ver- theilt, dass sich gewöhnlich immer mehrere nahe an einander gelegen finden. Das Zahlenverhältnis, in weichem sie zu den Kernen der Cylinderzellen stehen, ließe sich beiläufig durch 2:10 ausdrücken (Taf. XXVII, Fig. 1). Wie schon erwähnt, wird die dritte Schicht der Darmwand von Muskelfibrillen gebildet. Und zwar unterscheiden wir eine innere Lage längs verlaufender und eine äußere Lage eirkulär angeordneter Fi- brillen. Die Deutlichkeit, mit welcher sich diese feststellen lassen, hängt wesentlich davon ab, ob sich die Fibrillen im Zustande der Kontraktion oder der Expansion befinden; denn im Allgemeinen sind sie doch nur in spärlicher Anzahl vorhanden. Da sich aber die beiden Lagen meist im entgegengesetzten Zustande ihrer Thätigkeit befinden, so erklärt sich daraus die Erscheinung, dass auf Schnitten bald die Längsmuskel-, bald die Ringmuskelschicht mächtiger erscheint, in so fern, dass nicht etwa die Zahl der Fibrillen vermehrt ist, sondern dass die Fibrillen größere Querschnittsbilder darbieten, was durch den jeweiligen Kon- traktionszustand bewirkt wird. Trotz eifrigen Suchens war ich nicht im Stande, Zellkerne innerhalb dieser Schicht aufzufinden (Taf. XX VII, Fig. 2, 6,7 und 8). Gegen die Leibeshöhle hin wird der Darm von einer Peritoneal- Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 523 schicht, der Splanchnopleura, überzogen. Die Elemente, welche diesen Bestandtheil der Darmwand bilden, sind histologisch nicht von jenen der Somatopleura verschieden, wohl aber ist ihre Zahl eine vermehrte. Zu erwähnen wäre noch, dass aus dem Peritoneum des Ösophagus häufig zarte Fäden entspringen, die sich andererseits an der Leibes- wand inseriren. Diese Fäden möchte ich für muskulöse Gebilde halten, nicht bloß auf Grund ihrer histologischen Beschaffenheit, sondern auch desshalb, weil ich am lebenden Thiere an ihnen aktive Kontraktionen wahrnahm, nämlich eine Verkürzung und ein Dickerwerden. Was ihre histologischen Eigenthümlichkeiten anbelangt, so gleichen sie ganz Muskelfibrillen, nur mit dem Unterschiede, dass sie meist einen lang- gestreckten Kern besitzen, der nahe ihrer Insertion am Darme zu liegen kommt. An den Ösophagus schließt sich der Vormagen an, welcher sich durch ein niedrigeres Epithel und durch zahlreichere und hohe Falten gegenüber dem vorgenannten Darmtheile auszeichnet. Es sind dies eigentlich nicht Falten, vielmehr Epithelleisten, welche durch ver- schieden hohe Zellen verursacht werden; denn an ihrer Bildung be- theiligen sich die übrigen Schichten der Darmwand nur im geringen Grade. Wir können daher Zellen unterscheiden, welche die vor- springenden Leisten erzeugen, und solche, welche gleichsam in dem Thale zwischen zwei solchen Erhebungen liegen. Zum Studium dieser Verhältnisse, wie überhaupt des gesammten Darmtractus benutzte ich hauptsächlich Längsschnittserien, denn die Bilder, die man von Quer- schnitten erhält, können leicht zu Irrthümern Veranlassung geben (Taf. XXVII, Fig. 7). Zum Unterschied vom Epithel des Ösophagus färben sich die Zell- kerne des Vormagens etwas weniger intensiv mit Karmin, das Plasma des Zellleibes hingegen scheint mehr Farbstoff in sich festzuhalten, als wir es an den Zellen des Ösophagus fanden. Jene Zellen, welche in den Furchen zwischen zwei Leisten liegen, sind niedrige CGylinder- zellen mit ovalen, grundständigen Kernen, welche je ein Kernkörper- chen enthalten. Vergleichen wir mit diesen die anderen Zellen, aus welchen die in das Darmlumen vorspringenden Erhebungen bestehen, so erkennen wir in ihnen, trotzdem sie eine Modifikation erfahren haben, die gleichen Zellen, wie die eben besprochenen. Letztere grenzen sich wohl von einander ab und besitzen ein hell aussehen- des Plasma. Ihre Nachbarzellen dagegen, welche in die leistenför- migen Erhebungen übergehen, verlieren ihre scharfen Abgrenzungen an dem freien Pole, während diese unterhalb der Kernreihe gegen den basalen Pol noch deutlich zu erkennen ist. Weiter bemerken 524 6. J. Cori, wir, dass die Kerne stets in einer der freien Epitheloberfläche paral- lelen Linie gelegen sind, und dass sich der unterhalb der Kernreihe gelegene Zellrest immer mehr streckt und deutlicher kontourirt, je mehr die betreffende Zelle auf die Höhe der Leistenbildung zu liegen kommt. Wir können uns diese zweite Art von Zellen dadurch aus der ersten Art entstanden denken, dass der zwischen Zellkern und basalem Pol gelegene Zellabschnitt in die Länge gewachsen ist. An dem Epithel unterscheiden wir daher zwei Zonen, welche durch die Kernreihe ge- trennt werden. Die gegen das Darmlumen gelegene Zone des Epithels enthält ein trübes Plasma mit zahlreichen Sekretkügelchen und ent- behrt der Abgrenzungslinien der Zellen unter einander. Die zweite Zone hingegen erscheint viel heller und klarer, und in ihr sieht man als scharfe Linien die Zellgrenzen verlaufen. In den Darmleisten sind mitunter auch einzelne langgestreckte und schmale Stützzellen zu er- blicken. Während wir bei dem Ösophagus eine Längs- und Ringmuskel- schicht vorfanden, sind wir in der Lage hier nur Cirkulärmuskelfasern. in spärlicher Zahl und Dimension zu konstatiren. Eben so besteht der Peritonealüberzug bloß aus wenigen und weit von einander gelegenen Zellen, welche eine ovale Gestalt besitzen. Der nun zu beschreibende Abschnitt des Darmtractus ist der Magen, welcher im verdickten Endstück des Körpers zu suchen ist, und welcher sich sowohl durch sein viel weiteres Lumen, als auch besonders durch seine histologische Struktur von allen anderen Darmtheilen unter- scheidet. Wir finden an ihm zu innerst eine Epithelschicht, welche aus Flimmerepithelzellen zusammengesetzt ist, dann folgt ein reiches Netz von Blutgefäßen an Stelle der Muskelfibrillen und schließlich ein Peritonealüberzug. Ä Wenn wir zunächst die Epithelschicht in Betrachtung ziehen wollen, so muss ich vorweg erwähnen, dass in diesem Abschnitte die Verdauung der Nahrung erfolgt und dass während dieser Thätigkeit die Zellen in ihrer Anordnung und Gestalt eine wesentliche Veränderung erleiden. Aus diesem Grunde müssen wir solche Zellengruppen in der Periode der Ruhe und solche während der Verdauung wohl von ein- ander unterscheiden. Ein Stückchen Epithel in der Ruheperiode ist auf Taf. XX VII, Fig. 4 und 5 dargestellt. Die dieses zusammensetzenden Zellen sind sehr hohe und schmale Cylinderzellen mit deutlichen Kon- touren und kleinen, etwas ovalen grundständigen Kernen, welche in zwei Reihen angeordnet sind. Der abgebildete Schnitt weist aus dem Grunde vier Kernreihen auf, da die Schnittrichtung keine vollkommen parallele zur Längsachse der Zellen ist. Die freien Enden der Epithel- Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 525 zellen sind abgerundet und unterhalb derselben bemerken wir einen Cu- ticulasaum mit feiner senkrechter Streifung. Das Plasma solcher Zellen erscheint hell und von ganz kleinen etwas lichtbrechenden Körn- chen und dunkelbraunen Pigmentkugeln durchsetzt (Taf. XXVII, Fig. 4,5 und 11). Betrachten wir hingegen einen Epithelabschnitt, welcher sich gerade in dem Stadium größter Thätigkeit befindet, so bemerken wir keulenförmige Fortsätze aus der Epithelschicht in das Darmlumen hin- einragen, welche sich bei genauer Untersuchung als aus Plasma be- stehend erweisen, in das runde bis ovale Kerne eingestreut sind. Außerdem finden sich aber auch noch Fremdkörperchen resp. Nahrungs- bestandtheile in diesen Gebilden eingeschlossen vor (Taf. XX VIII, Fig. 3). Diese Fortsätze erkläre ich als aus Epithelzellen bestehend, welche ihre ursprüngliche Form und Lage verändert haben, um in ihren Zellleib die Nahrungsbestandtheile aufzunehmen. Dass die Kerne dieser merkwür- digen Gebilde wirklich identisch mit jenen des Magenepithels sind, unterliegt keinem Zweifel; denn sie gleichen einander in der Form voll- kommen; endlich sehen wir oft förmliche Straßen durch Kerne, welche von dem normalen Platze aus in. die Fortsätze hineinziehen, gebildet. Mit einem solehen Vorgange muss nothwendigerweise eine tief ein- greifende Veränderung in dem Zustande der ruhenden Zelle einhergehen. Wie schon früher erwähnt, breitet sich zwischen der Epithelschicht des Magens und seinem Peritonealüberzug ein reiches Blutgefäßnetz aus, an dessen Stelle wir in den übrigen Darmabschnitten Muskel- fibrillen fanden. In diesem Theil der Magenwand war es mir unmöglich solche nachzuweisen und ich glaube, dass diese hier auch thatsächlich nicht existiren. Die einzelnen Zweige des Blutgefäßnetzes, die man als Capillaren bezeichnen kann, besitzen eine sehr zarte Wandung, die nur aus dem Innenepithel der Gefäße bestehen dürfte. Die Kerne dieses Epithels sieht manbesondersgutan prall gefüllten Gefäßchen (Taf. XX VIII, Fig. 3 und 5). | Ich muss nun nochmals auf die Epithelfortsätze zurückkommen, da diese, wie ich vermuthe, auch in einem Zusammenhang mit dem Blutgefäßsystem stehen. Man findet nämlich in solchen Epithelfort- sätzen, welche sich im Zustande höchster Thätigkeit befinden, in der Regel einen Kanal von außen hinein verlaufen, von welchem ich glaube, dass er mit dem Blutgefäßnetz zusammenhängt, das heißt vielmehr, dass dieser Kanal selbst ein Blutgefäß sei, welehes in das genannte Gebilde hineinwächst (Taf. XXVII, Fig. 3 Ca). Solch ein Kanal wird von einer ungemein zarten Membran begrenzt, in welcher man nicht selten lang- gestreckte, platte und intensiv gefärbte Kerne wahrnimmt. Die Weite 526 6. J. Cori, desselben ist eine wechselnde und gewöhnlich eine geringere als der Durchmesser eines Blutkörperchens. In einem Falle sah ich auch wirk- lich zwei Zellen in demselben liegen, welche ich mit Blutkörperchen identifieirte. Durch diese Einrichtung wurde es mir erst verständlich, wie es kommt, dass man in diesen Epithelfortsätzen selbst und auch, obzwar viel seltener, im Darmlumen Blutkörperchen vorfindet. Ferner fiel mir in den keulenförmigen Epithelgebilden das Vorhandensein von kleinen, gelblich gefärbten Kügelchen auf, welche wie innerhalb einer runden Zelle gruppirt waren (Taf. XXVIN, Fig. 3 und 4 Na). Kerne, die zu diesen Zellen gehören konnten, war ich nur zweimal im Stande mit Sicherheit festzustellen; sie waren blass gefärbt und durch die Kügel- chen so gedeckt, dass man gerade noch ihre Kontouren zu erkennen ver- mochte. Die Gruppen von Kügelchen traf ich in allen Theilen der ver- dauenden Zellgebilde, nur mit dem Unterschiede, dass sie, je mehr sie sich den Blutgefäßen, resp. dem basalen Ende des Epithels näherten, dichter gruppirt waren. Endlich fand ich sie auch in den Blutgefäßen selbst vor. Eben so wie die im Vorhergehenden beschriebenen Gebilde, welche zur Aufnahme der Nahrung dienen, entstehen, eben so kann man sie wieder in den Ruhezustand zurückkehren, das heißt das Aussehen von normalem Magenepithel annehmen sehen. Nachdem wir den histologischen Bau des Ösophagus, Vormagens und Magens kennen gelernt haben, wollen wir untersuchen, wie von dem Körper der Phoronis die Nahrung aufgenommen und verdaut wird. Die Nahrung dieses Thieres besteht hauptsächlich aus Diatomeen und thierischen, einzelligen Organismen, also Protozoen. Wir haben gesehen, dass die Tentakel in Form einer äußeren und inneren Reihe den Mund, wie ein Rechen umgeben, und dass durch die Flimmerbewegung der- selben ein Wasserstrom erzeugt wird, der gegen die Mundöffnung hin verläuft. Dieser Wasserstrom besitzt eine doppelte Bedeutung, nämlich einmal die, dem Thiere stets sauerstoffreiches Wasser zuzuführen und weiter, ihm die im Wasser enthaltene Nahrung zugänglich zu machen. Durch die Zwischenräume zwischen den Tentakeln kann das Wasser wie durch ein Sieb abfließen, während sich am Grunde der Ten- takelkrone eine größere Menge von Nahrung ansammelt, welche durch Öffnen des Epistoms in den Darmtractus aufgenommen wird. Dabei übernehmen sowohl die Tentakel als auch das Epistom die Aufgabe eines Ausleseapparates, in dem größere Körper oder Thiere, welche in den Raum innerhalb der beiden Tentakelreihen gelangen, durch Schließen des Epistoms nicht in den Mund gelangen können und durch das Auseinanderweichen der Tentakel wieder nach außen getrieben werden. Der Ösophagus und: der Vormagen befördern die aufge- Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 527 nommene Nahrung durch peristaltische Bewegung nach abwärts in den Magen, auf welchem Wege die lebenden Protozoen und Diatomeen durch Sekrete des Darmes zum Absterben gebracht und für die Ver- dauung vorbereitet werden mögen. Ist die Nahrung in dem Magen angelangt, so wird sie durch die hier stattfindende Flimmerbewegung in rotirende Bewegung gesetzt und schließlich von den Zellen, welche die keulenförmigen Fortsätze bilden, erfasst, damit die dem Thiere nöthigen Nährstoffe ausgelaugt werden können. Wir sehen dann wäh- rend dieser Periode die als Nahrung dienenden Diatomeen oder Proto- zoen stets eingeschlossen in eine Flüssigkeitsvacuole. Wenn die Aus- laugung, wie ich die Verdauung hier nennen will, vollzogen ist, werden die unbenutzten Reste von den Epithelgebilden wieder ausgestoßen und gelangen, eingeschlossen in eine schleimige Masse und in Ballen geformt, in den Dünndarm. Die gewonnenen Nährbestandtheile dürften wahrscheinlich in Form der beschriebenen Kügelchen, die vermuthlich von Zellen aufgenommen werden, in die Blutgefäße geschafft und so dem Thiere zu Nutze gemacht werden. Ob diese Zellen Blutkörperchen sind, die, wie ich meinte, aus dem Blutgefäßnetz auf dem Wege des genannten Kanales resp. des Blutgefäßes in die verdauenden Zellgebilde gelangen, lässt sich an meinem Untersuchungsmateriale nicht mit Bestimmtheit beweisen, wohl liegt aber doch einige Wahrscheinlichkeit für diese Annahme vor; auch glaube ich, dass die Rückwanderung der mit Nahrung beladenen Zellen nicht durch den Kanal, sondern direkt ins Blutgefäßnetz erfolgt. Die in dem Dünndarm angelangten unverdauten Reste bestehen meist nur noch aus Diatomeenschalen, während sich die sie einhül- lende Masse aus lauter kleinen, dunklen Bruchstücken zusammensetzt. Der Dünndarm dürfte sich demnach nicht mehr sehr an der Resorption der Nährstoffe betheiligen. Wir hätten nun noch die histologische Struktur des Dünndarmes und des kurzen Enddarmes zu besprechen. Der Übergang des Magens in den Dünndarm wird zunächst durch einen kleinen Abschnitt des ersteren vermittelt, welcher sich durch hohe Cylinderzellen mit langge- streckten und schmalen, sich sehr dunkel tingirenden Kernen aus- zeichnet. Dieser Abschnitt erscheint nur wenig pigmentirt, besitzt auch eine Muskelschicht und größere, aber weniger zahlreiche Blutgefäße. Am lebenden Thiere nimmt man hier eine sehr kräftige Wimperung wahr, während ich an Schnitten niemals jene dem Magen eigenthüm- lichen Zellgebilde vorfand. Der Dünndarm ist vom Magen durch eine Ringklappe abgegrenzt. Das Lumen jenes beträgt, so weit er im ver- dickten Endstück des Körpers verläuft, etwa den dritten Theil von dem 528 6. J. Cori, des Magens; im Bereiche des Mittelstückes des Körpers sinkt das Dünn- darmlumen noch mehr herab (Taf. XXII, Fig. 11). In seinem unteren Abschnitt besitzt der Dünndarm eben so wie der Vormagen ringförmig verlaufende Epithelleisten an der Innenfläche. Die Zellen, welche die Leisten zusammensetzen, zeigen alle gleiche histologische Beschaffenheit, es sind dies nämlich niedrige Cylinderzellen ohne deutliche Abgrenzung. Ihre kleinen, ovalen Kerne gruppiren sich eng an einander und verhalten sich zum Farbstoff so, wie die Zellkerne des Vormagenepithels. Überhaupt ähnelt der Dünndarm in seiner Struktur sehr dem Vormagen, was auch schon Maclntosa hervorgehoben hat, nur möchte ich sagen, dass man im Dünndarm Alles in kleineren Dimensionen findet (Taf. XXVII, Fig. 2). In dem oberen Abschnitte des Dünndarmes, bevor er in den Enddarm übergeht, verschwinden die Falten seiner Innenfläche, da das Epithel aus gleich hohen Zellen be- steht, welche verschiedener Gattung sind. Ferner liegen unterhalb der Kernreihe noch runde Zellkerne, welche einer dritten Zellart anzu- gehören scheinen, über deren Natur ich aber leider keinen Aufschluss geben kann (Taf. XXVII, Fig. 8). Die Ring- und Längsmuskelschicht des Dünndarmes ist so schwach ausgebildet, dass es oft sehr schwer ist, dieselbe als vorhanden zu konstatiren. Schließlich haben wir noch den Enddarm unserer Betrachtung zu unterziehen. Derselbe hat eine sehr geringe Länge und findet seine Lage in der Afterpapille. Auf Taf. XXV, Fig. 20 Ed sehen wir einen Längsschnitt von ihm abgebildet. Da er den vom Ektoderm aus durch Einstülpung entstandenen Endabschnitt desDarmes darstellt, so werden wir von vorn herein eine Ähnlichkeit seiner Elemente mit jenen der Afterpapille erwarten. Diese, wie auch der Enddarm, ist aus sehr hohen und schmalen Zellen zusammengesetzt, welche gebogen und fächerförmig angeordnet sind und sich mit deutlichen Kontouren von einander abgrenzen. Sie besitzen die Gestalt von Stützzellen. IX. Mesenterien undKörperhöhlen. Zur Untersuchung der Mesenterien und Körperhöhlen eignet sich das lebende Thier wenig oder gar nicht. Nur gute Schnittserien in sagittaler, frontaler und hori- zontaler Richtung leisten dabei Dienste. Es wird uns daher auch nicht wundern, wenn wir in der Litteratur aus jener Zeit, in welcher diese heute so vielfach geübte und vervollkommnete Methode noch nicht be- kannt war, nur wenige Angaben über die Körperhöhle und Mesenterien aufzufinden vermögen. So bezweifelt Dysterr das Vorhandensein einer Körperhöhle. VAN BENEDEN dagegen hatte zwar von der Körperhöhle Kenntnis gehabt, stellte aber die Existenz eines Diaphragmas, wie er ein solches von den Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 529 Bryozoen her kannte, in Abrede. Aus den Abbildungen zweier Schnitte, eines aus der vorderen Körperregion, wo die Muskulatur noch niedrig ist, und eines durch das Endstück des Körpers ersehen wir, dass Kowaızvskv der Lösung dieser Frage schonin so fern näher kam, als er ein Mesenterium fand, welches den auf- und absteigenden Schenkel des Darmtractus befestigt. Erst CarLpweLr hat die Leibeshöhle genauer beschrieben, welche nach seinen Angaben zunächst in eine vordere und hintere Abtheilung durch ein Diaphragma getheilt wird, während letztere abermalsdurch das Auftreten von Mesenterienin drei resp. vier Kammern zerfällt. MacIntosh und Braxtann BenHam bestätigen neuerdings diese Angaben durch ihre Mittheilungen über Phoronis Buskii. Als ein Bestandtheil der Leibeswand wurde schon das Peritoneum, die Somatopleura, genannt. Eben so wird auch der Darm von einer Peri- tonealschicht, der Splanchnopleura, überzogen. Wo sich nun diese beiden Schichten mit einander verbinden, entstehen die Mesenterien, durch welche einerseits der Darmtractus in der Leibeshöhle fixirt und andererseits diese in Unterabtheilungen getheilt wird. Wir unterscheiden erstens eine Scheidewand, die quer zur Achse des Thieres gestellt ist und weiter drei andere, welche in einer der Körperachse des Thieres parallelen Richtung verlaufen. Letztere nennen wir Mesenterien, erstere das Diaphragma, welches an der Stelle ausgespannt ist, wo die Tentakelkrone in das Mittelstück des Kör- pers übergeht. Der Ösophagus und die Hauptblutgefäße durchbrechen dasselbe, während der Afterdarm unterhalb desselben nach außen mündet. Das Gleiche gilt auch von den Nieren (Taf. XXII, Fig. 7; Taf. XXIV, Fig. 14 und 12 D). Wir dürfen uns das Diaphragma aber nicht als eine ebene Wand vorstellen, die senkrecht zur Längsachse des Thieres in der Körperhöhle ausgespannt ist, vielmehr stellt dasselbe die Mantelfläche eines mit der Spitze nach abwärts gewendeten, schiefen Kegelstutzes vor. Die Peripherie des kleineren Querschnittes des Kegel- stutzes entspricht der Insertion am Ösophagus, die des größeren der an der Körperwand. Hierdurch wird die gesammte Leibeshöhle in die »Tentakelkronenhöhle« und in die »Körperhöhlec« zerlegt. Erstere setzt sich weiter zusammen aus der »Lophophor-« und »Epistom- höhle« und aus den»Tentakelhöhlenc«. In der Lophophorhöhle ver- läuft ein Gefäßring, welcher sich durch drei Stämme mit dem Blutge- fäßsystem des Körpers in Verbindung setzt, während nach der ent- gegengesetzten Richtung aus diesem Gefäßring die Tentakelgefäße entspringen, die ihren Weg in die Tentakelhöhlen nehmen. Knapp unterhalb des Diaphragmas bestehen zahlreiche Verbin- dungen zwischen Leibeswand und Darmtractus durch feine Bändchen 950 6. J. Cori, (Taf. XXIV, Fig. 5 und 6). Erst ein wenig tiefer treffen wir auf die eigentlichen Mesenterien, von welchen wir ein »Haupt-« und zwei »Lateralmesenterien« unterscheiden. Das Hauptmesenterium setzt sich aus zwei Theilen zusammen, nämlich aus einem, welcher an der konkaven Seite der Darmschleife inserirt und welcher die beiden Darm- schenkel mit einander verbindet, und einem zweiten Theile, welcher sich längs der konvexen Seite des Darmes anheftet und denselben an der Leibeswand befestigt. Der Terminus dorso-ventrales Mesenterium für das Hauptmesenterium würde vielleicht in Bezug auf seine Lage be- zeichnend sein, doch möchte ich ihn aus dem Grunde meiden, weil er leicht zu einer irrthümlichen Auffassung der morphologischen Bedeu- tung der konkaven und konvexen Seite des Darmes Veranlassung geben könnte. Der an der konkaven Darmseite sich inserirende Theil lässt oft, da er kürzer als die Darmschleife ist, eine Lücke an ihrer Um- biegungsstelle. Der andere Abschnitt des Hauptmesenteriums dagegen begleitet den Darm in seiner ganzen Länge und läuft schließlich in drei Zipfel aus, die sich am Grunde des Endstückes inseriren. Bei dem eben aus der Larve verwandelten Thiere findet man lediglich ein Me- senterium, welches mit dem eben beschriebenen Hauptmesenterium identisch ist und das in einen einzigen Strang, einen Funiculus, aus- läuft. Bei erwachsenen, aber noch kleinen Exemplaren liegt in dem oberen Abschnitt des Funiculus das Ende der Gefäßschleife. Dieses kann durch Kontraktion des Funiculus ein beträchtliches Stück nach abwärts gezogen werden, wie es in Taf. XXVII, Fig. 17 dargestellt ist. Auf der linken Seite gewinnt der Dünndarm (von der Analseite ge- sehen) seine Befestigung durch das längsverlaufende »linke Lateral- mesenterium«, das »rechte Lateralmesenterium« hingegen inserirt am Vormagen. Diese beiden seitlichen Mesenterien beginnen unterhalb des Diaphragmas und verfolgen die Darmschleife bis beiläufig in die Region des verdickten Endstückes des Körpers. Ihr oberes Ende ist dadurch ausgezeichnet, dass die Nephridien an der Stelle ihrer In- sertion an der Leibeswand eingelagert sind, wodurch eine Verdickung derselben erzeugt wird (Taf. XXIII, Fig. 12—26; Taf. XXIV, Fig. 5—9; "Taf. XXVI, Fig. 17). Durch das Hauptmesenterium sehen wir zunächst die gesammte Leibeshöhle unterhalb des Diaphragmas in einen rechten und linken annähernd gleichen Raum getheilt; beide stehen jedoch noch durch die Lücken, welche sich in den beiden Abschnitten des Hauptmesenteriums vorfinden, mit einander in Verbindung. Auch sonst besitzen die Me- senterien vielfach durchgängige Stellen, welche von den Blutgefäßzotten zum Durchtritte benutzt werden. Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 531 Was die Lateralmesenterien betrifft, so trennen diese die beider- seitigen Unterabtheilungen der Leibeshöhle in der Ausdehnung des Mittelstückes des Körpers in ein Paar oralwärts gelegene größere, und in ein Paar analwärts gelegene kleinere Kammern. Die bisher genannten Mesenterien finden sich sowohl bei Phoronis psammophila Kowalevskii als auch bei Phoronis Buskii. Bei der erst- genannten Art werden wir aber noch ein drittes Paar kennen lernen, welches sich zwischen dem Vormagen und der Leibeswand ausspannt. Nach diesen Bemerkungen gehe ich zur Beantwortung der Frage über, in welcher Beziehung die Fiedern der Längsmuskulatur zu den Mesenterien stehen und wie sich die Muskelfiedern und Mesenterien zur Symmetrieebene bei Phoronis psammophila verhalten. Bei dieser Art zählen wir durch eine größere Strecke des Mittelstückes konstant 30 Muskelfiedern, weiter gegen das Ende aber, wo die Längsmuskula- tur besonders kräftig wird, tritt regelmäßig eine Vermehrung derselben ein. Das Hauptmesenterium theilt diese Zahl in je 15 rechts und links gelegene, woraus sich ergiebt, dass dieses Mesenterium, wie auch die an- deren schon genannten, immer zwischen zwei Muskelfiedern entspringen. Wenn wir nun die Größe der Muskelfieder vergleichen, so machen wir die Beobachtung, dass die 30 Fiedern von verschiedener Größe sind, dass aber dieser Größenunterschied an eine gewisse Gesetzmäßigkeit gebunden ist, welche darin besteht, dass wir immer zwei größte und zwei kleinste Muskelfiedern aus der Zahl 30 herausfinden, dass diese beiden einander diametral gegenüber liegen und dass wir von den größten nach zwei Richtungen hin durch successive kleiner werdende zu den genannten Kleinsten gelangen. Wir können demnach durch diese Muskelanordnung eine Symmetrieebene legen, welche aber nicht mit der Symmetrie-, gleich Sagittalebene, des Körpers zusammenfällt (letztere lässtsich annähernd durch das Hauptmesenterium bestimmen), sondern mit ihr einen Winkel einschließt. Wir können dieses Verhält- nis auch so ausdrücken, dass wir sagen, es hat sich eine sekundäre Symmetrieebene ausgebildet, welche gegen die primäre im entgegen- gesetzten Sinne des Uhrzeigers und zwar um die Breite von drei Muskelfiedern verschoben ist (Taf. XXIII, Fig. 18). | | Was die Lateralmesenterien betrifft, so steht das eine Paar auf der Analseite um je fünf Muskelfiedern von dem Hauptmesenterium ab, während das zweite Paar auf der Oralseite aber auch um die gleiche Muskelfiederzahl vom Hauptmesenterium absteht. Mit Rücksicht auf die Aufeinanderfolge der Mesenterien könnten wir noch eine andere Benennung in Anwendung bringen, indem wir das Hauptmesenterium als primäres bezeichnen, weil es sich schon bei 932 C. J. Cori, der Larve vorfindet, die Lateralmesenterien als sekundäre, weil sie erst später auftreten. Was die Insertion der Mesenterien an der Leibes- wand betrifft, so möge bemerkt werden, dass dieselbe, wie aus den Zeichnungen zu ersehen ist, immer an einer bestimmten Stelle erfolgt, während ihre Insertion am Darme häufig bedeutendere Verschiebun- gen erleidet, was besonders für die Lateralmesenterien gilt. Bei Phonoris Kowalevskii und Buskii sind die Muskelfiedern auch von ungleicher Größe, ohne dass aber ein so gesetzmäßiges Verhalten der Muskelfiederzahl, welche überdies nicht konstant ist, zu den Mesen- terien herrscht. Auch fehlt bei diesen Phoronis-Arten das zweite Paar Lateralmesenterien, welches um fünf Muskelfiedern vom Hauptmesen- terium absteht. Da die Ansichten Carpwerr's über dieses Kapitel von den meinen abweichend sind, so will ich nun die des genannten Autors mittheilen. CırpweLr beschreibt ein ventrales Mesenterium, welches an der kon- vexen Seite des auf- und absteigenden Schenkels der Darmschleife in- serirt und zwei laterale, die vom Magen aus entspringen. Jenes Stück Mesenterium aber, welches sich zwischen den Darmschenkeln befindet und das nach meinen Ausführungen ein Theil des Hauptmesenteriums ist, lässt er durch Verwachsen des linken Lateralmesenteriums mit dem Dünndarme entstehen. Ich möchte der Meinung sein, dasssich CaLpweLı durch die Präparate von Phoronis Kowalevskii beirren ließ, die thatsäch- lich solche Verhältnisse durch bedeutende Verschiebung der Insertion der Mesenterien am Darme vortäuschen können. Die Verhältnisse hinge- gen, wie ich sie bei Phoronis psammophila geschildert habe, lassen sich mit den entwicklungsgeschichtlichen Thatsachen in Einklang bringen, was aber bei den von CarpweLı mitgetheilten nicht möglich ist. Ihrem histologischen Bau nach bestehen die Mesenterien, wie auch das Diaphragma aus zwei Peritonealblättern, die nicht selten muskulöse Elemente zwischen sich enthalten. Wie erwähnt entspringen die Me- senterien stets zwischen zwei Muskelfiedern, welche Stellen durch ge- häufte Peritonealzellen charakterisirt sind. An dem Ursprunge der Mesenterien an der Leibeswand kann man dann die zwischen den Pe- ritonealblättern enthaltenen Muskelfasern resp. -Fibrillen in die Rins- muskelschicht der Leibeswand eintreten sehen (Taf. XXVI, Fig. 4 Ms). Die die Mesenterien bedeckenden Peritonealzellen sind platte Zellen, wie wir sie schon an anderer Stelle kennen gelernt haben, deren Kern auf Querschnitten gewöhnlich etwas über das Niveau des Zellleibes vorragt. Die Funktion der Mesenterien ist eine zweifache. Erstens haben sie den Darmtractus in der Leibeshöhle zu fixiren, und in zweiter Folge dürfte ihnen die Aufgabe zukommen, durch Kontraktion und Expansion Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 533 ihrer Muskelelemente auf die Form des Darmes einzuwirken. Von der Richtigkeit dieser Annahme habe ich mich nicht bloß am lebenden Thiere bei Beobachtung der Darmperistaltik überzeugt, während wel- cher man unzweifelhaft eine Verkürzung der Mesenterien erkennen konnte, sondern ich möchte auch den Umstand als einen weiteren Be- weis hierfür halten, dass man den Darm auf Schnitten durch das Thier häufig in drei Zipfel ausgezogen findet, die den Insertionen der Mesen- terien entsprechen. Eben so glaube ich, dass das Diaphragma neben der morphologi- schen auch seine physiologische Bedeutung besitzt, vermuthlich die, dem Drucke der Leibeshöhlenflüssigkeit, welcher durch die Kontraktion der Leibeswandmuskulatur erzeugt wird, eine Schranke zu setzen, damit er sich nicht mit der ganzen Intensität auf die Tentakelkrone fortsetzen kann. Würde in dem Höhlensystem der Tentakelkrone, in welchem Blutgefäße verlaufen, ein großer Druck herrschen, so würde durch ihn der Gasumtausch, der in der Tentakelkrone jedenfalls ein lehafterer ist, als an irgend einem anderen Körpertheile, sehr beeinträchtigt wer- den. Andererseits will ich aber mit dieser Vermuthung durchaus nicht die Behauptung aussprechen, dass vielleicht das Diaphragma ganz un- durchgängig ist, oder dass in der Tentakelkrone nur ein sehr geringer Druck stattfindet; ein gewisser Druck ist wohl zur Entfaltung der Ten- takelkrone nöthig. Nachdem wir nun den Aufbau der Leibeswand sowie den des Darmes kennen gelernt haben, so erübrigt uns noch, die Leibeshöhlen zu betrachten. Dieselben wollen wir in die »Körperhöhle« und in die »Tentakelkronenhöhlec eintheilen. Unter der ersteren ver- stehen wir jenen Raum des wurmförmig gestalteten Körpers, innerhalb dessen der schleifenförmige Darm durch die Mesenterien aufgehängt ist und welcher Raum nach oben durch das Diaphragma abgeschlossen wird. Er ist von einem Peritoneum ausgekleidet, welches als Somato- pleura die Leibeswand und als Splanchnopleura den Darmtractus über- zieht. Die Verbindung zwischen diesen beiden Blättern wird durch die Mesenterien bewirkt, während die Körperhöhle durch sie in Unter- abtheilungen getheilt wird, deren Anordnung wir bei der Besprechung der Mesenterien vorausgenommen haben. Eben so wie die Körperhöhle, so stellt auch die Tentakelkronenhöhle nicht eine einfache Höhle vor, sondern ein Hohlraumsystem. Dieses setzt sich aus der Höhle des »Lophophors«, aus den »Tentakel-« und ferner ausder»Epistomhöhle«zusammen, die unter einander in offener Kommunikation stehen. Was die Gestalt dieser Hohlräume anbelangt, so sehen wir, dass sie die äußere Form der Körpertheile nachahmen, 934 C. J. Cori, innerhalb welcher sie liegen. Dem entsprechend hat die Lophophor- höhle die Form eines Hufeisens, die Epistomhöhle ist halbmondförmig gestaltet. Dieses Hohlraumsystem wird eben so wie die Körperhöhle von einem Peritoneum ausgekleidet. Das Diaphragma stellt daher nach den vorhergehenden Ausführungen die Scheidewand vor, wo die Ten- takelkronen und Körperhöhle zusammenstoßen. Aus diesem Grunde ist das Diaphragma aus zwei Peritoneallamellen zusammengesetzt. Die Zellen, welche die untere Lamelle zusammensetzen, sind in der Regel dichter als jene der oberen angeordnet (Taf. XXV, Fig. 24 D und Taf. XXVII, Fig. 9 und 10 D). X. Nephridien. Schon Dyster hatte die Nephridienkanäle ge- sehen und auch beschrieben, ohne aber ihre eigentliche Funktion als Exkretionsorgane erkannt zu haben. Er bezeichnete sie als Oviducte, weil er durch dieselben Eier austreten sah und beschreibt sie »als zwei etwas sichtbare, zwischen und unterhalb der Äste des Lopophors gele- gene Falten«. Nach ihrer topographischen Lage stimmen Dyster’s Ovi- ducte gleichfalls mit dem, was wir heute Nephridien nennen, überein. Er giebt nämlich von dem Darme an, dass er über dem Ösophagus und den großen Gefäßen und unterhalb der Oviducte liege; und an einer anderen Stelle präeisirt er die Lage der Oviducte noch genauer dahin, dass sich dieselben dicht unter dem Integument befinden. Die Ent- deckung dieser Organe ist wahrscheinlich in Zusammenhang mit seinen Beobachtungen über die Eiablage zu bringen, und ich glaube, Dyster hat sie eben nur bei diesem Akt gesehen. Zu dieser Annahme veranlasst mich seine Behauptung, dass die Oviducte nicht bewimpert seien, da ge- rade die Bewimperung das Aufsuchen der Nephridien erleichtert. Bei van BENEDEN findet sich keine Andeutung dafür, dass er von diesen Organen Kenntnis gehabt hätte. Kowaızysky hingegen beschreibt und bildet die Nephridien resp. Oviducte, wie auch er sie benannte, ähn- lich ab wie Dyster und bringt sie ebenfalls mit der Ablage der Ge- schlechtsprodukte in Verbindung. Seine »konischen Körper unbestimm- ter Natur« sind die Falten der Afterpapille, in welche die Kanäle eingelagert sind. Die äußeren Öffnungen nennt er kurzweg Genital- öffnungen. Endlich beschrieb Caıpwerz die bisher nur für Oviducte gehaltenen Organe als Nephridien, welche bewimperte Röhren dar- stellen, die durch innere Öffnungen mit der Leibeshöhle kommunieiren und durch äußere Öffnungen ihre Exkrete nach außen befördern. Mac Intosn konstatirte bei Phoronis Buskii auf Querschnitten ebenfalls Ka- näle zu beiden Seiten des Intestinums, welche er mit den von CALDwELL beschriebenen Nephridien identifieirt. Einen sehr interessant gebauten Nierenapparat besitzt die Phoronis Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 535 australis, wie aus der Beschreibung von Braxzannp BenHam hervorgeht. Die Lage desselben ist die gleiche, wie die bei den anderen Phoronis- Arten. Dagegen besitzt jeder Nierenkanal zwei Trichter und zwar einen kleinen und einen größeren. Die letzteren, welche verhältnis- mäßig beträchtlich länger sind, öffnen sich jederseits in die oralen Kam- mern der Leibeshöhle, während die viel kleineren erstgenannten mit der Rectalkammer in Verbindung treten. Auch berichtigt BraxLann Bexuam die Angabe MacIntosm’ über ein Sinnesorgan, welches in den beiden Lateralmesenterien von Phoronis Buskii gelegen sein soll, dahin, dass dasselbe kein solches, sondern der größere der beiden Nieren- trichter sei. Die grobe Anatomie der Nierenorgane der Phoronis lässt sich am lebenden Objekt ganz gut feststellen, wenn man das Thier einem ge- nügend starken Drucke unter dem Deckglas aussetzt, der feinere Bau jedoch kann nur an Schnittserien studirt werden. Zunächst will ich die diesbezüglichen Verhältnisse bei Phoronis psammophila beschreiben. Das Nephridium der Phoronis stellt einen bewimperten, schleifenförmig gekrümmten Kanal vor, an welchem man einen absteigenden Schenkel unterscheidet, der sich mittels eines offe- nen Flimmertrichters mit der unterhalb des Diaphragmas gelegenen Leibeshöhle in Verbindung setzt, dann einen aufsteigenden Schenkel und schließlich ein Endstück, das mit einer Öffnung nach außen mün- det. Was die Lage dieser schleifenförmigen Nierenkanäle im Körper anbelangt, so sehen wir, dass dieselben hinter dem Diaphragma zu bei- den Seiten vom Endabschnitte des Dünndarmes sich finden und dass sie außerhalb der Leibeshöhle also retroperitoneal gelagert sind (Taf. XXI, Fig. 5, 7, 8, 9 Nph; Taf. XXVII, Fig. 9, 10 und 14). Wenn wir zur Betrachtung der einzelnen Theile des Organs schrei- ten, so finden wir an der hinteren (unteren) Wand des Diaphragmas die Trichter zwischen Ösophagus und Dünndarm. Die Trichter, welche eine Strecke weit mit dem Diaphragma verwachsen sind, erscheinen einander sehr genähert, theilweise sogar, beim Anblick von der Anal- seite her, sich deckend (Taf. XXI, Fig. 5, 7 und 8; Taf. XXVIL, Fig. 9, 10 und 11 Tr, D). Sie haben eine schöpflöffelförmige Gestalt und sind in der Weise an der oben genannten Stelle gelagert, dass ihre Öffnungen oral- wärts und zugleich nach unten blicken. Diese Öffnungen in die Leibes- höhle sind oval und erscheinen mit ihrer Längsachse zur Körperachse quer gestellt. An der Bildung des Trichters betheiligt sich weiter auch das Diaphragma, indem die obere Trichterwand, wie erwähnt, direkt in das Epithel des Diaphragmas übergeht; die Stelle der genannten Verschmel- zung liegt etwa in der Mitte des letzteren. Die Ausbuchtungen resp. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 35 986 C. J. Cori, Falten der Trichteroberfläche, wie sie sich auf Taf. XXVII, Fig. 9 dar- gestellt finden, mögen vermuthlich durch Einwirkung des Härtungs- mittels entstanden sein, da ich Derartiges am lebenden Objekt nicht beobachtete. Mittels eines kurzen, konisch geformten »Zwischen- stückes« (Zwsi) setzt sich der Trichter mit dem absteigenden Schenkel in Verbindung. Dieser Schenkel, welcher etwa nur die Hälfte der Länge des später zu beschreibenden aufsteigenden besitzt, verläuft von vorn oben nach hinten unten. Da sein oberes Ende entsprechend der Lage des Trichters medianwärts gekehrt ist, so divergiren die bei- den Schenkel nach unten. Der aufsteigende Schenkel ist länger und weiter, und liegt mit seiner analwärts gewandten Fläche der Leibes- wand direkt an. Die beiderseitigen aufsteigenden Kanäle besitzen eine ebenfalls nach unten divergirende Richtung. An die aufsteigen- den Kanalstücke schließt sich endlich je ein kurzes und enges »„End- stück« an (Est), welches unter stumpfem, oralwärts offenem Winkel zur Richtung des bezüglichen Kanales geknickt ist, und mit je einer äußeren Öffnung, dem »Nierenporus« (Np), unterhalb und seitlich von der Analöffnung nach außen mündet. Beim lebenden Thiere kann man die Öffnungen nur dann sehen, wenn gerade Exkrete durch dieselben entleert werden. | _ Die Wimperhaare dieser Kanäle, welche in der Richtung von innen nach außen schlagen, sind nicht in allen genannten Abschnitten gleich kräftig; die kräftigsten Wimpern besitzt der Trichter, die längsten, aber weniger starken, der erweiterte Theil des aufsteigenden Schenkels. Ob das nach vorn gebogene Endstück Flimmerhaare besitzt, vermag ich nicht anzugeben. Bei Phoronis Kowalevskii sind die Nierenkanäle verhältnismäßig kürzer, besonders die aufsteigenden Schenkel derselben, außerdem haben sie eine andere Lage. Diese kann man sich leicht vorstellen, wenn man sich das Nephridium der Phoronis psammophila um die Achse des aufsteigenden Schenkels um nicht ganz 180° nach außen gedreht denkt. Die Trichter, welche klein sind, kommen dann seitlich zu liegen; diese verbinden sich aber auch hier mit dem Diaphragma, was sich selbst am lebenden Objekt feststellen lässt. Ähnliche Verhältnisse scheinen auch bei Phoronis Buskii vorzuliegen, wie aus den Mittheilungen von Macintosu hervorgeht. Ä Wir gehen nun zur Betrachtung des histologischen Baues des Nierenorgans über, und wollen hierzu gute Schnitte, besonders solche nach Härtung in Chromosmiumessigsäure benutzen. Die Trichterwand der Phoronis psammophila setzt sich aus kubischen Zellen zusammen, die in einfacher Schicht angeuednei sind, Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 537 und welche sich nicht deutlich von einander abgrenzen. Sie enthalten einen runden, verhältnismäßig großen Kern, welcher beinahe die ganze Zelle ausfüllt. Die Innenfläche des Trichters ist, wie schon früher erwähnt, mit kräftigen Wimperhaaren versehen, welche in der Richtung gegen den sich anschließenden Kanal schlagen. Die Trichter- außenfläche besitzt, so weit der Trichter nicht an das Diaphragma an- gewachsen ist, einen dünnen Peritonealüberzug, der sich in das untere Blatt des Diaphragmas fortsetzt. Mit dem absteigenden Nierenschenkel verbindet sich der Trichter mittels des Zwischenstückes, welches sich einerseits von ihm selbst dadurch scharf abhebt, dass seine Ele- mente Cylinderzellen sind, andererseits auch vom absteigenden Nieren- kanal, der ebenfalls aus Cylinderzellen besteht, durch die sehr deutliche Abgrenzung der Zellen unter einander und durch die intensive Karmin- färbung der Kerne. Diejenigen Zellen des Zwischenstückes, welche an dem Übergang in den Trichter gelegen sind, sind niedriger als die, welche sich mit dem absteigenden Schenkel der Niere verbinden. Auch bemerken wir, dass das Epithel durch einen sehr dunklen Kontour gegen das Kanallumen begrenzt wird (Taf. XXVIIL, Fig. 9 Zwst). Die ebenfalls eylindrischen Zellen des absteigenden Nierenkanales sind hoch und schmal, und zeigen eben noch gut erkennbare Zell- grenzen. Die Kerne derselben, die alle in einer Zone liegen, besitzen eine ovale Form und haben ihre Lage am Grunde der Zelle; sie färben sich blässer als die Zellkerne des Zwischenstückes. Das Plasma dieser Zellen ist trüb und charakterisirt sich durch kleine, körnchenartige Einschlüsse von brauner Farbe und starker Lichtbrechung, die sich basalwärts von der Kernreihe gehäuft finden, während das freie Ende der Zelle solche Einschlüsse nicht enthält. Die Zahl dieser sehr kleinen Konkremente ist eine variirende, die wahrscheinlich von dem Thätig- keitszustande der Niere abhängt. Auch in diesem Abschnitte des Ne- phridiums ist der Kontour der Epitheloberfläche ein scharfer. Der aufsteigende Schenkel ist ebenfalls nur aus einer einzigen Zellschicht gebildet, deren Zellen dadurch von jener des absteigenden Schenkels verschieden sind, dass sie keine Einschlüsse in sich führen. Das Epi- thel, aus welchem das kurze Endstück besteht, setzt sich aus cylin- drischen Zellen mit grundständigen, ovalen Kernen zusammen, welche Zellen sich dadurch von jenen des aufsteigenden Kanales unterscheiden, dass sie einen größeren Querdurchmesser besitzen. An der Mündung des Endstückes sieht man die Zellen allmählich in die des Auben- epithels übergehen, das um den Nierenporus herum aus Deckzellen be- steht (Taf. XX VII, Fig. 9). Da der: Nierenapparat retroperitoneal liegt, so müssen wir noch 3 538 6. J. Cori, untersuchen, welche Lagerungsverhältnisse zur Leibeswand dabei statt- haben. Das Nierenorgan ist in dem Thiere so angebracht, dass der auf- steigende Schenkel und das Endstück der Leibeswand direkt eingelagert sind, während der absteigende Kanal sammt Trichter in die Leibeshöhle vorspringt; daher besitzt der aufsteigende Schenkel nur auf seiner vorderen Wand eine Peritonealschicht, dagegen der absteigende Kanal einen vollständigen Peritonealüberzug. Die vereinzelten Zellen, die man zwischen Leibeswand und dem aufsteigenden Schenkel antrifft, dürften wahrscheinlich als erst sekundär dorthin gelangte zu betrachten sein. Die Nierenkanäle sind somit in zwei Peritonealfalten eingelagert, die von der Leibeswand entspringen und welche sich nach unten in die Lateralmesenterien fortsetzen. An der Stelle, wo sich die Trichteröffnun- gen befinden, sehen wir das Peritonealepithel in das Trichterepithel kon- tinuirlich übergehen, obzwar es sich seinem Bau nach scharf von dem- selben absetzt. Weiter sehen wir, dass sich die nach unten gekehrte Epithelschicht des Diaphragmas an der Verwachsungslinie mit dem Trichter einerseits in die Peritonealschicht desselben, andererseits aber in das Trichterepithel fortsetzt. Und zwar ist das im ersteren Falle jener Theil des unteren Blattes, welcher von der Wand des Ösophagus ent- springt, im zweiten Falle aber jener, welcher von der Leibeswand seinen Ursprung nimmt. Mit wenigen Worten ausgedrückt, ließen sich die anatomischen Verhältnisse so deuten, dass der Trichter seine Ent- stehung zum großen Theile dem unteren Blatte des Diaphragmas ver- dankt (Taf. XXVII, Fig. 9 und 10 D, Oe, Lw). Wir haben nun noch die physiologische Funktion dieses für den Thierkörper so wichtigen Organs zu untersuchen, in welcher Weise es bei der Phoronis thätig ist. Dies ist uns leider nur in indirekter Weise möglich zu ermitteln, nämlich aus Analogie mit anderen Thieren. Die Funktion des Nierenapparates bei vielen Wirbellosen ist theils eine ausschließlich exkretorische, in so fern als die Kanalwandungen des Organs Exkrete ausscheiden, oder indem durch sie an einer an- deren Stelle der Körperhöhle erzeugte Harnstoffverbindungen nach außen befördert werden, theils dient aber die Niere auch noch dazu, als Ausführungsgänge für die Geschlechtsprodukte zu dienen. Bei der Phoronis sehen wir nun, dass ihr on mit den beiden genannten Aufgaben betraut ist. Was zunächst die Exkretion eh so lassen sich auf Grund des Studiums von Schnitten Schlüsse ziehen, die zur Annahme be- rechtigen, dass dieses Organ in derselben Weise exkretorisch fungirt, wie es bei anderen Thieren durch das Experiment festgestellt wurde. Im Vorhergehenden habe ich beschrieben, dass die Epithelwand des ab- Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 539 steigenden Nierenkanales kleine braungefärbte und lichtbrechende Körn- chen enthält, welche wahrscheinlich Harnstoffverbindungen sind. In- dem nun die Leibeshöhlenflüssigkeit diesen Kanalabschnitt passirt, so . lösen sich bei dieser Gelegenheit die in den Zellen enthaltenen Kon- kremente auf und gelangen so gelöst aus dem Körper hinaus. Nach der Beobachtung des lebenden Thieres kann ich dem noch hinzufügen, dass sich immer eine gewisse Flüssigkeitsmenge in der Niere ansammelt und dass die in derselben enthaltenen festen Theilchen durch die Flimmer- haare in rotirende Bewegung versetzt werden. Daher erfolgt immer nur von Zeit zu Zeit eine Entleerung dieses Organs. Durch die Niere werden aber auch noch größere Körper von ovaler bis spindelförmiger Gestalt ausgeschieden, welche, wie in einem späteren Kapitel dieser Arbeit gezeigt werden wird, in dem sogenannten Fettgewebe ent- stehen und wahrscheinlich gleichfalls Exkretionsprodukte sind. Er- wähnenswerth ist noch, dass sich ein Zusammenhang des Blutgefäß- systems mit der Niere bei Phoronis nicht konstatiren ließ. Ferner dient die Niere der Phoronis als Ausfuhrweg für die Ge- schlechtsprodukte. Da die Phoronis ein Hermaphrodit ist, so können wir annehmen, dass sowohl die Eier als auch das Sperma auf diesem Wege den Körper verlässt. Allerdings lautet eine Angabe Kowauzvsky’s ent- gegen dieser Ansicht, indem er die Befruchtung der Eier in der Leibes- höhle des Thieres erfolgen lässt. Als ich die Phoronis untersuchte, be- fand sie sich damals leider erst am Beginn der Geschlechtsthätigkeit; denn ich fand nur Sperma vor, welches erst in der Bildung begriffen war. So kann ich meine obige Meinung zwar nicht durch eigene Beobach- tungen bekräftigen, doch glaube ich trotzdem aus Analogie mit vielen Meeresthieren annehmen zu können, dass die Befruchtung.der Eier außer- halb des Thieres mit fremdem Sperma erfolgt, da es nicht wahrscheinlich ist, dass fremder Samen auf dem Wege der Nieren in die Körperhöhle zu den Eiern gelangt, während andererseits eine Selbstbefruchtung mit keinem Nutzen für das Thier verbunden wäre. Aus der bisher gegebenen Beschreibung der Phoronis geht hervor, dass sie ein Thier mit einer wahren Gölomhöhle ist, und dass die Niere derselben retroperitoneal liegt. An letzterer unterscheiden wir einen Wimpertrichter, einen wimpernden Nephridialkanal mit einer Aus- mündungsöffnung, weiter sehen wir, dass sie sowohl als ein Exkretions- organ als auch als Ausführwege für die Geschlechtsprodukte dient. Auf Grund dieser angeführten Punkte sind wir berechtigt, das Nephri- dium dieses Thieres nach Harscnzx als ein Metanephridium zu be- zeichnen. | | XI. Blutgefäßsystem. Das Blutgefäßsystem ist bei diesem 540 0. J. Cori, Thiere so augenfällig, dass es nicht wundern kann, wenn dasselbe die besondere Aufmerksamkeit der meisten Untersucher auf sich lenkte. Durch den Besitz von rothem Blut, dessen Farbstoff an die Blutkörper- chen gebunden ist, gewinnt die Phoronis einen ganz eigenthümlichen Charakter. Der Beschreibung des Blutgefäßsystems widmete Wriıckt die Hälfte der ganzen Mittheilung. Obgleich seine Angaben in kurzer und gedrängter Form gehalten sind, so müssen wir ihnen doch Korrektheit nachrühmen. Er beschreibt zwei parallel der Körperachse verlaufende Gefäße, welche sich mit einem Gefäßringe der Tentakelkrone in Verbindung setzen. Von dem Gefäßringe aus entspringen die Tentakelgefäße. Er fand, dass das Blut aus einem »liquor sanguinis« und aus rothen Blut- körperchen besteht. Die Fortbewegung des Blutes wird durch die Kontraktionen der Blutgefäße bewirkt. Sein Nachuntersucher Dyster lieferte eine gleich ausführliche Darstellung vom Gefäßsysteme, fehlte jedoch eben so wie Wriscur dadurch, dass er behauptete, die Haupt- gefäßstämme des Körpers seien durch zahlreiche Quergefäße ver- bunden. Ähnliche Verhältnisse finden sich bei Kowaukvsky dargestellt, nur mit dem Unterschiede, dass die Quergefäße in geringerer Zahl abgebildet sind und dass die meisten richtig als Blindzotten erkannt wurden, denen die Funktion der Weiterbewegung des Blutes obliegt. van BENEDEN schien das Vorhandensein von Blut mit rothen Blutkörperchen von ganz beson- derem Interesse und theoretischer Wichtigkeit zu sein. Der größte Theil seiner Arbeit ist daher diesem Punkte gewidmet. Hauptsächlich mit Rücksicht auf das, was ihm über das Annelidenblut bekannt war, erör- tert er die Eigenthümlichkeit, dass der Farbstoff des Phoronisblutes nicht an die Flüssigkeit, wie bei den Anneliden, sondern an die Körperchen gebunden sei. Bei der Beschreibung der Gefäße geht er von der An- sicht aus, dass man solche sowohl nach der Richtung der Bewegung als auch nach dem Sauerstoffgehalt des Blutes unterscheiden müsse. Kowauevs&y beschreibt ein Rücken- und Bauchgefäß, welches sich nahe der Tentakelkrone gabelt. Die Gabeläste selbst streben der Tentakelkrone zu, um diese mit Blut zu versorgen. Wie Letzteres zu Stande kommt, besagen seine Abbildungen nicht. Am distalen Körperende lässt er die beiden Gefäße zu einer Schlinge sich vereinen, von welcher zahlreiche Zotten entspringen, die hier und da unter einander anastomosiren. In der Carpwerr’schen vorläufigen Mittheilung finden wir mit wenigen Worten die Verhältnisse des Blutgefäßsystems geschildert, wie es DystEr bereits gethan hat; nur erwähnt derselbe noch eines Blutsinus um den Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 541 Magen und einer Klappenvorrichtung, welche in den Gefäßring der Tentakelkrone eingeschaltet sein soll. Nach Maclxtosn’ Angaben über das Ehaeehsnstem der Phoronis Buskii, die sonst sehr kurz gehalten sind, weist diese Species keine ab- weichenden Eigenschaften auf, außer durch. den Besitz sinöser Blut- räume im vorderen Abschnitte des Körpers, wie solche bisher bei keiner anderen Phoronis-Species beschrieben wurden. Auf Schnitten, die ich durch Phoronis psammophila und Kowalevskii anfertigte, fand ich Bilder, durch welche man veranlasst sein konnte, solche auch bei diesen Arten anzunehmen, doch zeigte sich deutlich, dass es sich in solchen Fällen immer nur um Extravasate handelte. Nach der Beschreibung Braxtann Bennam’s ist das Blutgefäßsystem der Phoronis australis gleichfalls, wie deren Tentakelkrone kompli- cirter gebaut, als das bei unseren europäischen Phoronis-Arten der Fall ist. Er fand, dass sich jedes Tentakelgefäß an der Basis gabelt, und dass der eine Ast bestimmt ist, aus dem zuführenden Gefäße das Blut aufzunehmen, während der andere Ast das Blut in ein »reci- pient vessel« abgiebt; somit würde in der Lophophorhöhle der Pho- ronis australis ein doppelter Gefäßring verlaufen. Die rein anatomischen Verhältnisse des Blutgefäßsystems der Pho- ronis, welches ein geschlossenes ist, lassen sich am besten am lebenden Thiere untersuchen, da die Körperwand durchscheinend genug, und das Blut selbst, Frelihes die Gefäße erfüllt, intensiv roth gefärbt ist. Als weiteres unterstützendes Moment, kommt noch die Blutbewegung hinzu, die man durch sanftes Drücken am Deckgläschen und Nachlassen mit demselben beeinflussen kann, um sich speciell über gewisse kom- plieirte Verhältnisse zu orientiren. Bei der Besprechung des Blutgefäßsystems, als Ganzes betrachtet, willichin der Weise vorgehen, dassich es in einen Gefäßkomplex trenne, welcher den Körper mit Blut versieht und einen solchen, welcher die Tentakelkrone versorgt. Als anatomische Grenze dieser Gefäßgebiete, die natürlich unter einander in Verbindung stehen, tritt das Diaphrag- ma ein, welches ja auch die Trennung der gesammten Körperhöhle in zwei Räume besorgt. Entsprechend der gegebenen Eintheilung wollen wir zunächst jenen Abschnitt des Gefäßsystems beschreiben, welcher im Körper der Phoronis gelagert ist und nachher den zweiten in der Tentakelkrone befindlichen. Zu diesem Zwecke betrachten wir ein lebendes Thier von der Analseite her. In dieser Lage sehen wir dann zwei Gefäße in einer der Längsachse des Körpers parallelen Richtung verlaufen. Das eine und zwar das schwächere Gefäß liegt zwischen den beiden Darm- 542 6. J. Cori, schenkeln, während das andere links vom Vormagen zu suchen ist. Ersteres wollen wir das »Median-«, letzteres das »Lateralgefäß« nennen. Jedoch möchte ich ausdrücklich bemerken, dass dieser Termi- nus nur mit Rücksicht auf die anatomischen Verhältnisse beim erwäch- senen Thiere gewählt ist. Beim eben verwandelten Wurme hingegen liegt das Lateralgefäß ebenfalls in der Medianebene, aber an der kon- vexen Seite des Darmschenkels. Das Mediangefäß hat also seine Lage beibehalten, das Lateralgefäß hingegen ist auf die linke Seite des Thieres gewandert. Wenn wir nun das Lateralgefäß näher betrachten wollen, so sehen wir, dass es stärker und mehr geschlängelt ist, als das Lateralgefäß und dass es in seiner ganzen Länge mit blindgeschlossenen kurzen Gefäßen besetzt erscheint, welche wir »Goecalgefäße« nennen wollen. An dem distalen, verdickten Ende des Körpers werden die Zotten, welche frei in der Leibeshöhlenflüssigkeit flottiren, immer zahlreicher und stärker, während sich das Gefäß selbst in ein Anastomosennetz auf- löst, das den Magen umspinnt, während besonders starke Blindzotten in den bilasenartigen Endabschnitt der Körperhöhle hinabhängen. Wegen dieses Reichthums von Gefäßen erscheint auch das Endstück viel intensiver roth gefärbt als der übrige Körper. An dem vorderen Körperende hingegen, etwa in der Höhe der Nieren gabelt sich das Lateralgefäß in der Weise, dass der linke Gabelast als eine direkte Fort- setzung des Gefäßes erscheint, während der rechte Gabelast den Öso- phagus an seiner oralen Seite umkreist. Beide münden dann, nachdem sie das Diaphragma durchbrochen haben, in den später noch zu be- schreibenden Gefäßring, welcher in der Lophophorhöhle verläuft, ein (Taf. XXII, Fig. 5, 6, 7, 40 und A). Das Mediangefäß zeigt ein geringeres Lumen als das eben beschrie- bene Lateralgefäß, besitzt ferner einen mehr geraden Verlauf und ist nicht mit Coecalgefäßen versehen. Wir können es viel weiter gegen das Hinterende hin verfolgen, da es sich später als das Lateralgefäß ver- zweigt. Das vordere Ende dieses Gefäßes durchbricht gleichfalls das Dia- phragma, um in den Gefäßring der Lophophorhöhle, ohne sich aber vor- her in zwei Zweige zu theilen, einzumünden (Taf. XXI, Fig. 5,6,7,8, 9,40). Der in der Tentakelkrone gelegene Theil des Blutgefäßsystems be- steht zunächst aus einem Gefäßring, welcher die Gestalt des Lophophors wiederholt, also die Form eines Hufeisens besitzt, und ferner aus der Summe‘ der Tentakelgefäße, welche von dem »Lophophorgefäße«, wie wir den Gefäßring nennen wollen, entspringen. Andererseits steht das Lophophorgefäß mit dem schon genannten Körpergefäßsystem in Verbindung. Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 543 An dem Gefäßringe, wenn wir nun seine Gestalt genau beschreiben wollen, unterscheiden wir zwei Gefäßbogen, der eine verläuft ent- sprechend der äußeren Tentakelreihe in jenem Theile der Lophophor- höhle, der von der Leibeswand, dem Ösophagus und dem Diaphragma begrenzt wird; wir wollen ihn den äußeren Gefäßbogen nennen. Von ihm entspringen die äußeren Tentakelgefäße. Der andere, der innere Gefäß- bogen, welcher die innere Tentakelreihe mit Gefäßen versieht, ist in der Konkavität des Lophophors gelegen. Beide Abschnitte gehen natür- lich, um den Namen eines Gefäßringes zu verdienen, an den Enden der Lophophorarme in einander über. Diese Stelle des Zusammen- trittes verlängert sich zu einem kurzen, blind geschlossenen Fortsatze, von dem aus die Tentakelgefäße für die Tentakel der Umbiegungs- stelle entspringen. In dem äußeren Gefäßbhogen ist, wie CaLvweLı fest- gestellt hat, eine Klappenvorrichtung angebracht, welche aus einem leistenartigen Vorsprunge der Gefäßwand besteht. Diese Leiste ent- springt von der konvexen Seite des Gefäßes und hat somit den freien Rand gegen den Ösophagus zugekehrt. Durch sie wird das Gefäß in einen oberen, kleineren, in welchen die Tentakelgefäße einmünden, und einen unteren größeren Abschnitt getheilt (Taf. XXII, Fig. 12 Tof). Die Verbindung des Lophophorgefäßes mit den Körpergefäßen ge- schieht in der Weise, dass an der Stelle des Zusammentrittes der beiden Gefäßbogen die Gabeläste des Lateralgefäßes aufgenommen werden, während das Mediangefäß in die Mitte des inneren Gefäß- bogens einmündet. Was die Größe des Lumens des äußeren und inneren Bogens anbelangt, so steht die so ziemlich in demselben Ver- hältnis, wie das Lumen des Lateral- und Mediangefäßes. Der äußere Gefäßbogen kann besonders an seinen Enden sehr anschwellen, so dass dann dieser Theil des Lophophors von dem Gefäße ganz erfüllt zu sein scheint. Die Tentakelgefäße, welche distal blind geschlossene Gefäße sind, verlassen, wie erwähnt, je nachdem sie für die äußere oder die innere Tentakelreihe bestimmt sind, den äußeren oder inneren Gefäßbogen. Aus dem äußeren Bogen entwickelt sich, entsprechend der größeren Anzahl der äußeren Tentakel, die weit größere Zahl von Gefäßen und zwar sehen wir sie an der Oralseite sich senkrecht abzweigen ; je näher wir aber dem Ende der Lophophorarme kommen, in einer desto schieferen und gedrängteren Stellung nehmen sie ihren Verlauf. Da die innere Tentakelreihe viel weniger und kürzere Tentakel aufweist, so ist auch die Zahl der Gefäße vermindert. Diese entspringen aber nicht in der ganzen Länge des inneren Bogens, sondern nur an seinen Endabschnitten (Taf. XXIII, Fig. 6). 544 C. J. Cori, Nachdem wir nun den Verlauf der Gefäße aus dem Studium des lebenden Thieres kennen gelernt haben, wollen wir auch noch Quer- schnitte benutzen, um zu ermitteln, in welchen Abtheilungen der Körper- höhle die Blutgefäße zu suchen sind. Auf Schnitten, wie solche auf Taf. XXIII abgebildet sind, sehen wir, dass das Lateralgefäß in der linken oralen Kammer, das Mediangefäß aber in der rechten analen Kammer gelegen ist. Aus der Betrachtung solcher Präparate ersehen wir ferner, dass die beiden Gefäße durch kurze Peritonealbändchen an dem absteigenden Darmschenkel befestigt sind. In dem hinteren Abschnitte des Körpers werden die Aufhängebänder immer kürzer, so dass dann das Blutgefäß das Aussehen einer bloßen Peritonealfalte an- nimmt. In dieser Körperregion sehen wir ferner das Lateralgefäß von einem eigenthümlichen Gewebe von fettartiger Beschaffenheit (in der That wurde es von Kowaızvs&y als Fettgewebe bezeichnet) umhüllt, welches auch die Coecalgefäße überzieht. Es wird uns nun interessiren zu untersuchen, wie die Gefäße histologisch gebaut sind. Die Gefäße stellen Röhren vor, deren Wan- dungen aus mehreren Schichten bestehen. Die Zahl dieser Schichten ist jedoch eine verschiedene, je nachdem wir Gefäße mit einem weiten oder engen Lumen vor uns haben. Die großen Gefäße, welche ein weites Lumen besitzen, setzen sich aus vier Schichten zusammen, die von außen nach innen folgende sind: nämlich ein Peritonealüberzug, dann folgt eine Ring- und Längsmuskelschicht und zu innerst eine epithelartige Auskleidung. Die aufgezählten Schichten können sich in so fern an ein und demselben Gefäß verschieden in Bezug auf ihre Mächtigkeit verhalten, als sie durch ungleiche Kontraktionszustände, dies bezieht sich hauptsächlich auf die Muskel- und Endothelschicht, stärker oder schwächer erscheinen. Was den Peritonealüberzug der Gefäße anbelangt, so brauche ich ihn nicht zu beschreiben, da seine Elemente nicht verschieden von denen des Darmperitoneums sind und wir dieses bereits besprochen haben. Die Hauptgefäße der Phoronis sind ja alle zwischen Peritoneum und der Darmepithelschicht gelegen. Erst wenn sich die Übergangs- stellen des Darmperitoneums in das Gefäßperitoneum einander gegen- seitig nähern, um schließlich mit einander zu verwachsen, so wird hier- durch ein Aufhängeband des Gefäßes gebildet; das Gefäß selbst liegt dann in der Leibeshöhle. Die beiden Muskelschichten der Gefäße sind eine äußere Ring- und eine innere Längsmuskelschicht, welche an kontrahirten Gefäßen stets deutlicher als an dilatirten zu sehen sind (Taf. XXVI, Fig. 4). Es ist interessant, dass wir bei dem Muskelschlauch der Gefäße dasselbe Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 545 Verhalten zum Muskelschlauch des Darmes erkennen, wie wir es für das Darm- und Gefäßperitoneum besprochen haben. Dieses Verhalten lässt sich sehr gut durch die beiden in Fig. 2 und 3, Taf. XXVII darge- stellten Querschnitte von dem Lateralgefäß aus der hinteren Körper- region überblicken, und danach kann man die Gefäße als Falten der Muskel- und Peritonealschicht des Darmes, die gegen die Körperhöhle vorspringen und innen mit einem Endo- thel ausgekleidet sind, ansehen. Die Muskelfibrillen der Gefähe sind meist von etwas größerer Dimension als die des Darmes. An Gefäßen sehr kleinen Kalibers, z. B. an solchen, welche das Gefäßnetz um den Magen bilden, vermissen wir eine Muskelschicht, die Gefäßwand scheint dann nur aus einem äußerst flachen Endothel zu bestehen. Die Tentakelgefäße, die gleichfalls einen kleinen Querschnitt besitzen, sind jedoch mit spärlichen Ring- und Längsmuskelfibrillen ausgestattet. Eine Peritonealschicht findet sich häufig bei kleinen Ge- fäßen, sie ist meist durch einzelne zerstreute Kerne angedeutet. Letztere Schicht kann andererseits eine besondere Mächtigkeit erlangen durch eine Umwandlung in das sogenannte Fettgewebe, von welchem wir noch feststellen werden, dass es nichts Anderes ist, als modificirtes Peri- tonealgewebe (Taf. XXVII, Fig. 13 und 14). Als innerste Schicht der Gefäße haben wir schon eine epithelartige Auskleidung, ein Endothel, genannt. Dasselbe besteht in größeren Ge- fäßen aus der vorderen Hälfte des Mittelstückes des Körpers aus flachen Zellen mit ovalen, deutlich gefärbten Kernen. Auf Schnittpräparaten lässt sich eine Abgrenzung zwischen den einzelnen Zellen nicht kon- statiren, die Zellleiber bilden vielmehr eine kontinuirliche Plasmaschicht, welche die Gefäße auskleidet und innerhalb welcher die Kerne einge- bettet sind. An Gefäßen aus der hinteren Körperregion, besonders an solchen, an welchen man ihre Bildung durch Faltung der Peritoneal- und Muskelschicht des Darmes erkennen kann, nehmen die Zellen den Charakter eines kubischen, einschichtigen Epithels an. Sie besitzen dann einen mittelständigen, runden Kern mit Kernkörperchen und eine deutliche Abgrenzung unter einander. Ihr Plasma zeigt ein trübes Aus- sehen, welches durch fleckenförmige, weniger Licht durchlassende Plas- mapartien und dazwischen gelegene für mehr Licht durchgängige Stellen verursacht wird. Die Epitheloberfläche erscheint auf Schnitten nicht als eine gerade Begrenzungslinie, sondern gewellt, da die Zellen an ihrem freien Ende kuppenförmig abgerundet sind. Während sich die Zellkerne sehr gut mit Farbstoff imprägniren, bleibt das Plasma der Zellleiber vom Farbstoff unberührt (Taf. XXVII, Fig. 1—3). Ferner ist zu erwähnen, dass man in diesem Gefäßendothel nicht 546 | 0.3. Cori, selten Zellen findet, welche plasmatische Fortsätze an der freien Fläche tragen. Auf diese Eigenthümlichkeit will ich aber erst später bei der Beschreibung des Blutes zurückkommen, da ich vermuthe, dass diese Veränderungen der Zellen mit der Bildung der Blutkörperchen in Ver- bindung stehen. | Schon den ersten Untersuchern der Phoronis war es eine auffällige Thatsache, dass die Phoronis rothes Blut in ihren Gefäßen führt, dessen Farbe nicht von einem gefärbten »liquor sanguinis« herrühre, wie bei vielen Würmern, sondern von rothen kernhaltigen Blutkörperchen. Das Blut besteht, wie man sich am besten am lebenden Objekte über- zeugen kann, aus einer farblosen Blutflüssigkeit und aus geformten Ele- menten, den schon genannten rothen Blutkörperchen. So genannte weiße Blutkörperchen beobachtete ich in den Gefäßen nie, aber wohl blass gefärbte rothe. Die Blutflüssigkeit hingegen scheint auch noch einen festen Bestandtheil zu enthalten, welcher durch die angewandten Härtungsreagentien ausgefällt wird. Auf Schnittpräparaten bemerkte ich nämlich sehr oft, namentlich in solchen Gefäßen, die stellenweise nur wenigBlutkügelchen enthielten, dass sich im Gefäßlumen eine krümelige Masse vorfand, welche aus sehr kleinen dunklen Partikelchen bestand. Die Blutkörperchen besitzen eine scheibenförmige Gestalt und einen meist kreisrunden Kontour. Bei Beobachtung des Blutstromes am lebenden Thiere kann man sich aber überzeugen, dass sie eine verän- derliche Form in so fern haben, als sie durch Aneinanderpressen eine polygonale Gestalt annehmen können. Während wir den Farbenton des Blutes dieses Thieres etwa mit dem des Karmins vergleichen kön- nen, müssen wir die Farbe von einzelnen Blutkörperchen, die wir im frischen Zustande bei durchfallendem Lichte und mit starken Ver- größerungen ansehen, als eine gelbliche bezeichnen. Sie scheinen dann aus einer homogenen Masse von der angegebenen Färbung zu bestehen, innerhalb welcher man den Kern als einen dunklen Fleck erkennt. An lebensfrischen Blutkörperchen fallen uns oft kleine Punkte auf, welche meist am Rande gelegen sind und in Einzahl in jedem Kör- perchen vorkommen. Bei geeigneter Lage desselben haben diese den Anschein als ob sie der Ausdruck für eine Eintellung wären (Taf. XXVI, Fig. 5). Der Durchmesser der Blutkörperchen der Phoronis psammo- phila ist ein sehr ungleicher und variirt gewöhnlich zwischen 15—22 u, der der Blutkörperchen von Phoronis Kowalevskii beträgt 13—15 u. Die Massen werden oft noch um einige u überschritten. Wenn wir uns nun die Frage über die Herkunft und Entstehung der Blutkörperchen vorlegen, so müssen wir diese in gleicher Weise auch in Betreff des Endothels an uns stellen. Die Beantwortung der Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 547 ersten Frage kann ich, obzwar es mit Reserve geschehensoll, liefern, für die Lösung der zweiten Frage ist jedenfalls das Studium der Entwicklungsgeschichte des Thieres herbeizuziehen. Es wäre dabei besonders darauf zu achten, ob das Gefäßsystem von Anfang an ein geschlossenes ist. Die Anhaltspunkte, die die Anatomie hierfür liefert, sind kaum für eine Vermuthung ausreichend. Nach meinen Beobachtungen an Schnittserien glaube ich Betreffs der Entstehung der Blutkörperchen die Vermuthung aussprechen zu dürfen, dass die rothen Blutkörperchen der Phoronis losgelöste En- dothelzellen der Gefäße sind. An Schnitten durch Gefäße aus der hin- teren Hälfte des Mittelstückes fallen uns nämlich nicht selten einzelne Zellen des Endothels oder auch Zellkomplexe desselben auf, welche sich von ihren Nachbarzellen durch eine gelbliche Farbe, durch: schärfere Grenzkontouren und endlich durch plasmatische Fortsätze an ihrer freien Fläche unterscheiden. Schon in diesem Stadium zeigen die so gearteten Zellen große Ähnlichkeit mit Blutkörperchen, namentlich mit Rücksicht auf die Struktur des Plasmas und des Zellkernes. Bei genauerem Nach- forschen sind wir nun im Stande, alle Übergangsstufen zwischen sich um- bildenden Endothelzellen und Blutkörperchen aufzufinden. Die Über- gangsstadien bestehen darin, dass sich die betreffenden Zellen aus dem Verbande der übrigen loszulösen beginnen und dass sie dann schließlich frei werden, um in das Lumen des Gefäßes zu gelangen. An solchen schon losgelösten Zellen bemerken wir dann, dass ihre plasmatischen Fortsätze wieder kürzer werden und sich abrunden. Im Endothel kann man daher Lücken antreffen, deren Entstehung aus dem oben geschil- derten Vorgange ihre Erklärung findet. Wie sich dieselben wieder aus- füllen, vermag ich nicht anzugeben, vermuthlich durch Zelltheilung. Wenn die mitgetheilten Befunde und die Deutung derselben sich be- stätigen, so wäre es dann noch von großer Wichtigkeit die Abstammung des Endothels zu eruiren. Womit erst die Natur der Blutkörperchen als festgestellt zu betrachten ist, ob sie nämlich von einem Epithel, und ferner von welchem Keimblatte sie abzuleiten sind. Wir hätten nun noch einige Bemerkungen über die Blutcirkulation zu machen. Die Blutbewegung der Phoronis ist eine unregelmäßige, in- dem nicht etwa ein gesetzmäßiger Kreislauf stattfindet, sondern wir müssen jenen vielmehr als ein unregelmäßiges Hin- und Herschwanken in den Gefäßen bezeichnen. Es lehrt die Beobachtung des lebenden Objektes, dass die Cirkulation durch aktive Kontraktionen der Gefäße und der Gefäßzotten bewirkt wird. Was die Kontraktionsfähigkeit der Gefäße betrifft, so sind so ziemlich alle Gefäße, vielleicht mit Aus- nahme der des Gefäßnetzes um den Magen, mit dieser Fähigkeit ausge- 548 0. Je Cori, stattet. Schon bei der anatomischen Besprechung der Gefäße haben wir gesehen, dass das Lateralgefäß, das viel stärkere und mit zahlreichen sich äußerst kräftig kontrahirenden Gefäßzotten versehene, das Me- diangefäß hingegen das schwächere ist und der Blindzotten entbehrt. Dieser Unterschied steht in keinem Verhältnis zu der differenten Zahl der Tentakel, welche von den genannten Gefäßen mit Blut zu ver- sehen sind, somit glaube ich, dass in dem Gefäßsystem der Phoronis eine Druckdifferenz vorhanden ist. Weiter ist noch der beachtenswerthe Umstand zu erwähnen, dass nämlich das Lateralgefäß außerdem noch die Aufgabe hat, das Blut durch das Kapillarnetz des Magens hindurch- zutreiben. Wie verhält es sich nun mit der physiologischen Funktion des Blutgefäßsystems? Diese dürfte eine dreifache sein, nämlich mit Bezug auf die Sauerstoffaufnahme, dann mit Rücksicht auf die Aufnahme der Nahrungsbestandtheile und endlich hinsichtlich der exkretorischen Thätigkeit des Gefäßperitonealgewebes. Was den ersten Punkt anbe- langt, also die Sauerstoffaufnahme, so hat LaAnkaAster, nach der Angabe Braxtannd BEnHAm’s gezeigt, dass der Farbstoff der Blutkörperchen ein Hämoglobin sei. Als ich die Phoronis lebend untersuchte, hatte ich die- selbe Vermuthung und versuchte damals die bekannte Chlorhämatin- probe nach Horpr-SeyLer mit Kochsalz und Essigsäure, was aber zu keinem Resultate führte. In Essigsäure allein löst sich der Farbstoff, so dass die Blutkörperchen farblos werden und aufquellen. Nach dem Befunde Lankaster’s dürfte also wahrscheinlich das Hämoglobin, wenn wir aus Analogie mit den Wirbelthieren schließen wollen, durch den Sauerstoff in Oxyhämoglobin verwandelt werden. Dieser Process spielt sich wohl hauptsächlich in dem Blute, das in die Tentakelgefäße ein- tritt, ab. Aber auch die übrigen Gewebe, welche mit dem Meerwasser in direktem Kontakt stehen, müssen in hohem Grade befähigt sein, Sauerstoff zu binden, sonst ließe sich nicht erklären, wie die Thiere nach Verlust der Tentakelkrone noch leben könnten. Betreffs der Funktion des Blutes bei dem Verdauungsakte habe ich bereits früher mitgetheilt, dass Anhaltspunkte zur Annahme vorliegen, dass Blutkörperchen in das Epithel des Magens einwandern, um nach- her wieder in die Gefäße zurückzukehren und dass wahrscheinlich auf diese Weise die Nahrungsbestandtheile vom Blute resorbirt werden. Wie ich glaube die Bildungsstätte der Blutkörperchen aufgefunden zu haben, so glaube ich andererseits mit ziemlicher Gewissheit den Ort nennen zu können, wo der Zerfall derselben stattfindet, nämlich in dem sogenannten Gefäßperitonealgewebe. Diesen Vorgang will ich genauer in dem diesbezüglichen Kapitel beschreiben. Es sei vorher nur so viel Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 549 erwähnt, dass die Blutkörperchen in das die Blutgefäße umgebende Peri- tonealgewebe auswandern und dass sie schließlich eine Metamorphose eingehen, um sich zu den spindelförmigen Körpern umzubilden, die durch die Niere den Körper verlassen. XII. Nervensystem. Während wir von dem im vorhergehen- den Kapitel betrachteten Blutgefäßsystem sagen müssen, dass es auf einer ziemlich hohen Stufe der Entwicklung steht, werden wir bei dem Nervensystem das Gegentheil finden. Es ist daher erklärlich, dass die ersten Untersucher der Phoronis, wie WRricHTt, Dyster und van BENEDEN, ein Nervensystem mit Hilfe der damals noch unvollkommenen Untersuchungstechnik nicht aufzufinden vermochten. Der Erste, welcher eine Angabe über das Vorhandensein desselben machte, war KowA- LEvsky. Er bezeichnete eine besondere Stelle zwischen Mund und After, welche er für ein Ganglion hielt. Carpweır endlich beschrieb das Nervensystem eingehender. Nach seinen Angaben liegt dasselbe epithelial und setzt sich aus einem Ganglion, einem Ringnerven und einem unpaaren Längsnervenstamm zusammen, ferner bezeichnet er zwei Flimmergruben zu beiden Seiten des Afters als Sinnesorgane. MacIntos#, durch die Carpwerr’schen Mittheilungen aufmerksam ge- macht, fand dieselben Theile des Nervensystems an der Phoronis Bus- kii wieder und bestätigte hiermit die Angaben des genannten Forschers. Eben so konnte sich BLaxLann BenHam von der Richtigkeit der GALDwELL- schen Befunde überzeugen und ergänzte dieselben dahin, dass bei Phoronis australis nicht bloß ein linker, sondern auch ein rechter Längsnervenstamm vorkommt. Ferner besitzt diese Phoronis ebenfalls ein Lophophororgan. Das Ganglion, welches am lebenden Thiere wohl kaum mit Sicher- ‚heit nachzuweisen ist, liegt in der Lophophorkonkavität knapp vor der Afterpapille. Es ist am Grunde des Epithels gelagert und bildet da- durch eine Verdieckung in demselben, welche als eine Hervorragung gegen die Leibeshöhle vorspringt. Nach den Seiten und nach hinten, resp. unten hin, entspringen aus dem Ganglion Fortsätze nervöser, So- genannter Leypıe’scher Punktsubstanz, welche sich strangförmig ab- grenzen und an der Basis des äußeren Epithels gelagert sind. Um den Verlauf dieser Nervenmasse besser zu studiren, wollen wir uns zu der Phoronis von Neapel wenden, denn diese bietet die Verhältnisse viel übersichtlicher als die Phoronis psammophila dar. Es ergiebt sich, dass die nervösen Fortsätze, nachdem sie aus dem Ganglion entsprungen sind, zunächst nach rechts und links ihre Wege nehmen, so lange als sie an der Innenseite der Lophophorarme verlaufen, dann aber biegen sie nach hinten und unten um, entsprechend den Enden der 550 C. J. Cori, Lophophorarme. Der Nervenstrang verbreitet sich dann flächenhaft, immer tiefer herabsteigend, bis er sich endlich oralwärts wendet, um sich mit dem Nerven der Gegenseite zu vereinigen. An der Oralseite nimmt die genannte Substanz an Mächtigkeit wieder ab. Das Epithel der Leibeswand, an dessen Basis der Ringnerv gelagert ist, zeigt daher eine abgegrenzte Verdickung, die äußerlich sichtbar sowie roth pigmentirt ist und die zugleich als Abgrenzung der Tentakelkrone gegen das Mittel- stück dient. Dieser Nervenstrang, wir wollen ihn »Ringnerv« (Rn) nennen, verläuft also an der Basis des Lophophors, welche durch die Insertion des Diaphragma an der Leibeswand markirt wird; dem ent- spechend ist der Nerv schief zur Körperachse des Thieres orientirt. Er bildet einen Ring mit einer gangliösen Anschwellung, dem schon ge- nannten Ganglion, welches in der Lophophorkonkavität liegt (Taf. XXI, Fig. 7 Ggl, Rn; Taf. XXIV, Fig. 3, 4 und 5 Rn, Fig. 11 und 12 Ggl, Rn). Auch an der Basis der Epithelschieht des Ösophagus findet sich nervöse Substanz, aber nur in sehr geringer Menge. Ferner sehen wir ebensolche an der Basis der Innenfelder der Tentakel, was schon in einem früheren Kapitel seine Erwähnung gefunden hat. Den Zusam- menhang dieser mit dem Ganglion war mir aber bisher nicht möglich nachzuweisen oder aufzufinden. Wir wollen nun den histologischen Bau des Ganglions kennen lernen, und zwar durch Betrachtung eines Sagittalschnittes (Taf. XXV, Fig. 20 @glz, Nm). An einem solchen sehen wir, dass es eine gut abge- srenzte Masse bildet, welche nach oben von einem Cylinderepithel, wie es der Lophophorkonkavität eigen ist, bedeckt wird; analwärts begrenzt das Ganglion eas Epithel der Afterpapille (Ap), das aus sehr hohen und schmalen Zellen besteht, oralwärts hingegen liegt vor ihm der Nerven- faserstrang (Nm). Vor diesem sinkt die Leibeswand sofort wieder auf ihre normale Stärke. Die Elemente, aus welchen das Ganglion zu- sammengesetzt ist, sind Ganglienzellen, welche etwa die Größe von Blutkörperchen besitzen, und die derart in mehreren Lagen angeordnet sind, dass sie eine kugelige Masse bilden. Während sich die näher der Oberfläche gelegenen durch deutliche Zellkontouren auszeichnen, können wir bei den tiefer gelegenen nur aus der Zahl der Kerne auf die der Zellen schließen. Fortsätze lassen sich an den Ganglienzellen in Schnitt- präparaten nicht konstatiren. Das Plasma dieser Zellen erscheint durch kleine Granula dunkler als das der darüber liegenden Cylinderzellen. Die Kerne der Ganglienzellen sind chromatinreich, rund, mittelständig, und enthalten ein deutliches Kernkörperchen. Die Nervenfaserstränge werden aus Achsencylindern zusammen- gesetzt, die im Bereiche des Lophophors mit einander parallel verlaufen, Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 991 während sie sich in jenen Faserzügen, welche zu den Lophophororga- nen hinziehen, kreuzen. Auf Querschnitten geben die Nervenfaser- stränge das Bild von vielen kleinen Punkten, entsprechend den Quer- schnitten der Achsencylinder. Der gleichfalls von Carpwerı entdeckte Lateralnerv liegt an der Basis des Leibeswandepithels und verläuft analwärts auf der linken Seite. Er ist auf Schnitten leicht zu finden, wenn man die Stelle aufsucht, wo das linke Lateralmesenterium von der Leibeswand ent- springt. Dieser Nerv beginnt etwas unterhalb der Nephridienregion und reicht beinahe durch die halbe Länge des Mittelstückes. Seinem histologischen Baue nach ist er nichts Anderes, als ein mächtiger Achseneylinder, der sich am Grunde des Epithels in einem etwas geschlängelten Verlaufe erstreckt, und dessen oberes und unteres Ende verjüngt ist. CarpweLı beschreibt diesen Nerven folgenderweise: »Eine weitere Koncentration findet in Form einer Saite statt, die auf der linken Seite des Fußes verläuft. Inwendig in dieser Nervensaite liegt eine sichtbare Hohlröhre, diese erinnert an die sogenannten ‚star- ken Fasern‘ der Chaetopoden.« Was CarpweLr mit Nervensaite be- zeichnet, ist die hier stark entwickelte Nervenscheide, deren Kerne man sehr häufig findet, und die erst den eigentlichen Achsencylinder ein- schließt. Die Kerne der Scheide sind schmal, halbmondförmig gebogen und erscheinen intensiv mit Karmin gefärbt. Dass wir es hier mit keiner hohlen Röhre zu thun haben, lehrt ein Blick ins Mikroskop; denn wir überzeugen uns von einem Inhalt, wie er sich überall bei Achsen- cylinderquerschnitten findet und der dann besonders gut sichtbar ist, wenn der Inhalt durch das Härtungsreagens eine Schrumpfung erlitten hat (Taf. XXV, Fig. 22 Zn). XII. Lophophororgane. Die Lophophororgane sind paarige Organe, welche in der Lophophorkonkavität gelegen sind, und welche gleichfalls Nervenfasermassen enthalten; aus diesem Grunde will ich sie im Anschluss an das Nervensystem beschreiben. Diese Organe kommen der Phoronis psammophila zu, und nach den Angaben MacIntosn’ und Braxzann BenHams sind sie auch der Phoronis Buskii und australis eigen. MacIntos# meint, dass sie mit nervösen Funktionen ausgestattet sind und beschreibt sie als Gebilde, welche in der Lophophorkonkavität der inneren Tentakelreihe anliegen und mit einer Höhlung versehen sind, die einerseits mit der Außen- welt, andererseits aber auch mit der Körperhöhle im Zusammenhange steht. Braxtann BEnHAm, der diese Organe an der Phoronis australis studirte, hält sie mehr für ein Drüsen- als für ein Sinnesorgan und nennt sie aus diesem Grunde »Lophophordrüse« bLophophoral gland«). Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 36 52 6. J. Cori, Bei Phoronis psammophila liegen die Lophophororgane ebenfalls in der Lophophorkonkavität, nur mit dem Unterschiede, dass sie der inne- ren Tentakelreihe mehr seitlich und nahe der Umbiegunssstelle in die äußere angefügt sind, sowie dass sie keine Öffnungen gegen die Leibes- höhle hin besitzen. Die Organe füllen beinahe den ganzen Raum innerhalb der Lophophorkonkavität aus und stehen mit ihren medianen Rändern nur ganz wenig von einander ab. Wenn wir daher ein Thier von der Analseite her betrachten, so sind wir schon mit Hilfe einer Lupe im Stande, die beiden Gebilde fast in ihrer ganzen Ausdehnung zu sehen. Durch die eigenthümliche Drehung der Lophophorarme bei Phoronis Buskii sind deren Organe mehr gegen die Mitte hin gedrängt, außerdem sind sie verhältnismäßig niedriger aber breiter, während sie bei Phoronis psammophila mehr in die Länge wachsen. Die Lophophororgane fand ich bei der Durchsieht vieler lebender als auch todter Individuen nicht bloß sehr variabel in Bezug auf ihre Form, sondern auch bezüglich ihres Vorkommens. Da sie sich durch ihre milchweiße Farbe von den Tentakeln abheben, so kann man bei- nahe mit freiem Auge das Vorhandensein oder Fehlen derselben kon- statiren. Sie sind als Epithelbildungen zu betrachten und entspringen, wie oben erwähnt, an der Innenfläche. des Lophophors dort, wo die Tentakel der inneren Reihe in den Lophophor eingefügt sind. Nach ihrem Bau zu schließen, dürften sie aber nicht als Epithelwucherungen zu betrachten sein, als vielmehr als eine Faltenbildung des äußeren Epithels. Dadurch, dass sich die Falte rinnenartig zusammenbiegt und die Ränder der Rinne sich schließlich vereinigen, entsteht ein blind- sackartiges Gebilde, welches mit einer Öffnung an seiner Basis mit der Außenwelt in Verbindung steht. An der Stelle der spaltförmigen Öffnung kam es nicht zur Verwachsung der Rinnenränder. Später treten dann noch Faltungen in der einen Wand dieses Blindsackes auf, von welchen gleich die Rede sein wird (Taf. XXI, Fig. 5 und 7 Lpho; Taf. XXIV, Fig. 10 und 12). Die Lophophororgane haben eine keulenförmige Gestalt und sind in der Richtung von der Anal- zur Oralseite abgeflacht. Wir unter- scheiden daher an ihnen eine oral- und eine analwärts gekehrte Fläche, an welch’ letzterer durch eine Querfurche ein kleiner, sockelartiger Abschnitt von einem oberen abgegrenzt wird, der ein, bisweilen zwei $-förmige Längsfurchen aufweist und im Inneren hohl ist. Die oral- wärts gewandte Fläche entbehrt dieser Faltungen. Der obere Abschnitt mit der Längsfurche enthält einen Hohlraum, der nach oben abge- schlossen ist, während er sich an dem Übergange in das sockelartige Stück mit einem Längsspalt nach außen öffnet. Zu diesen Organen ver- Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis.. 553 laufen von den Nephridienöffnungen her zwei kurze »Flimmer- rinnen« von Caıpwern als Flimmergruben bezeichnet (Taf. XXIV, Fig. 10). Außen sind die Sinnesorgane von einem kubischen Flimmerepithel bedeckt (Taf. XXVI, Fig. 16 IT/ und 17 IV), während die Höhlung ein geschichtetes Epithel auskleidet. Den Hohlraum begrenzt zunächst ein Cylinderepithel (7), das an seiner freien Fläche häufig stäbchenartige Fortsätze trägt, dan folgen in ein bis drei Lagen Ganglienzellen ähnliche Zellen (Il), und schließlich zwischen diesen und dem äußeren kubi- schen Epithel eine Gewebsschicht, welche auf Schnitten ein eigen- thtimliches netzartiges Aussehen besitzt (Fig. 17 III auf Taf. XXV]). Sie besteht aus Fasern, welche sich zu jenen Zellen hin verfolgen lassen, die die zweite Schicht der Organe bilden. Die Elemente, welche den Hohlraum des Lophophororgans aus- kleiden, sind hohe Cylinderzellen mit äußerst deutlichen Zellkontouren und langgestreckten, grundständigen Kernen. Die Kerne färben sich sehr gut mit Karmin und enthalten mehrere kleine dunkle Körnchen; der Plasmakörper der Zellen hingegen imprägnirt sich nur sehr wenig mit Farbstoffen und ist fein granulirt. Die unteren Enden dieser Cylinderzellen sind in Fortsätze oft von beträchtlicher Länge ausge- zogen, welche sich zwischen die in der zweiten Schicht angeordneten Zellen hinein fortsetzen. An den freien Enden jener bemerkt man häufig, jedoch nicht konstant, stäbchenartige Fortsätze, welche wahr- scheinlich nur in Folge der Einwirkung der Konservirungsmittel er- härtetes Sekret sind. Gewöhnlich lässt die Epitheloberfläche auf Schnit- ten einen Cuticularsaum erkennen (Taf. XXVI, Fig. 16 /,177,20 und 21). Die nun in zweiter Schicht folgenden Zellen sind von runder oder ovaler Gestalt und haben eine gewisse Ähnlichkeit mit Ganglienzellen. Ihr Zellleib ist im Verhältnis zu ihrem runden, excentrisch gelagerten Kern sehr groß. Wie ein Blick auf Fig. 23 und 24 der Taf. XXVI lehrt, ist diese Art von Zellen von sehr wechselnder Gestalt, welche oft unge- mein der einer Ganglienzelle nahe kommt, trotzdem möchte ich an- stehen, sie als solche zu diagnostieiren; sie dürften eher Drüsenzellen sein. An dem freien Pole verschmälern sich diese Zellen zu je einem dünnen Fortsatze, mittels welches sie sich zwischen die Zellen der Schicht / hineindrängen und auf diese Weise bis an die Oberfläche des Epithels reichen (Taf. XXVI, Fig. 16 und 17). Diese Zellen sind in zwei Schichten angeordnet; die der zweiten Schicht besitzen aber etwa nur die Hälfte der Größe der ersten. Nach außen werden die Lophophor- organe von einer Lage gleich hoher kubischer Zellen bedeckt, wie wir sie schon an anderer Stelle kennen gelernt haben (Taf. XXVI, Fig. 16 /IT, 554 6. J. Cori, 17 IV und 22). Diese sind mit kräftigen Wimperhaaren ausgestattet. In dem basalen Abschnitte dieser Gebilde findet sich auch noch eine Schicht von Nervenfasermasse, welche sich bis zum Ganglion hin ver- folgen lässt. Über die eigentliche Funktion der Lophophororgane kann ich mich leider nur sehr vorsichtig ausdrücken. Das Organ des lebenden Thieres macht entschieden den Eindruck einer Drüse, welche Auffassung noch durch den Umstand unterstützt wird, dass die Phoronis bekanntlich ihre Eier während der ersten Entwicklungsperioden in der Lophophor- konkavität birgt. Ich hatte aber zu meinem Bedauern keine Gelegen- heit, darüber Beobachtungen am lebenden Thiere anzustellen; so viel kann ich aus Beobachtung des lebenden Thieres hinzufügen, dass ein Flimmerstrom von dem Nierenporus gegen die Organe verläuft, der sich dann um den Sockel herum in die genannte spaltförmige Öffnung der Lophophororgane fortsetzt (Taf. XXIV, Fig. 10). Ein einziges konservirtes Exemplar, das ich Herrn Prof. HATscHEk verdanke, hatte zwar Embryonen in der Tentakelkrone, besaß aber keine Lophophororgane. Immerhin sehr beachtenswerth ist auch wieder das Vorhandensein von Nervenfasermasse, welche, wie erwähnt, vom Ganglion aus in diese Gebilde hineinzieht. Sonach müssen wir uns vor der Hand nur mit den wenigen Thatsachen begnügen und abwarten, was für Resultate eine nochmalige Beobachtung des lebenden Thieres mit sich bringen wird. XIV. Gefäßperitonealgewebe und Geschlechtsorgane. In der linken oralen Kammer der Leibeshöhle verläuft, wie schon oben mitgetheilt, das Lateralgefäß, welches durch ein Mesenterium am ab- steigenden Darmschenkel befestigt ist. Dieses Gefäß besitzt in seinen hin- teren zwei Dritttheilen anstatt des Peritonealüberzuges eine dicke Hülle, welche sich zum Theil auch auf die Coecalgefäße fortsetzt und eine ge- wisse Ähnlichkeit mit Fettgewebe besitzt. Aus diesem Grunde gebraucht wohl Kowarzvskv für diese Gefäßhülle den Namen Fettkörper. Wie wir uns aber überzeugen werden, kann dieser Terminus nur zu dem Zwecke verwendet werden, wenn damit eine entfernte Ähnlichkeit zum Ausdruck gebracht werden soll; denn unter Fettgewebe verstehen wir gewöhnlich ein Gewebe von bestimmten physikalischen Eigenschaften, in welchem Reservestoffe aufgespeichert sind. Nach meinen Erfahrungen scheint dieses bei Phoronis aber nicht der Fall zu sein. In dieser Hülle, welche ich»Gefäßperitonealgewebe« nennen will, werden weiter auch Eier und Samen erzeugt. Nur in dieser letzten Eigenschaft, glaube ich, war der sogenannte Fettkörper KowArzrvsky und den anderen Unter- suchern bekannt gewesen. Untersuehungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 555 Das Gefäßperitonealgewebe, welches als aus umgewandelten Peri- tonealzellen entstanden zu betrachten ist, wie wohl schon der Name andeutet, kommt besonders im Bereiche des Endstückes des Körpers zur mächtigen Entwicklung und zeigt überdies dadurch, dass es zum Theil auch die Gefäßzotten überzieht, eine lappige Form. Untersucht man ein einzelnes Läppchen frisch in einer indifferenten Flüssigkeit, so findet man, dass es aus einzelnen stark lichtbrechenden Kugeln be- steht, welche im auffallenden Licht weiß erscheinen. Außerdem findet man in den Läppchen Blutgefäße, gelbe Pigmentmassen von ähnlicher Farbe, wie die der Öltröpfchen in der Leibeswand von Aeolosoma und endlich spindelförmige Körper eigenthümlicher Natur, auf die wir später noch zurückkommen werden. Solche kleine Theile des Gefäßperitoneal- gewebes vertragen kein langes Untersuchen im frischen Zustande. Es machen sich sehr bald die Erscheinungen des Zerfalles bemerkbar, da- durch, dass die Anfangs größeren Kugeln in kleine und immer kleinere zerfallen. Ich muss offen gestehen, dass es mir unmöglich gewesen wäre aus den Befunden, die sich aus dem Studium des lebensfrischen Gewebes ergaben, mir jene Vorstellung von der histologischen Be- schaffenheit und Funktion dieser in Rede stehenden Hülle zu bilden, welche ich später nach der Durchsicht von Schnittpräparaten erhielt. Ich will mich daher darauf beschränken nur Abbildungen von den letzteren wiederzugeben. Die Fig. 13 auf Taf. XXVIl zeigt uns eine Gefäßzotte auf dem Quer- sehnitte mit ihrer Hüllschicht. Diese setzt sich aus hohen, keilförmig gestalteten Zellen zusammen, welche durch scharfe Zellkontouren von einander abgegrenzt sind. Das Plasma dieser Zellen besteht aus einer homogenen Grundsubstanz und einem spärlichen, feinen Fadennetzwerk, außerdem enthält der Plasmakörper verschiedene Körper, deren Natur und Beschaffenheit wir später betrachten wollen. Als sehr auffällig und charakteristisch ist die Lage des Kernes dieser Zellen zu bezeichnen. Währenddem wir gewöhnt sind, den Kern von Epithelzellen im Gen- trum derselben oder ihren basalen Enden genähert zu suchen, finden wir in diesem Falle die kleinen runden, stark gefärbten Kerne der freien Oberfläche anliegen. Dass diese Orientirung der Gefäßperitoneal- zellen richtig ist, erhellt daraus, dass es umgewandelte Peritonealzellen sind, deren freie Fläche gegen die Leibeshöhle schaut und deren basales Ende dem Gefäße anliegt. An Gefäßzotten junger Phoronis-Exemplare, deren Gefäßperitonealgewebe noch nicht stark ausgebildet ist, können wir leicht den Übergang von gewöhnlichen Peritonealzellen zu den um- gewandelten verfolgen. Und zwar können wir dies am besten in der Richtung vom distalen zum proximalen Ende einer Gefäßzotte thun. 556 6. J. Gori, In Fig. 14 der Taf. XXVII möge dieser Übergang veranschaulicht werden. Hierbei ist zu beachten, dass der in den Peritonealzellen noch basal- ständige Kern immer mehr gegen den freien Zellpol rückt, je höher die Zellen werden, resp. je weiter ihre Umwandlung gediehen ist. Was die Einschlüsse betrifft, so kommen von diesen drei verschie- dene Arten in den in Rede stehenden Zellen vor, nämlich ovale bis spindelförmige Körper, weiter runde, zellähnliche Gebilde und endlich das schon erwähnte Pigment. Die erstgenannten Einschlüsse, spindelförmige Körper ge- nannt, waren schon Kowazvsky bekannt gewesen; er fand sie in der Leibeshöhle, ohne aber, wie es scheint, über deren Herkunft und Be- deutung unterrichtet zu sein. Die Gestalt dieser Gebilde, welche in den Gefäßperitonealzellen entstehen, ist eine mehr oder weniger spin- delförmige, eben so ist auch ihre Größe eine sehr verschiedene; man findet mitunter beträchtlich große, meist mittelkleine von der Form von Getreidekörnern. Nachdem die spindelförmigen Körper die Zellwand an dem freien Zellenpole passirt haben, gelangen sie in die Leibeshöhle, um mit der Leibeshöhlenflüssigkeit und anderen Substanzen durch die Nieren ausgeschieden zu werden. Während der Untersuchung des lebenden Thieres geschieht dies manchmal in großen Mengen, welcher Vorgang dann nicht mehr sehr auffällig erscheint, wenn man einmal an Schnittpräparaten die Zellen der Gefäßhülle von den Körpern so zu sagen ganz erfüllt gesehen hat (Fig. 12, Taf. XXVIM). Was die feinere Struktur der spindelförmigen Körper anbelangt, so erkennt man schon mit Hilfe von mäßig starken Systemen eine Längs- streifung in der sonst homogen aussehenden Substanz , aus welcher sie bestehen und welche sich intensiv mit Farbstoff imprägnirt. Manchmal ist die Streifung durch Gruppen von kleinen, lichtbrechenden Kügelchen unterbrochen. Die spindelförmigen Körper besitzen meist bloß eine äußere Begrenzungslinie, jedoch an den kleinen mehr runden Formen bemerkt man in der Regel einen doppelten Kontour, welcher wohl der Ausdruck für eine äußere Hülle ist. Die zweite Art von Einschlüssen, welche nichts Anderes als in Re- generation begriffene rothe Blutkörperchen sind, lassen diese noch durch Form und Farbe erkennen. Sie sind entweder von gleicher Größe mit normalen Blutkörperchen oder, was meist der Faliist, von geringerer, dann erscheinen sie von einem doppelten Kontour umsäumt. Man ver- misst in ihnen den Kern entweder vollständig oder trifft noch Reste von ihm an. Auch das Plasma zeigt Merkmale der Veränderung, es ist trübe und durchsetzt von vielen kleinen Körnchen, zeigt aber meist noch Andeutungen von der ursprünglichen Farbe der Blutzelle; ich Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 557 möchte ihr Kolorit als einen verblassten Ton der normalen Farbe be- zeichnen. In solchen Theilen des Gefäßperitonealgewebes nun, in welchen sich Pigment gehäuft findet, trifft man in der Regel in den re- generirenden Zellen entweder mehrere kleine oder eine große Pig- mentkugel vor. Endlich hätten wir noch über die Beschaffenheit des Pigmentes selbst einige Worte zu sprechen. Wie schon früher erwähnt. besitzen die Pigmentkörnchen eine nicht geringe Ähnlichkeit mit jenen Öl- tröpfehen, welche sich in der Leibeswand von Aeolosoma finden. Diese ist so groß, dass man leicht schwankend werden kann, ob es vielleicht nicht auch Öltröpfehen sind: doch spricht dagegen das Vorkommen von Pigmentmassen in Dauerpräparaten, die Flüssigkeiten ausgesetzt werden, welche Fettstoffe lösen müssen. Aus den mitgetheilten Befunden zu schließen, dürfte daher das Gefäßperitonealgewebe der Ort sein, wo bei Phoronis die Blutkörperchen ihren Untergang resp. ihre Umbildung in andere Stoffe finden. Und zwar lässt sich zunächst annehmen, dass das Pigment in den Blut- körperchen entsteht. Wenn wir noch weiter gehen wollen und wenn wir aus Analogie mit uns bekannten Pigmentbildungen schließen wollen, kann man die Annahme aufstellen, dass sich an der Pigmentbildung der Blutfarbstoff betheiligt. Da das Zugrundegehen der Blutkörperchen immerfort geschieht, so bleibt noch die Frage zu beantworten übrig, was geschieht mit dem sich häufenden Pigment. Diese Frage kann ich leider nicht beantworten, immerhin möchte ich aber auf das an vielen Punkten des Phoroniskörpers auftretende Pigment aufmerksam machen, das beinahe immer vom selben Farbenton ist, wie das des Gefäßperi- tonealgewebes. Ob die spindelförmigen Körper ihre Entstehung direkt den Blut- körperchen verdanken, ist nicht sicher zu ermitteln, jedoch das, dass sie in den Zellen des Gefäßperitonealgewebes gebildet werden. Die kleinen doppelt kontourirten Formen dieser Körper lassen manche Merk- male erkennen, welche die Umbildung der rothen Blutkörperchen in diese wahrscheinlich machen könnten. Die neueren Untersuchungen auf dem Gebiete der Zellphysiologie lehren, dass der Zellkern dort im Plasmakörper der Zelle situirt ist, wo derselbe seine größte Thätigkeit entwickelt. Wenn wir diesen Satz auf die Zellen des Gefäßperitonealgewebes beziehen wollen, so müssen wir annehmen, dass der dem freien Pole genäherte Theil der Zelle der mehr funktionirende ist, als der andere Theil. Dass dies in diesem Falle seine Richtigkeit haben mag, besagt vielleicht der Umstand, dass 558 6. J. Cori, an dem basalen Theile der Zelle die Blutkörperchen in das Zellplasma aus dem Blutgefäß eintreten. Wie dies vor sich geht, ob z. B. durch Diapedesis, konnte ich nicht beobachten. Es wäre ferner daran zu denken, dass die Blutkörperchen vielleicht wie Fremdkörper reizend auf das Plasma einwirken und möglicherweise dadurch den ersten An- stoß zur weiteren Veränderung der rothen Blutkörperchen geben. Bei dieser Gelegenheit möchte ich weiter auf die Ähnlichkeit der Zellen des Gefäßperitonealgewebes der Phoronis mit den Chloragogen- zellen des Regenwurmes hinweisen. Die Chloragogenzellen sind, wie man sich leicht an jungen noch durchsichtigen Würmern überzeugen kann, Anfangs lediglich auf die Darmgefäße beschränkt, welche sie um- hüllen. Auch die Chloragogenzellen entstehen aus den Peritonealzellen der Gefäße und enthalten gleichfalls Einschlüsse, nämlich kleine gelbe Kügelchen. Doch sind unsere Kenntnisse über die Funktion dieser Zellen noch keineswegs feststehende, jedenfalls wäre neben der histo- logischen Untersuchung auch eine chemische nöthig. Von den früheren Untersuchern der Phoronis wurde das Gefäß- peritonealgewebe lediglich als die Bildungsstätte für Samen und Eier angesehen. Der Erste, der die Geschlechtsprodukte beschrieb, war Dyster. Und zwar fand er das Ovarium als einen »einfachen, langen cylindrischen Schlauch, welcher unterhalb des Magens zu liegen kommt«. Es scheint mir jedoch zweifelhaft, ob Dyster nicht eine Verwechslung passirt ist. Samen und Eier kamen nach seinen Angaben in einem und demselben Individuum vor. Kowauevsky stellte dann später fest, dass die Geschlechtsprodukte im Gefäßperitonealgewebe ihre Bildung erfahren und bestätigte die Angabe Dyster’s, dass die Thiere Zwitter sind. In derselben Weise verhalten sich die Beschreibungen der anderen Untersucher. Was die Eier betrifft, so fand BraxLAann, dass sie von einer aus Zellen bestehenden Hülle umgeben sind, dass sie also als Follikel- bildungen zu betrachten sind. | In beiden Fällen, in welchen ich in Messina resp. am Faro die Gelegenheit zur Untersuchung von Phoronis hatte, befanden sich die Thiere vor oder höchstens am Beginne der Geschlechtsperiode. Bei Thieren im letzteren Zustande fanden sich dann gewöhnlich Samen- massen, die in der Leibeshöhlenflüssigkeit als fertiges Sperma, oder in Form von Samenmutterzellen flottirten. Da ich auch an Schnittpräpa- raten nur wenig mehr fand, als am lebenden Objekt, so bin ich nicht einmal im Stande anzugeben, ob in ganz bestimmten Theilen des Gefäß- peritonealgewebes Samen und Eier gebildet werden und ob diese sich von dem umliegenden Gewebe abgrenzen oder nicht. Es dürfte wohl eine gewisse Trennung durch bindegewebige Züge, welche von den Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis, 559 Gefäßen ausstrahlend die oft beträchtliche Dicke der Gefäßhülle durch- setzen, erfolgen. Was ich an Geschlechtsprodukten zu finden in der Lage war, ist auf Taf. XXVII in Fig. 15 und 16 dargestellt. In Fig. 16 betrachten wir zunächst ein ausgebildetes Spermatozoon, an welchem wir einen Kopf und im Anschlusse an diesen einen langen Schwanz unterscheiden. Weiter finden sich noch Spermatozoen in Form von Samenkugeln abge- bildet vor. In Fig. 15 bringe ich zwei Eier zur Darstellung, welche die einzigen sind, die ich in den vielen angefertigten Schnittserien finden konnte. Innerhalb von dicht an einander liegenden Zellen mit kleinen runden Kernen, sehen wir die beiden Eier eingebettet. Der Hohlraum, welcher sie umgiebt, dürfte wahrscheinlich durch Schrumpfung bei der Präparation erzeugt worden sein. Es wurde in diesem Falle Sublimat hierzu verwendet. Die Eier zeichnen sich durch ein großes Keim- bläschen aus, innerhalb dessen man bei dem einen Ei einen Keimfleck, bei dem anderen hingegen zwei dicht an einander liegende findet. Ich stehe aus dem Grunde von einer weiteren, genaueren Beschreibung ab, da dies immerhin misslich ist, diese nur nach zwei Exemplaren vor- zunehmen. Hoffentlich werde ich ein anderes Mal Gelegenheit haben, diese Lücke in entsprechender Weise auszufüllen. Über die Art und Weise, wie die Befruchtung bei Phoronis, resp. über den Ort, wo dieselbe sich vollzieht, liegt bisher nur eine Angabe vor, und zwar von Kowaırzevsky. Nach seinen Angaben soll die Be- fruchtung der Eier innerhalb der Leibeshöhle vor sich gehen. Da Kowaevsky jedenfalls die Möglichkeit des Eindringens von fremdem Sperma in die Leibeshöhle ausschließt, so muss er nothwendigerweise die Selbstbefruchtung annehmen. Abgesehen davon, dass dieselbe für das Thier ohne Nutzen wäre, finde ich keine Nothwendigkeit für die Annahme vorhanden. Ich halte es vielmehr für viel wahrscheinlicher, dass die Eier erst nach ihrer Ablage nach außen und zwar innerhalb der Tentakelkrone mit fremdem Sperma in Berührung kommen. Es ist dies ja eine bei den Meeresthieren sehr häufige Art und Weise des Zusammentreffens von Samen und Eiern. Die Eier der Phoronis werden nach ihrer Ablage ins Wasser nicht sofort ihrem Schicksal überlassen, sondern sie verbleiben eine Zeit lang innerhalb der inneren Tentakel- reihe und durchlaufen hier die ersten Stadien ihrer Entwicklung. Die Entscheidung darüber, ob die eine Angabe oder die andere Ansicht die richtige ist, fällt also einer nochmaligen genauen Beobachtung anheim. Hierbei wäre weiter auch darauf zu achten, ob sich nicht in irgend einer Weise die Lophophororgane bei diesen Vorgängen mit betheiligen, welcher Gedanke nicht ohne Berechtigung ist. 560 C. J. Gori, D. Über die Stellung der Phoronis im System. Während unsere Kenntnis über die Anatomie der Phoronis als eine einigermaßen genauere bezeichnet werden kann, sind die Ansichten der Forscher über ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu anderen Thieren noch recht verschiedene. Um die gewiss nicht leichte Frage einer endgültigen Entscheidung zuzuführen, dürften die aus dem Stu- dium der Phoronis allein sich ergebenden Thatsachen kaum als aus- reichend betrachtet werden. Vielmehr müssen die Forschungen von diesem Gesichtspunkte aus auch auf jene Thierklassen ausgedehnt wer- den, mit welchen eine Verwandtschaft vermuthet wurde, nämlich mit den Bryozoen, Brachiopoden und Sipunculiden. Obzwar ich mir wohl schon eine eigene vorläufige Anschauung auf Grund der bestehenden Litteratur gebildet habe, will ich mich dies- mal aus dem Grunde nur so weit in die Erörterung dieser Frage ein- lassen, als es das eigene Studium gestattet. Bei anderer Gelegenheit soll dann über die Stellung der Phoronis im System in ausführlicher Weise mitgetheilt werden. Und zwar beabsichtige ich dieses im An- schluss an die Bearbeitung der Entwicklungsgeschichte der Phoronis und eventuell nach Studien an Brachiopoden zu thun. Aus den am Anfange dieser Arbeit befindlichen Auszügen der Phoronis-Litteratur istschon ersichtlich, wie unsicher man war, wenn es hieß der Phoronis einen Platz im System einzuräumen. Während Sı. WRisHt sich ganz enthielt, seine Ansichten über diesen Punkt auszu- sprechen, verweist Dyster nur auf gewisse Ähnlichkeiten, welche die Phoronis mit den capitibranchiaten Anneliden und einigen Bryozoen be- sitzt. van BENEDEN war sich dessen wohl bewusst, dass er es, als er die Phoronis entdeckte und untersuchte, mit einer besonderen Thierform zu thun habe, welche sich von den Anneliden durch den Mangel an Borsten und Fußstummel, sowie durch den Besitz von rothen Blut- körperchen unterscheidet. Mit den Bryozoen war sie seiner Meinung nach wegen des Besitzes eines Blutgefäßsystems nicht verwandt und aus dem weiteren Grunde, weil die letzteren ihre Tentakelkrone in eine Hülle zurückzuziehen im Stande sind. Er spricht sich schließlich dahin aus, dass die Phoronis einen besonderen Platz unter den kopfkie- mentragenden Anneliden, als eine Gruppe für sich einnehme, die durch den Mangel an Borsten ausgezeichnet ist. KowaLzvsky hingegen bezwei- felte dieZugehörigkeit desgenannten Thieres sowohl zu den Bryozoen als auch zu den Gephyreen und sprach vielmehr die Meinung aus, ob die Phoronis nicht vielleicht den Mollusken zuzurechnen sei. CGALDWELL endlich verweist neuerdings auf die Beziehungen zwischen Phoronis, Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 561 Brachiopoden und Bryozoen und dieser Ansicht schließt sich in so fern Maclntosu an, als er die Phoronis für eine aberrante Form der Bryozoen bezeichnet. Der letzte Untersucher des genannten Thieres BLAxLAnD BENHAMm vertritt wieder die Kronun’ und Schneiper’sche Ansicht, dass die Phoronis nähere Beziehungen zu den Sipunculiden !, als zu einer an- deren Thierklasse besitze. | Wenn wir noch in den Lehrbtichern der Zoologie Umschau halten wollen, zu welchen Thierklassen die Phoronis in denselben eingeordnet ist, so finden wir sie zunächst im Lehrbuche von Craus im Anschluss an die Gephyreen behandelt. Diese Eintheilung rührt in so fern von Kroan und ScHnEiDer her, als diese Forscher die Actinotrocha für eine Sipunculus-Larve hielten. Als später erst KowaLervsky die Zusam- mengehörigkeit der Actinotrocha und der Phoronis feststellte, wurde die letztere ziemlich allgemein als eine Gephyree betrachtet. Lane ver- einigt in seiner kürzlich erschienenen vergleichenden Anatomie die Phoronidea, Sipunculidea, Bryozoa und Brachiopoda als vier Ordnungen zu der Klasse der Prosopygii. In Harscaer’s Lehrbuch der Zoologie endlich finden wir den sechsten Cladus der Metazoa, die Tentaculata, aus drei Klassen, nämlich den Phoronidea, Bryozoa (mit Ausschluss der Entoprocta) und den Brachiopoda gebildet. Im Folgenden will ich nun versuchen, in wie fern sich die Phoronis? mit den Bryozoen vergleichen lässt, indem ich im Übrigen, wie schon hervorgehoben, vor der Hand von einer ausführlichen Erörterung der Frage nach der verwandtschaftlichen Stellung der Phoronis zu anderen Thieren absehen will. Bei diesem Vergleich habe ich besonders die phylaktolämen Bryozoen im Auge, da sie, wie ich glaube, die ursprüng- lieheren und für unseren Zweck besser passenden Formen sind, durch welche Ansicht ich mich wohl mit vielen Aussprüchen früherer Forscher im Gegensatz befinde. Alle Bryozoen sind, wie wir wissen, durch die festsitzende Lebens- weise veränderte Thiere. Diesem Umstande nun dürften gewisse Ver- änderungen zuzuschreiben sein, die der Bryozoenkörper erfahren, und die die Vergleichung der Bryozoen mit der Phoronis scheinbar er- schwert. Ich suche darin auch den Grund, dass man diese vom Anfang an nicht durchgeführt hat, obzwar schon der Entdecker und die ersten Untersucher der Phoronis die Bryozoenähnlichkeit erkannten. Zunächst stimmen die Phoroniden und Bryozoen in dem Besitze einer echten Leibeshöhle überein. Weiter sehen wir in beiden Fällen ! SuıpLey beschreibt neuerdings eine eigenthümliche Gephyree mit Namen Phymosoma varians, welche manche Ahnlichkeit mit Phoronis besitzen soll. 2 Vgl. C. J. Corı, Über Nierenkanälchen bei Bryozoen. Lotos 4894. Bd, IX. 562 6. J. Cori, am Vorderende des Körpers eine hufeisenförmig geformte Tentakel- krone, innerhalb welcher der schleifenförmig gebogene Darm mit dem Munde beginnt. Die Mundöffnung kann von einem lippenartigen Vor- sprunge, dem Epistom, geschlossen werden. Ferner liegt stets das andere Ende des Darmes, der Anus, in der Nähe des Mundes, jedoch außerhalb der Tentakelreihen. | Was nun die Leibeshöhle betrifft, so sehen wir, dass sie bei beiden Formen durch eine quer zur Achse des Ösophagus ausgespannte Scheide- wand in zwei unter einander gelegene Abtheilungen zerlegt wird. Während diese Scheidewand, Diaphragma genannt, vom Ösophagus durchbohrt wird, mündet der Enddarm unterhalb derselben nach außen. Jenen Theil der Leibeshöhle, welcher oberhalb des Diaphragmas zu liegen kommt, nennen wir die Tentakelkronenhöhle, den anderen unter- halb des Diaphragmas befindlichen, die Körperhöhle. Erstere setzt sich aus der Lophophor-Epistomhöhle und den Tentakelhöhlen zusammen. Die Körperhöhle der Bryozoen stellt einen ungetheilten Raum vor, die der Phoronis hingegen zerfällt durch eine Anzahl von Darmmesenterien in Unterabtheilungen. Auf diesen Unterschied und darauf, wie wir ihn zu deuten haben, werden wir später zurückkommen. Nun wollen wir sehen, welche Organe sich in den beiden Abtheilun- gen der Leibeshöhle, sowohl bei den Bryozoen als auch bei der Phoronis vorfinden. In der Tentakelkronenhöhle zunächst liegt hinter dem Munde das Ganglion, das heißt auf der analen Seite desselben, die auch da- durch charakterisirt ist, dass von ihr das Epistom entspringt. Die Körperhöhle hingegen enthält ein Paar Nierenorgane und die Ge- schlechtsdrüsen. Die Nierenorgane von Phoronis!, als auch von den Bryozoen? stimmen darin, da sie beide nach dem Typus eines Metane- phridiums gebaut sind, überein, dass sie kurze, wimpernde, retroperi- ! Interessant ist der Parallelismus, wie er zwischen den sogenannten thora- kalen Nierenorganen der Serpulaceen und den Nieren der Phoronis und Bryozoen besteht. Siehe die detaillirten Angaben darüber bei E. MEyER, »Studien über den Körperbau der Anneliden«. Mitth. a. d. Zool. Station zu Neapel. Bd. VII. 4. Heft. 2 Die Verworn’ schen Nierenorgane der Bryozoen betreffend verweise ich auf einen Aufsatz von mir unter dem Titel: »Über Nierenkanälchen bei Bryozoen «. Lotos 4894. Neue Nolge. Bd. XI. Während ich mit der Korrektur der vorliegenden Arbeit beschäftigt war, fand ich auf p. 53 und 54 einer eben erschienenen Abhandlung: » Untersuchungen über Bryozoen des süßen Wassers« von Dr. Fr. Brarm (Bibl. Zoolog. Heft 6, 4. Hälfte, 1890) die Angaben meiner eben citirten Arbeit über Nierenkanälchen bei Bryozoen für unrichtig erklärt. Ich bedaure sehr, eine Erwiderung nicht mehr in diesem Hefte (d. Zeitschr. f. w. Zool.) bringen zu können, da es bereits abgeschlossen ist. Darum kann ich erst in nächster Zeit eine Klarlegung der Verhältnisse zu meinen Gunsten in Aussicht stellen. Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 563 toneal verlaufende Röhren vorstellen, welche analwärts vom Ösophagus einerseits mit der Körperhöhle durch eine Öffnung, der Trichteröffnung, in Verbindung treten, andererseits mit äußerem Porusnach außen münden. Welche Unterschiede zeigen nun die Bryozoen und Phoroniden ? Da bemerken wir zunächst beim Vergleichen der Tentakelkronen der beiden Klassen, dass sich die der phylaktolämen Bryozoen durch den Besitz von Lophophorarmen auszeichnet. Diese Abweichung hat bereits Dyster bemerkt. Wenn wir jedoch in der Ordnung der Phylactolaemata Umschau halten, so finden wir eine Form, welche den gleichen Mangel aufweist, nämlich die Fredericella. Als ein weiterer und vielleicht scheinbar schwerer wiegender Unterschied, der schon die ersten Unter- sucher der Phoronis von dem in Rede stehenden Vergleiche abgehalten hat, wäre das Fehlen eines Blutgefäßsystems bei den Bryozoen zu nennen. Dieser letzte Umstand dürfte aber dadurch als weniger wich- tig zu bezeichnen sein, da das nicht Vorhandensein von Blutgefäßen bei Bryozoen wahrscheinlich nur als eine Rückbildung zu betrachten ist. Wie schon erwähnt, haben wir unsere Untersuchung auch noch auf die Befestigung des Darmes in der Leibeshöhle auszudehnen, und haben endlich zu ermitteln, wie das Vorhandensein von Muskeln, welche die Leibeshöhle der Bryozoen durchziehen, aufzufassen ist. Wäh- rend wir bei Phoronis eine Anzahl von Aufhängebändern des Darmes vorfinden, vermissen wir dieselben bei den Bryozoen, bei welchen das Ende des Magens lediglich durch einen Strang, den sogenannten Funi- culus, an der Leibeswand, und zwar an jenem Abschnitt derselben, welcher als Sohle bezeichnet wird, befestigt ist. Um nun diese ab- weichenden Verhältnisse leichter zu verstehen, betrachten wir zunächst eine junge eben verwandelte Phoronis!. Deren schleifenförmig gebo- gener Darm ist durch ein einziges Mesenterium in der Körperhöhle aufgehängt, und zwar in der Weise, dass sich ein Theil dieses Mesen- teriums zwischen den Darmschenkeln ausspannt, der andere Theil an der Leibeswand und der konvexen Seite der Darmschleife. Letzterer Abschnitt verschmälert sich aber an der Stelle, wo er vom Ende der Darmschleife zur Leibeswand hinzieht, zu einem strangartigen Ge- bilde, einem Funiculus. Die erwachsene Phoronis besitzt neben dem eben beschriebenen Hauptmesenterium außerdem noch zwei Lateral- mesenterien. Wir können uns nun denken, dass die Bryozoen einst gleichfalls wie die junge Phoronis ein Hauptmesenterium besaßen, dass dieses aber wieder verloren ging, als die die Leibeshöhle durchque- ! Die Kenntnis der verwandelten Larve verdanke ich den Mittheilungen meines verehrten Chefs, Herrn Professor HATscaEk, welcher vor Jahren die Entwicklung von Phoronis studirte, 564 6. J. Cori, renden Muskeln auftraten; ein Mesenterium würde für die Bewegung des Polypides gewiss nur hinderlich gewesen sein. Und zwar wurde der zwischen den Darmschenkeln sich ausspannende Theil des Mesen- teriums durch Verwachsung derselben überflüssig, der andere Theil kam ganz in Wegfall bis auf einen kleinen, strangförmigen Theil, den sogenannten Funiculus. So, glaube ich, dürfte auch diese Differenz als eine nicht gegen die Verwandtschaft der beiden genannten Formen sprechende zu betrachten sein. MacIntosh verweist in seiner Arbeit über Phoronis Buskii auf die Ähnlichkeit zwischen Phoronis Rhabdopleura und Cephalodiscus. Da die Anschauungen über die beiden letzten Formen aber noch keines- wegs als feststehende zu betrachten sind, besonders über das an zwei- ter Stelle genannte Thier, so müssen wir auch da noch eingehendere Untersuchungen abwarten. Betrefis der nun besprochenen Frage möchte ich nicht unterlassen, schließlich noch zu bemerken, dass ich die Beziehungen zwischen Pho- ronis und den Bryozoen keineswegs für so nahe erachte, dass ich der Ansicht Laskaster’s und Maclntos#’ folgen könnte, die Phoronis als eine aberrante Form der Bryozoen zu betrachten. Die Auseinandersetzung auf den vorhergehenden Blättern sollte also nur den Zweck haben, die verwandtschaftlichen Beziehungen zwischen zwei Thierklassen in so weit zu beleuchten, als wir es aus der Vergleichung der Anatomie der beiden Formen im Stande sind, eine Besprechung und Aufzählung der Homologien aber behalte ich mir, wie hervorgehoben, für später vor. Prag, im August 1890. Erklärung der Abbildungen. Abkürzungen der Bezeichnungen. A, Anus; Dgf, Darmgefäß ; Ap, Analpapille; Di, Diatomee; Bk, Blutkörperchen ; 1 Dms, Darmmuskulatur; Bs, protoplasmatische Bindesubstanz; E, Epithel; C, Cuticula; ecE, ektodermales Epithel; Ca, Kanal; enE, entodermales Epithel; Cgf, Coecalgefäß ; Ed, Enddarm; D, Diaphragma;; Ep, Epistom ; aD, anales Diaphragma ; Eph, Epistomhöhle; oD, orales Diaphragma; Est, Endstück ; Dd, Dünndarm; aF, Außenfeld, Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 565 iF, Innenfeld, sF, Seitenfeld des Tentakels ; Fe, Faeces; Fr, Flimmerrinne; Fz, Fettgewebszellen ; Gfp, Gefäßperitonealgewebe; Gfsp, Gefäßepithel; Gfw, Gefäßwand; Ggl, Ganglion; Gglz, Ganglienzellen ; Hm, Hauptmesenterium; K, Kern; Lgf, Lateralgefäß; Lh, Leibeshöhle ; rLm, rechtes Lateralmesenterium; ILm, linkes Lateralmesenterium ; Lms, Längsmuskel; Ln, Lateralnerv; Lph, Lophophor; Lphgf, Lophophorgefäß; Lphh, Lophophorhöhle; Lpho, Lophophororgan ; Lw, Leibeswand; Md, Mund; Mf, Muskelfieder; Mfb, Muskelfibrille ; Mg, Magen; Mgf, Mediangefäß; Mgs, Magenblutsinus; Ms, Mesenterium; Mst, Mittelstück ; Na, Nahrungskügelchen; Ne, Nierenkanal; Nm, Nervenfasermasse; Nms, Nebenmesenterium; Np, Nierenporus; Nph, Nephridium ; Oe, Ösophagus; P, Peritoneum; aR, äußere Reihe; iR, innere Reihe; rRm, rechter Ast; IRm, linker Ast des Lateralgefäßes ; Rms, Ringmuskelschicht; Rn, Ringnerv; Sapl, Splanchnopleura ; Sopl, Somatopleura; Ss, Stützsubstanz; T, Tentakel; Te, Tentakelepithel ; Tgf, Tentakelgefäß; Th, Tentakelhöhle; Tk, Tentakelkrone; Tkh, Tentakelkronenhöhle; Tr, Trichter; U, Umbiegungsstelle der Tentakelreihen ; Vm, Vormagen; Zbr, Zellbrücke; Zwst, Zwischenstück. Tafel XXII, Fig. 4. Drei Röhren von Phoronis psammophila. Natürl. Größe. Fig. 2. Ein Stückchen einer Kolonie von Phoronis Kowalevskii, Natürl. Größe. Fig. 3. Zwei Exemplare von Phoronis psammophila von den Röhren be- freit und in natürlicher Größe und Farbe dargestellt. stellt. Fig. 4. EinePhoronis Kowalevskii, wie die vorhergehende Figur darge- Fig. 5. Phoronis psammophila, durchsichtig gedacht, um eine Übersicht der Anatomie zu geben, das Gefäßperitonealgewebe ist nicht mit eingezeichnet. Fig. 6. Eine Tentakelkrone mit theilweise abgetragenen Tentakeln, um deren Anordnung zu zeigen. Fig. 7. Eine Tentakelkrone von Phoronis psammophila in sagittaler Richtung halbirt. Fig. 8. Ein Schema der Nephridien der Phoronis psammophila. Fig. 9. Ein Schema der Nephridien der Phoronis Kowalevskii., Fig. 10. Das Blutgefäßsystem von Phoronis schematisch dargestellt. 566 C. J. Cori, Fig. 14. Das Endstück von Phoronis psammophila im optischen Durch- schnitt. Fig. 12. Einige Tentakel von Phoronispsammophila. Tafel XXIL. Alle Zeichnungen dieser Tafel sind mit Obj. 2 und Oc. 2 von REICHERT und Ca- era lucida von OBERHÄUSER gezeichnet. Fig. 2—26 stellt eine Reihe von Quer- schnitten aus charakteristischen Stellen der Phoronis psammophila dar, um zur topographischen Übersicht zu dienen. Fig. 4 ist ein Schema zur Erläuterung des Baues der Tentakelkrone, kombinirt aus Fig. 2—9. Tafel XXIV. Fig. —9 sind topographische Übersichtsbilder von Querschnitten der Pho- ronis Kowalevskii gezeichnet mit Obj. 4, Oc.2 von REICHERT und Camera lucida von OBERHÄUSER. Fig. 10. Das Lophophororgan von Phoronis psammophila. Fig. 14 stellt einen Sagittalschnitt durch das Vorderende von Phoronis psammophila dar. Obj. 2, Oc. 2, Camera lucida von OBERHÄUSER. Fig. 12 ist ein Schiefschnitt durch das Vorderende der Phoronis psammo- phila, enthaltend ein Nephridium mit Trichter, aufsteigenden und absteigenden Kanal, die Ausmündungsöffnung ist auf diesem Schnitt nicht enthalten. Der Quer- schnitt des Blutgefäßes gehört dem Quergefäß an. Tafel XXV. Fig. —10 dienen zur Erklärung des Baues der Tentakel. Fig. 4 und 3 von Phoronis Kowalevskii, Fig. 2 und 4—9 von Phoronis psammophila. Fig. A—4 sind Schnitte durch den freien Tentakel. Fig. 5. Der Schnitt ist durch die Verwachsungsstelle zweier benachbarter Ten- takel geführt. Fig. 6—7. Ein etwas tiefer geführter Schnitt. Der Hohlraum in Fig. 7 und 9 zwischen Stützsubstanz und Zellspange ist durch die Präparation erzeugt. Fig. s—9. Ein noch tiefer geführter Schnitt von kereits in den Lophophor ein- gefügten Tentakeln. Fig. 10—13. In diesen Schnitten von Phoronis Kowalevskii erscheint die Stützsubstanz nicht mehr in Form einer Röhre, sondern als ein wellenförmig ge- krümmtes Band. Fig. 44. Im vorliegenden Schnitte durch die Wand des Lophophors von Pho- ronis psammophila finden wir die Stützsubstanz nur in Form von halbmond- förmigen Stücken erhalten. Fig. 15—17. Zellen des Tentakelepithels von Phoronis psammophila durch Maceration isolirt. | Fig. 48. Optischer Durchschnitt durch einen Tentakel, dessen Epithel entfernt ist. Fig. 19. Flächenansicht der Stützsubstanz der Tentakel mit ringförmig verlau- [enden Kanälchen. Fig. 20. Schnitt in sagittaler Richtung durch das Ganglion. Fig. 24. Ein Stück Leibeswand von Phoronis Kowalevskii mit Nerven- fasermasse am Grunde der Epithelschicht. Fig. 22. Leibeswand im Querschnitt, enthaltend den Lateralnerv im Querschnitt. Fig. 23. Ein Schnitt durch das Lophophororgan mit Nervenfasermasse, die parallel ihrer Verlaufsrichtung getroffen ist. | Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. 56 Fig. 24. Frontalschnitt durch die Tentakelkrone in der Gegend vor dem Gan- slion geführt. Alle Figuren von 18—24, mit Ausnahme von Fig. 24, sind nach Präparaten von Phoronis psammophila gezeichnet. Tafel XXVI. Fig. 1. Ein Stück Leibeswand aus dem »Endstück « des Körpers von Phoro- nis psammophila. Fig. 2. Leibeswand aus dem obersten Abschnitt des »Mittelstückes« derselben Speeies, Fig. 3. Leibeswand aus einer etwas tieferen Region des » Mittelstückes«. Fig. 4. Leibeswand aus dem oberen Drittel des »Mittelstückes« von Phoronis Kowalevskii. Fig. 5. Leibeswand aus dem mittleren Drittel des » Mittelstückes« von Phoro- nis psammophila mit hohen Muskelfiedern. Fig. 6. Schnitt durch die Leibeswand parallel zur Richtung der Längsmuskel- fiedern geführt. Fig. 7. Ein in derselben Richtung aber zwischen zwei Muskelfiedern geführter Schnitt. Fig. 8. Durch Maceration theilweise isolirte Muskelfasern u: Längsmuskulatur, mit protoplasmatischer, netzförmiger Bindesubstanz. Fig. 9. Eine Muskelfaser bei starker Vergrößerung gezeichnet, gleichfalls mit Bindesubstanz. Fig. 40. Ringmuskel- und darunter verlaufende Längsmuskelschicht. 44. Sieben durch Maceration isolirte Stützzellen aus dem ektodermalen ad gr lu) = Br m a 12. Fünf Drüsenzellen gleichfalls aus dem Leibeswandepithel. 43. Zwei Deckzellen aus dem Leibeswandepithel. 44. Epithelzellen (Deckzellen) mit Pigmenteinlagerungen aus der Region des Ringnerven. Fig. 15. Leibeswandepithel von der Fläche gesehen. Fig. 46 u. 17. Schnitte durch das Lophophororgan. Fig. 48. Das Deckepithel dieses Organs von der Fläche gesehen. Fig. 19—24 sind die verschiedenen Arten von Zellen, aus welchen das Lopho- phororgan besteht, dargestellt. Alle Figuren dieser Tafel, mit Ausnahme der Fig. 4, sind nach Präparaten von Phoronis psammophila gezeichnet, mt kn NEWTY Tafel XXVII. Fig. 1—3. Querschnitte durch Blutgefäße. Fig. 4 von dem Lateralgefäß aus dem vordersten Abschnitte des Mittelstückes. Fig. 2 und 3 aus dem Endstück. Fig. 4, Ring-und Längsmuskelschicht eines Blutgefäßes durch Maceration isolirt, Fig. 5. Rothe Blutkörperchen. Fig. 6. Lymphkörperchen; in beiden Fällen frisch in Leibeshöhlenflüssigkeit untersucht. Fig. 7. Ein Lymphkörperchen mit amöboiden Fortsätzen in einem Tentakel befindlich. Fig. 8. Fünf rothe Blutkörperchen und ein Lymphkörperchen nach Zusatz von Essigsäure. Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LI, Bd. 37 568 6. J. Cori, Untersuchungen über die Anatomie und Histologie der Gattung Phoronis. Fig. 9. Schiefschnitt, welcher das Nephridium in seiner ganzen Ausdehnung getroffen hat. Fig. 10. Nephridium nach dem lebenden Objekt bei Seitenansicht des Thieres gezeichnet. Fig. 41. Nephridium, gleichfalls nach dem lebenden Thier, jedoch bei Ansicht von der Analseite her entworfen. Fig. 12. Sogenannte spindelförmige Körper. Fig. 43. Eine Gefäßzotte mit umgebendem Fettgewebe auf dem Querschnitt und einigen spindelförmigen Körpern. Fig. 44. Gefäßzotte im optischen Durchschnitt mit Peritoneal-(Fettgewebs-) zellen umgeben. Nach dem lebenden Objekt. Fig. 45. Zwei Eier nach Schnittpräparaten. Fig. 46. Samenmassen, die in der Leibeshöhlenflüssigkeit flottiren, frisch unter- sucht. Fig. 17. Optischer Durchschnitt durch das Hinterende eines jungen Thieres. Sämmtliche Figuren sind nach Präparaten von Phoronis psammophila gezeichnet. Tafel XXVIII. Fig. 4. Längsschnitt durch den Ösophagus. Fig. 2. Längsschnitt durch den Vormagen. Fig. 3—5. Längsschnitte durch den Magen. Fig. 3, das Epithel im Zustande der Thätigkeit, Fig. 4 und 5 im Zustande der Ruhe. Fig. 6. Längsschnitt durch jenen Theil des Magens, der sich durch besonders lebhafte Wimperung auszeichnet. Fig. 7. Längsschnitt durch den Dünndarm. Fig. 8. Längsschnitt durch den obersten Theil des Dünndarmes, Fig. 9. Drei isolirte Zellen aus dem Ösophagus. Fig. 10—12. Zellen aus dem Magen. Alle Figuren sind nach Präparaten vonPhoronispsammophila gezeichnet. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres, nebst Bemerkungen zur Phylogenie und Systematik der Holothurien. Von Professor Dr. Hubert Ludwig in Bonn. Mit Tafel XXIX und 1 Holzsehnitt. Im Jahre 1826 beschrieb Rısso! eine im Golfe von Nizza in »großen Tiefen« lebende Holothurienart, indem er sie der von Cuvıer 18172 auf- gestellten Gattung Molpadia einordnete, unter dem Namen Molpadia musculus. Zugleich gab er eine Charakteristik der Gattung, welche zwar die von CuviEr gegebene Diagnose etwas weiter ausführte, aber immer noch dürftig genug blieb. Cuvier hatte als Merkmale der Gattung angegeben: Mangel der Füßchen und Fühler, lederige Beschaffenheit der Haut, diekwalzen- förmige Gestalt, Mund und After an den entgegengesetzten Enden des Körperz, Vorhandensein eines Kalkringes — und als einziges beson- deres Merkmal der einzigen ihm bekannten, aus dem atlantischen Meere stammenden Art: M. holothurioides nur noch hinzugefügt, dass deren Hinterende zugespitzt sei. Rısso’s Gattungsdiagnose lautet: »Corps libre, epais, ovale, alonge, bursiforme, nu, rude, se retrecissant posterieurement de mani£re ä former une queue graduellement aigu&; bouche terminale, arrondie, arme de dents charnues, anus situ& ä l’extr&mit& posterieure.« Wie man sieht, treten hier folgende Merkmale zu den von Cuvırr angeführ- ten hinzu: Die rauhe Beschaffenheit der Haut, die runde Form des Mundes und die Bewaffnung desselben mit »fleischigen Zähnen «. Wie aber aus Rısso’s gleichzeitiger Abbildung hervorgeht, sind diese ! Histoire naturelle des principales productions de l’Europe meridionale, Vol. V. Paris et Straßbourg 1826. p. 292—293, Fig. 31—32. 2 Le Regne animal. T. IV. Paris 4847. p. 23. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 38 570 Hubert Ludwig, »fleischigen Zähne« nichts Anderes als die von Cuvırr vermissten kleinen Fühler, deren man in den beiden Rısso’schen Figuren je 14 im Umkreis des Mundes zählt. Die Thiere selbst, welche Rısso vorlagen, waren 4 cm lang und schienen ihm der Art nach von der Guvier’schen Molpa- dia holothurioides verschieden zu sein. Seine Artdiagnose lautet: »Mol- 'padia musculus. Corpore transversim ruguloso, scabro; epidermide coerulescente-fusco; ore et appendice caudalı albidis.« Der nächste Forscher, welcher über derartige Holothurien aus dem Mittelmeere berichtete, war Gruse!. Er beschrieb eine nach seiner Meinung mit der Gattung Liosoma Br. nahe verwandte, also fußlose Form, welche nach einer Bemerkung in seiner Vorrede zu schließen aus dem Golfe von Neapel stammte. Auf das einzige ihm vorliegende, 3,8 cm lange und 0,6 cm dicke Exemplar gründete er die neue Gat- tung Haplodactyla. Die ganze Beschreibung der alsH. mediterra- nea bezeichneten Art heißt: »Körper langgestreckt, fast wurmförmig, grau, mit vielem Schleim überzogen. Der Mund steht in der Mitte eines Kreises von 16 einfachen, fingerförmigen Tentakeln. — Innen sieht man 5 Längsmuskeln ringsum an die Körperwand vertheilt, und eben- so viele Athmungsorgane ? von beinahe lappiger, undeutlich baumartiger Bildung.« ( Die Eingeweide waren durch die Seitenwand des Körpers herausgetreten.«) Zehn Jahre später kommt Grusr?, veranlasst durch eine Anfrage von Jon. MüLL£Er, noch einmal auf seine Haplodactyla mediterranea zu sprechen, jedoch nur um mitzutheilen, dass sein einziges Originalexem- plar verloren gegangen sei. Er habe aber von Palermo ein Exemplar einer Holothurie erhalten, welches er, trotzdem es stark beschädigt sei, als ein zweites Exemplar seiner H. mediterranea erkannt habe; de Haut desselben sei weich, unregelmäßig dicht quergefaltet und gerunzelt und löse sich leicht in Lappen ab. In der Haut habe er »nur spießige oder nadelförmige« Kalkkörperchen wahrnehmen können. Man ver- misst bei GrusE einen Vergleich seiner Form mit der Rısso’schen Mol- padia musculus? und es macht den Eindruck als sei ihm Rısso’s Werk 1 Aktinien, Echinodermen und Würmer des Adriatischen und Mittelmeeres. Königsberg 1840. p. 42. 2 Zu der Annahme von fünf Athmungsorganen ist GruUBE wohl nur durch die Diagnose verführt worden, welche Branpr (Prodromus descriptionis animalium ab H. Mertensio etc. observatorum. Petropoli 1835. p. 58) von Liosoma gegeben hatte, die aber, wie ich früher (diese Zeitschr. Bd. XXXV, 1884, p. 582) gezeigt habe, auf einem Irrthum beruht. 3 Mürrer’s Archiv f. Anatomie u. Physiologie. 1850. p. 146. * Was sich wohl daraus erklärt, dass in den damals maßgebenden systema- tischen Bearbeitungen der Holothurien von JÄGEr und von BrAnpr die Gattung Mol- padia überhaupt nicht erwähnt wird. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 971 überhaupt unbekannt gewesen. Im anderen Falle würde er doch wohl auf die Ähnlichkeit oder Übereinstimmung beider Thierformen geführt worden sein und zum mindesten die Aufstellung seiner Gattung Haplo- daetyla unterlassen haben. Nachdem diese Gattung nun aber einmal aufgestellt war, konnte sie in der Folgezeit nur dadurch festgehalten werden, dass man sie von Molpadia durch ein bestimmtes Merkmal trennte und um das zu können auch die Gattung Molpadia schärfer und enger definirte, als das durch ihren Begründer Cuvier geschehen war. So finden wir bei SerenkA! für Molpadia? stummelförmige Gestalt der Fühler und zweitheiligen Kiemenbaum, für Haplodactyla dagegen eine fadenförmige Gestalt der Fühler und fünftheiligen Kiemenbaum als unterscheidende Merkmale angeführt. Zu dieser Unterscheidung ist aber Folgendes zu bemerken. SrrenkA macht hier bezüglich der Fühler- form bei Haplodactyla in ganz willkürlicher Weise aus »fingerförmig« (bei Gruse) fadenförmig und übertreibt dadurch in diesem Punkte den Gegensatz zu Molpadia, während ein fünftheiliger Kiemenbaum, wie oben angemerkt, thatsächlich nicht vorhanden ist. Dass ferner SELENKA die Fühler der Molpadia stummelförmig nennt, steht in Widerspruch zu der maßgebenden Beschreibung, welche Jon. Mürzer3 von den Fühlern seiner auch von SeLEnkA zu Molpadia gestellten Molpadia chilensis giebt. Der nächste Autor, Semper #, konnte den Unterschied der Fühlerform schärfer hervorheben, indem er die Fühler der Gattung Molpadia als am Ende gefingert, d. h. mit fingerförmigen Nebenästchen ausgestattet, be- zeichnete. Er gab zunächst für Haplodactyla die Diagnose »15 oder 16 einfache cylindrische Tentakel. Haut glatt«, dagegen für Molpadia »12 bis 15 am Ende gefingerte Tentakel«. Die Diagnose für Haplodactyla ist hier in so fern von SemPpEr verändert worden, als er die glatte Be- schaffenheit der Haut als Gattungsmerkmal aufnimmt, während doch gerade diejenige Art, auf welcher die ganze Gattung beruht, Gruse's H. mediterranea, nach der oben angeführten Schilderung ihres Autors eine unregelmäßig dicht quergefaltete und gerunzelte Haut besitzen soll. Da ferner Semrer die einfache, fingerförmige Gestalt der Fühler als Merkmal der Gattung Haplodactyla festhält und auch in diesem ! Beiträge zur Anatomie und Systematik der Holothurien. Diese Zeitschr. Bd. XVII. 4867. p. 357—358. | ? SELENKA giebt übrigens an einer anderen Stelle (p. 308) seiner eben angeführ- ten Abhandlung eine ganz anders lautende Diagnose, in welcher er die Fühler »fiederspaltig« nennt und darin sowie in dem verdünnten Körperende die Merk- male der Gattung Molpadia sieht. 3 Mürrer’s Archiv für Anatomie und Physiologie. 1850. p. 439. * Holothurien. Leipzig 1868. p. 38 und 233. a 38* 572 Hubert Ludwig, Punkte die H. mediterranea sich, wie wir sehen werden, anders ver- hält (was freilich Semper damals nicht wissen konnte), so ergiebt sich, dass die Gattung Haplodactyla in den Grenzen, welche ihr SempEr ge- steekt, ihre ursprünglich typische Art nicht mehr umschließt. Hält man an der Srmper’schen Diagnose der Gattung fest, so muss H. mediterranea Grube aus ihr entfernt werden. Wohl aber wäre diese Art in der Gat- tung Molpadia unterzubringen, wenn man letztere in dem oben angege- benen Sinne Srmper’s fasst. Nun aber hat Semper selbst in seinen Nach- trägen! zur Diagnose der Molpadia noch hinzugesetzt: »Retraktoren der Schlundmasse und nach hinten verlängerte radiale Glieder des Kalk- ringes wie bei den Dendrochiroten«. Dieser Zusatz ist in seinem zweiten Theile kein glücklicher, denn auch bei den sämmtlichen von SemPEr an- geführten Haplodactyla- Arten sind die Radialia des Kalkringes nach hinten verlängert; wohl aber scheint das Fehlen oder Vorhandensein deutlicher Rückziehmuskeln zur Trennung der beiden Gattungen ein brauchbares Merkmal abzugeben. Falls auf die Haplodactyla medi- terranea das Vorkommen von Retraktoren zuträfe, müsste sie also folge- richtig auch dann in die Gattung Molpadia gestellt werden, wenn wir diese Gattung in dem ihr zuletzt von SEMPER gegebenen Sinne ver- stehen. Da aber in Wirklichkeit, wie wir später sehen werden, keine Rückziehmuskeln bei ihr vorhanden sind, so passt die Gruse’sche Art auch nicht in die Gattung Molpadia, sondern schwebt einstweilen ganz in der Luft. Auf der anderen Seite hat die ursprünglich typische Art der Gat- tung Molpadia, M. holothurioides Guvier, gleichfalls ihre systematische Stellung geändert. Da sie wegen ihrer einfach eylindrischen Fühler und des Mangels deutlich gesonderter Rückziehmuskeln nicht mehr in die Gattung Molpadia passte, stellte sie Srmrer in die Gattung Haplo- dactyla. Sonach zeigt sich, dass die beiden Gattungen Molpadia und Haplodactyla seit ihrer Begründung durch CGuvier und Grüge durch die Diagnosen, welche spätere Autoren ihnen gegeben haben, so verändert worden sind, dass sie ihre ursprünglich typischen Arten gar nicht mehr besitzen. Molpadia holothurioides Cuy. steht jetzt in der Gattung Haplo- dactyla, dagegen hat Haplodactyla mediterranea Grube weder in der einen noch in der anderen Gattung eine sichere Unterkunft. Sehen wir nun zu, was für weitere Schicksale die beiden Arten Molpadia musculus Risso und Haplodactyla mediterranea Grube gehabt haben. Schon Semrer ? hat die Meinung ausgesprochen, dass beide mit einander identisch seien. Da er die Beschaffenheit ihrer Fühler nur aus lc. p23% 2 ]. cc. p. 268. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 573 Gruse’s Beschreibung der H. mediterranea kannte, so nahm er an, dass auch die Rısso’sche Art eben solche Fühler besitze und stellte demge- mäß beide Formen in die Gattung Haplodaetyla. Lauperr! schließt sich in der Stellung der Gruse’schen Form an Srmper an, indem er sie in der Gattung Haplodactyla belässt, welche er im Wesentlichen eben so de- finirt wie Srmrer; die Rısso’sche Art dagegen wird bei Lamrerr über- haupt nicht mehr erwähnt. Bei TuteL? begegnen wir auch der Molpadia musculus wieder und finden sie hier in völliger Übereinstimmung mit SemPER in der Gattung Haplodactyla. Auch ich selbst ? habe vor längerer Zeit beide Arten ebenfalls unter dem Gattungsnamen Haplodactyla an- geführt. TuteL weist aber mit Recht darauf hin, dass eine neue Unter- suchung dieser Formen nöthig sei, um über ihre systematische Stellung ins Reine zu kommen. Für eine solche fehlte es aber bis dahin an dem Material; denn erstens war unbekannt, wo etwa die Originalexemplare Rısso’s und Gruse’s hingekommen waren und zweitens war es bis zum Jahre 4883 nicht geglückt, neue Exemplare dieser Formen oder über- haupt irgend eine Molpadiide im Mittelmeer aufzufinden®. In dem ge- nannten Jahre aber theilte Jourpan gelegentlich seiner histologischen Untersuchungen mit, dass ihm zwei Exemplare der Haplodactyla me- diterranea aus dem Golfe von Marseille aus 65 Meter Tiefe vorlagen. Leider erfahren wir dabei nichts Näheres über deren systematische Merkmale; da er aber dieselben Thiere auch mit dem Namen Molpadia museulus bezeichnet, so scheint auch er die Gruge’sche Art für identisch mit der Rısso’schen zu halten. Die einzigen neuen Angaben, welche endlich Licht über die systematischen Beziehungen der Molpadia musculus Risso verbreiteten, sind in demselben Jahre (1883) an einem wenig zugängigen Orte von Louis Prrir 6 gemacht worden. Er erkannte ihre Zugehörigkeit zu der ! Die Seewalzen. Wiesbaden 4885. p. 24 und 207. 2 Challenger-Holothurioidea. Part II. London 1886. p. 50. 3 Die Echinodermen des Mittelmeeres. Mitth. Zool. Station Neapel. I. 1879. p. 572. * 0. TAscHEnBERG (Zeitschr. f. d. gesammten Naturwissenschaften, 1879, p. 319) glaubte allerdings die Gruse’sche Art wiedergefunden zu haben. Doch beruhte seine Ansicht auf einer Verwechslung mit Thyone aurantiaca;; vgl. darüber meine Notiz in: Mitth. d. Zool. Station zu Neapel. Bd. Il. 4880. p. 71. 5 Er. Jourpan, Recherches sur l’histologie des Holothuries. Ann. du Musee d’hist. nat. de Marseille. Zoologie. T.I. Marseille 1883. p. 8. 6 Sur deux especes d’Ankyroderma. Bull. de la societe philomatique de Paris. 7. Ser. T. VII. 4882/83. Paris 4883. p. 464. Da diese Zeitschrift außerhalb Frank- reichs nur sehr wenig verbreitet ist, konnte es kommen, dass auch Tu£e£L in seiner so sorgfältigen systematischen Bearbeitung der Holothurien die Perir’schen Arten gar nicht erwähnt. 574 Hubert Ludwig, einige Jahre vorher von Danieıssen und Korzx { aufgestellten Gattung Ankyroderma. Es lagen ihm ohne genaue Angabe des Fundortes zwei Exemplare vor, an denen er Folgendes feststellen konnte: Die beiden Kiemenbäume sind braun. Die Haut ist mit kleinen Wärzchen bedeckt; Anker fanden sich zwar darin nicht, wohl aber die spatelförmigen, zu einem Stern geordneten Kalkkörper der Gattung Ankyroderma. Außer- ‚dem finden sich in der Haut zerstreute Spicula, welche denen des An- : kyroderma hispanicum gleichen und die schon von Rısso erwähnte rauhe Beschaffenheit der Haut veranlassen. Endlich kommen auch dieselben rothbraunen Konkretionen wie bei Ankyroderma vor und zwar in großer Menge. Die Gattung Ankyroderma selbst wird von DAnIELssen und Korn so definirt, dass sie sich von Molpadia (Cuv.) Semper hauptsächlich durch die eigenthümliche Gestalt ihrer Kalkkörper und den Mangel von Rück- ziehmuskeln unterscheidet. Das letztgenannte Merkmal gestattet auch die vereinsamte Haplodactyla mediterranea Grube in die neue Gattung Ankyroderma zu stellen. Wenn wir diese Art, wie ich glaube mit Recht, für identisch halten mit Rısso’s Molpadia museulus, so erhalten wir nun- mehr für Ankyroderma musculus (Risso) Petit folgende Synonymik: Molpadia musculus Risso 1826, Selenka 1867, Jourdan 1883; Haplodactyla mediterranea Grube 1840, Selenka 1867, Semper 1868, Jourdan 1883, Lampert 1885, Theel 1886; Haplodactyla musculus Semper 1868, Theel 1886. Ä Bei dieser Sachlage, namentlich bei der Dürftigkeit der Prrır’schen Mittheilungen, war unsere Kenntnis des Ankyroderma musculus aber doch noch immer eine recht unzulängliche und wenig befriedigende zu nennen. Um so willkommener war es mir daher, als ich in diesem Frühlinge in den Vorräthen der Zoologischen Station zu Neapel nicht weniger als 24 Exemplare dieser Art vorfand, welche von den Herren Professor Mayer und Dr. GiesgrecHt bereits richtig als eine Ankyro- derma-Art erkannt worden waren. Dieselben stammen sämmtlich von der Rhede von Cuma, woselbst sie am 1. Juli 1884 in einer Tiefe von 109—200 Meter erbeutet worden waren. Sie lassen sofort die größte Ähnlichkeit mit Rısso’s Abbildung und Beschreibung der Molpadia museulus erkennen. Der einzige Unterschied liegt darin, dass Rısso in seiner Abbildung nur 44 Fühler (seine »fleischigen Zähne«) darstellt, während ich an den mir vorliegenden Exemplaren durchweg deren 15 zähle. Dieser Unterschied kann auf 1 Nyt Magazin for Naturvidenskaberne. Bd. XXV. Christiania 4879. p. 128. Ankyroderma musenlus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 575 einer individuellen Abweichung des Rısso’schen Exemplares, vielleicht aber auch nur auf einer Ungenauigkeit des Zeichners beruhen. Weniger sicher steht es mit der Beantwortung der Frage, ob die mir vorliegenden Exemplare sich auch mit Grusr’s Haplodacetyla medi- terranea identificiren lassen. Wenn man auch absieht von der höchst unsicheren und meines Erachtens ganz irrthümlichen Behauptung GruBE'Ss, es seien fünf Athmungsorgane vorhanden, so bleiben doch noch zwei Unterschiede bestehen, welche die Möglichkeit offen zu lassen scheinen, dass es sich bei Gruse’s Art vielleicht doch um eine andere als die vorliegende Form handle. Das ist einmal der Umstand, dass GrüsE den Körper seines Thieres langgestreckt nennt, was auf keines der mir vorliegenden Thiere so recht passt, und ferner, dass er der an allen meinen Exemplaren sofort auffallenden schwanzförmigen Ver- jüngung des hinteren Körperendes gar keine Erwähnung thut. Dass er 16 Fühler angiebt, kann wieder individuell sein, und dass er die Fühler »einfach, fingerförmig« nennt, kann dadurch bedingt sein, dass er an seinem offenbar nicht sonderlich gut konservirten Exemplare die zwei kleinen Seitenläppchen an der Fühlerspitze nicht erkennen konnte. Seine übrigen Angaben dagegen über Farbe und schleimige Oberfläche treffen wenigstens für einzelne meiner Exemplare zu und auch die größeren Kalkkörper der Hautkann man allenfalls mit Gruse als »spießige oder nadelförmige« bezeichnen. Wenn wir also auch Gxruse’s Art nicht ohne jeglichen Zweifel hier- her ziehen können, so haben wir doch ganz sicher die Rısso’sche Mol- padia musculus vor uns, die, wie weiter oben erörtert, jetzt zur Gattung Ankyroderma gehört. Die Größe der vorliegenden Exemplare beträgt an Länge 11—35 mm, wovon 3—9 mm auf das schwanzartig verjüngte, dorsal- wärts in die Höhe gebogene Hinterende kommen. Die Dicke beträgt 5,5—14 mm, der Querdurchmesser der vorderen die Mundscheibe bil- denden Abstutzung des Körpers 1,5—5 mm. In der Mitte der Mundscheibe liegt die kreisrunde Mundöffnung, umgeben von 15 kurzen, fingerförmigen, nahe ihrem Ende jederseits mit einem winzigen Nebenläppchen (-ästchen) besetzten Fühlern, welche in ihrer Form der auf Ankyroderma Jeffreysii bezüglichen Ab- bildung von Danıerssen und Korzn ! entsprechen. Im Verhältnis zu ihrer unbedeutenden Länge sind die Fühler dicke Schläuche, deren Innen- raum sich auch in die beiden Nebenläppchen fortsetzt. In der Fühler- wand sehe ich von Muskulatur nur Längsmuskelfasern. Ferner ist die ! Norwegian North-Atlantie Expedition; Holothurioidea. Christiania 4882. Pl. XII, Fig. 25. 576 Hubert Ludwig, Fühlerwand fast oder ganz frei von Kalkkörperchen, da man nur höchst vereinzelt ein winziges derartiges Gebilde darin antrifft. Das die Fühler überkleidende Epithel ist auf der abgerundeten Spitze derselben, sowie auch auf den beiden Nebenläppchen beträchtlich höher als auf der übrigen Fühleroberfläche. An seiner adoralen Seite besitzt jeder Fühler einen vom Ringnerv herkommenden Längsnerv. Die Haut des Rumpfes ist an den meisten Exemplaren querge- runzelt. Die Färbung der dünnen Haut ist (an den Spiritus-Exemplaren) eine feine, unregelmäßig vertheilte, violette oder rothbraune Punktirung auf schmutzig weißgelber oder graugelber Grundfarbe. In den 5 Radien ist die Pigmentirung oft weniger dicht als in den Interradien, so dass sich daran die Lage der Radien äußerlich erkennen lässt. Die Mund- scheibe sammt den Fühlern, sowie das schwanzartig verjüngte Hinter- ende sind frei von dem besagten Pigmente und sehen dadurch weiß aus, welches Aussehen an dem Hinterende durch die zahlreichen, dicht gelagerten Kalkkörper der Haut noch verstärkt wird. Von Kalkkörpern finden sich in der Haut die folgenden Formen: 1) Durchschnittlich 1—1,3 mm lange, kräftige, in der Mitte ver- breiterte und hier von einigen Löchern durchbrochene, an den Enden abgerundete, glatte, im Ganzen spindelförmige Stäbe (Fig. 4), welche sich durchweg quer zur Längsachse des Körpers lagern und in der Weise leicht gebogen sind, dass ihre eigene Längsachse der Oberfläche der Haut parallel bleibt, also die Konvexität der schwachen Krümmung nach außen gerichtet ist. Das durchlöcherte Mittelstück der Stäbe er- scheint bei der Ansicht der Innenseite des Stabes (Fig. 1) etwas ver- tieft, während es auf seiner Außenfläche entweder glatt ist oder einen kurzen, etwa 0,17 mm hohen'Stachel trägt; letzteres ist z. B. der Fall an der Basis des schwanzförmigen Hinterendes, während in der Haut des Schwanzes selbst jener Stachel fehlt. An seinem freien Ende ist der Stachel manchmal in zwei ganz kurze Spitzen gegabelt. Die Durch- löcherung des Mittelstückes ist manchmal eine ganz regelmäßige, ge- bildet durch vier über Kreuz stehende Löcher ; doch kommt es auch vor, dass bis zu acht, dann unregelmäßiger gestellte Löcher vorhanden sind. Diese Kalkkörper stimmen in Größe, Form und Lagerung überein mit ähnlichen Kalkstäben, welche sich in der Haut von Ankyroderma Danielsseni Theel und Trochostoma violaceum Stud. vorfinden; doch scheinen sie bei diesen beiden Arten auf ihrem Mittelstücke des nach außen gerichteten Stachels stets zu entbehren. Dagegen fehlen die in ! Tuxer, l. c. London 1886, p. 39, 40, Pl. II, Fig. 6 d und p. 43, Pl. II, Fig. 4 b. — Die von Tu£er dort abgebildeten dreiarmigen Stäbe kommen auch bei den mir vorliegenden Exemplaren von musculus hier und da vor. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. er Rede stehenden Kalkkörper bei Ankyroderma Jeffreysii Dan. & Kor., A. affıne Dan. & Kor., A. Roretzii v. Marenz., simile Theel, Maren- zelleri Theel, Perrieri Petit; bei A. Agassizii Theel scheinen! zwar ganz ähnliche Körper vorzukommen, sind aber hier auf das schwanz- förmige Hinterende beschränkt, was nach Tuter ? auch bei A. affine var. der Fall ist. Prrit beobachtete das Vorkommen dieser Kalkkörper bei den ihm vorliegenden Exemplaren von A. musculus und hebt die Über- einstimmung derselben mit den Kalkkörpern seines A. hispanicum her- vor, eine Übereinstimmung, welche es sehr nahe legt, eine Identität der beiden Arten anzunehmen. 2) Während die Kalkkörper der unter 4) beschriebenen Form die einzigen sind, welche sich in der Haut des schwanzförmigen Hinter- endes vorfinden, kommt in der Haut des Rumpfes außer ihnen eine zweite Sorte von Kalkgebilden vor, welche durch Übergangsformen zwar mit der vorigen Sorte in näherer Beziehung steht, jedoch in der Regel sich als eine besondere Form unterscheiden lässt. Es sind (Fig. 2, 3, 4, 5,) durchlöcherte und mit einem Aufsatze ausgestattete Platten, deren größte Länge 0,3—0,73 mm beträgt. Die Platte stellt eine un- regelmäßig begrenzte, von wenigen, verhältnismäßig großen Löchern durchsetzte Scheibe dar, deren buchtiger Rand sich an drei (oder mehr) Stellen zu einem ganz kurzen oder einem längeren (Fig. 3, k), stabför- migen Fortsatze auszieht. Gewöhnlich erhebt sich auf dem zwischen den drei größeren Löchern gelegenen Knotenpunkte des Kalkgewebes der Platte, und zwar auf der äußeren Fläche derselben, ein durchschnittlich 0,2—0,25 mm hoher, stachelförmiger Aufsatz (Fig. 2, 3,5), der an seiner Wurzel mitunter einen Aufbau aus drei sich verbindenden Stäben er- kennen lässt und an seiner Spitze in drei oder mehr ganz kurze Spitzen zerkerbt (2') ist oder in mehrere kleine, schräg abstehende Dörnchen aus einander fährt. Diese Kalkkörperchen bilden durch einfache, ziem- lich dichte Nebeneinanderlagerung fast eine geschlossene Schicht in der Rumpfwand. Zwischen ihnen kommen auch solche vor, deren Kalk- balken viel weniger kräftig sind, sowie auch solche, denen der äußere Stachelaufsatz gänzlich fehlt. Auch diese Sorte von Kalkkörperchen ist bereits von verschiedenen Ankyroderma-Arten bekannt. So beschreibt Prrır entsprechende Ge- bilde von A. Perrieri als 0,5 mm lange Platten mit buchtigem Rande und durchbohrt von zwei oder drei großen Löchern. Ferner kommen ähn- liche Gebilde vor bei A. Agassizii Theel und Danielsseni Theel, während 1 So weit sich aus der Beschreibung T#erer’s schließen lässt. Bull. Mus. Comp. Zool. Vol. XIII. No. A. Cambridge, Mass. 4886. p. 19. 2 Bull. Mus. Comp. Zool. Vol. XIII. No.A, p. 48. 578 Hubert Ludwig, sie bei A. hispanicum ! Petit zu fehlen scheinen und bei A. Marenzelleri Theel, simile Theel, Roretzii Marenz., affine Dan. & Kor., Jeffreysii 2 Dan. & Kor. eine von musculus abweichende Gestalt haben. 3) Selten finden sich kleine, von einigen Löchern durchbrochene Plättchen (Fig. 6), welche einen nach außen gerichteten, etwa 0,2 mm hohen Stab tragen, der an seinem Ende einen Wirtel von gewöhn- lich sechs kleinen, nach unten gebogenen Haken trägt. Diese Endigungs- weise des Stabes erinnert an die Stacheln, welche Lyman® bei den Ophiurengattungen Ophiotholia und Ophiohelus beschrieben hat. In- dessen sind auch schonbei anderen Molpadiiden ganz ähnlicheKalkkörper bekannt geworden, so bildet Tuter ? dergleichen ab von Ankyroderma Danielsseni, Trochostoma antarcticum und Tr. Blakei® und erwähnt der- delben auch bei einer Varietät von Ankyroderma affıne Dan. & Kor. 4) Die vierte Form, in welcher Kalkkörper der Haut auftreten, sind die für die Gattung charakteristischen, zu einer je einen Anker tragen- den Rosette zusammengruppirten, spatel- oder löffelförmigen Kalkkör- per. Bei der vorliegenden Art (Fig. 7) haben sie eine durchschnittliche Länge von 0,55 mm; ihr Stiel ist nur schwach knorrig, fast glatt und nicht durchlöchert, während die Scheibe von zahlreichen größeren und kleineren Löchern durchsetzt ist und einen schwach buchtigen oder etwas zackig verlaufenden Rand zeigt. Jede Gruppe (Rosette) wird in der Regel von fünf Stück gebildet; doch kommt es auch nicht gerade selten vor, dass eine Gruppe nur aus vier oder aber aus sechs oder selbst sieben Stück besteht. In Form, ungefährer Größe und der zu einer Gruppe gehörigen Zahl finden sich dieselben Verhältnisse der löffelförmigen Kalkkörper bei den folgenden Arten: Ankyroderma Asassizii, Perrieri, hispanicum, Danielsseni, Jeffreysii, affıne. Bei A. simile und Roretzii dagegen sind die Stiele in der Nähe der löffelförmigen Verbreiterung häufig selbst durchlöchert und ferner an ihrem freien Ende oft zackig, als wenn sie einen Anlauf zur Verästelung genommen hätten: bei simile beträgt ihre Länge 0,48 mm, bei Roretzii 0,6 mm. Viel abweichender dagegen sind 1 Vermuthlich sind sie auch bei dieser Art vorhanden und nur desshalb ver- misst worden, weil vielleicht Prrır ein Stück des Schwanzendes zur Untersuchung benutzt hat. 2 Warum Horrmann (Echinodermen, gesammelt während der Fahrten des »Willem Barents« Niederl. Arch. f. Zoologie. Supplementband I. 1881—1882. p.16, Fig. 2—7) sich veranlasst gesehen hat einige höchst klägliche Figuren der Kalkkör- per dieser Art zu veröffentlichen, ist unverständlich, da bessere Abbildungen schon von DANIELSSEn und KoREN gegeben waren. 3 Challenger-Ophiuroidea. London 1882. Pl. XXVII. * Challenger-Holothurioidea. Part II. 4886. Pl. Il, Fig. 6 f, g und Fig, 7 d. 5 Bull. Mus. Comp. Zool. Vol. XIII. No. 4. 1886. Fig. 8. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 579 sie bei A. Marenzelleri gestaltet. Hier bilden sie keine regelmäßigen, sternförmigen Gruppen mehr, sondern jeder dient für sich allein einem ankerförmigen Kalkkörper als Stütze; in ihrer Form stellen sie unregel- mäßige, durchlöcherte, am Rande in gewöhnlich drei armartige Fort- sätze verlängerte Platten dar, welche einen stacheligen Aufsatz tragen, also in ihrer ganzen Gestaltung zu den oben unter 2 beschriebenen Platten überleiten. 5) Ankerförmige Kalkkörper, von denen je einer auf dem Mittel- punkte einer von den löffelförmigen Kalkkörpern gebildeten Rosette sich erhebt. Die Anker (Fig. 8) sind durchgängig 0,55 mm lang, ragen wie bei anderen Arten über die Oberfläche des Körpers hervor, brechen leicht ab und gehen leicht verloren, woraus sich erklärt, dass sie mit- unter vermisst wurden (so von Prrır an den von ihm untersuchten Exefhplaren von A. musculus und von MARENZELLER an seinem A. Roretzii). Der Ankerschaft lässt einen feinen Achsenstrang erkennen (den ich übrigens auch bei A. Jefireysii!, wo ihn Danızrssen und Koren nicht er- wähnen, sehe). Danierssen und Koren scheinen einigen Werth auf die Zahl der kleinen Dornen zu legen, welche den konvexen Außenrand der Ankerarme besetzen, indem sie deren bei A. Jeffreysii drei, bei affıne vier auf jedem Ankerarme angeben. Meine Beobachtungen an A. Jeffreysii und an den vorliegenden Exemplaren von A. musculus zeigen aber, dass Zahl und Größe dieser Dornen bei derselben Art manchen Schwankungen unterliegt. So sehe ich an den etwa 0,46 mm langen Ankern von Jeffreysii auf jedem Ankerarm bis zu sechs ungleich große Dornen stehen und bei musculus sind deren oft auf einem Arme drei, während der andere Arm desselben Ankers deren vier trägt; manchmal finden sich bei musculus sogar fünf Dornen auf einem Arme. An seiner Basis breitet sich der Ankerschaft zu einer kleinen, kreisförmigen, durchlöcherten, 0,09—0,1 mm breiten Fuß- platte aus (Fig. 9), wie das in ähnlicher Weise auch bei den übrigen Ankyroderma-Arten der Fall ist?. Überhaupt sind die Anker aller bekannten Arten dieser Gattung einander so ähnlich, dass sie sich ihrer Form nach zur Unterscheidung der Arten kaum brauchen lassen. 1 Ich bemerke, dass es mir möglich war ein von DAnIELSSEN und Koren selbst bestimmtes Exemplar des A. Jeffreysii untersuchen zu können, welches sich in der hiesigen Sammlung befindet. 2 Der Gegensatz, den Tu£EEL (Challenger-Holothurioidea, Part II, 1886, p. 39) bezüglich der Basis der Anker zwischen den von ihm beschriebenen und den beiden von DAnIELSsEn und KorEn geschilderten Arten annimmt, besteht in Wirklichkeit nicht, sondern ist nur durch die etwas undeutliche Ausdrucksweise der beiden letztgenannten Forscher entstanden (vgl. dazu auch die Bemerkung von TkEer, |. c. p. #9, bei A. Roretzii). 580 Hubert Ludwig, Außer den vorhin beschriebenen Kalkkörperchen finden sich in der Haut eigenthümliche, in ihrer chemischen Natur noch etwas zweifel- hafte, rundliche, durch ihre röthliche Farbe auffallende Gebilde. Diese weinrothen Körperchen liegen in kleinen Gruppen zusammen und bedingen die kleinen, rothbraunen bis violetten Fleckehen, welche man äußerlich an dem Thiere wahrnimmt. In jeder Gruppe findet man kleinere und größere in unregelmäßiger Anordnung beisammen. Selten sind sie genau kugelig, meistens etwas länglich. Ihre Länge beträgt 0,009—0,07 mm. Sie lassen eine nicht ganz regelmäßige koncentrische Schichtung erkennen; ihr Kern sieht oft dunkler gefärbt aus als die ihn umhüllenden Schichten. Die Farbe ist bald mehr ins Gelbbraune, bald mehr ins Rothbraune ziehend. Sie kommen auch bei anderen Ankyroderma-Arten ! sowie in der Gattung Trochostoma vor und sind schon mehrfach beschrieben und abgebildet worden. Sırs2, DanıfLssen und Koren, LAmpert und Tate bezeichnen sie einfach als Kalkkörper; ich selbst ® habe mich vor Kurzem dieser Ansicht angeschlossen, da ich die Mittheilung von Prrir erst später kennen lernte und damals auch noch nicht in der Lage war eine der betreffenden Arten selbst unter- suchen zu können. Es hat aber Prrıt ganz mit Recht Bedenken gegen die angebliche Kalkkörpernatur der weinrothen Körperchen vorgebracht*. Er beobach- tete nämlich, dass die betreffenden Gebilde durch Säuren nicht unter Aufbrausen sich lösen, sondern nur entfärbt werden. Des Näheren giebt er an, er habe bei Ankyroderma museulus festgestellt, dass Essig- säure die Körperchen anschwellen und platzen mache und zugleich ent- färbe. Schwefelsäure entfärbe sie ebenfalls, zerreiße sie mitunter (aber nur mitunter) in vier bis fünf Stücke, zerstöre sie aber schließlich bei lange andauernder Einwirkung. Ich konnte ebenfalls feststellen, dass die weinrothen Körperchen ihrer chemischen Beschaffenheit nach von den gewöhnlichen Kalkkörperchen sicher verschieden sind. Durch koncentrirte Salzsäure, sowie durch 25°/,ige Salpetersäure wurden sie unter allmählicher Entfärbung zwar vollständig aufgelöst, aber ohne Gasentwicklung. Der Essigsäure widerstehen sie, quellen aber bei längerer Einwirkung derselben etwas auf, verlieren das Roth ihres Farbentones und werden aus Weinroth jetzt Gelbbraun. Kochen mit Kalilauge greift sie gar nicht an. Behandlung mit Jodtinktur bringt 1 Nur bei A. Agassizii erwähnt Ta&er ihrer nicht. ® M. Sırs, Oversigt af Norges Echinodermer. Christiania 1861. p. 146 bei Tro- chostoma (Molpadia) boreale. ® Broxn’s Klassen und Ordnungen des Thierreiches. Echinodermen. 1889. p. 43 und 57. *].c. p. 163 und 464. Ankyroderma museulus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 551 keinerlei Änderung an den Körperchen hervor; auch bei nachherigem Zusatze von etwas Schwefelsäure tritt keine Änderung der Farbe ein. In Kanadabalsam eingeschlessene Präparate der Haut, die auf dem ge- wöhnliehen Wege aus 70°/,igem und dann absolutem Alkohol und dann weiter durch Terpentin in den Balsam übergeführt sind, zeigen die Körperchen dieselbe Änderung der Farbe (aus Weinroth in Gelbbraun) wie in Essigsäure. Ich wage unter diesen Umständen nicht eine bestimmte positive Mei- nung über die Natur dieser Gebilde zu äußern, die jedenfalls nicht mehr ohne Weiteres als gefärbte »Kalkkörper« bezeichnet werden dürfen !. Bei Ankyroderma Jeffreysii untersuchte ich sie ebenfalls; hier sind sie an dem mir vorliegenden Exemplare viel zahlreicher, dichter ge- lagert und größer (bis 0,18 mm lang) als bei A. musculus. Merkwürdig ist, dass ihr Auftreten bei derselben Art nicht konstant ist; so erwähnt TuteL?, dass er sie bei A. Jeffreysii bald gefunden, bald vermisst habe. Nicht minder bemerkenswerth ist der Umstand, dass echte Kalk- körper manchmal eine Umänderung erfahren, welche sie den wein- rothen Körperchen ähnlich macht. Es hat nämlich schon Taster an An- kyroderma Marenzelleri * beobachtet und ich selbst sehe das Gleiche bei A. Jeffreysii und musculus, dass mitunter einer der Kalkkörper der oben unter Nr. 2 beschriebenen Formen theilweise oder ganz eine gelb- braune bis rothbraune Färbung und eine parallel mit der Oberfläche laufende Schichtung annimmt. Die Färbung scheint sich mir dann immer nur auf den jetzt parallel geschichteten Theil des Kalkkörperchens zu beschränken. Vielleicht hat man es hier mit einer allmählichen Änderung der Substanz des Kalkkörperchens zu thun, wodurch die- selbe derjenigen der weinrothen Körperchen ähnlich wird. Ähnliche Vorgänge haben Tu£eL? und neuerdings Lamrert® auch an den Kalk- körpern des Trochostoma antareticum Theel beschrieben. Die von Danieissen und Koren bei Ankyroderma affıne beschrie- benen und abgebildeten besonderen Kalkkonkretionen bin ich eben so wenig wie TateL® für normale Gebilde zu halten im Stande. Im Anschlusse an die Kalkkörper und weinrothen Körper der Haut ! Auch im polarisirten Lichte verhalten sie sich anders als die echten Kalk- körper, indem sie bei gekreuzten Nicols nicht wie diese aufleuchten, sondern dunkel bleiben. 2 Bull. Mus. Comp. Zool. Vol. XIII. No. 4. 1886. p. 18. 3 Challenger-Holothurioidea. Part II. 41886. p. 42. Pl. III, Fig. 1 g. * Bull. Mus. Comp. Zool. Vol. XII. No. 4. p. 16—17. 5 Zoologische Jahrbücher. Bd. IV, 1889. Holothurien der »Gazelle«. p. 843. 6 Challenger-Holothurioidea. Part II. p. 48 u. Bull. Mus. Comp. Zool, Vol. XII. No, 1. p. 19.- 552 Hubert Ludwig, sind endlich noch die fünf kleinen, nur 0,6 mm langen Analpapillen zu erwähnen, welche in radialer Stellung den Rand der Kloakenöffnung besetzen. Diese radiale Stellung verdient desshalb hervorgehoben zu werden, weil zwar anale Papillen und Papillengruppen von zahlreichen Molpadiiden bekannt sind, aber in keinem einzigen Falle über deren ‚Stellung etwas Bestimmtes festgestellt worden ist. Bei der vorliegenden Art ist jede Analpapille von einem unregelmäßig durchlöcherten läng- lichen Kalkplättchen gebildet. Bei den von Pzrır beschriebenen beiden Arten sowie bei A. Roretzii v. Marenz. und Marenzelleri Th&eel vermisst man eine bestimmte Angabe über das Vorkommen oder Fehlen der Analpapillen. Wohl aber werden sie von A. Jeffreysii, affine, Agassizii erwähnt, während sie bei A. Danielsseni (nach Tr£er) fehlen sollen und bei A. simile durch fünf Papillengruppen ersetzt werden. Im Vorhergehenden ist mehrfach Bezug aufdieübrigenAnkyro- derma-Arten genommen worden. Da dieselben hauptsächlich durch die Kalkkörper von einander unterschieden sind, so können wir gleich hier etwas näher auf diese anderen Arten eingehen. Im Ganzen sind es deren (ohne A. musculus) bis jetzt neun; dazu kommen noch zwei Varietäten. Es ist mir aber nicht zweifelhaft, dass mit dem Fortschreiten unserer Kenntnisse sich diese Arten und Varietäten nicht alle als halt- bar erweisen werden. Eine nähere Kritik der Arten stößt sofort auf den bedenklichen Umstand, dass deren nicht weniger als sechs auf ein einziges Exemplar aufgestellt und neue Exemplare bis jetzt nicht be- kannt geworden sind. Es sind das: Perrieri, hispanicum, Roretzii, Da- nielsseni, simile, Marenzelleri. Von Agassizii und affıne var. Theel sind nur zwei Exemplare, von A. affıine nur drei Exemplare erbeutet worden; von Jeffreysii und musculus jedoch, sowie von der Varietät Jefireysii var. Theel eine größere Zahl. Dementsprechend kann es nur natürlich erscheinen, dass die beiden Arten Jefireysii und musculus nicht nur die am längsten, sondern jetzt auch die am besten bekannten Arten sind. Beide sind durch ihre Kalkkörper gut von einander unterschieden !; auch ist die Körperlänge bei Jeffreysii durchgängig erheblich größer (40—75 mm) als bei museulus. Eine Kritik der übrigen Arten möchte ich hier nur in Bezug auf die offenbar mit den beiden genannten näher verwandten atlantischen? ! Die eigentlichen Kalkkörper der Haut sind bei Jeffreysii im Ganzen viel spar- samer, dagegen die weinrothen Körperchen viel zahlreicher und größer als bei mus- culus. Von jenen sind die Anker bei Jeffreysii kürzer, die oben unter 4) beschriebe- nen Kalkköırper scheinen-ganz zu fehlen, die unter 2) beschriebenen sind schwächer, zierlicher gebaut und viel weniger dicht gelagert. ? Von den außeratlantischen Formen steht Danielsseni der musculus am nächsten. Ankyroderma museulus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 583 Arten: Perrieri, hispanicum und affıne versuchen. A. Perrieri und hi- spanicum scheinen mir weder unter sich noch von musculus so ver- schieden zu sein, dass man sie als besondere Arten gelten lassen könnte. Aus den dürftigen Angaben, auf welche sich unsere Kenntnis von Perrieri und hispanicum beschränkt, lässt sich als einziger angeb- lieher Unterschied nur der entnehmen, dass bei Perrieri die oben unter 1) geschilderte Kalkkörpersorte fehlt, dagegen bei dem von ganz dem gleichen Fundorte stammenden hispanicum vorkommt. Wahrscheinlich erklärt sich dieses Fehlen bei Perrieri dadurch, dass Prrıt, um sein einziges Exemplar zu schonen, nur ein recht kleines Hautstückchen untersuchte und in diesem zufällig die sonst vorhandenen spindel- förmigen Kalkstäbe fehlten. Und was den etwaigen Unterschied von hispanieum und museulus angeht, so hebt Prrır bereits die Überein- stimmung der Kalkkörper hervor, während er nicht ein einziges wirk- liches Unterscheidungsmerkmal angiebt. Ich halte es demnach für zulässig, dass wir einstweilen die Prrir'schen Arten A. Perrieri und hispanieum als Synonyme zu musculus ziehen. Dafür spricht auch die Übereinstimmung in der Länge, welche für Perrieri mit 37, für hi- spanicum mit 33 mm angegeben wird und bei den mir vorliegenden Exemplaren von musculus bis 35 mm beträgt. Was ferner die Art A. affıne anbetrifft, so kann ich auch bei wieder- holtem Durchlesen und Vergleichen der Dantzıssen und Korzn’schen Beschreibung nur zwei bemerkenswerthe Punkte finden, in denen sich diese Art von A. Jeffreysii unterscheiden soll: 1) Es kommen bei affıne besondere Kalkkonkretionen vor, welche bei Jeffreysii fehlen. — Ich habe aber schon weiter oben gesagt, dass ich eben so wie Ta£zı diese Gebilde für Kunstprodukte halte. 2) Die Anker tragenden Rosetten stehen bei affine in unregelmäßigen Längsreihen, während sie bei Jeffreysii eine derartige Regelmäßigkeit nicht erkennen lassen. — Nun aber finde ich, dass unter meinen Exemplaren von musculus es bei einem derselben vorkommt, dass die Ankerpapillen mehrfach Andeu- tungen einer Anordnung in Längsreihen zeigen, während die anderen das nicht aufweisen. Demnach dürfte auch wohl bei affine die Reihen- stellung an den drei allein bekannten Exemplaren nicht ausreichen für die Begründung einer neuen Art. Es handelt sich meines Erachtens entweder nur um individuelle Unterschiede oder um ein Merkmal, welches an stark kontrahirten Exemplaren undeutlich wird und nur bei besonders guter Erhaltung der prallen Körperform bemerkbar ist. Die übrigen Unterschiede beider Arten, welche Dansessen und Koren angeben, scheinen mir noch weniger stichhaltig;: a)-Der Schwanz ist bei affıne kürzer als bei Jeffreysii. — Dem 584 Hubert Ludwig, widersprechen aber die eigenen Abbildungen der genannten Forscher. | | b) Die Genitalpapille ist bei Jeffreysii groß und vorspringend, bei affine nicht vorspringend. — Dieses Merkmal ist als Artunterschied so lange nicht zu brauchen, als nicht festge- stellt ist, ob beiden oder nur dem einen Geschlechte eine Genitalpapille zukommt und ob und welchen Veränderungen der Form und Größe die Genitalpapille durch Kontraktio- nen etc. unterliegt. c) Es sind kleine Unterschiede in den Ankern, löffelförmigen Kalkkörpern und den mit Aufsatz versehenen Kalkplättchen vorhanden. — Aber alle diese Unterschiede sind so klein- lich und schwankend, dass sie gerade sowohl im Rahmen einer Art oder an verschiedenen Körperstellen desselben Individuums auftreten können. Wenn wir demnach von den atlantischen Arten Perrieri und hi- spanieum mit musculus und affine mit Jeffreysii vereinigen, verringert sich die Zahl der bekannten Arten auf sieben, welche nach der Zeit ihrer Entdeckung geordnet in der folgenden Übersicht mit den be- treffenden Fundorten und Tiefenangaben zusammengestellt sind. Übersicht der jetzt bekannten Ankyroderma-Arten und ihrer Fundorte. Ankyroderma Dan. & Kor. 1879. Nyt Magazin for Naturvid. Bd. XXV. Christiania 1879. p. 128. Fundorte Tiefen 4) A. musculus (Risso). 1826. INeapel, Cuma, Nizza, Golf) 36, 55—410, Syn.: Dieälteren Synonymes.ob.p.574. |v. Marseille, Westküste v.| 285 Faden. A. musculus (Risso) Petit. 4883. l.c. | Spanien (Kap Finisterre). p- 164. ——— Perrieri Petit. 4883. ].c. p.162. hispanicum Petit. 4883. 1. c. p- 163. 2) A. Jeffreysii Dan. & Kor. |. c. 1879. |Arktisches Meer, Nordatlan-! 4127 — 81 0 p. 128. tisches Meer, Kleine An- | Syn.: A. affine Dan. & Kor. ]. c. 1879. tillen. p. 133. A. Jeffreysii var. Theel. Bull. | Mus. Comp. Zool. XIII. No.A. 1886. p. 18. A. affine var. Theel. Ibid. p. 18. 3) A.Roretzii v.Marenzeller. Verhandl. Japan. ? zool.-bot. Ges. Wien. 4881. p. 124. 4) A. Danielsseni Theel. Challenger- |Antarktisches Meer, westl. 400 Holothurioidea. Part II. 41886. p. 39. v. Patagonien. 5) A. simile Theel. Challenger-Holo- | Japan (Ostküste). 345 thurioidea. Part II. 1886. p. 40. 6) A. Marenzelleri Theel. Challenger- | Östlich von Neuseeland. 700 Holothuriodea. Part I. 1886. p. 4A. 4507 7) A.Agassizii Theel. Bull. Mus. Comp. Kleine Antillen. Zool. XIII. No. 4. 1886. p. 19. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 585 Demnach gehören dem arktisch-atlantischen Meeresgebiete an: Jeffreysii, musculus, Agassizii, dem antarktisch-paeifischen Meeresge- biete : Danielsseni, Marenzelleri, Roretzii, simile. Am wenigsten tief wohnt A. musculus, am tiefsten Agassizii; durch- weg leben die Arten unter der 100 Faden-Grenze; nur musculus tritt auch in geringerer Tiefe auf. Die Temperatur des Wassers, in welchem die Arten leben, beträgt, so weit darüber Nachrichten vorliegen, — 1 bis + 8° Celsius. Die Bodenbeschaffenheit scheint immer eine weiche zu sein, denn es wird nur Thon und Schlamm angegeben. — Im Ganzen handelt es sich also um Thiere des kalten, tiefen Wassers, welche daselbst auf thonigem, schlammigen Boden leben. Kehren wir nach dieser kurzen Betrachtung der übrigen Ankyro- derma- Arten zu der einen vorliegenden Art zurück, so ist über deren innere Organisation noch Einiges zu bemerken. Was zunächst den Kalkring anbetrifft, so besteht derselbe aus fünf Radial- und fünf Interradialstücken, welche ziemlich fest mit ein- ander verbunden sind, sich aber doch leicht mit Nadeln oder noch besser mit Hilfe von Kalilauge von einander trennen lassen. Unter sich stimmen die fünf Radialia in Größe und Form im Allgemeinen überein; das Gleiche gilt von den Interradialien. Jedes Radialstück (Fig. 10) besteht aus einem rechteckigen, vorn eingebuchteten Körper, welcher sich nach hinten in ein verschmälertes, kurzes, am Ende kurz gegabel- tes Schwanzstück verlängert, mit dem zusammen es 3 mm an Länge misst; von dieser Gesammtlänge kommt 4 mm auf den Schwanzfort- satz. Auf seiner Außenfläche trägt jedes Radialstück einen mittleren, schwachen, vorn breiteren Längsgrat, durch welchen zwei der Länge nach verlaufende Einsenkungen der Außenfläche von einander ge- schieden werden. An seinem Vorderrande ist jedes Radialstück in der Mitte so ausgeschnitten, dass jederseits ein nach vorn gerichteter, stumpf abgerundeter Lappen zu Stande kommt. Betrachtet man die Radialstücke von außen, während ihre Vorderenden nach oben gerichtet sind, so ist an drei Radialstücken der rechte und an den zwei anderen Radialstücken der linke Vorderlappen oder umgekehrt an drei Radial- stücken der linke und an den zwei anderen der rechte Vorderlappen von einem kleinen Loche für den Durchtritt des radialen Nerven und des radialen Wassergefäßes durchbohrt. Bei genauerer Untersuchung zeigt sich, dass an dem linken dorsalen Radialstück stets der linke, an dem rechten dorsalen Radialstück stets der rechte Lappen der durch- bohrte ist, sich diese beiden Radialstücke also symmetrisch verhalten, Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Ba. 39 556 Hubert Ludwig, indem anjedem derselben derjenige Lappen der durchbohrte ist, welcher der Ventralseite näher liegt. Dasselbe Verhältnis besteht zwischen dem linken ventralen Radialstück, an dem wieder der linke, und dem rechten ventralen Radialstück an dem wieder der rechte Lappen der durch- bohrte ist — also auch hier sind die ventralwärts gelegenen Lappen die durchbohrten. Anders dagegen verhält sich das mittlere ventrale Rädialstück, indem an ihm bald der rechte bald der linke Lappen der durchbohrte ist. Dies symmetrische Verhalten der beiden dorsalen und der beiden seitlichen ventralen Radialstücke kommt auch bei einigen anderen Molpadiiden und bei einigen Dendrochiroten vor. Ich habe die betreffenden Fälle in meiner Bearbeitung der Echinodermen in Bronn’s Klassen und Ordnungen p. 87/88 zusammengestellt und aus dem da- mals Bekannten den Schluss abgeleitet, dass das ventrale mittlere Ra- dialstück stets mit den beiden rechtsseitigen Radialien kongruent sei. Meine Beobachtungen an A. musculus zeigen aber, dass diese Regel keine ausnahmslose ist, in so fern das mittlere ventrale Radialstück auch mit den beiden linksseitigen Radialstücken kongruent sein kann, indem ich dasselbe unter vier darauf untersuchten Exemplaren drei- mal mit den beiden rechten und einmal mit den beiden linken kon- gruent fand. Die Interradialstücke (Fig. 11) haben einen abgerundet qua- dratischen Körper, der nur 1,5 mm lang ist, sich aber nach vorn in eine (0,5 mm lange, schräg nach außen und vorn gerichtete Leiste fort- setzt; von außen gesehen (Fig. 11a) sieht die Leiste wie ein Dorn aus; in der Seitenansicht aber (Fig. 11) stellt sie sich als eine Platte dar, welche in der Medianebene des Interradialstückes liegt. Nach hinten setzt sich die Leiste auf die Außenfläche des Interradialstückes bis zu dessen Hinterrand fort und trennt so zwei seichte seitliche Vertie- fungen von einander. So entstehen im Ganzen auf der Außenfläche des Kalkringes zwan- zig Längsgruben (oder Vertiefungen), von denen zehn den Radialien und zehn den Interradialien angehören. Die zehn der Interradialia haben alle denselben Zweck, nämlich je einer Fühlerampulle zum Ansatz zu dienen. Von den zehn auf den Radialstücken befindlichen dagegen sind nur die fünf, welche den undurchbohrten Vorderlappen der Radial- stücke entsprechen, für die fünf noch übrigen Fühlerampullen bestimmt, während die fünf anderen, welche den fünf durchbohrten Vorderlappen entsprechen, zum Ansatz der Längsmuskeln der Körperwand benutzt werden. Vergleichen wir damit das vom Kalkringe anderer Ankyroderma- Arten bis jetzt Bekannte, so ergiebt sich, dass derselbe — er ist bis jetzt Ankyroderma museulus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 587 nur von A. Jeffreysii (+ affine) und Roretzii gut bekannt, von Agassizii und Danielsseni wenigstens in etwas — im Allgemeinen bei allen Arten in der Form übereinstimmt. Im Besonderen scheinen allen Arten die feste oder doch ziemlich feste Verbindung der Kalkringglieder, die hin- tere, am Ende kurz gegabelte Verlängerung der Radialia, die einfachen vorderen Interradialspitzen und die doppelten vorderen Spitzen der Radialia zuzukommen. Indessen sind damit Unterschiede zwischen den einzelnen Arten nicht ausgeschlossen. So ist bei Roretzii der Kalkring verhältnismäßig zur Größe des Thieres rund doppelt so lang als bei musculus, die Endgabelung der hinteren Radialfortsätze besteht nur in einer leichten Ausrandung und der eine der beiden Vorderlappen der Radialia ist nicht durchbohrt, sondern statt dessen mit einem kleinen Einschnitte versehen. Die zwanzig Längsgruben auf der Außenseite des Kalkringes sind aber vorhanden und stehen in derselben Beziehung zu den Längsmuskeln und den Fühlerampullen wie bei museulus. Von dem Kalkringe des A. Danielsseni sagt Tuter nur, dass er dem des Trochostoma violaceum (Stud.) gleiche; von diesem aber giebt er eine ähnliche Gestait undDurchbohrung der Radialstückean, wie ich sie oben von museulus erwähnt habe. Bei Danielsseni sowie auch bei Jeffreysii (+ affine) sind die Kalkringglieder aber viel fester mit einander ver- wachsen als das bei musculus der Fall ist. Bei Jefireysii (und affine) beschreiben Danıerssen und Koren auf der Außenfläche der Radial- stücke nicht eine mittlere Leiste und zwei seitliche Vertiefungen son- dern umgekehrt eine mittlere Vertiefung und zwei seitliche Leisten. Dieser Unterschied zu den Radialstücken des A. musculus kommt da- durch zu Stande, dass der dem Ansatz des Längsmuskels entsprechende Bezirk der Außenfläche bei Jeffreysii nicht vertieft ist. Auch hier (bei Jeffreysii) ist der eine Vorderlappen der Radialstücke breiter als der andere und dient zum Muskelansatz; ob er auch durchbohrt ist, geben Danserssen und Koren nicht an; von den hinteren Fortsätzen der Ra- dialstücke fanden sie den dem mittleren ventralen Radialstück ange- hörigen nur halb so lang als die vier übrigen. Mit der vorhin geschilderten Symmetrie der seitlichen und der Asymmetrie des medianen Radialstückes hängt die eigenthümliche Vertheilung der Fühler (vgl. auch das Schema auf p. 590) zusam- men, indem der dorsale Interradius deren vier, die beiden dorsalen seit- lichen deren je drei, von den beiden ventralen Interradien aber der eine drei, der andere aber nur zwei Fühler besitzt. Falls, wie es die Regel ist, das mediane Radialstück mit den rechtsseitigen Radialstücken kongruent ist, hat der linke ventrale Interradius nur zwei Fühler. Im anderen Falle, wenn das mediane Radialstück mit den linksseitigen 39* 558 Hubert Ludwig, kongruent ist, hat der rechte Interradius nur zwei Fühler. Die zu den Fühlern gehenden Wassergefäßäste sind, wie wir gleich nachher bei Be- trachtung der Radialgefäße sehen werden, in derselben Weise auf die Interradien vertheilt, wie die Fühler. Obnun das mediane Radialstück mit den rechts- oder mit den linksseitigen Radialstücken kongruent ist, stets lässt sich die Anordnung der fünfzehn Fühler dahin zusammenfassen, dass deren auf die beiden Interradien des Triviums zusammen nur fünf, dagegen auf die drei Interradien des Biviums zusammen zehn ent- fallen. Wie ich an der oben angeführten Stelle in Bronn’s Klassen und Ordnungen näher aus einander gesetzt habe, kennen wir diese Fühler- vertheilung bis jetzt unter den Molpadiiden bei Haplodaetyla molpa- dioides Semp. und H. australis Semp. Die gleiche Fühlervertheilung (fünf im Trivium, zehn im Bivium) wird nun aber auch ohne weitere Erläuterung von Srmper! bei den beiden Arten Haplodaetyla holo- thurioides (Cuv.) und Molpadia australis Semp. angegeben, woraus wir wohl den Rückschluss machen dürfen, dass auch bei diesen beiden Arten der Kalkring die besprochenen Symmetrie-Verhältnisse zeigt. Bei zwei anderen Molpadiiden endlich, welche beide zur Gattung Caudina gehören, liegen Mittheilungen von v. MARENZELLER? über den Bau des Kalkringes vor, welche zwar auf den ersten Anschein mit den vorhergehenden Fällen nicht in Einklang stehen, aber dennoch sich darauf zurückführen lassen. Er sagt von Caudina arenata: »Denkt man sich den Kalkring aufgerollt, so folgt gewöhnlich rechts von dem Inter- radiale die Spitze des Radiale, an welcher der Radialmuskel festsitzt; links findet man die kleine Spitze eines anderen Radiale, welche den Tentakel des Radiale von dem zunächst liegenden interradialen Tentakel trennt; somit rechts vom Interradiale ein Tentakel, dann der Muskel, links zwei Tentakel.« Dagegen schien ihm bei Caudina Ransonnetii »das Verhältnis umgekehrt, rechts zwei Tentakel, links ein Tentakei und der Muskel«. Denkt man sich in beiden Fällen das von v. MARENZELLER ange- gebene Lagerungsverhältnis rings um den ganzen Kalkring fortgeführt, so ergiebt sich in beiden Fällen, dass dann die Vertheilung der fünfzehn Fühler auf die fünf Interradien ein ganz gleichmäßiges sein müsste, - also auf jeden Interradius drei Fühler entfallen. Damit wäre ein Ge- gensatz zwischen dem Bau des Kalkringes und der Fühlervertheilung bei den beiden Gaudina-Arten einerseits und den oben genannten An- kyroderma-, Haplodactyla- und Molpadia-Arten andererseits gegeben. Diesen Gegensatz kann man aber beseitigen, sobald man nur annimmt, 11./eP.,233 ? Neue Holothurien von Japan und China. Verhandl. der k. K. zool.-bot. Ges. Wien. 4884. p. 427. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres ete. 589 dass v. Marenzeirer bei seiner Untersuchung des Kalkringes denselben nicht vollständig ringsum verfolgt hat, sondern nur die sich ihm gerade darbietende (rechte oder linke) Partie desselben betrachtet hat. Nimmt man an, dass in beiden Caudina-Arten der Kalkring (woran ich nicht zweifle) abgesehen von der fehlenden Durchlöcherung des einen Vor- derlappens der Radialia ähnlich gebaut ist wie bei Ankyroderma mus- eulus ete., so musste v. MARENZELLER , wenn er bei Caudina arenata auf die linke Hälfte des Kalkringes blickte, genau die von ihm angegebenen Lageverhältnisse sehen, und war es bei Caudina Ransonnetii die rechte Hälfte des Kalkringes, von welcher er bei seiner Beschreibung ausging, so musste er gerade das entgegengesetze Verhalten beschreiben. v. MARENZELLER scheint mir also darin geirrt zu haben, dass er die fünf Radialia für kongruent hielt und desshalb aus der Betrachtung eines derselben auf den Bau aller vier übrigen schließen zu können glaubte. Er musste in dieser irrigen Ansicht bestärkt werden, wenn er, wie ich annehme, gerade von links oder gerade von rechts auf den Kalkring blickte; denn das obere und untere laterale Radiale derselben Seite sind thatsächlich kongruent mit einander. Wir brauchen also an den Beschreibungen MARENZELLER’S nur hinzuzusetzen, dass sie sich nur auf die linke (bei Caudina arenata) oder auf die rechte (bei C. Ransonnetiüi) Seitenansicht beziehen, um eine Übereinstimmung mit den Verhältnissen von Ankyroderma musculus etc. herbeizuführen. Dann ergiebt sich aber von selbst, dass auch die Vertheilung der fünfzehn Fühler bei Caudina arenata und Ransonnetii keine gleichmäßige sein kann, sondern auch hier fünf derselben den beiden Interradien des Triviums, zehn aber den drei Interradien des Biviums angehören. Querschnitte durch die Körperwand im Bereiche eines Radius zeigen (trotz der mangelhaften Konservirung), dass nach innen von dem Radialnerv zunächst der von Jourpan! als äußeres Ambulacralgefäß be- zeichnete Pseudohämalkanal folgt. Weiter nach innen verläuft das radiale Wassergefäß, welches nur in seiner (dem Nerv zuge- kehrten) Außenwand eine einfache Schicht feiner Längsmuskelfasern besitzt und in seinem Hohlraum hier und da deutliche Zellen erkennen lässt. Querschnitte durch den schwanzförmigen Hinterleib lehren, dass die radialen Wassergefäße bis zum Körperende verlaufen. Der Bau der radialen Nerven scheint sich von dem der übrigen Seewalzen nicht wesentlich zu unterscheiden. Auch sieht man Andeutungen eines ra- dialen Blutgefäßes an der Wand, welche den Pseudohämalkanal von dem Wassergefäß trennt. Die Querschnitte lehren übrigens auch ! Jourpan, Recherches sur l’histologie des Holothuries. 1883. Pl. I, Fig. 3. 590 Hubert Ludwig, noch, dass die fünf radialen Längsmusk eln im Bereiche des schwanz- förmigen Hinterleibes im Gegensatze zum Rumpfe nicht paarig, sondern einfach sind; woraus sich schließen lässt, dass der von Jourpın abge- bildete Querschnitt! der Schwanzregion entstammte. Die fünf radialen Wassergefäße entspringen aus dem Wasser- gefäßringe und geben, während sie an der Innenseite der Radialstücke des Kalkringes aufsteigen, die Aste D zu den Fühlern nach nebenstehen- IR u 8|)z WE dem Schema ab. Das Schema stimmt SUUZ nur für den gewöhnlichen Fall. Wenn = das ventrale mediane Radiale des Kalk- R 4 = I@) > % ringes in abweichender Weise mit den a >7/vR . . 30 D . De ) S beiden linksseitigen kongruent ist, ist FÜ — 2 . ae EN : die Verästelungsweise des ventralen N \ 4 men medianen Radialgefäßes das Spiegel- bild der in dem Schema gezeichneten. Schema zur Erläuterung des Ursprunges der Diese Vertheilung der Fühler ent- 15 Fühlergefäße aus den 5 Radialgefäßen. f Ansicht von vorn; D, dorsal, V, ventral, spricht den oben (P- 587) schon be- 7, links, B, rechts. A, Ringkanal des Was- sprochenen Bauverhältnissen desKalk- sergefäßsystems; mvR, das mediane ven- 5 trale Radialgefäß; WR, das linke ventrale, TINSeS (S. d.). Man erkennt aus der ldR, ga linke dorsale, MER, das rechte Im Figur ; dass zwar jeder Radialkanal sale, vv R, das rechte ventrale Radialgefäß, s 3 N . N, dl il, Bilhllerneije die gleiche Anzahl (drei) von Fühler- kanälen entsendet, dass aber dennoch die Vertheilung der Fühlerkanäle auf die Interradien, in welche sie eintreten, eine ungleiche ist. Die fünf Längsmuskeln der Körperwand sind, wie schon ange- geben, im Bereiche des Rumpfes paarig, dagegen im schwanzförmigen Hinterende einfach; ein Verhältnis, welches an die Angaben von KınssLey? bei Gaudina arenata (Gould) erinnert. Rückziehmuskeln sind nicht vorhanden. Am Wassergefäßringe hängt ferner ventral eine einzige schlauch- bis blasenförmige, 5,5 mm lange Porr’sche Blase. Der dorsal vom Wassergefäßring abgehende, weißliche, feine Steinkanal ist im dorsa- len Mesenterium festgelegt. Unter leicht wellenförmiger Krümmung zieht er bis zu einer Länge von 6 mm nach hinten und befestigt sich schließ- lich in der Mittellinie des dorsalen Interambulaerums an die Haut. Kurz vor seinem Ansatz an die Körperwand schwillt er zu einem kleinen, unregelmäßig rundlichen, weißen Madreporenköpfchen an, verschmälert sich dann wieder und tritt mit diesem verschmälerten Ende in die Haut 7 aleue} 2 Mem. Peabody Acad. Sc. Vol. I. No. 5. Salem, Mass. 18814. p. 5. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 591 ein. An einem Exemplar glaubte ich zu sehen, dass der Steinkanal mit seinem letzten Ende die Haut durchsetzt und mit einem feinen Porus an der Oberfläche der Haut nach außen mündet. Schnitte jedoch an zwei (für diesen Zweck freilich nicht gut erhaltenen) Stücken sprachen mehr dafür, dass das Ende des Steinkanals in der Haut blind geschlossen ist. Auf dem Madreporenköpfchen bemerkt man einige wenige, von hohem Epithel bekleidete Furchen, welche in das Lumen des Stein- kanals einführen. In der Nähe des Ringkanals ist der Steinkanal frei von Verkalkungen, die aber in weiterer Entfernung vom Ringkanal auftreten und allmählich zunehmen. Die Geschlechter sind getrennt und die Genitalschläuche in beiden Körperhälften entwickelt. Beieinem Q fand sich jederseits ein mit mehreren Seitenlappen besetzter kurzer Genitalschlauch. Die In- sertion beider Genitalschläuche liegt etwas hinter dem Madreporen- köpfehen. Von hier an zieht ein gemeinschaftlicher Genitalgang nach vorn, links an dem Steinkanal vorbei und mündet etwas vor dessen Endbefestigung nach außen, ohne dass eine deutliche Genitalpapille zu erkennen ist. Bei einem 9° fanden sich jederseits einige recht lange, z. Th. bis in den Anfang des schwanzförmigen Hinterleibes reichende, ein- oder zweimal getheilte Genitalschläuche. Der linke Kiemenbaum ist bald länger, bald kürzer als der rechte; beide sind von je einem Hauptstamme gebildet, der seiner ganzen Länge nach mit kurzen Blindsäckchen besetzt ist. Der Darm macht die gewöhnliche Biegung, reißt sehr leicht und ist mit einer feinen Schlammmasse prall erfüllt. Die Aufhängestränge, welche die Speiseröhre an die Innenseite des Kalkringes befestigen, zeigen dieselbe regelmäßige Anordnung, welche Danızrssen und Koren von Trochostoma Thomsonii ! beschreiben. Das Blutgefäßsystem des Darmes ist wohlentwickelt, konnte aber an dem betreffenden Exemplare nicht weiter in seinen Einzelheiten untersucht werden. Die Übergangsstelle des Darmes in die Kloake, sowie die dicht neben ein- ander liegenden Einmündungsstellen der beiden Kiemenbäume in die Kloake, liegen noch im Bereiche des Rumpfes, nahe vor dem Beginne des »Schwanzes«. Im Anschlusse an die vorstehenden Mittheilungen über die einzige bis jetzt bekannte Molpadiide des Mittelmeeres möchte ich mir einige Bemerkungenüberdieverwandtschaftlichen Beziehungen der Molpadiiden und weiterhin über die Phylogenie und 1]. c. 4882. p. 47. 592 Hubert Ludwig, systematische Anordnung der Holothurienfamilien über- haupt gestatten. Die Molpadiiden bilden eine in sich geschlossene, gut abge- grenzte natürliche Gruppe, welche dadurch gekennzeichnet ist, dass keine Füßchen, wohl aber Kiemenbäume vorhanden sind. In jenem Merkmale stimmen sie mit den Synaptiden, in diesem mit den Aspido- und Dendrochiroten überein, so dass man sich versucht fühlen könnte in den Molpadiiden Übergangsformen zwischen den Synaptiden einerseits und den Aspido- und Dendrochiroten andererseits zu sehen. Geht man aber näher auf ihre Organisation ein, so zeigt sich sehr bald, dass sie, wie schon Jon. Miızer erkannt hatte, keine genaueMittelstellung zwischen den genannten anderen Familien einnehmen, sondern den füßigen Holo- thurien in vielen Beziehungen näher stehen als den Synaptiden. Im Fol- senden glaubeich indessen diese Jon. Mürzzr’sche Ansicht dahin beschrän- ken zu können, dass es unter den füßigen Holothurien nur die Dendrochi- roten sind, zu welchen die näheren Beziehungen der Molpadiiden hin- führen, während ihr Zusammenhang mit den Aspidochiroten (und Elasi- poden) ein viel entfernterer ist. Vergleichen wir, um das klar zu machen, die einzelnen Organe der Molpadiiden mit denen der übrigen Familien !. 1) Fühler. Die regelmäßige Fühlerzahl der Molpadiiden ist 15. Die gleiche Zahl kommt bei den Aspidochiroten überhaupt nicht vor, wohl aber bei zwei Dendrochiroten - Gattungen (Orcula, Theelia) und einzelnen Synapta-Arten. In der Form freilich zeigen die Molpadiiden- fühler größere Ähnlichkeit mit den Synaptiden als mit den Dendrochi- roten; doch scheint mir diese Ähnlichkeit ihren Hauptgrund in der Ähnlichkeit der Lebensweise zu haben und desshalb für die Aufklärung der Verwandtschaftsbeziehungen ohne besondere Bedeutung zu sein. 2) Kalkkörper der Haut. Durch die in der einen Gattung An- kyroderma vorkommenden ankerförmigen Kalkkörper ist zwar eine Be- ziehung der Molpadiiden zur Gattung Synapta gegeben. Wenn man aber erwägt, dass die Anker keineswegs der ganzen Familie der Synap- tiden, sondern auch hier nur der einen Gattung Synapta zukommen, so wird man Bedenken tragen müssen, im bloßen Vorkommen der Anker das Zeichen einer nahen Blutsverwandtschaft der Molpadiiden mit den Synaptiden zu sehen. Ferner ist die Verbindung der Anker mit anderen Kalkkörpern (Ankerplatte bei Synapta, löffelförmige Kalkkörper bei An- kyroderma) und die Form des inneren Endes des Ankerschaftes bei 1 Bei diesem Vergleiche kann ich mich kurz fassen, da ich erst unlängst eine aufs Einzelne eingehende ausführliche Darstellung der Holothurienorganisation ge- geben habe (in meiner Bearbeitung der Echinodermen in Bronn’s Klassen und Ord- nungen), auf welche hier verwiesen sein mag. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres ete. 593 Ankyroderma eine andere als bei Synapta, so dass man zu dem Schlusse gedrängt wird, es handle sich hier nur um eine konvergirende, aber in ihrem Ursprunge getrennte Bildungsweise der Kalkkörper beider Gat- tungen. Vergleicht man dagegen die übrigen Kalkkörperformen der Molpadiiden mit denen anderer Familien, so ergiebt sich im Großen und Ganzen ein Anschluss derselben an diejenigen der Dendrochiroten. 3) Muskulatur der Körperwand. Dadie Quermuskelschicht der Körperwand im Bereiche der Radien unterbrochen ist, so stehen die Mol- padiiden in dieser Hinsicht in demselben Gegensatze zu den Synaptiden, in welchem sich die Dendro- und Aspidochiroten befinden. Die Synapti- den allein besitzen eine ununterbrochene Ringmuskulatur, sind aber doch durch Übergänge mit dem Verhalten der übrigen Familien verknüpft. — Die Längsmuskeln der Leibeswand sind bei den Molpadiiden wie bei den Aspidochiroten der Länge nach getheilt. Da aber auch bei Dendrochi- roten und Synaptiden Fälle von paarigen Längsmuskeln oder Anläufe dazu vorkommen, so scheint mir der Schluss nicht statthaft, dass jene Übereinstimmung in der Längsmuskulatur auf eine engere Verwandt- schaft der Molpadiiden mit den Aspidochiroten hinweise. A) Rückziehmuskeln. Nur die Gattung Molpadia besitzt unter den Molpadiiden wohlausgebildete Rückziehmuskeln; doch kommen Andeutungen davon auch bei Haplodactyla hyaloeides Sluit. und Trocho- stoma arenicola (Stimps.) vor. Ähnlich liegen die Verhältnisse in der Familie der Synaptiden, aus welcher mehrere Arten mit Rückzieh- muskeln bekannt sind. Erwägt man nun, dass allen Aspidochiroten und Elasipoden die Rückziehmuskeln gänzlich fehlen, dagegen eben so aus- nahmslos allen Dendrochiroten zukommen, so wird man in dem er- wähnten vereinzelten Auftreten derselben bei den Molpadiiden und Synaptiden eine verwandtschaftliche Beziehung dieser beiden Familien zu den Dendrochiroten erblicken dürfen. 5) Kalkring. Durch die radialen Gabelschwänze und die eigenartigen Symmetrieverhältnisse des Kalkringes schließen sich die Molpadiiden aufs engste an die Dendrochiroten an, während die Synap- tiden in Hinsicht auf den Kalkring durch die Vermehrung der Inter- radialstücke desselben eine ganz besondere Stellung unter den Holo- thurienfamilien einnehmen. 6) Fühlerkanäle. Wie bei allen anderen Holothurien mit allei- niger Ausnahme der Synaptiden entspringen bei den Molpadiiden die Fühlerkanäle sämmtlicher Fühler aus den fünf radialen Hauptwasser- gefäßen. In diesem Punkte sind die Synaptiden von den Molpadiiden durch dieselbe tiefe Kluft getrennt, welche sie von den Dendrochiroten, Aspidochiroten und Elasipoden scheidet. 594 Hubert Ludwig, 7) Fühlerampullen kommen außer den Molpadiiden bekannt- lich besonders den Aspidochiroten zu. Da aber auch den Synaptiden und Dendrochiroten homologe Gebilde nicht ganz fehlen, so dürfte sich daraus eben so wenig wie aus dem ähnlichen Verhalten der Längs- muskulatur der Körperwand ein bestimmter Schluss auf eine besonders nahe Verwandtschaft der Molpadiiden mit den Aspidochiroten ziehen lassen. 8) Steinkanal. Zu einer vollständigen Ablösung des Stein- kanals vom dorsalen Mesenterium, wie es für die Aspidochiroten Regel ist, scheint es bei den Molpadiiden niemals zu kommen; auch ist er immer nur in der Einzahl vorhanden. Im Baue seines Madreporenab- schnittes schließt er sich im Gegensatze zu den Aspidochiroten an die einfacheren Verhältnisse der Dendrochiroten und Synaptiden an. 9) Darm. Auch der Bau des Darmes giebt keine Anhaltspunkte für eine nähere Beziehung der Molpadiiden zu den Aspidochiroten. Die Muskulatur der Darmwand schließt sich in ihrer Anordnung am nächsten an die Synaptiden und Dendrochiroten an. 10) Kiemenbäume. Ihr Besitz trennt die Molpadiiden scharf von den Synaptiden. Wie bei den Dendrochiroten, so kommt es auch bei den Molpadiiden vor, dass die Kiemenbäume nur schwach ent- wickelt sind. 44) Guvizr’sche Organe treten bei den Molpadiiden eben so wie bei den Dendrochiroten nur in vereinzelten Fällen auf, während sie den Synaptiden vollständig fehlen, bei den Aspidochiroten aber eine häufige Erscheinung sind. 12) Geschlechtsorgane. Die Lage der Geschlechtsöffnung stimmt bei den Molpadiiden zwar am meisten mit den Synaptiden überein, steht aber doch auch in keinem durchgreifenden Gegensatze zu den Dendrochiroten. Eine Beschränkung der Genitalschläuche auf die linke Körperhälfte, wie bei vielen Aspidochiroten und Elpidiiden, ist bei keiner Molpadiidenart bekannt. 13) Das Blutgefäßsystem des Darmes erreicht bei den Mol- padiiden niemals die Höhe der Komplikation, welche ihm bei den Aspidochiroten eigen ist. Überblickt man das Gesagte, so muss man meines Erachtens zu dem Ergebnisse gelangen, dass keine andere Holothurienfamilie nähere Beziehungen zu den Molpadiiden besitzt als die Dendrochiroten. Würden wir einer dendrochiroten Holothurie mit 15 nur schwach vergabelten Fühlern und gabelschwänzigen Radial- stücken des Kalkringes begegnen, welche unter Festhaltung ihrer übrigen Familienmerkmale keine Füßchen entwickelt, dafür aber ihre Ankyroderma museulus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 595 sonst nur angedeuteten Fühlerampullen besser ausgebildet hätte, so würden wir kein Bedenken tragen dieselbe der Familie der Molpadii- den einzuordnen. Dagegen ist die Kluft zwischen den Molpadiiden und den Synaptiden, sowie zwischen diesen letzteren und den Dendrochi- roten eine viel größere als zwischen den Dendrochiroten und den Molpadiiden. Von den Synaptiden sind die Molpadiiden trotz der nega- tiven Übereinstimmung im Mangel der Füßchen geschieden durch den wesentlich anderen Bau des Kalkringes und durch andere Beziehungen der Fühlerkanäle zu den radialen Wassergefäßen, durch den Besitz der Kiemenbäume und das Fehlen der Wimpertrichter, endlich auch durch das freilich seltene Auftreten Cuvier’scher Organe. Durch dieselben Merkmale sowie durch den Besitz der Füßchen trennen sich die Den- drochiroten von den Synaptiden. Gleichwohl giebt es im Baue der Synaptiden einige Verhältnisse, welche darauf hinweisen, dass sie eben so wie die Molpadiiden mit den Dendrochiroten näher verwandt sind als mit den Aspidochiroten; als solche erscheinen mir: das Auftreten von Rückziehmuskeln, der Bau des Steinkanals, die Anordnung der Muskulatur der Darmwand und — was aber nur für die Synaptiden, nicht auch für die Molpadiiden zutrifft — die schwache Ausbildung von Fühlerampullen. Auf diese Weise ergiebt sich schließlich die Vorstellung, dass die drei Familien derDendrochiroten, Molpadiiden und Synaptiden zwar einer gemeinschaftlichen Wurzel entsprossen sind, dass aber die Dendrochiroten den Hauptstamm darstellen, welcher früh- zeitig einen ersten Nebenast in Gestalt der Synaptiden und später einen zweiten Nebenast in Gestalt der Molpa- diiden abgab. Die Übereinstimmungen zwischen den beiden Neben- ästen lassen sich durch die Annahme verständlich machen, dass es ähnliche Abänderungen in der Lebensweise und darauf gerichtete An- passungen waren, welche die Abtrennung der Nebenäste von dem Hauptstamme herbeigeführt haben. Die Verschiedenheiten zwischen den beiden Nebenästen aber lassen sich durch die weitere Annahme erklären, dass ihre Abspaltung vom Hauptstamme zu verschiedener Zeit stattgefunden hat; wenn der Dendrochirotenstamm schon älter war bei Abgabe des Molpadiidenastes als bei Abgabe des Synaptidenastes, seine Merkmale also zu jener Zeit auch schon schärfer und starrer geworden waren als zu dieser, so mussten die beiden Nebenäste in ungleichem Maße von dem Hauptstamme abweichen, und zwar der ältere (Synap- tiden) mehr als der jüngere (Molpadiiden). Fragen wir uns nun weiter, wie sich die Aspidochiroten zu den drei eben erörterten Familien verhalten, so stellt sich zunächst eine 596 Hubert Ludwig, ganze Reihe von Punkten heraus, in welchen sich die Aspidochiroten von allen jenen drei anderen Familien unterscheiden. Solche sind: 4) die besondere komplieirtere Ausbildung des Madreporenabschnittes des Steinkanals; 2) der völlige Mangel von Rückziehmuskeln; 3) die häufige Rückbildung der rechtsseitigen Genitalschläuche; 4) die mäch- tige Entwicklung der Kiemenbäume und des Blutgefäßsystemes; 5) das Vorwalten der Stühlchen- und Schnallenform bei den Kalkkörpern der Haut; 6) das wechselnde Lageverhältnis der Längs- und Ringmuskulatur der Darmwand!; 7) das häufige Auftreten wohlentwickelter Cuvier- scher Organe; 8) die eigenartige Form der Fühler. Dagegen stimmen die Aspidochiroten mit den Dendrochiroten darin überein und stellen sich eben dadurch zugleich in Gegensatz zu den Molpadiiden und Synap- tiden, dass sie woblentwickelte Füßchen besitzen; doch zeigen die Füßchen selbst bei den Aspidochiroten eine größere Mannigfaltigkeit der Form als bei den Dendrochiroten. Mit den Molpadiiden haben die Aspidochiroten die gute Ausbildung der Fühlerampullen gemein, mit den Molpadiiden und Dendrochiroten die regelmäßig zehntheilige Gestal- tung des Kalkringes, den Besitz von Kiemenbäumen und den Mangel der nur den Synaptiden zukommenden Wimpertrichter. Will man alle diese Beziehungen phylogenetisch verständlich machen, so erscheint mir die Annahme nothwendig, dass die Aspido- chiroten einen zweiten Hauptstamm der Holothurien dar- stellen, der nur an der Wurzel mit dem anderen Hauptstamme, dem Dendrochirotenstamme, zusammenhängt. Die Spaltung des Wurzel- stockes in diese beiden Hauptstämme muss meines Erachtens zu einer Zeit stattgefunden haben, in welcher die Holothurien noch keine Rück- ziehmuskeln, wohl aber Füßchen, einfache Fühler, Kiemenbäume und zehntheiligen Kalkring besaßen. Prüfen wir endlich auch noch die Verwandtschaftsbezie- hungen der drei Elasipodenfamilien (Psyehropotiden, Deima- tiden und Elpidiiden) unter sich und zu den übrigen Familien! Was die Unterschiede der drei Elasipodenfamilien unter einander anbelangt, so fällt sofort auf, dass die Merkmale, welche sie sondern, weit weniger scharf und einschneidend sind als bei den übrigen Holothurienfamilien. Wie die beistehende Übersicht p. 597 lehrt, grenzen sich die drei Familien wesentlich nur durch die mehr oder weniger bauchständige Lage des Mundes, die relative Größe und Vertheilung der bei allen vorhandenen Füßchen und der den Füßchen gleichwerthigen Rücken- papillen, sowie durch den Bau des Kalkringes von einander ab. Wenn wir für einen Augenblick absehen von dem Baue des Kalkringes, so ! Vgl. Brons, Klassen und Ordnungen. p. 153. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 597 Übersicht der unterscheidenden Merkmale der drei Elasipodenfamilien. | Psychropotiden | Deimatiden | Elpidiiden Mund ganz bauchständig nicht ganz bauchständig nicht ganz bauchständig Füßchen |klein, in der Regel in/groß, nur auf den seit-|groß, nur auf den seit- allen drei Radien desjlichen Radien des Tri-|lichen Radien des Tri- Triviums viums viums Kalkring |nur unvollkommen 10-|10gliedrig nur aus fünf Radial- gliedrig, indem die stücken gebildet Interradialstücke durch zahlreiche Kalkkörper- chen ersetzt sind Rücken- |klein, aber doch vor-|größer, zahlreich größer, aber gering an papillen jhanden | al sind die angeführten Unterschiede offenbar nur solche, wie sie in den Gruppen der Aspido- und Dendrochiroten zur Charakterisirung der Gattungen benutzt werden. Schon hieraus scheint sich meines Erach- tens zu ergeben, dass die Elasipodenfamilien keine den Aspido- und Dendrochiroten gleichwerthige Kategorien darstellen. Was den Bau des Kalkringes anbetrifft, so wäre es immerhin möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich, dass er eine schärfere Scheidung der drei Elasipoden- familien zuließe. Doch lässt sich etwas Bestimmtes in dieser Hinsicht noch gar nicht äußern, da wir dafür den Bau des Kalkringes bei den Psychropotiden und Deimatiden viel zu wenig kennen. Der Umstand, dass er bei den Elpidiiden nur aus fünf Radialstücken besteht, wird weniger auffallend, wenn man erwägt, dass damit nur ein Zustand dauernd festgehalten wird, der bei anderen Holothurien ein vorüber- gehendes Jugendstadium des Kalkringes darstellt. Das Wenige aber, was wir bis jetzt über den Kalkring der Psychropotiden und Deimati- den wissen, lässt erwarten, dass auch unter diesen Familien Arten vor- kommen, welche eben so wie die Elpidiiden auf dem lediglich aus den Radialstücken gebildeten Stadium des Kalkringes dauernd verharren. Dagegen zeigt sich von dem abweichenden Wege, den der Kalkring vieler Synaptiden durch Vermehrung seiner Interradialstücke ein- schlägt, bei den Elasipoden nirgends eine Spur. Überhaupt sind die Elasipoden von den Synaptiden durch so viele Verhältnisse ihrer ganzen Organisation geschieden, dass an eine engere Verwandtschaft beider Gruppen nicht zu denken ist. Ich verweise da- für auf das Vorkommen von Füßchen bei allen Elasipoden, auf die ra- dialen Unterbrechungen der Quermuskulatur ihrer Körperwand, den Besitz eines rudimentären Kiemenbaumes!, die Ähnlichkeit der Kalk- ! Vgl. darüber Broxs, Echinodermen. p. 147 u. 166. 598 Hubert Ludwig, körper mit denen der Aspidochiroten etc. In einem Punkte freilich haben die Elasipoden größere Übereinstimmung mit den Synaptiden als mit irgend welch’ anderen Holothurien. Das ist der Besitz von Ge- hörbläschen an den Radialnerven. Wenn man aber überlegt, dass schon Seuper bei einer Dendrochirote hörbläschenähnliche Gebilde wahrge- nommen hat und es keineswegs unwahrscheinlich ist, dass weitere Forschungen auch noch bei anderen Holothurien, sei es in der Jugend oder auch im erwachsenen Thiere, derartige Gebilde ausfindig machen werden, so wird man in jener auffallenden Übereinstimmung der Elasi- poden mit den Synaptiden nur ein altes Erbtheil von der Urform er- blicken können, aus welcher sich überhaupt die ganze Klasse der Ho- lothurien entwickelt hat. Dass die Elasipoden auch von den Molpadiiden nicht abgeleitet werden können, ergiebt sich aus dem Besitze von Füßchen und dem gänzlichen Mangel von Rückziehmuskeln. Es fragt sich also nur noch, ob sie mit den Dendrochiroten oder mit den Aspidochiroten in näherem Zusammenhange stehen. Zu einer Entscheidung dieser Frage scheint mir nun schon in der äußeren Gestalt einer der drei Elasipodenfamilien ein Anhaltspunkt gegeben zu sein. Unter den Psychropotiden finden sich nämlich, besonders in der Gattung Benthodytes, Formen, welche in ihrem ganzen Habitus an Aspidochiroten erinnern. Dazu kommt, dass alle Elasipoden mit den Aspidochiroten darin übereinstimmen, dass keine Rückziehmuskeln vorhanden sind. Ferner haben die Kalkkörper der Elasipoden ihre nächsten Beziehungen zu denen der Aspidochiroten. Auch die mehr oder weniger schildförmige Gestalt der Fühler deutet in dieselbe Richtung. Endlich sind es auch nur die Elasipoden, bei welchen dieselbe rechtsseitige Verkümmerung der Genitalschläuche wie bei den Aspidochiroten auftritt. Ich trage desshalb kein Bedenken, in den Elasipoden einen Nebenast des Aspidochiroten- stammes zu erblicken, der sich von diesem hauptsächlich dadurch unterscheidet, dass Kalkring und Steinkanal auf einem bei den Aspi- dochiroten vorübergehenden Jugendstadium stehen geblieben oder darauf zurückgesunken, Fühlerampullen und Cuvıer’sche Organe nicht ausgebildet, dagegen die Kiemenbäume rückgebildet sind. Versuchen wir nunmehr die im Vorstehenden entwickelten An- schauungen über das gegenseitige Verwandtschaftsverhältnis der Holo- thurienfamilien in einem Stammbaume zum Ausdruck zu bringen, so erhalten wir das folgende Bild: Die Urform, aus welcher sich zunächst die beiden zu den jetzt lebenden Dendro- und Aspidochiroten hinführenden Hauptstämme ent- wickelt haben, besaß jedenfalls schon eine Reihe von Merkmalen, durch Ankyroderma museulus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 599 welche sie sich alsHolothurie von denübrigen Echinodermen unterschied. Da es aber hier nicht in meiner Absicht liegt, die Beziehungen der Holo- thurien zu den anderen Echinodermenklassen zu erörtern, sondern es mir an dieser Stelle nur auf die Verwandtschaftsverhältnisse im Inneren der Holothurienklasse ankommt, so möchte ich auch jene Urform nur mit Rücksicht auf diesen letzteren Gesichtspunkt zu charakterisiren versuchen. Mir scheint, dass sie zehn einfach eylindrische, mit schwa- chen Fühlerampullen ausgestattete Fühler gehabt habe, welche eben so wie die auf die Radien beschränkten und mit Ampullen versehe- nen Füßchen aus fünf radialen Wassergefäßen entsprangen, dass sie ferner einen aus fünf radialen und fünf interradialen Stücken zu- sammengesetzten Kalkring besaß, dass die Quermuskulatur ihrer Kör- perwand eine ununterbrochene Ringmuskelschicht darstellte, die ein- fachen Längsmuskeln keine Rückziehmuskeln abgaben, der im dorsalen Mesenterium festgelegte, einfache Steinkanal mit der Außenwelt in un- mittelbarer Verbindung stand, die Geschlechtsschläuche zu beiden Seiten des dorsalen Mesenteriums symmetrisch entwickelt waren, an den radialen Nerven Gehörbläschen ansaßen, der Kiemenbaum und ein einfach angeordnetes Darmblutgefäßsystem zur Ausbildung gelangt waren, der Darm den für alle jetzt lebenden Holothurien typischen Ver- lauf! nahm und die Haut mit gitterförmigen, aus sechseckigen Maschen gebildeten Kalkplättchen erfüllt war. Aus einer derartig gebauten Ho- lothurie, welche sich in keine der jetzt lebenden Familien einordnen ließe, kann man durch die Annahme theils fortschreitender, theils rück- schreitender Umbildungen alle jene Familien ableiten. 7 NULL / %% Elasipeden "Vebenast derElasipoden Dendrochirotenstamm --—--- WW -Aspidachirotensiamm: Irform Die Nachkommen der Urform spalteten sich zunächst in die beiden Hauptstämme der Dendro- und Aspidochiroten. Die Umbildungen im HauptstammederAspidochiroten bewegtensichin der Richtung, dass die Fühler schildförmig wurden, die Quermuskulatur der Körper- wand im Bereiche der Radien Unterbrechungen erfuhr und die Ge- 1 Vgl. Brons, Echinodermen. p. 157. 600 Hubert Ludwig, schlechtsschläuchein der rechten Körperhälfte Neigung zur Rückbildung erhielten. Von diesem Stammezweigten sich die Elasipoden ab, indem sie die Anlagen zu Fühlerampullen und das einfache Blutgefäßsystem der Urform nicht weiter entwickelten, den Kiemenbaum zurückbil- deten und bis auf ein Rudiment verloren, dafür aber die Gehörbläschen und in vielen Fällen auch die direkte Verbindung des Steinkanals mit der Außenwelt beibehielten, ferner die Füßchen des Triviums in Form, Zahl und Anordnung anders ausbildeten als die des Biviums, in der Zusammensetzung des Kalkringes aber wieder Rückbildungen in der mangelhaften oder ganz fehlenden Ausbildung der Interradialstücke erfuhren. Der Hauptstamm der Aspidochiroten aber gelangte nach Abzweigung der Elasipoden dadurch zu seiner heutigen Gestaltung, dass die schildförmige Fühlerform immer deutlicher ausgeprägt wurde, die Fühlerampullen zu kräftiger Ausbildung gelangten, die Füßchen in immer stärkerem Maße auch auf die Interradien übertraten, Kiemen- baum und Blutgefäßsystem sich mächtig entfalteten, die Längsmuskeln der Körperwand zweitheilig wurden, der Steinkanal stets seine anfäng- liche Verbindung mit der Außenwelt aufgab, seinen Madreporenab- schnitt komplieirter gestaltete und häufig auch unter Ablösung vom dorsalen Mesenterium eine Vermehrung seiner Zahl erfuhr, Guvıer’sche Organe auftraten, indessen die Gehörbläschen der Urform zurückge- bildet wurden. Im Hauptstamme der Dendrochiroten bewegten sich da- gegen die Umbildungen der Urform in anderer Richtung, indem die Fühler der fieder- oder baumförmigen Gestalt zustrebten, von den Längsmuskeln sich Rückziehmuskeln abzuspalten begannen, die Ge- schlechtsschläuche aber ihre symmetrische Ausbildung beibehielten. Von derartigen Holothurien trennte sich dann zunächst der Zweig der Synaptidenab, welcher fiederförmige Fühler entwickelte, die Gehör- bläschen der Urform beibehielt, der Fülschen aber verlustig ging, auch den Kiemenbaum einbüßte, dafür aber Wimpertrichter an der Wand der Leibeshöhle entwickelte, die direkte Verbindung des Steinkanals mit der Außenwelt aufgab und unter häufiger Vermehrung der Inter- radialstücke des Kalkringes einen Theil seiner Fühlerursprünge von den radialen Wassergefäßen auf den Wassergefäßring verschob. Nach Abgabe dieses Seitenzweiges entwickelte sich der Dendrochiroten- stamm weiter; die Quermuskulatur der Körperwand wurde wie im Aspidochirotenstamm radial unterbrochen, auch gab der Steinkanal eben so wie in dem Seitenzweig der Synaptiden die Verbindung mit der Außenwelt auf; der Kiemenbaum entwickelte sich weiter; die Gehörbläschen dagegen gingen verloren. Alsdann erfolgte die Ab- Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 601 gliederung des Molpadiidenzweiges, in welchem die Füßchen rückgebildet wurden, die Fühler die einfache Gestalt, die sie bei der Urform hatten, beibehielten oder nur schwach fiederförmig weiterbil- deten, die Fühlerampullen dagegen zu guter Entwicklung gelangten und die Längsmuskeln zweitheilig wurden. Der Hauptstamm aber fuhr fort sich zu den heutigen Dendrochiroten auszubilden, indem die Füh- ler baumförmige Gestalt annahmen, die Füßchen in den Radien und häufig auch in den Interradien zahlreich auftraten und die Rückzieh- muskeln allgemein wohl ausgebildet wurden. Durch die hier dargelegte Anschauung über den phylogenetischen Zusammenhang der heute lebenden Holothurienfamilien, von deren nur hypothetischem Werthe und von deren Verbesserungsfähigkeit wohl Niemand klarer und lebhafter sich bewusst sein kann als ich selbst, werde ich natürlich weiter veranlasst zu den von anderen Seiten in derselben Angelegenheit geäußerten Ansichten und zu der üblichen Eintheilungsweise der Holothurienklasse Stellung zu nehmen. Um in Betreff der systematischen Eintheilung der Holothurien nicht zu weit auszuholen und den Leser zu ermüden, will ich mich auf die neueren auf umfassender Bearbeitung der ganzen Klasse beruhenden Eintheilungen von SELENKA, SEMPER, LAMPERT und Tu£ter beschränken. SELENKA und SemPER gehen von den Kiemenbäumen aus und theilen demnach die ganze Klasse zunächst in die beiden Ordnungen der Pneu- monophora und Apneumona, von denen jene die Dendrochiroten, Aspi- dochiroten und Molpadiiden, diese nur die Synaptiden! umfassen. So lange als man von den merkwürdigen Tiefseeformen der Elasipo- den noch keine Ahnung hatte, besaß diese Eintheilung den Vorzug, dass die Synaptiden die isolirte Stellung im System bekamen, welche ihnen meiner Ansicht nach auch heute noch in vollem Maße gebührt. Wie schon angedeutet, wurde aber die Serenka-Semper’sche Eintheilung durch Tazzr’s Entdeckung der Elasipoden erschüttert. Hielt man an der Ein- theilung in Pneumonophora und Apneumona fest, so musste man die Elasipoden zu den Apneumona, also neben die Synaptiden stellen; dem widersprach aber eine Reihe von Punkten in ihrer Organisation, welche auf eine tiefe Kluft zwischen Elasipoden und Synaptiden, da- gegen auf eine nähere Beziehung der Elasipoden zu den Dendro- und Aspidochiroten hinwiesen. | Tateı und Lamrert haben demgemäß die Eintheilung aller Holo- thurien in Pneumonophora und Apneumona aufgegeben und dafür den 1 Die von SEmPER außerdem bei den Apneumona unterschiedenen Familien der Eupyrgiden und Oncinolabiden sind durch spätere Untersuchungen als besondere Familien ganz.in Wegfall gekommen. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 40 602 Hubert Ludwig, Hauptgesichtspunkt für die Abgrenzung der Ordnungen von den Füß- chen hergenommen, indem sie die drei Ordnungen der Pedata, Elasi- poda und Apoda unterschieden. Zu den Pedata rechnen sie die Aspido- chiroten, Dendrochiroten und Rhopalodiniden, zu den Elasipoden die Psychropotiden, Deimatiden und Elpidiiden und zu den Apoda die Molpadiiden und Synaptiden. Indem ich nebenbei bemerke, dass ich unlängst bei einer anderen Gelegenheit! die Gründe dargelegt habe, welche die Abspaltung einer besonderen Familie der Rhopalodiniden von den Dendrochiroten unnöthig erscheinen lassen, habe ich an der Tuter-Lamperr’schen Klassifikation besonders das auszusetzen, dass die Synaptidenund Molpadiiden zu einer Ordnung zusammengefasst werden. Dass hier der schwache Punkt ihres Systems ist und dass wenigstens das gegenseitige Verhältnis dieser beiden Familien ein anderes und entfernteres ist als bei den Familien der zwei anderen Ordnungen, das kommt auch darin zum Ausdruck, dass sie die Ordnung der Apoda nicht sofort in die genannten beiden Familien zerlegen, sondern zunächst zwei Unterordnungen aufstellen, von denen freilich eine jede in ihrem derzeitigen Umfange mit einer der beiden Familien zusammenfällt. Zur Bezeichnung und Charakterisirung der beiden Unterordnungen greifen sie auf das Merkmal zurück, welches sie für die Abgrenzung der Ord- nungen abgelehnt hatten, nämlich auf den Besitz oder Mangel der Kie- menbäume. Die Unterordnungen der Apoda führen demgemäß die Namen Pneumonophora (mit der einen Familie der Molpadiiden) und Apneumona? (mit der einen Familie der Synaptiden). Dadurch wird aber die Verwandtschaft der Molpadiiden mit den Dendrochiroten sowie ihr weiter Abstand von den Synaptiden nicht nur nicht ins rechte Licht gesetzt, sondern geradezu verdunkelt, während der Gegensatz, in wel- chem sich die Synaptiden sowohl zu den Molpadiiden als auch zu allen anderen Holothurienfamilien befinden, in keiner Weise zum genügenden Ausdrucke kommt. Dieser Gegensatz, der eine schärfere Betonung als bisher entschieden verlangt, istdarin gegeben, dassbeiallenanderen Seewalzen alle Fühlergefäße ausnahmslos von den radi- alenWassergefäßen entspringen, dagegen einzigundallein beiden Synaptidenein Theilder Fühlergefäße unmittel- bar vom Wassergefäßringe herkommt. 1 Diese Zeitschr. Bd. XLVIlI. 4889. p. 62. 2 Auch das ist gerade kein glücklicher Griff dieselben Namen, welche bei SELENKA und SENMPER die beiden Ordnungen bedeuten, zur Bezeichnung zweier Unterordnungen zu verwenden. Die Pneumonophora Ta£er’s sind gleich den Pneu- monophora SEmPEr's minus Pedata Theel; dagegen umfassen die Apneumona TaEer’s genau dieselben Formen, welche die Apneumona bei Semper bilden. Ankyroderma museulus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 603 Ein anderer Punkt, in welchem ich der Ta£eı - Lauperr'schen Ein- theilung nicht beipflichten kann, ist der angebliche Gegensatz zwischen füßigen und fußlosen Holothurien. Streng genommen giebt es überhaupt gar keine fußlosen Holothurien und eben desshalb bin ich nicht in der Lage eine Zerlegung der Holothurien in Pedata und Apoda für eine den gegebenen Thatsachen entsprechende systematische Anordnung zu halten. Der anscheinende Gegensatz zwischen füßigen und fußlosen Holothurien besteht nur so lange, als man Fühler und Füßchen für morphologisch verschiedene Dinge hält. Dass sie das aber nicht sind, daran hat seit Trepemann und Jon. Mürzer Niemand ernstlich gezweifelt!; was man jedoch unterließ, war die Nutzanwendung dieser morphologischen Erkenntnis in der Systematik. Die Fühler sind nach Entwicklung und Bau, in ihrer Beziehung zu den radialen Wasserge- fäßen und oft auch in ihrer Funktion nichts Anderes als die dem Munde am nächsten stehenden Füßchen. Wenn man unter Füßchen, morpho- logisch betrachtet, alle äußeren Erhebungen der Haut versteht, welche in ihrem Inneren einen Nebenast derradialen Wassergefäße umschließen, so sind die Fühler nur eine besondere Sorte von Füßchen, welche die Funktion des Tastens und der Nahrungsaufnahme übernommen und Hand in Hand damit zweckentsprechende Abänderungen ihrer Form er- fahren haben. Auch die Synaptiden haben derartige Füßchen, da aus Hımann’s Beobachtungen hervorgeht?, dass fünf von den bei Synapta digitata in der Zwölfzahl vorhandenen Fühlergefäße aus den radialen Wassergefäßen entspringen. Eigentliche Apoda, d. h. also Holothurien, welche der Füßchen in dem vorhin angegebenen allgemeinen Sinne vollständig entbehren, kennt man nicht. Der Unterschied der sog. Apoda (Synaptiden -— Molpadiiden) zu den übrigen Holothurien ist also keineswegs so tiefgreifend, wie man nach dem Namen meinen könnte. Es handelt sich nur um einen quantitativen Unterschied, indem bei den sog. Apoda nur diejenigen Füßchen vorhanden sind, welche sich zu Fühlern umgestalten, bei den übrigen Holothurien aber außer den zu Fühlern gewordenen Füßchen der Mundumgebung auch noch andere Füßchen im weiteren Verlaufe der Radialgefäße zur Entwick- lung gelangt sind. Dagegen scheint mir der andere Umstand, dass nur allein bei den Synaptiden Fühler vorkommen, deren Wassergefäße überhaupt nicht mehr von den Radialgefäßen, sondern vom Ringgefäß entspringen, von viel größerer Wichtigkeit für die Systematik zu sein. Derartige Fühler entsprechen der oben gegebenen allgemeinen Definition von ! Vgl. darüber Bronn, Echinodermen. p. 128. 2 Vgl. Broxn, Echinodermen. p. 122. 2 40* 604 Hubert Ludwig, Füßchen nicht mehr, da sie ihre topographische Beziehung zum Wasser- gefäßsystem geändert haben. Die Synaptiden besitzen demnach zweierlei Fühler, welche trotz ihrer Übereinstimmung in Form und Funktion sich dadurch unterscheiden, dass die einen in typischer Weise von den Radialgefäßen, die anderen aber in abweichender Weise vom Ringkanal mit Wassergefäßen versorgt werden. Wie ich schon an einem anderen Orte! geäußert habe, sehe ich in dem Um- stande, dass ein Theil der Synaptidenfühlergefäße vom Wassergefäß- ringe entspringt, ein sekundäres Verhältnis, welches durch eine all- mähliche Verschiebung der Gefäßursprünge von den Radialgefäßen auf den Ringkanal entstanden ist. Ich zweifle nicht, dass entwicklungsge- schichtliche Untersuchungen, welche sich speciell auf diesen Punkt richten, die Richtigkeit dieser Anschauung begründen werden. In Konsequenz der Ansicht, dass es unter den Holothurien über- haupt gar keine eigentlichen Apoda giebt, und in Konsequenz der wei- ter oben dargelegten Auffassung, dass schon die Urform der Holothurien sowohl Füßchen als auch Kiemenbäume besaß, komme ich also zu der Meinung, dass bei der Aufstellung eines natürlichen Systems der Holothurien weder davon ausgegangen werden dürfe, ob Füßchen vor- handen sind oder nicht, noch auch davon, ob Kiemenbäume da sind oder fehlen. Es kann sich bei der Eintheilung in natürliche Gruppen überhaupt nicht um das Vorhandensein oder Fehlen eines einzelnen Organs handeln, sondern nur um Kombinationen mehrerer Merkmale, welche sich womöglich auf alle Organsysteme erstrecken?. Demgemäß möchte ich die Holothurien nicht in Apoda und Pedata, und auch nicht in Apneumona und Pneumonophora eintheilen, sondern fasse die fünf Gruppen der Dendrochiroten, Molpadiiden, Synaptiden, Aspidochiroten und Elasipoden als eben so viele natür- liche Familien auf, von denen eine jede durch die oben schon an- gegebene Kombination von Merkmalen gekennzeichnet ist, und von denen die Dendro- und Aspidochiroten sich von der Urform vergleichs- weise weniger weit entfernt haben als die Elasipoden, Molpadiiden und namentlich die Synaptiden. Letztere halte ich zwar für sehr alte Formen, aber zugleich für solche, welche in ihrer jetzigen Gestaltung viel weiter von der Urform aller Holothurien abgewichen sind als irgend eine der vier anderen Familien. Dass das phylogenetische Alter einer Gruppe dieselbe desshalb noch nicht zu einer Stammform stempelt, 1 Bronn, Echinodermen. p. 122. 2 Wie das noch ganz vor Kurzem Mögıus mit vollem Rechte betont hat. Val. K. Mögıus, Über die Bildung und Bedeutung der Gruppenbegriffe unserer Thier- systeme. Sitzungsber. d. Akad. d. Wissensch. Berlin. 4890. Nr. XXXVI, p. 7. Ankyroderma museulus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 605 scheint mir so einleuchtend und selbstverständlich, dass ich es lieber gar nicht erst sagen würde, wenn man nicht der gegentheiligen Meinung so oft begegnete. Alter und relative Ursprünglichkeit können zusam- menfallen, brauchen es aber nicht. Für die Elasipoden habe ich schon weiter oben (p. 597) die Gründe angegeben, welche mich verhindern in den drei von Ta&eL unterschie- denen Familien derselben natürliche Gruppen von gleichem Werthe wie die Dendrochiroten, Aspidochiroten etc. zu erkennen. In Folge dessen vermag ich den Psychropotiden, Deimatiden und Elpidiiden nur den Werth von Untergruppen in der natürlichen Familie der Elasi- poden zuzuerkennen. Ein rechtes Bedürfnis die fünf angegebenen natürlichen Familien der Holothurien mit Rücksicht auf das Schema der systematischen Kate- gorien nun auch noch in Ordnungen zu vertheilen, scheint mir nicht vorhanden zu sein. Will man es aber dennoch thun, so muss man die Synaptiden für sich allein allen anderen Familien gegenüber stellen. Für diese nur die Synaptiden umschließende Ordnung kann man aber die Bezeichnung Apoda auch dann nicht anwenden, wenn man damit nur auf den Mangel der Füßchen am Rumpfe (im Gegensatz zur Mundum- gebung) hinweisen wollte, weil alsdann im selben Sinne wie die Synap- tiden auch die Molpadiiden zu den Apoda gehören. Auch der Name Apneumona lässt sich für die Synaptidenordnung nicht gebrauchen, da die Elasipoden ebenfalls der Kiemenbäume (bis auf ein mitunter vor- handenes Rudiment) entbehren. Machen wir also einen neuen Namen und gehen wir dabei aus von demjenigen Merkmale, welches die Synaptiden von allen anderen Seewalzen unterscheidet und zugleich das für alle Echinodermen wichtigste Organsystem betrifft! Bei den Dendrochiroten, Molpadiiden, Aspidochiroten und Elasipoden kommt eine Verlagerung von zu Fühlern umgebildeten Füßchen von den Radial- kanälen auf den Ringkanal nicht vor; alle Füßchen und Fühler ent- springen von den die Strahlen des Körperbauplanes bezeichnenden Radialgefäßen; wir können desshalb alle diese Seewalzen als Actino- poda oder kürzer noch als Actinota bezeichnen. Den Synaptiden dagegen geben wir wegen der Verlagerung eines Theiles ihrer Fühler- füßchen auf den Ringkanal den Namen der Paractinopoda oder Paractinota. Einer weiteren Zerlegung der Ordnung der Actinopoda in Unter- ordnungen möchte ich nicht das Wort reden. Denn mag man die vier Familien derselben so oder so zu zwei oder drei Unterordnungen gruppiren, stets werden dadurch die natürlichen Beziehungen der vier Familien zu einander in diesem oder jenem Punkte verwischt. Am 606 Hubert Ludwig, wenigsten würde dieser Nachtheil eintreten, wenn man die Dendro- chiroten und Molpadiiden zu einer, und die Aspidochiroten und Elasi- poden zu einer zweiten Unterordnung zusammenfasst; was aber auch dann undeutlich bliebe, wäre der Umstand, dass die Elasipoden der Urform der Holothurien näher stehen als die Molpadiiden, und sich in ihrer ganzen Organisation weiter vom Hauptstamme der Aspidochiroten entfernen als die Molpadiiden vom Hauptstamme der Dendrochiroten. Alles in Allem möchte ich also die folgende systematische Einthei- lung der Holothurien vorschlagen: 1. Familia: Aspidochirotae \. . Subfamilia: Psychropotidae. 2. Subfamilia: Deimatidae. la. Subfamilia: Elpidiidae. 3. Familia: Dendrochirotae |4. Familia: Molpadiidae HM. Ordo: / a EN ee Familia: Synaptidae. I. Ordo: 2. Familia: Elasipoda Actinopoda | Classis: Holothurioidea Schließlich erübrigt noch in Kürze auf die Ansichten einzugehen, welche von anderen Forschern über den phylogenetischen Zusammen- hang der Holothurienfamilien vorgebracht worden sind. SEMPER ! legte dem Vorhandensein oder Fehlen der Kiemenbäume eine andere phylo- genetische Bedeutung als ich bei, indem er zu der Meinung kam, dass die Urform aller Holothurien derselben gänzlich entbehrt habe; ferner habe die Stammform weder Füßchen noch radiale Wassergefäße, wohl aber Fühler besessen. Er giebt also der Urform eine Organisation, die viel einfacher ist als die von mir angenommene. Der Grund dafür scheint mir hauptsächlich darin zu liegen, dass er sich von der An- nahme einer Verwandtschaft der Holothurien mit den Gephyreen nicht frei machen konnte und desshalb an seiner Urholothurie so lange ver- einfachen musste, bis sie schattenhaft genug war, um in das Dunkel jener Gephyreenverwandischaft hineinzuführen. Indessen möchte ich auf diese Seite der Sache, die Verwandtschaft der Holothurien mit an- deren Thiergruppen, hier so wenig wie überhaupt in diesem ganzen Aufsatze eingehen und mich nur an die Frage nach den Beziehungen der Holothurienfamilien unter einander halten. In dieser Hinsicht be- trachtet Srmper eben so wie ich die Synaptiden als den ältesten Zweig am ganzen Baume der Holothurien, hält aber ihre Organisation gleichzeitig gerade in den Punkten (Fehlen der Kiemenbäume, Bau des Wasser- ! Holothurien. 4868. p. 485 ff. Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres ete. 607 gefäßsystems) für ursprünglich, welche ich für sekundäre Abände- rungen der ursprünglichen Gestaltung ansehe. Ihm sind die Synaptiden also nicht nur alte, sondern auch ursprüngliche Formen, welche von der Organisation der Urholothurien mehr bewahrt haben als die übri- gen Familien. Aus synaptidenähnlichen Formen lässt er dann weiter- hin die mit Kiemenbäumen ausgestatteten Holothurien entstehen und einen mächtigen Stamm bilden, aus welchem sich erst die Molpadiiden, dann die Dendro- und Aspidochiroten abzweigten. Es ist sofort er- sichtlich, dass in diesem von Srmper konstruirten Stammbaume die Synaptiden eine wesentlich andere und bedeutungsvollere Rolle spie- len als in dem von mir entworfenen. Indessen beruht diese hervor- ragende Stellung, welche Semper den Synaptiden anweist, auf einer, wie mir scheint, zu einseitigen Berücksichtigung des Wassergefäß- systems, vor Allem aber auf zwei falschen Voraussetzungen in Betreff gerade dieses Organsystems. Erstens nämlich ist Semper der Meinung, dass die Synaptiden keine radialen Wassergefäße besitzen, und zwei- tens lässt er die Fühler der Holothurien überhaupt vom Wassergefäß- ringe entspringen und dadurch in einen scharfen Gegensatz zu den mit den radialen Wassergefäßen verbundenen Füßchen treten. Beide Vor- aussetzungen stehen im Widerspruche zu den heute bekannten That- sachen. Dazu kommt, dass damals, als Semper’s Werk erschien, von den Elasipoden noch nichts bekannt war und auch die entwicklungsge- schichtlichen Kenntnisse noch zu dürftig und zu wenig kritisch gesichtet waren, um den von Semper daraus gezogenen Schlussfolgerungen eine ausreichende, sichere Grundlage darzubieten. Von besonderem Interesse sind die Ansichten, zu welchen der Ent- deeker der Elasipoden über deren verwandtschaftliche Beziehungen ge- kommen ist. In dem ersten Theil seines Werkes spricht Trix! bereits die Meinung aus, dass die Elasipoden den Pedaten näher stehen, als den Apoda, aber doch von diesen beiden Gruppen so verschieden seien, dass sie nur durch die Urform aller Holothurien mit ihnen in Verbindung stünden. Im zweiten Theile? aber geht er einen erheblichen Schritt weiter und nähert sich der oben von mir vertretenen Auffassung, indem er engere Beziehungen der Elasipoden zu den Aspidochiroten für mög- lich hält und die Vermuthung äußert, dass beide einem gemeinsamen Stamme entsprossen seien. Im ausgesprochenen Gegensatze zu SEMPER lehnt er die Auffassung der Synaptiden als ursprünglicher Holothurien- formen ausdrücklich ab und spricht der Urform der Holothurien eben so wie ich ein wohlentwickeltes Wassergefäßsystem mit Füßchen an den ! Challenger-Holothurioidea. Part I. 1882. p. 146, 447. ? Challenger-Holothurioidea. Part Il. 1886. p. 6. 608 Hubert Ludwig, Radialgefäßen und einem mit der Außenwelt kommunicirenden Stein- kanal zu. Eben so wie ich hält er die Synaptiden und Molpadiiden für abweichende, durch Rückbildungen beeinflusste Gruppen. Wenn er aber dabei die Molpadiiden für noch älter ansieht als die Synaptiden, so scheint er die Abweichungen jener von den übrigen Holothurien zu überschätzen, die Abweichungen der Synaptiden aber zu unterschätzen, was wieder dadurch veranlasst ist, dass ihm das oben von mir als ac- tinopod und paractinopod bezeichnete gegensätzliche Verhältnis nicht klar geworden und dass er ferner der irrthümlichen Meinung ist, ein Theil der Molpadiiden entbehre der Radialgefäße. Den Semrer’schen Standpunkt, dass die Synaptiden Urformen seien, nehmen dagegen wieder die beiden Sarasın ! ein. Der Unterschied ihrer Auffassung von derjenigen Sempzr’s liegt aber einmal darin, dass sie die inzwischen entdeckten Elasipoden zwischen die Pedaten und Apoda einschieben, zweitens aber auch darin, dass sie — freilich ohne es deut- lich auszusprechen — in die Stammgruppe der Apoda nicht nur die Synaptiden, sondern auch die Molpadiiden rechnen?. Indessen scheinen sie auf die letztgenannte Familie überhaupt keine besondere Rücksicht genommen zu haben und unter den Apoda doch in erster Linie immer nur an die Synaptiden zu denken. Nach ihrer Ansicht sind die Pedaten aus denElasipoden und diese aus den Apoda (=Synaptiden) entstanden. Als einzigen Grund für die Ableitung der Pedata aus den Elasipoda führen sie die große Ähnlichkeit an, welche junge Cucumarien, wie sie SELENKA dargestellt hat?, mit Elasipoden besitzen, indem dieselben mit fünf Fühlern, fünf Radialkanälen, nach außen geöffnetem Steinkanal und Füßchen an einem der Radialkanäle ausgestattet sind. Leider ist nun aber die Serenka’sche Darstellung, auf welche sich die beiden Sarasın berufen, gerade in dem hier wichtigsten Punkte vollständig falsch. Zu diesem Ausspruche berechtigen mich eingehende Untersuchungen über die Entwicklungsgeschichte der Cucumaria Planci, mit welchen ich seit dem Frühlinge dieses Jahres beschäftigt bin. Der ausführlichen Ver- öffentlichung meiner Ergebnisse vorgreifend will ich nur erwähnen, dass die Beziehungen der fünf primären Fühler zu dem Wassergefäß- ringe und den fünf radialen Wassergefäßen ganz andere sind, als man nach SeLenka glauben sollte ; sie entspringen keineswegs aus dem Wasser- 1 PauL und Frıtz SarAsın, Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen auf Ceylon. Bd. I. 3. Heft. Wiesbaden 1888. p. 440 u. 452. 2 Man muss das daraus schließen, dass sie immer nur von den Pedata, Elasi- poda und Apoda sprachen, also der Tu&EL-LAnmperrt’schen Eintheilung folgen, nach welcher die Molpadiiden zu den Apoda gehören. ® Diese Zeitschr, Bd. XXVII. 1876. Taf. XI. Ankyroderma museculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 609 gefäßringe, sondern aus den Radialgefäßen und zwar in der sonder- baren Vertheilung, dass das mediane ventrale und das linke dorsale Radialgefäß je zwei Fühlergefäße, das rechte dorsale nur ein Fühler- gefäß und die beiden seitlichen ventralen Radialgefäße gar keine Fühler- gefäße abgeben. Aber auch dann, wenn wir auf eine weitere Kritik der Serenka’schen Darstellung an dieser Stelle verzichten, ist der Ver- gleich, den die Sarasın’s zwischen Elasipoden und jungen Cucumarien anstellen, nicht zutreffend, denn sie übersehen dabei, dass bei Elasi- poden stets mindestens zehn von den Radialgefäßen entspringende Fühler da sind, während die junge Gucumaria nur fünf, nach SeLenkA direkt vom Wassergefäßringe herkommende Fühler besitzt und beachten ferner auch nicht den Umstand, dass wir keine Elasipodenform kennen, welche so wie die junge Cucumaria nur im mittleren ventralen Ambu- lacrum Füßchen trägt. — Um die Ableitung der Elasipoden von den Apoda zu begründen, führen die beiden Sarasın nur an, dass die Elasi- poden ein Stadium mit fünf Fühlern, aber ohne Radialgefäße voraus- setzen, ein solches Stadium aber in der Organisation der Synaptiden repräsentirt sei. Ich vermag weder das Eine noch das Andere zuzuge- ben. Da die Elasipoden aktinopode Formen sind, so setzen sie durchaus keine Form voraus, welche ihre Fühlergefäße statt von Radialgefäßen un- mittelbar vom Ringkanal erhielt, und da alle Elasipoden fünf Radialgefäße und damit verbundene Füßchen besitzen, so ist nicht einzusehen, warum sie von Formen abgeleitet werden müssten, die der Radialgefäße ganz entbehrten. Und dass die Synaptiden der Radialgefäße ermangeln, habe ich schon oben als eine irrthümliche Ansicht bezeichnet, die durch Hamann’s Untersuchungen !' widerlegt worden ist. Semon, welcherin den letzten Jahren die Synaptiden zu einem be- sonderen Gegenstande seiner Studien gemacht hat, hält dieselben eben so wie SEMPER und die beiden Sarasın nicht nur für alte, sondern auch für ursprüngliche Formen. In seiner ersten darauf bezüglichen Äußerung? freilich drückt er sich darüber noch nicht so bestimmt aus wie später, sondern steht so ziemlich auf dem von mir vertretenen Standpunkt; denn er sagt: »So viel ist für mich sicher, dass die Synaptiden jedenfalls aus einer der Stammgruppe sehr nahe stehenden Familie, sei es durch Degeneration oder auch ohne dieselbe, entstanden sind und in vielen Punkten ursprünglicher sind als die jetzt lebenden pedaten Holothurien, ja selbst als die Elasipoden, die in mancher Hinsicht so alte Struktur- eigenthümlichkeiten bewahrt haben.« In seiner späteren größeren ! Beiträge zur Histologie der Echinodermen. A, Heft. Jena 1884. > Mittheilungen aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. VII. 1887. p. 403. 610 Hubert Ludwig, Arbeit aber über die Entwicklung der Synapta digitata! schärft er seine Ansicht dahin zu, dass er die Synaptiden nicht mehr nur in einzelnen Punkten, sondern überhaupt für ursprüngliche Formen erklärt. Zum Beweise dessen setzt er die Gründe aus einander, welche ihn hindern, in den Synaptiden hochgradig degenerirte Holothurien zu sehen. Im Ganzen finde ich diese Gründe und den zunächst daraus gezogenen Schluss, dass die Synaptiden keine hochgradig degenerirten Formen sind, ganz zutreffend. Woran ich aber Anstoß nehme, ist die weitere Folgerung, dass die Synaptiden, weil sie keine hochgradig degenerirten Formen sind, desshalb zu ursprünglichen erklärt werden. Können sie nieht dennoch abgeänderte, umgebildete Formen sein? Umbildung und Abweichung von der Urform ist doch nicht schlechthin identisch mit Rückbildung und Degeneration, sondern kann mit Rückbildung einzel- ner Organe und eigenartiger Weiterbildung anderer Organe sehr wohl Hand in Hand gehen und gerade die Synaptiden scheinen sich meines Erachtens in diesem Falle zu befinden. Der Gegensatz, in welchem die Synaptiden zu allen anderen Holothurien mit Bezug auf ihre Fühler stehen, ist auch Semon verborgen geblieben. Verführt durch die oben schon berührte und als irrthümlich bezeichnete Darstellung SeLEnka’s von dem Verhalten der fünf Primärtentakel der Cucumaria Planei glaubte er sich berechtigt, seine entwicklungsgeschichtlichen Beobach- tungen über die Primärtentakel und Radialgefäße der Synapta auf alle Holothurien übertragen zu dürfen und demgemäß in dem Verhalten der Synapta die ursprüngliche Form des Wassergefäßsystems der Holo- thurien zu erblicken. In Folge dessen ist er von der Vorstellung be- herrscht, dass die Primärtentakel bei allen Holothurien aus dem Ring- kanal entstehen, dass ihre Ursprungsstellen mit den zu den radialen Wassergefäßen werdenden, angeblich sekundären Ausstülpungen des Ringkanales abwechseln und dass dem zufolge durch die Primärten- takel die wahren, den gleichnamigen Regionen der übrigen Echino- dermen entsprechenden Radien des Holothurienkörpers bestimmt werden, während die Radialgefäße der Holothurien im Gegensatze zu allen anderen Echinodermen anfänglich eine interradiale und durch spätere Verschiebung eine adradiale Lagerung einnehmen?. Den ent- ! Jenaische Zeitschr. für Naturwissensch. Bd. XXII. 4888. 2 SEmon wiederholt diese Ansichten in seiner Schrift: Die Homologien inner- halb des Echinodermenstammes. Morphol, Jahrb. Bd. XV. 1889. p. 8 ff. Wenn er sich hier (p. 10 Anm.) darauf beruft, dass die Entwicklungsgeschichte lehre, »dass sich bei sammtlichen Holothurien, auch bei den füßigen, zweimal je fünf, zusammen also zehn Ausstülpungen des Wassergefäßringes bilden«, und dabei das »sämmtlichen« auch noch durch gesperrten Druck betont, so ist denn doch dar- Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. 611 wicklungsgeschichtlichen Nachweis, dass diese Vorstellung Semon’s, die er zum Fundamente weiterer Spekulationen gemacht hat, unhaltbar ist, werde ich in meiner Schrift über die Entwicklung der Cucumaria Planci, wie oben schon angedeutet, erbringen. Von rein anatomischen Gegen- gründen möchte ich aber hier wenigstens den hauptsächlichsten vor- bringen: Die Fühler aller Dendrochiroten, Aspidochiroten, Elasipoden und Molpadiiden erhalten ihre Wassergefäßäste von den Radialgefäßen und nicht vom Ringkanal; wie reimt sich das mit der Annahme, dass die fünf ersten Fühlergefäße bei allen Holothurien abwechselnd mit den Radialgefäßen aus dem Ringkanale entspringen? Semox scheint diesen Einwand zu fühlen und sucht ihm in der vorhin eitirten Anmerkung durch die Annahme zu begegnen, dass die fünf ersten Fühler bei diesen vier Holothurienfamilien im Laufe der späteren Entwicklung reducirt werden und dann die übrigen, später aufgetretenen Fühler von den Radialgefäßen abgegeben werden. Dieser Annahme liegt aber nicht eine einzige thatsächliche Beobachtung zu Grunde und im direkten Ge- gensatze dazu sehe ich an meinen jungen Cucumarien die fünf Pri- märtentakel sich zu dauernden Tentakeln ausbilden. — Indessen, ohne näher auf entwicklungsgeschichtliche Verhältnisse einzugehen, lässt sich eine Auseinandersetzung mit Semon’s Ansichten nicht ausführen. Ich muss desshalb an dieser Stelle darauf verzichten mich noch weiter über und gegen den von ihm behaupteten fundamentalen Gegensatz der Ho- lothurien zu den übrigen Echinodermen auszusprechen. BE Bonn, im August 1890. auf hinzuweisen, dass wir von den Elasipoden und Molpadiiden gar nichts von ihrer Entwicklungsgeschichte wissen und bei den übrigen Holothurien — außer bei Synapta digitata — die Stadien, auf die es hier ankommt, nur bei der einen Art Cucumaria Planci zwar untersucht, aber falsch dargestellt worden sind; da kann man doch nicht von »sämmtlichen« Holothurien reden. 612% Hubert Ludwig, Ankyroderma musculus (Risso), eine Molpadiide des Mittelmeeres etc. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXIX. Fig. A—9 bei A40facher, Fig. 10 und 41 bei 6facher Vergrößerung. Fig. A. Spindelförmiger, in der Mitte durchlöcherter Kalkstab aus der Körper- haut; Ansicht von der Innenseite. Fig. 2—5. Durchlöcherte und mit einem stachelförmigen Aufsatz versehene Kalkplatten aus der Körperhaut. Fig. 2. Ansicht schräg von der Seite und etwas von außen; Fig. 2’ eine andere Form der Endigung des stachelförmigen Aufsatzes. Fig. 3. Ansicht von außen; einer der drei Randfortsätze der Platte ist stärker verlängert. Fig. 4. Ansicht von innen; zwei von den drei Randfortsätzen sind stärker ver- längert. Fig. 5. Ansicht von außen. Die Kalkbalken sind schwächer und die Randfort- sätze kürzer als bei den vorigen. Fig. 6. Seltenere Kalkkörperform aus der Körperhaut; Ansicht von der Seite. Der Aufsatz endigt mit einem Wirtel von abwärts gebogenen Haken. Fig. 7. Löffelförmiger Kalkkörper aus einer Ankerrosette der Haut. Fig. 8. Ankerförmiger Kalkkörper, ebendaher. Fig. 9. Fußplatte eines Ankers von unten gesehen. Fig. 10. Ansicht eines Radialstückes des Kalkringes von außen. Fig. 44. Zwei Ansichten eines Interradialstückes des Kalkringes. a, von außen, d, von der Seite, Zoologische Paradoxen. Von A. Korotneff, Professor in Kiew, Mit Tafel KXX—XXXI. ee ee — Es handelt sich in diesem Aufsatze um Formen, deren anatomische oder physiologische Besonderheiten etwas ganz Ausschließliches haben, und die nur nach einem mühsamen Suchen eine entfernte Verwandt- schaft mit hier und da zerstreuten Thatsachen darbieten. In solcher Weise muss die Existenz einer entoparasitischen Aktinie, die nur zwei Scheidewände besitzt, oder die von METscHnıkorF entdekte Sporo- gonie der Medusen und vielleicht auch einige andere unten erläuterte Erscheinungen als wahrer Nonsens erscheinen und kann nur als ein Paradoxon das Interesse des Naturforschers erregen. Gastrodes parasiticum. (Fig. 1—14.) Die von mir in der Gallerte von Salpa fusiformis entdeckte und Gastrodes genannte Form habe ich vor wenig Jahren in dieser Weise beschrieben'. »Bei einer schwachen Vergrößerung sieht das Geschöpf wie ein runder Kuchen mit flachem Boden und gewölbter oberer Fläche aus. Vom Boden aus scheint eine schornsteinförmige Einstülpung ins Innere hineinzuragen; von oben gesehen erweist sich diese Einstülpung als Trägerin einer centralen Mundöffnung« und wei- ter »typisch ist es eine kaum veränderte Gastrula, das heißt ein sack- förmiger Organismus, an dem wir nur zwei Schichten (Ektoderm und Entoderm) unterscheiden können«. Ein mangelhaftes Material hatte mir zu der Zeit nicht erlaubt meine Untersuchungen weiter zu führen. Im vorigen Winter 1889/90 ist es mir aber gelungen, Gastrodes nicht 1 KOROTNEFF, Cunoctantha und Gastrodes. Diese Zeitschr. Bd. XLVII. 614 A. Korotnefl, nur bei der Salpa fusiformis, sondern auch bei der S. sceutigera zu finden, dabei meine Kenntnisse anatomisch zu vervollständigen und die wahre Natur und die taxonomische Stellung dieses Geschöpfes an- nähernd zu bestimmen. Im Großen und Ganzen habe ich konstatiren können, dass es sich um eine entoparasitische Aktinie handelt, die sich wegen ihrer Lebensweise sehr vereinfacht und zugleich modifieirt hat, indem sie sich einem Scyphosoma bedeutend nähert. Schon bei der Ansicht des vollständig entwickelten Gastrodes in toto ! (Fig. 1) ist leicht zu bemerken, dass die innere Höhle verschiedene Falten enthält, von denen die einen einfach, die anderen doppelt sind; die einfachen sind nur entodermatisch (fsp), die doppelten sind auch ektodermatisch gebaut (wsp). Um aber eine genaue Vorstellung der inne- ren Einrichtung zu bekommen, muss man Querschnitte in Betrachtung nehmen: nämlich einen, der parallel dem flachen, die Mundöffnung beherbergenden Boden geführt (Fig. 2), und einen anderen, der bedeu- tend höher genommen ist (Fig. 3). Der erste zeigt folgenden Bau: die Wand des Körpers besteht aus Ektoderm und Entoderm, die durch eine ziemlich starke Gallertschicht von einander getrennt sind. Das Ento- derm bildet sechs Vorsprünge, die in toto als Septen erscheinen und als falsche und wahre zu deuten sind; die ersten bestehen, wie ge- sagt, nur aus Enioderm (Fig. 2 fsp), die zweiten beherbergen im Inneren echte Ektodermelemente (wsp, ec). Im Centrum des Schnittes hat man eine ektodermatische Mundröhre, die aber nicht regelmäßig vom Entoderm überzogen ist; dieses bildet zwei bogenförmige Leisten, die das Mundektoderm umspannen und mit dem Entoderm der Seiten in Verbindung stehen. | | Am Schnitte Fig. 3 ist die Mundröhre und die Gallertschicht der Wandungen nicht mehr vorhanden; es kommt aber eine Eigenthüm- lichkeit vor, welche die Struktur der echten Septen erklärt: wir finden nämlich, dass das Ektoderm in die Septen hineindringt und eine spalt- förmige Vertiefung dabei bildet (wsp); die falschen Septen bleiben da- bei unverändert. Die eigenthümliche Natur der wahren Septen ist am besten an den Schnitten 10, A4 und 12 zu erkennen. Hier finden wir das Ektoderm nicht nur wie in Fig. 3 in die Septa hineindringend, sondern auch eine Verdickung bildend (Fig. 10 ec), während das äußere Ektoderm in einer kontinuirlichen Verbindung mit dem Ekto- derm der Septen bleibt. In einem Schnitte, der etwas niedriger, das heißt dem Magenrohre näher geführt ist, sind die Verhältnisse schon weniger klar (Fig. 41): nämlich das Ektoderm der Scheidewand ist ! Die Größe des Gastrodes ist im Durchmesser ungefähr 1,3 mm. Zoologische Paradoxen. 615 schon ganz vom übrigen Ektoderm abgetrennt und bildet eine ge- meinsame Masse, die nach innen ganz kompakt erscheint, nach außen aber ein Lumen besitzt; dieses Lumen ist als ein Ausdruck der Ver- tiefung zu erklären, die wir am früheren Schnitte kennen gelernt haben. Endlich steht am Schnitte Fig. 12 das Ektoderm ganz weit ab von dem eigentlichen Ektoderm der Körperwand. Die wahren Verhältnisse der beiden Schichten Ektoderm und Entoderm bei der Bildung der Scheidewände sind gut an einem Längs- schnitte des ganzen Gastrodes, der etwas excentrisch geführt ist (Fig. #) und die Mundröhre nicht getroffen hat, zu verstehen; hier sieht man, dass das echte Septum parallel der Längsachse geschnitten ist; dabei ist sein Ektoderm der ganzen Länge nach getroffen; das Entoderm bil- det in diesem Falle auf ihm einen Überzug. In den falschen Septen (Fig. 4 fsp) kommt kein Ektoderm vor und die ganze Bildung besteht einzig und allein aus Entoderm. An einem vollständig central geführ- ten Schnitte (Fig. 5) ist keine Scheidewand getroffen, und das Magen- rohr erscheint als eine tief hineinziehende Bildung. Das Ektoderm des Gastrodes ist verschieden gebildet nach dem Alter des Thieres und nach dem Platz, welchen es einnimmt. So be- steht bei einer ausgebildeten Form das Ektoderm an der gewölbten Fläche des Thieres aus einer einfachen Zellenschicht (Fig. 10 und 11), bei einem jüngeren Thier (Fig. 4 und 5) kann es zweischichtig sein, was es einer Unterlage von embryonalen Zellen verdankt. Am Mundboden ist das Ektoderm etwas verschieden gebaut, es ist hier mehrschichtig, da die embryonalen Zellen hier eine Keimstätte der Eier bilden. Längs dem Rande, wo das Ektoderm des Mundbodens in jenes der gewölbten Fläche übergeht, findet man echte Drüsen, deren grobkörniges Plasma sich intensiv blauroth mit Hämatoxylin färbt (Fig. 8 und 14). Die Kerne der einfachen Ektodermzellen liegen ganz oberflächlich und haben unter sich mit einer wässerigen Flüssigkeit erfüllte Vacuolen; die Drüsen haben aber beständig in der Tiefe liegende Kerne, keine Vacuo- len und scheiden ihren Inbalt nach außen. Die Entstehung der Eier im Ektoderm des Mundbodens kommt schon bei ganz jungen Gastrodes vor; so ist die Fig. 7 einem Thiere, dessen Längsschnitte in den Fig. 4 und 5 gezeichnet sind, und das bei Weitem nicht eine vollständige Entwicklung erreicht hat, entnommen. In diesen Figuren sehen die Eizellen verschieden aus: einerseits sind es ausgezogene Zellen, die einigermaßen an becherförmige Drüsen er- innern, andererseits sind es klumpenförmige Bildungen, die von der äußeren Ektodermschicht überzogen sind (Fig. 12 ec). Die Eizellen haben immer ein großes Keimbläschen und ein dunkles feinkörniges 616 A. Korotneff, Protoplasma. Die Anzahl der Eier ist sehr bedeutend, wie es die Regel bei allen parasitischen Formen; ihr so ungewöhnliches Vorkom- men in der äußeren Ektodermschicht ist wahrscheinlicherweise durch den Parasitismus veranlasst. In meiner ersten Schrift! habe ich die Meinung ausgesprochen, dass Gastrodes sich parthenogenetisch ent- wickelt; ich fand nur Eier und keine Spermatozoiden. An dem Exem- plare aber, dessen Querschnitte ich in den Fig. 4 und 5 abgebildet habe, fand ich Bildungen, die fast ohne Zweifel als Spermatozoiden angesehen werden müssen: im Bereiche des Entoderms erheben sich in der Umgebung des Magenrohres, vom Mundboden aus an ver- schiedenen Stellen Zellenanhäufungen (Fig. 13), in denen Kerne und stark lichtbrechende längliche Körper, die ich für Spermatozoidenköpfe halte, massenhaft zerstreut sind. Die unmittelbare Beziehung dieser Gebilde zu dem Entoderm lässt vermuthen, dass ihr Ursprung entoder- matisch ist. Das Entoderm scheint ganz eigenthümlich gebildet zu sein und besteht aus dreifachen Elementen: 1) sind es kleine eylindrische Zellen, die an verschiedenen Stellen der inneren Magenwand vorkommen: so bilden sie die falschen Septen, bekleiden den innersten Rand der echten Septen (Fig. A, 10, 41 und 12), und das Ektoderm des Magenrohres (Fig. 2 und 6); 2) bilden diese Zellen den Grund des Magenlumens (Fig. 5), der hier sehr redueirt erscheint, da er fast vollständig von verschiedenen Entodermelementen erfüllt ist; 3) dehnt sich das Ento- derm des Magenrohres (Fig. 4) in eine Schicht aus, welche die Mund- scheibe innerlich auskleidet und als Keimstätte zur Bildung der Spermatozoen dient. Die cylindrischen Entodermzeilen gehen allmäh- lich in die zweite Art von Entodermelementen über, welche die eigent- liche Entodermmasse bildet; der Übergang ist leicht am Magenrohre zu bemerken (Fig. 6): die Zellen füllen sich mit klumpenartigen, dotter- gleichen Bildungen aus, der Kern der Zelle wird gewöhnlich zur Seite geschoben und ist schwer zu finden. Die gemeinsame Entodermmasse, die, wie gesagt, das Magenlumen fast gänzlich einnimmt, besteht aus großen blasigen, dotterreichen Elementen, welche in der genannten Weise in die gewöhnlichen Cylinderzellen übergehen. Am sonderbarsten ist die dritte Art der Entodermelemente: näm- lich hier und da in der Magenhöhle, gewöhnlich in der Entodermmasse eingeschlossen, sind Plasmaanhäufungen zu finden (Fig. 4 pl, Fig. 9 und 13), die eine feinkörnige Substanz vorstellen, und in der schwach sich färbende Kerne vorkommen. Diese Kerne sind ziemlich zahlreich, a rd Zoologische Paradoxen. 617 haben ein deutliches Plasmanetz mit stark glänzenden Chromatinkörn- chen im Inneren. Von Zellgrenzen kann hier kaum die Rede sein, da es sich um eine gemeinschaftliche Plasmamasse handelt. Allen drei Kategorien der hier genannten Entodermzellen kann kaum eine genaue physiologische Rolle zugeschrieben werden; das Plas- modium wird vielleicht für eine chemische Veränderung der Nahrung, wie es bei Planarien und Nemertinen der Fall ist, dienen, und.die zweite Art der Zellen wird zur Ablagerung des Nährmaterials ge- braucht. Um den Platz des Gastrodes im System zu finden, muss man sich des Prineips bedienen, dem mit Recht Professor GorttE! eine be- deutende Rolle zugeschrieben hat, nämlich der Art und Natur des Schlundrohres. Dieses bildet bei den Anthozoen, den Hydroiden gegenüber, ein selbständiges Organ, das aus zwei Zellschichten besteht und ins Innere des Darmraumes hineindringt. In dieser Hinsicht ge- hört Gastrodes ohne Zweifel zu den Anthozoen. Um weiter zu gehen muss man die Scheidewände ins Spiel ziehen. Beim Gastrodes sind es nur zwei echte (die falschen sind gewiss ohne jede genetische Bedeu- tung). Bei keinem lebenden Repräsentanten der Klasse sind so wenige Septen vorhanden; es ist aber nicht die Zahl der Septen, sondern ihre Konstruktion, die eine Bedeutung haben muss, um ein taxonomisches Prineip herauszuarbeiten. In dem citirten Werke hat GorTTe bei den Scy- phosomen eine ganz besondere Entstehung der »Fahnen«-Muskelsepten beschrieben. An den jüngsten vierarmigen Scyphosomen sah GoETtE, dass das flache rinnenförmige, die Proboscis umgebende Parastom in dem einen oder anderen Interradius und bald in allen vier Interradien trichterförmig zwischen die Septen und das Schlundrohr eingesenkt ist. Das dünne strangförmige Ende jedes solchen »Septaltrichters« wächst darauf in nahezu senkrechter Richtung längs des Innenrandes vom Septum in die sich darunter anschließende Magenfalte hinein und durchsetzt sie bis zur Fußplatte fort«. Diese Septaltrichter, die sich in Längsmuskelfahnen verwandeln, sind also ektodermatischen Ursprungs. In dieser Weise sind die bei einem Scyphosom entstehenden Septen aus Entoderm (Magentaschen) und Ektoderm (Septaltrichter) gebildet; das letztere hat aber nichts mit dem Ektoderm des Schlundrohres zu thun, da es zwei ganz verschiedene und unabhängige Bildungen sind, die aber beide ihren Ursprung dem Peristom verdanken. Bei den Aktinien sind die Verhältnisse ganz andere: das Ektoderm ! ALEXANDER GöTTE, Abhandlungen zur Entwicklungsgeschichte der Thiere. 4. Heft. Entwieklung der Aurelia aurita und Cotylorhiza tuberculata. Zeitschrift £. wissensch. Zoologie. LI. Bd. AA 618 A. Korotnefl, bildet nach den Untersuchungen von Bovsrı! und Wırson? den freien inneren Rand jeder Scheidewand und stammt direkt von dem Schlund- rohre ab; bei den Aktinien also sind Septen und Schlundrohr gemein- same und zusammenhängende Bildungen. Wenn wir uns zu dem Gastro- des wenden, so finden wir bei ihm große Ähnlichkeit mit den Scypho- somen: denn bei Gastrodes sind besondere Septaltrichter vorhanden, die dem Schlundrohre ganz fremd sind ; das Ektoderm der Septen liegt hier nicht frei, sondern ist im Entoderm eingeschlossen. Demungeachtet ist ein bedeutender Unterschied der Scyphosomen vom Gastrodes nicht zu verkennen: der Entstehungsplatz der Septaltrichter ist in beiden Fällen ganz verschieden: bei einem Scyphosoma entsteht der Septal- trichter, wie gesagt, am Peristom und wächst in der Richtung des apikalen Poles, oder Fußes des Thieres; beim Gastrodes geschieht dieser Process umgekehrt: die Entstehung des Trichters tritt am api- kalen Pole auf und das Wachsthum geschieht gegen das Peristom hin. Wie kann diese Veränderung erklärt werden ? Ob hier die Abwesenheit der Tentakel, denen die Septaltrichter eigentliche Retraktoren bilden, eine Bedeutung hat, ist schwer zu sagen. Es kann wohl sein °. Cunoctantha parasitica Metschn. (Fig. 45—19.) Vor einigen Jahren habe ich in dieser Zeitschrift? ein Stadium der eigenthümlichen Cunoctantha beschrieben und nach der Form der Larve geurtheilt, dass die Entwicklung typisch und ziemlich in der Regel ver- laufe. Die erwähnte Larve befand sich im Magen der Geryonia und be- stand aus einem cylindrischen Ektoderm, das Nematocysten besaß, und einem gemeinsamen Entoderm-Plasmodium, in dem ein Kern etwas über die anderen prävalirte. Desswegen äußerte ich die Meinung, dass die räthelhafte kolossale Zelle der Cunoctantha nichts Anderes als eine ausgewachsene Entodermzelle sei, die als Trägerin der ganzen Larve diene. Diese Vermuthung ist schon vorher von METSCHNIKOFF aufge- stellt worden 5, aber später bei seiner klassischen Entdeckung der Spo- rogonie an der Cunina proboscidalis aufgegeben®. Wie bekannt, fand 1 Tu. Boverı, Über Entwicklung und Verwandtschaftsbeziehungen der Aktinien. Diese Zeitschr. Bd. XLIX. 3. Hft. 2 Wırson, On the development of Manicina areolata. Journal of Morphology. Vol. Il. No. 2. Boston. 3 Sind die »echten Septen« des Gastrodes nicht kalkfreie Sclerosepten ? Redakt. E. E. 4 A. KoRoTNEFF, Cunoctantha u. Gastrodes. Diese Zeitschr. Bd. XLVII. 4. Hft. 1888. 5 METSCHNIKOFF, Vergl.-embryologische Studien. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 6 METSCHNIKOFF, Embryologische Studien an Medusen. Wien 1886. Zoologische Paradoxen. 619 METSCANIKOFF wie im Ovarium, so auch im Hoden der Cunina ganz in- differente Zellen, die als Sporen dienten und Anlass zur Entstehung durch Theilung einer Larve gaben. Diese kommt aber nie selbständig, sondern immer im Kommensalismus mit einer anderen Zelle vor, die sie trägt und ernährt; die eine Zelle spielt also in der Entwicklung eine aktive, die andere nur eine passive Rolle. Dasselbe muss nach METScHNIKOFF auch bei der €. parasitica vorkommen; was er früher für eine ausge- wachsene Entodermzelle hielt, ist eine selbständige Zelle, die nur als Trägerin der Larve der C. parasitica anzusehen ist. Voraus will ich schicken, dass Alles glauben lässt, dass METScaXIKOFF in seiner Vermuthung Recht gehabt hat, und dass wir bei der Cunoc- tantha etwas dem Ähnliches, was er bei den Medusen Sporogonie ge- nannt hat, treffen. Es ist dann anzunehmen, dass die von mir be- schriebene, im Magen der Geryonia vorkommende Larve nicht der Cunoetantha gehört, sondern zu einer anderen Meduse oder einem Hvdroid in Beziehung steht. Bis jetzt war die Cunoctantha als eine freie Larve bekannt, die so- wohl äußerlich auf dem Schirm, wie innerlich im Magen und in den Radialkanälen der Geryonia gefunden war; sie bewegte sich auf deren Oberflächen vermittels verschiedener Pseudopodien der riesenhaften inneren Zelle. Dieses Stadium gehört aber einer ziemlich entwickelten Larve, die nach Ursanın ! im Zustande eines Kommensalismus mit der Geryonia selbst sich befand. Ich fand aber, dass die biologischen Ver- hältnisse in jüngeren Larven ganz verschiedene waren, da die Gunoc- tanthen anfänglich als wahre Parasiten zwischen den Geweben der Geryonia eingeschlossen sind und sich entweder im Schirme, ganz in der Nähe der Radialkanäle, oder am Magenstiele befinden, aber be- ständig, ohne jede Ausnahme, unter dem Ektoderm auf der Stützlamelle oder sogar im Ektoderm selbst, zwischen dessen Zellkörpern und den ektodermalen Muskelfibrillen sitzen (Fig. 49). Von hier aus müssen die Cunoctanthen in die Gastrovaseularkanäle überwandern, um dort den be- kannten Entwicklungsprocess durchzumachen. In welcher Weise diese Überwanderung vorkommt, habe ich nicht direkt beobachtet, da aber erstens die Stützlamelle eine große Resistenz besitzt und zweitens der Unterschied der parasitirenden und der freien, in dem Gastralkanale sich befindenden Larve sehr bedeutend ist, muss man vermuthen, dass die Cunoctantha aus dem Ektoderm auf die freie Oberfläche der Meduse auskriecht, um später durch die Mundöffnung in den Magen ! ULsanın, O mpoucxoxzeHiu KyHuHt, HOYKYIOUXCA BB >KeIyARE T’epionuze. in: Hsstcria Oömecrsa ANmönreret Ecrecrosuania etc. Bd. XXIV. Moskau 1876, A4* 620 A. Korotneff, und weiter in die Kanäle der Geryonia einzudringen. Eine ganz flüch- tige Ansicht der Fig. 15 und 16 wird genügen, um die Frage der eigen- thümlichen Natur der Larveim Sinne der Mertscunikorr’schen Phagocyten- theorie zu entscheiden. Wir sehen nämlich, dass unter dem Ektoderm, dessen Zellen sich ausgezogen und buckelförmig abgehoben haben, eine enorme Zelle sich befindet. Der Kern der Zelle hat auch bedeutende Dimensionen erworben und besteht aus einer feinkörnigen Masse, die sich nur etwas mit Hämatoxylin und Karmin färbt und im Inneren eine Chromatinschnur, die eine Schlinge bildet, einschließt; es kann auch sein, dass diese Schlinge aus mehreren einzelnen Stücken besteht. Das Plasma der Zelle ist grobkörnig, scheint aber keine fettartig aus- sehenden Kügelchen, die in größeren Cunoctanthen um den Kern her vorkommen, zu besitzen. Was aber am wichtigsten dabei ist, das ist das Vorkommen eines in das Plasma selbst eingebetteten fremden Kör- pers, der dem Nucleus anliegt und als eine wahre Larve angesehen werden muss; im Großen und Ganzen erinnert das Gebilde vollständig an die von METscunIkorr gegebenen Figuren in seiner Schrift über Sporogonie der Medusen. Es kann also kein Zweifel mehr sein, dass ein Phagocyt diese Larve, oder genauer gesagt ihre Spore, umfängt und mit dieser im Inneren der Meduse parasitirt. Es wäre noch zu er- wähnen, dass der Phagoeyt außer der Cunoctanthen-Larve keine andere Bildung (Zellen, Kerne, glänzende Kugeln etc.) beherbergt und als eine wahre Zelle, aber nicht als ein Plasmodium, wie es TıcHomirorf ! will, zu deuten ist. Die Larve selbst hat eine kugelig-ovale Form und besteht aus einem entodermalen Polster, das eine Anhäufung von Zellen mit undeutlichen Grenzen bildet und von einem einschichtigen Ektoderm überzogen ist. Die Elemente des letzten sind bedeutend größer, aber nicht zahlreich: auf einem Schnitte findet man sechs oder sieben Zellen, die gut von einander abgegrenzt sind. Es ist mir gelungen sowohl jüngere, als auch ältere Stadien der Larve zu bekommen und alle diese waren vollständig in der kolossalen Zelle eingeschlossen. Eine jüngere Stufe ist in der Fig. 18 abgebildet; diese Larve ist bedeutend kleiner, hat eine eilipsoidale Form und liegt dicht dem Kerne an; man kann an dieser Larve ein einschichtiges Ektoderm von einem zweischichtigen Entoderm unterscheiden. Das Entoderm strebt aber mehrschichtig zu werden und desswegen sind im Zwischenraume seiner zwei Schichten zwei Zellkerne zu sehen. Jüngere 1 TıcHoMIRoFF, K% ucropiu passuria Tunpounogt. Hspkcria Odmecrzo Jrönre.reit Ecreerzosuauia. Bd. L. Moskau 1887. Zoologische Paradoxen. 621 Larven habe ich nicht gefunden, aber es wäre sehr möglich, dass eine noch jüngere Form, als die von mir beschriebene, eine zweischich- tige Placula ist. Die platte Körperform wird einige Zeit erhalten, als Beweis dafür kann die Fig. 19 dienen; diese Larve ist, wie die früher erwähnte Cunoctantha von einem Phagocyten aufgenommen; da aber der Phagoeyt nicht genügend groß, oder die Larve selbst zu voluminös war, musste sie sich einkrümmen und zusammenfalten. Das Ento- derm der Larve ist zweischichtig und ist von einem in die Länge aus- gezogenen aus spindelförmigen Zellen bestehenden Ektoderm über- zogen. Eine bedeutend entwickelte, aber noch nicht freie, sondern noch immer in dem Phagocyten eingeschlossene Larve ist in der Fig. 17 abge- bildet. Hier sehen wir merkwürdigerweise, dass das Ektoderm der Larve immer dieselbe Beschaffenheit besitzt und auf einem Quer- schnitte nur aus sieben Zellen besteht, die absolut keine Tendenz zur Vermehrung äußern. Ganz anders erscheint es beim Entoderm; seine Elemente sind in einer beständigen Theilung und bilden einen Haufen, an dem das Ektoderm wie eine Kappe aufsitzt. Ähnliche Stadien sind leicht zu finden und bei der Behandlung der von Larven infieirten Geryonia mit FrLemmine’scher Flüssigkeit erscheinen sie als kleine matte Flecken, in denen ein kleiner schwarzer Punkt zu unterscheiden ist. An einigen Schnitten solcher Larven schien es mir, dass das Entoderm nicht genügend gut vom Plasma des Phagocyten zu unterscheiden ist und als ob seine Zellen direkt in das Plasma des Phagocyten übergehen. Diese Thatsache passt gut mit der Beschreibung, die METscHnIkoFF von den jüngsten von ihm gefundenen, aber schon freien Larven giebt: »Das Entoderm der Larve tritt in Form eines ziemlich unregelmäßigen Haufens unter der Geißelepithelschicht (Ektoderm) auf. Ein allmählicher Übergang vom Ektoderm zum Entoderm war nicht zu beobachten, da- gegen konnte man sehen, dass einige Entodermzellen im Protoplasma der großen Bewegungszellen eingebettet lagen. Es scheint mir, dass Tıcuomirorr diesen Process falsch gedeutet hat und dass nicht Zellen von dem Plasma des Phagocyten in die Larve hineinwandern, sondern vielmehr Entodermzellen der Larve in das Plasma der kolossalen Zelle hineindringen. Die von Ticuomirorr aufgestellte Vermuthung ist schon desswegen nicht haltbar, da die im Plasma des Phagocyten vorkom- menden Kerne (nach seinen eigenen Zeichnungen zu urtheilen) schon degenerirt sind. Es wird jetzt also unzweifelhaft, dass wir in dem Falle der Cunoe- tanthen auch einer Sporogonie begegnen. / 622 A. Korotneff, Sticholonche zanclea. (Fig. 20— 27.) Nach den sorgfältigen Untersuchungen von Herrwıs ! und HErman® For ?über die feinere Struktur dieses sonderbaren Geschöpfes bleibt hier- für mir kaum etwas Neues hinzuzufügen; ich möchte nur einige Details betreffs der Pseudopodien erwähnen. Wie bekannt sind die Pseudo- podien schon von Herrwie beobachtet worden und als steife plasma- tische Bildungen beschrieben, an denen er aber nie Cirkulation der Körnchen gesehen hat, und nur einmal gelang es Herrwıc Fusion zweier Pseudopodien zu beobachten; dabei äußert er die Meinung, dass die Pseudopodien von der inneren Plasmamasse der Kapsel stammen und mit den Stäbchen der Kapsel selbst in Verbindung stehen. H. For hat nicht Vieles dieser Beschreibung zugefügt; als Disposition hat er ge- sehen, dass Pseudopodien in vier Reihen angeordnet sind, ihrer Struk- tur nach beschreibt er sie als aus einer homogenen Scheide und einer inneren granulirten Substanz zusammengesetzt. Ich möchte denken, dass H. For dabei ein nicht genügend frisches Exemplar beobachtet hat, sonst hätte er gesehen, dass die Pseudopo- dien der Sticholonche zanclea vollständig den Pseudopodien der Helio- zoen gleich sind; damit will ich sagen, dass an ihnen ein axialer, homogener Theil und eine feinkörnige protoplasmatische umhüllende Scheide zu sehen ist; die Scheide ist aber nicht regelmäßig über die Länge der Pseudopodien vertheilt; sie besteht vielmehr aus Tropfen oder Kügelchen, die sich über den inneren Strahl auf und nieder bewegen (Fig. 21). Die Beziehung der Pseudopodien zu der Körpermasse scheint auch dieselbe zu sein, wie bei den Heliozoen: nämlich der innere, axiale Theil, der homogene Strahl, dringt bis in den eylinderförmigen Fortsatz (collonettes de la capsule) und geht, wie es mir schien, ins Innere der Kapsel ein, während die protoplasmatische Scheide von dem Plasma stammt, welches die Kapsel umgiebt. Damit ist aber etwas Unklares geblieben: in welcher Weise näm- lich durchdringen die Pseudopodien die äußere Hülle? Eine Antwort scheinen die Beobachtungen von For, die ich meinerseits bestätigen kann, zu geben. Der französische Naturforscher hat gesehen, dass die äußere Hülle nicht strukturlos ist, wie es bei schwachen Vergrößerun- gen sich denken lässt, sondern aus feinen Röhren besteht, die sich mannigfach durchkreuzen. In dieser Weise sollen Lücken bleiben, die ! R. Herrwie, Studien über Rhizopoden. Jenaische Zeitschr. Bd. XI. ? Hermann For, Sur le Sticholonche zanclea et un. nouv. ordre de Rhizo- podes. Zoologische Paradoxen. 623 aber so klein sind, dass man sie nicht unterscheiden kann, und nur dureh solche Lücken mögen die Pseudopodien durchdringen; anders kann es kaum stattfinden. For war der Erste, der in einer Sticholonche besondere Anhäu- fungen von Kügelchen sah; er beschrieb sie als besondere Sarcode- bildungen, die im Centrum der Anhäufung bedeutend größer als in der Peripherie sind. Im Inneren jedes Kügelchen unterscheidet man einen stark lichtbrechenden Punkt. Die erwähnte Anhäufung wird immer srößer und größer, und wenn sie fast die Größe der ganzen Sticho- lonche erreicht, theilt sie sich in zwei Hälften. In den anderen frisch gefischten Exemplaren hat For, anstatt der schon erwähnten Anhäu- fung, eine scharf begrenzte Bildung getroffen, die anfänglich ziemlich klein war, aber mit der Zeit sich sehr vergrößert und am inneren Lumen einen darin eingeschlossenen Körper (»corps en spiral«) bekommt. Diese Bildung schlüpft aus und fängt an frei zu schwimmen. Dieses frei gewordene Wesen beschreibt For als einen länglichen Körper, der eine spirale Furche besitzt und mit kleinen Cilien bedeckt ist; im Inneren des Körpers befindet sich ein Raum (une cavite cylindro- conique), welcher zwei hintere Drittel des Körpers einnimmt und sich nach vorn in einen Kanal verlängert. Betreffs der feineren Struktur dieses Geschöpfes äußert sich der französische Naturforscher nicht ge- nügend klar. Nach einem Behandeln mit verschiedenen Säuren und Alkohol hat er nur gesehen, dass die Wände des inneren Raumes homo- gen sind und eine Anzahl unregelmäßig vertheilter körnerförmiger Körperchen beherbergen. Endlich sieht For eine besondere Bedeutung darin, dass die kugel- einschließenden Sticholonchen nie den frei werdenden Organismus besitzen. Da die freilebende See-Fauna in Villafranca während des Winters 1889/90 fast vollständig fehlte, befasste ich mich mit der Sticholonche, die sich zufälligerweise ziemlich oft im Auftriebe vorfand. Beiläufig sei erwähnt, dass die Sticholonche gar nicht immer nur dann vor- kommt, wenn das Meer von anderen Repräsentanten frei ist, wie es For meint; so z. B. fand ich sie im letzten Sommer absolut nicht, ob- schon im Auftriebe nichts als Copepoden zu finden waren. Nach einer Bearbeitung des Auftriebes mit der Fırmmme’schen Flüssigkeit unter einem Deckgläschen und einer späteren Pikro- karminfärbung bekam ich Bilder, welche die eigentliche Natur des »corps en spiral« etwas erklärten; was aber die Körneranhäufung be- trifft, so war hier das Färbemittel ohne Einfluss; die Kügelchen blieben ungefärbt. Das kann besagen, dass der geeignete Farbstoff nicht 624 A. Korotnefl, getroffen war, oder dass die Färbung nicht genügend lange ge- schah. Ich will meine Beschreibung mit der Kugelanhäufung anfangen. Deren jüngstes Stadium ist in der Fig.22 abgebildet: das ist ohne Zweifel eine wahre Zelle, die zwei Zellkerne einschließt; jeder Kern sieht wie eine homogene Bildung aus, in welcher ein stark lichtbrechender Nucleo- lus eingeschlossen ist. Das Plasma der Zelle ist grobkörnig und scheint eine feine Membran zu haben. Ein weiteres Stadium (Fig. 24) über- zeugt uns, dass die Theilung der Kerne weiter geführt wird: wir finden nämlich, dass gerade in der Vertiefung der centralen Kapsel sich ein kompakter, ellipsoidaler Körper befindet, an dem man eine schon sehr resistente Membran bemerkt; dieser Körper besteht aus lauter Kernen oder Kügelchen mit einem unbedeutenden Quantum von Protoplasma. Die Kerne haben eine ganz verschiedene Größe, sind aber alle mit einem glänzenden Punkte versehen. Als Endstadium der Entwicklung des Kernes sehe ich die Fig. 20 an. Die Bülle des runden Körpers (Kugelanhäufung) platzt und die Kerne befreien sich, wonach sie sich über den ganzen Plasmakörper der Sticholonchen zerstreuen und auf die andere Seite der Kapsel hinüberziehen. Dieser Process hält die Theilung und Vermehrung der Kerne nicht auf und eine Anzahl der- selben bekommt zwei glänzende Nucleoli. Was die Theilung der Kerne selbst anbelangt, so trifft man beständig Stadien, die in der Fig. 23 ab- gebildet sind. Jeder Kern hat, wie gesagt, einen Nucleolus, der von einem grobkörnigen Plasma mit glänzenden Körnchen umgeben ist. Bei der Theilung in zwei und weiter vier Kerne bleibt die mütterliche Kernmembran behalten, aber mehr als vier Tochterkerne habe ich unter derselben Membran nie beobachtet. Ganz verschieden und sehr eigenthümlich erscheint die zweite Bildung, der »corps en spiral«: schon von Anfang an ist er leicht von der eben besprochenen Anhäufung zu unterscheiden: er ist nie regel- mäßig rund, oder ellipsoidal, sondern immer in der Richtung der Cen- tralkapsel ausgezogen; diese Form ist sehr konstant und kann in.den jüngsten sowohl, als bei den ausgebildeten Exemplaren beobachtet werden. Was die feinere Struktur dieses Körpers anlangt, so sagt For: »la coloration ne permet plus de voir nettement la cavite interne, mais la paroi se montre composce d’une substance, qui parait homogene, avec une quantite de petits corpuscules nucleiformes, disperses sans ordre dans toute son &paisseur. Chaque corpuscule renferme plusieurs pe- tites granulations refringentes ! «. 1 1. PL: Zoologische Paradoxen. 625 Die schon erwähnte Färbung mit Pikrokarmin hat mich überzeugt, dass der »corps en spiral« eine zellige Bildung ist. Ich kann drei ver- schiedene Stufen von der Entwicklung dieses Körpers beschreiben, da es mir gelang, gerade diese am besten zu beobachten. Das jüngste Stadium ist in der Fig. 25 abgebildet; es ist ein birnförmiger Kör- per, der aus vier Zellen besteht und vier längliche Zellkerne ein- schließt. Ob dieser Körper der Centralkapsel direkt anhaftet, kann ich nicht bestimmt sagen, jedenfalls ist er in ihrer Richtung ausge- zogen. Die Fig. 26 stellt ein sehr entwickeltes Stadium vor; wie im vorigen Falle ist dieser Körper asymmetrisch ausgezogen, besteht aber aus einer inneren Masse und einer Hülle; die innere Masse ist von zwei großen mandelförmigen Zellen gebildet, die zwei große Kerne besitzen: diese Zellen sind nur am Boden der Hülle angewachsen, sonst liegen sie frei und ihren Zipfeln entspricht eine Öffnung der zelligen Hülle. Die Hülle ist ganz topfförmig, einschichtig, sie schließt eine bedeutende Anzahl von länglichen Kernen ein und hat, wie gesagt, eine Öffnung. Das Freiwerden des »corps en spiral« habe ich nicht genau beob- achten können, das ausgekrochene Thier ist aber in der Fig. 27 genau abgebildet; es ist eine längliche Larve, die nicht eine spirale Furche be- sitzt, sondern aus fünf Segmenten zusammengesetzt ist, die von nicht tief eingreifenden eirkulären Furchen von einander abgegrenzt sind. Die Oberfläche ist nicht von feinen Wimpern, sondern von großen, geißelförmigen, einzeln stehenden Cilien besetzt. Betreffs der feineren Struktur ist zu bemerken, dass dieser Körper aus einer äußeren mehr homegenen Schicht und einer inneren mit einem Plasmanetze durchsetzten Masse gebildet wird. Es ist mir nicht gelungen diese Larve zu färben, dennoch kann ich mit Entschiedenheit sagen, dass die innere Masse aus wenigen Entodermelementen gebildet, die äußere, cilien- tragende Schicht aber ein zelliges Ektoderm ist. Über das Vorkommen der Körneranhäufung und des »corps en spiral« wäre vielleicht zu erwähnen, dass For bei den einen Individuen nur die eine, bei den anderen nur die andere Bildung getroffen hat!. !1.c.p. 20. Un fait important a mes yeux, c’est que tous les individus de nötre espece sont munis de l’une ou de l’autre des deux formes d’organes, que j’ai decrites; les uns ont les amas des globules, les autres ont le corps spiral. Les exemplaires jeunes ont ces corps a l’&tat rudimentaire, les gros exemplaires les ont a leur entier developpement. On peut facilement suivre ces deux series parall&les et se convaincre, qu’entre les deux series il n’y a aucune transition. Ce sont deux alternatives, entre les quelles se repartissent tous les individus que j’ai observes; je n’ai pas rencontre un seul cas douteux, sauf chez les exemplaires tout & fait jeunes, 626 A. Korotneff, Meinerseits muss ich behaupten, dass solch eine Vertheilung nicht sehr konstant ist; ich habe ziemlich oft Sticholonchen gefunden, welche den »corps en spiral« und zu gleicher Zeit glänzende Kügelchen ent- hielten; diese Beobachtung war auch von meinen geehrten Kollegen Dr. Borıes Ler und Dr. Du Pızssıs bestätigt worden; allein die Kerne waren dabei etwas verändert, hatten nicht alle einen glänzenden Nucleolus, waren nicht immer ganz rund, sahen also anormal, patho- logisch aus. Die Rolle und Bedeutung der beiden Arten von Bildungen ist bis jetzt noch sehr unklar. For hat zwei mögliche Hypothesen aufgestellt: erstens es handelt sich um verschiedene Geschlechter; die Kerne sind weibliche Geschlechtselemente, während der »corps en spiral« eine Spermatophore ist. Zweitens es sei ein Parasit, wie der von HErrwiG bei der Acanthometra serrata, A. Claparedii und Acanthostaurus pur- purascens! erwähnte. For ist mehr geneigt, die erste Vermuthung an- zunehmen und den »corps en spiral« für eine Spermatophore zu halten; als Beweis dafür scheint ihm das schon erwähnte, aber irrthümlich be- hauptete ausschließliche Vorkommen der Anhäufung von Kügelchen und des »corps en spiral« in verschiedenen Individuen. Ich zweifle kaum, dass wir es mit einem Parasiten zu thun haben und wahrscheinlich mit einem, der den Orthonectiden sehr nahe steht und möglicherweise ein Stadium ihrer Entwicklung darstellt. Das seltene gemeinsame Vorkommen der Kernanhäufung mit dem »corps en spiral« kann gut in der Weise erklärt sein, wie es auch For vorschlägt: nämlich dass dieser Organismus ein Parasit sei, der sehr früh in den Körper der Sticholonche hineindringt und die Kugelanhäufung verhin- dert oder beseitigt. Damit mag das erwähnte veränderte Ansehen von deren Kernen zusammenhängen. Kiew, im September 1890. Erklärung der Abbildungen. Buchstabenbezeichnung. bl.en, blasiges Entoderm; en.sp, Entodermspangen (Leisten), die den dr, Drüsen; Mund umgeben; ec, Ektoderm; ez, Eizellen; em.z, embryonale Zellen; f.sp, falsche Septen; en, Entoderm; gl, Gallerte; ! R. Herrwıc, Der Organismus der Radiolarien. p. 20. Zoologische Paradoxen. 627 kn, Nebenkern; ms, Muskel; Kr, Kerne; pl, Plasmodium ; Lv, Larve; pl.k, Plasmodiumkern; M, Mund; sp.l, Septallumen ; Mr, Mundröhre; spz, Spermatozoen in Entwicklung; mf, Muskelfibrille ; w.sp, wahre Septen. mpr, Membrana propria; Tafel XXX. Fig. 1. Gastrodes parasiticum in toto in der Gallerte der Salpa fusiformis ein- gebettet, in der Nähe des Muskelreifes der Salpe (ms). An dem Thiere sind wahre und falsche Septen zu sehen und die Mundöffnung im Inneren. Vergr. 50. Fig. 2. Ein Querschnitt des Gastrodes in der Mundgegend. Eine bedeutende Gallertschicht trennt das Ektoderm vom Entoderm. Die Mundröhre (Mr) ist von einer Entodermspange, die als Leiste in die innere Cavität eindringt, umfasst. Die wahren Septen (w.sp) haben Ektodermelemente in ihrer Dicke, die den falschen fehlen. Fig. 3. Ein Querschnitt des Gastrodes näher dem kuchenförmigen Gipfel ge- führt. Die Gallertschicht ist an diesem Orte nicht mehr vorhanden. Das Ektoderm bildet trichterförmige Vertiefungen, um ins Innere der wahren Septen hineinzu- dringen. Fig. 4. Längsschnitt eines jungen Gastrodes, an dem die Eier sich schon bilden, Es sind dabei zwei Scheidewände (Septen) längsgeschnitten, die echten sind (w.sp) aus Ekto- und Entoderm gebaut, die falschen (f.sp) nur aus Entoderm. Das Ento- derm enthält Plasmodien, blasige Elemente, und einfache kubische Zellen. Fig. 5. Längsschnitt desselben Gastrodes. Der Schnitt ist ganz in der Mitte ge- sangen. Die Mundröhre führt in ein unbedeutendes Magenlumen, dessen Boden von einfachen kubischen Zellen tapeziert ist; das übrige Entoderm ist von blasigen Elementen gebildet. Fig. 6. Querschnitt der Mundröhre des Gastrodes. Das Entoderm der Mund- röhre bildet zwei Spangen, die mit dem Entoderm der Leibeswand in Zusammen- hang stehen. Fig. 7. Das Ektoderm mit den Ei- und Embryonalzellen, die zu der Bildung der Eier dienen. Fig. 8. Das Ektoderm unweit vom Bauch des Gastrodes, Drüsenzellen ein- schließend. Fig. 9. Das Plasmodium des Entoderms, gemeinsame Plasmamassen bildend, mit eingeschlossenen Kernen. Tafel XXXI. Fig. 40. Querschnitt einer Scheidewand im oberen Theile, wo das Ektoderm trichterförmig ins Innere hineindringt; das Ektoderm der Scheidewand steht hier in Verbindung mit dem äußeren Ektoderm. Fig, 44. Querschnitt derselben Scheidewand etwas näher dem Mundrohre. Das Ektoderm der Scheidewand, obschon es noch ein Trichterlumen besitzt, ist von dem äußeren Ektoderm schon abgetrennt. Fig. 42. Der Querschnitt der Scheidewand in dem Gebiete des Mundrohres, Das Ektoderm der Scheidewand ist ganz vom äußeren Ektoderm abgetrennt. Fig. 43, Ein Stück der Leibeswand des Mundbodens in der Nähe des Mund- 628 A. Korotnefi, Zoologische Paradoxen. rohres. Man sieht im Entoderm die Entstehung der Spermatozoen. Im Schnitte ist auch ein Plasmodium mit Kernen getroffen. Fig. 44. Eine Flächenansicht des Ektoderms des Gastrodes mit eingebetteten Drüsen. Fig. 45. Ein Querschnitt eines Radialkanales der Geryonia. Unter dem Ekto- derm der Subumbrella befindet sich eine kolossale Zelle mit einem großen Kern und einer in ihrem Protoplasma eingebetteten Larve der Cunoctantha. Fig. 46. Eine unter dem Ektoderm der Geryonia (an der Subumbrella) sich befindende kolossale Zelle mit einem Kern und einer Cunoctantha-Larve. Die Larve besteht aus einem einschichtigen Ektoderm und mehrschichtigem Entoderm. Die Ektodermzellen der Geryonia, welche die Kolossale Zelle bedecken, sind durch die Larve abgeplaitet. Fig. 47. Die in der kolossalen Zelle sich befindende Larve ist durch das Aus- wachsen des Entoderms bedeutend größer geworden, während das Ektoderm seinen früheren Zustand behält. Fig. 48. Die jüngste von mir in einer kolossalen Zelle gefundene Larve, deren Entoderm zweischichtig ist. Fig. 49. Der Querschnitt hat eine zusammengefaltete Larve getroffen, deren Ektoderm sich bedeutend ausgedehnt hat. Die Larve befindet sich nicht unter, sondern im Ektoderm selbst, zwischen den Zellkörpern und den Muskelfibrillen. Tafel XXXII. Fig. 20. Eine Sticholonche zanclea, in der die Scheide der Kernanhäufung geplatzt ist und die Kerne sich im Plasma vertheilt haben. Fig. 24. Pseudopodien der Sticholonche und ihre Verhältnisse zu der centra- len Kapsel und ihren Stäbchen. Fig. 22. Die centrale Kapsel und die Urzelle, die zur Entstehung der Kern- anhäufung dient. Fig. 23. Die Kerne der Sticholonche und ihre Theilung. Fig. 24. Eine Sticholonche, in der die Kerne in einer gemeinsamen Scheide eingeschlossen sind. Fig. 25. Sticholonche, die das junge Stadium eines Parasiten einhält. Fig. 26. Der Parasit der Sticholonche hat schon eine bedeutende Entwicklung erreicht und besteht aus zwei großen inneren Zellen und einer zelligen Hülle, in der eine Öffnung vorkommt. Fig. 27. Ein schon frei gewordener Parasit der Sticholonche, der. segmentirt und mit langen Cilien bekleidet ist. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum; sowie Studien an Phaeodarien. Von Adolf Borgert in Kiel. Mit Tafel XXXIN und 2 Holzschnitten. I. Die Dicetyochiden!. A. Historische Übersicht. Trotz der ausgedehnten Verbreitung mancher ihrer Arten, wurden die Dietyochiden doch verhältnismäßig erst spät entdeckt. Im Jahre 1838 beschrieb Enrengerg in seiner Abhandlung »Über die Bildung der Kreidefelsen und des Kreidemergels durch unsichtbare Organismen «? die ersten Kieselgehäuse derartiger kleiner Thiere, die er fossil in den Kreidemergeln Sieiliens gefunden hatte. In der genannten Arbeit begründet Enrengere die Gattung Dic- tyocha mit den sechs Arten Dictyocha fibula, Diet. navicula, Diet. polyactiıs, Diet. speculum, Dict. stella und Dictyocha triangula; doch stellte er dieselbe nicht, wie es später Jon. MürLer that, zu seinen Polyeystinen, sondern mit den Bacillarien (Diatomeen) zusammen zu den Polygastrica°. Die neue Gattung charakterisirt er wie folgt*: Dictyocha, »E fa- milia Baeillariorum ? Lorica simplex univalvis silicea, laxe reticulata aut ! Unter der Bezeichnung Dictyochida werde ich wie HAEckEL die vier Gattun- gen Mesocena, Dictyocha, Distephanus und Cannopilus zusammenfassen; diesen Na- men jedoch in anderem Sinne anwenden, und zwar für jene kleinen Organismen, deren Kieselgehäuse HAEckEL, wie ich weiter unten zeigen werde, irrthümlich als die Skeletitheile von vier verschiedenen Phaeodarien-Gattungen ansah. 2 Abhandlungen der königl. preuß. Akademie der Wissenschaften zu Berlin aus dem Jahre 1838. 3 An dieser Stelle sieht EHrENBERe allerdings die Polycystinen noch als Familie der Polygastrica an, trennt sie jedoch später von diesen ab, und stellt sie als beson- dere Klasse auf. * Abhandlungen d. Berliner Akademie, 4838, p. 129. 630 Adolf Borgert, stellata. Arthrodesmo et Xanthidio habitu solum affines formae para- doxae forsan Spongiarum ossicula figurata sunt. « Im folgenden Jahre (1839) erschien in den Abhandlungen der Aka- demie der Wissenschaften zu Berlin eine andere Mittheilung EurENBERG’S »Über noch jetzt lebende Thierarten der Kreidebildung und den Orga- nismus der Polythalamien«, in welcher er die ersten lebend beob- achteten Exemplare verschiedener Diciyocha-Arten, die er bis dahin nur fossil gefunden hatte, beschreibt, und zugleich auch die erste Ab- bildung einer, mit ihrem Weichkörper erfüllten Dieiyocha speculum giebt. Die Untersuchung zahlreicher halibiolithischer Gesteine von den verschiedensten Punkten der Erde, deren Ergebnis EHRENBERG in seiner, 1854 erschienenen, umfangreichen Mikrogeologie ! niedergelegt hat, ließ die Zahl der Diciyocha-Arten beträchtlich steigen, so dass EurENBere in diesem Werke bereits 29 fossile Species der genannten Gattung unter- scheiden konnte (von denen einzelne Arten auch heute noch lebend gefunden werden). Besonders wichtig ist die Mikrogeologie außerdem wegen der in ihr gegebenen Abbildungen der beobachteten Arten. Die Resultate der Untersuchung einer großen Zahl von Meeres- Grundproben, der sich Enrengere bis in sein spätestes Lebensalter mit unermüdlichem Eifer widmete, und zu der ihm von allen Seiten reich- liches Material zufloss, brachten die Zahl der Diciyocha-Species im Ganzen auf 50. Mehrere dieser Arten sind jedoch nur Varietäten oder Abnormi- täten, wie sie sich zahlreich neben den regulären Formen finden, die mit besonderen Namen belegt worden sind. Von sechs Species? führt EHRENBERG nur die Namen an, ohne eine Diagnose oder Abbildung der- selben zu geben. Eine Art (Diciyocha splendens) ist nach Harcker’s An- gabe sogar der gefensterte Kalkkörper einer Holothurie. Noch andere Arten müssen von der Gattung Dictyocha abgetrennt, und in besonderen Genera (Disiephanus und Cannopilus) vereinigt werden, so dass von Eurenperg’s 50 Dictyocha-Species nur acht Dictyocha-Arten im engeren Sinne übrig bleiben. Die Zugehörigkeit der Dietyochiden zu den Radiolarien wurde zu- erst von Jou. MüLLer ausgesprochen. In einem im Jahre 1855 vor der Berliner Akademie der Wissenschaften gehaltenen Vortrage »Über 1 C. G. EnrengErg, Mikrogeologie. Das Erden und Felsen schaffende Wirken des unsichtbar kleinen, selbständigen Lebens auf der Erde. Leipzig 1854. EHRENBERG giebt in diesem Werke die Analysen von nicht weniger als 836 ver- schiedenen Erd- und Gebirgsarten »vom Südpol, von Australien, Asien, Afrika, Süd- und Centro-Amerika bis Mexiko «. ? Es sind dies folgende Arten: Dietyocha borealis, Diet. cenostephania, Dict. compos, Dict. coronata, Dict. socialis, Diet. specillum. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 631 die im Hafen von Messina beobachteten Polyeystinen«! thut er einer ‚ lebend beobachteten sechsstrahligen Dictyocha (höchst wahrscheinlich Dietyocha speculum) Erwähnung. Da er bei diesem Thier jedoch den Weichkörper nicht, wie es bei den Polycystinen sonst der Fall ist, »in weiche Strahlen verlängert« fand, so äußerte sich Mürrer damals nicht eingehender über die Beziehungen dieser Form zu den Polyeystinen. Auch Hazcker ordnete die Gattung Dictyocha in seiner Monographie der Radiolarien aus dem Jahre 1862 mit einiger Reserve seinem Radiolarien- system ein. Doch machte sowohl der Bau des Weichkörpers, den er bei seiner in Messina entdeckten Dictyocha messanensis, ganz ähnlich wie bei anderen Radiolarien, aus einer »weichen kugeligen Kapsel, von einer Gallerthülle umschlossen« bestehend fand, als auch »die Form des Kieselgehäuses« die Zugehörigkeit dieses Genus zu den Radio- larien höchst wahrscheinlich. Hazcker stellte daher die Gattung Dictyocha zu der zweiten Familie seiner Radiolaria Monozoa, zu den Acanthodesmiden, zusammen mit den Genera Lithocircus, Plagiacantha, Acanthodesmia, Prismatium und Zy- gostephanus. Von diesen gehört zu den Dictyochiden heute nur noch die Gattung Dictyocha selbst, mit 12 Arten. Damals hatte Haıercrer, wie ich schon an dieser Stelle bemerken will, die»kleine kugelige Kapsel« im Inneren des Skelettes von Dictyocha messanensis, »welche der Centralkapsel von Prismatium glich, und farblos, durchsichtig, mit kleinen Bläschen erfüllt und von einem Gallert- mantel umschlossen erschien«, richtig als den Weichkörper dieser Dic- iyocha-Art erkannt. | Bis zum Jahre 1879 stand nun auch bei allen Radiolarien-Forschern die Ansicht fest, dass die Diciyochen selbständige kleine Radiolarien seien; da beschrieb Rıcnırp Herrwis? eine Radiolarienart, die er wegen des Baues ihrer Centralkapsel zu seinen Tripyleen stellte, und in deren Gallerthülle er die von Eurengerc zuerst als Diciyocha fibula beschrie- benen hütchenförmigen Kieselpanzer in großer Zahl eingebettet fand. Diese Erscheinung deutete er so, dass EHRENBERG nur die isolirten Skeletttheile dieser tripyleen Radiolarienspecies gefunden und be- schrieben habe, deren vollständiges Skelett aus einzelnen, locker über die Oberfläche des Galymma zerstreuten Kieselstücken bestanden habe. 1 Monatsber. der königl. preuß. Akademie der Wissensch. zu Berlin. 4855. p- 676. Damals wurde noch die EHRENBERG sche Bezeichnung angewandt; der Name Radiolaria wurde erst im Jahre 1858 durch Josannes MÜLLER in die Zoologie eingeführt, 2 RıcHArD HERTwIG, Der Organismus der Radiolarien. Jena 1879. 632 Adolf Borgert, Herrwıc belegt daher diese, von ihm zuerst beobachtete Tripyleen- art mit dem Namen Diciyocha fibula und beschreibt sie wie folst!: . » Zahlreiche Kieselstücke liegen in den oberflächlichen Gallertschichten dicht neben einander, so dass das Ansehen einer Gitterkugel entsteht; ein Zusammenhang war jedoch zwischen ihnen nicht nachweisbar, viel- mehr wurde der Zusammenhalt nur durch die Berührung der vier an den Ecken befindlichen Stacheln bedingt.« In Folge dieser Beobachtung stellt Herrwıc die Dictyochen zu seinen Tripyleen, und reiht sie an die Aulacanthen an, indem bei diesen eben- falls das Skelett aus isolirten Kieselstücken besteht. Nach seiner Auffassung ist es demnach auch gerechtfertigt, wenn er in Bezug auf Harckzer’s Radiolarienmonographie aus dem Jahre 1862 sagt: »Nach Eurengere hat Haccrer die Einzelstücke von Diceiyochen- Skeletten wieder beobachtet und für selbständige Radiolarienpanzer gehalten.« In seinem Challenger-Report? tritt Haeckzı dagegen der Ansicht Herrwic’s bei. Zu dieser Änderung seiner Anschauung bestimmte Harcker der Umstand, dass auch er, eben so wie Herrrwıe, in dem Ca- lymma von Phaeodarien-Arten (Hrxrwıe’s Tripyleen) die kleinen, von EurenBERG als Dictyochen beschriebenen Kieselpanzer fand. Dementsprechend stellte Hazcrzı jetzt die Dietyochiden, zu denen er die vier Gattungen Mesocena®, Dictyocha, Distephanus und Cannopilus rechnet, zu seinen Phaeodarien, und zwar als dritte Subfamilie der Cannorrhaphiden, bei denen das Skelett aus einzelnen isolirten Ringen, Tangentialröhren oder Gitterstücken besteht. So sind die Dietyochiden eine schon allein durch ihre Geschichte hemerkenswerthe und interessante Thiergruppe geworden, über deren Natur in den 50 Jahren seit ihrer Entdeckung durch Enrenbere recht verschiedene Ansichten geherrscht haben, und deren Zugehörigkeit zu den Radiolarien überhaupt noch eine mehr als zweifelhafte ist; doch davon später. — An dieser Stelle sei nurnoch gleich bemerkt, dass die Kieselgebilde bei Hzrrwıg’s Dictyocha fibula, eben so wie bei Harckezr’s Dietyochiden, nicht Skelett-Ausscheidungen dieser Arten, sondern in der That, wie schon Eurenserg ganz richtig erkannt hatte, die Gehäuse selbständiger kleiner Individuen sind, die nur durch Aufnahme von 1 Ebendaselbst p. 89. 2 HAEcKEL, Report on the Radiolaria collected by H. M. S. Challenger during Ihe years 1873—4876. Zoology. XVII. 2. 1887. p. 1557. 3 Diese Gattung wurde zuerst von BürscaLı (1884) zu den Phaeodarien gestellt. cf, O. Bürscatı, Beiträge zur Kenntnis der Ba insbesondere der der Cyrtida. Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. p. 495. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephauus speculum etc. 633 außen in das Galymma skelettloser Phaeodarien-Arten (aus der Familie der Phaeodinida) gelangt sein können, die ihrerseits vielleicht nur als die Jugendformen älterer, skelettführender Formen aufzufassen sind. Um weiter unten, an der Hand genauerer Kenntnisse über den Weichkörper dieser kleinen Organismen, die Unhaltbarkeit der Herrwıe- Hazcrer’schen Ansicht nachweisen zu können, lasse ich zunächst einige Untersuchungen über die einzige hier bei Kiel vorkommende Dictyochi- den-Art Disiephanus (Dictyocha) speculum Ehrb. sp. folgen. B. Untersuchungen über den Bau von Distephanus speculum. (Hierzu Fig. 1—12.) Vorbemerkungen. Während die an die Ostsee angrenzenden Theile der Nordsee schon eine größere Anzahl von Radiolarien-Arten aufweisen, ist ersteres Meer sehr arm an diesen Thierformen; ja, es scheinen in demselben Ver- treter dieser Gruppe sogar vollständig zu fehlen, da die Dietyochiden, die offenbar allein in Betracht kommen könnten, wie ich bereits andeutungs- weise hervorhob, nicht zu den Radiolarien zu rechnen sind. Nach dem »Bericht der Kommission zur wissenschaftlichen Unter- suchung der deutschen Meere«! finden sich in der Ostsee drei Dictyocha- Arten. Es sind dies die beiden Dietyochiden-Species Dictyocha fibula und Distephanus (Dictyocha) speculum, sowie eine von Mösıus ? unter dem Namen Dictyocha fornix beschriebene Form. Von den genannten drei Arten beobachtete ich bei Kiel nur die beiden letzteren. Diciyocha fibula, die Mögıus ebenfalls unter den Rhi- zopoden der Kieler Bucht aufführt®, habe ich trotz eifrigsten Suchens daselbst. nie gefunden. | Da die Dietyochiden einerseits sehr kleine Organismen, anderer- seits außerordentlich empfindlich gegen äußere Einflüsse sind, so stellen 1 Fünfter Bericht der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel. Berlin 4887. 2 Mösıus, Systematische Darstellung der Thiere des Plankton. V. Kommis- sionsbericht p. 122. Taf. VIII, Fig. 53—59. Die von Mösıus zuerst beschriebene, und als Dietyocha fornix bezeichnete Art dürfte wohl weder zu der Gattung Diciy- ocha, noch überhaupt zu den Dictyochiden zu rechnen sein. Einerseits besteht nämlich das Skelett dieser Art aus soliden Kieselbalken, andererseits ist es nach einem ganz anderen Grundplan gebaut, als die von einem kontinuirlichen Hohl- raum durchzogenen Dictyochiden-Gehäuse. Auch der Weichkörper lässt, wie ich ‚weiter unten zeigen werde, in seiner Struktur abweichende Verhältnisse erkennen. .. 3 Mösıus, Bruchstücke einer Rhizopodenfauna der Kieler Bucht. Abhandl. d, königl. Akademie d. Wissensch. zu Berlin vom Jahre 1888. Berlin 4889. p. 6 u. 7. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 49 634 Adolf Borgert, sich dem Fange, sowie der Untersuchung derselben mancherlei Schwie- rigkeiten entgegen. Wegen der geringen Größe dieser Thiere muss man sich zu ihrem Fange sehr feinmaschiger Netze bedienen. Da aber das Wasser durch diese nur äußerst langsam hindurchströmt, so werden die in denselben gefangenen Organismen, selbst bei langsamer Fahrt des Bootes, durch den Wasserstrom schon heftig gegen die Wandungen des Netzes ge- drückt. Diese mechanische Einwirkung genügt, um den zarten Weichkörper von Disiephanus speculum, der nur durch sechs kleine Zähnchen gestützt wird, aus dem Hohlraum des Skelettes herauszuspülen oder doch wenig- stens zu beschädigen. Hierdurch erklärt sich auch die Erscheinung, dass man in den mit dem engmaschigen Oberflächennetz gemachten Fängen meist nur leere Skelette der genannten Art, oder doch nur solche Exemplare findet, deren Inhalt mehr oder weniger stark verletzt ist. Ebenfalls ist in diesem Umstand wohl der Grund dafür zu suchen, dass lebende Die- tyochiden so selten zur Beobachtung gelangten; wie ja auch HarckeL während seines Aufenthaltes in Messina niemals das Glück hatte, seine Diciyocha messanensis lebend zu beobachten. Bewegungserscheinungen wurden bisher nur bei Distephanus spe- culum, und zwar von EHRENBERG und MöBpıvs, konstatirt. Da die Anwendung des Oberflächennetzes aus feiner Gaze kein ge- eignetes Untersuchungsmaterial lieferte, so war Herr Prof. Branpr so gütig, mir bei Gelegenheit der Kommissionsfahrten von dem, mittels des Hrnsen’schen Planktonnetzes ! gefischten Material zur Verfügung zu stellen. | Die Konstruktion dieses Apparates begünstigt den Fang lebender — selbst sehr empfindlicher — Organismen in hohem Grade, indem beim Aufwinden des Netzes dieselben sich in dem Blecheimer ansammeln und zugleich mit dem in diesem zurückbleibenden Wasser ausgeleert werden können. Die von mir lebend beobachteten Exemplare von Disiephanus spe- culum fand ich ausschließlich in solchen Planktonfängen. Eben so empfindlich wiegegen mechanische Einflüsse sind die Die- tyochiden gegen chemische Reize, wie z. B. Fäulnis oder Verunreinigung des Wassers. | Will man daher lebende Individuen mit nach Hause bringen, so 1 HEnseEn, Über die Bestimmung des Planktons oder des im Meere treibenden. Materials an Pflanzen und Thieren. V. Kommissionsbericht. p. 6 ff. Taf. I, Fig. 4 und 6. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 635 hat man hauptsächlich darauf zu achten, dass die gefischten Thiere in einem möglichst großen Wasserquantum mitgenommen werden, und so- mit nicht zu viele lebende oder gar todte Organismen in demselben vorhanden sind. Auch vor zu starker Erwärmung muss man das Material zu sehützen suchen. Zu den Zeiten, wo Gopepoden oder Ceratien in ungeheurer Zahl in der Ostsee vorkommen, und der Fang für die Untersuchung lebender Exemplare von Distephanus speculum bereits in einem Tage unbrauch- bar wird, da namentlich die kleinen Crustaceen, wenn sie zahlreich in einem Gefäße vorhanden sind, sehr leicht absterben und durch schnell eintretende Fäulnis das Wasser verderben, empfiehlt es sich, das ge- fangene Material durch feine Gaze zu filtriren, welche die größeren Thiere, wie Copepoden, Wurmlarven, einen großen Theil der Ceratien etc. zurückhält, den äußerst kleinen Dietyochiden jedoch den Durchtritt gestattet. Bei der außerordentlich geringen Resistenzfähigkeit dieser Orga- nismen gegen mechanische Einflüsse ist die Durchlüftungsmethode zum Zwecke der Frischerhaltung des Wassers nicht anwendbar, weil durch die damit verbundenen beständigen Erschütterungen die zarten Thiere unfehlbar zu Grunde gehen. Auch die Erneuerung des Wassers, die bei größeren Thieren mit Erfolg angewandt wird, ist wegen der geringen Größe des Untersuchungs- objektes nicht durchführbar. Man ist somit nicht im Stande, die kleinen Dietyochiden einige Zeit am Leben zu erhalten, und daher darauf angewiesen, für die Unter- suchung lebender Exemplare sich stets mit frisch gefangenem Material zu versehen. Das Auffinden der kleinen Organismen ist ebenfalls, wenn dieselben nicht sehr zahlreich vorhanden sind, mit einigen Schwierigkeiten ver- knüpft, da die lebenden Thierchen im Wasser suspendirt sind und man dasselbe tropfenweis unter dem Mikroskop untersuchen muss. Diese Art der Untersuchung nimmt einerseits außerordentlich viel Zeit in An- spruch, andererseits führte dieselbe oft zu keinem Resultat, indem zu Zeiten trotz zweitägiger Untersuchung nicht ein einziges Exemplar von Distephanus speculum in den Planktonfängen gefunden wurde, und an den folgenden Tagen lebende Individuen dieser Art nicht mehr zu er- warten waren. Selbst die Anwendung des Brever'schen Mikromembranfilters lieferte nicht das gewünschte Resultat, da die kleinen Thierchen mittels ihrer spitzen Kieselstacheln an den filtrirenden Flächen hängen blieben. Um reichlicheres Untersuchungsmaterial zu erlangen, bediente ich 423* 636 | Adolf Borgert, mich daher einer anderen Methode, die zwar keine lebenden, doch immerhin zum Studium des Weichkörpers geeignete Exemplare in größerer Zahl lieferte. Der Planktonfang wurde in zwei Hälften getheilt, von denen die eine zur frischen Untersuchung verwendet wurde. Die andere Hälfte des Fanges wurde durch feine Müllergaze filtrirt, die ihn von größeren Thieren befreite. Zu dem Filtrat wurde Sublimat oder Pikrinschwefel- säure hinzugefügt, durch welche die kleinen in demselben enthaltenen Organismen abgetödtet und ausgefällt wurden. Die feine Masse, die sich nach einiger Zeit auf dem Boden des Gefäßes ansammelte, wurde meist in toto, theils mit Hämatoxylin, theils mit alkoholischem Karmin gefärbt. Da bei dieser Art der Fixirung selbst die Gilien der Tintinnen in bester Weise erhalten blieben, glaube ich annehmen zu dürfen, dass dieselbe auch für die anderen kleinen Organismen eine ausreichende war. Um bei der Untersuchung des Weichkörpers den störenden Ein- fluss des Skelettes zu beseitigen, thut man gut, als Einschlussmittel Glycerin zu wählen. Man kann, wenn man dasselbe in geeigneter Weise verdünnt, das Kieselgehäuse vollständig zum Verschwinden bringen. Die Häufigkeit, mit welcher Distephanus speculum während der verschiedenen Jahreszeiten in der Kieler Bucht auftritt, variirt sehr be- deutend. Am wenigsten zahlreich kommt diese Art daselbst in den Monaten Mai, Juni und Juli vor; im August findet sie sich schon in größerer Zahl, vermehrt sich sehr stark und erreicht in einem der letzten Monate des Jahres, scheinbar im November, ihr Maximum. - Es ist daher auch wohl nicht allein dem Zufall zuzuschreiben, und deutet ebenfalls auf das vermehrte Vorkommen der in Rede stehenden Dietyochiden-Species in der Ostsee während dieser Zeit hin, dass Enrengerg ! 1839 im September, und Mösıus ? im Jahre 1870 im No- vember Disiephanus speculum bei Kiel lebend beobachteten. | Nach Enrengire’s ? Angaben gehört auch Distephanus speculum zu den Organismen, die zum Leuchten des Meeres beitragen. 1 EHRENBERG, Über noch jetzt lebende Thierarten der Kreidebildung und den Organismus der Polythalamien. Abhandl. der Berliner Akademie. 4839. p. 450. Taf.:IV,>Eig.%. 2 Mösıvs, Thiere des Plankton. V. Kommissionsber. p. 122. Taf. VIII, Fig. 48 bis 50. 3 Abhandlungen der Berliner Akademie. 4839, p. 97. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 637 1. Beschreibung der in der Ostsee bei Kiel beobachteten Skelettformen von Distephanus speculum. Das Skelett von Distephanus speculum besteht aus zwei ungleich großen Kieselringen (Basal- und Apicalring) , die in parallelen Ebenen liegen und von denen der kleinere, der Apicalring, durchschnittlich etwa halb so groß ist als der Basalring. Beide Ringe sind an ihrem äußeren Rande regulär sechsseitig. Der Basalring ist an seinen sechs Ecken in radiäre Stacheln verlängert, die mit dem Ringe in derselben Ebene liegen und meist nur um ein Geringes länger oder kürzer sind, als der Radius desselben. Die Ecken des Apicalringes stehen durch sechs gleich lange Kieselbalken, die entweder gerade oder schwach ge- wölbt 'sind, mit den Mitten der Basalringseiten in Verbindung. Diese Kieselbalken sind stets kürzer, meist ungefähr nur halb so lang, als die Seiten des Basalringes, und bilden in Gemeinschaft mit diesen und den Seiten des Apicalringes die sechs Randmaschen, deren jede fünf- seitig ist. Der Basalring trägt außer den erwähnten Radialstacheln noch sechs andere kleine, dornenartige Stacheln, die centripetal abwärts gerichtet sind, und in gleichen Abständen von einander neben je einem der Ra- dialstacheln entspringen. Bei der Ansicht des Skelettes von der Apicalseite erscheinen daher diese sechs kleinen Zähnchen im Lumen der Randmaschen; und zwar hat jede der drei, durch die Radialstacheln angedeuteten Achsen, wenn man das Gehäuse orientirt, wie in Fig. 1—5 angedeutet, bei dem oberen Radialstachel den kleinen centripetalen Dorn an der linken, bei dem nach unten gerichteten denselben an der rechten Seite. Bei der Be- trachtung des Skelettes von der basalen Seite ist die Lage der Zähnchen natürlich eine entgegengesetzte (rechts vom oberen, links vom unteren Radialstachel). Auch der Apicalring trägt oft einzelne, divergent nach oben ge- richtete kleine Stacheln, deren Zahl zwischen 0 und 3 varirt. Wo die- selben vorkommen, stehen sie auf den Mitten von Seiten des Apicalringes. Das ganze Skelett wird von einem kontinuirlichen Hohlraum durch- zogen (Fig. 6). Dies der typische Bau des Skelettes von Distephanus speculum, von welchem mancherlei Abweichungen vorkommen. Außer der beschriebenen regelmäßigen sechsstrahligen Form dieser Art, beobachtete ich ein besonders großes Exemplar, das einen regu- lären siebenstrahligen Bau zeigte (Dictyocha ornamentum Ehrbg.), im Übrigen jedoch mit der gegebenen Beschreibung übereinstimmte (Fig. 6). 638 Adolf Borgert, Sehr oft findet man auch Skelette von Distephanus speculum, bei denen zwei einander gegenüberliegende Radialstacheln stark verlängert (Fig. 3) oder die beiden anderen Stachelpaare verkürzt sind. In anderen Fällen kann die Verkürzung bei allen sechs Radial- stacheln auftreten (Fig. 2). Noch andere Abweichungen, die jedoch schon mehr in das Gebiet der Missbildungen fallen, aber den regulären Bau des centralen, eigentlichen Skelettkörpers nicht stören, zeigen Ske- lettformen, wie sie in Fig. 4 und 5 abgebildet sind. Im ersteren Falle ist nur einer der Radialstacheln doppelt entwickelt; im letzteren Falle erstreckt sich die Duplieität auf zwei derselben. Es würde zu weit führen, wollte ich alle Missbildungen aufzählen, die ich Gelegenheit hatte zu beobachten, und die theils in der Ausbil- dung neuer Kieselbalken innerhalb der Apical- und Randmaschen, theils in dem Fehlen oder in unregelmäßigen Krümmungen einzelner Skelett- theile bestanden. Eine größere Zahl in der Nordsee gefischter Exemplare von Distepha- nus speculum, die ich der Liebenswürdigkeit meines Freundes Dr. Apsteın verdanke, zeigte denselben Skelettbau wie die Ostseeform und unter- schied sich von dieser nur durch die um ein Weniges bedeutendere Größe ihres Gehäuses; denn, während der Durchmesser des Basalringes bei den in der Kieler Bucht gefangenen Exemplaren dieser Art nur wenig über 0,02 mm (durchschnittlich 0,023 mm) betrug, blieb derselbe bei der Nordseeform selten unter 0,025 mm. Außerdem fehlten bei sämmt- lichen von mir untersuchten Gehäusen die Stacheln am Apicalring. Eine sehr merkwürdige Erscheinung, die außer bei der Gattung Distephanus auch bei mehreren Arten des Genus Dictyocha beobachtet wurde, besteht in dem Vorkommen der von Hazcker als »twin-pieces«, Zwillingsstücke, bezeichneten Kieselkörper, für welche ich, da man bei dieser Benennung an eine gleichzeitige Entstehung ihrer Hälften denken könnte, die Bezeichnung Doppelgehäuse in Vorschlag bringe. Diese eigenartigen Gebilde bestehen nämlich aus zwei, mit ihren Basalringen zusammenliegenden Individuen derselben Art, die sich in der Weise an einander gelagert haben, dass je ein Radialstachel des einen, mit je einem des anderen Individuums zusammen zu liegen kommt. Hierdurch entsteht ein kugeliges Kieselgebilde (Fig. 8), wie es Stönr ! zu der Begründung seiner Gattung Distephanus verleitet hat. Der Zusammenhalt zwischen den beiden Hälften eines solchen Doppelgehäuses ist oft ein recht fester, jedoch keineswegs, wie HacEckEL ? ! Sröur, Die Radiolarienfauna der Tripoli von Grotte, Provinz Girgenti in Sici- lien. Palaeontographica 1880. Bd. XXVI. 4. Lfg. p. 424. Taf. VII, Fig. 9. ? HAECKEL, Challenger-Report. p. 4549. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 639 annimmt, die Folge eines Ineinandergreifens der kleinen Zähnchen der Basalringe. Dies ist undenkbar, da bei Distephanus speculum — wie sich aus der Beschreibung des Einzelskelettes dieser Art ergiebt — nie- mals ein Zähnchen des einen Individuums mit einem solchen des anderen zusammenliegen kann. ‚Die kleinen Zähnchen haben daher wahrscheinlich auch nur die Funktion, bei dem Einzelthier den Weichkörper desselben im Innen- raum des Skelettes zu erhalten, und spielen bei der Bildung der Doppel- gehäuse keine Rolle, indem sie frei in den Hohlraum hineinragen. Wodurch jedoch ein so fester Zusammenhalt zwischen den Hälften eines solehen Gehäuses bewirkt wird, dass selbst leere derartige Kiesel- gebilde im Zusammenhang mit einander bleiben, ist mir nicht er- klärlich. Man könnte vielleicht den Einwand erheben, dass das Skelett von Distephanus speculum normalerweise aus einer zweiklappigen Schale (einem Doppelgehäuse) bestehe, und dass die mit einem einfachen Panzer versehenen Exemplare dieser Art nur verletzte Individuen seien; doch wird diese Auffassung durch mancherlei Gründe widerlegt, die ich weiter unten, bei der Beschreibung des Weichkörpers, geltend machen werde. Es ist wohl kaum nöthig, einem anderen Einwande zu begegnen, dass nämlich das Zustandekommen der Doppelgehäuse auf Zufall zurück- zuführen sei. Gegen diese Ansicht spricht sowohl das zahlreiche Vor- kommen, als auch der stets gleiche, außerordentlich regelmäßige Bau dieser Gebilde. 2. Über die Variabilität des Skelettes von Distephanus speculum und die Beziehungen dieser Art zu anderen. Wie bereits oben erwähnt, gehört gerade Disiephanus speculum zu den sechs ersten, fossil in den Kreidemergeln von Galtanisetta auf Sieilien gefundenen Dictyochiden-Arten, mit denen im Jahre 1838 die Gattung Dictyocha durch EHrEnBERG begründet wurde. Die Beschreibung, die er von der genannten Art giebt!, lautet folgendermaßen: »Dictyocha speculum, cellulis senis, calathi formam, spinulis inaequalibus senis radiatam referentibus. Primo intuitu speculi antiqui formam addiceres.« Bereits im Jahre darauf, am 15. September 1839 war EnrENBERG so glücklich Distephanus speculum zum ersten Male, und zwar gerade bei Kiel. lebend zu beobachten. Diese Entdeckung erfüllte ihn mit so großer Freude, dass er der- 1 ef. Anm. 4 p. 629. 640 Adolf Borgert, selben in seiner Mittheilung »Über noch jetzt lebende Thierarten der Kreidebildung« in folgenden begeisterten Worten Ausdruck verlieh !!: »All das herrliche Licht des Meeres waren wieder offenbar Infusorien und mitten unter ihren zahlreichen Formen, worunter mehrere noch nie gesehene waren, erkannte ich denn plötzlich einen andersartigen Lichtpunkt, der, obwohl an sich klein und dunkel, mich freudiger noch erregte, als das wirkliche Licht. Es war, was ich suchte und zu finden kaum mehr hoffte. Es war eins der ausgezeichnetsten jener Kiesel- schalenthierchen, welche ich aus den Kreidemergeln von Sieilien kannte. Es war die wirklich noch lebende Dictyocha speculum, gerade die wunderlichste aller Kieselschalen aus den von Frızpr. HoFFMAnN aus- drücklich bestätigten weißen Mergeln der Kreide von Caltanisetta. Es war das erste lebend beobachtete scharf eigenthümliche Thier der Kreideformation und eine Species eines bisher als rein urweltlich angesehenen Genus.« Während nun die große Variabilität im Skelettbau bei Disiephanus speculum, auf die ich schon im vorigen Abschnitt hinwies, dazu zwingt, eine Anzahl von Formen, die in kleinen Einzelheiten von einander ver- schieden sind, jedoch einen ganz bestimmten, gemeinsamen Grundtypus im Bau ihres Kieselpanzers erkennen lassen, unter dieser einen Art zu- sammenzufassen, giebt EHrENBERG jeder Varietät einen besonderen Speciesnamen. So müssen z. B. die beiden, im Jahre 1844 2 zuerst be- schriebenen Dictyocha-Arten, Diet. ubera und Dict. biternaria,sowie außer diesen noch sieben andere Formen, deren Abbildungen sich in der Mikro- geologie finden, theils als Varietäten, theils als Abnormitäten von Diste- phanus speculum unter dem Namen dieser Species vereinigt werden. Es sind dies die Arten: Dictyocha aculeata, Diet. binoculus, Diet. diommata, Dict. haliomma, Diet. hexathyra, Diet. ornamentum und Dict. septenaria ®. Der nahe Zusammenhang, in welchem die genannten Species zu Distephanus speculum stehen, zeigt sich auch äußerlich in der Erschei- 1 cf. Anm. 3 p. 636. 2 Monatsber. der Berliner Akademie. p. 80 u. 204. 3 Die Diagnosen der genannten sieben Arten giebt EHRENBERG in den Abhand- lungen und Monatsberichten der Berliner Akademie, und zwar für Dictyocha aculeata. Abhandl. 1839. p. 448 u. 149. für Dictyocha binoculus. Monatsber. 4844. p. 79. für Dictyocha diommata. Monatsber. 4845. p. 76, für Dictyocha haliomma. Monatsber. 1844. p. 80. für Dictyocha hexathyra. Monatsber. 4844. p. 80. für Dictyocha ornamentum. Monatsber. 1844. p. 80. für Dictyocha septenaria. Monatsber. 4844. p. 80. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 641 nung, dass dieselben nur an den Stellen gefunden wurden, wo auch diese Art auftrat!, nämlich: 4) im weißen Kalkmergel von Caltanisetta, Sicilien, 2) im Mergel und Polirschiefer von Oran, Algier, 3) im grauen Polirschiefer und Tripel von Richmond, Virginien, 4) im Tripel von San Francisco, Californien, 5) im plastischen Thon von Ägina. Zwei weitere Fundorte des fossilen Distephanus speculum finden sich nach dem Erscheinen der Mikrogeologie (1854) noch in den Monatsberich- ten der Berliner Akademie der Wissenschaften aus den Jahren 1855 und 1856 von EHRENBERG angegeben, und zwar wurde Distephanus speculum sowie die unter dem Namen Dictyocha aculeata beschriebene Form 6) im Tripel vom Morro de Mejillones? (an der Küste von Bolivia oder Chile, an der Grenze beider Staaten) und Dietyocha speculum (?), 7) im Halibiolith-Tripel bei Simbirsk , in der Nähe von Kasan ge- funden. Außer den aufgezählten neun Dictyocha-Arten EHRENBERG's müssen noch zwei andere ebenfalls auf Grund ihres Skelettbaues zu Distephanus speculum gestellt werden. Es sind dies die beiden Species, Dictyocha anacantha und Dictyocha Erebi, die Enrengere in Grundproben des Atlantischen Oceans aus 10 800 und 12000 Fuß Tiefe gefunden hatte *. Dictyocha anacantha ist, wie schon Enrengerg selbst angiebt, nur eine »Dictyocha speculum aculeis obsoletis«, Dietyocha Erebi, eine »Dictyocha speculum aculeis subaequalibus parvis, cellularum parietibus tenuibus« 5. Im Jahre 1880 veröffentlichte Srönr seine Untersuchungen über die, in den Tripoli von Grotte in Sieilien enthaltenen fossilen Radio- larienskelette. Er fand in denselben, indem er wie Eurexgere Dictyocha aculeata als selbständige Art auffasst und von Dict. speculum abtrennt, vier Species der Gattung Dictyocha, nämlich: Dietyocha speculum , Die- iyocha aculeata, Dietyocha fibula und Dictyocha messanensis. ! Interessant ist in dieser Beziehung auch der Rückstand aus etwas geschmol- zenem Polareise (sog. Pancake-Ice), den Kapitän Ross auf einer Südpol-Reise (4841 —1843) gesammelt hatte, und der zugleich Skelette von Dist. speculum und fünf seiner Varietäten, Dict. aculeata, Dict. binoculus, Diet. biternaria, Diet. ornamentum und Diet. septenaria enthielt. Monatsber. 1844. p. 186. ? Monatsber. 4856. p. 428. 3 Monatsber. 1855. p. 304. * Monatsber. 4854. p. 54—75. cf. Tabellarische Übersicht. 4 3 Ebendaselbst. p. 238. 642 Adolf Borgert, Außerdem beschreibt Stöar in dieser Abhandlung! sein neues Genus Distephanus mit der einen Art Disiephanus rotundus , die er fol- gendermaßen charakterisirt: »Uber der unteren Seite der Basis von Dictyocha speculum legt sich ganz in derselben Weise ein Hütchen von Kieselbalken an, wie auf der entgegengesetzten Seite der Basis. Es entsteht auf diese Weise eine vollständig geschlossene Figur, den Über- gang zu den Sphaerida machend. Die Basis ist ein regelmäßig sechs- seitiges Balkengerüst mit sechs Stacheln an den Eeken, darüber erhebt sich das Hütchen, indem von der Mitte der Seiten Kieselbalken schief ansteigen, die oben ein kleines regelmäßiges Sechseck tragen; ganz dasselbe wiederholt sich auf der anderen Seite der Basis. Sehr selten, nur ein Exemplar.« Es ist wohl nicht zu bezweifeln, wie auch schon Harcker ? hervor- hebt, dass Srönr in diesem Falle nur zwei, mit ihren Basalringen an einander liegende Gehäuse von Dictyocha speculum beobachtet und als neue Gattung beschrieben hat. Die Art der Untersuchung Kieselpanzer führender Gesteine mag die Erscheinung erklären, dass Enrengerg niemals und SröHr auch nur einmal ein derartiges Doppelgehäuse fand. Da schon Harzcktr richtig erkannte, dass die von Stönx begründete neue Gattung nicht fortbestehen konnte, so behielt er den Namen Diste- phanus zwar bei, bezeichnete jedoch mit demselben das dritte Genus seiner Dietyochiden. Die Zusammenfassung der oben genannten A4 Dictyocha- Arten EHRENBERE’S unter dem Namen ihrer gemeinsamen Grundform Diste- phanus speculum, macht es zugleich nothwendig, von den 13 Species, die HazckeL bei seiner Gattung Distephanus unterscheidet, einzelne, nämlich Dist. ornamentum und Dist. aculeatus sowie ferner wahrschein- lich auch Dist. sirius unter dieser Bezeichnung zu vereinigen; doch sind die-Species- Charaktere bei diesem Genus — wie es mir in ähnlicher Weise bei den Dictyocha-Arten der Fall zu sein scheint — so wenig konstant, dass eine scharfe Abgrenzung seiner Arten gegen einander allein nach dem Skelett nicht überall möglich ist, und man daher auch noch Distephanus asteroides Hekl. sehr wohl als eine regelmäßige fünf- strahlige Form auffassen mag, eben so wie man die von EHRENBERG in seiner Mikrogeologie? abgebildete Dictyocha ornumentum alsein sieben- strahliges Exemplar von Distephanus speculum ansehen kann. 1 cf. Anm. 4 p. 638. | - 2 Challenger-Report. p. 1562. 3 EHRENBERG, Mikrogeologie. Taf. XXII, Fig. 49. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 643 Dietyocha ornamentum und Dictyocha septenaria! können außerdem zugleich als Zwischenformen zwischen Distephanus speculum und den achtstrahligen Distephanus-Arten betrachtet werden. In der »Systematischen Darstellung der Thiere des Plankton« spricht Mösgıvs? seine Meinung über den Skelettbau bei Distephanus speculum dahin aus, dass er diejenigen Exempläre dieser Art, die außer den sechs großen Radialstacheln noch kleinere Stacheln am Basal- oder Apical- Ting tragen, nicht wie EHRENBERG es thut »für Vertreter einer eigenen Species (Dictyocha aculeata Ehrenbg.)« ansehe, sondern dieselben »für eine Entwicklungsstufe von D. speculum« halte. Leider hatte ich keine Gelegenheit, Beobachtungen zu machen, die mir über diesen Punkt die nöthige Klarheit. verschafft hätten; doch glaube ich, dass die von Mößıus gegebene Erklärung große Wahrscheinlichkeit für sich hat, wenn es auch nicht ausgeschlossen ist, dass die auffallende Variabilität im Skelettbau bei Distephanus speculum, die sich nicht nur auf die kleinen Stacheln oder Dornen des Basal- und Apicalringes, sondern auch auf die Zahl, Größe und Anordnung der Radialstacheln, sowie der Maschen des Gitterwerkes erstreckt, durch eine besondere Neigung zur Bildung von Varietäten bei dieser Art hervorgerufen wird. Eine Zusammenstellung der für Distephanus speculum angewandten Synonyma würde etwa folgende Namen enthalten : Dictyocha speculum Ehrenberg, Dictyocha ornamentum Ehrenbersg, Dictyocha aculeata Ehrenberg, Dictyocha septenaria Ehrenberg. Dictyocha anacantha Ehrenbersg, Dictyocha ubera Ehrenbersg, Dictyocha binoculus Ehrenbersg, Distephanus rotundus Stöhr, Dietyocha biternaria Ehrenbersg, Distephanus speculum Haeckel, Dictyocha diommata Ehrenberg, Distephanus aculeatus Haeckel, Dictyocha Erebi Ehrenberg, Distephanus asteroides Haeckel, Dictyocha haliomma Ehrenberg, Distephanus ornamentum Haeckel, Dictyocha hexathyra Ehrenbereg. (?) Distephanus sirius Haeckel. 3 Untersuchungen über den Bau des Weichkörpers von Distephanus speculum. Die Angaben, die sich über den Weichkörper von Distephanus speculum in der Litteratur finden, sind so wenig zahlreich und ausführ- lich, dass ich dieselben, so weit sie mir zur Kenntnis gelangt sind, hier wörtlich wiedergeben kann. EurengerG ® schrieb im Jahre 1839 über das erste von ihm lebend 1 Ebendaselbst. Taf. XXXVA, Nr. XXI, Fig. 8. 2 cf. Anm. 2 p. 636. 3 cf. Anm. 4 p. 636. 644 Adolf Borgert, in Kiel beobachtete Exemplar dieser Art: »Die lebenden Thierchen hatten die Zellen mit einem grünen weichen Inhalte erfüllt, worin Bläschen und sehr feine Körnchen erkennbar waren. Ortsveränderung war sehr lang- sam, nur bei längerem Fixiren bemerklich.« An einer anderen Stelle, in der Tafelerklärung!, sagt er dann, gemäß seiner eigenartigen An- schauung über den Weichkörper dieser Thiere: »Fig. 4 a ist das mit seinem Ovarium erfüllte, daher grünliche Thierchen. « 16 Jahre später, im Jahre 1855, berichtet uns JoHannes MÜLLER? in einem, vor der Akademie der Wissenschaften in Berlin gehaltenen Vor- trage »Über die im Hafen von Messina beobachteten Polyeystinen« von einer lebend gesehenen Dictyocha-Art, die wohl zweifellos mit Diste- phanus speculum identisch ist: »An den frisch beobachteten Exem- plaren einer sechsstrahligen Dictyocha war das Kieselnetz von einer gelblichen organischen Substanz gefüllt, die das Netz auch auswendig überzog und verhüllte, und war der Körper niemals in weiche Strahlen verlängert.« Die im Jahre 1873 von EnurEnBERG? veröffentlichten »Mikrogeo- logischen Studien« bestätigen diese Beobachtung in der Hauptsache. Er sagt daselbst: »Von radienartig abgehenden Fäden oder von Schleim- umhüllung habe ich weder bei der bewegten Dictyocha speculum, noch bei den nicht bewegt gesehenen Formen eine Anschauung erlangt, und es war unzweifelhaft, dass ihr Kieselgerüst eine netzartige Schale, nicht aber ein inneres Skelett sei. « Die letzten Angaben über ein lebend beobachtetes Exemplar von Distephanus speculum finden sich in den schon mehrfach erwähnten »Berichten der Kommission zur wissenschaftlicehen Untersuchung der deutschen Meere«, aus dem Jahre 1887, wo Mösıus ein lebendes Exem- plar dieser Art abbildet und folgendermaßen beschreibt: »Ein am 12. November 1870 lebend beobachtetes und gezeichnetes Individuum war mit körnigem gelblichem Plasma angefüllt und machte langsam Drehbewegungen.« : Da der weiche Inhalt der Dietyochiden-Gehäuse bisher einer ein- gehenderen Untersuchung nicht unterzogen wurde und diese kleinen Kieselgebilde wiederholt zahlreich im Calymma von Phaeodarien (Dic- tyochiden in Harckzr’s Sinne) beobachtet wurden, so lag allerdings einerseits der Gedanke sehr nahe, die leeren Dietyochidenpanzer für 1 Ebendaselbst. p. 172. 2 cf. Anm. A p. 631. 3 EHRENBERG, Mikrogeologische Studien über das kleinste Leben der Meeres-Tief- gründe aller Zonen, und dessen geologischen Einfluss. Berlin 1873. p. 340. * cf. Anm, 2 p. 636. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum etc. 645 die Skeletttheile dieser Phaeodarien zu halten; andererseits, wenn man sie mit einem kleinen grünen oder gelblichen, kugeligen Gebilde er- füllt sah, den weichen Inhalt der Gehäuse für zufällig in die Höhlung derselben gelangte Phaeodellen zu halten. Ein genaueres Studium dieses Körpers lehrt jedoch, dass man es mit selbständigen kleinen In- dividuen zu thun hat. Nach der bisher herrschenden Ansicht glaubte auch ich Anfangs, dass diese Organismen zu den Radiolarien zu rechnen seien. Ich unter- schied demnach auch bei Distephanus speculum Gentralkapsel und Ex- tracapsulum; doch ergaben sich im Laufe der Untersuchung im Bau des Weichkörpers so viele Unterschiede zwischen der genannten Dic- tyochiden-Art einerseits und den Radiolarien andererseits, dass diese Anschauung sich nicht aufrecht erhalten ließ. Da ich jedoch die Frage in Betreff der systematischen Stellung der Dietyochiden noch unentschieden lassen will, um dieselbe in einem späteren Abschnitt einer genaueren Erörterung zu unterziehen, so werde ich im Folgenden das bei Distephanus speculum beobachtete cen- tralkapselähnliche Gebilde vorläufig unter der ganz unbestimmten Be- zeichnung »Gentralkörper«, und den anderen, dem Extracapsulum der Radiolarien vergleichbaren Körperbestandtheil einfach als »Körper- plasma« beschreiben. a) Das Körperplasma. Der voluminöseste Bestandtheil des Weichkörpers von Distephanus ‚speculum wird von dem Körperplasma gebildet, das als rundliches Ge- bilde den Hohlraum des Skelettes erfüllt und in seinem Mittelpunkt den Centralkörper einschließt. Wie bei den Radiolarien wird es von einer festen Hüllmembran nicht umgeben. Während jedoch bei diesen Thieren das extrakapsulare Protoplasma radiär in zarte Pseudopodien ausstrahlt, kommen derartige Gebilde bei Distephanus speculum niemals vor!. Auch ' voneiner Schleimhülle, von der Jou. Mürzzr spricht, habe ich an frischen Exemplaren nichts entdecken können. Dagegen beobachtete ich zu wiederholten Malen in Übereinstim- mung mit einander ganz frische, lebenskräftige Individuen der genann- ten Art, deren Plasma in eine äußerst feine, lange, hyaline Geißel verlängert war, die sehr lebhafte schwingende Bewegungen ausführte. Bei dem schwimmenden Thiere liegt das fadenförmige Flagellum mit seinem proximalen Theile einem der sechs Radialstacheln an, während 1 Sowohl EurEnBere als auch MüLLer heben schon besonders hervor, dass bei diesem Thiere Pseudopodien nicht beobachtet wurden; auch Mösıus giebt nichts über das Vorhändensein derselben an. 646 Adolf Borgert, das distale Ende in der Verlängerung desselben erscheint!. Die Schwimmrichtung ist eine geradlinige, und ist die Geißel bei der Fort- bewegung nach vorn gerichtet. Von Zeit zu Zeit sieht man dieselbe jedoch in ihrem distalen Theile aus der geraden Richtung seitlich ab- gelenkt, und zugleich damit eine Änderung in der bisherigen Schwimm- richtung eintreten. Unter dem Druck des Deckgläschens starben die Thiere schon nach wenigen Augenblicken ab. Die peitschenartigen Schwingungen der Geißel wurden immer langsamer und hörten schließ- lich ganz auf, indem sie in unregelmäßige Zuckungen und Krümmungen übergingen. An todten Exemplaren war keine Spur des Flagellums mehr zu sehen, doch habe ich nicht beobachtet, ob dasselbe eingezogen oder abgeworfen wurde. Dass die Geißel nicht schon früher gesehen wurde, liegt wahr- scheinlich an der sonst üblichen Fangmethode mittels des Oberflächen- netzes, bei welcher derartige zarte Organe wohl unfehlbar zerstört wurden. Die Lokomotion, die durch das Flagellum erzielt wird, ist eine ziemlich ausgiebige Schwimmbewegung, welche zu den bei Radiolarien beobachteten Verhältnissen in auffallendem Gegensatz steht. Zwar ist das Vorkommen einer Geißel auch bei einzelnen Arten aus dieser Thiergruppe konstatirt worden — so beobachtete HarckeL? in Messina Vertreter von drei verschiedenen Gattungen (Euchitonia, - Spongasteriscus und Spongocyclia), deren extrakapsulare Sarcode in ein Flagellum verlängert war — doch waren bei den genannten bilateral symmetrischen Radiolarien außer diesem noch Pseudopodien vorhanden, und machte die dicke Geißel nur sehr langsame Bewegungen, die » nicht direkt wahrgenommen , sondern nur aus der successiven Veränderung der bald geraden, bald geschlängelten Form erschlossen « wurden. Nach Herrwiıe’s 3 Untersuchungen ist in der Sarcodegeißel dieser Thiere überhaupt kein eigentliches Flagellum zu erblicken, sondern nur ein durch Verschmelzen zahlreicher Pseudopodien entstandener Proto- plasmafaden, der »im Ruhezustand gerade gestreckt ist«, und nur auf Reize mit Bewegung reagirt; »vor Allem aber die Körnchenströmung und die Fähigkeit, mit benachbarten Pseudopodien zu anastomosiren«, zeigt. Ein besonderes Interesse erwecken die Einschlüsse, die sich bei 1 Das in Fig. 9 abgebildete Exemplar von Distephanus speculum war offenbar bereits im Absterben begriffen, da bei demselben die Lage der Geißel eine ganz andere war als bei den schwimmenden Individuen. ? HaeckeL, Monographie der Radiolarien. Berlin 4862. p. 443. ® R. Herrwic, Der Organismus der Radiolarien. Jena 1879. p- 67. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 647 Distephanus speculum in dem äußeren Körperplasma finden, und die dem Weichkörper des lebenden Thieres seine bräunlichgelbe Färbung ver- leihen. Dieselben bestehen aus kleinen, ellipsoidisch verlängerten oder kugeligen Körperchen, deren Durchmesser meist zwischen 0,0015 mm und 0,0025 mm schwankt. Sie sind stets zahlreich in das Protoplasma eingelagert und lassen oft eine Anordnung in kleinen Haufen oder Ketten erkennen. Bei An- wendung von Farbstoffen färbten sich die Körnchen diffus; ein Kern war in ihnen nicht nachzuweisen. Ob man es in diesem Falle mit kleinen symbiotischen Algenzellen oder mit endogenen Chromatophoren zu thun hat, konnte ich mit Sicher- heit bisher nicht entscheiden. An einem stark verletzten Exemplar von Distephanus speculum machte ich nämlich schon frühzeitig die Beobachtung, dass die kleinen braungelben Körper einzeln, oder oft zu zweien, den Hohlraum des Ske- lettes verließen und sich mit zitternder Bewegung im Wasser umher- tummelten. Diese Erscheinung, die ich später noch ein paar Male Gelegenheit hatte, zu beobachten, und die mich Anfangs zu der Annahme bestimmte, dass die in Rede stehenden Gebilde Algenzellen — vielleicht nur »zur Ruhe gekommene Schwärmzustände von Meeresalgen !« — seien, ist jedoch möglicherweise nur auf Molekularbewegungen oder Diffusions- strömungen zurückzuführen, zumal, da an den bewegt gesehenen Körnchen irgend welche Bewegungsorgane, wie Geißeln, nicht zu er- kennen waren, und dieselben auch auf den ersten Blick viel mehr den Eindruck von endogenen Chromatophoren machten. Bald nach dem Absterben des Protoplasmaleibes von Distephanus speculum ändern die kleinen braungelben Körper ihre Farbe, indem der inihnen enthaltene diatominartige Farbstoff in Folge von Zersetzung einen gelbgrünen Farbenton annimmt, so dass die grünliche Färbung des Weichkörpers bei der genannten Art, ähnlich wie bei Peridineen oder Diatomeen ein sicheres Kriterium dafür ist, dass man abgestorbene Individuen vor sich hat. Vacuolen oder Alveolen, wie sie sich bei zahlreichen Radiolarien im Exoplasma finden, wurden bei Distephanus speculum nicht beob- achtet. 1 BrAnDT, »Über die morphologische und physiologische Bedeutung des Chloro- phylis bei Thieren.« in: Mittheilungen aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. IV. Leipzig 1883. p. 242. 648 Adolf Borgert, b) Der Gentralkörper. Bisher wurde bei keiner Dietyochidenart ein kern- oder central- kapselähnliches Gebilde, wie ich es hier provisorisch als Centralkörper bezeichnet habe, nachgewiesen. Am lebenden Thiere ist dasselbe auch nicht zu erkennen, da es von den Einschlüssen des Körperplasma ver- deckt wird. Tödtet man jedoch den Organismus ab, und lässt einen Farbstoff, etwa Hämatoxylin, einige Augenblicke auf den Weichkörper einwirken, so tritt schon bei relativ schwacher Vergrößerung ein deut- lich umschriebener, intensiv gefärbter, rundlicher Chromatinkörper hervor. Die Anwendung stärkerer Objektive lässt erkennen, dass der- selbe von einer nur schwach gefärbten vacuolären Protoplasmaschicht umgeben ist, die sich durch eine zarte Membran gegen das übrige Körperplasma scharf abgrenzt. Der CGentralkörper von Distephanus speculum liegt im Mittelpunkt des Protoplasmaleibes, so dass derselbe bei der Ansicht des Thieres von der Apicalseite, im Lumen der Apicalmasche erscheint (Fig. 10). Er ist von ellipsoidischer Gestalt; die Länge der beiden Durchmesser beträgt durchschnittlich 0,0053 und 0,0058 mm. Der Chromatinkörper, der dem Nucleus der Radiolarien zu ver- gleichen wäre, ist relativ groß (im Mittel etwa 0,0035 mm, höchstens 0,0038 mm) und von ähnlicher Form wie der Centralkörper, der ihn einschließt. Bei den gefärbten Exemplaren stellte derselbe ein meist homogenes Gebilde dar, in welchem feinere Strukturverhältnisse nicht zu unterscheiden waren. Oftmals ließen sich jedoch an seiner Ober- fläche Einschnürungen erkennen; ja, zuweilen schien er sogar aus ein- zelnen kugeligen Portionen zu bestehen, die sich durch hellere Grenzen von einander abhoben und so den Anschein erweckten, als ob derselbe in Theilung begriffen sei. Doch gelangte niemals ein Stadium zur Beob- achtung, das mit Sicherheit auf einen nahe bevorstehenden Theilungs- akt hingedeutet hätte. Die vacuoläre Zone, die ich Anfangs dem intrakapsularen Proto- plasma der Radiolarien als gleichwerthig erachtet hatte, umgiebt den Chromatinkörper als dünne (etwa !/;noo mm starke) Hülle und weist nur eine Schicht kleiner Vacuolen auf, deren Durchmesser ungefähr 0,0007 mm betragen mochte. Irgend welche geformte Elemente waren bei der geringen Größe dieser Gebilde in ihnen nicht nachzuweisen. Die Membran des Centralkörpers ist sehr zart, und durch einen einfachen, feinen Kontour bezeichnet. Im Anschluss an die Beschreibung des Weichkörpers von Diste- phanus speculum möchte ich sogleich noch eine Erscheinung schildern, Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 649 die ich in einiger Übereinstimmung bei drei Exemplaren der genann- ten Art beobachtete. Den drei in Rede stehenden Individuen fehlte nämlich ein Centralkörper, wie man ihn sonst bei diesen Thieren findet; statt seiner konnte man dagegen mittels starker Vergrößerungen in allen drei Fällen mehrere gleich große, länglich runde Körper erken- nen, die, von einer dünnen Membran umgeben, sich deutlich gegen ein- ander abschlossen. Bei einer Breite von durchschnittlich 0,0038 mm betrug die Länge derselben im Mittel etwa 0,0045 mm. Da die Entstehung, sowie die Bedeutung dieser Gebilde, mit Sicher- heit nieht erkannt werden konnte, und außerdem auch die Überein- stimmung bei den drei Exemplaren nicht eine vollständige war, so werde ich die drei Fälle im Folgenden einzeln näher beschreiben. Im ersten Falle (Fig. 11) lag eine Anzahl (etwa acht) der erwähn- ten rundlichen Körper excentrisch in dem Weichkörper, nahe der Oberfläche desselben eine unregelmäßige Kette bildend. Im Inneren derselben fand sich ein centraler kleiner Kern vor, dessen Größe ich auf 0,0007 mm bestimmte. Über die Struktur des übrigen Inhaltes konnte ich keinen genaueren Aufschluss erlangen. Bei dem zweiten Exemplar (Fig. 12) waren fünf der ellipsoidischen Körper vorhanden, die ebenfalls excentrisch, aber dicht beisammen, sich sogar zum Theil verdeckend im Weichkörper des kleinen Orga- nismus gelagert waren. Sie zeigten eine diffuse Färbung, doch konnte ich mit Hilfe der Wiınker’schen Ölimmersion !/,, feststellen, dass sie mit einer Anzahl kleiner, kugeliger, bläschenartiger Gebilde erfüllt waren. Ganz ähnlich gestalteten sich die Verhältnisse im dritten Falle, nur fanden sich die länglich runden Körper in weit größerer Zahl vor, so dass fast der ganze Hohlraum des Skelettes mit ihnen angefüllt war. Sie waren ebenfalls diffus gefärbt, dagegen ließ sich die Struktur ihres Inhaltes nicht mit gleicher Sicherheit erkennen, wie bei dem vorher beschriebenen Individuum. Zwar liegt nach den angeführten Beobachtungen der Gedanke sehr nahe, dass die ellipsoidischen Körper parasitäre Organismen sind, die von außen in den Weichkörper von Disiephanus speculum eingedrungen waren und den Centralkörper zerstört hatten; doch bin ich viel mehr geneigt anzunehmen, dass sie aus diesem hervorgegangen waren, und die geschilderten drei Fälle demnach drei verschiedenen Vermehrungs- zuständen dieser Art entsprechen. In welcher Weise sich die länglich runden Gebilde aus dem Cen- tralkörper entwickelt haben mochten, ließ sich allerdings nicht fest- stellen, da irgend welche Zwischenstadien nicht beobachtet wurden. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 43 650 Adolf Borgert, Endlich erübrigt es noch, mit einigen Worten auf jene merkwür- digen Doppelindividuen von Distephanus speculum zurückzukommen, deren Skelettbau ich bereits oben beschrieben habe. Was den Weichkörper dieser Bildungen betrifft, so ist derselbe dem Protoplasmaleib der Einzelindividuen ganz analog gebaut. Im Mittelpunkt des zweischaligen Gehäuses liegt der Gentralkörper, um- geben von dem Körperplasma, das als rein kugeliges Gebilde den Hohlraum des Kieselgehäuses erfüllt, und dessen Einschlüsse wie bei den Einzelthieren aus kleinen braungelben Körnchen bestehen. Da lebende Exemplare der Doppelindividuen nicht zur Beobach- tung gelangten, so kann ich über das Vorhandensein oder Fehlen des Flagellums bei diesen Bildungen nichts Näheres angeben. Schon Möpıus! vermuthete im Jahre 1887 in den Doppelindividuen von Distephanus speculum einen Vermehrungszustand dieser Art, und bin auch ich der Ansicht, dass diese Deutung der Erscheinung die größte Wahrscheinlichkeit für sich hat. Leider bin ich wegen Mangels an ge- eignetem Untersuchungsmaterial nicht in der Lage, bestimmte Angaben über die Beziehungen der in Rede stehenden Gebilde zu der Vermeh- rung der Dietyochiden machen zu können, doch möge es mir gestattet sein, schon jetzt einige Vermuthungen über die Bedeutung der Doppel- individuen für die Fortpflanzung dieser Thiere zu äußern. Eine Erscheinung, die ich bisher’ noch nicht erwähnt habe, be- steht in der durchschnittlich bedeutenderen Größe des Chromatin- körpers bei den Doppelindividuen, als bei den Einzelthieren. Obgleich man allerdings zuweilen auch bei ersteren recht kleine, und bei letz- teren auffallend große Chromatinkörper beobachtet, so beträgt doch bei diesen der Durchmesser desselben im Mittel 0,0035 mm, und nur in vereinzelten Fällen 0,0038 mm; während bei jenen seine Größe ge- wöhnlich zwischen 0,0038 und 0,0045 mm variirt, ja, in einem Falle sogar 0,005 mm betrug.- Diese Beobachtung macht es sehr wahrscheinlich, dass man in den Doppelindividuen zwei in Conjugation befindliche Individuen vor sich hat, deren Chromatinkörper zu einem gemeinsamen verschmolzen sind ?. Es tritt daher zunächst die Frage an uns heran, ob wohl auf die Conjugation eine Theilung dieses neuen geschlechtlichen Centralkör- pers oder etwa Sporenbildung folgen wird. Zu Gunsten der ersteren Annahme scheint mir nur Weniges zu 1 cf. Anm. 2 p. 636. 2 Hiergegen spricht allerdings der Umstand, dass ich nie zwei Centralkörper in einem Doppelindividuum gefunden habe, doch mag das Fehlen dieses Stadiums mit der Unvollständigkeit meines Materials zusammenhängen. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum etc. 651 sprechen. Weder wurde bei Distephanus speculum ein Doppelindivi- duum mit mehreren Centralkörpern beobachtet, noch auch ist ein Grund dafür einzusehen, wesshalb nur zu einer bestimmten Jahres- zeit eine so energische Kerntheilung bei diesem Thiere erfolgen sollte, dass diese das schnelle Steigen der Individuenzahl während der letzten Monate des Jahres hervorzurufen vermöchte, während zu anderen Zeiten des Jahres die Produktion neuer Individuen auf 0 herabzusinken scheint. Am meisten Wahrscheinlichkeit hat daher die Annahme, dass die Gonjugation zweier Individuen von Distephanus speculum eine endo- gene Sporenbildung einleitet. Als Begründung für diese Ansicht möchte ich Folgendes anführen. Während man in den Monaten Mai, Juni und Juli nur außerordent- lich selten, oder gar keine Exemplare der kleinen Dietyochiden-Art in der Kieler Bucht fängt, beginnt im August die Zahl der Individuen all- mählich zu wachsen, und erreicht mit rapid zunehmender Steigerung scheinbar im Oktober oder November ihr Maximum. Zu dieser Zeit tritt Distephanus speculum in großer Menge auf; später sinkt die Zahl dann wieder !. Die Annahme einer anderen Vermehrungsart — etwa durch Thei- lung des Gentralkörpers — würde wohl kaum die plötzliche Zunahme der individuenzahl, die im Jahre 1884 vom 30. September bis zum 16. Oktober, also in einem halben Monat, auf das Dreißigfache? stieg, erklären, so dass man schon allein aus diesem Grunde genöthigt ist, eine sehr ausgiebige Art der Vermehrung, wie sie sich etwa in der Sporenbildung darbietet, anzunehmen. Um diese Frage jedoch mit Sicherheit entscheiden zu können, be- darf es noch genauerer Untersuchungen, und Beizachee ich daher die- selben keineswegs als abgeschlossen. | Zum Schlusse muss ich noch eine Annahme dere die ich bereits bei der Beschreibung der Doppelgehäuse angedeutet habe. Wie oben erwähnt, könnte man vielleicht den Einwand machen, dass das Gehäuse von Distephanus speculum ursprünglich aus einer zwei- klappigen Schale besteht, deren Hälften, da eine feste Verbindung zwischen ihnen nicht besteht, durch den Mechanismus der Fischerei leicht von einander getrennt werden können, und daher oft einzeln, 1 Eine derartige Periodicität in ihrem Auftreten zeigen zahlreiche Organismen des Plankton ; so erreicht z. B. nach Hensen’s Zählungen (V. Kommissionsbericht) Ceratium tripos im Oktober, die Chaetoceros-Arten im März, Rhizosolenia alata im Mai ihr Maximum, 2 HEnsen, Über die Bestimmung des Planktons (V. Kommissionsbericht). cf. letztes Zählungsprotokoll. 43* 652 Adolf Borgert, theils leer, theils mit dem Weichkörper erfüllt, gefunden werden. Zwar erscheint dieser Einwand auf den ersten Blick nicht unberechtigt, doch wird derselbe durch folgende Beobachtungen widerlegt. Trotz der Übereinstimmung, welche die Doppelindividuen im Bau ihres Weichkörpers mit den Einzelthieren zeigen, macht sich doch schon in Bezug auf die Größe desselben, der bei ersteren die Höhlung zweier Gehäuse ausfüllt, ein deutlicher Unterschied zwischen ihnen geltend. Ferner beobachtet man die Einzelthiere weit häufiger als die Doppelindividuen, eine Erscheinung, die nicht leicht zu erklären wäre, wenn man jene für einen abnormen Zustand bei den Dietyochiden halten wollte, der etwa in Folge von mechanischen Einflüssen hervorgerufen worden wäre. Hinzu kommt noch, dass selbst die Hälften leerer Doppelgehäuse oft in einem so festen Zusammenhang mit einander stehen, dass es stärkerer Einwirkungen bedarf, um dieselben zu tren- nen, als sie etwa in der Reibung an den Wandungen des Netzes (die übri- gens bei der Methode der Planktonfischerei auf ein Minimum beschränkt ist) gegeben sind. z Auch die Beobachtung eines Doppelgehäuses, dessen eine Hälfte nur mit einem Weichkörper erfüllt war, spricht sehr für die Selbstän- digkeit der Einzelthiere. Wahrscheinlich wurde in diesem Falle der Körper des anderen Individuums aus der Skeletthöhlung herausgespült. Endlich würden auch die kleinen centripetalen Zähnchen des Basalringes, da sie bei der Bildung der Doppelgehäuse, wie ich be- reits nachwies, keine Rolle spielen, zwecklos erscheinen, wenn man nicht annehmen will, dass ihre Funktion darin besteht, den Weich- körper der Einzelindividuen im Innenraum des Skelettes zu erhalten. Anhang. Die geographische Verbreitung von Distephanus speculum ist eine sehr ausgedehnte, und, wie es scheint, bedeutender als bei irgend einer anderen Dietyochiden-Species. Die Untersuchungen EHrENBERE’s, denen wir die genauere Kenntnis hierüber verdanken, haben gezeigt, dass diese Art nicht nur fossil an den verschiedensten Punkten der Erde vorkommt, sondern auch in den Meeren aller Zonen, mit Ausnahme der nördlichen Polarzone, in Tiefen von 0—20000 Fuß gefunden worden ist!. Abgesehen davon, dass diese Tiefenmessungen nicht mit der Ge- nauigkeit der heutigen Methoden ausgeführt wurden, wäre es verkehrt, wollte man aus der letzteren Angabe Enrenserg’s irgend welche Schlüsse 1 EurengErg, Mikrogeologische Studien. p. 265. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 653 auf die vertikale Verbreitung von Distephanus speculum ziehen. Weder beim Sammeln des Tiefseematerials, noch bei der Bearbeitung desselben, wurde Rücksicht auf die Erhaltung des Weichkörpers ge- nommen, und es ist aus verschiedenen Gründen mehr als wahrschein= lich, dass die in so großen Tiefen gesammelten Exemplare daselbst nicht gelebt haben, sondern nach dem Absterben ihres Protoplasma- leibes aus den oberen Wasserschichten hinabgesunken waren. Hierfür spricht vor allen Dingen das Vorkommen der braungelben Chromatophoren (Algenzellen?) im Weichkörper von Distephanus spe- culum, die in tieferen Wasserschichten zu assimiliren nicht im Stande sind, und allein schon dieses Thier als einen Bewohner der oberen Wasserschichten kennzeichnen. Außerdem fischte Hensen ! im Oktober 1884 die genannte Dicetyochiden-Art in so großen Mengen mit dem fein- maschigen Oberflächennetz, dass durch die ungeheure Zahl der ge- fangenen Exemplare das massenhafte Vorkommen derselben an der Meeresoberfläche deutlich genug nachgewiesen worden ist. Auch nach Mösgıus’?2 Angaben findet sich unsere Distephanus-Art vornehmlich im Oberflächenwasser. C. Widerlegung der Hertwig-Haeckel’schen Ansicht über die morphologische Bedeutung der Dictyochidenskelette. Wie ich bereits oben ausgeführt habe, vertritt RıcHharp HerTwIıe in seinem Werke »Der Organismus der Radiolarien« und nach ihm HarckeL in seinem »Report on the Radiolaria« die Ansicht, dass die von EHRENBERG als Dictyochen beschriebenen Kieselpanzer nicht die Gehäuse selbständiger kleiner Individuen, sondern nur die isolirten Skelettstücke größerer Radiolarien-Arten (Phaeodarien Hazcker’s, Tri- pyleen Herrwie’s) seien, bei denen sich das Skelett aus einer Anzahl unzusammenhängender, mehr oder weniger komplieirt gebauter Kiesel- stücke zusammensetzt, die »wie die Stacheln einer Aulacantha oder die Nadeln eines Oollozoum nach dem Tode ihres Trägers aus einander fallen«. Da jedoch diese Ansicht sowohl durch die direkte Beobachtung lebender Dietyochiden widerlegt wird, als auch verschiedenen anderen Gründen gegenüber sich als irrthümlich erweist, so kann ich mich derselben nicht anschließen, werde vielmehr im Folgenden versuchen, die Unhaltbarkeit derselben nachzuweisen. Zunächst hat mich das Studium von Distephanus speculum davon überzeugt, dass die Gehäuse der Gattung Distephanus wirklich selbstän- 1 ef. Anm. 2 p. 654, 2 cf. Anm. 3 p. 633. 654 Adolf Borgert, digen kleinen Individuen angehören, wie ich sie im Vorhergehenden bereits genauer beschrieben habe. Als Vertreter der Diciyochen s. str., die als selbständige Organis- men beobachtet wurden, führe ich die beiden Arten Dictyocha fibul Ehrbg. und Dictyocha messanensis Hekl. an. Die erstere Art wurde wie [Distephanus speculum im Jahre 1839 von EHRENBERG zum ersten Male mit ihrem Weichkörper in der Ostsee beobachtet. In seiner schon mehrfach eitirten Abhandlung »Über noch jetzt lebende Thierarten der Kreidebildung und den Organismus der Polythalamien« berichtet uns Enurengere! tiber den Bau des Protoplasma- leibes dieses Thieres mit folgenden Worten: »Der weiche Thierkörper trägt das Gerüst von Kieselstäbchen wie ein Rückenschild über sich und ist farblos. Ortsveränderung war nicht zu erkennen. « Wenn auch diese Angaben, die, so viel mir bekannt ist, die einzi- gen sind, die sich über den Weichkörper von Dictyocha fibula Ehrbe. in der Litteratur finden, recht unvollkommen sind, und schon dadurch, dass keinerlei Ortsbewegung beobachtet wurde, durchaus nicht dafür zu sprechen scheinen, dass die kleinen Kieselpanzer dieser Art ein selb- ständiges Individuum bergen, so beweist vielleicht ein anderer Umstand dies um so sicherer. Es wurde nämlich bisher weder von der Kommission zur wissen- schaftlichen Untersuchung der deutschen Meere, noch sonst eine Phaeo- darien-Art in der Ostsee gefischt, die in ihrem Calymma die Skelette von Dictyocha fibula enthielt. Dies hätte, wenn man die Richtigkeit der Hertwic-Hazcrer’schen Ansicht anerkennt, bei der bedeutenden Größe von Herrwie’s Dictyocha fibula, gegenüber den kleinen hütchenförmigen Gehäusen von Dictyocha fibula Ehrbg., die wiederholt in größerer Zahl gefangen wurden, nothwendig geschehen müssen, um das Vorkommen derselben in diesem Meere zu erklären. Die andere Dictyocha-Art, Dictyocha messanensis, wurde im Jahre 1862 zuerst von HarckeL ? in seiner Radiolarienmonographie be- schrieben, in welcher er zugleich auch zwei mit ihrem Weichkörper er- füllte Exemplare dieser Species abbildet. Zwar gelangten keine leben- den Individuen zur Beobachtung, doch hatte Harcrer mehrfach Gelegen- heit, im Inneren des kleinen Gehäuses »übereinstimmend eine kleine kugelige Kapsel« zu bemerken, » welche der Centralkapsel von Pris- matium glich, und farblos, durchsichtig, mit kleinen Bläschen erfüllt und von einem Gallertmantel umschlossen erschienc«. Wie bringt nun Harcker diese seine Angaben in seinem Challenger- ! Abhandl. 4839. p. 149. ? Haecker, Monogr. der Radiolarien. Berlin 1862. p. 272. Taf. XII, Fig. 3 u. 4. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 655 Report mit der von Herrwie begründeten Ansicht über die Dictyochen- Skelette in Einklang? — Er glaubt seine früheren in Messina gemachten Beobachtungen über den Weichkörper von Diciyocha messanensis auf einen Beobach- tungsfehler zurückführen zu müssen, indem er annimmt!, dass die kleinen kugeligen Körper im Inneren der Skelette, Fremdkörper, wahr- scheinlich Phaeodellen, gewesen seien, dienur durch Zufall in die Höhlung derselben gelangt waren. Gegen diese Annahme spricht jedoch der eigenthümliche Bau dieser kleinen Gebilde, sowie die Ähnlichkeit derselben mit dem von EnrengerG beschriebenen Weichkörper von Dictyocha fibula, für deren Kieselskelette ich die Selbständigkeit nachzuweisen bereits versucht habe. Dass auch irgend eine der kleinen Mesocena- oder Cannopilus- Arten je lebend, oder doch wenigstens mit ihrem Weichkörper, beob- achtet wäre, ist mir nicht bekannt, doch ist es mehr als wahrscheinlich, dass der Protoplasmaleib bei diesen Gattungen ganz ähnlich gebaut ist, wie bei den Gattungen Diciyocha und Distephanus, mit denen die ge- nannten beiden Genera in Bezug auf die Struktur ihres Skelettes eine zusammenhängende Formenreihe bilden. Außer den angeführten Beobachtungen sprechen auch noch andere sehr zu Ungunsten der Herrwis-Harexer’schen Ansicht. In Caun’s Werk » Über die pelagische Thierwelt in größeren Meeres- tiefen« giebt Branpr ? an, dass er leere Skelette von Dictyocha messa- nensis »in Aulacantha , Aulosphaera, Coelodendrum, Spongosphaera, in der Gallerte von Sphaerozoum acuferum, an Amphilonche und anderen Acanthometriden, im Darm von Ostracoden etc.« beobachtet habe. An den für diese Arbeit benutzten Präparaten, die mir von Herrn Prof. Branpr freundlichst zur Verfügung gestellt wurden, konnte ich die angeführten Beobachtungen nur im vollen Maße bestätigen. Bei den Exemplaren von Aulacantha scolymantha, einer Art, die in großen Mengen unter den Radiolarien aus dem Mittelmeer vertreten war, und auch bei den übrigen genannten Arten fand ich fast regel- . mäßig eine Anzahl von Dictyochen-Skeletten im Weichkörper vor. Die- selbe Erscheinung zeigte auch anderes Material aus dem Atlantischen und Pacifischen Ocean, mit dem einen Unterschiede nur, dass die kleinen Dietyochidengehäuse in diesem nicht ganz so zahlreich vertreten waren, sich jedoch ebenfalls außer in den Radiolarien, im Darm kleiner Crusta- ceen, Appendicularien und Wurmlarven aus diesen Meeren fanden. 1 Challenger-Report. p. 4547. 2 Chun, Die pelagische Thierwelt in größeren Meerestiefen und ihre Beziehun- gen zu der Oberflächenfauna. Kassel 1887. p. 9. 656 Adolf Borgert, Noch bemerkenswerther erscheint mir folgende Beobachtung. In den Präparaten des Herrn Prof. Branpr entdeckte ich zwei Exem- plare einer neuen Cannorrhaphis-Art (Cannorrhaphis mediterranea n. sp.), die außer ihren Kieselröhren an der Oberfläche des Calymma zahlreiche Dictyochen-Skelette trugen. In beiden Fällen waren die kleinen hütchenförmigen Gehäuse in ganz derselben Weise angeordnet, wie ich es bei anderen Phaeodarien- Arten fand, deren Skelettein- lagerungen ausschließlich aus derartigen Kieselgebilden bestanden, bei Arten, die also der Gattung Dictyocha in Haccker’s Sinne entsprachen. Eine andere Erscheinung, die sich ebenfalls mit der Herrwic- Hazcker’schen Ansicht nicht leicht vereinigen lässt, besteht in dem Vor- kommen der sogenannten Doppelgehäuse bei den Dietyochiden. Hazckzı, der derartige Bildungen als Zwillingsstücke, twin-pieces, bezeichnet, schreibt denselben eine sehr merkwürdige funktionelle Be- deutung zu, indem er sie als eine Schutzvorrichtung für Phaeodellen oder Schwärmsporen von Phaeodarien ansieht ?. Fassen wir die angeführten Beobachtungen noch einmal kurz zu- sammen, so ergeben sich folgende, für die Beurtheilung der Dietyochiden- Skelette wichtigen Thatsachen: Von den vier Gattungen der Dietyochiden: Dictyocha, Distephanus, Mesocena und Cannopilus, konnte für die beiden ersteren die Selbstän- digkeit der kleinen Kieselgebilde mit Sicherheit festgestellt werden, indem Vertreter dieser beiden Genera entweder lebend, oder doch wenigstens mit ihrem Weichkörper im Hohlraum des Gehäuses beob- achtet wurden. Eben so muss man schon aus dem Umstande, dass Dictyocha fibula und Distephanus speculum zahlreich in der Ostsee gefischt werden, während Phaeodarien-Arten, wie sie Hecker als Dietyochida bezeichnet, trotz ihrer viel bedeutenderen Größe, niemals dort gefangen wurden — selbst wenn man von der Beobachtung des Weichkörpers bei den ge- nannten beiden Arten absieht — den Schluss ziehen, dass die Gehäuse dieser Dietyochiden keineswegs die Skeletttheile der genannten Radio- larien sein können. Auch das Vorkommen der Doppelgehäuse, die, wie ich bei Diste- 1 Cannorrhaphis mediterranea n. sp. Tangentialröhren gerade, eylindrisch, an den Enden stumpf abgeschnitten, in vereinzelten Fällen jedoch auch zugespitzt, an ihrer Oberfläche mit spiralig verlaufenden Verdickungen versehen, die den Ein- druck erwecken, als ob ein feiner Kieselfaden in engen spiraligen Windungen um sie herum geführt wäre. Länge der Tangentialröhren 0,18—0,23 mm; Breite der- selben 0,003—0,004 mm, Fundort: Mittelländ. Meer. Tiefe 1000 m. ? Challenger-Report. p. 1549. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 657 phanus speculum nachzuweisen versuchte, wahrscheinlich durch Conju- sationzweier Individuen entstehen, kann durch die Hertwıg-Harcrer’sche Ansicht nicht befriedigend erklärt werden. Endlich können die Dietyochiden-Gehäuse schon aus dem Grunde nicht die Skeletttheile bestimmter Phaeodarien-Species sein, da diesel- ben sowohl in der Gallerte aller möglichen Phaeodarien-, als auch bei den verschiedensten anderen Radiolarien-Arten, zuweilen sogar in jener auffallend regelmäßigen Anordnung angetroffen werden, in welcher sie sich bei den Dietyochiden in Harcker’s Sinne oft finden. Man könnte vielleicht auch noch die außerordentlich wechselnde Zahl und die manchmal sehr unregelmäßige Lagerung der kleinen Kieselgebilde bei Harcrer’s Dietyochiden-Arten erwähnen, die mit der Gesetzmäßigkeit im Bau anderer Radiolarienskelette nicht im Einklang steht, doch dürften die angeführten Thatsachen schon genügen, um dar- zuthun, dass die Dietyochiden-Panzer nicht, wie Hrrrwic und Hızcrer annehmen, die isolirten Skeletttheile ver- schiedener Phaeodarien-Arten, sondern die Gehäuse selb- ständiger kleiner Individuen sind; dass ferner sowohl Herrwig, alsauch später HaAcEckEL, ursprünglich skelett- lose Phaeodarien-Arten (Phaeodinida) beobachtet, undals Dietyochiden bezeichnet haben, die aus irgend welchen Ursachen die Gehäuse solcher kleinen Organismen von außeninihr Calymma aufgenommen hatten. Fragt man nun nach den Gründen, die diese Erscheinung erklären, so lassen sich deren mehrere anführen. Die nächstliegende Erklärung ist wohl die, dass die Dietyochiden- Gehäuse im Weichkörper der Radiolarien nur die unverdauten Über- bleibsel dieser kleinen als Nahrung aufgenommenen Thierchen sind !. Möglich ist es aber auch, dass die Kieselpanzer von den verschie- denen Radiolarien-Arten aufgenommen werden, um resorbirt, und zum Aufbau des eigenen Skelettes verbraucht zu werden. Wenn diese Annahme richtig ist, und die Radiolarien, wie Harcker. ? ! Da die Dietyochiden oft in ungeheuren Mengen aufzutreten scheinen, und ihre Skelette auch im Darm kleiner Crustaceen, Appendicularien, Wurmlarven etc. gefunden werden, so ist anzunehmen, dass diese Organismen, wo sie massenhaft vorkommen, allerdings als Nahrungsmittel kleinerer Meeresthiere eine bedeutende Rolle spielen. 2 Das Wachsthum der Stacheln von Coelodendrum wird z. B. nach HaAEckEL (Monographie d. Radiolarien, p. 152) dadurch hervorgerufen, » dass die Kieselrinde der hohlen Bäumchen beständig resorbirt und durch eine neue, weitere Röhre er- setzt wird«. An einer anderen Stelle (ebendaselbst p. 140) sagt er ferner wörtlich: »Die zur Bildung des Skelettes nöthige Kieselerde können die Radiolarien vielleicht 658 Adolf Borgert, annimmt, wirklich im Stande sind, feste Kieselsäure zu lösen, würden die skelettlosen Phaeodiniden wahrscheinlich nur als Jugendformen! anderer, skelettführender Phaeodarien-Arten anzusehen sein, indem aus ersteren zunächst die Dietyochiden Hazcxer’s mit ihrem Scheinskelett, und aus diesen wiederum Phaeodarien-Arten mit eigenen Skelettbil- dungen hervorgehen würden, deren Kieselsäure den kleinen Dietyochi- den-Gehäusen entstammt. Viel wahrscheinlicher jedoch haben wir bei den Phaeodiniden eine andere Erscheinung vor uns, wie wir sie auch sonst häufig im Thierreich beobachten, dass nämlich diese skelettlosen Thierformen durch Bedecken der Körperoberfläche mit kleinen Fremdkörpern, den weichen Proto- plasmaleib zu schützen suchen, in ähnlicher Weise, wie sich die Phry- ganiden-Larven mit Gehäusen aus Pflanzentheilen, kleinen Steinchen oder anderem Material zu gleichem Zwecke umgeben. Ganz entsprechende Bildungen, bei denen es sich jedoch wohl mehr um die Herstellung von Stützvorrichtungen handelt, finden wir z. B. auch bei den merkwürdigen Physemarien?, die sich aus zahlreichen Fremdkörpern, welche sie in die äußere Schicht ihres Leibes aufnehmen, ein Pseudoskelett zusammensetzen; eben so bei den Ammoconiden und Psamminiden?®, von denen einzelne Arten ausschließlich Radiolarien- Skelette zum Aufbau desselben verwenden. Ja, unter den Radiolarien selbst finden wir sogar noch andere Beispiele. So pflegt Calcaromma calcarea — eine Art, die Harckeı für eine Thalassicollide (Actissa) hält — Kalkkörper mittels ihrer Pseudopodien in das Galymma aufzunehmen ‘. Sehr auffallend ist bei den Phaeodiniden die Sorgfalt, mit der diese Thiere unter den zahlreichen Fremdkörpern im Meere die kleinen Dic- tyochiden-Gehäuse als Bestandtheile ihres Scheinskelettes auswählen. Doch auch für diese Erscheinung finden wir ein Analogon bei den Physemarien, bei denen nicht nur die Fremdkörper mit der größten eben so gut aus dem Meerwasser, als aus den stets darin vorhandenen und oft zahlreich in der Sarcode angehäuften pelagischen Diatomeen und kieselschaligen Infusorien entnehmen.« 1 Auch Hascker hebt schon die auffallende Übereinstimmung im Bau des Weichkörpers seiner Dictyocha stapedia und Phaeodina tripylea hervor, zwischen denen der einzige Unterschied in dem Vorhandensein der kleinen steigbügelförmi- gen Kieselkörperchen bei der ersteren Art beruht, und giebt außerdem zu, dass seine skelettlosen Phaeodiniden sehr wohl junge Phaeodarien sein können, bei denen ein Skelett noch nicht entwickelt ist. cf. Challenger-Report p. 1543—1544. 2 HAEcKEL, Die Physemarien (Haliphysema und Gastrophysema), Gastraeaden der Gegenwart. Jenaische Zeitschr. XI. Bd. IV. Bd. Jena 1877. 3 HAECKEL, Report on the Deep-Sea Keratosa collected by H. M. S. Challenger. Zoology. Vol. XXXII. 1889. 4 HAEcKEL, Challenger-Report. p. LXX, $102D. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum etc. 659 Genauigkeit ausgesucht, sondern sogar die beiden Körperhälften, »aboraler und oraler Körpertheil mit verschiedenem Baumaterial aus- gestattet werden«. Dass übrigens die Phaeodiniden ihr Pseudoskelett fast regelmäßig aus den Gehäusen einer und derselben Dietyochiden-Species zusam- menzusetzen scheinen !, ist offenbar nur eine Folge des massenhaften Auftretens einer Dietyochiden - Species gegenüber anderen, an dem- selben Orte weniger zahlreich vorkommenden Arten. So kommt z. B. für die Ostsee bei Kiel nur Distephanus speculum in Betracht, während sich in dem Material aus dem Mittelmeer fast aus- schließlich Dietyocha messanensis fand. Auch aus den Untersuchungen EHRENBERG’S ließen sich Gründe für diese Ansicht beibringen. Gegen die Annahme, dass es sich bei der Aufnahme der kleinen Gehäuse von Seiten der Radiolarien hauptsächlich um eine solche von Kieselsäure handle, spricht vor Allem der Umstand, dass niemals Die- tyochiden-Skelette beobachtet wurden, welche die Spuren einer all- mählichen Zerstörung erkennen ließen, so dass die Anhäufung derselben im Weichkörper der verschiedenen Radiolarien-Arten wohl nur mit Vor- sängen der Nahrungsaufnahme oder der Bildung von Schutzvorrichtungen im Zusammenhange stehen kann. Bei den Arten mit eigenen Skelett- bildungen wird nur die erstere Möglichkeit in Betracht zu ziehen sein, während wir bei den skelettlosen Phaeodiniden vielleicht beide Gründe zur Erklärung der Erscheinung heranziehen müssen. D. Systematische Stellung der Dictyochiden., Im Anfange meiner Untersuchungen war ich, wie schon erwähnt, von der Ansicht ausgegangen, dass die Dictyochiden kleine Radiolarien seien, und in der That, wenn man sich allein auf die Betrachtung des Skelettes dieser kleinen Organismen beschränkt, wird man wohl nicht leicht anders urtheilen können. Unterzieht man jedoch den Weich- körper einer genaueren Untersuchung, so stellt sich heraus, dass der- selbe bei den Dictyochiden so abweichend von dem der Radiolarien gebaut ist, dass man allein schon aus diesem Grunde sie unmöglich der genannten Thiergruppe einreihen kann. Schon der Besitz eines besonderen Lokomotionsorgans, einer schwingenden Geißel, wie sie bei den Radiolarien nicht vorkommt, in noch höherem Grade aber das Fehlen der Pseudopodien, macht eine Trennung der Dietyochiden von diesen Thierformen zur Nothwendigkeit. 1 Zuweilen findet man nämlich auch im Calymma derselben die Gehäuse ver- schiedener Dictyochidenspecies. cf. Challenger-Report. p. 1562 (Dictyocha: sta- pedia). 660 Adolf Borgert, Auf der anderen Seite dagegen stellen diese Eigenschaften die Dietyochiden einer kaum minder mannigfaltigen Thiergruppe, den Flagellaten sehr nahe, mit denen sie auch in anderer Beziehung noch weitgehende Übereinstimmungen erkennen lassen. Im Allgemeinen besitzen nämlich diese Formen einen bläschen- förmigen Nucleus, welcher eine deutliche Kernmembran aufweist, »in deren hellem Inhalt sich ein mehr oder minder ansehnlicher, dunkler kugliger Nucleolus findet. Eine besondere Struktur verräth dieser Nucleolus fast nie«!. »Gewöhnlich zeigt die helle Kernsaftzone der er- wähnten bläschenförmigen Nuclei auch bei Behandlung mit Reagentien nichts von feineren Strukturverhältnissen. Die einzige Ausnahme bildet bis jetzt die Monas vivipara«, bei welcher BürscaLı? »den Nucleolus von einer etwasknotigen und wahrscheinlich netzigen Hülle umschlossen sah, von welcher feine Fädchen zur Kernhülle ausstrahltenc«. Der Kern dieser Flagellaten-Art ähnelt nun in hohem Grade in seiner Struktur dem bei Distephanus speculum von mir als Centralkörper be- schriebenen Gebilde. Auch bei diesem musste ein stark gefärbter Chro- matinkörper von einer nur sehr schwach tingirbaren vaeuolisirten Zone unterschieden werden, die ihn umschließt, und die sich nach außen durch eine zarte Membran abgrenzt, so dass auch in diesem Punkte ein tief einschneidender Unterschied zwischen den Flagellaten einerseits und den Dietyochiden andererseits, sich nicht als bestehend erweist. Wenn gleich die Fortpflanzungserscheinungen bei den Dietyochiden nicht genauer bekannt sind, so hat es doch den Anschein, als ob auch in Bezug auf die Vermehrungsvorgänge diese Organismen sich viel enger an die Flagellaten, als an die Radiolarien anschließen. Hierfür spricht vor allen Dingen das Vorkommen der Doppelindi- viduen, die ich, wie oben bereits näher ausgeführt wurde, für zwei in CGonjugation befindliche Individuen halte. Während nämlich ein derartiger geschlechtlicher Akt bei den Ra- diolarien bisher nicht mit Sicherheit beobachtet wurde, konnte man bei Flagellaten häufig solche Vorgänge konstatiren; und ich bin daher ge- neigt zu glauben, dass gerade wie bei diesen Thieren auch bei den Dietyochiden die Conjugation einem Ruhestadium vorangeht, welches bei letzteren durch die als Doppelindividuen bezeichneten Gebilde re- präsentirt wird. | | Endlich komme ich noch einmal auf die merkwürdigen rundlichen Körper zurück , die ich bei drei Exemplaren von Distephanus speculum 1 Bronx, Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. I. (BürscaLı) Protozoa. p: 740, ?2 Ebendaselbst. p. 741, Taf. XL, Fig. 18 c. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 661 im Weichkörper vorfand, und die, sowohl in ihrer Gestalt, als auch in ihrer Struktur eine ganz auffallende Ähnlichkeit mit den von Srem ! bei verschiedenen Flagellaten beobachteten und als Keimkugein resp. Keimsäcke bezeichneten Gebilden aufweisen. Die Entstehung derselben wird nach Sızın’s Angaben? durch Conjugation und damit verbundene Vergrößerung des Nucleus, der sich in eine große ovale Keimkugel ver- wandelt, eingeleitet. » Häufig zerfällt die Keimkugel, bevor es zur Bil- dung von Embryonen kommt, durch Theilung in zwei oder mehrere, bis acht, sekundäre Keimkugeln, die sich auf Kosten der Körpersubstanz vergrößern und zuletzt den größten Theil der Leibeshöhle ausfüllen. « Obgleich, wie aus dem Gesagten hervorgeht, auf der einen Seite sich außerordentlich nahe Beziehungen zwischen den Dicetyochiden und den Flagellaten bemerkbar machen, herrschen auf der anderen Seite dagegen Unterschiede zwischen diesen Organismen, die eine Vereinigung der beiden genannten Gruppen unthunlich erscheinen lassen. Während nämlich bei den Flagellaten die Gehäuse und Schalen- bildungen, sofern solche überhaupt vorkommen, » wesentlich aus einer organischen Substanz bestehen «?, begegnen wir beiden Dietyochiden jenen kleinen, weitmaschigen, und aus hohlen Kiesel balken gebildeten Gehäusen, die uns auch durch ihren strahlig symmetrischen Bau so sehr an die Skelette kleiner Radiolarien erinnern, dass wir diese Formen nicht ohne Weiteres jener Thiergruppe einreihen können. Es erscheint mir daher am zweckmäßigsten, die Dietyochiden zu Vertretern einer besonderen Ordnung der Mastigophoren zu erheben, für welche ich wegen ihrer hauptsächlichsten Eigenthümlichkeit, d.h. wegen ihres Kieselskelettes, die Bezeichnung »Silicoflagellata« in Vorschlag bringen möchte. Die Familie der Dietyochida ließe sich etwa in folgender Weise cha- rakterisiren: Flagellatenähnliche Organismen, mit einem, aus hohlen Kieselbalken bestehenden, strahlig symmetrischen Gehäuse. Körper ohne äußere Hüllmembran, mit langer, dünner Geißel. Kern (bisher nur bei Disiephanus speculum beobachtet und untersucht) bläschen- förmig, aus centralem Nucleolus und einer, denselben umgebenden va- euolären Rindenschicht bestehend. Zum Schluss möchte ich hier noch mit einigen Worten auf die von Mösıus * im Jahre 1887 unter dem Namen Dictyocha fornix beschriebene Form zurückkommen. 1 Stein, Der Organismus der Infusionsthiere. III. Abth. 4. Hälfte. Leipzig 1878. Taf. XIX, Fig, 60—64; Taf. XXI, Fig. 1—9; Taf. XXII, Fig. 24—31. 2 Ebendaselbst. p. 445. 3 Bronn, Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. I. (BürscuhLı) Protozoa. p. 693. 4. cf. Anm. 2 p. 6383, 662 Adolf Borgert, Nach den Angaben von Hensen ! »schwammen die Thiere bei der Untersuchung auf See mit eigenthümlich wankender Bewegung ziemlich lebhaft« und waren »mit einer Schleimhülle umgeben«. Eigene Beobachtungen, die ich zuerst im März dieses Jahres Ge- legenheit hatte, an der genannten Art anzustellen, bestätigten mir meine Ansicht, dass diese kleinen Thierchen ebenfalls nicht zu den Ra- diolarien zu rechnen seien, sondern dass man auch in ihnen Flagellaten- ähnliche Organismen vor sich habe. Da die in Rede stehende Form jedoch wegen der Unterschiede in der Gehäusebildung, auf die ich bereits näher hingewiesen habe?, den Dietyochiden nicht eingereiht werden darf, so möchte ich, um Irrthümer zu vermeiden, vorschlagen, ihren Gattungsnamen zu ändern, und die- selbe in Zukunft mit dem Namen Ebria?® fornix zu bezeichnen. Während ich anfänglich nur vereinzelte Exemplare dieser Art in meinen Präparaten gefunden hatte, konnte ich im März dieses Jahres in frischem Planktonmaterial zu meiner großen Freude zum ersten Male lebende Individuen von Ebria fornix beobachten, die, zahlreich in dem Fang vorhanden, mir einige nähere Aufschlüsse über den Bau und die systematische Stellung dieses Thieres liefern sollten. Der Weichkörper von Ebria fornix besteht aus einem farblosen, oder schwach gelblich gefärbten Protoplasmaklümpchen, das zahlreiche kleine, stark lichtbrechende Körnchen einschließt, und in welchem man schon am lebenden Thier den großen bläschenförmigen Nucleus deutlich erkennen kann. Die lebhaften Schwimmbewegungen, mit denen die kleinen Masti- gophoren sich im Wasser umhertummeln, bestehen theils in einer ziem- lich ausgiebigen, geradlinigen Fortbewegung, die mit Drehung um die eigene Körperachse verbunden ist, theils in einem eigenthümlichen Hin- und Hertaumeln, bei welchem sich das Thierchen bald links, bald rechts herum, bald um die Querachse seines Körpers, bald um die Längsachse desselben in unregelmäßigen Bewegungen dreht. Unter dem Druck des Deckgläschens resultirt eine einfache Drehbewegung, wie sie Mösıus auch bei Distephanus speculum beobachtete, die jedoch binnen kurzer Zeit, und zwar meist ganz plötzlich, erlischt. Als Loko- motionsorgane konnte ich bei dieser Art zwei lange dünne Geißeln nachweisen, die dicht neben einander an dem einen Körperpole ent- springend, die geschilderten komplieirten Bewegungserscheinungen hervorrufen. ! Hensen, Über die Bestimmung des Planktons. V. Kommissionsbericht. p. 78. 2 cf. Anm. 2 p. 633, 3 So bezeichnet wegen der taumelnden Bewegungen. ebrius = trunken. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum etc. 663 Am schwimmenden Thiere sind die Flagellen nicht zu erkennen, da sie sich durch ihre äußerst schnellen Schwingungen der Beobachtung entziehen; selbst beim Absterben des Organismus wird man ihrer nur *selten ansichtig. Um dieselben deutlich zur Anschauung zu bringen, wandte ich mit bestem Erfolg Osmiumsäure an. Übrigens scheint Ebria fornix bei Weitem nicht so empfindlich gegen äußere Einflüsse zu sein, wie etwa Disiephanus speculum, denn noch am dritten Tage nach dem Fange beobachtete ich eine Anzahl lebender Exemplare jener Art. Nachdem die Gefäße, in denen sich das gefischte M Material befand, mehrere Stunden ruhig gestanden, konnte ich Ebria fornix in größerer Zahl mittels eines Glasröhrchens an der Oberfläche des Wassers schöpfen. Die Exemplare, die ich am Boden des Gefäßes fand, hatten offenbar durch Verlust ihrer Geißeln die Fähigkeit kräftigerer Bewe- gung eingebüßt. Ob auch wiederholte Erschütterungen ein Hinab- sinken der kleinen Thierchen in tiefere Wasserschichten im Gefolge haben, konnte ich durch das Experiment bisher noch nicht mit Sicher- heit feststellen; doch ließ sich konstatiren, dass derartige Reize, die bei Ceratium tripos eine Zusammenziehung der langen Geißel bewirk- ten, ohne Einfluss auf die Bewegung der schwimmenden Individuen blieben, und überhaupt gar nicht percipirt zu werden schienen. Auch auf allmähliche Erwärmung des Wassers reagiren diese kleinen Mastigophoren verhältnismäßig spät; so betrug z. B. die Wassertempe- ratur in dem einen der Gefäße, in welchem ich am dritten Tage noch vollkommen lebenskräftige Exemplare fing, + 17°C. Was die systematische Stellung von Ebria fornix anbetrifft, so wird man auch wohl diese Art wegen ihres Kieselskelettes zu der Ordnung der Silicoflagellata zu rechnen haben, die alsdann neben den mit einem Flagellum ausgestatteten Dietyochiden noch diese zwei- geißelige Form umfassen würde. Zwar scheinen auch in Bezug auf die Kernverhältnisse Unter- schiede zwischen Distephanus und Ebria zu herrschen, denn Mösıus beschreibt bei seiner Dictyocha fornix Exemplare mit mehreren Ker- nen, doch handelt es sich in diesem Falle ja möglicherweise um ähn- liche keimkugel- oder keimsackartige Gebilde, wie ich sie auch bei Distephanus speculum beobachtete. Jedenfalls bedarf es vor allen Dingen eingehenderer Untersuchun- gen über die Vermehrungserscheinungen bei diesen interessanten Thierarten, die ich mir für spätere Veröffentlichungen vorbehalte. 664 Adolf Borgert, ll. Phaeodarienstudien, Es mag vielleicht befremdend erscheinen, dass die vorliegende Arbeit über ein paar so differente Thiergruppen handelt, wie es die Flagellaten und die Phaeodarien sind; doch findet diese Thatsache ihre Erklärung darin, dass ich, ausgehend von der bisherigen An- schauung, nach welcher die Dietyochiden zu den Radiolarien gehörten, diese Organismen wegen ihres, aus hohlen Balken bestehenden Kiesel- gehäuses für kleine Phaeodarien hielt, und daher mit in den Kreis der Betrachtung zog. A. Untersuchungen über den feineren Bau der Nebenöffnungen (Parapylen) in der Centralkapselmembran bei Phaeodarien. (Hierzu Taf. XXXIL, Fig. 13.) Beschäftigt mit Untersuchungen über den feineren Bau der Phaeo- darien, gelangte ich bezüglich der Nebenöffnungen zu einigen neuen, interessanten Resultaten, die ich nachstehend mittheilen werde. Das Material zu den vorliegenden Untersuchungen, welches mir Herr Professor Branpr mit der größten Liebenswürdigkeit aus seinen Privatsammlungen zur Verfügung stellte, entstammte dem Mittelländi- schen Meer und bestand vornehmlich aus Aulacantha scolymantha und einer neuen Oastanidium-Species, die ich wegen der großen Variabilität ihres Skelettes als Casianidium variabile n. sp.! bezeichne. 1 Während bei der vorliegenden Castanidium-Species nur die Zahl, Länge und Form der radialen Hauptstacheln, sowie außerdem die Größe des Schalendurch- messers und die Struktur der Schale, in so fern, als die Poren nicht von sechs- eckigen Rändern umgeben sind, als konstante Artcharaktere anzusehen sind, herrscht in Bezug auf die anderen Merkmale, wie Größe und Gestalt der Poren, Breite der zwischen ihnen liegenden Balken etc. eine bedeutende Variabilität. Da eine scharfe Trennung verschiedener Formen sich jedoch nicht durchführen ließ, vielmehr überall Zwischenformen vorhanden waren, so sah ich mich genöthigt, alle diese Formen unter einem Namen zusammenzufassen. Die Diagnose dieser Art, die ich als Castanidium variabile bezeichnen werde, dürfte folgendermaßen lauten: Poren ziemlich regelmäßig, kreisrund bis rundlich, in der Nähe des Schalen- mundes oft polygonal und unregelmäßig, nicht von sechseckigen Rändern umge- ben, nahezu gleich bis ungleich groß, oft von besonderer Größe in der Umgebung des Schalenmundes. Radiale Hauptstacheln (etwa 30) dünn, gerade, mit glatter Oberfläche, vereinzelt auch schwach gekrümmt, etwas länger als der Radius der Kugelschale. Schalendurchmesser 0,6—0,65 mm. Länge der Hauptstacheln 0,3—0,4 mm, Länge der Nebenstacheln 0,035—0,07 mm. Porendurchmesser variirt meist zwischen 0,048 und 0,035 mm, doch wurden Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 665 Zu meinen Untersuchungen wählte ich hauptsächlich die letztere Art, die sich auch aus verschiedenen Gründen am geeignetsten dazu erwies. Vor allen Dingen ausgezeichnet durch den Besitz einer relativ großen Centralkapsel, deren Durchmesser selten weniger als 0,3 mm beträgt, ermöglichte nämlich diese Form ein genaueres Studium ihres Baues, als die Aulacanthen, bei denen dasselbe durch die Kleinheit der Verhältnisse t nicht unerheblich erschwert wird. Als Fixirungsmittel war meist Sublimat zur Verwendung gekom- men, doch schien es mir, als ob die in einzelnen Fällen benutzte Pikrin- schwefelsäure bei den genannten Radiolarien-Arten bessere Dienste ge- leistet hatte. Da nur der Gebrauch der Schnittmethode ein genaues Studium der Strukturverhältnisse der Centralkapsel ermöglichen konnte, so wandte ich dieselbe, nachdem sich Herrwıc und Branpr ihrer bereits bei anderen Radiolarien bedient hatten, auch bei den Phaeodarien an. Zu diesem Zwecke wurde die Kieselschale von Castanıdium unter der Präparirlupe mittels feiner Nadeln vorsichtig zertrümmert, und die enucleirten Centralkapseln theils in Seife, theils in Paraffin sorgfältig eingebettet. Gefärbt wurde Anfangs mit Hämatoxylin oder Boraxkarmin; später wandte ich Doppelfärbungen an, von denen Hämatoxylin und Eosin die sehönsten Bilder lieferte. Für die vorliegenden Untersuchungen kam jedoch nur der letztgenannte Farbstoff in Betracht, indem durch die beiden anderen Kernfärbemittel das Endoplasma nicht tingirt wurde; dieser gab dagegen sehr gute Resultate. Im Interesse der Verständlichkeit des Folgenden dürfte es sich wohl empfehlen, mit einigen Worten auf den allgemeinen Bau der Cen- tralkapsel bei den Phaeodarien einzugehen, durch den sich diese Gruppe so scharf gegen alle anderen Radiolarien abgrenzt. Besonders auffallend ist das Verhalten, welches die Kapselmem- bran zeigt, die bei den Phaeodarien aus zwei Häuten, einer dickeren Eetocapsa und einer feineren Endocapsa besteht. Um eine Kommuni- kation zwischen Endo- und Exoplasma zu ermöglichen, besitzt die Kap- selmembran bei dieser Gruppe der Radiolarien mindestens eine, große, sogenannte Hauptöffnung, die den Oralpol der Hauptachse der sphäroidalen Centralkapsel bezeichnet, und von dem Phaeodium, jener auch oft Poren von 0,04 und 0,06 mm Durchmesser beobachtet. Die Breite der Balken zwischen den Poren variirte an den verschiedenen Exemplaren zwischen 0,005 und 0,042 mm. ! Die Centralkapsel bei den Exemplaren von Aulacantha scolymantha war durchschnittlich etwa nur halb so groß als die von Castanidium variabile. Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. Ab 666 Adolf Borgert, aus zahlreichen Phaeodellen gebildeten, oft sehr voluminösen Pigment- anhäufung wie von einer Kappe umgeben wird. Die Hauptöffnung oder Astropyle besteht aus dem kreisrunden Öffnungshof oder Strahlendeckel (Operculum radiatum), und dem sich im Mittelpunkt desselben erhebenden Rüssel (Proboscis), an dessen äußerem Ende das intracapsulare Protoplasma hervortritt. Das Endoplasma wird bei den Phaeodarien von einer fein granu- lirten Sarcode gebildet, die mit zahlreichen Vacuolen durchsetzt ist. Unterhalb der Hauptöffnung zeigt dieselbe eine auffallende Struktur, indem hier einerseits die Vacuolen vollständig fehlen, andererseits die Plasmatheilchen zu zahlreichen muskelähnlichen Fibrillen .angeordnet sind, die radiär nach der Öffnung hin zusammenstrahlen. In einzelnen Fällen kann man auch an der ganzen Oberfläche des intracapsularen Protoplasma außerdem noch eine vollständige »fibrilläre Rindenschicht« unterscheiden. Der Kern endlich, der von dem Endoplasma umhüllt wird, ist eine große, von einer zarten Membran umschlossene Blase, die in ihrer Form ungefähr die Gestalt der Gentralkapsel wiederholt, und meist dem aboralen Pole derselben näher gelagert ist als dem oralen. Bei den meisten Phaeodarien finden sich außer der großen Haupt- öffnung noch kleinere, sogenannte Nebenöffnungen oder Parapylen in der Kapselmembran, die gewöhnlich in der Zweizahl vorhanden sind und rechts und links gleich weit entfernt vom aboralen Pole der Haupt- achse liegen. Auch Castanidium (wie überhaupt wahrscheinlich die ganze Familie der CGastanelliden) gehört zu diesen » tripyleen« Phaeodarien, denn auch diese Gattung besitzt die drei für diese Thiere charakteristischen Öf- nungen in der Centralkapselmembran: eine Astropyle und zwei Para- pylen. Die ersten Angaben über den Bau der Kapselöffnungen verdanken wir Rıcnarp Herrwig, der im Jahre 1879 in seinem Werke »Der Orga- nismus der Radiolarien« eine ausführliche Beschreibung dieser Ge- bilde gab. Ganz analoge Verhältnisse, wie sie Hrrrwıe bei Aulosphaera und Aulacantha antraf, beobachtete ich auch bei Castanidium, doch bin ich in der Lage, durch einige Angaben über die feinere Struktur der Neben- öffnungen in einzelnen Punkten die von Hrrrwis gegebene Beschreibung zu ergänzen. Wie es bei allen Phaeodarien, bei denen Parapylen vorhanden sind, der Fall zu sein scheint, so setzt sich auch bei Castanıdium jede Neben- öffnung aus drei wesentlichen Bestandtheilen ' zusammen, aus dem Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum etc. 667 Öffnungskegel, dem Öffnungshals und einem nahezu halbkugeligen Gebilde, welches in das intracapsulare Protoplasma in der Weise ein- gebettet ist, dass die stark gekrümmte Seite desselben der Mitte der Centralkapsel zugewendet liest, während die andere, nach außen ge- richtete Seite den Öffnungskegel trägt. Für dieseseigenthümliche Gebilde möchte ich die Bezeichnung Bulbus parapylae in Vorschlag bringen. Die Nebenöffnungen erscheinen nun zumeist derartig gelagert, dass nur der Öffnungshals und der Öffnungskegel über die Oberfläche der Centralkapsel hervorragen. Seltener findet man sie in einer Vertiefung oder Einschnürung der Kapseloberfläche. Das Protoplasma, welches den Bulbus umgiebt, zeigt in seiner Struktur eine auffallende Verschiedenheit von dem übrigen Endoplasma. Während nämlich letzteres von zahlreichen großen Vacuolen erfüllt wird, verschwinden dieselben in der Umgebung der Nebenöffnungen, ähnlich wie unterhalb der Hauptöffnung, vollständig, und die Sarcode zeichnet sich an dieser Stelle außerdem noch durch eine deutliche fibrilläre Anordnung ihrer Elemente aus, die als zarte Fasern nach dem Bulbus hin strahlig zusammenlaufen. Letzterer selbst wird von einem schmalen Hofe von hellerem Plasma unmittelbar umgeben. Der Öffnungskegel stellt eine konische Erhebung dar, die mit ihrem größeren Grundkreise der Oberfläche des Bulbus angehört. Die Spitze des Kegels, die eine kleine kreisförmige Öffnung zum Durchtritt des Endoplasma aufweist, deren Durchmesser meist etwa 0,0025 mm betrug, ragt bei Castanidium gewöhnlich ein wenig über den oberen Rand des den Öffnungskegel umgebenden Öffnungshalses empor. Sehr oft trug ersterer noch einen dünnen röhrenförmigen Aufsatz, der jedoch, zuweilen auch abgebrochen, mir nicht als eine Verlängerung der Membran des Öffnungskegels, sondern nur als ein Ausscheidungs- produkt der an seiner Spitze austretenden Sarcode erschien. Der Inhalt des Öffnungskegels zeigt eine feine Längsstreifung, die von der Basis desselben nach der Spitze hin verläuft und durch zahl- reiche, aber deutlich von einander getrennte, in dieser Richtung ver- laufende zarte Fibrillen hervorgerufen wird. Ob von dieser, durch die Struktur des Plasma bedingten Streifung noch eine andere unterschieden werden muss, die in der Membran des Öffnungskegels ihren Sitz hat, kann ich nicht entscheiden. Wenn wirk- lieh zufällig einmal ein Schnitt den Kegel so getroffen, dass er ein Stück seiner Membran entfernt hatte, so sah man an demselben allerdings sehr deutlich einzelne Streifen von der Spitze nach dem Grundkreis führen, doch kann diese Erscheinung auch sehr wohl von einigen un- mittelbar unter, der Membran verlaufenden Fibrillen herrühren. 4A* 668 Adolf Borgert, An der Stelle, wo der Öffnungskegel in den Bulbus übergeht, sitzt demselben der Öffnungshals auf, der, von der äußeren Kapsel- membran gebildet, bei Castanıdium einen ähnlichen Bau besitzt, wie ihn Herrwie bei den Nebenöffnungen von un und esphaer a bereits beschrieben hat. | Die Ectocapsa bildet nämlich einen niedrigen, cylindrischen, oder schwach trichterförmigen Aufsatz, der als durchsichtiger Kragen den Öffnungskegel umsgiebt. Was endlich den merkwürdigen Bulbus betrifft — den übrigens Harcrzı als Bestandtheil der Parapylen gar nicht erwähnt — so zeigt dieser in seinem Bau komplicirtere Verhältnisse, als Herrwıc glaubte, der denselben nur als eine »homogene Masse« bezeichnet, die »etwa die Form einer Halbkugel besitzt« und die mit ihrer Konvexität »nach dem Inneren der Gentralkapsel gewandt, gegen das umgebende Proto- plasma scharf abschneidet, als würde sie von einer Membran bedeckt«. In der That wird, wie Herrwis ganz richtig vermuthet hatte, der Bulbus von einer Membran umgeben. Dieselbe imponirt als ein zartes Häutchen ‚ und ist allem Anscheine nach eine Einstülpung der inneren Kapselmembran, doch zeigt sie eine andere Struktur als diese. Zuweilen erkennt man nämlich schon mittels relativ schwacher Vergrößerungen einen, in selteneren Fällen auch zwei oder drei kleine runde, hellere Flecke auf der Bulbusmembran. Da ich dieselben als Öffnungen deutete, so nahm ich Anfangs an, dass die Kommunikation zwischen Endo- und Exoplasma an den Parapylen ausschließlich durch diese wenigen Poren hindurch stattfände, und dass die zahlreichen radiär angeordneten Fibrillen, die von außen an den Bulbus herantreten, muskelähnliche Bildungen seien, die als Retraktoren der Nebenöffnung fungirend, durch ihre Kontraktion zugleich ein stärkeres Ausströmen des intracapsularen Protoplasma bewirken. Bestärkt wurde ich in dieser Ansicht dadurch, dass auch ich, wie Herrwıc es bei Aulacantha und Aulosphaera beobachtete, bei Casianidium die Parapylen mehrfach in flachen Vertiefungen oder gar an nabelförmig eingezogenen Stellen der Centralkapseloberfläche fand. Doch zeigte eine genauere Unter- suchung der Bulbusmembran, dass diese Annahme eine irrige war. Mit Hilfe der Winker’schen Ölimmersion 1/,, konnte ich nämlich erkennen, dass die Membran nicht nur einzelne kleine Poren besitzt, sondern eine zarte Felderung aufweist, die durch zahlreiche runde Öff- nungen bedingt wird. Dieselben sind meist ziemlich regelmäßig ange- ordnet und von nahezu gleicher Größe. Ihr Durchmesser schwankt ge- wöhnlich zwischen 0,0013 und 0,0025 mm, betrug jedoch in verein- zelten Fällen sogar 0,0038 mm. iF Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 669 Woher es übrigens kommt, dass einzelne Poren sich als solche schon bei Anwendung relativ schwacher Vergrößerungen durch ihre scharfen Kontouren gegenüber den anderen, nur durch schwache Um- risse angedeuteten Öffnungen, kenntlich machen, wage ich nicht zu entscheiden. Stellt man den Tubus des Mikroskopes genau auf einen Porus ein, so gewahrt man in seinem Lumen einige kleine, stark lichtbrechende Punkte, die offenbar den Eintritt eben so vieler Fibrillen in das Innere des Bulbus anzeigen. Ihre Zahl belief sich bei den kleineren Öffnungen auf I—3, während die größeren Poren zahlreicheren Fibrillen den Durchtritt gestatteten. Der Inhalt des Bulbus besteht aus einem homogenen Protoplasma, das jedoch nicht, wie Hrrrwıc angiebt, Farbstoffen gegenüber eine be- sondere Imbibitionsfähigkeit zeigt. Die dunklere Färbung, durch welche der Bulbus auffällt, hat ihren Sitz in der ihn umgebenden Membran. War dieselbe zum Theil durch einen Schnitt zufällig entfernt, so dass man durch die entstandene Öffnung in das Innere des Bulbus hinein- sehen konnte, so zeigte es sich, dass die ihn erfüllende Sareode nicht dunkler tingirt war, als das übrige Endoplasma. Der Durchmesser des Bulbus beträgt bei Castanıdium variabile 0,040 bis 0,012 mm. Bei einer anderen Phaeodarien-Art, die jedoch nicht näher zu bestimmen war, da ihre CGentralkapsel enucleirt unter dem Material gefunden wurde, besaß dieser Theil der Nebenöffnung einen Durchmesser von 0,0188 mm. In welcher Weise sich die beiden Kapselmembranen an der Bildung der verschiedenen Bestandtheile der Parapyle betheiligen, ließ sich mit Sicherheit allerdings nicht entscheiden, da fast regelmäßig an den Neben- öffnungen die Membranen sich losgelöst hatten. Für den Öffnungshals steht es jedoch wohl zweifellos fest, dass er eine Erhebung der äußeren Kapselmembran darstellt; eben so glaube ich nicht fehl zu gehen, wenn ich mit Haecrer auch den Öffnungskegel als ein Produkt. der Eeto capsa, die Bulbusmembran dagegen, wie ich bereits bemerkte, als eine Ein- stülpung der Endocapsa in Anspruch nehme. \ Es ist übrigens auffallend, eine wie große Ähnlichkeit die Neben- öffnungen in ihrem Bau mit der Hauptöffnung zeigen, wenn man bei ersteren von dem Öffnungshals und dem Bulbus absieht. Obgleich Harcrer das Vorhandensein einer deutlichen radiären Streifung, wie sie sich außer bei dem Operculum radiatum der Haupt- öffnung (wie ich für Castanidium nachwies) auch bei dem Öffnungskegel der Nebenöffnung vorfindet, nicht bekannt war, macht auch er schon auf die Übereinstimmung in der Struktur aufmerksam, die zwischen 670 Adolf Borgert, den Kapselöffnungen herrscht. Doch bringt Harcker bei diesem Ver- gleiche die Proboseis der Astropyle mit dem Öffnungskegel der Para- pylen in Parallele, und bezeichnet letzteren daher, zusammen mit der röhrenförmigen Verlängerung desselben als Paraboseis. » It seems, « so sagt erin seinem Challenger-Report!, »that the para- boseis of the accessory-openings is developed in a way similar to the proboscis of the main-opening, and that the chief difference between the two is indicated by the large radiate opereulum of the latter.« Allein gerade das Operculum radiatum ist es, welches wir bei den Nebenöffnungen in kleinerem Maßstabe zwar, aber in ganz ähnlicher Ausbildung als Öffnungskegel wiederfinden, und welches die Ähnlichkeit zwischen Haupt- und Nebenöffnung am deutlichsten hervortreten lässt. Sogar auf die äußere Gestalt kann sich die Übereinstimmung zwi- schen dem Operculum einerseits und dem Öffnungskegel andererseits unter Umständen erstrecken. So hat z. B. die von Herrwıc abgebildete CGentralkapsel von Coelacantha anchorata? einen vollständig kegelför- migen Öffnungshof, während derselbe bei anderen Phaeodarien-Arten meist wie ein Uhrglas oder eine Brustwarze geformt ist. Fig. A. Hauptöffnung (Astropyle) von Coelacantha anchorata. Dieser Holzschnitt giebt einen Theil der eitirten Figur Herrwıc's wieder (cf. unten Anm. 2). prb, Probosecis; or, Operculum radiatum, Fig. 3. Nebenöffnung (Parapyle) von Castanidium variabile, mehr schematisch und stark vergrößert. pb, Paraboscis; op, Operculum parapylae; c, Collare; 5, Bulbus. Nach meiner Ansicht ist es daher richtiger, die Proboseis der Haupt- öffnung nicht, wie Harzer es thut, mit dem Öffnungskegel, sondern mit dem röhrenförmigen Aufsatz desselben zu vergleichen, und nur für letzteren allein die Bezeichnung Paraboseis beizubehalten. Der Öffnungskegel ist dagegen, wie ich ausführte, dem Opereulum radiatum der Hauptöffnung gleichwerthig. Es dürfte daher wohl am besten sein, auch in diesem Falle die äquivalenten Bestandtheile der 1 Challenger-Report. p. 4529. ? Herrwıc, Organismus der Radiolarien. Taf. X, Fig. 9. Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum ete. 671 Astropyle und Parapyle mit einander entsprechenden Namen zu be- legen, und den Öffnungskegel als Opereulum radiatum parapylae, oder einfach als Operculum parapylae, zu bezeichnen. Das Collare und der Bulbus parapylae würden als die beiden übrigen Theile der Nebenöffnung zu nennen sein. Um die komplicirten Verhältnisse etwas anschaulicher zu machen, stelle ich im Nachfolgenden die Bestandtheile der Haupt- und Neben- öffnung in der Weise zusammen, dass ich in der ersten Spalte der kleinen Tabelle die Theile der Astropyle mit den Bezeichnungen, wie sie HacEckeL eingeführt hat, angebe. Die zweite und dritte Kolumne enthalten die Namen für die entsprechenden Bestandtheile der Para- pyle; und zwar finden sich in der ersteren wiederum die von HAEckEL angewandten Bezeichnungen, in der letzteren dagegen diejenigen, wie ich sie in Vorschlag bringen möchte. Theile der Astropyle | Theile der Parapyle Probosecis Paraboscis Paraboscis (Öffnungskegel) (röhrenförmiger Fort- satz des Öffnungskegels) Operculum radiatum — Operculum parapylae (Offnungskegel) — Collare paraboscidis ., Collare (Offnungshals) (Offnungshals) Bi: — Bulbus B. Über eine neue Phaeodarien-Gattung des atlantischen Oceans. (Hierzu Taf. XXXIII, Fig. 14.) Am 8. September 1887 fischte Herr Professor Caun auf einer Reise nach den kanarischen Inseln im atlantischen Ocean, westlich von Oporto ein Exemplar einer Phaeodarien-Art, die, zur Familie der Sagosphaeri- den gehörig, sich keinem der bereits bestehenden sieben Genera ein- reihen ließ und dadurch die Begründung der neuen Gattung Sagenoarium nothwendig machte. Trotz der außerordentlichen Zartheit der Kieselbalken war das Skelett der vorliegenden Art — was übrigens nur sehr selten bei den Sagosphaeriden der Fall zu sein pflegt — bis auf einige abgebrochene Radialstacheln vollständig intakt geblieben, so dass sowohl die kom- plieirte Struktur, als auch die Größenverhältnisse desselben sich deut- lich erkennen und feststellen ließen. Für die neue Species, die unter den bis jetzt bekannten Sagosphae- riden zu den größten Arten gehört, bringe ich den Namen Sagenoarium Chuni in Vorschlag. 672 Adolf Borgert, Sagenoarium Chuni n. sp. Skelett eine eiförmige, aus zwei Gitterplatten gebildete Kiesel- schale, deren jede aus zahlreichen, ziemlich regelmäßigen dreieckigen Maschen gebildet wird. Die innere und zugleich feinmaschigere Gitter- schale ist mit zeltförmigen Erhebungen bedeckt, deren Spitzen durch Kieselbalken mit einander verbunden sind, und so die Knotenpunkte in deräußeren, mit größeren Maschen ausgestatteten Kieselschale bilden. Pyramiden regelmäßig und von gleicher Größe; gewöhnlich dreiseitig, in vereinzelteren Fällen jedoch auch vier- oder fünfseitig; ohne inneren Achsenstab; an der Spitze mit einer, der Seitenzahl entsprechenden Anzahl von divergenten Radialstacheln versehen. Radialstacheln schlank und gerade, nahezu eben so lang wie die Seiten der Pyramiden; mit einem Quirl von meist drei, seltener zwei oder vier Terminalästen: unterhalb dieses Quirls ein zweiter, gewöhnlich aus vier kreuzförmig gestellten Lateralästen bestehend. End- und Seitenäste an ihrem äußeren Ende gespalten und jederseits in zwei kleine, rückwärts ge- krümmte Zähnchen auslaufend. Größenverhältnisse: | Längsachse der Gitterschale: 5 mm. Querachse derselben (an der breitesten Stelle gemessen): 2,75 mm. Seitenlänge der äußeren Gitterschalen-Maschen: 0,23— 0,3 mm. Seitenlänge derinneren Gitterschalen-Maschen: 0,16—0,2 mm. Breite der Kieselbalken: 0,002 mm. Fundort: Atlantischer Ocean 41°2’ N.Br. 11°30’ W.Gr. Das Exemplar fand sich in einem offenen Netz, das aus einer Tiefe von 1000 m senkrecht heraufgezogen wurde. Sagenoarium n. caynvn = Netz; wagıov — dem. v. @ov, das Ei. | Das neue Genus, das sich aus der Gattung Sagoscena dadurch her- leitet, dass die Spitzen der pyramidalen Erhebungen der Gitterschale durch Kieselbalken mit einander verbunden sind, lässt sich etwa folgen- dermaßen charakterisiren.: Sagosphaerida mit einem, aus zarten Kieselbalken gebildeten, länglich runden Skelett, bei welchem man eine kleinere innere und eine etwas größere äußere Gitterschale unterscheiden kann. Beide Schalen, die aus ziemlich regelmäßigen dreieckigen Maschen bestehen, Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum etc, 673 sind durch zahlreiche pyramidale oder zeltförmige Erhebungen mit ein- ander verbunden, deren Grundflächen der inneren Gitterschale angehö- ren, während die Spitzen der Pyramiden die Knotenpunkte der Maschen darstellen, welche die äußere Schale zusammensetzen. Pyramiden ohne inneren Achsenstab; mit terminalen Radialstacheln an ihrem Gipfel. , Da die Einreihung des neuen Genus einige Änderungen in der von HazckeL gegebenen analytischen Tabelle der Sagosphaeriden-Gattungen nothwendig macht, so bringe ich im Nachstehenden diese Bestimmungs- tabelle, so weit sie durch die Abänderungen betroffen wird, unter Hin- zufügung derselben zum Abdruck. Familie der Sagosphaerida. Gitterschale glatt, ohne Radialstacheln . . Sageno. F tförmi Radialstacheln in den Be von rein kuge-| midale oder zzeltförmige Kaokenpunkien deneir liger oder länglich runder| Erhebungen. ters. . . . Sagosphaera. Gestalt. Nicht spongiös; aus | Operfläche der kugeligen ve ohne inneren Oberfläche der kugeligen Gitterschale ohne pyra- nn regelmäßigen odersubregu-| Gitterschale bedeckt | Achsenstab . . Sayoscena. es lären dreieckigen Maschen] mit pyramidalen oder Pyramiden mit einem in- familie: bestehend. Mit oder ge zeltförmigen Erhebun- pyramidale Erhebungen, de- gen. ren Spitzen wiederum durch[operfläche der länglich Kieselbalken mit einander verbunden sein können, so dass eine doppelte Gitter- | platte entsteht, neren Achsenstab 2 Sagenoscena. Sagenida, g runden Gitterschale mit pyramidalen Erhebun- gen bedeckt, deren Gip- fel mit einander ver- bunden sind. Gitter- schale daher doppelt. ‘ ae ohne inneren Achsenstab Sagenoarium. Nachschrift. Nach Abschluss der vorliegenden Untersuchungen über die Dietyo- :chiden fand ich im Anhang der nunmehr vollendet vorliegenden dritten Abtheilung der Protozoen in »Bronn’s Klassen und Ordnungen des "Thierreichs « eine Anmerkung, die Dietyochiden betreffend, in welcher „Bürscarr! wie folgt schreibt: »Hinsichtlich der Herrwie’schen Deutung der Diciyochen und Verwandten als Skelettgebilde, welche die Gallerte gewisser Phaeodarien in großer Zahl bedecken, kann ich gewisse Zweifel nicht unerwähnt lassen. Ich fand nämlich (1885) im Auftrieb der Kieler Bucht mehrfach einzelne solche Gebilde, welche von einem blassen Inhalt erfüllt waren, der einen deutlichen, gut färbbaren Kern 1 Bros, Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. I. Protozoa (BÜTscAaLI). Iji. Abth, Leipzig 1887—89. Anhang: Kurze Übersicht des Systems der Radiolaria. Anm. p. 1997, 674 Adolf Borgert, enthielt. Dies stimmt mit Mösıus’ Befunden (1887) gut überein, welcher sowohl von Diciyocha speculum Ehrb. wie von D, fornixc Mb. einzelne mit gelblichkörnigem Plasma erfüllte und bewegliche Skelettgebilde beobachtete. Bei der letzteren Art beobachtete er mehrere Kerne im Plasma. Ich muss bei dieser Gelegenheit auch auf die große Ähnlich- keit der Skelettgebilde von Dictyocha und Disiephanus mit gewissen Tympaniden Hazcer’s hinweisen.« Wenn auch die hier nur kurz berührten Punkte bereits weiter oben ausführlicher behandelt worden sind, so wollte ich es dennoch nicht unterlassen, die Angaben BürscaLr's zu erwähnen; und ich that dies um so lieber, als dieselben der Hauptsache nach mit meinen Aus- führungen im Einklang stehen. Was die »Ähnlichkeit der Skelettgebilde von Dictyocha und Diste- phanus mit gewissen Tympaniden Harcker’s« betrifft, so ist dieselbe in einzelnen Fällen in der That eine ganz außerordentlich große, doch werden wir erst an der Hand eingehenderer Kenntnisse über den Bau des Weichkörpers bei letzteren, der Frage näher treten können, ob hier nur eine Ähnlichkeit der Skelettbildungen — auf die übrigens auch schon Harerer! bei der Gattung Dysiympanıum hinweist — vorliegt, oder ob es sich bei den genannten Organismen um nähere, verwandt- schaftliche Beziehungen handelt. Hamburg, im August 1890. Litteraturverzeichnis. 4. BrAnpt, Über die morphologische und physiologische Bedeutung des Chloro- phylis bei Thieren. in: Mittheilungen aus der Zool. Station zu Neapel. Bd. IV. Leipzig 1883. 2. BürscuLı, Protozoa. in: Bronn’s Klassen und Ordnungen des Thierreichs. Bd. I, Leipzig und Heidelberg 1883—1887. 3. —— Beiträge zur Kenntnis der Radiolarienskelette, insbesondere der der Gyr- tida. in: Diese Zeitschr. Bd. XXXVI. 1 HaeckeL, Report on the Radiolaria. 4887. p. 989. » These curious forms ex- hibit a remarkable resemblance to some Monocyrtida, and also to the Dietyocha (Phaeodaria).« Sehr auffallend ist z. B. die Ähnlichkeit der Skelettbildungen mit Dictyochiden- gehäusen bei folgenden Tympaniden-Arten: Pseudocubus hexapylus, Dystympanium dictyocha, Circotympanum octogonium (cf. Report on the Radiolaria, Taf. XCIV, Fig. 42, 45 und 47). 2 vB: . ! 4, 5, Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speeulum ete. 675 Caun, Die pelagische Thierwelt in größeren Meerestiefen und ihre Beziehungen zu der Oberflächenfauna. Kassel 1887. EHRENBERG, Über die Bildung der Kreidefelsen und des Kreidemergels durch unsichtbare Organismen. in: Abhandl. d. königl. preuß. Akad. der Wiss. zu Berlin aus dem Jahre 1838, 6. —— Über noch jetzt lebende Thierarten der Kreidebildung und den Organis- mus der Polythalamien. in: Abhandl, der Berliner Akademie aus dem Jahre 1839. 7. —— Verschiedene kleinere Mittheilungen in den Monatsber. der Berliner Aka- demie aus den Jahren 1844, 4854, 4855, 1856. 8. —— Mikrogeologie. Das Erden und Felsen schaffende Wirken des unsichtbar kleinen selbständigen Lebens auf der Erde. Leipzig 1854. 9, —— Mikrogeologische Studien über das kleinste Leben der Meeres-Tiefgründe aller Zonen und dessen geologischen Einfluss. in: Abhandl. der Berliner Akademie 4872. Berlin 1873. 40. HAEcKEL, Monographie der Radiolarien. Berlin 4862. A. Report on the Radiolaria collected by H. M. S. Challenger during the years 4873—4876. Zoology. Vol. XVIII. 1887. 42. —— Die Phaeodarien oder Cannopyleen Radiolarien. IV. Theil der Monogra- phie der Radiolarien. Berlin 1888. 43. —— Die Physemarien (Haliphysema und Gastrophysema), Gastraeaden der Gegenwart. in: Jenaische Zeitschr. für Naturwissensch. XI. Bd. IV. Bd. Jena 4877. 44, —— Report on the Deep-Sea Keratosa collected by H. M. S. Challenger. Zoo- logy. Vol. XXXII. 1889, 45. HEnsEn, Über die Bestimmung des Planktons oder des im Meere treibenden Materials an Pflanzen und Thieren. in: Fünfter Bericht der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel. Berlin 1887. 46. R. Herrwic, Der Organismus der Radiolarien. Jena 4879. 47. Mösıus, Systematische Darstellung der Thiere des Plankton, gewonnen in der westlichen Ostsee und auf einer Fahrt von Kiel in den atlantischen Ocean. in: Fünfter Bericht der Kommission zur wissenschaftlichen Untersuchung der deutschen Meere in Kiel. Berlin 1837. 48. —— Bruchstücke einer Rhizopodenfauna der Kieler Bucht. in: Abhandlungen der königl. preuß. Akademie der Wissensch. zu Berlin vom Jahre 1888. Berlin 4889, 49, JoH. MÜLLER, Über die im Hafen von Messina beobachteten Polycystinen. in: Monatsber. der Berliner Akademie. 1855. 20. STEIN, Der Organismus der Infusionsthiere. III. Abth.: Der Organismus der Fla- gellaten. 4. Hälfte. Leipzig 1878. 24, Sröur, Die Radiolarienfauna der Tripoli von Grotte, Provinz Girgenti in Sici- lien. in: Palaeontographica 1880. Bd. XXVI. 4. Lfg. 676 Adolf Borgert, Über die Dietyochiden, insbesondere über Distephanus speculum etc. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXIII, Bis auf Fig. 44, die schwächer vergrößert ist, sind sämmtliche Figuren "bei 1000facher Vergrößerung gezeichnet. ‚Fig. 1—12, Distephanus speculum. Fig. 1—6. Verschiedene Skelettformen. Fig. 6. Ein siebenstrahliges Gehäuse, den Verlauf der Luftkanäle zeigend. Fig. 7. Skelett in Seitenansicht. : Fig. 8. Doppelgehäuse. Fig. 9. Distephanus speculum. Nach dem Leben gezeichnet. (Das hier abgebil- dete Exemplar ist jedoch offenbar bereits im Absterben begriffen, da bei demselben die Lage der Geißel eine ganz andere ist als bei den schwimmenden Individuen.) Fig. 40. Ein Individuum dieser Art; nach einem mit Hämatoxylin gefärbten Präparat gezeichnet. Der Nucleus (Centralkörper) erscheint im Lumen der Apical- masche. Die Einschlüsse des Körperplasma (Chromatophoren?) sind bei dieser Figur, wie bei den beiden folgenden, der Deutlichkeit halber fortgelassen. Fig. 44. Individuum mit acht keimkugelartigen Gebilden. Nach einem Häma- toxylinpräparat. Fig. 12. Ein anderes Exemplar, fünf keimsackähnliche Körper enthaltend, Nach einem Hämatoxylinpräparat. Fig. 13. Castanidium variabile. Nebenöffnung, Fig. 14. Sagenoarium Chuni. Ein Stück der doppelten Gitterschale. Auf der inneren Schale sieht man drei vollständige dreiseitige Pyramiden sich erheben. Ihre Spitzen sind durch Kieselbalken mit einander verbunden, die in ihrer Ge- sammtheit die äußere Gitterschale bilden. In den Knotenpunkten der letzteren stehen als Verlängerungen der Pyramidenseiten die Radialstacheln. Mit Ausnahme von Fig. 44 sind die Umrisse der Figuren mit Hilfe des AsgE- schen Zeichenapparates hergestellt worden. u: Korallenstudien. Von Dr. A. R. v. Heider, Docent für Zoologie in Graz. I. Madracis pharensis Heller. Mit Tafel XXXIV. Herrer beschreibt! aus dem Kanal von Lesina eine Koralle, welche er Astrocoenia pharensis n. sp. benennt. Seitdem wurde dieselbe Form auch von Anderen in Lesina, von mir an der östlichen Küste von Corfu gefunden. Sie scheint demnach, wenn auch nicht häufig, doch längs der östlichen Küste der Adria vorzukommen, indess — so viel bis jetzt bekannt — nördlich über Lesina nicht hinauszureichen. Da es mir richtiger scheint, die Koralle zur Gattung Madraeis zu stellen, gebe ich eine genauere Beschreibung derselben, wobei ich be- merke, dass die Abbildung der lebenden Form (Fig. I u. 2) nur nach einer flüchtigen Skizze, welche ich vor Jahren auf der Reise angefertigt habe, gemacht werden konnte. Zur eingehenden Untersuchung lagen mir eine Anzahl Alkoholexemplare vor. | Die zusammengesetzte Koralle überzieht, wie schon HELLer angiebt, Bryozoen und Nulliporen in ungefähr 3 mm dicken Schichten; sie breitet sich nur in der Fläche aus, das Diekenwachsthum scheint sich aus- schließlich auf die Höhe eines Polypars zu beschränken. Je nach der- Unterlage bilden die Stöckchen entweder flache (Fig. 3), oder knollig erhobene (Fig. 4), immer scharf abgegrenzte Ausbreitungen von un- regelmäßiger Gestalt und, je nach dem Alter, verschiedener Größe. Meist wird als direkte Unterlage der lebenden Koralle das abgestorbene Skelett'einer früheren Generation gefunden. Am lebenden Thiere ist ! Zoophyten und Echinodermen des adriat. Meeres. 1868. Pia 678 A. R. v. Heider, das Skelett vollständig vom rothbraunen Coenosark überzogen, welches in schwach angedeutete polygonale Felder — die durchscheinenden, zackigen Kelchränder — eingetheilt erscheint, aus deren Mitte die runden, etwa 2 mm breiten Polypen hervorragen. Die Polypen sind ebenfalls röthlichbraun, indess zeigt die Mund- scheibe eine dunklere Schattirung (Fig. 2), aus welcher die lichtbraunen Tentakelspitzen und die ebenfalls lichte Mundspalte deutlich hervor- treten. Von den Tentakelbasen ziehen lichtere Radien zum Mundkegel; die Körperwand der Polypen zeigt lichtbraune Längsstreifen, welche allmählich in das Goenosark übergehen. Von Tentakeln zählte ich an den meisten Polypen 20 Stück; dieselben sind in zwei Kreise ange- ordnet, von welchen der innere aus größeren, der äußere aus kleineren Elementen besteht. Letztere sind oft so unscheinbar, dass sie auch mit der Lupe schwer zu erkennen sind. Bei jüngeren Polypen ist der äußere Kreis nur unvollständig ausgebildet und schwankt dann die Tentakel- zahl zwischen 12 bis 16. Der spaltenförmige Mund sitzt auf der Spitze des meist stark vorgestreckten Mundkegels. Das lebende Thier ist gegen Reizeziemlich unempfindlich und es bedarf direkter Berührungen, um es zum Einziehen der Mundscheibe und Tentakel zu vermögen. Das Skelett zeigt bei jungen Kolonien dicht an einander stehende, oft gegenseitig sich abplattende Polypare; da, wie Längsschliffe be- weisen, je zwei benachbarte Kelche ein gemeinsames Mauerblatt zu haben scheinen und auch die Winkel, wo mehrere Kelche zusammen- stoßen, fast ganz von den eckigen Polyparen eingenommen werden (Fig. 3 u. 5), Kann von einem Coenenchym oftkaum gesprochen werden. Daneben findet man, oft an derselben Kolonie, Stellen, wo die Kelche weniger dicht stehen, in voller Rundung sich ausbreiten konnten und dann auch zwischen sich mehr Coenenchym führen; dies ist besonders an jenen Stöckchen der Fall, welche sich auf knolliger Unterlage er- heben und deren Kelche in Folge dessen, während sie emporwachsen divergiren, sich gegenseitig ausweichen. Immerhin ist das Coenenchym verhältnismäßig spärlich vertreten; jüngere Kelche finden zwischen den älteren oft kaum Platz, sie werden in Folge des Aneinanderdrängens‘ viereckig oder unregelmäßig vieleckig und erheben sich über 'die all- gemeine Oberfläche des Stockes, Charakteristisch ist die scharfe Begrenzung im ganzen Umkreise jedes Stockes durch dünne Kalklamellen, exothekale Bildungen, deren schichtenweise Übereinanderlagerung deutlich zeigt, dass sie successive vom Rande des Coenenchyms (Randplatte) abgesondert werden in dem Maße, als sich die Kolonie in der Fläche ausbreitet. An dem abgebil- deten Stöckchen (Fig. 3) sieht man, dass einzelne Randpolypen abge- ru Korallenstudien. I. | 679 storben waren und die begrenzende Exothek über und neben diesen neugebildet wurde. Der Kelch des ausgewachsenen Polypen hat zwei Cyklen von je 10 Septen; der ältere Cyklus vereinigt sich nach innen zur Columella, die alternirenden Elemente des zweiten Gyklus sind kurz und oft nur schwach angedeutet. Die freien Ränder der Septen und der Kelche laufen in spitze Dornen aus, die Flächen der Septen sind mit kleinen rundlichen Höckern besetzt. Pali fehlen. Die Columella ist sehr gut entwickelt und besteht aus einer unteren stärkeren Säule, welche in halber Höhe der Kelcehhöhle stumpf endet und einen kegelförmigen, spitzen Aufsatz trägt (Fig. 5 c); dadurch wird die Columella in der An- sicht von oben dem Stempel (Pistill) einer Blüthe ähnlich und für die Koralle ein leicht kenntliches Merkmal gegeben. Die Kalkmasse ist ungemein dicht und spröde, Schliffe von ge- - nügender Dünne lassen sich kaum anfertigen. Trotz dieser Härte der Kalksubstanz findet man auch hier jene Zerklüftung des Skelettes in den tieferen (älteren) Partien, die ich als Alterserscheinung auffasse und durch nachträgliche Wiederauflösung des Kalkes durch das Seewasser mir erkläre. Der Querschliff Fig. 6 c zeigt diese Höhlenbildung in und zwischen den Kelchen eben so, wie der Längsschliff Fig. 5. Die anatomische Untersuchung dieser Korallenform lieferte mir keine neuen Thatsachen. Der Bau zeigt die genugsam bekannten Ver- hältnisse der Steinkorallen;; feinere Details können bei so kleinen Formen wohl schwer eruirt werden. Die Septen sind ausschließlich entocoel, _ wie dies auch Fowrer ! für Madracis asperula angegeben hat. Das Rich- tungspaar ist auf den meisten Schnitten deutlich ausgeprägt und die (dorsoventrale) Ebene desselben ist an den einzelnen Polypen desselben Stockes mehr oder minder nach dem Mittelpunkte des letzteren ge- richtet. Dadurch erscheinen die Polypen gewissermaßen nach einer _ Hauptachse orientirt, welche an den knolligen, mehr akrogenen Stöcken, wie Fig. #, noch deutlicher vorhanden ist, dagegen an flachen Kolonien, wie Fig. 3, ganz verschwindet. Ich fand übrigens häufig, dass die die Mesenterien paarig verbindende Muskulatur nur dort einseitig ausge- bildet ist, wo die Mesenterien Septen einschließen; dagegen erscheinen die kontraktilen Fasern in jenen Gegenden, wo keine Septen vorhanden sind, also dicht unter der Mundscheibe der Polypen, auf beiden Seiten der Mesenterien gleich stark ausgebildet. Es macht also den Eindruck, als stände die einseitige Muskelentwicklung in einem gewissen Konnex mit den Septen. 1 Anatomy of the Madreporaria. IV. Quart. Journ. mier. sc. 1888. p. 414. 680 "AR, v. Heider, An nach der v. Kocu’schen Methode! 'angefertigten Querschliff- serien, von deren einer ich in Fig. 6 einige Nummern wiedergebe, er-- kennt man sehr gut, dass die Septen des ersten Cyklus ausnahmslos in der Zahl von 10 vorhanden sind und schon an der Basis eines jeden Kelches zu gleicher Zeit angelegt erscheinen; auch die unvollständigen Septen des zweiten Cyklus sind in den tiefsten Schichten meistens, zum mindesten als kleine Hervorwölbungen des Mauerblattes, sichtbar, wor- aus folgt, dass die dem ausgewachsenen Polypen zukommenden Scheide- wände schon bei der jungen Knospe in voller Anzahl vorhanden sind und später keine neuen hinzukommen; alle Septen sind demnach von gleichem Alter. Aus der Vergleichung der einzelnen, auf einander fol- genden Querschliffe einer Anzahl Kelche ersieht man ferner, dass die- selben Anfangs dicht gedrängt sind und durch gegenseitige Abplattung eine elliptische Gestalt erhalten; indem sie nach oben divergiren, werden sie rundlich und demgemäß ist das Coenenchym in der Tiefe schwächer ausgebildet, wie an der Oberfläche des Stockes. Wie schon erwähnt, stellt HrtLıer unsere Koralle zur Gattung Astro- coenia M. Edw. et H. Ganz abgesehen davon, dass diese Gattung von den genannten Autoren als nur aus fossilen Arten bestehend angegeben wird, stimmen auch mehrere Merkmale des Skelettes, wie die im All- gemeinen glatten Kelchränder, die schwach vortretende CGolumella und das dünne Mauerblatt mit den Charakteren unserer Form nicht überein. Dagegen finden wir eine viel größere Übereinstimmung dieser mit den Gattungsmerkmalen von Madracis, wie sie sowohl M. Enwarns et Ham und besonders die späteren Autoren anführen. Nach M. Epwarps et Hıme? zeichnet sich Madracis aus durch schwach ästigen Bau des Stockes, der aus unregelmäßig spiraler Kno- spunghervorgeht, fast kompaktes, sehr dorniges Goenenchym, stäbchen- föormige Columella und vorragende, unter einander gleich lange Septen. Die Abbildungen Taf. D I, Fig. 9a und 9b von M. hellana zeigen mit unserer adriatischen Form große Übereinstimmung, und nur das viel reichlichere Coenenchym unterscheidet jene Art von dieser in auffallen- der Weise. Die in einem früheren Aufsatze 3 auf Taf. IV gegebene Ab- bildung von M. asperula erinnert ebenfalls sehr an unsere Form in Bezug auf den Habitus des Stockes; sie differirt aber wesentlich von ihr durch die stark vorspringenden Septen. Vergleicht man dagegen die Beschreibung * und Abbildung von Astrocoenia derselben Autoren, 1 Morphol. Jahrb. Bd. VIII. 1883. p. 87. 2 Hist. nat. des Corall. 4857. II. p. 439. 3 Ann. sc. nat. (3) XIII. 4850. p. 104. * Hist. nat. des Corall. 4857. II. p. 255. 5 Brit, foss. Corals. Introd. 1850. p. XXIX. Korallenstudien. II. 681 so ist eine Übereinstimmung dieser mit unserer Form gar nicht zu ersehen. M. Epwarps et Hame verzeichnen nur zwei Arten von Madracis: M. asperula von Madeira und M. hellana von Bourbon. Dagegen be- sehreiben andere Autoren gleichzeitig oder später Korallen, die jeden- falls auch hierher gehören. So hat Lyman! eine wahrscheinlich von Florida stammende Madra- eis unter dem Namen Astraea decactis Lym. beschrieben. Der ganze Stock hat die Form einer dünnen, etwas gewellten Platte in Folge der niederen, am oberen Rande knospenden Kelche. Das Goenenchym ist zwischen den Kelchen mit einer mehr oder minder regelmäßige Sechs- ecke bildenden Reihe von Körnchen besetzt. Innerhalb der sechseckigen Felder liegen die Kelche, welche, je nachdem sie mehr gedrängt oder von einander entfernt sind, eckig oder rundlich sind. Sie haben '/ bis ?/; Linie im Durchmesser und 10, an den Rändern und Flächen glatte Septen, welche etwas über den Kelchrand nach außen ragen. Sie verjüngen sich im halben Radius und vereinigen sich zu einer soliden, ovalen Columella, welche den inneren Theil der Septen über- ragt. Zwischen den eigentlichen Septen sind rudimentäre Septen zweiter Ordnung in Form kleiner Punkte sichtbar. Längsschliffe zeigen, dass die Columella durch die ganze Achse des durch Traversen abge- theilten Kelchraumes reicht. In der Verlängerung der längeren Achse der Columella liegen fast immer zwei Septen einander gegenüber, und zu beiden Seiten dieser je vier der übrigen. Auch der Kelch zeigt durch die Neigung, sich in der Richtung dieser Achse zu verlängern, die bilaterale Symmetrie an. Der Stock ist an der Basis von einer dünnen Epithek bedeckt. Bis auf die mangelnde Bewaffnung der Septen stimmt diese Be- schreibung von Astraea decactis vollständig mit der der adriatischen Koralle. Auch Lymav erklärt seine Form nahe verwandt oder identisch ' mit der fossilen Astrocoenia M. Edw. et H. und stellt sie nur vorläufig zu Astraea. Ducuassaıng und Micazzortı? geben für ihre Stylophora mirabilis und St. inerustans, sowie für Reussia lamellosa Merkmale an, welche schon PourtaL&s bewogen, diese Formen für Madraeis-Arten zu erklä- ren. Für St. mirabilis scheint mir dies nicht sehr zutreffend; dieselbe ist dort als fächerförmig beschrieben und hat unregelmäßig vertheilte Kelche; dagegen hat St. inerustans® alle mit Madraeis übereinstimmen- 1 Proc. Boston soc. n. h. VI. 4857. p. 260. 2 Mem., sur les Coralliaires d. Antilles. 4860, p. 62. 3 Supplem. au mem. s, les Corall. d. Antilles. 1863. p. 69. Zeitschriftf. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 43 REN EN RLENR AR Ra 682 A. R. v. Heider, den Hauptcharaktere, indem gesagt wird, dass der Stock inkrustirt, die Kelche rundlich, ziemlich tief eingesenkt sind, neun bis zehn fast gleich lange, kaum vortretende, nach außen verdickte Septen und eine breite mit stabförmigem Fortsatz versehene Columella vorhanden sind. — Die Gattung Reussia wurde von Duckassarne und MIcHELOTTI für eine lebende Koralle aus St. Thomas gegründet und hat verzweigten Stock mit kur- zen lappigen Ästen; die kleinen Kelche haben vorspringende Columella und sind von einander durch netzförmig vorspringende Linien abge- grenzt. Konstant sind zehn Septen vorhanden. Wie auch PourTALks angiebt, stimmt die Beschreibung im Texte keineswegs mit der Fig. 9, Taf. IX und hat hier eine Verwechslung in der Figurenbezeichnung stattgefunden; Fig. 8 derselben Tafel, welche gemeint sein dürfte, er- innert dagegen in hohem Grade an Madracis. PourraL&s! hebt mit Recht hervor, dass die beiden Gattungen Ma- dracis und Axohelia von M. Epwarps et Haımz sich nur durch das, bei jener kompaktere und stärker vorhandene Coenenchym unterscheiden, dass aber diese Unterschiede in späteren Stadien vollends ausgeglichen werden; es seien also beide Gattungen unter Madraecis zu vereinigen. Wenn auch dieser Autor später geneigt ist, Madraeis und Axohelia wie- der von einander zu trennen, halte ich bei dem Umstande, dass die Unterschiede kaum hinreichen dürften, als Gattungscharaktere aufge- fasst zu werden, doch dafür, mit Duncan? beide Genera vereint zu lassen. Allerdings liegen mir die betreffenden Formen nicht in natura, sondern nur in Abbildungen und Beschreibungen vor, aus welchen systematische Schlüsse zu ziehen immer sehr misslich bleibt. Die Beschreibung, welche Pourrarzs von Madraeis decactis Verrill (Astraea decactis Lyman) giebt, stimmt auch für das adriatische Exem- plar beinahe vollständig überein. Die Verrizr’sche Form ist im Allge- meinen dünn und inkrustirend,, erhebt sich aber zuweilen zu keulen- förmigen Massen. Der Polyp ist bräunlich-purpur, die Tentakel weiß punktirt, Scheibe smaragdgrün, der kegelförmig erhobene Mund gelb, die die Polypen trennenden Mauerblattstreifen weiß punktirt. Es sind im Ganzen 20, also doppelt so viel Tentakel, wie Septen vorhanden. Davon sind fünf lang, vorstehend, die anderen in fünf Gruppen zu drei zwischen jenen liegend. Die Tentakel bilden einen Kreis, können aber nach ihrer Größe in fünf primäre, fünf sekundäre und zehn tertiäre ge- trennt werden. ! Deep sea corals. 1874. p. 26. Taf. VII, Fig. 1—3. ” Revision of the families and genera of the Madreporaria. Journ. Linn. soc. 1834. Korallenstudien. II, 683 In einer späteren Beschreibung von Madracis trennt PourtAL&s! wieder diese Gattung von Axohelia und giebt als Unterschied zwischen beiden an, dass erstere blasiges, letztere kompaktes CGoenenchym be- sitze. Diese Differenz ist meines Erachtens nur scheinbar eine durch- greifende, indem das Anfangs blasige Coenenchym im späteren Alter der Polypen durch Kalkansatz mehr oder minder kompakt werden kann, aber im weiteren Verlaufe, wie ich bei Cladocora gezeigt zu haben glaube, durch physikalische Einflüsse wieder blasig wird. Die Licht- druck-Abbildung (Taf. VIII, Fig. 1) gestattet keine eingehende Ver- gleichung mit Madracis, wie es wohl wünschenswerth wäre. Ob die von Fowrer als Madracis asperula beschriebene Form hier- her gehört, ist mir zweifelhaft. Ich finde in der Litteratur die Angabe von 10—20 Septen für Madracis so konstant — auch M. Epnwarps et Hıme, die Begründer des Genus, führen dieses Merkmal an —, dass es mir vorläufig nicht thunlich erscheint, eine Koralle mit acht Septen ebenfalls zu Madracis zu rechnen. Wenn auch bei zahlreichen Korallen- gattungen die Septenzahl sehr variabel zu sein scheint, so finden wir eine solche Variabilität doch nur bei Formen mit sehr zahlreichen Septen und immer nur innerhalb gewisser Grenzen, welche durch die typische Grundzahl vier oder sechs und deren Vielfachem gegeben werden. Madraeis zeigt dagegen, so viel mir bekannt ist, ausnahmslos eine Sep- tenzahl von zehn und deren Vielfachem und theilt diese Eigenschaft mit verhältnismäßig wenigen verwandten Formen. Eine Koralle mit acht Septen ebenfalls in diese Gruppe unterbringen, hieße die typische Septenzahl als systematisches Merkmal ganz aufgeben und dazu ist jetzt noch keine zwingende Veranlassung. Fassen wir das Gesagte zusammen, so wäre die oben beschriebene Koralle die zu den Oculiniden gehörige Gattung Madracis M. Edwards et Haime (Duxcav’s Alliance Stylophorida) und wäre die frühere Gattung Axohelia M. Edw. et H., sowie Astraea decactis Lyman, Stylophora in- erustans Duch. et Mich. und Reussia lamellosa Duch. et Mich. in die- selbe einzubeziehen. Die Gattung dürfte nach dem bis jetzt Bekannten in die beiden Arten M. decactis Verrill aus dem atlantischen Ocean und M. pharensis Heller aus der Adria (Mittelmeer?) zerfallen. Die Trennung in diese beiden Arten halte ich desshalb für angezeigt, weil die Zeich- nung und Färbung der Polypen differirt. M. decactis hat smaragdgrüne Scheibe und zeigt eine Gruppirung der Tentakel (zu je fünf), M. pharen- sis hat einförmig purpurbraune Mundscheibe mit lichteren Radiär- streifen und zwei Kreise von Tentakeln. 1 Zoolog, results Hassler exped. Crinoids a. Corals. III. cat. mus. comp. zool, Harvard coll.. VIII, 4874. p. 44. 45% 684 A, R. v. Heider, Korallenstudien. II, Ob die von M. Enwarps aufgestellte M. asperula und die aus dem indischen Ocean beschriebene Madraeis einer der beiden angegebenen Arten angehören oder weitere Species darstellen, muss vorläufig un- entschieden gelassen werden. Die Koralle ist nicht häufig, aber in den verschiedensten Meeren gefunden worden. Außer den schon erwähnten Fundorten: Adria durch Herzer, Madeira und Bourbon durch M. Epwarps et Haıme, Florida durch Lyman, St. Thomas durch Ducnuassaine et Micaztorti finde ich sie noch erwähnt von Verrirr ! aus Florida, Pourtarts ? aus Barbados in 400 Faden und Florida in weniger wie 17 Faden, sowie von der brasilianischen Küste in 40 Faden, endlich von Sruper ? aus Madeira und Bougainville in 40 Faden. Der Hauptverbreitungsort scheint immerhin die tropische See der Ostküste Amerikas zu sein. Es liegt mir noch ob, Herrn Custos Dr. v. MARENZELIER für die freundliche Überlassung seiner Notizen über Madraeis meinen verbind- lichsten Dank abzustatten. Graz, im Oktober 1890. 1 List of Polyps and Corals sent by the mus. comp. zool. in exch. Bull. mus, comp. zool. 1864. p. 65. 2 Zool. res. Hassler exped. Ill. cat. mus. comp. zool. VIII. 1874. p. 4. 3 Übers. d. Steinkorallen. Gazelle. Monatsber. preuß. Akad. Wiss. Berlin. 1877. p. 636. Erklärung der Abbildungen. Tafel XXXIV.- Fig. 1. Madracis pharensis. Ein Stück der lebenden Oberfläche. Nat. Größe. Fig. 2. Zwei Polypen, lebend. Vergr. 1:8. Fig. 3. Skelett einer fiach ausgebreiteten Madraciskolonie. Vergr. 4:6. Fig. 4. Skelett einer ästigen Kolonie. Nat. Größe. Fig. 5. Längsschliff durch zwei Kelche. C, Columella. Vergr. 1:8. Fig. 6. Drei Nummern aus einer Serie von 48 Querschlifien, deren oberster mit Nr. 4 bezeichnet. a= Nr. 2, b = Nr. 44, ce = Nr. 47. z, identischer Kelch in den einzelnen Querschliffen. Zeichenprisma. Ve ergr. 4:7, Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorgänge in den Eiern der Insekten. Von Dr. H. Henking (Göttingen). II. Über Spermatogenese und deren Beziehung zur Eientwicklung bei Pyrrhocoris apterus L. Mit Tafel XXXV—XXXVIlI und 1 Holzschnitt. Seit längerer Zeit mit den ersten Entwicklungsvorgängen in den Eiern von Insekten beschäftigt, stellte sich das Bedürfnis ein, auch die Entwicklungsgeschichte der Samenfäden mit in den Bereich der Unter- suchungen zu ziehen. Denn ein richtiges Verständnis für die Vorgänge im Ei kann nur durch einen Vergleich mit den Veränderungen gewon- nen werden, welche die Samenfäden durchzumachen haben. Und da mir gerade von den Eiverhältnissen von Pyrrhocoris bereits seit längerer Zeit ein verhältnismäßig reiches Material in Präparaten vorlag, be- schloss ich, auch die Spermatogenese dieses Thieres in Angriff zu nehmen. In den nachfolgenden Blättern theile ich mit, zu welchen Resulta- ten ich dabei gekommen bin. Herrn Geheimrath Enazzrs bin ich für die Freundlichkeit, mit wel- cher er mich mit schwerer zu erlangender Litteratur aus seiner Biblio- ihek unterstützt hat, auch hier wieder zu Dank verpflichtet. Die paarigen Hoden von Pyrrhocoris apterus bestehen in jeder Körperhälfte aus sieben Schläuchen, welche in der Regel derartig an- geordnet sind, dass eine Gruppe von drei, und eine ändere von vier Schläuchen je eine vereinigte Ausmündungssielle in das Vas deferens besitzen. Auch P. Mayer (14) hat diese Eigenthümlichkeit schon her- vorgehoben (p. 336). Da die beiden Mündungsstellen durch einen Zwischenraum getrennt sind, so ist eben dadurch die Verbindung der eg 686 H. Henking, beiden Gruppen keine so feste, wie diejenige der einzelnen Schläuche jeder Gruppe, welche ihrer ganzen Länge nach parallel dicht neben einander herziehen. Wie die Finger von einem Handschuh, so ist der Inhalt eines jeden Hodenschlauches von einer zarten Hülle (Tunica propria v. La Varerte’s) (Fig. 5 {.p) umgeben, aber auch jede Gruppe trägt noch einmal einen besonderen zarten Überzug (Tunica adventitia v. La Varerte’s) und außerhalb desselben sieht man zahlreiche Tracheen und Lappen des Fettkörpers angeheftet. Der Ausmündungsstelle gegenüber endet jeder Hodenschlauch ohne erhebliche Verschmälerung mit vorgewölbter Kuppe, und in ihr finden sich die jüngsten Hodenzellen. Nähert man sich von bier aus der Ausmündungsstelle, so erhält man successive die älteren Stadien, bis ganz unten die Spermatozoen ziemlich fertig ausgebildet vorliegen. 1. Die Theilung der Ursamenzellen (Spermatogonien). Die jüngsten Hodenzellen (Ursamenzellen) sind gestreckt kegel- förmig und entspringen rhachisartig mit der Spitze des Kegels aus einem gemeinsamen Mittelpunkte, indem der Kern in dem peripheren verbreiterten Theile der Zelle gelagert ist. Ein wenig unterhalb der Spitze wird dann aber der gemeinsame Mittelpunkt mehrerer Zellen excentrisch, und einige dieser Gruppen liegen im Kreise um eine an- ders gebaute Centralzelle, welche leicht an ihrem großen aber chroma- tinarmen Kerne erkannt wird. Aus Hoden, welche frisch in Kochsalz- lösung von 0,5 Procent zerzupft, mit Osmiumdämpfen fixirt und in Glycerin aufbewahrt sind, tritt der rhachisartige Zusammenhang der jüngsten Zellen oft sehr deutlich hervor, wie Fig. 3 zeigt. Das Plasma der Ursamenzellen ist feinkörnig und färbt sich gelegentlich deutlich mit. Besonders in der dem gemeinsamen Mittelpunkte zugewandten Spitze der Zelle wird in den mit Fremmmne’s Flüssigkeit gehärteten Hoden eine dunklere Stelle bemerklich (Fig. 2, +). Der Kern hat etwa 2/; der Breite der Zellbasis und fast die Hälfte der Zellhöhe. In ruhendem Zustande ist er ein kugeliger Körper von starker Färbbarkeit, in wel- chem eine große Anzahl von dunklen Körnchen wahrscheinlich als Knotenpunkte eines Netzwerkes aufzufassen sind, wenn auch das Netz- . werk selber wegen der Kleinheit der Kerne nicht gesehen. wird. Wenn wir die kegelförmigen, strahlenförmig einen gemeinsamen Mit- telpunkt umgebenden Zellen der Hodenspitze für gleichwerthig erach- ten dürfen, so ist zu bemerken, dass in denjenigen, welche mit Frem- uıne’s Flüssigkeit behandelt waren, nur selten ein nucleolusartiges Gebilde gesehen wird, während ein deutlicher Nucleolus an den mit Pikrinessigsäure gehärteten Zellen leicht auffällt. Derselbe liegt zwi- Y Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 687 schen den sich intensiv mit Karmin färbenden Chromatinkörnchen als ein verhältnismäßig großer, keinen Farbstoff aufnehmender kugeliger Körper von gelblichem Aussehen. Gelegentlich hat sich derselbe in zwei Kugeln getheilt (Fig. 1), welche neben einander liegen oder auch durch dazwischen geschobene Chromatinmassen getrennt sein können. Bei den Ursamenzellen aus Larven von Pyrrhocoris hat der Nucleolus meist ein unregelmäßiges stäbchenförmiges Aussehen. Ein jeder der rhachisartig verbundenen Zellkomplexe ist von einer besonderen Membran umgeben (Fig. 4,5c) und bildet somit eine Sper- matocyste. Die eine jede Spermatocyste einhüllende Membran ist be- sonders weiter abwärts im Hoden deutlich zu sehen, dort, wo das Ge- dränge der Zellhaufen nicht so stark ist, und hier sieht man auch leicht, dass der einhüllenden Membran große Kerne ansitzen, welche flach- gedrückt sind, eine große Menge kugeliger getrennter Chromatinkörner besitzen und ähnlich wie Bindegewebszellen von einem Hofe von Plasma umgeben sind. Wenn die jungen Hodenzellen sich theilen wollen, so bekommt der Kern ein anderes Aussehen. Vorher durchweg dunkel (bei Be- handlung mit Freumine’s Flüssigkeit) wird er nun licht, indem er sich aufbläht und zwischen die sich ebenfalls nicht unerheblich vergrößern- den Chromatinkörner eine helle Substanz einlagert. So erscheint er nun heller als das Plasma seiner Umgebung. Das Chromatin hat sich in getrennten, im Allgemeinen ziemlich gleich weit von einander abstehenden etwa kugeligen Körnern angehäuft (Fig. 4). Gelegentlich ist aber eine Neigung zu einem näheren paarweisen Zusammenrücken der Körnchen unverkennbar. War an dem ruhenden Kerne keine deut- liche Membran nachzuweisen (Fig. 4, 2, aber auch zu beachten Fig. 3), so grenzt sich der Kernraum jetzt deutlich durch eine solche gegen das Plasma ab (Fig. 4). — In den mit Pikrinessigsäure behandelten Zellen ist der helle Nucleolus noch eine längere Zeit nachzuweisen, wenn bereits das Aufblähen des Kernes und das Zusammenfließen der Chromatinmassen zu einzelnen Körnern eingetreten ist. Dann aber wird er undeutlich und ist schließlich nicht mehr zu sehen. Die Annahme, dass die soeben besprochenen Zellen in das nun zu betrachtende Stadium übergehen, bedarf, wie ich glaube, keines um- ständlichen Beweises. Wir finden nämlich etwa in gleicher Höhe mit ihnen Zellen, welche eine Kernspindel enthalten. Diese Zellen besitzen nicht mehr die deutliche Kegelform der ersteren, auch nicht mehr die dunkle Spitze des Kegels. Das Chromatin ist in einer äquatorialen Platte versammelt und erscheint bei Seitenansicht der Spindel in getrenn- ten ziemlich genau kreisförmigen Körnern angehäuft (Fig. 6d). Blickt 683 H. Henking, man vom Pol her auf die Figur herab, so sind die Kugeln nicht so regelmäßig (Fig. 6a—c, 7). Neben einfachen kreisförmigen oder auch ein wenig eckigen Gebilden kommen in Überzahl solche vor, welche gestreckt sind und dann eine deutlich wahrnehmbare Einschnürung besitzen. Öfter liegen auch einzelne Körperchen so dicht an einander, dass eine Trennungslinie zwischen ihnen nicht gesehen werden kann. Derartige Figuren sind dann verhängnisvoll, wenn es sich um eine Zählung der Körperchen handelt. Aber selbst in solchen Fällen kann man durch ein starkes System (z. B. Wınker’s Ölimmersion 1/,,) durch gute Beleuchtung und ein vorsichtiges Arbeiten mit der Mikrometer- schraube meist sicher erkennen, dass ein zusammengesetzter Körper nicht gleichmäßig gefärbt ist, sondern dunklere Centralpunkte hat mit lichteren Stellen dort, wo die differenten Körper sich berühren. So habe ich denn durch möglichst genaue Zeichnung und nachherige Zählung der Chromatinkörper in drei Fällen (Fig. 6a, b, Fig. 7) die Zahl 24 erhalten, in einem Falle (Fig. 6c) die Zahl 23. Da die Bilder überall die gleichen sind, so habe ich das Zählgeschäft nicht an einer größeren Zahl vorgenommen und glaube die theoretisch zu erwartende Zahl 24 als das Normale ansehen zu dürfen. Wie kommt es aber, dass die bei Flächenansicht doch nicht uner- heblich verschieden gestalteten Chromatinkörper in der Seitenansicht so regelmäßig kegelförmig erscheinen? Da muss ich hervorheben, dass geringe Abweichungen von der Kugelform in der That beobachtet wer- den können; aber dieselben sind aus dem Grunde weniger auffallend, weil sie sich stets in der Ebene der Äquatorialplatte halten. Es muss daher eine Kraft vorhanden sein, welche es den einzelnen Chro- mosomen zwar gestattet, ihre Längsachse in der Ebene der Äquatorial- platte beliebig zu stellen, sie aber daran hindert, aus derselben her- auszutreten. Der Querdurchmesser der Chromosomen ist annähernd der gleiche, daher erscheinen dieselben bei Seitenansicht der Spindel so gleichförmig. | Wenn ich einer weit verbreiteten Auffassung beipflichte, so könnte ich sagen, dass es die achromatischen Spindelfäden sind, welche die Chromosomen in so regelmäßiger Lage erhalten. Bei den mit FLemmine’s Flüssigkeit behandelten Hoden nämlich, weniger deutlich bei den mit Pikrinessigsäure konservirten, gehen von den Polkörperchen, welche als deutliche dunkle Punkte in den ersteren Präparaten sichtbar sind, Fäden aus, welche geradlinig auf die Chromosomen zustreben (Fig. 6, 8, 9). Denkt man sich, dass diese Fäden sich beiderseits an die Chro- mosomen ansetzen, so folgt weiter daraus, dass, um im Bilde zu bleiben, die Chromosomen gewissermaßen in der Schwebe hängen zwischen Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 689 den beiden Fixpunkten, den Polkörperchen. — Die Theilung erfolgt dann in der gewöhnlichen Weise. Gelegentlich sieht man Bilder, in denen die einzelnen Chromosomen gleichmäßig nach den Polen zu etwas ver- längert sind, dann schnüren sich die Chromosomen in der Mitte durch (Fig. 5), wie es sonst mit den Chromatinschleifen zu geschehen pflegt, die Theilstücke rücken polwärts zur Bildung des neuen Kernes. In Fig. 8a ist ein Zwischenstadium abgebildet. Das Polkörperchen und die achromatischen Spindelfäden sind verschwunden, dagegen hängen die Chromatinmassen noch durch Verbindungsfäden zusammen. Im Bereiche der letzteren sind dort, wo die Zellmembran sich durchzu- sehnüren beginnt, getrennte dunkle Kügelchen aufgereiht, der Zeli- kernplatte in pflanzlichen Theilungsfiguren entsprechend. Die Zellen einer Spermatocyste pflegen in der Regel sämmtlich sich auf dem gleichen Entwicklungsstadium zu befinden, wie es z. B. der in Fig. 5 abgebildete Schnitt erläutert. Besonders interessant scheint mir aber an dem Bilde das ganz regelmäßige Verhalten zu sein, dass die Zellen sich tangential zum Umfang der Spermatocyste theilen. Man würde bei dem heteraxonen Bau der Zellen (Fig. 2) erwarten, dass die Theilungsebene sich radial stellen müsste, wenn eine gleichwerthige Theilung der Zelle beabsichtigt werden sollte. Jedenfalls ist aber das in Fig. 5 abgebildete Verhalten das normale; es wird damit auch ver- ständlich, dass man in späteren Stadien die Zellen in der Spermatocyste anscheinend regeilos vertheilt findet, ohne dass ich anzugeben ver- möchte, was aus der ursprünglichen rhachisartigen Verbindung wird. Mit den bisher betrachteten Figuren stimmen diejenigen genau überein, welche ich in Fig. 9, 10 und 11 abgebildet habe. Der einzige Grund, wesswegen ich sie hier gesondert bespreche, ist der, dass sie etwas weiter von der Hodenspitze (nach dem Ausführungsgange zu) entfernt liegen und eine geringere Größe besitzen als die ersteren, was wenigstens den Zellkörper anbetrifft. Diese beiden Umstände würden die Ansicht berechtigt erscheinen lassen, dass wir es hier mit einem zweiten Theilungseyklus zu thun hätten, indem die aus der ersten Theilung hervorgegangenen Tochterzellen zwar einen erheb- lichen Zuwachs an Kernsubstanz, aber nur einen sehr geringen an Plasmasubstanz erfahren kaben, als sie ihrerseits zu einer Theilung schritten. Im Grunde genommen ist es auch ziemlich gleichgültig, ob diese Figuren den in Fig. 6 und 8 abgebildeten als gleichwerthig zu erachten seien oder nicht; denn das, was hier interessirt, ist klar er- kennbar, dass nämlich eine Abweichung von dem vorhin betrachteten Theilungsmodus nicht vorhanden ist. Fig. 40, einem mit Pikrinessig- säure gehärteten Präparate entnommen, lehrt, dass 24 Chromosomen 690 H. Henking, vorhanden sind, welche ihr ein wenig von Fig. 6 und 7 verschiedenes Aussehen wohl der abweichenden Konservirungsmethode verdanken. Die Anordnung der Chromosomen ist auch die gleiche wie vorhin, und dass die Theilung derselben thatsächlich in einer Durchschnürung be- steht, ergiebt sich direkt aus der Betrachtung der auch im Präparat neben einander liegenden Stadien der Fig. 9. Die Chromosomen der Tochterplatten haben thatsächlich nur etwa die halbe Dicke von denen der ungetheilten Äquatorialplatte der Mutterzelle. Ferner scheint mir das in Fig. 11 gebotene Bild keinen Zweifel daran zu lassen, dass wir es in der That mit einer Durchschnürung der Mutterchromosomen zu thun haben. Ich glaube also schließen zu dürfen, dass die Zahl der Chromo- somenin den Tochterzellen in der That mit derjenigen der Mutterzellen übereinstimmen wird, wenn mir auch die Zählung derselben in den Tochterplatten nicht gelungen ist. Das liegt vor Allem an der Kleinheit der Elemente, dann aber auch an der Seltenheit der entsprechenden Stadien. So leicht man auch das Stadium des Monaster erhält, ein Beweis für die relativ lange Dauer des zu der Zeit verlaufenden Ent- wicklungsprocesses, so selten sind die Figuren desDyaster. Und gehen sie verhältnismäßig rasch vorüber, so tritt noch das Ungünstige ein, dass die Chromosomen nur kurze Zeit getrennt bleiben, etwa nur so lange, wie sich die Entwicklung auf der Höhe von Fig. 9 a und 5 be- findet. Darüber hinaus tritt eine Verschmelzung der Chromatinmassen ein, wie sie (von dem ersten Theilungscyklus) Fig. 8a in einem früheren Stadium, Fig. 12a etwas weiter vorgerückt (von dem zweiten Cyklus) veranschaulichen mag. In Fig. 12 « ist es überhaupt nicht mehr möglich, einzelne distinkte Körnchen wahrzunehmen, wenn auch dunklere Stellen in den stark gefärbten Kernen noch auf die einstigen chroma- tischen Centren hindeuten mögen. Noch weiter ist der Verschmelzungs- process in Fig. 125 gediehen, wo in dem sonst noch gleichmäßiger ge- färbten Magma höchstens am Rande ein Unterschied wahrzunehmen ist. Hier weisen auch rundliche Ausbuchtungen auf das Zusammen- treten von einzelnen Körnchen hin. In Fig. 12a ist noch eine Andeutung der achromatischen Ver- bindungsfäden zu sehen und dort, wo die Theilungsfurche des Zellkör- pers ringsum einsetzt, leuchten einige Körnchen der Zellkernplatte im Bereich der achromatischen Verbindungsfäden hervor. In Fig. 120 sind mit den achromatischen Verbindungsfäden auch die Kügelchen der Zellkernplatte verschwunden. Die Theilung der Zelle ist vollendet. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I, 691 2. Beschaffenheit der ruhenden Samenmutterzellen (Spermatocyten I. Ordn.). Der Lage nach gehen aus dem soeben beschriebenen Theilungs- akte ganz unzweifelhaft diejenigen Zellen hervor, von denen Fig. 13 einen Vertreter abbildet. Vor Allem auffällig ist es an diesen Zellen, dass ein großer Nucleolus zur Ausbildung gekommen ist. Derselbe tritt bei den verschiedensten Konservirungsmethoden stets scharf hervor, ist aber besonders deutlich an den mit Pikrinessigsäure gehärteten und mit Boraxkarmin gefärbten Hodenzellen. Hier zeigt er auch einen be- merkenswerthen Unterschied von demjenigen der jüngsten Hodenzellen, wie aus einem Vergleiche mit Fig. 1 erhellt. Erscheint der Nucleolus der jüngsten Hodenzellen bei der genannten Methode farblos, so nimmt er nun begierig Farbe auf, ein Verhalten, welches ganz regelmäßig ist und vielfach von den beiderseitigen Nucleolis auf dem gleichen Schnitte beobachtet werden kann. Im Übrigen ist die Chromatinsubstanz in einzelnen getrennten Körnchen angehäuft. Eine Membran ist nicht vorhanden, daher ist die Oberfläche des Kernes unregelmäßig. In einer Bucht an der Oberfläche der Chromatinkügelchen liegt der Nucleolus eingesenkt. Der Gesammt- kern ruht gewissermaßen in einer hellen Vacuole, welche sich mehr oder weniger regelmäßig gegen das schwach gefärbte Plasma abgrenzt. Sie ist besonders groß in den mit Fremnine’s Flüssigkeit konservirten Hoden. Es scheint mir kein Zweifel daran zu sein, dass man diese Vacuole als noch mit zum Kern gehörig ansehen muss (Fig. 13). Denn weiterhin beginnt die Chromatinsubstanz des Kernes sich zu lockern und gleichzeitig werden die Chromosomen mehr schleifenförmig (Fig. 14). Man kann sich die Lockerung des Kernes in der Weise vorstellen, dass man die Chromatinsubstanz sich in der Kernvacuole ausbreiten lässt. Erscheinen die Chromatinschleifen sowohl bei Behandlung mit Pikrin- essigsäure als auch bei Anwendung von Fremuing’s Flüssigkeit Anfangs gleichförmig und glatt, so beginnen sie nun Fortsätze auszustrecken und sich so mit einander in Verbindung zu setzen. Wir erhalten so ganz unmerklich das Bild der Fig. 15. Gleichzeitig sehen wir auch, dass der Kernraum sich mit einer Membran gegen das Plasma abgegrenzt hat. Sowohl der Kern wie auch die Zelle ist gewachsen. Das Wachsthum beider schreitet noch weiter fort bis zu der Größe der Fig. 16. Jetzt haben im Kern die einzelnen Chromosomen anscheinend völlig ihre Selbständigkeit aufgegeben. Man sieht nur ein lockeres Netzwerk von Chromatinsubstanz, bestehend aus staubartig feinen und aus gröberen Körnchen. .Allein der Nucleolus hat bei den Veränderungen von Kern 692 H. Henking, i und Zelle sein Aussehen nicht gewechselt. Er liegt noch wie zu Anfang (Fig. 13) als rundlicher Körper dem Rande des Kernes angenähert, ist, wenn überhaupt, so nur wenig gewachsen. Aus diesem seinem Ver- halten wird auch ohne Weiteres klar, warum er außerhalb des chro- matischen Kernnetzes liegen bleibt, eine Thatsache, welche bei den verschiedensten Zellen vielfach beobachtet ist. Der Nucleolus behält seine Kugelgestalt unverändert bei, während die Chromosomen ge- wissermaßen Pseudopodien aussenden und sich so zu einem Netz ver- einigen. Der Nucleolus bietet seinerseits den Pseudopodien keine An- satzflächen und bleibt daher isolirt. : Der Plasmaleib der Samenmutterzelle, wie wir die vorliegende Zelle nach ihrem Verhalten zu den Samenfäden nennen können, ist An- fangs feinkörnig oder feinstreifig. Wir haben in dieser Struktur wohl den optischen Ausdruck eines Wabengerüstes vor uns. Wie dann die Zelle ihr Volumen erheblich vergrößert, wird das Maschenwerk gröber und deutlicher und wenn die Samenmutterzelle ihr Größenwachsthum etwa vollendet hat, treten in den Lückenräumen des Maschenwerkes Körperchen auf, welche schließlich völlig das Aussehen von Dotter- kügelchen gewinnen. Sie häufen sich ganz besonders in der Umgebung des Kernesan und lassen eine periphere Plasmazone frei (Fig. 17, 18, 19). Dieselben werden durch Fremurse’sche Flüssigkeit konservirt und be- sonders durch die kombinirte Wirkung von Safranin und Gentiana- violett deutlich gefärbt, während Pikrinessigsäure und heißes Wasser sie nicht in einen unlöslichen Zustand überführen. In solchen Präpa- raten bemerkt man von ihnen nichts. _ Erinnert schon der stark aufgeblähte Kern erwachsener Samen- mutterzellen an das Keimbläschen reifender Eier, so wird die Ähnlich- keit zwischen Ei- und Samenmutterzelle noch größer durch das Auf- tauchen von Dottermassen, wenn auch zwischen der Menge des defini- tiven Dottermateriales in Ei und Samen bei Insekten ein ungeheures Missverhältnis obwaltet. Es ist jedoch wichtig zu untersuchen, ob die unverkennbare Ähnlichkeit eine nur zufällige ist, oder ob sich in der Entwicklung noch weitergehende Übereinstimmungen finden. 3. Theilung der Samenmutterzelien (Spermatocyten I. Ordn.). Ein unzweifelhaftes Anzeichen für bevorstehende Theilung habe ich darin zu erblicken gelernt, dass die im Ruhestadium ziemlich regel- los durch den Kernraum verstreute Chromatinsubstanz (Fig. 16) an Masse zunimmt, damit also den Kernraum dichter füllt und gleich- zeitig beginnt, sich von der Membran etwas zurückzuziehen. Wie der helle Raum zwischen Kernmembran und der im Centrum Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg, in den Eiern der Insekten. I. 693 des Kernes versammelten Chromatinsubstanz größer und größer wird (Fig. 17), bemerkt man, dass die Anfangs in feineren und grö- beren Körnchen zerstreute Chromatinsubstanz zu dickeren Fäden zusammenfließt. Diese Fäden haben eine zackige Oberfläche, eine An- deutung für die zarten Verbindungsstränge, durch welche sie mit ein- ander in Beziehung stehen. Ganz zarte Fäden sieht man auch von ihnen aus durch den hellen Kernraum sich nach der Membran hin er- strecken. Wenn der gefärbte Kerninhalt sich so weit zusammengeballt hat, dass sein Durchmesser nur etwa zwei Drittel der hellen Kernblase aus- macht (nach Behandlung mit Fremmne’s Flüssigkeit), so ist ein äußerster Zustand eingetreten und nun beginnen die Chromatinmassen wiederum aus einander zu weichen (Fig. 18). Wie die Auflockerung weiter fort- schreitet, bekommt man einen immer klareren Einblick in die Anord- nung des Chromatins. Nur die Verhältnisse des Nucleolus werden immer undeutlicher. Sein Volumen ist keinen bemerkenswerthen Schwankungen beim Wachsthum der Samenmutterzelle unterworfen, wenn auch bei den einzelnen Individuen größere Unterschiede vorkom- men mögen (Fig. 16 von einem erwachsenen Thiere, Fig. 17 von einer Larve n). Zur Zeit der Zusammenballung der Chromatinmassen ist er durch seine beträchtlichere Größe immer noch leicht zu sehen, und seine Kugelform macht ihn kenntlich, wenn die Chromosomen durch Zusammenfließen des Chromatins an Volumen ihn zu überragen be- sinnen. Wenn dann aber die Auflockerung des centralen Haufens an- hebt, tritt eine Verkürzung der Chromosomen ein, wodurch dieselben ihm immer ähnlicher werden. Schließlich ist er nicht mehr mit Sicher- heit herauszufinden. Dafür, dass er gänzlich rückgebildet wird, habe ich gar keine Andeutungen erhalten. Er ist so lange in voller Aus- bildung deutlich zu erkennen, als ihn seine charakteristische Ge- stalt vor einer Verwechslung mit anderen Gebilden schützt. Allerdings müssen wir annehmen, dass er späterhin eine Einschnürung erfährt, da auf einem definitiven Stadium alle Chromosomen eine gleiche Form be- sitzen. Die Chromosomen, welche aus dem ursprünglichen dichten Knäuel sich differenziren, besitzen Anfangs meist eine ringförmige Gestalt (Fig. 18, 49). Unter einander weichen die Ringe durch Größenunter- schiede gelegentlich von einander ab (Fig. 19). Ist die Dicke auf dem ganzen Umfange jedes Elementes gewöhnlich auch nur unerheblichen Schwankungen ausgesetzt, so kommen doch auch solche vor, wo der Ring einige Anschwellungen trägt. Ich mache besonders auf die mit vier Verdiekungen versehenen Ringe 1 und 2 in Fig. 20 aufmerksam. BT, Mae. © BEER Uwe 694. H. Henking, Enthalten Fig. 18 und 49 chromatische Ringe sowohl in Flächen- als auch in Seitenansicht, so sind in Fig. 20 einige Chromosomen abge- bildet, welche sich nicht ohne Weiteres auf die Ringform zurückführen lassen, z. B. die Elemente 3, 4, 5, 6. Etwas Ähnliches treffen wir in Fig. 23a. In dieser Figur stellt das Element 4 deutlich den Übergang aus der Ringform zu der definitiven Gestalt der Chromosomen dar. Wir brauchen uns nur vorzustellen , dass die chromatische Substanz in den beiden gegenüberliegenden Bogen des Ringes zusammenströmt. Bei - Kontraktion der ganzen Figur muss nothwendig die Gestalt des Kör- perchens I in Fig. 23 a herauskommen. Bei fortschreitender Kontraktion wird 2 und schließlich 3 in Fig. 23a das Resultat sein. Aber neben den normalen Gebilden 1, 2, 3 in Fig. 23a finden wir auch solche, welche einfach kuglig sind, z. B. 4, 5, 6, 7 (Fig. 23a). Da ihre Größe derjenigen eines aus einem normalen Halbringe hervor- gehenden Elementes (z. B. 3 in Fig. 23a) entspricht, so liegt die Ver- muthung nahe, dass sie eben auch nur der Hälfte eines Ringes gleich- werthig zu erachten seien. Fig. 19 ist ein Beispiel für den völlig nor- malen Fall, dass nur ganze Ringe zur Ausbildung gekommen sind. Wir zählen in Fig. 19 nun zwölf Ringe (einschließlich der von der Kante gesehenen Elemente 1, 2,3, 4, welche ganz unzweifelhaft je einem Ringe gleichzusetzen sind). Demnach müssen wir in jenen Fällen, wo wir einfache kuglige Elemente neben den normalen antreffen, eine größere Zahl als 12 erwarten, wenn meine Annahme richtig ist, dass eine einfache Kugel einem Halbringe gleichwerthig sei. In der That kann man an Beispielen, wie sie in Fig. 20, 23, 25 abgebildet sind, sich leicht davon überzeugen, dass eine mehr oder weniger- größere Zahl als 12 vorliegt. Ä Halten wir 12 Ringe (Fig. 19) für das Typische, und ist jeder Ring für gleichwerthig mit zwei Kugeln anzunehmen (Fig. 23«:3), so müssen in dem Kerne im Ganzen 24 Kugeln zur Ausbildung kommen, sei es paarweise (aus Ringen) oder einzeln (aus Halbringen). Es muss also die Zahl der Doppelkugeln + der Zahl der einfachen Kugeln stets 24 ergeben. Nun ist an den frühen Stadien, wie z. B. Fig. 23a, die Zahl schwer mit Sicherheit festzustellen; weniger aus dem Grunde, weil es recht mühsam ist, die über und unter einander liegenden Chromosomen in den kleinen Zellen richtig zu erkennen, als vielmehr auf Grund des Umstandes, dass es oft unmöglich ist, die Werthigkeit der Elemente richtig abzuschätzen. Soll man z. B. in Fig. 23a die Elemente 8, 9, 40 für je zwei oder für je eine Kugel zählen ? Größenschwankungen der Chromosomen sind etwas ganz Normales; also ist keine Sicherheit vor- handen. In diesem speciellen Falle möchte ich die genannten Elemente en Zr Untersuehungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 695 für sleiehwerthig mit der Hälfte des in Fig. 20 bei 1 oder 2 abgebildeten Ringes ansehen. Dass eine Kugel gelegentlich eingeschnürt sein kann, wird durch den Hinweis auf solche Ringe ganz verständlich. Ieh wiederhole, eine Nöthigung dazu, die Elemente 8, 9. 10 in Fig. 23a als einwerthig aufzufassen. liegt nicht vor; denn das als zwei- werthig von mir angesehene Element 5 in Fig. 19 ist nicht größer, als die einwerthigen Elemente 8 und 10 in Fig. 23a. Ich halte die letzteren vielmehr nur aus dem Grunde für einwerthig (wie auch Elem. 9), weil ich damit in Fig. 23a die erforderliche Zahl 24 im Ganzen erhalte. Auf diese Zahl muss man aber zu kommen suchen, weil sie in den späteren unzweideutigen Stadien sich als das ganz Ausnahmslose herausge- stellt hat. Wir müssen uns hier demnach mit dem sicheren Nach- weisebegnügen,dassvielfachin den zur Theilungsich an- sechiekenden Spermatocyten eine größere Zahl als 12 ge- trennte Elemente angelegt wird, wobei von dem Unterschiede zwischen ein- und zweiwerthigen Elementen abzusehen ist. Die 24 Kugeln, welche am Ende des Knäuelstadiums zur Abrun- dung kommen , stellen sich derartig zu einer Äquatorialplatte auf, wie es Fig. 29 und 37 in Seitenansicht, Fig. 33—36 vom Pol gesehen dar- stellen. Gerade dieses Stadium ist sehr klar und man kann sich sowohl in den mit Freuwixg’s Flüssigkeit konservirten Hoden, als auch in solchen, welche mit Pikrinessigsäure oder heißem Wasser gehärtet waren, an Hunderten von Exemplaren leicht davon überzeugen, dass überall die Kugeln zweiwerthige Elemente bilden, welche paarweise in der Rich- tung einer die Pole der Kerntheilungsfigur verbindenden Achse neben einander liegen. Man bekommt demnach vom Pol aus stets 12 Kugeln zu Gesicht, da die anderen 12 hinter diesen liegen (Fig. 33—36). Ich habe in den Figuren 33—36 die wirkliche Form der Chromo- somen wiederzugeben mich bemüht. Man ersieht aus denselben, dass es nicht vollkommene Kugeln sind, sondern dass man vom Pol aus oft mehr viereckige Umrisse sieht, allerdings Vierecke mit stark abgerun- - deten Ecken. Bei Seitenansicht ist die Kugelform besser gewahrt Fig. 29, 37). Unzweifelhaft ist aber die Thatsache, dass die Kugeln durehaus kompaktsind und auf diesem Stadium keinerlei Gliederung erkennen lassen. Aus den Fig. 33—36 ist weiter zu ersehen, dass die einzelnen Elemente nicht das gleiche Volumen haben. Es ist das gewöhnliche Verhalten, dass vier oder fünf Elemente bei Polansicht sehr viel dünner erscheinen als die übrigen (Fig. 33—36). Gewöhnlich sind diese kleineren Elemente in der Mitte der Figur auf- 696 H. Henking, gestellt, derart, dass die größeren Elemente sie im Kreise umgeben (Fig. 33, 36). Wir haben also in der Äquatorialplatte 24 Kugeln, eine Zahl, welche ja bereits in den Äquatorialplatten der Ursamenzellen vorhanden war (Fig. 6, 7, 40). Bei den letzteren waren jedoch alle 24 Körperchen vom Pol aus gleichzeitig zu sehen. Bei den Spermatocyten dagegen sieht man vom Pol aus nur 12 Körperchen, indem die anderen 12 hinter die ersteren getreten sind. Ich sagte daher schon in meinem ersten Be- richte (7), dass die Chromosomen der Ursamenzellen (bei Seitenansicht) einreihig aufgestellt seien (Fig. 6d, 85, 9c), diejenigen der Sper- matocyten zweireihig (Fig. 29, 37) und glaube damit das Verhalten der Chromosomen richtig gekennzeichnet zu haben. Ich fasse also die hantelförmigen Stäbchen, als welche man ja die Chromatinelemente der Fig. 29 und 38 betrachten könnte, nicht in dieser Weise auf (als Ein- heiten), sondern als zwei Einheiten. Hierfür bin ich noch einen Nachweis schuldig. Ich bezog mich in meinem ersten Berichte bereits auf ein abnormes Stadium, welches ich nun in Fig. 30 a abgebildet habe. Hier sind die 24 Kugeln nicht, wie es normal ist, in zwei Ebenen, sondern in einer Ebene aufgestellt. Die Seitenansicht würde also das in Fig. 305 dargestellte Bild ergeben . müssen (vgl. 7 p. 4). Denn die Chromosomen haben in die Tiefe nur die halbe Dicke der normalen Doppelelemente aus der gleichen Spermato- cyste. In Fig. 33 ist eine normale Polansicht aus derselben Spermato- cyste abgebildet. Ich habe eine solche Abnormität nur dieses eine Mal gefunden, muss demnach etwaigen Einwänden gegen einen solchen vereinzelten Fall noch andere Beweise beibringen. Ich knüpfe an an das Vorkom- men isolirter Chromosomen, wie sie in Fig. 20 (3, 4, 5) und in Fig. 23 (4, 5, 6, 7) abgebildet sind. Solche Chromosomen müssen sich, wenn meine Annahme richtig ist, mit je einer anderen Kugel zu einem Doppel- element verbinden, damit das die Anordnung der Chromosomen in der Äquatorialplatte beherrschende Gesetz erfüllt werde. Ich muss zunächst nachweisen, dass überhaupt ein Zusammentritt differenter Elemente stattfinden kann. Dieses scheint mir durch der- ' artige Vorkommnisse, wie sie in Fig. 23c bei I und 2 abgebildet sind, bewiesen zu werden. Beide Elemente sind aus drei Kugeln zusammen- gesetzt. Dasselbe ist der Fall mit Element 1 in Fig. 230. Wollte man auch das Doppelelement (Fig. 29,-37) als eine Einheit’ auffassen, so müsste man doch anerkennen, dass sich hier ein fremder Bestandtheil. zu der Einheit gesellt habe, derart, dass die Einheit überhaupt nicht mehr kenntlich ist. Denn welche von den drei Kugeln z. B. in Fig. 23 © ıF = \ ’ . Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IL 697 ‚bei 4 bilden jene hypothetische Einheit, die mittlere Kugel mit der linken, oder die mittlere mit der rechten? In Fig. 235 sind bei 2 gar vier Elemente in eine Reihe zusammengetreten. Aus diesem Allen möchte ich ohne Bedenken den Schluss ziehen, dass die einzelne Kugel als die Grundeinheit aufgefasst werden muss, womit nicht nur eine Übereinstimmung mit dem Zahlenverhältnis bei den Ursamenzellen erreicht wäre, sondern auch ein Verständnis dafür, dass neben der normalen paarweisen Anordnung auch noch ver- einzelte Chromosomen gefunden werden, oder auch Gruppen und Ketten von dreien oder vieren. Späterhin gleichen sich diese Unregelmäßig- keiten schon wieder aus. Wie die Anfangs regellos durch den Kern- raum verstreuten Chromatinelemente durch gewisse Kräfte schließlich in die regelmäßige Figur der Äquatorialplatte gezwungen werden, so sehen wir auch Anfangs vorhandene Ungleichheiten beseitigt. Die mehr als zweizähligen Gruppen werden zerlegt, die einzähligen Elemente paarweise vereinigt. Denn mögen auch in frühen Stadien drei oder vier Elemente zusammenliegen, bei der Ausgestaltung der vollendeten Spindel habe ich es niemals gesehen, auch nicht, dass einzelne Ele- mente zwischen paarweise vereinigten sich gefunden hätten. Nur in dem einen in Fig. 30 abgebildeten Falle habe ich die einzelnen Ele- mente in der Äquatorialplatte isolirt gefunden, und zwar alle. Hier also hatte sich das Verhalten der Ursamenzellen erhalten. Der Kern der Samenmutterzelle ist durch eine Membran gegen das Plasma abgeschlossen bis zu der Zeit, in welcher die Chromosomen sich in die Ebene der Äquatorialplatte zu stellen beginnen (Fig. 19— 25). Auf die Membran streben auch hier und da die (Linin?) Fäden zu, welche aus unregelmäßig geknickten Körnchenreihen bestehend den Kernraum durchziehen, durch ihren Ansatz an die Chromosomen diesen oft eine zackige Oberfläche verleihen (Fig. 19, 23) und sich vielfach kreuzen. Färbt man mit Fremnine’s Flüssigkeit richtig konservirte Hoden durch Safranin, so sind die Fäden oft sehr schön mitgefärbt. Wird die Farbe gründlicher ausgezogen , so entfärben sie sich zuerst, schon aus dem Grunde, weil sie dünner sind als die kompakten Chromosomen . und daher der betreffenden Flüssigkeit eine im Verhältnis zum Volum viel bedeutendere Angriffsfläche darbieten. Einige etwas größere Körnchen behalten die Farbe am längsten. An der Membran werden auch “zuerst die Polkörperchen (Centr 0- somen) als kleine rothe Pünktchen sichtbar. Sie verrathen sich durch eine Anfangs nur geringe Strahlung im Plasma. Die Strahlung geht büschelförmig von der Meinbran in das Zellplasma hinein, während nach Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Bd. 46 ® 698 H. Henking, dem Kerninneren zu etwas dem Entsprechendes nicht bemerkt wird. Möglich ist es, dass die kleine Verdickung bei c in Fig. 23a das erste Erscheinen der Polkörperchen darstellt, jedenfalls ist es bei c in Fig. 235 unverkennbar. In Fig. 23c sind bei c und c’ schon beide Polkörperchen an der richtigen Stelle, einander gegenüber, vorhanden. Ob sie durch Theilung aus einem zuerst unpaar auftretenden Gebilde ihre Entstehung genommen haben, wie es vielfach beobachtet ist, vermag ich nicht an- zugeben. Ich habe keine Bilder bemerkt, welche dafür sprechen könnten. Die Polkörperchen sind hier zu winzig, um etwas Sicheres aussagen zu können. Das Gentrosoma c’ in Fig. 23c ist anscheinend eine kleine Strecke von der Membran des Kernes entfernt. Bei genauer Einstellung jedoch sieht man, dass die Membran an einer Stelle sich bis zum Polkörperchen erhoben hat. Ganz unzweifelhaft aber ist das bei Fig. 24 und 25. Hier ist der Kern zipfelförmig ausgezogen, das Polkörperchen krönt die Spitze des Zipfels. Auf diesem Stadium hat es mir vielfach se geschienen, als wenn das Netzwerk des Kernes an Deutlichkeit zugenommen habe (Fig. 24). Und weiterhin ist es bemerkenswerth, dass, wie der Kern sich beim Auftreten der Polkörperchen in die Länge streckt, auch das Faden- werk sich in größerer Menge der Länge nach zu erstrecken beginnt (Fig. 24, 25). Ferner liegen die Chromosomen, wenn nicht alle, so doch die meisten, der Membran des Kernes dicht an (Fig. 24), zuweilen so dicht, dass sie die Membran etwas nach außen vorzutreiben scheinen. Und als ein weiteres Stadium ist es anzusehen, wenn noch gewisse Chromosomen in einem Kreise (d. i. ein Rest der alten Kernmembran) eingeschlossen sind, während andere schon außerhalb desselben liegen. So verschwindet die Membran schließlich ganz. Während die Polkörperchen schon früh einen Einfluss auf das Zellplasma ausüben, indem sie darin eine Strahlung verursachen, wird das Innere des Kernes erst sehr viel später verändert. Anfangs ver- hält sich das Fadenwerk des Kernes gegen die Stelle der Membran, wo die Polkörperchen liegen, nicht anders als gegen beliebige andere. Stellen (Fig. 235, 23c). Dann zieht es mehr in der Richtung der Pol- körperchen und schließlich bemerkt man, dass die Fäden in größerer Zahl den Centrosomen zustreben (Fig. 25). Ist dann die Membran ver- schwunden, so sind damit alle äußeren Ansatzpunkte für das Faden- werk in Wegfall gekommen. Nur die Polkörperchen geben noch einen Hinweis darauf, in welchem Umkreise sich die alte Membran erstreckte. An ihnen hat sich die Zahl der ansetzenden Kernfäden immer mehr vergrößert. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I, 699 Für andere Objekte (z. B. jüngst von O. Scaurtze für die Furchungs- zellen von Siredon) ist wohl angegeben, dass die Spindelfäden aus dem Plasma herrührten. Mir scheint es aber für unser Objekt gar nicht zweifelhaft, dass sie sich aus dem Kernnetz formiren. Denn noch während des Vorhandenseins der Membran sieht man die Kernfäden auf die Polkörperchen zustreben, und ist die Membran verschwunden, so bieten die vom CGentrosoma zu den Chromosomen ziehenden Fäden denselben Anblick durch ihre körnige Beschaffenheit, ihre Färbung und den geknickten Verlauf, wie früher innerhalb der Membran. Überhaupt sind die gekörnten, gekniekten, gewissermaßen schlaffen Fäden charakteristisch für die junge Spindel (Fig. 26, 27). Außerdem erinnern die Fäden noch dadurch an das ursprüngliche Kernnetz, dass zwischen ihnen noch quere Verbindungsfäden von der gleichen Be- schaffenheit vorhanden sind (Fig. 27). Diese letzteren werden noch besser sichtbar, wenn man eine junge Spindel vom Pol aus betrachtet. ‚Bei hoher Einstellung giebt das Vorhandensein des Polkörperchens die Zuversicht, dass thatsächlich eine Spindel vorliegt. Bei langsamem Senken des Tubus sieht man die Spindelfäden allmählich aus einander weichen, bis die Ebene der Chromosomen erreicht ist. Fig. 28 stellt ein solches Bild dar, gezeichnet ist die mittlere Ebene der Spindel, die Chromosomen liegen noch, ähnlich wie in Fig. 26, verschieden hoch. Ihre Zahl beträgt 12, wie immer. In Folge des Schwundes der Kernmembran sind die Chromosomen ziemlich weit verstreut und oft wie eingekeilt zwischen die heran- drängenden Dotterkügelchen. Ich habe sogar nicht selten Fälle beob- achtet, in denen einzelne Chromosomen noch über die Region der Dotterkugeln hinaus in das Plasma vorgedrungen waren. Aber sie stehen doch noch durch Fäden mit dem früheren Kernraume in Ver- bindung. Dieser wird nämlich, wie früher, von einem lockeren Netz von Fäden durchzogen (Fig. 28), welche immer die gleiche gekörnte Beschaffenheit und den vielfach geknickten Verlauf haben. Sie kreuzen einander vielfach und setzen sich an die Chromosomen an. Andere verlieren sich zwischen den Dotterkügelchen und stehen unzweifelhaft mit den nur wenig zarteren aber schwächer färbbaren Maschen des Außenplasmas der Zelle in Verbindung (Fig. 27, 28). Dann ändert sich das Bild langsam. Die Spindelfäden werden dichter, indem die Chromosomen näher zusammengezogen werden. Erstere erhalten ein etwas strafferes Aussehen, ohne dass jedoch ihr "wellig-zackiger Verlauf zunächst dadurch beeinträchtigt würde. Weiter- hin scheinen sich die Fäden immer mehr zu spannen, ihr unregelmäßiger Verlauf maeht einer geradlinigen Erstreckung Platz und gleichzeitig 46* Da 700 H. Henking, werden sie ganz feinkörnig. Ist das erreicht, so stehen auch die chro- matischen Doppelelemente genau geordnet in der Äquatorialebene der Spindel. Ob jetzt zwischen den einzelnen Spindelfäden noch Verbindungs- fäden vorhanden sind, ist nicht zu sagen. Jedenfalls aber ist es sicher, dass zwischen den Chromosomen noch ein Netzwerk vorhanden ist. Ich habe es in Fig. 34 eingezeichnet. Zarte Fäden verknüpfen nicht nur die einzelnen Chromosomen, sondern es gehen andere auch durch den hellen Spindelraum und verlieren sich zwischen den Dottermassen. Es mag dieses Netzwerk recht wohl seine Entstehung von dem Anfangs vorhandenen nehmen (Fig. 28), welches man in gleichem Schritt mit den Spindelfasern zarter, homogener, weniger färbbar werdend sich vorstellen kann. Die von dem Polkörperchen in das Plasma ausgehenden Strahlen ordnen späterhin die Dotterkügelchen in Reihen, ein Verhalten, welches besonders von Prarner mehrfach beobachtet ist. In Fig. 66 hat ge- wissermaßen schon die Halbirung der Dottersubstanz stattgefunden, indem sich dieselbe nach einem der beiden Polkörperchen hingewandt hat. Außerdem ist an den mit Fremminge’s Flüssigkeit konservirten Zellen stets zu bemerken, dass sich eine besondere Plasmacalotte über jedem Gentrosoma angehäuft hat (Fig. 29). Auch in sie geht ein Strahlen- büschel hinein. Im Ganzen aus hellem Plasma bestehend, treten dunkle Kügelchen darin auf, wenn die Einwirkung des Chrom-Osmium-Essig- säure-Gemisches eine stärkere war und Safranin mit Gentianaviolett zum Färben angewandt wurde. Die Gentrosomen als gefärbte Kügelchen sind nicht chenden bei Anwendung von Pikrinessigsäure oder heißem Wasser; nur die Zu- spitzung der Spindel verräth in solchen Präparaten ihre Stelle (Fig. 37). Auch von dem Netzwerke im Inneren der zur Theilung sich anschickenden Kerne ist viel weniger zu sehen, als wenn man Freunming’s starke Chrom- Osmium-Essigsäure richtig einwirken lässt. Eines jedoch ist an klaren Spindeln bei Benutzung sowohl von Fremning’s Flüssigkeit (Fig. 29) als auch von Pikrinessigsäure (Fig. 37) - wohl zu erkennen, dass nämlich die achromatischen Spindelfäden an- scheinend bandförmig sind, mit einer hellen Linie in der Mitte. Aber es liegt schließlich gar kein Grund .vor, hier von einem Bande zu sprechen; denn das Bild ist eben so gut erklärt, wenn ich sage, es setzen je zwei achromatische Fäden an ein chromatisches Element sich an und die beiden Fäden sind durch einen hellen Zwischenraum von einander getrennt. Ist diese Auffassung begründet, so wird damit Vieles erklärt und bewiesen. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 701 Zunächst wird damit ein neuer Beweis für die Richtigkeit meiner Auffassung gegeben, dass wir jede Kugel als eine Einheit zu be- trachten haben. Denn wir zählen in jeder Spindelhälfte 24 achromatischeSpindelfäden. Da nun aber je zwei Kugeln hinter einander liegen, so streift der Spindelfaden von der hinteren Kugel an der vorderen entlang und mag sich wohl an die vordere Kugel mit anheften. Dadurch, so kann man sich denken, wird sein Einfluss auf die ihm ursprünglich zugehörige hintere Kugel aufgehoben. Da auf diese Weise zwei Spindelfäden sich an eine Kugel ansetzen, wird es klar, warum alsbald wiederum eine Theilung einsetzen kann, ohne eingeschobenes Ruhestadium. Doch darüber weiter unten. Ich glaube, dass auch der achromatische Spindeltheil somit einen kräftigen Beweis für meine Auffassung abgiebt: Wirhaben 24 achro- matische Fäden, wir müssen demnach auch 24 CGhromo- somenals vorhandenannehmen. Das Auftreten von Dop- pelfäden habe ich nur im vorliegenden Stadium, in welchem es sich gleichzeitig um Doppelchromosomen handelt, beobachten können (Fig. 29, 37). Sowohl bei den früheren Theilungsstadien (Fig. 5, 6,8, 9, 44),als auch bei den nachfolgenden (Fig. 46, A7) habe ich nur je einen ein- fachen achromatischen Faden am CGhromatinelement be- merkt. Ich bedaure es lebhaft, dass ich nicht eine abnorme Spermatocyte von der Beschaffenheit der Fig. 30a in Seitenansicht erhalten habe. So ist das Bild, welches ich von einer solchen in Seitenansicht gebe (Fig. 30 5), nur ein hypothetisches. Da die Chromosomen hier einreihig stehen, so setzt sich an jedes der Spindelfaden an. Denken wir uns nun, dass das zweite Chromosom von links unter das erste gedrückt _ wird, so würden wir ein Doppelelement mit je zwei achromatischen Fäden erhalten, wie es die normale Fig. 38 thatsächlich zeigt. Ähnlich kann man mit den übrigen Chromosomen verfahren. So, denke ich mir, ist das Bild am einfachsten erklärt, welches in den Spermatoeyten die Anordnung der chromatischen und achromatischen Substanz dar- bietet. Jetzt trennen sich die Chromosomen in der Äquatorialebene von einander und rücken beiderseits nach dem Pole zu (Fig. 38, Taf. XXX VI). Wie sie sich so von der Äquatorialebene entfernen, tritt zwischen ihnen die Substanz der Verbindungsfäden auf. Es zieht sich nämlich ein feines Fädehen von der einen Kugel eines Doppelelementes zu der anderen, und dieses Fädchen ist deutlich gefärbt, als wenn von der Sub- 702 H. Henking, stanz der Chromosomen ein Weniges an es abgegeben wäre. Ferner ist zwischen den Fädchen und außerhalb derselben ein feines Netz einer achromatischen Substanz deutlich wahrnehmbar, wohl herrührend von dem achromatischen Netzwerk, welches schon zur Zeit der Äqua- 'torialplatte zwischen und neben den Chromosomen bemerkt wurde (Fig. 34). Beide Substanzen sehen deutlich anders aus, als die von den Chromosomen zu den Polen sich erstreckenden Spindelfäden (Fig. 38). Das achromatische Netzwerk zwischen den Tochterplatten nimmt an Masse zu, je mehr sich dieselben den Polen nähern. Es verschmälert sich dabei die von den Dottermassen eingeschlossene Region etwas (Fig. 38), bleibt aber immerhin am Äquator immer noch ein Wenig breiter als mehr nach den Polen zu (Fig. 39). Die gefärbten Verbin- dungsfäden zwischen den Chromosomen sind noch vorhanden, mögen zum Theil noch die beiden Glieder eines früheren Paares verbinden, zum Theil sind sie nicht mehr so weit zu verfolgen (Fig. 39). Auf einem etwas späteren Stadium bemerkt man von ihnen kaum noch etwas. Die färbbare Substanz mag zum Theil wieder von den Chromosomen aufgenommen sein, zum Theil sich umgesetzt haben in Achromatin. Zwischen den chromatischen Tochterplatten zieht die jetzt überall etwa gleich breite längsstreifige Verbindungssubstanz (Fig. 44), welche sich in der Höhe des Äquators mehr und mehr verschmälert, je weiter die Einschnürung des Plasmaleibes vorschreitet. Jede der beiden Tochterplatten enthält 12 einfache Chromosomen. In Fig. 40 a und db sind die beiden vom Pol gesehenen Tochterplatten derseiben Zelle abgebildet und dasselbe ist der Fall mit Fig. A1 a und b. 4. Die Entstehung der Samenzellen (Spermatiden). Die aus einander weichenden Chromosomen (Fig. 38) sind Anfangs durch einen deutlichen Zwischenraum von einander getrennt (Fig. 39). Je näher sie aber dem Pole kommen, um so dichter treten sie zusammen (Fig. 4%). Ohne dass sie nun aber in das Stadium eines ruhenden Kernes übergingen, werden sie noch einmal getheilt. Die Theilung wird schon früh vorbereitet. Wenn in den Spermatocyten I. Ordnung die Spin- del der Doppelelemente fertig ausgebildet ist, bemerkt man gelegent- lich schon, dass das Polkörperchen etwas in die Länge gezogen ist (Fig. 29 unten). Damit ist der Beginn einer Theilung angedeutet. Je mehr die Tochterplatten sich vom Äquator entfernen, um so mehr streckt sich das Polkörperchen parallel zur Äquatorebene (Fig. #1c, Ansicht des Poles von oben), bis zwei getrennte Chromosomen jederseits am ıE Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I, 703 Pol vorhanden sind (Fig. 38, 39). In Fig. 39 unten hängen die Pol- körperchen noch durch einen Faden zusammen. Mit der Trennung der Polkörperchen wird auch eine Theilung der in das Plasma sich erstreckenden Strahlung vorgenommen, sowie auch eine Trennung der Spindelfäden. Im Verlaufe der ersten Theilung haben dieselben an Masse abgenommen, indem sie erheblich kürzer geworden sind, ohne dabei in die Dicke zu wachsen (Fig. 38, 39). Auf welche Weise sie halbirt werden, ist nicht zu sehen; jedenfalls aber erläutert Fig. 39, dass wir gewissermaßen zwei achromatische Pyrami- den an jedem Pole haben, deren Basen sich gegenseitig durchdringen, deren Spitzen aber getrennt und je von einem Polkörperchen gekrönt sind. Die Pyramiden weichen nun mit ihren Spitzen immer mehr aus einander, bis schließlich ihre Höhen eine gerade Linie bilden (Fig. 44 unten, Fig. 43). Es rücken also die Polkörperchen mitsammt ihren Strahlungen und Spindelfäden auf die schmale Seite der chromatischen Tochterplatten. Diese letzteren sind gewissermaßen von der Gestalt einer Ellipse, wie Fig. 44 lehrt. In der unteren Zelle erblickt man die Tochterplatte von der breiten Seite und bemerkt, dass die Polkörperchen sich der schmalen Seite gegenüber befinden. Die obere Zelle zeigt die kurze Achse der chromatischen Ellipse; von den Polkörperchen habe ich eins eingezeichnet, das zweite würde in der Richtung auf den Be- schauer zu denken sein. Die gesammte Kerntheilungsfigur ändert nun ihre Lage in der Zelle. Nach ihrer Entstehung naturgemäß etwas excentrisch gestellt, rückt sie nun in die Mitte der Tochterzelle, wobei die ebenfalls getheilte Calotte, welche ursprünglich den Pol der Samenmutterzelle krönte (Fig. 29), mehr und mehr verstreicht (Fig. 4%, 43). Inzwischen ist auch die Durch- schnürung der Samenmutterzelle nahezu vollendet. Die beiden Toch- terzellen hängen nur noch dort zusammen, wo die Verbindungssubstanz sich befand. In dieser war durch feine Körnchen eine Zellplatte zur Ausbildung gekommen. Die größte Masse der Verbindungssubstanz verschwindet und Dotterelemente treten an ihre Stelle. Die völlige Durchschnürung der Mutterzelle geht in der Weise vor sich, dass die Zellplatte sich theilt (Fig. 45). Dann lösen sich die Tochterzellen ganz von einander (Fig. &6). Besonders zu bemerken ist die Umlagerung der Dottersubstanz, welche sich wieder symmetrisch zu den Polkörperchen stellt und zu beiden Seiten derselben vorhanden ist (Fig. 43). Auch die reihenweise Anordnung der Kügelchen tritt bald wieder deutlicher auf (Fig. 46), nachdem sie in der Zwischenzeit weniger gut zu sehen war. Als weiteres Zeichen der beginnenden Theilung tritt eine Auf- NEN U ME 704 H. Henking, lockerung der bisher dicht gedrängten chromatischen Tochterplatten ein. Die einzelnen Chromosomen entfernen sich sowohl von einander als auch vom Pol, Letzteres ihun wenigstens diejenigen, welche sich in un- gleicher Entfernung von beiden Polen befinden. Durch die Auflockerung wird die rundliche Gestalt der Chromosomen wieder sichtbar (Fig. 45). Ein Ziehen und Drücken scheint anzuheben, um die Chromosomen in gleicher Entfernung von beiden Polen aufzustellen. So kommt immer mehr eine Äquatorialplatte zur Ausbildung, welche sich senkrecht zu der Ausdehnung der ursprünglichen Tochterplatte erstreckt (Fig. 46). Schließlich resultirt eine Spindel, welche derjenigen der Samenmutter- zelle recht ähnlich ist (Fig. 47 und 29): Über dem Pole liegt wieder eine plasmatische Galotte, in welcher sich die Strahlung verliert, die Dotterkugeln sind reihenweise geordnet, bei Ansicht vom Pol zählt man leicht 12 rundliche Chromosomen (Fig. 48), von denen einige kleiner sind als die übrigen, und die Chromosomen sind durch ein zartes achro- matisches Netzwerk verbunden, welches sich peripher zwischen die Dottermassen verliert (Fig. 48). Aber darin besteht ein Unterschied, dass i) die Zellen erheblich kleiner sind, 2) ihre Chromosomen ur- sprünglich eine einfache, rundliche Form besitzen (Fig, 38, 39, 45, 46), 3) die achromatischen Fäden keine Verdoppelung aufweisen (Fig. 47). Bei Betrachtung der Fig. 47 scheint auch in Bezug auf die Chromo- somen eine Ähnlichkeit mit dem vorigen Stadium zu bestehen (Fig. 29), indem die Ghromatinelemente eine deutliche Einschnürung erkennen lassen. Aber die Ähnlichkeit ist nur scheinbar. Fig. 29 entstand aus 2% ursprünglich getrennten Elementen, welche paarweise zusammen- traten, Fig. 47 dagegen ging hervor aus 12 Kugeln, welche getrennt blieben und nun zum Zweck einer Theilung eine Einschnürung in der Mitte erfuhren. Die Einschnürung wird tiefer und trennt schließlich das Element in zwei Theile, derart, wie wir es bereits von den Ur- samenzellen kennen gelernt haben (Fig. 5, 11, 9), und wie esinFig. 49 und 50 abgebildet ist. Dass die Theilung in der That so aufgefasst werden muss, scheint mir bereits aus einer sehr lehrreichen aber abnormen Theilungsfigur einer Spermatocyte hervorzugehen (Fig. 32). Diese Figur ist genau so gestaltet wie Fig. 29 und weicht nur in dem Punkte ab, dass das eine Paar von Chromosomen bereits wieder eine Theilung erfahren hat. Es ist demnach hier ausnahmsweise eine Theilung verfrüht eingetreten, welche gewöhnlich erst nach Ausbildung von Tochterzellen einzutreten pflegt (Fig. 46, 47, 49). Da die Chromosomen annähernd kuglig sind, so ist es einiger- maßen unnütz von einer Längs- oder Quertheilung hier zu sprechen Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Riern der Insekten. I. 705 (Fig. 32, 47, 49). Dennoch bin ich der Meinung, dass die hier vor- liegende Theilung theoretisch einer Längstheilung gleichzusetzen sei; denn wo gestreckte Chromosomen vorhanden sind, pflegen sie den Polen nicht ihre Enden, sondern ihre Seiten zuzukehren und also der Länge nach getheilt zu werden. Warum sollten wir hier etwas Anderes annehmen’? Bei der ersten Theilung der Spermatocyten hatte ich mitgetheilt, dass 12 Chromosomen in jede Tochterzelle überzugehen pflegen (Fig. 40a, b—Fig. 41 a, b). Nun fällt aber bereits bei diesen Theilungen auf, dass sehr häufig ein Paar von Chromosomen beim Auseinander- weichen in zwei Stücke mit den übrigen Doppelelementen nicht Schritt hält, sondern zurückbleibt, als wenn die Theilung desselben viel schwieriger wäre (Fig. 38). Oft sind die übrigen 11 Chromosomen jederseits schon nahe am Pole, das 12. dagegen jederseits dem Äqua- tor noch viel näher. Dieses Verhalten, sowie die gelegentliche stärkere Färbbarkeit im Gegensatz zu den anderen Chromosomen habe ich in Fig. 40 andeuten wollen. Hier bekommt man abwärts vom oberen Pole zunächst eine Gruppe von 11 Chromosomen zu Gesicht (Fig. 40 a hellere Chromosomen), dann folgt nach unten das eine zurückgebliebene Chromosom (Fig. 40a, &). Bei noch tieferer Einstellung sieht man das einzelne Chromosom der Gegenseite (Fig. 405, &’), und noch weiter ab- wärts die untere Gruppe von 11 Chromosomen (Fig. 405). Das Gleiche ist der Fall mit Fig. 41 a und b, wo bei & resp. &’ das besondere Chro- mosomenpaar eingezeichnet ist. Ä In einem Falle habe ich nun gar beobachtet, dass ein Paar von Chromosomen sich überhaupt nicht trennte, sondern dass dieses Paar ungetheilt der einen Tochterplatte einverleibt wurde (Fig. 315, x). So kam es, dass die eine Tochterplatte nur 11 Chromosomen enthielt (Fig. 31a), die andere deren 12 (Fig. 31b). Das Doppelelement x war durch seine beträchtliche Größe sofort zu erkennen, übertraf die an- deren Elemente etwa um das Doppelte, jedoch habe ich eine Zu- sammensetzung aus zwei Theilen nicht erkennen können. Ich werde das weiter unten aufklären. Kehren wir nach diesem Rückblick zu der zweiten Theilung zu- rück, so erhalten wir ganz ähnliche Verhältnisse, wie ich sie eben von der ersten Theilung der Spermatocyten geschildert habe. Obgleich bei der zweiten Theilung nicht ein einfaches Auseinanderweichen vorher getrennter Körper stattfindet, sondern eine regelrechte Halbirung vor- her einheitlicher Massen, so geht doch die Spaltung glatt von statten (Fig. 47, 49) — wiederum bis auf ein Element. Während die übrigen 11. Tochterchromosomen in der normalen Weise zum Pole ee 706 Sn H. Henking, rücken, hält sich das übrigbleibende Element noch länger in der Äqua- torialebene auf (Fig. 49), streckt sich dabei und nimmt an Masse zu. Einmal beobachtete ich eine ganz bedeutende Massenzunahme dessel- ben (Fig. 55). Hier waren die Tochterplatten schon ganz nahe am Pol und eine dicke chromatische Brücke, mit schwacher Einschnürung in der Mitte, erstreckte sich von einer Platte zur anderen. ‚Dass es zu einer regelrechten Durchschnürung dieses sonderbaren Elementes käme, habe ich niemals beobachtet. Ob in Fig. 50 ein Stück- chen Substanz an die gegenüberliegende Platte abgegeben sei, wie es den Anschein hat, vermag ich nicht sicher zu sagen. Dagegen kann ich das mit Sicherheit aussagen, dass vorliegendes Element sich schließ- lich, ohne Theilung, einer der beiden Tochterplatten zugesellt. Und da es in Folge des längeren Zögerns in der Äquatorialebene nicht mehr in den dichter werdenden Verband der übrigen Chromosomen eintre- ten kann, so ist es leicht an der Innenseite der Tochterplatte aufzu- finden (Fig. 56, 57, 58, 60). Derartige Seitenansichten, wie sie die eben genannten Figuren darbieten, geben aber keine Sicherheit, weil es ja immer vorkommen könnte, dass einmal ein Chromosom außerhalb des Verbandes der übrigen liegen bliebe, ohne dass damit eine Ungleichheit in der Zahl bewiesen wäre. Da müssen also Polansichten zu Rathe gezogen wer- den. Ich habe solche in Fig. 51, 52, 53, 54, 59 abgebildet. Fig. 51 « zeigt eine Tochterplatte von 11 Chromosomen, und bei & das größere ungetheilte Element, Fig. 515 ist die Tochterplatte der Gegenseite mit 11 Chromosomen. Man erkennt noch deutlich den Raum, welchen vor der Theilung das Element & mit ausgefüllt hatte. Ganz genau dasselbe ist zu sehen bei Fig. 53a (11 Chromosomen), wo das Einzelelement x neben den 1# Chromosomen in Fig. 535 gezeichnet ist. — In Fig. 525 ist das Element & noch nicht so nahe an die Hauptgruppe der /1 ge- rückt, wie bisher; Fig. 52%« zeigt die 11 Chromosomen der zugehörigen Gegenseite. Und da die bisher betrachteten Figuren von durchschnit- tenen Zellen herrühren, welche unverletzt und ganz sicher zusammen- gehörig sich auf je zwei benachbarten Schnitten befanden, so gebe ich doch noch zur Beseitigung etwaiger Zweifel in Fig. 34 die Chromosomen einer unverletzten Zelle in Polansicht. Man wird leicht die obere Gruppe der A1 dunkeln Chromosomen erkennen, sowie unten die ent- sprechenden, hell gehaltenen, 11 Chromosomen der zweiten Tochter- platte. Letzterer mehr angenähert findet sich bei & das bekannte größere Einzelelement. Und auch in Fig. 59, wo die Konstituentien der Tochterplatten mit einander verschmolzen sind, kann man bei & das Element noch immer unterscheiden. Ja noch weithin ist es als Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 707 solehes wahrzunehmen, und da wird auch seineBedeutungklar werden. Ausnahmen von dem hier geschilderten Vorkommnisse mögen vorhanden sein, ja mögen sogar recht häufig sein. Ich kann nichts dar- über aussagen. So weit meine Erfahrungen gehen, und so weit mir ein Zählen der Chromosomen möglich war, habe ich stets das von mir be- schriebene Verhalten gefunden. Demnach glaube ich sagen zu dürfen: Bei der letzten Thei- lung der Spermatocyten wird das CGhromatin ungleich getheilt, derart, dass die eineSpermatide nur il Chromoso- men erhält, die andere dagegen außer den li Schwester- Chromosomen noch ein ungetheiltbleibendes CGhromatin- element. Die Verhältnisse der übrigen Zellbestandtheile sind Anfangs ähnlich wie bei der ersten Theilung der Spermatocyten. Schließlich aber treten große Abweichungen davon auf. Wenn die Chromosomen nach den Polen aus einander rücken, so bleiben sie paarweise noch lange durch feingekörnte gefärbte Fäden mit einander in Verbindung (Fig. 49). Die Fäden sind in der Äquatorial- ebene oft bauchig nach außen gebogen. Unzweifelhaft scheint es mir zu sein, dass von jedem Chromosom mehrere solcher Fäden ausgehen. Das wird besonders deutlich bei etwas älteren Stadien (Fig. 50.. Hier sind sie nämlich auf der Höhe des Äquators noch stärker ausgebaucht und nach außen gebogen. Andere Fäden ziehen mehr geradlinig durch die Zelle oder sind auf ihrem Wege geknickt und gebogen. Wie die Zelle sich zum Zwecke der Theilung mehr in die Länge streckt, werden auch sie geradliniger (Fig. 56, 58, 60). Die Fäden, welche von den Chromosomen seitwärts ziehen, schei- nen sich mit den Dottermassen in Verbindung zu setzen (Fig. 50). Man sieht wenigstens späterhin, dass solche Fäden auf die Dottermassen zustreben, welche alsdann dicht an die Chromosomen herantreten (Fig. 58, 59). Allerdings dürfen wir dabei nicht vergessen, dass auch die Gentrosomen von jeher einen beträchtlichen Einfluss auf die Dotter- kügelchen ausgeübt haben, und dass die Gentrosomen immer noch vor- handen sind (Fig. 56, 58, 60). Aber zu deren Wirkung mag immerhin sich ein neuer, diesmal von den Chromosomen ausgehender Einfluss gesellen; denn die Polkörperchen verschwinden nun bald. Ich möchte fast glauben, dass es der so von den Verbindungsfäden ausgehende Einfluss ist, welcher die Dottermassen sich anders verhalten lässt als früher. Sonst durchschneidet bei einer Theilung die Furche y 708 H. Henking, einfach den Leib der Zelle; hier geht das nicht so glatt vor sich. Man sieht, wie die Dotterreihen mit einem besonderen fädigen Plasma durch die Trennungsfurche beider Zellen noch länger mit einander in Ver- bindung stehen (Fig. 60, 61). Erst verhältnismäßig spät löst sich ihr Zusammenhang (Fig. 6%). | Außer der mit den Dotterreihen in Beziehung stehenden Verbin- dung ist noch eine breitere Brücke geschaffen zwischen beiden Zellen. Der mittlere Bezirk des Verbindungsgebietes beider chromatischer Tochterplatten formirt sich nämlich selbständig. Anfangs von grob- körnigeren chromatischen Fäden durchzogen, wird er homogener und feinstreifiger und zieht als etwa überall gleich breites Band von einer Tochterplatte zur anderen. Schon verhältnismäßig früh tritt eine Zell- platte aus feinen Körnchen darin auf. Aber wenn schon längst die von ” den Dotterreihen ausgehende Verbindung beider Tochterzellen gelöst ist, bleibt das mittlere Band noch lange bestehen, so lange, bis die wichtig- sten Veränderungen in den Spermatiden abgelaufen sind. Was den Kern anbetrifft, so waren ja die Elemente der Tochter- platten dicht zusammengetreten, derart, dass eine Verschmelzung der- selben erfolgt war zu einer einheitlichen Masse, in welcher nur einige dunklere Stellen das Vorhandensein ursprünglich getrennter Körperchen andeuteten (Fig. 59). Die Verschmelzung ist vielfach noch viel inniger als es die angezogene Figur darstellt. Es sind das jedenfalls verschie- dene Entwicklungszustände. Die geschilderte Verschmelzung ist auf diesem Stadium etwas ganz regelmäßig Vorkommendes. Nur das iso- lirte Körperchen hält sich davon entfernt, tritt nicht in so innige Be- rührung mit den 41 Chromosomen (Fig. 59a, &). Wenn die Verbindungsfasern homogener werden, erscheint um den chromatischen Platten der jungen Spermatiden ein heller Hof (Fig. 60, 61), welcher größer wird und sich schließlich ringsum durch eine Membran gegen das Plasma abgrenzt. Damit ist der neue Kern konstituirt (Fig. 6%). Das Chromatin hat Anfangs noch die Gestalt einer Platte, und es ist daher in derjenigen Zelle, welche das ungetheilte Einzelelement erhalten hat, dieses an seiner isolirten Lage sofort zu erkennen (Fig. 85 &). Weiterhin lockern sich aber die Chromatinplat- ten, es erscheinen wieder einzelne Körnchen, welche von dem äußeren Ende des Kernes, wo sich die zusammenhängende Platte meist fand, in dem Raume des Kernes sich auszubreiten beginnen (Fig. 64, 65, 66). Dann ist die Lage des Einzelelementes für seine Erkennung nicht mehr zu verwenden; aber dennoch findet man es unschwer zwischen den einzelnen Körnchen heraus: 1) durch seine Größe, denn es ist ja unge- a 14 Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten, I. 709 theilt; 2) durch die Kugelform, in welche es aus der elliptischen Ge- stalt übergegangen ist; 3) durch die glatte Oberfläche, im Gegensatz zu den übrigen Chromosomen, welche wie gezackt erscheinen und , durch Fortsätze mit einander in Verbindung stehen. Die Dottermassen jedes Spermatidenpaares standen, wie wir sahen, mit einander durch eine besondere Fadensubstanz in Verbin- dung (Fig. 60, 61), welche früher als das centrale Faserbündel eine Durchschnürung erfuhr. Dann hängt dieselbe auch nach der Trennung noch, von lockerem Plasma umgeben, eine Zeit lang zipfelförmig den Spermatiden an (Fig. 64). Die Dottersubstanz selbst, bisher in Reihen angeordnet, zieht sich nun zusammen zu einem kompakten Körper, welcher durch Dazwischentreten der centralen Fasersäule paarig wird (Fig. 64). Der Körper besteht aus einem Haufen länglicher Körnchen, welche eine dunkle Peripherie und ein helles Innere haben. Je nach der Konservirung und Färbung sind sie mehr oder weniger deutlich zu sehen, am besten bei Anwendung von Fremnine’s starkem Chrom- Osmium-Essigsäure-Gemisch und Färbung mit Hämatoxylin nach Arıray’s Methode. Anfangs stehen die Körnchen radiär zum Kern, dann aber knäueln sie sich auf (Fig. 67, 63), bilden Anfangs einen Körper von unregelmäßiger Oberfläche, dann aber wird die Oberfläche mehr gleichmäßig (Fig. 64«—66). Nach Behandlung mit Pikrinessigsäure oder heißem Wasser werden die Dottermassen zum Theil ausgezogen, wie sie ja von Anfang an in Zellen, welche auf diese Weise konservirt wur- den, nicht zur Anschauung gebracht werden konnten. In solchen Prä- paraten liegt an Stelle der dunklen Körper eine helle feinkörnige Sub- stanz. Wir haben in den beschriebenen oval-nierenförmig gestalteten Körpern den Nebenkern von Bürscauı und v. La VaLErTE ST. GEORGE vor uns. Derselbe entsteht hier also aus einem Theile der Verbindungs- fasern, und die in der Samenzelle schon vorher vorhandene Dottersub- stanz wird, vielleicht unter einer chemischen Veränderung, gewisser- maßen als Füllmasse dabei verbraucht. Lässt sich die Entstehung des Nebenkernes verhältnismäßig leicht verfolgen, so ist die Umwandlung des centralen Faserbündels sehr viel schwieriger zu beobachten. Nur die zwischen beiden Zellen befind- lichen Theile lassen sich unschwer genauer durchmustern, und sieht man daselbst, wie eine aus Körnchen bestehende Zellplatte schon früh auftritt (Fig. 61, 64). Oft sind einzelne Fibrillen des Faserzuges bündel- weise in der Zellplatte vereinigt, und derartige vielfach vorhandene Bündel sind dann durch einen kleinen Zwischenraum je von einander getrennt. Später theilt sich die Zellplatte, die Hälften rücken aus 710 H. Henking, einander (Fig. 66), der Zwischenraum zwischen ihnen wird heller (Fig. 67), und so mögen schließlich die Spermatiden sich trennen. Bevor es jedoch zu einer Isolirung der Zellen kommt, gehen noch _ wichtige Veränderungen mit dem proximalen Ende des centralen Faserbündels vor sich. Diese Vorgänge sind sehr schlecht zu beobach- ten, weil an der entscheidenden Stelle der dunkle Nebenkern leicht eine Verdunkelung und Verdeckung verursacht. Überhaupt ist die Beobachtung durch die Beschaffenheit der betreffenden Gegenstände selber schon sehr erschwert. An besonders günstigen Objekten habe ich nun gesehen, dass die Verbindungsfasern dort, wo sie dem Kern am nächsten waren, eine Anschwellung bekamen (Fig. 65, 66 unten, 67 unten). In anderen Zellen war diese Anschwellung größer, und wie getheilt in der Mitte (Fig. 67). Zuweilen traten solche Anschwellungen auch wohl in einiger Entfernung vom Kerne auf (Fig. 63). Schließlich sah ich bei der schon isolirten Zelle von Fig. 62, dass der Anschwellung noch einige Fäden anhingen, von denen ich glauben möchte, dass sie von dem centralen Faserbündel herrührten. Wenn dann die Spermatiden sich getrennt haben, liegt an der Stelle, wo die nun verschwundenen centralen Ver- bindungsfasern den Kern berührten, ein kegelförmiger Körper, das Mitosoma. Wir hatten oben erfahren, dass bei der Trennung der Chromo- somen gefärbte Verbindungsfasern zwischen ihnen entstanden waren (Fig. 49, 50, 56). Es fragt sich, ob die Färbung etwa von zurückge- lassenem Chromatin herrührt. Ich glaube dieses in der That annehmen zu sollen. Entweder wird ein wenig Chromatin beim Auseinander- weichen der Chromosomen abgestreift und bleibt auf dem Wege zurück, oder es bildet sich aus der Substanz der Verbindungsfäden neues Chro- matin. Denn dass solches wirklich vorhanden ist, sehe ich gleichmäßig hei Präparaten aus Frennine’s Flüssigkeit, Pikrinessigsäure und heißem Wasser, besonders auf Stadien vom Alter der Fig. 49. Sind die Toch- terplatten weiter getrennt, so ist die geringe Chromatinmenge bei den letzten beiden Konservirungsmethoden in der Regel nicht mehr klar. zu erkennen. Aber z. B. in Fig. 57, einem mit heißen Wasser konser- virten Präparate entnommen, sind noch deutlich Reihen feiner Chro- matinkörnchen zwischen den beiden chromatischen Tochterplatten zu sehen, während dieachromatische Substanz völlig ausge- löscht ist. An Präparaten aus Frennine’s Flüssigkeit, welche mit Safranin ge- färbt wurden, sind dagegen auch später noch Chromatinkörnchen deut- lich wahrzunehmen, besonders im Bereich oder in der Nähe der cen- Br. # . Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 7i1 tralen Verbindungsfasern, meist unweit des Kernes (Fig. 61, 6%, 65, 66). Andere eben so gefärbte Körnchen finden sich gelegentlich außerdem noch imPlasma, ebenfalls gewöhnlich in der Nähedes Kernes (Fig. 61, 66). Ich kann über dieselben einstweilen nichts aussagen. Jedenfalls möchte ich hiermit festgestellthaben, dass ganz besonders bei dieser letzten Theilung Chromatin in der Erstreckung der Verbin- dungsfasern auftritt. Es erleidet nun aber dieses Chromatin im Laufe der Entwicklung Umwandlungen in eine achromatische Substanz, da die Menge desselben immer mehr abnimmt. Es dürfte daher nicht von der Hand zu weisen sein, dass umgewandelte Chromatinsubstanz sich am Aufbau des aus einem Theile der Verbindungsfasern hervorgehenden Nebenkernes und des Mitosomas betheiligt. Hierbei setze ich voraus, dass die von mir beschriebene Entstehung des Mitosomas, welche übrigens in Angaben von Pıarxer über Lepidopteren eine Bestätigung findet, richtig sei. Das Eingehen von Chromatin in den Nebenkern und das Mitosomaist für mich wichtig im Hinblick auf die ent- sprechenden (aber viel deutlicheren) Vorgänge, welche ich beider Bildung derRichtungskörper von Pieris bras- sicae beobachtet habe. 5. Ausbildung der Samenkörperchen (Spermatosomen). Der Kern, eine helle Blase mit den gefärbten Chromatinkörnchen darstellend, erfährt eine ganz langsame Zunahme an Volumen bis zu einem gewissen Maximum (Fig. 66, 67, 78). Die Chromosomen schicken immer deutlichere Ausläufer aus, somit späterhin gewissermaben Kno- tenpunkte in einem Netzwerke darstellend. Eingreifendere Veränderungen gehen mit dem Nebenkern vor. Derselbe erschien uns bisher bei Seitenansicht als ein rundlicher Körper (Fig. 65—67), bei Ansicht von oben dagegen durch einen Eindruck verdoppelt (Fig. 64). Auch selbst in Präparaten wie Fig. 64—66, in denen der Nebenkern ziemlich homogen geworden ist, kann man noch seine Zusammensetzung aus differenten Körperchen erkennen. Weiter- hin ändert sich sein Aussehen: Schichtenweise scheinen die Körnchen zu verschmelzen und durch mehrfache Übergänge erhält man das in Fig. 74 und 72 abgebildete Verhalten, welches von v. La VALETTE mit einem Garnknäuel verglichen wurde. Bereits auf diesem Stadium ist ganz gut zu sehen, dass eine Scheidewand den Nebenkern in zwei Stücke theilt (Fig. 71). Sind die Körnchen des Nebenkernes zuerst gewissermaßen der Länge nach mit einander verschmolzen, aufdie Weise koncentrische Ringe a 719 H, Henking,' oder Schalenstücke erzeugend, so beginnen nun auch diese einzelnen Abtheilungen successive zu verschmelzen (Fig. 68, 69, 70). Der Pro- cess rückt von außen nach innen vor, Ssuccessive verschwinden in dieser Richtung die Scheidewände, am längsten kann sich in der Mitte ein dunkles Pünktchen halten (Fig. 70 rechts). Dann verschwindet auch dieses und der Nebenkern ist jetzt ziemlich homogen feinkörnig (Fig. 77). Gleichzeitig setzen sich die beiden Hälften immer schärfer gegen einander ab (Fig. 68—70). Von der Seite gesehen ist die Gestalt oval (Fig. 78). Der Nebenkern streckt sich nun immer mehr, stößt mit dem einen Ende an den Kern an, reicht mit dem anderen fast bis an das Ende des Spermatosomes (Fig. 79). Man sieht, dass er bei dieser Verlänge- rung erheblich an Volumen zunimmt, bis zu einem Maximum (Fig. 81). Späterhin wächst er dann einfach in die Länge, dabei immer dünner werdend (Fig. 83 u. folg.).. So nimmt er Theil an der Bildung des Schwanzfadens. Die Volumensänderung des Nebenkernes scheint mit derjenigen des Kernes ziemlich Hand in Hand zu gehen; denn wir sehen, dass zu der Zeit, wo der Nebenkern sich unter Streckung erheblich zu verschmälern beginnt (Fig. 83 u. folg.), auch der vorher langsam größer gewordene Kern, nun unter Beibehaltung der Kugelform immer kleiner wird, bis zu dem etwa in Fig. 88 abgebildeten Minimum. Auch die Chromatinsubstanz ändert ihr Aussehen. Die vorher vorhandenen Knotenpunkte des chromatischen Netzwerkes gehen an Deutlichkeit zurück: Das Chromatin vertheilt sich mehr gleichmäßig durch den Kern in Gestalt von Körnchen. Von der allgemeinen Vertheilung hält sich nur das isolirte Einzel- element zurück, welches bei der letzten Halbirung der Spermatocyten ungetheilt in die eine Tochterzelle übergegangen war. Es sind somit die, wenn wir so wollen, bevorzugten Tochterzellen auch jetzt immer noch zu erkennen (x in Fig. 82a und c, Fig. 84b, Fig. 85 a). Ich glaube, ein jeder unbefangene Beobachter wird mit mir diesen runden von dem übrigen Chromatin scharf unterschiedenen Körper. für das Kernkörperchen ansehen. Damit ergiebt sich aber die wichtige Thatsache, dass wir zweierlei Spermatozoen er- halten: dieeinen besitzen einen Nucleolus, die anderen nicht (x in Fig. 82, 84, 85«, dagegen Fig. 82, 84, 855 ohne &). Der Nucleolus ist in den Spermatosomen noch lange zu erkennen, überhaupt so lange, als er durch seine Gestalt und seine intensive Färbung sich von seiner Umgebung abheben kann (Fig. 92, 93). Auch in den Stadien wie Fig. 95 ist das Fehlen oder Vorhandensein des Nucleolus noch fest- 2 zustellen. Später ist es nicht mehr möglich, da der Kern sich gleich- mäßiger und intensiver färbt und glänzender wird. Das Chromatin zeigt nämlich schon früh in dem kleiner werdenden Kerne das Bestreben sich feiner zu vertheilen (Fig. 84, 85). Eine be- stimmte Stelle des Kernes bleibt jedoch frei von Chromatin. Weiterhin beginnt der Kern sich langsam zu strecken (Fig. 92, 93), spitzt sich vorn scharf zu (Fig. 9%, 95) und nimmt durch die in Fig. 96—A01: darge- stellten Übergänge allmählich die charakteristische Nadelform des reifen Samenfadens an (Fig. 108). Noch auf der Höhe der Fig. 95 ist eine Ver- theilung des Chromatins in feinste Körnchen wahrzunehmen, darüber hinaus aber nicht mehr. Die von Chromatin frei bleibende Stelle liegt als ein heller Hof seitlich neben der Berührungsstelle des Nebenkernes mit dem Kerne (Fig. 86, 92). Wenn der Kern sich streckt, kommt sie mehr auf dessen Seitenfläche zu liegen, da der Kern auch gegen den Nebenkern hin eine Zuspitzung erfährt (Fig. 94, 96). Die Vacuole nimmt noch an Um- fang zu (Fig. 100, 101), ist dabei aber nach außen stets durch eine chro- matische Haut abgegrenzt (Fig. 101). Was schließlich aus ihr wird, ver- mag ich nicht anzugeben, da mir Übergangsstadien von Fig. 101 zu Fig. 108 fehlen. Die auffallendsten Veränderungen erleidet aber das Mitosoma. Es liegt Anfangs als ein wenig intensiv gefärbter Körper, welcher zwei oder drei Furchen erkennen lässt, in dem Winkel zwischen Kern und Nebenkern (Fig. 62, 67 m), dort auch noch zu der Zeit, in welcher der Nebenkern die Gestalt eines Garnknäuels hat (Fig. 71). Wenn dann aber der Nebenkern zu der Gestalt eines Weißbrotes übergeht, fängt das Mitosoma an zu wandern. Es tritt näher an den Kern heran und plattet sich bei Berührung desselben etwas ab. Dadurch bekommt es etwa die Gestalt eines Kegels (Fig. 69). Jetzt gleitet der Kegel gewisser- maßen an der Oberfläche des Kernes entlang, bis zu dessen vorderem Ende (Fig. 68, 73, 77, 78). Schließlich sitzt er dem Nebenkerne direkt gegenüber (Fig. 79, 80). Man erkennt nun leicht die Einfurchung des Gebildes meist in zwei, seltener in drei Abschnitte. Der dem Kerne angenäherte Abschnitt ist meist etwas dunkler als der abgewandte. Im Ganzen aber ist das Mitosoma homogen mit etwas dunklerer Peripherie. An der Spitze des Samenfadens verharrt nun aber das Mitosoma nicht lange. Es marschirt wieder auf der Kernoberfläche nach ab- wärts, begleitet von dem vor dem Kerne gelegenen Plasmahofe (Fig.81). Schließlich befindet es sich wieder an der alten Stelle, im Winkel zwischen Kern und Nebenkern (Fig. 82, 83, 84). Oft macht es den Ein- druck, als wenn der Kern sich etwas in dem Sinne der Wanderung des Zeitschrift f. wissensch. Zoologie. LI. Ba. 47 Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 713 rs 14 | H. Henking, Mitosoma mit umböge und umdrehte. Jedenfalls ist er nun etwas nach dieser Seite herübergebogen (Fig. 81, 83, 84 etc.). Bemerkenswerth ist also, dass das Mitosoma die plasmatische Anhäufung über dem Kerne herabgeholt hat, so dass man auch sagen könnte, es habe sich die Spitze des Samenfadens nach abwärts herabgeschlagen. Der Kern sitzt nun scheinbar ganz nackt dem Samenfaden auf. Das Mitosoma ist aber noch nicht zur Ruhe gekommen. Es löst sich von der Kernperipherie und nimmt noch erheblicher an Volumen ab, als wir es vom Kerne festgestellt hatten (Fig. 79, 83, 84, 85). Die dem Kerne zugewandte Abtheilung des Mitosoma wird nun auch immer dunkler und setzt sich immer schärfer gegen die abgewandte Partie ab (Fig. 85, 86). Schließlich schnürt sie sich ganz davon los unter Ab- rundung zu einer Kugel (Fig. 86, 87). Schon vorher sieht man häufig an der dem Kerne zugewandten Seite der dunklen Abtheilung ein unzweifelhaft chromatisches Pünkt- chen auftreten, von intensiv rother Farbe bei Benutzung von Safranin (Fig. 84 a, Fig. 86). Von diesem Pünktchen geht gewissermaßen eine Infektion auf das ganze Körperchen aus. So wird das ganze Körper- chen bald völlig chromatisch, befindet sich zeitweilig in einem Zwischen- stadium, in welchem man nicht weiß, ob der Ausdruck chromatisch schon angebracht ist. Später aber ist kein Zweifel mehr, das Körper- chen übertrifft in Folge seiner Homogeneität sogar den Kern an Intensi- tät der Färbung (Fig. 91). Es trennt sich nun immer weiter von dem heller bleibenden Stücke und unternimmt noch einmal.die Wanderung an der Kernoberfläche entlang bis an die Spitze des Samenfadens (Fig. 90, 91, 89c). Hier beginnt es sich abzuplatten (Fig. 92), besonders unter Ausbreitung nach einer Seite hin (Fig. 93). Später vollendet es besonders die Zuspitzung des Samenfadens (Fig. 95) und ist an seiner intensiven Färbung noch lange an der Spitze der Spermatozoen zu er- kennen (Fig. 99). Sogar in so weit entwickelten Stadien wie Fig. 101 ist esnoch deutlich als solches zu sehen, da hinter ihm der Kern etwas schwächer gefärbt ist. Späterhin hebt es sich in Folge der Sleahn mäßigen starken Färbung des ganzen Kopfes nicht mehr ab. Das Reststück des Mitosoma bleibt als heller Körper an der Grenze von Kern und Schwanzfaden liegen und scheint, wie die Fig. 92, 93, 34, 95 beweisen, eine langsame Rückbildung zu erfahren. Später ist es immer schwerer zu sehen (Fig. 99), mag jedoch wohl. in ein un- sicheres dunkles Pünktchen am Ende des Kopffadens von Fig. 101 übergegangen sein. In reifen Spermatozoen habe ich mit den von mir benutzten Methoden keine Spur desselben auffinden können, ohne jedoch damit die Möglichkeit des Vorhandenseins in Abrede stellen zu wollen. ee BR yY ve Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 715 Die von mir im Vorhergehenden beschriebene dreifache Wanderung des Mitosomas aufwärts, abwärts und wieder aufwärts ist vielleicht im Stande, Misstrauen gegen meine Angaben zu erwecken. Da will ich noch einmal ausdrücklich betonen, dass die mitgetheilte Reihenfolge ganz unzweifelhaft ist. Wie man in Stadien von der Fig. 71 das Mito- soma stets unten am Kern findet, so wird man es in Samenfäden von der Ausbildung der Fig. 78—81 an der Spitze aufgethürmt sehen, da- gegen in älteren mit feinkörnig vertheiltem Chromatin (Fig. 85 ff.) ohne alle Frage wieder an der Ursprungsstelle des Nebenkerns. Und für die Wanderung des Spitzenknopfes (»Spitzenstückes« nach Baurowırz [1)) wird man in günstigen Präparaten zahlreiche Belege finden. Was das Protoplasma anbetrifft, so zeigt es stets einen netzig wabigen Bau. Der Mangel einer scharfen Zellgrenze sprach sich Anfangs an den mit Fremming’s Flüssigkeit konservirten Hoden ja schon darin aus, dass bei den Theilungsfiguren über den Polkörperchen sich eine plasmatische Calotte anhäufen konnte (Fig. 29, 32, %7, 49). Auch zu anderen Zeiten ist keine ganz scharfe Zellgrenze gegeben. Wo die Zellen dichter liegen, gehen Balken von Plasma von einer Zelle zur anderen und man kann nicht sagen, wo ein neues Zellterritorium an- fängt (Fig. 58—61). Schärfer ist die Zellgrenze bei Anwendung von Pikrinessigsäure, und am deutlichsten, wenn man die Hoden durch Hitze abtödtet. Dann ist das plasmatische Netz völlig verschwunden und als abgerundete Körper liegen die Zellen neben einander, von der Gestalt der Fig. 57, meist durch einen beträchtlichen Zwischenraum von einander getrennt. Auch die jungen Spermatosomen stehen mit ihrem Plasma nach Behandlung mit Fremmine’s Flüssigkeit meist unter einander in Ver- bindung und erst, wenn sie älter werden, isoliren sie sich etwas mehr. Da sieht man denn, dass der Schwanz aus dem Nebenkern besteht, welchervon einer zarten plasmatischen Hülle umgeben ist (Fig. 83—88). Noch besser lassen das Querschnitte durch verschieden alte Samen- fäden .erkennen (Fig. 103—106). In der Mitte ist der paarige Neben- kern vorhanden, darum liegt ein Hof eines netzförmigen Plasmas. — Dass auch über den Kern sich eine plasmatische Hülle fortzieht, wird durch Fig. 97 bewiesen, in welcher das Plasma sich durch Quellung ab- gehoben hat. Der Anblick der Plasmatheile ist ein völlig anderer, wenn man mit heißem Wasser konservirte Präparate ansieht. Das grobe Maschenwerk ist verschwunden, das Plasma hat mehr eine feinkörnige Beschaffenheit und umschließt hier und da Vacuolen (Fig. 57). Beson- ders haben die heranwachsenden Spermatosomen ein abweichendes 47* 716 H. Henking, Aussehen. So lange sie noch ganz jung sind; ist der Nebenkern als heller ovaler Körper mit einem unregelmäßigen meist längsverlaufen- den Netzwerk im Inneren sehr wohl zu sehen (Fig. 113), auch sind seine Hälften durch eine Linie angedeutet. Späterhin ist von demselben bei Seitenansicht kein deutliches Bild mehr zu gewinnen, da erscheint der Schwanzfaden ziemlich gleichförmig (Fig. 114—A18). Im Querschnitte jedoch kann man die beiden Hälften des Nebenkernes noch recht wohl als zwei helle Pünktchen sehen. Die Kernverhältnisse in solchen Präparaten sind ähnlich, wenn auch weniger deutlich als oben beschrieben. Ich verweise auf die Fig. 114—118. Nun bemerkt man aber in den Präparaten in gewissen Altersstadien an der Basis der Kerne kleine helle Kügelchen mit chro- matischem Rande (Fig. 114, 445), welche nicht leicht zu deuten sind. Vom Kerne können sie nicht herrühren, denn sie sind scharf davon abgesetzt. Da drängt sich zunächst die Vermuthung auf, dass sie vom Mitosoma herzuleiten sein möchten, welches nicht zu sehen ist. Ich glaube, die Annahme ist richtig. Es wird von dem sonst unsicht- baren Mitosoma der vordere Theil sichtbar, indem er in den chromatischen Zustand überging. Ich möchte das um so mehr annehmen, als später das helle, am Rande chromatische Kügel- chen an der Basis des Kernes fehlt, während ein solches dann an der Spitze des Kernes zu sehen ist (Fig. 117, 116). Die Kernvacuole an der Basis des Kernes ist auch bei dieser Methode gelegentlich deutlich zu sehen (Fig. 118), fernerhin noch eine Eigenthümlichkeit der Kerne. Wenn ich die Hoden in toto mit Boraxkarmin vorfärbte, alsdann mit Safranin und Gentianaviolett nach der Gram’schen Methode nachfärbte, so nahmen die jungen Kerne etwa bis zum Stadium der Fig. 100 vor Allem den rothen Farbstoff auf, während, je älter der Samenfaden wurde (Fig. 108), immer mehr Neigung zu blauer Färbung sich heraus- stellte. Ähnlich, wenn auch nicht so deutlich, war der Effekt beim Kombiniren von Boraxkarmin und Enrricn’s Hämatoxylin. Frennming hat bereits früher einer entsprechenden Erscheinung an den Samenfäden im Hoden von Salamandra (6) Erwähnung gethan. Der Schwanzfaden wird also gebildet von den beiden Hälften des Nebenkernes, sammt einem Überzuge von Plasma. Wie sich der Schwanz in die Länge streckt, wird der Querschnitt der Nebenkerne immer kleiner (Fig. 75, 102—106), schließlich ist der Schnitt so klein, dass man nichts Deutliches mehr sieht. | Der Anblick eines Achsenfadens kann bei Seitenansicht schon durch die mittlere gemeinsame Lamelle der beiden Nebenkernhälften Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IL 717 hervorgerufen werden (Fig. 79). Doch habe ich im Querschnitt vielfach auch ein dunkles Pünktchen zwischen den beiden Hälften gesehen, vielleicht von einer Längsverdickung herrührend (Fig. 75, 102, 104, 105). Das innere des Nebenkernes erscheint meist recht homo- gen (Fig. 75), doch sieht man im Querschnitt auch wohl kreisförmige helle Stellen in Ein- oder Mehrzahl. Ob durch sie die Möglichkeit eines Zerfalles der reifen Nebenkerne in Fibrillen angedeutet ist, wäre im Hinblick auf die Untersuchungen von Barrowırzz (1) vielleicht zu be- jahen. | Ob der erwachsene Schwanzfaden drehrund ist, oder vielleicht etwas abgeplattet, ist schwer mit Sicherheit festzustellen. Ich neige mehr der letzteren Auffassung zu. Die Querschnitte der mir vorliegen- den ältesten Samenfäden aus dem Hoden zeigen wenigstens den Neben- kern deutlich abgeplattet. Auch das Bild in Fig. 109 spricht dafür; es ist nach frisch in 1/, %/,iger Kochsalzlösung untersuchten, aus dem weib- lichen Receptaculum seminis herstammenden Samenfäden gezeichnet. Der etwas gequollene Schwanz setzt sich scharf vom Kopfe ab. In Fig. 1095 haben wir das Stück eines Schwanzfadens, mit einer Ein- schnürung in der Mitte. Dieselbe erklärt sich leicht durch die An- nahme, dass der bandförmige Schwanz sich an der Einschnürungsstelle auf die andere Seite gelegt hat. Eben so ist das Bild Fig. 110 und 411 zu verstehen. Diese beiden Bilder führen hinüber zu Fig. 11% und sind sämmtlich einem mit Ameisensäure und Dahlia behandelten frischen Zer- zupfungspräparate entnommen. Solche Bilder, wie Fig. 112, entstehen . da sehr leicht: der Kerntheil ist langgestreckt, der Schwanzfaden eng spiralig aufgewunden. An den Umbiegunssstellen sieht man nun aber sehr schön die Durchschnitte der beiden Nebenkernhälften, welche als dunkle Punkte scharf hervortreten. Im Gegensatz hierzu kann ich be- merken, dass frische Samenfäden, welche in einem Tropfen FLemminG- scher Flüssigkeit eingetrocknet wurden, eine starke Aufrollung des . Kopftheiles meist erkennen ließen. Zwischen den reifenden Samenfäden findet man in grober Zahl die sog. Zwischenkörperchen. Ich habe in Fig. 76 einige derselben abge- bildet. Chromatin enthalten dieselben nicht. Woher sie kommen habe ich nicht untersucht. Könnten sie nicht aus den Calotten herrühren, welche sich bei der Theilung über den Polkörperchen bilden? Ich habe in deren Nähe oft isolirte Plasmaklümpchen gesehen (vgl. auch Fig. 62). 6. Über Abnormitäten. Außer den bereits oben erwähnten und in Fig. 30 und 32 abge- bildeten Abnormitäten muss ich hier deren noch einige erwähnen, 718 H. Henking, welche entweder größere Abweichungen darbieten oder in der Ent- wicklung schon weiter vorgerückt sind. In Fig. 42a—c habe ich eine in drei Schnitte zerlegte merkwür- dige Theilungsfigur reprodueirt. Wir haben es zweifelsohne mit einer in der ersten Theilung begriffenen Spermatoeyte zu thun. Beim Über- zählen der möglichst genau eingezeichneten Chromatinkörner finde ich, dass es deren etwa 48 sind, also genau so viele, als Chromosomen aus einer Samenmutterzelle hervorgehen (4 Tochterzellen & 12 Chromoso- men — 48). Die Abnormität liegt also nicht hierin, sondern in dem Umstande, dass sich gleichzeitig acht Polkörperchen an die zwei Grup- pen von Chromosomen mit Spindelfasern ansetzen, während sonst vier Polkörperchen die Zerlegung in vier Zellen successive vornehmen. Sind nun diese acht Polkörperchen durch Theilung aus einem oder zweien entstanden, oder sind sie direkt an der untergegangenen Membran hervorgetaucht? Mehrfach finden sich in den Spermatocysten riesige Spermatoso- men, von denen ich zwei auf etwas verschiedenem Entwicklungssta- dium vorführe (Fig. 72, 73). Sie stammen aus verschiedenen Sperma- toeysten und hatten beidein derselben Spermatocyste nur noch einen einzigen gleichgestalteten Genossen. Die Ver- muthung liegt nahe, dass ein solches Paar dann jedes Mal zusammen- gehört. Abgesehen von der Größe enthalten sie alle Theile eines nor- malen Spermatosomes. Sie haben also zweifellos die letzte Theilung, aus welcher sich Nebenkern und Mitosoma bildet, richtig durchgemacht. Dagegen dürfte die erste (Reduktions-)Theilung fehlen, weil sich sonst vier gleiche Zellen in der betreffenden Spermatocyste finden müssten. Wir könnten demnach an solche Mutterzellen für diese Riesensperma- tosomen denken, wie ich in Fig. 30 eine mit einreihig gestellten Chro- mosomen abgebildet habe. Fig. 74 ist der Querschnitt durch den Nebenkern einer gleichen Abnormität. Schwieriger ist Fig. 120 zu erklären. Hier liegen in einer unge- wöhnlich großen Zelle zwei kugelige Kerne neben einander, während Nebenkern und Mitosoma vorhanden sind. Ich zähle in jedem Kerne I1 Chromosomen (incl. des abgeschnittenen Stückes db). Könnte dem- nach nicht vielleicht eine solche anomale Zelle wie Fig. 3la als die Erzeugerin angesehen werden’? Fig. 119a (und b als Ergänzung zu dem einen Kerne) zeigt zwei Kerne in einer mit Dotterkörnchen versehenen Zelle. Jeder Kern ent- hält etwa 12 Chromosomen, meist aber zweiwerthige, so dass diese Monstrosität sich wohl schon von einem ziemlich frühen Stadium Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 719 herschreibt. Jedenfalls ist die letzte Theilung nicht erfolgt, denn es fehlt Nebenkern und Mitosoma. Möglicherweise gehen aus. Halbirung solcher Zellen derartige Monstrositäten hervor, wie ich in Fig. 107 zur Anschauung bringe. Dieses Zellenpaar liegt inmitten weit entwickelter Spermatosomen, deren Schwanzabschnitte bei S getroffen sind. Den Zellen fehlt minde- stens die letzte Theilung, aus welcher Nebenkern und Mitosoma her- vorgegangen sein würde. Trotzdem ist ein schwacher Versuch zu einer Spermabildung gemacht worden: Der Kern liegt an der Spitze, die Zelle, noch mit Dotter gefüllt, hat sich nach hinten gestreckt. Sogar eine Bil- dung wie ein Achsenfaden scheint zwischen den Dotterkörnchen hervor. Ob solche Spermatosomen, wie ich in Fig. 82c, 89a und 895 und in Fig. 91 (rechts) als nicht unbeträchtlich größere Gebilde neben nor- malen Samenfäden aus je derselben Spermatocyte abgebildet habe, als abnorm anzusehen seien, vielleicht hervorgegangen aus irgend einem der soeben beschriebenen jüngeren Stadien, kann ich nicht sagen. Ich begnüge mich mit dem Hinweise darauf, dass gar nicht selten auch noch weiter vorgerückte Entwicklungsstadien mir durch die Größe ihrer Kerntheile unter den gewöhnlichen Samenfäden aufgefallen sind. 7. Über Reduktionstheilung bei der Bildung der Richtungskörper von Pyrrhocoris. Die Verhältnisse bei der Richtungskörperbildung und Befruchtung von unserem Objekte werde ich in einer besonderen Abhandlung ein- ‘gehender darstellen. Hier will ich nur zum Zweck des Vergleiches mit der Samenbildung das der Theilung des Eikernes zu Grunde lie- gende Princip an einigen Schematen erläutern. In dem Keimfache der Ovarien junger Larven findet man die dicht gedrängt liegenden gleichförmigen Kerne häufig in Theilung. Schließlich sieht man im unteren Ende des Keimfaches, wie eine Anzahl solcher Kerne successive an Volumen zunimmt, sich mit reichlicherem Plasma umgiebt, also zu jungen Eiern (Eimutterzellen) heranwächst. Die Theilungen im Keimfach verlaufen nach dem in Fig. A’ u. A! dargestellten Schema. In der Äquatorialebene sind 24 Chromosomen vorhanden. j Wird nun die Spindel für das erste Richtungskörperchen angelegt, so bemerkt man bei Polansicht nur 12 Chromosomen, welche meist deutlich hantelförmig aussehen (B?). Unter dieser Schicht liegt eine zweite eben so gestalteter Chromosomen, und beide Schichten weichen bei der Theilung aus einander (BP). Beide Schichten zusam- men ergeben -24 Chromosomen, 12 derselben gehen in das erste Rich- 720 H. Henking, tungskörperchen über, also verbleiben auch deren 12imEi. Demnach wird durch Bildung des ersten Richtungskörpers eine Reduktionstheilung vollzogen. Die 12 hantelförmigen, im Ei verbleibenden Chromosomen lagen Anfangs horizontal (BF). Jetzt beginnen sie sich zu drehen ((), richien sich gewissermaßen auf und geben bei der nun sofort erfolgenden (Äquations-)Theilung (Bildung des zweiten Richtungskörpers) nach jeder Seite 12 kugelige Chromosomen ab. Es enthält also das zweite Richtungskörperchen und ebenfalls das Ei nunmehr 12 kugelige Chromosomen (D). 8. Anzahl der Chromosomen bei der Theilung der Körperzellen von Pyrrhocoris. In Bezug auf die Theilung der Körperzellen kann ich bisher nur Angaben über das Bindegewebe machen, welches die larvalen Ovarien umgiebt und über die Epithelzellen des Oviductes. Bei der Theilung dieser Zellen habe ich in der Äquatorialplatte mehrfach die typisch zu erwartende Zahl, nämlich 24 Chromosomen, feststellen können. In einem Falle trat mir in einer abnormen großen Zelle des Bindegewebes auch die Zahl 48 entgegen, womit bewiesen zu sein scheint, dass solche ab- norme Zellen durchaus lebensfähig sind. 9. Anhang. In Fig. 123—125 gebe ich einige Abbildungen aus der Spermato- genese von Pieris brassicae. Fig. 123c stellt die Seitenansicht der Spin- del einer Ursamenzelle dar mit den »einreihigen« Chromosomen. Die Polansichten bei a und 5 lassen übereinstimmend 30 Elemente zählen. Hiergegen finden sich in den Polansichten Fig. 125 a—e nur 15 Chro- mosomen, in Fig. 125d deren 14. Ich halte diese Figuren für erste Theilzellen von Spermatocyten, weil ich in ihrer Nachbarschaft noch völlige Kernbläschen, erst im Übergange zu der Spindel aufgefunden habe. Die letzte Theilung dürfte aber auch wohl hier ohne vorherige # Rückbildung zu einem Bläschenkern stattfinden. Es ist also hier be- reits bei der Polansicht die reducirte Zahl der Elemente zu bemerken. — In gleicher Weise ist in den Polansichten der Spindel in Fig. 124 a—c nur die halbe Normalzahl, also 14 oder 15 Chromosomen zu sehen. Ganz das Gleiche ergiebt sich aus Fig. 126—129, von Pieris napi. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IL 721 Fig. 426 enthält verschiedene Theilungsstadien von Ursamenzellen. Die Zahl der Chromosomen ist hier sehr groß (vgl. Litt.-Verz. Nr. 7). In den Polansichten von Fig. 128, 129 ist die Zahl halbirt, und Fig. 127 zeigt eine solche Spindel von der Seite. Ich glaube jedoch, dass wir es in diesen letzten Abbildungen bereits mit solchen zu thun haben, welche aus der letzten Theilung der Spermatocyten herrühren. 10. Hauptergebnisse. Die Vergleichung der Entwicklung vonEiund Samen beiPyrrhocorisapterusergiebtalso dasFolgende: 1) Den Ursamenzellen entsprechen die Ureier. Beide Zellformen enthalten die für die Körperzellen charakteristische Zahl von 24 Chro- mosomen. 2) Den unreifen Eiern entsprechen die Samenmutterzellen (Sper- matocyten I. Ordn.). Beide wachsen erheblich heran, in beiden kommt es zur Ausbildung eines verhältnismäßig großen bläschenförmigen Kernes, in beiden werden Dotterkügelchen erzeugt. 3) Die Abschnürung des ersten Richtungskörperchens entspricht der ersten Theilung der Spermatocyten. In beiden Fällen kommt es zu einer (Weısmann’schen) Reduktionstheilung, indem sich die Chromo- somen »zweireihig« aufstellen und zu je 12 Elementen in die neuen Zellen übergehen. Die typische Zahl 24 wird also hier durch einfache Trennung der chromatischen Elemente auf 12 reduecirt. %) Die Ausbildung des zweiten Richtungskörpers entspricht der zweiten Theilung der Spermatocyten. Die 42 chromatischen Elemente werden unter Beibehaltung der Zahl durch Äquationstheilung direkt halbirt, ohne dass sich das Stadium eines ruhenden Kernes da- zwischen einstellte. Die sofortige Theilung der Spermatoeyten II. Ordn. wurde möglich, weil die vorhergehende erste Theilung nicht als normal anzusehen ist und weil die letztere wahrscheinlich bewirkte, dass sich gleich die auch für eine zweite Theilung nöthige (also doppelte) Zahl achromatischer Fäden an die Chromosomen anheftete. Für das Spermatosom ist noch das Folgende bemerkenswerth. 1) Aus den peripherischen Verbindungsfasern und unter Be- theiligung von Spindelfasern entsteht der Nebenkern. Die Dottermasse wird gewissermaßen als Füllmaterial bei Bildung desselben benutzt. 2) Das centrale Bündel der Verbindungsfasern lässt aus sich das Mitosoma hervorgehen. 3) Der paarig gewordene Nebenkern haftet sich hinten an den zum Kopfe des Spermatozoon werdenden Kern an und durchzieht den Schwanzfaden. 72323 HB. Henking, 4) Das dem Kerne zugewandte Stück desMitosoma wird chromatisch und wandert als Spitzenknopf an das vordere Ende des Samenfadens. 5) In Nebenkern und Mitosoma sind wahrscheinlich kleine Mengen von Chromatinsubstanz übergegangen. 6) Es sind zwei verschiedenwertbige Arten von normalen Samen- fäden vorhanden. Die einen enthalten nur 11 chromatische Elemente, die anderen außer 14 chromatischen Elementen auch noch ein einzelnes zuletzt ungetheilt gebliebenes Chromatinelement, welches wahrschein- lich als Nucleolus anzusehen ist. 11. Kritische Besprechung der Litteratur. Aus den zahlreichen Untersuchungen über Sperma und Spermato- genese hebe ich hier nur diejenigen Arbeiten hervor, welche, so weit ich augenblicklich die Litteratur übersehe, nähere Beziehungen zu dem vorliegenden Thema haben. In der ersten Abhandlung von Bürscati (2) findet sich die Angabe, dass der stark glänzende Kern des Samenfadens noch von einer sehr zarten Schicht von Protoplasma umhüllt wird. Hier, wie auch in der zweiten Mittheilung (3) wird das in den Schwanzfaden sich erstreckende (Doppel-) Körperchen mit dem Namen » Nebenkern« belegt, während das gleiche Gebilde schon 1867 von La VArerte (12) beim Mehlkäfer als »glänzender Körper« beschrieben war. An der Kernspitze von Agrion puellae, Hydrophilus piceus, Blatta orientalis, Dytiscus margi- nalis, Locusta viridissima wird ein besonderes Spitzchen oder Scheib- chen als vorhanden angegeben, während bei einer anderen Locustide außerdem noch eine Mütze mit zwei rückwärts gerichteten Gabelzinken beobachtet wurde. Dieses letztere Gebilde entstand aus einem hellen Bläschen, welches Anfangs dort lag, wo der Nebenkern mit dem Kern in Verbindung tritt (Taf. XLI, Fig. #4, 5, 6). Das Bläschen bekam einseitig einen dunklen Rand, lagerte sich dem Kerne auf und wurde nun ganz dunkelund glänzend. Zwei dunkle Fortsätze wachsen aus dem mützenförmig gewordenen Bläschen rückwärts hervor (die beiden Gabelzinken) und vorn erscheint ein kleines helles Scheibehen. — Dass wir es in dem hellen Bläschen mit unserem Mitosoma (oder wenig- stens einem Theile desselben) zu thun haben, ist mir nach den ganz entsprechenden Verhältnissen, welche bei Pyrrhocoris ein Theil des Mitosoma eingeht, gar nicht zweifelhaft. Das Vorkommen eines an dem Vorderende des Samenfadens vor- handenen »Spitzenstückes« hat Barzowırz (1) neuerdings von einer Reihe von Insekten nachgewiesen. J. B. Carnoy (4) bildet mehrfach ringföımige Chromatinelemente Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 723 in Spermatocyten von Insekten ab, meist allerdings bereits zu einer Äquatorialplatte formirt. Diese Ringe theilen sich alsdann, z. B. bei Bacillus linearis in zwei hufeisenförmige Chromosomen, welche zum Pol rücken. — Unter den Hemipteren hat er besonders Aphrophora spumaria untersucht. Hiervon bildet er in Fig. 104, wie es mir scheint, das Knäuelstadium der ersten Spermatocytentheilung ab. Die ova- len Chromatinstäbchen,, 12 an Zahl (zehn nach der Tafelerklärung), ordnen sich zur Äquatorialplatte. Sie sind nun etwas auswärts ge- krümmt (vielleicht Halbringen gleichwerthig?) und rücken ungetheilt zur Hälfte zum einen, zur anderen Hälfte zum anderen Pol. In Fig, 106 bildet er ab, wie sich je sechs Elemente um den Pol gruppirt haben. Bei einer Seitenansicht (Fig. 108) giebt er dann allerdings wieder nur je fünf Chromosomen an jedem Pole an. Da er jedoch noch ausdrück- lich bemerkt !, dass er mehrfach am Pol nur die Hälfte der am Äquator vorhandenen Elemente gezählt habe, so scheint mir an einer Reduktions- theilung nicht gezweifelt werden zu können. Da Carnoy die Stadien in der genannten Reihenfolge (Knäuel in einem kugligen Kern mit Membran [ohne Strahlung], Äquatorialplatte, Tochterplatten mit reducirter Zahl) aus einander hervorgehen lässt, so dürften wir wohl die erste Theilung der Spermatocyten darin zu er- blicken haben, nicht die letzte. Denn es wird übereinstimmend an- gegeben von allen Untersuchern, dass die letzte Theilung ohne Rückbildung zu einem Kerne (mit Membran etc.) erfolgt. Ich befinde mich demnach in völliger Übereinstimmung mit Garnovy’s Beobachtungen. La VALETTE St. GeorRGE (11) erkennt an den Hoden von Blatta ger- manica, dass sie zunächst von einer feinen Tunica adventitia und darunter von einer kerntragenden Tunica propria umgeben sind. Innerhalb der letzteren liegen die Spermatocysten, umgeben von einer kerntragenden Umhüllungshaut. Eben so ist es nach ihm (12) bei Phratora vitellinae. Es zeigen seine Fig. 20, 60—-64 von Blatta einen ähnlichen Zusammen- hang der Tochterzellen, wie ich ihn von Pyrrhocoris in Fig. 64—67 ab- gebildet habe. Den Nebenkern lässt v. La Varrrre (allerdings in allen Generationen der Spermatocyten!) aus Gytomikrosomen hervorgehen, diese aber aus Resten der Spindelfasern?. Hinzu treten noch einige 1 p. 287... nous avons constate a plusieurs reprises que ces sortes de cou- ronnes polaires ne renferment que la moitie des el&ments de la couronne equa- toriale. 2 Wie der Hinweis auf die Fig. 20, 56—65 unzweideutig darthut, versteht v. LA VALETTE unter dem Ausdruck Spindelfasern hier nicht die von den Polen ausgehenden,sondernjeneFasern, welchezwischensichtrennenden 7924 H. Henking, daneben liegende helle Körnehen. Der Nebenkern der Spermatiden zeigt später eine Fadenbildung und bekommt die Gestalt eines Garn- knäuels. Seine Fig. 74 gleicht in dieser Hinsicht ganz meinen Fig. 71, 72. Bei Besprechung der Verhältnisse von Phratora vitellinae (12) hebt v. La VArerTE auch die »Zellketten, Zellsprossen, Zelltrauben « hervor, welche durch unvollkommene Theilung der Zellsubstanz zu Stande kommen. Er hat dabei jedenfalls solche Bilder im Sinne, wie ich in Fig. 3 dargestellt und als rhachisartig bezeichnet habe. Auch bei Phratora lässt er in den Spermatiden aus den Resten der Spindelfasern den (letzten) Nebenkern hervorgehen. Die letzte Arbeit von v. La Varerte (13) behandelt die Spermato- genese bei Forficula auricularia und sind hier die Verhältnisse dem recht ähnlich, was sonst von Insekten bekannt geworden ist. Die schon von Carnoy mitgetheilte und von La VALETTE bestätigte Angabe, dass die Äquatorialstäbchen der Spermatocyten eine Verschiedenheit in ihren Formen zeigen, lässt sich wohl durch Annahme verschiedener Theilungscyklen erklären. Die Zahl der Stäbchen betrug stets 12, » die der Theilungsprodukte 12—14« (p. 56). Der späterhin paarige Neben- kern verhält sich wie gewöhnlich. Interessant ist noch die folgende Angabe von LA VALETTE (p. 58): »lIch fand nicht selten bei Forficula auricularia Spermatiden, welche in allen ihren Theilen und deren Entwicklungsstadien fast die doppelte Größe der gewöhnlichen besaben.« Ich verweise zum Vergleich mit Pyrrhocoris auf das Kapitel: Über Abnormitäten (oben p. 717). W. Fremnine (5) hat uns die Kerntheilung bei den Spermatocyten von Salamandra maculosa kennen gelehrt. Er hat hier einen Dimorphis- mus der Mitose beobachtet, und unterscheidet die beiden Typen als heterotypische und homöotypische Theilung. Bei der ersten Form tritt bereits zu Beginn der Spirembildung eine Längsspaltung der Chro- matinfäden auf. Dadurch wird die Zahl derselben auf 24 gebracht, und damit die von FLemmine und Rasr für die verschiedensten Körperzellen von Salamandra als typisch festgestellte Zahl erreicht. Nun heften sich je zwei Schleifen mit ihren Enden derart an ein-. ander, dass sie einen völlig geschlossenen Ring bilden. Wir haben also hier das gleiche Verhalten, wie ich es oben von den Spermatocyten I. Ordn. von Pyrrhocoris beschrieben habe. Späterhin rücken je 12° Schleifen nach einem Pole, indem jeder Ring in der Ebene des Äquators getheilt wird. Sind die Ringe hier sehr groß, so ist eine große Ähn- Kernen vorhanden sind. Ich habe für dieselben stets den Ausdruck Ver- bindungsfasern angewandt, befinde mich demnach mit meiner Darstellung völlig in Einklang mit v. LA VALETTE. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 725 lichkeit mit dem Verhalten bei Pyrrhocoris durch einige abnorme Thei- lungen gegeben, welche Freumıne zum heterotypischen Modus rechnet, wie ich glaube, mit, vollem Rechte. Er hat Taf. XXV Fig. 45 ein Bei- spiel einer solchen durch starke Verkürzung der Chromatinschleifen ausgezeichneten Abnormität abgebildet. — Die 12 Fäden des Tochter- kernes spalten sich alsbald wieder in 24. Könnte damit nicht ein Über- sang zu dem folgenden Theilungsmodus gegeben sein? Für die homöotypische Form ist es charakteristisch, dass die Fadensegmente kurz sind, im Vergleich zu den vorigen. Auch hier tritt früh eine Längsspaltung der Fäden auf. Die neuen 24 Fäden verbleiben getrennt längere Zeit in der Äquatorialebene, dann aber rücken je 12 Schleifen zu einem Tochterkern zusammen. G. Prarner (15) untersuchte die Theilung der Spermatocyten aus Puppen von Pygaera bucephala und Sphinx Euphorbiae, welche hier ganz ähnlich verläuft, wie ich sie oben beschrieben habe. Das Vor- handensein eines reticulum plastidien, aus welchem CarnoyY die Spin- delfasern hervorgehen lässt, hat er nicht beobachtet. Allerdings scheint hier wenigstens ein Theil der Spindel (die »kegelförmigen Aufsätze «) aus dem Zellplasma hervorzugehen. Prarxer fand, dass die Äquatorial- platte von 30 Chromosomen gebildet wird. Diese theilen sich der Länge nach und rücken auf zwei getrennten Spindelfasern aus einander, von welchen er vermuthet, dass sie von vorn herein doppelt angelegt sind, was ganz mit meinen Beobachtungen stimmen würde. Die Tochter- chromosomen sind hantelförmig und ähneln nach seiner Fig. 16 ganz der abnormen Bildung, welche ich von Pyrrhocoris in Fig. 32 darge- stellt habe. Die neuen Kerne gehen direkt wieder in die Formation einer Spindel auf, ohne vorherige Bildung eines Netzwerkes oder einer Knäuel- figur. Die Chromosomen werden abermals longitudinal getheilt. In einer späteren Abhandlung macht Pıarner (17) über das gleiche Objekt (Pygaera bucephala und Sphinx Euphorbiae) neue Mittheilungen. Während derselbe in seinen früheren Beiträgen unter »Nebenkern« bald das Gentrosoma (Polkörperchen) in den Spermatocyten mit um- gebender Strahlung, bald den aus den Verbindungsfasern sich auf- rollenden Körper verstanden hatte, schlägt er jetzt für Polkörperchen und Strahlung die Bezeichnung Nebenkern definitiv vor, für den anderen Körper den Namen Mitosoma. Da nun aber unzweifelhaft der Ausdruck »Nebenkern« von La Varerte und Bürscaui für den im Spermatosom an den Kern sich anschließenden Körper gebraucht ist, das Polkörperchen oder Centrosoma aber sammt seiner Strahlung keines neuen (noch dazu zweideutigen) Namens bedarf, so habe ich zur Verhütung von Konfusion 726 ! H. Henking, die Bezeichnungen in dem alten Sinne gebraucht, möchte allerdings dabei bemerken, dass in Zukunft ein schärferer Unterschied zwischen Spindelfasern und Verbindungsfasern gemacht werden muss, wenn Verwirrung vermieden werden soll. Den Pıarxer’schen Ausdruck Mito- soma habe ich für den aus dem centralen Faserbündel der letzten Sper- matocyten-Theilung hervorgehenden Körper beibehalten. ‘ Die Entstehung dieses Mitosoma aus den proximalen Theilen der Verbindungsfasern (»Spindelfasern«) hat Prarser hier erkannt, leitet den Nebenkern aus den distalen Theilen der Verbindungsfasern ab. Außerdem giebt er an, dass das Mitosoma seine definitive Stelle dort einnimmt, wo der Achsenfaden an den chromatischen Kopf inserirt. Prarner (16) giebt von Limax (p. 139) an, dass bei der letzten Theilung der Spermatocyten eine Reduktion der Chromosomen auf die Hälfte ihrer Zahl stattfindet. Den Beweis für diese Behauptung kann ich nun aber nicht als gelungen ansehen. PıArser sagt nämlich, dass er bei früheren Theilungen stets in der Äquatorialplatte 16 Chromo- somen als Doppelkügelchen gefunden habe, bei der letzten Theilung dagegen 46 einfach kreisförmige Durchschnitte. Von diesen letzteren bemerkt er, dass immer zwei ganz nahe beisammen liegen (was acht Paar ergeben würde), sagt aber später: »Die je zu einem Paar ver- einigten Elemente lagen allerdings nicht so fest bei einander wie früher.« Hierdurch wird doch der ganze Beweis hinfällig; denn ich möchte nur fragen, warum die Paare nicht mehr so fest bei einander liegen wie früher? Auch die Mittheilung, dass er dieses Verhalten bei allen seither von ihm untersuchten Objekten gefunden habe und zwar zuerst bei den Lepidopteren, kann ich erst dann anerkennen, wenn genauere Angaben gemacht sind. Als ich bereits sämmtliche in vorliegender Abhandlung mitge- theilten Untersuchungsresultate erhalten hatte! und mit der Ausar- beitung derselben beschäftigt war, erschien die für unser Thema äußerst wichtige Arbeit von Oskar Hrrrwic (9) » Vergleich der Ei- und Samen- bildung bei Nematoden«. Die in Hrrrwie’s und meiner Arbeit mitge- theilten Thatsachen zeigen eine bemerkenswerthe Übereinstimmung ! Icherinnere daran, dassich bereits im Juniheft (1890) der Internat. Monatsschr. für Anat. und Phys. eine mit Zahlen belegte Mittheilung über Reduktionstheilung in den Samenzellen von Insekten (7) veröffentlicht habe, woraus hervorgeht, dass ich damals in der Untersuchung schon weit vorgedrungen war. Die Separata habe ich zum Theil schon im Mai verschickt, so an 0. Herrwıc am 28. Mai. Die Mittheilung ist jedoch in Herrwıe’s Arbeit nicht mehr genannt. Über die Richtungskörper von Pyrrhocoris habe ich die ersten Angaben im Jahre 4888 gemacht (8). Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten, I, 727 und auch die Auffassungen sind recht ähnlich, — bis auf einen nicht ganz nebensächlichen Punkt. Die Ursamenzellen von Ascaris megalocephala bivalens enthalten in der Äquatorialplatte vier Kernschleifen (Fig. 124 a). Aus ihren Theil- produkten werden die Samenmutterzellen, welche ganz ähnliche Ver- änderungen durchmachen, wie ich es von Pyrrhocoris beschrieben habe. Will eine solche Zelle sich theilen, so ordnet sich die chromatische Substanz in Fäden. Zuweilen sah Herrwie zwei Fäden parallel neben einander. Ihre Entstehung und etwaige Theilungen hat er wegen der Beschaffenheit des Materials nicht erkennen können. Die Fäden sondern sich schließlich in zwei Gruppen derart, dass je vier Kernfäden sich sternförmig kreuzen. An der Kreuzungsstelle, d. h. in der Mitte ihrer Erstreckung, sind die Theile jeder Gruppe et- was verklebt. Nun verkürzen sich die Fäden (Fig. 124 b), der bis dahin vorhanderre Nucleolus löst sich auf. Die Polkörperchen erscheinen an der Kernmembran, die Membran verschwindet. Die beiden Gruppen chromatischer Stäbchen legen sich zur Theilung so, dass »zwei Stäbchen je eines Bündels nach dem einen Polkörperchen, die zwei anderen nach dem entgegengesetzten Polkörperchen gerichtet« sind (9, p. 40). Die chromatischen Elemente krümmen sich zusammen (Fig. 121c) und weichen nach den Polen aus einander, zwei Elemente von dem einen, zwei von dem anderen Bündel (Fig. 121 d). »Die gemeinsame Abkunft ist noch daran zu erkennen, dass sie paarweise zusammenliegen « (9, p. #1). So kommt die erste Theilung zum Abschluss. Um die zweite Theilung einzugehen, verändern die vier zunächst in einer Linie angeordneten Elemente (eig: 121 e) ihre Stellung derart, dass »immer je zwei, die von Anfang an zu einem Paar verbunden waren, sich um ihre Längsachse drehen « (9, p. 46, vgl. Fig. 121). kommen sie in die richtige Lage zur Theilung (Fig. 121 g). Jetzt werden die Paarlinge getrennt, indem in jede Tochterzelle ein Theilstück der- . selben übergeht (Fig. 121 7). Bei Ascaris megaloc. univalens sind die Verhältnisse dieselben, nur ist die Zahl der chromatischen Elemente halb so groß als bei bivalens (Anfangs zwei Fäden statt vier). Hier interessirt nur noch die ausdrück- liche Angabe Herrwie’s (p. 46—47): »Da hier vor der letzten Theilung überhaupt nur ein Stäbchenpaar der Mutterzelle vorhanden ist, so muss jede Tochterzelle ihr einziges chromatisches Element durch Trennung des Paarlings empfangen.« — Aus den Tochterzellen werden die Sa- menkörper. Eine große I einmune mit diesen Vorgängen bietet die Ent- wicklung der Eier: Die Ureier enthalten auf dem Spindelstadium vier 728 H. Henking, Fäden (resp. zwei bei univalens). Aus ihnen werden die » Eimutter- zellen (unreife Eier)«.. Zum Zweck der Richtungskörperbildung ordnet sich in ihnen das Chromatin in zwei Gruppen von je vier Stäbchen. Hertwie deutet nur darauf hin, dass ja nach Bovzrı mit dem ersten Richtungskörper zwei Stäbchenpaare entfernt werden, während durch das zweite Richtungskörperchen die zurückbleibenden zwei Paare je eine Halbirung erfahren. Ich gehe gleich zur Besprechung des Differenzpunktes über. Ich hatte oben an Insekten festgestellt, dass bei der ersten Theilung der Spermatocyten und bei der Bildung des ersten Richtungskörpers im Ei eine Halbirung der Zahl der Chromosomen eintritt, Hertwie kommt dagegen bei Nematoden zu dem Schluss: »in beiden Fällen (bei Ei und Samen) wird bei der zweiten Theilung die Anzahl der chromatischen Elemente auf die Hälfte der Se ie Zahl herabgesetzt« (p. 61). Ich stimme mit Herrwie völlig überein, wenn er sagt: »Bei der Wichtigkeit des Gegenstandes ist es wohl am Platz, auf jeden einzelnen Punkt genau einzugehen ....« (p. 61). Daher will ich mich nicht mit dem Ausspruche begnügen, dass ja recht wohl Verschiedenheiten bei den einzelnen Thiergruppen in diesem Punkte vorhanden sein können, sondern lieber den Versuch wagen, eine Einigung herbeizuführen. Zunächst handelt es sich dabei wohl um die Frage, ob ich nicht meine Untersuchungsresultate der Herrwıc’schen Auffassung . anbe- quemen kann. Auch in meinem Falle ist bei der zweiten Theilung die gewöhnliche Zahl der Chromatinelemente um die Hälfte vermindert, da ist also keine Abweichung vorhanden. Nur lässt es sich nicht ver- kennen, dass die Verminderung hier nicht als etwas Neues eintritt, sondern dass es ein bereits von der ersten Theilung überkommener Zustand ist. Könnte denn nun aber nicht die Tochterplatte der ersten Theilung die normale Zahl in etwas maskirtem Zustande enthalten? Das muss ich in Abrede stellen. Die 12 aus der ersten Tkeilung her- vorgehenden Chromosomen sind Anfangs so einheitlich, treten schon so früh als einheitliche Gebilde in Erscheinung, dass es einer kühnen Hypothese bedürfte, wollte ich ihnen eine andere Deutung geben als die Untersuchung lehrt. Bei dieser Sachlage scheint es mir der richtige Weg zu sein, vorher zu versuchen, ob die Resultate Herrwie’s sich nicht etwa ungezwungener an meine Deutung anpassen ließen. Ich betone, dass ich es bisher nur mit Herrwıg’s Untersuchungen zu thun habe; denn wie ich bereits oben angab, kann ich die für Herrwıe günstigen Schlussfolgerungen PLATner's nicht anerkennen. r * Untersuchungen über die ersten Entwieklungsvorg. in den Eiern der Insekten. IL 729 Ich habe die Herrwie’sche Anschauung an der Hand einiger aus seiner Abhandlung kopirten Figuren in Fig. 121 schematisch darzu- stellen versucht (für Ascaris meg. bivalens). Was als die Einheit unter den Chromatinelementen von Asecaris zu betrachten sei, ist eine aus dem Objekt heraus schwer zu entschei- dende Frage. Sonst würden sich wohl kaum die tüchtigsten Forscher mit entgegengesetzten Ansichten gegenüberstehen. Van BENEDEN, JULIN und Bovzrı halten jede der beiden Gruppen von vier Stäbchen (Fig. 121 b, Grundfarbe schwarz und weiß) für ein einziges chromatisches Element, — CARNOY, VAN GEHUCHTEN und nun auch Herrwie betrachten einen jeden der Fäden als ein chromatisches Element. Herrwie nimmt also acht selbständige Chromatinelemente für die Samenmutterzelle an, während die Normalzahl für A. m. bivalens ja sonst vier ist. Eine Erklärung für diese merkwürdige Verdoppelung, welche als normaler Vorgang bisher meines Wissens kein Analogon hat, vermag Hrrrwıe nicht zu erbringen, weil die betreffenden Entwicklungsstadien sich nicht enträthseln lassen. Und wenn wir dann sehen, wie ein Forscher von der Erfahrung und dem Geschick Herrwıg’s sich mit dem Abwägen von drei Möglichkeiten abmüht, so wird es klar, wie ungünstig doch das Objekt für diese Fragen sein muss. Es fasst also Hrrrwıc die acht Stäbchen als selbständig auf (Fig. 121 5, durch verschiedene Zeichnung unterschieden). Von ihnen gehen bei der ersten Theilung je vier in eine Tochterzelle über (Fig. 121 c, d, e) nachdem sie sich einzeln zusammengekrümmt haben (Fig. 121 c). Da- mit ist die typische Zahl in jeder Zelle wieder erreicht. Bei der nun direkt folgenden zweiten Theilung wird die Anzahl der chro- matischen Elemente auf die Hälfte der typischen Zahl herabgesetzt (Fig. 121, 9, h), damit aber die Weısmann’sche Re- duktionstheilung vollzogen. | Hiergegen möchte ich zunächst einwenden, dass bei der Annahme von acht selbständigen Elementen es streng genommen auch schon bei der ersten Halbirung zu einer Reduktionstheilung kommt (Fig. 121 d); denn es gehen je vier Chromosomen in die Tochterzelle über, ohne auf der Höhe des Äquators eine Äquationstheilung erfahren zu haben. Weiterhin lässt die Hrrrwıg’sche Annahme einigermaßen unerklärt, warum denn die Chromosomen sich so streng paarweise zusammen- halten. Ich möchte es nun unternehmen, auf Grund meiner Erfahrungen, welche, wie ich glaube, an einem für diese Fragen günstigeren Mate- Zeitschrift f, wissensch. Zoologie. LI. Bd. 48 En 730 H. Henking, riale gewonnen sind, eine Erklärung der Verhältnisse von Ascaris zu versuchen. | Ich gehe von den vier Schleifen der Ursamenzelle (Fig. 122«) resp. des Ureies aus. Jede Schleife erfährt eine einfache Längsspaltung, ohne dass es zu einer völligen Abschnürung zu kommen brauchte (b). Diese vier Paare von Schleifen gruppiren sich in zwei Bündeln derart ‚zum Zweck einer Theilung, dass jedes zusammengehörige Paar gemeinsam nach einem Pole gewandt ist (Fig. 122c). Jetzt findet mit der ersten Halbirung eine Reduktionstheilung der Chromosomen statt, in- dem je zwei zusammengehörige Paare nach einem Pole wandern (d, e). Weil jedes Paar zusammengehört, so ist es durchaus nicht merk- würdig, dass die Chromosomen sich paarweise drehen, um zum Zwecke einer zweiten Theilung in die richtige Stellung zu den Polen zu kömmen (f). Jetzt entsendet mit der zweiten Theilung jedes Paar seinen Genossen nach dem anderen Pole. Es findet hier also keine Reduk- tionstheilung statt, sondern eine gewöhnliche Äquationstheilung, welche jedoch hier schon von fernher vorbereitet war. Mit diesem Erklärungsversuche übernehme ich eine Vermittler- rolle zwischen den beiden oben erwähnten Gruppen von Forschern und habe ferner die Vorgänge von Ascaris in Einklang gebracht mit meinen Beobachtungen an Pyrrhocoris. Die Annahme der Erhöhung der Chromosomenzahl auf das Dop- pelte der gewohnten Zahl wird unnöthig, das paarweise Zusammen- halten der chromatischen Elemente dagegen findet eine, wie ich hoffe, ausreichende Erklärung. Göttingen, im November 1890. Litteratur. 4. E. Barrowırz, Untersuchungen über die Struktur der Spermatozoen. Diese Zeitschr. Bd. XLV. 3. Heft. 4890. 2. ©. Bürscauı, Vorl. Mittheilung über Bau und Entwicklung der Samenfäden bei Insekten und Crustaceen. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1874. 3. —— Nähere Mittheilung über die Entwicklung und den Bau der Samenfäden der Insekten. Diese Zeitschr. Bd. XXI. 1874. 4. J. B. CArnoy, Cytodierese des Arthropodes. La Cellule. T.1. 1885. 5. W. Frenming, Neue Beiträge zur Kenntnis der Zelle. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXIX. 1887. 6. —— Weitere Beobachtungen über die Entwicklung der Spermatosomen bei Salamandra maculosa. Daselbst. Bd. XXXI. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 731 :7. H. Heskıng, Über Reduktionstheilung der Chromosomen in den Samenzellen von Insekten. Internat. Monatsschr. für Anat. und Phys. 4890. Bd. VIl. 6. Hft. 8. —— Über die Bildung von Richtungskörpern in de Eiern der aseckiein. Nachır. d. kgl. Gesellsch. der Wissensch. zu Göttingen. 1888, 9, 0. Herrwie, Vergleich der Ei- und Samenbildung bei Nematoden. Archiv für mikr. Anat. Bd. XXXVI. 1890, 40. v. LA VALETTE St. GEORGE, Über die Genese der Samenkörper. Archiv für mikr. Anat. Bd. III. 4867. 44. —— Spermatologische Beiträge. II. Daselbst. Bd. XXVII. 1886. 42. —— Spermatologische Beiträge. IV. Daselbst. Bd. XXVIII. 1886. 43. —— Zelltheilung und Samenbildung bei Forficula auricularia. Festschrift A, v. KöLLıkEer gewidmet. 1887. 44. P. MayEr, Anatomie von Pyrrhocoris apterus L. MÜLLER’S Arehie für Anat. und Phys. 4874. 415. G. PLArner, Die Karyokinese bei den Lepidopteren, Internat. Menatssch für Anat. und Histol. Bd. III, 4886. 46. —— Beiträge zur Kenntnis der Zelle und ihrer Theilung. 1. Arehie für mikr. Anat. Bd. XXXIII. 4889. 47. —— Dasselbe. Art. V. Ebenda. Erklärung der Abbildungen. Die Figuren sind sämmtlich mit Wınker’s neuester Camera lucida den Umris- sen nach gezeichnet und später genauer ausgeführt. Bei allen Figuren, mit Aus- nahme von Fig. 125, wurde zum Zeichnen benutzt Wınker’s Ölimmersion 1/99, Ocu- lar 1, ausgezogener Tubus. Das Zeichenbrett lag direkt auf dem Tische. Es ergiebt das eine Vergrößerung von ca. 1230. Man erhält demnach die absolute Größe der Figuren, wenn man dieselben auf dem Papiere misst und in die gefundene Anzahl Millimeter mit 1230 hineindividirt. Tafel XXXV. Fig, 4. Ursamenzelle mit ruhendem Kern. Pikrinessigsäure, Boraxkarmin. Fig. 2. Wie vorige. Chromosmium-Essigsäure, Hämatoxylin, Kaliumbichromat. Fig. 3. Rhachisartige Verbindung von Ursamenzellen. 1/50/yige Kochsalzlösung, Osmiumdämpfe, Glycerin. Fig. 4. Schnitt einer Spermatocyste mit Ursamenzellen im Knäuelstadium. Chromosmium-Essigsäure, Safranin. c, Gystenhülle. Fig. 5. Schnitt einer Spermatocyste mit Ursamenzellen aus einer Larve. Alle Zellen mit Aquatorialplatte. Pikrinessigsäure, Karminborax. c, Cystenhaut mit Kernen ; ip, Tunica propria mit Kern. Fig. 6. Ursamenzellen im Stadium der Äquatorialplatte. a, b, c, Polansicht. Konservirung wie Fig. 2. d, Seitenansicht. Fig. 7. Wie Fig. 6. Fig. 8. Wie Fig. 6. a, Theilung fast vollendet. 739 . H. Henking, Fig. 9. Ursamenzellen im zweiten Theilungscyklus. a, b, Stadium des Dyaster; c, Monaster. Konservirung wie Fig. 2. Fig. 410. Wie vorige Figur. Polansicht. Pikrinessigsäure, Boraxkarmin, Pikrin- säure. Fig. 44. Wie Fig. 9. j Fig. 12. Aus derselben Spermatocyste wie Fig. 9 und 41. a, Theilung fast vollendet; 5, Theilung vollendet. Fig. 13. Junge Samenmutterzelle. Pikrinessigsäure, Karminborax. Fig. 14. Wie vorige Figur. Fig. 15. Wie vorige Figur. Fig. 46. Wie vorige Figur. Kern bläschenförmig. n, Nucleolus. Fig. 17. Samenmutterzelle erwachsen, mit Dottersubstanz. Kern in Vorberei- tung zur Theilung. n, Nucleolus. Aus einer großen Larve, FLEmmıng’s Flüssigkeit, Safranin. Fig. 18. Wie Fig. 17. Chromatinsubstanz in einzelnen Ringen. n, Nucleolus. Fig. 19. Wie Fig. 17. Chromatin in getrennten Ringen. Fig. 20. Samenmutterzelle aus einem erwachsenen Thiere.” Ringe 4 und 2 mit je vier Verdickungen; 5, 4, 5, 6, nur einzelne Chromatinkugeln. Pikrinessigsäure, Karminborax. Fig. 241. Wie Fig. 20. Chromatinkugeln meist paarweis. Fig. 22. Wie vorige Figur. Fig. 23a, 236, 23 c befinden sich in derselben Spermatocyste. c, c’, Polkörper- chen. — a. 1 und 2, Übergänge zu der Doppelkugelbildung in 3; 4, 5, 6, 7, Einzel- kugeln; 8, 9, 10, Einzelelemente mit Einschnürung. — b. 7, drei Kugeln liegen zu- sammen; 2, vier Chromatinkugeln in einer Reihe. — c. 7, 2, je drei Chromatin- kugeln in einer Reihe. Fig. 24. Samenmutterzelle im Übergang zur ersten Theilung. Fig. 25. Wie vorige Figur. ° Fig. 26. Ausbildung der Spindel. Fig. 27. Wie vorige Figur. Fig. 28. Ausbildung der Spindel. Polansicht. Fig. 29. Spermatocyte mit der zur Reduktionstheilung führenden »zweireihi- sen« Aquatorialplatte in Seitenansicht. Über den Polkörperchen plasmatische Ca- lotten. Dotterkügelchen in Reihen angeordnet. Fig. 30. a, abnorme Äquatorialplatte mit 24 »einreihigen« Chromosomen in Polansicht. Fremmine’s starke Chromosmium-Essigsäure, Hämatoxylin, Kaliumbi- chromat. b, schematische Seitenansicht der Fig. 30a. Fig. 34. a, Tochterplatte einer Spermatocyte I. Ordnung mit nur 14 Chromo- somen in Polansicht. b, zu Fig. 341 a gehörige zweite Tochterplatte mit den getheilten 14 Chromoso- men und außerdem bei & mit dem ungetheilt gebliebenen 42. Elemente (Nucleolus). Fig. 32. Spermatocyte I. Ordnung mit Äquatorialplatte. Das in der Mitte liegende Doppelelement ist abnormerweise bereits die Theilung eingegangen, welche normal erst im folgenden Stadium eintreten sollte. Es wird durch diese Ab- normität schlagend die Reduktionstheilung auf dem ersten Sta- dium nachgewiesen, Fig. 33. Normale Äquatorialplatte einer Spermatocyte I. Ordnung aus der gleichen Spermatocyte wie die abnorme Fig. 30a. Polansicht. h Der Kern beginnt bläschenförmig zu werden. Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 733 Fig. 34. Polansicht der Äquatorialplatte einer Spermatocyte I. Ordnung. FLen- nıng’s Flüssigkeit. Fig. 35. Wie Fig. 34. Pikrinessigsäure, Boraxkarmin. Fig. 36. Wie Fig. 35. Fig. 37. Seitenansicht der Spindel einer Spermatocyte I. Ordnung. Chromoso- men stehen » zweireihig«. Pikrinessigsäure. Boraxkarmin, Tafel XXXVI. Fig. 38. Spermatocyte I. Ordnung in Theilung. Reduktionstheilung. Polkörper- chen zum Zweck einer sofortigen zweiten Theilung bereits halbirt. Fig. 39. Theilung weiter fortgeschritten (vgl. Fig. 38). Fig. 40a u. b. Tochterplatten aus der ersten Theilung in Polansicht. x, x’, bei der Theilung sich verzögerndes Element (Nucleolus), 9, Grenze der Dotter- kügelchen, - Fig. 44a, b. Wie Fig. 40, Fig. 41c. Der eine Pol von oben gesehen, Polkörper- chen schon getheilt. Fig. 42. Drei Schnitte einer abnormen Theilungsfigur (a, b, c). Es sind etwa 48 Chromosomen vorhanden, acht Polkörperchen mit zugehörigen Strahlungen. Fig. 43. Die aus der ersten Theilung hervorgegangenen Spermatocyten sind bereits wieder im Begriff sich zu theilen, ohne eingeschobenes Ruhestadium, und ohne dass die Zellen sich bereits getrennt hätten. Fig. 44. Wie Fig. 43, aber neue Theilungsebenen der Spermatocyten II. Ord- nung rechtwinkelig zu einander, Fig. 45. Wie Fig. 43. Beginn der Ausbildung der Äquatorialplatten. Fig. 46. Aquatorialplatten der Spermatocyten II. Ordnung fast vollständig aus- gebildet. Fig. 47. Spermatocyte II. Ordnung mit völlig ausgebildeter Äquatorialplatte. Chromosomen bereits eingeschnürt. FLEMmMIng’s Flüssigkeit. Fig. 48. Dasselbe wie Fig. 47 in Polansicht. Fig. 49. Äquatorialplatte der Spermatocyte II. Ordnung getheilt. Fig. 50. Theilung weiter vorgerückt. Verbindungsfäden sich seitlich ausbrei- tend. Fig. 51 a. Tochterplatte aus 44 Chromosomen und dem ungetheilten Nucleo- lus (@). b. Tochterplatte mit nur 44 Chromosomen. Fig. 52a. Tochterplatte mit 44 Chromosomen. b. Außer den 14 Chromosomen noch der ungetheilte Nucleolus (x) vorhanden. Fig. 53. Wie Fig. 52. Fig. 54. Polansicht einer fast getheilten Spermatocyte U. Ordnung. Dunkel: Obere Tochterplatte mit 44 Chromosomen. Hell: Untere Tochterplatte mit 14 Chro- mosomen und ungetheilten Nucleolus (&). Fig. 55. Seitenansicht der Theilung einer Spermatocyte II. Ordnung. In der Mitte Nucleolus mit starker Volumenzunahme. Fig. 56. Theilungsfigur einer Spermatocyte II. Ordnung. Untere Tochterplatte mit Nucleolus. Fig. 57. Wie Fig. 56. Nucleolus neben oberer Tochterplatte. Im Bereich der Verbindunssfasern einige feine Streifen aus Chromatinkörnchen, Konservirung mit heißem Wasser. Fig. 58. Wie Fig. 56. Nucleolus oben. 734 Er H. Henking, Fig. 59. Chromatinplatten der Spermatiden verklebt. au. b. Aus der gleichen Mutterzelle hervorgegangen. x, Nucleolus. Fig. 60. Beginn der Trennung der Spermatiden. Obere Zelle mit Nucleolus. Fig. 64. Rechts: Ausbildung des Nebenkernes. Fig. 62. Spermatide mit Nebenkern. m, Mitosoma mit daran endigenden zar- ten Verbindungsfäden. Fig. 63. Spermatide mit Kehenkern. m, Mitosoma in Ausbildung (?). Fig. 64. Spermatiden noch durch das centrale Faserbündel in Zusammenhang. Seitliche Verbindungsfasern bereits getrennt, Nebenkern ausgebildet. Untere Zelle mit Nucleolus x. Vorderansicht. Fig. 65. Wie Fig. 64. Obere Zelle mit Nucleolus x. m, Mitosoma in Entstehung. Seitenansicht. Fig. 66. Wie Fig. 64. Untere Zelle mit Nucleolus x. Seitenansicht. Centrales Faserbündel $-förmig. Fig. 67. Wie Fig. 64, aber Zeliplätten des centralen Faserbündels deutlich ge- theilt. m, Mitosoma; x, Nucleolus. Fig. 68. Junges Spermatosom. m, Mitosoma, wandert aufwärts; x, Nucleolus. Fig. 69. Junges Spermatosom ohne Nucleolus. m, Mitosoma. Fig. 70. Wie Fig. 68. Fig. 71. Wie Fig. 69. Nebenkern knaucliorel Fig. 72. Riesenform eines jungen Spermatosomes. Zwei Nucleolen (x und &’) vorhanden. m, Mitosoma, unten am Kern. Nebenkern knäuelförmig. ch, Chroma- tinkörner im Plasma. Fig. 73. Wie Fig. 72. Nebenkern weißbrotförmig. m, Mitosoma wandert auf- Fig. 74. Querschnitt durch den Nebenkern eines Riesenspermatosomes. Fig. 75. Querschnitt durch den Nebenkern eines kleineren Spermatosomes. Fig. 76. Zwischenkörperchen eines Hodens. Fig. 77. Junges Spermatosom. : Flächenansicht. Fig. 78. Wie Fig. 77. Seitenansicht. . Tafel XXXVII. Fig. 79. Junges Spermatosom. Schwanz beginnt sich auszubilden, der Neben- kern reicht fast bis in das Ende desselben. m, Mitosoma, an der Spitze. Kern ohne Nucleolus. i Fig. 80. Wie Fig. 79, aber Kern mit Nucleolus (2). Fig. 79 u. 80 aus der glei- chen Spermatocy ste. Fig. 84. Mitosoma wandert abwärts. Kein Nucleolus. Fig. 820—c. Neben einander liegende Spermatosome der gleichen Spermato- cyste. | a, mit Nucleolus (2); d, ohne Nucleolus; c, größeres Spermatosom mit Nuclect lus (2). x Fig. 83. Mitosoma sammt Plasmahaube nach unten eingebogen. Kein Nucleuid Fig. 84. Spermatosome aus: derselben Spermatocyste. a, mit Nucleolus (x); d, ohne Nucleolus. Fig. 85. Wie Fig. 84. Oberes Stück des Mitosoma beginnt sich zu färben. Chro- ınatin im Kern fein vertheilt. Fig. 86. Wie Fig. 84a. Oberes Stück (Spitzenknopf) des Mitosoma (m) mit chromatischem Pünktchen. BE | | € *- z ı) % £ Untersuchungen über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten. I. 735 E Fig. 87. Wie Fig. 86. Fig. 88a u. b. Aus derselben Spermatocyste. s, Spitzenknopf:beginnt sich vom übrigen Mitosoma ganz zu trennen. - Fig. 89a, b, ec. Drei junge Spermatosome aus der gleichen Spermatocyste, a und d, ungewöhnlich groß, c, normal. s, chromatisch gewordener, abgetrennter Spitzenknopf. Fig. 90. s, chromatisch gewordener Spitzenknopf vom Mitosoma (m) abgetrennt, Fig. 91. Zwei ungleich große benachbarte Spermatosome. Sonst wie Fig. 90, Fig, 92. Spitzenknopf (s) an seiner definitiven Stelle. Kern mit dunklem Nu- cleolus. m, Mitosoma in Rückbildung? | | Fig. 93. Wie Fig. 92. Spitzenknopf (s) etwas ausgebreitet. Fig. 94% —96.. Stärkere Zuspitzung.des Kerntheiles. Fig. 97 u. 98, Spermatosome frisch mit Ameisensäure und Dahlia behandelt, p, plasmatische Hülle des Kernes,. Nebenkern und Mitosoma undeutlich, Fig. 99. Gestreckteres Spermatosom mit »Spitzenknopf« (s) und Mitosoma (m) Fig. 400. Gestrecktere Spermatosome mit deutlicher Kernvacuole (v). Fig, 404, Gestreckte Kerne mit etwas schwächerer Färbung an der Basis und Spitze. s, »Spitzenknopf«; v, Kernvacuole. Fig. 402—406. Querschnitte durch successiv ältere (und also längere) Schwanz- fäden von Spermatosomen, Fig. 407. Zwei abnorme Samenzellen zwischen langgestreckten Spermatoso- men. S, Schwanzstücke der letzteren. Fig. 108. Spermatosom aus dem Receptaculum seminis des.Q, in FLENNING’S Flüssigkeit eingetrocknet, Safranin, Gentianaviolett. Fig. 409. Wie Fig. 108, aber in 1/P/yiger Salzlösung untersucht. C, Kopf; S, Schwanz, wohl etwas gequollen, bandförmig, bei k mit Umknickung. Fig. 140. Spermatosom aus Hoden frisch mit Ameisensäure und Dahlia behan- delt. Schwanztheil mit Umbiegungsstellen (k). Fig. 144, Wie Fig. 440. i Fig, 442. Wie Fig, 4140 u. 411, aber hier ist der Schwanz (S) zu einer engen Spirale aufgerollt, zeigt an den Umbiegungsstellen die beiden Hälften des Neben- kernes als dunkle Pünktchen. Fig. 443—4118. Konservirung mit heißem Wasser, Färbung mit Bismarckbraun resp. Eurrica's Hämatoxylin und Eosin, Fig. 143. Junges Spermatosom. Nebenkern hell, zweitheilig, mit körnigen, netzförmigen Längszügen. Mitosoma nicht zu sehen. = Fig. 444 u. 445. Spermatosome weiter entwickelt. Nebenkern undeutlich.- s, Spitzenknopf sichtbar geworden. Fig. 446 u. 447. Spitzenknopf (s) vorn an das Spermatosom gerückt. Fig. 448. Kerntheil länglich, Spitzenknopf nicht zu sehen. v, Kernvacuole, Fig. 449. Spermatocyte mit zwei Kernen. Fig. 4495. Abgeschnittenes Kernstück zu Fig, #19. Fig. 420. Junges Spermatosom mit zwei Kernen. Fig. 4205. Abgeschnittenes Stück von Fig. 120. Fig. 121 u. 422. Schemata der Theilungsvorgänge bei der Samenentwicklung von Ascaris megalocephala bivalens an Figuren, welche aus der Arbeit von O. HERT- wis, Vergleich der Ei- und Samenbildung bei Nematoden, kopirt wurden. Bei R wird die Reduktionstheilung angenommen (vgl. p. 726 ff.). 736 H. Henking, Unters. über die ersten Entwicklungsvorg. in den Eiern der Insekten, II. Fig. 123—125. Aus der Spermatogenese von Pieris brassicae. Fig. 123. au. b, Polansichten der Äquatorialplatte von Ursamenzellen, c,Seiten- ansicht. FLEemmine’s Flüssigkeit. Fig. 124 a, b, c. Reduktionstheilung eingetreten. Heißes Wasser. Fig. 125a, b, c, d. Reduktionstheilung eingetreten. Fremninge’s Flüssigkeit. Äquatorialplatten nur mit halber Zahl der Chromosomen wie Fig, 423. Vergr.ca. 936. Fig. 126—129. Aus der Spermatogenese von Pieris napi. Fig. 126. Stück einer.Spermatocyste mit Ursamenzellen in verschiedenen Thei- lungsstadien. Fig. 127—429. Reduktionstheilung eingetreten. Wahrscheinlich Theilungen der Spermatocyten Il. Ordnung vorliegend. Fig. 128 und 429 Polansichten der Äquatorialplatten. Berichtigung, betreffend die Samenaufnahme der weiblichen Tritonen. Von Dr. Ernst Zeller in Winnenthal. Mit 1 Holzschnitt. Ich hatte in meiner in dieser Zeitschrift! veröffentlichten Mit- theilung »über die Befruchtung bei den Urodelen « für unsere Tritonen angegeben, dass das Weibchen mit den geöffneten Lippen der Kloakenmündung die von dem Männchen nach außen abgegebene Samenmasse aus ihrer glockenförmigen Gallerthülle heraushebe und in die Kloake bringe ?. Dem ist nicht so, wie mich neue in diesem Frühjahr angestellte Beobachtungen belehrt haben. Ich habe darüber in der Nummer 338 des Zoologischen Anzeigers vom 30. Juni 1890 eine vorläufige Berichtigung gegeben und lasse nun hier eine eingehendere Darstellung der betreffenden Verhältnisse folgen, Bei meinen früheren Untersuchungen hatte ich mich weiter Ein- machegläser bedient, deren Form und verhältnismäßig doch immer geringe Größe aber schon nicht ganz zweckmäßig waren und deren zu dicker und nie genügend heller und durchsichtiger Boden insbesondere ein ganz genaues Zusehen nicht gestattete. Ich ließ mir desshalb ein viereckiges Aquarium anfertigen, an dem eben so wie die einzelne Seitenwandung, auch der Boden durch eine schöne, sehr gleichmäßige Glasplatte gebildet wurde und stellte dieses auf zwei eisernen Trägern auf, welche in passender Höhe rechtwinklig in die Seitenwand einer Fensternische eingelassen waren. Die Vorrichtung war so wesentlich 1 Bd. XLIX. p. 583 ff. 1890. 2 3.2.0. p. 588. 738° Ernst Zeller, verbessert und ich konnte mit aller Bequemlichkeit meine Beobach- tungen machen. Dabei habe ich mich auf das bestimmteste überzeugt, dass das brünstige Weibchen seine Kloakenspalte nicht öffnet um die Samen- masse wegzunehmen, im Gegentheil sie festgeschlossen und den Kloa- kenwulst von beiden Seiten her wie krampfartig zusammengezogen hält. Das Weibchen kriecht so, wie ich dies früher schon angegeben habe, über den von dem Männchen abgesetzten Spermatophoren weg und hält mit seinem Kloakenwulst bei demselben angekommen für einen Augenblick an, um mit einigen kurzen seitlichen Bewegungen sich zu- rechttastend sofort die Samenmasse mit ihrem einen Ende in oder nahe der Rinne der geschlossenen Kloakenspalte sich anhängen zu lassen und so aus der Gallertglocke herauszuheben. Das Gefühl hierfür muss ein sehr feines sein, denn sowie das An- hängen der Samenmasse erreicht ist, kriecht das Weibchen weiter, um sich von einem zweiten, wohl auch noch dritten Spermatophoren die Samenmasse zu holen, welche dann eine hinter der anderen sich anzu- hängen pflegt. — Für dieses Sichanhängen der Samenmasse aber muss die warzenähnlich rauhe Scheibe, welche die untere Fläche des weib- lichen Kloakenwulstes bildet?, ganz besonders geeignet sein und das Anhängen geschieht in der That auch so sicher, dass die Samenmasse, obwohl man sie schon bei leichter Erschütterung hin.und her schwanken 1 Die Untersuchung im Ganzen lässt sich, wie ich hier anfügen darf, in der Weise sehr erleichtern, dass man sich, sobald die Tritonen im Frühjahr ihre Win- terverstecke verlassen und das Wasser aufsuchen, um nach Kurzem zur Fortpflan- zung zu schreiten, eine größere Menge von ihnen einfängt, dann aber gleich die Geschlechter trennt, und erst nach einigen Wochen in einzelnen oder auch mehre- ren Paaren wieder zusammenbringt. Die Thiere sind nach dieser Zeit hinlänglich brünstig geworden, und es wird nicht selten möglich sein den ganzen Vorgang der Befruchtung mit allen seinen Einzelheiten schon in wenigen Stunden zur Beobach- tung zu bekommen. 2 Die längliche Scheibe des Kloakenwulstes ist dicht besetzt mit sehr zahl- reichen kleinen kegel- oder läppchenförmigen Papillen, welche in mehreren kon- centrischen Reihen die Spalte umgebend strahlenförmig nach dieser gerichtet sind, Schon RATHkE, der in seiner Abhandlung »über die Entstehung und Entwick- lung der Geschlechtstheile bei den Urodelen« (Erste Abtheilung der Beiträge zur Geschichte der Thierwelt. Danzig 1820) den weiblichen Kloakenwulst und beson- ders die Scheibe seiner unteren Fläche genau beschrieben hat, macht auf deren auffallende Entwicklung während der Brunstzeit aufmerksam. Er nimmt an, dass sie zur Geschlechtsfunktion in Beziehung stehen müsse und denkt selbst an die Möglichkeit, dass die Scheibe dazu dienen könne »den Samen bei einander zu halten«, Freilich glaubt er diesen durch das Wasser zugeführt, und er fügt bei, »warum fehlt der Theil denn aber den Salamandern ? oder ist er gar ein Vorbild der Brüste! ?« (a. a. O. p. 104 und 102). ee Berichtigung, betr. die Samenaufnahme der weiblichen Tritonen. 739 sieht, doch nicht mehr, auch nicht in Folge der heftigsten Bewegungen des Thieres wieder abgeworfen wird!. Die ursprünglich stiftförmig ausgezogene, bei Triton alpestris mehr gestreckte, bei Triton taeniatus etwas mehr gewundene Samenmasse ? fängt nach wenigen Minuten an ihre Form langsam zu verändern. Sie wird kürzer und dieker und bald unregelmäßig kugelig. Wenn aber zwei oder drei Spermastifte sich angesetzt hatten, so verschmelzen diese zu einer gemeinsamen Masse. Die Samenmasse breitet sich dann in ungleichmäßiger Schicht über einen Theil der Scheibe des Kloaken- wulstes aus, wird allmählich dünner und lichter und ist, wenn nur ein einziger Spermastift sich angehängt hatte, meistens nach ungefähr einer halben Stunde ganz oder doch nahezu ganz verschwunden. Wenn aber mehrere Stifte sich angeheftet hatten, so bleibt immer ein ziemlich an- sehnlicher Theil der Samenmasse übrig, welcher bald ein flockiges Aus- sehen annimmt und nach etwa einer weiteren halben Stunde abfällt. Ein Öffnen der Kloakenspalte findet auch nachträglich nicht statt, aber schon eine halbe Stunde, nachdem das Anhängen der Sperma- masse erfolgt war, sind nicht unbedeutende Mengen von Spermatozoen in den Schläuchen des Receptaculum seminis anzutreffen. — 1 Dass dieses Sichanhängen der Samenmasse gelegentlich auch an anderen Stellen des Körpers geschehen kann, habe ich schon in meiner ersten Mittheilung »über die Befruchtung bei den Urodelen« (a. a. 0. p. 589) angegeben. Ich kann aber in dieser Beziehung meinen früheren Beobachtungen noch beifügen, dass ich zweimal sogar gesehen habe, wie ein Spermastift auf einem männlichen Trito- ' nen sich anheftete, das eine Mal an der unteren Kante des Schwanzes, das andere Mal am Unterkiefer. 2 Es dürfte hier am besten die Bemerkung sich anschließen lassen, dass die Samenmasse bei Triton viridescens die Gestalt eines Kügelchens von ungefähr 5/4, mm Durchmesser hat, das bei einer angemessenen Vergrößerung untersucht sich aus einer beträchtlichen Anzahl von einzelnen Gruppen von Spermatozoen in einer gewissen Regelmäßigkeit zusammengesetzt zeigt. Jede Gruppe bildet eine Art von Hohlkugel, deren Umfang eben durch die Menge der kreisförmig zu- sammengerollten Spermatozoen hergestellt wird. Diese besitzen innerhalb ihrer Gruppe nur eine ganz geringe Ortsbewegung, indem sie den Kreis etwas verengern und wieder erweitern, können aber bei dem fortwährenden lebhaften Unduliren der Seitenmembran ein beständiges rasches Rotiren vortäuschen. Die ganze Samen- masse erhält durch die eigenthümliche Gruppirung der Spermatozoen eine Maul- beerform. — Der Samenträger ist nicht glockenförmig, wie ich schon in meiner ersten Mittheilung (a.a. O. p. 593) angegeben habe, sondern kegel- oder pyramiden- förmig mit in die Länge gezogener dünner Spitze. Auf diese ist das Samenkügelchen aufgesteckt, doch nur lose, so dass es schon bei leichter Erschütterung abfällt. Beim Axolotl finden wir dagegen die. verhältnismäßig dicke Spitze des pyra- midenförmigen Samenträgers gespalten und in zwei kleine Lappen aus einander gelegt. Zwischen diese ist die Samenmasse hineingeschoben und ziemlich fest haftend, zum größeren Theil aber wölbt sie sich über den Samenträger empor. 740 Ernst Zeller, Durch diese weiteren Beobachtungen wird bestätigt, dass das brünstige Weibchen den Spermatophoren aufsucht und die Samenmasse sich holt. Es geschieht dies aber nicht in der Weise, dass das Weib- chen, wie ich früher geglaubt habe, mittels der geöffneten Lippen der Kloakenmündung die Samenmasse wegnimmt, sondern so, dass es das eine zunächst gelegene Ende des Samenstiftes berührt und damit das sofortige Sichanhängen desselben in der geschlossenen Kloakenspalte veranlasst. Das Sichanhängen beruht schon auf der Thätigkeit der Spermatozoen, welche nach dem Auseinanderstreben und durch die Spalte den Weg in das Innere der Kloake und nach dem Receptaculum seminis nehmen!, in dessen Schläuchen sie sich wieder sammeln. Ich darf wohl die Gelegenheit der vorstehenden Berichtigung, welche ich zu geben hatte, benutzen, um auch über die Art und Weise, wie von dem Männchen, speciell dem Männchen von Triton alpestris der Spermatophor nach außen abgegeben wird, eine kurze, meine frühere Mittheilung ? ergänzende Bemerkung beizufügen, da es mir bei der ver- besserten Einrichtung meines Aquariums möglich gewesen ist auch darüber Genaueres festzustellen. Das Thierchen öffnet zuerst u. z. für die ganze Zeit des Vorspieles die Kloakenspalte nur mäßig in zwei Partien, einer vorderen und einer hinteren, so wie es die nebenstehende Abbildung zeigt. Sobald es aber aus der hinteren dieser Öffnungen den Samen- stift hat hervortreten lassen, erweitert es unmittelbar darauf und plötzlich die Kloakenmündung auf das Äußerste, so dass für einen Augenblick die ganze Innenfläche des Kloakenraumes offen zu Tage liest, um Kloakenwulst des dann auch sofort die Gallertglocke herauszupgessen und männl. Triton al- iiber die Samenmasse zu decken. pestris. 2fache £ = ee Offenbar ist die Art und Weise, wie das Öffnen der Kloakenmündung geschieht, noch von besonderer Be- deutung für die Form der Gallertglocke und werden die beiden hinter einander gelegenen Ausschnitte in der vorderen Wandfläche der letz- teren dem Rande jener beiden Partien, mit welchen die Kloakenspalte 4 zuerst und immer für längere Zeit sich öffnet, entsprechen, wie aus einer Vergleichung der obigen Zeichnung des Kloakenwulstes mit der auf p. 59% meiner Mittheilung »Über die Befruchtung der Urodelen« ! Der weibliche Kloakenraum bildet, wenn er nicht durch hindurchtretende Kothmassen oder Eier ausgedehnt wird, eigentlich nur einen tiefen nach der Länge verlaufenden Schlitz des Kloakenwulstes. Die Seitenwandungen kommen ganz nahe an einander zu liegen, und eben damit auch die sich gerade gegenüber stehenden Mündungen der in jene eingelagerten beiden Gruppen von Schläuchen des Recepta- culum seminis. 272..2.0,.p.587. | in Fig. 3A gegebenen Abbildung von der Gallertglocke des Triton alpestris deutlich werden wird. "Berichtigung, betr. die Samenaufnahme der weiblichen Tritonen. 741 Für die übrigen früher von mir untersuchten Urodelen fehlen mir neue Beobachtungen. Ich möchte aber wenigstens für den Axolotl vorerst annehmen, dass die Darstellung, wie ich sie früher gegeben habe, in so fern richtig sein wird, als das Weibchen die Samenmasse durch die geöffnete Kloakenmündung aufnimmt. Dass es die Kloakenmündung öffnet, glaube ich bestimmt gesehen zu haben. Im Übrigen aber wird es sich vermuthlich auch beim Axo- lotl nicht um ein eigentliches Hineinbringen der Samenmasse in die Kloake, welches das Thier selbst ausführt, handeln, der Vorgang viel- mehr wahrscheinlich so zu denken sein, dass das Weibchen die Sper- mamasse im Inneren der geöffneten Kloake unmittelbar an dem Recep- taculum seminis sich anhängen lässt. Die warzige Scheibe des Kloaken- wulstes fehlt dem Axolotl, das Receptaculum seminis aber zeigt eine Bildung, welche ganz geeignet erscheinen muss, um das Sichanhängen der Spermatozoen an demselben möglich zu machen. Seine Schläuche sind nämlich nicht, wie es bei den Tritonen der Fall ist, in die Kloaken- wandung eingesenkt, sondern sie ragen als steife Röhrchen über die Oberfläche hervor und in den Kloakenraum hinein. Sie sind in drei Gruppen — es mögen gegen 30 bis 40 in jeder Gruppe sein zu- sammengeordnet, von denen zwei paarig neben einander gelagert sind, die dritte unpaare aber unmittelbar über diesen sich befindet. Den 31. Oktober 189. Druck von Breitkopf & Härtel in Leipzig. Eh A EEE Te a iS | BR ey 1 EUR Ra ia a ne 1 ale wirt Äh he Fe Banden ET Be a EU Be; = en Renee TE ee — —— N an ß hl N DEN ee Bi (ji ==> Se ———e zii (0 RR SU) 0 2 N cd „Zalall \ A zer —J zul) N 2 a Fl 2 rn am _ = See I VE) hc’ a [2 Sa I I 2, 2 G 7; / Zeitschrift R wiss. Zoologie. Ba L. BER ANGE IE Härter a EeDr. Frauchfture elmannıkaaia, ui ar nn ETTTEETNETEUELTTETTET EEE EEE nn - Ian) ! hu 1) Ih 1 3 4 Un N ln N | Int nnd Ni ) AN u | Ai num un | | " u ne Al Ihn hl (il DE Um To RagEWIRERge Verlag wHilh.Engelm 22, i ag #Milh. Engelmann, Leinzig, Turm Anse uhermer & Winter Frankfurt ON. ER re h hr REN ae AL, ah fe: ur» Varlaıg PRR Engelmann Erz Zeitschrift f.wıss. Zoologie. Ba.ll. Taf: vr. A X g n u mur | 1% x ( ES 7 n m 3 mw , j - IX 2 : m m , zn | , >Q. mw = D4 u D . ) , Zeitschrift fmwiss.Zool.b Taf) H Fig2. % Amisi Weinland del. Verlag Wilhingelmannun Leipzig Eh Ana RA Dies ; Veitschrift Knviss Zool. Fig. IH Öben \ I. 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